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German Pages 278 Year 2006
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1014
Delegation und Mandat im öffentlichen Recht Eine Untersuchung zur rechtlichen Zulässigkeit von Kompetenzübertragungen
Von
Thorsten Reinhardt
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
THORSTEN REINHARDT
Delegation und Mandat im öffentlichen Recht
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1014
Delegation und Mandat im öffentlichen Recht Eine Untersuchung zur rechtlichen Zulässigkeit von Kompetenzübertragungen
Von
Thorsten Reinhardt
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Mannheim hat diese Arbeit im Jahre 2005 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten # 2006 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-11958-4 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *
Internet: http://www.duncker-humblot.de
Vorwort Die hier vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2005 von der Fakultät für Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre der Universität Mannheim als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur konnten bis Mai 2005 berücksichtigt werden. An dieser Stelle möchte ich die Gelegenheit nutzen, mich bei allen zu bedanken, die zum Entstehen dieser Arbeit beigetragen haben. Mein ganz besonderer Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. WolfRüdiger Schenke. Er hat das Thema dieser Arbeit angeregt und mir zahlreiche Vorschläge zur Verbesserung unterbreitet. Daneben hat er mir die Möglichkeit eröffnet, an seinem Lehrstuhl mitzuarbeiten. Auch hierfür möchte ich mich noch einmal ausdrücklich bedanken. Bedanken möchte ich mich auch bei Herrn Privatdozent Dr. Peter Baumeister. Er hat nicht nur das Zweitgutachten erstellt, sondern mir anlässlich der Erstellung dieses Gutachtens auch zahlreiche Verbesserungsvorschläge unterbreitet. Großen Dank möchte ich schließlich auch meinen Eltern aussprechen. Sie haben mich während meiner gesamten juristischen Ausbildung und während der Promotionsphase unterstützt. Ohne diese Unterstützung hätte ich diese Arbeit nicht anfertigen können. Ihnen sei diese Arbeit daher auch gewidmet. Waghäusel, im August 2005
Thorsten Reinhardt
Inhaltsverzeichnis Einleitung und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15
Kapitel 1 Zur Terminologie von Delegation und Mandat
19
A. Der Begriff der Delegation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
20
I. Das Vorliegen eines Rechtsaktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
20
II. Das Erfordernis, dass der Hoheitsträger oder ein Hoheitsorgan seine ihm durch das Recht eingeräumte Befugnis zum Erlass von Hoheitsakten überträgt
21
III. Die Übertragung auf ein anderes Subjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25
B. Die verschiedenen Arten der Delegation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25
I. Die devolvierende und die konservierende Delegation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
26
II. Die Subdelegation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
26
III. Die Spezialdelegation und die totale Delegation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
26
IV. Die Singulardelegation und die Generaldelegation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
26
V. Die fiktive Delegation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27
VI. Die potentielle Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
28
VII. Die primäre und die sekundäre Delegation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29
VIII. Die inkorporierende und die schlichte Delegation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
30
C. Die Abgrenzung der Delegation von anderen Instituten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
30
I. Abgrenzung der Delegation von der Amtshilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
30
II. Abgrenzung zwischen Delegation und Organleihe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
32
III. Abgrenzung des hier verwendeten Delegationsbegriffs von dem in der Verwaltungslehre verwendeten Begriff der Delegation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
34
IV. Abgrenzung der Delegation von der Verwaltungshilfe nach dem Einigungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
35
8
Inhaltsverzeichnis
D. Der Begriff des Mandats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
36
I. Das Vorliegen eines Rechtsakts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
37
II. Zur Erteilung des Mandats durch den Inhaber der mandatierten Zuständigkeit
38
III. Die Beauftragung eines anderen Subjekts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
39
IV. Ausübung der Kompetenz im Namen der mandatierenden Behörde . . . . . . . . . . .
40
E. Die verschiedenen Arten des Mandats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
41
I. Das innerbehördliche Mandat und das zwischenbehördliche Mandat . . . . . . . . . .
41
II. Das Singularmandat und das generelle Mandat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
42
III. Das Submandat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
42
IV. Das Spezialmandat und das totale Mandat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
43
V. Das konservierende und das devolvierende Mandat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
43
VI. Der Mandatsbegriff Triepels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
43
F. Die Abgrenzung des Mandats von anderen Instituten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
44
I. Abgrenzung des Mandats von der Amtshilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
44
II. Abgrenzung des Mandats von der Organleihe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
45
III. Abgrenzung des Mandats vom Boten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
47
IV. Abgrenzung des Mandats von der Delegation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
49
V. Abgrenzung des Mandats von dem „Beauftragten“ in der öffentlichen Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
50
Kapitel 2 Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
52
A. Zum Erfordernis einer Ermächtigung für die Delegation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
52
I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
52
II. Die Organisationsgewalt im Bereich des Bundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Fällt die Regelung der Behördenzuständigkeit unter den Gesetzesvorbehalt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
54
Inhaltsverzeichnis
9
a) Stellt die Regelung der Behördenzuständigkeit einen Eingriff in die Rechte des Bürgers dar bzw. bildet sie einen von der materiellrechtlichen Eingriffsregelung untrennbaren Bestandteil und fällt sie deshalb unter den Eingriffsvorbehalt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
56
b) Verlangt das Rechtsstaatsprinzip eine Regelung der Behördenzuständigkeit durch Gesetz? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
60
aa) Anforderungen an die Ausgestaltung der Zuständigkeitsordnung aufgrund des Rechtsstaatsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
61
(1) Das Interesse des Bürgers an Kenntnis der für ihn zuständigen Behörde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
63
(2) Steht dem Bürger ein Recht auf die Einhaltung der Behördenzuständigkeit zu? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
64
(3) Zur Problematik der Parallelzuständigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
76
(4) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
77
bb) Verlangen diese rechtsstaatlichen Anforderungen an die Ausgestaltung der Zuständigkeitsordnung, dass die Regelung der Zuständigkeit durch Verwaltungsvorschrift oder durch Gesetz erfolgen muss?
78
(1) Steht der Exekutive ein originäres Recht zum Erlass von außenwirksamen Normen zu? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
79
(2) Verlangt das Rechtsstaatsprinzip eine Regelung der Behördenzuständigkeit im Außenverhältnis oder würde ihm auch eine Regelung im Innenverhältnis durch Verwaltungsvorschriften genügen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
84
c) Regelung der Behördenzuständigkeit und Wesentlichkeitstheorie . . . . . .
88
d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
90
2. Auswirkungen des hier dargelegten Umfangs des Gesetzesvorbehalts für Zuständigkeitsregelungen auf die Verteilung der Organisationsgewalt im Bereich des Bundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
93
III. Die Organisationsgewalt im Bereich der einzelnen Bundesländer . . . . . . . . . . . . .
93
IV. Auswirkungen der Verteilung der Organisationsgewalt für die Frage der Zulässigkeit einer Delegation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
94
V. Ermächtigung zur Delegation durch Gewohnheitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
95
B. Form der Delegation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
97
I. Zuständigkeitsregelungen, die unter den Gesetzesvorbehalt fallen . . . . . . . . . . . .
97
1. Bedeutung der Wesentlichkeitstheorie für die Ermächtigung zur Delegation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
99
2. Bedeutung des Bestimmtheitsgebots für die Ermächtigung zur Delegation
101
3. Die Problematik der „gesetzesändernden“ Rechtsverordnung . . . . . . . . . . . . . . 102
10
Inhaltsverzeichnis II. Zuständigkeitsregelungen, die nicht unter den Gesetzesvorbehalt fallen . . . . . . . 103 III. Delegation in Form einer Satzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 IV. Form der Delegation bei Art. 60 III GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
C. Grenzen der Delegation aus Sicht des Inhabers der Organisationsgewalt . . . . . . . . . . . . 106 I. Delegation an Stellen, denen gegenüber kein Weisungsrecht besteht (ministerialfreie Räume) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 II. Delegation an zwischenstaatliche Einrichtungen und internationale Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 III. Delegation an Private . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 IV. Delegation und Mischverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 1. Mischverwaltung bei dem Vollzug von Bundesgesetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 2. Mischverwaltung beim Vollzug von Landesgesetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 V. Delegation von Landes- oder Bundesbehörden an Gemeinden . . . . . . . . . . . . . . . . 113 VI. Grenzen der Delegation in Bezug auf die zu delegierende Kompetenz . . . . . . . . 116 VII. Können Beliehene zur Vornahme einer Delegation ermächtigt werden? . . . . . . . 117 D. Grenzen der Delegation aus der Sicht des Deleganten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 I. Allgemeines zu den Grenzen der Delegation aus Sicht des Deleganten . . . . . . . . 121 II. Rechtsfolgen und Rechtsschutzmöglichkeiten für den Bürger, wenn der Delegant den ihm eingeräumten Spielraum verletzt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 E. Zur Frage, ob eine Delegation auch rückwirkend erfolgen kann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 F. Die Singulardelegation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 I. Zur Frage, ob eine Singulardelegation rechtlich zulässig ist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 II. Zum Erfordernis einer besonderen gesetzlichen Ermächtigung für die Singulardelegation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 III. Form der Singulardelegation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 G. Die konservierende Delegation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 I. Zur Frage, ob die konservierende Delegation rechtlich zulässig ist . . . . . . . . . . . . 139
Inhaltsverzeichnis
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1. Die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen und die sich daraus ergebenden Folgen für die Zulässigkeit der konservierenden Delegation . . . 140 2. Das Problem der Ungleichbehandlung bei der konservierenden Delegation
141
3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 II. Zu der Frage, ob die konservierende Delegation eine besondere gesetzliche Ermächtigung voraussetzt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 III. Müssen die Voraussetzungen, unter denen der Delegant die delegierte Kompetenz weiterhin selbst wahrnehmen kann, in der Delegationsrechtsverordnung angegeben werden? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 H. Die totale Delegation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 I. Die Subdelegation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 I. Zur rechtlichen Zulässigkeit der Subdelegation im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . 154 II. Zu der Frage, ob der Delegant aufgrund der allgemeinen Ermächtigung zur Delegation den Delegatar auch zur Vornahme einer Subdelegation ermächtigen kann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 J. Die Problematik der potentiellen Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 K. Rechtsschutz gegen die Delegation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 I. Rechtsschutz gegen die Delegation in Form einer Rechtsverordnung bzw. Satzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 II. Rechtsschutz gegen die Delegation in Form eines Verwaltungsaktes . . . . . . . . . . 170 Kapitel 3 Die rechtliche Zulässigkeit des Mandats
173
A. Zur allgemeinen rechtlichen Zulässigkeit des Mandats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 I. Die Zulässigkeit des innerbehördlichen Mandats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 II. Die Zulässigkeit des zwischenbehördlichen Mandats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 B. Zum Erfordernis einer Ermächtigung für das Mandat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 I. Allgemeines zum Erfordernis einer Ermächtigung für ein Mandat . . . . . . . . . . . . 177 II. Ausnahme vom Erfordernis einer gesetzlichen Ermächtigung in den Fällen des Mandats zur ergänzenden Hilfe? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182
12
Inhaltsverzeichnis III. Ausnahme vom Erfordernis einer gesetzlichen Ermächtigung für ein Mandat, wenn der Mandatar vor Erlass einer Entscheidung diese dem Mandanten zur Überprüfung und Kontrolle vorlegen muss? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 IV. Ist eine gesetzliche Ermächtigung für ein Mandat entbehrlich, wenn der Mandant dem Mandatar übergeordnet ist und somit zwischen beiden ein Weisungsverhältnis besteht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 V. Enthält die Ermächtigung zu einer Delegation zugleich auch die Ermächtigung zu einem Mandat? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 VI. Kann bei besonderer Ausgestaltung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung auf eine Ermächtigung für ein Mandat verzichtet werden? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210
C. Zur Form des Mandats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 I. Form des innerbehördlichen Mandats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 II. Form des zwischenbehördlichen Mandats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 1. Verlangt das Rechtsstaatsprinzip eine Regelung der materiellen Behördenzuständigkeit durch Gesetz? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 a) Das Interesse des Bürgers an Kenntnis der für ihn zuständigen Behörde und die Folgen für die Normierung der materiellen Zuständigkeit . . . . . . 219 b) Der Grundsatz der „Messbarkeit und Limitiertheit staatlichen Handelns“ und die Folgen für die Regelung der materiellen Zuständigkeit . . 220 c) Die Verpflichtung, dem Bürger ein Recht auf das Handeln der zuständigen Behörde einzuräumen und ihre Folgen für die Normierung der materiellen Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 2. Verlangt die „Wesentlichkeitstheorie“ eine Regelung der materiellen Behördenzuständigkeit durch Gesetz? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 D. Grenzen des Mandats im Hinblick auf die Ermächtigung zu einem Mandat . . . . . . . . . 228 I. Mandatierung von Privatpersonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 II. Mandatierung von Stellen, denen gegenüber kein Weisungsrecht besteht (ministerialfreie Räume), von zwischenbehördlichen Einrichtungen und von internationalen Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 III. Mandat und Mischverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 IV. Mandat von Landes- oder Bundesbehörden an Gemeinden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 V. Die Zulässigkeit des Mandats zur Rechtsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233
Inhaltsverzeichnis
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1. Ist es möglich, dass die Exekutive im Namen des Parlaments Parlamentsgesetze erlassen kann? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 2. Ist ein Mandat zur Rechtsetzung innerhalb der Exekutive zulässig? . . . . . . . . 235 3. Ist ein Mandat zur Rechtsetzung zwischen Bundes- und Landesbehörden möglich? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 a) Kann eine Bundesbehörde einer Landesbehörde ein Mandat zur Rechtsetzung erteilen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 b) Kann eine Landesbehörde einer Bundesbehörde ein Mandat zur Rechtsetzung erteilen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 E. Grenzen des Mandats aus Sicht des Mandanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 F. Zur Frage, ob ein Mandat auch rückwirkend erfolgen kann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 G. Das konservierende Mandat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 H. Das Singularmandat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 I. Das Submandat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 J. Welche Rechtsfolge hat es, wenn der Mandatar die mandatierte Kompetenz nicht im Namen des Mandanten, sondern im eigenen Namen wahrnimmt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 K. Rechtsschutz gegen das Mandat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256
Thesenartige Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274
Abkürzungsverzeichnis Die Verwendung von Abkürzungen orientiert sich weitgehend an dem in Kirchner / Butz, „Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache“, 5. A., 2002 verwendeten Abkürzungsverzeichnis. Nur sofern in dieser Untersuchung verwendete Abkürzungen hiervon abweichen oder nicht aus sich heraus verständlich bzw. allgemein üblich sind, werden sie im Folgenden erläutert. AVAVG
Gesetz über die Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung
Bay
Bayern, bayrisch
BW
Baden-Württemberg, baden-württembergisch
BWVBl
Baden-Württembergische Verwaltungsblätter
NW
Nordrhein-Westfalen, nordrhein-westfälisch
RP
Rheinland-Pfalz, rheinland-pfälzisch
VGH
Verwaltungsgerichtshof
VIZ
Zeitschrift für Vermögens- und Immobilienrecht
VR
Verwaltungsrundschau
ZfW
Zeitschrift für Wasserrecht
Einleitung und Gang der Untersuchung Die hier vorliegende Untersuchung beschäftigt sich mit der Übertragung von Kompetenzen im Wege einer Delegation und im Wege eines Mandats, und damit im weitesten Sinne auch mit der Regelung von Behördenzuständigkeiten. Ganz allgemein betrachtet kann man sagen, dass Zuständigkeitsregelungen eine ambivalente Funktion aufweisen. Zum einen bringen sie eine gewisse Ordnung in die Wahrnehmung der unzähligen staatlichen Aufgaben, indem sie für jede einzelne Kompetenz und für jede einzelne Aufgabe festlegen, wer zu deren Wahrnehmung befugt ist. Ohne eine derartige Ordnung könnte der Staat viele seiner ihm obliegenden Aufgaben, wie etwa Schutz der Bürger vor Gefahren, Erbringen von staatlichen Leistungen usw., kaum sinnvoll durchführen. Das in Gesetzen festgelegte Handlungsprogramm des Staates bliebe zum Großteil eine Fiktion, wenn es nicht Stellen gäbe, die für die Vollziehung dieser Gesetze zuständig sind. Neben dieser positiven Funktion der Zuständigkeitsregelungen gibt es aber für die hiervon Betroffenen auch eine negative Seite. Der Bürger etwa muss sich immer an die für ihn zuständigen Stellen wenden, wenn er mit dem Staat in Kontakt treten will. Angesichts des zum Teil als fast undurchschaubar erscheinenden Netzes an Zuständigkeitsregelungen ein in manchen Fällen durchaus schwieriges Unterfangen. Aber nicht nur für den Bürger, sondern auch für die staatlichen Stellen hat die Regelung der Zuständigkeit eine negative Seite. So ist heute in Rechtsprechung und Literatur1 fast unbestritten, dass nur das Handeln der zuständigen Stelle rechtmäßig ist und dass deshalb staatliche Stellen, die ihren Kompetenzbereich überschreiten, rechtswidrig handeln. Im Ergebnis führt das dazu, dass im Normalfall eine Behörde keine Kompetenzen einer anderen Behörde wahrnehmen kann. Die Regelung der Zuständigkeit bewirkt somit, dass die Befugnis zur Wahrnehmung einer bestimmten Kompetenz auf die hierfür zuständige Stelle beschränkt ist. Gerade diese Beschränkung auf die zuständige Stelle bringt für diese Stelle aber auch Nachteile mit sich. Denn die Zuständigkeit kann auch eine Last darstellen, eben gerade weil nur die zuständige Stelle zur Wahrnehmung der betreffenden Kompetenz befugt ist und sie somit auch allein die Verantwortung für die ordnungsgemäße Wahrnehmung der Kompetenz trägt. Besonders spürbar ist diese 1 S. hierzu etwa Stettner, S. 355 ff. m. w. N. von Rspr. und Lit. sowie Kapitel 2, A. II. 1. b) aa) (2) dieser Untersuchung.
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Einleitung
Last vor allem dann, wenn die zuständige Behörde nicht über genügend Personal verfügt, um die ihr zugewiesenen Kompetenzen wahrzunehmen, oder wenn sie nicht die für die Wahrnehmung der Kompetenz erforderliche Sachnähe besitzt. Unter diesem Blickwinkel ist denn auch verständlich, dass Behörden oder sonstige staatliche Stellen in bestimmten Fällen ein Interesse daran haben, die ihnen obliegenden Kompetenzen in irgendeiner Form an andere Stellen abzugeben oder weiterzuübertragen. Möglich wäre dies etwa in der Gestalt, dass die andere Stelle die ihr übertragene Kompetenz entweder im eigenen Namen wahrnehmen soll, oder dass ihr wenigstens die Befugnis zukommen soll, die ihr übertragene Kompetenz im Namen der übertragenden Behörde auszuüben. Im ersten Fall läge dann eine Delegation vor, im zweiten ein Mandat2. So haben beispielsweise in Baden-Württemberg Mitte der neunziger Jahre in einigen Großstädten die an sich zuständigen Ortspolizeibehörden versucht, zur Bekämpfung der offenen Drogenszene Bedienstete des eigentlich unzuständigen Polizeivollzugsdienstes einzusetzen, die dann im Namen der Ortspolizeibehörde Platzverweise aussprechen sollten3. In einem anderen, im Jahre 1979 vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall, hat der Präsident der Deutschen Bundesbank, der in bestimmten Fällen für die Durchführung von Disziplinarverfahren zuständig ist, in einem derartigen Verfahren die Hilfe eines an sich unzuständigen Präsidenten einer Landeszentralbank in Anspruch genommen, der das Verfahren dann im Namen des Präsidenten der Deutschen Bundesbank eingeleitet und auch einen Großteil der Vorermittlungen durchgeführt hat4. Und selbst oberste Staatsorgane haben in der Vergangenheit und auch in der Gegenwart Teile der ihnen zukommenden Aufgaben auf andere Stellen übertragen. So hat etwa der Bundespräsident einen Großteil seiner ihm nach Art. 60 I, II GG zukommenden Befugnisse auf bestimmte Behörden des Bundes delegiert, um sich von der Wahrnehmung dieser Aufgaben zu entlasten5. Diese wenigen Beispiele sollen genügen, um zu veranschaulichen, dass bei staatlichen Stellen angesichts der fast unüberschaubaren Anzahl von staatlichen Aufgaben unter bestimmten Voraussetzungen ein Bedürfnis bestehen kann, die ihnen obliegenden Aufgaben auf andere Stellen zu übertragen. Im Gegenzug ist aber zu bedenken, dass eine derartige Übertragung von Aufgaben auf an sich unzuständige Stellen im Hinblick auf die den Zuständigkeitsregelungen zukommende Ordnungsfunktion problematisch sein könnte. Denn es ist evident, dass es mit der ordnenden Funktion der Zuständigkeitsregelungen nicht ohne weiteres vereinbar ist, 2 Zur Terminologie s. Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 120 f. und Kapitel 1, A., D. dieser Untersuchung. 3 S. hierzu Deger, VBlBW 1996, S. 90 ff. 4 BVerwGE 63, S. 258 ff. 5 S. hierzu Hemmrich in von Münch / Kunig, Art. 60 GG Rn 24 ff.
Einleitung
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dass die zuständigen Stellen ihre Kompetenzen an andere Stellen abgeben können. Somit stellt sich die Frage nach den Voraussetzungen und nach etwaigen Schranken und Grenzen einer derartigen Kompetenzübertragung. Genau hier will diese Untersuchung ansetzen. Sie soll dazu beitragen, die Voraussetzungen und Grenzen festzulegen, unter denen staatliche Stellen ihre Kompetenzen und Aufgaben im Wege einer Delegation oder im Wege eines Mandats auf andere Stellen übertragen können. Delegation und Mandat stellen aber nicht die einzigen Möglichkeiten dar, Kompetenzen zu übertragen. Sie bilden innerhalb des Komplexes der Kompetenzübertragung nur eine besondere Fallgruppe, die sich dadurch auszeichnet, dass bei ihnen die Kompetenzübertragung von dem gegenwärtigen Zuständigkeitsinhaber ausgeht6. Kompetenzübertragungen können daneben aber auch beispielsweise durch den Gesetzgeber vorgenommen werden, etwa indem dieser der bisher zuständigen Behörde ihre Kompetenz entzieht und sie einer anderen staatlichen Stelle zuweist. Ebenso kann der Verfassungsgeber Kompetenzen übertragen. Insofern könnte man sich fragen, ob eine Untersuchung, die sich nur auf Kompetenzübertragungen im Wege einer Delegation oder eines Mandats beschränkt, sinnvoll ist, oder ob es nicht vorteilhafter wäre, jede Form der Kompetenzübertragung in die Untersuchung mit einzubeziehen. Denn bei einer jeden Übertragung von Kompetenzen stellen sich, unabhängig davon, ob die Übertragung im Wege einer Delegation, eines Mandats oder in sonstiger Form erfolgt, die gleichen Fragen und Probleme, nämlich etwa, ob die übertragende Stelle zur Vornahme der Kompetenzübertragung berechtigt ist, in welcher Form (Parlamentsgesetz, Rechtsverordnung o. ä.) diese Übertragung erfolgen muss, welche Kompetenzen Gegenstand der Übertragung sein können, wer Adressat der Übertragung sein darf usw.. Allerdings variieren die Antworten auf diese Fragen, je nachdem, wer die Übertragung der Kompetenz vornehmen will. Denn für den Verfassungsgeber bestehen hinsichtlich einer entsprechenden Übertragung natürlich andere Bindungen und Vorgaben als etwa für den Gesetzgeber oder gar für den gegenwärtigen Zuständigkeitsinhaber. Das heißt, eine einheitliche Untersuchung, bezogen auf die rechtliche Zulässigkeit von Kompetenzübertragungen im Allgemeinen, ist überhaupt nicht möglich, vielmehr muss innerhalb dieses Problemkreises immer danach differenziert werden, wer den Akt der Kompetenzübertragung vornehmen will (Verfassungsgeber, Gesetzgeber, aktueller Zuständigkeitsinhaber oder irgendeine andere Stelle), und davon ausgehend dann zu untersuchen, welche Voraussetzungen speziell aus dieser Perspektive für die Übertragung der Kompetenz bestehen. Die hier vorliegende Arbeit wird sich dabei auf die Perspektive des gegenwärtigen Zuständigkeitsinhabers beschränken und untersuchen, unter welchen Voraussetzungen dieser zu einer Übertragung seiner Kompetenzen befugt ist. Denn gerade hier stellen sich vielfäl6 Dazu, dass eine Delegation und ein Mandat nur dann vorliegen, wenn die Kompetenzübertragung von dem bisherigen Zuständigkeitsinhaber ausgeht, s. Kapitel 1, A. II. und D. II. dieser Untersuchung.
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Einleitung
tige rechtliche Probleme, die bisher von Literatur und Rechtsprechung noch nicht umfassend bewältigt wurden. Die Untersuchung wird hierbei folgenden Verlauf nehmen: Im ersten Kapitel wird terminologisch festgelegt, was genau unter einer Delegation und unter einem Mandat zu verstehen ist. Zugleich wird durch diese Begriffsbestimmung auch der Gegenstand der Untersuchung eingegrenzt. Im zweiten Kapitel ist dann zu untersuchen, unter welchen Voraussetzungen eine Delegation von Kompetenzen rechtlich zulässig ist. Hierbei ist auch der Frage nachzugehen, wem eigentlich die Kompetenz zur Regelung von Zuständigkeiten zukommt und inwieweit die Regelung von Zuständigkeiten dem Gesetzesvorbehalt unterfällt. Im dritten und letzten Kapitel wird dann der Frage nachgegangen, unter welchen Voraussetzungen ein Mandat rechtlich zulässig sein kann.
Kapitel 1
Zur Terminologie von Delegation und Mandat Um die Kompetenzübertragung mittels Delegation und Mandat auf ihre rechtliche Zulässigkeit hin zu untersuchen, muss zuerst festgelegt werden, was genau unter einer Delegation und einem Mandat zu verstehen ist. Dies ist deshalb nötig, da die beiden Begriffe zum Teil in den Randzonen noch umstritten sind, weshalb sie in der Literatur und Rechtsprechung nicht immer einheitlich verwendet werden. Diese Begriffsungenauigkeit führt dann dazu, dass innerhalb der verschiedenen Auffassungen zum Teil Erscheinungen als Delegation und Mandat bezeichnet werden, die keine Delegation oder Mandate sind, oder dass Erscheinungen, bei denen es sich um eine Delegation oder ein Mandat handelt, diese Qualifikation abgesprochen wird. Zu Beginn der hier vorliegenden Untersuchung muss demnach zuerst aus den vielen unterschiedlichen Delegations- und Mandatsbegriffen ein Delegations- und ein Mandatsbegriff herausgeschält werden, auf den sich dann die Untersuchung der rechtlichen Zulässigkeit beziehen kann. Im Rahmen dieser Begriffsbildung ist aber streng zwischen den Begriffen der Delegation und des Mandats und der rechtlichen Zulässigkeit dieser speziellen Erscheinungsformen einer Kompetenzübertragung zu differenzieren. Das heißt, für den Begriff der Delegation oder des Mandats wird es nicht darauf ankommen, inwieweit der so gefundene Delegations- oder Mandatsbegriff auch nach allen Seiten hin rechtlich zulässig ist. Im Rahmen der Festlegung einer Terminologie von Delegation und Mandat werden somit in dieser Untersuchung auch Vorgänge als Delegation oder Mandat bezeichnet, die unter Umständen rechtlich nicht zulässig sind. Die Begriffe „Delegation“ und „Mandat“ werden weder vom Gesetz definiert, noch werden sie in der Gesetzessprache verwendet. Trotzdem kommen die Institute „Delegation“ und „Mandat“ in der heutigen, aber auch schon in der früheren Verwaltungspraxis mannigfach vor, weshalb sich Literatur und Rechtsprechung bereits seit Jahrzehnten1 mit ihnen befassen und sie hierdurch stetig weiterentwickelt haben.
1 S. diesbezüglich nur die Monographie Heinrich Triepels „Delegation und Mandat im Öffentlichen Recht“ aus dem Jahre 1942 oder die Entscheidung des PrOVG, Band 30, S. 290 ff. aus dem Jahre 1896, die sich mit der Zulässigkeit eines Mandates befasste.
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Kap. 1: Zur Terminologie von Delegation und Mandat
So versteht die heute h.M. unter einer Delegation den Rechtsakt, durch den ein Hoheitsträger oder ein Hoheitsorgan seine ihm durch das Recht eingeräumte Befugnis zum Erlass von Hoheitsakten auf ein anderes Subjekt überträgt2. Ein Mandat liegt hingegen nach der heute h.M. vor, wenn der Inhaber einer öffentlichrechtlichen Zuständigkeit ein anderes Subjekt beauftragt, die Kompetenz des Mandanten in dessen Namen auszuüben3. Die Delegation führt im Ergebnis dazu, dass die Zuständigkeiten der beteiligten Behörden geändert werden, während das Mandat nur eine Änderung der materiellen, nicht aber der formellen Zuständigkeit der beteiligten Behörden zur Folge hat4.
A. Der Begriff der Delegation Nach der oben genannten Definition der Delegation besteht diese aus drei Bestandteilen, nämlich 1) einem Rechtsakt, durch den ein Hoheitsträger oder ein Hoheitsorgan 2) seine ihm durch das Recht eingeräumte Befugnis zum Erlass von Hoheitsakten 3) auf ein anderes Subjekt überträgt.
I. Das Vorliegen eines Rechtsaktes Die Delegation muss durch einen Rechtsakt von Seiten des Zuständigkeitsinhabers erfolgen. Das setzt voraus, dass die delegierende Behörde ihre Kompetenzen auf die delegierte Behörde übertragen will. Erforderlich ist demnach, dass der Übertragungsakt von dem bisherigen Zuständigkeitsinhaber, also der delegierenden Behörde ausgeht5. Keine Delegation liegt somit vor, wenn eine Behörde eine fremde Kompetenz – etwa im Wege eines Selbsteintrittsrechts – eigenmächtig an sich ziehen kann6. 2 Vgl. etwa Lauscher, S. 51; Obermayer, JZ 1956, S. 625; Triepel, S. 23; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 120; Ule / Laubinger, § 10 Rn 16. 3 Vgl. etwa Obermayer, JZ 1956, S. 626; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 148; Ule / Laubinger, § 10 Rn 18; Rasch, DVBl. 1983, S. 619; Horn, NVwZ 1986, S. 809; Wolff / Bachof, VrwR II, 4. A., § 72 IV e 5. 4 Hess. VGH, DVBl. 1953, S. 47; Rasch, DVBl. 1983, S. 619; zum Unterschied zwischen formeller und materieller Zuständigkeit s. Kapitel 3, B. dieser Untersuchung. 5 Lauscher, S. 47. 6 Ein derartiger Fall eines Selbsteintrittsrechts, bei dem die eintretende Behörde eine fremde Kompetenz an sich ziehen und dann im eigenen Namen ausüben kann, liegt z. Bsp. im Falle des § 67 I, II PolG BW vor. Danach können, sofern bei Gefahr im Verzug ein rechtzeitiges Tätigwerden der zuständigen Polizeibehörde nicht erreichbar erscheint, deren Aufgaben von anderen Polizeibehörden im eigenen Namen wahrgenommen werden, s. hierzu Belz / Mußmann, § 67 PolG, Rn 6.
A. Der Begriff der Delegation
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Denn hier fehlt es an einem sich auf die betreffende Kompetenz beziehenden Übertragungsakt von Seiten der an sich zuständigen Behörde. Unerheblich für den Begriff der Delegation ist aber, ob der Rechtsakt der Übertragung vor Wahrnehmung der betreffenden Kompetenz durch den Delegatar7 erfolgt, oder ob die an sich zuständige Behörde das Handeln einer unzuständigen Behörde durch rückwirkende Übertragung ihrer Kompetenzen zu legitimieren versucht und somit eine nachträgliche Delegation gegeben ist. Begrifflich kann von einer Delegation also auch dann gesprochen werden, wenn eine Behörde die Kompetenz einer anderen Behörde ohne vorherige Übertragung im eigenen Namen ausübt und die zuständige Behörde das Handeln der an sich unzuständigen Behörde dann rückwirkend durch eine Zuständigkeitsübertragung zu genehmigen versucht. Eine andere, erst im Rahmen der Zulässigkeit der Delegation zu erörternde Frage ist aber, ob eine derart nachträgliche Delegation auch rechtlich zulässig wäre8. Problematisch in Bezug auf den Rechtsakt der Übertragung ist auch, in welcher Form dieser Rechtsakt erfolgen muss, nämlich ob in Form einer Verwaltungsvorschrift oder einer Rechtsverordnung bzw. Satzung. Da der Begriff der Delegation aber nicht von der Form des delegierenden Rechtsakts abhängt, sondern hiervon nur die Rechtmäßigkeit der Delegation abhängig ist, wird auf das Problem der Form der Delegation erst später bei der Untersuchung der rechtlichen Zulässigkeit der Delegation eingegangen9.
II. Das Erfordernis, dass der Hoheitsträger oder ein Hoheitsorgan seine ihm durch das Recht eingeräumte Befugnis zum Erlass von Hoheitsakten überträgt Die Delegation setzt voraus, dass ein Hoheitsträger oder ein Hoheitsorgan seine ihm durch das Recht eingeräumte Befugnis zum Erlass von Hoheitsakten überträgt. Der Hoheitsträger muss demnach eine ihm zustehende Kompetenz derart auf ein anderes Subjekt übertragen, dass dieses zur Ausübung der betreffenden Kompetenz berechtigt ist10. 7 Als Delegatar bezeichnet man den Adressaten der Delegation. Im Gegensatz hierzu nennt man die Stelle, welche die Delegation ausspricht und hierdurch ihre Kompetenzen überträgt, Delegant. 8 S. hierzu Kapitel 2, E. dieser Untersuchung. 9 S. hierzu Kapitel 2, B. dieser Untersuchung. 10 Kontrovers beurteilt wird die Frage, ob Kompetenzen überhaupt übertragen werden können. Barbey, S. 48 ff. verwendet die Begriffe Zuständigkeiten und Kompetenzen synonym und ist daher der Auffassung, dass Zuständigkeiten (=Kompetenzen) nicht übertragbar sind, sondern dass sie im Falle einer Delegation vielmehr bei dem bisherigen Zuständigkeitsinhaber untergehen, um dann bei dem Delegatar neu zu entstehen. Hiergegen hat Lauscher,
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Kap. 1: Zur Terminologie von Delegation und Mandat
Fraglich ist in diesem Zusammenhang, ob eine Delegation voraussetzt, dass der delegierende Hoheitsträger seine Kompetenzen verliert (sog. devolvierende Delegation), oder ob auch dann noch von einer Delegation gesprochen werden kann, wenn der Delegant seine Kompetenz zwar auf einen anderen Hoheitsträger überträgt, er sich selbst aber noch die Ausübung dieser Kompetenz vorbehält (sog. konservierende Delegation)11. Triepel ist der Auffassung, dass in dem Fall, bei dem sich der delegierende Hoheitsträger die Ausübung der delegierten Kompetenz noch selbst vorbehält, keine echte Delegation vorliege, da von Seiten des delegierenden Hoheitsträgers keine Übertragung von Kompetenzen gegeben sei12. Denn eine Übertragung setze voraus, dass der Übertragende seine Kompetenz verliere13. Bei der konservierenden Delegation verliert der übertragende Hoheitsträger aber nach Triepel keine Kompetenzen, sondern nur die Ausschließlichkeit seiner Kompetenzen, da neben ihm dann noch ein weiterer Kompetenzinhaber besteht14. Diese Einengung des Begriffs der Delegation ist aber nicht sinnvoll. Denn die konservierende Delegation hat eine derart große Ähnlichkeit mit der devolvierenden Delegation, dass es zweckmäßig ist, beide als Delegation anzusehen15. Für die besondere Problematik der Delegation, die ja gerade darin besteht, dass eine Behörde von einer anderen Behörde eine Kompetenz zugewiesen bekommt, wodurch ihre bisherigen Kompetenzen erweitert werden und ein neuer Kompetenzinhaber entsteht, ist es nämlich unerheblich, ob die übertragende Behörde ihre Zuständigkeit verliert oder beibehält. Im Rahmen der hier vorliegenden Untersuchung wird daher auch die konservierende Delegation unter den Begriff der Delegation gefasst. Aus dem Umstand, dass der delegierende Hoheitsträger nach der eingangs genannten Definition eine ihm durch das Recht eingeräumte Kompetenz zum Erlass von Hoheitsakten übertragen muss, folgt, dass die Delegation von der Einräumung einer Zuständigkeit durch das Parlament abzugrenzen ist16. Denn die durch die S. 47 ff. aber überzeugend dargelegt, dass Zuständigkeit und Kompetenz nicht synonym verwendet werden können, sondern das die Kompetenz vielmehr der Gegenstand ist, auf den sich die Zuständigkeit bezieht, so dass Kompetenzen doch übertragbar sind. Auf diese Diskussion soll im Folgenden aber nicht weiter eingegangen werden, da hieraus weder für den Begriff der Delegation, noch für die rechtliche Zulässigkeit der Delegation irgendetwas gewonnen werden kann. 11 Zu den Begriffen der devolvierenden und der konservierenden Delegation s. auch Kapitel 1, B. I. dieser Untersuchung. 12 Triepel, S. 53 f.; nach Triepel handelt es sich bei der konservierenden Delegation um keine echte, sondern um eine unechte Delegation. Die unechten Delegationen nimmt Triepel aber aus dem Begriff der Delegation heraus; so ähnlich auch Lauscher, S. 53. 13 Triepel, S. 51. 14 Triepel, S. 54. 15 Schenke, VerArch 68 (1977), S. 121; für eine Einbeziehung der konservierenden Delegation in den Begriff der Delegation s. auch Obermayer, JZ 1956, S. 625; Barbey, S. 84 f.; Ule / Laubinger, § 10 Rn 16; Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 175.
A. Der Begriff der Delegation
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Legislative erfolgende Zuweisung einer Kompetenz zum Erlass von Hoheitsakten im Bereich der Verwaltung (etwa zum Erlass eines Verwaltungsaktes oder eines Realaktes) stellt keine Delegation dar, da das Parlament hierbei keine eigenen Kompetenzen überträgt17. Denn dem Parlament selbst stehen wegen des Grundsatzes der Gewaltenteilung keine Kompetenzen zum Erlass von Hoheitsakten im Bereich der Verwaltung zu, die es an die betreffenden Behörden übertragen könnte18. Eine Delegation von Seiten der Legislative kann folglich nur vorliegen, wenn das Parlament einem Hoheitsträger die Kompetenz zum Erlass von Rechtsnormen bzw. Rechtsverordnungen erteilt, da es hierbei dann eine eigene Kompetenz überträgt. Fraglich ist auch, ob es sich bei der delegierten Kompetenz um eine eigene Kompetenz des übertragenden Hoheitsträgers handeln muss, oder ob eine Delegation auch dann gegeben ist, wenn etwa eine übergeordnete Behörde eine Kompetenz von einer untergeordneten Behörde an eine andere Behörde überträgt19. Barbey vertritt einen Delegationsbegriff, nachdem es sich bei der übertragenen Kompetenz um keine eigene Kompetenz des übertragenden Hoheitsträgers handeln muss20. Nach Barbey bedeutet Delegation nämlich die Begründung einer außerordentlichen Zuständigkeit21. Eine außerordentliche Zuständigkeit liegt nach Barbey dann vor, wenn die Zuständigkeit des Delegatars durch ein niederrangigeres Gesetz begründet wird als das Gesetz, welches dem Deleganten die Zuständigkeit zugewiesen hat22. Als Beispiel für die Begründung einer außerordentlichen Zuständigkeit führt Barbey u. a. den Fall an, dass (sofern die Länder die Verwaltung im Auftrag des Bundes ausführen) durch einfaches Gesetz gemäß Art. 87 b II 2 GG die Kompetenz zum Erlass von allgemeinen Verwaltungsvorschriften an eine Bundesoberbehörde übertragen wird23. Denn gemäß Art. 85 II GG steht diese Kompetenz im Regelfall der Bundesregierung zu. Die ordentliche Zuständigkeit wird also durch das GG der Bundesregierung zugewiesen. Wenn jetzt durch ein16 Obermayer, JZ 1956, S. 625; Schenke, VerArch 68 (1977), S. 121; Rasch, DÖV 1957, 339; Triepel, S. 61. 17 Obermayer, JZ 1956, S. 625; anders aber Barbey, S. 88 f., sofern es sich bei der Zuweisung der Kompetenz durch das Parlament um eine außerordentliche Zuständigkeit handelt. 18 Obermayer, JZ 1956, S. 625; Schenke, VerArch 68 (1977), S. 121; Triepel, S. 61. 19 Ein Beispiel für eine derartige Übertragung einer fremden Kompetenz findet sich in § 203 III BauGB. Hiernach kann die Landesregierung die nach dem BauGB der höheren Verwaltungsbehörde zugewiesenen Aufgaben auf andere staatliche Behörden, Landkreise oder kreisfreie Gemeinden übertragen. 20 Barbey, S. 86 ff.; so ähnlich auch Kluth in Wolff / Bachof / Stober, VrwR III, 5. A., § 84 Rn 67, wonach eine Delegation auch dann vorliegen soll, wenn eine übergeordnete Behörde dazu ermächtigt wird, die Kompetenzen einer ihr untergeordneten Behörde an eine andere Stelle zu übertragen. 21 Barbey, S. 67. 22 Barbey, S. 77 f. 23 Barbey, S. 87.
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Kap. 1: Zur Terminologie von Delegation und Mandat
faches Parlamentsgesetz gemäß Art. 87 b II 2 GG diese Zuständigkeit geändert werden kann, handelt es sich hierbei um eine außerordentliche Zuständigkeit im Sinne Barbeys, da die durch das GG vorgegebene Zuständigkeit durch ein niederrangiges Gesetz abgeändert wird. Dieser von Barbey kreierte Delegationsbegriff ist aber abzulehnen, da er sich zu weit von dem entfernt, was herkömmlich unter einer Delegation verstanden wird24. Nach dem Delegationsbegriff Barbeys liegt nämlich, wie an dem oben genannten Beispiel deutlich wird, eine Delegation etwa auch dann vor, wenn das Parlament einer Behörde eine Zuständigkeit zuweist, solange es sich hierbei nur um eine außerordentliche Zuständigkeit handelt. Überhaupt würde, wenn man für eine Delegation keine Übertragung einer eigenen Kompetenz verlangen würde, fast jede Zuweisung einer Kompetenz an eine Behörde letztendlich eine Delegation darstellen25. Durch die Einbeziehung einer derartigen Kompetenzzuweisung in den Delegationsbegriff würde dieser aber zu sehr an Kontur verlieren und zu stark ausgeweitet werden26. Im Übrigen liegt das Besondere der Delegation ja gerade darin, dass ein Hoheitsträger eine ihm zustehende Kompetenz überträgt. Hiergegen hat die allgemeine Zuweisung von Zuständigkeiten für sich genommen nichts Besonderes. Eine Delegation i. S. d. hier vorliegenden Untersuchung setzt demnach voraus, dass der delegierende Hoheitsträger eine eigene Kompetenz überträgt. Unerheblich für den Begriff der Delegation ist, welche Arten von Kompetenzen übertragen werden. Für die Delegation gibt es aber zwei Hauptbereiche, nämlich zum einen die Delegation von Rechtsetzungskompetenzen sowie zum anderen die Delegation von Verwaltungskompetenzen27, 28. Die Delegation von Verwaltungskompetenzen kann hierbei sowohl die Befugnis zum Erlass von Verwaltungsakten als auch die Kompetenz zum Erlass von Realakten umfassen.
24 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 122; allerdings stellen sich viele Fragen bezüglich der rechtlichen Zulässigkeit der Delegation, wie etwa hinsichtlich der Form der Delegation oder dem Erfordernis einer Ermächtigung, in fast der selben Weise auch bei dem von Barbey verwendeten Delegationsbegriff. Zur Kritik an dem von Barbey verwendeten Delegationsbegriff s. auch Heinz, Der Staat, Bd. 36, S. 459. 25 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 121. 26 Lauscher, S. 46; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 121. 27 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 121; zutreffend stellt Faber, § 9 IV (S. 62) fest, dass die Delegation von Verwaltungskompetenzen eigentlich auch eine Delegation von Rechtsetzungskompetenzen darstellt, da die Delegation von Verwaltungskompetenzen, wie später (s. hierzu Kapitel 2, B. dieser Untersuchung) noch zu zeigen sein wird, im Normalfall auch in Gesetzesform erfolgen muss. 28 Als Beispiel für eine Delegation von Rechtsetzungskompetenzen kommen die vielfältigen Verordnungsermächtigungen in Betracht. Beispiele für die Delegation von Verwaltungsbefugnissen stellen etwa § 24 I 2 GemO, Art. 60 III GG oder auch §§ 4 I, 5 I AGBSHG BW dar.
B. Die verschiedenen Arten der Delegation
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Eine Delegation von Rechtsprechungsbefugnissen ist nach dem geltenden Recht hingegen nicht zulässig29, weshalb sich der hier verwendete Delegationsbegriff nur auf die Delegation von Rechtsetzungs- und Verwaltungskompetenzen bezieht. Im Rahmen der hier vorgenommenen Untersuchung wird das Schwergewicht aber auf der Delegation von Verwaltungskompetenzen liegen.
III. Die Übertragung auf ein anderes Subjekt Der Begriff der Delegation setzt weiter voraus, dass eine dem delegierenden Hoheitsträger zustehende Kompetenz auf ein anderes Subjekt übertragen wird. Ob es sich hierbei um eine im Verwaltungsaufbau nachgeordnete Behörde, um eine gleich- oder übergeordnete Behörde, um einen anderen Hoheitsträger oder gar um eine Privatperson handelt, ist für den Begriff der Delegation unerheblich30. Problematisch ist aber, ob eine Übertragung etwa auf Private rechtlich überhaupt zulässig wäre31. Da dies aber eine Frage der Zulässigkeit der Delegation ist und folglich mit dem Begriff der Delegation nichts zu tun hat, wird hierauf erst später eingegangen32. Ebenso unerheblich ist es für den Begriff der Delegation, ob das Subjekt, auf das die Delegation vorgenommen werden soll, bereits besteht, oder anlässlich der Delegation erst gegründet werden muss. Insofern kann man auch dann von einer Delegation sprechen, wenn mehrere Gemeinden einen Gemeindeverwaltungsverband gründen, um dann hierauf gemäß § 61 V GemO BW bestimmte Kompetenzen zu delegieren33.
B. Die verschiedenen Arten der Delegation In der Literatur und Rechtsprechung werden verschiedene Arten der Delegation unterschieden. Zum Teil ist hierbei aber umstritten, ob die jeweiligen Erscheinungen überhaupt als Delegation anzusehen sind oder nicht, weshalb im Rahmen der Festlegung des Delegationsbegriffes auch zu untersuchen ist, ob es sich bei den einzelnen Erscheinungen wirklich um Delegationen handelt. Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 121. Triepel, S. 97 ff.; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 120 Fn 7, S. 140. 31 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 140. 32 S. hierzu Kapitel 2, C. III. dieser Untersuchung. 33 Im Gegensatz dazu handelt es sich aber bei der Zuweisung von Aufgaben an einen derartigen Verwaltungsträger nach § 61 IV GemO BW um keine Delegation im Sinne der hier verwendeten Terminologie, da die Übertragung von Aufgaben an den Gemeindeverwaltungsverband in § 61 IV GemO BW kraft Gesetzes (s. hierzu Gern, Kommunalrecht BW, Rn 494) und somit unabhängig vom Willen der beteiligten Gemeinden erfolgt. 29 30
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Kap. 1: Zur Terminologie von Delegation und Mandat
I. Die devolvierende und die konservierende Delegation Auf die devolvierende und die konservierende Delegation wurde bereits zuvor bei der Frage eingegangen, ob der Begriff der Delegation voraussetzt, dass der übertragende Hoheitsträger die Befugnis zur Wahrnehmung der delegierten Kompetenz verliert, oder ob auch dann noch von einer Delegation gesprochen werden kann, wenn der Delegant weiterhin Inhaber der betreffenden Kompetenz bleibt34. Im ersten Fall handelt es sich um eine devolvierende (übertragende) Delegation, im zweiten Fall um eine konservierende Delegation. Beide Fallgestaltungen stellen Delegationen im Sinne der hier vorzunehmenden Untersuchung dar.
II. Die Subdelegation Unter einer Subdelegation versteht man den Fall, dass der Hoheitsträger, dem im Wege der Delegation eine Kompetenz zugewiesen wurde, diese Kompetenz dann im Wege einer weiteren Delegation – nämlich der Subdelegation – weiter überträgt35.
III. Die Spezialdelegation und die totale Delegation Eine Spezialdelegation liegt vor, wenn der Delegant nicht seine gesamte Kompetenz, sondern nur einen Teil hiervon delegiert36. Im Gegensatz hierzu bezeichnet man den Fall, bei dem der Delegant seine gesamte Kompetenz überträgt, totale Delegation37.
IV. Die Singulardelegation und die Generaldelegation Von einer Singular- oder Einzelfalldelegation spricht man dann, wenn der Delegant seine Kompetenz nur hinsichtlich der Erledigung eines einzelnen Falles überS. hierzu Kapitel 1, A. II. dieser Untersuchung. Obermayer, JZ 1956, S. 625; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 123; Triepel, S. 121 ff.; Ule / Laubinger, § 10 Rn 16. 36 Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 172; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 123; anders die Terminologie bei Triepel, S. 93 f. und Barbey, S. 125, die diesen Fall der Delegation als partielle Delegation bezeichnen. 37 Barbey, S. 125; Triepel, S. 93; anders Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 172, der diese Art der Delegation als Generaldelegation bezeichnet. Dieser Terminologie wird im Rahmen der hier vorliegenden Untersuchung aber nicht gefolgt, da der Begriff der Generaldelegation hier als Gegenstück zur Singular- bzw. Einzelfalldelegation verwendet wird, s. Kapitel 1, B. IV. dieser Untersuchung. 34 35
B. Die verschiedenen Arten der Delegation
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trägt38. Im Gegensatz hierzu ist eine Generaldelegation (auch generelle Delegation) gegeben, wenn der Delegant seine Kompetenz zur Regelung einer unbestimmten Vielzahl von Einzelfällen überträgt39. Zu klären ist in diesem Zusammenhang aber, wann von einem einzelnen Fall im Sinne der Singulardelegation gesprochen werden kann. Dies ist deshalb so wichtig, da für die rechtliche Zulässigkeit der Singulardelegation weitaus strengere Anforderungen gelten als für die Generaldelegation40, so dass der Abgrenzung dieser beiden Formen der Delegation große Bedeutung zukommt. Für die Beantwortung der Frage, wann ein Einzelfall vorliegt, sind hierbei dieselben Kriterien heranzuziehen, wie sie für das Merkmal der Einzelfallregelung im Rahmen des Begriffs des Verwaltungsaktes entwickelt wurden41. Maßgeblich für das Vorliegen eines Einzelfalles ist somit, dass sich die Delegation nur auf einen einzelnen, konkreten Sachverhalt bezieht, selbst wenn hiervon mehrere Personen betroffen sind42. Bezieht sich die Delegation auf mehrere konkrete Sachverhalte, liegen mehrere Einzelfälle vor, und somit auch mehrere Singulardelegationen. Soll die Delegation aber für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen gelten, ist eine Generaldelegation gegeben.
V. Die fiktive Delegation Von einer fiktiven Delegation spricht man dann, wenn der Gesetzgeber eine Delegation von einem Subjekt auf ein anderes lediglich fingiert43. So gelten z. Bsp. nach § 28 III GemO NRW einfache Geschäfte der laufenden Verwaltung im Namen des Gemeinderates als auf den Gemeindedirektor übertragen, soweit sich nicht der Gemeinderat für einen bestimmten Kreis von Geschäften oder für einen Einzelfall eine Entscheidung vorbehält. Bei der fiktiven Delegation handelt es sich aber entgegen ihrer Bezeichnung um keine Delegation im Sinne der hier vorliegenden Untersuchung44, da es an einem Rechtsakt fehlt, durch den die betreffenden Kompetenzen übertragen werden. Denn diese Übertragung von Kompetenzen wird bei der fiktiven Delegation lediglich gesetzlich fingiert. Ausgehend von dem oben genannten Beispielsfall des Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 123; Ule / Laubinger, § 10 Rn 16. Ule / Laubinger, § 10 Rn 16. 40 S. hierzu Kapitel 2, F. dieser Untersuchung. 41 S. zu diesen Kriterien Maurer, § 9 Rn 14 ff.; im Rahmen des Begriffs des Verwaltungsaktes dient das Merkmal der Einzelfallregelung der Abgrenzung des Verwaltungsaktes zur Rechtsnorm. 42 So z. Bsp. bei der Auflösung einer Demonstration, Maurer, § 9 Rn 15 f. 43 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 121; Zuhorn-Hoppe, S. 268 wählen hierfür daher auch die Bezeichnung fingierte Delegation. 44 Eine Delegation in diesen Fällen auch ablehnend Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 121. 38 39
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Kap. 1: Zur Terminologie von Delegation und Mandat
§ 28 III GemO NRW bedeutet dies, dass kraft Gesetzes (also ohne eine gegenteilige Erklärung des Gemeinderates) die betreffende Kompetenz grundsätzlich dem Gemeindedirektor zusteht. Daher kann man auch in dem Unterlassen des Gemeinderates, eine bestimmte Kompetenz an sich zu ziehen, keinen Rechtsakt erblicken, weil es hierdurch nicht zu einer Übertragung von Kompetenzen kommt. Zu einer Übertragung von Kompetenzen kommt es mithin nur, wenn sich der Gemeinderat eine Entscheidung in einer Sache vorbehält, da dann der Gemeindedirektor seine Kompetenz zu Gunsten des Gemeinderates verliert. Doch auch in diesem Fall liegt keine Delegation im Sinne des hier verwendeten Delegationsbegriffes vor, da der Kompetenzverlust des Gemeindedirektors nicht auf seinem Willen beruht45. Der Gemeindedirektor überträgt also nicht von sich aus eine Kompetenz, vielmehr zieht der Gemeinderat eigenmächtig eine Kompetenz an sich.
VI. Die potentielle Zuständigkeit Unter einer potentiellen Zuständigkeit versteht man den Fall, dass das Gesetz dem Inhaber einer Kompetenz das Recht gibt, seine Kompetenz auf eine oder mehrere im Gesetz ganz genau bestimmte Behörden zu übertragen46. Umstritten ist hierbei, ob die Fälle der potentiellen Zuständigkeit als Delegation anzusehen sind. Das BVerwG und Teile der Literatur sehen in der potentiellen Zuständigkeit keine Delegation, unterwerfen sie also auch nicht den für die Delegation geltenden (strengen) Regeln47. Eine Delegation soll im Falle der potentiellen Zuständigkeit deshalb nicht vorliegen, weil die Behörde, an welche die betreffende Kompetenz übertragen werden könne, bereits gesetzlich bestimmt sei. Dies führe dazu, dass sich die (potentielle) Zuständigkeit dieser Behörde bereits kraft Gesetzes ergäbe und durch eine Erklärung der bisher zuständigen Behörde nur noch aktualisiert werde48. Diese Gegenüberstellung von Delegation und potentieller Zuständigkeit ist aber nicht überzeugend. Denn die potentielle Zuständigkeit fügt sich ohne weiteres in 45 Zu dem Erfordernis, dass die Delegation auf dem Willen des verlierenden Subjekts beruhen muss, s. Kapitel 1, A. I. dieser Untersuchung. 46 Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 172; Spanner, DÖV 62, S. 342; So hat das BVerwG, DVBl. 1965, S. 163 in § 25 III des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) i.d.F. vom 3. 4. 1957 einen Fall der potentiellen Zuständigkeit gesehen. Nach dieser Vorschrift konnte der Vorstand der Bundesanstalt für Arbeit als oberste Dienstbehörde seine Rechte auf den Präsidenten der Bundesanstalt übertragen; weitere Beispiele für Fälle der potentiellen Zuständigkeit bei Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 172 f. 47 BVerwG, DÖV 1962, S. 340 (341); Obermayer, JZ 1956, S. 627; Spanner, DÖV 1962, S. 342. 48 Obermayer, JZ 1956, S. 627.
B. Die verschiedenen Arten der Delegation
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den hier verwendeten Begriff der Delegation ein. Auch bei der potentiellen Zuständigkeit kann eine Behörde bzw. ein Organ durch einen Rechtsakt eine Zuständigkeit von sich auf eine andere Behörde bzw. ein anderes Organ übertragen49. Aus dem Umstand, dass die Behörde, an die die Zuständigkeit übertragen werden kann, bereits im Gesetz bestimmt ist, kann für die Qualifikation als Delegation nichts anderes folgen. Denn der Begriff der Delegation hängt nicht davon ab, ob die Behörde, an die delegiert werden kann, per Gesetz bestimmt wird oder nicht. Im Prinzip enthält nämlich jede Delegation zugleich auch eine potentielle Zuständigkeit50. Denn wenn beispielsweise ein Minister dazu ermächtigt wird, eine bestimmte Kompetenz an „eine Behörde seines Geschäftsbereiches“ zu übertragen – kein Fall der potentiellen Zuständigkeit, sondern der Delegation51 – dann besitzen eigentlich alle Behörden seines Geschäftsbereiches streng genommen eine potentielle Zuständigkeit52. An diesem Beispiel wird deutlich, dass der Begriff der potentiellen Zuständigkeit von dem Begriff der Delegation eigentlich nicht getrennt werden kann, weshalb die Fälle der potentiellen Zuständigkeit unter den Begriff der Delegation zu fassen sind53. Im Rahmen der rechtlichen Zulässigkeit der potentiellen Zuständigkeit wird aber zu prüfen sein, ob sich aufgrund des Umstandes, dass der Kreis der möglichen Delegatare im Einzelnen gesetzlich normiert ist, in rechtlicher Hinsicht geringere Anforderungen für die Kompetenzübertragung im Falle einer potentiellen Zuständigkeit ergeben als bei einer regulären Delegation54.
VII. Die primäre und die sekundäre Delegation Triepel differenziert noch zwischen der primären und der sekundären Delegation55. Die primäre Delegation soll hierbei den Normalfall einer Delegation darstellen. Im Gegensatz dazu soll nach Triepel eine sekundäre Delegation vorliegen, wenn sich die Delegation aus einem Mandat heraus entwickelt hat oder wenn eine devolvierende Delegation aus einer konservierenden Delegation hervorgegangen ist.
Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 145; Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 173. Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 173. 51 So Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 173; ein Fall der potentiellen Zuständigkeit liegt deshalb nicht vor, weil der Minister nur ganz allgemein zur Übertragung an eine Behörde seines Geschäftsbereichs ermächtigt ist, und eben nicht an eine ganz bestimmte Behörde. 52 Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 173. 53 So auch Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 145 ff.; Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 173 f. 54 S. hierzu Kapitel 2, J. dieser Untersuchung. 55 Triepel, S. 86 f. 49 50
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Kap. 1: Zur Terminologie von Delegation und Mandat
Für die Frage der rechtlichen Zulässigkeit einer Delegation ist die Unterscheidung zwischen primärer und sekundärer Delegation aber entbehrlich, weshalb auf diese Gegenüberstellung eigentlich verzichtet werden könnte.
VIII. Die inkorporierende und die schlichte Delegation Barbey stellt in seiner Untersuchung „Rechtsübertragung und Delegation“ die inkorporierende der schlichten Delegation gegenüber56. Unter einer inkorporierenden Delegation versteht er eine Delegation, bei der eine Kompetenz von einem Organ eines Verwaltungsträgers (etwa dem Bund) an ein Organ eines anderen Verwaltungsträgers (etwa ein Bundesland) übertragen wird57. Im Gegensatz hierzu soll eine schlichte Delegation vorliegen, wenn ein Organ seine Kompetenz auf ein anderes Organ desselben Verwaltungsträgers delegiert58. Die Besonderheit der inkorporierenden Delegation besteht darin, dass sie eventuell zu einer unzulässigen Mischverwaltung59 führen könnte. Im Rahmen der Untersuchung der rechtlichen Zulässigkeit der Delegation ist daher auch die Zulässigkeit einer inkorporierenden Delegation zu begutachten60.
C. Die Abgrenzung der Delegation von anderen Instituten Nachdem der Begriff der Delegation festgelegt und die verschiedenen Arten der Delegation dargestellt wurden, ist als Letztes im Rahmen der Terminologie der Delegation diese von Instituten abzugrenzen, die ihr ähnlich sind, wie etwa von der Amtshilfe, von der Verwaltungshilfe nach dem Einigungsvertrag, von dem in der Verwaltungslehre verwandten Delegationsbegriff und von der Organleihe.
I. Abgrenzung der Delegation von der Amtshilfe Die Abgrenzung zwischen Delegation und Amtshilfe kann schwierig werden, da sich in beiden Fällen eine Behörde an eine andere Behörde wendet, um eine Barbey, S. 121. Barbey, S. 121 f., wonach eine inkorporierende Delegation bei „Zuerkennung einer außerordentlichen Organzuständigkeit an eine Institution“ vorliegt, „die außerhalb des behördenmäßigen Aufbaus des Trägers der jeweils wahrzunehmenden Hoheit steht“. 58 Barbey, S. 122. 59 Zum Begriff und zum Problem, s. Lerche in Maunz-Dürig, Art. 83 GG, Rn 85 ff. 60 S. hierzu Kapitel 2, C. dieser Untersuchung. 56 57
C. Die Abgrenzung der Delegation von anderen Instituten
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Aufgabe, die an sich der ersuchenden Behörde obliegt, zu erfüllen. Insbesondere zwischen Singulardelegation und Amtshilfe kann die Abgrenzung problematisch sein. Unter Amtshilfe im Sinne der §§ 4 ff. (L)VwVfG versteht man eine „ergänzende Hilfe, die gleich- oder nebengeordnete Behörden einander auf Ersuchen gewähren, sofern die Hilfeleistung nicht in Handlungen besteht, mit denen die ersuchte Behörde eigene Aufgaben erfüllt“61. Aus dem Kriterium der ergänzenden Hilfe folgt, dass die Amtshilfe nur eine Unterstützungshandlung zu einem fremden Hauptverfahren darstellt, und dass die Amtshilfe daher im Interesse der ersuchenden Behörde erfolgt62. Der Unterschied zwischen Amtshilfe und Delegation besteht jetzt darin, dass es bei der Amtshilfe an sich zwei Verfahren gibt, nämlich zum einen das Hauptverfahren, dass von der ersuchenden Behörde durchgeführt wird, und daneben noch das Hilfsverfahren, welches von der ersuchten Behörde vorgenommen wird. Durch das Zusammenwirken dieser beiden Verfahren sollen die der ersuchenden Behörde obliegenden Aufgaben erfüllt werden. Die Verfahrensherrschaft liegt daher auch allein bei der ersuchenden Behörde63. Bei der Delegation hingegen findet zur Erledigung der gesetzlichen Aufgaben nur ein Verfahren statt, dass von der Behörde ausgeführt wird, an welche die Kompetenzen zur Erledigung dieser Aufgaben delegiert wurde64. Die delegierende Behörde ist an diesem Verfahren in keiner Weise mehr beteiligt. Die Verfahrensherrschaft liegt somit alleine bei dem Delegatar. Die Zuständigkeitsverschiebung bei der Delegation führt des Weiteren auch dazu, dass der Delegatar die ihm delegierten Aufgaben im eigenen Interesse ausführt, da es aufgrund der Übertragung seine Aufgaben sind65. Bei der Amtshilfe hingegen handelt die ersuchte Behörde wie oben dargestellt in fremdem Interesse. Ein weiterer Unterschied zwischen Delegation und Amtshilfe besteht darin, dass durch die Amtshilfe der ersuchten Behörde keine zusätzlichen Befugnisse oder Kompetenzen zuwachsen66, wohingegen bei der Delegation die Kompetenzen des Delegatars erweitert werden. Zusammenfassend kann man daher zur Abgrenzung zwischen Delegation und Amtshilfe festhalten, dass es bei der Delegation an einem für die Amtshilfe typiUle / Laubinger, § 11 Rn 14; Kopp / Ramsauer, § 4 VwVfG, Rn 10. Bonk / Schmitz in Stelkens / Bonk / Sachs, § 4 VwVfG, Rn 25. 63 Ule / Laubinger, § 11 Rn 19. 64 Bonk / Schmitz in Stelkens / Bonk / Sachs, § 4 VwVfG, Rn 41; Schlink, S. 165 f.; s. hierzu auch Kopp / Ramsauer, § 4 VwVfG, Rn 13, wonach die vollständige Übernahme von Verwaltungsaufgaben durch eine andere Behörden nicht als Amtshilfe angesehen werden kann. 65 Bonk / Schmitz in Stelkens / Bonk / Sachs, § 4 VwVfG, Rn 41. 66 Ule / Laubinger, § 11 Rn 10. 61 62
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Kap. 1: Zur Terminologie von Delegation und Mandat
schen Unterstützungshandeln in fremdem Interesse zu einem Hauptverfahren einer anderen Behörde fehlt und stattdessen vielmehr die Wahrnehmung einer eigenen – aber zuvor übertragenen – Kompetenz vorliegt67.
II. Abgrenzung zwischen Delegation und Organleihe Die Abgrenzung der Delegation von der Organleihe kann dann schwierig werden, wenn der Delegant und der Delegatar unterschiedlichen Rechtsträgern angehören. Eine Organleihe liegt vor, wenn ein Organ neben den Aufgaben seines Verwaltungsträgers gewisse Aufgaben eines anderen Verwaltungsträgers wahrzunehmen hat und insoweit als dessen Organ tätig wird68. So nimmt etwa in Baden-Württemberg das Landratsamt nach § 1 III LKrO BW neben den Aufgaben des Landkreises auch staatliche Aufgaben wahr, und ist bezüglich dieser Aufgaben dann Staatsbehörde. Bei unbefangener Betrachtungsweise könnte man somit sagen, die Organleihe ähnelt einer Delegation von Verwaltungsbefugnissen des ausleihenden Verwaltungsträgers an das Organ des entleihenden Verwaltungsträgers. Nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung soll der Unterschied zwischen Delegation und Organleihe nun darin liegen, dass sich bei der Organleihe eine Behörde69 für ihre Tätigkeit ein Organ ausleiht, während bei der Delegation die Zuständigkeit übertragen wird70. Bei einer Organleihe soll es also im Gegensatz zur Delegation an einer Zuständigkeitsübertragung fehlen. Zu dieser Argumentation ist anzumerken, dass es sicher zutreffend ist, dass es bei einer Organleihe an einer Zuständigkeitsübertragung fehlt, solange man nur das Verhältnis der beiden Verwaltungsträger betrachtet. Denn wenn etwa der Landkreis als Rechtsträger dem Rechtsträger Land sein Organ, das Landratsamt, ausleiht, wächst dem Landkreis hierdurch keine neue Kompetenz zu. Allerdings wächst im vorliegend genannten Beispielsfall dem Landratsamt eine zusätzliche Kompetenz zu, nämlich die, die es jetzt für das Land ausüben soll. Diesbezüglich kommt es also sehr wohl auch bei einer Organleihe zu einer Zuständigkeitsübertragung. Fraglich ist somit, ob die Begriffe Delegation und Organleihe überhaupt Begriffe sind, die sich gegenseitig ausschließen, und die man somit gegenüberstellen und voneinander abgrenzen kann. 67 Bonk / Schmitz in Stelkens / Bonk / Sachs, § 4 VwVfG, Rn 41; Kopp / Ramsauer, § 4 VwVfG, Rn 10. 68 Maurer, § 21 Rn 54. 69 Gemeint ist aber doch wohl eher ein Verwaltungsträger und nicht eine Behörde; Lodde, S. 46, drückt sich hierbei aber wohl nur unpräzise aus. 70 Lodde, S. 46.
C. Die Abgrenzung der Delegation von anderen Instituten
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Zur Beantwortung dieser Frage muss man zuerst untersuchen, ob eine Organleihe bereits dann vorliegt, wenn ein Organ eine Kompetenz wahrnimmt, die an sich nicht seinem Rechtsträger, sondern einem fremden Rechtsträger zukommt, oder ob eine Organleihe noch zusätzlich voraussetzt, dass sie im Gesetz in irgendeiner Form besonders festgelegt wird. Da es in der Verwaltung viele Fälle gibt, in denen Behörden als Organ eines Verwaltungsträgers zusätzlich Aufgaben eines anderen Verwaltungsträgers wahrnehmen, ohne zugleich dessen Organ zu sein – zu denken ist hierbei vor allem an die vielen Auftragsangelegenheiten der Gemeinde71 –, folgt hieraus, dass eine Organleihe noch nicht dann gegeben ist, wenn ein Organ nur Kompetenzen eines fremden Verwaltungsträgers wahrnimmt72. Eine Organleihe setzt demnach neben der Zuweisung der Kompetenz eines fremden Rechtsträgers an ein Organ noch zusätzlich voraus, dass der Gesetzgeber dieses Organ dem fremden Rechtsträger in der Art der Organleihe zur Verfügung stellen will73. Das heißt, wenn etwa das Regierungspräsidium (ein Organ des Landes), dem Bürgermeister einer Gemeinde (ein Organ der Gemeinde) eine staatliche Kompetenz im Wege der Delegation zuweisen würde, wäre hierin nur dann eine Organleihe zu erblicken, wenn der Gesetzgeber, der das Regierungspräsidium zur Delegation ermächtigt hat, wollte, dass der Bürgermeister die ihm übertragene Kompetenz als Organ des Landes ausüben soll. Ein entsprechender Wille des Gesetzgebers müsste entweder eigens in der Delegationsermächtigung seinen Niederschlag gefunden haben oder aber im Wege der Auslegung zu ermitteln sein. Fehlt es an einem derartigen Willen, würde der Bürgermeister im oben genannten Beispielsfall als Organ der Gemeinde handeln. Für die Gegenüberstellung von Delegation und Organleihe bedeutet dies, dass sich diese Begriffe nicht im Wege einer Ausschließlichkeit gegenüberstehen, sondern dass vielmehr eine Delegation zur Folge haben kann, dass es – je nach dem Willen des Gesetzgebers – zu einer Organleihe kommt oder eben nicht kommt74. Eine Abgrenzung zwischen Delegation und Organleihe kann somit nicht vorgenommen werden. 71 In diesen Fällen wie z. Bsp. als Ortspolizeibehörde nimmt die Gemeinde staatliche Aufgaben wahr – im Gegensatz zu Selbstverwaltungsaufgaben, die dem Rechtsträger Gemeinde originär zustehen –, ohne als Organ des Landes tätig zu werden. Die Ortspolizeibehörde handelt daher trotz Wahrnehmung staatlicher Aufgaben als Organ der Gemeinde, eine Klage wäre gegen sie zu richten, s. hierzu Würtemberger / Heckmann / Riggert, Rn 127 ff. 72 Hess. VGH, ESVGH 21, 74 (77). 73 Hess VGH, ESVGH 21, S. 77; In Baden-Württemberg ergibt sich z. Bsp. aus § 1 III LKrO, dass das Landratsamt dem Land als Organ zugewiesen wird. Denn in dieser Vorschrift wird ausdrücklich festgelegt, dass das Landratsamt, sofern es als untere Verwaltungsbehörde staatliche Aufgaben wahrnimmt, als Organ des Landes handelt. 74 Zu einer Organleihe kann es natürlich auch bereits in den Fällen nicht kommen, in denen Delegant und Delegatar dem gleichen Verwaltungsträger angehören, wie etwa bei einer Delegation von einem Landesministerium an das Regierungspräsidium.
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Kap. 1: Zur Terminologie von Delegation und Mandat
III. Abgrenzung des hier verwendeten Delegationsbegriffs von dem in der Verwaltungslehre verwendeten Begriff der Delegation Neben der Amtshilfe und der Organleihe ist der hier verwendete Delegationsbegriff auch noch von dem Delegationsbegriff der Verwaltungslehre abzugrenzen. In der Verwaltungslehre versteht man unter einer Delegation das Modell für einen bestimmten Führungsstil innerhalb der Verwaltung, nämlich, dass der Behördenleiter die ihm zukommenden Aufgaben auf seine ihm nachgeordneten Mitarbeiter innerhalb der Behörde zur selbständigen Erledigung überträgt75. Durch die selbständige76 Wahrnehmung von Aufgaben durch die Behördenbediensteten soll u. a. deren Motivation verbessert werden, da sie sich hierdurch mit den ihnen übertragenen Aufgaben besser identifizieren können77. Im Gegensatz zu dem hier verwendeten Delegationsbegriff versteht die Verwaltungslehre somit unter Delegation nicht den Fall, dass eine staatliche Stelle eine ihr obliegende Kompetenz auf eine andere Stelle überträgt, sondern die Verwaltungslehre versteht unter Delegation die Übertragung von Aufgaben innerhalb einer Behörde, nämlich vom Behördenchef an seine ihm nachgeordneten Behördenbediensteten. Eine Kompetenz- und Aufgabenübertragung innerhalb einer Behörde stellt aber nach der hier verwendeten Begriffsbestimmung keine Delegation dar, da es an einer Übertragung von einem staatlichen Subjekt auf ein anderes fehlt78. Die Kompetenzverteilung innerhalb einer Behörde wird nach der in dieser Untersuchung verwendeten Terminologie vielmehr unter den Begriff des innerbehördlichen Mandats gefasst79. Der in der Verwaltungslehre verwendete Delegationsbegriff zur Beschreibung eines bestimmten Führungsmodells hat demnach mit dem hier verwendeten Delegationsbegriff fast nichts gemein. Beide Begriffe sind somit voneinander zu trennen.
S. hierzu näher Mattern, Rn 814 ff.; Thieme, Rn 387, 669. Selbständig bedeutet hierbei aber nicht im eigenen Namen, sondern nur unter eigener Verantwortung. 77 Mattern, Rn 815. 78 Die Kompetenzübertragung innerhalb der Behörde ändert nämlich nichts daran, das nach außen weiterhin nur die betreffende Behörde zuständig ist, s. hierzu auch Kapitel 3, C. I. dieser Untersuchung. 79 S. hierzu Kapitel 1, E. I. dieser Untersuchung. 75 76
C. Die Abgrenzung der Delegation von anderen Instituten
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IV. Abgrenzung der Delegation von der Verwaltungshilfe nach dem Einigungsvertrag Der hier verwendete Delegationsbegriff ist auch von der in dem Einigungsvertrag zwischen der BRD und der DDR vorgesehenen Verwaltungshilfe abzugrenzen. Die Verwaltungshilfe war ein in Art. 15 Einigungsvertrag geschaffenes Rechtsinstitut, dessen Geltung allerdings von vornherein befristet war und das mittlerweile auch nicht mehr besteht80. Die Verwaltungshilfe sah vor, dass westdeutsche Behörden bis zum Aufbau einer funktionierenden Verwaltung in Ostdeutschland den dortigen Behörden personelle, organisatorische und finanzielle Hilfe gewähren sollten81. Neben dieser allgemeinen Regelung der Verwaltungshilfe gab es auch noch spezialgesetzliche Normierungen, welche die Zusammenarbeit zwischen den west- und den ostdeutschen Behörden für bestimmte Sachbereiche näher regelten. So sah der mittlerweile wieder aufgehobene § 10a BImSchG vor, dass bei einem Genehmigungsverfahren hinsichtlich einer dem BImSchG unterfallenden Anlage die für die Entscheidung über die Genehmigung zuständige ostdeutsche Behörde dem Antragsteller aufgeben sollte, die Stellungnahme einer von ihr näher bestimmten westdeutschen Behörden hinsichtlich der immissionsschutzrechtlichen Zulässigkeit des Verfahrens einzuholen. Das Verfahren bezüglich der Genehmigung einer dem BImschG unterfallenden Anlage war demnach im Prinzip zweigeteilt. In einem ersten Schritt prüfte die zuständige ostdeutsche Behörde, ob das Vorhaben aufgrund der bestehenden Grundstücks- und Planungssituation realisierbar erschien, mithin also, ob die Errichtung der Anlage mit den baurechtlichen (Bauplanungsrecht, Bauordnungsrecht), den naturschutzrechtlichen und mit den wasserrechtlichen Vorgaben vereinbar war82. Sofern sie diese Vereinbarkeit bejahte, gab sie dem Antragsteller auf, hinsichtlich der immissionsschutzrechtlichen Zulässigkeit83 die Stellungnahme einer von der ostdeutschen Behörde konkret bestimmten westdeutschen Behörde einzuholen. Den mit dem westdeutschen Immissionsschutzrecht noch nicht hinreichend vertrauten ostdeutschen Genehmigungsbehörden sollte hiermit die Möglichkeit eröffnet werden, auf den Sachverstand zurückzugreifen, den die westdeutschen Behörden in langjähriger Praxis auf dem Gebiet des Immissionsschutzrechts erworben hatten84. Allerdings musste die zuständige Behörde die Stellungnahme der westdeutschen Behörde nur berücksichtigen und nicht übernehmen, das heißt, diese war für die ostdeutsche Behörde nicht bindend, 80 S. zur Verwaltungshilfe nach dem Einigungsvertrag ganz allgemein Bonk / Schmitz in Stelkens / Bonk / Sachs, § 4 VwVfG, Rn 43 ff. 81 Bonk / Schmitz in Stelkens / Bonk / Sachs, § 4 VwVfG, Rn 43. 82 Laubinger in Ule / Laubinger, § 10a BImSchG, C 3 ff.; Repkewitz, LKV 1992, S. 7 f. 83 Der Schwerpunkt der Prüfung lag hierbei darin, zu prüfen, ob die geplante Anlage den Voraussetzungen des § 5 BImSchG genügt. 84 Laubinger in Ule / Laubinger, § 10a BImSchG, C 2.
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Kap. 1: Zur Terminologie von Delegation und Mandat
so dass diese auch eine der Stellungnahme widersprechende Entscheidung treffen konnte85. Daneben war die zuständige ostdeutsche Behörde auch nicht ausnahmslos verpflichtet, dem Antragsteller die Einholung einer Stellungnahme einer westdeutschen Behörde aufzugeben, sondern sollte eine entsprechende Stellungnahme nur dann verlangen, wenn ihr eigener Sachverstand für die Beurteilung der immissionsschutzrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens nicht ausreichte86. Angesichts des Umstandes, dass die zuständige ostdeutsche Behörde hinsichtlich der immissionsschutzrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens ihrer Entscheidung im Regelfall eine Stellungnahme einer westdeutschen Behörde zugrunde legte, könnte man davon ausgehen, dass die ostdeutsche Behörde ihre Kompetenz zur Sachverhaltsermittlung und Entscheidung in Bezug auf die immissionsschutzrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens auf die westdeutsche Behörde im Wege einer Delegation übertragen hat. Zumindest weist die Einbeziehung der westdeutschen Behörde in den Prozess der Entscheidungsfindung eine gewisse Ähnlichkeit mit einer Delegation auf, da die westdeutsche Behörde ihre Stellungnahme auch im eigenen Namen erlassen hat87. Gegen das Vorliegen einer Delegation spricht aber letztendlich, dass die westdeutsche Behörde hinsichtlich der immissionsschutzrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens keine Entscheidung in der Sache treffen konnte, da ihre Stellungnahme für die ostdeutsche Behörde nicht bindend war. Die endgültige Entscheidung wurde somit allein von der zuständigen ostdeutschen Behörde getroffen. Die westdeutsche Behörde unterstützte sie zwar hierbei, indem sie ihren Sachverstand zur Verfügung stellte, hatte selbst aber keinerlei Entscheidungskompetenz in der Sache. Die Verwaltungshilfe nach dem Einigungsvertrag ähnelte daher eher den Fällen, bei denen eine Behörde zum Erlass einer Entscheidung zuvor die Stellungnahme einer anderen Behörde einholen und dann bei der Entscheidungsfindung berücksichtigen muss88.
D. Der Begriff des Mandats Wie bereits zuvor kurz angesprochen, liegt ein Mandat vor, wenn der Inhaber einer öffentlich-rechtlichen Zuständigkeit ein anderes Subjekt beauftragt, die Kompetenz des Mandanten in dessen Namen auszuüben89. Ausgehend von der oben genannten Definition setzt sich der Begriff des Mandats somit im Wesentlichen aus vier Bestandteilen zusammen. Laubinger in Ule / Laubinger, § 10a BImSchG, C 46; Repkewitz, LKV 1992, S. 9. Laubinger in Ule / Laubinger, § 10a BImSchG, C 31. 87 Bonk / Schmitz in Stelkens / Bonk / Sachs, § 4 VwVfG, Rn 46, wonach die Verwaltungshilfe unter anderem Elemente der Delegation aufweise. 88 Die Einholung einer Stellungnahme ist beispielsweise in § 4 BauGB oder in § 10 V BImSchG vorgesehen. 89 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 148; Ule / Laubinger, § 10 Rn 18; Rasch, DVBl. 1983, S. 619; Horn, NVwZ 1986, S. 809. 85 86
D. Der Begriff des Mandats
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Wie die Delegation, so verlangt auch das Mandat als Erstes einen Rechtsakt90, durch den der Inhaber einer Kompetenz ein anderes Subjekt mit der Wahrnehmung dieser Kompetenz beauftragt. Als Zweites setzt der Begriff des Mandats voraus, dass die Beauftragung mit der Wahrnehmung einer Kompetenz durch den Inhaber dieser Kompetenz erfolgt. Als Drittes ist für den Begriff des Mandats erforderlich, dass mit der Wahrnehmung der Kompetenz ein anderes Subjekt beauftragt wird. Und als Viertes und Letztes setzt das Mandat voraus, dass die mandatierte Behörde die Kompetenz im Namen des Mandanten und somit nicht im eigenen Namen ausübt.
I. Das Vorliegen eines Rechtsakts Als ungeschriebenes Merkmal setzt der Begriff des Mandats das Vorliegen eines Rechtsaktes voraus, durch den der Mandant dem Mandatar die Wahrnehmung der mandatierten Kompetenz im Namen des Mandanten gestattet. Das heißt, die Befugnis zum Handeln im Namen des Mandanten muss dem Mandatar von Seiten des Mandanten erteilt werden. Unerheblich für den Begriff des Mandats ist hierbei, ob dieser Rechtsakt einseitig von der mandatierenden Behörde getroffen werden kann oder ob der Mandatar der Erteilung des Mandats in irgendeiner Form zustimmen muss91. An einer Beauftragung und somit an einem Mandat fehlt es aber in den Fällen, in denen eine Behörde eigenmächtig die Kompetenzen einer anderen Behörde an sich ziehen, und dann in deren Namen ausüben kann (Selbsteintrittsrecht)92. Unbeachtlich für den Begriff des Mandats ist es, ob der Rechtsakt der Bevollmächtigung vor Wahrnehmung der mandatierten Kompetenz durch die mandatierte Behörde erfolgt, oder ob deren Handeln erst nachträglich, etwa in Form einer Genehmigung, legitimiert wird. Auch im Falle einer nachträglichen Genehmigung, sprich, im Falle einer nachträglichen und rückwirkenden Ermächtigung zum Handeln im Namen der mandatierenden Behörde, würde es sich also um ein Mandat handeln. Eine andere, erst im Rahmen der Zulässigkeit des Mandats zu behandelnde Frage ist es aber, ob eine derartige Mandatierung in Form einer nachträglichen Genehmigung rechtlich zulässig und somit auch wirksam wäre93. 90 Das Erfordernis eines Rechtsaktes ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus der zuvor genannten Definition des Mandats, folgt aber mittelbar aus dem Umstand, dass der Mandant den Mandatar mit der Wahrnehmung seiner Kompetenzen in seinem Namen beauftragen muss. Dies setzt nämlich zwingend einen irgendwie gearteten Rechtsakt voraus. 91 Ein derartiges Mandat, dem beide Behörden zustimmen müssen, findet sich etwa im Falle der §§ 88 ff. SGB X. Hier erfolgt die Mandatierung durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag, s. hierzu Engelmann in von Wulffen, § 88 SGB X, Rn 4, § 89 SGB X, Rn 3. 92 Ein derartiger Fall eines Selbsteintrittsrechts, bei dem die eintretende Behörde im Namen der anderen Behörde handelt, liegt z. Bsp. im Falle des § 65 II PolG BW vor, Belz / Mussmann, § 65 PolG, Rn 8. 93 S. hierzu Kapitel 3, F. dieser Untersuchung.
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Kap. 1: Zur Terminologie von Delegation und Mandat
Ähnlich wie bei der Delegation ist auch beim Mandat problematisch, ob der Rechtsakt, durch den das Mandat erteilt wird, einer bestimmten Form bedarf. Doch da es sich hierbei um ein Problem der Rechtmäßigkeit des Mandats handelt, welches für den Begriff des Mandats unerheblich ist, wird hierauf erst später eingegangen94.
II. Zur Erteilung des Mandats durch den Inhaber der mandatierten Zuständigkeit Der hier vertretene Begriff des Mandats verlangt, dass die Beauftragung mit der Wahrnehmung einer Kompetenz von dem bisherigen Inhaber der Kompetenz ausgeht. Das aber setzt voraus, dass die mandatierende Behörde Inhaber derjenigen Kompetenz ist, mit deren Wahrnehmung sie dann den Mandatar beauftragt. Von dem Begriff des Mandats ist daher zunächst, ähnlich wie bei der Delegation, die Zuweisung einer Kompetenz durch das Parlament bzw. den jeweiligen Inhaber der Organisationsgewalt abzugrenzen95. Hierbei ist vor allem die Zuweisung von Wahrnehmungszuständigkeiten zu betrachten. Unter einer Wahrnehmungszuständigkeit versteht man die Zuständigkeit zur Wahrnehmung der einem anderen Subjekt zugehörenden Berechtigung und Verpflichtung96. Hiervon abzugrenzen ist die Eigenzuständigkeit, unter der man die Zugehörigkeit einer Pflicht oder eines subjektiven Rechts zu einem Rechtsträger versteht97. Die Eigenzuständigkeit ist demnach die Zuständigkeit, die originär einem Rechtsträger, etwa einer Gemeinde, dem Land oder dem Bund zusteht. Da diese Rechtsträger aber nicht selbst handeln können, brauchen sie Organe, die für sie handeln, und ihre Kompetenzen wahrnehmen. Die Zuständigkeit, die ein Organ für seinen Rechtsträger ausübt, ist demnach die Wahrnehmungszuständigkeit98. Da das Organ hierbei nicht für sich, sondern für seinen Rechtsträger handelt, könnte man das Verhältnis zwischen Rechtsträger und Organ als Mandat bezeichnen. Zumindest weist es eine gewisse Ähnlichkeit mit dem oben genannten Mandatsbegriff auf99. Die Besonderheit besteht nun aber gerade darin, dass ein Organ im Normalfall nicht von seinem jeweiligen Rechtsträger beauftragt wird, dessen (Eigen-)Kompetenzen auszuüben, sondern dass die Betrauung des Organs mit den Kompetenzen des Rechtsträgers in der Regel durch das Parlament im Wege eines Gesetzes erfolgt. Der Begriff des Mandats setzt aber, wie bereits zuvor gesagt, S. hierzu Kapitel 3, C. dieser Untersuchung. Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 148; Schwabe, DVBl. 1974, S. 70 ff.; Horn, NVwZ 1986, S. 809; Rasch, DÖV 1957, S. 339. 96 Schwabe, DVBl. 1974, S. 70. 97 Schwabe, DVBl. 1974, S. 70. 98 Schwabe, DVBl. 1974, S. 70. 99 Schwabe, DVBl. 1974, S. 71; Horn, NVwZ 1986, S. 809. 94 95
D. Der Begriff des Mandats
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voraus, dass die Behörde oder das Organ, das eine fremde Zuständigkeit im Namen des Zuständigkeitsinhabers ausüben soll, hierzu von dem jeweiligen Zuständigkeitsinhaber selbst beauftragt wird. Die Zuweisung von (Wahrnehmungs-) Kompetenzen an ein Organ durch das Parlament bzw. durch den sonstigen Inhaber der Organisationsgewalt stellt somit kein Mandat im Sinne der hier verwendeten Terminologie dar100. Ebenso würde es sich auch nicht um ein Mandat im Sinne der hier verwendeten Terminologie handeln, wenn eine übergeordnete Behörde eine ihr untergeordnete Behörde dazu ermächtigen würde, die Zuständigkeit einer anderen Behörde in deren Namen auszuüben. Denn auch in diesem Fall würde es an einer Mandatierung durch den eigentlichen Zuständigkeitsinhaber fehlen. Wie bei der Delegation von Zuständigkeiten setzt also auch die Mandatierung von Zuständigkeiten voraus, dass es sich hierbei um eine eigene Zuständigkeit der mandatierenden Behörde handelt. Entsprechend den unter Kapitel 1, A. II. dieser Untersuchung für die Delegation gemachten Ausführungen ist es für den Begriff des Mandats ebenfalls unerheblich, ob die mandatierende Behörde sich neben dem Mandat die Befugnis vorbehält, die mandatierte Kompetenz auch noch selbst auszuüben oder ob sie hiervon absieht101. In beiden Fällen würde demnach ein Mandat im Sinne der hier verwendeten Terminologie vorliegen. Gegenstand der mandatierten Kompetenz kann bei einem Mandat die Befugnis zum Erlass von Verwaltungsakten, Realakten oder von Rechtsnormen sein. Speziell auf die Mandatierung von Rechtsetzungskompetenzen wird aber im späteren Verlauf der Untersuchung noch näher eingegangen, da sich hier vielfältige rechtliche Probleme stellen102.
III. Die Beauftragung eines anderen Subjekts Der Begriff des Mandats setzt voraus, dass ein anderes Subjekt mit der Wahrnehmung von Kompetenzen der mandatierenden Behörde beauftragt wird. Entgegen der insoweit vielleicht etwas missverständlichen Terminologie setzt das Vorliegen eines Mandats nicht zwingend ein zivilrechtliches oder öffentlichrechtliches Auftragsverhältnis zwischen dem Mandanten und dem Mandatar voraus. Die Ausgestaltung des Innenverhältnisses zwischen Mandant und Mandatar bleibt vielmehr diesen überlassen, sofern hierzu keine ausdrücklichen Vorgaben wie etwa bei §§ 88 ff. SGB X bestehen. Für den Begriff des Mandats kommt es demnach nicht 100 So auch Schwabe, DVBl. 1974, S. 70 f. ; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 148 Fn. 144; Horn, NVwZ 1986, S. 809. 101 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 149. 102 S. hierzu Kapitel 3, D. V. dieser Untersuchung.
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Kap. 1: Zur Terminologie von Delegation und Mandat
auf das Innenverhältnis zwischen Mandant und Mandatar an, sondern nur darauf, dass der Mandatar zum Handeln im Namen des Mandanten berechtigt ist. Was das Subjekt angeht, dass mit der Wahrnehmung der mandatierten Kompetenz beauftragt werden soll, so ist für den Begriff des Mandats unerheblich, ob es sich bei diesem Subjekt um einen anderen Hoheitsträger, einen Mitarbeiter einer Behörde oder um eine Privatperson handelt103. Ebenso wenig setzt der Begriff des Mandats im Falle der Mandatierung einer anderen Behörde voraus, dass es sich bei dieser Behörde um eine im Verwaltungsaufbau nachgeordnete Behörde handelt, oder dass zwischen den beteiligten Behörden ein Weisungsverhältnis gegeben ist104. Eine andere, erst später im Rahmen der Zulässigkeit des Mandats zu behandelnde Frage ist es aber, ob ein Mandat an Private oder an Behörden, denen gegenüber kein Weisungsrecht besteht, überhaupt rechtlich zulässig ist, oder ob ein solches Mandat unzulässig wäre105. Abschließend ist noch kurz darauf hinzuweisen, dass es für den Begriff des Mandats unbeachtlich ist, ob das Subjekt, demgegenüber das Mandat erteilt werden soll, bereits besteht, oder ob es erst anlässlich der Mandatierung gegründet werden soll.
IV. Ausübung der Kompetenz im Namen der mandatierenden Behörde Der Begriff des Mandats setzt voraus, dass der Mandatar im Namen der mandatierenden Behörde handelt106. Von einem Mandat kann folglich nur gesprochen werden, wenn die mandatierende Behörde den Mandatar dazu ermächtigen will, die Kompetenzen der mandatierenden Behörde in deren Namen auszuüben107. Soll 103 Teile der Lit. verwenden einen Mandatsbegriff, wonach mit der Wahrnehmung der mandatierten Kompetenz ein anderes öffentlich-rechtliches Subjekt beauftragt werden muss, so z. Bsp. Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 148; Schwabe, DVBl. 1974, S. 70; Horn, NVwZ 1986, S. 809; anders aber Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 177; Zuhorn-Hoppe, S. 163, die nur die Beauftragung eines anderen Subjekts verlangen. Ob hierdurch eine Mandatierung von Privatpersonen aus dem Mandatsbegriff ausgeklammert werden soll oder ob es sich einfach nur um eine terminologische Ungenauigkeit handelt, ist unklar, wobei Letzteres wohl wahrscheinlicher ist. Auf jeden Fall wäre aber eine Einschränkung des Mandatsbegriffes dahingehend, dass er die Mandatierung von Privatpersonen nicht umfasst, nicht sinnvoll, da sich die Fälle der Mandatierung von Privatpersonen und die Fälle der Mandatierung von anderen öffentlich-rechtlichen Subjekten derart ähnlich sind, dass hierfür auch eine einheitliche Terminologie verwendet werden sollte. 104 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 149. 105 S. hierzu Kapitel 3, D. I. dieser Untersuchung. 106 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 148; Ule / Laubinger, § 10 Rn 18; Schwabe, DVBl. 1974, S. 70; Müller, DÖV 64, S. 536. 107 Das Mandat stellt sich somit als eine Art öffentlich-rechtliche Stellvertretung dar.
E. Die verschiedenen Arten des Mandats
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der vermeintliche Mandatar die fremde Kompetenz hingegen im eigenen Namen wahrnehmen, liegt kein Mandat, sondern eine Delegation vor. Unerheblich für den Begriff des Mandats ist aber, ob das Handeln im fremden Namen nach außen erkennbar ist. Dies ist vielmehr nur eine Wirksamkeitsvoraussetzung des Mandats, weshalb auf die Frage, inwieweit das Handeln im fremden Namen nach außen erkennbar gemacht werden muss, erst später im Rahmen der Zulässigkeit des Mandats einzugehen ist108. Für das Mandat kommt es folglich nur darauf an, dass der Mandatar im Namen des Mandanten handeln will und er zu einem derartigen Handeln von dem Mandanten ermächtigt wurde. Sofern diese beiden Voraussetzungen gegeben sind, liegt ein Mandat vor, selbst wenn nach außen nicht erkennbar ist, dass der Mandatar im Namen des Mandanten handelt – etwa, weil der Mandatar bei Ausübung des Mandats nicht deutlich gemacht hat, dass er im Namen des Mandanten tätig werden will109.
E. Die verschiedenen Arten des Mandats Auch innerhalb des Begriffes des Mandats werden verschiedene Arten unterschieden, die jetzt als Nächstes im Einzelnen dargestellt werden sollen. Hierbei ist auch zu untersuchen, inwieweit Erscheinungen, die in der Literatur und Rechtsprechung als Mandat bezeichnet werden, unter den hier verwendeten Begriff des Mandats fallen.
I. Das innerbehördliche Mandat und das zwischenbehördliche Mandat Ein innerbehördliches Mandat liegt vor, wenn der Behördenvorstand Angehörige seiner Behörde dazu ermächtigt, Schriftstücke der Behörde in seinem Namen abschließend mit „In Vertretung“ oder „Im Auftrag“ zu unterzeichnen110. Inhaltlich stellt sich diese Form der Mandatierung als Zeichnungsbefugnis für den Behördenvorstand dar111. Im Gegensatz dazu spricht man von einem zwischenbehördlichen Mandat, wenn sich die Mandatierung zwischen zwei Behörden vollzieht112. In diesem Fall hanS. hierzu Kapitel 3, J. dieser Untersuchung. Zu den Rechtsfolgen eines Handelns im eigenen Namen s. Kapitel 3, J. dieser Untersuchung. 110 Rasch, DVBl. 1983, S. 619; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 149. 111 Horn, NVwZ 1986, S. 809. 112 Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 178 f.; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 149; Ule / Laubinger, § 10 Rn 18; Schwabe, DVBl. 1974, S. 72 bezeichnet ein derartiges Mandat auch als externes Mandat. 108 109
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Kap. 1: Zur Terminologie von Delegation und Mandat
delt dann eine Behörde im Namen einer anderen Behörde. Beide Fälle stellen Mandate im Sinne der hier vertretenen Terminologie dar.
II. Das Singularmandat und das generelle Mandat Ein Singular- oder Einzelmandat ist dann gegeben, wenn das Mandat nur hinsichtlich eines einzelnen Falles113 erteilt wird, das heißt, wenn dem Mandatar nur die Befugnis eingeräumt wird, Entscheidungen gegenüber einem oder mehreren bestimmten Bürgern zu treffen114. Wird das Mandat hingegen für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen erteilt, handelt es sich um ein generelles Mandat115.
III. Das Submandat Von einem Submandat spricht man, wenn die mandatierte Behörde ihre Kompetenz, im Namen des Mandanten zu handeln, im Wege eines weiteren Mandats – des Submandats – auf eine andere Stelle überträgt116. Die im Wege des Submandats mandatierte Stelle handelt dann in Ausübung der mandatierten Kompetenz im Namen des Submandanten (=Mandatar), und, da sie dessen Kompetenz zum Handeln im Namen des Mandanten wahrnimmt, hierdurch zugleich auch unmittelbar im Namen des ursprünglichen Mandanten117. Der Submandatar nimmt demnach im Namen des Mandatars dessen Kompetenz zum Handeln im Namen des Mandanten wahr. Denkbar wäre es aber auch, dass der Mandatar seine Kompetenz zum Handeln im Namen des Mandanten in der Form an eine andere Stelle weiter überträgt, dass diese Stelle dann unmittelbar nur im Namen des Mandanten handeln soll, und nicht auch noch im Namen des Mandatars, der ihr die Zuständigkeit übertragen hat118. Eine derartige Weiterübertragung würde sich dann aber als Delegation, und nicht Zum Begriff des Einzelfalles, s. Kapitel 1, B. IV. dieser Untersuchung. Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 178; Ule / Laubinger, § 10 Rn 19. 115 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 149; Ule / Laubinger, § 10 Rn 19; Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 179 bezeichnet diese Art des Mandats als Dauer- oder Generalmandat. 116 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 149. 117 Wenn also beispielsweise ein Ministerium ein Regierungspräsidium mit der Wahrnehmung einer Kompetenz mandatieren würde und das Regierungspräsidium dann diese Kompetenz im Wege eines Submandats an ein Landratsamt weiter übertragen würde, dann würde das Landratsamt im Namen des Regierungspräsidiums dessen Kompetenz zum Handeln im Namen des Ministeriums wahrnehmen, wodurch das Handeln des Landratsamts zugleich dem Regierungspräsidium und dem Ministerium zugerechnet werden würde. 118 So wenn das Landratsamt in dem in Fn 117 gebildeten Beispiel nur im Namen des Ministeriums handeln würde, und nicht auch im Namen des Regierungspräsidiums. 113 114
E. Die verschiedenen Arten des Mandats
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als Mandat bzw. Submandat darstellen119. Gegenstand der Delegation wäre in diesem Fall die Kompetenz zum Handeln im Namen des Mandanten.
IV. Das Spezialmandat und das totale Mandat In Anlehnung an die bei der Delegation verwendete Terminologie soll der Fall, dass der Mandant nicht seine gesamte Kompetenz, sondern nur einen Teil hiervon mandatiert, Spezialmandat genannt werden, während die Fallgestaltung, bei der er seine gesamte Kompetenz mandatiert, als totales Mandat bezeichnet werden soll.
V. Das konservierende und das devolvierende Mandat Entsprechend der bei der Delegation verwendeten Terminologie soll von einem konservierenden Mandat gesprochen werden, wenn sich der Mandant die Ausübung der mandatierten Kompetenz nach Vornahme des Mandats noch selbst vorbehält. Im Gegensatz hierzu liegt ein devolvierendes Mandat vor, wenn der Mandant die mandatierte Kompetenz nach Vornahme des Mandats nicht mehr wahrnehmen kann.
VI. Der Mandatsbegriff Triepels Zum Ende der Darstellung der verschiedenen Formen des Mandats soll noch kurz auf den Mandatsbegriff eingegangen werden, den Triepel in seiner Monographie „Delegation und Mandat“ entwickelt hat, da Triepel hierbei Erscheinungen als Mandat bezeichnet, die nach der hier verwendeten Terminologie keine Mandate sind. Triepel teilt die Mandate in zwei große Gruppen ein, nämlich zum einen in die Aufträge ohne Vollmacht und zum anderen in die Bevollmächtigungen 120. Die Aufträge ohne Vollmacht unterteilt er wieder in zwei Gruppen, und zwar zum einen in die Dienstaufträge und zum anderen in die öffentliche Bestellung121. Aus seinen weiteren Ausführungen ergibt sich dann, dass die Dienstaufträge für Triepel nichts anderes sind als Weisungen, die der Vorgesetzte an seine Mitarbeiter oder eine übergeordnete Behörde an ihr nachgeordnete Behörden richtet122. Wei119 120 121
So auch Triepel, S. 150. Triepel, S. 134. Triepel, S. 134, 136.
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Kap. 1: Zur Terminologie von Delegation und Mandat
sungen stellen nach der hier verwendeten Terminologie aber kein Mandat dar, da es an der Ermächtigung zur Wahrnehmung einer fremden Kompetenz fehlt. Und auch die öffentliche Bestellung, die Triepel als Mandat ansieht, ist kein Mandat im Sinne der hier verwendeten Terminologie. Unter den Begriff der öffentlichen Bestellung fallen nach Triepel nämlich solche Erscheinungen wie etwa die Bestellung zum Nachlaßverwalter oder die Beiordnung als Rechtsanwalt123. Da es in diesen Fällen aber an der Wahrnehmung hoheitlicher Kompetenzen fehlt, was Triepel auch selbst anmerkt124, liegt kein Mandat vor. Das von Triepel als Dienstauftrag bezeichnete Mandat ist somit kein Mandat im Sinne der hier vorliegenden Untersuchung. Ein Mandat im Sinne der hier verwendeten Terminologie liegt aber in den Fällen vor, die Triepel als Bevollmächtigungen bezeichnet. Denn hierunter versteht Triepel jene Fälle, in denen eine Behörde nicht eine eigene, sondern eine fremde Kompetenz in fremdem Namen ausübt125, was ja Merkmal des hier verwendeten Mandatsbegriffes ist.
F. Die Abgrenzung des Mandats von anderen Instituten Wie die Delegation ist auch das Mandat von Erscheinungen abzugrenzen, die ihm ähnlich sind. Es handelt sich hierbei um die Amtshilfe, die Organleihe, den Boten, den „Beauftragten“ in der öffentlichen Verwaltung und die Delegation.
I. Abgrenzung des Mandats von der Amtshilfe Wie bereits bei der Abgrenzung zwischen Delegation und Amtshilfe ausgeführt, versteht man unter Amtshilfe eine ergänzende Hilfe, die gleich- oder nachgeordnete Behörden einander auf Ersuchen gewähren, sofern die Hilfeleistung nicht in Handlungen besteht, mit denen die ersuchte Behörde eigene Aufgaben erfüllt126. Die Gemeinsamkeit zwischen Amtshilfe und Mandat liegt nun darin, dass in beiden Fällen eine Behörde zur Erfüllung von Aufgaben, die an sich ihr obliegen, auf eine andere Stelle zugreift und sich deren Tätigkeit zu Nutze macht. 122 Den ersten Fall nennt Triepel innerbehördlichen Auftrag, den zweiten zwischenbehördlichen Auftrag; s. hierzu auch Schwabe, DVBl. 1974, S. 70. 123 Triepel, S. 136. 124 Triepel, S. 136. 125 Triepel, S. 139; Triepel nennt die Fälle der Bevollmächtigung auch Substitution. 126 Ule / Laubinger, § 11 Rn 14.
F. Abgrenzung des Mandats von anderen Instituten
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Der Unterschied zum Mandat besteht aber darin, dass es bei der Amtshilfe zwei Verfahren gibt, nämlich ein Hauptsacheverfahren, welches von der ersuchenden Behörde durchgeführt wird, und das Hilfsverfahren, dass von der ersuchten Behörde vorgenommen wird. Die Verfahrensherrschaft bezüglich des gesamten Verfahrens liegt somit bei der ersuchenden Behörde127. Beim Mandat hingegen findet, wie auch bei der Delegation, nur ein Verfahren statt, welches von der mandatierten Behörde im Namen des Mandanten durchgeführt wird128. Die Verfahrensherrschaft bezüglich dieses Verfahrens liegt daher auch allein bei der mandatierten Behörde, die mandatierende Behörde kann auf dieses Verfahren allenfalls durch den Erlass von Weisungen o.ä. Einfluss nehmen, ist an ihm aber ansonsten nicht beteiligt129. Ein weiterer Unterschied zwischen Amtshilfe und Mandat liegt darin, dass beim Mandat die mandatierte Behörde im fremden Namen, nämlich im Namen der mandatierenden Behörde, handelt, während bei der Amtshilfe die ersuchte Behörde im eigenen Namen, wenngleich auch in fremdem Interesse tätig wird130. Daneben unterscheiden sich Mandat und Amtshilfe auch noch darin, dass der ersuchten Behörde durch die Amtshilfe keine zusätzlichen Kompetenzen anwachsen131, wohingegen bei dem Mandat der Kompetenzbereich des Mandatars erweitert wird, da er aufgrund des Mandats die Kompetenzen des Mandanten in dessen Namen ausüben darf.
II. Abgrenzung des Mandats von der Organleihe Die Abgrenzung zwischen Mandat und Organleihe kann dann Schwierigkeiten aufweisen, wenn beim Mandat mandatierende und mandatierte Behörde unterschiedlichen Rechtsträgern angehören132. Wie bereits zuvor bei der Abgrenzung zwischen Delegation und Organleihe ausgeführt, liegt eine Organleihe vor, wenn ein Organ neben den Aufgaben seines Verwaltungsträgers gewisse Aufgaben eines anderen Verwaltungsträgers wahrzunehmen hat und somit auch als dessen Organ tätig wird133. Die Organleihe führt demnach dazu, dass das entliehene Organ zugleich Organ des entleihenden Verwaltungsträgers wird. Ule / Laubinger, § 11 Rn 12. Bonk / Schmitz in Stelkens / Bonk / Sachs, § 4 VwVfG, Rn 40. 129 Denkbar wäre also auch, dass der Mandant auf den Erlass von Weisungen o.ä. gänzlich verzichtet und den Mandatar vollkommen frei handeln lässt. In diesem Fall wäre dann der Unterschied zur Amtshilfe sehr deutlich. 130 Bonk / Schmitz in Stelkens / Bonk / Sachs, § 4 VwVfG, Rn 40. 131 Ule / Laubinger, § 11 Rn 10. 132 Wenn sie dem gleichen Rechtsträger angehören, sind Abgrenzungsschwierigkeiten hingegen ausgeschlossen. 127 128
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Kap. 1: Zur Terminologie von Delegation und Mandat
Die Gemeinsamkeit zwischen Mandat und Organleihe besteht nun in den Fällen, in denen Mandant und Mandatar unterschiedlichen Rechtsträgern angehören, darin, dass in beiden Fällen das Handeln der entliehenen bzw. mandatierten Behörde einem anderen Verwaltungsträger als dem, dem die Behörde ursprünglich angehört, zugerechnet wird. Bei der Organleihe geschieht diese Zurechnung unmittelbar, weil die entliehene Behörde Organ des entleihenden Verwaltungsträgers wird, sie ihn also als sein Organ vertreten und für ihn handeln kann. Beim Mandat hingegen geschieht die Zurechnung an den anderen Verwaltungsträger nur mittelbar, nämlich dadurch, dass der Mandatar im Namen einer Behörde handelt, die Organ dieses anderen Verwaltungsträgers ist, so dass das Handeln des Mandatars über den Mandanten dem anderen Verwaltungsträger zugerechnet wird134. Aus diesem Unterschied von unmittelbarer und mittelbarer Zurechnung ergeben sich dann auch die wesentlichen Unterschiede zwischen Organleihe und Mandat. Ein Unterschied besteht darin, dass bei der Organleihe das entliehene Organ im eigenen Namen tätig wird135. Aufgrund seiner Organstellung wird sein Handeln nämlich ohne weiteres dem entleihenden Verwaltungsträger zugerechnet. Beim Mandat hingegen handelt die mandatierte Behörde immer im Namen einer anderen Behörde, also eines anderen Organs. Ein weiterer Unterschied liegt darin begründet, dass die Organleihe ihrem Wesen nach zu einer organisatorischen Inkorporation des entliehenen Organs in die Organisation des entleihenden Verwaltungsträgers führt136. Das Organ wird somit, wie der Begriff Organleihe bereits nahe legt, zusätzlich noch Organ des entleihenden Verwaltungsträgers. Beim Mandat hingegen fehlt es an einer derartigen Inkorporation, vielmehr liegt nur eine funktionelle Inkorporation vor137. Dass bedeutet, dass die mandatierte Behörde zwar funktionell mit der Wahrnehmung von Aufgaben des fremden Verwaltungsträgers betraut wird, dass sie aber nicht zugleich auch Organ des Verwaltungsträgers wird, dem die mandatierende Behörde angehört. Dass der Mandatar nicht Organ des anderen Verwaltungsträgers wird, ergibt sich hierbei daraus, dass das Handeln des Mandatars dem Verwaltungsträger der mandatierenden Behörde nicht (wie bei einer Organleihe) unmittelbar, sondern eben nur mittelbar zugerechnet wird. Der Begriff des Organs setzt aber eine unmittelbare Zurechnung des Handelns des Organs an den jeweiligen Verwaltungsträger voraus138. Eine nur mittelbare Zurechnung reicht für den Begriff des Organs somit nicht aus, was zur Folge hat, dass eine Behörde, deren Handeln einem Verwal133 Maurer, § 21 Rn 54. Ein Beispiel für eine Organleihe bietet etwa der § 1 III LKrO BW, wonach das Landratsamt zugleich die Aufgaben der unteren Verwaltungsbehörde wahrzunehmen hat und insoweit dann Staatsbehörde ist. 134 Schwabe, DVBl. 1974, S. 72. 135 Horn, NVwZ 1986, S. 809. 136 Maurer, § 21 Rn 54. 137 Hufeld, VBlBW 1999, 132. 138 Wolff, Verwaltungsrecht II, 3. A., § 74 I 6.
F. Abgrenzung des Mandats von anderen Instituten
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tungsträger nur mittelbar zugerechnet wird, bezüglich dieser Kompetenzen nicht Organ dieses Verwaltungsträgers sein kann. Wegen dieses Umstandes kann auch eine in der Literatur vertretene Auffassung nicht überzeugen, nach der die Abgrenzung zwischen Mandat und Organleihe danach erfolgen soll, dass der Mandant und der Mandatar dem gleichen Rechtsträger angehören, während bei der Organleihe Entleiher und Verleiher unterschiedlichen Rechtsträgern angehören sollen139. Denn nach dieser Auffassung könnte es zwischen Organen verschiedener Rechtsträger kein Mandatsverhältnis geben, sondern es läge immer zwingend eine Organleihe vor. Dieser Auffassung kann aber aufgrund des zuvor Gesagten nicht gefolgt werden. Denn wenn etwa das Regierungspräsidium als Organ des Landes den Bürgermeister einer Gemeinde mandatieren würde, dann würde der Bürgermeister hierdurch eben nicht automatisch zu einem Organ des Landes werden. Denn sein Handeln würde dem Land nicht – wie für ein Organ zwingend – unmittelbar zugerechnet werden, sondern nur mittelbar über das Regierungspräsidium. Es fehlt daher an der oben dargestellten, für die Organleihe konstituierenden organisatorischen Inkorporation.
III. Abgrenzung des Mandats vom Boten Die Gemeinsamkeit zwischen dem Mandat und der Botenschaft besteht darin, dass in beiden Fällen eine staatliche Stelle Handlungen für eine andere staatliche Stelle vornehmen kann. Daher kann es etwa für einen Bürger schwierig sein zu erkennen, ob eine Behörde, die ihm gegenüber eine Handlung im Namen einer fremden Behörde vornimmt, hierbei in Ausübung eines Mandats oder nur als Bote für diese andere Behörde tätig wird. Der Unterschied zwischen Mandat und Botenschaft liegt aber darin, dass die Behörde im Falle eines Mandats eine eigene Entscheidung – wenn auch im fremden Namen – trifft, während sie als Bote nur eine fremde, von einer anderen Behörde getroffene Entscheidung übermittelt140. Hieraus ergibt sich somit ein weiteres wichtiges Merkmal des Mandats, nämlich, dass der Mandatar eine eigene, selbständige Entscheidung trifft und ihm somit also die Entscheidungskompetenz zukommt. Dem Begriff des Mandats steht es hierbei aber nicht entgegen, dass der Mandant die Entscheidung der mandatierten Behörde durch Weisungen in eine bestimmte Richtung lenken kann oder dass er sich sogar vor Erlass der Entscheidung durch die mandatierte Behörde von dieser über den Verfahrensgegenstand und die zu ergehende Entscheidung informieren lässt, und somit für ihn noch die Möglichkeit besteht, den Erlass der Entscheidung zu verhindern141. Denn diese Möglichkeit ändert nichts daran, dass im Falle einer Entschei139 140
So aber Lodde, S. 46. Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 148; Triepel, S. 139 f.
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Kap. 1: Zur Terminologie von Delegation und Mandat
dung diese von der mandatierten Behörde getroffen wird, auch wenn sie sich hierbei an bestimmten Vorgaben orientieren muss. Und außerdem kommt es für die Wirksamkeit der Entscheidung im Außenverhältnis nicht darauf an, dass sich der Mandatar an diese Vorgaben hält142. Er kann sich also auch über diese Vorgaben hinwegsetzen und trotzdem eine wirksame Entscheidung in der Sache treffen. Deshalb steht ihm im Ergebnis, trotz Bindung an gewisse Vorgaben des Mandanten, die Entscheidungskompetenz zu, da er letzten Endes bestimmt, welche Entscheidung in der Sache ergeht. Sofern demnach eine Behörde nur die von einer anderen Behörde getroffene Entscheidung übermittelt, ohne selbst eine eigene Entscheidung zu treffen, handelt sie als Bote für die andere Behörde. Sobald sie aber berechtigt ist, eine eigene Entscheidung im Namen einer anderen Behörde zu erlassen, und sei es auch nur bezüglich eines Teils der endgültigen Entscheidung, liegt ein Mandat vor. Dass die Abgrenzung zwischen Mandat und Botenschaft im Einzelfall schwierig sein kann, zeigen die Fälle, in denen Beamte des Polizeivollzugsdienstes gegen Angehörige der offenen Drogenszene Platzverweise und Aufenthaltsverbote ausgesprochen haben, die auf den Namen der Ortspolizeibehörde ausgestellt waren143. Hierbei hat die Ortspolizeibehörde zuvor dem Polizeivollzugsdienst Blankoverfügungen zur Erteilung eines Platzverweises oder eines Aufenthaltsverbots ausgehändigt, die auf den Namen der Ortspolizeibehörde lauteten. Die Beamten des Polizeivollzugsdienstes haben dann, wenn ihnen eine Person als der offenen Drogenszene zugehörig verdächtig erschien, diese auf ihre Zugehörigkeit zur Drogenszene hin überprüft und, bei entsprechendem Ausgang der Prüfung, den Namen der betreffenden Person in die Blankoverfügung eingesetzt und sie dann der Person ausgehändigt144. Der VGH BW hat den Polizeivollzugsdienst insoweit nur als Boten der Ortspolizeibehörde angesehen, der eine von der Ortspolizeibehörde getroffene Verfügung 141 BVerwGE 63, 258 ff.; in diesem vom BVerwG entschiedenen Fall hatte der Präsident der Deutschen Bundesbank den Präsidenten einer Landeszentralbank ermächtigt, in seinem Namen die Einleitung eines Disziplinarverfahrens vorzunehmen. Vor der Einleitung des Verfahrens ließ er sich aber über das Ergebnis der Vorermittlungen und über die beabsichtigte Entscheidung informieren. Das BVerwG ist in diesem Fall vom Vorliegen eines Mandats ausgegangen. 142 Dies ergibt sich daraus, dass derartige Vorgaben von ihrer Rechtsnatur nach als Weisungen oder Verwaltungsvorschriften zu qualifizieren sind, weshalb ein Verstoß hiergegen nicht unmittelbar die Nichtigkeit oder Rechtswidrigkeit der Entscheidung zur Folge hätte, P.Stelkens / U.Stelkens in Stelkens / Bonk / Sachs, § 35 Rn 100; Engelmann in von Wulffen, § 89 SGB X Rn 10 in Bezug auf ein Mandat nach § 88 SGB X. 143 S. hierzu Schenke, Polizeirecht, Rn 137 f. m. w .N. von Lit. und Rspr. 144 Zum Verfahren im Einzelnen s. Deger, VBlBW 1996, S. 90 ff.; ein derartiges Verfahren war deshalb erforderlich, weil der Polizeivollzugsdienst wegen § 60 I PolG BW zur Erteilung von Platzverweisen und Aufenthaltsverboten nicht zuständig ist (Ausnahme nur bei Gefahr im Verzug), auf der anderen Seite aber die Beamten der Ortspolizeibehörde aus Kapazitätsgründen nicht „auf Streife“ gehen konnten.
F. Abgrenzung des Mandats von anderen Instituten
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an die betreffende Person übermittelt hat145. Hierbei hat der VGH aber übersehen, dass die von der Ortspolizeibehörde getroffene Blankoverfügung mangels Adressat rechtlich überhaupt nicht existent war146. Erst indem den Bediensteten des Polizeivollzugsdienstes eine Person als verdächtig erschien, sie diese dann überprüften und daraufhin ihren Namen in die Blankoverfügung eingetragen haben, wurde aus der Blankoverfügung ein rechtlich verbindlicher Verwaltungsakt. Die Entscheidung, wer letztlich Adressat der Verfügung werden sollte, trafen aber einzig und allein die Bediensteten des Polizeivollzugsdienstes, denen diesbezüglich also eine eigene Entscheidungskompetenz zukam147. Vereinfacht könnte man daher sagen, dass hier eine geteilte Entscheidung vorgelegen hat148. Die Ortspolizeibehörde legte die Rechtsfolge (Platzverweis oder Aufenthaltsverbot) fest. Andere Rechtsfolgen konnten aufgrund der Blankoverfügung gegen Angehörige der Drogenszene nicht ausgesprochen werden, das heißt, insoweit konnte der Vollzugsdienst keine eigene Entscheidung treffen. Der Polizeivollzugsdienst hingegen bestimmte, wer Adressat der jeweiligen Verfügung sein sollte. Da der Polizeivollzugsdienst aber somit wenigstens zum Teil eine eigene Entscheidungskompetenz hatte, die er im Namen der Ortspolizeibehörde ausüben konnte – denn die vollständige Verfügung lautete nur auf den Namen der Ortspolizeibehörde –, lag ein Mandat und keine Botenschaft vor149.
IV. Abgrenzung des Mandats von der Delegation Ausgehend von der hier dargelegten Terminologie der Delegation und des Mandats erfolgt die Abgrenzung zwischen diesen beiden Erscheinungsformen der Kompetenzübertragung danach, dass es bei der Delegation zu einer vollen Kompetenzübertragung kommt und so die Behörde, an die delegiert wird, die ihr übertragene Kompetenz im eigenen Namen ausübt und ihr somit die Handlungen, die sie in Ausübung der ihr übertragenen Kompetenz vornimmt, auch selbst zugerechnet werden. Beim Mandat hingegen kommt es nur zu einer materiellen, nicht aber zu einer formellen Kompetenzübertragung, was zur Folge hat, dass der Mandatar zwar Kompetenzen der mandatierenden Behörde wahrnehmen kann, er hierbei aber im VGH BW, VBlBW 1997, S. 66 ff. (67). So ähnlich auch Deger, VBlBW 1996, S. 91. 147 VG Sigmaringen, VBlBW 1995, S. 290; Deger, VBlBW 1996, S. 91; Schenke, Polizeirecht, Rn 137. 148 So auch Haseloff-Grupp, VBlBW 1997, S. 161. 149 So auch VG Sigmaringen, VBlBW 1995, S. 289 ff.; Deger, VBlBW 1996, S. 92; Schenke, Polizeirecht, Rn 137. 145 146
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Kap. 1: Zur Terminologie von Delegation und Mandat
Namen der mandatierenden Behörde handeln muss und dieser somit auch das Handeln des Mandatars zugerechnet wird150. Vereinfacht gesagt liegt bei der Delegation somit ein Handeln im eigenen Namen und beim Mandat im fremden Namen vor.
V. Abgrenzung des Mandats von dem „Beauftragten“ in der öffentlichen Verwaltung Innerhalb des öffentlichen Rechts wird vielfach von dem „Beauftragten“151 gesprochen, etwa von dem Beauftragten für den Datenschutz152 oder von dem Wehrbeauftragten153. Entgegen der insoweit vielleicht missverständlichen Terminologie wird die Beauftragung in derartigen Fällen aber nicht zwingend im Wege eines Mandats durchgeführt. Denn der Begriff der „Beauftragung“ hat keine primär rechtliche Bedeutung, sondern soll nur die besondere Stellung des Beauftragten zum Ausdruck bringen, die darin besteht, dass diesem bestimmte wichtige Angelegenheiten anvertraut werden. Die Zuweisung der jeweiligen Aufgaben an den betreffenden Beauftragten kann hierbei jedoch auf mehreren Wegen erfolgen154. So kann das Amt des Beauftragten beispielsweise im Wege eines Parlamentsgesetzes geschaffen werden. Dem Beauftragten werden dann die ihm obliegenden Kompetenzen durch das Parlament zugeteilt. Dieser Weg wurde etwa bei dem Wehrbeauftragten des Bundestages beschritten. Die durch das Parlament erfolgende Zuweisung ist hierbei in Art. 45 b GG vorgeschrieben. Sie ist daneben eine zwingende Folge aus dem Umstand, dass der Wehrbeauftragte nicht der Exekutive angehören, sondern vielmehr die dem Parlament obliegende Kontrollfunktion gegenüber der Bundeswehr wahrnehmen soll und er daher der Legislative zugeordnet ist155. Eine „Beauftragung“ kann aber auch im Wege eines Mandats erfolgen156. So kann etwa ein Behördenleiter einen seiner Behörde zugehörigen Bediensteten mittels eines zwischenbehördlichen Mandats zum „Beauftragten“ ernennen, damit dieser eine der Behörde obliegende wichtige Aufgabe wahrnimmt. Die Beauftragung erfolgt hier durch einen innerbehördlichen Organisationsakt. Daneben wäre Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 121; Ule / Laubinger, § 10 Rn 18. S. zum Beauftragten in der öffentlichen Verwaltung ganz allgemein Fuchs: „Beauftragte“ in der öffentlichen Verwaltung. 152 S. hierzu §§ 22 ff. Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). 153 Die Bestellung eines Wehrbeauftragten wird in Art. 45 b GG vorgeschrieben, seine Rechtstellung ist in dem Gesetz über den Wehrbeauftragten des Bundestages geregelt. 154 S. hierzu Fuchs, S. 104 ff. 155 Achterberg / Schulte in von Mangoldt / Klein / Starck, Art. 45 b Rn 8 ff. 156 Fuchs, S. 112 ff. für das innerbehördliche und S. 117 ff. für das zwischenbehördliche Mandat. 150 151
F. Abgrenzung des Mandats von anderen Instituten
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bei Vorliegen der hierfür erforderlichen Voraussetzungen auch eine Beauftragung mittels zwischenbehördlichen Mandats denkbar, etwa dann, wenn wegen besonderer Umstände die Heranziehung eines außerhalb der Behörde stehenden Dritten erforderlich erscheint.
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Kapitel 2
Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation Die rechtliche Zulässigkeit einer Delegation wirft unter mehreren Gesichtspunkten Probleme auf. Die Hauptproblematik besteht hierbei darin, ob der Delegant zur Vornahme der Delegation eine besondere Ermächtigung benötigt und in welcher Form – Rechtsverordnung, Satzung oder Verwaltungsvorschrift – die Delegation erfolgen muss. Daneben ist noch fraglich, welche Grenzen im Hinblick auf die Vornahme einer Delegation bestehen, ob eine Delegation auch rückwirkend vorgenommen werden kann und inwieweit die zuvor vorgestellten Sonderformen der Delegation, nämlich die Singulardelegation, die konservierende Delegation, die totale Delegation, die Subdelegation und die potentielle Zuständigkeit rechtlich zulässig sind.
A. Zum Erfordernis einer Ermächtigung für die Delegation I. Allgemeines Wenn man sich vergegenwärtigt, dass durch die Delegation Kompetenzen von einer staatlichen Stelle auf eine andere übertragen werden und die Delegation somit die bestehende Zuständigkeitsordnung entweder generell oder für den Einzelfall abändert bzw. durchbricht, dann drängt sich im Rahmen der Untersuchung der rechtlichen Zulässigkeit der Delegation als Erstes die Frage auf, ob die delegierende Stelle eigenmächtig eine Delegation vornehmen kann oder ob sie hierzu eine vorherige Ermächtigung benötigt. Das Erfordernis einer speziellen Ermächtigung könnte sich hierbei in den Fällen, in denen die Zuständigkeit durch Parlamentsgesetz geregelt ist, aus dem Grundsatz des Vorrangs des Gesetzes1 und in den Fällen, in denen die Zuständigkeit durch Verwaltungsvorschrift geregelt ist, aus der Bindungswirkung der Verwaltungsvorschriften2 ergeben. Wenn man dann zu dem Ergebnis kommt, dass eine Behörde zur Delegation eine besondere Ermächtigung benötigt, muss man sich daran anschließend die Frage stellen, wer eine derartige Ermächtigung erteilen darf. Hierbei ist es naheliegend, 1 2
S. zu diesem Grundsatz Maurer, § 6 Rn 2. S. zu dieser Bindungswirkung Ossenbühl in Hdb StaatsR III, § 65 Rn 35 ff.
A. Erfordernis einer Ermächtigung für die Delegation
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dass diese Befugnis wohl demjenigen zustehen wird, dem allgemein die Kompetenz zur Festlegung der Behördenzuständigkeit obliegt. Die Ermächtigung zur Delegation wäre dann nichts anderes als die Übertragung eines Teils der Organisationsgewalt, nämlich insoweit, als sie sich auf die Festlegung der Zuständigkeit für die Wahrnehmung einer bestimmten Kompetenz bezieht. Bevor man jetzt aber eine Antwort auf die zuvor gestellten Fragen sucht, empfiehlt es sich, quasi als Ausgangspunkt für alle weiteren Überlegungen, zuerst der Frage nachzugehen, wem eigentlich die Kompetenz zukommt, die Behördenzuständigkeit festzulegen, und inwieweit die Behördenzuständigkeit gesetzlich geregelt werden muss. Daran anschließend ist dann zu untersuchen, ob eine Delegation eine Ermächtigung voraussetzt und wer zur Erteilung dieser Ermächtigung befugt ist. Die Frage, wem die Kompetenz zur Festlegung und Änderung der Zuständigkeiten von Behörden zusteht, ist ein Problem der sogenannten Organisationsgewalt. Unter Organisationsgewalt versteht man die Kompetenz zur Bildung, Errichtung, Änderung oder Aufhebung von Verwaltungsträgern oder ihren Untergliederungen durch die Bestimmung ihrer Aufgaben, Zuständigkeiten, Zusammenhänge, inneren Ordnung sowie ihrer persönlichen und sachlichen Ausstattung3. Die Organisationsgewalt umfasst somit mehrere Bestandteile, nämlich u. a. die Errichtung von Verwaltungsträgern, die Errichtung von Behörden, die Zuweisung von Zuständigkeiten an Behörden sowie Organisationsmaßnahmen im verwaltungsinternen Bereich4. Im Rahmen der Untersuchung der rechtlichen Zulässigkeit der Delegation interessiert hier aber ausschließlich die Organisationsgewalt in Bezug auf die Zuweisung und Änderung von Zuständigkeiten, also die Frage, wem diesbezüglich die Organisationsgewalt zusteht. Da die Verwaltung in der Bundesrepublik zum Teil vom Bund und zum Teil von den Ländern ausgeführt wird, ist in diesem Zusammenhang zwischen der Organisationsgewalt im Bereich des Bundes und der Organisationsgewalt im Bereich der Länder zu differenzieren.
II. Die Organisationsgewalt im Bereich des Bundes Ausgangspunkt für die Verteilung der Organisationsgewalt im Bereich des Bundes ist die Vorschrift des Art. 86 S. 2 GG. Nach dieser Vorschrift regelt die Bundesregierung die Einrichtung der Behörden, soweit das Gesetz nichts anderes vorschreibt. 3 Erichsen / Knoke, DÖV 1985, 54; Maurer, § 21 Rn 57; Stern, Staatsrecht II, S. 793 f. m. w. N. 4 Maurer, § 21 Rn 66.
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
Ausgehend von dieser Vorschrift wurde vor allem in der älteren Literatur die Auffassung vertreten, dass die Organisationsgewalt, und damit auch die Kompetenz zur Festlegung von Behördenzuständigkeiten, der Regierung zusteht5. Mittlerweile hat sich aber die Auffassung durchgesetzt, dass der Art. 86 S. 2 GG nicht isoliert betrachtet werden darf, sondern dass sich die Verteilung der Organisationsgewalt zwischen Legislative und Exekutive aus dem Gesamtzusammenhang der Verfassung ergibt6. Denn für die Verteilung der Organisationsgewalt zwischen Parlament und Regierung ist vor allem der Gesetzesvorbehalt entscheidend7. Sofern dieser nämlich für organisatorische Maßnahmen eine Regelung durch ein Gesetz verlangt bzw. der Exekutive ein Handeln im organisatorischen Bereich ohne Ermächtigung durch ein Gesetz untersagt, kann die Exekutive selbst keine organisatorischen Regelungen treffen. Für die Frage, ob die Organisationsgewalt bzgl. der Zuweisung und Änderung der Behördenzuständigkeit dem Parlament oder der Regierung zusteht, ist es demnach von entscheidender Bedeutung, ob und inwieweit die Regelung der Behördenzuständigkeit dem Gesetzesvorbehalt unterfällt und somit durch den Gesetzgeber geregelt werden muss8.
1. Fällt die Regelung der Behördenzuständigkeit unter den Gesetzesvorbehalt? Ob und inwieweit die Festlegung von Behördenzuständigkeiten einer Regelung durch den Gesetzgeber bedarf, ist seit jeher stark umstritten. Nach einer hierzu vertretenen Auffassung muss die Behördenzuständigkeit nicht durch Gesetz geregelt werden, sondern kann auch durch Verwaltungsvorschrift festgelegt werden9. Die Gegenauffassung hingegen verlangt grundsätzlich eine Regelung der Behördenzuständigkeit durch Gesetz und lässt nur in einigen wenigen Fällen – so z. Bsp., 5 Böckenförde, Organisationsgewalt, S. 133 ff.; Forsthoff, S. 434 ff.; Allerdings ist zu berücksichtigen, dass sowohl Forsthoff als auch Böckenförde der Auffassung sind, dass die Organisationsgewalt der Exekutive nicht allumfassend sein soll, sondern zum Teil erheblich zugunsten der Legislative eingeschränkt ist. So kann zum Beispiel nach Forsthoff, S. 434, die Exekutive wegen des Grundsatzes des Vorrangs des Gesetzes die Behördenzuständigkeit nicht mehr regeln, wenn diese durch Gesetz geregelt ist. Böckenförde, Organisationsgewalt S. 89 ff., schränkt die Organisationsgewalt der Exekutive durch mehrere Gesetzesvorbehalte ein. Zusätzlich erkennt er ein fast unbegrenztes Zugriffsrecht der Legislative an. Allerdings gehen beide doch im Grundsatz davon aus, dass die Regelung der Behördenzuständigkeit der Exekutive zusteht. 6 Achterberg, § 13 Rn 14; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 127; Erichsen / Knoke, DÖV 1985, S. 54; Stern, Staatsrecht II , S. 794. 7 Erichsen / Knoke, DÖV 1985, S. 54; Maurer, § 21 Rn 65 f.; Pieroth in Jarass / Pieroth, Art. 86 Rn 2. 8 Erichsen / Knoke, DÖV 1985, S. 55; Jarass / Pieroth, Art. 86 GG Rn 2; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 127 f.; Maurer, § 21 Rn 65 f. 9 S. hierzu etwa BVerfGE 40, 237 ff. (250); BVerwG, BayVBl 1972, 161; Böckenförde, Organisationsgewalt, S. 93; Forsthoff, S. 435; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 266.
A. Erfordernis einer Ermächtigung für die Delegation
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wenn auch das materielle Recht nicht durch Gesetz geregelt werden muss – eine Regelung im Wege einer Verwaltungsvorschrift ausreichen10. Innerhalb der letztgenannten Auffassung wird dann aber wieder kontrovers diskutiert, woraus sich das Erfordernis einer gesetzlichen Regelung der Behördenzuständigkeit nun im Einzelnen genau ergeben soll. Die einen sehen die Zuständigkeit als einen untrennbaren Bestandteil der materiellen Regelung an und wollen die Behördenzuständigkeit somit dann unter den Gesetzesvorbehalt fallen lassen, wenn auch das materielle Recht darunter fällt11. Andere wiederum argumentieren, dass es aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit unerlässlich sei, dass es eine verlässliche und für den Bürger durchsichtige Zuständigkeitsordnung gibt. Eine derartige Zuständigkeitsordnung könne aber nicht durch Verwaltungsvorschriften gewährleistet werden, sondern nur durch eine gesetzliche Regelung12. Daneben wird auch noch vertreten, dass die Regelung der Behördenzuständigkeit für den Bürger und für das Staatsganze von wesentlicher Bedeutung sei und somit aufgrund der sogenannten „Wesentlichkeitstheorie“ vom Parlament im Wege des Gesetzes geregelt werden müsse13. Erschwert wird die Diskussion über den Gesetzesvorbehalt für Zuständigkeitsregelungen neben diesen vielen unterschiedlichen Auffassungen aber auch noch dadurch, dass vor allem die Anhänger der Auffassung, wonach die Behördenzuständigkeit durch Verwaltungsvorschrift geregelt werden könne, diesen Verwaltungsvorschriften dann unmittelbare Wirksamkeit im Außenverhältnis beilegen wollen14. Wenn man aber Verwaltungsvorschriften eine derartige unmittelbare und gesetzesgleiche Außenwirkung beilegen würde, würde einigen der Argumente, die zur Begründung für das Erfordernis einer gesetzlichen Regelung für die Behördenzuständigkeit vorgebracht werden, ihre Wirksamkeit und Überzeugungskraft wieder genommen15. Das heißt, die Problematik des Gesetzesvorbehalts für Zuständigkeitsregelungen hängt auch davon ab, inwieweit Verwaltungsvorschriften eine gesetzesgleiche Außenwirkung beigelegt werden kann. Man muss daher im Rahmen der Untersuchung, ob die Regelung der Behördenzuständigkeit unter den Gesetzesvorbehalt fällt, auch noch der Frage nachgehen, ob eventuell auch Verwaltungsvorschriften in diesem Bereich unmittelbare Wirksamkeit im Außenverhältnis haben können. Um zu untersuchen, ob und inwieweit die Regelung der Behördenzuständigkeit dem Gesetzesvorbehalt unterfällt, sollen nun im Folgenden in erster Linie die 10 Aus der reichhaltigen Literatur s. nur Guttenberg, S. 141 ff. und Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 129 m. w. N. 11 Baedecker, S. 72; Guttenberg, S. 168; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 129. 12 Guttenberg, S. 163; Schwan, S. 106 ff. 13 Erichsen / Knoke, DÖV 1985, S. 54; Guttenberg, S. 170; Stettner, S. 347 ff.; Maurer, § 6 Rn 21. 14 So etwa Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 502 ff. 15 S. hierzu vor allem Kapitel 2, A. II. 1. b) dieser Untersuchung.
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
Argumente, die zur Begründung für das Erfordernis einer gesetzlichen Regelung der Behördenzuständigkeit vorgebracht werden, auf ihre Richtigkeit und Stichhaltigkeit untersucht werden. Sollten diese Argumente nicht überzeugen, wird zu untersuchen sein, ob sich hieraus dann im Umkehrschluss ergibt, dass die Regelung der Zuständigkeit nicht von dem Gesetzesvorbehalt erfasst wird. a) Stellt die Regelung der Behördenzuständigkeit einen Eingriff in die Rechte des Bürgers dar bzw. bildet sie einen von der materiellrechtlichen Eingriffsregelung untrennbaren Bestandteil und fällt sie deshalb unter den Eingriffsvorbehalt? Nach einer der zuvor genannten Auffassungen fällt die Regelung der Behördenzuständigkeit insoweit unter den allgemeinen Gesetzesvorbehalt in Gestalt des Eingriffsvorbehalts, als auch das materielle Recht, auf das sich die jeweilige Zuständigkeitsregelung bezieht, dem Eingriffsvorbehalt unterfällt. Dies wird damit begründet, dass die Festlegung der für einen Eingriff zuständigen Behörde selbst Teil des Eingriffs sein soll bzw. aufgrund des engen Zusammenhangs zwischen materiellrechtlichen und organisationsrechtlichen Bestimmungen nicht von diesem getrennt werden könne16. Zur Begründung für diese Auffassung werden vor allem zwei Argumente vorgebracht. Zum einen wird darauf hingewiesen, dass materiellrechtliche Eingriffsnormen ohne die Festlegung der zuständigen Behörde nicht verwirklicht werden könnten, so dass das materielle Recht erst durch die Regelung der Behördenzuständigkeit komplett sei17. Die Festlegung der für den Eingriff zuständigen Behörde soll somit eine unverzichtbare Voraussetzung für die Vornahme des Eingriffs, und daher selbst Teil des Eingriffs sein. Denn sie mache den Vollzug des Gesetzes und somit den Eingriff überhaupt erst möglich. Dies soll daraus folgen, dass der Bürger allein durch die materiellrechtlichen Eingriffsregelungen als solche in der Regel noch nicht belastet werde18. Diese enthielten vielmehr nur ein Eingriffspotential. Der eigentliche Eingriff in die Rechtsstellung des Bürgers erfolge somit erst da16 Guttenberg, S. 168; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 129; Baedecker, S. 71 ff.; Richter, S. 11 ff.; a.A. Schwan, S. 17 ff.; Faber § 9 IV (S. 63); Nedden, VR 1985, S. 371. 17 Baedecker, S. 72; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 129; Guttenberg, S. 167; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 264. 18 Natürlich ist nicht zu übersehen, dass der Bürger auch bereits durch materiellrechtliche Normen wenigstens insoweit belastet wird, als ihm hierdurch oft ein bestimmtes Verhalten auferlegt bzw. verboten wird. So verbietet etwa das Polizeigesetz dem Bürger Handlungen vorzunehmen, die gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung verstoßen. Doch wäre ein derartiges Verbot für den Bürger in der Tat unerheblich, wenn es nicht auch eine staatliche Stelle gäbe, die die Einhaltung des PolG überwachen und dem Bürger gegenüber vollstreckbare Verbotsverfügungen erlassen kann. Aus Sicht des Bürgers liegt der eigentliche Eingriff somit nicht in der materiellrechtlichen Verbotsnorm, sondern tatsächlich erst in der Verfügung der Polizeibehörde.
A. Erfordernis einer Ermächtigung für die Delegation
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durch, dass diese Eingriffsnormen vollzogen werden. Der Vollzug des materiellen Rechts setze aber voraus, dass hierfür eine bestimmte staatliche Stelle für zuständig erklärt wurde. Da ein Eingriff in Rechte des Bürgers somit nicht ohne eine entsprechende Zuständigkeitsregelung vorgenommen werden könne, soll die Regelung der Zuständigkeit einen untrennbarer Bestandteil des Eingriffs darstellen. Als weiteres Argument dafür, dass die Regelung der Behördenzuständigkeit Teil des materiellrechtlichen Eingriffs sein soll bzw. mit diesem untrennbar zusammenhänge, wird angeführt, dass der Inhalt einer Entscheidung sowohl bei der Ermessens– als auch bei der gesetzlich gebundenen Verwaltung in nicht unerheblichem Maße davon abhängig sei, welche Behörde die Entscheidung getroffen habe, weshalb der Festlegung der jeweils zuständigen Behörde große Bedeutung für die Art der Anwendung des materiellen Rechts im konkreten Fall zukommen soll19. Aus diesem Grunde seien materielles Recht und Zuständigkeitsregelungen untrennbar miteinander verknüpft20. Soweit daher das materielle Recht unter den Eingriffsvorbehalt fällt und somit gesetzlich geregelt werden muss, soll dies auch für die hierauf bezogenen Zuständigkeiten gelten21. Diese Argumente können aber so nicht überzeugen. Zwar ist es natürlich richtig, dass materiellrechtliche Eingriffsregelungen ohne Festlegung der für ihren Vollzug zuständigen Behörden nicht ausgeführt werden können, doch reicht dieser Umstand nicht aus, um die Regelung der Behördenzuständigkeit als Teil der materiellen Eingriffsregelung anzusehen22. Denn allein durch die Festlegung der zuständigen Behörde kann das materielle Recht in vielen Fällen auch noch nicht vollzogen werden. Oft ist hierfür nämlich erst noch die Einrichtung der Behörde mit Personal und Sachmitteln erforderlich. Evident ist das vor allem in den Fällen, in denen einer Behörde, die erst noch errichtet werden muss, eine Zuständigkeit zugewiesen wird23. Hier wird die betroffene Behörde erst durch die Einrichtung überhaupt handlungsfähig gemacht und somit in die Lage versetzt, das materielle Recht auszuführen. Doch muss die Einrichtung einer Behörde, obwohl sie für den Vollzug des Gesetzes genauso unerlässlich ist wie die Zuweisung der konkreten Zuständigkeit an die Behörde, nicht durch Gesetz erfolgen24. Es ist aber widersprüchlich, für die Zuweisung der Zu19 Baedecker, S. 120; Guttenberg, S. 167 ff.; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 129; Richter, S. 12. 20 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 129, der davon spricht, dass sich die verfahrensrechtlichen Bestimmungen von den materiellrechtlichen Vorschriften nicht isolieren lassen. 21 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 129. 22 Ebenso Schwan, S. 19; Nedden, VR 1985, S. 371. 23 Oft wird es sich dann hierbei um Kompetenzen oder Aufgaben handeln, die es bisher noch nicht gegeben hat. Die Behörde wird dann speziell zur Wahrnehmung dieser Kompetenzen errichtet. Ein Beispiel für eine derartige Behörde stellt etwa die Regulierungsbehörde nach den §§ 66 ff. TKG dar, die eigens für die Wahrnehmung der nach dem TKG geschaffenen Aufgaben errichtet wurde. 24 Maurer, § 21 Rn 66.
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
ständigkeit an eine Behörde eine gesetzliche Regelung mit der Begründung zu verlangen, dass das materielle Recht ohne diese Zuweisung nicht vollzogen werden kann, für die Einrichtung der Behörde aber, die für den Vollzug des Rechts ebenso unverzichtbar ist, dann eine gesetzliche Regelung als entbehrlich anzusehen. Allein aus der Tatsache, dass die Festlegung der Behördenzuständigkeit eine unentbehrliche Voraussetzung für den Vollzug des materiellen Rechts darstellt, folgt somit noch nicht, dass die Regelung der Zuständigkeit durch Gesetz erfolgen muss. Ebenso wenig überzeugen kann das Argument, wonach die Regelung der Behördenzuständigkeit deshalb ein von der materiellrechtlichen Eingriffsregelung untrennbarer Bestandteil sein soll, da der Inhalt einer Entscheidung maßgeblich auch von der jeweiligen Behörde abhängt, die die Entscheidung getroffen hat25. Richtig an dieser Argumentation ist aber, dass der Inhalt einer Verwaltungsentscheidung in nicht unerheblichem Maße auch dadurch beeinflusst wird, von wem die Entscheidung getroffen wird26. Dies ergibt sich daraus, dass jede Behörde bei der Anwendung des Gesetzes einen eigenen, individuellen (zum Teil noch nicht einmal gerichtlich überprüfbaren) Entscheidungsspielraum hat, den sie eventuell anders ausfüllt als eine andere Behörde es tun würde. Ohne weiteres einzusehen ist dies bei Ermessensentscheidungen, da die Berücksichtigung und die Gewichtung der für die Ermessensausübung relevanten Belange bei verschiedenen Behörden durchaus unterschiedlich ausfallen kann27. Das heißt, es besteht die Möglichkeit, dass etwa die Behörde A in einem bestimmten Fall ihr Ermessen eher zugunsten des Bürgers ausüben würde, während Behörde B im gleichen Fall eher dazu neigen würde, es zu Lasten des Bürgers wahrzunehmen28. Hieran ändert auch die Möglichkeit, die Ausübung des Ermessens durch Verwaltungsvorschriften zu steuern, nichts, da durch derartige Verwaltungsvorschriften allenfalls der Entscheidungsspielraum der betreffenden Behörde eingeschränkt, aber nicht gänzlich beseitigt wird. Dies ergibt sich daraus, dass sich Verwaltungsvorschriften immer nur an dem typischen Einzelfall orientieren, aber eben nicht unbedingt an dem von der Behörde gerade zu entscheidenden konkreten Einzelfall29. Das heißt, die Behörde wird immer prüfen müssen, inwieweit aufgrund des konkreten Falles Abweichungen von der Verwaltungsvorschrift geboten sind und dann, falls ihrer Meinung nach eine Abweichung erforderlich ist, insoweit eine eigene So aber Baedecker, S. 120; Guttenberg, S. 167 ff.; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 129. Baedecker, S. 120; Faber, § 9 III (S. 58); Guttenberg, S. 167 ff.; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 129. 27 Guttenberg, S. 167 m. w. N. 28 Ein Grund dafür, dass unterschiedliche Behörden unterschiedliche Ermessenserwägungen anstellen, liegt hierbei vor allem darin, dass Behörden unterschiedlich ausgestattet sind, so auch Baedecker, S. 119 f.; ähnlich auch Faber § 9 IV (S. 63), wonach es etwa einen evidenten Unterschied mache, ob das Obdachlosenproblem von der Polizeibehörde oder von dem Sozialamt behandelt werde. 29 Maurer § 7 Rn 14 f. 25 26
A. Erfordernis einer Ermächtigung für die Delegation
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Ermessensentscheidung treffen. Für die Art und Weise der Ausübung des Ermessens in einem konkreten Fall kann es daher von großer Bedeutung sein, welcher Behörde hierfür die Kompetenz zugewiesen wurde. Und auch im Rahmen der gesetzlich gebundenen Verwaltung ist nicht auszuschließen, dass verschiedene Behörden ein und den selben Fall unterschiedlich entscheiden würden. Denn auch bei der gebundenen Verwaltung gibt es nicht die eine „richtige“ Entscheidung, sondern es besteht vielmehr auch hier immer ein eigener, gerichtlich allerdings voll überprüfbarer Entscheidungsspielraum der Behörde, sei es nun bezüglich der Art und Weise des Vorgehens, der Ermittlung und Bewertung der entscheidungserheblichen Tatsachen oder aber bezüglich der Auslegung des Gesetzes30. Verfehlt ist es nun aber, aus dieser engen Beziehung zwischen Entscheidungsträger und Inhalt der Entscheidung herzuleiten, dass im Falle der Eingriffsverwaltung die Festlegung der für den Eingriff zuständigen Behörde einen von dem Eingriff untrennbaren Bestandteil darstellt. Denn aus der Tatsache, dass der Bürger eventuell die Chance auf eine für ihn günstigere Handlungsalternative verliert, wenn die Zuständigkeit einer Behörde zugewiesen wird, die das Recht eher zu Lasten des Bürgers anwendet, kann nicht gefolgert werden, dass die Festlegung der Zuständigkeit einen zusätzlichen Eingriff oder einen wesentlicher Bestandteil eines solchen darstellt31. Die Auffassung, nach der in diesen Fällen ein Eingriff oder ein wesentlicher Bestandteil eines Eingriffs gegeben sein soll, geht vielmehr von einem falschen Verständnis des Eingriffsbegriffes aus32. Ihr liegt nämlich der Gedanke zugrunde, dass man bei Zuweisung einer Zuständigkeit an eine Behörde nie sicher ausschließen kann, dass es nicht noch eine Behörde gegeben hätte, welche die zugewiesene Kompetenz in einer für den Bürger günstigeren Art ausgeübt hätte33. Daher soll die Zuweisung der Zuständigkeit an die „strenge“ Behörde34 zu einer „Verschärfung“ des Eingriffs im Verhältnis zu der „weniger strengen“ Behörde führen35. Da aber ein Eingriff nur durch Gesetz erfolgen darf, Guttenberg, S. 168; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 129 m. w. N. So aber Guttenberg, S. 167. 32 So auch Faber, § 9 IV (S. 63); Nedden, VR 1985, S. 371; Schwan, S. 17 ff. 33 Guttenberg, S. 167, der davon spricht, dass der Bürger durch die Zuweisung einer Zuständigkeit an eine Behörde die Chance auf eine günstigere Handlungsalternative einer anderen Behörde verliere. 34 Natürlich wird es im konkreten Fall so gut wie nie möglich sein nachzuweisen, dass eine Behörde bei der Anwendung des Rechts „strenger“ oder „milder“ ist als eine andere Behörde. Ein derartiger Nachweis müsste aber auf der Grundlage der oben genannten Auffassung auch nicht erbrachte werden, da es für sie bereits ausreichend ist, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass es eine „mildere“ Behörde gegeben hätte. Denn bereits dann bestünde die Möglichkeit, dass die Zuweisung der Zuständigkeit an eine bestimmte Behörde für den Bürger den Verlust einer Entscheidung durch eine „weniger strenge“ Behörde zur Folge hat, was nach der oben genannten Auffassung die Qualität eines Eingriffs haben soll. 30 31
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
soll dann auch eine derartige „Verschärfung“ des Eingriffs nur durch Gesetz erfolgen dürfen, weshalb die Zuständigkeit zur Vornahme des Eingriffs genauso wie auch die materiellen Voraussetzungen des Eingriffs durch Gesetz geregelt werden müssen. Der Fehler in dieser Argumentation besteht jetzt aber darin, diese (angebliche) Verschärfung des Eingriffs wieder selbst als Eingriff oder wenigstens als wesentlichen Bestandteil eines Eingriffs anzusehen. Dies ist deshalb unzutreffend, da diese (angebliche) Verschärfung bereits in der materiellrechtlichen Eingriffsregelung enthalten ist. Denn wenn eine Behörde das Gesetz bzw. den ihr eingeräumten Ermessensspielraum bis zum „oberen Rand“ ausschöpft, dann kann man hierin keinen selbständigen Eingriff o.ä. erblicken, da das Ausschöpfen des Gesetzes bzw. das Ausnutzen des Ermessensspielraums bis zum „oberen Rand“ durch das Gesetz selbst noch gedeckt ist36. Folglich kann es auch keinen selbständigen Eingriff darstellen, wenn das Gesetz einer Behörde eine Kompetenz zuweist und diese Behörde dann das Gesetz und den ihr eingeräumten Ermessensspielraum bis zum „oberen Rand“ in einer für den Bürger ungünstigen Art ausnutzt, obwohl eine andere Behörde vielleicht nicht so streng wäre37. Der Regelung der Zuständigkeit kommt somit keine Eingriffsqualität zu. Als Ergebnis bleibt somit festzuhalten, dass die Regelung der Zuständigkeit weder einen Eingriff in Rechte des Bürgers darstellt, noch mit einem solchen Eingriff untrennbar verbunden ist, und somit auch nicht dem Gesetzesvorbehalt in Form des Eingriffsvorbehalts unterfällt38. b) Verlangt das Rechtsstaatsprinzip eine Regelung der Behördenzuständigkeit durch Gesetz? Als Argument dafür, dass die Regelung der Behördenzuständigkeit durch Gesetz erfolgen muss, wird vielfach vorgebracht, dass das Rechtsstaatsprinzip eine gesetzliche Regelung der Behördenzuständigkeit verlange39. Denn das Rechtsstaatsprinzip fordere eine außenrechtlich verbindliche und für den Bürger verlässliche und vorhersehbare Zuständigkeitsordnung, wie sie nur durch Gesetz geschaffen werden 35 Guttenberg, S. 167, der davon spricht, dass der mit der „Zuständigkeitsregelung verbundenen Konkretisierung der Eingriffsermächtigung“ ein „selbständiger belastender Charakter“ beizulegen ist. 36 So ähnlich auch Huwar, S. 90 und Heinze, DVBl. 1962, S. 375. 37 Wenn man es genau nimmt, wird durch die Regelung der Zuständigkeit der eigentliche Eingriff nicht verschärft, sondern allenfalls verringert, nämlich dann, wenn die Zuständigkeit einer Behörde zugewiesen wird, die das Recht nicht bis zum „oberen Rand“ ausnutzt, sondern den ihr durch das materielle Recht vorgegebenen Rahmen unterschreitet. 38 So auch Böckenförde, Organisationsgewalt, S. 93; Faber § 9 IV (S. 63); Nedden, VR 1985, S. 371; Schwan, S. 17. 39 Guttenberg, S. 158 ff.; Schwan, S. 106 f.; Ule / Laubinger, § 10 Rn 15.
A. Erfordernis einer Ermächtigung für die Delegation
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könne40. Eine Regelung der Zuständigkeit im Wege einer Verwaltungsvorschrift soll dem Rechtsstaatsprinzip daher nicht genügen, da derartigen Vorschriften keine gesetzesgleiche Wirkung beigelegt werden könne41. Gerade gegen diese Argumentation wird nun aber von den Anhängern der Auffassung, wonach die Regelung der Zuständigkeit nicht unter den Gesetzesvorbehalt falle, sondern vielmehr durch Verwaltungsvorschrift erfolgen könne, vorgebracht, dass auch Verwaltungsvorschriften eine Bindungswirkung wie Gesetze hätten und somit auch durch Verwaltungsvorschriften eine dem Rechtsstaatsprinzip genügende Zuständigkeitsregelung geschaffen werden könne42. Im Rahmen der Untersuchung der Frage, inwieweit rechtsstaatliche Gesichtspunkte eine Regelung der Behördenzuständigkeit durch Gesetz erfordern, sind somit zwei Bereiche zu untersuchen. Als Erstes ist zu fragen, welche Anforderungen das Rechtsstaatsprinzip an die Ausgestaltung der Zuständigkeitsordnung stellt, und hierbei vor allem, inwieweit das Rechtsstaatsprinzip eine verlässliche und vorhersehbare Regelung der Zuständigkeit verlangt. Daran anschließend ist dann zu untersuchen, inwieweit die Anforderungen, die das Rechtsstaatsprinzip an die Ausgestaltung der Zuständigkeitsordnung stellt, eine Regelung der Zuständigkeit im Wege des Gesetzes erfordern und ob bzw. inwieweit auch eine Regelung durch Verwaltungsvorschrift ausreichend wäre. aa) Anforderungen an die Ausgestaltung der Zuständigkeitsordnung aufgrund des Rechtsstaatsprinzips Die bestehende Zuständigkeitsordnung zeichnet sich durch zwei Bestandteile aus. Zum einen dadurch, dass die staatlichen Kompetenzen auf verschiedene, voneinander unabhängige Behörden verteilt werden43, und zum anderen durch die Ausschließlichkeit dieser Zuständigkeiten. Ausschließlichkeit der Zuständigkeit bedeutet, dass immer nur eine Behörde im konkreten Fall zur Wahrnehmung einer bestimmten Kompetenz berechtigt ist, dass also nicht mehrere Behörden nebeneinander und gleichzeitig für ein und die selbe Kompetenz zuständig sind44. Guttenberg, S. 163; Ule / Laubinger, § 10 Rn 15. Guttenberg, S. 162; Schwan, S. 110 ff. 42 So v.a. Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 502 ff. 43 Theoretisch wäre es auch möglich, nur eine Behörde zu errichten und dieser alle Kompetenzen zuzuweisen. In einem modernen Staat mit seinen vielfältigen Aufgaben müsste es sich bei dieser Behörde dann aber um eine extrem große Behörde handeln, die im Prinzip, um zu funktionieren, in viele kleine Referate aufgeteilt werden müsste, denen dann aber wiederum selbst Behördenfunktion zukommen müsste, so dass im Ergebnis doch wieder mehrere Behörden bestehen würden, s. hierzu Guttenberg, S. 74 f.; Hufeld, Vertretung, S. 246 f. 44 Krüger, S. 109; die Ausschließlichkeit der Zuständigkeit ist aber nicht speziell gesetzlich geregelt, sondern ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Zuständigkeitsregelungen, s. hierzu Guttenberg S. 45. 40 41
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
Durch die Verteilung der Zuständigkeiten auf unterschiedliche Behörden und die Ausschließlichkeit dieser Zuständigkeiten werden verschiedene Ziele verfolgt. Zum einen geht es darum, unter den vielen Behörden Reibereien, Kompetenzstreitigkeiten und Doppelarbeit zu verhindern45. Zum anderen soll die fortlaufende Befassung der Behörden mit den immer gleichen Aufgabenbereichen zu einer Spezialisierung der Behörden beitragen, was deren fachliche Kompetenz und somit auch die Effektivität ihrer Arbeit erhöht und damit zugleich das Risiko einer unsachgemäßen oder falschen Gesetzesanwendung verringert46. Angesichts der vielfältigen staatlichen Aufgaben ist die Verteilung von Kompetenzen auf unterschiedliche Behörden und somit die Schaffung einer ausdifferenzierten und überschneidungsfreien Zuständigkeitsordnung zur Bewältigung der mannigfachen staatlichen Aufgaben unerlässlich und unverzichtbar47. Die oben genannten Gründe für die Verteilung der Zuständigkeiten wie etwa Vermeidung von Doppelarbeit usw. dienen aber primär dem Interesse des Staates und nicht den Interessen des Bürgers48. Für die Frage, welche Anforderungen sich aus dem Rechtsstaatsprinzip für die Ausgestaltung der Verteilung der Zuständigkeiten ergeben, ist aber zu untersuchen, welches Interesse der Bürger an der Zuständigkeitsordnung hat, das heißt, inwieweit der Bürger auf eine Regelung und Verteilung der Zuständigkeit angewiesen ist. Im Folgenden ist daher das Interesse des Bürgers an der Zuständigkeitsordnung näher zu durchleuchten und zu untersuchen, inwieweit dieses Interesse durch das Rechtsstaatsprinzip geschützt wird. Die besondere Bedeutung der Zuständigkeitsordnung für den Bürger kommt hierbei unter mehreren Gesichtspunkten in Betracht. So wäre beispielsweise denkbar, dass der Bürger ein Interesse dahingehend besitzt, dass Behörden spezialisiert sind und daher nur einen ganz bestimmten Kompetenzbereich haben, und somit nicht jede Behörde für sämtliche staatlichen Aufgaben zuständig ist. Daneben könnte der Bürger ein Interesse daran haben, dass es keine Parallelzuständigkeiten gibt, sondern dass immer nur eine Behörde zur Wahrnehmung einer bestimmten Kompetenz berechtigt ist. Und schließlich wäre auch noch denkbar, dass der Bürger nicht nur ein Interesse an der oben dargelegten Verteilung der Zuständigkeiten besitzt, sondern dass sein Interesse zusätzlich auch noch dahin geht, diese Verteilung und somit die für ihn zuständigen Behörden zu kennen. Im Folgenden ist daher zu untersuchen, ob und inwieweit sich aus diesen Gesichtspunkten ein Interesse des Bürgers an der Zuständigkeitsordnung ergibt, das durch das Rechtsstaatsprinzip geschützt wird. Hierbei ist mit dem Interesse des Bürgers an Kenntnis der für ihn zuständigen Behörde zu beginnen.
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Brunner, DÖV 1969, S. 778; Guttenberg, S. 45 f.; Krüger, S. 108. Stettner, S. 309 f.; Guttenberg, S. 66. Brunner, DÖV 1969, S. 778. Brunner, DÖV 1969, S. 778.
A. Erfordernis einer Ermächtigung für die Delegation
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(1) Das Interesse des Bürgers an Kenntnis der für ihn zuständigen Behörde Ein besonderes Interesse an Kenntnis der für ihn zuständigen Behörde ist für den Bürger in vielerlei Hinsicht denkbar. So besteht ein derartiges Interesse z. Bsp. dann, wenn der Bürger die für ihn zuständigen Behörden als Ansprechpartner benötigt. Evident ist dies etwa in den Fällen, in denen dem Bürger durch Gesetz Rechte und Ansprüche gegen den Staat eingeräumt werden49. Hier muss der Bürger wissen, welche Behörde für ihn zuständig ist, da er seine Rechte und Ansprüche ansonsten nicht geltend machen kann50. Daneben ist für den Bürger die Kenntnis der für ihn zuständigen Behörde natürlich auch dann von großer Bedeutung, wenn er zur Vornahme einer Handlung oder zur Ausführung eines Vorhabens eine staatliche Genehmigung o.ä. braucht. So kann der Bürger von seiner durch Art. 14 GG gewährleisteten Baufreiheit in der Regel nur dann Gebrauch machen, wenn er eine Baugenehmigung besitzt oder er sein Vorhaben der zuständigen Behörde wenigstens kenntlich gemacht hat. Ohne Kenntnis der hierfür zuständigen Behörde könnte der Bürger aber keinen Antrag auf Erteilung der Baugenehmigung stellen bzw. sein Vorhaben der zuständigen Behörde nicht anzeigen. Die Kenntnis der zuständigen Behörde ist hier also eine Voraussetzung für die Ausübung einer grundrechtlich geschützten Rechtsposition. Aber nicht nur dann, wenn sich der Bürger wegen einer Leistung oder eines Antrages an eine staatliche Stelle wenden will, sondern auch, wenn eine Behörde mittels Verwaltungsakt oder Realakt zu Eingriffen in Rechte des Bürgers befugt ist, hat dieser ein erhebliches Interesse daran, zu wissen, welcher Behörde die Zuständigkeit für Eingriffe in seine Rechte obliegt. Denn der Bürger will eventuell mit der für einen Eingriff zuständigen Behörde in Kontakt treten, um eine Auskunft darüber zu erlangen, ob ein von ihm geplantes Vorhaben oder eine von ihm geplante Handlung rechtswidrig ist und daher ein Verbot bzw. einen Eingriff der zuständigen Behörde nach sich ziehen würde. Da nach der Rspr. des BVerfG jegliches menschliches Verhalten entweder durch ein spezielles Grundrecht oder durch die allgemeine Handlungsfreiheit geschützt ist51 und der Bürger durch die Auskunft wissen will, wieweit seine grundrechtlich geschützte Freiheitssphäre reicht, bevor ihm gegenüber eingegriffen werden darf, können derartige Auskünfte für die Verwirklichung der Freiheit des Bürgers sehr wichtig sein. Denn ohne eine entsprechende Auskunft könnte der Bürger von seiner grundrechtlich geschützten Freiheitssphäre eventuell keinen Gebrauch machen, da er befürchten müsste, rechtswidrig zu handeln. Zusätzlich zu den bisher genannten Gesichtspunkten verlangt auch die Vorschrift des Art. 17 GG, nach der sich der Bürger mit Bitten und Beschwerden an 49 50 51
Bsp. Sozialhilfe. Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 505; Rasch, DVBl. 1983, S. 618. Pieroth / Schlink Rn 368 ff. m. w. N. und Darstellung der Rechtsprechung des BVerfG.
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
die zuständigen Stellen wenden kann, dass der Bürger die zuständigen Stellen kennt. Ansonsten würde dieses Grundrecht nämlich leer laufen52. Für den Bürger ist es somit zur Wahrnehmung seiner einfachgesetzlichen und grundrechtlich gewährleisteten Rechte und Freiheiten oft von elementarer Bedeutung, die für ihn zuständigen Behörden zu kennen. Da zum Rechtsstaatsprinzip aber unter anderem auch die Gewährleistung und Sicherung der Freiheit des Bürgers gehört53, entspringt die Kenntnis der für ihn zuständigen Behörde somit einem rechtsstaatlichen Gebot. Der Bürger kann die für ihn zuständigen Behörden aber nur dann kennen, wenn die Zuständigkeit dieser Behörden bereits im voraus in abstrakt-genereller Form festgelegt wird und dem Bürger diese Regelungen auch kenntlich gemacht werden. Unzulässig wäre es also auf jeden Fall, auf eine vorherige Festlegung der Zuständigkeiten zu verzichten und diese erst ad-hoc anlässlich eines konkreten Falles festzulegen54 bzw. die Zuständigkeit in einer Art und Weise zu regeln, durch die der Bürger von den Zuständigkeitsregelungen nicht in ausreichendem Maße Kenntnis erlangen kann. (2) Steht dem Bürger ein Recht auf die Einhaltung der Behördenzuständigkeit zu? Bislang wurde das Interesse des Bürgers an Kenntnis der für ihn zuständigen Behörde nur unter dem Gesichtspunkt beleuchtet, dass sich der Bürger wegen Auskünften, Genehmigungen oder zur Durchsetzung von Ansprüchen an die für ihn zuständige Behörde wenden will. Daneben ist aber noch ein weiterer Grund denkbar, weshalb es für den Bürger unverzichtbar sein könnte, die für ihn zuständigen Behörden zu kennen. Man könnte nämlich die Ansicht vertreten, dass es eine zwingende Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit staatlichen Handelns ist, dass dieses von der zuständigen staatliche Stelle vorgenommen wird. In diesem Fall würde es einem rechtsstaatlichen Gebot entsprechen, dass der Bürger die für ihn zuständige Behörde kennen kann, da er nur verpflichtet wäre, Maßnahmen der zuständigen Behörde hinzunehmen, er sich aber gegen Maßnahmen einer unzuständigen Behörde zur Wehr setzen könnte. Fraglich ist in diesem Zusammenhang aber, ob es Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 506. Sachs in Sachs, Art. 20 GG, Rn 27; Stern, Staatsrecht I, S. 787 ff. m. w. Darstellung der sonstigen Elemente des Rechtsstaatsprinzips. 54 Ein derartiges System, in dem Zuständigkeiten nur ad-hoc festgelegt werden, wäre etwa in der Form denkbar, dass per Gesetz eine Ermächtigung zur Vornahme eines Eingriffs erlassen wird, dass hierfür aber keine Behörde für zuständig erklärt wird, sondern vielmehr der Regierung oder einer anderen Stelle die Befugnis erteilt wird, anlässlich eines konkreten Falles die für den Eingriff zuständige Behörde zu bestimmen. Bis zu dieser Bestimmung gäbe es dann keine zuständige Behörde. Natürlich würde ein derartiges Zuständigkeitssystem bzgl. Kompetenzen, die häufig ausgeübt werden müssen, nicht funktionieren, da es viel zu umständlich wäre, bei derartigen Kompetenzen jedes Mal erst eine zuständige Behörde zu bestimmen. Aber in Bezug auf Kompetenzen, die nur selten wahrgenommen werden, wäre es in praktischer Hinsicht durchaus denkbar. 52 53
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eine zwingende Rechtmäßigkeitsvoraussetzung staatlichen Handelns ist, dass es von der zuständigen Stelle vorgenommen wird. Dies wird im Allgemeinen bejaht. So ist man sich in der Rechtsprechung und in der Literatur einig, dass der Bürger ein Recht auf die Einhaltung der Zuständigkeitsordnung hat und Maßnahmen einer unzuständigen Behörde somit rechtswidrig sind55. Zur Begründung hierfür wird angeführt, dass die Zuständigkeitsordnung auch dem Schutz des Bürgers dienen soll56. Woraus sich diese Schutzwirkung aber im Einzelnen genau ergeben soll, wird kontrovers beurteilt57. Nach der hierzu am häufigsten vertretenen Auffassung soll sie sich aus einer teleologischen Auslegung der Zuständigkeitsregelungen ergeben58. Denn die zuständige Behörde soll eine größere Gewähr für die Rechtmäßigkeit der von ihr getroffenen Entscheidungen bieten als eine unzuständige Behörde, da die zuständige Behörde für die Wahrnehmung der ihr zugewiesenen Aufgaben speziell ausgestattet sei59. Der Schwachpunkt dieser an sich zutreffenden Argumentation liegt nun aber darin, dass sich nach ihr das Recht des Bürgers auf die Einhaltung der Behördenzuständigkeit aus den normalen Zuständigkeitsregelungen und somit aus dem einfachen Recht ergibt. Das hat zur Folge, dass der Gesetzgeber nach dieser Argumentation dem Bürger das Recht auf die zuständige Behörde auch wieder entziehen könnte, etwa indem er ausdrücklich vorsieht, dass die Regelung über die Zuständigkeit nicht dem Interesse des Bürgers dienen soll und dieser daher bei einer unter Verstoß gegen die Behördenzuständigkeit zustande gekommenen staatlichen Maßnahme nicht deren Aufhebung verlangen kann, selbst wenn er durch diese Maßnahme betroffen ist60. 55 Brunner, DÖV 1969, S. 777; Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 131 f.; Stettner, S. 354 ff. m. w. N. von Lit. und Rspr.; teilweise ablehnend aber Mußgnug, S. 58 f. 56 BVerwG, DVBl. 1961, S. 286 (289); Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 132; Huwar, S. 69 f. m. w. N. 57 Zu den unterschiedlichen Auffassungen s. Stettner, S. 354 ff. 58 Brunner, DÖV 1969, S. 777 f.; Guttenberg, S. 45; kritisch hierzu Schnapp, Amtsrecht, S. 207, wonach Zuständigkeitsbestimmungen neutral formuliert seien, und sich somit aus ihnen in der Regel nicht entnehmen lässt, ob sie ausschließlich den Interessen des Staates oder auch den Interessen der Bürger dienen sollen. 59 Brunner, DÖV 1969, S. 778; Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 131 f.; Kopp, Verfassungsrecht, S. 67. 60 Schnapp, Amtsrecht, S. 207, wonach der Gesetzgeber die Unschädlichkeit einer Zuständigkeitsverletzung im Verhältnis zum Bürger vorsehen könne. Ein Beispiel für eine derartige Regelung bildet etwa der § 46 (L)VwVfG. Durch diese Norm hat der Gesetzgeber dem Bürger bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen bei rechtlich gebundenen Verwaltungsakten die Möglichkeit genommen, die Aufhebung eines unter Verstoß gegen die örtliche Zuständigkeit zustande gekommenen rechtswidrigen Verwaltungsaktes geltend zu machen; zur Verfassungsmäßigkeit des § 46 VwVfG und einer eventuell erforderlichen verfassungskonformen Auslegung, s. Meyer in Knack, § 46 Rn 10 f. m. w. N.
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
Und außerdem kann aufgrund dieser Argumentation nicht hergeleitet werden, dass die Regelung der Behördenzuständigkeit unter den Gesetzesvorbehalt fällt. Denn man kann nicht die Ansicht vertreten, dass sich das Recht des Bürgers auf Einhaltung der Zuständigkeit aus einer teleologischen Auslegung der Zuständigkeitsregelungen ergibt und dass dann aufgrund dieses Rechts auf die zuständige Behörde das Erfordernis einer gesetzlichen Regelung für die Zuständigkeit folgt61. Dies wäre nämlich ein Zirkelschluss, da das Recht auf die zuständige Behörde nach dieser Auffassung gerade eine gesetzliche Regelung der Zuständigkeit voraussetzen würde. Für die Frage, ob die Einhaltung der Zuständigkeit eine zwingende Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit staatlichen Handelns ist und der Bürger daher die für ihn zuständige Behörde kennen können muss, ist somit ein aus dem einfachen Recht abgeleitetes Recht des Bürgers auf die zuständige Behörde nicht ausreichend. Erforderlich ist vielmehr ein sich irgendwie aus der Verfassung ergebendes Recht auf Beachtung der Zuständigkeiten, sei es in der Form, dass dem Bürger unmittelbar aus der Verfassung ein Recht auf die zuständige Behörde zukommt, oder sei es, dass sich aus der Verfassung wenigstens eine Verpflichtung des Staates dahingehend ergibt, die Zuständigkeitsordnung so auszugestalten, dass dem Bürger dann ein Recht auf die zuständige Behörde zusteht. Ein unmittelbar durch die Verfassung gewährleistetes Recht auf die zuständige Behörde soll sich nach einer Auffassung aus Art. 2 I GG ergeben62. Denn nach Art. 2 I GG dürfen dem Bürger nur Belastungen auferlegt werden, die im Einklang mit der verfassungsmäßigen Ordnung stehen. Da man unter der verfassungsmäßigen Ordnung die Gesamtheit der Normen versteht, die formell und materiell der Verfassung entsprechen63, und somit auch Zuständigkeitsnormen unter die verfassungsmäßige Ordnung fallen, soll in jedem Eingriff, der unter Verstoß gegen die Zuständigkeitsnormen vorgenommen wird, eine Verletzung des Art. 2 I GG liegen64. Diese Auffassung ist zwar zutreffend, setzt aber gerade voraus, dass die Behördenzuständigkeit durch Gesetz geregelt ist, da sie nur unter dieser Voraussetzung 61 In diese Richtung tendieren aber etwa Schink, DVBl. 1982, S. 776 und Finkelburg / Lässig, § 3 Rn 3, wonach die Regelung der Behördenzuständigkeit deshalb unter den Gesetzesvorbehalt falle, damit dem Bürger gegen Zuständigkeitsverletzungen ein ausreichender Rechtsschutz zukomme. Dieser Rechtsschutz müsse ihm deshalb zukommen, da der Bürger ein subjektives öffentliches Recht auf Einhaltung der Zuständigkeit besitze. Woraus sich dieses Recht nun aber genau ergeben soll, wird nicht dargelegt. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist daher davon auszugehen, dass sich die oben genannten Autoren der h.M. anschließen, wonach sich das Recht des Bürgers auf die zuständige Behörde aus einer teleologischen Auslegung der Zuständigkeitsnormen ergeben soll; kritisch hierzu auch Faber, § 9 IV (S. 63). 62 Schnapp, Amtsrecht, S. 207 ff. 63 S. zum Begriff der verfassungsmäßigen Ordnung Starck in von Mangoldt / Klein / Starck, Art. 2 Rn 23 ff. m. w. N. 64 Schnapp, Amtsrecht, S. 207.
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unter den Begriff der verfassungsmäßigen Ordnung fällt. Diese Argumentation gewährt dem Bürger daher kein unmittelbar aus der Verfassung ableitbares Recht auf die Einhaltung der Behördenzuständigkeit, da nach ihr das aus Art. 2 I GG herrührende Recht auf die zuständige Behörde als Zwischenschritt noch eine einfachgesetzliche Regelung der Behördenzuständigkeit voraussetzt. Aus diesem Grunde hilft diese Argumentation auch bei der Frage, ob die Regelung der Behördenzuständigkeit unter den Gesetzesvorbehalt fällt, nicht weiter. Ein unmittelbar aus der Verfassung ableitbares Recht auf die Einhaltung der Behördenzuständigkeit könnte sich aber daraus ergeben, dass Behörden zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben ganz besonders ausgestattet werden müssen und dass deshalb gerade die zuständige Behörde eine größtmögliche Gewähr für die materielle Rechtmäßigkeit ihrer Maßnahmen bietet, so dass die Kompetenz zum Handeln gegenüber dem Bürger zu dessen Schutz auf diese Behörde beschränkt sein könnte. Bereits zuvor wurde darauf hingewiesen, dass die aus der Ausstattung der Behörde herrührende besondere Qualifikation gerade der zuständigen Behörde eines der Argumente ist, dass mit am häufigsten zur Begründung der Schutzfunktion von Zuständigkeiten angeführt wird65. Die Schwäche dieser Argumentation lag bisher aber eben darin, dass man dem Gesetzgeber quasi unterstellte, er würde zum Schutze des Bürgers Kompetenzen nur an Behörden zuweisen, die hierfür speziell ausgestattet sind bzw. nach Zuweisung der Zuständigkeit dann entsprechend ausgestattet werden. Das heißt, für die Frage, inwieweit die Zuständigkeit dem Schutze der Bürger dienen soll, stellte man nur auf den Willen des Gesetzgebers ab66. Doch liegt die Problematik ja gerade darin, dass man den Zuständigkeitsnormen nicht eindeutig entnehmen kann, ob der Wille des Gesetzgebers dahin geht, den Bürger durch die Regelung der Zuständigkeit zu schützen oder nicht67. Denn genauso gut könnte man annehmen, dass der Gesetzgeber nur deshalb Kompetenzen speziell ausgestatteten Behörden zuweist, um eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung allein im Interesse des Staates zu gewährleisten. Denkbar wäre nun aber, dass der Staat68 eventuell aufgrund der Verfassung verpflichtet ist, zum Schutze des Bürgers Kompetenzen nur an Behörden zu verteilen, die zur Wahrnehmung dieser Kompetenzen entsprechend ausgestattet sind, bzw. dass der Staat für eine entsprechende Ausstattung der zuständigen Behörde zu sorgen hat, falls die Kompetenz einer Behörde zugewiesen wird, die hierfür noch nicht entsprechend ausgestattet ist. In diesem Fall würde der Regelung der Zuständigkeit dann eventuell auch unabhängig vom Willen des Gesetzgebers Schutzwirkung für den Bürger zukommen, so dass dem Bürger unter Umständen ein aus der Verfassung ableitbares Recht auf die zuständige Behörde zustehen könnte. Vgl. etwa die Nachweise bei Fn 59. So etwa ausdrücklich Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 131 f. 67 S. hierzu Schnapp, Amtsrecht, S. 207. 68 Gemeint ist hiermit die Stelle innerhalb des Staates, der die diesbezügliche Organisationsgewalt zukommt. 65 66
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
Eine derartige Verpflichtung des Staates, Zuständigkeiten nur Behörden zuzuweisen, die hierfür auch entsprechend ausgestattet sind, bzw. die Verpflichtung, die betreffende Behörde nach Zuweisung der Kompetenz entsprechend auszustatten, könnte sich aus Art. 1 III, 20 III GG und damit im weitesten Sinne auch aus dem Rechtsstaatsprinzip69 ergeben. Danach ist die Verwaltung bei ihrer Tätigkeit an die bestehenden Gesetze und an die Grundrechte gebunden. Diese Bindung umfasst zwei Bestandteile, nämlich zum einen die Pflicht, die bestehenden Gesetze überhaupt zu vollziehen, und zum anderen die Pflicht, beim Vollzug der Gesetze diese dann auch zu beachten70. Wenn die Verwaltung aber aus Art. 1 III, 20 III GG verpflichtet ist, Gesetze anzuwenden und hierbei die bestehenden Gesetze sowie die Grundrechte zu beachten, dann muss der Staat auch organisatorische Vorkehrungen treffen, um einen geordneten Gesetzesvollzug durch die Verwaltung überhaupt sicherzustellen71. Im Ergebnis bedeutet dies, dass der Staat dafür Sorge tragen muss, dass Behörden immer so ausgestattet sind, dass sie die ihnen übertragenen Aufgaben auch ordnungsgemäß, das heißt, unter Beachtung der Grundrechte und der bestehenden Gesetze, wahrnehmen können. Die Ausstattung der Behörde muss sich also zwangsläufig nach den der Behörde zugewiesenen Kompetenzen richten. Konkret folgt daraus, dass wenn der Staat eine Regelung erlässt, nach der beispielsweise in Rechte des Bürgers eingegriffen werden kann, er mit der Wahrnehmung dieses Eingriffs dann auch eine Behörde betrauen muss, die in sächlicher und personeller Hinsicht so ausgestattet ist, dass sie die ihr zugewiesene Eingriffskompetenz auch ordnungsgemäß (also unter Einhaltung der Gesetze und unter Beachtung der Grundrechte) ausüben kann, bzw. dass der Staat, falls die Behörde nicht entsprechend ausgestattet ist, die Behörde nach Zuweisung der Zuständigkeit entsprechend ausstatten lassen muss72.
69 Dazu, dass dem Rechtsstaatsprinzip auch die Bindung an Recht und Gesetz nach Art. 1 III, 20 III GG unterfällt s. Sachs in Sachs, Art. 20 Rn 77. 70 Schnapp, AöR 105 (1980), S. 247; ohne die Verpflichtung, die bestehenden Gesetze zu vollziehen, könnte die Verwaltung ihre Bindung an die bestehende Gesetze nämlich einfach dadurch umgehen, dass sie untätig bleibt. 71 So auch Püttner, S. 44; Schnapp, AöR 105 (1980), S. 246 f. 72 So auch Kluth in Wolff / Bachof / Stober, VrwR III, 5. A., § 84 Rn 2, wonach der Aufgabenerfüllung durch funktionsgerechte Organe verfassungsrechtliche Bedeutung beizulegen ist und daher der Gesetzgeber zur Schaffung einer funktionsgerechten Zuständigkeitsordnung verpflichtet ist. Das sich der Inhaber der Organisationsgewalt bei Regelung der Zuständigkeit auch von dem Gedanken leiten lässt, durch die Auswahl einer geeigneten Stelle die Rechtmäßigkeit der Gesetzesanwendung zum Schutze des Bürgers zu gewährleisten, vertritt u. a. auch Badura, Staatsrecht, G 24, wonach Zuständigkeitsregelungen auch deshalb geschaffen werden, damit der jeweilige Entscheidungsträger die erforderliche Fachkompetenz aufweist. Sinn der Zuständigkeitsbestimmung sei nämlich auch die Gewährleistung einer sachlich richtigen Entscheidung, was regelmäßig auch dem Schutze des Bürgers diene; ähnlich auch Hufeld, Vertretung, S. 245 f., 257 ff.
A. Erfordernis einer Ermächtigung für die Delegation
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Wenn also zur Wahrnehmung dieser Kompetenz in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht besondere Kenntnisse oder ein besonderer Sachverstand von Nöten sind, dann muss die Behörde so ausgestattet werden, dass sie diesen Sachverstand und die entsprechenden Kenntnisse auch besitzt73. Ansonsten würde nämlich das Risiko bestehen, dass die Behörde die Eingriffsvoraussetzung in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht nicht richtig beurteilen kann und sie daher rechtswidrig handelt und den Bürger hierdurch in seinen Rechten verletzt74. Die Behörde wäre also nach Art. 1 III, 20 III GG zum Schutz des Bürgers an Recht und Gesetz gebunden, könnte ihrer Bindung aber nicht ordnungsgemäß nachkommen, da sie aufgrund ihrer mangelhaften Ausstattung gar nicht in der Lage wäre festzustellen, ob sie im konkreten Fall rechtmäßig handelt oder nicht. Die Verpflichtung aus Art. 1 III, 20 III GG würde somit faktisch leer laufen. Dem Bürger aber bliebe nur noch die Möglichkeit, die rechtswidrige Verwaltungsmaßnahme durch ein gerichtliches Verfahren aufheben zu lassen. Doch würde das die zuvor erfolgte Rechtsverletzung nicht ungeschehen machen, sondern nur rückwirkend wieder beseitigen. Außerdem bezieht sich die Grundrechts- und Gesetzesbindung nach Art. 1 III, 20 III GG speziell auch auf die vollziehende Gewalt, das heißt, die Verwaltung ist bereits selbst zum gesetzmäßigen Handeln verpflichtet. Durch eine ordnungsgemäße Ausstattung der Behörde soll demnach gewährleistet werden, dass die Rechte des Bürgers bereits im Verwaltungsverfahren gewahrt werden75. Der Staat ist demnach zum Schutze der Bürger verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass Behörden immer so in sächlicher und personeller Hinsicht ausgestattet sind, dass sie die ihnen zugewiesenen Aufgaben ordnungsgemäß wahrnehmen können76. Denn die Ausstattung trägt zur bestmöglichen Verwirklichung des materiel73 Etwa in dem das Personal besonders geschult und ausgebildet wird, und indem die Behörde mit den für den Gesetzesvollzug erforderlichen Verwaltungsvorschriften ausgestattet wird. 74 So ist es wohl relativ einfach einzusehen, dass etwa ein Finanzamt aufgrund seiner Ausstattung kaum in der Lage wäre, die Aufgaben einer Baurechtsbehörde wahrzunehmen. Denn die Bediensteten des Finanzamtes haben weder die rechtlichen Kenntnisse, die hierfür benötigt werden, noch haben sie die Fachkenntnisse, die man braucht, um etwa zu beurteilen, ob ein Bauvorhaben standsicher ist oder ob sonstige Gefahren von ihm ausgehen. Und daneben sind sie auch nicht mit den entsprechenden Verwaltungsvorschriften ausgestattet, die benötigt werden, um dem staatlichen Handeln nach außen hin so weit wie möglich ein gleichförmiges und gleichmäßiges Erscheinungsbild zu geben. 75 So weist etwa Kopp, Verfassungsrecht, S. 55 f. zu Recht darauf hin, dass die Rechtstaatlichkeit der Verwaltung ein wesentlicher Teil des Rechtsstaates ist und das diesem nicht dadurch Genüge getan wird, dass der Bürger durch die Anrufung der Gerichte ein gesetzmäßiges Verwaltungshandeln sicherstellen kann. Vielmehr hat der Bürger einen „umfassenden Anspruch auf Schutz und Verwirklichung seiner Rechte schon im Bereich der Tätigkeit der Verwaltung“, da hier die Gefahr einer Rechtsverletzung am größten ist. 76 Besonders bedeutend ist diese Verpflichtung des Staates im Bereich der Amtshaftung. Hier ist nämlich eine Haftung des Staates unter dem Gesichtspunkt des „Organisationsverschuldens“ für einen mangelhaften oder schlecht funktionierenden Verwaltungsapparat anerkannt, s. hierzu Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 77 m. w. N.
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
len Rechts mit bei und sichert somit auch die Freiheit des Bürgers vor (materiell) rechtswidrigen staatlichen Belastungen77. Da aber jede (materiell) rechtswidrige, den Bürger in seinen einfachgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzende staatliche Maßnahme den Bürger daneben entweder in einem speziellen Grundrecht oder in dem Auffanggrundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit verletzt, und die Ausstattung gerade derartige Rechtsverletzungen verhindern soll, ist die Pflicht zur Ausstattung mit ein Bestandteil des großen Komplexes „Grundrechtsschutz durch Verfahren“78. Genau genommen ist sie sogar der erste Baustein dieses großen Komplexes. Denn ohne ordnungsgemäß ausgestattete und somit sachkundige Behörden, könnte das Verwaltungsverfahren seine ihm zukommende Schutzfunktion kaum erfüllen. Die Pflicht zur Ausstattung der Behörde entsteht somit automatisch dadurch, dass eine staatlichen Stelle eine Kompetenz zugewiesen bekommt. Sie ist daher akzessorisch zu den der Behörde zugewiesenen Kompetenzen. Nachdem jetzt quasi als Zwischenergebnis festgestellt wurde, dass der Staat nach Art. 1 III, 20 III GG und somit nach dem Rechtsstaatsprinzip verpflichtet ist, zum Schutze der Bürger für eine ordnungsgemäße Ausstattung der zuständigen Behörden zu sorgen, ist als Nächstes zu untersuchen, welche Auswirkungen das für die Frage hat, ob dem Bürger ein aus der Verfassung ableitbares Recht auf die zuständige Behörde zukommt. Zur Beantwortung dieser Frage muss man sich erneut vor Augen halten, dass sich die Pflicht zur Ausstattung nach den der Behörde zugewiesenen Kompetenzen richtet. Da die Pflicht zur Ausstattung demnach an die Zuständigkeit der Behörde anknüpft, bedeutet dies, dass dann auch nur die zuständigen Behörden zum Treffen von Maßnahmen gegenüber dem Bürger befugt sein dürfen, dass also die Kompetenz zum Handeln gegenüber dem Bürger auf diese Behörden zu beschränken ist79. Dies ergibt sich daraus, dass ohne eine derartige Beschränkung der mit der Ausstattung verfolgte Zweck nicht zu erreichen wäre. Denn wenn man verlangt, dass die zuständige Behörde zum Schutze des Bürgers entsprechend ihrer Zuständigkeit ausgestattet werden muss, dann kann man nicht zulassen, dass daneben auch noch eine unzuständige und somit nicht entsprechend ausgestattete Behörde dem Bürger gegenüber tätig werden kann. Derartige Stellen müssen vielmehr nach Art. 1 III, 20 III GG zum Schutze des Bürgers von einem Handeln gegenüber dem Bürger ausgeschlossen werden. Das heißt, der Regelung der Behördenzuständig77 S. hierzu BGHZ 1, 146 (151), „er (scil. der Bürger) hat einen Anspruch darauf, dass der Eingriff nur von der zuständigen Behörde vorgenommen wird. Er darf erwarten, dass bei ihr die größtmöglichste Sicherheit für die Einhaltung der den Eingriff regelnden gesetzlichen Bestimmungen gegeben ist“. 78 S. zu diesem Komplex Schmidt-Aßmann, HdB StaatsR III, § 70 Rn 15 ff. m. w. N. 79 Dass der Regelung der Zuständigkeit die Funktion einer Begrenzung von Eingriffen zukommen soll, vertritt auch Heinze, DVBl. 1962, S. 375; ähnlich auch Brunner, DÖV 1969, S. 779.
A. Erfordernis einer Ermächtigung für die Delegation
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keit kommt in Verbindung mit der Pflicht zur Ausstattung auch die Funktion zu, die Ausübung staatlicher Kompetenzen gegenüber dem Bürger auf die zuständige Behörde zu beschränken und zu begrenzen. Von den vielen staatlichen Stellen darf nur die zuständige Behörde dem Bürger gegenüber tätig werden, weshalb man die Zuständigkeit auch als „Schlüssel“ zur Wahrnehmung von staatlichen Kompetenzen gegenüber dem Bürger ansehen kann80. Für eine unzuständige Behörde aber muss das Fehlen der Zuständigkeit die Folgen eines Handlungsverbotes haben81. Sie darf daher außerhalb ihrer Zuständigkeit nicht tätig werden. Für das Recht des Bürgers auf die zuständige Behörde hat das folgenden Konsequenzen: Da aus der Pflicht zur Ausstattung nach Art. 1 III, 20 III GG folgt, dass dem Bürger gegenüber nur die zuständige Behörde zum Handeln befugt sein darf, ist die Zuständigkeitsordnung so auszugestalten, dass dem Bürger ein Recht auf die Einhaltung der Behördenzuständigkeit82 zusteht, und er sich somit gleichzeitig gegen Maßnahmen einer unzuständigen Behörde zur Wehr setzen kann83. Das heißt, dem Bürger kommt zwar unmittelbar aus der Verfassung kein Recht auf eine zuständige Behörde zu, aber der Staat ist nach dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 1 III, 20 III GG) verpflichtet, dem Bürger ein Recht auf das Handeln der zuständigen Behörde zu gewähren. Die Zuständigkeitsordnung ist daher unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten so auszugestalten, dass dem Bürger ein derartiges Recht zukommt und er sich somit gegen Zuständigkeitsverletzungen zur Wehr setzen kann. Gegen diese Argumentation, wonach sich aus der Pflicht zur Ausstattung der Behörde zugleich die Verpflichtung ergibt, dem Bürger ein Recht auf das Handeln Lücke in FS für Thieme, S. 544. Dazu, dass das Fehlen der Zuständigkeit im Ergebnis einem Handlungsverbot für eine Behörde gleichkommt, s. auch Meyer in Knack, vor § 3 Rn 7. 82 Hiermit ist noch keine Aussage darüber getroffen, in welcher Form (Gesetz, Verwaltungsvorschrift) die Behördenzuständigkeit letztendlich normiert werden muss. Erst unter Kapitel 2, A. II. 2. b) bb) dieser Untersuchung wird der Frage nachzugehen sein, ob die Verpflichtung, die Zuständigkeitsordnung so auszugestalten, dass sich der Bürger gegen das Handeln einer unzuständigen Behörde zur Wehr setzen kann, eine Regelung durch Gesetz oder Verwaltungsvorschrift erfordert. 83 Dass die Regelung der Zuständigkeit so auszugestalten ist, dass eine Zuständigkeitsverletzung zur Rechtswidrigkeit der von einer unzuständigen Behörde vorgenommenen Maßnahme führt bzw. dass sich der Bürger gegen Zuständigkeitsverletzungen zur Wehr setzten kann, vertreten auch Wolff / Bachof, VerwR II, 3.A., § 72 a) 1.; Schink, DVBl. 1982, S. 776; Finkelburg / Lässig, § 3 Rn 3; Obermayer, DVBl. 1959, S. 355; Lücke in FS für Thieme, S. 544; Allerdings bleiben die zuvor genannten Autoren eine genauere Antwort auf die Frage schuldig, warum sich denn der Bürger gegen Zuständigkeitsverletzungen zur Wehr setzen können muss. Lücke in FS für Thieme, S. 544 deutet aber wenigstens an, dass die zuständige Behörde aufgrund ihrer Ausstattung eine größere Gewähr für die Rechtmäßigkeit der von ihr getroffenen Maßnahmen bietet als eine unzuständige Behörde und das deshalb Zuständigkeitsverletzungen zur Rechtswidrigkeit der betroffenen Maßnahme führen müssen. Unausgesprochen setzt Lücke somit quasi ein aus der Ausstattung der Behörde herrührendes Recht des Bürgers auf die zuständige Behörde voraus. 80 81
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
der zuständigen Behörde einzuräumen, könnte man nun aber vorbringen, dass wenn die Pflicht zur Ausstattung der Behörde derart bedeutend ist, man dem Bürger eigentlich nicht nur ein Recht auf die zuständige Behörde gewähren müsste, sondern konsequenterweise auch gleich ein Recht auf eine ordnungsgemäß ausgestattete Behörde. Ein derartiges Recht würde dann dazu führen, dass, sofern die zuständige Behörde nicht ordnungsgemäß ausgestattet ist, eine von ihr getroffene Verfügung bereits aus diesem Grunde (formell) rechtswidrig wäre, unabhängig davon, ob die Verfügung auch in materieller Hinsicht rechtmäßig ist. Ein solches Recht des Bürgers wäre aber abzulehnen84. Denn es ließen sich in praktischer Hinsicht kaum jemals sichere Kriterien dafür angeben, wann eine Behörde ordnungsgemäß ausgestattet ist und wann nicht, weshalb die Verletzung der Pflicht zur Ausstattung auch nicht justitiabel ist85. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass selbst eine Behörde, die für die Wahrnehmung einer Kompetenz nicht ordnungsgemäß ausgestattet ist, immer noch eine größere Gewähr für die Rechtmäßigkeit einer von ihr getroffenen Maßnahme bietet als eine Behörde, die hierfür überhaupt nicht ausgestattet wurde. Und letzten Endes darf man das Recht auf die ordnungsgemäß ausgestattete Behörde auch nicht mit dem Recht auf die zuständige Behörde gleichsetzen. Denn das Recht auf die zuständige Behörde hat ja nur die Funktion, alle anderen Behörden von der Wahrnehmung der betreffenden Kompetenzen auszuschließen und die Ausübung der Kompetenz auf die eine ganz bestimmte Behörde zu beschränken. Es enthält somit ein Handlungsverbot für alle unzuständigen Behörden. Ein Verstoß gegen dieses Verbot muss daher zur Rechtswidrigkeit der Maßnahme einer unzuständigen Behörde führen. Ganz anders ist es aber bezüglich der Pflicht zur Ausstattung der Behörde. Diese enthält kein Handlungsverbot für eine zuständige, aber nicht ordnungsgemäß ausgestattete Behörde, da hierdurch den Bürgern und der Allgemeinheit noch weniger gedient wäre, da es dann für die Wahrnehmung der betreffenden Kompetenz gar keine Behörde gäbe. Das heißt, auch die nicht ordnungsgemäß ausgestattete, aber zuständige Behörde kann und muss tätig werden. Folglich dessen kann man ihr Handeln nicht alleine deswegen als rechtswidrig abstempeln, weil sie nicht ordnungsgemäß ausgestattet wurde86. Die Bindung an die Pflicht zur Ausstattung der Behörde aber kann in diesem Fall dann nur durch die parlamentarische Kontrolle der Verwaltung (genauer gesagt der Stelle, die für die Ausstattung der Behörde zuständig ist) gesichert werden87. So auch Püttner, S. 44. Püttner, S. 44. 86 Allerdings wird gerade im Bereich der Ermessensverwaltung eine mangelhafte Ausstattung einer Behörde zum Entstehen von Ermessensfehlern führen können. So z. Bsp., wenn die Behörde aufgrund ihrer unzureichenden Ausstattung nicht in der Lage ist, die für die Entscheidung benötigten Tatsachen ordnungsgemäß zu ermitteln und zu bewerten usw.. In einem solchen Fall kann also die mangelhafte Ausstattung auf die Ermessensausübung durchschlagen und diese fehlerhaft machen. 84 85
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Einzugehen ist in diesem Zusammenhang auch noch auf die Frage, warum man aufgrund der Pflicht zur Ausstattung der Behörde dem Bürger zwar ein Recht auf die zuständige Behörde gewähren muss, ihm aber das Recht auf den behördenintern zuständigen Amtswalter verweigern darf88. Denn man könnte ja argumentieren, dass der innerhalb einer Behörde zuständige Behördenbedienstete für die Wahrnehmung der ihm zugeteilten Aufgaben am kompetentesten ist (schon alleine wegen der andauernden Befassung mit diesen Aufgaben), so dass bei ihm die Gewähr für eine rechtmäßige Entscheidung am größten ist und der Bürger somit aus Art. 1 III, 20 III GG ein Recht dahingehend haben muss, dass nur dieser Amtswalter ihm gegenüber Anordnungen treffen darf und gleichzeitig alle anderen Behördenbediensteten hiervon ausgeschlossen sein sollen. Eine derartige Argumentation würde aber verkennen, dass es innerhalb einer jeden Behörde noch eine Kontrollinstanz in Form des Behördenvorstandes und der Referats- bzw. Abteilungsleiter gibt, die Entscheidungen der Behördenbediensteten auf ihre (materielle) Rechtmäßigkeit hin überprüfen können, so dass die Gefahr einer (materiell) rechtswidrigen Anordnung bei Verletzung der behördeninternen Zuständigkeit bei weitem nicht so groß ist wie bei Verletzung der regulären Behördenzuständigkeit, wo eine entsprechende Kontrollinstanz zwischen den Behörden fehlt. Durch das behördeninterne Kontrollsystem wird somit die Gefahr einer (materiell) rechtswidrigen Entscheidung erheblich verringert, weshalb es vertretbar ist, allein wegen einer Verletzung der behördeninternen Zuständigkeit noch nicht die Rechtswidrigkeit der getroffenen Maßnahme vorzusehen89. Außerdem ist zu bedenken, dass die Bediensteten einer Behörde in der Regel für die Wahrnehmung eines Großteils der Aufgaben der betreffenden Behörde ausgebildet sind, weshalb ein Behördenbediensteter in der Regel auch in der Lage ist, Aufgaben eines anderen Bediensteten seiner Behörde wahrzunehmen. So kann etwa der für polizeiliche Aufgaben zuständige Sachbearbeiter des Regierungspräsidiums auch Aufgaben im Bereich des Baurechts oder der Kommunalaufsicht bearbeiten, da er auch zur Wahrnehmung derartiger Aufgaben ausgebildet wurde. Der 87 Püttner, S. 44; im Übrigen ändert der Umstand, dass die Verletzung der Pflicht zur Ausstattung nicht sanktioniert werden kann, nichts daran, dass diese Pflicht besteht. Das heißt, der Staat würde pflichtwidrig handeln, wenn er es zuließe, dass eine Behörde eine Kompetenz wahrnehmen kann, obwohl sie aufgrund ihrer Ausstattung dazu nicht in der Lage ist. 88 Dass eine Verletzung der behördeninternen Zuständigkeit unbeachtlich ist, ist ganz h.M., vgl. etwa Guttenberg, S. 163 ff.; Schwan, S. 120 ff.; Maurer, § 21 Rn 50 m. w. N. 89 So ähnlich auch Guttenberg, S. 164, der ebenfalls aufgrund der Verantwortlichkeit des Behördenleiters für die Arbeit der ganzen Behörde und aufgrund der Kontrolle und Überwachung der Behördenbediensteten durch den Behördenleiter eine Verletzung der behördeninternen Zuständigkeit als unerheblich ansieht. Allerdings leitet Guttenberg das Recht auf die zuständige Behörde nicht aus der Pflicht zur Ausstattung der Behörde her, sondern vielmehr aus dem rechtsstaatlichen Grundsatz der „Messbarkeit und Limitiertheit staatlichen Handelns“.
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
für die Einkommensteuer zuständige Sachbearbeiter des Finanzamtes aber könnte derartige Aufgaben des Regierungspräsidiums in der Regel nicht wahrnehmen, da ihm hierfür die Ausbildung fehlt. Der Bürger hat somit zwar ein Recht auf die zuständige Behörde, aber kein Recht auf den behördenintern zuständigen Amtswalter. Erörterungsbedürftig ist auch noch die Frage, inwieweit der § 46 (L)VwVfG mit der hier dargelegten Verpflichtung des Staates, die Zuständigkeitsordnung so auszugestalten, dass sich der Bürger gegen das Handeln einer unzuständigen Behörde zur Wehr setzen kann, vereinbar ist. Denn gemäß § 46 (L)VwVfG kann der Bürger die Aufhebung eines unter Verstoß gegen die örtliche Zuständigkeit zustande gekommenen Verwaltungsaktes nicht verlangen, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat und der Verwaltungsakt nicht bereits wegen § 44 II Nr. 3 (L)VwVfG nichtig ist. Aus dem Erfordernis, dass die Verletzung der örtlichen Zuständigkeit die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst haben darf, ergibt sich aber, dass der § 46 (L)VwVfG bei Ermessensakten, die unter Verstoß gegen die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen sind, grundsätzlich nicht anwendbar ist90. Denn hier kann nicht ausgeschlossen werden, dass die örtlich zuständige Behörde andere Ermessenserwägungen aufgestellt hätte. § 46 (L)VwVfG schließt somit unter bestimmten Voraussetzungen bei rechtlich gebundenen Verwaltungsakten die Aufhebung eines formell rechtswidrigen Verwaltungsaktes aus, und kollidiert damit mit der hier dargelegten Verpflichtung des Staates zur Schaffung einer für den Bürger durchsetzungsfähigen Zuständigkeitsordnung. Auf der anderen Seite ist aber zu bedenken, dass die hier dargelegte Verpflichtung, die Zuständigkeiten so zu regeln, dass sich der Bürger gegen das Handeln einer unzuständigen Behörde zur Wehr setzen kann, die materielle Rechtmäßigkeit von staatlichen Maßnahmen gewährleisten soll, da diese Gewährleistung bei der zuständigen und entsprechend ausgestatteten Behörde am größten ist. Da aber der § 46 (L)VwVfG den Aufhebungsanspruch des Bürgers nur bei rechtlich gebundenen Verwaltungsakten ausschließt, und dies auch nur dann, wenn der Verwaltungsakt materiell rechtmäßig ist, ist eigentlich die Zielsetzung, die mit dem Recht des Bürgers auf die Einhaltung der Behördenzuständigkeit gesichert werden soll, erreicht, so dass eine Aufhebung der formell rechtswidrigen Maßnahme zur Gewährleistung einer materiell rechtmäßigen Entscheidung nicht angezeigt ist. Als Zwischenergebnis ist somit festzuhalten, dass der Staat aufgrund des Rechtsstaatsprinzips verpflichtet ist, die Zuständigkeitsordnung so auszugestalten, dass dem Bürger ein Recht auf die Einhaltung der Behördenzuständigkeit zusteht. Aus dieser Verpflichtung des Staates folgt jetzt zweierlei. Zum einen folgt hieraus, dass es überhaupt eine Verteilung und Regelung der Zuständigkeit geben muss. Denn eine Verteilung der Zuständigkeit ist zwingender Anknüpfungspunkt für die Pflicht 90
Meyer in Knack, § 46 Rn 31.
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zur Ausstattung der Behörde und somit auch für das Recht des Bürgers auf die zuständige Behörde. Das heißt, ohne eine Regelung der Zuständigkeit gingen sowohl die Pflicht zur Ausstattung als auch die Verpflichtung, dem Bürger ein durchsetzungsfähiges Recht auf die zuständige Behörde zukommen zu lassen, ins Leere, weil sie keinen Bezugspunkt hätten. Zum anderen folgt aus der Verpflichtung, dem Bürger ein Recht auf die Einhaltung der Behördenzuständigkeit zu gewähren, dass der Bürger die für ihn zuständigen Behörden dann auch kennen können muss. Denn nur dann kann er überprüfen, ob ihm gegenüber auch die zuständige Behörde gehandelt hat. Und dieses Prüfungsrecht muss ihm aufgrund der Schutzfunktion der Zuständigkeit und dem hieraus folgenden Recht auf die zuständige Behörde zukommen. Das heißt, neben der Verpflichtung, die Zuständigkeitsordnung so auszugestalten, dass dem Bürger ein Recht auf die Einhaltung der Zuständigkeiten zukommt, muss die Zuständigkeitsordnung auch noch so ausgestaltet werden, dass der Bürger die für ihn zuständigen Behörden kennen kann. Die aus Art. 1 III, 20 III GG folgende Pflicht des Staates (bzw. des Inhabers der Organisationsgewalt) zur Ausstattung der Behörden entsprechend ihrer Zuständigkeiten hat aber daneben noch bedeutende Auswirkungen bereits im Vorfeld der Verteilung der Zuständigkeiten und somit auf die Ausgestaltung der staatlichen Zuständigkeitsordnung im Allgemeinen. Denn der Staat muss bei der Schaffung von Kompetenzen und der Verteilung ihrer hierauf bezogenen Zuständigkeiten immer auch die Pflicht zur Ausstattung der Behörden beachten. Das heißt, wenn der Staat einer Behörde eine bestimmte Kompetenz zum Handeln gegenüber dem Bürger zuweist, dann muss er auch berücksichtigen, dass er diese Behörde entsprechend ausstatten lassen muss. Im Ergebnis führt diese Pflicht des Staates daher dann dazu, dass die staatlichen Kompetenzen so verteilt werden, dass immer nur eine Behörde zur Wahrnehmung einer bestimmten Kompetenz zuständig ist, das heißt, dass es bezüglich der betreffenden Kompetenz keine Parallelzuständigkeit gibt und dass eine Behörde immer die gleichen Kompetenzen und Aufgabengebiete wahrnimmt. Denn wenn der Staat mehrere Behörden nebeneinander für die Wahrnehmung einer bestimmten Kompetenz für zuständig erklären wollte, müsste er auch alle diese Behörden entsprechend ausstatten. Dies wäre zwar grundsätzlich möglich, aber zum einen sehr ineffektiv, und zum anderen würden die (finanziellen) Kapazitäten des Staates so etwas nur sehr eingeschränkt zulassen. Ebenso ineffektiv wäre es, wenn der Staat ständig die den jeweiligen Behörden zukommenden Aufgabengebiete ändern würde, wenn er also Aufgaben der Finanzverwaltung dem Finanzamt wegnehmen und auf das Regierungspräsidium übertragen würde, nur um sie kurze Zeit später den Landratsämtern zuzuweisen usw.. Denn hierdurch müsste er jedes Mal die betreffende Stelle zur Wahrnehmung der neuen Kompetenz ausstatten, obwohl bereits eine Behörde vorhanden ist, die hierfür entsprechend ausgestattet ist. Daher wird der Staat, wenn er einer Behörde eine
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bestimmte Kompetenz zuweist, es hierbei in der Regel belassen und diese Zuweisung nicht ständig abändern. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass die Pflicht zur Ausstattung dem Staat ein entsprechendes Vorgehen in rechtlicher Hinsicht nicht verbieten würde, solange er nur der Pflicht zur Ausstattung nachkäme. Es sind vielmehr die finanziellen Kapazitäten des Staates sowie Gesichtspunkte der Effektivität in Verbindung mit der Pflicht zur Ausstattung, die dem Staat die entsprechenden Grenzen bei der Ausgestaltung der Zuständigkeitsordnung auferlegen. Die Pflicht zur Ausstattung der Behörden zwingt den Staat somit aus Gründen der Effektivität und Finanzierbarkeit in der Regel dazu, die Zuständigkeiten so auf verschiedene Stellen zu verteilen, dass die Ausschließlichkeit dieser Zuständigkeiten gewährleistet ist, und dass diese Stellen immer die gleichen Kompetenzen und Aufgabengebiete wahrnehmen, da er nur durch eine derartige Ausgestaltung der Zuständigkeitsordnung zu einer ordnungsgemäßen Ausstattung der dann zuständigen Behörden in der Lage ist. (3) Zur Problematik der Parallelzuständigkeiten Aber selbst wenn dem Bürger aufgrund des bisher Gesagten ein Recht auf die zuständige Behörde eingeräumt werden würde und zugleich sichergestellt wäre, dass er die für ihn zuständigen Behörden kennen kann, wären noch nicht alle Anforderungen erfüllt, die an eine rechtsstaatliche Zuständigkeitsordnung zu stellen sind. Denn die bisher gemachten Ausführungen würden es nicht ausschließen, dass mehrere Behörden nebeneinander für die Wahrnehmung der gleichen Kompetenz zuständig sind. Das wäre zwar aufgrund des zuvor Gesagten ineffektiv, da der Staat dann die nebeneinander zuständigen Behörden auch alle für die Wahrnehmung dieser Aufgaben ausstatten müsste, doch wäre es nach dem bisher Gesagten grundsätzlich möglich. Aufgrund der bisherigen Ausführungen müsste der Bürger dann nur alle für ihn nebeneinander zuständigen Behörden kennen und die Zuständigkeitsordnung müsste so ausgestaltet sein, dass dem Bürger ein Recht auf die Einhaltung der Zuständigkeit zukäme. Es stellt sich daher die Frage, ob eine derartige Parallelzuständigkeit zulässig wäre oder ob ihr rechtsstaatliche Gesichtspunkte entgegenstehen würden. Rechtsstaatliche Bedenken könnten ihr zum einen aufgrund der Gefahr des Ergehens widersprüchlicher Entscheidungen entgegenstehen und zum anderen könnte sie im Hinblick auf den Gleichheitssatz bedenklich sein. Die Gefahr sich widersprechender Entscheidung bei der Parallelzuständigkeit mehrerer Behörden ist evident. Wenn etwa mehrere Baurechtsbehörden nebeneinander zuständig wären, würde die Gefahr bestehen, dass eine Behörde ein Vorhaben des Bürgers als genehmigungsfrei zulässt, während eine andere Behörde nach Errichtung des Vorhabens dessen Abriss fordert, weil keine Baugenehmigung
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besteht. Das dies mit rechtsstaatlichen Prinzipien wie Vertrauensschutz und Rechtssicherheit91 nicht vereinbar wäre, muss nicht weiter dargelegt werden. Probleme in Bezug auf Art. 3 GG würden sich bei einer Parallelzuständigkeit mehrerer Behörden daraus ergeben, dass, wie bereits zuvor ausgeführt, der Inhalt einer Entscheidung in nicht unerheblichem Maße auch von dem jeweiligen Entscheidungsträger abhängt92. Ein und derselbe Sachverhalt (etwa die Frage nach dem Abriss eines Schwarzbaus in einem bestimmten Gebiet) könnte dann z. Bsp. bezüglich des Bürgers A von der Behörde X in der einen Art entschieden werden (nämlich Abriss), während die parallelzuständige Behörde Y dem Bürger B gegenüber den Fall eventuell anders als die Behörde X entscheiden würde (nämlich keinen Abriss). Bürger A und Bürger B würden hier also, obwohl bei beiden der gleiche Sachverhalt gegeben ist und für beide die gleichen Behörden (nebeneinander) zuständig sind, unterschiedlich behandelt. Ein im Hinblick auf Art. 3 GG gebotenes gleichmäßiges und im Hinblick auf das Rechtsstaatsprinzip erforderliches vorausberechenbares Verwaltungshandeln könnte sich hierbei aber kaum einstellen. Dem Bürger hingegen bliebe nichts anderes übrig als darauf zu hoffen, dass sein Fall von der Behörde entschieden wird, die das Recht in einer für ihn günstigen Weise auslegt und anwendet. Das Rechtsstaatsprinzip in Verbindung mit dem Gleichheitssatz verbietet daher im Regelfall Parallelzuständigkeiten von Behörden und verlangt, dass immer nur eine Behörde für einen konkreten Fall zuständig ist (= Ausschließlichkeit der Zuständigkeit)93. (4) Ergebnis Zusammenfassend ergeben sich damit aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Anforderungen für die Ausgestaltung einer Zuständigkeitsordnung: Es darf in der Regel immer nur eine Behörde zur Entscheidung eines konkreten Falles zuständig sein; dem Bürger ist ein Recht auf die zuständige Behörde in der Form einzuräumen, dass er sich gegen das Handeln einer unzuständigen Behörde zur Wehr setzen kann; der Bürger muss immer wissen können, welche Behörden für ihn konkret zuständig sind94. S. hierzu Herzog in Maunz-Dürig, Art. 20 GG VII Rn 57 ff. S. hierzu Kapitel 2, A. II. 1. a) dieser Untersuchung. 93 Krüger, S. 109; unter bestimmten Voraussetzungen können aber Parallelzuständigkeiten trotz der zuvor dargelegten rechtsstaatlichen Problematik zulässig sein, so etwa in den Fällen eines Selbsteintrittsrechts, bei Notfallkompetenzen oder in den Fällen der konservierenden Delegation, s. hierzu Kapitel 2, G. I. 2. dieser Untersuchung. Erforderlich ist hierfür aber das Vorliegen sachlicher Gründe. S. zur Problematik von Mehrfachzuständigkeiten auch Oebbecke in FS für Stree und Wessels, S. 1119 ff.; Kluth in Wolff / Bachof / Stober, VrwR III, 5. A., § 84 Rn 38 ff. 94 Es soll im Rahmen der hier vorliegenden Untersuchung nicht verkannt werden, dass in der Literatur auch noch Auffassungen vertreten werden, nach denen das Rechtsstaatsprinzip 91 92
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bb) Verlangen diese rechtsstaatlichen Anforderungen an die Ausgestaltung der Zuständigkeitsordnung, dass die Regelung der Zuständigkeit durch Verwaltungsvorschrift oder durch Gesetz erfolgen muss? Die Frage ist jetzt, ob sich aus diesen zuvor genannten rechtsstaatlichen Anforderungen ergibt, dass die Regelung der Zuständigkeit zwingend durch Parlamentsgesetz bzw. durch Rechtsverordnung aufgrund vorheriger Ermächtigung durch das Parlament erfolgen muss, oder ob eine Regelung durch Verwaltungsvorschrift ebenfalls zur Erfüllung dieser Anforderungen genügen würde. Dies hängt hauptsächlich davon ab, ob die zuvor dargelegten rechtsstaatlichen Anforderungen bzgl. der Ausgestaltung einer Zuständigkeitsordnung eine Regelung der Behördenzuständigkeit im Außenverhältnis, also im Verhältnis Staat-Bürger verlangen, oder ob zur Erfüllung dieser Anforderungen auch eine rein verwaltungsinterne Normierung ausreichen würde. Denn nach der h.M. können Regelungen mit unmittelbarer Wirkung im Außenverhältnis nur durch Parlamentsgesetz bzw. durch Rechtsverordnung aufgrund vorheriger gesetzlicher Ermächtigung erlassen werden, wohingegen Verwaltungsvorschriften nach h.M. nur eine verwaltungsinterne Bindungswirkung zukommt95. Das heißt, sofern man zu dem Ergebnis gelangt, dass die Regelung der Behördenzuständigkeit aufgrund des Rechtsstaatsprinzips zwingend im Verhältnis Staat-Bürger erfolgen muss, dann wäre, sofern man mit der h.M. davon ausgeht, dass Verwaltungsvorschriften nur verwaltungsintern wirken, eine Regelung der Zuständigkeit im Wege einer Verwaltungsvorschrift nicht ausreichend. Das würde dann aber bedeuten, dass die Behördenzuständigkeit durch Parlamentsgesetz oder durch Rechtsverordnung zu regeln ist, was zur Folge hätte, dass die Kompetenz zur Regelung der Behördenzuständigkeit und mithin auch die Organisationsgewalt für diesen Bereich dem Gesetzgeber zukommen würde. Im Rahmen der Untersuchung dieser Problematik ist aber zu beachten, dass auch die Auffassung vertreten wird, nach der Verwaltungsvorschriften der Exekutive entgegen der h.M. doch unmittelbare Wirkung im Außenverhältnis haben sollen96. Nach dieser Auffassung wäre dann die Behördenzuständigkeit, unabhängig davon, ob sie durch Verwaltungsvorschrift oder durch Gesetz festgesetzt ist, immer unmitnoch weitergehende Anforderungen an die Ausgestaltung der Zuständigkeitsordnung stellt. So ist etwa Guttenberg, S. 142 ff. der Auffassung, dass das Rechtsstaatsprinzip eine außenrechtlich verbindliche Zuständigkeitsordnung verlange, um Zuständigkeitsmanipulationen zu vermeiden. Es würde aber den Rahmen dieser Untersuchung sprengen, auch noch auf alle diese Auffassungen einzugehen, zumal sie ja letztendlich zu ähnlichen Ergebnis führen wie die hier vertretene Auffassung. Speziell auf die Auffassung Guttenbergs wird aber in Kapitel 3, C. II. dieser Untersuchung im Zusammenhang mit der Frage, in welcher Form ein zwischenbehördliches Mandat erfolgen muss, noch genauer eingegangen. 95 S. zur Bindungswirkung von Verwaltungsvorschriften ganz allgemein Maurer, § 24 Rn 16 ff. 96 So etwa Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 502 ff.
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telbar im Außenverhältnis geregelt, so dass, falls man zu dem Ergebnis kommt, dass das Rechtsstaatsprinzip zwingend eine Normierung im Außenverhältnis verlangt, dem Rechtsstaatsprinzip nach dieser Ansicht auch durch eine Regelung der Zuständigkeit im Wege einer Verwaltungsvorschrift Genüge getan wäre. Daneben ist noch zu berücksichtigen, dass es auch eine Auffassung gibt, nach der die Exekutive auch ohne parlamentsgesetzliche Ermächtigung Rechtsverordnungen mit unmittelbarer Außenwirkung erlassen können soll97. Nach dieser Auffassung könnte die Exekutive dann ebenfalls originär98 außenwirksame Zuständigkeitsregelungen erlassen, so das für die Frage, wem die Kompetenz zum Erlass von Zuständigkeitsregelungen und mithin die Organisationsgewalt in diesem Bereich zusteht, nichts gewonnen wäre. Im Folgenden ist daher zunächst, quasi als Vorfrage, zu untersuchen, ob die Exekutive originär Regelungen mit unmittelbarer Wirkung für das Außenverhältnis erlassen kann (etwa durch Verwaltungsvorschriften oder durch Rechtsverordnungen, für die keine parlamentsgesetzliche Ermächtigung erforderlich ist), oder ob derartige außenwirksame Regelungen nur vom Parlament getroffen werden können bzw. von der Exekutive nur dann erlassen werden können, wenn eine entsprechende Ermächtigung hierzu von Seiten des Parlaments vorliegt. Daran anschließend ist dann zu untersuchen, ob das Rechtsstaatsprinzip aufgrund der zuvor für die Ausgestaltung der Zuständigkeitsordnung dargelegten Anforderungen eine Normierung der Behördenzuständigkeit im Außenverhältnis verlangt, oder ob ihm auch eine rein verwaltungsintern wirkende Regelung genügen würde. (1) Steht der Exekutive ein originäres Recht zum Erlass von außenwirksamen Normen zu? Ob der Exekutive ein originäres Recht zum Setzen von außenwirksamen Normen zukommt, ist seit langem stark umstritten99. Erschwert wird die Diskussion über ein eigenes Rechtsetzungsrecht der Exekutive mit Wirkung für das Außenverhältnis zusätzlich noch dadurch, dass auch zwischen den Anhängern eines solchen Rechtsetzungsrechts keine Einigkeit besteht, in welcher Form die Exekutive derartige außenwirksame Normen soll erlassen können. Die einen wollen der Exekutive für bestimmte Bereiche ein originäres Recht zum Erlass von Rechtsverordnungen ohne vorherige parlamentsgesetzliche Ermächtigung geben100, während andere ein derartiges originäres Recht zum Erlass von Rechtsverordnungen ablehnen und vielmehr Verwaltungsvorschriften eine geSelmer, VerwArch 59 (1968), S. 142. Also ohne vorherige Ermächtigung von Seiten des Gesetzgebers. 99 Vgl. nur die ausführliche Darstellung hierzu bei von Bogdandy, S. 261 ff. und Ossenbühl, Verwaltungsvorschrift, S. 502 ff. 100 So etwa Selmer, VerwArch 59 (1968), S. 142. 97 98
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setzesgleiche Wirkung für das Außenverhältnis beilegen wollen101. Wieder andere scheinen nicht zu differenzieren, in welcher Form die Exekutive außenrechtsverbindliche Normen erlassen können soll, sondern sind nur ganz allgemein der Auffassung, dass der Exekutive ein Recht zum Setzen derartiger Rechtsnormen zukommt, egal in welcher Form diese Normen dann ergehen sollen. Zur Begründung wird von den Anhängern eines eigenen Rechtsetzungsrechts der Exekutive vorgebracht, dass die Exekutive in dem Bereich, der nicht dem Gesetzesvorbehalt unterfalle, auch ohne entsprechende parlamentsgesetzliche Regelungen tätig werden dürfe. Wenn sie aber in diesem quasi parlamentsgesetzesfreien Bereich tätig werden dürfe, dann müsse sie auch das Recht haben, für diesen Bereich eigene Regelungen auch mit unmittelbarer Wirkung für das Außenverhältnis zu erlassen102. Eine derartige Kompetenz zum Erlass von außenwirksamen Normen soll daneben auch dem Schutze des Bürgers dienen, da dieser hierdurch einen unmittelbaren Anspruch auf Einhaltung dieser Normen erhalten würde103. Denn ohne eine unmittelbare Geltung derartiger Normen der Exekutive kämen diese im Verhältnis zum Bürger nur über den Grundsatz der Selbstbindung zur Anwendung, was aber keine so starke Rechtsposition vermitteln würde. Die Auffassung, nach welcher der Exekutive ein eigenes Recht zum Erlass außenwirksamer Normen zukommen soll, kann aber nicht überzeugen. Gegen ein originäres Rechtsetzungsrecht der Exekutive spricht in erster Linie, dass sich hierfür im Grundgesetz keine Anhaltspunkte finden lassen. Denn das Grundgesetz enthält zwar in den Art. 70 ff. GG einen eigenen Abschnitt über die Gesetzgebung, regelt hierbei aber nur die Gesetzgebung des Parlaments und die vom Parlament abgeleitete Gesetzgebung der Exekutive in Form einer Rechtsverordnung. Von einem eigenständigen Rechtsetzungsrecht der Exekutive ist hier aber nirgends die Rede. Im Übrigen spricht auch der Art. 80 GG gegen ein originäres Recht der Exekutive zum Erlass von Rechtsnormen mit unmittelbarer Wirkung im Außenverhältnis, sei es, dass diese Normen in Form einer Rechtsverordnung oder in Form einer Verwaltungsvorschrift erlassen werden sollen. Gegen ein originäres Recht der Exekutive speziell zum Erlass von Rechtsverordnungen spricht, dass nach dem Wortlaut des Art. 80 I GG die Exekutive nur dann Rechtsverordnungen erlassen kann, wenn sie hierzu vom Gesetzgeber ermächtigt wurde. Daraus folgt, dass die Exekutive gerade kein Recht zum Erlass von Rechtsverordnungen ohne eine entsprechende gesetzliche Ermächtigung besitzen soll104. 101 So etwa Nierhaus in Bonner Kommentar, Art. 80 I GG, Rn 156; Ossenbühl in Erichsen / Ehlers, § 6 Rn 51; von Bogdandy, S. 486 ff. m. w. N. 102 Böckenförde, Gesetz, S. 390 f.; Krebs, VerwArch 70 (1979), S. 265 f.; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 510 f. 103 Scheuing, VVDStRL 40, S. 160. 104 Uhle, ZG 2001, S. 335.
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Gegen diese Argumentation vom Wortlaut her wird nun aber vorgebracht, dass der Art. 80 GG nur den Bereich erfassen würde, der unter den Gesetzesvorbehalt fällt105. Das heißt, nur innerhalb dieses Bereiches soll die Exekutive zum Erlass einer Rechtsverordnung eine gesetzliche Ermächtigung benötigen. In dem Bereich aber, der nicht vom Gesetzesvorbehalt erfasst wird, soll der Art. 80 GG nicht zur Anwendung kommen und daher die Exekutive auch ohne Ermächtigung durch das Parlament Rechtsverordnungen erlassen können. Hiergegen ist aber einzuwenden, dass sich der Anwendungsbereich des Art. 80 GG nicht nur auf den Bereich beschränkt, der unter den Gesetzesvorbehalt fällt, sondern auch den Bereich umfasst, für den kein Gesetzesvorbehalt besteht. Das ergibt sich aus Art. 80 II GG, der von Rechtsverordnungen spricht, die von ihrem Gegenstand her gerade nicht dem Gesetzesvorbehalt unterfallen106. Aus dem Umkehrschluss zu Art. 80 GG folgt somit, dass der Exekutive kein eigenes Recht zum Erlass von Rechtsverordnungen zusteht107. Hieraus folgern jetzt die Anhänger der Auffassung, wonach Verwaltungsvorschriften unmittelbare Außenwirkung zukommen soll, dass es der Exekutive wegen Art. 80 GG zwar verwehrt sei, ohne gesetzliche Ermächtigung Rechtsverordnungen zu erlassen, dass es ihr aber gerade deshalb möglich sein müsse, für den Bereich, der nicht unter den Gesetzesvorbehalt fällt, wenigstens Verwaltungsvorschriften mit unmittelbarer Außenwirkung zu erlassen108. Bezüglich dieser Verwaltungsvorschriften wird ein Verstoß gegen Art. 80 GG verneint, da Verwaltungsvorschriften eben gerade keine Rechtsverordnungen seien. Diese Argumentation ist aber ebenfalls abzulehnen, da durch ein derartiges Vorgehen der Art. 80 GG umgangen werden könnte109. Denn eine Verwaltungsvorschrift mit unmittelbarer Außenwirkung hätte dem Bürger gegenüber die gleiche Wirkung wie eine Rechtsverordnung. Im Übrigen ist es sowieso fraglich, ob man zwischen Verwaltungsvorschriften mit unmittelbarer Außenwirkung und Rechtsverordnungen unterscheiden kann, oder ob man nicht alle Normen der Exekutive, die auf unmittelbare Außenwirkung gerichtet sind, als Rechtsverordnungen ansehen muss110. Danach würden die Verwaltungsvorschriften, die auf Außenwirkung gerichtet sind, Rechtsverordnungen Böckenförde, Gesetz, S. 395 ff.; Ossenbühl, Handbuch StaatsR III, § 64 Rn 16. Guttenberg, S. 146; Rupp, S. 116; Schwan, S. 76. 107 Brenner in von Mangoldt / Klein / Starck, Art. 80 I GG, Rn 24; Lücke in Sachs, Art. 80 GG Rn 5; Nierhaus in Bonner Kommentar, Art. 80 I GG, Rn 153; von Bogdandy, S. 294. 108 Nierhaus in Bonner Kommentar, Art. 80 I GG, Rn 156. 109 Schenke, DÖV 1986, S. 191 m. w. N.; Schwan, S. 76 ff. 110 Schwan, S. 76 f., der darauf hinweist, dass das Grundgesetz die Begriffe der Rechtsverordnung und der Verwaltungsvorschrift in ihrem überkommenen Sinne verwendet, wonach nur Rechtsverordnungen unmittelbare Außenwirkung haben sollen, Verwaltungsvorschriften aber nicht. 105 106
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darstellen, so dass ihr Erlass wegen Art. 80 GG nur aufgrund vorheriger Ermächtigung zulässig wäre. Zusätzlich ist noch zu bedenken, dass, sofern man bestimmten Verwaltungsvorschriften Außenwirkung zukommen lässt, es dann mit rechtsstaatlichen Grundsätzen unvereinbar wäre, dass diese Verwaltungsvorschriften nicht veröffentlicht werden müssten und es bezüglich ihrer Entstehung auch kein für den Bürger transparentes Verfahren gibt111. Daran würde sich im Übrigen auch dann nichts ändern, wenn man für Verwaltungsvorschriften mit Außenwirkung eine Ausfertigung und Veröffentlichung etwa analog Art. 82 GG vorsehen würde112 bzw. wenn man per Gesetz eine Verpflichtung zur Veröffentlichung derartiger Verwaltungsvorschriften vorschreiben würde113. Denn es ist allgemein anerkannt, dass eine Veröffentlichung der Verwaltungsvorschrift in diesen Fällen keine Wirksamkeitsvoraussetzung derselben ist114. Das heißt, der Wirksamkeit der Verwaltungsvorschrift würde es trotz Pflicht zur Veröffentlichung nicht entgegenstehen, dass sie nicht veröffentlicht wurde115. Außerdem ist anerkannt, dass selbst veröffentlichte Verwaltungsvorschriften durch den Erlass von Verwaltungsvorschriften abgeändert werden können, die ihrerseits nicht veröffentlicht wurden116. Aus dem Rechtsstaatsprinzip ergibt sich aber, dass Normen, die das Verhältnis des Bürgers zum Staat unmittelbar ausgestalten, der Veröffentlichung bedürfen, um wirksam zu sein117. Ohne Veröffentlichung können derartige Normen somit keine Wirksamkeit erlangen. Und gerade in Bezug auf Zuständigkeitsregelungen folgt aufgrund des zuvor unter Kapitel 2, A. II. 1. b) aa) dieser Untersuchung dargelegten Interesses des Bürgers an Kenntnis der für ihn zuständigen Behörde, dass es rechtsstaatlich nicht hinnehmbar wäre, wenn es Zuständigkeitsregelungen gibt, die den Bürger betreffen, die er aber nicht kennen kann. Es ist demnach aus rechtsstaatlichen Gründen nicht zulässig, Normen eine unmittelbare Außenwirkung im Verhältnis zum Bürger beizulegen, für ihre Wirksamkeit aber auf eine Verkündung zu verzichten. Dieses Problem wird auch von einigen Anhängern eines unmittelbaren Rechtsetzungsrechts der Exekutive gesehen, weshalb diese daher die Wirksamkeit einer 111 Guttenberg, S. 153; Pietzcker, NJW 1981, S. 2090, der die Auffassung vertritt, dass wenn Verwaltungsvorschriften Außenwirkung haben sollen, für sie dann auch die gleichen Anforderungen wie für Parlamentsgesetze oder Rechtsverordnungen gelten müssten. 112 So etwa Ossenbühl, HdB StaatsR III, § 65 Rn 68 f. 113 Eine derartige Vorschrift findet sich etwa in § 52 GWB, wonach allgemeine Weisungen (d. h. Verwaltungsvorschriften) des Wirtschaftsministeriums an das Bundeskartellamt im Bundesanzeiger zu veröffentlichen sind. 114 S. etwa für Verwaltungsvorschriften nach § 52 GWB Nägele in Frankfurter Kommentar, § 52 GWB Rn 5. 115 Von Bogdandy, S. 484; Lücke in Sachs, Art. 82 GG Rn 1. 116 So ausdrücklich BVerwGE 104, 220 (227). 117 Von Bogdandy, S. 484 f. m. w. N.
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entsprechenden Verwaltungsvorschrift von ihrer Veröffentlichung abhängig machen wollen118. Das Problem einer derartigen Verknüpfung zwischen Veröffentlichung und Wirksamkeit der Verwaltungsvorschrift besteht aber darin, dass Verwaltungsvorschriften hierdurch jene Flexibilität einbüßen würden, die sie brauchen, um Leitlinien für den Gesetzesvollzug zu sein119. Denn um ihre Funktion zu erfüllen, muss eine Verwaltungsvorschrift schnell abänderbar sein und in bestimmten Fällen auch ganz durchbrochen werden können, sofern besondere Umstände dies verlangen. So kann es z. Bsp. erforderlich sein, eine Verwaltungsvorschrift von einem Moment auf den anderen abzuändern, wenn sich ergibt, dass die bisherige Verwaltungspraxis unzweckmäßig oder unsachgemäß ist. Und genauso kann es geboten sein, wegen einer besonderen Sachgestaltung von der Anwendung der Verwaltungsvorschrift im Einzelfall abzusehen. Hierzu ist die Verwaltung im Übrigen wegen des Gebots der Einzelfallprüfung und dem Erfordernis der Gewährleistung von Einzelfallgerechtigkeit sogar verpflichtet120. Wenn man aber die Wirksamkeit einer Verwaltungsvorschrift an ihre Veröffentlichung knüpfen würde, dann wäre eine Änderung der Verwaltungsvorschrift nur möglich, wenn auch diese Änderungsverwaltungsvorschrift veröffentlicht werden würde. Und so ähnlich würde es sich auch mit einer Aussetzung einer Verwaltungsvorschrift anlässlich eines konkreten Falles verhalten. Eine derartige Aussetzung könnte nicht ohne weiteres erfolgen, wenn die Verwaltungsvorschrift mit unmittelbarer Wirkung im Verhältnis zum Bürger gelten würde. Gerade bezüglich Verwaltungsvorschriften, die Behördenzuständigkeiten regeln sollen, könnte man aber im Speziellen noch argumentieren, dass man bei derartigen Verwaltungsvorschriften ihre Wirksamkeit von der Veröffentlichung abhängig machen könnte, da sie ja nicht flexibel gehandhabt werden müssen121. Denn Zuständigkeitsregelungen verlangen ja gerade eine gleichförmige und schematische Handhabung. Eine derartige Argumentation wäre aber abzulehnen, da sie im Ergebnis zu einer Zersplitterung des Begriffs der Verwaltungsvorschrift führen würde. Denn es gäbe dann Verwaltungsvorschriften, die ohne Veröffentlichung wirksam wären, und Verwaltungsvorschriften, die wie Gesetze oder Rechtsverordnungen erst aufgrund einer Veröffentlichung Wirksamkeit erlangen würden. In der Verfassung und den sonstigen Gesetzen gibt es aber keine Anhaltspunkte dafür, dass der Begriff der 118 In diese Richtung tendieren wohl von Bogdandy, S. 484 ff. und Ossenbühl, HdB StaatsR III, § 65 Rn 68 f. 119 Guttenberg, S. 154; Pietzcker, NJW 1981, S. 2090. 120 Guttenberg, S. 151 f.; zu den Auswirkungen einer unmittelbaren Wirkung von Verwaltungsvorschriften auf die Einzelfallprüfung und vor allem zur Gefahr der Verfehlung der gesetzlichen Intention bzgl. der Einräumung von Ermessensspielräumen s. Pietzcker, NJW 1981, S. 2090. Danach hat der Bürger nicht nur ein Interesse an „Selbstbindung und Vornormierung der Verwaltungstätigkeit“, sondern auch „an einem bis zur Entscheidung offengehaltenen Erfassungs- und Bewertungspotential“. 121 S. hierzu auch Guttenberg, S. 153.
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Verwaltungsvorschrift nicht einheitlich verwendet werden soll. Außerdem wäre die Situation dann für den Bürger extrem unübersichtlich, da er nie genau wissen würde, ob es sich bei einer bestimmten Verwaltungsvorschrift um eine solche handelt, die nur aufgrund einer ordnungsgemäßen Veröffentlichung Wirksamkeit erlangt, oder ob eine Verwaltungsvorschrift vorliegt, die auch ohne Veröffentlichung wirksam ist. Eine derartige Unsicherheit auf Seiten des Bürgers wäre aber unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten nicht hinnehmbar. Zusammenfassend ergibt sich somit aus den zuvor genannten Gesichtspunkt, dass Verwaltungsvorschriften keine unmittelbare Außenwirkung beigelegt werden kann, sondern ihre unmittelbare Geltung vielmehr auf das Verhältnis innerhalb der Verwaltung beschränkt ist122. Da demnach weder Verwaltungsvorschriften eine gesetzesgleiche Wirkung beigelegt werden kann, noch der Exekutive ein Recht zum Erlass von Rechtsverordnungen ohne vorherige Ermächtigung durch das Parlament zusteht, hat die Exekutive keine Möglichkeit, ohne eine vorherige gesetzliche Ermächtigung Normen mit unmittelbarer Wirksamkeit im Außenverhältnis zu erlassen. Damit stellt sich als Nächstes die Frage, ob eine Regelung der Behördenzuständigkeit durch (nur verwaltungsintern wirkende) Verwaltungsvorschriften dem Rechtsstaatsprinzip genügen würde, oder ob das Rechtsstaatsprinzip zwingend eine Regelung der Behördenzuständigkeit im Außenverhältnis und somit durch Gesetz bzw. Rechtsverordnung erfordert. (2) Verlangt das Rechtsstaatsprinzip eine Regelung der Behördenzuständigkeit im Außenverhältnis oder würde ihm auch eine Regelung im Innenverhältnis durch Verwaltungsvorschriften genügen? Nachdem im Rahmen der bisherigen Untersuchung festgestellt wurde, dass die Exekutive ohne parlamentsgesetzliche Ermächtigung keine Rechtsverordnungen erlassen darf und Verwaltungsvorschriften nur Wirkung im Innenverhältnis haben, hängt die Frage des Gesetzesvorbehalts für Zuständigkeitsregelungen jetzt letztlich davon ab, ob das Rechtsstaatsprinzip eine Regelung der Behördenzuständigkeit im Außenverhältnis verlangt oder ob hierfür auch eine verwaltungsinterne Regelung ausreichend wäre. Hierbei kommt es vor allem darauf an, ob durch eine Normierung der Zuständigkeit im Innenverhältnis in ausreichendem Maße gewährleistet wäre, dass der Bürger zum einen die für ihn zuständigen Behörden kennen kann, und ihm daneben zum anderen noch ein Recht auf die zuständige Behörde in der 122 So auch Guttenberg, S. 158; Schwan, S. 86 ff.; Schenke, DÖV 1986, S. 190 ff.; Das Verwaltungsvorschriften im Bereich des Bundes keine unmittelbare Wirkung im Außenverhältnis haben sollen, ist im Übrigen in § 69 I der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO) und in § 1 I der „Richtlinien der Bundesregierung zur Gestaltung, Ordnung und Überprüfung von Verwaltungsvorschriften des Bundes“ vom 20. 12. 89 (GMBl 1990, S. 39) ausdrücklich festgeschrieben. Denn danach versteht man unter Verwaltungsvorschriften nur Normen mit verwaltungsinterner Bindungswirkung.
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Form zukommt, dass er sich gegen Zuständigkeitsverletzungen zur Wehr setzen kann. Unter Zugrundelegung dieser beiden rechtsstaatlichen Anforderungen für die Ausgestaltung der Zuständigkeitsordnung muss man nun aber zu dem Ergebnis kommen, dass eine Regelung der Behördenzuständigkeit, die unmittelbar nur im Innenverhältnis gelten würde, dem Rechtsstaatsprinzip in der Regel nicht genügen würde123. Dies ergibt sich daraus, dass durch eine Normierung der Behördenzuständigkeit im Innenverhältnis die jeweilige Behörde nur gegenüber der Stelle, welche die betreffende Regelung erlassen hat, unmittelbar verpflichtet wäre, dem Bürger gegenüber zuständig zu sein. Der Bürger selbst könnte hieraus aber mangels Außenwirkung der Regelung sowohl gegenüber der Behörde als auch gegenüber dem Rechtsträger, dem die Behörde angehört, keine unmittelbaren Rechte auf ein Tätigwerden der Behörde herleiten. Dies hätte dann aber unter anderem zur Folge, dass der Bürger bezüglich der nach der Verwaltungsvorschrift zuständigen Behörde keinen unmittelbaren Anspruch auf Erteilung einer Auskunft oder einer Genehmigung usw. hätte. Das heißt, ihm würde eventuell kein direkter Ansprechpartner zur Verfügung stehen, obwohl er aufgrund des unter Kapitel 2, A. I. 1. b) aa) dieser Untersuchung Gesagten zur Durchsetzung seiner grundrechtlich und einfachgesetzlich gewährleisteten Rechte auf die Kooperation mit der zuständigen Behörde angewiesen wäre. Und ebenso wenig könnte sich der Bürger bei einer Regelung der Behördenzuständigkeit nur im Innenverhältnis unmittelbar gegen ein Handeln einer an sich unzuständigen Behörde zur Wehr setzen, da er eben kein Recht dahingehend hätte, dass ihm gegenüber nur die zuständige Behörde tätig wird. Dies würde aber gegen die zuvor genannte Verpflichtung verstoßen, die Zuständigkeitsordnung so auszugestalten, dass dem Bürger ein Recht auf die zuständige Behörde zukommt. Hieran würde im Übrigen auch der Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung, durch den eine Verwaltungsvorschrift wenigstens mittelbare Außenwirkung erlangen kann124, nichts ändern, da er dem Bürger keine ausreichend gesicherte Rechtsposition vermitteln würde125. Denn Außenwirkung erlangt eine Verwaltungsvorschrift nach dem Grundsatz der Selbstbindung nur, wenn sie auch in der Verwaltungspraxis angewendet wird126. Hierauf hat der Bürger aber kein Recht. So auch Guttenberg, S. 163; Schwan, S. 110 ff. S. zum Grundsatz der Selbstbindung Maurer, § 24 Rn 21 ff., Ossenbühl, HdB StaatsR III, § 65 Rn 44 ff., Sachs in Stelkens / Bonk / Sachs, § 40 Rn 103 ff. m. w. N. 125 So auch Schwan, S. 125 ff. 126 Schwan, S. 129, wonach sich der Grundsatz der Selbstbindung nicht auf die Verwaltungsvorschrift bezieht, sondern allein auf die von ihr „im Außenverhältnis ausgelösten faktischen Wirkungen, die sich auf die Verwaltungspraxis niederschlagen“; a.A.: BVerwGE 35, 159 (161 f.), Ossenbühl, HdB StaatsR III, § 65 Rn 49 m. w. N., wonach Verwaltungsvorschriften bereits mit ihrem Erlass unmittelbare Wirksamkeit im Verhältnis zum Bürger erlangen, unabhängig von einer entsprechenden Verwaltungspraxis; zur Kritik an dieser Auffassung s. Kapitel 2, A. II. 1. b) bb) (1) dieser Untersuchung. 123 124
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Das heißt, wenn die Zuständigkeit einer Behörde durch eine Verwaltungsvorschrift festgelegt werden würde, die Verwaltungsvorschrift in der Praxis aber aus welchen Gründen auch immer nicht zur Anwendung käme, könnte sich der Bürger nicht einmal mittelbar auf die in der Verwaltungsvorschrift festgelegte Zuständigkeitsregelung berufen127. Daneben ist auch zu bedenken, dass Verwaltungsvorschriften, anders als Gesetzen, keine generelle Bindungswirkung zukommt, sondern dass sie in besonderen Fällen durchbrochen werden können128. Daher gilt auch der Grundsatz der Selbstbindung nicht für derartige Sonderfälle. Der Bürger könnte also selbst bei Kenntnis der Verwaltungsvorschrift und der entsprechenden Verwaltungspraxis aufgrund der Verwaltungsvorschrift nicht sicher in Erfahrung bringen, ob diese bzw. die aus ihr folgende Selbstbindung auch für seinen Fall gilt, oder ob gerade sein Fall derartige Besonderheiten aufweist, die ein Abweichen von der Verwaltungsvorschrift erfordern. Im Ergebnis könnte der Bürger also trotz Verwaltungsvorschrift und entsprechender Verwaltungspraxis nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, welche Behörde für seinen Fall zuständig ist129. Außerdem ist noch zu berücksichtigen, dass eine Verwaltungsvorschrift erheblich leichter abänderbar ist als ein Gesetz, da ihre Wirksamkeit aufgrund des zuvor Gesagten nicht von ihrer Veröffentlichung abhängig ist. Eine Regelung der Zuständigkeit durch Verwaltungsvorschrift würde es somit möglich machen, die Zuständigkeiten immer wieder und auch in kürzeren Abständen abzuändern. Da diese Änderungen aber genauso wenig wie die Verwaltungsvorschrift veröffentlicht werden müssten, würde hierdurch die Gefahr bestehen, dass der Bürger nicht sicher in Erfahrung bringen kann, welche Behörde gerade zum jetzigen Zeitpunkt für ihn zuständig ist. Um die mit der Regelung der Zuständigkeit erforderlichen rechtsstaatlichen Anforderungen zu gewährleisten, muss die Behördenzuständigkeit somit in der Regel durch Rechtsnormen, denen unmittelbare Wirkung im Außenverhältnis zukommt, festgelegt werden130. Derartige Regelungen kann die Exekutive aber aufgrund des zuvor Gesagten nicht originär treffen. Das bedeutet, dass die Regelung der Behördenzuständigkeit entweder durch das Parlament erfolgen muss, oder aber im Wege einer Rechtsverordnung aufgrund vorheriger Ermächtigung durch das Parlament131. Die Regelung der Behördenzuständigkeit fällt somit aufgrund des Rechtsstaatsprinzips unter den Vorbehalt des Gesetzes132. 127 Denn eine Verwaltungsvorschrift gilt vor Gericht nur als Indiz für eine entsprechende Verwaltungspraxis, das auch widerlegt werden kann, Ossenbühl, DVBl. 1981, S. 862, Fn 61. 128 Guttenberg, S. 149 m. w. N.; Schwan, S. 131 ff. 129 Schwan, S. 131 f., der hier von einer „normativen Unterbilanz“ spricht, die mit dem Rechtsstaatsprinzip nicht zu vereinbaren sei. 130 Guttenberg, S. 158 ff.; Schwan, S. 110 ff. 131 Guttenberg, S. 165.
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Eine Einschränkung erfährt dieser Grundsatz aber in den Fällen, in denen auch das materielle Recht nicht im Wege eines Außenrechtssatzes festgelegt ist, sondern nur in Form einer Verwaltungsvorschrift. In so einem Fall kann dann natürlich auch die hierauf bezogene Behördenzuständigkeit durch eine Verwaltungsvorschrift geregelt werden133. Dies ergibt sich daraus, dass der Bürger bei einer Regelung des materiellen Rechts in Form einer Verwaltungsvorschrift mangels Außenwirkung der Verwaltungsvorschrift keinen unmittelbaren Anspruch auf Einhaltung des in der Verwaltungsvorschrift normierten materiellen Rechts hat. Folglich kann er sich auch nicht gegen eine Maßnahme zur Wehr setzen, die nur unter Verletzung der Verwaltungsvorschrift zustande gekommen ist. Wenn der Bürger aber kein unmittelbares Recht auf Einhaltung des in der Verwaltungsvorschrift geregelten materiellen Rechts hat, dann müssen auch keine organisatorischen Vorkehrungen zum Schutze des Bürgers getroffen werden, um eine bestmögliche Verwirklichung der betreffenden Verwaltungsvorschrift zu gewährleisten. Das heißt, in diesem Fall besteht dann auch keine Verpflichtung nach Art. 1 III, 20 III GG, für eine ordnungsgemäße Ausstattung der für die Wahrnehmung des in der Verwaltungsvorschrift geregelten materiellen Rechts zuständigen Behörde zu sorgen. Folglich ist der Inhaber der Organisationsgewalt auch nicht verpflichtet, dem Bürger in diesem Bereich ein Recht auf die zuständige Behörde zu gewähren, was zur Folge hat, dass auch keine Verpflichtung besteht, die Zuständigkeit durch einen Außenrechtssatz zu regeln, sondern die Zuständigkeit statt dessen vielmehr auch durch eine Verwaltungsvorschrift festgelegt werden kann. Dies gilt aber dann nicht mehr, wenn der Gesetzgeber das materielle Recht geregelt hat, obwohl es an sich nicht dem Gesetzesvorbehalt unterfallen würde. Denn in so einem Fall hätte der Bürger dann aufgrund der Gesetzesbindung der Verwaltung nach Art. 1 III, 20 III GG ein unmittelbares Recht auf die Einhaltung des materiellen Rechts, weshalb man ihm aus den zuvor genannten Gründen zu seinem Schutz auch ein Recht auf die zuständige Behörde gewähren müsste134.
132 Da sich der Vorbehalt des Gesetzes hierbei daraus ergibt, dass die Regelung der Zuständigkeit aufgrund der zuvor genannten Gründe zwingend im Außenverhältnis erfolgen muss, wird dieser Gesetzesvorbehalt auch als Außenrechtssatzvorbehalt bezeichnet, s. hierzu auch Guttenberg, S. 142 ff. 133 So auch Guttenberg, S. 165. 134 Im Ergebnis ebenso Guttenberg, S. 165; a.A.: BVerfGE 8, 155 (167 f.) sowie die Anhänger der unter Kapitel 2, A. II. 1. a) dieser Untersuchung dargelegten Auffassung, wonach die Regelung der Behördenzuständigkeit Teil der materiellen Eingriffsregelung ist bzw. aufgrund des engen Zusammenhangs zwischen organisationsrechtlichen und materiellrechtlichen Regelungen ein Gleichlauf zwischen dem materiellrechtlichen und dem für die Regelung der Zuständigkeit bestehenden Gesetzesvorbehalt gegeben ist. Nach dieser Auffassung müsste die Regelung der Behördenzuständigkeit dann nicht im Wege eines außenwirksamen Gesetzes erfolgen, wenn dass materielle Recht nicht dem Gesetzesvorbehalt unterfällt, unabhängig davon, ob das materielle Recht trotzdem durch ein außenwirksames Gesetz normiert wird.
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c) Regelung der Behördenzuständigkeit und Wesentlichkeitstheorie Die Regelung der Behördenzuständigkeit könnte auch insoweit dem Gesetzesvorbehalt unterfallen, als sie für den Bürger, die Allgemeinheit sowie für das Staatsganze von großer Bedeutung ist. Denn nach der Rspr. des BVerfG und der h.M. in der Literatur wird der Anwendungsbereich des Gesetzesvorbehalts durch die sogenannte „Wesentlichkeitstheorie“ erweitert135. Demnach fallen unter den Gesetzesvorbehalt nicht mehr nur Regelungen, die staatliche Eingriffe in Rechte des Bürgers ermöglichen, sondern auch solche Regelungen, die für den Bürger oder für das Staatsganze von großer Bedeutung, also wesentlich sind136. Nicht befriedigend geklärt ist aber bis heute, wann eine Angelegenheit „wesentlich“ für den Bürger ist. Doch gibt es wenigstens zwei Gesichtspunkte, die für die Bestimmung der Wesentlichkeit herangezogen werden können. Zum einen gibt es eine Wesentlichkeit im grundrechtsrelevanten Bereich. In diesem Bereich bedeutet „wesentlich“ alles, was „wesentlich für die Verwirklichung der Grundrechte ist“137. Der Anwendungsbereich der Wesentlichkeitstheorie erstreckt sich aber über diesen für die Grundrechte relevanten Bereich hinaus auch auf solche Angelegenheiten, welche die „freiheitssichernde rechts- und sozialstaatliche Gesamtordnung des Gemeinwesens in grundsätzlicher Weise berühren, ohne aber unmittelbar grundrechtstangierend zu wirken“138. Hierunter fallen zum Beispiel auch die politisch bedeutsamen Angelegenheiten. Ausgehend von diesen beiden Anwendungsbereichen der Wesentlichkeitstheorie ist im Folgenden zu untersuchen, inwieweit die Festlegung oder Änderung von Behördenzuständigkeiten für den Bürger oder für das Staatsganze bedeutend und somit wesentlich ist. Ein erster Ansatzpunkt für die Wesentlichkeit der Zuständigkeitsregelungen könnte sich hierbei daraus ergeben, dass der Inhalt einer Entscheidung aufgrund des in Kapitel 2, A. II. 1. a) dieser Untersuchung Gesagten in nicht unerheblichem Maße auch von dem jeweiligen Entscheidungsträger abhängig ist. Das heißt, von der zuständigen Stelle hängt es bis zu einem gewissen Grad mit ab, wie das materielle Recht ausgeübt wird. Hieraus ergibt sich denn auch, dass durch die Regelung der Zuständigkeit unmittelbar Einfluss auf die Wahrnehmung des hierauf bezogenen materiellen Rechts ausgeübt werden kann139. Aus diesem Einfluss der Zuständigkeitsregelung auf das materielle Recht folgt daher die besondere Bedeutung der Zuständigkeitsregelung für die Allgemeinheit und für das Staatsganze140. 135 Zum Begriff und zur Entwicklung der „Wesentlichkeitstheorie“ in der Rspr. des BVerfG und in der Literatur s. Nierhaus in Bonner Kommentar, Art. 80 I GG, Rn 89 ff. 136 BVerfGE 47, 46 (78 f.).; Ossenbühl, Hdb StaatsR III, § 62 Rn 42 ff.; Stettner, S. 350 ff. 137 BVerfGE 47, S. 79. 138 Erichsen / Knoke, DÖV 1985, S. 55; Stettner, S. 351; Umbach, FS für Faller, S. 127. 139 S. hierzu auch Faber, § 9 III. 140 So auch Guttenberg, S. 170; Stettner, S. 352 f.
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Neben diesem Einfluss der Zuständigkeitsregelung auf das materielle Recht kommt den Regeln über die Verteilung der Zuständigkeit i.V.m. den Regeln über die Errichtung und Schaffung von Behörden noch eine weitere, grundlegende Bedeutung zu. Denn die Regeln über die Verteilung der Zuständigkeit können nicht isoliert von den Regeln über die Errichtung von Behörden oder Verwaltungsträgern betrachtet werden141. Indem der Staat Behörden errichtet und ihnen Zuständigkeiten zuweist, prägt er nämlich die Arbeitsweise der Verwaltung und deren Verhältnis zum Bürger142. Der Staat kann zum Beispiel einen einstufigen oder mehrstufigen Verwaltungsaufbau vorsehen, er kann viele oder wenige Verwaltungsbezirke mit den dazugehörigen Behörden errichten. Durch einen mehrstufigen Behördenapparat kann er erreichen, dass einfache Aufgaben von den unteren Behörden wahrgenommen werden und kompliziertere Aufgaben von den höheren Behörden, die dann zur Wahrnehmung dieser Aufgaben besser und vor allem speziell ausgestattet werden können143. Dies wiederum trägt mit zur Spezialisierung der Behörden bei und hat damit auch Einfluss auf die Effektivität der Verwaltung. Je mehr Verwaltungsbezirke mit den dazugehörigen Behörden der Staat vorsieht, umso einfacher kann der Bürger mit der Verwaltung in Kontakt treten, und umso bürgernaher kann die Verwaltung werden. Die Frage, welche Behörden, welcher Behördenaufbau und welche Verwaltungsbezirke nun errichtet werden und wie dann zwischen diesen Behörden die Zuständigkeit verteilt wird, ist daher von nicht unerheblicher Bedeutung dafür, wie effektiv und bürgernah die Verwaltung arbeitet. Die Effektivität und Bürgernähe der Verwaltung ihrerseits haben wieder erhebliche Auswirkungen auf die Ausgestaltung der freiheitssichernden Rechtsordnung. Denn eine ineffektiv arbeitende Verwaltung wäre eventuell nicht in der Lage, dem Bürger gegenüber staatliche Leistungen zu erbringen, auf die er einen Anspruch hat. Außerdem würde bei einer ineffektiven Verwaltung die Gefahr bestehen, dass die Behörde in Verkennung der Rechtslage den Bürger zu Unrecht mit einer hoheitlichen Maßnahme belastet. Und eine Verwaltung, die nicht bürgernah ist, würde dem Bürger eventuell nicht als Ansprechpartner zur Verfügung stehen, obwohl er zur Ausübung seiner Freiheit auf Kooperation mit der Verwaltung angewiesen wäre. Da demnach die Behördenorganisation und die dazugehörige Verteilung der Behördenzuständigkeit einen großen Einfluss auf das Verhältnis der Verwaltung zum Bürger hat, kommt ihr auch große Bedeutung für die freiheitssichernde Rechtsordnung zu, weshalb die Regelung der Behördenzuständigkeit zumindest in ihren 141 Zum Begriff der Errichtung der Behörde gehört daher auch die Zuweisung von Zuständigkeiten an die jeweilige Behörde, s. hierzu Maurer, § 21 Rn 58. 142 Pfeifer, VVDStRL 16, 261. 143 Brunner, DÖV 1969, S. 776 f. zu den mit einer Behördenorganisation verfolgten Zielen.
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Grundzügen wesentlich im Sinne der Wesentlichkeitstheorie ist und somit insoweit vom Parlament geregelt werden muss144. Allerdings ist auch anerkannt, dass die Wesentlichkeitstheorie nicht alle außenwirksamen Zuständigkeitsvorschriften erfasst, sondern eben nur die wesentlichen145. Das heißt, der aus der Wesentlichkeitstheorie folgende Gesetzesvorbehalt ist nicht so weitgehend wie der in dieser Untersuchung aus dem Rechtsstaatsprinzip hergeleitete Vorbehalt, wonach eine außenwirksame Regelung der Zuständigkeit bereits immer dann erfolgen muss, wenn auch das materielle Recht mittels eines außenwirksamen Rechtssatzes normiert ist. Wo jetzt genau die Grenze zwischen wesentlichen und unwesentlichen Zuständigkeitsregelungen liegt und wie weit somit der aus der Wesentlichkeitstheorie folgende Gesetzesvorbehalt reicht, kann aber nicht eindeutig bestimmt werden146. Man wird aber aufgrund des zuvor Gesagten davon ausgehen können, dass in den Fällen, in denen das materielle Recht wegen seiner Wesentlichkeit von der Wesentlichkeitstheorie erfasst wird, in der Regel auch die auf das materielle Recht bezogenen Zuständigkeitsvorschriften darunter fallen147. d) Ergebnis Zusammenfassend kann man daher sagen, dass immer dann, wenn das materielle Recht vom Gesetzgeber geregelt wird, auch die Regelung der Behördenzuständigkeit unter den Gesetzesvorbehalt fällt. Hierbei ist unerheblich, ob das materielle Recht selbst vom Gesetzesvorbehalt umfasst wird und daher vom Gesetzgeber geregelt werden muss, oder ob der Gesetzgeber außerhalb des Bereichs des Gesetzesvorbehalts materielle Regelungen erlässt. Das heißt, auch dann, wenn der Gesetzgeber von seinem Zugriffsrecht Gebrauch macht und eine Materie regelt, die nicht dem Gesetzesvorbehalt unterfällt, darf er die Regelung der Behördenzuständigkeit nicht ausklammern, sondern muss sie entweder mitregeln, oder er muss eine Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung erlassen, damit dann die Exekutive die Behördenzuständigkeit im Wege einer außenwirksamen Rechtsverordnung normieren kann148. Nur in dem Bereich, in dem der Exekutive ein eigenes Recht zur Regelung bestimmter Sachbereiche des materiellen Rechts im Wege einer Verwaltungsvorschrift zukommt, kann auch die hierauf bezogene Zuständigkeit durch Verwaltungsvorschrift geregelt werden. In diesen Fällen wirken dann aber sowohl das materielle Recht als auch die hierauf bezogenen Zuständigkeitsregelungen nicht 144 Pfeifer, VVDStRL 16, S. 260 f.; Erichsen / Knoke, DÖV 1985, S. 55; Stettner, S. 347 ff.; Guttenberg, S. 170. 145 Stettner, S. 354. 146 S. hierzu näher Stettner, S. 354. 147 So auch Guttenberg, S. 170. 148 So auch Guttenberg, S. 165.
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unmittelbar im Außenverhältnis, sondern nur im staatlichen Innenbereich. Dies ändert aber nichts daran, dass die Behörden, denen gegenüber eine entsprechende Verwaltungsvorschrift ergangen ist, verpflichtet sind, im Rahmen der Bindungswirkung der Verwaltungsvorschrift die so getroffene Regelung der Zuständigkeit zu respektieren und es ihnen somit z. Bsp. nicht erlaubt ist, die Kompetenzen der nach der Verwaltungsvorschrift zuständigen Behörde ohne weiteres selbst wahrzunehmen. Dieses Ergebnis leitet jetzt noch zwangsläufig zu der Frage über, wann eigentlich der Exekutive selbst die Befugnis zukommt, einen bestimmten Bereich originär durch Verwaltungsvorschriften zu regeln, und wann eine derartige materiellrechtliche Regelung unter den Gesetzesvorbehalt fällt und somit nur durch Gesetz oder Rechtsverordnung geregelt werden darf. Unproblematisch ist in diesem Zusammenhang nur, dass materiellrechtliche Regelungen, die zu Eingriffen in die Rechte des Bürgers ermächtigen, immer durch Gesetz erfolgen müssen und somit durch Verwaltungsvorschriften keine derartigen Eingriffsbefugnisse erlassen werden können149. Seit jeher stark umstritten ist aber die Frage, ob auch im Bereich der Leistungsverwaltung das materielle Recht durch Gesetz geregelt werden muss oder ob die Exekutive wenigstens hier eigenständig materiellrechtliche Regelungen durch Verwaltungsvorschriften treffen darf. Diesbezüglich werden im Wesentlichen zwei Auffassungen vertreten. Nach der Lehre vom gesetzlichen Totalvorbehalt muss das gesamte materielle Recht auch im Bereich der Leistungsverwaltung durch Gesetz geregelt werden150. Eine eigenständige Befugnis der Exekutive zum Erlass von entsprechenden Verwaltungsvorschriften wird daher abgelehnt. Ohne eine entsprechende gesetzliche Ermächtigung darf die Exekutive nach dieser Auffassung somit im Bereich der Leistungsverwaltung nicht tätig werden151. Zur Begründung für diese Auffassung wird angeführt, dass das Demokratieprinzip eine allumfassende gesetzliche Regelung durch das Parlament auch im Bereich der Leistungsverwaltung verlange152. Denn das Parlament sei aufgrund des Demokratieprinzips das höchste Staatsorgan und stehe damit im gewissen Sinne auch über der Exekutive, weshalb die Exekutive nur aufgrund einer parlamentsgesetzlichen Ermächtigung tätig werden dürfe153. Zum anderen wird behauptet, dass das Rechtsstaatsprinzip einen gesetzlichen Totalvorbehalt fordere. Denn zur Freiheit des Bürgers gehöre nicht nur die Abwesenheit staatlicher Eingriffe, sondern auch die Teilhabe an staatlichen Leistungen154. Einen unmittelbaren Anspruch auf Teil149 150 151 152 153 154
Einhellige Auffassung, vgl. statt aller Badura, D 56; Maurer, § 6 Rn 12 m. w. N. Jesch, S. 171 ff.; Rupp, S. 143 m. w. N. Jesch, S. 187; Rupp, S. 143. Jesch, S. 171 ff. Jesch, S. 171 f. Rupp, DVBl. 1959, S. 84 f.
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habe an staatlichen Leistungen habe der Bürger aber nur dann, wenn die Leistungsvergabe durch außenwirksames Gesetz geregelt werde155. Diese Auffassung kann aber nicht überzeugen. Denn sie würde im Ergebnis dazu führen, dass die Exekutive kaum noch eigenständig handeln könnte, sondern stattdessen vielmehr in ihrem Tun voll und ganz vom Parlament abhängig wäre. Bei einer derartigen Ausgestaltung des Verhältnisses von Parlament und Exekutive müsste man aber ernstliche Zweifel an der Qualifikation der Exekutive als eigenständige Staatsgewalt haben156. Aus diesem Grunde ist denn auch der Exekutive ein „Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung“ gegenüber dem Parlament zuzugestehen157, woraus sich unter anderem auch die Befugnis der Exekutive ergibt, unter bestimmten Voraussetzungen materiellrechtliche Regelungen in Form von Verwaltungsvorschriften zu erlassen158. Allerdings wird diese Befugnis der Exekutive durch bestimmte Verfassungsgrundsätze zum Teil auch wieder erheblich eingeschränkt. So darf die Exekutive im Bereich der Leistungsverwaltung z. Bsp. dann keine materiellrechtlichen Regelungen in Form einer Verwaltungsvorschrift erlassen, wenn die Leistung an eine bestimmte Gruppe von Personen für die von dieser Leistung ausgeschlossenen Personen die Qualität eines Eingriffs hätte159. So kann etwa die Subventionierung eines Unternehmers zu einer Wettbewerbsverzerrung führen und somit die von der Subvention nicht erfassten Unternehmer im Wettbewerb zu dem subventionierten Unternehmern derart benachteiligen, dass man von einem staatlichen Eingriff gegenüber den nichtsubventionierten Unternehmern sprechen kann160. Von diesen Fällen abgesehen wird die Befugnis der Exekutive zum Erlass von materiellrechtlichen Normen im Wege einer Verwaltungsvorschrift auch durch die Wesentlichkeitstheorie161 erheblich eingeschränkt. Demnach darf die Exekutive auch im Bereich der Leistungsverwaltung die wesentlichen Angelegenheiten nicht selbst regeln, sondern es ist hierfür eine Regelung durch das Parlament erforderlich. Im Ergebnis führt das dazu, dass auf Dauer angelegte staatliche Leistungen wie etwa die Sozialhilfe o.ä. durch Gesetz geregelt werden müssen162. Rupp, DVBl. 1959, S. 85. Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 135. 157 S. zu diesem „Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung“, BVerfGE 67, 100 (139); BVerfGE 68, 1 (87); Ossenbühl, HdB StaatsR III, § 62 Rn 18. 158 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 135; Ossenbühl, HdB StaatsR III, § 62 Rn 18. 159 Maurer, § 6 Rn 14; Bull, Rn 260, 273. 160 Maurer, § 6 Rn 14; Bull, Rn 260, 273. Insofern klingt hier die von Rupp, DVBl. 1959, S. 84 f. geäußerte Ansicht wenigstens zum Teil an, wonach die Teilhabe an staatlichen Leistungen für die Verwirklichung der Freiheit der Bürger ebenso wichtig sein kann, wie die Entscheidung über die Vornahme oder das Unterlassen eines staatlichen Eingriffs. 161 Zur Wesentlichkeitstheorie s. Kapitel 2, A. II. 1. c) dieser Untersuchung. 162 Ähnlich Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 133, der in den Fällen einer dauerhaften Regelung eine Umgehung des Art. 80 GG annimmt, weil die Exekutive durch eine dauerhafte Regelung in den Bereich des Gesetzgebers hineingreifen würde. 155 156
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Somit bleibt der Exekutive im Bereich der Leistungsverwaltung nur ein schmaler Bereich, innerhalb dessen sie eigenständig materiellrechtliche Regelungen in Form einer Verwaltungsvorschrift erlassen kann. Zulässig ist Derartiges nur bei Maßnahmen der Exekutive, die interventionistischen Charakter haben und aus einem konkreten Anlass erwachsen, und somit von vornherein zeitlich und sachlich begrenzt sind und auch ansonsten keine besondere politische Bedeutung besitzen163. Eine derartige Regelungsbefugnis der Exekutive ist somit am ehesten noch bei bestimmten Konjunkturprogrammen oder bei plötzlich auftretenden Notfällen wie etwa Naturkatastrophen o.ä. denkbar164.
2. Auswirkungen des hier dargelegten Umfangs des Gesetzesvorbehalts für Zuständigkeitsregelungen auf die Verteilung der Organisationsgewalt im Bereich des Bundes Für die Frage der Verteilung der Organisationsgewalt hinsichtlich der Regelung der Behördenzuständigkeit im Bereich des Bundes hat dies zur Folge, dass diese, soweit der oben herausgearbeitete Gesetzesvorbehalt für Zuständigkeitsregelungen reicht, der Legislative zukommt.
III. Die Organisationsgewalt im Bereich der einzelnen Bundesländer Innerhalb der verschiedenen Bundesländer gibt es zwei unterschiedliche Modelle der Verteilung der Organisationsgewalt zwischen Legislative und Exekutive. Das eine Modell entspricht der Regelung der Organisationsgewalt im Bereich des Bundes. Dieses Modell findet sich beispielsweise in den Verfassungen der Länder Hessen und Rheinland-Pfalz165. Die Verteilung der Organisationsgewalt richtet sich in diesen Fällen nach den gleichen Grundsätzen wie beim Bund166. Das andere Verteilungsmodell weist die Festlegung der Behördenzuständigkeit ausdrücklich dem Gesetzgeber zu. Dieses Modell findet sich etwa in den Verfassungen der Länder Baden-Württemberg oder Nordrhein-Westfalen167. So bestimmt Art. 70 I der baden-württembergischen Verfassung, dass die Zuständigkeit der Landesverwaltung durch Gesetz zu regeln ist. In Abs. II wird dann festgelegt, dass die Einrichtung der Behörden im Einzelnen der Regierung obliegt. Dieses VerteilungsMaurer, § 6 Rn 15; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 134. Maurer, § 6 Rn 15; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 134. 165 Schmidt-De Caluwe, JA 1983, S. 143. 166 S. hierzu Kapitel 2, A. II. 2. dieser Untersuchung. 167 Vgl. etwa Art. 70 LVerf BW, Art. 77 LVerf NW; siehe hierzu auch Schmidt-De Caluwe, JA 1983, S. 143 ff. 163 164
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modell der Organisationsgewalt legt also für die Regelung der Behördenzuständigkeit einen allumfassenden (institutionellen) 168 Gesetzesvorbehalt fest und schließt somit die Exekutive von der Regelung der Behördenzuständigkeit aus. Allerdings ist z. Bsp. für Baden-Württemberg anerkannt, dass dieser Gesetzesvorbehalt nur Organisationsmaßnahmen von allgemeiner und grundlegender Bedeutung dem Parlament zuweisen soll, also gar nicht so allumfassend ist, wie es der Wortlaut der Vorschrift nahe legt. Vielmehr soll der Gesetzesvorbehalt des Art. 70 LVerf. BW aufgrund der Verfassungssystematik nur so weit reichen, wie der allgemeine Gesetzesvorbehalt unter Berücksichtigung der Wesentlichkeitstheorie reicht169. Das heißt, speziell für Baden-Württemberg gelten im Großen und Ganzen die gleichen Grundsätze wie beim Bund, nämlich die Zuständigkeit ist insoweit gesetzlich zu regeln, als auch das materielle Recht gesetzlich zu regeln ist bzw. per Gesetz festgelegt wird.
IV. Auswirkungen der Verteilung der Organisationsgewalt für die Frage der Zulässigkeit einer Delegation Für die Frage der rechtlichen Zulässigkeit der Delegation hat diese Verteilung der Organisationsgewalt folgende Bedeutung: Soweit die Behördenzuständigkeit durch Gesetz geregelt ist, kann die für zuständig erklärte Behörde wegen des Grundsatzes des Vorrangs des Gesetzes ihre Kompetenzen sowohl im Bereich des Bundes als auch im Bereich der Länder nicht eigenmächtig delegieren, sondern braucht hierfür eine gesetzliche Ermächtigung170. Es gilt insoweit der Grundsatz, dass die Zuständigkeit für ihren Träger unabänderlich ist171. Zuständig für die Erteilung der Delegationsermächtigung ist in diesem Fall die Stelle, die auch zur Regelung der Behördenzuständigkeit befugt ist, also der jeweilige Bundes- oder Landesgesetzgeber. Die Exekutive könnte in diesem Bereich nur dann eine Ermächtigung zu einer Delegation erlassen, wenn sie hierzu nach Art. 80 GG bzw. den entsprechenden landesverfassungsrechtlichen Vorschriften ermächtigt werden würde. Dies ergibt sich unmittelbar aus der oben dargestellten Organisationsgewalt des Parlaments. In dem Bereich aber, in dem die Festlegung der Behördenzuständigkeit durch die Exekutive im Wege einer Verwaltungsvorschrift erfolgen kann, kann die Exekutive auch die dann zuständige Behörde zur Vornahme einer Delegation ermächZum Begriff s. Böckenförde, Organisationsgewalt, S. 95 ff. Staatsgerichtshof BW, VBlBW 1981, S, 391; Braun, Art. 70 Rn 14; Feuchte in Feuchte, Art. 70 Rn 11; Wahl in Maurer / Hendler, S. 101; a.A.: Guttenberg, S. 171. 170 Hess. VGH, DVBl. 1953, 47; Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 171; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 123; Ule / Laubinger, § 10 Rn 16 f. 171 Dagtoglou, S. 63 f.; Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 171; Wolff / Bachof, VerwR II, 3. A., § 72 IV. 168 169
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tigen. Auch hier gilt aber der Grundsatz, dass eine Behörde, der im Wege einer Verwaltungsvorschrift eine Kompetenz zugewiesen wurde, an diese Zuweisung gebunden ist und somit ohne eine entsprechende Ermächtigung ihre Kompetenzen nicht eigenmächtig delegieren kann172. Dies ergibt sich aus der Bindungswirkung der Verwaltungsvorschriften. Entsprechendes gilt für die Delegation von durch die Verfassung eingeräumten Kompetenzen. Bezüglich derartiger Kompetenzen steht die Organisationsgewalt weder der Exekutive noch dem Gesetzgeber, sondern ausschließlich dem Verfassungsgeber zu173. Folglich kann auch nur dieser über die Zulässigkeit einer Delegation entscheiden. Das hat zur Folge, dass verfassungsrechtlich begründete Kompetenzen nur bei Vorliegen einer verfassungsrechtlichen Ermächtigung delegiert werden können174. Allerdings wird man hierfür nicht unbedingt eine ausdrückliche Ermächtigung wie etwa in Art. 60 III GG verlangen dürfen, sondern es muss ausreichend sein, dass sich die Befugnis zur Delegation konkludent aus der Verfassung ergibt175. Zusammenfassend kann man somit feststellen, dass eine Delegation nur zulässig ist, wenn hierfür eine Ermächtigung besteht, die mindestens den selben Rang hat wie die Rechtsquelle, auf der die Begründung der Kompetenz beruht, die delegiert werden soll176. Zur Erteilung dieser Delegationsermächtigung ist die Stelle befugt, die der delegierenden Stelle die betreffende Kompetenz zugewiesen hat.
V. Ermächtigung zur Delegation durch Gewohnheitsrecht Umstritten ist, ob eine Ermächtigung zur Delegation auch durch Gewohnheitsrecht begründet werden kann177. Unter Gewohnheitsrecht versteht man ein von den Rechtsbeteiligten und Betroffenen selbst geschaffenes Recht. Es entsteht durch eine langandauernde und allgemeine Übung sowie durch die Überzeugung der So auch Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 138. Bedenklich daher die früher gängige Staatspraxis in Bezug auf Art. 84 II und 85 II GG, wonach entgegen dem ausdrücklichen Wortlaut dieser Vorschriften durch zustimmungsbedürftiges Bundesgesetz auch ein einzelner Bundesminister zum Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften ermächtigt werden konnte. Hierdurch wurde nämlich die verfassungsrechtlich vorgegebene Zuständigkeit zum Erlass der Verwaltungsvorschriften ohne eine entsprechende Ermächtigung abgeändert, s. zur Kritik an dieser Praxis auch Lerche in Maunz-Dürig, Art. 84 Rn 111 m. w .N. Diese Praxis wurde mittlerweile vom BVerfG für unzulässig erklärt, s. BVerfGE 100, 249. 174 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 124. 175 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 124. 176 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 123; Ule / Laubinger, § 10 Rn 16 f. 177 S. hierzu Barbey, S. 97 ff.; Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 171; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 124. 172 173
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
Beteiligten, dass diese Übung rechtlich zulässig ist178. Daneben ist noch Voraussetzung für die Entstehung von Gewohnheitsrecht, dass die langandauernde Übung als Rechtssatz formulierbar ist179. Zu dem in der Praxis wohl selten vorkommenden Problem des Entstehens einer Ermächtigung zur Delegation durch Gewohnheitsrecht sei hier nur soviel gesagt: Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb durch Gewohnheitsrecht keine Ermächtigung zur Delegation begründet werden können soll, sofern nur die Voraussetzungen für die Entstehung von Gewohnheitsrecht gegeben sind180. Allerdings ist zuzugeben, dass diese Voraussetzungen in der Realität wohl so gut wie nie erfüllt sein werden181. Denn zumindest bei Zuständigkeiten im Außenverhältnis wird es kaum jemals zu einer langandauernden Übung kommen können, da sich der Bürger wohl immer gegen ein Handeln einer unzuständigen Behörde zur Wehr setzen wird. Außerdem wissen in der Regel auch die beteiligten Stellen, dass ihnen nicht das Recht zusteht, ihre Zuständigkeiten ohne gesetzliche Ermächtigung zu übertragen, weshalb es wohl regelmäßig an der Überzeugung der beteiligten Behörden fehlen wird, dass die Delegation rechtlich zulässig ist. Daneben ist noch zu beachten, dass es gerade im Bereich des Gesetzesvorbehalts kein nachkonstitutionelles Gewohnheitsrecht geben kann, da dieses kein Gesetz im Sinne des Gesetzesvorbehalts darstellt182. Demnach wäre in diesem Bereich eine Ermächtigung zur Delegation durch Gewohnheitsrecht nicht zulässig, selbst wenn die Voraussetzungen für die Entstehung von Gewohnheitsrecht gegeben wären. Am ehesten denkbar ist eine Delegation auf gewohnheitsrechtlicher Grundlage daher noch im Bereich des Verfassungsrechts, da dieses nicht so ausdifferenziert ist wie das sonstige Recht, weshalb hier mehr Spielräume für die Bildung von Gewohnheitsrecht bestehen. So wird denn auch vertreten, dass der Bundespräsident seine ihm durch Art. 59 I GG eingeräumte Kompetenz zur völkerrechtlichen Vertretung des Bundes aufgrund einer verfassungsgewohnheitsrechtlichen Ermächtigung im Wege der Delegation an die Regierung übertragen kann183. Außerhalb des Verfassungsrechts wird aber aufgrund des zuvor Gesagten eine Delegation aufgrund gewohnheitsrechtlicher Grundlage kaum jemals in Betracht kommen. Maurer, § 4 Rn 25; Ossenbühl, HdB StaatsR III, § 61 Rn 42. Maurer, § 4 Rn 25; Ossenbühl, HdB StaatsR III, § 61 Rn 42. 180 So auch Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 124; a.A. Barbey, S. 97 ff., der eine Ermächtigung zur Delegation durch Gewohnheitsrecht ablehnt. 181 So auch Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 171. 182 BVerfGE 22, S. 121; Maurer, § 4 Rn 28; anders ist es für vorkonstitutionelles Gewohnheitsrecht, da dieses wegen Art. 123 GG weitergilt, sofern es nicht gegen das Grundgesetz verstößt. 183 So etwa Bleckmann, S. 212; Magis, S. 299 ff.; ablehnend Kempen in von Mangoldt / Klein / Starck, Art. 59 Rn 17. 178 179
B. Form der Delegation
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B. Form der Delegation Bereits in Kapitel 1, A. I. dieser Untersuchung wurde darauf hingewiesen, dass die Delegation im Wege eines Rechtsaktes von Seiten des Zuständigkeitsinhabers erfolgen muss. Im Folgenden soll untersucht werden, in welcher Form dieser Rechtsakt vorgenommen werden muss. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass durch eine Delegation die entweder durch Verfassungsrecht, durch Parlamentsgesetz oder – in den wenigen Fällen – durch Verwaltungsvorschrift festgelegte Zuständigkeit abgeändert wird und an ihre Stelle jetzt eine neue Regelung der Zuständigkeit tritt. Durch die Vornahme der Delegation wird die delegierende Stelle somit rechtsetzend tätig184. Ausgehend davon, dass die delegierende Behörde bei Vornahme einer Delegation rechtsetzend tätig wird, ergibt sich denn auch, dass die Delegation entweder in Form einer Rechtsverordnung, einer Satzung oder in Form einer Verwaltungsvorschrift erfolgen muss. Denn dies sind die einzigen Arten von Rechtsnormen, die eine Behörde erlassen kann. Die hier vorliegende Untersuchung wird sich aber in erster Linie auf die Delegation in Form einer Rechtsverordnung oder Verwaltungsvorschrift konzentrieren, da diese in der Praxis am häufigsten vorkommen und sie daher auch in der Lit. und der Rspr. am meisten behandelt werden. Auf die Delegation in Form einer Satzung soll daher nur kurz eingegangen werden. Fraglich ist jetzt aber, wann eine Delegation in Form einer Rechtsverordnung und wann in Form einer Verwaltungsvorschrift erfolgen muss. Die Antwort auf diese Frage hängt davon ab, ob die Zuständigkeitsregelung, die durch die Delegation abgeändert werden soll, unter den Gesetzesvorbehalt fällt oder nicht.
I. Zuständigkeitsregelungen, die unter den Gesetzesvorbehalt fallen Ausgehend von dem in Kapitel 2, A. dieser Untersuchung dargelegten Erfordernis, wonach die Regelung der Behördenzuständigkeit, soweit das materielle Recht unter den Gesetzesvorbehalt fällt bzw. durch Gesetz geregelt wird, ebenfalls dem Gesetzesvorbehalt unterfällt und somit durch Gesetz festgelegt werden muss, ergibt sich denn auch die Form, in der die Delegation in diesem Bereich vorzunehmen ist. Denn da aufgrund der in Kapitel 2, A. dieser Untersuchung gemachten Ausführungen u. a. das Rechtsstaatsprinzip verlangt, dass die Behördenzuständigkeit im Verhältnis zum Bürger verrechtlicht werden muss und daher nicht durch Verwaltungsvorschrift geregelt werden darf, gilt dies natürlich auch dann, wenn 184 Hess. VGH, DVBl. 1953, S. 48; Obermayer, JZ 1956, S. 626; Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 170; eine Ausnahme besteht aber im Falle der Singulardelegation, die auch in Form eines Verwaltungsaktes erfolgen kann, s. hierzu Kapitel 2, F. III. dieser Untersuchung.
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
die Behördenzuständigkeit im Wege einer Delegation abgeändert und somit neu festgelegt wird. Hierdurch wird nämlich das Erfordernis einer Verrechtlichung der Zuständigkeit im Außenverhältnis nicht beseitigt185. Die einzige Möglichkeit für die Exekutive, Regelungen mit unmittelbarer Wirkung für das Außenverhältnis zu erlassen, besteht aber, wenn man einmal von den Satzungen absieht, im Erlass von Rechtsverordnungen, und zwar im Bereich des Bundes nach Art. 80 GG, im Bereich der Länder nach den entsprechenden landesverfassungsrechtlichen Regelungen. Eine Delegation von Zuständigkeiten, die dem Gesetzesvorbehalt unterfallen, kann daher nur in Form einer Rechtsverordnung erfolgen186. Nicht erforderlich ist hierbei aber, dass für die Delegation die Form der Rechtsverordnung in der Ermächtigung zur Delegation ausdrücklich vorgeschrieben wird187. So finden sich beispielsweise in der Vorschrift des § 203 I BauGB keine Angaben darüber, in welcher Form die Landesregierung ihre dort genannte Kompetenz zur Übertragung von Aufgaben einer Gemeinde auf eine andere Gebietskörperschaft auf eine „von ihr bestimmte Behörde“ delegieren kann188. Trotz Fehlens einer Aussage in Bezug auf die Form der Delegation ist aber anerkannt, dass diese im Wege einer Rechtsverordnung erfolgen muss und nicht etwa in Form einer Verwaltungsvorschrift vorgenommen werden darf189. Ausreichend ist somit, dass durch Auslegung ermittelt werden kann, dass die Delegation nach dem Willen des Gesetzgebers im Wege einer Rechtsverordnung erfolgen soll190. Hat der Gesetzgeber aber zu Unrecht – etwa weil er davon ausging, die Zuständigkeit unterfalle nicht dem Gesetzesvorbehalt – die Form der Verwaltungsvorschrift für die Delegation angeordnet, dann kann die betreffende Stelle nicht einfach in Form einer Rechtsverordnung delegieren. Denn die Verwaltung darf eine Rechtsverordnung nur dann erlassen, wenn sie auch zum Erlass einer Rechtsverordnung ermächtigt wurde191. In diesem Fall könnte die Behörde dann also trotz 185 Rasch, DVBl. 1983, S. 619, der ausdrücklich feststellt, dass sich aus dem Erfordernis, Zuständigkeiten im Außenverhältnis durch Gesetz zu regeln, ergibt, dass diese Zuständigkeiten dann auch nur durch entsprechende Außenrechtssätze abgeändert werden können. 186 So auch BVerwG, DÖV 62, 340 ff.; Obermayer, JZ 1956, S. 626; Rasch, DVBl. 1983, S. 619; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 136 f. 187 A.A. Jesch, JZ 1963, S. 367, wonach es deutscher Gesetzgebungspraxis entspräche, die Form der Rechtsverordnung ausdrücklich vorzuschreiben. 188 Die in § 203 I BauGB angesprochene Form der Rechtsverordnung bezieht sich nur auf die Übertragung der Kompetenz der Gemeinde auf die andere Gebietskörperschaft. 189 Kalb in Ernst / Zinkahn / Bielenberg, § 203 BauGB Rn 7. 190 Dies war in dem von Jesch, JZ 1963, S. 366 f. besprochenem Urteil des BVerwG nicht der Fall. Hier ergab eine systematische Auslegung, dass der Gesetzgeber die betreffende Behörde nur zur Delegation in Form einer Verwaltungsvorschrift ermächtigen wollte, s. hierzu Jesch, JZ 1963, S. 367. 191 Sog. gesetzlicher Totalvorbehalt, s. hierzu Lücke in Sachs Art. 80 GG Rn 5 und Kapitel 2, A. II. 1. b) bb) (1) dieser Untersuchung.
B. Form der Delegation
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Vorliegens einer Ermächtigung zur Delegation keine Delegation vornehmen, weil es an der Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung fehlen würde. Im Ergebnis bedeutet dies, dass eine Behörde in dem Bereich, in dem die Regelung der Zuständigkeit unter den Gesetzesvorbehalt fällt, eine Delegation nur vornehmen kann, wenn neben der allgemeinen Ermächtigung zur Delegation auch eine Ermächtigung zum Erlass einer entsprechenden Delegationsrechtsverordnung gegeben ist. Nachdem jetzt festgestellt wurde, dass die Delegation von Kompetenzen im Bereich des Gesetzesvorbehalts im Wege einer Rechtsverordnung erfolgen muss, ist als Nächstes zu klären, ob etwa die Wesentlichkeitstheorie, die, ausgehend von den in Kapitel 2, A. II. 1. c) dieser Untersuchung gemachten Ausführungen, innerhalb ihres Geltungsbereichs eigentlich eine Regelung der Zuständigkeit durch das Parlament fordert, einer Delegation durch Rechtsverordnung entgegensteht bzw. inwieweit sich hieraus Schranken für die Delegation ergeben. Außerdem ist noch zu klären, welche Anforderungen das Bestimmtheitsgebot des Art. 80 GG bzw. der entsprechenden landesverfassungsrechtlichen Regelungen an die Ausgestaltung der Ermächtigung zur Delegation stellen.
1. Bedeutung der Wesentlichkeitstheorie für die Ermächtigung zur Delegation In Kapitel 2, A. II. 1. c) dieser Untersuchung wurde dargelegt, dass die Regelung der Behördenzuständigkeit u. a. auch wegen der Wesentlichkeitstheorie zumindest in ihren Grundzügen unter den Gesetzesvorbehalt fällt und daher insoweit vom Gesetzgeber selbst geregelt werden muss. Ausgehend von den dort gemachten Ausführungen besteht der Inhalt der Wesentlichkeitstheorie ganz allgemein darin, die Verpflichtung des Gesetzgebers festzuschreiben, die wesentlichen Angelegenheiten selbst zu regeln. In Bezug auf Ermächtigungen des Gesetzgebers an die Exekutive zum Erlass von Rechtsverordnungen hat die Wesentlichkeitstheorie daher die Wirkung einer Delegationssperre, das heißt, der Gesetzgeber kann die Exekutive nicht dazu ermächtigen, im Wege einer Rechtsverordnung Angelegenheiten zu regeln, die wesentlich i. S. d. Wesentlichkeitstheorie sind192. Es stellt sich daher die Frage, ob die Wesentlichkeitstheorie eventuell eine Regelung der Zuständigkeit seitens der Exekutive durch eine Delegationsrechtsverordnung verbietet oder wenigstens einschränkt. Dies hängt davon ab, ob die Gesichtspunkte, mit denen die Wesentlichkeit der Zuständigkeitsregelung begründet wurde, dadurch berührt werden können, dass der Exekutive die Befugnis zukommt, in bestimmten Fällen Zuständigkeiten im Wege einer Delegationsrechtsverordnung abzuändern.
192 Lücke in Sachs, Art. 80 GG Rn 19 f.; Brenner in von Mangoldt / Klein / Starck, Art. 80 GG Rn 29; Maurer, § 6 Rn 11.
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
Die Wesentlichkeit der Zuständigkeitsregelungen wurde in Kapitel 2, A. II. 1. c) der hier vorliegenden Untersuchung in erster Linie aus dem Gesichtspunkt abgeleitet, wonach es für das Staatsganze und für den Bürger von großer Bedeutung ist, ob es etwa einen ein- oder mehrstufigen Verwaltungsaufbau gibt, wie viele Verwaltungsbezirke und Behörden errichtet werden und wie die Zuständigkeiten innerhalb der so geschaffenen Verwaltungsorganisation verteilt werden. Denn hierdurch wird die Arbeitsweise und die Effektivität der Verwaltung sowie deren Verhältnis zum Bürger geprägt und somit ein bestimmtes Verwaltungssystem gegenüber dem Bürger geschaffen. Daneben wurde die Wesentlichkeit der Zuständigkeitsregelungen noch damit begründet, dass die Art und Weise der Wahrnehmung des materiellen Rechts auch von der hierfür zuständigen Behörde abhängig ist. Zugleich wurde aber auch darauf hingewiesen, dass die Wesentlichkeitstheorie nicht die gesamte Regelung der Behördenzuständigkeit erfasst, sondern nur die Grundzüge des Verwaltungsaufbaus und die Grundzüge der entsprechenden Zuständigkeitsregelungen193. Aus diesem Umstand, wonach sich die Wesentlichkeitstheorie nur auf die Grundzüge der Verwaltungsorganisation und ihrer Zuständigkeitsregelungen bezieht, folgt denn auch, dass die Wesentlichkeitstheorie einer Ermächtigung der Exekutive zur Vornahme einer Delegation grundsätzlich nicht entgegensteht. Dies ergibt sich daraus, dass die Gesichtspunkte, aus denen die Wesentlichkeit der Zuständigkeitsregelungen hergeleitet wird, nicht dadurch tangiert werden können, dass die Exekutive in einigen Fällen Zuständigkeiten im Wege einer Delegation eigenmächtig abändern darf. Denn wenn etwa ein Minister ermächtigt wird, einige seiner Kompetenzen an ihm nachgeordnete Behörden zu übertragen, werden hierdurch noch nicht die tragenden Prinzipien des vom Gesetzgeber geschaffenen Verwaltungssystems wie etwa ein ein- oder mehrstufiger Verwaltungsaufbau usw. abgeändert. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die delegierende Behörde bei Vornahme der Delegation in einigen Fällen kaum einen Spielraum zu einer eigenen Regelung hat, da der vom Gesetzgeber vorgegebene Rahmen oft so eng ist, dass man sagen kann, die wesentlichen Angelegenheiten werden in derartigen Fällen doch noch immer vom Gesetzgeber selbst geregelt. So etwa, wenn der Gesetzgeber einen Minister zur Delegation von Kompetenzen an eine ihm nachgeordnete Behörde ermächtigt. Denn hier legt der Gesetzgeber ja auch zugleich die Behörden fest, an die der Minister delegieren darf. Der Spielraum, den der Minister hier noch hat, besteht darin, zu bestimmen, ob er delegieren will und wenn ja, an welche der ihm gesetzlich vorgegebenen Behörden. Die Wesentlichkeitstheorie steht somit einer Delegation von Kompetenzen im Wege einer Rechtsverordnung grundsätzlich nicht entgegen. Eine Ausnahme würde nur dann bestehen, wenn der Gesetzgeber so viele Delegationsermächtigungen erlassen und den ermächtigten Behörden hierbei einen so großen Spielraum 193
S. hierzu Kapitel 2, A. II. 1. c) dieser Untersuchung.
B. Form der Delegation
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belassen würde, das hierdurch das vom Gesetzgeber geschaffene Verwaltungssystem seinem Wesen nach abgeändert werden könnte.
2. Bedeutung des Bestimmtheitsgebots für die Ermächtigung zur Delegation Das Bestimmtheitsgebot des Art. 80 GG, welches in dieser Form auch in den meisten landesverfassungsrechtlichen Regelungen zum Erlass von Rechtsverordnungen zu finden ist194, verlangt, dass in der Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung angegeben werden. Der Sinn und Zweck des Bestimmtheitsgebots liegt darin, dass sich das Parlament seiner Rechtsetzungsmacht zugunsten der Exekutive nicht soll völlig entledigen können. Hierdurch soll verhindert werden, dass die Exekutive unter bestimmten Umständen vollkommen unkontrolliert und frei von jeglicher Bindung an den Gesetzgeber Recht setzen kann195. Das Bestimmtheitsgebot stellt demnach neben der Wesentlichkeitstheorie eine weitere Delegationssperre hinsichtlich des Erlasses von Rechtsverordnungen dar196. Speziell für die Ermächtigung zum Erlass einer Delegationsrechtsverordnung bedeutet dies, dass sich aus dem Bestimmtheitsgebot eventuell für den Gesetzgeber die Pflicht ergibt, neben der allgemeinen Ermächtigung zur Delegation noch festzulegen, unter welchen Voraussetzungen an welche Behörden welche Kompetenzen delegiert werden dürfen. Maßgeblich für den Umfang des Bestimmtheitsgebots anlässlich einer Delegation ist hierbei, wie bedeutend die Angelegenheit ist, welche die Exekutive durch die Rechtsverordnung regeln soll197. Es gilt daher der Grundsatz, je bedeutender die Angelegenheit für den Bürger oder die Allgemeinheit ist, umso präziser muss der Gesetzgeber regeln, unter welchen Voraussetzungen die Exekutive eine entsprechende Rechtsverordnung erlassen darf, und umso enger muss er den Rahmen fassen, den die Exekutive auszufüllen berechtigt ist198. Für den Erlass einer Ermächtigung zur Delegation von Kompetenzen einer Behörde hat das zur Folge, dass der Gesetzgeber aufgrund des Bestimmtheitsgebots immer festlegen muss, welche Kompetenzen delegiert werden dürfen. Daneben wird er bei besonders bedeutsamen Kompetenzen, die aufgrund ihrer Bedeutung 194 S. Art. 61 I LVerf BW, Art. 110 I LVerf RP; anders aber etwa in Hessen, Art. 107, 118 hess. Verfassung. Doch gelten hier die in Art. 80 I GG zum Ausdruck kommenden Grundsätze über die Homogenitätsklausel des Art. 28 I GG auch im landesrechtlichen Bereich, Maurer, § 13 Rn 4; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 137. 195 Nierhaus in Bonner Kommentar, Art. 80 I GG, Rn 264. 196 Nierhaus in Bonner Kommentar, Art. 80 I GG, Rn 262. 197 Lücke in Sachs, Art. 80 GG Rn 27. 198 Lücke in Sachs, Art. 80 GG Rn 27.
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
nicht von jeder Behörde wahrgenommen werden können und auch nicht wahrgenommen werden sollen, auch die Behörde oder die Behörden bestimmen müssen, an die delegiert werden kann199.
3. Die Problematik der „gesetzesändernden“ Rechtsverordnung In den Fällen, in denen die Delegation im Wege einer Rechtsverordnung erfolgt, stellt sich noch das Problem, dass diese Rechtsverordnung im Prinzip das Gesetz, welches dem Deleganten die delegierte Kompetenz zuweist, verdrängt, bzw. der Inhalt der Rechtsverordnung mit dem Inhalt dieses Gesetzes kollidiert. Wenn also beispielsweise ein Gesetz die Kompetenz zur Wahrnehmung einer bestimmten Aufgabe dem Regierungspräsidium zuweist und das Regierungspräsidium diese Kompetenz dann im Wege einer Rechtsverordnung auf das Landratsamt delegiert, dann gilt das Gesetz, welches dem Regierungspräsidium die Zuständigkeit zuweist, insoweit nicht mehr, als der Anwendungsbereich der betreffenden Rechtsverordnung reicht. Bei der Delegationsrechtsverordnung handelt es sich somit um eine sogenannte „gesetzesändernde“ Rechtsverordnung200. Allerdings liegt in diesen Fällen genaugenommen gar keine Gesetzesänderung im Wege einer Rechtsverordnung vor, da das Gesetz, durch das dem Deleganten die Zuständigkeit zugewiesen wird, von vornherein unter dem Vorbehalt steht, dass es durch eine Delegationsrechtsverordnung abgeändert werden kann, also insoweit nur subsidiär gilt201. Dass heißt, ein Gesetz, dass einer staatlichen Stelle eine Kompetenz zuweist, ihr gleichzeitig aber auch das Recht zur Delegation gibt, stellt ein Gesetz dar, dass unter Verordnungsvorbehalt steht, weshalb die Delegationsrechtsverordnung dann vorrangig vor der gesetzlichen Regelung ist und folglich gar nicht mit diesem Gesetz kollidieren kann202. Ein derartiger Verordnungsvorbehalt wird grundsätzlich als zulässig angesehen, sofern hierdurch nicht das Verhältnis von Gesetz und Verordnung „auf den Kopf gestellt wird“, ein sachlicher Grund für den Vorbehalt besteht und durch die Rechtsverordnung keine Regelungen getroffen werden, die wegen der Wesentlich199 In den Fällen, in denen der Kreis der Stellen, die als Adressat der Delegation in Betracht kommen, nicht oder nur kaum eingegrenzt ist (wie etwa in § 203 I BauGB), ist die delegierende Stelle aber nicht von jeglicher Rechtsbindung bei der Auswahl des Delegatars befreit. Vielmehr muss sie von dem ihr eingeräumten Spielraum in fehlerfreier Art und Weise Gebrauch machen. Deshalb darf sie ihre Kompetenzen z. Bsp. nicht an eine Behörde delegieren, die zur Wahrnehmung dieser Kompetenz kaum oder gar nicht geeignet ist, oder mit der der Bürger nur unter sehr erschwerten Voraussetzungen in Kontakt treten kann, s. hierzu näher Kapitel 2, D. dieser Untersuchung. 200 Zum Begriff der „gesetzesändernden“ Rechtsverordnung s. Lücke in Sachs, Art. 80 GG Rn 9. 201 Nierhaus in Bonner Kommentar, Art. 80 I Rn 234; Ossenbühl, Hdb StaatsR III, § 64 Rn 22. 202 Ossenbühl, HdB StaatsR III, § 64 Rn 22.
B. Form der Delegation
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keit der Angelegenheit unter den Parlamentsvorbehalt fallen203. Für die Vornahme einer Delegation im Wege einer Rechtsverordnung ergeben sich hieraus somit im Prinzip keine weiteren Einschränkungen, sofern die Ermächtigung zu einer Delegation die Ausnahme bleibt und nicht alle oder fast alle staatlichen Zuständigkeiten unter dem Vorbehalt einer Delegation stehen. Denn solange eine Delegation die Ausnahme bildet und nur wenige Kompetenzen umfasst, besteht nicht die Gefahr, dass sich hierdurch eine Gewichtsverteilung zwischen gesetzgebender Gewalt und Verwaltung ergibt204 und dadurch das Verhältnis von Gesetz und Rechtsverordnung im Bereich der Zuständigkeitsregelungen „auf den Kopf gestellt wird“. Der für den Vorbehalt der Delegationsrechtsverordnung erforderliche sachliche Grund liegt hierbei im Übrigen in dem Interesse, dass der Delegant und die Allgemeinheit an der Zulassung einer Delegation haben, wie etwa Arbeitsentlastung des Deleganten oder Übertragung von Aufgaben auf Stellen, die zu deren Wahrnehmung besser geeignet erscheinen.
II. Zuständigkeitsregelungen, die nicht unter den Gesetzesvorbehalt fallen Fraglich ist, in welcher Form eine Delegation in dem Bereich erfolgen muss, in dem die Zuständigkeiten durch Verwaltungsvorschriften geregelt werden können. Da eine derartige Regelung der Zuständigkeit in Form einer Verwaltungsvorschrift aufgrund des in Kapitel 2, A. dieser Untersuchung Gesagten nur im gesetzesfreien Bereich erfolgen kann, also nur dann, wenn das materielle Recht nicht durch Gesetz geregelt wird und auch der Gesetzesvorbehalt nicht einschlägig ist, scheidet eine Delegation in Form einer Rechtsverordnung hier in der Regel mangels entsprechender gesetzlicher Ermächtigung aus. Dies ergibt sich daraus, dass es im gesetzesfreien Bereich in der Regel ausgeschlossen sein wird, dass der Gesetzgeber eine Norm erlässt, mit der er die Exekutive ermächtigt, die durch Verwaltungsvorschrift festgelegten Zuständigkeiten durch eine Rechtsverordnung abzuändern205. Somit bleibt eigentlich nur noch die Möglichkeit, die Delegation im Wege einer Verwaltungsvorschrift vorzunehmen. Problematisch ist hierbei aber, ob die Befugnis zum Erlass einer Verwaltungsvorschrift überhaupt übertragbar ist oder ob sie nicht vielleicht ausschließlich der Regierung zusteht. In diesem Fall könnte die Regierung als Inhaber der Organisationsgewalt dann keine andere staatliche Stelle 203 Lücke in Sachs, Art. 80 Rn 9; Nierhaus in Bonner Kommentar, Art. 80 I Rn 235; Ossenbühl, HdB StaatsR III, § 64 Rn 2; Stern, StaatsR II, § 38 II 2 c. 204 BVerfGE 8, 155 (171). 205 Auf jeden Fall würde eine derartige Ermächtigung keinen Sinn machen, da die Delegation, wie im Folgenden noch dargelegt werden wird, in diesem Bereich in Form einer Verwaltungsvorschrift erfolgen kann.
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
zur Vornahme einer Delegation in Form einer Verwaltungsvorschrift ermächtigen, weil andere staatliche Stellen außer der Regierung eben keine Verwaltungsvorschriften erlassen könnten. Im Folgenden ist somit zu untersuchen, wem die Kompetenz zum Erlass von Verwaltungsvorschriften zukommt und inwieweit diese Kompetenz übertragbar ist. Nach dem Grundgesetz206 und den meisten Landesverfassungen207 steht nur der jeweiligen Bundes- oder Landesregierung das Recht zum Erlass von Verwaltungsvorschriften zu. Ebenso gewähren bestimmte einfachgesetzliche Normen wie etwa der § 48 BImSchG nur der Regierung ein Recht zum Erlass von Verwaltungsvorschriften. Soweit daher der Anwendungsbereich dieser verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Vorschriften reicht, steht der Grundsatz des Gesetzesvorrangs einer Übertragung der Befugnis zum Erlass von Verwaltungsvorschriften an andere staatliche Stellen entgegen208. Fraglich ist aber, ob dies auch für Verwaltungsvorschriften gilt, die im gesetzesfreien Bereich ergehen können. Denn für diesen Bereich finden z. Bsp. die Art. 84 II, 85 II, 86 GG, welche die Zuständigkeit zum Erlass von Verwaltungsvorschriften ausdrücklich der Regierung zuweisen, überhaupt keine Anwendung. Denn wie sich aus dem Wortlaut dieser Vorschriften und ihrer systematischen Stellung ergibt, gelten sie nur für die Ausführung von Bundesgesetzen und somit eben gerade nicht für die Verwaltung im gesetzesfreien Bereich. Entsprechend verhält es sich mit den landesverfassungsrechtlichen Regelungen. Auch diese weisen bereits vom Wortlaut her der Regierung die Kompetenz zum Erlass von Verwaltungsvorschriften nur für die Ausführung von Gesetzen zu und gelten somit ebenfalls nicht im gesetzesfreien Bereich209. Das heißt, für den Bereich der gesetzesfreien Verwaltung gibt es überhaupt keine Vorschriften, die die Regierung unmittelbar zum Erlass von Verwaltungsvorschriften ermächtigen. Auf der anderen Seite ist aber unbestritten, dass der Exekutive auch in diesem Bereich die Befugnis zum Erlass von Verwaltungsvorschriften zukommt, da sich das Recht zum Erlass von Verwaltungsvorschriften aus der Organisations- und Geschäftsleitungsgewalt der Exekutive ergibt und ihr somit inhärent ist210. Und unbestritten ist auch, dass das Recht zum Erlass von Verwaltungsvorschriften in diesem Bereich in erster Linie der Bundes- oder Landesregierung als Spitze der Exekutive zusteht211. Wenn aber der Regierung im gesetzesfreien Bereich als Ausfluss ihrer Organisations- und Geschäftsleitungsgewalt originär (also ohne entsprechende gesetzliche S. etwa Art. 84 II, 85 II, 86 GG. Vgl. etwa Art. 61 II LVerf BW, Art. 55 Nr. 2 LVerf Bay, Art. 110 II LVerf RP. 208 Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 458 f.; von Bogdandy, S. 480. 209 Vgl. etwa Art. 61 II LVerf BW, Art. 55 Nr. 2 LVerf Bay, Art. 110 II LVerf RP. 210 BVerfGE 26, 338 (396); Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 453 ff.; Maurer, § 24 Rn 33 m. w. N. 211 BVerfGE 26, 396. 206 207
B. Form der Delegation
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Ermächtigung) die Befugnis zum Erlass von Verwaltungsvorschriften zukommt, dann spricht auch nichts dagegen, ihr die Befugnis zuzugestehen, die Kompetenz zum Erlass von Verwaltungsvorschriften in diesem Bereich auf andere staatliche Stellen weiter zu übertragen. Denn wenn es nach dem Grundgesetz und den Landesverfassungen zulässig ist, dass das Parlament einen Teil seiner Gesetzgebungsbefugnisse an die Exekutive übertragen kann, dann muss es ebenso zulässig sein, dass die Regierung im Bereich der gesetzesfreien Verwaltung ihre Kompetenz zum Erlass von Verwaltungsvorschriften ebenfalls auf andere Stellen delegieren kann. Da demnach die Kompetenz zum Erlass von Verwaltungsvorschriften im gesetzesfreien Bereich von der Regierung auch auf andere staatliche Stellen übertragen werden kann, können auch andere Stellen zur Vornahme einer Delegation in Form einer Verwaltungsvorschrift ermächtigt werden. Im Ergebnis bedeutet dies, dass, soweit die Behördenzuständigkeit durch Verwaltungsvorschriften geregelt ist, eine Delegation dieser Kompetenzen in Form einer Verwaltungsvorschrift erfolgen kann212.
III. Delegation in Form einer Satzung Grundsätzlich ist es auch möglich, eine Delegation im Wege einer Satzung vorzunehmen213. In der Regel wird hierzu eine gesetzliche Ermächtigung erforderlich sein, welche die Behörde zur Delegation ganz allgemein und speziell zur Delegation in Form einer Satzung ermächtigt. Beispiele für eine derartige Delegation im Wege einer Satzung finden sich etwa im Kommunalrecht. So kann etwa nach § 44 II 2 GemO BW der Gemeinderat durch die Hauptsatzung der Gemeinde Kompetenzen an den Bürgermeister übertragen. Ebenso kann der Gemeinderat nach § 39 I GemO BW über die Hauptsatzung Kompetenzen an beschließende Ausschüsse delegieren.
IV. Form der Delegation bei Art. 60 III GG Zum Abschluss ist noch kurz auf den Sonderfall des Art. 60 III GG einzugehen und zu untersuchen, in welcher Form hier die Delegation vorgenommen werden muss. Gemäß Art. 60 III GG kann der Bundespräsident seine ihm durch Art. 60 I, II GG eingeräumten Kompetenzen auf andere Behörden übertragen. In welcher Form diese Übertragung erfolgen muss, ist hingegen nicht geregelt. Die h.M geht nun 212 So auch VG Weimar, VIZ 97, S. 185; Rasch, DVBl. 1983, S. 619; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 139 ff.; Kluth in Wolff / Bachof / Stober, VrwR III, 5. A., § 84 Rn 69. 213 Zum Begriff der Satzung s. Maurer, § 4 Rn 20 ff.
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davon aus, dass die Delegation hier im Wege einer Rechtsverordnung durchgeführt werden müsse214. Gegen diese Auffassung spricht aber, dass es sich bei einer derartigen Rechtsverordnung um keine Verordnung im Sinne des Art. 80 GG handeln könnte, da der Bundespräsident keine nach Art. 80 I 1 GG zuständige Stelle zum Erlass von Rechtsverordnungen darstellt. Insofern wird man annehmen müssen, dass es sich bei den vom Bundespräsidenten im Rahmen des Art. 60 III GG erlassenen Normen nicht um Rechtsverordnungen im eigentlichen Sinne handeln kann, sondern vielmehr um Rechtsnormen eigener Art, die von ihrem Charakter her Rechtsverordnungen aber ähnlich sind. Die Ähnlichkeit zu dem Begriff der Rechtsverordnung ergibt sich hierbei daraus, dass die Normen nach Art. 60 III GG auf Außenwirkung gerichtet sind, da sie ja festlegen sollen, wer für die Ernennung und Entlassung der Bundesbeamten, der Bundesrichter usw. zuständig sein soll. Daher muss die Delegation nach Art. 60 III GG beispielsweise auch veröffentlicht werden215. Die Delegation nach Art. 60 III GG muss daher in Form einer Rechtsnorm eigener Art erfolgen, wobei diese Norm von ihrer Wirkung her einer Rechtsverordnung ähnlich ist.
C. Grenzen der Delegation aus Sicht des Inhabers der Organisationsgewalt Nachdem im bisherigen Verlauf der Untersuchung festgestellt wurde, dass eine Delegation einer vorherigen Ermächtigung bedarf, ist noch darauf einzugehen, an welche – sich vor allem aus der Verfassung ergebenden – Beschränkungen der Inhaber der Organisationsgewalt beim Erlass einer Ermächtigung zur Delegation gebunden ist. Derartige Beschränkungen sind vor allem im Hinblick darauf denkbar, wer als Adressat der Delegation in Betracht kommt und welche Kompetenzen überhaupt delegierbar sind. Daneben ist noch zu untersuchen, ob auch Beliehene zur Vornahme einer Delegation ermächtigt werden können.
I. Delegation an Stellen, denen gegenüber kein Weisungsrecht besteht (ministerialfreie Räume) Fraglich ist, inwieweit der Inhaber der Organisationsgewalt eine staatliche Stelle zu einer Delegation an Rechtssubjekte, denen gegenüber keine Weisungsbefug214 S. hierzu Nierhaus in Sachs, Art. 60 Rn 16; Huwar, S. 86 ff.; a.A. von Mangoldt / Klein Band II Art. 60 Anm. III 7 a. 215 So auch Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 138.
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nisse der Regierung bestehen, ermächtigen darf (ministerialfreie Räume)216. Da eine Ermächtigung zur Delegation an Stellen, denen gegenüber kein Weisungsrecht besteht, im Ergebnis (nämlich im Falle der Vornahme der Delegation) zu einer Übertragung von staatlichen Hoheitsbefugnissen an eben solche Stellen und damit an ministerialfreie Räume führen würde, müssen für die Ermächtigung zu einer solchen Delegation die gleichen Anforderungen bestehen, wie wenn staatliche Hoheitsbefugnisse direkt, also ohne Zwischenschaltung einer Delegation, an ministerialfreie Räume übertragen werden würden. Da das Grundgesetz grundsätzlich davon ausgeht, dass hoheitliche Entscheidungen von der unter parlamentarischer Kontrolle stehenden Regierung bzw. von den der Regierung unterstehenden Behörden getroffen werden, sind ministerialfreie Räume auf unverzichtbare Ausnahmen zu beschränken und dürfen, entsprechend den für die Wesentlichkeitstheorie herangezogenen Gedanken, sich nur auf eng und klar begrenzte Teile der Exekutive beziehen, mithin also keine bedeutsamen Kompetenzen und keine Entscheidungen von politischer Tragweite zum Gegenstand haben217. Außerdem dürfen sie nur durch Gesetz bzw. durch Rechtsverordnung errichtet werden218. Für die rechtliche Zulässigkeit einer Delegation an Stellen, denen gegenüber kein Weisungsrecht besteht, bedeutet dies, dass eine derartige Delegation nur vorgenommen werden kann, wenn sie in der Ermächtigung zur Delegation ausdrücklich vorgesehen ist. Das heißt, bereits die Ermächtigung selbst muss die Möglichkeit zur Delegation an eine solche Stelle eröffnen. Unzulässig wäre daher eine Delegation an weisungsfreie Stellen, wenn die delegierende Stelle nur ganz allgemein zur Delegation an irgendeine beliebige Stelle befugt wäre (so wie etwa die Landesregierung in § 203 I BauGB219). Des Weiteren muss ein sachlicher Grund dafür bestehen, weshalb die Delegation gerade an eine Stelle erfolgen soll, dergegenüber kein staatliches Weisungsrecht besteht. Diesbezüglich kann in erster Linie auf die Gründe abgestellt werden, die ganz allgemein für die Schaffung von ministerialfreien Räumen herangezogen werden220. Hierbei ist aber auch zu berücksichtigen, dass die Schaffung von ministerialfreien Räumen auf unverzichtbare Ausnahmen zu beschränken ist. Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 140. Müller, JuS 1985, S. 508; Herzog in Maunz-Dürig, Art. 65 GG Rn 104 m. w. N. 218 Müller, Jus 1985, S. 504 f. 219 Gemäß § 203 I BauGB steht der Landesregierung die Befugnis zu, im Einvernehmen mit einer Gemeinde zu bestimmen, dass die dieser Gemeinde nach dem BauGB obliegenden Aufgaben auf andere staatliche Stellen übertragen werden können. Diese Kompetenz der Landesregierung kann die Landesregierung nach § 203 I BauGB auf eine „von ihr bestimmte Behörde“ delegieren, so dass dann diese Behörde im Einvernehmen mit einer bestimmten Gemeinde deren Kompetenzen nach dem BauGB übertragen kann. Welche Behörde hierbei Adressat der Delegation sein soll, regelt der § 203 I BauGB nicht. 220 S. zu diesen Gründen Müller, JuS 1985, S. 503. So gilt als sachlicher Grund für die Ministerialfreiheit etwa, sich die spezifischen Sachkenntnisse und Erfahrungen bestimmter Bevölkerungskreise und Berufsgruppen bei einer Entscheidung zu Nutze zu machen, was durch den Erlass von Weisungen unterlaufen werden könnte. 216 217
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
Und schließlich darf der Inhaber der Organisationsgewalt den Deleganten nur dann zu einer Delegation an Stellen, denen gegenüber kein staatliches Weisungsrecht besteht, ermächtigen, wenn die delegierte Kompetenz klar umgrenzt ist und keine bedeutenden hoheitlichen Entscheidungsbefugnisse zum Gegenstand hat221.
II. Delegation an zwischenstaatliche Einrichtungen und internationale Organisationen Problematisch sind auch Ermächtigungen zur Delegation von Kompetenzen auf zwischenstaatliche Einrichtungen oder internationale Organisationen, da eine derartige Delegation eine Beschränkung der Eigenstaatlichkeit des Staates zur Folge haben könnte. Aufgrund des Umstandes, dass eine entsprechende Delegation im Ergebnis dazu führen würde, dass eine nichtstaatliche Stelle zu einer Entscheidung befugt wäre, kann die Ermächtigung zu einer solchen Delegation vom Grundsatz her nur unter den gleichen Voraussetzungen zulässig sein, unter denen der Inhaber der Organisationsgewalt direkt – also ohne den Umweg über eine Delegation – staatliche Zuständigkeiten und Hoheitsrechte auf internationale Organisationen und zwischenstaatliche Einrichtungen übertragen könnte. Da sich eine derartige Übertragung nach den Art. 23 und 24 GG richtet, bestimmt sich die Zulässigkeit zum Erlass einer Norm, durch die eine staatliche Stelle ermächtigt werden soll, ihre Kompetenzen auf zwischenstaatliche Einrichtungen und internationale Organisationen zu übertragen, daher ebenfalls nach den Art. 23 und 24 GG. Aus den Art. 23 und 24 GG ergibt sich denn aber auch, dass eine Übertragung von Hoheitsrechten auf zwischenstaatliche Einrichtungen und internationale Organisationen im Wege der Delegation bereits vom Grundsatz her nicht möglich ist. Denn sowohl Art. 23 als auch Art. 24 GG verlangen, dass die Übertragung von Hoheitsrechten nur durch Parlamentsgesetz erfolgen darf. Eine Übertragung im Wege einer Rechtsverordnung oder Verwaltungsvorschrift ist somit nicht zulässig222. Da aber im Falle einer Delegation die Übertragung der Hoheitsrechte letzten Endes erst durch die Delegationsrechtsverordnung bzw. -verwaltungsvorschrift erfolgen würde, läge in einem solchen Fall eine unzulässige Übertragung mittels einer Rechtsverordnung bzw. Verwaltungsvorschrift vor, weshalb eine entsprechende Delegation nicht zulässig sein kann.
Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 140. BVerfGE 58, 1 (35 f.); Rojahn in von Münch / Kunig, Art. 24 GG Rn 31; Tomuschat in Bonner Kommentar, Art. 24 (1981 / 1985), Rn 32. Unzulässig wäre natürlich auch eine Übertragung im Wege einer Verwaltungsvorschrift oder eines Verwaltungsaktes. 221 222
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III. Delegation an Private Schwierigkeiten wirft auch die Frage auf, ob und inwieweit der Inhaber der Organisationsgewalt eine staatliche Stelle zu einer Delegation an Private ermächtigen darf. Da eine derartige Delegation im Ergebnis zu einer Beleihung des Privaten führen würde223, ist die Ermächtigung zu einer entsprechenden Delegation nur unter den Voraussetzungen zulässig, unter denen auch ansonsten eine Beleihung vorgenommen werden kann224. Da anerkannt ist, dass eine Beleihung bei Vorliegen einer entsprechenden gesetzlichen Ermächtigung auch im Wege einer Rechtsverordnung erfolgen kann225, ist eine Beleihung vom Grundsatz her auch im Wege einer Delegationsrechtsverordnung möglich. Allerdings muss in der Ermächtigung zur Vornahme der Delegation ausdrücklich vom Gesetzgeber festgelegt werden, dass die Delegation der betreffenden Kompetenz auch an Private erfolgen kann. Eine Ermächtigung, die nur ganz allgemein zur Vornahme einer Delegation bevollmächtigt, ohne näher auf den Adressaten der Delegation einzugehen, würde somit nicht ausreichen. Daneben ergeben sich vor allem aus Art. 33 IV GG Schranken für die Beleihung. Demnach muss für die Beleihung unter anderem ein sachlicher Grund gegeben sein und das Schwergewicht der hoheitlichen Aufgabenerfüllung muss unverändert bei den staatlichen Bediensteten liegen226. Diese Schranken sind daher auch bei der Ermächtigung zur Vornahme einer Delegation an Private zu beachten.
IV. Delegation und Mischverwaltung Problematisch ist die Ermächtigung zur Vornahme einer Delegation in den Fällen, in denen es durch die Delegation zu einer „Mischverwaltung“ zwischen Bund und Ländern kommen würde. Der Begriff der Mischverwaltung wird in der Literatur und Rechtsprechung nicht einheitlich verwendet. Ganz allgemein kann man aber sagen, dass eine Mischverwaltung gegeben ist, wenn Bund und Länder bei der Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben zusammenwirken und es somit zu einer funktionellen und organisatorischen Verflechtung der Verwaltung von Bund und Ländern kommt227. 223 Unter einer Beleihung versteht man die Übertragung von hoheitlichen Aufgaben auf Privatpersonen (Einzelpersonen oder jur. Personen), die diese dann selbständig und im eigenen Namen wahrnehmen können, Maurer, § 23 Rn 56; Burgi in Erichsen / Ehlers, § 54 Rn 24. 224 S. zu diesen Voraussetzungen Burgi in Festschrift für Maurer, S. 588 ff. 225 S. hierzu Maurer § 23 Rn 58. 226 Maunz in Maunz-Dürig, Art. 33 GG, Rn 42; Burgi in Erichsen / Ehlers, § 54 Rn 28; ders. in FS für Maurer, S. 590 ff. m. W. N. 227 So ähnlich auch BVerfGE 63, S. 38; Ronellenfitsch, S. 58.
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
Zu einer Mischverwaltung könnte es im Fall einer Delegation dann kommen, wenn eine Behörde des Bundes Kompetenzen an eine Behörde eines Bundeslandes übertragen würde bzw. wenn im umgekehrten Fall eine Behörde eines Bundeslandes Kompetenzen an eine Stelle des Bundes delegieren würde, sogenannte inkorporierende Delegation (s. hierzu Kapitel 1, B. VIII. dieser Untersuchung). Eine derartige Delegation wäre deshalb problematisch, da die Art. 30, 83 ff. GG vorsehen, dass die Verwaltung entweder von den Ländern ausgeübt wird – bei Bundesgesetzen entweder als eigene Angelegenheiten nach Art. 84 GG oder im Auftrag des Bundes nach Art. 85 GG, bei Landesgesetzen nach Art. 30 GG immer als eigene Angelegenheiten –, oder aber vom Bund nach Art. 86 GG als eigene Aufgabe wahrgenommen wird228. Durch eine Delegation von einer Landes- auf eine Bundesbehörde oder umgekehrt könnte diese Verteilung der Verwaltungskompetenz aber durchbrochen werden. So z. Bsp., wenn die Art. 87 ff. GG eine Materie dem Bund zur Verwaltung zuweisen würden, und nun die betreffende Bundesbehörde ihre Kompetenz auf eine Landesbehörde übertragen würde. Hier wäre dann nach Ausführung der Delegation entgegen Art. 87 ff. GG eine Landesbehörde für die Verwaltung zuständig, so dass die betreffende Verwaltungskompetenz entweder gar nicht mehr oder wenigstens zum Teil nicht mehr dem Bund zustehen würde. Entsprechend würde es sich verhalten, wenn die Verwaltung aufgrund der Art. 30, 84, 85 GG den Ländern obliegen würde und jetzt eine oder mehrere Landesbehörden ihre Kompetenzen auf eine Bundesbehörde delegieren würden. Für die Frage, inwieweit eine Delegation von einer Bundes- auf eine Landesbehörde oder umgekehrt erfolgen kann, kommt es somit darauf an, ob und inwieweit es zulässig ist, dass der Bund und die Länder im Rahmen der Verwaltung und der Ausführung von Gesetzen zusammenwirken bzw. Verwaltungskompetenzen von Behörden des einen Verwaltungsträgers auf Behörden des anderen Verwaltungsträgers übertragen werden können229. Diesbezüglich ist zwischen der Verwaltung, die dem Vollzug von Bundesgesetzen dient, und der Verwaltung, welche die Ausführung von Landesgesetzen zum Gegenstand hat, zu differenzieren.
1. Mischverwaltung bei dem Vollzug von Bundesgesetzen In Bezug auf die Verwaltung, die dem Vollzug von Bundesgesetzen dient, ist festzustellen, dass in diesem Bereich ein grundsätzliches Verbot der Mischverwal228 Zu der sich hieraus ergebenden Problematik der Mischverwaltung ganz allgemein, s. Trute in von Mangoldt / Klein / Starck, Art. 83 GG Rn 27 ff.; Lerche in Maunz-Dürig, Art. 83 Rn 84 ff. 229 Hierbei handelt es sich im Übrigen um kein spezielles Problem der Delegation, sondern die Problematik der Mischverwaltung würde sich in genau derselben Art stellen, wenn der Gesetzgeber direkt Bundes- oder Landesbehörden Kompetenzen zuweisen würde, die eigentlich von dem jeweils anderen Verwaltungsträger wahrgenommen werden müssten.
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tung abzulehnen ist230. Verfassungswidrig und somit unzulässig ist die Mischverwaltung bei Bundesgesetzen aber, sofern ihr „zwingende Kompetenz- oder Organisationsnormen oder sonstige Vorschriften des Verfassungsrechts entgegenstehen“231. Anerkannt ist hierbei, dass Verwaltungsträger die ihnen durch Art. 83 ff. GG zugewiesenen Aufgaben in der Regel durch eigene Verwaltungseinrichtungen wahrnehmen müssen, sofern das Grundgesetz hiervon nicht, wie etwa in Art. 87 d II oder 108 GG, Ausnahmen vorsieht232. Dieser Grundsatz verbietet es daher, dass ein Verwaltungsträger Einrichtungen eines anderen Verwaltungsträgers heranzieht bzw. dass er auf derartige Einrichtungen Entscheidungsbefugnisse überträgt233. Nur in ganz besonders gelagerten Fällen kann hiervon eine Ausnahme zugelassen werden, namentlich dann, wenn hierfür ein besonderer sachlicher Grund besteht und es sich nur um eine eng umgrenzte Verwaltungsmaterie handelt234. Für die Frage, inwieweit der Gesetzgeber im Bereich der Verwaltung, die der Ausführung von Bundesgesetzen dient, eine Behörde des Bundes zu einer Delegation an eine Behörde eines Landes oder umgekehrt ermächtigen darf, folgt hieraus, dass eine derartige Delegation in der Regel unzulässig ist. Eine Ausnahme hiervon besteht aber etwa in Fällen wie Art. 87 d II oder 108 GG. Denn da hier vorgesehen ist, dass die Verwaltungskompetenz durch Gesetz mit Zustimmung des Bundesrates zum Teil auch den Ländern übertragen werden kann, könnte durch ein entsprechendes Gesetz auch eine Delegation auf eine Landesbehörde zugelassen werden, sofern der Bundesrat dieser Delegationsermächtigung zugestimmt hat. Daneben kann aufgrund des oben Gesagten in eng begrenzten Ausnahmefällen eine Delegation, die zu einer Mischverwaltung führen würde, zugelassen werden, sofern hierfür ein besonderer sachlicher Grund gegeben ist und es sich nur um eine eng umgrenzte Verwaltungsmaterie handelt. Maßgeblich sind hierbei aber immer die jeweiligen Umstände des Einzelfalles, da sich allgemeingültige Aussagen hierzu nur schwer treffen lassen. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass im Falle einer Delegation von einer Bundes- auf eine Landesbehörde, die eine Mischverwaltung zur Folge hätte, eventuell der Bundesrat dem Erlass der Delegationsermächtigung zustimmen muss. Zu beachten ist hierbei aber, dass ein derartiges Zustimmungserfordernis nicht alleine daraus abgeleitet werden kann, dass durch eine entsprechende Delegation die Länder mit zusätzlichen Verwaltungsaufgaben belastet und somit auch die Länderinteressen berührt werden. Denn nach dem Grundgesetz muss der Bundesrat einem Gesetz nur dann zustimmen, wenn sich die Zustimmungsbedürftigkeit ausdrück230 231 232 233 234
BVerfGE 63, S. 1 ff.; Maurer, § 22 Rn 42 ff. BVerfGE 63, S. 38 ff.; Isensee in Hdb StaatsR IV, § 98 Rn 179 ff. Sog. Grundsatz der eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung, BVerfGE 63, S. 41. BVerfGE 63, S. 41. BVerfGE 63, S. 41 ff.
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
lich aus einer präzise benennbaren Verfassungsnorm ergibt235. Es ist somit ausgeschlossen, die Zustimmungsbedürftigkeit alleine darauf zu stützen, dass die Länderinteressen durch ein Bundesgesetz ganz allgemein betroffen sind236. Im Falle der Ermächtigung zur Vornahme einer zu einer Mischverwaltung führenden Delegation von einer Bundes- auf eine Landesbehörde wird sich das Erfordernis der Zustimmung des Bundesrates in der Regel aber aus Art. 84 I, 85 I GG ergeben. Denn im Falle einer Mischverwaltung wird es im Normalfall so sein, dass die Länder das betreffende Verwaltungsverfahren für ihre Behörden nicht alleine regeln können, sondern dass durch Bundesgesetz auch Teile des Verfahrens für die Landesbehörde geregelt werden müssen237. Dies wird in der Regel deshalb erforderlich sein, um das Verwaltungsverfahren und die Zusammenarbeit zwischen den Behörden des Bundes und den betreffenden Landesbehörden zu koordinieren und aufeinander abzustimmen. Das heißt, sofern die Länder im Falle einer zu einer Mischverwaltung führenden Delegation das betreffende Verwaltungsverfahren für ihre Behörden nicht alleine regeln dürfen, sondern dieses Verfahren wenigstens teilweise auch durch Bundesgesetz geregelt wird, muss der Bundesrat dem Erlass der Delegationsermächtigung zustimmen.
2. Mischverwaltung beim Vollzug von Landesgesetzen Nachdem bisher die Problematik der Mischverwaltung beim Vollzug von Bundesgesetzen behandelt wurde, ist als Nächstes auf die Problematik der Zulässigkeit einer Mischverwaltung bei der Ausführung von Landesgesetzen einzugehen. Aus Art. 30 GG wird hierbei allgemein zutreffend gefolgert, dass es im Bereich der Ausführung von Landesgesetzen grundsätzlich unzulässig ist, auf Bundesbehörden zuzugreifen238. Allenfalls in ganz besonders gelagerten Fällen sollen hiervon Ausnahmen zulässig sein239.
235 Sog. Enumerationsprinzip, s. hierzu Masing in von Mangoldt / Klein / Starck, Art. 77 GG Rn 49; Schenke in Schneider / Zeh, § 55 Rn 21. 236 Lücke in Sachs, Art. 77 GG Rn 14; Masing in von Mangoldt / Klein / Starck, Art. 77 GG Rn 49. 237 Im Einzelfall kann es hierbei durchaus schwierig sein festzustellen, ob durch eine bundesgesetzliche Regelung auch ein Teil des Verfahrens für die betreffende Landesbehörde geregelt wird. Anerkannt ist diesbezüglich aber z. Bsp., dass bereits eine Form-, Frist- oder Zustellungsvorschrift als Regelung des Verwaltungsverfahrens anzusehen ist, s. hierzu Schmidt, JuS 1999, S. 864. Das heißt, sofern derartige Regelungen in einem von einer Landesbehörde auszuführenden Bundesgesetz getroffen werden, liegt eine Regelung des Verwaltungsverfahrens im Sinne der Art. 84 I, 85 I GG vor; s. hierzu näher Sauter in FS für Franz Klein, S. 566 ff.; Schmidt a. a. O., S. 863 ff. m. w. Beispielen. 238 BVerfGE 12, S. 205 ff. (221); Pieroth in Jarass / Pieroth, Art. 30 GG Rn 10; Ronellenfitsch, S. 237 ff. m. w. N. 239 S. hierzu Blümel in Hdb Staatsrechts IV, § 101 Rn 11 ff.; Bothe in Alternativkommentar, Art. 30 GG Rn 25.
C. Grenzen aus Sicht des Inhabers der Organisationsgewalt
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Für die Frage, inwieweit im Bereich des Vollzugs von Landesgesetzen eine Delegation von Kompetenzen einer Landesbehörde auf eine Bundesbehörde zulässig ist, folgt daraus, dass man eine derartige Delegation in aller Regel als unzulässig ansehen muss.
3. Ergebnis Zusammengefasst bedeutet dies, dass sich aus der Problematik der Mischverwaltung sowohl bei der Ausführung von Bundesgesetzen, als auch bei der Ausführung von Landesgesetzen, erhebliche Einschränkungen für eine Delegation von Bundesbehörden auf Landesbehörden oder von Landes- auf Bundesbehörden ergeben.
V. Delegation von Landesoder Bundesbehörden an Gemeinden Probleme wirft auch die Frage auf, ob und inwieweit der Inhaber der Organisationsgewalt eine Stelle des Bundes oder eines Bundeslandes zu einer Delegation von Kompetenzen auf Gemeinden ermächtigen kann. Eine derartige Ermächtigung zur Delegation könnte deshalb problematisch sein, da für die Übertragung von Aufgaben an eine Gemeinde aufgrund der hiermit für die Gemeinde verbundenen Belastung ein Gesetzesvorbehalt besteht240. Fraglich ist hierbei nun aber, ob dieser Gesetzesvorbehalt für die Aufgabenzuweisung eine Regelung durch ein Parlamentsgesetz verlangt oder ob ihm auch eine Rechtsverordnung genügen würde. Diese Frage ist deshalb so bedeutend, da eine Delegation im außenwirksamen Bereich ja in der Regel in Form einer Rechtsverordnung erfolgen muss, so dass eine entsprechende Delegation auf eine Gemeinde im Ergebnis dazu führen würde, dass der Gemeinde durch eine Rechtsverordnung neue Kompetenzen und Aufgaben zugewiesen würden. Sofern der oben genannte Gesetzesvorbehalt aber zwingend eine Übertragung von Aufgaben und Kompetenzen an eine Gemeinde im Wege eines Parlamentsgesetzes verlangen würde, wäre eine Zuweisung im Wege einer (Delegations-)Rechtsverordnung nicht ausreichend und somit die Ermächtigung zu einer entsprechenden Delegation unzulässig. Im Folgenden ist daher zu untersuchen, in welcher Form – also ob Rechtsverordnung oder Parlamentsgesetz – staatliche Aufgaben den Gemeinden zugewiesen werden müssen. Hierbei ist danach zu differenzieren, ob die Zuteilung von Aufgaben an die Gemeinden durch ein Bundesgesetz oder durch ein Landesgesetz vorgenommen werden soll. Denn für den Bundesgesetzgeber ergeben sich die Anforderungen an die Zuweisung von Aufgaben an Gemeinden ausschließlich 240 Schmidt-Jortzig / Wolffgang, VerwArch 75 (1984), S. 107 f.; Gern, Deutsches Kommunalrecht, Rn 237.
8 Reinhardt
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
aus Art. 28 II GG, wohingegen sie sich für die jeweiligen Landesgesetzgeber zwar zum einen ebenfalls aus Art. 28 II GG ergeben, daneben aber noch zusätzliche Anforderungen in den jeweiligen Landesverfassungen bestehen241. Ausgehend von dieser Differenzierung ist daher jetzt zu untersuchen, welche Form der Bundesgesetzgeber wählen muss, um Gemeinden Aufgaben und Kompetenzen zuzuteilen. Ausgangspunkt hierfür ist der Art. 28 II GG. Danach kann das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden nur durch Gesetz beschränkt werden. Da jede Zuweisung von staatlichen Kompetenzen an Gemeinden als Einschränkung des Selbstverwaltungsrechts der Gemeinde anzusehen ist242, richtet sich die Zuweisung von Aufgaben an Gemeinden ebenfalls nach Art. 28 II GG. Unter Gesetz im Sinne des Art. 28 II GG versteht man hierbei aber neben dem Parlamentsgesetz auch Rechtsverordnungen243. Folglich kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass einer Gemeinde eine Kompetenz im Wege einer Rechtsverordnung zugewiesen wird244. Für die Möglichkeit einer Delegation auf Gemeinden bedeutet dies, dass es zulässig ist, eine staatliche Behörde durch Bundesgesetz dazu zu ermächtigen, Kompetenzen an eine Gemeinde im Wege einer Delegationsrechtsverordnung zu übertragen. Hierbei spielt es im Übrigen keine Rolle, ob es sich bei dem Deleganten um eine Bundes- oder um eine Landesbehörde handelt. Maßgeblich ist nur, dass sich die Ermächtigung zum Erlass der Delegationsrechtsverordnung in einem Bundesgesetz finden lässt und sich der Erlass dieser Rechtsverordnung daher nach Art. 80 GG richtet245. Im Hinblick auf die Ermächtigung zu einer Delegation von einer Bundesbehörde auf eine Gemeinde ist aber zu berücksichtigen, dass sich eventuell aus den Art. 86 ff. GG ergibt, dass die betreffende Kompetenz nur vom Bund und seinen Organen wahrgenommen werden kann, weshalb eine derartige Delegation aus diesem Grunde unzulässig sein könnte246. Nachdem jetzt festgestellt wurde, welche Form der Bundesgesetzgeber für die Aufgabenzuweisung an eine Gemeinde wählen muss, ist als Nächstes der Frage nachzugehen, welche Anforderungen diesbezüglich für den Landesgesetzgeber be241 Dass die entsprechenden landesverfassungsrechtlichen Anforderungen nicht auch für den Bundesgesetzgeber gelten, folgt aus Art. 31 GG, s. hierzu auch VGH BW, BW VBl. 1968, S. 184 ff. (186). 242 Gern, Deutsches Kommunalrecht, Rn 237. 243 BVerfGE 26, 228 (237); BVerfGE 71, 25 (34); Dreier in Dreier, Art. 28 Rn 108; Gern, Kommunalrecht BW, Rn 41; Nierhaus in Sachs, Art. 28 GG Rn 48 b. 244 Gern, Kommunalrecht BW, Rn 113; Steger in Kunze / Bronner / Katz, § 2 GemO, Rn 26. 245 Gern, Kommunalrecht BW, Rn 113; Steger in Kunze / Bronner / Katz, § 2 GemO, Rn 26. 246 Da diese Problematik eng mit der in Kapitel 2, C. IV. dieser Untersuchung behandelten Problematik der Mischverwaltung zusammenhängt, kann diesbezüglich auf die dort gemachten Ausführungen verwiesen werden.
C. Grenzen aus Sicht des Inhabers der Organisationsgewalt
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stehen. Hierbei ist, wie bereits ausgeführt, neben Art. 28 II GG auch noch die jeweilige Landesverfassung für die Frage einschlägig, ob die Form einer Rechtsverordnung für die Aufgabenzuweisung an eine Gemeinde ausreichend ist247. So folgt etwa für Baden-Württemberg aus Art. 71 III LVerf BW, dass die Kompetenzzuweisung an eine Gemeinde nicht in Form einer Rechtsverordnung erfolgen darf, sondern zwingend in Form eines Parlamentsgesetzes vorgenommen werden muss248. Daher kann der baden-württembergische Landesgesetzgeber auch keine Landesbehörde zu einer Delegation an eine Gemeinde ermächtigen. Eine entsprechende gesetzliche Ermächtigung wäre somit rechtswidrig und daher nichtig. Anders ist es aber etwa in Rheinland-Pfalz. Hier sieht der Art. 48 LVerf RP ausdrücklich vor, dass die Aufgabenzuweisung an eine Gemeinde auch im Wege einer Rechtsverordnung erfolgen kann. Entsprechend könnte hier der Landesgesetzgeber auch eine Landesbehörde zu einer Delegation an eine Gemeinde ermächtigen. Für die Frage, ob der Landesgesetzgeber eine Landesbehörde zu einer Delegation auf Gemeinden ermächtigen kann, ist also letzten Endes immer die jeweilige Landesverfassung maßgeblich. Zusammengefasst bedeutet dies, dass Bundesorgane, von der Problematik der Art. 86 ff. GG einmal abgesehen, grundsätzlich ohne weiteres zu einer Delegation an Gemeinden im Wege einer Rechtsverordnung ermächtigt werden können. Bei Landesbehörden hingegen ist es so, dass diese dann zu einer Delegation an Gemeinden in Form einer Rechtsverordnung ermächtigt werden können, wenn diese Ermächtigung in einem Bundesgesetz ausgesprochen werden soll. Soll die Ermächtigung zur Delegation aber von dem Landesgesetzgeber erteilt werden, kommt es für die Zulässigkeit einer derartigen Delegation darauf an, ob die jeweilige Landesverfassung eine Aufgabenübertragung an Gemeinden im Wege einer Rechtsverordnung zulässt. Zum Abschluss ist noch kurz auf die Frage einzugehen, ob eine Delegation von einer staatlichen Stelle auf eine Gemeinde auch in Form eines Verwaltungsaktes (Singulardelegation) oder in Form einer Verwaltungsvorschrift vorgenommen werden kann. Diesbezüglich ist festzustellen, dass eine Delegation an eine Gemeinde im Wege eines Verwaltungsaktes wegen der hiermit für die Gemeinde verbundenen Beeinträchtigung ihres Selbstverwaltungsrechtes nur dann zulässig ist, wenn hierfür eine gesetzliche Ermächtigung besteht, dass heißt, wenn in der Ermächtigung zur Vornahme der (Singular-)Delegation ausdrücklich eine Delegation an eine Gemeinde vorgesehen wird. Im Gegensatz dazu wird man aber eine Delegation von einer staatlichen Stelle auf eine Gemeinde in Form einer Verwaltungsvorschrift aufgrund des allgemeinen Gesetzesvorbehalts für die Aufgabenzuweisung an Gemeinden in der Regel als unzulässig ansehen müssen249. S. hierzu auch Schmidt-Jortzig / Wolffgang, VerwArch 75 (1984), S. 108 f. Gern, Kommunalrecht BW, Rn 113; Steger in Kunze / Bronner / Katz, § 2 GemO, Rn 26 m. w. N. 249 So ähnlich auch Gern, Kommunalrecht BW, Rn 113. 247 248
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
VI. Grenzen der Delegation in Bezug auf die zu delegierende Kompetenz Grenzen der Delegation können sich auch aus spezifischen Besonderheiten der zu delegierenden Kompetenz ergeben. Das heißt, es ist danach zu fragen, ob es Kompetenzen gibt, die in grundsätzlicher Hinsicht nicht delegierbar sind und bei denen daher auch der Gesetzgeber bzw. die Regierung als Inhaber der Organisationsgewalt keine Ermächtigung zu einer Delegation aussprechen kann. Ein derartiges Delegationsverbot besteht sicherlich bei der Mehrzahl von Kompetenzen, die ihrem Inhaber durch die Verfassung zugewiesen wurden. Denn diesbezüglich wurde bereits zuvor festgestellt250, dass verfassungsrechtlich begründete Kompetenzen nur aufgrund einer verfassungsrechtlichen Ermächtigung delegiert werden dürfen. Daneben gibt es aber auch noch Kompetenzen, die ihrem jeweiligen Inhaber zwar nicht durch die Verfassung erteilt wurden, bei denen sich aber aus der Verfassung und aus sonstigen übergeordneten Grundsätzen ergibt, dass sie nicht delegierbar sein können. So würde z. Bsp. eine Ermächtigung zur Delegation, wonach der Gemeinderat alle oder zumindest einen Großteil seiner Kompetenzen auf eine andere Stelle (egal ob innerhalb oder außerhalb der Gemeinde) übertragen könnte, gegen Art. 28 I 2 GG verstoßen. Denn Art. 28 I 2 GG verlangt, dass das Volk innerhalb der Gemeinde eine aus Wahlen hervorgegangene Vertretung hat. Dies setzt dann aber auch voraus, dass diese Vertretung des Volkes gewisse Kompetenzen und Befugnisse hat, da sie ansonsten nutzlos wäre. Deshalb ist es zwar verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Gemeinderat nach § 39 I und § 44 II GemO BW einige seiner Kompetenzen übertragen kann, aber es war wegen Art. 28 I 2 GG geboten, für bestimmte wichtige Kompetenzen gemäß § 39 II GemO BW ein Delegationsverbot vorzusehen. Entsprechendes gilt für den Kreistag. Auch hier würde eine Norm, die den Kreistag dazu ermächtigen würde, alle oder zumindest seine wichtigsten Kompetenzen zu delegieren, gegen Art. 28 I 2 GG verstoßen. Allgemeingültige Kriterien zu der Frage, welche Kompetenzen nun im einzelnen delegierbar sind und welche nicht, lassen sich aber nicht angeben. Maßgeblich sind vielmehr immer die Eigenarten der jeweiligen Kompetenz und die Besonderheiten des Einzelfalles. Es soll daher hier nur darauf hingewiesen werden, dass es Kompetenzen geben kann, bei denen sich eine Delegation verbietet, und bei denen daher auch der Inhaber der Organisationsgewalt nicht berechtigt ist, eine Ermächtigung zur Delegation auszusprechen. 250
S. hierzu Kapitel 2, A. IV. dieser Untersuchung.
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Im Übrigen handelt es sich hierbei um kein spezifisches Problem der Delegation, sondern die gleichen Fragen würden sich in ähnlicher Form auch dann stellen, wenn der Inhaber der Organisationsgewalt direkt, also ohne Zwischenschaltung einer Delegation, derartige Kompetenzen übertragen wollte. Denn auch hier würde ihm etwa der Art. 28 I 2 GG verbieten, die gesamten Kompetenzen des Gemeinderates einer anderen Stelle zuzuweisen.
VII. Können Beliehene zur Vornahme einer Delegation ermächtigt werden? Fraglich ist, ob Beliehene zur Vornahme einer Delegation ihrer Kompetenzen ermächtigt werden können. Dies ist deshalb problematisch, da – mit Ausnahme der Singulardelegation – jede Delegation aufgrund des in Kapitel 2, B. dieser Untersuchung Gesagten einen Akt der Rechtsetzung darstellt und in Bezug auf Beliehene bzw. Private fraglich ist, ob diese überhaupt rechtsetzend tätig werden können. Somit spitzt sich die Frage, ob es möglich ist, Beliehene zu einer Delegation zu ermächtigen, darauf zu, ob Beliehenen Rechtsetzungsbefugnisse erteilt werden können. Dies wird für die Befugnis zum Erlass von Rechtsverordnungen nahezu einhellig verneint251. Vorab ist aber darauf hinzuweisen, dass sich die Frage nach einem Rechtsetzungsrecht von Beliehenen im Anwendungsbereich des Art. 80 I 1 GG nicht stellt, da sich hier bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift selbst ergibt, dass Private nicht unmittelbar zum Erlass einer Rechtsverordnung ermächtigt werden können. Denn nach Art. 80 I 1 GG können nur die Bundesregierung, ein Bundesminister oder eine Landesregierungen unmittelbar zum Erlass von Rechtsverordnungen ermächtigt werden. Eine direkte Ermächtigung von Privaten zur Vornahme einer Delegation in Form einer Rechtsverordnung ist somit im Bereich des Art. 80 I 1 GG ausgeschlossen. Allerdings stellt sich die Problematik der Ermächtigung zum Erlass einer Delegationsrechtsverordnung an Beliehene im Anwendungsbereich des Art. 80 GG dann, wenn dem Beliehenen im Wege einer Delegation eine Kompetenz zugewiesen wurde, und der Beliehene nun dazu ermächtigt werden soll, seine ihm durch die Delegation zugewiesene Kompetenz im Wege einer Subdelegation nach Art. 80 I 4 GG weiterzuübertragen252. Denn der Kreis der Subdeleganten wird in Art. 80 I 4 GG nicht näher eingeschränkt, so dass hierunter auch Beliehene fallen könnten. Es stellt sich somit die Frage, ob Beliehene im Bereich des Art. 80 GG wenigstens 251 So etwa Nierhaus in Bonner Kommentar, Art. 80 I Rn 259 ff.; Stern, StaatsR II, § 38 III 2; Wolff / Bachof / Stober, Band II, 5. A., § 104 Rn 2; a.A.: Wilke in von Mangoldt / Klein, 2. A., Art. 80 VIII 3; Ramsauer in Alternativkommentar, Art. 80 Rn 46; Krautzberger, S. 33 f. 252 Zur Subdelegation s. Kapitel 2, I. dieser Untersuchung.
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
zur Vornahme einer Subdelegation und somit zum Erlass einer entsprechenden Subdelegationsverordnung ermächtigt werden können. Anders als im Bereich des Bundes nach Art. 80 I 1 GG ist hingegen in den meisten Landesverfassungen der Kreis der Stellen, die zum Erlass einer Rechtsverordnung ermächtigt werden können nicht näher eingeschränkt, und somit grundsätzlich offen253. Das heißt, vom Wortlaut her könnte hier auch Beliehenen ein Recht zum Erlass von Rechtsverordnungen zugebilligt werden. Obwohl also sowohl der Wortlaut des Art. 80 I 4 GG als auch jener der meisten Landesverfassungen eine Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen an Beliehene zulassen würde, wird, wie bereits zu Beginn gesagt, ein derartiges Rechtsetzungsrecht von Beliehenen abgelehnt254. Zur Begründung für diese Auffassung wird angeführt, dass die Rechtsetzung nach dem Grundgesetz ausschließlich dem Staat vorbehalten sei255. Dies soll sich daraus ergeben, dass es sich bei der Rechtsetzung durch Beliehene bzw. Private um etwas derart Besonderes handeln würde, dass ihre Zulässigkeit in der Verfassung irgendwie hätte angedeutet werden müssen, wenn der Verfassungsgeber sie gewollt hätte. Aus dem Schweigen der Verfassung soll daher deren Unzulässigkeit folgen256. Ähnliche Erwägungen werden auch im Bereich der jeweiligen Landesverfassungen vorgebracht und damit auch hier die Unzulässigkeit eines Rechts zum Erlass von Rechtsverordnungen durch Beliehene begründet257. Daneben wird noch angeführt, dass speziell der Art. 80 GG den Kreis der Delegatare und Subdelegatare überschaubar halten wolle, um einer Ausuferung der Verordnungsgebung entgegenzuwirken, weshalb sich auch unter diesem Gesichtspunkt eine Ermächtigung von Beliehenen zum Erlass einer Rechtsverordnung verbieten soll258. Dieser Auffassung kann sicher insoweit zugestimmt werden, als es um den Erlass von gewöhnlichen Rechtsverordnungen geht, bei denen der Verordnungsgeber bzgl. des Inhalts der Rechtsverordnung einen eigenen Spielraum besitzt, wie etwa bei einer Polizeiverordnung o.ä.. Bei derartigen Rechtsverordnungen, durch die dem Bürger eventuell sogar noch Pflichten auferlegt oder bestehende Rechte gegenüber dem Staat beschnitten werden, kann man Beliehenen kein Rechtsetzungsrecht zubilligen. Im Übrigen besteht hierzu auch gar kein Bedürfnis. Denn die Ge253 S. hierzu etwa Art. 61 LVerf BW, Art. 110 LVerf RP; anders aber etwa in Art. 55 Nr. 2 LVerf Bayern, obwohl auch hier anerkannt ist, dass der Kreis der Verordnungsgeber entgegen dem Wortlaut der Vorschrift nicht auf die Staatsregierung beschränkt ist, s. hierzu Meder, Art. 55 Rn 11. 254 S. hierzu die Nachweise bei Fn 251. 255 Wolff / Bachof / Stober, Band II, 5. A., § 104 Rn 2; die Zulässigkeit der Beleihung im Bereich der Verwaltung folgt hingegen mittelbar aus Art. 33 IV GG, s. Wolff / Bachof / Stober a. a. O. 256 Stern, StaatsR II, § 38 III 2. 257 S. etwa für BW Braun, Art. 61 Rn 12, für RP s. Franke in Grimm / Caesar, Art. 110 Rn 25. 258 Nierhaus in Bonner Kommentar, Art. 80 I Rn 259.
C. Grenzen aus Sicht des Inhabers der Organisationsgewalt
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sichtspunkte, die im Bereich der Verwaltung eine Beleihung zum Teil unumgänglich machen, wie etwa, sich die besonderen Kenntnisse der Privatperson bei der Ausführung der Gesetze zunutze zu machen usw.259, können so nicht auch für die Rechtsetzung herangezogen werden. Denn der besondere Sachverstand des Privaten kann im Rahmen der Rechtsetzung auch dadurch berücksichtigt werden, dass man den Privaten als Sachverständigen o.ä. vor Erlass der Rechtsverordnung anhört. Eine Beleihung im Bereich der Rechtsetzung ist daher nicht derart unentbehrlich wie im Bereich der Verwaltung. Anders könnte es aber bezüglich einer Delegationsrechtsverordnung sein, sofern dem Beliehenen bezüglich des Inhalts der Verordnung kein eigener Entscheidungsspielraum mehr zusteht, also die zu delegierende Kompetenz und der Adressat der Delegation bereits vom Gesetzgeber vorgegeben werden, und der Delegant somit nur noch über das „ob“ der Delegation entscheiden kann260. In diesem Fall müsste dann zwar das „ob“ der Delegation auch im Wege einer Rechtsverordnung erfolgen261, aber da der Delegant ansonsten keinen eigenen Entscheidungsspielraum hätte, könnte man zum Erlass einer derartigen Rechtsverordnung auch einen Beliehenen ermächtigen. Für die Befugnis zum Erlass einer Delegationsrechtsverordnung durch einen Beliehenen spricht hierbei vor allem, dass auch bei Beliehenen ein Bedürfnis dahingehend bestehen kann, sich von den ihnen zugewiesenen Kompetenzen zu entlasten, um hierdurch eine sachgerechte und effektive Ausübung der betreffenden Kompetenz zu gewährleisten. Daher muss dem Inhaber der Organisationsgewalt die Möglichkeit zukommen, Beliehene zur Vornahme einer Delegation zu ermächtigen, sofern er dies für geboten hält. Die gegen ein Recht des Beliehenen zum Erlass von Rechtsverordnungen vorgebrachten Bedenken, wie etwa Ausuferung der Verordnungsgebung o.ä., würden in so einem Fall nicht greifen, weil dem Beliehenen bezüglich des Inhalts der Rechtsverordnung kein eigener Entscheidungsspielraum zustehen würde. Und wegen des Fehlens eines eigenen Entscheidungsspielraumes in Bezug auf den Inhalt der Delegationsrechtsverordnung kann man auch darüber hinwegsehen, dass sich im Grundgesetz keine Anhaltspunkte für ein Rechtsetzungsrecht von Beliehenen finden lassen. Denn der materielle Inhalt der Regelung wird in diesem Fall ja gerade nicht von dem Beliehenen, sondern vom Gesetzgeber festgelegt. Im Ergebnis bedeutet dies, dass Beliehene dann zu einer (Sub)Delegation in Form einer Rechtsverordnung ermächtigt werden dürfen, wenn die zu delegierende Kompetenz und der Adressat der Delegation durch Gesetz festgelegt werden und der delegierende Beliehene nur noch über das „ob“ der Delegation selbständig entscheiden kann. 259 Zu den vielfältigen Zwecken einer Beleihung s. Wolff / Bachof / Stober, Band II, 5. A., § 104 Rn 1. 260 Genau genommen würde es sich hierbei dann um einen Fall der potentiellen Zuständigkeit handeln, s. hierzu näher Kapitel 2, J. dieser Untersuchung. 261 Str., s. hierzu näher Kapitel 2, J. dieser Untersuchung.
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
Entsprechend verhält es sich bei der Frage, ob Beliehene zu einer Delegation in Form einer Verwaltungsvorschrift ermächtigt werden können. Da auch der Erlass von Verwaltungsvorschriften ein Akt der Rechtsetzung ist262, ist auch hier von dem Grundsatz auszugehen, dass Beliehene dann keine Verwaltungsvorschriften erlassen dürfen, wenn sie hierbei auch auf den Inhalt der Verwaltungsvorschrift Einfluss nehmen sollen. Denn für ein derartiges Recht zum Erlass von Verwaltungsvorschriften finden sich im Grundgesetz keine Anhaltspunkte. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass Verwaltungsvorschriften keine unmittelbare Außenwirkung haben und daher der Erlass von Verwaltungsvorschriften durch Beliehene eher akzeptiert werden könnte als der Erlass von Rechtsverordnungen. Denn über den Grundsatz der Selbstbindung kann Verwaltungsvorschriften eine (mittelbare) Außenwirkung zukommen, die der einer unmittelbar im Außenverhältnis geltenden Rechtsverordnung fast gleichkommt. Es wäre daher widersprüchlich, Beliehenen zwar das Recht zum Erlass von Rechtsverordnungen zu versagen, ihnen aber das Recht zum Erlass von Verwaltungsvorschriften zuzugestehen263. Sofern jedoch im Falle einer Delegation von Kompetenzen der Inhalt der Delegationsverwaltungsvorschrift bereits derart festgelegt ist, dass der Beliehene nur noch über das „ob“ der Delegation entscheiden darf, wird man ihm auch aus den selben Gründen wie bei der Rechtsverordnung die Befugnis zum Erlass einer Delegationsverwaltungsvorschrift zugestehen müssen. Zusammenfassend kann man daher festhalten, dass Beliehene nur eingeschränkt zur Vornahme einer Delegation in Form einer Rechtsverordnung bzw. Verwaltungsvorschrift ermächtigt werden können. Zulässig ist eine entsprechende Ermächtigung nur, wenn der genaue Inhalt der Delegation durch Gesetz bzw. Verwaltungsvorschrift festgelegt ist und der Beliehene somit nur noch darüber eigenständig entscheiden kann, ob er delegieren will oder nicht.
262 Dies ergibt sich daraus, dass auch Verwaltungsvorschriften Bindungswirkung für ihren Adressaten zukommt und sie somit als Rechtsnormen anzusehen sind, s. hierzu Maurer, § 24 Rn 3. 263 Sollte sich einmal eine Situation ergeben, in der ein Beliehener ein Interesse am Erlass einer Verwaltungsvorschrift hat, muss er sich daher an seine ihm übergeordnete staatliche Behörde wenden und diese um den Erlass einer entsprechenden Verwaltungsvorschrift ersuchen.
D. Grenzen aus der Sicht des Deleganten
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D. Grenzen der Delegation aus der Sicht des Deleganten I. Allgemeines zu den Grenzen der Delegation aus Sicht des Deleganten Nachdem zuvor in Kapitel 2, C. dieser Untersuchung dargelegt wurde, welche Beschränkungen dem Inhaber der Organisationsgewalt im Hinblick auf den Erlass einer Delegationsermächtigung auferlegt sind, ist als Nächstes zu untersuchen, welche Grenzen für den Deleganten bei Vornahme der Delegation bestehen. Die Frage nach derartigen Grenzen für den Deleganten kann sich aber natürlich nur dann stellen, wenn dem Deleganten bei Vornahme der Delegation überhaupt ein eigener Entscheidungsspielraum zukommt. Ein derart eigener Spielraum des Deleganten ist in zweierlei Hinsicht denkbar. Zum einen wird der Delegant in der Regel einen eigenen Spielraum dahingehend haben, ob er überhaupt eine Delegation vornehmen will oder nicht. Zum anderen hat der Delegant dann noch zusätzlich einen eigenen Spielraum bei Vornahme der Delegation, wenn in der Delegationsermächtigung keine bestimmte Stelle als Adressat der Delegation genannt ist, wenn also der Kreis der potentiellen Delegatare mehr oder weniger offen ist. Ein Beispiel für eine Delegationsermächtigung mit einem offenen Kreis der Delegatare bildet etwa der § 203 I BauGB, wonach die Landesregierung ihre dort aufgeführten Kompetenzen schlicht auf eine „von ihr bestimmte Behörde“ übertragen kann. Hier kann die Landesregierung somit selbst bestimmen, auf welche Behörde sie ihre Kompetenz delegieren will, und hat daher diesbezüglich auch einen eigenen Spielraum. Im Folgenden ist jetzt zu untersuchen, ob und gegebenenfalls inwieweit dieser dem Deleganten im Hinblick auf das „ob“ der Delegation und im Hinblick auf den Adressaten der Delegation zukommende Entscheidungsspielraum eingeschränkt ist. Im Rahmen der Untersuchung dieser Problematik muss man sich den Sinn der Delegation vergegenwärtigen. Die Delegation soll dem Deleganten die Möglichkeit geben, sich von bestimmten Aufgaben zu entlasten und hierdurch eine effektive und sachgerechte Wahrnehmung dieser Aufgaben sicherstellen264. Das heißt, sofern der Delegant nicht über genügend Kapazitäten wie etwa Personal o.ä. verfügt oder wenn er nicht die erforderliche Sachkunde oder Sachnähe besitzt bzw. wenn er der Auffassung ist, dass es Stellen gibt, die für die Wahrnehmung der betreffenden Kompetenz besser geeignet sind, dann soll ihm die Möglichkeit offen stehen, die Wahrnehmung der betreffenden Kompetenz einer anderen Stelle anzu264 Kluth in Wolff / Bachof / Stober, VrwR III, 5. A., § 84 Rn 68; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 118, wonach die Delegation einen wichtigen Beitrag zu einer effektiven und sachnahen Verwaltung leistet.
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
vertrauen, damit dort die Kompetenz weiterhin ordnungsgemäß oder gar besser als bisher ausgeübt werden kann265. Leitgedanke für die Vornahme einer Delegation soll daher in der Regel sein, dass die delegierte Kompetenz durch die Delegation besser oder wenigstens genauso gut wie durch den Deleganten ausgeübt wird. Hieran muss sich der Delegant orientieren. Er darf daher im Normalfall keine Delegation vornehmen, bei der für ihn erkennbar ist, dass die delegierte Kompetenz hierdurch schlechter bzw. weniger effektiv als bisher wahrgenommen wird. Klärungsbedürftig ist in diesem Zusammenhang aber, wann man von einer Verbesserung bzw. von einer Verschlechterung in der Ausübung der betreffenden Kompetenz sprechen kann. Eine Verbesserung in der Wahrnehmung der delegierten Kompetenz liegt u. a. vor, wenn die Kompetenz von dem Delegatar schneller bzw. mit weniger Aufwand wahrgenommen werden kann266. Ebenso kann man von einer Verbesserung sprechen, wenn der Delegatar die delegierte Kompetenz bürgerfreundlicher wahrnehmen kann, etwa, weil er für den Bürger leichter zu erreichen ist267. Von einer Verschlechterung in der Wahrnehmung der delegierten Kompetenz kann man hingegen sprechen, wenn bei dem Delegatar das Risiko einer rechtswidrigen Maßnahme deutlich höher wäre als bei dem Deleganten. Dies wäre z. Bsp. dann der Fall, wenn der Delegatar aufgrund seiner Ausstattung nicht in der Lage wäre, die delegierte Kompetenz ordnungsgemäß wahrzunehmen, etwa weil die Aufgaben, die er im Rahmen seiner regulären Zuständigkeit auszuüben hat, nichts mit der delegierten Kompetenz gemeinsam haben268. Man wird daher für die Vornahme einer Delegation in der Regel verlangen müssen, dass zwischen der delegierten Kompetenz und dem Aufgabenbereich des Delegatars ein sachlicher Zusammenhang besteht269. 265 Diese Grundsätze wurden in § 88 SGB X für die Vornahme eines Mandats sogar gesetzlich festgeschrieben. Danach soll ein entsprechendes Mandat nur zulässig sein, wenn die Mandatierung zweckmäßig ist. Eine derartige Zweckmäßigkeit setzt voraus, dass der Mandatar von seiner Ausstattung her für die Wahrnehmung der betreffenden Aufgaben geeignet ist und dass die Wahrnehmung der betreffenden Kompetenz durch das Mandat verbessert wird; auf keinen Fall dürfe es durch das Mandat zu einer Verschlechterung kommen, s. hierzu Knopp in Gesamtkommentar, § 88 SGB X Rn 1, 9. 266 Ähnliche Erwägungen gelten auch bei dem Mandat nach § 88 SGB X, s. hierzu Knopp in Gesamtkommentar, § 88 SGB X, Rn 1, 9. 267 Zu ähnlichen Erwägungen bei dem Mandat nach § 88 SGB X, s. Knopp in Gesamtkommentar, § 88 SGB X, Rn 1, 9. 268 So ist z. Bsp. für den Bereich des Mandats nach § 88 SGB X anerkannt, dass zwischen dem Aufgabenbereich des Mandanten und dem des Mandatars ein sachlicher Zusammenhang gegeben sein muss, s. hierzu Knopp in Gesamtkommentar, § 88 SGB X, Rn 1, 9. 269 An einem derartigen sachlichen Zusammenhang würde es z. Bsp. fehlen, wenn in Baden-Württemberg die Landesregierung ihre ihr nach § 203 I BauGB zustehende Kompetenz auf das Landesamt für Besoldung und Versorgung übertragen würde (vom Wortlaut der Vorschrift her wäre dies zulässig!). Denn das Landesamt für Besoldung und Versorgung hat einen Aufgabenbereich, der mit der nach § 203 I BauGB zu delegierenden Kompetenz überhaupt nichts gemeinsam hat.
D. Grenzen aus der Sicht des Deleganten
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Insoweit kommt auch hier wieder die in Kapitel 2, A. II. dieser Untersuchung dargelegte Schutzfunktion der Zuständigkeitsordnung zum Tragen. Denn danach weist der Gesetzgeber Zuständigkeiten deshalb bestimmten Stellen zu, da diese ihm aufgrund ihrer Ausstattung zur Wahrnehmung der betreffenden Kompetenz am besten geeignet erscheinen. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass die entsprechende Kompetenz am besten und am effektivsten wahrgenommen und somit auch das Risiko einer fehlerhaften und rechtswidrigen Maßnahme verringert wird. Insofern wird man davon ausgehen müssen, dass wenn der Gesetzgeber (oder der sonstige Inhaber der Organisationsgewalt) einer Stelle eine Kompetenz zuweist, und hierdurch zum Ausdruck bringt, dass er sie hierfür als geeignet ansieht, ihr aber zugleich auch die Befugnis gibt, diese Kompetenz an irgendeine andere Stelle im Wege einer Delegation weiterzuübertragen, er dann damit nicht zum Ausdruck bringen will, dass es ihm gleichgültig ist, wer die betreffende Kompetenz wahrnimmt, sondern er trotzdem daran festhalten will, dass die betreffende Kompetenz nur von einer hierfür geeigneten Stelle wahrgenommen werden soll. Folglich wird man jede Ermächtigung zur Vornahme einer Delegation dahingehend verstehen müssen, dass die Delegation nur dann zulässig sein soll, wenn sie nicht zu einer derartigen Verschlechterung in der Wahrnehmung der betreffenden Kompetenz führt, dass diese nach der Delegation nicht mehr ordnungsgemäß wahrgenommen werden kann. Nur unter dieser Prämisse ist überhaupt verständlich, weshalb das Institut der Delegation mit dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Zuständigkeitsregelungen vereinbar ist. Denn wenn man der Ansicht ist, dass nur die zuständige Behörde aufgrund ihrer Ausstattung eine größtmögliche Gewähr für die Rechtmäßigkeit der von ihr getroffenen Maßnahmen bietet, und daher nur die zuständige Behörde die betreffende Kompetenz wahrnehmen darf, dann müsste man an sich auch der Auffassung sein, dass jede Übertragung von Kompetenzen von der zuständigen und hierfür ausgestatteten Behörde an eine andere Stelle unzulässig sein muss270. Denn warum soll die für die Wahrnehmung einer Kompetenz ausgestattete und befähigte Behörde ihre Kompetenz auf eine Stelle übertragen dürfen, die für die Ausübung dieser Kompetenz vielleicht gar nicht ausgestattet ist? Dies macht nur dann einen Sinn, wenn die ordnungsgemäße Wahrnehmung der Kompetenz trotz Delegation gewährleistet ist, ja eventuell vielleicht sogar noch verbessert werden kann, etwa, weil auch der Delegatar aufgrund seiner Ausstattung oder Sachnähe zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der betreffenden Kompetenzen geeignet ist, oder weil der Delegant aus welchen Gründen auch immer eine ordnungsgemäße Ausübung der Kompetenz nicht mehr gewährleisten kann. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass die Frage, ob eine Delegation unter Zugrundelegung des oben genannten Leitgedankens zulässig ist, auch in hohem Maße von der zu delegierenden Kompetenz abhängt. Maßgeblich 270 Quasi genauso, wie ja auch das Handel einer unzuständigen Behörde unzulässig ist und daher zur Rechtswidrigkeit der von ihr getroffenen Maßnahmen führt.
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
ist insoweit, ob die betreffende Kompetenz zu einem Handeln oder gar zu einem Eingriff gegenüber dem Bürger berechtigt, und ob die Wahrnehmung der Kompetenz einen bestimmten Sachverstand oder eine bestimmte Ausstattung voraussetzt. Denn die dem Bürger gegenüber bestehende Verpflichtung der Verwaltung aus Art. 1 III, 20 III GG zu gesetzmäßigem Handeln unter Beachtung der Grundrechte und die Bedeutung der handelnden Behörde für die Gesetzmäßigkeit des Verwaltungshandelns verlangen, dass bei einer Delegation von Kompetenzen zum Handeln gegenüber dem Bürger größere Sorgfalt hinsichtlich der Auswahl des Delegatars geboten ist, als etwa bei einer Kompetenz, durch deren Wahrnehmung der Bürger überhaupt nicht betroffen wird. Denn es ist evident, dass durch die Auswahl einer inkompetenten Behörde das Risiko des Bürgers, mit einem rechtswidrigen Handeln der Verwaltung belastet zu werden, deutlich erhöht werden würde271. Insofern wird man sagen können, dass als Annex zu der aus Art 1 III, 20 III GG folgenden Verpflichtung zur Ausstattung der zuständigen Behörde im Falle einer Delegation die Verpflichtung des Deleganten folgt, die Delegation gegenüber einer Stelle vorzunehmen, die zur Wahrnehmung der delegierten Kompetenz auch in der Lage ist. Ebenso wird man davon ausgehen müssen, dass bei einer Kompetenz zum Handeln bzw. Eingreifen gegenüber dem Bürger die an sich zuständige Behörde trotz Befugnis zur Delegation ihre Kompetenz nicht einfach so wird abgegeben können. Denn die zuständige Behörde wird in der Regel aufgrund ihrer Ausstattung und aufgrund der lang andauernden Wahrnehmung der betreffenden Kompetenz diesbezüglich einen Sachverstand und eine Befähigung haben, die eine „neue“ Behörde so nicht hat272. Das heißt, durch jede Kompetenzübertragung an eine neue, noch nicht „eingespielte“ Stelle steigt auch vorübergehend das Risiko, dass die entsprechende Kompetenz fehlerhaft wahrgenommen wird. Insofern wird man bei Kompetenzen, die zum Handeln oder gar Eingreifen gegenüber dem Bürger berechtigen, verlangen müssen, dass es sachliche Gründe für die Vornahme der Delegation gibt. Derartige sachliche Gründe könnten etwa darin liegen, dass der Delegant wegen mangelnder Kapazitäten oder fehlender Sachnähe die Kompetenz nicht (mehr) ordnungsgemäß ausüben kann bzw. dass eine 271 Zwar würde aufgrund des in Kapitel 2, A. dieser Untersuchung Gesagten bei der Delegation einer Kompetenz an eine „inkompetente“ Behörde aus Art. 1 III, 20 III GG die Pflicht folgen, diese Behörde nun für die Wahrnehmung dieser Kompetenz auszustatten, sprich ihr das entsprechend ausgebildete Personal und eventuell erforderliche Sachmittel zukommen zu lassen, doch wäre die Behörde auch bereits dann zur Wahrnehmung der betreffenden Kompetenz befugt, wenn sie noch nicht ordnungsgemäß ausgestattet wäre. Insofern würde durch eine Delegation an eine „inkompetente“ Behörde die Gefahr bestehen, dass eine Behörde für die Wahrnehmung einer Kompetenz zuständig ist, für deren Wahrnehmung sie in keiner Weise geeignet ist. 272 Dies gilt aber natürlich nur dann, wenn der Delegant die betreffende Kompetenz vor der Delegation auch über längere Zeit ausgeübt hat. Sofern er die Kompetenz selbst noch nicht wahrgenommen hat, wird man bezüglich der Vornahme der Delegation unter diesem Gesichtspunkt großzügiger sein können.
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andere Stelle dies einfach besser, sprich schneller, einfacher, effektiver oder bürgernäher könnte. Entsprechend verhält es sich in Bezug auf Kompetenzen, deren Wahrnehmung einen bestimmten Sachverstand oder eine bestimmte Ausstattung voraussetzen273. Denn hierdurch wird natürlich der Kreis der Stellen, die als Delegatare für die Wahrnehmung dieser Kompetenzen in Frage kommen, eingegrenzt. Und da es bei derart speziellen Kompetenzen in der Regel auch hier so sein wird, dass der Delegatar diese Kompetenz aufgrund mangelnder Erfahrung nicht gleich von Anfang an wird sicher wahrnehmen können, wird man auch bei derartigen Kompetenzen für die Vornahme der Delegation, trotz Vorliegens einer Ermächtigung zur Delegation, noch zusätzlich sachliche Gründe verlangen müssen. Das heißt, je mehr die delegierte Kompetenz zu einem Eingriff gegenüber dem Bürger ermächtigt bzw. je mehr die Wahrnehmung dieser Kompetenz einen bestimmten Sachverstand oder eine bestimmte Ausstattung verlangt, umso strengere Anforderungen wird man hinsichtlich des „ob“ der Delegation und des „an wen“ stellen müssen. Umgekehrt wird man bezüglich der Delegation aber umso großzügiger sein können, je einfacher die delegierte Kompetenz auch von anderen Stellen ausgeübt werden kann und je weniger die Rechtsstellung des Bürgers hiervon betroffen ist. Insofern wird man etwa bei § 203 I BauGB im Hinblick auf das „ob“ und das „an wen“ der Delegation der Landesregierung als Delegant einen relativ großen Spielraum zubilligen können, da die Wahrnehmung der delegierten Kompetenz hier an sich keinen besonderen Sachverstand und somit auch keine besondere Ausstattung erfordert, und die Kompetenz daneben auch nicht zu einem Handeln gegenüber dem Bürger ermächtigt. Die bisherigen Ausführungen zusammenfassend kann man daher festhalten, dass der Gestaltungsspielraum des Deleganten bei Vornahme der Delegation in erster Linie von der zu delegierenden Kompetenz abhängig ist. Für die Frage des „ob“ der Delegation und des diesbezüglichen Spielraumes des Deleganten bedeutet dies, dass dieser in der Regel eine Delegation nur dann vornehmen darf, wenn er die betreffende Kompetenz etwa wegen fehlender Kapazitäten o.ä. nicht selbst ordnungsgemäß wahrnehmen kann. Je mehr aber hierbei die betreffende Kompetenz zu einem Handeln oder Eingreifen gegenüber dem Bürger berechtigt, umso strengere Anforderungen sind dann hinsichtlich des Entlastungsinteresses des Deleganten zu stellen. Je unbedenklicher hingegen die Wahrnehmung der Kompetenz auch durch andere Stellen ist, und je weniger sie zu einem Handeln gegenüber dem Bürger berechtigt, umso großzügiger wird man im Hin273 So erfordert etwa die Wahrnehmung von polizeilichen Kompetenzen bzw. sonstigen Kompetenzen zur Gefahrenabwehr einen besonderen Sachverstand hinsichtlich der Beurteilung von Gefahrenlagen. Eine Stelle, die über einen derartigen Sachverstand nicht verfügt, könnte daher eine entsprechende Kompetenz kaum ordnungsgemäß wahrnehmen.
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
blick auf das Entlastungsinteresse des Deleganten sein können. Bei bestimmten Kompetenzen kann eventuell sogar ganz auf ein spezielles Entlastungsinteresse des Deleganten verzichtet werden274. Ähnlich verhält es sich mit der Frage, an wen der Delegant delegieren kann, sofern ihm diesbezüglich ein eigener Spielraum zusteht. Hier wird man sagen müssen, dass der Delegant sich immer Stellen aussuchen muss, die zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der delegierten Kompetenz in der Lage sind275. Und auch hier gilt, je schwieriger die Wahrnehmung der betreffenden Kompetenz ist, sprich, je mehr speziellen Sachverstand sie erfordert, und je mehr die Kompetenz die Befugnis zu einem Handeln oder Eingreifen gegenüber dem Bürger gewährt, umso strengere Anforderungen sind im Hinblick auf die Auswahl des Delegatars zu stellen. Umgekehrt ist es aber auch hier so, dass, je einfacher die delegierte Kompetenz wahrgenommen werden kann, und je weniger sie zu einem Handeln gegenüber dem Bürger berechtigt, man den Spielraum des Deleganten bei der Auswahl des Delegatars umso großzügiger fassen müssen wird. Als Ergebnis kann man somit festhalten, dass dem Deleganten hinsichtlich des „ob“ und des „an wen“ der Delegation ein Entscheidungsspielraum zukommt, dessen Umfang je nach Art der zu delegierenden Kompetenz variiert.
II. Rechtsfolgen und Rechtsschutzmöglichkeiten für den Bürger, wenn der Delegant den ihm eingeräumten Spielraum verletzt Nachdem jetzt festgestellt wurde, welche Grenzen der Delegant bei Vornahme der Delegation einhalten muss, ist als Nächstes der Frage nachzugehen, welche Folgen es nach sich zieht, wenn er diese Grenzen überschreitet und vor allem, welche Rechtsschutzmöglichkeiten dem Bürger in einem solchen Fall zustehen276. 274 So wird man z. Bsp. für § 203 I BauGB kein besonderes Entlastungsinteresse der Landesregierung verlangen müssen, da das Interesse der Landesregierung an einer Delegation aufgrund der vielen Aufgaben, die einer Landesregierung obliegen, evident ist. Das heißt, die Landesregierung muss nicht noch speziell nachweisen, dass sie die nach § 203 I BauGB delegierte Kompetenz nicht auch selbst wahrnehmen könnte. Entsprechendes gilt auch für den Bundespräsidenten in Bezug auf Art. 60 III GG. 275 Diesbezüglich gilt aber, dass der Delegant sich keine Stelle für die Delegation aussuchen darf, zu deren Delegation ihn der Inhaber der Organisationsgewalt aufgrund des in Kapitel 2, C. dieser Untersuchung Gesagten nicht ermächtigen dürfte. Das heißt, sofern der Inhaber der Organisationsgewalt den Deleganten aufgrund des in Kapitel 2, C. dieser Untersuchung Gesagten nicht zu einer Delegation an eine bestimmte Stelle ermächtigen darf, kann der Delegant im Falle einer offenen Delegationsermächtigung an eine derartige Stelle auch keine Kompetenzübertragung vornehmen. Die dem Inhaber der Organisationsgewalt im Hinblick auf die Delegationsermächtigung obliegenden Grenzen gelten demnach auch für den Deleganten. 276 Zu den Rechtsschutzmöglichkeiten gegen eine Delegation im Allgemeinen s. Kapitel 2, K. dieser Untersuchung.
D. Grenzen aus der Sicht des Deleganten
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Diesbezüglich ist danach zu unterscheiden, in welcher Form die Delegation vorgenommen wird. Erfolgt die Delegation im Wege einer Verwaltungsvorschrift, stehen dem Bürger im Falle einer Überschreitung der dem Deleganten gesetzten Grenzen keine Rechtsschutzmöglichkeiten offen. Dies ergibt sich daraus, dass Verwaltungsvorschriften keine Außenwirkung haben und der Bürger sich somit grundsätzlich nicht gegen Verwaltungsvorschriften zur Wehr setzen kann277. Anders ist es, wenn die Delegation in Form eines Verwaltungsaktes (Singulardelegation) vorgenommen wird. Hier muss man den dem Deleganten in der Ermächtigung zur Delegation gegebenen Spielraum als Einräumung eines Beurteilungsbzw. Ermessensspielraums im Hinblick auf die Vornahme der Delegation ansehen. Für den Fall, dass der Delegant diesen Spielraum verletzt, liegt somit ein Beurteilungs- bzw. Ermessensfehler vor, der zur Folge hat, dass der Verwaltungsakt, durch den die Delegation vorgenommen wird, als rechtswidrig anzusehen ist. Der Bürger könnte sich somit, sofern kein Fall des § 44a VwGO gegeben ist, im Wege einer Anfechtungsklage gegen eine ihm gegenüber erfolgte Delegation zur Wehr setzen278. Problematisch ist die Frage des Rechtsschutzes für den Bürger aber in den Fällen, in denen die Delegation im Wege einer Rechtsverordnung vorgenommen wird. Denn hier ist fraglich, ob der dem Deleganten eingeräumte Spielraum im Hinblick auf den Erlass und den Inhalt der Delegationsrechtsverordnung überhaupt gerichtlich überprüfbar ist bzw. ob eine Verletzung dieses Spielraums irgendwelche Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der Delegationsrechtsverordnung hätte. Hierbei handelt es sich aber um kein spezifisches Problem einer Delegationsrechtsverordnung, sondern es geht um das ganz allgemeine Problem der Gestaltungsfreiheit des Verordnungsgebers und ihrer gerichtlichen Überprüfbarkeit279. Anerkannt ist in diesem Zusammenhang, dass das Ermessen des Verordnungsgebers im Hinblick auf Erlass und Inhalt der Rechtsverordnung in keiner Weise mit dem Ermessen der Verwaltung vergleichbar ist, dass also zwischen beiden Ermessensarten grundlegende Unterschiede bestehen, weshalb die für das Verwaltungsermessen geltenden Grundsätze auf das Ermessen des Verordnungsgebers nicht anwendbar sind280. Anerkannt ist ebenso, dass sich der Verordnungsgeber bei Ausübung seines Ermessens an der Ermächtigungsgrundlage zum Erlass der Rechtsverordnung orientieren muss und er hierbei primär die mit der Ermächtigung zum Erlass der Rechtsverordnung verbundene Zielsetzung zu beachten hat281. S. hierzu näher Kapitel 2, K. dieser Untersuchung. S. hierzu näher Kapitel 2, K. II. dieser Untersuchung. 279 S. hierzu ganz allgemein Nierhaus in Bonner Kommentar, Art. 80 I GG, Rn 330 ff.; Schenke, Agrarrecht 1990, S. 40 f.; von Danwitz, S. 164 ff. m. w. N. von Lit. und Rspr. 280 Nierhaus in Bonner Kommentar, Art. 80 I GG, Rn 334 ff.; Schenke, Agrarrecht 1990, S. 40. 281 Nierhaus in Bonner Kommentar, Art. 80 I GG, Rn 336, 358. 277 278
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
Insofern wird man davon ausgehen können, dass der Verordnungsgeber dann seinen Gestaltungsspielraum verletzt hat, wenn die von ihm erlassene Rechtsverordnung nicht mehr mit der Zielsetzung der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage vereinbar ist, sprich, dass sie etwa auf sachfremden Erwägungen beruht, oder dass sie sich als objektiv sachwidrig und fehlerhaft darstellt282. In einem solchen Fall wird man dann den Entscheidungsspielraum des Verordnungsgebers auch einer gerichtlichen Kontrolle unterziehen können, bzw. wird man eine Rechtsverordnung, bei der eine derartige Verletzung des betreffenden Gestaltungsspielraums vorliegt, unter Umständen als nichtig ansehen müssen283. Speziell für den Gestaltungsspielraum des Deleganten bei Erlass einer Delegationsrechtsverordnung hat das folgende Konsequenzen: Zielsetzung der Ermächtigung zu einer Delegation ist, dass der Delegant sich, sofern bei ihm ein entsprechendes Bedürfnis besteht, von der Wahrnehmung einer bestimmten Kompetenz entlasten und mit deren Ausübung eine Stelle betrauen kann, bei der die ordnungsgemäße Wahrnehmung der betreffenden Kompetenz weiterhin gewährleistet ist. Von dieser Zielsetzung muss sich der Delegant somit bei Erlass der Delegationsrechtsverordnung leiten lassen. Sofern er diese Zielsetzung in einem groben Maße verfehlt, wird man eine derart schwere Verletzung seines Gestaltungsspielraums annehmen müssen, dass die Delegationsrechtsverordnung nichtig ist und der Bürger dies auch gerichtlich geltend machen kann. Fraglich ist somit nur noch, wann man von einer groben Verfehlung der mit der Ermächtigung zur Delegation verbundenen Zielsetzung ausgehen kann. Dies hängt aufgrund des zuvor Gesagten in nicht unerheblichem Maße von der delegierten Kompetenz ab. Je mehr die Wahrnehmung dieser Kompetenz einen bestimmten Sachverstand und eine bestimmte Ausstattung der Behörde erfordert bzw. je mehr sie zu einem Handeln gegenüber dem Bürger berechtigt, umso enger ist aufgrund des zuvor Gesagten der Entscheidungsspielraum des Deleganten und umso eher wird man bei Verletzung dieses Spielraums auch von einer groben Verfehlung der Zielsetzung der Delegationsermächtigung sprechen können284. Wenn also etwa der Delegant bei einer derart „sensiblen“ Kompetenz eine Delegation vornehmen würde, obwohl bei ihm überhaupt kein Entlastungsbedarf bestünde285 und er daneben zur Wahrnehmung dieser Kompetenz auch noch besser geeignet wäre als der DeleNierhaus in Bonner Kommentar, Art. 80 I GG, Rn 358. So ähnlich auch Nierhaus in Bonner Kommentar, Art. 80 I GG, Rn 358. 284 Es ist also nicht ausreichend, dass der Delegant nur den ihm eingeräumten Spielraum überschreitet, daneben muss vielmehr noch eine grobe Verfehlung der Zielsetzung der Delegationsermächtigung bestehen; dass heißt, nicht jede Verletzung des Gestaltungsspielraumes zieht die Unwirksamkeit der Delegationsrechtsverordnung nach sich. Trotzdem ist der Delegant natürlich auch dann zur Einhaltung des ihm eingeräumten Spielraumes verpflichtet, wenn die Verletzung dieses Spielraumes mangels groben Verstoßes gegen die mit der Delegationsermächtigung verbundene Zielsetzung nicht zur Rechtswidrigkeit der Delegationsrechtsverordnung führt. 285 So etwa, wenn der Delegant die betreffende Kompetenz nur deshalb delegieren würde, weil ihm deren Wahrnehmung lästig oder aus sonstigen Gründen unangenehm ist. 282 283
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gatar, so dass die Delegation eine deutliche Verschlechterung in der Ausübung der delegierten Kompetenz zur Folge hätte, dann würde eine grobe Verfehlung der Zielsetzung der Delegationsermächtigung vorliegen. Denn das Fehlen eines billigenswerten Entlastungsinteresses und die Verschlechterung in der Kompetenzwahrnehmung bei derart „sensiblen“ Kompetenzen widerspricht mit Sicherheit in hohem Maße dem Willen des Gesetzgebers. Entsprechend würde es sich verhalten, wenn der Delegant bei einer Kompetenz, die zum Handeln gegenüber dem Bürger berechtigen würde, die Delegation auf eine Stelle vornehmen würde, die für die Wahrnehmung dieser Kompetenz ungeeignet ist, während es gleichzeitig andere Stellen gegeben hätte, die zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Kompetenz deutlich besser geeignet gewesen wären. Auch in einem solchen Fall wird man von einer groben Verfehlung der Zielsetzung sprechen können. Denn die Delegation soll ja nach dem Willen des Gesetzgebers dazu beitragen, die ordnungsgemäße Wahrnehmung der Kompetenz weiterhin zu gewährleisten, was bei einer Delegation an eine ungeeignete Stelle aber eben nicht der Fall sein wird286. Anders wäre es aber etwa dann, wenn der Delegant bei einer Kompetenz, deren Wahrnehmung keine besondere Ausstattung erfordert, und die auch nicht zu einem Handeln gegenüber dem Bürger berechtigen würde, als Delegatar eine Stelle auswählen würde, die hierfür weniger gut als andere geeignet ist. Hier wird man dann zwar davon sprechen können, dass die mit der Delegation verbundene Zielsetzung verfehlt wurde, aber eben nur leicht und nicht in einem groben Maße. Insofern wird man eine derartige Delegationsrechtsverordnung nicht als nichtig ansehen können. Maßgeblich für die Frage, wann eine grobe Verfehlung der Zielsetzung der Delegationsermächtigung vorliegt, ist somit letztendlich immer nur die zu delegierende Kompetenz und die Schwere der Verletzung des dem Deleganten zukommenden Gestaltungsspielraumes. Ganz allgemein wird man aber annehmen können, dass eine grobe Verfehlung der mit der Delegation verbundenen Zielsetzung immer dann vorliegt, wenn erkennbar ist, dass durch die Delegation die ordnungsgemäße Wahrnehmung der betreffenden Kompetenz mit Sicherheit nicht mehr gewährleistet ist, etwa weil der Delegatar zur Wahrnehmung der delegierten Kompetenz vollkommen ungeeignet ist o.ä. Zusammengefasst bedeutet dies, dass eine Delegationsrechtsverordnung wegen Verfehlung des dem Deleganten eingeräumten Gestaltungsspielraumes nur dann 286 Ganz allgemein wird man aber sagen können, dass es hinsichtlich des „ob“ der Delegation nur ganz selten zu einer groben Verletzung des dem Deleganten zukommenden Spielraumes kommen wird, wohingegen eine derartige Verletzung im Hinblick auf den Adressaten der Delegation leichter angenommen werden kann. Denn maßgeblich für die Frage der groben Verfehlung der Zielsetzung ist in erster Linie, ob durch die Vornahme der Delegation die Wahrnehmung der delegierten Kompetenz verbessert wird. Dies hängt aber in erster Linie von dem Delegatar ab.
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
nichtig ist, wenn der Delegant den ihm eingeräumten Spielraum in einem solchen Maße verletzt hat, dass man zugleich von einer groben Verfehlung der mit der Delegation verbundenen Zielsetzung sprechen kann. Nur in einem solchen Fall könnte sich der Bürger wegen Verletzung des Gestaltungsspielraums erfolgreich gegen eine Delegation in Form einer Rechtsverordnung zur Wehr setzten.
E. Zur Frage, ob eine Delegation auch rückwirkend erfolgen kann Im Zusammenhang mit der rechtlichen Zulässigkeit der Delegation stellt sich auch das Problem, ob eine Delegation rückwirkend erfolgen kann. Eine rückwirkende Delegation käme dann in Betracht, wenn eine unzuständige Behörde eine hoheitliche Maßnahme getroffen hat. Hier stellt sich die Frage, ob das Handeln der unzuständigen Behörde dadurch geheilt werden kann, dass die an sich zuständige Behörde ihre Kompetenz zum Erlass der betreffenden hoheitlichen Maßnahme (rückwirkend) auf die unzuständige Behörde delegiert287. Eine derartige Heilung würde natürlich als Erstes voraussetzen, dass eine entsprechende gesetzliche Grundlage für die Delegation besteht und diese auch formgerecht vorgenommen wird. Falls aber diese Voraussetzungen gegeben sind, fragt es sich, ob die Delegation dann Rückwirkung hätte bzw. ob ihr eine rückwirkende Geltung beigelegt werden könnte, und somit dann das Handeln der unzuständigen Behörde geheilt werden würde. Hierbei handelt es sich aber um kein spezifisch delegationsrechtliches Problem, sondern um die ganz allgemeine Problematik, inwiefern das Handeln einer unzuständigen Behörde dadurch geheilt werden kann, dass der Behörde nachträglich die Zuständigkeit zufällt288. Hierfür ist danach zu differenzieren, ob dem Handeln der unzuständigen Behörde Außenwirkung gegenüber dem Bürger zukommt (wie etwa bei Erlass eines Verwaltungsaktes oder bei Vornahme eines Realaktes) oder ob es sich auf den verwaltungsinternen Bereich beschränkt. Sofern sich das Handeln nur auf den verwaltungsinternen Bereich beschränkt, tritt eine Heilung dann ein, wenn die delegierende Behörde eine derartige Heilung will und keine übergeordneten Gründe der Heilung entgegenstehen. Problematischer ist es hingegen, wenn dem Handeln der unzuständigen Behörde Außenwirkung zukommen soll. Bei einer derartigen Fallgestaltung ist von dem Grundsatz auszugehen, dass das Handeln einer unzuständigen Behörde nicht allein dadurch geheilt wird, dass dieser Behörde zu einem späteren Zeitpunkt die Zuständigkeit zuwächst. Dieser Grundsatz ergibt sich u. a. aus § 45 (L)VwVfG, der die Heilung fehlerhaft zustande gekommener Verwaltungsakte regelt, aber für den Fall des nachträglichen Zuständigwerdens gerade keine Heilung vorsieht. 287 288
S. hierzu Bettermann in Festgabe BVerwG, S. 69. S. hierzu Meyer in Knack, vor § 3 Rn 17 m. w. N.
E. Kann eine Delegation auch rückwirkend erfolgen?
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Trotz dieses Grundsatzes ist aber anerkannt, dass ein von einer unzuständigen Behörde erlassener Verwaltungsakt in zwei Fällen geheilt werden kann, sofern er nicht bereits nach § 44 (L)VwVfG nichtig ist. Zum einen kann ein von einer unzuständigen Behörde erlassener Verwaltungsakt durch nachträgliche Genehmigung der zuständigen Behörde geheilt werden, sofern das Gesetz eine derartige Heilung durch Genehmigung vorsieht289. Zum anderen kann eine Heilung durch nachträgliches Anwachsen der Zuständigkeit im Wege des Gesetzes erfolgen, sofern der Gesetzgeber bei Zuweisung der Zuständigkeit an die Behörde eine derartige Heilung gewollt hat und die Rückwirkung auch ansonsten rechtlich zulässig ist290. Ausgehend von diesen beiden Fällen kann für die Frage der Heilung des Handelns einer unzuständigen Behörde mittels nachträglicher Delegation festgestellt werden, dass diese dann eine Heilung zur Folge hätte, wenn der Gesetzgeber eine entsprechende Heilung in der Ermächtigung zur Delegation ausdrücklich vorsehen würde und die Rückwirkung auch ansonsten zulässig wäre. Fraglich ist jetzt aber, ob eine Heilungsmöglichkeit durch Delegation auch dann besteht, wenn es an einer entsprechenden gesetzlichen Anordnung der Heilung fehlen würde, sprich, wenn eine ganz normale Ermächtigung zur Delegation gegeben ist. In so einem Fall wäre denkbar, dass der Delegant seiner Delegation auch ohne einer diesbezüglichen gesetzlichen Anordnung der Heilung Rückwirkung beizulegen versucht. Zu untersuchen ist daher, ob aufgrund einer regulären Delegationsermächtigung eine rückwirkende Delegation erfolgen kann. Ausgeschlossen wäre eine derartige rückwirkende Delegation sicherlich im Falle einer Singulardelegation. Denn eine rückwirkende Singulardelegation, die sich auf den von der unzuständigen Behörde entschiedenen Fall beziehen würde, wäre im Prinzip nichts anderes als eine nachträgliche Genehmigung, die ja aber nur im Falle einer entsprechenden gesetzlichen Regelung zu einer Heilung führen kann. Anders könnte man die Frage der Heilung durch rückwirkende Delegation aber im Falle der generellen Delegation sehen. Denn da eine derartige generelle Delegation im Außenverhältnis durch Rechtsverordnung erfolgen müsste, könnte man diesen Fall dem oben genannten Fall des nachträglichen Zuwachsens einer Zuständigkeit durch Gesetz gleichsetzen, bei dem eine Heilung dann eintritt, wenn der Gesetzgeber der Regelung Rückwirkung beilegen wollte und diese Rückwirkung auch zulässig ist. 289 Meyer in Knack, vor § 3 Rn 17; ein Bsp. für eine derartige Regelung bildet § 8 I BRRG, wonach eine von einer sachlich unzuständigen Stelle vorgenommene Ernennung eines Beamten als von Anfang an wirksam anzusehen ist, wenn sie von der sachlich zuständigen Stelle bestätigt wird. 290 BVerwGE 66, 178, 183; Schneider, VBlBW 1983, 137, 138; ein derartiger Wille des Gesetzgebers ist beispielsweise anzunehmen, wenn er der gesetzlichen Regelung ausdrücklich Rückwirkung zukommen lässt.
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
Fraglich ist somit nur noch, ob die delegierende Behörde ihrer Delegation überhaupt Rückwirkung beilegen könnte. Da es sich hierbei dann um eine rückwirkende (Delegations-) Rechtsverordnung handeln würde, sind hierfür die Grundsätze über die Rückwirkung von Gesetzen und Rechtsverordnungen heranzuziehen. Bezüglich der Frage, ob einem Gesetz oder einer Rechtsverordnung Rückwirkung beigelegt werden darf, wird zwischen echter und unechter Rückwirkung differenziert291. Da in dem Fall, dass einer unzuständigen Behörde nachträglich die Zuständigkeit zuwachsen soll, die Abänderung eines bereits in der Vergangenheit abgeschlossenen Tatbestandes angestrebt wird, würde es sich hierbei um eine echte Rückwirkung handeln. Eine solche ist im Verhältnis zum Bürger nur in Ausnahmefällen zulässig, und zwar nur dann, wenn die Betroffenen wegen fehlender Vertrauensgrundlage objektiv mit der Rückwirkung rechnen mussten292. Derartige Fälle liegen etwa vor, wenn die Rechtslage unklar und verworren ist und daher eine rückwirkende Regelung zu erwarten war, oder wenn eine nichtige Norm durch eine wirksame Norm ersetzt wird293. Gemeinsam ist diesen Ausnahmefällen aber, dass objektiv kein Vertrauen in die bestehenden Rechtsnormen gesetzt werden kann. Für die Frage, inwieweit einer generellen Delegation im Bereich des Gesetzesvorbehalts Rückwirkung beigelegt werden kann, um hierdurch das Handeln einer unzuständigen Behörde nachträglich zu legitimieren, hat dies zur Folge, dass eine derartige Rückwirkung grundsätzlich unzulässig wäre, da es an einer Situation fehlt, bei der die Betroffenen nicht auf den Fortbestand der ursprünglichen, also ohne die Delegation besehenden Zuständigkeitsregelung, vertrauen dürfen. Allein der Umstand, dass eine Delegation erfolgen kann, kann dieses Vertrauen natürlich nicht erschüttern, da die Bürger darauf vertrauen dürfen, dass eine entsprechende Delegation nur für die Zukunft vorgenommen wird. Aus diesem Grunde ist eine Heilung des Handelns einer unzuständigen Behörde durch nachträgliches Zuwachsen der Zuständigkeit im Wege einer Delegation abzulehnen, sofern nicht eine ausdrückliche gesetzliche Regelung besteht, die eine derartige Heilung zulässt. Von den Fällen einer nachträglichen Delegation sind die Fälle zu unterscheiden, bei denen eine Delegation zwar vorgenommen wurde, diese aber nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist, und daher die Behörde, an die delegiert wurde, als unzuständige Behörde entschieden hat. Hier kann der Fehler, der zur Unwirksamkeit der Delegation geführt hat, wie etwa eine nicht ordnungsgemäße Verkündung der Delegation oder das Fehlen einer Delegationsermächtigung, ebenfalls unter den Voraussetzungen rückwirkend geheilt werden, die für die Rückwirkung von Gesetzen entwickelt worden sind294. Hier wird aber eine Rückwirkung eher angeSachs in Sachs, Art. 20 Rn 132 ff.; Stern, StaatsR I, § 20 IV 4 (S. 833). Sachs in Sachs, Art. 20 Rn 134; Sommermann in von Mangoldt / Klein / Starck, Art. 20 Rn 285. 293 Sachs in Sachs, Art. 20 Rn 134; Sommermann in von Mangoldt / Klein / Starck, Art. 20 Rn 285. 291 292
F. Die Singulardelegation
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nommen werden können, weil das Vertrauen des Bürgers auf den Fortbestand der ursprünglichen Zuständigkeit wegen der bereits erfolgten Delegation abgeschwächt ist295.
F. Die Singulardelegation Nach der in Kapitel 1, B. IV. dieser Untersuchung dargelegten Terminologie spricht man von einer Singulardelegation, wenn die delegierende Stelle ihre Kompetenz nur hinsichtlich der Erledigung eines einzelnen Falles überträgt296. Die Singulardelegation wirft vor allem Probleme dahingehend auf, ob und inwieweit sie überhaupt rechtlich zulässig ist und, falls man ihre Zulässigkeit bejaht, ob sie einer besonderen gesetzlichen Ermächtigung bedarf und in welcher Form sie erfolgen muss.
I. Zur Frage, ob eine Singulardelegation rechtlich zulässig ist Ob eine Singulardelegation rechtlich überhaupt zulässig ist, ist umstritten. Im Wesentlichen werden hierzu zwei Auffassungen vertreten. Nach einer in der Literatur bestehenden Auffassung soll die Singulardelegation unter keinen Umständen rechtlich zulässig sein297. Zur Begründung wird angeführt, dass die Singulardelegation rechtsstaatlichen Bedenken unterliege298. Denn durch die Singulardelegation hätte die delegierende Behörde die Möglichkeit, die Zuständigkeit zu manipulieren und somit die Art und Weise der Erledigung von konkret anstehenden Fällen willkürlich zu beeinflussen299. Außerdem würde durch eine Singulardelegation die bestehende Zuständigkeitsordnung nicht wie bei einer generellen Delegation abgeändert, sondern vielmehr nur für einen einzelnen Fall durchbrochen, wodurch die Zuständigkeitsordnung ad absurdum geführt werden würde300. Und schließlich könne die Zuständigkeitsordnung ihre ordnende Funktion nur dann erfüllen, wenn sie ausnahmslos gelte, und nicht in Einzelfällen durchbrochen werden kann301. 294 Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 174 m. w. N.; s. hierzu auch Sachs in Stelkens / Bonk / Sachs, § 44 Rn 169, wonach die gesetzliche Grundlage für eine Delegation auch rückwirkend geschaffen werden könne. 295 So auch Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 174. 296 Beispiele für eine Singulardelegation finden sich etwa in §§ 39 I 2, 44 II 1 GemO BW. 297 Obermayer, JZ 1956, S. 628; Rasch, DVBl. 1983, S. 619; Barbey, S. 80 ff. 298 Barbey, S. 81. 299 Barbey, S. 81; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 141. 300 Barbey, S. 83. 301 Barbey, S. 80.
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
Nach einer anderen Auffassung ist die Singulardelegation zwar rechtsstaatlich bedenklich, aber doch nicht gänzlich unzulässig302. So soll sie bei rein innenrechtlichen Kompetenzen unbedenklich zulässig sein303. Und auch eine Singulardelegation von außenwirksamen Kompetenzen soll in bestimmten Ausnahmefällen möglich sein, nämlich dann, wenn sachlich eine Entscheidung durch ein anderes Rechtssubjekt gerechtfertigt erscheint und wegen der Einzigartigkeit des Falles eine Wiederholung nicht zu erwarten ist304. Im Folgenden ist jetzt zu untersuchen, inwieweit die zuvor genannten Bedenken gegen die Zulässigkeit einer Singulardelegation begründet sind und welche Konsequenzen sich hieraus für die Problematik der rechtlichen Zulässigkeit der Singulardelegation ergeben. Hierbei wird es vor allem auf die in Kapitel 2, A. dieser Untersuchung dargelegten Bedeutung der Zuständigkeitsordnung für den Bürger ankommen. Maßgeblich ist in diesem Zusammenhang vor allem die Bedeutung der Zuständigkeitsnormen für die Verwirklichung des materiellen Rechts, sowie der Einfluss der zuständigen Behörde auf den Inhalt und die Rechtmäßigkeit staatlicher Maßnahmen. Ausgehend von dem in Kapitel 2, A. II. 1. dieser Untersuchung Gesagten bietet die zuständige Behörde eine größere Gewähr für die Rechtmäßigkeit der von ihr getroffenen Maßnahmen als eine unzuständige Behörde. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass Behörden zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben ganz besonders ausgestattet werden und zum anderen, dass die fortlaufende Beschäftigung mit den immer gleichen Aufgaben zu einer Spezialisierung der Behörden führt. Ausstattung und fortlaufende Beschäftigung mit den immer gleichen Aufgaben haben daher eine große Bedeutung für die Rechtmäßigkeit des Handelns der jeweiligen Behörde. Im Falle einer Singulardelegation besteht jetzt das Problem, dass diese eventuell an eine Behörde erfolgt, die für die Wahrnehmung dieser Kompetenz nicht so gut ausgestattet ist und die vor allem nicht regelmäßig mit der Wahrnehmung dieser Kompetenz beauftragt wird305. Bei dieser Behörde ist daher unter Umständen das Risiko einer rechtswidrigen Maßnahme wegen der fehlenden Routine bei der Ausübung der entsprechenden Kompetenz größer als bei der regulär zuständigen Stelle. Da durch eine Singulardelegation dem Bürger somit die staatliche Stelle genommen wird, bei der die größtmögliche Gewähr für die Rechtmäßigkeit der Maßnahme besteht, und nur ihm gegenüber jetzt eine Stelle für zuständig erklärt wird, bei der das Risiko einer rechtswidrigen Entscheidung eventuell größer ist, 302 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 141.; Kluth in Wolff / Bachof / Stober, VrwR III, 5. A., § 84 Rn 72. 303 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 141. 304 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 141. 305 Theoretisch wäre es nämlich möglich, dass eine Behörde nur ein einziges mal im Wege einer Singulardelegation mit der Wahrnehmung einer bestimmten Kompetenz betraut wird. Das sich in so einem Fall keine Spezialisierung bei der betreffenden Behörde einstellen kann, ist evident.
F. Die Singulardelegation
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stellt sich jede Singulardelegation, sofern sie den Bürger betrifft, als eine Ungleichbehandlung i. S. d. Art. 3 GG im Verhältnis zu den anderen Bürgern dar306. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang aber, ob der Delegatar bei Vornahme einer Singulardelegation wirklich eine rechtswidrige Entscheidung treffen würde bzw. ob man ihm konkret nachweisen könnte, dass bei ihm das Risiko einer rechtswidrigen Entscheidung größer ist (dieser Nachweis könnte nämlich kaum erbracht werden). Ausreichend ist, dass eine Stelle zur Entscheidung befugt wäre, welche die betreffende Kompetenz im Normalfall nicht wahrnimmt, und dass daher das (abstrakte) Risiko besteht, dass dem Bürger gegenüber eine rechtswidrige Entscheidung ergeht. Denn bereits dieses (abstrakte) Risiko stellt aus Sicht des Bürgers einen Belang dar, der eine Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 GG begründet. Daneben ist die Singulardelegation auch dann im Hinblick auf den Gleichheitssatz problematisch, wenn man sich noch einmal vergegenwärtigt, dass der Inhalt einer Entscheidung in nicht unerheblichem Maße auch von dem jeweiligen Entscheidungsträger abhängt307. Das heißt, es ist nicht auszuschließen, dass im Falle einer Singulardelegation der Delegatar eine andere Entscheidung trifft, als sie der Delegant in einem vergleichbaren Fall treffen würde. Daher liegt auch in dem Umstand, dass für die Entscheidung des von der Singulardelegation erfassten Falles eine andere Stelle zuständig ist als bei den restlichen Bürgern, eine Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 GG308. Wenn man aber die Zulässigkeit der Singulardelegation als ein Problem des Art. 3 GG begreift, dann liegt hierin auch der Schlüssel zu der Frage, ob die Singulardelegation eventuell in besonders gelagerten Fällen doch zulässig sein kann. Denn der Gleichheitssatz verbietet nur, wesentlich Gleiches ohne sachlichen Grund ungleich zu behandeln309. Er lässt somit eine Ungleichbehandlung unter der Voraussetzung zu, dass hierfür ein sachlicher Grund gegeben ist. Für die Singulardelegation hat dies zur Folge, dass diese dann zulässig ist, wenn hierfür ein sachlicher Grund besteht. Ein derartiger sachlicher Grund setzt aber voraus, dass es sich um einen besonders gelagerten Fall handelt, der es rechtfertigt, dass die Entscheidung von einem anderen Rechtssubjekt getroffen wird und dass es auch keine milderen Mittel wie etwa eine Mandatierung o.ä. gibt310. Daneben ist eine Singulardelegation im rein verwaltungsinternen Bereich unbedenklich zulässig, da hier die Rechtsstellung des Bürgers nicht berührt wird und somit auch der Art. 3 GG nicht zur Anwendung kommt311. 306 So ähnlich auch Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 141, der wegen des Gleichheitssatzes Bedenken gegen die Singulardelegation äußert. 307 S. hierzu Kapitel 2, A. II. 1. a) dieser Untersuchung. 308 S. hierzu auch Kapitel 2, A. II. 1. b) aa) dieser Untersuchung. 309 S. hierzu Pieroth / Schlink, Rn 431 ff.; Starck in von Mangoldt / Klein / Starck, Art. 3 Rn 10. 310 So ähnlich auch Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 141.
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
Zusammenfassend kann man daher festhalten, dass die Singulardelegation nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen zulässig, ansonsten aber grundsätzlich unzulässig ist. Dieses grundsätzliche Verbot der Singulardelegation darf im Übrigen auch nicht dadurch umgangen werden, dass eine generelle Delegation von vornherein nur für so kurze Zeit erteilt wird, dass sie im Ergebnis einer Singulardelegation gleichkommt. Das heißt, auch eine in zeitlicher Hinsicht extrem kurze generelle Delegation wäre im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz bedenklich und somit nur bei Vorliegen eines sachlichen Grundes zulässig.
II. Zum Erfordernis einer besonderen gesetzlichen Ermächtigung für die Singulardelegation Fraglich ist, ob die Singulardelegation einer besonderen gesetzlichen Ermächtigung bedarf oder ob die Ermächtigung zur Vornahme einer generellen Delegation auch die zur Vornahme einer Singulardelegation mit einschließt. Zur Beantwortung dieser Frage ist von dem Grundsatz auszugehen, dass nach dem Willen des Inhabers der Organisationsgewalt zur Erledigung gleicher Aufgaben immer nur eine Stelle zuständig sein soll312. Das Bestehen dieses Grundsatzes ergibt sich aus dem mit der Verteilung der Zuständigkeiten verfolgten Zweck, spezialisierte und somit kompetente und effektiv arbeitende Behörden zu schaffen sowie Doppelarbeit und Reibungsverluste zu vermeiden313. Dieser Grundsatz soll auch bei Vornahme einer Delegation fortbestehen, das heißt, auch im Falle einer Delegation soll nur eine Behörde zur Erledigung der betreffenden Aufgaben zuständig sein, nämlich die Behörde, an die delegiert wurde. Da eine Singulardelegation zur Durchbrechung dieses Grundsatzes führen würde, kann daher in der Ermächtigung zur Vornahme einer generellen Delegation keine Ermächtigung zur Vornahme einer Singulardelegation erblickt werden314. Daraus wiederum folgt, dass die Singulardelegation nur dann zulässig ist, wenn eine besondere Ermächtigung gerade zur Singulardelegation gegeben ist.
311 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 141; anders ist es aber in dem Bereich, der zwar durch Verwaltungsvorschriften geregelt werden kann, bei dem aber diesen Vorschriften über den Grundsatz der Selbstbindung mittelbare Außenwirkung auch im Verhältnis zum Bürger zukommt. Hier nämlich stellt sich eine Singulardelegation als Durchbrechung dieser Selbstbindung dar und ist deshalb an Art. 3 GG zu messen. 312 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 141. 313 S. zu den mit der Verteilung der Zuständigkeit verfolgten Zwecken Brunner, DÖV 1969, S. 778; Guttenberg, S. 45 f.; Krüger, S. 108. 314 So auch Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 141; Kluth in Wolff / Bachof / Stober, VrwR III, 5. A., § 84 Rn 72.
F. Die Singulardelegation
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III. Form der Singulardelegation In Kapitel 2, B. dieser Untersuchung wurde dargelegt, dass eine Delegation in der Regel in Form einer Rechtsverordnung bzw. Satzung erfolgen muss und nur in den Fällen, in denen die Behördenzuständigkeit durch Verwaltungsvorschrift geregelt wird, auch durch Verwaltungsvorschrift erfolgen kann. Fraglich ist nun aber, ob diese Grundsätze auch für die Singulardelegation gelten. Dies könnte deshalb problematisch sein, da bei einer Singulardelegation die Behördenzuständigkeit nur hinsichtlich eines einzelnen Falles abgeändert wird, Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften aber in der Regel eine unbestimmte Vielzahl von Fällen regeln. Für die Singulardelegation würde sich daher eher die Form eines Verwaltungsaktes anbieten. Im Folgenden ist daher zu untersuchen, ob die Singulardelegation überhaupt im Wege eines Verwaltungsaktes erfolgen kann und ob sie daneben auch noch in Form einer Verwaltungsvorschrift oder einer Rechtsverordnung vorgenommen werden könnte. Ob die Singulardelegation durch einen Verwaltungsakt erfolgen kann, hängt davon ab, ob sie die Kriterien eines Verwaltungsaktes nach § 35 (L)VwVfG erfüllen würde. Gemäß der Legaldefinition des § 35 (L)VwVfG versteht man unter einem Verwaltungsakt die hoheitliche Regelung eines Einzelfalles durch eine Verwaltungsbehörde mit unmittelbarer Außenwirkung. Unter Zugrundelegung dieser Definition kann die Singulardelegation ohne weiteres durch Verwaltungsakt vorgenommen werden315. Die hierfür nach § 35 (L)VwVfG erforderliche Einzellfallregelung ist darin zu erblicken, dass durch die Singulardelegation die für den Bürger geltende Zuständigkeitsregelung nur für einen einzelnen Fall abgeändert wird. Und dass es sich hierbei um eine hoheitliche Regelung einer Behörde mit Außenwirkung im Sinne des § 35 (L)VwVfG handelt, ist ebenfalls unproblematisch, da hierdurch dem Bürger gegenüber unmittelbar eine eigene Zuständigkeitsregelung getroffen wird. Für die Wirksamkeit dieses Delegationsverwaltungsaktes gegenüber dem von der Singulardelegation betroffenen Bürger ist aber noch zusätzlich erforderlich, dass dieser dem Bürger gemäß § 41 (L)VwVfG bekannt gemacht wird. Zu untersuchen ist jetzt aber noch, ob die Form des Verwaltungsaktes für eine Delegation auch in dem Bereich einschlägig ist, in dem die Regelung der Behördenzuständigkeit im Wege einer Verwaltungsvorschrift erfolgen kann. Dies ist in den Fällen zu verneinen, in denen sich die Singulardelegation auf rein verwaltungsinterne Kompetenzen bezieht, die den Bürger weder direkt noch mittelbar betreffen. Die Form eines Verwaltungsaktes muss hier wegen der fehlenden Außenwirkung der Singulardelegation bereits von vornherein ausscheiden. Anders ist es aber in Bezug auf solche Zuständigkeitsregelungen in Form einer Verwaltungsvorschrift, die über den Grundsatz der Selbstbindung auch mittelbar 315
So auch Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 141 f.; Ule / Laubinger, § 10 Rn 17.
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
den Rechtskreis des Bürgers berühren. In diesen Fällen könnte eine Singulardelegation auch in Form eines Verwaltungsaktes erfolgen. Durch diesen Verwaltungsakt würde dann die durch die Selbstbindung bestehende Zuständigkeitsordnung durchbrochen werden und dem Bürger gegenüber eine unmittelbare Regelung der Zuständigkeit für den Einzelfall erfolgen. Wegen der unmittelbaren Außenwirkung des Verwaltungsaktes hätte der Bürger dann auch ein unmittelbares Recht auf eine Entscheidung gerade durch den Delegatar. Daneben kann eine Singulardelegation aber in dem Bereich, in dem die Regelung der Behördenzuständigkeit nicht dem Gesetzesvorbehalt unterfällt, auch weiterhin im Wege einer Verwaltungsvorschrift oder in Form einer Einzelweisung erfolgen. Die Verwaltungsvorschrift bzw. Einzelweisung würde sich dann darauf beziehen, die durch die Selbstbindung erzeugte Zuständigkeit für den konkreten Einzelfall zu durchbrechen. Die Rechtsstellung des Bürgers würde durch diese Verwaltungsvorschrift aber nicht unmittelbar betroffen, das heißt, er würde aufgrund der Verwaltungsvorschrift kein unmittelbares Recht auf eine Entscheidung durch den Delegatar erlangen. Für den Bereich, in dem die Regelung der Behördenzuständigkeit nicht unter den Gesetzesvorbehalt fällt, kann eine Singulardelegation somit in Form einer Verwaltungsvorschrift, einer Einzelweisung und, soweit der Rechtskreis des Bürgers berührt werden soll, auch im Wege eines Verwaltungsaktes erfolgen. Fraglich ist jetzt noch, ob die Singulardelegation in dem Bereich, in dem die Regelung der Behördenzuständigkeit durch außenwirksames Gesetz erfolgen muss, anstatt durch Verwaltungsakt auch in Form einer Rechtsverordnung erfolgen könnte. Eine derartige Singulardelegation im Wege einer Rechtsverordnung käme etwa dann in Betracht, wenn die delegierende Stelle eine große Vielzahl von gleichartigen Singulardelegationen vornehmen wollte316. Hier wäre denkbar, dass die delegierende Stelle auf den Erlass von vielen einzelnen Verwaltungsakten bzw. einer Allgemeinverfügung verzichtet und stattdessen eine Rechtsverordnung erlässt. Das Verbot des Erlasses eines Einzelfallgesetzes nach Art. 19 I GG würde einer derartigen „Einzelfallverordnung“ nicht entgegenstehen, da der Art. 19 I GG nicht für Rechtsverordnungen gilt317. Vielmehr ist vom Grundsatz her anerkannt, dass eine Rechtsverordnung auch zur Regelung eines Einzelfalles erlassen werden kann. Für den Gesetzgeber bedeutet dies, dass er grundsätzlich die Wahl hat, ob er eine Behörde für die Regelung eines Einzelfalles zur Vornahme eines Verwaltungsaktes oder zum Erlass einer Rechtsverordnung ermächtigen will318. Daher kann der Ge316 Also etwa eine Singulardelegation gegenüber jedem Angehörigen einer bestimmten Personengruppe oder eine Singulardelegation in Bezug auf bestimmte Fallgestaltungen, die alle eine gemeinsame Besonderheit aufweisen usw.. 317 Roellecke in Umbach / Clemens, Art. 19 GG Rn 18. 318 VGH München, NVwZ-RR 1995, 114 (115); Kopp / Ramsauer, § 35 VwVfG, Rn 69 f.; Schenke, VerwArch 72 (1981), S. 208 m. w. N.; seine Grenzen findet dieses Wahlrecht aber
G. Die konservierende Delegation
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setzgeber für die Singulardelegation in dem Bereich, in dem die Regelung der Behördenzuständigkeit durch Gesetz erfolgen muss, auch die Form einer Rechtsverordnung vorsehen. Hat er aber für die Singulardelegation keine besondere Form vorgesehen, muss diese zwingend im Wege eines Verwaltungsaktes erfolgen, da eine staatliche Stelle zum Erlass einer Rechtsverordnung nur aufgrund ausdrücklicher Ermächtigung befugt ist319.
G. Die konservierende Delegation Nach der in Kapitel 1, B. I. dieser Untersuchung dargestellten Terminologie ist eine konservierende Delegation gegeben, wenn sich der Delegant vorbehält, die delegierte Kompetenz nach Vornahme der Delegation auch noch weiterhin selbst auszuüben. Die konservierende Delegation führt demnach dazu, dass zwei verschiedene staatliche Stellen zur Wahrnehmung der gleichen Zuständigkeiten bzw. Kompetenzen befugt sind. Im Rahmen der rechtlichen Zulässigkeit der konservierenden Delegation ist hierbei problematisch, ob und inwieweit diese überhaupt rechtlich zulässig ist und ob sie im Falle ihrer Zulässigkeit einer besonderen gesetzlichen Ermächtigung bedarf.
I. Zur Frage, ob die konservierende Delegation rechtlich zulässig ist Ob und inwieweit eine konservierende Delegation rechtlich überhaupt zulässig ist, wird kontrovers beurteilt320. Übereinstimmung besteht nur insoweit, dass sie wegen der durch sie bedingten Mehrfachzuständigkeit nicht unbedenklich zulässig sein soll321. Denn diese Mehrfachzuständigkeit birgt zwei Probleme in sich. Zum einen besteht die Gefahr von widersprüchlichen staatlichen Entscheidungen und zum anderen könnte die Mehrfachzuständigkeit im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz Probleme aufwerfen322. Im Folgenden soll daher untersucht werden, inwieweit diese Gesichtspunkte einer konservierenden Delegation entgegenstehen bzw. welche Einschränkungen sich hieraus in Bezug auf die Vornahme einer konservierenden Delegation ergeben. unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs. So läge etwa ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Gesetzgebers vor, wenn durch eine Regelung eines Einzelfalles im Wege einer Rechtsverordnung der Zugang zu den Gerichten unzumutbar beschränkt werden würde, s. hierzu VGH München NVwZ-RR 1995, S. 115. 319 Lücke in Sachs, Art. 80 GG Rn 5. 320 S. hierzu Barbey, S. 124; Dagtoglou, S. 64; Lauscher, S. 53 f.; Obermayer, JZ 1956, S. 628; Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 175; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 142 f. 321 Barbey S. 124; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 142 ff. 322 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 142 f.
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
1. Die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen und die sich daraus ergebenden Folgen für die Zulässigkeit der konservierenden Delegation Wenn zwei staatliche Stellen nebeneinander und gleichzeitig für die Wahrnehmung derselben Kompetenz zuständig sind, besteht hierdurch immer die Gefahr, dass diese Stellen zum selben Zeitpunkt über ein und den selben Fall entscheiden und sich ihre Entscheidungen dann widersprechen. Derartige widersprüchliche Entscheidungen sind aber, soweit sie den Bürger betreffen, aus rechtsstaatlichen Gründen für diesen nicht hinnehmbar. Dies ergibt sich daraus, dass der Bürger immer wissen muss, welche staatlichen Anordnungen oder Maßnahmen ihm gegenüber verbindlich und wirksam sind323. Ansonsten bestünde nämlich z. Bsp. die Gefahr, dass sich der Bürger auf die Auskunft der einen zuständigen Behörde verlässt, nach der ein von ihm geplantes Bauvorhaben genehmigungsfrei und rechtlich zulässig ist, er dieses dann auch so ausführt, und nun die andere, ebenfalls zuständige Behörde, ihm gegenüber einschreitet, da sie das Vorhaben für genehmigungspflichtig und rechtswidrig hält. Oder es bestünde für den Bürger die Gefahr, dass ihm gegenüber zwei Verfügungen getroffen werden, die so ausgestaltet sind, dass er nur eine davon befolgen kann. Aus dieser Gefahr sich widersprechender Entscheidungen folgt daher, dass die konservierende Delegation nicht uneingeschränkt zulässig sein kann, sondern in der Regel nur, wenn die Gefahr des Ergehens von widersprüchlichen Entscheidungen minimiert bzw. ganz ausgeschlossen wird. Dies wäre vor allem dadurch zu erreichen, dass die konservierende Delegation so ausgestaltet wird, dass die Zuständigkeiten der beteiligten Behörden nicht kumulativ, sondern alternativ bestehen324. Alternative Zuständigkeit bedeutet, dass zwar vom Grundsatz her beide Behörden nebeneinander zuständig sind, dass aber zur Entscheidung eines ganz konkreten Falles immer nur eine Behörde berechtigt ist. Eine derartige alternative Zuständigkeit wäre etwa gegeben, wenn die eine Behörde dann, wenn sich die andere Behörde des Falles angenommen hat, die Befugnis verlieren würde, über eben diesen Fall zu entscheiden325, oder wenn eine der beiden Behörden nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen eine Entscheidung treffen darf, und die andere Behörde dann bei Vorliegen dieser Voraussetzungen von vornherein von einer Entscheidung in der Sache ausgeschlossen wäre326.
323 Dies folgt aus der rechtsstaatlichen Forderung nach Verlässlichkeit des staatlichen Handelns, s. hierzu Herzog in Maunz-Dürig (Sept. 1980), Art. 20 VII Rn 57 ff.; Oebbecke, Fs für Stree und Wessels, S. 1128. 324 So auch Barbey, S. 124 f. 325 Barbey, S. 124; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 142; sog. Grundsatz der Erstbefassung oder Prioritätsgrundsatz, s. hierzu auch Denninger in Lisken / Denninger, E 231; Kluth in Wolff / Bachof / Stober, VrwR III, 5. A., § 84 Rn 50 ff. 326 Barbey, S. 124; Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 175.
G. Die konservierende Delegation
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So könnte beispielsweise zwischen dem Deleganten und dem Delegatar geregelt sein, dass die Behörde, die mit einem bestimmten Fall in irgendeiner Art zu tun bekommt, diesen dann auch alleine entscheiden darf, sie hiervon aber die andere Behörde in Kenntnis setzen muss, damit diese in der Sache nicht auch noch tätig wird327. Oder man könnte festlegen, dass im Falle der konservierenden Delegation von mehreren Entscheidungen nur die erste wirksam und für den Bürger verbindlich ist328. In diesen Fällen wären zwar dann im Grundsatz beide Behörden in dem betreffenden Zuständigkeitsbereich zu einer Entscheidung befugt, die Zuständigkeit zur Entscheidung eines konkreten Falles wäre aber aufgrund des Prioritätsgrundsatzes auf eine Behörde beschränkt. Ebenfalls denkbar wäre, dass sich der Delegant die delegierte Kompetenz nur für bestimmte, von vornherein definierte Fälle vorbehält, wie etwa bei „Gefahr im Verzug“, wenn also der Delegatar nicht zum sofortigen Handeln in der Lage ist329. Oder der Delegant könnte sich die Ausübung der delegierten Kompetenz nur für solche Fälle vorbehalten, die in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht Besonderheiten aufweisen330. Genau genommen läge hier dann gar keine konkurrierende Zuständigkeit mehr vor, sondern es wäre je nach Vorliegen der tatsächlichen oder rechtlichen Gegebenheiten von vornherein immer nur eine Behörde für einen bestimmten Fall zuständig. Durch eine derartige Ausgestaltung der konservierenden Delegation würde somit die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen beseitigt werden, und damit ein Gesichtspunkt, der gegen die Zulässigkeit der konservierenden Delegation spricht, wegfallen. 2. Das Problem der Ungleichbehandlung bei der konservierenden Delegation Selbst wenn die konservierende Delegation so ausgestaltet wird, dass die Gefahr von sich widersprechenden Entscheidungen gebannt ist, könnte gegen ihre rechtliche Zulässigkeit sprechen, dass ein Moment der Zufälligkeit in den Entscheidungsprozeß einfließt, da für vergleichbare Fälle einmal der Delegant und einmal der Delegatar zuständig sein kann331. Dies könnte für Maßnahmen gegenüber dem Bürger dazu führen, dass für den einen Bürger der Delegant, und für einen anderen Bürger der Delegatar zuständig ist. Eine derartige unterschiedliche Zuständigkeit von Behörden im Verhältnis zum Bürger könnte aber unter dem Aspekt des Gleichbehandlungsgrundsatzes problematisch sein332. 327 328 329 330 331 332
Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 142. S. hierzu Oebbecke in FS für Stree und Wessels, S. 1129. Barbey, S. 124 Fn 5. Barbey, S. 124 Fn 6. Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 142 f. S. hierzu auch Kapitel 2, A. II. 1. b) aa) dieser Untersuchung.
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
Das hier vorliegende Problem der Ungleichbehandlung weist eine gewisse Ähnlichkeit mit dem zuvor erörterten Gleichbehandlungsproblem bei der Singulardelegation auf, ist aber doch so verschieden, dass die bei der Singulardelegation entwickelten Grundsätze hier nicht gelten. Denn bei einer Singulardelegation ist vom Grundsatz her der Delegant für alle Fälle zuständig, und nur bezüglich eines einzigen Falles überträgt er seine Kompetenz auf eine andere Behörde. Das heißt, bei der Singulardelegation wird ein Bürger im Verhältnis zu allen anderen Bürgern ungleich behandelt. Dass dies im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz große Probleme aufweist, ist evident. Bei der konservierenden Delegation hingegen ist es so, dass grundsätzlich sowohl dem Deleganten als auch dem Delegatar für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen die Zuständigkeit obliegt. Wenn also beispielsweise das Regierungspräsidium seine Kompetenzen für einen bestimmten Bereich auf das Landratsamt überträgt, sich aber selbst noch eine Entscheidung in der Sache vorbehält und sich die Zuständigkeit der Behörden für die Entscheidung eines ganz konkreten Falles nach dem Prioritätsprinzip richten soll, dann sind sowohl das Landratsamt als auch das Regierungspräsidium für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen zuständig, nämlich für alle die Fälle, die ihnen als Erstes zur Entscheidung vorliegen. Von der Ungleichbehandlung ist somit nicht ein einzelner Bürger im Verhältnis zu allen anderen Bürgern betroffen, sondern vielmehr eine Gruppe von Bürgern (deren Fall vom Landratsamt entschieden wird) im Verhältnis zu einer anderen Gruppe von Bürgern (deren Fall dem Regierungspräsidium zur Entscheidung obliegt). Die Ungleichbehandlung ist somit nicht so stark wie bei der Singulardelegation, weshalb deren strenge Voraussetzungen für die konservierende Delegation nicht gelten. Fraglich ist daher, ob es überhaupt gegen Art. 3 GG verstoßen würde, wenn im Falle einer konservierenden Delegation zwei Behörden alternativ zuständig wären. Ein entsprechender Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz würde voraussetzen, dass die Bürger, denen gegenüber der Delegant zuständig ist, im Verhältnis zu den Bürgern, die unter die Zuständigkeit des Delegatars fallen, irgendwie benachteiligt werden würden333. Eine derartige Benachteiligung der Bürger wäre etwa im Hinblick auf unterschiedliche Verwaltungs- und verwaltungsgerichtliche Verfahren denkbar334. So wäre es z. Bsp. möglich, dass gegen einen Verwaltungsakt des Delegatars Widerspruch eingelegt werden kann und muss, während bei einem Verwaltungsakt des 333 Für eine im Sinne des Art. 3 GG relevante Ungleichbehandlung ist nicht ausreichend, dass eine Gruppe von Bürgern anders behandelt wird als eine andere Gruppe (dies könnte man nämlich im Fall der konservierenden Delegation bereits deshalb bejahen, da jeweils unterschiedliche Behörden zuständig sind). Art. 3 GG verlangt vielmehr, dass durch eine objektive Ungleichbehandlung für den Bürger irgendein rechtlich relevanter Nachteil entsteht, s. hierzu Guttenberg, S. 86 ff.; nicht erforderlich ist aber, dass der Bürger zugleich in einem subjektiven öffentlichen Recht betroffen ist, Guttenberg, S. 86 ff. m. w. N. und Darstellung der abweichenden Auffassung. 334 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 143.
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Deleganten kein Widerspruchsverfahren möglich ist335. Ob im konkreten Fall ein Widerspruchsverfahren durchgeführt werden muss oder nicht, kann aber für den Bürger von großer Bedeutung sein, etwa wenn er schnellstmöglich eine verbindliche gerichtliche Entscheidung haben will. Und auch für die Kostenfrage ist das Widerspruchsverfahren bedeutend. Verliert nämlich der Kläger vor Gericht, muss er zusätzlich zu den Gerichtskosten wegen § 80 I VwVfG auch noch die Kosten des Widerspruchsverfahrens tragen. Eine im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz relevante Benachteiligung für den Bürger könnte sich im Falle einer konservierenden Delegation daneben auch noch daraus ergeben, dass der Delegant eventuell bestimmte Fälle anders entscheidet, als es der Delegatar bei vergleichbaren Fällen tut. Denn wie bereits zuvor angesprochen, geht von dem jeweiligen Entscheidungsträger ein nicht unerheblicher Einfluss auf den Inhalt der Entscheidung aus336. Evident ist dies bei Ermessensentscheidungen. Denn hier hat jede Behörde einen eigenen, gerichtlich nicht überprüfbaren Spielraum bei der jeweiligen Entscheidung, der nur durch den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung eingeschränkt wird. Dies hat zur Folge, dass bei Ermessensentscheidungen, die sich auf gleichgelagerte Fälle beziehen, verschiedene Behörden unterschiedliche Entscheidungen treffen können, die aber alle rechtmäßig sind. Wenn demnach z. Bsp. das Landratsamt seine Zuständigkeit zum Erlass einer Abrissverfügung nach § 65 LBO BW (es handelt sich hierbei um eine Ermessensentscheidung) im Wege einer konservierenden Delegation auf eine Gemeinde übertragen würde, wäre es möglich, dass diese (etwa wegen des Prioritätsgrundsatzes) zur Entscheidung berufen ist und einen Schwarzbau abreißen lässt, während etwa das Landratsamt in einem ähnlich gelagerten Fall, bei dem ihm (etwa auch wegen des Prioritätsgrundsatzes) die Entscheidung in der Sache zusteht, von einer Abrissverfügung absehen würde337. Dem Erlass derart unterschiedlicher Ermessensentscheidungen stünde auch nicht der Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung entgegen, da sich dieser immer nur auf die Verwaltungspraxis der konkret handelnden Behörde und nicht etwa auf alle staatlichen Stellen oder wenigstens alle einem Rechtsträger zugehörigen Behörden bezieht338. Dies ergibt sich daraus, dass ansonsten die Behörde, der 335 So etwa, wenn das Regierungspräsidium in Baden-Württemberg im Wege der konservierenden Delegation Kompetenzen zum Erlass von Verwaltungsakten auf ein Landratsamt übertragen würde. Gegen einen Verwaltungsakt des Landratsamtes müsste Widerspruch eingelegt werden, bevor ein gerichtliches Verfahren durchgeführt werden könnte. Gegen einen Verwaltungsakt des Regierungspräsidiums wäre hingegen wegen § 6a AGVwGO BW ein Widerspruch nicht statthaft. 336 S. hierzu Kapitel 2, A. II. 1. a) dieser Untersuchung. 337 Genauso würde es sich natürlich auch verhalten, wenn eine Behörde wegen Gefahr im Verzug zur Entscheidung berufen wäre. Auch hier wäre es möglich, dass sie eine andere Entscheidung trifft, als sie die an sich zuständige Behörde treffen würde, wenn ihr im konkreten Fall die Entscheidungsgewalt zukäme. 338 Dürig in Maunz-Dürig, Art. 3 Abs. 1 GG, Rn 440 ff.; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 143; Wallerath, S. 79; Sachs in Stelkens / Bonk / Sachs, § 40 VwVfG, Rn 130.
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als Erstes die Entscheidung über einen bestimmten Fall zukäme, hierdurch die Möglichkeit hätte, die Verwaltungspraxis für alle anderen, in der Regel gleichrangigen Behörden, festzulegen. Dies würde aber gegen den Grundsatz verstoßen, wonach gleichrangige Behörden einander nicht weisungsbefugt, sondern vielmehr voneinander unabhängig sind und somit keinen Einfluss auf die Arbeit der anderen gleichrangigen Behörden nehmen können339. Da demnach der Person des Entscheidenden bei Ermessensentscheidungen eine grundlegende Bedeutung für die Ausübung des Ermessens und somit für den Inhalt der Entscheidung zukommt, kann sich eine Benachteiligung für eine Gruppe von Bürgern im Verhältnis zu einer anderen Gruppe von Bürgern daraus ergeben, dass für sie trotz gleichgelagerter Fallgestaltungen unterschiedliche Behörden zuständig sind. Entsprechend verhält es sich im Bereich der rechtlich gebundenen Verwaltung. In diesem Bereich ist es zwar nicht möglich, dass es zwischen verschiedenen Behörden zu unterschiedlichen Ermessenspraxen kommt, doch ist hier zumindest denkbar, dass verschiedene Behörden in bestimmten Bereichen, wie etwa der Gesetzesauslegung oder der Bewertung und Ermittlung der entscheidungserheblichen Tatsachen, zu jeweils unterschiedlichen Ergebnissen kommen und es somit auch hier trotz gleicher Fallgestaltung bei unterschiedlichen Behörden zu voneinander differierenden Entscheidungen kommen kann340. Daher ist es möglich, dass ein und derselbe Fall auch im Bereich der rechtlich gebundenen Verwaltung von verschiedenen Behörden unterschiedlich entschieden werden würde. Bezogen auf die konservierende Delegation bedeutet dies, dass es etwa möglich wäre, dass der Delegant das Gesetz in einem bestimmten Fall zugunsten eines Bürgers auslegt, während der Delegatar in einem entsprechend gelagerten Fall eine Gesetzesauslegung wählt, die eher zulasten der Bürger geht341. Hier wäre dann die Gruppe von Bür339 So auch Wallerath, S. 78, der aus der Tatsache, dass eine Behörde auf die Verwaltungspraxis einer anderen gleichrangigen Behörde keinen Einfluss nehmen kann, folgert, dass die Selbstbindung immer nur auf den Bereich der jeweiligen Behörde beschränkt ist. Natürlich ist aber nicht zu verkennen, dass es in der Regel trotzdem eine gleichmäßige Verwaltungspraxis gleichrangiger Behörden gibt. Diese entsteht aber dadurch, dass die gemeinsame übergeordnete Behörde Verwaltungsvorschriften zur Steuerung der Ermessensausübung an alle nachgeordneten Behörden erlässt, die dann von diesen angewendet werden, und so zu einer der Verwaltungsvorschrift entsprechenden Verwaltungspraxis führt, Dürig in Maunz-Dürig, Art. 3 Abs. 1 GG, Rn 440 ff.; für die Fälle aber, in denen es an derartigen Verwaltungsvorschriften fehlt oder wo diese nicht angewendet werden, kann es aber durchaus zu einer unterschiedlichen Verwaltungspraxis gleichrangiger Behörden kommen, die dann mangels Verletzung des Gleichheitssatzes alle rechtmäßig sind. 340 S. hierzu Kapitel 2, A. II. 1. a) dieser Untersuchung. 341 So wäre es z. Bsp. möglich, dass im Rahmen eines Verfahrens auf Erteilung einer Baugenehmigung (hier handelt es sich wegen Art. 14 GG um eine rechtlich gebundene Entscheidung, d. h., die Baugenehmigungsbehörde hat kein Ermessen) der Delegant die baurechtlichen Vorschriften so auslegt, dass das geplante Vorhaben zulässig ist, während der Delegatar die Vorschriften enger auslegt, und daher in einem identischen Fall ein entsprechendes Vorhaben als unzulässig ablehnen würde.
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gern, deren Fall von dem Delegatar entschieden wurde, im Verhältnis zu den Bürgern, deren Fall dem Deleganten zur Entscheidung oblag, unzweifelhaft benachteiligt. Zwar könnten die Bürger, denen gegenüber eine rechtlich nachteilige Entscheidung getroffen wurde, hierüber eine gerichtliche Entscheidung beantragen und somit letztendlich auch eine einheitliche Gesetzesauslegung herbeiführen. Doch würde dies nichts daran ändern, dass sie zuvor im Sinne des Art. 3 GG benachteiligt wurden. Durch die gerichtliche Entscheidung könnte diese Benachteiligung allenfalls beseitigt werden. Und außerdem ist auch gar nicht gesagt, dass es immer zu einem gerichtlichen Verfahren kommen würde342. Zusammenfassend kann man daher für den Bereich der rechtlich gebundenen Verwaltung und der Ermessensverwaltung festhalten, dass es eine Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 GG darstellt, wenn verschiedene Behörden über gleichgelagerte Fälle entscheiden können343. Die Ungleichbehandlung ist hier aber nicht erst dann gegeben, wenn beide Behörden unterschiedliche Entscheidungen getroffen haben, sondern die eigentliche Ungleichbehandlung liegt bereits darin, dass überhaupt verschiedene Behörden im Verhältnis zu den Bürgern zu einer Entscheidung befugt sind, und hierdurch die Gefahr einer Benachteiligung durch unterschiedliche Entscheidungen geschaffen wird344. Mit diesem Ergebnis steht aber noch nicht zwingend fest, dass die konservierende Delegation grundsätzlich unzulässig ist. Allerdings muss im Rahmen ihrer Zulässigkeit das Problem der Ungleichbehandlung berücksichtigt werden. Unproblematisch zulässig wäre die konservierende Delegation daher dann, wenn die durch sie bedingte Ungleichbehandlung verhindert werden könnte. Dies ließe sich eventuell dadurch erreichen, indem man den Delegatar bei der Ausübung der delegierten Kompetenz zum Schutze des Bürgers an die Verwaltungspraxis und die Gesetzesauslegung des Deleganten bindet345. Hierdurch würde dem Bürger dann ein Recht dahingehend zustehen, dass der Delegatar bei seiner Entscheidung die gleichen Maßstäbe zugrunde legt wie der Delegant. Eine derartige Bindung müsste aber durch Gesetz und nicht im Wege einer Verwaltungsvorschrift erfolgen, da nur hierdurch eine Bindung auch im Außenverhältnis und somit im Verhältnis zum Bürger erreicht werden würde. Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 143. So auch Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 142 f.; s. hierzu auch Kapitel 2, A. II. 1. b) aa) dieser Untersuchung. 344 So auch Guttenberg, S. 101, der in der mit der Zuständigkeitsfrage verknüpften Chance einer bestimmten (richtigen) Entscheidung einen beachtlichen Belang sieht und daher, da jede Differenzierung innerhalb der Zuständigkeit diese Chance beeinflusst, diese Differenzierung als einen Nachteil im Sinne des Art. 3 GG begreift. 345 Ähnliche Bindungen gibt es z. Bsp. im Prozessrecht, etwa nach §§ 130 III, 144 VI VwGO, 563 II ZPO, wo das Rechtsmittelgericht eine Sache nach Aufhebung der Entscheidung eines niederen Gerichtes anstatt selbst zu entscheiden an dieses Gericht zurückverweisen kann, das niedere Gericht dann aber bei seiner Entscheidung an die Rechtsauffassung des Rechtsmittelgerichts gebunden ist. 342 343
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Allerdings wäre eine entsprechende Bindung in der Praxis wohl nur schwer durchführbar. Denn bei jedem zu entscheidenden Fall, der auch nur ein wenig von dem der bisherigen Verwaltungspraxis zugrunde liegenden Normalfall abweicht, müssten die beiden Behörden miteinander in Kontakt treten, um festzulegen, wie dieser Fall jetzt zu entscheiden ist. Und genauso wäre es auch mit jeder neu auftauchenden Rechtsfrage. Dies würde aber zu einer großen Schwerfälligkeit in der jeweiligen Entscheidungsfindung führen und eventuell sogar die mit der Delegation angestrebte Entlastung des Deleganten zum Großteil wieder aufzehren. Eine derartige Bindung käme daher in der Praxis wohl kaum in Betracht. Neben einer gesetzlichen Bindung des Delegatars an die Verwaltungspraxis und Gesetzesauslegung des Deleganten wäre auch noch denkbar, dass der Delegant die konservierende Delegation nur unter der Bedingung zu erteilen versucht, dass sich der Delegatar an die Verwaltungspraxis und Gesetzesauslegung des Deleganten hält. Fraglich ist aber, ob eine derartige bedingte Delegation in rechtlicher Hinsicht überhaupt zulässig wäre. In der Literatur wird vereinzelt vertreten, dass der Delegant auf die Sachentscheidung des Delegatars auch durch eine inhaltliche Gestaltung der Delegation Einfluss nehmen könne und diesbezüglich auch die Beifügung von Bedingungen zulässig sein soll346. Die Problematik einer bedingten Delegation besteht hierbei aber darin, dass die Übertragung der betreffenden Kompetenzen von dem Deleganten auf den Delegatar dann vom Eintritt der Bedingung abhängig wäre, und somit letztendlich auch die Frage, ob der Delegant oder Delegatar zur Entscheidung eines konkreten Falles zuständig ist, vom Eintreten oder Ausbleiben der Bedingung abhängen würde. Da der Bürger aber aufgrund des in Kapitel 2, A. II. dieser Untersuchung Gesagten immer wissen können muss, welche Behörde für ihn zuständig ist, ist das Beifügen von Bedingungen im Rahmen einer Delegation dann unzulässig, wenn die Bedingung so ausgestaltet ist, dass der Bürger nicht sicher in Erfahrung bringen kann, ob nun dem Deleganten oder dem Delegatar die Zuständigkeit zur Entscheidung seines Falles zukommt. Das heißt, eine Delegation unter der Bedingung, dass sich der Delegatar bei seiner Entscheidung an die Verwaltungspraxis und die Gesetzesauslegung des Deleganten hält, wäre unzulässig, da der Bürger nicht eindeutig erkennen kann, wann diese Bedingung gegeben ist und wann nicht, und er somit nicht in Erfahrung bringen könnte, wem nun die Zuständigkeit für seinen Fall obliegt. Im Übrigen wird man wohl ganz allgemein sagen können, dass als zulässige Bedingungen im Rahmen der Erteilung einer Delegation nur äußere Umstände in Betracht kommen, die sowohl vom Willen des Deleganten als auch vom Willen des Delegatars unabhängig sind. Eine derart zulässige Bedingung wäre es etwa, die Delegation vom Vorliegen einer Gefahr im Verzug abhängig zu machen, sprich, die betreffende Kompetenz nur dann auf den Delegatar übergehen zu lassen, wenn 346
So etwa Erichsen in von Mutius / Schmidt-Jortzig, S. 9; Lauscher, S. 37.
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Gefahr im Verzug besteht, und der Delegant nicht zu einem sofortigen Handeln in der Lage ist. Als Zwischenergebnis bleibt somit festzuhalten, dass eine Bindung des Delegatars an die Verwaltungspraxis und die Gesetzesauslegung des Deleganten, sei es durch eine entsprechende gesetzliche Regelung oder durch eine bedingte Delegation, in der Praxis kaum durchführbar ist, und es somit auch nicht möglich ist, hierdurch die Problematik der Ungleichbehandlung bei der konservierenden Delegation zu beseitigen. Nachdem jetzt festgestellt wurde, dass es im Prinzip keine in der Praxis gangbare Möglichkeit gibt, die durch eine konservierende Delegation bedingte Ungleichbehandlung zu verhindern, ist als Nächstes zu untersuchen, ob nicht auch Fallgestaltungen denkbar sind, bei denen die durch die konservierende Delegation bedingte Ungleichbehandlung nicht gegen Art. 3 GG verstoßen würde und daher von den Bürgern hinzunehmen wäre. Denn auch außerhalb der konservierenden Delegation kommt die Verwaltung ja gar nicht umhin, gleichgelagerte Fälle von verschiedenen Behörden entscheiden zu lassen. So wird z. Bsp. dadurch, dass Behörden im Rahmen der örtlichen Zuständigkeit immer nur für ihren Bezirk zuständig sind, ein System geschaffen, bei dem viele unterschiedlichen Behörden über gleichgelagerte Fälle entscheiden. Denn das Landratsamt A entscheidet in seinem Bezirk über Fälle, die im Bezirk des Landratsamtes B genauso vorkommen, dort aber von diesem entschieden werden. Auch hier ist es somit möglich, dass das Landratsamt A Vorschriften enger auslegt als das Landratsamt B, oder dass es Ermessenserwägungen anstellt, die von denen des Landratsamtes B abweichen. Obwohl also auch hier eine Ungleichbehandlung der Bürger vorliegt, würde niemand hierin eine Verletzung des Art. 3 GG erblicken347. Denn diese Ungleichbehandlung ist durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt, nämlich den, dass es zur Bewältigung der mannigfachen staatlichen Aufgaben unerlässlich ist, diese auf verschiedene (örtlich zuständige) Behörden zu verteilen. Für die Zulässigkeit der konservierenden Delegation kann man hieraus ableiten, dass die durch sie bedingte Ungleichbehandlung der betroffenen Bürger dann gerechtfertigt ist, wenn hierfür ein sachlicher Grund im Sinne des Art. 3 GG besteht. Fraglich ist in diesem Zusammenhang aber, welche Anforderungen an diesen sachlichen Grund zu stellen sind. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass im Falle der konservierenden Delegation im Grunde bereits eine Behörde vorhanden ist, welche die entsprechenden staatlichen Aufgaben bewältigen soll, nämlich der Delegant. Ohne Delegation ist nämlich grundsätzlich dieser zuständig. Es müssen daher ganz besondere Voraussetzungen gegeben sein, wenn neben die bereits zuständige Behörde im Wege der Delegation noch eine weitere Behörde zur Bewältigung der gleichen Aufgaben treten soll. 347
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So ausdrücklich BVerfG, NJW 1952, S. 177.
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Hinsichtlich der Frage, welche besonderen Voraussetzungen hierfür gegeben sein müssen, könnte man Anleihen bei dem Selbsteintrittsrecht nehmen348. Denn das Selbsteintrittsrecht weist gewisse Parallelen zu der konservierenden Delegation auf, da auch beim Selbsteintrittsrecht faktisch zwei Behörden für gleichgelagerte Fälle zuständig sein können, nämlich die an sich zuständige Behörde, und, unter den Voraussetzungen des Selbsteintrittsrechts, auch die übergeordnete Behörde349. Und auch hier wird kontrovers diskutiert, inwieweit diese doppelte Zuständigkeit mit Art. 3 GG vereinbar ist350. Nach der überwiegenden Auffassung ist ein Selbsteintrittsrecht nur unter ganz besonderen Voraussetzungen zulässig, nämlich z. Bsp. bei Gefahr im Verzug oder in sonstigen Situationen, bei denen die an sich zuständige Behörde die ihr obliegenden Aufgaben nicht ordnungsgemäß erfüllen kann und die übergeordnete Behörde zur Wahrnehmung dieser Aufgaben besser geeignet erscheint351. Gerade für derartige Fälle wird denn aber auch in der Literatur die Zulässigkeit einer konservierenden Delegation bejaht352. Daraus kann man schließen, dass das Vorliegen einer Sondersituation wie etwa Gefahr im Verzug o.ä. einen sachlichen Grund i. S. d. Art. 3 GG dafür darstellt, im Verhältnis zum Bürger anstelle der an sich zuständigen Behörde auch einer anderen Behörde die Möglichkeit zum Tätigwerden zu eröffnen. Für die rechtliche Zulässigkeit einer konservierenden Delegation hat dies zur Folge, dass eine entsprechende Delegation etwa unter der Voraussetzungen zulässig sein kann, dass sich die delegierende Behörde die Ausübung der delegierten Kompetenz für solche Fälle vorbehält, bei denen – etwa wegen Gefahr im Verzug oder wegen besonderer Schwierigkeiten in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht – der Delegatar die delegierte Kompetenz nicht oder nicht ordnungsgemäß ausüben kann353. Daneben könnte man eine konservierende Delegation für Fälle von 348 Unter einem Selbsteintrittsrecht versteht man die Befugnis der vorgesetzten Behörde, an Stelle der ihr nachgeordneten Behörde tätig zu werden, das heißt, deren sachliche Zuständigkeit im Einzelfall an sich zu ziehen, s. Ule / Laubinger, § 10 Rn 21. 349 In der Praxis ist natürlich auch im Falle des Selbsteintrittsrechts nur noch die eintretende Behörde zuständig. Aber auch bei der konservierenden Delegation ist es ja so, dass, um widersprüchliche Entscheidungen zu vermeiden, zur Entscheidung des konkreten Falles nur noch eine Behörde befugt ist. Trotzdem sind bei dem Selbsteintrittsrecht wie auch bei der konservierenden Delegation rein faktisch zwei Behörden zuständig. 350 S. zur Problematik des Art. 3 GG beim Selbsteintrittsrecht Guttenberg, S. 86 ff.; Brunner DÖV 1969, S. 780 ff. m. w. N. 351 Guttenberg, S. 136; Ule / Laubinger § 10 Rn 21; Sachs in Stelkens / Bonk / Sachs, § 44 VwVfG, Rn 171. 352 Dagtoglou, S. 64; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 143; ähnlich auch Obermayer, JZ 1956, S. 628, der zwingende Gründe des öffentlichen Wohls für die Zulassung der konservierenden Delegation verlangt. 353 In einem derartigen Fall läge dann aufgrund des zuvor Gesagten nicht nur ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung vor, sondern es würde zugleich auch die Gefahr sich
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besonderer politischer Bedeutung oder bei Vorliegen eines besonderen politischen Interesses zulassen354. Daher ist es beispielsweise zulässig, dass sich der Bundespräsident bei der Delegation seines Ernennungsrechts gemäß Art. 60 III GG für besondere Fälle die Ernennung und Entlassung von Bundesbeamten usw. selbst vorbehalten hat, da dem Bundespräsidenten hierfür ein besonderes Interesse zukommt355.
3. Ergebnis Die konservierende Delegation ist im Verhältnis zum Bürger nur zulässig, wenn die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen beseitigt oder stark vermindert wird und ein sachlicher Grund für die durch sie bedingte Ungleichbehandlung besteht. Unbedenklich zulässig ist die konservierende Delegation ferner im rein verwaltungsinternen Bereich, da sich die Problematik der widersprechenden Entscheidungen und des Art. 3 GG dort so nicht stellt.
II. Zu der Frage, ob die konservierende Delegation eine besondere gesetzliche Ermächtigung voraussetzt Ähnlich wie bei der Singulardelegation stellt sich auch bei der konservierenden Delegation die Frage, ob diese eine besondere Ermächtigung benötigt oder ob die allgemeine Ermächtigung zur Delegation auch die zu einer konservierenden Delegation mit einschließt. Am einfachsten wäre es natürlich, wenn der Inhaber der Organisationsgewalt in der Ermächtigung zur Delegation entweder ausdrücklich anordnen würde, dass sich der Delegant die Ausübung der delegierten Kompetenz weiterhin vorbehalten kann oder wenn er ihm im Gegenzug die konservierende Delegation ausdrücklich untersagen würde. Fehlt es aber an einer derartigen ausdrücklichen Anordnung, ist von dem Grundsatz auszugehen, dass die Ermächtigung zu einer Delegation nicht zwingend auch die Ermächtigung zu einer konservierenden Delegation mit einschließt356. Denn eine konservierende Delegation ist kein „Minus“ im Verhältnis zu einer gewöhnlichen Delegation, sondern ein „Aliud“357. Dies ergibt sich daraus, widersprechender Entscheidungen vermieden werden, da der Delegatar überhaupt nicht zu einer Entscheidung in der konkreten Sache befugt wäre. 354 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 143 f. 355 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 143 f.; s. zu Art. 60 III GG auch Kapitel 2, G. II. dieser Untersuchung. 356 So auch Lauscher, S. 54. 357 Lauscher, S. 54.
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dass im Falle einer konservierenden Delegation genaugenommen keine Übertragung einer Kompetenz wie bei einer gewöhnlichen (echten) Delegation vorliegt, sondern der Delegant einer anderen Stelle nur die Möglichkeit einräumt, die Kompetenz des Deleganten neben diesem auszuüben358. Auf der anderen Seite erscheint es aber als zu weitgehend, wenn man verlangt, dass der Inhaber der Organisationsgewalt die Zulässigkeit einer konservierenden Delegation und die Voraussetzungen, unter denen der eine der beiden Zuständigkeitsinhaber alternativ tätig werden kann, in der Ermächtigung zur Delegation selbst regeln muss359. Ausreichend muss vielmehr sein, dass durch Auslegung der Ermächtigung zur Delegation ermittelt werden kann, ob eine konservierende Delegation im konkreten Fall erlaubt sein soll oder nicht. Im Rahmen dieser Auslegung kommt es hierbei vor allem auf die zu delegierende Kompetenz sowie auf die Voraussetzungen an, unter denen sich der Delegant die Ausübung der delegierten Kompetenz vorbehalten will (also etwa bei Gefahr im Verzug o.ä.). Wenn es sich bei der delegierten Kompetenz beispielsweise um eine Kompetenz zur Gefahrenabwehr handelt, wird wohl nichts dagegen sprechen, dass sich die delegierende Behörde die Ausübung dieser Kompetenz im Falle der Verhinderung des Delegatars weiterhin selbst vorbehält, da sie ja grundsätzlich zur Gefahrenabwehr berechtigt und verpflichtet ist, und ein letzter Rest dieser Pflicht auch im Falle einer Delegation bestehen bleiben muss. Sonst könnte nämlich der Fall eintreten, dass die Behörde, die vom Gesetzgeber zur Gefahrenabwehr ermächtigt und verpflichtet wurde, hierzu wegen der Delegation nicht mehr berechtigt wäre, und der Delegatar, dem jetzt aufgrund der Delegation die Aufgabe der Gefahrenabwehr obliegt, wegen Handlungsunfähigkeit hierzu nicht in der Lage ist, und somit letztlich keine der beiden Behörde zur Abwehr einer bestimmten Gefahr tätig werden könnte. Wenn aber der Gesetzgeber einer Behörde, die er zur Gefahrenabwehr ermächtigt hat, das Recht zur Delegation gibt, dann wird er das tun, weil er davon ausgeht, dass durch die Delegation die Abwehr von Gefahren noch verbessert werden kann. Dann wird es aber auch seinem Willen entsprechen, wenn sich der Delegant für den Fall, dass der Delegatar zur Gefahrenabwehr nicht oder nur unzureichend in der Lage ist, die Kompetenz zur Gefahrenabwehr weiterhin vorbehält. Maßgeblich für die Frage, ob in der Ermächtigung zur Vornahme einer Delegation zugleich die Ermächtigung zur Vornahme einer konservierende Delegation erblickt werden kann, ist also letzten Endes immer der Wille des Inhabers der Organisationsgewalt, wie er in der Ermächtigung zur Delegation zum Ausdruck kommt. Dieses Ergebnis deckt sich auch mit der h.M. zu Art. 60 III GG, wonach aufgrund dieser Vorschrift eine konservierende Delegation von Seiten des Bundespräsidenten für zulässig angesehen wird360, obwohl der Art. 60 III GG nur ganz 358 Hierauf weißt auch Triepel, S. 54 hin, wenn er sagt, dass der Delegant durch die konservierende Delegation keine Zuständigkeiten verliert, sondern nur die Ausschließlichkeit einer Kompetenz aufgibt. 359 So aber Lauscher, S. 54.
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allgemein zu einer Delegation und nicht speziell auch zu einer konservierenden Delegation ermächtigt. Denn gerade im Falle des Art. 60 III GG lässt sich der mit der Delegation verfolgte Zweck der Entlastung des Bundespräsidenten in sinnvoller Weise nur dann erreichen, wenn man dem Bundespräsidenten die Befugnis zugesteht, sich bestimmte besonders bedeutende Entscheidungen vorzubehalten361. Denn bei diesen besonders bedeutsamen Entscheidungen wird es sich in erster Linie um solche handeln, bei denen das dem Bundespräsidenten nach Art. 60 GG zukommende Prüfungsrecht bzw. der ihm zukommende eigene Entscheidungsspielraum aktuell wird bzw. werden könnte362. Gerade für solche Fälle kommt also die dem Bundespräsidenten nach dem Grundgesetz zukommende rechtswahrende Kontrollfunktion363, die sich aus seiner besonderen Stellung als Staatsoberhaupt ergibt, zum Tragen, so dass hier das Interesse des Bundespräsidenten, selbst zu entscheiden, ohne weiteres einsichtig ist. Ohne die Möglichkeit, sich für derartige besondere Fälle eine Entscheidung vorzubehalten, hätte der Bundespräsident aber nur die Alternative, auf eine Delegation zu verzichten, was zu einer erheblichen Arbeitsbelastung für ihn führen würde, oder aber seine gesamten Kompetenzen in dem betreffenden Bereich zu übertragen, wodurch er dann aber auch seine Kompetenzen für die besonders bedeutsamen Fälle verlieren würde, und sich somit in einem wichtigen Bereich praktisch selbst entmachten müsste. Eine konservierende Delegation stellt demnach die einzige Möglichkeit für den Bundespräsidenten dar, sich zu entlasten, sich aber zugleich für diejenigen Fälle, in denen die dem Bundespräsidenten in seiner Funktion als Staatsoberhaupt zukommende rechtswahrende Kontrollfunktion und das dem Bundespräsidenten zukommende Prüfungsrecht aktuell wird, die Entscheidungsbefugnisse noch selbst vorzubehalten.
III. Müssen die Voraussetzungen, unter denen der Delegant die delegierte Kompetenz weiterhin selbst wahrnehmen kann, in der Delegationsrechtsverordnung angegeben werden? Fraglich ist in diesem Zusammenhang noch, ob der Delegant, sofern die Delegationsermächtigung keine entsprechenden Regelungen enthält, die Voraussetzungen, 360 S. hierzu Nierhaus in Sachs, Art. 60 GG, Rn 16; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 143 f. 361 S. hierzu die „Anordnung des Bundespräsidenten über die Ernennung und Entlassung der Bundesbeamten und Richter im Bundesdienst“, BGBl. 1975, S. 1915. Bezüglich weiterer Anordnungen des Bundespräsidenten nach Art. 60 III GG und zwischenzeitlichen Änderungen sowie deren Fundstellen in den BGBl, s. Hemmerich in von Münch / Kunig, Art. 60 GG, Rn 25 f. 362 Zum Umfang dieses Prüfungsrechts und des Entscheidungsspielraums s. Fink in von Mangoldt / Klein / Starck, Art. 60 GG, Rn 15 ff.; Hemmerich in von Münch / Kunig, Art. 60 GG, Rn 15; Nierhaus in Sachs, Art. 60 GG, Rn 7 ff. m. w. N. 363 S. hierzu Nierhaus in Sachs, Art. 54 GG, Rn 13 m. w. N.
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unter denen er weiterhin zur Wahrnehmung der delegierten Kompetenz berechtigt sein soll, in der Delegationsrechtsverordnung angeben muss, oder ob er auch ohne eine derartige Anordnung die delegierte Kompetenz – etwa bei Gefahr im Verzug – wieder eigenmächtig an sich ziehen darf. Diese Frage ist vor allem dann bedeutsam, wenn der Delegant eine devolvierende Delegation vorgenommen hat, und jetzt eine Situation eintritt, bei welcher der Delegatar die delegierte Kompetenz aus welchen Gründen auch immer nicht wahrnehmen kann und deshalb der Delegant wieder tätig werden möchte. Kann er nun, sofern die Ermächtigung zur Delegation ergibt, dass neben der devolvierenden Delegation auch eine konservierende zulässig gewesen wäre, die delegierte Kompetenz wahrnehmen oder steht ihm diese Möglichkeit nur offen, wenn bei Vornahme der Delegation in der Delegationsrechtsverordnung die Delegation ausdrücklich als konservierende Delegation ausgestaltet wurde und die Voraussetzungen, unter denen der Delegant die delegierte Kompetenz weiterhin wahrnehmen können soll, in der Delegationsrechtsverordnung angegeben wurden? Die Antwort auf diese Frage kann nur unter Zugrundelegung der in Kapitel 2, A. II. 1. b) dieser Untersuchung dargelegten rechtsstaatlichen Anforderungen hinsichtlich der Ausgestaltung der Zuständigkeitsregelungen gefunden werden. Demnach ist es aus rechtsstaatlichen Gründen geboten, dass die delegierende Behörde die Voraussetzungen, unter denen sie weiterhin zur Ausübung der delegierten Kompetenz und mithin zur Entscheidung in der Sache befugt sein soll364, in der Delegationsrechtsverordnung so genau und konkret wie möglich festlegt, da der Bürger aufgrund des in Kapitel 2, A. II. 1. b) dieser Untersuchung Gesagten immer in der Lage sein muss zu wissen, welche Behörde für ihn im konkreten Fall zuständig ist, und er somit auch in Erfahrung bringen können muss, unter welchen Voraussetzungen der Delegant trotz Delegation weiterhin zur Wahrnehmung der delegierten Kompetenz berechtigt sein soll.
H. Die totale Delegation Ausgehend von der in Kapitel 1, B. III. dieser Untersuchung dargelegten Terminologie versteht man unter einer totalen Delegation den Fall, dass der Delegant seine gesamten Kompetenzen überträgt. Angesichts ihres Umfangs wird die totale Delegation in der Praxis wohl so gut wie nie vorkommen. Die im Rahmen dieser Untersuchung dargelegten Beispiele für eine Delegation wie Art. 60 III GG, § 203 I 1 BauGB usw. sind daher auch alles Fälle der Spezialdelegation. Ob man aber so weit gehen kann zu behaupten, eine totale Delegation sei grundsätzlich unzulässig, erscheint fraglich365. Hinter der Auffassung, wonach eine totale Delegation bereits 364 Also etwa bei Gefahr im Verzug oder bei Vorliegen bestimmter besonderer Tatbestände o.ä.
H. Die totale Delegation
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vom Grundsatz her nicht zulässig sein soll, scheint der Gedanke zu stehen, dass wenn ein öffentlich-rechtliches Subjekt seine gesamte Kompetenzen übertragen würde, es dann aufhören würde zu existieren und es sich hierdurch praktisch selbst beseitigen könnte366. Ein derartiges Selbstbeseitigungsrecht soll staatlichen Stellen aber wohl nicht zustehen. An dieser Argumentation ist richtig, dass eine staatliche Stelle dann rechtlich nicht mehr existiert, wenn sie ihre gesamten Kompetenzen in der Art und Weise auf eine andere Stelle überträgt, dass sie nach der Übertragung keinerlei Kompetenzen und Befugnisse mehr hat367. Verfehlt ist es aber, hieraus die Unzulässigkeit der totalen Delegation abzuleiten. Denn eine totale Delegation wäre auch in der Form einer konservierenden Delegation denkbar, dass heißt, die delegierende Stelle ermächtigt zwar eine andere Stelle, ihre gesamten Kompetenzen wahrzunehmen, behält sich aber daneben noch selbst die Ausübung dieser Kompetenzen vor. Hier wäre der Delegant dann trotz totaler Delegation weiterhin Inhaber seiner Kompetenzen und somit auch noch rechtlich existent. Außerdem wird es in der Regel so sein, dass auch im Falle einer totalen Delegation die delegierende Stelle die Möglichkeit besitzt, die Delegation für die Zukunft wieder aufzuheben. Das heißt, die Befugnis, die Delegation wieder zu beseitigen, bleibt im Normalfall immer bei dem Deleganten, so dass dieser trotz Vornahme einer totalen Delegation noch Inhaber wenigstens einer einzigen Kompetenz bliebe und somit auch in seiner rechtlichen Existenz nicht beseitigt werden würde. Und im Übrigen ist noch anzumerken, dass selbst dann, wenn eine staatliche Stelle durch die Vornahme einer totalen Delegation jegliche Kompetenzen verlieren und hierdurch in ihrer Existenz beseitigt werden würde, dies dann nicht gegen die Zulässigkeit einer totalen Delegation sprechen würde, sofern für die totale Delegation eine ausdrückliche Ermächtigung gegeben wäre368. Denn wenn der Inhaber der Organisationsgewalt die Möglichkeit hat, Behörden aufzulösen, dann wird er in der Regel auch die Befugnis haben, diese Kompetenz unter bestimmten Voraussetzungen auf die betreffende Behörde selbst zu übertragen, etwa indem er sie zu einer totalen Delegation ermächtigt. Nur bei bestimmten staatlichen Stellen, wie etwa beim Gemeinderat oder beim Kreistag, wäre eine Ermächtigung zur Vornahme einer totalen Delegation aufgrund des in Kapitel 2, C. VI. dieser Untersuchung Gesagten unzulässig, da diesen Stellen nach der Verfassung bestimmte Kompetenzen zustehen müssen. 365 Für die grundsätzliche Unzulässigkeit der totalen Delegation sprechen sich etwa Triepel, S. 93 und Müller, DÖV 1964, S. 534 aus, wobei bei Müller darauf hinzuweißen ist, dass er für die totale Delegation entgegen der hier verwendeten Terminologie den Ausdruck Generaldelegation verwendet. 366 So Triepel, S. 93. 367 S. hierzu Barbey, S. 20, wonach ein Organ „durch die ihm kraft organisatorischer Rechtssätze eingeräumten Zuständigkeiten als solches konstituiert“ wird. 368 In der Ermächtigung zur Delegation müsste also eindeutig zum Ausdruck kommen, dass eine totale Delegation gewollt ist.
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
Für die rechtliche Zulässigkeit der totalen Delegation bestehen somit im Prinzip keine Besonderheiten. Es gelten die allgemeinen Grundsätze für die Zulässigkeit einer Delegation.
I. Die Subdelegation Nach der in Kapitel 1, B. II. dieser Untersuchung entwickelten Terminologie liegt eine Subdelegation vor, wenn der Hoheitsträger, dem im Wege einer Delegation eine Kompetenz zugewiesen wurde, diese Kompetenz im Wege einer weiteren Delegation (der Subdelegation) auf einen anderen Hoheitsträger überträgt. In Bezug auf die Subdelegation ist problematisch, unter welchen Voraussetzungen sie überhaupt rechtlich zulässig ist. Hierbei ist vor allem der Frage nachzugehen, ob auch der Delegant den Delegatar zur Vornahme einer Subdelegation ermächtigen kann und ob der Delegant hierzu gegebenenfalls eine besondere Ermächtigung benötigt, oder ob in der Ermächtigung zur Delegation auch die Befugnis des Deleganten enthalten ist, den Delegatar zu einer Subdelegation zu ermächtigen.
I. Zur rechtlichen Zulässigkeit der Subdelegation im Allgemeinen Ausgangspunkt für die Untersuchung der rechtlichen Zulässigkeit der Subdelegation ist der Gedanke, dass die Subdelegation vom Prinzip her eine ganz normale Delegation darstellt und dass somit die zuvor genannten Voraussetzungen für die Vornahme einer Delegation, wie etwa das Vorliegen einer entsprechenden Ermächtigung oder die Einhaltung der für eine Delegation geltenden Form, auch für die Subdelegation gelten müssen369. Für die Subdelegation folgt hieraus als Erstes, dass sie in der gleichen Form erfolgen muss, wie die der Subdelegation vorangegangene Delegation. Dies ergibt sich daraus, dass sich aufgrund des in Kapitel 2, B. dieser Untersuchung Gesagten die Form der Delegation nach der zu delegierenden Kompetenz richtet. Da Delegation und Subdelegation sich aber auf die gleiche Kompetenz beziehen, müssen beide somit auch in der gleichen Form vorgenommen werden370. Daneben folgt noch aus den allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Delegation, dass So auch Barbey, S. 127 ff.; Kuhne, S. 71 f.; Obermayer, JZ 1956, S. 625. Eine Ausnahme hiervon besteht allerdings dann, wenn es sich bei der Subdelegation um eine Singularsubdelegation handelt. Hier könnte die Subdelegation auch in Form eines Verwaltungsaktes erfolgen, selbst dann, wenn die vorangegangene Delegation etwa in Form einer Rechtsverordnung vorgenommen wurde. Aufgrund der strengen Voraussetzungen, die für die Zulässigkeit einer Singulardelegation bestehen, wird die Vornahme einer Singularsubdelegation aber kaum jemals in Betracht kommen. 369 370
I. Die Subdelegation
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die Subdelegation nur zulässig ist, wenn eine entsprechende Ermächtigung des Subdeleganten (=Delegatar) zur Vornahme der Subdelegation besteht371. Unproblematisch ist die rechtliche Zulässigkeit der Subdelegation hierbei dann, wenn die Ermächtigung des Delegatars zur Vornahme der Subdelegation von der gleichen Stelle ausgesprochen wird, die auch den Deleganten zur Vornahme der Delegation ermächtigt hat, also von dem jeweiligen Inhaber der diesbezüglichen Organisationsgewalt372. Dies wäre etwa dadurch möglich, dass in der Ermächtigung des Deleganten zur Vornahme der Delegation zugleich auch der künftige Subdelegant (= Delegatar) zur Durchführung einer Subdelegation ermächtigt wird373. Ein Beispiel für eine derartige Ermächtigung zu einer Subdelegation fand sich in § 44 II 2 des Auslieferungsgesetzes vom 23. 12. 1929 (RGBl I, S. 239). Danach konnte die Reichsregierung die Ausübung von bestimmten im Gesetz genannten Befugnissen auf die Landesregierungen übertragen. Den Landesregierungen ihrerseits wurde in dieser Vorschrift zugleich das Recht gewährt, diese Befugnisse selbst wieder weiterzuübertragen. Sofern die Ermächtigung zu einer Subdelegation demnach von der gleichen Stelle ausgesprochen wird, die auch die Ermächtigung zur Delegation erlassen hat, wirft die rechtliche Zulässigkeit der Subdelegation im Vergleich zu einer gewöhnlichen Delegation keine besonderen Probleme auf. Denn der Inhaber der Organisationsgewalt kann natürlich unter den gleichen Voraussetzungen, unter denen er eine Delegation zulassen kann, auch die Ermächtigung zu einer Subdelegation aussprechen. Die Zulässigkeit der Subdelegation bestimmt sich hierbei dann nach exakt den gleichen Regeln wie die Zulässigkeit der Delegation. Problematisch könnte die Zulässigkeit einer Subdelegation aber dann sein, wenn die Ermächtigung des Delegatars zur Vornahme der Subdelegation nicht von dem jeweiligen Inhaber der Organisationsgewalt, sondern von dem Deleganten ausgesprochen werden soll, wenn also der Delegant neben der Übertragung seiner Kompetenzen an den Delegatar diesen auch noch zusätzlich zur Vornahme einer weiteren Delegation dieser Kompetenzen ermächtigen will. Diesbezüglich könnte nämlich fraglich sein, ob und unter welchen Voraussetzungen der Delegant den Delegatar überhaupt zu einer (Sub)Delegation ermächtigen kann. Um die besondere Problematik einer derartigen Ermächtigung zur Subdelegation durch den Deleganten zu verdeutlichen, muss man sich erneut vergegenwärtigen, dass jede Delegation von Kompetenzen – von dem seltenen Fall einer Singulardelegation in Form eines Verwaltungsaktes einmal abgesehen – im Prinzip nichts anderes ist als ein Rechtsetzungsakt374. Sofern also die delegierende Behörde ihre Kompetenz im Barbey, S. 128; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 144. Sofern die Behördenzuständigkeit aufgrund des in Kapitel 2, A. dieser Untersuchung Gesagten unter den Gesetzesvorbehalt fällt, ist dies der Gesetzgeber. Ansonsten wird es in der Regel die Regierung sein. 373 S. hierzu Barbey, S. 128 f. 374 Obermayer, JZ 1956, S. 626; Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 170. 371 372
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
Wege einer Delegation überträgt, wird sie rechtsetzend tätig. Wenn sie nun den Delegatar daneben noch dazu ermächtigt, die delegierte Kompetenz selbst noch einmal zu übertragen, gibt sie ihm damit zusätzlich zu der delegierten Kompetenz noch die Befugnis, selbst rechtsetzend tätig zu werden375. Das heißt, in der Ermächtigung des Deleganten an den Delegatar zur Vornahme einer Subdelegation liegt nichts anderes als die Übertragung bzw. Einräumung rechtsetzender Gewalt. Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Delegant den Delegatar zur Vornahme einer Subdelegation ermächtigen kann, hängt daher – von dem seltenen Fall der Ermächtigung zu einer Singularsubdelegation in Form eines Verwaltungsaktes abgesehen – davon ab, inwieweit und unter welchen Voraussetzungen die Übertragung rechtsetzender Gewalt überhaupt möglich ist. Für die Beantwortung dieser Frage ist danach zu differenzieren, ob die Delegation und somit auch die Subdelegation im Wege einer Rechtsverordnung, in Form einer Satzung oder in Form einer Verwaltungsvorschrift erfolgen muss. Denn da die Ermächtigung zur Subdelegation nichts anderes darstellt als die Übertragung der Befugnis, rechtsetzend tätig zu werden, ist für den Bereich, in dem die Subdelegation im Wege einer Rechtsverordnung erfolgen muss, zu fragen, ob und unter welchen Voraussetzungen die Befugnis zum Erlass einer entsprechenden Delegationsrechtsverordnung übertragen werden kann. Und für den Bereich, in dem die Subdelegation im Wege einer Verwaltungsvorschrift oder Satzung erfolgen muss, ist zu untersuchen, ob und unter welchen Voraussetzungen die Befugnis zum Erlass einer Delegationsverwaltungsvorschrift oder -satzung übertragbar ist. Was die Übertragung der Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung angeht, so ist festzustellen, dass sich diese im Bereich des Bundes nach Art. 80 I 4 GG richtet und bei Vorliegen der beiden dort genannten Voraussetzungen, nämlich gesetzliche Ermächtigung zur Übertragung und Form der Rechtsverordnung für die Übertragung, grundsätzlich zulässig ist. Für den Bereich der jeweiligen Bundesländer hängt es hingegen von den entsprechenden Landesverfassungen ab, ob und unter welchen Voraussetzungen eine derartige Übertragung erfolgen kann. Es gelten hier aber im Großen und Ganzen die gleichen Anforderungen wie bei Art. 80 I 4 GG376. Das bedeutet, dass in den Fällen, in denen Delegation und Subdelegation in Form einer Rechtsverordnung erfolgen müssen, der Delegant den Delegatar nur dann zur Vornahme einer Subdelegation ermächtigen kann, wenn hierfür eine entsprechende gesetzliche Ermächtigung besteht377. Die Einräumung der Ermächtigung zur Subdelegation muss dann wegen Art. 80 I 4 GG bzw. den entsprechenden landesgesetzlichen Regelungen im Wege einer Rechtsverordnung erfolgen. 375 Eine Ausnahme besteht aber natürlich dann, wenn der Delegatar zu einer Subdelegation in Form eines Verwaltungsaktes (Singularsubdelegation) ermächtigt werden soll. 376 So z. Bsp für Baden-Württemberg, Braun Art. 61 LVerf, Rn 7; für Bayern, Meder, Art. 55 LVerf, Rn 11; für Rheinland-Pfalz, Art. 110 I 4 LVerf. 377 Barbey, S. 128; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 144.
I. Die Subdelegation
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Für den Bereich, in dem die Subdelegation in Form einer Verwaltungsvorschrift erfolgen muss, gilt, dass die Übertragung der Ermächtigung zum Erlass einer Verwaltungsvorschrift aufgrund des in Kapitel 2, B. II. dieser Untersuchung Gesagten ebenfalls grundsätzlich zulässig ist, sofern eine entsprechende Ermächtigung, und sei es auch nur in Form einer Verwaltungsvorschrift, gegeben ist. Die Übertragung muss dann im Wege einer Verwaltungsvorschrift erfolgen. Entsprechendes gilt für eine Satzung und die Möglichkeit, die Ermächtigung zum Erlass einer Satzung weiterzuübertragen378. Somit kann die Ermächtigung zur Vornahme einer Subdelegation grundsätzlich auch in diesem Bereich durch den Deleganten ausgesprochen werden, sofern für den Deleganten eine entsprechende Ermächtigung in einer Verwaltungsvorschrift bzw. Satzung gegeben ist. Zusammenfassend kann man daher festhalten, dass die Übertragung rechtsetzender Gewalt bei Vorliegen einer entsprechenden Ermächtigung und Einhaltung der hierfür erforderlichen Form ohne weiteres zulässig ist und dass daher auch der Delegant den Delegatar bei Vorliegen einer entsprechenden Ermächtigung zur Vornahme einer Subdelegation ermächtigen kann379. Im Ergebnis bedeutet dies, dass die Ermächtigung des Delegatars (=Subdelegant) zur Vornahme einer Subdelegation sowohl von dem Inhaber der Organisationsgewalt, als auch von dem Deleganten erlassen werden kann. Wenn der Delegant aber den Delegatar zur Vornahme einer Subdelegation ermächtigen will, benötigt er hierfür eine entsprechende Ermächtigung, die ihm von dem jeweiligen Inhaber der Organisationsgewalt erteilt werden muss. Im Falle einer derartigen Übertragung würde dann der Inhaber der Organisationsgewalt auf den Deleganten die Befugnis übertragen, selbst einen Deleganten (bzw. Subdeleganten) für die Übertragung der betreffenden Kompetenz zu bestimmen. Die Ermächtigung an den Deleganten von Seiten des Inhabers der Organisationsgewalt, selbst einen (Sub-)Deleganten für die delegierte Kompetenz zu bestimmen, würde sich damit dann ihrerseits als Delegation darstellen, nämlich als Delegation der dem Inhaber der Organisationsgewalt zukommenden Kompetenz, zu entscheiden, welche Stelle zur Vornahme einer Delegation befugt sein soll.
378 Aufgrund der besonderen Funktion der Satzung, die ja darin besteht, juristischen Personen des öffentlichen Rechts die Befugnis zu erteilen, ihre eigenen Angelegenheiten zu regeln, wird man die Übertragung der Befugnis zum Erlass von Satzungsnormen aber nur auf Stellen zulassen können, die derjenigen juristischen Person angehören, deren Angelegenheiten durch die Satzung geregelt werden sollen. 379 Barbey, S. 128; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 144.
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
II. Zu der Frage, ob der Delegant aufgrund der allgemeinen Ermächtigung zur Delegation den Delegatar auch zur Vornahme einer Subdelegation ermächtigen kann Nachdem bisher festgestellt wurde, dass auch der Delegant den Delegatar bei Bestehen einer entsprechenden Ermächtigung zur Vornahme einer Subdelegation ermächtigen kann, ist als Nächstes der Frage nachzugehen, ob in der Ermächtigung des Deleganten zur Vornahme der Delegation zugleich auch die Befugnis enthalten ist, den Delegatar zur Vornahme einer Subdelegation zu ermächtigen380. Mit anderen Worten, kann man in der an den Delganten gerichteten Ermächtigung zur Vornahme einer Delegation auch die Befugnis des Deleganten erblicken, den Delegatar seinerseits zu einer Delegation zu ermächtigen? Eine derartige Möglichkeit besteht sicherlich nur dann, wenn aus Sicht des Deleganten ein gewisser Spielraum hinsichtlich des Adressaten der Delegation besteht. Denn wenn z. Bsp. der Delegant aufgrund der Delegationsermächtigung nur zu einer Delegation an die Behörde X befugt ist, dann kann er natürlich die Behörde X aufgrund der ihm erteilten Delegationsermächtigung nicht in den Stand setzen, die ihr übertragene Kompetenz noch auf eine andere Stelle weiterzuübertragen. Denn da der Delegant aufgrund der Delegationsermächtigung selbst nicht zu einer Delegation an andere Stellen außer der Behörde X berechtigt ist, kann er auch die Behörde X nicht zu einer entsprechenden Delegation ermächtigen. Das heißt, sofern die Befugnis des Deleganten, dem Delegatar eine Subdelegation zu gestatten, aus der allgemeinen Ermächtigung zur Delegation abgeleitet werden soll, darf die Ermächtigung zur Vornahme der Subdelegation in so einem Fall nie den Rahmen verlassen, der dem Deleganten bei Vornahme einer Delegation auferlegt ist381. Sofern aber der Kreis der Delegatare aus Sicht des Deleganten offen ist und er demnach beispielsweise zu einer Delegation an die Behörde X und an die Behörde Y befugt wäre, stellt sich die Frage, ob er etwa eine Delegation an die Behörde X vornehmen und diese Behörde hierbei auch noch zu einer Subdelegation an die Behörde Yermächtigen könnte. Für die Untersuchung der Problematik, inwieweit die Ermächtigung zur Delegation zugleich die Befugnis des Deleganten enthält, den Delegatar zur Vornahme einer Subdelegation zu ermächtigen, ist zwischen den Fällen zu differenzieren, in denen Delegation und Subdelegation im Wege einer Rechtsverordnung erfolgen müssen, und den Fällen, in denen sie in Form einer Satzung, eines Verwaltungsaktes oder in Form einer Verwaltungsvorschrift vorgenommen werden können. In S. hierzu auch Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 144. Anders wäre es aber dann, wenn der Inhaber der Organisationsgewalt, also etwa der Gesetzgeber, den Delegatar selbst unmittelbar zu einer Subdelegation ermächtigen würde. In diesem Fall könnte er den Delegatar natürlich auch zu einer Subdelegation an Stellen ermächtigen, an die der Delegant nicht delegieren darf, s. hierzu auch Barbey, S. 130. 380 381
I. Die Subdelegation
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den Fällen nämlich, in denen Delegation und Subdelegation im Wege einer Rechtsverordnung erfolgen müssen, gelten der Art. 80 I 4 GG und die entsprechenden landesverfassungsrechtlichen Vorschriften382, die vorschreiben, dass die Weiterübertragung der Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung nur zulässig ist, wenn sie im Gesetz vorgesehen ist. Dies setzt voraus, dass gerade die Weiterübertragung durch Gesetz gestattet wird und diese Gestattung der Weiterübertragung dem Gesetz eindeutig zu entnehmen ist383. Erforderlich ist somit eine ausdrückliche Erlaubnis der Weiterübertragung im Gesetz384. In der bloßen Ermächtigung des Deleganten zur Vornahme einer Delegation kann daher nicht auch zugleich das Recht erblickt werden, dem Delegatar die Vornahme einer Subdelegation zu ermöglichen385. Die Ermächtigung des Delegatars zur Subdelegation durch den Deleganten ist somit in dem Bereich, in dem die Delegation und die Subdelegation durch Rechtsverordnungen nach Art. 80 GG bzw. den entsprechenden landesverfassungsrechtlichen Regelungen erfolgen müssen, nur zulässig, wenn diesbezüglich eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung für den Deleganten besteht. Fraglich ist jetzt aber, inwieweit diese Grundsätze gelten, wenn die Subdelegation nicht in Form einer Rechtsverordnung, sondern im Wege einer Satzung, einer Verwaltungsvorschrift oder eines Verwaltungsaktes erfolgen muss. Denn für eine derartige Delegation gelten der Art. 80 I 4 GG und die entsprechenden landesverfassungsrechtlichen Regeln nicht, da diese nur auf Rechtsverordnungen Anwendung finden386. Außerhalb des Anwendungsbereichs des Art. 80 I 4 GG und der entsprechenden landesverfassungsrechtlichen Regelungen wird man daher auf eine ausdrückliche Ermächtigung zur Subdelegation verzichten können und vielmehr davon ausgehen müssen, dass es für die Frage, ob in der Ermächtigung zur Vornahme einer Delegation zugleich die Befugnis des Deleganten erblickt werden kann, den Delegatar zur Vornahme einer Subdelegation zu ermächtigen, auf die Auslegung der Delegationsermächtigung ankommt. Sofern dieser zu entnehmen ist, dass ausschließlich der Delegant darüber soll entscheiden können, wer die zu delegierende Kompetenz wahrnehmen darf, wird man eine Ermächtigung von Seiten des Deleganten an den Delegatar zur Vornahme einer Subdelegation als unzulässig anzusehen haben. Das heißt, es ist danach zu fragen, ob aufgrund der Delegationsermächtigung die Kompetenz zur Durchführung einer Delegation auf den Deleganten beschränkt sein soll oder nicht. Eine derartige Beschränkung zur VorS. diesbezüglich die Nachweise bei Fn 376. Lücke in Sachs, Art. 80 GG, Rn 31, der davon spricht, die Gestattung der Weiterübertragung müsse „erkennbar“ sein, oder Ossenbühl, HdB des StaatsR III § 64 Rn 32, der verlangt, dass die Subdelegation „ausdrücklich“ vorgesehen wird. 384 So auch Nierhaus in Bonner Kommentar, Art. 80 I GG, Rn 329. 385 So auch Wolff-Bachof-Stober, Band I, 10. A., § 25 Rn 34, der darauf hinweist, dass in der Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung nicht auch zugleich das Recht zur Weiterübertragung dieser Ermächtigung erblickt werden kann. 386 Nierhaus in Bonner Kommentar, Art. 80 I GG, Rn 152, 164. 382 383
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
nahme der Delegation auf den Deleganten könnte sich zum Beispiel unter dem Gesichtspunkt ergeben, dass es sich um eine spezielle Kompetenz handelt, bei der nur der Delegant sicher beurteilen kann, welche andere Stelle außer ihm zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung dieser Kompetenz in der Lage ist, oder dass es sich um eine politisch besonders bedeutsame Kompetenz handelt, bei der nur der Delegant darüber befinden können soll, wem diese Kompetenz im Wege einer Delegation übertragen werden darf. Falls die Ermächtigung zur Delegation aber ergibt, dass die Berechtigung zur Vornahme der Delegation nicht nur auf den Deleganten beschränkt sein soll, wird man diesem auch die Befugnis zugestehen müssen, den Delegatar zur Vornahme einer Subdelegation zu ermächtigen. Unter keinen Umständen aber darf der Delegatar in einem Fall, in dem die Ermächtigung zur Delegation so zu verstehen ist, dass die Berechtigung zur Vornahme der Delegation nicht nur auf den Deleganten beschränkt sein soll, eine Subdelegation ohne eine entsprechende Ermächtigung von Seiten des Deleganten durchführen387. Ansonsten könnte er nämlich die Entscheidung des Deleganten, gerade ihm die betreffende Kompetenz zuzuweisen, gegen den Willen des Deleganten wieder außer Kraft setzen. Zum Abschluss ist noch kurz auf den Sonderfall des Art. 60 III GG einzugehen und zu untersuchen, ob auch hier eine Subdelegation zulässig ist. Gemäß Art. 60 III GG kann der Bundespräsident seine ihm nach Art. 60 I, II GG zustehenden Befugnisse auf andere Behörden übertragen. Hiervon hat der Bundespräsident auch in großem Umfang Gebrauch gemacht. Bei dieser Übertragung hat er die betreffenden Stellen daneben zum Teil auch dazu ermächtigt, die ihnen übertragene Kompetenz selbst noch einmal weiter zu übertragen388. Umstritten ist hierbei, ob die Ermächtigung zu dieser Subdelegation gegen Art. 60 III GG verstößt, da der Wortlaut dieser Vorschrift nur eine Delegation, aber eben keine Subdelegation zulässt. Nach einer hierzu vertretenen Auffassung wird aus dem Fehlen einer dem Art. 80 I 4 GG entsprechenden Ermächtigung zur Subdelegation im Bereich des Art. 60 III GG im Wege des Umkehrschlusses gefolgert, dass eine Subdelegation bei Art. 60 III GG unzulässig sein soll389. Gegen diese Argumentation ist aber einzuwenden, dass diese Auffassung die besondere Bedeutung des Art. 80 I 4 GG verkennt, die einem entsprechenden Umkehrschluss bei Art. 60 III GG gerade entgegensteht. Denn nach Art. 80 I 1 GG ist der Kreis der möglichen Verordnungsgeber stark beschränkt, weshalb dem Art. 80 I 4 GG die besondere Funktion zukommt, sicherzustellen, dass auch andere als die 387 Eine Ausnahme besteht natürlich in den Fällen, in denen durch den Inhaber der Organisationsgewalt in der Ermächtigung zur Vornahme der Delegation zugleich auch die Ermächtigung des Delegatars zur Vornahme der Subdelegation ausgesprochen wird. 388 Vgl. hierzu etwa Art. 1 der Anordnung des Bundespräsidenten über die Ernennung und Entlassung der Bundesbeamten und Richter im Bundesdienst (BGBl. 1975 I, S. 1915). 389 So ausdrücklich Barbey, S. 129, Fn 7.
I. Die Subdelegation
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in Art. 80 I 1 GG genannten Stellen zum Erlass von Rechtsverordnungen berechtigt sind, sofern ihnen von einer der in Art. 80 I 1 GG genannten Stellen die Befugnis zum Erlass einer Rechtsverordnung erteilt wird. Die eigentliche Bedeutung des Art. 80 I 4 GG liegt somit nicht darin, die Subdelegation als solche zuzulassen, sondern vielmehr den Kreis der möglichen Verordnungsgeber im Falle einer Subdelegation wieder auszuweiten390. Da der Art. 60 III GG aber von vornherein keine Aussage darüber trifft, an wen delegiert werden kann, und er somit auch die möglichen Delegationsadressaten nicht einschränkt391, war es auch nicht nötig, eine dem Art. 80 I 4 GG vergleichbare Regelung zu treffen392. Man kann daher aus dem Fehlen einer dem Art. 80 I 4 GG vergleichbaren Vorschrift bei Art. 60 III GG nicht folgern, dass sich hieraus im Wege eines Umkehrschlusses ergibt, dass eine Subdelegation unzulässig wäre. Vielmehr wird man aufgrund des zuvor Gesagten davon ausgehen müssen, dass es außerhalb des Anwendungsbereichs von Art. 80 I GG für die Frage, ob der Delegant den Delegatar auch ohne eine ausdrückliche Ermächtigung zur Vornahme einer Subdelegation ermächtigen darf, ausschließlich auf die Delegationsermächtigung bzw. ihre Auslegung ankommt. Folglich ist für die Frage, ob im Bereich des Art. 60 III GG auch eine Subdelegation zulässig ist, zu untersuchen, ob eine derartige Subdelegation mit dem Sinn und Zweck der Delegationsermächtigung vereinbar ist. Diesbezüglich könnte gegen die Zulässigkeit einer Subdelegation im Bereich des Art. 60 III GG sprechen, dass es sich bei den in Art. 60 I, II GG genannten Kompetenzen zum Teil um politisch durchaus bedeutsame Befugnisse handeln kann, so dass man argumentieren könnte, wenn der Bundespräsident diese Kompetenzen schon nicht selbst wahrnimmt, dass dann wenigstens ausschließlich der Bundespräsident darüber entscheiden muss, wer zur Wahrnehmung dieser Kompetenzen an seiner Stelle befugt sein soll. Hiergegen ist aber einzuwenden, dass sich der Bundespräsident für politisch besonders bedeutsame Vorgänge in der Regel die Wahrnehmung der delegierten Kompetenz in der Ermächtigung zur Delegation vorbehalten hat393, so dass sich die Delegation und somit auch die Subdelegation nur auf unbedeutende und unwichtige Sachverhalte bezieht394. Außerdem ist zu bedenken, dass der Bundespräsident seine ihm zukommenden Kompetenzen in der Vergangenheit und in der Gegenwart in der Regel immer nur auf die obersten Bundesbehörden übertragen Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 144. Anerkannt ist aber, dass die Delegation nur an Bundesbehörden erfolgen darf, s. hierzu Herzog in Maunz-Dürig, Art. 60 GG, Rn 23. 392 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 144. 393 Bei der Delegation nach Art. 60 III GG handelt es sich nämlich um eine konservierende Delegation, s. hierzu Kapitel 2, G. dieser Untersuchung. 394 S. hierzu auch Art. 1 I der Anordnung des Bundespräsidenten über die Ernennung und Entlassung der Bundesbeamten und Richter im Bundesdienst vom 14. 7. 1975 (BGBl. 1975 I, S. 1915), wonach die Subdelegation nur hinsichtlich der Bundesbeamten bis zur Besoldungsgruppe A 13 zulässig ist. 390 391
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
hat395. Diese Behörden sind aber meistens mit der Wahrnehmung der ihnen hierdurch übertragenen Befugnisse angesichts der Fülle von Aufgaben ebenfalls überfordert, so dass auch bei ihnen ein Bedürfnis nach zumindest teilweiser Delegation besteht. Wenn der Bundespräsident aber diesem Entlastungsinteresse der obersten Bundesbehörden entsprechen will, dann hat er nur die Möglichkeit, entweder eine Subdelegation zuzulassen oder aber von vorneherein nur einen Teil seiner Kompetenzen nach Art. 60 I, II GG auf die obersten Bundesbehörden zu übertragen (und zwar nur soviel, wie sie sicher bewältigen können) und den Rest direkt auf die den Bundesbehörden nachgeordneten Behörden zu delegieren. Im Falle einer derartigen unmittelbaren Delegation von Kompetenzen an nachgeordnete Behörden würde aber das Problem bestehen, dass der Bundespräsident zum einen gar nicht sicher beurteilen kann, welche der nachgeordneten Behörden zur Wahrnehmung dieser Kompetenzen am besten geeignet sind, und zum anderen würde der Bundespräsident eventuell die Wahrnehmung der sonstigen Aufgaben dieser Behörden beeinträchtigen, wenn er den betreffenden Stellen neben den ihnen sowieso obliegenden Aufgaben noch neue Aufgaben zuweisen würde. Denn dadurch würde er eventuell Kapazitäten der Behörden in Anspruch nehmen, die diese Behörden zur Wahrnehmung von anderen Aufgaben benötigen. Insofern ist es sachgerechter, wenn die obersten Bundesbehörden selbst entscheiden können, an welche der ihnen nachgeordneten Behörden Befugnisse im Wege einer (Sub-)Delegation übertragen werden sollen. Denn die obersten Bundesbehörden wissen am besten, welche der ihnen nachgeordneten Behörden zur Wahrnehmung von bestimmten Kompetenzen geeignet sind, und vor allem, welche Behörden hierfür über ausreichende Kapazitäten usw. verfügen. Nur durch die Zulassung einer Subdelegation kann somit dem Entlastungsinteresse der obersten Bundesbehörden nachgekommen und gleichzeitig gewährleistet werden, dass die Kompetenzen letztendlich den Stellen zugewiesen werden, die zur Wahrnehmung dieser Aufgaben auch in der Lage sind. Da demnach gewichtige Gründe für die Zulässigkeit einer Subdelegation im Bereich des Art. 60 III GG sprechen, ist davon auszugehen, dass auch der Wille des Verfassungsgebers der Vornahme einer Subdelegation nicht entgegenstehen würde und somit der Art. 60 III GG auch die Zulassung einer Subdelegation durch den Bundespräsidenten deckt. Die Zulassung einer Subdelegation im Bereich des Art. 60 III GG ist somit verfassungsgemäß und zulässig396.
395 S. hierzu etwa die Anordnung des Bundespräsidenten über die Ernennung und Entlassung der Bundesbeamten und Richter im Bundesdienst (Fn 394). 396 So auch Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 144.
J. Die Problematik der potentiellen Zuständigkeit
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J. Die Problematik der potentiellen Zuständigkeit Nach der in Kapitel 1, B. VI. dieser Untersuchung dargelegten Terminologie ist eine potentielle Zuständigkeit gegeben, wenn das Gesetz dem Inhaber einer Kompetenz das Recht gibt, seine Kompetenz auf eine oder mehrere im Gesetz ganz genau bestimmte Behörden zu übertragen. Diese im Gesetz genannten Behörden sind dann potentiell zuständig. Wie bereits in Kapitel 1, B. VI. dieser Untersuchung dargelegt, werden die Fälle der potentiellen Zuständigkeit als Sonderfall der Delegation angesehen. Der Unterschied zu einer „normalen“ Delegation liegt einzig und allein darin, dass die delegierende Behörde gar kein oder nur ein eingeschränktes Wahlrecht dahingehend hat, an welche Behörde sie delegieren darf397. Daraus, dass die Behörde, an die delegiert werden darf, im Gesetz genau angeführt wird, ergibt sich denn auch die spezifische Problematik der potentiellen Zuständigkeit. Denn wegen der gesetzlichen Festlegung der delegierten Behörde ist es umstritten, ob der Rechtsakt, durch den der Delegant seine Zuständigkeit auf die im Gesetz genannte(n) Behörde(n) überträgt, im Wege einer Rechtsverordnung erfolgen muss oder ob er, entgegen der ansonsten für die Delegation geltenden Grundsätze, auch formlos vorgenommen werden kann398. Die Rechtsprechung und Teile der Literatur lassen es ausreichen, dass der Übertragungsakt im Falle der potentiellen Zuständigkeit formlos erfolgen kann399. Zur Begründung wird angeführt, dass durch das Gesetz die Zuständigkeit der potentiell zuständigen Behörde bereits rechtssatzmäßig festgelegt sei, wenn auch unter der Bedingung, dass die an sich zuständige Behörde zustimmt400. Durch die Übertagung der Zuständigkeit werde somit die bestehende gesetzliche Regelung nicht abgeändert, sondern es soll sich hierbei vielmehr nur um einen Akt handeln, der in Ausführung und Durchführung einer bereits bekannt gemachten Rechtsnorm ergeht401. Daher soll es sich bei der Übertragung auch nicht um einen Rechtsetzungsakt handeln402. 397 Ist im Gesetz nur eine potentiell zuständige Behöre bestimmt, besteht kein Wahlrecht. Sind mehrere potentiell zuständige Behörden bestimmt, kann die delegierende Behörde zwischen diesen wählen. 398 Diese Problematik stellt sich natürlich nur in den Fällen, in denen die Zuständigkeit durch Gesetz geregelt wird und die Delegation somit im Wege einer Rechtsverordnung erfolgen muss. In den Fällen, in denen die Zuständigkeit durch Verwaltungsvorschrift festgelegt wird, stellt sich das Problem so nicht, da hier die Delegation ja auch nicht in Form einer Rechtsverordnung erfolgen müsste und somit auch die Übertragung der Zuständigkeit im Falle der potentiellen Zuständigkeit natürlich ebenfalls nicht durch eine Rechtsverordnung vorzunehmen wäre. In diesem Bereich könnte der Übertragungsakt somit ohne weiteres formlos im Wege einer Verwaltungsvorschrift erfolgen. 399 BVerwG, DÖV 1962, S. 340 ff.; Obermayer, JZ 1956, S. 627; Wolff, VrwR II, 3. A., § 72 IV 2. 400 Obermayer, JZ 1956, S. 627.
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
Außerdem sollen die Fälle der potentiellen Zuständigkeit den Fällen ähneln, bei denen eine Behörde zum Erlass eines Rechtsetzungsaktes oder auch eines Verwaltungsaktes der Mitwirkung einer anderen Behörde bedarf. Da in diesen Fällen der betreffende Mitwirkungsakt formlos erfolgen kann, soll dies auch für den Übertragungsakt bei der potentiellen Delegation gelten403. Als Beispiel für einen derartigen mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsakt wird hierbei der § 9 II FStrG angeführt, wonach bauliche Anlagen an Bundesautobahnen von der für die Genehmigung zuständigen Behörde nur zugelassen werden dürfen, wenn die oberste Landesstraßenbaubehörde hierzu ihre Zustimmung erteilt hat. Da diese Zustimmungsakte anerkanntermaßen keine Rechtsetzungsakte seien und die Übertragung der Zuständigkeit im Falle der potentiellen Zuständigkeit mit diesen Zustimmungsakten vergleichbar sein soll, stelle auch die Übertragung der Zuständigkeit in den Fällen der potentiellen Zuständigkeit keinen Rechtsetzungsakt dar und müsse somit auch nicht im Wege einer Rechtsverordnung erfolgen404. Diese Auffassung ist aber abzulehnen, da die zu ihrer Begründung vorgebrachten Argumente nicht überzeugen können. Denn entgegen der oben angeführten Auffassung können die Fälle der potentiellen Zuständigkeit nicht mit den Fällen gleichgesetzt werden, bei denen eine Behörde zum Erlass eines Hoheitsaktes die Zustimmung einer anderen Behörde benötigt405. Beide Fallgestaltungen sind vielmehr grundverschieden. In den Fällen der potentiellen Zuständigkeit ist nämlich die potentiell zuständige Behörde vor der Erklärung der delegierenden Behörde, ihr die Zuständigkeit zu übertragen, nicht zuständig. Die Zuständigkeit wächst ihr erst dadurch zu, dass ihr der Delegant die Zuständigkeit überträgt. In den Fällen aber, bei denen eine Behörde zur Vornahme eines Hoheitsaktes die Zustimmung einer anderen Behörde benötigt, wird durch diese Zustimmungserklärung die bereits bestehende Zuständigkeit in keiner Weise geändert406. Dies soll am Beispiel des oben herangezogenen § 9 II FStrG verdeutlicht werden. § 9 II FStrG behandelt den Fall, dass bauliche Anlagen unmittelbar in der Nähe einer Autobahn errichtet werden sollen. Für die Genehmigung derartiger Vorhaben ist die jeweilige Baurechtsbehörde zuständig (welche Behörde das ist, richtet sich nach der Bauordnung des jeweiligen Bundeslandes)407. Vor Erteilung der Baugenehmigung muss nun aber noch die oberste Landesstraßenbaubehörde dem geplanten Vorhaben zustimmen, wobei aber diese Zustimmung die Zuständigkeit der Baurechtsbehörde nicht berührt. Diese ist vielmehr zur Erteilung der Baugenehmigung von Anfang an zuständig und nicht erst, nachdem die oberste Lan401 402 403 404 405 406 407
BVerwG, DÖV 1962 S. 341. BVerwG, DÖV 1962 S. 341. Obermayer, JZ 1956, S. 627. Obermayer, JZ 1956, S. 627. So auch Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 147. Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 147. Aust in Kodal / Kremer, Kap. 28 Rn 66 ff.
J. Die Problematik der potentiellen Zuständigkeit
165
desstraßenbaubehörde ihre Zustimmung erteilt hat. Für den Bürger ist somit einzig und allein die Baurechtsbehörde sein für ihn zuständiger Ansprechpartner, mit der obersten Landesstraßenbaubehörde hat er überhaupt keinen Kontakt408. Hierin liegt demnach der Unterschied zu der potentiellen Zuständigkeit, bei der sich nach dem Übertragungsakt die Zuständigkeit im Verhältnis zum Bürger ändert. Da durch die Zustimmung nach § 9 II FStrG die Behördenzuständigkeit nicht berührt wird, handelt es sich bei dieser Zustimmung somit auch nicht um einen Rechtsetzungsakt, der im Wege einer Rechtsverordnung erfolgen müsste. Bei der potentiellen Zuständigkeit liegen die Dinge aber anders, da es hier eben zu einer Änderung der Zuständigkeit kommt. Aus diesem Grunde können die beiden Fälle nicht miteinander verglichen und geschweige denn gleichbehandelt werden. Auch das Argument des BVerwG, dass durch die Übertragung der Zuständigkeit in den Fällen der potentiellen Zuständigkeit das Gesetz nicht abgeändert werde und folglich kein Rechtsetzungsakt vorliegen soll409, kann nicht überzeugen. Das BVerwG verneint einen Rechtsetzungsakt deshalb, da auch die Zuständigkeit der potentiell zuständigen Behörde durch Gesetz festgesetzt sei und somit durch den eigentlichen Übertragungsakt selbst gar keine neue gesetzliche Zuständigkeit begründet werde. Dem liegt wohl folgende Überlegung zu Grunde: Bei einer „normalen“ Delegation, bei welcher der Delegant die Behörde bestimmt, an die er delegieren will, und dann eine Rechtsverordnung erlässt, in der er dieser Behörde die Zuständigkeit zuweist, wird durch diese Delegationsrechtsverordnung eine neue gesetzliche Zuständigkeit begründet, da dem Delegatar hierdurch erstmals per Rechtsnorm die Zuständigkeit zur Wahrnehmung der betreffenden Kompetenz zugewiesen wird. Im Falle der potentiellen Zuständigkeit ist es aber so, dass das Gesetz der Behörde A eine Kompetenz zuweist, und zugleich festlegt, dass die Behörde B zuständig ist, wenn die Behörde A ihre Zuständigkeit auf die Behörde B überträgt. Die Zuständigkeit der Behörde B ist also – wenn auch unter einer Bedingung – bereits gesetzlich festgelegt, bevor die Behörde A ihre Kompetenz auf die Behörde B überträgt. Durch den Übertragungsakt wird diese Zuständigkeit also nicht erstmals gesetzlich begründet, sondern nach der Auffassung des BVerwG nur noch aktualisiert. Richtig an dieser Überlegung ist, dass im Falle der potentiellen Zuständigkeit durch die Übertragung der betreffenden Kompetenz rein technisch gesehen das Gesetz nicht abgeändert und auch kein neues Gesetz geschaffen wird, da die Zuständigkeit der delegierten Behörde ebenfalls auf dem Gesetz beruht. Dies schließt aber das Vorliegen eines Rechtsetzungsaktes noch nicht zwingend aus. Denn wenn man den Fall der potentiellen Zuständigkeit unter Zugrundelegung der Argumentation des BVerwG ganz genau betrachtet, dann liegen nach dieser Auffassung eigentlich zwei gesetzliche Regelungen nebeneinander (also für den gleichen Sachverhalt) vor, von denen aber jeweils immer nur eine zur Anwendung kommt. Vor 408 409
Aust in Kodal / Kremer, Kap. 28 Rn 66.1. So ausdrücklich BVerwG, DÖV 1962, S. 341.
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
der Übertragung der Zuständigkeit gilt die gesetzliche Regelung, die der delegierenden Behörde die Zuständigkeit zuweist, nach der Übertragung die Regelung, welche den Delegatar für zuständig erklärt. Und die delegierende Behörde kann nun durch den Übertragungsakt wählen, welche dieser gesetzlichen Regelungen anwendbar sein soll410. Dies soll hier am Beispiel des § 25 III AVAVG i. d. F. vom 3. 4. 1957 (BGBl. I, S. 322) verdeutlicht werden, der einer Entscheidung des BVerwG411 zugrunde lag. § 25 III AVAVG bestimmte, „Oberste Dienstbehörde ist, soweit nicht die Zuständigkeit des Bundesministers für Arbeit begründet ist, der Vorstand der Bundesanstalt. Dieser kann seine Rechte auf den Präsidenten der Bundesanstalt übertragen“. Der Satz 1 des Absatzes III begründete somit die Zuständigkeit des Vorstands der Bundesanstalt für Arbeit. Der Satz 2 besagte, dass der Präsident der Bundesanstalt zuständig war, sofern der Vorstand ihm seine Kompetenzen übertragen hatte. Das heißt, der Satz 2 legte die Zuständigkeit des Präsidenten der Bundesanstalt gesetzlich fest, und machte sie nur noch von einem Akt des Vorstandes abhängig. Unter Zugrundelegung der Auffassung des BVerwG konnte der Vorstand somit wählen, ob sich die Zuständigkeit nach Satz 1 oder nach Satz 2 ergeben sollte. Fraglich ist jetzt – wenn man die potentielle Zuständigkeit entsprechend der Auffassung des BVerwG als Wahlmöglichkeit zwischen zwei gesetzlichen Regelungen versteht –, welche Rechtsnatur ein solches Wahlrecht hat bzw. in welcher Form es ergehen muss. Hierzu ist die Übertragung der Zuständigkeit im Falle der potentiellen Zuständigkeit mit der Übertragung im Wege einer normalen Delegation zu vergleichen und zu fragen, ob die hierbei gegebenen Unterschiede es rechtfertigen, die Übertragung im Falle der potentiellen Zuständigkeit anders als im Falle einer gewöhnlichen Delegation nicht in Form einer Rechtsverordnung vorzunehmen. Bei einer normalen Delegation, bei der die Zuständigkeitsübertragung im Wege einer Rechtsverordnung erfolgen muss, enthält der Akt der Übertragung zwei Bestandteile, nämlich zum einen die Entscheidung, dass die Zuständigkeit übertragen werden soll, und zum anderen die Entscheidung, an welche Behörde die Übertra410 Eine derartige Wahlmöglichkeit zwischen zwei Gesetzen wäre sicher in den Fällen zulässig, die auch durch Rechtsverordnung geregelt werden dürften. Denn es macht keinen Unterschied, ob der Gesetzgeber einer Behörde die Wahl zwischen zwei Gesetzen lässt, oder ob er sie dazu ermächtigt, ein bestehendes Gesetz durch eine Rechtsverordnung zu ergänzen oder zu ersetzen. Unzulässig wäre eine derartige Wahlmöglichkeit aber bei Gesetzen, die wegen der Wesentlichkeitstheorie unter den Parlamentsvorbehalt fallen. Denn dieser verlangt nicht nur, dass der Inhalt des jeweiligen Gesetzes vom Parlament geregelt wird, sondern auch, dass das Parlament bestimmt, welches Gesetz gelten soll. Diese Entscheidung darf also nicht der Exekutive überlassen werden. (Unzulässig wäre somit sicher, der Exekutive die Wahl zwischen zwei verschiedenen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlagen für bedeutende Eingriffe in Rechte des Bürgers zu überlassen). 411 BVerwG, DVBl. 1965, S. 163.
J. Die Problematik der potentiellen Zuständigkeit
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gung erfolgen soll. Diese beiden Bestandteile werden von dem Deleganten geregelt, das heißt, in diesen Bereichen hat er einen eigenen Spielraum. Das Wesen einer „normalen“ Delegationsrechtsverordnung wird somit durch diese beiden Bestandteile ausgemacht. Der Übertragungsakt im Falle der potentiellen Zuständigkeit enthält hingegen in der Regel nur einen Bestandteil, nämlich den, dass die Zuständigkeit übertragen wird. Nur diesbezüglich hat die delegierende Behörde einen eigenen Entscheidungsspielraum und kann sie daher eine eigene Regelung treffen. Bezüglich der Frage, an wen die Übertragung erfolgen darf, hat der Delegant entweder gar keinen eigenen Entscheidungsspielraum (wenn laut Gesetz nur eine Behörde potentiell zuständig ist) oder nur einen ganz geringen Spielraum (wenn laut Gesetz mehreren Behörden eine potentielle Zuständigkeit zukommt). Es ist daher zu fragen, ob allein aus der Tatsache, dass der Delegant nicht oder nur eingeschränkt regeln kann, an wen delegiert werden darf, folgt, dass die Übertragung im Falle einer potentiellen Zuständigkeit keinen Rechtsetzungsakt darstellt. Diese Frage ist zu verneinen. Denn wenn man, wie etwa das BVerwG, die potentielle Zuständigkeit dahingehend begreift, dass der Delegant zwischen zwei gesetzlichen Regelungen wählen kann, dann führt die Übertragung der delegierten Kompetenz dazu, dass nun das Gesetz, dass der delegierenden Behörde die Zuständigkeit zuweist, nicht mehr zur Anwendung kommt, sondern ab jetzt vielmehr das andere Gesetz Anwendung findet, welches die Zuständigkeit dem Delegatar zukommen lässt. Wenn aber einem Gesetz seine Gültigkeit und Verbindlichkeit genommen, und dafür ein anderes Gesetz für verbindlich und gültig erklärt wird, dann wird hierdurch Recht gesetzt. Die Übertragung der Zuständigkeit im Falle der potentiellen Zuständigkeit ist somit auch unter Zugrundelegung der Auffassung des BVerwG Rechtsetzung. Wenn sie aber Rechtsetzung ist, muss sie auch in Form einer Rechtsverordnung erfolgen, da dies die einzige Möglichkeit für die Exekutive ist, im Verhältnis zum Bürger unmittelbar geltendes Recht zu erlassen412. Dafür, dass die Übertragung der Zuständigkeit im Falle der potentiellen Zuständigkeit durch Rechtsverordnung erfolgen muss, spricht auch, dass der Bürger aus rechtsstaatlichen Gründen ganz genau wissen können muss, welche Behörde im konkreten Fall für ihn zuständig ist413. Dies wäre aber bei einem formlosen Übertragungsakt nicht in der Weise gewährleistet wie im Falle einer Übertragung durch Rechtsverordnung414. Außerdem ergibt sich, soweit die Regelung der Behördenzuständigkeit dem Gesetzesvorbehalt unterfällt415, auch aus dem Gesetzesvorbehalt selbst, dass der 412 Sog. Außenrechtssatzvorbehalt des Gesetzes, s. hierzu Guttenberg, S. 155; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 128; sowie Kapitel 2, A. II. 1. b) bb) (1) dieser Untersuchung. 413 So auch Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 146 f.; zum rechtsstaatlichen Erfordernis der Kenntnis der zuständigen Behörde, s. auch Kapitel 2, A. II. 1. b) aa) dieser Untersuchung. 414 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 146 f.; S. hierzu auch Kapitel 2, A. II. 1. b) bb) (2) dieser Untersuchung.
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
Übertragungsakt im Falle der potentiellen Zuständigkeit im Wege einer Rechtsverordnung erfolgen muss. Denn die potentielle Zuständigkeit der potentiell zuständigen Behörde wird ja erst durch diesen Übertragungsakt zu einer realen Zuständigkeit. Das heißt, die reale Zuständigkeit der potentiell zuständigen Behörde ergibt sich nicht allein aus dem Gesetz, sondern setzt noch den Übertragungsakt voraus. Nur beides zusammen begründet die reale Zuständigkeit. Erst durch diesen Übertragungsakt wird also die Regelung, die der potentiell zuständigen Behörde die reale Zuständigkeit zuweist, komplett, das heißt, der Übertragungsakt ist eine notwendige Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieser Zuständigkeitsregelung. Da der Übertragungsakt aber eine notwendige Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieses Gesetzes und somit gewissermaßen selbst Teil der gesetzlichen Regelung ist, bezieht sich der Gesetzesvorbehalt auch auf diesen Übertragungsakt, der somit mittels Rechtsverordnung vorgenommen werden muss. Die Übertragung der Zuständigkeit in den Fällen der potentiellen Zuständigkeit muss somit zwingend im Wege einer Rechtsverordnung erfolgen416. Ein formloser Übertragungsakt ist daher unwirksam.
K. Rechtsschutz gegen die Delegation Zum Abschluss des Kapitels über die rechtliche Zulässigkeit der Delegation ist noch auf die Frage einzugehen, welche Rechtsschutzmöglichkeiten dem Bürger bei Vornahme einer Delegation hiergegen zustehen. Die Frage des Rechtsschutzes in Bezug auf die Delegation stellt sich aber nur insoweit, als durch die Delegation die Rechtsstellung des Bürgers unmittelbar berührt wird, also nur bezüglich der Delegation von unmittelbar außenwirksamen Kompetenzen417. Denn durch eine Delegation alleine im verwaltungsinternen Bereich würde die Rechtsstellung des Bürgers nicht tangiert werden und mithin auch eine Verletzung von Rechten des Bürgers von vornherein ausscheiden. Dies gilt selbst dann, wenn durch eine Delegation im Wege einer Verwaltungsvorschrift eine durch Verwaltungsvorschrift festgelegte Zuständigkeit, die über den Grundsatz der Selbstbindung bereits mittelbare Außenwirkung erlangt hat, abgeändert werden soll. Denn diese Delegation würde auf die unmittelbare Rechtsstellung des Bürgers in keiner Weise einwirken, da der Verwaltungsvorschrift, durch welche die Delegation vorgenommen werden soll, keine unmittelbare Außenwirkung zukommen würde418. Das heißt, gegen eine derartige Delegation in Form einer Verwaltungs415 Und nur hier stellt sich ja das Problem, ob der Übertragungsakt in Form einer Rechtsverordnung erfolgen muss, s. Fn 398. 416 So auch Mangels, JZ 1957, S. 161; Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 172 ff.; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 161. 417 So auch Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 164. 418 S. hierzu Kapitel 2, A. II. 1. b) bb) (1) dieser Untersuchung.
K. Rechtsschutz gegen die Delegation
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vorschrift könnte sich der Bürger nicht unmittelbar zur Wehr setzen. Der Bürger hätte aber in so einem Fall nur die Möglichkeit, die Maßnahme der Behörde, die ihm gegenüber tätig geworden ist, mit der Begründung anzugreifen, dass es sich bei dieser Behörde nicht um die Stelle handelt, die bisher für derartige Maßnahmen zuständig war, und dass daher ein Verstoß gegen die Selbstbindung und damit gegen Art. 3 GG vorliege. In diesem Fall müsste das Gericht dann prüfen, ob ein sachlicher Grund im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes für den Verstoß gegen die Selbstbindung gegeben ist, wobei es dann auch inzident die Wirksamkeit der Delegation und damit der betreffenden Verwaltungsvorschrift überprüfen müsste. Rechtsschutzmaßnahmen unmittelbar gegen die Delegation selbst kommen aber aufgrund des bisher Gesagten nur dann in Betracht, wenn der Delegation unmittelbare Außenwirkung zukommt. In welcher Art dann aber der Rechtsschutz gegen eine Delegation zu bewerkstelligen ist, hängt von der Form ab, in der die betreffende Delegation vorgenommen wird. Da die Delegation im außenwirksamen Bereich, ausgehend von dem in Kapitel 2, B. dieser Untersuchung Gesagten, in der Regel im Wege einer Rechtsverordnung (bzw. Satzung) erfolgen muss, und nur im Falle eines Singularmandats eventuell auch in Form eines Verwaltungsaktes durchgeführt werden kann, ist für die Frage des Rechtsschutzes zwischen diesen beiden Formen zu differenzieren419.
I. Rechtsschutz gegen die Delegation in Form einer Rechtsverordnung bzw. Satzung Sofern die Delegation im Wege einer Rechtsverordnung oder Satzung vorgenommen wird, ist der Rechtsschutz gegen die Delegation durch zwei verschiedene Möglichkeiten denkbar. Zum einen hat der Bürger gemäß § 47 VwGO die Möglichkeit, eine Normenkontrolle gegen die Delegationsrechtsverordnung oder -satzung anzustrengen und hierbei deren Nichtigkeit geltend zu machen, sofern der Anwendungsbereich des § 47 VwGO eröffnet ist420. Daneben steht dem Bürger noch die Möglichkeit offen, die von dem Delegatar getroffene Maßnahme (etwa einen Verwaltungsakt) direkt 419 Im Einzelfall kann es hierbei sehr schwierig sein zu beurteilen, ob eine Maßnahme der Verwaltung einen Verwaltungsakt oder eine Rechtsverordnung bzw. Satzung darstellt. Maßgeblich für die Abgrenzung ist hierbei in erster Linie der Inhalt des Verwaltungshandelns und nicht die Form. Allerdings kann unter bestimmten Voraussetzungen die Form des Verwaltungshandelns auch dessen Inhalt beeinflussen, s. hierzu näher Schenke, NVwZ 1990, S. 1009 ff. m. w. N. und Darstellung der abweichenden Auffassungen. 420 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 165; der Anwendungsbereich des § 47 VwGO erstreckt sich grundsätzlich nicht auf Rechtsverordnungen oder Satzungen des Bundes. Für Rechtsverordnungen eines Bundeslandes kommt § 47 VwGO nur dann zur Anwendung, wenn das betreffende Bundesland von der Ermächtigung des § 47 I Nr. 2 VwGO Gebrauch gemacht hat, s. hierzu auch Schenke, Verwaltungsprozessrecht, Rn 1062.
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
gerichtlich anzugreifen und hierdurch inzident eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Delegation durch das Gericht zu erlangen (inzidente Normenkontrolle). Durch die Inzidentkontrolle kann er sich im Übrigen auch gegen eine Delegation zur Wehr setzen, die im Wege einer Rechtsverordnung oder Satzung hätte erfolgen müssen, aber stattdessen nur in Form einer Verwaltungsvorschrift ergangen ist421.
II. Rechtsschutz gegen die Delegation in Form eines Verwaltungsaktes Wenn die Delegation in Form eines Verwaltungsaktes vorgenommen wird, kann der Rechtsschutz gegen die Delegation nur mittels einer Anfechtungsklage erfolgen. Die für die Anfechtungsklage erforderliche Klagebefugnis würde sich hierbei daraus ergeben, dass gegenüber dem Kläger unmittelbar die Zuständigkeit abgeändert wird und nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese Änderung, etwa wegen Verstoßes gegen Art. 3 GG, rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt. Nicht erforderlich für die Klagebefugnis ist in diesem Zusammenhang aber, dass die Singulardelegation anlässlich eines konkreten Falles erteilt wird, sprich, der Delegatar im unmittelbaren Anschluss an die Delegation dem Bürger gegenüber die delegierte Kompetenz wahrnehmen soll. Ausreichend ist vielmehr, dass dem Bürger gegenüber abstrakt die Zuständigkeit abgeändert wird422. Denn der Bürger hat ein Recht darauf, dass ihm gegenüber nur die zuständige Behörde tätig werden darf und somit auch ein Recht dahingehend, die Rechtmäßigkeit der ihm gegenüber vorgenommenen Zuständigkeitsänderung klären zu lassen. Dies gilt auch außerhalb eines konkreten Verfahrens, da der Bürger ja aufgrund des Rechtsstaatsprinzips zu jeder Zeit wissen können muss, welche Behörde für ihn zuständig ist, sofern er etwa wegen eines Antrages oder wegen einer Anfrage mit der zuständigen Behörde in Kontakt treten will423, und bereits die Ungewissheit, welcher -Behörde nun für ihn die Zuständigkeit zukommt, diese Möglichkeit der Kontaktaufnahme beeinträchtigen könnte. Problematisch ist allerdings, ob der Bürger isoliert gegen den Delegationsverwaltungsakt vorgehen kann, oder ob er wegen § 44a VwGO gegen die Singulardelegation nur gemeinsam mit der von dem Delegatar anlässlich der Singulardelegation vorgenommenen Maßnahme (Verwaltungsakt, Realakt) vorgehen darf. Gemäß Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 165. So etwa, wenn die zuständige Baurechtsbehörde dem Bürger gegenüber mitteilen würde, dass, sofern er ein in seinem Eigentum stehendes bestimmtes Grundstück bebauen will, hierfür die Zuständigkeit auf eine andere Behörde im Wege der Singulardelegation übertragen wurde, der Bürger aber noch gar nicht die Absicht hat, dieses Grundstück zu bebauen und er diesbezüglich somit auch noch keinen entsprechenden Antrag gestellt hat und für die Zukunft ungewiss ist, ob er einen entsprechenden Antrag überhaupt jemals stellen wird. 423 S. zum Erfordernis, dass der Bürger die für ihn zuständigen Behörden kennen kann, Kapitel 2, A. II. 1. b) aa) (1) dieser Untersuchung. 421 422
K. Rechtsschutz gegen die Delegation
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§ 44a VwGO können nämlich Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Hierdurch soll verhindert werden, dass der Abschluss des behördlichen Verfahrens durch Rechtsbehelfe verzögert und erschwert wird und dass Gerichte mit Streitfällen befasst werden, obwohl das Verfahren noch nicht abgeschlossen ist und somit unklar bleibt, ob der Betroffene durch das Verfahren überhaupt beschwert wird424. Anerkannt ist hierbei z. Bsp., dass die Entscheidung über die Einleitung des Verfahrens, über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder über die Inanspruchnahme von Amtshilfe nicht selbständig anfechtbar sind425. Aufgrund der ratio des § 44a VwGO stellt daher auch die im Wege eines Verwaltungsaktes vorgenommene Singulardelegation eine Verfahrenshandlung dar, die aufgrund § 44a VwGO nur zusammen mit der endgültigen Sachentscheidung des Delegatars angreifbar ist426. Dies gilt allerdings nur dann, wenn diese Entscheidung des Delegatars auf den Erlass oder das Unterlassen eines Verwaltungsaktes gerichtet ist, da der § 44a VwGO dann keine Anwendung findet, wenn die der behördlichen Verfahrenshandlung nachgehende Sachentscheidung nur einen Realakt darstellt427. Sofern die delegierte Kompetenz also den Erlass eines Realaktes zum Gegenstand hat, muss der hiervon betroffene Bürger unmittelbar im Wege einer Anfechtungsklage gegen die in Form eines Verwaltungsaktes vorgenommene Delegation vorgehen. Ebenso findet § 44a VwGO nur dann Anwendung, wenn die betreffende Verfahrenshandlung – hier also die Singulardelegation – in einem laufenden Verfahren vorgenommen wird428. Sofern also der Delegant eine Singulardelegation ausführt, der Delegatar aber im Anschluss daran kein Verwaltungsverfahren bezüglich der delegierten Kompetenz vornimmt429 ist der § 44a VwGO aufgrund des Umstandes, dass er nach seiner Zwecksetzung nur eine Verzögerung der endgültigen Sachentscheidung durch die Anfechtung der Verfahrensmaßnahme verhindern will, nicht anwendbar. Auch hier könnte sich der Bürger dann mittels einer Anfechtungsklage direkt gegen die Singulardelegation zur Wehr setzen.
Kopp / Schenke, § 44a VwGO, Rn 1; Stelkens in Schoch, § 44a VwGO, Rn 3 f. Kopp / Schenke, § 44a VwGO, Rn 5 426 Ausreichend ist hierbei aber, dass nur die endgültige Sachentscheidung mit Rechtsbehelfen angegriffen wird. Zusätzliche Rechtsbehelfe unmittelbar gegen die betreffende Verfahrenshandlung sind daneben nicht erforderlich, Kopp / Schenke, § 44a VwGO, Rn 7. 427 Kopp / Schenke, § 44a VwGO, Rn 3; Schmidt-De Caluwe in Sodan / Ziekow, § 44a VwGO, Rn 160 m. w. N. 428 Schmidt-De Caluwe in Sodan / Ziekow, § 44a VwGO, Rn 105 f. 429 So etwa., wenn der Delegant die Singulardelegation nur prophylaktisch und unabhängig von einem konkreten Verfahren erteilen würde. Anders wäre es aber, wenn der Delegatar im unmittelbaren Anschluss an die Delegation ein Verwaltungsverfahren gegenüber dem Bürger einleiten würde bzw. wenn bereits anlässlich eines konkreten Verfahrens (Bürger hat z. Bsp. beim Deleganten einen Antrag auf Erlass eines Verwaltungsaktes gestellt) die Delegation vorgenommen würde. 424 425
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Kap. 2: Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation
Abzulehnen ist bezüglich einer derartigen Anfechtungsklage aber die Auffassung, nach der es stets an einem Rechtsschutzbedürfnis für eine direkte Anfechtung eines entsprechenden Delegationsverwaltungsaktes fehlen soll, da der betroffene Bürger entweder direkt gegen die von dem Delegatar getroffene Entscheidung vorgehen könne, und hierdurch eine Inzidentprüfung der Rechtmäßigkeit der Delegation erlangen könnte bzw. der Bürger, falls er den Erlass eines Verwaltungsaktes begehrt, aber die Delegation für rechtswidrig hält, im Wege einer Verpflichtungsklage einen Verwaltungsakt der ohne eine Delegation zuständigen Behörde beantragen könnte, wobei auch hier dann inzident die Rechtmäßigkeit der Delegation überprüft werden müsste430. Der Fehler dieser Auffassung liegt nämlich darin, dass sie nicht beachtet, dass für den Bürger, sofern er außerhalb des Anwendungsbereichs des § 44a VwGO die ihm gegenüber im Wege eines Verwaltungsaktes vorgenommene Delegation nicht anficht, die Gefahr besteht, dass dieser Verwaltungsakt bestandskräftig wird und somit später nicht einmal mehr inzident überprüft werden kann. Da nämlich die Delegation in Form eines Verwaltungsaktes von der später vom Delegatar getroffenen Maßnahme zu unterscheiden ist, kann sich der Bürger durch eine Anfechtung der Maßnahme des Delegatars nicht gegen die zuvor ergangene Delegation zur Wehr setzen, wenn diese schon bestandskräftig ist. Aus der Gefahr, dass der Delegationsverwaltungsakt bestandskräftig wird, ergibt sich denn auch das Rechtsschutzbedürfnis für die isolierte Anfechtung dieses Verwaltungsaktes außerhalb des Anwendungsbereichs von § 44a VwGO.
430 So aber Obermayer, JZ 1956, S. 629, dessen Ausführungen sich zwar nur auf das Mandat in Form eines Verwaltungsaktes beziehen, aber entsprechend wohl auch für die Delegation in Form eines Verwaltungsaktes gemeint sind; die Auffassung Obermayers ablehnend auch Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 165 f.
Kapitel 3
Die rechtliche Zulässigkeit des Mandats Im Rahmen der rechtlichen Zulässigkeit des Mandats ist zu untersuchen, ob ein Mandat vom Grundsatz her überhaupt rechtlich zulässig ist und wenn ja, ob die Mandatierung eine gesetzliche Ermächtigung voraussetzt sowie in welcher Form – Rechtsverordnung oder Verwaltungsvorschrift – sie erfolgen muss. Daneben ist noch der Frage nachzugehen, welche Grenzen im Hinblick auf die Ermächtigung zu einem Mandat sowie im Hinblick auf die Vornahme eines Mandats bestehen. Abschließend ist dann noch zu untersuchen, inwieweit die in Kapitel 1, E. dieser Untersuchung vorgestellten Sonderformen des Mandats wie das Singularmandat, das konservierende Mandat und das Submandat zulässig sind, welche Rechtsfolgen es nach sich zieht, wenn der Mandatar zu Unrecht im eigenen Namen handelt, und welche Rechtsschutzmöglichkeiten gegen ein Mandat bestehen.
A. Zur allgemeinen rechtlichen Zulässigkeit des Mandats Bevor man sich der Frage zuwendet, ob ein Mandat eine gesetzliche Ermächtigung erfordert und in welcher Form es erfolgen muss, muss zuerst geklärt werden, ob eine Mandatierung von Kompetenzen überhaupt rechtlich zulässig ist. Denn anders als bei der Delegation, deren grundsätzliche Zulässigkeit ohne weiteres anerkannt ist, ist die rechtliche Zulässigkeit des Mandats umstritten1. Für die Untersuchung der Frage, ob und inwieweit eine Mandatierung von Kompetenzen in rechtlicher Hinsicht überhaupt möglich ist, ist primär zwischen dem innerbehördlichem und dem zwischenbehördlichem Mandat zu differenzieren.
I. Die Zulässigkeit des innerbehördlichen Mandats Ausgehend von der in Kapitel 1, E. I. dieser Untersuchung dargelegten Terminologie liegt ein innerbehördliches Mandat vor, wenn der Behördenvorstand Angehörige seiner Behörde dazu ermächtigt, Schriftstücke der Behörde in seinem Namen 1
Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 150.
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Kap. 3: Die rechtliche Zulässigkeit des Mandats
abschließend mit „In Vertretung“ oder „Im Auftrag“ zu unterzeichnen. Durch das innerbehördliche Mandat werden somit Behördenbedienstete dazu ermächtigt, im Namen des Behördenvorstands und somit mittelbar auch im Namen der Behörde zu handeln. Die rechtliche Zulässigkeit des innerbehördlichen Mandats ist hierbei für den Regelfall unbestritten2. Sie ergibt sich daraus, dass Zuständigkeiten in der Regel nie bestimmten Einzelpersonen zugewiesen werden, sondern immer nur bestimmten Behörden3. Da Behörden selbst aber nicht handeln können, ist grundsätzlich der Behördenvorstand dazu berufen, die Aufgaben der Behörde als deren Vertreter wahrzunehmen4. Er ist somit der Walter des behördlichen Amtes, also des gesamten Aufgabenkreises der Behörde, was bedeutet, dass er die Entscheidung darüber trifft, was nach außen im Namen der Behörde angeordnet werden soll, und er somit auch die Verantwortung dafür trägt, was im Namen der Behörde geschieht5. Der Behördenvorstand selbst kann aber angesichts der Fülle von Aufgaben, die jede Behörde wahrzunehmen hat, nicht alle Aufgaben allein bewältigen6. Deshalb ist er darauf angewiesen, Behördenbedienstete im Wege eines innerbehördlichen Mandats mit der Wahrnehmung der Behördenaufgaben zu betrauen7. Ansonsten könnten nämlich die der Behörde zugewiesenen Aufgaben nicht wahrgenommen werden und die Behörde wäre praktisch handlungsunfähig. Aus dem Charakter des innerbehördlichen Mandats, welches sich nur auf die Mandatierung von Kompetenzen innerhalb einer Behörde bezieht, zugleich aber auf die Zuständigkeit der betreffenden Behörde nach außen keinen Einfluss hat, ergibt sich denn auch, dass das innerbehördliche Mandat keine Abweichung von der gesetzlich vorgesehenen Art der Aufgabenerfüllung darstellt8. Denn nach außen handelt die vom Gesetzgeber (bzw. die von dem sonstigen Inhaber der Organisationsgewalt wie etwa der Regierung) für zuständig erklärte Behörde. Und dass innerhalb der Behörde nicht der an sich zuständige Behördenvorstand tätig wird, widerspricht auch nicht dem Willen des Gesetzgebers. Denn wenn der Gesetzgeber einer Behörde bzw. dem entsprechenden Behördenvorstand Zuständigkeiten zuteilt, weiß er und nimmt er auch in Kauf, dass der Behördenvorstand diese Zuständigkeiten wegen der Fülle der zu bewältigenden Aufgaben nicht alle selbst wahrnehmen kann, sondern hierzu Behördenbedienstete beauftragen muss9. 2 Vgl. etwa OVG Rheinl.-Pfalz, DÖV 1979, S. 608; Horn, NVwZ 1986, S. 809; Huwar, S. 168; Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 177 f.; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 150 f. 3 OVG Rheinl.-Pfalz, DÖV 1979, S. 608; Huwar, S. 168. 4 Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 34. 5 Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 34. 6 BVerwG, DÖV 1965, S. 137; Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 34; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 151. 7 Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 34; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 151. 8 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 151.
A. Zur allgemeinen rechtlichen Zulässigkeit des Mandats
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Aus der Tatsache, dass das innerbehördliche Mandat somit zum einen zur Bewältigung der vielfältigen Behördenaufgaben unerlässlich ist, und es zum anderen auch dem Willen des Gesetzgebers (bzw. des Inhabers der Organisationsgewalt) nicht widerspricht, folgt daher, dass es grundsätzlich rechtlich zulässig ist. Unzulässig ist ein innerbehördliches Mandat aber in den Fällen, in denen der Gesetzgeber ausdrücklich festgelegt hat, dass eine bestimmte Aufgabe innerhalb einer Behörde nur vom Behördenvorstand oder einer sonstigen, ganz genau bestimmten Person (etwa von dem Stellvertreter des Behördenvorstands oder von einem Abteilungsleiter) wahrgenommen werden darf10. Hier verbietet der Grundsatz des Gesetzesvorranges eine innerbehördliche Mandatierung. Entsprechendes gilt natürlich auch dann, wenn die Zuständigkeit einer Behörde durch eine Verwaltungsvorschrift geregelt wird und in dieser Verwaltungsvorschrift die Wahrnehmung der betreffenden Kompetenz zugleich auf den Behördenvorstand oder einen näher bestimmten Bediensteten beschränkt wird.
II. Die Zulässigkeit des zwischenbehördlichen Mandats Ein zwischenbehördliches Mandat liegt nach der in Kapitel 1, E. I. dieser Untersuchung verwendeten Terminologie vor, wenn eine Behörde eine andere Behörde dazu ermächtigt, ihre Kompetenzen in ihrem Namen auszuüben. Im Gegensatz zu dem innerbehördlichen Mandat ist aber die grundsätzliche Möglichkeit einer zwischenbehördlichen Mandatierung nicht unumstritten. Nach einer vor allem in der älteren Literatur vertretenen Auffassung soll nämlich eine Mandatierung von Kompetenzen generell unzulässig11 bzw. nur für einzelne Fälle (Singularmandat) möglich sein12. Zur Begründung wird von den Vertretern dieser Auffassung angeführt, dass es sich bei einem Mandat um eine verdeckte Delegation handeln würde und daher durch ein Mandat die für die Delegation bestehenden Anforderungen, wie etwa Erfordernis einer gesetzliche Ermächtigung oder Vornahme der Delegation im Wege einer Rechtsverordnung, umgangen werden könnten. Außerdem könne, so wird argumentiert, durch ein Mandat die gesetzlich vorgegebene Zuständigkeitsordnung durchbrochen werden13. 9 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 151, der davon spricht, der Gesetzgeber würde eine derartige Beauftragung der Behördenbediensteten bei der Zuweisung der Kompetenz einkalkulieren. 10 Horn, NVwZ 1986, S. 809; Schenke, Polizeirecht, Rn 457; ein Beispiel für einen derartigen Behördenleitervorbehalt findet sich etwa in § 22 VI PolG BW; zur Unzulässigkeit eines zwischenbehördlichen Mandats s. auch BDH (Wehrdienstsenat), DÖV 1963, S. 144. 11 So Mangels, JZ 1957, S. 162. 12 Dagtoglou, S. 65; Obermayer, JZ 1956, S. 628 f. 13 Dagtoglou, S. 65; Mangels, JZ 1957, S. 162; Obermayer, JZ 1956, S. 628.
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Kap. 3: Die rechtliche Zulässigkeit des Mandats
Diese Auffassung ist insoweit zutreffend, als das zwischenbehördliche Mandat in der Tat Ähnlichkeiten mit der Delegation aufweist, und dass zum anderen durch ein Mandat auch die gesetzliche Zuständigkeit umgangen werden könnte. Hieraus kann aber nicht zwingend gefolgert werden, dass eine zwischenbehördliche Mandatierung grundsätzlich unzulässig ist. Denn wenn man die Ansicht vertritt, dass das zwischenbehördliche Mandat eine verdeckte Delegation sei und durch das Mandat die für die Vornahme einer Delegation geltenden Anforderungen umgangen werden könnten, kann hieraus allenfalls folgen, dass das zwischenbehördliche Mandat nicht geringeren Anforderungen unterliegen darf als eine Delegation14. Und eine Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeit durch das Mandat wäre dann nicht gegeben, wenn für die Vornahme eines Mandats – entsprechend den bei der Delegation bestehenden Anforderungen – eine gesetzliche Ermächtigung bestehen würde. Der Fehler der oben genannten Auffassung liegt daher darin, dass sie ihren Überlegungen nur das formlose zwischenbehördliche Mandat, für das keine gesetzliche Ermächtigung besteht, zugrunde legt15, hieraus aber die Unzulässigkeit einer jeden zwischenbehördlichen Mandatierung ableitet. Für das formlose Mandat ohne eine entsprechende gesetzliche Grundlage mögen die genannten Argumente zutreffend sein. Verfehlt ist es aber, aus der Unzulässigkeit eines formlosen zwischenbehördlichen Mandats auf die Unzulässigkeit des zwischenbehördlichen Mandats im Allgemeinen zu schließen16. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass der jeweilige Inhaber der Organisationsgewalt in der Gestaltung organisatorischer Regelungen und somit auch in der Zulassung eines zwischenbehördlichen Mandats grundsätzSchenke, VerwArch 68 (1977), S. 156. Dass Obermayer, JZ 1956, S. 628 f. von einem formlosen zwischenbehördlichen Mandat ausgeht, zeigt sich in seinen weiteren Ausführungen, in denen er davon spricht, dass ein formloses Singularmandat ohne gesetzliche Ermächtigung im Gegensatz zu einem entsprechenden generellen Mandat ausnahmsweise zulässig sein soll, wenn hierfür ein sachlicher Grund besteht. Dass ein zwischenbehördliches Mandat im Falle einer entsprechenden gesetzlichen Ermächtigung und unter Einhaltung einer bestimmten Form ebenfalls unzulässig sein soll, sagt Obermayer nicht ausdrücklich, ja er spricht ein derartiges Mandat noch nicht einmal an. Da sich die Ausführungen von Mangels, JZ 1957, S. 162 ausdrücklich nur auf die Ausführungen Obermayers beziehen, thematisiert auch Mangels nur das formlose, ohne gesetzliche Ermächtigung erteilte zwischenbehördliche Mandat. Auch in seinen Ausführungen wird daher ein Mandat aufgrund gesetzlicher Ermächtigung und unter Einhaltung einer bestimmten Form nicht angesprochen. Ebenso verhält es sich bei Dagtoglou, S. 65, der sich zur Begründung der Unzulässigkeit eines generellen Mandats ausdrücklich auf Obermayer bezieht. Alle Drei sprechen somit nur von einem formlosen zwischenbehördlichen Mandat, für das keine gesetzliche Ermächtigung besteht, fassen ihre Ablehnung des zwischenbehördlichen Mandats aber so allgemein, dass hierunter eigentlich jedes zwischenbehördliche Mandat fallen soll. 16 BDiszG, DÖV 1985, S. 450 ff. wonach die oben genannte Auffassung die Frage der Rechtmäßigkeit eines Mandats mit dem Begriff des Mandats verquickt und daher abzulehnen ist; ebenso auch Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 156 f. 14 15
B. Erfordernis einer Ermächtigung für das Mandat
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lich frei ist17. Eine zwischenbehördliche Mandatierung von Kompetenzen ist somit vom Grundsatz her zulässig18. Dies gilt entgegen anders lautender Stimmen in der Literatur selbst dann, wenn Mandant und Mandatar einander gleichgeordnete Behörden sind bzw. wenn der Mandant dem Mandatar nicht übergeordnet ist19. Mit der grundsätzlichen Bejahung der Zulässigkeit eines zwischenbehördlichen Mandats ist aber noch keine Aussage darüber getroffen, ob und inwieweit eine zwischenbehördliche Mandatierung ohne eine entsprechende Ermächtigung oder ohne die Einhaltung einer bestimmten Form zulässig ist. Inwieweit die Mandatierung von Kompetenzen eine vorherige Ermächtigung und die Einhaltung einer bestimmten Form verlangt, ist vielmehr im Folgenden näher zu untersuchen.
B. Zum Erfordernis einer Ermächtigung für das Mandat I. Allgemeines zum Erfordernis einer Ermächtigung für ein Mandat Wie bei der Delegation20 stellt sich auch beim Mandat die Frage, ob die mandatierende Stelle für die Vornahme eines Mandats eine Ermächtigung benötigt oder ob sie auch ohne vorherige Ermächtigung ein Mandat erteilen kann. Zur Beantwortung dieser Frage ist auch hier zwischen dem innerbehördlichen und dem zwischenbehördlichen Mandat zu differenzieren. Das innerbehördliche Mandat bedarf nach absolut unstreitiger Auffassung keiner besonderen gesetzlichen Ermächtigung. Dies ergibt sich daraus, dass der Gesetzgeber aufgrund des in Kapitel 3, A. I. dieser Untersuchung Gesagten die Vornahme eines innerbehördlichen Mandats bei Zuweisung der Zuständigkeit an eine Behörde bereits einkalkuliert hat und man somit in der Zuweisung einer Kompetenz zugleich die Ermächtigung zur Vornahme eines innerbehördlichen Mandats erblicken kann21. 17 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 156; Schmidt-Jortzig / Wolffgang, VerwArch 75 (1984), S. 114. 18 BDiszG, DÖV 1985, S. 451; HessVGH, DÖV 1974, S. 604; Müller, DÖV 1964, S. 535 f.; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 155 ff. 19 A. A. aber Faber, § 9 IV (S. 64) wonach ein Mandat nicht zwischen gleichgeordneten Behörden zulässig sein soll. Hiergegen ist aber zu sagen, dass keine Gründe ersichtlich sind, weshalb der Inhaber der Organisationsgewalt Behörden, die einander nicht über- und untergeordnet sind, nicht zu einem Mandat soll ermächtigen können; so wie hier auch Schwabe, DVBl. 1974, S. 73. 20 S. hierzu Kapitel 2, A. dieser Untersuchung.
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Kap. 3: Die rechtliche Zulässigkeit des Mandats
Anders verhält es sich aber bei einem zwischenbehördlichen Mandat. Hier ist fraglich, ob für ein solches Mandat eine besondere Ermächtigung bestehen muss oder ob es auch ohne eine entsprechende Ermächtigung vorgenommen werden kann. Genauer gesagt geht es hierbei darum, ob, wie bei der Delegation, in dem Bereich, in dem die Behördenzuständigkeit gesetzlich geregelt ist, eine gesetzliche Ermächtigung für ein zwischenbehördliches Mandat bestehen muss und ob in den Fällen, in denen die Behördenzuständigkeit im Wege einer Verwaltungsvorschrift geregelt werden kann, eine Ermächtigung in Form einer Verwaltungsvorschrift erforderlich ist. Ob ein zwischenbehördliches Mandat einer Ermächtigung bedarf, ist äußerst umstritten. Es werden hierzu im Wesentlichen drei Auffassungen vertreten, nämlich einmal, dass ein derartiges Mandat keine Ermächtigung voraussetzt22, daneben der gegenteilige Standpunkt, wonach es nur aufgrund einer speziellen Ermächtigung zulässig ist23 und als Drittes, dass ein zwischenbehördliches Mandat grundsätzlich einer vorherigen Ermächtigung bedarf, hiervon aber in bestimmten Fällen Ausnahmen bestehen24. Für die Auffassung, wonach ein zwischenbehördliches Mandat keine besondere Ermächtigung benötigen soll, wird zur Begründung angeführt, dass durch ein derartiges Mandat die Zuständigkeit nicht abgeändert werde, da die Entscheidung des Mandatars ja im Namen der mandatierenden Behörde ergehe25. Das Mandat soll somit nur zu einer Änderung in der Zuständigkeitsausübung führen26. Außerdem soll das zwischenbehördliche Mandat, da die Zuständigkeit (anders als bei der Delegation) nicht abgeändert werde, auch keinen Akt der Rechtsetzung darstellen, weshalb auch unter diesem Gesichtspunkt keine gesetzliche Ermächtigung für das Mandat erforderlich sein soll27. Diese Auffassung ist aber abzulehnen, da die zu ihrer Begründung vorgetragenen Argumente nicht überzeugen können. So ist es z. Bsp. unzutreffend zu behaupten, dass durch ein zwischenbehördliches Mandat die bestehende Zuständigkeit nicht abgeändert werde28. Denn der Begriff der Zuständigkeit besteht aus zwei Komponenten, nämlich zum einen aus der formellen und zum anderen aus der materiellen Zuständigkeit. 21 S. hierzu Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 151; Kluth in Wolff / Bachof / Stober, VrwR III, 5.A., § 84 Rn 77, sowie die in Kapitel 3, A. I. dieser Untersuchung gemachten Ausführungen. 22 So Lauscher, S. 57; Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 177; Wolff / Bachof, VrwR II, 4. A., § 72 IV 5 c; OVG Münster, ZfW 1988, S. 302. 23 So Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 154; Ule / Laubinger, § 10 Rn 19. 24 So etwa Deger, VBlBW 1996, S. 92; Hufeld, VBlBW 1999, S. 130 ff. 25 Lauscher, S. 57; Rasch, DVBl. 1983, S. 620; Wolff / Bachof, VrwR II, 4. A., § 72 IV 5 c. 26 Lauscher, S. 57. 27 Lauscher, S. 57. 28 So auch Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 153.
B. Erfordernis einer Ermächtigung für das Mandat
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Bei der formellen Zuständigkeit geht es darum, in wessen Namen nach außen die Zuständigkeit ausgeübt wird bzw. eine entsprechende Entscheidung erlassen wird29. Diese Zuständigkeit wird durch ein Mandat in der Tat nicht abgeändert, da die Entscheidung des Mandatars im Namen des Mandanten ergeht30. Gegenstand der materiellen Zuständigkeit ist hingegen, wer anlässlich eines konkreten Falles die jeweilige Kompetenz der Behörde wahrnimmt, und für sie in ihrem Namen die Entscheidungen trifft31. Bei der materiellen Zuständigkeit handelt es sich somit um die Entscheidungszuständigkeit. Und diese Zuständigkeit wird durch ein zwischenbehördliches Mandat auch abgeändert, da die Entscheidungszuständigkeit in der Sache durch das Mandat auf eine andere Behörde übertragen wird32. Das heißt, ein zwischenbehördliches Mandat führt zwar nicht zu einer Änderung der formellen, aber eben doch zu einer Änderung der materiellen Zuständigkeit. Fraglich ist allerdings, ob allein aus dem Umstand, dass durch ein zwischenbehördliches Mandat die materielle Zuständigkeit abgeändert wird, zwingend folgt, dass ein derartiges Mandat nur aufgrund einer gesetzlichen Ermächtigung erfolgen kann. Denn man könnte ja die Auffassung vertreten, dass eine Änderung der materiellen Zuständigkeit auch ohne gesetzliche Grundlage vorgenommen werden kann, sofern nur die formelle Zuständigkeit unberührt bleibt. In diesem Fall bräuchte man dann für ein zwischenbehördliches Mandat aus dem Gesichtspunkt der Zuständigkeitsänderung heraus keine besondere Ermächtigung. Im Folgenden ist daher zu untersuchen, ob eine Änderung der materiellen Zuständigkeit eine Ermächtigung voraussetzt, wenn – wie in den Fällen des zwischenbehördlichen Mandats – zugleich die formelle Zuständigkeit unverändert bleiben und somit nicht abgeändert werden soll. Ein Verbot der Abänderung der materiellen Zuständigkeit ohne gesetzliche Grundlage könnte sich in dem Bereich, in dem die Zuständigkeit durch Gesetz geregelt wird, aus dem Grundsatz des Vorrangs des Gesetzes ergeben33. Nach diesem Grundsatz darf die Verwaltung keine Maßnahmen treffen, die gegen das Gesetz verstoßen34. Fraglich ist aber, ob die materielle Zuständigkeit überhaupt Bestandteil der gesetzlichen Regelung ist und sie somit vom Vorrang des Gesetzes erfasst wird. Diese Frage stellt sich deshalb, da der Gesetzgeber im Regelfall nicht explizit regelt, welcher Behördenbedienstete für die Wahrnehmung der jeweiligen Kompetenzen der Behörde ganz konkret materiell zuständig und somit zur Entscheidung befugt sein soll. Denn ausgehend von dem bei Kapitel 3, A. I. dieser Horn, NVwZ 1986, S. 811. Horn, NVwZ 1986, S. 811; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 153. 31 Horn, NVwZ 1986, S. 811. 32 Horn, NVwZ 1986, S. 811; Schenke, DÖV 1985, S. 452. 33 So ausdrücklich Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 154 Fn 147; ders., Polizeirecht, Rn 138; Würtemberger / Heckmann / Riggert, Rn 231. 34 Maurer, § 6 Rn 2. 29 30
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Kap. 3: Die rechtliche Zulässigkeit des Mandats
Untersuchung Gesagten weist der Gesetzgeber die Zuständigkeiten nur Behörden bzw. den entsprechenden Behördenvorständen zu, wobei ihm hierbei aber bewusst ist, dass diese die Zuständigkeiten nicht alleine ausüben können und daher andere Personen mit der Wahrnehmung ihrer Kompetenzen beauftragen müssen. Materiell zuständig sind somit streng genommen nicht die jeweiligen Behörden, sondern vielmehr ihre Behördenbediensteten. Das aber wiederum bedeutet, dass die Entscheidungszuständigkeit für den konkreten Einzelfall und somit die materielle Zuständigkeit nicht vom Gesetzgeber geregelt wird, sondern vielmehr von dem Behördenvorstand kraft seiner behördeninternen Organisationsgewalt alleine festgelegt werden kann. Aus diesem Grunde, so könnte man argumentieren, regelt der Gesetzgeber, wenn er einer Behörde eine Zuständigkeit zuweist, nur die formelle, aber nie die materielle Zuständigkeit, da er deren Regelung dem Behördenvorstand überlässt. Wenn man von dieser Prämisse ausgeht, könnte man weiter argumentieren, dass es an sich keinen Unterschied mache, ob der Behördenvorstand einem Behördenbediensteten seiner Behörde die materielle Zuständigkeit zuweist – innerbehördliches Mandat – oder ob er sie einem Behördenbediensteten einer fremden Behörde zuweist – zwischenbehördliches Mandat35. Denn da ihm die Regelung der materiellen Zuständigkeit letzten Endes zusteht, würde derartiges nicht dem Willen des Gesetzgebers widersprechen. Dieser Gedanke, wonach der Gesetzgeber nur die formelle Zuständigkeit regelt, die Festlegung der materiellen Zuständigkeit aber dem Behördenvorstand überlässt, liegt wohl auch unausgesprochen der Auffassung zugrunde, die sich gegen eine gesetzliche Ermächtigung für ein Mandat ausspricht, da die Anhänger dieser Auffassung ja die Auffassung vertreten, dass durch ein zwischenbehördliches Mandat die gesetzliche Zuständigkeit gerade nicht abgeändert werde36. Eine derartige Argumentation, wonach die materielle Zuständigkeit nicht gesetzlich geregelt sei und daher ohne weiteres abgeändert werden könne, verkennt aber, dass der Gesetzgeber bestimmten Behörden bestimmte Kompetenzen deshalb zuweist, weil ihm die entsprechenden Behörden nach ihrer Ausstattung mit Personal und Sachmittel für die Wahrnehmung dieser Kompetenzen am besten geeignet erscheinen37. Daraus folgt, dass die durch den Gesetzgeber erfolgte Zuweisung einer Zuständigkeit an eine Behörde auch eine materielle Komponente dahingehend hat, dass nur Behördenbedienstete dieser Behörde zur Entscheidung in der Sache befugt sein sollen. Das Recht des Behördenvorstands zur Festlegung der materiellen Zuständigkeit wird also dahingehend vom Gesetzgeber eingeschränkt, dass er mit der Wahrnehmung der materiellen Zuständigkeit im Einzelnen nur BeIn diese Richtung argumentiert etwa Hufeld, Vertretung, S. 222 ff. Dass durch ein zwischenbehördliches Mandat die gesetzliche Zuständigkeit nicht abgeändert wird, vertritt etwa Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 177. 37 Maurer, § 21 Rn 46; Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 131; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 153 f.; dazu, dass der Gesetzgeber hierzu sogar verpflichtet ist s. Kapitel 2, A. II. 1. b) aa) dieser Untersuchung. 35 36
B. Erfordernis einer Ermächtigung für das Mandat
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hördenbedienstete seiner Behörde betrauen darf. Denn nur diese haben die Ausbildung und den Sachverstand, den man zur Wahrnehmung der betreffenden Kompetenz benötigt, und nur diese finden innerhalb der Behörde die Hilfsmittel vor, die sie für ihre Tätigkeit brauchen. Eine Beauftragung von Behördenbediensteten anderer Behörden würde somit dem Willen des Gesetzgebers widersprechen38. Da jede gesetzliche Zuweisung von Kompetenzen daher die materielle Zuständigkeit wenigstens insoweit regelt, als nur Behördenbedienstete der betreffenden Behörde zur Entscheidung in der Sache befugt seine sollen, verstößt eine Mandatierung von Zuständigkeiten auf Behördenbedienstete anderer Behörden gegen das Gesetz. Eine entsprechende Mandatierung ist daher wegen des Grundsatzes des Vorrangs des Gesetzes nur zulässig, wenn hierfür eine gesetzliche Ermächtigung besteht, die mindestens den Rang hat wie die Norm, die dem Mandanten die betreffende Kompetenz zugewiesen hat39. Das zuvor Gesagte gilt entsprechend für die Fälle, in denen die Behördenzuständigkeit nicht durch Parlamentsgesetz, sondern durch eine Verwaltungsvorschrift geregelt ist. Auch hier ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Stelle, welche die entsprechende Verwaltungsvorschrift erlässt und hierdurch einer Behörde eine Kompetenz zuweist, hierfür die Behörde auswählt, die ihr nach ihrer sächlichen und personellen Ausstattung zur Wahrnehmung dieser Kompetenz als am besten geeignet erscheint. Das bedeutet, dass auch in diesen Fällen dann nur Behördenbedienstete dieser Behörde mit der Wahrnehmung der Kompetenzen der Behörde beauftragt werden dürfen40. Das wiederum hat zur Folge, dass ohne eine entsprechende Ermächtigung von der die Zuständigkeit regelnden Verwaltungsvorschrift nicht im Wege eines zwischenbehördlichen Mandats abgewichen werden darf. Auch in den Fällen, in denen die Behördenzuständigkeit durch Verwaltungsvorschrift geregelt ist, ist somit ein zwischenbehördliches Mandat nur aufgrund einer besonderen Ermächtigung zulässig. Auch das Argument, wonach das zwischenbehördliche Mandat keine gesetzliche Ermächtigung benötige, da es, anders als die Delegation, kein Akt der Rechtsetzung sei41, kann nicht überzeugen. Denn das Vorliegen eines Rechtsetzungsaktes wird mit der Begründung verneint, dass das Mandat – im Gegensatz zur Delega38 A.A. Hufeld, Vertretung, S. 222 ff., wonach die Mandatierung fremder Behördenbediensteter nicht gegen die gesetzliche Regelung der Zuständigkeit verstoße, solange diese funktionell in die mandatierende Behörde inkorporiert seien; s. hierzu näher Kapitel 3, B. II. dieser Untersuchung. 39 So auch BDiszG, DÖV 1985, S. 450 ff.; Horn, NVwZ 1986, S. 808; Müller, DÖV 1964, S. 535; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 154; Ule / Laubinger § 10 Rn 19; Kluth in Wolff / Bachof / Stober, VrwR III, 5. A., § 84 Rn 78. 40 Zwar gilt hier der Grundsatz des Gesetzesvorrangs nicht, da dieser Verwaltungsvorschriften nicht umfasst, s. hierzu Maurer, § 6 Rn 2, doch folgt aus der Bindungswirkung der Verwaltungsvorschriften für nachgeordnete Behörden, dass diese Behörden von den Verwaltungsvorschriften in der Regel nicht abweichen dürfen. 41 So Lauscher, S. 57.
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Kap. 3: Die rechtliche Zulässigkeit des Mandats
tion – zu keiner Veränderung der Zuständigkeit führe. Da das zwischenbehördliche Mandat aber aufgrund des zuvor Gesagten eine Änderung der materiellen Zuständigkeit zur Folge hat, spricht einiges dafür, dass es, wie auch die Delegation, einen Akt der Rechtsetzung darstellt. Hierauf soll aber erst später bei der Untersuchung der Form des Mandats eingegangen werden42. Hier soll nur kurz darauf hingewiesen werden, dass sich, sofern man ein Mandat als Rechtsetzungsakt ansieht, auch hieraus das Erfordernis einer gesetzlichen Ermächtigung zumindest für das zwischenbehördliche Mandat im Bereich des Gesetzesvorbehalts ergeben könnte. Nachdem jetzt quasi als Zwischenergebnis festgestellt wurde, dass ein zwischenbehördliches Mandat nur aufgrund einer entsprechenden Ermächtigung zulässig ist, ist als Nächstes zu untersuchen, ob hiervon in bestimmten Fällen abgesehen werden kann. In der Literatur und Rechtsprechung werden von dem Erfordernis einer Ermächtigung für ein zwischenbehördliches Mandat in bestimmten Fällen Ausnahmen zugelassen, so namentlich, wenn zwischen Mandant und Mandatar ein ganz enges Verhältnis besteht (etwa ein Weisungsverhältnis oder sonstige Einflussmöglichkeiten des Mandanten auf den Mandatar), wenn eine an den Mandanten gerichtete Ermächtigung zur Delegation von Kompetenzen an den Mandatar vorliegt, oder wenn die gesetzliche Zuständigkeitsordnung so ausgestaltet ist, dass der Gesetzgeber keinen Wert darauf legt, dass die von ihm für zuständig erklärte Behörde die betreffende Kompetenz auch wirklich selbst wahrnimmt. Im Folgenden sind daher jetzt die von der Rechtsprechung und Literatur vorgeschlagenen Ausnahmetatbestände daraufhin zu untersuchen, ob bei ihrem Vorliegen eine spezielle Ermächtigung für das zwischenbehördliche Mandat entbehrlich ist.
II. Ausnahme vom Erfordernis einer gesetzlichen Ermächtigung in den Fällen des Mandats zur ergänzenden Hilfe? Hufeld will in bestimmten Fällen ein zwischenbehördliches Mandat auch ohne eine entsprechende gesetzliche Ermächtigung zulassen, nämlich dann, wenn es sich bei diesem Mandat um ein Mandat zur ergänzenden Hilfe handelt43. Das Mandat zur ergänzenden Hilfe stellt nach Hufeld einen Sonderfall des zwischenbehördlichen Mandats dar, der sich dadurch auszeichnen soll, dass die Verfahrensherrschaft trotz Mandatierung weiterhin allein in der Hand des Mandanten liegt44. Dies soll dadurch gewährleistet sein, dass der Behördenbedienstete der mandatierten Behörde, der die mandatierte Kompetenz wahrnimmt, in die Behörde des Mandanten „funktionell inkorporiert“ wird45. Genau genommen versteht 42 43 44 45
S. hierzu Kapitel 3, C. dieser Untersuchung. Hufeld, VBlBW 1999, S. 132; ders., Vertretung, S. 222 ff. Hufeld, VBlBW 1999, S. 132; ders., Vertretung, S. 231. Hufeld, VBlBW 1999, S. 132; ders., Vertretung, S. 231 ff.
B. Erfordernis einer Ermächtigung für das Mandat
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Hufeld das (zwischenbehördliche) Mandat zur ergänzenden Hilfe somit nicht als Mandatierung einer anderen (fremden) Behörde, sondern als Mandatierung eines Behördenbediensteten einer fremden Behörde46. Dies ist eine Konsequenz aus der Sichtweise Hufelds, wonach das Handeln der gesamten Verwaltung letzten Endes auf (natürliche) Personen zurückzuführen ist. Denn da Behörden selbst nicht handlungsfähig sind, müssen natürliche Personen als Organpersonen oder Organwalter für sie tätig werden. Aus diesem Grunde könne man nach Hufeld auch strenggenommen keine Behörde mit der Wahrnehmung einer bestimmten Kompetenz mandatieren, sondern eigentlich nur die jeweiligen Bediensteten dieser Behörde. Daher mache es auch letztlich keinen Unterschied, ob die Kompetenzen einer Behörde durch einen eigenen Bediensteten dieser Behörde oder durch einen Bediensteten einer fremden Behörde ausgeübt werden, solange dieser „fremde“ Bedienstete in die Organisation der mandatierenden Behörde derart eingebunden ist, dass für sein Handeln die gleichen Maßstäbe gelten wie für die regulären Behördenbediensteten und sein Handeln daneben noch in der gleichen Art und Weise vom Behördenleiter der mandatierenden Behörde kontrolliert und gesteuert werden kann, wie dies bei den regulären Behördenbediensteten des Mandanten der Fall ist47. Für Hufeld gehört eine derartige Mandatierung externer Behördenbediensteter daher noch zu der jeder Behörde zukommenden Befugnis zur Selbstorganisation48, weshalb sie nur eine spezielle Variante des innerbehördlichen Mandats darstellen soll49. Denn da der Behördenleiter im Rahmen der ihm zukommenden innerbehördlichen Organisationsgewalt selbst bestimmen kann, welche Aufgaben der Behörde von welchem Bediensteten wahrgenommen werden sollen, dürfe er auch Bedienstete anderer Behörden mit der Wahrnehmung von Aufgaben seiner Behörde betrauen, sofern diese nur entsprechend in seine Behörde eingebunden, sprich „funktionell inkorporiert“ sind50. Allerdings schränkt Hufeld die Zulässigkeit eines derartigen Mandats dadurch ein, dass die Mandatierung des externen Bediensteten sachlich gerechtfertigt sein muss, und dass per Gesetz nicht festgelegt sein darf, dass nur ein ganz bestimmter Bediensteter der mandatierenden Behörde wie etwa der Behördenleiter o.ä. zur 46 So Hufeld, VBlBW 1999, S. 132, wonach das zwischenbehördliche Mandat im Gegensatz zu einem innerbehördlichen Mandat auf einen Mandatsträger außerhalb der Behörde zugreift. Außerdem verwendet Hufeld den Begriff des Mandatars nicht für Behörden, sondern immer nur für natürliche Personen, s. Hufeld, Vertretung, S. 219 ff. 47 Hufeld, Vertretung, S. 222, wonach das zwischenbehördliche Mandat voraussetze, „dass der Auftraggeber seine Organisations- und Verfahrensherrschaft über seinen angestammten Einflussbereich hinaus erstreckt und außenstehende Amtspersonen als zugehörige Mandatare einbezieht“. 48 Hufeld, Vertretung, S. 222. 49 So Hufeld, VBlBW 1999, S. 132. 50 Hufeld, Vertretung S. 225 spricht in diesem Zusammenhang von einer „Verfeinerung“ der Zuständigkeit der Behörde und verneint dementsprechend eine Durchbrechung der Behördenzuständigkeit.
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Wahrnehmung der entsprechenden Kompetenzen befugt sein soll51. Für die sachliche Rechtfertigung der Mandatierung sollen sich aus einer analogen Anwendung der Amtshilfevorschriften nach § 5 (L)VwVfG Anhaltspunkte ergeben können, weshalb Hufeld diese Art des Mandats auch als Mandat zur ergänzenden Hilfe bezeichnet52. Nicht eindeutig ist den Ausführungen Hufelds aber zu entnehmen, unter welchen Voraussetzungen eine das Mandat zur ergänzenden Hilfe konstituierende „funktionelle Inkorporation“ eines fremden Behördenbediensteten vorliegen soll, die es gestattet, diesen ohne eine entsprechende gesetzliche Ermächtigung für die mandatierende Behörde tätig werden zu lassen. Muss der externe Bedienstete hierfür in einer Art und Weise in die mandatierende Behörde inkorporiert werden, dass sich seine Fähigkeit, für diese Behörde tätig zu werden, in keiner Weise mehr von der eines regulären Behördenbediensteten unterscheidet, oder reicht auch eine weniger starke Eingliederung noch aus? Sicher ist in diesem Zusammenhang nur, dass eine „funktionelle Inkorporation“ nach den Ausführungen Hufelds mehr voraussetzt als das, was herkömmlich unter einem zwischenbehördlichen Mandat verstanden wird. Nicht ausreichend für eine „funktionelle Inkorporation“ ist also, dass der Mandant auf die Arbeit des Mandatars nur in Form von Weisungen Einfluss nehmen kann o.ä.53. Sofern also der Mandatar bzw. der entsprechende Behördenbedienstete nur im Auftrag bzw. im Namen des Mandanten handelt, ohne aber ansonsten näher an den Mandanten gebunden zu sein, liegt nach Hufeld nur ein „mandatives Zusammenwirken in institutionalisierter Form vor, dass der Organleihe oder der Delegation nahe kommt“, weshalb ein entsprechendes Zusammenwirken auch nur aufgrund einer besonderen Ermächtigung zulässig sein soll54. Ein derartiges mandatives Zusammenwirken soll nach Hufeld daher überhaupt nicht unter den Begriff des zwischenbehördlichen Mandats fallen. Denn für Hufeld setzt der Begriff des Mandats (egal ob inner- oder zwischenbehördlich) zwingend voraus, dass der Bedienstete in die mandatierende Behörde integriert ist, dass er also dieser Behörde irgendwie zugehört55. Unter einem innerbehördlichen Mandat versteht Hufeld somit das Gleiche wie die hier vorliegende Untersuchung, wohingegen ein zwischenbehördliches Mandat nach Hufeld nur dann gegeben sein soll, wenn ein Bediensteter einer anderen Behörde in die mandatierende Behörde (funktionell) integriert wird und daher (ausschließlich) für diese Behörde handelt. Für den Begriff des (inner- und zwischenbehördlichen) Mandats ist daher nach der Terminologie Hufelds ein gewisses Näheverhältnis56 zwischen der mandatierenden Behörde bzw. Hufeld, VBlBW 1999, S. 132; ders., Vertretung, S. 230 ff. Hufeld, VBlBW 1999, S. 132; ders., Vertretung, S. 230. 53 Hufeld, Vertretung, S. 225, Fn 141. 54 Hufeld, VBlBW 1999, S. 132; ein entsprechendes Zusammenwirken soll nach Hufeld etwa im Falle des § 96 I BSHG vorliegen. 55 Hufeld, Vertretung, S. 218, 221 f. 51 52
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deren Behördenleiter und der natürlichen Person, welche die Kompetenzen dieser Behörde in deren Namen wahrnimmt, unverzichtbar57. Ohne ein derartiges Näheverhältnis soll es daher nach Hufeld an einem Mandat fehlen58. Insofern verwendet Hufeld einen spezifischen und sehr restriktiven Begriff des zwischenbehördlichen Mandats, was bei der Auseinandersetzung mit seiner Auffassung zu beachten ist59. Als Maßstab oder Anhaltspunkt für eine funktionelle Inkorporation des externen Bediensteten in die mandatierende Behörde verlangt Hufeld, dass der Behördenleiter der mandatierenden Behörde die Tätigkeit des externen Bediensteten umfassend beherrschen kann, etwa indem er die Möglichkeit besitzt, ihn durch Weisungen und durch Kontrollen wie etwa einen Zeichnungsvorbehalt zu binden60. Das Vorliegen einer funktionellen Inkorporation setzt somit nach Hufeld ein „integratives Näheverhältnis“61 zwischen dem Behördenleiter der mandatierenden Behörde und dem aus einer fremden Behörde stammenden Bediensteten voraus, wodurch das Handeln dieses Bediensteten von dem Behördenleiter der mandatierenden Behörde beherrscht wird62. Ausgehend hiervon wäre eine funktionelle Inkorporation im Sinne Hufelds wohl sicher dann gegeben, wenn der von einer fremden Behörde stammende Bedienstete derart in die mandatierende Behörde eingefügt werden würde, dass sich seine Stellung von der eines regulären Bediensteten dieser Behörde nicht mehr unterscheiden würde. Ein derartiges Einfügen wäre zum Beispiel dann gegeben, wenn der externe Bedienstete unmittelbar den Weisungen des Behördenleiters der mandatierten Behörde unterstehen würde und wenn er berechtigt wäre, Verfügungen unmittelbar im Namen der mandatierenden Behörde zu unterzeichnen. In diesem Fall würde der externe Bedienstete dann quasi in die Stelle eines Bediensteten der mandatierenden Behörde einrücken, weshalb er als Bediensteter dieser Behörde handeln und seine Mandatierung im Prinzip einem innerbehördlichen Mandat gleichstehen würde. Um die besondere Stellung eines derart eingegliederten Bediensteten zu veranschaulichen, soll er im Rahmen der hier vorliegenden Untersuchung exemplarisch mit einem Behördenbediensteten im Falle eines regulären zwischenbehördlichen Mandats verglichen werden, bei dem es an einer derart engen Eingliederung fehlt. Hierbei soll denn auch geklärt werden, ob eine derart enge Bindung des externen Bediensteten an die mandatierende Behörde zur Folge hat, dass die Man56 Hufeld bezeichnet eben dieses Näheverhältnis als „funktionelle Inkorporation“, s. Vertretung, S. 231 f. 57 Hufeld, Vertretung, S. 225 f. 58 Hufeld, Vertretung, S. 226. 59 Hierauf weist Hufeld, Vertretung, S. 227, Fn 152 auch ausdrücklich hin. Im Übrigen hat dieser enge Mandatsbegriff Hufelds zur Folge, dass Erscheinungen, die von der h.M. als Mandat bezeichnet werden, für Hufeld kein Mandat darstellen. 60 Hufeld, VBlBW 1999, S. 132, Fn 38. 61 Hufeld, Vertretung, S. 222. 62 Hufeld, VBlBW 1999, S. 131.
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Kap. 3: Die rechtliche Zulässigkeit des Mandats
datierung des betreffenden Bediensteten in so einem Fall auch ohne eine entsprechende Ermächtigung erfolgen kann. Dabei soll von dem Fall ausgegangen werden, dass das Regierungspräsidium das Landratsamt mit der Wahrnehmung einer bestimmten Kompetenz mandatiert. Im Falle eines „gewöhnlichen“ Mandats wird hierbei das Landratsamt als Behörde mandatiert. Dies hat zur Folge, dass der Behördenleiter des Landratsamtes als Inhaber der behördeninternen Organisationsgewalt wählen kann, ob er selbst die mandatierte Kompetenz wahrnehmen will oder ob er hiermit im Wege eines innerbehördlichen Mandats einen Bediensteten seiner Behörde beauftragen soll. Entschließt er sich, einem Bediensteten seiner Behörde diese Aufgabe zu übertragen, dann dürfte dieser nicht unmittelbar im Namen des Regierungspräsidiums die mandatierte Kompetenz wahrnehmen, sondern müsste im Namen des Landratsamtes und über das Landratsamt dann als Vertreter des Regierungspräsidiums handeln. Ein Handeln unmittelbar im Namen des Regierungspräsidiums würde sich deshalb verbieten, da der Behördenbedienstete des Landratsamtes kein Bediensteter des Regierungspräsidiums ist und er somit für dieses auch kein Zeichnungsrecht hat63. Eine weitere Konsequenz des Umstandes, dass der Bedienstete des Landratsamtes durch das Mandat kein Bediensteter des Regierungspräsidiums wird, liegt darin, dass ihm der Behördenleiter des Regierungspräsidiums nicht selbst unmittelbar Weisungen in Bezug auf die Wahrnehmung der mandatierten Kompetenz erteilen kann, sondern dass er diese Weisungen an den Leiter des Landratsamtes richten muss, der sie dann an den behördenintern zuständigen Amtswalter weiterzuleiten hat64. Ganz anders wäre es aber bei Vorliegen eines Mandats, bei dem der Behördenbedienstete einer fremden Behörde in die mandatierende Behörde in der zuvor dargestellten Art und Weise voll inkorporiert wird. Hier hat der externe Bedienstete die gleiche Stellung wie ein regulärer Behördenbediensteter, das heißt, er wird unmittelbar für die mandatierende Behörde tätig. Für die Behörde, der er eigentlich angehört, handelt er hingegen bei Wahrnehmung der mandatierten Kompetenz überhaupt nicht, das heißt, diese hat mit seiner Tätigkeit überhaupt nichts zu tun. Entsprechend verhält es sich auch in Bezug auf Weisungen an den externen Bediensteten. Der Behördenleiter der mandatierenden Behörde kann diese direkt und ohne Umwege an den externen Bediensteten erteilen, da er die63 Deshalb würde auch eine Überschreitung der durch das Mandat eingeräumten Kompetenz und der Zugriff auf eine andere Kompetenz des Regierungspräsidiums zur formellen Rechtswidrigkeit einer derartigen Maßnahme führen und würde keinen Fall einer unbeachtlichen Verletzung der behördeninternen Geschäftsverteilung darstellen. 64 Dies ist eine Folge des Grundsatzes, wonach Weisungen zwischen Behörden nur von einem Behördenleiter zum anderen gehen und nicht direkt an die Bediensteten der die Weisung empfangenden Behörde, s. hierzu Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 207. Dieser Grundsatz, der für Weisungen im Bereich der Dienst- und Fachaufsicht gilt, muss auch für Weisungen gelten, die anlässlich eines Mandats erteilt werden können. Denn nur bei Einhaltung dieses Grundsatzes wird die innerbehördliche Organisationsgewalt des Behördenleiters gewahrt.
B. Erfordernis einer Ermächtigung für das Mandat
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sen ja im Rahmen des Mandats wie ein Mitglied seiner eigenen Behörde ansehen kann. Da demnach der externe Bedienstete nicht mehr für seine Ursprungsbehörde tätig wird, sondern bei Wahrnehmung der mandatierten Kompetenz vielmehr direkt für die mandatierende Behörde handelt – weil er eben auch ein Bediensteter dieser Behörde ist –, liegt in einem solchen Fall eigentlich gar kein zwischenbehördliches Mandat mehr vor, sondern nur ein innerbehördliches Mandat, das aber die Besonderheit aufweist, dass der mandatierte Behördenbedienstete von einer anderen Behörde stammt und zum Zwecke seiner Mandatierung in die mandatierende Behörde zuerst eingegliedert werden musste. Wenn man aber ein derartiges Mandat als Sonderfall eines (grundsätzlich ohne weiteres zulässigen65) innerbehördlichen Mandats begreift, dann stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen es zulässig ist, einen Bediensteten aus seiner bisherigen Behörde ganz oder zum Teil herauszulösen und ihn in eine andere Behörde als deren Bediensteter zu integrieren. Zur Beantwortung dieser Frage muss man sich vergegenwärtigen, dass ein Behördenbediensteter hierdurch mit einem neuen Amt innerhalb der mandatierenden Behörde beauftragt werden würde, dass ansonsten aber sein amtsrechtlicher Status unberührt bliebe (also keine Versetzung des Bediensteten gegeben wäre). Derartige Fälle der Wahrnehmung einer fremden Behördenzuständigkeit bezeichnet man aber als Abordnung66, weshalb für ein derartiges Einfügen eines Bediensteten in eine andere Behörde deren Voraussetzungen gegeben sein müssen. Die Zulässigkeit der Abordnung von Beamten ist im Bereich der Länder in den jeweiligen Landesbeamtengesetzen (etwa § 37 LBG BW) geregelt, im Bereich des Bundes ist sie in § 27 BBG vorgesehen. Für die Angestellten im öffentlichen Dienst richtet sich die Zulässigkeit einer Abordnung nach § 12 BAT. Allgemein wird für die Abordnung ein „dienstliches Bedürfnis“ verlangt67. Ein derartiges „dienstliches Bedürfnis“ kann zum Beispiel darin liegen, dass bei einer Behörde eine Personalknappheit eingetreten ist o.ä.68. Insofern sind die Gründe, die für eine S. hierzu Kapitel 3, A. I. dieser Untersuchung. Unter einer Abordnung versteht man im Beamtenrecht die vorübergehende Zuweisung eines anderen konkret funktionellen Amtes (= eines Dienstpostens) bei einer anderen Dienststelle desselben oder eines anderen Dienstherrn. Die Abordnung berührt den Status des Beamten nicht. Er behält daher sein bisheriges abstrakt-funktionelles Amt bei und gehört somit weiterhin seiner Stammdienststelle an, weshalb sein bisheriger Dienstvorgesetzter auch für Maßnahmen zuständig bleibt, die – wie etwa eine Beförderung o.ä. – das statusrechtliche Amt des Beamten betreffen. Ansonsten ist der Beamte aber der neuen Dienststelle zugeordnet und unterliegt daher in allen dienstlichen Angelegenheiten den Weisungen des Behördenleiters der neuen Behörde, s. hierzu Kienzler, Rn 121; entsprechendes gilt für die Angestellten im öffentlichen Dienst. 67 S. hierzu etwa §§ 27 BBG, 37 LBG BW; § 12 BAT verlangt dienstliche oder behördliche Gründe. 68 Plog / Wiedow / Beck / Lemhöfer, § 27 BBG, Rn 17 f.; Böhm / Spiertz / Steinherr / Sponer, § 12 BAT, Rn 20 ff. 65 66
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Kap. 3: Die rechtliche Zulässigkeit des Mandats
Abordnung in Betracht kommen, durchaus die selben, die Hufeld für die Zulässigkeit eines zwischenbehördlichen Mandats heranzieht. Denn nach Hufeld soll sich die Zulässigkeit eines derartigen Mandats ja aus einer analogen Anwendung der Amtshilfevorschriften ergeben und damit vor allem dann in Betracht kommen, wenn eine Behörde nicht das Personal hat, um eine bestimmte Tätigkeit auszuüben, etwa, weil die Behörde ganz allgemein zu wenige Bedienstete hat oder weil ihre Bediensteten für die Wahrnehmung der entsprechenden Tätigkeit nicht ausgebildet sind69. Allerdings ist zu beachten, dass für eine Abordnung neben den zuvor dargestellten materiellen Voraussetzungen noch bestimmte Verfahrensvorschriften eingehalten werden müssen70. Maßgeblich ist hierbei vor allem, dass die Abordnung von der zuständigen Stelle ausgesprochen wird. Aus diesen formell- und materiellrechtlichen Anforderungen für die Abordnung ergibt sich daher jetzt im Umkehrschluss, dass es nicht zulässig ist, einen Beamten oder Angestellten im öffentlichen Dienst außerhalb der für die Abordnung geltenden Vorschriften in eine andere Behörde in einer Art und Weise einzufügen, dass er innerhalb dieser Behörde die gleiche Position hat wie ein regulärer Behördenbediensteter. Denn hierdurch könnten die für eine Abordnung geltenden Voraussetzungen umgangen werden, was gegen den Vorrang des Gesetzes verstoßen würde71. Hieraus folgt, dass ein Mandat, durch das ein externer Behördenbediensteter in eine andere Behörde eingefügt werden soll, um dann deren Aufgaben als Bediensteter dieser Behörde wahrzunehmen, nur unter der Voraussetzung zulässig ist, dass zuvor auch eine entsprechende Abordnung des Bediensteten erfolgt ist. Ohne eine derartige Abordnung ist ein externer Behördenbediensteter hingegen nicht in der Lage, als Bediensteter der mandatierenden Behörde deren Kompetenzen wahrzunehmen. Hiermit ist aber noch nicht zwingend festgestellt, dass ein externer Bediensteter ohne eine entsprechende Abordnung nicht berechtigt ist, Kompetenzen einer anderen Behörde auszuüben. Denkbar wäre nämlich, dass ein externer Bediensteter Kompetenzen einer anderen Behörde in der Form wahrnimmt, dass er hierbei nicht als Bediensteter dieser Behörde handelt, sondern weiterhin als Bediensteter seiner Behörde. Inwieweit dies zulässig sein kann, ist im Folgenden noch zu untersuchen. Als Ergebnis der bisherigen Untersuchung soll aber festgehalten werden, dass ein externer Bediensteter sicher dann Kompetenzen einer anderen Behörde wahrnehmen kann, wenn er zuvor in diese Behörde im Wege einer Abordnung inkorporiert wurde. Zugleich soll aber auch festgehalten werden, dass er auch nur dann unmitHufeld, Vertretung, S. 231. Zu den Voraussetzungen einer Abordnung im Ganzen s. Kienzler, Rn 122. 71 Da die Vorschriften über die Abordnung nur dem Schutze des Beamten dienen sollen, könnte sich der Bürger aber nicht auf die Umgehung dieser Vorschriften berufen. Das heißt, der Verstoß gegen die Abordnungsvorschriften würde nicht auf die Rechtmäßigkeit des Handelns des Bediensteten durchschlagen. 69 70
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telbar als Bediensteter einer fremden Behörde für diese tätig werden darf, wenn er zuvor in sie abgeordnet wurde. Ein zwischenbehördliches Mandat im Sinne der Terminologie Hufelds ist also sicher dann ohne eine entsprechende gesetzliche Ermächtigung zulässig, wenn der betreffende Behördenbedienstete zuvor im Wege einer Abordnung in die mandatierende Behörde funktionell inkorporiert wurde. Da er dann aber als Bediensteter der mandatierenden Behörde tätig werden würde, läge aufgrund der in dieser Untersuchung verwendeten Terminologie nur ein innerbehördliches und kein zwischenbehördliches Mandat vor. Fraglich ist jetzt aber noch, ob eine funktionelle Inkorporation – mit der Folge, dass der externe Bedienstete ohne eine entsprechende gesetzliche Ermächtigung die Kompetenzen der mandatierenden Behörde wahrnehmen kann – immer nur dann gegeben ist, wenn der entsprechende Behördenangehörige in die mandatierende Behörde abgeordnet wurde, oder ob von einer funktionellen Inkorporation auch noch dann gesprochen werden kann, wenn der externe Bedienstete zwar nicht in der Art und Weise in die mandatierende Behörde integriert wird, dass er als deren Bediensteter zu handeln in der Lage ist, dass seine Tätigkeit aber doch von dieser Behörde derart gesteuert werden kann, dass zwischen ihm und der Behörde ein besonderes Näheverhältnis besteht, welches bei einem regulären zwischenbehördlichen Mandat so nicht gegeben ist. Hufeld bejaht dies und sieht eine entsprechende funktionelle Inkorporation etwa auch in den Fällen als gegeben an, in denen der Polizeivollzugsdienst zur Bekämpfung der offenen Drogenszene von der Polizeibehörde mit Blankoverfügungen zur Erteilung von Platzverweisen und Aufenthaltsverboten ausgestattet wurde und die Bediensteten des Polizeivollzugsdienstes diese nach den von der Polizeibehörde erteilten Vorgaben an von ihnen als Angehörige der offenen Drogenszene identifizierte Personen aushändigen sollten72. Da die Bediensteten des Polizeivollzugsdienstes hier nach Maßgabe der Polizeibehörde handelten, soll nach Hufeld eine funktionelle Inkorporation dieser Bediensteten in die Organisation der Polizeibehörde vorliegen73. Aufgrund des Umstandes, dass die Polizeivollzugsbediensteten hier nicht als Bedienstete der Polizeibehörde aufgetreten sind (was sich schon daraus ergibt, dass sie aufgrund ihrer Polizeiuniformen für eine objektiven Betrachter als Angehörige des Polizeivollzugsdienstes erschienen), lag keine einer Abordnung vergleichbare Inkorporation vor. Die Bediensteten des Polizeivollzugsdienstes handelten also nicht als Angehörige der Polizeibehörde, sondern vielmehr als Bedienstete des Vollzugsdienstes, wurden aber trotzdem im Auftrag und im Namen der Polizeibehörde tätig und waren in ihrem Handeln auch durch deren Vorgaben gebunden74. Hufeld, VBlBW 1999, S. 133. Hufeld, VBlBW 1999, S. 133. 74 Genau genommen haben die Polizeibeamten in ihrer Funktion als Bedienstete des Polizeivollzugsdienstes die Blankoverfügung der Polizeibehörde vervollständigt und sie dann wiederum in ihrer Funktion als Bedienstete des Polizeivollzugsdienstes an die Betroffenen 72 73
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Kap. 3: Die rechtliche Zulässigkeit des Mandats
Es ist somit zu untersuchen, ob Bedienstete einer fremden Behörde auch dann ohne eine vorherige Ermächtigung mit der Wahrnehmung von Aufgaben einer anderen Behörde beauftragt werden dürfen, wenn sie zwar nicht im Wege einer Abordnung in diese Behörde integriert wurden, wenn aber die mandatierende Behörde die Tätigkeit dieser Bediensteten durch gewisse Vorgaben fast genauso steuern kann, wie sie es bei ihren eigenen Bediensteten tun könnte. Denn man könnte ja argumentieren, dass es keinen Unterschied mache, ob im Falle der Bekämpfung der offenen Drogenszene nun Bedienstete der Polizeibehörde in der Stadt nach Angehörigen der Drogenszene Ausschau halten und diesen dann Platzverweise und Aufenthaltsverbote erteilen, oder ob Beamte des Polizeivollzugsdienstes dies tun und sich hierbei an genauen Vorgaben der Polizeibehörde orientieren müssen. Eine derartige Argumentation würde aber verkennen, dass zwischen beiden Fällen bedeutende Unterschiede bestehen, die sich vor allem aus der Möglichkeit der Einflussnahme des Behördenleiters der Polizeibehörde auf die Tätigkeit seiner Bediensteten und aus der Möglichkeit der Einflussnahme auf die Tätigkeit der Bediensteten des Polizeivollzugsdienstes ergeben. In Bezug auf seine eigenen Bediensteten kann der Behördenleiter der Polizeibehörde nämlich selbst entscheiden, welchen Angehörigen seiner Behörde er mit der Erteilung der entsprechenden Aufgaben betrauen will. Er wird hierfür den Bediensteten auswählen, der ihm unter Berücksichtigung von Erfahrung und Qualifikation als geeignet erscheint. Hierbei hat er die Möglichkeit, diesen Bediensteten als Angehörigen seiner Behörde zu überwachen und zu kontrollieren. Falls er hierbei feststellt, dass der Bedienstete nicht geeignet ist, kann er ihm zusätzliche Weisungen erteilen oder die Aufgaben einem anderen Bediensteten zuweisen. Ganz anders ist es aber bezüglich der Bediensteten des Polizeivollzugsdienstes. Da es sich hierbei um Angehörige einer fremden Behörde handelt, kann der Behördenleiter der Polizeibehörde nicht bestimmen, welcher dieser Bediensteten die mandatierte Kompetenz ausüben darf und welcher nicht. Die Befugnis hierzu steht vielmehr dem Leiter der Polizeivollzugsdienststelle als Inhaber der behördeninternen Organisationsgewalt zu. Entsprechend verhält es sich in Bezug auf Weisungen des Leiters der Polizeibehörde an die Bediensteten des Polizeivollzugsdienstes. Eine derartige Weisungsbefugnis kommt ihm nur bei Gefahr im Verzug zu75. Außerhalb von Gefahr im Verzug muss er die Weisungen daher an den Leiter der Polizeivollzugsdienststelle richten, der sie dann an die betroffenen Bediensteten weiterzugeben hat76. Und selbst wenn der Behördenleiter der Polizeibehörde eiausgehändigt. Sie haben sich aber nie als Bedienstete der Polizeibehörde ausgegeben; zum genauen Verfahren s. Deger, VBlBW 1996, S. 90 f. 75 Vgl. hierzu Wolff / Stephan, § 74 PolG, Rn 3 für das allgemeine Weisungsrecht der Polizeibehörde gegenüber dem Polizeivollzugsdienst. Dieser Grundsatz gilt entsprechend auch bei einem Mandat. 76 Vgl. hierzu Wolff / Stephan, § 74 PolG, Rn 3, für das allgemeine Weisungsrecht der Polizeibehörde gegenüber dem Polizeivollzugsdienst nach § 74 PolG BW. Dieser allgemeine Grundsatz gilt auch für das aus dem Mandat folgende Weisungsrecht. Denn auch hier dürfen
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nem Bediensteten des Polizeivollzugsdienstes ausnahmsweise selbst Weisungen erteilen kann, ist er nicht alleine weisungsberechtigt, sondern der Behördenleiter der Polizeivollzugsdienststelle könnte dem Bediensteten als dessen Vorgesetzter ebenso Weisungen erteilen. Somit würde die Gefahr bestehen, dass die Weisungen des Leiters der Polizeibehörde mit denen des Leiters der Polizeivollzugsdienststelle kollidieren und daher nicht in der von ihm gewünschten Art und Weise umgesetzt werden, weshalb sich der Leiter der Polizeibehörde trotz Weisungsbefugnis eventuell nicht voll durchsetzen könnte. Gerade diese unterschiedlichen Einflussmöglichkeiten des Behördenleiters der mandatierenden Behörde auf die Bediensteten seiner Behörde und auf die der fremden Behörde sind nun aber für die Möglichkeit der Mandatierung von externen Behördenbediensteten von großer Bedeutung. Denn bereits zuvor wurde darauf hingewiesen, dass Zuständigkeiten nur Behörden bzw. den entsprechenden Behördenleitern unmittelbar gesetzlich zugewiesen werden77. Das heißt, eigentlich ist der Behördenleiter für die Wahrnehmung der behördlichen Kompetenzen zuständig. Zugleich wird der Behördenleiter aber konkludent dazu ermächtigt, Bedienstete seiner Behörde damit zu beauftragen, seine Kompetenzen in seinem Namen bzw. im Namen der Behörde wahrzunehmen. Diese Durchbrechung der eigentlichen Zuständigkeitsregelungen ist dem Behördenleiter deshalb gestattet, weil er die Ausübung dieser Zuständigkeit kraft seiner Befugnisse als Behördenleiter ganz genau steuern kann. So kann er beispielsweise entscheiden, wer die betreffenden Kompetenzen für ihn ausüben soll, wie sie ausgeübt werden sollen, er kann sich bestimmte Entscheidungen selbst vorbehalten usw.. Das heißt, an die Stelle der eigenen Wahrnehmung einer Kompetenz tritt die umfassende Organisation der Wahrnehmung dieser Kompetenz durch andere Personen, nämlich durch seine Behördenbediensteten. Nur für den Fall, dass der Behördenleiter die Wahrnehmung der Kompetenzen seiner Behörde durch andere Personen umfassend organisieren und überwachen kann, lässt das Gesetz es zu, dass er diese Kompetenzen nicht selbst wahrnimmt, sondern andere damit beauftragt. Nur in diesem Fall ist dann die gesetzliche Zuständigkeit gewahrt, obwohl der Behördenleiter nicht selbst tätig wird. Eine derartige allumfassende Organisations- und Kontrollgewalt steht dem Behördenleiter aber aufgrund des zuvor Gesagten immer nur bei seinen eigenen Behördenbediensteten zu, wobei es hierbei keine Rolle spielt, ob diese Bediensteten reguläre Bedienstete der Behörde sind oder ob sie nur vorübergehend in diese Behörde abgeordnet wurden. In Bezug auf Behördenbedienstete einer fremden Behörde fehlt ihm aber diese umfassende Kontroll- und Organisationsbefugnis, weshalb in der Beauftragung von derart fremden Behördenbediensteten eine Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung zu sehen ist, die nur aufgrund einer entsprechenden gesetzlichen Ermächtigung zulässig sein kann. sich Weisungen nicht über die behördeninterne Organisationsgewalt des Behördenleiters hinwegsetzen und sind daher unmittelbar an diesen zu richten. 77 S. hierzu Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 34, und die Nachweise bei Kapitel 3, A. I. dieser Untersuchung.
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Kap. 3: Die rechtliche Zulässigkeit des Mandats
Für die Zulässigkeit der Mandatierung eines externen Behördenbediensteten zur Wahrnehmung von Kompetenzen einer Behörde bedeutet dies, dass ein entsprechendes Mandat nur dann ohne eine gesetzliche Ermächtigung erfolgen kann, wenn der externe Bedienstete zumindest in Bezug auf seine dienstliche Tätigkeit einem regulären Behördenbediensteten vollkommen gleichsteht, er sich also wie dieser unter der Herrschaft und Aufsicht des Behördenleiters befindet. Nur unter diesen Voraussetzungen ist es zulässig, dass ein Behördenleiter einen Angehörigen einer anderen Behörde mit der Wahrnehmung von Aufgaben seiner Behörde beauftragt. Da der externe Bedienstete hierzu aber erst Bediensteter der mandatierenden Behörde werden muss78, liegt in so einem Fall dann nur ein innerbehördliches Mandat vor und kein zwischenbehördliches Mandat. Für die Frage, inwieweit ein zwischenbehördliches Mandat im Sinne der hier verwendeten Terminologie ohne vorherige Ermächtigung zulässig ist, hat dies zur Folge, dass eine derartige Mandatierung nur aufgrund einer entsprechenden Ermächtigung erfolgen kann. Aus dem von Hufeld entwickelten Mandat zur ergänzenden Hilfe lassen sich diesbezüglich keine Ausnahmen ableiten. Vielmehr ist die Auffassung Hufelds insoweit abzulehnen, als sie ohne eine entsprechende Ermächtigung die Mandatierung von Bediensteten einer fremden Behörde ohne vorherige Abordnung in die mandatierende Behörde zulässt. Zum Abschluss der Ausführungen über das Mandat zur ergänzenden Hilfe soll noch kurz auf eine weitere Unstimmigkeit in der Argumentation Hufelds hingewiesen werden. Nach Hufeld darf eine Behörde dann nicht im Wege eines Mandats zur ergänzenden Hilfe auf einen Bediensteten einer anderen Behörde zugreifen, wenn der gesetzlichen Regelung, die der mandatierenden Behörde ihre Zuständigkeit zuweist, zu entnehmen ist, dass die Angehörigen dieser anderen Behörde die Kompetenzen der mandatierenden Behörde unter keinen Umständen wahrnehmen dürfen79. Eine derartige gesetzliche Regelung, wonach Bedienstete einer Behörde von der Wahrnehmung von Kompetenzen der zuständigen Behörde auch im Wege eines Mandats ausgeschlossen sein sollen, stellt nach Hufeld etwa der § 60 I, III PolG BW dar. Aus dieser Vorschrift soll sich ergeben, dass an Bedienstete des Polizeivollzugsdienstes keine Kompetenzen der Polizeibehörde im Wege eines Mandats zur ergänzenden Hilfe übertragen werden dürfen80. Zur Begründung führt Hufeld an, dass sich aus § 60 I, III PolG BW eindeutig ergebe, dass der Gesetzgeber die Kompetenz zur Gefahrenabwehr zwischen Polizeibehörde und Polizeivollzugsdienst strikt aufgeteilt habe und der Polizeivollzugsdienst eben nur unter bestimmten Voraussetzungen zur Gefahrenabwehr zuständig sein solle. Diese strikte Trennung zwischen Kompetenzen des Polizeivollzugsdienstes und Kompetenzen der Polizeibehörde dürfe aber durch ein Mandat zur ergänzenden Hilfe nicht aufgehoben werden81. 78 79 80
Entweder im Wege der Abordnung oder im Wege der Versetzung. Hufeld, VBlBW 1999, S. 132 ; ders., Vertretung, S. 233. Hufeld, VBlBW 1999, S. 133; ders., Vertretung, S. 235 f.
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Zu dieser Argumentation ist anzumerken, dass der Standpunkt, wonach § 60 PolG BW ein zwischenbehördliches Mandat im Verhältnis von Polizeibehörde und Polizeivollzugsdienst ohne eine entsprechende gesetzliche Ermächtigung verbietet, sicher zutreffend ist82. Nur, ist nicht jede gesetzliche Zuweisung einer Kompetenz an eine Behörde so zu verstehen, dass nur Angehörige dieser Behörde zur Wahrnehmung der betreffenden Kompetenzen befugt sein sollen? Oder kann man von einer derartigen Begrenzung auf die Bediensteten der zuständigen Behörde im Verhältnis zu einer anderen Behörde nur dann sprechen, wenn der Gesetzgeber die Zuständigkeiten, so wie in § 60 PolG BW, zwischen zwei verschiedenen Stellen ausdrücklich aufgeteilt hat?83 Nach der Argumentation Hufelds jedenfalls dürften zwar Angehörige des Polizeivollzugsdienstes keine Kompetenzen der Polizeibehörde wahrnehmen, weil der Gesetzgeber die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen diesen beiden Stellen in § 60 PolG BW besonders geregelt und hierdurch Bedienstete des Polizeivollzugsdienstes ausdrücklich von der Wahrnehmung von Kompetenzen der Polizeibehörde ausgeschlossen habe, aber es müsste nach Hufeld zulässig sein, dass etwa Bedienstete eines Finanzamtes im Wege eines Mandats zur ergänzenden Hilfe mit der Wahrnehmung von Aufgaben der Polizeibehörde betraut werden. Denn die Bediensteten des Finanzamtes hat der Gesetzgeber weder in § 60 PolG BW, noch in irgendeiner anderen Vorschrift des PolG BW ausdrücklich von der Wahrnehmung von Aufgaben der Polizeibehörde ausgeschlossen84. Dass ein derartiges Ergebnis nicht richtig sein kann, ist evident. Denn der Gesetzgeber will mit Sicherheit noch weniger, dass Mitarbeiter des Finanzamtes Kompetenzen einer Polizeibehörde wahrnehmen, als es bei Bediensteten des Polizeivollzugsdienstes seinem Willen entspricht. Dass der Gesetzgeber die AngehöriHufeld, VBlBW 1999, S. 133; ders., Vertretung, S. 235 f. Dies ergibt sich nämlich aus dem Vorrang des Gesetzes, s. hierzu Schenke, Polizeirecht, Rn 138. 83 Hufeld, Vertretung, S. 236 sagt zumindest, dass § 60 PolG BW zu jenen besonderen und strikten Zuständigkeitsbestimmungen gehöre, die e contrario den Schluss auf die Zulässigkeit der Einbeziehung externer Bediensteter erlauben würden. 84 Anzumerken ist hierbei aber, dass den Ausführungen Hufelds nicht eindeutig entnommen werden kann, ob die Regelung des § 60 I, III PolG BW unter Zugrundelegung seiner Auffassung so zu verstehen ist, dass nur Bedienstete des Polizeivollzugesdienstes nicht mit der Wahrnehmung von Aufgaben der Polizeibehörde im Wege eines Mandats betraut werden dürfen oder ob auch Bedienstete einer jeden anderen Stelle hiervon ausgeschlossen sein sollen. Aber selbst wenn Hufeld den § 60 I, III PolG BW so verstanden wissen will, dass nur Bedienstete der Polizeibehörde deren Kompetenzen wahrnehmen dürfen und somit auch Angehörige einer jeden anderen Behörde hiervon ausgeschlossen sein sollen, ist nicht erkennbar, warum aus dem Umstand, dass in § 60 I, III PolG BW strikt zwischen Kompetenzen der Polizeibehörde und solchen des Polizeivollzugsdienstes unterschieden wird, folgen soll, dass auch Bedienstete einer jeden anderen Stelle nicht die Kompetenzen der Polizeibehörde im Wege eines Mandats wahrnehmen dürfen, während aus einer „normalen“ Zuständigkeitsregelung, bei der also einer Behörde einfach eine Kompetenz zugewiesen wird, ohne dass deren Kompetenzen zugleich von denen einer anderen Behörde abgegrenzt werden, folgen soll, dass eine Mandatierung von externen Behördenbediensteten ohne weiteres zulässig ist. 81 82
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gen des Finanzamtes in § 60 PolG BW hiervon nicht noch ausdrücklich ausgeschlossen hat, ergibt sich daraus, dass die Bediensteten des Finanzamtes bereits vom Grundsatz her nicht zur Gefahrenabwehr berechtigt sind. Aus diesem Grunde war es auch nicht nötig, die Kompetenzen des Finanzamtes von denen der Polizeibehörde noch einmal ausdrücklich abzugrenzen. Anders ist es aber mit den Bediensteten des Polizeivollzugsdienstes. Diese sind nämlich grundsätzlich neben den Bediensteten der Polizeibehörde zur Gefahrenabwehr berechtigt, weshalb der Gesetzgeber im Sinne einer eindeutigen Kompetenzverteilung die Zuständigkeitsbereiche beider Stellen ausdrücklich voneinander trennen musste. Die Bedeutung des § 60 PolG BW liegt demnach nur darin, die Befugnisse zur Gefahrenabwehr zwischen den beiden vom Grundsatz her zur Gefahrenabwehr zuständigen Stellen voneinander abzugrenzen, und nicht etwa, wie Hufeld behauptet, die Zulässigkeit eines zwischenbehördlichen Mandats im Verhältnis von Polizeibehörde und Polizeivollzugsdienst explizit auszuschließen85. Aus dieser Trennung der Kompetenzbereiche herzuleiten, dass die Bediensteten des Polizeivollzugsdienstes nicht im Wege eines Mandats mit der Wahrnehmung von Aufgaben einer Polizeibehörde betraut werden dürfen, ist somit richtig. Falsch ist es aber, für die Fälle, bei denen es an einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung der Trennung der Kompetenzbereichen zweier Stellen fehlt (wie etwa zwischen Polizeibehörde und Finanzamt), anzunehmen, dass hier ein zwischenbehördliches Mandat nicht gegen die gesetzliche Regelung der Zuständigkeit verstoßen würde. Vielmehr ist in jeder gesetzlichen Normierung von Zuständigkeiten zugleich das Gebot zu erblicken, dass andere Behörden bzw. Bedienstete dieser anderen Behörden die betreffende Kompetenz ohne eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung nicht wahrnehmen dürfen86.
III. Ausnahme vom Erfordernis einer gesetzlichen Ermächtigung für ein Mandat, wenn der Mandatar vor Erlass einer Entscheidung diese dem Mandanten zur Überprüfung und Kontrolle vorlegen muss? Das BVerwG hat in einem Urteil ein Mandat trotz Fehlens einer entsprechenden gesetzlichen Ermächtigung für zulässig angesehen, da der Mandatar aufgrund einer besonderen Ausgestaltung des Mandats verpflichtet war, vor Erlass einer Entscheidung diese dem Mandanten zur Überprüfung und Kontrolle vorzulegen87. Nach diesem Urteil konnte der Präsident der Deutschen Bundesbank seine Kompetenz zur Einleitung eines Disziplinarverfahrens auch ohne eine gesetzliche ErmächtiSo aber Hufeld, Vertretung, S. 236. S. hierzu auch Kapitel 3, B. I. dieser Untersuchung m. w. N. 87 BVerwGE 63, S 258 ff.; anders dann aber später in einem fast identischen Fall BDiszG, DÖV 1985, S. 450. 85 86
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gung auf den Präsidenten einer Landeszentralbank mandatieren, da er sich den jederzeitigen Widerruf des Mandats vorbehalten hatte und sich, im Interesse einer einheitlichen und gleichmäßigen Ausübung der Disziplinargewalt, das wesentliche Ergebnis der Vorermittlungen und die beabsichtigte Entscheidung mitteilen ließ. Das BVerwG hat hier eine Änderung der Zuständigkeit verneint, da aufgrund der engen Bindung des Mandatars an den Mandanten sichergestellt sei, dass die von dem Mandatar getroffene Entscheidung dem Mandanten materiell zugerechnet werden könne88. Im Folgenden ist daher zu untersuchen, ob eine gesetzliche Ermächtigung für ein Mandat entbehrlich ist, wenn der Mandatar verpflichtet ist, vor Erlass einer Entscheidung diese dem Mandanten zur Kontrolle vorzulegen. Für die Entbehrlichkeit einer Mandatsermächtigung bei einer derartigen Fallgestaltung könnte sprechen, dass es in so einem Fall letztlich der Mandant ist, der bestimmt, welche Entscheidung in der Sache getroffen wird. Denn wenn ihm der Entscheidungsvorschlag des Mandatars nicht zusagt, wird er diesen ablehnen und entweder selbst eine eigene Entscheidung treffen, oder aber er wird dem Mandatar die Vorbereitung eines anderen Entscheidungsvorschlags aufgeben und ihm hierbei gewisse Vorgaben erteilen. Aus diesem Grunde könnte man argumentieren, dass die Letztentscheidungskompetenz bei dem Mandanten verbleibt und somit keine Übertragung derselben gegeben ist. Letzten Endes könnte man sogar Zweifel dahingehend haben, ob hier überhaupt ein Mandat vorliegt, oder eventuell nur ein Sonderfall der Botenschaft89, der sich dadurch auszeichnet, dass der Bote an der Vorbereitung der Entscheidung mitgewirkt hat und somit bezüglich dieser Entscheidung etwas mehr ist als nur ein Überbringer. Gegen eine derartige Argumentation spricht aber, dass es einen großen Unterschied macht, ob eine Behörde bzw. ein Bediensteter dieser Behörde in einer Sache eine eigene Entscheidung trifft oder ob sie bzw. er nur die von einer anderen Behörde bzw. deren Bediensteten vorgeschlagene Entscheidung bestätigen oder ablehnen soll. Denn das Treffen einer eigenen Entscheidung setzt gewisse Vorbereitungshandlungen voraus, wie etwa das Zusammentragen der für die Entscheidung wesentlichen Tatsachen usw.. Und eine fehlerhafte bzw. unvollständige Zusammenstellung der entscheidungserheblichen Tatsachen kann hierbei auf den materiellen Inhalt der dann zu treffenden Entscheidung erhebliche Auswirkungen haben90. Das hat zur Folge, dass der Mandatar durch das Zusammenstellen der entscheidungserheblichen Tatsachen die Möglichkeit hat, die spätere Entscheidung in der Sache bereits in eine gewisse Richtung zu lenken, und er somit auch auf die Entscheidung des Mandanten, dem Vorschlag des Mandatars zuzustimmen oder BVerwG, BVerwGE 63, S. 260. Ein Fall der Botenschaft liegt vor, wenn ein Subjekt die von einem anderen Subjekt getroffene Entscheidung im eigenen Namen übermittelt. Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Einschaltung eines Boten ist aber, dass dieser zum Ausdruck bringt, dass die betreffende Entscheidung nicht von ihm stammt, sondern von dem anderen Subjekt getroffen worden ist, s. hierzu Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 155 und Kapitel 1, F. III. dieser Untersuchung. 90 Maurer, § 19 Rn 18; s. auch OVG Nordrhein-Westfalen, BauR 1989, S. 318. 88 89
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ihn abzulehnen, Einfluss nehmen kann. Denn der Mandant wird in der Regel nur prüfen, ob die Entscheidung unter Zugrundelegung der von dem Mandatar zusammengetragenen Tatsachen zutreffend ist. Er wird aber aus Zeitgründen nicht überprüfen können, ob der Mandatar alle entscheidungserheblichen Tatsachen vollständig zusammengetragen hat. Es kann folglich nicht ausgeschlossen werden, dass der Mandant zwar dem Entscheidungsvorschlag des Mandatars zustimmt, weil er ihn für zutreffend hält, dass er aber, wenn er selbst das Entscheidungsmaterial hätte zusammenstellen müssen, in der Sache ganz anders entschieden hätte. Anerkannt ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass sich eine staatliche Stelle beim Erlass einer Entscheidung auch der Mitwirkung anderer Stellen bedienen darf. So kann etwa die zur Entscheidung berufene Behörde Gutachten anderer staatlicher Stellen zur Entscheidungsfindung heranziehen91 oder der Gemeinderat kann – beispielsweise im Falle eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans – einen Bebauungsplan von einem Privaten ausarbeiten lassen und diesen Bebauungsplan dann auch in der von dem Privaten entworfenen Fassung beschließen. Fraglich ist somit, inwieweit die Inanspruchnahme einer unzuständigen Stelle zulässig ist und ob sich eine Mandatierung, bei welcher der Mandatatar dem Mandanten die zu erlassene Entscheidung vorher zur Kontrolle vorlegen müsste, noch innerhalb dieser Grenzen bewegen würde, oder eine Preisgabe der Zuständigkeit zur Folge hätte. Innerhalb eines Verwaltungsverfahrens legt der verwaltungsverfahrensrechtliche Untersuchungsgrundsatz nach § 24 (L)VwVfG fest, inwieweit eine Zuhilfenahme unzuständiger Stellen bei der Entscheidungsfindung zulässig ist. Danach ermittelt die zuständige Behörde den Sachverhalt von Amts wegen. Das bedeutet, sie kann zwar die Hilfe anderer Behörden in Anspruch nehmen, muss aber die wesentlichen Gesichtspunkte selbst ermitteln92. Sofern die entscheidende Stelle ihrer Entscheidung Gutachten oder sonstige Beiträge anderer Behörden oder von Sachverständigen zugrunde legt, muss sich die Behörde hierüber ein eigenes Urteil bilden und darf diese Beiträge nicht einfach ungeprüft übernehmen93. Der Untersuchungsgrundsatz gestattet daher eine Mitwirkung unzuständiger Stellen zur Entscheidung allenfalls im Rahmen einer bloßen Unterstützungshandlung, verlangt aber, dass die eigentliche Entscheidung, also die Bewertung des Sachverhalts und dessen rechtliche Würdigung, von der zuständigen Stelle vollzogen wird. Erlass einer Entscheidung und Prüfung ihrer tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen gehören daher nach Ansicht des Gesetzgebers untrennbar zusammen und obliegen allein der zuständigen Behörde. Nur dann, wenn die zuständige Behörde selbst die der 91 P.Stelkens / Kallerhoff in Stelkens / Bonk / Sachs, § 24 VwVfG, Rn 41; Clausen in Knack, § 24 VwVfG, Rn 12. 92 P.Stelkens / Kallerhoff in Stelkens / Bonk / Sachs, § 24 VwVfG, Rn 41; Clausen in Knack, § 24 VwVfG, Rn 12. 93 BVerwGE 80, S. 227; Clausen in Knack, § 24 VwVfG, Rn 12; Kopp / Ramsauer, § 24 VwVfG, Rn 26.
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Entscheidung zugrunde liegenden Tatsachen ermittelt und bewertet und dann diese Tatsachen selbst einer rechtlichen Würdigung unterzieht, ist die (materielle) Zuständigkeit gewahrt. Bei der Ermittlung der Tatsachen darf sie sich zwar der Hilfe anderer Stellen bedienen, muss aber prüfen, ob diese die betreffenden Tatsachen vollständig und zutreffend zusammengetragen haben. Eine Verletzung des in § 24 (L)VwVfG normierten Untersuchungsgrundsatzes führt daher bei Ermessens- oder Planungsentscheidungen bzw. bei Entscheidungen, denen ein Beurteilungsspielraum zugrunde liegt, grundsätzlich zur Rechtswidrigkeit und Aufhebbarkeit der Entscheidung94. Bei rechtlich gebundenen Entscheidungen zieht der Verstoß gegen den Untersuchungsgrundsatz ebenfalls die Rechtswidrigkeit der Entscheidung nach sich, wobei allerdings der § 46 (L)VwVfG einer Aufhebung der Entscheidung in der Regel entgegensteht95. Ähnlich verhält es sich mit Mitwirkungshandlungen von an sich unzuständigen Stellen außerhalb des Anwendungsbereichs des (L)VwVfG, etwa im Bauplanungsrecht. Hier ist es zwar zulässig, dass der Gemeinderat einen Bebauungsplan von einem Privaten entwerfen lässt und diesem dann in unveränderter Form zustimmt, doch ist Voraussetzung für die Gültigkeit des so erlassenen Bebauungsplans, dass der Gemeinderat an der Vorentscheidung in einer Art mitgewirkt hat, die es gestattet, diese Vorentscheidung auch ihm zuzurechnen96. Das heißt, auch hier muss die eigentliche Entscheidung von dem Gemeinderat getroffen werden. Für die Möglichkeit eines zwischenbehördlichen Mandats bedeutet dies, dass es mit der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung und dem verwaltungsverfahrensrechtlichen Untersuchungsgrundsatz nur schwerlich zu vereinbaren wäre, wenn eine unzuständige Behörde in einer Sache eine Entscheidung vorschlagen könnte und die zuständige Behörde allein nach Überprüfung dieses Entscheidungsvorschlags – dass heißt, ohne zu überprüfen, ob die der Entscheidung zugrunde liegenden Tatsachen vollständig und zutreffend sind – hierzu nur noch „Ja“ oder „Nein“ sagen müsste97. Dies wird besonders dann deutlich, wenn der Mandant seine ihm obliegende Prüfungspflicht bzgl. der von dem Mandatar vorgeschlagenen Entscheidung nur oberflächlich oder gar nicht ausüben würde. In derartigen Fällen könnten man dann nämlich mit Sicherheit nicht mehr davon sprechen, dass die Entscheidung dem Mandanten materiell noch zugerechnet werden kann. Wenn also etwa der ManP.Stelkens / Kallerhoff in Stelkens / Bonk / Sachs, § 24 VwVfG, Rn 58. P.Stelkens / Kallerhoff in Stelkens / Bonk / Sachs, § 24 VwVfG, Rn 59; in besonderen Fällen kann aber auch bei rechtlich gebundenen Verwaltungsakten eine Aufhebung trotz § 46 (L)VwVfG in Betracht kommen, s. hierzu OVG Nordrhein-Westfalen, BauR 1989, S. 318 ff.; Schoch, Die Verwaltung, Band 25 (1992), S. 46 ff. 96 BVerwG, BVerwGE 45, 309 (321); Dürr, Rn 41. 97 So war es aber in dem von dem BVerwG entschiedenen Fall. Hier ließ sich der Präsident der Bundesbank nur das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen und die zu beabsichtigte Entscheidung mitteilen, hat aber die der Entscheidung zugrunde liegenden Tatsachen nicht selbst geprüft, BVerwGE 63, S. 259 f. 94 95
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datar dem Mandanten einen Entscheidungsvorschlag vorlegen würde und der Mandant diesem dann, ohne ihn auch nur anzusehen, zustimmen würde, dann läge hier streng genommen eigentlich nur eine Entscheidung des Mandatars vor. Die Situation wäre dann die Gleiche wie bei einem gewöhnlichen Mandant, bei dem der Mandatar vollkommen eigenständig und ohne größere Kontrolle durch den Mandanten handeln kann. Fraglich ist somit aufgrund des bisher Gesagten, ob es überhaupt möglich ist, mittels einer Überprüfung des von dem Mandatar vorgelegten Entscheidungsvorschlags durch den Mandanten in adäquater Weise zu gewährleisten, dass diese Entscheidung dem Mandanten materiell zugerechnet werden kann. Diesbezüglich ist vor allem problematisch, ob der Mandant zur Überprüfung der betreffenden Entscheidung verpflichtet wäre, um eine materielle Zurechnung der Entscheidung sicherzustellen und welche Anforderungen an diese Überprüfung zu stellen wären. Was die Frage angeht, ob der Mandant zu einer Überprüfung der von dem Mandatar vorgeschlagenen Entscheidung verpflichtet ist, so ist anzumerken, dass, wenn man bei einem „gewöhnlichen“ Mandat wegen der Änderung der materiellen Zuständigkeit eine gesetzliche Ermächtigung verlangt und eine Mandatierung ohne entsprechende Ermächtigung die Rechtswidrigkeit der von dem Mandatar getroffenen Entscheidung zur Folge hat, es dann nicht sein kann, dass bei einem Mandat, bei dem der Mandatar zur Vorlage der beabsichtigten Entscheidung an den Mandanten verpflichtet ist und daher unter Zugrundelegung der Auffassung des BVerwG eine gesetzliche Ermächtigung für das Mandat entbehrlich sein soll, der Mandant auf eine Prüfung der Entscheidung des Mandatars verzichten kann, und hierdurch im Ergebnis eine Entscheidung alleine des Mandatars wie im Falle eines gewöhnlichen Mandats ergeht. Das heißt, die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Mandatars gegenüber dem Bürger müsste dann in diesem Fall davon abhängen, dass der Mandant seiner Prüfungspflicht in einem solchen Umfang nachgekommen ist, der es erlaubt, ihm die Entscheidung auch wirklich materiell zuzurechnen. Da der Bürger ein Recht auf die Einhaltung der gesetzlichen Zuständigkeit hat, müsste man ihm daher auch ein Recht darauf geben, dass der Mandant die Entscheidung des Mandatars ausreichend überprüft98. Der Mandant wäre demnach gegenüber dem Bürger zur Überprüfung der Entscheidung des Mandatars verpflichtet. Im Gegenzug wäre der Mandatar verpflichtet, die betreffende Entscheidung dem Mandanten zur Überprüfung vorzulegen und die Entscheidung nur mit dem von dem Mandanten „genehmigten“ Inhalt zu erlassen. Ein Verstoß hiergegen hätte automatisch die Rechtswidrigkeit der Entscheidung zur Folge. Nur, wie soll der Bürger nachvollziehen können, ob die Prüfungspflicht auch eingehalten wurde? Wie kann überhaupt sichergestellt werden, dass der Mandant 98 A.A. BVerwG, BVerwGE 63, S. 260 f., wonach es in dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall dem Präsidenten der Deutschen Bundesbank überlassen bleiben sollte, in welcher Weise er seiner Prüfungspflicht nachkommt.
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seiner Prüfungspflicht ordnungsgemäß nachkommt? Ein Vermerk in den Akten, dass eine Überprüfung der Entscheidung des Mandatars stattgefunden hat, wäre sicher nicht ausreichend, da sich aus einem derartigen Vermerk nicht ergeben würde, ob wirklich eine ausreichende Überprüfung durchgeführt wurde. Fraglich ist auch noch, welche Anforderungen an die Prüfungspflicht zu stellen wären, um sicherzugehen, dass die Entscheidung des Mandatars dem Mandanten auch materiell zugerechnet werden könnte. Aufgrund der zuvor angeführten Bedeutung der Entscheidungstatsachen für den materiellen Inhalt der Entscheidung müsste sich die Prüfungspflicht nicht nur auf den Inhalt der Entscheidung, sondern in jedem Fall auch auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Entscheidungstatsachen beziehen. Dass heißt, Voraussetzung für eine materielle Zurechnung wäre, dass der § 24 (L)VwVfG gewahrt bleibt, sprich, die Prüfungspflicht des Mandanten dem Untersuchungsgrundsatz genügt. Das Problem bei dieser Prüfungspflicht besteht aber darin, dass der Mandant zur Wahrung des § 24 (L)VwVfG die Entscheidung des Mandatars bis ins Detail überprüfen müsste. Er müsste also untersuchen, ob der Mandant alle für die Entscheidung erheblichen Tatsachen berücksichtigt hat, ob er diese Tatsachen richtig bewertet und ob er den so ermittelten Sachverhalt einer zutreffenden rechtlichen Wertung unterzogen hat. Bei Ermessensentscheidungen müsste er daneben noch prüfen, ob die von dem Mandatar aufgestellten Ermessenserwägungen zutreffend sind und ob sie mit den Erwägungen übereinstimmen, die der Mandant selbst in ähnlichen Fällen aufgestellt hat. Eine derart umfassende, dem Untersuchungsgrundsatz genügende Prüfung würde aber letzten Endes dazu führen, dass der Mandant den eigentlichen Entscheidungsvorgang bis ins Detail nachvollziehen müsste und somit zugleich selbst in der Sache entscheiden würde. Das heißt, vom Ergebnis her würde der Mandant die Sache selbst durchentscheiden und seine Entscheidung dann mit der von dem Mandatar gefundenen Entscheidung abgleichen und dessen Entscheidung entsprechend abändern oder aber bestätigen. Dem Mandatar käme dann aber letzten Endes nur noch die Funktion eines Boten zu, der die Entscheidung des Mandaten überbringen bzw. in dessen Namen erklären würde und der zugleich an der Vorbereitung der Entscheidung mitgewirkt hat. Von einem zwischenbehördlichen Mandat hingegen könnte man angesichts des Umstandes, dass es letztlich der Mandant ist, der die Entscheidung in der Sache trifft, mangels Änderung der Entscheidungszuständigkeit nicht mehr sprechen. Ebenso wäre aufgrund des Umstandes, dass der Mandant die Entscheidung bis ins Kleinste überprüfen müsste, hiermit auch keine Arbeitsentlastung für den Mandanten verbunden, so dass eine entsprechende Arbeitsaufteilung keinen Sinn machen würde. Zusammengefasst bedeutet dies, dass eine gesetzliche Ermächtigung für ein zwischenbehördliches Mandat allenfalls dann entbehrlich sein könnte, wenn der Mandant die von dem Mandatar vorgeschlagene Entscheidung in einer dem verwaltungsverfahrensrechtlichen Untersuchungsgrundsatz genügenden Weise überprüfen würde. Da der Mandant hierfür die Sache aber im Prinzip selbst durchentscheiden müsste, läge gar keine Übertragung der materiellen Entscheidungsgewalt
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Kap. 3: Die rechtliche Zulässigkeit des Mandats
auf den Mandatar und somit eigentlich auch kein zwischenbehördliches Mandat vor.
IV. Ist eine gesetzliche Ermächtigung für ein Mandat entbehrlich, wenn der Mandant dem Mandatar übergeordnet ist und somit zwischen beiden ein Weisungsverhältnis besteht? Einige Autoren in der Literatur wollen von dem Erfordernis einer gesetzlichen Ermächtigung für das Mandat dann eine Ausnahme zulassen, wenn der Mandant eine dem Mandatar übergeordnete Behörde darstellt99. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass der Mandatar in diesem Fall den Weisungen des Mandanten unterworfen sei und dieser somit Einfluss auf die Entscheidung des Mandatars ausüben könne, weshalb es an einer Änderung der materiellen Zuständigkeit fehlen soll100. Dieser Argumentation aber ist entgegenzuhalten, dass das Weisungsrecht des Mandanten nichts daran ändert, dass der Mandatar vom Grundsatz her eigenständig entscheiden kann101. Denn in vielen Fällen wird der Mandant von seinem Weisungsrecht keinen Gebrauch machen, da er nicht jeden Fall, den der Mandatar bearbeitet, überwachen kann. Hierdurch würde nämlich die mit dem Mandat verbundene Arbeitsentlastung zum Großteil wieder aufgehoben. Der Mandant wird sich daher in der Regel auf den Erlass allgemeiner Weisungen beschränken und nur ganz selten für konkrete Einzelfälle Weisungen erteilen. Dem Mandatar steht daher ein großer Spielraum zu, innerhalb dem er selbständig entscheiden kann. Folglich liegt trotz Bestehens eines Weisungsverhältnisses auch in diesen Fällen eine Übertragung der Entscheidungskompetenz und mithin der materiellen Zuständigkeit vor. Eine derartige Übertragung setzt aber nach dem bisher Gesagten eine besondere Ermächtigung voraus. Außerdem ist zu bedenken, dass dem Mandanten gegenüber dem Mandatar in der Regel auch dann ein Weisungsrecht zukommt, wenn der Mandant keine dem Mandatar übergeordnete Behörde ist. Denn aus dem Mandatsverhältnis ergibt sich im Regelfall ein unmittelbares Weisungsrecht des Mandanten gegenüber dem Mandatar102. Dieses Weisungsrecht folgt daraus, dass der Mandant im Außenverhältnis für die Maßnahmen des Mandatars verantwortlich zeichnet, weshalb er auch die Möglichkeit haben muss, auf dessen Tätigkeit Einfluss zu nehmen103. Rasch, Verwaltungsorganisation., S. 178; Stephan, VBlBW 1985, S. 124. Stephan, VBlBW 1985, S. 124, nach dem wegen der Weisungsabhängigkeit keine Preisgabe der Kompetenzen des Mandanten vorliegen soll. 101 So auch Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 154. 102 S. hierzu Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 441; a.A., aber ohne Begründung, Kluth in Wolff / Bachof / Stober, VrwR III, 5.A., § 84 Rn 80. 103 Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 441. 99
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Ohne ein Weisungsrecht des Mandanten könnte man nämlich schwerlich von einer realen Verantwortung des Mandanten sprechen. Denn allein aus der formellen Zurechnung des Handelns des Mandatars an den Mandanten lässt sich allenfalls eine rechtliche Verantwortung herleiten, aber eben keine Verantwortung in dem Sinne, dass das Handeln des Mandatars letztlich wenigstens mittelbar auf den Mandanten zurückzuführen ist. Eine derartige Verantwortung lässt sich nur dann begründen, wenn der Mandant durch den Erlass von Weisungen auf die Tätigkeit des Mandatars Einfluss nehmen kann. Im Übrigen liegt ja gerade in der fortbestehenden Verantwortung des Mandanten der Hauptunterschied zwischen einer Delegation und einem Mandat. Bei einer Delegation verliert der Delegant nach der Delegation jegliche Verantwortung für die delegierte Kompetenz. Diese Verantwortung geht voll und ganz auf den Delegatar über, der die delegierte Kompetenz selbständig und eigenverantwortlich wahrnehmen soll104. Aufgrund der selbständigen und eigenverantwortlichen Wahrnehmung der delegierten Kompetenz durch den Delegatar wird denn auch ein allein aus dem Delegationsverhältnis folgendes Weisungsrecht abgelehnt105. Im Gegensatz hierzu soll das Mandat den Mandanten zwar von der Wahrnehmung der mandatierten Kompetenz entlasten, die Verantwortung für die mandatierte Kompetenz aber weiterhin bei ihm belassen. Es ist daher davon auszugehen, dass wenn der Inhaber der Organisationsgewalt eine staatliche Stelle anstatt zu einer Delegation zu einem Mandat ermächtigt, dass es ihm dann gerade auf die bei der Delegation nicht gegebene fortbestehende Verantwortlichkeit des Mandanten ankommt. Wenn es ihm aber gerade auf die Verantwortlichkeit des Mandanten ankommt, dann ist auch davon auszugehen, dass der Inhaber der Organisationsgewalt dem Mandanten ein Weisungsrecht gegenüber dem Mandatar gewähren will, damit der Mandant seiner Verantwortung auch gerecht werden kann. In der Ermächtigung zur Vornahme eines Mandats ist daher, sofern nichts Gegenteiliges ersichtlich ist, zugleich die Befugnis des Mandanten zu erblicken, dem Mandatar nach Vornahme des Mandats Weisungen in Bezug auf die Wahrnehmung der mandatierten Kompetenz zu erteilen. Allerdings richtet sich der genaue Umfang des Weisungsrechts (nur abstrakt-generelle Weisungen oder auch Weisungen für den Einzelfall?) nach der jeweiligen Mandatsermächtigung106. Es ist also durchaus möglich, das Weisungsrecht des Mandanten stark einzuschränken oder auch ganz auszuschließen. Allerdings würde sich gerade im Falle eines Ausschlusses des Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 440 f. Kluth in Wolff / Bachof / Stober, VrwR III, 5. A., § 84 Rn 74; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 441; damit ist aber natürlich nicht gesagt, dass der Delegant dem Delegatar unter keinen Umständen Weisungen erteilen darf. Denn sofern der Delegant etwa eine dem Delegatar übergeordnete Behörde ist, könnte sich aus dem Hierarchieprinzip eine Weisungsbefugnis ergeben. Das heißt, ein aus anderen Gründen bestehendes Weisungsrecht zwischen Delegant und Delegatar wird durch die Delegation nicht berührt. 106 Vgl. etwa § 89 SGB X, der detailliert regelt, welche Rechte dem Mandanten gegenüber dem Mandatar bei Durchführung eines Mandats nach § 88 SGB X zustehen. 104 105
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Kap. 3: Die rechtliche Zulässigkeit des Mandats
Weisungsrechts die Tätigkeit des Mandatars kaum mehr von der eines Delegatars unterscheiden, das heißt, der Mandatar wäre bei seiner Tätigkeit genauso selbständig wie im Falle einer Delegation. Die Vorteile, die das Mandat im Hinblick auf die fortbestehende Verantwortung des Mandanten gegenüber der Delegation bietet, würden somit zum Großteil wieder beseitigt werden, weshalb der Inhaber der Organisationsgewalt den Zuständigkeitsinhaber wohl kaum zu einem solchen Mandat, sondern stattdessen vielmehr gleich zu einer Delegation ermächtigen würde. Da also im Prinzip bei eigentlich jedem Mandat ein Weisungsrecht zwischen Mandant und Mandatar besteht, kann man alleine wegen dem Bestehen eines Weisungsrechts das Erfordernis einer Ermächtigung für das Mandat nicht als entbehrlich ansehen. Das Vorliegen eines Weisungsverhältnisses ändert somit nichts an dem Erfordernis einer gesetzlichen Ermächtigung für ein Mandat107. Dies gilt entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung selbst für solche Fälle, bei denen der Mandant dem Mandatar ganz genau vorschreiben kann, wie er die mandatierte Kompetenz ausüben soll, und der Mandatar somit quasi nur noch ein „verlängerter Arm“ des Mandanten wäre108. Eine derartige Ausgestaltung des Mandats wäre zum Beispiel im Bereich der rechtlich gebundenen Verwaltung denkbar, sofern alle relevanten materiellen Rechtsfragen bereits höchstrichterlich geklärt sind, und die Tätigkeit des Mandatars daher eher einer „mechanischen Gesetzesanwendung“ nahe kommen würde, er also eigentlich gar keinen eigenen Spielraum bei der Gesetzesanwendung und -auslegung mehr hätte. Dass auch bei derartigen Fallgestaltungen nicht auf eine Ermächtigung für das Mandat verzichtet werden kann, ergibt sich daraus, dass auch in Fällen, in denen es aus Sicht des Mandatars eigentlich nur noch eine richtige Entscheidung geben kann, dem Mandatar immer noch ein faktischer Entscheidungsspielraum zukommt. Er könnte nämlich eine Entscheidung treffen, bei der er von den ihm erteilten Vorgaben (bewusst oder unbewusst) abweicht109. Eine derartige Entscheidung wäre zwar im Bereich der rechtlich gebundenen Verwaltung in der Regel materiell rechtswidrig und somit anfechtbar, bis dahin aber wirksam. Daneben wird dem Mandatar auch immer ein eigener Spielraum bei der Ermittlung und Bewertung der entscheidungserheblichen Tatsachen zustehen, da ihm der Mandant in diesem Bereich kaum Vorgaben machen kann. Das heißt, selbst in den Fällen, in denen der Mandatar nur als „verlängerter Arm“ des Mandanten tätig sein soll, besitzt er noch immer einen eigenen Entscheidungsspielraum, so dass auch hier eine Änderung der materiellen Zuständigkeit 107 VGH BW, VBlBW 1996, 419; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 154; Schwabe, DVBl. 1974, S. 73. 108 A.A. Klein, FS für Herbert Kraus, S. 210; der Terminus „verlängerter Arm des Mandanten“ geht in diesem Zusammenhang zurück auf Obermayer, JZ 1956, S. 629, der hierunter aber Fälle der Botenschaft versteht. 109 So z. Bsp., wenn er das Gesetz in einem Fall entgegen den Weisungen des Mandanten und entgegen der höchstrichterlichen Rspr. auslegen würde.
B. Erfordernis einer Ermächtigung für das Mandat
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gegeben ist. Daher kann auch in diesen Fällen ein Mandat nur aufgrund einer entsprechenden Ermächtigung erfolgen110.
V. Enthält die Ermächtigung zu einer Delegation zugleich auch die Ermächtigung zu einem Mandat? Einige Autoren in der Literatur und Teile der Rechtsprechung wollen in den Fällen, in denen der Mandant zur Vornahme einer Delegation an den Mandatar befugt ist, ein Mandat auch ohne eine besondere gesetzliche Ermächtigung zulassen111. Zur Begründung führen sie an, dass in der Ermächtigung zur Delegation – argumentum a maiore ad minus – auch die Ermächtigung zu einem Mandat enthalten sei112. Dieser Auffassung wird aber entgegengehalten, dass ein Mandat nicht ein Weniger im Verhältnis zu einer Delegation, sondern vielmehr etwas ganz anderes (ein Aliud) sei113. Hierbei wird vor allem auf Unterschiede bei der Haftung und bei der Beteiligung vor Gericht hingewiesen114. Im Folgenden soll daher untersucht werden, ob die zwischen Mandat und Delegation bestehenden Unterschiede es rechtfertigen, das Mandat als ein Weniger im Verhältnis zur Delegation anzusehen, oder ob es doch als Aliud zu betrachten ist. Zugleich soll hierdurch auch geklärt werden, ob die Ermächtigung zu einer Delegation auch die Ermächtigung zu einem Mandat beinhaltet. Das Mandat wäre dann ein Weniger im Verhältnis zur Delegation, wenn es eine derart große Ähnlichkeit zu einer Delegation aufweisen würde, dass man davon ausgehen kann, dass der Inhaber der Organisationsgewalt dann, wenn er eine Delegation zugelassen hat, erst recht auch mit der Vornahme eines Mandat einverstanden wäre115. Für die Ansicht, dass das Mandat ein Weniger im Verhältnis zu einer Delegation ist, könnte sprechen, dass bei der Delegation die formelle und die materielle Zuständigkeit auf eine andere Stelle übertragen wird, während ein Mandat nur die Übertragung der materiellen Zuständigkeit zum Gegenstand hat. Nach dieser Be110 A.A. Klein , FS für Herbert Kraus, S. 210; Lauscher, S. 57 Fn 49, der aber die Begriffe Mandant und Mandatar vertauscht! 111 Hess VGH, DÖV 1974, S. 604; Dagtoglou, S. 65; Faber, § 9 IV (S. 65); Huwar, S. 168; Klein, FS für Herbert Kraus, S. 210. 112 Hess VGH, DÖV 1974, S. 604 ; Klein, FS für Herbert Kraus, S. 210. 113 OVG NW, DÖV 1989, S. 550; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 156; Schmidt-Jortzig / Wolfgang, VerwArch 75 (1984), S. 118. 114 OVG NW, DÖV 1989, S. 551. 115 Hierin liegt nämlich das Wesen des „argumentum a maiore ad minus“, das besagt, dass wenn nach einer gesetzlichen Bestimmung für den Tatbestand A die Rechtsfolge R gilt, sie dann „erst recht“ für den ihm ähnlichen Tatbestand B gelten muss, wenn die ratio legis der gesetzlichen Regelung auf den Tatbestand B sogar in einem noch höheren Maße zutrifft. Maßgeblich ist also immer der Wille des Gesetzgebers; s. hierzu Larenz, S. 389.
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Kap. 3: Die rechtliche Zulässigkeit des Mandats
trachtungsweise erscheint das Mandat nur als ein Teil einer Delegation, sozusagen als eine Art „halbe Delegation“. Trotzdem ist nicht zu verkennen, dass zwischen Delegation und Mandat ein entscheidender Unterschied besteht. Die Delegation führt nämlich zu einem Handeln im eigenen Namen, während das Mandat ein fremdbezogenes Handeln ermöglicht116. Und dieser Unterschied hat bedeutende Auswirkungen, was hier exemplarisch am Beispiel der Beteiligung der delegierten bzw. mandatierten Behörde in einem Prozess dargestellt werden soll. Hierbei ist denn auch zu untersuchen, ob es sich aufgrund dieser Unterschiede verbietet, dass Mandat als ein Weniger im Verhältnis zur Delegation anzusehen. Aus dem Umstand, dass im Falle einer Delegation der Delegatar zur Wahrnehmung der delegierten Kompetenz im eigenen Namen berechtigt ist, folgt, dass er auch an einem eventuellen Prozess, der aus der Wahrnehmung der delegierten Kompetenz herrührt, alleine (entweder als Kläger oder Beklagter) beteiligt wäre. Das bedeutet, eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage wäre wegen § 78 VwGO gegen den Rechtsträger zu richten, dem die delegierte Behörde angehört117. Entsprechend würde es sich bei einer allgemeinen Leistungsklage oder einer Feststellungsklage verhalten. Auch diese wäre unmittelbar gegen den Rechtsträger zu richten, dem der Delegatar angehört118. Und sofern der Delegatar selbst ein Recht gerichtlich geltend machen wollte, dass sich aus der delegierten Kompetenz ergibt119, müsste er es in seinem eigenen Namen vor Gericht einklagen. Die delegierende Behörde hingegen wäre an etwaigen gerichtlichen Verfahren in keiner Weise beteiligt. Für den Delegatar hat dies zur Folge, dass er im Rahmen einer Delegation berechtigt ist, die delegierte Kompetenz nicht nur in einem Verwaltungsverfahren, sondern auch in einem sich daran anschließenden gerichtlichen Verfahren alleine und unter eigener Verantwortung geltend zu machen. Die Fähigkeit zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung der delegierten Kompetenz in einem Verwaltungsverfahren und in einem sich daran anschließenden gerichtlichen Verfahren fällt also bei der Delegation zusammen und kommt dem Delegatar zu. Ganz anders verhält es sich aber im Falle eines Mandats. Wenn die mandatierte Behörde im Namen des Mandanten einen Verwaltungsakt erlassen oder unterlassen würde, müsste die Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklage gegen den Rechtsträger gerichtet werden, dem der Mandant angehört120. Denn das Handeln des Mandatars OVG NW, DÖV 1989, S. 551. Sofern das Landesrecht nicht bestimmt, dass die Klage gemäß § 78 VwGO direkt gegen die handelnde Behörde zu richten ist. 118 S. hierzu Brenner in Sodan / Ziekow, § 78 VwGO, Rn 11, wonach das Rechtsträgerprinzip auch bei der allgemeinen Leistungsklage und der Feststellungsklage gilt. 119 So etwa, wenn der Delegatar bei Wahrnehmung der delegierten Kompetenz einen öffentlich-rechtlichen Vertrag geschlossen hat, aus dem er jetzt auf Erfüllung klagen will. 120 Dahlinger, DÖV 1961, S. 939; Kopp / Schenke, § 78 VwGO, Rn 3; wenn also z. Bsp. das Landratsamt eine Gemeinde zum Erlass von Baugenehmigungen mandatieren würde, 116 117
B. Erfordernis einer Ermächtigung für das Mandat
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wird dem Mandanten aufgrund des Umstandes, dass der Mandatar im Namen des Mandanten tätig wird, voll und ganz zugerechnet, so dass das Handeln des Mandatars auch im Falle eines gerichtlichen Verfahrens als Handeln des Mandaten gilt. Und dies hat zumindest in den Fällen, in denen die Rechtsträger von Mandant und Mandatar auseinanderfallen, ganz praktische und bedeutende Auswirkungen im Falle eines Prozesses. Denn es stellt sich die Frage, ob der Mandatar bzw. ein ihm angehörender Behördenbediensteter wenigstens vor Gericht für den verklagten Rechtsträger des Mandanten auftreten und ihn vertreten darf, oder ob hierzu nur ein Behördenbediensteter des Mandanten berechtigt ist. Aus Sicht des beklagten Rechtsträgers wäre es natürlich vorteilhaft, wenn ein Bediensteter des Mandatars vor Gericht auftreten könnte, da dessen Behörde aufgrund des Umstandes, dass sie die angegriffene Entscheidung getroffen hat, mit dem Gegenstand des Verfahrens am besten vertraut ist. Zweifelhaft ist aber, ob dieser Bedienstete für die beklagte Körperschaft auch Verfahrenshandlungen vornehmen dürfte, sprich, ob ihm hierfür die Postulationsfähigkeit zukäme. Unproblematisch ist hierbei, dass sich eine Körperschaft oder eine Behörde in einem Prozess auch durch einen Bediensteten vertreten lassen darf, der dieser Körperschaft oder dieser Behörde nicht angehört. Dies ergibt sich aus § 62 III VwGO. Danach können sich nämlich Vereinigungen, zu denen auch juristische Personen des öffentlichen Rechts, mithin also auch Körperschaften zählen121, in einem Prozess neben ihrem gesetzlichen Vertreter auch durch besonders Beauftragte vertreten lassen, die dieser juristischen Person noch nicht einmal angehören müssen122. Die Beauftragung bedarf hierbei aber analog § 67 III 1 VwGO der Schriftform123, so dass der Mandatar also insoweit auf die Mitwirkung des Mandanten zwingend angewiesen wäre. Der Mandatar bzw. ein Bediensteter des Mandatars könnte also den Rechtsträger des Mandanten in einem Prozess vertreten. Ob er aber auch zur Vornahme von Prozesshandlungen in der Lage wäre, bestimmt sich nicht nach § 62 III VwGO, sondern vielmehr nach § 67 VwGO. Und diesbezüglich schließt es der § 67 I 3 VwGO aus, dass sich eine Körperschaft bzw. ein Rechtsträger vor dem BVerwG oder einem OVG bei der Vornahme von Prozesshandlungen von einem Behördenbediensteten vertreten lässt, der dieser Körperschaft bzw. diesem Rechtsträger nicht angehört124. Dem betreffenden Bediensteten würde demnach die Postulatimüsste eine eventuelle Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage gegen das Land, und nicht gegen die Gemeinde gerichtet werden. 121 Kopp / Schenke, § 62 VwGO, Rn 14. 122 Bier in Schoch, § 62 VwGO, Rn 17. 123 Kopp / Schenke, § 62 VwGO, Rn 15; Bier in Schoch, § 62 VwGO, Rn 18. 124 BVerwG, NVwZ-RR 1995, S. 548; Kopp / Schenke, § 67 VwGO, Rn 11; durch die Novellierung des § 67 I 3 VwGO wurde einer älteren Auffassung in der Lit. und Rspr. die Grundlage entzogen, wonach Behördenbedienstete einer fremden Körperschaft vor Gericht zum Auftreten berechtigt sein sollten, wenn sie die gleiche Sachnähe zu den streitigen Rechtsfragen aufwiesen. Nach dieser Auffassung hätte man es also zulassen können, dass ein
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onsfähigkeit fehlen. Zur Vornahme von Prozesshandlungen müsste er daher entweder einen Rechtsanwalt beauftragen oder einen mit Postulationsfähigkeit ausgestatteten Bediensteten des Mandanten einschalten. Genau die gleiche Situation würde sich bei einer Leistungs- oder Feststellungsklage stellen. Auch diese könnte – sofern Mandant und Mandatar nicht dem gleichen Rechtsträger angehören – nicht gegen den Rechtsträger des Mandatars gerichtet werden, sondern müsste gegen den Rechtsträger des Mandanten erhoben werden. Eine Vertretung des Mandanten durch den Mandatar vor Gericht wäre hierbei aber ebenfalls nur im Falle einer Beauftragung nach § 62 III VwGO möglich. Und auch hier würde dem Mandatar wegen § 67 I 3 VwGO vor dem BVerwG und dem OVG die Möglichkeit fehlen, den Mandanten bzw. dessen Körperschaft bei der Vornahme von Prozesshandlungen zu vertreten, wenn er einem anderen Rechtsträger angehören würde. Und auch dann, wenn der Mandatar wegen der mandatierten Kompetenz selbst vor Gericht ziehen wollte (etwa weil er im Namen des Mandanten einen öffentlichrechtlichen Vertrag geschlossen hat, dessen Erfüllung er jetzt einklagen will), könnte er dies nicht selbst tun, sondern müsste immer den Mandanten einschalten. Denn eine Klage im eigenen Namen wäre aufgrund der Tatsache, dass er kein eigenes Recht geltend machen würde, unzulässig. Der Mandatar müsste daher im Namen des Mandaten Klage erheben, wozu dieser ihn aber gemäß § 62 III VwGO beauftragen müsste. Und auch beim Vorliegen einer entsprechenden Beauftragung würde der § 67 I 3 VwGO vor dem BVerwG oder dem OVG der Vornahme von Prozesshandlungen im Namen des Mandanten entgegenstehen, sofern beide nicht dem gleichen Rechtsträger angehören würden. Allenfalls vor dem Verwaltungsgericht könnte der Mandatar den Mandanten im Falle einer Beauftragung gemäß § 62 III VwGO noch ohne weiteres bei der Vornahme von Prozesshandlungen vertreten125. Hierzu müsste der Mandant ihm aber nach § 67 III VwGO eine ausdrückliche und schriftliche Vollmacht erteilen. In dem Mandat alleine könnte man eine derartige Vollmacht demnach nicht erblicken. Das heißt, auch hier wäre der Mandatar auf die Mitwirkung des Mandanten angewiesen, um die mandatierte Kompetenz vor Gericht wahrzunehmen. Im Ergebnis bedeutet dies, dass beim Mandat die Befugnis zur Wahrnehmung der mandatierten Kompetenz in einem Verwaltungsverfahren und die Fähigkeit, sie auch vor Gericht geltend zu machen, auseinanderfallen können. Das hat aber unter anderem den Nachteil, dass sich etwa der Behördenbedienstete des Mandanten, der diesen vor Gericht vertreten müsste, weil der Mandatar hierzu mangels Postulationsfähigkeit nicht in der Lage ist, komplett in den Fall einarbeiten müsste, Behördenbediensteter des Mandatars die verklagte Körperschaft vertritt; a.A. aber insoweit Redeker / von Oertzen, § 67 VwGO, Rn 9 b, wonach die Novellierung des § 67 VwGO der weiteren Anwendung der zuvor genannten Auffassung nicht entgegenstehen soll. 125 Kopp / Schenke, § 67 VwGO, Rn 39; a.A. Redeker / von Oertzen, § 67 VwGO, Rn 9c. 126 Redeker / von Oertzen, § 67 VwGO, Rn 9 b.
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wodurch ein zusätzlicher Arbeitsaufwand entstünde, der beispielsweise bei einer Delegation so nicht entstehen würde, da hier die Behörde, die für das Verwaltungsverfahren zuständig ist, eben auch das gerichtliche Verfahren alleine wahrnehmen kann. Und selbst dann, wenn der Mandant und der Mandatar dem gleichen Rechtsträger angehören würden und den Bediensteten des Mandatars somit immer die Fähigkeit zukäme, den Rechtsträger des Mandanten bei der Vornahme von Prozesshandlungen zu vertreten, würde sich diese Vertretungsbefugnis nicht automatisch aus dem Mandat ergeben, sondern der Mandant müsste den entsprechenden Bediensteten des Mandatars mit der Wahrnehmung der Vertretung ausdrücklich und schriftlich nach § 67 III VwGO bevollmächtigen126. Das heißt, derart eigenmächtig und selbständig wie der Delegatar könnte der Mandatar auch in diesen Fällen nicht vor Gericht auftreten. Durch das Auseinanderfallen der Zuständigkeit zur Durchführung des Verwaltungsverfahrens und zur Durchführung eines sich eventuell anschließenden gerichtlichen Verfahrens bzw. durch das Erfordernis einer ausdrücklichen schriftlichen Ermächtigung für den Mandatar zur Vertretung des Mandanten in einem gerichtlichen Verfahren besteht aber auch die Gefahr, dass es zwischen dem Mandanten und dem Mandatar zu Meinungsverschiedenheiten und Spannungen über die Art der Prozessführung kommt. Der Mandant z. Bsp. will die Klage anerkennen, da er die Entscheidung des Mandatars für falsch hält oder er will sich vergleichen. Der Mandatar hingegen will vielleicht unbedingt eine gerichtliche Entscheidung herbeiführen, weil er von der Richtigkeit seiner Maßnahme überzeugt ist und sie sich auch im Hinblick auf zukünftige Fälle vom Gericht bestätigen lassen will. Oder der Mandatar will aus einem öffentlich-rechtlichen Vertrag auf Erfüllung klagen, während der Mandant den Vertrag für ungültig oder die Klage für unzweckmäßig hält und sie daher ablehnt. Wenn sich der Mandatar hierbei nicht durchsetzen kann, könnte dies Auswirkungen auf die weitere Wahrnehmung der mandatierten Kompetenz haben. Denn wenn der Mandatar davon ausgehen muss, dass, egal wie er entscheidet, im Falle eines gerichtlichen Verfahrens der Mandant die Initiative an sich ziehen und dann, etwa im Wege des Anerkenntnisses o.ä., die Entscheidung des Mandatars auch wieder beseitigen kann, könnte diese dauernd latent vorhandene Fremdbestimmtheit sein Engagement in Bezug auf die Wahrnehmung der mandatierten Kompetenz verringern und sich somit negativ auf die Ausübung der mandatierten Kompetenz auswirken127. An diesem Beispiel wird denn auch ein großer Nachteil des Mandats gegenüber der Delegation deutlich, nämlich die Fremdbestimmtheit des Handelns. Der Mandatar handelt eben nicht wie der Delegatar selbständig und unter eigener Verantwortung, sondern er handelt im Namen des Mandanten und muss sich bei seiner Tätigkeit daher in nicht unwesentlichem Umfang auch nach diesem rich-
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Schmidt-Jortzig / Wolfgang, VerwArch 75 (1984), S. 118.
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ten128. Und so wirft diese Fremdbestimmtheit neben den zuvor dargestellten besonderen Problemen im Falle eines gerichtlichen Verfahrens auch noch ganz allgemeine Probleme auf. So besteht zum Beispiel die Gefahr, dass die bei dem Mandat dauernd vorhandene Fremdbestimmtheit bei dem Mandatar das Gefühl hervorruft, nur so eine Art Erfüllungsgehilfe des Mandanten sein129. Dies aber wiederum könnte die Effektivität der Wahrnehmung der mandatierten Kompetenz durch den Mandanten beeinträchtigen 130. Daneben ist zu bedenken, dass das Mandat im Normalfall nicht zu einer völligen Entlastung des Mandanten in Bezug auf die Wahrnehmung der mandatierten Kompetenz führt, da dieser die Verantwortung für das Handeln des Mandatars trägt, und er diesen somit auch nach der Mandatierung zumindest noch geringfügig überwachen und kontrollieren muss131. Diese Befugnis zur Überwachung und Kontrolle ist dem Mandat aufgrund der Verantwortlichkeit des Mandanten für das Handeln des Mandatars immanent, kann aber in der Mandatsermächtigung auch eingeschränkt oder ganz beseitigt werden132. Sofern sie aber, wie im Regelfall, gegeben ist, hat sie zur Folge, dass innerhalb der mandatierenden Behörde weiterhin ein Sachbearbeiter mit der Aufgabenerledigung betraut bleiben muss133. So muss dieser Sachbearbeiter etwa entscheiden, ob dem Mandatar weitere Weisungen zu erteilen sind, oder er muss als Ansprechpartner für den Mandatar zur Verfügung stehen, falls dieser etwa die Ermessenspraxis des Mandanten in einem bestimmten Bereich – an die ja auch der Mandatar bei Wahrnehmung der mandatierten Kompetenz gebunden ist134 – nicht kennt usw.. Aus diesem Grunde werden durch ein Mandat mehr Kapazitäten gebunden als durch eine Delegation, weshalb es im Ver128 Diese Fremdbestimmtheit zeigt sich etwa daran, dass der Mandant dem Mandatar in der Regel Weisungen in Bezug auf die Wahrnehmung der mandatierten Kompetenz erteilen darf, oder daran, dass der Mandatar bei Wahrnehmung der mandatierten Kompetenz an eine eventuell bestehende Ermessenspraxis des Mandanten gebunden ist; s. zur Bindung des Mandatars an die Ermessenspraxis des Mandanten Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 157, und Kapitel 3, G. dieser Untersuchung; zum Weisungsrecht des Mandanten gegenüber dem Mandatar, s. Kapitel 3, B. IV. dieser Untersuchung. 129 Schmidt-Jortzig / Wolfgang, VerwArch 68 (1977), S. 118, 123, wonach das Handeln im fremden Namen auch eine emotionale Distanz zu dem Verwaltungshandeln schafft. 130 Schmidt-Jortzig / Wolfgang, VerwArch 68 (1977), S. 118, wonach es für eine staatliche Stelle in Bezug auf ihr Engagement und ihre Motivation bei der Aufgabenwahrnehmung einen Unterschied macht, „ob sie bei einer Verwaltungsaufgabe ohne eigenes Gestaltungsvermögen und unter fremden Namen tätig wird, oder ob sie im eigenen Namen und mit selbständiger, nur generell weisungsunterworfener Entscheidungsbefugnis handeln kann“. 131 Schmidt-Jortzig / Wolfgang, VerwArch 68 (1977), S. 118; vgl . hierzu auch § 89 SGB X, der die Kontrolle des Mandatars im Falle eines Mandats nach § 88 SGB X regelt. 132 Sofern aber keine ausdrückliche Einschränkung oder Aufhebung besteht, ist davon auszugehen, dass der Mandatar zur Überwachung und Kontrolle befugt ist. 133 Schmidt-Jortzig / Wolfgang, VerwArch 68 (1977), S. 118. 134 S. hierzu Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 157, und Kapitel 3, G. dieser Untersuchung.
B. Erfordernis einer Ermächtigung für das Mandat
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gleich zu dieser weniger wirtschaftlich ist. Hierin liegt demnach ein weiterer gewichtiger Nachteil des Mandats gegenüber der Delegation. Diese Probleme und Nachteile des Mandats im Verhältnis zur Delegation sind nun aber auch dem Inhaber der Organisationsgewalt bekannt, und es ist deshalb nicht auszuschließen, dass sich dieser bei der Entscheidung, eine Delegation zuzulassen, aufgrund der Probleme, die ein Mandat mit sich bringt, bewusst gegen ein Mandat entschieden hat135. Daher verbietet es sich davon auszugehen, dass der Inhaber der Organisationsgewalt für den Fall, dass er eine Ermächtigung zu einer Delegation ausgesprochen hat, auch mit der Vornahme eines Mandats einverstanden wäre136. Natürlich darf in diesem Zusammenhang auch nicht verkannt werden, dass das Mandat etwa aufgrund der fortbestehenden Verantwortung des Mandanten gegenüber einer Delegation auch Vorteile bietet, weshalb man sich fragen könnte, ob diese Vorteile die Nachteile nicht auch aufwiegen können, und sich somit aufgrund der Nachteile, die ein Mandat im Verhältnis zur Delegation aufweist, noch nicht zwingend ableiten ließe, dass eine Ermächtigung zur Delegation nicht auch zugleich die Ermächtigung zu einem Mandat mit einschließt. Eine derartige Argumentation wäre aber abzulehnen, da der Inhaber der Organisationsgewalt dadurch, dass er die Ermächtigung zu einer Delegation ausgesprochen hat, zum Ausdruck bringt, dass es ihm auf die Vorteile, die ein Mandat im Verhältnis zur Delegation mit sich bringt, gerade nicht ankommt. Zusammengefasst bedeutet dies, dass in der Ermächtigung zu einer Delegation nicht auch zugleich die Ermächtigung zur Vornahme eines Mandats erblickt werden kann137.
135 OVG NW, DÖV 1989, S. 551, das in dem von ihm entschiedenen Fall die Unzulässigkeit eines Mandats damit begründet hat, dass der Gesetzgeber sich bewusst gegen ein Mandat und für eine Delegation entschieden habe, als er die Ermächtigung zur Delegation ausgesprochen hat; im Übrigen kommt es nicht darauf an, wie wahrscheinlich es ist, dass es aufgrund der Fremdbestimmtheit des Mandats zu den zuvor genannten Problemen kommt. Maßgeblich ist nur, dass solche Probleme grundsätzlich entstehen könnten, und sich der Inhaber der Organisationsgewalt angesichts dieser besonderen Umstände gegen ein Mandat und für eine Delegation entschieden hat. Solange nichts Gegenteiliges erkennbar ist, ist daher grundsätzlich davon auszugehen, dass sich der Inhaber der Organisationsgewalt bei Zulassung der Delegation von den grundsätzlichen Vorteilen, die eine Delegation gegenüber einem Mandat mit sich bringt, hat leiten lassen, und er sich somit durch Zulassung der Delegation zugleich gegen ein Mandat entschieden hat. 136 OVG NW, DÖV 1989, S. 551. 137 OVG NW, DÖV 1989, S. 551; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 156; Schmidt-Jortzig / Wolfgang, VerwArch 75 (1984), S. 117 f.; a.A.: s. die bei Fn 111 Genannten.
14 Reinhardt
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Kap. 3: Die rechtliche Zulässigkeit des Mandats
VI. Kann bei besonderer Ausgestaltung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung auf eine Ermächtigung für ein Mandat verzichtet werden? In der Literatur und auch in der Rechtsprechung wird die Auffassung vertreten, dass in bestimmten Fällen die gesetzliche Zuständigkeitsordnung so ausgestaltet sei, dass es dem Willen des Gesetzgebers nicht widersprechen würde, wenn nicht die an sich zuständige Behörde die ihr zugewiesenen Aufgaben wahrnehmen würde, sondern eine andere Behörde. In diesen Fällen soll dann auch ein Mandat ohne besondere gesetzliche Ermächtigung zulässig sein138. Als Beispiel für eine derartige Zuständigkeitsregelung führt Deger die Zuständigkeitsabgrenzung zwischen Polizeibehörde und Polizeivollzugsdienst nach § 60 PolG BW an139. Gemäß § 60 I PolG BW sind für die Wahrnehmung der polizeilichen Aufgaben grundsätzlich die Polizeibehörden zuständig, sofern das Gesetz nichts anderes bestimmt. Nach § 60 II PolG BW kann aber der Polizeivollzugsdienst in Eilfällen die Aufgaben der Polizeibehörde wahrnehmen. Und nach § 60 III PolG BW besteht für bestimmte Aufgaben sogar eine Parallelzuständigkeit zwischen Polizeibehörde und Polizeivollzugsdienst. Hieraus folgert Deger, dass die Zuständigkeitsabgrenzung zwischen Polizeibehörde und Vollzugsdienst nicht so ausgestaltet sei, dass eine strikte Trennung zwischen Zuständigkeit und Sachaufgaben bestünde, wie dies beispielsweise im Verhältnis zwischen Polizei und Finanzverwaltung der Fall wäre140. Vielmehr arbeiteten Polizeibehörde und Vollzugsdienst zur Abwehr von Gefahren zusammen, was sich auch an der Eilzuständigkeit des § 60 II PolG BW und der Parallelzuständigkeit des § 60 III PolG BW zeige141. Daher soll es auch nicht gegen die gesetzliche Zuständigkeitsordnung verstoßen, wenn die Polizeibehörde den Vollzugsdienst mit der Wahrnehmung von bestimmten Aufgaben mandatiert, da der Polizeivollzugsdienst im Falle der Eilzuständigkeit ja sowieso Kompetenzen der Polizeibehörde wahrnehmen könne142. Dieser Auffassung liegt anscheinend der Gedanke zugrunde, dass wenn der Gesetzgeber unter bestimmten Voraussetzungen (nämlich bei Vorliegen eines Eilfalles) dem Polizeivollzugsdienst die Kompetenzen der Polizeibehörde zuweist, er dann den Polizeivollzugsdienst zur Wahrnehmung dieser Aufgaben für genauso geeignet hält wie die Polizeibehörde. Wenn er den Polizeivollzugsdienst aber zur Wahrnehmung der polizeilichen Aufgaben für genauso geeignet hält wie die Polizeibehörde, dann kann es eigentlich seinem Willen auch nicht widersprechen, 138 139 140 141 142
Hess VGH, VerwRspr. 4, S. 565 f.; Deger, VBlBW 1996, S. 92. Deger, VBlBW 1996, S. 92. Deger, VBlBW 1996, S. 92. Deger, VBlBW 1996, S. 92. Deger, VBlBW 1996, S. 92.
B. Erfordernis einer Ermächtigung für das Mandat
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wenn der Polizeivollzugsdienst Aufgaben der Polizeibehörde im Wege eines Mandats wahrnimmt. Denn das Argument, dass der Gesetzgeber Behörden Zuständigkeiten zuweist, weil sie ihm wegen ihrer personellen und sächlichen Ausstattung als besonders geeignet erscheinen, und es ihm deshalb gerade darauf ankommt, dass nur sie die jeweiligen Zuständigkeiten ausüben, würde dann im Verhältnis zwischen Polizeibehörde und Vollzugsdienst nicht gelten (im Gegensatz also etwa zum Verhältnis zwischen Polizeibehörde und Finanzverwaltung). Eine derartige Argumentation berücksichtigt aber nicht ausreichend, dass der Gesetzgeber die Zuständigkeit zur Gefahrenabwehr grundsätzlich der Polizeibehörde zugewiesen hat und der Vollzugsdienst nur in Eilfällen die Kompetenzen der Polizeibehörde wahrnehmen kann bzw. er nur für bestimmte Aufgaben neben der Polizeibehörde zuständig ist. Das heißt, grundsätzlich will der Gesetzgeber, dass die Polizeibehörde die polizeilichen Aufgaben wahrnimmt143. Die Zuständigkeit des Vollzugsdienstes ist somit, von den Fällen des § 60 III PolG BW abgesehen, im Verhältnis zur Polizeibehörde nur subsidiär und auf Eilfälle beschränkt. Und gerade diese Eilfälle zeichnen sich dadurch aus, dass der Gesetzgeber hier einen Konflikt regeln muss, nämlich den zwischen einer festen und eindeutigen Zuständigkeitsordnung144 und einer möglichst effektiven Gefahrenabwehr. Diesen Konflikt kann der Gesetzgeber aber nur dadurch lösen, dass er notgedrungen einen Grundsatz teilweise aufgibt, nämlich den der eindeutigen und feststehenden Zuständigkeit145. Hieraus kann man aber nicht folgern, dass der Gesetzgeber auch in den Fällen, in denen ein derartiger Konfliktfall nicht besteht – also kein Eilfall gegeben ist – die Zuständigkeit zur Disposition der beteiligten Behörden stellen will. Vielmehr ist es so, dass der Gesetzgeber die Zuständigkeit deshalb vom Grundsatz her der Polizeibehörde zugewiesen hat, weil sie ihm in ihrer Funktion als Verwaltungsbehörde zur Erfüllung der polizeilichen Aufgaben besser geeignet erscheint als der Polizeivollzugsdienst146. Daher verbietet sich auch die Annahme, dass der Gesetzgeber den Vollzugsdienst zur Abwehr von Gefahren für genauso geeignet hält wie die Polizeibehörden. Diese Ansicht wird unter anderem auch dadurch bestätigt, dass der Polizeibehörde nach § 74 PolG BW gegenüber dem Polizeivollzugsdienst ein Weisungsrecht zusteht und dass Eilmaßnahmen des Polizeivollzugsdienstes nach § 60 II PolG BW nur vorläufigen Charakter haben und von der Polizeibehörde, sofern sie Wolf / Stephan, § 60 PolG, Rn 5. Wie sie ja vom Rechtsstaatsprinzip gefordert wird, s. hierzu Kapitel 2, A. II. dieser Untersuchung. 145 Wolf / Stephan, § 60 PolG, Rn 6, wonach die Vorschrift des § 60 II PolG BW auf dem Gedanken beruht, dass im Eilfall die Abwehr von Gefahren nicht an Zuständigkeitsvorschriften scheitern darf. 146 Wolf / Stephan, § 60 PolG, Rn 5, wonach dem § 60 PolG BW die Grundvorstellung zugrunde liegt, dass die Polizeibehörde als Verwaltungsbehörde regelmäßig auf dem Wege der Anordnung (also Verwaltungsakt oder Genehmigung usw.) tätig werden soll, während dem Polizeivollzugsdienst nur der Vollzug dieser Verfügungen obliegen soll. 143 144
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Kap. 3: Die rechtliche Zulässigkeit des Mandats
doch noch zu einer rechtzeitigen Entscheidung in der Lage ist, wieder aufgehoben werden können147. Bei der Verteilung der Zuständigkeiten zwischen Polizeibehörde und Vollzugsdienst hat der Gesetzgeber also der Polizeibehörde eine Vorrangstellung eingeräumt148. Der gesetzgeberische Wille ging demnach dahin, dass primär die Polizeibehörden die polizeilichen Aufgaben wahrnehmen sollen und nicht der Polizeivollzugsdienst. Dass die Intention des Gesetzgebers dahin ging, die Zuständigkeiten des Polizeivollzugsdienstes eher gering zu halten, zeigt sich auch an der Regelung des § 60 III PolG BW, wonach Vollzugsdienst und Polizeibehörde in bestimmten Fällen parallel zuständig sind. Hieraus kann man nämlich folgern, dass der Gesetzgeber in den Fällen, die nicht unter § 60 III PolG BW fallen, gerade keine reguläre Zuständigkeit des Vollzugsdienstes außerhalb eines Eilfalles gewollt hat. Als Ergebnis bleibt somit festzuhalten, dass der Gesetzgeber primär der Polizeibehörde die polizeilichen Aufgaben zuweisen wollte und dass der Polizeivollzugsdienst, von § 60 III PolG BW einmal abgesehen, nur in Eilfällen befugt sein soll, die Zuständigkeiten der Polizeibehörde wahrzunehmen. In den Fällen aber, in denen kein Eilfall vorliegt, widerspricht es dem aus dem Wortlaut des § 60 PolG BW und der Systematik der §§ 60 ff. PolG BW ableitbaren Willen des Gesetzgebers, dass der Polizeivollzugsdienst die Kompetenzen der Polizeibehörde wahrnehmen kann149. Dieser Wille des Gesetzgebers darf aber wegen des Grundsatzes des Vorrangs des Gesetzes nicht im Wege eines Mandats umgangen werden. Daher bedarf auch ein Mandat der Polizeibehörde an den Polizeivollzugsdienst einer gesetzlichen Ermächtigung150. Im Übrigen ist es fraglich, ob es überhaupt Fälle gibt, bei denen der Gesetzgeber keinen Wert darauf legt, dass die Behörde, der er eine Zuständigkeit zugewiesen hat, diese auch ausübt. Denn die Behördenzuständigkeit wird einer Behörde ja gerade im Hinblick auf ihre sächliche und personelle Ausstattung zugewiesen, und es gibt wohl keine zwei Behörden, bei denen diese Ausstattung identisch ist. Zweifel könnte man diesbezüglich allenfalls im Verhältnis einer übergeordneten zu einer ihr nachgeordneten Behörde haben. Denn eine übergeordnete Behörde wird in ihrer Funktion als Rechts- und Fachaufsichtsbehörde in der Regel zumindest in sachlicher Hinsicht so ausgestattet sein, dass sie auch bestimmte Aufgaben der ihr nachgeordneten Behörde wahrnehmen könnte. Das heißt, die Bediensteten der übergeordneten Behörde werden im Regelfall den Sachverstand und die Ausbildung besitzen, die erforderlich sind, um die Kompetenzen der nachgeordneten Behörde zumindest teilweise wahrzunehmen. Trotzdem verbietet sich aber eine Wolf / Stephan, § 60 PolG, Rn 10. Wolf / Stephan, § 60 PolG, Rn 5. 149 So auch Schenke, Polizeirecht, Rn 448, 457. 150 VGH BW, VBlBW 96, S. 419 f.; Hufeld, Vertretung, S. 235. f.; Würtenberger / Heckmann / Riggert, Rn 231; Schenke, Polizeirecht, Rn 138. 147 148
B. Erfordernis einer Ermächtigung für das Mandat
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Mandatierung von einer untergeordneten auf eine ihr im Rahmen der Rechts- und Fachaufsicht übergeordneten Behörde ohne eine entsprechende Ermächtigung. Denn dies würde dem Willen des Gesetzgebers widersprechen. Dieser will nämlich, dass auch die gesetzlichen Zuständigkeiten der nachgeordneten Behörden im Verhältnis zu den ihr übergeordneten Behörden gewahrt bleiben151. Dies ergibt sich daraus, dass die übergeordneten Behörden in der Regel nicht die personellen Kapazitäten, sprich die ausreichende Anzahl an Behördenbediensteten haben, um die Aufgaben der unteren Behörden im Ganzen wahrzunehmen, so dass zumindest im Falle eines generellen Mandats eine ordnungsgemäße Bewältigung der betreffenden Aufgaben nicht mehr gewährleistet wäre. Außerdem weist der Gesetzgeber den untergeordneten Behörden in der Regel auch deshalb Kompetenzen zu, da diese in örtlicher Hinsicht eine größere Nähe zu den Bürgern und somit zu der Sache aufweisen, wodurch ebenfalls eine bessere Wahrnehmung der Aufgaben gewährleistet sein soll. Diese Nähe würde aber in der Regel verloren gehen, wenn eine übergeordnete Behörde Kompetenzen einer untergeordneten Behörde wahrnehmen würde, da die übergeordnete Behörde regelmäßig über einen größeren Einzugsbereich verfügt152. Als Ergebnis bleibt somit festzuhalten, dass wenn der Gesetzgeber einer staatlichen Stelle eine Kompetenz zuweist, sein Wille dann dahingehend zu interpretieren ist, dass ausschließlich diese Stelle die betreffende Kompetenz wahrnehmen soll und sie nicht etwa einer anderen Stelle zur Ausübung überlassen darf. Und falls der Gesetzgeber doch einmal keinen Wert darauf legt, dass die Behörde, der er eine Zuständigkeit zugewiesen hat, diese Zuständigkeit auch ausübt, kann er die betreffende Behörde zur Vornahme eines Mandats oder einer Delegation ermächtigen. Solange er das aber nicht getan hat, verbietet es sich davon auszugehen, dass dem Gesetzgeber die Einhaltung der Zuständigkeit nicht so wichtig ist und daher hiervon auch Ausnahmen möglich seien. Das Gleiche gilt natürlich auch in den Fällen, in denen die Behördenzuständigkeit nicht durch Gesetz, sondern durch Verwaltungsvorschrift festgelegt wird. Auch hier kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Stelle, welche die entsprechende Verwaltungsvorschrift erlassen hat, keinen Wert auf die Einhaltung der von ihr so festgelegten Zuständigkeit legt, sofern sie hiervon nicht ausdrücklich im Wege eines Mandats oder einer Delegation eine Ausnahme zugelassen hat.
151 S. Guttenberg, S. 60 ff. zu der entsprechenden Problematik, inwieweit einer übergeordneten Behörde ein ungeschriebenes Selbsteintrittsrecht im Verhältnis zu der nachgeordneten Behörde zusteht. 152 Zur Bedeutung der unteren Behörden im Verhältnis zu den übergeordneten Behörden für den Prozess der Entscheidungsfindung, s. auch Guttenberg, S. 60 ff.
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Kap. 3: Die rechtliche Zulässigkeit des Mandats
C. Zur Form des Mandats Bezüglich der Form des Mandats stellt sich, ähnlich wie bei der Delegation, die Frage, ob das Mandat in Form einer außenwirksamen Rechtsverordnung bzw. Satzung erfolgen muss oder ob es auch im Wege einer verwaltungsintern wirkenden Verwaltungsvorschrift vorgenommen werden kann. Hierbei ist zwischen dem inner- und dem zwischenbehördlichen Mandat zu differenzieren.
I. Form des innerbehördlichen Mandats Vollkommen unproblematisch und unumstritten ist, dass das innerbehördliche Mandat in Form einer Verwaltungsvorschrift bzw. im Wege einer (Einzel-)Weisung erfolgen kann und auch erfolgen muss153. Dies ergibt sich in erster Linie daraus, dass es unzweckmäßig wäre, die innerbehördliche Geschäftsverteilung mittels Rechtsverordnung zu regeln, da diese Geschäftsverteilung flexibel sein muss, um an bestimmte Situationen, wie etwa Urlaub, längere Krankheit eines Bediensteten o.ä. schnell angepasst werden zu können154. Durch eine Festlegung in Form einer Rechtsverordnung wäre aber eine flexible Handhabung unmöglich, da Rechtsverordnungen nur unter Einhaltung eines bestimmten Verfahrens wie beispielsweise Ausfertigung und Verkündung erlassen werden können, was immer einige Zeit in Anspruch nimmt. Zum anderen hat der Bürger aufgrund des zuvor in Kapitel 2, A. dieser Untersuchung Gesagten nur ein Recht auf die zuständige Behörde, aber kein Recht auf einen bestimmten Beamten innerhalb dieser Behörde155. Die Rechtsstellung des Bürgers wird durch die innerbehördliche Geschäftsverteilung somit überhaupt nicht berührt, weshalb eine außenwirksame Normierung der innerbehördlichen Kompetenzverteilung nicht geboten ist156. Aus diesem Grunde müssen Verwaltungsvorschriften, welche die innerbehördliche Geschäftsverteilung regeln, auch nicht publiziert oder sonstwie bekannt gemacht werden157.
Schwan, S. 123 f.; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 151; Horn, NVwZ 1986, S. 809. Guttenberg, S. 169; Schwan, S. 121. 155 Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 132; Schwan, S. 123; eine Ausnahme hiervon besteht aber dann, wenn durch Gesetz festgelegt ist, dass nur ein bestimmter Behördenbediensteter tätig werden darf, wie z. Bsp. im Falle eines Behördenleitervorbehaltes. Hier hat der Bürger dann auch ein Recht darauf, dass ihm gegenüber nur dieser Bedienstete tätig wird. In einem solchen Fall wäre dann aber auch ein innerbehördliches Mandat unzulässig, so dass sich für diesen Bereich die Frage nach der Form eines derartigen Mandats ohnehin nicht stellt. 156 Schwan, S. 123 f. 157 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 151; Horn, NVwZ 1986, S. 809. 153 154
C. Zur Form des Mandats
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II. Form des zwischenbehördlichen Mandats Im Rahmen der Untersuchung, in welcher Form das zwischenbehördliche Mandat erfolgen muss, ist zwischen den Fällen zu differenzieren, in denen die Behördenzuständigkeit durch Verwaltungsvorschrift geregelt wird und den Fällen, in denen ihre Regelung im Wege eines Gesetzes erfolgt. Sofern die Behördenzuständigkeit mittels Verwaltungsvorschrift festgelegt wird, kann auch das zwischenbehördliche Mandat in Form einer Verwaltungsvorschrift erfolgen158. Denn es wäre systemwidrig, für ein Mandat eine strengere Form zu verlangen als für die eigentlichen Zuständigkeitsregelungen. Das eigentliche Problem bezüglich der Form des zwischenbehördlichen Mandats stellt sich jetzt aber in den Fällen, in denen die Regelung der Behördenzuständigkeit durch Gesetz erfolgen muss. Hier ist fraglich, ob das zwischenbehördliche Mandat – ähnlich wie das innerbehördliche – durch eine nur verwaltungsintern wirkende Verwaltungsvorschrift erfolgen kann, oder ob es im Wege einer außenwirksamen Rechtsverordnung bzw. Satzung vorgenommen werden muss. In der Literatur werden beide Ansichten vertreten. So vertreten vor allem die Anhänger der Auffassung, wonach das zwischenbehördliche Mandat keine spezielle Ermächtigung erfordert, zugleich den Standpunkt, dass das zwischenbehördliche Mandat mittels Verwaltungsvorschrift oder Einzelweisung durchgeführt werden kann159. Zur Begründung führen sie an, dass ein zwischenbehördliches Mandat keine Änderung der Zuständigkeit bewirke und somit mittels Verwaltungsvorschrift erfolgen könne160. Diese Argumentation ist aber angesichts des Umstandes, dass das zwischenbehördliche Mandat zu einer Änderung der materiellen Zuständigkeit führt, höchst anfechtbar und daher abzulehnen. Die Gegenauffassung verlangt für das zwischenbehördliche Mandat im Regelfall die Form einer außenwirksamen Rechtsnorm, also eine Rechtsverordnung oder Satzung161. Sie stütz dieses Ergebnis auf den engen Zusammenhang zwischen den materiellrechtlichen und den organisatorischen Regelungen, die auch eine außenwirksame Regelung der materiellen Zuständigkeit erforderlich mache, sofern für das materielle Recht ein Gesetzesvorbehalt bestehe162. Angesichts der in Kapitel 2, A. II. 1. dieser Untersuchung dargelegten ablehnenden Haltung gegenüber diesem Ansatz vermag dieser jedoch zur Lösung der Frage, welche Form das zwischenbehördliche Mandat erfordert, nichts beizutragen. Erforderlich ist somit eine eigenständige Auseinandersetzung mit der Frage, in welcher Form das zwischenbehördliche Mandat im Verhältnis zum Bürger vor158 159 160 161 162
Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 161. Huwar, S. 90; Müller, DÖV 1964, S. 536. So ausdrücklich Huwar, S. 90; Müller, DÖV 1964, S. 536. Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 158 f. Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 158 f.
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Kap. 3: Die rechtliche Zulässigkeit des Mandats
genommen werden muss. Diesbezüglich könnten beim Mandat die gleichen Grundsätze gelten, wie sie im Rahmen dieser Untersuchung für die Delegation entwickelt wurden163. Sofern also der Gesetzesvorbehalt eine Regelung der Behördenzuständigkeit durch ein außenwirksames Gesetz verlangt, könnte hieraus für das zwischenbehördliche Mandat folgen, dass es nur in Form einer entsprechenden Rechtsverordnung bzw. Satzung vorgenommen werden kann. Allerdings ist hierbei zu bedenken, dass zwischen der Delegation und dem zwischenbehördlichen Mandat ein großer Unterschied besteht, nämlich der, dass bei der Delegation die komplette Zuständigkeit (also die formelle und die materielle Zuständigkeit) verändert wird, während beim Mandat die formelle Zuständigkeit unberührt bleibt und es nur zu einer Verschiebung der materiellen Zuständigkeit kommt. Aus diesem Grunde wäre auch denkbar, dass für die Form des zwischenbehördlichen Mandats weniger strenge Anforderungen gelten als bei einer Delegation. Ausgehend davon, dass bei einem Mandat nur eine Änderung der materiellen Zuständigkeit gegeben ist, stellt sich daher die Frage, ob die Übertragung der materiellen Zuständigkeit in den Fällen, in denen die Regelung der Behördenzuständigkeit dem Gesetzesvorbehalt unterfällt, ebenfalls im Wege eines Gesetzes erfolgen muss oder ob der Gesetzgeber hierfür auch die Form der Verwaltungsvorschrift vorsehen könnte. Die Antwort auf diese Frage hängt davon ab, ob der Gesetzesvorbehalt auch die Regelung der materiellen Zuständigkeit umfasst oder ob er sich nur auf die formelle Zuständigkeit bezieht, mit der Konsequenz, dass der Gesetzgeber die Regelung der materiellen Zuständigkeit vollständig aussparen und sich allein auf die Normierung der formellen Zuständigkeit beschränken könnte.164 Diese Frage ist insofern nur von theoretischer Bedeutung, als der Gesetzgeber aufgrund des in Kapitel 3, B. I. dieser Untersuchung Gesagten bei der Normierung der Zuständigkeit immer auch die materielle Zuständigkeit mit einbezieht. Trotzdem muss man sich – gerade im Hinblick auf das zwischenbehördliche Mandat – fragen, ob der Gesetzgeber hierzu verpflichtet ist oder ob es ihm auch möglich wäre, auf eine Regelung der materiellen Zuständigkeit im Ganzen zu verzichten. Insofern stellt diese Problematik nur einen Ausschnitt aus der allgemeinen Problematik des Gesetzesvorbehaltes für Zuständigkeitsregelungen dar, bei der es ja auch gerade darum geht, ob der Gesetzgeber zur Regelung der Zuständigkeit verpflichtet ist oder nicht. Trotzdem ist die Problematik des Gesetzesvorbehalts für die mateS. hierzu Kapitel 2, B. I. dieser Untersuchung. Etwa in der Form, dass der Gesetzgeber ausdrücklich bestimmt, dass von ihm erlassene Zuständigkeitsregelungen nur die formelle Zuständigkeit zum Gegenstand haben sollen, die Regelung der materiellen Zuständigkeit aber dem formellen Zuständigkeitsinhaber obliegen soll, sei es, dass er sich entschließt, die betreffende Kompetenz selbst wahrzunehmen, sei es, dass er sie einer anderen Stelle zur Ausübung überlässt. Dass der Gesetzgeber nur die formelle, nicht aber zugleich auch die materielle Zuständigkeit regelt, wird im Übrigen unausgesprochen von den Anhängern der in Kapitel 3, B. I. dieser Untersuchung dargelegten Auffassung vertreten, wonach ein zwischenbehördliches Mandat mangels Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsregelung ohne eine gesetzliche Ermächtigung zulässig sein soll. 163 164
C. Zur Form des Mandats
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rielle Zuständigkeit doch so speziell, dass es sich verbietet, die vielfältigen in der Literatur und Rechtsprechung vertretenen Ansätze zur Herleitung eines Gesetzesvorbehalts für die Zuständigkeitsregelungen165 einfach zu übernehmen und auf die Problematik des Gesetzesvorbehalts für die materielle Zuständigkeit ohne nähere Differenzierung anzuwenden und daraus das Erfordernis einer gesetzlichen Regelung der materiellen Zuständigkeit abzuleiten. Denn die in der Literatur und Rechtsprechung geäußerten Ansichten hinsichtlich des Gesetzesvorbehalts für Zuständigkeitsregelungen beziehen sich ausschließlich auf die Regelung der Zuständigkeit im Ganzen, also auf die gemeinsam erfolgende Normierung von formeller und materieller Zuständigkeit. Bei einem zwischenbehördlichen Mandat fallen aber formelle und materielle auseinander, und zwar in der Gestalt, dass sich der formelle Zuständigkeitsinhaber aus dem Gesetz ergibt, die materielle Zuständigkeit aber von einer anderen, in der Regel nicht im Gesetz genannten Stelle wahrgenommen werden soll166. Das heißt, die Fälle des zwischenbehördlichen Mandats zeichnen sich dadurch aus, das die formelle Zuständigkeit gesetzlich geregelt ist und auch nicht verändert werden soll, die materielle Zuständigkeit aber im Widerspruch zur formellen Zuständigkeit eigenständig festgelegt wird. Genau für diese Konstellation – also formelle Zuständigkeit gesetzlich geregelt, materielle Zuständigkeit soll abweichend hiervon festgelegt werden – stellt sich die Frage, in welcher Form die materielle Zuständigkeit zu normieren ist. Hinsichtlich der speziellen Problematik des Gesetzesvorbehalts für die materielle Zuständigkeit bedeutet dies, dass zu untersuchen ist, ob dem allgemeinen Gesetzesvorbehalt für Zuständigkeitsregelungen Genüge getan ist, wenn allein die formelle Zuständigkeit gesetzlich geregelt ist oder ob er neben der gesetzlichen Regelung der formellen Zuständigkeit auch noch eine Normierung der materiellen Zuständigkeit verlangt167. Um diese Frage zu klären, muss man sich erneut die Gründe in Erinnerung rufen, aus denen sich ergibt, dass die Regelung der Behördenzuständigkeit dem Gesetzesvorbehalt unterfällt und muss dann von diesen Gründen ausgehend unter165 S. hierzu exemplarisch Schwan, passim; Guttenberg, S. 141 ff.; Stettner, S. 346 ff. m. w. N. 166 Sofern der zukünftige Mandatar im Gesetz angeführt wird, läge eine der potentiellen Zuständigkeit (s. hierzu Kapitel 2, J. dieser Untersuchung) vergleichbare Situation vor. 167 Im Folgenden ist somit nur von dem Fall auszugehen, dass die formelle Zuständigkeit im Wege eines Gesetzes geregelt ist und hiervon ausgehend dann zu fragen, ob jetzt auch noch die materielle Zuständigkeit durch Gesetz geregelt werden muss, sofern beide – etwa angesichts eines zwischenbehördlichen Mandats – auseinanderfallen sollten. Es ist aber nicht zu untersuchen, ob die materielle Zuständigkeit dann durch Gesetz geregelt werden müsste, wenn die Regelung der Zuständigkeit zwar unter den Gesetzesvorbehalt fallen würde, die formelle Zuständigkeit aber nicht durch Gesetz geregelt wäre. Allerdings dürfte es aufgrund des in Kapitel 2, A. II. dieser Untersuchung Gesagten nicht zulässig sein, dass in dem Bereich, in dem die Regelung der Zuständigkeit unter den Gesetzesvorbehalt fällt, die formelle Zuständigkeit nicht per Gesetz geregelt wird und stattdessen nur die Regelung der materiellen Zuständigkeit durch Gesetz erfolgt.
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Kap. 3: Die rechtliche Zulässigkeit des Mandats
suchen, ob und inwieweit hieraus folgt, dass neben der formellen Zuständigkeit auch die materielle Zuständigkeit von dem Vorbehalt des Gesetzes umfasst wird. Als Begründung dafür, dass die Regelung der Behördenzuständigkeit unter den Gesetzesvorbehalt fällt, wurden in Kapitel 2, A. II. 1. der hier vorliegenden Untersuchung zwei Argumente angeführt, nämlich zum einen, dass das Rechtsstaatsprinzip eine gesetzliche Regelung der Behördenzuständigkeit verlangt und zum anderen, dass aufgrund der „Wesentlichkeitstheorie“ der Gesetzgeber entscheiden muss, welche Behörden geschaffen werden und wie unter ihnen die Zuständigkeiten zu verteilen sind. Als Erstes ist somit im Folgenden zu untersuchen, ob und inwieweit das Rechtsstaatsprinzip eine Regelung der materiellen Zuständigkeit durch Gesetz gebietet.
1. Verlangt das Rechtsstaatsprinzip eine Regelung der materiellen Behördenzuständigkeit durch Gesetz? Das rechtsstaatliche Erfordernis einer gesetzlichen Regelung der Behördenzuständigkeit wurde in Kapitel 2, A. II. 1. b) der hier vorliegenden Untersuchung daraus abgeleitet, dass der Bürger die für ihn zuständigen Behörden kennen können muss und eine derartige Kenntnis nur durch eine gesetzliche Regelung der Behördenzuständigkeit in ausreichendem Maße gewährleistet ist. Zum anderen wurde festgestellt, dass sich aus dem Rechtsstaatsprinzip die Verpflichtung des Staates ergibt, dem Bürger ein Recht auf die Einhaltung der Zuständigkeit zu gewähren, dass ein derartiges Recht des Bürgers aber nur durch eine gesetzliche Regelung der Zuständigkeit begründet werden kann. Als Argument dafür, dass der Bürger die für ihn zuständigen Behörden kennen können muss, wurden wiederum zwei Gesichtspunkte vorgebracht. Zum einen wurde dargelegt, dass der Bürger auf die Kenntnis der für ihn zuständigen Behörden angewiesen ist, sofern er sich wegen Auskünften, Anträgen usw. an die zuständige Behörde wenden will, er die Behörde also in ihrer Funktion als Ansprechpartner benötigt. Zum anderen muss der Bürger die für ihn zuständigen Behörden kennen können, da ihm aufgrund des Rechtsstaatsprinzips ein Recht auf die Einhaltung der Zuständigkeit einzuräumen ist. Um dieses Recht dann aber auch wahrnehmen zu können, muss der Bürger natürlich auch wissen, welche Behörden für ihn zuständig sind. Die rechtsstaatliche Verpflichtung, dem Bürger ein Recht auf die zuständige Behörde zu gewähren, wurde in Kapitel 2, A. II. 1. b) dieser Untersuchung daraus abgeleitet, dass der Staat aufgrund Art. 1 III, 20 III GG verpflichtet ist, Behörden und sonstige staatlichen Stellen, die zum Handeln gegenüber dem Bürger befugt sind, so auszustatten, dass diese Behörden und Stellen die ihnen übertragenen Kompetenzen auch ordnungsgemäß wahrnehmen können und somit eine möglichst große Gewähr für die Rechtmäßigkeit ihres Handelns gegeben ist. Zugleich
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wurde dargelegt, dass aus dieser Pflicht zur Ausstattung folgt, dass nur die zuständige und somit auch entsprechend ausgestattete Behörde zu einem Handeln gegenüber dem Bürger befugt sein darf. Der Regelung der Zuständigkeit kommt damit in Verbindung mit der Pflicht zur Ausstattung auch die Funktion zu, die Befugnis zum Handeln gegenüber dem Bürger auf die zuständige staatliche Stelle zu begrenzen. Da demnach nur die zuständige Behörde dem Bürger gegenüber tätig werden darf, ist dem Bürger ein Recht auf die Einhaltung der Zuständigkeitsordnung einzuräumen. Ausgehend hiervon ist somit im Folgenden zu untersuchen, ob und inwieweit diese Gesichtspunkte auch verlangen, dass der Bürger die für ihn materiell zuständigen Behörden kennen können muss bzw. ob ihm ein Recht auf die Einhaltung der materiellen Zuständigkeit zu gewähren ist. a) Das Interesse des Bürgers an Kenntnis der für ihn zuständigen Behörde und die Folgen für die Normierung der materiellen Zuständigkeit Als Erstes ist hierbei der rechtsstaatliche Gesichtspunkt zu begutachten, wonach der Bürger die für ihn zuständigen Behörden kennen können muss, da er sie eventuell als Ansprechpartner benötigt, um von seiner grundrechtlich und einfachgesetzlich gewährleisteten Freiheitssphäre Gebrauch zu machen. Es stellt sich somit konkret die Frage, ob, wenn formelle und materielle Zuständigkeit auseinanderfallen würden, dem Bürger aus diesem Gesichtspunkt heraus die Kenntnis der formell zuständigen Behörde ausreichen würde oder ob er aufgrund des Rechtsstaatsprinzips auch auf die Kenntnis der materiell zuständigen Behörde angewiesen wäre. Im Rahmen der Untersuchung dieser Frage soll dabei von dem Fall ausgegangen werden, dass der Bürger bei der zuständigen Behörde einen Antrag auf Erlass einer Baugenehmigung stellen will. Sofern hierbei – wie etwa bei einem zwischenbehördlichen Mandat – formelle und materielle Zuständigkeit auseinanderfallen würden, wäre es aus Sicht des Bürgers natürlich am besten, wenn er den Antrag bei der Behörde stellen könnte, die zur Entscheidung über den Erlass der Baugenehmigung zuständig ist, also bei der materiell zuständigen Behörde. Andererseits wäre es aber auch ausreichend, wenn er den Antrag bei der formell zuständigen Behörde stellen würde, da diese zu einer Weiterleitung an die materiell zuständigen Behörde verpflichtet wäre bzw. sie den Bürger darauf aufmerksam machen müsste, dass nicht sie, sondern eine andere Behörde materiell zuständig ist168. Ebenso würde es sich verhalten, wenn der Bürger wegen Auskünften o.ä. an die formell zuständige Behörde herantreten würde. Die formell zuständige Behörde dürfte dem Bürger gegenüber die Auskunft nicht einfach mit der Begründung ver168 Ein derartiges Recht des Bürgers auf Mitteilung der materiell zuständigen Behörde würde sich hierbei aus dem Rechtsstaatsprinzip ergeben, s. hierzu Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 161.
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weigern, dass sie materiell nicht zuständig ist, sondern sie müsste ihm die materiell zuständige Behörde mitteilen und ihn an diese verweisen. Im Ergebnis hat dies zur Folge, dass der Bürger über die formell zuständige Behörde immer auch die materiell zuständige Behörde in Erfahrung bringen könnte, sofern beide einmal auseinanderfallen sollten. Der einzige Nachteil, der dem Bürger durch ein derartiges Auseinanderfallen entstehen könnte, wäre der, dass er etwas an Zeit verlieren und das ganze Verfahren für ihn etwas umständlicher werden könnte, wenn er sich zuerst an die formell zuständige Behörde wenden würde und diese ihn dann an die materiell zuständige Behörde weiterverweisen müsste. Die formell zuständige Behörde wäre aber andererseits verpflichtet dafür Sorge zu tragen, dass diese Nachteile für den Bürger so gering wie möglich gehalten werden, etwa indem sie Anträge des Bürgers, zu deren Entscheidung ihr die materielle Zuständigkeit fehlt, schnellstmöglich an die materiell zuständige Behörde weiterleitet usw.169. Allein aus diesen Nachteilen kann man somit noch nicht folgern, dass es für den Bürger unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten unverzichtbar ist, neben der formell zuständigen auch die materiell zuständige Behörde zu kennen. Im Ergebnis bedeutet dies, dass unter dem Gesichtspunkt, wonach der Bürger die für ihn zuständigen Behörden kennen können muss, damit er weiß, welche Behörde ihm als Ansprechpartner für Auskünfte u.ä. zur Verfügung steht, die Kenntnis der formell zuständigen Behörde für den Bürger ausreichend ist. Hieraus ergibt sich somit nicht, dass die materielle Zuständigkeit durch Gesetz geregelt werden muss. b) Der Grundsatz der „Messbarkeit und Limitiertheit staatlichen Handelns“ und die Folgen für die Regelung der materiellen Zuständigkeit Zum gleichen Ergebnis wie der zuvor erörterte Ansatz würde im Übrigen auch die Auffassung kommen, wonach die Regelung der Behördenzuständigkeit deshalb dem Gesetzesvorbehalt unterfallen soll, weil der rechtsstaatliche Grundsatz der „Messbarkeit und Limitiertheit staatlichen Handelns“ eine gesetzliche Regelung der Zuständigkeit verlange170. Nach dieser Auffassung muss die Zuständigkeit deshalb durch Gesetz geregelt werden, weil das Rechtsstaatsprinzip klare und verbindliche Zuständigkeitsregelungen verlangt, wie sie nur durch Gesetz geschaffen werden können171. Denn angesichts des Einflusses der zur Entscheidung berufenen Stellen auf den Inhalt 169 Diese Verpflichtung ergibt sich quasi als Annex zu der in Fn. 168 dargelegten rechtsstaatlichen Verpflichtung, dem Bürger bei Auseinanderfallen von formell und materiell zuständiger Behörde die materiell zuständige Behörde mitzuteilen, wenn er sich an die formell zuständige Behörde wendet. 170 Diese Auffassung vertreten etwa Guttenberg, S. 161 ff.; Schwan, S. 106 ff. m. w. N. 171 S. hierzu Guttenberg, S. 165; Schwan, S. 110 ff.
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einer Entscheidung könne nur durch eine klare und verbindliche Festlegung der Zuständigkeiten verhindert werden, dass mit Zuständigkeiten manipuliert werde, um hierdurch bestimmte Entscheidungen gegenüber dem Bürger vorzunehmen172. Ebenso könne sich angesichts des Einflusses der zur Entscheidung berufenen Stelle auf den Inhalt einer Entscheidung „ein gleichmäßiges und damit im rechtsstaatlichen Sinne vorausberechenbares Verwaltungshandeln“ nicht einstellen, wenn diejenigen Stellen, welche die Verwaltungsaufgaben unter eigener Verantwortung und mit gewisser Selbständigkeit erfüllen, jederzeit austauschbar wären173. Und schließlich würden unklare Zuständigkeiten die Abschiebung von Verantwortung gerade in für die Verwaltung unangenehmen Situationen ermöglichen, so dass dem Bürger eventuell in bestimmten Situationen keine zuständige Behörde gegenüberstehen würde174. Dieser Auffassung und den zu ihrer Begründung vorgebrachten Argumenten kann zwar uneingeschränkt beigepflichtet werden, doch ergibt sich aus ihnen aber bei näherer Betrachtung nicht, dass auch die materielle Zuständigkeit durch Gesetz geregelt werden muss, sofern bereits die formelle Zuständigkeit durch Gesetz festgelegt ist. Dies folgt daraus, dass z. Bsp. im Falle einer gesetzlichen Regelung der formellen Zuständigkeit kein Abschieben von Verantwortung möglich wäre, da die formell zuständige Behörde auch für das Handeln der materiellen zuständigen Behörde verantwortlich bliebe. Das heißt, die formell zuständige Behörde würde von ihrer Verantwortung gegenüber dem Bürger nicht dadurch befreit werden, dass in materieller Hinsicht irgendeiner anderen Behörde die Entscheidungszuständigkeit zukäme. Daneben würde im Falle einer gesetzlichen Regelung der formellen Zuständigkeit auch die Gefahr von Zuständigkeitsmanipulationen nicht bestehen, da die materiell zuständige Behörde, wie später noch zu zeigen sein wird, an die Verwaltungspraxis der formell zuständigen Behörde gebunden ist175 und somit durch das Auseinanderfallen von formeller und materieller Zuständigkeit keine schwerwiegenden Änderungen in der Verwaltungspraxis zu befürchten wären. Durch eine gesetzliche Regelung der formellen Zuständigkeit wäre somit dem zuvor genannten Grundsatz der „Messbarkeit und Limitiertheit staatlichen Handelns“ Genüge getan, weshalb unter Zugrundelegung dieser Auffassung eine gesetzliche Regelung der materiellen Zuständigkeit nicht mehr erforderlich wäre. 172 Schwan, S. 108 f.; Guttenberg, S. 162, wonach unklare Zuständigkeiten einen Verlust an Rechtssicherheit, Überschaubarkeit und Sachlichkeit für den Bürger zur Folge haben können. 173 Guttenberg, S. 163. 174 Guttenberg, S. 162 f. 175 Dies ergibt sich daraus, dass die materiell zuständige Behörde im Namen der formell zuständigen Behörde handeln muss (in ihrem eigenen Namen kann sie nicht handeln, da sie ja nicht formell zuständig ist) und somit das Handeln der materiell zuständigen Behörde nach außen als ein Handeln der formell zuständigen Behörde erscheint, weshalb die materiell zuständige Behörde dann aber auch an deren Verwaltungspraxis gebunden sein muss, s. hierzu Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 157, und Kapitel 3, G. dieser Untersuchung.
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c) Die Verpflichtung, dem Bürger ein Recht auf das Handeln der zuständigen Behörde einzuräumen und ihre Folgen für die Normierung der materiellen Zuständigkeit Als Nächstes ist jetzt zu untersuchen, ob aus dem Gesichtspunkt, wonach der Regelung der Zuständigkeit in Verbindung mit der Pflicht zur Ausstattung die Funktion zukommt, die Befugnis zum Handeln gegenüber dem Bürger auf die zuständige Stelle zu beschränken und dem Bürger somit ein Recht auf die zuständige Behörde zu gewähren, folgt, dass der Bürger die für ihn materiell zuständige Behörde kennen können muss bzw., dass ihm ein Recht auf die Einhaltung der materiellen Zuständigkeit zu gewähren ist. Aufgrund des in Kapitel 2, A. II. 1. b) dieser Untersuchung Gesagten ergibt sich die Verpflichtung, dem Bürger ein Recht auf die zuständige Behörde einzuräumen, daraus, dass Behörden zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben aufgrund Art. 1 III, 20 III GG speziell ausgestattet werden müssen, da nur hierdurch gewährleistet ist, dass das materielle Recht am besten verwirklicht wird. Hierbei ist evident, dass sich die Pflicht zur Ausstattung einer Behörde primär nach ihrer materiellen Zuständigkeit richten muss und nicht nach ihrer formellen Zuständigkeit. Denn wenn eine Behörde nur formell zur Wahrnehmung einer Kompetenz zuständig ist, sie aber die betreffende Kompetenz mangels Innehabung der materiellen Zuständigkeit nicht selbst ausüben darf, dann muss sie natürlich auch nicht zur Wahrnehmung dieser Kompetenz ausgestattet werden176. Das wiederum bedeutet, dass aufgrund des in Kapitel 2, A. II. 1. b) dieser Untersuchung Gesagten nur die materiell zuständige Behörde zum Handeln gegenüber dem Bürger befugt sein darf, dem Bürger also ein Recht auf die Einhaltung gerade der materiellen Zuständigkeit zukommen muss. Denn der Bürger muss davor geschützt werden, dass eine Behörde, die in materieller Hinsicht nicht zuständig ist und somit auch nicht über die erforderliche Ausstattung verfügt, ihm gegenüber im Namen der formell zuständigen Behörde Entscheidungen treffen kann177. Ein derartiger Schutz des Bürgers ist aber 176 Anders wäre es natürlich im Falle eines konservierenden Mandats, da hier die formell zuständige Behörde auch noch zugleich materiell zuständig wäre. Aber auch hier würde sich dann die Pflicht zur Ausstattung nur an der materiellen Zuständigkeit orientieren. 177 So z. Bsp., wenn das unzuständige Landratsamt L im Namen des zuständigen Regierungspräsidiums R dem Bürger gegenüber einen belastenden Verwaltungsakt erlassen würde. Hier muss sichergestellt werden, dass der Bürger ohne weiteres in Erfahrung bringen kann, ob das Landratsamt auch in materieller Hinsicht zuständig ist oder nicht, und dass der Bürger für den Fall, dass das Landratsamt materiell nicht zuständig ist, die Aufhebung dieses Verwaltungsaktes erreichen kann. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang aber, dass, sofern der Gesetzgeber in dem oben genannten Beispielsfall dem Regierungspräsidium neben der formellen auch die materielle Zuständigkeit zugewiesen hätte, das Handeln des Landratsamtes gegen den Grundsatz des Vorranges des Gesetzes verstoßen würde und bereits deshalb rechtswidrig wäre, so dass der Bürger bereits aus diesem Grunde die Aufhebung des Handelns des Landratsamtes erreichen könnte, unabhängig davon, ob ihm ein gesondertes Recht auf die Einhaltung der materiellen Zuständigkeit zukäme. Sofern der Gesetzgeber aber ausdrücklich bestimmen würde, dass die dem Regierungspräsidium zugewiesene Zuständigkeit
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nur dadurch zu erreichen, dass man dem Bürger ein Recht auf die Einhaltung der materiellen Zuständigkeit gewährt und zugleich sicherstellt, dass der Bürger immer in Erfahrung bringen kann, welche Behörde für ihn materiell zuständig ist. Ein derartiges Recht des Bürgers auf Einhaltung der materiellen Zuständigkeit und die Gewähr, dass der Bürger die für ihn materiell zuständigen Behörden bei Einräumung einer entsprechenden Rechtsposition auch kennen kann, ist aber nur durch eine außenwirksame Regelung der materiellen Zuständigkeit zu erreichen. Demnach beziehen sich die in Kapitel 2, A. II. 1. b) dieser Untersuchung gemachten Ausführungen, wonach dem Bürger ein Recht auf die zuständige Behörde zu gewähren ist, in erster Linie auf die materielle Zuständigkeit. Das wiederum hat zur Folge, dass die materielle Zuständigkeit unter den Gesetzesvorbehalt fällt und somit, soweit dieser Vorbehalt für Zuständigkeitsregelungen reicht178, durch außenwirksames Gesetz geregelt werden muss.
2. Verlangt die „Wesentlichkeitstheorie“ eine Regelung der materiellen Behördenzuständigkeit durch Gesetz? Abschließend ist noch zu untersuchen, ob sich auch aufgrund der „Wesentlichkeitstheorie“ ergibt, dass die Regelung der materiellen Zuständigkeit durch Gesetz erfolgen muss, sofern die formelle Zuständigkeit bereits durch Gesetz geregelt ist. Die Wesentlichkeit der Zuständigkeitsordnung wurde in der hier vorliegenden Untersuchung damit begründet, dass die Regelung der Behördenzuständigkeit für die Art und Weise der Ausübung des materiellen Rechts, für die Effektivität der Verwaltung und für die Ausgestaltung des Verhältnisses Staat-Bürger sehr bedeutend ist179. Diese Gesichtspunkte beziehen sich aber natürlich nicht nur auf die formelle, sondern auch auf die materielle Zuständigkeit. Denn gerade von den materiell zuständigen Behörden hängt es ab, in welcher Art und Weise das materielle Recht wahrgenommen wird und wie effektiv die Verwaltung arbeitet, da sie ja die jeweiligen Entscheidungen treffen. Daneben ist die materielle Zuständigkeit auch für die Frage der Ausgestaltung des Verhältnisses des Staates zu seinen Bürgern sehr bedeutend. Denn was würde es dem Bürger nützen, wenn zwar in seiner näheren Umgebung eine für ihn formell zuständige Behörde wäre, diese dem Bürger aber keine Auskünfte, Genehmigungen o.ä. erteilen könnte, sondern ihn vielmehr an die materiell zuständige Behörde verweisen müsste? Der Bürger müsste sich nur die formelle Zuständigkeit zum Gegenstand haben soll, würde das Handeln des Landratsamtes im Namen des Regierungspräsidiums nicht gegen das Gesetz verstoßen. Das heißt, eine außenwirksame Regelung der materiellen Zuständigkeit ist unabdingbare Voraussetzung dafür, dass sich der Bürger gegen das Handeln einer materiell unzuständigen Behörde zur Wehr setzen kann. 178 S. hierzu Kapitel 2, A. II. 1. d) dieser Untersuchung. 179 S. hierzu Kapitel 2, A. II. 1. c) dieser Untersuchung.
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mal an die eine und mal an die andere Behörde wenden, worunter z. Bsp. die Bürgernähe der Verwaltung und die Möglichkeit für den Bürger, mit der Verwaltung in Kontakt zu treten, sehr zu leiden hätte. Daher verlangt auch die „Wesentlichkeitstheorie“, dass sowohl die formelle als auch die materielle Zuständigkeit in ihren wesentlichen Zügen durch Gesetz geregelt werden müssen. Allerdings lassen sich aufgrund der „Wesentlichkeitstheorie“ keine Anhaltspunkte dafür herleiten, in welcher Form ein zwischenbehördliches Mandat erfolgen muss. Denn die „Wesentlichkeitstheorie“ umfasst auch im Bereich der materiellen Zuständigkeit nur die Grundzüge dieser Zuständigkeitsregelungen. Soweit aber der Anwendungsbereich der „Wesentlichkeitstheorie“ reicht, muss die materielle Zuständigkeit sowieso durch Parlamentsgesetz geregelt werden und kann somit weder in Form einer Rechtsverordnung, noch im Wege einer Verwaltungsvorschrift festgesetzt werden. Das heißt, nur außerhalb des Anwendungsbereichs der „Wesentlichkeitstheorie“ ist es überhaupt zulässig, dass der Mandant eine andere Behörde im Wege eines Mandats mit der Wahrnehmung von bestimmten Kompetenzen betraut und hierdurch eine eigene Regelung der materiellen Zuständigkeit trifft180. Ob die Regelung der materiellen Zuständigkeit aber außerhalb des Anwendungsbereichs der „Wesentlichkeitstheorie“ in Form einer Rechtsverordnung oder im Wege einer Verwaltungsvorschrift erfolgen muss, kann der „Wesentlichkeitstheorie“ nicht entnommen werden. Das heißt, aus der Tatsache, dass die materielle Zuständigkeit in ihren Grundzügen unter die „Wesentlichkeitstheorie“ fällt und daher durch Parlamentsgesetz geregelt werden muss, kann für die Form eines Mandats nichts gewonnen werden. Aus der „Wesentlichkeitstheorie“ ergibt sich vielmehr nur, dass der Gesetzgeber nicht so viele Ermächtigungen zur Vornahme eines Mandats erlassen darf, dass hierdurch die Grundzüge der materiellen Zuständigkeit berührt werden können. 3. Ergebnis Zusammenfassend kann man daher festhalten, dass sowohl aus der „Wesentlichkeitstheorie“ als auch aus der rechtsstaatlichen Forderung, dem Bürger ein Recht auf die zuständige Behörde zu gewähren, folgt, dass auch die materielle Zuständigkeit in der Regel durch einen Außenrechtssatz geregelt werden muss181. Der Umfang des Gesetzesvorbehalts für die materielle Zuständigkeit entspricht hierbei dem Umfang des Gesetzesvorbehalts für die allgemeine (also formelle 180 Zur entsprechenden Problematik bei der Delegation, s. Kapitel 2, B. I. 1. dieser Untersuchung. 181 Im Ergebnis ebenso, wenn auch mit anderer Begründung, Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 158; nach Schenke fällt die materielle Zuständigkeit deshalb unter den Gesetzesvorbehalt, da die Regelung der materiellen Zuständigkeit aufgrund des Einflusses der zur Entscheidung berufenen Behörde auf die Intensität und Qualität des Eingriffs einen von dem Eingriff untrennbaren Bestandteil ausmache; zur Kritik an diesem Ansatz s. Kapitel 2, A. II. 1. a) dieser Untersuchung.
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und materielle Zuständigkeit gemeinsam erfassende) Regelung der Zuständigkeit182. Das aber bedeutet, dass in dem Umfang, in dem die (materielle) Zuständigkeit unter den Gesetzesvorbehalt fällt, das zwischenbehördliche Mandat – mit Ausnahme des Singularmandats – zwingend in Form einer Rechtsverordnung oder gegebenenfalls in Form einer Satzung erfolgen muss183. Für die Form des zwischenbehördlichen Mandats gelten somit die gleichen Grundsätze wie für die Form der Delegation184. Erörterungsbedürftig ist in diesem Zusammenhang noch, inwieweit dieses Ergebnis mit der gesetzlichen Regelung des Mandats in § 88 SGB X vereinbar ist. Nach § 88 SGB X kann ein sozialrechtlicher Leistungsträger unter bestimmten Voraussetzungen ihm obliegende Aufgaben auf andere Leistungsträger oder Verbände im Wege eines Mandats – hier Auftrag genannt – übertragen. Der Regierungsentwurf zu § 88 SGB X benennt diesbezüglich diverse Beispielsfälle, wie etwa, dass Krankenkassenverbände mit den Landesversicherungsanstalten Vereinbarungen dahingehend getroffen haben, wonach die Krankenkassen ihre Mitglieder in den Landesversicherungsanstalten gehörenden Behandlungseinrichtungen unterbringen dürfen, oder dass die Seekasse die Angestelltenversicherung der seemännischen Angestellten als Bevollmächtigte der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte durchführt185. Anerkannt ist hierbei von der ganz h.M., dass das Mandat nach § 88 SGB X im Wege eines öffentlich-rechtlichen Vertrages erfolgen kann, der gemäß § 88 SGB X nicht öffentlich, sondern nur amtlich bekannt zumachen ist, wobei die Bekanntgabe keine Wirksamkeitsvoraussetzung des Mandats darstellen soll186. Nach dieser Auffassung ist es also – entgegen der hier vertretenen Ansicht – möglich, die gesetzliche Zuständigkeit eines sozialrechtlichen Leistungsträgers mittels eines öffentlich-rechtlichen Vertrages abzuändern, der zu seiner Wirksamkeit noch nicht einmal eine Veröffentlichung voraussetzt. Einschränkungen erfährt die Möglichkeit einer Mandatierung aber durch § 88 II SGB X, wonach ein wesentlicher Teil des gesamten Aufgabenbereichs bei dem Auftraggeber verbleiben muss. Durch diese Einschränkung soll sichergestellt werden, dass die gesetzliche Zuständigkeitsverteilung zwischen den einzelnen Leistungsträgern nicht aufgehoben wird187. 182 Zum Umfang des Gesetzesvorbehalts für Zuständigkeitsregelungen allgemein s. Kapitel 2, A. II. 1. d) dieser Untersuchung. 183 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 158 f.; wohl auch Ule / Laubinger, § 10 Rn 19; a.A.: Huwar, S. 90, der für das zwischenbehördliche Mandat die Form einer Verwaltungsvorschrift genügen lässt, hierbei aber verkennt, dass durch ein derartiges Mandat die materielle Zuständigkeit abgeändert wird; ebenso Müller, DÖV 1964, S. 536. 184 Zur Form der Delegation s. Kapitel 2, A. dieser Untersuchung. 185 BT-Drs. 9 / 95, S. 18; in dem Regierungsentwurf wurde der heutige § 88 SGB X aber noch als § 89 SGB X bezeichnet. 186 Knopp in Gesamtkommentar, § 88 SGB X Rn 8; Engelmann in von Wulffen, § 88 SGB X, Rn 4, 18 m. w. N.
15 Reinhardt
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Kap. 3: Die rechtliche Zulässigkeit des Mandats
Entgegen der h.M. kann aber ein Mandat nach § 88 SGB X nicht generell allein im Wege eines öffentlich-rechtlichen Vertrages erfolgen. Diese Möglichkeit ist vielmehr nur dann eröffnet, wenn durch das Mandat keine dem Mandatar gesetzlich zugewiesenen Entscheidungskompetenzen gegenüber dem Bürger übertragen werden. Deshalb spricht nichts dagegen, wenn etwa im Wege eines öffentlichrechtlichen Vertrages vorgesehen wird, dass Mitglieder eines Leistungsträgers Einrichtungen eines anderen Leistungsträgers nutzen können sollen, oder wenn sich etwa ein Leistungsträger verpflichtet, im Rahmen seiner Leistungserbringung gegenüber dem Bürger auch Leistungen eines anderen Trägers zu erbringen188, sowie wenn sich ein Leistungsträger bereiterklärt, dem Bürger gegenüber Auskünfte und Beratungsleistungen zu erbringen, die eigentlich einem anderen Träger obliegen bzw. wenn sich ein Träger verpflichtet, Anträge des Bürgers auch für einen anderen Leistungsträger entgegenzunehmen189. Unzulässig ist es aber, durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag gesetzlich zugewiesene Entscheidungskompetenzen im Verhältnis zum Bürger – eventuell sogar zum Erlass von Verwaltungsakten – auf andere Leistungsträger im Wege eines Mandats bzw. Auftrages zu übertragen. Denn dies würde gegen die Verpflichtung verstoßen, die materielle Zuständigkeit mittels außenwirksamer Regelung zu normieren, sofern das materielle Recht und die formelle Zuständigkeit ebenfalls durch eine außenwirksame Regelung festgesetzt sind. Zu welch misslichen Konsequenzen eine Übertragung der materiellen Zuständigkeit allein durch einen öffentlich-rechlichen Vertrag für den Bürger führen könnte, wird vor allem dann deutlich, wenn der betreffende Vertrag etwa wegen eines Dissenses oder wegen Willensmängel unwirksam ist oder es zwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer zum Streit über die Wirksamkeit des Vertrages kommt. Im Falle der Unwirksamkeit des Vertrages wäre nämlich dann kein wirksamer Auftrag gegeben, so dass auch das Handeln des Auftragnehmers (=Mandatar) wegen Verstoß gegen die materielle Zuständigkeit rechtswidrig sein 187 Engelmann in von Wulffen, § 88 SGB X, Rn 16; BT-Drs. 9 / 95, S. 18 f.; aus der Vorschrift des § 88 SGB X und der sich hierzu findenden Begründung innerhalb des Regierungsentwurfes, wonach der Absatz 2 des § 88 sicherstellen soll, dass die gesetzliche Zuständigkeit nicht durchbrochen wird, ergibt sich, dass der Gesetzgeber bei Schaffung des § 88 von der irrigen Vorstellung ausgegangen ist, wonach ein Mandat – sofern es quantitativ nur einen geringen Anteil der dem Mandanten obliegenden Kompetenzen ausmacht – die Zuständigkeit nicht abändere. Aus dieser Sicht ist denn auch verständlich, dass er für das Mandat die Form eines öffentlich-rechtlichen Vertrages ausreichen lässt. Hierbei verkennt der Gesetzgeber aber, dass jede Mandatierung eine Änderung der materiellen Zuständigkeit zur Folge hat und somit eine Zuständigkeitsänderung bewirkt. Dass ein Mandat auch aus der Sicht des Gesetzgebers im Hinblick auf die Zuständigkeitsregelungen nicht gänzlich unproblematisch ist, zeigt sich denn auch daran, dass ab einem gewissen quantitativen Umfang das Mandat eben doch eine Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung zur Folge haben soll. 188 Dies gilt aber dann nicht mehr, wenn der leistende Träger auch darüber entscheiden können soll, ob dem Bürger überhaupt Leistungen gegenüber dem anderen Träger zustehen. 189 Diese Beispiele stammen aus der Begründung zu dem Regierungsentwurf zu § 88 SGB X, s. BT-Drs. 9 / 95, S. 18.
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müsste190. Die Unwirksamkeit des Vertrages würde hier also voll auf die Tätigkeit des Mandatars durchschlagen und dies, obwohl der Bürger den Vertrag selbst nicht einmal kennt bzw. seine Wirksamkeit nicht überprüfen könnte. Und bei einem Streit über die Wirksamkeit des Vertrages würde für den Bürger die Gefahr bestehen, dass er nicht in Erfahrung bringen kann, wer jetzt eigentlich für ihn materiell zuständig ist. Dies wäre vor allem dann problematisch, wenn der Mandatar trotz der Ungewissheit über die Wirksamkeit des Vertrages ihm gegenüber tätig werden würde bzw. kurz zuvor tätig geworden wäre. Denn hier könnte der Bürger nicht feststellen, ob der Mandatar hierzu auch befugt war oder ob sein Handeln wegen Verstoßes gegen die materielle Zuständigkeit rechtswidrig ist. Mit der rechtsstaatlichen Forderung nach „Verlässlichkeit“ und „Vorhersehbarkeit“ staatlichen Handelns191 ist Derartiges aber nicht mehr zu vereinbaren. Sofern man hingegen für die Übertragung der materiellen Zuständigkeit neben dem öffentlich-rechlichen Vertrag noch eine außenwirksame Regelung verlangt und die Wirksamkeit des Vertrages nur auf das Innenverhältnis zwischen Mandant und Mandatar beschränkt, könnte der Bürger immer in Erfahrung bringen, wem die materielle Zuständigkeit zukommt. Denn die Wirksamkeit der Regelung im Außenverhältnis wäre von der Gültigkeit des Vertrages unabhängig, da dieser eben nur im Innenverhältnis Wirkung entfalten würde. Angesichts des Erfordernisses einer außenwirksamen Regelung der materiellen Zuständigkeit im Verhältnis zum Bürger war es auch entgegen der Begründung zu dem Regierungsentwurf zu § 88 SGB X nicht zulässig, dass etwa die Seekasse die Angestelltenversicherung der seemännischen Angestellten aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Vertrages als Bevollmächtigte der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte durchführte. Dieser Auffassung hat sich mittlerweile auch der Gesetzgeber angeschlossen, weshalb er in § 135 SGB VI diesen Komplex im Jahre 1992 einer gesetzlichen Regelung zugeführt hat, um „Rechtsklarheit“ und „Rechtssicherheit“ zu schaffen192. Für die Beauftragung nach § 88 SGB X hat dies zur Folge, dass diese im Falle einer Mandatierung von gesetzlich zugewiesenen Kompetenzen, die zu einem Handeln gegenüber dem Bürger berechtigen, im Wege eines Verwaltungsaktes bzw. einer Allgemeinverfügung oder aber im Wege einer Satzung oder Rechtsverordnung vorgenommen werden muss. Die Form eines öffentlich-rechtlichen Vertrages wäre in so einem Fall nicht ausreichend. Ein gleichwohl geschlossener Vertrag würde sich dann nur auf das Innenverhältnis der beiden Leistungsträger beziehen, hätte aber keine Übertragung von Entscheidungskompetenzen zur Folge. Im Übrigen steht der § 88 SGB-X sowohl von seiner Zwecksetzung als auch von seinem Wortlaut her einer Mandatierung im Wege eines Verwaltungsaktes 190 191 192
15*
Engelmann in von Wulffen, § 88 SGB X, Rn 19. S. hierzu Herzog in Maunz-Dürig, Art. 20 GG VII, Rn 57 ff. (v.a. Rn 58). Störmann in Gesamtkommentar, § 135 SGB VI, Rn 1.
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Kap. 3: Die rechtliche Zulässigkeit des Mandats
(Allgemeinverfügung) oder in Form einer Rechtsverordnung bzw. Satzung nicht entgegen. Zwar sieht § 88 SGB X vor, dass der Auftrag nur mit Zustimmung des Beauftragten erfolgen kann, woraus von der h.M. das Erfordernis des öffentlichrechtlichen Vertrages abgeleitet wird und woraus man eventuell schließen könnte, dass eine Satzung oder Rechtsverordnung daneben nicht mehr erforderlich ist, doch bezieht sich dieses Erfordernis des Vertrages nur auf das Innenverhältnis der beteiligten Leistungsträger und kann somit keine Wirkung im Verhältnis zum Bürger entfalten. Hier bestehen vielmehr weiterhin die rechtsstaatlichen Bindungen, die eine gesetzliche Normierung sowohl der formellen als auch der materiellen Zuständigkeit verlangen. Im übrigen würde durch die Verpflichtung zum Erlass einer Satzung oder Rechtsverordnung auch nicht die Möglichkeit einer Beauftragung spürbar eingeschränkt. Denn es stellt für die beteiligten Leistungsträger neben dem organisatorischen Aufwand, der dadurch entsteht, dass der beauftragte Leistungsträger von nun an Aufgaben des anderen Trägers wahrnimmt, keinen großen zusätzlichen Aufwand dar, noch eine entsprechende Regelung im Wege einer Satzung oder Rechtsverordnung zu erlassen, durch die der Übergang der materiellen Zuständigkeit angeordnet wird.
D. Grenzen des Mandats im Hinblick auf die Ermächtigung zu einem Mandat Ähnlich wie bei der Delegation stellt sich auch beim Mandat die Frage, welche Grenzen dem Inhaber der Organisationsgewalt im Hinblick auf die Ermächtigung zu einem Mandat auferlegt sind. Derartige Grenzen können sich zum einen daraus ergeben, dass nicht jede Stelle mit der Wahrnehmung von staatlichen Aufgaben mandatiert werden kann, und zum anderen, dass nicht jede staatliche Kompetenz im Wege eines Mandats einer anderen Stelle zur Ausübung überlassen werden darf. Zu dem ersten Komplex gehört die Problematik, inwieweit eine Mandatierung von Stellen, denen gegenüber kein staatliches Weisungsrecht besteht (ministerialfreie Räume), von zwischenstaatlichen Einrichtungen und internationalen Organisationen, von Gemeinden sowie eine Mandatierung von Privaten zulässig ist. Zu dem zweiten Komplex gehört in erster Linie die Frage, ob und gegebenenfalls inwieweit ein Mandat zur Rechtsetzung möglich ist.
I. Mandatierung von Privatpersonen Problematisch könnte sein, inwieweit und unter welchen Voraussetzungen eine Mandatierung von Privatpersonen zulässig ist. Unproblematisch ist hierbei, dass es
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vom Grundsatz her ohne weiteres möglich ist, Privaten im Wege eines Mandats Kompetenzen einer staatlichen Stelle zu übertragen. Dies ergibt sich daraus, dass Private grundsätzlich mit der Wahrnehmung von hoheitlichen Aufgaben betraut werden dürfen, was sich aus dem Umkehrschluss zu Art. 33 IV GG ergibt. Fraglich ist in diesem Zusammenhang aber, ob eine derartige Mandatierung dann zu einer Beleihung des Privaten führen würde, wodurch die grundsätzliche Möglichkeit der Mandatierung wegen Art. 33 IV GG eingeschränkt sein könnte, oder ob dem Privaten nur die Funktion eines Verwaltungshelfers zukäme, für den die Einschränkung des Art. 33 IV GG keine Anwendung findet. Dies könnte deshalb problematisch sein, da man unter einer Beleihung die Übertragung von hoheitlichen Aufgaben auf Privatpersonen versteht, die dann zur selbständigen Wahrnehmung dieser Aufgaben im eigenen Namen berechtigt sein sollen193. Im Gegensatz hierzu soll ein Privater nur Verwaltungshelfer sein, wenn er einer staatlichen Stelle nur unterstützend zur Seite steht und dabei in deren Namen und unter deren Aufsicht handelt194. Hierbei ist denn aber anerkannt, dass der Verwaltungshelfer im Rahmen dieser Unterstützung eigentlich keine staatlichen Hoheitsbefugnisse wahrnehmen kann, sondern dass seine Unterstützungshandlung nur rein „technischer“ Natur ist195. Insofern könnte man die Ansicht vertreten, dass ein Privater im Falle eines Mandats kein Beliehener sein kann, da er nicht im eigenen Namen tätig wird, sondern im Namen der mandatierenden Stelle handelt. Als Verwaltungshelfer könnte man den Privaten strenggenommen aber auch nicht ansehen, da durch ein Mandat in der Regel auch die Befugnis zur Vornahme von staatlichen Hoheitsakten auf den Privaten übergehen soll und das Handeln des Privaten daher den Rahmen einer bloßen Unterstützungshandlung überschreiten würde. Somit stellt sich die Frage, ob der mandatierte Private neben dem Beliehenen und dem Verwaltungshelfer eine dritte Form der Einbeziehung Privater in die staatliche Aufgabenerfüllung darstellt, oder ob er nicht vielleicht doch einer dieser beiden Kategorien zuzuordnen ist. Hierzu ist festzustellen, dass man den mandatierten Privaten sicher nicht als Verwaltungshelfer ansehen kann, obwohl er im Namen einer staatlichen Stelle tätig wird. Denn der Begriff des Verwaltungshelfers setzt zwingend voraus, dass der Private keine hoheitlichen Aufgaben wahrnehmen darf196. Da durch ein Mandat aber in der Regel auch die Befugnis zum Erlass von Hoheitsakten auf den Privaten übergehen soll, kann man den Privaten in so einem Fall nicht als Verwaltungshelfer qualifizieren. Somit ist zu untersuchen, ob man den Privaten als Beliehenen ansehen kann, obwohl er nicht im eigenen Namen handelt. Dies hängt davon ab, ob eine Beleihung zwingend voraussetzt, dass der Beliehene im eigenen Namen tätig wird, und 193 194 195 196
Burgi in Erichsen / Ehlers, § 54 Rn 24; Maurer, § 23 Rn 56. Burgi in Erichsen / Ehlers, § 54 Rn 31; Maurer, § 23 Rn 62. Burgi in Erichsen / Ehlers, § 54 Rn 32; Frenz, S. 50 ff. So auch Burgi in Erichsen / Ehlers, § 54 Rn 32; Frenz, S. 50 ff.
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Kap. 3: Die rechtliche Zulässigkeit des Mandats
ein Handeln im fremden Namen somit grundsätzlich einer Beleihung entgegenstehen würde, oder ob eine Beleihung auch bei einem Handeln im fremden Namen in Betracht kommen kann. Diesbezüglich wird in der Literatur die Ansicht vertreten, dass eine Beleihung zwingend ein Tätigwerden im eigenen Namen verlange197. Dies soll sich daraus ergeben, dass die Beleihung eine gewisse organisatorische Selbständigkeit voraussetze, die nur bei einem Handeln im eigenen Namen gegeben sein soll198. Diese Auffassung vermag aber nicht zu überzeugen. Denn die Besonderheit der Beleihung liegt darin, dass eine Privatperson staatliche Hoheitsgewalt ausüben kann. Hierfür ist es aber unerheblich, ob der Private im eigenen oder im fremden Namen handelt. Ansonsten könnten nämlich die für die Beleihung geltenden strengen Anforderungen199 einfach dadurch umgangen werden, dass man den Privaten nicht zu einem Handeln im eigenen Namen, sondern zu einem Handeln im fremden Namen ermächtigt. Von einer Beleihung kann somit auch dann gesprochen werden, wenn ein Privater staatliche Hoheitsgewalt im Namen einer Behörde oder einer sonstigen staatlichen Stelle ausübt200. Das hat zur Folge, dass in der Mandatierung eines Privaten zugleich auch eine Beleihung liegt, so dass neben den allgemeinen Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines Mandats auch die besonderen Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Beleihung gegeben sein müssen. Insofern bestehen für die Mandatierung von Privatpersonen die gleichen Anforderungen wie für die Delegation an Private, so dass auf die diesbezüglich bei Kapitel 2, C. III. dieser Untersuchung gemachten Ausführungen zu verweisen ist.
II. Mandatierung von Stellen, denen gegenüber kein Weisungsrecht besteht (ministerialfreie Räume), von zwischenbehördlichen Einrichtungen und von internationalen Organisationen Als nächstes ist zu untersuchen, inwieweit eine Mandatierung von zwischenstaatlichen Einrichtungen, internationalen Organisationen und von Stellen, denen gegenüber kein staatliches Weisungsrecht besteht, zulässig ist. Da durch eine Mandatierung von derartigen Stellen im Ergebnis die (materielle) Entscheidungskompetenz auf diese Stellen verlagert werden würde, kann ein solches Mandat nur unter den Voraussetzungen zulässig sein, unter denen auch eine volle Übertragung Stuible-Treder, S. 72; Wolff / Bachof / Stober, 5. A., § 104 I Nr. 4 L. Stuible-Treder, S. 70 ff. 199 Zu den Voraussetzungen einer Beleihung s. Maunz in Maunz-Dürig, Art. 33 GG, Rn 42; Burgi in Erichsen / Ehlers, § 54 Rn 28; ders. in FS Maurer, S. 590 ff. m. w. N. 200 So auch Frenz, S. 54 ff. 197 198
D. Grenzen im Hinblick auf die Ermächtigung zu einem Mandat
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der staatlichen Kompetenzen zulässig wäre. Denn für die besondere Problematik der Aufgabenzuweisung an ministerialfreie Räume, zwischenstaatliche Einrichtungen und internationale Organisationen kommt es nicht darauf an, ob diese die ihnen übertragenen Aufgaben nun im eigenen oder im fremden Namen wahrnehmen sollen. Maßgeblich ist nur, dass ihnen überhaupt die Befugnis zur Wahrnehmung von staatlichen Kompetenzen zukommen soll. Für die Zulässigkeit einer entsprechenden Mandatierung bedeutet dies, dass auf die diesbezüglich bei der Delegation gemachten Ausführungen verwiesen werden kann201. Im Ergebnis führt das dazu, dass eine Mandatierung von zwischenstaatlichen Einrichtungen und internationalen Organisationen an Art. 23, 24 GG scheitern würde und somit unzulässig wäre. Eine Mandatierung von Stellen, denen gegenüber kein staatliches Weisungsrecht besteht, wäre hingegen unter der Voraussetzung zulässig, dass ein sachlicher Grund für die Mandatierung besteht, diese auf unverzichtbare Ausnahmen beschränkt bleibt und keine Kompetenzen zur Wahrnehmung von bedeutenden hoheitlichen Entscheidungen zum Gegenstand hat202. Allerdings wird man eine derartige Mandatierung angesichts der dem Mandat in der Regel innewohnenden Weisungsbefugnis des Mandanten203 gegenüber dem Mandatar, und somit hier gegenüber dem ministerialfreien Raum, eher zulassen können als eine Delegation auf ministerialfreie Räume. Im Übrigen ist sowieso fraglich, ob angesichts des dem Mandanten zukommenden Weisungsrechtes gegenüber dem Mandatar überhaupt noch von einem Mandat an einen ministerialfreien Raum gesprochen werden kann. Denn der Begriff der Ministerialfreiheit setzt ja gerade voraus, dass der ministerialfreie Raum sachlich unabhängig und somit weisungsfrei entscheiden kann204. Das heißt, je mehr dem Mandanten ein Weisungsrecht in Bezug auf die konkrete Aufgabenwahrnehmung gegenüber dem Mandatar (= ministerialfreier Raum) zukommt, umso weniger wird man noch von einer Mandatierung eines ministerialfreien Raumes sprechen können. Je mehr allerdings der Mandatar zur Wahrnehmung der betreffenden Kompetenz in eigener Verantwortung und ohne an irgendwelche Weisungen gebunden zu sein berechtigt ist, umso mehr kann das Vorliegen eines ministerialfreien Raumes bejaht werden205. Für den Umfang des Weisungsrechts ist hierbei in erster S. hierzu Kapitel 2, C. I., II. dieser Untersuchung. Zu den Voraussetzungen einer Übertragung von Aufgaben auf ministerialfreie Räume s. Müller, JuS 1985, S. 508 und Kapitel 2, C. I. dieser Untersuchung. 203 S. hierzu Ossenbühl, Verwaltungsvorschrift, S. 441 und Kapitel 3, B. IV. dieser Untersuchung. 204 Müller, JuS 1985, S. 498 m. w. N. 205 Denkbar wäre z. Bsp., dass der Mandant nur ganz allgemein zur Erteilung von Weisungen befugt ist, dass er in Bezug auf die Entscheidung eines ganz konkreten Falles dem Mandatar aber keine Weisungen erteilen darf und der Mandatar somit vollkommen frei entscheiden kann. 201 202
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Kap. 3: Die rechtliche Zulässigkeit des Mandats
Linie auf die Ermächtigung zur Vornahme des Mandats und auf den mit dem Mandat verfolgten Zweck abzustellen. Soweit sich hieraus ergibt, dass der Mandatar die mandatierte Kompetenz weitgehend selbständig und eigenverantwortlich wahrnehmen soll, wird man das Weisungsrecht des Mandanten eher auf allgemeine Weisungen beschränken müssen, sofern es nicht sogar ganz ausgeschlossen sein soll206. Maßgeblich für die Frage, inwieweit angesichts eines Mandats in Bezug auf den Mandatar noch von einem ministerialfreien Raum gesprochen werden kann, sind also immer die jeweiligen Umstände des Einzelfalles. Im Übrigen versteht es sich von selbst, dass dann, wenn aufgrund des dem Mandanten gegenüber dem Mandatar zukommenden Weisungsrechts im Hinblick auf den Mandatar nicht mehr von einem ministerialfreien Raum gesprochen werden kann, natürlich auch die oben genannten strengen Voraussetzungen für die Mandatierung von Stellen, denen gegenüber kein staatliches Weisungsrecht besteht, keine Anwendung finden.
III. Mandat und Mischverwaltung Ähnlich wie bei der Delegation so stellt sich auch beim Mandat die Frage, inwieweit die Problematik der Mischverwaltung einer Mandatierung von Landesbehörden durch Bundesbehörden oder von Bundesbehörden durch Landesbehörden entgegensteht. Auszugehen ist hierbei von dem Grundsatz, dass der Bund und die Länder aufgrund der Art. 30, 83 ff. GG die ihnen zugewiesenen Verwaltungsaufgaben jeweils selbst und somit auch mit eigenen Einrichtungen wahrnehmen müssen207. Dieser Grundsatz gilt auch in den Fällen, in denen zwischen Bund und Ländern eine förmliche Übertragung von Zuständigkeiten nicht erfolgt, sondern nur sonst irgendwie auf Behörden des anderen Verwaltungsträgers zugegriffen wird208. Das heißt, der oben genannte Grundsatz wird auch in den Fällen eines Mandats zwischen Behörden verschiedener Verwaltungsträger berührt. Daraus folgt, dass sich bei der Mandatierung einer Landesbehörde durch eine Bundesbehörde oder umgekehrt bei der Mandatierung einer Bundesbehörde durch eine Landesbehörde exakt die gleichen Probleme stellen würden wie bei einer entsprechenden Delegation, so dass auf die diesbezüglich bei Kapitel 2, C. IV. dieser Untersuchung gemachten Ausführungen verwiesen werden kann209. 206 Zum Umfang des Weisungsrechts des Mandanten gegenüber dem Mandatar s. auch Kapitel 3, B. IV. dieser Untersuchung. 207 BVerfGE 63, S. 41. 208 BVerfGE 63, S. 41. 209 Der Umstand, dass bei einem Mandat in der Regel ein Weisungsrecht des Mandanten gegenüber dem Mandatar besteht, hat im Übrigen nicht zur Folge, dass für ein Mandat, das zu einer Mischverwaltung führen würde, andere Grundsätze gelten als bei einer entsprechenden Delegation. Denn für die besondere Problematik der Mischverwaltung kommt es nicht darauf an, ob die Behörde des Bundes gegenüber der betreffenden Landesbehörde weisungs-
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IV. Mandat von Landesoder Bundesbehörden an Gemeinden Für den Fall, dass der Gesetzgeber eine Bundes- oder Landesbehörde zur Mandatierung von Gemeinden ermächtigen will, gelten genau die gleichen Grundsätze wie bei der Delegation von Bundes- oder Landesbehörden auf Gemeinden, weshalb auf die diesbezüglichen bei Kapitel 2, C. V. dieser Untersuchung gemachten Ausführungen verwiesen werden kann. Zusammengefasst bedeutet dies, dass, sofern das Mandat in Form einer Rechtsverordnung erteilt werden soll, eine Ermächtigung zu einem derartigen Mandat durch Bundesgesetz ohne weiteres erfolgen kann (von der Problematik der Art. 86 ff. GG einmal abgesehen), dass sie durch ein Landesgesetz aber nur dann erteilt werden kann, wenn die betreffenden Landesverfassungen eine Aufgabenzuweisung an Gemeinden im Wege einer Rechtsverordnung zulassen. Soll das Mandat im Wege eines Verwaltungsaktes vorgenommen werden (Singularmandat), muss in der gesetzlichen Ermächtigung zur Vornahme des Mandats vorgesehen werden, dass das Mandat auch an eine Gemeinde erteilt werden kann. Eine Mandatierung von Gemeinden durch Verwaltungsvorschriften wird man hingegen als unzulässig anzusehen haben, da für die Zuweisung von Aufgaben an eine Gemeinde ein Gesetzesvorbehalt besteht210.
V. Die Zulässigkeit des Mandats zur Rechtsetzung Die bisherigen Ausführungen dieser Untersuchung hatten immer die Mandatierung von Verwaltungskompetenzen zum Gegenstand. Neben einer Mandatierung von Verwaltungskompetenzen wäre aber auch denkbar, das Rechtsetzungskompetenzen Gegenstand eines Mandats sein könnten. Im Gegensatz zur Mandatierung von Verwaltungskompetenzen, deren Zulässigkeit von dem überwiegenden Teil der Literatur und Rechtsprechung anerkannt ist211, wird der Möglichkeit eines Mandats zur Rechtsetzung aber eher kritisch bis ablehnend gegenüber gestanden. So soll denn auch nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung ein Mandat zur Rechtsetzung grundsätzlich unzulässig sein212. Zur Begründung wird angeführt, dass Rechtsetzungsakte im Range unter dem förmlichen Gesetz stets einer rechtssatzmäßigen Ermächtigung bedürften, woran es im Falle eines Mandats fehbefugt ist oder umgekehrt, sondern es geht nur darum, dass eine Behörde des Bundes und eine Landesbehörde bei der Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben entgegen der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung zusammenwirken. 210 Zu diesem Gesetzesvorbehalt s. Kapitel 2, C. V. dieser Untersuchung, sowie Gern, Deutsches Kommunalrecht, Rn 237; Schmidt-Jortzig / Wolffgang, VerwArch 75 (1984), S. 107 f. 211 S. hierzu Kapitel 3, A. II. dieser Untersuchung. 212 Bartlsperger in Bonner Kommentar, Art. 90 GG, Rn 79; Obermayer, JZ 1956, S. 628.
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Kap. 3: Die rechtliche Zulässigkeit des Mandats
len würde213. Außerdem habe der Bürger aufgrund des allgemeinen Gesetzesvorbehalts ein Recht darauf, dass die Gesetzgebung nur von den hierfür zuständigen Stellen vorgenommen werden könne, was ein Mandat zur Rechtsetzung ausschließen soll214. Nach einer anderen, weniger strengen Auffassung hingegen soll sich die Zulässigkeit eines Mandats zur Rechtsetzung aus einer analogen Anwendung des Art. 80 GG ergeben215. Demnach soll ein derartiges Mandat aufgrund einer entsprechenden gesetzlichen Ermächtigung in den Grenzen des Art. 80 GG zulässig sein216. Der Vorteil eines solchen Mandats soll hierbei darin liegen, dass die von dem Mandatar erlassenen Rechtsnormen den Rang der sonstigen Vorschriften des Mandanten besitzen würden217. Einschränkungen sollen sich aber bei einem vom Gesetzgeber erteilten Mandat zur Rechtsetzung dahingehend ergeben, dass die von dem Mandatar erlassene Rechtsnorm entgegen Art. 100 GG durch jedes Gericht verworfen werden können soll und das die Rechtsvorschrift auch ansonsten bezüglich des Rechtsschutzes nicht wie ein Parlamentsgesetz zu behandeln sei218. Beide Auffassungen können aber so nicht überzeugen. Gegen die erste Auffassung spricht, dass sich aus ihr nur ergibt, dass ein Mandat zur Rechtsetzung ohne entsprechende gesetzliche Ermächtigung nicht zulässig sein kann219. Argumente gegen ein Mandat zur Rechtsetzung aufgrund vorheriger gesetzlicher Ermächtigung lassen sich aus ihr aber nicht ableiten. In Bezug auf die zweite Auffassung ist anzumerken, dass sie zu allgemein gehalten ist, wenn sie aufgrund einer analogen Anwendung des Art. 80 GG jedwede Art von Mandatierung zur Rechtsetzung erlaubt. Im Rahmen der Untersuchung, inwieweit ein Mandat zur Rechtsetzung zulässig ist, ist nämlich zwischen verschiedenen Fallgestaltungen zu differenzieren. So ist zum einen zu untersuchen, ob der Gesetzgeber (egal ob im Bund oder in den einzelnen Bundesländern) die Exekutive dazu ermächtigen kann, im Wege eines Mandats im Namen des Parlaments Parlamentsgesetze zu erlassen. Daneben ist der Frage nachzugehen, ob ein Mandat zur Rechtsetzung insoweit zulässig ist, dass eine Behörde im Namen einer anderen Behörde Recht setzen kann. In diesem Zusammenhang ist denn auch zu untersuchen, ob eine Landesbehörde im Namen einer Bundesbehörde Bundesrecht setzten kann bzw. ob umgekehrt eine Bundesbehörde im Namen einer Landesbehörde Landesrecht erlassen kann. 213 Obermayer, JZ 1956, S. 628; Obermayer geht hierbei aber wohl von einem restriktiven Mandatsbegriff aus, wonach ein Mandat immer nur dann vorliegen soll, wenn der Mandatar die Kompetenz des Mandanten in dessen Namen wahrnimmt, ohne dass hierzu eine gesetzliche Ermächtigung besteht. 214 Bartlsperger, Bonner Kommentar, Art. 90 GG, Rn 79. 215 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 152; für die Zulässigkeit eines Mandats zur Rechtsetzung spricht sich auch Schwabe, DVBl. 1974, S. 74 aus. 216 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 152. 217 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 152. 218 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 153. 219 So auch Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 152 , Fn 135.
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1. Ist es möglich, dass die Exekutive im Namen des Parlaments Parlamentsgesetze erlassen kann? Fraglich ist, ob der Gesetzgeber die Exekutive dazu ermächtigen kann, im Namen des Parlaments Parlamentsgesetze zu erlassen. Die Zulässigkeit eines derartigen Mandats könnte deshalb problematisch sein, da es sich bei einem entsprechenden Gesetz rein faktisch um eine von der Exekutive erlassene Norm handeln würde. Es stellt sich somit die Frage, was für die Qualifikation eines Gesetzes als Parlamentsgesetz maßgeblich ist. Kommt es hierbei auf die Stelle an, die das Gesetz tatsächlich erlassen hat, oder auf die Stelle, in deren Namen es ergangen ist? Die Antwort auf diese Frage liefert der sogenannte „formalisierte Gesetzesbegriff“220. Nach diesem liegt ein Parlamentsgesetz nur vor, wenn es vom Parlament in dem hierfür in den Art. 70 GG ff. vorgesehenen Verfahren und in der Form eines Gesetzes erlassen wird221. Das heißt, ein von der Exekutive im Namen des Parlaments erlassenes Gesetz kann kein Parlamentsgesetz sein, da es weder vom Parlament noch in dem dafür vorgesehenen Verfahren erlassen wurde. Bei einem derartigen Gesetz würde es sich somit, obwohl es im Namen des Parlaments erlassen wurde, vielmehr nur um eine Rechtsverordnung handeln222. Eine Mandatierung zur Rechtsetzung von Seiten des Parlaments an die Exekutive ist somit nicht möglich.
2. Ist ein Mandat zur Rechtsetzung innerhalb der Exekutive zulässig? Als nächstes ist zu untersuchen, ob eine Mandatierung zur Rechtsetzung wenigstens innerhalb der Regierung bzw. der Verwaltung möglich wäre. Genauer gesagt würde es sich hierbei dann um ein Mandat zum Erlass von Rechtsverordnungen bzw. von Satzungen handeln, da dies die einzigen Normen mit Außenwirkung sind, welche die Exekutive bzw. eine Behörde erlassen kann. Im Bereich des Bundes wäre hierbei denkbar, dass etwa eine Bundesbehörde oder ein Bundesminister im Namen der Bundesregierung eine Rechtsverordnung erlässt. Zulässig wäre so etwas aber auf der Ebene des Bundes mit Sicherheit nur dann, wenn diesbezüglich eine ausdrückliche Ermächtigung vorliegen würde, da ansonsten der Art. 80 I 4 GG umgangen werden könnte223. Das heißt, es müsste zum einen eine Ermächtigung bestehen, nach der die Bundesregierung bzw. eine S. hierzu Bryde in von Münch / Kunig, Art. 76 GG, Rn 2. S. hierzu Bryde in von Münch / Kunig, Art. 76 GG, Rn 2; Nierhaus in Bonner Kommentar, Art. 80 I GG Rn 137 ff. 222 S. hierzu auch Bryde in von Münch / Kunig, Art. 80 GG, Rn 8, wonach sich die Abgrenzung zwischen Gesetz und Rechtsverordnung nach dem Autor der Norm richtet. 223 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 152. 220 221
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Kap. 3: Die rechtliche Zulässigkeit des Mandats
sonstige Stelle eine Rechtsverordnung erlassen darf, und daneben müsste noch eine Ermächtigung vorliegen, die es gestattet, mit dem Erlass dieser Rechtsverordnung auch eine andere Behörde im Wege eines Mandats zu betrauen. Entsprechend wäre es im Bereich der Landesverwaltung. Auch hier wäre eine Mandatierung von Rechtsetzungsbefugnissen denkbar. So könnte etwa das Landratsamt im Namen der Landesregierung eine Rechtsverordnung erlassen. Der Vorteil einer derartigen Verordnung würde darin liegen, dass sie den Rang einer Verordnung der Landesregierung hätte und somit etwa Rechtsverordnungen der Regierungspräsidien und anderer Landratsämter in ihrem Geltungsbereich verdrängen würde. Auch hier ist aber Voraussetzung für ein entsprechendes Mandat, dass eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung dafür besteht224. Als Ergebnis kann man somit festhalten, dass ein Mandat zur Rechtsetzung zwischen verschiedenen Behörden bei Vorliegen einer entsprechenden Ermächtigung zulässig ist. 3. Ist ein Mandat zur Rechtsetzung zwischen Bundes- und Landesbehörden möglich? Nachdem jetzt festgestellt wurde, dass innerhalb der Exekutive ein Mandat zur Rechtsetzung bei Vorliegen einer entsprechenden Ermächtigung grundsätzlich zulässig ist, ist abschließend noch der Frage nachzugehen, ob eine Mandatierung zur Rechtsetzung etwa in der Form denkbar ist, dass die Bundesregierung oder eine Bundesbehörde die Regierung eines Bundeslandes oder eine entsprechende Landesbehörde zum Erlass einer Rechtsverordnung des Bundes ermächtigt, bzw. ob umgekehrt eine Landesregierung oder Landesbehörde die Bundesregierung oder eine Bundesbehörde zum Erlass einer Rechtsverordnung eines Landes bevollmächtigen kann. Eine derartige Bevollmächtigung könnte deshalb Probleme aufwerfen, da sie im Ergebnis dazu führen würde, dass ein Organ eines Bundeslandes Bundesrecht bzw. ein Organ des Bundes Landesrecht erlassen könnte. Derartiges könnte aber im Hinblick auf das Bundesstaatsprinzip unzulässig sein. Im Rahmen der Untersuchung, ob und inwieweit ein entsprechendes Mandat zur Rechtsetzung zulässig ist, ist zwischen der Mandatierung einer Landesbehörde durch eine Bundesbehörde und der Mandatierung einer Bundesbehörde durch eine Landesbehörde zu differenzieren. a) Kann eine Bundesbehörde einer Landesbehörde ein Mandat zur Rechtsetzung erteilen? Als Erstes ist jetzt zu untersuchen, ob und inwieweit eine Bundesbehörde eine Landesbehörde zur Rechtsetzung mandatieren kann. Als Ausgangspunkt für die 224
Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 152.
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Überlegung, ob ein entsprechendes Mandat zulässig wäre, ist von dem Grundsatz auszugehen, wonach Bundesorgane nur für den Bund und Landesorgane nur für die Länder handeln können225. Da aber aufgrund eines Mandats zur Rechtsetzung die Landesbehörde als Organ eines Landes eine Rechtsverordnung des Bundes erlassen können soll, würde durch ein derartiges Mandat dieser Grundsatz durchbrochen werden. Die Frage ist daher, ob von dem oben genannte Grundsatz, ähnlich wie in den Fällen der Mischverwaltung226, bei Vorliegen besonderer Umstände Ausnahmen möglich sind. Diesbezüglich wird man danach differenzieren müssen, ob die Rechtsverordnung, die die betreffende Landesbehörde erlassen soll, von ihrem Geltungsbereich her bundesweit gelten oder aber auf das Gebiet des betreffenden Bundeslandes beschränkt sein soll. Soll die Rechtsverordnung der Landesbehörde, die sie im Namen einer Bundesbehörde erlassen will, bundesweit gelten, dann wird man die Zulässigkeit eines derartigen Mandats ablehnen müssen. Denn ansonsten könnte ein Bundesland – wenn auch nicht im eigenen Namen, sondern nur im Namen des Bundes – in den Bereich der anderen Bundesländer hineinwirken, was aber gegen das Bundesstaatsprinzip des Grundgesetzes verstoßen würde227. Danach sind nämlich die Kompetenzbereiche der Länder derart voneinander abgegrenzt, dass kein Bundesland in den Kompetenzbereich eines anderen Bundeslandes hineinregieren bzw. für ein anderes Bundesland Recht setzen darf. Damit stellt sich die Frage, ob eine Landesbehörde wenigstens dann im Namen einer Bundesbehörde eine Rechtsverordnung erlassen kann, wenn der Geltungsbereich dieser Rechtsverordnung die Landesgrenzen nicht überschreiten soll. Gegen die Zulässigkeit eines derartigen Mandats könnten unter zwei Gesichtspunkten Bedenken bestehen. Zum einen könnte problematisch sein, dass die betreffende Stelle des Landes eine Rechtsverordnung in einem Bereich erlassen würde, der an sich zur Gesetzgebungskompetenz des Bundes gehört. Zum anderen könnte ein entsprechendes Mandat deshalb Probleme aufwerfen, da hierbei ein Organ eines Bundeslandes für den Bund, und nicht wie eigentlich üblich für sein Land, handeln würde. Allerdings wird man allein aus der Tatsache, dass durch ein Mandat zur Rechtsetzung ein Organ eines Landes eine Rechtsverordnung in einem Bereich erlassen könnte, der zur Gesetzgebungskompetenz des Bundes gehört, keine Beden225 BVerfGE 18, S. 407 ff. (414); daher ist z. Bsp auch anerkannt, dass wenn eine Landesregierung aufgrund bundesgesetzlicher Ermächtigung nach Art. 80 I 1 GG eine Rechtsverordnung erlässt, es sich dann bei dieser Rechtsverordnung um Landesrecht handelt, s. dazu die oben angeführte Entscheidung des BVerfG und Nierhaus in Bonner Kommentar, Art. 80 I GG, Rn 252; a.A. aber Wilke in von Mangoldt / Klein, 2. A., Art. 80 GG V 4 d. 226 S. hierzu Kapitel 2, C. IV. und Kapitel 3, D. III. dieser Untersuchung. 227 So ähnlich auch Wilke in von Mangoldt / Klein, 2. A., Art 80 GG V 4 d, der die Auffassung vertritt, dass eine Landesregierung im Falle des Erlasses einer Rechtsverordnung nach Art. 80 I 1 GG zwar Bundesrecht erlässt, hierbei aber den Wirkungsbereich ihres Bundeslandes nicht verlassen kann; vgl. zu der ähnlichen Problematik in den Fällen der dynamischen Verweisung von Bundesrecht auf Landesrecht, Schenke in FS für Fröhler, S. 116.
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ken gegen ein entsprechendes Mandat herleiten können. Denn die Befugnis zum Erlass einer Rechtsverordnung im Bereich der Gesetzgebungskompetenz des Bundes würde dem Landesorgan auch dann zustehen, wenn es gemäß Art. 80 I 1, 4 GG zum Erlass einer Rechtsverordnung im eigenen Namen ermächtigt werden würde. Über Art. 80 I 1, 4 GG können Organe eines Bundeslandes nämlich gerade zum Erlass von Rechtsverordnungen in dem Bereich ermächtigt werden, der zur Gesetzgebungskompetenz des Bundes gehört. In diesem Zusammenhang ist allerdings anerkannt, dass eine Landesbehörde, die über Art. 80 I 1, 4 GG eine Rechtsverordnung erlässt, hierbei dann kein Bundesrecht, sondern Landesrecht setzt228. Dies ergibt sich aus dem zuvor genannten Grundsatz, wonach Landesorgane nur für ihr jeweiliges Bundesland handeln können. Und gerade dieser Grundsatz würde durch ein Mandat zur Rechtsetzung, wonach ein Landesorgan im Namen des Bundes eine Rechtsverordnung erlassen könnte, durchbrochen werden. Aus diesem Grunde kann ein derartiges Mandat zur Rechtsetzung nicht ohne weiteres zulässig sein. Man wird daher, ähnlich wie bei der Zulässigkeit der Mischverwaltung, dass Vorliegen ganz besonderer Umstände verlangen müssen, die geeignet sind, eine Durchbrechung des Grundsatzes, wonach Landesorgane nur für ihr Bundesland handeln können, zu rechtfertigen. Das Vorliegen derartiger besonderer Umstände setzt daher zumindest voraus, dass die betreffende Bundesbehörde die Rechtsverordnung nicht selbst sachgerecht erlassen kann229, dass es aber gleichzeitig untunlich wäre, die entsprechende Landesbehörde über Art. 80 I 1, 4 GG zum Erlass einer Rechtsverordnung im eigenen Namen zu ermächtigen230. Gleichzeitig wird man aber auch hier, ähnlich wie bei der Zulässigkeit der Mischverwaltung, verlangen müssen, dass sich die Mandatierung zur Rechtsetzung nur auf eine eng umgrenzte Materie bezieht231. Nur unter diesen einschränkenden Voraussetzungen wäre also ein Mandat zur Rechtsetzung von einer Bundesbehörde auf eine Landesbehörde zulässig. Zur Erinnerung sei aber nochmals darauf hingewiesen, dass ein derartiges Mandat analog Art. 80 I GG nur aufgrund einer entsprechenden gesetzlichen Ermächtigung zulässig wäre und dass es daneben in Form einer Rechtsverordnung erfolgen müsste232. 228 BVerfG, BVerGE 18 S. 414; Nierhaus in Bonner Kommentar, Art. 80 I GG, Rn 252; a.A.: Wilke in von Mangoldt / Klein, 2. A., Art. 80 GG V 4 d. 229 Etwa, weil es sich um eine eilbedürftige Sache handelt, und der Bundesbehörde im Gegensatz zu der Landesbehörde bestimmte Kenntnisse (etwa im tatsächlichen Bereich) fehlen, die man zum sachgerechten Erlass der Rechtsverordnung benötigt. 230 Dies wäre beispielsweise denkbar, wenn in dem betreffenden Bereich bereits mehrere Rechtsverordnungen des Bundes vorliegen würden, deren Geltungsbereiche nun durch die neu zu erlassende Rechtsverordnung (vielleicht auch nur zum Teil) durchbrochen werden müssten. Eine derartige Durchbrechung wäre wegen Art. 31 GG im Wege einer Rechtsverordnung des Landes nicht möglich, sondern nur durch eine Bundesrechtsverordnung. 231 S. zu dieser Anforderung bei der Mischverwaltung, BVerfGE 63, S. 41. 232 So auch Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 152 f.
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b) Kann eine Landesbehörde einer Bundesbehörde ein Mandat zur Rechtsetzung erteilen? Als Nächstes ist jetzt noch zu untersuchen, ob eine Mandatierung zur Rechtsetzung in der Form zulässig wäre, dass eine Landesbehörde eine Bundesbehörde mandatiert. Die Zulässigkeit eines derartigen Mandats könnte vor allem im Hinblick auf Art. 30 GG Probleme aufwerfen. Danach sind die Länder und ihre Organe für alle staatlichen Aufgaben zuständig, sofern das Grundgesetz nicht die Zuständigkeit des Bundes begründet. Durch ein Mandat zur Rechtsetzung von einer Landes- an eine Bundesbehörde würde dieser Grundsatz aber durchbrochen werden, da die betreffende Bundesbehörde aufgrund eines solchen Mandats eine Rechtsverordnung im Namen eines Landes erlassen könnte, und somit Kompetenzen eines Bundeslandes wahrnehmen würde. Und hier wird man, anders als bei dem Mandat zur Rechtsetzung von einer Bundes- an eine Landesbehörde, auch keine Ausnahmen für die Zulässigkeit eines solchen Mandats begründen können. Denn es fehlt hier an einer Art. 80 I 1, 4 GG vergleichbaren Vorschrift des Grundgesetzes, wonach Bundesbehörden in dem Bereich, der eigentlich der Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenz der Länder unterfällt, zum Erlass von Rechtsverordnungen wenigstens im eigenen Namen befugt sein sollen. Das heißt, dass Grundgesetz gestattet es nicht, dass der Bund in dem Bereich, der den Ländern obliegt, Rechtsverordnungen erlassen kann, sondern beschränkt die Kompetenz zum Erlass von Rechtsverordnungen in diesem Bereich ausschließlich auf die Länder. Insofern würde es gegen Art. 30 GG verstoßen, wenn ein Bundesorgan eine Rechtsverordnung in einem Bereich erlassen würde, der zur Gesetzgebungsund Verwaltungskompetenz der Länder gehört. Zweifel könnte man diesbezüglich aber dann haben, wenn sich das Mandat zur Rechtsetzung auf eine Materie beziehen würde, die der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz unterfällt. Denn in diesem Bereich ist ja auch der Bund unter den Voraussetzungen des Art. 72 II GG zur Rechtsetzung befugt, so dass man argumentieren könnte, dass keine Durchbrechung der Gesetzgebungskompetenz des betreffenden Bundeslandes und kein Verstoß gegen die verfassungsrechtlich festgelegte Gesetzgebungskompetenz gegeben sei, wenn eine Bundesbehörde in diesem Bereich eine Rechtsverordnung im Namen einer Landesbehörde erlassen würde. Eine derartige Argumentation würde aber verkennen, dass dem Bund im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz das Gesetzgebungsrecht gemäß Art. 72 II GG nur dann zukommen soll, wenn eine bundesgesetzliche Regelung zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder zur Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit erforderlich ist. Da durch ein von einer Landes- an eine Bundesbehörde erteiltes Mandat zur Rechtsetzung die von der Bundesbehörde erlassene Rechtsverordnung jedoch auf das Gebiet des betreffenden Bundeslandes beschränkt bliebe, wäre die von der Bundesbehörde erlassene Regelung ungeeignet, die in Art. 72 II GG dargelegten Anforderungen zu erfüllen. Auch im Bereich der konkurrierenden Gesetz-
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gebung ist somit ein Mandat zur Rechtsetzung von einer Landes- an eine Bundesbehörde unzulässig. Gestützt wird die hier vorgetragene Argumentation im Übrigen auch durch die mit einem Mandat zur Rechtsetzung von einer Landes- auf eine Bundesbehörde vergleichbaren Problematik der dynamischen Verweisung von Landesrecht auf Bundesrecht, die von der h.M. ebenfalls als unzulässig angesehen wird233. Eine dynamische Verweisung liegt vor, wenn in einem Gesetz zur Regelung eines Sachbereiches auf die gültige Fassung eines außerhalb dieses Gesetzes liegenden Normenkomplexes verwiesen wird234. Die dynamische Verweisung weist eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Mandat zur Rechtsetzung auf, da der Normgeber, der ein Gesetz erlässt und hierbei dynamisch auf andere Normen verweist, demjenigen, der zum Erlass dieser Normen befugt ist, die Möglichkeit einräumt, auf den Inhalt des verweisenden Gesetzes unmittelbar Einfluss zu nehmen. Der Unterschied zum Mandat liegt aber unter anderem darin, dass der Normgeber, der die Norm erlässt, auf die verwiesen wird, eigentlich nur Recht für seinen Bereich setzen will, und eventuell gar nicht weiß, dass er zugleich auch auf andere Normenkomplexe Einfluss nimmt. Sofern eine dynamisch Verweisung von Landesrecht auf Bundesrecht vorliegt, stellt sich in Bezug auf die rechtlich Zulässigkeit einer solchen Verweisung – neben vielfältigen anderen Problemen235 – die auch beim Mandat zur Rechtsetzung aufgeworfenen Frage, inwieweit diese Verweisung mit dem bundesstaatlichen Prinzip und mit Art. 30 GG vereinbar ist. Und auch hier wird vertreten, dass eine derartige Verweisung die Eigenstaatlichkeit der Länder und mithin die verfassungsrechtlich vorgegebene Kompetenzverteilung zwischen dem Bund und den Ländern verletzen würde und somit unzulässig ist236.
233 Ossenbühl, DVBl. 1967, S. 405; Schenke in FS für Fröhler, S. 113 ff.; a.A.: Schröcker, NJW 1967, S. 2287 f. 234 Ossenbühl, DVBl. 1967, S. 401; Schnapp in FS für Krasney, S. 443; Sachs in Sachs, Art. 20 GG, Rn 123; im Gegensatz dazu liegt eine nur statische Verweisung vor, wenn die Normen, auf die verwiesen wird, bereits im Zeitpunkt der Verweisung gelten und sich die Verweisung nur auf diese Fassung bezieht. 235 Probleme bestehen vor allem hinsichtlich des Demokratiegebots, dem Gewaltenteilungsprinzip und im Hinblick auf die Publikation, s. hierzu Ossenbühl, DVBl. 1967, S. 402 ff. 236 Ossenbühl, DVBl. 1967, S. 405; Schenke in FS für Fröhler, S. 114 für den Bereich der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz der Länder. Anders aber unter Geltung des alten Art. 72 II GG auf S. 117 für die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz. Ob die dort gemachten Ausführungen unter der Geltung des Art. 72 II GG in seiner heutigen Fassung noch zutreffend sind, ist aber zweifelhaft. Für die grundsätzliche Zulässigkeit einer dynamischen Verweisung von Landesrecht auf Bundesrecht s. Schröcker, NJW 1967, S. 2289 f.
E. Grenzen des Mandats aus Sicht des Mandanten
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4. Ergebnis Zusammenfassend kann man daher festhalten, dass ein Mandat zur Rechtsetzung nur aufgrund einer ausdrücklichen Ermächtigung zulässig ist und dann, von wenigen Ausnahmen abgesehen, auch nur zwischen verschiedenen Behörden des Bundes oder zwischen verschiedenen Behörden eines Landes. Allerdings ist die praktische Bedeutung eines Mandats zur Rechtsetzung als sehr gering einzuschätzen237.
E. Grenzen des Mandats aus Sicht des Mandanten Wie bei der Delegation238 so stellt sich auch beim Mandat die Frage, welche Grenzen für den Mandanten bei Vornahme des Mandats bestehen und welche Rechtsschutzmöglichkeiten dem Bürger bei Überschreitung dieser Grenzen offen stehen. Derartige Grenzen sind bei einem Mandat – ebenso wie bei der Delegation – nur insoweit denkbar, als dem Mandanten bei Vornahme des Mandats ein eigener Entscheidungsspielraum zukommt, also etwa im Hinblick darauf, ob der Mandant überhaupt ein Mandat vornehmen will und, sofern in der Mandatsermächtigung keine bestimmte Stelle als Adressat des Mandats genannt ist, auch noch im Hinblick darauf, wem gegenüber der Mandant das Mandat erteilen darf. Diesbezüglich gilt entsprechend den bei der Delegation gemachten Ausführungen auch beim Mandat der Grundsatz, dass der Mandant sich bei Vornahme des Mandats von dem Sinn der Mandatsermächtigung leiten lassen muss. Deren Sinn liegt, ähnlich wie bei der Delegation, darin, die ordnungsgemäße Wahrnehmung der mandatierten Kompetenz zu gewährleisten oder sogar deren Ausübung zu verbessern239, 240. Insofern gelten für den Spielraum des Mandanten bei Vornahme So auch Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 153. S. hierzu Kapitel 2, D. dieser Untersuchung. 239 Für eine Mandatierung nach § 88 SGB X wurde das sogar gesetzlich festgeschrieben. Danach kann ein Mandat aufgrund der Vorschrift des § 88 SGB X u. a. nur vorgenommen werden, wenn es wegen des sachlichen Zusammenhangs der Aufgaben von Auftraggeber und Auftragnehmer und im wohlverstandenen Interesse des Betroffenen zweckmäßig ist. Eine entsprechende Zweckmäßigkeit wird etwa bejaht, wenn der Mandatar die ihm übertragenen Aufgaben schneller wahrnehmen kann oder es zu einer sonstigen qualitativen Verbesserung für den Betroffenen kommt, Engelmann in von Wulffen, § 88 SGB X, Rn 12. Zu verneinen ist die Zweckmäßigkeit hingegen dann, wenn der Auftrag für den betroffenen Bürger Nachteile mit sich bringt, Engelmann in von Wulffen, § 88 SGB X, Rn 12. 240 Der Unterschied zur Delegation besteht aber darin, dass sich der Mandant nicht so sehr von seiner Verantwortung soll befreien können wie der Delegant. Das heißt, der Sinn und Zweck des Mandats liegt darin, dass sich der Mandant zwar von der Wahrnehmung seiner Kompetenzen soll entlasten können, dass er aber trotzdem (im Unterschied zur Delegation) noch die Verantwortung für die Wahrnehmung der Kompetenz behalten, und er deshalb auch 237 238
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Kap. 3: Die rechtliche Zulässigkeit des Mandats
des Mandats exakt die gleichen Grundsätze wie für die Delegation, weshalb auf die diesbezüglich in Kapitel 2, D. dieser Untersuchung gemachten Ausführungen verwiesen werden kann. Ausgehend von dem unter Kapitel 2, D. Gesagten hängt daher der Spielraum des Mandanten bei Vornahme des Mandats von der Kompetenz ab, die Gegenstand des Mandats sein soll. Je mehr diese Kompetenz zu einem Handeln oder gar zur Vornahme eines Eingriffs gegenüber dem Bürger ermächtigen soll, oder je mehr diese Kompetenz einen besonderen Sachverstand bzw. eine besondere Ausstattung erfordert, umso enger wird man den Spielraum des Mandanten hinsichtlich der Vornahme des Mandats und hinsichtlich des Adressaten des Mandats fassen müssen. Die Rechtsschutzmöglichkeiten des Bürgers bei Verletzung des dem Mandanten zukommenden Gestaltungsspielraums richten sich hierbei, ausgehend von dem in Kapitel 2, D. dieser Untersuchung Gesagten, nach der Form, in der das Mandat erteilt wird241. Sofern dieses im Wege eines Verwaltungsaktes (Singularmandat) vorgenommen wird, kann in der Überschreitung des dem Mandaten zukommenden Gestaltungsspielraumes ein Beurteilungs- oder Ermessensfehler liegen, so dass sich der Bürger durch eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage gegen das Mandat zur Wehr setzten könnte242. Erfolgt die Mandatierung hingegen in Form einer Rechtsverordnung, dann kann der Bürger gegen die Überschreitung des dem Mandanten zukommenden Spielraumes nur dann erfolgreich vorgehen, wenn der Mandant den ihm eingeräumten Gestaltungsspielraum dabei derart schwerwiegend verletzt hat, dass er zugleich auch die mit der Ermächtigung zum Erlass der Mandatsrechtsverordnung verbundene Zielsetzung in so grobem Maße verfehlt hat, dass die entsprechende Mandatsrechtsverordnung als „objektiv sachwidrig und rechtsfehlerhaft“ erscheint243. Wird das Mandat hingegen in Form einer Verwaltungsvorschrift erteilt, stehen dem Bürger bei Verletzung des Gestaltungsspielraums aufgrund des in Kapitel 2, D. dieser Untersuchung Gesagten überhaupt keine direkten Rechtsschutzmöglichkeiten gegen das Mandat zur Verfügung.
noch, trotz des Mandats, weiterhin Einfluss auf die Ausübung der mandatierten Kompetenz (etwa in Form von Weisungen o.ä.) haben soll. Zu den Beweggründen, anstelle der Ermächtigung zu einer Delegation die Ermächtigung zu einem Mandat zu erteilen, s. auch Faber, § 9 IV (S. 64); Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 118. 241 Zum Rechtsschutz gegen ein Mandat ganz allgemein s. Kapitel 3, K. dieser Untersuchung. 242 Eventuell steht aber der § 44a VwGO einer gesonderten Anfechtung des Mandatsverwaltungsaktes entgegen, s. hierzu näher Kapitel 2, K., Kapitel 3, K. dieser Untersuchung. 243 Nierhaus in Bonner Kommentar, Art. 80 GG, Rn 358 und Kapitel 2, D. dieser Untersuchung. Eine derartige grobe Verfehlung wäre z. Bsp. dann gegeben, wenn der Mandant eine Behörde mandatiert hätte, die zur Wahrnehmung der mandatierten Kompetenz offenkundig ungeeignet ist, etwa weil ihr regulärer Aufgabenbereich nichts mit der mandatierten Kompetenz zu tun hat.
G. Das konservierende Mandat
243
F. Zur Frage, ob ein Mandat auch rückwirkend erfolgen kann Ähnlich wie bei der Delegation stellt sich auch beim Mandat die Frage, inwieweit ein Mandat nachträglich und mit Rückwirkung erteilt werden kann. Ein derartiges nachträgliches Mandat käme dann in Betracht, wenn eine unzuständige Behörde im Namen der zuständigen Behörde deren Kompetenzen wahrgenommen hat, ohne hierzu im Wege eines Mandates beauftragt worden zu sein. Da in einem solchen Fall die gleichen Grundsätze gelten würden wie im Falle einer nachträglichen Delegation, kann auf die diesbezüglich bei Kapitel 2, E. dieser Untersuchung gemachten Ausführungen verwiesen werden.
G. Das konservierende Mandat Ausgehend von der in Kapitel 1, E. V. dieser Untersuchung dargelegten Terminologie liegt ein konservierendes Mandat vor, wenn sich der Mandant die Wahrnehmung der mandatierten Kompetenz nach Vornahme des Mandats auch noch weiterhin selbst vorbehält. Hinsichtlich der rechtlichen Zulässigkeit eines konservierenden Mandats stellen sich ähnliche Probleme wie bei der konservierenden Delegation244. Das heißt, der rechtlichen Zulässigkeit des konservierenden Mandats könnte einmal die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen entgegenstehen, und zum anderen könnte das konservierende Mandat im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz problematisch sein, da unterschiedliche staatliche Stellen nebeneinander zu einer Entscheidung in der Sache befugt wären. Im Folgenden ist daher zu untersuchen, inwieweit diese Gesichtspunkte gegen die Zulässigkeit eines konservierenden Mandats sprechen, bzw. welche Voraussetzungen sich hieraus für die Vornahme eines konservierenden Mandats ergeben. Was die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen bei einem konservierenden Mandat anbelangt, so könnte diese, ähnlich wie bei der konservierenden Delegation, relativ einfach dadurch beseitigt werden, dass die Zuständigkeiten zwischen dem Mandanten und dem Mandatar alternativ ausgestaltet werden, sei es etwa, dass sich ihre Zuständigkeiten nach dem Prioritätsgrundsatz richten, oder dass eine der beiden Behörden nur in bestimmten Fällen wie etwa bei Gefahr im Verzug o.ä. zuständig sein soll245. Bei einer alternativen Ausgestaltung der verschiedenen Zuständigkeiten würden somit unter dem Gesichtspunkt der Gefahr sich widersprechender Entscheidungen keine Bedenken gegen die Vornahme eines konservierenden Mandats bestehen. S. hierzu Kapitel 2, G. dieser Untersuchung. S. Kapitel 2, G. I. 1. dieser Untersuchung zu der entsprechenden Problematik bei der konservierenden Delegation. 244 245
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Kap. 3: Die rechtliche Zulässigkeit des Mandats
Somit bleibt nur noch das Problem, ob und inwieweit der Gleichbehandlungsgrundsatz einem konservierenden Mandat entgegensteht. In diesem Zusammenhang ist aber darauf hinzuweisen, dass die sich aus dem Gleichbehandlungsgebot ergebenden Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit eines konservierenden Mandats bei weitem nicht so erheblich sind wie die Bedenken, die sich anlässlich eines konservierenden Mandats in Bezug auf Art. 3 GG ergeben246. Denn da ein Mandat keine Änderung der formellen Zuständigkeit zur Folge hat, gibt es bei einem konservierenden Mandat auch, anders als bei der konservierenden Delegation, keine Unterschiede in Bezug auf den Beklagten oder in Bezug auf die zuständige Widerspruchsbehörde247. Das bedeutet, dass unabhängig davon, ob der Mandant oder der Mandatar eine Entscheidung in der Sache trifft, im Falle eines gerichtlichen Verfahrens die Klage immer gegen den Mandanten als Beklagten gerichtet werden müsste und die zuständige Widerspruchsbehörde immer die dem Mandanten übergeordnete Behörde wäre. Daneben kann es bei einem konservierenden Mandat – anders als bei der konservierenden Delegation – zwischen Mandant und Mandatar auch nicht zu unterschiedlichen Ermessenspraxen oder zu differierenden Ansichten hinsichtlich der Auslegung des Gesetzes kommen, was gerade bei der konservierenden Delegation im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz große Probleme bereitet und die Hauptursache für die nur sehr eingeschränkte Zulässigkeit der konservierenden Delegation bildet248. Denn da die Entscheidung des Mandatars im Falle eines Mandats materiell immer dem Mandanten zugerechnet wird, ist der Mandatar bei Vornahme der Entscheidung auch an dessen Ermessenspraxis und an dessen Ansichten hinsichtlich der Gesetzesauslegung gebunden249. Der Mandatar muss sich daher bei Wahrnehmung der mandatierten Kompetenz streng an die Ermessenspraxis und an die sonstigen ihm von dem Mandanten erteilten Vorgaben halten250.
So auch Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 157 f. Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 157. 248 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 157; zu der entsprechenden Problematik bei der konservierenden Delegation s. Kapitel 2, G. I. 2. dieser Untersuchung. 249 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 157. 250 Natürlich ist nicht zu verkennen, dass es im Falle eines konservierenden Mandats in den Bereichen der Verwaltungspraxis, die nicht oder nicht bis ins Detail durch Verwaltungsvorschriften und Weisungen geregelt sind, zumindest vorübergehend durchaus zu unterschiedlichen Verwaltungspraxen bei Mandant und Mandatar kommen kann. Dies liegt einfach daran, dass sich zwei Behörden in ihrer Arbeit nicht so aufeinander abstimmen können, dass beide Behörden gleichgelagerte Fälle immer auch gleich entscheiden. Denn der Mandant kann dem Mandatar nicht jede von ihm getroffene Entscheidung mitteilen und umgekehrt, was aber erforderlich wäre, um eine einheitliche Verwaltungspraxis sicherzustellen. Doch wäre eine derart divergierende Verwaltungspraxis im Hinblick auf Art. 3 GG rechtswidrig, so dass der Bürger dagegen vorgehen könnte. Hierin liegt denn auch der Unterschied zur konservierenden Delegation, bei der es auch zu zwei unterschiedlichen Verwaltungspraxen kommen kann, die aber beide rechtmäßig sind, weshalb sich der Bürger gegen sie nicht zur Wehr setzen kann (s. hierzu auch die Nachweise unter Kapitel 2, Fn 339). 246 247
H. Das Singularmandat
245
Aus den zuvor genannten Gründen ist das konservierende Mandat somit im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz unbedenklich, und daher, sofern die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen gebannt ist, ohne weiteres zulässig251. In Bezug auf die Frage, ob das konservierende Mandat eine besondere Ermächtigung verlangt oder ob die allgemeine Ermächtigung zur Vornahme eines Mandats ausreichend ist, gilt, dass dies durch Auslegung der Mandatsermächtigung zu ermitteln ist. Normalerweise wird aber in der Mandatsermächtigung auch die Ermächtigung zur Vornahme eines konservierenden Mandats enthalten sein, so dass das konservierende Mandat in der Regel keiner besonderen Ermächtigung bedarf252. Dies ergibt sich daraus, dass der Mandant nach außen für die Wahrnehmung der mandatierten Kompetenz trotz Übertragung der materiellen Entscheidungskompetenz voll verantwortlich bleibt. Aufgrund dieser Verantwortung muss man ihm daher im Regelfall die Befugnis zugestehen, die mandatierten Kompetenz weiterhin auch noch selbst wahrzunehmen und somit seiner Verantwortung für die Wahrnehmung der mandatierten Kompetenz auch unmittelbar nachzukommen.
H. Das Singularmandat Ausgehend von der in Kapitel 1, E. II. dieser Untersuchung dargelegten Terminologie spricht man von einem Singularmandat, wenn das Mandat nur hinsichtlich eines einzelnen Falles erteilt wird. In Bezug auf das Singularmandat ist in erster Linie problematisch, ob es überhaupt rechtlich zulässig ist. Daneben ist, falls man seine Zulässigkeit vom Grundsatz her bejaht, noch problematisch, ob es eine spezielle Ermächtigung voraussetzt oder ob es auch ohne besondere Ermächtigung vorgenommen werden kann. Die grundsätzliche Zulässigkeit des Singularmandats ist in der Literatur und Rechtsprechung fast unbestritten253. Selbst Anhänger der Auffassung, nach der ein Mandat generell unzulässig sein soll, machen für das Singularmandat hiervon eine Ausnahme254. Nur vereinzelt wird der Standpunkt vertreten, dass das Singularmandat grundsätzlich unzulässig sei255. Die Unzulässigkeit des Singularmandats wird 251 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 157 f.; zu den strukturellen Problemen eines konservierenden Mandats, die sich vor allem daraus ergeben, die Arbeit von Mandant und Mandatar zu koordinieren und somit soweit als möglich eine einheitliche Verwaltungspraxis sicherzustellen, s. Schmidt-Jortzig / Wolffgang, VerwArch 75 (1984), S. 118. 252 S. Kapitel 2, G. II. dieser Untersuchung zu der gleichen Problematik bei der konservierenden Delegation. 253 Für seine Zulässigkeit sprechen sich u. a. aus, Obermayer, JZ 1956, S. 628 f.; Rasch, DVBl. 1983, S. 619 f.; Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 162; a.A. Mangels, JZ 1957, S. 162. 254 So z. Bsp. Obermayer, JZ 1956, S. 628 f. 255 Mangels, JZ 1957, S. 162.
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Kap. 3: Die rechtliche Zulässigkeit des Mandats
hierbei zum einen damit begründet, dass jede Form des Mandats und somit auch das Singularmandat bereits vom Grundsatz her unzulässig sein soll, und dass zum anderen durch ein Singularmandat der Gleichheitssatz verletzt werden würde256. Zu diesen unterschiedlichen Ansichten hinsichtlich der rechtlichen Zulässigkeit des Singularmandats ist anzumerken, dass die Auffassung, wonach ein Mandat grundsätzlich unzulässig sein soll, bereits zuvor widerlegt wurde257. Aus der vermeintlichen Unzulässigkeit des Mandats im Allgemeinen kann daher auch nicht die Unzulässigkeit des Singularmandats im Speziellen hergeleitet werden. Zu untersuchen ist aber, ob der rechtlichen Zulässigkeit des Singularmandats in Bezug auf den Gleichheitssatz ähnliche Bedenken entgegenstehen wie der Singulardelegation. Bei der Singulardelegation wurde dargelegt, dass sie im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz Probleme aufwirft, da der Bürger u. a. aufgrund der Schutzwirkung der Zuständigkeitsordnung und aufgrund des Einflusses der zur Entscheidung berufenen Stelle auf den Inhalt einer Entscheidung ein Recht dahingehend hat, dass für ihn die gleiche Behörde zuständig ist, der auch bei anderen Bürgern für gleichgelagerte Fälle die Zuständigkeit zukommt258. Daneben ist die Singulardelegation deshalb im Sinne des Art. 3 GG problematisch, da sie zu Unterschieden in Bezug auf das Widerspruchs- und verwaltungsprozessuale Verfahren führt, und es, da der Delegatar nicht an die Ermessenspraxis des Deleganten gebunden ist, auch zu unterschiedlichen Ermessensausübungen und folglich zu unterschiedlichen Ermessenspraxen kommen kann. Fraglich ist aber, ob und inwieweit diese aus dem Gleichbehandlungsgebot herrührenden Bedenken auch im Falle eines Singularmandats bestehen. Wie bei der Singulardelegation, so würde auch das Singularmandat dann keine Probleme im Hinblick auf Art. 3 GG aufwerfen, wenn es ausschließlich im verwaltungsinternen Bereich erteilt werden soll. In diesem Bereich ist daher ein Singularmandat ohne weiteres als zulässig anzusehen259. Für ein Singularmandat im Außenverhältnis und damit im Verhältnis zum Bürger gilt, dass, ähnlich wie zuvor bei dem konservierenden Mandat, die sich aus dem Gleichbehandlungsgebot ergebende Problematik bei einem Singularmandat bei weitem nicht so gravierend ist wie bei der Singulardelegation260. Denn aufgrund des Umstandes, dass die formelle Zuständigkeit unberührt bleibt, ergeben sich bei einem Singularmandat keine Unterschiede in Bezug auf den Beklagten, die zuständige Widerspruchsbehörde oder hinsichtlich der Ermessenspraxis261. Problematisch ist das Singularmandat daher nur unter dem Gesichtspunkt, dass Mangels, JZ 1957, S. 162. S. hierzu Kapitel 3, A. II. dieser Untersuchung. 258 S. hierzu Kapitel 2, F. I. dieser Untersuchung. 259 So auch Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 164. 260 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 163; s. hierzu auch Kapitel 3, G. dieser Untersuchung. 261 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 163. 256 257
H. Das Singularmandat
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dem Bürger gegenüber eine Behörde zur Entscheidung befugt ist, die vielleicht aufgrund ihrer Ausstattung und der mangelnden Erfahrung in Bezug auf die Wahrnehmung der mandatierten Kompetenz hierfür weniger geeignet ist, und dass daher das Risiko einer rechtswidrigen Entscheidung und somit einer Rechtsverletzung des Bürgers etwas höher ist, als es wäre, wenn ihm gegenüber der Mandant selbst handeln würde262. Doch kann dieses Risiko – auch angesichts der Möglichkeit des Mandanten, dem Mandatar konkrete Weisungen zu erteilen und seine Tätigkeit zu überwachen – in der Regel eher als gering eingestuft werden, so dass die Ungleichbehandlung nicht sehr stark ist. Zusammengefasst bedeutet dies, dass die Problematik der Ungleichbehandlung bei einem Singularmandat im Gegensatz zu der Singulardelegation deutlich abgeschwächt ist, weshalb sich aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz keine schwerwiegenden Argumente gegen die Vornahme eines Singularmandats ableiten lassen. Für die rechtliche Zulässigkeit des Singularmandats ist es daher ausreichend, wenn hierfür irgendein sachlicher Grund gegeben ist263. Nachdem die grundsätzliche Zulässigkeit des Singularmandats bejaht wurde, ist als Nächstes der Frage nachzugehen, ob ein Singularmandat im Verhältnis zum Bürger nur aufgrund einer gesetzlichen Ermächtigung vorgenommen werden kann, oder ob eine derartige Mandatierung auch ohne entsprechende Ermächtigung erfolgen kann. Daneben ist, falls man zu der Auffassung kommt, dass das Singularmandat zwingend eine gesetzliche Ermächtigung benötigt, noch zu untersuchen, ob die Ermächtigung zur Vornahme eines generellen Mandats auch die zur Vornahme eines Singularmandats mit einschließt. Die Frage, ob und inwieweit ein Singularmandat im Verhältnis zum Bürger eine gesetzliche Ermächtigung benötigt, ist umstritten264. In der Auseinandersetzung mit den hierzu vertretenen Ansichten ist aber zu berücksichtigen, dass die Anhänger der Auffassung, wonach ein generelles Mandat keine gesetzliche Ermächtigung benötigen soll, natürlich auch für das Singularmandat keine gesetzliche Ermächtigung verlangen. Insofern stellt der Meinungsstreit darüber, ob ein Singularmandat eine gesetzliche Ermächtigung erfordert, nur eine Fortsetzung des Meinungsstreits bezüglich des Erfordernisses einer gesetzlichen Ermächtigung für das generelle Mandat dar. Für die Frage, ob ein Singularmandat eine gesetzliche Ermächtigung voraussetzt, kann somit auf die in Kapitel 3, B. dieser Untersuchung gemachten 262 Im Prinzip kommt diesbezüglich wieder der Gedanke ins Spiel, wonach der Inhalt einer Entscheidung auch von dem jeweiligen Entscheidungsträger (genaugenommen von der konkreten Ausstattung des Entscheidungsträgers) abhängt, so dass bei unterschiedlichen Entscheidungsträgern bereits deshalb eine Ungleichbehandlung gegeben sein kann. 263 Ähnlich auch Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 163, nach dem das Singularmandat durch „vernünftige sachliche Erwägungen legitimiert sein muss“. Ähnlich Kluth in Wolff / Bachof / Stober, VrwR III, 5. A., § 84 Rn 78, wonach bezüglich der Zulässigkeit eines Singularmandats die Einhaltung des Willkürverbots zu beachten ist. 264 Bejahend etwa Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 162 f.; verneinend Obermayer, JZ 1956, S. 628; Rasch, Verwaltungsorganisation, S. 177 f.
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Kap. 3: Die rechtliche Zulässigkeit des Mandats
Ausführungen über das Erfordernis einer gesetzlichen Ermächtigung für das generelle Mandat verwiesen werden, die für das Singularmandat entsprechend gelten. Aufgrund des in Kapitel 3, B. Gesagten ist daher das Singularmandat im Verhältnis zum Bürger wegen des Grundsatzes des Vorrangs des Gesetzes nur aufgrund einer vorherigen gesetzlichen Ermächtigung zulässig265. Von dem Erfordernis einer gesetzlichen Ermächtigung für das Singularmandat kann daher aufgrund der in Kapitel 3, B. dieser Untersuchung gemachten Ausführungen auch dann keine Ausnahme zugelassen werden, wenn der Mandant zur Vornahme einer generellen Delegation befugt wäre266. Denn dass die Ermächtigung zur Vornahme einer Delegation nicht die Ermächtigung zur Vornahme eines Mandats mit einschließt, wurde bereits in Kapitel 3, B. V. dieser Untersuchung dargelegt. Die dort gemachten Ausführungen gelten natürlich auch für das Singularmandat. Fraglich ist somit nur noch, ob die Ermächtigung zu einem generellen Mandat zugleich die Ermächtigung zur Vornahme eines Singularmandats enthält. Dies ist durch Auslegung der Ermächtigung zur Vornahme des generellen Mandats zu ermitteln. Hierbei ist danach zu fragen, ob der Inhaber der Organisationsgewalt wollte, dass die mandatierte Kompetenz nur im Ganzen im Wege des Mandats übertragen werden kann, oder ob auch eine nur teilweise Übertragung seinem Willen entsprechen würde. Maßgeblich ist hierfür vor allem, ob der Inhaber der Organisationsgewalt die Ermächtigung zu einem devolvierenden oder zu einem konservierenden generellen Mandat ausgesprochen hat. Falls die Auslegung ergibt, dass er die Ermächtigung zu einem devolvierenden generellen Mandat aussprechen wollte, ist es dem Inhaber der Organisationsgewalt wohl sehr wichtig, dass die Zuständigkeit immer nur von einer Stelle im Ganzen ausgeübt wird. In diesem Fall wird man in der Ermächtigung zur Vornahme eines generellen Mandats nicht auch zugleich die Ermächtigung zur Vornahme eines Singularmandats erblicken können, da die betreffende Kompetenz im Falle eines Singularmandats ja gerade nicht mehr von einer Stelle im Ganzen wahrgenommen werden kann. Anders ist es aber, wenn die Auslegung ergibt, dass die Mandatsermächtigung die Vornahme eines konservierenden generellen Mandats erlaubt. Hier wird dann in der Regel auch ein Singularmandat von der entsprechenden Ermächtigung gedeckt sein267. Bezüglich der Rechtsnatur und der Form eines Singularmandats kann auf die bei der Singulardelegation gemachten Ausführungen verwiesen werden, die hier entsprechend gelten268. Das heißt, das Singularmandat wird in der Regel in Form 265 So auch Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 162; a.A. Dahlinger, DÖV 1961, S. 939; Obermayer, JZ 1956, S. 628 f.; Rasch, DVBl. 1983, S. 619 f. 266 So aber Obermayer, JZ 1956, S. 628. 267 S. hierzu auch Schmidt-Jortzig / Wolffgang, VerwArch 75 (1984), S. 116; umgekehrt ist es aber sicher nicht möglich, aus der Ermächtigung zur Vornahme eines Singularmandats die Ermächtigung zur Vornahme eines generellen Mandats abzuleiten, da sich aus der Ermächtigung zur Vornahme des Singularmandats ergibt, dass der Inhaber der Organisationsgewalt gerade keine Übertragung der materiellen Zuständigkeit im Ganzen zulassen wollte. 268 S. hierzu Kapitel 2, F. III. dieser Untersuchung.
H. Das Singularmandat
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eines Verwaltungsaktes erfolgen müssen, wenn es um Behördenzuständigkeiten geht, die den Bürger unmittelbar betreffen269. Im verwaltungsinternen Bereich wird das Singularmandat hingegen im Wege einer Verwaltungsvorschrift oder Einzelweisung vorgenommen werden können270.
I. Das Submandat Nach der in Kapitel 1, E. III. dargelegten Terminologie liegt ein Submandat vor, wenn der Mandatar seine Kompetenz, im Namen des Mandanten zu handeln, im Wege eines weiteren Mandats auf eine andere Stelle überträgt. Der Submandatar wird dann im Namen des Mandatars (=Submandant) und zugleich im Namen des ursprünglichen Mandanten tätig271. Da das Submandat somit ein ganz normales Mandat darstellt, gelten die für das Mandat gemachten Ausführungen entsprechend auch für das Submandat, das heißt, es ist nur aufgrund einer vorherigen Ermächtigung zulässig und es bedarf, sofern es um Zuständigkeiten geht, die dem Gesetzesvorbehalt unterfallen, der Form einer außenwirksamen Rechtsverordnung bzw. Satzung272. Die rechtliche Zulässigkeit des Submandats könnte allerdings, sofern es in der Form einer Rechtsverordnung erfolgen muss, im Bereich des Bundes273 wegen Art. 80 I 4 GG Probleme aufwerfen. Denn nach Art. 80 I 1 GG dürfen nur die Bundesregierung, ein Bundesminister oder eine Landesregierung originär zum Erlass von Rechtsverordnungen ermächtig werden. Andere Stellen können gemäß Art. 80 I 4 GG nur dann Rechtsverordnungen erlassen, wenn ihnen zuvor von den oben genannten Stellen deren Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen übertragen wurde. Das Problem hinsichtlich der Ermächtigung zur Vornahme eines Submandats besteht nun darin, dass bei Erteilung des Submandats der Mandatar (=Submandant) nicht aufgrund einer dem Mandanten vom Gesetzgeber eingeräumten und dann dem Mandatar (=Submandant) übertragenen Ermächtigung zur Vornahme eines Mandats tätig wird, er also das (Sub-)Mandat nicht aufgrund einer abgeleiteten Ermächtigung erlässt, sondern der Mandatar (=Submandant) vielmehr 269 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 164; Ule / Laubinger, § 10 Rn 19; Kluth in Wolff / Bachof / Stober, VrwR III, 5. A., § 84 Rn 78; a.A. Obermayer, JZ 1956, S. 629, der das Singularmandat nicht als Verwaltungsakt, sondern als Hoheitsakt eigener Art ansieht. 270 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 164. 271 Soll der vermeintliche Submandatar aber nicht im Namen des Mandatars (=Submandant), sondern allein im Namen des Mandanten tätig werden, dann liegt von Seiten des Mandatars kein Submandat, sondern vielmehr eine Delegation der Kompetenz zum Handeln im Namen des Mandanten vor; s. hierzu auch Kapitel 1, E. III. dieser Untersuchung. 272 Schenke, VerwArch 68 (1977), S. 159; natürlich wäre im Falle eines Singularsubmandats auch die Form eines Verwaltungsaktes ausreichend. 273 Also dann, wenn die Ermächtigung zur Vornahme des Mandats und des Submandats in einem Bundesgesetz enthalten ist.
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Kap. 3: Die rechtliche Zulässigkeit des Mandats
originär eine Rechtsverordnung erlässt. Dies ergibt sich daraus, dass der Submandatar ja nicht nur im Namen des Mandanten handeln soll, sondern zugleich auch im Namen des Mandatars (=Submandant). Die Ermächtigung zur Vornahme des Submandats hat somit einen anderen Inhalt als die Ermächtigung zur Vornahme des Mandats274, weshalb in der Ermächtigung zur Vornahme eines Submandats nicht die Weiterübertragung der ursprünglichen Mandatsermächtigung erblickt werden kann. Ein Beispiel soll dies verdeutlichen. Angenommen, einem Bundesminister wäre per Gesetz eine bestimmte Kompetenz zugewiesen, wobei ihm gleichzeitig die Befugnis eingeräumt worden wäre, einen Landesminister im Wege einer Rechtsverordnung mit der Wahrnehmung dieser Kompetenz zu mandatieren275. Die Ermächtigung zum Erlass der Mandatsrechtsverordnung würde sich also darauf beziehen, bezüglich der betreffenden Kompetenz ein Handeln im Namen des Bundesministers anzuordnen. Wenn nun der Landesminister in Bezug auf die mandatierte Kompetenz ein Submandat in Form einer Rechtsverordnung276 vornehmen würde (es ist davon auszugehen, dass eine ordnungsgemäße Ermächtigung hierfür bestünde), und etwa ein Regierungspräsidium hierdurch ermächtigen würde, die betreffende Kompetenz, die ein Handeln im Namen des Bundesministers gestattet, im Namen des Landesministers auszuüben, dann würde sich die Ermächtigung zum Erlass der Submandatsrechtsverordnung darauf beziehen, bezüglich der betreffenden Kompetenz ein Handeln im Namen des Bundesministers und daneben auch noch im Namen des Landesministers anzuordnen. Das heißt, die Ermächtigung zur Vornahme des Mandats würde zur Wahrnehmung der betreffenden Kompetenz im Namen des Bundesministers ermächtigen, während die Ermächtigung zur Vornahme des Submandats zur Wahrnehmung der betreffenden Kompetenz im Namen des Landesministers und des Bundesministers berechtigen würde. Beiden Ermächtigungen wäre somit zwar gemein, dass sie sich auf die gleiche Kompetenz und auf ein Handeln im Namen des Bundesministers beziehen würden, unterscheiden würden sie sich aber dahingehend, dass die Ermächtigung zur Vornahme des Subman274 Denn die Ermächtigung zur Vornahme des Mandats bezieht sich nur auf ein Handeln im Namen des Mandanten. 275 Diese Ermächtigung von Seiten des Gesetzgebers an den Bundesminister zur Mandatierung des Landesministers würde sich nach Art. 80 I 1 GG richten. Der Bundesminister würde hierdurch zum Erlass einer entsprechenden Mandatsrechtsverordnung ermächtigt werden. 276 Die Ermächtigung zum Erlass dieser Submandatsrechtsverordnung würde sich nicht nach Art. 80 I 1 GG richten, da ein Landesminister nicht zu den dort aufgeführten Stellen gehört, denen die Befugnis zum Erlass einer Rechtsverordnung erteilt werden kann, vgl. auch BVerfGE 11,77 (86) (etwas anderes gilt aber dann, wenn die Landesverfassung eines Bundeslandes es erlaubt, unter Landesregierung auch einen Landesminister zu verstehen; dies ist aber, mit Ausnahme von Bayern, in keinem Bundesland der Fall, s. hierzu Nierhaus in Bonner Kommentar, Art. 80 GG, Rn 250 f. m. w. N.). Möglich wäre daher nur, dass sich die Ermächtigung des Landesministers zum Erlass der Submandatsrechtsverordnung nach Art. 80 I 4 GG richtet.
H. Das Singularmandat
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dats zusätzlich noch ein Handeln im Namen des Mandatars gestatten würde. Aus diesem Grunde hat die Ermächtigung zur Vornahme des Submandats einen anderen Inhalt als die zur Vornahme des Mandats, weshalb man in der Ermächtigung zur Vornahme des Submandats keine Weiterübertragung der Mandatsermächtigung erblicken kann277. Bei der Ermächtigung zur Vornahme eines Submandats handelt es sich also vielmehr um eine eigene, originäre Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung. Somit stellt sich die Frage, ob entgegen dem Wortlaut des Art. 80 I 1 GG andere als die in Art. 80 I 1 GG genannten Stellen zur Vornahme eines Submandats in Form einer Rechtsverordnung ermächtigt werden können. In der Regel werden nämlich nur Behörden und Stellen zur Vornahme eines Submandats in Betracht kommen, die nicht zu den in Art. 80 I 1 GG genannten Stellen gehören, sondern diesen nachgeordnet sind. Zur Beantwortung dieser Frage ist anzumerken, dass bei der Ermächtigung zur Vornahme eines Submandats zwar keine Übertragung der Mandatsermächtigung gegeben ist, die Ähnlichkeit zu einer derartigen Übertragung aber so groß ist, dass eine analoge Anwendung des Art. 80 I 4 GG für die Fälle des Submandats in Betracht zu ziehen ist. Denn der einzige Unterschied zwischen dem Submandat und dem Fall der Übertragung der Ermächtigung zur Vornahme des Mandats besteht darin, dass der Submandatar noch zusätzlich zu einem Handeln im Namen des Mandatars (=Submandant) befugt ist, während er im Falle der Übertragung der Mandatsermächtigung allein im Namen des Mandanten tätig werden würde. Beiden Fällen ist aber gemeinsam, dass das Handeln des Submandatars letztendlich dem Mandanten zugerechnet wird. Für den Art. 80 I 4 GG macht das aber im Prinzip keinen Unterschied. Man wird daher den Fall der Ermächtigung zur Vornahme eines Submandats dem der Übertragung der Ermächtigung zur Vornahme eines Mandats gleichsetzen können. Das Erteilen der Ermächtigung zur Vornahme eines Submandats verstößt somit im Bereich des Bundes nicht gegen Art. 80 I 1, 4 GG, weshalb das Submandat auch in diesem Bereich grundsätzlich zulässig ist. Wie bei jedem Mandat, so ist im Übrigen auch beim Submandat Rechtmäßigkeitsvoraussetzung des Handelns des Submandatars, dass das Submandat dem Bürger gegenüber offen gelegt wird278. Das heißt, der Submandatar muss darauf hinweisen, dass er nicht im eigenen Namen handelt, sondern vielmehr im Namen des Mandatars (=Submandant) und zugleich auch noch im Namen des Mandanten tätig wird. 277 Eine Weiterübertragung der Ermächtigung zur Vornahme des Mandats würde demnach nur vorliegen, wenn das Regierungspräsidium in dem verwendeten Beispielsfall allein im Namen des Bundesministers handeln könnte. Denn nur dann hätte der Landesminister seine Kompetenz zum Handeln im Namen des Bundesministers an das Regierungspräsidium im Wege einer Delegation weiterübertragen. 278 Zum Erfordernis der Offenlegung des Mandats für die Rechtmäßigkeit des Handelns des Mandatars s. Kapitel 3, J. dieser Untersuchung.
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Kap. 3: Die rechtliche Zulässigkeit des Mandats
Zum Abschluss ist noch kurz auf den Sinn des Submandats einzugehen. Die Frage nach dem Sinn des Submandats stellt sich deshalb, da es ja von Seiten des Mandatars auch möglich ist, die Kompetenz zum Handeln im Namen des Mandanten im Wege einer Delegation weiterzuübertragen, womit einem eventuell bestehenden Entlastungsinteresse des Mandatars ebenso Rechnung getragen werden könnte. Der Unterschied zwischen dem Submandat und einer entsprechenden Delegation besteht aber darin, dass beim Submandat dem Mandatar (=Submandant) gegenüber dem Submandatar aufgrund des Mandatsverhältnisses in der Regel ein eigenes Weisungsrecht zusteht, und er, sofern es sich um ein konservierendes Submandat handelt, auch noch selbst zum Handeln im Namen des Mandanten befugt bleibt. Für den Mandanten hat das den Vorteil, dass er die Kontrolle des Submandatars weitestgehend dem Mandatar (=Submandant) überlassen, und er sich seinerseits auf die Kontrolle des Mandatars beschränken kann. Im Falle einer Delegation des Mandats hingegen müsste er selbst den jetzt neuen Mandatar kontrollieren und überwachen, wodurch ein Teil der mit dem Mandat bezweckten Entlastung wieder verloren gehen würde.
J. Welche Rechtsfolge hat es, wenn der Mandatar die mandatierte Kompetenz nicht im Namen des Mandanten, sondern im eigenen Namen wahrnimmt? Nachdem im bisherigen Verlauf dieser Untersuchung dargelegt wurde, dass ein Mandat den Mandatar dazu berechtigt, im Namen des Mandanten zu handeln, ist zum Abschluss noch auf die Frage einzugehen, welche Rechtsfolgen es nach sich zieht, wenn der Mandatar bei Wahrnehmung der mandatierten Kompetenz gegenüber dem Bürger eine Maßnahme trifft (etwa Erlass eines Verwaltungsaktes oder Vornahme eines Realaktes usw.), er hierbei aber nicht im Namen des Mandanten, sondern vielmehr im eigenen Namen tätig wird. In der Literatur und in der Rechtsprechung wird angenommen, dass die Maßnahme des Mandatars in so einem Fall rechtswidrig sei279. Zur Begründung wird angeführt, dass die von dem Mandatar getroffene Maßnahme für den Fall, dass er im eigenen Namen handeln würde, ihm auch alleine zuzurechnen sei, und somit eine Maßnahme einer (formell) unzuständigen Behörde vorläge, die daher rechtswidrig sein müsse280. Der Verstoß des Mandatars gegen die Pflicht zum Handeln im Namen des Mandanten (und somit der Verstoß gegen die formelle Zuständigkeit) wird demnach einem regulären Zuständigkeitsverstoß – bei dem also eine formell und materiell unzuständige Behörde tätig wird – gleichgesetzt. 279 So ausdrücklich Hess VGH, DÖV 1974, S. 604 f.; ähnlich auch Rasch, DÖV 1957, S. 339; Klein in FS für Herbert Kraus, S. 210 f. 280 Hess VGH, DÖV 1974, S. 605.
J. Rechtsfolge der Wahrnehmung der mandatierten Kompetenz im eigenen Namen
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Eine derartige Gleichsetzung könnte aber unter dem Gesichtspunkt problematisch sein, dass der Mandatar ja zu einer Entscheidung in der Sache befugt ist, nur eben nicht im eigenen Namen. Es macht aber einen großen Unterschied, ob eine (formell und materiell) unzuständige Behörde eine Entscheidung in einer Sache trifft, oder ob eine materiell zuständige Stelle unter Verstoß gegen die formelle Zuständigkeit im eigenen Namen tätig wird. Denn bei der formell und materiell unzuständigen Behörde verhält es sich so, dass diese für die Wahrnehmung der betreffenden Kompetenz unter gar keinem Gesichtspunkt zuständig ist, und somit für die Ausübung der Kompetenz auch nicht ausgestattet wurde. Aus diesem Grunde muss man denn auch ihr Handeln zum Schutze des Bürgers grundsätzlich als rechtswidrig ansehen281. Dieses Argument, wonach das Handeln einer unzuständigen Behörde zum Schutze des Bürgers rechtswidrig sein muss, greift nun aber im Hinblick auf den Mandatar gerade nicht durch, da dieser zur Wahrnehmung der betreffenden Kompetenz materiell zuständig ist und er somit die betreffende Kompetenz auch wahrnehmen darf – wenn auch nur im fremden, und nicht im eigenen Namen. Die formell und materiell zuständige Behörde maßt sich also im Falle einer Zuständigkeitsverletzung eine Kompetenz an, die ihr überhaupt nicht zusteht, während sich der Mandatar im Falle einer Verletzung der formellen Zuständigkeit keine ihm nicht zustehende Kompetenz anmaßt, sondern nur die Befugnis, die mandatierte Kompetenz im eigenen Namen wahrzunehmen. Beide Fälle sind somit grundverschieden, weshalb eine Gleichbehandlung nicht in Betracht kommt. Auf der anderen Seite würde es aber sicher zu weit gehen zu behaupten, dass der Umstand, wonach der Mandatar im eigenen Namen und nicht im Namen des Mandanten gehandelt hat, für die Rechtmäßigkeit der von ihm getroffenen Maßnahme vollkommen unbeachtlich sein soll. Denn die Tatsache, dass der Mandatar nicht im Namen des Mandanten, sondern im eigenen Namen tätig wird, führt ja dazu, dass die von ihm getroffene Maßnahme ihm auch voll und ganz zugerechnet wird und somit als Maßnahme des Mandatars und nicht des Mandanten gilt. Das aber wiederum hat für den hiervon betroffenen Bürger zur Folge, dass er im Falle eines gerichtlichen Verfahrens gegen die von dem Mandatar getroffene Maßnahme die Klage direkt gegen den Mandatar richten müsste, und nicht wie im Normalfall gegen den Mandanten. Ebenso würde sich für den Fall, dass der Mandatar in Ausübung der mandatierten Kompetenz zu Unrecht einen Verwaltungsakt im eigenen Namen erlässt oder unterlässt, auch die zuständige Widerspruchsbehörde ändern. Denn sofern der Mandatar im Namen des Mandanten einen Verwaltungsakt erlässt oder unterlässt, muss der Widerspruch gegen die von dem Mandatar getroffene Maßnahme bei dem Mandaten bzw. der diesem nach § 73 I VwGO übergeordnete Behörde eingelegt werden282. Wenn der Mandatar aber beim Erlassen oder Unter281 282
geht.
S. hierzu Kapitel 2, A. II. 1. b) dieser Untersuchung m. w. N. Dies ergibt sich daraus, dass der Verwaltungsakt formell im Namen des Mandanten er-
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Kap. 3: Die rechtliche Zulässigkeit des Mandats
lassen eines Verwaltungsaktes im eigenen Namen tätig wird und ihm die betreffende Verfügung daher voll und ganz zugerechnet werden kann, müsste ein etwaiger Widerspruch bei ihm bzw. bei der ihm nach § 73 I VwGO übergeordneten Behörde eingereicht werden. Das Handeln des Mandatars im eigenen Namen führt demnach im Gegensatz zum Handeln im Namen des Mandanten dazu, dass sich für den Bürger die Zuständigkeit hinsichtlich des Widerspruchsverfahrens und bezüglich des Beklagten ändert. Diese Unterschiede in Bezug auf den Beklagten und in Bezug auf die Widerspruchsbehörde könnten aber vor allem im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz problematisch sein und somit eventuell zur Rechtswidrigkeit der von dem Mandatar getroffenen Maßnahme führen. Denn gerade bei Ermessensentscheidungen ist es nicht auszuschließen, dass die dem Mandanten übergeordnete Behörde als zuständige Widerspruchsbehörde andere Ermessenserwägungen getroffen hätte als die dem Mandatar übergeordnete Behörde bzw., dass sie die von dem Mandatar getroffene Maßnahme vielleicht sogar aufgehoben hätte, weil sie sie für unzweckmäßig hält. Insofern ist es im Bereich der Ermessensverwaltung nicht hinnehmbar, dass der Mandatar bei Wahrnehmung der mandatierten Kompetenz im eigenen Namen einen Verwaltungsakt erlässt oder unterlässt und hierdurch – im Gegensatz zum Handeln im Namen des Mandanten – dem Bürger gegenüber die Zuständigkeit einer anderen Behörde für die Durchführung des Widerspruchsverfahrens begründet wird. Und auch im Bereich der rechtlich gebundenen Verwaltung wird man es nicht hinnehmen können, dass durch das Handeln des Mandatars im eigenen Namen im Falle eines Widerspruchsverfahrens für dieses Verfahren eine andere Behörde zuständig wäre, als wie wenn der Mandatar im Namen des Mandanten gehandelt hätte. Denn angesichts des in Kapitel 2, A. II. 1. a) dieser Untersuchung dargelegten Einflusses der zur Entscheidung berufenen Stelle auf den Inhalt einer Entscheidung verstößt es auch im Bereich der rechtlich gebundenen Verwaltung gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn dem Bürger gegenüber die dem Mandatar übergeordnete Behörde für die Durchführung des Widerspruchsverfahrens zuständig ist. Ein von dem Mandatar im eigenen Namen erlassener oder unterlassener Verwaltungsakt muss daher wegen Verstoßes gegen Art. 3 GG rechtswidrig sein, weil er die Zuständigkeit einer anderen Widerspruchsbehörde als die dem Mandanten übergeordnete Behörde begründet. Und auch für den Fall, dass gegen den Verwaltungsakt des Mandatars, sofern er im Namen des Mandanten ergangen wäre, kein Widerspruchsverfahren möglich wäre283, und nun aber, weil der Verwaltungsakt von dem Mandatar zu Unrecht im eigenen Namen erlassen wurde, doch ein Widerspruchsverfahren erfolgen müsste, ergibt sich, dass der Widerspruchsbescheid sowie die ihm zugrundeliegende Verfügung rechtswidrig sein müssen. Dies folgt 283 Etwa weil der Mandant eine oberste Bundes- oder Landesbehörde ist (§ 68 I Nr. 1 VwGO), oder weil per Gesetz vorgeschrieben ist, dass gegen einen Verwaltungsakt des Mandanten kein Widerspruchsverfahren durchgeführt werden soll.
J. Rechtsfolge der Wahrnehmung der mandatierten Kompetenz im eigenen Namen
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daraus, dass es auch hier gegen Art. 3 GG verstoßen würde, wenn ein Widerspruchsverfahren durchgeführt werden müsste, obwohl für den Fall, dass der Mandatar im Namen des Mandanten gehandelt hätte, an sich kein Widerspruchsverfahren erfolgen dürfte. Ähnlich wäre es im Übrigen auch in den Fällen einer Leistungs- oder Feststellungsklage. In so einem Fall müsste einer Klage zwar kein Widerspruchsverfahren vorgeschaltet werden, weshalb die zuvor genannten Gesichtspunkte, wonach das Handeln des Mandatars deshalb rechtswidrig sein soll, weil es dazu führt, dass eine andere Behörde als die dem Mandanten übergeordnete zu einer Entscheidung im Widerspruchsverfahren zuständig ist, nicht greifen würden. Allerdings würde ein Handeln des Mandatars im eigenen Namen dazu führen, dass der Bürger im Falle eines gerichtlichen Verfahrens den Mandatar verklagen müsste, und nicht den an sich formell zuständigen Mandanten. Und dies könnte für den Bürger dann zu Nachteilen führen, wenn etwa der Mandant bereit gewesen wäre, den von dem Bürger im Wege einer Leistungsklage geltend gemachten Anspruch anzuerkennen usw.. Das heißt, auch im Falle eines gerichtlichen Verfahrens kann es für den Bürger von großer Bedeutung sein, ob ihm der Mandatar oder der Mandant als Beklagter gegenübersteht. Deshalb wird man davon ausgehen müssen, dass wenn der Gesetzgeber den Mandatar nur zu einem Handeln im Namen des Mandanten ermächtigt hat, er dann hierdurch auch die Zuständigkeit des Mandanten für das gerichtliche Verfahren begründen wollte284. Aus diesen Gründen würde es hier ebenfalls gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen, wenn für bestimmte Bürger der Mandatar der zuständige Beklagte wäre und für andere Bürger der Mandant. Insofern wird man im Hinblick auf Art. 3 GG die von dem Mandatar getroffene Maßnahme als rechtswidrig ansehen müssen, wenn er sie in seinem eigenen Namen trifft, und dies zur Folge hat, dass der Bürger dann ihn und nicht den Mandanten verklagen müsste. Zusammengefasst bedeutet dies, dass eine Maßnahme des Mandatars (etwa ein Verwaltungsakt oder ein Realakt) rechtswidrig ist, wenn er hierbei zu Unrecht in seinem eigenen Namen und nicht im Namen des Mandanten handelt. Fraglich ist jetzt aber, ob dieser zur Rechtswidrigkeit einer Maßnahme des Mandatars führende Fehler etwa dadurch geheilt werden kann, dass der Mandatar oder der Mandant nachträglich erklären, dass die Maßnahme des Mandatars von nun an im Namen des Mandanten gelten soll. Mit Sicherheit wäre ein derartiges Vorgehen 284 Denn gerade dadurch, dass im Falle eines gerichtlichen Verfahrens der Mandant die Maßnahme des Mandatars vor Gericht vertreten muss, ist der Mandant in der Lage, die Maßnahme des Mandatars noch zu korrigieren oder gar ganz zu beseitigen, und somit seiner Verantwortung für die mandatierte Kompetenz gerecht zu werden. Und gerade diese fortbestehende Verantwortung des Mandatars ist ja aufgrund des in Kapitel 3, B. IV. dieser Untersuchung Gesagten ein großer Vorteil des Mandats etwa gegenüber einer Delegation, weshalb man davon ausgehen kann, dass der Inhaber der Organisationsgewalt, wenn er eine Ermächtigung zu einem Mandat ausspricht, gerade auf diese fortbestehende Verantwortung des Mandanten Wert legt.
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Kap. 3: Die rechtliche Zulässigkeit des Mandats
dann unzulässig, wenn es im Falle einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage erst im gerichtlichen Verfahren erfolgen würde. Denn dann wäre das Widerspruchsverfahren schon von der hierfür an sich unzuständigen Widerspruchsbehörde durchgeführt worden. Denkbar wäre aber, dass der Bürger bereits im Rahmen des Widerspruchsverfahrens darauf hingewiesen wird, dass die Verfügung des Mandatars von nun an als Maßnahme des Mandanten gelten soll, und dass daraufhin dann auch die Entscheidung im Widerspruchsverfahren von der dem Mandanten übergeordneten Behörde ergeht. Möglich wäre dies etwa dadurch, dass der Mandatar bzw. die diesem übergeordnete Behörde nach Eingang des Widerspruchs erkennt, dass der Mandatar zu Unrecht im eigenen Namen gehandelt hat, und der Bürger nun auf diesen Umstand hingewiesen wird und der Widerspruch zugleich an den Mandanten bzw. an die diesem übergeordnete Behörde abgegeben wird285. Ein derartiges Vorgehen wird man auch unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen des Bürgers noch als zulässig ansehen müssen. Die Widerspruchsbehörde könnte dann in ihrem Bescheid noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen, dass die Grundverfügung des Mandatars ursprünglich zwar fehlerhaft war, der Fehler aber jetzt dadurch, dass die von dem Mandatar getroffene Maßnahme als Maßnahme des Mandanten gilt und daher auch die dem Mandanten übergeordnete Behörde über den Widerspruch entscheidet, geheilt ist286. Entsprechend wäre es im Falle einer Leistungs- oder Feststellungsklage. Auch hier muss es ausreichend sein, dass dem Bürger vor oder während des gerichtlichen Verfahrens mitgeteilt wird, dass die Maßnahme des Mandatars von nun an als im Namen des Mandanten vorgenommen gelten soll. Der betreffende Fehler würde dann hierdurch geheilt werden. Sofern diese Erklärung aber in einem laufenden gerichtlichen Verfahren vorgenommen werden würde, müsste man dem Kläger das Recht geben, entweder die Hauptsache nach § 161 II VwGO für erledigt zu erklären, und hierdurch das Kostenrisiko der verklagten Verwaltung aufzuerlegen, oder aber die Klage auf den Mandanten umzustellen, wenn er das Verfahren trotzdem fortführen will.
K. Rechtsschutz gegen das Mandat Wie bei der Delegation287, so bestimmt sich auch der Rechtsschutz gegen ein Mandat nach der Form, in der dieses Mandat ergeht. Da ein Mandat im außenwirk285 Eine besondere Form wäre für diese Abgabe nicht erforderlich, vielmehr könnte sie formlos erfolgen. Allerdings müsste der Bürger über die Abgabe informiert werden, auch um zu entscheiden, ob er seinen Widerspruch unter den geänderten Vorzeichen noch aufrecht erhalten will. 286 Da die Verfügung des Mandatars ab dem Zeitpunkt der Erklärung als Verfügung des Mandanten gelten würde, müsste dann in einem etwaigen im Anschluss an das Widerspruchsverfahren erfolgenden gerichtlichen Verfahren nach § 78 VwGO auch der Mandant, und nicht der Mandatar verklagt werden.
K. Rechtsschutz gegen das Mandat
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samen Bereich entweder im Wege einer Rechtsverordnung bzw. Satzung oder in Form eines Verwaltungsaktes ergehen kann288, stellen sich hinsichtlich des Rechtsschutzes gegen ein Mandat die gleichen Fragen wie bezüglich des Rechtsschutzes bei einer Delegation. Es kann somit auf die in Kapitel 2, K. dieser Untersuchung gemachten Ausführungen verwiesen werden, die für das Mandat entsprechend gelten. Danach ist der Rechtsschutz gegen ein in Form einer Rechtsverordnung vorgenommenes Mandat entweder durch eine verwaltungsgerichtliche Normenkontrolle gemäß § 47 VwGO zu bewerkstelligen – sofern eine derartige Normenkontrolle aufgrund des Landesrechts möglich ist –, oder durch eine Inzidentkontrolle der von dem Mandatar vorgenommenen Maßnahme. Bei einem Singularmandat in Form eines Verwaltungsaktes ist der Rechtsschutz hingegen im Wege einer Anfechtungsklage vorzunehmen, wobei auch hier, entsprechend den bei der Delegation gemachten Ausführungen, der § 44a VwGO zu beachten ist289.
287 288 289
S. hierzu Kapitel 2, K. dieser Untersuchung. S. hierzu Kapitel 3, C. dieser Untersuchung. Zu § 44a VwGO s. Kapitel 2, K. II. dieser Untersuchung.
17 Reinhardt
Thesenartige Zusammenfassung Kapitel 1. Zur Terminologie von Delegation und Mandat 1. Unter einer Delegation versteht man den Rechtsakt, durch den ein Hoheitsträger oder ein Hoheitsorgan seine ihm durch das Recht eingeräumte Befugnis zum Erlass von Hoheitsakten auf ein anderes Subjekt überträgt. a) Die Delegation muss durch einen Rechtsakt von Seiten des Zuständigkeitsinhabers erfolgen. Keine Delegation liegt somit vor, wenn eine Behörde eine fremde Kompetenz eigenmächtig – etwa im Wege eines Selbsteintrittsrechts – an sich ziehen kann. b) Eine Delegation setzt nicht voraus, dass der delegierende Hoheitsträger seine Kompetenz verliert (konservierende Delegation). c) Keine Delegation liegt vor, wenn das Parlament einer staatlichen Stelle die Zuständigkeit zur Wahrnehmung von bestimmten Verwaltungsaufgaben zuweist. d) Eine Delegation ist nur im Falle der Übertragung einer eigenen Kompetenz gegeben. Die gegenteilige Auffassung Barbeys ist abzulehnen. e) Im Rahmen der hier vorliegenden Untersuchung wird zwischen der devolvierenden und der konservierenden Delegation, der Subdelegation, der Spezialdelegation und der totalen Delegation, der Singular- und der Generaldelegation, der primären und der sekundären Delegation, sowie der inkorporierenden und der schlichten Delegation differenziert. Ebenfalls unter den Begriff der Delegation fällt die potentielle Zuständigkeit. Keine Delegation ist in den Fällen der fiktiven Delegation gegeben. f) Die Delegation ist von der Amtshilfe, von dem in dem Einigungsvertrag zwischen der BRD und der DDR geschaffenen Institut der Verwaltungshilfe und von dem in der Verwaltungslehre verwendeten Delegationsbegriff abzugrenzen. Eine Abgrenzung zu dem Begriff der Organleihe ist hingegen nicht möglich. 2. Von einem Mandat spricht man, wenn der Inhaber einer öffentlich-rechtlichen Zuständigkeit ein anderes Subjekt beauftragt, die Kompetenzen des Mandanten in dessen Namen auszuüben. a) Kein Mandat ist gegeben, wenn eine Behörde eigenmächtig Kompetenzen einer anderen Behörde an sich ziehen und dann in deren Namen wahrnehmen kann.
Thesenartige Zusammenfassung
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b) Ein Mandat setzt voraus, dass es sich bei der mandatierten Kompetenz um eine eigene Kompetenz des Mandanten handelt. c) Die Zuweisung einer Kompetenz an eine staatliche Stelle durch das Parlament stellt kein Mandat dar. d) Im Rahmen der hier vorliegenden Untersuchung wird zwischen dem innerbehördlichen und dem zwischenbehördlichen Mandat, dem Singularmandat und dem generellen Mandat, dem Submandat, dem Spezialmandat und dem totalen Mandat, sowie dem konservierenden und dem devolvierenden Mandat unterschieden. e) Das Mandat ist von der Amtshilfe, der Organleihe, dem Boten, dem „Beauftragten“ der öffentlichen Verwaltung und von der Delegation abzugrenzen.
Kapitel 2. Die rechtliche Zulässigkeit der Delegation 1. Eine Delegation ist nur zulässig, wenn hierfür eine Ermächtigungsgrundlage besteht, die mindestens den gleichen Rang hat wie die Norm, durch die dem Deleganten die zu delegierende Kompetenz zugewiesen wurde. a) Die Frage, wer einer staatlichen Stelle Kompetenzen zuweisen darf, ist ein Problem der Organisationsgewalt. Ob die Organisationsgewalt hierbei der Exekutive oder der Legislative zusteht, hängt davon ab, inwieweit der Gesetzesvorbehalt eine Regelung der Behördenzuständigkeit durch das Parlament bzw. aufgrund einer parlamentsgesetzlichen Ermächtigung verlangt. Daraus folgt, dass die Organisationsgewalt, sofern sie die Regelung der Behördenzuständigkeit betrifft, weitestgehend dem Gesetzgeber zukommt. aa) Die Regelung der Behördenzuständigkeit ist, unabhängig von dem Einfluss der zur Entscheidung berufenen Stelle auf den Inhalt einer Entscheidung, kein Bestandteil der materiellen Eingriffsregelung bzw. ist mit dieser auch nicht untrennbar verbunden. bb) Das Rechtsstaatsprinzip stellt verschiedene Anforderungen an die Ausgestaltung der Zuständigkeitsregelungen. So verlangt es zum einen, dass der Bürger die für ihn zuständigen Behörden kennen können muss. Daneben ergibt sich aus Art. 1 III, 20 III GG die Verpflichtung, die zuständigen Behörden immer so auszustatten, dass sie zur ordnungsgemäßen Bewältigung der ihnen übertragenen Aufgaben in der Lage sind. Dies hat zur Folge, dass wegen Art. 1 III, 20 III GG nur die zuständige Behörde zum Handeln gegenüber dem Bürger befugt ist, da ansonsten die Pflicht zur Ausstattung sinnlos wäre. Mittelbar folgt hieraus dann die Verpflichtung, die Regelung der Behördenzuständigkeit so auszugestalten, dass dem Bürger ein Recht auf die zuständige Behörde zukommt und er sich gegen Zuständigkeitsverletzungen zur Wehr setzen kann. Eine derartige Ausgestaltung der Zuständigkeitsordnung ist aber nur durch eine unmittelbar im Außenverhältnis wirksame Regelung zu gewährleisten. Eine derart 17*
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Thesenartige Zusammenfassung
außenwirksame Regelung kann jedoch nur durch ein Parlamentsgesetz oder eine davon abgeleitete Rechtsverordnung oder Satzung getroffen werden, nicht aber durch eine Verwaltungsvorschrift. (1) Die fehlende Außenwirkung einer Verwaltungsvorschrift ergibt sich hierbei zum einen daraus, dass ansonsten der Art. 80 GG umgangen werden könnte, sowie zum anderen aus dem Umstand, dass die Wirksamkeit einer Verwaltungsvorschrift unabhängig von ihrer Veröffentlichung oder Bekanntmachung besteht. (2) Daneben steht der Exekutive auch kein Recht zu, eigenmächtig, also ohne vorherige Ermächtigung durch das Parlament, außenwirksame Normen in Form von Rechtsverordnungen zu erlassen. Dies ergibt sich aus dem Umkehrschluss zu Art. 80 GG, wonach die Regierung Rechtsverordnungen nur aufgrund einer vorherigen Ermächtigung erlassen darf. (3) Eine Regelung der Behördenzuständigkeit mittels Verwaltungsvorschriften ist somit, abgesehen von dem Fall, dass auch das materielle Recht durch Verwaltungsvorschriften geregelt werden darf, für das Rechtsstaatsprinzip nicht ausreichend. cc) Aufgrund der Wesentlichkeitstheorie müssen die grundlegenden Regelungen im Hinblick auf die Verteilung der Zuständigkeiten vom Parlament getroffen werden. b) Eine Ermächtigung zur Delegation durch Gewohnheitsrecht ist zwar grundsätzlich möglich, wird aber angesichts der strengen Voraussetzungen für die Entstehung von Gewohnheitsrecht so gut wie nie gegeben sein. 2. Bei Zuständigkeitsregelungen, die dem Gesetzesvorbehalt unterfallen, muss die Delegation in Form einer außenwirksamen Rechtsverordnung bzw. Satzung vorgenommen werden. Hierbei können sich aus dem Bestimmtheitsgebot, der Wesentlichkeitstheorie sowie unter dem Gesichtspunkt, dass es sich bei einer Delegationsrechtsverordnung um eine „gesetzesändernde“ Rechtsverordnung handelt, Einschränkungen für die Zulässigkeit einer Delegation ergeben. Bei Zuständigkeiten, die in Form einer Verwaltungsvorschrift getroffen werden, muss auch eine entsprechende Delegation im Wege einer Verwaltungsvorschrift erfolgen. 3. Besonderheiten bestehen hinsichtlich der Zulässigkeit einer Delegation dann, wenn der Adressat der Delegation eine Stelle ist, der gegenüber kein staatliches Weisungsrecht besteht (ministerialfreier Raum), sowie bei einer Delegation an Private oder an Gemeinden. Wegen Art. 23, 24 GG ist eine Delegation an zwischenstaatliche Einrichtungen und internationale Organisationen unzulässig. Nur unter sehr engen Voraussetzungen zulässig ist ferner eine Delegation, die zu einer Mischverwaltung führen würde. Ebenfalls sehr problematisch ist, ob Beliehene zur Vornahme einer Delegation in Form einer Rechtsverordnung oder in Form einer Verwaltungsvorschrift er-
Thesenartige Zusammenfassung
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mächtigt werden können. Dies ist nur dann zulässig, wenn dem Beliehenen der genaue Inhalt der Delegation vorgegeben wird und er somit nur noch über das „ob“ der Delegation entscheiden kann. 4. a) Hinsichtlich der Frage des „ob“ der Delegation und des „an wen“, hat der Delegant einen relativ großen Spielraum, der aber bei einer Kompetenz, die zum Handeln gegenüber dem Bürger berechtigt oder bei einer Kompetenz, die einen gewissen Sachverstand erfordert, eingeschränkt ist. b) Die Rechtsschutzmöglichkeiten des Bürgers bei einer Verletzung dieses Spielraumes richten sich nach der Form, in der die Delegation vorgenommen wird. Keine Rechtsschutzmöglichkeiten stehen dem Bürger diesbezüglich bei einer Delegation in Form einer Verwaltungsvorschrift zu. Bei einer Delegation durch einen Verwaltungsakt kann in der Verletzung des dem Deleganten zukommenden Spielraumes ein Beurteilungs- oder Ermessensfehler liegen, der dann zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes führt. Wird die Delegation in Form einer Rechtsverordnung vorgenommen, kann diese bei einer schwerwiegenden und offenkundigen Überschreitung des dem Deleganten zukommenden Spielraumes nichtig sein. 5. Eine rückwirkende Delegation führt im Verhältnis zum Bürger nur dann zur Heilung des Handelns einer unzuständigen Behörde, wenn eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung besteht, die eine derartige Heilung zulässt. Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, inwieweit eine fehlerhaft vorgenommene Delegation rückwirkend geheilt werden kann. Dies ist unter den Voraussetzungen zulässig, die für die Rückwirkung von Gesetzen bestehen. Im rein verwaltungsinternen Bereich führt eine rückwirkende Delegation dann zu einer Heilung, wenn die delegierende Behörde eine derartige Heilung will und der Heilung keine übergeordneten Gründe entgegenstehen. 6. Eine Singulardelegation außerhalb des verwaltungsinternen Bereichs ist im Hinblick auf Art. 3 GG nur in ganz besonderen Ausnahmefällen zulässig. Daneben setzt ihre Zulässigkeit eine spezielle Ermächtigung gerade zur Singulardelegation voraus. Die Singulardelegation erfolgt in der Regel in Form eines Verwaltungsaktes bzw. im verwaltungsinternen Bereich in Form einer Einzelweisung. 7. Eine konservierende Delegation ist nur zulässig, wenn die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen nicht bestehen kann und ein sachlicher Grund im Sinne des Art. 3 GG für die durch sie gegebene Ungleichbehandlung gegeben ist. Daneben verlangt die Zulässigkeit der konservierenden Delegation noch, dass eine entsprechende Ermächtigung gerade für die konservierende Delegation besteht. Sofern keine ausdrückliche Ermächtigung hierfür gegeben ist, ist durch Auslegung der Delegationsermächtigung zu ermitteln, ob und inwieweit auch eine konservierende Delegation zulässig sein soll. 8. Eine totale Delegation ist vom Grundsatz her ohne weiteres zulässig. Erforderlich ist hierfür aber eine ausdrückliche Ermächtigung.
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Thesenartige Zusammenfassung
9. Eine Subdelegation ist nur zulässig, wenn auch eine entsprechende Ermächtigung für den Subdeleganten besteht. Diese Ermächtigung kann entweder von dem Inhaber der Organisationsgewalt gemeinsam mit der Delegationsermächtigung ausgesprochen werden, oder der Delegant kann den Delegatar (=Subdelegant) selbst zur Vornahme der Subdelegation ermächtigen. Für den Fall, dass der Delegant den Delegatar zur Vornahme einer Subdelegation ermächtigen will, braucht er hierfür aber selbst eine Ermächtigung. Je nach Auslegung kann aber in der Ermächtigung des Deleganten zur Vornahme einer Delegation zugleich auch die Berechtigung erblickt werden, dem Delegatar die Vornahme einer Subdelegation zu gestatten. 10. In den Fällen der potentiellen Zuständigkeit muss die Delegation in Form einer außenwirksamen Rechtsverordnung vorgenommen werden, sofern es sich um eine Zuständigkeit handelt, die unter den Gesetzesvorbehalt fällt. Die gegenteilige Auffassung in der Rspr. und der Lit. ist abzulehnen. 11. Der Rechtsschutz gegen eine Delegation richtet sich hauptsächlich nach der Form, in der die Delegation vorgenommen wird. Bei einer Delegation im Wege einer Rechtsverordnung oder Satzung ist § 47 VwGO bzw. eine inzidente Normenkontrolle einschlägig. Wird die Delegation in Form eines Verwaltungsaktes vorgenommen, muss der Rechtsschutz im Wege einer Anfechtungsklage erfolgen. Die hierfür erforderliche Klagebefugnis ergibt sich unmittelbar daraus, dass dem Bürger gegenüber die Zuständigkeit geändert wird. Einer direkten Anfechtung des Delegationsverwaltungsaktes steht aber eventuell der § 44 a VwGO entgegen.
Kapitel 3. Die rechtliche Zulässigkeit des Mandats 1. Die grundsätzliche rechtliche Zulässigkeit eines innerbehördlichen und eines zwischenbehördlichen Mandats ist unproblematisch. 2. Das innerbehördliche Mandat ist ohne eine besondere Ermächtigung zulässig. Die Vornahme eines zwischenbehördlichen Mandats setzt hingegen eine entsprechende Ermächtigung voraus. a) Von dem Erfordernis einer speziellen Ermächtigung für das zwischenbehördliche Mandat kann auch bei einem Mandat zur ergänzenden Hilfe im Sinne Hufelds keine Ausnahme zugelassen werden. Ein derartiges Mandat zur ergänzenden Hilfe soll dann gegeben sein, wenn eine Behörde zur Erfüllung ihrer Aufgaben auf Bedienstete anderer Behörden zugreift, und diese Bediensteten durch bestimmte Kontrollen wie etwa einen Zeichnungsvorbehalt o.ä. in einer Art und Weise an die mandatierende Behörde gebunden werden, dass sich ihre Stellung von der eines regulären Bediensteten der mandatierenden Behörde kaum noch unterscheidet. Dass auch in diesen Fällen auf eine besondere Ermächtigung für das zwischenbehördliche Mandat nicht verzichtet werden kann, ergibt sich daraus, dass es eine Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsregelung darstellt, Bedienstete an-
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derer Behörden anstelle eigener Bediensteter einzusetzen. Eine Ausnahme hiervon besteht nur dann, wenn die Bediensteten der fremden Behörde zuvor in die mandatierende Behörde abgeordnet werden. Dann liegt aber eigentlich kein zwischenbehördliches Mandat mehr vor, sondern nur ein Sonderfall eines innerbehördlichen Mandats. b) Eine Ausnahme vom Erfordernis einer gesetzlichen Ermächtigung für ein zwischenbehördliches Mandat besteht auch dann nicht, wenn der Mandatar verpflichtet ist, dem Mandanten die von ihm zu treffende Entscheidung vorher zur Kontrolle vorzulegen. Denn der verwaltungsverfahrensrechtliche Untersuchungsgrundsatz verlangt, dass die zuständige Behörde selbst die der Entscheidung zugrunde liegenden Tatsachen ermittelt bzw. wenigstens deren Richtigkeit überprüft. Sofern der Mandant aber den Entscheidungsvorschlag des Mandatars entsprechend dem Untersuchungsgrundsatz überprüfen würde, läge eine eigene Entscheidung des Mandanten vor, so dass dem Mandatar nur noch die Funktion zukäme, diese Entscheidung des Mandanten in dessen Namen dem Betroffenen gegenüber zu verkünden. c) Auf eine gesetzliche Ermächtigung für ein zwischenbehördliches Mandat kann auch dann nicht verzichtet werden, wenn der Mandant dem Mandatar gegenüber weisungsbefugt ist. Im Übrigen ist jedem Mandatsverhältnis in der Regel ein Weisungsrecht des Mandanten immanent, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist. d) Die Ermächtigung zu einer Delegation enthält nicht zugleich auch die Ermächtigung zur Vornahme eines zwischenbehördlichen Mandats. Vielmehr bestehen zwischen Delegation und Mandat wesentliche Unterschiede im Hinblick auf das gerichtliche Verfahren, die Einwirkungsmöglichkeiten des Mandanten bzw. Deleganten auf den Mandatar bzw. Delegatar, sowie im Hinblick auf die Verantwortung des Mandanten bzw. Deleganten für das Handeln des Mandatars bzw. Delegatars. e) Abzulehnen ist auch die Auffassung, dass bei besonderer Ausgestaltung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung auf eine Ermächtigung für ein zwischenbehördliches Mandat verzichtet werden könne. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Regelung der Behördenzuständigkeit immer verbindlich sein soll, solange der Inhaber der Organisationsgewalt hiervon nicht ausdrücklich eine Ausnahme zugelassen hat. 3. a) Das innerbehördliche Mandat muss in Form einer Verwaltungsvorschrift bzw. Einzelweisung erfolgen. b) Das zwischenbehördliche generelle Mandat muss in den Fällen, in denen die Regelung der Behördenzuständigkeit unter den Gesetzesvorbehalt fällt, im Wege einer Rechtsverordnung bzw. Satzung erfolgen und in den Fällen, in denen die Regelung der Zuständigkeit nicht dem Gesetzesvorbehalt unterfällt, in Form einer Verwaltungsvorschrift vorgenommen werden. Dies ergibt sich daraus, dass die aus
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Art. 1 III, 20 III GG herrührende Verpflichtung zur Ausstattung der Behörden entsprechend ihrer Zuständigkeiten mittelbar die Verpflichtung begründet, die Regelung der materiellen Zuständigkeit so auszugestalten, dass dem Bürger ein Recht auf die Einhaltung der materiellen Zuständigkeit zukommt. Daher muss auch die materielle Zuständigkeit in Form eines außenwirksamen Rechtssatzes geregelt werden, sofern das materielle Recht durch außenwirksames Gesetz festgelegt wird. Da demnach auch die Regelung der materiellen Zuständigkeit im Normalfall unter den Gesetzesvorbehalt fällt, muss auch die durch ein Mandat bewirkte Änderung der materiellen Zuständigkeit durch eine außenwirksame Rechtsverordnung bzw. Satzung erfolgen. Eine Regelung durch eine Verwaltungsvorschrift oder – wie bei § 88 SGB X – durch einen öffentlich rechtlichen Vertrag ist somit in diesen Fällen nicht ausreichend. 4. Wie bei der Delegation, so bestehen auch beim Mandat Besonderheiten im Hinblick auf die Mandatierung von Privatpersonen, von Gemeinden und im Hinblick auf die Mandatierung von Stellen, denen gegenüber keine staatlichen Weisungsbefugnisse bestehen (ministerialfreie Räume). Unzulässig ist die Mandatierung von zwischenstaatlichen Einrichtungen und internationalen Organisationen, stark eingeschränkt ist die Zulässigkeit einer Mandatierung, die eine Mischverwaltung zur Folge hätte. 5. Ein Mandat des Gesetzgebers an die Exekutive, im Namen des Parlamentes Parlamentsgesetze zu erlassen, ist nicht möglich. Ein Mandat zur Rechtsetzung innerhalb der Exekutive ist hingegen bei Vorliegen einer entsprechenden Ermächtigung zulässig. Gegenstand des Mandats ist dann die Kompetenz zum Erlass von Rechtsverordnungen, Satzungen und Verwaltungsvorschriften. Sofern das Mandat den Erlass von Rechtsverordnungen zum Gegenstand hat, muss es analog Art. 80 I 4 GG bzw. der entsprechenden landesverfassungsrechtlichen Vorschriften im Wege einer Rechtsverordnung erfolgen. Unzulässig ist in diesem Zusammenhang aber ein Mandat zur Rechtsetzung von einer Bundes- an eine Landesbehörde, sofern das von der Landesbehörde im Namen der Bundesbehörde zu erlassende Gesetz über das betreffende Bundesland hinaus Geltung beanspruchen soll. Sofern der Geltungsbereich der betreffenden Regelung aber auf das jeweilige Bundesland beschränkt sein soll, ist ein Mandat zur Rechtsetzung von einer Bundes- auf eine Landesbehörde in Ausnahmefällen zulässig. Unter keinen Umständen zulässig ist ein Mandat zur Rechtsetzung von einer Landes- auf eine Bundesbehörde. 6. In Bezug auf den Spielraum des Mandanten hinsichtlich des „ob“ und des „an wen“ des Mandats gelten die gleichen Grundsätze wie bei der Delegation. 7. Bezüglich der Frage, ob und inwieweit ein Mandat rückwirkend erfolgen kann, gelten die gleichen Grundsätze wie bei der Delegation.
Thesenartige Zusammenfassung
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8. Ein konservierendes Mandat ist vom Grundsatz her nur zulässig, wenn die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen gebannt ist. Im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz bestehen bei einem konservierenden Mandat im Gegensatz zu einer konservierenden Delegation hingegen kaum Bedenken, weshalb es für die rechtliche Zulässigkeit eines konservierenden Mandats unter diesem Gesichtspunkt ausreichend ist, dass für das konservierende Mandat irgendein sachlicher Grund gegeben ist. Dies ergibt sich daraus, dass es im Falle eines konservierenden Mandats keine Unterschiede in Bezug auf den Beklagten und die zuständige Widerspruchsbehörde gibt, und dass im Falle eines konservierenden Mandats auch keine unterschiedlichen Ermessenspraxen zwischen Mandant und Mandatar entstehen können, da der Mandatar an die Ermessenspraxis des Mandanten gebunden ist. In der Ermächtigung zur Vornahme eines Mandats liegt in der Regel zugleich die Ermächtigung zur Vornahme eines konservierenden Mandats, sofern die Auslegung der Mandatsermächtigung nichts anderes ergibt. 9. Ein Singularmandat ist zulässig, sofern hierfür ein sachlicher Grund besteht. Es setzt aber eine besondere Ermächtigung voraus, wobei eventuell die Ermächtigung zur Vornahme eines Mandats auch die zur Vornahme eines Singularmandats mit einschließt. 10. Das Submandat ist wie ein ganz normales Mandat zu behandeln. Im Bereich des Bundes wirft das Submandat aber Probleme im Hinblick auf Art. 80 I 1,4 GG auf, da man die Ermächtigung zur Vornahme eines Submandats nicht ohne weiteres als Übertragung der Mandatsermächtigung ansehen kann. Der Art. 80 I 4 GG ist aber auf die Ermächtigung zur Vornahme eines Submandats analog anzuwenden. 11. Eine Maßnahme des Mandatars ist rechtswidrig, wenn er hierbei zu Unrecht im eigenen Namen und nicht im Namen des Mandanten gehandelt hat. Die Rechtswidrigkeit ergibt sich hierbei daraus, dass ein Handeln des Mandatars im eigenen Namen zu einer Verschiebung in Bezug auf die zuständige Widerspruchsbehörde und in Bezug auf den zuständigen Beklagten führt. Der Fehler des Mandatars kann aber dadurch geheilt werden, dass er oder der Mandant nachträglich erklären, dass die von dem Mandatar getroffene Maßnahme von nun an im Namen des Mandanten gelten soll, sofern durch diese Erklärung die Verschiebung in Bezug auf die Widerspruchsbehörde und den Beklagten wieder rückgängig gemacht werden kann. 12. Der Rechtschutz des Bürgers gegen ein Mandat hängt wie bei der Delegation davon ab, ob das Mandat in Form einer Rechtsverordnung bzw. Satzung, einer Verwaltungsvorschrift oder in Form eines Verwaltungsaktes vorgenommen wird. Es gelten hierbei dann die gleichen Grundsätze wie bei der Delegation.
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18 Reinhardt
Sachverzeichnis Abordnung 187, 192 Abrissverfügung 143 allgemeine Handlungsfreiheit 63 Amtshilfe 30, 44, 171, 184, 188 Anfechtungsklage 127, 170, 257 – gegen behördliche Verfahrenshandlungen 171 – Klagebefugnis 170 – Rechtsschutzbedürfnis 172 argumentum a maiore ad minus 203 Aufenthaltsverbot 48, 189 Auftragsverhältnis 39 Außenrechtssatzvorbehalt 87, 167 Baugenehmigung 63, 76, 164, 219 Beauftragter für den Datenschutz 50 Bebauungsplan, vorhabenbezogener 196 Behörde – als Ansprechpartner für den Bürger 63, 85, 89, 165, 218, 220 – Ausstattung 67, 122, 134, 180, 212, 222, 242 – behördeninterne Zuständigkeit, Verletzung 73 – Einrichtung 53, 57, 93 – Recht auf ordnungsgemäß ausgestattete Behörde 72 – Spezialisierung der 62, 89, 134 Behördenleiter, Behördenvorstand 34, 41, 73, 173, 180, 183, 190, 192 Behördenleitervorbehalt 175, 214 Beleihung, Beliehener 109, 119, 229 – Rechtsetzungsrecht von Beliehenen 117 Bestimmtheitsgebot 101 Bote, Botenschaft 47, 195, 199 Bundesanstalt für Arbeit 28, 166 Bundesautobahn, bauliche Anlagen 164 Bundespräsident 16, 96, 105, 126, 149, 150, 160 – rechtswahrende Kontrollfunktion 151
Bundesrat, Zustimmungserfordernis bei Gesetzen 111 Bundesstaatsprinzip 236, 237 Bundesversicherungsanstalt für Angestellte 225, 227 Delegatar, -Bindung an die Ermessenspraxis und die Gesetzesauslegung des Deleganten 145 Delegation – bedingte 146 – Begriff 20, 21, 23 – echte, unechte 22 – Erfordernis einer Ermächtigung 94 – Ermächtigung durch Gewohnheitsrecht 95 – fiktive 27 – Form 97, 99, 101, 103, 105 – Gegenstand der Delegation 24 – Grenzen aus Sicht des Deleganten 121 – Grenzen aus Sicht des Inhabers der Organisationsgewalt 106 – inkorporierende 30, 110 – nachträgliche (rückwirkende) 21, 130 – primäre 29 – Rechtsschutz 126, 168, 169, 171 – schlichte 30 – sekundäre 29 – Spezialdelegation 26 – totale 26, 152, 153 – von Rechtsprechungsbefugnissen 25 Deutsche Bundesbank 16, 48, 194, 197 Devolvierende Delegation 26 Devolvierendes Mandat 43 Disziplinarverfahren 16, 48, 194 Drogenszene 16, 48, 189, 190 Einfluss der zur Entscheidung berufenen Stelle auf den Inhalt einer Entscheidung 57, 58, 77, 88, 135, 143, 223, 247, 254
Sachverzeichnis Eingriff 56, 59, 63, 66, 68, 91 Einigungsvertrag 35 Einzelfall und ermessenssteuernde Verwaltungsvorschrift 58, 83 Einzelfallgesetz 138 Entlastungsinteresse des Deleganten 125, 129 Entscheidungsspielraum des Deleganten bei Vornahme der Delegation 121, 125 Erledigung der Hauptsache 256 Feststellungsklage 204, 206, 255, 256 Finanzamt 69, 193 formalisierter Gesetzesbegriff 235 Formelle Zuständigkeit 20, 179, 216, 217, 221, 224, 244, 253 – Heilung einer unter Verstoß gegen die formelle Zuständigkeit zustande gekommenen Maßnahme 255 – Verpflichtung der formell zuständigen Behörde, dem Bürger die materiell zuständige Behörde mitzuteilen 219 – Verstoß gegen die formelle Zuständigkeit 252 Führungsstil innerhalb der Verwaltung 34 Gefahrenabwehr 125, 150, 192, 194, 211 Gemeinde – Auftragsangelegenheiten 33 – Gesetzesvorbehalt für die Aufgabenzuweisung 113, 233 – Selbstverwaltungsrecht 114, 115 Gemeinderat 27, 105, 116, 153, 196, 197 Gemeindeverwaltungsverband 25 Genehmigung des Handelns einer unzuständigen Behörde durch die zuständige Behörde 131 gesetzesändernde Rechtsverordnung 102 Gesetzesvorbehalt – für das materielle Recht 91 – für Zuständigkeitsregelungen 54 Gestaltungsfreiheit des Verordnungsgebers 127 – gerichtliche Überprüfbarkeit der Gestaltungsfreiheit 128 Gewohnheitsrecht 95 Grundrechtsschutz durch Verfahren 70 18*
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Heilung des Handelns einer unzuständigen Behörde 130 Inkorporation, funktionelle 46, 184, 185, 189 Innerbehördliches Mandat – Begriff 41 – Erfordernis einer Ermächtigung 177 – Form 214 – rechtliche Zulässigkeit 174 internationale Organisationen 108, 230 Inzidentprüfung 169, 170, 172 Kenntnis der zuständigen Behörde, Interesse für den Bürger 63, 64, 75, 82, 84, 146, 152, 167, 170, 223 Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung 92 konkurrierende Gesetzgebungskompetenz 239, 240 Konservierende Delegation – Begriff 26 – Erfordernis einer Ermächtigung 149 – rechtliche Zulässigkeit 139 Konservierendes Mandat – Begriff 43 – Erfordernis einer Ermächtigung 245 – rechtliche Zulässigkeit 245 Krankenkassen, Krankenkassenverbände 225 Kreistag 116, 153 Landesstraßenbaubehörde 164 Landesversicherungsanstalten 225 Landeszentralbank 16, 195 Leistungsklage, allgemeine 204, 255 Leistungsträger, sozialrechtlicher 225, 227 Leistungsverwaltung 91 Mandant – Entscheidungsspielraum des Mandanten hinsichtlich der Vornahme des Mandats 241 – Innenverhältnis zwischen Mandant und Mandatar 39, 227 – Überwachung und Kontrolle des Mandatars 208, 247, 252
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Sachverzeichnis
– Verantwortung für den Mandatar 200, 208, 221, 241 Mandat – an Private 40, 228 – Begriff 36, 37, 39 – devolvierendes 43 – Erfordernis einer Ermächtigung 177 – Form 214, 215, 217, 219, 221, 223, 225, 227 – Gegenstand des Mandats 39 – generelles 42 – Mandatsbegriff Triepels 43 – nachträgliches (rückwirkendes) 37, 243 – Offenlegung gegenüber dem Bürger 41, 251, 252 – rechtliche Zulässigkeit 173, 175 – Spezialmandat 43 – Submandat 42, 249 – totales 43 – von Rechtsetzungskompetenzen 233 – zur ergänzenden Hilfe 182 – Zweckmäßigkeit 122, 241 Mandatar – als verlängerter Arm des Mandanten 202 – Bindung an die Ermessenspraxis des Mandanten 208, 221, 244 – Handeln im eigenen Namen und nicht im Namen des Mandanten 252 Materielle Zuständigkeit 179, 197, 198, 203 – Abänderung 20, 179, 226 – Recht auf die materiell zuständige Behörde 222 – Vorbehalt des Gesetzes 216 – Vorrang des Gesetzes 179 Messbarkeit und Limitiertheit staatlichen Handelns 73, 220 Ministerialfreier Raum 106, 230 Mischverwaltung 30, 109, 232, 237, 238 Mitwirkung von unzuständigen Stellen bei der Entscheidungsfindung 196 Normenkontrolle 169, 257 Öffentliche Bestellung 43, 44 Organisationsgewalt 53 – behördeninterne 180, 183, 186, 190 – im Bereich der Länder 93 – im Bereich des Bundes 53
Organisationsverschulden, Amtshaftung 69 Organleihe 32, 45 Parallelzuständigkeit 76 Petitionsrecht 63 Pflicht zur Ausstattung 68, 70, 222 – Verletzung der Pflicht / Justitiabilität 72 Platzverweis 16, 48, 189 Polizeibehörde und Polizeivollzugsdienst – Parallelzuständigkeit 210 – Trennung der Aufgabenbereiche 192, 211 Polizeibehörde, Weisungsrecht gegenüber dem Polizeivollzugsdienst 190, 211 Postulationsfähigkeit 205, 206 Potentielle Zuständigkeit 28, 119, 163 Prioritätsgrundsatz 140, 141, 143, 243 Prozesshandlung 205, 206 Recht auf den behördenintern zuständigen Amtswalter 73, 214 Rechtsträger, Auseinanderfallen der Rechtsträger von Delegant und Delegatar 32, 45, 205 Rechtsträgerprinzip 204 Rechtsverordnung – gesetzesändernde 102 – Übertragung der Ermächtigung 156, 159 Rückwirkung, echte, unechte 132 Satzung – Delegation mittels Satzung 105 – Übertragung der Ermächtigung 157 Seekasse 225, 227 Selbstbindung 83, 85, 86, 120, 136, 137, 143, 144, 168 Selbsteintrittsrecht 20, 37, 148 Singulardelegation – Begriff 26 – Erfordernis einer Ermächtigung 136 – rechtliche Zulässigkeit 133 Singularmandat – Begriff 42 – Erfordernis einer Ermächtigung 247 – rechtliche Zulässigkeit 245 Subdelegation – Begriff 26 – Erfordernis einer Ermächtigung 155 – Form 154
Sachverzeichnis – rechtliche Zulässigkeit 154 – -sverhältnis, Weisungsrecht 200 Totalvorbehalt 91, 98 Untersuchungsgrundsatz 196, 197, 199 Verfassungsmäßige Ordnung 66 Verlässlichkeit und Vorhersehbarkeit staatlichen Handelns 140, 227 Verpflichtungsklage 172, 204, 205, 242, 256 Versetzung 187, 192 Vertrag, öffentlich-rechtlicher 37, 206, 207, 225, 226 Vertretung vor Gericht durch einen Bediensteten einer anderen Behörde 205 Verwaltungsakt – Definition 137 – Einzelfallregelung 27 – mitwirkungsbedürftiger 164 Verwaltungshelfer 229 Verwaltungshilfe, Einigungsvertrag 35 Verwaltungsvorschrift – Außenwirkung 55, 78, 81, 85, 120, 127, 138, 168 – Befugnis zum Erlass einer Verwaltungsvorschrift 103 – Bekanntgabe, Veröffentlichung 82, 83 – Übertragung der Befugnis zum Erlass einer Verwaltungsvorschrift 105, 157 Verweisung, dynamische 237, 240 Verweisung, statische 240 Vorrang des Gesetzes 52, 94, 104, 175, 179, 181, 188, 212, 248 Wahlrecht der Exekutive hinsichtlich des Erlasses eines Verwaltungsaktes oder einer Rechtsverordnung 138
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Wahlrecht zwischen zwei gesetzlichen Regelungen 166 Wehrbeauftragter 50 Weisungsverhältnis, Weisungsrecht 40, 47 – Mandant gegenüber Mandatar 200, 201, 247, 252 – zwischen Delegant und Delegatar 201 – zwischen gleichrangigen Behörden 144 Wesentlichkeitstheorie 88, 92, 94, 99, 107, 223 Widerspruchsverfahren 142, 246, 253, 254, 256 Zeichnungsbefugnis (für den Behördenvorstand) 41 Zeichnungsvorbehalt 185 Zuständigkeit – alternative 140, 243 – außerordentliche 23 – Ausschließlichkeit der Zuständigkeit 61, 76 – Eigenzuständigkeit 38 – Einräumung durch das Parlament 22, 38 – kumulative 140 – Manipulation 133, 221 – Recht auf Einhaltung 65, 71 – Schutzfunktion 67, 75, 123 – Wahrnehmungszuständigkeit 38 Zwischenbehördliches Mandat – Begriff 41 – Erfordernis einer Ermächtigung 178 – Form 215 – im Verhältnis der übergeordneten zur untergeordneten Behörde 212 – rechtliche Zulässigkeit 175 – zwischen gleichrangigen Behörden 177 Zwischenstaatliche Einrichtungen 108, 230