Dehio - Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler: Bezirke Berlin/DDR und Potsdam [2., verbesserte Auflage, Reprint 2021] 9783112481028, 9783112481011


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German Pages 562 [575] Year 1989

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Dehio - Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler: Bezirke Berlin/DDR und Potsdam [2., verbesserte Auflage, Reprint 2021]
 9783112481028, 9783112481011

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Georg Dehio Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler

Institut f ü r Denkmalpflege

Schutzumschlag: Berlin, Zeughaus, Mittelrisalit der Hauptfassade Unter den Linden Foto: Institut für Denkmalpflege der DDR Meßbildarchiv

Bezirke Berlin/DDR und Potsdam Bearbeitet im

Institut für Denkmalpflege

2., verbesserte Auflage

Akademie-Verlag Berlin 1988

Georg Dehio Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler Begründet v o m Tag für Denkmalpflege 1900 Neubearbeitung durch das Institut für Denkmalpflege im Einvernehmen mit der Vereinigung zur Herausgabe des Dehio-Handbuchs

In der ersten Auflage bearbeitet von Beate Becker Gerda Herrmann

Horst Büttner Ilse Schröder

Horst Drescher f Christa Stepansky

Heinrich Trost und weiteren Mitarbeitern

I

Historisches Nachwort

Die Bezirke Berlin, Potsdam, Frankfurt/O. und Cottbus umfassen im wesentlichen das Gebiet der ehemaligen Mark Brandenburg einschließlich Berlins, einen von gemeinsamer geschichtlicher Entwicklung geformten Raum. Die besondere Stellung der Mark Brandenburg und der Stadt Berlin und ihre enge Verflechtung mit der preußischen und deutschen Geschichte rückten dieses Territorium in den Mittelpunkt gesellschaftlicher Prozesse und folgenschwerer politischer Auseinandersetzungen, die hier nur zum Teil angedeutet werden können. Die märkische Landschaft mit den Kiefernwäldern, Seen und Flüssen, Wiesen, Luchen und Brüchen ist ein Teil des weiten norddeutschen Tieflandes; ihre Oberflächengestaltung wird durch die Eiszeiten und Urstromtäler bestimmt. Obwohl die Mark Brandenburg wegen ihres sandigen Bodens und ihrer Kargheit „Streusandbüchse des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation" genannt wurde und oft als ein armes Land galt, gibt es hier eine interessante Architektur und ein unverwechselbares künstlerisches Gepräge. Frühgeschichtliche Fundstellen erstrecken sich über weite Teile des Landes und enthalten vielfältige Zeugnisse seiner Vergangenheit. In den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung war Brandenburg von dem germanischen Stamm der Semnonen bewohnt, die in der Völkerwanderungszeit ihre Gebiete verließen. Ihnen folgten westslawische Stämme, wie die Obotriten, die Wilzen (Lutizen) und Heveller sowie die Sorben. Orts- und Flurnamen wie auch die Ausgrabungen bezeugen die vielhundertjährige Herrschaft der Slawen in diesem Land. Die Festigung der feudalen Gesellschaftsordnung im 9. und 10. Jahrhundert ging einher mit einer Ausdehnung des Machtbereiches in die von Slawen bewohnten Gebiete östlich der Elbe und Mulde, der feudalen Ostexpansion, die mehrere Jahrhunderte währen sollte. Karl der Große unternahm seit 789 mehrfach Eroberungszüge gegen die Wilzen, Heinrich I. drang gegen die Heveller und Wilzen vor. Im Winter 928/929 eroberte er die Hevellerfeste Brenabor (Brandenburg), die in der Folgezeit zum überregionalen Herrschaftsmittelpunkt wurde und deren Name dann auf die ganze Landschaft übertragen werden sollte. Unter Otto I. unterwarf Markgraf Gero das Land bis zur Oder und Peene, das seit dem 12. Jahrhundert Nordmark genannt wurde; 948 begründete der König die beiden Bistümer Brandenburg und Havelberg. Die Slawen setzten sich wiederholt gegen diese von sächsischen und anderen deutschen Feudalherren betriebene Unterwerfung und Christianisierung zur Wehr. Im großen Slawenaufstand von 98} konnten sie sich für i 1 / 2 Jahrhunderte

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Historisches Nachwort

wiederum Freiheit und Unabhängigkeit sichern. D e r nördliche Teil des Gebietes mit Havelberg und Brandenburg wurde zurückerobert, die Bischofsitze mit ihren Kathedralen wurden zerstört, die Bischöfe vertrieben. Die Expansion des Feudaladels in die slawischen Nachbargebiete war vorläufig zum Stehen gebracht. Unter dem Askanier Albrecht dem Bären, dem Kaiser Lothar III. 1134 die Nordmark (die spätere Altmark) verlieh, setzte eine für die Mark Brandenburg wichtige Periode des Ausbaues der Territorialherrschaft ein. Albrecht gewann im Kampf mit dem Lutizenfürst Jaxa von Köpenick erneut Brandenburg sowie die Prignitz und die westliche Mittelmarkt und übernahm 1157 den Titel „Markgraf von Brandenburg". Seine Nachfolger vergrößerten das Land durch die Uckermark, Barnim, T e l t o w , Stargard, Lebus, einen Teil der späteren Neumark und die Oberlausitz und erstrebten sogar den Z u g a n g zur Ostsee; 1231 übertrug ihnen Kaiser Friedrich II. die Lehnshoheit über Pommern. Mit ihrer weitausgreifenden Expansionspolitik konnten die Askanier sich einen vielgliedrigen und relativ geschlossenen Herrschaftskomplex schaffen, der um die Wende v o m 13. zum 14. Jahrhundert fast den Charakter einer nordostdeutschen Großmacht trug und dessen Einfluß von Wolmirstedt und Salzwedel bis in die Nähe Danzigs und Stolpes, von Pasewalk bis Bautzen und Görlitz reichte. Askanier, Wettiner, Schauenburger und andere weltliche wie geistliche Herren bereiteten mit dieser neuen Etappe der feudalen Ostexpansion im 12. und 13. Jahrhundert den Boden für mächtige Territorialfürstentümer, die in der deutschen Geschichte bald eine wichtige Rolle spielen sollten. Eine starke Siedlungsbewegung setzte ein. In der Altmark, im Havelland und in der Mittelmark wurden slawische Bauern zwangsweise vertrieben, deren Siedlungen beseitigt und sächsische, friesische, flämische, niederländische und fränkische Bauern sowie Kaufleute und Handwerker angesiedelt. Im 12. und 13. Jahrhundert sind in der Mark etwa 100 Städte gegründet und ein großer Teil der heutigen Dörfer angelegt worden, darunter auch Berlin und Kölln an einer Furt in Höhe der jetzigen Mühlendammbrücke, über die zwei alte Handelsstraßen v o n den Ostseeländern bis in die thüringischen und sächsischen Lande führten. Neuere Ausgrabungen unter der im Kriege zerstörten Berliner Nikolaikirche und der Köllner Petrikirche weisen auf Niederlassungen v o m Ende des 12. Jahrhunderts. Die beiden Siedlungen blühten durch ihre günstige Handelslage am Spreeübergang rasch auf, erhielten um die Mitte des 13. Jahrhunderts Stadtrecht und vereinigten sich 1307 zu einer Doppelstadt mit gemeinsamem Rat. Bereits 1308 folgten Bündnisse mit Frankfurt/O. und Brandenburg; Berlin-Kölln wurde in den folgenden Jahrzehnten zu einem Treffpunkt märkischer Städtebünde. Z u r Beherrschung und Christianisierung der neugewonnenen Gebiete wurden Klöster, Domstifte und Bistümer gegründet. Es entfaltete sich eine lebhafte Bautätigkeit; die Einführung des Backsteins eröffnete weitere Möglichkeiten. Künstlerische Zen-

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Nachwort

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tren des romanischen und frühgotischen Bauschaffens waren der Bischofssitz Brandenburg und die Zisterzienserklöster Doberlug, Zinna und Lehnin; doch wetteiferten mit ihnen die aufblühenden Städte durch Errichtung großer Pfarrkirchen, meist Hallenkirchen (Frankfurt/O.-Marien, Berlin-Nikolai und -Marien, NeuruppinFranziskanerkirche), und auch die profane bürgerliche Baukunst begann sich stärker zu entwickeln. Zugleich wurde das Land mit einem dichten Netz von Dorfkirchen überzogen, die meist aus sorgfältig bearbeiteten Granitquadern errichtet wurden, während der Backstein bei ihnen erst im späteren 13. Jahrhundert mehr und mehr Verwendung fand. Nach dem Aussterben der Askanier im Jahre 1320 wurde die Mark Brandenburg Bestandteil der Hausmacht der Wittelsbacher (1324—1373) und dann der Luxemburger (1373 — 1411), für die sie nur ein von fremden Landeshauptleuten verwaltetes Nebenland und eine einträgliche Geldquelle war. Die herrenlose Mark erlitt Einfälle und Raubzüge benachbarter Fürsten, Abtretungen und Landverkäufe (Teile der Uckermark, die Neumark, die Niederlausitz), Verpfändungen — 1410 waren in Brandenburg alle Burgen bis auf Spandau verpfändet — und Veräußerungen landesherrlicher Rechte und verlor auch wieder die Lehnshoheit über Pommern. Hinzu kamen die städtische Autonomiebewegung als Folge des Aufschwungs von Handwerk und Handel in den märkischen Städten, Fehden und Uberfälle durch Raubritter, das Ringen des mittleren und niederen Adels um weitere Privilegien und Selbständigkeit gegenüber den Fürsten und die Entstehung der Landstände. Im Jahre 1345 lehnte die Tagung des Adels und der Städte in Berlin die fortgesetzten Geldforderungen der „fremden" Herrschaft ab, ein erster allgemeiner Landtag. Wenige Jahre später tauchte der vielbedichtete „falsche Woldemar" als GegenMarkgraf auf. 1356 erhielt Brandenburg durch die Goldene Bulle die Kurwürde, doch dies blieb zunächst ohne Auswirkungen. Im Jahre 1411 sandte Kaiser Sigismund den Nürnberger Burggrafen Friedrich von Hohenzollern in die Mark Brandenburg, um das von Machtkämpfen zerrüttete Land zu befrieden und Städte wie Ritter in die Landesherrschaft einzugliedern. Einige starke Adelsfamilien, wie die in der Prignitz begüterten Quitzows, beherrschten das Land mit einem Netz von Burgen und überzogen und verwüsteten es in unaufhörlichen Raubzügen. Die Städte, die mit der Ausdehnung des Handels und der Ware-Geld-Beziehungen mächtig geworden waren — z. T. Mitglieder der Hanse —, hatten sich zu Städtebünden und Landfriedensbündnissen vereinigt, um ihren weitverzweigten Handelsverkehr zu schützen und ihre Selbständigkeit und Freiheiten zu verteidigen. Friedrich konnte mit ihrer Hilfe allmählich die Ordnung wiederherstellen, das Raubritter- und Fehdeunwesen mit Waffengewalt einschränken, den widerspenstigen märkischen Adel unterwerfen und verpfändete Teile einlösen. Im Jahre 1417 wurde er in Konstanz feierlich mit der Mark belehnt. Das Gebiet des ersten Kurfürsten von Brandenburg umfaßte die Alt-

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Historisches Nachwort

mark, Prignitz, Havelland, Zauche, T e l t o w , Barnim, Lebus, Sternberg und einen Teil der Uckermark. Einen grundlegenden Wandel führte aber erst sein Sohn Kurfürst Friedrich II. (1440 — 1470) herbei. E r gewann abgesplitterte Teile wie die Neumark zurück, kaufte von Böhmen die Herrschaften Peitz und Cottbus, das 1156 erstmals urkundlich erwähnt wurde und dessen Tuchmachergewerbe bereits 1405 genannt wird, und zerschlug die Übermacht der Städte. So brach Friedrich II. im Jahre 1442 die Selbständigkeit der Doppelstadt Berlin-Kölln, erzwang die A u f l ö s u n g der gemeinsamen Verwaltung und aller Bündnisse mit anderen Städten und setzte auch den Austritt aus der Hanse durch. Ein Aufstand der Bürger gegen den Bau einer Z w i n g b u r g , der sogenannte „Berliner Unwillen" von 1448, wurde niedergeschlagen; die anderen Städte der Mark Brandenburg wagten nun keinen ernsthaften Widerstand mehr. Berlin wurde nach seiner Unterwerfung i486 kurfürstliche Residenzstadt, aber erst 1538 konnte der Landesherr den Umbau der Z w i n g b u r g in ein Residenzschloß wagen. Der weitere Ausbau des Territoriums führte zur fürstlichen Landeshoheit mit fester Behördenorganisation, regelmäßigen Landesbeden — in Brandenburg erstmals 1412, ab 1441 jährlich — , zentralisiertem Gerichtswesen und landständischer Verfassung. Kurfürst Johann Cicero (1486 — 1499) war der erste Hohenzoller, der fortan ständig in Berlin residierte und auswärtige Verwicklungen wie auch ein Eingreifen in die Reichspolitik vermied. Führende Wirtschaftszentren waren Salzwedel und Stendal mit ihrem Fernhandel nach den Niederlanden und den Ostseegebieten, Berlin, das Brandenburg zu überflügeln begann, und Frankfurt/O., ein bedeutender Handelsplatz und Träger v o n Märkten. Seine Ratsherren beantragten 1493 beim Kurfürsten die Gründung einer Universität, die 1506 eröffnet wurde; unter den ersten Studenten befanden sich Ulrich v o n Hutten und Thomas Müntzer. D e r Hauptteil der Studierenden aber kam aus Osteuropa. Frankfurt/O. wurde in den Wissenschaften wie in Wirtschaft und Verkehr eine Stätte der Begegnung und des Austausches mit den östlichen Nachbarländern. T r o t z der stärkeren Bindung an die Territorialgewalt war das 15. Jahrhundert im allgemeinen eine Zeit städtischer Blüte. Die großen Rathausbauten mit ihren prachtvollen Schaugiebeln in Fürstenwalde, Frankfurt/O., Jüterbog und Brandenburg (kriegszerstört) sowie die Befestigungsanlagen mit ihren reich verzierten Tortürmen (Jüterbog, Wittstock u. a.) bezeugen das städtische Selbstbewußtsein. D e r verbreitete Typus des spätgotischen Hallenumgangschores — sein ältester Zeuge die Berliner Nikolaikirche — kann als Ausdruck des Gefühls für das städtische Gemeinwesen gelten. Die Ereignisse der Periode der frühbürgerlichen Revolution erfaßten die einzelnen deutschen Territorien in unterschiedlichem Umfang. A m 31. Oktober 1517 erfolgte der Thesenanschlag von Wittenberg, das übrigens zum Bistum Brandenburg gehörte, doch

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erst im Jahre 1539 wurde in Brandenburg von Joachim II. die Reformation eingeführt und 1540 eine zwischen beiden Glaubensbekenntnissen vermittelnde Kirchenordnung verabschiedet. Ehrgeizige außenpolitische Ziele hatten seinen Vater Joachim I. (1499 bis 1535) dazu bewogen, Reichspolitik zu betreiben. Der Kurfürst erstrebte z. B. zeitweilig die Kaiserkrone und 1533 die Krone Dänemarks. Diese Gründe hatten ihn auch veranlaßt, die Reformation strikt abzulehnen und einer der Führer der katholischen Fürstenpartei zu werden. Eine ähnliche Haltung nahm er auch während des deutschen Bauernkrieges ein, der in Südwestdeutschland begann, sich über Franken und Württemberg ausdehnte, ganz Thüringen und Teile von Sachsen erfaßte und in Ausläufern auch Westfalen, Böhmen und Preußen erreichte, während Norddeutschland und die brandenburgischen Gebiete unberührt blieben. Diese große antifeudale Bewegung erreichte ihren Höhepunkt in dem mit dem Namen von Thomas Müntzer eng verbundenen Thüringer Aufstand vom April/Mai 1525. Aus Furcht vor revolutionären Aktionen ihrer Untertanen gegen die Fürstenund Adelsherrschaft schlössen mehrere mitteldeutsche Fürsten und unter ihnen auch der Kurfürst von Brandenburg ein Bündnis gegenseitiger militärischer Hilfe. So nahm auch ein Aufgebot des Kurfürsten Joachim I. an der grausamen Niedermetzelung der Bauern in der Schlacht bei Frankenhausen teil. Die seit dem 13. Jahrhundert in Deutschland hervortretende Stärkung der Partikulargewalten führte in den folgenden Jahrhunderten dazu, daß sich das politische Schwergewicht des Reiches vom Westen und Südwesten in die großflächigen Territorien des Ostens verlagerte. In Brandenburg griff Joachim I. energisch gegen das Raubrittertum durch, ließ den Rädelsführer hinrichten und verkündete eine Städteordnung gegen alle Autonomiebestrebungen. Joachim II. (1535 —1571) konnte sich durch eine Erbverbrüderung mit den Herzögen von Liegnitz, Brieg und Wohlau Ansprüche auf Schlesien sichern sowie im Gefolge des Schmalkaldischen Krieges die Besetzung des reichen Erzbistums Magdeburg mit brandenburgischen Prinzen und nach dem Tode des Herzogs Albrecht von Preußen aus der Ansbacher Linie vom polnischen König die Mitbelehnung der Kurlinie mit dem Herzogtum Preußen (1569) erringen. Prachtliebe, Verschwendungssucht und repräsentative Bauten sollten die erlangte Macht der Mark zur Schau stellen und wurden gegen alle Bedenken der Stände durchgesetzt. Der Kurfürst zwang ihnen mit seinem „Kreditwerk" schließlich auch die Verwaltung und Tilgung der sich fortgesetzt steigernden Schulden auf. Der Übertritt zum Protestantismus, der Ausbau eines landesherrlichen Kirchenregimentes und die Säkularisation von Klöstern und Kirchengut konnten seinen Machtapparat und seine finanzielle Basis zwar beträchtlich stärken. Dennoch hinterließ Joachim II. bei seinem Tode eine Schuldenlast von 4,7 Millionen Gulden. Der Adel nutzte diese Schwierigkeiten aus, um bei neuen Steuern oder Anleihen für sich weitere Zugeständnisse auf Kosten

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der Bauern und Städte zu erwirken. In den Gebieten östlich der Elbe war im 16. Jahrhundert der W e g der Herausbildung adliger Gutsherrschaften und der Entwicklung der zweiten Leibeigenschaft beschritten worden; das berüchtigte „Bauernlegen" wurde dabei v o m Kurfürsten im Landtagsrezeß von 1540 als „altes Recht" des Adels bewilligt und 1572, 1593, 1602 und 1612 bestätigt. In keinem anderen Lande außer in Mecklenburg lastete die Leibeigenschaft so schwer auf den Menschen wie in Brandenburg-Preußen. D e r Ausbau des Territorialstaates engte die soziale, wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Untertanen immer mehr ein und führte zu zunehmender feudaler Bedrückung. Der Festigung der Fürstenmacht dienten auch der Gerasche Hausvertrag von 1598/99, nach dem der Erstgeborene ungeteilt erben und die Kurlande mit allen Anwartschaften fortan zusammenbleiben sollten, sowie eine Reihe v o n Erwerbungen. Im Jahre 1605 errang Joachim Friedrich (1598 — 1608) die Vormundschaft in Preußen und schloß einen Vertrag mit der Kurpfalz und ein Bündnis mit den Niederlanden zur Sicherung des mit Preußen in Erbfolge verbundenen Jülich; die Stände übernahmen einen Teil der Aufwendungen, jedoch nur gegen weitere gutsherrliche Rechte. Im Innern wurden progressive Maßnahmen eingeleitet, wie die Bruchlandsiedlung im Netzebruch bei Driesen und die Gründung einer Fürstenschule nach sächsischem Muster in Joachimsthal. Die Schaffung eines Geheimen Rates als oberster Regierungsbehörde war ein wichtiger Schritt auf dem W e g e zur Errichtung eines landesherrlichen Absolutismus. Die Kunst des 16. und 17. Jahrhunderts spiegelt diesen Machtzuwachs und das Repräsentationsbedürfnis der Fürsten und des Feudaladels wider. Das Bauen verlagerte sich jetzt entsprechend dem veränderten Kreis der Auftraggeber auf Schloß und Gutshaus. In jener Zeit entstanden der bedeutende Neubau des Berliner Schlosses von Caspar Theiss anstelle der spätgotischen Z w i n g b u r g von 1443 und einige Schlösser wie das Jagdschloß Grunewald, K ö n i g s Wusterhausen oder die Lichtenburg in Prettin. Eine Reihe v o n mittelalterlichen Burgen wurden zu Wohnschlössern umgebaut (Köpenick, Potsdam, Wiesenburg, Freyenstein). Gleichzeitig haben sich einige stattliche Wohnhäuser erhalten, wie das Ribbeckhaus in Berlin, das 1624 errichtet wurde und ein Zeugnis für viele verlorene Werke der deutschen Spätrenaissance in Berlin und der Mark darstellt. Z w e i zukunftsweisende Gebietserweiterungen fallen in die Regierungszeit v o n Kurfürst Johann Sigismund (1608 — 1619). Im Z u g e des Jülich-Klevischen Erbfolgestreites wurden Brandenburg im Jahre 1614 durch Vermittlung Englands und Frankreichs das Herzogtum Kleve, die Graftschaft Mark sowie Ravensberg und Ravenstein zugesprochen. Kleve war Sitz einer starken Tuch- und Seidenindustrie, Ravensberg hatte eine exportfähige Leinenindustrie, die Mark produzierte Eisen- und Stahlwaren. Gewerblich hochentwickelte Länder kamen zur ausgesprochen junkerlich-agrarischen Kurmark und ihren ostelbischen Besitzun-

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gen und begründeten Brandenburgs Stellung im westlichen Deutschland. Im Jahre 1618 fiel schließlich der ehemalige Ordensstaat Preußen, der seit 1525 unter dem bisherigen Hochmeister, dem Hohenzollern Albrecht von Ansbach, säkularisiert und in ein weltliches Herzogtum Preußen unter polnischer Lehnshoheit verwandelt worden war, nach dem Tode des letzten Herzogs in Personalunion an Brandenburg, was von weittragender Bedeutung sein sollte. Innerhalb eines Jahrzehnts war Brandenburg zu einem Territorium herangewachsen, das über 81000 qkm umfaßte, von denen nur noch 59000 qkm auf das alte märkische Stammgebiet entfielen, und das sich in drei Teilgebieten vom äußersten Osten bis zum äußersten Westen, von Litauen bis zu den Niederlanden erstreckte, ohne daß zunächst die Bildung eines Gesamtstaates gelungen war. Aus den Verwicklungen der großen Politik konnte sich dieses vielgestaltige Land mit seinen langen und schwer zu schützenden Grenzen jetzt nicht mehr heraushalten, wie die folgenden Ereignisse zeigten. Der Dreißigjährige Krieg unterbrach diese Territorialpolitik. Dänische, schwedische, kaiserliche und andere Heere durchzogen das Land, besetzten Festungen und bedrohten Berlin, erpreßten hohe Kontributionen und hinterließen Verwüstungen und Entvölkerung. Das „neutrale" Brandenburg wurde zu einem Schlachtfeld, auf dem Söldnerhaufen aller Herren Länder ihre Rivalitäten ausfochten, und gehörte zu den am meisten zerstörten Gebieten in Deutschland. Die Äcker lagen verödet, Dörfer und Städte in Schutt und Asche, weite Gebiete des Landes waren verlassen. Von 8000 Dörfern in der Mark hatten nur noch rund die Hälfte Bewohner, die anderen waren „wüst und leer". In Frankfurt/O. waren von 1029 Feuerstellen bei Kriegsende noch 272 übrig, in Brandenburg überstanden von den 1 144 Häusern nur 527 den Krieg. Die Residenz glich einer verfallenen mittelalterlichen Landstadt und besaß nur noch 6000 Einwohner. Handwerk und Handel lagen fast gänzlich darnieder, das Land war ausgeplündert, der Kurfürst flüchtete sich nach Königsberg, der Hauptstadt des neuerworbenen Herzogtums Preußen. Der Westfälische Frieden von 1648 besiegelte die Zersplitterung Deutschlands. Es entstanden viele souveräne Territorien, die im Zuge eines einzelstaatlichen Absolutismus nur ihre partikularen Interessen verfolgten. Brandenburg konnte seinen Besitzstand nahezu verdoppeln und war neben Sachsen einer der größten Nutznießer des Friedensschlusses. Es konnte die 1529 zugestandene und nach dem Aussterben der pommerschen Herzöge im Jahre 1637 eingetretene Erbfolge in Pommern zwar nicht in vollem Umfange gegen Schweden durchsetzen, erlangte aber mit dem an die Neumark anschließenden Hinterpommern einschließlich der Stiftsgebiete von Cammin den unmittelbaren Zugang zur Ostsee, ein altes strategisches Ziel der Mark. Als Ersatz für Vorpommern mit Stettin, der handelswichtigen Odermündung und Rügen, die an Schweden fielen, erhielt es das an die Grafschaft Ravensberg an-

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grenzende Bistum Minden und die Anwartschaft auf das Erzbistum Magdeburg mit Jerichow, einem Teil von Mansfeld und dem Saalkreis (Halle), und ab 1680 dieses endgültig als Herzogtum Magdeburg; der Einzug in die seit den Askaniern stets begehrte Elbfestung entschied das Ringen mit Sachsen um die Frage der Macht im mittleren Elbgebiet. Die Graftschaften Regenstein, Benneckenstein und Hohnstein waren schon 1648 mit Halberstadt an Brandenburg gekommen. Der Frieden von Oliva 1660 bestätigte dann die volle brandenburgische Souveränität über Preußen; Polen verzichtete auf jeden Lehensanspruch. Die Geschichte Brandenburgs ging damit in der allgemeinen Brandenburg-Preußens auf, obwohl die Mark, an der weiterhin das Kurrecht haftete, wichtigste und bevorzugte Provinz des Ganzen blieb. Nach 1648 begann der Aufstieg des brandenburgischpreußischen Staates und die Herausbildung des Militarismus und damit jene Entwicklung, die sich auf den weiteren Verlauf der deutschen Geschichte so verhängnisvoll auswirken sollte. Die Entstehung des brandenburgisch-preußischen Absolutismus unter dem Kurfürsten Friedrich Wilhelm (1640 — 1688) ist dadurch gekennzeichnet, daß versucht wurde, auf der Grundlage eines territorialstaatlichen Merkantilismus wirtschaftliche Reformen durchzuführen, die staatliche Verwaltung zu zentralisieren, den Einfluß der Landstände zurückzudrängen und ein stehendes Heer aufzubauen. Die verschiedenen Länder und Landesteile verschmolzen jetzt in einem zentral regierten Gesamtstaat. Die Stände billigten die Mittel zum Unterhalt der ständigen Armee von zunächst 2700 Mann, die 1688 aber bereits 31000 Mann stark war, sowie die für damalige Vorstellungen übermäßig große Beamtenschaft und eine jährliche Steuer. Im Landtagsrezeß von 1653 wurden dafür dem Adel, der durch seinen Grundbesitz das ökonomische und politische Ubergewicht im Lande besaß — Städte und Bürgertum waren in Brandenburg relativ weit zurückgeblieben —, wichtige Privilegien wie die Gutsuntertänigkeit und die Patrimonialgerichtsbarkeit bestätigt. Die Durchsetzung der Gutsherrschaft wurde damit in Brandenburg rechtlich fixiert. Brandenburg-Preußen konnte sich schneller von den wirtschaftlichen und politischen Folgen des ;ojährigen Krieges erholen als seine Nachbarn und in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts einen ökonomischen Aufschwung erreichen. Durch seine vorteilhafte Lage an den wichtigen Verkehrsstraßen (Anteil am unteren Rhein, am Mittellauf von Weser, Elbe, Oder, an der unteren Weichsel und am Mündungsgebiet der Memel) und als Durchgangsland zwischen Nord und Süd war es möglich, besonders schnell Getreide von den großen Gütern der Junker an die westeuropäischen Länder zu liefern. Die staatliche Wirtschaftspolitik nach holländischem Vorbild — der Kurfürst wurde im bürgerlich-kapitalistischen Holland erzogen — mit ihren merkantilistischen Grundsätzen, der Förderung von Wollmanufakturen, der Akzise für die Städte, dem Bau des Friedrich-Wilhelm-Kanals und von Straßen und Brücken, der Errichtung einer Flotte und

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Erwerbung von Groß-Friedrichsburg an der Guineaküste und der Aufnahme von Hugenotten und anderen Einwanderern belebte und festigte die gewerblich-industrielle Entwicklung. Friedrich Wilhelms Außenpolitik aber diente eindeutig der Sicherung und Erweiterung des Territoriums, der Aufhebung der polnischen Lehnshoheit über Preußen, der Vertreibung Schwedens aus Vorpommern (Schlacht bei Fehrbellin 1675) sowie der Abrundung des zersplitterten Kleinbesitzes im Westen und der Verknüpfung der verstreut und weit auseinander liegenden Gebiete durch neue Eroberungen. Zugleich bildeten sich die Grundzüge des brandenburgisch-preußischen Militarismus heraus, der sich dann im 18. Jahrhundert voll entfaltete. Äußeres Sinnbild der errungenen Machtstellung war die Erwerbung der Königskrone durch Kurfürst Friedrich III. (1688 bis 1713) im Jahre 1701, die erst nach langwierigen Verhandlungen mit dem Kaiserhof (für 8 000 Untertanen als Militärhilfe) zustande kam. Sie erfolgte nicht für Brandenburg, sondern für das nicht zum Reich gehörige Herzogtum Preußen, und da zudem ein westlicher Teil Preußens noch der polnischen Krone unterstand, konnte der neue König Friedrich I. nur den Titel König in Preußen (nicht König von Preußen) annehmen. Der Name Preußen ging jetzt auf das gesamte Territorium über, es entstand das „Königreich Preußen". In den folgenden Jahrzehnten vollzog sich der Ausbau des preußischen Absolutismus zum militärischen Despotismus. Das gesamte Leben des Staates stand im Dienste der von Friedrich Wilhelm I. (1713 —1740) von 38000 auf 76000 Mann erweiterten Armee, die rund 85% der Staatseinnahmen verschlang; alle innen- und außenpolitischen Maßnahmen waren militärischen Zielen untergeordnet. Potsdam, das 993 erstmals urkundlich erwähnt und im 14. Jahrhundert bereits als Stadt genannt wurde, erlebte jetzt im 17./18. Jahrhundert als brandenburgisch-preußische Residenz- und Garnisonstadt Aufschwung und Ausbau. Der Stärkung der Wirtschaftskraft des Landes dienten ein straff organisierter Verwaltungsapparat mit genauem Staatshaushalt und Rechnungskontrolle und eine merkantilistisch bestimmte Wirtschaftspolitik zur Regulierung und Erhöhung der Finanzen; an den Universitäten Halle und Frankfurt/O. wurden Lehrstühle für Kameralwissenschaften eingerichtet. An außenpolitischen Aktivitäten seien die Teilnahme am Nordischen Krieg und der Frieden von Stockholm 1720 erwähnt, der dem Lande PreußischVorpommern links der Oder bis zur Peene mit dem Seehafen Stettin einbrachte. Unter Friedrich II. (1740—1786) aber wurde Preußen zur gefürchteten Bastion des Militarismus in Deutschland und ganz Europa. Die Eroberung Schlesiens stürzte es in mehrere Angriffskriege, von denen der Siebenjährige Krieg das Land an den Rand des Abgrundes brachte und wirtschaftlich fast ruinierte. Eine Reihe weiterer Gebietserwerbungen, wie der Anschluß Ostfrieslands infolge des Todes des letzten Fürsten und der schon 1694 vereinbarten Anwartschaft auf dessen Nachfolge

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sowie insbesondere der Raub polnischer Gebiete (1772) ließen das Land von 119000 qkm (1740) auf rund 195000 qkm und 5,5 Millionen Einwohnern (1786) anwachsen. Mit der 2. und 3. polnischen Teilung von 1793 und 1795 aber vergrößerte es sich auf fast das Doppelte. Preußen errang die Stellung einer europäischen Großmacht; zugleich wurde damit der preußisch-österreichische Dualismus in Deutschland begründet. Das ausgehende 17. und das 18. Jahrhundert zeichnen sich durch beachtliche Leistungen auf dem Gebiete der Kunst und Wissenschaft aus, besonders der Architektur, die in der Epoche des landesherrlichen Absolutismus und des Barock eine beherrschende Stellung einnahm. In den Residenzen und ihrer Umgebung entstanden, z. T. von holländischen und französischen Architekten erbaut, eine Reihe prächtiger Schlösser und Gartenanlagen. So erfuhr das Berliner Stadtschloß eine großartige Umgestaltung; ebenso die Schlösser in Köpenick, Charlottenburg, Potsdam, Oranienburg und Schwedt. Friedrich II. ließ in Neuruppin, Rheinsberg, Charlottenburg, in dem Fragment gebliebenen Berliner Lindenforum, vor allem aber in Potsdam-Sanssouci mit seinen Schlössern und Gärten, Anlagen von höchstem Rang entstehen. Daneben erhielten die Residenzstädte durch barocke Erweiterungen, architektonische Ensembles, zahlreiche Kirchen, öffentliche Gebäude und Bürgerbauten bedeutsame Akzente. Binnen weniger Jahrzehnte erwuchsen Berlin und Potsdam zu glanzvollen Stätten europäischer Bedeutsamkeit, die von Reisenden aus aller Welt aufgesucht wurden. Die Architektur auf dem flachen Lande dokumentieren einige Stadtgründungen und -erweiterungen mit regelmäßigen Karrees und rechtwinklig sich schneidenden Straßenzügen (Neuruppin), barocke Adelssitze und Herrenhäuser. Die Zisterzienserkirche in Neuzelle steht allerdings mit ihrer reichen, größtenteils aus Böhmen importierten künstlerischen Ausstattung außerhalb der märkischen Kunstentwicklung. Die Französische Revolution fand in vielen Teilen Deutschlands und auch in Preußen einen Widerhall (Reformpläne, Bauernunruhen in Schlesien, Proteste von Handwerksgesellen in Berlin, Unruhen in Halle 1805). Der Sieg der Revolutionsarmeen und der beschleunigte Zerfall der Feudalordnung führten zum Reichsdeputationshauptschluß, zur Säkularisierung und Mediatisierung zahlreicher Territorien und zur Reduktion der Kleinstaaterei. Preußen erhielt 1803 als Ersatz für seine an Frankreich gefallenen linksrheinischen Besitzungen, einige säkularisierte Besitztümer sowie das Territorium abrundende Gebiete, mußte aber im Gefolge der napoleonischen Kriege im Vertrag von Schönbrunn 1805 wiederum Landesteile abtreten. Die vernichtende Niederlage bei Jena und Auerstedt besiegelte den Zusammenbruch des morschen Junkerstaates. Im Friedensschluß von Tilsit verlor Preußen mehr als die Hälfte seines Gebietes. Es mußte auf sämtliche Besitzungen zwischen Elbe und Rhein sowie auf die Eroberungen aus der 2. und 3. polnischen Teilung verzichten; die

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Altmark wurde dem neuen Königreich Westfalen angegliedert. Reformen, wie das Oktoberedikt von 1807 über die Aufhebung der Gutsuntertänigkeit (Leibeigenschaft), die Städteordnung und die Heeresreform brachten die bürgerliche Umgestaltung in Preußen in Gang. Ein Zeichen des geistigen Neubeginns war auch die Gründung der Berliner Universität durch Wilhelm von Humboldt (1810), die innerhalb weniger Jahrzehnte eine führende Stellung in Europa erlangte. In den Befreiungskriegen von 1813/14 erzwang das Volk den Sturz der napoleonischen Fremdherrschaft. Auf dem Wiener Kongreß 1814/15 gewann Preußen seine alte Großmachtstellung zurück. Es erhielt wiederum die Altmark mit Magdeburg und Halle sowie Cottbus und das Rheinland, ein wirtschaftlich bedeutendes Territorium. Sachsen mußte mehr als die Hälfte seines Landes an Preußen abtreten, darunter den Osten der Oberlausitz mit Görlitz und Lauban, die Niederlausitz, die Ämter Beizig, Jüterbog und Dahme und die Herrschaft Baruth. Das Königreich Preußen umfaßte nun 278000 qkm mit 10,4 Millionen Einwohnern. Mit der Neugliederung des preußischen Staates in Provinzen und Regierungsbezirke, in der Zeit der bürgerlichen Reformen 1807 begonnen, endete die jahrhundertealte Eigenständigkeit der Mark Brandenburg. An die Stelle der Kriegs- und Domänenkammern waren Regierungen getreten, die dem Potsdamer Qberpräsidenten als Chef der Provinz unterstanden; die kurmärkische Regierung wurde von Berlin nach Potsdam, die neumärkischc von Küstrin nach Frankfurt/O. verlegt. Aus der Mark Brandenburg, die durch den Gebietszuwachs vom Wiener Kongreß wesentlich verändert worden war, entstand die „Provinz Brandenburg" mit den beiden Regierungsbezirken Potsdam und Frankfurt/O. (Verordnung vom 30. April 1815). Der Regierungsbezirk Potsdam umfaßte jedoch die alte Kurmark (Prignitz, Uckermark, Mittelmark), die ehemals sächsischen Teile und Berlin; die seit dem Mittelalter mit Brandenburg eng verbundene Altmark wurde der neuen preußischen Provinz Sachsen zugesprochen. Der Regierungsbezirk Frankfurt/O. setzte sich aus der Neumark, I.ebus, Sternberg, Crossen, der Niederlausitz und dem Kreis Schwiebus zusammen. Die neugeschaffene, etwa 39000 qkm fassende Provinz Brandenburg besaß innerhalb des preußischen Staates keine Sonderstellung mehr, wohl aber die Hauptstadt Berlin, die sich rasch vergrößerte, sich mehr und mehr aus der Provinz Brandenburg herauszulösen begann und an Bedeutung und Ausstrahlung gewann. Die folgenden Jahrzehnte brachten einen stürmischen wirtschaftlichen Aufschwung und die Durchsetzung bürgerlich-kapitalistischer Verhältnisse (industrielle Revolution, Verwendung von Dampfmaschinen, Entwicklung von Schwerindustrie und Maschinenbau, „preußischer Weg" der Entwicklung des Kapitalismus in der Landwirtschaft, Bau von Chausseen, Kanälen und Eisenbahnen, Bildung des Deutschen Zollvereins). Deutschland wurde zu einem revolutionären Knotenpunkt in Europa; die

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Historisches Nachwort

preußische Bourgeoisie trat an die Spitze der antifeudalen Opposition. In den Barrikadenkämpfen vom 18. März 1848 in Berlin bereiteten die Volksmassen dem Feudalsystem eine schwere Niederlage. Die bürgerlich-demokratische Revolution von 1848/49 konnte ihre eigentliche Aufgabe nicht lösen: die Schaffung eines einheitlichen und unabhängigen Nationalstaates auf demokratischer Grundlage. Z u den Ergebnissen gehört aber die Formierung der Arbeiterklasse, die in der Revolution an vorderster Stelle kämpfte und in den 60er Jahren sich dann eine selbständige Partei schuf, die Sozialdemokratische Arbeiterpartei. Langhans sowie David und Friedrich Gilly leiteten die Entwicklung der klassizistischen Baukunst ein; die Werke von Karl Friedrich Schinkel (Neue Wache, Schauspielhaus und Altes Museum in Berlin) und seiner Schüler aber prägten im 19. Jahrhundert das Gesicht Berlins, Potsdams und der Mark, und sie wurden beispielgebend für viele andere deutsche Länder. „ E r ist die Quelle, aus welcher der gegenwärtig in unserem Lande herrschende Geschmack herfließt", wie 1841 anläßlich seines Todes geschrieben wurde. Mit der Gründung des Deutschen Reiches am 18. Januar 1871, an dessen Spitze der preußische König stand, erlangte Preußen die Hegemonie über ganz Deutschland. Berlin wurde zur Hauptstadt des Kaiserreiches, Sitz aller Reichsbehörden und Zentrum von Industrie, Handel, Banken und Börse. Es wurde zu einem Schwerpunkt der deutschen Arbeiterbewegung und Schauplatz mächtiger Klassenauseinandersetzungen. Die volle Entfaltung des Kapitalismus und der Übergang zum Imperialismus ließen Deutschland zu einem Industrieland allerersten Ranges werden. Das Wesen des neuen Nationalstaates aber bestimmten Preußentum und Militarismus, eine überaus aggressive Politik. Die militärische Niederlage im 1. Weltkrieg führte zum Sturz des Hohenzollernregimes. Im Verlauf der Novemberrevolution wurde am 9. November 1918 in Berlin die Republik ausgerufen. Die Hauptstadt Berlin war im Jahre 1880 formal aus der Provinz Brandenburg ausgeschieden; der Oberpräsident von Brandenburg blieb jedoch Oberpräsident von Berlin. 1912 wurde der „Zweckverbana Groß-Berlin" gebildet. A m 27. April 1920 wurde schließlich aus 8 Städten, 59 Landgemeinden und 27 Gutsbezirken die „Stadtgemeinde Berlin" mit fast vier Millionen Einwohnern geschaffen. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts hatte sich die Architektur zunehmend historischer Stilformen bedient; diese Bestrebungen gipfelten in den Bauten des wilhelminischen Historismus, wie dem Berliner D o m oder Schloß Muskau. Sie wurden begleitet von unzähligen Wohn-, Geschäfts-, Verwaltungs- und Industriebauten in neugotischen oder anderen Stilnachahmungen sowie von Straßen mit Mietskasernen, deren düstere, licht- und luftlose Hinterhöfe der arbeitenden Bevölkerung eine bedrückende Heimstatt boten. Berlin wurde zur dichtest bebauten deutschen Stadt, zur größten Mietskasernenstadt der Welt.

Historisches Nachwort

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Nach der Jahrhundertwende schickte sich eine neue Architektengeneration an, den Historismus zu überwinden und durch zweckbedingtes Bauen, auch auf dem Gebiete des Wohnungsund Siedlungsbaus, neue Wege zu gehen. Während der 20er Jahre unseres Jahrhunderts erlangte Berlin in Wissenschaft, Kunst und Kultur hohe Geltung. Der zweite Weltkrieg hinterließ in der Mark verheerende Zerstörungen. Berlin lag in Trümmern; die meisten der wertvollen Baudenkmale, zwei Drittel der Wohnungen, mehr als die Hälfte der Brücken und das ganze Stadtzentrum waren vernichtet. Die Städte Potsdam, Brandenburg, Frankfurt/O., Schwedt, Cottbus u. a. erlitten schwere Schäden, Industrieanlagen und Dörfer waren verwüstet. Das Jahr 1945 bildete einen wichtigen Einschnitt in der deutschen Geschichte und den Beginn einer neuen Epoche. Die Potsdamer Konferenz vom Juli/August 1945 beschloß das Programm für die nationale Erneuerung Deutschlands. Konzerne und Großbetriebe wurden volkseigen, die Güter der Großgrundbesitzer und Junker enteignet und aufgeteilt. Die Auflösung des Staates Preußen durch das Kontrollratsgesetz Nr. 46 vom 25. Januar 1947 setzte nur noch den Schlußstrich unter diese Epoche preußisch-deutscher Geschichte. 1945 wurde zunächst die neue Provinz Brandenburg (seit Juli 1947 Land Brandenburg) mit dem Sitz in Potsdam geschaffen. Sie bestand aus den westbrandenburgischen Kreisen der Regierungsbezirke Potsdam und Frankfurt/O. Die ehemalige Neumark und einige ostbrandenburgische Gebiete jenseits der Oder und Lausitzer Neiße wurden in Übereinstimmung mit den Festlegungen der Potsdamer Konferenz der Volksrepublik Polen angegliedert. Im Jahre 1952 wurde der alte administrative Aufbau nach Ländern entsprechend den wirtschaftlichen und staatlichen Erfordernissen und dem Aufbau des Sozialismus in der D D R beseitigt (Gesetz vom 23. Juli 1952). An die Stelle des Landes Brandenburg traten die Bezirke Potsdam, Frankfurt/O. und Cottbus. Mehrere Kreise wurden aufgelöst, verschiedene Kreisgrenzen verändert. So fielen die Kreise Prenzlau und Templin und Teile der Kreise Pasewalk und Strasburg an den Bezirk Neubrandenburg, der Kreis Perleberg und Teile der Kreise Ludwigslust und Parchim an den Bezirk Schwerin und Teile des Kreises Havelberg an den Bezirk Magdeburg. Im Süden aber wurden sächsische Gebiete angeschlossen. Berlin, das nicht zur Provinz bzw. zum Land Brandenburg gehörte, wurde von der Interalliierten Militärkommandantur übernommen, als Sitz des Alliierten Kontrollrates Yiersektorenstadt und bis 1948 durch einen gemeinsamen Magistrat regiert. Am 7. Oktober 1949 wurde die Deutsche Demokratische Republik gegründet. Das demokratische Berlin wurde Hauptstadt der D D R ; Westberlin gilt als Stadt mit einem besonderen politischen Status. Der Wiederaufbau der zerstörten Städte erfolgte in Anlehnung an ihre historisch gewachsene Struktur und gemäß den

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Historisches

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neuen Anforderungen an das Stadtzentrum (Zentraler Platz und Magistrale). Eine wichtige Aufgabe war die Gestaltung Berlins zum gesellschaftlichen Zentrum der D D R . Mit der Errichtung der heutigen Karl-Marx-Allee entstand das erste und zugleich größte zusammenhängende städtebauliche Ensemble unserer Zeit, Teil einer zentralen Achse der Hauptstadt, die von der in alter Schönheit wieder erstandenen Straße Unter den Linden bis nach Friedrichsfelde führt. Zugleich gab sie mit dem 1951 verkündeten „Nationalen Aufbauprogramm" den entscheidenden Auftakt für den Neuaufbau in allen Teilen der Republik. Die Schaffung moderner Wohnkomplexe mit den dazugehörigen Sozialeinrichtungen (Hans-Loch-Viertel Berlin, Stadtbezirk Berlin-Marzahn, Cottbus-Sandow), von Einkaufszentren und Einkaufsstraßen, die z. T. vom Fahrverkehr befreit wurden (Klement-Gottwald-Straße Potsdam) und von Bauten zentraler und staatlicher Organe sowie Kulturstätten (Palast der Republik Berlin, Kulturhaus „Hans Marchwitza" Potsdam, Galerie Junge Kunst im Rathaus Frankfurt/O.) ging einher mit dem Wiederaufbau und der Restaurierung von zahlreichen bedeutenden zerstörten, oder beschädigten Baudenkmälern. Dazu gehören auch Maßnahmen zur Rekonstruktion und Modernisierung von Altbaugebieten, wie am Arnimplatz in Berlin. Eine sehr wichtige Rolle spielte in diesen Bezirken die Entwicklung der Industrie, der Neuaufbau von großen Industrieanlagen (Stahl- und Walzwerk Brandenburg und Hennigsdorf, 1. Atomkraftwerk der D D R in Rheinsberg, Textilkombinat Cottbus). So änderte sich das Gesicht des Bezirkes Frankfurt/O., der eine überwiegend agrarische Struktur besaß, grundlegend durch die starke Industrialisierung (Eisenhüttenkombinat Ost, Erdölverarbeitungskombinat Schwedt) und die Errichtung neuer Städte (Eisenhüttenstadt, Schwedt). Der Bezirk Cottbus aber wurde zum Kohle- und Energiezentrum unserer Republik (Kombinat Schwarze Pumpe, Großkraftwerke Trattendorf, Vetschau und Lübbenau). Dr. Winfried Löschburg

Vorwort des Herausgebers

Entgegen der ursprünglichen Absicht umfaßt der vorliegende Band der Neubearbeitung des Dehioschen Handbuchs der deutschen Kunstdenkmäler nicht den gesamten Bereich der ehemaligen Mark Brandenburg. Die notwendigerweise ausführlichere Berücksichtigung der Denkmale des 19. und 20. Jahrhunderts im Zentrum Berlins und die besonders große flächenmäßige Ausdehnung des Bezirks Potsdam — er ist der größte in der D D R — machten es unmöglich, alle Denkmale der Mark Brandenburg in einem Bande zu vereinigen. Die enge historische Verbundenheit der Städte Berlin und Potsdam ließ es aber geboten erscheinen, diese beiden zusammen zu behandeln. Die Abfassung der Texte erfolgte durch Mitarbeiter der Abteilung Forschung des Instituts für Denkmalpflege auf Grund älterer Erfassungsunterlagen, ohne daß eine neuerliche Bereisung in allen Fällen möglich gewesen wäre. Die daraus entstehenden Unzulänglichkeiten mußten in Kauf genommen werden. Auch ist zu betonen, daß die Kontrollfahrten zu ausgewählten Objekten einen Zeitraum von mehreren Jahren erforderten, so daß Veränderungen der letzten Zeit nicht immer berücksichtigt werden konnten. Aus allen diesen Gründen muß hier die Bitte an alle Benutzer erneuert werden, Fehler und Irrtümer dem Institut für Denkmalpflege mitzuteilen, damit sie in einer Neuauflage berücksichtigt werden können. Endgültiger Redaktionsschluß war für den vorliegenden Band der 30. 11. 1979. Im einzelnen verteilt sich die Arbeit wie folgt: Dr. Beate Becker: die Landkreise Königs Wusterhausen und Gransee Horst Büttner: die Landkreise Oranienburg, Rathenow und Wittstock sowie die Berliner Bezirke Köpenick, Lichtenberg und Treptow Dr. Horst Drescher: der Stadtkreis Potsdam (unter Benutzung eines Entwurfs von Ingrid Bartmann-Kompa), die Berliner Bezirke Pankow und Weißensee sowie die weiter unten genannten Ergänzungen für die Landkreise Brandenburg und Neuruppin (ausgenommen Lehnin) Dr. Joachim Fait: die Berliner Friedhöfe Marina Flügge (zusammen mit Helmut Spielmann): der Berliner Bezirk Prenzlauer Berg Gerda Herrmann: die Landkreise Luckenwalde und Potsdam sowie der Stadtkreis Brandenburg (ohne die Dominsel)

VI Ilse Schröder: die Landkreise Kyritz und Pritzwalk sowie der Berliner Bezirk Friedrichshain (letzterer zusammen mit Christa Stepansky) Helmut Spielmann: der Berliner Bezirk Prenzlauer Berg (zusammen mit Marina Flügge) Christa Stepansky: die Landkreise Beizig, Nauen und Zossen sowie der Berliner Bezirk Friedrichshain (letzterer zusammen mit Ilse Schröder) Dr. Heinrich Trost: die Landkreise Brandenburg (ohne Ketzür, Lehnin, Ziesar und einige andere Orte) und Neuruppin (ohne die Städte Neuruppin und Rheinsberg). Der Berliner Stadtbezirk Mitte wurde von mehreren der Genannten, aufgeteilt nach Bauten verschiedener Zweckbestimmung, bearbeitet. Die Hauptlast trug dabei Dr. Drescher, der zudem die Texte aller wichtigen Denkmale des 16. bis 19. Jahrhunderts überging und auch den Stadtvorspann verfaßte. Er war auch mein Begleiter auf vielen meiner Kontrollreisen und trug wesentlich zu deren Erfolg bei. Nicht zuletzt möchte ich ihm für seinen Einsatz bei der Endredaktion des Gesamtmanuskripts aufrichtig danken. Der Text für den Landkreis Jüterbog mußte — unter Benutzung eines unvollständigen Entwurfs von Dr. Becker — von Dr. habil. Ernst Schubert und mir gemeinsam erarbeitet werden. Ganz neu wurden von uns beiden die Texte für Lehnin und die Brandenburger Dominsel verfaßt, wobei Dr. Drescher die Bearbeitung der Ausstattung des Domes übernahm. Weiter begleitete mich Ernst Schubert auf zahlreichen Kontrollreisen. Für seine besonders wertvolle, nie erlahmende freundschaftliche Hilfe sage ich ihm auch an dieser Stelle herzlichsten Dank. In kollegialer Weise wurde ein Teil der Texte von Mitarbeitern der Arbeitsstelle Berlin des Instituts für Denkmalpflege durchgesehen und verbessert; insbesondere ist hier Dr. Hannelote Sachs und Carl-Jürgen Gertler zu danken. Die Zeichnungen für den Band — diesmal besonders zahlreich — schuf Otto Haikenwälder, Berlin, in gewohnter Sorgfalt. Dafür möchte ich auch ihm meinen besten Dank sagen. Weiter gilt der Dank allen, die uns am Ort oder durch Auskünfte behilflich waren. Er gilt auch dem Akademie-Verlag für die Mühe der Drucklegung. Ganz besonderer Dank gebührt schließlich dem Ministerium für Kultur, daß es dem Institut für Denkmalpflege die finanziellen Mittel zur Erarbeitung des Bandes bereitstellte. Als nächstes Ziel der Neubearbeitung des „ D e h i o " ist der Abschluß des Manuskriptes für die Bezirke Cottbus und Frankfurt/ Oder vorgesehen, wofür bereits nicht unbedeutende Vorarbeiten geleistet wurden. Berlin, im Dezember 1979

Edgar Lehmann

Vorwort zur zweiten Auflage

Die zweite, verbesserte Auflage des vorliegenden Bandes ist dem 750jährigen Jubiläum der Stadt Berlin gewidmet. Der Herausgeber und seine Mitarbeiter waren bemüht, nicht nur die Druckfehler auszumerzen, sondern auch die in den sechs Jahren seit Erscheinen der ersten Auflage eingetretenen Veränderungen zu erfassen. Daß besonders am Text für die Stadt Berlin mit ihrer regen Bautätigkeit viel zu verbessern und nachzutragen war, kann niemanden überraschen. Dennoch mag unserer Aufmerksamkeit manche Einzelheit entgangen sein. Die Bitte an alle Benutzer, uns auf Fehler und Irrtümer aufmerksam zu machen, bleibt daher bestehen. Eine größere Anzahl von Kollegen aus dem Institut für Denkmalpflege, aber auch aus anderen Einrichtungen, haben uns bei den Korrekturen durch vielfältige Hinweise unterstützt. Ihnen allen gilt unser aufrichtiger und herzlicher Dank. Doch auch interessierten Lesern verschiedenster Berufe haben wir für Verbesserungsvorschläge unseren besten Dank abzustatten. Ein besonderer Dank geht an Frau Christa Stepansky, die allein, mit viel Sorgfalt die Mühe der technischen Vorbereitung dieser Neuauflage auf sich genommen hat, wie auch an den AkademieVerlag für die Betreuung der Drucklegung. Berlin, im November 198J

Edgar Lehmann

Seit dem Redaktionsschluß für die Korrekturen zur 2. Auflage sind bereits wieder zwei Jahre vergangen. In dieser Zeit sind wesentliche Änderungen an der amtlichen Gliederung des Stadtgebiets vorgenommen worden, vor allem veranlaßt durch die Bildung der Stadtbezirke Hellersdorf und Hohenschönhausen mit ihren ausgedehnten Neubaugebieten. Leider war es nicht möglich, diese Veränderungen während der Herstellung des vorliegenden Bandes noch zu berücksichtigen. Das gilt insbesondere für die Karte auf S. 79 wie auch für den inzwischen weitgehend vollendeten Ausbau des Viertels um die Nikolaikirche. Da jedoch „alles fließt" und die Geschichte ständig neue Tatsachen schafft, bleibt im Grunde jeder Zeitpunkt, den man für einen Abschluß wählt, zufällig und willkürlich. Berlin, im November 1987

Edgar Lehmann

Verzeichnis der Abkürzungen

A. Bar., bar. beg. Dat., dat. E. ehem. erh. fr. gegr. gen. geschl. Got., got. Gr. H. hl. Inschr. inschr. Inv. Jh. K. Kap. klassizist. Klst. kr.

Anfang Barock, barock begonnen Datum, datiert Ende ehemalig erhalten früh gegründet genannt geschlossen Gotik, gotisch Grundriß Hälfte heilig Inschrift inschriftlich Inventar Jahrhundert Kirche Kapelle klassizistisch Kloster kreisförmig (V2kr. = halbkreisförmig usw.)

Ldkr. M. Ma., ma.

Landkreis Mitte Mittelalter, mittelalterlich N, n Norden, nördlich O, ö Osten, östlich polyg. polygonal Quadr. Quadrat quadr. quadratisch Rck., rck. Rechteck, rechteckig Renaiss. Renaissance Rest. Restaurierung rest. restauriert Rom., rom. Romanik, romanisch S, s Süden, südlich isch., 2sch. einschiffig, zweiusw. schiffig usw. sign. signiert sp. spät Stkr. Stadtkreis urk. urkundlich V. Viertel W, w Westen, westlich

Vorbemerkung für den Benutzer

Die im Handbuch aufgenommenen Orte sind in alphabetische! Reihenfolge angeordnet. Ausgenommen von dieser Regelung ist in diesem Band Berlin/DDR, das seiner Bedeutung entsprechend außerhalb des Alphabets vorangestellt wurde. Alle Orte sind mit Bezirks- und Kreisangabe sowie mit einem Hinweis auf den amtlichen Inventarband versehen, in dem sie behandelt wurden. In der alphabetischen Anordnung gelten ä, ö und ü als ae, oe und ue. Die mit C beginnenden Ortsnamen sind unter K eingeordnet, ausgenommen solche, die mit Ch anfangen. Ortschaften mit der amtlichen Bezeichnung „Bad" sind nur unter dem Ortsnamen eingeordnet. Nicht mehr selbständige Gemeinden erscheinen unter dem Ort, dem sie eingemeindet sind. Verweisungen auf diese Ortsteile sind der alphabetischen Reihenfolge eingeordnet. Maßgebend war im allgemeinen das von der Staatlichen Zentralverwaltung für Statistik herausgegebene Verzeichnis der Gemeinden und Ortsteile der Deutschen Demokratischen Republik, Stand i . Januar 1968.

Die Beschreibung nicht erhaltener Denkmale, soweit sie aufgenommen wurden, steht in eckiger Klammer. Als Anhang sind dem Band angefügt ein Ortsverzeichnis, geordnet nach Kreisen, ein Vereichnis der benutzten amtlichen Inventare, ein Objektregister und ein Verzeichnis der erwähnten Straßen, jeweils getrennt für die Städte Berlin und Potsdam, sowie ein Künstlerregister für den gesamten Band.

BERLIN/DDR

BERLIN/DDR

An günstiger Spreefurt tyviscben den Hochflächen des Teltow und Barnim gegen E.i 2. Jh. als vorstädtische Siedlung beiderseits des Flusses entstanden, um 1230 von den askanischen Markgrafen mit Stadtrecht begabt. Rechtsseitig Berlin, planmäßig angelegte Marktsiedlung mit Straßenmarkt (Molkenmarkt), der Pfarr-K. St. Nikolai und dem 1249 erwähnten Franziskanerkloster sowie einem markgräflichen Hof (Hohes Haus) als landesfürstliche Residenz in der Klosterstraße. Die Altstadt nach M.i}.Jh. n durch die gitterförmige Neustadt um den Neuen Markt und die Pfarr-K. St.Marien erweitert. Linksseitig des Hauptarmes der

(Jnter den

Linden

Berlin und Kölln um 1400 1. Nikolaikirche 2. Marienkirche 3. Petrikirche 4. Fran^iskanerkloster ;. Dominikanerkloster 6. Heiliggeisthospital 7. St.Georgenhospital S. St.Gertraudenhospital 9. Berliner Rathaus 10. Köllnisches Rathaus 11. Gemeinsames Rathaus von Berlin und Kölln auf der Langen Brücke 12. Hohes Haus i). Mühlendamm 14. später Burg b%w. Stadtschloß

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Berlin\DDR

Spree Kölln auf einer Insel, Marktsiedlung in Rippenform mit Straßenmarkt, der Pfarr-K. St.Petri und dem 1297 gegr. Dominikaner-Kloster. 12// als civitas genannt, seit 1 )0j Berlin und Kölln in Landes- und Verteidigungsangelegenheiten vereinigt. Die Doppelstadt schon E.ij.Jh. von Mauern umgeben, durch Lange Brücke und Mühlendamm verbunden, auf ersterer seit A.i4.fh. ein gemeinsames Rathaus. ) Hospitäler. Infolge zentraler Verkehrslage ¡zwischen Elbe, Oder und Ostsee rasche Entwicklung als führende Handelsstadt der Mark Brandenburg, wovon aufwendige Sakral- und Profanbauten zeugten, ab M.i4.fh. auch Mitglied der Hanse. Nach Unterwerfung durch die Hohenzollern seit 1443 auf der NSpit^e der Insel Kölln die markgräfliche Burg, das spätere Stadtschloß, angelegt, von 1470 an ständige Residenz der Kurfürsten von Brandenburg. Damals die Verwaltungseinheit der Doppelstadt wieder aufgelöst. Gegen i.V.ii.Jh. Beginn der vorstädtischen Besiedlung außerhalb der Tore. Unter Joachim II. seit 1 J)9 prächtiger Neubau des Stadtschlosses durch Kaspar Theiß und architektonische Ausgestaltung der Schloßumgebung, die Dominikaner-K. 1 /¡6 zur Kollegiatstifts-K. (Dom) erhoben. Nach dem Dreißigjährigen Krieg durch Kurfürst Friedrich Wilhelm I6J8—8J Ausbau Berlins zur Festung nach Plänen von Johann Gregor Membardt in niederländischer Art unter Einschluß des w vorgelagerten Friedrichswerder. Gleichzeitig großzügige bar. Erweiterungen: längs der 1647 angelegten, in den Tiergarten führenden Allee „Unter den Linden" 1674 die Dorotheenstadt, 1688 im SW Anlage der Friedrichstadt durch Friedrich III., beide als kurfürstliche Gründungen nach geometrischem Plan mit Plätzen, Kirchen und regelmäßigem Straßengitter, die Friedrichstadt unter Friedrich Wilhelm I. 17)4 nochmals erweitert, im SO die Luisenstadt. Sämtliche Teile 1709 vereinigt unter Einschluß der sonstigen Vorstädte (Spandauer Vorstadt, Georgen- oder Königsstadt, Stralauer Vorstadt, Köpenicker Vorstadt). Seit dem letzten Viertel des 17. Jh. prächtige Ausgestaltung als Barockresidenz, insbesondere durch Friedrich I. im Zusammenhang mit der Erhebung Preußens zum Königtum (1701). Architekten wie Johann Arnold Nering, Andreas Schlüter, Jean de Bodt, Johann Friedrich Eosander und Martin Grünberg verliehen dem Stadtbild bedeutende Akzente durch Umund Neubauten von Stadtschloß, Lustgarten und Zeughaus sowie weiteren Schlössern und Sommerresidenzen auch in der Umgebung (vor allem Oranienburg und Charlottenburg sowie in Berlin selbst Schloß Monbijou), z&hlreichen Kirchen, Palästen und Wohnbauten (die besonders geistreich gestaltete Villa Kamecke, 1711 —12 von Schlüter, 194) r^erstört). 1696 Gründung der Akademie der Künste, 1700 Akademie der Wissenschaften. Die glänzende Entwicklung unter Friedrich Wilhelm I. unterbrochen, dessen Bautätigkeit vorwiegend auf das Nützliche gerichtet. Fortsetzung des Ausbaus von Dorotheen- und Friedrichstadt sowie Errichtung mehrerer Kirchen und Vollendung des Großen Friedrichs-Waisenhauses durch Philipp Gerlach, Johann Friedrich Grael und Friedrich Wilhelm Diterichs. Das Stadtgebiet seit 17} / im weiten Umkreis von einer Zollmauer umgeben, Beseitigungen der Festungswerke bis 1746. Ein neuer künstlerischer Höhepunkt unter Friedrich II., während seiner Regierungszeit der Ausbau als bar. Residenzstadt vollendet. Die Planung

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einer ¡zweiten großen Schloßanlage (Forum Friderisyanum) am ö Ende der „Linden" durch Georg Wen^eslaus von Knobeisdorff infolge der schlesischen Kriege und Bevorzugung von Potsdam als königlichem Wohnsitz nur z-T. verwirklicht, der ma. Dom 1747—jo durch einen Neubau im Lustgarten ersetzt• Erst nach dem Siebenjährigen Krieg seit den 70er Jahren des 18.Jh. planmäßige Verschönerung des Stadtbildes durch prospektartige Akzente und repräsentative Schauarchitekturen, vor allem an Plätzen, wie dem ehem. Gendarmenmarkt und Opernplatz; Errichtung Zahlreicher Bürgerhäuser auf Staatskosten. Diese Arbeiten unter Leitung von Karl von Gontard durch Georg Christian Unger, Friedrich Wilhelm Titel und Georg Friedrich Boumann d.J. ausgeführt. Während der Regierungszeit Friedrich Wilhelms II. von Carl Gotthard Langhans und Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff der Frühklassizismus in Berlin eingeführt, neben ihnen wirkten David und Friedrich Gilly sowie Heinrieb Gentz• 1799 Einrichtung der Bauakademie durch David Gilly. Nach den Befreiungskriegen in der i.H.i9.Jh. unter Friedrich Wilhelm III. md und Friedrich Wilhelm IV. kulturelle Glanzze'f Umgestaltung Zur modernen preußischen Landeshauptstadt. 1810 Gründung der Universität. Das Erscheinungsbild künstlerisch geprägt vor allem durch Karl Friedrich Schinkel und dessen Nachfolger mit Meisterwerken wie Neue Wache, Schauspielhaus, Altes Museum, Bauakademie sowie zablreichen Kirchen, Palais und öffentlichen Gebäuden von Friedrich August Stüler, Johann Heinrich Strack, August Soller, Friedrich Hitzig, Friedrich Waesemann u.a. Die Luisenstadt nach 1S2J planmäßig ausgebaut, besonders seit ihrer Erweiterung 1840. Gleichzeitig räumliche Ausdehnung nach N: 18)0 Friedrich-Wilhelm-Stadt und Friedrichsvorstadt, seit 1840 Planung des Friedrichshains; vor dem Oranienburger Tor Entstehen eines Industrieviertels. Nach der Jahrhundertmitte Anwachsen der Vorstädte bei zunehmender Proletarisierung ihrer Einwohner, Anfänge der Mietskasernen. Ab 1860 Erweiterung des Stadtgebiets durch Eingemeindung umliegender Dörfer, diese zu Villenvororten umgeformt. Die weitere städtebauliebe Entwicklung auf Grundlage der Bauordnung von 18}} sowie eines 1862 von fames Hobrecht aufgestellten großzügigen Bebauungsplanes. Bedeutender Aufschwung Berlins in der 2. Jahrhunderthälfte, seit der Reichsgründung 1871 Hauptstadt des deutschen Kaiserreichs. Vitale Entwicklung zur größten Industrie- und Gewerbestadt Deutschlands vom Rang einer europäischen Metropole; Zentrum von Wissenschaft, Künsten und Bildung. 1879 Gründung der Technischen Hochschule Charlottenburg. In wilhelminischer Zeit die Reichshauptstadt repräsentativ ausgestaltet mit pompösen staatlichen und privaten Gebäuden in den Formen historischer Stile sowie mit Plätzen, Parkanlagen und Denkmälern; Neubau von Dom und Reichstagsgebäude durch Julius Raschdorff bzw. Paul Wallot. Das Straßenbild durch herrschaftliche Mietshausfassaden bestimmt, die jedoch meist enge Hinterhofbauten verdeckten. Daneben aber auch die Anfänge eines sozialen Wohnungsbaus. Zahlreiche kommunale Gebäude von Ludwig Hoffmann. Ausbau des innerstädtischen Verkehrsnetzes: seit 1882 Stadtbahn, 1897 bis 1902 erste elektrische Hoch- und Untergrundbahn. Nach dem ersten Weltkrieg 1920 Bildung einer Verwaltungseinheit GroßBerlin durch Zusammenschluß von 94 Städten, Landgemeinden und Guts-

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bewirken mit annähernd 4 Millionen Einwohnern. Bereits nach der Jahrhundertwende, vor allem jedoch in den zwanziger Jahren, Entfaltung eines neuen versachlichten Baustils. Das architektonische Bild geformt von bedeutenden Architekten wie Alfred Messel, Paul Mebes, Peter Behrens, Walter Gropius, Hermann Muthesius, Bruno und Max Taut, Erich Mendelsohn, Hans Scharam, Ludwig Mies van der Rohe, Hans Poefyg, Heinrieb Tessenow u.a., sie errichteten Verwaltungsgebäude, öffentliche Bauten sowie Industrie- und Siedlungsanlagen z- T. von Weltgeltung. Auch in Wissenschaft, Kunst und Kultur Berlin bis 19)3 führend. Die Innenstadt vor den Zerstörungen des Zeiten Weltkrieges trotz vieler historischer Bauten vom Ma. bis zum I9-Jb. im wesentlichen durch die Bebauung des sp.19.Jh. und des 20.Jh. bestimmt. Zwischen 1940 und 194J das Gebiet der ehem. Reichshauptstadt durch )io Fliegerangriffe sowie die schweren Bodenkämpfe bei Kriegsende in eine Ruinenlandschaft verwandelt, eine der meistzerstörten Städte Deutschlands. Fast alle öffentlichen Gebäude und wertvollen Baudenkmale vernichtet oder schwer beschädigt, desgleichen 2)3 der Wohnbauten, besonders stark betroffen der Bezirk Mitte mit dem historischen Kern. Inzwischen zureiche zerstrte Baudenkmale wiederhergestellt, der Wiederaufbau im Bereich der Innenstadt nur teilweise im Anschluß an das alte Straßennetz• Planmäßiger Ausbau als sozialistische Hauptstadt der Deutseben Demokratischen Republik, als ihr politisches, wirtschaftliches und kulturelles Zentrum. In diesem Zusammenhang zahlreiche Neubauten und Ensembles errichtet unter Eingliederung der erhalten gebliebenen historischen Substanz *n das Stadtbild. Beherrschender Mittelpunkt der Marx-Engels-Platz an der Stelle des ehem. Stadtschlosses mit dem Palast der Republik (197) —76), dem Staatsratsgebäude (1962 — 64) und dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten (1964—67), erweitert durch den von Dom, Altem Museum und Zeughaus umgebenen Lustgarten. Ein 2. Zentrum der Alexanderplatz weiter nö, bestimmt durch die 1967—71 entstandenen Neubauten von Hotel Stadt Berlin, Centrum-Warenhaus, Haus der Elektroindustrie, Haus des Reisens und Haus des Lehrers mit Kongreßhalle (1961 — 64) sowie dem älteren Berolina- und dem Alexander-Haus. Zwischen Marx-Engels-Platz und Alexanderplatz eine von Neubaukomplexen flankierte weiträumige Parkanlage auf dem Gelände des ehem. Stadtkernes unter Einbeziehung des Roten Rathauses, der Marien-K. und des Neptunbrunnens, überragt vom Fernsehturm (1963 — 69) als neuem Wahrzeichen der Stadt. In diesem Bereich die gesellschaftlichen Einrichtungen eng mit ausgedehnten Wohnkomplexen verbunden, die auf der Fischerinsel und in der Leipziger Straße fortgesetzt werden, desgleichen um den Leninplatz und in der Karl-Marx-Allee mit ihrer Verlängerung der Frankfurter Allee; die Bebauung der Karl-Marx-Allee 1931 — jS den Beginn der Erneuerung des Berliner Stadtbildes nach dem 2. Weltkrieg darstellend. Das neue Zentrum von großstädtischen Straßenzügen tangiert, sie führen vom Brandenburger Tor und von den seit 1961 ebenfalls neugestalteten „Linden" bzw. von der Leipziger Straße über Marx-Engels-Platz und Alexanderplatz Zu den großen Ausfallstraßen nach Norden und Osten. In den äußeren Stadtbezirken entstanden zahlreiche neue Wohngebiete und ganze Trabantenstädte, die größte seit 1977 in Marzahn.

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STADTBEZIRK MITTE KIRCHEN K i r c h e n des M i t t e l a l t e r s Nikolai-K. Ehem. Pfarr-K. der um 1230 mit Stadtrecht versehenen Altstadt Berlin. Ein spätrom. Feldsteinbau wohl um 1230 beg., 1956 — 58 ergraben: kreuzförmige Pfeilerbasilika mit 3 Apsiden und WQuerturm, eine für die märkischen Stadtpfarrkirchen der Zeit typische Anlage, unter anderem Vorbild für die Marien-K. in Strausberg. 1244 ein Berliner Propst erwähnt, damals die K . wahrscheinlich fertiggestellt. Um 1260/70 (1264 Ablaß) das basilikale Langhaus unter Einbeziehung des Querschiffs zu einer 3sch. Halle von 4 Jochen umgebaut, eine der frühesten Hallenkirchen

Berlin, St. Nikolai der Mark; ihr Gr. durch Grabungen belegt, die Pfeiler kreuzförmig mit flachen Vorlagen und Karniesbasis Chorin nahestehend. Im 14./15.JI1. die K . als spätgot. Backsteinbau erneuert: vor 1379 der bestehende Hallenumgangschor beg., wahrscheinlich sein Bau durch den Stadtbrand von 1380 verzögert, aber wohl dennoch in den ersten Jahrzehnten des 15.Jahrhunderts fertiggestellt. (Der Ablaß von 1402 für Lichter und Ausschmückung eher auf das rest. Kirchenschiff zu beziehen.) 1460 ein Neubau beschlossen, damals das Langhaus in Fortführung des Choraufbaus neu errichtet und vermutlich die gesamte K . einheitlich neu eingewölbt. Rest. 1877/78 durch H e r m a n n B l a n k e n s t e i n , aus

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dieser Zeit das neugot. Turmpaar auf dem spätrom. WBau. 1944/45 schwer beschädigt, 1981—87 mit neuer Wölbung wiederaufgebaut. Der Bau jetzt vom Märkischen Museum museal genutzt. Von der im 2.V. 13.Jh. errichteten K . nur der wenig gegliederte WBau erh., aufgeführt aus sorgfältig bearbeiteten Granitquadern. Die 4 Geschosse durch gesimslose Rücksprünge gekennzeichnet, das obere 1877/78 beim Bau der Türme erneuert. In der WWand ein einfach abgetrepptes, stumpf spitzbogiges Portal, flankiert von kleinen Fenstern, diese ebenso wie die Kreisfenster im 1. Obergeschoß wahrscheinlich nicht urspr. Das Erdgeschoß innen durch breite spitzbogige Gurte in 3 Raumteile geschieden, urspr. mit Kreuzgratgewölben (nur das s erh.), über der Erdgeschoßhalle flachgedeckte Empore. — Der Neubau des 14./15.JI1. eine 3sch. Backsteinhalle von 5 Jochen mit 2jochigem Hallenumgangschor mit Randkapellen, im wesentlichen in 2 Bauabschnitten errichtet. Seit etwa 1379 der Chor aufgeführt, sein Hauptschiff in 5 Seiten des Achtecks geschl., der Umgang 9seitig mit schmalen Kapellen zwischen den Strebepfeilern im Erdgeschoß, darüber innen ein Laufgang am Fuß der Fensternischen. Der Gr. der früheste dieses Typs in der Mark, wohl die Umsetzung von süddeutschen Hausteinbauten der Parierschule in die Backsteinarchitektur: zu vergleichen vor allem der Chor der Heiligenkreuz-K. in Schwäbisch Gmünd. Gegenüber der Marien-K. zu Frankfurt/Oder die Bereicherung durch Randkapellen wesentlich. Der Laufgang dagegen ein bodenständiges Motiv, vgl. die Marien-Kirchen in Neubrandenburg und Prenzlau, wahrscheinlich auch das frühgot. Langhaus von St.Nikolai selbst. Insgesamt ein damals hochmoderner Baugedanke von großer Tragweite. Der Chor außen w durch polyg. Treppentürmchen flankiert, im Aufriß von edlen Proportionen, über der sockelartigen Kapellenzone schlanke 3teilige Fenster, Putzstreifen unter dem Traufgesims; die Einzelformen z.T. rest. — Das Chorinnere kreuzrippengewölbt, die Joche im Mittelschiff quer-, die der Seitenschiffe längsoblong, im Umgang Dreistrahlgewölbe über den Zwickelfeldern. Stämmige Bündelpfeiler auf Rundsockeln, im Kern oktogonal mit halbrunden Vorlagen, im Chorpolygon die Grate der Diagonalen auffallenderweise mit runden Wellen- bzw. Zickzackstäben besetzt, eine Weiterentwicklung der Stützenform in der Marien-K., der Zickzackstab auch an Schildbögen und Fenstergewänden verwendet. Diese Schmuckform möglicherweise bereits vom Einfluß früher B r u n s b e r g - B a u t e n (Marien-K. zu Stargard) zeugend. — Seit etwa 1460 das '5jochige Langhaus erbaut. Das System der OTeile beibehalten, die Formen im einzelnen der Gotthard-K. in Brandenburg nahestehend. Ein Sterngewölbe im ö Langhausjoch vielleicht die Stelle des Kreuzaltars bezeichnend. Im SPortal außen 2 frühgot. Kämpfer aus Werkstein, vermutlich wiederverwendet von der Halle des 13.Jh. — An derSW-Ecke die 1452 gestiftete 2geschossige Liebfrauenkap., mit Staffelgiebeln, diese zu einer Gruppe altmärkisch beeinflußter Giebel (Jüterbog, Brandenburg) gehörig; das Innere in breiten Arkaden

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zum Schiff geöffnet. Wohl gleichzeitig an der NSeite des Chorumgangs eine 2geschossige Kap. angebaut bzw. an der Stelle einer älteren Sakristei neu errichtet, der Liehfrauen-Kap. formal verwandt, ehem. Sakristei und Bibliothek. — Die Seitenkapellen z.T. rest., das Grabmal Männlich von A n d r e a s S c h l ü t e r sowie weitere Grabmäler und Epitaphien wieder aufgestellt; andere Ausstattungsstücke in der Marien-K. und anderswo. Marien-K. Pfarr-K. der nach M.13.JI1. gegr. Neustadt Berlin. Der bestehende Bau vermutlich um 1270/80 beg., erste urk. Erwähnung 1294, damals wahrscheinlich der Chor fertiggestellt, die K. i.H.i4.Jh. vollendet. Nach Beschädigung durch den Stadtbrand von 1380 erneuert, dabei wesentliche Teile des früheren Baus erh. Der WTurm über der Vorhalle 1418 begonnen und bis E . i 5 . J h . fertiggestellt, als Baumeister 1466/67 S t e f f e n B o x t h u d e genannt; der neugot. Abschluß 1789 — 90 von Carl G o t t h a r d L a n g h a n s d.Ä. Rest. 1817/19, 1893/94 und 1969/70. — Langgestreckte jsch. Backsteinhalle von 6 Jochen mit abgesetztem 1 jochigem Chor in Mittelschiffsbreite und 7/i2Schluß; der Gr. märkisch-pommerschen Bauten des sp.13.Jh. verwandt, insbesondere den Dominikaner-Hallenkirchen der Zeit. Die Sockelzone der Umfassungsmauern aus sorgfältig bearbeiteten Feldsteinen in Art frühgot. Granitquaderbauten, im N dreifach abgetrepptes Seitenportal in flacher Wandvorlage. Material und Portal möglicherweise von einem Vorgängerbau übernommen. Der Oberbau in Backstein, durch Strebepfeiler und schlanke 3teilige Spitzbogenfenster gegliedert, erstere an den Ecken schräg gestellt, im W die urspr. Ausdehnung des Langhauses bezeichnend, die (stark rest.) Chorstreben mit kreuzblumenbekröntem Giebel in mittlerer Höhe und urspr. dachförmiger Abdeckung, die Fialen 19.Jh. Der OGiebel der Halle mit Blendenpaaren zwischen pyramidal bekrönten Pfeilern, wohl von der Wiederherstellung nach Brand 1380, die vorgelegte Stützkonstruktion offenbar später. Aus der Zeit nach 1380 weitere Details, u.a. wohl das Fenstermaßwerk. Dem OGiebel stilistisch verwandt die 2jochige Sakristei am s Seitenschiff mit zierlichem Pfeilergiebel, 1893—94 mit der 1729 w angebauten Magistratsloge unter Einfügung einer Vorhalle und historisierender 3maliger Wiederholung des Sakristeigiebels zu einheitlicher neugot. Fassade zusammengeschlossen. — Das weiträumige Innere von betont gestreckter Wirkung mit nahezu quadr. Mittelschiffsjochen und längsoblongen Jochen in den Abseiten. Stämmige Bündelpfeiler von 8paßförmigem Gr., im Kern oktogonal mit vorgelegten Runddiensten, wohl eine Weiterbildung der Langhauspfeiler der Berliner Franziskaner-K. aus dem 3.V. 13.Jh., die Basen der 4 w Pfeiler der SSeite mit gebrochenem Karniesprofil den Pfeilergrundriß aufnehmend, die übrigen durch schweren Rundsockel ersetzt, die Kapitellzone 1817—19 verändert. Über den Kämpfern breite Scheidbögen mit rck. Unterzügen, der Raum bis auf die später erneuerten Joche mit schmalrippigen Kreuzgewölben geschlossen, die nicht hervorgehobenen Gurte im Chor und an den Seitenschiffswänden auf

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dünnen abgekragten Runddiensten ruhend. Das Sterngewölbe im Chor und das Springgewölbe im ö Langhausjoch bezeugen die Erneuerung der Gewölbe nach 1380. Die Halle seit etwa 1418 bis E.i5.Jh. durch den mächtigen WBau mit hohem mittlerem Turm aus grobem Bruchsteinmauerwerk verlängert. Der Unterbau in Schiffsbreite innen als jsch. Vorhalle angelegt, durch kräftige Pfeilersubstruktionen und Gurtbögen geteilt, die Kompartimente urspr. mit dem Langhaus räumlich verbunden, die Seitenteile netzgewölbt, im Mittelraum Sterngewölbe (1893/94 erneuert), damals auch die w Joche der Halle mit Netzgewölben versehen. Die jetzigen Trennwände zwischen Langhaus und Turmhalle später, davor aufwendige WEmpore von 1893—94, das WPortal schon im fr. 19.Jh. verändert. Der Turm außen ungegliedert, in 2 Geschossen von Spitzbogenfenstern durchbrochen, 1514 ausgebrannt. Das Abschlußgesims von einer bar. Erneuerung 1663—66 durch Michael Matthias Smids. Der originelle Turmhelm 1789—90 von Carl G o t t h a r d Langhaus d.Ä. in neugot. Formen, 2geschossig, kupferverkleideter Aufbau mit gebälktragenden Ecksäulen und offener Laterne mit maßwerkartiger Gliederung, frühes Beispiel historisierender Formgebung, der von Andreas Schlüter geprägte Turmtyp des Berliner Bar. mit neugot. exotischen Strömungen verschmolzen. Vor der WFassade seit 1726 steinernes Sühnekreuz i' üf die Ermordung des Propstes Nicolaus v. Bernau (1325), urspr. auf dem Neuen Markt. Wandmalerei: Totentanz im n Teil der Turmhalle, um 1484/85, wohl unmittelbar nach einer großen Pest-Epidemie entstanden. Die bedeutendste erhaltene ma. Darstellung dieses Themas in Norddeutschland. Hauptwerk der niederdeutsch geprägten spätgot. Wandmalerei in Berlin. 1860 freigelegt und mehrfach stark ergänzt. 1955 — 58 konserviert und von Übermalungen befreit. Auf einem 2 m hohen und 22 m langen Freskenstreifen die Vertreter aller Stände im Reigen mit tanzenden Leichnamen, paarweise auf die angeblich ältere Retabelmalerei einer Kreuzigungsgruppe am nw Eckpfeiler zuschreitend. Der Tanz durch einen predigenden Franziskaner eingeleitet, zuerst Vertreter der Geistlichkeit in hierarchischer Ordnung vom Küster bis zum Papst, anschließend die weltlichen Stände vom Kaiser bis zum Narren dargestellt. Die Figuren vor einem hügeligen Landschaftshintergrund, die Gestalten durch moralisierende niederdeutsche Versunterschriften bezeichnet. Formal den 1463 entstandenen ehem. Totentanz B e r n t N o t k e s in der Lübecker Marien-K. voraussetzend, das Programm durch Einbeziehung der Kreuzigung Christi jedoch selbständig abgewandelt. Ausstattung: Der ma. Bestand während des 17./18.JI1. weitgehend reduziert, nach dem 2.Weltkrieg durch Stücke aus der zerstörten Nikolai- und Franziskanerkloster-K. bereichert. Urspr. hierher gehörig die Bron%efiinU im Chor, dat. 1437, vermutlich von Hinrick von M a g d e b u r g , dem Meister der nicht mehr erhaltenen Fünte in der ehem. Berliner Petri-K. (dat. 1434); kelchförmig auf rundem Fuß, getragen von 4 Drachen, Sinnbildern

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überwundener Dämonen, an der Kesselwand in Rundbogenarkaden Christus, Maria und die 12 Apostel in Flachrelief, darunter die Stiftungsinschrift; die große Tauf schale messinggetrieben mit Verkündigungsdarstellung, i6./i7-Jh. Die bar. Ausstattung einst Bestandteil einer zentralisierenden Raumkonzeption mit 1817 beseitigten Emporen in Art eines Predigtsaals. Altarmand, das Chorpolygon verkleidend, 1757 — 62 nach Entwurf von A n d r e a s K r ü g e r , jteiliger Aufbau in den Formen der KnobeldorffSchule mit korinthischer Säulengliederung und seitlichen Durchgängen; die Gemälde 1761 von B e r n h a r d R o d e : als Hauptstück Kreuzabnahme, zu Seiten Christus am ölberg und Bekehrung des ungläubigen Thomas, in der Predella die Emmausjünger, charakteristisches Werk des Künstlers aus dessen früher Periode, stilistisch dem 17.Jh. verpflichtet; der Aufbau bekrönt von den Stuckfiguren Christi mit dem Siegeskreuz und anbetenden Engeln. Marmor-Kanzel, 1702—03 von A n d r e a s S c h l ü t e r . Urspr. liturgischer Mittelpunkt des bar. Predigtsaals, 1950 an die jetzige Stelle versetzt. Der dekorativ bewegte Aufbau von 4 ionischen Säulen als Substruktion des got. Schiffspfeilers getragen, ein technisches Kunststück der Zeit. Die Kanzel durch 2 flankierende Engelsfiguren an ausschwingenden Volutenbändern gehalten, an der kräftig gegliederten Brüstung in figürlichen Reliefs Allegorien der theologischen Tugenden: seitlich Fides und Caritas, in der Mitte Johannes der Täufer auf das Lamm Gottes als spes mundi weisend; der mächtige hölzerne Schalldeckel als strahlenumkränzte Himmelsglorie, bevölkert von einem bewegt aufgipfelnden Chor jubilierender Engel. Hauptbeispiel Schlüterscher Dekorationskunst, typologisch eine protestantische Paraphrase von B e r n i n i s Cathedra Petri in St.Peter zu Rom (1656—65). Der Aufgang Neuschöpfung von 1949/50. Orgel 1720/ 21 von J o a c h i m W a g n e r (das Werk verändert), der Prospekt 1723 von J o h a n n G e o r g G l u m e d.Ä., bis 1742 von P a u l de R i t t e r fertiggestellt, sein vielgliedriger Mittelteil durch hohe Seitentürme über Engelkaryatiden flankiert und von Strahlenglorie bekrönt, im vergoldeten Akanthusdekor musizierende Putti. P l a s t i k : Altäre und Schnitzfiguren aus dem Ma.: In der Kapelle geschnitzter Altarschrein mit Anna selbdritt zwischen Sebastian und Barbara, im Hintergrund die gemalten Gestalten von Joachim und Joseph, 1 .V. 16.Jh. Ebenda Schnitzaltar um 15 20/2 5, im Mittelschrein Madonna im Strahlenkranz auf Mondsichel und Schlange stehend, in den Flügeln die Heiligen Andreas und Petrus, auf den Außenseiten Gemälde mit 4 Szenen aus dem Marienleben (ehem. Klst.-K.). Unter der Orgelempore Schrein eines Schnitzaltars, A.iö.Jh., unter reicher Baldachinarchitektur 3 Sitzfiguren, vermutlich Franziskanerheilige (ehem. Klst.-K.). Im s Seitenschiff qualitätvolle Relieftafel des Bernhard von Siena, um 1460 (das Datum 1584 von einer Erneuerung); unter Maßwerkarchitektur auf einer Konsole stehend der Heilige in Franziskanerkleidung, das Christusmonogramm im Strahlenkranz haltend, umgeben von 3

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Mitten und Kirchenmodellen als Hinweis auf die von ihm abgelehnten Bischofsämter, unten Stifterfiguren, die wohl einzige Darstellung dieses Themas in der Skulptur n der Alpen (ehem. Klst.-K.), Im Chor 3 Schnitzfiguren: Margarete und Barbara um 1420; Georg um 1470/80, wohl von Altären (ehem. Klst.-K.). — Skulpturen aus nachma. Zeit: im Chorpolygon hinter dem Altar gutes spätgot. Sandsteinrelief Christus in Gethsemane mit 3 schlafenden Jüngern, E.15./A.16.JI1., angeblich 1581 gestiftet. Im Chor kleines Alabasterrelief der Kreuzigung in architektonischem Rahmen, 17.Jh. Im s Seitenschiff Marmorrelief Christus im Schiff als Symbol der Kirche, um 1700, in geschnitztem durchbrochenem Rahmen. T a f e l b i l d e r und G e m ä l d e : Der reiche Bestand bietet einen guten Uberblick über die Berliner Malerei vom Ma. bis zum sp. 18.Jh. Unter den ältesten erhaltenen ein schönes Marienbild im n Seitenschiff, gegen M.15.JI1., auf Leinwand übertragen, Maria mit Kind umgeben von Engeln und 5 Franziskanerheiligen, unten der durch Schriftband bezeichnete Stifter, ein Franziskaner, stilistisch dem westfälischen Kunstkreis des Weichen Stils nahestehend (ehem. Klst.-K.). In der Kapelle 2 Altarflügel, um 1480, vom spätgot. Hochaltar der Marien-K., beidseitig bemalt mit 16 Szenen aus dem Leben Jesu und der Maria vor landschaftlichem Hintergrund. Fragmente ehem. Altäre auch 3 weitere Tafeln: im Chor Anbetung des Kindes, 4.V.15.JI1., in der Sakristei zusammengehörig Auferstehung Christi und Tod Maria, 2-H.15.Jh., 1608 übermalt und ergänzt (ehem. Nikolai-K.). Im Chor und unter der WEmpore 3 Votivtafeln der Familie Blankenfelde: Kreuzigung Christi mit Maria und Johannes vor Landschaft sowie dem Stifter P. Blankenfelde samt Familie, um 1440 (ehem. Klst.-K.). Die beiden folgenden Tafeln zugeschrieben dem der Nürnberger Werkstatt M i c h a e l W o h l g e m u t s nahestehenden M e i s t e r des E p i t a p h s Wins in Berlin-Gatow: Beweinung Christi, E.i5.Jh., Maria den Leichnam Christi stützend ¿wischen Johannes und Maria Magdalena, zu Füßen die Figuren des Stifterpaares; der Rahmen mit 4 gemalten Heiligen, oben ein kunstvoll verschlungenes Spruchband, unten die ikonographisch interessanten Passionsattribute. Kreuzigung Christi, um 1505, mit Maria und Johannes sowie Heiligen und der Familie des Stifters Th. Blankenfelde, im Hintergrund Landschaft mit Stadtansicht. Die Tafeln von guter Qualität (sämtlich ehem. Klst.-K.). Berveinung Christi im Chor, i.V.iö.Jh., der D o n a u - S c h u l e nahestehend, die Figuren in teils prächtigem Zeitkostüm vor landschaftlichem Hintergrund. Dem Dürer-Schüler N i k o l a u s W i n k l e r zugeschrieben (in der Sakristei) Beweinung Christi mit der Stifterfamilie Grieben, in Anlehnung an Dürers Beweinung der Münchener Pinakothek; ferner (im s Seitenschiff) Gefangennahme Christi, beide um 1515, Hauptwerke der Malerei des fr.16.Jh. in Berlin (ehem. Nikolai-K.). Aus dem U m k r e i s L u c a s C r a n a c h s d.Ä.: im Chor Epitaphgemälde Anbetung des Kindes mit der Stifterfamilie Ketwig, 1526; in der Sakristei füngstes Gericht, um 1530 (beide ehem. Nikolai-K.); unter

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der WEmpore Kreuzabnahme um 1520/30. Daselbst auch ein ikonographisch interessantes Epitaphgemälde mit Weinberg des Herrn und Christus in der Kelter, nach M.iö.Jh., in altem Rahmen, thematisch dem 1567 gemalten Epitaph Eber von L u c a s C r a n a c h d.J. in der Wittenberger Stadtkirche verwandt. 8 Tafelbilder von M i c h a e l R i b e s t e i n , bezeichnend für die von neuem protestantischem Ideengut geprägte Malerei nach M.i6.Jh.: in der Sakristei Dogmenbild des apostolischen Glaubensbekenntnisses mit Allegorie der Sünde und Erlösung, vor 1550?; in den Seitenschiffen Auferweckung des Lazarus, dat. 1552 (ehem. Nikolai-K.); Christi Himmelfahrt, dat. 1554; Jüngstes Gericht, Epitaphgemälde für H. Tempelhoff, dat. 1558 (ehem. Nikolai-K.); Ezechiel sieht die Toten erwachen, 1559; Christi Höllenfahrt, Epitaphgemälde für S.Mehlmann, 1562 (ehem. Nikolai-K.); Christus im Hause Simons, dat. 1565 (ehem. Nikolai-K.); Kreuzigung mit Moses und Johannes d.T., Votivbild einer unbekannten Familie, dat. 1562. — Unter den zahlreichen weiteren Gemälden des 16. bis 18.Jh. hervorzuheben: An der WWand Gemäldeepitaph für P.Matthias und Frau, beide -(•1552, dat. 1553, r n ' t auferstehendem Christus als Hauptstück und dem Stifterpaar in der Predella (ehem. Nikolai-K.). In der Kapelle Epitaphgemälde Kreuzigung Christi mit der Familie des Kanzlers L. Distelmeyer, nach 1588 von N a t h a n M a u (ehem. Nikolai-K.). Im n Seitenschiff Auferstehung Christi, Epitaph für ein unbekanntes Paar, E.iö.Jh., in altem Beschlagwerkrahmen. Daselbst Gedächtnisbild für J.v.Kötteritzsch und Frau, um 1609/15 von M a r t i n S c h u l z , das kniende Stifterpaar vor dem Lamm mit Kreuzesfahne, flankiert von Moses und Johannes d.T., im Hintergrund zeitgenössische Ansicht des Inneren der Berliner Nikolaikirchc mit Darstellung von Taufe, Trauung und Predigt (ehem. NikolaiK.). Unter der WEmpore Lehrender Christus im Tempel, Epitaphgemälde für M. Goltze f 1612 und Frau (ehem. Nikolai-K.). Daselbst Jakobs Traum, Epitaphgemälde für Bürgermeister H. Rötzlow +1642, M i c h a e l C o n r a d H i r t zugeschrieben, in der urspr. Rahmung. Im Chor kleines Gemäldeepitaph für J. Sanders und Frau, 1640 gestiftet, die Verstorbenen vor Interieur in Knorpelwerkrahmen (ehem. Nikolai-K.). Im n Seitenschiff Verkündigung Maria, um 1600, mit alttestamentarischen Gestalten. Ferner 4 quadratische Gemälde aus Genesis und Patriarchen (Erschaffung Evas, Sündenfall, Kaitis Brudermord, Hagar mit dem Engel), gegen 1600. Auf der Orgelempore 2 Gemälde von C h r i s t i a n B e r n h a r d R o d e : Jakob segnet Ephraim und Manasse 1760 sowie Barmherziger Samariter, letztes Drittel 18.Jh. 6 Pastorenbilder, 16. —19.Jh. Weitere Ausstattungsstücke aus St. Marien in Westberliner Kirchen. Reicher Bestand an l i t u r g i s c h e m G e r ä t : Prächtiger spätrom. Kelch aus vergoldetem Silber, 3.V. 13.Jh., einer Gruppe norddeutscher Kelche zugehörig, das wertvollste Stück ma. Goldschmiedekunst in der Mark. Zwischen reichem, durchbrochen aufgelegtem Blattdekor mit Steinbesatz aufgelötete Reliefdarstellungen zu einem christologischen Programm zusammengestellt:

Berlin/DDR am Fuß Christus als Weltenrichter, thronende Madonna mit Stifterpaar, Verkündigung und 2 sitzende Apostel, die Figuren teilweise durch Löwen getrennt, an der Kuppa Kruzifix verehrt von Stiftern sowie 5 stehende Apostel, beiderseits des Nodus an den ringförmigen Schaftstücken Figuren aus einer Kreuzigung sowie aus einer Gruppe der 3 Frauen am Grabe mehrfach verwendet. Die gravierte Patene mit thronendem Christus in 8Paß, ebenfalls von Stifterpaar flankiert, in den Pässen die Evangelistensymbole und 4 Propheten. Die Figuren in ihren zartlinigen Gewändern noch spätrom. anmutend, das Kuppakruzifix von den sächsischen Triumphkreuzen berührt, Stifterfiguren und Rankenornament jedoch schon frühgot. Wahrscheinlich Stiftung der brandenburgischen Markgrafen Johann II. (1266 — 1281) und Otto IV. (1266 — 1509), 1642 restauriert und von Kurfürst Friedrich Wilhelm der Nikolai-K. geschenkt. Bemerkenswert 2 weitere Kelche, der Fuß des einen M.i4.Jh., der andere 1606, beide mit Reliefmedaillons, letzterer reich ornamentiert, jedoch stilistisch uneinheitlich. Silberkanne, sp.16.Jh., verziert durch Rankendekor aus Rollwerk und Figuren. 2 Oblatendosen, eine im unteren Teil nürnbergisch um 1555, mit stehendem Deckelkruzifix E.17.JI1. und 2 Medaillen, gestiftet und umgearbeitet 1693 von D a n i e l M ä n n l i c h d.Ä. (ehem. Nikolai-K.); die andere 1672, ebenfalls von D a n i e l M ä n n l i c h d.Ä., mit stehendem Deckelkruzifix. Weitere Geräte des 18.Jh. G r a b d e n k m ä l e r und E p i t a p h i e n : Am ältesten im s Seitenschiff Epitaph. J.Zerer t I 54?» von H a n s S c h e n k gen. S c h e u ß l i c h , Reliefbüste in architektonischer Rahmung, ein wichtiges Zeugnis der Berliner Renaiss.-Plastik. Demselben Meister zugeschrieben (OWand des s Seitenschiffs) Epitaph für Advokat J.Flaccus ^1562, säulengerahmtes Relief des Abendmahls vor Palastarchitektur, darüber Christus in Gethsemane, jetzt ohne Rahmen. In der Turmhalle 3 figürliche Grabsteine der Familie Steinbrecher +1598 bzw. 1599. An der OWand des n Seitenschiffs Grabmalfür E.V. Röbel und Frau 1 1 6 3 0 bzw. 1642; schmuckreicher manieristischer Architekturaufbau, von Engelskaryatiden getragen, im Mittelfeld die Verstorbenen vor dem Gekreuzigten kniend, zu Seiten in Tabernakeln mit wappenverzierten Säulen Personifikationen der Klugheit und des Glaubens, im Aufsatz 3 weitere Figuren, die Hoffnung A . i y . J h . aus Holz, das Ganze reich mit Roll- und Knorpelwerk verziert. Im Chor Marmorgrabmal des Feldmarschalls O.S.v.Sparr fi668, von A r t u s Q u e l l i n u s d.Ä. 1662/63 in Antwerpen gefertigt: großer Säulenaufbau, im Mittelfeld vor triumphbogenartiger Hintergrundarchitektur der gerüstete Feldmarschall vor seinem Hausaltar kniend, begleitet von einem helmtragenden Pagen und Hund, im Aufsatz zu Seiten des Familienwappens Mars und Minerva, ferner gefangene Sklaven, Kriegs- und Siegestrophäen; in Gesamtaufbau und Einzelheiten von hoher Qualität, bedeutsam für den Einfluß des flämischen Bar. auf die vorschlütersche Plastik in Berlin. Außen die Gruft, darin 10 ornamentierte Särge des 17.Jh., das schöne schmiede-

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eiserne Gitter jetzt vor dem Röbelschen Grabmal. Im n Seitenschiff Stuckepitaph für Hof Schneider J.Korn f 1671, hinter Tischaltar die Halbfigur des Verstorbenen im Gebet, mit allegorischem Beiwerk. Im Chorpolygon Sandsteinepitaph C.v.d.Linde +1673 mit gemaltem Porträtmedaillon; an der OWand des s Seitenschiffs Epitaph A.Schilling +1698, ebenfalls von Porträtgemälde bekrönt. Im s Seitenschiff Epitaph J.G.Hackert und Frau \ 1704 bzw. 1710, Sarkophagaufbau mit Inschriftkartusche und trauernden Putten. Im n Seitenschiff Inschriftepitaph M.Tieffenbacb und A.M.Ludolff, beide f i 6 8 7 , im aufwendigen Akanthusrahmen symbolische Reliefdarstellungen. Im Chor Wandepitapb für Bürgermeister J.Liet%mann ^ijiz, bewegter Aufbau mit reichem allegorischem Figurenschmuck, in der Art von J o h a n n G e o r g G l u m e d.Ä., die wappengeschmückte Inschrifttafel durch Urne zwischen Justitia und Caritas bekrönt, unten geflügelter Chronos und Totenkopf, zu beiden Seiten 2 weibliche Allegorien mit gesenkter bzw. aufrechtgehaltener Fackel. Im s Seitenschiff Erbbegräbnis der Familie Simon, 1715 gestiftet, architektonisch gerahmte Portalnische, darauf trauernde weibliche Gewandfigur von B a r t o l o m é D a m a r t , außen die ehem. Gruft mit Schmiedegitter. Im n Seitenschiff Marmorepitaph A.M.Hoffmann j-1741, mit porträtmedaillonhaltendem Putto. Daneben das Denkmal des Predigers F.Roloff und seiner Frau aus schwarzem und weißem Marmor, inschr. 1794 von E m a n u e l B a r d o u , eines seiner Hauptwerke, auf hohem Sockel die lebensgroße Gestalt der Hoffnung mit Anker und Schlange an eine Urne gelehnt, daran die vorzüglichen Reliefbildnisse der Verstorbenen, davor strenges Gitter der Zeit. Weiterhin zahlreiche Grabsteine und Epitaphien des 17. bis 19.Jh. In der Turmhalle 2 Totenschilde mit kriegerischem Beiwerk, 2.H.17.Jh. Franziskaner-Klosterk. Klosterstr. Niederlassung des Konvents am nö Stadtrand von Berlin seit 1249 nachweisbar, möglicherweise jedoch älter (1252 Provinzialkapitel). Als Gründungsbau ein Feldsteinsaal, ähnlich den Franziskanerkirchen in Prenzlau, Angermünde und Brandenburg vermutet, davon könnten die Feldsteinreste im Mauerwerk des n Seitenschiffs herrühren. Um 1250 — 65 der jetzige frühgot. Backsteinbau, entstanden unter dem Einfluß einer im 2.V. des 13.Jh. am Brandenburger Dom (Bunte Kapelle, Kloster) arbeitenden Bauhütte, das Chorpolygon erst gegen 1300 angefügt. Ältestes in seiner urspr. Gestalt erh. Gebäude des ehem. Berlin, entwicklungsgeschichtlich wichtiger Bau der Bettelorden in der Mark. 1945 schwer beschädigt, die Ruine gesichert. 3sch. kreuzgewölbte Basilika von 4 Jochen mit 2jochigem Chorhals in Mittelschiffsbreite und sich verbreiterndem 7/10 Polygonschluß. Das kurze Langhaus von annähernd quadr. Gr. Sein schlichtes Äußeres durch Strebepfeiler am Obergaden gegliedert, in der stark erneuerten WFassade spitzbogiges Portal mit feingliedrig profiliertem Gewände, beiderseits von Blendnischen begleitet, darüber Fenster unter abschließendem Kleeblattbogen-

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fries; das Giebelfeld ehem. durch rautenförmiges Stabwerkmuster geteilt. — Im Inneren weitausgreifende Spitzbogenarkaden auf schweren Bündelpfeilern mit rck. Unterzügen (die SReihe zerstört), vermutlich durch das Magdeburger Domlanghaus angeregt; die Pfeiler im Kern quadratisch bzw. oktogonal mit halbrunden Vorlagen, in einer Art Stützenwechsel n und s verschieden. An den Kämpferkapitellen aus gebranntem Ton typisches Blattwerk des j . V . i j . J h . , stilistisch eine Zwischenstufe zwischen Brandenburger Domkloster und Kloster Chorin. Die hohe Obergadenwand nur durch relativ kleine Fenster und die

Weiterführung der halbrunden Pfeilerdienste gegliedert, die Öffnungen des Chorhalses tiefer herabgezogen, die Dienste hier auf Konsolen endigend. Sämtliche Gewölbe zerstört. Der lichtreiche Chorschluß um 1300, ein 7/ioPolygon, dessen w Seiten schräg nach außen springen, so daß der Raum stark zentriert erscheint, Vorbild für die Brandenburger und Stettiner Franziskaner-K. Die eleganten Bauformen in der Nachfolge von Kloster Chorin. Die Sockelzone durch Spitzbogennischen mit eingestellten Kleeblattarkaden gegliedert, darüber hohe Fenster, ihre Gewände fein profiliert, die Gewölbedienste von Profilkapitellen abgeschlossen, das im 19.Jh. erneuerte Fenstermaßwerk jetzt weitgehend zerstört. An der n Polygonseite Chorpforte als ehem. Verbindung zum Kloster und zu einem n angebauten Treppenturm. Die K . mehrfach rest., 1926 — 37 die Veränderungen des 19.Jh. größtenteils beseitigt. Von der ehem. reichen Ausstattung Teile in der Marien-K., im Märkischen Museum und in Westberliner Kirchen erhalten. In der Ruine lediglich ein spätma. und wenige bar. Grabsteine.

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Die Gebäude des „Grauen" Klosters, ehem. an der NSeite, kriegszerstört. In der die Ruine umgebenden Parkanlage 2 monumentale Säulenkapitelle vom ehem. Eosanderportal (III) des Berliner Stadtschlosses, um 1706 — 13. Heiliggeist-Kap. (Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Humboldt-Universität) Spandauer Str. Das Hospital im Zusammenhang mit der nach M.13.JI1. gegr. Neustadt Berlin entstanden, 1272 erwähnt, die Kapelle 1 3 1 3 gen. Im 15.Jh. wiederhergestellt. Das Spital 1825 abgebrochen, die Kapelle 1905 —06 in den Neubau der ehem. Handels-Hochschule von C r e m e r & W o l f f e n s t e i n einbezogen. — Frühgot. Ziegelbau, im Kern sp.13.Jh. Der Gr. rck. von 3 Jochen, größer als die übrigen Spitalkirchen der Mark. Die OFront durch 3 Lanzettfenster zwischen schlanken Blendnischen geteilt, die mittlere Öffnung breiter, in den äußeren Maßwerk der Bauzeit (z.T. erneuert). Uber dem abschließenden Fries aus 4Paß-Formsteinen reizvoller Pfeilergiebel, zwischen den Streben wimpergbekrönte Blendnischenpaare mit Krabbenzier ; die Giebelschrägen und die Spitze verändert. Gliederung der Kapellen-SWand erneuert, die urspr. Fensteranordnung erkennbar. — Das Innere (Mensa) urspr. wohl flachgedeckt, 1476 mit reichem spätgot. Sterngewölbe versehen, dieses auf figürlichen Wandkonsolen aus Backstein, biblische Gestalten in Halbfigur darstellend. Teile der ehem. Ausstattung in Westberliner Kirchen. K i r c h e n des 1 7 . u n d 1 8. J a h r h u n d e r t s Deutsche- und Französische-K. Platz der Akademie. Seit 1701 unter König Friedrich I. auf dem ehem. Hauptmarkt der Friedrichstadt (später Gendarmenmarkt) als Gegenstücke angelegt. Ihre großen Kuppeltürme 1780 — 85. Im 2. Weltkrieg beschädigt und ausgebrannt, Wiederaufbau 1979 beg. Deutsche-K. 1701—08 nach Entwurf von M a r t i n G r ü n b e r g ausgeführt durch G i o v a n n i S i m o n e t t i . jseitiger Zentralbau mit 5 Konchen und inneren Emporen. Weiterbildung des holländisch beeinflußten Grundrißtyps der Parochial-K. 1881 — 82 durch H e r m a n n v o n der H u d e und J u l i u s H e n n i c k e weitgehend umgestaltet, so daß vom bar. Zustand lediglich Grundriß und Raumgefüge zu erkennen sind. Französische-K. für die in der Friedrichstadt angesiedelten Réfugiés, beg. 1701 von L o u i s C a y a r d nach dem Vorbild der 1624 erbauten und 1688 zerstörten Hugenotten-Haupt-K. in Charenton, vollendet 1705 von A b r a ham Q u e s n a y s . Queroblonger Saalbau mit halbrunden Konchen an den Schmalseiten, 1905 durch O t t o M a r c h unter Beibehaltung der Plananlage erneuert, dabei der urspr. Baubestand und das Innere weitgehend verändert. Nach Kriegszerstörung Wiederaufbau 1979 — 83. Im Zusammenhang mit der Neugestaltung des Gendarmenmarktes durch König Friedrich II. ein großzügiger Ausbau der Kirchen beabsichtigt, 1774 entstandene Pläne des Franzosen B . R . B o u r d e t nicht realisiert. 1780 — 85 der OSeite beider Kir-

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chen großartige Kuppeltürme nach Entwurf von K a r l v o n G o n t a r d angefügt, Berliner Hauptwerk des Architekten und städtebauliches Glanzstück der Friedrichstadt. Nach Einsturz des Turms der Deutschen K . 1781 die Ausführung leicht reduziert unter Leitung von G e o r g C h r i s t i a n U n g e r . Die paarweise Anordnung auf Wunsch Friedrichs II. angeregt durch bar. Vorbilder wie die Piazza del Popolo in Rom mit ihren Kuppelkirchen sowie das Royal Naval Hospital von I n i g o J o n e s und C h r i s t o p h e r W i e n in Green wich, die Turmbauten Gontards typologisch jedoch auf einheimischen Bautraditionen fußend, eine Weiterentwicklung von dessen Potsdamer Militärwaisenhausturm, im einzelnen auch durch J a c q u e s G e r m a i n S o u f f l o t s Ste. Geneviève in Paris (1756 — 90) beeinflußt, bezeichnend für die Entwicklung des spätbar. Klassizismus in Berlin. Der Aufbau über 3seitig gleicharmigem Kreuz ohne inneren Zusammenhang mit den Kirchen. Dem quadr. Unterbau mit innerem Turmzylinder an j Seiten 6säulige Tempelportici korinthischer Ordnung Vorgelegt. Darüber, durch Eckaufsätze vermittelt, der Tambour aufsteigend, von einem Kranz korinthischer Säulen eingefaßt, über seinem Balustradengebälk bekrönender Kuppelaufsatz. Die Einzelheiten in kräftigen Louis-seize-Formen, das Ganze mit reichem figürlichem Schmuck, durch den 2. Weltkrieg z.T. bis zur Unkenntlichkeit zerstört. Die Plastik am Turm der Deutschen K . nach Entwurf von C h r i s t i a n B e r n h a r d R o d e , ausgeführt durch C o n s t a n t i n P h i l i p p S a r t o r i d.J., eines seiner Hauptwerke: in den Giebelfeldern Szenen aus der Paulus-Legende (Pauli Predigt in Athen, Opfer zu Lystra, Abschied von den Ephesern und Einschiffung). Die Skulpturen am Französischen Turm unter Mitwirkung von D a n i e l C h o d o w i e c k i ausgeführt durch F ö h t : In den Giebelfeldern Szenen aus dem Leben Christi (Bergpredigt, Christus und die Samariterin, Gang nach Emmaus). Des weiteren an beiden Türmen Gestalten und Szenen aus dem Alten und Neuen Testament, Tugendallegorien etc., vorwiegend dekorativen Charakters. Das bedeutendste monumentale Skulpturenprogramm im deutschen protestantischen Kirchenbau des 18.Jh., thematisch von Strömungen der Aufklärung geprägt. Die Rest, des Turms an der Französischen K . 1979—87, die am Turm der Deutschen K. im Gange. — Im Inneren des Französischen Turms das Hugenotten-Museum. Marmorbüste König Friedrichs II. von Preußen 1793 sowie Gipsbüste D. Cbodowieckis 1801, beide von E m a n u e l B a r d o u . Zahlreiche Pastorenbildnisse des 17. bis 19.Jh., u.a. von G e o r g L i s i e w s k i , D a v i d M a t t h i e u , J o a c h i m M a r t i n F a l b e (Porträt S. M. Gualtieri, um 1750), S u s a n n e C h o d o w i e c k i . St.Hedwigs-K. Kathedrale des Bistums Berlin. Erste Entwürfe 1746/47 aus dem Umkreis P h i l i p p G e r l a c h s für die Leipziger Straße, die K. anfangs als doppeltürmige Anlage in Verbindung mit einem Invalidenhaus beabsichtigt, von Dombauprojekten Friedrichs I. beeinflußt. Ausführung 1747 — 78 am Forum Friderizianum als Zentralbau in Anlehnung an das Pantheon in Rom

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nach Angaben König Friedrichs II. und Plänen G e o r g W e n z e s laus v o n K n o b e i s d o r f f s durch J a n B o u m a n n d.Ä. Die Entwürfe 1747 von J e a n L a u r e n t L e G e a y teilweise modifiziert in einer Stichfolge veröffentlicht. Der Bau nur notdürftig zum Abschluß gebracht, 1884—87 von M a x H a s a k im Sinne des urspr. Entwurfs verändert. 1943 ausgebrannt, Wiederaufbau 1952—63 mit veränderter Stahlbetonkuppel, das Innere von Hans Schwippert. Kreisrunder' Zentralbau unter hoher Kuppel mit giebelbekröntem Säulenportikus an der Eingangsfront sowie einem ebenfalls überkuppelten Kapellenanbau in der rückwärtigen Gebäudeachse. Der von Friedrich II. bevorzugte antikisierende Typ auch durch Traditionen der bar. Berliner Zentralkirchen beeinflußt. Das Äußere mit einfacher Putzquaderung, durch hohe schmucklose

Berlin, St.Hedwig Rundbogenfenster und ein umlaufendes Attikagebälk gegliedert. Der Portikus über einem Stufenpodest; sein skulpturengeschmückter Dreieckgiebel von 6 ionischen Dreiviertelsäulen und dem schön profilierten Gebälk getragen, in den Interkolumnien rundbogige Portale bzw. Figurennischen, darüber reliefierte Supraporten. Am Fries die mit Putten verzierte Weihe-Inschr. Der Skulpturenschmuck größtenteils erst im 19.Jh. ausgeführt, den Entwürfen aus der Bauzeit gemäß ein christologisches Programm. Urspr. lediglich die giebelbekrönende Figur der hl. Hedwig von Engel und Nächstenliebe flankiert, 1773 von W i l h e l m C h r i stian M e y e r d.Ä. (im Krieg stark zerstört). In den Supraporten malerisch bewegte Reliefszenen nach Entwürfen von G e o r g F r a n z E b e n h e c h : Verkündigung, Christus am ölberg, Kreuzabnahme, Auferstehung und Himmelfahrt, ausgeführt 1837 von T h e o d o r W i l h e l m A c h t e r m a n n . Von diesem auch das Modell zur figurenreichen Anbetung der Könige im Giebelfeld, vollendet 1897 von N i c o l a u s G e i g e r in neubar. Formen. Das weiträumige Innere der Rotunde mit opäonartigem Oberlicht im Kuppelscheitel, ehem. von 12 korinthischen Säulenpaaren um-

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standen; unter der Kirche ausgedehnte Krypta, urspr. als Grabstätte für Klerus und Laien gedacht. Der Wiederaufbau in modernen Formen nach Entwurf von H a n s S c h w i p p e r t unter Benutzung des historischen Raumgefüges und räumlicher Einbeziehung der Krypta als Unterkirche, um den Altarraum der letzteren 8 Radialkap. angeordnet; der ehem. Kapellenanbau der Oberkirche jetzt Sakristei. Die liturgische Ausstattung modern. Urspr. nicht hierher gehörig: Vorzügliche Madonna auf der Mondsichel, südwestdeutsch um 1510/20. Pietà, Holz, um 1420/30. Ferner einige bar. Schnitzfiguren: Hl.Hedwig, wohl schlesisch um 1720/30 und 2 Bischofsfiguren um 1700. Im Kirchenschatz gutes Hedwigsreliquiar, silbervergoldete Statuette, die Heilige mit Herzogskrone, in den Händen Madonnenstatue und Kirchenmodell haltend, 1513 von A n d r e a s H e i d e c k e r in Breslau, 1773 aus der dortigen Heilig-Kreuz-Gemeinde gestiftet. Große Strahlenmonstran% mit den Symbolen der Dreifaltigkeit sowie ornamentalem Schmuck und Steinbesatz, böhmisch um 1720/30, der Fuß möglicherweise erneuert. Parochial-K. Klosterstr. Beg. 1695 nach einem Entwurf von J o h a n n A r n o l d N e r i n g als Zentralbau in Form einer Vierkonchenanlage mit Vierungsturm und straßenseitiger Vorhalle, eine der letzten und reifsten Arbeiten des Architekten, nach dessen Tod (1695) von M a r t i n G r ü n b e r g vereinfacht weitergeführt. Infolge Gewölbeeinsturzes 1698 A n d r e a s S c h l ü t e r in den Bauverlauf eingeschaltet. Planung einer Turmfassade über der Vorhalle anstelle des Neringschen Zentralturmes, die Entwürfe Grünbergs zur Ausführung bestimmt. Weihe 1703. Der Turm 1713 —14 aufgestockt zur Aufnahme des Glockenspiels von Schlüters eingestürztem Münzturm, nach Entwurf von J e a n de B o d t ausgeführt durch P h i l i p p G e r l a c h , 1944 bis auf die Umfassungsmauern ausgebrannt, die oberen Turmteile eingestürzt. 1950 — 51 das Dach wiederhergestellt. Ausbau des Innern und Rekonstruktion des Turmobergeschosses beabsichtigt. Der vierpaßförmige Gr. von holländischen Vorbildern beeinflußt, einzigartig im Berliner Raum. Das Äußere schlicht unter gefaltetem Dach. Die Apsiden außen polygonal, durch hohe Rundbogenfenster mit Maßwerk des sp.19.Jh. und Strebepfeiler gegliedert, darüber Attika mit geputzten Kreisblenden. Die Vorhalle als Untergeschoß der Turmfassade mittels Kolossalordnung zusammengefaßt, plastisch betont durch einen von Säulen getragenen Portalrisalit unter Dreiecksgiebel in der Mitte. Darüber der Turm emporgeführt, im einspringenden Winkel der Straße stehend, einst von beherrschender Wirkung, jetzt fehlt das schöne laternenartig geöffnete Obergeschoß mit Pyramidenhelm von de Bodt, ein Nachhall seiner Dombauentwürfe für Berlin. — Das Innere urspr. konzentrisch von Emporen umgeben, mit Kanzelaltar in der Hauptachse, im 19. Jh. verändert. Das Obergeschoß der Vorhalle 1946 als Kapelle ausgebaut. Taufe, 1806, Marmorbecken, von eisernem Dreifuß mit Cherubinen getragen. Gemälde: Weinender Petrus, um 1780 von C h r i s t i a n B e r n h a r d

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Berlin, Parocbialkirehe R o d e , Altarblatt aus der kriegszerstörten Georgen-K. Transfiguration nach R a f f a e l und Kreuzabnahme nach R u b e n s , freie Wiederholungen der 2.H.i8.Jh. Christus als Kinderfreund, um 1830 im Stil der Nazarener (sämtlich ehem. Georgen-K.). Pastorenbilder 18./19.JI1. In der Vorhalle und auf dem zugehörigen Friedhof Epitaphien und Grabdenkmäler des 18. und 19.Jh. — Im Pfarrarchiv hölzernes Modell des Parochialturmes nach dem Entwurf de B o d t s , um 1713, das letzte erh. des 18.Jh. in Berlin. Sophien-K. Sophienstr. Gestiftet 1712 von der Königin Sophie Luise als Pfarr-K. der ehem. Spandauer Vorstadt, 1729 — 35 der Turm nach Plänen von J o h a n n F r i e d r i c h G r a e l hinzugefügt; dieK. 1892 von F. S c h u l z e , A d o l f H e y d e n und K u r t B e r n d t neubar. ausgebaut; gleichzeitig durch Mietshäuser eine großzügige Eingangssituation geschaffen. Urspr. rck. querorientierter Emporensaal mit hohem Walmdach im Typ Berliner protestantischer Predigtkirchen, von Einfluß insbesondere die Potsdamer Heiligengeist-K. (1726 von P e t e r v o n Gayette). Die Langhausfronten durch hohe Rundbogenfenster und rck. Putzblenden ge-

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gliedert, der OGiebel in seiner urspr. schlichten Form wiederhergestellt. Vor der w Schmalseite der stattliche, hochaufragende Turm von G r a e l , der letzte bar. in Berlin. Sein geschlossener Unterbau durch Putzgliederungen und Fenster betont, das Hauptportal portikusartig von übergiebelter Pilasterarchitektur gerahmt ; der obere Teil des Turmes stark zurückspringend in Form eines plastisch bewegten Säulenaufbaus von 2 Geschossen ionischer Ordnung mit lebhaft geschweifter Haube, der Typ in der Nachfolge von S c h l ü t e r s Münzturm ehem. in Berlin und Umgebung verbreitet, bedeutsam als unmittelbare Vorstufe des ehem. Heiligengeist-Turmes von G r a e l in Potsdam. — Das Innere unter Einbau einer Chorapsis neubar. verändert. Kanzel um 1712, auf gewundener Säule der Korb mit Bibelsprüchen und Ecksäulchen, kronenartiger Schalldeckel. Originelle Rokokotaufe, gestiftet 1741, 4seitig mit großen Eckvoluten, in Engelsflüchten auslaufend, in den Feldern Bibelsprüche. Orgel 1789—90 von E r n s t M a r x , am vielteiligen Prospekt schön geschnitztes Blattwerk, Vasen- und Dreifußaufsätze. Pastorenbilder 18. —20.Jh. Silbergeräte 2.H.i8.Jh. 2 Inschrift-Epitaphien der Pastoren F.Lüderwald t I 7 3 9 u n d J.Fritsche 11746, letzteres mit von Putten gehaltenem Porträtmedaillon. — An den Außenseiten der K. sowie auf dem ehem. Friedhof reich gestaltetes Epitaph des Bildhauers J.D.Schwarzenhauer fi748, mit Totenkopf, Trauernder und Strahlenglorie. Qualitätvolles Sandsteindenkmal des Schiffsbaumeisters M.E. Köpjohann und seiner Frau f 1792 bzw. 1776, auf sockelartigem Podest bewegter Engel mit Buch und Inschrifttafel, zu Füßen trauernder Putto und Attribute des Schiffsbaus, vermutlich von W i l h e l m C h r i s t i a n Meyer. Schlichte Grabtafeln der Dichterin A.L.Karsch t I 7 9 I u n d des Dichters C.W.Ramler t x 79 8 > des Baumeisters und Musikers C.F.Zelter fi832 sowie des Historikers L.v.Ranke fi886, letzteres mit gutem Porträtmedaillon in architektonischem Rahmen. K i r c h e n d e s 19. u n d 20. J a h r h u n d e r t s Dom. Ehem. Hof- und Grabkirche der Hohenzollern. Urspr. K. des 1297 gegr. Dominikaner-Klst. von Kölln am Schloßplatz, Halle mit w Zweiturmfassade, 1536 mit der Schloßkap. zu einem Domstift vereinigt. Planungen der Zeit Friedrichs I. für einen repräsentativen Dom nicht verwirklicht. Die ma. Kirche 1747 — 50 durch Neubau im Lustgarten nach Plänen G e o r g W e n z e s l a u s v o n K n o b e i s d o r f f s und Friedrichs II. von J o h a n n B o u m a n n d.Ä. ersetzt: querorientierter Saal mit mittlerem Kuppelbau, zwischen 1816 und 1821 durch K a r l F r i e d r i c h S c h i n k e l klassizist. modifiziert. In der Folgezeit vielfältige Planungen, besonders unter Friedrich Wilhelm IV. in Zusammenhang mit einem Camposanto als Grablege der Hohenzollern, die Kirchenprojekte zwischen basilikaler Langhausanlage und Zentralbau alternierend, Entwürfe u.a. von K a r l F r i e d r i c h S c h i n k e l 1827, F r i e d r i c h A u g u s t S t ü l e r 1842ff., Kartons für Fresken von P e t e r C o r n e -

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l i u s 1841—67; eine der wichtigsten kirchenbaulichen Aufgaben der Zeit, alle damaligen Architekturströmungen aufnehmend. Nach einem 1867 ausgeschriebenen Wettbewerb Realisierung durch den nachmaligen Kaiser Friedrich III. als Staats- und Hofkirche des deutschen Reiches betrieben, grundlegende Entwürfe 1885 von J u l i u s R a s c h d o r f f ; Ausführung als neubar. Kolossalbau 1893 — 1905 durch J u l i u s R a s c h d o r f f und dessen Sohn O t t o R a s c h d o r f f . 1944t. schwer beschädigt. Das Äußere 1975—81 wiederhergestellt, dabei die ehem. reichere Kuppel und die Turmabschlüsse reduziert, die Denkmalskirche 1975/76 abgebrochen. Rest, des Inneren in Arbeit.

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Berlin, Dom vor ip/j Pompöser Zentralbau in eklektizistischen Formen des römischen Bar. unter Verwendung von Elementen früherer Domplanungen. Kirchliches Hauptwerk des spätgründerzeitlichen Historismus in Deutschland. Mehrgliedrige Anlage auf asymmetrischem Grundriß : zentrale Dominante der von 4 Türmen umgebene Kuppelbau der Fest- und Predigtkirche mit zum Lustgarten vorgelegter monumentaler Vorhalle in Art einer Zweiturmfassade, diese in der Mitte durch einen triumphbogenartigen Portalrisalit betont. In der Querachse n ehem. die Denkmalskirche als selbständiger apsidial geschlossener Anbau mit Kapellenkranz, s die saalartige Tauf- und Traukapelle. Im Souterrain unter Denkmals- und Predigtkirche weitläufige Gruft. An der Ausgestaltung des Baus die bekanntesten Künstler der wilhelminischen Ära beteiligt. Der äußere Skulp-

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tutenschmuck aus Bronze und Sandstein auf den Mittelbau konzentriert: zu Seiten der Portalnische über Reformationsreliefs in der Sockelzone die 4 Evangelisten von G e r h a r d J a n e n s c h und J o h a n n e s G o e t z ; als Bekrönung Christusstatue von F r i t z S c h a p e r i n reicher Ädikula; zu seiten Apostel von M a x B a u m bach, Adolf Brütt, Alexander Calandrelli, Ernst Herter, L u d w i g M a n z e l und F r i e d r i c h P f a n n s c h m i d t ; um die Kuppel Engelsgruppen von W a l t e r S c h o t t ; das Programm urspr. fortgeführt durch Herrschertugenden von S c h o t t und W i l h e l m W i d e m a n n an der Denkmalskirche (jetzt DomNFront). Mosaiken des Hauptportals nach 1915 — 16 entstandenen Entwürfen von A r t h u r K a m p f . 3 Bron^etüren mit szenischen Reliefs aus dem Leben Jesu von O t t o L e s s i n g . — Der gewaltige Kuppelraum der Predigtkirche ein unregelmäßiges Oktogon mit Kolossalsäulen und halbkreisförmig geschlossenem Chor, die Hauptachsen rck., die Diagonalen apsidial erweitert, jeweils mit Emporeneinbauten, gegenüber dem Chor die Hofloge. Die prunkvolle Ausgestaltung unter Leitung R a s c h d o r f f s in Fortsetzung des äußeren Skulpturenschmucks: Darstellung eines protestantisch geprägten Heilsprogramms unter Einbeziehung von Reformatoren und um die Reformation verdienten Fürstlichkeiten, das ikonologisch vergleichbare Vorbild der Potsdamer Nikolaikirche ins Pompöse gesteigert. Malereien, Mosaiken und Glasgemälde von A n t o n v o n W e r n e r und W o l d e m a r F r i e d r i c h ; Säulenfiguren der Reformatoren und Fürsten von M a x B a u m b a c h , K a r l B e g a s d.J., A l e x a n d e r C a l a n d r e l l i , G e r h a r d J a nensch, Harro Magnussen, Friedrich Pfannschmidt und W a l t e r S c h o t t ; Zwickelreliefs mit Szenen aus der Apostelgeschichte von O t t o L e s s i n g . A u s s t a t t u n g : z.T. aus dem Vorgängerbau übernommen. Altarmensa aus farbigem Marmor im altchristlichen Stil, um 1850 von F r i e d r i c h A u g u s t S t ü l e r . Im Altarretabel Teile der ehem. Chorschranken des Schinkel-Doms verwendet, 1821 — 22 nach Entwurf von K a r l F r i e d r i c h S c h i n k e l , die 12 Apostel Nachbildungen von P e t e r V i s c h e r s Sebaldusgrab in Nürnberg (1507 bis 1519) aus der S c h u l e C h r i s t i a n D a n i e l R a u c h s ; 1905 in neubar. Rahmen montiert. Beiderseits gußeiserne Kandelaber, vermutlich nach Entwurf S c h i n k e l s , Fuß und Kerzenkrone jeweils neubar. Marmortaufe, 1819 — 33 von C h r i s t i a n D a n i e l R a u c h unter Beteiligung K a r l F r i e d r i c h S c h i n k e l s , an der Fünte Evangelistenreliefs. Hölzernes Lesepult mit qualitätvoller Schnitzerei, um 1700, angeblich von A n d r e a s S c h l ü t e r , dasAuflagebrett von einem Adler getragen. 2 Bronzeenge/, nach 1824 aus dem U m k r e i s v o n C h r i s t i a n D a n i e l R a u c h . Monumentales Gemälde der Ausgießung des Heiligen Geistes, um 1820 von K a r l B e g a s d.Ä., ehem. Hauptaltarbild des Schinkel-Doms (Taufund Traukap.). Die übrige Ausstattung in neubar. Formen mit reichen Schnitzereien, u.a. Kandel und Orgel sowie Wandvertäfelungen und Gestühl. Fresken der sog. Kaisertreppe, Szenen aus dem Leben Christi, von A l b e r t H e r t e l . Monumentales Gipsmodell

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einer Kreuzabnahme, 1888 von M i c h a e l L o c k . Im Dompredigerzimmer Pastorenbildnisse, 17. —20.Jh. Ikonographisch interessantes Dogmenbild mit allegorischem Kruzifix, Ecclesia und Synagoge sowie typologischer Darstellung von Sakramenten, italianisierend, 2.H.16.JI1. Im K i r c h e n s c h a t z liturgisches Gerät des 16.—20. Jh., hervorzuheben: Patent mit gravierten Szenen aus dem Leben Jesu, um 1520/30; 2 große Schraubgefäße von 1612 mit reich graviertem ornamentalem Dekor. Prunkterrine (sog. kurfürstliche Taufschüssel), augsburgisch um 1617, der Adleraufsatz später montiert. Reiches Gerät der wilhelminischen Zeit, u.a. Prunkbibel von 1905. In der G r u f t k i r c h e 90 Sarkophage und Grabmäler von Angehörigen des Hauses Hohenzollern, 16. —20.Jh.: Bronzegrabmal Kurfürst Johann Cicero 11499, unter Beteiligung P e t e r V i s c h e r s d.Ä. 1524 — 30 ausgeführt von H a n s V i s c h e r in Nürnberg (urk. und inschr.), dessen bedeutendstes Werk. Der Aufbau im Typ eines Tischgrabes. Als Bodenplatte die flachreliefierte Gestalt des Verstorbenen in Kurtracht, darüber auf Renaiss.Pfeilern und davor hockenden Löwen die Deckplatte als Prunkbett mit der vollplastischen Liegefigur des Kurfürsten in Rüstung und reich gemustertem Mantel sowie den Insignien seiner Würde, am Plattenrand Grabinschrift nebst Wappentafeln. Entstehung nicht eindeutig geklärt, möglicherweise die Bodenplatte urspr. allein beabsichtigt und erst später zum Hochgrab erweitert, nach weniger wahrscheinlicher Ansicht Doppelgrabmal Johann Ciceros und dessen Sohns Joachim I. +1533. Ausführung von hervorragender Qualität, die Figur dem Grabmal Friedrichs d.Weisen in Wittenberg vergleichbar. Zuerst aufgestellt in der Klosterkirche Lehnin, 1545 nach Berlin übergeführt. Die Zinnsärge des 16. —18.Jh. mit ornamentalem und figürlichem Dekor, in der zeitlichen Abfolge den Wandel von Renaiss. zum Bar. lückenlos veranschaulichend. Hervorzuheben Nr. 28 Kindersarkophag Kurprinz Wilhelm Heinrich +1649, mit Liegefigur und Wappenschmuck. Prachtsarkophage Kurfürst Friedrich Wilhelm (Großer Kurfürst) -f 1688 und seiner 2. Gemahlin Dorothea v.Holstein-Glücksburg fi689, beide von J o h a n n M i c h a e l D ö b e l , wahrscheinlich nach Entwurf von J o h a n n A r n o l d N e r i n g . Der vergoldete Sarkophag des Kurfürsten von gefesselten Sklaven und Löwen getragen, auf dem Deckel Kurhut, Wappen und Inschriftkartuschen, an den Ecken Adler; die Seitenwandungen mit Emblemen und allegorisch auf den Verstorbenen bezogenen Reliefmedaillons, u.a. Schlacht von Fehrbellin sowie die Festung Berlin, sämtlich reich verziert durch Trophäendraperien und Akanthusblattwerk. Ähnlich der Sarkophag der Kurfürstin. Im Typ verwandt die Särge .Nr. 34 Markgraf Carl Philipp 11695, urk. vollendet 1699 von J o h a n n M i c h a e l D ö b e l , sowie Nr. 45 Kurprinzessin Elisabeth Henriette (1. Gemahlin Friedrichs I.) f 1683, Nr. 48 Kindersarg Markgraf Friedrich August f i 6 8 6 und Nr. 30 Markgraf Ludwig f 1687, diese aus stilistischen Gründen ebenfalls J o h a n n M i c h a e l D ö b e l zuzuschreiben. Bedeutendste Kunstwerke die Prunksarkophage König Friedrichs I. von

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Preußen f 1 ? ! ? m,d seiner 2. Gemahlin Sophie Charlotte t ! 7 ° 5 von A n d r e a s S c h l ü t e r , vergoldeter Zinnbleiguß, ausgeführt durch J o h a n n J a c o b i . Als Grabmonument des ersten preußischen Königspaares gedacht, beide Werke trotz des zeitlichen Abstandes eine Gruppe bildend und nur in Details unterschieden. Die elegant geschwungenen Sarggehäuse durch Adler oder weifische Rosse gestützt und mit reichem Dekor von berauschender Pracht ausgestattet. An den Fronten große Inschrift- und Wappenkartuschen, die Wandungen mit virtuos modellierten Reliefbildern von Tugenddarstellungen und allegorischen Szenen aus dem Leben der Verstorbenen. Über den Deckel Krönungsmäntel drapiert, der Aufbau zu Häupten gipfelnd in den von Mädchen aufgerichteten Porträtmedaillons des Herrscherpaares, die Figuren am Sarkophag der Königin Leben und Vergehen bzw. Tag und Nacht personifizierend, zu Füßen sitzend die makabre Gestalt des Todes, der den Namen Sophie Charlotte in das Buch der Ewigkeit einschreibt; am Sarkophag des Königs entsprechend Kurmark und Borussia zu Seiten des Bildnisreliefs, am Fußende die innige Gruppe einer Klagenden mit Putto der Vergänglichkeit, einer entschwindenden Seifenblase nachblickend. Das letzte Werk Schlüters in Berlin, Abschluß einer glänzenden Kunstperiode. Die Särge in Entwurf und Ausführung Zeugnisse größter Meisterschaft, zugleich ein Höhepunkt in der Entwicklung bar. Sarkophaggestaltung, motivisch Französisches und Bernineskes zu genialer Synthese verschmelzend. Dem gleichen Werkstatt-Umkreis zugehörig: Nr. 50 Kindersarkophag Prinz Friedrich Ludwig-("1708, A n d r e a s S c h l ü t e r zugeschrieben. Auf dem Deckel des dekorativen Gehäuses weich gebettete Liegefigur, zu Füßen von einem mächtigen Adler bewacht; typologisches Vorbild der frühbar. Kindersarkophag Wilhelm Heinrichs. Nr. 31 Prunksarkophag Markgraf Philipp Wilhelm v.Brandenburg-Schwedt f 1 7 1 1 , von einem hervorragenden Bildhauer der S c h l ü t e r - S c h u l e , möglicherweise von J o h a n n G e o r g G l u m e d.Ä. nach einem Entwurf S c h l ü t e r s , vollendet 1715. Der vergoldete Bronzesarg auf platzenden Granaten, im Aufbau dem konservativen Typ folgend mit Krone, Staatswappen, Inschriften sowie von Adlern begleiteten Volutenkartuschen auf dem Deckel. Der figürliche und ornamentale Dekor den Verstorbenen als Generalfeldzeugmeister der Armee verherrlichend: an den Langseiten in mittleren Reliefbildern antithetisch gegenübergestellt die Idealfigur des Markgrafen, einerseits umgeben von Tugenden und Wissenschaften des Krieges, andererseits inmitten der Künste des Friedens, dazu entsprechendes emblematisches Beiwerk, u.a. artilleristische Instrumente und der skizzenhafte Entwurf eines Lusthauses. Die bewegte Komposition und kraftvolle Formensprache der Darstellungen besten Dekorationen des Schlüter-Kreises im ehem. Berliner Stadtschloß und anderen Bauten der Umgebung nahestehend. Nr. 51 Prinz Friedrich Wilhelm -j-i711, nach Modell von J o h a n n G e o r g G l u m e d.Ä. gegossen, dessen frühestes bezeugtes Werk. Schlicht gehaltener Kindersarkophag mit Krone, Schädel und plastischem

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Blattwerk, an den Seiten ausdrucksvolle geflügelte Chronosköpfe. Im folgenden seit der Regierungsperiode Friedrich Wilhelms I. größtenteils Hol^särge mit Samt- und Brokatbezug, Tressen und ornamentalem Dekor. Marmorsarkophag Kaiser Friedrichs III. f i 8 8 8 , gearbeitet bis 1892 von R e i n h o l d B e g a s , mit Liegefigur, urspr. im Mausoleum an der Friedenskirche in Potsdam, das Original 1905 nach Berlin gebracht und durch eigenhändige Replik ersetzt. D o m s a m m l u n g mit Architekturmodellen zu den Planungen des 19.Jh. : Holzmodelle des Schinkelbaus um 1821; Holzmodell als Basilika (1845) und Gipsmodell als Zentralbau (1855 — 58), beide von Friedrich August Stüler. Modelle zum R a s c h d o r f f - D o m sowie zu dessen Ausgestaltung; gemalte Entwürfe für Mosaiken und Fresken, u.a. von F r i e d r i c h A u g u s t S t ü l e r und A u g u s t v o n K l o e b e r , z.T. kriegsbeschädigt. St.Adalbert-K. Wilhelm-Pieck-Str. 168. 1934 von Clemens H o l z meister. Saalbau aus Klinkern, die OFassade mit Apsis zwischen rck. Nebenchören eindrucksvoll. — Ausstattung aus der Erbauungszeit. Mosaiken in der Apsis von E g b e r t L a m m e r s . Pietà fr. 16.Jh., angeblich niederrheinisch, holzgeschnitzt mit alter Fassung. Großer eindrucksvoller Kru^ifixus, Holz, Oberammergauer Arbeit um 1935. St. Annen-K. Annenstr. Erbaut für die altlutherische Gemeinde in der ehem. Luisenstadt, 1855—57 nach Entwürfen von H e r m a n n B l a n k e n s t e i n , Frühwerk des Architekten, ausgeführt durch H e r b i g . Schlichter 3sch. Emporensaal aus steinsichtigem Backstein im Rundbogen-Stil der Schinkel-Nachfolge. Der Chor mit halbrunder Apsis und pastophorienartigen Annexen. Beiderseits der turmlosen Eingangsfront 1864 — 65 Flügelanbauten von Pfarrhaus und Schule hinzugefügt, einen kleinen Vorhof flankierend; der Schulflügel kriegszerstört. — Innen offener Dachstuhl auf schlanken Stützen, in den Abseiten Emporen. Ausstattung z.T. aus der Erbauungszeit. Elisabeth-K. Invalidenstr., vor dem ehem. Rosenthaler Tor. Erbaut 1832 — 34 von K a r l F r i e d r i c h S c h i n k e l in Zusammenhang mit einer Reihe 1828 projektierter Pfarrkirchen für die n Vororte Berlins. 1945 ausgebrannt, seitdem Ruine, isch., rck. Putzbau von gediegenen Verhältnissen im „antikischen Stil", der Chor mit eingezogener Apsis und apsidial geschlossenen Sakristeianbauten. Vor der übergiebelten Fassade Pfeilervorhalle als offener Giebelportikus, im Tympanon Stuckmedaillon mit Christuskopf. An den Seitenfronten 2 Reihen rck. Fenster. Das Innere nach Angaben S c h i n k e l s ausgestaltet, ehem. an 3 Seiten von doppelgeschossigen Holzemporen umgeben, die Apsismalerei ausgeführt von C.Scheel. Erhalten im Gemeindehaus Taufständer, Berliner Zinkguß, 1834 angeblich nach S c h i n k e l s Entwurf modelliert von A u g u s t K i s s , am Fuß die Gestalten der 3 christlichen Tugenden, am Becken in Flachreliefs Christus als Kinderfreund. Zugehörig ein Zinkleuchter der ehem. Altargarnitur, modelliert von F r i e d rich Wilhelm Holbein. — Auf dem 1844 angelegten St.Elisa-

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beth-Friedhof Ackerstr. 37 großes Kreuz aus der königlichen Eisengießerei, gestiftet 1851 v o n Friedrich Wilhelm I V . Friedrichswerdersche-K. Werderstr., am ehem. Werderschen Markt. Anstelle eines bar. Vorgängerbaus entstanden 1824 — 30 nach Entwurf v o n K a r l F r i e d r i c h S c h i n k e l . Erste Planungen bereits 1821, die K . anfangs in F o r m eines römischen Tempels beabsichtigt, später als Saalbau konzipiert, die E n t w ü r f e eine „antikische" und eine „ g o t i s c h e " Variante gleichberechtigt berücksichtigend. A u s g e f ü h r t die got. Version auf Wunsch K r o n prinz Friedrich Wilhelms (IV.). D e r Bau v o n L u d w i g F e r d i n a n d H e s s e zu E n d e geführt. 1945 schwer beschädigt, der Wiederaufbau 1982 — 87. — isch. Backsteinbau v o n j Jochen mit 5seitig polygonalem Chorschluß und Doppelturmfassade, im T y p englischen College-Kapellen nachempfunden, der erste neugot. Backsteinbau des 19.Jh. in Berlin. Z w i s c h e n lisenenartigen Vorlagen schöne Maßwerkfenster oberhalb der geschlossenen

Berlin, Friedricbstverdersche Kirche Sockelzone, die V o r l a g e n über das flache D a c h als Fialen weitergeführt. D i e Fronttürme mit stockwerkteilenden Friesen ohne Helme, oben durch Klangarkaden aufgelöst; im Zwischenbau über dem 2teiligen Hauptportal großes Fenster. D i e Einzelformen v o n guter Qualität. A m Torpfeiler ehem. Terrakottafigur des Erzengels Michael, flankiert v o n kranzhaltenden E n g e l n in den Z w i c k e l n , nach Modellen v o n L u d w i g W i c h m a n n ausgeführt durch T o b i a s F e i l n e r ; eine ältere K o p i e des Michael aus getriebenem K u p f e r als Ersatz des Originals aufgestellt; die gußeisernen Türen mit Engelstondi 1829/30 nach E n t w u r f v o n C h r i s t i a n F r i e d r i c h T i e c k . E i n ähnliches Portal an der n ö Langhauswand. — I m kreuzgewölbten Inneren nach innen gezogene Strebepfeiler, zwischen diese ein hölzerner E m p o r e n u m g a n g auf spitzbogigen Zwillingsarkaden gespannt; die Wandvorlagen kleinteilig dekoriert. A n der Turmseite Orgelempore. Die zurückhaltende Ausstattung meist nach E n t w ü r f e n S c h i n k e l s , bis auf die Kanzel verloren. Im Chor urspr. wandartiger Retabelaufbau mit Gemälde der Auferstehung, 1827 v o n K a r l B e g a s d.Ä., die umgebenden Evangelisten v o n W i l h e l m

Stadtbezirk Mitte S c h a d o w , in Resten vorhanden. Eth. die farbige Verglasung der Chorfenster. — Der Bau seit 1987 als Schinkelmuseum genutzt. Golgatha-K. Borsigstr. 1897 — 1900 nach Plänen von M a x S p i t t a und K. W i l d e in den Formen der märkischen Backsteingotik. Kreuzförmiger Emporensaal auf asymmetrischem Gr. mit seitlichem Turm an der Straßenfront. — Im Altarretabel gutes ö 1bild der Beweinung Christi, gegen 1900 von E r n s t P f a n n schmidt. St.Hedwigs-Krankenhaus, Kap. s. S. 62. St.Johannes Evangelist Auguststr. 1895 — 1900 nach Plänen von M a x S p i t t a , ausgeführt durch A d o l f B ü r c k n e r . Neurom. Emporensaal aus Backstein mit Chorapsis. — Im Innern i n j Jochen Kuppelgewölbe mit Oberlichtern. Die Apsismosaiken z.T. überputzt. St.Michaels-K. Heinrich-Heine-Platz. Urspr. kath. Garnison-K., geplant in Zusammenhang mit der Luisenstadterweiterung von 1840 als städtebaulicher Akzent am 1848 — 52 angelegten ehem. Luisenstädtischen Kanal. Erste Entwürfe seit 1845 von A u g u s t S o l l e r unter lebhafter Anteilnahme König Friedrich Wilhelms IV., ausgeführt 1851 — 56 in eklektizistischen Formen oberitalienischer Backsteinkirchen der Renaiss. Hauptwerk des Architekten, ein wichtiges Beispiel innerhalb der Entwicklung des Historismus der Berliner S c h i n k e l - S c h u l e . 1944/45 schwer beschädigt, seitdem Ruine; Querschiff und Chor 1952 — 74 hergerichtet. — Kreuzförmige 3sch. Halle mit kurzem 3apsidialem Chor und hoher Vierungskuppel sowie einer turmlosen Eingangsfassade, das Planschema in freier Anlehnung an S.Salvatore in Venedig; die Verbindung von Zentralbau und Langhaus entwicklungsgeschichtlich bedeutsam für mehrere Berliner Nachfolgebauten. Das Äußere im Rundbogenstil aus 2farbigen Ziegelschichten, die Fronten verziert durch Strebepfeiler, Friese und Formsteinschmuck, Tabernakelfiguren an den Streben. Die zum Kanal gerichtete Hauptfassade beherrscht von einer großen Portalnische mit bekrönendem 3fach durchfenstertem Glockengeschoß und der von A u g u s t K i s s gearbeiteten Michaelsfigur. — Das einst klar gegliederte Innere aus rhythmisch gereihten Kuppeljochen, dabei das venezianische Vorbild nicht starr kopiert, sondern auch Elemente von Schinkels Renaiss.Entwurf zur Friedrichswerderschen-K. aufgenommen. Die Mittelschiffjoche und Kreuzarme von flachen Pendentifkuppeln überwölbt (im OTeil erh.), die Abseiten des Langhauses ehem. durch vorgezogene und in 2 Geschossen durchbrochene Wandpfeiler geteilt, unter quergestellten Halbkreistonnen. Zions-K. Zionskirchplatz, in der ehem. Rosenthaler Vorstadt. 1860 gestiftet als Votiv-K. anläßlich der Errettung Wilhelms I. beim Badener Attentat, ausgeführt 1866—75 nach Entwürfen von G u s t a v M ö l l e r und A u g u s t O r t h im Rundbogenstil der Schinkel-Nachfolge, angelehnt an lombardische Spätromanik. Kreuzförmige Emporen-K. aus farbig gestreiftem Backstein mit

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apsidialem Chor in Schiffsbreite, letzterer seitlich von Sakristei und Taufkapelle in Art kleiner Nebenapsiden begleitet, vor dem kurzen Langhaus hochaufragender Turm. Die reich ausgebildeten Fassaden durch pfeilerartige Eckstreben gefaßt, über den großen Maßwerkfenstern eine Zwerggalerie. Der im Obergeschoß achteckige Turm mit massiver Spitze, das Oktogon als Glockenträger in Offnungen aufgelöst. Der geplante reiche Figurenschmuck blieb unausgeführt, lediglich am Turm im Tympanon des Hauptportals Sandsteinrelief der Bergpredigt von L u d w i g B r o d w o l f . — Das großräumige zentralisierende Innere von kuppelartigen Gewölben gedeckt, diese auf den nach innen gezogenen Streben in Form von gebündelten Freipfeilern mit Knospenkapitellen ruhend (z.T. modernisiert), dazwischen eine den Raum umgangartig umgebende schmale Empore. Den Gewölben gotisierende Rippen untergelegt, in der Vierung großer Stern. Ausstattung z.T. aus der Erbauungszeit. Neue Synagoge Oranienburger Str. Erbaut seit 1859 nach Entwurf von E d u a r d K n o b l a u c h im maurischen Stil, bis 1866 unter Leitung von F r i e d r i c h A u g u s t S t ü l e r zu Ende geführt. Hauptwerk der orientalisierenden Richtung in der romantischen Berliner Architektur, bedeutsam durch die Mischung pittoresker Stilelemente mit moderner Eisenkonstruktion. In der „Kristallnacht" 1938 ausgebrannt, 1943 durch Bomben schwer beschädigt. Erh. lediglich die Fassade. Rest, erwogen. — Ehem. mehrgliedrige Anlage auf asymmetrischem Gr. Die prächtige Front mit Backsteinbändern verschiedener Farben — gelb, rot, weiß — geschmückt, von hoher Tambourkuppel bekrönt, flankiert durch minarettartige Seitentürmchen. Im Inneren des Mittelbaus das gewölbte Vestibül und der darüber gelegene Sitzungssaal in Resten vorhanden, ein Abglanz des einstigen verschwenderisch ausgestatteten Tempelraumes mit seiner auf schlanken Stützen ruhenden eisernen Dachkonstruktion. SCHLOSS U N D B A U T E N D E S HOFES Ehem. Stadtschloß Einstige Residenz der Hohenzollern. Ein Hauptwerk des norddeutschen Bar. 1945 ausgebrannt, die Ruine 1950—51 beseitigt. Auf dem Schloßgelände Palast der Republik Marx-Engels-Platz, erbaut 1973—76 unter Leitung von E h r hardt G i ß k e . — [Das Schloß beg. 1443 — 51 für Kurfürst Friedrich II. auf der NSpitze der Insel Kölln am Spreeufer unter Einbeziehung eines ma. Rundturms der Stadtbefestigung (sog. Grüner Hut). Seit 1538 ließ Kurfürst Joachim II. die Anlage wohl nach Entwurf von K o n r a d K r e b s durch K a s p a r T h e i ß in einen von sächsischen Schlössern des 16.Jh. beeinflußten stattlichen Renaiss.Bau umgestalten. In der Folgezeit, besonders unter Kurfürst Friedrich Wilhelm (1640 — 88), durch J o h a n n A r n o l d N e r i n g und J o h a n n G r e g o r M e m h a r d t noch mehrfach verändert und erweitert, bestand das Schloß E.17.JI1. aus uneinheitlichen, um 2 große Höfe gruppierten Baulichkeiten sowie dem

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nw anschließenden Lustgarten. 1698 — 1716 erhielt der weitläufige Komplex unter Kurfürst Friedrich III. (König Friedrich I.) seine wesentliche Gestalt als einheitliche Bar.Anlage. Künstlerischer Oberleiter war 1698 — 1706 A n d r e a s S c h l ü t e r , auf den die nö Trakte um den inneren Schloßhof zurückgingen; ihm folgte 1706—1} J o h a n n F r i e d r i c h E o s a n d e r , der die von Schlüter geplante Anlage um das Doppelte erweiterte. Die unter Friedrich I. ausgestalteten Wohn- und Festräume zählten zu den hervorragenden Schöpfungen bar. deutscher Innendekoration der Zeit um 1700. 1 7 1 3 — 16 der Umbau unter Friedrich Wilhelm I. durch M a r t i n H e i n r i c h B ö h m e vollendet. In der Folgezeit der Außenbau nur noch wenig verändert. Das Innere während des 18. und 19.Jh. mehrfach umgestaltet unter Mitwirkung bedeutender Künstler: G e o r g W e n z e s l a u s v o n K n o b e i s d o r f f und J o h a n n A u g u s t N a h l (Schreibkabinett Friedrichs II., um 1745, ein Hauptwerk des friderizianischen Rokoko), K a r l v o n G o n t a r d und F r i e d r i c h W i l h e l m v o n E r d m a n n s d o r f f (Königskammern Friedrich Wilhelms II., 1787 — 90), Carl G o t t hard L a n g h a n s d.Ä. (sog. Pfeilersaal, 1791 für Friedrich Wilhelm II.), glänzende Zeugnisse des spätbar. Klassizismus, K a r l F r i e d r i c h S c h i n k e l (Wohnung Kronprinz Friedrich Wilhelms IV., 1825). 1845—53 Heß Friedrich WilhelmIV. durch F r i e d r i c h A u g u s t S t ü l e r und A l b e r t D i e t r i c h S c h a d o w unter Verwendung eines Entwurfs von S c h i n k e l die Kuppel der Schloßkapelle über dem Eosanderportal an der Schloßfreiheit hinzufügen, 1844—57 Ausbau der repräsentativen Raumfolge im Lustgartenflügel mit Treppenhaus, Weißem Saal und Schloßkapelle durch F r i e d r i c h A u g u s t S t ü l e r unter maßgeblicher Beteiligung Friedrich Wilhelms IV. in einem für die Schinkel-Nachfolge bezeichnenden historisierenden Stil. Weitere Um- und Ausgestaltungen des Schlosses und seiner näheren Umgebung während der Regierungsphase Kaiser Wilhelms II. durch E r n s t v o n Ihne.] Vom Schloßkomplex Teile wiederverwendet am Staatsratsgebäude Marx-Engels-Platz, erbaut 1962 — 64 unter Leitung von R o l a n d K o r n . Dort eingefügt das ehem. zum Lustgarten gelegene PortalrisalitIV des SW-Flügels der Schloßerweiterung von J o h a n n F r i e d r i c h E o s a n d e r , ausgeführt zwischen 1706 —13 als Wiederholung des 1698 — 1706 entstandenen Gartenportals V von A n d r e a s S c h l ü t e r . Der Aufbau des 3achsigen Risalits (Kopie) entsprechend den ehem. Schloßfronten 4geschossig mit oberem Mezzanin und geschoßweise übereinander angeordneter Pilastergliederung, von italienischen Bar.Strömungen beeinflußt. Die Mittelachse durch einen hermengetragenen Balkon vor der Hauptetage sowie ein großes Rundbogenfenster mit eingestellten Säulen und bekrönender Wappenkartusche betont, letztere von Genien des Ruhmes begleitet. Die ausdrucksstarken Atlantenhermen von B a l t h a s a r P e r m o s e r aus Dresden, zwischen 1706 und 1708 entstanden, von Schlüter urspr. wohl nicht beabsichtigt. Teil eines Jahreszeitenprogramms an den Gartenportalen, Herbst

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und Winter darstellend. Die herkulischen Körper anläßlich der Neuaufstellung kopiert. „Frühling" und „Sommer" vom Schlüterportal in den Staatlichen Museen Berlin. Das Hermenmotiv, einst ähnlich in Schlüters Haupttreppenhaus des Berliner Stadtschlosses, wohl angeregt durch N i c o d e m u s T e s s i n d.J., insbesondere dessen Stockholmer Schloß, wichtig als Vorstufe der Hermengliederung am Wallpavillon des Dresdener Zwingers (um 1 7 1 6 — 18) sowie auch als Anregung für die Gartenfassade von Schloß Sanssouci (1745 —47). Der Attikaschmuck des Risalits schon A.i9.Jh. verloren. Weitere Reste der Architekturplastik des ehem. Stadtschlosses in den Staatlichen Museen und im Märkischen Museum zu Berlin; größere Teile des beweglichen Schloßinventars im Kunstgewerbemuseum Schloß Köpenick sowie auf die Schlösserverwaltungen Potsdam-Sanssouci und Berlin-Charlottenburg verteilt. Auf dem Gelände des Monbijou-Parks ehem. Schloß Monbijou, 1945 durch Luftangriff schwer beschädigt, die Reste 1957 und i960 abgetragen. [Der quadr. 1 geschossige Mittelteil für Graf v.Wartenberg 1703 von J o h a n n F r i e d r i c h E o s a n d e r als Gartenschlößchen errichtet, bereits 1710 in kgl. Besitz gelangt und 1738—42 von G e o r g W e n z e s l a u s V . K n o b e l s d o r f f durch lange Galerieflügel asymmetrisch erweitert. Das reizvolle Sommerschloß durch erstrangig ausgestattete Innenräume ausgezeichnet, zu nennen vor allem die kostbaren Rokoko-Räume von 1730 nach Entwürfen von J o h a n n M i c h a e l H o p p e n h a u p t d.Ä.] Zum Schloßbereich gehörig der ehem. Marstall (Stadtbibliothek, Stadtarchiv, Behörden) Rathausstr. 7, urspr. ein uneinheitlicher Komplex vornehmlich aus Gebäuden des 17.Jh. Davon erh. der Flügel Breite Str. 36, Teil eines nach Brand 1665 durch M i c h a e l M a t t h i a s S m i d t s beg. und 1670 vollendeten umfangreichen Neubaus, wohl unter Verwendung von Plänen J o h a n n G r e g o r M e m h a r d t s , jetzt das letzte frühbar. Gebäude in Berlin, an das Ribbeck-Haus grenzend. Dreigeschossiger Putzbau von urspr. 14 Achsen, in der ungegliederten Fassade zart gerahmte Zwillingsfenster, die Mitte durch einen 3achsigen Risalit unter Flachgiebel betont, das rustizierte Rundbogenportal in Ädikula-Rahmung mit Löwenkonsolen. Nach Beschädigungen im 2. Weltkrieg die Veränderungen eines Umbaus von 1865—66 beseitigt. — Im kreuzgewölbten Vestibül frühbar. Tür, die Archivolte durch Fruchtgirlande geschmückt. Der übrige Komplex mit Hauptfassade zum ehem. Schloßplatz 1896 — 1902 durch E r n s t v o n I h n e neu errichtet in strengen Formen des Bérliner Bar., z.T. inspiriert durch Marstallentwürfe von J e a n de B o d t aus der Zeit um 1700. Im 2. Weltkrieg beschädigt, reduzierter Wiederaufbau unter teilweisem Verzicht auf den figürlichen und dekorativen Schmück von O t t o L e ss i n g . Zeughaus (Museum für Deutsche Geschichte) Unter den Linden 2. Urspr. preußisches Waffenarsenal und Kriegsmagazin, neben dem abgetragenen Stadtschloß der bedeutendste Barockbau Berlins. Schon während der Regierungszeit Kurfürst Friedrich Wilhelms

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1688 beabsichtigt, beg. erst auf Betreiben Friedrichs III. (König Friedrich I.) 1695 durch J o h a n n A r n o l d N e r i n g , wahrscheinlich unter Verwendung eines Entwurfs von F r a n ç o i s B l o n d e l . Nach Nerings Tod, der noch im gleichen Jahr erfolgte, der Bau ohne Unterbrechung unter M a r t i n G r ü n b e r g bis zur Attika hochgeführt. 1698 — 99 Übernahme der Bauleitung durch A n dreas S c h l ü t e r , dieser bereits seit 1696 als Bildhauer am Zeughaus beteiligt. Nach Einsturz infolge der von Schlüter beabsichtigten zu schweren Attika mit reichen Reliefs und plastischem

Berlin, ehem. Zeughaus Schmuck Übertragung der Direktion an J e a n de B o d t , von ihm der Bau bis 1706 in der endgültigen Gestalt mit Giebelrisaliten vollendet. Das Innere erst 1730 fertiggestellt, 1877 — 80 durch F r i e d r i c h H i t z i g zum Waffenmuseum mit Ruhmeshalle der brandenburgisch-preußischen Armee umgebaut. Im 2. Weltkrieg schwer beschädigt, 1949 — 67 unter Beseitigung der Veränderungen des 19. Jh. wiederhergestellt. Weitere Rest, seit 1978. Monumentaler doppelgeschossiger Vierflügelbau von 19 Achsen über quadr. Gr. um Binnenhof, die rückwärtige NFront urspr. elliptisch geschlossen beabsichtigt. Die meisterhaft gestalteten Fassaden in ihrem Aufbau französischer Klassik des 17.JI1. verpflichtet. Uber dem gebänderten Sockelgeschoß mit Rundbogenöffnungen und plastischen Schlußsteinen das beherrschende Obergeschoß durch eine toskanische Pilasterordnung, Triglyphengebälk und abschließende Attika streng gegliedert, die Fenster alternierend verdacht. Die Fronten mit Ausnahme der Rückseite

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in der Mitte jeweils durch leicht vorgezogene 3achsige Säulenrisalite unter klassischem Dreieckgiebel betont, die Portalachsen der Seiten mittels dekorativer Akzente ebenfalls risalitartig behandelt. Der zu den Linden gelegene Haupteingang von de B o d t in Anlehnung an P e r r a u l t s Pariser Louvrekolonnade als 4säuliger Giebelportikus mit reich dekorierter, in das Obergeschoß einschneidender rundbogiger Portalnische gestaltet. Das Mittelrisalit der Rückseite horizontal geschlossen. Das System der Außenfassaden im wesentlichen auch auf die Fronten des Hofes übertragen, jedoch unter Verzicht auf Risalitbildung sowie mit toskanischen Wandsäulen im Obergeschoß. In den Hofecken durch de B o d t urspr. 4 Treppenhäuser beabsichtigt, ausgeführt lediglich die der Rückfront über viertelkreisförmig vorspringendem Gr. mit Pilastergliederung. Der Bau reich durch Skulpturemcbmuck ausgezeichnet, mit der Architektur meisterhaft zusammenklingend. An der Gesamtkonzeption S c h l ü t e r maßgebend beteiligt, das Programm jedoch nach dessen Ausscheiden modifiziert. Die Schlußsteine über den Toren und Fenstern des Sockelgeschosses nach S c h l ü t e r s Modellen seit 1696 entstanden, das früheste erhaltene Werk des Künstlers in Berlin, ausgeführt größtenteils unter Zuhilfenahme einer Werkstatt, beteiligt vor allem G e o r g G o t t f r i e d W e y h e n meyer. Der reiche Schmuck der Giebelrisalite und Dachbalustraden nach Entwurf de B o d t s von G u i l l a u m e H u l o t . Das Programm entsprechend der Bestimmung des Gebäudes auf Militär und Kriegskunst bezogen, zugleich eine Siegesallegorie Brandenburg-Preußens vor allem in Anspielung auf dessen Beteiligung am Kampf gegen die Türken. Dominierend der lindenseitige Hauptrisalit: im vielfigurigen Giebelfeld Minerva als Lehrerin der Kriegskunst und Waffenrüstung, das Portal flankiert von den allegorischen Frauengestalten der Ingenieurwissenschaft und Geometrie (links) sowie der Architektur und Feuerwerkskunst (rechts), sämtlich von H u l o t , nach Kriegsbeschädigung durch Kopien ersetzt; im Bogen der Portalnische das bronzene Reliefmedaillon des Bauherrn, ebenfalls von H u l o t , gegossen durch J o h a n n J a c o b i , darüber Wappenkartusche und Bauinschrift von 1706. In den Metopen militärische Symbole, auf den Attiken große Trophäenaufsätze, die über den seitlichen Portalachsen der Hauptfront links Bellona, rechts Mars darstellend zwischen bewegten, an Geschützrohre gefesselten Sklaven. Die Attikaplastiken z.T. nach älteren Vorlagen rekonstruiert. In das ikonologische Programm auch die übrigen Fassaden einbezogen, desgl. die prächtigen hölzernen Türflügel mit Trophäenschmuck und Symbolen des Kurfürsten- und Königstums. Glanzpunkt der plastischen Ausgestaltung die über 100 prachtvollen Schlußsteine des Erdgeschosses, Helme und Köpfe sterbender Krieger nach S c h l ü t e r s Modellen. Die Helme der Außenfassaden, 1696 bis 1697 ausgeführt, mit rauschenden Federbüschen und durch vielfältigen emblematischen Dekor verziert: allegorische Fabeltiere, gefesselte Sklaven und Ruhmesgöttinnen; an der rückwärtigen

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NFront auch Medusenhäupter und Schildkartusche. Im Hof über den Haupttoren das aus Palmen, Lorbeer und Eichenlaub gewundene Siegesreis, über den Seitenportalen steigende Adler. Ringsum 22 Köpfe erschlagener Krieger als Trophäen an Schilden aufgehängt, Sinnbilder besiegter Feinde in Anspielung auf die Türkenkriege, durch Schlüter jedoch eine ins Allgemein-Menschliche erhobene Darstellung des Kriegertodes. Die überlebensgroßen Masken von verschiedenen Charakteren und Altersstufen zu Dreiergruppen geordnet, in der ergreifenden Todesphysiognomie vom verbissenen Sterben bis zur verklärten Ruhe ein Hauptwerk der europäischen Barockskulptur. Das Motiv bereits in den 1694 von W e y h e n m e y e r gearbeiteten Schlußsteinen an N e r i n g s Flügel des alten Berliner Rathauses vorgebildet (s. Rotes Rathaus). Die Ausführung nach S c h l ü t e r s Modellen von W e y h e n m e y e r , die besten Köpfe in ihrer Ausdruckskraft und technischen Vollkommenheit wohl Schlüter selbst zuzuschreiben. In der Mitte des Zeughaushofes urspr. das 1697 — 98 von Schlüter geschaffene Bronzestandbild Kurfürst Friedrichs III. beabsichtigt, wegen der Erhebung Preußens zum Königtum 1701 jedoch nicht aufgestellt, ein Abguß des vor dem 2. Weltkrieg in Königsberg/Pr. (Kaliningrad) befindlichen, jetzt verschollenen Originals in der Skulpturensammlung der Staatlichen Museen Berlin. — Das jsch. Innere mit Pfeilerstellungen urspr. nur im Erdgeschoß gewölbt, jetzt durch moderne Deckenkonstruktionen und Seitentreppen neugestaltet. Im spreeseitig gelegenen Restaurant Gipsabgüsse der Sklaven aus S c h l ü t e r s Elisabethsaal des ehem. Berliner Stadtschlosses. Ehem. Neue Wache (Mahnmal für die Opfer des Faschismus und Militarismus) Unter den Linden. Erbaut 1816—18 nach Entwürfen von K a r l F r i e d r i c h S c h i n k e l als Königswache, das erste seiner Berliner Meisterwerke, zugleich ein Hauptwerk des deutschen Klassizismus. Das Innere urspr. i 1 / 2 geschossig mit Binnenhof, 1930—}i als Ehrenmal für die Gefallenen des 1. Weltkrieges durch H e i n r i c h T e s s e n o w mit kreisrundem Oberlicht umgestaltet, 1945 schwer beschädigt, 1951 — 57 wiederhergestellt, der Innenraum 1969 neu gestaltet, der Bau 1984/85 rest. Kubischer Baukörper auf quadr. Gr. mit 4 Eckrisaliten in Anlehnung an die Gestalt eines römischen Kastells sowie vortretendem Säulenportikus strenger dorischer Ordnung aus Sandstein. Die Rückseite, das Motiv der Vorderfront aufnehmend, durch Wandpfeiler mit Gebälk und Dreieckgiebel gegliedert; die Seitenfronten aus Ziegelmauerwerk mit Blendnischen in 2 Geschossen anstelle der 1931 vermauerten ehem. Fenster. Die sparsame figurale Bauplastik in Zinkguß nach den 1817 entstandenen Entwürfen S c h i n k e l s kriegsbeschädigt, 1962 rest. Am Gebälk anstelle der Triglyphen über den Säulen geflügelte Siegesgöttinnen, die Modelle von G o t t f r i e d S c h a d o w unter Mitarbeit von L u d w i g W i c h m a n n ; im Giebelfeld figurenreiches allegorisches Relief, Kampf und Sieg, Flucht und Niederlage darstellend, nach S c h i n kels Entwurf erst 1842 reduziert ausgeführt von A u g u s t K i s s ,

BerlitijDDR 1846 eingesetzt. — In der Mitte des umgestalteten Inneren GlasPrisma mit Ewiger Flamme, davor Grabstätten. — Der denkmalhafte Bau von S c h i n k e l in gelungener Weise zu den Nachbargebäuden in Beziehung gesetzt, romantischer Empfindung folgend von Bäumen umgeben (Kastanienwäldchen) und urspr. von Denkmälern der Feldherren Scharnhorst und Bülow flankiert. Die Seitenwände wohl aus Sparsamkeit in Backstein, jedoch auch bereits ein erster Anklang seines zweckorientierten Schaffens. Palais Ehem. Kronprinzen-Palais (Gästehaus „Palais Unter den Linden") Unter den Linden 3. Erbaut 1663 als Privathaus, 1732 von P h i l i p p G e r l a c h für Kronprinz Friedrich II. in ein 2geschossiges Barockpalais mit reich dekoriertem Mittelrisalit und Auffahrtsrampe umgebaut. In der Folgezeit Stadtresidenz der preußischen Kronprinzen sowie König Friedrich Wilhelms III., für letzteren seit 1793 neu eingerichtet, u.a. 1827 die Kapelle von K a r l F r i e d r i c h S c h i n k e l , 1810—11 von H e i n r i c h G e n t z durch einen die Oberwallstraße überbrückenden Ubergang mit dem Prinzessinen-Palais verbunden. 1856 — 57 der Bau für den späteren Kaiser Friedrich III. von H e i n r i c h S t r a c k durch Umbau und Aufstockung eines Attikageschosses weitgehend verändert. 1919 — 37 moderne Abteilung der Berliner Nationalgalerie. Im 2. Weltkrieg bis auf die Umfassungsmauern ausgebrannt und später abgetragen, 1968 — 69 nach Entwurf von R i c h a r d P a u l i c k in der von S t r a c k geprägten äußeren Erscheinung als repräsentatives Gästehaus rekonstruiert. Dreigeschossiger Bau mit hohem Attikageschoß und asymmetrischen Seitentrakten. Die Fassade italianisierend spätklassizist., in den beiden von Kolossalpilastern gegliederten unteren Geschossen noch der bar. Vorgängerbau zu erkennen. Das Portal durch hohen Säulenportikus mit Balkon über der Auffahrtsrampe risalitartig betont, Hauptgebälk und Pilastergliederung des Attikageschosses durch reichen Arabeskenschmuck belebt. Die Figuren auf der Attika Kopien. Vor dem ö Nebentrakt eine Säulenpergola. — Im modern ausgebauten Inneren der Relieffries des 1793—95 von M i c h a e l P h i l i p p B o u m a n n d.J. errichteten ehem. Potsdamer Schauspielhauses eingefügt, Apoll mit Musen und Grazien, ausgeführt durch die Brüder J o h a n n C h r i s t o p h und M i c h a e l C h r i s t o p h W o h l e r nach einer Zeichnung von J o h a n n G o t t f r i e d S c h a d o w , jetzt zerteilt. Rückseitig an der Oberwallstr. moderner Gartenpavillon und Restauranttrakt, darin Bruchstücke der ehem. Bauakademie einbezogen. [Letztere 1832 — 36 von K a r l F r i e d r i c h S c h i n k e l errichtet. Das ziegelverblendete Gebäude mit schönen figürlichen und ornamentalen Terrakottareliefs von Bildhauern der R a u c h S c h u l e , ein Hauptwerk aus Schinkels Spätzeit, beeinflußt vom frühen englischen Industriebau, in der tektonischen Zweck-

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mäßigkeit und dem Verzicht auf historische Stilformen von zukunftsweisender Bedeutung. 1945 zerstört, die Ruine 1962 beseitigt.] Eines der beiden Tore sowie Teile der Bauplastik 1971 am Restaurant „Schinkelklause" wiederverwendet (z.T. Abgösse). Die Terrakottareliefs der Portaleinfassungen nach S c h i n kels Entwurf von F r i e d r i c h T i e c k und A u g u s t K i s s , Versinnbildlichung der Architektur als Wissenschaft und Kunst, z.T. abweichend von der urspr. Anordnung; von K i s s auch die bronzenen Türflügel mit Bildnismedaillons berühmter Architekten und Künstler in ornamentaler Rahmung. Weitere Architekturglieder in der Nationalgalerie und im Märkischen Museum Berlin. Ehem. Prinzessinnen-Palais (Operncafe) Oberwallstr. 1—2. 1753 nach Plänen von F r i e d r i c h W i l h e l m D i t e r i c h s durch die Vereinigung zweier 1730 erbauter Wohnhäuser entstanden, 1755 von Markgraf Friedrich Heinrich von Brandenburg-Schwedt erworben. Unter Friedrich Wilhelm III. seit 1809 Planungen für einen Erweiterungsbau u.a. durch H e i n r i c h G e n t z und K a r l F r i e d r i c h S c h i n k e l , ausgeführt 1810 — n nach Entwurf von G e n t z lediglich der den Linden zugekehrte Kopfbau mit Ubergang zum Kronprinzen-Palais. Im 2. Weltkrieg ausgebrannt, 1963—64 nach Abbruch der alten Bausubstanz durch R i c h a r d P a u l i c k in der urspr. Form unter Hinzufügung einer Terrasse als Operncafi rekonstruiert. Das langgestreckte 2geschossige Gebäude mit Putzgliederungen und Mansarddach, die Fronten durch Haupt- und Nebenrisalite aufgelockert. Der pilastergegliederte Mittelbau mit doppelarmiger Freitreppe und Balkon reich dekoriert, am schweren Attikagebälk Wappenkartusche des Hauses Brandenburg-Schwedt und Vasenzier. Der gartenseitige Risalit schlichter, mittels reliefierter Vasenarrangements und Blütengirlanden geschmückt. Die fein reliefierten Fronten des klassizist. Anbaus Unter den Linden mit strenger dorischer Pilastergliederung, in den Metopen des Gebälks abwechselnd antikisierende Adler und Kränze. —. Das Innere modern ausgebaut, im Treppenhaus schmiedeeisernes Geländer des 18.Jh. aus Schloß Buch. Ehem. Palais-Prinz-Heinrich (Humboldt-Universität s. S. 5 8 f.) Ehem. Palais Kaiser Wilhelms I. (Institutsgebäude der HumboldtUniversität) Unter den Linden 37, Ecke Bebelplatz. Urspr. Wohnhaus E.17.JI1., nach mehrfacher Umgestaltung Palais der Markgrafen von Schwedt, seit 1829 im Besitz des Prinzen Wilhelm von Preußen, nachmaligen 1. deutschen Kaisers. Für ihn Ausgestaltung des Inneren 1828 —29 durch K a r l F r i e d r i c h S c h i n k e l . 1834 bis 1837 Neubau als Stadtpalais des Prinzen von K a r l F e r d i n a n d L a n g h a n s d.J. mit ausgedehnten rückwärtigen Trakten bis zur Behrenstr. Phantasievolle Entwürfe S c h i n k e l s nicht verwirklicht. 1943 ausgebrannt, das Vordergebäude 1962 — 63 wiederhergestellt. Die zu den „Linden" gerichtete Hauptfassade in klassischen Formen 2geschossig mit Mezzanin, in der Mitte von 4 dorischen Säulen getragener Balkon und Auffahrtsrampe vor dem Hauptportal. In der vornehm schlichten Haltung einer der



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bedeutendsten Berlinet Palaisbauten der Schinkel-Nachfolge. Die Fenster des Hauptgeschosses pilastergerahmt mit Dreieckgiebelverdachung und Adlerzier, die Fensterpaare des Mezzanins friesartig belebt durch zwischengereihte allegorische Statuen und Wappenschilde, nach Modellen von L u d w i g W i c h m a n n ausgeführt von der Firma T o b i a s F e i l n e r . Schöne gußeiserne Rampengeländer und Kandelaber. Vor der ö Schmalseite ehem. eine Veranda zum Bibliotheksgebäude vermittelnd. — Die prachtvollen Wohn- und Festräume des Inneren, 1854 durch J o h a n n H e i n r i c h S t r a c k z.T. verändert, im 2. Weltkrieg vernichtet, einst neben Schloß Babelsberg ein Hauptbeispiel für die Entwicklung des historisierenden Eklektizismus in der Berliner Innendekoration, jetzt modern ausgebaut. — Daneben das ehem. Gouverneurshaus Unter den Linden 1 1 . 1963—64 aus der Rathausstr. an die Stelle des kriegszerstörten Niederländischen Palais versetzt. Einstiger Sitz des Gouverneurs von Berlin, seit 1808 Stadtgericht. Erbaut 1721 von F r i e d r i c h W i l h e l m D i t e r i c h s unter Mitarbeit von M a r t i n H e i n r i c h B ö h m e , Früh werk des Architekten, im 19.Jh. weitgehend verändert. Die mittlere Portalachse der 3geschossigen Fassade mit originalen Resten des 18.Jh., akzentuiert durch Balkon und eine dekorative Kartusche mit Trophäenschmuck über dem Hauptgeschoßfenster, abschließend der preußische Adler; die Treppe zum Portal nicht urspr. — Innen modern ausgebaut, mit dem ehem. Palais Kaiser Wilhelms I. zusammengeschlossen. Ehem. Palais Schwerin (Ministerium für Kultur), Molkenmarkt 3. Umgebaut 1704 wahrscheinlich von J e a n de B o d t für Staatsminister O.V.Schwerin. 1935 in den Neubau der ehem. Münze einbezogen, dabei die Fassade um einige Meter zurückversetzt. Wohlproportionierter 3 geschossiger Putzbau von 7 Achsen mit Sandsteingliederung, Mittelrisalit und Rücklagen durch rustizierte Lisenen begrenzt. Der urspr. asymmetrische Eingang des Risalits mittels zweier Balkone kaschiert. In den Lünetten der Hauptgeschoßfenster Puttenreliefs, Personifikationen der Elemente und der Jahreszeiten, als oberer Fassadenabschluß große Mittelkartusche mit dem Schwerinschen Wappen. — Im Inneren erh. mehrere Stuckdecken noch in den Formen des vorschlüterschen Bar.; eine Kaminachse mit ovalem Relieftondo, Venusbüste durch Nymphen und Satyrn bekränzt, Replik nach den gleichartigen Medaillons ehem. im Stadtschloß sowie in den Schlössern Monbijou und Königs Wusterhausen, möglicherweise von G u i l l a u m e H u l o t . Die hölzerne Treppe mit reich geschnitztem Geländer unter Verwendung originaler Teile des urspr. Treppenhauses 1938 — 41 eingefügt. — Am s Erweiterungsbau Kopie des Relieffrieses der ehem. Neuen Münze auf dem Werderschen Markt (1798 — 1800 von H e i n r i c h G e n t z , 1886 abgebrochen), figurenreiche antikisierende Darstellung zur Geschichte der Metall- und Münztechnik, nach Entwurf von F r i e d r i c h G i l l y ausgeführt durch G o t t f r i e d S c h a d o w und seine Werkstatt, das.Original in Berlin-Charlottenburg.

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Ehem. Palais Podewils (Haus der Jungen Talente), Klosteistr. 68—70. Erbaut 1701—04 von J e a n de B o d t , seit 1 7 3 2 im Besitz des Staatsministers v. Podewils. Während des 2. Weltkrieges schwer beschädigt, Wiederaufbau unter Beseitigung der Veränderungen des 1 9 . J h . ; nach Brand 1966 bis 1970 erneut wiederhergestellt. — Stattlicher 3 geschossiger Putzbau von 9 Achsen unter Mansardwalmdach mit rustizierter Lisenengliederung und schmalem, von Dreieckgiebel bekröntem Portalrisalit, dieses in den Obergeschossen zwischen Doppelpilastern eine flache Nische bildend, davor kleiner Balkon; an der 2läufigen Freitreppe schmiedeeisernes Gitter. Das Innere modern ausgebaut. Ehem. Palais Bülow s. S. 70.

ÖFFENTLICHE GEBÄUDE Bauten der V e r w a l t u n g und J u s t i z Rathaus Rathausstr. A n der Stelle des wohl im sp. 1 3 . J h . entstandenen Rck.Baus mit Gerichtslaube an der Schmalseite im T y p der frühen märkischen Rathäuser, 1692 — 95 von J o h a n n A r n o l d N e r i n g erweitert, 1866 — 71 abgebrochen. Die Gerichtslaube 1 8 7 1 — 7 2 mit originalen Resten im Schloßpark PotsdamBabelsberg nach Entwurf von J o h a n n H e i n r i c h S t r a c k neu aufgebaut. Eine Kopie seit 1987 auch im Nikolai-Viertel. — Der Neubau auf annähernd quadr. Fläche von H e r m a n n F r i e d r i c h W a e s e m a n n in rotem Backstein 1861—69 („Rotes Rathaus") mit Formteilen und Architekturplastik aus Sandstein und Terrakotta, weitere Ausgestaltung bis in die 90er Jahre, 1945 stark beschädigt, 1950—58 wiederhergestellt. Weitläufige Vierflügelanlage im Rundbogenstil der S c h i n k e l - N a c h f o l g e , unter dem Einfluß Schinkelscher Architekturentwürfe sowie der Konkurrenzen von 1856 und 1857/58, beteiligt u.a. H e r m a n n v o n d e r H u d e , F r i e d r i c h v o n S c h m i d t , F r i e d r i c h A d l e r und M a x N o h l , die Details in italienischen Frührenaiss.Formen. Der mächtige Frontturm über der Hauptfassade zur Rathausstr. nach dem Vorbild flämischer Rathausbeifriede. Der Hofraum durch Verbindungstrakte dreigeteilt. Großzügiger Zusammenschluß des breitgelagerten Gebäudekomplexes durch turmartige einachsige Eckrisalite und schwere Mittelrisalite unterschiedlicher Gestaltung; der Turm mit baldachinartig durchbrochenen Eckstreben nach dem Vorbild der Kathedrale von Laon. Die beiden Hauptetagen der 4geschossigen Fronten unter rundbogigen Blendarkaden zusammengefaßt. Schweres Konsolgesims als Abschluß. Unterhalb der Repräsentationsgeschosse ein Terrakottafries von 1876 — 79 in spätklassizist. Formen mit genrehaften Szenen aus der Geschichte Berlins von seiner Gründung bis zur Wiedererrichtung des Deutschen Reichs, an den Nebenfronten auf die Risalite be-

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schränkt. Die Folge beginnend an der Straße Hinter dem Rathaus und in der Jüdenstr. mit Darstellungen aus dem Ma. nach Entwürfen von R u d o l f S c h w e i n i t z , der Fries an der Hauptfront die Entwicklung zur Großstadt veranschaulichend in Szenen besonders aus Gewerbe, Handel, Kunst und Wissenschaft vom späten Ma. bis zu den Befreiungskriegen, entworfen von O t t o G e y e r und L u d w i g B r o d w o l f , an der Spandauer Str. dargestellt die Periode des 19.Jh. von A l e x a n d e r C a l a n d r e l l i mit den damals bedeutendsten Berliner Persönlichkeiten, Künstlern und Gelehrten. Die im 2. Weltkrieg zerstörten Friesabschnitte 1953/54 erneuert. In den 5 Eingangsarkaden des Mittelrisalits an der Spandauer Str. Schlußsteine mit Masken, vermutlich Nachbildungen zur Erinnerung an den bar. Erweiterungsbau, dessen Schlußsteinmasken G e o r g G o t t f r i e d W e y h e n m e y e r geschaffen hatte. — Das Innere vor der Zerstörung mit reicher historisierender Ausstattung. Beim Wiederaufbau erh. die überkuppelte Haupteingangshalle in der Mittelachse mit repräsentativem Treppenaufgang und allegorischen Nischenfiguren: Ackerbau von O t t o G e y e r , Fischerei von A d o l f B r ü t t , Schiffahrt von E r n s t H e r t e r sowie Handel von C h r i s t i a n P e t e r B r e u e r . Das Vestibül im ersten Obergeschoß vereinfacht erneuert und mit monumentalen Glasfenstern nach Entwürfen von H e i n r i c h L i s t sowie Kunstschmiedearbeiten von F r i t z K ü h n ausgestattet. In reduzierter Form erh. auch der große Säulensaal (ehem. Bibliothek) im WTeil des Hauptflügels. Im Zentrum des weiträumigen Rathausvorplatzes seit 1969 der Neptunbrunnen vom s Vorplatz des Berliner Stadtschlosses aufgestellt, 1886 von R e i n h o l d B e g a s entworfen, eines seiner Hauptwerke, ausgeführt 1891. Neubar. Brunnenkomposition aus kleeblattförmiger Granitschale und malerisch angeordneten naturalistischen Figurengruppen. Im Zentrum der Meeresgott in einer gewaltigen Muschel von Tritonen getragen auf hoher Felsenklippe, auf dem Beckenrand vier lagernde weibliche Gestalten als Personifikationen der großen deutschen Flüsse. Das Ganze in deutlicher Anlehnung an B e r n i n i s Tritonen- und Vierströmebrunnen in Rom, die wasserspeienden Tiere ringsum dem Latona-Brunnen in Versailles verpflichtet, die Flußallegorien nach dem Vorbild der Wasserparterres daselbst sowie des Wiener Mehlmarktbrunnens von G e o r g R a p h a e l D o n n e r . — Dem Rathaus gegenüber an der Rathausstraße zwei Bronzestandbilder, Aufbauhelfer und Aufbauhelferin, 1953 — 54 von F r i t z C r e m e r . Stadthaus (Ministerrat). Monumentaler Verwaltungsbau im leicht trapezförmigen Straßengeviert zwischen Jüdenstr., Parochialstr., Klosterstr. und Stralauer Str. Schon mit Vollendung des Roten Rathauses zu dessen räumlicher Entlastung geplant und 1902 —11 unter L u d w i g H o f f m a n n als 4geschossiger 4Flügelbau mit kreuzförmig angeordneten Durchgangstrakten und 4 Innenhöfen ausgeführt. Die Durchgestaltung des Baukörpers in Anlehnung an spätfriderizianische Architektur von klassizist. Strenge mit Kolossalpilastern auf Rustikasockel; Mitte und Ecken der

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Fronten jeweils durch Risalite betont. Die Hauptfassade an der Jüdenstr. mit kräftig abgesetztem 5 achsigem Risalit unter Dreiecksgiebel, darüber leicht zurücktretend auf quadr. Unterbau der mächtige überkuppelte Frontturm, eine der Höhendominanten des Berliner Zentrums. Seine Silhouette aufgelockert durch 2 Säulengeschosse, in deutlicher Anlehnung an die Gendarmenmarkttürme G o n t a r d s . Der plastische Schmuck auf der Turmbasisbalustrade und dem unteren Säulenkranz Personifikationen der Bürgertugenden, von W i l h e l m W i d e m a n n und J o s e f R a u c h ; z.Z. entfernt. An der Fassadenecke Jüdenstr./Stralauer Str. Schmuckkartusche von G e o r g Wrba. Die Mitte der Seitenfronten durch flache Portalrisalite nur schwach angedeutet, der Hauptrisalit zur Klosterstr. mit Attikaabschluß und Figurenschmuck von I g n a t i u s T a s c h n e r . — Im Gebäudeinneren sparsam verteilter Dekor in Jugendstilformen. Repräsentatives Zentrum die tonnengewölbte Große Halle im OW-Verbindungstrakt mit einet Bärenskulptur von G e o r g Wrba. In der Eingangshalle an der Klosterstr. schöner Wandbrmnen von F r a n z N a a g e r und I g n a t i u s T a s c h n e r . Stadtgericht Berlin-Mitte (Justizbehörden) Littenstr. 13 — 17. Vorentwürfe von P a u l T h o e m e r und R u d o l f M ö n n i c h , vollendet von O t t o S c h m a l z 1896 — 1905 unter Veränderung der

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urspr. Pläne und Hinzufügung der beiden Treppenhäuser (1904). Beispielgebend für zahlreiche Berliner Gerichtsgebäude. Monumentaler langgestreckter neubar. Gebäudekomplex von ehem. 53 Achsen in 2 Paralleltrakten, durch 5 rechtwinklig gestellte Querflügel mit 1 1 Höfen zu einem rck. Block vereinigt. Backstein verputzt und Werkstein. Urspr. symmetrisch angelegt, 1968—69 der NFlügel (ehem. Landgericht) abgetragen, dadurch der bedeutenden Nebenfassade mit 2 Türmen und überhöhtem, mittlerem Treppenhaus beraubt. Die jetzt reduzierte Hauptfront in der Littenstr. (ehem. Amtsgericht) nach Kriegsbeschädigung vereinfacht wiederhergestellt. In dem durch hohen Aufbau und ehem. reichen Bauschmuck hervorgehobenen Mittelrisalit mit bewegtem Portal das großartige Haupttreppenhaus. Dieses im Sinne eines repräsentativen Empfangsraumes und zugleich einer „Verkehrsschleuse" als architektonisches Kernstück ausgebildet. Hohe überkuppelte Pfeilerhalle auf ovalem Gr., beiderseits mit doppelläufigen geschwungenen Treppen von komplizierter Führung in 3 Geschossen, in jeder Etage emporenartige Umgänge mit Balkons. Eine der beeindruckendsten Raumschöpfungen dieser Zeit in Berlin, trotz der vorwiegend neubar. Stilformen ein Musterbeispiel des Jugendstils. Auch in den Korridoren und Räumen sparsamer Jugendstildekor, in einigen Höfen Schablonenornamentik dieser Art. Ehem. Preußischer Landtag (jetzt zum Hause der Ministerien gehörig) Niederkirchner Str. 1892 — 97 von F r i e d r i c h S c h u l z e errichtet in Formen des italienischen Bar., mit dem 1904 fertiggestellten ehem. Herrenhaus Leipziger Str. 3—4 (Akademie der Wissenschaften der D D R ) zu einer Baugruppe verbunden. Beide Gebäude infolge Kriegsbeschädigung reduziert. Die Hauptfassade des Abgeordnetenhauses durch einen breiten Mittelbau mit Kolossalsäulen im Obergeschoß betont, der allegorische Figurenschmuck von O t t o L e s s i n g . Im Inneren in der Mittelachse hinter Vestibül, Treppenhaus und Wandelhalle der Plenarsaal erh., im Zwischenbau ein Zimmer ausgestaltet von A l f r e d M e s s e l . — Das Herrenhaus zur Leipziger Str. um einen großen Vorhof gruppiert, seine Fassaden durch Kolossalpilaster gegliedert, der Hauptrisalit unter Dreieckgiebel mit Relief der Borussia zwischen den allegorischen Figuren der Ministerien von O t t o L e s s i n g . Der Sitzungssaal innen verbaut. Ehem. Finanzministerium (Zentrales Haus der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft) A m Festungsgraben 1. Im Kern ein friderizianischer Bau, 1 7 5 1 — 53 von C h r i s t i a n F r i e d r i c h F e l d m a n n . Seit 1787 Wohnung des Finanzministers. 1863—64 nach Plänen von H e i n r i c h B ü r d e durch H e r m a n n v o n d e r H u d e durchgreifend umgebaut und erweitert. Entwürfe F r i e d r i c h A u g u s t S t ü l e r s nicht ausgeführt. Das zum Kastanienwäldchen gelegene, an die ehem. Singakademie grenzende Hauptgebäude in schlicht vornehmen Formen der Schinkel-Schule, 3 geschossig mit rustiziertem Sockelgeschoß, verdachten Fenstern und Balusterattika, die Mitte durch einen dorischen Säulenportikus mit Balkon

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darüber betont. — Im Innern schönes 2läufiges Treppenhaus in spätklassizist. Formen mit gußeisernem Geländer. Seitlich der Festsaal nach Entwurf v o n der H u d e s , Früh werk des Architekten, von S t ü l e r s Weißem Saal des Berliner Stadtschlosses beeinflußt, stilistisch dem beginnenden Historismus zugehörig. Der durch 2 Geschosse geführte Raum mit Empore und kräftiger Pilasterarchitektur, die voutierte Decke in Renaiss.-Formen; Supraportenreliefs und Lünettenmalereien auf Finanzwesen, Handel und Gewerbe bezogen. In einigen anschließenden Räumen neubar. Stuckdecken. Im Erdgeschoß 1934 der Saal des ehem. Weydingerhauses aus der Unterwasserstr. eingebaut, einem um 1830 vermutlich von K a r l F r i e d r i c h S c h i n k e l durchgeführten Umbau entstammend, das letzte erh. Beispiel der einst zahlreichen Innendekorationen des Künstlers in Berlin. Der edel proportionierte Raum mit Stuckmarmor inkrustiert, an den Schmalseiten Nischen in ädikulaartiger Pilasterarchitektur zwischen schön ornamentierten Spiegeln bzw. Türen; die zarten Malereien der Decke, den Tierkreis darstellend, von W i l h e l m W a c h . B a u t e n der B i l d u n g und K u l t u r THEATER

Deutsche Staatsoper Unter den Linden 7. Erbaut 1741—43 von G e o r g W e n z e s l a u s v o n K n o b e l s d o r f f als Opern-und Festhaus im Zusammenhang mit Planungen einer großzügigen Residenz für Friedrich II. (sog. Forum Friderizianum), der erste große Neubau des Königs in Berlin. 1742 noch vor der Vollendung eingeweiht. Durch C a r l G o t t h a r d L a n g h a n s d.Ä. 1788 modernisiert, dabei das urspr. Logenhaus in ein Rangtheater verändert. 1843—44 nach Brand wiederaufgebaut von K a r l F e r d i n a n d L a n g h a n s d.J. unter Wahrung der äußeren Gestalt mit prächtigem spätklassizist. Inneren. Im 2. Weltkrieg 1941 und bald nach Wiederherstellung erneut zerstört. Der Wiederaufbau 1952 — 55 nach Entwurf von R i c h a r d P a u l i c k unter weitgehender Erhaltung des Äußeren, jedoch mit hohem Aufbau über dem verbreiterten Bühnenhaus. Urspr. langgestreckter Rechteckbau, nach den Plänen K n o b e i s d o r f f s und Friedrichs II. sollte dieser dem jenseits der Linden beabsichtigten Residenzschloß zugeordnet werden und zusammen mit einem entsprechenden Gebäude für die Akademie der Wissenschaften den forumartigen Schloßplatz als Dependancen begrenzen. Der Aufbau 3geschossig von edlen Proportionen. Uber dem gequaderten Sockelgeschoß übergiebelte Fenster sowie Mezzaninöffnungen unter dem Balustradengebälk, die Mitte der Fassaden jeweils durch Risalite betont. An der lindenseitigen Eingangsfront ein klassischer sechssäuliger Giebelportikus korinthischer Ordnung mit seitlichen Treppenaufgängen, das Motiv von klassizist. Strömungen englischer Architektur der Palladio-Nachfolge um 1720—40 beeinflußt, insbesondere von C o l e n C a m p b e i l s Ent-

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würfen für Schloß Wanstead. Die Seitenrisalite, urspr. ganz flach, ähnlich der Universität mit Pilastergliederung und Attikagebälk, das Risalit der Rückseite entsprechend dem Portikus unter Dreieckgiebel. Erstes frei stehendes Theater in Deutschland und Frankreich, wegen seiner klassizierenden Formensprache einer der modernsten und meistbewunderten Bauten der Zeit. Das plastische Programm Apoll und den Musen gewidmet, dargestellt auf Musik, Poesie und Theater bezogene Götter, Helden und Dichter des klassischen Altertums, die Skulpturen ausgeführt unter Leitung von J o h a n n A u g u s t N a h l , beteiligt auch F r i e d r i c h C h r i s t i a n G l u m e u n d B e n j a m i n G i e s e . Im Hauptgiebel einst Opfer an Apoll, bekrönt von den Dachfiguren des Gottes

Berlin, Opernbaus, Mitte i8.Jh. zwischen Thalia und Melpomene, das jetzige Giebelrelief eine Neuschöpfung in Zinkguß, 1844 von E r n s t R i e t s c h e l , die Musik im Kreise der Künste versinnbildlichend. In den Wandnischen Statuen griechischer Dichter. Die Mezzaninreliefs ebenso wie die der Seitenrisalite auf die Musik bezügliche Szenen aus den Metamorphosen des Ovid, im Giebelfeld der Rückseite Orpheus, Tiere und Pflanzen bewegend, von B e n j a m i n G i e s e . Weitere Skulpturen 1869 beseitigt. — Das Innere urspr. dreigeteilt, aus dem vestibülartigen Apollosaal, Logenhaus und Bühne bestehend, wobei letztere mit dem Theater mechanisch zu einem großen Festsaal verbunden werden konnte. Der Ausbau nach dem 2. Weltkrieg mit 3 rangigem Zuschauerraum in historisierenden Formen der Knobelsdorff-Zeit, der festliche Apollosaal anstelle seiner urspr. Hermenpilastergliederung mit frei vor die Wand gestellten Säulenpaaren in Art des Marmorsaals in Schloß Sanssouci. Ehem. Schauspielhaus Platz der Akademie. In der Mitte des einstigen Gendarmenmarktes, axial auf die Kuppeltürme der Deutschen- und Französischen K . ausgerichtet. Erbaut 1818 — 21 nach Plänen von K a r l F r i e d r i c h S c h i n k e l unter teilweiser

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Benutzung von Mauern eines 1817 abgebrannten Theaters von C a r l G o t t h a r d L a n g h a n s d.Ä. Eines der Schinkelschen Hauptwerke. Im 2. Weltkrieg stark beschädigt und ausgebrannt, Wiederaufbau als Konzerthaus 1979 — 84. Das im Gr. querrck., dem Langhansschen Vorgängerbau folgende Gebäude in der Hauptachse von einem überhöhten, zum Platz vorspringenden Mittelbau durchdrungen, der Aufriß entsprechend der inneren Disposition gruppiert, eine wichtige Neuerung in der damaligen Theaterarchitektur. Die Hauptfront in klassizist. Formen durch einen prächtigen sechssäuligen Portikus ionischer Ordnung mit hoher Freitreppe eingeleitet, überragt von dem

Berlin, ehem. Schauspielbaus durch Dreieckgiebel abgeschlossenen Bühnenhaus, die Seitenfronten ebenfalls übergiebelt. Sämtliche Gebäudeglieder mittels eines einheitlichen Hauptgesimses zusammengeschlossen, die Fronten durch ein System von 2geschossigen Pfeilerstellungen in Art eines Pfostengitters mit Fenstern dazwischen einheitlich aufgegliedert, in der modernen Haltung bereits die technologisch geprägten Spätwerke Schinkels vorwegnehmend. Die Fassaden ehem. verputzt, 1883—84 in Sandstein verblendet. Der Außenbau reich durch Skulpturen geschmückt, auf das Theater bezogene Darstellungen aus der Antike, Musik, Tragödie und Komödie versinnbildlichend, nach Angabe S c h i n k e l s von C h r i s t i a n F r i e d r i c h T i e c k , ausgeführt z.T. von J o h a n n B a l t h a s a r J a c o b R a t h g e b e r . Im Giebelfeld des Portikus Geschichte der Niobe mit ihren sterbenden Kindern, in dem des Bühnenaufbaus

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Eros zwischen Psyche-Gestalten vor der tragischen und komischen Maske, darüber auf dem First Bronzegruppe Apolls mit Greifengespann. Im Giebelfeld der NSeite Triumphzug des Bacchus und der Ariadne, s entsprechend auf den ehem. Konzertsaal bezogen die Macht der Musik: Orpheus, Eurydike aus der Unterwelt holend, auf den Giebeln Standbilder der 9 Musen; die Skuplturen nach Kriegsbeschädigung größtenteils erneuert. Auf den Treppenwangen des Portikus 1851 hinzugefügt Bronzegruppen musizierender Genien auf Panther und Löwe reitend, ebenfalls von T i e c k . — Im einst glänzend ausgestatteten Inneren befanden sich im Mittelbau der 3 rangige Zuschauerraum und das Bühnenhaus, seitlich ein prächtiger 2geschossiger Konzertsaal mit Anräumen und n gegenüber die Garderoben und Funktionsräume. Die malerische Ausgestaltung vernichtet, sie stammte vor allem von Berliner Künstlern, u.a. von A u g u s t v o n K l o e b e r , W i l h e l m W a c h und W i l h e l m S c h a d o w . Ehem. Singakademie (Maxim-Gorki-Theater) A m Festungsgraben 2. Erbaut 1825—27 von K a r l T h e o d o r O t t m e t für die 1791 gegr. Chorvereinigang unter Benutzung von Ideen K a r l F r i e d r i c h S c h i n k e l s , dessen Entwürfe 1 8 1 2 und 1821 entstanden. Der älteste Konzertsaalbau Berlins. In seiner urspr. Gestalt lediglich das Äußere erh., nach Kriegszerstörung bis 1952 als Theater wiederhergestellt. Tempelähnlicher klassizist. Rechteckbau mit pilastergegliederter Giebelfassade korinthischer Ordnung, über den ädikulaartig gerahmten 3 Portalen durch Gurtgesims geschiedene Putzfelder, oben schöner Greifenfries in der Kapitellzone. Die Seitenfront ehem. durch Fenster in 2 Geschossen aufgeteilt. — Das Innere modernisiert. Deutsches Theater Schumannstr. 13. Anstelle zweier Vorgängerbauten errichtet 1849 — 50 durch E d u a r d T i t z als FriedrichWilhelmstädtisches Theater, in der Folgezeit mehrfach umgebaut und erneuert, seit 1883 Deutsches Theater. V o m urspr. Bau der intime 2rangige Theatersaal in Nachfolge des durch Karl Ferdinand Langhans d.J. neugestalteten Zuschauerraums der LindenOper, die dekorativen Details leicht verändert. Dem Theater 1872 ein repräsentatives Rangfoyer in italianisierenden Renaiss.Formen angefügt, weitere Umgestaltungen 1883 durch H e r m a n n R i c h t e r , die Fassade 1905 unter Max Reinhardt vereinfacht. 1981 bis 1983 Rekonstruktion und Modernisierung des gesamten Baus. — Für Max Reinhardt 1906 die benachbarten Kammerspiele des Deutschen Theaters durch den Messel-Schüler W i l l i a m M ü l l e r aus einem Casinogebäude des 19.Jh. umgebaut, Entwürfe H e n r y v a n de V e l d e s von 1905 nicht ausgeführt, im ehem. Festsaal des oberen Geschosses urspr. der 1906—07 entstandene „Lebensfries" von E d v a r d M ü n c h ; der Zuschauerraum 1937 durch E r n s t S c h ü t t e verändert mit gefälligen Wandbildern aus dem Bereich der Commedia dell'arte von R o b e r t H u t h . 1980 der Bau nahezu vollständig abgerissen und bis 1983 im alten Sinne erneuert. Komische Oper Behrenstr. 55 — 57. Erbaut 1891—92 als „Theater

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Unter den Linden" von dem Wiener Architekten F e r d i n a n d F e l l n e r . Das Äußere, ehem. mit einem zur Behrenstr. gelegenen Restaurations- und Festsaalbau, kriegsbeschädigt, 1966 — 67 unter Leitung von K u n z N i e r a d e durchgreifend umgestaltet. — Innen annähernd in der urspr. Gestalt erh. das einst reich ausgestattete zentrale Treppenhaus und der schöne 2rangige Zuschauerraum in Formen des Wiener Spätbar. mit Hermenkaryatiden von T h e o d o r F r i e d l , der obere Rang durch Arkaden zu dem umgebenden Promenoir geöffnet. Berliner Ensemble Bertolt-Brecht-Platz 1. Erbaut 1891—92 von H e i n r i c h S e e l i n g als Neues Theater am Schiffbauerdamm. Die veränderte Eingangsfront durch Turmaufbau betont. — Innen hinter Vestibül und darübergelegenem Foyer der 2rangige Zuschauerraum in üppigen Spätbarockformen mit Logenteilung sowie figürlichem und ornamentalem Schmuck von E r n s t W e s t p f a h l . Die dekorative Ausstattung teilweise reduziert. Ehem. Admiralspalast (Kabarett „Distel", Metropoltheater) Friedrichs«. 101 —102. Anstelle eines 1875—74 über einer Solquelle entstandenen Bades 1910/11 repräsentativer Neubau als Badeanstalt und Eislaufhalle durch H e i n r i c h S c h w e i t z e r und A l e x a n d e r D i e p e n b r o c k . Die zur Friedrichstr. gelegene Hauptfassade in strengen gräzisierenden Formen mit kolossaler dorischer Halbsäulengliederung als Rahmen für den reichen bildhauerischen Schmuck von F r a n z N a a g e r , reizvoll im Wechsel des Materials aus Granit und istrischem Kalkstein. Die Rückfront zur Planckstr. durch exotischen Dekor aus Klinkern von E r n s t W e s t p f a h l belebt. Im rückwärtigen Trakt die ehem. Eisbahn 1922 durch K a u f m a n n & W o l f f e n s t e i n zum Theater umgebaut, 1930 durch M a x A c k e r m a n n verändert, der 2rangige Zuschauerraum 1939 von P a u l B a u m g a r t e n in Formen der Zeit nochmals umgebaut, mit klassizierenden Reliefs an den Rangbrüstungen. Volksbühne Luxemburgplatz. Erbaut 1913 —15 nach Entwürfen von O s k a r K a u f m a n n für den Verein „Freie Volksbühne" als Teil einer projektierten Sanierung des ehem. Scheunenviertels. Hauptwerk des Architekten. Die langgestreckte Anlage mit monumentaler, durch Kolossalsäulen gegliederter Eingangsfront, hohem Bühnenaufbau und rückwärtigen Funktionstrakten, formal an der Grenze zwischen Stilkunst und expressiver Gestaltungsweise. 1943 ausgebrannt. Der Wiederaufbau bis 1954 nach Entwurf von H a n s R i c h t e r in vereinfachter Form unter Beseitigung des bildhauerischen Schmucks. — Das Innere in historisierenden Formen der 50er Jahre neugestaltet. Friedrichstadt-Palast Am Zirkus 1. Wegen Bauschäden infolge schlechter Baugrundverhältnisse 1985 abgetragen. [Urspr. Markthalle, 1865—68 von F r i e d r i c h H i t z i g erbaut, die erste in Berlin, seit 1873 Zirkus, 1918 — 19 unter Leitung von H a n s P o e l z i g für Max Reinhardt zum Großen Schauspielhaus umgestaltet. Bedeutsam in der. Abkehr vom höfischen Guckkastentheater zugunsten amphitheatralischer Raumgestaltung eines

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Massentheaters. Die expressionistische Architektur des Innenraumes mit seiner kühnen Stalaktitenkuppel schon 1937 verändert. Im 2. Weltkrieg stark beschädigt. Nach vereinfachtem Wiederaufbau bis 1980 genutzt.] — Neubau 1981—84 nahebei in der Friedrichstr. 107. Filmtheater Babylon Rosa-Luxemburg-Str. 30. 1918 von H a n s P o e l z i g , in Zusammenhang mit einer großzügig geplanten, nur teilweise ausgeführten städtebaulichen Neugestaltung des Platzes um die Volksbühne entstanden. Rangtheater, in ein Wohngebäude einbezogen, nach mehrfacher Veränderung nur die Raumgestalt erh. MUSEEN UND BIBLIOTHEKEN

Museumsinsel. Die Spitze der Insel zwischen Spree, Kupfergraben und Marx-Engels-Platz. Ausgangspunkt für ihre Bebauung mit Museen war das unter Friedrich Wilhelm III. veranlaßte und

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Berlin, Museumsinsel, vor 19 39 1824—28 nach Entwürfen von K a r l F r i e d r i c h S c h i n k e l errichtete Alte Museum am Lustgarten gegenüber dem ehem. Stadtschloß anstelle eines zugeschütteten Verbindungskanals zwischen Spree und Kupfergraben. Das Gelände dahinter n der Bodestr. ehem. vorwiegend als Lager- und Stapelplatz genutzt. Seine Umgestaltung zu einer „Freistätte für Kunst und Wissenschaft" in Ideenskizzen Friedrich Wilhelms IV. 1835 sowie F r i e d r i c h A u g u s t S t ü l e r s 1841 fixiert; die Verwirklichung jedoch bis ins 20.Jh. sich hinziehend. 1843—47 Bau des Neuen Museums. 1866 bis 1876 die Nationalgalerie mit ihren Kolonnaden errichtet. Im Zusammenhang mit einer Neuplanung für die Bebauung des N-Teils der Museumsinsel schufen 1874 — 76 B e r n h a r d K ü h n und A u g u s t O r t h bemerkenswerte Entwürfe, 1882 — 84 Konkurrenzen, an denen u.a. L u d w i g H o f f m a n n , A l f r e d M e s s e l , F r i t z W o l f f , J u l i u s und O t t o R a s c h d o r f f sowie F r a n z S c h w e c h t e n teilgenommen hatten, von ihnen einzelne Ideen später übernommen. Seit 1883 Uberquerung der Insel durch die Stadtbahn. 1897 — 1904 Erweiterung des Gebäudekomplexes auf Initiative Wilhelms v. Bode durch das ehem. Kaiser-Friedrich-

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Museum (Bode-Museum) mit Monbijoubrücke und 1898 — 1901 durch das Museum für Pergamenische Altertümer von F r i t z W o l f f ; dieses 1909—30 durch das jetzige Pergamon-Museum ersetzt. Altes Museum Marx-Engels-Platz. Erbaut 1822 — 28 von K a r l F r i e d r i c h S c h i n k e l , einer der bedeutendsten Museumsbauten in Deutschland, ein Hauptwerk des Klassizismus. Erste Planungen 1822 für ein Museum im ehem. Akademiegebäude Unter den Linden, seit Ende 1822 ein Neubau am Lustgarten beabsichtigt. Die Anordnung der Ausstellungsräume aufgrund des Studiums der Museen in Paris und London 1826 modifiziert, das Museum 1830 eröffnet, 1941—45 schwer beschädigt und ausgebrannt,

Berlin, Altes Museum vor 1959 1953—66 wiederhergestellt, dabei im Innern nur die Rotunde im originalen Sinn rest., 1979 — 82 weitere Rest.Arbeiten. — Der Bau in städtebaulich hervorragender Lage, urspr. auf den Lustgarten und die ihn umgebenden Gebäude abgestimmt. Im Gr. quergelagerter Vierflügelbau mit 2 Binnenhöfen beiderseits einer mittleren Rotunde. Der Hauptfront zum ehem. Lustgarten in voller Breite eine kolossale Säulenhalle vorgelegt über hoher, das Sockelgeschoß hier überdeckender Freitreppe. 18 ionische Säulen zwischen Anten tragen das Gebälk, die Fassade in der Mitte von einem die Rotundenkuppel ummantelnden kubusartigen Aufbau überragt. Die übrigen Fronten verputzt, gegliedert zwischen Eckpfeilern durch 2 Reihen hoher rck. Fenster über dem Sockelgeschoß, die Horizontale durch Gesimsstreifen und das zarte Gebälk betont. Der Bau vor der Zerstörung mit einem vielgestaltigen Programm plastischen und malerischen Schmucks nach Entwurf S c h i n k e l s ausgestattet, die Skulpturen des Äußeren bis 1861 vollendet. Uber der Vorhalle eine Reihe von Adlerfiguren nach Modellen von C h r i s t i a n F r i e d r i c h T i e c k , als Eckakroterien kandelaberhaltende Genien von L u d w i g W i c h mann. Auf den Eckpostamenten der Kuppelummantelung

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Figurengruppen aus Metallguß: zum Lustgarten die rossebändigenden Dioskuren, 1827 — 28 von C h r i s t i a n F r i e d r i c h T i e c k nach dem antiken Vorbild, auf der Rückseite 1861 angebrachte Pegasusgruppen, die n nach P e t e r C o r n e l i u s von H u g o H a g e n , die s von H e r m a n n S c h i e v e l b e i n . Auf den Wangen der Freitreppe anstelle von S c h i n k e l urspr. geplanter antikisierender Reitergestalten bewegte Bronzegruppen, Amazone mit Panther kämpfend 1837—42 von A u g u s t K i s s , sowie Löwenkämpfer nach einem Entwurf C h r i s t i a n D a n i e l R a u c h s 1854 —61 von A l b e r t W o l f f . Im Innern in der Mittelachse hinter einer durchsichtigen zweiten Säulenreihe das großartige 2läufige Treppenhaus, mit der Vorhalle räumlich verschmelzend und in eine vestibülartige obere Halle mit Durchblick ehem. zum Lustgarten und Stadtschloß mündend, eine der wirkungsvollsten Treppenanlagen der neueren Architektur, durch ältere Berliner Bautraditionen des S c h l ü t e r U m k r e i s e s angeregt. Anschließend als dominierende Mitte die kreisrunde Kuppelrotunde in Art des römischen Pantheons, durch beide Geschosse geführt. Der Raum, zu den beeindruckendsten Schöpfungen S c h i n k e l s zählend, plastisch gegliedert von einem Ring 20 korinthischer Säulen, die eine umlaufende Galerie tragen, die Wand des Obergeschosses durch flache Nischen für Figuren belebt. Im Scheitel der kassettierten Kuppel rundes Oberlicht. Die mittlere Raumfolge urspr. durch ein großes Bildprogramm nach S c h i n k e l s Entwürfen ausgestaltet, dieses im klassizist. Sinne auf das Museum als Bildungsstätte und Staatsfesthaus bezogen, eine Huldigung an den schöpferischen Geist. An der Rückwand der Säulenhalle sowie den Hauptflächen des oberen Treppenhauses ehem. dekorative Fresken zur Bildungs- und Geistesgeschichte der Menschheit vom Chaos zum Licht, ausgeführt 1841—48 von P e t e r C o r n e l i u s und dessen Schülern, im 2. Weltkrieg zerstört. Der Zustand vor 1841 rekonstruiert 1982/83. Das schön dekorierte bronzene Hauptportal mit den Genien der Bildhauerei und Malerei von der irdischen zur himmlischen Sphäre vorbereitend durch Grazien und Hören. In der Rotunde Statuen der olympischen Götter, wiederaufgestellt 1981; die Ausmalung der Kuppel durch geflügelte Genien und Tierkreisbilder das Himmelsgewölbe symbolisierend. 1964 — 65 rekonstruiert. Die Ausstellungssäle in den beiden Hauptgeschossen 1966 neu gestaltet, die unteren urspr. für die Sammlung antiker Skulpturen bestimmt, vor ihrer Zerstörung durch doppelte Säulenstellungen in 3 Schiffe geteilt, die oberen für die Gemäldegalerie ehem. durch Schauwände räumlich aufgegliedert. Vor der Freitreppe des Alten Museums kolossale runde polierte Granitschale von fast 7 m Durchmesser, nach S c h i n k e l s Entwurf 1826 — 29 v o n C h r i s t i a n G o t t l i e b C a n t i a n aus einem Findling der Rauenschen Berge bei Fürstenwalde gearbeitet. Herstellung und Transport eine technische Meisterleistung der Zeit. Die urspr. geplante Aufstellung in der Kuppelrotunde des Museums von Schinkel wieder verworfen.

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Neues Museum Bodestr. Erbaut 1845—46 von F r i e d r i c h A u g u s t S t ü l e r auf Betreiben Friedrich Wilhelms IV. als Teil einer großartig geplanten Museumserweiterung an der Spree, das Innere erst 1855 vollendet und 1856 eröffnet. Ein Hauptwerk des Architekten, das wichtigste Bauvorhaben Friedrich Wilhelms IV. in Berlin. 1945 schwer beschädigt und teilweise ausgebrannt, Wiederaufbau 1987 beg. — Gestreckter, um 2 Binnenhöfe gelagerter rck. Putzbau von 3 Geschossen mit quergestelltem mittlerem Treppenhaustrakt. Die schlichte, nobel proportionierte Hauptfassade zur Nationalgalerie in Formen der Schinkel-Schule, durch den leicht überhöhten Mittelbau unter Dreieckgiebel sowie überkuppelte Pavillons an den Gebäudeecken gegliedert. Vor dem Erdgeschoß und der OSeite in ganzer Breite eine dorische Kolonnade. Die Risalite durch Figurenschmuck der Berliner Bildhauerschule ausgezeichnet: In den Giebelfeldern des Treppenhaustrakts an der Vorderseite Künstler beim Studium alter Kunstschätze dargestellt, 1854 von F r i e d r i c h D r a k e , a n der Spreefront Personifikationen der Kunst und des Kunstgewerbes, Zinkguß nach einem 1856 entstandenen Modell von A u g u s t K i s s , an den Eckrisaliten allegorische Gestalten der Künste als Atlanten über Medaillons mit Antikenköpfen 1855 von G u s t a v B l ä s e r , F r i e d r i c h D r a k e , K a r l H e i n r i c h M ö l l e r und H e r m a n n S c h i e v e l b e i n . — In dem einst glänzend ausgestatteten Inneren hinter einleitendem Säulenvestibül das festliche 3läufige Treppenhaus mit offener Dachkonstruktion in Art von Schinkels Königssaal für die Athener Akropolis sowie monumentalen Wandgemälden zu Hauptereignissen der Menschheitsgeschichte, 1845 bis 1865 von W i l h e l m K a u l b a c h , eine der imposantesten Raumleistungen des 19. Jh. in Deutschland, jetzt zerstört, Rekonstruktion vorgesehen. Die Sammlungssäle mit ihrer reichen dekorativen Gestaltung ehem. in historistischer Weise auf die Exponate abgestimmt, museumsgeschichtlich wichtig als erstes größeres Beispiel dieser Art. In einigen Sälen die Dekorationen sowie Wandgemälde der spätromantischen Berliner Malschule z.T. erh., im sog. Griechischen Hof vielfiguriger Relieffries des Untergangs von Pompeji als Abschluß des antiken Zeitalters von Hermann Schievelbein. Nationalgalerie Bodestr. Das Museum aus Anlaß einer Stiftung zeitgenössischer Gemälde durch Konsul J.Wagner 1861 begründet, neben seiner musealen Funktion zugleich als Denkmal nationaler Kunst gedacht. Die Entwürfe 1862 — 65 von F r i e d r i c h A u g u s t S t ü l e r unter Berücksichtigung von Skizzen Friedrich Wilhelms IV., ausgeführt 1866 — 76 durch J o h a n n H e i n r i c h S t r a c k , von diesem auch das Programm für die Innendekoration. Nach erheblicher Beschädigung im 2. Weltkrieg im wesentlichen bis 1963 wiederhergestellt. — Die Baugestalt in Art eines mächtigen römischen Pseudoperipteros korinthischer Ordnung auf hohem Sockel mit vorgelagerter Freitreppe, der Gedanke angeregt durch den 1797 entstandenen Entwurf für ein Denkmal Friedrichs II. v.Preußen von F r i e d r i c h G i l l y d.J. sowie durch

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Ideen K a r l F r i e d r i c h S c h i n k e l s , insbesondere dessen Projekt eines Friedrichsdenkmals von 1829. Die Anlage urspr. allseits von Kolonnadengängen umgeben, diese bei Errichtung des Pergamonmuseums z.T. abgetragen. Der tempelartige Oberbau durch das 12 m hohe Podiumgeschoß städtebaulich wirkungsvoll emporgehoben. Die Stirnseite mit übergiebelter Säulenvorhalle über aufwendiger, doppelläufig ansetzender Freitreppe, die den kryptenartigen Haupteingang umschließt, darauf beherrschendes Reiterstandbild des Gründers Friedrich Wilhelm I V . aus Bronze, 1886 von A l e x a n d e r C a l a n d r e l l i , dessen Hauptwerk, umgeben von den Personifikationen der Religion, Historie, Philosophie und Poesie. An den übrigen Fronten Halbsäulenvorlagen, die Rückseite apsidial geschlossen, das Ganze durch reiche Ornamentik und Skulpturen festlich dekoriert. Das bildkünstlerische Programm spätromantischem Empfinden entsprechend als Selbstdarstellung nationaler Kuns t und Kultur aufgefaßt, ausgeführt zumeist von M o r i t z S c h u l z : Im Giebelrelief Germania als Beschützerin der Künste, bekrönt durch die Gruppe der 3 Bildenden Künste von R u d o l f S c h w e i n i t z auf der Giebelspitze; in der Säulenvorhalle Relieffries mit der Entwicklungsgeschichte deutscher Kunst in ihren Hauptvertretern, die Namen der damals bekanntesten Künstler seit dem Ma. an den Seitenfronten eingemeißelt. Am Treppenaufgang Personifikationen der Bildhauerei und Malerei sowie am oberen Treppenende die des Kunstgedankens und der Kunsttechnik, letztere von A l e x a n d e r C a l a n d r e l l i bzw. J u l i u s M o s e r . — Im Inneren Vestibül auf Säulenarkaden, das Treppenhaus seitlich angeordnet. In dem das untere Museumsgeschoß einleitenden Quersaal Decken- und Wandmalereien mit Szenen aus der Nibelungensage, 1873 von E r n s t E w a l d , die anschließenden Räume im Zustand einer Veränderung von 1 9 1 1 bis 1913. In der Treppenhalle Relieffries zu Ereignissen und Gestalten deutscher Kunstgeschichte, 1870 — 75 von O t t o G e y e r , nach Kriegsbeschädigung rest. Die hohen Oberlichtsäle des mittleren Hauptgeschosses von Seitenkabinetten umgeben, als Herzstück des Museums urspr. bestimmt für die gewaltigen Kartons von P e t e r C o r n e l i u s zu den Wandgemälden für einen von Friedrich Wilhelm I V . am Berliner Dom geplanten Campo Santo des preußischen Königshauses bzw. zu denen für die Münchener Glyptothek, diese Räume 1935 verändert, erh. im urspr. Zustand lediglich das Kuppelvestibül mit Musenfiguren von A l e x a n d e r C a l a n d r e l l i und L u d w i g B r o d w o l f . Bodemuseum A m Kupfergraben, ehem. Kaiser-Friedrich-Museum. Erbaut auf Betreiben W.V.Bodes 1897 — 1904 nach Entwurf von E r n s t v o n I h n e in den Formen des wilhelminischen Bar., basierend auf Wettbewerben von 1882 — 84. Die schweren Schäden des 2. Weltkrieges bis 1978 beseitigt. — Sandsteinverkleideter Monumentalbau auf 3eckigem Gr. an der Inselspitze, geteilt durch einen mittleren Diagonaltrakt und Querflügel. Die Fassaden mittels korinthischer Kolossalordnung und übergiebelter Risalite gegliedert, die abgerundete Haupteingangsfront an der

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Monbijoubrücke mit Arkaden zur Vorhalle und beherrschender Kuppel. Als Attikaplastik Personifikationen der Künste sowie berühmter Kunststädte von A u g u s t V o g e l und W i l h e l m Wide mann. — Im Innern die Hauptachse einleitend der eindrucksvolle Kuppelraum des Haupttreppenhauses, als Ruhmeshalle gestaltet im Stil Kurfürst Friedrich Wilhelms von Brandenburg, des Gründers der Berliner Gemäldegalerie, mit einem Nachguß des 1696 — 1700 von A n d r e a s S c h l ü t e r geschaffenen Reiterdenkmals dieses Fürsten auf der ehem. Langen Brücke am Stadtschloß, das Original jetzt vor Schloß Charlottenburg. Die mittlere Raumfolge durch die sog. Basilika in Art Florentiner Renaiss.-Kirchen zu dem im Stil Knobeisdorffs gehaltenen rückwärtigen Treppenhaus führend. Pergamonmuseum Am Kupfergraben. Der letzte Neubau auf der Museuminsel, im wesentlichen nach 1907 entstandenen Entwürfen von A l f r e d M e s s e l errichtet, als Architekturmuseum für die Funde aus Mesopotamien, Vorderasien und den griechischen Städten Kleinasiens gedacht, einzig in seiner Art. Die Ausführung 1909 beg., mehrfach unterbrochen, nach Messels Tod dessen Entwürfe 1911 —14 von L u d w i g H o f f m a n n geringfügig modifiziert. Eröffnung erst 1930, damals der Bau im Äußeren unvollendet geblieben. Die Beschädigungen des 2. Weltkrieges größtenteils beseitigt, eine moderne Neugestaltung des Eingangs 1980 — 82. Monumentale Dreiflügelanlage in strengen Formen eines gräzisierenden Neuklassizismus mit hohem fensterlosem Mittelbau für den Pergamonaltar und weiträumigem, als Museumsforum konzipiertem Ehrenhof. Dieser sollte nach den urspr. Plänen durch eine Säulenhalle abgeschlossen und mittels eines Straßendurchbruchs mit den Linden verbunden werden, der Mittelbau mit einleitendem Giebelportikus und schweren Figurenaufsätzen beabsichtigt. Die Kopfbauten der von Kolossalpilastern gegliederten Flügel als übergiebelte Tempelfronten mit Halbsäulen ausgebildet. — In den hohen Oberlichtsälen in großzügiger Weise ganze Architekturfassaden oder Teile von Tempeln unter Verwendung der Originalstücke in urspr. Größe aufgebaut. Märkisches Musetim Am Köllnischen Park 5. 1901—07 von L u d w i g H o f f m a n n aufgrund eines 1891 ausgeschriebenen Wettbewerbs. Malerisch gruppiertes Ensemble historischer Architekturmotive und Einzelformen, angelehnt an Bauten der Backsteingotik und Renaiss. in der Mark Brandenburg. Im 2. Weltkrieg schwer beschädigt, Wiederherstellung bis 1958. Die Gebäudeteile stark kontrastierend im Massenaufbau, der romantische Eindruck gesteigert durch Materialvielfalt, Einfügung von Architekturfragmenten und Bauplastik sowie durch Anpassung an die ehem. parkartige Wallanlage. An der Ecke zur Wallstr. der kriegszerstörte Eingangsbau mit Treppenhalle und hohem quertck. Turm, letzterer ähnlich der Bischofsburg in Wittstock. Daran angefügt der Haupttrakt in Art eines got. Kirchenschiffs, an der Parkseite durch ein Gebäudeteil mit Schaugiebeln und

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Kapelle nach dem Vorbild der Katharinen-K. in Brandenburg fortgesetzt. Am Köllnischen Park in Spätrenaiss.-Formen ein jflügeliger Putzbau mit Ziergiebeln, Treppenturm am Großen Innenhof und einem mehrgeschossigen Erker, daran Wappen märkischer Städte. — Im Inneren mehrere Räume in ihren Formen eigens für die jeweilige Sammlung abgestimmt. In der Großen Halle monumentales Backsteinportal vom 1316 vollendeten „Hohen Haus", ehem. Residenz der Markgrafen von Brandenburg in der Klosterstr., nach Abbruch 1931 hier eingebaut. — Außen neben dem Eingang Kopie des Brandenburger Roland von 1474 aus Muschelkalkstein. Der angrenzende Köllnische Park eine Grünanlage aus dem 3.V.19.JI1., 1920 — 30 mit einem Zwinger für Braunbären, die Berliner Wappentiere, ausgestattet, 1969 neu gestaltet, seit E.i9-Jh. zugleich als Lapidarium Berliner Architektur und Plastik genutzt. Bemerkenswert vor allem: Sandsteinrelief mit Fischweibchen, ehem. an dem seit 1538 durch K a s p a r T h e i ß umgestalteten Renaiss.Kernbau des Berliner Stadtschlosses. Großes Kompositkapitell vom Eosanderportal (III) des Berliner Schlosses, um 1706 — 13. 5 bar. Schlußsteinköpfe. Sandsteingruppe „Herkules im Kampf mit dem Nemeischen Löwen", nach einem 1787 entstandenen Entwurf von J o h a n n G o t t f r i e d S c h a d o w , ausgeführt 1791 durch C o n r a d B o y , urspr. auf der Herkulesbrücke über den Königsgraben, rest. 1969/71. Bron%estandbild Heinrich Zille, in genrehafter Darstellung mit einem Berliner Straßenjungen, 1965 von H e i n r i c h D r a k e . — Reste der köllnischen Befestigungsanlage s. S. 71 f. Naturkundemuseum und Naturwissenschaftliche Institute. Weitläufiges Bauensemble an der Invalidenstr., seit 1874 von A u g u s t T i e d e einheitlich geplant und bis 1889 ausgeführt. Die 3 Gebäude an der Hauptschauseite großzügig um einen ehrenhofartigen Vorplatz gruppiert. In der Mitte das Museum für Naturkunde Invalidenstr. 43, 1883—89 entstanden. Dem annähernd quadr. Hauptbau rückseitig ein langer Quertrakt mit 4 Flügeln angefügt; seine Fassade in historisierenden Renaiss.Formen mit Reminiszenzen an die französische Klassik. Das 3achsige, leicht überhöhte Mittelrisalit plastisch gegliedert, sein oberstes Geschoß durch eine korinthische Doppelsäulenordnung betont mit Standbildern und Büsten bekannter Naturwissenschaftler von R i c h a r d O h m a n n . Innen die Säle als weitgespannte Hallen auf Eisenstützen um einen Lichthof gelagert. Rückwärtig auf beiden Seiten große Treppenhäuser in Eisenkonstruktion. Dem Museum als symmetrische Begleitbauten zugeordnet: w die ehem. Geologische Landesanstalt und Bergakademie (Ministerium für Geologie) von 1875—78 und ö die ehem. Landwirtschaftliche Hochschule (Institute der Humboldt-Universität) von 1876 — 80. Beide Vierflügelbauten von gleicher Fassadengestaltung in den strengen Formen einer monumentalisierten Renaiss., die Fronten durch Eckrisalite mit korinthischen Säulenädikulen gefaßt. — Die Bergakademie nach Kriegsbeschädigung 1945 vereinfacht

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wiederhergestellt. Ihr Lichthof durch umlaufende Säulenarkaden gegliedert. Im Foyer Sit^bank mit Adlermotiv sowie 2 liegende Löwen auf den Treppenwangen, sämtlich Arbeiten der Berliner Eisengießerei von 1867. Am Hofeingang gußeiserne Löwengruppe; außen am Seitenportal Sitzender Hund, Bronzenachbildung der Molosserhunde aus der 2.H.j.Jh.v.u.Z. in den Florentiner Uffizien, ehem. vor der Tierärztlichen Hochschule, Hermann-MaternStr. 56. — In der Landwirtschaftlichen Hochschule in der Mittelachse der Lichthof und das Treppenhaus mit großzügigem Vestibül. Im NW-Teil gotisierende Treppe aus Gußeisen. Im Foyer 4 Marmorkonsolbüsten um die Landwirtschaft verdienter Persönlichkeiten. Im Lichthof Bron^estandbild für Albrecht v.Thaer, 1856 von C h r i s t i a n D a n i e l R a u c h , 1860 von H u g o H a g e n vollendet, urspr. auf dem Schinkelplatz, ein frühes Beispiel der in Berlin zahlreichen Gelehrtendenkmäler. Das Postament verändert, nur 3 Reliefs erh., jetzt an der Lichthofwand. Alte Bibliothek (Institutsgebäude der Humboldt-Universität) Bebelplatz. Erste Entwürfe des Franzosen B . R . B o u r d e t von 1774 nicht ausgeführt. Erbaut im Auftrag König Friedrichs II. 1775—80 nach Plänen von G e o r g C h r i s t i a n U n g e r unter Zugrundelegung eines Entwurfs von J o s e f E m a n u e l F i s c h e r v o n E r l a c h d.J. für den Michaeiertrakt der Wiener Hofburg, Ausführung durch G e o r g F r i e d r i c h B o u m a n n d.J. Eine der ansehnlichsten Bibliotheken ihrer Zeit in Norddeutschland, in der Wiederaufnahme von Formen des Bar. bezeichnend für den Spätstil der friderizianischen Architektur. 1945 ausgebrannt, der Außenbau 1965 —69 wiederhergestellt. — Die konkav geschweifte Fassade über dem hohen, kräftig gebänderten Sockel durch eine korinthische Kolossalordnung zusammengefaßt und mittels säulengegliederter Mittel- und Eckrisalite wirkungsvoll akzentuiert. Auf dem Gebälk plastische Aufsätze und Figurenschmuck von W i l h e l m C h r i s t i a n M e y e r d.Ä., die Kartusche über dem Mittelbau mit Attributen der Wissenschaften flankiert von Musendarstellungen. Das Innere, ehem. mit rückwärtigem Treppenhaus und Großem Bibliothekssaal von K a r l v o n G o n t a r d , jetzt modern ausgebaut. Ehem. Universitätsbibliothek (Amt für industrielle Formgestaltung) Clara-Zetkin-Str. 28, von Paul S p i e k e r 1871—74 als historisierender Klinkerverblendbau errichtet. Die hohe Fensterarkade im 2. Obergeschoß für den ehem. Lesesaal bestimmt. Deutsche Staatsbibliothek Unter den Linden 8. 1661 durch Kurfürst Friedrich Wilhelm gegr., anfangs im Berliner Stadtschloß, seit König Friedrich II. in der 1775—84 entstandenen Alten Bibliothek. Während des 19.Jh. wiederholt Neubaupläne, so 1835 durch K a r l F r i e d r i c h S c h i n k e l . Realisierung eines modernen Gebäudes auf Betreiben Kaiser Wilhelms II. 1903 —14 nach Entwürfen von E r n s t v o n I h n e , an der Stelle des 1743 von J o h a n n B o u m a n n d.Ä. errichteten friderizianischen Äkademiegebäudes, zugleich als Unterkunft für Universitätsbibliothek und Akademie der Wissenschaften ange-

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legt. Im 2. Weltkrieg beschädigt. — Ausgedehnter rck. Komplex um mehrere Binnenhöfe, in historisierenden Formen eines strengen Bar. gehalten, z.T. an einheimisch-preußische Bautraditionen anknüpfend, charakteristisch für den Repräsentationsstil der wilhelminischen Architektur. Die monumentalen 3 geschossigen Fronten sandsteinverblendet, durch Risalite mit korinthischer Kolossalordnung gegliedert, das zu den Linden gerichtete mittlere Portalrisalit unter Dreieckgiebel. In seinem Tympanon Reliefgruppe „Kunst und Technik huldigen Athena" von H e r m a n n F e u e r h a h n , an den Fassaden allegorische Statuen der Wissenschaften, Universitäts- und Bibliotheksstädte u.a. von O t t o L e s s i n g , R o b e r t S c h i r m e r und C o n s t a n t i n S t a r c k . — Die Repräsentationsräume in der Mittelachse angeordnet: hinter einer loggienartigen Eingangshalle mit darübergelegenem Festsaal der Ehrenhof, ihm in bar. Steigerung folgend Treppenhaus, Vestibül und der ehem. großartige oktogonale Kuppellesesaal im Mittelpunkt der Anlage, letzter im 2. Weltkrieg zerstört, moderner Neubau im Gange. — Bemerkenswerte Sammlung von Porträts und Pofträtplastik. HOCHSCHULEN UND SCHULEN

Humboldt-Universität Unter den Linden 6. Erbaut 1748 — 53 von J o h a n n B o u m a n n d.Ä. als Stadtresidenz des Prinzen Heinrich von Preußen, Bruder König Friedrichs II., dabei um 1740 entstandene Entwürfe von G e o r g W e n z e s l a u s v o n K n o b e i s d o r f f für eine Residenz Friedrichs II. (sog. Forum Friderizianum) sowie Ideenskizzen des Königs verwendet. Die Fertigstellung des einst glänzend ausgestatteten Palais erst 1766. Seit 1810 Universität, in der Folgezeit mehrfach umgestaltet, 1913 — 20 durch rückwärtige Flügelanbauten von L u d w i g H o f f m a n n nach N erweitert. Im 2. Weltkrieg schwer beschädigt und teilweise ausgebrannt, nach Kriegsende bis 1967 wiederhergestellt. Der breitgelagerte friderizianische Bau als Dreiflügelanlage konzipiert mit großem Ehrenhof zu den Linden. Seine streng gegliederten Fronten 3geschossig in Formen der KnobelsdorffSchule. Über dem gelöschten und gequaderten Sockelgeschoß Rundbogenfenster und obere Mezzaninöffnungen, als Abschluß eine das Dach verbergende Balustrade. Das Corps de Logis durch den vortretenden Mittelbau kräftig akzentuiert, letzterer in Ableitung von Schlüters schloßplatzseitigen Portalen des Berliner Stadtschlosses mit frei vor die Wand gestellten korinthischen Kolossalsäulen und schwerem Attikagebälk, über dem Portal Balkon, die pilastergegliederten Risalite der Seitenflügel das Motiv des Mittelbaus aufnehmend. Die Architektur stilistisch dem 1747 — 50 von Knobeisdorff umgestalteten Potsdamer Stadtschloß nahestehend, in der nüchtern strengen Formensprache bezeichnend für die klassizierende Haltung preußischer Bauten. Auf den Attiken der Risalite allegorische Dachfiguren, ovidische Liebschaften der Götter und Heroen, 1749 — 53 von J o h a n n

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P e t e r B e n c k e r t und J o h a n n G o t t l i e b H e y m ü l l e f , durch Kriegszerstörung reduziert, die urspr. Figuren auf dem Mittelbau zusammengefaßt, über den Seitenrisaliten Attikafiguren des ehem. Potsdamer Stadtschlosses, um 1745. von J o h a n n A u g u s t N a h l u.a. Die Schlußsteinköpfe über den Hauptgeschoßfenstern der Risalite klassizist. Zutaten der Zeit um 1809, die des Mittelbaus Pallas Athene als Schützerin von Wissenschaft und Kunst sowie die 4 Fakultäten personifizierend. Am Eingang zum Ehrenhof 2 schöne Schilderhäuser mit bekrönenden Puttengruppen, urspr. als Laternenhalter, allegorische Darstellungen von Morgen und Abend, stilistisch J o h a n n P e t e r B e n c k e r t zuzuschreiben (erneuert, Originale im Bodemuseum), das schöne Hofgitter aus der Bauzeit. Die Hoffmannschen Erweiter.ungstrakte der Rückseite, ebenfalls einen großen Hof begrenzend, in den Formen des friderizjanischen Baus gehalten. — Das Innere modern ausgestaltet, die urspr. Disposition des Mittelbaus nicht erh., ehem. mit Treppenhaus, Sala terrena und oberem Festsaal, letzterer war möglicherweise ein Frühwerk von Carl G o t t h a r d L a n g hans d.A. Auf dem Universitätsgelände Denkmäler berühmter Gelehrter: An den Linden zu Seiten des Haupteingangs die Marmorsitzbilder der Gebrüder Humboldt, rechts A.v.Humboldt, 1859 von R e i n h o l d B e g a s , als Naturforscher und Weltreisender mit exotischer Pflanze in der Hand und Globus als Attribute, aufgestellt erst 1883, links W.v.Humboldt, 1882/83 von M a r t i n P a u l O t t o , mit Buch als Gelehrter und Gründer der Berliner Universität charakterisiert, an den Sockeln beider Denkmäler allegorische Reliefs von M a r t i n P a u l Otto. — An der Universitätsstr. MarmorstandbildH.v.Helmholtz, i 8 9 9 v o n E r n s t H e r t e r , s o w i e eindrucksvolles Marmorsitzbild Th.Mommsen, 1909 von A d o l f Brütt. — Am Kastanienwäldchen Bronzestandbild E.Mitscherlich, 1894 von C a r l F e r d i n a n d H a r t z e r ; auf dem Hegelplatz Kolossalbüste G.W.F.Hegel, 1871 von G u s t a v B l ä s e r . Die Folge aufschlußreich für die Entwicklung des Gelehrtendenkmals in Berlin. Ehem. Bauakademie s. S. 38f. Ehem. Tierärztliche Hochschule (Staatliche Verwaltungen) Hermann-Matern-Str. 56. Stattliche klassizist. Dreiflügelanlage um Ehrenhof, 1839—40 von L u d w i g F e r d i n a n d H e s s e in Formen der Schinkel-Schule. Der erhöhte 3achsige Mittelbau in 2 hohen Geschossen mit großen Rundbogenöffnungen, darüber durchfenstertes Attikageschoß und Flachgiebel, die niedrigeren Flügel 3geschossig. Sparsam, doch wirkungsvoll plazierte Bauplastik aus Sandstein von L u d w i g W i l h e l m W i c h m a n n : in den Zwickeln des Mitteltraktes 12 Reliefbüsten berühmter Veterinärmediziner, im Giebelfeld figürliches Hochrelief, Allegorie auf die Tiermedizin. Innen im 2. Obergeschoß allegorische Wandund Deckenmalereien, ebenfalls auf die Verwendung des Gebäudes bezogen. — Im rückwärtigen Hof Denkmal für A.Chr.Gerlach, Bronze-Standbild 1890 von O t t o P a n z n e r , sowie Bron^ebüsten,

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u.a. für W.Dieckerhoff 1909 von E r n s t H e r t e r . — Auf dem Gelände dahinter die ehem. Anatomie der 1790 begründeten Tierärztlichen Hochschule (Institut für Lebensmittelhygiene der Humboldt-Universität), 1789 — 90 von C a r l G o t t h a r d L a n g h a n s d.Ä., eines der seltenen erh. Anatomischen Theater, ein wichtiges Frühwerk des strengen Berliner Klassizismus. Der Gr. fast ein Quadr. mit schmalem übergiebeltem Portalvorbau an der Eingangsfront und jachsigen Risaliten an den übrigen Seiten. Uber der Mitte runder Tambour mit halbrunden Fenstern und hölzerner Flachkuppel. Die glatt verputzten Wände durch hohe Rundbogenblenden zart gegliedert, in die die Fenster des Sockelgeschosses

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Berlin, ebem. Anatomie — den Sockel nach oben überschneidend — sowie über einer Balusterfüllung die hohen des Hauptgeschosses eingesetzt sind, die Blenden im Scheitel mit Bukranien dekoriert, darüber umlaufend dorisches Gebälk. Das Portal in einer von toskanischen Säulen gerahmten Nische, über dem halbrunden Oberlicht Löwenfellgehänge. — In der Vorhalle der Eingang zum Hörsaal beiderseits von Muldennische mit gußeisernem Kandelaber flankiert. Der kreisrunde Kuppelraum noch als Hörsaal im urspr. Zustand erh. Die Bänke steil amphiteatralisch angeordnet. In der Kuppel Malereien in Grisailletechnik 1790 von C h r i s t i a n B e r n h a r d R o d e , allegorische Gruppen von Hirten und Landleuten mit Haustieren, dazu Bukranien und Girlanden sowie Scheinarchitektur als Kuppelgewölbe. — Der spätklassizist. Anbau im S von 1874.

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Weitere Institutsgebäude der Universität als Ziegelbauten in der Nachfolge von K a r l F r i e d r i c h S c h i n k e l s Bauakademie : ehem. Physiologisches Institut (Institut für Mikrobiologie und Epidemiologie) Clara-Zetkin-Str. 96. 1873—77 von P a u l S p i e k e r mit Terrakottadekor. In der Mittelachse innen höbscher Treppenaufgang und großer Hörsaal mit Galerie. — Universitätsklinikum (Humboldt-Universität) Ziegelstr. 5—9. 1878 — 83 von G r o p i u s & S c h m i e d e n . Langgestreckter mehrfarbiger Backsteinbau mit Terrakottadekor. In gleichen Formen angebaut die ehem. Chirurgische Poliklinik Ziegelstr. 1 0 — 1 1 , 1892—93 von E . H a e secke. Ehem. Geologische Landesanstalt und Bergakademie sowie ehem. Landwirtschaftliche Hochschule s. S. 5 6 f. Ehem. Haus für ärztliche Fortbildung (Akademie der Künste) Robert-Koch-Str. 7. Stattlicher Sandsteinbau, 1904 — 06 von E r n s t v o n l h n e i n bar. Formen. Der Mittelrialit mit Karyatidenportal, Doppelpilastern und Segmentgiebel, als Abschluß eine Balustradenattika mit Putten und Vasen. Im Inneren großes zum Saal führendes Treppenhaus, im Sinne der Wiener Paläste gegliedert. — Ehem. Handelshochschule s. Heiliggeist-Kap. S. 19. — Ehem. Kaiser-Wilhelm-Akademie (Regierungskrankenhaus) Invalidenstr. 48—49 und Scharnhorststr. 36 — 37. Erbaut von C r e m e r & W o l f f e n s t e i n 1903 — 10. Neubar. 4Flügelbau von unterschiedlichen Geschoßhöhen mit Sandsteinfassaden. An Schulen bemerkenswert: Ehem. Sophiengymnasium (Kreispionierhaus) Weinmeisterstr. 15. Nur das Direktorenwohnhaus 1865 —67 von A d o l f G e r s t e n b e r g erh., betont horizontal gegliederter Backsteinbau; unter dem Konsolgesims Sgraffitofries von M a x L o h d e , 1886 auf Tonplatten übertragen. In der Durchfahrt allegorische Tonreliefs der Künste und Wissenschaften, Kopien der Platten von C h r i s t i a n F r i e d r i c h T i e c k an der ehem. S c h i n k e l s c h e n Bauakademie. — Schulgebäude Koppenplatz 12. Stattlicher 3geschossiger Putzbau mit rückwärtigen Seitenflügeln in bar. Auffassung 1902—07 von L u d w i g H o f f m a n n . Der leicht überhöhte Mittelbau mit Halbsäulenportal in Renaiss.-Formen und Dachturm. Der plastische Dekor von J o s e f R a u c h . Seitlich Denkmal für Chr. Koppe, Stifter des Armenfriedhofs an der Stelle des jetzigen Koppenplatzes, 1854 als korinthische Säulenädikula nach Entwurf von F r i e d r i c h A u g u s t S t ü l e r errichtet. — Ehem. Fach- und Fortbildungsschule (Volkshochschule) Linienstr. 162. Symmetrischer Putzbau mit Mansardwalmdach in frühbar. Formen 1910 —11 von L u d w i g H o f f mann. Die Front durch Kolossalpilaster gegliedert, vor dem Mittelportal Podesttreppe. Dekor von J o s e f R a u c h . — Max-PlanckOberschule s. ehem. Jüdisches Krankenhaus S. 63. BAUTEN D E R G E S U N D H E I T U N D DES SPORTS

Charité. Klinikenviertel zwischen Schumannstr., HermannMatern-Str., Invalidenstr. und Alexanderufer. Deutschlands älteste medizinische Bildungsanstalt. Gründung 1 7 1 0 von Fried-

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rieh I. als Pesthaus w vor dem Neuen Tor in der Spandauer Vorstadt, 1727 als „Heil- und Lehranstalt" eröffnet und „Charité" benannt. Seit Gründung der Berliner Universität dieser zugeordnet. Wirkungsstätte berühmter Ärzte, u.a. Joh.Chr.W.Hufeland (1762 — 1836), Rudolf Virchow (1821 — 1902), Albrecht v.Graefe (1828 — 1870), Robert Koch (1843 — 1910) und Ferdinand Sauerbruch (1875—1951). Um die beiden urspr. Hauptgebäude, der Alten Charité im Süden (1785 — 1800) und der Neuen Charité im Norden (1831—35), gruppierten sich im 19.Jh. weitere Krankenanstalten. Davon erh. nur das ehem. Pockenkrankenhaus (Endokrinologisches Institut) als ältestes Gebäude von 1836/37, s der Invalidenstr., klassizist. 3 geschossiger Putzbau mit Rundbogenfenstern und Putzquaderung. Der Mitteleingang verändert. 1897 bis 1916 Errichtung neuer Hauptgebäude von K u r t D i e s t e l unter Beteiligung von G e o r g T h ü r und einer Reihe anderer Architekten auf Initiative von Minister Friedrich Althoff: 3- bis 5 geschossige Bauten in Backstein, z.T. mit Sandstein-Formteilen und Putzblenden. Bei bar. Grundrißgestaltung Anklänge an die märkische Backsteingotik im Aufbau und Dekor in Verbindung mit Elementen des Jugendstils. Die roten Backsteinfassaden, durch große Segmentbogenfenster und loggienartige offene Hallen aufgelockert, lassen Reformbestrebungen der Jahrhundertwende erkennen. Auch im Innenausbau neue technische Lösungen für Beleuchtung, Belüftung und Heizung. — Seit 1975 Maßnahmen zur Rekonstruktion und baulichen Erweiterung, ein neues Bettenhochhaus 1976 — 82 errichtet. Am Eingang zur Charité in der Hermann-Matern-Str. architektonisches Denkmal für den Augenarzt A.v.Graefe, Schauwand in Renaiss.Formen 1880—82 von G r o p i u s & S c h m i e d e n . In mittlerer Muschelnische das Bronzestandbild Graefes mit dem Augenspiegel von R u d o l f S i e m e r i n g , sein Wirken in Majolikamalereien zu beiden Seiten veranschaulicht. Weiterhin bemerkenswert Denkmal für R.Vircbotv, den Begründer der Zellularpathologie, 1906 — 10 von F r i t z K l i m s c h ; seit 1910 auf dem Karlplatz. Eines der frühesten Denkmäler losgelöst vom spätklassizist. Typus. Darstellungsgegenstand ist nicht mehr die Person, sondern ihr Wirken : die Leistung des Arztes durch den Kampf eines Titanen mit der Sphinx versinnbildlicht, am monumentalen Sockel kleines Porträtrelief Virchows. Vor den Klinik-Gebäuden vielfach Bronze- oder Marmorbüsten berühmter Ärzte aufgestellt, u.a. vor der Kinderklinik die Bronzebüste O.Heubners (1843 — 1926) von H u g o L e d e r e r ; vor (z.Z. in) der Chirurgischen Klinik die F.Sauerbruchs 1939 von G e o r g K o l b e . St.Hedwig-Krankenhaus Große Hamburger Str. 5 —11. Gegr. 1846 als erstes kath. Krankenhaus Berlins. Ausgedehnter Komplex. Das Hauptgebäude mit Kap. 1851 — 54 nach Entwurf des Kölner Dombaumeisters V i n z e n z S t a t z d.Ä., 1926 — 27 umgebaut durch W i l h e l m F a h l b u s c h . Über dem Hauptportal Statuen der Heiligen Hedwig und Karl Borromäus. In der Kap. Altargemälde des Guten Hirten, 1852 von E d w a r d S t e i n l e . Erweiterungs-

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bauten, vor allem an der Großen Hamburger Str. 1888 — 89 sowie 1900—05 von M a x H a s a k , C a r l M o r i t z und A u g u s t M e n ken. — Ehem. Jüdisches Krankenhaus (Max-Planck-Oberschule) Auguststr. 15. Zur Straße das Verwaltungsgebäude, guter 3geschossiger Putzbau, 1858—60 von E d u a r d K n o b l a u c h , mit spätklassizist. Dekor, die Mitte durch pilastergerahmtes Rundbogentor betont. Im Hof die Krankenhausgebäude, 1858—61 von C.H.Esse. — Volkspolizei-Krankenhaus Scharnhorststr. 13. Als königliches Garnison-Lazarett erbaut 1850 — 53 von F l e i s c h i n g e r , D r e w i t z und B e c k e r im normannischen Burgenstil. 4geschossiger Dreiflügelbau mit turmartig überhöhten Flügelenden, 1933 und seit 1978 durch Umbauten beeinträchtigt. — Ehem. Invalidenhaus (Verwaltung) Scharnhorststr. 34/35. Erbaut 1747—48 nach Entwurf von I s a a k J a k o b P e t r i . Nur die beiden, den Vorhof begrenzenden Seitenflügel als Rest einer größeren, urspr. 3 Höfe umfassenden Anlage erh., schlichte langgestreckte Putzbauten. Stadtbad Mitte Gartenstr. 5 —6. Erbaut 1929 — 30 nach Plänen von C a r l o J e l k m a n n im Bauhausstil, Gestaltung des Inneren von H e i n r i c h T e s s e n o w . Langgestreckte 4geschossige Front aus gelbem Klinker; die große Fläche durch risalitartige Vorsprünge gegliedert. Die weitgehende Verglasung der Schwimmhalle für ihre Zeit richtungweisend. Ehem. Admiralspalast (Badeanstalt und Eislaufhalle) s. S. 49.

BAUTEN DES VERKEHRS UND DER WIRTSCHAFT Bauten der Post Die Berliner Postgebäude spiegeln die Entwicklung vom Historismus zur Sachlichkeit. Als Beispiele seien genannt: Ehem. Haupttelegrafenamt (Postamt) Otto-Nuschke-Str. 42 — 44/Ecke Oberwallstr. Entstanden 1877—78 nach Plänen von C a r l S c h w a t l o . Die repräsentative Sandsteinfassade in Formen der venezianischen Hochrenaiss. mit stark plastischer Gliederung durch Säulenpaare in den beiden Obergeschossen. Zwischen den Mezzaninfenstern Puttengruppen mit Attributen des Fernmeldewesens von H e r m a n n S t e i n e m a n n . — Postfuhramt (Postverwaltung) Oranienburger Str. 35 — 36/Ecke Tucholskystr. Erbaut 1875—81 nach Plänen von C a r l S c h w a t l o . Dreigeschossiger Eckbau mit rotgelb gebänderter Ziegelverblendung, teilweise Ruine. Die langgestreckten Fassaden im spätklassizist. Rundbogenstil der Schinkelnachfolge, angelehnt an Vorbilder der oberitalienisch-lombardischen Frührenaiss. An der abgeschrägten Ecke repräsentativer Eingang in hoher Rundbogennische, darüber oktogonale Kuppel von 2 Nebenkuppeln flankiert. Reicher Terrakottadekor mit Bildnismedaillons berühmter Erfinder und Entdecker von der Antike bis zum 19.Jh. Im Postwagenhof Auguststr. romantisierendes Terrakottarelief einer Postkutsche, 1878 von H e r m a n n S t e i n e mann. — Post- und Verkehrsmuseum (Postamt) Leipziger Str. 18/

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E c k e Mauerstr. Errichtet 1895—97 v o n H . T e c h o w und F r a n z A h r e n s nach einem E n t w u r f v o n E . H a k e als jgeschossiger E c k b a u mit urspr. 7 Höfen, der Flügel an der Leipziger Str. kriegszerstört. Die mit Sandstein verblendeten Fronten in den Formen der italienischen Hochrenaiss. D i e E c k e als wirkungsvolle neubar. Fassade mit Kolossalsäulen und 3 hohen Portalen gestaltet. Die Turmaufbauten über den Seitenrisaliten kriegszerstört. V o n der plastischen Gigantengruppe der A t t i k a ein verkleinertes Kupfermodell v o n E r n s t W e n c k im 4. H o f . — Postamt ClaraZetkin-Str. 62 — 63, entstanden 1906 in schmuckreichen Formen der deutschen Spätrenaiss. mit Stufengiebeln und Erkern. — Postamt Französische Str. 9 — 12. Erbaut 1908 — 11 nach einem Entwurf v o n W i l h e l m W a l t e r als stattlicher Backsteinbau mit Werksteingliederungen im Stil der holländischen Spätrenaiss., in den Fensterverdachungen Büsten von Postbeamten verschiedener Zeiten. — Fernsprechamt Tucholskystr. 6 — 1 4 . Erbaut 1925—26 v o n F e l i x G e n t z e n . Langer 5V2geschossiger Baublock aus roten, schwarzgebänderten Klinkern, streng vertikal gegliedert. — Institut für Post- und Fernmeldewesen s. S. 70. B a n k e n und

Versicherungsgebäude

D i e A l t e Reichsbank s des Werderschen Marktes, 1869 — 76 v o n F r i e d r i c h H i t z i g , im 2. Weltkrieg zerstört; die ehem. Neue Reichsbank (Zentralkomitee der S E D ) ö davon 1934 — 39 v o n H e i n r i c h W o l f f . — E i n ehem. Z e n t r u m des Bankenbaus in der Behrenstr. in stark reduziertem Zustand erh., Kristallisationspunkt war das Gebäude der Dresdner Bank Behrenstr. ^ 7 — ( B e r l i n e r Stadtkontor). 1887 — 89 v o n L u d w i g H e i m in strengen Formen des römischen Bar. errichtet, 1895—97 durch W i t t l i n g & G ü l d n e r nach W für die Pommersche Hypothekenbank in gleichen Formen erweitert (Behrenstr. 3 5/Ecke Wilhelm-KülzStr., Staatsbank), Fassaden v o n W i l h e l m H a u p t . D i e gemeinsame Front des ehem. F o r u m Fridericianum s abgrenzend. — N a c h W anschließend Behrenstr. 52 (Staatsbank). 1899 — 1900 v o n A l f r e d M e s s e l für die Berliner Handelsgesellschaft errichtet. D i e Fassade mit Sandsteinverblendung in einem monumentalisierten palladianischen Stil, im 2. Weltkrieg z . T . zerstört. D e r Erweiterungsbau in der Französischen Str./Ecke Charlottenstr. 1911 v o n H e i n r i c h S c h w e i t z e r . — Schräg gegenüber Behrenstr. 42 — 4/ (Magistrat, Bezirksbauamt). Für die Disconto-Gesellschaft 1899 — 1901 v o n L u d w i g H e i m in den Formen der italienischen Spätrenaiss. errichtet. E i n Erweiterungsbau Behrenstr./ E c k e Charlottenstr. 1911/12 v o n B i e l e n b e r g & M o s e r . Am Köllnischen Park ) (Sozialversicherung). 1903/04 v o n A l f r e d M e s s e l für die ehem. Landesversicherungsanstait errichtet. Repräsentativer barockisierender Backsteinbau mit Kolossalpilastern und Mansarddach, über dem Mittelrisalit Schweifgiebel, an den Brüstungsfeldern sparsamer D e k o r aus Muschelkalkstein. Rungestr. $—6 (Parteihochschule). 1931—33 v o n A l b e r t G o t t -

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he in er für die ehem. Zentralverwaltung der Allgemeinen Ortskrankenkasse Berlin errichtet. An den breitgelagerten Hauptbau zur Rungestr. zwei rückwärtige Flügelbauten angeschlossen, die urspr. einen überdachten Hof räum, die Schalterhalle, flankierten; ein niedriger 3.Flügel an der Wassergasse. Die Fassaden aus blaurotem Klinker mit durchgehender, die Vertikale stark betonender Pfeilergliederung. Das Hauptportal breitrck., die Einzelformen expressionistisch. Büro- und Geschäftshäuser Von den wenigen im 2. Weltkrieg erh. gebliebenen, teilweise veränderten Geschäftshäusern der ehem. City bemerkenswert: Neustädtische Kirchstr. 4 — J (Botschaft der USA). Entstanden 1886 — 87 nach Plänen von H e r m a n n v o n der H u d e und J u l i u s H e n n i c k e als Warenhaus. Die stattliche Fassade in Formen der französischen Frührenaiss. mit flachen Risaliten und Stuckdekor. Veränderungen von 1937 beseitigt, lediglich an den Seitenfronten noch schmiedeeiserne Gitter in genrehaftem figürlichem Schmuck, Frühwerke von F r i t z K ü h n . — HermannMatern-Str. 33—34 (Generalstaatsanwalt der DDR), ehem. Patentamt. 1889 von A u g u s t B u s s e . Die reich dekorierte neubar. Sandsteinfassade durch Risalitgliederung und figürlichen Schmuck belebt, im Inneren Treppenhaus und Festsaal mit Stuckdekor.— Friedrichstr. 166, erbaut 1899 von F e r d i n a n d W e n d e l s t a d t und M a x W e l s c h , mit Fassade aus rotem Sandstein in Art spätgot. venezianischer Paläste. — Otto-Nuschke-Str. 2—3 (Klub der Kulturschaffenden), 1892 — 93 von K a y s e r & v . G r o ß h e i m als Klubhaus erbaut, die repräsentative Hauptfassade neubar., die Seitenfront zur Mauerstr. in deutschen Renaiss.Formen. — Chausseestr. 13, „Borsig-Haus". Stattlicher historisierender Verwaltungsbau der ehem. Firma Borsig, errichtet 1899 von R e i m e r & K ö r t e , mit lebensgroßer Bronzefigur eines Schmieds über dem Eingang. — Clara-Zetkin-Str. 37 (Bank für Landwirtschaft), urspr. Hotelbau, 1904 von G r o n a u und G r a u l im Stil des süddeutschen Bar., der Mittelrisalit durch bewegte Figuren als Balkonträger, Karyatiden und Kartuschenbekrönung aufwendig dekoriert, bereits mit Anklängen an den Jugendstil. Das Nebenhaus Clara-Zetkih-Str. 35 (Reichsbahn-Sparkasse) etwa gleichzeitig. — Klosterstr. 64 (Poliklinik u.a.). 1904—06 von G e o r g L e w y erbaut. Gutes Beispiel eines Jugendstilhauses, reiche Ornamentik, im Mittelteil mit abschließendem Schweifgiebel; der linke Torflügel original erhalten. — Kronenstr. 10 (Zentrale Filmbibliothek u.a.) 1902 von H a r t & L e s s e r , urspr. Geschäftshaus mit aufwendigem Jugendstildekor. — Unter den Linden 40 (Botschaften), 1907 von B e r n d t & L a n g e . — Unter den Linden ioj Ecke Charlottenstr. (Bulgarisches Kulturzentrum) 1865—76 erbaut als Hotel de Rome, 1910 von B e r n d t & L a n g e umgebaut in klassizierenden Formen mit großer Ordnung, reichem Dekor und Skulpturenschmuck. — Unter den Linden 36—38 (FDJ-

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Zentralrat). Als Bürohaus „ Z o l l e m h o f " 1910 —11 von K u r t B e r n d t (Gesamtentwurf) erbaut, Gestaltung der Fassade, des Vestibüls und des Haupttreppenhauses von B r u n o P a u l . Der urspr. öachsige Bau (Nr. 38) in gleicher Gestaltung 1938 — 39 um weitere 6 Achsen nach Osten erweitert, dabei der Figurenschmuck des Attika-Geschosses in die Mitte gerückt. Die Fassade entwicklungsgeschichtlich am Beginn der Überwindung historisierenden Gestaltens. Vestibül und Treppenhaus heute verändert. — Littenstr. 109 ( V E B Energiekombinat Berlin). Um 1910 von L u d w i g H o f f m a n n als Verwaltungsgebäude für die G Ä S A G erbaut. Großer Gebäudekomplex zwischen Stralauer Str. und Rolandufer mit klassizierender Kolossalpilasterordnung, in der Hauptfront zur Littenstr. Kolossalsäulen. — Wallstr. 76—79 (Dietz-Verlag). 1912 von F r i t z C r z e l l i t z e r errichtet. Der terrakottaverkleidete, weitgehend in Fenster aufgelöste Bau mit reichem Dekor in Formen des Jugendstils. Die Reliefs teils figürlich, teils ornamental auf die Pfeiler unterhalb des „Attika"-Geschosses verteilt. Wallstr. ¿1 — 6)1 Inselstr. 6 (FDGB). 1922 — 23 von M a x T a u t und F r a n z H o f f m a n n als Büro- und Verwaltungsgebäude des Allgemeinen Deutschen Gewerkschafts-Bundes im Stil der Neuen Sachlichkeit mit expressionistischen Tendenzen errichtet. Stahlbetonskelettbau in sichtbarem Betonraster, eines der ersten Gebäude, bei dem der Rahmen als bestimmendes Architekturelement sichtbar bleibt. Die geplante dreiflügelige Anlage an der Spreefront nie vollständig ausgeführt. Dem Bau 1930 — 32 von W a l t e r W ü r z b a c h ein Erweiterungstrakt (Wallstr. 64—65) in gleichen Formen hinzugefügt mit überragendem Turmrisalit an der Nahtstelle. Im Innern des urspr. Gebäudes die Räume durch expressive Gestaltungselemente gekennzeichnet, vor allem der Saal im Flügel an der Inselstr., bei der Rekonstruktion 1964 vereinfacht. Beseitigt auch der bildhauerische Schmuck von R u d o l f . B e l l i n g . — Jerusalemer Str. 46— 47/Ecke Reinhold-Huhn-Str. 22 — 25 (ehem. Mosse-Haus, jetzt Druckkombinat Berlin). 1901 bis 1903 für den Verlag Rudolf Mosse von C r e m e r & W o l f f e n s t e i n errichtet. Die Sandsteinfassade in beginnender Gerüstbauweise mit Jugendstilanklängen. 1921—23 Umbau im Stil der Neuen Sachlichkeit durch E r i c h M e n d e l s o h n unter Mitarbeit von R i c h a r d N e u t r a , dabei Aufstockung und Neugestaltung des Ecktraktes, der in seiner kurvigen Anlage mit den die Horizontale betonenden Fensterbändern besonders charakteristisch war. Nach Zerstörungen im 2. Weltkrieg in stark reduzierter Form erhalten. — Fritz-Heckert-Str. 70/Ecke Michaelkirchplatz (FDGB-Bundesvorstand). Als „Haus des Deutschen Verkehrsbundes" für die Gewerkschaft der Transportarbeiter 1927 von B r u n o T a u t im Stil der Neuen Sachlichkeit entworfen und begonnen, bis 1930 von M a x T a u t in leicht veränderter Form als Stahlskelettbau mit Kalksteinplattenverkleidung der Fassaden fertiggestellt; charakteristisch die gerundete Ecke. Alexanderhaus (Warenhaus) und Berolinahaus (Rat des Stadtbezirks Mitte) an der Einmündung der Rathausstr. in den Alexan-

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derplatz. 1930 — 32 von P e t e r B e h r e n s auf Grund eines Wettbewerbs von 1928 als Büro- und Geschäftshäuser im Stil der Neuen Sachlichkeit errichtet mit städtebaulicher Akzentsetzung. 8geschossige Stahlbetonbauten, das 1. Obergeschoß mit Fensterband vorgezogen, die vorspringenden verglasten Treppenhäuser an den einander zugewandten Stirnseiten die ehem. Torsituation betonend. Beide Bauten im 2. Weltkrieg beschädigt, Wiederaufbau in der alten Form bis 1952.

WOHNHÄUSER Nach den schweren Verlusten im 2. Weltkrieg die Bürgerhäuser des alten Berlin nur in wenigen bemerkenswerten Beispielen vom 17. bis 19.Jh. vertreten. H Ä U S E R D E S 17. UND 18.JH.: sog. Ribbeckhaus (Behörden), Breite Straße j j . Das einzige erh. Spätrenaissancegebäude Berlins, 1624 für den kurfürstlichen Kammerrat und späteren Gouverneur von Spandau, Hans Georg von Ribbeck, erbaut in den typischen Formen damaliger Adelswohnhäuser. 1629 — 30 durch den Dresdner Architekten B a l t h a s a r B e n z e l t umgebaut und seit 1659 in den n anschließenden Alten Marstall einbezogen. Der urspr. 2geschossige Bau 1803—04 aufgestockt, dabei die alten Zwerchgiebel verändert wiederaufgesetzt. Nach Beseitigung der Schäden des 2. Weltkrieges umfangreiche Rest, bis 1965. — Stattliches verputztes Breithaus mit 4 Zwerchgiebeln, die rck. Fenster durch Faschen aus Sandstein gerahmt. Bemerkenswert das rundbogige Portal in schöner Knorpelwerkeinfassung mit Inschrift und Baudatum, die schmiedeeisernen Fenstergitter 2.H. 17.Jh. Im Inneren noch einige kreuzgratgewölbte Räume des 17.JI1. erh. — Märkisches Ufer 10 — 20. Teil der nach 1680 zwischen s Spreearmufer und heutiger Wallstr. angelegten ehem. Stadtrandsiedlung „Neukölln am Wasser", urspr. mit Miets- und Bürgerhäusern des 18. und 19.Jh. bebaut, im 2. Weltkrieg teilweise zerstört, seit 1968 als baukünstlerisches Ensemble von guter Gesamtwirkung wiederhergestellt. — Von stadtgeschichtlich besonderer Bedeutung das Ermelerhaus (Gaststätte), ehem. Wohn- und Geschäftshaus mit langgestrecktem Hof und ausgedehnten Hintergebäuden in der Breiten Straße, 1968—69 an das Märkische Ufer umgesetzt und modifiziert wiederaufgebaut. Das seit dem 16.Jh. nachweisbare Haus um 1760 wahrscheinlich nach Plänen von F r i e d r i c h W i l h e l m D i t e r i c h s zu einem der stattlichsten Berliner Bürgerpalais umgebaut und seit 1762 unter Mitwirkung von C a r l F r i e d r i c h F e c h h e l m und J o h a n n C h r i s t o p h F r i s c h ausgestattet. Die 3geschossige Fassade mit lachsigem Mittelrisalit 1804 klassizist. verändert durch breite Palmettenfriese und Attikabalustrade mit den Figuren des Merkur und der Justitia, flankiert von 2 Vasen. Das Relief über dem Eingang wohl von 1825, bezugnehmend auf das 1808 hier gegründete Tabakwarengeschäft. Im stark veränderten und reduzierten Inneren von

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der ehem. glänzenden Ausstattung erh. das spätbar. Treppengeländer aus vergoldetem Schmiedeeisen und 2 laternentragende Putti auf den Treppenpodesten; im Hauptgeschoß 3 allegorische Deckengemälde, der Plafond im Festsaal wahrscheinlich von J o h a n n C h r i s t o p h F r i s c h , von den beiden anschließenden Räumen besonders reizvoll das Rosenzimmer. — Das Nachbarhaus Nr. 12 urspr. am gegenüberliegenden Ufer der Friedrichsgracht, seit 1969 hierher versetzt und im Inneren mit dem Ermelerhaus verbunden. Die schmale 5 achsige Barockfassade mit straffer Lisenengliederung im Stil der Zeit um 1740 rekonstruiert, ö angrenzend Haus Nr. 14 aus der Gründerzeit sowie Nr. 16 und 18, stattliche bar. Bürgerhäuser in ausgeglichenen Proportionen, 1973 umfassend rest. und als „Otto-Nagel-Haus" eingerichtet. Nr. 16 um 1790, mit hübscher Barocktreppe; Nr. 18 um 1730, im Portal reiches schmiedeeisernes Gitter. Ostabschluß der Uferbebauung Haus Nr. 20, um 1860. — Brüderstr. 13 (Institut für Denkmalpflege, Zentrum für Kunstausstellungen der DDR). Ehem. Wohnhaus des Schriftstellers und Verlegers Friedrich Nicolai, als geistig-literarischer Mittelpunkt Berlins zur Zeit der Aufklärung und Romantik von kulturhistorischer Bedeutung. Errichtet wahrscheinlich noch auf Fundamenten des späten Ma., der heutige Bau im wesentlichen von 1710, in seiner äußeren Form vor allem durch die Umgestaltung unter Carl Friedrich Zelter seit 1787 bestimmt. Im 2. Weltkrieg beschädigt, der. zerstörte linke Seitenflügel nach 1950 wiederaufgebaut. Das Hauptgebäude zur Straße 3geschossig, von den 7 Achsen die mittlere und die äußeren durch genutete Lisenen hervorgehoben. Seitlich der Durchfahrt schöne Treppe mit reich geschnitztem Eichenholzgeländer aus Akanthus und Bandelwerk, 2.V.i8.Jh. Der annähernd quadr. Hof einer der wenigen erh. bar. Innenhöfe in Berlin, durch Begrünung und Galerien von malerischer Wirkung. Im hinteren Quergebäude j 978— 79 die Treppenanlage des 1934 abgebrochenen ehem. Weydingerhauses in der Unterwasserstr. unter Verwendung von Originalteilen rekonstruiert, einem um 1830 vermutlich von K a r l F r i e d r i c h S c h i n k e l durchgeführten Umbau entstammend (s. auch S. 45): Die Treppe mit feingliedrigem Bronzegeländer; die allegorischen Figurengemälde der 4 Jahreszeiten an den Wänden, vermutlich von W i l h e l m W a c h , noch nicht rekonstruiert, nur die kleinen Tierszenen wieder am Ort. Die qualitätvollen Stuckreliefs, Raub der Persephone durch Hades sowie Endymion und Selene, wahrscheinlich von C h r i s t i a n F r i e d rich T i e c k nach antiken Vorbildern, urspr. Supraporten der oberen Türen. Fenster mit farbiger Ornamentverglasung der Zeit um 1830. — Brüderstr. 10, ehem. Propstei von St.Petri (Verwaltungsgebäude). Dreigeschossiger bar. Putzbau E.17.JI1., klassizist. verändert um 1805. In der risalitartig hervorgehobenen Mittelachse rundbogige Türöffnung mit schmiedeeisernem Oberlichtgitter und Schlußsteinkopf um 1700, darüber ein pilastergerahmtes Fenster, unter dem Traufgesims Rankenfries. In einem Erdgeschoßraum die Decke mit Gemälde und schwerem Stuck, Akan-

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thus und Putten, ein seltenes Beispiel dieser Art in Berlin. Neben der Tordurchfahrt stattliches Treppenhaus in bar. Formen, wohl im 19.Jh. erneuert. — Neue Griinstr. 27 (VEB Denkmalpflege). Dreigeschossiger frühklassizist. Putzbau von 1789/90, Mitte und Seiten als Risalite zart betont, geschmückt mit Bildnismedaillons und Tuchgehängen; 1978 — 80 wiederhergestellt. — 1984—87 die ehem. dichte Umbauung der Nikolai-K. mit Häusern des 18. und i9.Jh. rekonstruiert. DazugehörigPostslr. 2), sog. Knoblauchsches Haus („Historische Weinstuben"). Dreigeschossiger Putzbau unter Mansarddach, erbaut um 1759/60; klassizist. verändert A.19.JI1., u.a. durch Spiralrankenfries an der leicht konvex geschwungenen Fassade. — Waisenstr. /^ — / i (Gaststätte „ Z u r letzten Instanz"). 4 Wohnhäuser als Rest einer ehem. geschlossenen Bebauung an der Innenseite der ma. Stadtmauer, überwiegend bar., seit 1945 rest. und nach 1970 abermals umfassend erneuert. Dreigeschossige schlichte Traufenhäuser, durch unterschiedliche Geschoßhöhen und abgestufte Farbigkeit von lebhafter Wirkung. In einem der Häuser erneuerte Wendeltreppe mit schmiedeeisernem Rokokogeländer, urspr. in der Fischerstr. 29, nach 1970 hier eingebaut. — Burgstr. 21, früher Littenstr. 46, ehem. GarnisonPfarrhaus. Stattlicher 3geschossiger Putzbau unter Mansarddach, E.i8.Jh., im Mittelrisalit über Oberlichttür ein von ionischen Doppelsäulen gerahmtes Fenster. — Jobannes-Dieckmann-Str. j, Ecke Glinka-Str. 16, Gruppe von urspr. 3 durch Toreinfahrten verbundenen Pfarrhäusern, 1738 — 39, einzig erh. Teil der älteren Bebauung in der ehem. Friedrichstadt. Das sog. Schleiermacherhaus an der Glinkastr. 1945 zerstört. Die nach einheitlichem Schema errichteten pavillonartigen Gebäude 2geschossig über quadr. Gr. mit Mansardwalmdach, ihre 5 achsigen Straßenfronten durch zarte Mittelrisalite und Ecklisenen gegliedert. Zwischen den Häusern Mauerzüge mit den übergiebelten Toreinfahrten. Im begrünten Innenhof Bildhauerarbeiten aus kriegszerstörten Kirchen, bemerkenswert 2 marmorne Gedächtnisurnen des 18.Jh., ehem. in der Dorotheenstädtischen-K. — Am Kupfergraben 7 (Physikalische Gesellschaft der DDR). Um 1753 durch G e o r g F r i e d r i c h B o u m a n n d.J. nach Entwurf von G e o r g W e n z e s laus v o n K n o b e i s d o r f f errichtetes schmuckvolles Bürgerhaus, 2geschossig von 9 Achsen; die risalitartig vortretende Mitte betont durch korinthische Kolossalpilaster und Korbbogentür über der doppelläufigen Freitreppe. 1822 von A u g u s t A d o l p h G ü n t h e r durch zwei 2geschossige Flügel in klassizist. Formen erweitert. Im Inneren eleganter Treppenaufgang mit schmiedeeisernem Rokokogeländer. — Neue Schönhauser Str. 8 (Altberliner Verlag). Dreigeschossiges Bürgerhaus, erbaut 1770 wahrscheinlich nach Entwurf von G e o r g C h r i s t i a n U n g e r . Die Fassade dekoriert mit Blumengirlanden, Festons und weiblichen Büsten über den rundbogigen Erdgeschoßöffnungen. Seitlich der Durchfahrt schöne gewendelte Treppe. — Rosenthaler Str. Schlichter bar. Putzbau 2.H.i8.Jh., später leicht verändert. Zu Seiten der Tordurchfahrt gewendelte Treppe mit Dockengeländer. —



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Oranienburger Str. 71 bis 72 (Institut für Post- und Fernmeldewesen). Erbaut 1789 — 91 von C h r i s t i a n F r i e d r i c h B e c h e r e r als erstes Ordenshaus der Großen Freimaurer-Landesloge von Deutschland, aufgestockt und neugestaltet 1839. Dreigeschossiger klassizist. Putzbau von 13 Achsen, durch ein zartes Mittelrisalit und schmale pilastergerahmte Seitenrisalite gegliedert, in letzteren die Portale mit qualitätvollen Schlußsteinköpfen. H Ä U S E R D E S 19. U N D 20. JH.: Scbadowstr. 10 — 11. Ehem. Wohnhaus des Bildhauers Johann Gottfried Schadow, das schönste erh. des 19. Jh. in Berlin. Erbaut 1805 als 2geschossiger klassizist. Putzbau, 1851 von F e l i x S c h a d o w um ein Geschoß erhöht. Im 2. Weltkrieg teilweise zerstört, seit 1959 wiederhergestellt. Die 7achsige Fassade von schlichter Durchbildung, in den äußeren risalitartig vortretenden Achsen die Einfahrt bzw. eine Türblende. Darüber Relieffriese mit Darstellungen zur Entwicklung der Bildenden Künste von J o h a n n G o t t f r i e d S c h a d o w und seinen Schülern, links die Kunst des Altertums in ihren Hauptepochen, rechts die großen Kunstmäzene von der Antike bis zur Renaiss. dargestellt. A m Hauptgeschoß eine Porträtbüste Schadows flankiert von Genien sowie Medaillons mit Malerund Bildhauerwerkzeugen, 1851 von H e r m a n n S c h i e v e l b e i n . Im Hausflur Gipsabgüsse Schadowscher Reliefs. In einem Raum der 1. Etage großes 3 teiliges Fresko, der Brunnen des Lebens umgeben von den Schönen Künsten, nach 1838 von E d u a r d B e n d e m a n n , z.T. mit Porträts von Mitgliedern der Familie Schadow. — Bauhofstr. } — Spätklassizist. vielachsige Wohnhäuser mit sparsamem Dekor, um 1860; ähnlich Bauhof str. 2, original erh. nur das Portal. — Marienstr., besterhaltener Straßenzug aus der 1.H.19.JI1. in der ehem. Friedrich-Wilhelm-Stadt, 3geschossige klassizist. Putzbauten in nahezu ungestörter Reihe, Ende des vorigen Jh. in der Regel um ein Geschoß erhöht und durch Flügelbauten erweitert, rest. 1970 — 73. Die in vornehmer Schlichtheit durchgebildeten Fassaden mit antikisierenden Blattwerkfriesen und mittlerer Tordurchfahrt, die originalen Treppenhäuser teilweise erh. — Hermann-Matern-Str. iS (Künstlerklub „Die Möwe"). Ehem. Palais Bülow, erbaut um 1850, 3geschossiger spätklassizist. Putzbau mit feingliedrigem Dekor aus Palmetten- und Mäanderfriesen, das Erdgeschoß verändert. V o n der urspr. Ausstattung erh. die gußeiserne Treppe in Formen der S c h i n k e l N a c h f o l g e sowie ein getäfelter Saal der Zeit um 1870 mit allegorischen Malereien und Kassettendecke, die anschließende Raumflucht 1978 historisierend wiederhergestellt. — Das benachbarte Wohn- und Geschäftshaus Hermann-Matern-Str. 19 ebenfalls um M.19.JI1., später vereinfacht und verändert. — Albrechtstr. 17 (Hotel Albrechthof). Spätklassizist. Putzbau um 1860, mit 3geschossiger gequaderter Fassade, verziert durch Rankenfriese. — Schumannstr. 14AIB —17. Geschlossene Häuserzeile mit 6 z.T. schlichten, 3- und 4geschossigen Wohnbauten, w an das Deutsche Theater anschließend, errichtet 2. Drittel 19.Jh., in jüngster Zeit

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teilweise vereinfacht wiederhergestellt. N r . 14A/B stattliches E c k haus mit Längsfront zum Theatervorplatz, die 4geschossige Fassade belebt durch eine Reihe reliefierter Blattkränze und K o n solgesims. Das gegenüberliegende Garderobengebäude des Deutschen Theaters in historisierenden Formen nach 1945 neu errichtet. Bescheidener die Häuser Scbumannstr. IJ und HermannMatern-Str. //, klassizist. Putzbauten um 1840/50. — Koppenplatz ///Ecke Linienstr. (Alterswohnheim), ehem. Hollmannsche Wilhelminen-Amalien-Stiftung. Asymmetrischer spätklassizist. E c k bau v o n 1 1 : 1 4 A c h s e n in 3 Geschossen, zur Linienstr. mit 1 achsigem Risalit und Tordurchfahrt, der pilastergerahmte Haupteingang am Koppenplatz. Die turmartig aufgestockte E c k e w o h l v o n einem Umbau M.19.JI1. Denkmal für C . K o p p e s. S. 61. — Häuserblock an der Gertraudenbrücke. Rest der älteren W o h n b e b a u u n g um den ehem. köllnischen Fischmarkt, als sog. Traditionsinsel 1 9 7 5 — 7 6 wiederhergestellt und neu erschlossen. Erwähnenswert Haus Scharrenstr. 17 (Büros) in gefälligem Neubarock, E.19.JI1. — Planckstr. 20. Stattlicher 3flügeliger Putzbau, A . 2 0 . j h . als Hofbeamtenhaus erbaut, an den Fassaden Jugendstilplastik, Putten und Vasen. Im Hof an der Front des rückwärtigen Traktes, w o h l eines ehem. Ateliergebäudes, 29 g r o ß e quadr. Sandsteinreliefs v o n kräftiger Plastizität, Trophäen verschiedener A r t : Bukranien, Rüstungen, Schilde, Fahnen. D i e künstlerische Qualität vorzüglich, vermutlich aus der W e r k s t a t t S c h l ü t e r s um 1700. Unklar die urspr. Bestimmung, am ehesten w o h l für eine Attikabrüstung.

BEFESTIGUNGEN UND TORE, KOLONNADEN UND BRÜCKEN Stadtbefestigung. Berlin und K ö l l n zwischen 1260 und 1280 ummauert. V o n der ma. Stadtmauer Berlins nur geringe Reste aus unregelmäßigem Feldstein-Mauerwerk und aus Backstein parallel zur Waisenstr. erh., die Backsteinteile erst einer Erneuerung und E r h ö h u n g des 14.Jh. zuzuschreiben. D i e urspr. A n l a g e aus Wall und 2 Gräben. U m 1680 nach Errichtung der Festungswerke die Stadtmauer durch den beiderseitigen A n b a u v o n Wohnhäusern zwischen Stralauer Str. und Kloster-K. überbaut und dadurch teilweise erh. (s. S. 69). — D i e bar. Festungsanlage der Städte Berlin, K ö l l n und Friedrichswerder in regelmäßiger Sternform angelegt mit 13 Bollwerken, Hauptwällen, Festungsgräben und 6 Brückentoren zwischen 1658 und 1683 unter Leitung v o n J o h a n n G r e g o r M e m h a r d t , neben ihm P h i l i p p e d e C h i e z e beteiligt. D a v o n nur noch der ehem. Standort v o n 2 Bastionen im G r . des heutigen Hausvogteiplatzes und des Spittelmarktes erkennbar. Erh. außerdem 2 Rundtürme: sog. Wusterhausischer Bär, Backstein, 2.H.17.JI1., die kegelförmige Spitze mit bekrö-

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nender Rüstungstrophäe aus Sandstein von 1718, urspr. Stauwehrturm im Festungsgraben w vom Märkischen Museum, 189} an den heutigen Standort versetzt. Unweit n davon Rundturm aus Bruchstein, 2.H.17.Jh., ehem. Unterteil einer Mühle. — Die ma. Stadttore auf der Berliner Seiten waren: im SO das Stralauer Tor, im O das Oderberger Tor (Georgentor), im N das Spandauer Tor; auf Köllnischer Seite: im SO das Köpenicker Tor, im S das Gertrauden-Tor sowie später im W das Leipziger Tor. Im Zuge der seit 1735 errichteten Zollmauer ehem. 18 Tore, diese teilweise E.i8.Jh. durch repräsentative Neubauten ersetzt. Unter ihnen einst künstlerisch bemerkenswert neben dem einzig erh. Brandenburger Tor das Potsdamer Tor, 1823 nach Entwurf von K a r l F r i e d r i c h S c h i n k e l , im 2. Weltkrieg zerstört. Die Tore auf der SSeite schon 1786 — 89 abgebrochen, ebenso um 1870 das Oranienburger Tor von K a r l v o n G o n t a r d ( s . Groß Behnitz, Ldkr. Nauen) sowie das Hamburger Tor und das Rosenthaler Tor von G e o r g C h r i s t i a n Unger. Brandenburger Tor. Ein Wahrzeichen Berlins. Im Zuge der repräsentativen Ausgestaltung der Residenz bereits 1769 als Dominante der Prachtstraße Unter den Linden konzipiert, jedoch erst unter Friedrich Wilhelm II. 1788 von C a r l G o t t h a r d L a n g h a n s d.Ä. entworfen als monumentale, von 2 Flügelbauten eingefaßte Toranlage dorischer Ordnung, ausgeführt 1789—91; die Bauplastik unter Leitung von J o h a n n G o t t f r i e d S c h a d o w 1794 vollendet. Hauptwerk des Architekten, durch die Propyläen der Akropolis von Athen angeregt. Bei Abbruch der Zollmauer 1867 bis 1868 die Flügelbauten nach Entwurf von J o h a n n H e i n r i c h S t r a c k umgestaltet. Im 2. Weltkrieg schwer beschädigt, 1956 bis 1958 wiederaufgebaut, der Skulpturenschmuck z.T. erneuert. — Das Tor die Linden w gegen den Tiergarten abgrenzend, die flankierenden Flügelgebäude urspr. mit der Stadtmauer, später mit der Randbebauung des Pariser Platzes verbunden, nach Kriegszerstörung der letzteren jetzt freistehend. Der Bau den strengen Berliner Klassizismus einleitend, wenn auch noch spätbar. Traditionen verpflichtet, ausgezeichnet durch klare Tektonik und reiche plastische Gestaltung. Die 5 Durchfahrten mittels massiver Querwände getrennt, ihren Stirnseiten beiderseits je 6 SandsteinSäulen in abgewandelter dorischer Ordnung vorgelegt, die Mitte durch größeren Abstand hervorgehoben. Uber dem Gebälk hohe Attika, in der Mitte vorkragend als Postament für die Quadriga. An den Schmalseiten des Hauptbaus schließt seit dem Strackschen Umbau beiderseits eine offene 3sch. Durchgangshalle in Traufenstellung an. Diesen Hallen an der OSeite jeweils ein tempelartiges Torhäuschen in Giebelstellung parallel zur Straße vorgelagert (ehem. für Wache und Zoll), seit 1958 mit teilweise peripteraler Säulenstellung und Gebäudekern in Form einer griechischen Cella. — Der bildhauerische Schmuck aus Sandstein zum überwiegenden Teil nach Entwürfen S c h a d o w s von Berliner und Potsdamer Bildhauern ausgeführt, auf die Bedeutung des Baus als Friedenstor bezogen mit Themen aus der griechischen

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Mythologie: Im Gebälk der beiden Längsseiten 32 Metopenreliefs, Kampfszenen zwischen Lapithen und Kentauren in Anlehnung an die Metopen des Parthenon in Athen. In der Attikamitte zur Stadtseite großes allegorisches Relief mit dem Zug der Friedensgöttin, nach einem von S c h a d o w veränderten Entwurf C h r i s t i a n B e r n h a r d R o d e s . An den Innenseiten der Durchfahrten in 2 Zonen 20 Reliefs mit Szenen aus der Herakles-Sage ebenfalls nach Entwürfen von R o d e . In den Rundbogennischen der äußeren Torpfeiler Sitzstatuen des Ares und der Athena, vor 1868 an der Stadtseite der Flügelbauten aufgestellt. Als Bekrönung auf dem Dach des Torbaus die großartige Quadriga, 1789 von J o h a n n G o t t f r i e d S c h a d o w entworfen, 1790 — 93 durch E m a n u e l J u r y in Kupfer getrieben; im 2. Weltkrieg weitgehend zerstört, 1956 — 58 nach einem Gipsabguß des Originals kopiert. Das Viergespann vor antikem Kampfwagen, darin stehend die eichenlaubbekränzte Siegesgöttin als Friedensbringerin, in der Linken die Zügel, in der Rechten einen bekränzten Stab haltend, dieser mehrfach, zuletzt 1958 verändert. Originalteile der Bauplastik in der Skulpturenabteilung der Staatlichen Museen, Reste der Quadriga im Märkischen Museum Berlin. Kolonnaden. Im Zuge der architektonischen Ausgestaltung Berlins entstanden zur Kaschierung des ehem. Festungsgrabens repräsentative Brücken in Verbindung mit gedeckten Säulenhallen für Verkaufsläden als architektonische Akzente, im Typ den um 1690 von J o h a n n A r n o l d N e r i n g erbauten ehem. Kolonnaden auf dem Mühlendamm folgend. — Spittelkolonnade am ehem. Dönhoffplatz. Als Uberbrückung des die Leipziger Str. kreuzenden Festungsgrabens 1776 von K a r l v o n G o n t a r d i n Formen des spätbar. Klassizismus erbaut, das erste seiner Berliner Werke, in der Disposition der Kolonnade an den Communs des Neuen Palais in Potsdam folgend. Die Anlage ehem. bestehend aus 2 gegenüberliegenden, halbkreisförmig hinter die Bauflucht zurückspringenden ionischen Säulenhallen und rückwärtigen Läden, Mitte und Seiten durch Pavillons mit dekorativen architektonischen Aufsätzen und plastischem Schmuck, auf den Handel bezogen, betont. Die s Kolonnade bereits 1929 beseitigt, die n im 2.Weltkrieg schwer beschädigt, 1979 rekonstruiert und in die Neugestaltung der Leipziger Str. einbezogen. Verwandt den 1777 — 80 ebenfalls von G o n t a r d errichteten prächtigen Königskolonnaden über den Festungsgraben, ehem. in der Königstr. am Alexanderplatz, 1910 in den Kleistpark, Westberlin, versetzt. — Mohrenkolonnaden Mohrenstr. Erbaut 1787 von C a r l G o t t h a r d L a n g h a n s d.Ä. beiderseits der Straße als klassizierende Bogenhallen auf gekuppelten toskanischen Säulen mit Triglyphengebälk, die Mitte unter Dreieckgiebel risalitartig betont, die Enden konkav zur Straßenflucht zurückschwingend. Der plastische Schmuck von Bildhauern aus der Werkstatt J . P. A n t o i n e T a s s a e r t s und G o t t f r i e d S c h a d o w s : in den Giebelfeldern nach Entwurf von C h r i s t i a n B e r n h a r d R o d e Reliefs antiker Gottheiten, auf dem Gebälk Flußgötter der 4 Erdteile, nach Beschädigung im 2. Weltkrieg ergänzt.

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Jungfernbrücke Unterwasserstr. Entstanden 1798 als Zugbrücke. Zwischen massiven Bögen hölzerne Aufwindevorrichtung für den beweglichen Mittelteil. Das letzte erh. Beispiel dieses in Berlin und der Mark Brandenburg ehem. verbreiteten holländischen Typs. Ehem. Schloßbrücke (Marx-Engels-Brücke) Unter den Linden. Erbaut 1821—24 nach 1819 entstandenen Entwürfen von K a r l F r i e d r i c h S c h i n k e l als Verbindung der Linden zum ehem. Stadtschloß und Lustgarten. Dreibogiges Brücken werk mit gußeiserner Brüstung und skulpturengeschmückten Postamenten. In den Brüstungsplatten des schönen Geländers arabeskenartig verschlungene, gegenständige Seepferdchen oder Tritonen, die Pfeiler dazwischen mit Delphinen. Die ebenfalls in Anlehnung an S c h i n k e l s Entwürfe entstandenen überlebensgroßen Marmorfiguren auf den Postamenten erst 1847 — 57 v o n F r i e d r i c h Drake, Gustav Bläser, Hermann Schievelbein, Albert Wolf f und anderen Bildhauern der Rauch-Schule, im 2. Weltkrieg geborgen, 1983/84 wieder aufgestellt; in einer Folge von 8 Gruppen zur Erinnerung an die Freiheitskriege Kampf und Tod junger Helden, von Siegesgöttinnen begleitet, dargestellt. Von den weiteren Brücken erwähnenswert: Gertraudenbrücke Gertraudenstr. 1894—95 von O t t o Stahn. Auf der n Brüstung überlebensgroße genrehafte Figurengruppe der Hl. Gertraud in romantisch-ma. Tracht, einem Wanderburschen den Krug reichend, Bronze, 1896 entstandenes Spätwerk von R u d o l f S i e m e r i n g , auf das ehem. Gertraudenhospital am Spittelmarkt bezogen. Jetzt Fußgängerbrücke neben einem Neubau von 1977/78. — Weidendammer Brücke Friedrichstr. 1895—97 von O t t o Stahn. Die reich ornamentierten schmiedeeisernen Geländer mit 4 Laternenmasten, stilisierten Pflanzen und Adlern von M. F a b i a n . Rest. 1972.

DENKMÄLER UND BRUNNEN Bronzedenkmal König Friedrichs II. v. Preußen Unter den Linden, 1839 — 51 von C h r i s t i a n D a n i e l R a u c h , Hauptwerk des Künstlers, eine der großartigsten Denkmalsplastiken des 19.Jh. in Deutschland. Der endgültigen Fassung seit 1779 zahlreiche plastische und architektonische Entwürfe vorausgegangen, u.a. von J e a n P i e r r e T a s s a e r t , J o h a n n G o t t f r i e d S c h a d o w , C a r l G o t t h a r d L a n g h a n s d.Ä., F r i e d r i c h G i l l y , H e i n r i c h G e n t z und K a r l F r i e d r i c h S c h i n k e l . Seit 1830 Planungen Rauchs, dessen Modelle eines Reitermonuments von 1836 — 39 durch Friedrich Wilhelm IV. zur Verwirklichung bestimmt. Gegossen 1846 von L u d w i g F r i e b e l , enthüllt 1851. Auf mehrstöckigem Sockel überlebensgroß der König zu Pferde in historischer Uniform mit Dreispitz und Krückstock, bezeichnend für den berlinischen Realismus des 19.Jh., in der Anlage S c h l ü t e r s Denkmal des Großen Kurfürsten (s. S. 55) verpflichtet, stilistisch Abkehr vom Klassizismus zugunsten historischer Auffassung.

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Das Postament von einem Kranz historischer und allegorischer Plastik belebt. Vor dem Hauptteil über dem Stufensockel und der Inschriftenzone vollplastische Reiter- und Standfiguren hervorragender Zeitgenossen : Feldherren und Staatsbeamte sowie rückwärtig Gelehrte und Künstler. Die locker gruppierten Gestalten lebensgroß in zeitgenössischer Kostümierung, ihr Hintergrund jeweils zum Flachrelief übergehend. Am niedrigen oberen Teil Tugenden und Reliefszenen aus dem Leben Friedrichs II., eine seltsame Verbindung von historischer Treue und poetischer Idealität. Das Einzelne von hoher Schönheit und treffender Charakteristik. Die Proportionen des Denkmals (Gesamthöhe 13,5 m, Reiterbild 5,66 m) auf die architektonische Umgebung abgestimmt. Nach dem 2.Weltkrieg in den Park von PotsdamSanssouci versetzt, 1981 am alten Standort wiederaufgestellt. Feldherrendenkmäler an der SSeite der Straße Unter den Linden, zwischen Staatsoper und ehem. Prinzessinnen-Palais. Geschaffen zwischen 1822 und 1855 von C h r i s t i a n D a n i e l R a u c h , urspr. in anderem Zusammenhang plaziert, jetzige Neuaufstellung 1964, dabei die Denkmäler rest. Hauptwerke der Berliner Plastik des 19.Jh. Der Plan, die erfolgreichen preußischen Heerführer der Befreiungskriege durch Errichtung von Denkmälern an der Berliner Prachtstraße zu ehren, dem im Widerstand gegen Napoleon erstarkten Nationalbewußtsein entsprungen. Die Tradition solcher Ehrungen ebenso wie die Gestaltung als Standfigur auf reliefverziertem Sockel in Nachfolge der 2.H.i8.Jh. durch Friedrich II. und Friedrich Wilhelm II. auf dem ehem. Wilhelmplatz und anderenorts errichteten Standbilder ruhmreicher Heerführer des Siebenjährigen Krieges von F r a n ç o i s G a s p a r d A d a m , J o hann D a v i d und L o r e n z W i l h e l m R ä n t z , J . P . A n t o i n e T a s s a e r t und J o h a n n G o t t f r i e d S c h a d o w (jetzt in den Staatl. Museen Berlin). — Marmorstandbild General G.v.Scbarnhorst, 1819 — 22 nach einem Entwurf K a r l F r i e d r i c h S c h i n k e l s , urspr. als Gegenstück zum Denkmal für F.W.v.Bülow (z.Z. Staatl. Museen Berlin) neben der Neuen Wache aufgestellt. Der Reorganisator des preußischen Heeres idealisiert dargestellt, dabei klassische Schönheit mit historischer Tracht zu eigener Auffassung aufs glücklichste verbunden; die allegorischen Sockelreliefs Athena als Lehrerin und Beschützerin des Heeres darstellend, der schöne Adler an der Vorderseite bei der letzten Rest, entfernt. — Bronzedenkmal Generalfeldmarscball G.L.v.Blücher, unmittelbar nach dessen Tod 1819 — 24 geschaffen unter beratender Mitarbeit S c h i n k e l s , 1826 aufgestellt; dargestellt als Sieger mit gezücktem Säbel, den Fuß auf ein zerbrochenes Kanonenrohr setzend. An dem mit Sinnbildern idealer Thematik reich verzierten Sockel in einem Relieffries Blüchers Siegeszug durch Europa historisch-realistisch beschreibend wiedergegeben. Wie die Denkmäler neben der Neuen Wache ehem.' von gußeisernem Gitter nach S c h i n k e l s Entwurf eingefaßt. — Beiderseits flankierend die bronzenen Standbilder des Generals D.L. Yorck von Wartenburg und des Feldmarschalls N.v.Gneisenau, 1840 vorbereitet, 1855 als

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Begleitfiguren des Blüchef-Denkmals unmittelbar neben der Straße aufgestellt, in idealisierter Haltung, die Sockel mit Viktorienreliefs an der Stirnseite. Denkmal für den Freiherrn Karl vom und %um Stein, Unter den Linden gegenüber dem Zeughaus. Bronzestandbild 1875 von H e r mann S c h i e v e l b e i n . Vgl. weiter die Denkmäler an der Humboldt-Universität, S. 59; am Märkischen Museum, S. 56; beider Charité, S. 62; bei der ehem. Tierärztlichen Hochschule, S. 59f. und in der Landwirtschaftlichen Hochschule, S. 57. — Denkmal für Cbr. Koppe S. 61. — Denkmal für Adelbert Chamisso, Marmorbüste 1888 von J u l i u s M o s e r am Rande des Monbijou-Parks, Oranienburger Str. — Denkmal für Robert Koch auf dem RobertKoch-Platz, großes marmornes Sitzbild 1915/16 von L o u i s T u a i l l o n , Spätwerk des Künstlers. — Denkmal für Heinrich Heine, am Rande des Volksparks am Weinberg, Brunnen-, Ecke Veteranenstr., Sitzfigur, Bronze, 1955 von W a l d e m a r G r z i mek. Geldzählerbrunnen auf dem Pappelplatz, n der Invalidenstr. 1912 von E r n s t Wenck aus Muschelkalkstein, mit monumentaler athletischer Jünglingsfigur auf dem Brunnenpfeiler. — Bärenbrunnen am Werderschen Markt. 1928 von H u g o L e d e r e r aus rotem Lavatuffstein, nach Kriegszerstörung 1958 von W a l t e r S u t k o w s k i erneuert. Inmitten des Beckens die Bärenmutter, ihren paarweise auf dem Rand spielenden Jungen zuschauend. — Neptunbrunnen s. S. 42. — Mehrstufiger Schalenbrunnen (Spindlerbrunnen) auf dem Spittelmarkt, Marmor und Granit, 1891 nach Entwürfen von Walter K y l l m a n n und A d o l f H e y d e n in neurenaiss. Formen; von 1928 — 80 in Köpenick aufgestellt.

FRIEDHÖFE Dorotheenstädtischer Friedhof Chausseestr. 126. Angelegt 1762 im S verkürzt 1889. Grabstätte bedeutender Künstler, Schriftsteller, Gelehrter und Politiker. Die Berliner Grabmalkunst des 19.Jh. typologisch nahezu vollständig durch eine Reihe qualitätvoller Denkmäler vertreten. — Grabmal M.CSchadow 1 1 8 3 2 , Säule mit Urne, von J o h a n n G o t t f r i e d S c h a d o w für seine zweite Frau errichtet; Schadows (fi85o) eigenes Grabmal ein schlanker Pfeiler mit der Statuette des Verstorbenen nach Modell seines Schülers H e i n r i c h K ä h l e r von 1822, das bronzene Original im Gemeindehaus Joh.-Dieckmann-Str. 3. Die gebräuchlichste Grabmalform des Klassizismus, die Stele, entweder quaderförmig gedrungen wie das Grabmal G.W.Fr.Hegel f i 8 3 1 , oder schlank proportioniert, meist mit Bildnismedaillon, abgeschlossen durch Giebel oder ein Palmettenakroterion : hervorzuheben Grabstele für S.F.Hermbstaedt^ii^, nach Entwurf von K a r l F r i e d rich S c h i n k e l . Schinkels eigenes Grab dem letzteren nachgebildet, das originale Porträtmedaillon nach C h r i s t i a n D a n i e l R a u c h s Modell von 1836 ausgeführt durch A u g u s t

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K i s s , jetzt im Gemeindehaus aufbewahrt. Grabmal für K.A.Cl. Klents 1 1 8 3 8 ; Grabmal für P.Chr.W.Beuth f i 8 5 3 mit Bildnismedaillon von C h r i s t i a n D a n i e l R a u c h . Grabmal C.D.Rauch f i 8 5 7 , nach eigenem Entwurf von 1855 mit bekrönender Allegorie der Hoffnung, das Medaillon von A l b e r t W o l f f 1859. Stele für H.Schievelbein +1867 mit Bildnismedaillon. In Obeliskenform das Grabmal A.v.Boeckh f i 8 6 7 , das Medaillon von R e i n h o l d B e g a s . Eigenartig das Grabmal M.A.Freund f i 8 2 7 , ein gußeiserner Lekythos mit Reliefdarstellung der Norne Skuld von H e r m a n n E r n s t F r e u n d aus Kopenhagen, in Gleiwitz gegossen. Die Grabmäler der 2.H.19.Jh. aufwendiger: Familiengrabstätte Cantian, kolossaler altrömischer Sandstein-Sarkophag, dreiseitig ummauert, M.19.JI1.; zwei von J o h a n n H e i n r i c h S t r a c k entworfene Grabmäler für A.Borsig f 1854 und für sich selbst j"i88o, säulengetragene offene Ädikulen, darin jeweils eine Büste auf Sockel, die erstere von C h r i s t i a n D a n i e l R a u c h , die Strackscbe von A l e x a n d e r C a l a n d r e l l i , 1881. Im Typ ähnlich das im 2. Weltkrieg schwer beschädigte Grabmal für F.A.Stäler •(•1865, entworfen 1867 durch S t r a c k im Rundbogenstil, die Bildnisbüste von H e r m a n n S c h i e v e l b e i n . Grabmal A.D. Schadorv fi869, Wandgrab in Formen der italianisierenden Renaiss. mit Bildnismedaillon und zwei Nischenfiguren in Zink, diese von H e r m a n n S c h i e v e l b e i n . Grabstätte Familie Hitzig, Mausoleum mit Portikus aus ionischen Säulen, die Schmalseiten halbrund geschl., 1882 von H e r m a n n E n d e . Französischer Friedhof Chausseestr. 127. Von der französischreformierten Gemeinde angelegt 1780. Unter den Denkmälern bemerkenswert die schöne gußeiserne Stele für den Schauspieler L.Devrient f i 8 } 2 , der große marmorne Scipionensarkophag für F.Ancilion^iiii, gestiftet von König Friedrich Wilhelm III., 1840 entworfen von K a r l F r i e d r i c h S c h i n k e l , eines seiner letzten Werke, sowie das Grabmal für L.Ravene f i 8 6 i , lebensgroße Liegefigur in Bronze unter offener romanisierender Säulenhalle, das Ganze 1867 vollendet nach Entwurf von F r i e d r i c h A u g u s t S t ü l e r , die Bildwerke von G u s t a v B l ä s e r . Garnison-Friedhof Kleine Rosenthaler Str. 3 — 7. Angelegt 1722. Bemerkenswerte Denkmäler aus der Berliner Eisenkunstgießerei des 19.Jh.: von Fialen oder Maßwerkbögen bekrönte Stelen 1.H.19.JI1. Familiengrabmal Teichert, gotisierendes Tabernakel mit antikischem Todesgenius, um 1860; Grabmal G.v.Brauchitscb ^1827, Stele mit akroteriongeschmücktem Aufsatz, darin geflügelter Todesgenius, nach Entwurf von L u d w i g W i c h m a n n . Ähnlich dem letzteren, aber aus Zinkguß, das Grabmal E.L.v.Tippelskirch fi840, von A u g u s t S o l l e r entworfen. Am Grabmal v.Holtendorf/einem Entwurf von K a r l F r i e d r i c h S c h i n k e l , qualitätvolles Bronzerelief der Viktoria, aus dem Kreis um C h r i s t i a n F r i e d r i c h T i e c k oder L u d w i g W i c h m a n n . Invalidenfriedhof Scharnhorst-Str. 25. Angelegt 1748 zunächst nur für Insassen des gleichzeitig errichteten nahegelegenen Invalidenhauses, später allgemein für hohe Militär-, seit E.19.JI1. auch

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für Zivilpersonen. Sandsteinmonument für L.v.Die^elski f 1799, in Gestalt eines Altars mit Bildnismedaillon und bekrönendem T r o phäenschmuck nach Entwurf v o n C h r i s t i a n B e r n h a r d R o d e . V o n überragendem K u n s t w e r t das Grabmal f ü r General G.J.D. V.Scharnhorst, Reorganisator des preußischen Heeres, -f-1813 in Prag, hierher übergeführt 1826. Gesamtentwurf des Denkmals 1824 v o n K a r l F r i e d r i c h S c h i n k e l , 1834 enthüllt. D e r A u f b a u in Gestalt eines pfeilererhobenen Marmorsarkophags v o n klassizist. Strenge. A n den T u m b a w ä n d e n umlaufender Relieffries mit vielfigurigen Darstellungen aus Scharnhorsts L e b e n v o n C h r i s t i a n F r i e d r i c h T i e c k , H a u p t f i g u r des Ganzen der auf der Deckplatte ruhende monumentale L ö w e als Sinnbild der Tapferkeit, in B r o n z e gegossen 1828 nach M o d e l l v o n C h r i s t i a n D a n i e l R a u c h . — D e r Berliner E i s e n k u n s t g u ß vertreten durch einige a u f w e n d i g e Beispiele, w i e das Grabmal für J.W.v.Witz~ lebtn\\%^i, nach E n t w u r f v o n K a r l F r i e d r i c h S c h i n k e l , unter gotisierendem Baldachin Statue der Siegesgöttin. Ferner die Grabmäler f ü r O. und G.D.v.Pirch j-1824 b z w . 1838. W i r k u n g s v o l l das Grabmal / . Nolte f i 9 o 8 , ein g r o ß e s kurzarmiges K r e u z aus schwarzem Granit, davor die M a r m o r f i g u r einer Trauernden in qualitätvollem Jugendstil; am Grabmal M.Hoff mann 1 1 9 2 7 g r o ß e bronzene Sitzfigur eines Jünglings v o n A r n o l d R e c h b e r g . Sophien-Friedhof s. S. 24. Sophien-Friedhof II Bergstr. 29. A n g e l e g t 1827. S o g . MusikerFriedhof, da eine Reihe v o n K o m p o n i s t e n und Musikern, u.a. Chr.Fr.Bach, A . L o r t z i n g , hier bestattet ist. Beachtlich einige Familiengrabstätten in T e m p e l f o r m oder als Pergola. STADTBEZIRK FRIEDRICHSHAIN 1920 aus einigen Altberliner Vorstädten — u.a. Königstadt, Stralauer Viertel — und dem Dorf Stralau zusammengeschlossen. Das älteste bebaute Gebiet ist — neben dem Dorf Stralau — der nr» Teil zwischen Hans-Beimler-Str., Mollstr. und Ltninallee, urspr. z u r Königstadt gehörend. Der beutige Straßenzug Dimitroff-\Bersarinstr. bezeichnet den seit 1822 bestehenden „Communicationsweg", der später mit der Warschauer Str. und Oberbaumbrücke z u r Z,usammenbängenden Ringstraße verbunden wurde. In der 2.H.ip.Jh. fortschreitende Bebauung mit Mietskasernen und Fabrikanlagen und damit Entwicklung zum Arbeiterwohnbezirk. Im 2. Weltkrieg weitgehend zerstört, der Wiederaufbau schon 1949 begonnen. Beispielhaft der Ausbau der Karl-Marx-Allee 19// — /