Der Begriff der logischen Form in der Analytischen Philosophie: Russell in Auseinandersetzung mit Frege, Meinong und Wittgenstein 9783110324143, 9783110323849

Der Begriff der logischen Form charakterisiert einerseits einen der Gegenstände und andererseits eine der Methoden der a

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Table of contents :
VORWORT
INHALTSVERZEICHNIS
EINLEITUNG
1. DER BEGRIFF DER LOGISCHEN FORM
1.1. Über den Begriff der analytischen Philosophie
1.2. Über den Begriff der logischen Form
2. DIE LOGISCHE FORM ALS FORM DER EXISTENZ EINERINTENSION
2.1. Extension und Intension
2.3. Paradoxe der Intensionalität
3. DIE LOGISCHE FORM ALS EINER DER GEGENSTÄNDE DERERKENNTNIS
3.1. Russell über die Immanenzvon Meinongs Gegenständen höherer Ordnung
3.2. Russell über propositionale Begriffe
4. DIE THEORIE DER BESCHREIBUNGEN: LOGISCHE FORMUND LOGISCHE ANALYSE
4.1. Russells Theorie der Beschreibungen
4.2. Das Paradox Quines, Kripke über zufälligeIdentitätsbehauptungen, und die Theorie der Beschreibungen
4.3. Quine über ontologische Annahmen
4.4. Die logische Analyse der natürlichen Sprache
5. DIE LOGISCHE FORM ALS FORM EINER KOGNITIVENRELATION
5.1. Frege über die logische Form
5.2. Russell über die logische Form
5.3. Wittgenstein über Russells Begriff der logischen Form undIntensionalität
6. LOGISCHE OBJEKTE
6.1. Diskussion über Psychologismus
6.2. Klassen als logische Gegenstände
6.3. Was sind logische Konstanten?
Resümee
ANMERKUNGEN
LITERATURVERZEICHNIS
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Der Begriff der logischen Form in der Analytischen Philosophie: Russell in Auseinandersetzung mit Frege, Meinong und Wittgenstein
 9783110324143, 9783110323849

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l o/ g o j Studien zur Logik, Sprachphilosophie und Metaphysik

Herausgegeben von / Edited by Volker Halbach • Alexander Hieke Hannes Leitgeb • Holger Sturm Band 7 / Volume 7

Elena Tatievskaya

Der Begriff der logischen Form in der analytischen Philosophie Russell in Auseinandersetzung mit Frege, Meinong und Wittgenstein

ontos verlag Frankfurt I Paris I Ebikon I Lancaster I New Brunswick

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2005 ontos verlag P.O. Box 15 41, D-63133 Heusenstamm www.ontosverlag.com ISBN 3-937202-74-9

2005

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Dem Andenken meines Vaters Jan Tatievski (Müller)

VORWORT Diesem Buch liegt meine gleichnamige Habilitationsschrift zugrunde. Diese Schrift ist das Ergebnis einer langjährigen Arbeit, die zum größten Teil am Lehrstuhl für analytische Philosophie und Wissenschaftstheorie der Universität Augsburg durchgeführt wurde. Die Arbeit wurde von Herrn Professor Klaus Mainzer betreut. Ihm gilt mein besonderer Dank für die ständige Unterstützung, die mir selbst dann vergönnt war, als ich erst am Anfang meiner Untersuchungen stand. Mit großem Interesse wandte er sich dem Thema dieser Untersuchung zu und gab mir die Möglichkeit, Ergebnisse meiner Forschung vor meinen Augsburger Kolleginnen und Kollegen zu präsentieren. Besonders hilfreich für mich waren die Anforderungen, die Professor Mainzer immer wieder aufs Neue an meine Arbeit stellte. Verschiedene Teile dieser Arbeit wurden im Philosophischen Oberseminar des Instituts für Philosophie und im Oberseminar der Logik, Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie von mir dargestellt. Meinen Kolleginnen und Kollegen bin ich dankbar für wertvolle kritische Bemerkungen sowie für richtungsweisende Fragen, wofür ich einen besonderen Dank Herrn Professor Mainzer und Herrn Professor Severin Müller aussprechen möchte. Verschiedene Ergebnisse meiner Untersuchungen stellte ich auch auf internationalen Tagungen zur Diskussion – 1997 auf der Internationalen Tagung „Smirnov’s Readings“ in Moskau, 1998 auf dem 20. Weltkongress für Philosophie „Paideia“ in Boston, 1999 auf dem XI. Internationalen Kongress für Logik, Methodologie und Philosophie der Wissenschaft in Krakau und auf dem Internationalen Kongress „Analytische Philosophie an der Wende des Jahrtausends“ in Santiago de Compostela, 2001 auf dem 24. Internationalen Wittgensteins Symposium in Kirchberg am Wechsel. Drei der von mir präsentierten Beiträge wurden anschließend veröffentlicht. Die Arbeit an diesem Projekt wurde 1998–2001 im Rahmen des Hochschulsonderprogramms für Frauen HSP III und 2002-2003 im Rahmen des Programms „Chancengleichheit für Frauen in Forschung und Lehre“ gefördert. Für diese Entscheidung, mich bei meinem Vorhaben zu unterstützen, danke ich dem Ausschuss zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses der Philosophisch-

Sozialwissenschaftlichen Fakultät und der ständigen Kommission für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs der Universität Augsburg, insbesondere der Frauenbeauftragten der Fakultät und ihren Stellvertreterinnen, sowie dem Frauenbüro der Universität. Bei der Vorbereitung des Textes dieses Buches stützte ich mich auch auf die wertvollen kritischen Bemerkungen der Gutachter meiner Habilitationsschrift Herrn Professor Guido Küng und Herrn Professor Gottfried Gabriel. Vom Februar bis April 2004 hatte ich einen Forschungsaufenthalt im Wittgenstein Archiv, Bergen, Norwegen, der im Rahmen des Europäischen Programms „Human Potential Programme, Access to Research Infrastructures“ finanziert wurde, und wo ich Zugang zum Wittgensteins Nachlass hatte. Die Ergebnisse meiner Arbeit im Archiv dienten mir als zusätzliches Material für dieses Buch.

INHALTSVERZEICHNIS Einleitung 1. Der Begriff der logischen Form 1.1. Über den Begriff der analytischen Philosophie 1.2. Über den Begriff der logischen Form 2. Die logische Form als Form der Existenz einer Intension 2.1. Extension und Intension 2.1.1. Frege: von Extension und Intension von Begriffen zu semiotischen Charakteristika von Zeichen 2.1.2. Russell und Whitehead: Extension und Intension als Charakteristika der Funktionen von propositionalen Funktionen 2.1.3. Russell (1927): Sätze über propositionale Einstellungen. Ist ein solcher Satz die Behauptung einer Proposition oder die Behauptung über eine Proposition? 2.1.4. Carnap: Extension und Intension, extensionale und intensionale Kontexte, Semantik der Sätze über propositionale Einstellungen 2.2. Russell über Propositionen 2.2.1. Der Einfluss Moors 2.2.2. Briefwechsel mit Frege: ist die Proposition der Gedanke im Sinne Freges? 2.2.3. Russell (1898): Prädikate als Terme 2.2.4. Russell (1903): analytische Propositionen, Extension und Intension von Begriffen 2.2.5. Relationsbegriff als eine der Methoden der Analyse der Proposition. Die Relation der Prädikation 2.2.6. Eine weitere Methode der Analyse der Proposition: propositionale Funktionen 2.2.7. Propositionale Funktionen und die Fregeschen Begriffe 2.2.8. Warum sind propositionale Funktionen nur eine der möglichen Methoden der Analyse? 2.3. Paradoxe der Intensionalität 2.3.1. Russells Antinomie der Propositionen: ein Versuch der

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Rekonstruktion der ersten Formulierung 123 2.3.2. Formulierung der Antinomie: Russells Annahmen und einige Erklärungen 126 2.3.3. Einige Besonderheiten der Russellschen Bezeichnungsweise und die zweite Formulierung 131 2.3.4. Church (1985): die Rekonstruktion der Antinomie 134 2.3.5. Myhill (1957): die Wiederentdeckung der Antinomie 137 2.3.6. Russell (1905): die Nicht-Klassen-Theorie 139 2.3.7. Russell (1908): die verzweigte Typentheorie 144 2.3.8. Die Antinomie der Propositionen: zur Frage der Klassifizierung 149 3. Die Logische Form als einer der Gegenstände der Erkenntnis 157 3.1. Russell über die Immanenz von Meinongs Gegenständen höherer Ordnung 157 3.1.1. Einige Thesen der Gegenstandstheorie Meinongs 159 3.1.2. Russells Kritik: warum ist der Erkenntnisgegenstand Meinongs immanent und welche Folgen hat die Anerkennung dieser Immanenz? 162 3.1.3. Russell über die Objektivität der Propositionen 165 3.1.4. Müller über die Transmanenz der Gegenstände Meinongs und über den Inhaltsbegriff 173 3.1.5. Propositionen Russells als immanente Objekte 178 3.1.6. Russell und Cohn über das erkennende Subjekt 182 3.2. Russell über propositionale Begriffe 189 3.2.1. Propositionale Begriffe Russells: ein Versuch der Rekonstruktion der Theorie 190 3.2.2. Von den Unterschieden der Bezeichnungen zu Unterschieden des Bezeichneten 206 3.2.3. Die Theorie der Beschreibungen (1905): Problemlösungen 210 3.2.4. Die Theorie der Wahr-Macher: eine andere Rekonstruktion der Russellschen Theorie? 212 4. Die Theorie der Beschreibungen: logische Form und logische Analyse 227 4.1. Russells Theorie der Beschreibungen 227 4.1.1. Grundbegriffe und Hauptthesen der Theorie 229

4.1.2. Die Form und die Paraphrase 236 4.2. Das Paradox Quines, Kripke über zufällige Identitätsbehauptungen, und die Theorie der Beschreibungen 243 4.3. Quine über ontologische Annahmen 254 4.4. Die logische Analyse der natürlichen Sprache 261 4.4.1. Strawson über Referenz 261 4.4.2. Unvollständige Beschreibungen 265 4.4.3. Chisholm: die Theorie der Beschreibungen und intentionale Kontexte 269 5. Die Logische Form als Form einer kognitiven Relation 275 5.1. Frege über die logische Form 275 5.1.1. Die logische Form als ein Charakteristikum des Zeichens 278 5.1.2. Die logische Form als Zeichen? 281 5.1.3. Die logische Form als ein Charakteristikum des Bezeichneten 284 5.1.4. Einige Schlüsse aus Annahmen über die Fregesche Auffassung vom Standpunkt der Entwicklung der Russellschen Theorie 292 5.2. Russell über die logische Form 296 5.2.1. Das Manuskript über die Erkenntnistheorie (1913): kognitive Fakten und Komplexe 298 5.2.2. Aufzeichnungen über Logik (1912): logische Form – primitiver Begriff der logischen Theorie oder definierbare Eigenschaft von Komplexen? 301 5.2.3. Das Manuskript (1913): logische Form als Element der kognitiven Relation des Verstehens der Proposition 303 5.2.4. Logische Formen: einfache Fakten oder Instrumente des Begreifens? 310 5.3. Wittgenstein über Russells Begriff der logischen Form und Intensionalität 320 5.3.1. Argumente Wittgensteins gegen Russells Theorie des Urteilens 322 5.3.2. Russell (1919): Propositionen als Fakten, die den Glaubensinhalt bilden 323 5.3.3. Russell (1927): gibt es intensionale propositionale Funktionen, deren Argumente Propositionen sind? 330

5.3.4. Wittgenstein („Diktat für Schlick“): direkte Beschreibungen versus indirekte Beschreibungen 337 5.3.5. Einige Aspekte der Analyse der intensionalen Kontexte in der modernen Logik 339 6. Logische Objekte 345 6.1. Diskussion über Psychologismus 345 6.1.1. Frege über die Gefahr des Psychologismus für die Logik und über die Gründe seines möglichen Verbreitens 348 6.1.2. Husserl über den theoretischen Charakter der Logik 355 6.1.3. Einige Bemerkungen über den Psychologismus der Theorie Mills 364 6.1.4. Russell (nach 1919): ein Verzicht auf Antipsychologismus? 371 6.2. Klassen als logische Gegenstände 374 6.2.1. Klasse als Eines: die Antinomie Russells (1902) 377 6.2.2. Bernays (1937-1954, 1958): Mengen versus Klassen 380 6.3. Was sind logische Konstanten? 390 6.3.1. Russell über die logischen Konstanten 392 6.3.2. Wittgenstein: logische Konstanten und logische Gegenstände 400 6.3.3. Russell (1950) über die Sätze der Logik 406 6.3.4. Wittgenstein: Wahrheitsoperationen und die Beziehungen des Folgens als interne Beziehungen der Sätze 409 6.3.5. Tarski über die logischen Objekte 419 Resümee 423 Anmerkungen 429 Literaturverzeichnis 473

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EINLEITUNG Das Ziel dieser Untersuchung ist die Erörterung des Begriffs der logischen Form und seiner Entwicklung während der Anfangsperiode der analytischen Tradition. Die Schlüsselrolle in der Untersuchung dieses Themas spielen Russells logische, epistemologische und semantische Theorien, welche die logische Form des Gedankens und des Satzes nicht nur als Gegenstand einer philosophischen Studie, sondern auch als resultatives Element der analytischen Methode, wie sie von der wissenschaftlich orientierten Philosophie gebraucht wird, auffassen. Auf dieses Thema wurde bis jetzt wenig Aufmerksamkeit gerichtet, obwohl während der letzten Jahrzehnte die logischen und analytischen Forschungen dahin tendierten, dass sowohl Grundlagen analytischer Philosophie, insbesondere Theorien Freges und Wittgensteins (Dummett, Hintikka, Pears)1, als auch unterschiedliche Ansichten Russells (Church, Hintikka, Linsky, Pears, Quine)2 erneut untersucht wurden und werden. Der Stand dieser Forschungen bedarf weiterer Erneuerung erstens im Zusammenhang mit Errungenschaften moderner intensionaler und pragmatischer Logik. Die Mannigfaltigkeit von Formen analytischer Tradition und ihren Verbindungen mit anderen Richtungen gegenwärtigen philosophischen Denkens ist der zweite Faktor, der eine solche Erneuerung notwendig macht. Der dritte Faktor ist, dass die bereits bestehenden Vorurteile und Schablonen bezüglich der Auffassung von Russells logischem und philosophischem Erbe nur sehr langsam als solche angesehen werden, trotz der Anfang der 80er-Jahre begonnenen Veröffentlichung von The Collected Papers of Bertrand Russell3, die Russells Manuskripte zugänglich machen und endlich die Zusammenhänge ans Licht bringen, die man früher nur vermuten konnte. Die Probleme, die im Mittelpunkt dieser Untersuchung stehen, lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

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1. Analysiert werden die Grundbegriffe Russellscher Lehre, ihr Ursprung und ihre Verbindung mit philosophischer Tradition, ihre wechselseitigen Beziehungen und ihre Entwicklung. Russells Interesse an den Grundlagen der Mathematik und der Versuch, die Frage Kants nach der Natur der mathematischen Sätze erneut zu beantworten, führte zur Bildung des Begriffs „proposition“. Dessen Analyse führt zu der Frage nach der Natur der Bestandteile und der Struktur der Proposition. Verschiedene Typen dieser Struktur haben universellen und konstanten Charakter, was zusammen mit anderen Faktoren die Allgemeingültigkeit logischer Prinzipien garantiert. Diese Allgemeingültigkeit kann entweder darauf basieren, dass logischen Prinzipien und Formen Objektivität zukommt, oder darauf, dass die logischen Prinzipien ihrerseits irgendwelchen Formen und Gesetzen der objektiven Welt entsprechen. Die für Russells Anfangsperiode typische Identifizierung des Gegenstands des Erkennens mit dem Inhalt des Wissens führt zur Annahme der Objektivität logischer Formen und Prinzipien selbst. 2. Russells Streben nach der Begründung dieser Objektivität und der Anerkennung der Gegenständlichkeit jeder Erkenntnis leitet sich von der Entwicklung der Tradition des englischen Empirismus her. Diese Entwicklung rief Mills Theorie hervor, die streng zwischen einem Gegenstand und der Idee von diesem Gegenstand unterscheidet4. Derselbe Unterschied liegt der Gegenstandstheorie des BrentanoSchülers Meinong zugrunde, die Russell beeinflusste. Der Vergleich der Ansichten beider Autoren zeigt nicht nur ihre Ähnlichkeit, sondern auch die Wurzeln der Veränderung von Russells Ideen. Dass Russell logische Formen und Prinzipien unter die zu erkennenden Gegenstände einreiht, ohne sie dabei als mögliche Charakteristika des Erkennens selbst zu betrachten, hat solche problematischen Schlüsse zur Folge wie das Betrachten von Wahrheit und Falschheit von Propositionen als Eigenschaften von Gegenständen der Erkenntnis und nicht der erkennenden Tätigkeit, was ein Revidieren des Begriffs der Proposition verlangt.

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3. Dieses Revidieren wird auch von der semantischen und logischen Theorie Russells gefordert. Logizistische Untersuchungen Freges und Russells und die Entdeckung von Antinomien (die berühmte Antinomie Russells (1902) sowie seine Antinomie der Propositionen (1902)) heben die Bedeutung eines solchen semantischen Faktors wie der Intension („Sinn“ oder „Gedanke“ bei Frege und „proposition“ bei Russell) hervor. Bemerkenswert ist die Verbindung der letztgenannten Antinomie mit gegenwärtigen Forschungen auf dem Gebiet intensionaler und pragmatischer Logik (Church, Myhill, Montague)5, die nach der Lösung der Probleme sucht, die auch vor Russell und Frege standen. Die Antinomien zeigen, dass sowohl eine Vernachlässigung der Intension zugunsten der Extension als auch die Darstellung intensionaler Einheiten als selbständiger Objekte ihre Grenzen haben und nicht allgemein gelten. 4. Die epistemologischen Probleme und die Entdeckung von Antinomien haben als ihre Hauptfolgen einerseits die Theorie der Beschreibungen6 (1905), welche Propositionen als „unvollständige Symbole“7 auffasst und damit die „Ontologie der Tatsachen“8 einführt, und andererseits die Theorie der mehrstelligen kognitiven Relationen (1907 - 1913). Die Letztere fasst jede Erkenntnis, die sich in einem Satz ausdrücken lässt, als eine propositionale Einstellung auf und versucht ihre logische Form zu bestimmen. Durch die Formulierung des Begriffs der propositionalen Einstellung und durch seine Antwort auf die Kritik Wittgensteins leistet Russell einen wesentlichen Beitrag zur modernen intensionalen Logik. 5. Obwohl Russell logische Formen und Prinzipien wie früher für Gegenstände der Erkenntnis hält, scheint ihnen seine Theorie in der Tat eine ganz andere Art von Objektivität zuzusprechen als er selbst meint. Vielleicht ist die Objektivität aller logischen Formen nicht die Objektivität von Tatsachen oder mit anderen Worten von Objekten, die dem erkennenden Subjekt in der Erfahrung gegeben sind, sondern die Objektivität von Formen des subjektiven Begreifens solcher Tatsachen, die Objektivität, die darin besteht, dass sich diese Formen auf eine Weise, die für mehrere Menschen verständlich ist,

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realisieren und erst dadurch zu einem besonderen Erkenntnisgegenstand werden. Die Eigentümlichkeit dieser Auffassung kommt besonders deutlich zum Ausdruck, wenn man sie mit den Auffassungen Freges und Wittgensteins vergleicht. Diese Zusammenfassung macht folgende Bemerkung nötig. Selbst wenn man diese Untersuchung als eine Untersuchung auf dem Gebiet der Geschichte der Philosophie und Logik auffasst, kann man hier kaum die Geschichte der Ansichten eines Autors finden. Worum es sich hier handelt, ist die Geschichte der im Kontext der Formulierung neuer symbolischer Logik notwendig gewordenen Entwicklung eines der logischen Grundbegriffe. Dieser Kontext erklärt einerseits die Richtung, in der sich der Einfluss von Russells Theorie ausbreitet, und andererseits die Vielfalt der hier angesprochenen Probleme. Das Buch ist in 6 Kapitel eingeteilt, deren Reihenfolge zum Teil durch die Geschichte der Formulierung des Begriffs der logischen Form bei Russell, und zum Teil durch den Zusammenhang der Probleme bedingt ist, die mit diesem Begriff verbunden sind. Im ersten Kapitel werden unterschiedliche Auffassungen des Begriffs der analytischen Philosophie in Betracht gezogen und es wird der Standpunkt definiert, von dem her hier die analytische Philosophie und die Forschungsgebiete, die ihr nahe kommen, untersucht werden. Hier wird auch eine Definition des Begriffs der logischen Form gegeben, die von der Autorin aufgrund der in dieser Arbeit präsentierten Studie und der Analyse anderer besonders geläufiger Definitionen formuliert wurde. Das zweite Kapitel ist der Untersuchung des Begriffs der Intension gewidmet, der bei Russell eng mit dem Begriff der logischen Form während der Anfangsperiode seiner Arbeit verflochten ist. Nachdem verschiedene Definitionen der Extension und Intension präsentiert worden sind, die insbesondere von Frege, Russell und Whitehead sowie Carnap gegeben wurden, wird Russells Begriff der Proposition untersucht, wobei die Proposition einerseits durch ihren Inhalt und andererseits durch ihre logische Form zu charakterisieren ist. Hier werden Russells Ansichten

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bezüglich solcher grundlegenden logischen und mathematischen Begriffe wie Prädikat und Klasse in ihrer Entwicklung dargelegt. Dass Russell die Proposition vom Satz unterscheidet und ihr Objektivität einer Wissenseinheit zuspricht, führt zu Widersprüchen, die man oft als intensionale Widersprüche charakterisiert. In diesem Kapitel wird eine eingehende Untersuchung der Russellschen Formulierung der Antinomie von Propositionen und ihrer Abhängigkeit von dem Satz von Cantor unternommen, sowie der Auffassungen der Antinomie, von denen Church die eine bietet, wenn er sie als Ursache der Entwicklung der verzweigten Typentheorie bewertet, und Myhill die andere im Kontext der Analyse von Grundbegriffen der intensionalen Logik formuliert. Hier wird auch ein Versuch unternommen, die Antinomie nach den Kriterien, die Ramsey einführt, zu charakterisieren. Im dritten Kapitel geht es um den Begriff der logischen Form, die nun nicht nur als Form der Einheitlichkeit der Proposition und folglich als Form der Gegenstände der Erkenntnis und Wissenseinheiten auftritt, sondern auch als selbständiger Gegenstand der Erkenntnis. Die Grundlagen von Russells Erkenntnistheorie werden in einen Zusammenhang mit der Gegenstandstheorie Meinongs gebracht, dessen Ansichten Russell gleichzeitig teilt und kritisiert. In diesem Kapitel wird Russells Theorie der propositionalen Begriffe rekonstruiert, die er auch als Theorie von Fakten definiert und deren Probleme schließlich zur Annahme der Ontologie von Tatsachen führen und die Formulierung der Theorie der Beschreibungen initiieren. Aufgrund der Rekonstruktion dieser Theorie wird eine der modernen analytisch-philosophischen Theorien kritisiert, die auch als Theorie der „truth-makers“ bekannt ist und die zum größten Teil aus Russells Ideen erwächst. Das vierte Kapitel ist der Theorie der Beschreibungen gewidmet, die man mit Recht auch als „Paradigma der analytischen Philosophie“ bezeichnet. Während man die Darlegung von Russells Ansichten im zweiten und im dritten Kapitel auch als die Beschreibung der Probleme auffassen kann, die schließlich zu der Formulierung dieser Theorie, welche die logische Form neu als Form des Satzes definiert, die sich von seiner grammatikalischen Form unterscheidet, und den semantischen Wert des Satzes offen legt,

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führten, geht es hier zunächst um die Formulierung der Hauptthesen der Theorie. Danach wird die Entwicklung dieser Theorie in der analytischen Philosophie und auf dem Gebiet der modalen Logik in ihren allgemeinen Zügen beschrieben. Es wird untersucht, wie man diese Theorie zur Lösung von modallogischen Paradoxen einsetzen kann, was insbesondere Smullyan und Kripke zum Ausdruck bringen. Es wird ferner betrachtet, wie Quine diese Theorie für die Analyse ontologischer Annahmen einer Theorie benutzt, und wie dieser Gebrauch von Hintikka eingeschätzt wird. Wichtig ist auch die Entwicklung der Theorie auf dem Gebiet der Analyse der natürlichen Sprache, wo der Anstoß zu dieser Entwicklung von Strawson gegeben wird. Obwohl Strawson Russells Theorie kritisiert, findet sie auch auf dem besagten Gebiet viele Anhänger, denn sie liefert eine semantische Interpretation der Sätze, die sonst keine eindeutige Interpretation zulassen. Im fünften Kapitel geht es um den Begriff der logischen Form als selbständigen Gegenstand der logischen und philosophischen Untersuchung, zu dem dieser Begriff bei Russell 1910-1913 wird. Das Eigentümliche von Russells Theorie kann man teilweise durch die Probleme erklären, mit denen Frege bei der Untersuchung desselben Themas konfrontiert wird. Deswegen ist der erste Abschnitt des Kapitels den Ansichten Freges zu diesem Thema gewidmet sowie der Kritik ihrer möglichen Interpretationen. Die Darlegung von Russells Theorie zeigt, dass ihre Besonderheiten nicht nur durch die logischen Ideen Russells bestimmt sind, sondern in erster Linie durch seine Erkenntnistheorie und durch semantische Probleme, die er zu lösen versucht. Dieser Kontext der Untersuchung des Begriffs der logischen Form zeigt auch, dass man die logische Form als Form des begrifflichen Erfassens der Welt definieren kann. Russells Theorie wird von Wittgenstein kritisiert, was nicht nur einen der Gründe für die Entwicklung einer neuen Theorie des Erkennens darstellt, sondern auch noch eine mögliche Auffassung der logischen Form nach sich zieht, und Russell dazu bewegt, den Sätzen, die propositionale Einstellungen ausdrücken (also den Sätzen der Form „A glaubt (dass) p“), eine neue Interpretation zu geben.

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Das sechste Kapitel ist den Versuchen gewidmet, das spezifisch Logische nicht nur in dem Begriff der logischen Form zu finden, sondern auch in dem, was uns dazu veranlasst, über die logische Form zu sprechen. Es handelt sich hier einerseits um Gegenstände, deren Zusammenhänge die Logik untersucht, und andererseits um solche Ausdrücke der logischen Sprache, die man als Träger oder Repräsentanten der logischen Form auffassen könnte. Das Kapitel beginnt mit der Analyse des Streits um den Psychologismus, den man auf Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts datiert. Da im Laufe der theoretischen Diskussion, die dieser Frage gewidmet war, auch manche logische Grundbegriffe sowie die Vorstellung von der Logik als einer exakten Wissenschaft geprägt wurden, wird diese Vorstellung hier analysiert und einige der Begriffe werden eingehend untersucht. In diesem Zusammenhang werden Ansichten Freges, Husserls und Mills näher betrachtet. Als einer der Begriffe, die Frege als logische Grundbegriffe definiert, wird der Begriff des Begriffs abgehandelt, sowie der Begriff der Klasse, die Frege mit dem Begriffsumfang identifiziert. Die Schwierigkeiten, die aus dieser Identifizierung erwachsen, führen insbesondere zu der Entwicklung von axiomatischen Mengentheorien, die eine Alternative zu Russells Typentheorie bieten. Hier geht es um die Analyse des Klassenbegriffs, die Russell und Bernays durchführen. Anschließend wird die Aufmerksamkeit auf den Begriff der logischen Konstanten gelenkt. Von besonderem Interesse in diesem Zusammenhang ist, wie manche Ideen Russells von Wittgenstein übernommen und verarbeitet werden und wie sie sich bei Ramsey entwickeln. Eine andere Methode, die logischen Konstanten zu definieren, stammt von Tarski, dessen Ansichten anschließend auch behandelt werden. Die logische Notation, die hier in einem recht unbedeutenden Umfang benutzt wird, ist nicht unifiziert, aber da die hier angegebenen Formeln hauptsächlich dem Text der Principia Mathematica entnommen sind, gibt es keine gravierenden Unterschiede der Bezeichnungsweise, die eine Unifizierung erforderlich machen.

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Im Zusammenhang mit der Form der Darstellung des Textes ist zu bemerken, dass die Tabellen und Schemata jeweils unmittelbar dem Abschnitt des Kapitels folgen, in dem Bezug auf sie genommen wird.

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1. DER BEGRIFF DER LOGISCHEN FORM

1.1.

Über den Begriff der analytischen Philosophie

Der Wortlaut des Themas dieser Untersuchung basiert in erster Linie auf einer bestimmten Auffassung des Begriffs der analytischen Philosophie. Dieser Begriff wird unterschiedlich interpretiert, und in letzter Zeit werden sogar Meinungen geäußert, dass eine Definition der analytischen Philosophie gar nicht möglich sei, obwohl ihre Existenz doch nicht in Frage gestellt wird. Aus diesem Grund schicke ich dieser Untersuchung eine Zusammenfassung der zur Zeit herrschenden Ansichten voraus, um mögliche Missdeutungen zu vermeiden und zugleich den Gegenstand dieser Untersuchung abzugrenzen. Über analytische Philosophie spricht man erstens im Zusammenhang mit einem bestimmten Zweig der englischsprachigen Philosophie. Dabei wird sie oft der sogenannten „kontinentalen“ Philosophie gegenübergestellt und die Letztere wird eher als eine philosophische Tradition verstanden. Viele (unter anderem Smith, der seinerseits auf Searle als Quelle der Meinung hinweist1) halten diese Gegenüberstellung für missglückt und charakterisieren sie als eine Quer-Klassifikation („cross-categorization“), die etwa Amerika in Business und Kansas unterteilt. Andererseits identifiziert man analytische Philosophie mit einem Stil philosophischen Denkens und Argumentierens, der sich durch präzise Terminologie, beweiskräftige Darlegungsweise, vorsichtiges Umgehen mit philosophischen Verallgemeinerungen auszeichnet, der sich auf formallogische Untersuchungsmethoden stützt und der die Analyse der Sprache einerseits als eine Methode des Studiums von philosophischen Fragen benutzt und andererseits – als einen selbständigen Gegenstand eines solchen Studiums. In diesem Sinne bezeichnet man analytische Philosophie auch als eine Bewegung in der Philosophie. Was auch immer man unter den Begriff der analytischen Philosophie einreiht, niemand stellt die Existenz einer solchen Philosophie in Frage.

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Ihre Existenz wird erstens als Existenz einer philosophischen Tradition anerkannt, d.h. sie wird mit einer Menge von Namen derjenigen identifiziert, die diese Tradition gegründet haben und die sie repräsentieren. Dummett z.B. hält Frege, Russell und Moore für drei Säulen der analytischen Tradition und für weitere Vertreter die logischen Positivisten, Wittgenstein in allen Phasen seiner Entwicklung, die Oxforder „Philosophie der normalen Sprache“ sowie Repräsentanten der nachcarnapschen Philosophie in den Vereinigten Staaten (Quine, Davidson)2. Kanamori sieht als Hauptfiguren dieser Tradition Frege, Russell und Wittgenstein in der ersten Generation, und Carnap und Quine in der nächsten3. Einige Theoretiker4 weisen darauf hin, dass die Wahl der Repräsentanten und insbesondere der Begründer der analytischen Tradition letztendlich durch die Auffassung der analytischen Philosophie bestimmt ist. Auf diesen Gesichtspunkt komme ich später nochmals zurück. Unbezweifelbar ist auch die Existenz der analytischen Philosophie in der Form einer Institution, die Einrichtungen an Universitäten, Zeitschriften und Tagungen umfasst. Da sich die analytische Philosophie in dieser Form theoretisch reproduziert, stellt sich allerdings die Frage, die auch im Zusammenhang mit der Charakterisierung der analytischen Tradition auftaucht. Es ist die Frage nach dem Kennzeichnenden analytischphilosophischer theoretischer Inhalte. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, diese Frage zu beantworten. Die Antwort kann positiv oder negativ sein. In negativer Form enthält die Antwort die Auflistung der philosophischen Richtungen, die mit der analytischen Philosophie nicht zu vermengen sind5. Es geht bei einer solchen Auflistung hauptsächlich um Missdeutungen, mit denen man aufräumen müsste. Man sagt oft, dass die analytische Philosophie z.B. nicht mit der positivistischen Tendenz gleichgesetzt werden kann oder aber mit postpositivistischen Theorien. Solche Thesen sind nicht ohne Bedeutung, aber in eine derartige Liste kann man auch eine beliebige historisch konkrete Gestalt der analytischen Philosophie selbst einschließen, wodurch das Einzige, was man gewinnt, die Behauptung ist,

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dass in der analytischen Philosophie mehrere Richtungen zu unterscheiden sind, und dass sie nicht auf eine einzelne von diesen reduziert werden darf. Eine positive Antwort auf die Frage, was eigentlich die analytische Philosophie untersucht, und was ihre Theorien charakterisiert, kann unterschiedlich ausfallen. Man kann erstens die Problematik definieren, mit der sich die analytische Philosophie beschäftigt. Kanamori z.B. beschreibt ihre Probleme als Themen der Wahrheit, der Bedeutung und des Wissens, welche die analytische Philosophie durch Untersuchungen der Sprache und des Denkens in Angriff nimmt6. Ähnliche Gedanken äußert auch Dummett, der die analytische Philosophie durch die Rolle der Bedeutungstheorie charakterisiert. Obwohl er nicht bereit ist, den Vorrang einer solchen Theorie vorbehaltlos zu akzeptieren, sieht er in dem Einräumen einer grundlegenden Stellung der Bedeutungstheorie eines der Hauptmerkmale, welche die Bildung der analytischen Tradition auszeichnen7. Wie Dummett kann man auch versuchen, Grundprinzipien zu finden, die jede analytisch-philosophische Theorie teilt oder von denen sie ausgeht. Dummett beschreibt als einen solchen Grundsatz zwei Prinzipien, die in der analytischen Philosophie zu einem verschmolzen sind. Laut einem dieser Prinzipien kann eine philosophische Erklärung des Denkens durch philosophische Analyse der Sprache erreicht werden. Das andere Prinzip fordert, dass eine umfassende Erklärung nur in dieser und keiner anderen Weise zu erreichen ist8. Oben wurde schon angedeutet, dass man in dieser Ansicht Dummetts die Quelle seiner Lösung des Problems sieht, wo man die Grenze zwischen den Repräsentanten der analytischen Tradition einerseits und denjenigen, die dieser Tradition nicht angehören, andererseits ziehen kann. Diese These verteidigt Monk. Er behauptet, dass die Idee, die analytische Philosophie als post-Fregesche Philosophie zu beschreiben, die auf der linguistischen Wende („linguistic turn“) aufgebaut ist, selbst Russell jenseits der Grenze bringt, die Analytiker von NichtAnalytikern trennt9. Monk revidiert Dummetts Theorie durch die Behauptung, dass die analytische Philosophie dann definiert werden kann, wenn man den Begriff der Analyse zu ihrer Definition heranzieht. Die

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theoretische Einheit der analytischen Philosophie sieht Monk in der Idee, einen Komplex (z.B. Proposition) als ein Objekt zu betrachten, in dem man Bestandteile unterscheiden kann, und solche kognitiven Operationen auf einem derartigen Objekt wie Verstehen nur dann für realisierbar zu halten, wenn das Objekt analysiert werden kann10. Allerdings führt diese Auffassung dazu, dass man diesseits der besagten Grenze neben Frege und Russell auch Meinong und Husserl vorfindet und jenseits – Wittgenstein. Hier sieht man noch eine Möglichkeit, den theoretischen Inhalt der analytischen Philosophie zu charakterisieren. Diese Möglichkeit liefert der Versuch, die Merkmale des Begriffs der analytischen Philosophie zu bestimmen. Man fragt sich, wie eine philosophische Analyse aufgefasst werden kann, beschreibt die denkbaren Auffassungen in ihren allgemeinsten Zügen und bekommt eine Kennzeichnung der analytischen Philosophie durch verschiedene von ihr gebrauchte Prozeduren philosophischer Argumentation. Es scheint, als ob dieser Ansatz in erster Linie die Definition der analytischen Philosophie durch ihre Methode gäbe, aber da der Begriff einer Analyse schon sozusagen „per Definition“ einer der fundamentalsten Begriffe der analytischen Philosophie ist, kann man diesen als einen der Gegenstände betrachten, den analytische Philosophie als eine einheitliche wissenschaftliche Disziplin zu untersuchen hat. Der Vorteil dieses Ansatzes besteht darin, dass er zugleich ein Kriterium zur Unterscheidung verschiedener Richtungen der analytischen Philosophie liefert. Man kann z.B. die Frege-Russellsche Auffassung der Analyse, die auf der Gegenüberstellung der logischen Analyse eines Satzes mit seiner grammatikalischen Analyse basiert, mit dem von Moore stammenden Verfahren des Paraphrasierens eines Satzes der natürlichen Sprache in einen anderen Satz derselben Sprache, der klarer als der analysierte Satz ist, vergleichen11. Derartige Definitionen, die Kriterien auflisten, welche notwendig und hinreichend sind, um analytische Philosophie als solche zu identifizieren, bezeichnet man manchmal als intensionale. Diese Bezeichnung benutzt z.B. Andler, der eine intensionale Definition als Charakterisierung des zu definierenden Gebiets als einer strukturierten wachsenden Masse des Wissens betrachtet, die durch eine bestimmte Menge der Prinzipien zu

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einer Einheit geworden ist12. Diese Auffassung lässt vermuten, dass der Terminus „intensionale Definition“ in Wirklichkeit als Synonym des in der Logik wohlbekannten Ausdrucks „reale Definition“ gebraucht wird, ohne eine bestimmte Art der realen Definition zu erwähnen, und dadurch die Freiheit zu erlangen, auch definitionsartige Methoden der Bestimmung des Inhalts eines Begriffs (in diesem Fall des Begriffs der analytischen Philosophie) benutzen zu können. Andler selbst hält eine intensionale Definition der analytischen Philosophie für prinzipiell unmöglich. Diese Unmöglichkeit ist in erster Linie durch die ständige Entwicklung der analytischen Philosophie bedingt, die selbst den traditionell als analytischphilosophisch einschätzbaren Themenkreis verändert, indem sie sogar das Problem der Stellung eines Menschen zur Diskussion bringt. Solche Prinzipien, die z.B. Dummett formuliert, hält Andler nur innerhalb einer bestimmten analytisch-philosophischen Theorie für gültig, die Dummett (oder aber ein anderer, der ein alternatives Prinzip formuliert) selbst vertritt. Demnach könnte man doch eine intensionale Definition der analytischen Philosophie geben, nämlich eine disjunktive Definition, die als ihre Disjunkte solche „lokale“ Definitionen haben könnte. Eine solche Definition wäre aber nicht endgültig, und zu einer Erweiterung offen. Darüber hinaus eignen sich die Begriffe, mit deren Hilfe man die analytische Methode beschreibt, nicht für eine Definition, da sie grundsätzlich vage sind oder nicht den Theorien jedes analytischen Philosophen zukommen. Diese Kritik möglicher intensionaler Definitionen ist aber selbst nicht ganz einwandfrei. Was sie einer der denkbaren intensionalen Definitionen vorwirft, ist, dass eine solche Definition nicht auf alle Richtungen oder Theorien der analytischen Philosophie zutrifft. Um aber diese Tatsache zu konstatieren, muss man eine solche Theorie oder Richtung zunächst angeben, was ihre Identifizierung als analytischphilosophische Theorie und folglich schon eine Definition der analytischen Philosophie voraussetzt. Die restliche Argumentation ist auch anfechtbar. Was Andler an Stelle einer intensionalen Definition vorschlägt, ist eine „holistische“ Definition, die alles Analytische – Texte, Autoren, Ereignisse - durch ihre Familien-Ähnlichkeit („family resemblance“) charakterisiert. Andler vergleicht die analytische Philosophie mit der Wissenschaft, weil sie eine philosophische Untersuchung als eine wissenschaftliche Untersuchung organisiert und darüber hinaus unterschiedliche Richtungen

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der analytischen Tradition zu einem Ganzen verschmilzt, wodurch sie mehr als nur eine Tradition wird. Wegen ihres Umfangs lässt sich eine wissenschaftliche Disziplin, im Unterschied zu einzelnen Forschungsprogrammen z.B., nicht intensional definieren, und durch diese Bemerkung nimmt Andler auch seiner eigenen Definition jegliche Grundlage, denn die sogenannte holistische Definition beschreibt zunächst die analytische Philosophie als einen Zusammenhang von Themen, Problemen, Personen, Texten und anderen möglichen institutionellen Formen, die analytische Philosophie annimmt. Diese Definition weist darauf hin, dass sich jedes dieser Elemente der analytischen Philosophie als solches durch Heranziehen anderer Elemente erkennen lässt, und listet schließlich doch die Kriterien auf, die man braucht, um analytische Philosophie von anderen philosophischen Richtungen zu unterscheiden. Somit lässt die holistische Definition in der Tat eine intensionale Beschreibung der analytischen Philosophie zu und unterliegt folglich der kritischen Argumentation, die auf alle intensionalen Definitionen anwendbar ist. Um diesen kurzen Ausflug in die Welt der Reflexionen verschiedener Repräsentanten analytischer Tradition zu beenden und zugleich einen Umriss der Auffassung der analytischen Philosophie zu geben, die dieser Untersuchung zugrunde gelegt wird, treffe ich folgende Vereinbarungen. Den Terminus „analytische Philosophie“ betrachte ich als Synonym des Wortes „analytische Tradition“. Durch die Gleichsetzung der Bedeutung dieser Wörter erlangt man die Möglichkeit, nicht nur Theorien allgemein anerkannter Vertreter der analytischen Philosophie zu betrachten, sondern auch die Wurzeln der theoretischen Einflüsse zu verfolgen, welche die Thematik der analytischen Philosophie prägen. Man darf z.B. einige linguistische Theorien (solche wie die Theorie Chomskys) heranziehen, um die Auswirkungen mancher zu untersuchender Begriffe und Konzepte in ihrem wirklichen theoretischen Ausmaß einschätzen zu können. Einen selbständigen Versuch, eine „intensionale“ Definition der analytischen Philosophie zu geben, unternehme ich nicht, aber die Möglichkeit einer solchen Definition wird nicht in Frage gestellt.

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Obwohl das Thema dieser Arbeit ein Stück der Geschichte der analytischen Philosophie als ihren Gegenstand bezeichnet, ist diese Untersuchung nicht (oder nicht nur) eine Untersuchung der historischen Zusammenhänge in dem Sinn, in dem man die Geschichte der Philosophie aufzufassen pflegt. Diese Untersuchung beansprucht insbesondere keine Vollständigkeit der historischen Beschreibung der Theorie eines Autors. Der Schwerpunkt der Arbeit ist nur einer der Problemzusammenhänge, der allerdings so bedeutend ist, dass er sogar seine eigene selbständige Geschichte aufweist, selbständig in dem Sinn, dass jede Lösung des Problems, die von einem Autor formuliert wird, einen bestimmten Einfluss ausüben kann, der nach der Formulierung außerhalb der Macht des Autors steht, selbst dann, wenn der Autor (in diesem Fall ist das Russell) seine Ansichten ändert. Als die wichtigsten Vertreter der analytischen Philosophie werden den herrschenden Meinungen entsprechend Frege, Russell und Wittgenstein sowie Carnap und Quine anerkannt. Ihre Theorien werden aber nicht ganz im traditionellen Sinne als die Theorien bewertet, welche die sogenannte „Wende zur Sprache“ vollziehen, denn es ist fraglich, ob für Frege, Russell oder Wittgenstein (zumindest im Tractatus) die Sprache der selbständige Untersuchungsgegenstand ist. Eher wird die Notwendigkeit dieser Wende durch ihre Arbeiten erst realisiert. Wonach die Begründer der analytischen Philosophie streben, bezeichnet Wittgenstein selbst als Theorie des Symbolismus13, d.h. die Theorie der Prinzipien, nach denen sich die Syntax einer logischen Sprache und die dieser Syntax entsprechende semantische Theorie richten sollen. Als ihr eigentliches Ziel hat die Theorie des Symbolismus den Aufbau einer Hierarchie logischer Objekte, die Formulierung der Syntax einer logischen Theorie und schließlich die Antwort auf die Frage, was es in der Welt gibt, das die Zeichen bezeichnen. Die schon angesprochene Dummettsche Charakteristik der analytischen Philosophie als „post-Fregescher“ Philosophie, die sich durch eine Reihe von Merkmalen beschreiben lässt, halte ich für nicht ausreichend, um analytische Philosophie von anderen wissenschaftlich orientierten philosophischen Theorien zu unterscheiden. Als solche Merkmale betrachtet Dummett die Anerkennung des Gedankens

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(„thought“) als des Gegenstands der Philosophie, die These über die Unmöglichkeit, einen Gedanken anders als durch seine sprachliche Form zu analysieren, und die Unterscheidung eines Gedankens vom Denken14. Sieht man nämlich vom Fregeschen Terminus „Gedanke“ ab und ersetzt man diesen durch einen anderen, der z.B. ein in der Sprache ausdrückbares Ergebnis der Erkenntnis bezeichnet, kann man diese Merkmale zur Beschreibung der Theorie Cohns oder sogar Meinongs anwenden, die nicht jeder Analytiker (Repräsentant analytischer Philosophie) für Mitbegründer der analytischen Philosophie erklären wird. Oben wurde allerdings auf die Anerkennung dieser Möglichkeit seitens Monks hingewiesen. Da aber Monk seinem Leser eine ausführliche und gut argumentierte Begründung dieser Ansicht schuldig bleibt, kann man kaum annehmen, dass seine Ideen schon viele Anhänger gefunden haben. Die Definition, die Dummett der analytischen Philosophie gibt, wenn er ihr Grundprinzip beschreibt, wird aber durch die obigen kritischen Bemerkungen nicht geleugnet. An Stelle einer Definition halte ich mich an eine Beschreibung der analytischen Philosophie und vor allem ihres problematischen Inhalts durch ihre Hauptmerkmale. Als solche bezeichne ich die Folgenden. Zunächst ist analytische Philosophie eine wissenschaftlich orientierte Philosophie. In einem seiner späteren Aufsätze („What is Mind“, 1958)15, der eine Rezension von Ryles Buch The Concept of Mind ist, schreibt Russell unter anderem über die Forderung an einen Philosophen, sich an Errungenschaften der Wissenschaft zu orientieren. Für einen Autor bedeutet das nicht, dass er sich mit einer der konkreten Wissenschaften auseinandersetzen muss, wenn er eine freie Minute hat, wie es sonst z.B. ein Biologe oder ein Mathematiker macht, wenn die Letzteren eine bestimmte Forschungsaufgabe auf ihrem Fachgebiet erfüllen, eine bestimmte Theorie lehren oder die von ihnen erworbenen Fachkenntnisse irgendwo anwenden. Ein philosophischer Verstand und das Vorstellungsvermögen eines Philosophen sollen von wissenschaftlichen Ansichten getränkt („impregnated“) sein, so dass ihr Träger auf neue Begriffe und Methoden zugreifen kann, die sich in der Wissenschaft schon bewährt haben16. Wenn ich die analytische Philosophie als eine wissenschaftlich orientierte Philosophie beschreibe, verstehe ich darunter in erster Linie in Einklang mit dem Russellschen Gesichtspunkt,

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dass sich diese Philosophie Methoden bedient, die eine Bewährungsprobe in der Wissenschaft schon bestanden haben. Eine der wissenschaftlichen Disziplinen, die der analytischen Philosophie solche Methoden liefert, ist die Logik, in erster Linie symbolische oder mathematische Logik, aber auch solche modernen logischen Theorien wie z.B. die logische Semantik in ihren verschiedenen Formen. Die modernen logischen Theorien benutzt die analytische Philosophie nicht nur als Instrument, mit dem sie eine Masse theoretischer Annahmen, Tatsachen und Schlüsse bearbeitet, sondern auch als Vermittler der Sprache, mit deren Hilfe man ein Problem (oft ein altes und schon wohlbekanntes) neu formulieren kann. Dieser Anwendung der Logik, insbesondere auf dem Gebiet traditioneller ontologischer Probleme, widmet 1963 Küng eine eingehende Untersuchung17. Eines der neuesten Beispiele derartiger Anwendung findet man z.B. im Buch Vagueness, in dem unter anderem traditionelle, mit vagen Begriffen verbundene Probleme von verschiedenen Autoren dargelegt und diskutiert werden18. Noch eine Eigenschaft, die analytische Philosophie als eine wissenschaftlich orientierte Philosophie charakterisiert, ist ihre Fähigkeit, sich mit dem Inhalt mancher wissenschaftlicher Konzepte auseinander zu setzen, um einerseits die Stelle dieser Konzepte in dem Zusammenhang der wissenschaftlichen Theorien zu bestimmen und andererseits, um ihre Ergebnisse für die Formulierung und Lösung philosophischer Probleme anzuwenden. Als Beispiel für solche Konzepte könnte man die linguistische Theorie Chomskys und seiner Anhänger erwähnen19. Schließlich beschäftigt sich analytische Philosophie auch mit Problemen der Wissenschaftsphilosophie, mit Fragen z.B. nach den Gesetzmäßigkeiten der Formulierung und Entwicklung wissenschaftlicher Theorien. Nicht jede Arbeit in der analytischen Philosophie besitzt alle diese Merkmale, aber ihre Gesamtheit kann eine der Charakteristiken der analytischen Tradition sein. Das zweite Merkmal der analytischen Philosophie, durch das man sie auch charakterisieren kann, ist die diese Philosophie bezeichnende und von ihr benutzte Methode der Analyse. Der Terminus selbst impliziert, dass durch die Anwendung dieser Methode der Gegenstand der Untersuchung (der sich von einer Forschungsrichtung zur anderen verändert) in seine Elemente zerlegt wird. Diese Auffassung scheint aber trivial zu sein,

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weswegen man nach ihrer Präzisierung sucht. Als Ansatz einer solchen Präzisierung kann die Idee Russells dienen, dass das Ziel einer Analyse darin besteht, dass man mit ihrer Hilfe das auf einem anderen Weg unerreichbare Wissen erreicht20. So aufgefasst liefert die Analyse eine Möglichkeit, von Daten der Erfahrung ausgehend, eine Schlussfolgerung bezüglich des in diesen Daten nicht unmittelbar Vorhandenen oder Dargestellten zu ziehen. Solche Schlüsse von der sogenannten „molekularen“ Ebene eines Objekts auf „Atome“ seiner Struktur sollte man aber nicht als Gewinnen des Einfachsten auslegen, denn es besteht die potentielle Möglichkeit, auch diese „Atome“ weiter zu analysieren und somit weitere „Einfachheitsschichten“ der Analyse zu erreichen. Das jedes Mal gewonnene Einfachste („simples“), warnt Russell, ist nur relativ einfach. Diese von Russell erwähnte Tatsache erklärt die Vorteile, welche die Analyse der Sprache oder eher der syntaktischen Einheiten, die eine semantische Interpretation zulassen, mit sich bringt. Bei der Analyse solcher Einheiten ist das Einfachste immer erreichbar. Die Syntax einer Sprache (sei es eine natürliche oder aber eine logische (formale oder formalisierte) Sprache) setzt die Grenze der Einfachheit von Sprachausdrücken. Die Sprachanalyse an sich kann aber kaum ein selbständiges Ziel einer philosophischen Untersuchung sein. Das Ziel kann nur die Interpretation von syntaktischen Einfachen und die Charakterisierung der Zusammenhänge zwischen den Einfachen (Korrelaten der syntaktischen Einfachen) oder zwischen dem Komplex und den Einfachen sein. Definiert man das Ziel der philosophischen Untersuchung auf solche oder ähnliche Weise, kann man die Mannigfaltigkeit der Gestalten der analytischen Philosophie durch verschiedene Wege der Realisierung dieses Ziels erklären. Andererseits erklärt das besagte Ziel auch eine von Dummett hervorgehobene besondere Rolle der semantischen Problematik in der analytischen Philosophie. Als drittes Merkmal analytischer Philosophie betrachte ich ihre Thematik. In seinem Vortrag auf dem internationalen Kongress Analytic Philosophy at the Turn of the Millennium in Santiago de Compostela (1999) charakterisierte Smith diese Thematik als Logik, Sprache und Verstand („mind“)21. Die Liste dieser Themengebiete bedarf einer Abgrenzung, da sie viel zu umfangreich sind und ohne eine solche Abgrenzung in den

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Bereich mehrerer spezieller Wissenschaften fallen können. Hier ist in erster Linie der Idee Dummetts Rechnung zu tragen, dass die analytische Philosophie die kognitive Problematik oft unter dem Gesichtspunkt der sprachlichen Form betrachtet, die eine Wissenseinheit hat und in der sich das Erkannte präsentiert. Durch die Sprache „stratifiziert“ man das, was man erkennt, und das Erkannte offenbart sich nur in einem sprachlichen Ausdruck: als das von dem Ausdruck Benannte oder Bezeichnete; als Sinn des Zeichens, der im Unterschied zu manchem Bennanten nicht greifbar sein kann; als Zeichenfolge, als eine Reihe von Zeichenfolgen oder als Gesetzmäßigkeiten der Organisation von Zeichenfolgen (wenn die fraglichen Ausdrücke beispielsweise syntaktische Regeln sind). Was man in solche Kategorien oder Schichten des Bezeichneten einordnet, hängt jedes Mal von der konkreten Theorie ab. Die logische Problematik wird aus unterschiedlichen Gründen in die Problematik der analytischen Philosophie mit einbezogen. Mit ihrem mächtigen Apparat der formalen Sprachen liefert die Logik erstens eine mögliche Methode der Untersuchung der sprachlichen Form des Gedankens. Zweitens bilden solche Sprachen selbst sowie ihre Semantik einen Gegenstand der analytischen Untersuchung. Schließlich befasst sich Logik mit Problemen ihrer eigenen Grundlagen, die auch die analytische Philosophie in Angriff nimmt. Diese Problematik umfasst mehrere Fragen, unter denen auch die folgenden sind: Was ist die logische Form? Was sind die logischen Konstanten und wodurch unterscheiden sie sich von der logischen Form? Inwiefern lassen sie sich mit ihr identifizieren? Was ist der eigentliche Gegenstand der Logik und was macht die Logik trotz ihrer so unterschiedlichen Formen und Richtungen zu einer einheitlichen Wissenschaft? Was erlaubt insbesondere, alle ihre Zweige doch jeweils als Logik zu charakterisieren? Zweifellos wird ein Teil dieser Fragen in der analytischen Philosophie diskutiert. Nicht zuletzt spielen dabei die logische Kompetenz vieler Analytiker und die historische Tatsache eine Rolle, dass einige Analytiker, unter anderem die Begründer und „Trendsetter“ der analytischen Philosophie, selbst bedeutende Logiker waren, wie z.B. Frege, Russell, Carnap und Quine. Die Liste dieser Merkmale könnte man möglicherweise noch erweitern, aber eine ausführliche Charakterisierung analytischer Philosophie ist nicht

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das eigentliche Ziel dieser Arbeit. Die hier gegebene Beschreibung dient der Absteckung des Gebiets, auf dem das hier zu untersuchende Thema diskutiert wird und auf dem es großen Einfluss ausübt.

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1.2. Über den Begriff der logischen Form Der Begriff der logischen Form ist einer der fundamentalsten Begriffe, die man in der Logik lernt. Logische Gesetze und Prinzipien werden traditionell als solche beschrieben, die unabhängig von dem Inhalt, auf den sie angewandt werden, und nur dank ihrer logischen Form gelten. Diese Beschreibung macht den Inhalt eines der wichtigsten logischen Prinzipien aus, wenn nicht sogar einen wesentlichen Bestandteil der Definition der Logik. Für gewöhnlich charakterisiert man Logik als Wissenschaft, welche sich mit der Korrektheit des Schlusses befasst. Logik formuliert die Gesetze, die unter der Bedingung, dass die Prämissen des Schlusses wahr sind, diese Korrektheit nur aufgrund der Form des Schlusses und unabhängig von dem Inhalt seiner Prämissen und seines Schlusssatzes gewährleisten. Die Unabhängigkeit vom Inhalt ist in dem Sinne zu verstehen, dass das, was man in der formalen Logik als Materie einer Aussage (wobei die Aussage in einem Schluss als eine seiner Komponenten auftritt) definiert, beliebig gewählt werden darf. Das bedeutet aber nicht, dass die Materie des Schlusssatzes (als einer der Komponenten des Schlusses) unabhängig von der Materie der Prämissen (als der anderen Komponenten desselben Schlusses) sein kann. Durch die Forderung nach einer solchen Unabhängigkeit wird in der Logik der Begriff der Form dem Begriff des Inhalts gegenübergestellt. Zugleich wird in der logischen Theorie vorausgesetzt, dass die Komponenten eines konkreten Schlusses (Aussagen) außer Inhalt und Form noch ein Charakteristikum, nämlich einen Wahrheitswert besitzen. Die Eigenschaft einer Aussage, wahr oder falsch zu sein, kann in der Logik nicht vernachlässigt werden. Sie wird manchmal stillschweigend nur aus dem Grund behandelt, dass man bei einer logischen Untersuchung von vornherein von falschen Aussagen als möglichen Prämissen eines Schlusses absieht, indem man fragt: „Wie bekomme ich eine wahre Aussage als Schluss aus wahren Prämissen?“. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, was die logische Form, insbesondere die logische Form einer Aussage, ist und wie der Begriff der logischen Form mit anderen hier schon erwähnten Begriffen verbunden ist. Diesem Begriff

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gebe ich eine Definition (eine definitionsartige Beschreibung), die ich anschließend mit Strawsons Versuch einer solchen Definition vergleiche. Bevor ich die besagte Definition gebe, lege ich fest, wessen Form die logische Form ist. Oben wurde zunächst über die logische Form von Schlüssen und dann über die logische Form von Aussagen gesprochen. Man könnte sich deswegen fragen, warum der Begriff der logischen Form, der für einen Schluss relevant ist, auf den Begriff der logischen Form einer Komponente des Schlusses reduziert wird, und ob durch diese Zurückführung der Begriff der logischen Form des Schlusses nicht verfälscht wird. Ich möchte diese Wende durch folgende Argumente begründen. In ihrer modernen Form hat eine logische Theorie als ihr Hauptziel die Konstruktion von bestimmten Objekten. Die in der Logik zu konstruierenden Objekte sind logische Gesetze oder, wenn man diese von den entsprechenden Ausdrücken unterscheidet, ihre sprachlichen Korrelate. Man konstruiert sie mit Hilfe von Schlussregeln aus den Gesetzen, die als solche angenommen oder bereits konstruiert werden. Viele der konstruierten logischen Objekte treten selbst als Schlussregeln auf. Jede Schlussregel, selbst wenn sie die Gestalt einer logischen Figur hat, lässt sich in der Form einer mehrfachen Implikation darstellen, deren Antezedenzien die Prämissen eines Schlusses sind, und deren Konsequens der Schlusssatz ist22. Eine solche mehrfache Implikation ist eine Tautologie, also von dem Gesichtspunkt der logischen Syntax aus eine Form, die für beliebige (Wahrheits-) Werte der in ihr vorkommenden Variablen den Wahrheitswert wahr annimmt. Die fragliche Form wird zu einer Aussage, wenn alle Aussagenvariablen, und eventuell auch Prädikaten- und Individuenvariablen, die in ihr vorkommen, durch die entsprechenden Konstanten ersetzt werden. Ohne eine solche Ersetzung hat die Form die Gestalt einer Formel, wenn man unter Formel einen beliebigen wohlgebildeten Ausdruck der logischen formalisierten Sprache versteht, der Variablen, logische Konstanten und uneigentliche Symbole enthalten kann. Das Wort „Aussage“ gebrauche ich hier als einen Terminus, den man traditionell in der Logik benutzt. Versteht man unter einer Aussage das, was in einem Aussagesatz ausgedrückt wird, oder das, wofür ein Aussagesatz steht, betrachtet man diesen Satz als ein sprachliches Korrelat der Aussage. Durch ein solches Korrelat ist die

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Aussage vertreten, wenn sie zu einem wiederzugebenden (Wissens-) Inhalt wird. Unterscheidet man einen Satz von den einzelnen Vorkommen (oder einzelnen Fällen des Gebrauchs) des Satzes, könnte man eine Aussage mit einem Satz gleichsetzen. Berücksichtigt man die Möglichkeit der Übersetzung des Satzes in andere Sprachen, kann man behaupten, dass die Aussage eine Klasse von Sätzen, die man aus einem gegebenen Satz durch seine Übersetzung in andere Sprachen gewinnt, ist. Man könnte allerdings noch weitere, feinere grammatische Unterschiede zwischen Sätzen in Betracht ziehen, die, vom logischen Gesichtspunkt aus gesehen, demselben Subjekt beispielsweise dasselbe Prädikat zusprechen, und dann Aussage mit der Klasse der Sätze identifizieren, bei denen solche Unterschiede nach einer Konvention vernachlässigt werden. Das wäre z.B. der Fall bei den Sätzen „Aristoteles war der Lehrer Alexanders des Großen“ und „Aristoteles ist der Lehrer Alexanders des Großen“. Nicht jede logische Theorie erlaubt es allerdings, von solchen Unterschieden abzusehen. Für diese Untersuchung sind sie ohne Bedeutung. Dass moderne logische Theorien am häufigsten in der Form eines Kalküls formuliert werden und dass der logische Kalkül seinerseits solche logischen Objekte wie Aussagen und Schlüsse in der Form ihrer formal-logischen sprachlichen Korrelate darstellt, erlaubt mir, die Wörter „Aussage“ und „Satz“ im Kontext dieser Diskussion als Synonyme zu benutzen, wobei der Satz von den einzelnen Fällen seines Vorkommens unterschieden und als ein Element der Klasse der Sätze aufgefasst wird, die denselben Sinn haben. Da man eine Formel als eine sprachliche Realisierung oder als die Art der Existenz der logischen Form der Aussagen, die man aus dieser Formel durch die Ersetzung der Variablen durch Konstanten bekommt, ansehen kann, ist es sinnvoll, über die logische Form von Aussagen oder von Sätzen zu sprechen. Ich gehe davon aus, dass die logische Form eine Form von Sätzen ist. Da ich hier Aussagen mit Sätzen identifiziere, und der Terminus „Aussage“ somit schon „besetzt“ ist, setze ich voraus, dass in Sätzen Gedanken (gewisse Sinneseinheiten) ausgedrückt werden. Ich behalte mir die Freiheit vor, in einem anderen Kontext das Wort „Aussage“ in diesem Sinne zu benutzen. Mit der Behauptung, dass die logische Form Sätzen zukommt, möchte ich in erster Linie die bekannte Meinung23 ansprechen, dass Sätze

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gar keine logische Form haben können, sondern nur eine syntaktische, und dass allein die syntaktischen Verbindungen zwischen Sätzen das Wesen der logischen Folgerungen und Beziehungen ausmachen. Bestimmt liegen dieser Auffassung gewisse Zusammenhänge zugrunde, die uns nicht immer erlauben, die syntaktischen Verbindungen zwischen Spracheinheiten ihren logischen Verknüpfungen gegenüberzustellen. Aber in einer deklarierten Vermeidung einer solchen Gegenüberstellung könnte die Gefahr einer Vermengung liegen, der ein Theoretiker dadurch entgeht, dass er den Gegenstand seiner Untersuchung den Zusammenhängen der alltäglichen Erscheinungen dieses Gegenstands entreißt und so von Gegenständen anderer Wissensgebiete abgrenzt. Deswegen fragt man sich auch nach anderen (oft als subjektiv bezeichneten) Gründen für eine solche Deklarierung. Der besagte Gesichtspunkt könnte zum Teil auf der eben erwähnten Darlegungsart einer logischen Theorie in der Form einer formalisierten Sprache beruhen24. Fasst man Logik als ein syntaktisches System auf, bezeichnet man sie oft auch als einen Kalkül25. Die Darstellung der Logik als eines Zeichensystems, dessen Ausdrücke nach streng bestimmten Regeln konstruiert sind, hat viele Vorteile. Einer von diesen besteht in der Möglichkeit, nicht nur Sätze der Logik und ihre Beziehungen mit Hilfe mancher semantischer Begriffe sowie solcher für die logische Theorie üblichen Begriffe wie Ableitbarkeit zu beschreiben (diese Aufgabe erfüllt die sogenannte Modell-Theorie), sondern eine logische Theorie selbst als ein axiomatisch-deduktives System zu rekonstruieren, was die sogenannte Beweistheorie macht26. Während die Darlegung der Modell-Theorie den Gebrauch von zwei Sprachen voraussetzt – einer Objektsprache, in der die logischen Sätze formuliert werden, und einer Metasprache (der Sprache des Forschers nach Kleene27), in der einerseits diesen Sätzen eine semantische Interpretation gegeben wird, und andererseits die logischen Beziehungen zwischen den Sätzen charakterisiert werden, beschreibt die Beweistheorie solche Eigenschaften mit Hilfe von Regeln der Objektsprache selbst. Beispielsweise spricht man in der Beweistheorie nicht mehr über die Ableitbarkeit, sondern über Beweisbarkeit einer logischen Formel, die sich an Hand gewisser vorgegebener Regeln der Beweiskonstruktion feststellen lässt. Die Beweistheorie ist nicht eine von Grund auf andere Logik, aber sie ist eine andere Art, die logische Theorie zu konstruieren. Einen theoretischen Wert

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hat die Beweistheorie nur insofern, als sich ihre Begriffe mit den Begriffen der Modell-Theorie vereinbaren lassen. Wenn man das vergisst, kann man die syntaktischen Beziehungen zwischen Ausdrücken der logischen Sprache für die einzig gültigen logischen Beziehungen erklären. Zu einem anderen Teil kann die besagte These, dass die Sätze gar keine logische Form haben, auf einer der Ideen Wittgensteins basieren. Im Tractatus kritisiert Wittgenstein Russells Begriff der logischen Form, der um 1913 formuliert wurde. Russells Theorie genüge nicht der Forderung, behauptet Wittgenstein, dass es unmöglich sein muss, einen Unsinn zu urteilen28. Gemeint ist dabei die Russellsche Analyse der logischen Form solcher Sätze wie „A urteilt (dass) p“ oder „A glaubt (dass) p“. Diese Analyse basiert auf dem folgenden Gedanken. Um zu urteilen, dass p, und das Urteil ferner in Worten ausdrücken zu können, braucht man eine explizite oder implizite Kenntnis der logischen Form von p. Wenn man eine Tatsache wahrnimmt, die Röte eines Apfels z.B., und sie analysiert, stellt man den Bezug zu einer logischen Form her, wie etwas hat ein Prädikat oder etwas hat eine Relation zu etwas. Dank dieses Bezugs kann man dann urteilen, dass der Apfel rot ist, oder mit anderen Worten, dass der gegebene Gegenstand, der als ein Apfel identifiziert wird, das Prädikat rot hat. Dieses Urteil kann dann ausgesprochen werden. Die Komplexität des Zeichens ist somit durch die Analyse bestimmt, wobei die Art der Analyse oder die Art der Zerlegung der Wahrnehmungseinheit die logische Form ist. Die Kenntnis einer derartigen Form kann ihrerseits mit Hilfe von Variablen oder unbestimmt andeutenden Zeichen der natürlichen Sprache wiedergegeben werden. Wittgenstein seinerseits behauptet, dass die logische Form erst durch den logisch-syntaktischen Gebrauch eines Zeichens bestimmt wird29. Die logische Form ist das, was der Satz haben muss, um Wirklichkeit darstellen zu können30. Da die logische Form das Gemeinsame des Satzes und der Wirklichkeit ist, das dieses Darstellen ermöglicht, kann sie ihrerseits nicht in dem Satz selbst dargestellt werden, oder von uns durch den Satz ausgedrückt werden. Die Darstellung der Form, die sich im Satz spiegelt, verlangt, dass man sich mit dem Satz „außerhalb der Logik aufstellen“ kann. Der Satz zeigt seine logische Form31, und „was gezeigt werden kann, kann nicht gesagt werden“32. Eigenschaften einer Form finden ihren Ausdruck in internen Eigenschaften

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der Sätze, und Kombinationen von Formen – in internen Relationen zwischen Sätzen33. „Internes“ kann man, der Argumentation Wittgensteins folgend, als synonym mit „nicht in dem Satz auszudrückendes“ auffassen. Was kann dieses Interne sein? In erster Linie, wenn es um Sätze geht, bietet sich eine syntaktische Eigenschaft oder Charakterisierung an. Diese Idee ist insofern berechtigt, als die Darstellung der Syntax einer Sprache eine Gesamtheit der Sätze über die Sprache ist. Die zweite Möglichkeit, das Interne aufzufassen, besteht in der Gleichsetzung der internen Beziehungen zwischen Sätzen (und den denen entsprechenden Sachlagen) oder zwischen den Bestandteilen des Satzes (deren Mannigfaltigkeit der Mannigfaltigkeit der dem Satz entsprechenden Sachlage gleicht34) mit ihren logischen Beziehungen. Auf diese Möglichkeit deutet die These Wittgensteins darüber, dass die passenden Zeichen für solche formalen Begriffe, wie z.B. Freges Begriff des Gegenstands, Variablen sind, und die darauf basierende Vereinbarung der formalen Bezeichnungen für Namen und Sätze35. Diese beiden Möglichkeiten, die Ideen Wittgensteins aufzufassen, zeigen aber, dass die Ideen des Tractatus noch nicht ausreichen, um die logische Form auf die syntaktische zu reduzieren. Eine zusätzliche „Schuld“ an dieser Reduktion kann an einer bestimmten linguistischen Auffassung der Syntax und deren Übertragung auf das Gebiet der logisch-philosophischen Studien liegen. Es gibt Schulen in der Linguistik, welche die Syntax als eine von der Semantik der Sprache unabhängige Theorie betrachten (Deskriptivismus) und die syntaktischen Beziehungen zwischen Elementen der Sprache (wie sie auch definiert sein mögen) auf rein formale zurückführen36. Zu weiteren Gründen für die Gleichsetzung der syntaktischen und der logischen Form des Satzes könnte die Tatsache gehören, dass die logische und die syntaktische Einteilung von Satzverbindungen von Aussagesätzen teilweise übereinstimmen. Wir wissen aber, dass die logischen Konnektoren einen anderen Zweck erfüllen als ihre Analoga in der natürlichen Sprache. Während die Letzteren einen inhaltlichen Zusammenhang der durch sie zu verbindenden Sätze voraussetzen, sind die logischen Konnektoren als Funktoren oder Bezeichnungen für wahrheitswertige Funktionen (oder Zuordnungsvorschriften) zu betrachten, die in der Zuordnung einem oder

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zwei Argumenten eines logischen Wertes (also eines Wahrheitswertes) bestehen. Der Inhalt der Teilsätze, durch welche die Argumentstellen der solche Funktionen darstellenden Funktoren ersetzt werden, ist für die Bestimmung des zu zuordnenden Wahrheitswertes nur insofern von Belang, als die Teilsätze als wahre oder als falsche eingeschätzt werden können. Die inhaltliche Verbindung zwischen den Teilsätzen ist aber ohne Bedeutung. Als ein Beispiel dieser Bedeutungslosigkeit gibt man gerne einen solchen Satz wie „Wenn zwei mal zwei fünf ist, dann ist der Schnee weiß“ an, der die besagte „Gleichgültigkeit“ des Wertes einer der aussagenlogischen Funktionen in bezug auf den Inhalt der Sätze, die durch den entsprechenden Konnektor verbunden sind, zeigt. Klar ist, dass in der natürlichen Sprache solche Sätze als Ausdruck eines Gedankens kaum entstehen könnten. Irreführend ist bei der Gleichsetzung des Logischen und des Syntaktischen insbesondere die Tradition, die logischen Konnektoren als „logische Konstanten“ zu charakterisieren. Wenn man über die Sprache spricht, in der die logischen Sätze formuliert werden, unterscheidet man verschiedene syntaktische Kategorien. Eine solche Sprache enthält in erster Linie Variablen. Wenn man nun die logischen Funktoren als Konstanten den Variablen gegenüberstellt, führt das zu einigen problematischen Folgerungen. Insbesondere fragt man sich, ob die Variablen, die man in der logischen Sprache benutzt, ebenso wie Konstanten als logisch definiert werden können, und, wenn ja, was sie zu solchen macht. Sollte das der Definitionsbereich von Variablen sein, dann kann man über besondere logische Gegenstände wie Wahrheitswerte sprechen. In diesem Zusammenhang stellt sich sofort die nächste Frage. Was bezeichnet eine logische Konstante? Dass ein Ausdruck eine Konstante ist, bedeutet doch, dass er für ein bestimmtes Objekt steht. Was ist dieses Objekt in diesem Fall, wenn es nicht mit einem der Gegenstände aus dem Definitions- oder dem Wertebereich der dem Funktor entsprechenden Funktion zusammenfällt? Ist das eine solche Funktion selbst? Wenn ja, dann ist es nicht nur durch den Definitionsbereich und den Wertebereich, die beide zwei Wahrheitswerte enthalten, definiert. Wäre dies der Fall, könnte man verschiedene wahrheitswertige Funktionen nicht auseinander halten. Die Funktion ist also jedes Mal auch durch eine bestimmte Vorschrift der Zuordnung definiert, durch die jedem Objekt (oder jedem geordneten Paar von Objekten) aus dem Definitionsbereich ein Objekt aus dem

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Wertebereich zugeordnet wird. Ist nun jede Zuordnungsvorschrift oder die Operation der Zuordnung auch ein besonderer logischer Gegenstand, der genannt werden kann? Aber eine solche Vorschrift oder jede solche Zuordnung ist ohne Bezug auf die Definitionsbereiche der Variablen undenkbar. Wofür steht nun ein logischer Funktor – für eine einzelne Zuordnung oder für eine Klasse von Zuordnungen? Eine weitere Frage betrifft nun den zusammengesetzten Ausdruck, den man aus Variablen und logischen Konstanten konstruiert. Zu welcher syntaktischen Kategorie gehört er? Er ist keine Variable und keine Konstante, sondern eine Kombination von Variablen und Symbolen, die man, der fraglichen Tradition folgend, als Konstanten bezeichnet. Man definiert solche Kombinationen als Formen. Eine Form kann ihrerseits nur dann zu einer Konstanten werden, wenn die Variablen, die in ihr vorkommen, durch Konstanten ersetzt werden (außer wenn die Form nur gebundene Variablen enthält). Die Konstanten, durch welche die Variablen ersetzt werden können, sind aber in der Regel keine logischen Konstanten, zumindest keine, die man als solche im Gegensatz zu Variablen charakterisiert. Die Variablen werden durch Namen und Sätze ersetzt. Im Zusammenhang der Komponenten einer Form spielen also die sogenannten logischen Konstanten die Rolle des syntaktischen Elements, das nur in Verbindung mit anderen Elementen, die etwas bezeichnen können, einen Ausdruck ergibt, dem man auch eine Bedeutung zuordnen kann. Diese Rolle unterstreicht man, wenn man die logischen Konnektoren als uneigentliche Symbole im Gegensatz zu Konstanten, Variablen und Formen (den eigentlichen Symbolen der logischen Sprache) charakterisiert. Es scheint, dass der Gebrauch des Ausdrucks „logische Konstanten“ auf der Beobachtung basiert, wie ein komplexer Satz in eine Formel überführt wird. Ersetzt man nämlich in einem zusammengesetzten Satz die Teilsätze oder ihre Bestandteile durch Variablen, dann bleiben nur Konjunktionen zwischen den Teilsätzen erhalten. Sie werden nicht ersetzt und sind somit konstant. Auf ähnliche Weise erklärt z.B. Strawson die Bedeutung des Ausdrucks „logische Konstanten“37. Nach seiner Bemerkung zeigt dieses Verfahren, dass es nichts logisch Heiliges an den logischen Konstanten gibt. Trotzdem ist der Ausdruck so irreführend, dass manche Analytiker (z.B. Dummett) sogar die Bezeichnungen für Quantoren als logische Konstanten charakterisieren38. Und gerade dieses Verfahren der Ersetzung

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der Teilsätze und ihrer Bestandteile durch Variablen, das einen Satz zu einer Formel macht, suggeriert die Gleichsetzung der logischen und der syntaktischen Struktur der Sätze. Die Verschiedenheit zwischen der logischen und der syntaktischen Form ist auch dann einleuchtend, wenn es sich um die Form der einfachen Aussagesätze handelt. Wenn man z.B. den Ausdruck der logischen Form eines solchen Satzes als den Ausdruck einer Funktion von einem oder mehreren Argumenten auffasst, wobei der Funktor ein Prädikator (auch mehrstelliger Prädikator) ist, sieht man von jeglichen Geschlechts- und am häufigsten auch von Zeit- Bestimmungen ab, während die syntaktische Form jedes Satzes sogar selbständige Sprachelemente enthalten kann, die diese Bestimmungen verkörpern. Selbst die Anzahl der Elemente, die man bei der Analyse einerseits der logischen und andererseits der syntaktischen Form des Satzes unterscheidet, kann nur in einigen Fällen übereinstimmen. Aufgrund der besagten Unterschiede zwischen dem Logischen und dem Syntaktischen setze ich voraus, dass die Sätze eine logische Form haben, die nicht mit ihrer syntaktischen Form zusammenfällt. In diesem Zusammenhang muss bemerkt werden, dass der Gebrauch des Begriffs der logischen Form in der Linguistik, der auf den Errungenschaften auf dem Gebiet der Entwicklung von logischen Sprachen beruht, die logische Form als eine Form der Analyse eines Satzes darstellt. Die besagte Analyse ist nichts anderes als eine Überführung dieses Satzes in eine standardisierte Form. Wird ein gegebener Satz in eine solche Form gebracht, kann er als Interpretation eines Ausdrucks der formalen Sprache der Prädikatenlogik aufgefasst und somit in eine Formel transformiert werden. Ein solcher Ausdruck dient seinerseits als Mittel der semantischen Interpretation des Satzes39. Eine derartige Überführung fängt mit der Analyse der syntaktischen Form des Satzes an. Die logische Form lässt sich im Kontext solcher linguistischen Untersuchungen auch als eine syntaktische Form des Satzes auffassen, wobei man aber zwei syntaktische Formen, von denen eine durch die syntaktischen Regeln der natürlichen Sprache und die andere durch die syntaktischen Regeln einer formalen Sprache bestimmt ist, auseinander hält. Der Unterschied zwischen diesen zwei Formen wird auch durch die Möglichkeit bestätigt, für den gegebenen Satz (der eine bestimmte syntaktische Form aufweist) mehrere standardisierte Formen zu

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finden, die eine jeweils verschiedene semantische Interpretation des gegebenen Satzes erlauben. Die Idee, dass die Sätze eine logische Form besitzen, kann man leicht der Betrachtung eines logischen Formalismus entnehmen. Die Entwicklung eines solchen Formalismus, die auf der Idee seiner Anwendbarkeit basiert, setzt die Möglichkeit voraus, jeden Satz der natürlichen Sprache oder einen Teil von ihm durch eine Variable zu ersetzen. Diese Ersetzbarkeit ist umkehrbar: vorausgesetzt wird auch die Möglichkeit, für einen Ausdruck des Kalküls eine Interpretation in der natürlichen Sprache zu finden. Das erreicht man, indem man die Variablen, die in einem Formel-Ausdruck vorkommen, durch dem Definitionsbereich der Variablen entsprechende konstante Ausdrücke der natürlichen Sprache ersetzt, und die uneigentlichen Symbole und ihre Kombinationen auf die in dem fraglichen Kalkül festgelegte Weise interpretiert. Die Einschränkungen, denen die Ersetzung von Variablen und die Interpretation von uneigentlichen Symbolen und ihren Kombinationen unterliegen, sind erstens durch das Bestreben bedingt, den Formalismus anwendbar zu machen, und zweitens durch das eigentliche Ziel und die Eigenschaft des logischen Formalismus, die Konstruktion solcher Objekte (solcher Variablen enthaltenden Zeichenfolgen) zu bewerkstelligen, die für jeden Wert der „beteiligten“ Variablen stets Tautologien sind. In einem Kalkül ist also nur eine semantische Eigenschaft der Sätze der natürlichen Sprache im Zusammenhang mit Verbindungen zwischen Variablen (mit den formalen Korrelaten der Sätze) gefragt – ihre Eigenschaft, wahr oder falsch zu sein40. Wenn man nun die logische Form des Satzes als sich in den Formeln oder Ausdrücken des Kalküls realisierbare auffasst, kann man der logischen Form eine definitionsartige Charakterisierung geben. Die logische Form eines einfachen Satzes, der keine weiteren Sätze als seine Teile enthält, kann charakterisiert werden als das Gemeinsame der Sätze, welche die gleiche Art der Wahrheitsbedingungen haben. Bei dieser Charakterisierung gehe ich (zusätzlich zu den oben erwähnten Gründen) von der Idee Freges aus, dass eine Art dieser Bedingungen darin besteht, dass ein Gegenstand unter einen Begriff fällt. Den semantischen Status von Begriff und Gegenstand beschreibe ich hier als das Bezeichnete im

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Gegensatz zum Zeichen und definiere ihn nicht näher. Man kann auch sagen, dass der einfache Satz dann wahr ist, wenn das durch das Begriffswort bezeichnete Prädikat dem im Satz genannten Gegenstand zukommt oder das System von mehreren im Satz genannten Gegenständen charakterisiert. Das Prädikat betrachte ich hier als eine Funktion, die mehr als ein Argument haben kann. Zwei einfache Sätze haben somit dieselbe logische Form, wenn sie die gleiche Art der Wahrheitsbedingungen haben. Kann die logische Form auf ähnliche Weise auch für komplexe Sätze definiert werden? Zunächst möchte ich zwischen den Sätzen, deren formallogische Korrelate als uneigentliche Symbole nur aussagenlogische Konnektoren enthalten, und den Sätzen, die auch mit Hilfe solcher Kombinationen von uneigentlichen Symbolen wie Quantoren repräsentiert werden, unterscheiden. Wenden wir uns nun den ersteren zu. Wenn man die Gleichheit der logischen Form mit der Gleichheit der Wahrheitsbedingungen der zu vergleichenden Sätze identifiziert, fragt es sich, was man hier unter der Gleichheit der Wahrheitsbedingungen versteht. Sagt man, dass zwei komplexe Sätze dieselbe logische Form haben, wenn sie für dieselbe Kombination der Wahrheitswerte der in ihnen vorkommenden Teilsätze ein und denselben Wahrheitswert annehmen, kann diese Aussage zu Schwierigkeiten führen. Nehmen wir die folgenden drei Sätze. „Wenn zwei mal zwei fünf ist, dann ist der Schnee weiß.“ „Zwei mal zwei ist fünf oder der Schnee ist weiß.“ „Wenn zwei mal zwei vier ist, dann ist der Schnee weiß.“

(1) (2) (3)

Die Sätze (1) und (2) enthalten einen falschen und einen wahren Satz und sind beide laut den Definitionen der entsprechenden logischen Funktionen wahr. Der Satz (3) enthält zwei wahre Sätze und ist wahr. Nach der soeben vorgeschlagenen Definition haben die Sätze (1) und (2) dieselbe logische Form, die sich von der Form des Satzes (3) unterscheidet. Aber die Sätze (1) und (3) weisen Gemeinsamkeiten auf, die man merken kann, ohne zuvor die Frage nach dem Wahrheitswert dieser Sätze zu beantworten. Dieses Gemeinsame ist die Art der Verbindung zwischen ihren Teilsätzen. Diese Verbindung ist derart, dass, wenn wie im Satz (3) der erste Satz

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wahr ist, der zweite aber durch einen falschen Satz ersetzt wird, dann der ganze Satz falsch wird. Wenn wir aber im Satz (2) den ersten Satz durch einen wahren Satz ersetzen, dann bleibt der ganze Satz wahr für jede beliebige Einsetzung für den zweiten Teilsatz. Also spielt bei der Definition der logischen Form der Begriff der Substitution und der Variabilität der Wahrheitswerte der Teilsätze eine unentbehrliche Rolle. Nun kann man annehmen, dass die logische Form durch einen Begriff definierbar ist, der den Begriff der Wahrheitsbedingungen mit einbezieht. Die Verbindung zwischen Teilsätzen kann als Ausdruck einer logischen Funktion aufgefasst werden, die den Wahrheitswerten der Teilsätze auch einen Wahrheitswert zuordnet. Dann haben zwei komplexe Sätze die gleiche logische Form, wenn ihre Wahrheitswerte die Werte ein und derselben Funktion sind. Dabei kann der Wahrheitswert des einen Satzes sich von dem Wahrheitswert des anderen unterscheiden. Solche Funktionen sind uns als aussagenlogische Funktionen bekannt – Konjunktion, Disjunktion, Negation u.s.w. Das Wesentliche dieser Definition besteht darin, dass sie sich auf die Gestalt der Ausdrücke eines logischen Kalküls bezieht. Werden das Bindewort (oder die Bindewörter) in einem zusammengesetzten Satz durch einen passenden logischen Funktor und die Teilsätze durch Aussagenvariablen ersetzt, bekommt man eine logische Formel. Eine solche Formel dient als Indikator, der zeigt, ob die fraglichen Sätze dieselbe logische Form haben. Der Nachteil dieses Indikators besteht darin, dass er nicht eindeutig bestimmt ist. Das Verfahren der Darstellung des Satzes mit Hilfe von Variablen kann unterschiedliche Ergebnisse haben. Diese Schwierigkeit ist schon in den semantischen Regeln eines aussagenlogischen Kalküls gegeben, die jedem eigentlichen Element der logischen Sprache einen Wahrheitswert zuordnen und somit verschiedene Interpretationen (das Ersetzen durch Sätze unterschiedlicher Komplexität) für ein und dasselbe Sprachelement zulassen. Jede Aussagenvariable kann durch Sätze verschiedenen Typs ersetzt werden, sowohl durch einfache oder elementare als auch durch komplexe Sätze. Ob die Sätze, deren Teilsätze wiederum komplexe Sätze sind, dieselbe logische Form haben wie die komplexen Sätze, die als ihre Teilsätze nur einfache Sätze enthalten, ist die Frage, die zu klären ist. Eine andere Frage, die sich hier

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stellt, ist die folgende. Wenn man zwei in Hinblick auf ihre logische Form zu vergleichende Sätze beide als Formeln darstellt, scheint es sinnvoll zu verlangen, dass diese Sätze dann die gleiche logische Form haben, wenn man sie mit Hilfe ein und derselben Formel darstellen kann. Vergleichen wir nun den Satz (3) „Wenn zwei mal zwei vier ist, dann ist der Schnee weiß“ mit dem Satz „Wenn zwei mal zwei vier ist, dann ist zwei mal zwei vier“. Der zweite Satz lässt sich als Formel (p ⊃ p) darstellen, und der erste - als (p ⊃ q). Während man die letzte Formel mit Hilfe von logischen Regeln (und zwar durch die Substitution) auf die Gestalt der ersten Formel bringen kann, kann die erste Formel nicht in die zweite überführt werden. Haben deswegen diese zwei Sätze nicht dieselbe logische Form? Man könnte den Weg Wittgensteins einschlagen und die Tautologien von anderen Sätzen trennen, indem man erklärt, dass sie im Unterschied zu anderen Sätzen nichts sagen, und dass man bei solchen Sätzen nicht über ihre Wahrheitsbedingungen sprechen kann, da sie „bedingungslos wahr“41 sind. Eine andere Methode der Definition der logischen Form kann man zwar auf die Ideen des Tractatus zurückführen42, aber in aller Deutlichkeit wird sie zunächst von Russell (1927)43 formuliert, und später insbesondere von Strawson (1952)44 übernommen. Diese Methode beruht auf der Idee, die logische Form eines Satzes mit möglichen Schlussfolgerungen aus diesem Satz zu verbinden. Man kann verlangen, dass zwei Sätze unter folgenden Bedingungen dieselbe logische Form haben. Wird einer der Sätze durch die Ersetzung seiner Bestandteile durch Variablen als ein Ausdruck einer formalisierten logischen Sprache dargestellt, kann er in dieser Form als Prämisse (auch jeweils Annahme) eines logischen Schlusses45 genommen werden, und man kann eine andere Formel als Schlusssatz eines solchen Schlusses (als ein logisches Theorem) bekommen. Wird aus dem zweiten Satz eine Formel gewonnen, kann sie auch als Prämisse (oder Annahme) in Schlüssen auftreten. Kann nun jede Formel, die man mit Hilfe der ersten Formel ableitet (oder beweist), mit Hilfe der zweiten Formel abgeleitet werden und umgekehrt, dann haben die fraglichen Sätze dieselbe logische Form. Diese Definition hat mehrere Vorteile. Einer dieser Vorteile besteht darin, dass sie die von Wittgenstein stammende Unterscheidung zwischen den Sätzen der Logik und den Sätzen, auf welche die logischen Gesetze angewandt werden, in eine Unterscheidung zwischen den Arten von konstruierbaren Objekten

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verwandelt, welche die Formulierung einer logischen Theorie nicht beeinflusst. Ein anderer Vorteil dieser Definition besteht darin, dass sie bei der Analyse des Begriffs der logischen Form die explizite Unterscheidung zwischen den komplexen Sätzen, deren standardisierte Ausdrücke als mögliche Werte von aussagenlogischen Formen betrachtet werden, und denen, auf welche die Gesetze der Prädikatenlogik angewandt werden können, entbehrlich macht. Eine solche Unterscheidung ist eines der Prinzipien des Aufbaus einer logischen Theorie. Diesem Prinzip liegt die unterschiedliche Methode der Analyse von Aussagen zugrunde. In der Aussagenlogik spielt eine einfache (oder elementare) Aussage die Rolle einer weiter nicht analysierbaren Einheit. In der Prädikatenlogik fragt man sich schon nach ihren Bestandteilen. Die bisher vorgeschlagenen Definitionen der logischen Form eines Satzes mussten für einfache Sätze, für komplexe Sätze, deren formale Korrelate als uneigentliche Symbole nur aussagenlogische Konnektoren enthalten, und für komplexe Sätze, deren formale Korrelate außer aussagenlogischen Konnektoren noch Quantoren beinhalten, gesondert eingeführt werden. Der Grund dafür liegt in der Verschiedenheit der Wahrheitsbedingungen zwischen solchen Klassen von Sätzen und innerhalb dieser Klassen. Behauptet man, dass zwei (beliebige) Sätze dieselbe logische Form haben, wenn sie die gleiche Art der Wahrheitsbedingungen aufweisen, ist diese Behauptung ohne weitere Einschränkung nur für die elementaren Sätze gültig. Geht es dagegen um komplexe Sätze, müssen mindestens zwei Probleme gelöst werden: erstens, das Problem Wittgensteins oder das Problem der Abgrenzung der Sätze, für welche die Definition gilt, und zweitens, die Frage nach den Grenzen der Zerlegung der komplexen Sätze in ihre Teilsätze. Angesichts dieser beiden Probleme ist die Gleichartigkeit der Wahrheitsbedingungen, die man als Gleichheit der eine wahrheitswertige Funktion definierenden Zuordnungsvorschrift versteht, nicht hinreichend, um die Gleichheit der logischen Form zu gewährleisten. Nur das Problem der Auffassung der logischen Form der elementaren Sätze scheint durch den Hinweis auf die Existenz von verschiedenen Arten von Wahrheitsbedingungen gelöst zu sein. Russells Idee ermöglicht dagegen eine universale und unifizierte Definition, die sowohl Unterschiede der Form innerhalb jeder der genannten Klassen von Sätzen und Unterschiede zwischen Repräsentanten verschiedener Klassen berücksichtigt als auch

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das Problem Wittgensteins und das Problem der Unterschiede der Analyse von komplexen Sätzen löst. Beispielsweise trifft die Definition auf die einfachen Sätze zu. Einerseits scheinen die einfachen Sätze, deren formale Ausdrücke sich voneinander durch die Stelligkeit der in ihnen vorkommenden Prädikatoren unterscheiden, die gleiche Rolle in Schlüssen zu spielen. Wenn man von ihrem Inhalt absieht, lassen sie sich schließlich als solche charakterisieren, die wahr oder falsch sein können. Andererseits ist es aber klar, dass z.B. manche Sätze eines binären Prädikatenkalküls der ersten Ordnung, dessen Alphabet binäre Prädikatenvariablen enthält, andere elementare Ausdrücke als ihre Prämissen (oder Antezedenzien) haben als Sätze eines singulären Prädikatenkalküls der ersten Ordnung, dessen Alphabet über derartige Prädikatenvariablen einfach nicht verfügt. Ein weiteres Beispiel für die durch die Russellsche Idee gegebenen Möglichkeiten liefert die Unterscheidung der Form zwischen komplexen Sätzen, welche die gleiche Art der Wahrheitsbedingungen haben, sich aber durch die Struktur der Teilsätze voneinander unterscheiden. Vergleichen wir zwei Formeln, die solchen Sätzen entsprechen. Nehmen wir an, dass eine Teilformel einer dieser Formeln selbst uneigentliche Symbole enthält. Ein Beispiel dafür wären die Formeln (q ⊃ p) und (q ⊃ (p ⊃ p)). Obwohl diese zwei Formeln die gleiche Art der Wahrheitsbedingungen haben, ist die erste eine neutrale Formel und die zweite eine Tautologie, was sicherlich ihre Beziehungen zu anderen Formeln beeinflusst. Dadurch werden ihnen verschiedene Rollen in Schlüssen zuteil. Die Definition, die Russells Idee entspricht, hat allerdings die Schwäche, die in einer gewissen Willkür der Ersetzung von konstanten Ausdrücken und ihren Bestandteilen durch Variablen und uneigentliche Symbole liegt. Den Satz „Es ist nicht wahr, dass einige Menschen unsterblich sind“ kann man sowohl durch die Formel ∼p als auch durch die Formel ∼(∃x)∼Px oder ∼(∃x)Qx ersetzen. Hier könnte man allerdings auf die Bestimmung der Wahrheitsbedingungen des Satzes zurückgreifen. Somit brächte man die Transformation eines Satzes in eine Formel in Abhängigkeit von den Wahrheitsbedingungen des Satzes. Eine weitere Schwierigkeit hier besteht aber darin, dass die Bestimmung der Wahrheitsbedingungen des Satzes oft unmöglich ist, ohne dass der Satz in eine Form gebracht wird, die diese Bedingungen zeigt und die man selbst als eine logische Form des Satzes

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auffassen kann. Der radikalste Weg, diese Schwierigkeit zu umgehen, ist, zu erklären, dass zwei Sätze dieselbe logische Form haben, wenn man sie aus derselben logischen Formel (oder aus Varianten dieser Formel) gewinnen kann, indem man die Variablen in der Formel (oder in ihren Varianten) durch passende (durch den Definitionsbereich der Variablen definierte) konstante Ausdrücke der gleichen Komplexität ersetzt, so dass die gleichen Variablen durch gleichgestaltete Ausdrücke ersetzt werden und die verschiedenen Variablen – durch unterschiedliche Ausdrücke. Diese Erklärung ordnet den Sätzen von vornherein die gleiche Rolle in den logischen Schlüssen zu. Eine andere Möglichkeit wäre, in Kauf zu nehmen, dass ein Satz nicht unbedingt eine einzige logische Form hat. Auf diese Möglichkeit weist insbesondere Strawson hin46, der das besagte Problem der Mannigfaltigkeit von logischen Formen nicht zu lösen vermag. Die besagte Mannigfaltigkeit bewirkt, dass die auf der Idee Russells basierende Definition nicht immer als ein praktikables Kriterium der Bestimmung der Gleichheit der logischen Form dienen kann. Ein anderer Vorteil der Russellschen Idee lässt sich erkennen, wenn man außer auf Wahrheitswerte (welche die Bedeutung der Sätze sind) noch auf ein anderes semantisches Charakteristikum der Sätze zurückgreift. Wenn man, ohne die Russellsche Idee anzuerkennen, die logische Form mit der Charakterisierung der Wahrheitsbedingungen für Sätze, denen diese oder jene logische Form zugeschrieben wird, identifiziert, könnte das die oben schon verworfene Möglichkeit der Identifizierung der logischen mit der syntaktischen Form des Satzes implizieren. Spricht man z.B. über einfache Sätze, kann man behaupten, dass sie überhaupt eine logische Form haben, wenn sie als wahr oder falsch eingeschätzt werden können. Diese Form ist für die Sätze dieselbe, welche dieselben Wahrheitsbedingungen erfüllen. In Übereinstimmung mit der obigen Annahme bedeutet das, dass die Prädikate, um die es in diesen Sätzen geht, dieselbe Stelligkeit haben. Außerdem unterliegen die Bezeichnungen, welche die Argumentstellen der Prädikatoren einnehmen, bestimmten Einschränkungen. Diese Einschränkungen kann man dadurch umschreiben, dass man sich einer gängigen Ansicht, die man Frege zuschreibt, bedient und behauptet, dass die Bedeutung des Satzes durch seinen Sinn bestimmt ist. Plausibel ist in diesem Zusammenhang die Annahme, dass ein Satz dann einen

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Wahrheitswert besitzt, wenn er einen Sinn hat. Diese Annahme führt ihrerseits zu der Behauptung, dass der Satz dann eine logische Form hat, wenn er sinnvoll ist. Diese Behauptung könnte aber direkt zu der Identifizierung der logischen und der syntaktischen Form führen, weil die letztere den Satz als eine sinnvolle Spracheinheit charakterisiert. Aber die Möglichkeit, den Begriff der logischen Form in einen Zusammenhang mit dem Begriff eines Wahrheitswertes zu bringen, bestätigt eine wichtige Eigenschaft der logischen Theorie. Es ist durchaus denkbar, dass nicht nur die logische Form sich durch die Wahrheitsbedingungen beschreiben lässt, sondern dass man die Sätze nur dann als wahr oder falsch bewerten kann, wenn sie eine logische Form haben. Diese Möglichkeit realisiert sich in einem logischen Kalkül, bei dessen Konstruktion man zunächst den Ausdruck des Kalküls definiert, den man mit der Bezeichnung der logischen Form von Sätzen gleichsetzt, und dann dem Ausdruck eine semantische Interpretation gibt. Das zeigt nochmals, dass zwischen logischer Syntax und Semantik ein engerer Zusammenhang besteht, als es eine gewisse Willkür bei der Formulierung einer syntaktischen Theorie und ihrer semantischen Interpretation vermuten lässt. Ich möchte aber noch die Definition der logischen Form erwähnen, die von Strawson stammt, und die als Anstoß zu obigen Überlegungen diente. Strawson verbindet mit dem Begriff der logischen Form drei mögliche Auffassungen, die einander nicht unbedingt ausschließen. In dem Buch Introduction to Logical Theory (1952) versucht er in erster Linie, die Unterschiede zwischen dem Verhalten der Elemente der natürlichen Sprache einerseits und dem Verhalten der Elemente der formalen logischen Sprache andererseits zum Ausdruck zu bringen, und dadurch die Natur der formalen Logik zu zeigen. Die Zielgruppe seiner Untersuchung besteht aus denjenigen, die anfangen, sich mit der Logik zu beschäftigen. Sowohl die Ziele, die Strawson sich in diesem Buch steckt, als auch der Personenkreis, an den er sich hier wendet, bestimmen die Art und Weise, auf die er die logischen Grundbegriffe erklärt. Um das zu tun, führt er die Figur eines Logikers ein, und versucht dem Leser insbesondere klar zu machen, was den Logiker dazu bewegt, die Wörter zu gebrauchen, die er benutzt, oder,

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mit anderen Worten, welche Interessen der Logiker in seinen Formulierungen zum Ausdruck bringt. Als Stoff für die Untersuchung, die ein Logiker unternimmt, dienen Schlüsse und Folgerungen, von denen jeder einzelne aber nicht notwendigerweise als logischer Schluss (oder Folgerung) charakterisiert werden kann. Nur wenn es möglich ist, Schlüsse in Klassen zu unterteilen, so dass die Beschreibung der Klasse keinen Hinweis auf den Inhalt der Prämissen oder des Schlusssatzes enthält, kann ein Merkmal der Klasse als ein logisches Charakteristikum der Schlüsse der Klasse angesehen werden. Die logischen Charakteristika der Schlüsse lassen sich in der Form von Behauptungen der Logik ausdrücken. Diese Behauptungen betreffen nicht Ausdrücke einer einzelnen Sprache wie syntaktische Behauptungen, obwohl sie Sprachausdrücke eines gewissen Typs beschreiben und auf Sprachausdrücke angewandt werden können. Unter Anwendung kann man insbesondere die Möglichkeit einer Exemplifizierung der logischen Regel (oder des Prinzips) verstehen, deren Form eine Behauptung in der logischen Theorie bekommt. Um eine logische Behauptung zu präsentieren, wählt der Logiker ein standardisiertes verbales Muster. Ein Beispiel eines solchen ist der Ausdruck „’p und nicht-p’ ist nicht konsistent“. Durch die Wahl des Musters bestimmt der Logiker den logischen Gebrauch der Wörter, die in dem Muster vorkommen47. Diese Wörter können sogar Bestimmungen enthalten, die mehr als nur ein bestimmtes Muster des Schlusses, sondern auch noch die Bedingungen seiner Gültigkeit definieren. Ein Beispiel dafür sind nach Strawson Schlüsse, die man mit Hilfe des Ausdrucks „’xRy und yRz’ impliziert ‚xRz’“ beschreiben kann. Solche Schlüsse sind im Allgemeinen keine Regeln, weil die Relation, die durch ‚R’ angedeutet wird, nicht immer transitiv ist. Um Schlüsse, die dem angegebenen Muster entsprechen und trotzdem gültig sind, zu bestimmen, definiert man solche Schlüsse als transitive Relationsschlüsse („transitively relational inference“). Durch Formulierung einer besonderen Konstante kann die obige Behauptung in die Form einer Regel gebracht werden. Eine solche Regel für diese spezielle Art des Schlusses ist: „’x R-trans y und y R-trans z’ impliziert ‚x R-trans z’“, wobei ‚R-trans’ eine Bezeichnung der Relationenvariablen ist, die nur durch Ausdrücke ersetzt werden kann, die für transitive Relationen stehen. Dass der Logiker die Schlüsse überhaupt klassifizieren kann, liegt aber in erster Linie an einer formalen Analogie

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zwischen verschiedenen konkreten Schlüssen. Diese Analogie besteht in der Ähnlichkeit der Schlüsse, und die Ähnlichkeit ist ihrerseits die verbale Ähnlichkeit, die den Schlüssen als Exemplifizierungen ein und desselben verbalen Musters zukommt. Fragt man sich nun, was eigentlich das für mehrere Schlüsse gemeinsame Muster ausmacht, kann man antworten, dass das ein Gerüst („framework“) ist, das aus identischen Wörtern besteht, die dieselben relativen Positionen in verschiedenen Schlüssen annehmen48. Hier findet man die Realisierung des Wunsches, die logische Form zunächst greifbar zu machen, um überhaupt über sie sprechen zu können. Jeder, dem die Definition der logischen Form als der Art der Verbindung zwischen den Bestandteilen des gedachten Inhalts bekannt ist, kann einsehen, dass Strawsons Beschreibung des verbalen Musters ein Versuch ist, diesen Begriff etwas „beleibter“ zu machen. Obwohl Strawson hier den Terminus „logische Form“ noch nicht benutzt, kann man das standardisierte verbale Muster eines Schlusses als eine Art der Existenz seiner logischen Form auffassen. Die Quelle einer Untersuchung der logischen Form als eines selbständigen Gegenstands der logisch-philosophischen Forschung sieht Strawson in der Existenz von logischen Formeln49. Die erste Annahme, die jedem sehr nah liegt, der logische Formeln betrachtet, ist das Auffassen der logischen Form als einer Sorte von verbalem Skelett, das von einer Aussage übrig bleibt, wenn alle Teile und Teilsätze, die in dem für diese Aussage stehenden Satz vorkommen, durch Variablen ersetzt werden, mit Ausnahme derjenigen, die als sogenannte logische Konstanten ausgewählt sind. Diese Vorstellung erlaubt solche Namen für die Arten der logischen Form der Sätze und Aussagen einzuführen, wie hypothetische, allgemeine, konjunktive oder negative50. Möglich sind auch weitere Namen, deren Anzahl von der Anzahl der logischen Funktionen abhängt, die in Betracht gezogen werden. Da man unter den logischen Funktoren solche wählen kann, durch die alle anderen ausgedrückt werden, ist die Anzahl der logischen Formen, die man berücksichtigt, relativ willkürlich und schließlich das Ergebnis einer bestimmten Konvention. Es muss hier bemerkt werden, dass für Strawsons Definition der logischen Form die Unterscheidung zwischen Aussagen und Sätzen wichtig ist. Wird

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z.B. der Satz „Die Katze ist weiß“ analysiert, kann es sich hier um eine bestimmte (eine einzelne gegebene) Katze handeln oder aber um jede Katze. Ordnet man jedem dieser beiden Fälle einen Satz und eine Aussage zu, kann man behaupten, dass sich die Form der zweiten Aussage (der Aussage, die dem zweiten Fall entspricht) von der Form der ersten durch ihre Allgemeinheit unterscheidet. Die Form der Sätze ist aber gleich. Diese Unterscheidung lässt vermuten, dass Strawson unter einer Aussage („statement“) das versteht, was oft auch als Proposition bezeichnet wird – nicht einen Satz, sondern das, was ein Satz bezeichnen oder bedeuten kann, und was man auch als eine Klasse von gleichbedeutenden Sätzen oder ihren Vorkommen definieren könnte. Aussage könnte man auch mit der logischen Form eines Satzes identifizieren, wenn man unter der logischen Form ein Ergebnis logischer Analyse des Satzes (im Sinne der Theorie der Beschreibungen Russells) oder der Überführung des Satzes in eine andere Form (im Sinne der Transformationslinguistik) versteht. In diesem Fall könnte man unter Aussage die standardisierte Form des Satzes verstehen, in die man den Satz überführt, wenn man aus dem Satz eine logische Formel gewinnen möchte. Es kann sein, dass ein und derselbe Satz mehrere logische Formen hat. Sie zu entdecken vermag man nur durch Analyse des Satzes oder seiner kontextuellen Verbindungen und pragmatischen Relationen, und nicht durch Analyse der Aussage selbst. Weil aber die Aussagen nur durch Sätze ausgedrückt (oder vertreten) werden, kann Strawson auf die Analyse der Sätze zugunsten der Aussagen nicht gänzlich verzichten. Einer der denkbaren Gründe, die Strawson zu der Unterscheidung zwischen Sätzen und Aussagen und ferner zu der Behauptung führen könnten, dass die logische Form ein Charakteristikum von Aussagen (nicht von Sätzen) ist, könnte in der folgenden Argumentation liegen. Die Analogie zwischen Schlüssen oder Aussagen, die auf die Gleichheit ihrer logischen Form hinweist, ist ihre Ähnlichkeit. Diese Ähnlichkeit besteht in der Identität eines Musters oder Schemas, das seiner Natur nach verbal ist. Um den repräsentativen Ausdruck für ein solches Schema zu bestimmen, wählt der Logiker einen das Schema kennzeichnenden Ausdruck – eine logische Konstante – und wandelt den Sprachausdruck (einen Satz oder den Zusammenhang der Sätze), der eine Exemplifizierung des Schemas ist,

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in einen Ausdruck um, der keine Konstanten außer logischen enthält – in eine logische Formel. Wenn man nun davon ausgeht, dass die logische Form den Sprachausdrücken und insbesondere Sätzen zukommt, könnte sich die Frage stellen: hat diese Formel selbst oder der Ausdruck einer logischen Regel, der diese Formel beinhaltet, eine logische Form? Es ist durchaus angebracht, von der Beschreibung Strawsons ausgehend, anzunehmen, dass die Formulierung einer logischen Regel sich in einem Satz der Metasprache realisiert. Was wäre dann die logische Form eines solchen Satzes? Obwohl Strawsons Theorie eine solche Frage ausschließt, da über die logische Form der Sätze gar nicht gesprochen wird, ist sie nicht völlig gegen derartige Einwände geschützt. Die Ausdrücke der logischen Regeln dienen dem Logiker dazu, dass er Aussagen (der logischen Theorie) äußert. Kann man über die logische Form solcher Aussagen sprechen? Entspricht diesen Aussagen auch ein verbales Muster? Oder fällt ein solches Muster selbst unter die Muster, die der Logiker schon gefunden und formuliert hat? Dürfen vielleicht die Aussagen des Logikers einer derartigen Analyse nicht unterworfen werden, aus dem Grund, dass die denen entsprechenden Sätze keine Konstanten außer den logischen enthalten? Die Unterscheidung zwischen Aussagen und Sätzen ist für die Formulierung des Begriffs der logischen Form auch insofern wichtig, als dieser Begriff im Kontext der Diskussion darüber gebraucht wird, dass die verbale Form einer Aussage irreführend in bezug auf ihre logische Form ist. Strawson möchte deswegen dem Begriff der logischen Form eine solche Definition geben, die es erlauben könnte, zu bestimmen, wann die verbale Form einer Aussage von ihrer logischen Form abweicht. Dazu braucht er außerdem eine Definition der Bedingungen, unter denen man von zwei Aussagen behaupten kann, dass sie dieselbe logische Form haben. Um die logische Form zu definieren oder eher diesen Begriff zu erklären, führt Strawson den Begriff der logischen und der formalen Mächtigkeit einer Aussage ein („logical powers“, „formal powers“). Die logische Mächtigkeit einer Aussage definiert er als den ganzen Bereich („range“) aller ihrer möglichen logischen Relationen, d.h. den ganzen Bereich aller Rollen („parts“), die diese Aussage in gültigen Schlüssen spielen kann. Unterteilt man die Schlüsse nun in allgemeine Klassen, kann

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man über die formale Mächtigkeit einer Aussage sprechen. Die formale Mächtigkeit ist der Bereich der Rollen, welche die Aussage in den Schlüssen spielen kann, die zu einer dieser allgemeinen Klassen der Schlüsse gehören. Wenn zwei Aussagen ähnliche Rollen in Schlüssen spielen können, besteht eine Analogie zwischen der formalen Mächtigkeit der einen Aussage und der der anderen. Im Fall, dass eine solche Analogie besteht, sagt man, dass zwei Aussagen die gleiche logische Form haben. Wenn zwischen den formalen Mächtigkeiten von zwei Aussagen keine Analogie besteht, sagt man, dass die Aussagen unterschiedliche logische Form haben51. Nach Strawson hängen diese Bestimmungen zum Teil von dem Interesse des Logikers ab. Diese Abhängigkeit äußert sich in der Möglichkeit, zwei solche Sätze wie „Sokrates ist nicht wahnsinnig“ und „Nicht alle Athener sind Philosophen“ als die Sätze zu betrachten, die dieselbe logische Form haben (nämlich eine negative Form, die man in der Formel „nicht-p“ ausdrückt) oder aber verschiedene logische Formen. Dieses Interesse setzt, wie man sieht, der Zerlegung des Satzes in seine Bestandteile eine Grenze. Lässt man nun die offenkundige Subjektivität der Bestimmung der Gleichheit der logischen Form von zwei Sätzen beiseite, kann man die vorgeschlagene Definition benutzen, um festzulegen, wann die verbale Form der Aussage einen täuscht. Dies ist dann der Fall, wenn, erstens, der Satz, den man für die Behauptung der Aussage benutzt, ein bestimmtes verbales Muster gemeinsam mit mehreren anderen Sätzen hat. Zweitens sind die meisten Aussagen, die dieses Muster aufweisen, in einem bestimmten formalen Aspekt analog zueinander. Drittens ist die fragliche Aussage nicht analog zu diesen Aussagen genau in diesem für sie gemeinsamen formalen Aspekt. Strawson bemerkt, dass in der hier gegebenen Formulierung die Klassifizierung der Aussagen nach ihrer logischen Form von den Kriterien abhängt, denen entsprechend der Logiker Schlüsse unter die gültigen oder ungültigen einreiht. Nur diesen Merkmalen entsprechend beschreibt der Logiker allgemeine logische Prinzipien. So verstanden ist die logische Form für Strawson ein logisches Charakteristikum eines Schlusses oder einer Aussage, das durch den Zusammenhang dieses Schlusses oder dieser Aussage mit anderen Schlüssen oder Aussagen bestimmt ist.

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Strawson gibt schließlich noch eine Definition der logischen Form, dieses Mal mit Hilfe des Begriffs der logischen Formel oder des Begriffs eines wohlgebildeten Ausdrucks eines logischen Kalküls. Jetzt kann man die logische Form durch Bezug auf einen gegebenen Kalkül (auf ein System der Regeln) betrachten. Zwei Aussagen haben nun die gleiche logische Form, wenn: 1) die Sätze, die für sie stehen, ein und dieselbe logische Formel exemplifizieren; 2) die logischen Konstanten in diesen Sätzen standardmäßig entsprechend dem in dem Kalkül angenommenen System der Regeln gebraucht werden52. Diese Auffassung erlaubt, die logischen Formen als Formeln darzustellen und den Formeln die Namen der Formen zu geben. In diesem Fall ist z.B. „nicht-p“ die Formel für die negative Form, wobei „p“ auch eine Formel ist. Es ist möglich, auch festzulegen, wann eine Aussage eine irreführende verbale Form hat. Das ist dann der Fall, wenn der der Aussage entsprechende Satz eine bestimmte logische Formel exemplifiziert, aber die Konstanten, die in dem Satz vorkommen, nicht in der für das gegebene System der Regeln standardmäßigen Art gebraucht werden. Das Problem, das Strawson auch bei dieser Definition als ein solches empfindet, ist die Möglichkeit, eine Formel auf eine nicht eindeutige Weise in ihre Teilformeln zu zerlegen. Da jede Formel, die mehr als eine primitive Formel des Kalküls enthält, einen Hauptfunktor besitzt, kann man mindestens eine echte oder im Fall, dass der Hauptfunktor ein binärer Funktor ist, mindestens zwei echte Teilformeln der gegebenen Formel bestimmen. Es ist aber durchaus möglich, dass die Teilformel, die ihrerseits auch eine Formel des Kalküls ist, selbst weitere Teilformeln enthält. Man fragt sich also, inwiefern man berechtigt ist, zwei beliebige Formeln, die z.B. ein und denselben Hauptfunktor enthalten, als die Formeln anzusehen, welche die gleiche logische Form haben. Strawsons Auffassung lässt die Möglichkeit zu, dass man nicht nur Varianten einer Formel, die sich von dieser Formel durch den Bestand (nicht durch die Anzahl) der Variablen unterscheiden, als solche betrachtet. Wichtig ist für ihn in diesem Zusammenhang auch, dass ein und dieselbe Aussage mehr als nur eine logische Form haben kann.

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Als eine Folge dieser letzten Definition könnte man auf Folgendes hinweisen. Da die logischen Formeln Zeichen oder Elemente der logischen Sprache sind, kann jetzt die logische Form mit den Objekten identifiziert werden, die durch diese Zeichen vertreten werden. Man kann behaupten, dass die Logik die logischen Formen, ihre Eigenschaften und Relationen beschreibt, was im Prinzip der Ausgangspunkt jeder Diskussion über die logische Form ist. Die Genesis der Zeichen für die logischen Formen ist aber mit der Analyse und anderen auf dem Gebiet der Zeichen durchführbaren Operationen verbunden, wobei diese Zeichen die Träger der logischen Formen vertreten und diese Träger Aussagen sind. Da die Träger der logischen Form nicht direkt analysierbar sind, sondern nur durch das sie Bezeichnende, kann man annehmen, dass dieses Bezeichnende (Sätze) die Eigenschaft besitzt, Träger der logischen Form selbst zu sein oder sie wiederzugeben. Wenn man die Möglichkeit dieser Folgerung sowie die Anerkennung der logischen Formeln als einer Art der Existenz und Darstellung der logischen Form von Aussagen und die Annahme, dass die logische Form einer Aussage durch die logischen Zusammenhänge der letzteren mit anderen Aussagen bestimmt ist, berücksichtigt, kann man die von Strawson vorgeschlagenen Charakterisierungen der logischen Form auch als eine der schon oben gegebenen Definition gleichwertige Arbeitshypothese benutzen. Die Rollen, die der Begriff der logischen Form in der analytischen Philosophie spielt, lassen sich folgendermaßen konkretisieren. Eine der Rollen, die schon im Zusammenhang mit der hier vorgeschlagenen Definition angesprochen wurde, beruht auf der Forderung, zwischen der verbalen und der logischen Form eines Satzes zu unterscheiden. Diese Forderung kommt erst bei Frege und besonders deutlich in Russells Theorie der Beschreibungen zum Ausdruck. Die Formalisierung der letzten Theorie und der Gebrauch ihrer Ideen für die Begründung der Mathematik im Rahmen des Programms des Logizismus haben Folgen, die man kaum überschätzen kann. Zunächst zeigt die Theorie der Beschreibungen, wie man solche Begriffe, wie etwa den

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Begriff einer Klasse, benutzen kann, ohne die Existenz von Elementen des Umfangs dieses Begriffs (von verschiedenen Klassen) anzunehmen. Die Theorie liefert außerdem eine Methode der Analyse von Sätzen. Diese Methode lässt sich auf verschiedensten Gebieten für die Lösung unterschiedlicher, in erster Linie die semantische Interpretation der Sätze betreffender Aufgaben anwenden. Unter diesen Gebieten sind die modale Logik, die Philosophie der natürlichen Sprache und die Transformationslinguistik. Eine andere Rolle, die für uns auch interessant ist, weil sie den Stoff für die Diskussion über die logische Form insbesondere zwischen Russell und Wittgenstein liefert, und somit auch eine Richtung der historischen Entwicklung analytischer Philosophie bestimmt, ist mit dem Gebrauch des Begriffs der logischen Form auf dem Gebiet der erkenntnistheoretischen Untersuchungen verbunden. Dieser Gebrauch steht auch im Zusammenhang mit den Fragen, welche die Grundlagen der Logik selbst betreffen, z.B. mit der Frage, was logische Gegenstände sind, oder mit der Frage nach der Beziehung zwischen logischer Form und dem Inhalt der Sätze, den man in der Logik üblicherweise vernachlässigt. Dieser Problemkreis bestimmt noch eine Rolle, die der Begriff der logischen Form spielt. Mit der Analyse dieser Rolle beginnen wir, weil sie auch zeitlich mit der Anfangsperiode von Russells Untersuchungen verbunden ist. In diesem Zusammenhang betrachten wir zunächst die Begriffe der Extension und Intension und untersuchen anschließend Russells Auffassung von Propositionen als intensionalen Entitäten, die insbesondere zu der Antinomie der Propositionen führt.

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2. DIE LOGISCHE FORM ALS FORM DER EXISTENZ EINER INTENSION

2.1. Extension und Intension Wie im letzten Kapitel schon angedeutet wurde, beginne ich die Analyse von Russells Thesen über den Zusammenhang zwischen der Intension der Wissenseinheiten sowie ihrer sprachlichen Korrelate einerseits und ihrer logischen Form andererseits mit einer Übersicht der Ansichten, die zu der modernen Auffassung der Begriffe der Extension und Intension beitragen, und die es erlauben, die besagten Begriffe im Laufe dieser Untersuchung sinnvoll zu gebrauchen. Die Begriffe der Extension und Intension kann man von verschiedenen Gesichtspunkten aus behandeln. Diese Begriffe werden z.B. oft für die Begründung der Existenz verschiedener Zweige der Termlogik benutzt. Auf diese Möglichkeit weist Bocheński hin1. Den Begriff der Extension (der Ausdehnung) legt man dabei der Klassenlogik zugrunde, und den Begriff der Intension (des Inhalts) – der Prädikatenlogik. Das Hinzunehmen dieser Begriffe bei der Formulierung von Grundprinzipien der jeweiligen Logik bedeutet allerdings nicht, dass man bei der Definition einer Klasse z.B. ganz und gar ohne Intensionsbegriff auskommen kann. Ich werde aber von der Auffassung der Extension und Intension ausgehen, die diesen Begriffen keine bestimmte logische Theorie als diejenige zuordnet, die auf diese Begriffe in der Definition ihres Gegenstands zurückgreift. Ich betrachte Extension und Intension als semantische Stufen oder Kategorien von Bezeichnetem, die man einem Zeichen zuordnen kann, wenn man insbesondere die verschiedenen Rollen eines Zeichens im Zusammenhang mit anderen Objekten und seine Beziehungen zu diesen begreifen und beschreiben will. Zum ersten Mal wurde eine Definition der Extension und Intension als logischer Charakteristika eines Begriffs 1662 in dem Werk von Nicole und Arnauld gegeben, das später unter dem Namen „Logik von Port-Royal“ bekannt wurde. Begriffe wurden von den Autoren als Vorstellungen oder

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Ideen aufgefasst. In allgemeinen Begriffen gibt es zweierlei: den Inhalt und die Ausdehnung. Der Inhalt besteht aus Attributen, welche der Begriff in sich schließt, und welche man ihm nicht nehmen kann, ohne ihn zu vernichten. Die Ausdehnung (den Umfang) eines Begriffs bilden die Subjekte, welchen dieser Begriff zukommt und die man auch die Untergeordneten eines allgemeinen Terminus nennt, welcher in Hinblick auf sie als übergeordnet bezeichnet wird. Bocheński behauptet, dass man ähnliche Unterscheidungen schon vor Nicole und Arnauld bei Porphyr und in der Scholastik (z.B. bei Petrus Hispanus) finden kann. Porphyr unterscheidet zwischen was und wie, das man prädizieren kann. Sagt man über Sokrates, dass er ein Mensch ist, geht es darum, was Sokrates ist. Ein Begriff wird einem anderen untergeordnet, und man kann über die Beziehungen zwischen Begriffsumfängen sprechen. Sagt man über einen Menschen, dass ein Mensch ein vernünftiges Lebewesen ist, dann handelt es sich hier darum, wie der Mensch ist, um den Inhalt dieses Begriffs also. In der Scholastik unterscheidet man zwischen einfacher und personaler Supposition (wenn das Begriffswort mehrere Subjekte (gleicher Art) oder ein einzelnes Subjekt bezeichnet). Im ersten Fall geht es um die Begriffswörter, die Prädikate vertreten, im zweiten – um die, die für Subjekte stehen. Diesen Unterschied kann man laut Bocheński als Unterscheidung zwischen der Extension und ihren Trägern (den Subjekten) einerseits und der Intension und ihren Trägern (den Prädikaten) andererseits auffassen2. Einer These Churchs (1951) folgend3 betrachte ich hier drei sich prinzipiell unterscheidende Theorien. Diese sind die von Frege, Russell und Whitehead sowie Carnap. Obwohl jede der besagten Theorien mehrere Deutungen zulässt und weiterhin einen Grund für einen heftigen theoretischen Streit bieten kann, versuche ich hier, das Problematische beiseite zu lassen, um aus einer Zusammenfassung der jeweiligen Ansichten das Grundlegende zu entnehmen, das jede dieser Theorien charakterisiert und sie von den anderen Theorien unterscheidet. Diese Theorien weisen zugleich eine gewisse Kontinuität auf, die ich hoffe, auch sichtbar zu machen.

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2.1.1. Frege: von Extension und Intension von Begriffen zu semiotischen Charakteristika von Zeichen Frege ordnet (nach 1891) jedem Zeichen zwei Charakteristika zu – Sinn und Bedeutung. Jeder Name, ob einfach oder zusammengesetzt, ist der Name eines Objekts, das im Falle eines Eigennamens sogar sinnlich wahrnehmbar sein kann. Den Sinn eines Namens definiert Frege als die Art des Gegebenseins des Objekts4. Ist diese Art des Gegebenseins für ein und dasselbe Objekt verschieden, dann unterscheiden sich auch die Namen, die für das Objekt stehen. Frege gibt dem Sinn der einfachen Namen keine eingehende Charakterisierung und beschreibt in erster Linie den Sinn des Satzes – den Gedanken. Man kann aber einige Bemerkungen finden, die eine Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Namens andeuten. Church geht davon aus, dass der Sinn eines Eigennamens eine Beschreibung des Objekts ist, die ihrerseits aber kein Teil sprachlicher Realität ist, sondern ein besonderes abstraktes Objekt5. Den Grund für diese Auffassung liefert Frege selbst, der auf solche Weise den Sinn des Eigennamens „Aristoteles“ im Aufsatz „Über Sinn und Bedeutung“ bestimmt6. Den Sinn eines Begriffswortes identifiziert Church mit der Eigenschaft („property“), die durch das Begriffswort gegeben ist. Bei dieser Auffassung sehen der Sinn und die Bedeutung eines einfachen Zeichens (als Beispiel nehme ich den zusammengesetzten Namen „Sir Walter Scott“ und das Begriffswort „Einhorn“) so aus.

„Sir Walter Scott“ | eine Beschreibung von Sir Walter Scott | Sir Walter Scott

Zeichen Sinn des Zeichens Bedeutung des Zeichens

„Einhorn“ | die Eigenschaft, ein Einhorn zu sein | die Nullklasse

Man könnte sich fragen, inwiefern diese Auffassung derjenigen von Frege selbst entspricht. Im Zusammenhang mit dieser Frage ist Folgendes zu bemerken.

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Eigenschaften eines Gegenstands entsprechen nach Frege Merkmalen (oder Teilbegriffen) der Begriffe, denen dieser Gegenstand untergeordnet sein kann7. Begriffe können ihrerseits Beziehungen zu anderen Begriffen haben. Diese Beziehungen können Beziehungen der Unterordnung eines Begriffs unter einen anderen (die Beziehungen zwischen den Begriffen „erster Stufe“) oder aber Beziehungen zwischen Begriffen verschiedener Stufen (der ersten und der zweiten) sein. Geht es insbesondere um die Beziehungen der ersten Art, dann können verschiedene Eigenschaften, die jedem Gegenstand einer Gruppe der miteinander in Hinsicht auf eines ihrer Charakteristika identifizierbaren Gegenstände zukommen, beispielsweise den Gegenständen einer anderen Gruppe zukommen und somit Merkmale eines weiteren Begriffs sein. Wenn man solche Beziehungen betrachtet, behandelt man die fraglichen Begriffe oft als Gegenstände einer besonderen Art. Die Verschiedenheit zwischen diesen beiden Betrachtungsweisen eines Begriffs basiert einerseits auf unterschiedlichen Rollen eines Begriffs in bezug auf andere Begriffe, und andererseits auf Funktionen, die ein Begriff in bezug auf die Gegenstände erfüllt, die als Elemente seines Umfangs bewertet werden können und die unter diesen Begriff fallen. Kennzeichnend für den Begriff, besonders wenn man einen solchen einem Gegenstand gegenüberstellt, ist, dass der Begriff sowie das ihm entsprechende Begriffswort (und sogar der Sinn dieses Wortes) als „ungesättigt“ charakterisiert werden können. Sowohl das Begriffswort als auch der Begriff bedürfen einer Ergänzung, um überhaupt als Elemente eines sinnvollen Satzes und der Bedeutung dieses Satzes (eines Wahrheitswertes) aufzutreten. Wenn man den Begriff als einen „abgeschlossenen“ Gegenstand denkt, kann man seinen üblichen Namen zu dem Namen eines besonderen Gegenstands machen, indem man an Stelle eines Begriffswortes „F“ (ich benutze diese Bezeichnung für ein beliebiges Begriffswort, etwa „Pferd“, „Tier“, usw., wobei der Fregeschen Auffassung zufolge die Rede eher von solchen Wortkombinationen wie „ist ein Pferd“ sein sollte) den zusammengesetzten Namen „der Begriff F“ gebraucht8. Folgt man nun der Idee, auf der die oben angegebene schematische Darstellung basiert, sollte die Bedeutung des auf die gewöhnliche Weise gebrauchten Begriffswortes der Umfang des Begriffs F sein. Wenn man nun etwas über den Begriff F selbst behauptet, mit

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anderen Worten, wenn man sagt, dass der Begriff F einem anderen Begriff untergeordnet ist oder, wie im Fall der Begriffe verschiedener Stufen, in einen anderen Begriff fällt, behauptet man etwas über eine Beziehung zwischen den Begriffen als Gegenständen. Eine solche Behauptung sieht von dem Ungesättigtsein (d.h. von der prädikativen Natur) der beiden Begriffe ab, und ist wegen ihrer bewusst konstruierten Formulierung (welche die Begriffe als solche bezeichnet) ein Bestandteil der Untersuchung, die sich mit den logischen Beziehungen zwischen den beiden sowie zwischen allen möglichen Begriffen beschäftigt. Eine solche logische Untersuchung interessiert sich für die Beziehungen, die zwischen einem Gegenstand, der durch den fraglichen komplexen Namen angedeutet wird, und anderen Gegenständen bestehen, und fragt nach den Gesetzmäßigkeiten dieser Beziehungen. Diese Gesetzmäßigkeiten werden von einer logischen Theorie entdeckt und gelten auch für ihre eigenen Begriffe. Die Wörter „fallen in“ oder „fallen unter“ können selbst als Begriffswörter angesehen werden, die auch ein gewisses Ungesättigtsein aufweisen und für Relationen (für eine besondere Art von Begriffen) stehen. Dass Frege zwischen den genannten „Ebenen“ der Betrachtung eines Begriffs als einer ergänzungsbedürftigen Funktion und einem besonderen Gegenstand, der scheinbar keiner Ergänzung bedarf, unterscheidet, bestätigt insbesondere seine Aussage, dass der Begriff sich wesentlich prädikativ auch da verhält, wo etwas von ihm ausgesagt wird9. Die Behauptung scheint der These zu widersprechen, dass man einen Begriff als Bedeutung des grammatischen Subjekts und somit als einen besonderen Gegenstand auffassen kann, wenn man insbesondere das Begriffswort durch die Wörter „der Begriff“ ergänzt. Bedenkt man aber, auf welche Weisen eine Aussage über Beziehungen zwischen Begriffen gemacht werden kann, sowohl in einer natürlichen Sprache als auch mit Hilfe von Ausdrücken, die man in der Logik benutzt, bleibt von dem Schein nichts übrig. Nehmen wir den Satz „Das Pferd ist ein Säugetier“. Von dem logischen Gesichtspunkt aus geht es in diesem Satz um eine Beziehung zwischen den Begriffen Pferd und Säugetier, die man auch im Satz „Der Begriff Pferd ist dem Begriff Säugetier untergeordnet“ ausdrücken kann. Die Beziehung der Unterordnung zwischen diesen Begriffen kann man als

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eine Beziehung zwischen den Umfängen dieser Begriffe auffassen und das sichtbar machen, wenn man den ersten Satz umformuliert und behauptet „Alle Pferde sind Säugetiere“ oder „Alles, was ein Pferd ist, ist auch ein Säugetier“. Aber auch für den zweiten Satz, der mit Hilfe von logischen Begriffen formuliert ist und in dem es explizit um die Unterordnung der Begriffe geht, findet man eine andere Formulierung: „Jeder Gegenstand, der unter den Begriff Pferd fällt, fällt auch unter den Begriff Säugetier“. Den beiden Umformulierungen kann man entnehmen, dass weder ein Begriff (Pferd z.B.) die Rolle eines Gegenstands in der Aussage übernehmen kann noch der besondere Gegenstand der Begriff ... (der Begriff Pferd in diesem Beispiel) in derselben Beziehung zu einem anderen Begriff steht, die ein Gegenstand zu diesem Begriff hat. Nun wenden wir uns dem Sinn eines bestimmten Begriffswortes zu. Inwiefern ist der Sinn des Begriffswortes, das als seine Bedeutung einen Gegenstand (den Umfang eines Begriffs oder nach Frege auch den Begriff selbst) hat, eine Eigenschaft, die man dem Gegenstand, der unter den Begriff fällt, zusprechen kann? Was ist uns als Sinn des Begriffswortes gegeben? Wenn es eine Eigenschaft ist, welche die Elemente des Umfangs des Begriffs definiert, dann fragt es sich, ob sie sich von dem Begriff selbst unterscheidet. Man kann den Begriff als eine Zusammensetzung seiner Merkmale betrachten, wobei jedem Merkmal eine Eigenschaft entspricht, die man den Gegenständen zusprechen kann, die unter den Begriff fallen. Diese Zusammensetzung kann man mit Hilfe einer Konjunktion (eines Satzes, dessen Teilsätze durch den Konnektor „und“ verbunden sind) ausdrücken. Ich nehme Freges eigenes Beispiel und betrachte den Komplex von Eigenschaften, die durch die Begriffswörter „positive Zahl“, „ganze Zahl“ und „kleiner als 10“ bezeichnet werden. Der besagte Komplex könnte dann durch die Aussageform bezeichnet werden „x ist eine positive Zahl, und x ist eine ganze Zahl, und x ist kleiner als 10“, was man auch wohlklingender ausdrückt, wenn man sagt „x ist eine positive ganze Zahl kleiner als 10“. Ersetzt man nun x durch die Bezeichnung einer Zahl, erhält man einen wahren oder einen falschen Satz. Geht man nun von der Fregeschen These aus, dass der Sinn eines Satzes ein vollständiger Gedanke ist, könnte man vermuten, dass der Sinn eines Begriffswortes, der einen Teil des Gedankens bildet, eine Gedankenform oder ein

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Gedankenschema (der Gedanke, der kein echter Gedanke ist, da er sozusagen „leere Stellen“ enthält) ist. Das Ungesättigtsein dieses Gedankenteils wird hier durch die Variable x ausgedrückt. Die Einheitlichkeit eines Gedankens ist gewährleistet, sobald die Variable x in der Form durch einen Namen ersetzt wird, so dass keine besondere Art der Verknüpfung nötig ist, um Gedankenteile zusammenzubringen. Klar ist, dass die Anerkennung des von einem individuellen Subjekt unabhängigen Seins solcher Gedankenformen letztendlich die Anerkennung der Kenntnis von logischen Formen im Sinne der Russellschen Erkenntnistheorie von 1913 impliziert. Warum sollte man aber, der Idee Churchs folgend, die Eigenschaften, nicht die Begriffe als Gedankenteile ansehen? Wenn man über den Begriff, eine positive ganze Zahl kleiner als 10 zu sein spricht, weist diese Sprechweise darauf hin, dass es hier um die Beziehungen dieses Begriffs zu anderen Begriffen geht. Um also über den Sinn eines Begriffswortes, das für einen Begriff in seiner grundlegenden prädikativen Funktion steht, sprechen zu können, bedarf man eines anderen Wortes. Identifiziert man nun die Eigenschaft, eine positive ganze Zahl kleiner als 10 zu sein, mit dem Sinn des entsprechenden Begriffswortes, bekommt man das Objekt, das nach Frege diesem Begriff entspricht, aber kein Begriff nach der Fregeschen Auffassung ist. Ein solches Objekt ist ja streng genommen kein selbständiges Objekt, das sich außer dem Gegenstand, der diese Eigenschaft hat, sehen lässt. Aber ob ein gegebener Gegenstand diese Eigenschaft besitzt oder nicht, ist entscheidend für die Bestimmung des Umfangs des Begriffs. Diese Eigenschaft dient als Sieb, mit dem man die Gegenstände, die unter den Begriff fallen, von allen anderen Gegenständen trennt. Dass man Eigenschaften von Gegenständen Begriffen gegenüberstellen kann, entspricht der oben schon angesprochenen von Frege stammenden Idee, Eigenschaften von Gegenständen von den Merkmalen eines Begriffs zu unterscheiden. Selbst wenn die Eigenschaften nur durch Begriffe gefasst werden und wenn man eine bestimmte Eigenschaft nicht als eine solche benennen kann, bevor man ein Begriffswort dafür hat, gibt es gewisse Unterschiede zwischen Eigenschaften und Begriffen, die diese Unterscheidung rechtfertigen. Wichtig in diesem Zusammenhang ist schon der Umstand, dass man mit einem Begriff ohne Bezug auf Gegenstände, die unter ihn fallen, operieren kann, während die Behauptung über eine Eigenschaft, von der man oft

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sagt, dass sie sich in Individuen exemplifiziert, auf Individuen Bezug nimmt oder diese voraussetzt, da man bei einer solchen Behauptung immer die Frage „wessen Eigenschaft?“ stellen kann. Also ist die Eigenschaft nicht mit dem Begriff identisch, selbst dann nicht, wenn die Eigenschaft oder die Feststellung, dass ein Gegenstand sie hat, die Voraussetzung oder eine selbständige Stufe jeder Begriffsbildung ist. Obwohl man die Auffassung Churchs auf solche Weise in eine direkte Verbindung mit Freges Theorie bringen kann, schlägt Church 1951 vor, die letztere ohne den Begriff des Ungesättigtseins zu analysieren10. Der Grund dafür könnte in der Ähnlichkeit zwischen den Begriffen Freges und den sogenannten propositionalen Funktionen Russells („propositional functions“) liegen, Ähnlichkeit, die sich oben bei der Formulierung eines Begriffswortes mit Hilfe einer Variablen zeigte. Die propositionalen Funktionen werden den konstruktiven Objekten zugeordnet, die von einer logischen Theorie untersucht und gebraucht werden. Die formalen Ausdrücke für solche Funktionen, wie z.B. „x ist eine positive ganze Zahl kleiner als 10“, sind Elemente einer logischen Sprache, die eine semantische Interpretation durch die Definition ihrer Wahrheitsbedingungen bekommen. Will man diesen Ansatz für die Bestimmung des Sinnes eines Begriffswortes benutzen, und geht man dabei von dem Ungesättigtsein des Begriffswortes aus, dann ist der Sinn von diesem nur durch seine Rolle in der Zuordnung zu erklären, bei der dem Sinn eines Eigennamens ein Gedanke zugeordnet wird. Der Sinn des Begriffswortes bedarf somit als ein Gedankenteil eines Bezugs auf einen bestimmten Gedanken, denn eine Funktion als Gesetz der Zuordnung ist in ihrem Wert für einen bestimmten Wert ihres Arguments oder ihrer Argumente (und dieser Wert ist der Wahrheitswert des Satzes) nicht präsent. Die Bedeutung des Satzes, der Wahrheitswert selbst, lässt sich nach Frege zerlegen, aber die Zerlegung ist ohne Bezug auf den Gedanken unmöglich11. In einem Satz als dem Ausdruck des entsprechenden Gedankens bildet das Begriffswort den einen wesentlichen Teil, was auch bestätigt, dass sein Sinn ein Bestandteil des Gedankens ist. Betrachtet man im Gegensatz zu dieser Theorie den Gedankenteil, der dem Begriffswort entspricht, als abgeschlossen, muss man die Quelle der Einheit eines Gedankens entweder in den den Gedanken Fassenden hineinsetzen oder ein weiteres Element in die Struktur des Gedankens einführen, das die Rolle der traditionellen formal-logischen Kopula

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übernimmt. Wird die zweite dieser Möglichkeiten angenommen, wird die Erfüllung der Rolle einer Funktion, die den durch schon erwähnte Gedankenteile gegebenen Gegenständen einen Wahrheitswert zuordnet, der Bedeutung der Kopula zugeteilt, und das Problem des Sinnes des die Kopula bezeichnenden Ausdrucks kann erneut aufgeworfen werden. Es könnte auch sein, dass Church den Begriff des Ungesättigtseins auch deswegen als eine überflüssige theoretische Konstruktion empfindet, weil seine Auffassung auf einer Analogie zu Freges Theorie des indirekten Gebrauchs der Wörter basiert. Man könnte den Gebrauch des Begriffswortes „F“ als einen Fall eines direkten und den Gebrauch der Wörter „der Begriff F“ als einen Fall des indirekten Gebrauchs des Begriffswortes betrachten. Im ersten Fall wird das Begriffswort gebraucht, um einem Gegenstand eine Eigenschaft zuzusprechen. Im zweiten Fall werden keine Eigenschaften zugesprochen, und die Bedeutung der Wörter „der Begriff F“ wird mit dem als Gegenstand genommenen Begriff identifiziert. Nun könnte man behaupten, dass das, was in dem letzten Fall genannt wird, der Sinn des auf eine gewöhnliche Weise gebrauchten Begriffswortes ist. Da an einen Gegenstand die Forderung der Abgeschlossenheit gestellt wird, ist es besser, auf den Begriff des Ungesättigtseins zu verzichten. Außerdem kann man nun die traditionellen Begriffe des Umfangs und Inhalts eines Begriffs, die Frege sehr oft benutzt, sinnvoll verwenden, und den Sinn des Begriffswortes mit dem Inhalt und seine Bedeutung mit dem Umfang eines Begriffs identifizieren. Was nun solche zusammengesetzten Namen wie Sätze betrifft, entwickelt Frege einerseits die These über den Zusammenhang zwischen ihrer Extension und Intension, und definiert andererseits, was diese Extension und Intension ist. Den Zusammenhang zwischen der Extension und der Intension eines Satzes betrachtet Frege in seinem Brief an Husserl vom 9 Dezember 190612. Er definiert die Bedingungen, unter denen zwei Sätze A und B dieselbe Intension haben (laut Freges Terminologie denselben „Inhalt“ haben oder denselben Gedanken ausdrücken). Führt die Annahme, dass der Inhalt von A wahr ist und der Inhalt von B falsch (und umgekehrt, der Inhalt von B wahr und der von A falsch) auf einen logischen Widerspruch, wobei es nicht notwendig ist, zu wissen, ob der Inhalt von A oder B wahr oder falsch ist, und man für die Feststellung dieses

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Widerspruchs auf keine Gesetze außer den logischen zurückgreifen muss, dann haben A und B denselben Inhalt. Wären ihre Inhalte verschieden, gäbe es keinen Grund für einen Widerspruch. Hier verbindet Frege die Intension (den „Inhalt“ eines Satzes) mit seiner Extension – seinem Wahrheitswert. Die Sätze mit demselben Inhalt haben nach Frege denselben Wahrheitswert, aber nicht umgekehrt. Die Annahme der Verschiedenheit der Wahrheitswerte der Sätze mit demselben Inhalt führt auf einen Widerspruch, weswegen Frege die Unmöglichkeit der Verschiedenheit der Wahrheitswerte solcher Sätze als Kriterium ihrer Inhaltsgleichheit angibt. Noch eine Fregesche Theorie, die im Zusammenhang mit den Begriffen der Extension und Intension oft angesprochen wird und die hier auch schon erwähnt wurde, ist die Theorie der gewöhnlichen und der ungeraden Bedeutung und des entsprechenden Sinnes eines Namens. Von ungerader Bedeutung und ungeradem Sinn eines Zeichens spricht man in erster Linie im Zusammenhang mit Sätzen, in denen z.B. die Rede oder die Meinung eines anderen wiedergegeben wird13. Diese Art der Bedeutung und des Sinnes ist wie die gewöhnliche Bedeutung und der gewöhnliche Sinn durch eine besondere Art des Gebrauchs der Zeichen bestimmt. Man kann ein Zeichen auf eine gewöhnliche Weise oder aber ungerade gebrauchen. Wird ein Zeichen ungerade gebraucht, spricht man nicht von der Bedeutung des Zeichens, sondern von seinem Sinn oder von dem Zeichen selbst. Für den Gedanken, der als der Gegenstand einer Aussage, eines Glaubens oder ähnlicher Einstellungen des Aussagenden oder Glaubenden auftritt, steht ein komplexer Ausdruck, nämlich ein Nebensatz. Die Bedeutung des Nebensatzes ist in einem solchen Fall der Sinn dieses Ausdrucks, wenn man ihn als einen selbständigen Satz (nicht als Nebensatz) betrachtet14. Dass die Bedeutung eines solchen Satzes sein Sinn (ein Gedanke) ist, wird dadurch bestätigt, dass der Wahrheitswert des ganzen Satzes von dem Wahrheitswert des Nebensatzes unberührt bleibt. In dem Nebensatz darf man außerdem nicht einen Ausdruck durch einen gleichbedeutenden ersetzen15, z.B. „Morgenstern“ durch „Abendstern“ oder durch „Venus“ in dem Satz „Philip behauptet, dass der Morgenstern nur morgens zu sehen ist“. Der Wahrheitswert des ganzen Satzes kann sich

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bei einer solchen Ersetzung verändern. Einen Teilausdruck des Nebensatzes kann man nur durch einen mit demselben Sinn ersetzen. Man kann also den Nebensatz als den Eigennamen eines Gedankens auffassen. Als Sinn hat ein solcher Eigenname auch einen Sinn, aber keinen vollständigen Gedanken wie ein gewöhnlicher Satz, sondern den Sinn der Wörter „der Gedanke, dass ...“. Dieser Sinn ist nur ein Teil des Gedankens, der im ganzen Satzgefüge gegeben ist. Diese semantische Natur des Nebensatzes ist einer der Gründe dafür, dass man einen Nebensatz nicht immer durch einen anderen Satz mit demselben Wahrheitswert ersetzen kann16. Ein anderer Fall betrifft andere Nebensätze, die keine selbständige für einen Satz typische Bedeutung und keinen solchen Sinn aufweisen, und deren Bedeutung und Sinn nur Teile der Bedeutung und des Sinnes des ganzen Satzes sind. In einem solchen Fall ist der Nebensatz an sich genommen unvollständig, und erst mit dem Hauptsatz zusammen drückt er einen Gedanken aus. Ein Beispiel dafür ist der Satz „Der die elliptische Gestalt der Planetenbahnen entdeckte, starb im Elend“. Hätte hier der Nebensatz als seinen Sinn einen Gedanken, dann könnte man diesen in einem Hauptsatz ausdrücken. Es wäre dann möglich, ein Subjekt anzugeben, dessen Name keinen Verweis auf den Hauptteil des Ausgangssatzes enthält. Das grammatische Subjekt des Nebensatzes verweist aber auf den Teil „starb im Elend“. Der Satz „Es gab einen, der die elliptische Gestalt der Planetenbahnen entdeckte“, der sich als eine gewünschte Formulierung anbietet, ist in der Tat nur eine Voraussetzung dafür, dass der ganze Satz eine Bedeutung hat (mit anderen Worten, wahr oder falsch ist). Der ganze Satz kann aber nur dann einen bestimmten Wahrheitswert haben, wenn keiner seiner etwas bezeichnenden Bestandteile leer ist. Daraus folgt, dass die Bedeutung des Nebensatzes hier kein Wahrheitswert, sondern ein Objekt ist, nämlich in dem gegebenen Beispiel Kepler. Bestätigt wird dieser Schluss durch die Analyse der Verneinung des Satzes. Diese lautet: „Kepler starb nicht im Elend“. Wäre aber die Bedeutung des Nebensatzes ein Wahrheitswert und sein Sinn – ein Gedanke, dann müsste die Verneinung so lauten: „Der die elliptische Gestalt der Planetenbahnen entdeckte, starb nicht im Elend, oder es gab keinen, der die elliptische Gestalt der Planetenbahnen entdeckte“17.

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Derartige Nebensätze werden auch als Beschreibungen bezeichnet. Charakteristisch für Freges Theorie ist die Forderung, dass der Gebrauch einer Beschreibung die Existenz des durch sie Bezeichneten voraussetzt. Diese Forderung stellt Frege insbesondere an eine logische Sprache. Die Fregesche Theorie der Beschreibungen wird später von Russell entwickelt. Russell stellt den Wahrheitswert des Satzes, in dem eine Beschreibung vorkommt, in Abhängigkeit von der Bedingung, die Frege als Voraussetzung des Gebrauchs einer Beschreibung auffasst. Nach Russell müsste man den gegebenen Satz auf folgende Weise umformulieren, um seinen Wahrheitswert deutlich erkennbar zu machen: „Es gibt nur einen, so dass er die elliptische Gestalt der Planetenbahnen entdeckte und im Elend starb“. Wenn in einem Satz ein solcher Ausdruck wie „wissen“, „erkennen“ oder ein ähnlicher vorkommt, kann der Nebensatz hier eine doppelte Bedeutung haben – eine ungerade Bedeutung und einen Wahrheitswert. In einem solchen Fall ist das Ersetzen des Nebensatzes durch einen gleichbedeutenden auch nicht erlaubt. In solchen Fällen findet man normalerweise neben den Gedanken, die im Satz ausgedrückt sind, noch einen Nebengedanken, der keinen besonderen Ausdruck im Satz hat, den man aber aus der Verbindung der schon ausgedrückten Gedanken ableiten kann. Eine solche Ableitung geschieht, wie Frege gesteht, kraft psychologischer Gesetze18. Ein Beispiel, das Frege angibt, ist der Satz „Napoleon, der die Gefahr für seine rechte Flanke erkannte, führte selbst seine Garden gegen die feindliche Stellung“. Nach Frege kann man hier drei Gedanken finden. Den ersten liefert uns der Satz „Napoleon erkannte die Gefahr für seine rechte Flanke“. Den zweiten – der Satz „Napoleon führte selbst seine Garden gegen die feindliche Stellung“. Den dritten, den Nebengedanken, gibt uns der Satz „Die Erkenntnis der Gefahr war der Grund, weshalb Napoleon die Garden gegen die feindliche Stellung führte“. Einen Überblick über Freges Ansichten bezüglich des Sinnes und der Bedeutung einer ungeraden Rede kann eine Tabelle geben (Tabelle 1). Außer den hier angesprochenen drei Fällen betrachtet Frege noch weitere, von denen der Fall der allgemeinen Bedingungssätze, deren Teilsätze unbestimmt andeutende Teile enthalten, von einem besonderen Interesse ist. In einem solchen Fall drückt der ganze Satz einen Gedanken aus. Die

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Betrachtung all dieser Fälle ist für Frege kein eigenständiges Ziel, sondern dient der Bestätigung seiner Theorie, dass in dem Fall eines Aussagesatzes, der keine Teilsätze der besagten Art enthält, der Wahrheitswert als seine Bedeutung und der Gedanke als sein Sinn anzusehen sind. Zusammenfassend, kann man Folgendes über Freges Theorie bemerken: 1. Obwohl Frege der formallogischen Tradition zufolge zwischen dem Inhalt und dem Umfang eines Begriffs unterscheidet, und diese mit dem Sinn und der Bedeutung eines Begriffswortes nicht vermengt, gibt seine Theorie Anlass zu der Entwicklung der Ansicht, dass der Umfang und der Inhalt als Charakteristika eines Zeichens (als seine semiotischen Charakteristika) angesehen werden können, nicht als Charakteristika des Korrelats eines Zeichens. 2. Von Frege stammt auch eine Formulierung der Bedingungen der Extensions- und Intensions- Gleichheit sowie eine Festlegung, was Extension und Intension eines Zeichens ausmacht. Insbesondere wird die Ersetzbarkeit eines Zeichens durch ein gleichbedeutendes als ein Kriterium der Extensionsgleichheit zwischen einem Satz und einem durch die Ersetzung gewonnenen eingeführt. 3. Dadurch, dass Frege zwischen dem Sinn und der Bedeutung eines Zeichens unterscheidet, und einen Begriff (sowie eine Relation) als eine wahrheitswertige Funktion auffasst, wird eine neue Auffassung der Extension und der Intension herbeigeführt. Indem man Argumente einer wahrheitswertigen Funktion sowie ihre Werte als Gegenstände beschreibt, gewinnt man die Möglichkeit, die Extension eines Funktionszeichens mit solchen Werten für passende Argumente zu identifizieren. Man kann behaupten, dass die Extension des Zeichens für eine wahrheitswertige Funktion vollständig durch ihre Argumente und Werte charakterisiert wird. Die Intension eines Funktionszeichens könnte man vielleicht in den besonderen Bedingungen sehen, unter denen einem bestimmten Argument der Funktion ein bestimmter Wahrheitswert zugeordnet wird. Die Wahrheitsbedingungen, die für eine Funktion gelten,

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beschreiben, wann ein als Argument der Funktion auftretender Gegenstand die Funktion erfüllt. Das findet dann statt, wenn der fragliche Gegenstand die Eigenschaften hat, die den Inhalt des Funktionszeichens ausmachen. 2.1.2. Russell und Whitehead: Extension und Intension Charakteristika der Funktionen von propositionalen Funktionen

als

Die zweite Theorie der Extension und Intension, die Church betrachtet, ist Russells Theorie der Beschreibungen (insbesondere wie sie in „On Denoting“ (1905) dargelegt ist). Diese Einschränkung auf nur eine Theorie scheint aber (bei aller Bedeutsamkeit dieser Theorie) dem Russellschen Konzept mit seinen Ideen, die sich später als besonders einflussreich erwiesen, nicht voll und ganz gerecht zu werden. Deshalb fasse ich die Hauptperioden der Entwicklung dieser Ideen bei Russell zusammen. Diese Zusammenfassung erstreckt sich auf die Periode vor 1905, und berücksichtigt die Veränderungen von 1905, die schließlich in die Definition von Extension („extension“) und Intension („intension“), wie sie in Principia Mathematica (1910-1913) gegeben ist, münden. Russells Ansichten vor 1905 kann man auf folgende Weise darstellen (Tabelle 2). Der Eigenname („proper name“) weist („indicates“) auf ein Objekt („term“ oder „thing“) hin. Ein erkennendes Subjekt kann mit einem Namen auch eine Idee oder eine Vorstellung verbinden, aber diese gehören nur dem Subjekt an und können nicht ein Bestandteil eines objektiven (dem Gedanken Freges ähnlichen) Komplexes sein. Ein Begriffswort (ich behalte hier diesen Terminus Freges, Russell benutzt 1903 die Bezeichnung „allgemeiner Name“ („general name“)) bedeutet („means“) einen Begriff („concept“), der seinerseits ein Prädikat („predicate“) oder eine Relation („relation“) ist. Der Begriff ist die Bedeutung („meaning“) des Begriffswortes. Das Prädikat kann seinerseits bezeichnen („denote“), und das Bezeichnete ist in diesem Fall ein einzelnes Objekt oder eine Menge von Objekten, das oder die bei einem Informationsaustausch durch den Namen des Prädikats und einige zusätzliche Sprachelemente vertreten wird. Durch einen Begriff ist uns somit oft ein einzelnes Objekt oder eine (auch unbestimmte) Menge solcher Objekte gegeben. Der Name eines

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propositionalen Begriffs („propositional concept“) weist auf einen propositionalen Begriff hin. Dieser wird oft auch als Fakt definiert und als mögliches Denotat (das Bezeichnete) einer Proposition in Betracht gezogen, wenn angenommen wird, dass die Proposition bezeichnet („denotes“). Eine Proposition, die ihrerseits die Bedeutung („meaning“) eines Satzes ist, könnte somit selbst bezeichnen. Sinnesähnliche Gebilde, die zwischen Zeichen und von ihnen selbst verschiedenen nichtsprachlichen Objekten somit auf eine gewisse Weise „vermitteln“, sind bei Russell also Begriffe und mit Vorbehalt auch Propositionen. Die Wörter oder Wortkomplexe, die für solche Gebilde stehen, haben in erster Linie eine Bedeutung, die ihrerseits selbst bezeichnen kann. Da bedeuten und bezeichnen Relationen zwischen verschiedenen Paaren von Objekten (zwischen Sprachzeichen und nicht-sprachlichen Objekten die eine und zwischen nicht-sprachlichen Objekten und anderen nicht-sprachlichen Objekten die andere) sind, fällt die Bedeutung von Zeichen mit dem Bezeichneten für diese Zeichen nicht zusammen. Das Bezeichnete wird dem entsprechenden Zeichen zwar zugeordnet, aber diese Zuordnung kann man nur den Besonderheiten des Vorkommens des Zeichens entnehmen. Im Fall eines Begriffswortes sind diese Besonderheiten durch den Satz, in dem das Begriffswort vorkommt, gegeben. Die Bedeutung des Satzes (oder das, wovon im Satz die Rede ist) ist das, was diese Besonderheiten letztendlich bestimmt. Ich wage zu behaupten, dass diese semantische Theorie Russells seine logischen Vorstellungen zu ihrem Grund hat. In der formalen Logik studiert man Begriffe, aus den Begriffen zusammengesetzte Aussagen und aus Aussagen zusammengesetzte Schlüsse. Begriffe kann man z.B. ihrem Umfang und Inhalt nach in allgemeine und Einzelbegriffe, abstrakte und konkrete Begriffe klassifizieren. Nimmt man einen konkreten Einzelbegriff, kann man einen solchen dadurch charakterisieren, dass sein Umfang aus einem einzelnen Objekt besteht. Solche Begriffe werden oft durch Eigennamen wie „Sokrates“ oder „Augsburg“ bezeichnet, und das, wofür solche Namen stehen, kann man (zu einem bestimmten Zeitpunkt) wahrnehmen. Das sind einzelne Gegenstände, die man „anfassen“ und auf die man hinweisen kann. Konkrete Einzelbegriffe treten in Aussagen am häufigsten in eine Beziehung zu konkreten allgemeinen Begriffen (wie z.B. Mensch, Stadt). Nehmen wir beispielshalber die letztere Kategorie von Begriffen. Solchen

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allgemeinen Begriffen kann man mehrere Gegenstände zuordnen, also reicht der Hinweis mit einem Finger nicht mehr aus, um das, was man mit Hilfe solcher Begriffe definiert, von anderen Gegenständen abzugrenzen. Man charakterisiert dann die fraglichen Gegenstände anhand einer ihrer Eigenschaften und mit Hilfe einer Gesamtheit von Merkmalen, die man nun von den Gegenständen unterscheiden will und die man traditionell als den entsprechenden Begriff oder eher seinen Inhalt im Gegensatz zu seinem Umfang beschreibt. Durch die Einführung der Unterschiede zwischen solchen semantischen Beziehungen wie einerseits hinweisen und bedeuten und andererseits bedeuten und bezeichnen, unterscheidet Russell die Elemente des Diskussionsbereichs einer Theorie nach der logischen Rolle ihrer Sprachkorrelate in den Sätzen und führt nebenbei verschiedene Arten der Sätze und der diesen entsprechenden Propositionen ein, die sich, wie die Sätze bei Frege, durch die semantischen Charakteristika der Begriffswörter beschreiben lassen. Man kann nun den Diskussionsbereich in verschiedene Teilbereiche einteilen und sagen, dass es einerseits Objekte gibt, die man antasten kann, andererseits Objekte, die man nicht antasten kann (Prädikate und Relationen – die Bedeutungen von Begriffswörtern), und schließlich Komplexe – zusammengesetzte Objekte, die sich von ihren Bestandteilen prinzipiell unterscheiden. Mit einer solchen Extrapolation von logischen Ansichten sind allerdings manche Probleme verbunden. Das Problem der Beziehungen zwischen Proposition und propositionalem Begriff einerseits und die Frage nach dem, was falsche Sätze bedeuten oder bezeichnen, veranlasste Russell, seine semantischen Ansichten zu ändern. Russell erkennt an, dass ein Eigenname auf ein Objekt hinweisen oder ein Objekt bezeichnen kann. Hinweisen („indicate“) kann ein „eigentlicher“ oder „echter“ Eigenname, bezeichnen („denote“) – eine Beschreibung („description“), die ein Denotat oder mehrere oder gar kein Denotat haben kann. Jeder Satz bedeutet („means“) und bezeichnet („denotes“). Die Bedeutung eines Satzes ist eine Proposition, sein Denotat (das Bezeichnete) – eine Tatsache („fact“) (Tabelle 3). Obwohl die Beschreibungen ihrem Denotat entsprechend in verschiedene Arten zu unterteilen sind, hat die Analyse der Beschreibungen eigentlich

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das Ziel, jedem Satz, in dem eine Beschreibung vorkommt, eine derartige Umformulierung zu geben, dass die Beschreibung als ein bezeichnender Ausdruck verschwindet. Eine solche Umformulierung gibt einem die Möglichkeit, einen beliebigen Satz als wahren oder falschen zu bewerten, indem die Bedingungen des Wahrseins des Satzes explizit formuliert werden. Die Berechnung des Wahrheitswertes eines Satzes ist oft problematisch, insbesondere wenn der Satz einen nichts bezeichnenden Ausdruck enthält. Church betrachtet diese Theorie als diejenige, die eine Unterscheidung zwischen Extension und Intension und deshalb selbst die Anerkennung solcher semantischen Kategorien überflüssig macht. Nach Church bleibt bei der Anwendung dieser Theorie nur eine semantische Kategorie erhalten – die des Wahrheitswertes. Diese Auffassung ist allerdings problematisch. Sie beruht in der Tat auf Ideen der Principia (wo die Theorie der Beschreibungen schon eine reifere formale Gestalt hat) sowie auf der Auffassung von Prädikaten als Symbolen, die nicht isoliert betrachtet werden. Der Formalismus der Principia basiert auf dem Begriff einer propositionalen Funktion („propositional function“). Eine propositionale Funktion ist ein einheitliches Objekt, das nicht eindeutig einen einzelnen oder eine Gesamtheit der Werte dieser Funktion bezeichnet, wobei diese Werte Propositionen sind19. Die Gesamtheit dieser Werte ist in der Funktion intensional gegeben, was hier zunächst heißt: nicht durch Aufzählung ihrer Werte. Das Symbol für eine propositionale Funktion ist φŷ, für eine unbestimmte Proposition – φy. Den Unterschied zwischen diesen kann man folgendermaßen erklären. Das Zeichen für eine propositionale Funktion bezeichnet unbestimmt („ambiguously“) mehrere Werte der Funktion. Das Zeichen für die unbestimmte Proposition steht für eines dieser Objekte. Um verschiedene Paradoxe zu vermeiden, führen Russell und Whitehead die Typentheorie ein, und bauen den Forderungen dieser Theorie entsprechend eine Hierarchie von propositionalen Funktionen auf. Propositionen und propositionale Funktionen aus dieser Hierarchie müssen eine Forderung erfüllen – sie müssen prädikativ sein. Das bedeutet, dass sie nur Argumente höchstens des Typs n-1 haben dürfen, wenn sie selbst dem Typ n angehören. Die Funktion darf also nicht zu ihrem eigenen Argument werden. Als Argumente einer Funktion erster

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Ordnung z.B. (durch φ!ŷ bezeichnet) dürfen nur Individuen auftreten20. Individuen werden in den Principia als Objekte definiert, die nur Subjekte elementarer Propositionen sein können. Es ist zu beachten, dass jedes Symbol für einen Wert einer Funktion, z.B. φ!z, zwei Variablen enthält – z und φ!ŷ. Eine Funktion erster Ordnung φ!ŷ lässt sich als ein Prädikat auffassen, was anscheinend einen der Gründe für die obige Behauptung Churchs liefert. Sowohl Beschreibungen als auch Klassen- und Relationennamen lassen sich als Funktionen definieren. Was aber ein Funktionsausdruck in einen formalisierten Ausdruck mitbringt, ist sein Wahrheitswert für ein bestimmtes Argument oder ein System der Wahrheitswerte, und dieser Wahrheitswert oder das System der Wahrheitswerte ist das, was in einer logischen Theorie zählt, wenn sie als Grundlage für den Aufbau der Mathematik dienen soll. Extension („extension“) identifizieren Russell und Whitehead mit einer Klasse, aber ein Zeichen für Extension kann ihrer Behauptung nach nur dann sinnvoll gebraucht werden, wenn es durch einen Bezug auf die Intension („intension“) gegeben ist21. Der Terminus „Intension“ hat in diesem Kontext allerdings eine sehr spezielle Bedeutung. Obwohl hier die Intension auch der Extension gegenübergestellt wird, soll darunter anscheinend eine propositionale Funktion verstanden werden, durch die Objekte definiert werden, welche die Funktion erfüllen und somit mit der Extension eines Begriffs identifiziert werden können. Um nun den Begriff der Extension zu erklären, führen Russell und Whitehead den Unterschied zwischen extensionalen und intensionalen Funktionen („extensional and intensional functions“) ein. Zunächst wird der Wahrheitswert („truth-value“) einer Funktion definiert. Dieser ist wahr, wenn die Proposition, die der Wert der Funktion für ein bestimmtes Argument ist, wahr ist, und falsch, wenn die Proposition falsch ist. Zwei Propositionen heißen äquivalent („equivalent“), wenn sie denselben Wahrheitswert haben, d.h. beide wahr oder beide falsch sind. Zwei propositionale Funktionen sind formal äquivalent („formally equivalent“), wenn ihre Werte für ein beliebiges Argument äquivalent sind, d.h. wenn ein beliebiges Argument, das eine der Funktionen erfüllt, auch die andere erfüllt, und umgekehrt. „ŷ ist ein Mensch“ ist z.B. formal

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äquivalent zu „ŷ ist ein federloser Zweibeiner“. Eine Funktion von einer Funktion heißt extensional, wenn ihr Wahrheitswert für ein beliebiges Argument derselbe bleibt, wenn das Argument durch ein beliebiges formal äquivalentes Argument ersetzt wird. Haben wir z.B. eine Funktion f(φŵ) und es gilt, unter der Bedingung, dass φŵ formal äquivalent zu ψŵ ist, dass f(φŵ) äquivalent zu f(ψŵ) ist, dann ist f(φŵ) eine extensionale Funktion von φŵ. Die Funktionen φŵ und ψŵ sind dabei Funktionen eines solchen Typs, dass die Funktion f prädikativ ist22, d.h. sie gehört zu einem höheren Typ als ihre Argumente. Eine Funktion von einer Funktion heißt intensional, wenn sie nicht extensional ist. Z.B. die Funktion „‘y ist ein Mensch‘ impliziert immer ‚y ist sterblich‘“ ist eine extensionale Funktion von der Funktion „ŷ ist ein Mensch“, weil wir den Ausdruck für einen unbestimmten Wert dieser Funktion durch den Ausdruck eines unbestimmten Wertes einer beliebigen Funktion ersetzen können, die von denselben Objekten erfüllt ist, z.B. durch „y ist ein federloser Zweibeiner“. Dagegen ist die Funktion „A glaubt, dass ‚y ist ein Mensch‘ immer ‚y ist sterblich‘ impliziert“ eine intensionale Funktion, weil man „y ist ein Mensch“ in diesem Kontext nicht immer durch „y ist ein federloser Zweibeiner“ ersetzen kann, ohne dass sich dabei der Wahrheitswert der Funktion verändert. Sind zwei Funktionen formal äquivalent, kann man sagen, dass sie dieselbe Extension haben („have the same extension“). Man kann nun behaupten, dass eine Funktion von einer Funktion extensional ist, wenn ihr Wahrheitswert ausschließlich von der Extension ihres Arguments abhängt. Aus Bequemlichkeit spricht man oft von Extensionen als von selbständigen Objekten, aber diese Sprechweise ist bei Russell und Whitehead durch keine Definition oder Einführung derartiger Gegenstände berechtigt. Die Ideen, die Russell und Whitehead hier vermitteln, kann man folgendermaßen zusammenfassen: 1. Der Begriff der Extension wird dem der Intension gegenübergestellt, so dass alles, was nicht extensional ist, als intensional definiert wird.

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2. Extension und Intension werden als eines der Charakteristika einer propositionalen Funktion eingeführt, die als ihr Argument (oder ihre Argumente) auch eine propositionale Funktion hat. 3. Intension und intensionale Kontexte kann man aufgrund dieser Definitionen durch die Ungültigkeit des Prinzips der Ersetzbarkeit durch ein gleichbedeutendes Zeichen charakterisieren. 2.1.3. Russell (1927): Satze über propositionale Einstellungen. Ist ein solcher Satz die Behauptung einer Proposition oder die Behauptung über eine Proposition? 1927 wird der zweiten Auflage des ersten Bandes der Principia der Anhang C zugefügt, in dem es auch um die Begriffe der Extension und Intension geht. Der Grund für die Erscheinung dieses Anhangs liegt zum großen Teil in der Kritik, der Wittgenstein die Russellsche Theorie der mehrstelligen Relationen unterzieht, und die ich später noch untersuchen möchte. Mit Hilfe dieser Theorie versucht Russell, die Struktur und Elemente einer kognitiven Relation zu beschreiben. Eines der Elemente einer solchen Relation ist nach Russell das erkennende Subjekt, das aber, wenn es mehr tut als nur wahrzunehmen, nicht Bezug auf etwas Einheitliches nimmt, sondern auf eine Menge von Elementen, die sich in Abhängigkeit von der Art des Wahrgenommenen ihrem Inhalt nach jedesmal unterscheidet. Da aber das Subjekt das Element jeder kognitiven Relation ist, dem schließlich zuteil wird, die anderen Elemente dieser Relation aufeinander zu beziehen, und das diese Elemente auch bestimmt, scheint es sinnvoll zu sein, das Subjekt mit einer Menge von Gebilden zu identifizieren, die einfach oder komplex sein können, die sich als psychische oder aber logische Entitäten beschreiben lassen und die gewisse sprachliche Korrelate haben können. Dieser Ansatz, der sich hier zunächst implizit bietet, erlaubt, bei der Beschreibung einer kognitiven Relation von der Gegenüberstellung des Objektiven mit dem Subjektiven abzusehen, weil Elemente der Menge, die man durch das Wort „Subjekt“ bezeichnet, dank dieses Ansatzes zu Gegenständen werden, die mit anderen Objekten „gleichberechtigt“ sind. Komplexe Elemente der besagten Menge werden

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insbesondere zu Tatsachen, die sich durch Sätze beschreiben lassen. Durch eine derartige Auffassung gewinnt man die Möglichkeit, von solchen Problemen abzusehen, wie z.B. von der Frage, ob es ein fehlerfreies Wissen gibt und wo ein fehlerhaftes Wissen entsteht. Man kann jetzt von gewissen Tatsachen, nämlich von Sätzen, ausgehen und auf die Struktur anderer Tatsachen schließen. Der Vorteil einer solchen Auffassung besteht darin, dass die semantischen Regeln keinen besonderen Kontexten Rechnung tragen müssen. Solche Sätze wie „A glaubt (dass) p“ lassen sich laut Wittgenstein, der diese Auffassung entwickelt, als Sätze der Form „‘p‘ sagt p“ darstellen, deren Wahrheitswert sich feststellen lässt. Als Folge bekommt man das Ergebnis, dass jede Proposition, die in einer anderen Proposition vorkommt, nur durch ihren Wahrheitswert zu der Bedeutung dieser zweiten Proposition beiträgt. Russell analysiert Wittgensteins Kritik und betrachtet nun nicht nur die Sätze der Form „A glaubt (dass) p“, sondern auch die Sätze der Form „p ist über A“, nicht nur die Sätze über die propositionalen Einstellungen, sondern auch die Sätze über Eigenschaften und Relationen einer Proposition23. Russell untersucht die Forderung Wittgensteins, dass eine Funktion in einer Proposition nur durch ihren Wahrheitswert vorkommen darf. Jede Funktion von einer Funktion muss dieser Forderung entsprechend extensional sein. Die Frage, die Russell hier stellt, ist, ob alle komplexen Propositionen aus propositionalen Funktionen mittels einer wahrheitswertigen Funktion gebildet werden können. Wäre es so, könnte man insbesondere mit Hilfe einiger Definitionen und Sätze der Principia die Identität aller wahren sowie aller falschen Propositionen zeigen und somit die wohlbekannte These Freges, die Russell immer bestritt, bestätigen. Russell schlägt vor, zwischen Proposition als einer Tatsache („fact“) und Proposition als einem Träger („vehicle“) von Wahrheit oder Falschheit zu unterscheiden. In der Logik befasst man sich mit zwei Klassen, in die man alle Propositionen nach bestimmten Regeln einteilt. Der Grund für eine solche Unterteilung von Propositionen liegt in ihrer Fähigkeit, als Träger eines Wahrheitswertes aufzutreten. Ein weiteres Merkmal von Propositionen wie sie in der Logik untersucht werden, ist der strukturelle

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Charakter der Propositionen, von denen man allein aufgrund logischer Regeln behaupten kann, dass sie wahr sind24. Die Behauptung einer Proposition hängt immer von der Struktur ab, die diese Proposition hat. Man behauptet z.B. p|(p|p), aber nie p. Das bedeutet, dass man nie eine Proposition behaupten darf (d.h. behaupten, dass sie wahr ist), bei der die Feststellung ihres Wahrheitswertes allein durch die logischen Regeln (oder die logischen Konventionen) nicht möglich ist oder, anders ausgedrückt, von außer-logischen Tatsachen abhängt. Der Wahrheitswert einer Proposition ist seinerseits nicht nur von den Wahrheitswerten ihrer Teilpropositionen abhängig. Von Bedeutung ist auch die Form dieser Teilpropositionen, wobei unter der Form auch der Bestand (die Gesamtheit der Bestandteile) der Proposition verstanden wird. In diesem Zusammenhang analysiert Russell einige Beispiele. Nehmen wir einen Satz der Gestalt „A glaubt (dass) p“25. Als p nimmt Russell den Satz „Sokrates ist ein Grieche“. Russell geht davon aus, dass man, wenn man das glaubt, zwei Gedanken hat, einen, der Sokrates bedeutet, und einen anderen, der einen Griechen bedeutet. Diese zwei Gedanken treten in eine Beziehung zueinander – die Beziehung der Prädikation. Russell definiert nicht, was „bedeuten“ („mean“) bedeutet, aber zwei Gedanken können in einer Beziehung zueinander stehen, die man auch als „dieselbe Bedeutung haben“ („have the same meaning“) bezeichnen kann. Alle Gedanken, die in diese Relation zueinander treten, bilden eine Klasse. In diesem Fall geht es also um zwei Klassen von Gedanken, die man α und β nennt. Die Relation der Prädikation zwischen zwei Gedanken kann als P bezeichnet werden. Durch C’A bezeichnet man alle Terme, die A in eine Beziehung zueinander bringt. Dann kann man den Satz „A glaubt, dass Sokrates ein Grieche ist“ folgendermaßen schreiben: (∃x,y) . x∈α ⋅ y∈β ⋅ xPy ⋅ x,y∈C’A (was man lesen kann als „Es gibt x und y, so dass x zu der Klasse α gehört, und y – zu der Klasse β, x und y die Beziehung P zueinander haben, und x und y beide aus der Klasse C’A sind“). Wie man sieht, kommt hier die Proposition in der Form, in der sie in einer wahrheitswertigen Funktion vorkommt, nicht vor. Das Zeichen p für eine Proposition wird bei einer solchen Analyse eliminiert.

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Ähnliche Resultate bekommt man auch bei der Analyse anderer Propositionen, die das Glauben nicht betreffen. Das bringt Russell auf die Idee, dass es sich im Fall solcher Propositionen um etwas Anderes als um einen Träger des Wahrheitswertes, der diesen Wert vermittelt, handelt. Die weitere Analyse derartiger Propositionen zeigt außerdem, dass ihr Wahrheitswert in erster Linie davon abhängt, was man als Elemente ihrer Struktur betrachtet26. In einem solchen Satz wie z.B. „‘Sokrates‘ kommt im Satz ‚Sokrates ist ein Grieche‘ vor“ können der Teilsatz sowie der Name nur als eine Klasse betrachtet werden. Solche Klassen sind Klassen von Fakten, in dem gegebenen Fall von linguistischen Fakten, die ihrerseits eine gewisse Ähnlichkeit von Elementen ihrer Struktur aufweisen. Nimmt man diese Ausdrücke als Einzelne, verändert sich sofort der Wahrheitswert des Satzes. Die Proposition als eine Tatsache und die Proposition als Träger eines Wahrheitswertes lassen sich durch ihre Natur und die Natur ihrer Elemente unterscheiden. Bestandteile der Proposition, die einen Wahrheitswert vermittelt, kommen in dieser Proposition als Einzelnes vor. Die Proposition selbst hat in diesem Fall auch ein einzelnes Vorkommen. Wird eine solche Proposition gebraucht, ist ihr Gebrauch „transparent“27. Sie wird gebraucht, um über etwas von ihr Verschiedenes zu sprechen. Die Proposition als eine Tatsache ist dagegen eine Klasse oder eher ein Symbol für eine Klasse ähnlicher einzelner Propositionen. Eine solche Proposition wird gebraucht, um über das Symbol selbst zu sprechen. Ihr Gebrauch ist nicht transparent. Die Korrektheit dieser Argumentation bedeutet für Russell die Existenz einer absoluten Grenze zwischen der Behauptung einer Proposition und der Behauptung über eine Proposition28. Eine behauptete Proposition kommt in einer wahrheitswertigen Funktion als eines ihrer Argumente vor. Aber eine Proposition kann nie ein Argument einer Behauptung über diese Proposition sein, weil die Proposition als solche hier einfach nicht vorkommt, was die obige Analyse des Satzes „A glaubt, dass Sokrates ein Grieche ist“ zeigt.

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2.1.4. Carnap: Extension und Intension, extensionale und intensionale Kontexte, Semantik der Sätze über propositionale Einstellungen Freges sowie Russells Ideen über Extension und Intension werden in einer systematischen Form in erster Linie von Carnap weiterentwickelt. Das Ziel, das Carnap mit seiner Auffassung von Extension und Intension verfolgt, ist, diese Begriffe so zu formulieren, dass sie möglichst allgemeine Anwendung finden können. In Meaning and Necessity (1947)29 betrachtet Carnap eine formalisierte Sprache S (ich übernehme diese Bezeichnung Carnaps für eine beliebige Sprache, ein Beispiel für die eines der von ihm eingeführten Systeme S1, S2 oder S3 sein kann und die insbesondere deskriptive Prädikatoren und folglich Tatsachensätze enthält). Eine solche Sprache enthält Konstanten sowie Variablen. Konstanten von S sind alle Designatoren verschiedener Arten, die S nach ihrer Definition enthält. Designatoren sind Ausdrücke, deren Klassen bestimmte semantische Kategorien zugeordnet werden. Sie sind, mit anderen Worten, bezeichnende Ausdrücke. Für Designatoren benutze ich ferner solche Zeichen wie A, B, A´, B´, Ai, Aj. Unter Designatoren unterscheidet Carnap individuelle Ausdrücke (Namen und Beschreibungen), Prädikatoren und Sätze, unter welchen man nun atomare und molekulare Sätze unterscheidet. Jeder Satz der Sprache kann auf bestimmte Weise interpretiert werden. Durch Wahrheitsregeln für atomare und molekulare Sätze ordnet man bei einer semantischen Interpretation den Sätzen eine bestimmte Bedeutung zu. Ein atomarer Satz z.B., der aus einem Prädikator und einer individuellen Konstanten besteht, ist dann wahr, wenn das Individuum, auf das die Konstante hinweist („refers“), die Eigenschaft besitzt, die vom Prädikator vertreten wird. Die Wahrheitsregeln für molekulare Sätze sind durch die übliche semantische Interpretation der logischen Funktoren (wie z.B. „∼“, „∨“, „⋅“ usw.) gegeben. Ein Satz A dieser Sprache ist nach einer weiteren Definition falsch in S, wenn die Verneinung des Satzes ∼A in S wahr ist. Besonderen Gebrauch findet bei Carnap auch der Begriff der Äquivalenz, den er auf folgende Weise definiert. Ein Satz Ai ist äquivalent zu einem anderen Satz Aj in S, wenn der Satz Ai ≡ Aj wahr in S ist. Der Begriff der Äquivalenz

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allein reicht aber noch nicht aus, um die Begriffe der Extension und Intension zu definieren. Carnap führt den Begriff der L-Wahrheit ein, um Leibniz’ Begriff einer notwendigen Wahrheit und den Kantischen Begriff einer analytischen Wahrheit zu explizieren30. Zunächst definiert er eine Zustandsbeschreibung („state-description“) in der Sprache S31. Die Zustandsbeschreibung ist eine Klasse der Sätze in S, die für jeden atomaren Satz entweder diesen selbst oder seine Negation enthält, aber nicht beide. Diese Klasse gibt eine vollständige Beschreibung eines möglichen Zustands des Individuenbereichs in bezug auf alle Eigenschaften und Relationen, die durch Prädikatoren des Systems ausgedrückt sind. Wenn aus der Annahme, dass eine Zustandsbeschreibung wahr ist (dass alle ihre Sätze wahr sind), folgt, dass ein Satz A auch wahr ist, dann sagt man, dass A in dieser Zustandsbeschreibung gilt. Die Klasse aller Zustandsbeschreibungen, in denen ein Satz A gilt, heißt Gültigkeitsbereich („range“) von A. Carnap formuliert auch die Regeln, die das Gelten eines Satzes in verschiedenen Zustandsbeschreibungen in Abhängigkeit von seiner Struktur bestimmen. Durch diese Regeln bestimmt man also den Gültigkeitsbereich jenes Satzes. Eine der möglichen Zustandsbeschreibungen, und zwar diejenige, die alle wahren atomaren Sätze sowie alle wahren Verneinungen von atomaren Sätzen enthält, wird ausgezeichnet, und sie wird, im Unterschied zu anderen Zustandsbeschreibungen, die nur mögliche Welten beschreiben, als die Beschreibung der reellen Welt aufgefasst. Nun kann man schon den Begriff der L-Wahrheit definieren, indem man für L-wahr den Satz der Sprache S erklärt, der in allen Zustandsbeschreibungen in S gilt. Mit anderen Worten ist ein Satz der Sprache S dann L-wahr, wenn die Feststellung seines Wahrheitswertes ausschließlich von den semantischen Regeln für die Sprache S abhängt. In einem solchen Fall kann man auch behaupten, dass der Satz notwendig oder analytisch wahr ist. Ein Satz A ist L-falsch in S, wenn die Negation von A ∼A L-wahr in S ist. Ein Satz Ai ist L-äquivalent zu Aj in S, wenn der Satz Ai ≡ Aj L-wahr in S ist. Ist A entweder L-wahr oder L-falsch, dann ist der Satz A L-determiniert. Wenn ein Satz A nicht L-determiniert ist, heißt er L-indeterminiert oder faktisch. Ein Satz ist faktisch, wenn man Bezug auf einen nicht-linguistischen Tatbestand nehmen muss, um den Wahrheitswert des Satzes festzustellen.

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Ein solcher Satz A kann F-wahr sein, d.h. wahr, aber nicht L-wahr. Den Begriff der Äquivalenz, den man normalerweise in bezug auf Sätze verwendet, erweitert Carnap auch auf andere Arten von Designatoren. Für zwei beliebige Designatoren bedeutet ihre Äquivalenz, dass ein Satz über die Äquivalenz dieser Designatoren wahr ist. Dabei wird ein solcher Satz für die von einem Satz verschiedenen Designatoren speziell definiert. Die Äquivalenz von zwei Prädikatoren z.B., die man als „P ≡ Q“ schreiben kann, wird durch „(x)(Px ≡ Qx)“ definiert. Zwei Prädikatoren sind also dann äquivalent, wenn die Werte der entsprechenden Funktionen von einem Argument x für ein beliebiges x äquivalent sind. Zwei Designatoren können nicht nur äquivalent, sondern auch L-äquivalent oder F-äquivalent sein, wenn der entsprechende Satz über ihre Äquivalenz L-wahr oder im Fall von F-Äquivalenz F-wahr ist. Dieser erweiterte Begriff der Äquivalenz erlaubt Carnap, Extension und Intension eines Designators auf eine einheitliche Weise zu definieren. Zwei Designatoren haben dieselbe Extension, wenn sie äquivalent sind, und dieselbe Intension, wenn sie Läquivalent sind. Fragt man nun, was Extension und Intension eines Designators ist, lässt sich die Frage für jede Art von Designator durch folgende Tabelle beantworten (Tabelle 4). Eine in diesem Zusammenhang wichtige Bemerkung betrifft die Objektivität der Extension und der Intension. Dadurch, dass Extension und Intension nun jeden Designator charakterisieren, lassen sich laut Carnap einige Probleme eliminieren, welche die Entwicklung der Russellschen Theorie vorantrieben. Dass ein Satz falsch ist oder ein Individuum, auf das ein individueller Ausdruck hinweist, „unmöglich“ (in der Terminologie Meinongs) ist, ist noch kein Argument dafür, dass die Intension solcher Designatoren subjektiv sein soll. Eine Intension, der scheinbar kein Gegenstand entspricht, kann man als eine Zusammensetzung anderer Intensionen betrachten, deren Ausdrücke ihrerseits nicht leer sind32. Nun analysiert Carnap extensionale und intensionale Kontexte und zeigt, dass Extension und Intension nicht die einzigen Faktoren sind, die den Wahrheitswert eines beliebigen Satzes beeinflussen.

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Ein Vorkommen eines Ausdrucks A in einem anderen Ausdruck B definiert Carnap als vertauschbar (L-vertauschbar) mit einem anderen Ausdruck A′, wenn B ein Designator ist und B äquivalent (L-äquivalent) zu dem Ausdruck B′ ist, wobei B′ aus B durch Ersetzen des Vorkommens von A durch A′ gewonnen wird. Ein Ausdruck A ist vertauschbar (Lvertauschbar) mit einem anderen Ausdruck A′ in einem System S, wenn ein beliebiges Vorkommen von A in einem beliebigen Ausdruck des Systems mit A′ vertauschbar (L-vertauschbar) ist. Ein Ausdruck B ist extensional in bezug auf ein bestimmtes Vorkommen des Ausdrucks A in B, wenn A und B beide Designatoren sind, und das Vorkommen von A in B mit einem zu A äquivalenten Ausdruck A′ vertauschbar ist. Ein Ausdruck B heißt extensional, wenn B extensional in bezug auf jedes Vorkommen eines Designators in B ist. Ein semantisches System S ist extensional, wenn jeder Satz in diesem System extensional ist. Extensional in bezug auf einen (oder alle) seiner Teilsätze ist z.B. ein Satz, der aus einem oder zwei Teilsätzen und einem der logischen Verknüpfungszeichen (wie Negations- oder Disjunktionszeichen) besteht. Ein Ausdruck B ist intensional in bezug auf ein bestimmtes Vorkommen des Ausdrucks A in B, wenn B nicht extensional in bezug auf das Vorkommen von A in B ist und dieses Vorkommen L-vertauschbar mit einem zu A äquivalenten Ausdruck ist. Ein Ausdruck B heißt intensional, wenn B extensional oder intensional in bezug auf ein beliebiges Vorkommen eines Designators in B ist und intensional in bezug auf zumindest ein Vorkommen eines Designators in B ist. Ein semantisches System S ist nun intensional, wenn jeder Satz in diesem System extensional oder intensional ist und zumindest ein Satz intensional ist. Als Beispiel eines Ausdrucks, der nicht extensional ist, betrachtet Carnap den Ausdruck „□C“ („Es ist notwendig, dass C“), wobei C beliebig ist. Der Ausdruck C ist nicht L-wahr; deshalb ist nach der Definition, die Carnap dem semantischen Korrelat des Ausdrucks „□A“ gibt, wobei A ein beliebiger Satz der Sprache S ist, der Ausdruck „□C“ falsch und sogar L-falsch. Der Satz C ist äquivalent zu (C ∨ ∼C). Da der letztere Ausdruck L-wahr ist, ist auch der Ausdruck „□(C ∨ ∼C)“ L-wahr. Wegen der Falschheit von „□C“ sind die Ausdrücke „□(C ∨ ∼C)“ und „□C“ nicht äquivalent. Also ist das

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Vorkommen von „C“ nicht vertauschbar mit „(C ∨ ∼C)“ in dem Ausdruck „□C“, und folglich ist „□C“ nicht extensional in bezug auf „C“. Jetzt kann man Folgendes über die Vertauschbarkeit behaupten. In einem extensionalen System sind äquivalente Ausdrücke vertauschbar und Läquivalente – L-vertauschbar. In einem intensionalen System sind äquivalente Ausdrücke (mit Ausnahme der Fälle, wo sie in einem intensionalen Kontext vorkommen) vertauschbar und L-äquivalente Ausdrücke L-vertauschbar. Es gibt aber solche Kontexte, wo diese Definitionen der Vertauschbarkeit nicht anwendbar sind. Solche Sätze wie „A glaubt (dass) p“ lassen sich weder als extensional noch als intensional charakterisieren. Das Vorkommen von „p“ in einem solchen Satz ist nach Carnap weder vertauschbar mit einem äquivalenten Ausdruck noch L-vertauschbar mit einem L-äquivalenten Ausdruck. Will man, dass der Satz „A glaubt (dass) p“ seinen Wahrheitswert auch dann behält, wenn man p durch p′ ersetzt, muss p′ noch mehr Gemeinsames mit p haben als die Intension33. Die Sätze müssen auch auf dieselbe Weise verstanden werden, sie müssen nicht nur L-äquivalent sein, sondern auch L-äquivalente Bestandteile haben und auf dieselbe Weise aufgebaut werden. Nach Carnaps Definition müssen sie dieselbe intensionale Struktur haben oder intensional isomorph sein. Wenn z.B. eine Sprache solche Zeichen wie „5“, „3“ und „>“ enthält und eine andere Sprache (oder aber dieselbe Sprache zusätzlich zu den schon erwähnten noch) solche Zeichen wie „Gr“ (für „größer“), „V“ (für „5“) und „III“ (für „3“) hat, dann haben die Ausdrücke „5>3“ und „Gr(V,III)“ die gleiche intensionale Struktur, während solche Ausdrücke wie „7>3“ und „Gr(Sum(II,V),III)“ nicht intensional isomorph sind, obwohl sie Läquivalent sind. Seinen Begriff des intensionalen Isomorphismus betrachtet Carnap als Explikation des Begriffs der Synonymie, den andere Logiker (wie z.B. Quine)34 für gewöhnlich ohne Definition gebrauchen. Um die Grundgedanken dieser Theorie zusammenzufassen, formuliere ich ihre Hauptthesen folgendermaßen:

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1. Die Gleichheit von Extension und Intension zweier Ausdrücke bringt Carnap in Zusammenhang mit den Wahrheitsbedingungen für die Sätze, welche die Äquivalenz dieser Ausdrücke behaupten. 2. Der Idee Wittgensteins, dass der Sinn eines Satzes dann bekannt ist, wenn man mögliche Fälle kennt, in denen der Satz wahr oder falsch sein kann, gibt Carnap mit dem Begriff einer Zustandsbeschreibung eine neue Gestalt. Ohne den Sinn als eine selbständige Entität zu definieren, kann man ein Kriterium der Sinnesgleichheit von zwei Ausdrücken angeben. Als ein solches Kriterium dient bei Carnap die Gültigkeit in jeder Zustandsbeschreibung des Satzes über die Äquivalenz der besagten Ausdrücke. Weiß man also, dass zwei Ausdrücke in allen Fällen äquivalent sind, in denen sie als wahr oder falsch bewertet werden können, dann weiß man auch, dass diese Ausdrücke die gleiche Intension (denselben Sinn) haben. 3. Carnap bietet eine Klassifikation der Wahrheitswerte. Das Kriterium, nach dem diese Klassifikation aufgebaut ist, ist die Gültigkeit eines Satzes in verschiedenen Zustandsbeschreibungen (in verschiedenen möglichen Welten). 4. Die Sätze einer Sprache kann man dieser Typologie entsprechend in faktische, extensionale und intensionale unterteilen. 5. Carnap bestimmt auch eine zusätzliche Kategorie der Sätze – Sätze über propositionale Einstellungen. Die Wahrheitsbedingungen für die Sätze aus dieser Kategorie unterliegen einer Einschränkung, auf die auch Russell 1927 hinweist. Der Wahrheitswert dieser Sätze hängt nicht allein von dem Wahrheitswert des Designators ab, der für das Objekt einer propositionalen Einstellung steht. Carnap expliziert die Russellsche Idee.

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Frege über ungerade Bedeutung und Sinn

Nebensätze

Satz, der keine Nebensätze enthält

Sinn

Bedeutung

Gedanke

Wahrheitswert (das Wahre oder das Falsche)

Nebensatz, der an den Nebensatz, anderen Satz der die durch die Aussage eines Beschreibung Wörter anderen „wissen“ und wiedergibt „erkennen“ gebunden ist

Der Gedanke, dass... (sein Sinn ist ein Teil des Sinnes des ganzen Satzes)

Gedanke

Teil eines Gedankens

Gegenstand

Wahrheitswert und Nebengedanke (ungerade Bedeutung)

Tabelle 1

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Russell über Extension und Intension (vor 1905)

Sprachausdruck

Intension (die Bedeutung)

Extension (das Bezeichnete)*

Eigenname

keine

Objekt

Prädikat

ein Objekt (ein Element der Klasse, die durch das Prädikat definiert ist)

Relation

keine

Name des propositionalen Begriffs

keine

propositionaler Begriff

Satz

Proposition

propositionaler Begriff**

Name eines Prädikats Begriffswort Name einer Relation

* Die in der letzten Spalte dieser Tabelle genannten Objekte kann man als die Extension eines Zeichens ohne Einschränkung nur in der ersten und in der vierten Zeilen angeben. Die Objekte in den restlichen Zeilen werden nach Russell nicht unmittelbar durch die entsprechenden Zeichen bezeichnet, aber das Vorkommen des Zeichens bestimmt, wofür das Zeichen steht. ** Das gilt nur laut einer der theoretischen Annahmen Russells. Tabelle 2

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Russell über Extension und Intension (nach 1905)

Sprachausdruck

Intension (die Bedeutung)

Extension (das Bezeichnete)

Beschreibung

Gesamtheit von Prädikaten, welche die Klasse definieren, der das Bezeichnete (ein Objekt oder mehrere Objekte) angehört*

Objekt (für eine bestimmte Beschreibung), mehrere Objekte (für eine unbestimmte Beschreibung)*

Begriffswort

Prädikat

Klasse

Satz

Proposition

Fakt**

* Das gilt nur dann, wenn der Satz, den man durch die entsprechende Umformulierung des die Beschreibung enthaltenden Satzes bekommt, wahr ist. Bei der Festlegung dieser Bedingung gehe ich von einem primären Vorkommen einer Beschreibung im Satz aus. Die Definition eines solchen Vorkommens ist in dem Kapitel 4.1 gegeben. ** Das gilt, wenn der Satz wahr ist.

Tabelle 3

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Carnap über Extension und Intension eines Designators

Designator

Intension

Extension

Individueller Ausdruck (Name oder Beschreibung)

Individueller Begriff

Individuum

Prädikator

Begriff (Eigenschaft oder Relation)

Klasse

Satz

Proposition

Wahrheitswert

Tabelle 4

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2.2. Russell über Propositionen Russells Interesse für Grundlagen der Mathematik und sein Versuch, die Frage Kants nach der Natur mathematischer Urteile erneut zu beantworten, führen zu der Formulierung des Begriffs der Proposition. Diesen Begriff braucht man, um den Gegenstand und den Inhalt reiner Mathematik von den mentalen Instrumenten zu unterscheiden, durch die der besagte Gegenstand erfasst und der Inhalt formuliert wird. Als ein solches Instrument agiert das Urteil, das als die durch ein erkennendes Subjekt realisierte Methode des Gewinnens der Wahrheit charakterisiert werden kann. Den Terminus „Proposition” führt man als “einen Namen für das Wahre oder das Falsche an sich”35 ein. Die Proposition ist für Russell ein objektiver strukturierter Komplex, der verschiedene Bestandteile und eine Form hat. Diese Form (die Art der Kombination von Bestandteilen der Proposition) ist eine Konstante, die man durch die Analyse des Komplexes aufdeckt. Die Frage nach der Struktur der Proposition und nach der Natur ihrer Bestandteile ist eng mit der Aufgabe verbunden, den Status der Form der Proposition zu definieren. In diesem Zusammenhang tritt der Begriff der logischen Form zum Vorschein, der als eines der Produkte und gleichzeitig als eine Methode der Analyse einer Proposition dient. Dass Russell dabei davon ausgeht, dass Propositionen nicht nur bloße Träger eines Wahrheitswertes sind, wie sie in einer formalisierten logischen Theorie aufgefasst werden, sondern auch Wissenseinheiten und somit Inhaltsgebilde, wird insbesondere durch das Auftreten eines intensionalen Paradoxes deutlich, das seinerseits zusammen mit anderen Widersprüchen und Problemen zu der Formulierung der Theorie der Beschreibungen führt, die unter anderem auch den erkenntnistheoretischen und semantischen Status der Proposition in der Russellschen Theorie verändert. Den Anfang der Periode der intensiven Arbeit Russells an Problemen der Philosophie der Mathematik und Logik markiert das Manuskript „An Analysis of Mathematical Reasoning“ (1898)36. Hier schreibt Russell, dass er sich im Verlauf dieser Untersuchungen die Frage aus Kants Prolegomena stellt: wie ist reine Mathematik möglich? Russell glaubt, dass seine Resultate ihrem Sinn nach mit denen von Kant übereinstimmen

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müssen. Sein Ansatz, der auch für das 1903 erscheinende The Principles of Mathematics typisch ist, entspricht der von Kant eingeführten „transzendentalen Methode“. Man geht von der Analyse der mathematischen Sätze aus, wie sie in Darlegungen der Mathematik vorkommen und den Bestand des schon erreichten mathematischen Wissens bilden. Durch die Analyse dieser Sätze schreitet man zu den Voraussetzungen der Mathematik weiter. Dieser Ansatz bestimmt auch die Wichtigkeit des Begriffs der Proposition. 1898 verlangt Russell in einem seiner Aufsätze37, dass alle Philosophie von der empirischen Tatsache unseres Erkennens absehen muss und nur das, was wahr ist, betrachten soll. Das Wahre für Russell ist aber eine Proposition. Deswegen schreibt er 1900 in A Critical Exposition of the Philosophy of Leibniz, dass alle vernünftige Philosophie mit der Analyse der Propositionen anfangen soll38. Diese Forderung Russells findet ihren Ausdruck in erster Linie in seiner Erkenntnistheorie. Die Urtatsache des Erkennens ist für Russell das Bestehen kognitiver Relationen, deren Existenz aber nicht explizit postuliert wird. Kognitive Relationen des Subjekts zum Gegenstand sind nach Russell nicht subjektiv, denn eine Relation ist nicht mehr von den Elementen, die sie aufeinander bezieht, abhängig als diese von ihr. Einer kognitiven Relation entsprechen bestimmte Gegenstandsbereiche, die eine solche Relation einander zuordnet. Russell deklariert die Existenz eines „transzendenten“ Gegenstands der Erkenntnis39. Diese Deklaration gibt Anlass zu der Annahme, dass zumindest einer der Gegenstandsbereiche einer kognitiven Relation von transzendenten Gegenständen bewohnt ist. 1904 unterzieht Russell die Theorie Meinongs einer Kritik, die, wie wir später sehen werden, auf seine eigene Theorie anwendbar ist. Bei dieser Kritik handelt es sich in erster Linie um Russells Behauptung, dass Meinongs Gegenstände höherer Ordnung, welche gewisse Ähnlichkeit mit den Russellschen Propositionen aufweisen, immanente Gegenstände sind. Es zeigt sich aber, dass das, was Russells erkennendes Subjekt analysiert, wenn es ein Urteil fällt, kein transzendenter Gegenstand ist, sondern eine Vorstellung des Subjekts, und folglich immanent. Man kann sagen, dass jede Vorstellung der Existenz eines Reizes bedarf, aber wenn man von diesem etwas behauptet, basiert die Behauptung schließlich auf einem subjektiven Gebilde. Also sind die einzigen transzendenten Objekte bei Russell nur die Ursachen des Wahrnehmens, zu denen auch Sätze zählen.

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Da das Subjekt auch selbst Sätze formuliert, sind sie die einzigen transzendenten Objekte, deren Existenz unbezweifelbar ist, denn sie können auch immanent sein (das Subjekt kann einen gleichförmigen Satz jederzeit selbst produzieren). Diese Immanenz, die in der Abhängigkeit vom Subjekt besteht, kann aber die Quelle der Falschheit eines Satzes sein. Da Russell immanente Objekte in seiner Theorie nicht zulassen will, postuliert er die Existenz von falschen komplexen Objekten. Die Suche nach dem transzendenten Anteil der Sätze und Urteile führt Russell zum Begriff der Proposition. Sie ist die Bedeutung („meaning“) eines Satzes und das Behauptete oder Verneinte in einem Urteil. Als Bedeutung genügt sie der Forderung der Objektivität, die sich in ihrer Zugänglichkeit für jedes erkennende Subjekt realisiert. 2.2.1. Der Einfluss Moors Russell selbst verweist in The Principles darauf, dass seine Theorie der Propositionen mit der von Moore in ihren wichtigsten Punkten übereinstimmt40. Moore formuliert seine Ideen bezüglich der Proposition, die er vom Urteil („judgment“) nicht unterscheidet, in dem Aufsatz „The Nature of Judgment“, der 1899 in Mind erscheint41. Das Ziel, das Moore in seinem Aufsatz verfolgt, ist, die These Bradleys zu widerlegen, dass ein Begriff („concept“) als eine „Abstraktion“ aus Ideen (der Terminus „idea“ ist für Moore gleichbedeutend mit dem deutschen Wort „Vorstellung“, wie es insbesondere von Kant benutzt wird) beschrieben werden kann. Moore sieht eine gewisse Ähnlichkeit zwischen den Ansichten Bradleys und der Theorie Kants. Die Schwierigkeiten, auf welche die Theorie Bradleys stößt, haben nach Moore ihre Quelle in dem Versuch, einen Begriff, der als „universale Bedeutung“ („universal meaning“) charakterisiert werden kann, durch einen existierenden Fakt der mentalen oder einer anderen Natur zu erklären. Solche Erklärungen basieren nach Moore in der Tat auf der Annahme der Irreduzibilität des Universalen auf das Einzelne. Man versucht zwar die Identität des Inhalts, dessen Träger ein Begriff ist, durch die Identität von Teilen von zwei mentalen Fakten zu erklären, aber dabei muss man auf einen dritten Fakt zurückgreifen, der gerade den gesuchten Inhaltsteil dem Urteilenden liefern soll, wodurch man schließlich in einen Teufelskreis gerät. Deswegen deklariert Moore, dass, wenn ein Urteil

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gefällt wird, nicht Inhaltsteile von Vorstellungen in eine Beziehung zueinander gebracht werden. Derjenige, der ein Urteil fällt, behauptet eine Verbindung zwischen Begriffen. Das Urteil ist wahr, wenn eine solche Verbindung existiert. Die Proposition (oder das Urteil) besteht also weder aus Wörtern noch aus Ideen oder Gedanken („thoughts“), aber aus Begriffen, welche mögliche Objekte des Denkens sind. Diese Objekte sind unveränderlich, und die Relationen, in die sie zu einem erkennenden Subjekt treten, verursachen keine Reaktionen oder Handlungen des Subjekts. Sie verursachen auch nicht die Relation selbst. Die Natur der Begriffe ist also indifferent in bezug auf die erkennende Tätigkeit des Subjekts. Im Unterschied zu den Begriffen kann die Proposition, die aus Begriffen besteht, wahr oder falsch sein. Den Grund für diesen Unterschied sieht Moore darin, dass die Proposition außer Begriffen auch ihre Relation enthält. Die Natur dieser Relation macht die Proposition wahr oder falsch, aber welche Relation welche Eigenschaft der Proposition bestimmt, kann nicht definiert werden. Der Grund für die Annahme dieser Undefinierbarkeit liegt in der Feststellung, dass nicht jede Kombination von Begriffen in ihrem Wahrsein von etwas, was existiert oder real ist, abhängt, wobei Realität hier als eine bestimmte Position in Raum und Zeit zu verstehen ist. Außerdem, was viel wichtiger ist, wird nicht die Wahrheit der Proposition durch den Bezug auf die Existenz von etwas Realem definiert, sondern vielmehr die Existenz durch einen Bezug auf die Wahrheit. Existenz ist selbst ein Begriff, weil man sogar um zu behaupten, dass die Wahrheit von der Existenz abhängt, einer Proposition bedarf, die unter anderem den Begriff der Existenz enthält und wahr sein muss. Dass Moore sich stets wie in dieser Behauptung den logischen Prinzipien und Regeln zuwendet und diese zur Grundlage seiner Argumentation macht, erklärt er dadurch, dass jedes Argument, das einen Fakt betrifft, erst in die Form einer Proposition gesetzt wird, die darüber hinaus wahr sein muss. Da die korrekte Argumentation, die zu wahren Schlüssen führt, eine Realisierung von logischen Regeln ist, erklärt Moore die wahre Proposition für ein Enddatum („ultimate datum“), das seinem fundamentalen Charakter nach nur noch seinen Bestandteilen – Begriffen – unterlegen ist. Diese Überlegungen führen Moore zu der Anerkennung der Hypothese, dass die Welt als aus Begriffen gebildete zu betrachten ist. Ein Gegenstand wird erst dann erkennbar („intelligible“), wenn er zwecks der Definition der ihn

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bildenden Begriffe analysiert wird. Den Existierenden (den Einzelnen) Begriffe gegenüberzustellen wird überflüssig, wenn man anerkennt, dass das Existierende nichts als ein Begriff oder Komplex von Begriffen ist, der in einer Beziehung zum Begriff der Existenz steht. Diese Theorie betrachtet Moore als eine Revision von Kants Theorie des Wahrnehmens. Als Daten der Erkenntnis nimmt sie an Stelle von Wahrnehmungen Begriffe, und verzichtet darauf, die Beziehungen zwischen diesen als die Arbeit des Verstands zu betrachten. Dabei erhält Moore die Doktrin des Transzendentalismus, weil diese auf der Unterscheidung zwischen empirischen und apriorischen Propositionen beruht. Moore bemerkt, dass während Kant als eines der Kriterien für diese Unterscheidung die Notwendigkeit, mit der apriorische Propositionen gedacht werden, angibt und somit die Quelle der Unterscheidung schließlich an die Natur des Urteils delegiert, er selbst den Grund der Verschiedenheit in dem Bestand der Propositionen sieht. Empirische Propositionen enthalten empirische Begriffe, die man als diejenige definieren kann, die in einem Zeit-Intervall existieren können. Apriorische Propositionen beinhalten keine empirischen Begriffe. Aber selbst empirische Propositionen sind nach Moore notwendig, was bedeutet, dass sie wahr oder nicht-wahr sind, und nicht wahr zu einem bestimmten Zeitpunkt und falsch zu allen anderen. Dass die empirischen Propositionen notwendig sind, zeigt Moore dadurch, dass er eine Proposition über die Existenz eines einfachen Objekts, die z.B. in dem Satz „Rot existiert“ behauptet wird, in eine Beziehung zu der Zeit der Behauptung (zu einem Vorkommen des Satzes) setzt und den Satz in der Form „Rot existiert jetzt“ darstellt. Die Zeitangabe soll nach Moore die angebliche Nicht-Notwendigkeit der Proposition widerlegen. Das Verdienst Kants sieht Moore gerade darin, dass er zeigt, dass in einer einzelnen Proposition Raum und Zeit sowie Kategorien eingeschlossen sind. Obwohl Moore offenbar den Bestand der Proposition mit dem Vorkommen des der Proposition entsprechenden Satzes und somit das Objekt der Erkenntnis mit der Realisierung des Prozesses des Erkennens vermengt, obwohl er, gerade nachdem er die Unmöglichkeit der Reduktion von Universalien (Begriffen) auf Einzelne einer beliebigen Natur deklariert hatte, die Existenz von Begriffen in Raum und Zeit anerkennt, indem er das Einzelne als Kombination oder Relation von Begriffen betrachtet, enthält seine Theorie gewiss mehrere sozusagen „positive“ sowie von ihm

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selbst als abzulehnend bewertete Ideen, die man später in verschiedenen Kontexten bei Russell auch findet. Unter diesen sind insbesondere der Begriff der Proposition als eines Komplexes von Begriffen, die Vorstellung von Wahrheit und Falschheit als Eigenschaften von Propositionen, die Idee des objektiven Charakters eines Begriffs und einer Proposition sowie die These, dass die Erkenntnis in ihrer begrifflichen Form schon eine logische Untergliederung des zu Erkennenden voraussetzt. 2.2.2. Briefwechsel mit Frege: ist die Proposition der Gedanke im Sinne Freges? Um Russells Theorie der Propositionen darzulegen, vergleiche ich die Hauptbegriffe dieser Theorie mit den entsprechenden Begriffen Freges, der auch durch seine Studien der Grundlagen der Mathematik zu der Frage nach der logischen Struktur von mathematischen und logischen Propositionen einerseits und nach den Beziehungen zwischen Sprachzeichen und logischen Formen andererseits kommt. Russell diskutierte diese Thematik im Briefwechsel mit Frege von 1902 – 1904 und verglich seine Ansichten mit denen von Frege in Appendix A von The Principles of Mathematics (1903). Die Unterschiede ihrer Ansichten betreffen sowohl solche logischen Gegenstände, die Russell als Bestandteile von Propositionen qualifiziert, als auch Propositionen selbst (und ihnen entsprechende von Frege anerkannte Objekte). Obwohl die Idee eines solchen Vergleiches sich buchstäblich aufdrängt, wird der Zusammenhang der Ansichten von Russell und Frege von manchen Autoren so gut wie übersehen. Griffin z.B., der zusammen mit anderen The Collected Papers of Bertrand Russell herausgibt, betrachtet Russells Theorie des Bezeichnens („denotation“), wie sie in The Principles of Mathematics dargelegt wird, so, als ob ihre Begriffe und Prinzipien ohne jegliche Anlehnung an die Ideen Anderer und Widerlegung einiger von diesen entwickelt worden wären. Nach einer Bemerkung, dass Russells Theorie Freges Theorie viel näher stünde als der Theorie Meinongs, was von der sogenannten „Standard-Ansicht“ („standard view“) vertreten wird, wird von Griffin einmal eine gewisse Ähnlichkeit zwischen Russells Begriffen („concepts“) und Freges Sinn in einer der Fußnoten erwähnt und

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auf den Einfluss hingewiesen, den Frege auf Russell 1903 ausübte. Meistens sucht Griffin nach der Bestätigung seiner Ansichten in dem Brief, den Russell 1904 an Victoria Welby richtete, in dem er der Dame erklärt, wofür solche Termini wie z.B. „sense“ in The Principles stehen42. Interessanterweise wird von Griffin oft Geach zitiert, dem man es anscheinend zu verdanken hat, dass die Verbindung Frege – Russell von manchen als unbedeutend abgetan wird. Ende der 50er-Jahre erschien in der Zeitschrift Analysis sein Aufsatz „Russell on Meaning and Denoting“, welcher der Verteidigung einer These gewidmet ist: Wenn Russell seine Unterscheidung zwischen dem, was mit einem Sprachzeichen in die durch das Wort „mean“ bezeichnete Beziehung, und dem, was mit diesem Zeichen in die durch „denote“ bezeichnete Beziehung gesetzt wird, mit Freges Unterscheidung zwischen Sinn und Bedeutung verschmilzt, vermengt er in erster Linie die Schwerpunkte ihrer Theorien, die nach Geach ganz unterschiedlich sind. Geach schlägt vor, Russells „mean“ Freges „bedeuten“ gleichzusetzen, um das Phantom der Ähnlichkeit zu beseitigen. Seiner Meinung nach soll man Russells Argumente gegen Frege in „On Denoting“ als Argumente gegen Russells eigene Theorie in The Principles auffassen und, dass Russell Freges Namen gebraucht, einfach ignorieren43. Offenbar ist diese Empfehlung in ihrem nicht gerade wertvollsten Teil zu einer Art Tradition geworden44. Wenn ich über Russells Theorie der Propositionen vor 1905 spreche, gehe ich von folgender Zusammenfassung der Hauptmerkmale von Propositionen aus: 1. Sie sind von ihrer Natur aus wahr oder falsch. 2. Sie haben keine Existenz in Raum oder Zeit, aber sie sind in dem Sinne, dass sie Gegenstände des Denkens sind. 3. Sie sind Gegenstände des Denkens unabhängig davon, ob jemand zu einem bestimmten Zeitpunkt an sie denkt oder nicht.

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4. Diese Gebilde sind komplex. Ihre Komplexität ist erkennbar, hängt nicht von dem erkennenden Subjekt ab und kommt Propositionen von ihrer Natur aus zu. 5. Solche Komplexe enthalten Terme („terms“) als ihre Bestandteile. Unter einem Term versteht Russell alles, was ein Objekt des Denkens sein kann und gezählt werden kann. Es gibt zwei Arten von Termen – die einen, die einen Platz in Raum oder Zeit einnehmen können, und die anderen, denen eine solche Eigenschaft nicht zukommt. Alle diese Merkmale, mit Ausnahme des letzten, entsprechen der Charakteristik, die Frege dem Gedanken (dem Sinn eines Satzes) gibt. Russells Proposition unterscheidet sich also vom Fregeschen Gedanken in erster Linie dadurch, dass als ihre Bestandteile auch raum-zeitliche Gegenstände zugelassen sind. Nach Freges Meinung kann ein Gedanke nur den Sinn von Wörtern enthalten, die für solche Objekte stehen. Dass Frege dieser Russellschen Idee keine Anerkennung schenkt, ist durch seine semantischen und auch logischen Ansichten bedingt. Wohlbekannt ist das Schema aus Freges Brief an Husserl vom 24 Mai 1891, das die einem Sprachzeichen entsprechenden semantischen Kategorien darstellt (Schema 1). Zu der Zeit des Briefwechsels mit Russell unterscheidet Frege zwei solche Kategorien – die des Sinnes und die der Bedeutung. So wie ein Satz keine anderen Bestandteile außer linguistischen haben kann, kann auch ein Gedanke, welcher der Sinn eines Satzes ist, keine anderen Bestandteile außer Sinngebilden enthalten. Nur wenn der Satz indirekte Rede einschließt, kann die Bedeutung eines Sprachzeichens ein Sinn sein. Selbst frühere semantische Ansichten Freges, die er insbesondere in Die Grundlagen der Arithmetik äußert, schließen die Möglichkeit aus, dass ein raum-zeitlicher Gegenstand einen Teil von dem bilden kann, was Frege als beurteilbaren Inhalt bezeichnet. Hier unterscheidet Frege noch nicht zwischen Sinn und Bedeutung, und der von ihm benutzte Terminus „beurteilbarer Inhalt“ wird später mit dem Sinn des Satzes, der zusammen mit seinem Wahrheitswert genommen wird, gleichgesetzt. Hier betrachtet Frege Begriff und Gegenstand als mögliche Bestandteile eines beurteilbaren Inhalts: den Begriff – als mögliches Prädikat eines singulären

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beurteilbaren Inhalts, den Gegenstand – als sein mögliches Subjekt45. Dabei ist ein Gegenstand, den man als ein mögliches Subjekt eines beurteilbaren Inhalts betrachtet, kein einzelnes Objekt, da als Gegenstände auch solche Konstrukte wie z.B. die Erdachse charakterisiert werden. Gegenstände und Begriffe gehören beide zu den sogenannten objektiven Vorstellungen oder objektiven Ideen, die unsinnlich und dieselben für alle Menschen sind46. Man könnte auch diese Fregeschen Ansichten mit Hilfe eines Schemas darstellen (Schema 2). Dieses Schema zeigt, dass die logischen Beziehungen der Einteilung der Bestandteile eines beurteilbaren Inhalts zugrunde liegen. Durch diese Einteilung werden Begriffe und Gegenstände als Objekte gleicher Gattung charakterisiert. Dadurch wird die Anerkennung raum-zeitlicher Gegenstände als möglicher Bestandteile einer Proposition (eines Inhalts oder eines Gedankens) für Frege undenkbar. Nach Russell jedoch kommt in der Proposition, welche die Bedeutung des Satzes „Der Mont Blanc ist höher als 4000 Meter“ ist, der Mont Blanc selbst als einer ihrer Bestandteile vor47. Russell seinerseits akzeptiert die Fregesche Unterscheidung zwischen Sinn und Bedeutung nicht. In seinem Briefwechsel mit Frege behauptet Russell, dass seine Proposition der Sinn („Inhalt“) des Satzes ist. Sie ist aber der einzige Gegenstand, den man als semantische Interpretation des Satzes betrachten kann. Ein Wahrheitswert kann nicht die Bedeutung eines Satzes sein. Wahr oder falsch zu sein ist eine der Eigenschaften von Propositionen, die Russell selbst als Bedeutungen („meanings“) von Sätzen bezeichnet. Russell will die Idee der Identität der Bedeutung aller wahren (sowie aller falschen) Sätze nicht akzeptieren. Der Grund dafür könnte im folgenden Sachverhalt liegen. Einerseits ermöglicht die besagte Identifizierung der Bedeutungen, verschiedene Sätze durch gleichbedeutende in gewissen Kontexten zu ersetzen sowie, allgemeiner, einen Satz durch eine Variable darzustellen, deren Werte zwei Wahrheitswerte sind. Andererseits, trotz des enormen logischen Progresses, der dadurch erreicht wird, wird mit der Anerkennung einer solchen Identität ein Satz als ein konstanter Ausdruck für die logische Theorie uninteressant, so dass ein solcher Satz immer noch als eines der zulässigen Elemente der logischen Sprache fungiert, aber für die Zusammenhänge, welche die logische Theorie untersucht, schließlich nur

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sein Wahrheitswert von Bedeutung ist48. Die semantische Argumentation Freges ist dem Ziel untergeordnet, eine logische Sprache zu entwickeln und ihre Eigenschaften zu beschreiben. Aber Russell beschäftigt sich weniger mit der Entwicklung eines logischen Formalismus und der Begründung der Methoden der Formalisierung als viel mehr – mit den Ausgangsdaten für die Formulierung eines Formalismus, die zugleich als seine semantische Interpretation dienen sollen. Seine semantischen Argumente bestimmen, welche syntaktische Kategorien eine Sprache enthalten soll, die für die Formulierung der Gesetze einer Wissenschaft (nämlich Mathematik) gebraucht wird, und welche logische Beziehungen zwischen Repräsentanten solcher Kategorien bestehen. Deswegen zieht er aus seiner Annahme über Bestandteile von Propositionen die Folgerung, die in der Verneinung der These besteht, dass zwei wahre oder zwei falsche (also äquivalente) Propositionen identisch sind49. Ersetzt man einen der Bestandteile eines Satzes durch das Wort (oder die Wortgruppe), das dieselbe Bedeutung aber einen anderen Sinn (im Sinne von Frege) hat, bekommt man eine neue Proposition, die mit derjenigen, deren Ausdruck geändert wurde, nicht zusammenfällt. 2.2.3. Russell (1898): Prädikate als Terme Wahrheitswerte sind für Frege Werte einer Funktion. Als eine wahrheitswertige Funktion definiert Frege einen Begriff. Der Sprachausdruck für einen Begriff ist durch das Vorkommen solcher Wörter wie „alle“, „beliebiger“, „jeder“, „einige“, „ein“, „keiner“ gekennzeichnet. Diese Auffassung der sprachlichen Form, in welcher der Begriff auftritt, gilt auch für Russells Theorie. Was Russell allerdings nicht akzeptiert, ist die Idee, dass ein Begriff wesentlich prädikativ ist und deswegen die Stelle des Subjekts nie einnehmen kann. Selbst in den Sätzen, in denen ein Begriffswort als ein grammatisches Subjekt auftritt, verliert der Begriff nach Frege seine prädikative Natur nicht. In solchen Sätzen geht es um den Begriff als um einen besonderen Gegenstand, aber das Begriffswort in diesen darf trotzdem nicht mit einem Eigennamen gleichgesetzt werden. Wie in Kapitel 2.1 gezeigt wurde, lassen solche Sätze eine Umformulierung zu, die zeigt, dass es sich in ihnen um eine Relation zwischen Begriffen, nicht zwischen Gegenständen, handelt.

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In seinem Manuskript “An Analysis of Mathematical Reasoning” (1898) geht Russell zunächst davon aus, dass das Prädikat kein Term („term“), sondern eine Bedeutung (“meaning”) ist50. Das bedeutet, dass das Prädikat wesentlich prädikative Natur hat. Das Prädikat ist kein Objekt, das man zählen kann. Obwohl sich Prädikate (Bedeutungen) voneinander unterscheiden, kann man einem Prädikat keine Zahl zuordnen. Man kann kein sinnvolles Urteil bezüglich der Anzahl von Prädikaten fällen, wenn man sie als Prädikate betrachtet. Wenn man z.B. sagt “Mensch und Tier sind zwei”, spricht man nicht über Bedeutungen, die man irgendeinem Objekt prädizieren kann, sondern verwandelt diese Bedeutungen in andere Entitäten. Man kann sagen, dass solche Sätze sinnvoll wären, wie z.B. “Es gibt zwei (verschiedene) Prädikate – Mensch und Tier” oder “Die Prädikate Mensch und Tier sind zwei (verschiedene) Prädikate“. Somit kann eine Bedeutung (oder ein Prädikat) kein Subjekt einer Behauptung sein. Diese Ansicht unterscheidet sich kaum von Freges Idee. Im Sinne logischer Tradition behauptet Russell, dass jeder Begriff eine Extension (einen Umfang) hat, die aus Termen (Objekten) besteht, „die dieselbe Bedeutung haben“, d.h. mögliche Subjekte eines und desselben Prädikats sind. Diese Extension definiert Russell auch als eine Klasse („class“)51. Eine Klasse ist für Russell somit eine Kollektion von Individuen einer bestimmten Art. Diese Auffassung erlaubt es, jede Aussage über eine Relation zwischen zwei Prädikaten als Aussage über eine Menge von Objekten zu betrachten, denen man möglicherweise beide Prädikate prädizieren kann. Wenn wir sagen „Rot impliziert Farbe“, bedeutet der Satz, dass rote Gegenstände farbig sind. Unsere sprachliche Aktivität veranlasst uns, die Realität von Klassen anzunehmen. Mit einem Begriffsumfang kann man umgehen, als wäre er ein Objekt, das man zählen kann und das ein Sein hat. Das Glauben daran beruht auf dem Gebrauch von allgemeinen Namen sowie auf der Tatsache, dass Sätze, welche die Zugehörigkeit eines Gegenstands zu einer Klasse von Objekten, die durch einen dieser Namen bezeichnet wird, behaupten, sinnvoll sind.

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Die Einführung und der Gebrauch des Begriffs einer Klasse machen aber die Behauptung, dass der Begriff wesentlich prädikativ ist, äußerst problematisch. In Propositionen, die Klassen enthalten (z.B. solche, die in den Sätzen „Sokrates ist einer der Menschen“ und „Menschen sind Tiere“ ausgedrückt sind), kommen zwei Terme und die Relation zwischen ihnen vor. Die entsprechenden Propositionen, die nur Prädikate (keine Klassen) enthalten, können laut der Theorie, zu deren Gegner Russell wird, eine solche Struktur nicht haben. Das Prädikat ist kein Term, und eine Relationsstruktur widerspricht deshalb der spezifischen prädikativen Natur des Prädikats. Wird das Prädikat im Gegensatz zu dieser Annahme auch als ein Term (ähnlich einem seiner möglichen Subjekte) aufgefasst, dann muss das Prädikat in irgendeiner Beziehung zu einem der besagten Subjekte stehen, wie es bei Klassen der Fall ist. Diese Beziehung soll man definieren. Wird ein und dasselbe Prädikat verschiedenen Subjekten prädiziert und wird es dabei als ein Term der Relation der Prädikation betrachtet, können seine Beziehungen zu den Subjekten selbst als seine eigenen Prädikate aufgefasst werden. Nehmen wir z.B. die Sätze „Dieser Apfel ist rot“ und „Dieses Buch ist rot“. Sie prädizieren verschiedenen Subjekten dasselbe. Die entsprechenden Sätze, in denen nun dem Prädikat rot etwas als einem logischen Subjekt prädiziert wird, können formuliert werden als „Rot ist diesem Apfel prädizierbar“ und „Rot ist diesem Buch prädizierbar“. Diese zwei Prädikate (diesem Buch prädizierbar und diesem Apfel prädizierbar) sind verschieden und definieren verschiedene Klassen, von denen jede unter anderen Elementen ein und denselben Term enthält – das gegebene Prädikat rot. Da sich die die besagten Klassen definierenden zwei Prädikate voneinander unterscheiden, kann angenommen werden, dass die Relation der Prädikation in beiden Fällen auch verschieden ist. Dann aber kann das Prädikat nicht ein und dasselbe für seine Subjekte – den Apfel und das Buch - sein. Ist es aber nicht ein und dasselbe für verschiedene Subjekte und ist es doch ein Objekt, dann ist es kein Prädikat, sondern eine einzelne Exemplifizierung des Prädikats in Raum oder Zeit und als solche kann es überhaupt nicht prädiziert werden52. Die Folgerung aus diesen Annahmen ist: betrachtet man das Prädikat als einen Term, der mit sich selbst identisch ist (diese Selbstidentität ist eine der wichtigsten Bedingungen, unter denen etwas als ein Objekt betrachtet werden kann), dann muss man auch die Existenz einer derartigen Relation der Prädikation

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annehmen, die selbst keine Exemplifizierungen hat, d.h. ein und dieselbe für ein Prädikat und seine verschiedenen Subjekte ist. Die Einführung dieser Relation verwandelt alle subjekt-prädikativen Propositionen in Relationspropositionen. Noch ein Argument, das Russell zugunsten der Anerkennung von Prädikaten als Termen angibt, liefert die Frage, ob jede Klasse durch ein Prädikat definiert werden kann. Lässt sich nämlich ein definierendes Prädikat für jede beliebige Klasse finden, dann kann man als Elemente einer Klasse auch Prädikate selbst ansehen, wodurch Prädikate zu Termen gemacht werden. Nehmen wir an, dass man für jede Klasse ein definierendes Prädikat finden kann. Betrachten wir z.B. das Prädikat Farbe, das die Klasse aller Farben definiert. Jedes Prädikat, das ein Element dieser Klasse ist, kann man als eine Farbe definieren. Die Elemente dieser Klasse (Prädikate) sind aber nicht farbig53. Die Gegenstände, die z.B. rot sind, sind farbig, aber man kann ihnen nicht prädizieren, dass sie selbst Farben sind. Die Aufgabe hier besteht darin, dass man eine Erklärung für die Beziehung zwischen den roten Gegenständen und der Eigenschaft der Farbe rot, eine Farbe zu sein (nicht aber farbig zu sein), findet. Die Lösung, die Russell vorschlägt, besteht darin, dass man jedes Prädikat ohne Ausnahme als einen Term behandelt, der mit anderen Termen (Prädikaten und Gegenständen) durch bestimmte Relationen in Beziehungen tritt. Für Prädikate könnte z.B. eine solche Relation die Relation der Implikation sein. Man könnte sagen, dass die Klasse aller Prädikate, die man als Farben definieren kann, durch das Prädikat Farbe implizieren definiert ist. Was diese Idee voraussetzt (oder impliziert), ist der Gedanke, dass sich traditionelle logische Beziehungen zwischen Begriffen und ihren Umfängen als Relationen zwischen Klassen von Argumenten ausdrücken lassen, wobei die Elemente solcher Klassen bestimmte aussagenlogische Funktionen erfüllen. Ist dieses Buch rot, dann impliziert das, dass es auch farbig ist. Im Unterschied zu Frege betont aber Russell in diesem Zusammenhang die Rolle von Relationen, da selbst die aussagenlogischen Funktionen (wie Implikation) sich als Relationen auffassen lassen.

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2.2.4. Russell (1903): analytische Propositionen, Extension und Intension von Begriffen Das Problem des Zusammenhangs zwischen Intension und Extension eines Begriffs tritt auch bei der Diskussion über den analytischen oder synthetischen Charakter von logischen und mathematischen Propositionen auf. Im Gegensatz zu der Annahme von 1898 glaubte Russell 1903 in The Principles, die Ansichten Kants über die Natur des mathematischen Denkens durch logizistische Ergebnisse zu widerlegen. Diese Ergebnisse zeigen, dass mathematisches Denken strikt formal oder deduktiv ist und keine Intuition, unter der man apriorisches Wissen von Raum und Zeit versteht, braucht54. Alle mathematischen Propositionen sind somit analytisch, aber den Begriff des Analytischen definiert Russell neu. Der traditionelle Begriff vereinigt, seiner Meinung nach, zwei Eigenschaften, die man Propositionen zuspricht. Die erste – das logische Subjekt enthält das Prädikat, das man ihm in der Proposition zuschreibt. Die zweite ist die Ableitbarkeit jeder Proposition aus dem Satz des Widerspruchs oder anderen Denkgesetzen55. Russell definiert das Analytische als ein logisches Charakteristikum der Proposition – ihre Ableitbarkeit aus „logischen Gesetzen“, unter denen er eine Reihe allgemeiner logischer Axiome und Gesetze der Deduktion versteht. Was aber die Natur dieser logischen Voraussetzungen betrifft, ist Russell davon überzeugt, dass sie synthetisch sind56. Es gibt nämlich nichts, woraus man sie ableiten kann, also kann man Russells Definition des Analytischen auf sie nicht anwenden. Aber die traditionelle Definition ist auch nicht auf sie anwendbar. Wäre einerseits ein Bestandteil der Proposition in einem anderen enthalten, dann würde die Proposition mit einem ihrer Bestandteile zusammenfallen. Aber dieses Zusammenfallen widerspricht in erster Linie dem Begriff der Proposition. Unter Proposition versteht Russell eine komplexe Einheit, die nicht die einfache Summe ihrer Bestandteile ist. Eine solche Einheitlichkeit setzt eine unüberwindbare Grenze zwischen der Proposition und ihren Bestandteilen voraus, wenn man die Letzteren ohne ihre gegenseitigen Beziehungen betrachtet. Was diese Grenze schafft, ist die Eigenschaft, wahr oder falsch zu sein. Man könnte aber auch jeden möglichen Bestandteil der Proposition als einen Komplex auffassen und sagen, dass z.B. der Begriff Mensch seine Beziehungen zu anderen Begriffen sowie

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diese Begriffe selbst und somit die diese Beziehungen und Begriffe einschließenden Propositionen enthält. In Analogie zur Russellschen Theorie des propositionalen Begriffs („propositional concept“), die zwischen beziehenden und nicht beziehenden Relationen unterscheidet, kann man dann propositionale Komplexe, d.h. eigentliche Propositionen, von den „propositionshaltigen“ Komplexen, die man auch als Begriffe bezeichnet, abgrenzen. Man kann diese Arten von Komplexen dann dadurch unterscheiden, dass einer von ihnen behauptet wird und der andere nicht. Aber ein solcher propositionshaltiger Komplex muss erst gebildet werden, und dazu bedarf es noch weiterer Propositionen. Wenn wir bis jetzt z.B. durch das Wort „Mensch“ den federlosen Zweibeiner bezeichnen und nun behaupten, der Mensch sei vernünftig, dann ist die behauptete Proposition notwendig, um die Bezeichnung des Komplexes Mensch in ihrer neuen Bedeutung weiter zu verwenden. Denn erst diese Proposition „erlaubt“ den Übergang von dem schon gegebenen Komplex zu einem neuen Komplex, dessen Inhalt sich von dem Inhalt des ursprünglichen Komplexes unterscheidet. Der Komplex, der durch die angegebene Behauptung gebildet wird, ist also nicht mit dem Komplex, von dem in dieser Behauptung die Rede ist, identisch. Man könnte erwidern, dass diese Argumentation nur darauf basiert, dass die Proposition für Russell eine Inhaltseinheit ist. Man könnte in diesem Zusammenhang vermuten, dass ihre Bestandteile – Gegenstände (Terme) und Begriffe – auch Inhalte sind. Aber Russells Konzept lässt sich auch anders interpretieren. Um über die Beziehung zwischen dem logischen Prädikat und dem logischen Subjekt zu sprechen, können wir erst im Begriff seine extensionale und seine intensionale Seite voneinander unterscheiden. In The Principles könnten diesen Seiten die Begriffe einer Klasse und eines Klassenbegriffs („class-concept“)57 entsprechen. Betrachtet man das logische Subjekt und das Prädikat als den Umfang eines jeweiligen Begriffs, wird ihre Relation durch die Relation ihrer Umfänge bestimmt. Durch das Enthaltensein eines Umfangs in einem größeren kann man den Begriff mit dem kleineren Umfang (das, was man auch als Subjekt bezeichnet) definieren. Dann geht der Begriffsinhalt, dem der größere Umfang entspricht, in die Merkmale (in den Inhalt) des anderen Begriffs ein. Ist der Begriffsinhalt selbst eine Summe mehrerer

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anderer Begriffsinhalte, hat der Begriff, der inhaltlich eine Summe anderer Begriffe ist, den kleineren Umfang als seine Summanden. Also muss der Inhalt (die Intension) eines Begriffs sich prinzipiell von seiner Extension unterscheiden. Dann müssen Intensionen auch andere Beziehungen haben. Vielleicht aus dem Streben, auch diese intensionalen Beziehungen zu erklären, entsteht die Idee des Begriffs als einer Funktion. In der Russellschen Theorie bildet eine solche bestimmte Funktion (eine bestimmte propositionale Funktion), mit bestimmten Werten ihrer Argumente genommen, ein Ganzes – die Proposition. Fasst man den Begriffsbegriff so auf, kann man die Beziehung der Begriffsinhalte als Implikation definieren und jeden Subsumtionssatz (z.B. „Alle Griechen sind Menschen“) als Bezeichnung für eine propositionale Funktion (oder aber, falls in einem solchen Satz ein bestimmter Eigenname vorkommt, für einen ihrer Werte) betrachten, die man auch in einer Satzform (in unserem Fall ist das „Wenn x ein Grieche ist, dann ist x ein Mensch“) ausdrücken kann. Diese Satzform überführt eine Relation zwischen zwei Begriffsinhalten, die sich auch im Satz „Griechesein impliziert Menschsein“ formulieren lässt, in eine Relation zwischen Propositionen, wenn der Variablen x ein bestimmter Wert zugewiesen wird. Diese Relation wird mit Hilfe des Begriffs der Implikation beschrieben. Unter dem Gesichtspunkt einer Umfangsbeziehung enthält das Subjekt sein Prädikat nicht. Aber die Beziehung der Begriffsinhalte ist von einer anderen Art, und man kann überhaupt nicht davon sprechen, dass das Prädikat inhaltlich ein Teil des Subjekts ist. Aber eine Inhaltsbeziehung definiert eine Beziehung der den beiden Begriffen entsprechenden Umfänge. Gehen wir davon aus, dass der Satz „Alle Griechen sind Menschen“ wahr ist. Die propositionale Funktion x ist ein Grieche definiert einen Teil der Klasse aller Menschen, so dass man eine wahre Proposition als Wert der Funktion bekommt, wenn man einen bestimmten Wert der Variablen x zuordnet und sie durch einen Namen, z.B. „Sokrates“, ersetzt. Aus den Propositionen Sokrates ist ein Grieche und alle Griechen sind Menschen kann man nun mit Hilfe einiger logischer Regeln den Schluss ziehen, dass Sokrates ein Mensch ist und somit auch zu der Klasse aller Menschen gehört. Jedes x, das die propositionale Funktion x ist ein Grieche erfüllt, erfüllt somit auch die propositionale Funktion x ist ein Mensch. Nimmt man nun die propositionale Funktion x

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ist ein Mensch, dann kann nicht jedes x, das sie erfüllt, auch die propositionale Funktion x ist ein Grieche erfüllen. Das zeigt beispielsweise der Versuch, x durch „Russell“ zu ersetzen und aus den Propositionen Russell ist ein Mensch und alle Griechen sind Menschen den Schluss Russell ist ein Grieche zu ziehen. Wenn man also die logische Beziehung zwischen den propositionalen Funktionen x ist ein Grieche und x ist ein Mensch, die sich in der Behauptung „Alle Griechen sind Menschen“ ankündigt und auf die eben beschriebene Weise durch die Möglichkeit oder die Unmöglichkeit eines Schlusses realisiert, betrachtet und sich insbesondere fragt, ob diese Beziehung symmetrisch ist, kann man bei der Beantwortung dieser Frage davon ausgehen, dass der Begriff Grieche seinem Umfang nach dem Begriff Mensch untergeordnet ist, weswegen man eine Behauptung über diese Unterordnung nicht umkehren kann. Aber die Beziehung zwischen Griechesein und Menschsein ist eben eine andere Relation als die Relation als Element zu einer Klasse zu gehören oder ein Teil einer Klasse zu sein. Also kann keine Proposition im traditionellen Sinn analytisch sein. Das bedeutet unter anderem, dass die Struktur der Proposition anders definiert werden muss als mit Hilfe der traditionellen Begriffe des Subjekts und des Prädikats. 2.2.5. Relationsbegriff als eine der Methoden der Analyse der Proposition. Die Relation der Prädikation Die Annahme, dass es eine besondere Relation der Prädikation gibt, führt zu der Verneinung der Allgemeinheit der subjekt-prädikativen Struktur von Propositionen und macht somit den Relationsbegriff zum Hauptmittel der Analyse von Propositionen. Diese Annahme wird auch durch weitere Argumente verstärkt. Russell analysiert Sätze, die ein Prädikat („predicate“) einer einzelnen Exemplifizierung dieses Prädikats zusprechen, die sich durch keine weiteren Bestimmungen beschreiben lässt. Solche einzelnen Exemplifizierungen von Prädikaten bezeichnet Russell als Attribute57. Einen einzelnen Gegenstand, der sich durch mehrere Prädikate beschreiben lässt, könnte man als eine Gesamtheit von Attributen betrachten. Von einem solchen Gegenstand kann man behaupten, dass er ein Prädikat hat.

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Behauptet man aber von einem Attribut eines Prädikats, dass es dieses Prädikat hat, geht man von der Annahme aus, dass sich an der Stelle, wo der Behauptende das Attribut fixiert, noch ein weiteres Attribut desselben Prädikats befindet. Nehmen wir z.B. einen roten Fleck, der nur durch seine Farbe von allem Anderen zu unterscheiden ist, und behaupten, dass dies rot ist, bedeutet das (wenn das Prädikat einer seiner Exemplifizierungen prädizierbar ist), dass das Prädikat rot noch eine Exemplifizierung an ein und derselben Stelle hat. Sollte also die prädikative Natur des Prädikats darin bestehen, dass das Prädikat eine Realisierung in Raum und Zeit hat, dann muss man das Einzelne anders als nur mit Hilfe dieses Prädikats (oder der Summe aller seiner Prädikate, wenn dieses Einzelne ein einzelner Gegenstand ist) beschreiben können. Denn wenn man annimmt, dass das Einzelne nur als Summe seiner Prädikate beschreibbar ist, kann man eine Reihe von Sätzen konstruieren, in denen dem Einzelnen jeweils eines seiner Prädikate zugesprochen wird. Man kann eine solche Reihe als Rekonstruktion des Erkennens dieses Einzelnen ansehen. Nun verfolgt man diese Reihe zurück, so dass man das gegebene Einzelne Schritt für Schritt von jedem seiner Prädikate (Definitionen) entblößt. Was einem dann bleibt, ist nichts Bestimmtes, außer vielleicht einer Stelle (wie Russell selbst 1911 in „On the Relation of Universals and Particulars“ vorschlägt, ist diese Stelle dem Wahrnehmungsraum zuzuordnen59), die als „Haken“ („peg“) für Prädikate60 dienen kann. Da die Erkenntnis des Einzelnen in der Erfahrung anfängt, muss sich diese Stelle von den anderen unterscheiden, um zum Objekt unserer Definitionen zu werden. Kann diese Unterscheidung auf etwas Anderem als auf einem Attribut dieser Stelle (oder einem Attribut, das man mit dieser Stelle verbindet) basieren? Eine explizite Antwort auf diese Frage bietet uns Russell nicht, aber seine Überlegungen zu diesem Thema (über Substanzen in A Critical Exposition of the Philosophy of Leibniz z.B.61) lassen vermuten, dass man eine bestimmte Stelle, die sich von den anderen Stellen rein numerisch unterscheidet, von allen diesen nur aufgrund der Bestimmung unterscheiden kann, die dieser Stelle durch ein Attribut gegeben ist. Was man in einem solchen Fall im Satz „Dies ist rot“ behauptet, ist, dass man eine Stelle (im Wahrnehmungsraum) von allen anderen unterscheidet. Das ist eine Möglichkeit, den Gedankengang Russells nachzuvollziehen, der ihn veranlasst, nach anderen logischen Mitteln der Beschreibung eines

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Einzelnen außer Prädikaten zu suchen. Sobald man aber den Relationsbegriff für eine solche Beschreibung eingeführt hat, besteht kein Bedarf mehr, auf der prädikativen Natur der Prädikate zu bestehen. Nimmt man das Prädikat (in unserem Fall rot) als einen Term, kann man einen Satz der Form „Dies ist rot“ umformulieren und behaupten „Rot existiert hier“. Eine ähnliche Umformulierung ist auch im Fall der Sätze möglich, die ein Prädikat einem einzelnen Gegenstand zusprechen. Ein weiteres Argument zugunsten der Relation der Prädikation liefert die Russellsche Theorie der sogenannten externen („external“) Relationen, deren Grundsätze 1899 – 1900 formuliert wurden. Bevor Russell diese Theorie formulierte, glaubte er, dass Relationen aus Eigenschaften ableitbar und deshalb sekundär sind. Die Untersuchungen auf dem Gebiet der Grundlagen der Mathematik zeigen aber, dass viele mathematische Sätze und Axiome Vielfachheit und Verschiedenheit von ihren logischen Subjekten sowie die Existenz von asymmetrischen Relationen zwischen diesen voraussetzen62. Diese theoretische Tatsache ist eine der Quellen für Russells Interesse an der logischen Struktur von Propositionen. Russell behauptet, dass die Relation der Prädikation, die zeigt, dass die Theorie der internen („internal“) Relationen fehlerhaft ist, in Wirklichkeit von dieser Theorie stillschweigend vorausgesetzt wird. Die Zurückführung von Relationen zwischen Subjekten auf Identität oder Verschiedenheit zwischen ihren Prädikaten und der daraus folgende Vergleich von Prädikaten beruht darauf, dass man Prädikate in der Tat als Terme auffasst. Außerdem besitzen Prädikate nicht solche charakteristischen Eigenschaften von Relationen wie die Eigenschaft gerichtet zu sein oder, wie Russell sie bezeichnet, einen Sinn (“sense”) zu haben. Unter dem Sinn versteht Russell die Reihenfolge, in der die Bestandteile einer Proposition zu einer Einheit verbunden sind. Eine solche Einheit ist auf die einfache Summe dieser Bestandteile nicht reduzierbar und nicht durch sie allein bestimmt63. Russell schreibt, dass in jeder Proposition eine Relation bezüglich der Terme der Proposition behauptet wird und deshalb eine Klassifikation von Relationen eine Klassifikation der Typen von Propositionen liefert64.

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Relationen als Bestandteile von Propositionen sind genauso primitiv und irreduzibel wie andere Terme, die in Propositionen sonst vorkommen, und sie sind nicht mehr von diesen abhängig als diese ihrerseits von Relationen. 2.2.6. Eine weitere Methode propositionale Funktionen

der

Analyse

der

Proposition:

Russell hält noch eine Art von Analyse einer Proposition außer der Analyse mit Hilfe des Relationsbegriffs für möglich. Darüber spricht er schon in The Principles. Der Begriff, der dieser Analyse zugrunde liegt, ist der Begriff einer propositionalen Funktion. Diesen Begriff benutzt Russell, um die von Frege vorgeschlagene Analyse einer Einheit (bei Frege ist diese Einheit in erster Linie der Gedanke, aber auch sein Wahrheitswert, bei Russell – Proposition) zu verbessern. Eine solche Analyse bedarf einer Verbesserung, da nach Russells Meinung die Wahl eines der Terme einer Einheit als eines Arguments einer Funktion und das Betrachten der restlichen Terme als der Funktion selbst die Letztere als etwas Einheitliches nicht liefert. Anstatt ein Ganzes zu bekommen, das eines seiner Bestandteile beraubt ist, aber trotzdem als eine Einheit in der Sprache bezeichnet wird, gewinnt man eine Kollektion von Bezeichnungen für mehrere Terme, die auch ohne jeglichen Bezug aufeinander denkbar sind65. Deshalb sucht Russell nach einer anderen Methode der Analyse einer Proposition, die einerseits solche Bestandteile der Proposition definiert, deren Bezeichnungen man durch Bezeichnungen von Termen, die von den Termen der gegebenen Proposition verschieden sind, ersetzen kann, ohne dabei die Einheitlichkeit der Proposition zu verletzen. Andererseits soll eine solche Analyse die Bestandteile der Proposition liefern, welche die Einheitlichkeit der Proposition gewährleisten, so dass bei einer Ersetzung der Bezeichnung dieser (oder eines dieser) Bestandteile die Einheitlichkeit der Proposition nicht erhalten bleibt. Hier muss allerdings bemerkt werden, dass die Terme, für deren Bezeichnungen die Ersetzbarkeit gewährleistet ist, auch bestimmten Einschränkungen unterliegen. Man kann z.B. einen Eigennamen durch einen anderen Eigennamen, aber nicht durch das Begriffswort ersetzen. Russell spricht nicht über Bezeichnungen, sondern über die Terme und Propositionen selbst. Tatsächlich weist er erst 1912 in seinen Notizen „What is Logic?“

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darauf, dass einer Ersetzung nur Sprachzeichen unterliegen. Da er aber Terme und Propositionen von ihren Bezeichnungen unterscheidet, erlaube ich mir hier, die Ersetzung als eine Operation auf Zeichen aufzufassen. In diesem Zusammenhang drängt sich die Feststellung auf, dass Russell offenbar von dem Verhalten von Zeichen auf das von dem Zeichen Bezeichnete schließt. Da ich hier von den Beziehungen zwischen Zeichen und Bezeichnetem spreche, möchte ich zunächst festlegen, wie diese Termini zu verstehen sind. Hier und im Weiteren benutze ich das Wort „Bezeichnetes“ als ein Gegenstück zu dem Wort „Zeichen“ oder „Bezeichnung“. Für das Bezeichnete im Russellchen Sinne, für ein Objekt also, mit dem das Zeichen in die durch „denote“ bezeichnete Beziehung gesetzt wird, benutze ich das Wort „Denotat“. Das Wort „bezeichnen“ benutze ich erstens für die Beschreibung einer semantischen Beziehung zwischen Zeichen und Bezeichnetem, und zweitens als Übersetzung des Russellschen Terminus „denote“, wobei ich im zweiten Fall das englische Wort als eine zusätzliche Erklärung (falls das nicht aus dem Kontext ersichtlich ist) hinzufügen werde. Was nun der von Russell gesuchten Analyse einer Proposition zugrunde liegt, ist nicht ein Teil der Einheit, der nach der Absonderung eines anderen Teils als eines möglichen Arguments einer Funktion bleibt. Das ist eine Klasse solcher Einheiten, die sich von der gegebenen (der zu analysierenden Einheit) nur dadurch unterscheiden, dass die Bezeichnung eines (oder mehrerer) ihrer Terme durch die Bezeichnung eines anderen Terms an einer oder allen Stellen, wo die Bezeichnung des Terms in der Bezeichnung der Proposition (in dem Satz also) vorkommt, ersetzt wurden. Betrachtet man solche Terme, deren Bezeichnungen ersetzbar sind, als eine Klasse, ist sie ein Vorbereich einer Relation, deren Nachbereich die Einheiten selbst (Propositionen) enthält. Man kann eine solche Relation als propositionale Funktion bezeichnen, die bestimmten Elementen aus dem Vorbereich der Relation (Termen) bestimmte Propositionen zuordnet. Als propositionale Funktion kann man auch eine Klasse der Relata einer solchen Relation (eine Klasse von Propositionen, die sich voneinander durch das Vorkommen verschiedener Terme an bestimmten Stellen unterscheiden) betrachten. Diese Beschreibung der propositionalen Funktion kann nach Russells Meinung kaum als eine echte Definition der propositionalen Funktion dienen, vor allem weil ein Argument einer bestimmten propositionalen Funktion

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(dieses Argument fungiert als Referendum der besagten Relation) ein Bestandteil ihres Wertes (der als Relatum dieser Relation auftritt) ist. Bei der Analyse einer Proposition geht man also von mindestens zwei Propositionen aus, von deren Bezeichnungen eine aus der anderen durch das Ersetzen der Bezeichnung eines (oder mehrerer) ihrer Terme gewonnen wird. Solche Terme sind Argumente einer propositionalen Funktion, deren Werte die gegebenen Propositionen sind. Eine propositionale Funktion erlaubt also, Propositionen zu klassifizieren. Jede Proposition kann man als ein Element einer Klasse von Propositionen auffassen, die durch die entsprechende propositionale Funktion definiert ist. 2.2.7. Propositionale Funktionen und die Fregeschen Begriffe Russell selbst hält seine propositionalen Funktionen für den Fregeschen Begriffen analog. Die zu erwähnenden Unterschiede sind folgende: 1. Der Wert einer propositionalen Funktion für ein bestimmtes Argument ist kein Wahrheitswert, sondern eine Proposition, die dieses Argument als ihren Bestandteil enthält. 2. Im Unterschied zum Begriffswort ist es schwierig, ein Zeichen (oder Zeichenkombination) der natürlichen Sprache zu finden, das isoliert genommen eine propositionale Funktion bezeichnet oder andeutet. Das Begriffswort „Mensch“ z.B. könnte eine Klasse (Klasse von Menschen) bezeichnen oder den Begriff Mensch, die Wörter „ein Mensch“ – unbestimmt einen einzelnen Menschen bezeichnen (oder andeuten, wie Frege sagt), die Wörter „der Mensch“ – einen einzelnen bestimmten Menschen bezeichnen oder die Klasse aller Menschen oder wiederum den Begriff Mensch. Der Ausdruck einer propositionalen Funktion muss mindestens eine durch eine Variable markierte Argumentstelle enthalten, sonst steht er für eine Proposition. Ein solcher Ausdruck ist somit das Produkt einer Analyse und Verallgemeinerung, die das Vorkommen oder den Gebrauch verschiedener Zeichen der natürlichen Sprache (verschiedener Sätze nämlich) voraussetzen. Die einzigen Anwärter

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auf die Rolle von Zeichen für propositionale Funktionen in der natürlichen Sprache sind Sätze wie „Etwas ist rot“, denen als Bezeichnetes nur eine Menge von komplexen, durch die ein bestimmtes grammatisches Subjekt aufweisenden Sätze der gleichen Form vertretenen Objekten zugeordnet werden kann und deren Analyse somit die Analyse solcher Sätze und die Feststellung der Gleichheit ihrer Form schon voraussetzt. Wären Russells Propositionen Sätze (also selbst Zeichen), könnte man die Zeichen für propositionale Funktionen als Zeichen einer besonderen logischen Sprache auffassen, die insbesondere dazu dienen, über die Struktur von Propositionen zu sprechen. Für Russell aber haben Untersuchungen und Analyse von Zeichen vor allem insofern eine Bedeutung, als sie erlauben, über die Struktur des zu Erkennenden zu urteilen. Die Tatsache, dass Sprachzeichen eine Bedeutung haben, ist für Russell Voraussetzung für den Gebrauch der Sprachzeichen. Die Bedeutung von Zeichen ist nicht subjektiv. Die Anerkennung der Subjektivität der Bedeutung würde ihre Zugehörigkeit zu psychischen (immanenten) Gebilden implizieren und folglich ihre Unerkennbarkeit. Schon in einem seiner studentischen Aufsätze schreibt Russell über verschiedene Aspekte eines Glaubensaktes und stellt die Bedeutung (die objektive Referenz dieses Aktes) dem psychischen Phänomen gegenüber, das in einem solchen Akt auch präsent ist. Der Ausgangspunkt jeder Erkenntnis ist nach Russell Erfahrung. In der Erfahrung bilden eine subjektive Idee (eine Vorstellung) und eine objektive Referenz ein Ganzes. Ein solches Ganzes ist aber noch kein Wissen. Das Wissen entsteht, wenn der Denkende dieses Ganze in Bestandteile zerlegt, den subjektiven Teil dem Bereich des Psychischen zuordnet und den objektiven Teil in einen Wissensinhalt verwandelt, den man einem anderen Subjekt mitteilen kann66. Nur die Möglichkeit, einem anderen Subjekt mitgeteilt zu werden sowie von diesem selbständig erworben zu werden, macht Wissen objektiv und vertrauenswürdig. Die Aufgabe der Wiedergabe objektiver Bedeutungen erfüllt die Sprache. Diese Rolle der Sprache macht die grammatische Struktur der Sprache zur Grundlage für die Annahme einer bestimmten Typologie der Objekte, welche die objektive Welt bewohnen. Jeder Sprachausdruck

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ist ein Name in dem Sinn, dass er etwas in der objektiven Welt bezeichnet. Russell unterscheidet zwischen drei Arten des Bezeichnens. Manche Wörter (hauptsächlich sind das Eigennamen) weisen („indicate“) auf einzelne Objekte hin. Andere Ausdrücke stehen für Begriffe. Einige dieser Begriffe sind Prädikate, welche die Bedeutungen („meanings“) der ihnen entsprechenden Wörter und zugleich selbst Symbole sind. Als Symbole sind sie aber mit Sprachzeichen nicht zu vergleichen. Sie bezeichnen („denote“) nicht der Willkür oder der Konvention nach und das, was sie bezeichnen, unterscheidet sich von solchen Symbolen nicht wie das Bezeichnete sich von den entsprechenden Sprachzeichen unterscheidet, sondern so wie sich einzelne Exemplifizierungen einer Eigenschaft von dieser Eigenschaft unterscheiden. Das durch gewöhnliche Sprachzeichen Bezeichnete kann nicht durch ein solches Zeichen definiert werden, während sich das durch ein Prädikat Symbolisierte durch das Prädikat definieren oder klassifizieren (einer bestimmten Klasse von Objekten zuordnen) lässt. Für die Relation zwischen einem Prädikat und einer seiner Exemplifizierungen benutzt Russell den Terminus „bezeichnen“ („denote“). Diese Relation charakterisiert er als objektive oder logische Beziehung. Die restlichen Begriffe sind Relationen. Relationswörter bedeuten („mean“) Relationen, die keine einzelnen Exemplifizierungen haben. Die Terminologie, die ich für die Beschreibung der semantischen Relationen hier und im Weiteren benutze, verlangt vielleicht schon jetzt eine Erklärung. Manche Autoren, wie z.B. Griffin, behaupten, dem Text von The Principles folgend67, dass die Zeichen aller grammatischen Kategorien auf entsprechende Objekte hinweisen („indicate“)68. Als einen mildernden Umstand dafür, dass Russell auch weitere Termini wie „mean“ und „stand for“ benutzt, qualifiziert Griffin die von Russell deklarierte Gleichgültigkeit in

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bezug auf Relationen zwischen Zeichen und Objekten. Ich möchte aber Russells „terminologisches Chaos“ beibehalten und zwar in erster Linie, weil es eine Kennzeichnung von reellen Problemen ist, die sich in The Principles ankündigen und die Russell lange Zeit nicht nur beschäftigten, sondern regelrecht quälten, wie seine Manuskripte aus den Jahren 1903-1904 zeigen. Ich halte es außerdem für eine Übertreibung zu behaupten, dass Russell den Beziehungen zwischen den Zeichen und dem von ihnen Bezeichneten keine Aufmerksamkeit schenkt. Selbst wenn diese Beobachtung richtig wäre, ist sie kein guter Grund dafür, dass die Ideen, die Russell diesbezüglich äußert, vernachlässigt werden. Dass ich die semantischen Beziehungen von Zeichen verschiedener Kategorien mit Hilfe verschiedener Ausdrücke beschreibe, liegt letztendlich an der Verschiedenheit der semantischen Rollen, welche die Zeichen in bezug auf das Bezeichnete erfüllen, sowie an logischen Unterschieden zwischen dem Bezeichneten, welche mit der semantischen Verschiedenheit von Zeichen eng zusammenhängen. Ein Satz, der z.B. eine Proposition bezeichnet, darf nicht ausschließlich aus Eigennamen bestehen, sondern muss mindestens ein Begriffswort enthalten. Dass also ein Begriffswort in dem Satz durch einen Eigennamen nicht ersetzt werden kann, könnte dadurch erklärt werden, dass sich die semantische Interpretation eines Eigennamens prinzipiell von der semantischen Interpretation des Begriffswortes unterscheidet und die Beziehungen von Sprachzeichen zu den Objekten, auf die sie angeblich „hinweisen“, für verschiedene Zeichen unterschiedlich und auf nur eine dieser Beziehungen nicht reduzibel sind. Die Relation der Bezeichnung, die zwischen Sätzen und Propositionen besteht, charakterisiere ich auch als die Relation der Bedeutung. Russell zieht die Möglichkeit in Betracht, den Begriff der Bezeichnung (den Begriff „denote“) auch auf Propositionen anzuwenden. Den Anlass zu der Entwicklung dieser Idee bietet die Möglichkeit, einen Wissensinhalt mit grammatisch verschiedenen sprachlichen Ausdrücken zu bekleiden. Man kann z.B. über den Tod von Caesar in der Form eines Satzes etwas aussagen, wenn man

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behauptet „Caesar starb“. Man kann aber den Tod von Caesar auch durch den Ausdruck „Caesars Tod“ benennen und möglicherweise diesen Namen ferner zum grammatischen Subjekt eines anderen Satzes machen. Russell bezeichnet das Objekt, das durch einen solchen Namen vertreten wird, als propositionalen Begriff und nimmt an, dass eine Proposition einen solchen Begriff bezeichnen könnte, wie ein Prädikat seine Exemplifizierungen bezeichnet (Schema 3). Die Möglichkeit einer solchen Auffassung sowie ihre theoretischen Folgen werde ich später näher betrachten. Jetzt weise ich nur darauf hin, dass sich diese Idee als problematisch erweist. Nun kann man sich fragen, wie ein Zeichen für propositionale Funktion bezeichnet. Ein solches Zeichen kann nicht hinweisen, denn es enthält eine Variable. Deswegen gibt es kein einzelnes Objekt, auf das ein solches Zeichen wie ein Eigenname hinweist. Offensichtlich kann die Rolle des Eigennamens in bezug auf Objekte, die von einzelnen wahrnehmbaren Gegenständen verschieden sind, wenn überhaupt, dann nur einem Satz gehören. Kann ein Zeichen für propositionale Funktion bedeuten? Wenn ja, fragt es sich, was für ein Gegenstand eine propositionale Funktion eigentlich ist. Kann es Gegenstände geben, die unbestimmt sind, oder ist die propositionale Funktion nichts Anderes als eine Klasse von Propositionen? Die propositionale Funktion ist im letzteren Fall ein Objekt, das gewisse Ähnlichkeit mit Begriffen aufweist, weil das Wissen von diesem ein abgeleitetes Wissen ist. Das ist ein abgeleitetes Wissen in dem Sinne, dass man, von dem Wissen von einzelnen Elementen einer Klasse von Propositionen ausgehend, den Begriff der propositionalen Funktion und eine entsprechende Bezeichnungsweise einführt. Außerdem, wenn die propositionale Funktion eine Klasse ist, muss sie durch ein Prädikat definierbar sein. Was ein solches Prädikat sein könnte, ist unklar. Die Annahme, dass es solche Prädikate gäbe, macht aber den Begriff der propositionalen Funktion überflüssig, wenn diese nicht selbst als Prädikat aufgefasst wird. Eine derartige Auffassung kann ihrerseits die Gleichsetzung der propositionalen Funktion mit dem Fregeschen Begriff implizieren. Dieser Gleichsetzung widerspricht aber Russells

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Behauptung, dass die Werte einer propositionalen Funktion Propositionen sind. Das Zeichen für propositionale Funktion könnte bezeichnen („denote“). Dafür spricht die Behauptung, dass das Bezeichnende sowohl bestimmt als auch unbestimmt bezeichnen kann. Durch das Prädikat Mensch z.B. kann man sowohl irgendeinen Menschen als auch alle Menschen oder aber einen ganz bestimmten Menschen beschreiben. Wie man durch ein Prädikat eine Klasse seiner Exemplifizierungen definieren kann, kann man durch ein Zeichen für propositionale Funktion auch eine Klasse von Propositionen definieren. Was aber dagegen spricht, ist der künstliche Charakter des Zeichens für eine propositionale Funktion sowie der Umstand, dass das Prädikat selbst kein Sprachzeichen ist, sondern das Bezeichnete. Dass der Begriff der propositionalen Funktion in keine der von Russell anerkannten semantischen Kategorien passt, und dass Russell die Quelle der Einheitlichkeit einer Proposition nicht in der propositionalen Funktion sucht, zeigt, dass sich die propositionale Funktion vom Begriff Freges nicht nur durch ihre Werte unterscheidet. Sie unterscheidet sich vom Begriff auch durch die semantische Interpretation ihrer Bezeichnung. Freges Begriff ist die Bedeutung eines grammatischen Prädikats. Um dem grammatischen Prädikat eine solche Interpretation zu geben, muss man die Einheit eines Satzes, in dem das Prädikat vorkommt, auflösen (den Satz analysieren), und dem grammatischen Prädikat ein Objekt zuordnen. Dieses Objekt, das durch Analyse abgeleitet ist, erfüllt als Produkt der Analyse nicht seine Aufgabe als Funktion zu agieren, und kann mit Russells semantischen Objekten verglichen werden. Was bei einem solchen Vergleich auffällt, ist, dass Freges Semantik viel „sparsamer“ und konsequenter ist als die Russells. Jedes Sprachzeichen hat nach Frege eine Bedeutung. Die Bedeutung eines Zeichens, das als ein bezeichnender Bestandteil eines anderen Zeichens (eines atomaren Satzes) auftritt, kann ein Gegenstand oder ein Begriff (oder sein Umfang) sein. Die Bedeutung eines komplexen Zeichens (Satzes) ist ein Wahrheitswert. Diese Bedeutungen werden jedem Zeichen durch seinen Sinn zugeordnet, den man auch als Funktion der Interpretation eines Zeichens auffassen kann. Russells semantische Theorie ordnet auch jedem Zeichen eine Bedeutung zu.

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Die Bedeutung eines Zeichens, das als ein Bestandteil eines atomaren Satzes auftritt, kann ein Gegenstand oder ein Begriff (oder eine Klasse, der Umfang dieses Begriffs) sein. Die Bedeutung eines komplexen Zeichens (eines Satzes oder des Zeichens für propositionale Funktion) kann entweder eine Proposition oder eine Klasse von Propositionen sein. Proposition wird auch als ein mögliches Argument einer logischen Funktion definiert, nämlich der Funktion der Implikation. Die Proposition ist das, was sich selbst implizieren kann69. Ein Sprachzeichen bezeichnet also eine Proposition, wenn eine bestimmte logische Aussage bezüglich der Proposition wahr ist („p impliziert p“). Die Proposition ist somit auch ein Träger eines Wahrheitswertes. Die semantische Theorie Russells setzt also voraus, dass propositionale Funktionen, die an ihren Argumentstellen propositionale Variablen (Aussagenvariablen) enthalten, und komplexe Sätze (Sätze, die als ihre Bestandteile auch Sätze enthalten) nur dann eine semantische Interpretation bekommen können, wenn sie wahrheitswertige Funktionen oder Werte solcher Funktionen sind. Solange aber Russell verschiedene Objekte den Prädikatzeichen und den Zeichen für propositionale Funktionen als Bedeutungen zuordnet, bleibt der Unterschied zwischen Freges Begriffen und Russells propositionalen Funktionen erhalten. 3. Bocheński glaubt, dass noch ein Unterschied zwischen Russells propositionalen Funktionen und Freges Begriffen in den historischen Wurzeln dieser Begriffe liegt70. Frege geht nach Bocheńskis Meinung von dem mathematischen Begriff einer Funktion aus, während für Russell ein solcher Ausgangspunkt Aristoteles’ Analyse einer Aussage ist. Diese Beobachtung scheint von Russell selbst bestätigt zu werden, denn in einem seiner Manuskripte aus dem Jahr 1904 unterstreicht er, dass die mathematische Form einer Funktion nicht grundlegend auf dem Gebiet der philosophischen Analyse ist. Eine solche fundamentale Form sollte auf der Aufzählung aller Bestandteile der zu analysierenden Proposition basieren sowie auf der Bestimmung der Art der Kombination dieser Bestandteile71.

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2.2.8. Warum sind propositionale Funktionen nur eine der möglichen Methoden der Analyse? Vor 1905 hält Russell die Analyse von Propositionen mit Hilfe propositionaler Funktionen nicht für die einzige und auch nicht für die fundamentalste Art der Analyse. Die Gründe dafür könnten folgende sein: 1. Obwohl man eine bestimmte Proposition immer als Wert der entsprechenden propositionalen Funktion betrachten kann, kann man kaum annehmen, dass das Wissen von einer Proposition von der Kenntnis der entsprechenden propositionalen Funktion abhängt. Wenn man davon ausgeht, dass eine propositionale Funktion selbst etwas bezeichnet („denotes“) (sie kann unbestimmt eine Proposition bezeichnen), ist sie wie ein bezeichnender Begriff durch seine einzelnen Exemplifizierungen durch ihre bestimmten Werte (einzelne Propositionen) einem Subjekt bekannt. Eine einzelne Proposition bezeichnet ihrerseits nichts. Ihre Komplexität kommt nicht dadurch zustande, dass man sich fragt, wie Bestandteile der Proposition miteinander verbunden sind72, dass man einen allgemeinen Typ, der durch das Zeichen für propositionale Funktion dargestellt wird, betrachtet und dass man einen bestimmten Wert dem Argument (oder den Argumenten) dieser Funktion zuschreibt. Die propositionale Funktion ist außerdem kein Bestandteil der einzelnen Proposition. Die propositionale Funktion kann man auch nicht mit der Art der Kombination („mode of combination“) der Bestandteile der Proposition gleichsetzen73, obwohl der Unterschied zwischen diesen schwer zu definieren ist. Die Art der Kombination der Bestandteile einer Proposition ist selbst auch kein Bestandteil der Proposition. Die Art der Kombination ist die Konstante, die in mehreren Propositionen erhalten bleiben kann, selbst wenn die Bezeichnung jedes Bestandteils einer gegebenen Proposition durch die Bezeichnung eines anderen Terms ersetzt wird. Also könnte die Bestimmung der Art der Kombination von Bestandteilen einer Proposition zum Grund für die Bildung der entsprechenden propositionalen Funktion werden, da man Propositionen anhand der Besonderheit einer bestimmten Art der Kombination der

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Bestandteile auch klassifizieren kann. Eine solche Besonderheit kann z.B. in der Anzahl der Bestandteile der Proposition oder deren Reihenfolge bestehen. Betrachten wir den Satz „a ist größer als b“, wobei „a“ und „b“ bestimmte Namen sind (etwa „München“ und „Augsburg“). Nun bezeichnen wir die Beziehung, die durch „ist größer als“ symbolisiert ist, durch „v“. Durch „φ(a,v)“ bezeichnen wir die Form, in der a mit v kombiniert wird. Diese Zeichenkombination können wir als „a ist größer als“ lesen. Dann kann man behaupten, dass der Ausdruck „ψ{b,φ(a,v)}“, der aus dem Satz „a ist größer als b“ gewonnen wird, die Art der Kombination der Bestandteile a, v und b des gegebenen Komplexes zeigt. Betrachtet man nun die Proposition a ist größer als b als einen Wert der entsprechenden propositionalen Funktion, könnte man das Zeichen für diese Funktion so schreiben: „ûŵ(uRw)“. Einen (unbestimmten) Wert dieser Funktion bezeichnet man dann durch „uRw“. Man sieht, dass im ersten Fall, wo die PseudoFunktionszeichen „φ“ und „ψ“ vorkommen, diese in Wirklichkeit keine Funktionen bezeichnen. Die konstante Form der Proposition ist das durch den ganzen Ausdruck „ψ{b,φ(a,v)}“ Bezeichnete, und somit kann man diesen Ausdruck als einen Namen der konstanten Form der Proposition betrachten. Dieser Name bezeichnet aber kein Gesetz der Zuordnung, das eine solche Form als Wert einer Funktion für bestimmte Werte ihrer Argumente liefert. Denkbar ist, dass man einen solchen Namen dadurch gewinnt, dass man eine Proposition in ihre Bestandteile zerlegt, und diese Bestandteile dann bestimmten semantischen Kategorien zuordnet. Das Wissen von diesen Kategorien enthält das Wissen von der logischen Rolle, die ein jeweiliges Objekt in einem Komplex (in einer Proposition) spielen kann. Das Wissen von der semantischen Interpretation eines Begriffswortes ist z.B. das Wissen davon, dass die Bedeutung des Wortes ein Prädikat, das einem anderen Term prädiziert werden kann, oder eine Relation ist, in die mehrere Terme gesetzt werden können. Eine Relation ist, wie in dem gegebenen Beispiel, nicht immer symmetrisch, weswegen die Reihenfolge der Terme der Relationen den Unterschied zwischen dem Vorbereich und dem

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Nachbereich der Relation wiedergibt. Dieses Wissen ist offenbar auch das Wissen von mehreren Propositionen, die das fragliche Prädikat oder die fragliche Relation enthalten, und somit das Wissen von Kontexten, in denen Wörter (insbesondere Begriffswörter) gebraucht werden. Ein solcher Schluss wird von Russell nicht explizit formuliert, aber die Möglichkeit, den Namen der Form einer Proposition zu formulieren, könnte einen solchen Schluss implizieren. Der Ausdruck einer propositionalen Funktion ist im Gegensatz zu dem von Russell eingeführten Namen der Form der Ausdruck einer Funktion. Dass man einen solchen Ausdruck konstruieren kann, basiert auch auf dem Wissen von mehreren Propositionen, die dieselbe Struktur haben. Es scheint also, dass man die Form einer Proposition (ihre Struktur und die Art der Kombination ihrer Bestandteile) schon kennen muss, um zur Kenntnis einer passenden propositionalen Funktion zu gelangen. 2. Diese Schlussfolgerung kann auch dadurch bestätigt werden, dass Russell die Quelle der Einheitlichkeit einer Proposition in einer Relation sieht, welche die restlichen Bestandteile der Proposition aufeinander bezieht. Das könnte erklären, warum er die Analyse mit Hilfe des Begriffs der Relation für die fundamentale Art der Analyse hält, selbst wenn die Analyse durch propositionale Funktionen viel einfacher zu sein scheint. Wir sehen also, dass man bei der Analyse einer Proposition auf den Begriff der logischen Form stößt, die man mit der Struktur der Proposition oder mit der Art der Kombination ihrer Bestandteile identifizieren kann. Den ersten Grund dafür liefert die Analyse der Bestandteile einer Proposition. Worin auch immer die Art der Kombination von Bestandteilen einer Proposition besteht, ob in der Relation zwischen verschiedenen Termen oder in der Relation eines Terms zu einer Klasse von Termen oder in der Relation zwischen den Teilpropositionen, dient die Definition solcher Bestandteile der Definition von fundamentalen logischen Begriffen (Konstanten)74. Der zweite Grund für die Gleichsetzung der Art der

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Kombination von Bestandteilen einer Proposition mit ihrer logischen Form besteht darin, dass verschiedene Typen der Struktur (verschiedene Typen einer solchen Kombination der Bestandteile) der Proposition allgemeinen und konstanten Charakter haben. Ein solcher Charakter impliziert die Allgemeingültigkeit von logischen Prinzipien. Schließlich gehört die Struktur von Propositionen zu den Charakteristika ihrer allgemeinen Natur, die als Gegenstand der Logik im Gegensatz zu Psychologie und Erkenntnistheorie untersucht werden75. Da die Proposition als Gegenstand der Erkenntnis und zugleich als Wissensinhalt aufgefasst wird und sie dank dieses Status selbst (wie ihre Bestandteile auch) objektiv ist, muss die logische Form der Proposition auch objektiv sein. Eine weitere Analyse des Begriffs der Proposition macht aber diese Idee fraglich. Ich untersuche nun einige Probleme, welche diese Analyse zum Vorschein bringt.

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Satz

Eigenname

Begriffswort

Sinn des Satzes (Gedanke)

Sinn des Eigennamens

Sinn des Begriffswortes

Bedeutung des Satzes (Wahrheitswert)

Bedeutung des Eigennamens (Gegenstand)

Bedeutung des Begriffswortes (Begriff)

Gegenstand, der unter den Begriff fällt

Schema 1

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Satz

beurteilbarer Inhalt

Eigenname

Begriffswort

Gegenstand (mögliches Subjekt eines singulären beurteilbaren Inhalts)

Begriff (mögliches Prädikat eines singulären beurteilbaren Inhalts)

Schema 2

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hinweisen Eigenname

Gegenstand

bezeichnen Name des Prädikats

Begriffswort

Prädikat

bedeuten

Name der Relation

Begriff (Bedeutung des Begriffswortes)

Relation

bedeuten Satz

Gegenstand (Exemplifizierung des Prädikats)

bezeichnen Proposition

Name des propositionalen Begriffs

Propositionaler Begriff

hinweisen

Schema 3

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2.3. Paradoxe der Intensionalität Die Idee, dass die logischen Prinzipien allgemeingültig sind und dass eine der Quellen dieser Allgemeingültigkeit im allgemeinen Charakter der logischen Formen liegt, die als Kriterium für eine Klassifikation von Wissenseinheiten dienen, kann auf verschiedenen Annahmen basieren. Der Grund dieser Allgemeingültigkeit kann entweder in der Objektivität von logischen Formen und Prinzipien selbst liegen oder durch ihre Korrespondenz mit Formen und Gesetzmäßigkeiten der objektiven Welt bedingt sein. Der logischen Form, die als Struktur einer Proposition (in erster Linie geht es dabei um Propositionen, für die atomare Sätze stehen) oder als eine Art der Kombination ihrer Bestandteile definiert ist, entspricht in dem Satz, der für diese Proposition steht, kein besonderer Sprachausdruck, wie es schon im Kapitel 2.2. bemerkt wurde. Kein Zeichen der natürlichen Sprache steht somit für eine logische Form. Die Forderung Russells, dass jedes Zeichen eine objektive Bedeutung haben und deshalb für etwas in der Welt stehen soll76, impliziert aber nicht, dass alles Objektive durch ein Zeichen (insbesondere ein Zeichen der natürlichen Sprache) vertreten werden muss. Ein passendes Zeichen kann auch speziell konstruiert werden, um über Objekte sprechen zu können, die nicht im Alltag diskutiert werden und deshalb auch anders als viele Gegenstände, Begriffe und Propositionen bezeichnet werden können. Jede Wissenschaft entwickelt schließlich wenn nicht ihre eigene Sprache, dann bestimmt eine spezielle Terminologie, um über die von ihr zu untersuchenden Gegenstände, die meistens theoretische Konstrukte sind, sprechen zu können. Andererseits könnte das Fehlen eines besonderen Zeichens der natürlichen Sprache für solche Objekte wie logische Formen darauf hinweisen, dass die logischen Formen zum Instrumentarium des Begreifens von Objekten und ihren Zusammenhängen gehören. Welche theoretische Rolle spielen nun solche Objekte wie logische Formen für Russell? Die logische Form, die als Struktur der Proposition verstanden wird, ist nicht nur für die Analyse der Proposition und die

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Klassifikation von Propositionen wichtig. Die logische Form einer Proposition spielt eine wesentliche Rolle auch bei der Bestimmung der Eigenschaften dieser Proposition, wenn die Proposition als Bedeutung („meaning“) eines Satzes betrachtet wird. Zwei Sätze, die aus den gleichen aber auf unterschiedliche Weise mit einander verbundenen Sprachausdrücken bestehen, können verschiedene Bedeutungen haben, auch wenn die durch die Sätze bezeichneten Propositionen somit dieselben Bestandteile enthalten. Nehmen wir die Proposition der Mont Blanc ist höher als die Zugspitze. Vergleichen wir diese Proposition mit einer anderen (mit der Proposition, für die im Unterschied zum Satz für die erste Proposition der Satz mit denselben aber anders geordneten Bestandteilen steht) – die Zugspitze ist höher als der Mont Blanc. Unter dem Gesichtspunkt ihres Bestandes unterscheiden sich diese Propositionen nur durch die Reihenfolge ihrer Bestandteile, aber ihre Wahrheitswerte sind vollkommen verschieden. Was zeigt die Veränderbarkeit der Reihenfolge der Bestandteile bei den diesen Propositionen entsprechenden Sätzen? Kann der Grund für diese Veränderbarkeit das Sein von beiden unterschiedlichen Propositionen oder sogar die durch die Ausdrucksweise Russells suggerierte Veränderbarkeit einer Proposition sein? Ist dieses Phänomen durch einen objektiven Tatbestand bedingt, dann sind Propositionen einem erkennenden Subjekt schon als zwei voneinander unabhängige Arten vorgegeben – als wahre und falsche Propositionen. Ihre Wahrheit oder Falschheit ist in diesem Fall ihre originale Eigenschaft, die von keinen anderen Entitäten oder Sachverhalten abhängt. Wenn andererseits die Ursache der besagten Veränderbarkeit in einer Tätigkeit des erkennenden Subjekts liegt, dann sind Propositionen Produkte einer solchen Tätigkeit und in diesem Sinne subjektiv, was auch zum Schluss führen könnte, dass die logische Form als eine bestimmte Weise der besagten Tätigkeit oder ein Charakteristikum der Produkte dieser Tätigkeit auch als subjektiv bezeichnet werden könnte. Wird die so verstandene subjektive Natur der logischen Form doch nicht anerkannt, kann man annehmen, dass den logischen Formen eine andere Art der Objektivität zukommt, die sich von der Objektivität unterscheidet, die man Propositionen oder ihren Bestandteilen zusprechen kann.

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2.3.1. Russells Antinomie der Propositionen: ein Versuch der Rekonstruktion der ersten Formulierung 1902 entdeckte Russell die Antinomie der Propositionen77, die er in The Principles formulierte (dieser Formulierung gab er eine kurze einführende und eine detaillierte Fassung) und die er auch im Briefwechsel mit Frege diskutierte. Diese Diskussion und Russells Behauptung, dass sich die Antinomie durch die rein extensionale Auffassung von propositionalen Funktionen beseitigen ließe, geben Anlass, die Antinomie später als „intensionale“ zu charakterisieren78 und ihr Auftreten mit den strikten Bedingungen für die Identität von Propositionen zu verbinden79. Russell selbst weist darauf hin, dass diese Antinomie eine derjenigen ist, die man aus dem Satz Cantors folgern kann, laut dem die Potenzklasse einer nichtleeren Klasse (die Klasse ihrer Unterklassen) mehr Elemente enthält als die Klasse selbst, wobei die Elemente der Potenzklasse die Klassen sind, die man aus den Elementen der gegebenen Klasse bildet. Den Beweis dieses Satzes präsentierte Cantor zum ersten Mal 1891 in seinem Vortrag bei der ersten Sitzung der Deutschen Mathematiker-Vereinigung80. Bevor Russell seine Antinomie darlegt, fragt er sich, was für eine Relation zwischen Propositionen einer bestimmten Form, nämlich den logischen Produkten (Konjunktionen) von mehreren Propositionen einerseits, und den Mengen von Faktoren solcher logischen Produkte andererseits bestehen kann. Er nimmt an, dass eine solche Relation eineindeutig ist. Eine Relation ist nach Russell eineindeutig („one-one relation“), wenn Folgendes gilt: stehen x und x′ in der besagten Relation zu y, dann sind x und x′ identisch, und falls x in der gegebenen Relation zu y und y′ steht, dann sind y und y′ identisch81. Man kann mit anderen Worten behaupten, dass zwischen zwei Mengen (oder Klassen in der Terminologie Russells) X und Y eine eineindeutige Relation besteht, wenn einem Element aus der Menge X ein einziges Element aus der Menge Y zugeordnet werden kann, und einem Element aus der Menge Y – ein und nur ein Element aus der Menge X. Den Terminus „Relation“ ersetze ich hier durch den Terminus „Funktion“, aus dem Grund, dass sich die besagte Relation als ein bestimmtes Gesetz der Zuordnung beschreiben lässt. Ein solches Gesetz kann man auch als eine eineindeutige (umkehrbar eindeutige) Abbildung (oder Funktion, die ich hier von der Abbildung nicht unterscheide)

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charakterisieren, mit anderen Worten, als eine injektive Abbildung, deren Inverse auch eine Funktion ist, die man als eine Umkehrabbildung zu der gegebenen Abbildung bezeichnet82. In bezug auf die Mengentheorie und insbesondere in bezug auf die Vergleichbarkeit von Mengen spricht man aber auch über Bijektion zwischen zwei Mengen. Russell betrachtet eine Klasse von Propositionen. Elemente dieser Klasse analysiert er anhand einer Eigenschaft, die man durch die Wörter „ein logisches Produkt von Propositionen zu sein“ beschreiben kann. Ferner definiert Russell eine eineindeutige Abbildung von dieser Klasse von Propositionen auf die Klasse ihrer Unterklassen. Jeder Proposition, die kein logisches Produkt ist, ordnet diese Funktion (ich bezeichne sie im Weiteren als φ) die Klasse zu, deren einziges Element die Proposition selbst ist. Jeder Proposition, die ihrer Form nach ein logisches Produkt ist (und dessen sprachliches Korrelat deswegen ihrer Gestalt nach ein Satz, deren Teilsätze durch den Konnektor „und“ verbunden sind, ist), ordnet die besagte Abbildung die Klasse ihrer Faktoren zu. Der Proposition, die das logische Produkt aller Propositionen der gegebenen Klasse ist, wird durch die eingeführte Funktion eine Nullklasse zugeordnet. Wenn wir also jede Proposition (jedes Element der gegebenen Klasse) als einen der Werte einer anderen Funktion als φ betrachten, deren Argumente (oder Argument) Elemente von Klassen sind, die durch die definierte Abbildung φ dieser Proposition zugeordnet werden, bedeutet diese letzte Eigenschaft von φ, dass diese andere Funktion nur für die echten Unterklassen der Klasse von Propositionen definiert ist und nicht die ganze Klasse als ihr Argument haben kann. Diese Funktion (die man durch die Phrase „logisches Produkt (Konjunktion) von Propositionen, die zu einer (echten) Unterklasse der (gegebenen) Klasse der Propositionen gehören“ beschreiben kann) kann man auch als die Umkehrabbildung für die Funktion φ betrachten. Wir könnten alle diese Bedingungen auch so schreiben, wie es in der Mathematik üblich ist. Wir benutzen die Bezeichnung φ für die eingeführte Funktion, welche die Propositionen der gegebenen Klasse auf ihre echten Unterklassen wie oben beschrieben abbildet. Eine Unterklasse der Klasse von Propositionen bezeichnen wir durch fett gesetzte Buchstaben p, m (wobei p =df {p}, m =df {m1, m2, ...,

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ml}), die entsprechenden Propositionen durch kursiv gesetzte Buchstaben p, m (wobei m =df m1⋅m2⋅...⋅ml, p =df p), einen Wert der Funktion, deren Werte die logischen Produkte sind, durch ^‘m z.B., wenn die entsprechende Klasse m ist (die letzte Bezeichnung stammt von Russell). Die Klasse von Propositionen bezeichnen wir durch P, die Potenzklasse von P, die P selbst nicht enthält (die Klasse aller echten Unterklassen von P also), durch Ƥ(P). Dann ist die Funktion φ wie folgt definiert: φ: P → Ƥ(P), p |→ p m |→ m P |→ ∅ mit φ(p) = p, φ(m) = m, φ(P) = ∅, wobei auch gilt: ^‘m = φ-1(m), und somit ^‘p = p, ^‘m = m, ^‘(φ(m)) = m, φ(^‘m) = m. Zu bemerken ist, dass dieser Beschreibung der Funktion eine Annahme zugrunde liegt, die Russell selbst nicht macht oder zumindest nicht äußert. Diese Annahme ist durch die Einführung des Indexes l in der Definition von m angedeutet und besteht darin, dass jede Proposition eine „endliche Länge“ hat, was für die Proposition bedeutet, dass sie eine endliche Anzahl von Teilpropositionen (Konjunkten) hat, und für den der Proposition entsprechenden Satz – dass er eine endliche Anzahl von Teilsätzen enthält und somit eine endliche Zeichenfolge ist. Ohne diese Annahme gäbe es nämlich kein effektives Verfahren der Zuordnung. Somit hat die Umkehrfunktion der definierten Abbildung φ nur endliche Klassen als ihre Argumente. Nun geht Russell davon aus, dass der Cantorsche Satz gilt und dass die Klasse P von Propositionen eine solche Unterklasse enthalten kann, die kein Urbild unter den Elementen dieser Klasse hat. Wir bezeichnen diese Unterklasse durch w. Da die Bildung einer solchen Unterklasse offenbar nicht dem Gesetz der Zuordnung (φ) unterliegt, das die Elemente der Klasse P auf die Potenzmenge Ƥ(P) abbildet, müssen die Elemente dieser Unterklasse die Propositionen sein, für die nicht gilt, dass sie keine logischen Produkte oder Faktoren eines logischen Produkts sind. Russell nimmt an, dass sich Elemente einer solchen Klasse als die Propositionen beschreiben lassen, die selbst logische Produkte sind und die keine

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Faktoren von sich selbst sind. Da Russell aber von der Annahme ausgegangen ist, dass die Funktion φ, welche die Elemente der Klasse P auf Elemente von Ƥ(P) abbildet, eineindeutig ist und jedes Element der Klasse selbst als ein Wert der Funktion der Konjunktion von Propositionen einer ihrer Unterklassen aufgefasst werden kann, und somit jedes Element von Ƥ(P) auf die Klasse P abgebildet werden kann, muss jedem Element der Klasse Ƥ(P) ein Element aus P entsprechen. Dieses Element ist für die fragliche Klasse w (w = ^‘w). Die Frage, die Russell nun stellt, führt zu einem Widerspruch. Diese Frage ist die Frage, ob w selbst ein Element von w ist oder nicht. Ist die Proposition w ein Element der Klasse w, dann ist sie ihr eigener Faktor. Wenn sie aber ihr eigener Faktor ist, hat sie die definierende Eigenschaft der Klasse w nicht und kann auch nicht das Element der Klasse w sein. Wenn die Proposition w aber kein Element der Klasse w ist, dann besitzt sie die definierende Eigenschaft dieser Klasse (sie selbst ist ein logisches Produkt und zugleich kein eigener Faktor) und ist somit ein Element von w. 2.3.2. Formulierung der Antinomie: Russells Annahmen und einige Erklärungen Diese Rekonstruktion der Antinomie zeigt, dass sie aufgrund mehrerer problematischer Annahmen auftritt. Zunächst könnte man die Definition anzweifeln, die Russell den Elementen der Klasse w gibt. Wir wissen, dass sich jede Proposition (insofern eine solche als Träger eines Wahrheitswertes identifiziert wird) kraft des Idempotenzgesetzes auch als ein Produkt betrachten lässt, nämlich als Produkt der Proposition mit sich selbst (wegen der Äquivalenz einer beliebigen Proposition p mit dem logischen Produkt p⋅p). Wenn wir diese Äquivalenz p ≡ p⋅p berücksichtigen, können wir sagen, dass die Definition, die Russell den Elementen der Klasse w von Propositionen gibt, wenn er behauptet, dass sie logische Produkte aber keine Faktoren von sich selbst sind („propositions which are logical products, but are not themselves factors of themselves“), gegen logische Gesetze verstößt. Dass diese Propositionen als logische Produkte definiert werden, ist ja die Verneinung

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der Definition von solchen Propositionen wie die durch die Definition von φ gegebenen p, die keine logischen Produkte sind. Sie sind also logische Produkte, aber sie müssen sich doch auch von den logischen Produkten unterscheiden, die wie die Propositionen m oben eingeführt wurden. Solche Propositionen wie m enthalten andere Propositionen, die ihre Faktoren sind. Sind aber Propositionen m (die logischen Produkte, für welche die Funktion φ definiert ist) Faktoren von sich selbst? Nur im Sinne des Idempotenzgesetzes. Man kann versuchen, die von Russell eingeführte Definition durch die Annahme zu erklären, dass die Propositionen aus der Klasse w Produkte sind, die im Bestand anderer logischer Produkte wie m nicht als selbständige Faktoren vorkommen. Das könnte Folgendes bedeuten. Die Funktion φ ordnet jedem logischen Produkt, dessen Wahrheitswert von den Wahrheitswerten seiner r Faktoren abhängt, eine Klasse aus r Faktoren zu. Man kann aber das logische Produkt von r Faktoren, wobei r > 2 ist, auch als Produkt von zwei Faktoren betrachten, wobei einer der Faktoren selbst ein logisches Produkt von r – 1 Faktoren ist. Solche Produkte könnten Elemente der Klasse w sein. Die Klasse w kann nichtleer sein, wenn die Klasse P selbst endlich ist. Nehmen wir an, dass die Klasse P unendlich ist, und dass sie erstens unendlich viele Propositionen enthält, die keine logischen Produkte sind, und zweitens endliche Produkte von diesen Propositionen. Nehmen wir an, dass man in dieser Klasse für ein logisches Produkt von r Faktoren, wobei r > 2 ist, eine Proposition findet, die mit dem Faktor dieses Produkts, der selbst ein Produkt von r – 1 Propositionen ist, zusammenfällt. In diesem Fall sind Elemente aus w gerade solche Produkte. Die Frage, die sich nun stellt, ist die folgende. Ist Klasse w endlich? Denn nur in diesem Fall kann man über das Produkt der Elemente dieser Klasse sprechen. Ungeachtet der Antwort auf diese Frage, könnte diese Erklärung für die eingeführte Definition zumindest teilweise das größte Problem klären, das sich in der Formulierung der Antinomie ankündigt – die Annahme der Existenz einer eineindeutigen Abbildung zwischen einer Klasse von Propositionen und der Klasse ihrer echten Unterklassen. Außerdem kann man den Vorwurf eines Verstoßes gegen logische Gesetze abschwächen, wenn man die Aussage Russells über die Gültigkeit des Idempotenzgesetzes und über die Nicht-Identität von Propositionen, deren Äquivalenz durch dieses Gesetz festgehalten wird (auf diese Aussage möchte ich später noch eingehen), als

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die Behauptung interpretiert, dass die Zeichen für solche Propositionen auf keinen Fall die gleiche Form haben. Bei Russell ist die Möglichkeit dieser Interpretation dadurch verschleiert, dass er als Beispiel für nicht identische Sätze (und folglich Propositionen) zwei äquivalente Sätze wählt, die einen völlig verschiedenen Inhalt haben. Aber ist diese Möglichkeit auch wirklich gegeben, wenn er die Eigenschaften von Sätzen, die sich aus den Operationen auf Sätzen ergeben, auf Inhalte der Sätze überträgt und dann Unterschiede zwischen Sätzen durch Unterschiede zwischen Inhalten erklärt und somit in der Tat schon in The Principles Propositionen auch als Sätze behandelt? Das oben schon angesprochene Problem, das sich in dieser Formulierung der Antinomie erkennen lässt, ist die Annahme der Existenz einer eineindeutigen Abbildung φ zwischen der Klasse von Propositionen P und der Klasse ihrer echten Unterklassen Ƥ(P) einerseits und einer eineindeutigen Abbildung, welche die echten Unterklassen der Klasse von Propositionen auf ihre logischen Produkte abbildet, andererseits. Diese Annahme ist gleichbedeutend mit der Annahme der Existenz einer Bijektion zwischen den besagten Klassen und widerspricht in erster Linie dem Satz Cantors, den Russell durch die Einführung der Klasse w anerkennt und dessen einer Beweis auf der Behauptung beruht, dass zwischen einer nichtleeren Menge und der Menge ihrer Untermengen keine surjektive (und somit auch bijektive) Abbildung existieren kann. Als eine solche Behauptung wird der Satz von Cantor auch in vielen modernen Lehrbüchern angeführt83. Der Beweis, den Cantor selbst dem Satz gibt, beruht auf dem Diagonalverfahren84. In seinem Buch Mengenlehre und Logik (1959) charakterisiert Fraenkel einen solchen Beweis als einen konstruktiven Beweis. Einen derartigen Beweis unterscheidet er von einem Unmöglichkeitsbeweis, der z.B. in diesem Fall darin bestehen könnte, dass man zeigt, dass kein Versuch, eine gewünschte (eineindeutige) Abbildung zwischen zwei Klassen (einer Menge und ihrer Potenzmenge) zu konstruieren, „glücken kann“85. Die Unmöglichkeitsbeweise charakterisiert Fraenkel dabei als diejenigen, die tieferliegend als Konstruktionen sind. Wie wir später sehen werden, gibt Russell selbst 1905 einen Beweis der aus dem Satz von Cantor folgenden Behauptung, dass es keine größte

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Kardinalzahl gibt, dem man Folgendes entnimmt. Wird eine eineindeutige Abbildung zwischen Elementen einer Klasse und einigen (oder allen) ihrer Unterklassen angenommen, zeigt es sich, dass mindestens eine Unterklasse der Klasse kein Urbild unter den Elementen der Klasse hat. Das heißt aber auch, dass die Annahme der Existenz einer bijektiven Abbildung zwischen einer Klasse und der Klasse ihrer Unterklassen (und somit die Annahme der Gleichmächtigkeit einer nichtleeren Klasse und der Klasse ihrer Unterklassen) zu einem Widerspruch führt. Ob Russell selbst hier die Möglichkeit in Betracht zieht, die Beziehungen zwischen einer Klasse und der Klasse ihrer Unterklassen durch Charakterisierung der Abbildungen zwischen diesen zu beschreiben, ist fraglich, denn seine Schlüsse aus dem Satz betreffen in erster Linie den Klassenbegriff selbst. Im Zusammenhang mit einem anderen Satz Cantors, nach dem das Kontinuum nicht abzählbar ist, ist die Argumentation von Poincaré von Bedeutung, der in einer seiner Vorlesungen, die er in Göttingen 1909 hielt, den „scheinbaren“ Widerspruch zwischen diesem Satz Cantors und der Antinomie von Richard analysiert86. Die Aussage des Satzes identifiziert er mit der Aussage darüber, dass ein Gesetz der (eineindeutigen) Zuordnung zwischen den Elementen des Kontinuums und den ganzen Zahlen nicht existiert, während nach Richard ein solches Gesetz existieren muss. Poincaré ist der Meinung, dass der Widerspruch nur scheinbar ist, da das Gesetz der Zuordnung, das Richard definiert, nicht prädikativ (im Sinne Russells) ist, was bedeutet, dass die dem Gesetz der Zuordnung zugrunde liegende Klassifikation durch die Einführung eines neuen Elements verändert werden kann. Unter der Klassifikation könnte man hier die Einteilung des Diskussionsbereichs einerseits in die Klasse der Elemente, die den Wertebereich der durch das Gesetz der Zuordnung definierten Funktion bilden, und andererseits in die Klasse der Elemente, die als Werte der Funktion nicht auftreten können, verstehen. Obwohl Poincaré hier in bezug auf den Satz von Bernstein die Idee äußert, dass sich eine Beziehung zwischen zwei Mengen durch die Eigenschaften eines Zuordnungsgesetzes (einer Funktion also, die eine Menge auf die andere abbildet) beschreiben lässt, scheint es, als ob man hier „extensionale“ Charakteristika einer bestimmten Abbildung (z.B. ihre Eineindeutigkeit) aus den speziellen Eigenschaften der Bilder und Urbilder der Funktion ableitet, so dass die letzteren sogar den Charakter der Abbildung bestimmen. Warum Russell in

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der Tat die Existenz einer Bijektion in seiner Antinomie annimmt, ist in einem solchen Fall verständlich. Wenn man eine Klasse von Propositionen betrachtet, kann man Elemente dieser Klasse als Faktoren eines logischen Produkts auffassen. Betrachtet man nun eine Proposition, dann kann man sie analysieren und, falls sie sich als ein Wert einer solchen Funktion wie ^‘m betrachten lässt, kann man ihr eine Klasse von Propositionen m zuordnen. Hat die Proposition die Form einer Konjunktion von mehreren Propositionen nicht, dann ordnet man ihr eine Klasse, die aus der Proposition selbst besteht, zu. Fraglich bleiben für Russell nur solche Fälle, wo ein Faktor des Produkts z.B. selbst ein logisches Produkt ist. Könnte er Propositionen schon 1903 als Sätze auffassen und die Wahrheitswerte als semantische Interpretation solcher Sätze einführen, dann hätte anscheinend diese Frage für ihn folgende Gestalt: soll man das Konjunktionszeichen als einen binären Funktor betrachten oder kann man, von den semantischen Eigenschaften der Konjunktion, die sich in dem Gesetz der Assoziativität der Konjunktion äußern, ausgehend, diesen binären Charakter vernachlässigen und die Konstruktionsweise eines Satzes, dessen Teilsätze durch den Konnektor „und“ verbunden sind, nicht beachten? Anscheinend wegen derartiger semantischen Überlegungen fragt Russell sich auch, ob die Funktion, die Klassen von Propositionen auf ihre logischen Produkte abbildet, tatsächlich eineindeutig ist oder aber doch nicht. Ist diese Abbildung nicht eineindeutig und somit auch nicht injektiv, dann kann eine Proposition zwei verschiedenen Klassen von Propositionen (z.B. {p, q, r} und {p⋅q, r}) entsprechen. Russell behauptet aber, dass die logische Äquivalenz von Propositionen (sowie von propositionalen Funktionen, wobei Russell ^’m als eine propositionale Funktion charakterisiert) ihre Identität nicht impliziert. Deswegen entscheidet er die Frage nach dem Charakter der besagten Abbildung zugunsten ihrer Eineindeutigkeit. Seine Argumentation kann man nun so darstellen. Nimmt man eine Klasse von Propositionen n und betrachtet man das logische Produkt ihrer Elemente n als Proposition, die nach logischen Prinzipien zu n·n äquivalent ist, ohne zwischen Äquivalenz und Identität von Propositionen zu unterscheiden, dann macht diese Äquivalenz nach Russells Meinung die Antinomie ungültig. Man kann ja jede Proposition der Form ^‘n als logisches Produkt sowohl der Propositionen der Klasse n als auch der Klasse, die aus n durch Zufügen von n gebildet wird, auffassen, wodurch n nun zu der Proposition

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wird, die sowohl das Produkt der Elemente der Klasse, die n selbst nicht enthält, als auch der Klasse, die n enthält, sein kann. Russell akzeptiert eine solche Lösung der Antinomie nicht, aus dem Grund, dass äquivalente propositionale Funktionen nicht unbedingt identisch sind, was auch heißen könnte: aus dem Grund, dass in einem solchen Fall die Abbildung, die wir betrachten, nicht injektiv (da sie verschiedenen Argumenten ein und denselben Wert der propositionalen Funktion zuordnet) und folglich nicht eineindeutig sein kann. Die Bezeichnung n·n, an sich genommen, verschleiert außerdem die Gestalt der Klasse von Propositionen, welche einer solchen Proposition zugeordnet werden soll. Ist die Klasse n z.B. die Klasse {p, q}, dann kann die Klasse, die n·n zugeordnet wird, {p, q, p⋅q} sein oder aber {p⋅q, p⋅q}. Diese Bezeichnungsweise unterscheidet also nicht zwischen Argumenten der propositionalen Funktion ^‘n und ihrem Wert, wenn es darum geht, einem Wert der propositionalen Funktion eine Klasse zuzuordnen. Die auf solche Weise beschriebene propositionale Funktion scheint als eines ihrer Argumente auch ihren eigenen Wert zu haben. Diese Überlegung bringt uns zum anderen Problem, das zum Auftreten dieser Antinomie führen könnte – dem Problem der TypUnterscheidung. 2.3.3. Einige Besonderheiten der Russellschen Bezeichnungsweise und die zweite Formulierung Bei der oben angegebenen Rekonstruktion der Antinomie habe ich einige von Russells Bezeichnungen auf eine Weise interpretiert, die von der üblichen Interpretation abweicht. Das betrifft in erster Linie die Bezeichnung für ein logisches Produkt. Ein logisches Produkt habe ich, den Definitionen und den Bemerkungen in The Principles folgend, als eine komplexe Proposition aufgefasst. Eine solche habe ich als einen Wert einer propositionalen Funktion (der Konjunktion von bestimmten Propositionen) betrachtet. Wir haben gesehen, dass die Antinomie auch bei einer solchen Auffassung auftritt, was auch die Annehmbarkeit der vorgeschlagenen Rekonstruktion bedeuten könnte. Was allerdings bei der angegebenen Rekonstruktion auffällt, ist die Tatsache, dass man zu der Formulierung der widersprüchlichen Behauptungen, welche die Antinomie ausmachen, kaum gelangen kann. Selbst die Annahme, dass man für eine Klasse, die nach

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dem Gesetz der Zuordnung φ keiner Proposition zugeordnet werden kann, doch ein Urbild findet, das sich als ein Wert der Umkehrfunktion von φ beschreiben lässt, ist widersprüchlich. Obwohl Russell von der Äquivalenz (Gleichmächtigkeit) der Klasse von Propositionen und der Klasse ihrer echten Unterklassen ausgeht, indem er über eine eineindeutige Relation zwischen diesen spricht, könnte man versuchen, die Annahme der Existenz einer solchen Relation als Annahme der Existenz von zwei Funktionen auslegen, die beide injektiv sind und somit verschiedenen Werten ihrer Argumente (verschiedenen Elementen ihrer Definitionsbereiche) auch verschiedene Werte aus dem Wertebereich der Funktionen zuordnen, wobei beide Funktionen aber nicht surjektiv sind, was bedeutet, dass ihre Wertebereiche echte Teilmengen der Mengen sind, auf die diese Funktionen ihre Argumente abbilden. In einem solchen Fall ordnet die Funktion φ jeder Proposition eine Klasse nach dem oben beschriebenen Gesetz der Zuordnung zu. Eine andere Funktion, die Funktion ^‘, ordnet jeder Unterklasse der Klasse von Propositionen das logische Produkt von Elementen dieser Klasse zu. Eine der modernen Formulierungen des Satzes von Bernstein (auch Cantor-Bernstein oder Schröder-Bernstein) besagt allerdings, dass es eine Bijektion zwischen zwei Mengen A und B gibt oder, anders ausgedrückt, dass A und B gleichmächtig sind, wenn eine injektive Abbildung f von der Menge A auf die Menge B und eine injektive Abbildung g von der Menge B auf die Menge A existieren87. Es gibt also keinen prinzipiellen Unterschied zwischen meiner Rekonstruktion und einer solchen Auffassung. Bei der besagten Rekonstruktion bin ich vom Russellschen Text ausgegangen, habe den Terminus „Relation“ durch „Abbildung“ („Funktion“) ersetzt und das logische Produkt auf die oben beschriebene Weise aufgefasst. Die für die anderen Rekonstruktionen der Antinomie relevante Russellsche Bezeichnung eines logischen Produkts beruht anscheinend auf seiner Definition der Proposition einerseits sowie auf seiner Interpretation einer Klasse andererseits. Bekanntlich definiert er eine Proposition in The Principles als alles, was sich selbst implizieren kann. Ich bezeichne eine Klasse von Propositionen weiterhin als m. Dann ist das logische Produkt von Propositionen aus m die Proposition, die man durch den Satz „Jedes m ist wahr“ bezeichnet. Formal kann man schreiben:

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p ∈ m. ⊃p .p88, wobei ich nun mit kursiv gesetzten Buchstaben eine Proposition bezeichne und mit fett gesetzten – wie zuvor eine Klasse von Propositionen. Hier und beim Zitieren der Russellschen Bezeichnungsweise aus seinem Briefwechsel mit Frege steht die Bezeichnung „p“ für eine beliebige Proposition, die als Faktor eines logischen Produkts auftritt, also auch für solche Propositionen, die ich bei der Rekonstruktion der Antinomie als mi bezeichnet habe. Mit dem Begriff der Klasse verbindet Russell auch den Begriff der Wahrheit. Nach Russell kann man eine Klasse als das, was durch eine propositionale Funktion definiert wird, betrachten. Nimmt man eine propositionale Funktion ψŷ, dann kann man alle Argumente, welche ψŷ erfüllen, als solche y beschreiben, für die ψy eine wahre Proposition ist. Unter allen möglichen Werten der propositionalen Funktion sondert man also nur wahre Propositionen aus. Dann bilden die in diesen Propositionen vorkommenden Werte der Argumente der Funktion die Klasse, die durch die fragliche propositionale Funktion definiert ist89. Noch ein Grund für die Einführung des Begriffs der Wahrheit für die Beschreibung eines logischen Produkts könnte darin bestehen, dass Russell diesen Begriff für die Beschreibung von logischen Begriffen und Prinzipien mittels natürlicher Sprache verwendet und ein solcher Gebrauch für ihn eine Regel ist. Dass er z.B. das logische Produkt von zwei Propositionen p und q als die Behauptung „p und q sind beide wahr“ auffasst90, bedeutet nicht, dass er keinen weiteren Wahrheitswert für zwei beliebige Propositionen sowie für ihre Konjunktion zulässt. Dass er das logische Produkt auf solche Weise beschreibt, kann dadurch erklärt werden, dass die Logik als die Wissenschaft vom Schließen die Gesetze erforscht, die es erlauben, aus wahren Prämissen wahre Schlüsse abzuleiten. Im Zusammenhang mit einer (bestimmten) Ableitung sind deswegen nur wahre Prämissen und Schlüsse relevant, und nur solche will man durch den Gebrauch von logischen Vorschriften gewinnen. Der Ausdruck „p und q sind beide wahr“ kann insofern als eine Beschreibung der Konjunktion betrachtet werden, als er die Bedingungen wiedergibt, unter denen eine Konjunktion (ein Satz, dessen Teilsätze durch „und“ verbunden sind) wahr ist. Analog kann man die Russellsche Bezeichnung für ein logisches Produkt erklären. Man kann sagen, dass diese Bezeichnung die Wahrheitsbedingungen wiedergibt, unter denen ein logisches Produkt von Propositionen einer Klasse wahr ist.

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Das ist dann und nur dann der Fall, wenn jeder Faktor des Produkts eine wahre Proposition ist. Man kann also sagen, dass der Satz „Jedes m ist wahr“ nur eine Umformulierung des Satzes „Für jedes m gilt: ist m aus m, dann ist die Proposition m wahr“ ist. Russell beschreibt die Antinomie mit Hilfe dieser Bezeichnungen (und diese Beschreibung bezeichnet er als eine Art, sie vollständiger („more fully“) darzulegen) nun folgendermaßen. Wenn m eine Klasse von Propositionen ist, dann kann die Proposition jedes m ist wahr selbst ein Element von m sein oder nicht sein. Diese Proposition hat eine eineindeutige Relation zu m. Diese Eineindeutigkeit bedeutet, dass, wenn m sich von n unterscheidet, dann auch ihre logischen Produkte (jedes m ist wahr und jedes n ist wahr) verschieden sind. Sollte diese Relation als Funktion aufgefasst werden, die eine Klasse von Propositionen auf das logische Produkt der Propositionen dieser Klasse abbildet, realisiert sich diese Bedingung in der Injektivität dieser Funktion. Nun betrachtet Russell die Klasse von Propositionen, welche die Form eines logischen Produkts haben (die Form „jedes m ist wahr“) und dabei der entsprechenden Klasse m nicht angehören. Russell bezeichnet eine solche Klasse als w. Das logische Produkt der Elemente von w (die Proposition jedes w ist wahr) bezeichnet Russell als p. Nun stellt sich die Frage, ob p selbst zu der Klasse w gehört oder nicht. Wenn p zu w gehört, dann muss p die definierende Eigenschaft von w besitzen und deswegen nicht zu w gehören. Wenn p nicht zu w gehört, dann besitzt p die definierende Eigenschaft von w und gehört deshalb zu w. 2.3.4. Church (1985): die Rekonstruktion der Antinomie Die auf diese Weise dargelegte Antinomie wurde von Church 1985 formalisiert91. Bei seiner Formalisierung benutzt Church den Formalismus der Principia, da The Principles keinen gut entwickelten logischen Formalismus enthält. Das Ziel, das Church bei dieser Formalisierung verfolgt, besteht in der Formulierung einer Theorie der Identität von Formeln des Systems der Principia. Church behauptet, dass das Zeichen „=“, das in den Principia benutzt wird, bestimmte Einschränkungen auf die Möglichkeit der Substitution für Aussagenvariablen impliziert. Diese

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bestehen darin, dass das Zeichen nur zwischen Variablen oder Konstanten oder einer Variablen und einer Konstante vorkommen kann, die zu ein und demselben Typ gehören92. In diesem Zusammenhang schlägt Church vor, ein besonderes Zeichen (einen primitiven Konnektor) für die Identität von Propositionen einzuführen, nämlich „≣“. Dieses Zeichen agiert syntaktisch als ein Konnektor des Aussagenkalküls, was bedeutet, dass der Ausdruck des Kalküls, in dem es zwischen zwei Formeln des Kalküls (zwischen zwei wohlgebildeten Ausdrücken des Kalküls also) vorkommt, auch eine Formel des Kalküls ist. Church nimmt Russells einfache („simple“) Typentheorie, führt das besagte Zeichen und Axiome sowie Axiomenschemata ein, die dieses Zeichen definieren, übersetzt Russells Formulierung der Antinomie in die Formelsprache und, von den Annahmen Russells ausgehend, beweist die Antinomie allein durch den Gebrauch mancher wohlbekannter logischer Regeln und Sätze, ohne dabei die einfache Typentheorie zu verletzen. Die Quelle der Antinomie besteht nach seiner Annahme in der Behauptung, dass, wenn n sich von m unterscheidet, die Proposition jedes n ist wahr nicht dieselbe Proposition wie jedes m ist wahr ist. Diese Behauptung schreibt Church in der Form: ├ ~ (q)[n(q) ≡ m(q)] ⊃ ~ . (q)[n(q) ⊃ q] ≣ (q)[m(q) ⊃ q] Diese Behauptung bezeichnet Church als (1a)93. Ich behalte diese Bezeichnung bei. Zur Notation bemerke ich, dass Church m und n nicht als Klassen betrachtet, sondern als propositionale Funktionen. Deshalb sind diese Buchstaben von mir nicht nur fett, sondern auch kursiv gesetzt. Den Anlass für eine solche Auffassung der logischen Produkte von Propositionen liefert übrigens Russell selbst, der nach einer Diskussion mit Frege, der das Vorkommen einer Klasse in einer Proposition (die, wie wir schon wissen, für Russell kein Satz ist) angezweifelt hatte, eine neue Bezeichnung für das logische Produkt einführte. Anstatt „p ∈ m. ⊃p .p“ zu schreiben, benutzt Russell schon 1903 in einem seiner Briefe die Schreibweise „φ(p) ⊃p p“94. Church weist darauf hin, dass die Behauptung (1a) bei Russell keine formale Begründung findet und von seiner Forderung abhängt, dass es eine eineindeutige Relation zwischen Klassen von Propositionen und ihren logischen Produkten geben soll. Church selbst hält die Begründung dieser Behauptung durch das folgende semantische Prinzip für plausibel: „Wenn n und m Namen verschiedener Gegenstände

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sind, aber zu einem und demselben Typ gehören, und wenn ein (Aussage-) Satz durch das Ersetzen eines Vorkommens von n durch m geändert wird, dann vertreten der ursprüngliche Satz und der geänderte Satz verschiedene Propositionen“95. Eine andere Form der angegebenen Behauptung (1b) (├(q)[n(q) ⊃ q] ≣ (q)[m(q) ⊃ q] . ⊃ (q)[n(q) ≡ m(q)]) beweist Church auch ohne Annahme dieses semantischen Prinzips und zeigt anschließend, dass die verzweigte Typentheorie diese Antinomie eliminiert, da ihr Beweis schon bei dem zweiten Schritt scheitert. Betrachtet man die formalen Ausdrücke, die Church benutzt, so merkt man, dass der Ausdruck „(q)[n(q) ⊃ q]“ der Ausdruck einer Behauptung über eine propositionale Funktion ist, deren Bezeichnung die Bezeichnung einer anderen propositionalen Funktion, nämlich n(q), enthält. Der besagte Ausdruck ist also der Ausdruck der Behauptung über eine propositionale Funktion, deren Werte von den Argumenten und Werten einer anderen propositionalen Funktion abhängen. In seinem hier schon erwähnten Brief an Frege vom 24 Mai 1903 nahm Russell an, dass die Quelle der Schwierigkeiten in der Funktion der Form „~φ(φ(p) ⊃p p)“ lag, wobei man seinen Ausdruck „φ(p) ⊃p p“ als eine Behauptung über eine propositionale Funktion betrachten kann. Wir sehen, dass sich die Ausdrücke (1a) und (1b) in einem solchen Fall auch als Formulierung einer Beziehung zwischen zwei Behauptungen über propositionale Funktionen auffassen lassen. Eine der Behauptungen ist die Behauptung über die formale Äquivalenz von zwei propositionalen Funktionen. Die andere Behauptung betrifft die Identität der Behauptungen über die propositionalen Funktionen, deren Werte von den Argumenten und Werten der anderen (formal äquivalenten oder nicht äquivalenten) propositionalen Funktionen abhängen. Diese Beziehung könnte die Eigenschaft der Injektivität charakterisieren, die allerdings in Churchs Darlegung eine ganz besondere Form annimmt. Normalerweise bedeutet die Injektivität einer Funktion, dass man aus der Gleichheit der Werte einer Funktion die Gleichheit ihrer Argumente, und aus der Ungleichheit der Argumente die Ungleichheit der Werte folgern kann. Die Ausdrücke (1a) und (1b) bedeuten, dass man aus der formalen Nicht-Äquivalenz zweier

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propositionalen Funktionen (ich möchte den Charakter dieser Funktionen sowie ihrer Argumente hier undefiniert lassen) auf die Nicht-Identität der Behauptungen über den logischen Zusammenhang zwischen diesen propositionalen Funktionen und ihren Argumenten, und aus der Identität solcher Behauptungen auf die formale Äquivalenz der propositionalen Funktionen schließen darf. Church selbst weist darauf hin, dass das semantische Prinzip, das er als Quelle der Antinomie betrachtet, zu der Anerkennung dessen führt, dass die Relation zwischen Klassen von Propositionen und ihren logischen Produkten einmehrdeutig („one-many“) ist, was schon allein genügt, um die Antinomie herbeizuführen96. 2.3.5. Myhill (1957): die Wiederentdeckung der Antinomie Linsky bemerkt, dass die Antinomie Russells von Myhill 1957 im Kontext der Formalisierung der intensionalen Logik erneut aufgedeckt wird, wobei Myhill den Namen Russells nicht erwähnt97. Die Antinomie formuliert Myhill in dem Aufsatz „Problems Arising in the Formalization of Intensional Logic“98, wo er die Möglichkeit der „Logik der Intensionen“ in Abhängigkeit von der Lösung der Aufgabe stellt, die Quine in seiner Polemik mit Church formuliert. Nach Quine gibt es kein klares Kriterium für die Identifizierung und Unterscheidung von Intensionen, welche dieselbe Extension haben. Während eine extensionale Theorie über ein Kriterium verfügt, das zwei Extensionen zu identifizieren erlaubt, bedarf eine intensionale logische Theorie erst einer Formulierung eines derartigen Kriteriums. Myhill betrachtet verschiedene solcher Kriterien, die insbesondere Church in seinen früheren Aufsätzen vorschlägt. Eines dieser Kriterien fasst Myhill als die Forderung auf, zwei Ausdrücke als verschiedenen Sinn aufweisende zu betrachten, bis es bewiesen wird, dass sie denselben Sinn haben. Diese Forderung bezeichnet Myhill als „Prinzip des maximalen Unterschiedes“ („principle of maximum distinction“). Das System, das Church als Realisierung dieser Forderung entwickelt, erweist sich nach Myhill als formal widersprüchlich. Man kann zeigen, dass in diesem System folgende Antinomie beweisbar ist. Man betrachtet zwei verschiedene Mengen von Propositionen f und g und zwei Propositionen, die Myhill anscheinend als Sätze auffasst. Eine Proposition besagt, dass jede Proposition zu f gehört, und die andere – dass jede Proposition zu g

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gehört. Laut dem Prinzip des maximalen Unterschiedes sind diese zwei Propositionen verschieden (sie haben verschiedenen Sinn und können nicht immer eine durch die andere ersetzt werden). Somit wird eine eineindeutige Abbildung eingeführt, die Klassen von Propositionen auf Propositionen abbildet, was gegen den Satz von Cantor verstößt99. Diese Antinomie unterscheidet sich tatsächlich kaum von der Russellschen. Bemerkenswert ist auch, dass man, von der Annahme eines Sinnesunterschiedes zwischen zwei Propositionen (Sätzen) ausgehend, welche die Werte derselben propositionalen Funktion für verschiedene Argumente sind, den Schluss erhält, der als eine der Annahmen in der Antinomie Russells auftritt. Man kann auch vermuten, dass Churchs Theorie, die auf der Einführung des Zeichens „≣“ basiert, unter anderem eine Antwort auf Myhills Kritik ist. Das könnte auch ein Grund dafür sein, dass Church das Prinzip (1a) oder (1b) anders begründen will als von dem besagten semantischen Prinzip ausgehend. Wir sehen also, dass man die Antinomie auf zweifache Weise bekommt. Man kann davon ausgehen, dass man von der Tatsache, dass der einzige Unterschied zwischen zwei gleichgestalteten Propositionen im Vorkommen verschiedener Variablen an derselben Stelle besteht, auf die Identität dieser Propositionen nicht schließen darf, und daraus den Schluss ziehen, dass es eine eineindeutige Abbildung von Mengen von Propositionen auf Propositionen gibt, was dem Satz von Cantor widerspricht (Myhill). Church geht von einer ähnlichen Voraussetzung aus und zeigt, dass man eine Klasse von Propositionen so definieren kann, dass diese Definition ungeachtet ihrer logischen Annehmbarkeit in der Tat keine Klasse definiert. Russells erste Annahme widerspricht von Anfang an dem Cantorschen Satz. Russell geht also davon aus (im Unterschied zu Church und Myhill), dass es eine eineindeutige Abbildung von Klassen von Propositionen auf Propositionen (die logischen Produkte der Elemente solcher Klassen) gibt. Die Antinomie zeigt, dass man als Bild einer bestimmten Klasse unter dieser Abbildung eine Proposition bekommt, deren Sein nur dann akzeptiert werden kann, wenn man zulässt, dass eine Proposition mehreren Klassen von Propositionen entsprechen kann. Wenn aber der Wert einer propositionalen Funktion für verschiedene Argumente

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ein und derselbe ist, könnte das bedeuten, dass dieser Wert keine Proposition ist, deren Bezeichnung ein echter Name einer einzelnen Entität ist. In diesem Fall könnte der Wert der propositionalen Funktion das sein, was äquivalente Propositionen gemeinsam haben – ein Wahrheitswert. Die Anerkennung der Tatsache, dass zwischen Klassen von Propositionen (Unterklassen der Klasse von Propositionen) und ihren logischen Produkten eine eineindeutige Abbildung nicht existiert, könnte daher mit der Anerkennung dessen gleichgesetzt werden, dass der Wert einer propositionalen Funktion keine Proposition ist, sondern ein Wahrheitswert, was den Begriff der propositionalen Funktion von vornherein ausschließt oder diesen dem Fregeschen Begriff des Begriffs gleichsetzt. Die einzige Möglichkeit, den Begriff der propositionalen Funktion in seiner Besonderheit zu behalten, bestünde darin, dass man die propositionale Funktion als Zuordnungsvorschrift auffasst, die auf dem Bereich von Zeichen definiert ist, und die Zeichen (nämlich Sätze) als ihre Werte liefert. Das bedeutet aber, dass die Proposition mit dem Satz identifiziert werden muss. 2.3.6. Russell (1905): die Nicht-Klassen-Theorie Zu bemerken ist, dass Russell sich der Probleme, die mit der Annahme der Eineindeutigkeit der oben beschriebenen Abbildung verbunden sind, offensichtlich bewusst ist. Im Aufsatz „On Some Difficulties in the Theory of Transfinite Numbers and Order Types“100, der schon 1905 vor der London Mathematical Society präsentiert wurde, betrachtet Russell Klassen, die zu Widersprüchen führen, sowie verschiedene Möglichkeiten, solche Widersprüche zu beseitigen. Insbesondere äußert er hier die Idee einer Nicht-Klassen-Theorie („no classes theory“), und in ihrem Entwurf erkennt man manche der Ideen, die später (in den Principia) zu der Theorie der unvollständigen Symbole entwickelt wurden. Russell stellt hier die Frage, welche Forderungen eine propositionale Funktion (hier bezeichnet er eine solche als Norm) erfüllen muss, um eine Klasse zu definieren. Im Kapitel 2.2 haben wir schon gesehen, dass sich Russell noch vor der Entdeckung seiner Antinomie für die Frage interessierte, ob jede Klasse ein definierendes Prädikat hat. Nun kommt er

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zu dem Schluss, dass nicht jede logisch definierte („logically determinate“) propositionale Funktion eine Klasse bestimmt. Wäre es anders, könnte man die Antinomien nicht vermeiden. Um ein Beispiel einer derartigen propositionalen Funktion anzuführen, analysiert Russell die Funktion x = x, welche die Klasse aller Entitäten definiert. Diese Klasse bezeichnet er als V. Die Kardinalzahl der Menge von Klassen, die durch die propositionale Funktion „u ist äquivalent zu (oder hat die gleiche Mächtigkeit wie) V“ („u is similar to V“) definiert ist, sollte in diesem Fall die größte Kardinalzahl sein. Aber dieses Ergebnis widerspricht der aus dem oben erwähnten Satz Cantors folgenden Behauptung, dass es keine größte Kardinalzahl gibt. Russell weist darauf hin, dass man auch weitere propositionale Funktionen konstruieren kann, die zu Widersprüchen führen. In diesem Zusammenhang betrachtet Russell auch den Beweis des Satzes von Cantor, der auf der Annahme der Existenz einer eineindeutigen Abbildung R zwischen einer beliebigen Klasse u und einigen oder allen ihrer Unterklassen beruht. Eine solche Abbildung wäre z.B. die Abbildung, die jedem Element der Klasse eine Unterklasse dieser Klasse zuordnet, deren einziges Element dieses Element selbst ist. Man definiert dann die propositionale Funktion „x ist ein Element von u, aber kein Element der Klasse, die R dem x zuordnet“. Wir nehmen an, dass diese Funktion die Klasse w definiert. Dann wird aber w aus der Zuordnung ausgelassen. Wenn x der Klasse w zugeordnet ist, dann ist x kein Element von w, was aus der Definition von w folgt, wenn x aus w ist. Umgekehrt, wenn x nicht aus w ist, dann ist es ein Element von w, weil es die definierende Eigenschaft dieser Klasse besitzt. Daraus kann man schließen, dass man bei einer eineindeutigen Abbildung von allen Elementen von u auf Unterklassen von u immer solche Unterklassen findet, die dem Bild dieser Abbildung nicht angehören101. Die Schlüsse, die Russell aus diesem Beweis zieht, betreffen allerdings nicht die Eigenschaften von Abbildungen zwischen Klassen und ihren Unterklassen. Für Russell ist ja der Begriff einer Funktion nicht der Oberbegriff für logische Begriffe eines Begriffs und einer Beziehung wie für Frege. Russell akzeptiert den für die Logik grundlegenden Charakter einer besonderen Art von Funktion, einer propositionalen Funktion, und ihre speziellen Charakteristika lassen keinen Zweifel an der Eineindeutigkeit der fraglichen Abbildungen. Anstatt auf die Anerkennung solcher Eigenschaften dieser Abbildungen zu verzichten,

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sucht Russell nach einem anderen Ausweg und verzichtet schließlich auf seine Auffassung des Begriffs der Klasse. Russell unterscheidet zunächst zwischen zwei Arten von propositionalen Funktionen – prädikativen („predicative“) und nicht-prädikativen („non-predicative“). Sie unterscheiden sich voneinander dadurch, dass prädikative Funktionen eine Klasse definieren und nicht-prädikative – nicht102. Solange man annimmt, dass es prädikative propositionale Funktionen gibt, braucht man Kriterien oder Regeln, nach denen man prädikative Funktionen von nichtprädikativen unterscheiden kann. Im Zusammenhang mit dieser Aufgabe verallgemeinert Russell die Form der ihm bekannten Antinomien und behauptet, dass diese Form die folgende ist. Es sei eine Eigenschaft φ gegeben, die eine Klasse u definiert oder, mit anderen Worten, allen Elementen von u zukommt. Man betrachtet eine Funktion f, die auf der Klasse u definiert ist, so dass der Wert f‘u existiert, welcher die Eigenschaft φ hat und nicht zu der Klasse u gehört. Ferner nimmt man an, dass eine Klasse w aller solcher Terme existiert, welche die Eigenschaft φ haben, und dass die Funktion f auch auf w definiert ist, so dass f‘w existiert. Anschließend kommt man zum Schluss, dass f‘w die Eigenschaft φ zugleich hat und nicht hat. Anders ausgedrückt, es gibt Eigenschaften, die man irgendwelchen Objekten prädiziert. Aus diesen Objekten bildet man aufgrund einer solchen Prädikation eine Klasse. Aber man kann immer ein neues Objekt definieren, das die fragliche Eigenschaft hat, z.B. eine solche Klasse selbst. Man kann deswegen keine Klasse bilden, die alle Terme enthält, die durch die besagte Eigenschaft beschrieben werden können103. Man sieht also, dass die Klasse, die durch eine nicht-prädikative Funktion gebildet wird, der Definition der Klasse Russells nicht entspricht, da Russell verlangt, dass die Klasse nur eine solche Gesamtheit der Terme ist, die sich durch ein Prädikat definieren lässt und dabei alle Terme enthält, die das definierende Prädikat haben. Als Kriterium der Prädikativität schlägt Russell deshalb vor, die Möglichkeit zu betrachten, aus allen Objekten, welche die fragliche Eigenschaft haben, eine Reihe zu konstruieren, die mit der Reihe von Ordinalzahlen gleichmächtig ist, was bedeutet, dass eine eineindeutige Relation zwischen diesen Reihen besteht. Für eine nicht-prädikative Eigenschaft lässt sich nämlich eine solche Reihe konstruieren, deren Elemente diese nicht-prädikative Eigenschaft erfüllen.

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Russell behauptet aber, dass die Unterscheidung zwischen prädikativen und nicht-prädikativen Funktionen nur dann sinnvoll ist, wenn es prädikative Funktionen überhaupt gibt. Die Annahme der Existenz der Letzteren betrachtet er als eine Hypothese im Gegensatz zu der These von der Existenz von nicht-prädikativen Funktionen. Diese These wird durch das Auftreten von Antinomien bewiesen. Der radikalste Weg, derartige Probleme aufzuheben, ist, auf die Anerkennung von Klassen als selbständigen Objekten zu verzichten. Bei der Formulierung der Hauptidee seiner Nicht-Klassen-Theorie äußert Russell Gedanken, deren Ausmaß sich daran erkennen lässt, dass man in diesen einige Grundideen der Principia erkennt. Anstatt die Notation „φ!x“ für die Bezeichnung eines Wertes einer (prädikativen) propositionalen Funktion zu verwenden, die nach Russells Meinung unausweichlich die Annahme impliziert, dass „φ“ etwas bezeichnet (es könnte z.B. eine Klasse von Propositionen sein), schlägt Russell vor, folgendermaßen vorzugehen. Man nimmt eine beliebige Proposition p, die einen Bestandteil a enthält. Dann bezeichnet man durch „p(x/a)“ das, was man aus der Bezeichnung von p bekommt, wenn man jedes Vorkommen der Bezeichnung von a in „p“ durch die Variable x ersetzt. Wenn der Variablen x ein bestimmter Wert zugesprochen wird, bekommt man die Bezeichnung dessen, was Russell als einen bestimmten Wert einer propositionalen Funktion definiert. Russell analysiert die Behauptung „p(x/a) ist wahr für alle Werte von x“, die wir auch anders formulieren können, indem wir behaupten: „Der Ausdruck „p(x/a)“ ist Bezeichnung einer wahren Proposition für alle Werte von x“. Er nimmt ferner an, dass b ein Objekt ist, das sich von a unterscheidet, bezeichnet den Ausdruck „p(b/a)“ (das ist der Satz, den man aus dem Satz „p“ dadurch bekommt, dass man die Bezeichnung von a in diesem durch die Bezeichnung für b ersetzt) durch den Ausdruck „q“ und führt anschließend den Ausdruck „q(x/b)“ für das ein, was man aus „q“ bekommt, wenn man in diesem jedes Vorkommen der Bezeichnung von b durch die Variable x ersetzt. Dann ist der Ausdruck „q(x/b) ist wahr für alle Werte von x“ („Der Ausdruck „q(x/b)“ ist Bezeichnung einer wahren Proposition für alle Werte von x“ in der Terminologie, die auf der Idee basiert, dass ersetzbar Zeichen, nicht das Bezeichnete, sind) äquivalent dem Ausdruck „p(x/a) ist wahr für alle Werte von x“ („Der Ausdruck

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„p(x/a)“ ist Bezeichnung einer wahren Proposition für alle Werte von x“). Diese Äquivalenz zeigt nach Russell, dass die Behauptung „p(x/a) ist wahr für alle Werte von x“ nicht von dem originalen Subjekt a der Proposition p abhängt. Der Wahrheitswert einer solchen Behauptung „hängt allein von der Form von p ab“104. Solche Umformulierungen kann man anstatt der Zeichen für propositionale Funktionen benutzen, wenn propositionale Funktionen als Argumente einer anderen Funktion auftreten. Anstatt zu sagen „die Klasse u ist eine Klasse, die nur ein Element hat“, kann man nun behaupten „Es gibt ein Objekt b, so dass p(x/a) dann und nur dann wahr ist, wenn x mit b identisch ist“. In unserer Formulierung: „Es gibt ein Objekt b, so dass der Ausdruck „p(x/a)“ dann und nur dann die Bezeichnung einer wahren Proposition ist, wenn x durch den Namen von b in dem besagten Ausdruck ersetzt wird“. Die Werte von x, für die der Ausdruck „p(x/a)“ die Bezeichnung einer wahren Proposition ist, ersetzen hier die Klasse u. Es wird nicht angenommen, dass diese Werte eine Klasse bilden, die sie als ihre Elemente enthält und die selbst als ein einzelnes Objekt betrachtet werden kann. Wir sehen, dass die sogenannte Nicht-Klassen-Theorie nicht nur die allgemeine Idee der Theorie von unvollständigen Symbolen beinhaltet, sondern auch die wohlbekannte Idee einer Paraphrase, welche die Theorie der Beschreibungen benutzt. Diese Idee ist bei Russell zunächst in bezug auf Propositionen formuliert, nicht in bezug auf ihre Bezeichnungen, wie ich das nun gemacht habe. Diese Russellsche Formulierung macht aber die Idee an sich nicht weniger bedeutsam. Für Russell ist allerdings die Nicht-Klassen-Theorie immer noch eine der Hypothesen, die er aufstellt. Es stellt sich aber die Frage, wie man die Antinomie von Propositionen behandeln soll, wenn man diese Theorie akzeptiert. Es handelt sich nun nicht mehr um Klassen. Die Propositionen bleiben aber. Einer Proposition kann man eine Eigenschaft prädizieren (z.B. die Eigenschaft wahr oder falsch zu sein), und die Proposition (oder eher ihre Bezeichnung), der eine solche Eigenschaft zugesprochen werden kann, kann auch verallgemeinert werden, wenn die Bezeichnung des Subjekts der Proposition durch eine Variable, z.B. x, ersetzt wird und das Zeichen für die Proposition – quantifiziert. Jede solche Prädikation kann in einem Satz ausgedrückt werden, dem auch eine Proposition entspricht, und man kann immer noch versuchen zu

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bestimmen, ob nun diese Proposition die Eigenschaft hat, die einem ihrer Bestandteile prädiziert wird. 2.3.7. Russell (1908): die verzweigte Typentheorie Um ein solches Problem zu lösen, entwickelt Russell die verzweigte Typentheorie, deren Hauptgedanken er im Aufsatz „Mathematical Logic as Based on the Theory of Types“ (1908)105 formuliert und die später ausführlich in Principia Mathematica dargelegt wird. Russell bemerkt hier, dass jede der zu diesem Zeitpunkt bekannten Antinomien etwas über alle Fälle einer bestimmten Art behauptet. Aus einer solchen Behauptung scheint ein neuer Fall ableitbar zu sein, der selbst ein Fall dieser Art zugleich ist und nicht ist. Die Formulierungen verschiedener Antinomien weisen ähnliche (wenn nicht die gleiche) logische Form auf, was Russell auf die Idee bringt, den in solchen Formulierungen gebrauchten Symbolismus zu analysieren. Die Antinomie der Propositionen erwähnt er nicht, aber seine Argumentation lässt vermuten, dass Versuche, diese Antinomie zu lösen, tatsächlich, wie Church meint, zu der Entwicklung der verzweigten Typentheorie beigetragen haben. Interessant ist, dass Russell in einer seiner späteren Arbeiten My Philosophical Development (1959) gesteht, dass er die Antinomie der Propositionen nie lösen konnte106, weshalb er sie auch der Aufmerksamkeit der Logiker empfiehlt. Der fundamentale Charakter dieser Antinomie besteht darin, dass sie die logischen Objekte (Propositionen) betrifft, und diese betrachtet Russell als die Form, in der sich jede Argumentation vollzieht. Probleme, welche eine Totalität von Propositionen betreffen, merkt man schon bei der Analyse der Antinomie „Lügner“. Nimmt man den Satz „Ich lüge“, kann man ihn als den Satz „Es gibt eine Proposition, die ich behaupte und die falsch ist“ interpretieren. Als Existenz-Satz lässt dieser sich umformulieren: „Es ist nicht wahr, dass für jede Proposition p, wenn ich p behaupte, p wahr ist“. Wenn in diesem Satz eine Proposition behauptet wird, dann kann man sich fragen, ob die Behauptung des Satzes auch für die Proposition gilt. Die Frage führt zum Widerspruch. Dieser Widerspruch zeigt, dass der Begriff aller Propositionen „illegitim“ („illegitimate“) oder, anders ausgedrückt, unrechtmäßig gebildet ist. Wenn

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der Begriff aller Propositionen erlaubt wäre, könnte das zum ständigen Erweitern der Totalität von Propositionen führen, da jede Erweiterung der Totalität (der Gesamtheit aller Propositionen) zu einer neuen Behauptung über Totalität führte, die ihrerseits, der Totalität zugefügt, diese erweitern würde107. Die Forderung, der nach Russell unsere Behauptungen und ihre Interpretation genügen müssen, ist die Regel, dass alles, was alle Elemente einer Kollektion enthält, nicht selbst ein Element dieser Kollektion sein kann. Die Begründung und die Methode der Formulierung dieser Regel verbindet Russell mit der logischen Theorie von formalen und semantischen Unterschieden zwischen verschiedenen Arten von Propositionen und der darauf basierenden Typentheorie. Der logische Unterschied, der für diese Theorie von fundamentaler Bedeutung ist, ist der Unterschied zwischen einem beliebigen („any“) Wert einer propositionalen Funktion und allen Werten derselben Funktion. Wenn man φx behauptet, behauptet man einen beliebigen Wert der Funktion. Behauptet man (x).φx, behauptet man damit, dass φx immer wahr ist. Die Variable x ist in „(x).φx“ gebunden, und die Proposition, die durch diesen Satz bezeichnet wird, ist eine bestimmte Proposition, während „φx“ mehrdeutig oder unbestimmt bezeichnet. Im letzteren Fall ist die Variable x eine reelle Variable (die Variable, die ein freies Vorkommen hat) und im ersteren Fall – eine scheinbare Variable (die Variable, deren Vorkommen gebunden ist). Obwohl Behauptungen über alle Elemente einer Kollektion problematisch sein können, kann man in der Logik weder auf den Gebrauch reeller noch scheinbarer Variablen verzichten. Wenn es aber um solche Objekte wie Propositionen geht, soll man den Gebrauch von scheinbaren Variablen vermeiden. Insbesondere wenn man ein logisches Gesetz formuliert, z.B. das Gesetz des ausgeschlossenen Dritten, kann man sagen „p ist wahr oder falsch, wobei p eine beliebige Proposition ist“. Man darf aber nicht behaupten, dass alle Propositionen wahr oder falsch sind. Formulierungen von logischen Gesetzen sind also keine quantifizierten Aussagen, weil sie allgemein anwendbar sind, d.h. für eine beliebige Proposition gelten. Der Satz „Alle Propositionen sind wahr oder falsch“

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behauptet nichts über logische Eigenschaften von einzelnen Propositionen, weil die durch ihn bezeichnete Proposition eine ganz andere Form hat als die Propositionen, denen die Eigenschaft wahr oder falsch zugesprochen wird und deren Beschreibung in der obigen Formulierung des Gesetzes des ausgeschlossenen Dritten das Wort „beliebig“ enthält. Die Propositionen der Form (x).φx (was man nach Russell auch als „φx ist immer wahr“ lesen kann) sowie der Form (∃x).φx („φx ist manchmal wahr“) bezeichnet Russell als verallgemeinerte Propositionen („generalized propositions“), wobei man Propositionen hier wegen des operativen Charakters der Verallgemeinerung wiederum als Sätze auffassen kann. Das charakteristische Merkmal solcher Propositionen ist das Vorkommen von scheinbaren Variablen in ihren Bezeichnungen. Solche Propositionen sind als Propositionen der Form „Alle (einige) Werte der propositionalen Funktion φx sind wahr“ zu interpretieren. Jede propositionale Funktion hat einen Bedeutungs-Bereich („range of significance“), d.h. den Bereich, der solche Werte der Argumente enthält, für welche die Funktion einen Wert hat. Man kann diesen Bereich auch Definitionsbereich der propositionalen Funktion nennen. Durch diesen Definitionsbereich kann man verschiedene propositionale Funktionen, die auf gleiche Weise verbal bezeichnet werden, voneinander unterscheiden. Nimmt man die propositionale Funktion, die durch den Ausdruck „p ist wahr“ bezeichnet ist, hat man ein solches Beispiel. Die Bezeichnung dieser Funktion ist mehrdeutig, da sie mehrere Funktionen vertreten kann. Im Fall einer solchen Mehrdeutigkeit darf man das Wort „alle“ in bezug auf die Werte der Variablen p nicht gebrauchen. Die Erkenntnis, die hinter dieser Idee Russells steht, ist, dass sich die Wahrheitsbedingungen für Propositionen in Abhängigkeit von der Form der Proposition unterscheiden. Ist die Proposition p keine verallgemeinerte Proposition (oder der sie bezeichnende Satz kein quantifizierter Ausdruck), dann kann ihr Wahrheitswert von ihrer Form oder von irgendeinem außer-logischen Sachverhalt abhängen, was bedeutet, dass er nicht aufgrund irgendwelcher logischen Definitionen oder Regeln berechnet werden kann. Eine verallgemeinerte Proposition, deren Formulierung einen Quantor enthält, ist nur dann wahr, wenn jeder Wert der propositionalen Funktion, deren Ausdruck den Gültigkeitsbereich des Allquantors, und mindestens ein

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Wert der propositionalen Funktion, deren Ausdruck den Gültigkeitsbereich des Existenzquantors bildet, wahr ist. Es gibt aber solche Argumente, für welche die propositionale Funktion keinen Wert hat, und die Aufgabe der Typentheorie Russells besteht gerade darin, den Definitionsbereich der propositionalen Funktion zu bestimmen. Genauer gesagt stellt diese Theorie die Forderungen auf, welche der Definitionsbereich einer Funktion erfüllen muss, damit die Funktion für Argumente aus diesem Bereich einen Wert annimmt. Einen Typ definiert Russell als den Definitionsbereich einer propositionalen Funktion. Anders ausgedrückt ist ein Typ die Kollektion von Argumenten, für welche die propositionale Funktion einen Wert hat. Wenn in dem Ausdruck einer Proposition eine scheinbare Variable vorkommt, ist der Bereich der Werte der scheinbaren Variablen ein Typ. Die Forderung, die Russell an propositionale Funktionen und ihre Definitionsbereiche stellt und die er auch als „Teufels-Kreis Prinzip“ („vicious-circle principle“) bezeichnet, kann man nun folgendermaßen formulieren. Alles, was eine scheinbare Variable enthält, darf nicht als Wert dieser Variablen auftreten. Oder: alles, was eine scheinbare Variable enthält, muss zu einem anderen Typ als die möglichen Werte dieser Variablen gehören. Mit anderen Worten gehört die Proposition, deren Ausdruck eine scheinbare Variable enthält, zu einem höheren Typ im Vergleich zu den Werten dieser Variablen108. Eine Proposition, deren Ausdruck keine scheinbare Variable enthält, heißt elementare Proposition, und eine Proposition, die mindestens eine scheinbare Variable enthält, heißt verallgemeinerte Proposition. Die Terme der elementaren Propositionen, die nur als logische Subjekte der Proposition auftreten können, bezeichnet Russell als Individuen. Sie bilden den ersten oder den tiefsten Typ. Wie man diesen Typ konstruiert, ist dabei unwesentlich. Wichtig ist, wie höhere Typen aus diesem generiert werden. Durch das logische Verallgemeinerungsverfahren, das man auf Individuen (genauer gesagt, auf ihre Namen) anwendet, gewinnt man neue Propositionen. Elementare Propositionen zusammen mit den Propositionen, in deren Ausdrücken scheinbare Variablen vorkommen, die nur Individuen als ihre Werte haben, sind Propositionen erster Ordnung („first-order propositions“). Sie bilden den zweiten logischen Typ. Aus den

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Propositionen erster Ordnung bildet man neue Propositionen, welche Propositionen erster Ordnung als scheinbare Variablen enthalten. Dies sind Propositionen zweiter Ordnung, die den dritten logischen Typ bilden. Dieses Verfahren kann man auch fortsetzen. Der logische Typ, der die Stelle mit der Nummer n+1 in der Reihenfolge der logischen Typen annimmt, wird aus den Propositionen der Ordnung n bestehen, die als ihre scheinbaren Variablen die Propositionen höchstens von der Ordnung n-1 haben dürfen. Die Typen, die auf solche Weise konstruiert werden, schließen einander gegenseitig aus, und reflexive Fehler, die bei der Formulierung von Antinomien auftreten, werden dadurch vermieden. Anstatt der Hierarchie von Propositionen konstruiert man aber am besten die Hierarchie von propositionalen Funktionen, die man dadurch bekommt, dass man die Methode der Einsetzung einer (oder mehrerer) Variablen für die Bezeichnung des Subjekts (der Subjekte) der Proposition anwendet109. Die Typentheorie erlaubt, solche Antinomien wie „Lügner“ zu vermeiden. Wenn jemand sagt „Ich lüge“, heißt das „Es gibt eine Proposition der Ordnung n, die ich behaupte, und die falsch ist“. Das ist eine Proposition der Ordnung n+1 und, da der besagte jemand in der Tat keine Proposition der Ordnung n behauptet, ist diese letzte Proposition falsch. Dann ist die Proposition der Ordnung n+2 über die Propositionen der Ordnung n+1 wahr, und die entsprechende Proposition der Ordnung n+3 über die Propositionen der Ordnung n+2 kann wiederum falsch sein, aber man bekommt keinen Widerspruch. Es fragt sich allerdings, ob die Antinomie der Propositionen dadurch eliminiert wird, wie es Church 1985 behauptet, oder nicht, wie Russell selbst 1959 glaubt. Man könnte versuchen, die Antinomie anders zu formulieren. Wir betrachten einen Wert der propositionalen Funktion, die wir einfachheitshalber als φ(p) bezeichnen. Diese Bezeichnung steht für die Beschreibung einer Proposition, die ein logisches Produkt ist, das sich selbst als seinen eigenen Faktor nicht enthält. Man könnte das in der Form (q) :: (r) :. p = q⋅r. ⊃ :∼ (q = p) ⋅ ∼ (r = p) schreiben, was man lesen kann als „wenn eine Proposition p ein Produkt von zwei beliebigen Propositionen ist, dann ist sie mit keiner von diesen identisch“110. Nun bilden wir das logische Produkt von allen solchen Propositionen, indem wir die Variable p in eine scheinbare Variable verwandeln:

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(p) ::. (q) :: (r) :. p = q⋅r. ⊃ : ∼ (q = p) ⋅ ∼ (r = p). Nun fragt es sich, ob wir dasselbe, was wir von der Proposition p in der Proposition (q) :: (r) :. p = q⋅r. ⊃ : ∼ (q = p) ⋅ ∼ (r = p) behaupten, auch von dem besagten Produkt, das wir als m bezeichnen, behaupten können. Mit anderen Worten fragt es sich, ob man den Wert φm der propositionalen Funktion φŝ behaupten kann, wobei ein solcher Wert auch als φ((p).φp) bezeichnet werden kann. Wir sehen, dass in dieser Formel als Argument von φm der ganze Definitionsbereich dieser propositionalen Funktion auftritt, was die Typentheorie verbietet. 2.3.8. Die Antinomie der Propositionen: zur Frage der Klassifizierung Aber selbst wenn man anerkennt, dass man die Antinomie der Propositionen durch die verzweigte Typentheorie eliminieren kann, bleibt immer noch die Frage, ob man diese Antinomie tatsächlich als eine intensionale Antinomie charakterisieren kann, oder aber sie eine solche Definition nicht zulässt. Wenn wir eine propositionale Funktion, die den Werten ihrer Argumente bestimmte (wahre oder falsche) Propositionen zuordnet, im Sinne Freges als ein Gesetz der Zuordnung betrachten und ein solches bestimmtes Gesetz nun als Sinn oder Interpretationsvorschrift (die dem Zeichen für propositionale Funktion seine Bedeutung zuordnet) auffassen, ist es denkbar, dass die Antinomie dadurch zustande kommt, dass als Werte von propositionalen Funktionen Propositionen betrachtet werden und einem Zeichen für propositionale Funktion somit eine Menge von Propositionen zugeordnet wird. Da sich Propositionen voneinander nicht nur durch ihre Bestandteile, sondern auch durch ihre logische Form unterscheiden, was hier heißt durch ihre Wahrheitsbedingungen, fragt man sich, inwiefern die letzteren Unterschiede die Zuordnung mitbestimmen. Wenn man eine propositionale Funktion z.B. als φŷ bezeichnet, hat dann das Zeichen „φ“ auch eine von seinem Argument unabhängige Bedeutung? Wenn ja, dann gibt es (möglicherweise sogar nur) nicht-prädikative Funktionen. Wenn nicht, dann muss man die Aufgabe lösen, dem logischen Symbolismus eine solche Interpretation zu geben, dass man für jedes Zeichen einer propositionalen Funktion immer entscheiden kann, ob sie einen Wert (der eine wahre oder eine falsche Proposition ist) hat oder

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aber ihr Zeichen sinnlos ist. Die Lösung, die Russell bietet, ist ihrem Wesen nach Freges Lösung. Wie Frege, der eine Funktion für ungesättigt erklärt, verlangt auch Russell, dass man eine Funktion nicht ohne ihre Argumente betrachten darf. Jedem Definitionsbereich einer Funktion entsprechen Wahrheitsbedingungen einer bestimmten Art. Wie Frege, für den die Art der Funktion und der Charakter ihrer Argumente die logische Form eines Satzes (oder eines Gedankens) bestimmen, fordert Russell, dass man propositionale Funktionen ihren Argumenten nach so einteilt, dass man allein anhand der logischen Gestalt ihrer Formulierungen (oder Umformulierungen) entscheiden kann, ob eine bestimmte propositionale Funktion für bestimmte Werte ihrer Argumente überhaupt einen Wahrheitswert hat. Wenn also die Quelle der Antinomie der Propositionen Russells intensionale Theorie sein soll, wird die Antinomie dadurch beseitigt, dass man propositionale Funktionen nicht als intensionale Definitionen von Klassen von Propositionen betrachtet, die in bezug auf Prädikativität „indifferent“ sind, sondern als Zuordnungsvorschriften, bei denen jeder Art eines Arguments eine durch die Konventionen und Regeln einer logischen Theorie (der verzweigten Typentheorie in diesem Fall) definierte Form (Ausdruck, der Variablen enthält) entspricht. Diese Form zeigt, durch die Bezeichnungen welcher Argumente die Variablen ersetzt werden können, so dass die Proposition (der Wert der propositionalen Funktion) sinnvoll (d.h. wahr oder falsch) ist, sowie unter welchen Bedingungen dieser Wert wahr ist. Wenn man als Hauptursache der Antinomie die Annahme der Injektivität von propositionalen Funktionen betrachtet, fragt es sich, wie diese Annahme mit dem Intensionsbegriff zusammenhängt. Wenn wir von Russells Idee der Injektivität einer propositionalen Funktion (in der Formulierung der Antinomie ist das die Funktion, die Produkte von Propositionen liefert) ausgehen, müssen wir die Werte propositionaler Funktionen nicht nur ihrer logischen Form und ihren Bestandteilen nach unterscheiden können. Propositionen sind dann auch in bezug auf die Reihenfolge der Auswertung ihres Wahrheitswertes zu unterscheiden, wie z.B. die Propositionen ((p⋅q)⋅r)⋅s und (p⋅q)⋅(r⋅s), denn das ist das Einzige, wodurch sich solche Propositionen überhaupt unterscheiden lassen. Wären Propositionen Sätze und somit auch die Produkte einer Konstruktion,

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ließen sie sich auch durch die Reihenfolge der Schritte des Konstruktionsverfahrens unterscheiden. Die beiden Verfahren (der Konstruktion und der Auswertung) hängen aber zusammen, so dass eines der Verfahren als eine Beschreibung des anderen aufgefasst werden kann. Die Annahme der Injektivität einer propositionalen Funktion stellt also bestimmte Forderungen an die Formulierung eines logischen Symbolismus und seine semantische Interpretation, die Forderungen, die letztendlich der von Russell möglicherweise implizit anerkannten Priorität der Semantik die Dringlichkeit einer genauen Formulierung der Syntax einer logischen Theorie entgegensetzen. Diese Annahme verlangt also die Entwicklung eines logischen Symbolismus111. Unausweichlich kommt man zum Schluss, dass ein logischer Symbolismus und seine Interpretation auf eine solche Weise entwickelt werden müssen, dass keine derartigen Antinomien auftreten. Die besagte Antinomie zeigt, dass es möglich ist, auf einer Klasse von Propositionen eine Unterklasse zu definieren und eine Aussage über diese Unterklasse zu bilden, wobei aber die dieser Aussage entsprechende Proposition ihrerseits weder dieser Unterklasse noch ihrem Komplement zugeordnet werden kann. Man kann daraus folgern, dass eine Proposition, in deren Ausdruck etwas über eine Klasse behauptet wird, sich von der Proposition, die diese Klasse definiert (deren Ausdruck eine Behauptung über Elemente dieser Klasse ist), unterscheiden muss. Da man eine Klasse von Propositionen, die als Werte einer propositionalen Funktion auftreten, als Definitionsbereich einer anderen propositionalen Funktion betrachten kann, kann man die Behauptung über die Klasse mit der Behauptung über die Behauptung (über eine Proposition) gleichsetzen. Wie wir schon gesehen haben (Kapitel 2.1) und später noch sehen werden, formuliert Russell in den Principia und im Anhang C zu der zweiten Auflage des Buches die Bedingungen, denen eine propositionale Funktion, die als ihr Argument eine andere propositionale Funktion enthält, entsprechen muss, damit sie als eine extensionale oder eine intensionale Funktion eingestuft wird, oder damit man einen Wert der propositionalen Funktion als eine Proposition oder als eine Behauptung über eine Proposition (in der diese Proposition gar nicht vorkommt) unterscheiden kann. Man kann diese Formulierung als eine Antwort auf die Antinomie auffassen. Diese Antwort ist das Ergebnis der Entwicklung einer logischen Sprache und ihrer semantischen Interpretation. Wenn wir uns nun an die

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Auffassung der Injektivität der propositionalen Funktion erinnern, die aus der Analyse Churchs hervorgeht, können wir die Forderung der Injektivität in dieser Form mit der Bedingung der Intensionalität der propositionalen Funktion nicht gleichsetzen. In der Tat, wenn man aus der formalen NichtÄquivalenz von propositionalen Funktionen auf die Nicht-Identität der Behauptungen über diese Funktionen, und aus der Identität der Behauptungen auf die formale Äquivalenz der propositionalen Funktionen schließen darf, bedeutet das lediglich, dass die formale Äquivalenz zweier propositionalen Funktionen notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung der Identität der Behauptungen über diese propositionalen Funktionen (insbesondere über ihre Wertverläufe) ist. Wenn wir die Identität als den Ausdruck der Gleichheit von Intensionen auffassen, bedeutet das insbesondere, dass man aus der intensionalen Gleichheit von Behauptungen über zwei propositionale Funktionen auf die formale Äquivalenz dieser Funktionen schließen darf. Dass man dabei über die formale Äquivalenz der propositionalen Funktionen spricht, begründet Church dadurch, dass n und m Klassen von Propositionen sind. Für die Beschreibung dieser Klassen benutzt Church die Bezeichnung für die propositionale Funktion. Das Äquivalenzzeichen soll zeigen, dass es sich dabei um Extensionen handelt112. Da durch diese Bezeichnungsweise bei dem Zeichen einer Proposition (als des Wertes einer propositionalen Funktion) im Sinne Carnaps zwischen der Extension einerseits und der Intension dieses Zeichens andererseits unterschieden wird, fragt man sich, ob die Russellsche Antinomie, insofern ihre theoretischen Voraussetzungen durch die Behauptungen (1a) und (1b) in der Rekonstruktion Churchs korrekt wiedergegeben sind, doch nicht auf die Notwendigkeit deutet, zwischen einem zusammengesetzten Zeichen wie ein Satz und zwischen seiner Extension einerseits und der Intension einer Behauptung über diesen Satz andererseits scharf zu unterscheiden. Möglicherweise ist das Auftreten der Antinomie ein Anzeichen für das Realisieren, dass man, bevor man über die Eigenschaften einer Funktion (wie ihre Injektivität z.B.) spricht, erst definieren muss, welchen semantischen Status einerseits die Objekte haben, auf denen diese Funktion definiert ist, und andererseits die Gegenstände, die sie ihren Argumenten zuordnet, und welchen Status die Behauptungen über die Funktion aufweisen. Die Rekonstruktion Churchs zeigt: sobald wir uns bei der

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Charakterisierung von semantischen sowie anderen funktionalen Eigenschaften der propositionalen Funktion von den in der Rekonstruktion angenommenen syntaktischen Konventionen leiten lassen, müssen wir zwischen der Behauptung einer Proposition als eines Wertes einer propositionalen Funktion und der Behauptung über einen solchen Wert und folglich zwischen extensionalen und intensionalen propositionalen Funktionen unterscheiden, noch bevor wir etwas über den Charakter der propositionalen Funktion aussagen. Um nun die Antinomie der Propositionen zu charakterisieren, könnten wir die Kriterien benutzen, die Ramsey für die Unterscheidung von Antinomien vorschlug113. Als ein solches Kriterium betrachtet er die Theorie, die für die Lösung eines Paradoxes notwendig ist. Einer solchen Theorie entsprechend kann die Antinomie rein logisch sein, wenn sie den Begriff der Klasse, der Relation oder der Zahl enthält. Zu solchen Antinomien gehören z.B. die Antinomien der größten Ordinalzahl und der Klasse aller Klassen, die keine Elemente von sich selbst sind. Eine Antinomie kann aber auch semantisch sein, wenn sie die Begriffe der Bedeutung, der Bezeichnung oder der Behauptung enthält, die Ramsey selbst als psychologische oder epistemologische Begriffe betrachtet. Rein logische Antinomien hält Ramsey mittels der Russellschen Theorie für lösbar. Wenn also die verzweigte Typentheorie die Antinomie der Propositionen löst, dann ist diese Antinomie rein logisch, auch weil sie den Klassen- und den Relationenbegriff enthält. Andererseits sind Elemente der Klasse und Terme der Relation Propositionen, die das sind, was ein Satz bedeutet („means“), oder, allgemeiner, das Objekt, zu dem ein Satz eine semantische Beziehung hat. Außerdem ist die Typentheorie keine rein syntaktische Theorie. Die syntaktischen Regeln, die sie einführt, beruhen auf bestimmten semantischen Annahmen, die den Definitionsbereich und den Wertebereich einer propositionalen Funktion betreffen. Man könnte also behaupten, dass sich diese Antinomie auf zweifache Weise charakterisieren lässt und im Grenzgebiet zwischen rein logischen und semantischen Antinomien liegt. Es besteht aber kaum ein Grund, sie als eine intensionale Antinomie zu beschreiben, wenn man unter einer intensionalen Antinomie keinen Spezialfall einer semantischen Antinomie versteht. Wenn man aber einen anderen Grund für die Klassifizierung von

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Antinomien wählt, kann man bei der Beschreibung „intensionale Antinomie“ bleiben. Ein solcher Grund könnte z.B. der Begriff sein, dessen Entwicklung die Antinomie verursacht. Wenn man als Folge dieser Antinomie die Formulierung von Bedingungen der Extensionalität und Intensionalität von propositionalen Funktionen betrachtet, ist diese Charakterisierung berechtigt. Im Zusammenhang mit dieser letzten Annahme, erwähne ich noch eine Antinomie, die oft als Antinomie der Benennung definiert wird. Diese Antinomie formuliert Russell 1905 in „On Denoting“114. Wenn die Terme a und b identisch sind, was nach Frege heißt, dass „a“ und „b“ verschiedene Bezeichnungen ein und desselben Objekts sind, kann man eine dieser Bezeichnungen durch eine andere in der Bezeichnung einer Proposition ersetzen, ohne dass sich dabei der Wahrheitswert der Proposition ändert. Nehmen wir nun die Aussage „Georg IV wollte wissen, ob Scott der Verfasser von Waverley ist“. Da Scott tatsächlich der Verfasser von Waverley war, kann man den Namen „Scott“ für den gleichbedeutenden Ausdruck „der Verfasser von Waverley“ substituieren. Dadurch bekommt man den Satz „Georg IV wollte wissen, ob Scott Scott ist“, der die Frage aufwirft, ob sich „der erste Gentleman Europas“ tatsächlich für das logische Identitätsgesetz interessieren könnte. Diese Antinomie zeigt, dass die Ersetzung eines Ausdrucks, der in einem Satz vorkommt, durch einen gleichbedeutenden nicht immer zulässig ist, sowie dass ein Sprachzeichen auch ein anderes semantisches Charakteristikum außer seiner Bedeutung im Sinne Freges (außer dem von ihm bezeichneten Objekt) hat. Selbst wenn man von dem intensionalen Kontext (von den Besonderheiten des Vorkommens des Satzes, der den zu ersetzenden Namen enthält, innerhalb eines anderen Satzes) absieht, bleibt ein solches Ersetzen nicht ohne Folgen. Diese Folgen betreffen nun allerdings nicht den Wahrheitswert des Satzes. Betroffen ist jetzt die logische Form der Proposition. Im Satz „Scott ist der Verfasser von Waverley“ geht es um das Fallen eines Gegenstands unter einen Begriff sowie darum, dass der fragliche Gegenstand der einzige ist, der unter diesen Begriff fällt. Im Satz „Scott ist Scott“ geht es um eine Relation zwischen zwei Gegenständen, nämlich um eine Relation der Bedeutungsgleichheit zwischen zwei Namen nach Frege und um die Identität eines Gegenstands mit sich selbst nach

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Russell. Wenn ein Sprachausdruck außer seiner Extension (dem Objekt, für das es steht) noch eine Intension besitzt und das für Sätze sowie für ihre (bezeichnenden) Bestandteile gilt, oder wenn die von einem Satz vertretene Proposition eine Intension ist, kann man schließen, dass verschiedenen Intensionen verschiedene logische Formen entsprechen. Diese zwei Antinomien sind wichtig im Zusammenhang mit der Entwicklung der Theorie Russells. Als Folgen dieser Antinomien kann man die verzweigte Typentheorie, die Theorie der Beschreibungen, die Auffassung der kognitiven Relation des Glaubens als einer mehrstelligen Relation, die Theorie der logischen Formen (1913) und sogar die Entwicklung des logischen Formalismus der Principia betrachten, wenn meine Argumentation in bezug auf die Antinomie der Propositionen korrekt ist. All diese Theorien haben auch andere Probleme als ihre Ursachen. Einige von diesen Problemen, die insbesondere im Rahmen von Russells Erkenntnistheorie auftreten, betrachte ich im Kapitel 3.

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3. DIE LOGISCHE FORM ALS EINER DER GEGENSTÄNDE DER ERKENNTNIS

3.1. Russell über die Immanenz von Meinongs Gegenständen höherer Ordnung Russells Begriff der Proposition ist einer der Grundbegriffe seiner logischen Theorie, dem er aber auch eine besondere Rolle in der Erkenntnistheorie zuteilt. Einerseits gewährt dieser Begriff die Möglichkeit, die Beziehung zwischen Logik und Erkenntnistheorie zu definieren, was Russell insbesondere 1904 im Aufsatz „Meinong’s Theory of Complexes and Assumptions“ macht. Während die Logik die allgemeine Natur und Wahrheit von Propositionen untersucht, beschäftigt sich die Erkenntnistheorie dagegen mit der Verschiedenheit und der Bedingtheit korrekter und fehlerhafter Urteile, die ihrerseits nichts Anderes als Behauptungen wahrer oder falscher Propositionen sind1. Wenn man andererseits das Urteilen als eine der Erkenntnisarten betrachtet und es als eine Relation auffasst, gehören Propositionen als das zu Behauptende zu Termen kognitiver Relationen, was die Theorie der Propositionen zu einem wichtigen Bestandteil erkenntnistheoretischer Untersuchungen macht. Schon in The Principles, wo die Erkenntnistheorie noch nicht einen der eigenen Gegenstände der Untersuchung bildet, kommen einige der Grundideen von Russells Gnoseologie zum Vorschein. Neben dem Ziel, zu zeigen, dass alle Mathematik aus der symbolischen Logik folgt, stellt sich Russell hier auch die zweite Aufgabe – sofern es möglich ist, zu entdecken, welche die Prinzipien der symbolischen Logik selbst sind. Obwohl im Buch die Formalisierung der logischen Axiome und Sätze fast fehlt, wird die symbolische Logik, die als Untersuchung verschiedener allgemeiner Typen der Deduktion definiert ist, in drei Gebiete unterteilt – Propositionenkalkül, Klassenkalkül und Relationenkalkül. Sofern jeder Kalkül primitive undefinierbare Begriffe enthält, wird die Einführung dieser Begriffe durch das Aufklären ihrer Verhältnisse zu anderen

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Begriffen begleitet. Doch zeigen das Buch selbst und die weitere Entwicklung der Theorie Russells, dass scheinbar rein logische Begriffe auch eine Anwendung außerhalb des Bereichs der symbolischen Logik, insbesondere in Russells semantischen Untersuchungen und in der Erkenntnistheorie finden. Einer der Gründe dafür liegt in der Forderung, dass jedes Symbol, das in einer Theorie oder auch in der alltäglichen Sprache benutzt wird, eine Bedeutung („meaning“) haben muss. Der Versuch, solche Bedeutungen zu definieren, führt zu der Formulierung der These, dass Propositionen, insbesondere diejenigen, welche in der Mathematik und Logik untersucht werden, nicht Sätze oder Wortgebilde sind. Allerdings werden den Propositionen solche Eigenschaften, wie wahr oder falsch und deswegen komplex zu sein, zugesprochen, die auch Sätzen, also Symbolen, zukommen. Die Idee einer möglichen Verwechslung wird aber durch die Behauptung widerlegt, dass Bestandteile der Propositionen Entitäten sind, auf die Worte nur hinweisen. Damit sind Propositionen objektiv in dem Sinne, dass sie nicht vom Subjekt geschaffene Gegenstände des Denkens sind. Aber die Analyse des Zeichens und des Bezeichneten zeigt noch mehr, nämlich dass Propositionen Gegenstände verschiedener Natur enthalten können, nicht nur Begriffe, sondern auch raumzeitlich begrenzte (oder existierende) Gegenstände2. Hier entstehen die Probleme, die schließlich zu Untersuchungen führen, welche schon an der Grenze zu erkenntnistheoretischen Forschungen liegen. Gefragt wird, ob in manchen Propositionen, denen die eine Aussage über das Existierende enthaltenden Sätze entsprechen, tatsächlich reelle existierende Gegenstände vorkommen oder die sie definierenden Begriffe. Sind damit Propositionen selbst Tatsachen, die vom Subjekt auf keine Weise abhängen? Oder sind sie die aus den Begriffen gebildeten Entitäten, die ihre Zusammensetzung dem erkennenden Subjekt verdanken, das ihre Bezeichnungen, von irgendeinem persönlichen Interesse oder Motiv geleitet, zusammengewürfelt hat, und deren Objektivität darin besteht, dass sie für verschiedene unabhängig von einander erkennende Subjekte fassbar sind? Und wenn ja, was unterscheidet sie von Urteilen?

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3.1.1. Einige Thesen der Gegenstandstheorie Meinongs Dem Ziel einer positiven Darstellung von Russells erkenntnistheoretischen Ansichten vor 1905 dient am besten die Analyse der kritischen Untersuchung der Gegenstandstheorie Meinongs, die Russell insbesondere in dem oben erwähnten Aufsatz aus dem Jahre 1904 unternimmt, und teilweise in „Review of Meinong and Others“ (1905)3 ergänzt. Russell hält Meinong für einen Autor, der dem Inhalt seiner gnoseologischen Theorie nach nur mit Frege verglichen werden kann. Was Russell an Meinongs Theorie besonders schätzt, ist die Vorstellung, dass jede erkennende Tätigkeit des Subjekts objektgerichtet ist und Objekte als ihre unentbehrliche Voraussetzung hat. Der Grund für eine solche Einschätzung liegt in den Ideen Meinongs, die ich hier in Form der folgenden Thesen präsentieren möchte und die Russell zum Teil selbst vertreten könnte. 1. Alle Arten der psychischen Tätigkeit (und somit jede Erkenntnis) haben einen Gegenstand4. 2. Ihrer Natur nach unterscheidet Meinong drei Arten von Gegenständen5. Reale Gegenstände existieren in der Zeit oder können so existieren. Ideale Gegenstände existieren nicht, sondern bestehen. Schließlich erkennt Meinong unmögliche Gegenstände an, die nicht existieren können, aber als Gegenstände des Denkens auftreten. Ihre Gegenständlichkeit äußert sich dadurch, dass über sie geurteilt werden kann. 3. Ihrer Struktur nach können einfache unteilbare und komplexe Gegenstände unterschieden werden. Im Gegensatz zu einfachen enthalten die komplexen Gegenstände Bestandteile, die selbst als Gegenstände auftreten. Die komplexen Gegenstände bezeichnet Meinong auch als Objektive oder Gegenstände höherer Ordnung. Sie haben folgende Eigenschaften. Keiner von ihnen ist die einfache Summe seiner Bestandteile6. Jeder Komplex ist ein Ganzes, das durch eine Relation, die seine Bestandteile aufeinander bezieht, gebildet wird. Die Analogie aber zwischen einem solchen Komplex und seinen Bestandteilen einerseits und dem Ganzen und seinen

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Teilen andererseits gilt nicht allgemein. Geht es z.B. um Sein oder Nicht-Sein eines derartigen Komplexes (eines komplexen Gegenstands), kann man dieses nicht als von dem Sein oder NichtSein seiner Bestandteile Abhängiges betrachten. Ein komplexer Gegenstand der Erkenntnis enthält nicht nur reale, sondern auch ideale Gegenstände. Selbst ein unmöglicher Gegenstand kann ein Bestandteil eines Komplexes sein. Man kann z.B. über Sein und Nicht-Sein eines runden Quadrats urteilen. Der komplexe Gegenstand kann in diesem Fall das Sein des runden Quadrats sein oder es gibt kein rundes Quadrat oder etwas Ähnliches. 4. Jeder Art des erkannten Gegenstands entspricht ein besonderer Akt der Erkenntnis, der zu einer entsprechenden Art von psychischer Tätigkeit des erkennenden Subjekts gehört. Meinong unterscheidet drei Arten solcher Tätigkeit – Wahrnehmen, Annehmen und Urteilen. Wahrnehmen kann sowohl einen einfachen als auch einen komplexen Gegenstand haben. Es gibt zwei Arten des Wahrnehmens – äußeres und inneres. Das Produkt des Wahrnehmens ist eine Vorstellung, die psychisch und real ist. Eine Vorstellung dient in erster Linie als Material für die anderen Akte des Erkennens. Auf solche Weise kann man vielleicht die These Meinongs auffassen, dass die Vorstellungen die Basis der Erkenntnis (den Ausgangspunkt aller intellektuellen Tätigkeit) bilden7. Annehmen und Urteilen unterscheiden sich von der Wahrnehmung in erster Linie dadurch, dass ihr Gegenstand komplex ist. Voneinander unterscheiden sich Annehmen und Urteilen durch die Qualität des Aktes der Erkenntnis. Beim Annehmen fehlt das Glauben, das im Urteilen vorhanden ist. Zusammen mit Urteilen (Produkten des Urteilens) können Annahmen (Produkte des Annehmens) als Gedanken bezeichnet werden. Im Weiteren beschränke ich mich auf Urteilen.

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Das Urteilen ist eine Tätigkeit des Subjekts, die, falls ihr Produkt das wahre Urteil ist, eine notwendige Verbindung zwischen Bestandteilen des komplexen Gegenstands feststellt. Im Urteilen ist die Operation der Fundierung mit einbegriffen8. Diese Operation besteht darin, dass die Bestandteile eines komplexen Gegenstands diesem als seine Gründe (Inferiora) zugeordnet werden. Hinsichtlich dieser Inferiora ist der fragliche Komplex selbst ein Superius. Die Notwendigkeit der Verbindung zwischen Inferiora und Superius liegt im Wesen der Inferiora. Das Ergebnis der urteilenden Tätigkeit ist ein Urteil. Das Urteil kann behauptend oder verneinend sein. Als Produkt einer psychischen Tätigkeit des Subjekts ist das Urteil selbst auch psychisch. Wird das Urteil gefällt (kommt es also zustande), kann es selbst als Gegenstand des Wahrnehmens (und zwar des inneren Wahrnehmens) auftreten. Das Subjekt kann somit eine Vorstellung von dem Urteil haben. 5. Der Inhalt jedes Aktes der psychischen Tätigkeit unterscheidet sich in Abhängigkeit von der Art dieser Tätigkeit. Es kann eine Vorstellung oder ein Urteil sein. Jeder Inhalt ist psychisch. In der Sprache ausgedrückt, bildet der Inhalt den Sinn eines Sprachzeichens. Ein Gegenstand tritt als Bedeutung eines Sprachausdrucks auf. Bedeutungen von Wörtern sind einfache Gegenstände, Bedeutungen von Sätzen – komplexe Gegenstände. 6. Die Quelle jeder Erkenntnis ist Erfahrung. Wichtig ist, zu bemerken, dass Meinong die Gegenstandstheorie, deren Hauptgedanken eben zusammengefasst wurden, für eine apriorische Wissenschaft hält, deren Teil und Vorbild Mathematik ist. Die Mathematik beschäftigt sich mit idealen Gegenständen, aber ihre Errungenschaften finden eine vielseitige Anwendung auf anderen wissenschaftlichen Gebieten. Aus dieser Anwendung stammt die Idee eines weitgehenden Gebrauchs mathematischer Methoden. In der mathematischen Logik, die diese Idee von einer bestimmten Intention ausgehend verkörpert, sieht Meinong eine Analogie zu der allgemeinen Gegenstandstheorie, während

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er Mathematik mit einer speziellen Gegenstandstheorie vergleicht9. Die Idee dieser Analogie sowie Meinongs allgemeine Charakterisierung der Gegenstandstheorie geben uns Aufschluss über die Werte, von denen seine Untersuchungsmethode geleitet wird, und zeigen weitere Ähnlichkeiten zwischen den Ansichten beider Autoren. 3.1.2. Russells Kritik: warum ist der Erkenntnisgegenstand Meinongs immanent und welche Folgen hat die Anerkennung dieser Immanenz? Aber einige Ideen Meinongs akzeptiert Russell nicht. Wenn man den Russellschen Formulierungen folgt, kann man diese Ideen folgendermaßen darstellen: 1. Meinong meint, dass, wenn man eine Vorstellung von einem Objektiv (einem Gegenstand höherer Ordnung) hat, dieses nicht als Ganzes in der Vorstellung gegeben ist. Bevor man über einen solchen Gegenstand, den Russell für seiner Proposition analog hält, urteilt, hat man nur von Teilen des Komplexes Vorstellungen. 2. Der Begriff der Notwendigkeit wird von Meinong nicht korrekt verwendet. 3. Relationen hält Meinong Exemplifizierung zulassen.

für

Entitäten,

die

eine

einzelne

4. Der Haupteinwand Russells gegen Meinongs Theorie betrifft aber nicht die Beziehungen zwischen Elementen eines Komplexes, sondern die Beziehung des erkennenden Subjekts zu einem zu erkennenden Gegenstand. Laut Russell hält Meinong das Objektiv (die Proposition) in der Tat für einen immanenten Gegenstand. Ich habe schon angesprochen, dass Meinong zwischen den Gründen (Inferiora) des Gegenstands höherer Ordnung und dem Gegenstand höherer Ordnung selbst (Superius) unterscheidet. Ist der Gegenstand höherer Ordnung z.B. Verschiedenheit zwischen a und b, dann sind a und b Inferiora oder Fundamente dieses Gegenstands, denn ohne Vorstellungen

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von a und b (seien a und b hier existierende Gegenstände und somit Gegenstände äußerer Wahrnehmung) kann die Vorstellung von dem Superius gar nicht entstehen. Wenn ein Subjekt eine Vorstellung von a und eine von b hat, können diese beiden Vorstellungen in eine Realrelation zueinander treten. Dadurch, dass man diese Realrelation wahrnimmt, kommt es zu einer Vorstellung von dem Superius. Wenn man diese Auffassung der Struktur einer solchen Erkenntnis-Situation auf die Charakterisierung der Erkenntnis in ihrer Beziehung zu dem zu erkennenden Gegenstand überträgt, und, der Idee Russells über Propositionen folgend, Propositionen als die zu erkennenden Gegenstände betrachtet, wobei die Vorstellungen von diesen nicht strukturiert sind, übergibt man den Propositionen als ungeteilten Ganzen die Rolle der Fundamente der Erkenntnis10. Dann kann man die Erkenntnis selbst (die das Wesen der Erkenntnis ausmachende kognitive Relation des Subjekts zu einem Gegenstand eingeschlossen) oder, genauer, einen Erkenntnisakt als eine Realisierung einer kognitiven Relation des Subjekts zum Gegenstand der Erkenntnis mit einem Gegenstand höherer Ordnung (einem Komplex) gleichsetzen, der seine Fundamente (Gegenstände der Erkenntnis) als seine Bestandteile enthält. Wenn aber Propositionen (Gegenstände der Erkenntnis) die Rolle solcher Fundamente der Erkenntnis erfüllen, müssen sie die Form einer Vorstellung haben, die ihrerseits, nach Meinongs Ansichten, als Inhalt der Erkenntnis zu definieren ist. In diesem Fall ist aber der Gegenstand der Erkenntnis mit ihrem Inhalt verschmolzen. Dieses von Russell vorgeschlagene Erkenntnismodell verwandelt die Vorstellungen, die das Material für jede Erkenntnis liefern, in komplexe Einheiten. Die Vorstellungen sind insofern komplex, als sie, obwohl sie Inhaltseinheiten sind, auch den Gegenstand der Erkenntnis einschließen. Da der Erkenntnisinhalt seiner Natur nach psychisch ist, muss auch der Gegenstand der Erkenntnis psychisch sein. Der Gegenstand der Erkenntnis ist somit immanent, insofern er ein Teil des Erkenntnisinhalts ist, der zu der immanenten psychischen Tätigkeit des Subjekts gehört11. Der Gegenstand höherer Ordnung (im Sinne Meinongs) ist dann in jedem Fall immanent, da er nur durch die psychische Tätigkeit zustande kommt und der Inhalt der Erkenntnis, der die Form einer Vorstellung oder eines Urteils hat, ist.

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Russell gibt zu, dass die auf diese Weise dargestellte Meinongsche Auffassung der Gegenstände der Erkenntnis bestimmte Gründe hat12. Der Inhalt jeder Erkenntnis bezieht sich auf einen Gegenstand, und dieser Bezug auf einen Gegenstand macht den wesentlichen Teil der Natur des Erkenntnisinhalts aus. Der Inhalt der Erkenntnis ist ein Produkt kognitiver Tätigkeit des Subjekts, die sich in psychischen Akten realisiert, die ihrerseits immer auf einen Gegenstand gerichtet sind. Der Inhalt des Erkannten lässt sich außerdem ohne Bezug auf den Gegenstand nicht beschreiben. Die Immanenz eines Erkenntnisgegenstands hält Russell für unzulässig, weil die Annahme einer solchen Immanenz zu folgenden Problemen führt: 1. Wenn der Gegenstand der Erkenntnis selbst ein Bestandteil des Inhalts der Erkenntnis ist, gehört er zu den Produkten der psychischen Tätigkeit des Subjekts und ist somit für ein anderes erkennendes Subjekt unzugänglich. Hier entsteht das Problem der Intersubjektivität: wie können zwei erkennende Subjekte von ein und demselben wissen? 2. Das zweite Problem betrifft den Gegenstand von fehlerhaften Urteilen. Man kann die Existenz sowohl von immanenten als auch von transzendenten Gegenständen der Erkenntnis annehmen. Einen solchen Gesichtspunkt schreibt Russell Meinong zu13. Geht man von dieser Annahme aus, fragt es sich insbesondere, was diese Annahme zu der Theorie der Wahrheit beiträgt und ob sie sich für die Formulierung der Wahrheitsbedingungen eines Urteils eignet. Diese Annahme hält Russell für problematisch aus mehreren Gründen. Zunächst führt sie zum Schluss, dass jedem Urteil ein immanenter Gegenstand entsprechen muss, denn sonst (gesetzt den Fall, dass dem wahren Urteil ein transzendenter und dem falschen Urteil ein immanenter Gegenstand entspricht) wäre es möglich, den Unterschied zwischen wahren und falschen Urteilen wahrzunehmen. Wenn das Subjekt ein wahres Urteil fällt, kann man dann behaupten, dass der immanente Gegenstand (der die Form des Urteils annimmt) dem transzendenten Gegenstand entspricht. Einem falschen Urteil

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könnte man einen immanenten Gegenstand zuordnen und davon ausgehen, dass es keinen transzendenten Gegenstand in einem solchen Fall gibt. Ist aber der immanente Gegenstand eine Vorstellung, fragt es sich, wie diese entstehen kann, wenn der transzendente Gegenstand fehlt. Was ist der Gegenstand dieser Vorstellung oder worauf ist die psychische Tätigkeit gerichtet, die eine solche Vorstellung verursacht? 3. Wenn jeder Gegenstand immanent ist, dann ist jede Vorstellung ein Komplex, der einerseits den Inhalt des Erkannten und andererseits den Erkenntnisgegenstand enthält. Nimmt man an, dass der Gegenstand einfach ist (keine Bestandteile enthält, die selbst als Gegenstände auftreten können), dann ist die Vorstellung von dem Einfachen selbst nicht einfach, weil sie ein Komplex ist. Es fragt sich also, wie die komplexen Vorstellungen von dem Einfachen möglich sind. 3.1.3. Russell über die Objektivität der Propositionen Die auf solche Weise dargestellte Kritik Russells beruht auf seinem Konzept der Objektivität von Propositionen (von Gegenständen höherer Ordnung in Meinongs Terminologie). Dieses Konzept lässt sich auch in der Form von einigen Prinzipien zusammenfassen, wobei ihre hier angegebene Reihenfolge nicht unbedingt die Unterschiede der Rolle und die gegenseitige Abhängigkeit von Prinzipien schildert. Das erste Prinzip ist das Prinzip der Intersubjektivität. Die Proposition ist für Russell der zu erkennende Gegenstand und der Wissensinhalt zugleich. Diese Identifizierung, die den objektiven Charakter des Wissensinhalts hervorheben sollte, gewährleistet, dass Wissen von verschiedenen erkennenden Subjekten unabhängig voneinander erworben werden sowie von einem Subjekt einem anderen mitgeteilt werden kann. Ohne eine solche Objektivität des Wissensinhalts könnten zwei verschiedene Subjekte nicht ein und dasselbe wissen.

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Das zweite Prinzip ist das Prinzip der Gegenständlichkeit der Erkenntnis. Laut diesem Prinzip hat jeder kognitive Zustand ein Objekt. Erkenntnis lässt sich als eine Relation zwischen dem erkennenden Subjekt und dem Gegenstand der Erkenntnis auffassen. Die Art des Gegenstands bestimmt dabei die Art der Erkenntnis. Russell unterscheidet zwischen Wahrnehmen und Urteilen. Das Annehmen hält er nicht für eine selbständige Art der Erkenntnis, da jede Annahme für ihn das Produkt des Wahrnehmens eines Gegenstands einer besonderen Art ist. Nach dem dritten Prinzip ist der Ausgangspunkt oder der Ursprung der Erkenntnis das Wahrnehmen. Das Ziel und das Produkt des Wahrnehmens besteht in der Wiedergabe des Objekts. Die Objekte, die man wahrnehmen kann, sind erstens existierende Einzelne, zweitens die Propositionen, die Existierendes und Seiendes als ihre Bestandteile enthalten, und schließlich Propositionen, in denen nur Seiendes vorkommt. Unter den letzteren Propositionen sind auch logische Prinzipien. Das Produkt des Wahrnehmens kann nicht unmittelbar in Worten ausgedrückt werden. Was man wahrnimmt, existiert nicht isoliert und ist nicht dem Wahrnehmen als etwas Strukturiertes gegeben. Selbst wenn das Wahrgenommene ein Komplex ist (z.B. eine Proposition), wird es als ungeteiltes Ganzes wahrgenommen, an dem man noch keine Struktur unterscheidet. Das Produkt des Wahrnehmens ist eine Vorstellung. In Vorstellungen realisiert sich die Bekanntschaft („aquaintance“)14 des Subjekts mit einfachen oder komplexen Gegenständen. Das vierte Prinzip besagt, dass unter die zu erkennenden Gegenstände auch logische Formen und Prinzipien einzuordnen sind. Objekte (auch Propositionen) solcher Art werden wahrgenommen, die gewonnenen Vorstellungen werden im Gedächtnis festgehalten (wobei Russell das Gedächtnis wegen seiner Unmittelbarkeit von dem Wahrnehmen nicht prinzipiell unterscheidet). Danach werden sie zu Gegenständen des Annehmens, das ihr Ausdrücken in der Sprache ermöglicht. Im Unterschied zu einem Urteil enthält die Annahme keine Behauptung oder Verneinung15 und unterstellt somit ihrem Objekt keinen Wahrheitswert, der sich von dem ihm von seiner Natur aus eigenen Wahrheitswert unterscheiden kann. Annahmen können einfach oder komplex sein. Der

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Gegenstand einer einfachen Annahme ist eine einfache Proposition, die keine weiteren Propositionen als ihre Bestandteile enthält. In der Sprache werden solche Annahmen, die auch propositionale Begriffe („propositional concepts“) heißen, durch komplexe Namen ausgedrückt. Solche Namen wie z.B. „Die Schwärze meines Tisches“ haben keinen Wahrheitswert und beschreiben eine Proposition (die Tatsache, dass mein Tisch schwarz ist). Indem ich diese Proposition nicht nur beschreibe, sondern auch behaupte, urteile ich über den Tisch, und das mache ich im Satz „Mein Tisch ist schwarz“. Annahmen und Urteile haben also dasselbe Objekt, unterscheiden sich aber voneinander durch das Auftreten eines von einem erkennenden Subjekt durchgeführten Aktes, der die Propositionen (die Objekte des Urteils oder der Annahme) in zwei Klassen (behauptete und verneinte) einteilt16. Gegenstände von komplexen Annahmen sind komplexe Propositionen. In der Sprache werden komplexe Annahmen durch komplexe, meistens hypothetische Sätze ausgedrückt. Die wichtigste Klasse komplexer Gegenstände, welche als Gegenstände von komplexen Annahmen auftreten, sind logische Formen und Prinzipien (z.B. solche wie p ⊃ q oder p ∨ ∼p). Solche Gegenstände haben eine Reihe von besonderen Charakteristika: - Es sind abstrakte Propositionen, d.h. solche Propositionen, in denen kein Existierendes als ihr Bestandteil vorkommt17. - Zur Kenntnis dieser Gegenstände gelangt man durch die Wahrnehmung. Die Wahrnehmung von derartigen Propositionen könnte man als eine besondere Art der Wahrnehmung charakterisieren. Ihre Besonderheit besteht darin, dass das Wahrnehmen solcher Propositionen wie logischer Prinzipien nicht nur die Bekanntschaft mit ihnen liefert, sondern auch die Evidenz ihrer Wahrheit. Ein logisches Prinzip braucht man nicht zu beweisen18. - Vom Subjekt werden solche Gegenstände wie logische Prinzipien angenommen. Sie werden meistens in hypothetischen Sätzen ausgedrückt, weil sie Variablen enthalten und für beliebige Werte ihrer Variablen gelten. In diesem Sinn sind sie für den

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Definitionsbereich ihrer Variablen allgemeingültig19. Während die Propositionen, die in logischen Prinzipien als Bestandteile vorkommen, nicht durch Urteile, sondern durch Annahmen erfasst werden, kann man das Sprachzeichen für ein logisches Prinzip auch als Zeichen für ein Urteil auffassen, insbesondere, wenn dieses Zeichen im Kontext eines logischen Beweises vorkommt20. Dass solche Propositionen Variablen enthalten, impliziert aber auch, dass sie im Grunde genommen keine echten Propositionen sind. Man könnte sie auch mit den propositionalen Funktionen vergleichen, insbesondere in Hinblick darauf, dass die Ersetzung der Variablen in ihren Bezeichnungen Sätze liefert, denen bestimmte Propositionen entsprechen. Eine bestimmte Art solcher komplexen, Variablen enthaltenden Propositionen charakterisiert Russell selbst als formale Implikationen. - Die logischen Formen und Prinzipien können verstanden werden, ohne dass sie behauptet werden. Überträgt man diese Aussage Russells auch auf Propositionen, dann kommt man zu dem Schluss, dass man eine Proposition verstehen kann, ohne etwas darüber zu wissen, ob sie wahr oder falsch ist. Behauptet (in einem Urteil) wird dagegen das, was als wahr oder falsch bewertet wird. Wenn man aber die Möglichkeit anerkennt, dass eine Proposition ohne eine solche Bewertung verstanden werden kann, dann kann man daraus schließen, dass sich erstens die kognitiven Operationen des Subjekts in bezug auf denselben Gegenstand in beiden Fällen (im Fall des Verstehens und im Fall des Fällens eines Urteils) unterscheiden, und dass zweitens eine Proposition oder eher ein Zeichen für Proposition verschiedene semantische Charakteristika hat. Derartige Ansichten vertritt auch, wie man weiß, Frege, der zwischen dem Sinn und der Bedeutung eines Sprachzeichens unterscheidet und der in dem relativ späten Aufsatz „Der Gedanke“ (1918-1919) auch Unterschiede zwischen solchen Operationen eines Subjekts wie dem Fassen eines Gedankens, der Anerkennung seiner Wahrheit und der Kundgebung des Urteils (in dem die Wahrheit des Gedankens anerkannt wird) einräumt21.

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- Solche Propositionen wie logische Prinzipien sind wahr, evident und notwendig. Das Zusprechen der letzten Eigenschaft ist gleichbedeutend mit der Behauptung der Allgemeingültigkeit der logischen Prinzipien. Teilweise folgt aus der Analyse von logischen Prinzipien und ihren Realisierungen in Form von bestimmten Propositionen das fünfte Prinzip. Nach diesem Prinzip sind Wahrheit und Falschheit Eigenschaften des Gegenstands der Erkenntnis und nicht der Erkenntnis (ihres Inhalts) selbst. Diese Behauptung beruht auf einer logischen und einer psychologischen Gegebenheit22. Die logische besteht darin, dass eine komplexe Proposition, die eine oder zwei Propositionen als ihre Bestandteile enthält, wahr sein kann, selbst wenn die in ihr vorkommenden Propositionen falsch sind. Nehmen wir eine bestimmte Realisierung eines logischen Prinzips, z.B. wenn p q impliziert, dann impliziert nicht-q nicht-p. Indem wir eine bestimmte Realisierung dieses Prinzips betrachten, nehmen wir an, dass p und q bestimmte Propositionen sind. Das Prinzip hat also die Form einer bestimmten Proposition, und p und q, die in dieser Proposition vorkommen, sind als Propositionen Objekte. Nehmen wir auch an, dass nur wahre Propositionen ein Sein haben und somit als Gegenstände der Erkenntnis auftreten können. Seien nun p und q wahr. Dann sind die Propositionen nicht-p und nicht-q nicht wahr (und die ihnen entsprechenden Sätze falsch) und haben deswegen laut unserer zweiten Annahme kein Sein. Wenn nun das Subjekt behauptet „Wenn nicht-q nicht-p impliziert, dann impliziert p q“, sollte seine Behauptung eine wahre Proposition bezeichnen. Diese aber kann kaum ein Sein haben, da einigen ihrer Bestandteile das Sein nicht zukommt. Somit ist es fraglich, ob die Behauptung überhaupt eine Bedeutung (die hier als ein Objekt zu verstehen ist) hat. Aber wenn es kein Objekt gibt, das sich als eine solche Bedeutung anbietet, wie kommt die Behauptung überhaupt zustande und wie kann man ihr einen Wahrheitswert zusprechen, der komplexe Gegenstände wie Propositionen sowie die sie vertretenden Sprachausdrücke charakterisiert? Die logische Analyse des diskursiven Denkens zeigt, dass für den Wahrheitswert einiger komplexer Propositionen vollkommen unbedeutend ist, ob ihre Betsandteile (die selbst Propositionen sind) wahr sind oder falsch. Von Bedeutung ist nur die

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Anerkennung dieser Bestandteile als Propositionen und somit als Träger eines Wahrheitswertes. Um unzählige Widersprüche und Probleme zu vermeiden, die mit der Identifizierung von Gegenständen der Erkenntnis mit wahren Propositionen verbunden sind, nimmt Russell an, dass Gegenstände der Erkenntnis sowohl wahr als auch falsch sein können. Die psychologische Tatsache, die zu der Anerkennung der Existenz von wahren und falschen Gegenständen der Erkenntnis führt, besteht darin, dass ein Urteil als jede Form der Erkenntnis immer einen Gegenstand hat. Im Urteil wird eine Proposition behauptet oder verneint. Diese Behauptung oder Verneinung folgt aber dem Wahrnehmen der Proposition, das eine Vorstellung von der Proposition liefert. Russell geht von der Hypothese aus, dass eine Vorstellung einfach ist, selbst dann, wenn ihr Gegenstand ein Komplex ist23. Wenn man also nach den Ursachen des Fällens von falschen Urteilen über wahre Propositionen sucht und auf die Idee kommt, dass diese Ursachen in der Korrespondenz zwischen immanenten und transzendenten Objekten (Urteilen und wahrgenommenen Propositionen) liegen24, kann das Wahrnehmen das Fehlen der Korrespondenz nicht verursachen. Denn wenn man behauptet, dass die Quelle der Falschheit eines Urteils darin liegt, dass das Urteil der Proposition nicht entspricht, kann diese Behauptung nur auf einer Analyse der Proposition und der Bestimmung ihrer Elemente beruhen, wobei das Erfassen dieser Elemente mit dem Erfassen der Struktur der Proposition zusammenhängt. Wenn die Vorstellung aber einfach ist, ist sie nicht strukturiert, und besitzt nicht die Eigenschaften der Wahrheit oder der Falschheit. Das bedeutet in erster Linie, dass ein Fehler erst beim Fällen eines Urteils passiert und mit der Strukturierung (der Analyse) der Vorstellung verbunden ist, die Russell als reflexive („reflective“) Analyse bezeichnet25. Zugleich kann man auch schließen, dass der Komplex, den man wahrnimmt, im Prozess des Urteilens höchstens als die Ursache des (im Fall der Falschheit unkorrekten) Urteils26 auftritt, was bedeutet, dass ein Urteil überhaupt kein transzendentes Objekt haben kann. Dieser Schluss macht den Versuch, die Wahrheit und die Falschheit des Urteils durch die Unterscheidung des immanenten und des transzendenten Objekts zu erklären, überflüssig. Wenn man aber dieser Argumentation zufolge annimmt, dass die Falschheit nur dem immanenten Objekt (d.h. Urteil) zukommen kann,

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bleibt unerklärbar, wie man ein korrektes Urteil über die Falschheit fällen kann. Wenn die Wahrheit der Proposition die einzige Voraussetzung dafür ist, dass die Proposition überhaupt wahrgenommen wird, die Vorstellung von der Proposition einfach ist und das Wahrgenommene nur wiedergibt, und schließlich das Urteil nur aufgrund der Analyse einer Vorstellung von der Proposition gefällt werden kann, haben wahre Urteile über Falsches keinen Gegenstand. Aber in einem solchen Fall könnte das Urteil überhaupt nicht gefällt werden. Wenn man also die Wahrheit und die Falschheit als Eigenschaften der Erkenntnis (Charakteristika des Urteils also) betrachtet, bedeutet diese Annahme Folgendes: - Das erkennende Subjekt kann die aus dem Wahrnehmen gewonnene Vorstellung anzweifeln. - Ist ein Urteil über Nicht-Bestehen einer falschen Proposition wahr, fragt es sich, wie ein solches Urteil möglich ist. Das zweite dieser Probleme könnte man durch die Annahme lösen, dass das Subjekt aufgrund der Vorstellung von der Möglichkeit oder Unmöglichkeit, dass p (wobei p die fragliche falsche Proposition ist), urteilt. Das erste Problem erscheint aber als unüberwindbar, da es die Glaubwürdigkeit des Wahrnehmens (der grundlegenden Stufe der Erkenntnis) in Frage stellt. Denkbar ist, dass solche Überlegungen Russell letztendlich zu der Annahme führen, dass Wahrheit und Falschheit Eigenschaften von Propositionen und somit von Gegenständen der Erkenntnis sind. Dass Russell die Korrespondenztheorie der Wahrheit (in der Form der These über Korrespondenz zwischen immanenten und transzendenten Gegenständen) nicht akzeptiert, äußert sich also darin, dass er die Eigenschaft des Wahrseins in den Gegenstand des Erkennens hineinsetzt und in der Evidenz der Proposition, die für ihn zugleich ein Erkenntnisgegenstand und ein Wissensinhalt ist, nach der Quelle der subjektiven Anerkennung der Wahrheit sucht. Eine Möglichkeit, die Wahrheit einer Proposition zu beweisen, sieht er nicht27. Jeder Beweis würde in der Zurückführung der Wahrheit der Proposition auf andere wahre Propositionen bestehen, von denen einige ihrerseits schließlich dennoch ohne Beweis blieben. Keinen Beweis kann auch das Wahrsein

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einer solchen Zurückführung selbst erhalten. Russells Schluss aus dieser Argumentation ist – die Wahrheit kann man nur wahrnehmen. So wird Wahrnehmen nicht nur zum Ausgangspunkt jeder Erkenntnis, sondern auch zur Quelle der Korrektheit von Urteilen. Dass der Wahrnehmung solche Funktionen zugeteilt werden, stellt auch bestimmte Forderungen an ihre Charakterisierung. Das Wahrnehmen, dessen Eigenschaften man von den einzelnen Umständen, unter denen das Wahrnehmen zustande kommt, getrennt betrachtet (und somit von den durch psychische Besonderheiten einzelner Subjekte auftretenden „Trübungen“ absieht), kann nicht irreführen, denn es produziert Vorstellungen (oder Ideen), die keine strukturierten Komplexe sind. Sie sind eine Art Abbildungen, die das Wahrgenommene in seiner Unzerlegtheit wiedergeben. Erst die mit der Analyse verbundene subjektive Bewertung des wahrgenommenen Komplexes, der von seiner Natur aus wahr oder falsch ist, liefert wahre oder falsche Urteile. Laut dem sechsten Prinzip ist Komplexität die Eigenschaft von Propositionen. Urteile, die durch komplexe Sätze (die Sätze, die andere Sätze als ihre Bestandteile enthalten) ausgedrückt werden, können nicht aus Urteilen bestehen, denn in einem solchen Fall müssten die Teilurteile in dem komplexen Urteil behauptet werden, während ein Urteil, das durch einen zusammengesetzten Satz ausgedrückt wird, eine Verbindung zwischen (z.B. zwei) Propositionen oder eine Eigenschaft einer Proposition behauptet. Dieses Argument spricht auch für die oben angesprochene Anerkennung der Existenz sowohl von wahren als auch von falschen Propositionen. Man könnte nämlich versuchen, die Annahme, dass es nur wahre Propositionen gibt, dadurch zu begründen, dass eine Behauptung, die Bezeichnungen von falschen Propositionen enthält, etwas über Urteile aussagt, in denen das Wahre verneint wird. Das würde aber bedeuten, dass Urteile auch komplex sein und weitere Urteile als ihre Bestandteile enthalten können, was der Feststellung über den Gegenstand der in den komplexen Sätzen gegebenen Behauptungen widersprechen würde. Die Komplexität von Annahmen ist aber auch fraglich. Die einfachen Annahmen werden im Gegensatz zu der Idee, dass sie normalerweise durch den Namen eines propositionalen Begriffs bezeichnet werden, bei dem Vorkommen ihrer Bezeichnungen in einem komplexen (insbesondere

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in einem komplexen hypothetischen Satz) durch Sätze bezeichnet, und nur der Kontext, in dem solche Sätze gebraucht werden, enthüllt sie als Annahmen. Wenn die Annahme außerdem mit einer Vorstellung identifiziert wird, fragt es sich, wie eine einfache Vorstellung eine strukturierte Bezeichnung bekommt. Die Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, ist die Frage nach der Beziehung zwischen einem propositionalen Begriff und der Proposition, die ich im nächsten Kapitel untersuchen werde. Zwei weitere ernste Probleme sind erstens das Problem des Status von logischen Formen und Prinzipien und zweitens das Problem der Differenzierung von kognitiven Relationen und ihrer Definition. 3.1.4. Müller über die Transmanenz der Gegenstände Meinongs und über den Inhaltsbegriff Der angegebenen Beschreibung erkenntnistheoretischer Prinzipien Russells kann man entnehmen, dass selbst dann, wenn die Russellsche Kritik zutrifft und Meinongs Gegenstände höherer Ordnung tatsächlich immanente Gegenstände sind, die Propositionen Russells kaum weniger immanent sein können. Meinong selbst gibt zu, dass seine Gegenstände immanent sind. Diese Immanenz ist aber nicht die Immanenz, die Russell ihm vorwirft. Die immanenten Gegenstände sind keine Teile von Vorstellungen und somit vom Erkenntnisinhalt, wie Russell meint. Ein Gegenstand kann dem erkennenden Subjekt immanent sein, nicht aber dem Erkenntniserlebnis. Dem Erfassen des Gegenstands gegenüber ist der Gegenstand selbst immer das logisch Frühere28. Erkenntnis ist nach Meinong eine Doppeltatsache29, d.h. eine Relation zwischen Erkennen und Erkanntem, in der das Erkannte als relativ Selbständiges auftritt. Aber die Fundamentaltatsache des Erkennens besteht nach Meinong darin, dass der einem Inhalt zuzuordnende Gegenstand uns durch den Inhalt gegeben wird, und in diesem Sinne sind der Gegenstand der Erkenntnis und ihr Inhalt nicht unabhängig voneinander30. An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass die Gegenstandstheorie Meinongs auch unter einem anderen Gesichtspunkt kritisiert wurde, von

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dem ausgehend nicht die Transzendenz der Gegenstände höherer Ordnung in Frage gestellt wurde, sondern der Meinongsche Inhaltsbegriff. Diesen Gesichtspunkt verteidigt in seiner Dissertation Über Grundbegriffe philosophischer Wertlehre (erschienen 1932) M. Müller31. In seiner Analyse geht er von der Fragestellung aus, was man unter dem Wertbewusstsein (einem praktischen im Gegensatz zu einem theoretischen Bewusstsein, das sich auch als wertendes Verhalten des Menschen beschreiben lässt) einerseits und der Wertgegenständlichkeit (dem Sein aller Gegenständlichkeiten, die von Menschen „mit Wert belegt“ werden, das eine gewisse Stellung zum „Sein überhaupt und im allgemeinen“ und seinen einzelnen Dimensionen aufweist) andererseits verstehen kann, und wie man ihre Einheit oder Identität erklärt32. Als Ausgangspunkt dieser Fragestellung betrachtet Müller die Analyse des Wertbewusstseins und des Wertseins eines Gegenstands, die Meinong bietet. Nach Müller versucht Meinong, das Wertbewusstsein als emotionale Präsentation zu charakterisieren, die dem Subjekt den Gegenstand durch den (psychischen) Inhalt gibt oder gegenwärtigt. Wertgegenständlichkeit wird von Meinong als „Dignitativ“ bezeichnet und realisiert sich (unserem Wertverhalten vorgegeben) als ein Gegenstand höherer Ordnung33. Dass Meinong in jedem Akt des Erlebens nicht nur das Erlebte (Gegenstand, Objekt) von dem Erleben (Akt, Subjekt) unterscheidet, sondern noch den Begriff des Inhalts eines Erlebnisaktes einführt, führt Müller auf das Problem der Identität zurück. Durch die Verschiedenheit des Erlebnisinhalts lässt sich erklären, warum ein Gegenstand einem Subjekt auf mannigfache Weise gegeben werden kann, ohne dabei auf die Einheitlichkeit und Allgemeinheit der Charakterisierung des Erlebens als eines Aktes des Subjekts zu verzichten34. Weil somit der Erlebnisakt und der Erlebnisinhalt eine notwendige Einheit eines psychischen Erlebnisses bilden, muss der Gegenstand „außerhalb“ des Erlebnisses bleiben, wodurch er als etwas „Unpsychisches“ auftritt. Diese Stellung des Gegenstands charakterisiert Müller, seinem Lehrer M. Honecker folgend, als „Transmanenz“35. Der Gegenstand hat im Vergleich zum Erlebnis und zum Inhalt als einem Bestandteil des Erlebnisses ein ganz anders geartetes Sein. Nun will Müller die Fragwürdigkeit des Begriffs des den Gegenstand vermittelnden Inhalts zeigen, um dadurch zur Betrachtung der Bewusstseinsstruktur und ihres Verhältnisses zum Gegenstand zu gelangen. Die Fragen, die er im

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Zusammenhang mit dieser Aufgabe stellt, sind folgende. Erstens, stellt er die Frage nach dem Verhältnis zwischen Erleben und Bewusstsein. Kann man Erleben als eine Form des Bewusstseins auffassen oder das Bewusstsein als eine Form des Erlebens? Die zweite Frage betrifft die Beziehung des Erlebens zum Gegenstand und die Stellung des Inhalts als Erlebnisbestandteils in dieser Beziehung. Schließlich fragt Müller, ob das Sein des Gegenstands der Erkenntnis unabhängig vom Erleben ist und inwiefern der Wechsel des Gegenstands in bezug auf das Subjekt (mannigfache Eigenschaften, Relationen und Zustände des Gegenstands, die das Subjekt erkennen kann) in dem Gegenstand selbst (und nicht im Erkenntnisinhalt) seinen Bestand hat. Unter den möglichen Antworten auf die erste Frage unterscheidet Müller eine, die er Meinong zuschreibt. Diese besteht in der Gleichsetzung des Bewusstseins mit einem der Erlebensphänomene36. Um seinen Gesichtspunkt zu begründen, unterscheidet Müller zwischen Bewusstsein – dem Sein oder dem Verhalten des Menschen, bei dem ihm etwas bewusst wird, einerseits, und Bewusst-Sein – dem Sein des Gegenstands, das ihm zukommt, nachdem er gewusst geworden ist, andererseits. Nach der Theorie Meinongs ist alles Seiende, sofern es Bewusst-Sein hat, psychisch. Die Seinsart des Verhaltens des Subjekts wird also von Meinong auf das Verhaltensobjekt übertragen. Man kann aber nicht nur über das BewusstSein eines Gegenstands, sondern auch über das Bewusst-Sein des Bewusstseins sprechen. Nach Meinong ist ein solches Bewusst-Sein in bezug auf ein Erlebnis möglich, wenn das Erlebnis vergegenständlicht (oder gewusst) wird. Findet eine solche Vergegenständlichung nicht statt, kann man lediglich über das Erlebt-Sein eines Erlebnisses sprechen. Die Bedeutung des Wortes „bewusst“ ist also mit der Reflektiertheit des Erlebens verbunden. Diese Überlegungen sollen Müllers These über Meinongs Auffassung von der Relation zwischen dem Erleben und dem Bewusstsein bestätigen. Was ist nun seine eigene Theorie, die er, insbesondere mit Meinong polemisierend, entwickelt? Jedes Erleben hat nach Müller sein Was – das Erlebte. Dieses Erlebte unterscheidet sich in Abhängigkeit davon, um was für eine Art des Erlebens es geht. Für die Vorstellung ist das Erlebte Anschauung, für das Urteilen – Urteil, das Müller mit Sachverhalt gleichsetzt, für das Fühlen – Gefühl, für das

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Wollen – das Gewollte. Dabei hat jedes Erleben seinen Gegenstand, der für dieses Erleben und nicht für ein anderes als Gegenstand auftritt. So wie das Erleben einen Gegenstand hat, hat der Erlebende das Erleben. Das Erleben weist also eine „Doppelpräsenz“ von Gegenstand und Erleben (Erlebendem) auf. Alles, was in einem solchen Erleben präsent ist, nennt Müller „bewusst“. Das Bewusstsein ist für ihn das Verhalten, das durch diese Doppelpräsenz gekennzeichnet ist. Daraus schließt er, dass der Begriff des Erlebens für ihn im Grunde genommen mit dem Bewusstseinsbegriff gleich ist, und dass, obwohl man Erleben und Bewusstsein voneinander in erster Linie durch ihr Gerichtetsein auf den Erlebenden oder die Gegenstände (die Welt) unterscheiden kann, ihre Einheit eine fundamentale Bedeutung hat. Nun wendet sich Müller der zweiten Frage zu. Er will wissen, inwiefern man berechtigt ist, darüber zu sprechen, dass das Wesen des Weltbewusstseins in der Anwesenheit von Subjekt und Objekt im Erleben oder Bewusstsein besteht. Stutzig macht ihn diese Formulierung, weil sie dem Erleben oder dem Bewusstsein die Eigenschaft zuspricht, etwas zu beinhalten oder zu haben. Erleben oder Bewusstsein haben aber nichts, sondern sie sind das Haben und zwar das Haben als Sein des Habenden (des Menschen, des erkennenden Subjekts). Dieses Haben ist das Verhalten des Menschen zu dem, was er hat37. Diese Definition des Erlebens oder Bewusstseins garantiert die Einheit des erlebenden Subjekts und des erlebten Objekts: mein Bewusstsein von dem Objekt ist sein Bewusst-Sein für mich. Nun kann man die Frage stellen, was die Anwesenheit des Gegenstands in dem Erleben ist. Nach Meinong kann man den Gegenstand durch den erlebten Inhalt erreichen, der somit zu einer „Brücke“ zum Gegenstand wird. Dieses Konzept lehnt Müller ab. Diese Ablehnung versucht er, durch verschiedene Gegenargumente und Beispiele zu begründen. Eines der Argumente betrifft das schon angesprochene Bewusst-Sein des Erlebens. Das Erlebnis ist dem Erfassen durch sein Erlebt-Sein präsentiert, also bedarf dieses Erfassen keines Inhalts. Das andere Argument betrifft die Idee Meinongs, dass nicht jedes Erleben zum Gegenstand transzendiert. Ein solches Transzendieren geschieht durch aktives Meinen (durch intellektuelles Erfassen), das nicht jede Art des Erlebens charakterisiert. Also gibt es solche Erlebnisakte (wie

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z.B. äußeres Wahrnehmen), die in Wirklichkeit (so Müller) „unvollständig“ sind, unvollständig in dem Sinne, dass der Erlebnisakt nicht den Gegenstand, sondern den Inhalt zu seinem Gegenstand hat (und diese Charakterisierung der Unvollständigkeit hat im Vergleich zum Russellschen Erkenntnismodell, das die Eigentümlichkeit der Meinongschen Theorie rekonstruieren soll, einen noch radikaleren kritischen Inhalt). In der Tat bedarf die Theorie Müllers, die das Bewusstsein mit einer der Formen des Seins des zu erkennenden Gegenstands identifiziert, einer solchen Brücke wie des Inhalts nicht, denn der Gegenstand wird durch die besagte Identifizierung erreichbar (erkennbar). Wäre der Gegenstand nur die Ursache der Erkenntnis, die dem Erkennenden nur durch das von dem Gegenstand selbst der Seinsart nach grundverschiedene Gebilde gegeben ist, müsste man sich immer noch mit der Frage auseinandersetzen, wie die Erkenntnis von einem (transzendenten) Gegenstand überhaupt möglich ist. Indem die erkenntnistheoretische Problematik mit Hilfe des Seins- und des Verhaltensbegriffs formuliert wird, wird die Aufmerksamkeit des Forschers auf das gelenkt, was eine Erkenntnisrelation (das Haben als Verhalten des Menschen zu dem, was er hat) aufeinander bezieht. Durch diese Lenkung wird auch die Einheitlichkeit von dem sichtbar, was Meinongs Theorie einerseits und Russells Kritik an dieser Theorie andererseits charakterisiert. In einem seiner Aufsätze über Frege bemerkt Gabriel, dass einer der Grundzüge der Übereinstimmung der Ansichten Freges und des Neukantianismus die Unterscheidung ausmacht, die ihren Ursprung bei Lotze hat38. Diese Unterscheidung ist die von Genese und Geltung. Die Realisierung dieser Unterscheidung bewirkt, dass die Erkenntnistheorie nicht auf die Formulierung der Probleme, die nur aus der „genetisch-psychologischen“ Fragestellung („wie kommen wir dazu, bestimmte Inhalte anzuerkennen?“) oder nur aus der „Berechtigungs“Frage der Geltung von Wissensinhalten („woher nehmen wir die „Berechtigung“, die Wissensinhalte als geltend anzuerkennen?“) hervorgehen, und ihre Analyse zurückgeführt wird. Man fragt sich nun, was die Bestimmung „immanent“ in bezug auf eine Erkenntnis charakterisiert: ihren Inhalt oder die Möglichkeit ihrer Bildung oder aber ihre Begründung. Die Antwort ist offensichtlich: diese Bestimmung charakterisiert das Zustandekommen einer Erkenntnis und ihre Natur (oder

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ihre Zugehörigkeit zu einem der Bereiche, auf denen eine Erkenntnisrelation wirkt). Dass der Immanenzbegriff somit die Genese der Erkenntnis beschreibt, wird zum Teil durch die Schwierigkeiten bestätigt, auf die sowohl Russell als auch Meinong bei der Suche nach den Kriterien der Geltung der Erkenntnisinhalte stoßen. 3.1.5. Propositionen Russells als immanente Objekte Um die Behauptung über die Immanenz der Russellschen Propositionen zu belegen, betrachten wir einen Komplex, der bestimmte existierende Gegenstände a und b enthält, nämlich die Verschiedenheit zwischen a und b, und vergleichen die Ansichten Meinongs und Russells bezüglich des Erkennens eines solchen Komplexes. Nach Meinong wird die Erkenntnis von einem Subjekt in der Form eines bestimmten psychischen Aktes vollzogen. Da die zu erkennenden Objekte in unserem Beispiel existieren, werden sie zu Gegenständen des Wahrnehmens, nämlich des äußeren Wahrnehmens. Im Ergebnis des Wahrnehmens bekommt das Subjekt Vorstellungen von den Gegenständen a und b. Die Verschiedenheit zwischen a und b selbst wird nicht wahrgenommen, sondern erst aufgrund der weiteren psychischen Tätigkeit festgestellt. Die Vorstellungen von a und b werden gegenübergestellt. Sie treten also in eine reale Relation zueinander, und diese Relation wird innerlich wahrgenommen. Wenn das Subjekt über eine Relation zwischen a und b urteilt, analysiert es seine Vorstellungen von a und b und von der Relation zwischen diesen. Diese Analyse (das Erkennen der Verschiedenheit mittels eines Urteils) wird immer durch die Operation der Fundierung begleitet. Durch diese Operation, die das Spezifische des Urteilens im Vergleich zum Wahrnehmen ausmacht, wird nicht die Existenz der Relation der Verschiedenheit zwischen den Vorstellungen von a und b festgestellt, sondern die Notwendigkeit dieser Relation. Durch die Fundierung bezieht man die Beschaffenheit von a und b auf das Wesen der Relation der Verschiedenheit und erkennt, dass a und b jederzeit verschieden sein müssen. Somit sind a und b Fundamente der Relation der Verschiedenheit39. Wenn das Urteil wahr ist, dann ist die Relation zwischen den Gegenständen a und b, die im Urteilen als Superius für ihre

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Fundamente a und b auftritt, notwendig. Dass die Verschiedenheit zwischen a und b notwendig ist, bedeutet, dass diese Verschiedenheit immer besteht, unabhängig von dem Subjekt, das diese Gegenstände wahrnimmt, und von der Tatsache eines solchen Wahrnehmens. Wird das Urteil von einem Subjekt gefällt, wird es in einem Satz ausgedrückt. Das schon gefällte Urteil ist der Inhalt des psychischen Aktes des Urteilens. Als solcher existiert es in der Zeit, ist real und kann selbst wahrgenommen werden. In diesem Sinne ist das Urteil selbst ein Gegenstand, von dem man eine Vorstellung haben kann. Wir sehen, dass Produkte der psychischen Tätigkeit (Inhalte) in eine Beziehung zueinander treten können. Insofern als sie Inhalte sind, kann man sie, wenn sie selbst zu Gegenständen der Erkenntnis werden, als immanente Gegenstände charakterisieren. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, was an einem solchen Erkenntnisverfahren Intersubjektivität garantiert oder mit anderen Worten was die Möglichkeit schafft, das Erkannte einem anderem Subjekt zu übermitteln. Wie Russell meint auch Meinong, dass eine einzelne Vorstellung von einem Einzelnen in allen ihren Einzelheiten keiner Wiedergabe unterliegt. Man kann nicht das Individuelle der psychischen Erlebnisse einem anderen mitteilen40. Übermitteln kann man nur Allgemeines und Dauerndes41. Eine Übermittlung ist also nur durch eine analysierende und verallgemeinernde Tätigkeit des Urteilens möglich, das in Vorstellungen von Gegenständen die ihnen gemeinsamen Eigenschaften von dem Einzelnen löst und die Gründe für das Bestehen gewisser Relationen zwischen ihnen findet. Das Urteil wird somit nicht nur zu einem Mittel, mit dessen Hilfe verschiedene Subjekte dieses Gemeinsame erkennen, sondern auch zu einem Garant, der gewährleistet, dass das Erkannte von einem anderen Subjekt auch erfasst werden kann. Vergleichen wir nun diese Auffassung mit der Russellschen. Seiner Meinung nach fängt jede Erkenntnis mit der Wahrnehmung an. Betrachten wir, wie ein Subjekt denselben Komplex Verschiedenheit von a und b wahrnimmt. Wenn das Subjekt a und b wahrnimmt, nimmt es sie beide schon als einen Komplex wahr, obwohl man unter bestimmten Bedingungen (wenn das Wahrnehmen von a z.B. zeitlich von dem

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Wahrnehmen von b entfernt liegt) a auch unabhängig von b wahrnehmen kann. Im ersten Fall hat das Subjekt eine Bekanntschaft mit dem Komplex, der a und b enthält, oder es hat Kenntnis („awareness“) von diesem Komplex42. Das bedeutet, dass das Subjekt eine Vorstellung („presentation“) von dem Komplex von a und b hat. Wenn das Subjekt urteilt, analysiert es seine Vorstellung. Eine solche Analyse könnte man als ein Verfahren auffassen, durch welches solche Bestandteile des komplexen Objekts ausgesondert werden, von denen man auch eine Vorstellung haben kann43. Von a oder b kann man eine solche Vorstellung haben. Was ist aber z.B. mit der Vorstellung von der Relation der Verschiedenheit? Russell akzeptiert, dass es abstrakte (nicht durch ihre Terme exemplifizierte) Relationen gibt44. Wie man aber eine Vorstellung von einer solchen abstrakten Relation gewinnen kann und ob es möglich ist, lässt er ohne Erklärung. Wenn wir annehmen, dass es eine solche Vorstellung gibt, kann man sie durch Wahrnehmen von verschiedenen Komplexen der gleichen Form und das Vergleichen von diesen miteinander gewinnen. Diese Auffassung gleicht letztendlich der Meinongschen. Wir können auch annehmen, dass das Subjekt keine Vorstellung (die durch das Wahrnehmen zu gewinnen ist) von den Begriffen (Prädikaten und Relationen) hat, sondern auf Vorstellungen mit Hilfe der letzteren operiert. Dass Russell einerseits eine Vorstellung, oder den Umstand, dass das erkennende Subjekt eine Vorstellung hat, als eine Bekanntschaft oder als Wissen vom Gegenstand charakterisiert, und andererseits das Wissen von einigen Arten von Begriffen als unmittelbares Wissen (was auch Bekanntschaft heißen könnte, und was er als Wahrnehmen im weiteren Sinne bezeichnet) definiert, scheint aber dafür zu sprechen, dass das Wissen von Begriffen bei ihm das Wissen ist, das den Erkenntnisoperationen des Subjekts unterworfen wird. Denn sollte das Subjekt mit einem Begriff bekannt (im Sinne Russells) sein, heißt das doch, dass es eine Vorstellung von dem Begriff hat. Aber in den meisten Sätzen, welche die Urteile ausdrücken, werden Begriffswörter nicht nur für die Behauptung der Relation zwischen Gegenständen, sondern auch für die Beschreibung oder Definition der Gegenstände selbst (als Bezeichnungen von Gegenständen) gebraucht. Wenn das Subjekt dann als eine Menge von einzelnen mentalen Ereignissen darstellbar ist, fragt man, in welcher Form sich die Kenntnis der Begriffe realisiert, so dass das Subjekt die

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Bezeichnung für den entsprechenden Begriff in dem Sprachausdruck von einem seiner Urteile benutzen kann. Man fragt sich auch nach der Natur des Urteils. Das Urteilen als eine Erkenntnisform kann als eine Relation zwischen dem Subjekt und dem Gegenstand der Erkenntnis beschrieben werden. Diese Relation realisiert sich in Handlungen einzelner Subjekte, und das Produkt einer solchen Handlung ist ein Urteil, dessen Ausdruck etwas bezeichnet oder ausdrückt, was nicht unbedingt (schon wegen der Möglichkeit, dass das Urteil korrekt oder fehlerhaft sein kann) mit dem Gegenstand der Erkenntnis (auch wenn dieser eine Proposition ist) zusammenfällt. Wenn das einzelne handelnde Subjekt urteilt, analysiert es seine Vorstellung von dem Komplex (Verschiedenheit von a und b) und behauptet (oder verneint), dass a und b in einer Relation zueinander stehen, was in einem Satz ausgedrückt wird. Was dem urteilenden Subjekt als Material seiner Analyse dient, ist eine Vorstellung oder eine Reihe von Vorstellungen. Denkbar ist auch, dass die analysierende Tätigkeit des Subjekts außer Vorstellungen die Bekanntschaft mit anderen Gebilden verlangt, was bedeutet, dass man zum Fällen eines Urteils auch andere Urteile oder andere Vorstellungen oder Bilder heranziehen kann. Die Vorstellungen und Urteile sind Produkte einer psychischen Tätigkeit des Subjekts und in diesem Sinne sind sie immanent. Vorstellungen sind darüber hinaus immanent, weil sie nicht unmittelbar in Worten ausgedrückt werden können. Wenn das Subjekt urteilt, urteilt es über Gegenstände (oder einen Gegenstand), die als Ursachen seiner Vorstellungen auftreten und nur durch diese Vorstellungen gegeben sind. Wenn also Russell behauptet, dass jede Art der Erkenntnis einen transzendenten Erkenntnisgegenstand hat, bedeutet diese Behauptung, dass ohne ein transzendentes Objekt die Erkenntnis überhaupt nicht anfangen kann und dass das Gerichtetsein auf ein solches Objekt die Existenz jedes Erkenntnisaktes rechtfertigt. Was aber als Gegenstand derjenigen kognitiven Operationen auftritt, die den Erkenntnisinhalt zum Ausdruck bringen, ist selbst das Produkt anderer kognitiver Operationen und somit immanent. Wenn wir eine solche Auffassung der Russellschen und Meinongschen Ansichten akzeptieren, dann unterscheiden sie sich dadurch, dass nach Meinong das Subjekt die Vorstellung von einer Relation zwischen zwei

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Gegenständen aus seinen Vorstellungen von diesen Gegenständen ableitet. Erst dann wird das Urteil über die Relation zwischen Gegenständen gefällt. Die Relation, die im Urteilen zum Superius für ihre Fundamente (die gegebenen Gegenstände) wird, ist nur eine der möglichen Relationen, welche diese Gegenstände zueinander haben können. Was für eine Relation in diesem oder jenem Urteil über diese Gegenstände zum Ausdruck kommt, hängt vom Subjekt ab, nämlich von der bestimmten Art seines Herangehens an die Gegenstände. Das Subjekt Russells nimmt nicht nur die einzelnen Gegenstände sondern auch Komplexe wahr und leitet aus den Vorstellungen von Komplexen die Vorstellungen von Bestandteilen der Komplexe ab, um über die Komplexe (über den Zusammenhang ihrer Bestandteile) zu urteilen. Man könnte auch vermuten, dass das, was das Subjekt aus den Vorstellungen von Komplexen ableitet oder gewinnt, keine Vorstellungen mehr sind. Man könnte annehmen, dass die Analyse der Vorstellungen in die Definition der Bestandteile des wahrgenommenen Komplexes mündet und somit in eine Reihe von Urteilen. Die Begriffe wären in diesem Fall wenn nicht Produkte, dann doch Mittel der Analyse, was allerdings bedeutete, dass Propositionen, welche Begriffe als ihre Bestandteile enthalten, keine von einem Subjekt völlig unabhängigen Entitäten sind. Propositionen könnten dann nicht nur als Gegenstände auftreten, über die das Subjekt urteilt, sondern auch als die mit solchen Gegenständen nicht identischen Korrelate von Sätzen, in denen das Subjekt seine Urteile äußert. Die Frage nach der Immanenz des Erkenntnisgegenstands führt also zu der Frage nach dem Status einer Proposition und nach ihren Beziehungen zu den Entitäten, die außer der Proposition als Gegenstände der Erkenntnis fungieren könnten. 3.1.6. Russell und Cohn über das erkennende Subjekt Es stellt sich somit auch die Frage, wie man die Elemente charakterisieren kann, deren Zusammenhang man als eine kognitive Relation bezeichnet. Diese Elemente sind einerseits das erkennende Subjekt und andererseits der zu erkennende Gegenstand. Für Russell ist, wie wir gesehen haben, das erkennende Subjekt in erster Linie das, was bestimmte Erkenntnisfunktionen ausführt – was wahrnimmt, urteilt und seine Urteile ausdrückt. Das Urteilen, dessen Basis die Erfahrung (eine Relation

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zwischen dem Subjekt und Gegenstand) bildet, beginnt mit der Wahrnehmung eines komplexen Gegenstands. Es umfasst die Analyse der durch die Wahrnehmung gewonnenen Vorstellung, möglicherweise das Vergleichen der Ergebnisse der Analyse mit den schon im Gedächtnis vorhandenen Vorstellungen sowie anderen bestimmte Wissensinhalte vermittelnden Urteilen, und schließlich die Synthese in der Form der Behauptung einer Relation zwischen den durch Analyse und Vergleich gewonnenen Bestandteilen. Das Fällen des Urteils wird in einem Satz ausgedrückt. Die Bedeutung („meaning“) eines solchen Satzes ist eine Proposition, die in dem Urteil behauptet oder verneint wird, und die Russell im Fall eines wahren Urteils mit dem wahrgenommenen Objekt gleichsetzt. Versucht man, das Urteilen als eine Erkenntnisrelation des Subjekts zu einem zu erkennenden Gegenstand zu charakterisieren, und dabei diese mannigfachen Operationen des Subjekts sowie das jeweilige Produkt jeder dieser Operationen als Charakteristika dieser Relation aufzufassen, gerät man in Gefahr, unter der Bezeichnung „Erkenntnisrelation des Urteilens“ eine ganze Reihe von Relationen des erkennenden Subjekts mit völlig verschiedenen Vor- und Nachbereichen zuzulassen. Ob das Russell bewusst ist oder nicht, identifiziert seine Theorie, die in der Tat die allgemeinen Züge des Zustandekommens eines Urteils beschreibt, das Subjekt mit einer Reihe von Mengen, deren Elemente Vorstellungen, Begriffe, Propositionen und Urteile sind oder sein können. Relationen zwischen Elementen solcher Mengen können als Erkenntnisfunktionen des Subjekts beschrieben werden. Hier kann man auf Cohns Ich-Begriff Bezug nehmen, um Russells Theorie zu charakterisieren. Einen solchen Bezug könnte man dadurch begründen, dass Cohn den logischen Begriff der Relation in manchen seiner Merkmale von der Russellschen Relationentheorie übernimmt, um mit dessen Hilfe die Grundprinzipien seiner Erkenntnistheorie zu formulieren. Wenn man „Geistesgeschichte als Begriffsgeschichte“ auffasst45, stellt man sich erstens die Frage nach den Ursachen einer solchen Begriffsentlehnung und zweitens nach ihren theoretischen Folgen, welche die Problematik und die Ideen zeigen könnten, die mit dem fraglichen Begriff zusammenhängen, aber in einer „gewohnten“ Umgebung nicht sichtbar sind. Gewiss teilen

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Cohn und Russell manche Ansichten. Unter diesen ist zunächst die Idee eines im Erkennen gegebenen Wertsystems zu nennen, das einer der Autoren (Cohn) explizit deklariert und der andere (Russell) nur implizit voraussetzt. Für Cohn ist Logik eine Wertwissenschaft, die den Wert der Wahrheit untersucht. Das Erkennen kann man als ein Wertsystem auffassen, denn in einer Erkenntnis realisiert sich eine Relation zwischen dem erkennenden Subjekt einerseits und dem Wert oder Unwert andererseits, die zusammen die Klasse aller Gegenstände des Erkennens ausmachen. Russell spricht nicht über Werte, aber er teilt alle zu erkennenden komplexen Gegenstände in wahre und falsche ein, und schon durch diese Einteilung unterwirft er seine Erkenntnistheorie einem Wertsystem. Eine andere Idee, welche die Theorien beider Autoren auszeichnet, ist die Idee einer wissenschaftlichen Philosophie. In erster Linie beinhaltet diese Idee die Forderung, dass eine philosophische Theorie auf den Begriffen beruhen soll, die dem modernen Stand der Wissenschaft entsprechen. Von einer philosophischen Theorie wird zweitens verlangt, dass sie das moderne logische Instrumentarium benutzt46. Russell entwickelt dieses zum Teil selbst. Cohn wendet manche Ideen der Russellschen Relationentheorie an, die ihm erlaubt, das Erkennen und seine Produkte durch Eigenschaften der Relationen zwischen den Elementen des Erkennens zu beschreiben. Wie Cohn den Begriff der Relation benutzt, zeigt insbesondere sein Buch Voraussetzungen und Ziele des Erkennens (1908)47. Als das einfachste vollständige Element des Erkennens, das selbst eine Erkenntnis ist, betrachtet Cohn ein Urteil. Dadurch fällt in den Bereich seiner Untersuchungen einerseits die Bestimmung der Erkenntnisformen wie sie sich in Urteilen realisieren und andererseits der Gegenstände der Erkenntnis wie sie in den Elementen des Urteils gegeben sind. Cohn vertritt die Idee, dass das Urteil eine Relationsstruktur hat48. Diese Theorie verwendet er, um die Gültigkeit des Grundgedankens Kants zu bestätigen, nach dem die Formen der Wirklichkeitserkenntnis vom Urteil her zu gewinnen sind49. Die Stellung des Urteilsbegriffs in der Theorie Cohns ist die Ursache dafür, dass der Begriff einer Relation als einer der Grundbegriffe auftritt, auf denen seine Analyse des Erkennens beruht. Unter Erkennen versteht Cohn die Bildung wahrer Urteile und ihrer

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Zusammenhänge, die ein erkennendes Subjekt vollzieht50. Diese Auffassung basiert auf drei Voraussetzungen. Sie bestehen in der Anerkennung der Existenz des Erkennens selbst, der Existenz eines erkennenden Subjekts, des Ich, und der Existenz wahrer Urteile. Die Analyse dieser Voraussetzungen zeigt, dass ihre Realisierung die Form einer Relation hat. Insbesondere kann man nicht nur die Form der Existenz des Erkannten (des Urteils), sondern auch das existierende Erkennen selbst (das Gewinnen wahrer Urteile) als eine Relation betrachten. Diese Relation charakterisiert das erkennende Subjekt. Die Notwendigkeit, das erkennende Subjekt oder das Ich zu betrachten und zu definieren, liegt in der Unmöglichkeit, es aus der Erkenntnistheorie auszuschalten. Das Ich ist nach Cohn der Träger aller Funktionen, aus denen die erkennende Tätigkeit besteht, - es bringt das Erkennen zustande. Der Inhalt des IchBegriffs besteht aus den Charakterisierungen des subjektiven Anteils, der erstens in die Bildung eines Urteils und zweitens in das Produkt dieser Bildung (das Urteil selbst) eingeht. Im ersten Fall ist der subjektive Anteil die Anerkennung der Wahrheit; sie charakterisiert das erkennende Ich. Im zweiten Fall ist der subjektive Anteil das Icherzeugte im Inhalt der Wahrheit, es betrifft das vom Ich Erkannte. Das Erkannte enthält aber nicht das Subjekt selbst, sondern die Formen, die vom Subjekt abhängen. Die formende und die anerkennende Tätigkeit des Ich sind miteinander verbunden und befinden sich in ständiger Wechselwirkung, indem sie einander voraussetzen und vorangehen. Unter dem, was man durch den Ich-Begriff bezeichnen kann, unterscheidet Cohn das individuelle Ich, das den Akt des Urteilens in jedem einzelnen Fall ausführt, und das reine überindividuelle Ich, welches dem individuellen Ich als Ziel dient, das es im Prozess der wissenschaftlichen Arbeit zu erreichen strebt51. Das überindividuelle Ich ist die Einheit der Formen alles zu Erkennenden. Diese Formen, die individuell, d.h. in der Tätigkeit des individuellen Subjekts, auftreten, sind in allen Urteilen und Urteilszusammenhängen enthalten. Das Beziehen eines Gegenstands auf einen anderen, das im Urteilen stattfindet und in jedem Urteil als Relation vorkommt, ist eines der Beispiele solcher Formen. Dank dem Begriff des überindividuellen Ich kann man von den Besonderheiten des einzelnen Auftretens dieser Formen absehen und das Gemeinsame, das jedem

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solchen Auftreten zukommt, die Form selbst, abgrenzen und selbständig betrachten. Dadurch kann man insbesondere die Erkenntnistheorie von den psychologischen Untersuchungen trennen. Bei der Charakterisierung des überindividuellen Ich ist nach Cohn auch die anerkennende Tätigkeit des individuellen Subjekts zu beachten. Durch Bejahen oder Verneinen des im Urteil Behaupteten erkennt das Subjekt die Wahrheit des von ihm gefällten Urteils an. Identifiziert man das Relatum der Relation der Anerkennung, deren Referenda Urteile sind, mit dem überindividuellen Subjekt, bekommt man die Möglichkeit, die Bildung eines Urteilszusammenhangs in ihren Gesetzmäßigkeiten zu analysieren. Cohn warnt ausdrücklich davor, dass man das überindividuelle Ich mit dem passiven Beziehungspunkt gleichsetzt, auf den jede Erkenntnis bezogen wird und der auf den Inhalt dieser Erkenntnis ohne Einfluss bleibt52. Das überindividuelle Ich ist also allein als eine Wahrheit anerkennendes Ich ohne Bezug auf Erkenntnisformen nicht denkbar. Die Begriffe dieser Formen sind Bestandteile dieses Begriffs. Der Begriff des individuellen Ich ist der Begriff, unter den die einzelnen Individuen fallen. Sein Inhalt besteht also, wenn wir die Fregesche Terminologie benutzen, aus Eigenschaften von diesen oder, anders ausgedrückt, aus Merkmalen, die das Gemeinsame an einzelnen erkennenden Subjekten charakterisieren. Im Vergleich zu diesem Begriff wird der Begriff des überindividuellen Ich dadurch gebildet, dass man bestimmte Funktionen (Erkenntnisfunktionen), welche die einzelnen erkennenden Subjekte ausführen, von den Trägern dieser Funktionen trennt und zu einem besonderen Objekt vereinigt. Da man das Ausführen der Erkenntnisfunktionen, die Russell betrachtet, jedem Subjekt zusprechen kann, gehören sie zu den Eigenschaften, die den Inhalt des Cohnschen Begriffs des individuellen Subjekts, und folglich zu den Merkmalen, die den Begriff des überindividuellen Ich ausmachen können. Man kann sie also als eine Realisierung Cohnscher Denkformen auffassen. Da außerdem das Russellsche Subjekt auf das Gewinnen wahrer Urteile hin orientiert ist, ist es mit dem Ich Cohns vergleichbar. Was einen aber an der Gleichsetzung des Russellschen und des Cohnschen Subjekts hindern kann, ist die Idee der „Ausklammerung“ des Subjekts, die in der Russellschen Theorie schon enthalten ist und die in der Identifizierung des Subjekts mit der Menge von Produkten verschiedener Erkenntnisfunktionen besteht.

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Alles dem Subjekt Angehörende ist für Russell synonym mit dem, dessen Vorkommen im Wissen möglichst minimiert oder gar ausgeschlossen werden muss. Die kognitiven Relationen des Subjekts zum Gegenstand kann man aber, wenn man dem Gedankengang Russells folgt, kaum als subjektive bezeichnen. Nach Russell ist eine Relation nicht mehr von den Termen, die sie aufeinander bezieht, abhängig als diese von ihr. Das Bestehen kognitiver Relationen ist für Russell eine nicht explizit postulierte aber stets vorausgesetzte Tatsache. Nun entsprechen einer kognitiven Relation bestimmte Gegenstandsbereiche, die sie einander zuordnet. Gehen wir davon aus, dass die Gegenstände der Erkenntnis einen der Gegenstandsbereiche bilden. Dann fragt es sich, was sie sind. Wenn man die Kritik Russells, der er die Theorie Meinongs unterzieht, auf seine eigene anwendet, sieht man, dass sie ihrer Natur nach dem Subjekt angehören. Obwohl Russell die Existenz eines „transzendenten“ Gegenstands der Erkenntnis deklariert, ist das, was sein Subjekt analysiert, kein transzendenter Gegenstand, sondern eine Vorstellung des Subjekts und folglich immanent. Man kann sagen, dass jede Vorstellung der Existenz eines Reizes bedarf, aber, wenn man von diesem etwas behauptet, basiert diese Behauptung schließlich auf einem subjektiven Gebilde. Also sind die einzigen transzendenten Objekte bei Russell nur die Ursachen des Wahrnehmens, zu denen auch Sätze zählen. Da das Subjekt Sätze auch selbst formulieren kann, sind sie die einzigen transzendenten Objekte, deren Existenz unbezweifelbar ist. Insofern das Subjekt einen Satz, der die gleiche Form wie ein wahrgenommener hat, jeder Zeit selbst produzieren kann, können Sätze auch als immanent charakterisiert werden. Diese Immanenz, die in der Abhängigkeit vom Subjekt besteht, kann aber die Quelle der Falschheit eines Satzes sein. Die Suche nach dem transzendenten Anteil der Sätze und Urteile führt Russell zum Begriff der Proposition. Sie ist die Bedeutung eines Satzes und das Behauptete oder Verneinte in einem Urteil. Als Bedeutung genügt sie der Forderung der Objektivität (die auch als Intersubjektivität definiert werden kann). Wenn man den Begriff des Subjekts aus der Diskussion ausschließt, wie es Wittgenstein im Tractatus macht, kann man sich auf die Untersuchung solcher Objekte wie Sätze und Propositionen und deren Beziehungen beschränken, ohne dabei zu entscheiden, ob der jeweilige Gegenstand

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immanent oder transzendent ist. Die Frage ist, ob eine solche Ausklammerung des Subjekts das Problem der Immanenz (oder der Transzendenz) des Erkenntnisgegenstands tatsächlich aufhebt. Ist es nicht viel mehr so, dass das Konzept, welches die Darstellung des Erkennens als einer Relation des Subjekts zu einem transzendenten Gegenstand verlangt, sich mit den Eigenschaften des Erkenntnisverfahrens und der Anerkennung der Wahrheit befasst, während die Theorie, die vom Subjekt absieht und nur Relationen zwischen verschiedenartigen Tatsachen betrachtet, hauptsächlich Produkte des Erkennens und die in ihnen enthaltenen Gründe für die Anerkennung der Wahrheit analysiert? Es ist denkbar, dass sich in der Gegenüberstellung dieser Herangehensweisen an die erkenntnistheoretische Problematik die Unterscheidung von Genese und Geltung äußert, die Gabriel als Begründung einer eigenständigen philosophischen Erkenntnistheorie auffasst53. Ist es so, dann handelt es sich hier um verschiedene Formen erkenntnistheoretischer Untersuchungen, die sich nicht durch ihren Gegenstand, sondern in erster Linie durch die Fragestellung voneinander unterscheiden. Die Voraussetzungen der beiden Konzepte bleiben aber dieselben: es gibt wahre Sätze und somit Urteile (und Propositionen) und, von dem Sein und den Besonderheiten solcher Sätze ausgehend, kann man auf ihre Beziehung zur Wirklichkeit (zu Tatsachen oder Sachverhalten) und auf die Wirklichkeit selbst schließen.

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3.2. Russell über propositionale Begriffe Ein Wendepunkt in der Entwicklung der Russellschen Theorie ist seine Theorie der Beschreibungen („descriptions“) (1905). Ihre Formulierung erklärt man für gewöhnlich durch die Motive, deren Liste Russell selbst im Aufsatz „On Denoting“ angibt. Die Darstellung jedes dieser Motive kann man aber als Darstellung eines der Probleme formulieren, die 1898-1905 im Zusammenhang mit dem Begriff der Proposition entstanden sind, und von denen die meisten hier schon analysiert wurden. Eines der durch die Theorie der Beschreibungen transformierten Konzepte war das Konzept des propositionalen Begriffs („propositional concept“), dessen Hauptmerkmale man nach 1905 in dem Begriff der Tatsache („fact“) findet. Ich unternehme hier den Versuch, Russells „Theorie der propositionalen Begriffe“ zu rekonstruieren und ihre Probleme sowie einige Lösungen dieser Probleme zu untersuchen. Bevor Russell „die Ontologie von Tatsachen“ anerkennt, die aus der Theorie der Beschreibungen folgt, hält er Wahrheit und Falschheit für Eigenschaften von Propositionen. Dass die Proposition einen dieser Wahrheitswerte hat, hängt nicht von der Relation der Proposition zu einem anderen Objekt ab. Die Proposition ist ein komplexes Objekt, dessen Objektivität in erster Linie darin besteht, dass es von verschiedenen erkennenden Subjekten erfasst werden kann. Dass zwei verschiedene Subjekte fähig sind, ein und dieselbe Proposition unabhängig voneinander zu kennen und einander zu verstehen, wenn eines von ihnen das andere über seine Kenntnis in einem Satz informiert, liegt an der Natur der Proposition, die schließlich in der Identität des Erkenntnisgegenstands und des Wissensinhalts besteht. Dieser zweifache Charakter der Proposition, der seinen Ausdruck insbesondere darin findet, dass die komplexen Erkenntnisgegenstände selbst für wahr oder falsch erklärt werden, führt zusammen mit den daraus erwachsenden Problemen letztendlich dazu, dass diese zunächst einer Proposition zugesprochenen zwei Rollen verschiedenen Objekten zugeteilt werden. Eines dieser Objekte (dasjenige, das die Rolle des Erkenntnisgegenstands übernimmt) ist die Tatsache („fact“). Der Begriff der Tatsache hat in der Theorie Russells Vorgänger,

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die abwechselnd unter der Bezeichnung „wahre Propositionen“ („true propositions“) oder „propositionale Begriffe“ („propositional concepts“) oder auch „Tatsachen“ („facts“) auftreten. Propositionale Begriffe analysiert Russell während der Periode von 1902 bis 1905 im Zusammenhang mit dem Problem der Bezeichnung („denoting“). Das Ziel, das Russell bei dieser Analyse verfolgt, ist die Formulierung einer Theorie, die dem gesunden Menschenverstand entspricht. Aber seine Versuche, sowohl die Natur propositionaler Begriffe zu definieren, als auch ihre Beziehungen zu Propositionen festzustellen sowie die Methoden der Erkenntnis von propositionalen Begriffen zu bestimmen, erweisen sich als widersprüchlich. Solche Widersprüche und die weitere Entwicklung von Russells Ansichten machen die Aufgabe, seine Gedanken bezüglich dieses Themas in der Form einer besonderen selbständigen Theorie zu formulieren, extrem schwierig. Die Lösung dieser Aufgabe scheint aber wichtig und aktuell zu sein, weil Russells Ideen, die man unter dem „Dach“ einer solchen Theorie vereinigen kann, als einige der Grundideen einer modernen analytisch-philosophischen Untersuchung auf dem Gebiet der Ontologie der Wahrheit dienen. Die Hauptthesen dieser Untersuchung wurden 1984 von Mulligan, Simons und Smith formuliert54. Die von ihnen vorgeschlagene Theorie bezeichne ich, einigen terminologischen Festlegungen der Autoren folgend, als „die Theorie von Wahr-Machern“ („truth-makers“). Wenn ich zu der Auslegung dieser Theorie übergehe, werde ich ihre Autoren der Kürze wegen nur als „die Autoren“ bezeichnen. 3.2.1. Propositionale Begriffe Rekonstruktion der Theorie

Russells:

ein

Versuch

der

Unter einem propositionalen Begriff („propositional concept“) versteht Russell ein komplexes Objekt, das durch einen komplexen Namen bezeichnet wird. Einen solchen Namen kann man insbesondere aus einem Aussagesatz gewinnen, indem man das Verb, das in diesem Satz vorkommt, substantiviert. Ist ein solcher Satz z.B. „Caesar starb“, dann ist der entsprechende Name des propositionalen Begriffs „der Tod von Caesar“.

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Den Terminus „propositional concept“ führt Russell in The Principles ein, um die Grundideen der Theorie Freges zu beschreiben55. Hier dient dieser Ausdruck der Definition des Begriffs des Gedankens, der als einer der Terme der Relation auftritt, die in einem hypothetischen Urteil behauptet wird, oder als eine Annahme, deren Wahrheit noch nicht anerkannt wurde. Trotz des durch die von Russell gewählte Bezeichnung sowie durch das bezeichnete Objekt erweckten Eindrucks, dass es sich bei dem propositionalen Begriff um ein reines Sinngebilde handelt, tritt der propositionale Begriff von Anfang an als ein „Doppelgänger“ der Proposition auf. Insbesondere nimmt Russell an, dass der propositionale Begriff selbst verschiedene Arten von Entitäten als seine Bestandteile beinhalten kann – Terme und Begriffe, einige von denen (nämlich, Terme) ersetzt werden können, ohne die Einheitlichkeit des propositionalen Begriffs selbst zu zerstören56. Ich habe in dem Kapitel 2.2. und 2.3. schon darauf hingewiesen, dass die Idee der Anwendung der Operation der Ersetzung auf Propositionen diese mit Sätzen gleichsetzt und somit den explizit formulierten theoretischen Annahmen Russells widerspricht. Also sollte es sich hier auch eigentlich um die Ersetzung der Bestandteile der Namen von propositionalen Begriffen handeln. In diesem Zusammenhang ist es aber vielleicht angebracht, zu erwähnen, dass Russell sehr oft (und auch zu Recht) ein schwankender Sprachgebrauch und Vermengungen vorgeworfen werden, insbesondere wenn es sich um den Status von Propositionen und Begriffen handelt, die er auch als Tatsachen und Eigenschaften behandelt. Dass Russell die logischen Begriffe somit in eine Beziehung zu ontologischen Begriffen bringt, halte ich aber für eine Methode (zu der Zeit noch nicht als eine solche ausgereift und deswegen nicht ganz konsequent angewandt), nicht nur die Objektivität der logischen Beziehungen zu unterstreichen, sondern auch die ontologischen Beziehungen mit Hilfe der Zusammenhänge und Charakteristika ihrer logischen Korrelate zu beschreiben. Diese Methode wendet Russell z.B. 1911 bei der Charakterisierung der Beziehungen zwischen Einzelnen und Universalien an. Trotz alledem ist das Vorkommen der Terme (Objekte) in propositionalen Begriffen ein Zeichen dafür, dass sie wie Propositionen zu den zu erkennenden Gegenständen gehören. Das in der Bezeichnung vorkommende Wort „Begriff“ sollte aber deswegen nicht als eine Unvollkommenheit der Notation abgetan werden. Die zusätzliche Rolle,

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die Russell dem propositionalen Begriff zuteilt, ist die Rolle des Urbilds einer mathematischen Funktion. Die Zuordnung eines bestimmten Wertes einem bestimmten Argument einer solchen Funktion hat in der Sprache die Form einer Gleichung, der eine Proposition entspricht. Und für jede solche Proposition gibt es einen propositionalen Begriff, in dessen Bezeichnung die Bezeichnung eines der Terme dieses Begriffs entfernt oder durch eine Variable ersetzt werden kann. Der propositionale Begriff, dem die Erfüllung dieser Aufgabe delegiert wird, ist ein intensionales Gebilde, insofern sein Name die Beschreibung einer Zuordnungsvorschrift ist. Die erste Frage, die Russell im Zusammenhang mit dem Begriff des propositionalen Begriffs beschäftigt, ist die Frage nach der Relation zwischen der Proposition und dem propositionalen Begriff. Wenn man sie miteinander vergleicht, entdeckt man ein Merkmal, das die Proposition kennzeichnet, dem propositionalen Begriff aber fehlt. Dieses Merkmal ist die Behauptung („assertion“), die das Verb ausdrückt, und die ihrem Ursprung nach nicht psychologisch ist57. Russell nimmt an, dass die Proposition wahr oder falsch ist, weil sie behauptet wird (oder eine Behauptung enthält). Der unbehauptete propositionale Begriff hat diese Eigenschaft (wahr oder falsch zu sein) nicht. Um einem propositionalen Begriff die Eigenschaft der Wahrheit oder der Falschheit zu prädizieren, bräuchte man eine Proposition, die den fraglichen propositionalen Begriff als ihren Bestandteil enthalten könnte. Gäbe es eine solche Proposition, dann müsste sie sich aber von der Proposition unterscheiden, aus deren Bezeichnung man den Namen für den propositionalen Begriff gewinnt. Nehmen wir den Satz „Caesar starb“. Der Proposition, die durch diesen Satz ausgedrückt wird, entspricht der propositionale Begriff der Tod von Caesar. Diesem propositionalen Begriff wird aber in dem besagten Satz nichts prädiziert, was bedeutet, dass der Satz keine Behauptung über den propositionalen Begriff (über den Tod von Caesar als eine Ganzheit) ist. Der propositionale Begriff ist also kein logisches Subjekt der fraglichen Proposition. Eine solche Behauptung, die den propositionalen Begriff als ihr Subjekt beinhaltet, könnte vielleicht die Proposition der Tod von Caesar ist wahr sein, aber ihr selbst scheint ein neuer propositionaler Begriff, die Wahrheit des Todes von Caesar, zu entsprechen. Wenn einem propositionalen Begriff etwas prädiziert werden könnte, dann könnte er als

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das logische Subjekt einer Proposition auftreten. Somit wäre der propositionale Begriff eine Entität. Als eine Entität ist der propositionale Begriff aber widersprüchlich, wenn man ihn auf solche Weise überhaupt charakterisieren darf. Da Russell den propositionalen Begriff mit dem Gedanken Freges vergleicht, versucht er, andere Begriffe Freges zu gebrauchen, um das besagte Problem zu lösen. Der Vorschlag Freges, die Behauptung als eine Komponente des Urteils zu betrachten, scheint Russell aber zu psychologisch zu sein58. Das Urteilen ist ein Akt, den das erkennende Subjekt vollzieht. Wenn das Subjekt urteilt, behauptet oder verneint es eine Proposition. Der Wahrheitswert des Satzes, in dem das Subjekt sein Urteil ausdrückt, kann sich von dem Wahrheitswert der Proposition unterscheiden. Die Behauptung, die in einem Urteil vorkommt, ist eine psychologische (subjektive) Behauptung, die Russell von einer logischen (objektiven) Behauptung unterscheidet. Während die psychologische Behauptung für das Zusammenfallen oder Nicht-Zusammenfallen der Wahrheitswerte eines Satzes und einer dem Satz entsprechenden Proposition verantwortlich ist, und somit einen der Unterschiede zwischen dem Satz und der Proposition charakterisiert, macht die logische Behauptung den Unterschied zwischen der Proposition und dem propositionalen Begriff aus. Eine andere Möglichkeit, die Relation zwischen der Proposition und dem propositionalen Begriff zu erklären, besteht nach Russell darin, dass man den propositionalen Begriff als das von der Proposition Bezeichnete betrachtet (die Proposition hat zu einem solchen Objekt die Beziehung, die als „denote“ definiert wird). Vor 1905 behauptet Russell, dass das Bezeichnen („denoting“) notwendig ist, um insbesondere einzelne Objekte zu beschreiben, die bei einem Informationsaustausch nicht genannt oder anders unmittelbar identifiziert werden können. Um diese Schwierigkeit zu umgehen, gebraucht man Wörter, die für Prädikate stehen (allgemeine Namen). Prädikate sind nach Russell eine Art von Begriffen. Die Besonderheit dieser Art besteht darin, dass Prädikate selbst als Symbole fungieren können. Wenn sie eine solche Funktion erfüllen, stehen sie für Objekte, welche Exemplifizierungen von den diesen Prädikaten

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entsprechenden Eigenschaften sind. Die logische Relation zwischen Prädikaten und den durch diese Prädikate definierten einzelnen Objekten charakterisiert Russell als Bezeichnen („denoting“). Das Bestehen dieser Relation ermöglicht die Beschreibung des Einzelnen durch den Namen des Prädikats, das der Eigenschaft entspricht, deren Träger das Einzelne ist. Nehmen wir Russells Beispiel und betrachten wir den Satz „Ich begegnete einem Menschen“. Dieser Satz sagt nichts über den Begriff ein Mensch (würde man diesen Begriff nicht wie Russell als einen Term betrachten, sondern in seiner prädikativen Funktion nehmen, sollte man vielleicht über den Begriff ist ein Mensch sprechen), dessen Name in dem Satz vorkommt, sondern über eine der Exemplifizierungen der Eigenschaft, ein Mensch zu sein, – über einen bestimmten Menschen. Dieser Mensch kann dem Sprechenden unbekannt sein, aber der Sprechende erkennt ihn als einen Träger der Eigenschaft, durch deren begriffliches Korrelat man ihn als ein menschliches Wesen definieren kann. Der Sprechende nimmt ein einzelnes Ereignis wahr – seine Begegnung mit diesem Menschen. Diese Begegnung findet irgendwo zu irgendeinem bestimmten Zeitpunkt statt und geht vorbei. Wenn sie vorbei ist, hat der Sprechende nur einen Weg, seinen möglichen Gesprächspartner über dieses Ereignis zu informieren, wenn der besagte Gesprächspartner nicht dabei war – dieses Ereignis zu beschreiben. Der Sprechende selbst hat unmittelbare Kenntnis von dieser Begegnung und von dem Menschen, dem er begegnete. Er benutzt den Namen des Begriffs ein Mensch, um seine Erfahrung für seinen Gesprächspartner fassbar zu machen. Der Name des Begriffs ist hier notwendig, da der Begriff die Übermittlung der Kenntnis des Sprechenden ermöglicht. Nun kann man annehmen, dass es möglich sei, diese Theorie von Prädikaten oder die Theorie von Bedeutungen („meanings“), die selbst bezeichnen („denote“), insofern sie die von ihnen verschiedenen Objekte beschreiben59, auf andere Bedeutungen, nämlich Propositionen, zu übertragen. Dann ist es denkbar (und diese Möglichkeit wird von Russell in einem seiner Manuskripte erörtert), dass die Proposition einen propositionalen Begriff bezeichnet („denotes“), wie ein Begriff ein durch ihn definiertes einzelnes Objekt bezeichnet. Aber in Wirklichkeit ist diese Ähnlichkeit zwischen Prädikaten und Propositionen fraglich. Wie Begriffe sind Propositionen auch Bedeutungen („meanings“). Von den Sätzen,

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deren Bedeutungen sie sind, werden sie aber nicht genannt. In Sätzen werden sie behauptet. Schon aus diesem Grund fragt es sich, ob ein propositionaler Begriff tatsächlich von einer Proposition bezeichnet werden kann. Zunächst scheint die positive Antwort auf diese Frage durchaus akzeptabel zu sein. Die Anerkennung der propositionalen Begriffe als Denotate von Propositionen erlaubt einem, die Wahrheit oder die Falschheit der Proposition durch das Sein des entsprechenden propositionalen Begriffs zu erklären. Gibt es einen propositionalen Begriff, der einer Proposition entspricht, dann ist diese Proposition wahr. Und wenn es einen solchen Begriff nicht gibt, ist die Proposition falsch. Diese Annahme ist naheliegend, aber sie erklärt nicht, wie falsche Propositionen zustande kommen. Aber diese Frage ist eine der wichtigsten für Russells Theorie. Warum die Annahme über Denotate von Propositionen, die ihrerseits selbst Bedeutungen („meanings“) von Sätzen sind, einen so problematischen Charakter hat, könnte man nachvollziehen, wenn man folgende auf verschiedenen Annahmen Russells beruhende Argumente in Betracht zieht. Nach einem der Prinzipien von Russells Erkenntnistheorie ist Wahrnehmen der Ausgangspunkt der Erkenntnis. Aus dem Wahrnehmen gewinnt man Kenntnisse von Einzelnen, Komplexen (Propositionen oder propositionalen Begriffen) und solchen Universalien wie z.B. Farbprädikaten. Solche durch das Wahrnehmen erworbenen Kenntnisse realisieren sich zunächst in der Form von Vorstellungen von Einzelnen und Komplexen. Vorstellungen sind einfach (ungeteilt) und reproduzieren die wahrgenommenen Objekte. Vorstellungen werden von dem erkennenden Subjekt analysiert. Wenn die zu analysierende Vorstellung die Vorstellung von einem komplexen Objekt ist, kann die Kenntnis von dem Objekt in einem behauptenden (ich sehe jetzt von der Möglichkeit der Verneinung ab) Satz ausgedrückt werden. Wenn der behauptende Satz die Form „aRb“ („a hat eine Relation R zu b“) hat und es bekannt ist, dass der Satz falsch ist, kann man sagen, dass der Satz eine Bedeutung („meaning“) hat (diese Bedeutung ist die Proposition aRb), aber kein Denotat – es gibt keine Relation R zwischen a und b. Nun ist im Satz „aRb“ wie in jedem behauptenden Satz ein Urteil ausgedrückt. Wenn dieses aufgrund der

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Analyse einer Vorstellung gefällt wird, wobei die Vorstellung von aRb die Reproduktion eines wahrgenommenen Komplexes ist, und es einen solchen Komplex nicht gibt, was wurde denn in der Vorstellung reproduziert? Mit anderen Worten, was wurde vom Subjekt wahrgenommen? Wenn das Wahrgenommene ein propositionaler Begriff ist, dann gibt es keine Vorstellung von einem solchen und folglich kann es auch kein Urteil über einen solchen Komplex geben. Wenn das Wahrgenommene aber eine Proposition ist, die sowohl wahr als auch falsch sein kann, bleiben zwei Fragen offen. Die erste ist, wie man das Nicht-Bestehen des propositionalen Begriffs erkennen kann. Die zweite ist die Frage, wie Urteile über eine falsche Proposition möglich sind. Wenn Fehler nur die Verbindung zwischen Bestandteilen des wahrgenommenen Komplexes betreffen können und nicht diese Bestandteile selbst, dann sind, wenn es keine Relation R zwischen a und b gibt, auch die Proposition aRb und ein Urteil über diese Proposition unmöglich. Schließlich gibt es eine dritte Möglichkeit. Es kann sein, dass ein propositionaler Begriff wahrgenommen wird und dass das, was man durch die Analyse der Wahrnehmung bekommt, als Bestandteile einer Proposition oder als subjektive Korrelate solcher Bestandteile angesehen werden kann. Fällt man ein Urteil über die Beziehung zwischen diesen Bestandteilen und äußert das Urteil in einem Satz, dann ist die Proposition die Bedeutung („meaning“) des Satzes oder mit anderen Worten ein Wissensinhalt, der von einem erkennenden Subjekt einem anderen übergeben und somit selbst zu einem Erkenntnisgegenstand werden kann. Eine solche Auffassung wird Russell später (um 1910) auch vertreten. Aber diese Möglichkeit wird hier erst gar nicht in Betracht gezogen. Was ihrer Realisierung und Anerkennung im Wege steht, ist anscheinend der Zusammenhang, in den Russell den Begriff des Bezeichnens („denoting“) mit dem Begriff der Objektivität und insbesondere der Objektivität der Elemente des Vorbereichs und des Nachbereichs der Relation des Bezeichnens bringt. Wenn das Bezeichnen eine Beziehung zwischen Objekten ist und Proposition einen propositionalen Begriff bezeichnet („denotes“), dann soll die Behauptung, die diese Beziehung kennzeichnet, auch objektiv sein. Und als etwas Objektives muss die Behauptung einen Ausdruck in der Sprache finden. Das bedeutet Folgendes. Hätte eine

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Proposition ein Denotat, müsste in dem entsprechenden Satz die Rede von diesem Denotat sein. Wir könnten Russells spätere Unterscheidung zwischen der Behauptung einer Proposition und der Behauptung über eine Proposition ausnutzen und sagen, dass die Behauptung einer Proposition die Behauptung über einen propositionalen Begriff ist. Dabei ist die Behauptung in dem Sinne als objektiv anzusehen, dass es sich hier einerseits (bei der Behauptung einer Proposition) um ein Vorkommen eines der Proposition entsprechenden Aussagesatzes und andererseits (bei der Behauptung über einen propositionalen Begriff) um den Bestand der Proposition handelt, wobei dann der propositionale Begriff einer der Bestandteile der Proposition sein sollte, und darüber hinaus das Objekt, von dem es in dem der Proposition entsprechenden Satz handelt. Das Problematische an dieser Auffassung zeigt nun ein weiterer Vergleich von Sätzen mit den Bezeichnungen für Begriffe, die ihrerseits selbst bezeichnen („denote“). Wenn ich sage „Ich begegnete einem Menschen“, ist es klar, dass ich keinem Begriff begegnete, denn Begriffe können nicht spazieren gehen und ihr Weg kann nicht den Weg von jemandem kreuzen. Ich kann also dem Satz selbst, in dem das Begriffswort vorkommt, entnehmen, ob es sich in dem Satz um den Begriff oder um eine Exemplifizierung der dem Begriff entsprechenden Eigenschaft handelt. Die Auskunft darüber erteilt der Kontext, in dem der Name des Begriffs gebraucht wird. Ein solcher Kontext für den Namen des Begriffs ist ein Satz. Doch in dem Satz „Caesar starb“ wird nichts über den Tod von Caesar (als über eine Ganzheit) ausgesagt. Es wird hier keine der möglichen Beschreibungen dieses Ereignisses gegeben. In dem Satz wird eine bestimmte Relation zwischen den Komponenten des Ereignisses beschrieben, und das logische Subjekt des Satzes ist Caesar, nicht sein Tod. Das Ereignis in seiner Ganzheit „überlebt“ die Analyse nicht, die zur Formulierung des Satzes führt, so dass man nicht behaupten kann, dass es sich in dem Satz in der Tat um das Ereignis selbst handelt (S. Schema 4). Sagt man nun, dass in einem solchen Satz der propositionale Begriff (nicht also etwas über den Begriff) behauptet wird, macht man Propositionen als objektive Entitäten entbehrlich und ersetzt sie durch propositionale Begriffe.

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Russell schließt daraus, dass Propositionen kein Denotat haben. Die Tatsache, dass es solche verschiedenen linguistischen Ausdrücke wie Sätze einerseits und aus ihnen ableitbare Namen von propositionalen Begriffen andererseits gibt, setzt nicht die Verschiedenheit der Objekte voraus, für die sie stehen. Das bedeutet lediglich, dass diese Ausdrücke Produkte unterschiedlicher Beziehungen des erkennenden Subjekts zu ein und demselben Objekt sind60. Wie wir sehen, ist Russells Theorie des Wahrnehmens der erste Grund, zu leugnen, dass ein propositionaler Begriff das Denotat einer Proposition ist. Die Vorstellungen von wahrgenommenen Komplexen betrachtet Russell als Reproduktion dieser Komplexe. Die Möglichkeit eines Fehlers auf der Stufe des Wahrnehmens scheint er nicht zuzulassen. Selbst wenn er einen solchen Fall analysiert, dass das Subjekt eine ihm bekannte Person nicht erkennt, findet er den Fehler im Denken über den wahrgenommenen Komplex61. Nehmen wir für einen Augenblick an, dass Russell die Theorie Meinongs in einem bestimmten Punkt teilen könnte. Meinong glaubt, dass selbst das Wahrnehmen von Existierendem ein Urteil einschließt62. Aus dem äußeren Wahrnehmen bekommt das Subjekt Vorstellungen von einzelnen existierenden Objekten. Diese Vorstellungen werden zu Gegenständen des inneren Wahrnehmens, das eine Art ihrer Analyse ist. Im Verlaufe dieser Analyse stellt das Subjekt eine Ähnlichkeit oder Verschiedenheit der ursprünglichen Vorstellungen fest oder wählt eine von ihren Eigenschaften. Eine solche Analyse kann fehlerhaft sein: das Subjekt kann z.B. eine solche Eigenschaft auswählen, die für den Gegenstand nicht wesentlich ist, sondern nur wesentlich zu sein scheint. In jedem Fall gewinnt man ein Urteil, das wahr oder falsch sein kann, in Abhängigkeit davon, ob es etwas gibt, was ein solches Urteil wahr oder falsch macht. Diese Theorie könnte einige Antworten auf die eben angesprochenen Probleme bieten. Die für Russell problematischen Konsequenzen einer solchen Theorie sind folgende: 1. Offensichtlich können laut dieser Theorie als Gegenstände des äußeren Wahrnehmens nur propositionale Begriffe und keine Propositionen auftreten. Propositionen, selbst solchen, die Existierendes als einen ihrer Bestandteile enthalten, wird in dieser

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Theorie der Status der Produkte des vom erkennenden Subjekt ausgeführten psychischen Aktes des Urteilens zugewiesen. Somit können sie keine transzendenten Objekte sein. 2. In einem solchen Fall sind Wahrheit und Falschheit Eigenschaften mentaler Gebilde. Sind Propositionen mental, dann sind sie subjektiv. Die Anerkennung ihrer Subjektivität führt zu der Frage, ob es ein solches Kriterium der Wahrheit für die das Existierende beschreibenden Sätze gibt, das auch das intersubjektive Verifizieren derartiger Sätze erlaubt. Was kann an Meinongs Theorie noch unakzeptabel für Russell sein? Besonders wichtig für Russells Theorie des Wahrnehmens ist sein Wahrheitsbegriff. Wahrheit und Falschheit sind Eigenschaften von Propositionen. Propositionen sind nicht mental. Sie sind objektiv und komplex, existieren nicht, aber haben ein Sein. Ihre Objektivität bedeutet, dass jedes erkennende Subjekt ein Wissen von ihnen erwerben kann. In einem seiner früheren Aufsätze „Are Euclid’s Axioms Empirical?“ (1898) definiert Russell notwendige Propositionen als universell wahre und behauptet, dass ihre Notwendigkeit wahrgenommen wird. Es ist unmöglich, einen Beweis der Notwendigkeit (sowie der Wahrheit) zu konstruieren, weil jeder Beweis darin besteht, dass die zu beweisende Proposition auf andere Propositionen zurückgeführt wird, die schließlich ohne Beweis angenommen werden müssen. Notwendigkeit unterscheidet sich aber von der Wahrheit. Wenn eine Proposition bald wahr, bald falsch sein kann, wie z.B. die Proposition es regnet, ist die notwendige Proposition immer wahr. Wenn man aufgrund der Erfahrung glaubt, dass eine Proposition notwendig wahr ist, kann weder der Glaubende noch irgendjemand diese Proposition verifizieren. Der einzige Grund für die Behauptung ihrer Notwendigkeit ist ihre Evidenz63. Später (1905) kommt Russell zu dem Schluss, dass Notwendigkeit die Eigenschaft von propositionalen Funktionen, nicht von Propositionen ist64. Zum Teil verändert er sein Konzept der Notwendigkeit, aber seine Hauptidee bleibt dieselbe: die Realisierung der Notwendigkeit basiert auf einem Gefühl, das

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manchmal das Erkenntnisverfahren begleitet. Was ist nun mit der Wahrheit? Wenn die Wahrheit einer Proposition nicht bewiesen werden kann, besteht einer der Gründe, sie als wahr zu bewerten, in dem Wahrnehmen ihrer Wahrheit. Dieses Wahrnehmen macht die Proposition evident. Das Wahrnehmen der Wahrheit könnte ein Bestandteil des Wahrnehmens der Proposition sein. In diesem Fall sollte im Urteilen (das zu seinem Grund das Wahrnehmen hat) die Beziehung zwischen der Wahrheit einer Proposition und dieser Proposition selbst (oder ihren Bestandteilen) analysiert und behauptet werden. Dann sollte der Name der Wahrheit (insbesondere eines Wahrheitswertes) in dem Satz vorkommen, der das Urteil ausdrückt. Meistens ist das aber nicht der Fall. Deswegen behauptet Russell, dass die Wahrheit kein Bestandteil der Proposition ist65. Es ist denkbar, dass das Wahrnehmen der Wahrheit das Wahrnehmen der Proposition voraussetzt und auf diesem basiert, dass es somit zu einer anderen „Stufe“ des Wahrnehmens gehört als das Wahrnehmen der Proposition selbst. In einem solchen Fall müsste das Wahrnehmen der Proposition dem Wahrnehmen ihrer Wahrheit vorausgehen, so dass zunächst die Proposition und dann die Vorstellung von der Proposition wahrgenommen würde. Das Wahrnehmen der zweiten Art gäbe dann die Vorstellung von dem Wahrheitswert der Proposition, wobei diese Vorstellung dann der Vorstellung von der Proposition entnommen würde. Wenn aber die Wahrheit kein Bestandteil der Proposition ist, was kann man an der Vorstellung von der Proposition wahrnehmen, um zu der Vorstellung von ihrem Wahrheitswert zu gelangen? Die Frage könnte dadurch beantwortet werden, dass man eine vermittelnde Tätigkeit des Denkens schon auf der „Ebene“ des Wahrnehmens zulässt. Aber im Gegensatz zu Meinong könnte Russell kaum diese Tätigkeit als eine Komponente des Wahrnehmens akzeptieren. Die Möglichkeit einer solchen Auffassung kann also auch ausgeschlossen werden. Eine Proposition könnte auch durch das Wahrnehmen ihrer Relation zu einer anderen Entität verifiziert werden, die man für gewöhnlich als Korrespondenz charakterisiert. Nehmen wir an, dass es solche Entitäten

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gibt, und nennen sie im Unterschied zu propositionalen Begriffen Fakten, um diese auf den Annahmen beruhende Argumentation von den Russells Ansichten rekonstruierenden Überlegungen über propositionale Begriffe zu trennen. Bei unserer Analyse versuchen wir aber, uns im Rahmen von Russells Begriffen zu bewegen, um verschiedene denkbare Gründe für seine Schlussfolgerungen zu erfassen. Wäre die Proposition das Produkt eines Aktes der Erkenntnis, dann könnte der Prozess der Bewertung ihres Wahrheitswertes das Wahrnehmen eines Fakts einschließen, das eine Vorstellung von dem Fakt liefert. Um die Wahrheit der Proposition anzuerkennen, müsste das erkennende Subjekt die Beziehung zwischen der Proposition und dem Fakt analysieren. Aber der Fakt existiert für das Subjekt nur als wahrgenommener Fakt, also hat die Kenntnis des Fakts die Form einer Vorstellung. Wäre die Proposition selbst diese Vorstellung, dann würde das Subjekt bei der Verifizierung der Proposition die Beziehung der Proposition zu sich selbst feststellen. Wäre die Proposition ein Urteil, das auf der Analyse der Vorstellung von dem Fakt basiert, dann wäre die Analyse ihrer Beziehung zum Fakt die Analyse der Relation zwischen dem Urteil und der Vorstellung von dem Fakt. Die Vorstellung ist nach Russell einfach und weder wahr noch falsch, aber die Proposition (die ich eben rein hypothetisch mit dem Urteil gleichgesetzt habe) ist schon das Produkt einer Analyse und hat deswegen Bestandteile und einen der Wahrheitswerte. Die Frage ist nun: was ist die Bedingung der Wahrheit der Proposition oder was ermöglicht, die Proposition als mit dem Fakt korrespondierende zu definieren? Was auch immer es ist – damit die Proposition eine Korrespondenzrelation zu dem Fakt hat, muss die Proposition diese Relation zu der Vorstellung von dem Fakt haben. Dann muss das Wahrnehmen seine Gegenstände reproduzieren. Nach Russell aber sind Propositionen objektiv. Objektiv sind auch Fakten, wenn man davon ausgeht, dass sie etwas von den Propositionen Verschiedenes sind (z.B. propositionale Begriffe). Die Möglichkeit dieser zweifachen Objektivität kann durch eine bestimmte erkenntnistheoretische Situation erklärt werden. Eine solche Situation kann z.B. dann auftreten, wenn das erkennende Subjekt seine Erfahrung übermittelt oder eine Mitteilung eines anderen Subjekts versteht oder einen Satz verifiziert. Im

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ersten dieser Fälle nimmt das Subjekt einen Fakt wahr und reproduziert ihn in seiner Vorstellung. Der wahrgenommene Fakt kann Einzelne als seine Bestandteile enthalten, und einzeln ist die Vorstellung von dem Fakt. Um ein anderes Subjekt über diese Vorstellung zu informieren, analysiert das Subjekt seine Vorstellung, löst einige Teile aus ihr heraus und klassifiziert diese als Exemplifizierungen bestimmter Universalien (Träger bestimmter Eigenschaften). Die Kombination der solchen Universalien entsprechenden Begriffe ist dann eine Proposition. Sie wird durch die Analyse erreicht, ist aber objektiv in dem Sinn, dass sie solche Bestandteile enthält, deren Wissen zwei verschiedenen Subjekten gegenseitiges Verstehen und Informieren ermöglicht. Proposition und Fakt sind in einem solchen Fall verschiedene Objekte. Die Korrespondenz zwischen ihnen ist in der Tat eine Relation zwischen dem Ergebnis der Analyse (der Proposition) und dem Produkt des Wahrnehmens (der Vorstellung von dem Fakt). Beide Ideen, die Idee der Wahrheit als einer Eigenschaft von Objekten der reellen Welt sowie die Idee, dass die Wahrheit in Korrespondenz zwischen Wissenseinheiten und ihren Gegenständen (Erkenntnisgegenständen) besteht, beruhen also auf der Annahme, dass die Akte des Wahrnehmens fehlerfreie Vorstellungen, die ihre Gegenstände wiedergeben, produzieren können. Geht man von dieser Annahme aus, dann akzeptiert man, dass es eine kognitive Tätigkeit gibt, die glaubwürdig ist und keinen Zweifel erlaubt. Als solche Tätigkeit bietet sich in erster Linie das Wahrnehmen an. Vor 1905 akzeptiert Russell die Korrespondenztheorie der Wahrheit nicht. Dafür bietet er selbst mehrere Erklärungen. Einige seiner Argumente wurden schon im Kapitel 3.1 analysiert, als die Tatsachen betrachtet wurden, die Russell veranlassten, die Eigenschaften der Wahrheit und Falschheit den Gegenständen der Erkenntnis zuzusprechen. Das Hauptproblem, das Russell nicht lösen kann, ohne die Existenz von wahren und falschen Propositionen anzunehmen, ist die Existenz von wahren negativen Urteilen. Wenn das Wahrnehmen nicht irreführen kann und das Wahrnehmbare nichts Wahres oder Falsches enthält, gibt es keine Propositionen, die korrekt verneint werden können. Geht man davon aus, dass man Fakten wahrnimmt, die weder wahr noch falsch sind, könnte man doch annehmen, dass wahren negativen Urteilen bestimmte Gegenstände

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(Gegenstände des Urteilens) entsprechen und diese genannt werden können. Als Beispiel eines solchen Namens kann man „die Möglichkeit der Proposition p“ und „die Unmöglichkeit der Proposition p“ nennen. Solche Gegenstände scheinen zunächst das Auftreten von wahren negativen Urteilen zu erklären. Aber die Annahme, dass es solche Gegenstände gibt, hat auch unerwünschte Folgen. Werden solche Gegenstände auch wahrgenommen, dann müsste der Sprachausdruck für das Urteil, welches man über sie fällt, den Namen der Eigenschaft enthalten, die man der Proposition p zuschreibt, in unserem Fall „möglich“ oder „unmöglich“. Aber der Satz, der besagt, dass p unmöglich ist, unterscheidet sich von der Verneinung von p, die man am häufigsten dadurch ausdrückt, dass man das in p vorkommende Prädikat dem logischen Subjekt von p abspricht, oder dass man verneint, dass die in p vorkommenden Terme die Relation in p erfüllen. Dadurch, dass man eine Hierarchie von Objekten zulässt, wird also nicht ausgeschlossen, dass die Objekte der Erkenntnis selbst wahr oder falsch sind. Deswegen behalten Propositionen die Rolle solcher Objekte – sie funktionieren als WahrheitsTräger („truth-bearers“), die keine Wahr-Macher („truth-makers“) haben. In dem Aufsatz „The Nature of Truth“ aus dem Jahre 1905, in dem Russell wieder zu einem solchen Schluss kommt, gibt er auch einen anderen Grund an, warum er die Korrespondenztheorie der Wahrheit nicht akzeptiert. Als Quelle dieser Theorie, welche die Wahrheit unserer Ideen in der Korrespondenz dieser Ideen mit einem Fakt sieht, betrachtet Russell hier eine falsche Auffassung des Fakts. Der Fakt ist nicht etwas Existierendes, das man greifen kann, z.B. ein Objekt A. Sollte es sich z.B. um solche Fakten handeln, deren Behauptung man in Sätzen wie „A existiert“ ausdrückt, dann ist der entsprechende Fakt die Existenz von A oder dass A existiert. Ein solcher Fakt existiert selbst nicht, weil man nie bestimmen kann, wo oder wann die Existenz von A existiert. Derartige Fakten bezeichnet Russell hier als Propositionen66. Inwiefern diese Behauptung mit Russells früheren These (1904) über die Wahrnehmbarkeit von Propositionen vereinbar ist, ist fraglich. Propositionen sind für Russell nicht nur wahr oder falsch, sondern auch positiv und negativ. Es gibt also insgesamt vier Arten der komplexen Gegenstände, über die man urteilt: wahre positive, wahre negative, falsche

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positive und falsche negative Propositionen67. Diese Unterteilung scheint dem gesunden Menschenverstand zu widersprechen. Aber eine Theorie, die solche Unterscheidungen nicht anerkennt und Gegenstände der Erkenntnis mit Fakten gleichsetzt, führt zu weiteren Komplikationen außer denen, die hier schon analysiert wurden. Eine von diesen Komplikationen ist die folgende. Wenn der Fakt (der propositionale Begriff) das ist, was man wahrnimmt, wird er als eine nicht geteilte Einheit wahrgenommen. Die Vorstellung von dem propositionalen Begriff ist einfach, also auch ungeteilt. Trotzdem enthält sein Name Bestandteile. Einige von diesen fallen mit den Bestandteilen des Satzes zusammen, in dem die entsprechende Proposition behauptet wird. Teilweise sind sie linguistische Modifizierungen der Bestandteile des Satzes. Die Frage ist, was den Unterschied zwischen der Komplexität einer Proposition und der Komplexität eines propositionalen Begriffs ausmacht. Wann wird ein propositionaler Begriff als ein Komplex bestimmt? Wann werden seine Teile bestimmt, die durch Bestandteile seines Namens bezeichnet werden, wenn die Vorstellung von diesem Objekt wie jede Vorstellung eine ungeteilte Einheit ist? Ist dieser Name wirklich ein Name oder setzt sein Gebrauch das Wissen von der entsprechenden Proposition voraus? Wenn die Proposition das Wahrgenommene ist, hat die Vorstellung von ihr auch keine Struktur. Die Proposition selbst weist aber eine Struktur auf. Die Bestandteile der Proposition werden durch die Analyse der Vorstellung festgestellt. Es gibt zwei Möglichkeiten, wie man diese Analyse auffassen kann: 1. Man kann davon ausgehen, dass die Bestandteile der Proposition während der Analyse der Vorstellung herausgelöst werden. Die Analyse besteht dann in der Definition der Teile und führt zu ihrer Korrelation. 2. Man kann aber verlangen, dass die Bestandteile der Proposition schon in der Wahrnehmung festgestellt werden. Die weitere Analyse bestimmt die Korrelation der Teile. Die erste Ansicht vertritt Russell offenbar vor 1905 und später (mindestens bis 1910), wo sie in den Principia Mathematica bei der Formulierung der

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Grundideen der Theorie von mehrstelligen Erkenntnisrelationen dargelegt wird68. Vor 1905 kommt er zu dem Schluss, dass die Bestandteile des propositionalen Begriffs durch dieselbe Analyse bestimmt werden, welcher auch die Proposition unterliegt. Die Relation zwischen den Bestandteilen kann man durch den Namen des propositionalen Begriffs benennen oder in einem Satz behaupten. Deswegen sind Propositionen und propositionale Begriffe keine verschiedenen Gegenstände. Es gibt nur einen Gegenstand und, dass er durch verschiedene Sprachzeichen bezeichnet wird, zeigt, dass das erkennende Subjekt verschiedene Beziehungen zu diesem Gegenstand hat (S. Schema 5). Nach 1905 behauptet Russell, dass nur propositionale Begriffe (von nun an bezeichnet er sie als Tatsachen) als Gegenstände des Wahrnehmens auftreten können. Die Tatsache wird wahrgenommen, die Vorstellung von ihr wird analysiert, wodurch eine Proposition gewonnen wird, die eine Kollektion der Bestandteile der Tatsache ist. Die darauf folgende Behauptung oder Verneinung einer Proposition ist eine Operation der Synthese, welche die Elemente der Proposition (die Gegenstände des Urteilens) aufeinander bezieht und die Proposition somit in eine Einheit verwandelt. Das Ergebnis dieser Operation äußert sich in einem Satz69. Später (1913) vertritt Russell die zweite Ansicht bezüglich der Analyse von Vorstellungen70. Hier unterscheidet er zwischen zwei Arten des Wahrnehmens – dem einfachen („simple perception“) und dem komplexen Wahrnehmen („complex perception“). Auf der Stufe des einfachen Wahrnehmens nimmt das Subjekt einen Komplex als ein ungeteiltes Ganzes wahr. Auf der Stufe des komplexen Wahrnehmens, wo die Aufmerksamkeit („attention“) beim Wahrnehmen mitwirkt, nimmt das Subjekt den Komplex als ein Ganzes wahr, das in einer Wechselbeziehung stehende Bestandteile enthält. Dass hier die Analyse eine Komponente des Wahrnehmens ist, gewährleistet, dass das Urteilen nicht einen, sondern mehrere Gegenstände hat. Da das urteilende Subjekt einen Zusammenhang zwischen diesen Gegenständen behauptet, kann in seinem Urteil ein Fehler auftreten, ohne dass sich unter den wahrgenommenen Objekten wahre oder falsche Entitäten befinden müssen.

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3.2.2. Von den Unterschieden der Bezeichnungen zu Unterschieden des Bezeichneten Nun kommen wir aber auf die Zeit vor 1905 zurück. Wenn es keinen wesentlichen Unterschied zwischen der Proposition und dem propositionalen Begriff gibt, warum werden verschiedene Sprachausdrücke für die Bezeichnung desselben Objekts benutzt? Eine der vorgeschlagenen Lösungen wurde schon erwähnt. Sie erklärt den Unterschied von Zeichen durch die Verschiedenheit der Beziehungen, die das Subjekt zu einem solchen Objekt haben kann. Präzisiert werden kann diese These auf verschiedene Weise, aber unter anderem durch die Bemerkung Russells, dass diese Verschiedenheit dem Unterschied zwischen der Relation als einem Term (Objekt) und der beziehenden Relation („relating relation“) ähnlich ist71. Versucht man, diesen Unterschied zu definieren, kann man behaupten, dass er in der Art des Herangehens an das Objekt liegt, was schließlich die Verschiedenheit des kontextuellen Gebrauchs der Zeichen erklärt. Nun liegt der Gedanke nahe, dass man, wenn man die kontextuellen Unterschiede untersucht, möglicherweise ihre Ursachen findet. Es ist kaum möglich, alle Kontexte, in denen der Name eines propositionalen Begriffs gebraucht werden kann, aufzuzählen, aber betrachten wir einige solcher Beispiele. Der Name eines Fakts (eines propositionalen Begriffs) kann gebraucht werden, wenn man jemanden informiert, dass man Zeuge eines Ereignisses war, etwas sah und die entsprechende Erfahrung hat. Man sagt z.B.: „Ich sah den Tod von Caesar“ (1). Den Namen eines Fakts kann man gebrauchen, um die Eindrücke von dem Ereignis oder die Eigenschaften, welche das Ereignis charakterisieren, zu beschreiben. „Der Tod von Caesar war entsetzlich“ (2) „Der Tod von Caesar war ein Beispiel für Verrat“ (3) Nun versuchen wir, den dem Namen „der Tod von Caesar“ (4) entsprechenden Satz „Caesar starb“ (4a) in denselben Kontexten zu gebrauchen. Der zweite Fall bereitet uns keine Schwierigkeiten. Wenn wir sagen „Wie Caesar starb, war entsetzlich“ (2a) oder „wie Caesar starb, war ein Beispiel für Verrat“ (3a), beschreiben diese Sätze auch unsere

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Eindrücke von dem Fakt oder charakterisieren ihn. Die Umformulierung der Sätze (2) und (3) ist auch mit keiner Veränderung des Wahrheitswertes des jeweiligen Satzes verbunden. Wenn wir aber eine ähnliche Transformation des Satzes (1) vornehmen wollen, können wir das kaum tun, ohne dass dabei das, was wir ausdrücken, eingeschränkt oder modifiziert wird. Wenn wir sagen „Ich sah, dass Caesar starb“ (1a), teilen wir nur das Resultat des Ereignisses mit, dessen Zeugen wir waren. Wenn wir behaupten „Ich sah, wie Caesar starb“ (1b), meinen wir, dass wir auch die Einzelheiten dieses Ereignisses und seinen Ablauf wahrgenommen haben. Der Satz, der den Namen des Ereignisses enthält (in unserem Beispiel der Satz (1)), scheint das Ereignis als Objekt mit mehreren Verbindungen und Aspekten zu beschreiben oder mindestens die Mannigfaltigkeit solcher Aspekte anzudeuten. Darauf weisen auch die Umformulierungen (1a) und (1b) hin, die in den ihrem Inhalt nach verschiedenen Kontexten vorkommen können. Diese Verschiedenheit zwischen den beiden Umformulierungen sowie zwischen ihnen und dem Satz (1) wird auch dadurch bestätigt, dass offensichtlich die Wahrheit des Satzes (1a) die Wahrheit des Satzes (1b) nicht impliziert. Problematisch ist auch die Möglichkeit, von der Wahrheit des Satzes (1a) ausgehend, auf die Wahrheit des Satzes (1) zu schließen. Im Gegensatz zu Satz (1) können also einige Sätze, die den Satz „Caesar starb“ enthalten, nur einen bestimmten Aspekt oder eine bestimmte Seite des Ereignisses beschreiben. Wenn wir nun den Ausdruck „der Tod von Caesar“ (4) mit dem Satz „Caesar starb“ (4a) vergleichen, können wir behaupten, dass der erste Ausdruck normalerweise nicht isoliert gebraucht wird. Der Satz (4a) kann dagegen als eine isolierte linguistische Einheit auftreten. (4) bezeichnet einen eine zeitliche oder räumliche Ausdehnung aufweisenden Akt (was vor sich geht), der einen Träger hat. In diesem Fall ist dieser Träger ein Subjekt, auf das der Akt gerichtet ist. Den Satz (4a) benutzt man, um etwas über diesen Träger (Subjekt) selbst auszusagen, indem man die Relationen oder Eigenschaften, die durch diesen Akt zu wesentlichen Charakteristika des Subjekts werden, dem Subjekt zuspricht. Der Akt dient dabei als

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Bedingung, unter der sich das Subjekt in den Träger einer bestimmten Eigenschaft verwandelt. Worüber nun der Satz (1) etwas aussagt, ist die Relation des Sprechenden zu dem Fakt als Ganzem. Dieses Ganze kann seinerseits ein Element einer Folge von Ereignissen sein, aber vom Sprechenden wird es als ein relativ selbständiger Komplex betrachtet, der selbst aus einer Reihe von Vorgängen, oder von Personen und Handlungen besteht. Der Satz (1a) beschreibt die Relation des Sprechenden zu dem Fakt, der in einem Zusammenhang besteht, in den nur ein Bestandteil des Komplexes (vom Sprechenden aus der Menge anderer Bestandteile herausgelöst) mit einer Eigenschaft oder einer Klasse von Objekten tritt. Da dieser zweite Fakt mit dem ersten nicht zusammenfällt (zumindest weil er des ganzen Reichtums mehrerer im Satz (1) angedeuteter Charakteristika des ersten Fakts beraubt bleibt), sind auch die Relationen des Sprechenden zu diesen Fakten kaum identisch. Diese Behauptung scheint der Idee zu widersprechen, dass ein und dasselbe Objekt durch den Namen des propositionalen Begriffs und zugleich durch einen Satz bezeichnet wird. Sie kann aber auch der Schlüssel zum Verstehen der Gründe sein, aus denen der Begriff eines propositionalen Begriffs durch den Tatsachenbegriff ersetzt wurde und in dieser Form für die Theorie erhalten blieb. Wir können den Satz (1) als den Ausdruck der kognitiven Relation des Wahrnehmens betrachten und den Satz (1a) als den Ausdruck der kognitiven Relation des Urteilens. Der Sprechende (das „Ich“ des jeweiligen Satzes) tritt dabei als ein erkennendes Subjekt auf, und somit als einer der Terme der beiden kognitiven Relationen. Das wahrgenommene Objekt bezeichnen wir durch den Ausdruck (4) und das sogenannte Urteil des Wahrnehmens („judgment of perception“)69 durch den Satz (4a). Die Bedeutung („meaning“) des Satzes (4a) ist im Wesentlichen ein Begriffsgebilde. Als ein solches ist es nicht räumlich oder zeitlich beschränkt und es ist objektiv in dem Sinn, dass es für beliebiges erkennendes Subjekt „zugänglich“ ist. Wenn wir dieses Objekt als Proposition bezeichnen, können wir behaupten, dass der propositionale Begriff und die Proposition Gegenstände sind, die auf verschiedenen Stufen der Erkenntnis auftreten, oder die der Erkenntnis in Abhängigkeit von den Bedingungen, unter denen sie zustande kommt, gegeben sein können. Während der propositionale Begriff in unserem

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Beispiel als Gegenstand der Erkenntnis nur für einige Subjekte auftreten kann (d.h. sein Erkennen ist mit einer bestimmten Zeit und einem bestimmten Ort verbunden), kann die Proposition von jedem Subjekt erfasst werden. Allerdings gibt es propositionale Begriffe, die auf solche Weise nicht zu beschreiben sind. Diese Tatsache können wir aber vernachlässigen, wenn wir nach einer plausiblen Erklärung für Russells Idee des Unterschieds zwischen einem Satz und dem Namen eines propositionalen Begriffs suchen. Und die eben dargelegte Behauptung kann als eine solche Erklärung dienen. Es bleibt noch die Frage offen, ob der Name des Fakts ein echter Eigenname ist. Nach Russell kann man durch den Namen nur das bezeichnen, was einem unmittelbar aus der Erfahrung bekannt ist. Wenn der Name des Fakts ein echter Eigenname ist, dann muss es ein Objekt geben, auf das der Eigenname hinweist. Es gibt aber viele Ausdrücke, die wie solche Namen von Fakten aussehen, aber kaum auf etwas hinweisen („der Selbstmord von Caesar“ z.B.). Solche Ausdrücke können aber trotzdem verstanden werden und deswegen eine Bedeutung („meaning“), die hier als ein Sinn zu verstehen ist, haben. Das Vorkommen solcher leeren Namen weist darauf hin, dass der Name des Fakts kein echter Eigenname im Sinne Russells ist, sondern eine Beschreibung („description“). Obwohl es nicht immer ein Objekt gibt, für das die Beschreibung steht, ist sie nicht sinnlos. Dass man den Namen des Fakts als eine Beschreibung auffassen kann, hat folgende Auswirkungen: 1. Ein solcher Name hat keinen Gebrauch außerhalb eines Kontexts (insbesondere eines Satzes). 2. Einen solchen Namen kann man nicht als wahr oder falsch bewerten. Eine solche Bewertung ist nur in bezug auf Sätze zulässig – Sätze, die solchen Namen entsprechen (die Substantivierungen deren Verben in diesen Namen vorkommen), oder Sätze, in denen der Name (die Beschreibung) als ein Bestandteil vorkommt. Den Satz charakterisiert man als wahr oder falsch, wenn man das komplexe Objekt, das durch den Satz beschrieben wird, oder, genauer,

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einen bestimmten Zusammenhang seiner Bestandteile behauptet oder verneint. Was auch immer ein solches Objekt ist – ein Fakt (propositionaler Begriff) oder eine Proposition – ohne die Behauptung oder Verneinung, die das Subjekt im Satz zum Ausdruck bringt, ist eine solche Bewertung unmöglich. Dass die Namen von propositionalen Begriffen Beschreibungen („descriptions“) sind, ist wesentlich für die Verifizierung von Kontexten, in denen sie vorkommen. Dieser Verifizierung dient die Theorie der Beschreibungen. Sie basiert auf dem Verfahren der Umformulierung von Sätzen. Dieses Verfahren stellt die eine Beschreibung enthaltende Behauptung als Behauptung über eine Funktion, deren Argumente Individuen sind, dar und ordnet der Behauptung einen bestimmten Wahrheitswert zu. Bei einem solchen Verfahren gibt also das Subjekt dem Satz eine neue Formulierung und bewertet ihn sowie andere ihm entsprechende von der Theorie zugelassene Wahrheits-Träger (wie z.B. Propositionen), von seinen „ontologischen Annahmen“ ausgehend, als wahr oder falsch. Diese Annahmen betreffen bestimmte Objekte, die in der Welt (die das Subjekt für die reelle Welt hält) vorkommen können. Einerseits basieren die ontologischen Annahmen auf der Erfahrung des Subjekts und dienen als Quelle seiner theoretischen Konstruktionen. Andererseits benutzt das Subjekt seine ontologischen Annahmen, um den Wahrheitswert eines Satzes zu verifizieren oder zu entdecken. Dieser zweite Fall lenkt die besondere Aufmerksamkeit der Autoren der Theorie der Wahr-Macher auf sich und macht einen der wesentlichen Teile dieser Theorie aus. 3.2.3. Die Theorie der Beschreibungen (1905): Problemlösungen Die Theorie der Beschreibungen, welche die Theorie der Bezeichnung („denoting“) aus The Principles of Mathematics ersetzt, formuliert Russell 1905. In erster Linie führt diese Ersetzung zu der Einführung der sogenannten Ontologie der Tatsachen (oder der Ontologie der WahrMacher), welche die Stelle der Ontologie der Propositionen (der Ontologie der Wahrheits-Träger) einnimmt. Das zweite Resultat der Entwicklung der Theorie der Beschreibungen ist die Modifizierung des Status von Wahrheits-Trägern – den Propositionen. Sie sind nicht mehr die von dem erkennenden Subjekt und seiner kognitiven Tätigkeit völlig unabhängigen

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Objekte. Sie werden aber noch nicht als psychologische Tatsachen definiert. Wenn man ihnen eine Objektivität zuschreiben kann, dann ist diese die Objektivität des Wissensinhalts, den man einem anderen übermitteln kann. Jetzt hat Russells Proposition noch größere Ähnlichkeit mit Freges Sinn. Die Frage, mit der man nun konfrontiert wird, ist: warum behalten Propositionen ihre Funktion als Wahrheits-Träger, wenn auch Sätze diese Funktion erfüllen? Man könnte annehmen, dass nur Sätze als WahrheitsTräger auftreten. Ihre Eigenschaft als Wahrheits-Träger aufzutreten, hängt von der Existenz der Tatsachen ab, die als Wahr-Macher für die Sätze auftreten. Aber jede Existenz ist begrenzt – sie ist nicht für jedes Subjekt zugänglich (nicht jedes Subjekt kann das Existierende wahrnehmen). Selbst also unter den Sätzen, die das Existierende betreffen, gibt es kaum welche, von denen jedes Vorkommen durch Zurückgreifen auf die Tatsache verifiziert werden kann. Als Beispiel für solche Sätze nehmen wir Sätze über vergangene oder geschichtliche Ereignisse. Jedes Vorkommen solcher Sätze ist ein Ereignis, das wahrgenommen werden kann und dessen Existenz auch begrenzt ist. Solche Sätze repräsentieren Begriffsgebilde – Propositionen, die Elemente oder Einheiten des Wissens sind. Solche Begriffsgebilde sind ursprünglich (unter dem Gesichtspunkt ihrer Genese betrachtet) keine Wahr-Macher und können selbst Wahr-Macher haben, die irgendwann existierten und dann aufhörten, zu existieren. Wenn Propositionen zu Wissenseinheiten werden, treten sie als Wahrheits-Träger auf, aber sie können auch als Wahr-Macher für manche Sätze auftreten. Diese Besonderheit der Propositionen könnte erklären, warum dieser Begriff in Russells Theorie ständig benutzt wird. Das dritte aus der Formulierung der Theorie der Beschreibungen folgende Ergebnis, das hier zu erwähnen ist, ist die Anerkennung der Korrespondenztheorie der Wahrheit. Als das Kriterium für die Wahrheit, das Russell selbst als die Eigenschaft definiert, die manche Sätze und Propositionen besitzen und manche nicht70, dient jetzt der Fakt, oder eher die Existenz des dem Satz und der Proposition entsprechenden Fakts. Ein Satz über ein Existierendes ist z.B. wahr, wenn man unter den Objekten

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der reellen Welt ein solches Objekt finden kann, das alle Eigenschaften hat, die ihm im Satz zugesprochen werden (S. Schema 6). 3.2.4. Die Theorie der Wahr-Macher: eine andere Rekonstruktion der Russellschen Theorie? Betrachten wir nun die Theorie der Wahr-Macher. Ihre Formulierung soll eine Antwort auf das Bedürfnis nach einer Korrespondenztheorie der Wahrheit sein, die Wahrheitsbedingungen für die von der Theorie Tarskis „vernachlässigten“ atomaren Sätze formuliert. Ihre Autoren verfolgen das Ziel, die Natur von Entitäten zu bestimmen, deren Funktion es ist, Sätze wahr oder falsch zu machen. Deswegen analysiert die Theorie Beziehungen zwischen Wahrheits-Trägern („truth-bearers“) und WahrMachern („truth-makers“). Unter Wahrheits-Trägern versteht man hauptsächlich Sätze, nämlich atomare Sätze, die einem oder mehreren einen Platz in Raum oder Zeit einnehmenden Objekten etwas prädizieren. Als Wahrheits-Träger kann man aber auch andere Entitäten betrachten, insbesondere solche, die als mögliche semantische Korrelate von Sätzen auftreten (z.B. Gedanken oder Propositionen). Wahr-Macher werden als „Momente“ definiert. Das sind Objekte, die in ihrer Existenz von den anderen Objekten abhängen, aber unabhängig von den subjektiven Akten des Satzgebrauchs sind. Momente sind Einzelne, die eine Raum- oder Zeit-Ausdehnung haben und unter die z.B. individuelle Akzidentien, Ereignisse, Bedingungen und Zustände fallen, die alle wahrgenommen werden können. Wenn sie komplex sind und Bestandteile enthalten, sind diese Teile auch einzeln und können nicht universal sein. Ließe man auch Universalien als Teile von Momenten zu, dann würde das bedeuten, dass Wahr-Macher auch solche Entitäten enthalten, die nach Meinung der Autoren der Theorie nur Bestandteile der Wahrheits-Träger sein können. Momente kann man als Fakten bezeichnen, aber das sind nicht Fakten im traditionellen Sinne des Wortes, da sie keine wahren Propositionen sind. In der Sprache bezeichnet man Momente mit Hilfe von substantivierten Verben der Sätze, welche von diesen Momenten wahr gemacht werden. Nach der Definition, welche die Autoren geben, gilt: wenn der Satz über ein raum-zeitliches Objekt wahr ist, ist er wahr

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kraft der Existenz des Moments, das man mittels der Substantivierung des Verbs des fraglichen Satzes bezeichnen kann. Wenn ein solches Moment nicht existiert, ist der Satz falsch. Die Bekanntschaft mit einem WahrMacher ist immer ein Resultat empirischer Untersuchung, und es ist möglich zu wissen, dass der Satz wahr ist, ohne die Bekanntschaft mit dem Wahr-Macher zu haben. Dass das Subjekt mit Wahr-Machern durch Wahrnehmung bekannt sein kann, ist der Grund dafür, dass die Autoren die Momente unter anderen Entitäten, wie Fakten, Propositionen oder Sachverhalten, bevorzugen. Durch die Möglichkeit der Bekanntschaft mit ihnen seien Momente enger in unsere Ontologie und Epistemologie eingebunden. Die Relation des Wahr-Machens („making true“) ist als Relation definiert, die sich von der Relation der Bezeichnung („designation“) einerseits und der Relation zwischen dem Gegenstand und dem Prädikat, unter welches der Gegenstand fällt, andererseits unterscheidet (S. Schema 7). Als Designate der Sätze können Wahr-Macher nicht anerkannt werden, hauptsächlich aus dem Grund, dass Sätze nicht designieren. Wäre das möglich, dann müssten Namen von Momenten und Sätze, die von ihnen wahr gemacht werden, ein und dasselbe Designat haben. Eine derartige Anerkennung der Identität von Designaten eines solchen Namens wie z.B. „A“ einerseits und des Satzes „A existiert“ andererseits würde eine semantische Unterscheidung zwischen diesen zwei Ausdrücken unmöglich machen. Der Terminus „fallen unter“ stammt von Frege und beschreibt die Relation zwischen den Bedeutungen der Satzteile, die durch eine Beziehung zwischen Teilen des Gedankens gegeben ist. Vom traditionellen logischen Gesichtspunkt aus sind die Gedankenteile logische Subjekt und Prädikat. Frege ist davon überzeugt, dass man durch die Verknüpfung des Subjekts und des Prädikats die Bedeutung – den Wahrheitswert des Gedankens – nicht erreichen kann. Nur den Gedanken selbst kann man auf diese Weise erhalten. Frege glaubt aber, dass man durch Bezug auf die Gedankenteile die Bestandteile des Wahrheitswertes selbst differenzieren kann, und dass diese Differenzierung das Wesen des Urteils ausmacht, das somit das

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Zurückgreifen auf den Gedanken voraussetzt74. Wenn wir uns nun dem Schema aus dem Brief Freges an Husserl vom 24 Mai 1891 zuwenden75, sehen wir, dass, wenn die Einheitlichkeit des Gedankens in einer Verknüpfung zwischen dem Subjekt (dem Sinn des Eigennamens) und dem Prädikat (dem Sinn des Begriffswortes) besteht und durch das Ungesättigtsein des Prädikats zustande kommt, dann besteht der Wahrheitswert (die Bedeutung des Satzes) im Fallen des Gegenstands (der Bedeutung des Eigennamens) unter den Begriff (die Bedeutung des Begriffswortes). Sollte der Begriff nichtleer sein, kann man den fraglichen Gegenstand unter den Gegenständen vorfinden, die unter diesen Begriff fallen. Der Satz ist also wahr, wenn der Gegenstand unter den Begriff fällt (oder die Eigenschaft hat, die ihm in dem Satz zugeschrieben wird), und falsch, wenn der Gegenstand diese Eigenschaft nicht besitzt. Diese Definition der Wahrheit setzt nicht nur die Bekanntschaft des Subjekts mit den wahrgenommenen Einzelnen voraus, sondern auch das Wissen von Universalien, die begriffen werden. Den Satz macht nicht nur die Existenz eines Gegenstands wahr, sondern auch die Relation dieses Gegenstands zu anderen Gegenständen oder ihren Arten. Da die Bestimmung dieser Relation vom Subjekt nicht nur eine wahrnehmende sondern auch eine analysierende und abstrahierende Tätigkeit verlangt, entspricht sie nicht den Ansichten der Autoren, die versuchen, Wahr-Macher in der reellen Welt zu finden, und sie deswegen für das halten, was wahrgenommen wird. Da aber die Autoren annehmen, dass Momente Einzelne sind, lassen sie auch zu, dass die Momente unter Prädikate fallen, weil man sonst ein Moment nicht definieren kann und folglich nicht von diesem etwas aussagen kann. Der Theorie Freges entnehmen sie also in erster Linie den Ausdruck, den sie als ein mögliches Synonym für den Ausdruck „eine Exemplifizierung einer Universalie zu sein“ betrachten. Die Beziehung fallen unter definieren die Autoren auch als eine semantische Beziehung. Da Prädikate dabei selbst Designatoren haben, bedeutet diese Definition, dass die Autoren diese Beziehung ganz im Sinne des Russellschen „denoting“ auffassen, und die Prädikate (logische Korrelate der Begriffswörter, die man als Sinn des Begriffswortes auffassen kann) mit Begriffen (Bedeutungen der Begriffswörter im Sinne Freges) identifizieren. Dass ein Moment unter ein Prädikat fällt, bedeutet für die Autoren der Theorie somit, dass diskursives Denken das Prädikat von dem

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Moment trennen kann. Dass aber das Moment unter das Prädikat fällt, ist keine in der Wirklichkeit (in der Welt) vorzufindende Beziehung, sondern lediglich „Projektion“ der Denkart oder Denkform auf die Wirklichkeit. Über eine solche Projektion sprach Wittgenstein 1929 in „Some Remarks on Logical Form“, wenn er Subjekt-Prädikat- und weitere Formen als Kreise und Quadrate auf der Ebene II betrachtete, auf die man Ellipsen und Rechtecke der Ebene I (logische Formen von Fakten der Wirklichkeit) projiziert und so die Normen einer bestimmten Sprache bekommt76. Wenn aber das Fallen eines Moments unter ein Prädikat die Wahrheit des Satzes nicht ausmacht, das Moment weder von einer Proposition noch von dem einer solchen Proposition entsprechenden Satz bezeichnet wird, sondern von dem Ausdruck, den Russell als Namen des propositionalen Begriffs definiert, und einem Satz als sein einziges semantisches Äquivalent die Proposition entspricht, ist die Theorie der Wahr-Macher auch ein Versuch einer Wiederherstellung einiger Ideen von Russells Theorie der propositionalen Begriffe. Die Wiederherstellung dieser Theorie ist aber eng mit der Frage verbunden, ob die Theorie von WahrMachern, welche die Theorie von propositionalen Begriffen wiederherstellt, auch ihre Probleme lösen kann. Es fragt sich, ob sie z.B. die Beziehung zwischen den Propositionen und den Momenten definieren kann. Wenn wir nun die Theorie der Wahr-Macher mit der Theorie der propositionalen Begriffe vergleichen, sehen wir, dass die erste die meisten wichtigen Thesen der Theorie der Beschreibungen enthält: die Korrespondenztheorie der Wahrheit, den Begriff des Fakts oder des ehemaligen propositionalen Begriffs (unter dem Deckmantel eines Moments), den man wahrnehmen kann und der durch die Substantivierung des Verbs beschrieben wird, sowie die Idee der Verifizierung des Wahrheitswertes eines Satzes über das Einzelne durch die Bezugnahme auf die reelle Welt. Zusätzlich basiert die Theorie der Wahr-Macher auf der Idee, die der Theorie der Beschreibungen vorhergeht. Diese Idee besteht in der Behauptung, dass der Satz nur eine Bedeutung („meaning“ oder Sinn in der Terminologie von Frege, was auch der Proposition bei Russell entspricht) hat und keinen Referenten (oder Bedeutung, wie es Frege definiert). Russell akzeptiert Freges Theorie nicht, die den Wahrheitswert eines Satzes als seine Bedeutung definiert77, aber er diskutiert immer

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wieder die Möglichkeit, dass die Proposition selbst etwas von ihr Verschiedenes bezeichnen („denote“) könnte. Obwohl die Annahme dieser Möglichkeit eine bequeme Antwort auf einige Fragen bietet, verzichtet Russell wegen der oben diskutierten Probleme auf diese. In diesem Zusammenhang fragt es sich, ob diese letzte These mit anderen Komponenten der Theorie der Wahr-Macher vereinbar ist, oder – mit anderen Worten – wie folgerichtig die fragliche Theorie ist. Die Korrespondenztheorie der Wahrheit, deren Verfechter die Autoren sind, bietet ein Wahrheitskriterium, das als Verifizierungsmethode des Wahrheitswertes eines Satzes dient. Nehmen wir einen Satz, der einem existierenden Objekt etwas prädiziert, z.B. „Peter ist blass“. Der Fakt, dessen Existenz als Kriterium der Wahrheit eines solchen Satzes auftritt, ist nach Meinung der Autoren nicht, dass ein solches Objekt die Eigenschaft, die man ihm zuspricht, hat. Der Fakt ist das einzelne Moment oder etwas, was man durch den Namen eines propositionalen Begriffs oder eines Moments in der Terminologie der Autoren (hier ist das „Peters Blässe“) bezeichnen kann, so dass, wenn der Satz „Peter ist blass“ wahr ist, er kraft Peters Blässe wahr ist. Das Problem, das mit diesem Kriterium verbunden ist, betrifft seine Anwendung. Wenn die Verifizierung darin bestehen soll, dass man das Objekt, das die in dem Satz beschriebene Eigenschaft hat, in der Welt findet, dann hängt ihre Durchführung offenbar von der Möglichkeit, dieses Objekt in der Erfahrung vorzufinden oder es wahrzunehmen, ab, die nicht nur für den den Satz Aussprechenden, sondern auch für den den von einem anderen ausgesprochenen Satz Wahrnehmenden bestehen sollte. Das beschriebene Objekt kann aber aufhören, für das den Satz wahrnehmende Subjekt wahrnehmbar zu sein. Die Möglichkeit einer solchen Verifizierung ist also zumindest zeitlich beschränkt. Beschränkt ist deshalb auch die Anzahl der Subjekte, denen das Objekt in der Erfahrung gegeben werden kann. Man könnte annehmen, dass man, wenn man über Wahr-Macher spricht, nur solche Objekte meint, die eine bestimmte Dauer haben, die ausreicht, um den fraglichen Satz zu verifizieren. Aber selbst diese Annahme ist für eine Widerlegung offen. Wenn man ein Moment (Fakt) beschreibt, benutzt man Wörter, die für Prädikate oder Klassen von Gegenständen stehen. Um sie zu benutzen, trennt man von dem Gegenstand der Erfahrung die Eigenschaften ab, durch

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die man ihn definieren und beschreiben will. Mit anderen Worten sucht man in erster Linie solche Eigenschaften des Gegenstands aus, durch die man ihn identifizieren kann. Die Eigenschaften (Merkmale), die ein Subjekt wählt, können sich aber von den Eigenschaften unterscheiden, die ein anderes Subjekt in dem Gegenstand der Erfahrung findet. Verschiedene Subjekte haben verschiedene Gesichtspunkte, verschiedene Erfahrungen, verschiedene Interessen und Kenntnisse. Schließlich kann es wie in dem gegebenen Beispiel um eine Exemplifizierung der Eigenschaft gehen, deren logisches Korrelat man unter die Kategorie vager Begriffe einreiht. Was einem als Blässe erscheint, kann einem anderen als ein gesunder Teint erscheinen. All das beeinflusst die Wahl der Eigenschaften des Objekts, die für seine Definition benutzt werden, sowie schließlich die Möglichkeit, den passenden Wahr-Macher für den Satz zu finden. Solche Probleme werden von den Autoren der Theorie der Wahr-Macher weder erwähnt noch gelöst. Aber genau diese Probleme zwingen uns, nach den Repräsentanten oder Surrogaten von wahrnehmbaren Momenten zu suchen. Die Verifizierung eines Satzes ist eine Operation, die das Subjekt selten auf die von ihm selbst formulierten Sätze anwendet, insbesondere, wenn diese Sätze keine theoretischen Sätze (die etwas über Konstrukte oder Begriffe aussagen) sind. Wenn man einen Satz verifiziert, wird dieser für gewöhnlich von einem anderen Subjekt formuliert. Sobald aber der Satz formuliert wird, wird in diesem die Ähnlichkeit des Moments mit anderen Momenten festgestellt, so dass an dem Ereignis (oder Zustand) Peters Blässe erstens etwas als Peter definiert wird und zweitens etwas als eine seiner Eigenschaften (seine augenblickliche Blässe) beschrieben wird. Für die fragliche Eigenschaft benutzt das Subjekt einen allgemeinen Namen (Begriffswort) und für den Gegenstand – den Eigennamen. Im Satz prädiziert das Subjekt dem von ihm durch den Eigennamen identifizierten Gegenstand die fragliche Eigenschaft. Auf solche Weise wird das Wahrgenommene in die Welt des Informationsaustausches eingeführt. Für denjenigen, der den Satz versteht, ist das Wahrgenommene zunächst der Satz selbst. Dieser informiert ihn aber nicht über das Moment, das den Autor des Satzes veranlasste, den Satz zu formulieren. Das logische Subjekt des Satzes ist nicht Peters Blässe, sondern Peter, der aber als ein logischer Gegenstand weder mit einem Zustand von Peter noch mit dem

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ganzen „Strom“ solcher Zustände zusammenfällt. Der Satz gibt also dem Moment ein Substitut. Kann dieses etwas Anderes sein als eine Proposition? Vielleicht gibt es einen anderen Weg, für das Moment ein sprachliches Korrelat zu finden, ohne dass dabei die Proposition als Vermittelndes eingeführt wird und ohne dass man wiederum gezwungen wird, die Beziehungen zwischen Propositionen und Momenten zu bestimmen? Bieten die substantivierten Verben einen solchen Weg? Man kann annehmen, dass man, um einen Wahr-Macher zu bezeichnen, gar keine Formulierung des Satzes braucht. In einem solchen Fall wird das Moment von dem Wahrnehmenden in eine Beziehung zu anderen ähnlichen Ereignissen gebracht, von denen das Subjekt schon Kenntnis hat. Um den Ausdruck „der Tod von Caesar“ zu benutzen, muss man das bezeichnete Ereignis mit anderen Ereignissen vergleichen können, die ähnliche Wirkung auf das Objekt hatten, dessen Name in die Bezeichnung des jeweiligen Ereignisses eingesetzt werden kann. Man muss schon solche Ausdrücke wie z.B. „der Tod von Sokrates“ oder „der Tod von Platon“ kennen und wissen, dass die durch diese Ausdrücke bezeichneten Ereignisse etwas Gemeinsames haben, nämlich dass sich durch diese Ereignisse die durch Eigennamen bezeichneten Objekte die Eigenschaft aneignen, die ihre Ähnlichkeit mit anderen Objekten ausmacht, welche schon die besagte Eigenschaft haben. Wenn man also das wahrgenommene Ereignis nennt, definiert man das Wahrgenommene oder ordnet es den Gegenständen einer bestimmten Art zu. Wenn wir Freges Terminologie benutzen, sagen wir, dass das Subjekt das Ereignis als unter einen Begriff Fallendes definiert. In diesem Fall sind die Begriffe (die potentiellen Bestandteile einer Proposition) auch unumgänglich, wenn man das Wahrgenommene (ein Moment) übermitteln und für das Verstehen eines anderen zugänglich machen will. Dieser Schluss hat also auch Konsequenzen, die mit der Theorie der Wahr-Macher unvereinbar sind. Die Rolle von Wahr-Machern für die meisten Sätze beanspruchen in erster Linie Propositionen. Das bedeutet aber, dass zusätzlich zu der Welt der wahrnehmbaren Fakten auch die Welt der Bedeutungen („meanings“, die auch als Sinngebilde fungieren) angenommen wird. Diese Annahme erfordert eine Analyse der Relation des Wahr-Machens. Wenn sich diese

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Relation von der Relation der Bezeichnung einerseits und der Relation des Fallens unter ein Prädikat andererseits unterscheidet, wie die Autoren meinen, worin besteht dieser Unterschied und warum macht er die Bedeutungen als Wahr-Macher zumindest für atomare Sätze über Wahrnehmbares entbehrlich? Nach der Theorie der Wahr-Macher wird das Moment mit Hilfe der Bestandteile eines Satzes bezeichnet (designiert). Betrachtet man den Namen des Moments als sekundär in bezug auf den Satz, der von dem Moment wahr gemacht wird, dann geht es dabei um verschiedene grammatische Formen dieser Bestandteile. Man könnte aber die Namen der Momente auch als selbständige Bestandteile der Sätze betrachten, die mit den Sätzen, die von Momenten wahr gemacht werden, nicht zusammenfallen. Diese Möglichkeit ist schon deswegen gegeben, weil die Namen der Momente nicht isoliert gebraucht werden. Das Moment fällt unter ein Prädikat oder gehört zu der Klasse ähnlicher Momente und macht einen bestimmten Satz wahr. Die Relation des Bezeichnens besteht also zwischen Bestandteilen von Sätzen und Momenten. In dieser Relation realisiert sich die sprachliche Aktivität eines Subjekts, das die Ergebnisse seiner Erkenntnis (der Analyse des Wahrgenommenen) äußert. Diese Aktivität ist auf Gegenstände gerichtet, die im Endergebnis genannt werden. Die zweite Relation besteht zwischen Momenten und Prädikaten. Sie wird während der Analyse des Wahrgenommenen zwischen den Begriffen und den Exemplifizierungen der den Begriffen entsprechenden Eigenschaften festgestellt. Diese Relation ist die Form der Realisierung der subjektiven Tätigkeit, die in der Anwendung von „Erkenntnisformen“ (Cohn) oder „Normen“ (Wittgenstein) besteht. Diese Tätigkeit führt zur Formulierung einer Aussage und ist mit einer Behauptung verbunden. Die dritte Relation hat als ihre Relata Sätze und als Referenda – Momente (Fakten). Die Autoren betrachten sie als eine Relation zwischen Objekten der reellen Welt und Produkten einer subjektiven erkennenden Tätigkeit. In der Form dieser Relation realisiert sich die wertende Tätigkeit des Subjekts, die als ihre Gegenstände Aussagen über Objekte der reellen Welt hat. Offenbar deswegen darf man diese Relation nicht mit den anderen vermengen.

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Nehmen wir nun an, dass in Sätzen über das Einzelne keine leeren Namen gebraucht werden, dass die Relation des Bezeichnens zwischen Bestandteilen von Sätzen und Bestandteilen von Propositionen besteht (die mit den Bestandteilen von Fakten zusammenfallen), die Relation des Wahr-Machens - zwischen Fakten und Sätzen, und die Relation fallen unter – zwischen Begriffen und Gegenständen (Trägern der den Begriffen entsprechenden Eigenschaften). Der Name „Peter“ bezeichnet eine bestimmte Person oder ein Objekt. Diesem Objekt kommt die Eigenschaft blass zu sein zu, also fällt Peter unter den Begriff ist blass, und der Satz ist wahr, weil es ein komplexes, ungeteiltes Objekt Peters-Blässe gibt, das dem Satz entspricht. Auf solche oder ähnliche Weise werden einige Ideen der Theorie der Beschreibungen in den Principia Mathematica beschrieben78. Man könnte meinen, dass ein wichtiger Unterschied zu der Theorie der Wahr-Macher dabei darin besteht, dass hier der Fakt als das vom Satz Bezeichnete (als sein Denotat) definierbar ist. Den Satz macht aber nicht wahr, dass er den Fakt bezeichnet (oder eher intendiert, ihn zu bezeichnen), sondern die Existenz des Bezeichneten. Also können die besagten Relationen doch nicht aufeinander zurückgeführt werden, und die Relation des Wahr-Machens behält auch hier ihre Einzigartigkeit. Diese wird nicht dadurch beeinträchtigt, dass den Sätzen außer Fakten (ehemaligen propositionalen Begriffen) auch Propositionen zugeordnet werden, die im Gegensatz zu Fakten eine diskursive Natur aufweisen. Der Unterschied der Natur der Fakten einerseits und der Propositionen andererseits wird durch die Verschiedenheit ihrer semantischen Rollen beschrieben. Der Vorteil einer solchen Beschreibung im Gegensatz zu Versuchen, verschiedene semantische Rollen von Objekten durch die Verschiedenheit ihres ontologischen Status zu erklären, besteht darin, dass man das erkennende Subjekt aus der Charakterisierung der Objekte „ausklammern“ kann. Das erweist sich als unmöglich, wenn man die Unterschiede des ontologischen Status von Objekten zu erfassen versucht, ohne dabei auf die Besonderheiten ihrer Erkenntnis zurückzugreifen. Das Problem, welches die Theorie der Wahr-Macher ernsthaft bedroht, betrifft die Behauptungen der Autoren über die Natur von Momenten. Dass sie nach ihrer Definition von anderen Entitäten abhängen, dass ihr Wahrnehmen und der Versuch, sie zu bezeichnen, mit einer Analyse

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verbunden ist und dass die Erkenntnis keine Robinsonade ist, sondern kognitive Wechselbeziehungen zwischen Subjekten voraussetzt, macht die Behauptung, dass die Momente allgemein zugängliche Objekte der reellen Welt sind, äußerst zweifelhaft. Es kann sich herausstellen, dass sie mentale Entitäten irgendeiner Art oder Produkte einer mentalen Tätigkeit sind, wobei dann die ganze Theorie scheitert. Diese letzte Möglichkeit zeigt in erster Linie, dass die Anerkennung der Theorie der Beschreibungen (selbst wenn diese Anerkennung eine solche vernebelte Gestalt wie in der Theorie der Wahr-Macher annimmt) in der Tat zu der Annahme einer zweistufigen Semantik führt, die einem Sprachausdruck sowohl Bedeutung als auch Sinn zuordnet. Der Sinn, den der Sprachausdruck hat, wird in der Theorie der Beschreibungen in einen Zusammenhang mit der Bedeutung (mit dem Wahrheitswert eines Satzes) gebracht, indem der Satz (falls ein Bedarf besteht) als eine Formulierung der Bedingungen seines Wahrseins dargestellt wird. Als Kriterium des Wahrseins der Sätze, deren Formulierung durch das Urteilen über komplexe Objekte (Fakten oder propositionale Begriffe) herbeigeführt wird, tritt dabei die Existenz dieser Objekte auf. Diese Existenz wird schließlich dadurch verifiziert, dass der Verifizierende sich an die Welt (die in der logischen Theorie als Diskussionsbereich beschrieben wird und die man z.B. auch als die Menge von Gegenständen, mit denen man eine Bekanntschaft haben kann, verstehen kann) wendet. Weil das auch die Theorie der Wahr-Macher vorsieht, fragt es sich, ob sie nicht doch eine triviale und nicht ganz konsequente Umformulierung der Theorie der Beschreibungen ist.

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Russell über propositionalen Begriff (1903-1904) Name des propositionalen Begriffs

hinweisen propositionaler Begriff

R* Satz

Proposition bedeuten

bezeichnen („denote“) Schema 4

R* ist hier eine zu definierende Beziehung. Für einen Begriff und einen unter diesen Begriff fallenden Gegenstand kann diese Beziehung als fallen unter beschrieben werden. Russell benutzt diesen Fregeschen Terminus nicht, und ist hauptsächlich mit der Definition dessen beschäftigt, was ein Begriff, falls seine Bezeichnung im Satz in einem Zusammenhang mit verschiedenen Wörtern vorkommt, bezeichnet. Der Begriff (nämlich Klassenbegriff („class-concept“) oder ein Begriff, der ohne seine prädikative Funktion betrachtet wird) definiert aber eine Klasse von Termen (Objekten), so dass mit Hilfe des Begriffswortes der Gegenstand (den der Begriff bezeichnet („denotes“)) definiert wird, und letztendlich der Satz, in dem das Begriffswort vorkommt, etwas über den Gegenstand aussagt. Das Problematische bei der Definition der Beziehung R* ist nun Folgendes. Sollte der propositionale Begriff unter die Proposition fallen (in dem eben beschriebenen Russellschen Sinn, allerdings), dann muss in dem Satz, welcher der Proposition entspricht, die Rede vom propositionalen Begriff als einem Ganzen sein, worauf man, von der Gestalt des Satzes ausgehend, nicht schließen kann. Eine andere Möglichkeit, die Beziehung R* zu definieren, besteht darin, dass der propositionale Begriff als Wahr-Macher der Proposition betrachtet wird. Das Hauptproblem dabei ist, dass die Proposition dadurch ihren Status eines Objekts verliert.

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Russell über propositionalen Begriff (1904)

hinweisen

Name des propositionalen Begriffs

ausdrücken (einfache) Annahme Proposition

Satz

Urteil ausdrücken

hinweisen Schema 5 Die Diskussion mit Meinong zeigt, dass Russell zu diesem Zeitpunkt auf die Anerkennung des Seins von zwei Arten gleichgestellter Objekte, nämlich Propositionen und propositionalen Begriffen, verzichtet. Der Unterschied der Bezeichnungen führt er darauf zurück, dass das erkennende Subjekt an komplexe Objekte (Propositionen) auf unterschiedliche Weise herangehen kann. Der Unterschied der Bezeichnungen entspricht hier dem Unterschied der Produkte verschiedener Erkenntnisarten.

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Russell über propositionalen Begriff (Fakt)(1905)

bezeichnen* („denote“)

bedeuten Satz

Proposition

Fakt

machen wahr Schema 6

* Der Satz bezeichnet, wenn er wahr ist. Sonst ist der Satz auf den Fakt „gerichtet“.

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Die Autoren der Theorie der Wahr-Macher über Momente

designieren Prädikator

Prädikat fallen unter

designieren Name des Moments

Moment

machen wahr

Satz bedeuten („mean“)

Bedeutung des Satzes („meaning“)

Schema 7

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4. DIE THEORIE DER BESCHREIBUNGEN: LOGISCHE FORM UND LOGISCHE ANALYSE

4.1. Russells Theorie der Beschreibungen Die Theorie der Beschreibungen, die Russell 1905 zum ersten Mal im Aufsatz „On Denoting“ darlegt, baut auf einem System der Grundbegriffe auf, das den Begriff bezeichnen („denote“)1 neu definiert. Seine erste Theorie der Bezeichnung („denoting“) formuliert Russell 1903 in The Principles of Mathematics. Laut dieser Theorie haben alle Sprachausdrücke eine Bedeutung – sie stehen für etwas, was selbst kein Sprachausdruck ist. Was verschiedene Sprachausdrücke vertreten, hat aber nicht immer die gleiche Natur. Manche Zeichen stehen für einzelne Objekte, die einen Platz in Raum oder Zeit einnehmen können und in diesem Sinne existieren. Manche Zeichen stehen für Objekte, die nicht existieren, aber ein Sein haben. Unter seienden Objekten gibt es auch solche, deren Aufgabe es ist, andere Objekte zu vertreten. Ein solches Objekt ist z.B. das von der Wortgruppe „ein Mensch“ vertretene Begriff (nämlich ein Prädikat oder, genauer, Klassenbegriff („class-concept“), der eine Klasse definiert). Im letzten Kapitel sahen wir, dass manche Sätze, in denen die Wortgruppe „ein Mensch“ vorkommt, keine Mitteilung über den entsprechenden Begriff beinhalten, sondern über einen der Träger der Eigenschaft ein Mensch zu sein, und insofern über ein Individuum, das unter den fraglichen Begriff fällt, informieren. In einem solchen Fall symbolisiert der Begriff selbst einen Gegenstand, der mit dem Begriff nicht zusammenfällt. Eine solche Beziehung zwischen Begriffen und Gegenständen definiert Russell als Bezeichnen („denoting“). Was Begriffe bezeichnen, sind Exemplifizierungen der ihnen entsprechenden Eigenschaften. Da die Beziehung des Bezeichnens zwischen Objekten ihre Realisierung findet, ist sie objektiv und in diesem Sinne auch logisch.

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Während sich die Beziehung zwischen den bezeichnenden Begriffen und dem von ihnen Bezeichneten (ihren Denotaten) auf solche Weise beschreiben lässt und sogar eine erkenntnistheoretische Rechtfertigung bekommt, die sich in der Idee der zweifachen Natur des Wissens (wobei man Wissen durch Bekanntschaft und Wissen durch Beschreibung unterscheidet) bekundet, wird es problematisch, die Beziehung des Satzes, der den Namen des bezeichnenden Begriffs enthält, zu seiner Bedeutung zu bestimmen. Es scheint, als ob einem solchen Satz zwei verschiedene zusammengesetzte Objekte entsprächen, die ihrerseits selbst einer Definition bedürfen. Sind diese Objekte beide Wissenseinheiten, bestimmte komplexe Inhalte, dann unterscheiden sie sich bei demjenigen, der den Satz ausspricht, und demjenigen, der den Satz wahrnimmt, zumindest durch die Art des Gewinnens des Wissens, die sich laut der Annahme, dass der Wissensinhalt mit dem Erkenntnisgegenstand zusammenfällt, auch in der Verschiedenheit der Bestandteile der beiden Inhalte äußert. Ist nur eines dieser Objekte eine solche Inhaltseinheit, die bei einem Informationsaustausch wiedergegeben wird, und ist sie dieselbe für die beiden möglichen Gesprächspartner (den Aussagenden und den Zuhörenden), dann muss das zweite Objekt, falls seine Existenz angenommen wird, definiert werden. Was ist es – eine Tatsache, ein Wahrheitswert (die Bedeutung im Sinne Freges) oder noch etwas Anderes? Ein weiteres Problem betrifft falsche Sätze. Wird in einem Satz eine Relation z.B. zwischen zwei Gegenständen behauptet, dann fragt es sich, wofür der Satz steht, wenn er falsch ist. Nach der Russellschen Theorie entspricht ihm ein zusammengesetztes Objekt, das die fehlende Relation selbst beinhalten soll. Da es aber keine Relation gibt, gibt es auch kein zusammengesetztes Objekt, das sie enthält. In einem solchen Fall hat der Satz aber keine Bedeutung („meaning“), die mit diesem zusammengesetzten Objekt zusammenfallen sollte. Von solchen Problemen geplagt, entwickelt Russell 1905 Grundsätze einer neuen Theorie des Bezeichnens. Diese Theorie definiert das Bezeichnen als eine Relation zwischen Sprachausdrücken und Objekten. Im Gegensatz zu der Theorie in The Principles wird die Fähigkeit zu bezeichnen nicht mehr den Objekten zugesprochen, die diese Fähigkeit dank ihrer

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Beziehungen zu anderen Gegenständen besitzen, sondern den Sprachausdrücken. Die bezeichnenden Ausdrücke werden als bezeichnend nur dank ihrer Gestalt („form“) definiert. Man kann die ihrer Gestalt nach bezeichnenden Ausdrücke („denoting phrases“) in drei Gruppen unterteilen. Zu der ersten Gruppe gehören die Ausdrücke, die trotz ihrer Gestalt, die ihr Auftreten in der Rolle des grammatischen Subjekts von Sätzen voraussetzt, nichts bezeichnen. Zu der zweiten Gruppe gehören die später als bestimmte definierten Beschreibungen („descriptions“) oder die Ausdrücke, die einen einzigen Gegenstand bezeichnen. Zu der dritten Gruppe gehören die Ausdrücke, die unbestimmt eines der mehreren (gleichartigen) Objekte bezeichnen (unbestimmte Beschreibungen). Die Erkenntnis, dass es bezeichnende Ausdrücke gibt und dass sie auf eine bestimmte Weise aufgefasst und formalisiert werden können, ist wichtig sowohl für die Erkenntnistheorie als auch für die Logik und die Begründung der Mathematik. Die Anerkennung der Existenz von bezeichnenden Ausdrücken ist gleichbedeutend mit der Anerkennung der These, dass nicht alle Sprachausdrücke Namen für das, was man unmittelbar kennt, sind. Die Bedeutung dieser These für die Erkenntnistheorie liegt in der Idee, dass auch das Wissen von den Objekten, die einem Subjekt in seiner Erfahrung nicht gegeben und somit nicht unmittelbar bekannt sind, möglich ist. Für die Logik und die Begründung der Mathematik spielt diese These insofern eine Rolle, als sie die Einreihung der meisten mathematischen Funktionen (die in den Principia als deskriptive Funktionen definiert werden) unter gewisse logische Begriffe ermöglicht, und somit einerseits die von Frege eingeleitete Einbürgerung des Begriffs der Funktion in der Logik fördert und andererseits zu der Gestaltung des logizistischen Programms beiträgt. 4.1.1. Grundbegriffe und Hauptthesen der Theorie Als Hauptbegriffe der Theorie der Beschreibungen definiert Russell selbst den Begriff einer Variablen und des Wahrheitswertes eines Satzes (einer Proposition). Diesen Hauptbegriffen kann man mit Sicherheit auch den Begriff der propositionalen Funktion zufügen. Ein Satz, der eine Beschreibung enthält, kann immer durch die Einführung einer Variablen in

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den Ausdruck, der die Bezeichnung einer propositionalen Funktion enthält, umformuliert werden, und diese Umformulierung erlaubt es, den Wahrheitswert des Satzes zu bestimmen. Laut dem Grundprinzip der Theorie der Beschreibungen hat ein bezeichnender Sprachausdruck, der als bezeichnend nur dank seiner Gestalt charakterisiert wird, isoliert genommen, keine selbständige Bedeutung („any meaning in isolation“). Der Satz aber, in dem der Ausdruck vorkommt, hat eine Bedeutung („meaning“). Schon 1905 formuliert Russell auch die Forderung, zwischen einem primären und einem sekundären Vorkommen eines bezeichnenden Ausdrucks zu unterscheiden. Insofern die Art des Vorkommens den Wahrheitswert des Satzes beeinflusst, ist diese Unterscheidung unumgänglich und ein anderer Grundstein der Theorie. Die Theorie der Beschreibungen, die Russell entwickelt, muss seiner Meinung nach andere schon vorhandene Theorien des Bezeichnens ersetzen. In dem Aufsatz „On Denoting“ betrachtet Russell als solche die Theorien Meinongs und Freges. Nach Meinong bezeichnet jeder bezeichnende Sprachausdruck ein Objekt, selbst solche Ausdrücke wie „der goldene Berg“ und „das runde Quadrat“. Objekte, die von solchen Wortgruppen bezeichnet werden, sind sogenannte „unmögliche Gegenstände“, die dennoch Objekte in dem Sinne sind, dass sie als Gegenstände des Denkens auftreten. Die Schwäche dieser Theorie sieht Russell in dem Verstoß gegen das Widerspruchsgesetz. Von einem unmöglichen Gegenstand, z.B. von dem runden Quadrat, kann man immer zwei widersprüchliche Sätze behaupten, wie „Dieses Quadrat ist rund“ und „Dieses Quadrat ist nicht rund“. Weil beide Sätze sich als wahr erweisen, gilt für sie das Widerspruchsgesetz nicht2. Das heißt aber, dass für sie die Verneinung des Widerspruchsgesetzes gilt, die als eine identisch falsche Aussage zu betrachten ist. Da man aus einer falschen Aussage eine beliebige Behauptung ableiten kann, gelten für solche Gegenstände alle möglichen Sätze. Nach Frege ist das Denotat („denotation“) eines Sprachausdrucks von seinem Sinn zu unterscheiden. Als Denotat bezeichnet Russell hier die Fregesche Bedeutung, wodurch er einen Grund für die späteren mannigfachen Bezeichnungen für das Denotat und seine nicht immer der Theorie Russells entsprechende Identifizierung mit dem Referenten eines

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Zeichens liefert. Freges Theorie des Bezeichnens hat nach Russell einige unbestreitbare Stärken. Sie erlaubt sogar einen solchen problematischen Fall wie das Auftreten eines „leeren“ bezeichnenden Ausdrucks zu erklären. Man kann sagen, dass ein solches Sprachzeichen wie „das runde Quadrat“ einen bestimmten Sinn hat und eine leere Klasse als sein Denotat. Diese Theorie führt zu keinem logischen Fehler, scheint Russell aber trotzdem künstlich („artificial“) zu sein, da sie jedem Sprachausdruck in einem solchen Fall einen rein konventionell bestimmten Gegenstand zuordnet. Insbesondere ermöglicht diese Zuordnung das Einsetzen eines Eigennamens für einen bezeichnenden Ausdruck, denn die Idee der Substituierbarkeit basiert auf Freges These, dass die Möglichkeit, die Identität von zwei Zeichen zu behaupten, darauf zurückzuführen ist, dass diesen Zeichen ein und dasselbe Denotat entspricht (Russell spricht dabei von der Identität der Denotate dieser Zeichen). 1905 hofft Russell, die uneingeschränkte Möglichkeit einer solchen Substituierbarkeit durch das Auffinden einiger Gegenbeispiele zu widerlegen. Als ein solches Beispiel betrachtet er das schon im Kapitel 2.3 erwähnte Paradox der Benennung, das zeigt, dass man nicht immer einen Namen wie „Scott“ durch die Beschreibung „der Verfasser von Waverley“ und die Beschreibung durch den Namen ersetzen kann. Später behauptet Russell in seinem gemeinsamen Werk mit Whitehead, dass man die Identifizierung dieser Ausdrücke nicht als Identifizierung von verschiedenen Namen ein und desselben Denotats betrachten darf, weil „der Verfasser von Waverley“ gar kein Name ist und Scott nie so genannt wurde, was dieses Beispiel von scheinbar ähnlichen anderen Beispielen unterscheidet, die insbesondere in den Sätzen „Napoleon ist Bonaparte“ und „Abendstern ist Morgenstern“ gegeben sind3. Besondere Bedeutung wird in der Weiterentwicklung der Theorie den bestimmtem Beschreibungen beigemessen. Ihre Formalisierung und ausführliche Darstellung findet die Theorie der Beschreibungen im ersten Band des gemeinsamen Werks von Russell und Whitehead Principia Mathematica. Als eine Beschreibung („description“) wird hier der Sprachausdruck der Form „das so-und-so“ („the so-and-so“) definiert. Unter die Beschreibungen reihen Russell und Whitehead auch viele Eigennamen ein, insbesondere diejenigen, deren Träger einem

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Sprechenden nicht unmittelbar bekannt sein können. Der Gebrauch einer bestimmten Beschreibung setzt immer das Heranziehen einer propositionalen Funktion voraus, die für einen bestimmten Wert ihrer Variablen einen bestimmten Satz als ihren Wert hat. Bezeichnen wir eine solche propositionale Funktion als φŷ, dann können wir eine Beschreibung mit Hilfe des Beschreibungs-Operators als „(าy)(φy)“ schreiben, was man als „das y, das φŷ erfüllt“ lesen kann. Definiert wird aber nicht dieser Ausdruck, sondern der Kontext von dessen Gebrauch. Das macht Beschreibungen zu sogenannten „unvollständigen Symbolen“ („incomplete symbols“). In ihrer Unvollständigkeit ähneln sie den Symbolen (z.B. Quantoren), die man in der Logik auch oft als uneigentliche oder synkategorematische Symbole bezeichnet. Allquantor und Existenzquantor z.B. sind auch kontextuell definierbar. Bevor ein eine Beschreibung enthaltender Satz (ein Kontext, in dem eine Beschreibung vorkommt) definiert wird, treffen Russell und Whitehead Vereinbarungen darüber, was ein solcher Satz bedeutet (was seine Bedeutung („the import of proposition[s]“) ist). Diese Bedeutung identifizieren sie mit zwei Behauptungen. Laut einer der Behauptungen gibt es mindestens ein Objekt, das die propositionale Funktion φŷ erfüllt. Man schreibt: (∃y)(φy). Das Zweite, was in einem solchen Satz behauptet wird, ist, dass es höchstens ein Objekt gibt, das φŷ erfüllt: φx⋅φy. ⊃x,y . x = y (für einen beliebigen Wert von x und y gilt: wenn x und y dieselbe propositionale Funktion erfüllen (so dass die Propositionen φx und φy beide wahr sind), dann sind x und y identisch). Davon ausgehend, kann man den Satz der Gestalt „das y, das φŷ erfüllt, erfüllt fŷ“ folgendermaßen definieren: f{(าy)(φy)}. = : (∃c) : φy. ≡ y . y = c : fc Df Hier ist c eine Konstante. Die Behauptung „das y, das φŷ erfüllt, erfüllt fŷ“ kann man also lesen als „es gibt eine Konstante c, für die gilt: für jeden Wert von y wird die propositionale Funktion φŷ von einem y dann und nur dann erfüllt, wenn y c ist, und fc ist wahr“. Bei dieser Definition verschwindet die Beschreibung, was zeigt, dass ihre Bezeichnung rein symbolisch ist, d.h. keine selbständige Bedeutung hat. Definiert wird auch ein besonderer Existenzoperator für Beschreibungen. Wird dieser auf eine Beschreibung angewandt (E!(าy)(φy)), bedeutet dieser

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Ausdruck „das y, das φŷ erfüllt, existiert“. Die Definition hat folgende Gestalt: E!(าy)(φy). = : (∃c) : φy. ≡ y . y = c Df Der Ausdruck „das y, das φŷ erfüllt, existiert“ bedeutet also dasselbe wie „es gibt eine Konstante c, für die gilt: für einen beliebigen Wert von y wird die propositionale Funktion φŷ von einem y dann und nur dann erfüllt, wenn y c ist“. In manchen Kontexten können die Bezeichnungen (าy)(φy) durch die Bezeichnung R’z ersetzt werden, wenn man das y als das Objekt beschreiben kann, das eine Relation R zu einem Objekt z hat. R’z ist also als (าy)(yRz) definierbar und ist eine Funktion von z, aber keine propositionale Funktion, sondern eine deskriptive4. Eine solche Funktion beschreibt ein Objekt durch seine Relation zu den Argumenten dieser Funktion, wie z.B. sin z die Zahl 1 durch ihre Relation zu π/2 als einem der Werte von z beschreibt. Der Teil eines Satzes, der als der Ausdruck der Form f{(าy)(φy)} betrachtet wird, heißt Gültigkeitsbereich („scope“) einer Beschreibung. Hat die Beschreibung den ganzen Satz als ihren Gültigkeitsbereich, dann sagt man, dass die Beschreibung in diesem Satz ein primäres Vorkommen („primary occurrence“) hat. Ein solcher Satz ist nur in dem Fall wahr, dass das beschriebene Objekt existiert. In einem Satz, in dem nur ein Teil des Satzes der Gültigkeitsbereich der Beschreibung ist, hat die Beschreibung ein sekundäres Vorkommen („secondary occurrence“). Ein solcher Satz kann auch dann wahr sein, wenn das beschriebene Objekt nicht existiert. Als ein Beispiel des Satzes, in dem die Beschreibung das primäre Vorkommen hat, kann man mit einem gewissen Vorbehalt den Satz „Der gegenwärtige König von Frankreich ist nicht kahlköpfig“ betrachten. Das Vorkommen der Beschreibung „der gegenwärtige König von Frankreich“ in diesem Satz ist primär, wenn man diesen Satz als den Satz „Der gegenwärtige König von Frankreich existiert und ist nicht kahlköpfig“ liest. Formal geschrieben: (∃c) : φx. ≡x . x = c : ∼fc.

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Dieser Satz ist offenbar falsch. Wenn man aber den gegebenen Satz als den Satz „Es ist nicht wahr, dass der gegenwärtige König von Frankreich existiert und kahlköpfig ist“ deutet, also in der Form ∼{(∃c) : φx. ≡x . x = c : fc}, dann hat hier die Beschreibung das sekundäre Vorkommen und der ganze Satz ist wahr. Der Satz, in dem die Beschreibung einen größeren Gültigkeitsbereich hat, impliziert den Satz, in dem sie einen kleineren Gültigkeitsbereich hat. Die Umkehrung dieser Behauptung gilt nur dann, wenn das beschriebene Objekt existiert oder der Satz mit dem kleineren Gültigkeitsbereich die Behauptung E!(าy)(φy) impliziert. Wenn die Behauptung E!(าy)(φy) wahr ist, dann kann man den Gültigkeitsbereich der Beschreibung in einem Satz beliebig verkleinern oder vergrößern, ohne dass sich dabei der Wahrheitswert des Satzes ändert5. Um primäres und sekundäres Vorkommen einer Beschreibung zu unterscheiden, führen Russell und Whitehead eine besondere Bezeichnung ein, die sie so definieren: [(าy)(φy)] . f(าy)(φy) . = : (∃c) : φy. ≡ y . y = c : fc Df Nun betrachten wir die Hauptthesen der Theorie der Beschreibungen. Dabei behalten wir die Nummerierung der Sätze, in denen diese Thesen ihren Ausdruck finden, bei. Der erste zu erwähnende Satz ist ∗14.18: ⊢:.E!(าy)(φy). ⊃ : (y) . ψy. ⊃ .ψ(าy)(φy) Dieser Satz besagt: wenn das y, das φŷ erfüllt, existiert, verhält sich dieses wie ein gewöhnliches Argument einer beliebigen Funktion. Diesem Objekt kommt in diesem Fall jede beliebige Eigenschaft zu, die man sonst jedem Wert einer Individuenvariablen zusprechen kann. Die Tatsache, dass „(าy)(φy)“ ein unvollständiges Symbol ist, wird in diesem Fall für den Wahrheitswert des Satzes irrelevant. Die Behauptung gilt nicht, wenn ein solches (าy)(φy) nicht existiert. Dem gegenwärtigen König von Frankreich z.B. kann man nicht die Eigenschaft zuschreiben, kahlköpfig oder nicht kahlköpfig zu sein. Mit diesem Satz könnte die später in der analytischen Philosophie sowie in den mit manchen Untersuchungen auf dem Gebiet der modalen Logik zusammenhängenden semantischen Theorien auftretende

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Idee des sogenannten referentiellen Gebrauchs einer Beschreibung verbunden sein. Der nächste wichtige Satz ist der Satz ∗14.21, der in einem gewissen Zusammenhang mit dem eben angegebenen steht: ⊢:ψ(าy)(φy). ⊃ . E!(าy)(φy) Laut diesem Satz muss, wenn das y, das φŷ erfüllt, irgendwelche Eigenschaft besitzt, dieses y auch existieren. In diesem Satz kann man eine Analogie zu einer Idee Freges finden, die er in „Dialog mit Pünjer über Existenz“ äußert. Hier behauptet Frege, dass jedes partikuläre Urteil in ein Existentialurteil umgesetzt werden kann, das die Form eines Satzes mit „es gibt...“ hat. Diese Behauptung dient Frege als Beweis, dass Existenz kein Begriff im gewöhnlichen Sinne des Wortes (und somit kein Merkmal anderer Begriffe) ist, sondern eine Eigenschaft eines Begriffs (einer Funktion)6. Der Satz ∗14.21 zeigt nach Russell und Whitehead, dass man die Existenz nur dem zusprechen kann, was beschrieben wird. Die Autoren der Principia meinen, dass ein solches Zusprechen dadurch gerechtfertigt wird, dass die Behauptung der Existenz eines einzelnen beschriebenen Objekts aus einem wahren Satz, der die Beschreibung als sein grammatisches Subjekt enthält, analytisch (aufgrund der logischen Prinzipien) ableitbar ist. Gerade ein solches Prinzip ist uns in dem Satz ∗14.21 gegeben. Es ergibt aber keinen Sinn, die Existenz unmittelbar gegebenen Objekten zuzusprechen (d.h. E!x zu behaupten). Der Grund, den die Autoren selbst dafür angeben, besteht darin, dass eine derartige Behauptung keine Rolle in einer Schlussfolgerung spielen kann. Auch wenn wir uns die Definition dieses besonderen Existenzquantors ansehen, finden wir heraus, dass ein solcher Gebrauch nicht definiert ist. Was die Definitionen zeigen, ist, dass der Ausdruck, in dem der fragliche Operator vorkommt, eine Abkürzung für den den gewöhnlichen Existenzquantor enthaltenden Ausdruck ist. Der Wirkungsbereich des Existenzquantors in einem solchen Ausdruck ist ein Satz, der selbst etwas über die Eigenschaften einer propositionalen Funktion behauptet. Und das bedeutet, in Freges Terminologie übersetzt, dass die Existenz eine Eigenschaft einer Funktion ist. Diese Eigenschaft besteht offenbar darin, dass die Funktion von einem und nur einem bestimmten Objekt erfüllt werden kann.

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Es gilt auch, dass das y, welches φŷ erfüllt, nur dann existiert, wenn es etwas gibt, was dieses y ist (∗14.204): ⊢:E!(าy)(φy). ≡ . (∃b) .(าy)(φy) = b In bezug auf Identität unterliegen solche Symbole wie „(าy)(φy)“ denselben Regeln wie Symbole, die ein Objekt direkt vertreten, mit einer wesentlichen Ausnahme. Die Selbstidentität des y, das φŷ erfüllt, d.h. die Reflexivität der Identität, gilt nur in dem Fall, dass ein solches Objekt existiert (∗14.28): ⊢:E!(าy)(φy). ≡ .(าy)(φy) = (าy)(φy) 4.1.2. Die Form und die Paraphrase Quine definiert eine der Hauptideen von Russells Theorie der Beschreibungen in einem seiner Aufsätze als die Idee einer Paraphrase7. Diese Idee besteht nach Quine darin, dass ein Objekt durch Auffinden eines Äquivalents des die Bezeichnung des Objekts enthaltenden Satzes definiert wird, und nicht durch Angeben des Äquivalents des Objekts. Schon in The Principles weist Russell darauf hin, dass man aus einem Satz, der eine subjekt-prädikative Form hat, durch eine Umformulierung einen anderen Satz gewinnen kann, der eine andere Proposition bezeichnet als der ursprüngliche Satz. Nehmen wir den Satz „Sokrates ist menschlich („human“)“. Die Proposition, für die dieser Satz steht, enthält als einen ihrer Bestandteile ein Prädikat, das hier anders als Term einer Relation vorkommt. Nun formulieren wir den Satz „Sokrates ist ein Mensch“. Die durch diesen Satz gegebene Proposition enthält als ihre Terme ein Individuum und eine Klasse, zwischen denen eine Relation besteht. Wenn wir nun noch den Satz formulieren „Sokrates besitzt Menschsein („humanity“)“, dann geht es in diesem Satz um eine Relation zwischen zwei Objekten. Den Unterschied zwischen diesen Propositionen definiert Russell als Unterschied ihrer Form8. Dieser Unterschied bewirkt, dass die Propositionen nicht identisch sind. Offenbar versteht Russell hier unter der Form der Proposition das, was viele Propositionen gemeinsam haben können und was als Kriterium für eine Unterteilung von Propositionen in

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verschiedene Klassen dienen kann. Diese Form hat noch keine Definition, aber die Formen von Propositionen lassen sich bestimmen, wenn man verschiedene Sätze, die einander implizieren (wie in dem obigen Beispiel), miteinander vergleicht und ihren Inhalt (die jeweilige Proposition) sowie seine Bestandteile und die Art ihrer Verbindung mit Hilfe logischer Begriffe definiert, die einerseits primitiv oder undefinierbar (wie z.B. die Beziehung eines Terms zu der Klasse, deren Element dieser Term ist) und andererseits aus solchen primitiven Begriffen ableitbar sein können9. Einige Bestandteile von solchen einander implizierenden Propositionen können zusammenfallen (wie Sokrates in dem eben angeführten Beispiel). Die weiteren Teile sind verschieden. In dem obigen Beispiel ist das menschlich in der Proposition, für die der erste Satz steht. „Ein Mensch“ vertritt eine in der zweiten Proposition vorkommende durch den entsprechenden Klassenbegriff definierte Klasse. Und dem „Menschsein“ in dem dritten Satz entspricht in der Proposition derselbe Begriff, der nun als einer der Terme vorkommt und sich von dem Prädikat dadurch unterscheidet, dass er selbst zu dem gehört, wovon in dem das Wort „Menschsein“ enthaltenden Satz etwas ausgesagt wird, während das Prädikat eine in diesem Fall durch die Wortgruppe „ist menschlich“ gegebene Aussage („assertion“) über einen Gegenstand ist. Die Relationen zwischen den Bestandteilen der Propositionen unterscheiden sich also in Abhängigkeit von dem, was als Relatum der jeweiligen Relation auftritt. Schon hier benutzt Russell logische Konnektoren, wie z.B. Disjunktion oder Konjunktion, um Unterschiede zwischen dem Begriff menschlich und dem, was durch solche Ausdrücke wie „ein Mensch“, „alle Menschen“, „jeder Mensch“ bezeichnet wird, zu beschreiben10. Charakteristisch für diese Beschreibung ist, dass Russell mit Hilfe logischer Konnektoren nicht nur die Werte propositionaler Funktionen selbst, sondern auch Argumente einer propositionalen Funktion beschreibt. Insbesondere unterscheidet Russell zwischen der sogenannten numerischen („numerical“) und der propositionalen („propositional“) Konjunktion, die beide durch „und“ ausgedrückt werden. Während die propositionale Konjunktion eine Beziehung zwischen Propositionen charakterisiert, beschreibt die numerische Konjunktion eine Beziehung zwischen Elementen einer Klasse, die schließlich die fragliche Klasse als eine solche definiert. Obwohl das vom Gesichtspunkt des heutigen Stands der Logik aus

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ziemlich ungewöhnlich ist, findet man hier schon die Wurzeln der späteren Entwicklung der Theorie Russells. Betrachten wir als Beispiel die propositionalen Funktionen von einem Argument, d.h. Funktionen, deren Bezeichnungen nur eine Variable (die allerdings mehrmals vorkommen kann) enthalten. Ohne diese Einschränkung müssen wir über die der Anzahl der Argumente der Funktion entsprechenden Tupel der Werte ihrer Argumente (dem Sprachgebrauch Churchs folgend, über die Tupel bestimmter Argumente) sprechen. Wenn Russell z.B. die numerische Konjunktion aller Werte des Arguments einer propositionalen Funktion, die diese propositionale Funktion erfüllen, charakterisiert, kommt er zum Schluss, dass diese Werte so genommen eine Zahl (nämlich kardinale Zahl) haben, die man als Eigenschaft des Begriffs betrachten kann, denn eine solche Zahl ist für jeden eine Klasse definierenden Begriff bestimmt11. Wenn alle Werte des Arguments einer propositionalen Funktion, die diese Funktion erfüllen, sie auch charakterisieren, dann kann man diese Werte sowie alle denkbaren Werte des Arguments durch Propositionen (die Werte dieser Funktion) beschreiben, indem man jedem denkbaren Wert des Arguments eine wahre oder eine falsche Proposition zuordnet. Man kann dann für eine gegebene propositionale Funktion den Individuenbereich in Teilbereiche unterteilen, so dass für die Werte des Arguments aus einem Teilbereich die Funktion nur wahre Propositionen als ihre Werte ergibt und für die Werte aus dem anderen Teilbereich (dem Komplement des ersten Teilbereichs) – nur falsche Propositionen. Das bedeutet schließlich, dass sich die Relation zwischen den Werten des Arguments einer propositionalen Funktion und der Funktion selbst (als der Klasse von Propositionen einer bestimmten Form) durch den Wahrheitsbegriff charakterisieren lässt. Zugleich liefern schon die frühen Untersuchungen Russells die fundamentalsten Beispiele für bezeichnende Phrasen. Sie zeigen, dass es auch solche Wörter wie z.B. „alles“ („everything“) gibt, die, isoliert genommen, nichts bedeuten, aber dass die Sätze, die sie enthalten, trotzdem eine Bedeutung haben12. Diese Überlegungen Russells sind auch mit seiner Idee eines logischen Typs verbunden. Mit dem Begriff der Form beschäftigt sich Russell auch nach The Principles, was insbesondere seine dem Aufsatz „On Denoting“ vorangehenden Manuskripte zeigen. In dem Manuskript „Functions“

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(1903) betrachtet er einen beliebigen (bezeichnenden) Ausdruck Y (dieser Ausdruck ist dabei kein Satz), der den Namen y als einen seiner Bestandteile enthält. Dabei kann y, das hier keine Variable, sondern ein beliebiger konstanter Ausdruck ist, durch andere Namen ersetzt werden13. Die Form des Ausdrucks ist nach Russell eine Konstante, die unverändert bleibt, während der durch y bezeichnete Teil des Ausdrucks Y variieren kann. Diese Form, die in einer Beziehung des Ausdrucks Y zu seinem Bestandteil y besteht, definiert Russell als eine Funktion und bezeichnet sie als ỷ(Y). Wenn man nun diese Funktion durch φ bezeichnet und durch das Argument y ergänzt (φ|y), bekommt man den Ausdruck Y. Es gilt somit ỷ(Y) = φ . ⊃ . φ|y = Y, oder in Worten: wenn φ eine Funktion ist, die ihren Argumenten den Ausdruck der Gestalt Y zuordnet, dann ist Y der Wert der Funktion für das Argument y. Während der Ausdruck, der links vom Implikationszeichen steht, die Funktion mit dem identifiziert, was man durch die Analyse eines konstanten Ausdrucks gewinnt, weist die Gleichung rechts auf die logische Genese eines konstanten Ausdrucks hin, den man dadurch bekommt, dass man den Ausdruck für eine Funktion durch einen Namen ergänzt. Die Besonderheit des Ausdrucks ỷ(Y) besteht aber darin, dass er nicht den Ausdruck Y als sein Argument enthält. Somit ist ỷ(Y) keine Funktion von Y, sondern in der Tat eine Beschreibung eines in der für die moderne Logik typischen Darlegung der syntaktischen Konventionen gängigen Verfahrens des Gewinnens von Formen (unter anderem Aussageformen) aus konstanten Ausdrücken. Sie besteht darin, dass man einen (oder mehrere) in dem gegebenen konstanten Ausdruck vorkommenden Namen durch eine Variable ersetzt. Russell betrachtet diese Methode allerdings nicht als eine Art rein syntaktischer Umformung eines Ausdrucks. Dass eine solche Umformung auch mit der semantischen Interpretation verbunden ist, zeigen folgende Überlegungen Russells. Wenn man zwei Ausdrücke nimmt, die dasselbe Denotat („denotation“) haben, und aus diesem Grund ihre Identität behauptet, dann gilt nicht, dass diese Identität die Identität der den Ausdrücken entsprechenden Formen (Funktionen) impliziert. Die Implikation Y = Y΄. ⊃ . ỷ(Y) = ỷ(Y΄) gilt also nicht. Wenn man also eine wahre Identitätsbehauptung hat, ist die Form der in dieser Behauptung vorkommenden bezeichnenden Ausdrücke nicht unbedingt identisch14. Russells Beispiel ist der Satz „der gegenwärtige

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Premierminister von England = der Neffe des vorigen Premierministers von England“, wobei Russell „England“ als einen Namen betrachtet, der durch andere Namen ersetzt werden kann. Es gibt verschiedene mögliche Erklärungen für diese theoretische Tatsache sowie Schlüsse, die man daraus ziehen kann. In erster Linie kann man bei der semantischen Interpretation der Syntax einer logischen Theorie eine zweistufige Semantik Fregescher Art verteidigen. In einem solchen Fall bedeutet die Identität von zwei bezeichnenden Ausdrücken, dass sie dasselbe Denotat (dieselbe Bedeutung im Sinne Freges) haben, wobei sich der Sinn eines der Ausdrücke von dem Sinn des anderen unterscheiden kann. Durch die Anerkennung dieser Unterscheidung wird zugleich vorausgesetzt, dass die Form der bezeichnenden Ausdrücke mit der Intension dieser Ausdrücke zusammenhängt, insofern die Unterschiede der Form auf die Unterschiede der Intension deuten. Die besagte Implikation kann bei einer solchen Auffassung allerdings auch nicht gelten. Das Konsequens dieser Implikation würde anscheinend bedeuten, dass die Wertverläufe von zwei Funktionen zusammenfallen. Aber aus der Gleichheit von zwei bestimmten Werten dieser Funktionen von ein und demselben Argument könnte eine solche Behauptung nicht folgen. Sie wäre dann eine unzulässige Verallgemeinerung, was dieser Implikation den Status eines logischen Fehlers verleihen würde. Somit lässt sich aber die Nicht-Identität der Form in einen Zusammenhang mit der Verschiedenheit der Wertverläufe bringen. Russell teilt aber die Fregesche Auffassung nicht. Trotzdem ist für ihn die Ungültigkeit der fraglichen Implikation ein Sachverhalt, der die Form oder die Funktion charakterisiert. Russell behauptet, dass eine Funktion nicht nur mit dem Denotat („denotation“) eines Ausdrucks zu tun hat, sondern mit seiner Bedeutung („meaning“). Das könnte unter anderem Folgendes bedeuten. Wenn wir einen Ausdruck als Wert einer Funktion für ein bestimmtes Argument darstellen, lässt sich diese Funktion allein durch das Denotat des gegebenen Ausdrucks nicht definieren. Ein und dasselbe Objekt kann also durch verschiedene Ausdrücke beschrieben werden, die unterschiedliche Form haben. Die Form eines bezeichnenden Ausdrucks könnte also von seiner Intension („meaning“) abhängen, die auch komplex sein kann und Bestandteile enthält. Wichtig ist dabei die Erkenntnis, dass, selbst wenn zwei Sätze verschiedene bezeichnende Ausdrücke für dasselbe

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Objekt enthalten und somit verschiedene Form haben, sie trotzdem ein und denselben Wahrheitswert haben können. Was nun die Theorie der Beschreibungen in erster Linie leistet, ist, die logische Form eines Satzes seiner grammatikalischen Form gegenüberzustellen. Die logische Form eines Satzes, die auch in seiner sprachlichen Gestalt ihren Ausdruck findet, unterscheidet sich dabei von der grammatikalischen in erster Linie dadurch, dass sie in einem besonderen Satz wiedergegeben werden kann, wobei bei der Formulierung dieses Satzes die logischen Begriffe gebraucht werden. Während dieser Unterschied nur die Syntax betrifft, gibt es auch Unterschiede, welche den Zusammenhang der syntaktischen Form eines Satzes mit seiner semantischen Interpretation betreffen. Bei der Umformulierung eines gegebenen Satzes (d.h. bei der Formulierung des die logische Form dieses Satzes wiedergebenden neuen Satzes) wird dieser zunächst als Behauptung über eine propositionale Funktion aufgefasst, wobei diese Behauptung auch eine Behauptung über die Eigenschaften einer anderen propositionalen Funktion enthält. Sobald dadurch die intensionalen Komponenten (Zuordnungsvorschriften), welche unter anderem die Gestalt des bezeichnenden Ausdrucks bestimmen, selbst bestimmt sind, werden die Wahrheitsbedingungen des Satzes formuliert, wobei diese (im Fall des primären Vorkommens der Beschreibung) die Wahrheitsbedingungen eines quantifizierten Satzes sind, oder aber (im Fall des sekundären Vorkommens der Beschreibung) die Wahrheitsbedingungen des Satzes, dessen Wahrheitswert von dem Wahrheitswert eines quantifizierten Satzes abhängt. Der Wahrheitswert des Satzes wird dabei letztendlich als von der Existenz des einzigen Objekts abhängig definiert, das eine bestimmte propositionale Funktion erfüllen soll. Ein Satz kann seine semantischen Eigenschaften verschleiern, wie es bei solchen Sätzen wie „Der gegenwärtige König von Frankreich ist kahlköpfig“ und „Der gegenwärtige König von Frankreich ist nicht kahlköpfig“ der Fall ist. Man kann sagen, dass in derartigen Sätzen der Gebrauch des bezeichnenden Ausdrucks referentiell15 ist. Ein solcher Gebrauch verleiht dem bezeichnenden Ausdruck eine hinweisende Funktion und führt somit zu der Annahme, dass das beschriebene Objekt existiert. Die Aufgabe, welche die Theorie der Beschreibungen erfüllt, besteht darin, dass man solche

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Sätze umformuliert, so dass die Beschreibung in ihnen keinen referentiellen Gebrauch mehr hat. Bei einer solchen Umformulierung ordnet man das angebliche Denotat des bezeichnenden Ausdrucks dem Definitionsbereich einer propositionalen Funktion zu und stellt fest, ob die propositionale Funktion für einen bestimmten Wert ihres Arguments eine wahre Proposition ergibt oder nicht. Die logischen und philosophischen Theorien, in denen die Theorie der Beschreibungen ihre Anwendung findet, in denen sie kritisiert und manchmal sogar geleugnet wird, kann man in drei große Bereiche unterteilen. Der erste zu erwähnende Bereich ist der Bereich der modalen und intensionalen Logik. Diejenigen Entwicklungen dieser Theorie, die ohne jeglichen Zugriff auf spätere Theorien Russells dargelegt werden können, behandle ich im nächsten Teil dieses Kapitels. In dem Kapitel 5 werden wir sehen, wie die Theorie der Beschreibungen zu einer Präzisierung des Begriffs des intensionalen Kontexts beiträgt. Dass diese Präzisierung erforderlich ist, zeigt Wittgensteins Kritik an Russells Begriff der logischen Form. Der zweite Bereich ist die Analyse ontologischer Annahmen einer Theorie und der dritte - die logische Analyse der natürlichen Sprache und die sogenannte Philosophie der natürlichen Sprache, deren charakteristische Merkmale ich in weiteren Abschnitten dieses Kapitels untersuche.

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4.2. Das Paradox Quines, Kripke über zufällige Identitätsbehauptungen, und die Theorie der Beschreibungen 1943 formuliert Quine im Aufsatz „Notes on Existence and Necessity“ ein Paradox16. Dieses Paradox entsteht im Zusammenhang mit der Analyse des Prinzips der gegenseitigen Ersetzbarkeit von zwei Ausdrücken, die dasselbe Objekt bezeichnen, in einem modalen Kontext. Die Beziehung zwischen einem Namen und dem Objekt, das von diesem Namen benannt wird, bezeichnet Quine als Referenz („designation“). Das Vorkommen des Namens, der auf sein Objekt nur hinweist („refers“), bezeichnet er als ein rein referentielles Vorkommen („purely designative occurrence“). Ein solches Vorkommen des Namens gewährleistet die Korrektheit der Substitution, bei der ein Terminus unter der Bedingung durch einen anderen ersetzt wird, dass die Behauptung über die Identität der zwei Termini wahr ist. Wird eine solche Substitution bei einem nicht rein referentiellen Vorkommen eines Namens vorgenommen, kann die Hauptforderung an die Substitution verletzt werden. Diese besteht darin, dass der Wahrheitswert des Satzes, auf dessen Bestandteile die Operation der Substitution angewandt wird, durch diese Substitution nicht verändert werden darf. Kontexte, die nach Quine mit dieser Forderung unvereinbar sind, sind modale Kontexte. Das sind diejenigen Kontexte, deren Formalisierungen modale Operatoren einer beliebigen Art enthalten (Operatoren für alethische, epistemische Modalitäten, u.s.w.). Einer der modalen Operatoren ist der Notwendigkeitsoperator, den man in der natürlichen Sprache durch den Ausdruck „Es ist notwendig, dass ...“ wiedergeben kann, wobei an Stelle von „...“ ein Satz oder eine Aussageform gesetzt werden kann. In der Formulierung Smullyans17 sieht das Paradox Quines, das ein Schluss aus zwei Prämissen ist, folgendermaßen aus: 9 ist notwendig kleiner als 10. 9 = die Anzahl der Planeten. Die Anzahl der Planeten ist notwendig kleiner als 10.

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Wenn man den Notwendigkeitsoperator durch „N“ bezeichnet und den Funktor „... ist kleiner als 10“ durch „f“, kann man diesen Schluss auch in der Form folgender Figur darstellen: N(fy) y = (าx)(φx) N[f(าx)(φx)] Quine geht davon aus, dass „notwendig“ soviel wie „analytisch notwendig“ heißt. Smullyan spricht über „logische Notwendigkeit“. Den Begriff der analytischen Notwendigkeit verbindet Quine mit dem Begriff der logischen Form. Unter einer logischen Form versteht er einen Ausdruck, den man aus einem Satz durch Substitution von Variablen für bezeichnende Satzteile gewinnen kann und der außer Variablen nur logische Konnektoren wie „nicht“, „oder“, „und“ u.s.w. enthält. Ein Satz („statement“) ist analytisch, wenn man ihn als Exemplifizierung einer solchen logischen Form betrachten kann, für die gilt, dass alle ihre Exemplifizierungen wahr sind. Somit haben in der Tat diejenigen Sätze den Status von analytischen Sätzen, die dadurch gewonnen werden, dass man die Variablen in einem Ausdruck für ein logisches Gesetz durch passende konstante Ausdrücke ersetzt. Analytische Sätze werden also mit identisch wahren Sätzen identifiziert, die, wie man in der Logik zu sagen pflegt, nur kraft ihrer Form wahr sind. Über die analytische Notwendigkeit kann man dann sprechen, wenn das Ergebnis der Anwendung des Notwendigkeitsoperators auf einen Satz nur dann wahr ist, wenn der Satz, auf den der Notwendigkeitsoperator angewandt wird, analytisch ist. Z.B. hat man es in dem Satz „Jeder Junggeselle ist notwendig nicht verheiratet“ mit der analytischen Notwendigkeit zu tun, weil dieser Satz dem Satz „’Jeder Junggeselle ist nicht verheiratet’ ist analytisch“ äquivalent ist und deswegen wahr ist. Dass der fragliche Satz in der Tat als analytisch betrachtet werden kann, sieht man, wenn man dem Junggesellen eine Definition gibt. Einen Junggesellen kann man als einen Mann definieren, der nicht verheiratet ist. Identifiziert man den Inhalt des Begriffs des Junggesellen mit den Begriffen eines Mannes und einer nicht verheirateten Person, dann kann man den obigen analytischen Satz in der Form „für

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jedes x gilt: wenn x ein Mann ist und nicht verheiratet ist, dann ist x nicht verheiratet“ darstellen. Eine eingehende Analyse des Problems der Analytizität solcher Sätze bot Mainzer in seiner Dissertation18, wo er insbesondere zeigte, dass formal-logische Kriterien für die Feststellung, ob der fragliche Satz analytisch ist oder nicht, nicht ausreichen. Notwendig dafür ist auch die Einführung von Kriterien, anhand derer man feststellen kann, ob die Definitionen auch „adäquat“ sind. Die Adäquatheit von Definitionen kann durch zusätzliche Bedeutungspostulate der Sprache, der die Sätze angehören, und somit durch ihre Reichhaltigkeit begründet werden. Quine verbindet die Analytizität eines Satzes mit einer weiteren Eigenschaft, die allerdings auch nicht formal-logisch ist, sondern die Erkenntnismethode charakterisiert, mit deren Hilfe man den Inhalt des Satzes als einen Wissensinhalt gewinnt. Wenn man von der Annahme ausgeht, dass die Arithmetik auf die Logik zurückführbar ist, dann ist uns in der ersten Prämisse des paradoxen Schlusses eine analytische Notwendigkeit gegeben, und der Satz ist wahr. Der Schlusssatz ist aber falsch, was nach Quine dadurch zu erklären ist, dass der Satz „Die Anzahl der Planeten ist kleiner als 10“ nicht analytisch ist. Dieser Satz ist wahr, aber die Aussage dieses Satzes ist eine astronomische Wahrheit, die jeder Zeit durch eine neue Entdeckung widerlegt werden kann. Solche Wahrheiten, die man „empirisch“ erwirbt oder „a posteriori“ kennt, hält Quine also nicht für analytisch und somit nicht für notwendig. Smullyan weist darauf hin, dass man aus den gegebenen Prämissen auch einen korrekten Schluss ziehen kann. Dieser Schluss hat die Form: [(าx)(φx)].N(f(าx)(φx)) Von dem unkorrekten Schluss unterscheidet sich dieser Schluss dadurch, dass die Beschreibung in ihm ein primäres Vorkommen hat. Das heißt, der Gültigkeitsbereich der Beschreibung ist der ganze Satz. Wenn wir die Definition eines eine Beschreibung enthaltenden Ausdrucks berücksichtigen, lässt sich dieser Schluss in dem Satz „Es gibt eine Zahl c, so dass sie die Anzahl der Planeten ist, und es ist notwendig, dass sie kleiner als 10 ist“ ausdrücken. Formal kann man schreiben: (∃c) : φx. ≡x . x = c : N(fc) Der paradoxe Schlusssatz lässt sich dagegen als der Satz „Es ist notwendig, dass es eine Zahl c gibt, so dass sie die Anzahl der Planeten ist und kleiner

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als 10 ist“ interpretieren. Formal kann man diesen Satz folgendermaßen darstellen: N{(∃c) : φx. ≡x . x = c : fc} (oder kurz: N{[(าx)(φx)]. f(าx)(φx)}) Gemäß der Theorie der Beschreibungen müsste aber der zweite (unkorrekte) Schlusssatz aus dem ersten (korrekten) ableitbar sein, da in dem ersten Satz die Beschreibung einen größeren Gültigkeitsbereich hat. Wird durch diese Tatsache die Theorie der Beschreibungen widerlegt? Smullyan behauptet, dass dies nicht der Fall ist. Was hier seiner Meinung nach zum Ausdruck kommt, ist der Unterschied zwischen intensionalen (insbesondere modalen) und extensionalen Kontexten. Dieser Unterschied besteht in erster Linie darin, dass der Wahrheitswert eines modalen Satzes nicht nur von der Existenz des einzigen Objekts, das die propositionale Funktion, auf den Ausdruck deren Wertes der Beschreibungsoperator angewandt wird, erfüllen soll, abhängt, sondern auch von dem Gültigkeitsbereich der Beschreibung beeinflusst wird. Bei Quine ist der Gültigkeitsbereich der Beschreibung auf den Operanden des Notwendigkeitsoperators beschränkt. In diesem Fall, wenn jede Behauptung über ein durch die Beschreibung angeblich bezeichnetes Objekt als äquivalent zu einer Behauptung über die Existenz einer Konstanten betrachtet wird, wird in dem Satz (wie im Schlusssatz des Paradoxes) die Notwendigkeit einer solchen Existenz behauptet, die noch empirisch festzustellen ist. In dem korrekten Schluss wird dagegen die Existenz eines Objekts behauptet, für welches eine Aussage mit Notwendigkeit gilt. Die Ursache des Paradoxes liegt aber nach Smullyan nicht in der inneren Widerspüchlichkeit des Gebrauchs von Modalitäten. Die echte Quelle des Problems könnte der referentielle Gebrauch der Beschreibungen sein. Ein solcher Gebrauch kommt am deutlichsten in dem Satz „9 = die Anzahl der Planeten“ zum Ausdruck, der als die Behauptung gelesen werden kann, dass „9“ und „die Anzahl der Planeten“ zwei verschiedene Namen ein und desselben Objekts sind. Diese Vermutung gewinnt an Gewissheit, wenn man die Vorschläge Smullyans bezüglich einer möglichen „Rettung“ des fraglichen Prinzips der Theorie der Beschreibungen betrachtet. Diese Vorschläge sollen zeigen, wie man die Prämissen verstärken muss, um den ohne diese Verstärkung unkorrekten Schluss zu bekommen, so dass er dabei korrekt ist. Smullyan erwähnt drei

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solche Möglichkeiten. Die erste besteht darin, dass man die zweite Prämisse verstärkt, und zwar indem man ihre Notwendigkeit behauptet (N(y = (าx)(φx)). Das könnte bedeuten, dass die Aussage der zweiten Prämisse der Forderung Quines entsprechend auch analytisch sein müsste oder dass die Eigenschaft, die Anzahl der Planeten zu sein, eine wesentliche (definierende) Eigenschaft der Zahl 9 sein müsste. Die zweite Möglichkeit besteht nun darin, dass man beide Prämissen ändert. Die erste Prämisse muss die Gestalt (x).N(fx) haben, was bedeutet, dass die Aussage darüber, dass die Eigenschaft f einem x mit Notwendigkeit zukommt, für ein beliebiges Objekt x wahr ist. Die zweite Prämisse bekommt die Form N(E!(าx)(φx)), was bedeutet, dass es notwendigerweise nur ein solches Objekt gibt. Die zweite Prämisse (und das macht die dritte Möglichkeit aus) kann auch die Behauptung sein, dass es genau ein solches Objekt gibt, das die Eigenschaft hat, die Anzahl der Planeten zu sein. Was allen diesen verstärkten Prämissen gemeinsam ist, ist, dass die Beschreibung in ihnen keinen referentiellen Gebrauch mehr hat. In dem letzten Fall wird die Existenz eines einzigen x behauptet, für das die Behauptung φx wahr ist, und im zweiten Fall die Notwendigkeit dieser Existenz. Im ersten Fall hat die Beschreibung auch keinen referentiellen Gebrauch mehr, weil man das, was hier behauptet wird, laut der Theorie der Beschreibungen auch in der Form „N{(∃c) : φ x. ≡x . x = c : y = c}“ schreiben kann, was bedeutet, dass es notwendig ist, dass es ein solches Objekt c gibt, für das gilt: c ist die Anzahl der Planeten und c ist mit y identisch. Die Gültigkeit der von Smullyan konstruierten modale Operatoren enthaltenden Schlussfiguren wird also dadurch gewährleistet, dass entweder der Gültigkeitsbereich der Beschreibung im Schlusssatz geändert (und zwar vergrößert) wird, wodurch der Notwendigkeitsoperator in den Wirkungsbereich des Existenzquantors gerät, oder der Gültigkeitsbereich der Beschreibung in der Prämisse verkleinert wird, oder eine (nämlich die erste) Prämisse verallgemeinert wird. Indem Quine durch seine Definition offenbar zwischen verschiedenen Auffassungen der Notwendigkeit unterscheidet, wird das Problem des Vorkommens einer Beschreibung in einem modalen Kontext an das sogenannte Problem der zufälligen Identitätsbehauptungen angeschlossen,

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das im Zentrum einer lebhaften Diskussion über die Semantik der möglichen Welten in den 70er-Jahren steht. Eine der Zusammenfassungen des Problems bietet Kripke („Identity and Necessity“19, 1971, „Naming and Necessity“20, 1972). Das Ersetzbarkeitsprinzip, nach dem man die Zeichen, welche die gleiche Bedeutung haben, vertauschen kann, lässt sich in der Form (x)(y){(x = y) ⊃ (fx ⊃ fy)} schreiben. Man kann diesen Ausdruck lesen als: „für beliebige Werte von x und y gilt: die Identität von x und y impliziert, dass, wenn x eine Funktion f erfüllt, dann wird f auch von y erfüllt“ oder, wie Kripke selbst die Formel interpretiert, „für beliebige Objekte x und y, impliziert die Identität von x und y Folgendes: Wenn x eine bestimmte Eigenschaft f hat, dann besitzt auch y diese Eigenschaft“. Wenn man nun annimmt, dass jedes Objekt mit sich selbst notwendig identisch ist, d.h. (x)N(x = x), kann man aus dem Ersetzbarkeitsprinzip den Schluss (x)(y){(x = y) ⊃ N(x = y)} ziehen, was bedeutet, dass jede Identitätsbehauptung notwendig ist oder dass zufällige Identitätsbehauptungen unmöglich sind. Für gewöhnlich geht man aber davon aus, dass es solche Behauptungen gibt. Daraus ergibt sich ein Paradox, das Kripke eigentlich für gar keins hält. Für ihn ergibt sich der fragliche Schluss, sobald man die Gültigkeit der Behauptung (x)N(x = x) anerkennt. Nach Kripkes Meinung lässt sich das Problem aber durch Russells Theorie der Beschreibungen erklären und beseitigen, nämlich durch die Unterscheidung der Gültigkeitsbereiche einer Beschreibung21. Wenn eine Beschreibung ein primäres Vorkommen in einem Satz hat, kann man nach dem Satz ∗14.18 aus der Behauptung über die Existenz des einzigen x, für das der Satz φx (ein Wert einer bestimmten propositionalen Funktion) wahr ist, (aus der Behauptung E!(าx)(φx) also) und aus der Behauptung, dass eine Eigenschaft ψ jedem beliebigen x zukommt, (der Behauptung (x)(ψx)) darauf schließen, dass ψ(าx)(φx) gilt, oder mit anderen Worten, dass die Eigenschaft ψ auch dem x zukommt, für das die Behauptung φx wahr ist. Nehmen wir als ein konkretes Beispiel zwei Beschreibungen von Aristoteles: „der Philosoph, der in Stagira geboren wurde“ und „der Lehrer Alexanders des Großen“. Man kann für x und y in

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der angeblich paradoxen Behauptung zwei Beschreibungen substituieren, die wir als (าx)(Gx) und (าx)(Hx) bezeichnen. Dadurch bekommen wir, wenn wir noch den Gültigkeitsbereich der Beschreibungen angeben, an Stelle des problematischen Schlusssatzes den Ausdruck: [(าx)(Gx)] :. [(าx)(Hx)] : (าx)(Gx) = (าx)(Hx) . ⊃ . N((าx)(Gx) = (าx)(Hx)) Diesen kann man auch schreiben als (∃b) :: Gx . ≡x . x = b :: (∃c) :. Hx . ≡x . x = c :. b = c . ⊃ . N(b = c) Hier wird behauptet, dass, wenn es ein einziges Objekt b gibt, das eine durch „G“ bezeichnete Eigenschaft hat, der Philosoph zu sein, der in Stagira geboren wurde, und wenn es ein einziges Objekt c gibt, dessen Eigenschaft (die durch „H“ bezeichnet wird) der Lehrer Alexanders des Großen zu sein ist, und dieses b und dieses c identisch sind, dann ist ihre Identität notwendig. Das x, für das die Behauptung Gx sowie Hx wahr sind, ist ein und dasselbe Objekt, die Beschreibungen (าx)(Gx) und (าx)(Hx) bezeichnen beide Aristoteles, und, dass Aristoteles mit sich selbst identisch ist, kann man als eine notwendige Behauptung betrachten. Diese Argumentation basiert auf mehreren Thesen, die ich aufdecken möchte. Einige dieser Thesen formuliert Kripke explizit. Zu diesen gehört erstens die Idee, dass der Inhalt einer Identitätsbehauptung, die man mit Hilfe von Beschreibungen formuliert, mehr als nur die Aussage über die Identität eines Objekts mit sich selbst ist22. Das ist die Behauptung darüber, dass eine Person, die in unserem Beispiel der in Stagira geborene Philosoph ist, die Person ist, die auch als Lehrer Alexanders des Großen tätig war. Obwohl eine Beschreibung normalerweise dazu benutzt wird, um die Referenz des Namens des Objekts zu fixieren, und die beiden Beschreibungen somit die Referenz des gleichen Namens „Aristoteles“ festlegen könnten, hat die Feststellung der Identität in Form der Behauptung, deren Ausdruck die Beschreibungen enthält, erstens einen anderen Erkenntniswert (wie man, der Theorie Freges folgend, sagen könnte) als die Feststellung der Identität von Aristoteles mit sich selbst, und zweitens einen anderen „Ursprung“, weil die erste Feststellung empirisch erworben wird, während die zweite das Resultat einer logischen Ableitung aus einer logischen Wahrheit ist, nämlich das Resultat der Anwendung der Operation der Substitution.

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Die zweite Voraussetzung, von der Kripke ausgeht, ist seine Auffassung der Notwendigkeit23. Seiner Meinung nach wird der Begriff der Notwendigkeit oft als gleichbedeutend mit dem Begriff a priori gebraucht. Kripke schlägt vor, den Begriff des Apriorischen als einen erkenntnistheoretischen Begriff zu betrachten, der die Methode des Erlangens einer Wahrheit betrifft. Den Begriff der Notwendigkeit definiert Kripke als einen metaphysischen Begriff. Damit meint er Folgendes. Die erste Frage, die man in bezug auf eine Behauptung (auf einen Satz) stellt, ist die Frage, ob diese Behauptung wahr ist oder nicht. Ist nun die Behauptung wahr, kann man sich fragen, ob sie vielleicht auch falsch sein könnte. Mit anderen Worten, fragt man sich, ob es sich anders verhalten könnte, als es in dem Satz beschrieben ist. Wäre dies möglich, dann ist das offensichtlich keine notwendige, sondern eine zufällige Wahrheit. Wenn aber sich die Welt in der fraglichen Beziehung nicht von dem unterscheiden kann, was im Satz behauptet wird, dann ist die gegebene Behauptung über die Welt notwendig. Wenn man diese Forderung mit Hilfe der Terminologie der Semantik der möglichen Welten formuliert, kann man eine Behauptung als notwendig definieren, wenn sie in jeder möglichen Welt wahr ist. Das hat nichts damit zu tun, wie man etwas erkennt. Unter den Gründen, die man haben kann, um die Notwendigkeit und die Apriorität gleichzusetzen, erwähnt Kripke mehrere, z.B. die Idee, dass etwas, was von einer zufälligen Eigenschaft der Welt abhängt, kaum bekannt sein kann, wenn man sich dieses etwas nicht ansieht, und es damit schließlich a posteriori kennt. Kripkes Meinung nach ist Quine einer derjenigen, der solche Charakteristika der Wahrheit wie Notwendigkeit und Apriorität nicht unterscheidet, was insbesondere impliziert, dass er die Sätze der Gestalt „Abendstern ist Morgenstern“ für zufällige (nicht notwendige) Sätze hält. Die Begriffe der Notwendigkeit und Apriorität könnte man aber nach Kripke in einem dritten Begriff in einen Zusammenhang bringen, nämlich in dem Begriff einer analytischen Wahrheit. Eine Behauptung hält Kripke für analytisch, wenn diese Behauptung nur aufgrund ihrer Bedeutung („meaning“) wahr ist und nur aufgrund ihrer Bedeutung wahr in jeder möglichen Welt ist. Etwas, was analytisch wahr ist, muss also notwendig und a priori sein. Die Notwendigkeit und Apriorität sind aber für Kripke keine Begriffe, welche

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die gleiche Extension haben. Für Quine, wie wir schon gesehen haben, ist das notwendig, was analytisch und a priori ist. Also könnte es an Quines Auffassung der Modalität der Notwendigkeit liegen, dass Paradoxe wie das obige formuliert werden können. Zu einem ähnlichen Schluss kommt auch Slinin24, der als Basis der Argumentation Quines zwei Prinzipien betrachtet: erstens seine Definition der Notwendigkeit sowie die Gleichsetzung des notwendigen mit dem a priori erworbenen Wissen und zweitens seine Auffassung der existentialen Quantifikation. Slinin weist darauf hin, dass zwei Folgerungen aus solchen Paradoxen wie das Paradox Quines denkbar sind. Entweder sind Sätze, in denen ein modaler Operator im Wirkungsbereich eines Quantors vorkommt, widersprüchlich und somit ist eine vernünftige semantische Interpretation von modalen Kontexten äußerst problematisch, oder man muss in den modalen Kontexten auf die Allgemeinheit der Gleichsetzung von Designatoren, welche dieselbe Extension haben, verzichten und als Werte von Individuenvariablen nicht Individuen selbst, sondern individuelle Begriffe zulassen. Bekanntlich stammt die zweite Idee von Carnap, dessen Ansichten Quine aber nicht teilt. Wie Kripkes Darstellung des Paradoxes der zufälligen Identitätsbehauptungen und seine Kommentare zu Russells Theorie der Beschreibungen zeigen, wendet er die Theorie der Beschreibungen an, um die Scheinbarkeit des Paradoxes der zufälligen Identitätsbehauptungen aufzudecken. Seine Idee beruht auf der Anwendung der Theorie, die auf Smullyan zurückzuführen ist. Der allgemeinere Schluss, den Kripke bezüglich des Gebrauchs der Beschreibungen in modalen Kontexten zieht, besteht darin, dass, wenn der Gültigkeitsbereich der Beschreibung nicht angegeben wird, dieser als der kleinste aufgefasst werden muss. Von Russells Theorie und insbesondere von dem Satz ∗14.18 ausgehend, behandelt Kripke jede Beschreibung als Ausdruck, durch den man seine Referenz festlegt25. Auf diese These stützt sich seine Argumentation darüber, dass Identitätsbehauptungen in der Tat als notwendige Sätze aufgefasst werden können. Dabei möchte er die Theorie der Beschreibungen, die er als die Frege-Russellsche Theorie bezeichnet, revidieren. An dieser Theorie bestreitet Kripke erstens die Idee, dass der

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Name eines Objekts durch eine einzelne Beschreibung ersetzt werden kann. Seiner Meinung nach ist die Theorie, die einen Namen immer mit einer ganzen Familie von Beschreibungen verbindet, von denen sich keine als im Vergleich zu den anderen wesentliche definieren lässt, plausibler im Vergleich zu der Frege-Russellschen Theorie26. Der Grund für diese Aussage liegt wahrscheinlich darin, dass Kripke keine Modalitäten de re anerkennt. Das bedeutet, dass keine Eigenschaft eines Objekts als notwendig (sprich wesentlich) beschrieben werden kann. Notwendigkeit, behauptet er, kann nur einem Satz oder einer Aussage zukommen27. Die zweite Idee, die Kripke leugnet, besteht darin, dass der Sinn eines Zeichens (insbesondere eines Namens) durch eine Beschreibung gegeben ist. Diese Idee assoziiert er mit Freges Definition des Sinnes eines Designators. Laut Kripke ist die Fregesche Definition nicht eindeutig, weil Frege den Sinn einerseits als eine Art der Definition des Referenten des Designators und andererseits als Bedeutung („meaning“) des Designators, welche die Synonymie des Designators und der Beschreibung gewährleistet, auffasst28. Kripke behauptet, dass eine Beschreibung immer referentiell (wie Quine sagt), mit anderen Worten als Designator (wie Kripke selbst schreibt), gebraucht wird. Diese Auffassung der Beschreibung wird Kripke offenbar von dem Konzept der möglichen Welten aufgezwungen, welches der semantischen Theorie von Modalitäten die Bestimmung von festen Designatoren vorausschickt, die in allen möglichen Welten dasselbe Objekt bezeichnen. Denkbar ist auch, dass dieses Konzept durch die Annahme der kontrafaktischen („contrafactual“) Situationen die Gebundenheit der semantischen Theorie an einen bestimmten Diskussionsbereich, in bezug auf welchen Sätze interpretiert werden, „lockert“. Wie wir schon wissen, beruht die Theorie der Beschreibungen auf der Idee, dass man eine Beschreibung nicht (oder zumindest nicht immer) als einen referentiell gebrauchten Ausdruck betrachten darf. Sätze aber, in denen die Beschreibungen vorkommen, haben eine Bedeutung („meaning“) und einen Wahrheitswert. Allerdings verlangt die Feststellung dieses Wahrheitswertes, dass man sich die Frage nach der Existenz eines einzelnen Objekts stellt, das eine Reihe von Eigenschaften hat oder das eine bestimmte propositionale Funktion erfüllt. Wie diese Frage beantwortet wird, hängt jedes Mal davon ab, welche Gestalt die Funktion hat, welche Eigenschaften die in ihr vorkommenden anderen

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propositionalen Funktionen haben, und auch davon, was als Diskussionsbereich angenommen wird, in bezug auf welchen Sätze wahr sein können. Von der Theorie der Beschreibungen wird also diese Frage für eine konkrete Funktion nicht beantwortet. Die Theorie erlaubt den referentiellen Gebrauch einer Beschreibung, aber nur unter der Bedingung, dass entweder ein Existentialsatz, dessen Operand das Objekt, dessen Name unter dem Existenzquantor steht, beschreibt, oder ein Satz, der diesem Objekt eine Eigenschaft mehrerer Objekte aus dem Diskussionsbereich zuspricht, wahr ist. Inwiefern also die Behauptung über den referentiellen Charakter der Beschreibungen Russells Theorie der Beschreibungen entspricht, ist fraglich. Es scheint, als ob Kripke für die Lösung mancher Probleme (z.B. des Paradoxes der zufälligen Identitätsbehauptungen) auf die Hauptprinzipien der Theorie Russells zurückgreifen würde, ohne dabei die Ganzheit der Theorie in Frage zu stellen, und somit die Theorie als eine sichere Methode der logischen Analyse benutzen würde. Für die Formulierung seiner semantischen Ansichten ist er aber nur bereit, einige Folgerungen aus der Theorie zu akzeptieren, wie z.B. Russells Theorie der Eigennamen, die einen Namen als eine versteckte Beschreibung auffasst. Diese Diskussion zeigt weitere Möglichkeiten der Anwendung der Theorie der Beschreibungen. Im nächsten Kapitel will ich untersuchen, welche Auswirkungen die Theorie der Beschreibungen auch für die Entwicklung der intensionalen Logik und für die Formulierung ihrer Grundbegriffe hat. In diesem Zusammenhang kann man auch sehen, wie diese Theorie die Entwicklung des Begriffs der logischen Form und des logischen Objekts beeinflusst.

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4.3. Quine über ontologische Annahmen In seinen Arbeiten gab Quine nicht nur Anlass für die Anwendung von Russells Theorie der Beschreibungen auf einem neuen Gebiet, nämlich dem Gebiet der modallogischen Untersuchungen, sondern war selbst derjenige, der die Anwendung der Theorie erweiterte. Diese Erweiterung betrifft die Probleme, welche zu der Formulierung der Theorie führten, nicht direkt, folgt aber aus den Lösungen, welche die Theorie bietet. Quine vertritt die Idee, die Theorie der Beschreibungen für die Analyse der Theorien anzuwenden, welche als formalisierte Sprachen (Systeme) konstruiert werden können. Eine der Besonderheiten der Formulierung einer Theorie als einer Sprache besteht darin, dass man die von der Theorie zu untersuchenden Objekte sowie ihre Eigenschaften durch Zeichen dieser Sprache darstellt. Die Zeichen der Sprache werden aber durch die Formulierung der konstruktiven sowie der anderen Regeln des formalisierten Systems, welche die Operationen auf den primitiven Symbolen (den Elementen des Alphabets der Sprache) und den aus ihnen konstruierten Zeichen definieren, selbst zu Objekten, die untersucht werden29. Dass die Zeichen somit als selbständige Gegenstände der formalisierten Theorie auftreten und dadurch bei der Darlegung der Theorie von ihrer stellvertretenden Rolle abgesehen wird, scheint harmlos zu sein, weil jede formalisierte Theorie auch eine gewisse semantische Interpretation vorsieht, die schließlich die syntaktischen Beziehungen der Sprachzeichen begründet. Eine solche Interpretation zeigt aber nicht immer die philosophischen Ansichten, die ihr zugrunde liegen. Die Bestimmung solcher Ansichten kann aber extrem wichtig sein, wie es die Problematik der Grundlagenforschung in der Mathematik im 20. Jahrhundert und die damit verbundene Polemik zwischen Repräsentanten verschiedener Richtungen dieser Forschung zeigt. Sehr oft wird in dem „Gefecht“, das sie untereinander austragen, als eines der kräftigsten Argumente die Verweisung des Gegners in ein philosophisches „Lager“ benutzt. Quines Ansichten werden mit Sicherheit von dieser Problematik geprägt. Der Bedarf am „Abstecken“ und an der Definition einer bestimmten philosophischen Position ist aber nicht die einzige Ursache für die Anwendung der Theorie der Beschreibungen auf die Analyse der

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sogenannten ontologischen Annahmen einer Theorie. Noch ein Grund dafür liegt in der Anerkenntnis der Möglichkeit, die mathematische Logik und die auf ihren Errungenschaften basierende Entwicklung von formalisierten Sprachen (die oft auch als logistische Systeme bezeichnet werden) für die Analyse der traditionellen philosophischen Probleme zu nutzen. Der Problematik und den Besonderheiten solcher Anwendungen ist insbesondere das Buch Küngs Ontology and the Logistic Analysis of Language (1967) gewidmet, in dem diese von vielen Forschern vertretene Tendenz ausführlich erörtert und begründet wird und in dem der Autor insbesondere darauf hinweist, dass eines der typischen und weitverbreiteten Vorurteile darin besteht, dass die logistische Auffassung von philosophischen Problemen einen nominalistischen Gesichtspunkt voraussetzt30. Das Phänomen einer solchen Anwendung von logischen Theorien könnte man vielleicht auch von den folgenden Überlegungen ausgehend charakterisieren. Im Zusammenhang mit der Analyse der Methodologie und der Geschichte der exakten Wissenschaften unterstreicht z.B. Mainzer, dass seit der Antike zwei methodische Aspekte wissenschaftlicher Forschung ihre Gültigkeit haben – das heuristische Verfahren einerseits, das dem Finden einer neuen Hypothese oder Aufgabe und deren Lösung dient, und das Verfahren der Begründung der Hypothese durch einen exakten logischen Beweis andererseits31. Möglicherweise liefert das von der mathematischen Logik entwickelte Instrumentarium auch für die Philosophie einerseits ein Mittel der Gestaltung des heuristischen Verfahrens, das sich insbesondere in neuen Formulierungen der traditionellen philosophischen Probleme realisiert, und andererseits neue Beweis- und Begründungsmethoden für die solche Probleme betreffenden Hypothesen. Die Idee Quines, die Theorie der Beschreibungen auf die Analyse der ontologischen Annahmen einer Theorie anzuwenden, kommt besonders deutlich in dem Buch Mathematical Logic (1940)32 und in dem späteren Aufsatz „Variables Explained Away“ (1960)33 zum Ausdruck. Quines eigene Theorie, die er in Mathematical Logic darlegt, lässt als abstrakte Objekte nur Klassen zu. Die Einführung von Klassen ist bei Quine aber mit keiner besonderen Annahme ihrer Existenz verbunden34.

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Jede Aussage über eine Klasse ist immer durch synkategorematische Symbole darstellbar. Diese Ansicht liegt der Definition der syntaktischen Kategorie von Namen zugrunde, die Quine für die Konstruktion seines Systems benutzt. Quine bemerkt, dass, wenn man das „Lexikon“ („vocabulary“) einer formalisierten Theorie zusammenstellt, man am liebsten unabhängig von Zusammenhängen von Tatsachen, die keine Anwendung von systematischen Entscheidungsmethoden erlauben, sein möchte35. Ist diese Bedingung nicht erfüllt, dann muss man sich, bevor man die Theorie formuliert, mit der Frage beschäftigen, welche theoretischen Ausdrücke sinnvoll („meaningful“) sind. Dabei kann man einen Sprachausdruck als sinnvoll definieren, wenn er dazu geeignet ist, in wahren oder falschen Behauptungen vorzukommen. Also muss man möglicherweise auf Tatsachen und nicht nur logische Vereinbarungen und Vorschriften zurückgreifen, um die besagte Frage zu beantworten. Probleme treten insbesondere dann auf, wenn man mit solchen terminologisch widersprüchlichen Sätzen wie „Pegasus existiert nicht“ konfrontiert wird. Was in derartigen Sätzen behauptet wird, ist, dass etwas nicht existiert. Dabei impliziert selbst der Gebrauch des Wortes „etwas“, das man für die Beschreibung des Satzinhalts benutzt, doch eine Existenz und somit die Existenz von etwas, was es nicht gibt36. Um eine derartige Widersprüchlichkeit zu vermeiden, braucht man eine spezielle Theorie. Als eine solche erweist sich Russells Theorie der Beschreibungen. Sie bietet die Möglichkeit, das Lexikon der formalisierten Theorie und insbesondere alle in der Theorie erforderlichen Namen anzugeben, ohne dass man dafür irgendwelche nichtlogische („extralogical“) Fakten heranziehen muss. Um die Anwendung der Theorie der Beschreibungen zu ermöglichen, werden zunächst die primitiven Symbole der Sprache neu definiert. Anstatt einen Eigennamen wie z.B. „Europa“ als ein primitives Symbol des Systems einzuführen, betrachtet man als ein primitives Symbol eine Aussageform („matrix“ in der Terminologie Quines37). Ein Beispiel einer solchen Aussageform ist die Form „y ist Europa“. Das Verfahren, das nun der Realisierung der Idee der Formulierung des Lexikons unabhängig von Fakten dient, heißt Abstraktion („abstraction“). Unter Abstraktion versteht man die Bildung eines Klassennamens, d.h. eines Ausdrucks der Form „die Klasse aller Elemente y, so dass ... (mit der Eigenschaft ...)“.

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Formal bezeichnet man einen Klassennamen durch „ŷ“38. Jeder Eigenname lässt sich nun in der Form eines Klassennamens („abstract“) oder einer Beschreibung (einer besonderen Art von Klassennamen) rekonstruieren. Von einer mit Hilfe eines Eigennamens gebildeten Aussageform (wie „y ist Europa“) ausgehend, führt man eine Prädikatenkonstante ein, die zusammen mit einer Variablen die Aussageform, die als Element der formalisierten Sprache fungiert, bildet. Für die Aussageform „y ist Europa“ steht z.B. der Ausdruck „eur y“39. Solche Prädikatenkonstanten wie die, welche in diesem Ausdruck auftritt (das ist hier „eur“), sind selbst keine Namen. Sie sind synkategorematische (fragmentäre, uneigentliche) Zeichen wie z.B. „=“ oder „(“, die in einem Kontext nur im Zusammenhang mit anderen Symbolen gebraucht werden können. Die gewöhnlichen Eigennamen lassen sich dann als Abkürzungen solcher Klassennamen auffassen, wobei die definierende Eigenschaft der Elemente der jeweiligen Klasse durch eine Aussageform gegeben ist. Der Name „Europa“ könnte z.B. als Abkürzung für den Ausdruck „(าy)eur y“ definiert werden. Wenn man die Eigennamen auf die besagte Weise rekonstruiert, kann man die beschriebene Widersprüchlichkeit der Sätze über Nicht-Existierendes aufheben. Die Frage, die man in bezug auf solche Sätze zu beantworten hat, ist die Frage nach dem Wahrheitswert des Satzes, der jetzt mit Hilfe von passenden Aussageformen umgestaltet wird. Die Frage, die man sich nun stellt, ist nicht die Frage, ob ein solcher Name wie „Pegasus“ zulässig ist oder nicht. Die zu stellende Frage betrifft den Wahrheitswert des Satzes. Man sollte aber berücksichtigen, dass nach Quine einer Beschreibung selbst dann ein Referent zugeordnet wird, wenn der Satz über die Existenz des beschriebenen Objekts falsch ist. Der Referent der Beschreibung ist in diesem Fall die leere Klasse Λ, die als Klasse aller Objekte definiert wird, die nicht identisch mit sich selbst sind40. Wenn also z.B. die Behauptung über die Existenz Gottes, die man in der Form (∃y)(x)(x = y. ≡ god x) schreiben kann, wahr wäre, dann wäre das Objekt, das durch die Bezeichnung „(าx)(god x)“ gegeben ist, das Objekt, dessen Existenz man behauptet. Wenn diese Behauptung falsch ist, gilt: (าx)(god x) = Λ.

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1960 diskutierte Quine die Möglichkeit, eine formalisierte Sprache ohne singuläre Termini zu konstruieren. Die Theorie der Beschreibungen erlaubt, Eigennamen und Wortgruppen, deren Gebrauch zu der Annahme der Existenz des entsprechenden singulären Referenten führt, zugunsten der Ausdrücke zu eliminieren, die außer Prädikatennamen auch Variablen enthalten41. Manchmal aber dienen Variablen selbst als Mittel der Referenz. Das ist dann der Fall, wenn in einem Ausdruck quantifizierte Variablen vorkommen. Die semantische Eigenschaft eines Zeichens, einen Referenten zu haben oder mit anderen Worten ein Name zu sein, definiert Quine durch die Gültigkeit einer logischen Operation – der Operation der existentialen Verallgemeinerung („existential generalization“), die in der Bindung einer in einer Aussageform vorkommenden Variablen durch den Existenzquantor besteht. Nehmen wir als Beispiel eines Namens den Namen „Pegasus“. Wenn der Satz, der etwas über Pegasus aussagt, wahr ist, z.B. der Satz „Pegasus ist ein geflügeltes Pferd“, dann hat der Name einen Referenten, wenn die Behauptung, die man durch das Ersetzen des Namens durch eine Variable und die darauf folgende Bindung dieser Variablen durch den Existenzquantor bekommt, auch wahr ist. Die Behauptung, die man aus dem in unserem Beispiel gegebenen Satz gewinnt, könnte in diesem Fall die Gestalt „(∃x)(x ist ein geflügeltes Pferd)“ haben. Wäre die Behauptung wahr, dann hätte der Name „Pegasus“ einen Referenten. Wenn die Behauptung falsch ist, dann hat der fragliche Name keinen Referenten42. Nun fragt es sich, ob man auch Variablen eliminieren kann, um eine formalisierte Sprache von jeglichen ontologischen Annahmen, welche die Quantifizierung von Variablen nach sich zieht, zu befreien. Die Antwort, die Quine auf diese Frage gibt, ist ja. Durch Einführung spezieller Operatoren der Derelativierung („derelativization“), der Inversion („inversion“), der Reflexion („reflection“), der Negation und der Kartesischen Multiplikation kann man ein beliebiges n-stelliges Prädikat in ein 0-stelliges Prädikat umwandeln und dabei alle spezifischen Eigenschaften des gegebenen Prädikats (wie z.B. Reflexivität oder Symmetrie und Nicht-Symmetrie) bewahren43. Also lassen sich Variablen auch eliminieren. Quine weist darauf hin, dass er der Frage nach der Eliminierung von Variablen keine praktische Bedeutung beimisst und die Frage deswegen rein theoretisch wäre.

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Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass 1959 ein Aufsatz Hintikkas erschien44, in dem er die Abhängigkeit der sogenannten These Quines, laut der zu sein ein Wert der gebundenen Variablen zu sein ist, von Russells Theorie der Beschreibungen untersucht. Hintikka ist davon überzeugt, dass die These Quines von der Theorie der Beschreibungen unabhängig ist, weil sie selbst in solchen Bereichen wirkt, in welchen die Theorie Russells versagt. Die These Quines hat nicht die Eliminierung der singulären Termini, die keine Variablen sind, als ihre Voraussetzung45. Bei seiner Argumentation bezieht sich Hintikka auf Quines früheren Aufsatz „Designation and Existence“ (1939), in dem er den Ausgangspunkt für die Formulierung von Quines These und die Charakterisierung ihres Wesens findet46. Die Idee, die der These zugrunde liegt, lässt sich folgendermaßen formulieren. Die Existenz eines Objekts, das als Referent eines singulären Terminus auftreten kann, ist eine notwendige und hinreichende Bedingung der Gültigkeit der Regel der existentialen Verallgemeinerung. Hintikka sieht zwei Möglichkeiten, die Probleme der logischen Theorie aufzuheben, welche auf den Gebrauch von leeren Namen verzichtet. Eine dieser Möglichkeiten ist traditionell und setzt den Gebrauch einer Theorie wie der Theorie der Beschreibungen voraus, welche die problematischen Namen eliminiert, so dass man auf die derartige Namen enthaltenden Sätze die Regel der existentialen Verallgemeinerung anwenden kann. Die andere Möglichkeit, die Hintikka bevorzugt, besteht in der Änderung der Regeln, auf denen die Theorie der Quantifizierung beruht47. Bei dieser Lösung bleibt die These Quines erhalten, aber auf die Anwendung der Theorie der Beschreibungen wird verzichtet, was nach Hintikkas Meinung die Unabhängigkeit der These von der Theorie beweist. Die These Quines formuliert Hintikka dabei neu in der Form (∃x)(x = a), wobei „a“ ein Zeichen für eine freie Variable ist. Diese Formel zieht laut Hintikka die Grenze zwischen dem, was es gibt, und dem, was es nicht gibt, da man sie als die Behauptung „a ist der Wert einer gebundenen Variablen“ lesen kann, die Hintikka als eine alternative Formulierung der Behauptung „a existiert“ auffasst48. Genauer gesagt, bedeutet die angegebene Formel, dass das Individuum, das ein Referent von „a“ ist, mit einem der Werte der gebundenen Variablen x zusammenfällt. Diese Formel will Hintikka benutzen, um ein logisches System zu konstruieren, in dem die Anwendung der Regel der existentialen Verallgemeinerung, die man in der

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Form f(a|x) → (∃x)f schreiben kann (hier ist „→“ gleichbedeutend mit dem Zeichen „↔“, das für eine binäre metalogische Relation der Äquivalenz steht, die transitiv ist und die das gegenseitige Ersetzen der links und rechts von dem Zeichen stehenden Ausdrücke unabhängig von dem Kontext ihres Vorkommens ermöglicht, und „f“ steht für eine beliebige Formel), nicht von der Existenz des Referenten von „a“ abhängt. Hintikka zeigt, dass man unter der Annahme, dass (∃x)(x = a) gilt, ohne Anwendung der Regel der existentialen Verallgemeinerung den von dieser Regel implizierten Schluss bekommen kann, denn es gilt: (∃x)(x = a) ⋅ f(a|x) → (∃x)f Aus der Allgemeingültigkeit dieser Formel folgt, dass man bei der Formulierung eines logischen Systems ohne Einführung der fraglichen Regel auskommen kann, denn es ist möglich, eine solche Verallgemeinerung vorzunehmen, ohne sich dabei die Frage nach dem Vorhandensein des Referenten des Ausdrucks „a“ stellen zu müssen. Es reicht, (∃x)(x = a) als Hypothese einzuführen. Hintikka ist davon überzeugt, dass man dadurch eine Logik ohne jegliche existentialen Voraussetzungen konstruieren kann49. Wenn man diese Idee analysiert, kann man annehmen, dass der Vorschlag Quines, nach der mit Hilfe der Theorie der Beschreibungen realisierbaren Eliminierung von Namen zugunsten von gebundenen Variablen, die als ein „echtes“ Mittel der Referenz die Namen sowie die Beschreibungen selbst ersetzen, nun auch die Variablen zugunsten von uneigentlichen Symbolen, die per Definition keine Referenz voraussetzen, zu eliminieren, auch ein Versuch ist, ein logisches System ohne ontologische Annahmen zu entwerfen.

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4.4. Die logische Analyse der natürlichen Sprache Der dritte hier zu erwähnende Bereich, auf dem die Theorie der Beschreibungen durch ihre Anwendung Anerkennung findet und weiter entwickelt wird, ist das Gebiet der logischen Analyse der natürlichen Sprache. Da die natürliche Sprache im Unterschied zu formalisierten Sprachen in erster Linie den Zweck der Kommunikation zwischen den Trägern der Sprache erfüllt, kann bei ihrer semantischen Interpretation vom pragmatischen Aspekt des Zeichengebrauchs nicht abgesehen werden50. Also besteht eine der Ideen, die der Analyse der natürlichen Sprache zugrunde liegt, darin, dass die Semantik der natürlichen Sprache durch ihre Pragmatik bestimmt wird. Diese Idee ist ausschlaggebend für den Gebrauch der Theorie der Beschreibungen sowie für die „Korrekturen“, mit denen einige Begriffe der Theorie versehen werden. In der Auffassung der Beschreibungen, deren Begriff für die Analyse der natürlichen Sprache benutzt wird, lassen sich insgesamt zwei Richtungen unterscheiden. Einerseits kann man eine Beschreibung als einen Ausdruck betrachten, der einen Referenten hat. Andererseits können Beschreibungen als Operatoren (ähnlich den Quantoren) aufgefasst werden. Repräsentanten beider Richtungen unterscheiden zwischen einem referentiellen und einem prädikativen Gebrauch einer Beschreibung, und der Streit zwischen den beiden Richtungen wird nach dem Eingeständnis eines der Autoren, die darüber schreiben, nämlich Ostertags, hauptsächlich wegen des referentiellen Gebrauchs einer Beschreibung geführt51. 4.4.1. Strawson über Referenz Den Anfang der Anwendung der Theorie der Beschreibungen auf die Analyse der natürlichen Sprache kann man auf 1950 datieren. In diesem Jahr erscheint Strawsons Aufsatz „On Referring“, in dem Russells Theorie der Beschreibungen kritisiert wird. Seiner Diskussion über Referenz legt Strawson die Forderung Freges zugrunde, zwischen dem Gebrauchen und dem Erwähnen eines Zeichens

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zu unterscheiden. Strawson erweitert diese Klassifikation, so dass erstens ein Ausdruck (insbesondere ein Satz), zweitens der Gebrauch des Ausdrucks (des Satzes) und drittens ein einzelnes Vorkommen (eine Reproduktion, z.B. das Aussprechen) des Ausdrucks (des Satzes) zu unterscheiden sind. Als Grund für diese Unterscheidungen dienen folgende Gegebenheiten. Den Unterschied zwischen dem Satz und seinem Gebrauch kann man auf die Möglichkeit zurückführen, ein und dasselbe Zeichen in verschiedenen Kontexten zu gebrauchen. Man kann z.B. ein und denselben Satz („Der gegenwärtige König von Frankreich ist kahlköpfig“) unter verschiedenen geschichtlichen Bedingungen aussprechen. Dass dieser Satz im 20. und im 17. Jahrhundert unterschiedlich gebraucht wird, rechtfertigt die Unterscheidung zwischen diesem Satz und seinem Gebrauch. Zwischen dem Gebrauch eines Ausdrucks und seinem einzelnen Vorkommen unterscheidet man, weil verschiedene Vorkommen ein und desselben Ausdrucks ein und denselben Gebrauch haben (in ein und demselben Kontext gebraucht werden) können52. Das ist z.B. dann der Fall, wenn zwei Logiker im 20. Jahrhundert im Laufe einer Diskussion über die Theorie der Beschreibungen den gegebenen Satz aussprechen. Wenn Strawson sich dem Problem der Referenz zuwendet, behauptet er, dass eine Referenz zu haben kein Charakteristikum des Sprachzeichens selbst ist. Diese Eigenschaft charakterisiert den Gebrauch eines Sprachausdrucks53. Die Eigenschaft, wahr oder falsch zu sein, charakterisiert dementsprechend den Gebrauch des Satzes und nicht den Satz selbst. Die Referenz unterscheidet sich nach Strawson von dem Sinn eines Ausdrucks, was auch für einen Satz gilt. Der Sinn eines Ausdrucks und somit auch eines Satzes wird durch allgemeine Anweisungen („conventions“) definiert, nach denen sich der Gebrauch des Ausdrucks (auch des Satzes) richten soll, so dass der Ausdruck ein Objekt bezeichnen kann. Der Satz bezeichnet aber nicht. Er wird gebraucht, um etwas Wahres oder Falsches auszusagen (eine wahre oder falsche Behauptung zu machen). Als Fehler der Russellschen Theorie der Beschreibungen sieht Strawson an, dass Russell die semantischen Ebenen des Sinnes und der Referenz verschmilzt und Sinn oder Signifikanz („significance“) eines Ausdrucks (Satzes) mit dem Vorhandensein seiner Referenz identifiziert54. Nach Strawson hat der Satz über den König von Frankreich einen Sinn,

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woraus man allerdings nicht schließen kann, dass jeder Gebrauch des Satzes wahr oder falsch und deswegen kein Pseudogebrauch („spurious use“) ist. Mit einem Pseudogebrauch hat man z.B. dann zu tun, wenn der Sprechende einen der in dem Satz vorkommenden Eigennamen auf keine reale Person bezieht. Man erkennt in dieser Darstellung unschwer die Anwendung der Fregeschen Ideen, denen dabei ein, wenn man so sagen darf, zusätzliches (nämlich das umgekehrte) „Vorzeichen“ „verpasst“ wird. Während Frege die Forderung aufstellt, keine Sätze, die leere Namen enthalten, in einer Wissenschaftssprache zu gebrauchen, weil diesen Sätzen kein Wahrheitswert zugeordnet werden kann, wobei er den Gebrauch solcher Sätze, wenn es um „den Kunstgenuß“ geht, durchaus zulässt, „universalisiert“ Strawson die Fregeschen semantischen Begriffe dadurch, dass er diese in pragmatische Begriffe verwandelt und somit die Fregeschen Forderungen für die Regeln der Pragmatik erklärt. Aus dem Unterschied zwischen einem Ausdruck (Satz), seinem Gebrauch und seinem Vorkommen leitet Strawson einen weiteren Unterschied ab – den Unterschied, der die Sprachregeln und Konventionen bezüglich der Sprache betrifft. Zu unterscheiden sind nach Strawson insbesondere die Regeln der Referenz von den Regeln der Prädikation55. Der Unterschied besteht in der Realisierung der Bedingungen des korrekten Gebrauchs der referentiellen Ausdrücke einerseits und der prädikativen andererseits. Diese Unterscheidung ist notwendig, denn die Bedingungen des korrekten prädikativen Gebrauchs eines Ausdrucks werden durch diesen Gebrauch selbst erfüllt, da diese Bedingungen einen Teil des Behaupteten bilden. Die Bedingungen des korrekten referentiellen Gebrauchs sind selbst nie ein Teil von dem, was durch den Gebrauch des Ausdrucks behauptet wird. Diese Bedingungen werden erst durch das Behauptete impliziert56. Strawson ist der Meinung, dass die Logiker allgemein (Russell inklusive) die Regeln des referentiellen Gebrauchs entweder vernachlässigen oder falsch interpretieren. Aus diesem Grund streitet er die Möglichkeit ab, irgendwelche logischen Prinzipien auf die normale Sprache und ihre Analyse anzuwenden57. Da aber die logischen Regeln und Gesetze nach Strawson von den Regeln der natürlichen Sprache ausgehend interpretierbar sind, kann man auf der Basis der Pragmatik der natürlichen

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Sprache auch die traditionellen logischen Probleme lösen, wie z.B. das Problem der Identitätsbehauptungen oder der Interpretation von Beziehungen zwischen dem Subjekt und dem Prädikat einer Aussage. Die Analyse dieser Kritik zeigt, dass sie wenig mit der Theorie der Beschreibungen zu tun hat. Weder die Möglichkeiten der Anwendung der Theorie noch ihre „internen“ Ziele wurden von Strawson berücksichtigt. Im Zusammenhang mit der Strawsonschen Kritik ist erstens zu bemerken, dass die Theorie der Beschreibungen nicht entwickelt wurde, um auf die natürliche Sprache angewandt zu werden. Wenn man also der Theorie vorwirft, dass sie die Logik des Gebrauchs von Beschreibungen in der natürlichen Sprache nicht wiedergibt, schießt man sichtlich daneben. Selbst wenn man mit Hilfe dieser Theorie einige der in der natürlichen Sprache formulierten Puzzles lösen kann, indem man z.B. den Wahrheitswert eines solchen Satzes wie „Der gegenwärtige König von Frankreich ist nicht kahlköpfig“ bestimmt, waren als ihr Anwendungsgebiet in erster Linie die Grundlagen der Mathematik gedacht, die Russell und Whitehead mit Hilfe einer formalisierten Sprache darlegen wollten. Was die Formulierung der Theorie der Beschreibungen dabei bezweckte, war zweitens singuläre, ihrer Funktion nach „namensähnliche“ Ausdrücke ihrer referentiellen Funktion zu berauben, um schließlich ohne den Gebrauch solcher Ausdrücke auszukommen. Dadurch gewann man die Möglichkeit, den Definitionsbereich der in der Theorie gebrauchten Variablen so einzugrenzen, dass er keine solchen problematischen Entitäten wie die Klasse aller Klassen, die sich selbst nicht angehören, enthält. In seiner Antwort auf Strawsons Kritik („Mr. Strawson on Referring“, 1957) bemerkt Russell selbst, dass Strawson zwei Probleme verwechselt58. Das erste Problem ist das Problem der Beschreibungen und das zweite – das Problem des egozentrischen Charakters („egocentricity“) mancher Sprachausdrücke, das man auch als Problem der Abhängigkeit der Referenz eines Ausdrucks von seinem Gebrauch auffassen kann. Nach Russell übersieht Strawson alles, was Russell je über die Abhängigkeit der Referenz eines Ausdrucks von seinem Gebrauch (sprich von dem Subjekt oder „Ego“) gesagt hat59. Ferner betont Russell, dass seine Theorie nie den Zweck hatte, den Geisteszustand der Träger der Sprache zu analysieren60.

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Und schließlich kann Russell die Idee nicht akzeptieren, die Alltagssprache auch für wissenschaftliche Zwecke und insbesondere für Philosophie zu gebrauchen61. Für eine wissenschaftliche Theorie liegt der Wert eines Satzes nicht nur in seinem Inhalt, sondern auch in seinem Wahrheitswert. Dank des Umstands, dass der Satz wahr ist, kann er als eine der Prämissen in einem Schluss auftreten. Man kann aus einem solchen Satz bestimmte Schlüsse ziehen und auf diese Weise Zusammenhänge zwischen den Objekten der Theorie aufbauen und begründen. Der sogenannte „Pseudogebrauch“ eines bezeichnenden Ausdrucks, der nach Strawson einen Sinn aber keinen Wahrheitswert hat, ist in der Wissenschaft unzulässig. 4.4.2. Unvollständige Beschreibungen Selbst wenn alle diese Bemerkungen auf Strawsons Kritik, der Russell darüber hinaus (meines Erachtens zu Recht) einen kaum erträglichen „dogmatischen“ Charakter zuspricht, zutreffen, können wir es als unbestreitbares Verdienst Strawsons betrachten, dass seine Kritik den Weg für die Verbreitung der Theorie der Beschreibungen auf dem Gebiet der Analyse der natürlichen Sprache ebnete. Auf diesem Gebiet bekommt der Begriff der Beschreibung eine wichtige Ergänzung. Man führt den neuen Terminus „unvollständige Beschreibung“ („incomplete description“) ein. Wie Marga bemerkt, wirft schon Strawson die Frage nach dieser Art der Beschreibungen auf62. Durch diesen Terminus bezeichnet man eine bestimmte Beschreibung, die einen bestimmten einzelnen Gegenstand bezeichnen soll. Wenn man von der Unterscheidung zwischen dem Ausdruck, seinem Gebrauch und einem einzelnen Vorkommen des Ausdrucks ausgeht, sieht man, dass ein und derselbe Ausdruck (z.B. „der Tisch“) in verschiedenen Kontexten und von verschiedenen Subjekten gebraucht werden kann. Das bedeutet, dass der Ausdruck, wenn er referentiell gebraucht wird, verschiedene Referenten haben kann, was die Möglichkeit ausschließt, diesen Ausdruck als eine bestimmte Beschreibung außerhalb des gegebenen Kontexts aufzufassen. Dem Satz allein, in dem die Beschreibung vorkommt, kann man nicht entnehmen, was für ein Tisch dabei gemeint ist. Um zu erfahren, was für

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ein Tisch in Frage kommt, braucht man entweder eine zusätzliche deskriptive Information, durch welche die Beschreibung ergänzt wird (wie z.B. in der Beschreibung „der Tisch im Raum 2118a der Universität Augsburg“), oder einen Hinweis auf eine bestimmte Situation, in welcher der Satz vorkommt. Der zweifache Charakter des Komplements, das somit notwendig ist, um die Beschreibung zu vervollständigen, bestimmt zwei mögliche Strategien der Lösung des Problems. Diese bezeichnet man als explizite und implizite Strategien oder Ansätze („approach“). Die Unterscheidung dieser Strategien führt man auf Neale zurück63. Die explizite Strategie findet ihre Realisierung in der Erweiterung des Inhalts der Beschreibung. In die Beschreibung wird zusätzliche Information eingeführt. Nach der Meinung Ostertags stehen vor denjenigen, die diese Strategie anwenden, zwei Probleme, die sie lösen müssen – das Identifizierungsproblem und das Einheitlichkeitsproblem64. Das erste Problem besteht darin, dass zwei Gesprächspartner (wobei ein Gespräch als ein Modell der problematischen Situation dient) nicht im Stande sind, das einzige Komplement für die unvollständige Beschreibung zu finden. Es gibt immer eine Vielfalt von Methoden, durch welche die Vervollständigung realisiert werden kann, und der Kontext des Gebrauchs des Satzes kann keine unikale Vervollständigung liefern. Das Problem führt zu der Frage, ob die Bedeutung (der Sinn) des Satzes, in dem die Beschreibung vorkommt, bestimmt ist. Hat die Beschreibung mehrere Komplemente, dann hat das einzelne Vorkommen des Satzes keine bestimmte Bedeutung. Wenn wir die Bedeutung des Satzes mit einer Proposition identifizieren, heißt das, dass jedem Vorkommen des Satzes eine Reihe von Propositionen entspricht, die jeweils von einem der Gesprächspartner gemeint werden können. Diese Unbestimmtheit ist der Unbestimmtheit ähnlich, die mit der Vagheit verbunden ist. Sie kann dazu führen, dass es unmöglich wird, den Wahrheitswert des Satzes zu bestimmen65. Solche Überlegungen machen allerdings die Russellsche Theorie anziehend, weil sie die Unbestimmtheit eliminiert. Das zweite Problem, mit dem sich die Vertreter der expliziten Strategie beschäftigen müssen, ist das sogenannte Einheitlichkeitsproblem. Für dieses Problem bietet Russells Theorie aber keine Lösung. Das Problem liegt in der Vielfachheit der Parameter, die das mögliche Komplement jeder

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Beschreibung bestimmen. Einen Tisch kann man z.B. durch seine Lage oder durch die Person, die am Tisch sitzt, beschreiben. Die Lösung dieses Problems kann nach Ostertag eine Teillösung des ersten Problems liefern. Bei der Lösung des zweiten dieser Probleme wird die implizite Strategie angewandt. Bei der Anwendung dieser Strategie wird der Inhalt der Beschreibung unberührt gelassen und der Kontext des Gebrauchs einer Beschreibung berücksichtigt, indem die Beschreibung als ein Quantor und der Gültigkeitsbereich dieses Quantors als durch den Gebrauchskontext definiert aufgefasst. Man kann auch den Individuenbereich der Variablen, über die quantifiziert wird, als durch den Kontext definierten Bereich betrachten66. Das zusätzliche Problem, das mit der Anwendung dieser Strategie verbunden ist, ist das Problem des Auftretens mehrerer Beschreibungen in einem Satz, die sich auf verschiedene Kontexte und folglich auf verschiedene Individuenbereiche beziehen. Die Lösung dieses Problems verlangt die Definition der Beziehung zwischen dem Vorkommen eines Quantors und dem Kontext, in bezug auf welchen der Quantor interpretiert werden muss. Hier erweist sich wiederum die Theorie Russells als nützlich, die man leicht auf passende Weise rekapitulieren kann. Sie bietet eine allgemeine Lösung des Problems. Diese besteht darin, dass man zwischen Gültigkeitsbereichen einer Beschreibung unterscheidet. Die kontextuelle Ergänzung (oder den Bezug auf einen Individuenbereich) betrachtet man als die Ergänzung, die sich auf die Bestandteile von Sätzen und nicht auf die ganzen Sätze erstreckt. Das erlaubt, jedem Vorkommen eines Quantors einen bestimmten Kontext, d.h. einen bestimmten, von den anderen verschiedenen Individuenbereich, zuzuordnen67. Dieser Diskussion, die hier allerdings nur in ihren allgemeinsten Zügen präsentiert wird, kann man Folgendes entnehmen. Die Theoretiker, die auf dem Gebiet der Analyse der natürlichen Sprache arbeiten, beschäftigen sich mit der Theorie der Beschreibungen, der sie eine neue Gestalt geben wollen. Diese Gestalt unterscheidet sich von der schon betrachteten dadurch, dass man nicht mehr nur über semantische Charakteristika bestimmter Sätze spricht, sondern auch über den Einfluss, den pragmatische Faktoren auf die Semantik solcher Sätze ausüben. Einer der am häufigsten in diesem Zusammenhang benutzten Begriffe ist der Begriff

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des Kontexts, den man oft nicht definiert und in erster Linie als einen pragmatischen Faktor beschreibt, der sich wiederholen kann und der als Bestandteil einer Sachlage oder einer möglichen Welt aufgefasst werden kann68. Durch die Einführung von pragmatischen Faktoren, die man auch mit Hilfe der Begriffe des Gebrauchs und des einzelnen Vorkommens eines Sprachausdrucks beschreibt, werden bestimmte Beschreibungen zu unvollständigen Beschreibungen, was auch alle damit zusammenhängenden Probleme nach sich zieht. Selbst aber bei einer solchen grundlegenden Veränderung, welcher die Theorie Russells unterzogen wird, behalten einige ihrer Ideen ihre Gültigkeit. Nimmt man z.B. die Idee, dass die Beschreibungen, wenn sie als Quantoren interpretiert werden, in bezug auf einen kontextuell bestimmten Gegenstandsbereich interpretiert werden müssen, sieht man, dass das im Grunde genommen nichts Anderes als eine Präzisierung einer von Russells eigenen Ideen ist. Laut dieser Idee, wird der Wahrheitswert des eine Beschreibung enthaltenden Satzes durch den Teilbereich des Gegenstandsbereichs bestimmt, dessen Elemente die durch die Beschreibung gegebenen Funktionen erfüllen. Von der größten Wichtigkeit ist dabei die Unterscheidung zwischen verschiedenen Gültigkeitsbereichen einer Beschreibung. Besonders deutlich kommt diese Idee zum Ausdruck, wenn wir die Kritik Chisholms analysieren, der er Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre Russells Theorie der Beschreibungen unterzieht. In diesem Zusammenhang sollte vielleicht bemerkt werden, dass Chisholm unter den Forschern, welche seine Theorien untersuchen, gar nicht als Gegner von Russells Ansichten gilt. Bei der Analyse von Chisholms Buch Person and Object; a Metaphysical Study (1976) bemerkt z.B. Castańeda, dass, was die Fragen der Natur von Individuen und der Typen der Prädikation betrifft, Chisholm Russells Analyse von bestimmten Beschreibungen sowie ihre metaphysischen Folgen zu akzeptieren scheint69.

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4.4.3. Chisholm: die Theorie der Beschreibungen und intentionale Kontexte Chisholm, der Russells Theorie mit der Theorie Meinongs vergleicht, behauptet, dass die Russellsche Analyse des Satzes, der eine Beschreibung enthält, nicht universell ist. Insbesondere ist diese Analyse dann nicht adäquat, wenn wir die intentionalen Phänomene betrachten, denn sie macht wahre Sätze (z.B. „Der goldene Berg ist golden“) zu falschen. Den gegebenen Satz, den man als eine Exemplifizierung eines logischen Gesetzes betrachten kann, interpretiert Chisholm, der Theorie der Beschreibungen folgend, als die Behauptung, dass ein x existiert, so dass x zugleich ein Berg und golden ist, und x golden ist und für jedes y gilt: wenn y ein Berg und golden ist, dann ist y mit x identisch70. Betrachten wir nun diesen Satz, und fragen wir uns, ob die von Chisholm gegebene Interpretation die einzig mögliche ist. Die erste Änderung, die sich in diesem Zusammenhang anbietet, besteht darin, dass man den in dem Satz gegebenen Ausdruck des fraglichen logischen Gesetzes nicht als eine Konjunktion von Teilsätzen, sondern als ihre Implikation betrachtet. In einem solchen Fall könnte die propositionale Funktion, die für die Formulierung des logischen Gesetzes benutzt wird (ich bezeichne diese zunächst als ψŷ), die auch von einem einzigen Objekt (าy)(φy) erfüllt werden soll, so umformuliert werden: „Wenn etwas (y) ein Berg und golden ist, dann ist y golden“ oder, wenn wir die propositionale Funktion „... ist golden“ durch G bezeichnen, und „... ist ein Berg“ durch H, Gy⋅Hy. ⊃ .Gy. Nun stellt sich die Frage, wie wir den Satz über den goldenen Berg der Theorie der Beschreibungen entsprechend umformen und formalisieren. Es bestehen zumindest zwei Möglichkeiten. Erstens können wir den ganzen Satz als den Gültigkeitsbereich der Beschreibung betrachten. Wenn wir in einem solchen Fall die oben eingeführte Bezeichnung ψŷ benutzen, lässt sich der fragliche Satz in der Form einer Formel als ψ(าy)(φy) schreiben, wobei φy (ein Wert der entsprechenden propositionalen Funktion) die Gestalt Gy⋅Hy hat. Diese

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Formel ist aufgrund der im Kapitel 4.1. erwähnten Definition gleichbedeutend mit der Formel (∃b) : φy. ≡y . y = b : ψb (oder (∃b) :. Gy⋅Hy . ≡y . y = b :. Gb⋅Hb. ⊃ .Gb) Die gewonnene Formel können wir als den Satz „es gibt ein Objekt b, so dass für alle y, für die gilt, dass y ein goldener Berg ist, y mit b identisch ist, und es gilt, dass, wenn b der goldene Berg ist, dann ist b golden“ lesen. Oder mit anderen Worten „Es gibt ein einziges b, so dass b der goldene Berg ist und für b gilt: wenn b der goldene Berg ist, dann ist b golden“. Da es ein solches b nicht gibt, so dass b der goldene Berg ist, nimmt der Operand dieser Existentialbehauptung nur den Wahrheitswert falsch an, und folglich ist der ganze Satz auch falsch. Durch die Formulierung des Satzes mit Hilfe der Theorie der Beschreibungen haben wir die Möglichkeit gewonnen, zu zeigen, dass der Satz, um den es hier geht, in der Tat keine Exemplifizierung oder besondere Formulierung eines logischen Prinzips ist, dessen Wahrheitswert unabhängig davon ist, welche Wahrheitswerte die Werte Gx und Hx der entsprechenden propositionalen Funktionen für ein und denselben Wert des Arguments x annehmen. Das logische Prinzip, das hier unter der Bezeichnung ψb auftritt, ist nur ein Teil des ganzen problematischen Satzes. Nun kann man sich fragen, wie der Definitionsbereich von Gegenstands- (oder Individuen-) Variablen, welcher der Interpretation der Sätze dient, bestimmt ist. Eine Antwort auf diese Frage bieten Russell und Whitehead in den Principia Mathematica. Dieser Definitionsbereich ist durch die Gültigkeit von logischen Prinzipien bestimmt, wobei diese nur für Objekte, die existieren oder existieren können, gelten. Obwohl Russell und Whitehead zulassen, dass eine logische Theorie, die auf der Hierarchie von Typen aufbaut, als Individuen keine Einzelnen braucht, konstruieren sie ihr System, von der Annahme ausgehend, dass der Definitionsbereich Individuen enthält, die nur als Subjekte in Propositionen auftreten, und deren Bezeichnungen vollständig sind. Selbst die Reflexivität der Identität für solche Bezeichnungen wie Beschreibungen gilt laut der Theorie der Principia nur in dem Fall, dass sie einen Gegenstand, der als Subjekt einer

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Proposition auftreten kann, ähnlich wie z.B. echte Eigennamen vertreten. Wenn man ferner das Beispiel des runden Quadrats betrachtet und behauptet, dass die Tatsache, dass ein Objekt zugleich die Eigenschaften rund zu sein und ein Quadrat zu sein hat, gegen gewisse logische Gesetzmäßigkeiten verstößt, liegt dieser Behauptung die Analyse des Inhalts der beiden fraglichen Begriffe zugrunde. Eine solche Analyse ist auch keine rein logische Angelegenheit (es sei denn man geht von der Gültigkeit der Prinzipien des logizistischen Programms aus), obwohl ihre Gesetzmäßigkeiten von der formalen Logik untersucht werden. Aber um zu behaupten, dass sich die Umfänge der Begriffe des Quadrats und eines runden Gegenstands nicht schneiden, bedarf man zusätzlicher Kenntnisse der entsprechenden Definitionen. Wenn wir nun eine Definition als eine logische Operation auf einem Begriff betrachten, mit deren Hilfe man den Inhalt dieses Begriffs bestimmt, können wir das Produkt dieser Operation mit einer Gesamtheit von Merkmalen des Begriffs gleichsetzen. Diese Gesamtheit lässt sich mit Hilfe des Instrumentariums der modernen Logik als eine Konjunktion von propositionalen Funktionen darstellen. Diese Argumentation zeigt, dass man von jedem Element des Definitionsbereichs der logischen Theorie behaupten kann, dass es durch die Konjunktion seiner Eigenschaften angegeben werden kann. Was ein solches Element von allen denkbaren Gegenständen, die als Elemente des Definitionsbereichs der Theorie nicht anerkannt werden, unterscheidet, ist, dass noch beliebige logische Prinzipien für es gelten, die jeden existierenden Gegenstand betreffen, was der Satz ∗14.18 festlegt. Dass diese Gültigkeit realisiert wird, bewahrt die Theorie von den Widersprüchen. Die Falschheit des von uns mit Hilfe der Theorie der Beschreibungen gewonnenen Satzes impliziert aber nicht, dass es solche Elemente des Definitionsbereichs von Individuenvariablen gibt, für die eines der logischen Prinzipien nicht gilt. Nun haben wir eine der möglichen Auffassungen des gegebenen Satzes in Betracht gezogen. Nehmen wir an, dass die Beschreibung in unserem Satz ein sekundäres Vorkommen hat. Man kann dann den gegebenen Satz nicht als den Ausdruck [(าy)(φy)].ψ(าy)(φy), sondern als den Ausdruck ψ[(าy)(φy)] darstellen. Wenn man dabei beachtet, dass jeder Wert der

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Funktion ψŷ die Gestalt Gy⋅Hy. ⊃ .Gy hat und somit die Gestalt φy. ⊃ .Gy, und außerdem einen der Sätze der Theorie der Beschreibungen (nämlich den Satz *14.22 (⊢:E!(าy)(φy). ≡ .φ(าy)(φy)) anwendet, kann man den fraglichen Satz in der Form „Wenn ein Objekt b existiert, so dass für jedes y, das φŷ erfüllt (das ein goldener Berg ist), y mit b identisch ist, dann gibt es ein Objekt b, so dass für alle y, welche die Funktion Gŷ erfüllen, y mit b identisch ist“ formulieren. Mit anderen Worten: „Wenn ein einziges Objekt b existiert, das der goldene Berg ist, dann gilt: es gibt ein solches b, so dass b golden ist“. In der Form einer Formel geschrieben: (∃b) : φy . ≡y . y = b : ⊃ : (∃b) : Gy . ≡ y . y = b : Gb Da das Antezedens dieser Implikation ein falscher Satz ist, ist die Implikation wahr. Wir haben damit einen wahren Satz bekommen, der ein im Sinne Chisholms adäquates Paraphrasieren des Satzes, den Meinong für wahr hält, ist, denn bei diesem Paraphrasieren wird der Wahrheitswert des Satzes nicht geändert71. Weil es ein solches Paraphrasieren gibt, kann man der Theorie der Beschreibungen nicht mehr vorwerfen, dass sie kein adäquates Paraphrasieren ermöglicht. Dass der Satz, den wir unter der Annahme formuliert haben, dass die Beschreibung in ihm das sekundäre Vorkommen hat, wahr ist, verlangt vielleicht eine Erklärung. Eine Erklärung ist erforderlich, weil man aus der Wahrheit des Satzes vielleicht Schlüsse ziehen könnte, die der obigen Argumentation über die Gültigkeit von logischen Prinzipien für die Elemente des Definitionsbereichs von Gegenstandsvariablen widersprechen. Den Satz, den wir durch das Paraphrasieren erhalten haben, kann man möglicherweise als eine Behauptung auffassen, dass für ein bestimmtes Objekt, das durch Konjunktion von gegebenen propositionalen Funktionen beschrieben werden kann, eines der logischen Gesetze gilt, welche die Konjunktion charakterisieren. Die Falschheit des Antezedens dieser Implikation macht den ganzen Satz wahr, was vielleicht zu der Annahme führen könnte, dass man in dem besagten Satz tatsächlich mit der Exemplifizierung eines logischen Gesetzes zu tun hat. Wenn man aber in der Wahrheit des gewonnenen Satzes eine Bestätigung für die

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Allgemeingültigkeit eines logischen Prinzips auch für die sogenannten unmöglichen Gegenstände sieht, sollte man Folgendes bedenken. Die Allgemeingültigkeit eines logischen Prinzips erklärt man dadurch, dass es, als eine propositionale Funktion dargestellt, als seine Argumente insbesondere andere propositionale Funktionen oder Propositionen (in der Gestalt von Formen) enthält. Wenn wir jeden Satz als wahren oder falschen einschätzen können (diese Möglichkeit im Rahmen einer zweiwertigen Logik liefert uns gerade die Theorie der Beschreibungen) und das logische Prinzip nur kraft der Tatsache ein Prinzip ist, dass es für beliebige Wahrheitswerte der Werte der in ihm vorkommenden propositionalen Funktionen eine Tautologie ist, soll das logische Prinzip auch für die Sätze gelten, die etwas über runde Quadrate und goldene Berge aussagen. Das impliziert aber nicht, dass solche Gegenstände als Elemente der semantischen Interpretation eines logischen Systems betrachtet werden dürfen, was wahre Sätze mit primärem Vorkommen von Beschreibungen voraussetzen. Wenden wir uns noch einem Gedanken Chisholms zu. Er glaubt, dass die Theorie der Beschreibungen auf die sogenannten intentionalen („intentional“) Kontexte nicht anwendbar ist72. Als intentionale Aussagen betrachtet Chisholm insbesondere Urteile über „unmögliche Gegenstände“, die Meinong analysiert. Wenn man solche Aussagen mit Hilfe eines logischen Instrumentariums untersuchen will, ist man bestrebt, bestimmte logische Gesetze auch für diese für geltend zu erklären und deswegen die intentionalen Kontexte aus dem Anwendungsbereich der Theorie der Beschreibungen auszuschließen. Um dieses letztes Ziel zu erreichen, braucht man in erster Linie bestimmte Kriterien für das Unterscheiden der Sätze, die solche intentionalen Kontexte enthalten, von den anderen. Im Fall des goldenen Berges z.B. muss man den Satz erst irgendwie umformen, damit ein solcher Kontext als intentional erkennbar wird. Der Umformung, die Chisholm vorschlägt, „Der goldene Berg, über den ich denke, ist golden“, liegt die Idee Meinongs zugrunde, dass die Eigenschaft ein Objekt des Denkens zu sein (dem Erkennen gegeben zu sein) jedem Gegenstand zukommt73. Diese Umformung kann man aber auch mit Hilfe der Russellschen Theorie auffassen, was man insbesondere im nächsten Kapitel sehen wird, wo ich Russells Analyse der intensionalen Kontexte

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analysieren werde. Das einzige, was dann die nach den Richtlinien der Theorie der Beschreibungen formulierte Formel als eine intentionale charakterisiert, ist ihre Verifizierung, für die vielleicht eine besondere Definition notwendig ist.

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5. DIE LOGISCHE FORM ALS FORM EINER KOGNITIVEN RELATION

5.1. Frege über die logische Form Nachdem wir nun gesehen haben, wie sich die Idee eines Unterschieds zwischen der logischen und der grammatikalischen Form des Satzes in der Theorie der Beschreibungen realisiert, fragen wir uns, ob sich die logische Form als etwas, was nicht mit einer Formel identisch ist, definieren lässt. Wir fragen uns also, ob die logische Form des Satzes etwas von einer anderen Formulierung des Satzes oder von einer Formel (einer Zeichenfolge, die man aus dem Satz dadurch erhält, dass man alle bezeichnenden Ausdrücke in ihm durch Variablen ersetzt, und Konnektoren und Kopulas auf die in der Logik übliche Weise darstellt) Verschiedenes ist und ob eine Umformulierung des Satzes oder eine Formel somit nicht mehr als ein Mittel ist, eine logische Form „anschaulich“ zu machen und ihre Analyse zu ermöglichen. Bei der Suche nach einer möglichen Antwort möchte ich nun die Definitionen der logischen Form analysieren, die ihr Frege und Russell geben, wenn sie die Grundbegriffe der Logik untersuchen. Den Begriff der logischen Form erwähnt Frege in seinem Buch Die Grundlagen der Arithmetik (1884). Hier analysiert er verschiedene Sätze, um zu zeigen, wie man aus ihnen einen Ausdruck für einen „einfachen“ Begriff oder einen Beziehungsbegriff erhält, und um die Ergänzungsbedürftigkeit eines Begriffs zu veranschaulichen. Den „einfachen“ und den Beziehungsbegriff ordnet Frege der reinen Logik zu. Bei dieser Zuordnung spielt der Inhalt eines bestimmten Begriffs keine Rolle, es kommt allein auf die „logische Form“ an. Jedem Inhalt kann somit eine logische Form zugesprochen werden. Die Wahrheit davon, was von der logischen Form ausgesagt werden kann, hält Frege für analytisch und a priori erkennbar. Wenn Frege nun über den beurteilbaren Inhalt eines Satzes spricht, definiert er seine allgemeine Form. Da dabei auch von

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einem bestimmten Inhalt abgesehen wird, kann man dem Argument Freges über die Begriffe folgen und die allgemeine Form des beurteilbaren Inhalts eines Satzes als seine logische Form auffassen1. Logische Formen unterscheiden sich voneinander insbesondere in Abhängigkeit davon, ob der Inhalt von einem oder von mehreren Gegenständen handelt, mit anderen Worten in Abhängigkeit davon, ob die Funktion, für welche die Gegenstände als Werte ihrer Argumente auftreten, ein einfacher Begriff (eine Wahrheitsfunktion von einem Argument) oder ein Beziehungsbegriff (eine Wahrheitsfunktion von mehreren Argumenten) ist. Die logische Form kann in solchen Sätzen ausgedrückt werden wie „a fällt unter den Begriff F“ (ich möchte diesen Satz als den Satz „(Der Gegenstand) a fällt unter den Begriff F“ formulieren und gebe ihm die Bezeichnung „(1)“) oder „a steht in der Beziehung Φ zu b“ (oder „(Der Gegenstand) a steht in der Beziehung Φ zu (dem Gegenstand) b“ (2)). Weiter präzisiert Frege die Liste der Arten der logischen Form nicht, aber man könnte annehmen, dass er noch weitere solche Arten zulässt. Sie können ausgedrückt werden durch solche Sätze wie „Der Begriff A ist dem Begriff B untergeordnet“ (3) und „Der Begriff A fällt in einen Begriff höherer Stufe“ (4). Als einen Grund für die Annahme, dass diese Formen anerkannt werden, könnte man Freges Idee anführen, dass diese Beziehungen zwischen zwei Begriffen unverwechselbar mit der Beziehung zwischen Gegenstand und Begriff sind2. In dem Aufsatz „Über Begriff und Gegenstand“ (1892) weist Frege darauf hin, dass der Grund für diese Unterscheidung in der prädikativen Natur (oder dem Ungesättigtsein) des Begriffs liegt. Wenn man seiner Argumentation folgt, lässt sich der Satz (3) z.B. auch in der Form „Wenn etwas unter den Begriff A fällt, dann fällt dieses etwas unter den Begriff B“ schreiben, was in erster Linie die Komplexität dieser Form (oder der Sätze und Inhalte, die eine solche Form haben) im Vergleich zu den Formen (1) und (2) zeigt. Dass der Begriff der logischen Form somit auf komplexe Sätze erweitert werden kann, wird auch durch das Hinzunehmen der abstrakten Gegenstände das Wahre und das Falsche zum Wertebereich der Variablen bestätigt, wie es beispielsweise in dem Aufsatz „Funktion und Begriff“ (1891)3 sowie in den späteren Aufsätzen Freges „Die Verneinung“ (1919)4 und „Gedankengefüge“ (1923)5 vollzogen wird.

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Dass alle diese Werke in bezug auf den Begriff der logischen Form einander nicht widersprechen, bedarf vielleicht einer speziellen Begründung. Ich teile diesbezüglich die Auffassung Dummetts, dass Freges Ansichten, die er in den Grundlagen äußert und die danach nicht ausdrücklich geändert worden sind, ihre Gültigkeit behalten6. Freges Schaffen unterteilt Dummett in drei Perioden. Die erste – vor 1891, die zweite – zwischen 1891 und 1906, und die dritte – ab 19067. Dabei findet Dummett keine Widersprüche zwischen den logischen Ideen Freges aus der zweiten und der dritten Periode. Obwohl nach Dummett Die Grundlagen der Arithmetik ein Übergangswerk („transitional work“)8 ist, wird die Treue Freges zu einigen seiner Ideen, die er hier formuliert, auch durch die Analyse späterer Aufsätze bestätigt. Sie mögen den Begriff der logischen Form gar nicht erwähnen, aber die grundlegende logische Natur der Beziehungen, welche als die logische Form ausmachende schon in den Grundlagen anerkannt werden, wird immer wieder auch später unterstrichen. Das Logische als Zusammengesetztes9 muss eine Form haben, und die Analyse dieses Zusammengesetzten beruht auf der Idee der logischen Form. Um den Begriff der logischen Form bei Frege zu untersuchen, möchte ich auf folgende Betrachtungsweisen dieses Begriffs hinweisen, die beide insbesondere von Thiel vertreten werden. Die erste besteht in dem Gedanken, dass bei Frege der Begriff der logischen Form „möglicherweise nicht als Terminus“ gebraucht wird, „so dass das Verhältnis zu den gleichnamigen Begriffsbildungen bei Russell und Wittgenstein offen bleibt“10. Diesen Gedanken hoffe ich im Weiteren zu widerlegen, zumindest insofern, als der Gebrauch dieses Begriffs Anlass zu verschiedenen Annahmen gibt, von denen einige auch von Russell und von Wittgenstein in Betracht gezogen werden. Die zweite Betrachtungsweise basiert auf der Anerkenntnis dessen, dass die logische Form von Frege doch zumindest als ein Charakteristikum der Sätze betrachtet wird, insofern Sätze in bezug auf ihre logische Form verglichen werden können. Bei dieser Charakterisierung der Form wird Bezug auf den § 9 der „Begriffsschrift“ genommen.

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5.1.1. Die logische Form als ein Charakteristikum des Zeichens Zwei Sätze haben laut Frege dann die gleiche logische Form, wenn sie an einer zu vergleichenden Stelle Bezeichnungen für „Begriffe gleichen Ranges“ haben11. Die Besonderheit des von Frege in der „Begriffsschrift“ angegebenen Beispiels besteht darin, dass der Vergleich an einer ausgezeichneten Stelle des Satzzeichens erfolgt, was den vorhergehenden Vergleich der Sätze als Ganzheiten voraussetzt, so dass man erst aufgrund dieses Vergleichs die Gleichheit ihrer logischen Form vermutet. Der Vergleich von zwei Sätzen an einer besonderen Stelle setzt also einen Vergleich der ganzen Sätze voraus. Die Notwendigkeit einer solchen Voraussetzung folgt aus dem Streben, ein solches Kriterium des Vergleichens der logischen Form zu finden, das für zwei beliebige Sätze die Feststellung der Gleichheit oder Ungleichheit ihrer logischen Form erlaubt. Frege selbst spricht über die Begriffe gleichen Ranges in bezug auf zwei Sätze, die bereits das gleiche Begriffswort enthalten, so dass er einen allgemeinen Fall von zwei beliebigen Sätzen nicht analysiert. Wenn in den Sätzen also schon der gleiche Ausdruck einer Funktion vorkommt, prüft man, ob diese Ausdrücke in beiden Sätzen als Funktionsausdrücke auftreten. Nachdem die Gleichheit der Funktionsausdrücke festgestellt worden war, wird nach den Argumenten für die Funktion gefragt. Wenn beide Sätze nur die Namen der Gegenstände (oder nur Begriffswörter) als Bezeichnungen für Argumente oder nur andeutende Ausdrücke an Stelle dieser Namen enthalten, könnte dies darauf hinweisen, dass die Funktion in beiden Fällen Argumente des gleichen Ranges hat. Wenn diese Forderungen erfüllt sind und die Argumente der Funktion tatsächlich den gleichen Rang haben, handelt es in beiden Sätzen davon, dass ein Gegenstand, der als Argument der Funktion auftritt, unter einen Begriff fällt, oder aber dass zwei Begriffe in einer Beziehung zu einander stehen. Dann ist die logische Form der beiden Sätze gleich. Wenn der Funktionsausdruck in beiden Sätzen derselbe ist, die obigen Forderungen aber nicht erfüllt sind, dann können die Sätze tatsächlich unterschiedliche logische Form haben. Nehmen wir die Sätze „Die Zahl 20 ist als Summe von vier Quadratzahlen darstellbar“ und „Jede positive ganze Zahl ist als Summe von vier Quadratzahlen darstellbar“, die Frege selbst als ein

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passendes Beispiel betrachtet. Sie unterscheiden sich durch die Allgemeinheit des zweiten Satzes. Wenn wir diese Allgemeinheit zum Ausdruck bringen, hat das, was wir behaupten, die Gestalt eines komplexen Satzes: „Wenn etwas eine positive ganze Zahl ist, dann ist dieses etwas als Summe von vier Quadratzahlen darstellbar“. Der Ausdruck, der den Unterschied der Form hier zeigt, ist der Ausdruck „die Zahl 20“. Wenn wir davon ausgehen, dass dieser Ausdruck für einen Gegenstand steht, dann haben die Sätze unterschiedliche logische Form. Diese Ansicht teilt auch Frege selbst, da er die beiden Begriffe als Begriffe unterschiedlichen Ranges definiert. Dem Ausdruck „die Zahl 20“ spricht er einen für sich selbständigen Sinn zu, der nicht vom Zusammenhang des Satzes abhängig ist12. Das bedeutet, dass die Zahl 20 die Rolle eines Gegenstands in der späteren Unterteilung der logischen Objekte spielt, weil die Zahl 20 insbesondere unter den Begriff einer positiven ganzen Zahl fällt. Wir könnten aber annehmen, dass der Ausdruck „die Zahl 20“ keinen für sich selbständigen Sinn hat, sondern ein im Sinne Russells „unvollständiger“ Ausdruck ist. Das könnte z.B. dann der Fall sein, wenn wir über die Identität eines anders definierten oder bezeichneten Objekts mit der Zahl 20 (oder darüber, dass zwei verschiedene Bezeichnungen die gleiche Bedeutung haben) sprächen. In diesem Fall hat der Satz, in dem dieser Ausdruck vorkommt, die Form „Wenn etwas die Zahl 20 ist, dann ist dieses etwas als Summe von vier Quadratzahlen darstellbar“, wobei das Wort „etwas“ von mir nur als ein Platzhalter für einen möglicherweise bezeichnenden Ausdruck (z.B. einen Namen oder eine bestimmte Beschreibung) benutzt wird. Wenn wir dabei den bezeichnenden Ausdruck, den ich hier als „etwas“ eingeführt habe, als einen Namen betrachten, scheint es, dass die Sätze doch die gleiche logische Form haben, wobei aber die Anwendung des Instrumentariums der Theorie der Beschreibungen diesen Schein zerstört, da durch die Annahme, dass die Beschreibung in dem Satz z.B. ein primäres Vorkommen hat, wird die Implikation zu einem Teilausdruck des Operanden eines quantifizierten Ausdrucks. Sollte die Beschreibung ein sekundäres Vorkommen haben, verändert sich die Gestalt des Antezedens und des Konsequens der Implikation. Auf jeden Fall ist aber dieses Kriterium allein unzureichend für eine Definition der logischen Form (oder die Definition der Gleichheit der logischen Form). Wie schon bemerkt, betrachtet Frege die Sätze, die

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denselben Funktionsausdruck bereits enthalten. Man möchte aber in einem allgemeineren Fall auch entscheiden können, ob selbst solche Sätze, in denen keine identischen bezeichnenden Ausdrücke vorkommen, dieselbe logische Form haben oder nicht. Dieser Wunsch findet seinen Ausdruck eigentlich schon in der Formulierung der Sätze (1) und (2). Aus allen diesen Gründen werde ich annehmen, dass eine weitere Betrachtungsweise des Begriffs der logischen Form möglich ist. Dabei möchte ich aber den positiven Ertrag dieser Betrachtung doch noch durch ein weiteres Argument Freges veranschaulichen. In dem oben schon erwähnten Aufsatz „Über Begriff und Gegenstand“ betrachtet Frege ein ähnliches Beispiel, das nun die Ausdrücke „eine Quadratwurzel aus 4“ und „der Begriff Quadratwurzel aus 4“ betrifft. Nach Frege geht es in dem Satz „Es gibt eine Quadratwurzel aus 4“ um einen Begriff, obwohl dieser nicht als Gegenstand erscheint, von dem etwas ausgesagt wird. Das erkennt man an der Unmöglichkeit, den ersten der Ausdrücke durch den zweiten (die Bezeichnung des Begriffs als eines Gegenstands) zu ersetzen13. Obwohl die logische Form hier mit keinem Wort erwähnt wird, wird sie offenbar für den fraglichen Satz bestimmt. Die logische Form erkennt man dabei erstens durch den Zusammenhang der Satzteile und zweitens durch die Unmöglichkeit, einen der Satzteile durch ein Zeichen ähnlicher Gestalt, aber mit dem anderen Bezeichneten (mit dem Bezeichneten eines anderen Ranges), zu ersetzen. Man kann dabei, der Argumentation Freges folgend, eine Ersetzung als unmöglich charakterisieren, wenn der Satz, den man durch die Ersetzung bekommt, sinnlos ist. Die logische Form ist somit etwas, was komplexe Zeichen vermitteln können, und was man mit Hilfe bestimmter Operationen auf Zeichen feststellt, oder identifiziert, oder unterscheidet. Die logische Form ist also ein Charakteristikum von Zeichen. Da aber der Wert des Zeichens laut Frege in seiner stellvertretenden Rolle liegt, erwartet man von Frege auch eine Antwort auf die Frage, ob die logische Form auch ein Charakteristikum des Bezeichneten ist, zumal die Sinnlosigkeit eines Satzes als ein Kriterium der Ungleichheit seiner logischen Form mit der logischen Form eines anderen Satzes auftritt.

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5.1.2. Die logische Form als Zeichen? Die erste mögliche Antwort auf diese Frage scheint aus Freges Definition der allgemeinen Form eines beurteilbaren Inhalts direkt zu folgen. Es ist nämlich die Annahme, dass die logische Form selbst ein Zeichen ist, ein Satz (wie z.B. (1)) oder ein Begriffswort (wie „fällt unter einen Begriff“). Dieser Gesichtspunkt scheint durchaus plausibel zu sein, da jeder Satz in diesem Fall selbst als eine Form der Existenz der logischen Form angesehen wird. Jede logische Form ist dann das Ergebnis der Einsetzung einer Variablen für einen Namen oder ein Begriffswort in einem gewöhnlichen Satz. Wenn aber die logische Form ein Zeichen ist, stellt sich die Frage nach seiner Bedeutung. Schon hier gerät man in Schwierigkeiten. Einem Ausdruck, der wie der Satz (1) Variablen enthält, kann durchaus nach gewissen semantischen Konventionen ein Objekt zugeordnet werden, das dieser Ausdruck bezeichnet oder bezeichnen kann, wenn die Variablen, die in ihm vorkommen, durch konstante Ausdrücke ersetzt werden. Ein solches Objekt ist offenbar ein logisches Objekt, das einem bestimmten Satz (einer Exemplifizierung der logischen Form) zugeordnet wird. Die beste Besetzung für diese Rolle sind unter logischen Objekten, zu denen nach Frege die Begriffe eines Gegenstands, eines (einfachen) Begriffs und eines Beziehungsbegriffs, abstrakte Gegenstände (das Wahre und das Falsche), sowie logische Funktionen wie z.B. Negation und Konjunktion zählen, die Wahrheitswerte, insofern sie im Vergleich zu beurteilbaren Inhalten (den semantischen Korrelaten der gewöhnlichen Sätze) die logischen Gemeinsamkeiten verschiedener Sätze charakterisieren. Zu diesen Gemeinsamkeiten gehören allerdings auch die Bedingungen des Wahrseins der Sätze und der beurteilbaren Inhalte. Wenn man nun das dem Satz zugeordnetes logisches Objekt mit einem Wahrheitswert identifiziert, erlangt man die Möglichkeit, der logischen Form die Menge der Wahrheitswerte als ihre Bedeutung zuzuordnen. Es stellt sich dann die Frage nach den Wahrheitsbedingungen. Gehören sie auch zu dem von der logischen Form Bezeichneten? Und wenn sie zum Bezeichneten gehören, dann was für eine Art von Objekten sind sie? In Anbetracht der Frage nach den logischen Objekten, möchte ich Folgendes bemerken. Als logische Funktionen (und folglich besondere

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logische Objekte) bieten sich auch solche Beziehungen an, die man hinter den Wörtern „fallen unter“ und „fallen in“ vermuten könnte. Diese Möglichkeit wird von Frege selbst 1892 in dem Aufsatz „Über Begriff und Gegenstand“ ausgeschlossen, wenn er darauf hinweist, dass in dem Satz „Jesus fällt unter den Begriff Mensch“ das Prädikat „fallend unter den Begriff Mensch“ ist und dieser Ausdruck gleichbedeutend mit dem Ausdruck „ein Mensch“ ist14. Dass Frege den Ausdruck „fallen unter einen Begriff“ zusätzlich zu dem Ausdruck für den Begriff selbst einführt, kann einen Grund darin haben, dass er dadurch die Möglichkeit gewinnt, die Wahrheitsbedingungen eines Satzes aufzudecken und zu beschreiben. Dass er diesem Ausdruck aber keinen selbständigen (Beziehungs-) Begriff zuordnet, ist durch seine Auffassung des Begriffs motiviert, der wesentlich prädikativ und somit ungesättigt ist. Sollte man vermuten, dass in dem Satz „(Der Gegenstand) a fällt unter den Begriff F“ die Rede von einer Beziehung zwischen einem Gegenstand und einem Begriff, der selbst als ein selbständiges Objekt betrachtet wird, ist, nimmt man somit an, dass der Begriff auch den Status eines Gegenstands hat. Einen solchen Gesichtspunkt vertritt Russell, wenn er über die Beziehung der Prädikation spricht. Die logischen Eigenschaften des Begriffs werden dabei in diese Beziehung gesetzt, die dadurch charakterisiert wird, dass sie nicht symmetrisch ist. Diese Eigenschaft der Relation der Prädikation verbietet die Gleichsetzung eines Begriffs mit dem, was Frege als einen Gegenstand definiert. Also übernimmt die Relation hier Funktionen, die bei Frege ein Begriff erfüllt. Aus diesem Grund möchte ich die Möglichkeit einer solchen rein hypothetischen Abweichung von der Ansicht Freges im Weiteren ausnutzen und auf sie zurückgreifen. Durch die Annahme, dass auch eine Beziehung zwischen Gegenstand und Begriff als Quelle der Einheitlichkeit des beurteilbaren Inhalts auftreten kann, hoffe ich zu zeigen, dass einige Ideen Russells bezüglich der logischen Form nicht abseits der Problematik entstanden sind, welche die Entwicklung der modernen Logik hervorrief und die Formulierung von Grundideen der analytischen Philosophie förderte. Der Idee, dass die logische Form sich von einem Sprachgebilde nicht unterscheidet, haften einige Mängel an. Erstens identifiziert sie die logische Form mit logischen Formeln, also mit logischen Ausdrücken und

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Sätzen. Betrachtet man diese als Komplexe, wird man mit der Frage nach ihrer eigenen logischen Form konfrontiert. Wenn zweitens die logische Form in der Gestalt eines Satzes wie der Satz (1) oder (2) dargestellt wird, dann bekommt man diese Form aus den normalen Sätzen dadurch, dass man alle Namen und Begriffswörter, die in einem Satz vorkommen, nicht nur lediglich durch Variablen ersetzt, sondern dabei das jeweilige Bezeichnete bestimmten logischen Kategorien (wie Gegenstand und Begriff) unterordnet. Die Bedeutung der in einem Satz gegebenen Begriffswörter wird somit in eine Beziehung zu Begriffen gebracht, mit deren Hilfe man die logischen Zusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten charakterisiert. Eine derartige Substitution verlangt die Analyse der Eigenschaften und Beziehungen der Bedeutungen von Wörtern und Sätzen sowie deren Bedeutungen selbst. In der Tat ist diese Analyse eine Definition oder Klassifikation der Bedeutungen. Wenn wir z.B. den Ausdruck „die Zahl 20“ in einem der angegebenen Sätze betrachten, sollen wir die Zahl 20 selbst entweder als Begriff (Funktion) oder als Gegenstand klassifizieren. Davon ausgehend, wählen wir die Variable, die den Namen vertreten soll, und können schließlich urteilen, welche Form der Satz hat. Allein die Einsetzung von Variablen für Namen und andere Ausdrücke, mit deren Hilfe man feststellt, ob zwei Sätze dieselbe logische Form haben oder nicht, ist auf keinen Fall eine triviale Aufgabe, wie z.B. die Theorie der Beschreibungen zeigt. Bei der Lösung dieser Aufgabe muss man auf den Inhalt (Sinn) der Wörter, Wortverbindungen und Sätze und somit auf die Wahrheitsbedingungen von Sätzen zurückgreifen. Also liegt die Vermutung nahe, dass es, wenn es sich um die logische Form handelt, doch um den Sinn oder die Bedeutung der Sprachausdrücke geht, nicht um die Ausdrücke selbst. Drittens kann man nicht behaupten, dass Frege die besagte Ansicht tatsächlich vertritt. Schon die Formulierung, von der ich ausgegangen bin, charakterisiert die logische Form als etwas, was dem Inhalt selbst innewohnt. Bestätigt wird diese Annahme durch das, was Frege in den Grundlagen über die Aufgaben der Begriffsschrift schreibt, wenn er verlangt, dass sie „nicht nur die logische Form, wie die Boolesche Bezeichnungsweise, sondern auch einen Inhalt auszudrücken im Stande sein“ soll15. Hier wird also die logische Form als das Bezeichnete oder das Auszudrückende betrachtet. Aus diesen Gründen möchte ich auch andere Auffassungen des Begriffs der logischen Form in Betracht ziehen.

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5.1.3. Die logische Form als ein Charakteristikum des Bezeichneten Wenn aber solche Sätze wie (1) und (2) (ich möchte mich im Folgenden auf die Betrachtung des Satzes (1) beschränken) für eine logische Form, die mehrere Inhalte mit einander teilen, stehen, darf man annehmen, dass diese Sätze die logische Form vertreten, wie Begriffswörter Begriffe, unter die Gegenstände fallen, vertreten. In einem solchen Fall ist die logische Form selbst der Inhalt solcher Sätze. Zu bemerken ist, dass diese Sätze keine echten Sätze sind, sondern Satzformen, insofern sie unbestimmt andeutende Ausdrücke (Variablen) enthalten. In diesem Zusammenhang spreche ich von dem Inhalt (nicht von dem beurteilbaren Inhalt) solcher „Sätze“. Eine gewisse Komplexität kann man aber diesen „Sätzen“ nicht absprechen: sie bestehen nämlich aus mehreren Zeichen. Infolgedessen stellt sich die Frage, ob die logische Form auch als ein Komplex aufgefasst werden kann. Wenn man den Inhalt des Satzes (1) „(Der Gegenstand) a fällt unter den Begriff F“ analysiert, könnte man annehmen, dass diesem Ausdruck eine Beziehung zwischen dem Begriff eines Gegenstands und dem Begriff eines Begriffs entspricht. Diese Beziehung könnte sich in einem besonderen Beziehungsbegriff fallen unter realisieren, der sich somit als ein Beziehungsbegriff zweiter Stufe charakterisieren lässt16. Dass es sich in diesem Satz um eine Beziehung zwischen Begriffen handelt, könnte man durch eine Umformulierung des Satzes bestätigen. Man könnte sagen: „Wenn etwas (a) ein Gegenstand ist, dann fällt es unter einen Begriff“, oder „Wenn a ein Gegenstand ist, dann gibt es einen Begriff F, so dass a unter F fällt“. Das Problematische an dieser Umformulierung besteht allerdings darin, dass man sie selbst in Hinblick auf Hauptthesen der Fregeschen Theorie als einen Ausdruck für ein logisches Prinzip betrachten kann. In einem solchen Fall bezeichnet der Ausdruck der logischen Form einen wahren Inhalt, während bestimmte beurteilbare Inhalte auch falsch sein können. Schon deswegen ist die Identifizierung des Inhalts des Satzes (1) mit der logischen Form eines beurteilbaren Inhalts fraglich. Wir wissen aber, dass Frege schon 1891 auf den Begriff des beurteilbaren Inhalts verzichtet. Er ersetzt ihn durch oder eher zerlegt ihn in zwei Begriffe – den des Sinnes (für den Satz ist das ein Gedanke) und den der Bedeutung (für den Satz ist das sein Wahrheitswert). Die

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Begriffe werden dabei dem Bereich der Bedeutungen zugeordnet. Es fragt sich dann, was für einen Status die logische Form hat, wenn sie aus Begriffen bestehen soll. Nehmen wir an, dass die logische Form, wie wir bereits oben angenommen haben, Begriffe als ihre Komponenten enthält, oder dass sie selbst ein Begriff ist. Das heißt, die logische Form ist die Bedeutung eines solchen Satzes wie (1), der wegen des Vorkommens von Variablen als eine Satzform betrachtet werden kann, oder sie enthält Bedeutungen der Wörter, die in solchen Sätzen wie (1) (insbesondere in seiner Umformulierung) vorkommen. In jedem Fall ist die logische Form selbst eine Bedeutung, auch weil die Verknüpfung von Bedeutungen nur eine Bedeutung erzeugen kann. Wenn man nun den Satz (1) als einen echten Satz betrachtet, muss die zusammengesetzte, durch die Verknüpfung der Elemente der logischen Form erzeugte Bedeutung ein Wahrheitswert sein. Diese Idee widerspricht nicht der Erklärung der Wahrheitswerte, die Frege im Aufsatz „Über Sinn und Bedeutung“ gibt, wenn er Urteilen als Unterscheiden von Teilen innerhalb eines Wahrheitswertes definiert17. Wenn wir das Schema aus Freges Brief an Husserl in diesem Zusammenhang betrachten, wird es klar, dass man einen Wahrheitswert im Fall eines den Namen eines einstelligen Prädikats enthaltenden Satzes in einen Gegenstand und einen Begriff zerlegen kann, weil genau das Fallen (oder Nicht-Fallen) eines Gegenstands unter einen Begriff die Bedingung dafür ist, dass der Satz einen Wahrheitswert hat. Der Gedanke aber, dass die logische Form ein Wahrheitswert ist, widerspricht der gewöhnlichen Vorstellung von der logischen Form, die sowohl wahren als auch falschen Sätzen oder Inhalten zukommt und deshalb selbst eher neutral in bezug auf einen bestimmten Wahrheitswert sein sollte. Da aber der Satz (1) auch als eine Satzform und deswegen als die Bezeichnung einer Funktion aufgefasst werden kann, kann man vermuten, dass die logische Form eine Funktion ist, die einem Begriff und einem Gegenstand (also Elementen, in die der Wahrheitswert eines bestimmten Satzes zerlegt werden kann) einen Wahrheitswert zuordnet und folglich als das Gesetz einer solchen Zuordnung definiert werden kann. Der Definitionsbereich einer solchen Funktion würde dann aus Paaren bestehen, die als das eine der Elemente einen Gegenstand und als das andere einen Begriff enthalten würden. Der

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Wertebereich der Funktion würde dann Wahrheitswerte enthalten. Das Gesetz der Zuordnung könnte man so darstellen: φ (a, F) = WW, wobei WW für einen der Werte wahr oder falsch steht, φ für die Funktion (die wir zum Zwecke der Bestimmtheit mit der Beziehung fallen unter identifizieren können), a für einen Gegenstand und F für einen Begriff, der sich inhaltlich (durch seine Merkmale) von anderen Begriffen unterscheidet. Wir könnten der Bezeichnung WW einen Index zufügen, was uns ermöglichen würde, die logische Form des durch einen bestimmten Satz vertretenen beurteilbaren Inhalts darzustellen. Seien c ein bestimmter Gegenstand und C ein bestimmter Begriff. Ferner bezeichne der Ausdruck der Gestalt c/a (beziehungsweise C/F) einen bestimmten Wert der Variablen a (F). Dann kann die Zuordnung des Wertes für die Werte c und C der entsprechenden Argumente der Funktion durch die folgende Gleichung beschrieben werden: φ (c/a, C/F) = WW„c ist C“, wobei WW„c ist C“ der Wahrheitswert des Satzes „c ist C“ („c fällt unter den Begriff C“) ist. Diese Darstellung suggeriert, dass sich die logische Form irgendwie vom Begriff, unter den ein Gegenstand fällt und dessen Bezeichnung (das Begriffswort) in dem Satz vorkommt, unterscheiden lässt. Aber nach Frege tritt als ein solches Gesetz der Zuordnung der Begriff selbst auf18. Deswegen wird in der Tat die logische Form durch eine derartige Annahme mit einem Begriff (im Sinne Freges) identifiziert. Oder es wird durch eine solche Darstellung die Betrachtung von Begriffen als abgeschlossenen Entitäten verlangt, wenn die Form etwas vom Begriff Verschiedenes ist und doch seine Funktionen übernimmt. Unter diesen ist insbesondere die Funktion, die das Haften der Teile der Bedeutung aneinander gewährleistet, zu nennen. Wenn die logische Form auf die eben dargelegte Weise mit dem Begriff fallen unter gleichgesetzt werden kann, dann sind die Begriffe, die durch übliche Begriffswörter bezeichnet werden, keine Funktionen mehr, da die Rolle einer ergänzungsbedürftigen Funktion nun auf den Begriff fallen unter übergeht. Diese Idee widerspricht dem grundlegenden Prinzip Freges, dass der Begriff wesentlich prädikativ und ungesättigt ist. Wenn also angenommen wird, dass der Ausdruck „fallen unter“ die logische Form eines beurteilbaren Inhalts vertritt, wird entweder die logische Form mit konkreten Begriffen

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vermengt, oder die Begriffe werden ihrer prädikativen Natur beraubt. Wenn man außerdem die logische Form wie eben beschrieben als eine wahrheitswertige Funktion betrachtet und wenn man dabei wie Frege davon ausgeht, dass kein Satz, der nur konstante Ausdrücke enthält, den Wahrheitswert irgendwie erwähnen muss19, dass die Anerkennung des Wahrheitswertes eines Gedankens ein Teil des Urteilens ist und dass sich diese Anerkennung schon in der Behauptung des Satzes offenbart, muss man annehmen, dass die logische Form eher die Form des Urteilens ist als nur und ausschließlich die eines beurteilbaren Inhalts. Wenn Frege nun aber durch den Ausdruck „fallen unter“ gerade das Ungesättigtsein und die funktionale Natur eines jeden Begriffs bezeichnet, dann ist jeder Begriff ein Träger der logischen Form. Wenn man die Möglichkeit ausschließt, dass es genauso viele logische Formen wie Begriffe gibt, weil in diesem Fall nur diejenigen Sätze dieselbe logische Form haben würden, die dasselbe Prädikat einem Subjekt zusprechen, bleibt die Idee, dass die logische Form eines Begriffs durch seine Charakteristika, die dem Begriff als einer Funktion zukommen, bestimmt ist. Mehrere Begriffe können in bezug auf ihre Argumente und ihre Werte die gleichen Charakteristika haben. Durch ihre Werte kann man die Begriffe voneinander nicht unterscheiden, da jeder Begriff von allen anderen Funktionen dadurch zu trennen ist, dass er einen Wahrheitswert als seinen Wert hat. Also liegt der Grund für die Unterscheidung verschiedener logischer Formen in der Anzahl oder im Charakter von Argumenten eines Begriffs. Wir können also jede logische Form als eine Klasse von wahrheitswertigen Funktionen auffassen, die für bestimmte Werte ihrer Argumente bestimmte Wahrheitswerte annehmen. Durch das Anerkennen einer solchen Klasse verhindert man die Identifizierung der Form mit einem bestimmten Begriff. Man erhält die Möglichkeit, verschiedene Begriffe miteinander zu vergleichen, um über unterschiedliche Inhalte zu behaupten, dass sie dieselbe oder doch verschiedene logische Form haben. Wenn man nun die wahrheitswertigen Funktionen mit einem nicht-wahrheitswertigen Argument betrachtet, besteht ihr Definitionsbereich aus Gegenständen und ihr Wertebereich aus Wahrheitswerten. Das Gesetz, nach dem einem Gegenstand ein Wahrheitswert zugeordnet wird, könnte man so darstellen:

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F(a) = WW Wenn wir nun die Klasse solcher Funktionen beschreiben wollen, können wir das machen, indem wir sie durch F1 bezeichnen und folgendermaßen beschreiben: F1 = {F | F ist eine wahrheitswertige Funktion von einem Argument, deren Definitionsbereich Gegenstände enthält} In einem solchen Fall betrachten wie die logische Form nicht als eine Funktion (als ein Gesetz der Zuordnung), sondern als einen besonderen Gegenstand. Was ist jetzt dieser Gegenstand oder diese Klasse? Was sind ihre Elemente? Wenn wir uns nun wiederum auf das berühmte Schema Freges beziehen, können wir die Elemente dieser Klasse als Gegenstände betrachten, die unter den Begriff F1 fallen. Diese Betrachtungsweise ist allerdings nicht ganz „sauber“, insofern als Begriffe nach Frege, streng genommen, keine Gegenstände sind. Trotzdem findet diese Betrachtungsweise eine gewisse Berechtigung auch in der Theorie Freges, der bekanntlich die Möglichkeit zuließ, den Begriff mit seinem Wertverlauf gleichzusetzen. Die Klasse F1 lässt sich unter dieser Voraussetzung auch folgendermaßen definieren: F1 = {{(a, WW F(a))}} = Klasse der Wertverläufe der wahrheitswertigen Funktionen von einem Argument, die auf dem Bereich der Gegenstände definiert sind Wenn wir diese Betrachtungsweise zulassen, gewinnen wir die Möglichkeit, die Elemente dieser Klasse als Argumente einer bestimmten Funktion, nämlich einer bestimmten logischen Form, aufzufassen. Was sind dann die Werte dieser Funktion? Ich möchte annehmen, dass das Inhalte oder Sätze sind. Sätze eignen sich für diese Rolle besser, weil man, von der Gestalt des Satzes ausgehend, auf seine logische Form schließt. Zu bemerken ist in diesem Zusammenhang, dass Frege, der diese Schlussweise benutzt, doch davon ausgeht, dass die Eigenschaften des Inhalts (des Sinnes der Zeichen) von dem Gebiet des Sinnes auf Zeichen übertragen werden20. Wenn wir versuchen, das Gesetz der Zuordnung zu bestimmen, durch welches diese Funktion definiert ist, können wir ihren Definitionsbereich als wahrheitswertige Funktionen mit einem Argument definieren. Wenn der Definitionsbereich der Funktion Sätze enthält, könnte man die Argumente der Funktion alternativ nicht als Begriffe, sondern als

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Begriffswörter definieren. Man könnte die Funktion also auf zweifache Weise beschreiben: F1: Begriffe → Sätze F1(F_) = F1 (a |→ WW F(a)) = „Fa“ oder aber F1: Begriffswörter → Sätze F1(„F_“) = „Fa“ Die beiden Darstellungsweisen führen zur Annahme, dass die logische Form eine Operation ist, die Inhalte und folglich Sätze als Einheiten liefert. Die erste Darstellung basiert auf der Annahme, dass die Objekte, auf denen diese Operation operiert, Begriffe sind, was ihnen den Status von Gegenständen verleiht und sie damit doch der Fähigkeit beraubt, selbst als Träger der logischen Form aufzutreten. Die zweite Darstellung sollte deswegen vorgezogen werden, wobei durch sie die logische Form zu einer Operation auf Zeichen wird. Man könnte aber aufgrund dieser Darstellung den nächsten Schritt machen und annehmen, dass es Operationen gibt, die jedem Satz das Argument der Operation der logischen Form zuordnen. Solche Operationen könnte man als Operationen der Bestimmung der logischen Form des Satzes beschreiben, wobei sie alternativ als Operationen der Bestimmung der Wahrheitsbedingungen des Satzes charakterisiert werden könnten. Wenn wir die logische Form als eine Klasse von bestimmten Begriffen (oder Begriffswörtern) definieren, können wir allerdings in einen Teufelskreis geraten, denn die fragliche Klasse wird schließlich selbst durch die logische Form (oder durch die Operation ihrer Bestimmung) bestimmt. Der Vorteil der Definition der logischen Form als einer Klasse besteht aber darin, dass man dadurch die Möglichkeit erlangt, diese Klasse als Klasse der Begriffe zu definieren, die selbst unter einen Begriff fallen. Versucht man diesen Begriff zu bestimmen, kann man behaupten, dass die logische Form der Begriff eines Begriffs ist. Diese Behauptung kann man verallgemeinern und vom Begriff eines Begriffs auf den Begriff einer wahrheitswertigen Funktion erweitern. Wenn wir aber die logische Form nicht mit einem Begriff (einer Funktion) oder einer Klasse identifizieren, ist es möglich anzunehmen, dass ein Satz

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der Gestalt „(Der Gegenstand) a fällt unter den Begriff F“ die logische Form ausdrückt und nicht bezeichnet. Dann ist die logische Form eine intensionale Entität, d.h. ein Gedanke, der wie der Satz und seine Bedeutung auch zusammengesetzt ist. Die Bestandteile der Form sind in diesem Fall der Sinn der im Satz vorkommenden Zeichen und ihrer Verbindungen. Mit dieser Ansicht sind aber auch gewisse Probleme verbunden. Jeder Gedanke ist wahr oder falsch. Doch der in unserem Satz angeblich ausgedrückte Gedanke kann als wahr oder falsch nur dann eingeschätzt werden, wenn man von der Gültigkeit der oben vorgeschlagenen Umformulierung ausgeht. Sonst ist der in dem Satz ausgedrückte Gedanke unbestimmt, da der diesem Gedanken entsprechende Satz Variablen, also Platzhalter für die Wörter, die einen bestimmten Sinn haben, enthält. Wahr oder falsch sind natürlich nicht nur Gedanken, deren Ausdrücke keine Variablen enthalten. Wahr oder falsch können auch logische Prinzipien und Widersprüche sein, in deren Ausdrücken eine oder mehrere Variablen zusammen mit den sogenannten logischen Konstanten vorkommen. Da die Mannigfaltigkeit der logischen Formen unter anderem darauf basiert, dass die Variablen in Ausdrücken für manche dieser Formen durch Sätze verschiedener Gestalt ersetzt werden können und somit auch Wahrheitswerte als mögliche Werte ihrer Argumente annehmen können, soll hier bemerkt werden, dass die Wahrheit von logischen Prinzipien (sowie die Falschheit von Kontradiktionen) nicht von den Wahrheitswerten abhängt, die den Teilsätzen in ihren Exemplifizierungen zukommen, und somit für eine beliebige Kombination dieser Wahrheitswerte bestimmt ist. Wenn wir aber in einem Ausdruck einer logischen Form (wie in dem Ausdruck (1)) die Variablen durch Konstanten ersetzen, können wir Sätze mit verschiedenen Wahrheitswerten bekommen. Wenn man nun annimmt, dass die oben vorgeschlagene Umformulierung des Satzes (1) gelten soll, identifiziert man die logische Form, die mehreren beurteibaren Inhalten oder Gedanken zukommt, mit einem bestimmten Gedanken, welcher der Fregeschen Auffassung solcher Sätze entsprechend ein allgemeiner Gedanke21 ist, und den man in diesem Fall sogar als eine Verallgemeinerung der Ergebnisse der Analyse von

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verschiedenen beurteilbaren Inhalten und in diesem Sinne als einen gesetzartigen Gedanken betrachten darf. Den Gedanken, um den es hier geht, muss man dann als wahr anerkennen, wenn man davon ausgeht, dass sich die Erkenntnis insbesondere in der Form eines logisch gestalteten Begreifens von Eigenschaften und Zusammenhängen der Gegenstände der Erkenntnis vollzieht, dass solche Gegenstände miteinander verglichen werden können, dass man ihre Ähnlichkeit oder Verschiedenheit feststellen kann und dass eine solche Feststellung unter anderem durch eine Einreihung der Gegenstände unter Begriffe geschieht. Die Anerkennung der Wahrheit dieses Gedankens behebt aber nicht die grundlegende Schwierigkeit seiner Identifizierung mit der logischen Form von verschiedenen einzelnen Sinngebilden. Um diese Schwierigkeit zu umgehen, muss man den Sinn jedes bestimmten Satzes als den Sinn eines der Werte des Ausdrucks (1) betrachten, wenn man die in ihm vorkommenden Variablen durch Ausdrücke mit einem bestimmten Sinn ersetzt, wobei dem Ausdruck (1) kein bestimmter Sinn zugesprochen wird. Diese Betrachtungsweise ist vielleicht die einzige Möglichkeit, die logische Form als ein Charakteristikum des Sinnes zu betrachten, ohne dabei vor der Frage zu stehen, wie der Sinn des Satzes (1) mit dem Sinn jedes konkreten Satzes verbunden ist. Wenn man über Bedeutungen spricht, könnte man eine solche Schwierigkeit überwinden, indem man behaupten würde, dass die Bedeutungen von Namen und Begriffswörtern, die in einem Satz vorkommen, den Bedeutungen der bezeichnenden Ausdrücke in dem Satz (1) untergeordnet werden können. Es ist aber fraglich, ob man über solche Beziehungen zwischen den Sinngebilden sprechen kann, ohne dabei zumindest auf Bedeutungen zurückzugreifen. Wenn wir also die logische Form als einen Sinn betrachten, stehen wir vor der Wahl: entweder gibt es (im Gegensatz zu Gedanken, deren Wahrheit nicht anerkannt wird) auch Gedanken, die keinen Wahrheitswert haben und nur gefasst werden können, oder der Sinn eines einzelnen Satzes (sowohl eines wahren als auch eines falschen) ist nur eine Realisierung einer logischen Form, und die Tatsache, dass sowohl wahre als auch falsche Sätze einen Sinn haben, ist vielleicht dadurch zu erklären, dass die logische Form mit einer Form, in der sich die Erkenntnis vollzieht, gleichgesetzt werden kann und dass jeder Sinn als Realisierung einer bestimmten

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Herangehensweise an den Gegenstand der Erkenntnis schließlich eine Erkenntnisform repräsentiert. 5.1.4. Einige Schlüsse aus Annahmen über die Fregesche Auffassung vom Standpunkt der Entwicklung der Russellschen Theorie Man kann verschiedene Schlüsse aus den Möglichkeiten ziehen, die uns die obigen Annahmen zeigen. Wenn man, von dieser Problematik ausgehend, behauptet, dass die logische Form selbst keine Bedeutung und kein Sinngebilde ist, kann man ihr kaum eine Eigenschaft zusprechen, die diesen beiden Seiten eines beurteilbaren Inhalts zukommt. Da als eine solche Eigenschaft in erster Linie ihre Komplexität in Frage kommt, soll die logische Form nicht als etwas Zusammengesetztes betrachtet werden. Eine ähnliche Idee stammt von Russell22. Es wurde schon angesprochen, dass 1910 im ersten Band der Principia Mathematica die Grundideen der Erkenntnistheorie formuliert wurden, die Russell später in seinem Manuskript (1913) und in Our Knowledge of the External World (1914)23 entwickelte. Eine dieser Ideen ist die These, dass die Erkenntnis die Form einer mehrstelligen Relation hat. Die logische Form ist nach Russell einer der Terme dieser Relation. Russell glaubt, dass die Kenntnis einer logischen Form (obwohl sie oft unbewusst benutzt wird) für das Urteilen (oder eine andere Art kognitiver Relation) unentbehrlich ist. Die logische Form ist eine Komponente des Urteilens. Während ein Subjekt urteilt, bringt es die Elemente des Komplexes, den es analysiert, mittels einer logischen Form in eine Wechselbeziehung zueinander, und dank dieser Handlung kann das Subjekt Sätze über den Komplex formulieren. Im Unterschied zu den Fregeschen Sätzen (1) und (2) enthalten die Ausdrücke für die logische Form der einfachen Sätze bei Russell keine konstanten Teile wie „fällt unter“. Die logische Form, für die solche Ausdrücke wie „etwas hat ein Prädikat“ („Fa“) oder „etwas hat eine Relation zu etwas“ („aΦb“) stehen, enthält keine Teile, sondern nur Variablen und ist aus diesem Grund nicht zusammengesetzt, sondern einfach. Zu bemerken ist, dass man auch Freges Darstellung der logischen Form für ähnliche theoretische Konstruktionen benutzen kann. Gehen wir davon aus, dass die logische Form mit dem Sinn der Sprachausdrücke verbunden ist. Damit

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wird allerdings nicht behauptet, dass die logische Form selbst der Sinn eines Sprachausdrucks ist. Dann können wir, wenn wir uns z.B. den Satz (1) ansehen, die logische Form als eine Funktion betrachten, die dem Sinn eines Namens und eines Begriffswortes den Sinn des entsprechenden Satzes zuordnet. Das können wir, von unserer Schreibweise ausgehend, in der Form φ (a, F) = a ist F darstellen. Im diesem Fall ist die logische Form eine Funktion, welche dem Sinn eines Namens und dem Sinn eines Begriffswortes den Sinn eines bestimmten Satzes zuordnet, den wir in Russells Terminologie auch als Proposition bezeichnen können. Wenn man das Urteilen wie Russell auffasst, kann eine solche Funktion als eine Komponente des Urteilens angesehen werden. Wenden wir uns nochmals der Theorie Russells zu. Wenn das erkennende Subjekt eine Tatsache wahrnimmt, z.B. die Röte eines Apfels, und sie analysiert, wird der Bezug zu einer logischen Form hergestellt. In dem gegebenen Fall ist diese Form etwas hat ein Prädikat. Durch das Herstellen dieses Bezugs kann man dann urteilen, dass der Apfel rot ist. Wenn das Subjekt urteilt, behauptet es, dass der gegebene Gegenstand, der als ein Apfel identifiziert worden ist, unter den Begriff (das Prädikat) rot (ist rot) fällt. Dieses Urteil kann ausgesprochen werden. Wenn wir uns nun die Frage stellen, was der Sprachausdruck für die logische Form ist, kommen wir zu dem Schluss, dass er kein Satz, aber auch kein Name ist. Wäre das der Fall, müsste dieser Ausdruck eine bestimmte Bedeutung haben. Man könnte diesen Ausdruck auch nicht als eine Formel, sondern als eine bezeichnende Phrase auffassen. Als eine solche deutet der Ausdruck eine Menge von Sätzen an oder bezeichnet („denotes“) sie, wobei diese Bezeichnung unbestimmt ist. Wenn die Variablen durch Namen oder bezeichnende Ausdrücke ersetzt werden, wird diese Phrase zu einem Satz. Seine Bedeutung ist nach Russell eine Proposition, diese Bedeutung ist komplex. Die Form der Proposition ist die logische Form, für welche die bezeichnende („denoting“) Phrase steht, die nur Variablen enthält. Das Wissen von einer logischen Form ist die Kenntnis solcher bezeichnenden Ausdrücke. Sehen wir nun von dem Hauptproblem dieser Theorie ab. Es besteht darin, dass man, um sinnvolle Sätze zu formulieren, noch

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zusätzliches Wissen braucht, nämlich das Wissen davon, welche Namen oder Ausdrücke welche Variable ersetzen dürfen. Nehmen wir an, dass ein solches Wissen einen Teil des Wissens der logischen Form bildet. Dann ist das Wissen von der logischen Form das Wissen von den Regeln der Kombination der Bedeutungen („meanings“), die, nach solchen Regeln zusammengesetzt, eine komplexe Bedeutung (eine Proposition) bilden. Da aber diese Regeln ein Bestandteil des Urteilens sind, sind sie eine Eigenschaft der kognitiven Tätigkeit und wenn nicht die Form dieser Tätigkeit selbst, dann doch eine Form der Proposition und somit die Form des Fassens der Komplexe von Bedeutungen. Nach dem Russellschen Konzept hat aber das Urteil selbst auch eine logische Form. Diese Form ist die Form einer mehrstelligen Relation, die als ihre Terme Bestandteile von verschiedenen Komplexen, logische Formen von Propositionen und ein urteilendes Subjekt hat. Die Sätze, die im Ergebnis des Urteilens eine Proposition ausdrücken („mean“) oder eine Proposition als ihre Bedeutung („meaning“) haben, sind wahr oder falsch. Die Russellsche Theorie scheint schließlich an der erwähnten Schwierigkeit, die Wittgenstein ans Licht brachte, zu scheitern, was ich in den nächsten Abschnitten des Kapitels noch ausführlich diskutieren werde. Worauf wir aus unserer Analyse schließen können, lässt sich dennoch schon jetzt folgendermaßen zusammenfassen. Die Frage, was die logische Form ist und wessen Form sie ist, und der Gedanke, dass die logische Form zusammengesetzt ist, implizieren in erster Linie die Frage nach ihren Bestandteilen. Wenn man die logische Form nicht mit einer Spracheinheit identifiziert und bei dem Begriff beurteibarer Inhalt bleibt, muss man annehmen, dass die logische Form aus Begriffen besteht. Da diese Begriffe in einer bestimmten durch solche Ausdrücke wie „fallen unter“ bezeichneten Relation zueinander stehen, und da solche Relationen nicht immer symmetrisch sind, so dass eine Veränderung der Reihenfolge der Bezeichnungen ihrer Terme den Ausdruck für die logische Form so verändern kann, dass der entsprechende beurteilbare Inhalt keine logische Form mehr hat und in diesem Sinne kein beurteilbarer Inhalt mehr ist, kann man zu der Annahme kommen, dass die logische Form selbst eine Form hat. In diesem Fall basiert jede Definition der logischen Form auf dem Begriff der Form, der seinerseits auch definiert oder durch eine Erklärung

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eingeführt werden soll. Wenn man den beurteilbaren Inhalt in Sinn und Bedeutung einteilt und die logische Form als eine Beziehung zwischen Teilen der Bedeutung ansieht, muss entweder der Begriff des Begriffs an der Eigenschaft einbüßen, ungesättigt zu sein und dadurch das Haften solcher Teile aneinander zu ermöglichen, oder die logische Form muss selbst mit einem Begriff identifiziert werden. Eine solche Identifizierung kann die logische Form sogar zu einem Bestandteil der Bedeutung (des beurteilbaren Inhalts) machen. Dazu kommt noch, dass das Akzeptieren des zusammengesetzten Charakters der logischen Form das Prinzip gefährdet, laut dem jeder Gedanke, der nicht „der Dichtung angehört“, einen Wahrheitswert hat. Sowohl die Anerkennung des komplexen Charakters der logischen Form zusammen mit der Identifizierung der logischen Form mit einer Komponente des Sinnes, als auch die Idee, dass die logische Form selbst nicht zusammengesetzt ist und keine Struktur hat, kann die logische Form zur Form des Urteilens oder des Fassens der Wirklichkeit machen. Da aber das Urteil oder Ergebnis einer anderen kognitiven Handlung durch einen Satz wiedergegeben werden kann, darf man die logische Form des Urteilens als sich in der logischen Form eines Satzes realisierend betrachten.

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5.2. Russell über die logische Form Bevor Russell seine Theorie der Beschreibungen formulierte, hatte er die logische Form als die Form eines Komplexes (einer Proposition) betrachtet. Eine solche Form, die auch als eine Art der Kombination der Bestandteile der Proposition definiert wird, ist die Konstante, die man durch die Analyse einer Proposition bestimmen kann. Die Form oder die Struktur einer Proposition ist ein Charakteristikum, welches die Natur der Proposition kennzeichnet und deswegen von der Logik untersucht wird. Die Objektivität der logischen Form, die aus der Annahme folgt, dass die Propositionen selbst objektive Entitäten sind, erweist sich aber als fraglich. Der Grund dafür, dass man an der Objektivität der logischen Form zweifelt, liegt darin, dass die Behauptung über die Objektivität der Träger der logischen Form – der Propositionen – mehrere Probleme verursacht. Um diesen Problemen zu entgehen, formuliert Russell die Theorie der Beschreibungen. Durch diese Theorie wird einerseits der Status der Propositionen verändert. Von nun an werden die sie vertretenden Zeichen als unvollständige Symbole betrachtet24, in dem Sinne, dass das, was sie vertreten, keine Einheit ist. Die Proposition kann aber durch Urteilen zu einer Einheit werden. Durch diese Umwandlung bekommt auch das die Proposition ausdrückende Zeichen eine Vervollständigung. Als ein vollständiges Symbol fungiert ein Satz. Propositionen werden aber noch nicht mit den Sätzen identifiziert. Die Idee einer solchen Identifizierung vertritt Russell später. Andererseits bekommt man die Möglichkeit, auch Sätze als Träger der logischen Form zu betrachten. Es gibt nämlich Sätze, die einer Umformulierung bedürfen, wenn man sie für eine logisch geregelte Argumentation gebrauchen will. Eine solche Umformulierung beruht auf der Aufdeckung der Wahrheitsbedingungen derartiger Sätze. Das gibt Anlass, über die echte logische Form der Sätze zu sprechen, welche die Struktur der ihnen entsprechenden Propositionen erkennbar macht. 1907-1913 formulierte Russell die Theorie der kognitiven mehrstelligen Relationen, welche unter anderem den Propositionen ihre neue Stelle in dem Erkenntnisverfahren zuweist. Für die zu erkennenden Objekte werden

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Fakten erklärt, die von Propositionen zu unterscheiden sind. Der Fakt ist eine Einheit, die wahrgenommen wird. Seine Struktur wird vom Subjekt entdeckt und in einem Satz behauptet. Insofern als der Fakt im Wahrnehmen ungeteilt und unstrukturiert ist, ist das Wahrnehmen selbst eine binäre kognitive Relation zwischen dem Subjekt und dem Fakt. Urteilen (Glauben) ist eine andere Art des Erkennens. Es ist eine mehrstellige Relation zwischen dem erkennenden Subjekt und zunächst den Bestandteilen einer Proposition. Diese Bestandteile werden vom Subjekt durch die Analyse seiner Vorstellung von dem Fakt definiert. Die Kollektion solcher Bestandteile wird mit der Proposition als dem von einem unvollständigen Symbol Bezeichneten (später bezeichnet Russell die Proposition selbst als ein unvollständiges Symbol, wobei er diese Bezeichnung in Anführungszeichen benutzt) identifiziert. Eine Proposition erlangt Vollständigkeit, wenn das Subjekt in einem Satz eine Relation zwischen diesen Bestandteilen behauptet. Einem behaupteten Satz entspricht somit die Proposition, welche seine Bedeutung („meaning“) ist. Diese Ideen werden insbesondere in den Principia Mathematica formuliert. 1913 wird im Manuskript über die Erkenntnistheorie, das Russell nicht beendet und das zu Russells Lebzeiten nur teilweise publiziert wird, die Problematik dieser Theorie zum selbständigen Gegenstand der Untersuchungen, wodurch die Theorie eine weitere Entwicklung erfährt. Jede Erkenntnis setzt nach Russell eine bestimmte kognitive Relation voraus, deren Begriff man als eine Verallgemeinerung des Begriffs des Wahrnehmens betrachten kann. Diese Relation definiert Russell als Bekanntschaft („acquaintance“). Man kann diese Relation als eine binäre Relation zwischen dem Subjekt und dem Objekt beschreiben, die keine Gemeinsamkeit der Natur des Subjekts und des Objekts der Erkenntnis verlangt25. Wie die Frage nach der Natur der Terme dieser Relation beantwortet wird, bestimmt den Charakter der Erkenntnistheorie, die sich unter anderem mit dieser Frage beschäftigt. Diese Frage betrifft den Begriff des Mentalen („mental“), den Russell dem Begriff des Physikalischen („physical“) gegenüberstellt. Russell betrachtet mehrere Theorien, von denen er anscheinend die Theorie Meinongs und den sogenannten neutralen Monismus, der von James und Mach vertreten wird,

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für die einflussreichsten hält. Russell möchte die starken Seiten dieser Theorien nutzen und dabei „unparteiisch“ in bezug auf sie bleiben. Was er z.B. mit der Theorie des neutralen Monismus teilt, ist die Idee, dass Elemente der physikalischen Welt uns unmittelbar gegeben sein können26. Einige der Probleme, welche diese Theorie zu bewältigen hat, sind die Schwierigkeiten, die Russell selbst früher hatte. Das ist z.B. die Frage nach der Natur des falschen Glaubens (Urteilens), welche die Theorie des neutralen Monismus kaum erklären kann, ohne sich an das zu wenden, was man nicht in der physikalischen Welt findet27. Russell entwickelt eine alternative Theorie, der er die Begriffe des Fakts, des Komplexes, der Relation und der Erfahrung zugrunde legt. 5.2.1. Das Manuskript über die Erkenntnistheorie (1913): kognitive Fakten und Komplexe Seine Argumentation fängt mit einer Beobachtung bezüglich der Fakten an. Einen Fakt definiert Russell als das, was durch die Phrase „dass sound-so der Fall ist“ („that so-and-so is the case“) ausgedrückt wird. Schon diese Bezeichnung deutet darauf hin, dass der Fakt kein existierendes Ding ist. Das bedeutet aber nicht, dass uns keine Fakten in der Erfahrung gegeben sind28. Es gibt nämlich solche und solche. Nachdem Russell den Begriff des Fakts eingeführt hat, will er nun wissen, wodurch sich die Fakten der Erkenntnis von allen anderen Fakten unterscheiden. Russell kommt zu dem Schluss, dass das einzige Charakteristikum von Ereignissen, die in einer mentalen Welt ablaufen, das ist, was er als „experiencing“ bezeichnet und was ich als „Erleben“ oder „Kennenlernen“ bezeichnen möchte. Wenn zwei Subjekte ein und dasselbe Objekt kennenlernen, kennt das eine Subjekt nicht das Erleben des anderen Subjekts, während das Objekt selbst von beiden Subjekten gekannt (erlebt) werden kann. Daraus kann man schließen, dass das Erleben des Objekts mit dem Objekt selbst nicht identisch ist. Das Erleben ist eine Relation zwischen dem Subjekt, das erlebt, und dem Objekt, das erlebt wird. Diese Beziehung nennt Russell „Bekanntschaft“ („acquaintance“)29. Jetzt kann man zwischen mentalen und physikalischen Fakten unterscheiden. Die mentalen Fakten sind diejenigen, welche die Relation der Bekanntschaft selbst oder eine andere Relation, die diese einschließt, enthalten. Die

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physikalischen Fakten enthalten keine Relation, die selbst auf der Relation der Bekanntschaft beruht oder mit ihr zusammenfällt. Die mentalen Fakten sind also die kognitiven Fakten30. Wenn man verschiedene kognitive Fakten miteinander vergleicht, kommt man zu der Idee, dass sie sich voneinander unterscheiden und sich ihren Unterschieden entsprechend auch klassifizieren lassen. In erster Linie gibt es kognitive Fakten (oder Relationen), welche die Möglichkeit eines Fehlers enthalten. Mit Hilfe dieses Kriteriums kann man zunächst die Bekanntschaft von allen anderen kognitiven Relationen trennen. Die Bekanntschaft, bei der die Möglichkeit eines Fehlers nach Russell logisch ausgeschlossen ist, ist als eine zweistellige Relation definiert. Diese Definition gibt Grund zu der Annahme, dass alle anderen kognitiven Relationen mehrstellig sind31. Aber sowohl die Bekanntschaft als auch andere kognitive Relationen weisen noch weitere Unterschiede auf. Eine Bekanntschaft kann man z.B. mit verschiedenen Objekten haben. Mit den einen haben wir die Bekanntschaft in der Wahrnehmung, mit den anderen – im abstrakten Denken, im Begreifen („conception“)32. Die Besonderheit der Objekte erster Art ist: sie sind Einzelne. Unter die Objekte der zweiten Art fallen Universalien und logische Formen. Auch die mehrstelligen Relationen kann man in verschiedene Arten unterteilen, die Russell als verschiedene Arten des propositionalen Denkens oder als propositionale Einstellungen („propositional attitudes“) definiert. Unter diesen sind solche wie Verstehen, Glauben, Nicht-Glauben, Zweifeln, Analysieren u.s.w.33 Der weitere Begriff, den Russell einführt, ist der Begriff eines Komplexes („complex“). Einen Komplex beschreibt Russell als etwas, was analysiert werden kann und Bestandteile hat. Russell identifiziert einen Komplex nicht mit einem Fakt, aber er bemerkt, dass eine solche Identifizierung nicht ausgeschlossen werden kann. Anscheinend wird diese Annahme später (nach 1919) einer der Gründe dafür sein, dass Russell anfängt, auch mentale Ereignisse, unter die er nun auch solche Komplexe (Propositionen) einreiht, als Tatsachen zu betrachten. Jetzt beschränkt sich Russell auf die Bemerkung, dass zwischen Komplexen und Fakten eine eineindeutige Beziehung besteht. Die Eigenschaft des Komplexes ist eine Form, die

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Eigenschaft seiner Bestandteile – eine Stellung in dieser Form34. Komplexe unterteilt Russell in atomare und molekulare. Er geht ferner davon aus, dass die Komplexe einen verbalen Ausdruck haben. Wenn man weiterhin eine kognitive Relation zusammen mit ihren Termen selbst als einen Komplex beschreibt, erlangt man die Möglichkeit, über zwei Arten der logischen Form zu sprechen. Erstens über die Form des kognitiven Komplexes und zweitens – über die Form des Komplexes, der keine kognitive Relation enthält35. Diese beiden Arten werden als logische Formen definiert. Die logischen Formen von nicht-kognitiven Komplexen (ich werde sie im Folgenden mit Propositionen gleichsetzen, weil das auch einer der Vermutungen Russells entspricht) werden schon als solche anerkannt. Logische Formen von kognitiven Akten oder vom Begreifen von Propositionen verlangen eine solche Anerkennung und sollen die Liste der bereits anerkannten logischen Formen erweitern. Eine Frage, die im Zusammenhang mit dem Begriff der Form eines Komplexes steht, ist die Frage nach dem Sinn („sense“) der Relation, die in einem Komplex als einer seiner Bestandteile vorkommt, oder die Frage nach der Reihenfolge der Terme der Relation. Wenn wir z.B. den Satz „Der Mont Blanc ist höher als die Zugspitze“ nehmen, können wir ihn durch die Formel „xRy“ bezeichnen. Diesem symbolischen Ausdruck entsprechen aber zwei Sätze – der gegebene und der Satz „Die Zugspitze ist höher als der Mont Blanc“. Diesen beiden Sätzen ihrerseits entspricht nur ein Komplex, der real ist und der in jedem dieser Sätze behauptet oder verneint wird. Diese Tatsache betrachtet Russell als einen Grund für die Unterscheidung zwischen dem Sinn der Relation und der sogenannten „reinen“ („bare“ oder „pure“) Relation. Der Sinn der Relation lässt sich auch erkennen, wenn man an Stelle des zweiten Satzes den Satz „Der Mont Blanc ist niedriger als die Zugspitze“ betrachtet. Während in beiden Sätzen (in dem ersten und in dem letzten) die Rede von der gleichen reinen Relation ist, weist der Name der Relation zusätzlich auf ihren Sinn hin. Wörter wie „höher“ und „niedriger“ sind Namen ein und derselben (reinen) Relation, aber die Verschiedenheit des Sinnes, die sie mitbezeichnen, äußert sich schließlich darin, dass sie in einem Satz nicht gegenseitig ersetzbar sind. Wird eine solche Ersetzung vorgenommen, ändert sich der Wahrheitswert des Satzes, in dem alle anderen Komponenten unverändert

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bleiben. Wenn eine Relation zwei solche Namen hat, wird sich der Wahrheitswert des Satzes, in dem einer von ihnen vorkommt, auch dann ändern, wenn man in dem Satz nur die Namen der Terme der Relation vertauscht (wie im Satz „Die Zugspitze ist höher als der Mont Blanc“). Russell behauptet, dass man eine Bekanntschaft sowohl mit dem Sinn einer Relation als auch mit der reinen Relation selbst haben kann. Den Sinn einer Relation erkennt man, wenn man die Relation in eine Beziehung mit ihren Termen und folglich mit dem Komplex selbst bringt. Die Relation selbst erkennt man, wenn man zwei Komplexe miteinander vergleicht. Der Sinn einer Relation ist also selbst eine Reihe von Relationen und zwar der Relationen der Bestandteile eines Komplexes zu dem ganzen Komplex. Diese Relationen bestimmen die Position des jeweiligen Bestandteils in dem Komplex36. Das zeigt, dass, obwohl der Sinn einer Relation in einigen seiner Merkmale der Form eines Komplexes ähnelt, der Sinn der Relation doch nicht mit der logischen Form gleichgesetzt werden kann. 5.2.2. Aufzeichnungen über Logik (1912): logische Form – primitiver Begriff der logischen Theorie oder definierbare Eigenschaft von Komplexen? Die Frage, was die logische Form eines Komplexes ist, ob sie selbst ein besonderer Gegenstand oder eine Art des Bezeichnens (also auch des Begreifens, könnte man hinzufügen) eines von ihr verschiedenen Objekts ist, stellt Russell schon 1912, als er das Problem zuerst als einen Gegenstand möglicher theoretischer Untersuchungen betrachtet und einige Notizen darüber macht37. Russell schlägt zwei Arten der Behandlung und der Definition der logischen Form vor. Einerseits kann man die logische Form als etwas Undefinierbares betrachten. In diesem Fall kann sie als ein primitiver Begriff einer logischen Theorie auftreten. Wenn man dann die Logik selbst als ein Studium der Formen von Komplexen betrachtet, kann man den Begriff der Form in einen Zusammenhang mit dem anderen primitiven Begriff der Logik, dem Begriff eines Komplexes, bringen. Im Gegensatz zu Bestandteilen eines Komplexes kann man die Form als Nicht-Bestandteil beschreiben. Sie ist „die Art, auf welche die Bestandteile zusammengesetzt sind“38. Andererseits kann man die Relation dieselbe Form haben („having the same form“) definieren, die zwei Komplexe

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zueinander haben. Diese Relation besteht, wenn ein Komplex „aus einem anderen durch bloße Substitution von neuen Termen an [den entsprechenden] Stellen dieses anderen gewonnen werden kann“39. Die Substitution kann aber nur in bezug auf Symbole vorgenommen werden, die für Komplexe oder ihre Form stehen40. Wenn ein zusammengesetzter Name, der für einen Komplex steht, als Produkt einer Analyse betrachtet wird41, wobei man diese Betrachtungsweise schon in den Principia Mathematica und ein Jahr später in Russells Manuskript findet, kann das Symbol, das Variablen enthält, als Produkt der formalen Analyse des Komplexes aufgefasst werden. Mittels der formalen Analyse wird die Form des Komplexes (die Art der Kombination seiner Bestandteile) bestimmt42. Wenn also die Einführung des Begriffs der logischen Form dadurch realisiert wird, dass man die Relation zwischen zwei beliebigen Komplexen, die dieselbe logische Form haben, definiert, werden die Komplexe verglichen, indem die für sie stehenden Symbole verglichen werden. Was also dem Vergleich unterliegt, sind Produkte der Analyse, die man im Prozess der Erkenntnis durchführt. Eine solche Interpretation macht die logische Form zu einem Charakteristikum von Produkten einer kognitiven Tätigkeit des erkennenden Subjekts und somit zu einem Charakteristikum dieser Tätigkeit selbst, und impliziert die Annahme, dass die logische Form selbst eher ein Symbol als etwas durch das Zeichen Dargestelltes ist. Diese Annahme führt ihrerseits zu der Frage, was das durch ein solches Symbol Dargestellte ist, und das Problem der Definition der logischen Form und ihres objektiven Korrelats entsteht erneut. Eine ähnliche sowie eine andere Schwierigkeit entstehen, wenn man die logische Form als ein Gesetz der Zuordnung betrachtet. Diese Betrachtungsweise ist auch eine der Folgen der Annahme, dass die Relation zwischen den dieselbe logische Form aufweisenden Komplexen definierbar ist, und nicht die logische Form an sich. Man könnte die Behauptung über das Bestehen einer solchen Relation zwischen zwei Komplexen durch die Aussage präzisieren, dass man die Ausdrücke für die Komplexe durch die Einsetzung von Namen für Variablen in einem formalen Ausdruck bekommt. Den formalen Ausdruck könnte man als das Zeichen betrachten, dem verschiedene Werte (diese sind Komplexe) für verschiedene bestimmte Werte von Variablen zugeordnet werden können.

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Man könnte dann den formalen Ausdruck (z.B. „xRy“) als ein Funktionszeichen auffassen und die logische Form als die diesem Zeichen entsprechende Funktion. Der Definitionsbereich einer solchen Funktion würde dann aus Relationen und ihren Termen bestehen und der Wertebereich würde Komplexe enthalten, die diese Form haben. Außer dem schon erwähnten Gedanken, dass eine solche Funktion auf Objekten undefinierter Natur (Elementen von Komplexen) operiert und Komplexe (deren gegenständlicher Status auch fraglich ist) als ihre Werte hat, womit die Operationen auf Zeichen auf Objekte übertragen werden, ist diese Annahme auch deswegen problematisch, weil nicht alle Werte einer solchen Funktion Komplexe sein können. Russell schlägt in diesem Zusammenhang vor, zwischen notwendigen, möglichen und unmöglichen Formen zu unterscheiden. Notwendig sind die Formen, die für beliebige Werte der Variablen einen Wert (der ein Komplex ist) haben. Möglich sind diejenigen, für die das Gegenteil nicht notwendig ist. Unmögliche Formen, deren Ausdrücke (wie „x ≠ x“) offenbar für logische Kontradiktionen stehen, haben als ihre Werte also etwas, was möglicherweise kein Komplex ist, wenn man z.B. von einer Gleichsetzung von Komplexen und wahren Propositionen ausgeht. Solche Schlüsse könnten den Gedanken implizieren, dass die logische Form doch als ein primitiver Begriff zu betrachten ist43. Noch eine Frage, welche sich während dieser Diskussion aufdrängt und doch unbeantwortet bleibt, betrifft die Komplexe. Es fragt sich, was ein Komplex sein kann, der insbesondere von der Logik untersucht wird. Ist das ein Satz, ein Urteil oder eine Proposition, die selbst auf verschiedene Weise aufgefasst werden kann? 5.2.3. Das Manuskript (1913): logische Form als Element der kognitiven Relation des Verstehens der Proposition Alle diese problematischen Schlüsse sind gerade das, was Russell insbesondere in seinem Manuskript zu vermeiden sucht. Er ist geneigt, logische Formen eher als Objekte zu betrachten, nicht als Zeichen oder Charakteristika einer subjektiven Analyse. Einer der Gründe dafür liegt in der Art der Existenz logischer Formen. Einerseits sind sie eine Art der Kombination der Bestandteile von Komplexen. Komplexe, die somit auch durch die logische Form zu unterscheiden sind, treten als Gegenstände der

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Erkenntnis auf, insbesondere als Gegenstände des Verstehens. Ein Komplex und mit ihm das, was ihn ausmacht, unterliegen einer Analyse. Andererseits kann man logische Form selbst bezeichnen, und verschiedenen Formen entsprechen bestimmte Sätze, wie z.B. „Etwas hat ein Prädikat“ oder „Etwas hat eine Relation zu etwas“. Das zeigt, dass logische Formen selbst, ohne Bezug auf einen bestimmten Träger der Form (Komplex), als Gegenstand der Erkenntnis auftreten können. Sobald aber eine Form als so ein selbständiges Objekt auftritt, verliert man die Möglichkeit, sie zu analysieren – sie enthält keine Bestandteile, sondern nur Variablen. Logische Formen scheinen eine Struktur zu haben, weil ihre Bezeichnungen aus mehr als einem Symbol (mehr als aus einem Wort) bestehen. Aber sie haben nach Russell keine Struktur, weil die logische Form eher selbst eine Struktur ist44. Daraus kann man zwei Folgerungen ziehen. Die erste: es muss eine besondere Art der Erkenntnis geben, die uns die Kenntnis der logischen Formen liefert. Diese Erkenntnisart setzt anscheinend keine analytische Tätigkeit als eine ihrer Komponenten voraus, aber sie gehört nicht zu den Ebenen in der Hierarchie der kognitiven Relationen, die weniger abstrakte Objekte als ihre Terme haben45. Als zweite Folgerung stellt sich die Frage, ob solchen Fakten wie logischen Formen tatsächlich keine Propositionen (oder Komplexe) entsprechen. Das erste Problem wird von Russell diskutiert. Er erklärt, dass logischen Formen eine besondere Art der Objektivität zukommt. Sie sind Fakten, die eine besondere Natur haben. Sie sind einfach46. Etwas (ein Objekt) definiert man als einfach, wenn dieses Objekt keine Bestandteile hat47. Dass logische Formen eine solche Natur haben, verlangt, dass ihre Erkenntnis als eine zweistellige kognitive Relation beschrieben wird. Diese Relation ist eine Art der Relation der Bekanntschaft, die mit keiner Analyse des Objekts verbunden ist, deren Produkte nicht wahr oder falsch sein können, und deren Funktion im Erkennen darin besteht, dass sie wie jede andere Art der Bekanntschaft Daten für Urteilen und Ableiten liefert. Die Bekanntschaft mit logischen Formen definiert Russell auch als logische Intuition ("logical intuition")48. Das ist die besondere Art der Erkenntnis von logischen Formen.

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Die Lösung des zweiten Problems verlangt die Definition der Proposition. Russell unternimmt in dem Manuskript mehrere Versuche, die Proposition zu definieren. Eine Proposition unterscheidet er in erster Linie von einem Satz49. Die Proposition kann man erstens als eine Gruppe von Phrasen definieren, die ein und dieselbe Bedeutung haben. Für diese Definition braucht man keine Definition der Bedeutung als einer selbständigen Entität. Es reicht aus, die Relation dieselbe Bedeutung zu haben zwischen zwei Sätzen zu definieren50. Bedeutungen von zwei Sätzen können sich aber voneinander auch durch die Beziehung des die Sätze formulierenden Subjekts zu scheinbar ein und demselben unterscheiden. Russell entwickelt die Idee, dass es einfacher ist, die kognitive Relation des Verstehens einer Proposition als die Proposition selbst zu definieren, wodurch er insbesondere den Unterschieden zwischen den propositionalen Einstellungen des Subjekts Rechnung tragen will51. Bei diesem Unternehmen geht Russell davon aus, dass die Proposition ein „unvollständiges Symbol“ („incomplete symbol“) ist, das eine Ergänzung durch einen Kontext bekommt, in dem das Zeichen für Proposition gebraucht wird. Nur durch die Annahme der Unvollständigkeit der Proposition kann Russell erklären, dass das Subjekt sowohl ein wahres als auch ein falsches Urteil fällen kann, ohne dabei die Existenz von falschen Gegenständen der Erkenntnis anzunehmen. Wenn die Proposition ihre Vollständigkeit erst durch die Behauptung in einem Satz erlangt und sie ohne eine solche Behauptung den Status einer Einheit gar nicht hat, kann die Falschheit zwar eine Eigenschaft einiger Gegenstände der Erkenntnis (nämlich der Bedeutungen von Sätzen) sein, aber sie kann erkannt und erklärt werden, weil der durch Wahrheit oder Falschheit gekennzeichneten Proposition das Sein oder das Fehlen eines Objekts ohne diese Eigenschaft zugeordnet werden kann. Nun fragt es sich, ob man die Proposition doch als eine Entität definieren kann, die ein selbständiges Sein hat. Wenn zwei erkennende Subjekte ein und dieselbe Proposition behaupten, betrachten sie die gleichen Objekte (das sind Bestandteile der Proposition), die sie ferner in ein und dieselbe Beziehung setzen. Die Betrachtung eines kognitiven Komplexes dient Russell deswegen als Anhaltspunkt bei der Unersuchung des Seins von Propositionen. Im Grunde haben alle kognitiven Komplexe, die sich von der Bekanntschaft unterscheiden, ein und dieselbe logische Form, und Russell wählt das Verstehen als

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Grundlage für die Analyse dieser Form, denn das Verstehen scheint ihm die einfachste der kognitiven Relationen zu sein. Die Kenntnis, die man zum Verstehen braucht, ist erstens die Kenntnis von den Bedeutungen der Wörter, die in dem Sprachausdruck für die Proposition vorkommen. Zweitens ist das die Kenntnis der Form des Komplexes oder der Art der Kombination von bezeichneten Bestandteilen des Komplexes. Außerdem braucht man die Fähigkeit, zwischen dem realen und einem logisch möglichen Komplex zu unterscheiden. Diese Fähigkeit und die ihr entsprechende Kenntnis ist notwendig, wenn es um asymmetrische Relationen geht und man den Sinn einer solchen Relation beim Fällen des Urteils bestimmen soll52. Es geht nun darum, wie alle diese Kenntnisse das Verstehen einer Proposition ergeben können. Mit anderen Worten geht es darum, dass man die Form des kognitiven Komplexes des Verstehens definiert und symbolisch darstellt. Die Form des Komplexes definiert Russell als die Klasse aller Komplexe, welche dieselbe Form haben53. Er schlägt vor, als die Form auch die Tatsache zu betrachten, dass es solche Entitäten gibt, die man als die diese Form aufweisenden Komplexe bezeichnen kann. Eine Proposition ist nun das, was alle propositionalen kognitiven Akte haben, wenn wir von dem Subjekt und von seiner Beziehung zu den Objekten absehen. Das Verstehen einer Proposition ist, wie jedes mentale Ereignis, eine mehrstellige Relation, die sich, als ein Komplex betrachtet, von anderen Komplexen derselben Form durch das Variieren des Subjekts und der kognitiven Relation unterscheidet. Wenn z.B. die behauptete Proposition eine zweistellige Relation enthält, kann man die Form des Verstehens auf folgende Weise darstellen: U(S,x,R,y,γ), wobei U für die kognitive Relation des Verstehens steht, S – für das erkennende Subjekt, x, R, y - für die Bestandteile des Komplexes (Objekte) und γ – für die logische Form von binären Komplexen. Wenn man nun die Möglichkeit des Variierens des Subjekts und der Relation berücksichtigt, kann man sagen, dass sich diese Form durch den folgenden Satz beschreiben lässt:

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„Es gibt U und S, so dass U(S,x,R,y,γ)“ (was man interpretieren und lesen kann als „Es gibt eine kognitive Relation des Verstehens U und ein Subjekt S, so dass das Subjekt S die Relation des Verstehens zu den Gegenständen x und y, einer Relation R und einer logischen Form γ hat“) Was nun dasselbe für alle Subjekte und alle propositionalen Einstellungen ist, wenn die restlichen in der Beschreibung vorkommenden Terme bestimmt sind, kann man als eine Proposition definieren54. Wenn man davon ausgeht, dass ein kognitiver Komplex eine solche Form wie die eben beschriebene hat, bekommt man die Möglichkeit, die durch das erkennende Subjekt auszuführende Tätigkeit der Synthese, von der in den Principia Mathematica die Rede ist, mit Hilfe des Begriffs der logischen Form zu erklären. Wenn im Denken die Bedeutungen von einem Subjekt zu einer Einheit (Proposition) vereinigt werden, die in einem Satz behauptet werden kann, besteht das Verfahren der Synthese darin, dass die Bedeutungen in eine Beziehung zu der logischen Form eines Komplexes gebracht werden55. Zu bemerken ist, dass Russell auf die Verschiedenheit der Relationen hinweist, welche die Komponenten eines kognitiven Komplexes zueinander haben. Während man die eben beschriebene Relation als die Beziehung des Subjekts zu den anderen Termen der Relation des Verstehens betrachten kann, gibt es auch andere Relationen, von denen man vielleicht behaupten könnte, dass sie das Verstehen ermöglichen (S. Schema 8). Im Fall, dass das Subjekt versteht, dass zwei bestimmte Gegenstände A und B einander ähnlich sind, unterscheidet Russell erstens die Beziehungen des Subjekts zu A, zu B, zu der Beziehung der Ähnlichkeit und zu der logischen Form xRy. Jede dieser Beziehungen kann man, von der Russellschen Argumentation ausgehend, als eine durch die Analyse erreichbare Bekanntschaft des Subjekts mit den Elementen des Komplexes auffassen. Nach Russell kann diese Analyse material oder formal sein, in Abhängigkeit davon, ob sie die Bestandteile des Komplexes (materiale Analyse) oder die Art der Kombination dieser Bestandteile

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(formale Analyse) bestimmt (S. Schema 9). Zweitens spricht er über die Beziehung zwischen der logischen Form und der Relation der Ähnlichkeit. Diese Beziehung unterscheidet sich von der Beziehung, die A und B zur Form haben. Schließlich gibt es eine besondere Beziehung zwischen der Relation der Ähnlichkeit und den Gegenständen A und B56. Wenn man das Verstehen schon mit der ersten Gruppe der Beziehungen (mit den Beziehungen, deren Referendum das erkennende Subjekt ist) identifizieren kann, was bedeuten die Unterscheidung und das Erwähnen der anderen? Was sich hinter den Beziehungen zwischen der logischen Form und der Relation der Ähnlichkeit einerseits und den Gegenständen A und B andererseits verbirgt, könnte man als Kenntnis davon auffassen, was von den Elementen des Komplexes als Relation und was davon als Terme der Relation betrachtet werden darf, wenn man die Bezeichnungen für diese Elemente als Werte der Variablen in dem Ausdruck „xRy“ bestimmt. Das ist die Kenntnis davon, dass der Satz, in dem die Proposition ausgedrückt wird, die Gestalt „A ist ähnlich zu B“ oder „B ist ähnlich zu A“, aber nicht „ist ähnlich zu A B“ hat (S. Schema 10). Wenn Russell ferner behauptet, dass A und B dieselbe Beziehung zu der Relation der Ähnlichkeit haben, meint er eine gewisse Eigenschaft der Relation der Ähnlichkeit, nämlich ihre Symmetrie. Wenn es sich um asymmetrische Relationen handelt, spricht Russell über Homogenität der Relation in bezug auf einige ihrer Terme. Diese Homogenität drückt sich darin aus, dass das Vertauschen der Namen der Terme in dem Satz den Wahrheitswert des Satzes nicht beeinflusst. Die Kenntnis solcher Eigenschaften einer Relation äußert sich auch als Kenntnis davon, ob der Komplex schon durch seine logische Form und seine Bestandteile völlig bestimmt ist, oder es noch weitere Komplexe, die dieselben Bestandteile enthalten, logisch möglich sind. Wenn man nun nicht annehmen möchte, dass Russell die Eigenschaften einer Relation auf die Beziehungen der Relation zu ihren Termen zurückführt und dadurch insbesondere eine mehrstellige Relation als einen Komplex von Relationen auffasst, vermutet man hinter dieser Behauptung die Forderung, dass das Verstehen der fraglichen Proposition auch die Kenntnis der Eigenschaften der Relation verlangt, von der in der Proposition die Rede ist (S. Schema 11). Wenn all die erwähnten Kenntnisse durch die Bekanntschaft erworben werden, müssen sie aber als Terme der Relation des Verstehens auftreten, so dass eine solche Relation in dem Russellschen Beispiel an Stelle des

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von Russell genannten 5-Tupels der Terme ein anderes Tupel, das mehr Terme enthält, haben muss. Wenn man aber die besagten Kenntnisse durch andere mehrstellige kognitive Relationen bekommt, dann beruht selbst die grundlegende mehrstellige kognitive Relation des Verstehens auf anderen mehrstelligen kognitiven Relationen. Somit verliert man die aufgrund der Behauptung, dass man eine Proposition erst verstehen muss, bevor man sie z.B. behauptet oder analysiert, glaubt oder anzweifelt, gegebene Möglichkeit, die Relation des Verstehens als das einfachste Modell einer mehrstelligen kognitiven Relation zu betrachten. Also muss man anscheinend davon ausgehen, dass die von Russell unterschiedenen Beziehungen die Relation des Verstehens ausmachen oder die eben erwähnten Kenntnisse einen Bestandteil von den Daten bilden, die uns die von Russell verlangte vollständige („complete“) Analyse des Komplexes liefert, weswegen man die von Russell angebotener Ausdruck für die Form des Komplexes mit äußerster Vorsicht gebrauchen soll. Dass die logische Form eines Komplexes, der durch einen Satz bezeichnet wird, als ein Bestandteil des Komplexes des Verstehens auftritt, erklärt, warum Russell eine solche Form als einfache betrachtet. Es wurde schon angesprochen, dass diese Auffassung durch eine semantische Argumentation begründet werden kann. Die Stellung der logischen Form in einem kognitiven Komplex zeigt aber noch andere Gründe. Wenn die logische Form nicht einfach wäre, würde jede kognitive Relation schon auf einer anderen kognitiven Relation beruhen, und zwar auf derjenigen, die für das Heranziehen einer logischen Form notwendig ist. Wäre die logische Form zusammengesetzt, dann bräuchte man das Wissen von der Form dieser Form und folglich eine zusätzliche kognitive Relation, um diese Form zu verstehen. Wenn jede kognitive Relation das Heranziehen einer anderen kognitiven Relation voraussetzt, braucht man immer wieder eine weitere logische Form, um Kenntnis von jener, die zum Verstehen einer gegebenen Proposition gebraucht wird, zu erlangen. Das Erkennen einer logischen Form kann in einem solchen Fall gar nicht anfangen. Aber ohne Kenntnis von einer logischen Form kann die Erkenntnis nicht realisiert werden. Denn man muss logische Formen kennen, um propositionales Wissen zu gewinnen.

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5.2.4. Logische Formen: einfache Fakten oder Instrumente des Begreifens? Die im Zusammenhang mit der Behauptung über die Einfachheit der logischen Form stehende Annahme, dass die logischen Formen Fakten sind, macht das Problem der Existenz der den Formen entsprechenden Propositionen (oder Komplexe) besonders wesentlich. Zunächst scheint es, als ob die Annahme der Einfachheit der logischen Form dieses Problem aus der Welt schaffen würde. Aber der Fakt ist nach Russell das, was eine Proposition wahr oder falsch macht und deswegen eine Gegenüberstellung von Wahrheit und Falschheit voraussetzt57. Selbst wenn die Proposition nicht als ein einheitlicher Komplex definierbar ist, wenn man also von der Annahme ihrer Unvollständigkeit ausgeht, hat sie Bestandteile oder enthält Elemente und kann deswegen als eine Menge von solchen Bestandteilen aufgefasst werden. Wenn die logische Form einfach ist und nicht analysiert werden kann, kann es also keinen Komplex (keine Proposition) geben, der diese Form vertritt. Dann ist der Satz, der für eine logische Form steht (z.B. „Etwas hat eine Relation zu etwas“), kein echter Satz, sondern ein komplexer Name, der aber nichts außer variablen (oder in der Terminologie Freges andeutenden) Zeichen enthält. Wenn man die Begriffe, welche die Syntax einer logischen Sprache beschreiben, benutzt, kann man sagen, dass dieser Ausdruck eine Form ist, ein Ausdruck also, den man aus einem konstanten Ausdruck dadurch bekommt, dass man konstante bezeichnende Teilausdrücke des letzteren durch Variablen ersetzt. Eine auf diese Weise verstandene Form wird oft, insofern man diese Form mit einer wahrheitswertigen Funktion assoziiert, als ein Zeichen interpretiert, dem man einen Wahrheitswert als seinen Wert für bestimmte Werte seiner Variablen zuordnen kann, was im Fall von logischen Formen, die wir betrachten, fraglich ist. Dass die logische Form uns durch die binäre kognitive Relation bekannt ist, schließt zunächst die Möglichkeit aus, sie mit einem Wahrheitswert zu identifizieren oder ihr einen solchen zuzusprechen. Dass man die Bekanntschaft mit der logischen Form hat, steht aber in einer bestimmten Beziehung zur Selbstevidenz von logischen Wahrheiten58, die Russell im Manuskript nicht erklärt. Anscheinend liegt die Quelle dieser Selbstevidenz, die Russell als die Bekanntschaft mit der Korrespondenz der Wahrheit mit dem

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entsprechenden Fakt auffasst59, in der Möglichkeit, die logische Wahrheit als kraft ihrer Form wahr zu definieren. In einem solchen Fall könnte man die Kenntnis der logischen Form eines Komplexes als einen der Gründe für die Anerkennung seiner Wahrheit oder Falschheit und somit als eine Basis für weitere kognitive Akte des Subjekts betrachten. Das könnte in einigen Fällen bedeuten, dass man den Ausdruck für die logische Form als eine syntaktische Einheit einer logischen Sprache betrachten darf. Aber diese Behauptung könnte kaum für alle logischen Formen gelten, weil die Bekanntschaft mit einer logischen Form nicht die Bekanntschaft mit einem Wahrheitswert ist, sondern eher mit den Bedingungen, unter denen ein Komplex wahr ist oder nicht. Es wäre auch verkehrt, zu behaupten, dass der Ausdruck für die logische Form selbst eine Variable ist, denn dieser Ausdruck enthält Variablen und repräsentiert eine bestimmte logische Form, die man auch als Form eines Komplexes definieren könnte60. Wenn aber dieser Ausdruck ein echter Eigenname ist, dann hat er (Russells Theorie entsprechend) keine Bedeutung („meaning“), sondern nur ein Denotat – die logische Form. Der Ausdruck der logischen Form wird aber nicht dazu benutzt, um auf dieses Denotat hinzuweisen. Dass man ihn aber sinnvoll gebrauchen kann, bedeutet, dass er auch eine Bedeutung („meaning“) hat61. Das alles deutet darauf hin, dass dieser Ausdruck ein unvollständiges Zeichen (anscheinend eine Beschreibung) ist, das isoliert nur einer Konvention nach gebraucht werden kann und sonst in einem Kontext auftritt. Als ein solcher Kontext bieten sich insbesondere Ausdrücke für logische Prinzipien an, die bestimmte Beziehungen zwischen logischen Formen behaupten oder verneinen. Diese Prinzipien haben vermutlich selbst eine logische Form, die man als molekulare logische Form betrachten kann. Russell ging von der Annahme aus, dass es solche logischen Formen gibt62. Die Analyse solcher Formen hat er beim Verfassen seines Manuskripts geplant, aber nicht realisiert. Sobald die logischen Prinzipien in Sätzen oder funktionalen Ausdrücken ausgedrückt werden, kann man ihren Wahrheitswert (der allerdings der Wahrheitswert wahr ist) festlegen oder zeigen. Der Wahrheitswert solcher Ausdrücke ist konstant, was bedeutet, dass man den Ausdrücken für logische Prinzipien bestimmte Propositionen

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zuordnen kann. Denkbar ist, dass solche Propositionen die logischen Prinzipien selbst sind. Wird ein solcher Status der logischen Prinzipien anerkannt, kann man die atomaren logischen Formen als eine Art von Einzelnen auffassen, die aber in einem bestimmten Sinn Universalien sind. Universalien sind sie in dem Sinn, dass sie erstens Klassen von Propositionen definieren, welche dieselbe logische Form haben, und zweitens keine bestimmte Position in Raum oder Zeit einnehmen. Der allgemeine Charakter von logischen Formen bei Russell wurde bereits anerkannt. So charakterisieren M.B. Hintikka und J. Hintikka in ihrem Buch Investigating Wittgenstein die logischen Formen als abstrakte „Platonische“ Entitäten63. Trotzdem kann man atomare logische Formen als Einzelne beschreiben, weil sie in bezug auf logische Prinzipien, die als Komplexe (Propositionen) betrachtet werden, dieselbe logische Rolle spielen, welche den Einzelnen in nichtlogischen Propositionen zukommt, nämlich die Rolle des Subjekts eines Prädikats oder der Terme einer Relation64. Das Problem ist hier Folgendes. Nehmen wir den Satz „Wenn etwas (x) eine Relation R zu etwas (y) hat, dann hat das letztere etwas (y) eine zu R konverse Relation Q zu x“ (oder „Wenn xRy, dann yQx“). Der Satz behauptet, wenn man von der Einfachheit der atomaren logischen Formen sowie davon, dass sie somit Bestandteile der den Ausdrücken für logische Prinzipien entsprechenden Komplexe sind, ausgeht, nicht die Relation der Implikation zwischen zwei Komplexen (oder Propositionen), sondern eine solche Relation zwischen zwei Termen. Wenn man die Relation der Implikation auch auf Termen definiert, dann wird die logische Form einer komplexen Proposition, die man nun auch durch die Zeichenfolge „xRy“ darstellen kann, ununterscheidbar von der Form der einfachen Proposition, die keine Propositionen als ihre Bestandteile enthält. Russell behauptet, dass die Konstanten, die in Ausdrücken für logische Formen vorkommen, keinen Bestandteilen von Propositionen entsprechen65. In diesem Fall entspricht aber dem Ausdruck für ein logisches Prinzip auch keine Proposition, und man kann die logischen Prinzipien selbst als logische Formen betrachten. Möglicherweise beabsichtigte Russell, eine Antwort auf diese Frage zu geben, weil man sonst vor einem ernsthaften Problem steht, das eine tiefgreifende Revision der logischen Theorie verlangt, die kaum im Sinne Russells sein könnte. Wie das Beispiel zeigt, wird es entweder möglich sein, die Relation der

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Implikation nicht nur als Relation zwischen Propositionen (d.h. Komplexen) zu definieren, sondern auch als Relation zwischen ihren Formen (d.h. zwischen einfachen, wie es im Fall von logischen Prinzipien sein könnte). Dann muss man diese Relation entweder neu definieren oder die Existenz einer anderen Relation zulassen, die dieselbe linguistische Hülle hat, sich aber von der Implikation unterscheidet. Im anderen Fall muss man die logischen Prinzipien mit logischen Formen identifizieren, was nur in dem Fall möglich ist, dass wir logische Formen mit Formeln gleichsetzen. Diese Argumentation zeigt, dass Russells These, dass die logischen Formen selbst Objekte sind, die einem erkennenden Subjekt in der Erfahrung gegeben sind, zweifelhaft zu sein scheint. Eher schreibt seine Theorie den logischen Formen eine andere Art der Realität zu. 1. Obwohl das Erkennen (und insbesondere das Verstehen) von Formen als eine Bekanntschaft mit ihnen charakterisiert werden kann, gehört das Erkennen von diesen zu einer anderen Stufe der Erkenntnis, die nicht nur der Bekanntschaft, sondern auch der propositionalen Erkenntnis folgt. Russell gesteht, dass das tatsächlich der Fall ist, wenn es sich um die Reihenfolge der psychischen Entwicklung des Subjekts handelt66. Das Verstehen der logischen Form ist einfacher (insofern ein derartiges Verstehen weniger Terme in Beziehung zueinander setzt) als das Verstehen eines Komplexes, weil das Verstehen der Form kraft ihrer Einfachheit wie die Bekanntschaft auch eine binäre Relation ist. Wenn es um reine logische Formen geht, unterscheidet Russell nicht zwischen der Bekanntschaft mit ihnen und ihrem Verstehen, das neutral in bezug auf Wahrheit und Falschheit ist. Obwohl dieses Verstehen somit als Relation „einfacher“ als das Verstehen von Komplexen ist, erwirbt man ein solches auf späteren Stufen psychischer Entwicklung. 2. Das Erkennen einer logischen Form an sich ist (wenn man von der Anzahl der Terme der entsprechenden Relation absieht) komplizierter als das Verstehen von Komplexen, die man als Exemplifizierungen der Form betrachten kann. Insbesondere ist es

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kompliziert, aufmerksam in bezug auf Formen zu sein. Im alltäglichen Denken ist es einfacher, Aufmerksamkeit auf Einzelne zu richten67. Einer der Gründe dafür besteht darin, dass die logischen Formen „flüchtig bezüglich der Aufmerksamkeit“ („fugitive to attention“)68 sind, wobei die Aufmerksamkeit jede Bekanntschaft begleitet und selbst als eine „intensivierte“ („intensified“) Bekanntschaft angesehen werden kann. Diese Idee erinnert uns an den Begriff der „wahrnehmungsflüchtigen Gegenstände“ Meinongs. Meinong benutzt diesen Begriff, um Objektive oder Objekte höherer Ordnung (also Objekte psychischer Natur im Vergleich zu denjenigen, die physische Natur haben) zu beschreiben69. Diese Analogie könnte schließlich zu der Vermutung führen, dass Russells logische Formen in der Tat zu Instrumenten des Begreifens von Tatsachen gehören. 3. Die logische Form von Komplexen ist eine Komponente jedes propositionalen kognitiven Aktes. Die logische Form wird also vom Subjekt insbesondere dann benutzt, wenn es urteilt. Urteilend, behauptet das Subjekt eine Relation zwischen Bestandteilen einer Proposition (eines Komplexes) und dadurch eine der möglichen Formen der Verbindung zwischen diesen Bestandteilen. Dabei könnte man, wenn man die Russellschen schematischen Darstellungen von kognitiven Relationen berücksichtigt, behaupten, dass die logische Form durch ihre Beziehungen zu den Elementen eines Komplexes (einer Proposition) den sinnvollen Gebrauch des Zeichens für Proposition garantiert. 4. Die Formen von kognitiven Akten charakterisiert Russell auch als logische Formen. Wenn man jede kognitive Relation als einen Komplex von Relationen betrachtet und auf diese Weise eine solche Form analysiert, charakterisiert man die besagte Form als logisch, nicht nur weil sie eine logische Form (nämlich die Form eines propositionalen Komplexes) schon beinhaltet, sondern auch weil sie eine Klassifikation der Elemente der Proposition voraussetzt, der die logischen Beziehungen zugrunde liegen.

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5. Die Theorie der Beschreibungen zeigt, dass es explizite Verfahren zu Feststellung der logischen Form eines Komplexes gibt. Wenn man nicht nur von der Analyse von Russells erkenntnistheoretischen Konstruktionen, sondern von dieser Gegebenheit ausgeht, muss man anerkennen, dass die logische Form durch die Analyse eines Komplexes (oder sogar einer Reihe von Komplexen) festgestellt wird, wobei diese Analyse auf Formalisierung von Zeichen beruht (oder eher in dieser Formalisierung besteht), welche den Komplex vertreten. Da jede Analyse und jede Formalisierung zum Teil willkürlich ist, kann man nicht immer eine logische Form als das gegebene Objekt auffassen. 6. Die Annahme, dass die logischen Formen eine besondere Art von Fakten bilden, die in der Logik und der Philosophie berechtigt ist, weil hier diese Formen ein selbständiger Gegenstand der Untersuchung sind, kann unerwünschte Folgen für die Hauptbegriffe dieser Wissenschaften haben, was insbesondere das Beispiel mit dem Implikationsbegriff zeigt. 7. Dass die logische Form kein Bestandteil von nicht-kognitiven Komplexen (Propositionen) ist70, könnte auch beweisen, dass die Form ein Teil unseres Instrumentariums des Weltbegreifens ist. All diese Fakten machen die Idee plausibel, dass die logische Form eine Form des Begreifens der Welt und ihrer Tatsachen ist.

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Russell über die mehrstellige kognitive Relation des Verstehens 1913

A



R(x,y) ○

B

○ Ähnlichkeit



Subjekt

Schema 8

Die Russellsche Darstellung der kognitiven Relation des Verstehens

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Russell über die mehrstellige kognitive Relation des Verstehens 1913

A



R(x,y) ○ Bekanntschaft mit dem Produkt der formalen Analyse des Komplexes B

○ Ähnlichkeit

Bekanntschaft mit einem der Produkte der materialen Analyse des Komplexes



Subjekt

Schema 9

Relationen des erkennenden Subjekts zu Bestandteilen des Komplexes und zur Art ihrer Kombination

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Russell über die mehrstellige kognitive Relation des Verstehens 1913

A



R(x,y) ○

○ Ähnlichkeit

Bekanntschaft mit der Art des Vorkommens der Bezeichnung der Relation der Ähnlichkeit in den Sätzen der Gestalt „xRy“

B ○

Bekanntschaft mit der Art des Vorkommens der Namen von A und B in den Sätzen der Gestalt „xRy“ ● Subjekt Schema 10

Kenntnisse des erkennenden Subjekts, welche die Besonderheiten der Beziehungen zwischen der Relation der Ähnlichkeit und der binären logischen Form eines atomaren Komplexes einerseits und der Beziehungen zwischen einer solchen logischen Form und möglichen Termen der Relation der Ähnlichkeit andererseits betreffen

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Russell über die mehrstellige kognitive Relation des Verstehens 1913

A ○

○ Ähnlichkeit

B ○ Bekanntschaft mit den Eigenschaften der Relation der Ähnlichkeit

● Subjekt

Schema 11 Kenntnis der logisch möglichen Komplexen, die als ihre Bestandteile A, B, und die Relation der Ähnlichkeit enthalten (Kenntnis davon, dass logisch möglich die Komplexe A ist ähnlich zu B und B ist ähnlich zu A sind)

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5.3. Wittgenstein über Russells Begriff der logischen Form und Intensionalität Die Theorie des Urteilens (Glaubens), die dieses als eine mehrstellige kognitive Relation darstellt und die 1910 in den Principia Mathematica skizziert und 1913 von Russell im Manuskript über Erkenntnistheorie entwickelt wird, wird von Wittgenstein kritisiert. Unter dem Einfluss dieser Kritik verzichtet Russell auf seine Theorie des Glaubens in der Form, in der diese 1910-1913 formuliert wurde, lässt sein Manuskript über Erkenntnistheorie unbeendet und ersetzt schließlich 1919 die kritisierte Theorie durch eine neue. Zugleich zeigt er die Möglichkeit einer solchen Auffassung von Propositionen über propositionale Einstellungen, welche der Forderung Wittgensteins nicht widerspricht, laut der jede Proposition (jeder Satz laut Wittgenstein) eine Basis für Wahrheitsfunktionen sein soll. Nach Russell besteht die Möglichkeit, eine Proposition der Form „A glaubt (dass) p“ („A believes p“) auf solche Weise zu analysieren, dass das Produkt dieser Analyse die Proposition p nicht als seinen Bestandteil enthält und deshalb nicht eine Wahrheitsfunktion von p sein kann. Als ein wichtiger Faktor tritt bei einer derartigen Analyse die Struktur von p auf, und dieser Faktor macht den Wahrheitswert solcher Propositionen unabhängig von dem Wahrheitswert von p. Diese Idee kann später bei Carnap wiedergefunden werden und wird in dem von ihm entwickelten Begriff des intensionalen Isomorphismus realisiert. Vor 1905 betrachtet Russell das Urteilen oder das Glauben („judgment“, „belief“) als eine Relation zwischen dem erkennenden Subjekt und einem komplexen Objekt der Erkenntnis, das auch als eine Proposition charakterisiert wird. Die Letztere ist wahr oder falsch und kann von einem urteilenden Subjekt behauptet oder negiert werden, nachdem es diese Proposition wahrgenommen hat. Problematisch für diese Theorie ist die Frage nach den Gründen für die Behauptung (oder Verneinung) einer Proposition. Wenn das Wahrgenommene unstrukturiert ist und das Wahrnehmen nicht irreführen kann (was Russell dem Wahrnehmen zuschreibt), können die Gründe für die Behauptung (oder Verneinung) einer Proposition nur in einer Tätigkeit des Subjekts liegen, die sich vom

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Wahrnehmen unterscheidet. Das Urteilen, das sich als eine solche Tätigkeit anbietet, beruht in erster Linie auf einer Analyse; also können die Gründe für die Behauptung einer Proposition in der analysierenden Tätigkeit des Subjekts liegen, denn nur durch diese Tätigkeit wird der wahrgenommene Komplex als ein Zusammengesetztes erkannt (gegliedert). Andererseits will Russell auch der Tatsache Rechnung tragen, dass jede asymmetrische Relation (wie größer oder höher) rein theoretisch zumindest die Formulierung von zwei Sätzen über dieselben Objekte erlaubt. Diese Sätze können nicht beide zugleich wahr sein. Die Zerlegung des wahrgenommenen Komplexes allein kann also nicht für die Behauptung einer Proposition verantwortlich sein. Die Sätze sind einheitlich, und ihre Einheitlichkeit bekommen sie von dem Subjekt, das sie formuliert und behauptet. Wenn man davon ausgeht, dass die Sprachgebilde (insbesondere ihre Struktur und ihre Eigenschaften) Aufschluss über etwas von ihnen Verschiedenes geben können, kann man von der Einheitlichkeit der Sätze darauf schließen, dass das Urteilen auch eine Tätigkeit der Synthese voraussetzt. Schon deswegen lässt sich das Urteilen nicht als eine zweistellige Relation erklären. Im Urteilen müssen mehr als zwei Objekte (das Wahrgenommene und das Subjekt) in einer Beziehung zueinander stehen. Anscheinend definiert Russell letztendlich aus diesem Grund das Urteilen als eine mehrstellige Relation. Im Fall des Urteilens über eine Beziehung zwischen mehreren Objekten sind die Terme einer solchen Relation zunächst das erkennende Subjekt und außerdem die Objekte, die, in eine Beziehung zueinander gebracht, einen Komplex bilden. Schließlich ist unter den Termen der Relation des Urteilens eine solche Beziehung selbst, welche die Objekte zu einer komplexen Einheit verbindet. Werden die Zeichen für die Objekte zweiter und dritter Art vom Subjekt für eine Behauptung über die Objekte gebraucht, wird die Kollektion von Bedeutungen solcher Zeichen zu einer komplexen Bedeutung („meaning“). Diese Bedeutung wird von Russell als eine Proposition bezeichnet. Auch die Kollektion von Bedeutungen wird als Proposition definiert, die sich aber von der Bedeutung eines behaupteten Zeichens durch ihre Unvollständigkeit unterscheidet. Wir haben auch gesehen, dass Russell 1913 die Liste der Terme einer propositionalen kognitiven Relation

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(Urteilen eingeschlossen) noch um einen erweitert – um die logische Form des Komplexes (der Proposition), der aus Objekten und einer Relation zwischen diesen besteht. Die logische Form eines Komplexes kann man durch Zeichen verkörpern, indem man bezeichnende Bestandteile des Satzes, der dem Komplex entspricht, durch Variablen ersetzt. Obwohl die Bezeichnung der logischen Form mehrere Variablen enthält, ist die logische Form selbst einfach. 5.3.1. Argumente Wittgensteins gegen Russells Theorie des Urteilens Die Russellsche Theorie des Urteilens wird zum Gegenstand von Wittgensteins Kritik, die schließlich dazu führt, dass das Manuskript über Erkenntnistheorie unbeendet und unveröffentlicht bleibt. Die Gegenargumente Wittgensteins kann man folgendermaßen zusammenfassen: 1. Die Bejahung eines Satzes kann diesem seinen Sinn „nicht geben“, was die Russellsche Theorie impliziert, wenn sie die Behauptung eines Satzes mit der Tätigkeit der Synthese, die vom Subjekt vollzogen wird, gleichsetzt. Durch diese Tätigkeit bekommt laut Russell ein behaupteter Satz einen Sinn („meaning“), welcher der Proposition in Russells Terminologie entspricht. Wittgenstein behauptet, dass bejaht in einem Satz gerade sein Sinn wird, also muss jeder Satz schon einen Sinn haben71. 2. Der Sinn eines Satzes ist das, was jeder Satz außer der Bedeutung (Tatsache) hat und was erlaubt, den Satz zu verstehen, ohne zu wissen, ob er wahr oder falsch ist72, also ohne jegliche Bekanntschaft mit der durch diesen Satz beschriebenen Tatsache, wovon Russell ausgeht. Des Wissens von einer logischen Form bedarf man dabei auch nicht, weil sie erst durch den Gebrauch des Zeichens definiert wird73. Die logische Form einer Tatsache spiegelt sich im Satz. Sie muss und kann nicht dargestellt und begriffen werden, um das Begreifen eines Satzes zu ermöglichen74. Sie ist ein logisches Gerüst, mit dessen Hilfe der Satz ein Modell der Wirklichkeit bildet75. Aber

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dieses Gerüst existiert nicht außerhalb des Satzes. Es ist die Form, in welcher der Satz existiert, eine Gegliedertheit des Satzes76. 3. Der Sinn des Satzes ist dann bestimmt, wenn die Umstände bestimmt sind, unter welchen der Satz wahr ist77. Die Wahrheit und Falschheit eines Satzes besteht in der Übereinstimmung oder 78 Nichtübereinstimmung seines Sinnes mit der Wirklichkeit . Der Satz hat eine „Bipolarität“ und die Annahme der Bipolarität des Satzes zwingt Wittgenstein zu der Behauptung, dass jeder Satz eine Wahrheitsfunktion der Elementarsätze ist79, die in dem Satz enthalten sind. Der Satz kommt also in einem anderen Satz nur als Basis der Wahrheitsoperationen vor80, nie als Relatum einer Relation zu einem Subjekt, was Russell von den Sätzen der Form „A glaubt (dass) p“ annimmt81. Die Russellsche Theorie impliziert also die Existenz von Propositionen, die keine Wahrheitsfunktionen von ihren Teilpropositionen sind. Nach Wittgenstein glaubt das Subjekt, wenn es urteilt, dass p, dass der Satz „p“ wahr oder falsch ist; also ist das Urteilen eine Relation zwischen zwei Tatsachen. Der Satz „A sagt p“ ist in Wirklichkeit von der Form „‘p‘ sagt p“82. 5.3.2. Russell (1919): Propositionen als Fakten, die den Glaubensinhalt bilden Unter dem Einfluss dieser Kritik ändert Russell seine Auffassung des Urteilens (des Glaubens). In erster Linie sieht er in seiner Theorie davon ab, das Subjektive dem Objektiven gegenüberzustellen, und verzichtet deswegen darauf, das Glauben als eine Relation zwischen dem Subjekt und dem Gegenstand (oder den Gegenständen) des Glaubens zu betrachten. Das Glauben ist für Russell ein Komplex, der durch seine Komponenten beschrieben wird. Unter den Begriffen, die solche Komponenten charakterisieren, ist der eine der Begriff des Inhalts des Glaubens oder der Proposition, die jetzt als eine Tatsache aufgefasst wird83. Eine Proposition kann in zwei Formen auftreten – als eine Bild-Proposition („imageproposition“) oder als eine Wort-Proposition („word-proposition“)84. Der zweite Begriff, der die Proposition als eine Komponente eines Glaubenskomplexes charakterisiert, ist der Begriff der Beziehung der

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Proposition zu einer anderen Tatsache (auch als „objective“ bezeichnet), welche die Proposition wahr oder falsch macht85. Der dritte Begriff ist schließlich der Begriff des Glaubens („belief“) selbst, im engeren Sinne dieses Wortes genommen. Das ist eine der Arten von dem, was unter dem Namen „propositionale Einstellung“ („propositional attitude“)86 auftritt, – z.B. Zweifel, Behauptung, Überzeugung, die alle ein und denselben Inhalt haben können. Wird ein Satz formuliert, werden propositionale Einstellungen durch ihn ausgedrückt. Sie sind das Zusätzliche, was der Satz außer dem Glaubensinhalt wiedergibt. Das Glauben in diesem Sinne ist ein Gefühl oder eine Gesamtheit von Gefühlen und somit ein psychisches Phänomen. Wenn jemand glaubt, besteht sein Glauben aus folgenden Komponenten. Erstens besteht es aus der Proposition, die im Fall, dass das Glauben nicht in Wörtern ausgedrückt wird, aus den Bildern besteht, die gegenseitig miteinander verbunden sind. Zweitens besteht es aus dem Gefühl der Zustimmung. Und drittens besteht es aus einer tatsächlich existierenden Beziehung zwischen dem besagten Gefühl und der Proposition, die man beschreiben kann, indem man behauptet, dass der Proposition zugestimmt wird87. Russell bestreitet dadurch zweierlei. Erstens, dass die Beziehung, die durch „believing a proposition“ bezeichnet wird, kein reelles Ereignis ist und dass jedes Glauben nur in einem kausalen Zusammenhang besteht. Zweitens bestreitet er, dass das Glauben im Unterschied z.B. zum Zweifel kein positives Phänomen ist88. Die beiden von ihm bekämpften Thesen betrachtet er als theoretische Folgen des Pragmatismus. Die Anerkennung der Existenz und somit der Realität von psychischen Phänomenen ist bei Russell durch seine der behavioristischen Theorie der Sprache widersprechende These ausgedrückt, dass die Bedeutung („meaning“) keine unmittelbare Relation zwischen Wörtern und Objekten ist. Russell benutzt die Methode dieser Theorie, deren Quintessenz und Stärke er darin sieht, dass ihre Schlüsse ausschließlich auf Beobachtungen basieren, um zu zeigen, worin die Probleme dieser Theorie bestehen, wenn sie die Bilder („images“) als mentale Vermittler („’mental’ intermediary“), welche die Beziehung bedeuten („mean“) zwischen Wörtern und Objekten ermöglichen, ablehnt89. Die behavioristische Ablehnung der Bilder ist nach

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Russell ein Teil der Ablehnung der Introspektion als einer Quelle des Wissens. Für diese Ablehnung sieht Russell folgende Gründe. Zunächst haben die Daten, die man durch die Introspektion gewinnt, einen privaten Charakter und können nicht zum Gegenstand einer intersubjektiven Verifizierung werden. Deswegen besitzen solche Daten nicht den Grad der Bestimmtheit, der von einer wissenschaftlichen Untersuchung verlangt wird. Der zweite Grund besteht darin, dass die Gegenstände der Introspektion nicht den physikalischen Gesetzen unterliegen, welche die Beziehungen im raum-zeitlichen Kosmos beschreiben90. Die behavioristischen Ansichten bezüglich der Möglichkeit der Introspektion und des Vorkommens von Bildern will Russell durch faktische und theoretische Argumente widerlegen. Das Argument des Fakts besteht darin, dass die Ablehnung der Bilder empirisch nicht bestätigt werden kann. Das Vorkommen von akustischen und visuellen Bildern von Ereignissen, die einem nicht unmittelbar gegeben sind, und die Unmöglichkeit, sie (wie alle introspektiven Daten) zu lokalisieren, können nicht von der behavioristischen Theorie erklärt werden. Aber das erste ist nach Russell eine Tatsache und, wenn das einzelne Vorkommen solcher Bilder nicht von jemandem außer dem Erlebenden beobachtet werden kann, bedeutet das nicht, dass ein solches Vorkommen nicht real ist und nicht erlebt wird. Die Ablehnung solcher Vorkommen aus dem besagten Grund könnte auch die Ablehnung von Daten von körperlichen Empfindungen implizieren. Aber das Sammeln von Informationen über derartige Daten im Zusammenhang mit den privaten Beobachtungen bezüglich solcher Daten kann auch als Quelle menschlicher Kenntnisse und Fertigkeiten auftreten, wie es z.B. in der Medizin der Fall ist. Der private Charakter der Daten, die man bekommt, kann also nicht als ausreichender Grund für die Annahme der wissenschaftlichen Untauglichkeit der Kenntnisse dienen, die man aus solchen Daten gewinnt. Die physikalische Welt enthält nicht alles, was man kennt, also muss die Introspektion zusätzlich zur Empfindung („sensation“) als eine Quelle des Wissens anerkannt werden91. Das theoretische Argument basiert auf den Schwierigkeiten der behavioristischen Erklärung des Gebrauchs eines Wortes, wenn das

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Objekt, das die Bedeutung des Wortes ist, nicht vorhanden ist, aber doch erwünscht wird92. Sobald Russell also auf die theoretische Rekonstruktion der Erkenntnissituation als einer Relation zwischen dem Subjekt und dem Objekt (oder mehreren Objekten) verzichtet, aus dem von ihm selbst genannten Grund, dass solche Gegenstände wie ein Subjekt konstruierte und nicht postulierte Objekte sind, welche die Welt bilden („they are not of the stuff of the world“)93, bekommt seine Theorie einige Züge, welche erstens die Nähe seiner Ansichten zu einigen Ideen Meinongs und zweitens den Einfluss der Ideen Wittgensteins zeigen. Dass Russell als Quellen der Erkenntnis die Empfindung (ein Analogon des „äußeren Wahrnehmens“ Meinongs) und die Introspektion (ein Analogon des „inneren Wahrnehmens“) anerkennt, impliziert, dass er zwischen den Gegenständen der beiden Erkenntnisarten unterscheidet. Was man empfindet, ist physikalisch, und die Empfindungen (die Produkte des Empfindens) unterliegen physikalischen und psychologischen Gesetzen und sind deswegen selbst sowohl physikalisch als auch mental. Gegenstände, die nicht wahrgenommen werden, sind rein physikalisch und unterliegen deswegen nur physikalischen Gesetzen, und Bilder sind rein mental und unterliegen deswegen nur psychologischen Gesetzen94. Somit bleibt die Unterscheidung der Natur der Fakten, die im Manuskript eingeführt wurde, erhalten, mit dem Unterschied, dass sich die Auffassung der physikalischen Fakten nur sehr gering ändert, während die Auffassung der mentalen revidiert wird. Im Manuskript (1913) wurden die kognitiven Fakten als mental charakterisiert, welche die Bekanntschaft des Subjekts mit dem Objekt der Erkenntnis oder eine die Bekanntschaft voraussetzende Relation enthalten, mit anderen Worten: kognitive Komplexe oder Erkenntnisakte. Jetzt werden die Fakten als mental charakterisiert, die im Rahmen der Theorie von 1913 als Produkte der Erkenntnis charakterisiert werden könnten. Mit dem Ausradieren der Grenze zwischen Subjekt und Objekt (oder mehreren Objekten) wird die Beschreibung des Erkenntnisaktes irrelevant. Relevant dagegen werden solche Fragen wie die Frage nach den Beziehungen zwischen einzelnen (weil existierenden) Bildern einerseits und Wörtern andererseits, deren Bedeutungen universal sind. Solche Objekte wie logische Formen werden nicht mehr für das

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Verstehen und Glauben gebraucht, was aber nicht impliziert, dass der Begriff der Form zu einem „Scheinbegriff“ erklärt wird. Form ist nun ein Charakteristikum von komplexen, Bestandteile enthaltenden Einheiten – Fakten. Man kann zwei Fakten miteinander vergleichen und sich fragen, ob sie dieselbe logische Form haben. Das ist dann der Fall, wenn sich die Fakten nur in bezug auf ihre Konstituenten unterscheiden95. Da somit jeder Fakt eine Form aufweist, ist die Frage, die in diesem Zusammenhang entsteht, die Frage nach den Beziehungen zwischen der Form einer Proposition und der Form des Fakts, der die Proposition wahr oder falsch macht. In dem Fall, dass die Proposition aus Bildern besteht, können die Formen sogar übereinstimmen, weil die Bilder in einer realen Relation zueinander stehen, die dieselbe für Bilder (Bestandteile der Proposition) wie für Gegenstände (Bestandteile des Fakts) sein kann. Wenn das Bild beispielsweise links vom Tisch hängt, dann ist auch das Bild des Bildes links vom Bild des Tisches96. Eine solche Übereinstimmung ist aber selten und gilt für Wort-Propositionen nicht. Also ist die nächste Frage die Frage nach den Kriterien des Wahrseins einer Proposition, die den besagten Unterschieden Rechnung tragen sollen. Die Kriterien sollen auch für die erneut anerkannte Dualität von positiven und negativen Fakten (die als Objekte der Referenz von Propositionen oder als Objekte, zu denen Propositionen die durch „refer to“ bezeichnete Beziehung haben, auftreten) und für das Fehlen dieser Dualität bei Propositionen eine Erklärung geben97. Einige Forscher bestreiten den Einfluss Wittgensteins auf Russells Ansichten, die er in dem Aufsatz „On Propositions“ darlegt. So RodriguezConsuegra, der allerdings in dem besagten Aufsatz den Anfang einer neuen Periode in der Entwicklung der Russellschen Philosophie sieht, und diesen Anfang durch einen Verzicht auf die Unterscheidung zwischen Subjekt und Objekt, den darauf folgenden Monismus, die behavioristische Theorie der Bedeutung und die neue Epistemologie charakterisiert. Er behauptet, dass der Grund für die Ablehnung der Theorie der mehrstelligen kognitiven Relationen nicht die Kritik Wittgensteins ist, sondern das, was Russell selbst für einen solchen Grund erklärt. Das ist „nur“, dass der Begriff des Subjekts verworfen wird, der einen der Bestandteile des

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Komplexes des Urteilens charakterisiert98. Anscheinend liegt dieser Argumentation die Tatsache zugrunde, dass Russell 1918 in den Vorlesungen „The Philosophy of Logical Atomism“ immer noch die Theorie der mehrstelligen Relationen zu vertreten scheint99. Hier versucht Russell sogar die Theorie von 1913 zu „verbessern“, indem er dem „untergeordneten“ Verb einen besonderen Status zuspricht. Dabei erwähnt er übrigens, dass ihn Wittgenstein auf die Idee der Besonderheit der Form der kognitiven Relation des Glaubens im Vergleich zu allen Formen, die das im Raum Vorkommende charakterisieren, gebracht hat. Russell führt ein Schema an, das die Besonderheit dieses „new beast for our Zoo“ zeigen soll. Dieses Schema lässt sich mit dem Schema vergleichen, das man in Wittgensteins „Notes on Logic“ findet100 (S. Schema 12). In den Aufzeichnungen, die auf 1913 datiert werden, und deren Geschichte101 insbesondere von von Wright beschrieben wurde, argumentiert Wittgenstein, dass es zwei Arten der Bestandteile der Propositionen gibt, die als Undefinierbare in die logische Theorie eingeführt werden sollen – Namen und Formen („forms“). Unter Formen versteht Wittgenstein hier in erster Linie formale Ausdrücke, die man aus Sätzen dadurch bekommt, dass man bestimmte Namen durch Variablen ersetzt. Um eine bestimmte Proposition „aRb“ zu verstehen, muss man nach Wittgenstein wissen, was die Form „xRy“ für beliebige ‚x’ und ‚y’ bedeutet. Zu Formen gehören somit formale Ausdrücke für Relationen und Prädikate. Da man in dem Satz „A glaubt, dass p“ p nicht durch einen Namen ersetzen kann, erklärt Wittgenstein, dass durch das Wort „glaubt“ keine gewöhnliche Relation bezeichnet wird, in der zwei Objekte, die genannt werden können, zu einander stehen. Wittgenstein deklariert hier noch nicht, wie er es im Tractatus macht, dass das Subjekt „ein Unding ist“102. Aber seine Bemerkungen über die Prinzipien von Russells Theorie des Urteilens lassen keine andere theoretische Möglichkeit zu, die Problematik der Theorie zu umgehen, außer dem Verzicht auf den Begriff des Subjekts. Wie ich schon im Kapitel 3.1 zu zeigen versuchte, enthält die Russellsche Theorie selbst die Möglichkeit der „Ausklammerung“ des Subjekts. Was Wittgenstein also erreichte, war anscheinend, dass sich Russell der Ideen, die dieser schon hatte, als einer möglichen Lösung der Probleme bewusst wurde. Nehmen wir die Bemerkung Wittgensteins, dass die Aussage der Gestalt „A urteilt p“ weder die Bestandteile von p noch die Bestandteile

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„mitsamt Form“ erwähnt. Eine solche Aussage muss den ganzen Satz p erwähnen103. Wenn man also davon ausgeht, dass ein Satz dieser Gestalt für einen kognitiven Komplex steht und ein solcher in einer Relation zwischen dem Subjekt und der Proposition oder dem Fakt besteht, dann ist das Urteilen eine binäre kognitive Relation. Aber diese Ansicht erwies sich schon für Russell als unakzeptabel wegen der Unmöglichkeit im Fall eines falschen Glaubens, den Term der Relation, der durch den Satz p bezeichnet wird, zu bestimmen. Die logische Form erklärt Wittgenstein für ein Charakteristikum des Satzes, das an sich kein Objekt ist, das genannt werden kann104. Ohne diese Annahme kann man keine Theorie des Urteilens aufbauen, welche die Möglichkeit, einen Unsinn zu urteilen, ausschließt105. Russells Theorie des Urteils, welche das Vorkommen von Bestandteilen eines Komplexes als Termen einer kognitiven Relation voraussetzt, genügt dieser Forderung nicht. Selbst die Kenntnis von logischen Formen kann den Urteilenden nicht daran hindern, solche Sätze wie „Sterblichkeit ist Sokrates“ zu formulieren, weil die Zerlegung des Komplexes in Sokrates, Sterblichkeit und die Form eines Existenzsatzes, in dem der Operand des Existenzquantors die Behauptung über eine binäre Relation zwischen zwei Objekten ist, die Einsetzung der für Wittgenstein unliebsamen Typentheorie verlangt106. Durch die Anerkenntnis, dass die Sätze Tatsachen sind, fällt ein weiterer Grund für die Annahme, dass die Erkenntnis in einer Beziehung des Subjekts zu einem Objekt besteht. Tatsachen, welche Sätze wahr oder falsch machen können, werden durch andere Tatsachen (Sätze) symbolisiert, so dass selbst die Reihenfolge der in einem Satz vorkommenden Symbole über den Sachverhalt informiert107. Das, was als ein kognitiver Akt eines Subjekts beschrieben werden könnte, das einen Satz aufgrund seiner Bekanntschaft mit einem Fakt und aufgrund einer Reihe von darauf folgenden kognitiven Akten formuliert, wird somit durch eine Beziehung zwischen zwei Tatsachen ersetzt. In seinem Brief an Russell vom 22 Juli 1913 äußert Wittgenstein die Überzeugung, dass sein Einwand gegen Russells Theorie des Urteils „durch eine richtige Theorie des Satzes ausgeräumt werden“ kann108. Gerade eine solche Theorie (der Proposition aber) wird von Russell in seinem Aufsatz von 1919 geboten. Die Veränderung der epistemologischen Ansichten Russells sollte in erster Linie seine Vorstellungen von der Form von Propositionen beeinflussen,

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welche durch die Sätze der Gestalt „A glaubt (dass) p“ bezeichnet werden. Solche Sätze (in denen A und p durch konstante Ausdrücke ersetzt werden) sind in der Tat nichts Anderes als Bezeichnungen oder Beschreibungen für kognitive Fakten, wenn man von der im Manuskript dargelegten Erkenntnistheorie ausgeht. Wenn man also das Subjekt als einen Term der Relation des Glaubens und mit ihm auch Erkenntnisakte ausschließt und an ihre Stelle Fakten und Relationen zwischen Fakten setzt, könnte man erwarten, dass auch die Sätze der besagten Gestalt für eine andere Relation stehen würden. 5.3.3. Russell (1927): gibt es intensionale propositionale Funktionen, deren Argumente Propositionen sind? Propositionen dieser Form wurden in den Principia Mathematica ursprünglich als Werte der intensionalen propositionalen Funktionen charakterisiert, deren Argumente selbst propositionale Funktionen sind. Extensionalität und Intensionalität wurden als Eigenschaften von solchen propositionalen Funktionen von Funktionen angesehen. 1927 wird der zweiten Auflage des Buches der Anhang C hinzugefügt, in dem die Frage nach dem intensionalen Charakter solcher Funktionen erneut aufgeworfen wird. Der Idee Wittgensteins folgend, wird nun verlangt, dass jedes Vorkommen einer Funktion in einer Proposition nur durch ihren Wahrheitswert erfolgt109. Jede Funktion von einer Funktion muss dementsprechend extensional sein. Weil Propositionen der besagten Form ein evidentes Beispiel für Propositionen liefern, die diese Forderung nicht erfüllen (für ein und denselben Wahrheitswert von p können sie sowohl wahr als auch falsch sein), fragt es sich, ob sich diese Forderung immer erfüllen lässt, und ob die gegebenen Ausnahmefälle tatsächlich gegen diese Forderung verstoßen. Um dieses Problem zu erörtern, unterscheidet Russell zwischen der Proposition als einer Tatsache und der Proposition als dem Vermittler („vehicle“) eines Wahrheitswertes110. Die Proposition als Vermittler eines Wahrheitswertes wie sie in der Logik betrachtet wird, wird folgendermaßen charakterisiert:

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1. Alle Propositionen werden nach bestimmten Regeln in zwei Klassen eingeteilt – in wahre und falsche. 2. Eine eindeutige Zuordnung einer dieser Klassen ist nur für molekulare Propositionen möglich, d.h. für Propositionen, die eine Struktur haben (oder Funktionen von atomaren Propositionen sind). Eine Proposition, deren Wahrheitswert nicht allein durch die Anwendung der logischen Definitionen und Regeln festgestellt werden kann, kann nicht behauptet werden (d.h., kann kein logisches Theorem sein). 3. Der Wahrheitswert einer komplexen Proposition hängt nicht nur von dem Wahrheitswert der in ihr vorkommenden atomaren Propositionen ab. Entscheidend ist auch die Form der Propositionen, unter der Russell nun offensichtlich den Bestand einer Proposition versteht. Die Form in diesem Sinne wird auch durch den Bestand von atomaren Propositionen definiert. Schon 1913 bemerkt Russell in seinem Manuskript, dass es viel leichter ist, zu bestimmen, ob zwei Komplexe dieselbe Form haben, als die Form als solche zu definieren111. Wenn wir von dieser Idee Gebrauch machen und zwei Propositionen betrachten, von deren Ausdrücken man einen aus dem anderen durch Substitution gewinnen kann, können wir Russells Beispiele folgendermaßen auslegen. Russell betrachtet eine Proposition, deren Ausdruck die Aussagenvariablen enthält, nämlich die Proposition ⊢ ⋅ p|(p|p) In diesem Ausdruck kann man eine Substitution vornehmen, bei der man die Aussagenvariable durch den Ausdruck einer Proposition, der seinerseits den Ausdruck einer Funktion erster Ordnung (d.h. einer Funktion, deren Argumente nur Individuen sein können112) enthält, ersetzt: ⊢ ⋅ φ!x|(φ!x|φ!x)

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Ich möchte darauf hinweisen, dass die Substitutionsregel von Russell und Whitehead nicht als eine Regel eingeführt wird. Obwohl sie ständig angewandt wird und als wesentlich für das Verfahren der Deduktion aus den allgemeinen Regeln aufgefasst wird, kann man sie nach Russell und Whitehead nicht als eine allgemeine Regel formulieren. Durch Substitution bekommt man „ein Beispiel“ („instance“) für eine allgemeine Regel oder ein allgemeines Prinzip, und die Autoren der Principia sehen keine Möglichkeit, die einzelnen Substitutionen zu einer Regel zu verallgemeinern. „Schuld“ an diesem Verzicht ist allerdings der Pioniercharakter ihrer Arbeit und die historische Tatsache, dass sich die metalogische Theorie noch nicht soweit entwickelt, dass die Substitutionsregel (oder sogar eine Reihe von Substitutionsregeln) eine formalisierte Darstellung bekommen kann. Die Notwendigkeit der Entwicklung dieser Theorie und einer solchen Darstellung wird erst mit der von Russell und Whitehead entwickelten revolutionären symbolischen Gestaltung der logischen Theorie bewusst. Da aber Axiome des Systems der Principia keine Axiomenschemata sind, so dass die Ersetzung von ihren Variablen durch Formeln des Systems ohne eine explizite Anwendung der Substitutionsregel ein Axiom liefern könnte, und weil in den Beweisen der Principia bei der Begründung eines jeden Schlusses, der auf der Anwendung der Regel basiert, die Prämisse der Regel immer explizit angegeben wird, kann man davon ausgehen, dass diese Regel ohne explizite Formulierung doch die Rolle einer primitiven Regel des logischen Systems der Principia spielt113. In dem gegebenen Beispiel wird also die zweite Proposition aus der ersten nach der Substitutionsregel gewonnen (mit einigen Vorbehalten könnte man sagen: abgeleitet) und dieses Verfahren kann uns eine neue Definition der logischen Form geben. Wir können nämlich behaupten, dass zwei Propositionen dieselbe logische Form haben, wenn wir durch die Einsetzung von Formeln für Variablen in den Ausdruck, der für eine Proposition steht, den Ausdruck der anderen Proposition bekommen, die somit aus der ersten nach bestimmten logischen Regeln folgt. Russell gibt noch ein Beispiel für eine Substitution, das aber zeigen sollte, dass die

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betroffenen Propositionen unterschiedliche logische Form haben. Den Ausdruck der Proposition ⊢ ⋅ (∃y) ⋅ φ!y|(φ!a|φ!b) kann man nicht durch den Ausdruck der Proposition ⊢ ⋅ (∃p) ⋅ p|(q|r) ersetzen. Eigentlich ist diese Behauptung eine Feststellung, welche die Formulierung der Substitutionsregel betrifft. Da aber diese Regel nicht als eine solche explizit eingeführt wurde, könnte die Behauptung eine Begründung verlangen. Was Russell mit seiner Feststellung zeigt, ist, dass man eine Aussagenvariable durch eine (beliebige) Formel ersetzen darf und wenn man Gleichgestaltetes für Gleichgestaltetes substituiert, der Wahrheitswert der Proposition unverändert bleibt. Die Substitution in die erste Formel erlaubt zwar das Ersetzen eines funktionalen Ausdrucks durch eine Formel (in dem Beispiel sind solche Formeln Aussagenvariablen), aber die Formeln beschreiben logische Eigenschaften der Propositionen verschiedener Art. In der ersten Formel fungieren die Konstanten a und b als Namen von Gegenständen, welche dieselbe propositionale Funktion erfüllen. Die Behauptung ist wahr, insofern φ!ŷ eine propositionale Funktion ist, die entweder nicht von jedem Gegenstand oder aber von jedem Gegenstand aus dem Gegenstandsbereich erfüllt wird. Um über die Wahrheit der zweiten Proposition zu sprechen, brauchen wir gar keinen Bezug auf den Gegenstandsbereich oder, genauer gesagt, auf die Interpretation derartiger propositionalen Funktionen. Während die semantische Interpretation der Sätze „φ!a“ und „φ!b“ insofern für die Begründung der ganzen Behauptung wichtig ist, als sie die Ursachen für die Anerkennung ihrer Wahrheit aufdeckt, spielen die Werte der Variablen q und r keine Rolle in der Begründung der Wahrheit der zweiten Behauptung: die Behauptung ist schon deswegen wahr, weil man logische Kontradiktionen (die Verneinungen von Tautologien) konstruieren kann wie z.B. s ⋅ ∼s, die man laut der Substitutionsregel für p in die Formel einsetzen kann. Der Gebrauch von

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Aussagenvariablen im Kontext einer logischen Untersuchung basiert darauf, dass man von der Struktur der elementaren Sätze absieht. Wird eine derartige Ersetzung doch vorgenommen, verändert sich die „Berechtigung“ oder die Tragweite von Folgerungen aus dem Theorem, selbst wenn eine derartige Substitution in dem Theorem eine wahre Proposition liefert. Die logische Form einer Proposition ist also mit den Wahrheitsbedingungen für die Proposition und mit den möglichen logischen Folgen aus der Proposition verbunden. Wir können behaupten, dass zwei Propositionen dieselbe logische Form haben, wenn man den die eine Proposition bezeichnenden Ausdruck aus dem die andere Proposition bezeichnenden Ausdruck durch Substitution gewinnen kann, so dass die durch eine solche Substitution gewonnene Proposition somit aus der ersten Proposition nach bestimmten logischen Regeln folgt, und so dass die beiden Propositionen dann zu denselben Schlüssen führen. Auf diese Weise bekommen wir die Idee einer Definition, die Strawson für eine seiner Definitionen der logischen Form benutzt und die im Kapitel 1.2 analysiert wurde. Der Vorteil einer solchen Definition besteht insbesondere darin, dass man sie auf komplexe Ausdrücke anwenden kann, deren Teilausdrücke auch komplex sind. Bei der Definition geht es allerdings um logische Propositionen, deren Ausdrücke Elemente einer formalisierten logischen Sprache sind. Wenn wir eine solche Definition auf die Sätze der natürlichen Sprache erweitern oder anwenden wollen, müssen wir entweder die zu vergleichenden Sätze als Ausdrücke betrachten, die man aus formalen Ausdrücken der logischen Sprache durch Einsetzung von Konstanten bekommt, oder den Sätzen solche formalen Ausdrücke zuordnen können. Russell zieht aus seinen Beispielen den Schluss, dass für die Form einer molekularen Proposition nicht nur der Wahrheitswert ihrer Teilpropositionen und die Tatsache, dass diese einen Wahrheitswert haben, sondern auch die Form dieser Teilpropositionen wesentlich ist114. Dieser Schluss liegt der Behauptung zugrunde, dass in Propositionen über propositionale Einstellungen die Proposition als Vermittler eines Wahrheitswertes gar nicht vorkommt. Russell betrachtet einige Beispiele und bietet ihre mögliche Analyse, die

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ihrerseits zeigt, dass eine Proposition in den zu analysierenden Propositionen gar nicht vorkommt. Nehmen wir z.B. den Satz „A glaubt, dass Sokrates Grieche ist“. Russell nimmt an, dass man das Glauben („belief“), dass Sokrates Grieche ist, als einen Zustand des Subjekts definieren kann. Wenn ein Subjekt das glaubt, dann hat das Subjekt gleichzeitig zwei Gedanken, von denen einer Sokrates „bedeutet“ und der andere – Griechen. Diese zwei Gedanken treten in eine Beziehung zueinander, die man als „Prädikation“ bezeichnen kann. Diese Auffassung weist eine Analogie zu der Idee über die Existenz von Realrelationen zwischen Bildern auf, die in dem Aufsatz von 1919 formuliert wurde. Man betrachtet die Wörter „Sokrates“ und „Grieche“ als Bezeichnungen für Gedanken. Man bezeichnet die Klasse von Gedanken, die alle durch das Wort „Sokrates“ vertreten werden, durch α, und die Klasse von Gedanken, die durch „Grieche“ bezeichnet werden, durch β. Von den Elementen dieser Klassen kann man behaupten, dass sie alle dieselbe Bedeutung haben. Russell schlägt vor, die Behauptung, dass zwei Gedanken dieselbe Bedeutung haben, als die Behauptung auffassen, dass sie in einer symmetrischen transitiven Relation zueinander stehen, so dass ein Gedanke den anderen in jedem Glauben ersetzen kann, wobei der Wahrheitswert des Glaubens unverändert bleibt. Durch P bezeichnet man ferner die Relation der Prädikation zwischen zwei Gedanken. A betrachtet man als eine Reihe von Ereignissen, welche die Person A ausmachen. Dann bezeichnet man durch C‘A das Feld der Relationen, in die A in unserem Beispiel verschiedene Gedanken zueinander bringt. Geht man von einer solchen Auffassung aus, dann hat man als „richtige“ Form des Satzes die Behauptung, dass es solche Gedanken x und y gibt, so dass sie aus den Klassen α und β sind und in der Relation der Prädikation zueinander stehen und zu dem Feld der Relationen C‘A gehören: (∃x,y) ⋅ x ∈ α ⋅ y ∈ β ⋅ xPy ⋅ x,y ∈ C‘A Russell behauptet nicht, dass seine Auffassung des Glaubens korrekt ist. Er zeigt aber, dass man die fraglichen Propositionen auf solche Weise analysieren kann, dass in der Proposition A glaubt (dass) p die Proposition p als der Vermittler eines Wahrheitswertes gar nicht

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vorkommt. Folglich handelt es sich hier um eine Proposition als eine Tatsache. Was charakterisiert eine Proposition als eine Tatsache, wenn sie in einer anderen Proposition vorkommt? 1. Die Russellsche Analyse zeigt Folgendes. Obwohl jede Proposition ein einzelnes Vorkommen hat und somit eine akustische oder eine geographische Tatsache ist, besteht die Proposition, die in einer anderen vorkommt und die als eine Tatsache betrachtet wird, aus Klassen ähnlicher Vorkommen von Zeichen und ist selbst auch als eine solche Klasse zu betrachten. Nur diese Betrachtungsweise erlaubt es, Propositionen der Form „A glaubt (dass) p“ als wahre oder falsche einzuschätzen. Eine Proposition, die einen Wahrheitswert vermittelt, hat dagegen selbst ein einzelnes Vorkommen. Dasselbe gilt für ihre Teilpropositionen. 2. Das Vorkommen eines Propositionszeichens „p“ in der Proposition der Form „A glaubt (dass) p“ ist nicht „transparent“. Das bedeutet, dass das Zeichen „p“ nicht gebraucht wird, um über etwas zu sprechen, das durch es bezeichnet wird. Es wird gebraucht, um über das Symbol selbst oder etwas Anderes, was sich von dem Wahrheitswert dieses Symbols unterscheidet, zu sprechen. Das Vorkommen einer Proposition, die einen Wahrheitswert vermittelt, ist dagegen immer „transparent“. Mit dieser Charakterisierung erkennt Russell die Existenz einer absoluten Grenze („gulf“) zwischen den Wahrheitsfunktionen und NichtWahrheitsfunktionen („non-truth-functions“) an115, d.h. zwischen der Behauptung einer Proposition und der Behauptung über eine Proposition. In der Behauptung über eine Proposition kommt diese Proposition einfach nicht vor. In dieser Beziehung besteht eine gewisse Ähnlichkeit zwischen solchen unvollständigen Symbolen wie Beschreibungen und den fraglichen Propositionszeichen. Solche Zeichen haben in den Sätzen, die etwas über propositionale Einstellungen aussagen, selbst keine Bedeutung. Durch die Analyse der Propositionen, in deren Ausdrücken derartige Symbole

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vorkommen, werden sie einfach eliminiert, und der Wahrheitswert der sie enthaltenden Propositionen wird in Abhängigkeit von der Existenz solcher Individuen gebracht, welche die Funktionen erfüllen, durch welche die Bestandteile der angeblichen Proposition definiert sind und durch die ihre Struktur gegeben ist. Durch diese Ergebnisse bestätigt diese Auffassung der logischen Form von Propositionen über propositionale Einstellungen, die Russells frühere Auffassung der logischen Form einer kognitiven Relation ersetzt, einige wichtige theoretische Punkte der Letzteren und widerspricht sogar der Theorie von 1919. Was sie behauptet, ist, dass eine kognitive Tatsache, die in dem besagten Satz behauptet wird, keine Proposition als eine Einheit enthält. Man verliert zwar die Möglichkeit, der Proposition das Sein einer Komponente mehrerer kognitiver Komplexe zuzusprechen, aber der kognitive Komplex (oder der Fakt) wird in erster Linie durch die Vielfachheit seiner Elemente charakterisiert, die sich in der Komplexität der dem Fakt entsprechenden Proposition äußert. Dass die Individuen, auf die man bei der Verifizierung der Propositionen der besagten Form zurückgreifen muss, auch Vorstellungen und Bilder sein können, ist nun nach der Anerkennung einer Proposition als einer Tatsache, selbst wenn sie aus Bildern besteht („image-proposition“), unwesentlich. Dass die Proposition, deren Beschreibung in einer Behauptung über diese Proposition vorkommt, die Existenz von NichtWahrheitsfunktionen zu bestätigen scheint, widerspricht wegen der Möglichkeit der Eliminierung von Propositionszeichen durch die entsprechende logische Analyse nicht der Idee Wittgensteins, dass jede Proposition nur in einer Wahrheitsfunktion vorkommen kann. Durch diese Idee widerlegt Russell einen der wichtigsten Punkte von Wittgensteins Kritik. 5.3.4. Wittgenstein („Diktat für Schlick“): direkte Beschreibungen versus indirekte Beschreibungen Der Versuch Russells, die Behauptung Wittgensteins zu widerlegen, blieb nicht unbemerkt. In dem sogenannten „Diktat für Schlick“, dessen verschiedene Versionen unter Waismanns Papieren gefunden wurden und das auf 1932-33 (auf 1931-33 in von Wrights Katalogisierung) datiert wird, spricht Wittgenstein über das Verstehen und insbesondere über das

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Glauben. Seine Analyse des Letzteren enthält einen Bezug auf die Argumentation Russells, wobei dieser nicht ausdrücklich erwähnt wird116. In dem Diktat stellt Wittgenstein die Frage nach dem, was das Verstehen, insbesondere das Verstehen eines Satzes, ist. Er geht dabei davon aus, dass man das Verstehen auf zweifache Weise auffassen kann – als einen Bewusstseinszustand und als einen Vorgang. Diese Gegenüberstellung führt ihn zunächst zu der Untersuchung dessen, wie sich das Verstehen eines Wortes in seinem Gebrauch äußert, und ferner zur Vermutung, dass das Verstehen des Satzes mit dem Heraustreten aus der Sprache verbunden ist. Die Formulierung der Fragen, die in diesem Zusammenhang stehen, führt ihn ferner zu der Idee, die Grammatik des Wortes „verstehen“ zu untersuchen. Eines der Ergebnisse dieser Untersuchung besteht darin, dass die Grammatik dieses Wortes ähnlich der Grammatik solcher Wörter wie „denken“ und „glauben“ ist (also der Wörter, mit deren Hilfe Russell verschiedene propositionale Einstellungen beschreibt). Wittgenstein vergleicht zwei Beschreibungen des Glaubens. Eine Beschreibung definiert er als direkte Beschreibung. Direkte Beschreibung ist die Beschreibung der Vorgänge des Glaubens. Sie beschreibt, was im Geist vor sich geht, wenn man glaubt. So eine Beschreibung ist uns gerade in der Russellschen Umformulierung gegeben. Die andere Beschreibung bezeichnet Wittgenstein als indirekte Beschreibung. Eine solche Beschreibung handelt vom Inhalt des Glaubens und ist in Sätzen der Gestalt „ich glaube, dass p“ gegeben. Nach Wittgenstein kann man die direkte Beschreibung des Glaubens durch die indirekte Beschreibung ersetzen. Die indirekte Beschreibung leistet dann dasselbe, was die direkte Beschreibung leistet, insofern sie den Vorgang des Glaubens beschreibt. Sie drückt den Vorgang des Glaubens aus oder beschreibt ihn, insofern sie die Intention des Glaubens (was geglaubt wird) ausdrückt. Der direkten Beschreibung des Glaubens kann man aber nicht entnehmen, woran geglaubt wird, also kann man die direkte Beschreibung des Glaubens nicht durch seine indirekte Beschreibung ersetzen. Bei dieser Argumentation bezieht sich Wittgenstein explizit darauf, dass sich der Vorgang des Glaubens von der direkten Beschreibung dieses Vorgangs unterscheidet. Das erlaubt ihm einen solchen Aspekt des Glaubensvorgangs zu bestimmen (nämlich seine Intention), der den Glaubensvorgang charakterisiert und der ausgedrückt

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werden kann. Die Fähigkeit einer Beschreibung, diesen Aspekt auszudrücken benutzt er als Kriterium, das zeigt, dass die besagten Beschreibungen nicht äquivalent sind. Eine von Wittgenstein nicht erwähnte Gegebenheit, von der er allerdings in seiner Argumentation Gebrauch macht, besteht darin, dass eine Umformulierung des Satzes, insbesondere eine solche, die Russell vorschlägt, die Intension des Satzes ändert. 5.3.5. Einige Aspekte der Analyse der intensionalen Kontexte in der modernen Logik Die Russellsche Idee der Abhängigkeit des Wahrheitswertes einer Proposition der Form „A glaubt (dass) p“ von der Struktur und den Bestandteilen von p findet ihre weitere Entwicklung insbesondere in Carnaps Begriff des intensionalen Isomorphismus117. Russells Methode der Interpretation der Sätze über propositionale Einstellungen kann man auch als eine mögliche Realisierung einer der Thesen Carnaps betrachten. In Meaning and Necessity bezeichnet Carnap den Widerspruch, der manchmal auftritt, wenn man den Versuch unternimmt, in einem nichtextensionalen Kontext zwei Namen mit derselben Bedeutung gegenseitig zu ersetzen, als die Antinomie der Namen-Relation (“the antinomy of name-relation”)118. Diese Antinomie habe ich hier als Paradox der Benennung behandelt. Als eine der möglichen Lösungen dieser Antinomie schlägt Carnap die sogenannte Extensionalitätsthese („thesis of extensionality“) vor, die er schon in Introduction to Semantics formuliert. Laut dieser These kann man für jedes nicht-extensionale System ein extensionales System konstruieren, so dass man die Ausdrücke des ersten Systems in die Sprache des zweiten übersetzen kann. Was die Sätze mit solchen psychologischen Termini wie „wissen“, „glauben“ u.s.w. betrifft, wird diese Möglichkeit für sie auch nicht ausgeschlossen. Die Schwierigkeit bei ihrer Übersetzung könnte aber Carnaps Meinung nach darin bestehen, dass erst die Kriterien oder Regeln einer solchen Übersetzung aufgestellt werden müssen119. Carnap behauptet, dass die Frage nach der Gültigkeit dieser These noch nicht entschieden ist. Manche Logiker sind heute aber der Überzeugung, dass die moderne Entwicklung

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der intensionalen Logik zeigt, dass die These nicht realisierbar ist. Eine, die diese Überzeugung vertritt, ist z.B. E. Smirnova120. Die intensionale Logik stellt man der extensionalen Logik gegenüber. Man kann den Unterschied zwischen diesen Logiken dadurch beschreiben, dass in der extensionalen Logik die Extension eines komplexen Ausdrucks eine Funktion der Extensionen seiner Teilausdrücke ist. Der Wahrheitswert eines komplexen Satzes z.B. lässt sich allein durch die Wahrheitswerte seiner Teilsätze definieren. In der intensionalen Logik kann die Extension eines Ausdrucks auch durch Intensionen seiner Teilausdrücke mitbestimmt werden. Die ersten Andeutungen darauf haben wir schon bei Frege gesehen, der als Extension (Bedeutung) eines die Rede eines anderen wiedergebenden Satzes (der seinerseits ein Teil eines anderen Satzes ist) den Sinn dieses Satzes betrachtet. Wenn man die intensionale Logik als eine formalisierte Sprache beschreibt, dann lässt sie sich dadurch charakterisieren, dass außer gewöhnlichen logischen Zeichen, unter denen Prädikatzeichen und Operatoren vorkommen, die man auch als extensionale Zeichen charakterisieren kann, in der Sprache der intensionalen Logik auch die sogenannten intensionalen Prädikatenzeichen und Operatoren eingeführt werden (wie z.B. „... glaubt dass ...“)121. Man darf nicht denken, dass extensionalen Zeichen nur Extensionen als ihre semantische Interpretation zugeordnet werden und den intensionalen Zeichen – nur Intensionen. Beiden Arten von Zeichen kann man sowohl Extensionen als auch Intensionen zuordnen122. Es gibt verschiedene Methoden, die Semantik einer intensionalen Logik zu konstruieren, ohne dabei auf die Begriffe der Äquivalenz und der L-Äquivalenz, mit deren Hilfe Carnap Extension und Intension eines Zeichens definiert, zurückzugreifen. Versuche, den Begriff der L-Äquivalenz durch den Begriff des intensionalen Isomorphismus zu verstärken, können Probleme bei der Feststellung der syntaktischen Struktur der Sprachausdrücke sowie Schwierigkeiten bei der Gegenüberstellung der Elemente solcher Strukturen hervorrufen. Diese Problematik führt zu der Entwicklung wesentlich neuer Auffassungen von intensionalen Kontexten, wie z.B. die Formulierung der Semantik von möglichen Welten für intensionale Kontexte123. Es besteht die Möglichkeit, die Pragmatik der Sprache bei der Konstruktion der Semantik von intensionalen Ausdrücken zu

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berücksichtigen. Als Vertreter dieser Richtung kann man in erster Linie Montague nennen. Montague schlägt vor, die Unterteilung der Semantik in die Theorie der Referenz und die Theorie des Sinnes („meaning“), die Quine repräsentiert, zu verwerfen und die Theorie des Sinnes der Pragmatik zuzuordnen124. Als Hauptbegriffe der Pragmatik möchte Montague die Begriffe der Wahrheit und der Erfüllbarkeit betrachten. In der Pragmatik werden aber diese Begriffe nicht nur in bezug auf die Interpretation eines Sprachausdrucks benutzt, sondern auch in bezug auf den Kontext seines Gebrauchs125. Bei der Interpretation der Sprache werden die Kontexte des Gebrauchs der Sprachausdrücke berücksichtigt. Diese Kontexte werden aber nicht in ihrer vollen Komplexität genommen. In Frage kommen nur solche Aspekte der Kontexte, die für die zu konstruierende Sprache relevant sind. Bei der Interpretation der Sprache muss also die Menge aller Komplexe von relevanten Aspekten definiert werden. Solche Komplexe werden als Indizes („indices“) oder Referenz-Punkte („points of reference“) bezeichnet126. Extensionen und Intensionen der Sprache, die Montague entwickelt, sind in bezug auf solche Referenz-Punkte relativiert. Das heißt z.B., dass die Extension des Prädikats „ist grün“ in bezug auf Momente (Zeitpunkte) definiert wird. Für jeden Moment i ist als eine solche Extension laut dieser Idee das zu definieren, was zu dem Zeitpunkt i grün ist127. Dieses Beispiel zeigt, dass, wenn sich der Wert der Variablen i ändert, auch die Extension des Prädikats „ist grün“ verändert wird. Diese Theorie wird zusätzlich in eine Theorie der möglichen Welten eingebettet, so dass die Objekte, welche die Semantik der Theorie akzeptiert, auch mögliche Objekte enthalten128. Man kann intensionale Logik auch anders interpretieren. Es besteht unter anderem die Möglichkeit, die Besonderheit der intensionalen Logik darin zu sehen, dass die intensionalen Prädikatzeichen und Operatoren eine prinzipiell andere Art der Verbindung mit ihren Argumenten haben als die extensionalen. Diesen Gesichtspunkt vertritt E. Smirnova129. Für ihre theoretischen Konstruktionen benutzt sie Ideen der sogenannten Theorie der semantischen Kategorien, die ihre Quellen schon in Arbeiten Freges und Husserls hat und die ihre reife theoretische Gestalt in den Arbeiten

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solcher Repräsentanten der polnischen logischen Schule wie Leśniewski, Tarski und Ajdukiewicz findet. Diese Theorie, die insbesondere aus der Annahme ausgeht, dass eine Sprache durch die Menge aller möglichen Sätze gegeben ist und dass die Aufgabe der Theorie darin bestehet, die Grammatik der Sprache aufzudecken, formuliert unter anderem Prinzipien der Konstruktion eines Systems von syntaktischen Kategorien. Durch die Einführung der semantischen Regeln wird ein solches System zur Sprache. Auf der Basis dieser Theorie konstruiert Smirnova intensionale Sprachen, wobei sie verschiedene Arten von Operationen der Funktoren und Operatoren auf Argumenten unterscheidet. Die Interpretation, die sie dabei den intensionalen Operatoren gibt, ist einer solchen Interpretation bei D. Scott und Montague ähnlich, mit dem Unterschied, dass sie einen solchen Ansatz vertritt, dass sie den Operatoren sowohl Intensionen als auch Extensionen zuordnen kann. Sie führt zwei Operationen der Abstraktion ein, die es erlauben, die Ausdrücke der Kategorien der extensionalen Prädikate einerseits und der intensionalen Prädikate andererseits zu konstruieren und zu beschreiben. Dabei kann man jedem extensionalen Prädikat ein intensionales Prädikat zuordnen, aber man kann nicht mit Hilfe des Ausdrucks für ein intensionales Prädikat ein extensionales Prädikat bilden. Diese Einschränkung lässt sich dadurch begründen, dass das intensionale Vorkommen einer Argumentvariablen in einem Ausdruck einem die Möglichkeit gibt, mit Hilfe dieses Ausdrucks eine Klasse der individuellen Begriffe zu charakterisieren, aber nicht eine Klasse von Individuen. Für die semantische Interpretation des von Smirnova eingeführten Systems der syntaktischen Kategorien benutzt sie die Semantik der möglichen Welten, was ihr erlaubt, die Semantik der intensionalen Logik der ersten Stufe zu konstruieren. Interessant ist, dass man im Rahmen der Entwicklung der intensionalen Logik und insbesondere der Versuche, eine zufriedenstellende Semantik der propositionalen Einstellungen zu entwickeln, immer wieder auf Russells Ideen zurückgreift. 1984 behauptet Saarinen z.B., dass man, wenn man Propositionen für Objekte der propositionalen Einstellungen hält, diesen Einstellungen gar keine semantische Interpretation geben kann. Sätze, die etwas über propositionale Einstellungen aussagen, haben unendlich viele Wahrheitsbedingungen und sind deshalb unendlich

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mehrdeutig. Vom Gesichtspunkt der Semantik aus sind alle Wahrheitsbedingungen gleichberechtigt, deshalb kann man solchen Sätzen keinen Wahrheitswert zuordnen, ohne die Pragmatik heranzuziehen. Der Schluss, den man daraus ziehen kann, ist: in der Semantik, welche die Wahrheitsbedingungen der Sätze formuliert, können die Sätze über propositionale Einstellungen gar keine Interpretation bekommen. Insbesondere haben solche Einstellungen keine Objekte oder diese Objekte sind keine Propositionen130. Obwohl manchen Logikern diese Idee als ein Extrem erscheinen mag131, könnte man ihre Formulierung als eine Paraphrase von Russells These auffassen, dass man derartige Sätze nicht als Werte von Funktionen von dem Wahrheitswert von p betrachten kann. Ein anderes Beispiel, wie Russells Theorie auf diesem Gebiet benutzt wird, bietet uns der Vorschlag, den Rantala formuliert, logische Besonderheiten von Kontexten mit propositionalen Einstellungen von der Theorie ausgehend aufzufassen, dass die Ausdrücke für propositionale Einstellungen unvollständig sind. Rantala selbst definiert diesen Ansatz als einen seiner Idee nach Russellschen. Er schlägt vor, für die Analyse solcher Sätze pragmatische Faktoren heranzuziehen132, was insbesondere dadurch realisiert wird, dass man an Stelle des einstelligen Operators, z.B. „A ist sicher, dass ...“, den zweistelligen Operator „Aufgrund von f ist A sicher, dass ...“ benutzt, wobei f für ein Informationssystem (wie „framework“) steht. Durch diese Variable wird ein pragmatischer Faktor in die Interpretation von Kontexten mit propositionalen Einstellungen eingeführt133. Es ist kaum möglich und angebracht, im Rahmen dieser Untersuchung alle derartigen Theorien zu erörtern, aber die Tatsache, dass Russells Ideen eine solche Entwicklung und Anwendung auch auf diesem Gebiet finden, ist zweifellos erwähnenswert.

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Russell und Wittgenstein über die Relation des Glaubens

Othello

glaubt

Desdemona

Cassio liebt

Russells Darstellung der Relation des Glaubens: das Verb „liebt“ bezeichnet Russell oft als ein untergeordnetes („subordinate“) Verb. Wittgenstein (s. das untere Schema) betrachtet das Glauben eines Subjekts (A) als Relation zu beiden Polen der Proposition p – a und b.

A

a

p

b

Schema 12

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6. LOGISCHE OBJEKTE

6.1. Diskussion über Psychologismus Indem Russell logische Formen 1913 in seinem Manuskript als Terme („terms“) einer kognitiven Relation definiert, verleiht er ihnen den Status von besonderen logischen Objekten. Die erste Eigentümlichkeit der logischen Objekte im Vergleich zu allen anderen ist, dass die Art, auf die sie von einem Subjekt erkannt werden, eine besondere Erkenntnisart ist. Das Subjekt hat mit diesen Objekten eine Bekanntschaft, die sich aber von der Bekanntschaft mit Einzelnen unterscheidet. Diese Art der Bekanntschaft definiert Russell auch als logische Erfahrung, logische Intuition und eine besondere Art des Verstehens1. Eine weitere Besonderheit des Logischen ist seine Allgemeinheit. Diese Allgemeinheit charakterisiert die logischen Begriffe und die logischen Propositionen. Ein beliebiger logischer Begriff ist selbst oder enthält das „summum genus“ und ist deswegen das Produkt der Verallgemeinerung, die bis zu ihrer äußersten Grenze („utmost limit“) geht, so dass sie keine weitere Verallgemeinerung erlaubt2. Wenn wir dieser These Russells folgen und einen Begriff unter dem Gesichtspunkt der logischen Tradition betrachten, dann könnten wir logische Begriffe als Kategorien auffassen, die keinem weiteren Begriff untergeordnet sind. Als Beispiel für solche Kategorien gibt Russell selbst die Begriffe eines Einzelnen, einer Universalie, einer Relation und eines binären Komplexes an. Man sieht sofort, worauf die Operation der Verallgemeinerung, die diese Kategorien liefert, angewandt wird. Die konkreten Objekte, die dieser Verallgemeinerung unterliegen, sind Sätze und ihre semantischen Korrelate, die einerseits unter dem Gesichtspunkt ihres Bestands (ihrer Bestandteile) und andererseits unter dem Gesichtspunkt ihrer Form (oder der Kombination der Bestandteile) betrachtet werden. Der „kategoriale“ Charakter von logischen Begriffen findet seinen Ausdruck darin, dass logische Propositionen nichts Bestimmtes oder Konkretes erwähnen. Die sogenannten logischen Konstanten stehen in Zusammenhang mit reinen logischen Formen, so dass

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selbst wenn die Bezeichnungen (Namen nach Russell) solcher Konstanten in Sätzen vorkommen, die Propositionen, welche die Bedeutungen der Sätze sind, keine Bestandteile enthalten, die diesen Bezeichnungen entsprechen. Man kann also, von Russells Theorie ausgehend, logische Objekte (das, was Logik untersucht) als Gebilde (Begriffe, Formen) betrachten, die von einem bestimmten erkennenden Subjekt nicht erfunden, sondern entdeckt werden. Obwohl man über die Konstruktion oder das Gewinnen solcher Gebilde spricht, sind sie nach Russell ein unentbehrlicher Bestandteil jedes Wissens, das in Sätzen ausgedrückt werden kann. Die Kenntnis mancher logischer Gegenstände ist oft einem bestimmten Subjekt nicht bewusst, obwohl sie von diesem im Prozess des Erkennens eingesetzt wird. Wie Russell die logischen Objekte und insbesondere die logischen Formen deutet, schließt die Möglichkeit ein, die logischen Gegenstände als sich in bestimmten Begriffen realisierende Methoden des Begreifens von Ereignissen und Tatsachen aufzufassen. Wenn man nun annimmt, dass das Wissen von solchen Begriffen aus der Erfahrung gewonnen wird, z.B. aus der Erfahrung, deren Gegenstand unsere eigene Erkenntnis ist, stellt sich die Frage nach dem theoretischen Charakter der Logik als Wissenschaft. Diese Frage bringt uns auf die Thematik zurück, die im Zentrum des Streits um den Psychologismus stand. Dieser Streit, der die Richtung der Entwicklung und der Begründung der Logik Ende des 19. bis Anfang des 20. Jahrhunderts entscheidend geprägt hat, wurde durch die Problematik bestimmt, welche die Charakterisierung der Logik als einer theoretischen oder einer empirischen Wissenschaft betrifft. Unter dieser Charakterisierung möchte ich eine Lösung des Problems der Bestimmung „der Ebene des Wissens“ verstehen3, zu welcher das logische Wissen gehören soll. Einer solchen Charakterisierung kann eine Reihe von Kriterien zugrunde liegen. Als eines dieser Kriterien betrachtet man erstens den Typ der Information, welche die Sätze einer Wissenschaft übermitteln. Solche Sätze können entweder beobachtbare Tatsachen beschreiben oder reguläre Zusammenhänge oder Gesetze ausdrücken. Das zweite Kriterium betrifft die Termini (verbale Gebilde), in denen die Sätze formuliert werden. Diese können ihrerseits Termini der Beobachtung sein, die man unmittelbar interpretieren kann, was heißt, dass man sie eindeutig in eine

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Beziehung zu einem bestimmten Objekt bringen kann, z.B. mit Hilfe einer Hinweisung. Die Sprache einer Wissenschaft kann auch über Termini verfügen, die im Gegensatz zu den Beobachtungstermini theoretisch sind, was bedeutet, dass man sie nicht unmittelbar interpretieren kann. In Abhängigkeit davon, welche Termini in Sätzen einer Wissenschaft vorkommen, kann man die Letzteren in die Sätze einteilen, die theoretische Termini enthalten, und in diejenigen, die solche Termini nicht enthalten. Allerdings fällt diese Einteilung nicht mit der ersten Einteilung zusammen, die nach dem Informationskriterium realisiert wird. Ein anderes Kriterium betrifft die Objekte, welche die Theorie betrachtet. Hier geht man für gewöhnlich von der Gegenüberstellung realer und idealer Objekte aus, obwohl diese Einteilung nicht immer eindeutig sein kann. Der Grund für diese Nicht-Eindeutigkeit besteht darin, dass selbst die sogenannten realen Objekte einer Idealisierung unterliegen und als Produkte dieser Idealisierung als konstruierte Objekte betrachtet werden können. Wenn man nun über die Logik spricht, stößt man auf die Möglichkeit der folgenden Annahme. Betrachtet man logische Begriffe, wie z.B. den Begriff des Begriffs, des Urteils oder des Schlusses, kann man sich fragen, was für Objekte man mit ihrer Hilfe beschreiben will. Sind das psychische Ereignisse wie z.B. Vorstellungen oder ihre Kombinationen? Sind das individuelle Akte, die zu der Formulierung von Sätzen oder von Satzzusammenhängen führen? Sind das einzelne mentale Prozesse? Wäre das der Fall, könnte man daraus schließen, dass logische Objekte reale Gegenstände und logische Termini Beobachtungstermini sind. Wenn man, davon ausgehend, die Information analysiert, welche die logischen Sätze vermitteln, könnte man die Vermutung aufstellen, dass sie die tatsächlichen Regularitäten oder Gesetzmäßigkeiten des Denkens darstellen. Das Wesen des Psychologismus sieht man gerade darin, dass die Logik als eine empirische Wissenschaft aufgefasst wird, welche die Gesetze und Formen des Denkens untersucht, das seinerseits als ein psychisches Verfahren verstanden wird. Als die bedeutendsten Gegner der psychologistischen Strömungen in der Logik und in der Begründung der Mathematik treten Frege und Husserl auf.

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6.1.1. Frege über die Gefahr des Psychologismus für die Logik und über die Gründe seines möglichen Verbreitens Die Aufgabe, deren Lösung Frege der Logik zuteilt, besteht in der Formulierung der Gesetze des richtigen Schließens. Das Ziel jeder wissenschaftlichen Untersuchung, die sich solcher Gesetze bedient, sieht er im Streben nach Wahrheit. Das Urteil, dessen Inhalt eine Wissenseinheit bildet, besteht in der Anerkennung eines Gedankens als eines wahren. Diese Anerkennung basiert immer auf einer Begründung, die auch die Form eines schon als wahr anerkannten Urteils oder einer Reihe solcher Urteile haben kann. Gerade ein solches Urteilen, das andere Wahrheiten zu seinen Rechtfertigungsgründen hat, heißt Schließen4. Zu den logischen Gegenständen gehören dementsprechend die Komponenten, die beim Gewinnen eines durch das Verfahren des Schließens vorausgesetzten Schlusses mitwirken, und zu den logischen Gesetzen – die Gesetze des Schließens. Das Schließen besteht im Gewinnen wahrer Urteile aus wahren Urteilen. Tatsache ist aber, dass man selbst aus zwei wahren Urteilen nicht immer ein anderes wahres Urteil folgern kann. Das zeigen schon zahlreiche Beispiele aus der Syllogistik, die man in jedem Lehrbuch finden kann. Die Behauptungen „Alle Logiker sind Menschen“ und „Einige Philosophen sind nicht Logiker“ sind z.B. wahr. Wenn wir aber aus ihnen den Schluss „Einige Philosophen sind nicht Menschen“ ziehen, ist der Schluss offensichtlich falsch. Die Quelle dieser Falschheit liegt laut der syllogistischen Theorie darin, dass der Terminus Menschen (wobei der Terminus im Kontext dieser Theorie unter anderem auch als Begriff und nicht nur als ein verbales Gebilde interpretierbar ist), der in einer der Prämissen des Schlusses nicht in seinem vollen Umfang genommen wird, im Schluss in seinem vollen Umfang aus dem Teil des Umfangs des anderen äußeren Terminus des Syllogismus ausgeschlossen wird. Was also in bezug auf das Schließen außer der Wahrheit der Prämissen eines Schlusses wichtig ist, ist auch der Umfang der Termini, die in Prämissen vorkommen, denn die Unterschiede der Umfangsbeziehungen hängen mit den Unterschieden in den Wahrheitsbedingungen der Aussagen zusammen und bestimmen dadurch die Möglichkeit eines korrekten Schlusses. Schon deswegen könnte man vermuten, dass die Wahrheit einer Aussage, die ihre Begründung in der Wahrheit anderer Aussagen findet, mit dem Umfang

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der in dieser Aussage vorkommenden Termini zusammenhängt. In „Ausführungen über Sinn und Bedeutung“ bemerkt Frege, dass die Idee, laut der die Verschiedenheit des Verhaltens von Begriffen in einem Schluss durch die Verschiedenheit der Begriffsumfänge bedingt ist, „sehr zugunsten der Logiker des Umfangs“ spricht5. Was für Termini können denn in einem variierbaren Umfang genommen werden? Wenn es um einzelne Objekte geht (gleichgültig, ob unter den Einzelnen bestimmte Dinge oder Personen verstanden werden), dann kann der einem von ihnen entsprechende Terminus in einem Schluss nur in seinem vollen Umfang genommen werden. Wenn wir sagen „Sokrates ist ein Mensch“, geht es dabei nicht um einen (unter mehreren) Sokrates. Wenn wir schon über die Eigenschaft Sokrates zu sein sprechen wollen und dabei die Bezeichnung dieser Eigenschaft als gleichbedeutend mit einer anderen, z.B. „der stupsnasige Philosoph zu sein, der zum Tode durch Gift verurteilt wurde“, betrachten, gibt es doch nur eine Person, auf die diese Eigenschaft zutrifft. Also wird der Terminus Sokrates immer in ein und demselben Umfang genommen. Wenn man dagegen über Eigenschaften von Gegenständen spricht, die man in der Logik mit Hilfe einerseits nicht-registrierender oder offener und andererseits registrierender allgemeiner Begriffe beschreibt, wie z.B. Mensch oder Philosoph, dann kann man entweder alle Träger solcher Eigenschaften betrachten oder nur einige. In der formalen Logik werden zwar individuelle Begriffe (solche wie Sokrates) als Begriffe aufgefasst, aber ihre Besonderheit besteht darin, dass sie nicht als Prädikate in wahren Aussagen auftreten können. Deswegen werden sie bei der Anwendung der Operation der Klassifikation auf Begriffe als Individuen charakterisiert. Auch bei Frege sorgte ihre logische Rolle dafür, dass sie als Gegenstände Begriffen gegenübergestellt wurden6. Als ein Individuum (das formal-logische Analogon des Gegenstands Freges) kann man also eine Einheit charakterisieren, die zusammen mit anderen Einheiten den Umfang eines nichtleeren Begriffs bilden kann und der ein Gegenstand entspricht, welcher ein Träger der in diesem Begriff gefassten Eigenschaft ist. Dabei kann das in der fraglichen Einheit selbst gefasste „Bündel“ von Eigenschaften keinem weiteren Träger als seine Eigenschaft zugesprochen werden, es sei denn, dass es um einige Eigenschaften aus dem Bündel geht. Die Beziehung zwischen einem Begriff und einem Gegenstand ist nach Frege die logische Grundbeziehung7. Frege erklärt es dadurch, dass sich

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alle Beziehungen zwischen Begriffen auf diese Beziehung zurückführen lassen. Aber gewiss kann man es auch dadurch erklären, dass diese Beziehung den Wahrheitswert des Gedankens (und des den Gedanken ausdrückenden Satzes) bestimmt. Dass der Gegenstand Sokrates unter den Begriff (ist ein) Mensch fällt, macht die Wahrheit der Aussage aus, die man im Satz „Sokrates ist ein Mensch“ ausdrückt. Indem der Gegenstand unter den Begriff fällt, fällt er unter alle Begriffe, die den gleichen Umfang haben. Das erlaubt unter anderem, ein Begriffswort beim Schließen durch das andere mit demselben Umfang zu ersetzen, ohne dass dabei der Wahrheitswert des Schlusses beeinträchtigt wird8. Was nun die Logik betrachtet, sind aber keine konkreten Gegenstände und Begriffe wie z.B. Sokrates oder (ist ein) Mensch und dementsprechend keine konkreten Urteile (Aussagen) und Schlüsse. Unter ihren Objekten sind diejenigen, die mit dem Inhalt des Wortes „wahr“ zusammenhängen. Gegenstand und Begriff könnten als Beispiele für solche Objekte erwähnt werden. Diese sind aber keine greifbaren Gegenstände, sondern selbst Begriffe, insofern man über einen Gegenstand und einen Begriff sprechen kann. Selbst wenn Frege ausdrücklich als logische Gegenstände in erster Linie die Begriffsumfänge anerkennt, fragt man sich, ob der Grund für diese Anerkennung nicht letztendlich darin liegt, dass er jeden Begriff, wobei die Begriffe, denen die in den logischen Sätzen vorkommenden Begriffswörter entsprechen, mit einbegriffen werden, als eine Funktion betrachtet. Dass als logische Objekte somit auch Klassen von Gegenständen und von Begriffen (oder von Wertverläufen von Begriffen im letzten Fall) betrachtet werden können, ändert wenig z.B. an der Wahrnehmbarkeit solcher Objekte. Die Objekte der Logik sind unsinnlich und in dieser Hinsicht ähneln sie den Gegenständen der Psychologie, wie Vorstellungen, Trieben usw. „Sie sind weder sichtbar noch tastbar“, schreibt Frege9. Das ist nach Frege einer der ersten möglichen Gründe für das Eindringen des Psychologismus in die Logik. Der zweite Grund liegt in der Tatsache, dass der Träger des Logischen die Sprache ist. Die logischen Gegenstände wie Begriffe und Wahrheitswerte sind einem nur in der Form einer Wortgruppe oder eines Satzes gegeben. Aber irgendeine logische Struktur oder Beziehung wiederzugeben ist oft

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nicht das Ziel des Sprechenden oder zumindest nicht das einzige Ziel. Das Urteilen, das vom logischen Gesichtspunkt aus eine bestimmte Struktur aufweist, die sich unter dem Einfluss von subjektiven Faktoren nicht ändert, hat jedes Mal, wenn das Urteil gefällt wird, einen unterschiedlichen Ablauf10. Dieser ändert sich von einer Person zur anderen, da jeder aus verschiedenen individuellen Gründen zu demselben Urteil kommt, unterschiedliche Interessen und Erfahrungen hat und durch verschiedenste Vorstellungen bei dieser Handlung beeinflusst wird. Das Urteilen als ein Geschehen hat auch eine bestimmte Regularität, welche Psychologie und Erkenntnistheorie studieren. Logik interessiert sich aber für das Sein des schon gefällten Urteils und zwar für sein objektives Sein. Sie beschäftigt sich also mit der Realität eines Urteils. Diese Realität zeigt sich einerseits in Beziehungen des gefällten Urteils zu anderen Urteilen und andererseits in der Möglichkeit, die Bedingungen des Wahrseins des Urteils aufzudecken. Eine solche Möglichkeit erlangt man, indem man den Wahrheitswert eines bestimmten Gedankens in seine Bestandteile – im Fall einer logischen Grundbeziehung in einen Begriff und einen Gegenstand zerlegt11. Womit also das Urteil in Beziehungen zu anderen Urteilen tritt, ist in erster Linie sein Wahrheitswert. Und die Möglichkeit, innerhalb des Wahrheitswertes eines bestimmten Gedankens die logischen Bestandteile zu unterscheiden, deren Beziehungen die Wahrheitsbedingungen des Gedankens und des entsprechenden Satzes bestimmen, charakterisiert den Wahrheitswert als ein zusammengesetztes Objekt. In der Sprache sind aber das Logische und das Psychologische vermischt12. Also kann man bei Frege Hinweise auf eine Unterscheidung von zwei Gebieten finden, auf denen es notwendig ist, das Logische und das Psychologische auseinander zu halten. Das erste ist das Gebiet der von der Logik zu untersuchenden Gegenstände. Dabei könnte man einerseits über Komponenten eines Wahrheitswertes sprechen, mit anderen Worten über die Objekte, die eine Unterscheidung der Wahrheitswerte bedingen, – Gegenstände und Begriffe, insofern es um die logische Grundbeziehung geht. Andererseits betrachtet man die Wahrheitswerte selbst als logische Gegenstände. Das zweite Gebiet ist das Gebiet der von der Logik formulierten Gesetze, welche die logischen Beziehungen der „Rechtfertigung“ zwischen Urteilen beschreiben. Hier geht es um die

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Bestimmung ihres Charakters. Die Frage nach der Natur logischer Gesetze ist eng mit dem Problem des Inhalts logischer Sätze verbunden, während die Fragen nach der Natur der Gegenstände und Begriffe einerseits und der Wahrheitswerte andererseits mit der Definition oder Charakterisierung der logischen Gegenstände zusammenhängen. Das Wesen der logischen Gesetze besteht nach Frege darin, dass sie keine Gesetze des wirklichen Schließens sind, obwohl das wirkliche Schließen den Stoff für die logische Untersuchung liefert. Das wirkliche Schließen kann richtig und insofern logisch sein. Aber wenn alles wirkliche Schließen richtig wäre, wären auch Fehlschlüsse unmöglich13. Frege weist in diesem Zusammenhang auf den Doppelsinn des Wortes „Gesetz“ hin. Das Gesetz besagt einerseits, was ist, und schreibt andererseits vor, was sein soll. Wenn man also von Denkgesetzen redet, wie es in der Logik üblich ist, kann man den Eindruck gewinnen, als ob diese Gesetze das Denken auf dieselbe Weise regierten „wie die Naturgesetze die Vorgänge in der Außenwelt. Dann können sie nichts anderes als psychologische Gesetze sein; denn das Denken ist ein seelischer Vorgang“14. Die Information, welche die logischen Sätze wiedergeben, betrifft nach Freges Meinung nicht den tatsächlichen Ablauf des Denkens und auch nicht die Regularitäten, die das Denken aufweist. Das besagt aber nicht, dass die Logik sich nicht mit den objektiven Zusammenhängen beschäftigt. Ihren normativen Charakter haben die logischen Gesetze erstens dank der Objektivität der in der Logik betrachteten Gegenstände (wobei das Wort „Gegenstand“ hier als synonym mit dem Wort „Objekt“ zu verstehen ist, nicht in dem Sinne, der für dieses Wort in der Theorie Freges „reserviert“ ist), und zweitens dank der Objektivität der Zusammenhänge und Zusammensetzungen, in die diese Gegenstände (Objekte) miteinander treten. Die logischen Objekte, die eine besondere antipsychologistische Behandlung brauchen, sind in erster Linie Begriffe. Was an Begriffen zu unterscheiden ist, ist erstens ihre Geschichte, die Geschichte der Entstehung des Begriffs, und zweitens die Art des Seins des Begriffs. Was die Geschichte des Begriffs betrifft, ist sie nicht mit der Entstehung des Begriffs bei einer einzelnen Person zu identifizieren, da eine solche im

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Vergleich zu anderen Personen verschiedene Gründe für die Einführung des Begriffs hat und sich die Bedingungen, unter denen der Begriff in seiner Eigentümlichkeit erkannt wird, kaum bei anderen Personen reproduzieren. Die Geschichte des Begriffs ist die Geschichte von dessen Erkenntnis und von der Identifizierung des Inhalts des Begriffswortes mit einer bestimmten Bedeutung. Diese Bedeutung ist ihrerseits keine Vorstellung oder ein ähnliches subjektives psychologisches Gebilde. Vorstellungen oder, wie es im Zusammenhang mit einigen Fregeschen Definitionen lauten könnte, subjektive Vorstellungen sind einzeln, veränderlich und vergänglich. Sie unterscheiden sich von einem Subjekt zum anderen. „Wenn in dem beständigen Flusse aller Dinge nichts Festes, Ewiges beharrte, würde die Erkennbarkeit der Welt aufhören und Alles in Verwirrung stürzen“15. Diese Fregesche Aussage erklärt insbesondere, worin er die Gefahr des Psychologismus sieht. Fasst man die logischen Gegenstände auf eine psychologistische Weise auf, zieht man damit das Erkenntnisziel ins Subjektive. Auf solche Weise kommt man leicht zu einem solipsistischen Gesichtspunkt16, der selbst die Möglichkeit eines wissenschaftlichen Wissens in Frage stellt. In seiner relativ frühen Schrift Die Grundlagen der Arithmetik (1884) definiert Frege Begriffe und Gegenstände als objektive Vorstellungen. Dass sie als Vorstellungen beschrieben werden, könnte daran liegen, dass sie ihr Bewusstwerden der erkennenden Tätigkeit verdanken. Sie sind objektiv, insofern sie für alle Menschen dieselben sind17. Den Grund für diese Objektivität sieht Frege in der besonderen Erkenntnisart, durch welche man die Kenntnis von Begriffen erlangt. Frege schreibt: „So verstehe ich unter Objectivität eine Unabhängigkeit von unserm Empfinden, Anschauen und Vorstellen, von dem Entwerfen innerer Bilder aus den Erinnerungen früherer Empfindungen, aber nicht eine Unabhängigkeit von der Vernunft; denn die Frage beantworten, was die Dinge unabhängig von der Vernunft sind, hiesse urtheilen, ohne zu urtheilen, den Pelz waschen, ohne ihn nass zu machen“18. Das Erkennen erzeugt aber das Erkannte nicht, es ergreift nur das schon Vorhandene19. Diese Auffassung der Erkenntnis und des zu Erkennenden legt Frege seiner logischen Theorie zugrunde, indem er die Bestandteile

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des zu Erkennenden (des beurteilbaren Inhalts) als objektive Vorstellungen definiert20. Genauso wenig subjektiv wie die Begriffe, die Frege als primitive undefinierbare Objekte der Logik betrachtet und die schon kraft ihrer Undefinierbarkeit unzerlegbar sind, sind auch die zusammengesetzten logischen Gegenstände – das Wahre und das Falsche. Die erste Erkenntnis, auf die Frege in diesem Zusammenhang hinweist, ist die Unabhängigkeit der Wahrheit von dem Erkennenden. Die Wahrheit des Satzes ist nicht sein Gedachtwerden, sonst würde ein Satz aufhören, wahr zu sein, wenn man nicht mehr an ihn denkt21. Wenn ein Satz aber gedacht wird, kann er von einem bestimmten Denkenden als wahr anerkannt werden. Die Beziehung des Denkenden zu dem von ihm für wahr gehaltenen Inhalt in einem solchen Fall ist das Fürwahrhalten. Das Fürwahrgehaltenwerden fällt mit dem Wahrsein des Gedankens aber nicht immer zusammen22, weil Fürwahrhalten eine subjektive Handlung ist. Also liegt schon allein aus diesem Grund der Gedanke nahe, dass das Wahrsein und die Wahrheit objektiv sind. Diese These wird durch die Beobachtung präzisiert, dass die Wahrheit eines Gedankens nicht mit seiner Allgemeingültigkeit identisch ist. Solche Sätze, die Bestimmungen der Zeit oder des Orts enthalten, wie z.B. „Ich bin hungrig“, haben „im Munde des Anderen“ Beziehung zu einer anderen Person und können dementsprechend einen unterschiedlichen Wahrheitswert besitzen23. Ein solcher Satz hat also keine allgemeine Gültigkeit, kann aber trotzdem wahr sein. Ein weiteres Argument für die Objektivität der Wahrheit ist die Tatsache, dass das Wahrsein eines Satzes ort- und zeitlos ist. Und schließlich, wenn man davon ausgeht, dass die Wahrheit ein Zusammengesetztes ist, muss dieses schon deshalb objektiv sein, weil seine Komponenten objektiv sind. Wenn wir nun die oben angesprochenen Kriterien auf die logischen Objekte Freges anwenden, sowohl auf einfache als auch auf zusammengesetzte, sehen wir, dass diese ideale Objekte sind. Termini, die sie bezeichnen, sind keine Beobachtungstermini. Selbst die Objekte, die als Bedeutungen der Wörter „Gegenstand“ und „Begriff“ auftreten, sind keine realen Objekte. Das bedeutet allerdings nicht, dass sie keine Realität haben, sondern dass dessen Erkennen eine diskursive Tätigkeit des

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Denkens verlangt. Die Termini (die Bestandteile der Sätze der Logik), die solche Objekte bezeichnen, haben keine eindeutige Interpretation. Wenn wir unter Interpretation eine Funktion verstehen, die einem verbalen Objekt, nämlich einem Terminus, ein anderes Objekt zuordnet, dessen Natur sich von der Natur des Terminus unterscheiden kann und das z.B. keine Spracheinheit ist oder aber ein zu einer anderen Sprache gehörende Zeichen24 ist, stellen wir fest, dass die zuzuordnenden Objekte keineswegs eindeutig definiert sind. Sie fordern erst eine solche Definition oder eine Festlegung. Sonst bleibt es offen, was man z.B. durch das Wort „Begriff“ bezeichnet. Ist das eine Menge von Begriffen? Werden sie als besondere Gegenstände (z.B. Begriffsumfänge) oder als Funktionen verstanden? Sind diese Funktionen von einem oder von mehreren Argumenten? Die Wahl der Interpretation hängt selbst von der Theorie ab, welche die Eigenschaften und Zusammenhänge des Begriffs mit anderen logischen Objekten untersucht. Zusammenfassend kann man aber behaupten, dass die Eigenschaften, welche Frege den logischen Gegenständen zuspricht, sowie der Charakter der logischen Gesetze die Logik als eine theoretische Disziplin charakterisieren. 6.1.2. Husserl über den theoretischen Charakter der Logik Den theoretischen Charakter der Logik zu zeigen, strebte auch Husserl in seiner Kritik des Psychologismus. Von ihm stammt eine eingehende Darstellung der Gründe, die einen dazu veranlassen, die Logik als Zweig der Psychologie oder als eine empirische Wissenschaft zu betrachten. Husserl definiert die psychologistische Auffassung der Logik und behandelt kritisch die Ideen der Theoretiker, die er für Repräsentanten des Psychologismus hält, - Mill, Lipps, Sigwart und Wundt. Obwohl ich seine Kritik des Psychologismus nicht in allen Einzelheiten und in ihrer Fülle betrachten werde25, möchte ich doch die meines Erachtens wichtigsten Ideen diskutieren. Als Gründe für die Verbreitung psychologistischer Missdeutungen der logischen Prinzipien erwähnt Husserl erstens ein zeitlich bedingtes (durch die Besonderheiten ihrer Entwicklung verursachtes) Interesse an

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Psychologie26 und zweitens einige Verwechslungen, welche der Analyse der logischen Grundbegriffe entspringen können. Die erste dieser Verwechslungen betrifft die Deutung der Natur von logischen Sätzen. Das ist die Verwechslung der logischen Gesetze als „Urteilsinhalte“ mit den Urteilen selbst, also mit Urteilsakten, in denen sich die Erkenntnis der Gesetze vollzieht. Die Urteilsakte sind real, ihr Vorkommen ist zeitlich und subjektiv bestimmt. Sie haben ihre Ursachen und Wirkungen. Wenn sie als Denkmotive dienen, können sie die Anordnung und Verknüpfung der Denkerlebnisse so bestimmen, dass diese Erlebnisse zu einer Erkenntnis führen. Eine auf diese Weise entstandene Anordnung kann den Einzelfall eines logischen Gesetzes darstellen. Das logische Gesetz ist aber nicht mit dem Erkennen dieses Gesetzes identisch. Es ist auch nicht die Macht, die den einzelnen Denkverlauf bestimmt. Das logische Gesetz ist ideal und hat keine Zeit- oder Ortsbestimmung27. Die zweite Verwechslung ist mit der Deutung der Rolle eines logischen Satzes in einem Zusammenhang von Sätzen verbunden. Das ist die Verwechslung des Gesetzes als eines Gliedes einer Kausation (eines Kausalzusammenhangs) mit dem Gesetz als Regel einer Kausation. Wenn man diese beiden Rollen des Gesetzes verwechselt, kommt man zu der Idee, dass die logischen Gesetze das Denken kausal regieren28. Somit wird das Denken mit dem folgerichtigen Denken gleichgesetzt. Vertritt man diesen Gesichtspunkt, dann kommt man zum Schluss, dass alles Denken unausweichlich nach den logischen Gesetzen abläuft und dass deswegen kein Fehler (kein fehlerhaftes Urteil) möglich ist. Die dritte Verwechslung, welche die Deutung des Wertes des logischen Satzes betrifft, ist die Verwechslung der Voraussetzungen, unter denen ein logisches Gesetz Geltung hat, mit den Voraussetzungen seiner Anwendung. Wäre die Geltung eines logischen Gesetzes durch irgendwelche Voraussetzungen bedingt, dann hätte ein solches Gesetz nur einen hypothetischen Charakter. Betrachten wir z.B. das Gesetz des Widerspruchs. Es besagt, dass zwei kontradiktorische Sätze (ein Satz und seine Negation) nicht zugleich wahr sind, wie z.B. die Sätze „Es regnet“ und „Es regnet nicht“. Die Voraussetzung der Anwendung dieses Gesetzes

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besteht darin, dass uns zwei Sätze vorliegen, die über dasselbe sprechen (dieselbe Materie haben). Dieses Gesetz hat aber unbegrenzte Geltung, die nicht davon abhängt, ob jemand die Zusammensetzung der Inhalte, auf die das Gesetz angewandt werden kann, tatsächlich vollzieht29. Die vierte Verwechslung, die im Zusammenhang mit der Deutung des Inhalts von logischen Sätzen auftritt, ist die Verwechslung des Inhalts der logischen Sätze mit deren Funktion oder mit einer praktischen Anwendung von logischen Sätzen. Ihrem Inhalt nach sind die logischen Sätze und die logischen Grundsätze keine Normen, aber sie dienen als solche. Zum Inhalt der logischen Sätze gehört aber nicht, auszusagen, wie geurteilt werden soll. Logische Sätze beinhalten deshalb keine normativen Anweisungen und sind theoretische Wahrheiten. Dass man ihnen eine praktische, nämlich regulierende Bedeutung beimisst, gründet in ihrem Inhalt, aber ist nicht dessen Bestandteil30. Die fünfte Verwechslung, die mit der Deutung des durch die logischen Termini Bezeichneten verbunden ist, tritt dann ein, wenn man den Unterschied zwischen der subjektiv-anthropologischen Einheit der Erkenntnis und der objektiv-idealen Einheit des Erkenntnisinhalts übersieht. In die erste Kategorie fallen z.B. Urteile als Bewusstseinserlebnisse (also Führwahrhaltungen). In die zweite fallen dagegen Urteile als ideale Bedeutungseinheiten31. Als eine Bedeutungseinheit lässt das Urteil eine linguistische Formulierung und eine mögliche darauf folgende Übersetzung in eine andere Sprache zu. Wenn man den Satz „2 x 2 = 4“ heute und morgen ausspricht, sind die zeitlich verschiedenen Vorkommen dieses Satzes, obwohl sie für viele wahrnehmbar und in diesem Sinne objektiv sind, doch nicht die Elemente, aus denen der Umfang des Begriffs Urteil gebildet wird. Solche Elemente sind dagegen ideale Bedeutungen, die das objektive Bleibende dieser Vorkommen bilden, wenn man von den Umständen ihres Auftretens absieht. Das Wesen der psychologistischen Auffassung der Logik sieht Husserl in folgenden Ideen.

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Erstens liefert die Psychologie, genauer die Psychologie der Erkenntnis, das theoretische Fundament für den Aufbau der logischen Lehre. Begriffe, Urteile und Schlüsse sind Denkformen, und die Denkformen werden von der Psychologie untersucht32. Zweitens ist das folgerichtige Denken oder das Denken, wie es sein soll, bloß ein Spezialfall des Denkens, wie es ist33. Drittens liefert die Logik der Psychologie die Sätze der Form. Sie untersucht, wie sich die intellektuellen Betätigungen formen und zusammenschließen müssen, damit die resultierenden Urteile den Charakter der Evidenz gewinnen. Was Logik in ihren Sätzen zum Ausdruck bringt, ist die kausale Beziehung zwischen der Evidenz und den Voraussetzungen dieser Evidenz. In diesem Sinne sind logische Gesetze als Kausalgesetze aufzufassen34. Viertens haben die logischen Grundsätze, wie z.B. der Satz des Widerspruchs, einen induktiven Ursprung. Sie sind Verallgemeinerungen aus der Erfahrung und müssen deshalb als empirisch-psychologische Allgemeinheiten gedeutet werden. Die logischen Gesetze charakterisieren Beziehungen zwischen Glaubens- oder Urteilsakten. So besagt z.B. der Satz des Widerspruchs in einer psychologistischen Interpretation, dass zwei entgegengesetzte Glaubensakte nicht koexistieren können35. Dass zwei einander widersprechende Sätze zugleich nicht wahr sein können, gehört nicht zum Inhalt dieses Gesetzes. So aufgefasst, hat der Psychologismus Konsequenzen, die Husserl für bedenklich hält:

folgende

theoretische

1. Psychologie ist eine Tatsachenwissenschaft, die auf der Erfahrung basiert. Da die Tatsache für Husserl im Gegensatz zu einer Wahrheit etwas zeitlich Bestimmtes36 und insofern ein Einzelnes ist, kann die Psychologie nur vage Verallgemeinerungen aus der Erfahrung als ihre Gesetze haben. Die theoretischen Grundlagen der Psychologie sind also vage. In vagen Grundlagen können aber nur vage Regeln gründen. Die logischen Gesetze sind dagegen von absoluter

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Exaktheit. Sie sind keine empirischen und somit ungefähren Regeln37. Vor uns liegt also das Problem: Wenn die Psychologie, die kein exaktes Wissen liefert, die Grundlage der Logik bildet, wo hat die Logik ihre Exaktheit her? Die Frage, die immer noch zu beantworten bleibt, ist: Was ist das theoretische Fundament der Logik? 2. Psychologische Gesetze sind Naturgesetze. Als solche sind sie nicht a priori erkennbar, sondern sie werden durch Induktion aus einzelnen Tatsachen begründet. Die Induktion begründet aber nicht die Geltung des Gesetzes, sondern nur die Wahrscheinlichkeit dieser Geltung. Wären also die logischen Gesetze ein Teil der Gesetze der Psychologie, dann würde ihnen nur der Rang der Wahrscheinlichkeit zukommen. Infolgedessen könnte man sich vor dem extremsten Probabilismus vorfinden. Aber rein logische Gesetze sind a priori gültig. Ihre Begründung und Rechtfertigung finden sie nicht in der Induktion, sondern in apodiktischer (notwendiger) Evidenz. „Einsichtig gerechtfertigt“ ist nicht die Wahrscheinlichkeit ihrer Geltung, sondern ihre Geltung oder ihr Wahrsein selbst38. Dass in den logischen Gesetzen die Wahrheit ohne jeglichen Bezug auf konkrete Daten der Erfahrung erfassbar ist, macht die Klassifizierung dieser Gesetze als psychologischer Naturgesetze fraglich. Die Frage, welchen Charakter die logischen Gesetze haben, lässt der Psychologismus also unbeantwortet. 3. Noch eine Frage, die keine zufriedenstellende Lösung seitens des Psychologismus bekommt, ist die Frage nach dem Inhalt der logischen Gesetze. Wenn man davon ausgeht, dass die logischen Gesetze ihre Erkenntnisquelle in psychologischen Tatsächlichkeiten haben, werden sie damit zu normativen Wendungen psychologischer Tatsachen. Wäre dem so, dann müssten die logischen Gesetze einen psychologischen Gehalt besitzen, der in zweifacher Form auftritt. Erstens müssten sie Gesetze für Psychisches sein und zweitens müssten sie „zugleich die Existenz von Psychischem voraussetzen bzw. einschließen“39. Jedes logische Gesetz ist aber weder ein Gesetz für Tatsächlichkeiten des psychischen Lebens noch impliziert es die

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Existenz von irgendwelchen Erkenntnisphänomenen. Wäre nämlich die Existenz eines psychischen Phänomens (wie z.B. eines einzelnen aktuellen Urteils) in Gesetzen des Schließens mitbehauptet, dann ließe sich diese Existenz (als alles in einem Satz Mitbehauptete) aus diesem Satz ableiten. „Aber wo sind die Schlussformen, die aus einem reinen Gesetz eine Tatsache abzuleiten gestatten?“40 Der Tatsachengehalt kommt deswegen den logischen Gesetzen nicht zu. Sie beziehen sich auf die Wahrheiten, die für Husserl keine Tatsachen sind. Im Unterschied zu einer Tatsache hat die Wahrheit keine zeitliche Existenz, kein Entstehen oder Vergehen. Wahrheiten sind im Gegensatz zu Tatsachen keine realen, sondern ideale Objekte. Dass diese Objekte eine formalisierte Darstellung zulassen (durch Buchstaben oder deren Reihenfolge bezeichnet werden können), bestätigt, dass die von den logischen Gesetzen geregelten Gegenstände nicht Tatsachen sondern Wahrheiten sind. Der Psychologismus verkennt diesen und die daraus folgenden Unterschiede. 4. Vom Gesichtspunkt des Psychologismus aus haben die logischen Grundsätze einen doppelten Charakter. Jedes von ihnen ist ein Gesetz, das in verschiedener Funktion oder Anwendungssphäre, und zwar in jeweils psychologischer oder logischer, auftritt. In der psychologischen Sphäre als Naturgesetz spricht ein solches Gesetz bestimmte Eigenschaften psychischen Ereignissen zu. In der logischen Sphäre, als normatives Gesetz, erstreckt es sich auf den gesamten Umkreis der Inhalte, welche Produkte solcher Ereignisse sind. Wäre es wirklich so, dann könnte man eine gemeinsame Formel für jedes dieser Gesetze angeben, die sich sowohl auf reale Tatsachen als auch auf ideale Wahrheiten anwenden ließe. „Begreiflicherweise ist aber die Frage nach dieser einheitlichen Fassung eine vergebliche“41. Nach Husserl ist es unmöglich, dass die Bezeichnung eines dieser beiden Gesetze die besagte Rolle übernimmt. Würde die Bezeichnung für das logische Gesetz für ein Naturgesetz stehen, müsste sie besagen, dass man bewusst nicht zugleich behaupten kann, dass A und dass nicht-A. In dieser Formulierung des Gesetzes geht es um ein subjektives Unvermögen

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und nicht um eine objektive Unvereinbarkeit wie in der gewöhnlichen Formulierung. Dieses Unvermögen sollte einen anderen Ausdruck erhalten, sobald wissenschaftliche Präzision verlangt wird. Die Notwendigkeit der Einführung eines solchen speziellen Ausdrucks könnte man auch durch die Verschiedenheit der Wahrheitsbedingungen der beiden Ausdrücke begründen. Nun möchte ich für die Formulierung dieses Ausdrucks zusätzlich zu dem Verneinungsoperator einen modalen Operator anwenden. Dass ein Inhalt A behauptet werden kann, oder die Behauptung, dass A, möchte ich durch „A“ ausdrücken. Dass der Inhalt nicht-A behauptet werden kann, oder die Behauptung, dass nicht-A, möchte ich durch „nicht A“ ausdrücken. Das fragliche Naturgesetz ließe sich dann in der Form „Es ist nicht möglich, dass A und nicht A“ formulieren. Gehen wir davon aus, dass diese Aussage eine modale Aussage ist und dass man auf sie deswegen bestimmte logische Prinzipien anwenden kann, dann können wir aus dieser Aussage eine andere gewinnen, nämlich „Es ist nicht wahr, dass A und nicht A“. In diesem Fall haben wir aus der Formulierung des vermeintlichen Naturgesetzes die Formulierung des logischen Gesetzes nach logischen Regeln gefolgert. Aus der Formulierung des logischen Gesetzes können wir aber nach den Regeln der modalen Logik die Formulierung des Naturgesetzes nicht gewinnen. Also sind erstens diese Formulierungen nicht äquivalent, was auch Husserl vermutete. Zweitens darf diese Argumentation nicht als ein Beweis für die Abhängigkeit der logischen Gesetze von Naturgesetzen betrachtet werden, weil die Formulierung des Naturgesetzes selbst den logischen Gesetzen unterliegt. Dass wir hier die Anwendung solcher Gesetze und Regeln durch den Gebrauch eines modalen Operators eingeleitet haben, macht unsere Argumentation nicht ungültig, da man den eingeführten Ausdruck des Naturgesetzes als eine Behauptung interpretieren kann, dass in keinem Fall das gleichzeitige Behaupten von A und nicht-A stattfindet42. Aus der Husserlschen Kritik des Psychologismus lässt sich die folgende Gestalt der Logik herauslösen:

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1. Die Aufgabe der Logik besteht in der Charakterisierung des Wahrheitsgehalts der psychischen Vorgänge und Akte sowie in der Bestimmung des idealen (nicht kausalen) Zusammenhangs der Wahrheiten, der sich nicht immer, sondern nur ausnahmsweise im faktischen Verlauf des Denkens verwirklicht43. 2. An der Fundierung der Logik ist nicht allein oder vorzugsweise die Psychologie beteiligt. Die Psychologie ist eine erklärende Naturwissenschaft. Das wesentliche Fundament der Logik bildet die sogenannte „reine Logik“. Unter diesem Begriff versteht Husserl eine theoretische Einheit, die im Zusammenhang bestimmter Wahrheiten besteht, auf die „alle logische Regelung letztlich bezogen ist“44. Eines der Probleme, mit denen sich die reine Logik beschäftigen soll, ist die Bestimmung der idealen Bedingungen der Möglichkeit einer Wissenschaft überhaupt45. Deswegen gehören zu den Aufgaben der reinen Logik die Feststellung und Untersuchung von Begriffen (im Zusammenhang mit den sie subordinierenden Begriffskategorien), die einen theoretischen Zusammenhang „konstruieren“. Die nächste Aufgabe der reinen Logik besteht darin, die Gesetze aufzustellen, die auf verschiedenen Kategorien von Begriffen gründen. Solche Gesetze konstituieren Theorien, unter anderem verschiedene Theorien des Schließens, welche die Beziehungen und Eigenschaften (Wahrheit und Falschheit) von Bedeutungen in Abhängigkeit von ihrer Bildungsform untersuchen46. Das Wesen der reinen Logik wird seinerseits von einer philosophischen Fundamentalwissenschaft untersucht, welche philosophischen und anderen wissenschaftlichen Disziplinen, darunter auch der Psychologie, vorangeht. Die Rolle einer solchen Wissenschaft spricht Husserl der Erkenntnistheorie zu47. 3. Die Regelung, welche die Gesetze der Logik, die nach Husserl überempirisch, apodiktisch evident und absolut exakt sind, vollziehen, ist normierend (nicht kausal). Die Notwendigkeit dieser Gesetze ist nicht real, sondern logisch. Logische Gesetze realisieren sich nur auf dem Gebiet „rein begrifflicher“ Erkenntnis48. Eine derartige Erkenntnis beruht wie „jede Gesetzeserkenntnis“ auf der

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Erfahrung, aber ihre Produkte erwachsen nicht aus der Erfahrung. Logische Grundbegriffe und die mit diesen gegebenen rein begrifflichen Verhältnisse werden in der psychologischen Erfahrung abstrahiert. Die logische Gesetzlichkeit gründet nur in den abstrahierten Inhalten und ist uns deshalb als allgemeingültig unmittelbar bewusst. In diesem Sinne, in dem Sinne unmittelbarer Einsichtigkeit sind logische Gesetze erfahrungsmäßig49. „[W]ie wir ein Begriffliches im Akte der Ideation schauend erfassen – als die Eine Spezies, deren Einheit gegenüber der Mannigfaltigkeit tatsächlicher oder als tatsächlich vorgestellter Einzelfälle wir einsichtig zu vertreten vermögen – so können wir auch die Evidenz der logischen Gesetze gewinnen, welche sich auf diese, bald so oder so geformten Begriffe beziehen. Zu den „Begriffen“ in diesem Sinne von idealen Einheiten gehören nun auch die „Sätze“, von denen das principium contradictionis spricht, und so überhaupt die Bedeutungen der Buchstabenzeichen, die in den formelhaften Ausdrücken der logischen Sätze benutzt werden.“50 Bei der Erkenntnis der logischen Gesetze folgt aber die Einsicht nicht aus der Einzelheit, und die Produkte solcher Erkenntnis schließen keine Behauptungen existentialen Gehalts ein. Dass die Erkenntnis der logischen Gesetze mit der Erfahrung anfängt, bedeutet nicht, dass sie darum schon aus der Erfahrung in der Weise der Induktion „entspringt“ oder „erwächst“. 4. Die Gegenstände der Logik sind in erster Linie Wahrheiten. Die Wahrheit ist ein ideales Objekt, das keine zeitliche Bestimmung hat. Das Sein der Wahrheit hängt nicht davon ab, ob sie einen Ausdruck hat. Wahrheiten sowie Begriffe und Sätze, deren Beziehungen logische Gesetze regeln, gehören zu der Sphäre der idealen Bedeutungen, welche das gemeinschaftliche Wissen für alle Menschen und alle Zeiten ausmachen. Diese Bedeutungen sind das Gedachte im Gegensatz zu der Tätigkeit des Denkens, der Inhalt der Vorstellungen im Gegensatz zu den Akten der Vorstellung. Sie sind

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Bedeutungen möglicher Ausdrücke. Wahrheiten können auch selbst Bedeutungen haben. Die Bedeutung einer Wahrheit könnte z.B. darin bestehen, dass etwas (z.B. ein Ding) ist oder etwas sich so und so verhält, aber selbst in einem solchen Fall ist „die Wahrheit selbst ... über alle Zeitlichkeit erhaben“51. Die antipsychologistischen Thesen Husserls haben zu der Begründung der Logik als einer theoretischen Wissenschaft erheblich beigetragen, so dass sein Verdienst auf diesem Gebiet jetzt allgemein anerkannt ist. Trotz der positiven Rolle, die seine Ideen schließlich für die Gestaltung der modernen Logik spielten, werfen seine kritischen Bemerkungen über einzelne von ihm kritisierte Theorien einige Fragen auf. Betrachten wir einige der Thesen Mills im Hinblick auf die Vorwürfe, die von Husserl gegen seine Theorie erhoben werden. 6.1.3. Einige Bemerkungen über den Psychologismus der Theorie Mills In Mills späterer Schrift An Examination of Sir William Hamilton’s Philosophy (1865) findet Husserl folgende Behauptung: „I conceive it to be true that Logic is not the theory of thought as thought, but of valid thought; not of thinking, but of correct thinking. It is not a science distinct from, and coordinate with, Psychology. So far as it is a science at all, it is a part, or branch, of Psychology; differing from it, on the one hand as a part differs from the whole, and on the other, as an Art differs from a science. Its theoretic grounds are wholly borrowed from psychology”52. Diese Behauptung ist nicht das Einzige an der Theorie Mills, was Husserl als psychologistisch bezeichnet. Weiteren Anlass zu Kritik gibt Husserl die Millsche Auffassung der logischen Grundsätze. Schon früher, nämlich 1843 in A System of Logic Ratiocinative and Inductive betrachtet Mill das Prinzip des Widerspruchs wie jedes Axiom als eine der ersten und wohl bekanntesten Verallgemeinerungen aus der Erfahrung. Dieses Prinzip gründet nach Mill darauf, dass Glauben und Nicht-Glauben zwei verschiedene mentale Zustände sind, die sich gegenseitig ausschließen.

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Das Wissen von diesem Sachverhalt liefert uns die Beobachtung sowohl unseres eigenen Verstands als auch äußerer Phänomene53. Was ist kennzeichnend für Mills Auffassung der Logik? Mill akzeptiert, dass die Deduktion und deduktive Schlüsse, d.h. Schlüsse von Allgemeinem auf Allgemeines und Besonderes mittels Regeln, die das Denken aufstellt, ohne dabei auf die Daten, die uns die Erfahrung liefert, zurückzugreifen, einen wesentlichen Teil des Gegenstands der Logik bilden. In bezug auf allgemeine Wahrheiten stellt er aber die Frage, wie man zu den allgemeinen Aussagen, auf denen deduktive Schlüsse beruhen, kommt. Um aus den Aussagen „Alle Menschen sind sterblich“ und „Alle Griechen sind Menschen“ einen Schluss zu ziehen, muss man erst solche Aussagen gewinnen. Ihre Quelle sucht Mill in der Erfahrung. Da er mit seinem System der Logik die Methoden formulieren will, welche die Wissenschaft beim Erwerben des wissenschaftlichen Wissens benutzt, will er außer der Theorie der Deduktion noch die Theorie der Induktion aufbauen und insbesondere die Prinzipien der Verallgemeinerung formulieren. Was ist für Mill Psychologie? Ihren Gegenstand definiert er als Einheitlichkeit („uniformity“) der Aufeinanderfolge von mentalen Zuständen, als fundamentale oder abgeleitete Gesetze, nach denen ein mentaler Zustand einem anderen folgt oder durch diesen anderen verursacht wird oder die das Folgen eines Zustands aus einem anderen bestimmen54. Psychologie ist die Wissenschaft vom Verstand („science of mind“). Sie stellt die Gesetze und Regeln auf, die besagen, wie mentale Phänomene einander erzeugen. Unter diese Phänomene werden verschiedene Gefühle („feelings“) oder Bewusstseinszustände eingereiht: Empfindungen, Emotionen, Willensakte, Gedanken. Dem Gegenstand der Logik gibt Mill folgende Definition. Alle uns bekannten Wahrheiten unterteilt Mill in diejenigen, die wir unmittelbar aus der Intuition kennen, und die, welche wir mittels der Kenntnis von anderen Wahrheiten gewinnen. Die einen sind unsere eigenen körperlichen Empfindungen und mentalen Gefühle55. Die anderen sind Sätze über historische Ereignisse oder Sätze einer Wissenschaft, d.h. die Sätze, die

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man allein aus der privaten persönlichen Erfahrung nicht gewinnen kann. Die Wahrheiten, die wir aus der Intuition kennen, sind die ersten Voraussetzungen, aus denen alle anderen abgeleitet werden. Solche Wahrheiten sind uns ohne die Möglichkeit, sie in Frage zu stellen, gegeben. Um derartige Wahrheiten zu formulieren, braucht man keine Regeln und kein wissenschaftliches Wissen. Dieser Teil unseres Wissens wird nicht von der Logik erfasst56. Das Gebiet der Logik muss auf den Teil unseres Wissens beschränkt bleiben, der aus den Schlüssen aus den schon bekannten Wahrheiten besteht, was auch immer diese Wahrheiten sind – allgemeine Aussagen oder Aussagen, die uns eine einzelne Beobachtung oder Wahrnehmung liefert. „Logic is not science of Belief, but the science of Proof, or Evidence. In so far as belief professes to be founded on proof, the office of logic is to supply a test for ascertaining whether or not the belief is well grounded.“57 Die methodologische Bedeutung der Logik besteht nicht darin, dass sie einem Wissenschaftler einen konkreten Beweis gibt oder dass sie eine außerlogische Gesetzmäßigkeit beobachtet oder entdeckt. Die Logik zeigt, was einen Beweis zum Beweis macht und ob ein solcher Beweis in einem konkreten Fall gefunden wurde58. In diesem Sinne ist Logik die Wissenschaft der Wissenschaft59. Die Logik definiert Relationen zwischen Daten einer Wissenschaft, nämlich zwischen einem zu beweisenden Satz und dem Beweis selbst. Um das Gewinnen eines Schlusses, der in der Realität der Dinge selbst liegt, zu ermöglichen, muss die Logik solche unerlässlichen Relationen genau definieren. Logik analysiert mentale Prozesse, die für sie insofern in Frage kommen, als sie mit den Schlüssen auf dem von der Logik regulierten Wissensgebiet zusammenhängen. Aber sie tut das nur bis zu einem bestimmten Punkt, an dem es klar wird, ob die logischen Operationen in jedem einzelnen Fall korrekt oder unkorrekt durchgeführt wurden60. Mill lässt die Möglichkeit zu, die Logik einer anderen allgemeineren Wissenschaft zuzuordnen. Dieser Wissenschaft spricht Mill einerseits die Aufgabe zu, die Konstitution menschlicher Fähigkeiten zu definieren. Andererseits soll aber diese Wissenschaft entscheiden, welche Tatsachen die fundamentalen sind und welche

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Tatsachen man auf andere Tatsachen zurückführen kann61. Schon deswegen ist es fraglich, ob Mill die Aufgaben dieser Wissenschaft der Psychologie delegieren könnte. Allerdings haben bei Mill die Termini „Psychologie“ und „psychologisch“ noch eine andere Bedeutung, die im Zusammenhang mit der Millschen Kritik an Hamilton steht. Mill betrachtet Psychologie als Bezeichnung für eine von ihm vertretene Methode philosophischer Untersuchungen, die er auf die Probleme der Metaphysik anwendet. Mill spricht über die psychologische wissenschaftliche Methode und stellt diese der sogenannten introspektiven Methode gegenüber, für deren Vertreter er Hamilton hält62. Das erste Problem, bei dem man eine dieser Methoden einsetzt, ist das Problem des Ursprungs unserer Ideen, mit dessen Betrachtung Locke sein Philosophieren anfängt. Die Vertreter der introspektiven Methode halten die Idee, philosophische Untersuchungen des mentalen Vermögens mit der Frage nach dem Ursprung unserer Ideen zu beginnen, für verkehrt. Man muss das Bewusstsein in seinem jetzigen Zustand analysieren und seine Elemente in weitere Bestandteile zerlegen. Auf diesem Weg erreicht man die fundamentalen und primären Wahrheiten, die nicht weiter zerlegbar sind. Diese Wahrheiten sind evident und dienen als Quelle all unseres Wissens63. Diese Theorie beruht nach Mill auf zwei Voraussetzungen. Laut der ersten existiert ein solches primäres Glauben, das zu seinem Inhalt die primären Wahrheiten hat. Und laut der zweiten gibt es keine Mittel, durch die man solche Wahrheiten erwerben kann. Aus diesen Voraussetzungen wird abgeleitet, dass die universellen Wahrheiten dem Bewusstsein entspringen. Die zweite dieser Voraussetzungen bestreitet Mill aus dem Grund, dass sie eigentlich erst von der Psychologie untersucht werden soll. Mentale Tatsachen und wie sie erzeugt werden, soll erst wissenschaftlich unter Berücksichtigung der phylogenetischen Entwicklung des menschlichen Bewusstseins untersucht werden, um das Glauben, das fundamental zu sein scheint, auf seine Irreduzibilität und seinen fundamentalen Charakter prüfen zu können. “This mode of ascertaining the original elements of mind I call, for want of a better word, the psychological, as distinguished from the

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simply introspective mode. It is the known and approved method of physical science, adapted to the necessities of psychology.“64 Die wahren Bedingungen einer psychologischen Untersuchung werden von Hamilton nach Meinung Mills missdeutet. Dass man eine Idee (oder ein Glauben) aus dem Bewusstsein nicht ausschließen kann, sie nicht los werden kann, bedeutet nicht, dass diese Idee nicht irgendwann erworben wurde65. Wenn vom introspektiven Gesichtspunkt aus z.B. das Glauben an eine Außenwelt intuitiv ist, in dem Sinne, dass es nicht erworben wird, behauptet Mill, dass man dieses Glauben dank der Gültigkeit einiger psychologischer Gesetze gewinnt. In seinem späteren kritischen Werk grenzt Mill die Logik doch von der Psychologie ab. Nicht nur die Gegenstände der beiden Wissenschaften sind verschieden: die Psychologie analysiert mentale Operationen und die Logik lehrt, wie man eine objektive Wahrheit feststellt. Es gibt noch bestimmte Theorien, die an der Grenze zwischen Psychologie und Logik liegen. Das sind die Theorien, die einzelne mentale Operationen, deren Durchführung der Feststellung und der Bestätigung der Wahrheit dient, betrachten66. Das sind die Theorien des Begriffs und der Aussage. Der schon angesprochenen Behauptung, dass Logik nur ein Teil der Psychologie ist, folgt die Idee, dass die Logik die Eigenschaften des Denkens erforscht, die für die Psychologie ohne Belang sind. Logik beschäftigt sich nur mit der Korrektheit des Denkens, mit der Frage, ob das Denken „gut“ („good“) oder „schlecht“ („bad“) ist. Die logische Untersuchung wird somit von Mill als ein wertorientiertes Theoretisieren betrachtet. Für die Psychologie dagegen sind solche Eigenschaften des Denkens zufällig67, unterliegen also keinen psychologischen Gesetzen. Logik ist nicht nur eine spezielle Kunst, die in der Anwendung bestimmter Regeln besteht, welche ihr die Wissenschaft Psychologie liefert. Logik ist die Kunst des korrekten Denkens, aber sie ist auch eine Wissenschaft – die Wissenschaft von den Bedingungen des korrekten Denkens68. Offensichtlich ist die Idee Mills, die Husserl nicht akzeptiert, die Idee, dass die Logik das ihre Prinzipien ausmachende Wissen auch der Erfahrung entnimmt und manchmal durch die Bezugnahme auf die Erfahrung (wie im Fall der logischen Grundgesetze) begründet. Gerade diese These ist aber

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im Hinblick auf das Programm, das Mill realisieren will, eine seiner wertvollsten Thesen. Jeder Aufbau einer formalisierten logischen Theorie zeigt, dass irgendwelche logischen Prinzipien und insbesondere Begriffe ohne Beweis oder Definition angenommen werden müssen; sie fungieren als Axiome und primitive Begriffe. Was man als Grund für die Annahme solcher Axiome wie z.B. der Axiome eines axiomatisch aufgebauten logischen Kalküls betrachtet, wird durch die semantische Interpretation des Kalküls nahe gelegt. Begründet werden Axiome also letztendlich durch die Konstruktion des gesamten Kalküls, die sich der „Bausteine“ der syntaktischen und semantischen Konventionen bedient. Mill stellt seine logischen Untersuchungen zu der Zeit an, als sich die konstruktiven Methoden der Begründung der Logik nur in der Form von allgemeinen Ideen und einzelnen Versuchen ankünden. Da aber schon die Syllogistik als ein axiomatisches System69 der Logik das Vorbild einer wissenschaftlichen Begründung liefert, hat der Begriff der Begründung in der Logik nicht nur den Status der Charakteristik von Beziehungen, die von der Logik untersucht werden, sondern auch den Status einer Regel, nach der die logische Theorie selbst aufgebaut werden soll. In einer modernen logischen Theorie kann man eines der sogenannten logischen Grundgesetze als einen unter unzähligen logischen Sätze behandeln, der nicht unbedingt als ein primitiver Satz der jeweiligen Theorie auftritt. Vom Gesichtspunkt der traditionellen formalen Logik aus hat man eine solche Möglichkeit nicht. Die Formulierung der Theorie der Aussage und des Schlusses bedarf, wie schon die Aristotelische Formulierung der Syllogistik zeigt, der logischen Grundgesetze, welche zu den aussagenlogischen Gesetzen gehören. Also steht man vor der Aufgabe, die Gültigkeit dieser Grundgesetze zu begründen. Heute kann man sagen, dass das, was man bei der Formulierung einer formal-logischen Theorie für den Grund für die Anerkenntnis der logischen Grundgesetze als wahrer Aussagen erklärt, ob die Erfahrung oder ihre Einsichtigkeit, zum großen Teil für den Logiker eine Geschmackssache ist. Sowohl Erfahrung als auch Evidenz sind als Wahrheitskriterien in ihrer Glaubwürdigkeit anfechtbar. Die Tatsache bleibt, dass Husserl in seiner Kritik manche Besonderheiten und viele Vorzüge der Theorie Mills ohne Beachtung lässt.

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Bemerkenswert ist, dass Husserl 1894 selbst wegen seines psychologistischen Standpunktes, den er in der Philosophie der Arithmetik vertritt, von Frege kritisiert wurde70. In seiner Rezension weist Frege auf die Ähnlichkeit mancher Ansichten Husserls mit den Ansichten Mills hin, die Frege als psychologistische kennzeichnet. Den Psychologismus Mills sieht Frege darin, dass er Gegenstände als Teile eines Bewusstseinszustands betrachtet. Das Wesen der psychologistischen Auffassung Husserls besteht nach Frege in der Interpretation, die Husserl den Bedeutungen von Wörtern gibt, wenn er diese mit Vorstellungen gleichsetzt. Durch diese Interpretation wird zunächst die Grenze zwischen Vorstellung und Gegenstand, dann zwischen Vorstellung und Begriff, zwischen Vorstellen und Denken, zwischen Subjektivem und Objektivem verwischt, so dass „das Subjektive den Anschein des Objektiven“ bekommt71. Nach Frege ist jegliche Vermengung des Subjektiven mit dem Objektiven nicht nur die Grundlage dafür, dass die von einer solchen Vermengung ausgehende Theorie nicht folgerichtig sein kann, da sie bald etwas Objektives als eine Vorstellung, bald eine Vorstellung als etwas Objektives fasst. Sie ist für Frege theoretisch unbegründbar, weil keine Vorstellung sich „abgelöst vom Vorstellenden, in der Öffentlichkeit sehen“ lassen kann. Ein Gedanke, der von vielen Menschen gefasst werden kann, sowie Gedankenteile sind von Vorstellungen deshalb scharf zu unterscheiden. Wenn ferner Wörter Vorstellungen bedeuten, dann ist jede Definition, deren Möglichkeit darauf beruht, dass zwei Zeichen mit verschiedenem Sinn (der bei den Vertretern des Psychologismus von einer Vorstellung nicht unterschieden wird) gleichgesetzt werden, entweder falsch oder überflüssig72. Die Unfähigkeit, solche für die Logik grundlegenden Begriffe wie Gleichheit und Definition zu erklären, die den „psychologischen Logikern“ eigentümlich ist73, hält Frege für eines der verheerenden Ergebnisse, zu welchen das Eindringen des Psychologismus in die Logik führt. Die Fehler, die Frege bei Husserl findet, legt er aber weniger dem Kritisierten zu Last „als einer weitverbreiteten philosophischen Krankheit“74. Die Kritik des Psychologismus tritt in der Geschichte der Logik zu der Zeit auf, als in die Logik neue Bereiche eingeführt werden, als sie eine ganz neue Anwendung bekommt und als sie dadurch in einem enormen Maße

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formalisiert wird. Diese Entwicklung führt dazu, dass die Grundbegriffe der Logik eine neue Formulierung verlangen, und eine solche Formulierung erfordert, dass diesen Begriffen ein neuer Sinn verliehen wird. Einen solchen Sinn erlangen die logischen Grundbegriffe insbesondere durch die Kritik des Psychologismus. Dass auch Russell sich mit der Klärung dieser Grundbegriffe beschäftigt, liegt also im Rahmen dieser allgemeinen Tendenz.

6.1.4. Russell (nach 1919): ein Verzicht auf Antipsychologismus? 1938 bewertet Russell seine eigenen Ansichten von vor 1919 als antipsychologistische75. Er selbst sieht den Grund für ihre Veränderung in dem Problem der Bedeutung, wodurch er eine Bestätigung für eine der Thesen Freges liefert, die dieser in seiner Rezension von Husserls Buch formuliert. Frege charakterisiert psychologistische Ideen dadurch, dass sie eine besondere Auffassung der Bedeutung von Sprachzeichen bieten. Russell, der über einen Wechsel zur Psychologie in seiner eigenen Entwicklung spricht, verbindet diesen Wechsel auch mit der Veränderung der Theorie der Bedeutung („meaning“), die er nicht mehr ohne Heranziehen psychologischer Begriffe erklären kann. Bereits die Theorie des Glaubens, die Russell 1919 im Aufsatz „On Propositions: What They Are and How They Mean“ formuliert, erlaubt ihm, eine Bild-Proposition als einen Fakt zu betrachten. In The Analysis of Mind entwickelt er diese Theorie weiter. Hier wird die Bedeutung der Sprachausdrücke als Relation des Zeichens zu einem Objekt aufgefasst, die einen dazu veranlasst, das Sprachzeichen für die Bezeichnung des Objekts zu gebrauchen. Deswegen sieht Russell das Wesen der Sprache in dem Gebrauch von fixierten Assoziationen, der darauf gerichtet ist, dass etwas hier und jetzt Wahrnehmbares (z.B. ein gesprochenes Wort) die „Idee“ von etwas Anderem hervorrufen könnte76. Die Relation zwischen dem Zeichen und dem von ihm Bezeichneten betrachtet Russell als eine kausale Relation, die sowohl unseren Sprachgebrauch regelt als auch uns zu bestimmten Handlungen bewegt, wenn wir das Vorkommen des Zeichens empfinden77. Das, was Russell früher als ein einem Zeichen zuzuordnendes Objekt betrachtete, erlangt nun also die Gestalt von Handlungen und eines

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korrekten Gebrauchs von Sprachzeichen. Deswegen könnte man diese Veränderung der Ansichten Russells als eine Veränderung der semantischen Interpretation von Zeichen charakterisieren. Man könnte behaupten, dass Russell nun die Semantik eines Zeichens auch mit Hilfe von pragmatischen Faktoren definiert. Trotz dieser neuen Auffassung erweist sich aber Russells „psychologistische“ Stellung als nichtkonsequent. Fraglich ist erstens, inwiefern die Einführung von pragmatischen Faktoren in solche semantischen Definitionen wie z.B. die Definition der Bedeutung eine psychologistische Auffassung der Logik impliziert, wenn man die Logik selbst (ihre Gesetze und Prinzipien) keinen entsprechenden Veränderungen unterzieht. Fraglich ist zweitens, was Russell unter dem Verzicht auf den antipsychologistischen Gesichtspunkt versteht. Wenn Russell über die Abhängigkeit der Logik von der Psychologie spricht, behauptet er, dass sie dann zum Ausdruck kommt, wenn man eine Bedeutung einem Satz zuordnen will, der beispielsweise das Wort „oder“ enthält. Als eine solche Bedeutung kann man entweder eine Klasse von Sätzen betrachten, die dieselbe Bedeutung haben (und somit Übersetzungen des gegebenen Satzes sind), oder aber einen Geisteszustand. Da einige mentale Vorkommnisse ohne Bezug auf solche Wörter wie „oder“ oder „nicht“ nicht beschrieben werden können (zu solchen Vorkommnissen gehört Glauben), wendet man sich der Idee zu, über die Psychologie zu sprechen. Diese Idee wird dadurch bekräftigt, dass man nicht-mentale Ereignisse ohne das Heranziehen von logischen Wörtern beschreiben kann. Für eine solche Beschreibung reicht nach Russells Meinung die Sprache, die er, der Idee Tarskis über die Konstruktion einer Hierarchie von Sprachen und zum Teil seiner Terminologie folgend, als eine Objektsprache charakterisiert, aus. Eine solche Sprache enthält keine logischen und syntaktischen Wörter und somit keine zusammengesetzten Sätze. Wenn es aber um mentale Ereignisse geht, wie z.B. Glauben, Wissen, Zweifel, braucht man solche logischen Wörter wie „oder“ und „nicht“78. Sätze, die solche Wörter enthalten, gehören zur „secondary language“, welche die Möglichkeit eines solchen Sprachgebrauchs bietet, der durch das Vorkommen von hypothetischen und verneinenden Aussagen gekennzeichnet ist. In dieser Unterteilung der Sprachen erkennt man den in der Logik gängigen Gedanken, dass solche Sätze wie „Es regnet“ etwas über den momentanen

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Zustand der Welt mitteilen, während solche Sätze wie „Es regnet oder es regnet nicht“ schon deswegen eine andere Funktion erfüllen, weil keiner der Teilsätze dabei behauptet wird. Außerdem haben die Sätze verschiedene Wahrheitsbedingungen. Russell will eine solche Funktion bestimmen, weil seine Bedeutungstheorie jetzt verlangt, dass der Gebrauch von Sprachzeichen etwas bewirken oder eine Ursache haben soll. Die Abhängigkeit der Logik von der Psychologie sieht Russell also darin, dass die Psychologie eine Erklärung für den Gebrauch der logischen Terminologie bei der Formulierung der Sätze der natürlichen Sprache liefern kann. Einerseits scheint es, als ob Russell hier der Auffassung den Weg ebnete, dass logische Termini als Beobachtungstermini definierbar sind. Andererseits wird die Bedeutung der logischen Termini nicht nur allein durch ihre kommunikative Anwendung bestimmt, weswegen sie nicht mit den einzelnen Kontexten ihres Gebrauchs identifiziert werden kann. Dass darüber hinaus die logischen sowie erkenntnistheoretischen Probleme laut Russell nicht allein durch die Anwendung der Psychologie lösbar sind79, könnte auch auf die anhaltende antipsychologistische Tendenz von Russells Theorie hinweisen.

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6.2. Klassen als logische Gegenstände Einer der Begriffe, die sowohl von Frege als auch von Russell unter logische Gegenstände eingereiht wurden, ist der Begriff einer Klasse. Die Problematik, die mit diesem Begriff zusammenhängt, wurde schon im Kapitel 2.2 zum Teil analysiert. Man konnte sehen, dass Russell eine Klasse als Umfang (Extension) eines Begriffs definiert und davon ausgeht, dass eine Klasse sowohl extensional, durch Aufzählung ihrer Terme (Elemente), als auch intensional, durch die Angabe des Prädikats, das jeden dieser Terme (Gegenstände) definiert, eingeführt werden kann. Russell weist darauf hin, dass die Annahme, dass die Klassen real sind, durch unsere sprachliche Aktivität bedingt ist. Eines der Probleme, die im Zusammenhang mit dieser Annahme entstehen, ist das Problem der Definition der Beziehung, in welcher das logische Subjekt und das Prädikat einer Proposition zueinander stehen. Ein anderes Problem folgt aus der besagten Möglichkeit, eine Klasse auf zweifache Weise zu definieren. Mittels einer extensionalen Definition, welche die Klasse als eine Kollektion von Gegenständen charakterisiert, können die Nullklasse oder unendliche Klassen nicht definiert werden. Die Nullklasse erweist sich bei einer solchen Definition als widersprüchlich – eine Kollektion von Gegenständen, die keine Gegenstände enthält, ist überhaupt keine Kollektion. Die unendlichen Klassen bleiben unbestimmt. Die intensionale Definition, die eine Klasse durch ein Prädikat oder eine Gruppe von Prädikaten definiert, das (oder die) nur den Elementen der Klasse und keinen anderen Gegenständen prädiziert wird (werden), beruht selbst auf dem Begriff einer Klasse und ist deshalb eine Zirkeldefinition. Laut der Theorie der Principles beruht die Möglichkeit einer solchen Definition darauf, dass das definierende Prädikat einer Klasse in einer objektiven Beziehung zu der Klasse steht – einzelne Elemente der Klasse, die Klasse selbst und ihre Teilklassen können von dem Prädikat oder, genauer, von dem dem Prädikat entsprechenden Klassenbegriff („class-concept“) bezeichnet („denoted“) werden. Das Zeichen dafür, dass es sich in einem Satz um eine Klasse handelt, ist z.B. das Vorkommen des Wortes „alle“ in dem Satz in Verbindung mit dem Namen des Klassenbegriffs80. Der Gedanke über die Möglichkeit einer intensionalen Definition einer Klasse

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bekommt eine zusätzliche Bestätigung durch eine weitere Idee Russells – dass aus jedem Prädikat, das wahrheitsgemäß einem logischen Subjekt prädiziert wird, eine Klasse hervorgeht („[to which it] gives rise“), was Russell auch in The Principles of Mathematics behauptet81. Eine intensionale Definition scheint Russell aber nicht nur zirkelhaft, sondern auch gefährlich, da sie die Identifizierung einer Klasse mit dem Begriff implizieren kann. Schließlich macht eine solche Definition das Prädikat zu einem Term und die Klasse zu Einem. Auch Frege betrachtete Klassen als logische Gegenstände, für deren Beschreibung er den Begriff des Wertverlaufs einer Funktion benutzte. Eine besondere Form dieses Begriffs ist der Begriff des Umfangs eines Begriffs oder einer Klasse, die man als einen Spezialfall des Wertverlaufs definieren kann82. Den Umfang eines Begriffs kann man im Unterschied zu anderen Funktionen als den Wertverlauf einer wahrheitswertigen Funktion beschreiben83. Dabei sieht Frege den logischen Charakter des Begriffsumfangs als eines Gegenstands darin, dass der Begriffsumfang kein Aggregat ist und somit seinen Bestand nicht in Gegenständen, die unter den Begriff fallen, hat. Wäre es so, dann wäre der Begriffsumfang nicht von dem Begriff selbst, sondern von den Elementen des Umfangs abhängig, die selbst durchaus vergänglich sein können. Außerdem wären die Elemente des Umfangs in einem solchen Fall keineswegs eindeutig bestimmt, was die Fregesche Auffassung des Begriffs als eines Klassifikationsinstruments (wobei der Begriff diese Aufgabe erfüllt, insofern er seine möglichen Argumente durch eindeutige Zuordnung eines Wahrheitswertes jedem von ihnen teilt) verbietet. Freges Standpunkt hat einige Vorteile. Die Behauptung, dass die Extension des Begriffs ihren Bestand in dem Begriff selbst hat, d.h. in Merkmalen des Begriffs oder in dem, was über einen unter den Begriff fallenden Gegenstand ausgesagt wird, und nicht in solchen Gegenständen selbst, erlaubt insbesondere die Nullklasse zu definieren sowie den Gegenstand von der Klasse zu unterscheiden, dessen einziges Element der Gegenstand ist84. Dieses Konzept kann aber selbst zu ernsthaften Schwierigkeiten führen. Einige von diesen erwähnt Russell in einem seiner Briefe an Frege:

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„Was eigentlich eine Klasse sei, wenn sie nicht aus Gegenständen besteht, und doch dieselbe sein soll für zwei Begriffe die denselben Umfang haben, ist mir schwer einzusehen... Was überhaupt „Umfang eines Begriffes“ bedeute, verstehe ich jeden Tag weniger“85. Die Antwort Freges ist die Behauptung, dass die Klasse kein Aggregat oder Ganzes ist, das in einigen Fällen selbst aus physikalischen Dingen bestehen kann, sondern ein logischer Gegenstand. Frege glaubt, dass Russell die Klasse eher als ein Ganzes oder ein System betrachtet und somit als ein Gebilde, für welches z.B. die Beziehungen zwischen seinen Elementen wesentlich sind, so dass das Ganze zerstört werden kann, wenn sich die Beziehungen lösen. Die Teile eines Ganzen kann man aufgrund verschiedener Prinzipien bestimmen, so dass, wenn das Ganze gegeben ist, seine Teile damit noch nicht definiert sind. Die Besonderheit einer Klasse als eines Gegenstands besteht nach Frege darin, dass sie kein Ganzes in diesem Sinne ist. Welche Gegenstände einer Klasse angehören, ist immer bestimmt. Die Beziehungen zwischen Gegenständen sind für den Bestand der Klasse unwesentlich. Trotzdem ist die Klasse ein Gegenstand, weil die Klasse die Rolle eines logischen Subjekts in einer Behauptung über die Klasse spielen kann, ohne dass dabei der Gebrauch des Klassennamens impliziert, dass die Klasse ein Ganzes (oder ein System) ist. Die Behauptung über eine Klasse kann man auch nicht in mehrere Aussagen über einzelne Subjekte zerlegen, ohne dass dabei der der Aussage über die Klasse entsprechende Gedanke (der Sinn des Satzes) verloren geht86. Das Problem, das im Zusammenhang mit der Auffassung von Klassen als Einem steht, ist der Widerspruch, der als Russells Antinomie (1902) wohlbekannt ist. Die Quelle dieser Antinomie ist der Gebrauch von Klassennamen als Bezeichnungen für Argumente von Funktionen, was Freges Grundgesetz V voraussetzt. Das Grundgesetz V besagt, dass die Wertverlaufsgleichheit von zwei Funktionen immer in die Allgemeinheit der Gleichheit der Werte dieser Funktionen transformierbar ist und umgekehrt87. Man könnte auf verschiedene Auffassungen der Ursachen der Antinomie hinweisen, aber ich möchte im Hinblick auf die weitere Entwicklung der Russellschen Ansichten diese Ursache folgendermaßen beschreiben. Die Antinomie entsteht, weil ein solcher durch das

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Grundgesetz V vorausgesetzter Gebrauch von Klassennamen letztendlich erlaubt, einer Klasse als Einem das Prädikat zu prädizieren, das jedem Element dieser Klasse prädiziert wird. 6.2.1. Klasse als Eines: die Antinomie Russells (1902) Nachdem Frege die Mitteilung über die Antinomie bekommen hatte, formulierte er sie auch selbst. Spricht man über den Umfang eines Begriffs, nämlich über eine Klasse, als über einen besonderen Gegenstand, kann man sich immer fragen, ob diese Klasse selbst dem Umfang des sie definierenden Begriffs angehört. Man kann laut Frege über einen Gegenstand (bei der Formulierung der Antinomie werden insbesondere Klassen als solche Gegenstände betrachtet) behaupten, dass dieser Gegenstand einer Klasse (dem Umfang eines Begriffs) angehört, wenn er unter den Begriff fällt, dessen Umfang diese Klasse ist. Für manche Klassen, wie z.B. für den Umfang des Begriffs (ist ein) Mensch, ist die Zugehörigkeit zum Umfang des diese Klasse definierenden Begriffs sicher nicht der Fall. Die Klasse aller Menschen ist nämlich kein Mensch. Für manche Begriffe ist aber eine solche Frage durchaus berechtigt. Die Klasse aller Menschen können wir in Hinblick auf diese Fragestellung durch die Eigenschaft beschreiben Klasse, die sich selbst nicht angehört. Ist nun die Zugehörigkeit eines Gegenstands zum Umfang eines Begriffs durch das Fallen dieses Gegenstands unter den Begriff bestimmt, dann ist die Zugehörigkeit zum Umfang dieses gerade eingeführten Begriffs dadurch bestimmt, ob die Klasse, die diesem Umfang angehören soll, eine Klasse ist, die sich selbst nicht angehört, wie z.B. die Klasse aller Menschen. Bezeichnen wir die Klasse solcher Klassen durch K. Nun kann man fragen, ob die Klasse K sich selbst angehört. Nehmen wir an, dass das der Fall ist. Also fällt die Klasse K unter den Begriff Klasse, die sich selbst nicht angehört. Dann besitzt sie die definierende Eigenschaft dieser Klasse, und es stellt sich heraus: gehört die Klasse K sich selbst an, dann gehört sie sich nicht an. Wir bekommen einen Widerspruch. Wenn wir aber annehmen, dass die Klasse K eine Klasse ist, die sich selbst nicht angehört, dann fällt sie unter den Begriff, dessen Umfang sie selbst ist, und gehört somit sich selbst an. Von der zweiten Annahme ausgehend, bekommen wir also auch einen Widerspruch88.

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Wenn man die Antinomie im Kontext der Problematik der Beziehungen zwischen einer Klasse und einem sie definierenden Prädikat betrachtet, kann man zu folgenden Schlüssen kommen: Erstens kann die Prädikation, bei der einer Klasse ein Prädikat prädiziert wird, nicht mit der Prädikation identifiziert werden, bei der den Elementen der Klasse dasselbe Prädikat prädiziert wird. Das Paradox entsteht aus folgendem Grund. Wenn man einerseits eine Klasse als solche definiert (z.B. die Klasse aller Menschen), betrachtet man diese Klasse als eine Einheit (zumindest in dem Sinne, in dem ein Objekt eine Einheit ist), die von ihren Termen verschieden ist. Andererseits, indem man der Klasse dasselbe Prädikat wie ihren Termen prädiziert, behandelt man die Klasse als gleichgeordnet mit den Individuen, die der Klasse angehören. In der Tat, indem man die Klasse als Eines auffasst, transformiert man den Begriff (die Intension), der die Klasse definiert. Anstatt über Menschen zu sprechen, spricht man über die Menschheit oder das Menschengeschlecht („human race“). Ob eine Klasse zweitens als Eines oder als Viele aufgefasst wird, hängt von der Art der Analyse solcher komplexen Objekte wie Klassen ab. Dass die beiden Auffassungen möglich sind, weist darauf hin, dass diese Objekte in hohem Maße Produkte mentaler konstruktiver Handlungen sind. Aufgrund unseres Wissens von einigen Objekten konstruieren wir einen Begriff, der auf ähnliche Objekte (z.B. zum Zwecke ihrer Definition) angewandt werden kann (z.B. den Begriff (ist ein) Mensch). Die weitere Anwendung dieses Begriffs und das Setzen dieses Begriffs in eine Beziehung zu einem oder mehreren anderen Begriffen machen es möglich, einen neuen Begriff zu konstruieren – den Begriff der Extension des ursprünglichen Begriffs oder den Begriff aller Objekte, denen dieser ursprüngliche Begriff prädiziert werden kann. In unserem Beispiel ist der neue Begriff der Begriff Menschheit. Von dem Begriff (ist ein) Mensch unterscheidet er sich zumindest dadurch, dass das ihm entsprechende Begriffswort zum Ersetzen des Begriffswortes „... ist ein Mensch“ in einem Satz nicht verwendet werden kann. Der neue Begriff kann selbst als Objekt auftreten, dem weitere Eigenschaften prädiziert werden können.

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Deshalb hat das Begriffswort „Menschheit“ eine andere Extension als das Begriffswort „Mensch“: seine Extension ist ein Begriff oder Extension des Begriffs (ist ein) Mensch, und keine einzelnen Menschen können unter den Begriff der Menschheit fallen und durch ihn definiert werden. Solche Ideen weisen eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Gesichtspunkt Freges auf, weil ihre Anerkenntnis eine Hierarchie von Begriffen impliziert sowie die Annahme einer Relation zwischen ihnen, die man nicht in der Form einer subjekt-prädikativen Aussage formulieren kann. Aufgrund der Antinomie verzichtet Russell auf die Auffassung der Klasse als Eines, das die Bedeutung des entsprechenden Begriffswortes oder einer das Begriffswort enthaltenden Phrase sein kann. Klassen erfüllen für Russell aber die Aufgabe, als Objekte zu fungieren, die auf eine unikale Weise von einer propositionalen Funktion definiert sind oder von einer beliebigen zu der gegebenen Funktion äquivalenten propositionalen Funktion. Um Paradoxe zu vermeiden, wenn man über solche Objekte spricht, schlägt Russell vor, die Typentheorie zu benutzen, und führt die Hierarchie solcher Objekte sowie propositionaler Funktionen ein. Die Hierarchie von Klassen ist für Russell die Hierarchie der Argumente propositionaler Funktionen verschiedener Ordnung, der Argumente, die solche Funktionen erfüllen. Schließlich verzichtet Russell auch auf die Auffassung einer Klasse als eines bestimmten selbständigen Objekts, dessen Begriff als ein primitiver Begriff der von ihm konstruierten Theorie eingeführt werden muss. In der Tat, wenn Klassen in Abhängigkeit von der von einem Theoretiker getroffenen Wahl des definierenden Prädikats konstruiert werden können, dann sind Klassen keine realen Objekte in dem Sinne, dass sie als solche existieren und dem Erkennenden irgendwie gegeben sind, so dass es ihm nur bleibt, sie zu entdecken. Klassennamen sind nur Symbole, die man erfindet, um Beziehungen zwischen propositionalen Funktionen zu beschreiben. Deswegen werden in den Principia Mathematica nicht Klasse oder Extension als primitive Objekte der Theorie eingeführt, sondern solche Beziehungen zwischen propositionalen Funktionen selbst definiert, die den Gebrauch solcher Wörter wie „Klasse“ und „Extension“ als eine bequeme Redeweise erlauben. Es wird nicht behauptet oder bewiesen, dass es solche Objekte wie Klassen nicht gibt, aber definiert hier wird nicht das

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Objekt, sondern der Kontext, in dem das diesem Objekt entsprechende Symbol gebraucht wird89. In einem seiner Briefe an Jourdain, der Bemerkungen Freges zu einem Manuskript Jourdains enthält und der angeblich aus dem Jahre 1910 stammt, kommt Frege zu einem ähnlichen Schluss bezüglich der Klassen. Er behauptet zwar nicht, dass die Bezeichnungen für Klassen unvollständige Symbole sind, spricht ihnen aber die Natur von logischen Gegenständen, die den Charakter des Ursprünglichen haben, ab90. Hier (wie auch im Briefwechsel mit Russell91) behauptet Frege erneut, dass er sich lange dagegen gewehrt hat, Klassen aus Begriffen zu gewinnen und sie als logische Gegenstände zu betrachten. Frege führt die Notwendigkeit einer solchen Auffassung auf die Bedürfnisse der logischen Begründung der Mathematik zurück, sowie darauf, dass man durch den Gebrauch von derartigen Gegenständen manche Vereinfachungen erzielen kann. Er weist darauf hin, dass sich Widersprüche insbesondere dadurch vermeiden lassen, dass man von dem Begriff der Klasse absieht und nur die Begriffe eines Gegenstands, einer wahrheitswertigen Funktion (eines Begriffs und einer Beziehung) bei der Formulierung einer logischen Theorie benutzt. Die Formulierung des im Zusammenhang mit dem Grundgesetz V entstehenden Paradoxes wäre nicht möglich, wenn man bei der Formulierung von logischen Urgesetzen nur auf Ursprüngliches zurückgegriffen hätte. Klassen sind abgeleitete Gegenstände. Deshalb kann man die Logik nicht auf Klassengesetze gründen. Die Rechnung mit Klassen muss auf der Rechnung mit Begriffen basieren, weil sich die Klasse erst aufgrund der Definition des Begriffs charakterisieren lässt, nämlich durch die Merkmale eines Begriffs. 6.2.2. Bernays (1937-1954, 1958): Mengen versus Klassen Als ein weiteres Beispiel der Anwendung und Entwicklung mancher Ideen Russells kann das System axiomatischer Mengentheorie von Bernays dienen (1937-1954, 1958)92. Obwohl dieses System eine Alternative zu den logizistischen Methoden Russells und Freges bietet, beruht es keinesfalls auf einer völligen Ablehnung von diesen. Die Ideen, die der Formulierung des Systems zugrunde liegen, können als Antworten auf einige Fragen

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betrachtet werden, die Russell stellte. Unter anderem bietet Bernays’ System eine Antwort auf die Frage, ob jede Klasse durch ein Prädikat definiert wird und ob jedes Prädikat eine Klasse definiert, die, wie wir sahen, für Russell besonders wichtig im Zusammenhang mit seinen Untersuchungen der Natur der Prädikation und der Eigenschaften der Prädikativität und Nicht-Prädikativität von propositionalen Funktionen waren. Schon 1927, bevor Bernays sein axiomatisches System formuliert, behauptet er im Aufsatz “Probleme der Theoretischen Logik”, dass die mathematische Logik mit ihrem Gebrauch des Instrumentariums von Funktionen die Darstellung der Struktur von Behauptungen und deduktiven Schlüssen von einer quantitativen Deutung befreit, indem sie die Beziehung zwischen den Umfängen von Begriffen in eine hypothetische Relation zwischen Funktionen für alle oder einige Werte ihrer Argumente transformiert93. Bernays konstatiert, dass die Möglichkeit, von quantitativen Deutungen abzusehen, zeigt, dass die mathematische Logik keine Logik von Extensionen (Umfangslogik) sein soll, weil Begriffsumfänge durch die Relationen zwischen Funktionen (insbesondere propositionalen Funktionen) definiert werden können. In der Feststellung dieser Möglichkeit erkennt man die Idee, die auch Frege formuliert, als er sich entschließt, die ursprüngliche Gegenständlichkeit von Begriffsumfängen letztendlich zu bestreiten. Diese Feststellung benutzt Bernays auch für die Widerlegung des logizistischen Konzepts. Wenn ein Logizist Mengen als Begriffsumfänge definiert und die Mengenlehre als gleichbedeutend mit der Umfangslogik betrachtet94, entzieht er selbst dem Logizismus jegliche Grundlage, weil die Hauptbegriffe der Umfangslogik ihrerseits selbst aus den Grundbegriffen der mathematischen Logik, die nach Bernays nicht frei von Produkten des mathematischen Wissens sein kann, ableitbar sein können. Einen weiteren Nachteil des Logizismus sieht Bernays darin, dass der Logizismus eine platonistische Sichtweise in der Begründung der Mathematik vertritt. Bestimmte logische Theorien, insbesondere die „Logik zweiter Stufe“, welche die Quantifikation über Prädikate regelt, veranlasst uns, auch die Prädikate selbst als Objekte zu betrachten95. Somit impliziert die logische Theorie nach Bernays die Vergegenständlichung von Begriffen (Prädikaten und Relationen) sowie

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Begriffsumfängen96. Diese Tendenz der Vergegenständlichung, deren Kehrseite das Loslösen solcher Gegenstände von allen Bindungen an das denkende Subjekt ist, bezeichnet Bernays als Platonismus97. Die platonistische Denkweise hat in der Mathematik einen bestimmten Wert. Sie liefert Modelle für das abstrakte Vorstellen, welche einfach sind und insbesondere eine Anwendung von logischen Prinzipien auf mathematische Objekte voraussetzen. Zur Geltung kommt der Platonismus in einigen Begriffen, was bedeutet, dass diese als Indikator der fraglichen Denkweise auftreten können. Einer solcher Begriffe ist der Begriff einer Funktion, welche von dem platonistischen Gesichtspunkt aus nur eine Methode der Angabe eines Gegenstands ist, der unabhängig von dem Bildungsgesetz der Funktion und vor diesem existiert98. Eine weitere platonistische Idee ist die Idee der Gesamtheit von Gegenständen sowie der in Freges Definition der Anzahl vorausgesetzten Gesamtheit aller Prädikate99. Der extreme Platonismus wird nach Meinung Bernays’ durch mengentheoretische Antinomien widerlegt, die zeigen, dass die Idee der Gesamtheit aller mathematischen Gegenstände und die Begriffe der Menge und Funktion nicht in Einklang miteinander gebracht werden können100. Freges Versuch, die Arithmetik aus der Logik abzuleiten, betrachtet Bernays auch als platonistisch. Dass Logizisten (insbesondere Whitehead und Russell) diese Idee nicht aufgeben, selbst wenn sie für ihre Realisierung axiomatische Voraussetzungen einführen, wodurch der absolute Platonismus nach Bernays erschüttert wird, führt dazu, dass das auf diese Weise gewonnene System nicht mehr als rein logisches betrachtet werden kann. Als eine nicht rein logische Annahme bewertet Bernays dabei in erster Linie „die Grundannahme eines universellen Bereiches der Individuen und eines Bereiches der Grundprädikate“, die Annahme, dass „uns eine Dingwelt zur Verfügung stehe, die gleichsam für die theoretische Behandlung präpariert ist, in der die 101 Gegenständlichkeiten in Subjekte und Prädikate getrennt sind“ . Dass die letztere Annahme tatsächlich keine logische Annahme, sondern eine „Annahme ad hoc“ ist, wie Bernays sie bezeichnet, ist allerdings eine problematische Behauptung, insbesondere in Hinblick auf die Geschichte der Logik, die nicht seit ihrer Begründung mit der Realisierung der Idee

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beschäftigt war, die mathematischen Prinzipien aus den logischen abzuleiten. Zugleich sind nach Bernays die Gründe für die Widerlegung der Annahme von der Existenz eines unendlichen Individuenbereichs in dem problematischen Status des Unendlichkeitsaxioms zu suchen, das Russell und Whitehead in den Principia einführen102. Die Schwierigkeiten, die Bernays mit der Einführung des Axioms verbindet, sind dadurch bedingt, dass das Axiom die Existenz des Aktual-Unendlichen postuliert, die zu Antinomien führen kann103. Fraenkel und Bar-Hillel sehen den problematischen Status des besagten Axioms in einer ihrer möglichen Interpretationen, die darin besteht, dass Individuen, deren Existenz von dem Axiom postuliert wird, als reale Entitäten aufgefasst werden – z.B. als Ereignisse oder Teilchen104. Das Problem war Russell offenbar bewusst. Schon 1898 diskutiert er in dem Artikel „Are Euclid’s Axioms empirical?“105 die Natur der mathematischen Sätze und stellt fest, dass einige von diesen notwendig und synthetisch zu sein scheinen. Zu solchen Sätzen gehören z.B. Sätze über die Ordnungsrelationen. Solche Sätze behaupten einerseits notwendige Zusammenhänge der Inhalte und andererseits gehört zu ihrem Inhalt die Beschreibung der Relationen, die materielle Verschiedenheit und somit Mannigfaltigkeit ihrer Terme voraussetzen. Sollten solche Behauptungen tatsächlich notwendig sein, bedeutet das, dass auch die Möglichkeit von manchen Seienden („beings“) notwendig ist. Die Existenz von zählbaren Termen wird aber in keinem mathematischen Satz behauptet. Mathematische Sätze sind hypothetisch, insofern sie die Form einer Implikation haben. Die Existenz kann aber nur in empirischen Propositionen behauptet werden. Russell kommt zu dem Schluss, dass die Existenz nur dann gefordert werden kann, wenn mathematische Sätze die Welt betreffen müssen. Die einzige Verschärfung, die er erlaubt, besteht in der Annahme, dass ohne die Möglichkeit einer materiellen Verschiedenheit der Terme der in den mathematischen Sätzen beschriebenen Relationen die hypothetischen Sätze der Mathematik logisch unmöglich werden. Die besagte logische Unmöglichkeit ist dabei dadurch bedingt, dass das Antezedens und Konsequens solcher Sätze ihrerseits nicht einfach faktisch falsch („factually false“), sondern logisch unmöglich („logically impossible“) sind, was nach Russell solche Sätze wie z.B. „Wäre 2 gleich 3, dann wäre 4 gleich 6“ kennzeichnet106. Es scheint aber, dass die eigentlich logische Theorie im Gegensatz zu der

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Begründung der Mathematik durch die Annahme eines unendlichen Individuenbereiches nicht gefährdet wird. Einerseits fußt diese Annahme auf gewissen logischen Tatsächlichkeiten, nämlich auf der oben schon mehrmals angesprochenen Asymmetrie der Relation der Prädikation. Andererseits zeigt die weitere Entwicklung der logischen Theorie, die in der Konstruktion verschiedener formalisierter Systeme praktisch realisiert wird, dass eine ähnliche Annahme beim Aufbau eines formalisierten logischen Systems durchaus üblich ist. Eine solche Annahme gehört zur Basis eines solchen Systems und betrifft die Elemente seines Alphabets. Man spricht zwar nicht über eine unendliche Anzahl der Objekte, die solchen Elementen als ihre semantische Interpretation zugeordnet werden, aber die Listen von Variablen, aus denen man die Formeln des jeweiligen Systems konstruiert, können unendlich sein. Sobald man Funktionszeichen einführt, muss man die Kategorie von Zeichen definieren, welche die Argumentstellen von Funktionszeichen einnehmen können. Und die Werte der durch diese Zeichen markierten Argumente, wenn sie selbst keine Funktionen sein können, spielen die Rolle, die in der Logik Individuen oder Gegenständen zugeteilt wird. Solche Werte machen also den Definitionsbereich bestimmter Funktionen aus und können bei der Interpretation des logischen Formalismus definiert werden. Wenn wir insbesondere von dem ausgehen, worauf Bernays auch selbst hinweist, nämlich davon, dass die Problemstellung der Logik „nach gewissen Grundzügen der Sprachstruktur orientiert ist“107, und außerdem einige Aspekte der Geschichte der Logik in Betracht ziehen, sehen wir, dass viele Prinzipien des logischen Schließens auf der Trennung von dem, wovon etwas ausgesagt wird, und dem, was ausgesagt wird, basieren. Schließlich zeigt auch das System, das Bernays selbst formuliert, dass man kein eine Interpretation zulassendes formales System, das zu keinen Widersprüchen führt, konstruieren kann, ohne eine Hierarchie von Objekten einzuführen, selbst wenn diese Objekte einen idealen Charakter haben. Die Kritik des Unendlichkeitsaxioms ist für Bernays ein Teil seiner Widerlegung des Logizismus und der Verteidigung der Beweistheorie Hilberts, die sich teilweise, wie Bernays zugibt, auf die Ergebnisse der Logizisten stützt108. Die Theorie Hilberts soll zwei Ziele erfüllen: einerseits den Bedürfnissen der formalen Systematik und andererseits denen der

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arithmetischen Evidenz gerecht werden. Als Mittel, das dem Erreichen und der Vereinigung dieser beiden Ziele dient, tritt die Trennung der Mathematik von der Metamathematik auf, die Kants Idee von der Trennung des Systems von der Kritik folgt109. Hilberts Theorie liefert Bernays auch das Beispiel und Vorbild einer rein logischen Axiomatik. Für Bernays ist eine derartige axiomatische Theorie rein logisch, die von der Charakterisierung von bestimmten Grundprädikaten ausgeht, welche für die Beschreibung der Beziehungen zwischen Objekten der Theorie eingeführt werden. Da die Axiome und Lehrsätze einer axiomatischen Theorie als Aussagen über Prädikate aufgefasst werden können und da man die Sätze über Prädikate als Sätze der reinen Logik betrachten kann, sind die Sätze der axiomatischen Theorie Sätze der Logik. Ist ferner das Axiomensystem erfüllbar, d.h. widerspruchsfrei, dann kann es als eine Theorie angesehen werden. Die Erfüllbarkeit eines Axiomensystems für Arithmetik wird durch die Zurückführung des Systems auf Arithmetik überprüft110. Eine solche Auffassung des Axiomensystems, bei der es sich um rein logische Axiomatik handelt, impliziert aber nicht, dass Bernays selbst einen logizistischen Gesichtspunkt vertritt und den Logizisten in der Verteidigung ihrer These weit voraus sein will. Bernays ist davon überzeugt, dass nicht nur Mathematisches von der Logik beeinflusst wird, sondern auch das Logische vom Mathematischen. Der logische Kalkül, der mit Hilfe einer Formelsprache konstruiert wird, stellt laut Bernays Zusammenhänge dar und hat deswegen einen mathematischen Charakter111. Das Mathematische an einem solchen Kalkül ist, nach Meinung Bernays’, nicht nur, dass die Darstellung eines Zusammenhangs eine Darstellung der Struktur eines Gegenstands ist, wobei er die Struktur für den eigentlichen Gegenstand der mathematischen Untersuchungen hält. In diesem Sinne sind auch die logizistischen Kalküle mathematisch, weil in ihnen unter anderem die Art der Zusammensetzung ihrer Gegenstände (Propositionen) aus Bestandteilen in Betracht gezogen wird. Mathematisch ist an einem Kalkül auch eine besondere Art der Abstraktion – die sogenannte mathematische Abstraktion. Das Wesen der mathematischen oder formalen Abstraktion besteht nach Bernays darin, dass man von der Bedeutung eines Symbols absieht (auch von der Bedeutung der logischen Symbole) und die Symbole selbst zu Repräsentanten formaler Objekte und Verknüpfungen zwischen solchen Objekten macht. Dadurch werden

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Symbole selbst zum Betrachteten oder zu den zu untersuchenden Objekten. Betrachtet wird also nicht etwas, was hinter dem Zeichen steht, sondern das Zeichen selbst112. Diese Auffassung des Mathematischen führt Bernays zu der Behauptung, dass die logische Interpretation der mathematischen Erkenntnisse im Vergleich zur Mathematik keine höhere Allgemeinheit, sondern eine Spezialisierung ist113. Wenn die Gesetzlichkeit der logischen Beziehungen, wie sie in der sogenannten systematischen Logik (die sich von der philosophischen Logik dadurch unterscheidet, dass sie der philosophischen Logik die Ergebnisse ihrer analytischen Erkenntnisse entnimmt und diese durch die Anwendung der mathematischen Methode in Form eines Systems von Prinzipien entwickelt) präsentiert sind, ein spezielles Modell für einen mathematischen Formalismus ist, dann spezialisiert sie mathematische Beziehungen durch ihre inhaltlich logische Deutung114. Bei der Entwicklung seines Axiomensystems (1937-1954) stellt sich Bernays die Aufgabe, Zermelos System zu verbessern, indem er einige mengentheoretische Ideen der Principia Mathematica und Schröders Logik heranziehen will115. In dem Buch Axiomatic Set Theory (1958) berücksichtigt er auch einige weitere Errungenschaften auf diesem Gebiet, wie z.B. Ideen von Quine, von Neumann und Fraenkel116. Bernays unterscheidet ursprünglich explizit zwischen zwei Arten von Individuen – Mengen („sets“) und Klassen („classes“). Unter einer Menge versteht er eine beliebige Mannigfaltigkeit, die einen eigentlichen („proper“) mathematischen Gegenstand bildet. Unter einer Klasse versteht er ein Prädikat, das nur unter dem Aspekt seines Umfangs betrachtet wird und den Charakter eines idealen Objekts hat117. Dadurch, dass die Klassen von Mengen getrennt werden, erreicht Bernays, dass das Universum mathematischer Objekte (Mengen) selbst kein mathematisches Objekt ist118. Diesen zwei Arten von Individuen entsprechen zwei Arten von Relationen: die Relation zwischen Mengen, das ist die Relation, in einer Menge zu sein oder ein Element einer Menge zu sein (diese Relation wird symbolisch durch “∈” bezeichnet), und die Relation zwischen einer Menge und einer Klasse – die Relation, zu einer Klasse zu gehören oder ein Element einer Klasse zu sein (bezeichnet durch „η”). Von diesen primitiven Relationen (Prädikaten) ausgehend, werden mit Hilfe von

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logischen Begriffen andere Relationen definiert. Es gibt keine Elemente einer Menge oder einer Klasse einer anderen Art als Mengen, was bedeutet, dass eine Klasse nie als ein Element einer Menge oder einer Klasse vorkommt119. 1958 verändert Bernays seine Theorie in erster Linie dadurch, dass er Klassen nicht mehr als Individuen interpretiert. In der Sprache des Systems können aber den Klassen Variablen und andere individuelle Symbole entsprechen. Wegen der genannten Veränderung wird auch der Prädikator „η” als eines der primitiven Symbole des Systems nicht mehr gebraucht. Als primitive Prädikatoren werden das Gleichheitszeichen „=“, das Bernays früher für einen unmittelbar mit dem Begriff des Individuums verbundenen logischen Begriff hielt120, und das Zeichen „∈” eingeführt121. Die Relation der Gleichheit wird nur für Mengen definiert, was insbesondere den idealen Charakter von Klassen zum Ausdruck bringt. Diese Idealität unterscheidet Klassen (als Extensionen von Prädikaten) von solchen mathematischen Dingen („things“) wie Kollektionen („collections“), was die Mengen sind122. Dass für Klassen eine solche Relation nicht eingeführt ist und das Zeichen der Äquivalenz von Klassen („≡“) nur als Ausdruck für die gleiche Extension definiert ist, macht die Einführung des speziellen Extensionalitätsaxioms für Klassen nun im Gegensatz zu der Theorie, die zwischen 1937 und 1954 entwickelt wurde, entbehrlich123. Das Axiom der Extensionalität wird für Mengen als die Behauptung formuliert, dass, wenn für jedes x die Aussagen ‚x ist aus der Menge a’ und ‚x ist aus der Menge b’ äquivalent sind, dann die Mengen a und b gleich sind. Formal geschrieben: (x)(x ∈ a ↔ x ∈ b) → a = b. Durch diese Formulierung wird ausgeschlossen, dass solche verschiedenen Individuen, die keine Elemente haben, möglich sind124. Den gegenständlichen Charakter solcher Individuen wie Mengen macht nach Bernays gerade das aus, dass sie wie konkrete Kollektionen durch ihre Elemente bestimmt sind125. Als Quelle einer solchen Auffassung von Individuen gibt Bernays die Verallgemeinerung von Dedekinds Methode der Konstruktion von reellen Zahlen an126. In seiner historischen Einleitung zu dem Buch unterstreicht Fraenkel, dass die Mengen Bernays’ Individuen im logischen Sinn sind. Wenn man Individuen als Objekte, die keine

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Elemente enthalten, auffasst, kann Bernays die Anerkennung eines einzigen Individuums, nämlich der Nullmenge, zugeschrieben werden. Hierbei bemerkt Fraenkel aber, dass für den Zweck der Entwicklung der Mathematik die Annahme der Existenz von Individuen nicht notwendig ist127. Da die Gleichheit also von Bernays immer noch als eine Relation zwischen Individuen aufgefasst wird, kann man den Verzicht auf Anerkennung dieser Relation für Klassen als Ausdruck der Idee betrachten, dass den Klassen (als Extensionen von Prädikaten) keine echte Individualität (und folglich keine Gegenständlichkeit) zugeschrieben werden kann. Bernays betrachtet auch Funktionen unter einem extensionalen Gesichtspunkt und definiert sie als Wertverläufe im Sinne Freges, für die er den Prädikator „Ft“ benutzt. Der Wertverlauf ist laut dieser Definition eine Klasse von Paaren (bezeichnet mit Hilfe des Prädikators „Ps“), welche die Bedingung erfüllen, dass jedes Element ihres Feldes nur in einem Paar als erstes Glied vorkommt. Formal geschrieben: Ft(F) ↔ Ps(F) & (x)(y)(z) ( ∈ F & ∈ F → y = z)128. Bernays definiert auch eine Relation zwischen Mengen und Klassen, die er mit Hilfe des Begriffs repräsentieren („represent“) (der entsprechende Prädikator ist „Rp“) beschreibt. Eine Menge repräsentiert eine Klasse, wenn die beiden die gleichen Elemente haben: Rp(A,a) ↔ (x)(x ∈ A ↔ x ∈ a) „A“ steht hier für eine Klasse und „a“ – für eine Menge. Die Besonderheit dieser Relation lässt sich folgendermaßen beschreiben. Während jede Menge eine Klasse (zumindest die Klasse, die durch Zugehörigkeit zu der Menge selbst durch die Formel „Rp({x | x ∈ a},a)“ definiert ist) repräsentiert, gibt es Klassen, die nicht von einer Menge repräsentiert werden. Ein Beispiel einer solchen Klasse ist die Universalklasse (durch die Äquivalenz V ≡ {x | x = x} definiert)129. Dieselben Eigenschaften sprach Bernays dieser Relation auch in der Arbeit von 1937-1954 zu130. Hier formuliert er auch ein metamathematisches Theorem, das Klassentheorem („the class theorem“), das besagt, dass man bestimmten Prädikaten von Mengen Klassen zuordnen kann131. Solche Prädikate werden mittels bestimmter Ausdrücke definiert, die außer Variablen noch

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weitere Parameter enthalten können. Zu solchen Ausdrücken gehören entweder die primitiven Ausdrücke des Systems (wie z.B. „a = b“ oder „a ∈ b“) oder die zusammengesetzten Ausdrücke, welche aus den primitiven Ausdrücken mit Hilfe von logischen Operatoren wie „&“ oder „∨“ oder Quantoren gewonnen werden können, wobei nur über Mengenvariablen quantifiziert wird. Die Folgerung aus dem Theorem besagt, dass es für eine gegebene Klasse weitere Klassen existieren, wie z.B. der Schnitt oder die Vereinigung von Elementen der gegebenen Klasse oder die Klasse der Teilmengen der gegebenen Klasse132. Das zeigt, dass der Bereich von Klassen nicht fest ist, sondern im Gegensatz zum Bereich der Mengen ein offenes Universum bildet133, wodurch die Probleme, die Bernays in einen Zusammenhang mit der Annahme von Gesamtheiten von Individuen und Prädikaten brachte, von vornherein beseitigt werden. Die Offenheit des Bereichs von Klassen kann aber nicht zu den Paradoxen führen, die Russell mit der Nicht-Prädikativität von einigen Funktionen (Prädikaten) verband. Dadurch, dass Bernays gebundene Klassenvariablen verbietet und deswegen die Referenz zum Bereich von Klassen als Ganzem vermieden wird, wird gewährleistet, dass die Bildung von Klassen, die durch den Operator der Klassenabstraktion „{x | P(x)}“ bezeichnet wird, automatisch prädikativ ist, so dass die typentheoretische Trennung von Mengen und Klassen sogar im Sinne der verzweigten Typentheorie erhalten bleibt134.

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6.3. Was sind logische Konstanten? Anstatt logische Gegenstände direkt aufzuzählen, kann man eine logische formalisierte Sprache analysieren und die Frage stellen, was an einer solchen Sprache oder an ihrer Interpretation das Besondere des logischen Wissens charakterisiert. Man könnte dabei von der für eine solche Sprache üblichen Voraussetzung ausgehen, dass man durch Einsetzung von konstanten Ausdrücken für solche Elemente der logischen Sprache wie Variablen Ausdrücke einer anderen Sprache (der Sprache einer wissenschaftlichen Theorie oder einer natürlichen Sprache) bekommen kann. Nehmen wir eine Formel der Aussagenlogik: (p ⊃ q) ⊃ (∼q ⊃ ∼p). Ersetzen wir nun q, einem der Beispiele Freges folgend, durch den Satz „Der Angeklagte ist zur Zeit des Mordes in Berlin gewesen“ und p – durch „Der Angeklagte hat den Mord begangen“, davon ausgehend, dass die Implikation, die aus diesen zwei Sätzen gebildet ist, ein wahrer Satz ist. Die Aussage, die wir dadurch bekommen, kann dann als eine der Prämissen eines Schlusses (nämlich des Schlusses, der nach der in der gegebenen Formel logischen Regel gewonnen wird) gebraucht werden: „Wenn der Angeklagte den Mord begangen hat, dann ist er zur Zeit des Mordes in Berlin gewesen; nun ist der Angeklagte nicht zur Zeit des Mordes in Berlin gewesen; also hat der Angeklagte den Mord nicht begangen“. Wir könnten den gewonnenen Schluss oder die ihm entsprechende Aussage formalisieren, indem wir die Sätze, die wir für p und q substituierten, durch andere Variablen ersetzen, z.B. durch r und s. Ein solches Ersetzen ändert nichts an den Bedingungen der Gültigkeit der Schlussregel, weil die gegebene Formel eine Tautologie ist. Ersetzen wir nun in der Formel das dritte Vorkommen des Implikationszeichens durch das Zeichen der konversen Implikation („⊂“) und p und q wiederum durch die gegebenen Sätze. Wir bekommen die Aussage: „’Wenn der Angeklagte den Mord begangen hat, dann ist er zur Zeit des Mordes in Berlin gewesen’ impliziert ‚Der Angeklagte ist zur Zeit des Mordes nicht in Berlin gewesen, wenn er den Mord nicht begangen hat’“. Man kann nun die Formel der Gestalt „(Γ ⊂ ∆)“ nach logischen Konventionen durch eine Formel der Gestalt „(∆ ⊃ Γ)“ ersetzen. Für unsere Aussage bedeutet das,

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dass sie nun die Gestalt „’Wenn der Angeklagte den Mord begangen hat, dann ist er zur Zeit des Mordes in Berlin gewesen’ impliziert ‚Wenn der Angeklagter den Mord nicht begangen hat, dann ist er zur Zeit des Mordes nicht in Berlin gewesen’“ annimmt (die entsprechende Formel ist (p ⊃ q) ⊃ (∼p ⊃ ∼q)). Diese Aussage lässt sich aber nicht als die Form eines Schlusses auffassen, der eine Aussage bezüglich der Schuld des Angeklagten erlaubt. Man kann auch nicht behaupten, dass der Angeklagte nicht in Berlin gewesen ist. Das Beispiel zeigt, dass man in der logischen Sprache solche Zeichen unterscheiden kann, welche die Interpretation der Ausdrücke, in denen sie vorkommen, bestimmen, so dass die Ersetzung eines solchen Zeichens durch ein anderes die Interpretation des ganzen Ausdrucks verändert. Solche Zeichen erhielten den Namen „logische Konstanten“. So wurden sie z.B. von Russell bezeichnet. Der Grund für eine solche Bezeichnung, der offenbar in der Rolle liegt, die solchen Zeichen bei der Interpretation der Ausdrücke der logischen Sprache zugeteilt wird, lässt sich auch in den syntaktischen Regeln erkennen, denen die logischen Konstanten unterliegen. Sie werden als solche primitiven Zeichen der logischen Sprache betrachtet, die isoliert, ohne Zusammenhang mit anderen Zeichen genommen, durch keine anderen Zeichen ersetzbar sind. Man kann sich nun fragen, was für Objekte diesen Konstanten entsprechen oder von ihnen bezeichnet werden. Der heutige Stand der Untersuchungen der Syntax und der Semantik einer logischen Theorie (die insbesondere die Gestalt einer logischen Sprache hat) machen die Annahme, dass solche Zeichen isoliert genommen eine selbständige Bedeutung haben, nahezu unmöglich, und man betrachtet sie als synkategorematische Ausdrücke (nämlich Konnektoren), die nur im Zusammenhang mit anderen Zeichen eine Bedeutung ergeben können. Trotzdem hofft man, dass man, weil der Gebrauch von logischen Konstanten die Sätze der Logik charakterisiert, durch die Analyse der Konstanten auch das Spezifische des logischen Wissens definieren kann. Eine solche Analyse kann verschiedene Formen haben. Einerseits könnte man die komplexen, die logischen Konstanten enthaltenden Ausdrücke nehmen und ihre Bedeutung definieren. Durch diese definierte Bedeutung oder durch das Gemeinsame, das solche komplexen Ausdrücke aufweisen, könnte man versuchen, das Logische zu definieren, das den Konstanten entspricht (sei es die logische Form der Ausdrücke oder die diese Form

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„zeigenden“ logischen Zeichenzusammenhänge). Wir werden sehen, dass Wittgenstein und Ramsey diesen Weg einschlagen, deren Ideen auch in der modernen analytischen Philosophie ihre Anhänger finden. Andererseits kann man die logischen Konstanten als Zeichen für Vorschriften auffassen, nach denen die Werte (in erster Linie die Wahrheitswerte) von komplexen Ausdrücken in Abhängigkeit von bestimmten Werten ihrer Teilausdrücke berechnet werden. Die Möglichkeit einer solchen Betrachtungsweise ist schon in den Principia Mathematica gegeben. In diesem Fall versucht man, das Logische mit Eigenschaften solcher Funktionen zu identifizieren. Insofern die besagten Funktionen dabei als die den Zeichen zuzuordnenden speziellen theoretischen Konstrukte betrachtet werden, ist diese Auffassung mit der ersten Auffassung vereinbar. Noch eine Möglichkeit besteht darin, dass man Transformationen des Definitionsbereichs der Wahrheitsfunktionen analysiert. Insofern die Funktionsausdrücke bei solchen Transformationen logische (d.h. logisch beweisbare) Sätze ergeben, kann man diese Funktionsausdrücke zur Definition von logischen Objekten oder logischen Eigenschaften der Elemente des den Funktionen entsprechenden Definitionsbereichs benutzen. Als Repräsentanten der letzten Idee kann man Tarski betrachten. 6.3.1. Russell über die logischen Konstanten Indem Russell schon 1898 den Begriff der Implikation benutzt, um die Beziehungen zwischen Intensionen von Begriffen zu beschreiben (S. Kapitel 2.2), betrachtet er Implikation als eine Relation. Diese Betrachtungsweise charakterisiert auch spätere Arbeiten Russells. 1903 analysiert Russell in The Principles of Mathematics Begriffe, die man für die Beschreibung der allgemeinen Eigenschaften der theoretischen Objekte der Mathematik gebraucht. Einige dieser Begriffe sind nach Russell undefinierbar und fundamental, insofern sie zur Definition der anderen nicht-fundamentalen Begriffe, mit deren Hilfe man logische und mathematische Sätze und Argumentationsweise charakterisiert, benutzt werden. Schon diese primitiven fundamentalen Begriffe, insbesondere der Begriff der Implikation und der Begriff einer Relation, werden von Russell als logische Konstanten bezeichnet. Dass Russell davon ausgeht, dass es mehr als einen solcher primitiven Begriffe gibt, hat verschiedene

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Konsequenzen. Erstens müssen die Beziehungen jedes dieser Begriffe zu anderen fundamentalen Begriffen bestimmt werden. Zweitens müssen die Eigenschaften dieser Begriffe durch ihre Beziehungen zu anderen von ihnen abhängigen Begriffen definiert oder beschrieben werden. Die Realisierung der ersten dieser Forderungen führt dazu, dass Implikation als eine Relation charakterisiert wird135. Als jede Relation wird Implikation auch extensional, d.h. durch ihren Vorbereich und ihren Nachbereich definiert. Die Elemente dieser Bereiche sind nach Russell Propositionen, die in erster Linie dadurch gekennzeichnet sind, dass sie wahr oder falsch sind136. Das objektive Bestehen der Relation der Implikation ist die notwendige Voraussetzung jedes Folgens, nicht in dem Sinne, dass dieses Bestehen für zwei beliebige Propositionen garantiert, dass eine von diesen aus der anderen folgt, sondern in dem Sinne, dass ein geordnetes Paar von Propositionen, von denen die erste wahr und die zweite falsch ist, zum Feld der Relation der Implikation einfach nicht gehört137 und dass es schon deswegen ausgeschlossen ist, dass die zweite Proposition aus der ersten folgt. Einerseits bestätigt die Annahme eines solchen objektiven Bestehens der Relation der Implikation den Status der Implikation als eines besonderen logischen Objekts. Andererseits, insofern die semantischen Eigenschaften der Implikation durch die semantischen Eigenschaften von Propositionen, die zu ihrem Vor- und Nachbereich gehören, beschrieben werden, wird die zweite der besagten Forderungen nach der Bestimmung der fundamentalen logischen Begriffe realisiert. Da Russell dabei das Ersetzen von Propositionen und ihren Bestandteilen durch Variablen erlaubt, behandelt er die Propositionen als Sätze, was letztendlich dazu führt, dass das Implikationszeichen als ein synkategorematisches Symbol, das keine selbständige Bedeutung hat, behandelt wird. 1904 formuliert Russell die Frage, ob für eine Proposition p das Glauben („belief“), dass nicht-p (∼p), sich vom Nicht-Glauben („disbelief“), dass p, unterscheidet138, die ihrerseits mit der Frage gleichbedeutend ist, ob das Wissen von logischen Konstanten einen besonderen Gegenstand hat, und welche Rolle ein solches Wissen in bezug auf andere Arten des Wissens spielt. Zunächst vermutet man in dieser Frage die Möglichkeit einer psychologistischen Auffassung des Charakters des logischen Wissens und der von der Logik zu untersuchenden Objekte. Wenn die Negation „bloß

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ein Ausdruck des Nicht-Glaubens“ ist139, könnte man behaupten, dass z.B. das Gesetz des Widerspruchs, in der Form „∼(A ⋅ ∼A)“ formuliert, nur ein Ausdruck der Tatsache ist, dass man nicht zugleich glauben und nicht glauben, dass A, kann. In diesem Fall ginge es in dem Gesetz um das subjektive Unvermögen, solche Geisteszustände (des Glaubens und NichtGlaubens) gleichzeitig zu haben. Russell weist darauf hin, dass in dem Zusammenhang mit der Frage nach dem Wissen von logischen Konstanten drei Gegensätze zu unterscheiden und zu untersuchen sind: der Gegensatz von wahr und falsch, von Behauptung und Negation und von Glauben und Nicht-Glauben. Russell verbindet aber diese Frage mit einem anderen Problem. Wenn man glaubt, dass nicht-p, und p dabei eine falsche Proposition ist, scheint es, als ob man etwas Wahres wüsste. Deshalb müsste das Glauben, dass nicht-p, sich von dem bloßen Nicht-Glauben unterscheiden. Eine Möglichkeit, zu einem solchen Schluss zu kommen, möchte ich betrachten. Vorerst will ich aber bemerken, dass Russell diesen Schluss benutzt, um die Existenz von negativen Propositionen zu beweisen. Das Problem, das dabei ohne Lösung bleibt, ist das Problem, ob in dem Ausdruck „nicht-p“ etwas außer „p ist falsch“ behauptet wird140. Versuchen wir nun die Frage zu beantworten, was das Subjekt in einem Satz der Form „nicht-p“ ausdrückt. Nehmen wir als Beispiel für eine Proposition p die Proposition der Mont Blanc ist niedriger als 3000 Meter. Wenn das Subjekt in der Behauptung „nicht-p“ seinen Glauben, dass nichtp ausdrückt, kann sein Glauben folgende Gründe haben. 1. Das Subjekt weiß, was für eine Eigenschaft der Mont Blanc wirklich hat. Das heißt, es weiß, wie hoch der Mont Blanc ist. 2. Das Subjekt kennt alle Gegenstände, die zu derselben Klasse von Objekten wie der Mont Blanc gehören und welche die Eigenschaft haben, die dem Mont Blanc in p zugeschrieben wird. Das Subjekt kennt also alle Berge, die niedriger als 3000 Meter sind, und weiß auch, dass diese alle solche Berge sind oder dass der Mont Blanc unter diesen Gegenständen nicht vorkommt.

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3. Das Subjekt weiß nicht, welche Höhe der Mont Blanc hat, aber es weiß, dass das, was in p vom Mont Blanc behauptet wird, mit den Eigenschaften, die ihm zukommen, unvereinbar ist. Das Subjekt weiß z.B., dass der Mont Blanc der höchste Berg Europas ist sowie dass es in Europa noch mindestens einen Berg gibt, der höher als 3000 Meter ist. 4. Das Subjekt kann sein Urteil schließlich aufgrund eines Irrtums fällen. Das Subjekt kann eine falsche Meinung über die genaue Höhe des Mont Blanc haben, aber davon überzeugt sein, dass diese mit der Höhe nicht zusammenfällt, die dem Mont Blanc in p zugesprochen wird. Wenn das Subjekt in seinem Satz „nicht-p“ sein Nicht-Glauben ausdrückt, kann sein Nicht-Glauben dieselben Gründe haben. Hinzu kommt aber noch einer, der einen Unterschied ausmacht. Das Subjekt weiß nichts vom Mont Blanc, es hat keine Kenntnisse von seinen Eigenschaften. Mit dem Namen „Mont Blanc“ ist für das Subjekt in diesem Fall keine bestimmte Bedeutung („meaning“) verbunden. Weder hat es Bekanntschaft mit dem Mont Blanc selbst noch kann es dem Namen „Mont Blanc“ irgendeinen Komplex von Eigenschaften zuordnen. Der Satz „p“ ist für das Subjekt ein Satz ohne Bedeutung, und folglich kein Satz, dem das Subjekt z.B. die Eigenschaft der Wahrheit oder der Falschheit zuschreiben kann. In diesem Fall hat aber das Nicht-Glauben des Subjekts keinen Gegenstand, der die Komplexität und die Ganzheit solcher Gegenstände wie Propositionen (Bedeutungen von Sätzen) besitzt. Fraglich ist allerdings, ob sich ein solches Nicht-Glauben in dem Satz „nicht-p“ ausdrücken lässt. Wenn das Subjekt die Proposition p aus dem gegebenen Beispiel nicht als wahr oder falsch einschätzen kann, könnte man diese Proposition mit einer solchen wie der gegenwärtige König von Frankreich ist kahlköpfig vergleichen, die schwer bloß zu verneinen ist. Wenn durch Verneinen oder Bejahen einer Proposition das Subjekt Russells das, was Frege als Fürwahrhalten bezeichnet, ausdrückt, kann das Subjekt kaum das verneinen oder bejahen, was es weder für wahr noch für falsch halten kann. Hier könnte sich das Problem des Unterschiedes zwischen Glauben und Nicht-Glauben an das Problem anschließen, ob „nicht-p“ etwas außer „p ist falsch“ ausdrückt.

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Wenn im Satz „nicht-p“ das Subjekt tatsächlich nur sein Fürfalschhalten äußert, kann man zunächst über solche Propositionen wie der gegenwärtige König von Frankreich ist kahlköpfig kein Urteil fällen. Wenn jeder Aussagesatz eine Behauptung oder Verneinung (und somit Fürwahroder Fürfalsch- Halten) zum Ausdruck bringt, müssen solche Propositionen sogar ohne einen Ausdruck bleiben. Andererseits impliziert die Annahme über die Äußerung des subjektiven Fürfalschhaltens in dem verneinenden Satz, dass der Satz „nicht-p“ mit dem Satz „p ist falsch“ gleichbedeutend ist und dass folglich durch den Satz „p“ die Proposition p ist wahr ausgedrückt wird, die sich aber von der Proposition p unterscheidet und die deshalb eine andere verbale Hülle haben sollte. Man könnte allerdings auch annehmen, dass der Satz „p“ die Proposition p, die eine von dem Fällen des Urteils unabhängige und eine Wiedergabe zulassende Bedeutung („meaning“) ist, bezeichnet oder darstellt und das Urteil des Subjekts, dass p, ausdrückt. In einem solchen Fall müsste man aber den Status der Proposition von dem Status des in dem Satz Ausgedrückten unterscheiden oder die Bedeutung des Satzes sowie das, was im Satz ausgedrückt wird, neu definieren. Den Satz „nicht-p“ kann man auch als eine Ableitung aus einem anderen Satz „q“ betrachten, wobei die Ableitung eine zweite Prämisse der Gestalt „q impliziert nicht-p“ haben sollte. Eine solche Möglichkeit wird von Russell auch berücksichtigt141. Die Annahme eines solchen Ursprungs der negativen Propositionen könnte implizieren, dass es keine negativen Fakten (Propositionen) gibt. Das Problem, das Russell in diesem Fall zu lösen hätte, ist das Problem der Kenntnis von komplexen Propositionen der besagten Gestalt. Um zu schließen, dass ein bestimmter gegebener Fleck nicht blau ist, muss man außer der Kenntnis davon, dass dieser Fleck z.B. rot ist, noch die Kenntnis haben, dass die Proposition dieser Fleck ist rot die Proposition dieser Fleck ist nicht blau impliziert. Die Kenntnis der zweiten Prämisse könnte man mit der Kenntnis identifizieren, dass die Propositionen dieser Fleck ist rot und dieser Fleck ist blau nicht zugleich wahr sein können. Wittgenstein hat sich später mit der Möglichkeit beschäftigt, eine solche Kenntnis mit Hilfe eines logischen Symbolismus zu beschreiben, und ist zu dem Schluss gekommen, dass eine solche Kenntnis nicht mit der Kenntnis von Definitionen der logischen

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Konstanten identifizierbar ist142, was in Hinblick auf die Theorien des Tractatus bedeutet, dass diese Kenntnis keine Kenntnis von Operationen auf Wahrheitsfunktionen ist. Eine solche Kenntnis, welche die Kenntnis der Inhalte der Sätze einschließt, kann man aber als abgeleitetes Wissen betrachten, das mit Hilfe der Verneinung ausgedrückt werden kann, insofern dieses Wissen außer dem Wissen von Wahrheitsbedingungen der beiden Sätze noch das Wissen vom Zusammenhang ist, in welchem diese Wahrheitsbedingungen miteinander stehen. Einen solchen Zusammenhang charakterisiert Wittgenstein als eine interne Beziehung zwischen Sätzen, was in Hinblick auf die Terminologie des Tractatus bedeutet, dass diese Beziehung doch die logischen Formen der Sätze betrifft. Definiert wird dieser Zusammenhang auch als Ausschließen im Gegensatz zur Kontradiktion, wobei diese Definition mit der Forderung verbunden ist, den Zusammenhang der Wahrheitsbedingungen der beiden Sätze anders darzustellen. Wittgenstein verlangt, dass das diesen beiden Sätzen entsprechende Satzzeichen, das außer der Satzzeichen noch Abzeichen ihrer möglichen Wahrheitswerte enthält, die Möglichkeit des gleichzeitigen Wahrseins der beiden Sätze ausschließen muss. Eine andere Folgerung aus der Annahme des abgeleiteten Charakters von negativen Propositionen besteht darin, dass die Behauptung und die Verneinung, welche das Subjekt in den Sätzen „p“ und „nicht-p“ ausdrückt, ein und denselben Gegenstand haben (bei Russell muss dieser Gegenstand Proposition sein). Wenn außerdem die Behauptung, dass nichtp, auf einer Ableitung beruht, dann basiert das Urteil, dessen Ausdruck eine logische Konstante enthält, auf Kenntnissen von logischen Prinzipien. Hier sieht man, dass Russells Theorie der Beschreibungen und die Theorie der logischen Formen (1913) auch durch diese Problematik bedingt sind. Zugleich findet man in dieser Problemstellung mögliche Wurzeln der semantischen Ideen Wittgensteins, die er im Tractatus entwickelt. Sollte den Sätzen „p“ und „nicht-p“ ein und derselbe Gegenstand (z.B. ein und dieselbe Proposition p) entsprechen, dann ist die Verschiedenheit der Sätze ein Zeichen für eine andere Verschiedenheit, die nicht in dem Gegenstand der Erkenntnis liegt und die erst definiert werden soll. Man könnte zunächst eine solche Verschiedenheit in der Relation des Subjekts zu

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diesem Objekt vermuten. Eine solche Vermutung kann man als eine der theoretischen Quellen der Russellschen Theorie der mehrstelligen kognitiven Relationen betrachten. Diese Theorie impliziert die Konstruktion einer ganzen Hierarchie von kognitiven Relationen, von denen die einfachste (oder die grundlegende) nach der Bekanntschaft und ihren komplizierteren Formen die kognitive Relation des Verstehens ist. Diese Idee lässt sich als Realisierung des Gedankens auffassen, dass man, um über etwas zu urteilen (etwas zu behaupten oder zu verneinen), vorerst die Bedeutung des Beurteilbaren kennen muss oder - mit anderen Worten die Proposition, die das Objekt der kognitiven Relation des Urteilens ist, verstehen muss. In die Theorie wird auch die Annahme eingefügt, dass man gewisse Kenntnisse von logischen Formen braucht, um zu verstehen und zu urteilen. Solche Kenntnisse liefern uns das Wissen von den Bedingungen, unter welchen ein Satz (eine Proposition) wahr oder falsch sein kann, und sie sollen deswegen schließlich die Anordnung der gegenständlichen Vielfachheit einer Wissenseinheit beim Fällen eines Urteils sowie bei der Formulierung von Sätzen gewährleisten. Dass diese Theorie nach Meinung Wittgensteins vor der Formulierung „unsinniger“ Sätze der Form „Sokrates ist identisch“ nicht bewahren kann, ist schon ein weiteres Problem. Man könnte aber von der Idee, dass die Verschiedenheit der Sätze „p“ und „nicht-p“ in der Verschiedenheit der zur Formulierung solcher Sätze führenden Arten der Erkenntnis (d.h. in der Verschiedenheit von propositionalen Einstellungen, die ein und dieselbe Proposition als ihren Gegenstand haben) besteht, absehen. Man kann ein solches theoretisches Modell konstruieren, in dem von dem die Sätze formulierenden und gebrauchenden Träger der Sprache abgesehen wird und in dem Sätze als Objekte betrachtet werden, die bestimmte Funktionen (z.B. die des Bezeichnens, des Mitteilens oder des Zeigens) in bezug auf andere Objekte erfüllen. Schon Frege äußert den Gedanken, dass verschiedene Zeichen dasselbe Objekt vertreten können. Die Verschiedenheit der Zeichen drückt in einem solchen Fall die Verschiedenheit ihres Sinnes aus. Auf solche Sätze wie „p“ und „nicht-p“ ist aber eine solche Behauptung nicht übertragbar, und die Gleichsetzung solcher Sätze ist nicht möglich. Der Unterschied zwischen Sätzen und anderen Zeichen in dieser Hinsicht

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besteht darin, dass die Bedeutung des Satzes ein besonderer Gegenstand ist – ein Wahrheitswert. Beide Sätze, „p“ und „nicht-p“, drücken nach Frege bestimmte Gedanken aus, und zwar solche, die einander widersprechen, so „dass ein Gedanke dadurch als falsch erklärt wird, dass der ihm widersprechende als wahr anerkannt wird“143. Man kann einen Satz aus einem anderen bilden, indem man den Ausdruck der Verneinung durch den Ausdruck eines Gedankens ergänzt, aber die beiden Sätze haben nicht nur verschiedenen Sinn, sondern auch unterschiedliche Bedeutung. Wittgenstein ist aber nicht bereit, die Idee Freges über den gegenständlichen Charakter der Bedeutungen von Sätzen (der Wahrheitswerte) zu vertreten, weil die Gegenständlichkeit des Wahrheitswertes bedeutet, dass der Wahrheitswert als Argument einer Funktion auftreten kann. Wäre das aber der Fall, dann wäre der Sinn von solchen Sätzen wie „nicht-p“ „keineswegs bestimmt“144. Wenn die Welt eine Gesamtheit von Tatsachen ist und man als Tatsache das Bestehen oder Nichtbestehen von Sachverhalten145 bezeichnet, womit sowohl positive als auch negative Tatsachen eingeführt werden, und der Satz ferner eine Beschreibung eines Sachverhalts („Sachlage“) ist146, dann ist der Sinn des Satzes „seine Übereinstimmung und Nichtübereinstimmung mit den Möglichkeiten des Bestehens und Nichtbestehens der Sachverhalte“147. Dadurch, dass Wittgenstein den Sinn nur dem Satz zuspricht148 und diesen mit den Bedingungen identifiziert, unter denen der Satz wahr oder falsch genannt wird149, erklärt er die Unabhängigkeit des Sinnes des Satzes von der Tatsache, die von dem Satz beschrieben wird150. Diese Unabhängigkeit des Sinnes von der Tatsache erlaubt, einen Satz zu verstehen, ohne die „Wirklichkeit“ zu kennen. Wäre das nicht der Fall, könnte man nach Wittgenstein vermuten, dass die Beziehung zwischen Zeichen und Bezeichnetem und nicht das Zeichen selbst die Eigenschaft haben könnte, wahr oder falsch zu sein151. Die Sätze „p“ und „nicht-p“ können aber „das gleiche sagen“. Ihnen entspricht dieselbe Tatsache („Wirklichkeit“), während sie entgegengesetzten Sinn haben152. Das bedeutet in erster Linie, dass für ein bestimmtes p nur einer dieser Sätze wahr sein kann. Wir könnten uns des Modells bedienen, das Carnap in dem Begriff einer Zustandsbeschreibung entwickelt. Wir könnten dann die Sätze „p“ und „nicht-p“ (nehmen wir an, dass „p“ dabei ein atomarer Satz ist) als Sätze betrachten, die zu verschiedenen Zustandsbeschreibungen gehören. Eine

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dieser Beschreibungen beschreibt den Zustand des Individuenbereichs als solchen, in dem der Sachverhalt p nicht besteht, während die andere ihn als solchen, in dem p besteht, beschreibt. Die Möglichkeit der beiden Beschreibungen bedeutet aber nicht, dass jede von ihnen das richtige Bild der Welt liefert. 6.3.2. Wittgenstein: logische Konstanten und logische Gegenstände Wenn man unter dem Sinn des Satzes die Proposition Russells versteht, die man als eine Wissenseinheit auffassen kann, enthält das Wissen der Proposition nicht-p das Wissen von logischen Konstanten. Im Fall, dass die Proposition selbst als eine Tatsache verstanden wird, kann das bedeuten, dass das Zeichen für die logische Konstante für ein besonderes Objekt steht. Die Möglichkeit dieser Auffassung wird durch Wittgensteins Theorie ausgeschlossen. Wenn den beiden Sätzen „p“ und „nicht-p“ dieselbe Wirklichkeit entspricht und sie sich voneinander nur durch den „entgegengesetzten Sinn“ unterscheiden, impliziert das, dass dem Zeichen der Verneinung „∼“ in der Wirklichkeit nichts entspricht153. Man kann aber auch davon ausgehen, dass das Wissen von logischen Konstanten einen Teil des Wissens von logischen Prinzipien bildet. Seinerseits wird dieses Wissen 1904 von Russell im Aufsatz „Meinong’s Theory of Complexes and Assumptions“ für das Wissen erklärt, das nicht immer abgeleitet wird und somit dem Wahrnehmen entspringen kann. Das könnte den Schluss implizieren, dass die Bedeutung von logischen Konstanten durch ihren Gebrauch, insbesondere den Gebrauch in Sätzen der Logik, festgelegt wird. Zu einem ähnlichen Schluss führt der Gebrauch des Wortes „konstant“ in den Principia Mathematica. Die Eigenschaft konstant, auch bestimmt oder definiert („definite“) zu sein wird hier propositionalen Funktionen, insbesondere Wahrheitsfunktionen („truth-functions“) zugesprochen154. Diese Eigenschaft ist die Eigenschaft, nicht variabel zu sein, was letztendlich zeigt, dass diese Eigenschaft nicht Funktionen, sondern Funktoren zugesprochen wird. In den Principia erfüllen die so definierten logischen Konstanten eine doppelte theoretische Funktion. Einerseits kann man dem Vorkommen einer Konstanten in einem Satz oder dem Ausdruck

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einer Funktion die Konstruktionsvorschrift ablesen, nach der der Satz (oder der Ausdruck) aus den anderen Sätzen (Ausdrücken) zusammengesetzt wurde. Die Art und Weise der Zusammensetzung wird dabei auch durch zusätzliche Interpunktionszeichen wie Klammern oder Punkte, die als Abkürzungen der Klammerausdrücke eingeführt werden, gezeigt. Andererseits werden durch die Definition der Wahrheitsfunktionen Regeln der semantischen Interpretation von Werten solcher Funktionen eingeführt. Die aussagenlogischen Funktoren sind also hier Elemente der Syntax der logischen Theorie, die zugleich als Vorschriften der semantischen Auswertung von Formeln dienen. Die besondere Stellung, die in den Principia der Implikation durch ihre Charakterisierung als einer Beziehung zwischen Propositionen zugeteilt wird, kann man darauf zurückführen, dass ihre semantischen Eigenschaften für die Beschreibung der Beziehungen des logischen Schließens benutzt werden155. Durch die Definition der Implikation rechtfertigen Whitehead und Russell nämlich die Einführung der Regel modus ponens als der primitiven Schlussregel des Systems der Principia. Die semantischen Überlegungen, die Whitehead und Russell ihrer Deduktionstheorie vorausschicken, enthalten die Grundideen der Theorie der mehrstelligen kognitiven Relationen und basieren auf den Grundbegriffen der Theorie der Beschreibungen, die dann erlaubt, über die Wahrheit eines atomaren Satzes zu sprechen, wenn es die in dem Satz beschriebene Tatsache gibt. Insofern die propositionalen Funktionen, insbesondere die Wahrheitsfunktionen extensional aufgefasst werden, wird auch die Ersetzung der Ausdrücke für die Argumente der propositionalen Funktionen durch die Ausdrücke der zu diesen äquivalenten Argumente erlaubt. Insofern die Wahrheit eines Wertes einer propositionalen Funktion somit nur von dem Wahrheitswert ihres Arguments (oder ihrer Argumente) abhängt, kann man auch davon sprechen, dass einer und derselben Tatsache mehrere Sätze entsprechen, wie z.B. der Tatsache, dass p, die Sätze „p“ und „∼∼p“. In dieser Konstruierbarkeit verschiedener Zeichen mit demselben Sinn sieht Wittgenstein einen Verstoß gegen die Forderungen, die Frege an eine Begriffsschrift stellt. Mit seinen Forderungen, einerseits die

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Mehrdeutigkeit von Zeichen in einer wissenschaftlichen Begriffsschrift zu verbieten und andererseits verschiedenen Dingen verschiedene Zeichen zuzuordnen (wobei nach seiner semantischen Theorie verschiedenen Zeichen auch verschiedener Sinn entspricht), liefert Frege ein Ideal, in dessen Lichte Wittgenstein die von Frege selbst sowie von Whitehead und Russell entworfene Begriffsschriften (wobei eine Begriffsschrift von Wittgenstein auch als eine Notation und ein Symbolismus bezeichnet wird) kritisch betrachtet. Dass solche äquivalenten Formeln, die eine unterschiedliche Gestalt aber denselben Sinn haben, sowohl in einer als auch in der anderen Begriffsschrift konstruierbar sind, hält Wittgenstein für die Schwäche des jeweiligen Symbolismus156 und wendet sich deswegen der Frage nach dem Status der logischen Konstanten zu. Wie fasst Wittgenstein die logischen Konstanten auf? Dass den logischen Konstanten in Wirklichkeit nichts entspricht, impliziert in erster Linie, dass es keine sogenannten „logischen Gegenstände“ und „logischen Konstanten“ gibt157. Gäbe es solche logischen Gegenstände oder Kategorien wie z.B. Individuum oder Gegenstand, dann sollte etwas (z.B. bestimmte Gegenstände) unter einen solchen Begriff fallen, und der Begriff des Gegenstands, den Wittgenstein auch als einen formalen Begriff (oder auch Scheinbegriff) charakterisiert, müsste in diesem Fall als eine Funktion darstellbar sein. Die Merkmale dieses Begriffs (die formalen Eigenschaften) müssten auch eine Darstellung als Funktionen erhalten. Nach Wittgenstein lassen sich aber formale Eigenschaften in der Form des Satzes erkennen. Die Besonderheit der Form eines Satzes besteht darin, dass diese Form das ist, was der Satz mit der Wirklichkeit, die er darstellt, gemeinsam hat. Und dieses Gemeinsame, das der Satz aufweist, lässt sich selbst in dem Satz nicht darstellen158, sondern zeigt sich an seinem Zeichen. So zeigt z.B. der Name, dass das durch ihn Bezeichnete ein Gegenstand ist159. Während man einen Elementarsatz als Funktion von Namen (die in dem Satz vorkommen) schreiben kann160 und einen komplexen Satz – als Funktion von Elementarsätzen, besteht die Möglichkeit, auf solche Weise ausgedrückt zu werden, für die Form des Satzes nicht. Folglich kann man auch die formalen Begriffe (wie z.B. Gegenstand, Komplex, Tatsache, Funktion) nicht als Funktionen darstellen. Das Zeichen eines formalen Begriffs ist also kein Funktionszeichen,

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sondern ein „charakteristischer Zug aller Symbole, deren Bedeutungen unter den jeweiligen formalen Begriff fallen“161. Wittgenstein schließt daraus, dass als Zeichen eines formalen Begriffs eine Variable auftritt, die eine konstante Form darstellt, welche all ihre Werte besitzen. Das eigentliche Zeichen des formalen Begriffs (des „Scheinbegriffs“) Gegenstand ist deswegen der variable Name „x“162. Versuchen wir, diese Betrachtungsweise auf andere formale Begriffe anzuwenden, können wir den formalen Begriff eines subjekt-prädikativen Satzes durch „P(x)“ bezeichnen, und den Begriff eines einstelligen Prädikats – durch „P(_)“. Obwohl Wittgenstein den logischen Objekten ein Sein als Bezeichneten abspricht, beschreiben die Zeichen, die man ihnen, der Idee Wittgensteins folgend, zuordnen kann, syntaktische Kategorien einer logischen formalisierten Sprache sowie Arten solcher Kategorien. Man kann über die logische Form eines Zeichens und des von dem Zeichen Bezeichneten sprechen, aber die logische Form existiert und lässt sich darstellen als das Gemeinsame von konkreten Zeichen, wobei diese Gemeinsamkeit bei der Formalisierung der Sprache realisiert wird. Dieses Thema wird von Wittgenstein auch nach dem Tractatus untersucht. In dem Aufsatz „Some Remarks on Logical Form“, der 1929 erscheint, betrachtet er erneut das Problem der logischen Form. Wittgenstein spricht jedem Satz einen Inhalt und eine Form zu, deren Bild man dadurch bekommen kann, dass man in einem Satz alle bezeichnenden konstanten Ausdrücke durch Variablen ersetzt163. Die syntaktischen Regeln, denen konstante Ausdrücke gehorchen, sollen auch für Variablen gelten. Da Wittgenstein nun aber zugibt, dass die Syntax der gewöhnlichen Sprache uns vor der Konstruktion von unsinnigen („nonsensical“) Pseudosätze wie „rot ist höher als grün“ nicht bewahrt, könnte man in diesem Bewahren eine der Funktionen der logischen Syntax sehen. Die Analyse des Satzes zeigt, dass er eine Wahrheitsfunktion von einfacheren Sätzen ist. Die Grenze einer solchen Analyse bilden atomare Sätze, welche die primärste („ultimate“) Verbindung von Termen darstellen, so dass die Zerlegung der Verbindung die Satzform als solche vernichtet164. Die Aufgabe, die Wittgenstein nun der Erkenntnistheorie zuteilt, besteht im Auffinden solcher atomaren Sätze und Bestimmung ihrer symbolischen Konstruktion. Zugleich weist er auf die Notwendigkeit der Entwicklung des

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Symbolismus hin, der ein klares Bild ihrer logischen Struktur liefert, Pseudosätze ausschließt und den eindeutigen Gebrauch der Termini garantiert. Um einen solchen Symbolismus zu entwickeln, muss man aufgrund der Beobachtung und der logischen Untersuchung der Phänomene, die zu beschreiben sind, ihre logische Vielfachheit („multiplicity“) feststellen. Die subjekt-prädikative und die Relationsform eines atomaren Satzes betrachtet Wittgenstein dabei als in der natürlichen Sprache herrschende Normen, welche die wirkliche Struktur der atomaren Sätze verschleiern. Aus dem Gebrauch dieser Normen kann man keine Schlüsse in bezug auf die wirkliche logische Form der zu beschreibenden Phänomene ziehen165. Die besagten Normen vergleicht Wittgenstein mit projektiven Bildern realer Phänomene, deren verschiedene logische Formen durch verschiedene Projektionen auf diese Normen abgebildet werden. Von diesen Normen ausgehend, bestimmen wir die Formen der Phänomene. Wir wissen nicht, nach welcher konkreten Vorschrift die logische Form der Phänomene auf die Projektionsebene der logischen Formen von Sätzen projiziert wird, und deswegen sind Schlüsse, die wir vom Gebrauch der Normen auf die Form der Phänomene ziehen, nur vage. Wir sehen, dass Wittgenstein einerseits den Phänomenen und den Spracheinheiten den Status von Objekten oder objektiven Gegebenheiten verleiht, so dass die Formen der Letzteren sogar die erkennende Tätigkeit des Subjekts regulieren. Andererseits traut er aber dem Erkennenden zu, dass dieser durch die logische Analyse der Phänomene ihre echte logische Form bestimmen kann. Sobald also die Sprache den theoretischen Status der von ihrem einzelnen Träger unabhängigen Wirklichkeit erlangt und logische Beziehungen als objektive (vom Subjekt unabhängige) Beziehungen zwischen Objekten charakterisiert werden, gewinnt man die Möglichkeit, über die Unabhängigkeit der Erkenntnisformen (oder der Methoden der Erkenntnis) von der Sprache und ihren logischen Strukturen zu sprechen. In dieser scheinbar paradoxen Möglichkeit könnte man nicht nur einen erneuten Versuch, die Russellsche Theorie der mehrstelligen kognitiven Relationen zu widerlegen, sondern auch die Schilderung einer gewissen wissenschaftlichen Tatsache sehen. Bekanntermaßen erlaubt die Konstruktion von formalisierten Sprachen unter anderem solche Schlussformen zu bestimmen, welche die Analyse der natürlichen Sprache nicht liefert. Betrachen wir eine solche Konstruktion als eine Form der

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wissenschaftlichen Erkenntnis (z.B. von den Gesetzen des Schließens), dann können wir die Bestimmung von derartigen Schlussweisen als Verfahren charakterisieren, das von den Normen der natürlichen Sprache nicht beherrscht wird und an das Phänomen dieser Sprache nur insofern anknüpft, als diese lediglich ein Beispiel für ein Zeichensystem liefert. Die logische Analyse der atomaren Sätze, die Wittgenstein vorschlägt, erinnert einen an Russells Analyse der subjekt-prädikativen Propositionen. Während Russell die Proposition dies ist rot als eine Relationsproposition rot existiert hier betrachtet, stellt Wittgenstein die Bedeutung des Wortes „dies“ mit Hilfe eines Koordinatensystems dar, das er in diesem Fall als eine Art der besagten projektiven Funktionen betrachtet166. Den Satz „dies ist rot“ könnte man z.B. als „[6-9, 3-8] rot“ schreiben, wobei „[6-9, 3-8]“ für die Koordinaten eines einzelnen roten Flecks in unserem Gesichtsfeld und somit für dies steht. Die Art der projektiven Funktion bestimmt z.B. das Vorkommen der Zahlen in dem Zeichen, das die echte Form von Sätzen wiedergibt. Diese Art ist auch durch gewisse Charakteristika der Objekte mitbestimmt, was allerdings nicht bedeutet, dass die Vielfachheit des atomaren Satzes von der Vielfachheit der Tatsache abgelesen werden kann, worauf insbesondere W. Moore noch 1938 hinweist. Da kein Satz die Tatsache in ihrer vollen Komplexität beschreiben kann, wird eher die Vielfachheit der Tatsache durch Satz definiert167. In jedem Fall aber setzt die Konstruktion des Symbolismus für atomare Sätze, deren Notwendigkeit Wittgenstein begründen will, die Analyse des Inhalts solcher Sätze voraus. Außerdem geht Wittgenstein bei dieser Analyse von linguistischen Gegebenheiten aus, die schon Russell benutzte, wenn er Sätze über Existierendes auf verschiedene Weise umformulierte. Diese Gegebenheiten bestehen in erster Linie darin, dass der Gebrauch der Sprache die Bildung von verschiedenen grammatischen Formen eines und desselben Wortes einerseits und das Verteilen verschiedener grammatischer Rollen unter diesen Formen andererseits erlaubt. Eine weitere Besonderheit des Ansatzes Wittgensteins besteht darin, dass die logischen Charakteristika der atomaren Sätze zunehmend als syntaktische Eigenschaften ihrer Zusammenhänge betrachtet werden. Die bereits im Tractatus formulierte und hier weiter entwickelte Idee Wittgensteins, die Beschreibung der Wahrheitsbedingungen von Sätzen als einen Teil der Satzbezeichnung zu benutzen, wird 1937 von Hailperin zur Beschreibung

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der Wahrheitsmöglichkeiten für die Sätze mit mehr als einem Wahrheitswert angewandt168. Was in dieser Arbeit Wittgensteins auch von Bedeutung ist, ist die Definition der Satzformen als Normen der Sprache. Wenn man das Auftreten solcher Normen als eine Gesetzmäßigkeit betrachtet, die ihren Ausdruck auch in syntaktischen Regeln findet, kann man daraus folgern, dass die Variablen, durch die man die Scheinbegriffe in einem Formalismus ausdrückt, auch eine bestimmte Regelung verlangen. Das könnte erklären, warum Wittgenstein diese Regelung zusammen mit der Einführung der Variablen für eine passende Darstellung von solchen Begriffen hält, wenn er behauptet: „Alles, was ein logischer Begriff zu sein scheint, muß ausgedrückt werden durch eine Variable plus die grammatischen Regeln, die ihren Gebrauch bestimmen“169. 6.3.3. Russell (1950) über die Sätze der Logik Die Idee Wittgensteins, dass die Ausdrücke dessen, was zu derselben logischen Art gehört, für einander substituierbar sein müssen170, was erneut seine These bestätigen sollte, dass die Objekte der gleichen logischen Form (logische Arten) durch die gleiche Variable (oder zumindest die Variablen der gleichen Art) dargestellt werden müssen, könnte man mit der Idee verbinden, dass sich Sätze über die logische Form eines Satzes von der symbolischen Darstellung der Form des Satzes unterscheiden. Diese Idee wird von Russell entwickelt. Wir haben schon die These Russells untersucht, dass sich die Behauptung über eine Proposition von der Behauptung einer Proposition prinzipiell unterscheidet (Kapitel 5.3). Von besonderem Interesse im Zusammenhang mit der eben angesprochenen Idee ist Russells Aufsatz „Is Mathematics Purely Linguistic?“ (1950)171, der erst 1973 publiziert wurde. Hier betrachtet Russell nicht nur Sätze der Mathematik, sondern auch der Logik, aus denen man Voraussetzungen der Mathematik ableiten kann, wenn man von der logizistischen Annahme ausgeht, dass die Mathematik aus der Logik ableitbar ist. Wir werden uns auf die Sätze der Logik konzentrieren. Was ist charakteristisch für diese Sätze? Ihre notwendige Eigenschaft besteht darin, dass sie Variablen enthalten. Diese Sätze kann man logisch beweisen oder widerlegen, was bedeutet, dass man an eine logische

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Proposition nicht kraft einer außerlogischen Evidenz („extralogical evidence“) glaubt. Diese Sätze kann man als „analytisch“ charakterisieren, was gleichbedeutend mit „logisch notwendig“ oder „wahr dank ihrer Form“ ist. Die einzigen Wörter, die in solchen Sätzen außer Variablen vorkommen, sind solche Wörter wie „oder“ und „nicht“172. Den Gebrauch dieser Wörter verbindet Russell mit der Notwendigkeit, auch Wörter, welche für die Begriffe der Wahrheit und Falschheit stehen, zu benutzen. Die Begriffe der Wahrheit oder der Falschheit sind dabei keine semantischen Begriffe, sondern syntaktischen, insofern die Wahrheit des Satzes durch seine Form bestimmt ist und von der Relation des Satzes zu einem nicht-verbalen Fakt nicht abhängt. Hier weist Russell wieder auf die Schwierigkeit hin, die in diesem Kapitel schon diskutiert wurde. Das Vorkommen von logischen Konstanten erlaubt eine zweifache Auffassung von Sätzen, in denen solche Konstanten vorkommen. Das Beispiel Russells ist das Gesetz des ausgeschlossenen Dritten, das man für gewöhnlich in der Form des Satzes „p oder nicht-p“ formuliert. Einerseits kann man „nicht-p“ als „’p’ ist falsch“ definieren, was impliziert, dass „p“ zunächst betrachtet und dann verworfen wird. Andererseits ist klar, dass der Satz „p“ z.B. mit dem Satz „’p’ ist wahr“ nicht äquivalent ist. Die Bestätigung dieser NichtÄquivalenz sieht Russell darin, dass man z.B. wissen kann, dass p, ohne zu wissen, dass des Satz „p“ wahr ist173. Die Konstante „oder“ sollte aber die Sätze mit dem gleichen syntaktischen Status verbinden, was impliziert, dass im Ausdruck des Gesetzes der Satz „p“ durch den Satz „’p’ ist wahr“ ersetzt werden muss174. Deshalb muss das Gesetz des ausgeschlossenen Dritten in der Form „’p’ ist wahr oder ’p’ ist falsch“ formuliert werden. Um diese Idee zu verallgemeinern, verlangt Russell, dass in jedem Satz, in dem logische Konstanten vorkommen, solche Wörter wie „wahr“ eingeführt werden müssen. Nun will Russell die Syntax definieren, um schließlich festzustellen, welchen Status die logischen Sätze haben. In jedem Satz stehen Wörter in einer Relation zueinander (sie sind mindestens irgendwie geordnet). Diese Relation wird in dem Satz selbst nicht behauptet, aber sie kann in einem anderen Satz erwähnt oder beschrieben werden. Solche Relationen bestimmen die Bedeutung der Sätze mit. Die Analyse solcher Relationen zeigt, dass sie nicht verbalisiert („non-verbalised“) sind, wenn sie die Bedeutung eines Satzes

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mitbestimmen, und dass jeder Versuch, sie zu verbalisieren, andere Sätze liefert, deren Bedeutung ihrerseits durch weitere nicht-verbalisierte Faktoren mitbestimmt wird. Diese nicht-verbalisierten Relationen machen die Syntax der Sprache aus, sie sind das, was durch syntaktische Regeln geregelt wird. Wenn wir, um eine solche Verbalisierung des NichtVerbalisierten zu veranschaulichen, einen beliebigen subjekt-prädikativen Satz nehmen und jedes Vorkommen eines bezeichnenden Ausdrucks in diesem durch eine passende Variable ersetzen und auf diese Weise den Ausdruck „xP“ gewinnen, was unersetzt bleibt, ist die Form des ursprünglichen Satzes. Diese Form kann man in einem sogenannten Syntax-Wort ausdrücken. Für einen subjekt-prädikativen Satz ist ein solches Wort „ist“. Man kann einen Satz formulieren, der etwas über dieses syntaktische Wort aussagt, z.B. „’ist’ wird gebraucht, um die Relation zwischen dem Subjekt und dem Prädikat auszudrücken“. Dieser Satz hat seinerseits eine andere Form, und der Träger dieser Form ist ein anderes Syntax-Wort. Da die logischen in einem Aussagenkalkül vorkommenden Wörter (logische Konstanten) schließlich alle mit Hilfe eines einzigen logischen Zeichens definiert werden können (im Einvernehmen mit Wittgenstein ist für Russell dieses Zeichen der ShefferStrich, den man als Zeichen der Unvereinbarkeit beschreiben kann), und da sie keine Beziehungen zwischen Wörtern beschreiben, kann man sie mit solchen Syntax-Wörtern nicht identifizieren. Aber man kann solche Zeichen als syntaktische Begriffe („concepts“) definieren, die man zu den syntaktischen Wörtern, welche die Form der (atomaren) Sätze vertreten, hinzufügt. Die Sätze der Logik charakterisiert Russell schließlich als rein linguistische Sätze, die allerdings nicht das Lexikon, sondern die Syntax betreffen und die den korrekten Gebrauch einer bestimmten kleinen Menge von Wörtern regeln175. Da Russell unter linguistischen Sätzen die Sätze versteht, in denen es sich um Wörter oder andere Zeichen, die in diesen Sätzen nicht transparent gebraucht werden, handelt176, müssen diese Sätze bei ihrer korrekten Formulierung solche Wörter wie „wahr“ oder „falsch“ enthalten, insofern diese Wörter die logisch relevanten Eigenschaften der Satzzeichen beschreiben.

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6.3.4. Wittgenstein: Wahrheitsoperationen und die Beziehungen des Folgens als interne Beziehungen der Sätze Im Tractatus unterscheidet Wittgenstein bei der Analyse von logischen Konstanten zwischen Wahrheitsfunktionen und Wahrheitsoperationen. Die logischen Konstanten sind nach Wittgenstein keine Wahrheitsfunktionen. Auf solche Weise kann man Sätze charakterisieren. Jeden Satz kann man als eine Wahrheitsfunktion betrachten. Komplexe Sätze sind Wahrheitsfunktionen von Elementarsätzen (atomaren Sätzen) und Elementarsätze sind Wahrheitsfunktionen von sich selbst177. Dass ein Satz eine Wahrheitsfunktion von einem anderen Satz (oder mehreren anderen Sätzen) ist und dass ein Satz als Argument in einer solchen Funktion vorkommen kann, bedeutet auch, dass der Sinn des einen Satzes (der Funktion) von dem Sinn des anderen (des Arguments) abhängt oder eine Funktion des Sinnes des Arguments ist, so dass der Sinn des Satzes „nichtp“ z.B. nicht verstanden werden kann, ohne dass man den Sinn von „p“ versteht178. Man kann in dieser These gewisse Parallelen zu der Idee Russells sehen, die er in seinem Manuskript über die Erkenntnistheorie zum Ausdruck bringt, nämlich der Idee, dass das Verstehen der Grund für alle propositionalen Einstellungen des Subjekts ist, die dieselbe Proposition als ihren Gegenstand haben. Die Möglichkeit, unter den Sätzen Wahrheitsfunktionen von anderen Sätzen sowie Argumente solcher Funktionen zu unterscheiden, ist nach Wittgenstein mit der Möglichkeit verbunden, über interne Eigenschaften eines Satzes zu sprechen sowie über das Bestehen von internen Relationen zwischen Sätzen. In internen Beziehungen zueinander stehen z.B. die Strukturen der Sätze179. Die internen Beziehungen lassen sich mit Hilfe logischer Konstanten ausdrücken. Auf die internen Beziehungen wird insbesondere dann hingewiesen, wenn man einen Satz als Resultat einer Operation auf anderen Sätzen (Basen der Operation) betrachtet. Die Operation „ist der Ausdruck einer Beziehung zwischen den Strukturen ihres Resultats und ihrer Basen“180. Eine Operation kann man deswegen auch als eine Vorschrift auffassen, welche die Transformation (insbesondere die Konstruktion) der Sätze und ihres Sinnes regelt, so dass eine solche Transformation logisch bedeutungsvoll ist181. Diese transformierende oder konstruktive Rolle der Operation, die selbst keine Form kennzeichnet182,

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verleiht der Operation die Fähigkeit, den Unterschied der Formen auszudrücken. Diese Fähigkeit realisiert sich insbesondere darin, dass mit Hilfe von Operationen Formenreihen beschrieben werden, wobei eine solche Beschreibung die Gestalt der Definition eines allgemeinen Gliedes der Formenreihe annimmt183. Den Begriff eines allgemeinen Gliedes einer Formenreihe charakterisiert Wittgenstein, den Begriffen von syntaktischen Kategorien einer formalisierten Sprache ähnlich, als einen formalen Begriff. Die Bezeichnung eines solchen formalen Begriffs definiert Wittgenstein auch als eine Satzvariable. Durch diese Art von Satzvariablen werden im Tractatus insbesondere die allgemeine Form der Wahrheitsfunktion und die allgemeine Form der ganzen Zahl eingeführt184. Die beiden Definitionen zeigen, dass es sich bei ihren Bezeichnungen um eine symbolische Abkürzung von den heute bei der Konstruktion eines Kalküls üblichen sogenannten fundamentalen induktiven Definitionen (jeweils der Wahrheitsfunktion und der Zahl) handelt. Die Definitionen Wittgensteins enthalten zunächst die Bezeichnung des ersten Gliedes der jeweiligen Reihe und dann das Zeichen der Operation, welche die Reihe erzeugt. Durch die Unterscheidung zwischen Wahrheitsfunktionen und Operationen glaubt Wittgenstein, die Einführung von Russells Typentheorie entbehrlich zu machen. Wenn eine Wahrheitsfunktion ein Satz ist, dann kann sie nicht als ihr eigenes Argument auftreten. Sie kann aber, wenn sie das Ergebnis einer Wahrheitsoperation ist, als Basis derselben Operation fungieren, so dass man jede Wahrheitsfunktion als Resultat sukzessiver Anwendung einer endlichen Anzahl von Wahrheitsoperationen auffassen kann, die ihrerseits nicht unbedingt verschieden sind. Wittgenstein ist davon überzeugt, dass Russell und Whitehead selbst von dieser Idee Gebrauch machten, ohne das dabei ausdrücklich zuzugeben185. Ein solcher Gebrauch ist aber nicht verwunderlich, weil die sukzessive Anwendung von Operationen, wie Wittgenstein sie beschreibt, nichts Anderes als ein Konstruktionsprinzip von Ausdrücken der logischen Sprache oder eine Vorschrift ist, die schließlich erlaubt, jede Formel entweder als ein primitives Symbol der Sprache oder als eine aus den primitiven Zeichen konstruierte Zeichenfolge zu betrachten, deren Teile selbst Formeln sind. Dass man ein und dieselbe Wahrheitsfunktion von Elementarsätzen als

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Resultat verschiedener Wahrheitsoperationen auf unterschiedlichen Basen betrachten kann, beweist laut Wittgenstein schließlich, dass den logischen Konstanten keine besonderen Objekte entsprechen186. Die logischen Konstanten sind auch keine Urzeichen, da sie „kreuzweise“ definierbar sind187. Das zeigt auch, dass sie keine Relationen sind, denn in einem solchen Fall wären sie nicht aufeinander zurückzuführen. Dass die logischen Beziehungen, die man hinter den logischen Konstanten vermutet, in der Tat „Scheinbeziehungen“ sind, beweist nach Wittgenstein auch die Tatsache, dass die logischen Konstanten bei ihrem Gebrauch im Kontext eines Satzes oft der Klammern bedürfen, was der Ausdruck einer gewöhnlichen Relation nicht verlangt188. Nun fragt es sich, wofür eigentlich die logischen Sätze stehen. Die logischen Sätze sind Tautologien189. Da Wittgenstein den Sinn des Satzes mit dem Wissen von seinen Wahrheitsbedingungen identifiziert und die Tautologie sowie die Kontradiktion „bedingungslos“ (unter allen Bedingungen) wahr oder falsch sind, sind Tautologien sowie Kontradiktionen sinnlos190. Diese Sinnlosigkeit impliziert auch, dass die Sätze der Logik nichts beschreiben und dass ihnen keine Wirklichkeit in Form einer Tatsache (einer „möglichen Sachlage“) entspricht, so dass sie keine „darstellende Beziehung“ zur Wirklichkeit haben191. Dass die logischen Sätze die Wirklichkeit nicht darstellen können, unterscheidet sie von den elementaren Sätzen. Die Besonderheit der elementaren Sätze und ihrer Beziehung zur Wirklichkeit, die sich darin äußert, dass die Gesamtheit aller wahren Elementarsätze die Welt vollständig beschreibt192, macht den logischen Status der Elementarsätze aus. Dieser Status ist derart, dass sich aus einem elementaren Satz kein anderer Satz folgern lässt193. Dieser logische Status der Elementarsätze charakterisiert sie als ein Gegenteil zu logischen Sätzen. Selbst wenn die logischen Sätze keine Bedeutung und keinen Sinn haben, sind sie doch nicht bedeutungslos oder „unsinnig“. Man gebraucht sie, um die logischen Eigenschaften anderer Sätze zu demonstrieren194. Die logischen Eigenschaften eines Satzes sind das, was man in dem Beweis des Satzes berechnet. Um den Beweis eines logischen Satzes zu konstruieren, benutzt man andere logische Sätze sowie logische Regeln (Operationen, die aus einer Tautologie immer eine andere Tautologie erzeugen). Im Unterschied zu sinnvollen Sätzen, von denen

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nicht jeder auch logisch bewiesen oder mit anderen Worten aus anderen (auch logischen) Sätzen nach logischen Prinzipien abgeleitet werden kann, lässt sich ein logischer Satz immer auf eine solche Weise beweisen, was unter anderem zeigt, dass nicht seine Allgemeingültigkeit das Besondere der logischen Sätze bildet, weil die Allgemeingültigkeit auch zufällig sein kann195. Dass sich der logische Satz allein mit Hilfe von „Zeichenregeln“ bilden und beweisen lässt und dass er eine Tautologie ist, charakterisiert ihn als ein Element der Sprache, das nicht zum Ausdrücken, das „wir“ vollziehen, dient. In den logischen Sätzen drückt sich das Unwillkürliche am Gebrauch der Zeichen aus, deren Eigenschaften durch die logische Syntax beschrieben werden196. Das Besondere eines logischen Satzes besteht in seinen Beziehungen zu anderen logischen Sätzen, zu den Sätzen, aus denen man den fraglichen Satz folgern kann, sowie zu denjenigen, die man aus dem Satz ableiten kann. Die Beweisoperationen gehören zu einer der möglichen Interpretationen des Begriffs der bejahenden Operationen, die Wittgenstein im Tractatus sowie in früheren Schriften den verneinenden Operationen gegenüberstellt. Die beiden Arten der Operationen sind dabei Operationen, welche die Beziehungen des logischen Folgens zwischen Sätzen beschreiben. Eine Konjunktion von zwei beliebigen Sätzen „p ⋅ q“ ist beispielsweise einer der Sätze, die sowohl „p“ als auch „q“ „bejahen“, was bedeutet, dass aus dem Satz „p ⋅ q“ (wenn er wahr ist) sowohl „p“ als auch „q“ folgen können197. Diese Beziehungen sind nach Wittgenstein intern, also charakterisieren oder zeigen sie die Form der Sätze. Die Formulierungen Wittgensteins sind dabei mit bestimmten Problemen verbunden. Das erste Problem besteht darin, dass die Sätze Wahrheitsfunktionen sind und keine Operationen. Trotzdem wird die Funktion des Bejahens und des Verneinens (wobei ich vom Verneinen im Weiteren absehen möchte) den Sätzen selbst und somit den Wahrheitsfunktionen übertragen. Wenn aber die Beziehungen des logischen Folgens die Beziehungen zwischen den Formen der Sätze sind, insofern die Beziehung, in der zwei Sätze zueinander stehen, von denen einer aus dem anderen folgt, die Beziehungen ausdrückt, „in welchen die Formen jener Sätze zu einander stehen“198, und wenn diese Beziehungen laut einer der Forderungen Wittgensteins nur dadurch dargestellt werden können, dass man einen Satz (z.B. „p“) als Resultat einer Operation auf

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anderen Sätzen (solchen wie „p ⋅ q“ in dem obigen Beispiel) auffasst, stellt sich die Frage, was für Operationen einen Schluss bewerkstelligen. Ein anderes Problem ist mit der Behauptung verbunden, dass das Folgen von Wittgenstein als eine Beziehung zwischen Wahrheitswerten verstanden wird. Deswegen scheint die Anwendung des Begriffs des Folgens auf einen beliebigen Satz, diesem Verständnis zu widersprechen. Die Lösung dieser beiden Probleme bietet Wittgenstein, indem er erstens für ein Satzzeichen einen Ausdruck erklärt, der außer der Bezeichnung des Satzes und seiner Teilsätze die Abzeichen „W“ und „F“ sowie die Angabe der Wahrheitsmöglichkeiten des Satzes und seiner Teilsätze enthält. Solche Satzzeichen sind Wahrheitswertetabellen, bei denen die Ausgangsspalte offen ist und die besagten Abzeichen enthält199. Ein Beispiel einer Abkürzung einer solchen Bezeichnung ist der Ausdruck „(WFFF)(p,q)“. Zweitens beschreibt Wittgenstein die Beziehungen des logischen Folgens zwischen Sätzen als Beziehungen zwischen ihren Wahrheitsmöglichkeiten, genauer gesagt, zwischen den Wahrheitsgründen von Sätzen. Wahrheitsgründe werden dabei als diejenigen Wahrheitsmöglichkeiten definiert, die den fraglichen Satz bewahrheiten. Dabei folgt die Wahrheit eines Satzes r aus der Wahrheit eines anderen Satzes s, wenn alle Wahrheitsgründe von s in den Wahrheitsgründen von r enthalten sind200. Drittens führt Wittgenstein den Begriff der Wahrscheinlichkeit ein, die ein Satz s einem anderen Satz r gibt201. Zusammen mit dem Begriff der Wahrheitsgründe wird dieser Begriff benutzt, um das Schließen zu beschreiben. Wenn wir nun den Satz „p ⋅ q“ in der Form „(WFFF)(p,q)“ und den Satz „p“ in der Form „(WWFF)(p)“ schreiben, lässt sich Folgendes feststellen. Die Anzahl der Wahrheitsgründe des Satzes „p ⋅ q“ ist 1, was man, der Notation des Tractatus folgend, als W p ⋅ q = 1 schreiben kann. Die Anzahl derjenigen Wahrheitsgründe des Satzes „p“, die zugleich die Wahrheitsgründe des Satzes „p ⋅ q“ sind, ist auch 1 (W p ⋅ q, p = 1). Somit ist das Maß der Wahrscheinlichkeit, die der Satz „p ⋅ q“ dem Satz „p“ gibt, 1, also folgt p aus der Konjunktion von p und q. Setzt man nun zwischen der Konjunktion und dem Satz „p“ das Implikationszeichen, hat man die Beschreibung der Bedingungen, unter denen man die Figur

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p⋅q p als eine logische Schlussregel betrachten kann. Das ist dann der Fall, wenn die entsprechende Implikation eine Tautologie ist, und folglich das Konsequens der Implikation nicht falsch sein kann, wenn das Antezedens dieser Implikation wahr ist. Diese Bedingungen lassen sich auf die sogenannten mehrfachen Implikationen verallgemeinern. In Hinblick auf diese heute übliche Definitionsweise von logischen Schlussregeln kann man die Beschreibung Wittgensteins als Definition einer Schlussregel im Spezialfall einer einfachen Implikation betrachten. Also muss es sich bei den bejahenden und verneinenden Operationen um die Anwendung der logischen Schlussregeln handeln. Dass Wittgenstein das nicht auf diese Weise formuliert, sondern Sätze oder Wahrheitsfunktionen (genauer gesagt, ihre Mengen) für Träger dieser Regeln (Operationen) erklärt, bekommt eine besondere Bedeutung in Hinblick auf die Auffassung der logischen Form. Dadurch gewinnt man nämlich die Möglichkeit, die 1927 von Russell und Anfang der 50-er Jahre von Whiteley202 (der sich auf Wittgenstein nicht bezieht) und Strawson203 aufgegriffen wird, die logische Form eines Satzes durch seine Rolle in verschiedenen Schlüssen zu charakterisieren, in denen der Satz vorkommen kann. Nach Wittgenstein unterscheidet sich der Beweis eines sinnvollen Satzes von dem Beweis eines logischen Satzes. Insofern der sinnvolle Satz gewisse Wahrheitsbedingungen besitzt, ist die Wahrheit des sinnvollen Satzes „möglich“ im Gegensatz zur Tautologie, deren Wahrheit gewiss ist, und zur Kontradiktion, deren Wahrheit unmöglich ist204. Dass Wittgenstein den Beweis eines logischen Satzes dem Beweis eines sinnvollen Satzes gegenüberstellt, suggeriert, dass sich die Wahrheitsbedingungen mancher sinnvollen Sätze mit Hilfe der logischen Sätze bestimmen lassen. Trotzdem sind die Wahrheitsbedingungen eines sinnvollen Satzes im Allgemeinen nicht durch die logischen Sätze definiert. Diese logische Eigenschaft des sinnvollen Satzes findet ihren Ausdruck in dem Symbolismus, insbesondere darin, dass eine der möglichen Bezeichnungen für einen beliebigen Satz, die seine Rolle in logischen Sätzen wiedergibt, eine Aussagenvariable ist. Eine andere logische Besonderheit eines sinnvollen Satzes besteht in den Beziehungen seines Beweises zu logischen Sätzen.

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Jeder Satz der Logik, insofern er eine Tautologie ist, ist „die Form eines Beweises“, der sich in dem Beweis eines sinnvollen Satzes realisiert, wenn dieser Satz beweisbar sein sollte205. Eine weitere Entwicklung erfahren einige Ideen Russells und Wittgensteins bei Ramsey. Bei der Analyse von logischen Sätzen („propositions“) und logischen Konstanten geht Ramsey insbesondere von der Idee Wittgensteins aus, dass alle Sätze Wahrheitsfunktionen von atomaren Sätzen sind, was sie nach Wittgenstein als solche charakterisiert, die eine Übereinstimmung („agreement“) oder Nichtübereinstimmung („disagreement“) mit den Wahrheitsmöglichkeiten von atomaren Sätzen ausdrücken206. Die Frage, mit der sich Ramsey im Aufsatz „Mathematical Logic“ (1926) beschäftigt und die er im Zusammenhang mit der Analyse der Entwicklung der mathematischen Logik nach dem Erscheinen der Principia Mathematica als eine besonders wichtige bewertet, ist die Frage nach der besonderen Natur von logischen Sätzen. Dabei beruft er sich auf Russells Definition der symbolischen Logik, die noch in The Principles of Mathematics angedeutet war207, welche die Logik als Gesamtheit aller wahren Sätze definiert, die außer logischen Konstanten nur Variablen enthalten und deshalb absolut allgemein sind. Ein weiteres Charakteristikum der logischen Sätze besteht in ihrer Notwendigkeit oder, anders ausgedrückt, darin, dass sie Tautologien sind. Die Beschreibung von logischen Sätzen als notwendigen im Sinne von „immer wahren“ könnte auch den Ansichten Russells entsprechen, aber die Wurzeln der Behauptung darüber, dass alle logischen Sätze Tautologien sind, so dass sie in der Tat keine Tatsachen behaupten und deswegen keine echten sondern entartete Sätze sind208, sind im Tractatus zu suchen. Die Frage nach dem, was logische Konstanten vertreten, erübrigt sich aber durch die Behauptung, dass logische Sätze keine Tatsachen beschreiben, noch nicht. Da man bei der logischen Untersuchung nichts für die Logik gewinnt, wenn man bestimmte Namen und Objekte, die von Namen bezeichnet werden, analysiert209, sollte man sich mit den verschiedenen logischen Relationen zwischen verschiedenen Glauben („beliefs“) des Denkenden beschäftigen. Allerdings lassen sich solche Relationen mit Hilfe der Elemente des Glaubens beschreiben, die aus solchen Namen und Objekten konstruiert werden. Deshalb fragt man sich nach der Bedeutung von

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logischen Konstanten, z.B. solchen Wörtern wie „nicht“ und „und“. Die Ansicht, die Ramsey, Wittgenstein folgend, auch kritisiert, ist die Vorstellung von den logischen Konstanten als Namen von Relationen. Man könnte eine solche Ansicht insbesondere dann vertreten, wenn man von Russells Idee ausgeht, dass jede Proposition eine Relationsstruktur hat und es folglich in jedem Satz von einer Relation handelt. Während Russell dabei in erster Linie die Struktur von atomaren Propositionen meint, kann man diese Idee doch verallgemeinern und behaupten, dass auch molekulare Propositionen eine solche Struktur haben und dass die logischen Konstanten, die in zusammengesetzten Sätzen vorkommen, in der Tat ideale Relationen zwischen Propositionen im Gegensatz zu „materialen“ („material“) Relationen zwischen Bestandteilen von Propositionen bezeichnen. Diese Möglichkeit ist auch durch die in Russells Arbeiten immer wiederkehrende Definition der Implikation als einer Relation von Propositionen gegeben. Dass diese Ansicht nicht zufriedenstellend sein kann, erklärt Ramsey durch eine Reihe von Argumenten, einige von denen man schon bei Wittgenstein findet. Wenn man eine solche Ansicht über die Bedeutung der logischen Konstanten vertritt, hält man die logischen Sätze für Beschreibungen von gewissen Fakten, die im Unterschied zu den Fakten, die in gewöhnlichen Sätzen beschrieben werden, als notwendige Fakten auftreten. Wenn man davon ausgeht, dass die logischen Sätze Fakten beschreiben und dass man nach logischen Regeln aus einem Satz unendlich viele andere Sätze ableiten kann, kann man zu dem Schluss kommen, dass man auch aus einer Tatsache unendlich viele andere Tatsachen ableiten kann, selbst wenn die Tatsache, die als Grund für die Ableitung auftritt, durch einen atomaren (elementaren oder einfachen) Satz beschrieben wird. Ferner impliziert diese Annahme die für die Logik inakzeptable Forderung, dass der Schluss einer formalen Ableitung in gewissem Sinne schon in den Prämissen enthalten sein soll und somit nicht etwas Neues im Vergleich zu den Prämissen ist. Wenn außerdem das Wort „nicht“ ein Name wäre, würde der Satz „nicht-nicht-p“ auch etwas über das Objekt nicht behaupten und sich deswegen in seiner Bedeutung („meaning“) von dem Satz „p“ unterscheiden210. Aufgrund dieser Argumentation behauptet Ramsey, dass logische Konstanten Funktionen einer speziellen Art sind.

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Auf die Idee, dass jeder Satz etwas über eine positive Relation (d.h. über eine Relation zwischen Termen oder Sätzen) behauptet und in diesem Sinne eine positive Behauptung ist, möchte Ramsey verzichten. In bezug auf die logische Konstante „nicht“ besteht seine Aussage darin, dass die Bedeutung („significance“) von „nicht“ nicht in der Relation dieses Wortes zu einem Objekt besteht, sondern in der Äquivalenz zwischen dem Glauben, dass „nicht-p“, und dem Nicht-Glauben, dass „p“, liegt. Glauben, dass „nicht-p“, und Nicht-Glauben, dass „p“, sind also für Ramsey äquivalent, und er will diese Äquivalenz definieren, um anschließend zu bestimmen, was die Bedeutung von komplexen Sätzen ist211. Äquivalent zu sein ist nach Ramsey dasselbe wie bestimmte gemeinsame kausale Eigenschaften zu haben. Während das Vorkommen des Glaubens, dass „nicht-p“, und das Vorkommen des Nicht-Glaubens, dass „p“, gemeinsame kausale Eigenschaften haben und deswegen dieselbe Einstellung („attitude“) ausdrücken, drücken das Vorkommen des Glaubens, dass „p“, und des Nicht-Glaubens, dass „p“, verschiedene Einstellungen aus. Wenn im Satz eine Einstellung ausgedrückt wird und der Satz behauptet wird, ist die Bedeutung („meaning“) des Satzes die Übereinstimmung oder Nichtübereinstimmung mit bestimmten Wahrheitsmöglichkeiten des Satzes, was bedeutet, dass derjenige, der z.B. den Satz „p“ behauptet oder glaubt, dass p, gewissen Wahrheitsmöglichkeiten des Satzes zustimmt und den anderen nicht zustimmt212. Behauptet man nämlich „p“, drückt man dadurch aus, dass dem Satz „p“ der Wahrheitswert wahr zugeordnet213 und der Wahrheitswert falsch nicht zugeordnet (abgesprochen) wird. Wenn Ramsey über die Übereinstimmung und Nichtübereinstimmung mit den Wahrheitsmöglichkeiten spricht, meint er aber in erster Linie Übereinstimmung und Nichtübereinstimmung mit den Wahrheitsmöglichkeiten für die Sätze, die logische Konstanten (Zeichen für logische Operationen auf Sätzen) enthalten. Zu glauben, dass z.B. p oder q, bedeutet, die Übereinstimmung mit den Möglichkeiten auszudrücken, dass die Sätze p und q beide wahr sind, p falsch und q wahr ist, p wahr und q falsch ist, sowie die Nichtübereinstimmung mit der Möglichkeit, dass p und q beide falsch sind. Die Bedeutung von komplexen Sätzen ist somit durch die in ihnen vorkommenden atomaren Sätze sowie durch die Regeln der Übereinstimmung und Nichtübereinstimmung mit den Wahrheitsbedingungen, die für logische

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Konstanten eingeführt werden, komplett definiert214. Allerdings bleibt Ramsey bei der Auffassung Wittgensteins, was die Bedeutung („meaning“) von logischen Sätzen betrifft. Die Sätze der Logik sind sinnlos, aber Tautologien werden beim Schließen gebraucht. Der Schluss von einer Aussage p auf die andere q ist formal garantiert, wenn der Implikationssatz „wenn p, dann q“ eine Tautologie ist oder wenn die Wahrheitsmöglichkeiten, mit denen die Prämisse p des Schlusses übereinstimmt, in den Wahrheitsmöglichkeiten enthalten sind, mit denen der Schlusssatz q des Schlusses übereinstimmt215. Die Frage, ob es außer positiven Tatsachen auch negative gibt, ist auch heute aktuell, insbesondere im Zusammenhang mit der Analyse des Wahrheitsbegriffs. Eine der letzten Untersuchungen auf diesem Gebiet stammt von Weingartner (2000)216. Er schlägt vor, verschiedene ontologische Ebenen zu unterscheiden, die verschiedenen logischen Ebenen entsprechen. Jeder ontologischen Ebene kann man bestimmte sprachliche Repräsentationsformen und folglich verschiedene Wahrheitsund Gültigkeitsbedingungen für diese Formen zuordnen. Weingartner unterscheidet die ontologischen Ebenen der Sachverhalte („states of affairs“), der Fakten und der aktuellen Realität. Der Ebene der Sachverhalte entspricht die Ebene der Formeln einer formalisierten Sprache, der Ebene der notwendigen, zufälligen und möglichen Fakten – die Ebene der Wahrheit und Gültigkeit und der Ebene der aktuellen Zustände der Realität – die Ebene der „repräsentativen Wahrheit und repräsentativen Gültigkeit“217. Relevant in bezug auf den Status von negativen Tatsachen ist in erster Linie die Unterscheidung zwischen der Ebene der aktuellen Realität und der Ebene der Fakten. Kein wahrer Satz, der das Zeichen der Negation enthält, stellt einen aktuellen Zustand der Realität dar. Ein solcher Zustand kann wahrheitsgemäß nur durch einen wahren, positiven (kein Negationszeichen enthaltenden), einfachen, nichtdisjunktiven, zufälligen Satz dargestellt werden, der etwas über existierende Objekte aussagt218. Jede Art der Negation bezieht sich auf eine konzeptuelle Ebene der Realität – in erster Linie auf die der Fakten. Zu dieser Ebene der Realität gehören insbesondere negative wissenschaftliche Tatsachen (z.B., dass es kein Perpetuum mobile gibt), die man in manchen Sätzen einer Wissenschaft festhalten kann und die sich auch beweisen

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lassen219. Diese Auffassung erlaubt Weingartner die Argumente, die Russell und Wittgenstein zugunsten der Anerkennung von negativen Fakten formulierten, zu akzeptieren und ihnen eine passende Interpretation zu geben220. 6.3.5. Tarski über die logischen Objekte Eine andere Methode, das Spezifische des Logischen aufzufassen, finden wir bei Tarski. Tarski folgt der Idee Mills, dass die logischen sowie mathematischen Sätze im Vergleich zu empirischen Wahrheiten keinen prinzipiell verschiedenen Ursprung haben. Die Quelle von Wahrheiten beider Art sieht er in der im Laufe der Geschichte der Menschheit angesammelten Erfahrung. Er ist ferner davon überzeugt, dass man logische Grundprinzipien auch widerlegen kann, wenn dafür ausreichende Gründe bestehen221. Unter einem logischen Satz versteht Tarski einen Satz, der keine außerlogischen („extra-logical“) Termini enthält. Einen logischen Terminus oder eine logische Wahrheit zu definieren scheint ihm aber nur im Kontext einer bestimmten Sprache sinnvoll zu sein222. Tarski geht davon aus, dass die logischen Termini logische Begriffe („notions“) bezeichnen, und er möchte einen denkbaren Gebrauch des Terminus „logischer Begriff“ definieren. Seine Definition basiert auf der Idee Felix Kleins, geometrische Objekte als diejenigen zu beschreiben, die unter einer Transformation (die durch eine Funktion oder Zuordnungsvorschrift definiert ist) invariant bleiben, so dass eine Klasse solcher Objekte von dieser Funktion auf sich selbst abgebildet wird. Als eine solche Funktion kann man die Permutation betrachten, die im Rahmen einer logischen Theorie mit Hilfe des Begriffs der Substitution (der Einsetzung von Gegenstands- (oder Individuen-) Variablen für verschiedene Gegenstandsvariablen nach einer bestimmten Vorschrift, die z.B. das Ersetzen verschiedener Vorkommen ein und derselben Variablen in einer Formel durch unterschiedliche Variablen verbietet) beschrieben werden kann. Tarski betrachtet die Klasse aller eineindeutigen Abbildungen des Gegenstandsbereichs auf sich selbst und charakterisiert als logische Begriffe zunächst alle Objekte, die als Typen in einem solchen System wie dem System der Principia Mathematica auftreten, d.h. Individuen, Klassen von Individuen, Relationen zwischen Individuen, Klassen von Klassen von

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Individuen u.s.w.223 Unter logischen Begriffen findet man also, wie man sieht, mögliche Werte von Argumenten der propositionalen Funktionen. Tarski schlägt vor, ein solches Objekt als logisches Objekt zu definieren, das invariant unter allen eineindeutigen Transformationen des Definitionsbereichs einer Theorie oder der Welt („the universe of discourse“, „world“) auf sich selbst bleibt224. Dieser Definition liegt ein Theorem zugrunde, das Tarski gemeinsam mit Lindenbaum 1935 für ein willkürlich definiertes logisches System, das als sein Untersystem die strikt formalisierte und zum Teil modifizierte Logik der Principia Mathematica ohne zusätzliche undefinierte oder primitive Konstanten enthält, formulierte. Das Theorem besagt: jede Relation zwischen Objekten (Individuen, Klassen, Relationen), die mit Hilfe rein logischer Mittel ausgedrückt werden kann, ist invariant unter einer eineindeutigen Abbildung des Gegenstandsbereichs (der als Klasse aller Individuen aufgefasst wird) auf sich selbst, und die besagte Invarianz ist logisch beweisbar225. Insbesondere lässt sich beweisen, dass man Individuen anhand rein logischer Mittel nicht voneinander unterscheiden kann. Das bedeutet, dass unter Individuen keine logischen Objekte zu finden sind226. Unter den Klassen von Individuen lassen sich nur eine leere und eine Universal- Klasse als logische Objekte definieren, unter den binären Relationen – nur vier: die All- und die leere Relation, die Relation der Identität und die Relation der Verschiedenheit227. Unter den Klassen von Klassen sind die einzigen logischen Objekte nur die Klassen oder Eigenschaften („properties“) von Klassen von Individuen, welche die Anzahl der Elemente der jeweiligen Klasse betreffen. Klassen von Individuen, die dieselbe Kardinalzahl haben und deren Komplemente auch die gleiche Kardinalzahl haben, sind logisch ununterscheidbar228. Daraus zieht Tarski den Schluss, dass die Logik, die auf dem logischen System der Principia Mathematica basiert, im Grunde keine Logik der Extensionen, sondern die Logik der Kardinalität („cardinality“) oder der numerischen Relationen ist229. Das erklärt sich nach Tarski dadurch, dass zwei Klassen, von denen jede z.B. genau zwei Individuen enthält, logisch ununterscheidbar sind230. Mit seiner Auffassung liefert Tarski in erster Linie das Kriterium, das erlaubt, die Objekte, deren Zugehörigkeit zu den Gegenständen einer

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Wissenschaft problematisch ist (z.B. mathematische Objekte), als logische oder nichtlogische Objekte zu definieren. Da Tarski die Möglichkeit von zwei Denkweisen zulässt, denen prinzipiell verschiedene Auffassungen von mathematischen Begriffen entsprechen, kann man dieses Kriterium als von der Definition der diese Verschiedenheit bestimmenden Relation abhängig betrachten. Als Beispiel für die Anwendung des Kriteriums wählt Tarski den mengentheoretischen Begriff der Zugehörigkeit („belonging“) eines Elements zu einer Menge. Wenn man die Typentheorie akzeptiert, dann kann man diesen Begriff als einen logischen Begriff auffassen, da er die Relation definiert, deren Referendum und Relatum immer verschiedenen Typen angehören und die unter einer beliebigen Transformation des Definitionsbereichs invariant ist. In mengentheoretischen Axiomensystemen (z.B. von Bernays) muss aber diese Relation nach Meinung Tarskis kein logisches Objekt sein, weil solche Systeme keine Hierarchie von Typen enthalten und die besagte Relation somit auf dem Bereich von Individuen eingeführt wird231. Da sie dabei mit keiner der als logische Objekte geltenden Relationen, die auf dem Individuenbereich definiert sind, zusammenfällt, kann sie keine logische Relation sein. Simons232, der Tarskis Ideen analysiert, weist auf die Idee Corcorans hin, den Begriff Begriff („notion“) durch den Begriff Konstante zu ersetzen und somit die Frage Tarskis als die Frage „Was sind logische Konstanten?“ zu formulieren233. Dieser Idee folgend, können wir versuchen, die Betrachtungsweise Tarskis auf logische Konstanten zu übertragen, die wir nun als Zeichen für propositionale Funktionen auffassen können, deren Argumente keine Individuen, sondern selbst propositionale Funktionen sind. Wenn man einen der Sätze, die Tarski und Lindenbaum aus dem oben schon erwähnten Theorem ableiten, betrachtet, könnte man zunächst vermuten, dass die Möglichkeit, logische Konstanten als logische Objekte aufzufassen, aus diesem Satz folgt. Der fragliche Satz wurde schon angesprochen, und er besagt, dass keine zwei Individuen logisch unterscheidbar sind. Wenn „x1“ und „x2“ Individuenvariablen sind, dann gilt: (x1,x2) : σ(x1). ≡ .σ(x2), wobei „σ(...)“ für eine propositionale („sentential“) Funktion steht, in der eine Variable (x1 oder x2) nur freies Vorkommen hat234. Wenn „σ(...)“ dabei für eine beliebige propositionale

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Funktion stünde, könnte man die Formel als die Behauptung „für zwei beliebige Variablen x1 und x2 sind die Werte einer propositionalen Funktion σ von x1 und derselben propositionalen Funktion von x2 (das für x1 substituiert wird) äquivalent“ lesen. Sobald man die Substituierbarkeitsregel für Äquivalenz einführt, erhält man die Möglichkeit zu beweisen, dass auch in einem logischen Ausdruck, der den Ausdruck „σ(x)“ als Argument einer extensionalen propositionalen Funktion enthält, eine Einsetzung für x vorgenommen werden kann, ohne dass sich der Wert der Funktion dabei ändert. Dieser Wert ist immer ein Wahrheitswert. Die logischen Objekte, die dann den logischen Konstanten entsprechen, sind Funktionen, die bestimmten Kombinationen von Werten ihrer Argumente bestimmte Werte zuordnen, oder eher Gesetze einer solchen Zuordnung. Dabei steht „σ(...)“ aber für kein Prädikat, was eine gewisse Einschränkung für die obige Behauptung bedeutet. Diese Einschränkung könnte z.B. darin bestehen, dass das Schema einer beliebigen propositionalen Funktion, die durch den Ausdruck „σ(...)“ gegeben ist, schon logische Konstanten enthält, was bedeutet, dass das besagte Theorem für keine atomaren Sätze formuliert ist, und dass das Ausdrücken einer Relation mit Hilfe rein logischer Mittel („pure logical means“) den logischen Konstanten den Status solcher Mittel, nicht der Bezeichnungen von logischen Objekten, verleiht. In einem solchen Fall gibt das Vorkommen solcher Zeichen wie logischer Konstanten in einem Ausdruck Anlass, zu vermuten, dass dieser Ausdruck ein Satz der Logik ist oder die logischen Eigenschaften eines Objekts (auch eines anderen Ausdrucks) darstellt, was man eventuell auch durch Bestimmung des logischen Charakters anderer Termini des Ausdrucks bestätigen kann. Als eine solche Bestätigung könnte auch die Unabhängigkeit der semantischen Interpretation des Ausdrucks von der Einsetzung von einen Gegenstandsvariablen für die anderen Gegenstandsvariablen dienen. Man könnte dann behaupten, dass zu logischen Sätzen oder zu Ausdrücken, die logische Eigenschaften anderer Ausdrücke charakterisieren, solche Sätze gehören, bei denen man allein anhand syntaktischer Regeln sowie der Regeln der semantischen Interpretation feststellen kann, ob sie Tautologien, Kontradiktionen oder neutrale Ausdrücke sind.

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Resümee Die Frage nach dem, was die logische Form ist, wird auf zwei Gebieten gestellt: erstens auf dem Gebiet der Untersuchungen der Grundlagen der Logik und zweitens auf dem Gebiet der Anwendung der logischen Theorie. Diejenigen, die sich mit der Begründung der Logik befassen, suchen nach einer Definition, welche die logische Form dem diese Form aufweisenden Inhalt der Argumentationseinheiten gegenüberstellt. Diese Definition soll festlegen, wie sich die Form realisiert oder welche Träger sie hat, was die Form von dem Inhalt oder von Elementen des Inhalts eines solchen Trägers unterscheidet, welche Besonderheit dieser Form sie zum Gegenstand der logischen Untersuchungen macht. Diejenigen, die sich mit der Realisierung von verschiedenen Anwendungen der logischen Theorie und mit der theoretischen Begründung solcher Anwendungen beschäftigen, versuchen, die Kriterien der Gleichheit der logischen Form zu bestimmen oder Bedingungen sowie Verfahren der Feststellung der logischen Form anzugeben. Diese Versuche setzen allerdings schon eine bestimmte Auffassung der Träger der logischen Form voraus. Dadurch ist die Trennung der genannten Untersuchungsgebiete bedingt. Die Besonderheiten der „mathematischen Gestalt“ der Logik, in erster Linie die Konstruktion von logischen formalisierten Sprachen, und die Entwicklung der semiotischen Theorien führten dazu, dass Spracheinheiten wenn nicht als Träger dann zumindest als Repräsentanten der logischen Form identifiziert wurden. Diese Auffassung der Realisierung der logischen Form wird den Anwendungen von logischen Theorien im Rahmen analytisch-philosophischer Tradition zugrunde gelegt. Die Einzigartigkeit der Position, die Russells Theorie in der Entwicklung der Vorstellungen von der logischen Form einnimmt, ist in erster Linie dadurch bestimmt, dass seine Theorie die für die beiden Untersuchungsgebiete typischen Fragestellungen vereinigt.

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Die logische Form ist für Russell in erster Linie die Form eines Wissensinhalts. Die Wissenseinheiten sind deswegen die Träger der logischen Form. Da Russell die Wissenseinheiten zugleich als Erkenntnisgegenstände auffasst, werden einige Eigenschaften der Letzteren auf die logische Form übertragen. Logische Beziehungen und Begriffe erhalten deswegen den Status objektiver, von einem bestimmten erkennenden Subjekt unabhängiger Zusammenhänge und Entitäten. Ihr gegenständlicher Status realisiert sich dadurch, dass sie und ihre Eigenschaften anders erkannt werden als sonstige Erkenntnisgegenstände oder deren Elemente. Zugleich wird die Möglichkeit zugelassen, ein für einen Inhalt stellvertretendes Sprachgebilde auf verschiedene Weise zu analysieren, so dass die Unterschiede der logischen Form dieses Gebildes mit der verschiedenen Art und Weise des Analysierens verknüpft werden können. Die Quelle dieser Verschiedenheit kann einerseits in das analysierende Subjekt und andererseits in den zu analysierenden Inhalt gesetzt werden. Dass verschiedene Inhalte im letzteren Fall denselben Sprachausdruck haben, zeigt, dass die Sprache einen in bezug auf die logische Form in die Irre führen kann. Wie erkennt man in diesem Fall die „echte“ logische Form eines Sprachgebildes? Was dient als Indikator dafür, dass diese Form gefunden wurde? Einen solchen Indikator bietet die Russellsche Theorie der Beschreibungen an, welche die logische Form mit dem Wahrheitswert eines Satzes verbindet. Werden Wahrheitswerte als Objekte im Sinne Freges oder als objektive Eigenschaften von Sätzen oder Wissensinhalten aufgefasst, wird damit die Idee der Objektivität der sich in den Sätzen oder in den Inhalten realisierenden logischen Form bestätigt. Zugleich entsteht die Idee, die logische Form eines Satzes mit einem anderen Sprachgebilde zu identifizieren, das im Vergleich zu diesem Satz Elemente einer logischen Sprache enthalten und seine Wahrheitsbedingungen zeigen kann. Eine andere Art der Auffassung der logischen Form bietet sich an, wenn man die Unterschiede der Form mit verschiedenen Methoden der Analyse des Wissensinhalts verbindet. Als Träger der logischen Form tritt dabei das

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erkennende Subjekt auf. Dieses kann als ein Term von Erkenntnisrelationen aufgefasst und deswegen mit einer Menge der Elemente gleichgesetzt werden, die den Vor- und (oder) den Nachbereich solcher Relationen ausmacht. Die logischen Formen der Wissenseinheiten gehören nach Russell zu diesen Elementen. Jedes Mal, wenn ein Erkenntnisakt vollzogen wird, kann er als ein kognitiver Komplex beschrieben werden, der selbst eine bestimmte unter seinen Komponenten nicht enthaltene logische Form aufweist. Die Kenntnis der logischen Form eines Wissensinhalts ist dabei selbst das Produkt eines Erkenntnisaktes oder mehrerer solcher Akte. Um etwas zu wissen, braucht man das Wissen von logischen Formen, so dass die Erkenntnis dem zu Erkennenden eine logische Form gibt. Die Erkenntnis ist aber auch logisch geformt. Das bedeutet (und möglicherweise ist diese Beobachtung eine der Quellen dieser Theorie), dass die Sätze über die kognitiven Relationen des Subjekts (über seine „propositionalen Einstellungen“) wahr oder falsch sein und deswegen logisch analysiert werden können. Man kann also nicht nur extensionale sondern auch intensionale Kontexte logisch analysieren. Da das erkennende Subjekt somit der Träger der logischen Form des Begreifens einerseits und der Träger der Kenntnisse der logischen Formen des Begriffenen andererseits ist, stellt sich die Frage, inwiefern man die logische Form und deren Träger als von dem Subjekt unabhängige und in diesem Sinne objektive Gegebenheiten betrachten darf. Wie psychologistisch oder antipsychologistisch darf die Logik sein? Welche Rolle spielt der Subjektbegriff in einer logischen und insbesondere in einer semantischen Theorie, die der logischen Theorie ihre Interpretation liefert? Russells Theorie zeigt: wenn man die logische Form als ein Charakteristikum der Erkenntnis betrachtet, kann diese Betrachtungsweise zu zweierlei Annahmen führen. Einerseits kann man das erkennende Subjekt als eine handelnde Einheit ausklammern und ausschließlich die Produkte seiner Tätigkeit, die in irgendwelcher Gestalt existieren und sich beobachten lassen, sowie deren Beziehungen zu weiteren, darunter auch sogenannten „abstrakten“ Objekten untersuchen. Andererseits kann man strukturelle Besonderheiten des Wissensinhalts wie dessen

426

Mannigfaltigkeit und das Gerichtetsein der Beziehungen zwischen den Komponenten dieser Mannigfaltigkeit auf das zu Erkennende übertragen. Das Aufbauen der Sprache der Principia Mathematica zeigt Russell zugleich, dass die logische Form, die selbst keine Komponenten hat und in diesem Sinne einfach ist, doch nicht indifferent in bezug auf den Inhalt ihrer sprachlichen Repräsentanten ist. Im Rahmen der logischen Theorie zeigen sich die Besonderheiten der logischen Form dieser oder jener Spracheinheit durch die logischen Beziehungen der fraglichen Einheit zu anderen solchen Einheiten. Die Ideen, die zu einem bedeutenden Teil dieser vielseitigen Auffassung der logischen Form entstammen, realisieren sich in der Entwicklung der modernen Logik, der Semantik, der analytischen Philosophie und der Sprachanalyse. Die Russellsche Theorie ist aber nicht abseits anderer theoretischer Bewegungen entstanden, sondern im Schoß der logischen und philosophischen Tradition, die sich vor der Aufgabe sah, die neuesten wissenschaftlichen Errungenschaften zu erfassen, unter welchen in erster Linie die Ideen Cantors zu nennen sind. Selbst wenn man sich vor der Behauptung scheuen würde, dass Russell einige seiner Ideen Frege verdankt, kann man auf keinen Fall den durch das gemeinsame Ziel der logischen Begründung der Mathematik bedingten Einfluss Freges auf die Russellschen Begriffsbildungen leugnen. Dass Russell selbst der erste Autor ist, der seine Begriffe mit den Fregeschen vergleicht, zeigt das Ausmaß dieses Einflusses. Obwohl Russell zunächst die Fregesche Unterscheidung zwischen dem Sinn und der Bedeutung eines Zeichens sowie dessen Auffassung der Wahrheitswerte nicht akzeptiert, trägt die Entwicklung seiner logischen und semantischen Theorie schließlich zur Durchsetzung seiner eigenen sowie einiger der wichtigsten logischen Ideen Freges bei. Die Idee der Gegenständlichkeit der Erkenntnis teilt Russell insbesondere mit Meinong. In Auseinandersetzung mit ihm formuliert Russell seine erkenntnistheoretischen Prinzipien und bestimmt den Gegenstand für jede

427

Art der Erkenntnis. Verschiedene Erkenntnisformen werden von Russell als Relationen aufgefasst. Die Bestimmung der Stelligkeit dieser Relationen hängt entscheidend davon ab, welche semantischen Kategorien Russell unterscheidet und welchen semantischen Status er dem Erkenntnisgegenstand zuschreibt. Die für den frühen Russell typische intensionale Auffassung der Bedeutungen der Zeichen für Relationen findet Anerkennung bei solchen Repräsentanten des Neukantianismus wie Cohn und Cassirer. Die zusammen mit Whitehead durchgeführte Konstruktion des Formalismus der Principia wird von Wittgenstein als Entwicklung eines „logischen Symbolismus“ empfunden, die ihren eigenen von den Anwendungen des Symbolismus unabhängigen Wert hat. Wittgenstein befasst sich in erster Linie mit der Frage, wie man einen solchen Formalismus konstruieren und, wenn dieser schon konstruiert ist, interpretieren kann. Seine Untersuchungen machen insbesondere Folgendes klar: die durch die Regeln eines Kalküls bestimmten Beziehungen zwischen logischen Formeln charakterisieren deren logische Form oder die logische Form der Einheiten, die als Interpretation dieser Formeln angesehen werden können. Carnap ist einer derjenigen Autoren, bei denen man eine weitere Entwicklung der im Zusammenhang mit dem Problem der Interpretation von extensionalen und intensionalen Kontexten stehenden Russellschen Ideen findet. Man könnte sich vielleicht fragen, welche anderen theoretischen Quellen die Russellsche Theorie der logischen Form hat. Jemand bemerkte treffend, dass Russell jeden Philosophen, dessen Name in der Geschichte der Philosophie erwähnt wurde, als einen seiner Zeitgenossen behandelte, ohne Rücksicht auf seine Autorität. Ich stellte mir deswegen die Aufgabe, den Einfluss derjenigen Denker auf Russells Theorie zu untersuchen, die nicht nur seine Zeitgenossen sondern auch seine Gesprächspartner waren. Denn die Formulierung, welche die Entwicklung der analytischen Philosophie letztendlich beeinflusste, erhielten Russells Begriffe in einem Dialog mit ihnen. Die historischen Hintergründe der Russellschen Lehre in all ihrer Fülle verdienen eine selbständige Untersuchung.

429

ANMERKUNGEN

EINLEITUNG 1

S. dazu z.B. Pears, D.F. (1971): Wittgenstein; Dummett, M. (1981): The Interpretation of Frege’s Philosophy; Hintikka, M.B./Hintikka, J. (1986): Investigating Wittgenstein; auch Thiel, Ch. (1965): Sinn und Bedeutung in der Logik Gottlob Freges; Luckhardt C.G. (Hrsg.) (1979): Wittgenstein. Sources and Perspectives; Haaparanta, L./Hintikka, J. (Hrsg.) (1986): Frege Synthesized: Essays on the Philosophical and Foundational Work of Gottlob Frege; Gabriel, G. (1986): Frege als Neukantianer; Mayer, V. (1996): Gottlob Frege 2

S. dazu z.B. Quine, W.V.O. (1940): Mathematical Logic; Quine W.V.O. (1953): From a Logical Point of View: 9 Logico-Philosophical Essays; Hintikka, J. (1959): Existential Presuppositions and Existential Commitments; Quine, W.V.O.: Selected Logic Papers, New York: Random House, 1966; Pears, D.F. (1967): Bertrand Russell and the British Tradition in Philosophy; Hintikka, J. (1972): Knowledge by Acquaintance – Individuation by Acquaintance; Church, A. (1974): Russellian simple type theory; Church, A. (1985): Russell’s Theory of Identity of Propositions; Linsky, L. (1988): Terms and Propositions in Russell’s Principles of Mathematics; auch Schilpp, P.A. (Hrsg.) (1944): The Philosophy of Bertrand Russell; Feibleman, J.K. (1958): Inside the Great Mirror: A Critical Examination of the Philosophy of Russell, Wittgenstein, and their Followers; Ayer, A.J. (1971): Russell and Moore: The Analytical Heritage; Ayer, A.J. (1972): Russell 3

Blackwell, K./Brink, A./Griffin, N./Rempel R.A./Slater, J.G. (Hrsg.): The Collected Papers of Bertrand Russell

4

S. dazu z.B. Ryle, G. (1972): Intentionality-Theory and the Nature of Thinking, S.9

5

S. dazu z.B. Church, A. (1950): On Carnap’s Analysis of Statements of Assertion and Belief; Church, A. (1954): Intensional Isomorphism and Identity of Belief; Myhill, J. (1958): Problems Arising in the Formalization of Intensional Logic; Myhill, J. (1963): An Alternative to the Method of Extension and Intension; auch Anderson, G.A. (1980): Some New Axioms for the Logic of Sense and Denotation

6

Russell, B. (1905): On Denoting

430 7

Whitehead, A.N./Russell, B. (1910-1913): Principia Mathematica, 1, S.30, 66-84

8

Quine, W.V.O. (1966): Russell’s Ontological Development, S.12

KAPITEL 1 1

Smith, B. (1999): On Analytic vs. Continental Philosophy: A Case Study in the Ontology of Ideas and Institutions 2

Dummett, M. (1988): Ursprünge der analytischen Philosophie, S.11

3

Kanamori, A. (2000): Volume Introduction, S.XIII; was Russell und die zweite Generation der Analytiker betrifft s. auch Wang, H. (1986): Beyond Analytic Philosophy: Doing Justice to What We Know, S.XI, 45 4

Monk, R. (1996): What is Analytical Philosophy?, S.2,11

5

S. dazu z.B. Wang, H. (1986): Beyond Analytic Philosophy: Doing Justice to What We Know, S.24 6

Kanamori, A. (2000): Volume Introduction, S.XIII

7

A.u.Anm. 2, S.187

8

A.u.Anm. 2, S.11

9

A.u.Anm. 4, S.3-4

10

Ebd., S.12

11

Griaznov, A.F. (1996): Phenomen analititscheskoj philosophii v zapadnoj kulture XX stoletija, S.41-42 12

13

Andler, D. (2000): The Undefinability of Analytic Philosophy

McGuinness, B.F./von Wright, G.H. (Hrsg.) (1980): Ludwig Wittgenstein. Briefwechsel mit B. Russell, G.E. Moore, J.M. Keynes, F.P. Ramsey, W. Eccles, P. Engelmann und L. von Ficker, S.23

431 14

Dummett, M. (1977): Can Analytical Philosophy be Systematic, and Ought it to Be, S.440-442, 458 15

Russell, B. (1958): What is Mind?

16

Ebd., S.642

17

Küng, G. (1963): Ontology and the Logistic Analysis of Language: An Inquiry into the Contemporary Views on Universals

18

Keefe, R./Smith, P. (Hrsg.) (1996): Vagueness: A Reader

19

S. dazu z.B. Hintikka, J. (1989): Logical Form and Linguistic Theory; Hornstein, N. (1989): Meaning and the Mental: the Problem of Semantics after Chomsky

20

Russell, B. (1956): Philosophical Analysis, S.624; s. dazu auch Russell, B. (1924): Logical Atomism, S.329-330, 336-338 21

A.u.Anm. 1

22

Serebrjannikov, O.F. (1970): Heuristische Prinzipien und logische Kalküle, S.126, 137-139, 141-145; s. auch Tschupachin, I.Ja./Brodskij I.N. (Hrsg.) (1977): Formalnaja logika, S.271-272 23

S. dazu z.B. Wertheimer, R. (1998): Distinguishing Mathematics from Logic, S.213; Wertheimer, R. (1998): Translation, Quotation and Truth 24

Wie man syntaktische Begriffe für die Analyse dessen, unter welchen Bedingungen zwei Sätze die gleiche logische Form haben, benutzen kann, zeigt z.B. Bar-Hillel. S. dazu Bar-Hillel, Y. (1951): Comments on Logical Form

25

Carnap, R. (1942): Introduction to Semantics, S.11-12

26

Kleene, S.C. (1967): Mathematical Logic, § 9

27

Ebd., §1, 9, 37

28

Wittgenstein, L. (1921): Tractatus logico-philosophicus, 5.5422

29

Ebd., 3.327

432 30

Ebd., 4.12

31

Ebd., 4.121

32

Ebd., 4.1212

33

Ebd., 4.124, 4.1252

34

Ebd., 4.032, 4.04

35

Ebd., 4.1271, 4.1272, 4.24

36

Mahmoudian, M. (1982): Lingvistika, 5.18

37

Strawson, P.F. (1952): Introduction to Logical Theory, S.47

38

Dummett, M. (1985): Elements of Intuitionism, S.11, 12; auch Peacocke, Ch. (1976): What is a Logical Constant, S.223-224, 235; vgl. Church, A. (1956): Introduction to Mathematical Logic, 0.2, 0.5, 0.6 39

S. dazu Higginbotham, J. (1983): Logical Form, Binding, and Nominals, S.395-396; May, R. (1987): Logical Form as a Level of Linguistic Representation, S.305-307, 310, 316-317, 320; Neale, S. (1993): Grammatical Form, Logical Form, and Incomplete Symbols, S.80-82, 92-99; dagegen Chateaubriand, O. (2000): Logical Forms, S. 161, 164, 165, 168, 177-179 40

Dass ein Kalkül somit auch anwendbar ist, ist dabei dadurch gewährleistet, dass das Vorhandensein einer bestimmten Bedeutung eines Satzes impliziert, dass dieser Satz auch einen Sinn hat, oder, anders ausgedrückt, eine bestimmte Interpretation erhält. 41

A.u.Anm. 28, 4.461

42

Ebd., 5.11, 5.124, 5.1241, 5.13, 5.131, 5.1311

43

S. dazu Anhang C (1927) zu Whitehead, A./Russell, B. (1910-1913): Principia Mathematica, 1 44

45

A.u.Anm. 37, S.50-51

Da ich hier über Formeln (über Korrelate der Sätze der natürlichen Sprache in einem Kalkül) spreche, spreche ich über logische Schlüsse. In einem Kalkül realisieren sie

433

sich in der Form von Beweisen und Ableitungen von logischen Gesetzen. Bei einer Anwendung oder Interpretation eines Kalküls fungieren logische Gesetze, die abgeleitet oder bewiesen werden, als Schlussfiguren. Möchte man über die Sätze selbst und ihre Rolle in Schlüssen sprechen, muss man wie Strawson (S. Anm. 51) zwischen einzelnen Schlüssen und Klassen von Schlüssen unterscheiden. 46

A.u.Anm. 37, S.53

47

Ebd., S.40-43

48

Ebd., S.45

49

Ebd., S.49

50

Ebd., S.50

51

Ebd., S.50-51

52

Ebd., S.52

434

KAPITEL 2 1

Bocheński, J. M. (1956): Formale Logik, S.402

2

Ebd., 24.06, 27.17, 36.10

3

Church, A. (1951): The Need for Abstract Entities in Semantic Analysis, S.110

4

Frege, G. (1892): Über Sinn und Bedeutung, S.41

5

Church, A. (1943): Carnap’s Introduction to Semantics, S.301

6

A.u.Anm. 4, S.42

7

Frege, G.: Wissenschaftlicher Briefwechsel, S.150. Frege schreibt hier: „Begriffe sind meist zusammengesetzt aus Theilbegriffen, den Merkmalen. Schwarzes, seidenes Tuch hat die Merkmale schwarz, seiden und Tuch. Ein Gegenstand, der unter diesen Begriff fällt, hat diese Merkmale als Eigenschaften.“

8

Frege, G. (1892): Über Begriff und Gegenstand, S.71

9

Ebd., S.75; was die Unterscheidung zwischen den hier genannten Theorien und insbesondere den Zusammenhang dieser Unterscheidung mit der Unterscheidung der Sprachen betrifft, vgl. Frege, G. (1923): Logische Allgemeinheit, S.280-281 10

A.u.Anm. 3, S.101

11

A.u.Anm. 4, S.50

12

A.u.Anm. 7, S.105-106

13

A.u.Anm. 4, 43

14

Ebd., S.51

15

Ebd., S.52

16

Ebd., S.61,64

435 17

Dieser Satz, in dem man eine Disjunktion von zwei verneinenden Sätzen erkennen kann, ist nach logischen Gesetzen eine Verneinung des Satzes “Es gab einen, der die elliptische Gestalt der Planetenbahnen entdeckte, und dieser (der die elliptische Gestalt der Planetenbahnen entdeckte) starb im Elend“.

18

A.u.Anm. 4, S.61

19

Whitehead, A.N./Russell, B. (1910-1913): Principia Mathematica, 1, S.39-40

20

Ebd., S.51

21

Ebd., S.72, s. auch S.74

22

Ebd., S.73

23

Ebd., S.659

24

Ebd., S.661

25

Ebd., S.662

26

Ebd., S.664

27

Ebd., S.665

28

Diese Unterscheidung darf nicht mit der Unterscheidung zwischen der Behauptung einer Proposition und dem Erwähnen einer Proposition verwechselt werden. Die Idee der letzteren Unterscheidung sowie die entsprechende Bezeichnung werden von Russell sowie von Russell und Whitehead von Frege übernommen. S. dazu Russell, B. (1906): The Theory of Implication, S.160-161; u.Anm. 18, S.8 29

Carnap, R. (1947): Meaning and Necessity: A Study in Semantics and Modal Logic

30

Ebd., S.8

31

Ebd., S.9

32

Ebd., S.29-30

33

Ebd., S.55

436 34

S. z.B. Quine, W.V.O. (1943): Notes on Existence and Necessity, S.120; Quine W.V.O. (1953): From a Logical Point of View: 9 Logico-Philosophical Essays, S.11-12

35

Russell, B. (1903): The Principles of Mathematics, S. XIX

36

Russell, B. (1898): An Analysis of Mathematical Reasoning Being an Inquiry into the Subject-Matter, the Fundamental Conceptions, and the Necessary Postulates of Mathematics

37

Russell, B. (1898): Are Euclid’s Axioms Empirical?, S.333

38

Russell, B. (1900): A Critical Exposition of the Philosophy of Leibniz, S.8

39

Russell, B. (1904): Meinong’s Theory of Complexes and Assumptions, S.513

40

A.u.Anm. 35, S.XVIII

41

Moore, G.E. (1899): The Nature of Judgment

42

Griffin, N. (1996): Denoting Concepts in The Principles of Mathematics

43

Geach, P.T. (1972): Logic Matters, S.27-31

44

Anders aber z.B. Cocchiarella, N.B.: Frege, Russell and Logicism: a Logical Reconstruction, in: Haaparanta, L./Hintikka, J. (Hrsg.) (1986): Frege Synthesized: Essays on the Philosophical and Foundational Work of Gottlob Frege, S.197-252; Pelham, J. (1999): Russell, Frege, and the Nature of Implication 45

Frege, G. (1884): Die Grundlagen der Arithmetik, S.77

46

Ebd., S.37

47

A.u.Anm. 7, S.251

48

Dass sich die logische Theorie hauptsächlich für die Wahrheitswerte interessiert, ist nicht nur ein Zeichen deren formalen Charakters sondern auch ein Merkmal, das ihre Stellung unter den anderen Wissenschaften charakterisiert. S. dazu z.B. Cohn, J. (1908): Voraussetzungen und Ziele des Erkennens, S.7, 52, 449; Gabriel, G. (1984): Fregean Connection: Bedeutung, Value and Truth-Value, S.190-192 49

A.u.Anm. 7, S.230, 251

437

50

A.u.Anm. 36, S.174-175

51

Ebd., S.168, 175-176, 179-180, 185

52

Ebd., S.175, 181-183

53

Ebd., S.182-183

54

A.u.Anm. 35, § 4, 249, 433

55

Russell, B. (1905): Necessity and Possibility, S.516; s. auch Russell, B. (1903): Recent Work on the Philosophy of Leibniz, S.544

56

A.u.Anm. 35, § 434

57

Ebd., § 21, 24

58

A.u.Anm. 36, S.176-177, 183

59

Russell, B. (1911): On the Relations of Universals and Particulars, S.107, 109-111, 113-118 60

Russell, B. (1948): Human Knowledge: Its Scope and Limits, S.311

61

A.u.Anm. 38, S.49-50; s. auch Russell, B. (1900): Leibniz’s Doctrine of Substance as Deduced from His Logic, S.526-532 62

Russell, B. (1899): The Classification of Relations, S.139; u.Anm. 36, S.167, 180, 198, 239 63

A.u.Anm. 7, S.251

64

A.u.Anm. 62, S.145

65

A.u.Anm. 35, § 482

66

Russell, B. (1894): On the Distinction between the Psychological and Metaphysical Points of View, S.196-197; auch Russell, B. (1893): Paper on Epistemology I, S.122

67

A.u.Anm. 35, § 51

438

68

A.u.Anm. 42, S.39

69

A.u.Anm. 35, § 16

70

A.u.Anm. 1, S.375

71

Russell, B. (1904): Fundamental Notions, S.154

72

Russell, B. (1904): On the Nature of Functions, S.265, 271

73

A.u.Anm. 71, S.257

74

A.u.Anm. 35, § 1

75

A.u.Anm. 39, S.353

76

A.u.Anm. 35, § 99

77

Ebd., § 500

78

Linsky, L. (1988): Terms and Propositions in Russell’s Principles of Mathematics, S.638 79

Church, A. (1985): Russell’s Theory of Identity of Propositions, S.518

80

Cantor, G. (1892): Über eine elementare Frage der Mannigfaltigkeitslehre

81

A.u.Anm. 35, § 109

82

Eine Begründung für eine solche Gleichsetzung findet man z.B. in: Klaua, D. (1968): Allgemeine Mengenlehre, I, § 3; Vaught, R.L. (1985): Set Theory: An Introduction, S.18-19 83

Als Beispiele für eine solche Formulierung erwähne ich die Formulierungen aus: Blatter, C. (1974): Analysis, S.59; Amann, H./Escher, J. (1998): Analysis, S.52

84

A.u.Anm. 80; s. auch z.B. den auf der Cantorschen Idee basierenden Beweis in Fraenkel, A.A. (1953): Abstract Set Theory, S.69-71

85

Fraenkel, A.A. (1959): Mengenlehre und Logik, S.31

439

86

Poincaré, H. (1910): Sechs Vorträge über ausgewählte Gegenstände aus der reinen Mathematik und mathematischen Physik, S.43-48 87

A.u.Anm. 82 (Vaught, R.L., S.22); Félix, L. (1962): Elementarmathematik in moderner Darstellung, S.214

88

A.u.Anm. 7, S.230

89

A.u.Anm. 35, § 84

90

Russell, B. (1908): Mathematical Logic as Based on the Theory of Types, S.84

91

A.u.Anm. 79, S.513-522

92

Church, A. (1974): Russellian Simple Type Theory

93

A.u.Anm. 79, S.517

94

A.u.Anm. 7, S.242

95

A.u.Anm. 79, S.518

96

Ebd.

97

A.u.Anm. 78

98

Myhill, J. (1958): Problems Arising in the Formalization of Intensional Logic

99

Ebd., S.82

100

Russell, B. (1906): On some Difficulties in the Theory of Transfinite Numbers and Order Types

101

Ebd., S.139

102

Ebd., S.141

103

Ebd., S.142, 144

104

Ebd., S.155

440

105

A.u.Anm. 90, S.57-102

106

Russell, B. (1959): My Philosophical Development, S.78-79

107

A.u.Anm. 90, S.62

108

Ebd., S.75

109

Ebd., S.76-77

110

Der Operand einer solchen quantifizierten Proposition ist der Wert einer propositionalen Funktion von drei Argumenten. Da aber die Variablen q und r in der gegebenen Formel gebunden sind, kann man die ganze Formel als einen Ausdruck der Funktion betrachten, deren Wert von dem Wert eines Arguments, nämlich p, abhängt. S. dazu z.B. u.Anm.19, S.151 111

Bei der Konstruktion einer logischen formalisierten Sprache kann man z.B. eine propositionale Funktion als eine Zuordnungsvorschrift von ihrem formalen Ausdruck unterscheiden. Werden die Ausdrücke „((p⋅q)⋅r)⋅s“ und „(p⋅q)⋅(r⋅s)“ als Ausdrücke (Formeln) einer logischen Sprache aufgefasst, dann kann man sie auch in bezug auf ihre Konstruktionsweise unterscheiden, was auch Unterschiede in dem Verfahren ihrer semantischen Interpretation bedingt. 112

A.u.Anm. 79, S.518

113

Ramsey, F.P. (1926): Mathematical Logic, S.227-228

114

Russell, B. (1905): On Denoting, S.110, 113-115

441

KAPITEL 3 1

Russell, B. (1904): Meinong’s Theory of Complexes and Assumptions, S.354

2

Russell, B. (1903): The Principles of Mathematics, § 51

3

Russell, B. (1905): Review on Meinong and Others Untersuchungen zur Gegenstandstheorie und Psychologie

4

Meinong, A. (1899): Über Gegenstände höherer Ordnung und deren Verhältnis zur inneren Wahrnehmung, S.381 5

Ebd., S.394-395, 383

6

Ebd., S.389

7

Ebd., S.397

8

Ebd., S.386-387, 398-399

9

Meinong, A. (1904): Über Gegenstandstheorie, S.512-513

10

A.u.Anm. 1, S.217

11

Ebd., S.214, 348

12

Ebd., S.510

13

Ebd., S.512-513, 516

14

Eine Definition der Relation der Bekanntschaft sowie des Wissens durch Bekanntschaft („knowledge by acquaintance“) gibt Russell insbesondere in Russell, B. (1912): The Problems of Philosophy, S.72-92; s. auch Russell, B. (1914): On the Nature of Acquaintance, S.127. Einige Ideen, die im Zusammenhang mit dieser Unterscheidung stehen, äußert Russell schon früher. S. z.B. Russell, B. (1898): An Analysis of Mathematical Reasoning Being an Inquiry into the Subject-Matter, the Fundamental Conceptions, and the Necessary Postulates of Mathematics, S.240. 1905 unterscheidet Russell zwischen “acquaintance“ und „knowledge about“. S. dazu Russell, B. (1905): On Denoting, S.103-104

442 15

A.u.Anm. 1, S.351-352

16

Ebd., S.339

17

Ebd., S.217

18

Ebd., S.217-218

19

Ebd., S.342-343

20

Ebd.

21

Frege, G. (1918-1919): Der Gedanke. Eine logische Untersuchung, S.35

22

A.u.Anm. 1, S.510-511

23

Ebd., S.350-351, 518-519

24

Ebd., S.514

25

Ebd., S.515

26

Ebd., S.514-515

27

Russell, B. (1898): Are Euclid’s Axioms Empirical?, S.333; s. auch Russell, B. (1908): William James’s Conception of Truth, S.127-128

28

Meinong, A. (1921): Selbstdarstellung, S.43

29

A.u.Anm. 9, S.485

30

Meinong, A. (1906): Über die Erfahrungsgrundlagen unseres Wissens, S.477

31

Müller, M. (1932): Über Grundbegriffe philosophischer Wertlehre

32

Ebd., S.1-3

33

Ebd., S.5-6

34

Ebd., S.8-9

443 35

Ebd., S.10

36

Ebd., S.27

37

Ebd., S.46

38

Gabriel, G. (1986): Frege als Neukantianer, S.87-88

39

A.u.Anm. 4, S.397-399

40

A.u.Anm. 30, S.391

41

Ebd., S.383

42

A.u.Anm. 1, S.515-516

43

Ebd., S.519

44

Ebd., S.520-521

45

Gabriel, G. (1989): Lotze und die Entstehung der modernen Logik bei Frege, S.XIV

46

Cohns Thesen über die Rolle der Logik in einer philosophischen Untersuchung stellen eine Tendenz dar, welche die Entwicklung des Neukantianismus aufweist. Aufschlussreich in dieser Hinsicht sind z.B. Bemerkungen Rickerts (bei dem Cohn 1897 habilitierte) über die Notwendigkeit der logischen Begründung einer philosophischen Theorie. S. Rickert, H. (1931): Die Heidelberger Tradition in der Philosophie, S.11-13 47

Cohn, J. (1908): Voraussetzungen und Ziele des Erkennens. Über die Rolle des Russellschen Relationsbegriffs in der Erkenntnistheorie Cohns s. auch den Aufsatz der Autorin: Cohns Erkenntnistheorie und Russells Relationsbegriff (2004) 48

In dieser Hinsicht teilt Cohn insbesondere die Auffassung Cassirers, der in der Entwicklung der logischen Theorie der Relationen eine Erneuerung der Grundlagen der Logik sieht. Diese Erneuerung dient der Veränderung der das Verhältnis der Erkenntnis und der Wirklichkeit betreffenden Ansichten und bestimmt somit schließlich das Verhältnis der kritischen Philosophie zu exakten Wissenschaften. S. dazu Cassirer, E. (1907): Kant und die moderne Mathematik, S.1, 4-8; auch Cassirer, E. (1910): Substanzbegriff und Funktionsbegriff, S.VII, 3-34. Spätere Arbeiten

444

Cassirers zeigen, dass er im Relationsbegriff ein Instrument der Modernisierung der kritischen Philosophie selbst sieht. 49

A.u.Anm. 47, S.11

50

Ebd., S.406

51

Ebd., S.36,47

52

Ebd., S.43

53

Gabriel, G. (1993): Grundprobleme der Erkenntnistheorie, S.22; auch u.Anm. 38, S.87

54

Mulligan, K./Simons, P./Smith, B. (1984): Truth-Makers

55

A.u.Anm. 2, § 477

56

Ebd., § 482

57

Ebd., § 477, 478

58

Ebd.

59

Russell, B. (1903): On Meaning and Denotation, S.318

60

Ebd., S.321

61

A.u.Anm. 1, S.514

62

A.u.Anm. 30, S.384

63

A.u.Anm. 27

64

Russell, B. (1905): Necessity and Possibility, S.517-518

65

Russell, B. (1905): The Nature of Truth, S.504

66

Ebd., S.492-493

445 67

Es gibt allerdings gewisse geschichtliche Parallelen zu dieser Russellschen Ansicht. Interessant in dieser Hinsicht ist die Idee Küngs, der bei der Analyse Abailards Lehre auf die Möglichkeit hinweist, zwischen Abailards dicta einerseits und den Fakten im Sinne „actual facts“ andererseits zu unterscheiden. Diese Unterscheidung erweist sich als die Unterscheidung des semantischen Status der besagten Objekte. Die dicta, die man in die fraglichen vier Arten unterteilen kann, sind Elemente der Ebene der Bedeutung („meaning“), wobei diese der Ebene der Referenz gegenübergestellt wird. Überträgt man diese These Küngs auf Propositionen, dann kommt man zu dem Schluss, dass sie Sinngebilde sind. S. dazu Küng, G. (1982): Abailard and Present-Day Views on the Problem of Universals, S.12-13

68

Whitehead, A.N./Russell, B. (1910-1913): Principia Mathematica, 1, S.43

69

Ebd., S.43-44

70

Russell, B. (1913): Theory of Knowledge: The 1913 Manuscript, S.124-127

71

Russell, B. (1904): On the Nature of Functions, S.267

72

A.u.Anm. 70

73

A.u.Anm. 68, S.504

74

Frege, G. (1892): Über Sinn und Bedeutung, S.50

75

Frege, G.: Wissenschaftlicher Briefwechsel, S.96 (das Schema ist auch im Kapitel 2.2 (als Schema 1) angegeben)

76

Wittgenstein, L. (1929): Some Remarks on Logical Form, S.33

77

A.u.Anm. 75, S.233, 242, 251; a.u.Anm. 2, §§ 477, 479

78

A.u.Anm. 68

446

KAPITEL 4 1

Russell, B. (1905): On Denoting

2

Ebd., S.107-108; s. auch Russell, B. (1905): Review on Meinong and Others Untersuchungen zur Gegenstandstheorie und Psychologie, S.598 3

Whitehead, A.N./Russell, B. (1910-1913): Principia Mathematica, 1, S.67

Ebd., S.31, 32-34, ∗30; was die Formulierung und die Entwicklung dieser Idee betrifft, s. z.B. Russell, B. (1905): On the Relation of Mathematics to Symbolic Logic, S.525 4

5

A.u.Anm. 3, S.70

6

Frege, G. (1884): Dialog mit Pünjer über Existenz, S.70-74

7

Quine, W.V.O. (1966): Russell’s Ontological Development, S.5

8

Russell, B. (1903): The Principles of Mathematics, § 57

9

Ebd., § 12

10

Ebd., § 57-65

11

Ebd., § 60

12

A.u.Anm. 1, S.105. Was die früheren Arbeiten betrifft, s. auch z.B. Russell, B. (1903): On Meaning and Denotation, S. 330-331.

13

Russell, B. (1903): Functions, S.53

14

Ebd., S.73

15

S. dazu z.B. Quine, W.V.O. (1943): Notes on Existence and Necessity, S.114

16

Quine, W.V.O. (1943): Notes on Existence and Necessity

17

Smullyan, A.F. (1948): Modality and Description

447 18

Mainzer, K. (1973): Mathematischer Konstruktivismus, S.97-101; s. auch Mainzer, K. (1995): Computer – neue Flügel des Geistes? 19

Kripke, S.A. (1971): Identity and Necessity

20

Kripke, S.A. (1972): Naming and Necessity

21

A.u.Anm. 19, S.138-140

22

A.u.Anm. 20, S.257

23

Ebd., S.260-264

24

Slinin, J.A. (1976): Sovremennaja modalnaja logika, S.64-65

25

A.u.Anm. 20, S.276

26

Ebd., S.258

27

Ebd., S.264, 288-289; zu der Unterscheidung der Modalitäten de dicto und de re vgl. Bocheński, J. M. (1956): Formale Logik, 29.09; Slinin, J.A. (1972): Die Modalitätentheorie in der modernen Logik, S.365-366

28

A.u.Anm. 20, S.277

29

S. dazu z.B. Hilbert, D. (1905): Über die Grundlagen der Logik und der Arithmetik; Smirnova, E.D. (1990): Osnovi logitscheskoj semantiki, S.24-28; Sundholm, G. (1997): Implicit Epistemic Aspects of Constructive Logic, S.191, 194

30

Küng, G. (1963): Ontology and the Logistic Analysis of Language: An Inquiry into the Contemporary Views on Universals, S.11

31

Mainzer, K. (1981): Grundlagenprobleme in der Geschichte der exakten Wissenschaften, S.27-28

32

Quine, W.V.O. (1940): Mathematical Logic

33

Quine, W.V.O. (1960): Variables Explained Away

34

1998 bemerkt Quine, dass er wegen der Darstellbarkeit der klassischen Mathematik in der Sprache der Mengentheorie und der Darstellbarkeit der Mengentheorie in der

448

Sprache der elementaren Logik, der ein einziges zweistelliges Prädikat der Zugehörigkeit eines Elements zu einer Klasse zugefügt wird, keine Hoffnung für den Nominalismus sieht. Der abstrakte Charakter von Klassen scheint ihm aber ein geringes Problem im Vergleich zu Problemen zu sein, die aus dem Verstoß gegen die Forderung der Extensionalität hervorgehen könnten. S. dazu Quine, W.V.O. (2000): Three Networks: Similarity, Implication, and Membership, S.291 35

A.u.Anm. 32, S.146-147

36

Ebd., S.150

37

Ebd., S.71

38

Ebd., S.132

39

Ebd., S.149. Hier ist zu bemerken, dass die „Ecken“, die Quine als eine Art von uneigentlichen Symbolen als Teil der Bezeichnung für eine Aussageform benutzt, von mir weggelassen werden. Da ich nur die allgemeinen Züge der Idee Quines betrachte, verzichte ich darauf, seine Bezeichnungsweise in allen Einzelheiten darzustellen.

40

Ebd., S.150

41

Ebd., S.84

42

Quine, W.V.O. (1939): Designation and Existence

43

A.u.Anm. 33

44

Hintikka, J. (1959): Existential Presuppositions and Existential Commitments; s. auch Hintikka, J. (1959): Towards a Theory of Definite Descriptions 45

Hintikka, J. (1959): Existential Presuppositions and Existential Commitments, S.129

46

Ebd., S.130

47

Ebd., S.130-131

48

Ebd., S.133

49

Ebd., S.135

449 50

S. dazu z.B. Strawson, P.F. (1950): On Referring, S.143-144; Davidson, D. (1967): Truth and Meaning, S.318-320; Putnam, H. (1973): Meaning and Reference, S.704706, 710-711

51

Ostertag, G. (1999): A Scorekeeping Error

52

Strawson, P.F. (1950): On Referring, S.140

53

Ebd., S.142

54

Ebd., S.143

55

Ebd., S.150

56

Ebd., S.152

57

Ebd., S.159

58

Russell, B. (1957): Mr. Strawson on Referring, S.630

59

Ebd., S.631

60

Ebd., S.633

61

Ebd., S.632-633. Zu bemerken ist, dass Russell einen wesentlichen Faktor, der diese Ansicht bekräftigen soll, in der Vagheit der natürlichen Sprache sieht. Bei seiner Argumentation geht Russell davon aus, dass man, wenn man sich mit dem Abstrakten beschäftigt, viel schneller und einfacher Symbole begreift als das, wofür diese Symbole stehen. Diese Besonderheit des Begreifens des Abstrakten führt dazu, dass das philosophische und das logische Denken die Eigenschaften der Sprache auf die Welt übertragen. Da die natürliche Sprache durch die Vagheit gekennzeichnet ist, ist es besonders wichtig, fehlerhafte Schlüsse in bezug auf die Welt zu vermeiden. Diesem Ziel dient insbesondere die Entwicklung eines logischen Symbolismus. S. dazu Russell, B. (1923): Vagueness, S.147-152; Russell, B. (1957): Logic and Ontology, S.626-627 62

63

Reimer, M. (1992): Incomplete Descriptions

Ebd., S.347-348; Neale, S. (1993): Grammatical Form, Logical Form, and Incomplete Symbols

450 64

A.u.Anm. 51, S.126, 130

65

Ebd., S.127

66

Ebd., S.132

67

Ebd., S.135

68

Ebd., S.141

69

Castańeda, H.-N. (1979): Philosophical Method and Direct Awareness of the Self, S.18 70

Chisholm, R.M. (1972): Beyond Being and Nonbeing, S.29

71

Ebd.; Chisholm, R.M. (1968): Review of Kindinger, Rudolf (Ed.), ‚Philosophenbriefe: Aus der Wissenschaftlichen Korrespondenz von Alexius Meinong‘, S.373

72

A.u.Anm. 70, S.30-32

73

Meinong, A. (1904): Über Gegenstandstheorie, S.500

451

KAPITEL 5 1

Frege, G. (1884): Die Grundlagen der Arithmetik, §70

2

Frege, G. (1892): Über Begriff und Gegenstand, S.75-76

3

Frege, G. (1891): Funktion und Begriff

4

Frege, G. (1918-1919): Die Verneinung. Eine logische Untersuchung

5

Frege, G. (1923-1926): Logische Untersuchungen. Dritter Teil: Gedankengefüge

6

Dummett, M. (1981): The Interpretation of Frege’s Philosophy, S.10-11, 397

7

Ebd., S.23

8

Ebd., S.397

9

Frege, G. (1879-1891): Logik, S.6

10

Thiel, Ch. (1965): Sinn und Bedeutung in der Logik Gottlob Freges, S.17

11

Ebd.

12

Frege, G. (1879): Begriffsschrift, S.17. Bei der Umformulierung des Satzes „Jede positive ganze Zahl ist als Summe von vier Quadratzahlen darstellbar“ gehe ich von einer der Formulierungen Freges aus, die er als mögliche Darstellungen einer allgemeinen Aussage anbietet. S. dazu Frege, G. (1923): Logische Allgemeinheit, S.279 13

A.u.Anm. 2, S.74-75

14

Ebd., S.71-72

15

A.u.Anm. 1, S.103

16

Ich beziehe mich bei dieser Charakterisierung des fraglichen Beziehungsbegriffs auf seine Analogie zu der Beziehung der Gleichheit zwischen Begriffen, die von Frege als eine Beziehung zweiter Stufe definiert wird. S. dazu Frege, G. (1892-1895): Ausführungen über Sinn und Bedeutung, S.131

452

17

Frege, G. (1892): Über Sinn und Bedeutung, S.50

18

Frege, G. (1904): Was ist eine Funktion, S.86-89; auch u.Anm. 3, S.28

19

Frege, G.: Wissenschaftlicher Briefwechsel, S.245

20

S. dazu z.B. u.Anm. 5, S.76

21

S. dazu z.B. Frege, G. (1923): Logische Allgemeinheit, S.279, a.u.Anm. 17, S.58

22

Russell, B. (1913): Theory of Knowledge: The 1913 Manuscript, S.113-118

23

Russell, B. (1914): Our Knowledge of the External World as a Field for Scientific Method in Philosophy, S.42-69 24

Whitehead, A.N./Russell, B. (1910-1913): Principia Mathematica, 1, S.44

25

A.u.Anm. 22, S.5

26

Ebd., S.22

27

Ebd., S.24

28

Ebd., S.9

29

Ebd., S.34-35

30

Ebd., S.45

31

Ebd., S.49

32

Ebd., S.55

33

Ebd., S.110

34

Ebd., S.79, 81

35

Ebd., S.46

36

Ebd., S.87-88

453

37

Russell, B. (1912): What is Logic?

38

Ebd., S.55

39

Ebd.

40

Ebd., S.56

41

A.u.Anm. 22, S.128

42

Ebd., S.119

43

A.u.Anm. 37, S.56

44

A.u.Anm. 22, S.114

45

Ebd., S.131

46

Ebd., S.129

47

Ebd., S.120

48

Ebd., S.100-101

49

Ebd., S.105, 144

50

Ebd., S.106

51

Ebd., S.107

52

Ebd., S.111

53

Ebd., S.113

54

Ebd., S.115

55

Ebd., S.116

56

Ebd., S.117-118

454 57

Ebd., S.130

58

Ebd., S.132

59

Ebd., S.166

60

Ebd., S.98

61

Man beachte in diesem Zusammenhang die Bemerkung Russells über den Gebrauch des Wortes „Ich“ („I“). Ebd., S.36 62

Ebd., S.131

63

Hintikka, M.B./Hintikka, J. (1986): Investigating Wittgenstein, S.53

64

A.u.Anm. 22, S.55-56

65

Ebd., S.98

66

Ebd., S.130

67

Ebd., S.129, 132

68

Ebd., S.132

69

Meinong, A. (1899): Über Gegenstände höherer Ordnung und deren Verhältnis zur inneren Wahrnehmung, S.437 70

A.u.Anm. 22, S.98, 132

71

Wittgenstein, L. (1921): Tractatus logico-philosophicus, 4.064

72

Ebd., 4.023, 4.024

73

Ebd., 3.327

74

Ebd., 4.12, 4.121

75

Ebd., 4.01, 4.023

76

Ebd., 3.1432, 4.032

455

77

Ebd., 4.063

78

Ebd., 2.222, 4.01, 4.2

79

Ebd., 5

80

Ebd., 5.54, 5.541

81

Ebd., 5.541

82

Ebd., 5.542

83

Russell, B. (1919): On Propositions: What They Are and How They Mean, S.309

84

Ebd., S.308-309

85

Ebd., S.315

86

Ebd., S.309

87

Ebd., S.310-311

88

Ebd., S.310, 312-313

89

Ebd., S.290

90

Ebd., S.294

91

Ebd., S.293-296. Ein zusätzliches Argument zugunsten der Annahme, dass die Introspektion als eine selbständige Quelle des Wissens anerkannt werden soll, formuliert Russell in einem seiner Aufsätze aus dem Jahr 1932. Russells Meinung nach sind die meisten Termini, die traditionell für die Analyse der mentalen Phänomene benutzt werden (wie z.B. „Wahrnehmung“, „Gedächtnis“, „mental“), vage. Diese Begriffe sind vage, weil die Relationen zwischen mentalen Ereignissen und den Ereignissen, die als Ursache der mentalen Ereignisse auftreten, nicht eineindeutig sind. Da die Erkenntnis der Ereignisse „in meinem eigenen Kopf“ weniger vage (weil ein vermittelndes Medium bei einer solchen Erkenntnis fehlt) ist, schlägt Russell vor, eine andere, weniger vage Terminologie für die Beschreibung der Erkenntnis zu benutzen und Bilder („images“) als eine Art der mentalen Phänomene anzuerkennen. S. dazu Russell, B. (1932): Analysis of Mind, S.295-296

456

92

A.u.Anm. 83, S.293

93

Ebd., S.305

94

Ebd., S.299

95

Ebd., S.286

96

Ebd., S.316

97

Ebd., S.317

98

Rodriguez-Consuegra, F.A. (1996): Russell’s Perilous Journey From Atomism to Holism 1919-1951, S.217 99

Russell, B. (1918): The Philosophy of Logical Atomism, S.218-228

100

Ebd., S.225; Wittgenstein, L. (1913): Aufzeichnungen über Logik, S.206; vgl. Russell, B. (1912): The Problems of Philosophy, S.195-203 101

McGuinness, B.F./von Wright, G.H. (Hrsg.) (1980): Ludwig Wittgenstein. Briefwechsel mit B. Russell, G.E .Moore, J.M. Keynes, F.P. Ramsey, W. Eccles, P. Engelmann und L. von Ficker, S.35-36

102

A.u.Anm. 71, 5.5421

103

Wittgenstein, L. (1913): Aufzeichnungen über Logik, S.189

104

Ebd., S.203, 204

105

Ebd., S.191, 202

106

A.u.Anm. 101, S.25-26

107

A.u.Anm. 103, S.192

108

A.u.Anm. 101, S.30

109

A.u.Anm. 24, S.659

457 110

Ebd., S.660, 664-665; vgl. Russell, B. (1923): Truth-Functions and MeaningFunctions, S.156

111

A.u.Anm. 22, S.113

112

A.u.Anm. 24, S.51

113

S. dazu z.B. Bernays, P. (1926): Axiomatische Untersuchung des AussagenKalküls der „Principia Mathematica“, S.305-306 114

A.u.Anm. 24, S.661

115

Ebd., S.666

116

Wittgenstein, L.: Diktat für Schlick, in: Wittgensteins Nachlass, item 302, S.31-32; s. auch item 306, S.1-2. Das Diktat wurde 2003 in Baker, G.: The Voices of Wittgenstein, veröffentlicht.

117

Carnap, R. (1947): Meaning and Necessity: A Study in Semantics and Modal Logic, S.56-59

118

Ebd., S.133

119

Ebd., S.141-142; Carnap, R. (1942): Introduction to Semantics, S.249

120

Smirnova, E.D. (1996): Logika i philosophija, S.147

121

Ebd., S.148-149; auch Smirnov, V.A. (1981): Sovremennije semanticheskije issledovanija modalnih i intensionalnih logik, S.22-24; Smirnova E.D. (1984): Podhod k semantike pervoporjadkovoj intensionalnoj logiki, S.245-246 122

In diesem Zusammenhang möchte ich aber darauf hinweisen, dass nach Meinung einiger Autoren die Einführung von Intensionen bei der semantischen Interpretation bestimmter formalisierter Sprachen nicht notwendig und sogar überflüssig ist. S. dazu z.B. Hintikka, J. (1969): Semantics for Propositional Attitudes, S.88-89; vgl. Montague, R. (1970): English as a Formal Language, S.217-218

123

A.u.Anm. 120, S.148-149

124

Montague, R. (1968): Pragmatics, S.95-96

458 125

Ebd.; Montague, R. (1970): Pragmatics and Intensional Logic, S.120, 124

126

A.u.Anm. 124, S.98

127

Ebd.

128

Ebd., S.99-100; Montague, R. (1970): Pragmatics and Intensional Logic, S.125-126

129

A.u.Anm. 120, S.151

130

Saarinen, E. (1984): Javljajutsja li suschdenija objektami propositionalnih ustanovok? S.249, 259-264

131

S. dazu z.B. Gerasimova, I.A. (1990): Litschnostnoje znanije i logitscheskaja semantika S.138-139

132

Diese Idee kann man als Realisierung eines Prinzips auffassen, das der modelltheoretischen Semantik, die man insbesondere mit den Namen von Montague und Lewis verbindet, und der spiel-theoretischen Semantik (Hintikka, Saarinen, Carlson) zugrunde liegt. Das besagte Prinzip verlangt, dass die Beziehung eines Satzes S zu dem Modell M der Objekt-Sprache, die man mit Hilfe des Satzes „S ist wahr in M“ beschreibt, in eine Beziehung zu einem Parameter t gebracht wird. S. dazu u.Anm. 119; Saarinen, E. (1986): O metateorii i metodologii semantiki, S.122-123, 125-126 133

Rantala, V. (1989): Znanije i intensionalnost, S.90-91

459

KAPITEL 6 1

Russell, B. (1913): Theory of Knowledge: The 1913 Manuscript, S.97

2

Ebd.

3

Smirnov, V. A. (1987): Logitscheskije metodi analisa nautschnogo znanija, S.226-230

4

Frege, G. (1879-1891): Logik, S.2-3

5

Frege, G. (1892-1895): Ausführungen über Sinn und Bedeutung, S.128

6

Ebd., S.130

7

Ebd., S.128

8

A.u.Anm. 5

9

A.u.Anm. 4

10

Ebd.; Frege, G. (1918-1919): Der Gedanke. Eine logische Untersuchung, S.30

11

Frege, G. (1892): Über Sinn und Bedeutung, S.50

12

A.u.Anm. 4, S.6

13

Ebd., S.4

14

Frege, G. (1893-1903): Grundgesetze der Arithmetik, S.XV

15

Frege, G. (1884): Die Grundlagen der Arithmetik, S.XIX

16

A.u.Anm. 14, S.XIX

17

A.u.Anm. 15, S.37

18

Ebd., § 26

19

A.u.Anm. 14, S.XXIV

20

A.u.Anm. 17

460

21

A.u.Anm. 15, S.XVIII; u.Anm. 10, S.50

22

A.u.Anm. 14, S.XV-XVII

23

Ebd.

24

S. dazu z.B. u.Anm. 3, S.9, 230

25

Aus demselben Grund werde ich auch die Unterscheidung zwischen verschiedenen Formen des Psychologismus (insbesondere zwischen der schwachen und der starken Form des Psychologismus) nicht erwähnen. Vgl. Mohanty, J.N. (1982): Husserl and Frege, S.19-31 26

Husserl, E. (1900-1901): Logische Untersuchungen, 1, S.92

27

Ebd., S.66

28

Ebd., S.66-67

29

Ebd., S.99-101

30

Ebd., S.156-159

31

Ebd., S.174-175

32

Ebd., S.52

33

Ebd., S.53-54

34

Ebd., S.57

35

Ebd., S.78-81

36

Ebd., S.76-77

37

Ebd., S.61-62

38

Ebd., S.62-63

39

Ebd., S.69

461

40

Ebd., S.69-71

41

Ebd., S.98-99

42

Ich beziehe mich bei dieser Interpretation auf eine der Ideen Feys’. S. dazu: Feys, R.: Modal Logics (1965), § 20.

43

A.u.Anm. 26, S.55-56

44

Ebd., S.59-60, 211

45

Ebd., S.255

46

Ebd., S.243-246

47

Ebd., S.223-224

48

Ebd., S.73

49

Ebd., S.74-75

50

Ebd., S.101

51

Ebd., S.76-77

52

Mill, J.S. (1865): An Examination of Sir William Hamilton’s Philosophy and of the Principal Philosophical Questions Discussed in his Writings, S.359. Ich schlage folgende Übersetzung dieses Textes vor: „Ich glaube, dass Logik nicht die Theorie vom Gedanken als Gedanken ist, sondern vom gültigen Gedanken; nicht vom Denken, sondern vom korrekten Denken. Sie ist nicht eine Wissenschaft, die von der Psychologie verschieden oder mit ihr gleichgeordnet ist. Sofern als sie überhaupt eine Wissenschaft ist, ist sie ein Teil oder ein Zweig der Psychologie; der sich von ihr unterscheidet, einerseits wie sich ein Teil von dem Ganzen unterscheidet und andererseits wie sich eine Kunst von der Wissenschaft unterscheidet. Ihre theoretischen Gründe sind völlig der Psychologie entliehen.“ S. dazu die Husserlsche Übersetzung u.Anm. 26, S.51

53

Mill, J.S. (1843): A System of Logic, Ratiocinative and Inductive Being a Connected View of the Principles of Evidence and the Methods of Scientific Investigation, S.183

462

54

Ebd., S.557

55

Ebd., S.3

56

Ebd., S.4

57

Ebd., S.5. Meine Übersetzung ist: „Logik ist nicht die Wissenschaft vom Glauben, sondern die Wissenschaft vom Beweis oder von der Evidenz. Insofern als Glauben für das erklärt wird, was auf dem Beweis gründet, ist es die Aufgabe der Logik einen Test zu liefern, um festzustellen, ob das Glauben begründet ist oder nicht.“

58

Ebd.

59

Ebd., S.6

60

Ebd., S.7-8

61

Ebd., S.8

62

A.u.Anm. 52, S.139

63

Ebd., S.140

64

Ebd., S.141. Meine Übersetzung ist: „Diese Art der Feststellung der ursprünglichen Elemente des Verstands bezeichne ich mangels eines besseren Wortes als psychologisch, im Unterschied zu der einfachen introspektiven Art. Das ist die bekannte und bewährte Methode physikalischer Wissenschaft, die an die Bedürfnisse der Psychologie angepasst ist.“ 65

Ebd., S.146

66

Ebd., S.301

67

Ebd., S.359

68

Ebd., S.361

69

S. dazu Bocheński, J.M. (1956): Formale Logik, S.86-87

70

Frege, G. (1894): (Rezension von) Dr. E. G. Husserl: Philosophie der Arithmetik

463

71

Ebd., S.316-317

72

Ebd., S.318-320

73

Ebd., S.320

74

Ebd., S.332

75

Russell, B. (1938): The Relevance of Psychology to Logic, S.362

76

Russell, B. (1921): The Analysis of Mind, S.191-192

77

Ebd., S.198

78

A.u.Anm. 75, S.362; s. auch Russell, B. (1940): An Inquiry into Meaning and Truth: The William James Lectures for 1940 Delivered at Harvard University, S.59-69

79

A.u.Anm. 75, S.370

80

Russell, B. (1903): The Principles of Mathematics, § 62

81

Ebd., § 68

82

Frege, G.: Wissenschaftlicher Briefwechsel, S.225

83

Frege, G. (1891): Funktion und Begriff, S.28

84

Frege, G. (1895): Kritische Beleuchtung einiger Punkte in E. Schröders Vorlesungen über Algebra der Logik, S.102-103, 108

85

A.u.Anm. 82, S.221

86

Ebd., S.222-223

87

A.u.Anm. 14, S.36

88

Ebd., S.253-254

89

Whitehead, A.N./Russell, B. (1910-1913): Principia Mathematica, 1, S.72-74

464 90

A.u.Anm. 82, S.121-122

91

Ebd., S.223

92

Bernays, P. (1937-1954): A System of Axiomatic Set Theory; Bernays, P. (1958): Axiomatic Set Theory

93

Bernays, P. (1927): Probleme der theoretischen Logik, S.13

94

Bernays, P. (1930): Die Philosophie der Mathematik und die Hilbertsche Beweistheorie, S.331

95

A.u.Anm. 93, S.14

96

Bernays, P. (1937): Thesen und Bemerkungen zu den philosophischen Fragen und zur Situation der logisch-mathematischen Grundlagen-Forschung, S.82 97

Bernays, P. (1935): Über den Platonismus in der Mathematik, S.63

98

Ebd., S.63-64

99

A.u.Anm. 94, S.356

100

A.u.Anm. 97, S.64-65

101

Ebd., S.73

102

Whitehead, A.N./Russell, B. (1910-1913): Principia Mathematica, 2, S.203

103

A.u.Anm. 94, S.355

104

Fraenkel, A.A./Bar-Hillel, Y./Levy, A. (1958): Foundations of Set Theory, S.185186

105

Russell, B. (1898): Are Euclid’s Axioms Empirical?

106

Ebd., S.334, 337-338

107

A.u.Anm. 96, S.80-81

108

A.u.Anm. 97, S.76

465

109

A.u.Anm. 96, S.83

110

A.u.Anm. 94, S.329-330

111

Ebd., S.332

112

Ebd., S.332-333, 340-341

113

Ebd., S.336

114

Ebd., S.332, 338

115

Bernays, P. (1937-1954): A System of Axiomatic Set Theory, in: The Journal of Symbolic Logic, 2 (1937), S.65 116

Bernays, P. (1958): Axiomatic Set Theory, S.39-42

117

A.u.Anm. 115, S.66

118

A.u.Anm. 116, S.43

119

A.u.Anm. 115, S.66

120

Ebd.

121

A.u.Anm. 116, S.46-48

122

Ebd., S.56-57

123

Ebd., S.51, 57

124

Ebd., S.53

125

Ebd., S.52

126

Ebd., S.54

127

Ebd., S.7

128

Ebd., S.61

466

129

Ebd., S.63, 58

130

A.u.Anm. 115, S.67, 70

131

Ebd., S.70-76

132

Ebd., S.77

133

A.u.Anm. 116, S.57

134

Ebd.

135

A.u.Anm.80, § 10

136

Ebd., § 15

137

Ebd., § 37, 39

138

Russell, B. (1904): Meinong’s Theory of Complexes and Assumptions, S.522

139

Ebd.

140

Ebd., S.523

141

Ebd., S.524

142

Wittgenstein, L. (1929): Some Remarks on Logical Form, S.35-37

143

Frege, G. (1918-1919): Die Verneinung. Eine logische Untersuchung, S.67-68

144

Wittgenstein, L. (1921): Tractatus logico-philosophicus, 4.431

145

Ebd., 1.1, 2.06

146

Ebd., 3.144

147

Ebd., 4.2

148

Ebd., 3.3

467 149

Ebd., 4.063

150

Ebd., 4.061

151

Ebd.

152

Ebd., 4.0621

153

Ebd.

154

A.u.Anm. 89, S.7-8

155

Ebd., S.87

156

Wittgenstein, L.(1913): Aufzeichnungen über Logik, S.188, 200, 201

157

A.u.Anm. 144, 5.4

158

Ebd., 4.12, 4.121. Im Kontext der Diskussion über die Russellsche Theorie der mehrstelligen kognitiven Relationen formuliert Wittgenstein eine Forderung, die der Russellschen Forderung nach der Einfachheit der logischen Form ähnelt. Nach Wittgenstein darf die logische Form, wenn sie zum Verständnis aller Sätze nötig ist, selbst nicht die Gestalt eines Satzes haben (s. dazu Wittgenstein, L. (1914-1916): Tagebücher, S.113). Man wird auf diese Weise mit der Frage konfrontiert, was uns das Wissen von logischen Form liefert, wenn sie nicht in einem Satz mitgeteilt werden kann. Der Schluss Wittgensteins besteht darin, dass die logische Form gezeigt wird, und zwar von demselben Zeichen, das etwas mitteilt – vom Satz. Die Verschiedenheit dieser Funktionen des Satzes (Funktionen des Sagens und des Zeigens) wird im Tractatus auf die Verschiedenheit ihrer „Objekte“ zurückgeführt. Eines dieser Objekte ist das, was mitgeteilt wird, und das ist dass es sich so und so verhält. Das zweite dieser Objekte ist das, was gezeigt wird, und das ist wie es sich verhält. Dieses wie wird von der Gestalt des Satzes abgelesen und lässt sich insbesondere am Vorkommen gleichgestalteter Zeichen erkennen. Diese Auffassung ist einer Idee Lewis ähnlich, die er in Lewis, C.I. (1918): A Survey of Symbolic Logic, S.284-285, äußert. Hier vergleicht Lewis Hauptmerkmale der Algebra der Logik mit dem System der Principia Mathematica. Das Kennzeichnende des Systems der Principia sieht Lewis in der Anwendung der Operation der Ableitung oder des Schließens. Diese Operation charakterisiert er als rein mechanische und sogar mathematische Operation. Dieses Charakteristikum schreibt er der Anwendung der Regel modus ponens zu, und zwar aus dem Grund, dass diese Anwendung keine besonderen logischen Vorkenntnisse verlangt sondern nur eine „mentale“ Operation fordert: die Operation des Erkennens

468

des Antezedens einer Implikation als eines Satzes, der die gleiche Gestalt mit einem in dem Beweis schon vorgekommenen Satz hat, und des abschließenden Abtrennens des Antezedens. Der formale Teil des Systems der Principia wird somit als ein Zeichensystem erkannt, die Festlegung dessen Elemente und ihrer Beziehungen durch bestimmte syntaktische Konventionen geregelt werden kann. Die Anwendung solcher Konventionen richtet sich dabei letztendlich an die Konstruktion neuer Elemente des formalen Systems. 159

Ebd., 4.126

160

Ebd., 4.24

161

Ebd., 4.126

162

Ebd., 4.1271, 4.1272

163

A.u.Anm. 142, S.31

164

Ebd., S.31-32

165

Ebd., S.32-33

166

Ebd., S.34

167

Moore, W. (1938): Structure in Sentence and in Fact, S.92

168

Hailperin, T. (1937): Foundations of Probability in Mathematical Logic

169

Wittgenstein, L. (1930-1935): Vorlesungen 1930-1935, S.32

170

Ebd., S.27

171

Russell, B. (1950): Is Mathematics Purely Linguistic?

172

Ebd., S.358-359

173

Ebd., S.356

174

Ebd., S.360

175

Ebd., S.360-362

469

176

Ebd., S.357

177

A.u.Anm. 144, 5

178

Ebd., 5.02, 5.2341

179

Ebd., 5.2

180

Ebd., 5.22

181

Ebd., 5.21, 5.22, 5.23, 5.233

182

Ebd., 5.24, 5.241

183

Ebd., 5.501

184

Ebd., 6, 6.01, 6.03

185

Ebd., 5.251, 5.252, 5.32

186

Ebd., 5.4, 5.41

187

Ebd., 5.42

188

Ebd., 5.461

189

Ebd., 6.1

190

Ebd., 4.2, 4.431, 4.461

191

Ebd., 4.462

192

Ebd., 4.26

193

Ebd., 5.134

194

Ebd., 4.4611, 3.328, 6.121

195

Ebd., 6.1231, 6.126, 6.1263

470 196

Ebd., 6.124

197

Ebd., 5.124, 5.1241

198

Ebd., 5.131

199

Ebd., 4.442

200

Ebd., 5.101, 5.11, 5.12, 5.121

201

Ebd., 5.15

202

Whiteley, C.H. (1951): The Idea of Logical Form

203

Strawson, P. F. (1952): Introduction to Logical Theory

204

A.u.Anm. 144, 4.464

205

Ebd., 6.1264

206

Ebd., 4.4, 4.431; Ramsey, F.P. (1926): Mathematical Logic, S.225

207

A.u.Anm. 80, § 10

208

Ramsey, F.P. (1926): Mathematical Logic, S.226-227

209

Ramsey, F.P. (1927): Facts and Propositions, S.47

210

Ebd., S.48-49

211

Ebd., S.49-50

212

Ebd., S.50-52

213

A.u.Anm. 144, 4.43

214

A.u.Anm. 209, S.52

215

Ebd., S.53

216

Weingartner, P. (2000): Basic Questions on Truth

471

217

Ebd., S.159

218

Ebd., S.162-163

219

Ebd., S.166-168

220

Ebd., S.154-155, 169

221

White, M. (1987): A Philosophical Letter of Alfred Tarski, S.31

222

Ebd., S.29-30

223

Tarski, A. (1986): What are Logical Notions?, S.145-149

224

Ebd., S.149

225

Lindenbaum, A./Tarski, A. (1936): On the Limitations of the Means of Expression of Deductive Theories, S.385-386

226

Ebd., S.386; u.Anm. 223, S.150

227

A.u.Anm. 225, S.386-387; u.Anm. 223, S.150

228

A.u.Anm. 225, S.387; u.Anm. 223, S.151

229

A.u.Anm. 225, S.388

230

A.u.Anm. 223, S.151

231

Ebd., S.152-153

232

Simons, P. (1987): Bolzano, Tarski and the Limits of Logic, in: Philosophia Naturalis, 24 (1987), S.378-405

233

Ebd., S.383

234

A.u.Anm. 225, S.386

473

LITERATURVERZEICHNIS Vorbemerkungen 1. Die im Weiteren mit „*“ gekennzeichneten Jahreszahlen sind ein Zeichen dafür, dass die jeweilige Arbeit zu Lebzeiten des Autors nicht (oder nicht in ihrem vollen Umfang) veröffentlicht wurde. Ich hielt es aber für sinnvoll, dass das Jahr, in dem die Arbeit (oder das Manuskript) verfasst wurde, angegeben wird, insofern als die Entwicklung der Ansichten des jeweiligen Autors als einer der Gegenstände der Untersuchung auftrat. 2. Für die Quellen, deren Originalsprache Russisch ist oder die in Russisch zum ersten Mal veröffentlicht wurden, sind in eckigen Klammern Titelangaben in Deutsch (oder in Englisch, falls diese in Englisch von dem Herausgeber angeführt worden sind) angegeben.

Amann, Herbert/Escher, Joachim (1998): Analysis, 1, Basel, Boston, Berlin: Birkhäuser Verlag, 1998 Anderson, G. Anthony (1980): Some New Axioms for the Logic of Sense and Denotation, in: Nous 14 (1980), Nr. 2, S. 217-234 Andler, Daniel (2000): The Undefinability of Analytic Philosophy, in: A. Kanamori (Hrsg.): The Proceedings of the Twentieth World Congress of Philosophy, 6, Boston: Philosophy Documentation Center Bowling Green State University, 2000, S. 267-285 Ayer, Alfred J. (1972): Russell, London: Collins, 1972 Ayer, Alfred J. (1971): Russell and Moore: The Analytical Heritage, Cambridge, Massachusetts: Harvard University Press, 1971

474

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