Das Verhältnis von Drittschadensliquidation und vertraglichem Drittschutz: Zugleich eine Lanze für die Liquidation im Drittinteresse [1 ed.] 9783428489435, 9783428089437

Die Abgrenzung zwischen der Drittschadensliquidation und dem Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte ist Gegenstand vieler

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Das Verhältnis von Drittschadensliquidation und vertraglichem Drittschutz: Zugleich eine Lanze für die Liquidation im Drittinteresse [1 ed.]
 9783428489435, 9783428089437

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RAINER TRAUGOTT

Das Verhältnis von Drittschadensliquidation und vertraglichem Drittschutz

Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 193

Das Verhältnis von Drittschadensliquidation und vertraglichem Drittschutz Zugleich eine Lanze für die Liquidation im Drittinteresse

Von Dr. Rainer Traugott LL.M. (Columbia)

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Traugott, Rainer: Das Verhältnis von Drittschadensliquidation und vertraglichem Drittschutz : zugleich eine Lanze für die Liquidation im Drittinteresse / von Rainer Traugott. Berlin: Duncker und Humblot, 1997 (Schriften zum bürgerlichen Recht; Bd. 193) Zugl.: München, Univ., Diss., 1996 ISBN 3-428-08943-X brosch.

Alle Rechte vorbehalten

© 1997 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Wemer Hildebrand, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7387 ISBN 3-428-08943-X Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

9

Vorwort Diese Arbeit lag der Juristischen Fakultät der Ludwig-MaximilianUniversität München im Wintersemester 1995/1996 als Dissertation vor. Die Wahl des Themas geht auf eine Anregung von Herrn Professor Dr. Dieter Medicus zurück. Er hat mich bei der Arbeit an diesem Buch in sehr freundlicher und gewinnbringender Weise betreut. Dafür gilt ihm mein herzlicher Dank. Zu danken habe ich auch Herrn Professor Dr. Dr. h.c. mult. Gerhard Schricker fiir die rasche Erstellung des Zweitgutachtens. Schließlich danke ich Frau Diana Pietzsch und Frau Angelika Bohsewe fiir ihr Hilfe bei der Erstellung der Druckvorlagen. Die Arbeit ist auf dem Stand vom Januar 1996. München, November 1996

Rainer Traugott

Inhaltsverzeichnis

I.

§ 1 Einführung

11

§ 2 Drittschadensliquidation und vertraglicher Drittschutz

13

Die zugnmdeliegenden Prinzipien .................................................................... 13 1. Das Dogma vom Gläubigerinteresse ............................................................. 13 2. Die Relativität der Schuldverhältnisse (Relativitätsgnmdsatz) ...................... 16

ll.

Die Drittschadensliquidation ............................................................................ 18 1. Obligatorische Gefahrentlastung ................................................................... 20 2. Obhut über fremde Sachen ........................................................................... 21 3. Mittelbare Stellvertretung ............................................................................ 21 4. Treuhandfälle ............................................................................................... 22

ill.

Der Vertrag mit Schutzwirkung filr Dritte ........................................................ 23

§ 3 Die Berechtigung der Rechtsfiguren I.

26

Vorschläge zur Ablösung der Drittschadensliquidation ..................................... 26 1. Lösungsmodelle, die einen eigenen Schaden des Gläubigers annehmen ........ 26 a) Vorteilsausgleichung ................................................................................ 26 aa) Vorteilsausgleichung bei obligatorischer Gefahrentlastung und Treuhandfällen .......................................................................................... 27

8

Inhaltsverzeichnis

(1) Obligatorische Gefahrentlastung ....... .... ........................................ 28 (2) Treuhandfälle ................................................................................ 30 bb)VorteilsausgleichWlg ft1r alle Fallgruppen ........................................... 32 cc) VorteilsausgleichWlg Wlter Annahme eines unmittelbaren Schadens als Mindestschaden ............................................................................ 34 (1 )Der unmittelbare Schaden als Mindestschaden in RechtsprechWlg Wld Lehre ............................................................................ 36 (2)Mögliche Folgen ft1r die Fallgruppe obligatorische GefahrenentlastWlg Wld die Treuhandfälle ................................................... 38 (3)Keine RechtfertigWlg ft1r UnterscheidWlg von mittelbarem Wld unmittelbarem Schaden in Drittschadensfällen ............................... 38 (4)FolgefWlgen ft1r die Weiterverkaufsfälle mit GewährleistWlgsausschluß ....................................................................................... 40 a) Objektiver Wert als Mindestschaden ........................................................ 40 b) Überholende Kausalität. ........................................................................... 43 c) § 281 BGB ............................................................................................... 44 2. LösWlgsmodelle, die einen eigenen Anspruch des Dritten annehmen ............ 45 a) VertretWlg im Vertrauen Wld das "wirtschaftliche Eigentum" als sonstiges Recht im Sinne des § 823 I BGB .............................................................. 45 b) Vertrag mit Schutzwirkung ft1r Dritte ....................................................... 49 c) Drittwirkung kraft dinglicher Mitzuständigkeit ........................................ 50 d) Geteilte Rechtszuständigkeiten ................................................................ 51 3. Ergebnis ....................................................................................................... 52 Exkurs: Die Vorschläge der Schuldrechtskommission ....................................... 53 ll.

Vorschläge zur Ablösung des Vertrags mit Schutzwirkung ft1r Dritte ................ 54 1. Einheitliches gesetzliches Schuldverhältnis .................................................. 54 2. VertretWlg im Vertrauen Wld das "wirtschaftliche Eigentum" als sonstiges sonstiges Recht im Sinne des § 823 I BGB .................................................... 56 3. Vertrag zugWlsten Dritter ............................................................................. 57 4. Drittschadensliquidation............................................................................... 58 5. Culpa in contrahendo ................................................................................... 59 6. Ergebnis ...................................................................................................... 65

9

Inhaltsverzeichnis

§ 4 Bisherige Abgrenzungsversuche

66

I.

Vennögensschäden und Personenschäden......................................................... 67

II.

Personelle und sachliche Zielrichtung des Vertrags .......................................... 67

ill.

Personenrechtlicher Einschlag .......................................................................... 68

N. Sach- und Interessengerechtigkeit der Konstruktion ............................. ............. 69

V. Zufälligkeit und Erkennbarkeit. ........................................................................ 71 VI. Schadensverlagerung und Risikovennehrung .................................................... 72

§ 5 Weiterentwicklung und Ergänzung der Abgrenzung

75

I.

Die Begriffe .................................................................................................... 76

II.

Begründung der Abgrenzung ............................................................................ 78 1. Die Gewährleistung von Kalkulierbarkeit im deutschen Recht ...................... 78 a) Unkalkulierbarkeit der Haftungshöhe ....................................................... 78 b) Kalkulierbarkeit der Haftungswahrscheinlichkeit als gemeinsames Prinzip der Grundsätze und ihrer AusnaIunen ...... ........................... ................ ...... 80 2. Folgen filr die Abgrenzung ........................................................................... 82

ill.

Ermittlung der Problempunkte ......................................................................... 83

1. Fälle des Vertrags mit Schutzwirkung filr Dritte ohne Risikovermehrung? .... 84 2. Fälle der Drittschadensliquidation mit Risikovennehrung ............................. 87 3. Ergebnis: Fälle ohne Bezugspunkt und hypothetische Erwägungen ....... ........ 90

N. Bewältigung der Problempunkte ....................................................................... 90 1. Bei Fehlen des Bezugspunktes niemals Drittschadensliquidation .................. 90 2. Ermittlung des Bezugspunktes anband der rechtlichen Möglichkeiten des Gläubigers .................................................................................................... 92 3. Faustregel ............................................................... ..................................... 93 4. Keine Konkurrenz der Rechtsfiguren ............................................................ 94 5. Bedeutung der vertraglichen Vereinbarungen ............................................... 95

V. Anwendung auf Fälle und Vergleich mit der Rechtsprechung ........................... 96

10

Inhaltsverzeichnis

1. Der Rauchrohrfall ........................................................................................ 96 2. Der Hühnerpestfall ....................................................................................... 98 3. Die Abwandlung des Ledergürtelfalls ........................................................... 99 4. Lastschriftverfahren .................................................................................... 10 1 5. Der Gutachterfall von BGH NJW 1984, 355 ................................................ 103 6. Der Kassenarztfall von BGH NJW 1992, 2962 ............................................ 105 7. Fazit. ........................................................................................................... 106 VI. Ergebniskontrolle: Nachteile der Drittschadensliquidation? ...... ............ ........... 106 1. Konkurs des Gläubigers .............................................................................. 107 2. Abtretungserfordernis .................................................................................. 108 3. Einwendungen und Einreden ....................................................................... 108 VII. Zusammenfassung ........................................................................................... 109 Literaturverzeichnis ........................ ............ ................................................. ......... 112 Sachwortverzeichnis .............................................................................................. 124

§ 1 Einnihrung Seit Jahrzehnten bemühen sich Rechtsprechung und Rechtswissenschaft um eine Abgrenzung von Drittschadensliquidation und Vertrag mit Schutzwirkung für Drittel. Dennoch ist es bisher nicht gelungen, eine Lösung zu finden, die gänzlich befriedigt2. Die Abgrenzungsschwierigkeit ergibt sich daraus, daß bei beiden Rechtsfiguren Ersatzberechtigung und Schaden zunächst auseinanderfallen und damit beide Konstruktionen das gleiche Problem betreffen3 . Mit den Jahren haben sich die Schwierigkeiten bei der Abgrenzung verschärft. Der BGH hat nämlich das Fürsorgeverhältnis mit personenrechtlichem Einschlag" als Voraussetzung vertraglicher Drittschutzwirkung teilweise aufgegeben5 . So ließ er es für den Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte ausreichen, daß den Vertragsgläubiger für eingebrachte Sachen des Dritten eine Obhutspflicht trifft6, oder daß nach dem Inhalt eines Vertrags der Gebrauch des Vertragsgegenstandes bestimmungsgemäß von einem Dritten ausgeübt wird7. Hierdurch ist vor allem die Abgrenzung des vertraglichen Drittschutzes von der Fallgruppe "Obhutsfälle" der Drittschadensliquidation noch unklarer geworden8 . Darüber hinaus wird inzwischen ein Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte selbst bei gegenläufigen Interessen von Gläubiger und Drittem bejaht9 . I Vgl. schon im Jahre 1957 WD. Lange, Zur Abgrenzung des Vertrages zugunsten Dritter und der Drittschadensliquidation. 2 Lange, Schadensersatz, § 8 IV, S 479; Medicus, BürgR, Rn. 840; Junker, V.i.V., S 23; Hagen, AcP 192, 570; MilnchKomm-Grunsky, Vor § 249, Rn. 116. 3 Medicus, BürgR, Rn. 839. 4 Etwa BGHZ 51, 96; 56,273; 61, 234; 66, 57. 5 Etwa BGH NJW 1984, 355, 356; JZ 1985, 951 f; jetzt auch JZ 1995, 306; zustimmend z.B. Palandt-Heinrichs, § 328, Rn. 14; Staudinger-Kaduk, Vor § 328, Rn. 80. 6 BGH JZ 1970, 375; ähnlich BGH NJW 1979, 789. 7 BGHZ 69, 227; BGH NJW 1976, 1843. 8 Urban, S 6. 9 BGH NJW 1987, 1758, 1759; BGH JZ 1995, 306 mit Arunerkung Medicus; vgl. dazu auch Canaris, JZ 1995,441.

12

§ 1 Einfühnmg

Ferner hat der BGH den Anwendungsbereich des Vertrags mit Schutzwirkung fiir Dritte erweitert, etwa auf die Haftung für Testate und Auskünfte lO und das Lastschriftverfahren 11. Dies erschwert die Abgrenzung zusätzlich. Wenn es um die Lösung neuer Drittschadensprobleme ging, hat die Rechtsprechung in den vergangenen Jahrzehnten meistens den Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte herangezogen. Die Drittschadensliquidation wurde hingegen auf ihre anerkannten Fallgruppen beschränkt, ja teilweise sogar dort nicht mehr mit Festigkeit vertreten 12 . Die vorliegende Arbeit gibt zunächst einen kurzen Überblick über Drittschadensliquidation und Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte. Anschließend wird die Berechtigung der beiden Rechtsinstitute behandelt. Die Überlegung liegt nämlich zunächst nicht fern, daß sich Ungereimtheiten bei Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte oder Drittschadensliquidation in das Abgrenzungsproblem hinein fortsetzen. Es wird sich aber herausstellen, daß beide Rechtsfiguren zu Recht bestehen. Damit stellt sich schließlich die eigentliche Abgrenzungsfrage. Zu deren Beantwortung werden zunächst die bisher entwickelten Lösungen erörtert. Im Anschluß wird der überzeugendste Vorschlag, nämlich die Abgrenzung nach dem Haftungsrisiko, ausgebaut und weiterentwickelt.

10 BGH NJW 1984, 355; JZ 1985, 951; BB 1986, 1179; NJW 1987, 1758; WM 1989, 375; zur Bankauskunft als Auskunftsvertrag mit Schutzwirkung für Dritte BGH NJW 1991, 352. 11 BGHZ 69, 82; BGHZ 96, 9. 12 Vgl. etwa BGHZ 49,356,361, wo der BGH otTen1äßt, ob beim Versendungskauf (§ 447 BGB) die Drittschadensliquidation anzuerkennen sei.

§ 2 Drittschadensliquidation und vertraglicher Drittschutz I. Die zugrundeliegenden Prinzipien Für das Verständnis von Drittschadensliquidation und Vertrag mit Schutzwirkung fiir Dritte sind zwei Grundprinzipien des deutschen Privatrechts wichtig: das Dogma vom Gläubigerinteresse und die Relativität der Schuldverhältnisse (Relativitätsgrundsatz). Das Dogma vom Gläubigerinteresse behandelt die Frage, wessen Schaden zu ersetzen ist, der Relativitätsgrundsatz hingegen bestimmt u.a., wer Gläubiger eines Anspruchs, d.h. aktivlegitimiert ist. 1. Das Dogma vom Gläubigerinteresse

Nach dem Dogma vom Gläubigerinteresse kann der Gläubiger eines Schadensersatzanspruchs nur seinen eigenen Schaden ersetzt verlangen. Er darf hingegen nicht den Schaden eines anderen, sogenannten Dritten, geltend machen 1. Dieser Grundsatz ist heute zwar allgemein anerkannt2, seine Begründung fällt indes nicht leicht. Sie könnte sich zunächst aus dem Wortlaut der anspruchsbegriindenden Normen ergeben3 . Dabei sind zwei Fragen zu unterscheiden: Wer ist Gläubiger eines Anspruchs? und: Wessen Schaden kann der Gläubiger ersetzt verlangenr. Das Dogma vom Gläubigerinteresse betriffi nur die zweite Frage. I Medicus, SchR AT, Rn. 609; Büdenbender, JZ 1995, 920; weiter Breinersdorfer, Haftung filr Kreditauskünfte, S 118; anders auch Erman-Kuckuk, Vor § 249, Rn. 130. 2 Vgl. nur Medicus, SchR AT, Rn. 609, der das Dogma vom Gläubigerinteresse als unbestritten bezeichnet; kritisch war hingegen im Jahre 1933 noch Reinhardt, S 71 ff. 3 So aber Hagen, Drirtschadensliquidation, S 1 und Urban, S 15. 4 Diese Unterscheidung wird bei der Drittschadensliquidation ohne weiteres vorgenommen, bei den Begrllndungen filr das Dogma vom Gläubigerinteresse verschwimmt sie jedoch oft, so etwa bei Hagen, Drittschadensliquidation, S 2 und bei Lange, Schadensersatz, § 8 11. Bei Larenz, SchR AT, § 27 IV a, b klingt die Unterscheidung hingegen an.

14

§ 2 Drittsehadensliquidation und vertraglicher Drittschutz

Das Gesetz bestimmt in der Regel nur, wer Gläubiger eines Anspruchs ist. Wessen Schaden zu ersetzen ist, sagt es hingegen nur ausnahmsweise. So etwa in § 391 I BGB. Dort heißt es, der Schaden sei zu ersetzen, "den der andere Teil", d.h. der Aufrechnungsgegner, erleidet. Auch § 694 BGB bestimmt, daß der "dem Verwahrer entstehende Schaden" zu ersetzen ist. Ebenso gibt § 904,2 BGB dem Eigentümer ausdrücklich nur einen Anspruch auf Ersatz "des ihm 5 entstehenden Schadens". Auch nach § 122 I BGB muß der Schuldner nur den Schaden ersetzen, den "der andere oder der Dritte ... erleidet", und § 1298 I 2 BGB verlangt ausdrücklich nur Ersatz des Schadens, "den dieser", d.h. der andere Verlobte, erleidet. Schließlich ist nach § 1787 I BGB lediglich der Schaden zu ersetzen, der "dem Mündel...entsteht". § 823 I BGB hingegen sagt nichts zu der Frage, wessen Schaden zu ersetzen ist. Er stellt nur eine Verpflichtung zum Ersatz des "daraus (d.h. aus der unerlaubten Handlung) entstehenden Schadens" auf. Nicht etwa formuliert § 823 I BGB, der Schädiger sei "dem anderen zum Ersatz des diesem entstehenden Schadens verpflichtet". So müßte die Formulierung aber lauten, um positivrechtliche Grundlage rur das Dogma vom Gläubigerinteresse zu sein, wie Hagen meint 6. Ebenso geben die meisten anderen Schadensersatzvorschriften keine ausdrückliche Antwort auf die Frage, wessen Schaden zu ersetzen ist (z.B. § 280 I BGB, 286 I BGB, § 523 I BGB, § 538 I BGB, § 635 BGB, § 678 BGB, § 723 11 BGB, § 839 I BGB, § 1833 I BGB, § 213811 BGB).

Aus all dem folgt, daß der Gesetzeswortlaut keine Begründung rur das Dogma vom Gläubigerinteresse sein kann. Im Gegenteil legt der Wortlaut eher den Umkehrschluß nahe, das Gesetz meine mit Formulierungen wie, es sei Ersatz des "entstehenden Schadens"7 zu leisten, eine Verpflichtung zum Ersatz jedes entstehenden Schadens ohne Beschränkung auf das Gläubigerinteresse. Auch der Schutzzweck der haftungsbegründenden Normen ist keine gänzlich zufriedenstellende Begründung rur das Dogma vom Gläubigerinteresse 8. Denn letztlich kommt eine solche Argumentation ohne einen allgemeinen Hinweis auf die "Billigkeit" nicht aus9.

5 Hervorhebung vom Verfasser.

6 Hagen, Drittsehadensliquidation, S 2, Fußnote 3. 7 So z.B. in § 678 I BGB, § 823 I BGB, § 839 I BGB, § 1833 I BGB. 8 So aber Enneccerus/Lehmann, SehR, § 17 I; ihm folgend Heiseke, NJW 1960,77. 9 Enneccerus/Lehmann, SehR, § 17 I.

I. Die zugrundeliegenden Prinzipien

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Zuweilen wird behauptet, man könne e contrario aus Ausnahmebestimmungen wie § 844 11 BGB und § 10 11 StVG schließen, daß grundsätzlich der Aktivlegitimierte nur seinen eigenen Schaden ersetzt verlangen kann 10. Auch dies überzeugt aber deswegen wenig, weil diese Bestimmungen die Frage betreffen, wer Gläubiger eines Schadensersatzanspruchs ist, indem sie dem Dritten einen eigenen Ersatzanspruch geben. Sie betreffen hingegen nicht die Frage, wessen Schaden der Gläubiger ersetzt verlangen kann. Ferner wird auch die relative Wirkung schuldrechtlicher Verpflichtungen angeführtli. Allein auch der Relativitätsgrundsatz behandelt die Problematik, wer Gläubiger eines Schadensersatzanspruchs ist, nicht aber die Frage, wessen Schaden der Gläubiger ersetzt verlangen kann l2 . Freilich läßt sich mittelbar aus dem Relativitätsgrundsatz ein Argument fiir das Dogma vom Gläubigerinteresse gewinnen. Der Relativitätsgrundsatz setzt nämlich ebenso wie die Beschränkung des deliktischen Schutzes auf absolute Rechtsgüter der Gewährung von Schadensersatzansprüchen Grenzen; diese Grenzen aber würden in ihrer Wirksamkeit wesentlich beeinträchtigt, wenn man die Liquidation von Drittschäden unbeschränkt zuließe 13 . Weitere überzeugende Begründungen fiir das Dogma vom Gläubigerinteresse sind vor allem in der Entstehungsgeschichte des BGB, in rechtspolitischen Erwägungen und schließlich in § 251 BGB zu finden. Der Gesetzgeber ist nämlich bei der Schaffung des BGB ganz selbstverständlich vom Dogma des Gläubigerinteresses ausgegangen. Dies ist daraus zu ersehen, daß man erwog, eine Ausnahme von diesem Grundsatz zu machen und eine Regelung über die Drittschadensliquidation in das BGB aufzunehmen 14. Eine KodifIkation der Drittschadensliquidation wurde aber schließlich abgelehnt, weil man fiirchtete, keine einwandfreie Formulierung zu finden. Man vertraute darauf, die Rechtsprechung werde auch weiterhin die richtigen

10 So etwa Hagen, Drittschadensliquidation, S 2, Fußnote 4; Lange, Schadensersatz, § 8 I I; auch Kreß, SchR AT, S 293 und Heck, SchR, § 16,2 sehen § 844 BGB als Ausnahme vom Dogma vom Gläubigerinteresse an. 11 Urban, S 15, wohl auch Larenz, SchR AT, § 27 IV a und Lange, Schadensersatz, § 8 I I, welche den Relativitätsgrundsatz bei der Erörterung der Drittschadensliquidation anführen, also bei der Durchbrechung des Dogmas vom Gläubigerinteresse. 12 Vgl. im einzelnen zum Relativitätsgrundsatz § 2 I 2. 13 Staudinger-Medicus, Vor §§ 249 ff., Rn. 181. 14 Protokolle I, S 298 ff; Mugdan, 11, S 17.

16

§ 2 Drittschadensliquidation und vertraglicher Drittschutz

Lösungen fmden 15, d.h. wenn erforderlich, die Liquidation eines Drittschadens ausnahmsweise zulassen, grundsätzlich aber das Dogma vom Gläubigerinteresse anwenden. Auch rechtspolitisch ist das Dogma vom Gläubigerinteresse geboten l6 . Denn Schadensersatzforderungen sollen dem Schädiger in ihrer Höhe nicht gänzlich unzumutbar sein und er soll sich darauf verlassen und daraufhin kalkulieren können, daß er grundsätzlich nur haftet, wenn dem Gläubiger ein Schaden entsteht l7 . Bei allgemeiner Zulassung der Drittschadensliquidation wäre dies nicht mehr gegeben: Es könnte zu ganz unsinnigen, nicht vorhersehbaren Anhäufungen von Schadensposten kommen 18 und der Schädiger müßte mit vertraglicher Haftung rechnen, sobald irgendjemand geschädigt ist. Schließlich spricht zwar die weite Formulierung des § 249 BGB scheinbar gegen das Dogma vom Gläubigerinteresse. Satz 1 der Vorschrift bestimmt, es sei "der Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatze verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre", und beschränkt sich keineswegs auf den Zustand des Gläubigervermögens. § 251 BGB aber setzt das Dogma vom Gläubigerinteresse voraus, wenn er die Pflicht aufstellt, "den Gläubiger zu entschädigen" 19. Den Gegensatz zum Dogma vom Gläubigerinteresse bildet die Zulassung der Drittschadensliquidation. Bei ihr wird eben gerade nicht nur der Schaden des Gläubigers ersetzt, sondern der Gläubiger kann den Schaden eines Dritten ersetzt verlangen.

2. Die Relativität der Schuldverhältnisse (Relativitätsgrundsatz) Nach dem Reiativitätsgrundsatz20 werden durch ein Schuldverhältnis nur die an ihm Beteiligten berechtigt und verpflichtet, nicht hingegen andere Personen,

15 Mugdan 11, S 518. 16 So z.B. Lange, Schadensersatz § 8 I 1 und Jauernig-Teichmann, Vor. § 249, IV 1; vgl. dazu § 5 11 1. 17 Vgl. dazu § 511 1.

das Beispiel bei Larenz, SchR AT, 27 IV a. 19 Staudinger-Medicus, § 249, Rn. 181.

18 Vgl.

20 Ausführlich und differenzierend zur Relativität der Schuldverhältnisse Staudinger-Schmidt, Einleitung zu § 241, Rn. 377 ff., mit zahlreichen weiteren Nachweisen.

I. Die zugrundeliegenden Prinzipien

17

sogenannte Dritte21 . Dies gilt sowohl rur Primär- als auch rur Sekundäransprüche. Der Grundsatz ist in § 241 S. I BGB verankert. Dieser bezieht sich zwar ausdrücklich nur auf den Primäranspruch. Der Relativitätsgrundsatz ergibt sich jedoch ferner auch aus der Struktur des Schuldverhältnisses als Rechtsverhältnis zwischen bestimmten Personen22 , und diese Begründung gilt gleichermaßen rur Primär- und Sekundäransprüche. Der Relativitätsgrundsatz befaßt sich u.a. mit der Frage, wer aus einem Schuldverhältnis berechtigt, also aktivlegitimiert ist. Er behandelt hingegen nicht die Frage, wessen Schaden der Berechtigte ersetzt verlangen kann. Es gibt einige Ausnahmen vom Relativitätsgrundsatz23 . So trifft etwa nach § 556 III BGB, § 581 11 BGB und § 604 IV BGB die vertragliche Herausgabepflicht auch den Dritten, dem die Sache von Mieter, Pächter oder Entleiher überlassen worden ist. Ebenso können Mieter und Pächter Erfilllungsansprüche gegen den späteren Erwerber des Miet- oder Pachtgrundstücks geltend machen, § 571 BGB, § 580 BGB, § 581 11 BGB. Auch Vorschriften wie § 613 a BGB, § 25 I I HGB und § 419 BGB gehören hierher. Vor allem aber durchbrechen den Relativitätsgrundsatz der Vertrag zugunsten Dritter, §§ 328 ff. BGB24, und der zunächst auf dessen Grundlage entwickelte2 5 Vertrag mit Schutzwirkung rur Dritte. Keine Durchbrechung ist hingegen die Drittschadensliquidation26, welche - wie gezeigt - die Person des Berechtigten unberührt läßt und nur die Frage betrifft, wessen Schaden dieser 21 Palandt-Heinrichs, Einl. zu §§ 241 ff, Rn. 3.; Henke, Relativität des Schuldverhältnisses, S 14, 90; Büdenbender, JZ 1995,920,924. Weiter Medicus, JuS 1974, 613, der die Relativität allgemein als Beschränkung des Schuldverhältnisses auf den Gläubiger und den Schuldner versteht und daher jede Art der Drittbeziehung, etwa auch die Leistung an ein~n Dritten, als Ausnahme ansieht. 22 Larenz, SchR AT, § 27 IV a.

23 Vgl. hierzu die Zusammenstellung von Medicus in JuS 1974,613 ff. und Henke, Relativität des Schuldverhältnisses, S 14 f., 30 ff. 24 Ebenso eine Durchbrechung sind die §§ 433 ff. HGB, welche die Rechte des Empflingers beim Frachtgeschäft differenzierend zu § 328 BGB regeln. 25 Das RG ging - etwa in RGZ 87, 64 - noch von der direkten Anwendbarkeit der §§ 328 ff BGB aus. Larenz, NJW 1956, 1193 hat gezeigt, daß es sich um eine neue Rechtsfigur handelt.

26 Wie hier Larenz, NJW 1960,78 f .. A.A. ist Medicus, SchR AT, Rn. 32, und JuS 1974, 621, der von einem allgemeineren Begriff der Relativität ausgeht. 2 Traugott

18

§ 2 Drittschadensliquidation und vertraglicher Drittschutz

ersetzt verlangen kann. Als weitere Ausnahmen werden §§ 398 ff. BGB und §§ 414 ff. BGB angefilhrt27 . In Wirklichkeit treten dort aber nur jeweils andere Personen in die Position der Beteiligten ein 28 .

11. Die Drittschadensliquidation Der Gläubiger eines Schadensersatzanspruchs darf nach herrschender Meinung29 den Schaden eines Dritten liquidieren, wenn eine tUr den Schädiger zufällige Schadensverlagerung30 vom Gläubiger auf den Dritten vorliegt. Andernfalls ergäbe sich eine ungerechtfertigte Besserstellung des Schädigers. Der Gläubiger muß den Anspruch dann regelmäßig nach § 281 BGB an den Geschädigten abtreten 31 . Nach herrschender Meinung ist der volle Schaden des Dritten zu ersetzen 32 . Manche haben hingegen vorgeschlagen, den Schaden des Dritten nur bis zur Höhe des "typischen", beim Verletzten zu erwartenden Schadens zu ersetzen33 . Ob ein Schaden "typisch" ist oder nicht, läßt sich aber häufig nicht mit hinreichender Verläßlichkeit sagen. Ferner ändert sich grundsätzlich auch bei der Zession die Person, aus weIcher der Schaden zu berechnen ist34 .

27 Palandt-Heinrichs, Einl. zu §§ 241 ff., Rn. 3.

Vgl. Medicus, JuS 1974,613,614. Etwa BGHZ 40, 91; BGH VersR 1972, 1138; Staudinger-Medicus, § 249 Rn. 181 ff.; Soergel-Mertens, Vor § 249, Rn. 247 ff; Ermann-Sirp, § 249 Rn. 49 ff; Lange, Schadensersatz, § 8 III 4. 30 Der Begriff der Schadensverlagerung geht im wesentlichen zurück auf Tägert, S 35 ff. 31 Staudinger-Medicus, § 249, Rn. 192. 32 Herrschende Meinung, etwa Staudinger-Medicus, § 249, Rn. 198; Erman-Kuckuk. Vor § 249, Rn. 145; Soergel-Mertens, Vor § 249, Rn. 259, auch Rn. 251; Larenz, SchR AT § 27 IV b 3; Lange, Schadensersatz, § 8 III 4; v. Caemmerer, ZHR 127,241,262 Fn. 44a; Breinersdor/er, Haftung ftir Kreditauskünfte, S 149; ebenso bereits Tägert, S 36. 33 Etwa Steding, JuS 1983, 29, 30; MünchKomm-Grunsky, Vor § 249, Rn. 119 f; Hagen, Drittschadensliquidation, S 191 f.; Heck, SchR, S 53; Holde/er, S 82; wohl auch Büdenbender, JZ 1995, 920, 928. 34 Staudinger-Medicus, § 249, Rn. 198. A.A. Junker, AcP 1995, 1,5 fT., mit weiteren Nachweisen; ihm ist entgegenzuhalten, daß der hypothetische Schaden des Zedenten kaum präzise ermittelbar sein dürfte und seine Prämisse nicht zutrifft, dem Zedenten 28

29

11. Die Drittschadensliquidation

19

Darüber hinaus liefe eine Beschränkung auf den Schaden, der beim Anspruchsinhaber eintreten konnte, dem Zweck der Drittschadensliquidation zuwider. DafUr ist BOH NJW 1995, 1282 ein gutes Beispiel35 . Dort kam nach einer Sicherungszession der Schuldner in Verzug. Beim Zessionar konnte kein Schaden entstehen: Er war stark übersichert und hätte daher den Erlösüberschuß unverzüglich an den Zedenten auskehren müssen, wenn rechtzeitig· gezahlt worden wäre. Der Zedent hingegen war geschädigt. Denn er hatte seit Verzugseintritt ständig Bankkredit mindestens in Höhe der Forderung in Anspruch genommen. Diesen hätte er nicht benötigt, wenn der Schuldner ohne Verzug gezahlt und der Zessionar den Überschuß abgefUhrt hätte. Für den Schuldner war es zufällig, daß nicht bei seinem gegenwärtigen Gläubiger, sondern bei einem Dritten ein Schaden eintrat. Daher war eine Drittschadensliquidation zu bejahen. Zu Recht schloß sich der BOH dabei der Auffassung an, es sei aufgrund der Interessenlage zwingend geboten, die Schadensberechnung nach der Person des Sicherungszedenten, also des Dritten, vorzunehmen36 . Andernfalls würde nämlich der Schädiger unbillig aufgrund eines fUr ihn zufälligen Umstandes, nämlich der Zession, entlastet; genau dies will die Drittschadensliquidation aber verhindern. Liegen in der Person des Dritten außergewöhnliche schadenserhöhende Eigenarten vor, kann man dem im Rahmen der Schadenszurechnung und durch § 254 BGB, vor allem § 254 11 1 BGB, Rechnung tragen 37 . Eine Drittschadensliquidation ist zulässig, wenn sie vertraglich vereinbart wurde. Daneben haben sich vier Fallgruppen herausgebildet38 : obligatorische Gefahrentlastung, Obhut über fremde Sachen, mittelbare Stellvertretung und die Treuhandfälle.

könne kein Schaden entstehen, siehe BGH NJW 1995, 1282, besprochen sogleich. Allgemein zur Zession Lüke, JuS 1995, 90. 35 Der Sachverhalt wird hier vereinfacht wiedergegeben. 36 Peters, JZ 1977, 119, 120; Seetzen, AcP 169,352,354 f.; Schwenzer, AcP 182, 214,237; Hoffmann, WM 1994, 1464, 1466. 37 Lange, Schadensersatz, § 8 III 4. 38 Grundlegend zur Fallgruppenbildung Tägert, S 37 ff.; vgl. im übrigen statt vieler MünchKomm-Grunsky, Vor § 249, Rn. 119 ff; Gernhuber, BürgR § 16 IV; Steding, JuS 1983, 29. Canaris, JZ 1993, 377, 380, weist zu Recht darauf hin, daß die Drittschadensliquidation ohne die Fallgruppen "überhaupt nicht zu verstehen, geschweige denn adäquat anzuwenden" ist.

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§ 2 Orittschadensliquidation und vertraglicher Orittschutz

l. Obligatorische Gefahrentlastung Gemäß § 447 BGB trägt der Käufer beim Versendungskauf nicht nur die Gefahr des zufälligen Untergangs der Kaufsache (§ 275 I BGB, Sachgefahr), sondern muß darüber hinaus trotz zufälligen Untergangs der Sache die Gegenleistung erbringen (Preisgefahr). Daher wirkt sich zwischen Gefahrübergang und Übereignung eine Beschädigung der Kaufsache beim Käufer aus, nicht hingegen beim Verkäufer. Beim Käufer fehlen aber die sonstigen Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch. Hier darf nach herrschender Meinung der Verkäufer den Schaden des Käufers liquidieren39 . Ebenso können bei § 644 I 1 BGB Schaden und sonstige Anspruchsvoraussetzungen auseinanderfallen. Ist das Werk noch nicht abgenommen, ergibt sich folgende Lage: Bei einer Schädigung mag der Besteller zwar einen eigenen Schaden aufgrund einer möglichen Verzögerung haben. Darüber hinaus entsteht ihm aber kein Schaden. Der Unternehmer hingegen ist geschädigt. Er muß nämlich das Werk nochmals herstellen, hat aber entweder überhaupt keinen Anspruch, dann nämlich wenn das Werk noch nicht übereignet war, oder jedenfalls nur einen deliktischen. Auch in diesem Fall soll der Besteller den Schaden des Werkunternehmers ersetzt verlangen dürfen40 . Ähnlich liegt es bei Vermächtnis und Schenkung. Dort tragen Vermächtnisnehmer und Beschenkter die Leistungsgefahr gemäß § 275 I BGB. Tritt ein Schadensfall nach der Schenkung oder dem Todesfall, aber vor der Übereignung ein, so sind Beschenkter und Vermächtnisnehmer geschädigt, haben aber keinen Anspruch gegen den Schädiger. Schenker und Erbe hingegen haben keinen Schaden, die übrigen Anspruchsvoraussetzungen liegen bei ihnen aber vor. Sie dürfen nach herrschender Meinung den Schaden des Beschenkten oder des Vermächtnisnehmers geltend machen41 . Auch bei Leasingverträgen wird von manchen eine Schadensverlagerung angenommen42 . Schließlich kann eine Gefahrverlagerung und damit ein Auseinanderfallen von Schaden und sonstigen Anspruchsvoraussetzungen auch durch vertragliche Vereinbarung eintreten43 .

39 Z.B. RGZ 62, 331; Lange, Schadensersatz, § 8 III 6. 40 Vgl. etwa BGH NJW 1970, 38. 41 Siehe schclO Tägert, S 2 und S 38. 42 So etwa Lange, Schadensersatz, § 8 III 8 d; gegen ihn Holde/er, S 77 fT. 43 BGH OB 1959, 1083; BGH NJW 1974, 502; Lange, Schadensersatz, § 8 III 6.

ll. Die Drittschadensliquidation

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2. Obhut über fremde Sachen Häufig bringt eine Vertragspartei Sachen in den vertraglichen Gefahrenbereich ein, die in ihrer Obhut, aber im Eigentum eines Dritten stehen44 . Dies gilt etwa bei Mietverträgen. Wird die Sache vom Vertragspartner beschädigt, so hat der Dritte zwar grundsätzlich einen Anspruch aus § 823 I BGB wegen Eigentumsverletzung. Da er nicht Vertragspartei ist, kann er aber keine vertraglichen Ansprüche gegen den Schädiger gelten machen. Damit entgehen ihm die Vorteile eines Schadensersatzanspruchs aus Vertrag, wie die Haftungszurechnung nach § 278 BGB, die generelle Anwendbarkeit von § 282 BGB und eine u.U. fiir ihn günstigere Verjährungsregelung45. Hätte die beschädigte Sache hingegen im Eigentum des Vertragspartners, also etwa des Mieters gestanden, so würde der Schädiger aus Vertrag haften. Es wäre nach herrschender Meinung unbillig, den Schädiger allein deswegen besser zu stellen, weil die beschädigte Sache zufälligerweise nicht dem Vertragspartner, sondern einem Dritten gehörte. Deswegen soll auch hier der Gläubiger den Schaden des Dritten liquidieren dürfen46 . 3. Mittelbare Stellvertretung Von mittelbarer Stellvertretung spricht man, wenn in eigenem Namen auf fremde Rechnung gehandelt wird. Die geläufigsten Beispiele sind Kommission und Spedition. Wenn der Vertragspartner des mittelbaren Stellvertreters nicht oder schlecht leistet, hat der mittelbar Vertretene oft einen Schaden. Es fehlt ihm aber an einer Anspruchsgrundlage, nach der er seinen Schaden ersetzt verlangen könnte. Deliktische Anspruchsgrundlagen helfen oft nicht weiter, da es regelmäßig nicht um das Integritäts-, sondern um das Erfüllungsinteresse geht. Geht es ausnahmsweise doch um das Integritätsinteresse, besteht i.d.R. 44 Etwa RGZ 93, 39; RGZ 170, 246; BGHZ 12,224; BGH NJW 1985, 2411; KG NJW 1958,185. 45 Vgl. dazu etwa Ebke, Festschrift ft1r Trinkner, S 520 f. IUld Flume, AT ll, § 16, 4f. 46 So die zitierte RechtsprechlUlg IUld die h.L. wie etwa Staudinger-Medicus, § 249, Rn. 196; MÜllchKomm-Grunsky, Vor § 249, Rn. 121; Soergel-Mertens, Vor § 249, Rn. 249, 254; Larenz SchR AT, § 27 IV b 2.

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§ 2 Drittschadensliquidation Wld vertraglicher Drittschutz

kein deliktischer Anspruch des mittelbar Vertretenen, da dieser nicht Inhaber des nach § 823 I BGB geschützten Rechtsguts ist. Vertragliche Ansprüche kann der mittelbar Vertretene nicht geltend machen, da er nicht Vertragspartner ist. Auch hier darf nach herrschender Meinung der mittelbare Stellvertreter, der regelmäßig keinen eigenen Schaden hat47, den Schaden des mittelbar Vertretenen liquidieren48 . Dies folge - so heißt es - aus der Anerkennung der mittelbaren Stellvertretung49 und gilt bereits als Gewohnheitsrecht50 . Eine gesetzliche Rechtfertigung läßt sich in § 392 11 HGB finden 51 . 4. Treuhandfälle

Auch bei Treuhandverhältnissen kann sich nach herrschender Meinung eine Schadensverlagerung ergeben. Der Treunehmer als "formal,,52 Berechtigter hat oft keinen Schaden, etwa weU er gemäß § 275 I BGB von der Pflicht zu Rückübertragung frei wird oder weil ihm eine Verzögerung nicht schadet. Dies gilt auch bei der Sicherungstreuhand. Zwar wird dort der Treuhänder etwa bei Zerstörung des Sicherungsgutes scheinbar durch Verletzung des Sicherungsinteresses geschädigt. In Wirklichkeit ist aber das Sicherungsinteresse dadurch gewahrt, daß Ersatzansprüche gegen den Schädiger, bzw. der Schadensersatz, als Surrogat des beeinträchtigten Rechts selbst Treugut werden53 .

47 Einen eigenen Schaden hat der mittelbare Stellvertreter ausnahmsweise etwa bei der Delkrederehaftung nach § 394 HGB. Hier kann er sein Haftungsinteresse als eigenen Schaden ersetzt verlangen. 48 Etwa OAG Celle, SeuffA 11 Nr. 36; ROHG 11, 256, 259; RGZ 40, 187, 189; BGHZ 25, 250, 258, Palandt-Heinrichs, Vor § 249, Rn. 115; Esser/Schmidt, SchR AT, § 34 IV Ib. 49 V. Caemmerer, ZHR 127, 257; Lange, Schadensersatz, § 8 m 4, S 465; auch schon Heck, SchR, § 16, 4a. 50 Vgl. Hagen, Drittschadensliquidation, S 69, 285; Lange, Schadensersatz, § 8 m 4; Erman-Kuckuk, Vor § 249, Rn. 137. 51 Medicus, JuS 1979, 233, 239; vgl. hierzu Hagen, Drittschadensliquidation, S 252 f. 52 So etwa das RG im gTWldlegenden Sege1yachtfall, JW 1910, 1000 (Nr.5), wo es vom "formalen Eigentümer" spricht. 53 Siehe schon v. Tuhr, BGB AT, § 19 IV.

m. Der Vertrag mit Schutzwirlamg für Dritte

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Ein Schaden tritt aber beim Treugeber ein. Dieser verliert seinen Anspruch auf Rückübertragung der unbeschädigten Sache oder der Forderung (§ 275 I BGB) und erhält vom Treunehmer hierfiir auch keinen Ausgleich; ebenso schadet ihm oft eine Verzögerung. Dem Treugeber steht aber meist keine Anspruchsgrundlage zur Verfügung, um vom Schädiger Ersatz zu erlangen. Denn regelmäßig hat er keinen Vertrag mit diesem, so daß vertragliche Ansprüche ausscheiden. Und auch ein Anspruch aus § 823 I BGB besteht oft nicht, da häufig die einzige nach § 823 I BGB geschützte Rechtsposition, wie etwa das Eigentum, eben dem Treunehmer und nicht dem Treugeber zusteht. Zuweilen freilich besteht ein eigener Anspruch des Treugebers54 . Auch hier läßt die herrschende Meinung eine Liquidation des Drittschadens durch den Treunehmer insoweit zu, als die eigenen Ersatzansprüche des Treugebers nicht ausreichen55 .

IH. Der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte Schadensersatzansprüche aus einem Vertrag soll ein Dritter, d.h. nicht am Vertrag als Partei Beteiligter, unter folgenden Voraussetzungen geltend machen dürfen56 : - Der Dritte muß sich bestimmungsgemäß in Leistungsnähe befinden, d.h. den typischen Gefahren, die bei der Erbringung der Vertragsleistung entstehen, etwa ebenso stark ausgesetzt sein wie der Gläubiger selbst57 . - Der Dritte muß sich in einem besonderen Näheverhältnis zum Gläubiger befinden (Gläubigernähe), aufgrund dessen der Gläubiger ein besonderes Interesse am Schutz des Dritten hat. Ein solches besonderes Interesse wird vor allem bei Körper- und Sachschäden dann bejaht, wenn der Gläubiger für Wohl Dies ft1hrt aber zu keinem erhöhten Haftungsrisiko, vgl. § 5 m 2. Etwa RG JW 1910, 1000; BGH NJW-RR 1987, 880; BGH NJW 1995, 1282; Soergel-Mertens, Vor § 249, Rn. 253; Erman-Kuckuk, Vor § 249, Rn. 141; Fikentscher, SchR, § 50 II2 b aa;Medicus, SchRAT, Rn. 612. 56 Vgl. zur Entwickhmg der Rechtsprechung die Zusammenstellung bei Hübner, VersR 1991,497 ff.; freilich werden immer wieder andere Voraussetzungen für den Vertrag mit Schutzwirlamg für Dritte vorgeschlagen, vgl. etwa aus jüngerer Zeit liegltrum, S 180 ff. 57 Vgl. etwa BGHZ 70, 327, 329; BGH ZIP 1995, 819, 830; LG Düsseldorf WM 1993,153,158; Palandt-Heinrichs, § 328, Rn. 16; Sonnenschein, JA 1979, 225, 228. 54 55

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§ 2 Drittschadensliquidation lUld vertraglicher Drittschutz

und Wehe des Dritten einzustehen hat, weil er ihm zu Schutz und Fürsorge verpflichtet ist58 . Bei primären Vermögensschäden hingegen verlangt die Rechtsprechung dies nicht und hält eine ausdrückliche oder stillschweigende Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich auch dann für möglich, wenn der Gläubiger nicht für Wohl und Wehe des Dritten verantwortlich ist59 . Ein Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte wird inzwischen auch dann bejaht, wenn die Interessen von Gläubiger und Drittem, zumindest teilweise, gegenläufig sind60 . Manche wollen mittlerweile gar völlig auf das Interesse des Gläubigers am Schutz des Dritten verzichten61 . Diese Stimmen sind aber vereinzelt geblieben, da damit die Vertragshaftung ihre persönlichen Grenzen gänzlich verlöre. - Schließlich muß das Vorliegen der ersten beiden Voraussetzungen dem Schädiger erkennbar gewesen sein62 . Darüber hinaus fordert die Rechtsprechung zuweilen, es müsse nach den Geboten von Treu und Glauben ein Bedürfnis bestehen, den Dritten in den Schutzbereich einzubeziehen, weil er andernfalls nicht ausreichend geschützt wäre63 . Hieran hat etwa jüngstens der BGH die Haftung eines Stimmrechtsbevollmächtigten gegenüber den Aktionären scheitern lassen, die ihm keine Stimmrechtsvollmacht erteilt hatten: Es bestehe kein Schutzbedürfnis, da bereits die Aktionäre, die dem Stimmrechtsbevollmächtigten ihre Stimme anvertraut hatten, hafteten64. 58 BGHZ 51, 91, 95; BGHZ 56, 269, 273; BGH NJW 1970, 38, 40; vgl. BGBRGRK, § 328 Rn. 82 f 59 BGH NJW 1984, 355; BGH NJW 1985, 489; BGH VersR 1989, 375, 376; OLG Hamburg, VersR 1991, 476, 477; skeptisch etwa Schwerdtner, Jura 1980, 493, 498; Strauch, JuS 1992, 897, 899; Ebke/Scheel, WM 1991, 389 fT., 392. 60 BGH NJW 1987, 1758, 1759; BGH JZ 1995, 306 mit Arunerkllllg Medicus; vgl. dazu auch Canaris, JZ 1995, 44I. 61 Hirth, S 126 f, 136; Walker, AcP 194,295, 316. 62 BGH NJW 1985, 2411; MÜDchKomm-Gottwald, § 328, Rn. 91; Schwerdtner, Jura 1980,493,498 f.; Strauch, JuS 1982, 823, 827; kritisch Schmalzbauer, S 92. 63 So etwa BGH NJW 1987, 2510, 2511; BGH NJW 1993, 655, 656; BGH DB 1995, 1064, 1071; OLG Hamburg VersR 1991, 476; LG DüsseldorfWM 1993, 153, 158; zustimmend etwa Sonnenschein, JA 1979, 225, 230, ablehnend hingegen etwa Berg, NJW 1978,2018,2019. 64 BGH ZIP 1995, 819, 830; auch die Vorinstanz hatte einen Vertrag mit Schutzwirkllllg filr Dritte abgelehnt, OLG Düsseldorf ZIP 1994, 878, 881; zustimmend etwa Heennann, ZIP 1994 1243, 1247 f; allgemein ablehnend zu der EntscheidlUlg des BGH Hennrichs, JZ 1995, 222, 255 ff.

m. Der Vertrag mit Schutzwirkung ftlr Dritte

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Der Vertrag mit Schutzwirkung fiir Dritte kommt zwar bei bestimmten Vertragstypen besonders häufig vor, wie etwa bei Mietverträgen65 ; im Gegensatz zur Drittschadensliquidation wird sein Anwendungsbereich jedoch nicht aufbestimmte Fallgruppen beschränkt66 . Vielmehr bejaht die Rechtsprechung bei immer neuen Vertragstypen eine drittschützende Wirkung67.

65 Vgl. hierzu aus jüngerer Zeit etwa OLG Köln VersR 1993, 115 Wld Vogt, MDR 1993,498 f. 66 Vgl. etwa BGH NJW 1995, 51. 67 Z.B. BGHZ 69, 82 (Lastschriftabkonunen); BGH WM 1986, 711 (Auftrag zur Erstellung eines Wirtschaftsprüfungsgutachtens ).

§ 3 Die Berechtigung der Rechtsfiguren I. Vorschläge zur Ablösung der Drittschadensliquidation Die Rechtsfigur der Drittschadensliquidation hat vehemente Kritik erfahren. Hagen etwa hält sie fiir "eine eigenartige, der Rechtslogik spottende Rechtsfigur". Abgesehen von den Fällen mittelbarer Stellvertretung sei sie von der Rechtsentwicklung überholt und "gleichsam vom Arbeitsfeld der Rechtsdogmatik in das Museum der Dogmengeschichte verdrängt"l. Noch weiter als Hagen geht F Peters, indem er die Liquidation im Drittinteresse fiir sämtliche Fallgruppen ablehnt2 . Auch zahlreiche andere Autoren wollen die Drittschadensliquidation durch andere Rechtsfiguren zumindest teilweise ablösen3 . Allgemeine Meinung ist freilich, daß es zu keiner ungerechtfertigten Entlastung des Schädigers kommen darf. Will man keine Drittschadensliquidation zulassen, muß man, um eine derartige Entlastung zu verhindern, das Auseinanderfallen von Schaden und sonstigen Anspruchsvoraussetzungen leugnen. Hierbei sind zwei Wege denkbar: Entweder man nimmt einen eigenen Schaden des Gläubigers an, oder man gesteht dem Dritten einen eigenen Anspruch zu. Beide Möglichkeiten werden vertreten.

1. Lösungsmodelle, die einen eigenen Schaden des Gläubigers annehmen a) Vorteilsausgleichung

Unter den Denkansätzen zur Ablösung der Drittschadensliquidation sticht einer hervor. Er wurde in mannigfaltiger Weise immer wieder mit der Drittschadensliquidation in Verbindung gebracht und verdient daher besonderes Augenmerk. Es ist der Gedanke der zu versagenden Vorteilsausgleichung 1 Hagen, Drittschadensliquidation, S 287.

2 Peters, AcP 180, 329 ff.

3 Vgl. die im folgenden besprochenen Veröffentlichungen.

I. Vorschläge zur AblösWlg der Drittschadensliquidation

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(compensatio lucri cum damno)4. Bei Anwendung dieses Gedankens soll die Drittschadensliquidation entbehrlich sein. Bei der Schadensermittlung seien, so die Vertreter dieser Auffassung, diejenigen Umstände auszublenden, die bei strikter Anwendung der Differenzhypothese bewirkten, daß in der Person des Gläubigers kein Schaden festzustellen wäre. So ließe sich dann, nach dieser Auffassung, ein Schaden beim Gläubiger feststellen und es käme nicht zum Auseinanderfallen von Schaden und sonstigen Anspruchsvoraussetzungen. Eine Drittschadensliquidation wäre damit überflüssig. Dieser Vorschlag hat manches fiir sich. So wird bei einer solchen Lösung das Dogma vom Gläubigerinteresse nicht durchbrochen. Freilich wird dafiir die Differenzhypothese eingeschränkt. Ferner tritt eine Vereinfachung ein, sofern man alle Fälle der Drittschadensliquidation über die Vorteilsausgleichung löst, weil dann eine Rechtsfigur überflüssig wird. Schließlich beruhen Drittschadensliquidation und die Lehre von der zu versagenden Vorteilsausgleichung auf demselben Grundgedanken: Der Schädiger soll nicht unbillig entlastet werdens. Ob die Lösung über die Vorteilsausgleichung jedoch wirklich die Drittschadensliquidation ersetzen kann, bedarf näherer Prüfung anband der beiden ausfiihrlichsten Theorien zu dieser These. aa) Vorteilsausgleichung bei obligatorischer Gefahrentlastung und Treuhandfallen

F Peters hat vorgeschlagen, bestimmte Fälle der obligatorischen Gefahrentlastung und die Treuhandfalle über die Vorteilsausgleichung zu lösen6 . Er hat damit vielfaches Echo gefunden7. 4 Vgl. allgemein zur VorteilsausgleichWlg Lange, JuS 1978, 649 ff.

S Vgl. zur Gleichheit der WertWlgskriterien vor allem Selb, Schadensbegriff Wld Regreßmethoden, S 41 ff., insbes. S 42 Wld 48. Auf die Verwandtschaft weisen auch hin Medicus, VersR 1981, 593, 595; Fikentscher, SehR, Rn. 468; Gemhuber, BürgR, § 16 IV 1 e; MünchKomm-Grunsky, Vor 249, Rn. 116, Wld bereits Heck, SehR, § 16,4. Ähnlich Wilburg, JherJb. 82,55 ff., 91 ff.; Berg, MDR 1969, 613, 614; Puhle, S 98 ff. 6 Peters, AcP 180, 329 ff.. Die BehandlWlg der Kommissionsfälle durch Peters wird hier nicht besprochen, da sie nicht recht durchschaubar ist. Auf S 356 will Peters nämlich die Grundsätze zur versagten VorteilsausgleichWlg heranziehen, auf S 364 nimmt er sich hingegen die BehandlWlg der hypothetischen Kausalität zum Vorbild. Gegen Peters insofernSchwenzer, AcP 182,214,233 f. 7 In der Tendenz zustimmend etwa MünchKomm-Grunsky, Vor § 249, Rn. 117; Ha.fJer, JuS 1988, 123, 129; Büdenbender, JZ 1995, 920 ff.; derselbe, Vorteilsausglei-

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§ 3 Die BerechtigWlg der Rechtsfiguren

(1) Obligatorische Gefahrentlastung

Peters behandelt zunächst den Fall des Versendungskaufes nach § 447 BGB. Hierbei beschränkt er sich - wie später auch bei den VennächtnisfaIlenauf die Fälle, in denen die Sache gänzlich untergeht8. Er meint, der Kaufpreisanspruch sei es, der "das Bild stört". Es handle sich bei ihm um einen besonderen Vorteil, der hinweggedacht werden müsse, damit sachgerechte Ergebnisse möglich seien. Der Kaufpreisanspruch sei dabei nicht einmal ein Umstand, der einen eigenen Schaden des Verkäufers von vornherein am Entstehen hindere, er könne ihn allenfalls hinterher tilgen9 . Hieran ist zunächst zweifelhaft, ob der Kaufpreisanspruch wirklich als Vorteil im Sinne der Vorteilsausgleichung angesehen werden kann 10. Der Kaufpreisanspruch, bzw. das Eigentum am Kaufpreis, bestünde nämlich auch ohne schädigendes Ereignis. Damit ist beim Vergleich der tatsächlichen mit der hypothetischen Lage kein Vorteil festzustellen. Man kann auch anders fonnulieren und sagen, das schädigende Ereignis sei nicht äquivalent kausal fiir den Kaufpreisanspruch 11, denn das schädigende Ereignis kann hinweggedacht werden, ohne daß der Kaufpreisanspruch entfiele (conditio sine qua nonFonnel der äquivalenten Kausalität). Die weitere Aussage, der Kaufpreisanspruch könne den Schaden des Verkäufers allenfalls nachträglich tilgen, entspricht ebensowenig der Differenzhypothese l2 . Sie geht nämlich offenbar davon aus, nur das Eigentum am gezahlten Kaufpreis sei als Vennögensposten von Bedeutung. In Wirklichkeit ist aber auch bereits vor Zahlung der Anspruch auf Zahlung zu beachten. Somit ändert sich durch Zahlung des Kaufpreises nichts, sofern man davon absieht, daß ein Anspruch immer mit einem Durchsetzungsrisiko behaftet ist und die-

chWlg Wld Drittschadensliquidation bei obligatorischer GefahrentlastWlg; ähnlich Puhle, S 98 ff.; in wesentlichen Punkten ablehnend etwa Soergel-Mertens, Vor § 249, Rn. 251; Ries, JA 1982, 453, 456 (Fn. 21) WldJunker, V.i.V., S 10. 8 Peters, AcP 180, 335 Fußn. 16. 9 Peters, AcP 180, 343. 10 Ähnlich Winteifeld, S 164; auch Seih, Schadensbegriff und Regreßmethoden, S48. 11 Diese beiden FormuliefWlgsmögllchkeiten beruhen darauf, daß man die Differenzhypothese auch als Theorie der äquivalenten Kausalität ausdrücken kann, vgl. Medicus, SchRAT, Rn. 596. 12 Ablehnend zu der These, bei den VersendWlgskauffällen komme es zu einer späteren InteressenverschiebWlg, bereits B1omeyer, SehR AT, § 34 IV 2 b.

I. Vorschläge zur Ablösung der Drittschadensliquidation

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ses freilich bei Zahlung wegfällt 13 . Im Sinne von Peters ist ein nachträglicher Schadenswegfall daher nicht denkbar.

Peters setzt im übrigen bei seiner Betrachtungsweise als selbstverständlich voraus, zunächst bestehe ein Anspruch, und bemüht sich dann um dessen Aufrechterhaltung. Es ist aber durchaus fraglich, ob wirklich unmittelbar nach dem schädigenden Ereignis ein Anspruch besteht. Die hypothetische Lage zu diesem Zeitpunkt ist: Der Verkäufer hätte einerseits noch das Eigentum und den Kaufpreisanspruch (§ 433 I 2 BGB), wäre aber andererseits zur Übereignung der Kaufsache verpflichtet (§ 433 I 1 BGB). Die tatsächliche Lage ist: Der Verkäufer hat kein Eigentum an der Sache, wohl aber den Kaufpreisanspruch (wegen § 447 I BGB, als Ausnahme von § 323 I BGB). Und wegen § 275 I BGB besteht keine Verpflichtung zur Übereignung. Gleicht man den Nachteil des Eigentumverlustes mit dem Vorteil aus, wegen § 275 I BGB von der Leistungspflicht frei zu sein, so liegt kein Schaden vor. Bei der Frage, ob eine solche Vorteilsausgleichung zulässig ist, muß eine wertende Betrachtung im Sinne der Lehre von der Versagung der Vorteilsanrechnung ansetzen l4 . Hingegen kann nicht einfach ohne weiteres ein Schaden angenommen werden, um dessen Aufrechterhaltung man sich dann bemüht. Zur Begründung seiner These fuhrt Peters aus, die Gefahrtragungsregeln beträfen schon aufgrund ihrer obligatorischen Natur nicht das Verhältnis zu Dritten 15. Mag auch das Ergebnis richtig sein, daß die Gefahrtragungsregeln den Schädiger nichts angehen, so kann doch der Begründung nicht gefolgt werden. Auch Vertragsstrafenvereinbarungen etwa sind obligatorischer Natur, und dennoch muß der Schädiger grundsätzlich das gesamte Haftungsinteresse des Geschädigten, einschließlich der verfallenen Vertragsstrafe, ersetzen l6 . Da der Kaufpreiszahlung - wie gezeigt - keine schadenstilgende Wirkung zukommt, geht auch die Einordnung der Kaufpreiszahlung in die anerkannte

13 Vgl. dazu im Zusammenhang mit den Fällen der Sicherungstreuhand sogleich § 3 I 1. a) aa) (2). 14 Auch bei diesem AnsatzplDlkt kann aber eine Lösung über die Vorteilsausgleichung nicht gelingen, vgl. § 3 I 1. a) cc). 15 Peters,AcP 180, 344. 16 Vgl. etwa \I. Caemmerer, ZHR 127,249.

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§ 3 Die Berechtigilllg der Rechtsfiguren

Fallgruppe der Vorteilsausgleichung "Schadenstilgende Leistungen Dritter"17 fehl.

(2) Treuhandfälle Ferner ist nach Peters die Lehre von der Vorteilsausgleichung gleichennaßen anwendbar auf die Fälle der eigennützigen und der fremdnützigen Treuhand. Bei der eigennützigen Treuhand (vor allem Sicherungstreuhand) sieht Peters als "schadenstilgende Vorteile" an, daß der Sicherungsgeber weiterhin zur Leistung aufgrund der gesicherten Forderung verpflichtet ist und auch wirklich leistet 18 . Die Konstruktion Peters' ist hier die gleiche wie beim Versendungskauf und ist aus denselben Gründen wie dort abzulehnen. Die Verpflichtung des Sicherungsgebers zur Leistung bestünde nämlich auch ohne das schädigende Ereignis, bzw. beruht nicht äquivalent kausal auf dem schädigenden Ereignis. Ebenso verhält es sich mit der Leistung selbst. Ferner kann auch von einer nachträglichen Schadenstilgung durch die tatsächliche Leistung keine Rede sein, da sich im Vennögen des Sicherungsnehmers Anspruch auf Leistung und Eigentum am Geleisteten im wesentlichen entsprechen. Das Vennögen des Sicherungsnehmers wird also - sofern man vom Durchsetzungsrisiko absieht - durch die Leistung nicht vergrößert, da ja gleichzeitig der Anspruch auf Leistung nach § 362 I BGB erlischt. Freilich ist es gerade der Sinn von Sicherungsübereignung oder -zession, den Unterschied zwischen Anspruch auf Leistung und Eigentum am Geleisteten auszugleichen, nämlich das Durchsetzungsrisiko. Bei Untergang des Sicherungsgegenstandes wird der Sicherungsnehmer also zunächst gerade mit dem Risiko belastet, das er venneiden wollte. Hier ist ein Ausgleich erforderlich. Ein solcher ist allerdings sowohl im Wege der Drittschadensliquidation, als auch dadurch möglich, daß man einen eigenen Anspruch des Sicherungsnehmers annimmt. Denn auch mit der Drittschadensliquidation kann man den Interessen des Sicherungsnehmers gerecht werden, indem man ihm den Scha17 Peters, AcP 180, 345. 18 Peters, AcP 180, 369.

I. Vorschläge zur Ablösung der Drittschadensliquidation

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densersatzanspruch bzw. die Schadensersatzsumme solange beläßt, bis der Sicherungszweck erfiillt ist l9 . Ein Argument für eine der beiden Konstruktionen läßt sich aus der Belastung des Sicherungsnehmers mit dem Durchsetzungsrisiko somit nicht gewinnen. Vor allem hilft diese Belastung auch nicht über die Schwächen der Lösung im Wege der Vorteilsausgleichung hinweg. Die Fälle der fremdnützigen Treuhand will Peters ebenfalls nach dem Vorbild der Vorteilsausgleichung lösen. Daß der Treuhänder den Schaden nicht endgültig zu tragen habe, sondern ihn auf den Treugeber abwälzen dürfe, sei aus der Schadensermittlung auszublenden. Die Möglichkeit für den Treuhänder, den Schaden auf den Treugeber abzuwälzen, soll sich daraus ergeben, daß der Treuhänder dem Treugeber nur die beschädigte Sache zurückgeben muß 20 . Peters verkennt, daß diese Fälle im Rahmen seiner Theorie genauso liegen wie die GefahrtragungsfaIle. Im Gegensatz zur Erörterung der GefahrtragungsfaIle geht er hier nur von der Beschädigung einer Sache aus und nicht von deren Untergang. Betrachtet man aber auch hier den Fall der Zerstörung, so ist klar, daß der Treugeber gemäß § 275 I BGB von seiner Rückübereignungspflicht frei ist. Die Frage, ob dieses Freisein als Vorteil auf den Nachteil des Eigentumsverlustes angerechnet werden kann, stellt sich - wie bei den GefahrtragungsfaIlen - bereits unmittelbar nach dem schädigenden Ereignis21 . Es ist keinesfalls so, daß ein etwa zunächst bestehender Schaden nachträglich durch Rückgabe der Sache "abgewälzt" werden könnte. Das ist bei Untergang der Sache offensichtlich, da überhaupt nicht mehr rückübereignet wird. Es gilt aber auch bei bloßer Beschädigung, da der Treuhänder bereits unmittelbar nach dem schädigenden Ereignis von der Pflicht frei ist, das Treugut unbeschädigt rückzuübereignen. Die tatsächliche Lage ändert sich also in der Folgezeit nicht mehr. Freilich ändert sich die für die Schadensberechnung ebenfalls bedeutsame hypothetische Lage22 .

19 Dieser Gedanke ist auch Holde/er, S 83, entgegenzuhalten, der bei den Leasingfällen meint, der Leasinggeber habe einen eigenen Schaden, da sein Ausgleichsanspruch gegen den Leasingnehmer nicht von vornherein mit der Kompensation des Schadens gleichzusetzen sei und der Leasinggeber sein Sicherungsobjekt verloren habe. 20 Peters, AcP 180, 370. 21 Auch bei diesem Ansatzpunkt kann aber eine Lösung über die Vorteilsausgleichung nicht gelingen, vgl. § 3 I I. a) cc). 22 Vgl. dazu § 3 I l. a) cc).

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§ 3 Die Berechtigung der Rechtsfiguren

bb) Vorteilsausgleichung für alle Fallgruppen Die Nähe von Vorteilsausgleichung und Drittschadensliquidation ist über Jahrzehnte immer wieder hervorgehoben worden23 . Dabei wurde häufig betont, Drittschadensliquidation und Vorteilsausgleichung beruhten auf derselben Wertung24 . Da dieses Argument für alle Fälle der Liquidation im Drittinteresse gleichermaßen gilt, erstaunt es, daß nicht schon seit langem eine Lösung aller Fallgruppen der Drittschadensliquidation über die Vorteilsausgleichung vertreten wird. Diesen Schritt hat erst in jüngerer Zeit Urban getan25 . Er geht damit von allen Autoren mit der Ersetzung der Drittschadensliquidation durch die Grundsätze der Vorteilsausgleichung am weitesten. Urban will sämtliche Fälle der Drittschadensliquidation "über eine entsprechende Anwendung der Grundsätze der versagten Vorteilsausgleichung im Rahmen des normativen Schadensbegriffes" lösen26 . Es gebe keinen Grund, so meint er, in den überlieferten Fallgruppen der Drittschadensliquidation mit einem wertungsfreien Differenzschadensbegriff zu arbeiten und damit das bekannte Problem jeweils neu heraufzubeschwören, wohingegen sonst allgemein eine wertende Korrektur der Differenzhypothese anerkannt sei27 . Er glaubt aber dennoch, den Begriff "Drittschadensliquidation" für die damit gemeinten Fallkonstellationen beibehalten zu können28 . Urban stellt teilweise auf die Preisgefahr, teilweise auf die Leistungsgefahr ab, indem er danach unterscheidet, ob der Dritte weiterhin zur Zahlung an den Gläubiger verpflichtet ist, "bzw." der Gläubiger von der Leistungspflicht befreit wird29 . Mit dem einen meint er vor allem den Versendungskauf, mit dem anderen vor allem das Vermächtnis. Ein Grund für diese Differenzierung wird nicht genannt.

23 Z.B. Wilburg, JherJb. 82, 55 ff. , 91ff.; Berg, MDR 1969,613,614; Peters, AcP 180,329 ff.;Puhle, S 97 ff. 24 Vgl. bereits § 3 I 1. a), Einleitung. 25 Urban, S 47 ff. 26 Urban, S 70. 27 Urban, S 53; so für die Fälle der GefahrentIastung bereits Hagen, JuS 1970, 444; diesem ähnlich Büdenbender, JZ 1995, 920, 927. 28 Urban, S 152; wohl kaum konsequent, da nach Urbans Lösung eben kein Schaden eines Dritten, sondern ein eigener liquidiert wird. 29 Urban, S 52; ebenso Peters, AcP 180, 329, 335, vgl. § 3 I 1. c).

I. Vorschläge zur Ablösung der Drittschadensliquidation

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Wenn Urban dann die Fälle, in denen der Dritte weiterhin zur Zahlung an den Gläubiger verpflichtet ist, der Fallgruppe der Vorteilsausgleichung "Leistungen Dritter" zuordnet, geht dies - wie bei Peters - fehl. Der Umstand, daß der Dritte weiterhin zur Zahlung verpflichtet ist, stellt nämlich keinen Vorteil i.S.d. Differenzhypothese dar oder - anders formuliert - beruht nicht äquivalent kausal auf dem schädigenden Ereignis3o . Denn der Dritte ist bei Betrachtung sowohl der hypothetischen Lage, als auch der tatsächlichen Lage zur Zahlung verpflichtet, bzw. es kann das schädigende Ereignis hinweggedacht werden, ohne daß die Zahlungspflicht entfiele. Ebensowenig kann man Grundsätze der Vorteilsausgleichung auf die Fälle anwenden, in denen Urban auf die Leistungspflicht abstellt, also z.B. Vermächtnis und nicht erfülltes Schenkungsversprechen. Bei Vergleich der hypothetischen Lage mit der tatsächlichen ergibt sich nämlich in der Regel weder ein Vor- noch ein Nachteil. Entscheidend ist dabei materiellrechtlich grundsätzlich die Gegenwart, also der Zeitpunkt der Ersatzleistung31 . In diesem Beurteilungszeitpunkt hätte aber der Erbe oder Schenker das Eigentum auch ohne das schädigende Ereignis nicht mehr. Denn regelmäßig hätte er die Sache inzwischen bereits an den Dritten übereignet; damit wäre nach § 362 I BGB die Leistungspflicht ebenfalls erloschen. Die hypothetische Lage ist somit: kein Eigentum (wegen Übereignung), keine Übereignungspflicht (wegen § 362 I BGB). Die tatsächliche Lage ist: kein Eigentum (wegen Zerstörung), keine Übereignungspflicht (wegen § 275 I BGB). Da die Differenzhypothese nur zwei Zustände vergleicht, aber nicht nach den Ursachen für diese Zustände fragt, ist weder ein Vor- noch ein Nachteil festzustellen. Am Anfang seiner Ausführungen zur Vorteilsausgleichung schreibt Urban, durch § 249 BGB solle der Geschädigte grundsätzlich so gestellt werden, "wie

30 Vgl. Medicus, SchRAT, Rn. 596.

31 Etwa BGH NJW 1994, 314, mit Nachweisen zur insofern stetigen RechtsprechWlg; Medicus, SchR AT, Rn. 595; Larenz, SchR AT, § 28 I; Lange, Schadensersatz, § 1 IV 2a; MÜllchKomm-Grunsky, Vor § 249, Rn. 124 ff.; fiI.r einzelne Fallgruppen anders Soergel-Mertens, Vor § 249, Rn. 51-53. 3 Traugott

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§ 3 Die Berechtigung der Rechtsfiguren

er ohne das schädigende Ereignis gestanden hätte "32 , anstatt zu fonnulieren "stünde". Dies deutet darauf hin, daß Urban die tatsächliche Lage nicht mit der hypothetischen Lage in der Gegenwart vergleicht, sondern mit der Lage zu einem früheren Zeitpunkt. Dies dürfte der Grund rur seine unrichtigen Ergebnisse sein. Freilich ist selbst der BGH in seiner Sprache zuweilen etwas nachlässig. So fonnuliert er etwa in BGH NJW 1994, 314:"Der Schuldner hat den Gläubiger wirtschaftlich so zu stellen, wie er bei rechtzeitiger und ordnungsgemäßer Erfüllung gestanden hätte. " Richtig ist die Ansicht Urbans nur in den sehr seltenen Fällen, in denen zum Beurteilungszeitpunkt die Sache noch nicht übereignet wäre. Hier hat der Verletzte in der Tat bei Vergleich der tatsächlichen Lage mit der hypothetischen Lage einen Vorteil. Er liegt darin, daß der Erbe oder Schenker nicht zur Übereignung verpflichtet ist, was ohne das schädigende Ereignis der Fall wäre. Zusammenfassend kann man also sagen: Es gibt keinen rur die Vorteilsausgleichungslehre relevanten Vorteil. Denn den Gegenanspruch hätte der Gläubiger ohnehin und von der Leistungspflicht wäre er in der Regel auch ohne schädigendes Ereignis frei. Wo Urban auf die Preisgefahr abstellt, übersieht er das erste3 3 , wo er auf die Leistungsgefahr abstellt, das zweite. Hinzu kommt, daß sich Urban nicht mit der Frage befaßt, ob überhaupt ein Nachteil festzustellen ist, sondern einen solchen vielmehr zu Unrecht34 stillschweigend voraussetzt.

ce) Vorteilsausgleichung unter Annahme eines unmittelbaren Schadens als Mindestschaden Strebt man eine Lösung über die Vorteilsausgleichung an, gilt es vor allem ein Problem zu überwinden: - Unmittelbar nach dem schädigenden Ereignis kann man bei den Gefahrtragungsfällen und den Treuhandfällen über eine Versagung der Vorteilsausgleichung einen eigenen Schaden des Gläubigers annehmen35 .

32

Urban, S 49 (Unterstreichung vom Verfasser hinzugefllgt).

33 Es handelt sich um dieselbe Unrichtigkeit wie bei Peters. 34 Vgl. sogleich § 3 I 1. a) cc). 35 Siehe § 3 I. 1. a) bb).

I. Vorschläge zur AblöslUlg der Drittschadensliquidation

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- Zum fiir die Schadensberechnung entscheidenden Zeitpunkt, nämlich dem Zeitpunkt der Ersatzleistung36 , gibt es hingegen beim Vergleich der tatsächlichen mit der hypothetischen Lage weder einen Nachteil noch einen Vorteil. Somit läßt sich auch über die Lehre von der Vorteilsausgleichung kein Schaden konstruieren. Offenbar fallt also ein Schaden nachträglich weg. Im einzelnen:

Unmittelbar nach dem schädigenden Ereignis Bei Gefahrtragungs- und Treuhandfallen ist die tatsächliche Lage unmittelbar nach dem schädigenden Ereignis: Verkäufer, Schenker, Erbe oder Treuhänder haben kein Eigentum an der Sache oder nur Eigentum an der im Wert geminderten, beschädigten Sache. Gleichzeitig sind sie aber von der Pflicht zur (Rück-)Übereignung der (unbeschädigten) Sache frei (§ 275 I BGB). Die hypothetische Lage unmittelbar nach dem schädigenden Ereignis ist: Verkäufer, Schenker, Erbe oder Treuhänder sind Eigentümer der (unbeschädigten) Sache, sind aber (u.U. aufschiebend bedingt) zur Übereignung der (unbeschädigten) Sache verpflichtet. Bei Vergleich der beiden Lagen steht dem Nachteil, nicht mehr Eigentümer der (unbeschädigten) Sache zu sein, der Vorteil gegenüber, von der Leistungspflicht frei zu sein. Hier kann man die Ausgleichung des Vorteils mit dem Nachteil versagen und so zu einem Schaden gelangen. Bei den Fällen des § 644 I 1 BGB ist eine solche Konstruktion in der Regel nicht nötig. Denn bei ihnen ist unmittelbar nach dem schädigenden Ereignis beim Unternehmer zwar oft ein Nachteil (z.B. Verlust des Eigentums), aber kein Vorteil festzustellen: Die Pflicht des Unternehmers, das Werk herzustellen, besteht nämlich gleichermaßen bei der hypothetischen und der tatsächlichenlage.

Zum Zeitpunkt der Schadensersatzleistung Ist bei den Gefahrtragungs- und Treuhandfallen unmittelbar nach dem schädigenden Ereignis noch ein Schaden denkbar, so läßt sich hingegen regelmäßig zum Zeitpunkt der Schadensersatzleistung kein Schaden mehr über die Versagung der Vorteilsausgleichung konstruieren, und auch bei § 644 I 1 36 Etwa BGH NJW 1994, S 314; Lange, Schadensersatz, § 1 IV 2a; MünchKommGnmsky, Vor § 249, Rn. 124 f1; vgl. schon oben § 3 I 1. a) bb).

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§ 3 Die Berechtigung der Rechtsfiguren

BGB ist kein Schaden mehr feststellbar. Denn es fehlt bei Vergleich der hypothetischen Lage mit der tatsächlichen sowohl an einem Nachteil, als auch an einem Vorteil. Zu diesem Zeitpunkt hätten nämlich Verkäufer, Schenker, Erbe oder Treuhänder das Eigentum auch ohne das schädigende Ereignis nicht mehr, da sie in der Regel die Sache bereits an den Dritten übereignet hätten (damit kein Nachteil) und dadurch die Leistungspflicht ebenfalls erloschen wäre, § 362 I BGB (damit kein Vorteil)37. Auch beim Werkbesteller besteht kein Unterschied zwischen tatsächlicher und hypothetischer Lage: Er hat in beiden Fällen Eigentum an einer seiner Bestellung entsprechenden Sache und muß die vereinbarte Vergütung nur einmal zahlen. Der unmittelbar nach dem schädigenden Ereignis bei den Gefahrtragungsund Treuhandfallen noch feststellbare Schaden ist also verschwunden. Nun erstaunt es freilich, daß ein einmal vorhandener Schaden und mit ihm der Schadensersatzanspruch nachträglich ohne weiteres wegfallen sollen. Die Lösung über die Vorteilsausgleichung ließe sich halten, wenn man annähme, ein einmal entstandener Schadensersatzanspruch müsse bestehen bleiben, sofern er nicht durch Erfüllung erlischt. Der Gedanke, ein Schadensersatzanspruch könne nicht ohne weiteres wieder wegfallen, taucht vor allem in Entscheidungen des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs auf, die zur Behandlung von Reserveursachen ergangen sind.

(1) Der unmittelbare Schaden als Mindestschaden in Rechtsprechung und Lehre

Bei der Frage, ob Reserveursachen zu berücksichtigen sind, differenziert die herrschende Meinung mit Unterschieden in den Einzelheiten nach mittelbarem und unmittelbarem Schaden38 . Bei unmittelbaren Schäden sollen Reserveursachen grundsätzlich unbeachtlich sein, bei mittelbarer Schäden hingegen grundsätzlich beachtlich. 37 Vgl. hierzu schon unter § 3 11. a) bb). 38 Z.B. Medicus, BürgR, Rn. 851; Staudinger-Medicus, § 249, Rn. 104 f.; Soergel-

Mertens, Vor § 249, Rn. 154; Larenz, SchR AT, § 30 I; für eine unbeschränkte Berücksichtigung von Reserveursachen hingegen etwa MünchKomm-Grunsky, Vor § 249, Rn. 83. Nach Fallgruppen differenziert Deutsch, Haftungsrecht, 2. Kapitel, ill. Auf die Umstände des Einzelfalls stellt Grunsky in Festschrift für Hermann Lange, S 469 ff. ab.

I. Vorschläge zur AblösWlg der Drittschadensliquidation

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Diese Behandlung der Reserveursachen hat ihre Wurzeln in der Auffassung des Reichsgerichts, ein einmal bestehender Schadensersatzanspruch gehe grundsätzlich durch spätere Entwicklungen nicht wieder unter3 9 . In RGZ 141, 365, 367 jJ. etwa geht das Gericht ausruhrlieh auf die Frage der Reserveursachen ein und urteilt, eine einmal bestehende Ersatzpflicht bleibe nicht nur dem Grunde, sondern auch der Höhe nach von späteren Entwicklungen unberührt. Nachdem zwischenzeitlich der Oberste Gerichtshof fiir die britische Zone anders entschieden hatte40, nahm der BGH die Rechtsprechung des Reichsgerichts auf: "Bei Ersatzanspruchen rur die Zerstörung einer Sache sind derartige Umstände regelmäßig unerheblich, weil mit dem Eingriff sogleich der Anspruch auf Schadensersatz entstanden war und das Gesetz den späteren Ereignissen keine schuldtilgende Kraft beigelegt hat." und weiter: "Davon abgesehen sind spätere Ereignisse und ihre hypothetische Einwirkung auf den Ablauf der Dinge nur bei der Berechnung entgangenen Gewinns, bei der Ermittlung des Schadens aus fortwirkenden Erwerbsminderungen oder aus dem Ausfall ähnlicher langandauernder Vorteile von Bedeutung"41. Auch bei der Vorteilsausgleichung wurde der Gedanke bereits aufgegriffen, ein einmal entstandener Schadensersatzanspmch könne nicht nachträglich ohne weiteres wieder wegfallen. So wendet die herrschende Meinung diesen Grundsatz auf die Fälle an, in denen der gutgläubige Käufer die mangelhafte Sache unter Vereinbarung eines Haftungsausschlusses oder sonst mit Gewinn weiterverkauft42 . Andererseits wird auch die Anwendung der Drittschadensliquidation vertreten43 .

RGZ 141, 365; 144, 80. 40 NJW 49,302 =OGHZ 1, 308. 41 BGHZ 29, 207, 215. 42 BGH NJW 1981,45; OLG Hamm NJW 1974,2091; OLG München NJW 1980,

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1581; zustimmend Palandt-Heinrichs, Vor § 249, Rn. 129; Badenbender, JuS 1976, 153 ff.; über Rücktritt Wld AnerkennWlg des objektiven Werts als Mindestschadens will v. Caemmerer, ZHR 127,241 ff., 271, die Eviktionsfälle lösen. 43 Pfister, JuS 1976, 373 f.

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§ 3 Die BerechtigWlg der Rechtsfiguren

(2) Mögliche Folgen rur die Fallgruppe obligatorische Gefahrentlastung und die Treuhandfalle Sofern der Satz zuträfe, ein einmal entstandener Schadensersatzanspruch könne durch spätere Ereignisse nicht berührt werden, hätte dies weitreichende Auswirkungen auf die Behandlung der Gefahrtragungsfa1le und der Treuhandfalle. Konstruktiv wäre folgende Vorgehensweise denkbar: Es wird der Schaden des von der Gefahr Entlasteten oder des Treuhänders unmittelbar nach dem schädigenden Ereignis ermittelt, und zwar gemäß der Differenzhypothese unter Vergleich des hypothetischen Zustandes mit dem tatsächlichen Zustand. Zu diesem Zeitpunkt kann - wie gezeigt - über die Versagung der Vorteilsausgleichung ein Schaden konstruiert werden. Dieser so festgestellte Schaden ist dann in jedem Falle zu ersetzen, da der Anspruch eben nicht nachträglich wieder wegfallen kann. Der einmal entstandene Schaden ist also als Mindestschaden anzusehen und die Drittschadensliquidation weitgehend überflüssig, da der Anspruchsberechtigte einen eigenen Schaden hat. (3) Keine Rechtfertigung rur Unterscheidung von mittelbarem und unmittelbarem Schaden in Drittschadensfalien Es ist zu prüfen, ob der Satz wirklich zutrifft, ein einmal entstandener Schadensersatzanspruch könne durch den weiteren Schadensverlauf nicht mehr berührt werden. Hermann Lange hat das in Zweifel gezogen44 . Lange spricht sich rur eine unumschränkte Beachtlichkeit von Reserveursachen aus und greift dabei den fraglichen Satz an45 . Er begründet dies hauptsächlich damit, daß § 249 S. 1 BGB nicht darauf abstelle, ob die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches einmal in der Vergangenheit vorgelegen hätten, sondern darauf, ob sie gegenwärtig noch bestünden. Außerdem sei dem BGB die Einteilung in unmittelbaren und mittelbaren Schaden nicht bekannt.

In der Tat ist bei Schaffung des BGB aufgrund des starken Einflusses Friedrich Mommsens auf Windscheid eine Teilung in mittelbaren und unmittelbaren Schaden nicht einmal erwogen worden. Das BGB hat sich insofern bewußt vom preußischen ALR wie auch vom napoleonischen code civil und 44 Lange, Schadensersatz, § 6 I, S 249 Wld § 4 45 Schadensersatz, § 4 vrr, S 184.

vrr, S 184.

I. Vorschläge zur AblösWlg der Drittschadensliquidation

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der damaligen Fassung des schweizerischen Obligationenrechts unterscheiden wollen46 . Für die Differenzierung spricht aber wesentlich, daß der Geschädigte nicht mit dem Sach- und dem Forderungsrisiko zugleich belastet werden cJarf47. Ob dieses Argument auch in den betroffenen Fällen der Drittschadensliquidation greift, ist fraglich. Denn bei der Behandlung von Reserveursachen ist es in der Tat so, daß der Geschädigte nach dem Schadensfall bereits das Durchsetzungsrisiko der Schadensersatzforderung trägt und es unbillig wäre, ihm noch zusätzlich das Risiko aufzubürden, daß die Sache hätte untergehen können. Der Geschädigte hat das Risiko des Untergangs der Sache gegen das Durchsetzungsrisiko der Schadensersatzforderung eingetauscht. Bei den Gefahrtragungs- und Treuhandfällen hingegen verhält es sich ganz anders. Dort trägt der Gläubiger wegen seiner vertraglichen Beziehungen oder seiner Stellung als vermächtnisbelasteter Erbe weder ein Sachrisiko, noch ein Durchsetzungsrisiko. Dies bedeutet fiir den Satz, ein einmal entstandener Schaden sei ohne Rücksicht auf den späteren Geschehensablauf zu ersetzen: Der Einwand schlägt durch, daß dem BGB die Einteilung in mittelbare und unmittelbare Schäden fremd ist und § 249 BGB nicht darauf abstellt, ob die Voraussetzungen eines Anspruchs in der Vergangenheit bestanden haben, sondern darauf, ob sie gegenwärtig noch bestehen. Während es bei der Behandlung von Reserveursachen gerechtfertigt ist hiervon abzuweichen, gibt es eine solche Rechtfertigung bei den Gefahrtragungs- und Treuhandfällen nicht. Hinzukommt ein allgemeines Bedenken gegen die Annahme von Mindestschäden: Da die Höhe des Schadens nach oben offen ist, ist nicht einzusehen, warum die Schadenshöhe nach unten begrenzt sein sollte. Der These ist also nicht zu folgen, ein einmal entstandener Schaden sei als Mindestschaden zu ersetzen - die denkbaren Auswirkungen auf die Berechtigung der Drittschadensliquidation sind hinfällig.

46 Medicus, Unmittelbarer Wld mittelbarer Schaden, S 9. 47 Niederländer, AcP 153,41,55; ihm folgend etwa Medicus, BürgR,

Rn. 851.

§ 3 Die Berechtigung der Rechtsfiguren

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(4) Folgerungen für die Weiterverkaufsfälle mit Gewährleistungsausschluß

Diese Argumente treffen übrigens auch auf die erwähnten48 Weiterverkaufsfälle zu. Die Lösung der herrschenden Meinung befriedigt daher nicht. Zwar ist bei der Bildung neuer Fallgruppen Zurückhaltung geboten49 . Die angesprochenen Weiterverkaufsfälle sind aber wohl nur über eine vorsichtige Anerkennung als Fallgruppe der Drittschadensliquidation befriedigend lösbar.

a) Objektiver Wert als Mindestschaden Larenz lehnt die Drittschadensliquidation für die Gefahrtragungsfälle ab 5o . Er nimmt einen eigenen Schaden des bisherigen Eigentümers an, wobei er "nur auf den Untergang der Sache und damit des bis dahin noch bestehenden Eigentums an ihr, den 'Objektschaden' blickt". Der "Objektschaden" , so meint er, sei ein Schaden des bisherigen Eigentümers als solchen, also des Verkäufers oder des Erben. Er sei nicht auf den Käufer oder Vermächtnisnehmer verlagert, der Drittschadensliquidation bedürfe es somit nicht. Dies alles sei eine Konsequenz der von ihm vertretenen, umstrittenen 51 Lehre vom "objektiven Wert als Mindestschaden"52. Sehr ähnlich meinte bereits Kreß, der objektive Wert ergebe den Mindestbetrag des zu ersetzenden Schadens53 . Für die Annahme dieses objektiven Mindestschadens gerade in der Person des Schuldners bezog er sich auf § 281 BGB54. Unmittelbar nach dem schädigenden Ereignis ergibt sich beim Verkäufer und Eigentümer in der Tat ein Schaden, wenn man nur auf die Sache und das Eigentum an ihr blickt. Der hypothetischen Lage: Eigentum an der Sache, steht die tatsächliche Lage: kein Eigentum an der Sache, gegenüber. Der Unterschied zur Lösung über die Vorteilsausgleichung ist gering: Denn es ist im 48 § 3 I 1. a) cc) (1), am Ende. 49 Vgl. Einleitung zu § 5. 50 Larenz,

SchRAT, § 27 IV b 1, S 464, an Hagen, Drittschadensliquidation, S 151

fT., 285 f, anknüpfend. 51 Für Anerkennung des objektiven Werts als Mindestschaden z.B. Neuner, AcP

133,277 ff.; Wilburg, JherJb 82, 125 ff.; ablehnend u.a. Lange, Schadensersatz, § 1 TI 2; Staudinger-Medicus, § 249, Rn. 136; skeptisch auch HonseIVHan-er, JuS 1991,411 ff.,443. . 52 Larenz, SchRAT, § 29 I b, S 484. 53 Kreß, SchRAT, S 295. 54 Kreß, SchR AT, S 294.

I. Vorschläge zur Ablösung der Drittschadensliquidation

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Ergebnis gleichgültig, ob man von vornherein nur auf die Sache und das Eigentum an ihr blickt oder zunächst alle Umstände betrachtet (nämlich Eigentum und Leistungspflicht), dann aber das Freisein von der Leistungspflicht bei der Schadensberechnung außer Acht läßt. Im für die Schadensberechnung entscheidenden Zeitpunkt der Ersatzleistung55 ergibt sich hingegen beim Vergleich der hypothetischen mit der tatsächlichen Lage in der Regel auch dann keine Differenz, wenn man nur auf die Sache blickt. Denn in der Regel hätte der bisherige Eigentümer die Sache inzwischen längst übereignet, so daß er auch ohne schädigendes Ereignis nicht mehr Eigentümer der Sache wäre56 . Der Schaden ist also wegen Veränderung der hypothetischen Lage weggefallen. Dies bildet ein Hindernis für die Annahme eines eigenen Schadens des Verkäufers, das sich nicht überwinden läßt; dies wurde bereits ausführlich dargelegt57.

Larenz gelangt zu seiner Sichtweise, indem er die Lage vor dem schädigenden Ereignis mit der Lage nach dem schädigenden Ereignis vergleicht, anstatt die gegenwärtige hypothetische mit der gegenwärtigen tatsächlichen Lage zu vergleichen. Larenz führt zunächst aus, rein vermögensmäßig gesehen sei es in der Tat so, daß sich Erbe und Verkäufer "vor und nach dem Schadensfall" gleichstünden, und fährt dann fort, daß dies nicht zutreffe, wenn man nur auf den Objektschaden blicke 58 . Eine derartige VorherlNachher-Betrachtung steht aber im Gegensatz zu Larenz' eigener Lehre59 . Er schließt sich nämlich ausdrücklich der herrschenden Meinung an, daß die hypothetische Lage mit der tatsächlichen zu vergleichen sei6o . Larenz selbst betont ferner an anderer Stelle, "daß nach § 249 BGB der Zustand herzustellen ist, der ohne das die Ersatzpflicht begründende Ereignis jetzt - d.h. im allgemeinen im Augenblick der Ersatzleistung - bestehen würde, 55 Etwa BGH NJW 1994,314; Lange, Schadensersatz, § 1 IV 2a; MÜllchKommGnmsky, Vor § 249, Rn. 124 ff.; vgl. schon oben § 3 I 1. a) bb). 56 Anders ist dies nur in dem Ausnahmefall, daß der bisherige Eigentümer zum Beurteilungszeitpunkt die Sachen noch nicht übereignet hätte. 57 § 3 I 1. a) cc). 58 Larenz, SchR AT, § 27 IV b 1, S 464 oben. 59 Freilich wird die DitTerenzhypothese immer wieder - wohl eher versehentlich im Sinne einer VorherlNachher-Betrachtung fonnuliert. Vgl. etwa Deutsch, NJW 1994, 776, 777:"Das Schadensrecht arbeitet mit der DitTerenzhypothese. Es werden also Vennögensgegenstände vor und nach dem verletzenden Ereignis miteinander verglichen. " 60 Larenz, SchRAT, § 29 I a, S 480 und S 482.

§ 3 Die Berechtigung der Rechtsfiguren

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also nicht notwendig derselbe Zustand, der gerade vor dem Schadensereignis bestand" 61 . Der Lehre vom objektivem Wert als eigenem Schaden des Verkäufers ist mit dem Argument zugestimmt worden, allein auf diese Weise seien beim Strekkengeschäft befriedigende Ergebnisse zu erzielen62 . Nur wenn man dem Verkäufer einen Anspruch auf Ersatz eines eigenen Schadens gebe, sei der Abkäufer hinreichend geschützt. Der Verkäufer habe einen solchen Anspruch gegen den Schädiger gemäß § 281 BGB an den Käufer herauszugeben und dieser wiederum nach derselben Vorschrift an seinen Abkäufer. Eine Drittschadensliquidation zugunsten des Abkäufers sei zwar denkbar, es fehle jedoch an einer Verpflichtung des Verkäufers gegenüber dem Abkäufer, den Schadensersatzanspruch geltend zu machen und das Erlangte an ihn herauszugeben. Auch dieses Argument kann aber die Auffassung von Larenz nicht stützen. Ebenso wie der Verkäufer über § 281 BGB verpflichtet ist, einen Anspruch auf Ersatz eines eigenen Schadens abzutreten, muß er auch einen über die Konstruktion der Drittschadensliquidation begründeten Anspruch an den Käufer abtreten. Dieser wiederum ist in beiden Fällen verpflichtet, den Anspruch an den Abkäufer weiterzugeben. Der Abkäufer ist also bei beiden Konstruktionen geschützt. Schließlich wurde auch versucht, in den Gefahrtragungsfallen mit Hilfe eines subjektiv-funktionalen Verständnisses des Vermögensschadens einen objektiven Mindestschaden zu konstruieren63 . Selbst wenn man aber mit einem subjektiv-funktionalen Verständnis des Vermögensschadens den Substanzwert eines Sachguts in der Möglichkeit sieht, das Gut nach Belieben zu verwenden, liegt im Berechnungszeitpunkt kein Schaden vor. Zu diesem Zeitpunkt hätte nämlich der Gläubiger die Sache in der Regel auch ohne schädigendes Ereignis nicht mehr und könnte folglich auch nicht mit ihr nach Belieben verfahren.

61lArenz, SchRAT, § 28 I. 62 Staudinger-Köhler, § 447, 63 Hagen,

Rn. 18. Drittschadensliquidation, S 185 ff.; gegen ihn etwa Thiele/Fezer, S 158.

I. Vorschläge zur Ablösung der Drittschadensliquidation

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b) Überholende Kausalität F. Peters hat vorgeschlagen, manche Fälle der Drittschadensliquidation über die Grundsätze der überholenden oder - wie sie auch genannt wird - hypothetischen Kausalität zu lösen64 .

Er entwickelt seinen Ansatz anhand einer konkreten Fallkonstellation: Eine vennachte Sache wird von einem - im Verhältnis zu Erben und Vermächtnisnehmer - Dritten zerstört. Hier meint Peters, die Leistungspflicht des Erben sei ein Nachteil, der über kurz oder lang den gleichen Schaden, nämlich den Verlust der vennachten Sache, herbeigeführt hätte. Er glaubt damit einen Fall der überholenden Kausalität vor sich zu haben; als Besonderheit führt er an, daß beim Vennächtnis der hypothetische Kausalverlaufvon einem Beteiligten beeinflußt werde (Übereignung), was sonst nicht der Fall sei. Fraglich erscheint hierbei zunächst, warum Peters den Versendungskauf nicht schon ebenso behandelt hat. Auch dort besteht ja eine Übereignungspflicht, die - nach Peters - als hypothetische Schadensursache anzusehen ist. Peters stellt - wie Urban 6S - ausdrücklich beim Vermächtnis auf die Leistungsgefahr (§ 275 I BGB) und beim Versendungskauf auf die Preisgefahr (§ 447 BGB) ab66 . Ein Grund für diese Differenzierung ist nicht ersichtlich. Die Vorstellung selbst, die Übereignung sei eine hypothetische Schadensursache, läßt die Übereignungspflicht unberücksichtigt: Die hypothetische Lage ohne Übereignung ist: Eigentum am Vermächtnisgegenstand einerseits, Übereignungsverpflichtung andererseits. Die tatsächliche Lage mit Übereignung ist: weder Eigentum, noch Übereignungspflicht, da diese durch die Übereignung erloschen ist, § 362 I BGB. Hier kann es keinen Zweifel geben, daß der Vorteil des Freiseins von der Verpflichtung auf den Nachteil des Eigentumsverlusts angerechnet werden muß. Denn bei einer wertenden Betrachtung zeigt sich, daß dem hypothetischen "Schädiger", das heißt dem übereignenden Erben, der Vorteil des Freiseins zugutekommen soll. In § 362 I bringt das BGB nämlich eindeutig zum Ausdruck, daß demjenigen, der leistet, der Vorteil zugutekommen soll, von 64 Peters, AcP 180, 329 ff., 346. 6S Urban, S 52; vgl. zu Urban § 3 I l. a) bb). 66 Peters, AcP 180, 335; so auch viele andere etwa Berg,

ser/Schmidt, SchR AT, § 34 IV 1 a.

JuS 1977, 363, 365; Es-

§ 3 Die Berechtigwtg der Rechtsfiguren

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seiner Verpflichtung frei zu sein. Der Auffassung Peters', es sei "auf dem Boden der Differenztheorie durchaus möglich", den Verlust der Sache an den Vermächtnisnehmer als Schaden zu bewerten67, ist also nicht zu folgen. Kurios ist im übrigen, daß in dem von Peters angenommen hypothetischen Schadensfall der Übereignung "Schädiger" und "Geschädigter" identisch sind. Peters hat zwar erkannt, daß sich mit der hypothetischen Übereignung etwas fiir die Schadensermittlung ändert. Die wirkliche Änderung ist aber, daß sich ab diesem Zeitpunkt kein Schaden mehr über die Versagung der Vorteilsausgleichung ermitteln läßt68 , nicht etwa, daß mit der Übereignung ein hypothetischer Schadensfall einträte.

c) § 281 BGB

Bei der obligatorischen Gefahrentlastung wird die Notwendigkeit einer Drittschadensliquidation auch unter Hinweis auf § 281 BGB bestritten69 . Der Gläubiger könne von seinem freigewordenen Schuldner nach § 281 BGB Abtretung des Schadensersatzanspruchs verlangen und anschließend den Anspruch selbst geltend machen. § 281 BGB zeige, daß ein Schadensersatzanspruch eben gerade nicht durch den Gefahrübergang auf den Gläubiger entfalle. Es liege also kein Fall der Drittschadensliquidation vor, sondern ein "Anwendungsfall des § 281 BGB"70. Diese Betrachtwlgsweise schließt an die Lehre vom transitorischen Interesse71 an. Nach ihr bildet die Leistung eines Schuldners an einen Kommissionär in dessen Vermögen einen Durchgangsposten, da er zur Herausgabe an den Kommittenten verpflichtet ist. Im Falle einer Schädigung habe der Kommissionär einen eigenen Schaden, da er aufgrund der Übereignung vom Schuldner auf ihn zumindest bis zur Weiterübereignung an den Kommittenten Eigentümer sei. Die Lehre vom transitorischen Interesse findet jedoch im gel-

67 Peters,

AcP 180, 348 Fn. 74. 68 Vgl. § 3 I 1. a) cc). 69 So etwa MÜllchKomm-Grunsky, Vor 249, Rn. 120; Esser/Schmidt, SchuldR AT, § 34 IV, la; Heck, SchR, § 16, 4b; Kreß, SchR AT, S 294 und S 297; ablelmend hinge-

gen etwa Reinhardt, S 47 f.; Tagen, S 7 f.; Puhle, S 90; Junker, V.i.v., S 5; skeptisch auch Blomeyer, SchRAT, § 33 IV, 2. 70 Esser/Schmidt, SchRAT, § 34 IV, 1 a. 71 V. Tuhr, GrünshutZ 25, 529, 536 f.. Auch Kreß, SchR AT, S 294 und S 297, spricht vom "transitorischen Interesse".

I. Vorschläge zur AblösWlg der Drittschadensliquidation

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tenden Recht keine ausreichende Grundlage und wird daher heute allgemein abgelehnt72 . Der Lösung über § 281 BGB ist entgegenzuhalten: Die Anwendung dieser Vorschrift setzt voraus, daß der Schuldner einen Ersatz oder einen Ersatzanspruch erlangt hat1 3 . Mangels Schaden besteht aber bei obligatorischer Gefahrentlastung überhaupt kein Ersatzanspruch, der nach § 281 BGB abgetreten werden könnte. Esser hat dies so formuliert74 : "Die ... Heranziehung des § 281 BGB zu Gunsten des Geschädigten ist freilich nicht ohne Zirkelschluß möglich. Denn es müßte ja, damit der Geschädigte im Wege der Surrogatsabtretung durch den Mittelsmann zu einem Ersatzanspruch gegen den Schädiger kommt, ein solcher Anspruch erst einmal in der Person des Mittelsmannes entstanden sein - was nicht der Fall ist." Dem ist nichts hinzuzufügen75. § 281 BGB hat also bei den Drittschadensfallen nur insofern Bedeutung, als der nach den Regeln der Drittschadensliquidation konstruierte Anspruch regelmäßig nach § 281 BGB an den Dritten abzutreten ist. Darüber hinaus kann man § 281 BGB allenfalls eine mittelbare Anerkennung der Drittschadensliquidation durch den Gesetzgeber entnehmen76.

2. Lösungsmodelle, die einen eigenen Anspruch des Dritten annehmen a) Vertretung im Vertrauen und das "wirtschaftliche Eigentum" als sonstiges Recht im Sinne des § 823 I BGB Vor wenigen Jahren hat Junker vorgeschlagen, die Rechtsfiguren Drittschadensliquidation und Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte aufzugeben und durch die "Vertretung im Vertrauen" (V.i.Y.) zu ersetzen77 . Grund für die Haftung des Partners einer Sonderverbindung gegenüber einem Dritten ist nach dieser Auffassung vom Schädiger in Anspruch genommenes und vom Geschädigten entgegengebrachtes Vertrauen. Dieses soll zu 72 Etwa Hagen, Drittschadensliquidation, S 40; Puhle, S 89; Junker, V.i. V., S 5. 73 MünchKomm-Heinrichs, § 281, Rn. 1. 74 Esser, SchuldR, 2. Auflage, § 50, 7 b aa. 75 Den bereits zu seiner Zeit laut gewordenen Vorwurf des Trugschlusses versucht indes Heck, SehR, § 16, 4b, zu entkräften. M.E. vergebens. 76 So EnnecceruslLehmann, SehR, § 17 I 2. 77 Junker, V.i.v.

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§ 3 Die Berechtigung der Rechtsfiguren

einer gesetzlichen Sonderverbindung in Fonn eines Schutzverhältnisses führen78 . In den Drittschadensfä1len liegt zwar kein unmittelbarer Kontakt zwischen Schädiger und Drittem vor, der als Gewährung und Inanspruchnahme von Vertrauen gewertet werden könnte. Darüber helfe jedoch - so Junker eine analoge Anwendung der §§ 164 ff. BGB hinweg79 . Im einzelnen stellt Junker folgende Tatbestandsvoraussetzungen für die V.i.V auf; dabei sei Ader Schädiger, B dessen Vertragspartner und C der geschädigte Dritte: a) Vertreterhandeln des B mit Vertreterwillen A muß Vertrauen darauf in Anspruch nehmen, daß keine Schädigung erfolgt, B muß dieses Vertrauen dem A auch wirklich entgegenbringen und dabei willentlich als Vertreter des Chandein. b) Vertretungsmacht des B Dem B muß von C Vertretungsmacht erteilt worden sein, was auch konkludent geschehen kann. c) Grundsätzliche Offenkundigkeit der Vertretung Grundsätzlich muß dem A bekannt sein, daß B den C im Vertrauen vertritt. Ausnahmsweise ist dies jedoch nicht erforderlich nach den Grundsätzen des "Geschäfts für den, den es angeht". Junker hat sicherlich manch gutes Argument für seine Lösung gefunden. Fraglich ist, ob man deshalb die Drittschadensliquidation zugunsten der Vi. V aufgeben so1l80.

Die Rechtsfiguren Drittschadensliquidation und Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte sind seit langem fester Bestandteil des deutschen Rechts und werden nicht nur von der ganz herrschenden Lehre vertreten, sondern auch von der Rechtsprechung. Die Stetigkeit der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist ein wesentliches Element der Rechtssicherheit. Eine Änderung einer steten Rechtsprechung ist daher nur gerechtfertigt, wenn es für sie schwerwiegende sachliche Gründe gibt81 . Solche schwerwiegenden sachlichen Gründe liegen hier 78 Junker, V.i.v., S 23, 38.

79 Junker, V.i.V., S 23.

80 Ablehnend zur V.i.v. Hagen, AcP 192, 568 ff.; Esser/Schmidt, SchR AT, § 34 IV 1, Fn. 54; ebenfalls skeptisch MünchKomm-Gottwald, § 328, Rn. 83; Büdenbender, JZ 1995, 920, 926. 81 In diesem Sinne besonders deutlich BFH DB 1990, 303.

I. Vorschläge zur AblöslUlg der Drittschadensliquidation

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aber nicht vor. Vielmehr führte die These Junkers durch die Abkehr von den bisher anerkannten Rechtsfiguren Drittschadensliquidation und Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte zu einer Umgestaltung der Behandlung von DrittschadensfaIlen ohne Vorteile zu bieten, die dies rechtfertigten. Die V. i. V. ist zunächst dogmatisch nicht besser fundiert als die bisherige Lösung. Das gesetzliche Schuldverhältnis ohne primäre Leistungspflicht beruht nämlich letztlich - wie Junker selbst einräumt82 - auf § 242 BGB. Mit einer derartig schwachen dogmatischen Begründung83 kann die Lehre von der Drittschadensliquidation aber durchaus mithalten: sie wird auf Vertragsauslegung, die Annahme von Gewohnheitsrecht und Rechtsfortbildung praeter legern gestützt84 . Zudem ist der Wille des Vertragspartners, den geschädigten Dritten zu vertreten, zuweilen bloße Fiktion. So wird er etwa eindeutig nicht bestehen, wenn der Verkäufer aufgrund geschäftlicher Differenzen mit dem Käufer die Ware im Groll versendet, vom Käufer nie wieder etwas hören möchte und ihm vielleicht gar Schlechtes wünscht. Dieses Beispiel zeigt, daß der Drittschutz nicht vom Willen des "vermittelnden Partners" abhängen darf. Überdies ist die eigentliche Frage, unter welchen Voraussetzungen man Vertrauen schenken darf1!5. Sie wird von Junker nicht hinreichend geklärt. Schließlich führt die V.i.v. auch zu keiner Vereinfachung, da die Drittschadensliquidation in Fällen deliktischer Schädigung des Dritten unentbehrlich bleibt, so daß weiterhin zwei Institute bestehen. Zu Recht stellt Hagen fest, daß es sich hierbei um "mehr als einen Schönheitsfehler" handelt86 . Zwar hat Junker versucht, diese Lücke zu schließen durch Anerkennung des "wirtschaftlichen Eigentums" als sonstiges Recht im Sinne des § 823 I BGB87. Wirtschaftlicher Eigentümer soll dabei derjenige sein, der, "ohne Eigentümer im Sinne des § 903 BGB zu sein, das alleinige Risiko einer Beschädigung oder Zerstörung der Sache trägt und den alleinigen Nutzen aus der

82 Junker, V.i.v., S 39. 83Vgl. nur Gemhuber, 1. Festschrift für Larenz, S 455, 460. 84 Vgl. die ZusammenstelllUlg bei Winteifeld, S 12 ff. 85 Vgl. etwa Picker, AcP 183, 369,418 ff. 86 Hagen, AcP 192, 570. 87 Junker, AcP 193, 348 ff.

§ 3 Die Berechtigung der Rechtsfiguren

48

Sache zieht, dem also insbesondere Wertsteigerungen der Sache zugutekommen"88. Dieser Ansatz hat jedoch Schwächen. Zunächst wird der Zweck, die Lücke zu schließen, nur teilweise erreicht. Wie Junker selbst erkennt89, ist nämlich jedenfalls für die Gefahrtragungsfalle bei § 644 BGB die Drittschadensliquidation weiterhin erforderlich. Darüber hinaus erscheint die Benutzung des Begriffes "wirtschaftliches Eigentum" im bürgerlichen Recht bedenklich. Zwar gibt es Autoren, die diesen Ausdruck bereits im Zusammenhang mit der Stellung des Sicherungsgebers im Konkurs verwendet haben90 . Dieser Begriff entspricht aber keineswegs dem "wirtschaftlichen Eigentum" Junkers 91 . Ebenso ist das "wirtschaftliche Eigentum" des Steuerrechts verschieden vom vorgeschlagenen Begriff. Nun einen dritten Begriff des "wirtschaftlichen Eigentums" einzuführen, birgt die Gefahr der Begriffsverwirrung in sich. Zur Bewahrung der terminologischen Klarheit wäre es daher wünschenswert, für das Zivilrecht bei dem Eigentumsbegriff zu bleiben, den § 903 BGB voraussetzt, bei dem also Ausschlußund Nutzungsfunktion vorliegen. Hinzu kommt, daß der von Junker vorgeschlagene Begriff des "wirtschaftlichen Eigentums" einen Fremdkörper im bürgerlichen Recht bilden würde, der wohl kaum in das System einzufügen wäre. Überdies ist es ganz herrschende Meinung, daß ein sonstiges Recht im Sinne des § 823 I BGB ein absolutes Recht sein muß, d.h. ein Recht, das gegen alle wirkt und von jedermann zu respektieren ist92 . Dem widerspricht die Anerkennung des "wirtschaftlichen Eigentums" im Sinne Junkers als sonstiges Recht. Junker ist denn auch bereit, das Kriterium der Absolutheit aufzugeben93 . Es ist aber wohl kaum gerechtfertigt, einen solchen Grundpfeiler des deutschen Deliktsrechts einzureißen, um eine - wie dargelegt - ohnehin nur unvollständige Lückenfüllung der Lehre von der V.i. V. zu erreichen.

88 Junker,

AcP 193, 354. AcP 193, 354, Fußnote 27. 90 Vgl. etwa Baur/Stamer, Sachenrecht, § 3 n 1 d bb; Staudinger-Wiegand, Anhang zu§§929ff.,Rn21. 91 Junker, AcP 193, 354. 92 Z.B. RGZ 95, 283; Palandt-Thomas, § 823, Rn. 11; a.A. etwa Larenz/Canaris, SchR BT § 76 n g, mit weiteren Nachweisen. 93 Junker, AcP 193, 358 : "Die Relevanz der Absolutheit eines Rechts ... ist indes von vornherein fraglich. " 89 Junker,

I. Vorschläge zur Ablösung der Drittschadensliquidation

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b) Vertrag mit Schutzwirkungjür Dritte Mehrfach wurde die Drittschadensliquidation in den Obhutsfällen für überflüssig erachtet, weil dort die Konstruktion des Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte anzuwenden sei94 . Im Gegensatz zu den anderen Fallgruppen der Drittschadensliquidation habe der Dritte bei den Obhutsfällen einen eigenen deliktischen Anspruch wegen Eigentumsverletzung, der freilich mit Nachteilen gegenüber einem vertraglichem Anspruch behaftet sei. Es gehe daher nicht darum, dem Dritten überhaupt erst einen Anspruch zu verschaffen, sondern um eine Verstärkung seiner Rechtsposition. Dies aber sei die klassische Konstellation für die Annahme eines Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte. Hieran ist sicher richtig, daß der Dritte bei den Obhutsfällen bereits einen eigenen deliktischen Anspruch hat, was bei den übrigen Fallgruppen der Drittschadensliquidation in der Regel nicht der Fall ist. Aus dieser Beobachtung ist aber keineswegs zu folgern, daß die Obhutsfälle nicht zur Drittschadensliquidation gehörten95 . Denn der Grundgedanke der Drittschadensliquidation ist: Der Schädiger soll nicht durch Umstände unbillig entlastet werden, die für ihn reiner Zufall sind96 . Dies umfaßt aber eben auch, daß der Schädiger nicht aufgrund für ihn zufälliger Umstände statt vertraglich nur deliktisch haften soll. Diese Ausprägung des Grundgedankens der Drittschadensliquidation kommt hauptsächlich bei den Obhutsfällen zum Tragen, in den übrigen Fallgruppen hingegen regelmäßig nicht97 ; das schmälert aber nicht ihre Berechtigung. Eine Lösung über den Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte brächte auch oft keine zufriedenstelIenden Ergebnisse. Denn es trifft zwar zu, daß der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte entwickelt wurde, um Schwächen deliktischer Ansprüche zu vermeiden98 . In vielen Obhutsfällen würde eine Lösung 94 Esser/Schmidt, SchR AT § 34 IV 1 d; Puhle, S 102 f.; Peters, AcP 180, 364 ff., der darüber hinaus auch die Speditionsfälle über den Vertrag mit Schutzwirkung fiIr Dritte lösen will, AcP 180, S 358 ff.; zustimmend Strauch, JuS 1982, 823, 826; Soergel-Mertens, Vor § 249, Rn. 249; ebenfalls fiIr die vertragliche Einbeziehung des DrittenBGHZ 15,224 und BGHNJW 1979, 789. 95 Ebenso MÜllchKomm-Grunslry, Vor § 249, Rn. 121; gegen die Auffassung, die Obhutsfälle gehörten nicht zur Drittschadensliquidation auch Lange, Schadensersatz, § 8 Ill7; Staudinger-Medicus, § 249, Rn. 196; Larenz, SchR AT, § 27 IV b, Fn. 117a. 96 Vgl. nur Larenz, SchRAT, § 27 IV b, S 462; Medicus, SchR AT, Rn. 609. 97 Vgl. aber unten § 3 12. d). 98 Vgl. etwa EhmannIBreitfeld, Jura 1992, 539, 541. 4 Traugott

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§ 3 Die Berechtigung der Rechtsfiguren

über diese Rechtsfigur aber versagen. So sind etwa die Voraussetzungen des Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte nicht gegeben, wenn der Schuldner glaubt, die Ware gehöre seinem Vertragspartner und er auch mit nichts anderem rechnen muß. Denn dann fehlt es an der Erkennbarkeit99 . Daß hier der Schädiger sich einer Priviligierung durch lediglich deliktische Haftung erfreuen sollte, wäre nicht einzusehen. Zurecht wird freilich darauf hingewiesen, daß in manchen Obhutsfällen eine Drittschadensliquidation nicht erforderlich ist, da der Obhutspflichtige vom Schädiger sein Haftungsinteresse ersetzt verlangen kann lOO . Dies ist der Fall, wenn der Schädiger Erfiillungsgehilfe des Obhutspflichtigen ist und der Obhutspflichtige daher dem Dritten über § 278 BGB für das Verschulden des Schädigers haftet. Den ihm aus dieser Haftung entstehenden Schaden kann er vom Schädiger als eigenen Schaden ersetzt verlangen. c) Drittwirkung kraft dinglicher Mitzuständigkeit

Hagen will die Obhutsfälle über das "Prinzip der Drittwirkung kraft dinglicher Mitzuständigkeit" lösen, welches er § 991 11 BGB entnehmen zu können glaubt 101 . § 991 11 BGB sei nicht nur auf den unredlichen Besitzer analog anzuwenden, sondern darüber hinaus sei der Rechtsgedanke des § 991 11 BGB auf alle Personen auszudehnen, die ihrem Gläubiger gegenüber zur Erhaltung einer gläubigerfremden Sache verpflichtet sind. Hagen formuliert als allgemeines Prinzip: "Wer einem Besitzer für die Erhaltung der Sache verantwortlich ist, haftet nach Maßgabe dieser Verantwortlichkeit auch dem Eigentümer oder sonstigen dinglich Berechtigten für den Schaden, der dadurch entsteht, daß die Sache verschlechtert wird, untergeht oder aus einem sonstigen Grunde nicht herausgegeben werden kann. "I 02 Hagen ist zuzugeben, daß § 991 11 BGB ein Problem regelt, das der Ausgangssituation der Drittschadensliquidation sehr ähnlich ist. Es liegt daher nahe, an diese Vorschrift anzuknüpfen. Auch lassen sich über das von Hagen angenommene Prinzip die Obhutsfälle schlüssig und in den Ergebnissen befriedigend lösen. Ferner hat sich Hagen selbst zu Recht gegen das Argument

99 Dies wendet auch Lange, Schadensersatz, § 8 1ll 7, gegen die Lösung über den Vertrag mit Schutzwirkung filr Dritte ein. 100 Esser/Schmidt, SchR AT, § 34 IV 1 c; Lange, Schadensersatz, § 8 1ll 7 a. 101 Hagen, Drittschadensliquidation, S 199 ffund vor allem S 220 ff. 102 Hagen, Drittschadensliquidation, S 220 f.

I. Vorschläge zur AblösWlg der Drittschadensliquidation

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gewandt 103 , sein Vorschlag sei abzulehnen, da bei den Obhutsfällen der Besitzer in der Regel dem Eigentümer gegenüber rechtmäßig besitzt, während dies bei § 991 11 BGB nicht der Fall ist 104. Denn eine Analogie ist ja gerade erst dann nötig, wenn Tatbestände nicht gleich, sondern nur ähnlich sind. Zweifelhaft ist aber doch, ob § 991 11 BGB, der - wie Hagen selbst erkennt 105 - in einem sehr speziellen Regelungszusammenhang steht, nicht in seiner Analogiefähigkeit überschätzt wird. Da § 991 11 BGB eine sachenrechtliche Vorschrift ist, scheint vor allem die Ausdehnung über den Kreis der besitzenden Schuldner hinaus bedenklich 106 . Ist eine derartige Analogie also durchaus problematisch, so ist zu fragen, ob mit ihr etwas gewonnen wäre. Und hier spricht doch manches gegen die Auffassung von Hagen. Denn man gelangt mit Hagens Lösungsmodell zu weitgehend denselben Ergebnissen wie mit der Lehre von der Drittschadensliquidation. Gleichzeitig wird aber die Rechtsanwendung komplizierter, da neben Drittschadensliquidation lO7 und Vertrag mit Schutzwirkung fiir Dritte mit dem "Prinzip der Drittwirkung kraft dinglicher Mitzuständigkeit" ein drittes Rechtsinstitut eingeführt würde. Damit entstünden neue Abgrenzungsprobleme lO8 . Im Ergebnis ist daher die Lösung über eine Analogie zu § 991 11 BGB abzulehnen 109. d) Geteilte Rechtszuständigkeiten Es wird vorgebracht, in den Treuhandfällen sei die Drittschadensliquidation unnötig, da der Treugeber seinen Schaden selbst geltend machen könne. Denn seine Stellung gehe in einem Maße über die bloß obligatorische Ebene hinaus, daß man von einer Verdinglichung im Sinne eines sonstigen Rechts nach

Hagen, AcP 192, 568, 569. 104 So Berg, JuS 1977,363,366 WldJunker, V.i.Y., S 9. 105 Hagen, Drittschadensliquidation, S 220. 106 Lange, Schadensersatz, § 8 m7 b; auch Staudinger-Medicus, § 249, Rn. 196. 107 Im Bereich der mittelbaren Stellvertretwtg will Hagen die Drittschadensliquidationja weiterhin anerkennen, Drittschadensliquidation, S 71 f., S 285. 108 Die Abgrenzungsproblematik sieht bereits Hagen selbst, Drittschadensliquidation, S 225. 109 Ablehnend - neben den bereits genannten Autoren - auch Soergel-Mertens, Vor § 249, Rn. 255. 103

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§ 3 Die Berechtigung der Rechtsfiguren

§ 823 I BGB sprechen könne I 10. Diese besondere Rechtsposition des Treugebers gründe sich vor allem auf die Aussonderungsrechte im Konkurs des Treuhänders und die Drittwiderspruchsbefugnisse gegenüber Einzelzwangsvollstreckungsmaßnahmen, die dem Treugeber von der Rechtsprechung zuerkannt worden sind. Nach dieser Auffassung gelangt man zu einer je nach Lage des Falles gewichteten Verteilung des Schadensersatzanspruches zwischen Treugeber und Treuhänder.

Hiergegen wurde mit Recht eingewandt, bei der Verwaltungstreuhand, speziell bei der Inkassozession, wolle der Treugeber nicht nach außen in Erscheinung treten und daher auch nicht den ihm angesonnenen Anspruch geltend machen. Ferner sei es mit dem Schutz Außenstehender schwer vereinbar, die Position des Treugebers per se als anspruchsbegründend anzusehen 111. Darüber hinaus steht dem Treugeber nach der dargelegten Auffassung auch dann nur ein deliktischer Anspruch zu, wenn zwischen Schädiger und Treu-

händer eine Sonderverbindung besteht. Damit würde der Schädiger aufgrund eines fiir ihn zufälligen Umstandes entlastet, was dem Grundgedanken der Drittschadensliquidation widerspräche 112. Denn er haftete lediglich deliktisch, nur weil sein Vertragspartner Treuhänder ist. Dies zeigt sich etwa, wenn man den Segelyachtfall l13 abwandelt: D hat dem G treuhänderisch eine Segelyacht übereignet. G gibt die Yacht dem S in Verwahrung. Ein Mitarbeiter des S zerstört schuldhaft die Yacht.

Muß in diesem Fall D selbst gegen S vorgehen, kommt es darauf an, ob dem S der Entlastungsbeweis nach § 831 BGB gelingt. Läßt man hingegen die Drittschadensliquidation durch G zu, haftet S über § 278 BGB.

3. Ergebnis

Bei der gegenwärtigen Gesetzeslage ist das Institut der Drittschadensliquidation in allen anerkannten Fallgruppen unentbehrlich und nicht durch andere Rechtsinstitute zu ersetzen.

110 Esser/Schmidt, SchR AT, § 33 IV 1 c; Hagen, S 270 tT., insbesondere S 279 und S 284. 111 Lange, Schadensersatz, § 8 m5. 112 Vgl. bereits oben § 3 12.2. 113 RG JW 1910, 1000.

Drittschadensliquidation,

I. Vorschläge zur AblösWlg der Drittschadensliquidation

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Exkurs: Die Vorschläge der Schuldrechtskommission Eine Reform des Schuldrechts im Sinne der Schuldrechtskommission ll4 würde hingegen zu einer Einschränkung der Fallgruppe "Gefahrverlagerung" führen ll5 . Die Kommission schlägt vor, § 447 BGB zu streichen und eine entsprechende Vorschrift nur rur den Handelskauf zu schaffen 116. Sie begründet dies zunächst damit, daß das Risiko des zufälligen Untergangs oder der zufälligen Verschlechterung der Ware von derjenigen Vertragspartei getragen werden sollte, die eher als die andere imstande ist, dieses Risiko abzuwenden oder zu verringern oder Vorsorge gegen die Schadensfolgen eines Untergangs oder einer Verschlechterung der Ware zu treffen. Dies ist eine Erwägung, die sich im amerikanischen Recht bereits als wichtiger Grundsatz bewährt hat 117 und auch im deutschen Recht verstärkte Berücksichtigung verdient. Ferner verweist die Kommission auf die heutige Verkehrsauffassung, derzufolge die Ware im Falle einer Versendung auf Gefahr des Verkäufers reist. Schließlich stellt sie als Vorteil einer Streichung heraus, daß mit ihr eine Reihe von Streitfragen gegenstandslos würden. Auch diese Argumente überzeugen. Wird der Vorschlag umgesetzt, so entfällt außerhalb des Handelskaufs das wichtige Schulbeispiel 118 der Drittschadensliquidation "Versendungskauf' . Bei § 644 I BGB hingegen bliebe auch nach einer Reform im Sinne der Kommission die Drittschadensliquidation unverändert nötig: § 641 BGB-KE enthält in Satz 1 nur eine Anpassung zum Zwecke der Klarstellung und die sachliche Änderung in Satz 2, derzufolge der Gefahrübergang fortan auf den Zeitpunkt der Übergabe vorverlagert ist ll9 , berührt die Fälle der Drittschadensliquidation nicht. Denn die Drittschadensliquidation wird dann gestattet, wenn das vom Besteller noch nicht abgenommene Werk bereits in das Eigentum des Bestellers übergegangen ist, was bei Einbauten und Bauwerken auf dem Grund

ll4 KoI1llTIission zur Überarbeitung des Schuldrechts, konstituiert am 2. Februar 1984, Abschlußbericht erschienen im Jahre 1992, siehe LiteraturveIZeichnis. ll5 Tenrich, S 52 ff., hat schon 1934 empfohlen, de lege ferenda zu bewirken, daß der Dritte seinen Schaden durch einen eigenen Anspruch gegen den Schuldner geltend machen kann (S 53). 116 KoI1llTIission, Abschlußbericht, S 234; ähnlich bereits 1938 Tägerl, S 53 f. ll7 Vgl. etwa Chireistein, Contracts, S 133 Wld S 135. ll8 Giesen, Jura 1993, 169, 180: "§ 447 I BGB ist ein HauptanwendWlgsbereich der Drittschadensliquidation. " 119 Vgl. KoI1llTIission, Abschlußbericht, S 267.

§ 3 Die Berechtigung der Rechtsfiguren

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und Boden des Bestellers der Fall sein kann l20 . In diesen Fällen kommt aber in der Regel eine Übergabe nicht in Betracht, so daß § 641, 2 BGB-KE nicht einschlägig ist. Der Bedeutungsverlust der Fallgruppe "Obligatorische Gefahrentlastung" änderte nichts an der Abgrenzung von Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte und Drittschadensliquidation. Denn die Fallgruppe als solche bliebe ja bestehen.

11. Vorschläge zur Ablösung des Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte 1. Einheitliches gesetzliches Schuldverhältnis Man hat vorgeschlagen, die Fälle des Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte und der culpa in contrahendo, sowie einen Teil der Fälle der positiven Forderungsverletzung mit Hilfe eines einzigen Haftungsgrunds zu lösen: durch Annahme eines Schutzpflichten erzeugenden einheitlichen gesetzlichen Schuldverhältnisses (sog. einheitliches Institut der Schutzpflichtverletzung)121.

Dieses einheitliche gesetzliche Schuldverhältnis soll die Grundlage aller Schutzpflichten bilden vorn Eintritt in Vertragsverhandlungen bis zur Beendigung der Gefahr für die Rechtsgüter der Partner. Darüber hinaus soll es auch Dritte erfassen, sofern diese von der Schutzwirkung des Vertrags oder der Vertragsverhandlungen erfaßt werden. Seine Rechtfertigung finde das einheitliche gesetzliche Schuldverhältnis in der Inanspruchnahme und Gewährung von Vertrauen; seine positivrechtliche Grundlage sei § 242 BGB. Das einheit-

120 Larenz,

SchRAT, § 27 IV. Canaris, JZ 1965,475,479,482, Wld Vertrauenshaftung, S 532 11; ihm folgend etwa MÜfichKomm-Kramer, EinleitWlg zu § 241 - § 432, Rn. 75 f Wld Karsten Schmidt, JuS 1977, 722; die vertragliche Natur der Schutzpflichten verneint auch Frost, S 237; ablehnend hingegen etwa Fikentscher, SchR, § 47 m 2; MÜfichKommRoth § 242, Rn. 130 ff.; Larenz, SchR AT § 9 I b; Gemhuber, Das Schuldverhältnis, § 21 II 6 c; Pouliadis, S 76; van Gelder, WM 1995, 1253, 1255 ff.; skeptisch auch Medicus, BürgR, Rn. 203 Wld JuS 1986, 665, 669, Hirte, Berufshaftung, S 398 f, sowie Dahm, JZ 1992, 1167, 1171, WldJost, S 179 f; offengelassen vonBGHZ 66,51, 56 f 121

II. Vorschläge zur Ablösung des vertraglichen Drittschutzes

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liehe gesetzliche Schuldverhältnis besteht nach dieser Konstruktion gesondert neben dem vertraglichen Schuldverhältnis, d.h. dem Leistungsverhältnis. Ausgangspunkt für diese Lehre war die Überlegung, daß Schutzpflichten unabhängig davon zu bejahen seien, ob der beabsichtigte Vertrag gültig geschlossen worden ist. Schon diese Prämisse ist aber, wie die Diskussion inzwischen ergeben hat, Bedenken ausgesetzt. Zumindest die Intensität der Schutzpflichten darf nämlich nicht gänzlich von der Wirksamkeit des Vertrags unabhängig sein. Denn im Rahmen des geltenden Haftungsrechts ist es ja gerade die besondere Bedeutung des Vertrags, eine Gegenleistung u.a. für die Belastung mit Schutzpflichten zu schaffen, die über die allgemeinen Verkehrssicherungspflichten hinausgehen. Ferner kann es gerade der Zweck der Norm sein, die einen wirksamen Vertragsschluß verhindert, eine Belastung mit besonderen Schutzpflichten zu vermeiden l22 . Auch der Inhalt der Pflichten zum Schutz bloßer Vermögensinteressen ist vor und nach Vertragsschluß oft verschieden und damit vertragsabhängig l23. Allgemein läßt sich gegen die Lehre vom einheitlichen gesetzlichen Schuldverhältnis einwenden, sie verwische die Grenzen vertraglicher und deliktischer Haftung l24. Picker hat sogar dargelegt, daß eine Abgrenzung zur vertraglichen und zur deliktischen Haftung unmöglich ist und es sich folglich nicht um einen eigenständigen Haftungsgrund handeln kann 125 . Ferner läßt sich auch der Begriff des haftungsrelevanten Vertrauens nicht genau genug bestimmen. Daß ein allgemeines Vertrauen nicht genügt, ist sicher, denn jeder Rechtsträger vertraut darauf, daß seine Rechtsgüter nicht und - zwar auch nicht rein deliktisch - geschädigt werden l26 . Regelmäßig wird daher ein besonderes Vertrauen verlangtl27. Was aber Vertrauen "besonders" macht, läßt sich nicht hinreichend klar formulieren l28 . Zu Recht schreibt daher Loges: "Dem Vertrauen als einem in vielfacher Gestalt im Recht auf122 Frost, S 241, kommt freilich zu dem Ergebnis, daß sich die Nichtigkeitsvorschriften des BGB grundsätzlich nicht auf die Schutzpflichten erstreckten. 123 Alle drei Argumente von Medicus, BürgR, Rn. 203. 124 Pouliadis, S 76; Pa/andt-Heinrichs, § 276, Rn. 106. 125 Picker, AcP 183, 369,421 ff.; in diesem Sinne auch Horn, JuS 1995, 377, 387. 126 Vgl. Picker, AcP 183, 369. 421 f. und Hopt, AcP 183,608,641. 127 Etwa Horn, JuS 1995,377,378. 128 Vgl. Medicus, Probleme um das Schuldverhältnis, S 21; Loges, S 54 f1, zusammenfassend S 69 und S 190; Picker, AcP 183, 369, 420 f.; auch A/tenburger, WM 1994,1597,1607.

§ 3 Die Berechtigung der Rechtsfiguren

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tretender Grundsatz fehlt die Kraft, die haftungsrelevanten Fälle von allen übrigen zu scheiden. "129 Schließlich kann Vertrauen nicht nur Ursache, sondern auch Folge eines rechtlichen Sanktionsbefehls sein 13 o. Dies bleibt bei der Lehre vom einheitlichen gesetzlichen Schuldverhältnis unberücksichtigt. Zwar kann die dargestellte Lehre sehr gut erklären, warum bestimmte Schutzpflichten auch bei nichtigem Vertragsschluß bestehen können; gerade deswegen hat der grundlegende Aufsatz von Canaris l31 ja auch so viel Beachtung gefunden. Insgesamt überwiegen aber doch wohl die Bedenken.

2. Vertretung im Vertrauen und das "wirtschaftliche Eigentum" als sonstiges Recht im Sinne des § 823 I BGB Auf die Lehre vom einheitlichen gesetzlichen Schuldverhältnis aufbauend 132 , will Junker mit der "Vertretung im Vertrauen" nicht nur die Drittschadensliquidation ersetzen 133 , sondern auch den Vertrag mit Schutzwirkung fiir Dritte. Wie dargelegt, ist die V.i. V. aber abzulehnen: Sie ist nämlich dogmatisch nicht besser begründet als Drittschadensliquidation und Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte, der Vertreterwille ist zuweilen bloße Fiktion und die eigentliche Frage, unter welchen Voraussetzungen man Vertrauen schenken darf, wird nicht hinreichend beantwortet. Auch zu einer Vereinfachung kommt es nicht, da die Drittschadensliquidation in den Fällen deliktischer Schädigung weiter nötig bleibt; dies jedenfalls bei § 644 BGB, selbst wenn man der kühnen Anerkennung des "wirtschaftlichen Eigentums" als sonstiges Recht i.S.d. § 823 I BGB folgte.

129 Loges, S 190. 130 Picker, AcP 183, 369,428 f; vgl. auch § 3115 a.E.

131 Canaris, JZ 1965,475.

132 Vgl. insbes.

Junker, V.i.v., S 38 ff.

133 Vgl. dazu bereits § 3 12.b.

11. Vorschläge zur Ablösung des vertraglichen Drittschutzes

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3. Vertrag zugunsten Dritter Gänzlich ablehnend steht Ziegler dem vertraglichen Drittschutz gegenüber 134. Er versucht in teilweise recht temperamentvoller Argumentationsführung zu beweisen, daß der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte ein Produkt sozialistischen und zugleich nationalsozialistischen Gedankenguts sei und dem politischen Ziel diene, die Freiheit des Menschen als Persönlichkeit mit ursprünglichen Rechten einzuengen 135 . Ziegler meint, nach dem Haftungssystem des BGB seien Schadensersatzansprüche der Sekundärhaftung für Dritte ausgeschlossen, wenn ein Primärverhältnis zu ihren Gunsten nicht besteht. Vertragliche Pflichten könnten - außer beim Vertrag zugunsten Dritter nach § 328 BGB - nur zwischen den vertragschließenden Parteien entstehen; Haupt- und Nebenpflichten stünden in einem Abhängigkeitsverhältnis. Da es keine Schutzpflichten gegenüber Dritten gebe, denen keine Hauptleistung geschuldet werde, könne es auch keine Schadensersatzpflicht bei Verletzung einer solchen Nebenpflicht geben 136 . Um aber unbillige Ergebnisse zu vermeiden, zeigt sich Ziegler großzügig bei der Bejahung eines Vertrags zugunsten Dritter gemäß § 328 BGB. So betont er, daß ein Forderungsrecht eines Dritten durchaus stillschweigend vereinbart werden könne 137. Keineswegs sei die Annahme einer stillschweigenden Vereinbarung von vertraglicher Drittberechtigung als "Krücke" abzulehnen 138. Als entscheidenden Vorzug seiner Lösung sieht Ziegler es an, daß das Problem entfalle, beim Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte den Kreis der zu schützenden Dritten zu begrenzen. Gerade dies ist aber fraglich. In Wirklichkeit würden nämlich die Eingrenzungsschwierigkeiten nur verlagert. Statt die Voraussetzungen des Vertrags 134 Ziegler, JuS 1979, 328 fT. und in seiner Dissertation "Verträge mit Schutzwirkung zugunsten Dritter?", insbesondere S 53 ff.; ebenfalls gegen vertraglichen Drittschutz bereits sein Lehrer Ernst Wolf, SchuldR BT, § 18 A IV; auch Lorenz, JZ 1960, 108, 112 ff., sieht den Vertrag mit Schutzwirkung fUr Dritte als Mißbrauch des Vertragsrechts und will die behandelten DrittschadensfaI1e nur über das Deliktsrecht lösen; Zustimmung [mdet er bei Böhmer, MDR 1966, 468. 135 Ziegler,"Verträge mit Schutzwirkung zugunsten Dritter?", S 75 ff. 136 Ziegler, JuS 1979, 328, 330. 137 Ziegler, JuS 1979,328,331 und "Verträge mit Schutzwirkung zugunsten Dritter ?", S 80 ff. 138 So aber Larenz, NJW 1956, 1194.

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§ 3 Die Berechtigung der Rechtsfiguren

mit Schutzwirkung tUr Dritte zu diskutieren, stritte man nämlich um die richtige Vertragsauslegung hinsichtlich der Frage, ob ein Vertrag zugunsten Dritter vorliegt. Hierbei wäre mit Sicherheit nicht mehr Einigkeit zu erzielen, als beim Vertrag mit Schutzwirkung tUr Dritte. Außerdem geriete man bei Zieglers Lösung in ein Dilemma. Bei der Auslegung bestünde nämlich die große Gefahr, den Parteien einen fiktiven Willen zu unterschieben, um die gewünschten Ergebnisse zu erreichen. Wollte man aber vermeiden, dem Parteiwillen Gewalt anzutun, und beschränkte man sich deshalb auf eine zurückhaltende Auslegung, so würden oft Ergebnisse erzielt, die allgemein als unbillig gelten. Freilich besteht dieses Problem grundsätzlich auch beim Vertrag mit Schutzwirkung tUr Dritte. Immerhin kann man es dort mildem, indem man den vertraglichen Drittschutz nicht mit § 157 BGB begründet 139 , sondern auf § 242 BGB stützt l40 . Beim Vertrag zugunsten Dritter ist dies hingegen wohl kaum möglich 141. 4. Drittscbadensliquidation

Nach einer inzwischen wohl nicht mehr vertretenen Auffassung sollte die Verletzung von Schutz- und Fürsorgepflichten gegenüber Dritten im Rahmen der Drittschadensliquidation behandelt werden l42 . Dies erleichtere die Berücksichtigung eines Mitverschuldens des Gläubigers; außerdem müsse das Interesse des Schuldners beachtet werden, nur mit dem Gläubiger selbst zu tun zu haben, um mit der Kaufpreisforderung gegen diesen aufrechnen zu können. Ob die angetUhrten Gründe wirklich tragen, ist zweifelhaft. Denn die Rechtsprechung hat beim Vertrag mit Schutzwirkung tUr Dritte seit langem Mitverschulden des Gläubigers über eine analoge Anwendung des § 334 BGB berücksichtigt und so die Problematik befriedigend gelöst, wenn eine Anrechnung des Gläubigermitverschuldens sachgerecht war 143 . Sofern neben dem vertraglichen Anspruch ein eigener deliktischer Anspruch des Dritten besteht,

139 Vgl. etwa Ries, JA 1982, 453, 457. 140 So etwa Larenz, SchR AT, § 1711 und BGHZ 69,82; 86, 88; vgl. dazu § 5112. 141 Gegen Ziegler etwa auch Dickes, S 62. 142 Soergel-Reimer Schmidt, 10. Auflage, Vor § 328,

Rn. 17; ab der 11. Auflage, freilich mit neuem Kommentator, nicht mehr vertreten; Heiseke, NJW 1960, 77, 78; begrenzte Zustimmung ftlr ReimerSchmidt bei v.Caemmerer, ZHR 127,241 fT.,275. 143 Vgl. BGHZ 33, 249; BGH NJW 1965, 1757; BGH NJW 1975, 867; vgl. ferner RGRK-Ballhaus, § 328 Rn. 84.

II. Vorschläge zur Ablösung des vertraglichen Drittschutzes

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ist freilich Mitverschulden des Gläubigers nicht zu berücksichtigen l44 . Denn es ist wohl kaum daran vorbeizukommen, daß der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte dem Dritten nützen und nicht schaden soll.

§ 334 BGB greift ferner allgemein nicht bei gegenläufigen Interessen von Gläubiger und Drittem, weil die Vorschrift einen gewissen Gleichlauf der Interessen voraussetzt l45 . Dort wäre es aber gerade nicht sachgerecht, ein Mitverschulden des Gläubigers zu berücksichtigen. Daher spricht es sicher nicht für eine Lösung über die Drittschadensliquidation, daß mit ihr insoweit Gläubigermitverschulden besser berücksichtigt werden könnte. Auch das Argument, mangels Gegenseitigkeit der Forderungen sei beim Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte keine Aufrechnung möglich, schlägt nicht durch. Denn insofern kann ebenfalls über eine analoge Anwendung von § 334 BGB dem ersatzverpflichteten Schuldner ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB zuerkannt werden l46 . Der Schuldner ist damit hinreichend geschützt.

5. Culpa in contrahendo Canaris möchte den Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte teilweise durch die culpa in contrahendo ersetzen. Er entwickelt seinen Vorschlag anband von BGH JZ 1995, 306147 : Der Beklagte ist Bausachverständiger und erstattete ein Gutachten über ein Hausgrundstück, das zwn Verkauf stand. Die Verkaufsabsicht war ihm von seinem Auftraggeber, dem Eigentümer, mitgeteilt worden. Die Kläger kauften in Kenntnis des Gutachtens das Grundstück unter Ausschluß jeder Haftung des Verkäufers. Schließlich stellte sich heraus, daß das Hausgrundstück im Gutachten zu hoch bewertet war, weil der Beklagte den Dachspitzboden nicht in Augenschein genommen und der Verkäufer die dortigen Mängel verheimlicht hatte. Wären die Mängel bei 144 Medicus, NJW 1962, 2081 ff., insbesondere 2085 ff. und BürgR, Rn. 871; Zustimmung fUr Medicus u.a. bei Schreiber, Jura 1994, 164, 166; AA ist der BGH, etwa in NJW 1968, 1323 f. Nach Fallgruppen differenzieren will MünchKomm-Gottwa/d, § 328, Rn. 101 fI, mit weiteren Nachweisen. 145 Medicus, JZ 1995, 308, 309; im Ergebnis ebenso BGH JZ 1995, 306, 307, mit der schwerfälligen Begründung, die Vorschrift sei abbedungen; ähnlich Zieg/trum, S 212, 215, 217; vgl. dazu auch Canaris, JZ 1995, 441 ff. 146 Hieraufhat bereits Larenz, NJW 1960, 78, 80, hingewiesen. 147 Canaris, JZ 1995,441; ähnlichPfeW"er, LM H.311995 § 328 BGB Nr. 91,2 d, der einen Fall gesetzlicher Vertrauenshaftung annimmt.

§ 3 Die Berechtigtlllg der Rechtsfiguren

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der Erstatttmg des Gutachtens berücksichtigt worden, so hätten die Kläger das Grundstück nicht zu dem vereinbarten Preis gekauft.

Der BGH hat den Klägern Schadensersatz zugesprochen mit der Begründung, der Vertrag zwischen Verkäufer und Gutachter entfalte Schutzwirkungen zugunsten des Käufers.

Canaris ist damit wegen der "Gegenläufigkeit" der Interessen nicht einverstanden. Er hebt hervor, daß in den klassischen Fällen des vertraglichen Drittschutzes der Dritte dem primären Vertragsgläubiger besonders nahe steht. Davon sei die vorliegende Fallkonstellation denkbar weit entfernt, weil der Geschützte hier "auf der Gegenseite" oder "im Gegenlager" stünde l48 . Es sei wenig einleuchtend, Schutzwirkungen aus einem Vertrag auch zugunsten solcher Personen herzuleiten, deren Interessen in Gegensatz zu denen des Vertragspartners stünden 149. Canaris schlägt vor, stattdessen am Vertrag zwischen AuftraggeberNerkäufer und seinem Kontrahenten, d.h. dem Käufer, anzusetzen I50 . Der AuftraggeberNerkäufer bringe bei den Verhandlungen mit seinem potentiellen Käufer das Gutachten des Sachverständigen ein und damit spiele der Sachverständige eine wesentliche Rolle "in contrahendo". Nicht der Käufer sei damit also der Dritte, sondern der Sachverständige und nicht mehr der Schutz eines Dritten sei das Problem, sondern die Haftung eines Dritten - und zwar aus culpa in contrahendo. Canaris meint, der "Gerechtigkeitsgrund" für den Anspruch des Käufers bestehe darin, daß sein Vertrauen Schutz verdiene, weil er den Vertrag im Hinblick auf das Gutachten des Sachverständigen geschlossen habe und dieser dabei wissentlich oder zumindest für ihn erkennbar die Position des Verkäufers gefördert habe. Der Gutachter solle daher ebenso aus c.i.c. haften wie Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und andere berufsmäßige Sachkenner bei falschen Aussagen in Emissionsprospekten.

148 Canaris, JZ 1995,442. 149

Canaris, JZ 1995,443.

150 Canaris, JZ 1995,444 f.

II. Vorschläge zur Ablösung des vertraglichen Drittschutzes

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Fraglich ist, ob Canaris' Ausgangspunkt zutrifft, Verkäufer und Kaufinteressent hätten nur gegenläufige Interessen 151. Verkäufer und Käufer verbindet nämlich zunächst häufig ein objektives gemeinsames Interesse am Sparen: Die Transaktionskosten bei der Veräußerung des Grundstücks sollen möglichst niedrig bleiben und deswegen soll auf die Einholung eines zweiten Gutachtens verzichtet werden. Dies ist ein gemeinsames Interesse, weil fast immer die Abwicklungskosten des Verkaufs letztlich von beiden Parteien gemeinsam zu tragen sind. So zahlt zwar bei nur einem Gutachten häufig der Verkäufer dessen Erstellung; er wälzt aber regelmäßig über die Kalkulation seines Verkaufspreises einen Teil der Kosten auf den Käufer ab. Ähnlich ist es, wenn ein zweites Gutachten erstellt wird und allein der Käufer die Rechnung hierfür begleicht. Denn auch er wird regelmäßig diese Kosten in seine Kalkulation einbeziehen und deshalb nur einen geringeren Kaufpreis fiir das Grundstück zahlen. Darüber hinaus haben die Parteien wohl noch ein weiteres gemeinsames Interesse: Wenn beide Parteien den Wert des Schätzungsobjekts oder die wertbildenden Faktoren nicht genau kennen (was in der Mehrzahl der Fälle zutreffen dürfte), so sind regelmäßig beide daran interessiert, den tatsächlichen Zustand und Wert des Schätzobjekts zu erfahren. Denn beide benötigen ein richtiges Gutachten fiir die Entscheidung, ob sie zu den angebotenen Bedingungen veräußern, bzw. erwerben sollen. Es ist deshalb fraglich, ob der Verkäufer immer Interesse an einer möglichst hohen Schätzung und der Käufer stets Interesse an einer möglichst niedrigen Schätzung hat l52 . Dies wäre wohl nur dann der Fall, wenn feststünde, daß es zu einer Veräußerung kommt und das Gutachtenergebnis in den Vertrag wie in einen Lückentext eingesetzt würde. Es besteht aber fast immer die Möglichkeit, daß es wegen des Wertgutachtens zu keinem Vertrag kommt. Deswegen kann eine unrichtig hohe Schätzung unter besonderen Umständen auch dem Verkäufer schaden und eine unrichtig niedrige dem Kaufinteressenten.

151 AA Pfeiffer, LM H.311995 § 328 BGB Nr. 91,2 c: "keinerlei Interesse" des Verkäufers am Schutz des Käufers. 152 So aber Medicus, JZ 1995, 308.

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§ 3 Die Berechtigung der Rechtsfiguren Beispiel: Der Gutachter schätzt den Wert eines zum Verkauf stehenden Grundstücks auf DM 600 000, obwohl es in Wirklichkeit zum Zeitpunkt der Schätzung nur einen Marktwert von DM 500 000 hat. Der Eigentümer will nicht unter Wert verkaufen, der Kaufmteressent kann nicht mehr als DM 500 000 aufbringen. Der Verkauf kommt daher nicht zustande. Als der Eigentümer ein Jahr später das Grundstück veräußert, kann er nur noch einen Kaufpreis von DM 400 000 erzielen, da die hnmobilienpreise inzwischen gefallen sind und sein Grundstück nur noch einen Marktwert von DM 400 000 hat, wie ein zweites, zutreffendes Gutachten feststellt. Durch die Überschätzung beim ersten Gutachten ist dem Verkäufer damit ein Schaden von - Zinsen etc. außer Betracht lassend - DM 100 000 entstanden.

Ebenso kann der Kaufinteressent durch eine Unterschätzung geschädigt werden: Man denke sich etwa den Fall, daß ein Verkäufer nicht unter dem Preis verkaufen will, den er selbst bei Erwerb des Grundstücks zu zahlen hatte und der noch immer dem tatsächlichen Wert entspricht, während der Kaufinteressent nicht mehr zahlen will als das Grundstück laut Gutachten wert ist. Steigen dann in der Folgezeit die Preise und muß der Kaufinteressent später zu einern höheren Preis kaufen als dem tatsächlichen Wert zum Zeitpunkt der ursprünglichen Verhandlungen, so hat ihm die Unterschätzung geschadet. All dies gilt nicht nur bei Schätzungsfehlern, sondern vom Grundsatz her auch bei Ausübung des bei jeder Bewertung gegebenen Schätzungsermessens. Zwar geht insofern sicherlich der Wunsch eines jeden Verkäufers dahin, der Gutachter möge möglichst hoch schätzen, während der Kaufinteressent hofft, daß der Gutachter zu einem niedrigen Ergebnis kommt. Objektiv ist aber auch innerhalb des Ermessens eine hohe Bewertung nicht unbedingt im Interesse des Verkäufers und eine niedrige nicht unbedingt im Interesse des Käufers. Scheitert nämlich der Kauf wegen des Schätzergebnisses, so können die gleichen Schäden entstehen wie bei fehlerhaften Wertgutachten. Ein gemeinsames Interesse, den tatsächlichen Zustand und Wert des Schätzobjekts zu erfahren, liegt freilich nicht vor, wenn eine Vertragspartei Zustand und Wert gut genug kennt, um kein Interesse an weiterer Information zu haben. Eine solche wissende Partei kann nur noch zwei sich gegenseitig ausschließende Interessen an einem Gutachten haben: Entweder Bestätigung ihrer zutreffenden Erklärungen zu Zustand und Wert des Objekts durch eine zutreffende Schätzung oder Bestätigung ihrer wissentlich unzutreffenden Erklärungen durch eine unzutreffende, sie begünstigende Schätzung (Fälle mit Täuschungsabsicht) 153 . 153 So inBGH JZ 1995, 306.

ll. Vorschläge zur Ablösung des vertraglichen Drittschutzes

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Das erste Interesse, Bestätigung zutreffender Angaben, teilen beide Parteien; denn gerade auch der Käufer ist ja daran interessiert, sich nicht nur auf die Worte des Verkäufers verlassen zu müssen. Bei den Fällen mit Täuschungsabsicht sind die Interessen hingegen wirklich gänzlich gegenläufig. Denn der Auftraggeber des Gutachters will ein falsches Gutachten und die andere Partei möchte ein zutreffendes Gutachten, dem sie den tatsächlichen Wert entnehmen kann. Hier greift aber das Argument des BGH, daß der innere Wille verborgen geblieben ist und deshalb keine Auswirkungen auf den Drittschutz haben kann 154. Zusammenfassend läßt sich also sagen: Der Käufer ist dem Verkäufer durch das gemeinsame Interesse nahe, die Transaktionskosten gering zu halten und regelmäßig auch durch das gemeinsame Interesse, eine verläßliche Tatsachengrundlage fiir die Veräußerungs- bzw. Erwerbsentscheidung zu erhalten, sowie gegebenenfalls durch das gemeinsame Interesse, zutreffende Angaben gutachterlich bestätigen zu lassen. Besteht Täuschungsabsicht und sind damit die Interessen gänzlich gegenläufig, so ist dies unbeachtlich, da der innere Wille verborgen bleibt l55 . Daß der Käufer dem Verkäufer durch die gemeinsamen Interessen nahe steht, kann man durchaus fiir das Tatbestandsmerkmal "Gläubigernähe" ausreichen lassen. Daher ist keine Veranlassung gegeben, die Gutachterfälle aus dem vertraglichen Drittschutz herauszunehmen und sie mit Hilfe der culpa in contrahendo zu lösen. Überdies gibt es noch zwei weitere Bedenken gegen Canaris' Lösung über die culpa in contrahendo. So ist fraglich, ob wirklich der "Gerechtigkeitsgrund" fiir den Anspruch des Käufers darin liegt, daß dessen Vertrauen Schutz verdient, weil er den Vertrag im Hinblick auf das Gutachten geschlossen hat und der Gutachter wissentlich oder zumindest fiir ihn erkennbar die Position des Verkäufers gefördert hat. Gegen einen solchen "Gerechtigkeitsgrund Vertrauen" spricht, daß man ebenso gut annehmen könnte, zunächst lege die Rechtsordnung fest, ob dem Käufer bei Begutachtungsfehlern ein eigener Anspruch zustehen solle oder nicht. Je nachdem, wie die Rechtsordnung diese Frage entscheide, werde sich der Käufer auf den vom Verkäufer beauftragten Gutachter verlassen und ihm vertrauen oder nicht. Ob nun zuerst das Vertrauen der Käufer da war oder vielmehr

154 BGH JZ 1995, 306. 155 Siehe BGH JZ 1995, 306.

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§ 3 Die Berechtigung der Rechtsfiguren

der Schutz durch die Rechtsordnung, läßt sich nicht sagen i56 . Das Vertrauen ist hier deshalb kein verläßlicher Gerechtigkeitsgrund. Es wäre wohl nicht weniger "gerecht", wenn sich die Rechtsordnung entschlösse, den Dritten nicht zu schützen und dieser sich deshalb nicht auf den Gutachter des Verkäufers verlassen und ihm nicht vertrauen könnte. Denn der Käufer könnte sich selber schützen, indem er einen eigenen Gutachter beauftragte. Dies zeigt zum einen, daß es keinen "Gerechtigkeitsgrund" für den Schutz des Dritten gibt, und führt zugleich zum eigentlichen Grund für einen eigenen Anspruch des Dritten: Effizienz. Dem Dritten einen eigenen Anspruch zu verwehren, hätte nämlich eine bedenkliche Folge: Es käme zu einer Verschwendung von Ressourcen. Müßten sich nämlich Käufer und Verkäufer jeweils ein eigenes Gutachten erstellen lassen, so führte dies zu einer wesentlichen Erhöhung des Aufwands. Dem stünde aber kein entsprechender Vorteil durch eine verläßlichere Werteinschätzung gegenüber. Vielmehr wären im Gegenteil die Gutachter geneigt, eine für ihren jeweiligen Auftraggeber vermeintlich günstige Bewertung vorzunehmen, da sie der anderen Partei des Kaufvertrags ja nicht hafteten. Die Unterschiede in der Beurteilung würden zu Auseinandersetzungen und damit zusätzlichen Effizienzverlusten führen i57 . Rechtssätze sollten aber möglichst so gestaltet sein, daß sie eine effiziente Verteilung von Ressourcen begünstigen l58 . Der Grund für den Anspruch besteht also in Effizienzgesichtspunkten und nicht in Vertrauensgesichtspunkten, die für eine Lösung über die c.i.c. sprächen. Schließlich bestehen auch zur Haftung von Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern und anderen berufsmäßigen Sachkennern bei Emissionsprospekten wesentliche Unterschiede.

156 Auch Picker, AcP 183, 369,428 f, sieht, daß Vertrauen nicht nur Grund, sondern auch Folge eines rechtlichen Sanktionsbefehls sein kann. 157 Dies gilt entsprechend filr den Fall von OLG Celle, WM 1994, 996. 158 Dieser Gesichtspunkt wurde vor allem im amerikanischen Recht herausgearbeitet, vgl. etwa FarnsworthIYoung, Contracts, S 16 ff.. Eine Zusammenfassung der deutschen Literatur hierzu gibt Roussos, S 207 ff.. Vgl. jetzt auch Eidenmüller, S 488, der freilich der Auffassung ist, bei der Auslegung und Fortbildung des geltenden Rechts könne der Eflizienzgedanke nur eine beschränkte Rolle spielen.

ll. Vorschläge zur Ablösung des vertraglichen Drittschutzes

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Dort erscheint der Prospekt nämlich unter dem Namen des Emittenten und die Sachkenner helfen nur bei dessen Erstellung. Bei den Gutachterfällen handelt es sich hingegen um das alleinige Arbeitsergebnis des Gutachters. Während also bei Prospekten der Sachkenner den Emmittenten unterstützt und daher klar auf dessen Seite steht, erstellt der Gutachter ein eigenes Produkt, wozu er lediglich vom Verkäufer veranlaßt worden ist. Darüber hinaus ist die Prospekthaftung anhand der besonderen und eigenartigen Gefahr entwickelt worden, die unrichtige Prospekte für Kapitalanleger darstellen i59 . Sie kann daher nicht ohne weiteres als Vorbild für andere Bereiche dienen.

6. Ergebnis Auch das Institut des Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte ist unentbehrlich und nicht durch andere Rechtsinstitute zu ersetzen.

159 Vgl. etwa aus jüngerer Zeit BGH VersR 1995, 181 und Hom, JuS 1995, 377, 384 ff. S Traugott

§ 4 Bisherige Abgrenzungsversuche Weitgehend besteht Einigkeit darüber, daß es einer Abgrenzung des vertraglichen Drittschutzes von der Drittschadensliquidation bedarf!. Vor allem Söllner vermag hingegen nicht einzusehen, daß eine Konstruktion die andere von vornherein ausschließen so1l2. Gegen ein Nebeneinander der beiden Rechtsfiguren spricht jedoch: Bejaht man beide Institute gleichzeitig, kommt es zunächst zu einer Haftungskumulierung, da sich der Schädiger dann gleichzeitig zwei Gläubigern mit jeweils eigenem Anspruch gegenübersieht. Zwar lassen sich die damit verbundenen Probleme lösen, wenn man einen Fall der Gesamtgläubigerschaft nach § 428 BGB annimmt3 . Zweifelhaft erscheint aber doch, ob es sinnvoll ist, diese Schwierigkeiten durch eine Kapitulation vor der Abgrenzungsfrage überhaupt erst heraufzubeschwören. Hinzukommt, daß Söllners Auffassung in sich widersprüchlich ist. Denn Sö/lner hält an der Schadensverlagerung als Spezifikum der Drittschadensliquidation fest und erkennt zugleich, daß es beim Vertrag mit Schutzwirkung rur Dritte um eine Risikoerhöhung geht4. Schadensverlagerung und Risikoerhöhung können aber bei richtiger Betrachtungsweise nicht zugleich vorliegen 5•

! Vgl. die im folgenden besprochenen Autoren.

2 Söllner, JuS 1970, 159, 164; ihm für einen Fall folgend Palandt-Heinrichs, § 328, Rn. 19; für ein Nebeneinander der beiden Rechtsfiguren auch Soergel-Mertens, Vor § 249, Rn. 249. 3 Vgl. BGH NJW 1985,2412. 4 Söllner, JuS 1970, 159, 163 und 164. 5 Vgl. § 5 IV 4.

I. Vennögensschäden Wld Personenschäden

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I. Vermögensschäden und Personenschäden Ursprünglich zogen Rechtsprechung und ihr folgend die Literatur6 eine recht klare Abgrenzungslinie: Die Drittschadensliquidation wurde zum Ersatz von Sach- und Vermögensschäden herangezogen7, während über den Vertrag mit Schutzwirkung fiir Dritte Personenschäden ersetzt wurden8 . In der Folgezeit erkannte man jedoch, daß es sich bei dieser Abgrenzung um einen "dogmengeschichtlichen Zufall"9 handelte und sie einer sachlichen Rechtfertigung entbehrte. Die Unterscheidung wurde daher von der Rechtsprechung wieder aufgegeben 10 . Auch hierin folgte die Literaturli. Dies zu Recht. Denn § 249 BGB als Dreh- und Angelpunkt des deutschen Haftungsrechts differenziert nicht nach Sach- und Vermögensschäden einerseits und Personenschäden andererseits. Auch sonst ist keine Rechtfertigung fiir eine solche Unterscheidung ersichtlich. Dies gilt bei Beteiligung eines Dritten ebenso wie bei reinen Zweietbeziehungenl2 .

11. Personelle und sachliche Ziel richtung des Vertrags Für die Abgrenzung wurde auch unmittelbar am Vertrag angesetzt. Sofern ein Vertrag "personell drittbezogenen Inhalt" habe, komme ein Vertrag mit Schutzwirkung fiir Dritte in Betracht, bei einem "sachlich drittbezogenem Vertrag" hingegen nur die Drittschadensliquidation13 . Ein personeller Drittbezug soll dabei vorliegen, wenn nach dem Vertragsinhalt die Wirkungen des

6 Etwa Gemhuber, lZ 1962, 553.

27,118, 126; RGZ 58, 39,42; BGHZ 15,224,229. 91, 21, 24; RGZ 127,218,222; BGHNJW 1956,1193. 9 Lorenz, lZ 1966, 143. 10 BGHZ 49, 350, 354 f.; BGH NJW 1968, 1929, 1931; BGH WM 1979, 307, 308; OLG Nürnberg MDR 1974 , 401; vgl. jetzt erneut BGH FamRZ 1994, 102l. II Etwa Berg, NJW 1968, 1325 f.; Söllner, luS 1970, 159, 164; Canaris, lZ 1968, 494, 499 Fn. 40; MÜllchKomm-Gottwald, § 328, Rn. 95; Erman-Westermann, § 328, Rn. 16; Gemhuber, BürgR, § 16 II 2 e. 12 Ebenso Puhle, S 106; Winteifeld, S 109; Urban, S 165. 13 W.D. Lange, S 62 ff.. Am Vertrag setzt auch Gemhuber, Festschrift ftI.r Nikisch, S 249, 270 an; er behandelt hierbei jedoch nicht die Abgrenzungsproblematik. BGH NJW 1985, 2411, 2412 lehnt einen Vertrag mit Schutzwirkung ftI.r Dritte ab, da allein 7 Etwa RGZ 8 RGZ

"sachbezogene" Vertragspflichten des Schuldners vorgelegen hätten.

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§ 4 Bisherige Abgrenzungsversuche

Vertrags nicht nur den Gläubiger, sondern gerade auch den Dritten treffen sollen. Einen sachlichen Drittbezug - so W.D. Lange - hat der Vertrag hingegen dann, wenn er nur auf den Schutz von Sachen, einschließlich der Sachen eines Dritten, gerichtet ist. Hiergegen ist einzuwenden, daß Schuldverhältnisse nicht entweder personell oder sachlich ausgerichtet sind l4 . Vielmehr beziehen sich etwa die Schutzpflichten meist sowohl auf die Person, als auch auf Sachen. Daher fUhrt die genannte Abgrenzung auch bei der konkreten Anwendung in vielen Fällen zu keiner klaren Lösung. Mag man noch bei einem Arztvertrag behaupten können, er sei eher personenbezogen, und bei einem Verwahrungsvertrag, bei ihm stehe ein sachbezogenes Interesse im Vordergrund, so ist dies etwa bei einem Beförderungs- oder Beherbergungsvertrag schon nicht mehr möglich. Denn in beiden Fällen ist der Vertrag gleichermaßen auf den Schutz von Person und Sachen gerichtet.

III. Personenrechtlicher Einschlag Verwandt mit dem soeben besprochenen Vorschlag ist der Versuch, die Wohl- und Wehe-Rechtsprechung l5 des BGH bei der Abgrenzung nutzbar zu machen. So hatte besonders Berg sich im Jahre 1969 rur die Abgrenzung noch wesentlich auf die Wohl- und Wehe-Rechtsprechung gestützt l6 . Auch in NJW 1978. 2018 f hält er - obwohl er bereits auch das Risiko als Abgrenzungskriterium erkennt 17 - den personenrechtlichen Einschlag noch rur erforderlich, um die Institute voneinander abzugrenzen 18. Er meint, bei personenrechtlichem Einschlag sei der Vertrag mit Schutzwirkung rur Dritte anzuwenden. Wenn es sich ausschließlich um "sachbezogene Vermögensinteressen" handele, liege hingegen ein Fall der Drittschadensliquidation vor l9 . Zunächst bleibt unklar, in welchem Verhältnis Berg die dargestellte Abgrenzung zu seinen Erkenntnissen über das unterschiedliche Risiko bei den 14 Ablehnend auch Urban, S 166; Puhle, S 109 f.; Winter/eid, S 110 ff. 15 Vgl. oben § 2 III. 16 Berg, NJW 1969, 1172 f. 17 NJW 1978,2018. 18 NJW 1978,2019. 19 In MDR 1969,613,616 verwendet Berg das Begriffspaar "vennögensrechtliche Interessen" und "persönliches Interesse".

IV. Sach- Wld Interessengerechtigkeit der Konstruktion

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Rechtsinstituten sieht. Vor allem aber ist inzwischen klar, daß der BGH jedenfalls bei primären Vermögensschäden kein Einstehenmüssen für Wohl und Wehe des Dritten verlangt20. Der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte in seiner heutigen Gestalt bestimmt sich somit nicht durch den personenrechtlichen Einschlag. Als entscheidendes Kriterium für die Abgrenzung taugt die Einstandspflicht für Wohl und Wehe des Dritten daher nicht mehr.

IV. Sach- und Interessengerechtigkeit der Konstruktion Canaris fordert für die Abgrenzung ein pragmatisches Vorgehen. Man solle beim praktischen Hauptunterschied der beiden Rechtsfiguren ansetzen, nämlich daran, daß beim vertraglichen Drittschutz der Dritte unmittelbar Inhaber des Anspruchs ist, während bei der Drittschadensliquidation der Verletzte den Schadensersatzanspruch für den Dritten geltend macht oder diesem den Anspruch abtritt21 . In GrenzfaIlen, in denen tatbestandlich beide Konstruktionen in Betracht kämen, solle man darauf abstellen, ob die Zwischenschaltung des Verletzten als Anspruchsinhaber und die daraus folgende Abtretungslösung sach- und interessengerecht seien. Im Bankrecht stelle es etwa regel eine unbillige Belastung des Kunden dar, wenn man diesen vor die Notwendigkeit stelle, erst gegen seine Bank und u. U. sogar noch eine weitere Bank vorgehen zu müssen22 . Dies gelte um so mehr, als Kreditinstitute erfahrungsgemäß eine beträchtliche Zurückhaltung an den Tag legten, wenn ihr Kunde gegen eine andere Bank vorgehen wolle. Als Gegenbeispiel, in dem die Zwischenschaltung des Verletzten sachgerecht sei, fuhrt Canaris die Kommission an23 .

Bei dieser Abgrenzung ist fraglich, ob nicht allzu häufig verläßliche Anhaltspunkte dafür fehlen, welche Konstruktion sach- und interessengerecht ist. Dies gilt etwa ganz allgemein für die durchaus häufigen Fälle, in denen der Verletzte und der Dritte keinerlei entgegengesetzte Interessen haben und in 20 Etwa BGH NJW 1984, 355; BGH NJW 1985, 489; BGH VersR 1989, 375, 376; vg1 auch Damm, JZ 1991, 373, 377; Breinersdoifer, Haftung filr Kreditauskünfte, S 123, Wld bereits oben § 2 III. 21 Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 26 Wld 2. Festschrift filr Larenz, S 27 ff., 99 f. In JZ 1993, 377, 380, beschreibt Canaris jedoch die Drittschadensliquidation mit "SchadensverlagerWlg im Gegensatz zur Schadenskwnulierung". Dies deutet auf eine Abgrenzung nach dem Risiko hin. 22 Ähnlich filr den von ihm entdeckten Werkverschaffungsvertrag Fikentscher, AcP 190, 34, 100, Fn. 109. 23 Canaris, 2. Festschrift filr Larenz, S 27 ff., 99.

§ 4 Bisherige Abgrenzungsversuche

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diesem Sinne in einem Lager stehen24 . So macht es etwa bei Schädigung einer Ehefrau unter dem Gesichtspunkt der Sach- und Interessengerechtigkeit in der Regel keinen Unterschied, ob der Ehemann als Mieter den Anspruch gegen den Vermieter geltend macht, bzw. der Ehefrau einen solchen Anspruch abtritt oder ob die Ehefrau aus eigenem Recht gegen den Vermieter vorgeht25 . Selbst in Fällen, in denen zwischen Verletztem und Dritten ein gewisser Interessengegensatz besteht, lassen sich meist nur schwer deutliche Anhaltspunkte darur fmden, was sach- und interessengerecht ist; vielmehr ist wegen der Allgemeinheit des Kriteriums den persönlichen Gerechtigkeitsvorstellungen des jeweiligen Rechtsanwenders weiter Raum gegeben: So fmdet etwa Breinersdorje,16 im Gegensatz zu Canaris, daß im Verhältnis Hausbank - Korrespondenzbank - Kunde die Drittschadensliquidation die sachgerechtere Lösung darstelle. Dabei legt er überzeugend dar, daß der Geschädigte in der Regel auch beim Vertrag mit Schutzwirkung rur Dritte auf die Kooperation seiner Hausbank angewiesen ist, weil er oft nur von ihr die Person des Schädigers erfahren kann27 . In der zweiten Festschrift rur Larenz28 ruhrt Canaris zur Präzisierung der Sach- und Interessengerechtigkeit zwar an, es komme auf den Surrogationscharakter des Schadensersatzanspruchs an; eine Lösung über die Drittschadensliquidation sei nur gerechtfertigt, wenn der Verletzte Einwendungen und Gegenansprüche gegen den Geschädigten haben könne 29 . Zu Recht nimmt Canaris aber diese Argumentation später nicht mehr ausdrücklich auf30 . Denn erstens ist bei anerkannten Fällen der Drittschadensliquidation, wie etwa der Vermächtniskonstellation oder dem unerfiillten Schenkungsversprechen, in der Regel kein Surrogationscharakter ersichtlich. Und zweitens ergibt sich der konstruktive Unterschied aus den Voraussetzungen der Rechtsinstitute und ist deshalb nicht allein von allgemeinen Wertungsgesichtspunkten wie dem Surrogationscharakter abhängig: So fmdet etwa die Drittschadensliquidation ihre Begründung in der zufälligen Schadensverlagerung, welche dem Schädiger nicht zugute kommen darf. Diese darf man bei der Schadensberechnung nicht 24 Vgl. zum Interessengleichlaufbeim Vertrag mit Schutzwirkung flir Dritte § 3 11 5. 25 Zum von Canaris nicht angeflihrten Problemkreis Konkursrisiko vgl. § 5 VII.

26 Breinersdorfer, Haftung flir Kreditauskünfte, S 153 ff. 27 Vgl. hierzu auch § 5 VI 2. 28 S 23 ff., 99 f. 29 Vorsichtige Zustimmung bei Möschel, AcP 186, 187, 223; ablehnend hingegen Breinersdorfer, Haftung für Kreditauskünfte, S 152 ff. 30 Bankvertragsrecht, Rn. 26.

v. Zufälligkeit und Erkennbarkeit

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berücksichtigen. Damit ergibt sich zwangsläufig ein Schadensersatzanspruch beim Verletzten. Canaris' Betrachtungsweise läßt hingegen die unterschiedlichen Voraussetzungen außer Betracht. Aber nur wenn die Voraussetzungen der Rechtsfiguren dieselben wären, könnte man allein darauf abstellen, welche Konstruktion nach dem Wertungsgesichtspunkt des Surrogationscharakters passender erscheint31 .

v. Zufälligkeit und Erkennbarkeit Neuerdings hat Hirth vorgeschlagen, für die Abgrenzung auf das Begriffspaar Zufälligkeit und Erkennbarkeit abzustellen. Dabei will er "Zufälligkeit" im Sinne von "für den Schuldner zufällig" verstanden wissen32 . Sei der Schadenseintritt beim Dritten für den Schädiger zufällig, so impliziere dies, daß der Schädiger die Schädigung des Dritten nicht habe voraussehen können und es damit an der Erkennbarkeit fehle, die Voraussetzung des vertraglichen Drittschutzes ist. Und weiter:"[K.]onnte der Schuldner die ... Leistungsnähe infolge objektiver Drittbezogenheit erkennen, war der Schaden des Dritten für ihn nicht mehr zufällig. Ist der Tatbestand des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter erfüllt, so schließt dies eine Drittschadensliquidation aus". Sei kein Vertrag mit Schutzwirkung fiir Dritte gegeben, so müsse man prüfen, ob es sich um einen Anwendungsfall der Drittschadensliquidation handle. Zur Illustration fUhrt Hirth aus: "Für das Beispiel der 'Lagerhalterfälle' bedeutet dies: war der Mietvertrag fiir den Vermieter erkennbar (auch) auf die Einlagerung von Gegenständen fremden Eigentums gerichtet, so trifft ihn eine mietvertragliche Haftung auch unmittelbar gegenüber den Eigentümern der eingelagerten Sachen. Kommt das Gericht zu der Überzeugung, daß der Vermieter die Sachlage nicht erkennen konnte, so bleiben die geschädigten Einlagerer auf die Drittschadensliquidation angewiesen. " An Hirths Ausfiihrungen ist sicher richtig, daß beim Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte Erkennbarkeit verlangt wird, während man bei der Drittschadensliquidation fordert, der Schaden müsse für den Schädiger zufällig gerade beim Dritten eintreten.

31 Zur Frage, ob das Abtretungserfordemis allgemein ein Nachteil der Drittschadensliquidation ist, vgl. § 5 VI 2. 32 Hirth, S 140 tT., insbesondere S 143 f, und zusammenfassend S 189.

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§ 4 Bisherige Abgrenzungsversuche

Jedoch kann man Hirth nicht darin folgen, daß "Erkennbarkeit" und "Zuflilligkeit" in Gegensatz zueinander stünden und die Rechtsfiguren einander deshalb tatbestandlich ausschlössen 33 . Dies hieße nämlich "Zuflilligkeit" im Sinne der Drittschadensliquidation als "Nicht-Erkennbarkeit" zu verstehen und diese zur Tatbestandsvoraussetzung der Drittschadensliquidation zu machen. Es ist aber kein Grund ersichtlich, warum eine Drittschadensliquidation ausscheiden sollte, nur weil der Schädiger erkennen konnte, daß der Dritte beteiligt ist und dessen Rechtsgüter geflihrdet sind34 . Soll etwa beim Versendungskauf - bei dem ein Vertrag mit Schutzwirkung filr Dritte tatbestandlich ausscheidet - der Versendungskäufer auf seinem Schaden sitzen bleiben, nur weil der Transporteur erfahren hat, daß die Sendung an einen Käufer geht? Das wäre offensichtlich ein gänzlich ungereimtes Ergebnis. Die Zuflilligkeit darf man daher nicht als Tatbestandsvoraussetzung im Sinne von "Nicht-Erkennbarkeit" ansehen; man muß sie vielmehr als kalkulatorische Bedeutungslosigkeit begreifen3S . Bei einem solchen Verständnis der Zuflilligkeit ist der Abgrenzung von Hirth aber der Boden entzogen.

VI. Schadensverlagerung und Risikovermehrung Nach herrschender Meinung36 liegt das Charakteristikum der Drittschadensliquidation darin, daß sie eine rur den Schädiger zuflillige Schadensverla-

33 Die Rechtsfiguren schließen einander vielmehr aus einem anderen Grunde aus, vgl. § 5 IV 4. 34 Auch nach EnnecceruslLehmann, SchR, § 17 I 2c, und Reinhardt, S 129, darf es für die Anwendung der Drittschadensliquidation nicht darauf ankommen, ob der Schädiger vom Interesse des Dritten Kenntnis hatte. 3S Vgl. § 4 VI und § 5. 36 BGH NJW 1968, 1931; BGHZ 51, 91, 95; Medicus, BürgR, Rn. 841; StaudingerMedicus, § 249, Rn. 191.; Sonnenschein, JA 1979, 225, 230; Schwerdtner, Jura 1980, 493,496; Ries, JA 1982,453,458; Erman-Kuckuk, Vor § 249, Rn. 138; Gernhuber, BürgR, § 16 I 6 und 11 2 b, der freilich in Das Schuldverhältnis, § 21 I 5 c, einen anderen Standpunkt vertritt; ähnlich Berg, JuS 1977,363, 366 und NJW 1978, 2018, vgl. auch NJW 1968, 1325 f., NJW 1969, Iln f., MDR 1969,613 ff.; Rebe, JA 1979, 148, 149; Lange, Schadensersatz, § 8 IV; MünchKomm-Grunsky, Vor § 249, Rn.1I7; Soergel-Hadding, Anh. zu § 328, Rn. 11; Strauch, JuS 1982,823,825; v. Caemmerer, ZHR 127,241,275; Jost, S 171 und 173; im wesentlichen auch Hölscheidt, S 310 ff.; auch Schlechtriem, SchR AT, Rn. 246, hält es rur ein Kennzeichen der Drittschadensliquidation, daß bei ihr das Haftungsrisiko nicht erhöht ist.

VI. SchadensverlagefWlg wtd Risikovennehnmg

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gerung37 ausgleichen will. Hierbei werde - so die herrschende Meinung - das kalkulierbare Risiko des Schädigers nicht erhöht. Der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte hingegen führe zu einer Risikovennehrung, da der Schädiger nicht nur für Schädigungen des Dritten hafte, sondern auch in Anspruch genommen werden könne, wenn der Gläubiger geschädigt wird. Konstruktiv liege der Unterschied zwischen Drittschadensliquidation und Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte darin, daß bei der Drittschadensliquidation der Schaden zur Anspruchsgrundlage, beim Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte die Anspruchsgrundlage zum Schaden gezogen werde3 8 . Es wird angenommen, daß die Voraussetzungen beider Institute zugleich gegeben sein können39 . In einem solchen Fall will die herrschende Meinung4° dem Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte den Vorrang gewähren: "Wenn die Auslegung zu einem dieser Ergebnisse führt (Anm. des Verfassers: Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte oder Vertrag zugunsten Dritter), bedarf es der Drittschadensliquidation nicht mehr, weil der Dritte dann einen eigenen Vertragsanspruch hat. "41 Die Bestimmung des Verhältnisses von Drittschadensliquidation und Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte nach den Kriterien Schadensverlagerung und Risikovennehrung führt in den meisten Fällen zu befriedigenden Ergebnissen. Die Abgrenzung nach der herrschenden Meinung hat jedoch auch zahlreiche Fragen aufgeworfen, die einer Klärung bedürfen. Dies bedeutet aber nicht, daß die herrschende Meinung abzulehnen wäre. Vielmehr ist die Lö-

37 Auf die Schadensverlagerwtg als zentrales Element bei der Abgrenzwtg stellen auch ab Kümmeth, S 205 fT.; Winteifeld, S 200 fT.; Puhle, S 117, wtd Urban, S 169 fT., die jedoch in manchem von der herrschenden Meinwtg abweichen wollen. 38 Medicus, BürgR, Rn. 839. 39 BGHZ 49, 350, 353; Soergel-Hadding, Anh. § 328, Rn. 12; Medicus, SchR AT, Rn. 610; Söllner, JuS 1970, 159, 163; wohl auch Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 44 f wtdRn.395. 40 Medicus, SchR AT, Rn. 610; MÜllchKomm-Gottwald, § 328, Rn. 96; Musielak, VersR 1977, 973, 978; Ries JA 1982, 453, 458; Strauch, JuS 1982, 823, 825; Gemhuber, Das Schuldverhältnis, 21 15 b wtd BürgR § 16 II 2 b; Lake, JuS 1993, 831, 835; Puhle, S 117 fT. wtd Hölscheidt, S 312 f, verneinen hingegen die Möglichkeit einer Konkurrenz; ftlr Vorrang der Drittschadensliquidation Soergel-Hadding, Anh. § 328, Rn. 12; Hohloch, FamRZ 1977, 530, 531; bzgl. des bargeldlosen Zahlwtgsverkehrs Hadding, Festschrift ftlr Werner, S 165, insbesondere S 174, 199; Berg, JuS 1977, 363, 366; v. Caemmerer, Festschrift ftlr Wieacker, S 311, 320; ftlr ein Nebeneinander beider Rechtsfiguren Palandt-Heinrichs, § 328, Rn. 19; Söllner, JuS 1970, 159, 163. 41 Medicus, SchRAT, Rn. 610.

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§ 4 Bisherige Abgrenzungsversuche

sung durch Ermittlung der Schwachstellen und entsprechende Ergänzung und Ausfonnung zu finden.

§ 5 Weiterentwicklung und Ergänzung der Abgrenzung Es heißt, die Drittschadensliquidation sei auf die anerkannten Fallgruppen zu begrenzen, da sonst ein schrankenloser Einbruch in das Dogma vom Gläubigerinteresse drohe!. Nimmt man dies ernst, so stellt sich die Abgrenzungsfrage nur, wenn ein Fall zu einer dieser Gruppen gehören kann. Andernfalls scheidet die Drittschadensliquidation von vornherein aus. Ebenso ist die Abgrenzung nur problematisch, wenn ein (u.U. auch nichtiger) Vertrag oder zumindest ein vorvertragliches Vertrauensverhältnis vorliegt. Denn nur dann kommt ein Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte in Betracht. Geht man von den anerkannten Fallgruppen aus, so verengt sich damit die Abgrenzungsproblematik auf die seltenen2 Konstellationen, in denen ein Fall zu einer anerkannten Fallgruppe der Drittschadensliquidation gehören kann und gleichzeitig ein Vertrag oder ein vorvertragliches Vertrauensverhältnis vorliegt. Sich hierauf zu begrenzen, hieße aber, die Problematik unzulässig verkürzen. Denn es gibt keinen Grund dafür, die Drittschadensliquidation von vornherein strikt auf den bisherigen Bereich zu beschränken3 . Sofern nämlich eine für den Schädiger zuflillige Schadensverlagerung vorliegt und das Haftungsrisiko nicht erhöht wird, ist die Durchbrechung des Dogmas vom Gläubigerinteresse grundsätzlich auch außerhalb der anerkannten Fallgruppen gerechtfertigt. Insofern kann man von einem allgemeinen Rechtsgedanken sprechen. Ob es sich im einzelnen Fall freilich wirklich um eine zuflillige Schadensverlagerung handelt und das Haftungsrisiko wirklich nicht erhöht ist, muß stets geprüft werden. Ebenso ist mit großer Behutsamkeit zu untersuchen, ob der Schaden des Dritten wirklich ersetzt werden muß, um unbillige Ergebnisse ! Vgl. etwa v. Caemmerer, ZHR 127, 241, 274, und Medicus, SchR AT, Rn. 615.

2 Auch Ries, JA 1982, 453, 458, weist darauf hin, daß die Konkurrenzfälle selten sind, wenn man von den anerkannten Fallgruppen ausgeht. 3 Die Möglichkeit einer Drittschadensliquidation in anderen Fällen bejahen etwa auch MünchKomm-Grunsky, Vor 249, Rn 117; Kollhosser, AcP 166, 277, 303 ff.; Hohloch, FamRZ 1977,530,533.

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§ 5 Weiterentwicklung und Ergänzung der Abgrenzung

zu venneiden. Denn eine sinnvolle Beschränkung ist wesentlich fUr die Legitimität des Arguments, daß der Schädiger nicht unbillig entlastet werden darF. Wie insoweit bei den einzelnen Konstellationen zu entscheiden ist, bildet freilich nicht den Gegenstand der vorliegenden Untersuchung. Für das gestellte Thema von Bedeutung ist aber die Erkenntnis, daß die Abgrenzungsfrage allgemein zu stellen und nicht in der dargelegten Weise zu beschränken ist.

I. Die Begriffe Die Unterscheidung der herrschenden Meinung beruht auf dem Begriffspaar "Schadensverlagerung" und "Risikovennehrung"5. Dem ist nicht zu folgen. Durch ein schädigendes Ereignis verwirklicht sich das Risiko eines möglichen Schadens und U.U. einer Haftung; es entsteht der Schaden selbst und möglicherweise tritt ein Haftungsfall ein. Spricht man von "Schadensverlagerung", stellt man also auf den Zeitraum nach einem schädigenden Ereignis ab, redet man dagegen von "Risikovennehrung", so bezieht man sich auf den Zeitraum vor dem schädigenden Ereignis. Die Begriffe betreffen somit zwei verschiedene Zeiträume. Dies ist fUr die Abgrenzung ungünstig. Es ist zudem von der herrschenden Meinung gar nicht gewollt. Denn sie stellt auch bei der Drittschadensliquidation auf die Kalkulierbarkeit des Risikos für den Gläubiger ab 6, also auf den Zeitraum vor dem schädigenden Ereignis. Auf der Suche nach besseren Begriffen könnte man daran denken, "Risikovennehrung" und "Risikoverlagerung" zu gebrauchen 7 . Bei näherer Betrachtung stellt sich aber heraus, daß dieses Paar die gemeinten Fälle nicht triffi. 4 Medicus, VersR 1981,593,597. 5 Vgl. nur MünchKomm-Gottwald, § 328, Rn. 96; Winterfeld, S 115 ff.; Ackmann, JuS 1984, 465; Jost, S 171 und 173; Medicus JZ 1995, 309: Schadensverlagerung und Kumulation der Risiken. 6 Medicus, BürgR, Rn. 842 unter Hinweis auf BGHZ 51, 91, 95 und BGHZ 40, 91 ff. 7 So etwa Strauch, JuS 1982, 823, 825; Puhle, S 113; ähnlich auch Lorenz, JZ 1966, 143, 144; v. Caemmerer, ZHR 127,241,256; Winter/eid, S 121 ff.; Hälscheidt, S 312; Middleton/Rogge, VersR 1994, 1027, 1031.

I. Die Begriffe

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Zwei Risiken können bei den Begriffen "Risikoverlagerung" und "Risikovermehrung" gemeint sein: I. Das Risiko, sich haftbar zu machen und 2. das Risiko, einen Schaden zu erleiden. Versteht man das bei den Begriffen verwendete Risiko als Haftungsrisiko, so paßt der Begriff "Risikoverlagerung" nicht. Denn es geht bei den Drittschadensfällen nicht darum, daß ein Dritter anstelle des Schuldners haftete und damit eine Verlagerung des Haftungsrisikos vorläge. Bezieht man sich auf das Risiko, einen Schaden zu erleiden, so macht der Begriff "Risikovermehrung" wenig Sinn. Denn im Rahmen der Drittschadensproblematik ist kein Fall ersichtlich, in dem irgendjemandes Risiko, einen Schaden zu erleiden, sich vermehrte, anstatt sich auf einen anderen zu verlagern. Als weiteres Begriffspaar sind "Schadenshäufung" und "Schadensverlagerung" verwendet worden8 . Nach der Abgrenzung der herrschenden Meinung kommt es aber nicht darauf an, wieviele Risiken sich verwirklicht und zu einem Schaden geführt haben. Niemand käme etwa auf die Idee, den Schaden eines Mieterkindes über die Drittschadensliquidation statt den Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte zu ersetzen, nur weil der Vater als Partei des Wohnraummietvertrags nicht auch gestürzt ist und deswegen keine Schadenshäufung vorliegt. Für eine Abgrenzung gut geeignet ist hingegen das Begriffspaar "(Haftungs-)Risikovermehrung" und "gleichbleibendes Haftungsrisiko"9. Statt "Risikovermehrung" kann man dabei auch "Risikokumulation", "Risikoerhöhung" oder "erhöhtes Haftungsrisiko" sagen. Ein solches Begriffspaar stellt auf einen Zeitraum ab, trifft die im Rahmen der Drittschadensproblematik gemeinten Fälle und ist davon unberührt, wieviele Risiken sich verwirklicht haben.

8 So Hopt in BaumbachIDudenIHopt, HGB, § 347, Rn. 21; auch Hirth, S 141 f. 9 So ZWlächst wie selbstverständlich Urban, S 167, darm aber wieder das Begriffspaar SchadensverlagerunglRisikohäufung verwendend, Urban, S 167 f.

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§ 5 Weiterentwicklung und Ergänzung der Abgrenzung

11. Begründung der Abgrenzung 1. Die Gewährleistung von Kalkulierbarkeit im deutschen Recht

Unter Haftungsrisiko kann man dabei grundsätzlich zweierlei verstehen: Die Wahrscheinlichkeit/das Risiko zu haften (Haftungswahrscheinlichkeit) und die mögliche Höhe der Haftung im Haftungsfalle (mögliche Haftungshöhe). Für die Abgrenzung ist nur die Haftungswahrscheinlichkeit bedeutsam; das Haftungsrisiko muß daher fiir Zwecke der Abgrenzung als Haftungswahrscheinlichkeit verstanden werden. Denn Kalkulierbarkeit der Haftungswahrscheinlichkeit ist im deutschen Recht gewährleistet und bildet den Kern unseres Drittschadensrechts. Kalkulierbarkeit der Haftungshöhe ist in unserer Rechtsordnung hingegen, von Ausnahmen abgesehen, nicht gegeben. a) Unlcalkulierbarkeit der Haftungshöhe

Gemäß dem im deutschen Recht geltenden Prinzip der Totalreparation muß Schädiger allen Schaden ersetzen, der durch das zum Ersatz verpflichtende Ereignis eingetreten ist lO . Eine Ausnahme bildet Art. 74, 2 CISG, der im Anwendungsbereich des UN-Kaufrechts die Haftung auf vorhersehbare Schäden beschränkt. Hiervon abgesehen schreibt Hermann Lange aber zu Recht:"Unser Recht kennt fiir den Fall des Vertragsbruches nicht eine Art Bestandsgarantie, die die Schadensersatzpflicht auf die bei Eingang oder bei der Verletzung der Verpflichtung überschaubare Höhe begrenzt."ll Hinsichtlich der Haftungshöhe kann der Schädiger folglich Glück oder Pech haben l2 ; er darf grundsätzlich nicht darauf spekulieren, aus seiner schädigenden Handlung werde nur ein bestimmter, begrenzter Schaden entstehen 13. de~

Das Dogma vom Gläubigerinteresse ändert daran nichts. Zwar begrenzt es die Haftungshöhe insofern, als es Schäden Dritter nicht als Schadensposten zuläßt. Dies kann man aber nur als Ausdruck des Zumutbarkeitsgedankens verstehen, nicht hingegen als Gewährleistung von Kalkulierbarkeit der Haftungshöhe l4 . Denn auch wenn der Schuldner grundsätzlich nicht mit zu er10 Siehe etwa Roussos, S 23 f1 11 Lange, Schadensersatz, § 8 III 4; teilweise anders Junker, AcP 195, I, 8 ff. 12 Vgl. etwa Medicus, JuS 1979,233,239. 13 Vgl. Medicus, VersR 1981,593,601; Hoffmann, WM 1994, 1464, 1465. 14 Vgl. dazu bereits § 2 I l.

11. Begrtlndung der Abgrenzung

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setzenden Schäden bei Dritten rechnen muß, so bleibt dennoch die Haftungshöhe fiir ihn deswegen unvorhersehbar, weil er das Gläubigerinteresse total reparieren muß. Die Höhe des zu leistenden Ersatzes ist daher unkalkulierbar. Kalkulierbarkeit der Haftungshöhe könnte freilich über Adäquanz und § 254 BGB, besonders § 254 11 I BGB, gewährleistet werden. Diese ziehen dem "Alles oder Nichts-Prinzip" bereits jetzt Grenzen l5 , die zwar derzeit nicht zur Kalkulierbarkeit der Haftungshöhe führen, aber dennoch nicht gänzlich übersehen werden dürfen. Zu Unrecht meint deshalb Schwenzer, der direkte Vertragspartner könne nach deutschem Recht jeden eigenen Schaden, "und sei er auch noch so weit jenseits der 'contemplation ofthe parties'" geltend machen l6 . Die Grenzen des Schadensersatzes nach deutschen Recht sind insofern freilich nicht so eng wie die des angelsächsischen Rechts, welches Schwenzer als Gegensatz zu unserem Recht darstellt. Dort sind bei Vertragsbruch grundsätzlich nur vorhersehbare Schäden zu ersetzen l7 . Um "empörenden und maßlosen" Verdikten von Geschworenen ein Ende zu machen l8, hat die anglo-amerikanische Rechtsprechung fiihlbare Anforderungen an die Vorhersehbarkeit gestellt. Die deutsche Rechtsprechung zu § 254 BGB und Adäquanz ist insofern für den Geschädigten weit günstiger. Daher ermöglicht das deutsche Recht dem Schuldner derzeit keine verläßliche Kalkulation. Das Prinzip aber ist das gleiche wie im amerikanischen Recht. Dies zeigt sich besonders deutlich daran, daß die amerikanische Doktrin auch als implizite Schadensminderungspflicht bezeichnet wird l9 . Dieser kann der Geschädigte nach amerikanisehern Recht nachkommen, indem er entweder selber Vorkehrungen zur Vermeidung unvorhersehbarer Schäden trifft oder indem er seinen Vertragspartner auf die nicht erkennbaren Schadensrisiken aufmerksam macht20 . Die Nähe zu § 254 11 BGB ist offensichtlich. 15 Vgl. Roussos, S 23 und S 48 ff., und HofJmann, WM 1994, 1464, 1465.

Schwenzer, AcP 182, 214, 234. Restatement ofContracts, 2d., sec. 351 (1); Hadley v. Baxendale, 156 Eng.Rep. 145 (Court ofExchequer 1854). 18 Vgl. FamsworthIYoung, Contracts, S 514. 19 Siehe nur Chireistein, Contracts, S 158, mit weiteren Nachweisen. 20 Chireistein, Contracts, S 158. 16

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§ 5 Weiterentwicklung und Ergänzung der Abgrenzung

Sollte eines Tages die deutsche Rechtsprechung zu § 254 BGB und Adäquanz ähnlich hohe Anforderungen rur einen ungeschmälerten Schadensersatzanspruch stellen wie amerikanische Gerichte, so wäre damit auch in Deutschland die Kalkulierbarkeit der Haftungshöhe gewährleistet. Bis dahin bleibt die mögliche Haftungshöhe aber rur den Schädiger unberechenbar. Übrigens ist natürlich auch rur Haftpflichtversicherungen die mögliche Haftungshöhe beim einzelnen Versicherten nicht kalkulierbar. Sie können ihr Geschäft aber dennoch wirtschaftlich sinnvoll betreiben: Denn mit Hilfe der Wahrscheinlichkeitsrechnung läßt sich bei einer großen Zahl von miteinander vergleichbaren Versicherten berechnen, welche ungefiihre Schadenshöhe während eines Geschäftsjahres bei der Gesamtheit der Versicherten anfallen wird. Danach werden die Versicherungsprämien berechnet. Auf diese Weise macht die Solidargemeinschaft "Versicherung" die Unkalkulierbarkeit der Haftungshöhe für den Einzelnen erträglich: Durch Abschluß einer Haftpflichtversicherung kann man das Risiko einer unkalkulierbar hohen Haftung bis zur Höhe der Versicherungssumme21 gegen eine vorhersehbare finanzielle Belastung durch eine Versicherungsprämie eintauschen22 . b) Kalkulierbarkeit der Haftungswahrscheinlichkeit als gemeinsames Prinzip der Grundsätze und ihrer Ausnahmen

Während man in Deutschland die mögliche Haftungshöhe nicht kalkulieren kann, ist Kalkulierbarkeit des Haftungsrisikos, verstanden als Haftungswahrscheinlichkeit, das bestimmende Thema unseres Drittschadensrechts. Denn sowohl das Dogma vom Gläubigerinteresse und die ausnahmsweise Zulassung der Drittschadensliquidation, als auch der Relativitätsgrundsatz und seine Durchbrechung, der Vertrag mit Schutzwirkung rur Dritte, beruhen auf einem gemeinsamen grundlegenden Prinzip: dem Postulat der Kalkulierbarkeit von Haftungswahrscheinlichkeiten. Daß der Gedanke der Kalkulierbarkeit rechtspolitisch das Dogma vom Gläubigerinteresse begründet, dieses also auf jenem beruht, wurde bereits angesprochen 23 : Ohne Begrenzung auf das Gläubigerinteresse könnte sich der Schuldner nicht darauf verlassen, daß er grundsätzlich nur haftet, wenn sein 21 Nach § 50 VVG haftet der Versicherer nur bis zur Höhe der Versicherungssumme. 22 Vgl. allgemein zum Trend zur Kollektivierung etwa Lange, Schadensersatz, Einleitung II 3 b. 23 Siehe § 2 I I.

11. Begründung der Abgrenzung

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Gläubiger einen Schaden erleidet; die Haftungswahrscheinlichkeit würde rur ihn damit unkalkulierbar. Aber auch die Drittschadensliquidation orientiert sich am Postulat der Kalkulierbarkeit von Haftungswahrscheinlichkeiten. Dies ergibt sich daraus, daß die Liquidation eines Drittschadens nach herrschender Meinung nur ausnahmsweise dann zulässig ist, wenn ein Schaden rur den Schädiger zuflillig, und damit hinsichtlich der Haftungswahrscheinlichkeit kalkulatorisch bedeutungslos, statt beim Gläubiger bei einem Dritten eintritt24 . Das Postulat der Kalkulierbarkeit bedeutet also zunächst: Der Schuldner muß nur das Haftungsrisiko tragen, das er kalkulieren kann, dieses aber auch zur Gänze (=Postulat der Kalkulierbarkeit in Verbindung mit dem Grundsatz der Vollhaftung, d.h. keine Entlastung des Schädigers durch rur ihn zuflillige Umstände). Auch der Relativitätsgrundsatz läßt sich als Ausdruck des Kalkulierbarkeitspostulats verstehen 25 . Denn wenn er der Gewährung von Schadensersatzansprüchen Grenzen setzt26 , so geschieht dies auch, um die Kalkulierbarkeit von Haftungswahrscheinlichkeiten zu gewährleisten. Diese wäre nämlich nicht mehr gegeben, wenn sich der potentielle Schädiger einer unbeschränkten Zahl von möglichen Gläubigem aus Vertrag gegenübersähe. Schließlich orientiert sich auch die Durchbrechung des Relativitätsgrundsatzes durch den vertraglichen Drittschutz am Postulat der Kalkulierbarkeit von Haftungsrisiken 27 . Kalkulierbarkeit und die beim Vertrag mit Schutzwirkung rur Dritte verlangte Erkennbarkeit28 sind nämlich dasselbe29 . Auch die Voraussetzung, der Dritte müsse sich "bestimmungsgemäß" in Leistungsnähe befinden, ist eine Ausprägung des Kalkulierbarkeitsgebots. 24 Vgl. im einzelnen § 2 III. 25 Auch nach Henke, Relativität des Schuldverhältnisses, u.a. S 11 und S 39, steht hinter dem Relativitätsgrundsatz der Gedanke der "Übersehbarkeit und Berechenbarkeit der vertraglich übernommenen oder gesetzlich auferlegten Pflichten". Ähnlich Ziegltrum, S 182. 26 Staudinger-Medicus, Vor §§ 249 ff., Rn. 181. 27 Vgl. etwa BGH NJW 1968, 1929, 1931 und Ziegltrum, S 181. 28 Vgl. zu den Voraussetzungen den Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte im einzelnen § 2 III. 29 Zum Zusammenhang von Erkennbarkeit und Kalkulierbarkeit etwa BGHZ 51, 91, 96; Soergel-Hadding, Anh. § 328, Rn. 17; Erman-Westermann, § 328, Rn. 15 und Dahm, JZ 1992, 1167, 1172. 6 Traugott

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§ 5 Weiterentwicklung und Ergänzung der Abgrenzung

Bei der Drittschadensliquidation ist Erkennbarkeit nicht erforderlich. Bei ihr ergibt sich die Übereinstimmung mit dem Postulat der Kalkulierbarkeit von Haftungsrisiken nämlich daraus, daß die Beteiligung des Dritten zufällig und damit kalkulatorisch bedeutungslos ist. Einen Umstand, der für die Kalkulation ohne Bedeutung ist, braucht man aber eben nicht zu kennen, um kalkulieren zu können. Zu Unrecht wurde es etwa noch in RGZ 93, 39, 41 und BGHZ 15, 228 bei der Drittschadensliquidation für erheblich angesehen, daß der Schädiger mit dem Hineinspielen von Interessen einer dritten Person rechnen mußte. Richtig weisen hingegen etwa EnnecceruslLehmann darauf hin, daß es nicht entscheidend sein kann, "ob der Gläubiger von dem Interesse des Dritten Kenntnis hatte"30. Auch Reinhardt hatte schon erkannt, daß es bei der Drittschadensliquidation nicht auf eine Erkennbarkeit ankommt31 . Die Gegenauffassung läßt sich nur daraus erklären, daß die Drittschadensliquidation auf Vertragsauslegung gestützt werden sollte. Das Postulat der Kalkulierbarkeit bedeutet also ferner: Der Kalkulierende muß alle für die Kalkulation des Haftungsrisikos bedeutsamen Umstände (z.B. Leistungsnähe und Gläubigernähe) kennen, aber eben auch nur diese (also nicht etwa die Möglichkeit einer zufälligen Schadensverlagerung).

2. Folgen für die Abgrenzung Da also sowohl die grundlegenden Prinzipien als auch die abzugrenzenden Rechtsfiguren auf dem Postulat der Kalkulierbarkeit von Haftungsrisiken beruhen, muß sich auch die Abgrenzung der Rechtsfiguren am Haftungsrisiko ausrichten. Die Abgrenzung nach erhöhtem und gleichbleibendem Haftungsrisiko ergibt sich dabei zwingend daraus, daß beim Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte Erkennbarkeit verlangt wird, bei der Drittschadensliquidation aber nicht32 : Daß beim vertraglichen Drittschutz Erkennbarkeit verlangt wird, läßt sich nämlich nur damit begründen, daß durch die Einbeziehung eines Dritten das Haftungsrisiko des Schuldners vermehrt wird. Die Begründung, das Erkennbarkeitserfordernis ergebe sich allein daraus, daß der Vertrag mit Schutzwir30 EnnecceroslLehmann, SchR, § 17 I 2 c. 31 Reinhardt, S 129. 32 Auch Medicus, BÜfgR, Rn. 842, weist auf den Zusammenhang zwischen der Ab-

grenzung und den Voraussetzungen der Rechtsfiguren hin, freilich in wngekehrter Richtung: "Daraus (Anm. d. Verf. : d.h. aus den Abgrenzungskriterien der h.M.) ergeben sich dann auch die Einzelheiten der Rechtsinstitute."

m. Ennittlung der Problempunkte

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kong für Dritte auf Veruagsauslegung (§ 157 BGB) beruhe, träfe hingegen nicht zu. Denn in Wirklichkeit ist der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte ebenso wie die Drittschadensliquidation als richterliche Rechtsfortbildung anzusehen33 . Die beiden Rechtsfiguren auf ergänzende Vertragsauslegung zu gründen34, hieße in den meisten Fällen, den Parteien einen hypothetischen Willen zu unterstellen, den sie gar nicht gehabt hätten oder der sich zumindest nicht mit hinreichender Deutlichkeit feststellen läßt35 . Außerdem blieben bei der Begründung über den Parteiwillen die Drittschadensprobleme im deliktischen und sonstigen außervertraglichen Bereich ungelöst36 . Daß bei der Drittschadensliquidation keine Erkennbarkeit verlangt wird, zeigt in Zusammenschau mit dem Postulat der Kalkulierbarkeit, daß es sich dort um Fälle handeln muß, bei denen das Haftungsrisiko gleichbleibt. Damit ist für jede Rechtsfigur ein Spezifikum gefunden. Die Abgrenzung ergibt sich also unmittelbar aus den Voraussetzungen der Rechtsfiguren in Verbindung mit dem Postulat der Kalkulierbarkeit.

IH. Ermittlung der Problempunkte Die Abgrenzung der herrschenden Meinung ist von zwei Ansatzpunkten her angegriffen worden: Einerseits soll es Fälle vertraglichen Drittschutzes 33 Ebenso für die Drittschadensliquidation etwa Winteifeld, S 21; Puhle, S 94 ff.; Lange, Schadensersatz, § 8 III 1 (nur "Z. T. "); Breinersdoifer, Haftung filr Kreditauskünfte, S 134, und für den Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte etwa Larenz, SchR AT, § 17 TI; Flume, AT TI, § 16,4 f; MÜllchKomm-Gottwald, § 328, Rn. 80; Musielak, VersR 1977, 973 ff., 976 f.; Hirth, S 106 ff.; Ziegltrum, S 146 ff.; Schnauder, JuS 1993, L 89, 90; Jauemig-Teichmann, § 328, III 1; auch Breinersdoifer, Haftung filr Kreditauskünfte, S 128 ff., sieht den Vertrag mit Schutzwirkung filr Dritte als gesetzliches Schuldverhältnis an; Dickes, S 53 ff., begreift als primäre dogmatische Grundlage den Parteiwillen, neben den aber subsidiär als zweite dogmatische Grundlage § 242 BGB treten soll. Vgl. auch Gemhuber, JZ 1962, 553 und Canaris, JZ 1965, 477 f. 34 So für den Vertrag mit Schutzwirkung für Dn·tte etwa BGH VersR 1968, 889, 891; BGH JZ 1977, 721, 722; BGH NJW 1980, 1452, 1453; BGH NJW 1984, 356; OLG Düsseldorf, MDR 1994,44; OLG Frankfurt a.M., VersR 1994, 942; PalandtHeinrichs, § 328, Rn. 14; Dahm, JZ 1992, 1167, 1169 ff. undfür die Drittschadensliquidation vgl. etwa BGHZ 15,224,228; BGHNJW 1969, 789, 790. 35 Vgl. statt vieler Schwerdtner, Jura, 1980, 493, 495, und Ebke, Festschrift fiir Trinkner, S 522. 36 So auch v. Caemmerer, ZHR 127, 241, 253.

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§ 5 WeiterentwicklWlg Wld Ergänzlmg der Abgrenzung

geben, bei denen keine Risikovennehrung vorliegt und andererseits soll bei manchen Fällen der Drittschadensliquidation eine Risikovennehrung festzustellen sein. Der erste Einwand, es ließen sich Fälle des Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte ohne Risikovennehrung finden, wird von zahlreichen Autoren erhoben37 ; die meisten von ihnen folgern daraus, die Risikovennehrung sei nicht charakteristisch für den vertraglichen Drittschutz und folglich als Abgrenzungsmerkmal ungeeignet. Der zweite Einwand, es seien Fälle der Drittschadensliquidation denkbar, bei denen eine Kumulierung von Risiken vorliegt, findet sich vor allem bei Selb 38 . Er bezieht sich dabei u.a. auf die Provision des Kommissionärs, welche zusätzlich zum Drittschaden zu ersetzen sei.

1. Fälle des Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte ohne Risikovermehrung? Zur Begründung des Einwands, es liege in manchen Fällen vertraglichen Drittschutzes kein erhöhtes Haftungsrisiko vor, wurden angeführt der Testamentsfall39 , andere Fälle anwaltschaftlicher Beratung4° und Fälle aus dem Werkvertragsrecht41 . Darüber hinaus vermißte jüngst Medicus bei einem Wertgutachtenfall eine Risikovennehrung42. Zur Prüfung des Einwands ist zunächst der Begriff "Risikovennehrung" klarzustellen. Dieser Begriff verlangt notwendig einen Bezugspunkt, also eine Lage, im Vergleich zu welcher das Risiko vennehrt ist; bei den gleichbedeutenden Begriffen "Risikoerhöhung", "Risikokumulation" und "erhöhtes Haftungsrisiko" ist dies genauso. Dieser Bezugspunkt ist zu ermitteln.

37 Urban, S 168; Puhle, S 114 f.; SchUtz, S 98 tT.; ähnlich MÜIlchKomm-Gottwald, § 328, Rn. 96 (insofern a.A. MÜIlchKomm-Grunsky, Vor § 249, Rn. 117); Winteifeld, S 117 tT., 127; jetzt auch Medicus, JZ 1995, 308, 309. 38 Selb, NJW 1964, 1765. 39 BGH NJW 1965, 1955: Aus Verschulden eines Anwalts konnte ein Erblasser seine Tochter nicht mehr, wie gewünscht, zur Alleinerbin einsetzen. Ähnlich jetzt der Sachverhalt von BGH NJW 1995, 51. 40 Z.B. BGHNJW 1977,2073. 41 Z.B. BGHZ 33, 247. 42 Medicus, JZ 1995, 308, 309.

III. Ermittlung der Problempunkte

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Als Bezugspunkt für die Vennehrung des Risikos kann nicht das Risiko dienen, das bestünde, wenn man den Dritten nicht in den Schutzbereich des Vertrags einbezöge, bzw. eine Drittschadensliquidation nicht zuließe. Im Vergleich hierzu wäre nämlich bei Berücksichtigung Dritter das Risiko immer vennehrt, so daß es sich um kein Spezifikum handelte. Auch bei der Drittschadensliquidation läge nämlich in diesem Sinne eine Risikovennehrung vor, da durch die Anwendung der Drittschadensliquidation das Risiko für den Schuldner immer größer ist als ohne sie. Beispiel: Ein Transportuntemehmer weiß aus Erfahrung, daß seine Mitarbeiter bei etwa 5 % der Aufträge fahrlässig Transportgüter beschädigen. Zugleich ist ihm bekannt, daß bei etwa 50 % der Transporte Versendungskäufe vorliegen. Ohne Drittschadensliquidation kann er folglich kalkulieren, daß es nur in 2,5 % der Transporte zu Haftungsfällen kommt. Denn in den anderen 2,5 % der Fälle besteht ohne Drittschadensliquidation wegen des Auseinanderfallens von Schaden und sonstigen Anspruchsvoraussetzungen kein Anspruch. Im Vergleich dazu erhöht sich das Haftungsrisiko durch Zulassung der Drittschadensliquidation: Jetzt muß der Transportunternehmer nämlich damit rechnen, in 5 % der Fälle zu haften.

Auch das gewöhnliche, nonnale Haftungsrisiko kommt als Bezugspunkt nicht in Betracht, da es ein solches nicht gibt, es jedenfalls nicht verläßlich zu ennitteln ist. Vergleichspunkt kann vielmehr nur die Lage sein, die bestünde, wenn kein Dritter an dem konkreten (u.U. auch nichtigen) Vertrag oder vorvertraglichen Vertrauens verhältnis beteiligt wäre. Nur im Vergleich zu dieser Lage macht es Sinn, das Haftungsrisiko des Schuldners zu betrachten. Will man feststellen, ob eine Risikovennehrung vorliegt, muß man also fragen: Bestand durch Beteiligung des Dritten an Vertrag oder vorvertraglichem Vertrauensverhältnis und seinen Schutz (sei es durch Drittschadensliquidation oder vertraglichen Drittschutz) ein höheres Haftungsrisiko, als es ohne Beteiligung des Dritten am konkreten Vertrags- oder Vertrauensverhältnis bestanden hätte? Mit dieser Ennittlungsmethode kommt eine Risikovennehrung nur bei Verträgen oder vorvertraglichen Vertrauensverhältnissen in Betracht, nicht hingegen bei rein deliktischen Schädigungen. Dies paßt gut dazu, daß der vertragliche Drittschutz, für den die Risikovennehrung ja charakteristisch sein soll, ebenfalls nur bei Verträgen oder vorvertrag lichen Vertrauensverhältnissen möglich ist.

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§ 5 Weiterentwicklung und Ergänzung der Abgrenzung

Von dem so bestimmten Begriff der Risikovermehrung ausgehend gelangt man zu den Fällen, in denen die Abgrenzung nach gleichbleibendem Haftungsrisiko und Risikovermehrung nicht weiterhilft. Es sind die Konstellationen, in denen der Bezugspunkt für die Bestimmung der Erhöhung fehlt, nämlich die Fälle, in denen das konkrete Schuldverhältnis ohne Beteiligung des Dritten nicht denkbar ist. Fehlt dieser Vergleichspunkt, dann kann man die Frage nach der Vermehrung der Risiken nicht sinnvoll stellen. Beispiele dafür gibt es viele: - Man denke zunächst an den Testamentsfa1l43 . Bei Beratung eines Erblassers über ein Testament ist notwendigerweise immer ein Dritter beteiligt, nämlich derjenige, der bedacht werden soll. Daher gibt es keinen Vergleichspunkt, an dem gemessen werden könnte, ob eine Risikovermehrung vorliegt. - In gleicher Weise ist bei den Lastschriftfällen44, den Überweisungsfällen45 und den Scheckfällen46 das konkrete Schuldverhältnis regelmäßig ohne Beteiligung eines Dritten nicht vorstellbar. - Gelegentlich ist dies auch so bei Fällen anwaltlicher oder steuerlicher Vertragsberatung47: Eine anwaltliche Beratung über einen Vertrag, in dem die eine Vertragspartei der anderen verspricht, einem Dritten etwas zu schenken, ist ohne Beteiligung des Dritten nicht denkbar4 8 ; und eine Beratung über die steuerlichen Auswirkungen der Übertragung von Gesellschafteranteilen an einen Dritten gegen Gewährung einer Rente, ist gleichfalls nur mit Beteiligung des Dritten möglich49 .

43 BGH NJW 1965, 1955; vgl. dazu insbesondere v. Caemmerer, Festschrift für Wieacker, S 311, 321 f1; Medicus, SchR AT, Rn. 778; Müller-Freien/eis, JuS 1967, 124,126 f;MiddletoWRogge, VersR 1994, 1027; Lorenz, JZ 1995, 317; auch Zimmermann, FamRZ 1980, 99; Jost, S 69 f; Ziegltrum, S 200 fT.; vgl. auch BGH NJW 1995, 51. 44 Etwa BGHZ 69, 82; vgl. dazu § 5 V 4. 45 Etwa OLG DüsseldorfWM 1982,575; OLG Frankfurt a.M. WM 1995, 1179. 46 Etwa BGHZ 96, 9. 47 Vgl. allgemein zu den Haftungsrisiken anwalt1icher Tätigkeit Henssler, JZ 1994, 178. 48 Sachverhalt von BGH NJW 1977, 2073. 49 Sachverhalt von OLG München, NJW-RR 1991, 1127 fT.

Ill. Ennitthmg der Problempunkte

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- Genauso verhä1t es sich beim von Fikentscher gefundenen Werkverschafi'ungsvertrag50 : Wenn der Nachunternehmer dem Unternehmer verspricht, ein Werk fiir den Besteller zu errichten, ist die konkrete Vertragskonstellation ohne Beteiligung des Bestellers als Dritten nicht denkbar. - Auch bei der ArbeitnehmeTÜberlassung ist dem konkreten Schuldverhältnis die Beteiligung eines Dritten immanent: Der Arbeitnehmer verpflichtet sich gegenüber dem Verleiher zur Erbringung einer Arbeitsleistung bei einem vom Verleiher zu bestimmenden Dritten51 . Der Kritik ist also darin zuzustimmen, daß es Fälle gibt, in denen nicht nach dem Risiko abgegrenzt werden kann. Die Unzulänglichkeit der Abgrenzung in diesen Konstellationen beruht darauf, daß es ausnahmsweise an einem Bezugspunkt für die Bestimmung der Risikovermehrung fehlt.

2. Fälle der Drittschadensliquidation mit Risikovermehrung? Zu prüfen ist ferner der Einwand, es gebe Fälle der Drittschadensliquidation, bei denen eine Risikokumulation vorliege52 . Dabei ist es keineswegs so, daß die "Richtigkeit dieser Beobachtung von der herrschenden Meinung zugegeben" worden wäre 53 . Allein Hermann Lange meint in einer Fußnote, es könne sehr selten auch bei der Drittschadensliquidation zu einer Vermehrung der Risiken kommen54 . Eine Risikovermehrung bei der Drittschadensliquidation soll sich zunächst daraus ergeben, daß die Provision des Kommissionärs neben dem Schaden des Kommittenten zu ersetzen sei55. Ob der Schädiger aber wirklich fiir die Provision des Kommissionärs aufkommen muß, erscheint fraglich. Denn in dem Schaden auf der Handelsstufe des Kommittenten ist die Provision bereits enthalten: Muß der Schädiger den entgangenen Gewinn des Kommittenten ersetzen, so ist in den Weiterverkaufspreis bereits die zu zahlende Provision ein50 Fikentscher, AcP 190, 34 tI 51 Dazu Walker, AcP 194,295, mit weiteren Nachweisen. 52 Etwa Selb, NJW 1964, 1765. 53 So Junker, V.i.V., S 20.

54 Lange, Schadensersatz, § 8 I114, Fn. 66. 55 So auch Berg, JuS 1977, 363, 366 und Lange, Schadensersatz, § 8 Ill, S 465, Fn. 65; vgl. auch \I. Caemmerer, ZHR 127,256 f.; a.A. etwa Blomeyer, SchR AT, § 34 1V2d.

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§ 5 Weiterentwicklung und Ergänzung der Abgrenzung

kalkuliert. Müßte der Schädiger daneben noch die Provision ersetzen, so käme es in der Tat zu einer Vervielfliltigung der Risiken. Diese wäre aber ungerechtfertigt und in keiner Weise vom Grundgedanken der Drittschadensliquidation gedeckt, eine unbillige Entlastung des Schädigers zu vermeiden. Der Kommissionär kann daher nur den aus der Person des Kommittenten berechneten Schaden ersetzt verlangen. Der Ausgleich zwischen Kommissionär und Kommittent hat intern zu erfolgen 56 . Die ebenfalls denkbare Möglichkeit einer Vorteilsausgleichung bei der Berechnung des Schadens in der Person des Kommittenten57 ist abzulehnen. Sie ist im Vergleich zu der hier vorgeschlagenen Lösung unnötig kompliziert. Seih führt ferner als Beispiel für eine Risikovermehrung bei der Drittschadensliquidation den Ledergürtelfall 58 an und wandelt ihn zu diesem Zweck ab 59 . Aber auch damit widerlegt er die Abgrenzung nach der Risikovermehrung nicht. Denn bei richtiger Betrachtungsweise sind im Wege der Drittschadensliquidation keineswegs kumulativ Körperschäden des Kommissionärs und des Kommittenten zu ersetzen. Vielmehr kann ein Körperschaden des Kommittenten allenfalls auf Grundlage des Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte geltend gemacht werden 60 .

Auch bei den Treuhandflillen kommt es zu keiner Risikovermehrung. Zwar hat dort zuweilen der Treugeber einen eigenen Anspruch. Bei der Sicherungsübereignung zum Beispiel bleibt er regelmäßig im befugten, possessorisch geschützten Besitz der Sache; dieser ist sonstiges Recht LS.d. § 823 I BGB61. Auch das Anwartschaftsrecht auf Rückübertragung soll als sonstiges Recht geschützt sein 62 . Dies fuhrt aber zu keiner Kumulierung von Risiken, da das Eigentümerinteresse jeweils um das Besitzinteresse oder das Interesse des Anwartschaftsrechtsinhabers geschmälert ist. Will sich der Schädiger ersparen,

56 Vgl. Berg, Lange und v. Caemmerer, ZHR 127,256 f. 57 So Breinersdorfor, Haftung flir Kreditauskünfte, S 144, und wohl auch Larenz, SehR AT, § 27 IV, Fn. 122. 58 BGHZ 40,91.

59 Seih, NJW 1964, 1765, 1767; vgl. dazu § 5 V 3.

60 Vgl. im Einzelnen § 5 V 3. 61 Medicus, AeP 165, 115, 135 ff. und BürgR, Rn. 607; in der Begründung teilweise anders, in den Ergebnissen aber weitgehend übereinstimmend Larenz/Canaris, SehR BT, § 7611 f. 62 BGH WM 1959, 1002, 1004, stT.

III. Ermittlung der Problempunkte

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diese Interessen auseinanderzurechnen, braucht er gemäß § 1281 BGB analog nur an beide Geschädigten gemeinsam zu zahlen63 . Eine Risikokumulation bei der Drittschadensliquidation wurde auch behauptet aufgrund der Schadensberechnung aus der Person des Dritten64 . So werde das Risiko durch die Drittschadensliquidation etwa dann erhöht, wenn beim Versendungskauf der Schädiger auch den entgangenen Gewinn des Käufers auf dessen Handelsstufe ersetzen muß65. Ob sich aus der Berechnung des Schadens anhand der Verhältnisse des Dritten aber wirklich eine Risikovermehrung ergibt, ist zweifelhaft. Denn erstens geht es bei der Frage Schadensberechnung nach typischem Gläubigerschaden oder tatsächlichem Schaden des Dritten in der Regel nicht um Haftung oder nicht, sondern lediglich um die Haftungshöhe; die ist aber - wie dargelegt66 - für die Abgrenzung irrelevant. Und zweitens ist selbst die mögliche Haftungshöhe nicht wirklich durch die Berechnung aus der Person des Dritten gesteigert: Denn der Gläubiger hätte die gleichen Dispositionen wie der Dritte treffen können, also etwa das Versendungsgut auf der nächsten Handelsstufe absetzen können; somit hätte bei ihm der gleiche Schaden entstehen können wie beim Dritten 67 . Selb wendet schließlich gegen die Abgrenzung der herrschenden Meinung ein, die Unterstellung sei nicht zwingend, daß der Vertragspartner ohne die fremde Sache eine eigene verwendet hätte68 . Hiermit spricht er in der Tat einen wichtigen Punkt an. Die Abgrenzung verliert nämlich jede Konturschärfe, wenn hypothetische Überlegungen angestellt werden, ob ohne Beteiligung des Dritten ein Schaden auch wirklich beim Gläubiger eingetreten wäre 69 . Ob nämlich - um im Beispiel von Selb zu bleiben - der Vertragspartner wirklich eine eigene Sache verwendet hätte, läßt sich nicht feststellen, sondern nur vermuten.

63 Medicus, BürgR, Rn. 609. 64 Etwa Hagen, Drittschadensliquidation, S 192 und JuS 1970,442,443; vgl. auch Holdefer, S 80; zur Schadensberechnung aus der Person des Dritten bereits ausführlich § 2 11. 65 Hagen, JuS 1970, 442, 443.

66§5III. 67 Vgl. dazu näher § 5 IV 1. 68 Selb, NJW 1964, 1765, 1767.

69 Vgl. MünchKomm-Gottwald, § 328 Rn. 96.

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§ 5 Weiterentwicklung und Ergänzung der Abgrenzung

3. Ergebnis: Fälle ohne Bezugspunkt und hypothetische Erwägungen Die Abgrenzung nach Risikovermehrung und gleichbleibendem Haftungsrisiko hat also mit zwei Schwierigkeiten zu kämpfen: Zum einen sind die Fälle ohne Bezugspunkt nach dem bisherigen Lösungsansatz nicht zu bewältigen. Zum anderen gilt es zu vermeiden, daß die Abgrenzung durch hypothetische Überlegungen vage wird. Insofern muß das Abgrenzungsmodell präzisiert und ausgebaut werden.

IV. Bewältigung der Problempunkte 1. Bei Fehlen des Bezugspunktes niemals Drittschadensliquidation Fehlt der Bezugspunkt für die Bestimmung der Risikoerhöhung, weil die konkrete Fallkonstellation ohne Beteiligung eines Dritten nicht denkbar ist, so hat dies eine klare Konsequenz: Eine Drittschadensliquidation scheidet aus. Auch der Begriff "Schadensverlagerung" setzt nämlich - so wie er bei der Drittschadensliquidation verwendet wird - einen Bezugspunkt voraus. Und dieser Bezugspunkt ist wiederum die Lage ohne Beteiligung eines Dritten. Denn gemeint ist mit "Schadensverlagerung": Im Normalfall wäre der Schaden beim Verletzten eingetreten, ausnahmsweise liegt er nun beim Dritten vor. Und als Normalfall in diesem Sinne ist die konkrete Fallkonstellation ohne Beteiligung des Dritten anzusehen, nämlich die Lage, wenn bei der mittelbaren Stellvertretung etwa der Käufer auf eigene Rechnung handelte, bei den GefahrtragungsfaIlen etwa der Versender das Transportgut nicht an einen Dritten verkauft hätte, bei den Treuhandfällen kein Treugeber im Hintergrund stünde und bei den ObhutsfaIlen alle Sachen dem Verletzten gehörten. Wenn aber nun die konkrete Fallkonstellation ohne Beteiligung eines Dritten nicht denkbar ist, fehlt es an dem für den Begriff "Schadensverlagerung" notwendigen Bezugspunkt. Es entstehen Schadensgefahren schon ursprünglich in der Person des Dritten70 . Für den Gläubiger können diese Gefahren nicht bestehen: Dem Erblasser, der sich anwaltschaftlich beraten läßt, kann die Erbschaft nicht entgehen, die AG, die ein Auto mietet, kann sich keine

70 So Medicus, JZ 1995,308,309, ftIr den Wertgutachtenfa11 von BGH JZ 1995, 306; ftIr die Testamentsfälle erkennen dies Lorenz, JZ 1995, 317, 320, 322, und wohl auch MiddletonIRogge, VersR 1994,1027,1031.

IV. Bewältigung der Problernpwtkte

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Platzwunden arn Kopf zuziehen, der Verkäufer, der ein Wertgutachten bestellt, schwebt nicht in der Gefahr, einen überhöhten Kaufpreis zu zahlen. Man kann daher nicht von "Schadensverlagerung" sprechen. Da eine Schadensverlagerung aber notwendige Voraussetzung der Drittschadensliquidation ist71, scheidet diese aus72. Bei Beteiligung mehrerer Dritter muß man gesondert untersuchen, ob die konkrete Konstellation ohne Beteiligung des jeweiligen Dritten denkbar ist. Dabei ist jeweils die Funktion des Dritten im Rahmen des Vertragsverhältnisses zu beachten73 . Bei einem Versendungskauf durch eine Aktiengesellschaft muß man etwa hinsichtlich der Drittbeteiligung des Käufers fragen: Ist der Transportvertrag ohne Beteiligung eines Dritten als Käufer denkbar? Da die Frage zu bejahen ist, scheidet die Drittschadensliquidation nicht mangels Bezugspunkt rur den Begriff "Schadensverlagerung" aus. Hinsichtlich des AGAngestellten, der fiir die AG den Transportvertrag ausgehandelt hat, muß man fragen: Ist der Transportvertrag ohne Beteiligung eines Dritten als Verhandlungsruhrer der AG denkbar? Da dies zu verneinen ist und es deshalb an einem Bezugspunkt fehlt, kann man nicht von "Schadensverlagerung" sprechen. Die Gefahr von Körperschäden entsteht schon ursprünglich beim Angestellten. Damit scheidet eine Drittschadensliquidation aus und es kommt allein der Vertrag mit Schutzwirkung fiir Dritte in Betracht. Das hier gewonnene Ergebnis, daß bei Fällen ohne Bezugspunkt die Drittschadensliquidation ausscheidet, entspricht der obergerichtlichen Rechtsprechung, welche Lastschriftfälle74, Überweisungsfälle75, Gutachterfälle76, sowie Scheckfalle77 über den Vertrag mit Schutzwirkung fiir Dritte löst78 . Auch mit den in der Literatur vertretenen Meinungen gehen die hier gewonenen Ergeb-

71 Vgl. nur BGR NJW 1993, 655, 656. 72 Ähnlich Medicus, BürgR, Rn. 847a und 842; Walker, AcP 194, 295, 304 f.; a.A. Lorenz JZ 1995, 317, 322. 73 Auch BGR FarnRZ 1994, 1021, stellt (freilich in anderem Zusammenhang) darauf ab, in welcher Eigenschaft der Dritte mit der Leistung des Schuldners in Berührung kommt. 74 BGHZ 69, 82; vgl. zu dieser Entscheidung ausftlhrlich § 5 V 4. 75 OLG DüsseldorfWM 1982, 575. 76 BGR JZ 1986, 1111; BGR JZ 1995, 306. 77 BGHZ 96, 9. 78 Zum Vergleich der hier vorgeschlagenen Abgrenzung als Ganze mit der Rechtsprechung siehe § 5 V.

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§ 5 Weiterentwicklung und Ergänzung der Abgrenzung

nisse vielfach konform. So nimmt etwa auch Fikentscher beim Werkverschaffungsvertrag, der ja einen Fall ohne Bezugspunkt darstellt79, einen Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte an80 . Ebenso hält Walker bei der Arbeitnehmeruberlassung, die ebenfalls nicht ohne einen Dritten denkbar ist81 , vertraglichen Drittschutz für möglich, eine Drittschadensliquidation aber für ausgeschlossen82 .

2. Ermittlung des Bezugspunktes anhand der rechtlichen Möglichkeiten des Gläubigers Wie dargelegt83, hat Selb mit dem Einwand Recht, daß die Abgrenzung an Konturschärfe verliert durch hypothetische Erwägungen, ob der Schaden ohne Beteiligung des Dritten wirklich beim Gläubiger eingetreten wäre. Schlüssel zur Lösung dieses Problems ist eine bereits getroffene Feststellung: Vergleichspunkt bei der Ermittlung einer Risikovermehrung kann nur die Lage sein, die bestünde, wenn kein Dritter an dem konkreten Vertrag beteiligt wäre84 . Dabei darf man nun aber nicht etwa danach fragen, welche eigenen Rechtsgüter und Vermögensinteressen der Gläubiger tatsächlich in den Gefahrenbereich eingebracht hätte. Denn es ist müßig, Vermutungen datiiber anzustellen, ob auch der Hauptgläubiger konkret hätte einen Schaden erleiden können85 . Vielmehr kommt es allein auf die rechtlichen Möglichkeiten des Gläubigers gegenüber dem Schädiger ohne Beteiligung eines Dritten an, also darauf, was der Gläubiger gedurft hätte. Der Schädiger muß sich nämlich ohne weiteres darauf einstellen, daß der Gläubiger seine Möglichkeiten voll ausschöpft. In diesem, durch die rechtlichen Möglichkeiten des Gläubigers ohne Beteiligung eines Dritten gezogenen Rahmen ist es kalkulatorisch bedeutungslos, ob Rechtsgüter und Vermögensinteressen eines Dritten in den Gefahrenbereich

79 Vgl. oben § 5 ill 1. 80 Fikentscher, AcP 190, 34, 99 f 81 Vgl. oben § 5 1. 82 Walker, AcP 194,295, 300 ff., mit weiteren Nachweisen. 83 § 5 ill2. 84§5ill1. 85 MünchKomm-Gottwald, § 328 Rn. 96.

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IV. Bewältigung der Problempunkte

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eintreten; damit ist dann die Drittschadensliquidation einschlägig. Wenn darüberhinaus Rechtsgüter und Vennögensinteressen in den Gefahrenbereich eingebracht werden, liegt eine Risikovennehrung vor und es kommt vertraglicher Drittschutz in Betracht. Dies ergibt sich - recht besehen - schon aus dem Begriff des Haftungsrisikos. Dieses besteht nämlich nicht nur darin, daß der Schädiger fUr die Verletzung der Rechtsgüter und Vennögensinteressen haften muß, die der Gläubiger tatsächlich in den Gefahrenbereich gebracht hat. Es liegt vielmehr darüberhinaus auch darin, daß der Gläubiger seine rechtlichen Möglichkeiten voll ausschöpft und daher eine Vielzahl von Rechtsgütern und Vennögensinteressen verletzt werden kann. Diese Lösung fUhrt zu einer klaren Abgrenzung, da sich nach den allgemeinen Regeln der Vertragsauslegung verläßlich feststellen läßt, in welchem Umfang der Gläubiger seine eigenen Rechtsgüter und Vennögensinteressen in den Gefahrenbereich einbringen durfte und inwiefern folglich der Schädiger ein Haftungsrisiko eingegangen ist. Durch diese Ennittlungsart wird auch bestätigt, daß mit der Berechnung des Schadens aus der Person des Dritten nicht einmal die (fUr die Abgrenzung ohnehin irrelevante) mögliche Haftungshöhe vergrößert wird86 . Denn im Verhältnis zum Schädiger hätte es wohl stets in den rechtlichen Möglichkeiten des Gläubigers gelegen, dieselben Dispositionen zu treffen wie der Dritte. So hätte etwa beim Versendungskauf der Verkäufer die Sache durchaus auf der nächsten Handelsstufe absetzen dürfen. Damit wäre ihm der entsprechende zusätzliche Gewinn entgangen. Der Schädiger darf sich eben nicht darauf verlassen, daß der Geschädigte mit seinen Gütern nur in einer bestimmten Weise verfährt.

3. Faustregel Werden höchstpersönliche Rechtsgüter eines Dritten verletzt, etwa dessen Gesundheit, kommt bei diesem Verständnis der Risikoerhöhung stets nur vertraglicher Drittschutz in Betracht. Denn ohne Beteiligung eines Dritten hätte es nicht in den rechtlichen Möglichkeiten des Gläubigers gelegen, andere höchstpersönliche Rechtsgüter als seine eigenen in den Gefahrenbereich einzubringen: Schließt man nämlich gedanklich jede Beteiligung eines Dritten aus, so bleibt nur der Gläubiger mit seinen höchstpersönlichen Rechtsgütern übrig. 86 So bereits oben § 5 III 2.

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§ 5 Weiterentwicklung und Ergänzung der Abgrenzung

In dieser hypothetischen Lage könnte der Gläubiger ~eshalb keine höchstpersönlichen Rechtsgüter anderer einbringen, da diese anderen eben gedanklich ausgeblendet sind ("ohne Beteiligung eines Dritten"). Im Vergleich zu dieser hypothetischen Lage ist das Risiko damit immer erhöht, wenn höchstpersönliche Rechtsgüter Dritter in den Gefahrenbereich eingebracht werden. Außer in diesen Fällen der Verletzung höchstpersönlicher Rechtsgüter wird sich aber selten eine Risikovermehrung ergeben. Denn nur ausnahmsweise wird sich der Vertrag zwischen Schuldner und Gläubiger dahingehend auslegen lassen, daß ein Dritter mehr darf als der Gläubiger selber, nämlich (unpersönliche) Rechtsgüter in den Gefahrenbereich einbringen, die der Gläubiger selbst ohne Beteiligung des Dritten nicht hätte einbringen dürfen. Man wird daher als Faustregel formulieren können: Ein Vertrag mit Schutzwirkung rur Dritte kommt in Betracht 1. bei Verletzung höchstpersönlicher Rechtsgüter des Dritten, sowie 2. bei Fällen, die ohne Beteiligung eines Dritten nicht denkbar sind (Fälle ohne Bezugspunkt). Andernfalls kann ein Schadensersatzanspruch nur über die Drittschadensliquidation bejaht werden.

4. Keine Konkurrenz der Rechtsfiguren Grenzt man Drittschadensiiquidation und Vertrag mit Schutzwirkung rur Dritte in der hier vorgeschlagenen Weise ab, kann es keine Konkurrenzsituation der beiden Rechtsfiguren geben87 . Die Frage, welche Figur bei einem Aufeinandertreffen beider Rechtsinstitute den Vorrang hat, wird hinfiillig. Denn bei der Gewährung von Drittschadensersatz kann im Hinblick auf einen Schaden nur entweder das Haftungsrisiko gleichbleiben oder sich erhöhen; und bei Fällen ohne Bezugspunkt kommt nur vertraglicher Drittschutz in Betracht. Damit stehen die Rechtsfiguren zueinander im Verhältnis der Alternativität. 87 Auch Puhle, S 117 ff., und Hölscheidt, S 312 f., verneinen die Möglichkeit einer Konkurrenz. Tatbestandliche Exklusivität bei Abgrenzung nach dem Risiko nehmen ebenfalls an Hirth, S 142, und Breinersdorfer, Haftung für Kreditauskünfte, S 152. AA Soergel-Hadding, Anh. § 328, Rn. 11.

IV. Bewältigung der Problempunkte

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Freilich lassen sich Fälle denken, in denen beide Rechtsfiguren einschlägig sind. In diesen Konstellationen sind Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte und Drittschadensliquidation nebeneinander anzuwenden, weil sie jeweils verschiedene Schäden betreffen. Beispiel: Ein Schüler, der mit seiner Familie in der elterlichen Mietwohnung lebt, wird bei einem Wohnungs brand am Körper verletzt und verliert zugleich seine Briefmarkensammlung. Ursache des Brandes war eine defekte Steckdose. Nach der hier vertretenen Auffassung hat der Vermieter den Körperschaden über den Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte zu ersetzen (höchstpersönliches Rechtsgut), den Sachschaden hingegen über die Drittschadensliquidation (der Vater hätte eine eigene Briefmarkensammlung einlagern dürfen). Die Folge ist freilich, daß Anspruchsinhaber hinsichtlich des Körperschadens der Sohn ist, während der Anspruch wegen des Sachschadens dem Vater zusteht. Das ist aber kein Nachteil 88 . Denn der Vater kann dem Sohn den Anspruch jederzeit abtreten und umgekehrt89 .

5. Bedeutung der vertraglichen Vereinbarungen Zu klären bleibt, wie sich die vertraglichen Vereinbarungen der Parteien auf die Abgrenzung auswirken. Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte und Drittschadensliquidation stehen beide weitgehend zur Disposition der Vertragsparteien. Die Parteien können nämlich aufgrund der in § 305 BGB verankerten Vertragsfreiheit grundsätzlich abweichende Vereinbarungen treffen. So ist es möglich, eine Drittschadensliquidation auch für Fälle zu vereinbaren, in denen keine für den Schädiger zuflillige Schadensverlagerung vorliegt90 . Gleichermaßen können die Parteien auch Dritte in den vertraglichen Schutzbereich einbeziehen, die nach der richterlichen Rechtsfortbildung nicht geschützt wären91 .

88 A.A. Puhle, S 108 und Urban, S 165. 89 Zu Abtretungserfordernis und Konkursrisiko als möglichen Nachteilen der Drittschadensliquidation § 5 VI I und 2. 90 Medicus, SchR AT, Rn. 6\0; Erman-Kuckuk, Vor § 249, Rn. 144; Hölscheidt, S 313 91 Etwa Medicus, SchR AT, Rn. 778, und Breinersdorfer, Haftung für Kreditauskünfte, S 124; vgl. auch Flume, AT 11, § 164 f.

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§ 5 Weiterentwicklung und Ergänzung der Abgrenzung

Ob Liquidation im Drittinteresse und vertragliche Schutzwirkung für Dritte ausgeschlossen werden können, ist hingegen strittig92 . Dagegen wird vor allem vorgebracht, es verstieße gegen § 242 BGB oder § 138 BGB, wenn die Parteien den Dritten gänzlich schutzlos stellen wollten. Keineswegs schutzlos wäre der Dritte aber, wenn die Parteien vertraglich lediglich eine andere Form des Drittschutzes bestimmten. Theoretisch könnten die Parteien deshalb vereinbaren, daß nicht die Rechtsfigur anwendbar sein soll, die nach der vorgeschlagenen Abgrenzung einschlägig wäre, sondern die andere Konstruktion. Es ist aber wohl auszuschließen, daß Vertragsparteien in der Praxis solche Regelungen treffen.

V. Anwendung auf Fälle und Vergleich mit der Rechtsprechung 1. Der Rauchrohrfall

Bekanntes Beispiel für die Einlagerung fremder Sachen ist der Rauchrohrfall, BGHZ 49, 350: Die Schwester der Klägerin hatte im Haus des Beklagten Geschäftsräume gemietet. In diese lagerte sie neben eigenen Waren auch Schallplatten der Klägerin ein. Wegen einer Rauchrohröffnung kam es zu einem Brand, bei dem die Schallplatten zerstört wurden. Die Schwester hat der Klägerin alle ihre Rechte abgetreten.

Der BGH hat hier einen Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte angenommen. Das Berufungsgericht93 und zahlreiche Stimmen in der Literatur94 wollen hingegen die Drittschadensliquidation anwenden. Schließlich wird auch vertreten, es bestünde ein Anspruch nach beiden Rechtsfiguren; daß eine Konstruktion die andere ausschließen solle, sei nicht einzusehen95 . Anspruchsgrundlage kann mangels Verschulden nur § 538 BGB sein, auf den sich grundsätzlich nur der Mieter berufen kann. Die Schwester ist Mieterin,

92 DafUr etwa MünchKomm-Gotlwald, § 328, Rn. 86, 99 und 112, freilich in Gegensatz zu Rn. 97; Larenz, NJW 1960, 78, 80; dagegen etwa Larenz, SchR AT, § 1711; Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 21 11 6k; Puhle, S 151. 93 OLG Hamm, BB 1965, 1291. 94 Etwa Berg, NJW 1968, 1325 und MDR 1969, 613, 616; Medicus, BürgR, Rn. 843; Soergel-Hadding, Anh. § 328, Rn. 38.

9S Söllner, JuS 1970, 159, 164.

V. Anwendung auf Fälle und Vergleich mit der Rechtsprechung

97

hat aber durch Zerstörung der Schallplatten keinen Schaden. Die Klägerin hat einen Schaden (Verlust des Eigentums an den Schallplatten), ist aber nicht Mieterin. Es liegt also die typische Ausgangssituation der Drittschadensfälle vor: Schaden und sonstige Anspruchsvoraussetzungen fallen auseinander. Fraglich ist, welche Rechtsfigur zur Anwendung kommt. Nach der hier vertretenen Meinung ist zunächst die Faustregel anzuwenden, daß bei Verletzung höchstpersönlicher Rechtsgüter und bei Fällen ohne Bezugspunkt ein Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte in Betracht kommt, sonst hingegen die Drittschadensliquidation. Vorliegend sind keine höchstpersönlichen Rechte betroffen, denn Eigentum gehört nicht zu diesen. Ebenso ist die Vermietung von Räumen ohne Beteiligung eines Dritten denkbar: Die Vermietung könnte an einen Mieter erfolgen, der die Räume nur selbst betritt und in ihnen ausschließlich eigene Sachen lagert. Somit liegt auch kein Fall ohne Bezugspunkt vor. Nach der Faustregel kommt daher nur eine Drittschadensliquidation in Betracht. Überprüft man dies anhand der zugrundeliegenden Überlegungen, so wird das Ergebnis bestätigt. Die Drittschadensliquidation ist bei gleichbleibendem Haftungsrisiko einschlägig, der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte bei vermehrtem Haftungsrisiko. Als Bezugspunkt ist auf die rechtlichen Möglichkeiten des Gläubigers ohne Beteiligung des Dritten abzustellen. Die Schwester hätte im Rauchrohrfall ohne Beteiligung der Klägerin rechtlich die Möglichkeit gehabt, eigene Schallplatten einzulagern, da dies zum Gebrauch der Räume gehört, der ihr nach § 535 S. 1 BGB zustand. Anhaltspunkte dafür, daß vertraglich Einschränkungen vereinbart worden wären, sind nicht ersichtlich. Auf dieses Haftungsrisiko hatte sich der Vermieter einstellen müssen und konnte entsprechend kalkulieren. Daß nun vorliegend Schallplatten der Klägerin und nicht Sachen der Schwester eingelagert wurden, vermehrte das Haftungsrisiko rur die Beklagte nicht. Somit war das tatsächliche Haftungsrisiko des Vermieters beim Rauchrohrfall im Vergleich zu dem Risiko ohne Beteiligung der Klägerin nicht erhöht. Der Fall läßt sich in die anerkannte Fallgruppe "Obhut für fremde Sachen" einordnen. Da die Schwester der Klägerin alle Rechte abgetreten hat, kann diese den Anspruch geltend machen. Entgegen dem BGH ist also mit den zitierten Literaturstimmen und dem Berufungsgericht ein Fall der Drittschadensliquidation anzunehmen.

7 Traugolt

98

§ 5 Weiterentwicklung und Ergänzung der Abgrenzung

Die Auffassung, daneben könne auch ein Anspruch aufgrund vertraglichen Drittschutzes bestehen, ist abzulehnen. Ein Vertrag mit Schutzwirkung tUr Dritte kommt nämlich nur bei Risikovermehrung oder Fehlen des Bezugspunktes in Betracht. Beides liegt - wie dargelegt - nicht vor. 2. Der Hühnerpestfall Berühmt wurde die Entscheidung von BGHZ 51,91: Die Klägerin hatte Hühner von einem Tierarzt gegen Hühnerpest impfen lassen. Die Tiere verendeten einige Tage nach der Impfung. Dies lag daran, daß das Impfserum verunreinigt gewesen war. Die Klägerin geht nun gegen das Impfstoffwerk vor, das dem Tierarzt das Serum geliefert hatte.

Das Berufungsgericht hatte die Möglichkeit einer Drittschadensliquidation bejaht und zugleich angedeutet, man könne einen Anspruch auch über den Vertrag mit Schutzwirkung tUr Dritte zusprechen. Der BGH hat beide Gesichtspunkte geprüft, aber sowohl eine Drittschadensliquidation als auch vertraglichen Drittschutz verneint. In der Literatur hat er damit Zustimmung gefunden 96 . Nach der Faustregel: vertraglicher Drittschutz bei höchstpersönlichen Rechtsgütern und Fällen ohne Bezugspunkt, sonst hingegen Drittschadensliquidation, kommt hier nur vertraglicher Drittschutz in Frage. Die konkrete Fallkonstellation ist nämlich ohne Beteiligung eines Dritten nicht denkbar. Denn liefert ein Impfstoffwerk an eine Tierarztpraxis Impfseren zur Behandlung von Kundentieren, so ist die Beteiligung von Dritten zwingend, nämlich von Kunden des Arztes. Daß es sich um eine Lieferung von Seren gerade zur Behandlung von Kundentieren handelte, ergibt sich aus der Vertragsauslegung. Denn gemäß dem Vertrag mußte das Impfstoffwerk keinesfalls damit rechnen, der Arzt werde eigene Hühner impfen97 , sondern es war klar, daß die Seren Kundenhühnern gespritzt werden sollten. Bestätigt wird dieses Ergebnis anhand der zugrundeliegenden Überlegungen. Da der Fall ohne Tierarztkunden nicht denkbar ist, fehlt es an einem Bezugspunkt, an dem gemessen werden könnte, ob das Haftungsrisiko des Impfstoffwerks erhöht ist. Die Abgrenzung nach dem Haftungsrisiko hilft daher nicht weiter. Bei einer Konstellation, die ohne Beteiligung eines Dritten 96 Etwa Lange, Schadensersatz, § 8 III 8 b; Puhle, S 128; Urban, S 60. 97 Medicus, BürgR, Rn. 842.

V. Anwendung auf Fälle und Vergleich mit der Rechtsprechung

99

nicht denkbar ist, muß aber eine Drittschadensliquidation von vornherein ausscheiden, da mangels Bezugspunkt von einer Schadensverlagerung nicht die Rede sein kann. Der Schaden entsteht hier schon ursprünglich bei der Tierarztkundin. Genau unter diesem Gesichtspunkt, daß nämlich von einer rur den Schädiger zuflilligen Verlagerung des Schadens nicht gesprochen werden kann, hat auch der BGH die Drittschadensliquidation abgelehnt. Bei Anwendung der zugrunde liegenden Prinzipien, kommt daher, wie nach der Faustregel, nur vertraglicher Drittschutz in Betracht. Dessen Voraussetzungen sind aber mangels eines besonderen Näheverhältnisses zwischen Tierarzt und Kunde nicht gegeben. Der BGH hat daher zutreffend sowohl Drittschadensliquidation als auch Vertrag mit Schutzwirkung rur Dritte verneint und den Beifall der Literatur zu Recht erhalten. Freilich hat das Gericht aus § 823 I BGB verurteilt und damit eine Grundsatzentscheidung zur Produzentenhaftung getroffen. Hierin liegt die besondere Bedeutung des Urteils; dieser Aspekt ist jedoch rur die vorliegende Untersuchung ohne Belang.

3. Die Abwandlung des Ledergürtelfalls Seih hat den vom BGH entschiedenen Ledergürtelfa1l98 abgewandelt99 und damit eine rur die Abgrenzung von vertraglichem Drittschutz und Drittschadensliquidation interessante Konstellation aufgezeigt: K bezieht von B Leder, das mit einer gesundheitsschädlichen Farbe gefärbt ist. Er handelt hierbei als Kommissionär für den Kommittenten D. Sowohl K als auch D erkranken aufgrund ihres Kontakts mit dem Leder an einem Hautausschlag.

Seih meint, nach herrschender Meinung könne K hier den Körperschaden des D liquidieren; daran zeige sich die Unzulänglichkeit der vorherrschenden "formalen Drittschadensthesen". Vertreter der herrschenden Meinung haben diese Fallkonstellation indes - soweit ersichtlich - bisher nicht behandelt.

98 BGHZ 40,91. 99 Selb, NJW 1964, 1765, 1767.

100

§ 5 Weiterentwicklung und Ergänzung der Abgrenzung

Wieder ist zunächst die Faustregel anzuwenden, daß bei Verletzung höchstpersönlicher Rechtsgüter und bei Fällen ohne Bezugspunkt vertraglicher Drittschutz in Betracht kommt, sonst hingegen die Drittschadensliquidation. Vorliegend ist die Gesundheit des D verletzt, also ein höchstpersönliches Rechtsgut. Somit ist der Vertrag mit Schutzwirkung fiir Dritte die passende Rechtsfigur, nicht die Drittschadensliquidation. So wie SeIh den Fall konstruiert hat, gibt es aber keine Anhaltspunkte dafiir, daß die Voraussetzungen vertraglichen Drittschutzes vorliegen. D ist somit auf deliktische Ansprüche nach den Grundsätzen der Produzentenhaftung beschränkt. Zum selben Ergebnis gelangt man anband der Erkenntnisse, die der Faustregel zugrundeliegen. Bei der Feststellung, ob das Haftungsrisiko gleichbleibt oder ein erhöhtes Haftungsrisiko vorliegt, ist als Bezugspunkt auf die rechtlichen Möglichkeiten des K ohne Beteiligung des D abzustellen. K hätte ohne Beteiligung eines Dritten, hier des Kommittenten D, nicht die Möglichkeit gehabt, das Rechtsgut körperliche Unversehrtheit eines anderen als seiner selbst in den vertraglichen Gefahrenbereich einzubringen. Damit ist das Haftungsrisiko im Vergleich zum Bezugspunkt erhöht, d.h. es kommt Schadensersatz über den Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte in Betracht, nicht hingegen über die Drittschadensliquidation. Die Voraussetzungen fiir vertraglichen Drittschutz liegen aber nicht vor. Dieses Ergebnis weicht nicht von der herrschenden Meinung ab. Keineswegs sind nämlich nach herrschender Meinung sämtliche Schäden über die Drittschadensliquidation zu ersetzen, nur weil ein Fall zu einer anerkannten Fallgruppe paßt. Vielmehr können in derartigen Konstellationen gewisse Schäden über die Drittschadensliquidation und andere über den Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte zu ersetzen sein lOO . Welche Rechtsfigur heranzuziehen ist, muß für jeden Schaden gesondert ermittelt werden. Hätte etwa im vorliegenden Fall B arglistig verschwiegen, daß das Leder mit gesundheitsschädlicher Farbe gefärbt ist, und könnte D das Leder wegen des Mangels nicht wie geplant weiterverkaufen, so wäre der hieraus entstehende Schaden nach den Grundsätzen der Drittschadensliquidation (über § 463 S. 2 BGB) zu ersetzen, der Körperschaden des D hingegen weiterhin allenfalls nach den Grundsätzen des vertraglichen Drittschutzes.

100 Vgl.

das Beispiel von § 5lV 4 a.E.

V. Anwendung auf Fälle und Vergleich mit der Rechtsprechung

101

4. Lastschriftverfahren

Eine grundlegende Entscheidung aus dem Bankrecht ist BGHZ 69, 82: Der klagende Zahlungsempfanger hatte bei seiner Bank (Gläubigerbank) Lastschriften eingereicht. Zwischen Gläubigerbank und der nunmehr beklagten Bank des Schuldners bestand ein Lastschriftabkommen. In dessen Rahmen sollten die vom Kläger eingereichten Lastschriften von der beklagten Schuldnerbank zu Lasten des Zahlungspflichtigen eingezogen werden. Als die Lastschriften bei der Beklagten eingingen, war das Konto des Zahlungspflichtigen jedoch ungedeckt. Daher löste die Beklagte die Lastschriften nicht ein. Die Lastschriften blieben eine Weile liegen und wurden erst mit Verzögerung zurückgesandt. Währenddessen filhrte der Kläger noch Lieferungen an den Zahlungspflichtigen aus, die jedoch wegen Konkurseröffnung unbezahlt blieben. Der Kläger fordert Schadensersatz, weil er die Lieferungen nur noch gegen Vorauskasse ausgefilhrt hätte, wenn er rechtzeitig von der Nichteinlösung der Lastschriften erfahren hätte.

Der BGH hat Schadensersatz zugesprochen mit der Begründung, der Zahlungsempfanger sei in den Schutzbereich des Lastschriftabkommens zwischen den Banken einbezogen. Eine Drittschadensliquidation hat er nicht erörtert lOI . Das Echo auf diese Entscheidung war geteilt; manche meinten, der Fall hätte über die Drittschadensliquidation gelöst werden sollen l02 . Nach der hier entwickelten Faustregel kommt nur ein Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte in Betracht. Denn die konkrete Fallkonstellation ist ohne Beteiligung eines Dritten nicht denkbar. Ohne Zahlungsempfanger, die Lastschriften bei ihrer Bank einreichen, wäre das Lastschriftabkommen zwischen den Banken hinfaIlig; es ist ja gerade wegen der Bankkunden geschlossen.

101 Hadding, Festschrift ft1r Wemer, S 165, 176, meint, dies liege allein daran, daß nach dem damals anzuwendenden Lastschriftabkommen eine Drittschadensliquidation ausdrücklich abbedungen war. 102 Zustimmung ft1r den BGH etwa bei Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 617 und 2. Festschrift ft1r Larenz, S 27,98 ff., sowie JZ 1995,441,443 und Hölscheidt, S 319 f. Für die Drittschadensliquidation Hadding, Festschrift ft1r Werner, S 165, 193 ff., van Gelder, WM 1995, 1253, 1255 ff. und wohl auch Lange, Schadensersatz, § 8 m 4. Skeptisch gegenüber dem BGH auch Gemhuber, Das Schuldverhältnis, § 21 m 1 c, Schwerdtner, Jura 1980,493,497 f. und Bauer, WM 1981, 1186, 1195, im Zusammenhang mit dem Widerspruch im Lastschriftverfahren (zu diesem jetzt LG Duisburg, NJW-RR 1994, 238). Gänzlich gegen einen Schadensersatzanspruch des Bankkunden Badde, S 169 ff. und Ziegltrum, S 203 ff.. Als Pardigma ft1r die V.i.V. bezeichnet den FallJunker, V.i.V., S 69. Vgl. allgemein zur Lastschrift Hirth, S 172 f1.

102

§ 5 Weiterentwicklung und Ergänzung der Abgrenzung

Mißt man dieses Ergebnis an den Überlegungen, die der Faustregel zugrundeliegen, so bestätigt sich, daß nur ein Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte in Betracht kommt. Da nämlich die konkrete Konstellation ohne Beteiligung eines Dritten nicht denkbar ist, kann man mangels Bezugspunkt nicht nach dem Risiko abgrenzen. Weil aber eben die Beteiligung des Zahlungsempfangers zwingend ist, scheidet eine Drittschadensliquidation mangels Schadensverlagerung aus; diese ist begrifllich ausgeschlossen. Der Schaden entsteht schon ursprünglich beim Bankkunden. Genau auf diesen Gesichtspunkt stellt auch Canaris bei seiner Ablehnung der Drittschadensliquidation für die Lastschriftfälle ab 103. Er führt aus, man könne in den Fällen des mehrgliedrigen Zahlungsverkehrs schwerlich davon sprechen, daß eine Verlagerung des Schadens vom Anspruchsinhaber auf den Dritten stattfinde, vielmehr könne der betreffende Schaden die Bank von vornherein nicht treffen, sondern sich nur in der Person des Kunden verwirklichen. Gegen Canaris hat sich mit wenig überzeugenden Argumenten Hadding gewandt 104. Er stellt in Frage, daß die Drittschadensliquidation eine Schadensverlagerung voraussetzt 105 . In Wirklichkeit ist aber die Schadensverlagerung das entscheidende Kriterium und die innere Rechtfertigung der Drittschadensliquidation. Nur wenn sie gegeben ist, darf eine Liquidation im Drittinteresse stattfinden106 . Hadding meint deshalb zu Unrecht, stets wenn ein Fall mittelbarer Stellvertretung vorliege, sei die Drittschadensliquidation zulässig l07.

103 Canaris, Bankvertragsrecht, 2. Auflage, Rn. 26. Die Umarbeitung in der 3. Auflage bedeutet kein sachliches Abrücken; vielmehr war sie durch den zwischenzeitlich erschienenen Beitrag von Hadding in Festschrift fl1r Werner, S 180 tT., veranlaßt. In JZ 1995,441,443, sieht Canaris jetzt eine enge Verwandtschaft mit der Drittschadensliquidation. 104 Hadding, Festschrift fl1r Werner, S 165, 180 ff.; im zustimmend neuerdings van Gelder, WM 1995, 1253, 1256 tT. 105 Ebenso Breinersdoifer, Haftung fl1r Kreditauskünfte, S 147. 106 Vgl. nur BGH NJW 1993, 655, 656, wo der BGH erneut die Schadensverlagerung als notwendige Voraussetzung der Drittschadensliquidation bezeichnet oder OLG Koblenz NJW-RR 1991, 152, 153; aus der jüngeren Literatur etwa Lüke, JuS 1993, 831,836 107 Hadding, Festschrift fl1r Werner, S 165, 178; ebenso Breinersdoifer, Haftung fl1r Kreditauskünfte, S 137 tT.; gegen diesen wiederum Dickes, S 200; ebenfalls in diese Richtung gehend Fikentscher, AcP 190, 34, 100 Fn. 109.

V. Anwendung auf Fälle und Vergleich mit der Rechtsprechung

103

Im Ergebnis ist also dem BGH darin zu folgen, daß der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte in Betracht kam, nicht hingegen die Drittschadensliquidation. Ob es richtig war, die tatbestandlichen Voraussetzungen vertraglichen Drittschutzes zu bejahen, ist hier nicht abschließend zu entscheiden, da es sich dabei um eine unabhängig von der Abgrenzung zu beantwortende Frage handelt. Eine unabsehbare Ausweitung der Haftung für Schäden Dritter bedeutet dieses Urteil aber jedenfalls nicht l08, da sich der BGH ausdrücklich beschränkt auf "Massengeschäfte eines bestimmten Typs mit einem einheitlich praktizierten Verfahren ... , das dem Rechtsverkehr in großem Stile unter Inanspruchnahme des Vertrauens auf sach- und interessengerechte Abwicklung angeboten wird"I09.

5. Der Gutachterfall von BGB NJW 1984, 355 Als wegweisend hat einer der erkeIUlenden Richter das Urteil des BGH bezeichnet I 10, das zu folgendem Sachverhalt erging: Der Beklagte wurde als öffentlich bestellter Sachverständiger von einem Kaufinann beauftragt, ein Grundstückswertgutachten zu erstellen. Zu dem Gespräch, in dessen Verlauf der Auftrag erteilt wurde, hatte der Kaufinann den Kläger als Begleiter mitgebracht. Der Kaufinann gab unmißverständlich zu verstehen, daß er oder die hinter ihm stehende Käufergruppe das zu begutachtende Grundstück erwerben wolle. Nachdem das Gutachten erstellt war, erwarb der Kläger das Grundstück. Später stellt sich heraus, daß der Beklagte den Wert des Grundstücks überschätzt hatte, weil er die bestehenden Bindungen des sozialen Wohnungsbaus unberücksichtigt gelassen hatte. Der Kläger konnte den Kauf wieder rückgängig machen, will aber nun vom Beklagten Ersatz der ihm entstandenen Kosten.

Der BGH hat hier eine Einbeziehung des Klägers in den Schutzbereich des Gutachtenvertrags für möglich gehalten. Eine Drittschadensliquidation wird in dem Urteil nicht erörtert. Das Urteil ist mehrfach überwiegend kritisch besprochen worden lll . Auch hierbei vertrat niemand eine Drittschadensliquidation. 108 So auchCanaris, JZ 1995,441,443. 109 BGHZ 69, 82, 86. llO Lang, WM 1988, 1001, 1005. lli Ablehnend etwa Littbarski, NJW 1984, 1667, 1669; Grunewald, AcP 187,285,

289 ff.; Schnauder, JuS 1993, L 89, 92; zustimmend hingegen liegltrum, S 205 ff.; vgl. auch Damm, JZ 1991, 373.

104

§ 5 Weiterentwicklung und Ergänzung der Abgrenzung

Wendet man die hier entwickelte Faustregel an, kommt man hingegen zu einer Lösung über die Drittschadensliquidation. Denn es handelt sich nicht um die Verletzung höchstpersönlicher Rechtsgüter und die konkrete Vertragsgestaltung ist ohne Beteiligung des Dritten denkbar: Der Auftraggeber hätte selbst kaufen können. Keine Rolle spielt, daß der Gutachtenauftrag anläßlich des Verkaufs nicht ohne Beteiligung des Verkäufers denkbar ist. Bei Beteiligung mehrerer Dritter ist nämlich jede Drittbeteiligung gesondert zu untersuchen; dabei ist jeweils die Funktion des Dritten im Rahmen des Vertragsverhältnisses zu beachten 112 . Daraus ergibt sich der Unterschied zum Gutachterfall von BGH JZ 1995, 306, den der BGH zu Recht über den Vertrag mit Schutzwirkung rur Dritte gelöst hat. Dort war die konkrete Fallkonstellation nicht ohne Beteiligung des geschädigten Dritten denkbar. Denn der geschädigte Dritte war die andere Kaufvertragspartei, die bei einem Gutachtenauftrag anläßlich eines Verkaufs denknotwendig beteiligt ist 113 . Wiederum bestätigt die Anwendung der zugrundeliegenden Erkenntnisse das Ergebnis nach der Faustregel. Denn es hätte ohne Beteiligung eines Dritten in den rechtlichen Möglichkeiten des Kaufmanns gelegen, das Grundstück selbst und allein zu kaufen. Im Vergleich zu dieser Lage ist das Risiko durch die Beteiligung eines Dritten, nämlich des Klägers, nicht erhöht. In beiden Fällen muß der Gutachter damit rechnen, daß aufgrund eines mangelhaften Gutachtens mindestens ein Rückabwicklungsschaden entsteht. Daß keine Risikoerhöhung vorliegt, ahnt auch der BGH, indem er einräumt, "daß die Schäden, die in einer Käufergruppe beim Erwerb eines Hauses infolge eines falschen Wertgutachtens entstehen können, in der Regel nicht höher sind als die, die einer Einzelperson in der gleichen Situation erwachsen würden"114. Er zieht hieraus aber keine weiteren Schlüsse, sondern begründet mit dieser Überlegung nur, daß der Beklagte nicht in unzumutbarer Weise belastet werde.

112§5IVl. 113 Vgl. näher zu diesem Fall § 3 11 5. 114 BGH NJW 1984, 355, 356; ebenso liegltrum, S 207; auch Jost, S 171, erkennt, daß keine Vermehrung des Haftungsrisikos vorliegt, "sondern eher eine Schadensverlagerung wie bei der Drittschadensliquidation" , lehnt diese aber letztlich ab, S 174; Canaris, JZ 1995,441, 443 sieht ebenfalls die Verwandtschaft mit den Fällen der Schadensverlagerung.

V. AnwendWlg auf Fälle Wld Vergleich mit der RechtsprechWlg

105

6. Der KassenarLtfall von BGB NJW 1992, 2962 Schließlich sei noch ein in jüngeren Zeit entschiedener Fall aus dem Arzthaftungsrecht behandelt, BGH NJW 1992,2962 115 : Die Beklagte ist niedergelassene KassenäIztin Wld war auf VeranlassWlg des Pflegepersonals in ein Krankenhaus gekommen, um das neugeborene Kind der Klägerin zu Wltersuchen. Sie stellte an dem Kind keine Besonderheiten fest. Am nächsten Tag zeigte das Neugeborene jedoch Anzeichen von Gelbsucht. Hiervon verblieben dem Kind schließlich schwere irreversible Schäden, vor allem BewegWlgsstöfWlgen Wld Taubheit. Die Klägerin verlangt Ersatz des schädigWlgsbedingten Mehraufwands filr Pflege Wld VersorgWlg des Kindes.

Der BGH urteilte, der Klägerin stünden vertragliche Ansprüche unabhängig davon zu, ob sie als Kassenpatientin unmittelbare Vertragspartnerin der Beklagten geworden sei oder der Behandlungsvertrag zwischen der Krankenkasse und der Beklagten zustandegekommen sei; im zweiten Fall entfalte der Vertrag Schutzwirkungen zugunsten der Klägerin. Auch nach der Faustregel kommt hier nur ein Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte in Betracht. Denn ein Behandlungsvertrag zwischen Krankenkasse und Kassenarzt ohne Beteiligung eines Dritten, nämlich eines Patienten, ist nicht möglich. Krankenkassen können sich nicht selbst von Ärzten behandeln lassen. Wieder wird das Ergebnis bestätigt, wenn man auf die grundlegenden Prinzipien zurückgreift. Da die konkrete Fallkonstellation ohne Beteiligung eines Dritten, nämlich eines Patienten, nicht denkbar ist, kann man mangels Vergleichspunkts nicht nach dem Haftungsrisiko abgrenzen. Ohne Vergleichspunkt kann auch keine Rede sein von einer zufälligen Schadensverlagerung von der Krankenkasse auf die Mutter. Der Schaden ist vielmehr schon ursprünglich bei der Mutter entstanden. Da eine Drittschadensliquidation somit ausscheidet, kommt nur ein Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte in Betracht. Der BGH hat die Lösung also zu Recht über den Vertrag mit Schutzwirkung fiir Dritte gesucht.

115 Der Sachverhalt wird hier stark vereinfacht wiedergegeben.

106

§ 5 Weiterentwicklung und Ergänzung der Abgrenzung

7. Fazit Eine Zusammenschau der erörterten Fallgestaltungen ergibt folgendes Fazit: Zum Teil bestätigt das vorgeschlagene Abgrenzungsmodell die Ergebnisse der Rechtsprechung. Zuweilen wählt der BGH aber auch den Weg über den vertraglichen Drittschutz, während richtigerweise die Drittschadensliquidation anzuwenden wäre. Eine Liquidation im Drittinteresse wird dabei von den Richtern nicht einmal erörtert; auch die Literatur sieht hier die Möglichkeit der Drittschadensliquidation in der Regel nicht. Erklären läßt sich dies mit der heftigen Kritik an der Drittschadensliquidation 116, welche diese Rechtsfigur stark in die Defensive gedrängt hat l17 . Die Ablehnung der Liquidation im Drittinteresse hatte teilweise sehr hohes wissenschaftliches Niveau und fand auch Vertreter, die in der Rechtsprechung nicht ohne Einfluß sind. Beides trifft zu auf die Habilitationsschrift "Die Drittschadensliquidation im Wandel der Rechtsdogmatik" von Hagen, der inzwischen Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof ist l18 . Es verwundert daher nicht, daß bei neuen Drittschadensproblemen ungern zur Drittschadensliquidation gegriffen wurde, sondern vielmehr der Vertrag mit Schutzwirkung filr Dritte tragfähiger schien. Denn die Kritik an dessen grundsätzlichen Berechtigung war viel spärlicher und verstummte zum Teil gar gänzlich 119.

VI. Ergebniskontrolle: Nachteile der Drittschadensliquidation? Wenn nun die hier vorgeschlagene Abgrenzung der Drittschadensliquidation einen größeren Anwendungsbereich zubilligt, so ist dieses Ergebnis auf seine Interessengerechtigkeit zu überprüfen und zu fragen, ob die Drittscha-

116 Vgl. § 3 I. 117 Auch Medicus, Probleme um das Schuldverhältnis, S 6, stellt fest, daß sich die Drittschadensliquidation eher auf dem Rückzug befindet. Ebenso die Bestandsaufnahme von Canaris in Bankvertragsrecht, Rn. 26 und Rn. 613. Ausnahmen stellen die Versuche von Hölscheidt, S 314 ff. und van Gelder, WM 1995, 1253, 1256 ff. dar, der Drittschadensliquidation im Bereich des Zahlungsverkehrs wieder mehr Raum zu verschaffen. 118 Hagen läßt jedoch in AcP 192,568,569, nunmehr eine gewisse kritische Distanz zu seinem Werk erkennen. 119 Vgl. § 3 11. MünchKomm-Gottwald, § 328, Rn. 81, etwa stellt fest: "Das Ob dieser Haftungserleichterung ist heute nicht mehr streitig".

VI. Ergebniskontrolle: Nachteile der Drittschadensliquidation?

107

densliquidation nicht etwa Nachteile aufweist, die rur eine möglichst enge Begrenzung dieses Rechtsinstituts sprechen.

1. Konkurs des Gläubigers Zunächst bedarf der Erörterung, ob bei der Drittschadensliquidation der Dritte im Gläubigerkonkurs hinreichend geschützt ist. Da Anspruchsinhaber bei der Drittschadensliquidation der Gläubiger ist, unterliegt die noch nicht abgetretene Forderung bei Konkurs des Gläubigers zunächst dem Zugriff der Konkursgläubiger. Ein ausreichender Schutz des Dritten ist nur gewährleistet, wenn ihm ein Aussonderungsrecht nach § 43 KO zusteht. Bei der Kommission ergibt sich ein solches Recht aus § 392 11 HGB: Im Verhältnis zu den Gläubigem des Kommissionärs gilt die Schadensersatzforderung als Forderung des Kommittenten. Entsprechendes gilt wegen der Verweisung von § 407 11 HGB bei der Spedition und nach §§ 406,415 HGB rur sämtliche Forderungen, die ein Kaufinann in Ausübung seines Handelsgeschäfts als mittelbarer Stellvertreter rur einen Dritten erwirbt. Aber auch über diesen Bereich hinaus ist ein Aussonderungsrecht des Dritten anerkannt l20 . Denn rur das Aussonderungsrecht kommt es nicht auf die formelle Zugehörigkeit zum Vermögen des Gläubigers, sondern auf die wirtschaftliche Zugehörigkeit an 121. Dies zeigt sich besonders deutlich an der Behandlung des Sicherungseigentums im Konkurs des Sicherungsnehmers: Dort wird dem Sicherungsgeber ein Aussonderungsrecht zugestanden, obwohl formal der Sicherungsnehmer Eigentümer ist l22 . Wendet man diese wirtschaftliche Betrachtungsweise auf die Fälle der Drittschadensliquidation an, so ist dem Dritten ein Aussonderungsrecht zu gewähren. Wirtschaftlich gehört die Schadensersatzforderung nämlich zum Vermögen des Dritten, denn es ist ja sein Schaden, der ersetzt werden soll.

120 Wiggert, S 40; WD. Lange, S 54 f.; Lübbe, S 114; Bögemann, S 57; Stuckart, S 65 Fn.l; Puhle, S 144; Urban, S 157. 121 Puhle, S 144; WD. Lange, S 54 mit weiteren Nachweisen. 122 Grundlegend RGZ 145, 193; 157,45; BGH NJW 1959,939.

108

§ 5 Weiterentwicklung und Ergänzung der Abgrenzung

2. Abtretungserfordernis Ferner ist zu prüfen, ob nicht das Abtretungserfordernis ein wesentlicher Nachteil der Drittschadensliquidation gegenüber dem vertraglichen Drittschutz ist. Für den Dritten ergeben sich nämlich Belastungen, wenn der Verletzte sich weigert, den Anspruch abzutreten: er muß dann zunächst gegen den Verletzten und dann gegen den Schädiger vorgehen 123. Beim Vertrag mit Schutzwirkung rur Dritte erginge es dem Dritten aber in der Regel nicht besser. Denn oft kann der Dritte erst vom Gläubiger wichtige Informationen erhalten, die er zur Geltendmachung seines Anspruchs aus vertraglichem Drittschutz benötigt, z.B. Identität des Schädigers und Bestehen des möglicherweise drittschützenden Vertrags 124. Auch hier muß der Dritte gegen den Gläubiger u.U. gerichtlich vorgehen. Dem Dritten wird die Durchsetzung seines Anspruchs daher erschwert, wenn der Verletzte nicht kooperationsbereit ist, meist gleichgültig, ob die Drittschadensliquidation oder der vertragliche Drittschutz Anwendung fmdet l25 . 3. Einwendungen und Einreden Schließlich könnten auch Einwendungen und Einreden des Schädigers gegenüber dem Gläubiger derart zu Lasten des Dritten wirken, daß es aus diesem Grund unangemessen erschiene, der Drittschadensliquidation mehr Raum zu geben. So wird behauptet, der Schädiger könne gegen die Schadensersatzforderung mit Forderungen aufrechnen, die ihm gegen den Gläubiger zustehen l26 . Dies triffi aber zunächst im Bereich der Kommission, der Spedition und allgemein der mittelbaren Stellvertretung im kaufmännischen Bereich sicher nicht zu.

123 Vgl. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 26 und Fikentscher, AcP 190, 34, 100,

Fn.109. 124 In diesem Sinne für das Bankrecht Breinersdorfer, Haftung für Kreditauskünfte, S 153 fT. 125 Keinen wesentlichen Nachteil im Abtretungserfordernis sehen auch Breinersdorfor, Haftung für Kreditauskünfte, S 153 fT.; Lorenz, JZ 1995, 317, 322; wohl auch Walker, AcP 194,295, 303; allgemein zur Abtretung Lüke, JuS 1995, 90 fT.. 126 Urban, S 157 f.; Puhle, S 145 f.

VII. Zusammenfassung

109

Denn dort gilt nach § 392 11 HGB127 die Schadensersatzforderung im Verhältnis zum Schädiger als eine Forderung des Dritten, so daß es an der Wechselseitigkeit der Forderungen fehlt. Aber auch im übrigen scheidet eine Aufrechnung gegen die Schadensersatzforderung mit Ansprüchen gegen den Gläubiger aus. Denn der Aufrechnungsgegner muß "vollberechtigter Gläubiger sein"128. Dies ist der Gläubiger bei der Drittschadensliquidation aber nicht, da er den Anspruch entweder an den Dritten abtreten oder in dessen Interesse geltend machen muß. Auch hinsichtlich der Verjährung besteht kein Nachteil rur den Dritten durch Anwendung der Drittschadensliquidation 129, ebensowenig hinsichtlich der Anrechnung von Mitverschulden 130 oder sonstiger Einwendungen und Einreden. Die Drittschadensliquidation hat ihren schlechten Ruf also zu Unrecht. Sie ist nicht durch andere Rechtsinstitute zu ersetzen 131 und bringt dem Dritten keine Nachteile. Sie sollte daher wieder als vollwertiges Rechtsinstitut anerkannt werden; es ließen sich dann die in ihr liegenden Möglichkeiten zur Lösung von DrittschadensflUlen nutzen und die ständige Ausdehnung des Vertrags mit Schutzwirkung rur Dritte könnte endlich zum Stillstand kommen.

VII. Zusammenfassung Bei der Abgrenzung nach dem Haftungsrisiko ist auf das Begriffspaar gleichbleibendes HaftungsrisikolRisikovermehrung abzustellen. Unter Haftungsrisiko ist dabei nicht die mögliche Haftungshöhe, sondern allein die Haftungswahrscheinlichkeit zu verstehen. Denn nur deren Kalkulierbarkeit ist im deutschen Recht gewährleistet. Das Postulat der Kalkulierbarkeit des so verstandenen Haftungsrisikos ist das bestimmende Thema des deutschen Drittschadensrechts. Denn auf ihm beruhen sowohl das Dogma vom Gläubigerinteresse und die ausnahmsweise 127 Für die Spedition anwendbar über § 407 11 HGB, für die mittelbare Stellvertretung im kaufmännischen Bereich allgemein anwendbar über §§ 406, 415 HGB. 128 Larenz, SchR AT, § 18 VI a 129 Vgl. etwa Urban, S 161. 130 Vgl. etwa Puhle, S 146 ff. und Urban, S 159 f. 131 Vgl. ausführlich oben § 3 I.

110

§ 5 Weiterentwicklung und Ergänzung der Abgrenzung

Zulassung der Drittschadensliquidation, als auch der Relativitätsgrundsatz und seine Durchbrechung, der Vertrag mit Schutzwirkung filr Dritte. Daher muß sich auch die Abgrenzung der Rechtsfiguren am Haftungsrisiko orientieren. Die Abgrenzung nach erhöhtem und gleichbleibendem Haftungsrisiko ergibt sich dabei zwingend daraus, daß beim Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte Erkennbarkeit verlangt wird, bei der Drittschadensliquidation aber nicht. Als Bezugspunkt für die Risikovermehrung ist die Lage ohne Beteiligung des Dritten anzusehen. In manchen Konstellationen fehlt dieser Bezugspunkt, so daß die Frage nach der Risikoerhöhung nicht mehr sinnvoll gestellt werden kann. Es sind dies die Fälle, in denen die konkrete Konstellation ohne Beteiligung eines Dritten nicht denkbar ist. Hier scheidet eine Drittschadensliquidation aus. Denn es läßt sich keine Schadensverlagerung feststellen; der Schaden entsteht schon ursprünglich beim Dritten. Bei Beteiligung mehrerer Dritter ist für jede Drittbeteiligung gesondert zu untersuchen, ob es die konkrete Fallkonstellation ohne den jeweiligen Dritten geben kann; dabei ist jeweils die Funktion des Dritten in der konkreten Fallgestaltung zu beachten. Ergibt sich, daß für den Dritten keine Drittschadensliquidation in Betracht kommt, so ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen des folglich einschlägigen Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte vorliegen. Die Abgrenzung nach gleichbleibendem Haftungsrisiko und Risikovermehrung steht ferner vor der Schwierigkeit, den Bezugspunkt genau zu bestimmen. Dies warf bisher etwa bei den Obhutsflillen Probleme auf, weil hypothetische Erwägungen angestellt wurden. Der Bezugspunkt bestimmt sich aber stattdessen danach, welche rechtlichen Möglichkeiten der Gläubiger ohne Beteiligung des Dritten gehabt hätte, eigene Rechtsgüter und Vermögensinteressen in den Gefahrenbereich einzubringen. Diese Möglichkeiten sind nach den allgemeinen Regeln der Vertragsauslegung zu ermitteln. Bei der Ermittlung des Bezugspunktes anhand der rechtlichen Möglichkeiten des Gläubigers ohne Beteiligung eines Dritten wird sich in der Regel nur bei höchstpersönlichen Rechtsgütern eine Risikovermehrung ergeben. Daher gelangt man zu folgender Faustregel: Ein Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte kommt in Betracht bei Verletzung höchstpersönlicher Rechtsgüter des Dritten und bei Fällen, die ohne Beteiligung eines Dritten nicht denkbar sind (Fälle ohne Bezugspunkt). Andernfalls ist die Drittschadensliquidation einschlägig.

VII. Zusammenfassung

111

Vertrag mit Schutzwirkung fiir Dritte und Drittschadensliquidation stehen bei dieser Abgrenzung im Verhältnis der Alternativität. Theoretisch könnten die Parteien vereinbaren, daß nicht die Rechtsfigur anwendbar sein soll, die nach der vorgeschlagenen Abgrenzung einschlägig wäre, sondern im Gegenteil gerade die andere Konstruktion. Solche Regelungen werden aber in der Praxis wohl kaum getroffen. Häufig fUhrt die vorgeschlagenen Abgrenzung zu Ergebnissen, die mit der Rechtsprechung übereinstimmen. In wichtigen Fallgestaltungen jedoch geht die Rechtsprechung zu Unrecht den Weg über den Vertrag mit Schutzwirkung fUr Dritte. Dies liegt wohl daran, daß die Drittschadensliquidation in Verruf geraten ist durch die massive Kritik, die sie über viele Jahrzehnte erfahren hat. Die Angriffe sind aber unberechtigt. Die Drittschadensliquidation kann nämlich nicht durch andere Rechtsfiguren ersetzt werden und bringt dem Dritten keine Nachteile im Vergleich zum vertraglichen Drittschutz. Für den Schutz des Dritten sollten daher künftig verstärkt die Möglichkeiten der Drittschadensliquidation berücksichtigt werden, statt die Lösung neu auftauchender Konstellationen fast ausschließlich über den vertraglichen Drittschutz zu suchen. Dies setzt voraus, daß die DriUschadensliquidation wieder in ihrer Berechtigung voll anerkannt und ihr der Ruch einer verdächtigen, dogmatisch minderwertigen Erscheinung genommen wird.

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Soergel, Hs. Th.: Bürgerliches Gesetzbuch, Band 2, Schuldrecht I, 12. Auflage, neu hrsg. von W. Siebert, Stuttgart etc. 1990, zitiert Soergel-Bearbeiter. -

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Söllner, Alfred: Mietvertragliche Sachmängelhaftung des Grundstückserwerbers gegenüber Dritten - BGHZ 49, 350, in JuS 1970, 159 ff., zitiert Söllner, JuS 1970. Sonnenschein, Jürgen: Der Vertrag mit Schutzwirktmgen filr Dritte - und immer neue Fragen, JA 1979, 225 fI, zitiert Sonnenschein, JA 1979. von Staudinger, Julius: Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 12. Auflage, Berlin seit 1978, zitiert Staudinger-Bearbeiter. Steding, Ulrich: Die Drittschadensliquidation, JuS 1983, 29 ff., zitiert Steding, JuS 1983. Strauch, Dieter: Verträge mit Drittschutzwirktmg, JuS 1982, 823 ff., zitiert Strauch, JuS 1982. -

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LiteraturveIZeichnis

123

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liegltrum, Anna: Der Vertrag mit Schutzwirkung filr Dritte, Frankfurt a.M. etc. 1992, zitiert liegltrum. limmennann, Reinhard: Lachende Doppelerben? - Erbfolge und Schadensersatz bei Anwaltsverschulden, FarnRZ 1980, 99 ff., zitiert limmennann, FarnRZ 1980.

Sachwortverzeichnis

Absolutes Recht 15,48,56,88

culpa in contrahendo 54, 59 ff.

Abtretung 18,44 f., 95, 98, 107, 108 Adäquanz 79 f. Aktionäre 24 Aktivlegitimation 13, 15, 17 Alles oder Nichts-Prinzip 79 allgemeines Landrecht, 38 preußisches

Deliktischer Anspruch 48,49,83, 100 Differenzhypothese 27 ff., 32 f., 38, 40 tT., 44 Dogma von Gläubigerinteresse 13

tT., 27, 75, 78, 109 Drittwiderspruchsklage 52

Anwartschaftsrecht 88

Drittwirkung 50 f

Arbeitnehmerüberlassung 87,92

Durchsetzungsrisiko 28, 30 f., 39

Arzthaftung 105 f. Aufrechnung 14, 58 f., 108

Eftizienz 63 f.

Auskehnmg 19

Eigentwn, wirtschaftliches 48,

Auskünfte 12

Einreden 108 f.

Aussonderungsrecht 52, 107

Einwendungen 70 Einzelzwangsvollstreckung 52,

Bank 69 ff., 101 tT.

Emmissionsprospekte 60, 64

Bankkredit 19

Entlastungsbeweis 52

Bankrecht 69 ff., 101 ff.

Entstehungsgeschichte des BGB 15

Besitz 88

ErftUlungsinteresse 21

Bezugsptmkt 84 ff., 90 ff., 110

Erkennbarkeit24,7l f., 81 f., 110

Billigkeit 14, 19,21

Ersatzberechtigung 11

Code civil 38

Fallgruppen 20 ff., 25, 32,40, 75

Sachwortverzeichnis

Faustregel 93 f, 97, 98, 100, 102, 104,105

125

Integritätsinteresse 21 Interessen1age 19

Fordenmgsrisiko 39 FÜfsorgeverhältnis 11, 23

Kalkulierbarkeit 16, 73, 76, 78 tT., 109

Gefahrentlastung 20 tT., 27, 44

Kausalität

Gefahrtragung 29,35 f., 40, 48

-

äquivalente 28, 30, 33

Gefahrübergang 20,53,90

-

überholende 36 f, 43 f

Gefahrenverlagerung 20, 53

KodifIkation 15

Gegen1äufigkeit der Interessen 11,

Kommission 21,44, 87 f, 100 f,

24, 58, 59 tT.

107

Geschäft für den, den es angeht 46

Konkurrenz 94 f.

geteilte Rechtszuständigkeiten 51 f

Konkurs 48,52, 101, 107

Gewinn, entgangener 37, 89 Gewohnheitsrecht 22

Lastschriftfäl1e 86, 91

Gläubigerinteresse, siehe Dogma

Lastschriftverfahren 12, 101 tT.

von Gläubigerinte-resse

Leasing 20

Gläubigernähe 23, 63

Ledergürtelfall 88, 99 tT.

Gutachter 59 ff., 84, 91, 103 ff.

Leihe 17., 87 Leistungsnähe 23,81

Haftpflichtversicherung 80 Haftungshöhe 78 tT., 109

Massengeschäfte 103

Haftungsinteresse 29

mittelbare Stellvertretung 21 f, 26,

Haftungsrisiko 12, 72 tT., 75, 76 tT., 93,97, 99, 100, 109 f Haftungswahrscheinlichkeit 78 tT., 109

90 Miete 17,21,25 Mitverschulden 58 f, 79 f, 109 Mitzuständigkeit, dingliche 50 f

Handelskauf 53 Hühnerpestfall 98 f

Obhutsfälle 11,21,49 f, 90, 98, 110

Inkassozession 52

Obhutspflicht 11

126

Sachwortverzeichnis

objektiver Wert als Mindestschaden 40 fT.

Schaden -

mittelbarer Schaden 36 f.

-

nonnativer Schaden 32

-

Mindestschaden 34 fT.

-

Objektschaden 40

Pacht 17

-

typischer Schaden

personelle Drittbezogenheit 67 f.

-

unmittelbarer Schaden 34 fT.

personenrechtlicher Einschlag 11,

Schadensminderungspflicht 79

Obligationenrecht, schweizerisches 40

68 f.

Schadensverlagerung 18, 20, 22, 72

positive Forderungsverletzung 54

ff., 76 fT.

Preisgefahr 20, 43

Schadenszurechnung 19

Primäranspruch 17

Scheckfälle 86, 91

Produzentenhaftung 99, 100

Schenkung 20, 33

Provision 87 f.

Schuldrechtskommission 53 f. Schuldverhältnis, einheitliches

Rauchroherfall 96 fT.

gesetzliches 54 fT.

Rechtsanwälte 60, 64, 84, 86

Schutzbedürfuis 24

Rechtsgüter, höchstpersönliche 93

Schutzpflichten 55

f., 95, 97, 98, 100,

104~

110

Schutzzweck der Nonn 14

Rechtspolitik 15 f., 80

Sekundäranspruch 17

Rechtssicherheit 46,

Sicherungstreuhand 22, 30

Refonn des Schuldrechts 53 f.

Sicherungszession 19

Relativitätsgrundsatz 13, 15, 16 fT.,

Sonderverbindung, gesetzliche 46,

80,109

52

Reserveursachen 36 f., 43 f.

Spedition 21, 107

Ressourcen 64

Steuerrecht 48,

Risikovermehrung 72 fT., 83 f.

Streckengeschäft 42, Substanzwert 42

Sachkenner 60, 64

Surrogat 22

Sachrisiko 20,39 Sachverständiger 59 fT., 103 fT.

Testamentsfälle 39, 86

Sachwortverzeichnis

127

Testate 12

Verwahrung 14

Totalreparation 78

Verwaltungstreuhand 52

Transaktionskosten 60

Verzögerung 22, 23

transitorisches Interesse 44 f.

Verzug 19

Treuhand 22 f., 30 f., 35 f., 88, 90

Vollhaftung 81 Vorhersehbarkeit 78 ff.

Übersicherung 19

Vorteilsausgleichung 26 fT., 88

Überweisungsfiille 86, 91 UN-Kaufrecht 78

Wahrscheinlichkeitsrechnung 80 Weiterverkauf 37, 40

VeIjährung 21,109

WerkverschafTungsvertrag 87, 92

Verkehrssicherungspflichten 55

Werkvertrag 20, 35 f., 84

Vennächtnis 20, 33,43

Wirtschaftsprüfer 60, 64

Versendungskauf20, 28, 43, 53,

Wohl und Wehe 23 f., 68 f.

72,85,89 Versicherung 80 Vertrag zugunsten Dritter 17, 56 fT.

Zeitpunkt der Ersatzleistung 33 f., 35,40 ff.

Vertragsfreiheit 95

Zession 19

Vertragsstrafe 29

Zie1richtung des Vertrags 67 f.

Vertrauen 46 fT., 54 fT., 75, 103

Zufall 18, 20, 21, 71 f., 81

Vertretung im Vertrauen 45 fT., 56

Zumutbarkeit 16, 78