Das sächsische Bergschulwesen: Entstehung, Entwicklung, Epilog (1776-1924) 9783412215347, 9783412208585


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Das sächsische Bergschulwesen: Entstehung, Entwicklung, Epilog (1776-1924)
 9783412215347, 9783412208585

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Herbert E. Kaden

Das sächsische Bergschulwesen Entstehung, Entwicklung, Epilog (1776–1924)

2012 BÖHLAU VERLAG KÖLN WEIMAR WIEN

Gedruckt mit Unterstützung des Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG WORT

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abruf bar.

Umschlagabbildung: Gustav Täubert, Das Ober-Berg-Amt[s]-Haus Freiberg, 1. Hälfte 19. Jh., Inv.-Nr. 67/208, Stadt- und Bergbaumuseum Freiberg Rückseite: Bergschüler (Ausschnitt), aus: Eduard Heuchler: Bergmanns Lebenslauf. Freiberg 1867, Abb. 11 © 2012 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Wien Köln Weimar Ursulaplatz 1, D-50668 Köln, www.boehlau-verlag.com Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Gesamtherstellung: WBD Wissenschaftlicher Bücherdienst, Köln Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier ISBN 978-3-412-20858-5

in memoriam Erwin Kaden († 1985) Gerda Kaden († 2002)

Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0.1. Problem- und Zielstellung der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0.2. Abgrenzungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0.3. Stand der bisherigen Forschung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0.4. Methoden und Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.



Siebenjähriger Krieg, Rétablissement und kursächsische Schulverfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1. Die sächsische Schulverfassung vor dem Siebenjährigen Krieg. . . . . . 1.2. Die Reformbestrebungen in Kursachsen nach dem Siebenjährigen Krieg. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3. Die schulreformatorischen Maßnahmen nach dem Siebenjährigen Krieg bis 1773. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.

Die Herausbildung der bergmännischen Ausbildung im Freiberger Bergrevier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1. Die Etablierung des Oberbergamtes als Fachbehörde für das sächsische Bergschulwesen und die Einsetzung Benno von Heynitz’ als Inspektor für das gesamte Bergschulwesen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2. Der Gründungsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1. Die Eingabe der Magister Sturz und Friderici über Verbesserungen der Ausbildung der Bergjugend. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2. Gründungsideen, kurfürstliches Reskript und der Beginn der bergmännischen Schulausbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3. Der Schulplan Benno von Heynitz’ vom 4. April 1779 . . . . . . . . . . 2.3. Die Goldberg’sche Zeichenschule und der Freiberger Elementarunterricht bis zu den Reformen Ende des 18. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1. Die Beaufsichtigung des Goldberg’schen Unterrichts durch das Oberbergamt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2. Der gewerkschaftlich finanzierte Elementarunterricht von männlichen Bergmanns- und Hüttenarbeiterkindern und die besonderen Schreibe- und Rechenschulen. . . . . . . . . . . . . . .

15 15 25 30 38 49 49 76 88

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99 136 136 147 164 172 173 196

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Inhalt

2.3.3. Die Einführung eines knappschaftlich finanzierten Elementarunterrichts für Bergmannsmädchen. . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 2.3.4. Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 3.

Die besonderen Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen innerhalb der Knappschaftlichen Schulanstalten der obererzgebirgischen Bergreviere. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1. Die Installation eines überwiegend knappschaftlich organisierten Religions- und Leseunterrichts. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2. Die weitere Entwicklung der Knappschaftlichen Schulanstalten und die Errichtung von Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen. . . . 3.2.1. Der Elementarunterricht an den Knappschaftlichen Schulanstalten seit 1788. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2. Die Herausbildung gesonderter SRZ-Schulen (ab 1787/88) und deren Finanzierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.3. Der Unterricht an den SRZ-Schulen und Knappschaftlichen Schulanstalten – ein Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.

Die Reform des sächsischen Bergschulsystems zwischen 1793/94 und 1798. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1. Die organisatorische und finanzielle Neuordnung des kursächsischen Bergschulsystems. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2. Die Reformvorschläge der Mitglieder des Oberbergamtes und der Lehrer der Bergakademie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3. Bergschulen als Vorbereitungsanstalten der Bergakademie und die Verfassung des Bergschulwesens am Ausgang des 18. Jahrhunderts. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.1. Der Abschluss der Goldberg’schen Zeichen- und Rechenschule als mögliche Zugangsvoraussetzung für ein bergakademisches Studium – historischer Rückblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.2 Die Etablierung der Goldberg-/Erler’schen Zeichen- und Rechenschule sowie der obererzgebirgischen SRZ-Schulen als „Pflanzstätten“ der Bergakademie und die Bergschulreform der Jahre 1795–1798. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.3. Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.

249 249 261 261 276 286 314 314 338 350 350

360 392

Die finanziellen und personellen Voraussetzungen für das Funktionieren des kursächsischen Bergschulkomplexes . . 395 5.1. Das System der Finanzierung der bergmännischen Schulbildung . . . 395 5.1.1. Die Finanzierung des Bergschulwesens als „Pflichtaufgabe“ der Bergverwaltung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395

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Inhalt

5.1.2. Das Finanzierungsmodell Benno von Heynitz‘.. . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.3. Die Auswirkungen neuer Vorschläge Benno von Heynitz’ vom 4. Februar 1788. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.4. Die Bedeutung des kurfürstlichen Schulreskripts vom 13. Dez. 1793 und des Schulgutachtens des Bergkommissionsrates von Schirndings vom 17. März 1794 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.5. Die Entwicklung eines einheitlichen Finanzierungssystems seit Mitte der 1790er Jahre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2. Die Absolventen der Bergakademie Freiberg als Bergschullehrer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. 6.1. 6.2. 6.2.1 6.2.2 6.2.3 6.2.4 6.2.5 6.3.

Im Spannungsfeld zwischen sächsischer Schulverfassung, pietistischen Schulideen und Realienunterricht. . . . . . . . . . . . . Der Pietismus und dessen Einfluss auf das kursächsische Schulsystem im 18. Jahrhundert. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Realienschulen des 18. Jahrhunderts als Grundlage für schulreformatorische Maßnahmen in Sachsen. . . . . . . . . . . . . . . Erste Realienschulideen und -modelle der handwerklichgewerblichen Ausbildung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Typus der berufsvorbereitenden bzw. berufsbegleitenden Realienschule. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen den Realienschulen und den Freiberger und obererzgebirgischen Bergschulen . . . . . . . . . Die Zeichenschulen des 18. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Bergschulen im deutschsprachigen Raum. . . . . . . . . . . . . . . . . . Die enge Verflechtung zwischen pietistisch geprägten Funktionsträgern der Landesregierung und dem kursächsischen Oberbergamt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

401 412 427 440 469

486 486 504 504 512 527 531 535 543

7.

Die Stellung des kursächsischen Bergschulwesens innerhalb der deutschen Bildungslandschaft des ausgehenden 18. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 551 7.1 Die deutsche und sächsische Bildungslandschaft am Ausgang des 18. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 551 7.2. Die Bildungsgeschichtsforschung als Quelle zur Darstellung von Geschichte und Stellung des kursächsischen Bergschulwesens innerhalb der sächsischen Bildungslandschaft – eine Literaturanalyse. 556 8.

Fazit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 582

10

9.

Epilog: Die weitere Entwicklung der Freiberger Bergschule bis zu deren Schließung im Jahre 1924. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1. Die Entwicklung des kursächsich/königlich sächsischen Bergschulwesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1.1. Die knappschaftlichen Schulanstalten als Teil der (elementaren) Volksschulen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1.2 Die königlich sächsischen Bergschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2. Die Bergschule Freiberg von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zu ihrer Aufhebung 1924 – ein Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Inhalt

596 597 597 607 629

Anhang. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 643 Abkürzungen und Siglen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 654 Tabellen- und Abbildungsverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 657 Quellenverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 661 Literaturverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 669 Personenregister. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 703

Vorwort Der vorliegenden Untersuchung liegt eine Dissertation unter dem Titel „Die Herausbildung des sächsischen Bergschulwesens. Eine archivalische Studie zur Entstehung und Entwicklung der Freiberger und obererzgebirgischen Bergschulen im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts“ zugrunde. Diese wurde am 27. Juli 2010 von der Fakultät für Kultur- und Sozialwissenschaften der Fernuniversität Hagen, an deren Historischem Institut der Autor seit 2005 ein Promotionsstudium absolvierte, angenommen. Während bildungsgeschichtliche Forschungen in Sachsen in den letzten Jahren einen spürbaren Aufschwung erlebten, existiert bis heute keine wissenschaftlichen Kriterien genügende Arbeit über das kursächsische Bergschulwesen. Selbst in jüngsten Veröffentlichungen zur allgemeinen oder auch Berufsbildungsgeschichte sucht man bislang Ausarbeitungen zu diesem Gegenstand vergeblich. Nach verschiedenen Begegnungen mit der angezeigten Thematik – so anlässlich der zur Wiederkehr des 500. Geburtstages Georgius Agricolas im Jahre 1994 von der Bundesknappschaft Bochum initiierten Sonderausstellung zur Geschichte bergmännischer Knappschaften („Vom Büchsenpfennig zur Satellitenschüssel“), den auf einem internationalen Symposium (1998) im Zentralen Bergbauarchiv der Slowakei behandelten „Traditionen des montanistischen Schulwesens in der Welt“ oder der vom Universitätsarchiv der TU Bergakademie Freiberg im Jahre 2002 in den Räumen des Sächsischen Oberbergamtes Freiberg gestalteten Ausstellung zur 225-jährigen Geschichte der Bergschule Freiberg – fasste der Autor deshalb den Entschluss, sich dem genannten Forschungsthema zuzuwenden. Das Ergebnis der Untersuchung ist nicht nur eine erstmalige umfassende Darstellung der Herausbildung des aus den unterschiedlichsten (schulischen und beruflichen) Einrichtungen bestehenden Komplexes bergmännischer Bildung, es verlangt geradezu nach einer neuen Sichtweise auf die deutsche bzw. sächsische Bildungslandschaft des Untersuchungszeitraumes sowie die Einordnung des kursächsischen Bergschulwesen in diese. Letzteres war ein „Produkt“ seiner Zeit, des Höhepunkts der deutschen Aufklärung. Seine Entstehung war eingebunden in die ökonomischen und bildungspolitischen Reformmaßnahmen nach dem Siebenjährigen Krieg, mit denen der drohende wirtschaftliche und gesellschaftliche Kollaps des Kurfürstentums abgewendet werden sollte. Es existierte noch nicht die (meist erst nach 1800) einsetzende Trennung zwischen elementarer oder auch höherer Schulbildung einerseits und beruflicher Ausbildung andererseits. In dem frühkapitalistisch organisierten Berg- und Hüttenwesen gab es in der Epoche der beginnenden Industrialisierung noch eine erhebliche Schnittmengenlage zwischen beiden Bildungsbereichen. Das Kursächsische Ober-

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Vorwort

bergamt in Freiberg schuf für das Montanwesen einen nicht nur in Sachsen, sondern deutschlandweit einmaligen Komplex von Einrichtungen der bergmännischen Bildung. Innerhalb desselben waren insbesondere die Goldberg’sche Zeichen- und Rechenschule (Bergschule) Freiberg sowie die Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen des oberen Erzgebirges ihrer Zeit zum Teil weit voraus. Erst ausgangs des folgenden Jahrhunderts sollten sich in anderen Wirtschaftszweigen vergleichbare frühe Formen einer modernen „industriegesellschaftlichen“ Berufsausbildung etablieren. Hauptideengeber dieses Verbundes bergmännischer Bildungseinrichtungen und letztlich deren Organisator war der der Aufklärung als auch dem Pietismus gleichermaßen nahe stehende Vize- bzw. Berghauptmann des Kursächsischen Oberbergamtes, Carl Wilhelm Benno von Heynitz. Obwohl dieser – im Gegensatz zu den meisten Bildungsreformern des 18. Jahrhunderts – die Installation dieses Systems aufeinander Bezug nehmender Einrichtungen der (elementaren) Schulbildung und der (beruflichen) Ausbildung nicht nur plante, sondern auch in die Praxis überführen ließ, blieb sein diesbezügliches Wirken bislang von der Wissenschaft nahezu unbeachtet. Sowohl das von ihm errichtete, aus unterschiedlichen Quellen gespeiste Finanzierungsregime, welches die Grundlage für die fast 150 Jahre währende Existenz der Freiberger Bergschule bildete, als auch die durch ihn umgesetzte Idee der Schaffung eines besonderen, an der Bergakademie ausgebildeten Lehrertypus stellten besonders innovative Leistungen dar. Mit der vorliegenden Arbeit soll deshalb Carl Wilhelm Benno von Heynitz nicht nur als führender Kopf der kursächsischen Bergverwaltung, sondern auch als Aufklärungspädagoge gewürdigt werden. Eine Arbeit wie die vorliegende lässt sich ohne die bereitwillige Hilfe Dritter nicht bewältigen. Unterstützung wurde mir hierbei von Archivarinnen und Archivaren des Sächsischen Bergarchivs Freiberg, des Sächsischen Hauptstaatsarchivs Dresden und des Stadtarchivs Freiberg zu Teil. Stellvertretend bedanken möchte ich mich deshalb an dieser Stelle bei Frau Bärbel Böhme, Frau Beate Lohse und Herrn Henry Zimmermann (Bergarchiv Freiberg) sowie bei Frau Dr. Ines Lorenz und Frau Gitta Messner (Stadtarchiv Freiberg). Mein Dank gilt auch Frau Petra Hesse (Universitätsarchiv Leipzig), Frau Heike Egerer (Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen), Herrn Dr. Ulrich Hunger (Universitätsarchiv Göttingen) sowie Frau Petra Dorfmüller (Archiv & Bibliothek der Landesschule Schulpforta) für die erteilten Auskünfte. Zu Dank verpflichtet bin ich den Bibliothekarinnen des Bereiches Fernleihe und Frau Angaela Kießling vom Wissenschftlichen Altbestand der Universitätsbibliothek Freiberg. Viele (hier nicht einzeln aufzuführende) Kirchenämter Sachsens haben mich bei meinen Personenrecherchen unterstützt, wofür ich ebenfalls danke; hervorzuheben ist hier Frau Marion Stolzenburg, verpflichtete Kirchenbuchführerin der Kirchlichen Verwaltungsgemeinschaft Freiberg. Mein Dank gilt den Mitarbeitern der Fernuniversität in Hagen, an der mir – ohne jegliche bürokratische Hürden – ein solches Promotionsstudium erst ermöglicht worden ist. Ganz besonders danke ich hier meinem Doktorvater, Herr Prof.

Vorwort

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Dr. Arthur Schlegelmilch vom Historischen Institut der Fernuniversität und jetzigen Direktor des Instituts für Geschichte und Biographie, ohne dessen jederzeit gebotene fachliche Unterstützung, die stets fundierten Ratschläge zur inhaltlichen Gestaltung der Arbeit und die vielen freundschaftlichen, aufmunternden Worte ich dieses Forschungsvorhaben nicht hätte abschließen können. Ein besonderer Dank gilt auch dem Leiter des Lehrgebietes Neuere Deutsche und Europäische Geschichte am Historischen Institut der Fernuniversität, Herrn Prof. Dr. Peter Brandt, für das stets gezeigte Interesse und die freundliche Begleitung dieser Arbeit. Beiden Herren Professoren bin ich auch für die in den Dissertationsgutachten gefundenen anerkennenden Worte sehr verbunden. Für die kritischen Hinweise und Anregungen zu Beginn meines Forschungsvorhabens, die für die letztliche inhaltliche Ausrichtung meiner Arbeit von Wichtigkeit waren, danke ich den Herren Prof. Dr. Thomas Sokoll vom Lehrgebiet Geschichte und Gegenwart Alteuropas und Prof. Dr. Wolfgang Kruse vom Lehrgebiet Neuere Deutsche und Europäische Geschichte am Historischen Institut der Fernuniversität. Besonders dankbar bin ich den Entscheidungsträgern von VG-Wort für den mir erteilten Druckkostenzuschuss, ohne den diese Arbeit in der hier vorliegenden hohen Qualität nicht hätte gedruckt werden können. Dem Böhlau Verlag, insbesondere Frau Sandra Hartmann (Herstellung) und Frau Elena Mohr (Programmplanung), danke ich für die Gesamtherstellung und die vielen Gestaltungstipps, Frau Klara und Herrn Hartmut Gierth für das Korrektur lesen. Mein ganz persönlicher Dank gilt meiner Frau Undine Kaden für die von ihr aufgebrachte Geduld, das jederzeitige Vertrauen und Verständnis und für so manchen geübten Verzicht, sowie meiner Tochter Julia Keller vor allem für die Hilfe bei der technischen Umsetzung der vielen Tabellen bzw. Diagramme. Beide haben den Fortgang der Arbeit nicht nur stets mit großem Interesse begleitet, sondern durch ihre aufmunternden Worte nicht unwesentlich zum Gelingen des Vorhabens beigetragen. Freiberg, im Mai 2012

Herbert E. Kaden

Einführung 0.1. Problem- und Zielstellung der Arbeit „Um die Mitte des 18. Jahrhunderts setzte im Deutschen Reich eine breite Welle der Bemühungen um eine Verbesserung des Elementarschulwesens ein, die von Landesherren zahlreicher Territorien, von ihren weltlichen und geistlichen Behörden (Konsistorien, Generalvikariate) … eingeleitet, in Gesetzesform gegossen und umgesetzt wurden …“ – so beschreibt Hanschmidt den Beginn einer umfassenden Schulbildungsreform,1 die auch das Kurfürstentum Sachsen erfasste. Bester Beleg hierfür dürfte die Verabschiedung der Erneuerten Schulordnung für die deutschen Stadt- und Dorfschulen von 1773 gewesen sein.2 Aber nicht nur das elementare niedere Bildungswesen3 wurde infrage gestellt, auch und gerade die meist zunftgebundene Handwerkerausbildung dieser Zeit standen in der Kritik, die bis hin zu Forderungen nach deren völliger Abschaffung reichte.4 Auf einem Gebiet allerdings traten diese Erneuerungsbestrebungen innerhalb der Bildungslandschaft vielleicht deutlicher hervor als z. B. beim elementaren- bzw. „Volksschulwesen“,5 nämlich dem des bislang noch kaum untersuchten kursächsischen Bergschulwesens.6 Als Grund für die Erneuerungsbestrebungen des elementaren Schul- bzw. beruflichen Ausbildungswesens führt Hanschmidt neben „menschenrechtlichen Ideen“, die aus der philosophischen Aufklärung „gespeist“ wären, „landesväterlich-

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6

Hanschmidt (Elementarbildung und Berufsausbildung), S. 17–46, hier S. 19. Diese von Hanschmidt und Musolff vorgelegte Gesamtstudie innerhalb der Historischen Bildungsforschung ist als „Vorgeschichte“ zu diesem Reformprozess angelegt. Vgl. dazu Hanschmidt (ebd.), S. 20 f., sowie zur Begrifflichkeit „Elementarschulwesen“ den Abschnitt 1.1. Vgl. dazu die „Erneuerte Schul-Ordnung fuer die deutschen Stadt- und Dorfschulen der Chursaechsischen Lande [vom 17. März 1773]“, in: C.A., 2. Forts., 1. Abt., Sp. 131–166. Neugebauer (Lokalismus und schulische Praxis), S. 385 verwendet dieses Begriffspaar synonym, es steht bei ihm im Gegensatz zum „höheren“ oder „gelehrten“ Schulwesen. Vgl. dazu Justin (Berufsgrundbildung); S. 7, der hier unter Bezug auf Kümmel (Erziehungskonzepte und Schulplanungen), auf entsprechende Forderungen „kameralistische(r) Wirtschaftsdenker“ verweist. Der Begriff „Volksschulwesen“ ist jüngerer Natur. Er wurde vor allem durch Richter benutzt. Vgl. dazu Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule). Auch Moderow (Volksschule) hat sich jüngst für diesen Terminus entschieden. Für das (hier untersuchte) 18. Jahrhundert sind nach Auffassung des Autors aber die Begriffe „Elementarschule“ oder „elementarer“ Unterricht authentischer. Vgl. zum Stand der Erforschung des kursächsischen Bergschulwesens den Unterabschnitt 0.3.

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Einführung

christliche und ökonomische Motive“ auf. Letztere seien insbesondere nach Beendigung des Siebenjährigen Krieges wirksam geworden.7 Konzepte und Reformen zur Verbesserung des Bildungswesens im Deutschland des 18. Jahrhunderts widmeten sich vordergründig der Verbesserung des elementaren Schulwesens bzw. der handwerklichen Berufsbildung. Dabei wurden z. T. auch neue Schulmodelle entworfen und versucht, diese in die Praxis zu überführen. Als ein solch neuer „Schultypus“ war – um einmal einen modernen Begriff zu benutzen – der „Prototyp“ der „Realschule“8 entwickelt worden. Die „Erfinder“ dieses eigentlichen Realienunterrichts – es sei hier stellvertretend nur auf Semler, Hecker und Groß verwiesen –9 favorisierten grundsätzlich eine erweiterte Beschäftigung der Schuljugend mit Gegenständen der realen Welt,10 um diese auf eine zukünftige „Profession“ (in der Regel ein Handwerk) hinzuführen. Diese Realienausbildung, die eine zunftgebundene Handwerksausbildung zwar nicht ersetzen, aber auf eine solche besser vorbereiten sollte, wurde – wenn es denn nicht beim „Modell“ blieb meist im unmittelbaren Anschluss an die vorangegangene allgemeine (elementare) Schulbildung11 durchgeführt. Für die besonderen technischen- und Abbaubedingungen, wie sie im Bergbau vorherrschten, waren die entwickelten Ideen zur Verbesserung der handwerklich geprägten Ausbildung jedoch nur bedingt geeignet. So erschien es beinahe gesetzmäßig, dass es ausgangs des 18. Jahrhunderts innerhalb des kursächsischen Bergwesens zum Aufbau eines eigenständigen Bildungssystems kam. Die maßgeblichen, oft vom Pietismus bzw. Ideen der Aufklärung inspirierten Verantwortungsträger12 innerhalb der Freiberger Bergverwaltung hatten die Unzulänglichkeiten sowohl des Elementarschulwesens – von dem viele Kinder aus sozialen Gründen ausgeschlossen blieben – als auch der bis dahin üblichen Weitergabe gewonnener beruflicher Erfahrungen innerhalb der praktischen bergbaulichen Tätigkeit erkannt.13 Deren Hauptvertreter, die Ober- und Berghauptleute des Oberbergamtes,14 die zum Teil im direkten, persönlichen Kontakt zu den Reformkräften am sächsischen Hof stan7 Vgl. dazu Hanschmidt (Elementarbildung und Berufsausbildung), S. 19. 8 Albrecht (Technische Bildung), S. 27, verwendete für diese damals „moderne“ Unterrichtsform zur Unterscheidung gegenüber der jüngeren Realschulen den Begriff „,alte‘ Realschule“. 9 Vgl. dazu Näheres im Abschnitt 6. 10 Vgl. zum Inhalt der Realienausbildung den Abschnitt 6. 11 Eine solche war aber auch nach dem vorangegangenen Besuch einer Lateinschule oder eines „gemischten“ Schultyps möglich. Über die Vielfalt der Möglichkeiten elementarer oder weiterführender Schulbildung vgl. den Abschnitt 1.1. 12 Als Beleg hierfür sei nur auf den Werdegang Benno von Heynitz – vgl. dessen Vita in der Anlage – verwiesen. 13 Vgl. zur Weitergabe des Erfahrungswissens vom „Vater auf den Sohn“ insbesondere das Kapitel 2, dort den Unterabschnitt 2.1. 14 Vgl. zum Aufbau der Bergverwaltung den Abschnitt 2.1.

Problem- und Zielstellung der Arbeit

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den, entwarfen neue Konzepte für eine allgemeine, aber auch eine fachbezogene (Berufs-)Ausbildung künftiger Bergleute und niederer Bergbeamter. Benno von Heynitz, ein Mitglied der Kommerziendeputation in Dresden und späterer Berghauptmann entwickelte weitgehend allein in kurzer Zeit Schulpläne, die einerseits gewisse Parallelen zu den Schulmodellversuchen eines Semler, eines Hecker oder eines Groß erkennen lassen, andererseits aber zugleich als innovativ und richtungweisend zu bezeichnen sind. Diese Pläne beinhalteten den Aufbau eines komplexen und weitgehend autarken Systems aufeinander abgestimmter Bildungseinrichtungen innerhalb des Berg- und Hüttenwesens. Bei der hier vorgelegten Arbeit zur Geschichte der Herausbildung des sächsischen Bergschulwesens in den letzten Dekaden des 18. Jahrhunderts handelt es sich um einen Untersuchungsgegenstand der Geschichtswissenschaft. Da es dabei einerseits um die Abhandlung der historischen Entwicklung von Erziehungs- und Bildungsinstitutionen, also um Institutionsgeschichte geht, andererseits aber auch die Einbindung dieser Institutionen in die Struktur und Hierarchie der sächsischen Bergverwaltung betrachtet werden soll – womit auch verwaltungsgeschichtliche Fragestellungen berührt werden – ist von einer fachübergreifenden Relevanz der Forschungsergebnisse auszugehen. Das Endresultat dieser Untersuchung soll eine Institutionsgeschichte im weitesten Sinne des Wortes, eine bildungsgeschichtliche Forschungsarbeit mit z. T. verwaltungsgeschichtlich begründeter Fragestellung sein.15 Wie schon der Arbeitstitel zeigt, handelt es sich nicht um eine allgemeine, alle Facetten schulischer (allgemeiner) Bildung oder beruflicher Ausbildung umfassende Darstellung, sondern um die inhaltlich bzw. räumlich/geografische Abhandlung zur Herausbildung des Bergschulwesens –16 also einen ganz spezifischen Bereich innerhalb des allgemeinen bzw. beruflichen Bildungswesens – der geografisch auf das frühere Kursachsen und zeitlich im Wesentlichen auf das letzte Drittel des 18. Jahrhunderts begrenzt bleibt. Dabei wird die weitere Entwicklung der Freiberger sowie der obererzgebirgischen Bergschulen bis über die Mitte des 19. Jahrhunderts hinaus in einem Epilog aufgezeigt. Dort, wo es für das Verständnis des Gesamtkomplexes Bergschulwesen, seines organisatorischen „Beziehungsgeflechtes“ 15 Damit will der Autor auch der jüngst erhobenen Forderung entsprechen, wonach Schulgeschichte, „wenn sie die methodischen Weiterentwicklungen der letzten Jahre reflektiert, nicht als reine Institutionalisierunggeschichte geschrieben werden (kann).“ Töpfer (Bildungsgeschichte), S. 221. 16 Wenn Neugebauer (Lokalismus und schulische Praxis), S. 387, im Rahmen notwendiger bildungsgeschichtlicher Forschungen Fragen nach „... Kausalitäten und Funktionen des niederen (unterschiedlich konsistent organisierten) Bildungswesens ...“ aufwirft, geht es bei der hier vorgelegten Untersuchung um einen Teilbereich dieses elementaren Bildungswesens, aber auch um den Bereich der Berufs(aus)bildungsforschung, der bislang von der Bildungsforschung überhaupt noch nicht wahrgenommen wurde – dem Bergschulwesen.

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Einführung

erforderlich ist, widmet sich die Studie auch dem eine Bildungsstufe „tiefer“ angelegten Elementarunterricht an den sogenannten Knappschaftlichen Schulanstalten, die Teil des Komplexes „Bergschulwesen“ im weitesten Wortsinne waren. Dem Autor geht es bei diesem Forschungsvorhaben weder um die ideengeschichtliche Darstellung17 eines Teils der „Schulwirklichkeit“ innerhalb des sächsischen Schulwesens, noch soll die Entwicklung eines einzelnen Schultyps oder einer einzelnen schulischen Einrichtung innerhalb des Bergwesens näher beleuchtet werden. Stattdessen wird angestrebt, eine ganzheitliche Analyse des Komplexes verschiedener Schulformen, wie er sich innerhalb der kursächsischen Bergreviere entwickelt hat, vorzunehmen.18 Hauptanliegen dieser Untersuchung ist es, die Herausbildung eines komplexen Systems verschiedener Einrichtungen zur Heranbildung von Berg- und Hüttenleuten für überwiegend niedere Funktionen innerhalb des Aufsichtsbereichs der kursächsischen Bergverwaltung darzustellen, wobei auch die Ursachen, die zur Etablierung eines aus der Verantwortung der christlichen Schulverwaltung weitgehend entlassenen Schul- und Ausbildungssystems geführt haben, aufzuzeigen sind. In diesem Kontext soll auf die Entwicklung seiner einzelnen Glieder, deren Verfassung und Struktur bis etwa zur Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert genauso eingegangen werden wie auf die innere Organisation des „bergmännischen“ Unterrichtswesens selbst. Für den Unterricht,19 der einerseits als elementarer Schulunterricht unter 14-jähriger Kinder in den sogenannten Knappschaftlichen Schulanstalten, andererseits zugleich als praxisbezogene Ausbildung meist anfahrender über 14-jähriger Bergmannskinder nach vorangegangener 11bis 12-stündiger täglicher Arbeit auf Erzwäschen und Scheidebänken stattfand, lagen ganz spezifische Schul- und Ausbildungsbedingungen vor. Es ist, wie es jüngst einmal Jacob für Franken formulierte, zu untersuchen, „in welcher Weise(,)… zu welcher Zeit und mit welcher Intensität sich die Institutionalisierung der Schule [hier die des kursächsischen Bergschulwesens – H.K.] … ereignete“.20 Um dies zu erreichen, musste auch den besonders wichtigen Fragen der Finanzie17 Solche ideengeschichtliche Untersuchungen zur Schulgeschichte liegen schon zahlreich vor. Hierauf hat Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 5 f., hingewiesen. 18 Damit soll zumindest versucht werden, den in jüngster Zeit an bildungsgeschichtliche Arbeiten angelegten Maßstäben zu entsprechen. Vgl. zu den Forderungen, die an die neue Schul- und bildungsgeschichtlichen Forschung gerichtet werden, vor allem Bünz (Mitteldeutsche Bildungslandschaft), S. 43 f. 19 Wenn in der vorliegenden Untersuchung von „Schulunterricht“ die Rede ist, dann immer in dem von Wilhelm von Humboldt im Königsberger Schulplan (1809/10) verwendeten Sinne des ersten Stadiums des Unterrichts, des „Elementarunterrichts“, im Gegensatz zu dem weiterführenden (höheren) Schulunterricht, wie er z. B. an den Lateinschulen geboten wird oder dem Universitätsunterricht. Vgl. dazu Amann (Höhere Schulen), S. 414, der hier unter Bezug auf Benner Humboldts Schultheorie auswertet. 20 Jakob (Schulen in Franken), S. 17 f., hier zitiert nach Bünz (Mitteldeutsche Bildungslandschaft), S. 44.

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rung und der Personalausstattung dieses Komplexes von Schulanstalten sowie der Mitwirkung einzelner Verantwortungsträger (wie Knappschaften und Gewerken) Aufmerksamkeit geschenkt werden. Einen besonderen Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit bildet die Herausbildung der sogenannten Goldberg’schen Zeichen- und Rechenschule – die sich in Freiberg schon wenige Jahre nach Gründung der Bergakademie etabliert hatte und die man etwa um 1800 als „akademische Bergschule“, später auch als „Hauptbergschule“ Freiberg bezeichnete –21 einen anderen die Etablierung der in den 80er Jahren des 18. Jahrhunderts aufgekommenen obererzgebirgischen Schreib-, Rechen- und Zeichenschulen. Auf die besondere Rolle beider Schultypen – Bergschulen „im engeren“ Sinne – als „Vorbereitungsanstalten“ für ein anschließendes Studium an der Bergakademie Freiberg wird besonders einzugehen sein. Im Zusammenhang mit der Entwicklung dieser Schulen soll darüber hinaus untersucht werden, welche Lehrkräfte in ihnen wirkten und woher sich diese rekrutierten. In diesem Kontext muss auch die Rolle der Bergakademie Freiberg als Ausbildungsstätte für die erste Generation von Lehrern an diesen Einrichtungen Erwähnung finden. Schließlich wird auch das Wirken derjenigen Vertreter der Bergverwaltung zu würdigen sein, nach deren Ideen und Vorstellungen dieser Komplex unterschiedlicher Schulanstalten erst entstehen konnte. Das hier untersuchte kursächsische Bergschulwesen – und das ist eine der vorwegzunehmenden Erkenntnisse – kann als historische Bildungsinstitution weder ganz dem allgemeinen oder elementaren Schulwesen noch dem des Berufsschulwesens zugeordnet werden; es stellt für sich eine besondere, eigenständige Kategorie innerhalb der sächsischen und auch der deutschen Bildungslandschaft dar. Heutige wissenschaftliche Untersuchungen zur Bildungsgeschichte neigen zu einer Übertragung moderner Begrifflichkeit auf historische Vorgänge. Vollkommen zu Recht forderte deshalb Neugebauer die Verwendung einer Terminologie, die „so weit als möglich den Quellen selbst entnommen …“ wird.22 Würde man – unter Verletzung der ursprünglich Brunner’schen Forderung – dagegen eine solche modernisierende Herangehensweise der Untersuchung der Geschichte des sächsischen Bergschulwesens in Betracht ziehen, führte eine solche „Rücktransformierung“ heutiger Schulperspektiven unweigerlich zu Fehldarstellungen. Eine Geschichtsdarstellung, welchen Gegenstandes auch immer, sollte niemals den Bezug zu dem historischen Zeitrahmen, innerhalb dessen sie angesiedelt ist, vernach-

21 Der Name für diese Schuleinrichtung wechselt in den ausgewerteten Akten ständig, weswegen hier auf den vom Kurfürsten in einem Reskript aus dem Jahre 1791 benutzten Namen zurückgegriffen wird. Vgl. zur Bezeichnung der Goldberg’schen Schule den Abschnitt 2.3. 22 Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 10. Neugebauers Zitat (gekürzt), basiert auf Brunner (Land und Herrschaft), S. 187.

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lässigen,23 zumal eine allzu moderne Begrifflichkeit dabei eher als erkenntnishemmend wirken dürfte.24 Ganz egal, ob man den damaligen Reformkräften innerhalb der kursächsischen Bergverwaltung eher Gedankengut der Aufklärung, des Merkantilismus/Kameralismus oder des Pietismus unterstellt, das von ihnen ins Leben gerufene bergmännische Schul- und Ausbildungssystems lässt sich mit dem heutigen „dualen“ Bildungssystem einfach nicht gleichsetzen und mit einer allzu modernen Begrifflichkeit kaum oder nur schwer erklären. Das mehrere Ausbildungselemente enthaltende sich im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts etablierende Bergschulsystem wies sowohl gegenüber den deutschen Stadt- und Dorfschulen mit ihrem elementaren Unterricht als auch gegenüber dem überwiegend handwerklich organisierten Berufsausbildungssystem25 eine Reihe von Besonderheiten auf. Innerhalb der zum Bergschulkomplex gehörenden sogenannten Knappschaftlichen Schulanstalten wurde zwar ebenfalls nur elementares Schulwissen vermittelt, zugleich aber dazu befähigten Bergmannskindern die Möglichkeit geboten, einen weiterführenden Unterricht an den mit den Knappschaftlichen Schulanstalten (zunächst) verbundenen Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen zu beziehen.26 Bei Letzteren sowie der in Freiberg angesiedelten Goldberg’schen Zeichen- und Rechenschule handelte es sich um Bergschulen im eigentlichen Wortsinne. Die an ihnen erfolgte Vermittlung von berufsbezogenen Fachkenntnissen für den Bergmannsstand erinnert im Einzelfall zwar durchaus an die verschiedenen (frühen) Realschulmodelle des 18. Jahrhunderts, aber insgesamt erfolgte die Unterrichtsvermittlung an den kursächsischen Bergschulen auf einem anderen, neuen Wege, nämlich dem der berufsbegleitenden Ausbildung. Ob sich hierbei die Planer dieses Bergschulsystems bei der Entwicklung und Zusammenführung der sehr verschiedenen Unterrichts- und Ausbildungsformen von älteren Bildungsreformkonzepten eines Semler, Hecker oder Groß27 leiten ließen oder eher nach eigener Inspiration vorgingen, stellt einen weiteren Untersuchungsgegenstand dieser Studie dar. 23 In diesem Sinne argumentiert auch Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 6, wenn er die „konkrete Geschichtlichkeit pädagogischer Begriffe, Praktiken und Institutionen“ für schulgeschichtliche Forschungen anmahnt. 24 Hanschmidt/Musolff (Elementarbildung und Berufsausbildung), Einleitung, S. 1, weisen zwar ebenfalls auf die Gefahren hin, die die Anwendung von Begriffen eines „stark verschulten Bildungssystems auf Bildungsformen früherer Epochen …“ birgt, entscheiden sich aber (nachvollziehbar) für die Verwendung der Begriffe „Elementarbildung“ und „Berufsausbildung“. 25 Nach Hanschmidt (Elementarbildung und Berufsbildung), S. 38, verband man mit dem Begriff „Berufsausbildung“ in „vormoderner Zeit“ meist „… die zünftige Ausbildung im Handwerk, die ein Meister den Lehrlingen und Gesellen angedeihen ließ.“ Vgl. zur heutigen Definition der „Berufsausbildung“ Fingerle/Kell (Berufsbildung), S. 305, 309 f. 26 Vielleicht lässt sich deshalb dafür am ehesten noch der von Hanschmidt verwendete neutrale Begriff des „gemischten“ Schultyps anwenden. Vgl. dazu Hanschmidt (ebd.), S. 41. 27 Vgl. zu den Bildungsreformkonzepten von Semler, Hecker und Groß den Abschnitt 6.2.

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Schulorganisation, Ausbildungsinhalte und Struktur der einzelnen Teile des „Gesamtkomplexes“ Bergschule gestalteten sich außerordentlich vielschichtig. Mehrere Schulformen griffen hier zum Teil ineinander und bedingten sich gegenseitig. Diese Strukturen sollen hier angeführt und – neben der Verantwortung der „christlichen Schulverwaltung“ – vor allem das Wirken des Oberbergamtes, in dessen Händen die Herausbildung und Organisation dieses Bildungskomplexes von Beginn an lag, aufgezeigt werden.28 Dabei wird zu resümieren sein, dass Konsistorien, Superintendenturen und Ortspfarrer zwar die offizielle Aufsicht über das allgemeine (hier v. a. das elementare) Schulwesen führten, nicht aber über die fachliche Ausbildung des sich allmählich etablierenden bergmännischen Schulsystems. Um letztere Aufgabe wahrnehmen zu können, fehlten ihnen die Voraussetzungen, vor allem mangelte es an geeigneten Fachkräften. Nicht zuletzt deshalb wurde vermutlich die Bergverwaltung von den christlichen Schulaufsichtsbehörden als kompetenter Partner für die berufsfachliche Ausbildung zukünftiger, unterer Bergbeamter anerkannt. Aber nicht nur dafür, auch für die Durchführung der unbedingt notwendigen elementaren Schulbildung von Bergmannskindern respektierte man die Bergverwaltung, zumal die erforderlichen finanziellen Mittel für einen solchen Unterricht im hier abgehandelten Untersuchungszeitraum nur mit Hilfe der Bergverwaltung bzw. des unter deren Aufsicht liegenden Berg- und Hüttenwesens bereitgestellt werden konnten. Zwischen den entscheidenden Funktionsträgern beider Verwaltungsorganisationen fand von Beginn an eine Art Abgrenzung der Kompetenzen und Aufsichtsbereiche statt, auch wenn darauf in den untersuchten Akten kaum besonders hingewiesen wurde. Im Einzelfall zwischen den beiden Verwaltungen aufkommende Interessen- bzw. Kompetenzkonflikte konnten so jedenfalls schnell überwunden werden. Sämtliche entscheidenden Planungen des Aufbaues des relativ autarken Bergschulsystems lagen von Beginn an allein bei der Bergverwaltung, hier vor allem beim kurfürstlichen Oberbergamt Freiberg, und da wiederum beim Vizeberghauptmann bzw. späteren Berghauptmann Benno von Heynitz (1. Juli 1738 – 21. April 1801).29 Um dies auch aktenkundig zu belegen, wird angestrebt, die Tätigkeit und die Leistungen der herausragendsten Vertreter dieser Bergverwaltung im Hinblick auf die erfolgreiche Entwicklung des Bergschulwesens darzustellen. Wegen der besonderen Bedeutung, die die Bereitstellung hinreichender Finanzmittel für die Herausbildung des Bergschulwesens besaß, soll in einem besonderen Abschnitt 28 Marquardt bezeichnet dies in seiner bedeutenden Arbeit über die Industrieschule als Strukturanalyse. Vgl. dazu Marquardt (Geschichte der Industrieschule), S. 15. 29 Vgl. Näheres zu ihm bei von Heynitz (Beiträge zur Familie von Heynitz III), S. 143–155, dessen Vita in der Anlage, sowie den Abschnitt 2.1. Das genaue Geburtsdatum und der Geburtsort von Heynitz’ sind bis heute umstritten, während Biedermann (Goethe), S. 122, Dresden, den 1. Juni 1738 angab, nannte von Heynitz (ebd.), S. 155, neben Dresden auch das Gut Dröschkau (bei Belgern; ebd., S. 143), und dort den 1. Juli 1738.

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auch auf die ergriffenen Maßnahmen zur Beschaffung dieser Mittel eingegangen werden. Die 1762 – also noch während des Siebenjährigen Krieges – eingesetzte Restaurationskommission arbeitete gleich zu Beginn ihrer Tätigkeit „Grundprinzipien des wirtschaftlichen Wiederaufbaus“30 für die Zeit nach Ende des Krieges aus. Diese Tätigkeit fand in der im April 1764 eingerichteten Landesökonomie-, Manufaktur- und Kommerziendeputation ihre Fortsetzung.31 Obwohl der Wiederaufbau der am Boden liegenden Wirtschaft Sachsens und die Modernisierung der Verwaltung im Vordergrund der Arbeit der erwähnten Kommission bzw. Deputation standen, wurden von diesen auch Fragen der Verbesserung von Erziehung und Unterricht behandelt. Dem im Oktober 1763 als Vizepräsidenten des Oberkonsistoriums eingesetzten Peter von Hohenthal oblag in dieser Funktion eine besondere Verantwortung für das gesamte Bildungswesen, einschließlich der universitären Bildung.32 Welche Gründe aber lagen für die Einleitung von Reformmaßnahmen auch auf den Gebieten des Unterrichts- und Erziehungswesens vor? Dieser Frage soll als einer der ersten nachgegangen werden. Dabei dürfte sehr schnell zu erkennen sein, dass eine wesentliche Ursache für schulreformatorische Maßnahmen die Unvollkommenheit des bisherigen Schulsystems war,33 wodurch einer großen Anzahl schulfähiger Kinder jegliche Schulbildung verwehrt blieb. Es gelang innerhalb des vorhandenen Bildungssystems kaum, die seit der Reformation obligatorische Lehre im Christentum und Lesen zu vermitteln, von einem Unterricht in den wichtigsten „Kulturtechniken“ Schreiben und Rechnen ganz abgesehen. Gerade auf den Dörfern und in den kleineren Bergstädten war richtige Schulbildung für viele Kinder ein Fremdwort und beschränkte sich häufig lediglich auf die Vermittlung des Katechismus und den einfachsten Leseunterricht. Schulische Bildung blieb somit in der Regel weit hinter dem zurück, was vor allem führende Vertreter des Pietismus und der Aufklärung in ganz Deutschland immer wieder forderten. Für das bessere Verständnis der Einleitung entsprechender schulreformatorischer Maßnahmen nach dem Siebenjährigen Kriege erschien es deshalb notwendig, die bis dahin herrschende Realität der elementaren Schulbildung, die „Schulwirklichkeit“34 in den Städten und Dörfern der erzgebirgischen Bergreviere kurz zu skizzieren, denn nur 30 Groß (Geschichte Sachsens), S. 160. 31 Ebd., S. 161. Nach Gretschel (Geschichte des sächsischen Volkes) ging diese auf die frühere „Commercien-Deputation“ zurück; so auch Trögel (Benno von Heynitz), S. 9, Anm. 14. 32 Von Hohenthal pflegte dazu u. a. eine umfangreiche Korrespondenz mit dem Geschichtsprofessor und mehrfachen Rektor der Universiät Leipzig, Johann Gottlob Böhme. Vgl. dazu Huttner (J.G. Böhme), S. 67. 33 Ähnliche Motive lagen auch anderen, vorausgegangenen Bildungsreformprojekten des 18. Jahrhunderts zugrunde, die hier vergleichend herangezogen werden sollen. 34 Auf diesen von Neugebauer geprägten Begriff wird im Kapitel 1 näher eingegangen.

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so lassen sich die einzelnen Reformschritte des unter Berghoheit stehenden Bergschulwesens nachvollziehen. Ein weiterer Grund für die Beschäftigung der Restaurationskommission mit schulreformatorischen Maßnahmen – die schließlich in der (schon 1766 fertiggestellten) 1773 verabschiedeten Erneuerten Schulordnung für die deutschen Stadtund Dorfschulen35 mündeten – kann im Selbstverständnis der Reformkräfte, insbesondere in deren Auffassungen über das allgemeine Bildungsrecht der Menschen gesehen werden.36 Einige der führenden Männer der Restaurationskommission, aber auch aus der Bergverwaltung vertraten pietistische Grundpositionen, in denen der allgemeine Zugang zur Bildung sowie die Praxisbezogenheit der Bildung37 einen hohen Stellenwert besaßen.38 Peter von Hohenthal als Initiator wichtiger Reformmaßnahmen hatte einst selbst eine der ersten Realschulen Kursachsens gegründet,39 also selbst Erfahrungen bei der Vermittlung realbezogenen elementaren Schulwissens an Kinder sammeln können. Es wird deshalb zu prüfen sein, inwieweit pietistische Grundpositionen auch Spuren im sächsischen Bergschulwesen hinterlassen haben. Der Siebenjährige Krieg, der oftmals auf kursächsischem Hoheitsgebiet ausgetragen wurde, die hohen, von Kursachsen zu zahlenden Kriegskontributionen, eine falsche Wirtschafts- und Finanzpolitik sowie die korrupten Verhältnisse40 am Dresdner bzw. Warschauer Hof hatten das Land an den Rand des wirtschaftlichen sowie politischen Ruins gebracht. Auch der Bergbau war von einer tiefen Rezession betroffen.41 Ein Aufschwung im Bergbau war bei den immer komplizierter werdenden Abbauverhältnissen nur möglich, wenn neben dem notwendigerweise zur Verfügung stehenden Kapital für technische Investitionen das eingesetzte Leitungspersonal, aber auch die Bergarbeiter selbst über ein bestimmtes Maß an Fachwissen verfügten. Die von den Eltern oder den Bergbeamten an die Bergjugend weitergegebenen Erfahrungen reichten oftmals als Bildungsgrundlage nicht mehr aus, um den gestiegenen Anforderungen (vor allem technischer Art) im Bergbau- und Hüttenwesen gerecht zu werden. Durch den obligatorischen Elementarunterricht an 35 Vgl. zur Erneuerten Schulordnung von 1763 Anm. 2. 36 Vgl. dazu grundsätzlich Fritsch (Zufällige Betrachtungen). 37 Hier sei nur auf die wichtigen Schulreformenpläne des Pietisten und Schulreformers August Hermann Francke verwiesen; vgl. dazu das Kapitel 6. 38 Dabei wird nicht verkannt, dass pietistische Bildungsinitiativen überwiegend religiös motiviert waren. 39 Diese bestand 1756–1760 im damals kursächsischen Wittenberg. Vgl. dazu Kapitel 6 dieser Arbeit. 40 Diese werden in der Literatur meist in Verbindung mit dem Namen des sächsischen Premierministers Heinrich Graf von Brühl gebracht, so auch jüngst von Nicklas (Reformansätze), S. 86, Anm. 3. 41 Vgl. dazu Näheres in Kapitel 1.

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den deutschen Stadt- und Dorfschulen war die für die anspruchsvollen Bedingungen im Bergbau unbedingt notwendige Wissensvermittlung allein nicht zu garantieren. Führende Kräfte innerhalb des sächsischen Bergstaates hatten den oft vorherrschenden Bildungsmangel unter der Bergjugend erkannt und drängten auf eine rasche Abhilfe. Eine solche konnte – so zumindest nach der Intention der führenden Reformer der kursächsischen Bergverwaltung – auch im Hinblick auf die dafür aufzubringenden Finanzmittel nur innerhalb des Bergwesens erfolgen, wobei von Beginn an auch auf die Einbeziehung der geldgebenden Gewerken und Knappschaften vor Ort gesetzt wurde. Speziell für die Ausbildung höherer Bergbeamter war im November 1765 die Bergakademie in Freiberg gegründet und im darauf folgenden Frühsommer mit der Ausbildung vor allem höherer Bergbeamter und Bergtechniker begonnen worden. Auch hierzu hatten leitende Bergbeamte die Initiative ergriffen, allen voran der damalige Generalbergkommissar Friedrich Anton von Heynitz42 und Friedrich Wilhelm von Oppel,43 der zu diesem Zeitpunkt als Oberberghauptmann in Freiberg fungierte. Doch es bedurfte nicht nur der fachlichen Ausbildung höherer, sondern auch der unterer Bergbeamter und sogenannter Offizianten,44 wie sie häufig genannt wurden. Konzepte und Reformprojekte des 18. Jahrhunderts, die sich mit Bildungsfragen beschäftigten, hatten sich bis dahin fast ausschließlich auf Reformen des Volksschulwesens und solche der handwerklichen Berufsbildung konzentriert. Für die besonderen technischen Abbau- und Verarbeitungsbedingungen, wie sie im Bergbau und Hüttenwesen vorherrschten, waren jedoch die bis dahin von verschiedener Stelle aus45 unternommenen Schul- und Ausbildungsreformen nur bedingt geeignet, Bildungs- und Ausbildungsfortschritte zu erzielen. So erschien es beinahe gesetzmäßig, dass sich nach dem Siebenjährigen Krieg innerhalb des Berg- und Hüttenwesens ein eigenständiges Bildungssystem etablierte – ein komplexes System unterschiedlicher, jedoch aufeinander bezogener Bildung- und Ausbildungseinrichtungen.

42 Friedrich Anton von Heynitz – für die Zeit seiner Tätigkeit als preußischer OBHM beim Generaldirektorium des Bergwerks- und Hüttendepartements und Minister hat sich die Schreibweise „Heinitz“ durchgesetzt – wurde später in Preußen zum maßgeblichen Reformer des dortigen Bergwesens. 43 Vgl. zu diesem NDB, Bd. 19, S. 55 ff., sowie grundlegend Baumgärtel (Von Oppel). 44 Vgl. zur Begrifflichkeit insbes. die Abschnitte 1.2. sowie 2.1. 45 Vgl. dazu Näheres in Kapitel 6.

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0.2. Abgrenzungsfragen Eine der Ausgangsfragen, der im ersten Abschnitt nachgegangen werden wird, ist die nach den Gründen für die Einleitung von Reformmaßnahmen auf dem Gebiet des Unterrichts- bzw. Erziehungswesens. Anders gefragt: warum beschäftigen sich in einer Zeit, in der es um das politische und wirtschaftliche „Überleben“ eines Landes ging, führende Kräfte mit Bildungsfragen? Inwieweit lässt sich ein Zusammenhang zwischen der Einleitung vor allem wirtschaftlicher und finanzieller Reformen und der Etablierung eines gesonderten Bergschulwesens ausmachen? Dabei wird zunächst auf die Unvollkommenheit des bisherigen Schulsystems, in welchem eine große Anzahl schulfähiger Kinder von jeglicher Schulbildung ausgeschlossen blieb, einzugehen sein. Daran änderte sich auch nach der 1773 verabschiedeten Erneuerten Schulordnung für die deutschen Stadt- und Dorfschulen Kursachsens, in welcher ein elementarer Schulunterricht für alle bildungsfähigen Kinder vorgesehen war, zunächst wenig. Warum Letzteres so war, wird in dieser Untersuchung ebenfalls zu beantworten sein. Ein weiterer Grund für die Beschäftigung führender kursächsischer Reformkräfte unmittelbar nach Ende des Siebenjährigen Krieges dürfte an der damaligen konkreten Situation im Bergbau und Hüttenwesen gelegen haben. Um in diesem in Folge des Krieges ebenfalls danieder liegenden Wirtschaftszweig zu einem Aufschwung zu gelangen, war es bei den immer komplizierter werdenden Abbauverhältnissen unter Tage notwendig, dem eingesetzten Leitungspersonal, aber auch den Berg- und Hüttenarbeitern selbst ein Mindestmaß an Bildung, vor allem an technischem Wissen zu vermitteln. Die von den Eltern oder den Bergbeamten an die Bergjugend weitergegebenen Erfahrungen allein reichten als Bildungsgrundlage meist nicht aus. Von dem bis dahin existierenden Schulsystem war eine solche Wissensvermittlung nicht zu erwarten und andere Formen einer bergbaulichen Ausbildung wie die an der Bergakademie kamen oft nur „Eliten“ zugute.46 Die vielleicht wichtigste oder Kernfrage, die in dieser Arbeit beantwortet werden soll, ist die nach den Gründen für die Herausbildung eines eigenständigen Bergschulwesens nur wenige Jahre nach Verabschiedung der Erneuerten Schulordnung von 1773. Dabei werden soziale Probleme, v. a. die Armut der Bevölkerung und eine häufig damit im Zusammenhang stehende finanzielle Notlage des städtischen und dörflichen Gemeinwesens mit direkten Folgen für das elementare Schulwesen zu konstatieren sein. Unmittelbar nach Verabschiedung der erwähnten Schulordnung wandten sich ein Dorfpfarrer und ein Kantor einer vom Bergbau geprägten Gemeinde mit einer Bittschrift an das Oberbergamt in Freiberg, in der sie auf die vorhandenen Mängel des allgemeinen Schulwesens in den Gemeinden ihres Sprengels aufmerksam 46 Vgl. dazu insbesondere Kapitel 6 dieser Arbeit.

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machten, diese analysierten und Verbesserungsvorschläge zu deren Behebung unterbreiteten. Diese Eingabe stellte einen wichtigen Anlass – vielleicht die „Initialzündung“ – dafür dar, dass sich nunmehr die kursächsische Bergverwaltung intensiv dem Problem des Bildungsrückstandes der Bergjugend widmete. Eine maßgebliche Rolle in diesem Kontext nahm in der Folge der Kammerherr und spätere Berghauptmann des kursächsischen Oberbergamtes in Freiberg, Carl Wilhelm Benno von Heynitz, ein. Aber schon vor der aus dem Umfeld der Kirchenverwaltung stammenden Eingabe war es wiederholt zu Kritiken an der in Kursachsen bestehenden Schulbildungspraxis gekommen. Der Landesherr, Kurfürst Friedrich August47 selbst, war bei einem Besuch „vor Ort“ im Oktober 1769 auf das völlig ungenügende Bildungsniveau anfahrender junger Bergleute aufmerksam gemacht worden.48 In diesem Zusammenhang erschien es unumgänglich, sich in dieser Untersuchung auch Fragen der Entstehung eines vom allgemeinen Unterrichtswesen abgesonderten bergmännischen Bildungs- bzw. Ausbildungssystems zuzuwenden und auf die ersten dazu ausgearbeiteten „Planungen“ einzugehen. Die Herausbildung dieses eigenständigen Bergschulsystems lag von Beginn an in den Händen der kursächsischen Bergverwaltung, insbesondere beim Oberbergamt in Freiberg. Oberkonsistorium, Konsistorien, Superintendenturen und Ortspfarrer – in den hier ausgewerteten Akten oft als „Christliche Schulverwaltung“ oder auch nur als „die Christlichen“ bezeichnet – die wie andernorts auch in Kursachsen die Aufsicht über das Schulwesen führten, nahmen, wenn überhaupt, nur in geringem Maße Einfluss auf das sich allmählich etablierende System einer bergmännischen Schul- bzw. Berufsausbildung. Den kirchlichen Verwaltungsträgern schien eher an der Vermittlung christlicher Lehrinhalte innerhalb des Elementarschulunterrichts gelegen zu sein; eine darüber hinausgehende fachliche Ausbildung junger Bergleute dagegen lag nicht in ihrem, sondern ausschließlich im Kompetenzbereich der Bergverwaltung. Da das Interesse Letzterer aber nicht nur auf die bergmännische Fachausbildung reflektierte, sondern als Voraussetzung dafür auch eine angemessene elementare Schulbildung der Bergjugend anstrebte, mussten nahezu zwangsläufig auch Probleme sich überschneidender Zuständigkeiten auftreten. Die Bergverwaltung scheint jedoch von Beginn an als kompetenter Partner einer fachbezogenen Bildung akzeptiert worden zu sein; jedenfalls hielten sich Kompetenzstreitigkeiten zwischen den Trägern beider Verwaltungen in Grenzen. Alle entscheidenden Planungen des Aufbaus eines eigenständigen Bergschulwesens erfolgten allein durch die maßgeblichen Persönlichkeiten der (Freiberger) Bergverwaltung, allen voran durch das Mitglied des Oberbergamtes und späteren (ab 1784) Berghauptmann Carl Wilhelm Benno von Heynitz. 47 Vgl. hierzu die jüngsten biografischen Angaben über Kurfürst Friedrich August bei Halder (Friedrich August). 48 Vgl. Näheres dazu im Unterabschnitt 2.2.1.

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Die Formierung, Entwicklung und Etablierung eines aufeinander abgestimmten Systems oder Komplexes zur schulischen Bildung bzw. beruflichen Ausbildung der „bergmännischen“ Jugend Kursachsens im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts wird den Hauptuntersuchungsschwerpunkt der vorliegenden Arbeit bilden, wobei vor allem die Freiberger und obererzgebirgischen Bergschulen (im engeren Sinne)49 und deren Rolle als Vorbereitungsanstalten für ein Studium an der Bergakademie abgehandelt werden sollen. Insbesondere wird dabei Ziel dieser Arbeit sein, auf den im Folgenden aufgeführten Fragekanon einzugehen und mit den zu findenden Antworten und formulierten Kernaussagen zugleich einen signifikanten Erkenntnisgewinn für die Geschichtswissenschaft und insbesondere die Bildungsforschung zu erzielen. • Warum kann man in dem beim damaligen Bergakademisten Johann Friedrich Lempe gehaltenen „Bergpurschenunterricht“ den ersten funktionierenden Versuch der späteren Freiberger Bergschule sehen? • Welche unterschiedlichen bergmännischen Unterricht bietenden Schultypen wurden im Untersuchungszeitraum durch die Bergverwaltung für die Freiberger und obererzgebirgische Bergjugend entwickelt und bei welchen dieser Einrichtungen war welche Bildungs- bzw. Ausbildungsform angesiedelt? • Wie gelang es der Bergverwaltung, ein nahezu autarkes Bergschulwesen ins Leben zu rufen, ohne zugleich in wesentliche Interessen- bzw. Kompetenzkonflikte mit den christlichen Schulaufsichtseinrichtungen zu geraten? • Was ist unter den Knappschaftlichen- bzw. Gewerkschaftlichen Schulanstalten zu verstehen? • Worum handelt es sich bei den sogenannten Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen (SRZ-Schulen) in einigen Bergstädten des oberen Erzgebirges und wodurch unterschieden sich diese von der in Freiberg bestehenden „Goldbergschen Zeichenschule“ – bzw. „Goldbergschen Zeichen- und Rechenschule“ (ZR-Schule) – der späteren „akademischen“ Freiberger Bergschule? • In welcher Beziehung standen SRZ-Schulen des oberen Erzgebirges und Freiberger Berg- oder ZR-Schule zueinander? • Wo innerhalb der kursächsischen Bergreviere fand nur ein elementarer Unterricht im Christentum und Lesen, wo ein solcher auch noch im Schreiben und Rechnen statt; an welchen Einrichtungen dagegen erfolgte eine berufsbezogene, fachliche Ausbildung und wo lag eine Kombination beider Bildungsformen vor? • Wie und durch wen wurden die einzelnen Schultypen finanziert; welchen Stellenwert besaß die Finanzierung für die Existenz des Bergschulkomplexes überhaupt? 49 Auf den Gebrauch unterschiedlicher Namen und Begriffe für diese Schultypen wird an mehreren Stellen der Arbeit eingegangen werden.

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• Welchen Einfluss konnten die geldgebenden Gewerken bzw. regionalen Knappschaften oder der Landesherr selbst auf Inhalt und Organisation des Unterrichts nehmen? • Woher rekrutierte das Oberbergamt die Lehrkräfte insbesondere für die Freiberger und obererzgebirgischen Bergschulen und welche Verantwortung kam in diesem Kontext der Bergakademie als höherer Bildungseinrichtung zu? • Ab welchem Alter durften Bergmannskinder überhaupt die einzelnen bergmännischen Bildungseinrichtungen besuchen; welche Rolle spielte dabei die Unterscheidung in „nicht anfahrende“ Bergmannsknaben und „anfahrende“ „Bergpurschen“? • Wie im Einzelnen gestaltete sich die Unterrichtung von Bergmannskindern männlichen und weiblichen Geschlechts in den kursächsischen Bergrevieren und welche Maßnahmen ergriffen Landesherr bzw. Bergverwaltung, um die ganz offensichtliche „Ungleichbehandlung“ der Geschlechter schrittweise zu überwinden? • Welche ggf. vorhandenen sozialen Auswahlkriterien bildeten die Grundlage für die Zugangsentscheidungen auf eine der Schulen, wer traf diese und wie sah das dafür entwickelte Verwaltungsverfahren aus? In diesem Kontext wird auf die herausragende Rolle, die die Bergverwaltung, insbesondere das Freiberger Oberbergamt und dessen einzelne Mitglieder, bei der Planung und Herausbildung des Bergschulkomplexes spielten, einzugehen sein. Dabei soll auch der Schulplan, den der als Inspektor bzw. Kommissar für das gesamte kursächsische Bergschulwesen eingesetzte Benno von Heynitz dem Landesherrn im Jahre 1779 vorlegte, dazu als erstes entscheidendes Planungsdokument analysiert und mit anderen Bildungsreformvorstellungen des 18. Jahrhunderts verglichen werden. Die Besonderheiten des kursächsischen Bergschulsystems, die es von älteren Bildungsreformversuchen unterscheiden lassen, sind in diesem Zusammenhang hervorzuheben. Weitere Gutachten einzelner Mitglieder des Oberbergamtes werden hier genauso untersucht wie die darauf Bezug nehmenden Reskripte Friedrich Augusts, der als Kurfürst (1763) von seiner Mündigkeit 1768 an bis zum Ende des alten Reiches 1806 die Geschicke Kursachsens maßgeblich lenkte und dessen Befehle für das hier untersuchte Bergschulwesen zum Teil richtungsweisend waren. Von besonderer Bedeutung ist es in diesem Zusammenhang, auf Fragen der Finanzierung dieses Bergschulkomplexes einzugehen und dabei die Mitwirkung der einzelnen Geldgeber – Knappschaften, Gewerken und den Landesherrn selbst – darzustellen. Außerdem ist zu untersuchen und zu beschreiben, welche Lehrkräfte in der Bergschule Freiberg und den Bergschulen des oberen Erzgebirges wirkten und woraus sich diese rekrutierten – was zwangsläufig die Bergakademie Freiberg als Ausbildungsstätte der ersten Lehrergeneration für diese Schulen in den Fokus der Betrachtung rücken lässt. Da es in den 80er-Jahren des 18. Jahrhunderts zu einer Häufung und Konzentration der Ausbildung von später als Bergschulleh-

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rer tätigen Bergakademisten kam, muss nicht nur auf die besondere Rolle der Bergakademie als „Pflanzstätte“ für Bergschullehrer, sondern insgesamt auf die besonderen Beziehungen zwischen der Bergakademie Freiberg und der lange Zeit als ihr „Annexum“ bezeichneten „akademischen“ Freiberger Bergschule eingegangen werden. Nach einer Konsolidierungsphase des kursächsischen Bergschulkomplexes folgte eine Reihe von Jahren, in denen seine einzelnen Einrichtungen ihrer Hauptaufgabe, geeignete Fachkräfte für den Bergbau und die Bergverwaltung auszubilden, gerecht wurden. Deshalb soll hier der „Ist-Stand“ der Gesamtorganisation des Bergschulwesens – vom Schulbetrieb bis zur Einbindung seiner einzelnen Elemente in die Struktur der Bergverwaltung ­– wie er sich ausgangs des 18. Jahrhunderts darstellt – abgehandelt werden. Dazu werden Verfassung und Struktur des Bergschulsystems bis zur Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert untersucht und zugleich Organisation und wesentlichste Inhalte des Bergschulunterrichts unter Berücksichtigung der spezifischen Ausbildungsbedingungen festgehalten. Da sich etwa bis 1800 die einzelnen Elemente des Bergschulkomplexes fest etabliert hatten und damit die Herausbildungs- und Entwicklungsphase des kursächsischen Bergschulwesens fast identisch mit der Hauptwirkungszeit Benno von Heynitz’ im Oberbergamt war, wird die zeitliche Zäsursetzung einzelner Gliederungspunkte der Arbeit eng an die Wirkungszeit des Berghauptmannes angelehnt sein. Die Organisationsstruktur des Bergschulwesens erfuhr in den ersten beiden Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts kaum Veränderungen. Erst unter dem Oberberghauptmann Siegmund August Wolfgang Freiherr von Herder wurden einige Korrekturen am bis dahin etablierten Bergschulkomplex durchgeführt, die vor allem die Rolle der Freiberger und obererzgebirgischen Bergschulen als „Vorbereitungsanstalten“ für ein bergakademisches Studium betrafen. Insgesamt blieb das von Heynitz entwickelte System von Bergschulanstalten jedoch lange Zeit eine feste Größe in der kursächsischen Bildungslandschaft. Die weitere Entwicklung des Bergschulwesens soll deshalb nur als kurze Wirkungsgeschichte, als „Epilog“ abgehandelt werden. Nur die wichtigsten Wegmarken, die für das Bergschulwesen von wesentlicher Bedeutung waren – wie die Reform der Berggesetzgebung ab der Mitte des 19. Jahrhunderts – konnten Erwähnung finden. Nach den Reformen im sächsischen Schulwesen, v. a. nach Erlass des Schulgesetzes von 1835 stagnierte die Bergschulausbildung in gewisser Weise gegenüber der sich inzwischen als Volksschulwesen etablierten elementaren- oder Volksschulbildung. Der Berghauptmann Friedrich Constantin Freiherr von Beust hatte dies und die offensichtlichen Mängel in der bergmännischen Ausbildung schon zu Beginn seiner Laufbahn im Oberbergamt erkannt und leitete deshalb um die Jahrhundertmitte energische Reformmaßnahmen, die das System der Bergschulausbildung maßgeblich verändern sollten, ein. Höhepunkt und zugleich Zäsur innerhalb der Entwicklung des sächsischen Bergschulwesens war die unmittelbar mit der Verabschiedung des Regalberg-

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gesetzes von 1852 erfolgte Aufhebung der obererzgebirgischen Bergschulen. Auf die nachfolgende Weiterführung der Reformen des sächsischen Bergwesens, die mit der Verabschiedung des Allgemeinen Berggesetzes vom 3. Januar 1869 abgeschlossen wurde, kann nur noch kurz eingegangen werden. Auch die weitere, bislang ebenfalls noch nicht erforschte Geschichte der Freiberger Bergschule bis zu deren Schließung im Jahre 1924 wird nur stichpunktartig abzuhandeln sein. Ob z. B. die Freiberger Einrichtung in der Lage war, fachlich geschultes Personal auch für den immer bedeutender werdenden Kohlebergbau in Sachsen zur Verfügung zu stellen, wie flexibel die sächsische Bergverwaltung auf Anforderungen aus der Praxis reagierte, neue Ausbildungsinhalte anzubieten, wie sich die im Jahre 1862 für die Ausbildung des bergmännischen Nachwuchses des Kohlebergbaus gegründete Bergschule Zwickau entwickelte oder weswegen wenige Jahre nach Ende des I. Weltkrieges die Freiberger Bergschule endgültig geschlossen werden musste – alles dies muss weitestgehend zukünftigen Forschungen vorbehalten bleiben. Mit der hier vorgelegten Arbeit ist der Versuch unternommen worden, mittels einer historischen Einzeluntersuchung, wie sie Hanschmidt forderte,50 und unter Berücksichtigung der methodischen Anforderungen Neugebauers51 zu einem auf das kursächsische Bergschulwesen bezogenen Erkenntnisfortschritt zu gelangen und zugleich zu einem differenzierten Bild der Entwicklung des sächsischen Bildungswesens beizutragen. Hauptergebnis der vorgelegten Forschungsarbeit ist eine Geschichte des sächsischen Bergschulwesens, eine erweiterte Institutionsgeschichte, die im Wesentlichen den Zeitraum seiner Herausbildung im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts aufzeigt und damit einen bis jetzt noch nicht wissenschaftlich untersuchten Gegenstand deutscher Bildungsgeschichte behandelt.52

0.3. Stand der bisherigen Forschung Über das Bildungswesen im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation und dessen verschiedene Facetten existiert eine Vielzahl grundlegender und z. T. hervorragender Werke. Die Schule und deren historische Entwicklung darzustellen, war in den letzten Jahrzehnten anscheinend ein bevorzugter Gegenstand der historischen Forschung.53 Berücksichtigt man hierbei die Aussage Marquardts, wonach Schule 50 Vgl. dazu Hanschmidt (Elementarbildung und Berufsbildung), S. 42. 51 Vgl. dazu Neugebauer (Schulwirklichkeit), insb. S. 7–17. 52 Vgl. zum Bildungsbegriff, der bis heute nicht allgemeingültig ist, grundlegend Albers (Bildung und Weiterbildung), insbes. S. 251–256. 53 Hier ist der Begriff im weitesten Sinne, also einschließlich der bildungshistorischen Forschung zu verstehen. Nach Marquardt (Geschichte der Industrieschule), S. 15, war dies allerdings vor 35 Jahren noch nicht der Fall. Einen komprimierten Überblick über den Forschungsstand gibt Kraus (Kultur, Bildung und Wissenschaft).

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„eine der kulturellen Schlüsselinstitutionen“ ist,54 verwundert es nicht, dass bis in die jüngste Zeit immer wieder Arbeiten zur Schulgeschichte, speziell auch zur deutschen entstanden sind.55 Zwar dürfte die von Neugebauer getroffene Aussage, nach welcher „… die Erhellung der Schulwirklichkeit im 18. Jahrhundert noch immer ein Desiderat der Geschichtswissenschaft“ darstelle56 und „ein großer Mangel an empirischen Untersuchungen des Bildungswesens“ bestehe,57 wegen einer Reihe neuerer schulgeschichtlicher Arbeiten relativiert werden können. Ungeachtet des Vorliegens auch einer Vielzahl jüngerer Untersuchungen zur Berufsbildungsforschung (vor allem zur zunftgebundenen Berufsausbildung)58 gibt es immer noch einen „erhebliche(n) Forschungsrückstand“.59 Nach Menk betrifft dieser vor allem die „… beiden unteren Ebenen des protestantischen Bildungswesens …“60 Hanschmidt hat, die bisherige Bildungsgeschichtsforschung rekapitulierend, um zu einem „... nicht plakative(..n), sondern hinreichend differenzierte(..n) Bild von der Entwicklung der Elementar- und Berufsbildung des ‚gemeinen Mannes‘ und ... der ‚gemeinen Frau‘ und außerdem bestimmter gesellschaftlicher und Berufsgruppen61 … [der] ländlichen und städtischen Bevölkerungsmehrheit ...“ 54 Marquardt (ebd.), S. 16. 55 Vgl. dazu die Literaturübersicht. Stellvertretend sei aus jüngerer Zeit auf das Standardwerk von Hammerstein/Herrmann (Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte), sowie für eine Sozialgeschichte der deutschen Schule auf Lundgreen (Sozialgeschichte der deutschen Schule), für Literatur über das elementare- bzw. Volksschulwesen auf Heinemann (Schule im Vorfeld), Leschinsky/Roeder (Schule im historischen Prozess) und Neugebauer (Schulwirklichkeit) bzw. (Niedere Schulen und Realschulen), und schließlich für die Geschichte der vor allem handwerklich geprägten Berufsbildung auf König (Reform der Lehrlingsausbildung), über die handwerkliche Berufsausbildung auf Reith (Arbeitsweise im Handwerk), und schließlich auf Bruns (Bedeutung der Realien) verwiesen. Vgl. zu den Perspektiven der Erforschung des Schulwesens grundlegend jüngst Schilling/Ehrenpreis (Erziehung und Schulwesen). 56 Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 3 f. 57 Neugebauer (ebd.), S. 4, hier unter Bezug auf Lundgreen (Schulbildung und Frühindustriealisierung), S. 563. 58 Der von Hanschmidt und Musolff 2005 herausgegebene Sammelband „Elementarbildung und Berufsausbildung“ gibt einen ausgezeichneten Überblick über den Stand der jüngeren Bildungsforschung mit den Schwerpunkten „Elementarbildung“ und „Berufsausbildung“ sowie den noch vorhandenen Forschungsdesideraten. Beispielhaft sei darin auf Hanschmidt (Elementarbildung und Berufsausbildung), in: (ebd.), S. 19–46, und die dort (S. 43–46) aufgeführte Literaturübersicht verwiesen. 59 So u. a. von Töpfer (Bildungsgeschichte), S. 220, hier auch unter Verweis auf Schmale (Schulen in Deutschland), S. 629. 60 So Menk (Bildungswesen der deutschen protestantischen Territorien), S. 75, der darunter die Ebene der Lateinschulen, „insbesondere aber der Kirchspiels- und Dorfschulen“ versteht, also auch einen wichtigen Teil des hier untersuchten Gegenstandes. 61 Hervorhebung durch d.d.A.

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zu kommen, zu weiteren historischen Einzeluntersuchungen aufgefordert.62 Trotz der relativen Häufigkeit, mit der sich Historiker in der Vergangenheit diesem Gegenstand zuwandten, gelangt man auch in jüngster Zeit immer wieder zu neuen Erkenntnissen, die anscheinend längst Bewiesenes infrage stellen. Auch dafür kann die von Neugebauer vorgenommene Untersuchung preußischer Schulgeschichte und deren „Schulwirklichkeit“ als Beleg herangezogen werden.63 Daraus ergibt sich die Frage, ob die Beschäftigung mit der Geschichte des Bergschulwesens – zumal auf der Basis bislang noch nicht ausgewerteter Quellen – nicht ebenfalls zu einem Erkenntnisfortschritt in Bezug auf die sächsische oder selbst deutsche allgemeine Schulgeschichte64 bzw. die Berufsschulgeschichte führen kann?65 Das hier in den Fokus gerückte sächsische Bergschulwesen gehört ohne Zweifel zu diesen noch vorzunehmenden Einzeluntersuchungen.66 Eine Schulgeschichtsforschung, die nicht mehr nur auf der Grundlage einer wiederholten Neubewertung sekundärer zeitgenössischer bzw. neuerer Literatur, sondern auf der Auswertung originären Quellenmaterials basiert,67 hat gerade erst begonnen. Das sächsische Elementar- bzw. Volksschulwesen bildete in der Vergangenheit den Gegenstand z. T. umfangreicher wissenschaftlicher Untersuchungen vor allem über das elementare Unterrichtswesen,68 ungeachtet dessen wurden erst jüngst die „… vergleichsweise geringen Kenntnisse zur Bildungsgeschichte der großen und 62 Hanschmidt (Elementarbildung und Berufsbildung), S. 42. 63 Vgl. dazu Neugebauer (Schulwirklichkeit) bzw. (Niedere Schulen und Realschulen). Ehrenpreis (Erziehungs- und Schulwesen), S. 25, nennt Neugebauers Untersuchung zur „Schulwirklichkeit“ nicht zu Unrecht eine „… bahnbrechende Studie … über die tatsächlichen Reformen im Elementarschulwesen und … den Einfluß staatlicher Instanzen …“ 64 Damit ließen sich vielleicht sogar die noch immer existierenden unterschiedlichen Wertungen schulgeschichtlicher Entwicklungen, wie sie zwischen historischer Pädagogik (mit ihrem Schwerpunkt der Ideengeschichte) und der Geschichtswissenschaft, die in den letzten Jahren doch eher auf die territorial sehr unterschiedliche Schulwirklichkeit reflektierte, relativieren. Vgl. dazu Töpfer (Bildungsgeschichte), S. 218. 65 König (Geschichte der Berufsbildung), S. 196, spricht von einem „... ganz erheblich differenten Forschungsstand(..)“ hinsichtlich der Erforschung insbesondere der Geschichte der Berufsschule und ihrer Vorläufer. 66 Allerdings ist bislang von keinem der Autoren bildungsgeschichtlicher Standardwerke das kursächsische Bergschulwesen als Forschungsdesiderat erkannt und benannt worden, so auch nicht von Menk (Bildungswesen deutscher protestantischer Territorien), S. 75 f., der sonst eine Reihe solcher Lücken aufzählt. 67 Eine solche hat Neugebauer (Schulwirklichkeit) in einer bis dahin nicht gekannten Qualität durchgeführt. Vgl. dazu Neugebauer (Schulwirklichkeit) bzw. auch ders. (Niedere Schulen und Realschulen). 68 Als vielleicht immer noch wichtigstes Werk ist dabei Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule) zu nennen, und erst vor kurzem hat sich Moderow (Volksschule) des Gegenstandes der sächsischen Schulgeschichte umfassend angenommen. In jüngster Zeit hat darüber hinaus auch Keller (Beobachtungen zur Schule) einige neue Aspekte über die Entwicklung des Schulwesens in Sachsen, darunter im (damals) kleinen Bergstädtchen Aue betrachtet.

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mittleren protestantischen Territorien [zu denen ja Kursachsen zu zählen war – H.K.] im 18. Jahrhundert…“ bemängelt.69 Als nahezu unerforscht im Vergleich zur Geschichte des allgemeinbildenden (elementaren) Schulwesens,70 respektive der Berufsausbildung,71 muss der hier gewählte Gegenstand des Bergschulwesens gelten. Trotz seiner Bedeutung, die er zweifellos für das Verständnis der sächsischen Bildungs- bzw. Wissenschaftsgeschichte besitzt, ist er bislang weder von der historischen Pädagogik, noch von der Geschichtswissenschaft ernsthaft aufgegriffen worden.72 Eine Analyse der einschlägigen Bibliografien und die Auswertung einer Reihe von Werken der Bildungs- bzw. Erziehungsgeschichte lassen den Schluss zu, dass dieser Forschungsgegenstand bislang so gut wie nicht beachtet worden ist.73 In den ausgewerteten Haupttiteln zur Erziehungs- und Bildungsgeschichte wird ein solch eigenständiges, neben dem Elementarschulwesen und dem handwerklich geprägten Berufsausbildungswesen existierendes System sächsischer Bergschulen nicht einmal erwähnt.74 Auch Werke über die Geschichte der Bergakademie berüh69 So von Töpfer (Bildungsgeschichte), S. 214, sowie von Keller (Beobachtungen zur Schule), S. 142, die auf die meist älteren Werke sächsischer Schulgeschichtsforschungen – so auf Richter (ebd.) – von 1930 verweist. Moderow (Volksschule), S. 33 f., hebt die Dominanz der preußischen Schulgeschichtsforschung hervor. 70 Über das allgemeine (elementare) Schulwesen existiert eine Vielzahl (auch jüngerer) Untersuchungen. In Hammerstein (Handbuch Bildungsgeschichte I) wird diese zwar nicht behandelt, dafür aber ausführlich durch Neugebauer (Niedere Schulen und Realschulen) in Hammerstein (Handbuch Bildungsgeschichte II); die gegenteilige Aussage von Hanschmidt (Elementarbildung und Berufsbildung), S. 20, ist somit nicht korrekt. 71 Vgl. zur Begrifflichkeit Fingerle/Kell (Berufsbildung), S. 305, 309 f, die die Berufsausbildung als einen Teil der Berufsbildung und Letztere, wie z. B. die allgemeinbildenden Schulen auch, als Bestandteil des (gesamten) Bildungssystems definieren. So auch Albers (Bildung und Weiterbildung), S. 251 f. Vgl. zu den grundlegenden Unterschieden zwischen „elementarer“ Schulbildung und Berufsausbildung in ihrem historischen Kontext auch das Fazit dieser Arbeit. Vgl. zur Berufsbildungsforschung (des 19. Jahrhunderts) in Sachsen jüngst auch Wehrmeister (Fortbildungsschule). Prass (Ausbildung Thüringer Bauhandwerker) gibt auf den S. 164–166 einen Überblick über die Berufsbildungsforschung. 72 Auch in dem nach Töpfer (Bildungsgeschichte), S. 218, „mittelfristig als Standardwerk geltenden“ von Hammerstein und Herrmann herausgegebenen Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte wird das hier untersuchte kursächsische Bergschulwesen nicht erwähnt. Vgl. dazu Hammerstein/ Herrmann (Bildungsgeschichte II), Sachregister, S. 565–572. 73 Vgl. dazu die Literaturverzeichnis. Recherchen im Internet, so in der Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung, bestätigen diese Aussage. Lediglich über die Geschichte der 1798 gegründeten Eislebener Bergschule im (bis 1815 sächsischen) Mansfelder Revier liegt eine eigenständige Untersuchung vor; von der wesentlich jüngeren Zwickauer Bergschule dagegen existieren eine Schulordnung, einige „Berichte“ sowie eine Satzung. Über die Entwicklung der (später entstandenen) preußischen Bergschulen gibt es einige knappe Untersuchungen – so in einer Arbeit von Simon (Geschichte der Königlichen Realschule); kurze Geschichten bzw. Beschreibungen liegen von den Bergschulen in Dillenburg, Essen, Siegen, Saarbrücken und Bochum vor. 74 So fehlt der Begriff u. a. in Helsper/Böhme (Handbuch der Bildungsforschung). Selbst Bruchhäuser (Berufsbildung), S. 408, führt jüngst zwar eine Reihe vor Ende des 18. Jahrhunderts ge-

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ren, wenn überhaupt, das Bergschulwesen nur am Rande, d. h. meist nur bezogen auf die Freiberger Bergschule im engeren Sinne.75 Damit bestätigt sich die These zum Stand der bildungsgeschichtlichen Forschung, wonach „… die vielgestaltigen lokalen … Reformimpulse … für Sachsen noch der genaueren Erforschung (bedürfen).“76 Die Darstellung des Bergschulwesens in seinem historischen Entstehungszusammenhang, aber auch in seiner „räumliche(n) Dimension“ – nämlich innerhalb eines konkret abgrenzbaren Territoriums, einer Schullandschaft –77 stellt auf jeden Fall einen interessanten Versuch dar, der zudem auch einen erheblichen Erkenntnisgewinn für die Geschichte des allgemeinen Bildungswesens bzw. der Berufausbildung und der erwähnten Reformimpulse erhoffen lässt. In der Sekundärliteratur fanden sich gerade einmal sechs nennenswerte Hinweise auf das sächsische Bergschulwesen: 1) ein kleines, unscheinbares Verzeichnis von Lehrern und Schülern der Bergschule Freiberg, das außer den Namen und die Funktion der Bergschullehrer von Beginn an sowie die Namen der Bergschüler an der Freiberger Bergschule ab dem Jahre 1799 keine weiterführenden Informationen enthält;78

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gründeter Zeichenschulen auf, nicht aber die von der kursächsischen Bergverwaltung initiierten Zeichen- und Rechenschulen mit vergleichbarem Bildungsanspruch. Für das sächsische Bergschulwesen gilt sicherlich das, was Bruns (Bedeutung der Realien), S. 8, einmal zum „Schulund Bildungswesen in seinen verschiedenen Ausprägungen, von der Elementar- über die Gelehrtenschule bis zur Universität“ bemerkt hat, nämlich, dass es „gleichermaßen Symbol für eine fortschreitende Kulturentwicklung wie auch ein Abbild herrschender politischer, sozialer und ökonomischer Verhältnisse“ ist. Keller (Beobachtungen zur Schule), untersucht zwar das Schulwesen im Bergstädtchen Aue, erwähnt dabei aber die Knappschaftlichen Schulanstalten nirgends. Selbst Moderow (Volksschule) scheint das Bergschulwesen nicht bekannt gewesen zu sein, denn er nennt es in seiner Dissertation von 2006 ebenfalls nicht. Auch die jüngere Arbeit von Sennewald (Das Lehrsystem in Freiberg) nimmt nur Bezug auf die Ausbildung für (meist) höhere Bergbeamte auf der Bergakademie Freiberg. Fettweis (Vortrag Montan-Wissenschaften), S. 85, betont ausdrücklich die Beschränkung seiner Untersuchung auf das „montanistische Hochschulwesen“. Guntau (Vortrag Geologie und Mineralogie), S. 106, weist deshalb zu Recht auf die „bisher wenig untersucht(e)“ Rolle von Bergschulen hin. Vgl. zur Begrifflichkeit „Bergschule“ insbes. den Abschnitt 7.1. So Töpfer (Bildungsgeschichte), S. 217, der hier zwar v. a. auf das städtische Schulwesen und sein inzwischen abgeschlossenes Dissertationsprojekt reflektiert, ungeachtet dessen trifft die Aussage auch für das regional eingrenzbare Bergschulwesen zu. Vgl. zu diesem Forschungsansatz jüngst auch Kießling (Schullandschaften), S. 35, der durch die Betonung der „räumliche Dimension“ einer Schullandschaft den „… Erkenntnishorizont gegenüber den bisherigen Schwerpunkten der Forschung zu erweitern“ begründete. In gewisser Weise wird mit der vorliegenden Untersuchung auch das von Keller (Beobachtungen zur Schule), S. 137, festgestellte Forschungsdefizit in Bezug auf die Funktion kleiner Städte – hier kursächsischer Bergstädte – für das elementare Bildungswesen berührt. Kaufmann (Lehrerverzeichnis). Diese enthält lediglich (die zum Teil fehlerhaften) Namensverzeichnisse der Freiberger Bergschullehrer aus der Anfangszeit sowie Namen der Bergschüler von 1799 und 1800, sowie von 1801 bis 1892.

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2) eine weitere knapp gehaltene Schrift von Kaufmann über die Geschichte der Bergschule Freiberg aus dem Jahre 1903, fortgesetzt von Weiß 1924, in der die Gründungsgeschichte auf insgesamt ca. vier(!) Seiten – mit einer Reihe historischer Fehler und vielen offenen Fragen – abgehandelt wird;79 3) zwei Zeitungsberichte aus dem Jahre 1816 zur Geschichte und Verfassung der Bergakademie Freiberg, die auch einige wenige Angaben zur Entwicklung der Freiberger Bergschule enthalten;80 4) einen mehrseitigen Beitrag von Altmann über die beruflichen Bildungswege im sächsisch-erzgebirgischen Berg- und Hüttenwesen, in welchem allerdings die Gründungen der obererzgebirgischen Bergschulen in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts(!) verlegt werden, Beweis für die bis dahin so gut wie unerforscht gebliebene Geschichte dieser Bergschulanstalten;81 5) ein Hinweis in der 1965 erschienenen Festschrift zur 200-Jahr-Feier der Bergakademie Freiberg, in der einerseits die Behauptung aufgestellt wird, die Leitung der Freiberger Bergschule habe zu Beginn in den Händen des „Mathematikprofessor(s) Lempe“82 gelegen, andererseits suggeriert wird, diese Institution habe sich „von Anfang an … zu einer Art ‚Vorstudienanstalt‘ für die Bergakademie entwickelt, über die viele Bergarbeiterkinder zum Hochschulstudium gelangten“;83 und schließlich 6) ein Beitrag des Autors selbst.84 Die erwähnten, meist sehr knappen Abhandlungen beziehen sich fast ausschließlich auf die Freiberger Bergschule, nie jedoch auf das gesamte System von bergknappschaftlichen Schulanstalten, Schreibe- Rechen- und Zeichenschulen bzw. die Bergschule Freiberg. Die Geschichte der Freiberger Bergschule selbst wird meist lediglich als kurzer Abriss dargestellt, auf ihre hierarchische Einbindung in die Bergverwaltung nicht eingegangen. In einem der Standardwerke sächsischer Landesgeschichte wird die Gründung der Bergschule in Freiberg zwar erwähnt, aller79 Kaufmann (Geschichtliches über die Freiberger Bergschule), ergänzt durch Weiß (Geschichte der Bergschule). 80 [Unbekannt] (Geschichte und Verfassung der Bergakademie). Bei dem von Lingke (Bergschulanstalten) in den MFA 1907, S. 87, gegebenen Hinweis über die Gründung von „Bergschulanstalten für fähige Kinder der Bergleute“ im Jahre 1877 handelt es sich dagegen lediglich um eine wenig konkrete und nur einige Zeilen umfassende Notiz, zudem ohne jeglichen Quellennachweis. 81 Altmann (Berufliche Bildungswege). 82 So Baumgärtel (Gründung der Bergakademie), hier S. 77. So auch ders. (Bergbüchlein), S. 140. Diese Angabe ist schlichtweg falsch, denn Lempe war zum Zeitpunkt des Beginns dieser Unterrichtsform ein gewöhnlicher Bergstipendiat; er wurde erst 1785 zum Professor an der Bergakademie ernannt. 83 Baumgärtel (ebd.). Die gleiche Aussage findet sich auch bei dems. (Bergbüchlein), S. 140. Auch diese Aussage ist weitgehend unhaltbar. 84 Kaden (Vortrag Johann Friedrich Lempe).

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dings mit fehlerhafter Zeitangabe,85 und in den überprüften Werken zur deutschen bzw. sächsischen Verwaltungsgeschichte ließen sich keine Darstellungen zu diesem Bildungsphänomen finden.86 Die Geschichte der übrigen bergmännischen Schulund Ausbildungseinrichtungen blieb dagegen so gut wie ununtersucht.87 Wie wenig die Geschichte des kursächsischen Bergschulwesens und damit auch der Freiberger Bergschule tatsächlich erforscht ist, belegt eine erst jüngst erfolgte Veröffentlichung über den Mitbegründer der Freiberger Bergakademie, Friedrich Anton von Heynitz. Der Autor weist diesen nicht nur fälschlicherweise als Initiator auch der Freiberger Bergschule aus, sondern schreibt Letzterem darüber hinaus auch noch einen Ausbildungskanon zu, den die Bergschule 100 Jahre nach ihrer Installation nicht erreichte.88 Auch eine jüngere Dissertation, in der die Entwicklung „vom Knappen zum Bergmechaniker“89 dargestellt und dabei kurz auf die Freiberger Bergschule eingegangen wird, belegt die tatsächlich vorhandene Unkenntnis über diesen Gegenstand, denn dem Verfasser ist ganz offensichtlich der Unterschied zwischen den verschiedenen Bergschultypen gar nicht geläufig.90 Aus all dem lässt sich der definitive Schluss ziehen, dass es an einer wissenschaftlich fundierten, auf Quellen basierenden Darstellung der Herausbildung der Freiberger bzw. obererzgebirgischen Bergschulen und deren Einbindung in die vorhandene kursächsische Bildungslandschaft bislang fehlt. Über die Gründe für die weitgehende Aussparung der Bergschulgeschichte aus den bisherigen Untersuchungen zur sächsischen Bildungs- und Schulgeschichte liegen dem Autor keine Kenntnisse vor. Vielleicht erfolgte eine Bearbeitung dieses Forschungsgegenstandes bisher nur deshalb nicht, weil dieser an der Schnittstelle verschiedener Wissenschaftsdisziplinen angesiedelt ist, sich somit niemand inner85 Vgl. dazu Czok (Geschichte Sachsens), S. 290. Benseler (Geschichte Freibergs), S. 1175, setzte die Entstehung der Freiberger Bergschule wenigstens sechs Jahre zu früh an, Dietrich (Bergstadt), S. 180, um mindestens ein Jahr, während Fehrmann (Geschichte der Volksschule), die Entstehung der „königliche(n)[sic!] Bergschule“ in das Jahr 1770 verschiebt. Ähnlich falsch ist auch die Aussage von (dem sonst zuverlässigen) Schellhas (Werner als Inspektor), S. 258, der die „endgültig(e)“ Errichtung der Freiberger Bergschule in das Jahr 1799 verlegt. 86 In der Deutschen Verwaltungsgeschichte – vgl. Literaturauswahl – ist dieses Phänomen der Bildungs- bzw. Verwaltungsgeschichte nicht einmal erwähnt. 87 Außer bei Altmann (Berufliche Bildungswege) finden sich keinerlei diesbezügliche Untersuchungen. Dietrich/Fehrmann (Fortschritt und Reaktion), S. 193, erwähnen die Errichtung „bergknappschaftlicher Schulanstalten“ lediglich an einer Stelle. 88 Vgl. dazu Kadatz (Friedrich Anton von Heynitz), S. 78. Näheres dazu im Unterabschnitt 2.2.2. Wenigstens Gretschel (Geschichte des Sächsischen Volkes), S. 258, gibt den Berghauptmann Benno von Heynitz richtig als Begründer des Bergschulwesens an, ohne dies allerdings zu belegen. 89 Treese (Vom Knappen zum Bergmechaniker). 90 So gibt Treese (ebd.), S. 81, eine völlig überhöhte Anzahl der ersten „Bergschüler“ an, zudem trifft seine Behauptung – ohne Quellenbeleg –, der an den Bergschulen eingeführte Unterricht habe „… anfangs nicht so sehr der Vermittlung berufsspezifischer Kenntnisse …“ gedient, für die Lempe’sche- bzw. Goldberg’sche Bergschule gerade nicht zu.

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halb der schulgeschichtlichen Forschungslandschaft für diese Thematik wirklich „zuständig“ fühlte. Zum anderen dürfte es vor allem wegen des Fehlens älterer Sekundärliteratur bzw. relevanter Quellensammlungen – häufig die Grundlage für die Neubearbeitung eines Forschungsthemas – ziemlich schwierig sein, zu neuen Erkenntnissen zu gelangen.91 Trotz aller diesbezüglichen Fortschritte erscheint auch heute die Nutzung von Originalquellen mühseliger als der Zugriff auf bereits vorhandene Druckwerke. Eventuell ist aber der Grund für die Nichtbeschäftigung mit dem Forschungsthema einfach darin zu suchen, dass Historikern bislang die Existenz des weitgehend autarken kursächsischen Bergschulwesens verborgen geblieben ist. Jedenfalls deutet die bislang kaum erfolgte Auswertung des reichlich vorhandenen Aktenmaterials auf eine solche Möglichkeit hin. Unter Zugrundelegung der in verschiedenen sächsischen Archiven vorhandenen Akten erschien es dem Autor möglich, das aufgeführte Forschungsdesiderat „kursächsisches Bergschulwesen“ einer Analyse zu unterziehen und eine Reihe von Forschungslücken zu schließen. Da in der Sekundärliteratur bis heute auf den Untersuchungsgegenstand nur am Rande eingegangen wurde, fehlt die Grundlage, sich mit anderen Positionen zur Bergschulausbildung wissenschaftlich auseinandersetzen zu können; dies bedeutete aber keineswegs einen Verzicht des Autors auf die Beschäftigung mit bildungsgeschichtlichen Fragestellungen, insbesondere denen nach der Einordnung des kursächsischen Bergschulsystems in die Schullandschaft seiner Zeit. Dort, wo es in der Literatur Hinweise auf berufliche Bildungswege im sächsischen Bergbau und Hüttenwesen gab,92 hat er ganz offensichtliche Darstellungsfehler widerlegt. Ggf. neue Erkenntnisse als Grundlage für eine Vergleichsuntersuchung lassen zwar die laufenden Forschungsprojekte von Konečný und Schleiff über die Ausbildung von Bergbauexperten an den Bergakademien Schemnitz und Freiberg erwarten, können aber wegen ihres späteren Erscheinens erst bei künftigen Diskussionen berücksichtigt werden.93

91 Vgl. zu dieser Problematik v. a. Neugebauer, (Schulwirklichkeit), Einführung, S. 1–33, hier insbes. S. 15–23, der (S. 18) auf die Notwendigkeit der Auswertung auch der „Akten möglichst niederer Provenienz“ verweist. 92 So bei Kaufmann (Geschichtliches über die Freiberger Bergschule) und Weiß (Geschichte der Bergschule) bzw. bei Altmann (Berufliche Bildungswege). 93 Der genaue Titel des laufenden DFG-Forschungsprojektes lautet: Staat, Bergbau und Bergakademie: Die Ausbildung von Bergbauexperten in Sachsen und im Habsburgerreich im 18. Jahrhundert. Bearbeiter für das Teilprojekt Freiberg/Sachsen ist Hartmut Schleiff (TU Bergakademie Freiberg), für Schemnitz/Habsburgerreich Peter Konečný (Universität Regensburg). Betreuer des Vorhabens: Prof. Helmuth Albrecht (Freiberg) und Prof. Christoph Meinel (Regensburg). Vgl. zu den bisherigen Forschungsergebnissen Schleiff (Knowledge Practices). Das jüngst von Brianta (Europa Mineraria) herausgegebene Übersichtswerk zur „Wanderung“ europäischer Bergbaueliten hat ebenfalls fast ausschließlich die Ausbildung an den höheren Bergbau„schulen“, den

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0.4. Methoden und Aufbau Neugebauer kritisiert in seiner grundlegenden wissenschaftlichen Arbeit zum absolutistischen Staat und zur Schulwirklichkeit in Preußen die (bis 1985) in der Literatur fast durchweg vorgenommene ideengeschichtliche Behandlung wichtiger Probleme der Erziehungs- und Schulgeschichtsforschung, so auch zur „Schulwirklichkeit“.94 Dadurch ist seiner Auffassung nach „... wichtige Forschungskraft absorbiert ...“ worden.95 Darüber hinaus weist er auf die im Allgemeinen ungenügende Auswertung des vorhandenen ungedruckten Materials innerhalb der Bildungsgeschichtsforschung hin und bricht in diesem Zusammenhang eine Lanze für ein neueres methodisches Herangehen an die Erforschung historischer Desiderate – nämlich die Analyse und Auswertung96 der meist in den Archiven zu findenden Originalquellen.97 Neugebauer wirft die Frage auf, „ob und inwieweit überhaupt aus (pädagogischen) Literaturquellen Aussagen zu Schulrealität und Bildungswirklichkeit ... getroffen werden können, (und) ob die daraus zu ziehenden Ergebnisse nicht auf allzu indirekten Informationen basieren“.98

Da auf das hier gewählte Thema, wie schon erwähnt, bisher in der Literatur kaum reflektiert wurde – von einer „literarischen“ Verarbeitung ganz zu schweigen – war eine sich vorwiegend auf Sekundärquellen stützende Untersuchung von vornherein

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Bergakademien, zum Gegenstand der Untersuchung. Herrn Schleiff sei für den Literaturhinweis gedankt. Vgl. Leschinsky/Roeder (Schule im historischen Prozess), S. 16. Zitat nach Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 5 f. Ders. (ebd.), S. 5, weist in diesem Kontext auf die ungenügende Widerspiegelung der „gesellschaftlich-historischen Realität“ in der schulgeschichtlichen Literatur hin. Neugebauer (ebd.), S. 6. Auch für die DDR sieht er (ebd.) unter Zitierung von Kretzschmar (Schulgeschichtsschreibung in der DDR), S. 263, eine vordergründige „... Geschichte der pädagogischen Ideen und ... Würdigung ... einzelner Pädagogen. Eine solche, noch stark von pädagogischen Theorien inspirierte Arbeit stellt z. B. die von Herrmann (Historische Bildungsforschung) dar. Vgl. zur Quellenkritik und Quellenanalyse Renz (Wissenschaftliche Quellenanalyse), S. 536– 551. Renz bezieht sich dabei besonders auf Ernst Bernheim und Heinz Quirin. Vgl. hierzu Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 6, Anm. 13. Ähnlich argumentiert jüngst auch Menk (Bildungswesen der deutschen protestantischen Territorien), S. 77, der in Bezug auf die zu erforschende Rolle von Trägern von Bildungsinitiativen den verstärkten Rückgriff auf „serielle Quellen“ fordert. Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 7. Neugebauer bezweifelt m. E. auch zu Recht, allein aus „... (pädagogischen) Literaturquellen Aussagen zu Schulrealität und Bildungswirklichkeit wie über das Agieren des Landesherrn und seiner Kollegien ...“ treffen zu können. In solch einem Kontext hatte schon 1975 Marquardt (Geschichte der Industrieschule), S. 21, den mangelnden Rückgriff auf archivalische Quellen durch die von der Industriepädagogik vorgenommenen schulhistorischen Untersuchungen kritisiert.

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ausgeschlossen, zumal damit kaum ein wesentlicher Erkenntnisfortschritt zu erhoffen war. Aus dem ungenügenden Stand der bisherigen Erforschung der Bergschulgeschichte und dem offenkundigen Unvermögen, allein mittels Auswertung sekundärer Literatur die „Schulwirklichkeit“ – hier die des sächsischen Bergschulwesens – erfassen zu können, resultierte die Entscheidung, die vorliegende Untersuchung weitestgehend auf der Basis originärer Archivbestände durchzuführen.99 Dazu strebte der Autor die Auswertung relevanter in Archiven überlieferter Originaldokumente und die darauf aufbauende, weitgehend chronologische Darstellung des kursächsischen Bergschulwesens an. Nur mit dieser methodischen Herangehensweise erschien es ihm möglich, wesentliche neue und signifikante Erkenntnisse über den Prozess der Herausbildung des Komplexes bergmännischer Bildung- und Berufsausbildungseinrichtungen zu gewinnen und deren Einordnung in die allgemeine sächsische bzw. deutsche Bildungslandschaft darzustellen.100 Ziel dabei war es, mittels der vorgenommenen Quelleninterpretation der Feststellung der historischen Wahrheit möglichst nahezukommen101 und einen eventuell erfolgten „Schulwandel“ im ausgehenden 18. Jahrhundert zu belegen.102 Ungeachtet der bereits erwähnten mangelnden Reflexion des Forschungsgegenstandes in der Sekundärliteratur schien es zunächst notwendig zu sein zu ergründen, in welchen historischen Einzelwissenschaften Forschungsergebnisse über den hier gewählten Untersuchungsgegenstand hätten erwartet werden können. Da dieser nach den eingangs formulierten Fragestellungen einerseits der Geschichte der

99 Neugebauer selbst hat für die von ihm vorgenommene Untersuchung zur Schulwirklichkeit in Preußen in einem bis dahin kaum üblichen Maße Primärquellen, insbesondere Archivmaterial ausgewertet, und er sieht in einer solchen Methodik eine wesentliche Voraussetzung für die Gewinnung neuer, weiterführender Erkenntnisse der Schulgeschichtsforschung. Vgl. dazu im Einzelnen Neugebauer (Schulwirklichkeit), insbes. S. 7–17. 100 Mit der hier praktizierten Methodik der Verzahnung unterschiedlichster Bildungseinrichtungen und Bildungsträger und der Symbiose von (niederer) elementarer und weiterführender (z. T. auch höherer) Schulbildung mit der industriell geprägten fachlichen Berufsbildung würde man in der noch heute üblichen Schulgeschichtsforschung mit ihrer konsequenten Trennung von allgemeiner Schul- und fachlicher Berufsausbildungsforschung sicherlich scheitern. 101 Dies ist die Forderung von Quirin (Einführung in das Studium der Geschichte), S. 160 – hier nach Renz (Wissenschaftliche Quellenanalyse). Vgl. zum Anspruch der jüngeren bildungsgeschichtlichen Literatur, auch „… Einsichten in den Zusammenhang von Schulsystem und sozialen, ökonomischen und politischen Momenten des gesellschaftlichen Verbandes [zu] ermöglichen“, Leschinsky/Roeder (Schule im historischen Prozess), S. 488, Zitat nach Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 8. 102 Die Notwendigkeit der Untersuchung des Schulwandels „vor Ort“ sieht Töpfer (Bildungsgeschichte), S. 222, als Teil der Forschungsperspektiven landesgeschichtlich determinierter Schulgeschichtsforschung.

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Erziehungs- und Bildungsinstitutionen zuzuordnen,103 andererseits aber eng an die Verwaltung des Bergwesens angebunden ist,104 war es erforderlich, sich sowohl mit der relevanten Literatur zur sächsischen Schulgeschichte105 als auch mit derjenigen zur Entwicklung des Berufsausbildungswesens unmittelbar nach dem 7-jährigen Krieg zu beschäftigen. Da die Entwicklung des Bergschulwesens innerhalb eines geografisch konkret abgrenzbaren Raumes, nämlich der erzgebirgischen Bergreviere106 innerhalb des albertinischen Kurfürstentums, des späteren Königreiches Sachsen, abgehandelt werden sollte,107 mussten natürlich auch Übersichtswerke zur sächsischen Landesgeschichte in Bezug auf eine eventuell in ihnen enthaltene Darstellung des For-

103 Hermann (Historische Bildungsforschung), S. 67, hat einmal die „… Institutionengeschichte der (äußeren) Verfassung und Einrichtung pädagogischer Institutionen [bei Schulen handelt es sich ja um solche – H.K.]“ als „traditionelle Gegenstände“ (der Forschung) der Historischen Pädagogik und diese wiederum als „Kernstück“ der Erziehungswissenschaft bezeichnet. Trotzdem ist diese Arbeit nicht als pädagogisch-historische Forschungsarbeit mit ihren spezifischen Anforderungen zu verstehen. Es stehen weder pädagogische Ideen und deren Träger noch die speziellen Untersuchungen zum Unterrichtsinhalt der einzelnen Schul- bzw. berufsausbildenden Einrichtungen im Mittelpunkt des Forschungsinteresses. In dieser Arbeit, die sowohl Elemente des elementaren Volksschulwesens als auch früher Formen einer „berufsschulischen“ Ausbildung aufgreift, sollen vor allem verfassungsmäßige Zusammenhänge und speziell das Wirken der kursächsischen Bergverwaltung im Kontext der Herausbildung eines weitgehend autarken Bergschulwesens untersucht werden. 104 Wie sich herausstellen sollte, war das kursächsische Bergschulwesen hierarchisch in die sächsische Bergverwaltung eingeordnet. Einzelne Struktureinheiten der Bergverwaltung leiteten und beaufsichtigten das Bergschulwesen, sorgten für dessen Finanzierung und personelle Ausstattung. 105 Allerdings scheint die Geschichte der Schule als Institution heute eher bei der allgemeinen Geschichtswissenschaft angesiedelt zu sein, in der es nach Hanschmidt (Elementarbildung und Berufsausbildung), S. 41, ein verstärktes Interesse an der Geschichte von Bildung vermittelnden Institutionen gibt. 106 Die Untersuchung des Bergschulwesens als Schullandschaft orientiert sich an den erzgebirgischen Bergrevieren. Aus verschiedenen, v. a. bergbauhistorischen sowie auch schulhistorischen Gründen erfolgte eine Untergliederung in das Bergschulwesen des Freiberger Bergreviers und der obererzgebirgischen Bergreviere. 107 Die Untersuchung der Schulentwicklung „in lokalen und regionalen Räumen“ ist auch eine Forderung, die Töpfer (Bildungsgeschichte), S. 222, für zukünftige Schulgeschichtsforschungen geltend macht. Wenn auch Schilling (Erziehung und Schulwesen), S. 3, die adäquate Darstellung der „… Bildungs- und Wissenschaftsgeschichte bis um 1800 … nur in der regionalen Verschiedenheit der deutschen Länder und Städte ...“ für möglich hält – Zitat (gekürzt) nach Kießling (Schullandschaften), S. 40 – muss das umso mehr für die hier untersuchten Bergschuleinrichtungen gelten, die einerseits (in Freiberg) in einem „Zentrum der gehobenen Bildung“ – so sieht Kießling (ebd.), S. 41, die Funktion größerer Städte – andererseits eher im ländlichen Raum bzw. kleineren Bergstädten angesiedelt waren.

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schungsumfeldes in die Untersuchung einfließen.108 Darüber hinaus erschien es unbedingt notwendig, die grundlegendste Sekundärliteratur zur sächsischen Verwaltungs- bzw. Bergverwaltungsgeschichte auf einzelne Aspekte des Verwaltungsaufbaus und der Verwaltungsorganisation des Bergwesens sowie hinsichtlich einer Einbindung des sächsischen Bergschulwesens in diese zu hinterfragen, waren doch Aufsicht und Anleitung des Bergschulkomplexes bei der kursächsischen Bergverwaltung angesiedelt. Dazu stellten auch die im Untersuchungszeitraum verabschiedeten unmittelbaren Rechtsquellen – hier vor allem die Schulordnungen – eine wichtige Quellenkategorie für die Darstellung bildungs- und institutionsgeschichtlichen Entwicklungsabläufe dar, auch wenn sich in diesen die Schulwirklichkeit109 nur im Einzelfall realistisch widergespiegelt haben dürfte. Schließlich musste, um den „Innovationsgehalt“ der oberbergamtlichen Planungen des Bergschulwesens feststellen zu können, eine vergleichende Auswertung mit den bildungsgeschichtlichen Reformversuchen des 18. Jahrhunderts – hier vor allem mit den meist modellhaften Realschulversuchen – vorgenommen werden.110 Die Literaturauswertung insgesamt geschah vor allem unter dem Aspekt der Gewinnung neuer Erkenntnisse über das kursächsische Bergschulwesen und deren Relevanz für die sächsische Bildungsgeschichte. Methodisch soll sowohl eine Längsschnittanalyse der Entwicklung des Bergschulwesens von seinen ersten Anfängen bis zur Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert als auch eine Querschnittsanalyse, die die ganze Bandbreite des bergmännisch geprägten Schulsystems in den ersten Dezennien seiner Entstehung umfasst, stattfinden. Beide Ansätze spiegeln sich deshalb auch in der vorgenommenen Gesamtgliederung wider. Die Herausbildung der Freiberger und der obererzgebirgischen Bergschuleinrichtungen soll hierbei im Wesentlichen in ihrem chronologischen Ablauf abgehandelt, die beiden Determinanten dagegen, die finanzielle und personelle Absicherung des Bergschulwesens, analytisch dargestellt werden. Die Untersuchung selbst erfolgt dabei sowohl unter chronologischen als auch territorial-regionalen Aspekten,111 weswegen man sie in ihrer Gesamtheit sicherlich als eine empirisch geprägte Darstellung einer Institutionsgeschichte im weitesten Sinne be108 Vgl. zum „genuinen Beitrag“, den die deutsche Geschichtswissenschaft zur Erforschung des Schulwesens leisten kann, Schilling (Bildungs- und Erziehungsgeschichte), insb. S. 12 f. 109 Diesen Begriff hat vermutlich erst Neugebauer mit seiner Arbeit „Absolutistischer Staat und Schulwirklichkeit“ in der deutschen Schulgeschichtsforschung etabliert. 110 Hierbei soll analysiert werden, inwieweit die Vertreter der Bergverwaltung vorangegangene Reformversuche des Elementarschulwesens bzw. der handwerklichen Berufsbildung oder auch die ersten „Realschulen“ kannten und die dabei gemachten Erfahrungen in eigene Ideen einfließen ließen. 111 Auf die Notwendigkeit der „Konzentration auf lokale und regionale Wurzeln“ bei der Erforschung der niederen Bildung in Europa weist auch Neugebauer (Lokalismus und schulische Praxis), S. 386.

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zeichnen kann, die den historischen Entstehungsprozess Schule – hier das Bergschulwesen – auch in sein „gesellschaftliches Umfeld“ einordnet.112 Im Ergebnis der durchgeführten Literaturstudien konnten zwar relativ schnell wichtige Erkenntnisse über die Beschaffenheit der Elementarschulbildung und der Berufsausbildung in Kursachsen am Ende des Siebenjährigen Krieges gewonnen werden, die spezifischen Fragen zur Herausbildung und Stabilisierung des eigenständigen sächsischen Bergschulwesens, wie sie im Abschnitt 0.2 formuliert worden sind, ließen sich damit jedoch nicht beantworten,113 zumal, wie schon ausgeführt, das Bergschulwesen auch innerhalb der jüngsten Schulgeschichtsforschungen keine Rolle spielt.114 Um überhaupt zu aussagekräftigen Erkenntnissen über die Herausbildung des Bergschulwesens in Sachsen zu gelangen, blieb somit nur die Heranziehung der in den Archiven vorhandenen Originalquellen –115 vor allem derjenigen der sächsischen Bergverwaltung –116 aus denen so oft, wie dies in einer solchen Untersuchung zulässig erscheint, direkt zitiert werden soll.117 Dazu musste das in den relevanten Aktenbeständen überlieferte Erfahrungswissen der damaligen Registraturbildner – hier vor allem des kurfürstlichen Oberbergamtes in Freiberg sowie der obererzgebirgischen Revierbergämter – erfasst, analysiert und ausgewertet werden. Da sich in den Unterlagen dieser früheren kursächsischen Bergbehörden die Entwicklung des Bergschulwesens in seiner ganzen Vielfalt widerspiegelt, war es auf der Basis der eingangs formulierten Fragestellungen möglich, die Entwicklungsgeschichte der

112 Diese Reflektion auch auf das gesellschaftliche Umfeld wird jüngst von Töpfer (Bildungsgeschichte), S. 224, verlangt. 113 Aus der Sekundärliteratur konnten nur ganz vereinzelt neue Erkenntnisse über das Wirken herausragender Persönlichkeiten im Zusammenhang mit der Entwicklung des sächsischen Bergschulwesens gewonnen werden. 114 So erwähnt selbst Töpfer in seiner Analyse der Ergebnisse aktueller Schulgeschichtsforschung, wie sie sich im Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte widerspiegelt, das kursächsische Bergschulwesen mit keinem Wort. 115 Über die Knappschaftlichen Schulanstalten im Erzgebirge sowie über die Freiberger und obererzgebirgischen Bergschulen befinden sich umfangreiche Unterlagen in den Oberbergamts- und Bergamtsbeständen des Sächsischen Bergarchivs Freiberg sowie in einschlägigen Beständen des Universitätsarchivs Freiberg. Weitere Archivunterlagen, insbesondere solche über die Verantwortung einzelner landesherrlicher Funktionsträger für das Bildungswesen sind im Sächsischen Hauptstaatsarchiv überliefert. 116 Allerdings ist die dort durchgeführte archivarische Ordnung der relevanten Bestände ein weiteres Indiz dafür, dass Kenntnisse über Struktur und Zusammenhang der einzelnen „Schultypen“ z. T. fehlen und noch einer grundlegenden Untersuchung bedürfen. 117 Dies ist zwar methodisch nicht unumstritten, aber auch Marquardt (Geschichte der Industrieschule), S. 18, hob in Bezug auf einen von der bisherigen Forschung vernachlässigten Untersuchungsgegenstand – bei ihm waren es die Industrieschulen – die Notwendigkeit hervor, „die Quellen so oft wie möglich selbst sprechen zu lassen“.

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kursächsischen Bergschulanstalten und deren Einordnung in das Bildungssystem seiner Zeit umfassend aufzuarbeiten. Der Untersuchungszeitraum für die Herausbildung des Bergschulsystems beginnt mit den ersten Versuchen der bergmännisch geprägten Ausbildung einiger weniger anfahrender Bergmannskinder im Bergrevier Freiberg 1776/77 und erstreckt sich im Wesentlichen bis zum Jahrhundertwechsel. Die Grundlage für die gewählte Zäsur, die festzulegen durchaus nicht problemlos war,118 bildeten einerseits die allgemeine gesellschaftlich-politische Entwicklung im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation – hier beim Übergang von der vorindustriellen zur industriellen Gesellschaft –119 sowie der in der bildungsgeschichtlichen Literatur allgemein anerkannte „Kontinuitätsbruch der Schulgeschichte“ etwa um 1800.120 Andererseits erfolgte die Zäsursetzung auf der Grundlage der zeitlichen Erstreckungsphase der Herausbildung des Bergschulwesens selbst, die maßgeblich von Reformkräften innerhalb der Bergverwaltung Kursachsens geprägt wurde. Wenn sich der Zeitpunkt des Ablebens des Hauptinitiators für das kursächsische Bergschulwesen, Benno von Heynitz, auch nur zufällig beinahe mit dem politischen Ende des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation deckt, stellt dieser (außer den namentlichen Veränderungen für das Bergschulwesen selbst) dennoch einen größeren Einschnitt für die Entwicklung des kursächsischen Bergschulwesens dar als z. B. eine solche politische Zäsur wie der Reichsdeputationshauptschluss von 1803 und die Erhebung Kursachsens durch Napoleon zum Königreich.121 Gekennzeichnet war dieser Zeitabschnitt unter anderem von einer beginnenden Aufweichung der altständischen Gesellschaft und den in diesem Zusammenhang erfolgten ersten Schritten des Übergangs eines ebenfalls noch weitgehend ständisch gepräg118 An dieser Stelle sei auf die bei Hammerstein/Herrmann (Handbuch Bildungsgeschichte II), S. XVIII, aufgeführte Problematik der bildungsgeschichtlichen Periodisierung verwiesen, weil (ebd.) „… die verschiedenen bildungsgeschichtlichen Bereiche unterschiedlicher zeitlicher Zentrierungen“ bedürfen. Zitat nach Töpfer (Bildungsgeschichte), S. 217. 119 So definierte Marquardt (Geschichte der Industrieschule), S. 16, den hier gewählten Untersuchungszeitraum. 120 So, zwar hinterfragend, Amann (Höhere Schulen), S. 412, der in diesem Kontext auf den heute üblichen Rückgriff auf die von Humboldtschen Schulreformen um 1800 verweist. Die Jahreszahl „um 1800“ ist in Hammerstein/Herrmann (Handbuch Bildungsgeschichte II) als wichtige Zäsur aufgeführt und auch Neugebauer (Niedere Schulen und Realschulen), S. 247, spricht im Zusammenhang mit seinen schulhistorischen Untersuchungen von „Statik und Wandel“ um 1800. Ungeachtet dessen betont Töpfer (Bildungsgeschichte), S. 217, unter Auswertung der Beiträge in Hammerstein/Herrmann (ebd.), die „Untauglichkeit allgemeiner ideenpolitik- oder sozialgeschichtlicher ‚Epochenwenden‘, und kritisiert damit Herrmann, der solche selbst (ebd.), S. 547, noch resümiert hat. 121 Dies bestätigt die Aussage von Töpfer (ebd.), S. 224 – hier unter Bezug auf Koselleck (Neuzeit), S. 231 – wonach das Schulwesen „… wohlbegründete Periodisierungen und Epocheneinteilungen … ‚unterlaufen‘“ kann.

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ten Schulwesens zu „Veranstaltungen des Staates“.122 Mit Benno von Heynitz’ Tod im Jahre 1801 kann der Herausbildungszeitraum des kursächsischen Bergschulwesens als weitgehend abgeschlossen gelten; hier endet auch der Hauptuntersuchungszeitraum. Die nachfolgende Entwicklung der Freiberger Bergschule bis zu ihrer Einstellung 1924 dagegen muss, um den gestellten Rahmen nicht zu sprengen, im „Zeitraffertempo“ abgehandelt werden. Im ersten Kapitel der vorliegenden Untersuchung sollen auf der Grundlage der ausgewerteten historischen Literatur die wichtigsten Ergebnisse des Siebenjährigen Krieges dargestellt und zugleich die Ursachen ermittelt werden, die für die Notwendigkeit der Einleitung von Reformen des kursächsischen Schulwesens sprachen. In dem ersten Unterabschnitt wird auf die kursächsische Schulverfassung, wie sie sich nach der Reformation herausgebildet hatte, sowie die bei den „christlichen Aufsichtsbehörden“ liegende Hauptverantwortung für das Schulwesen einzugehen sein. In einem weiteren Unterabschnitt erfolgt dann eine Kurzanalyse der allgemeinen politischen sowie wirtschaftlichen Lage des Kurfürstentums Sachsen zu Beginn des Untersuchungszeitraumes. In diesem Kontext sind sowohl die Tätigkeit der noch während des Krieges eingesetzten unter der Leitung Thomas von Fritschs123 stehenden „Restaurationskommission“124 als auch die der im April 1764 unter dem Direktorat Friedrich Ludwig von Wurmbs gegründeten Landesökonomie-, Manufaktur- und Kommerziendeputation zum Wiederaufbau der am Boden liegenden Wirtschaft Sachsens zu untersuchen. Hierbei sollen die wichtigsten Schritte, die das Rétablissement einleitete, um dem Bergbau aufzuhelfen, aufgeführt und auf diesbezügliche Auswirkungen auf das bergmännische Bildungswesen hingewiesen werden. Führende Reformkräfte hatten nämlich die Bedeutung, die eine bessere Bildung der Bevölkerung für den Landesaufbau und den wirtschaftlichen Wiederaufschwung besaß, erkannt und sich deshalb schon frühzeitig mit Möglichkeiten zur Verbesserung des Unterrichtswesens beschäftigt. Ein Name, auf den in diesem Zusammenhang besonders hingewiesen werden muss, ist der Peter von Hohenthals, der im Oktober 1763 als Vizepräsident des Oberkonsistoriums eingesetzt und kurze Zeit später zum Vizedirektor der erwähnten Kommerziendeputation bestallt worden sein muss. Die von ihm bzw. seiner „Behörde“ ergriffenen schulreformato122 Ob man allerdings Ende des 18. Jahrhunderts z. B. in Preußen bereits von einer „Verstaatlichung des allgemeinen Schul- und Hochschulwesens“ sprechen kann, wie dies Herrmann (Das 18. Jahrhundert), S. 547, unter Bezugnahme auf die entsprechende Formulierung in § 1 des Preußischen Allgemeinen Landrechts von 1794 tut, ist eher fragwürdig. Neugebauer (Schulwirklichkeit), v. a. S. 200 f., zieht eine solche Aussage berechtigt in Zweifel. 123 Von Fritsch war auch als Unterhändler in Hubertusburg tätig. Vgl. dazu Groß (Geschichte Sachsens b), S. 155, sowie Schlechte (Pietismus und Staatsreform), S. 367. 124 Die Hauptaufgabe dieser Kommission bestand darin, „die Grundprinzipien des wirtschaftlichen Wiederaufbaus“ für die Zeit nach Ende des Krieges auszuarbeiten. So Groß (ebd.), S. 287.

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rischen Maßnahmen, die mit der 1773 erfolgten Verabschiedung der Erneuerten Schulordnung für die deutschen Stadt- und Landschulen einen Höhepunkt erreichten, bilden den Gegenstand des dritten Unterabschnittes dieses Kapitels. Die anschließenden Kapitel zwei bis fünf basieren weitgehend auf der Auswertung des umfangreich überlieferten Archivmaterials, das zum Untersuchungsgegenstand vorhanden ist, weswegen im Titel der Arbeit auch der Begriff „archivalische Studie“ gewählt wurde. Das zweite Kapitel der Untersuchung beschäftigt sich mit der Herausbildung des bergmännischen Schul- und Ausbildungswesens im Freiberger Bergrevier. Dabei geht es darum darzustellen, wie es der kursächsischen Bergverwaltung nach und nach gelang, den nach der Erneuerten Schulordnung von 1773 vorgesehenen Unterricht der schulfähigen Kinder bis zum 14. Lebensjahr innerhalb des Freiberger Bergreviers durchzusetzen. Die verwaltungsorganisatorische Voraussetzung dafür war die Etablierung des Oberbergamtes als „Fachbehörde“ für ein autarkes bergmännisches Unterrichtswesen. In diesem Zusammenhang sollen die Beweggründe dafür, weshalb die Bergverwaltung die Verantwortung für das Bergschulwesen übernahm (obwohl Bildungsfragen bis dahin in die alleinige Zuständigkeit christlicher Verwaltungsbehörden gehörten), dargelegt werden. Dabei wird auf die Ideen des Mitgliedes des kursächsischen Oberbergamtes, des Kammerherrn Carl Wilhelm Benno von Heynitz zur Schaffung eines knappschaftlich-/gewerkschaftlichen Unterrichts für Bergmannskinder einzugehen sein. Das in Freiberg als dem jahrhundertealten Sitz wichtiger Bergverwaltungsbehörden etablierte Bergschulwesens nahm auch für die obererzgebirgischen Bergreviere eine Vorreiterrolle ein. Die Freiberger Gewerken besaßen ein besonderes Interesse an Verbesserungen des Bildungsstandes der im Bergbau Tätigen. Mit deren finanzieller Beihilfe gelang es, die z. T. völlig unzureichende Unterrichtsversorgung der Bergmannskinder wesentlich zu verbessern und einen – wenn auch zunächst ausschließlich auf die männliche Bergjugend beschränkten – Elementarschulunterricht einzuführen, der neben Christentum und Lesen zum Teil auch Schreiben und Rechnen umfasste und damit dem Unterrichtskanon der Erneuerten Schulordnung von 1773 einigermaßen gerecht wurde. Darüber hinaus setzte das Oberbergamt mit der in Freiberg 1776/77 erfolgten Einführung eines bergmännischen Fachunterrichts ein wichtiges Signal zur Installation einer berufsspezifischen Ausbildung. Der gesamte Gründungsprozess dieser besonderen Ausbildungsform soll in einem gesonderten Abschnitt des 2. Kapitels dargestellt werden. Die neue Form dieses bergmännischen Fachunterrichts schien darüber hinaus auch geeignet zu sein, die bis dahin übliche Weitergabe des Erfahrungswissens vom „Vater auf den Sohn“ auf eine zeitgemäßere Art und Weise abzulösen. Erstmals wurde ein solcher bergmännischer Fachunterricht durch einen Bergakademisten – also einen Studenten der Freiberger Bergakademie – den späteren Professor für Mathematik an der Bergakademie Freiberg, Johann Friedrich Lempe, erteilt. Da

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sich diese Form der Wissensvermittlung an (vor allem) zukünftige untere Bergbeamte bewährte, entwickelte sich daraus eine fast 150 Jahre existierende Einrichtung. Der Nachfolger Lempes, der Bergakademist und spätere Schichtmeister Carl Gottlob Friedrich Goldberg, fungierte fast zwei Jahrzehnte sogar als Namenspatron für den neuen geschaffenen Schultypus. Die Entwicklung seiner „Goldbergschen Zeichenschule“, der „Bergschule“ im eigentlichen (engeren) Sinne des Wortes, wird den Gegenstand eines weiteren Unterabschnittes des 2. Kapitels bilden. An dessen Ende steht die (gegenüber den obererzgebirgischen Bergrevieren verspätete) Einführung eines elementaren Unterrichts auch für weibliche Bergmannskinder. Gegenstand des dritten Kapitels dieser historischen Analyse ist die Errichtung der sogenannten Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen (SRZ-Schulen) innerhalb der größeren obererzgebirgischen Bergreviere. Dazu soll zuerst die Herausbildung des gegenüber dem Freiberger Bergrevier zeitversetzt installierten knappschaftlichen Schulsystems unter besonderer Berücksichtigung der dortigen SRZ-Schulen chronologisch dargestellt werden. Vom Ausbildungsniveau her betrachtet stellten die obererzgebirgischen SRZSchulen eine Adaption der Goldberg’schen Zeichenschule in Freiberg auf einem etwas niedrigeren Niveau dar. Aber an ihnen vollzogen sich auch vom Freiberger Vorbild abweichende Entwicklungen, die den ortsspezifischen Bedingungen eines jedes Bergreviers geschuldet waren. Als Schulträger z. B. fungierten – anders als in Freiberg – durchweg die jeweiligen Knappschaften. Die Gewerken spielten (abgesehen vielleicht von Altenberg und Johanngeorgenstadt) als Geldgeber eher eine untergeordnete Rolle. In welcher verfassungsmäßigen Beziehung die obererzgebirgischen SRZ-Schulen zu den Knappschaftlichen Schulanstalten und letztere wieder zu den in den Bergstädten und umliegenden Dörfern der Bergreviere existierenden deutschen Schulen standen, wird hier zu untersuchen sein. Wie sich dieses Unterrichtssystem bis zu den Reformmaßnahmen Mitte der 1790er Jahre etablierte und welcher Bedeutung dabei den landesherrlichen Beihilfen aus der Freiberger Oberzehntenkasse zukam, um den vielen, mit Unterricht unversorgten Bergmannskindern beiderlei Geschlechts eine „Grundversorgung“ elementaren Wissens zu vermitteln, stellt den Hauptgegenstand des 3. Kapitels dar. Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit den ersten Reformen des sächsischen Bergschulwesens, wie sie zwischen 1793/94 und 1798 durchgeführt wurden. Diese Zeitphase ist vor allem durch eine engere organisatorische Verbindung der obererzgebirgischen SRZ-Schulen mit der Goldberg-/Erler’schen Zeichenschule125 in Freiberg und darüber hinaus von einer zeitgleich stattfindenden stärkeren Anbindung beider Bergschuleinrichtungen an die Bergakademie Freiberg gekennzeichnet. Die Bergschulen etablieren sich in dieser Reformzeit zu einer Vorstufe der bergakade125 Durch die Bestallung eines zweiten Lehrers (Erler) erfolgte Namenserweiterung der Freiberger Bergschule.

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mischen Ausbildung. Neben der Analyse der relevanten Reskripte des Landesherrn sollen vor allem die Reformvorschläge einzelner Mitglieder des Oberbergamtes, der Bergakademie und der Freiberger Bergschule sowie die erzielten Ergebnisse im Fokus der Untersuchung stehen. Im fünften Kapitel der vorliegenden Arbeit sollen die zwei Determinanten, die für die Herausbildung des Komplexes Bergschulwesen von existenzieller Bedeutung waren, abgehandelt werden – die Schaffung ihrer finanziellen und personellen Voraussetzungen. Im Gegensatz zur vorhergehenden weitgehend chronologischen Bearbeitung des Untersuchungsgegenstandes erfolgt hier eine analytische Darstellung. Mit der Finanzierung stand oder fiel das Bergschulwesen. Wie konnte der Unterricht an den einzelnen Schul-und Ausbildungseinrichtungen finanziert werden und woher sollte die Bergverwaltung die dafür erforderlichen Geldbeträge requirieren? Welches Modell das Oberbergamt dafür letztlich entwickelte, aus welchen „Kassen“ die benötigten Finanzbeiträge flossen und an welche sozialbezogenen Komponenten die Bereitstellung von Schulgeld geknüpft war – all dies erfährt seine Darstellung im Abschnitt 5.1 dieser Arbeit. Auch für die personelle Absicherung des elementaren Schulunterrichts und die darüber hinausgehende bergmännische Fachausbildung für die Bergmannskinder waren neue Ideen gefragt. Vor allem für die Ausbildung an den eigentlichen Bergschulen musste nach neuen, pragmatischen Lösungen gesucht werden. Wie das Oberbergamt diese fand und welche Bedeutung in diesem Kontext Absolventen der Bergakademie als potentielle Bergschullehrer besaßen, wird den wesentlichsten Untersuchungsgegenstand des Abschnittes 5.2 bilden. Der sechste Hauptabschnitt wird sich in seinem Kern der Fragestellung zuwenden, inwieweit Ideen und Schulmodelle insbesondere aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts als Vorbild für das kursächsische Bergschulwesen hergehalten haben könnten. In diesem Zusammenhang wird auf pietistische Grundpositionen einiger Reformkräfte ebenso reflektiert werden wie auf Bildungsideen der Aufklärung und deren ggf. im kursächsischen Bergschulwesen hinterlassene Spuren. Ein weiterer Abschnitt wird sich den verschiedenen Schultypen des „Reformjahrhunderts“, in denen vor allem eine berufsfachliche Bildung erfolgte, widmen. Realienschulen bzw. deren Konzepte und Modelle, zunftgebundene Ausbildungsformen, Zeichenschulen und Bergschulen sollen auf ihre eventuelle „Patenschaft“ für das sächsische Bergschulwesen, insbesondere für die Goldberg’sche Zeichenschule in Freiberg hin betrachtet werden. Dabei wird auf die Frage der Eigenständigkeit und Innovativität des kurssächsischen Bergschulwesens genauso einzugehen sein wie auf die Rolle, die führende Kräfte des sächsischen Bergstaates, vor allem Benno von Heynitz und andere langjährige Mitglieder des Freiberger Oberbergamtes, spielten. Welche Möglichkeiten gerade diese zu Verbesserungen der schulischen Bildung und praktischen Berufsausbildung der Bergjugend innerhalb des Bergstaates sahen, ist hier zu beleuchten.

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Der „Standort“ des Komplexes bergmännischer Bildungsanstalten und seiner einzelnen Einrichtungen innerhalb der sächsischen, respektive deutschen Schullandschaft im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts ist schließlich Gegenstand des siebenten Kapitels. Um zu erfahren, ob die vorgelegte Arbeit einen Erkenntnisgewinn für die Wissenschaft, insbesondere die Bildungs- bzw. Berufsausbildungsgeschichte bringt, ist es erforderlich, sich dem Forschungsstand in Bezug auf das Bergschulwesen, wie er sich in den bildungsgeschichtlichen Standardwerken darstellt, zuzuwenden. Aus der Literatur soll ausgewertet werden, ob und ggf. welche Erkenntnisse über das kursächsische Bergschulwesen zu gewinnen sind. Im Ergebnis der vorliegenden Arbeit ist zugleich zu prüfen, inwieweit die gewonnenen Untersuchungsergebnisse nicht nur einen völlig neuen Blick auf das kursächsische Bergschulwesen selbst erlauben, sondern auch geeignet erscheinen, die in der bisherigen bildungsgeschichtlichen Forschung vorherrschenden Ansichten über die Verfassung des deutschen allgemeinen Schul- und Berufsausbildungssystems des ausgehenden 18. Jahrhunderts zu relativieren. Das vorletzte, achte Kapitel wird das Fazit der Untersuchung komprimiert zusammenfassen. Dabei wird unter Bezug auf den im Gliederungspunkt 0.3 erarbeiteten Fragekanon die Entwicklung des kursächsischen Bergschulwesens nochmals rekapituliert. Einige Kernaussagen sollen die gewonnenen Erkenntnisse pointiert verdeutlichen und schließlich wird ein Definitionsversuch des Begriffs Bergschulwesen diesen Hauptabschnitt abschließen. Im letzten Kapitel erfolgt in äußerst knapper Form die Darstellung der weiteren Entwicklung des kursächsischen Bergschulwesens bis zur Auflösung der Freiberger Bergschule im Jahre 1924. Da die Herausbildung des kursächsischen Bergschulwesens zur Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert als weitgehend beendet anzusehen ist, werden hier nur einige wenige „Wegmarken“, die für das Verständnis der Entwicklung der Geschichte der Bergschulen eine besondere Bedeutung besaßen – wie etwa die Neubewertung der Funktion der Bergschulen durch den Oberberghauptmann von Herder nach 1825, die Verabschiedung des Volksschulgesetzes von 1835 und die Bergschulreformen Mitte des 19. Jahrhunderts – abgehandelt. Für den Zeitabschnitt von der Aufhebung der obererzgebirgischen Bergschulen (1852) bis zur endgültigen Schließung der Bergschule Freiberg (1924) bleibt nur ein stichpunktartiger Ausblick.

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Siebenjähriger Krieg, Rétablissement und kursächsische Schulverfassung

1.1. Die sächsische Schulverfassung vor dem Siebenjährigen Krieg Das unter der besonderen Verantwortung des Landesherrn stehende elementare Schulwesen im Kurfürstentum Sachsen wird in der Forschungsliteratur allgemein als Produkt der Reformation des 16. Jahrhunderts betrachtet, basiert aber zum Teil auf Entwicklungen, die schon im Spätmittelalter einsetzten.126 Als wichtigste Rechtsgrundlage für das kursächsische Schulwesen gilt die unter Kurfürst August erlassene „Schulordnung“ vom 1. Januar 1580,127 die aber nur einen Teil der Kombination von Kirchen-, Schul- und Polizeiordnung darstellte.128 Für Lundgreen sind die Schulordnungen des 16. Jahrhunderts überhaupt „die ersten schulgeschichtlichen Zeugnisse von Bedeutung für die Tatsache, dass die Bewegung eines institutionalisierten Lernens auch den gemeinen Mann … zu erreichen trachtet.“129 Da mit der Reformation die protestantischen Fürsten nicht nur das „äußere“ Kir126 Darauf hat erst jüngst mit Recht Neugebauer für eine Reihe deutscher Regionen hingewiesen, wonach das „flächige(..) Elementarschulwesen“ des 17. und 18. Jahrhunderts auf Strukturen zurückgehen würde, die noch vor dem 16. Jahrhundert, im späten Mittelalter erwachsen seien. Vgl. dazu Neugebauer (Lokalismus und schulische Praxis), S. 388. Etwas modifizierter formuliert dies Amann (Höhere Schulen), S. 412, der den „entscheidenden“ Gründungsimpuls für die deutsche Schule in der Reformation sieht. 127 Diese Schulordnung – mehrere Abschnitte von ihr betreffen deutsche Schulen, die neben den bereits bestehenden, meist städtischen (lateinischen) Partikular-Schulen verstärkt eingerichtet werden sollten – war dabei selbst nur ein kleiner Bestandteil der durch Kurfürst August 1580 verabschiedeten Kirchenordnung. Letztere ist abgedruckt in: C. A., 1. Bd., (Leipzig 1724), Sp. 475–716. Vgl. zu dieser Schulordnung grundlegend (ebd.), Sp. 543–597, über die deutschen Schulen (ebd.), Sp. 594–597, sowie Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens), S. 31–37, der sie als „einen Markstein in der Geschichte des Schulwesens [bezeichnete], als damit zum ersten Male eine Regelung der Schulverhältnisse auf dem Wege der Gesetzgebung erfolgte“. Vgl. zu den kursächsischen Schulordnungen grundlegend auch Richter (Kursächsische Volksschulordnungen). 128 Eine solche Kombination war in dieser Zeit durchaus üblich, wie z. B. die Kirchenordnung für die Reichsstadt Rothenburg aus dem Jahre 1558 belegt. Vgl. dazu Endres (Stadt und Umland), S. 166. Erst die viel jüngere kursächsische Schulordnung von 1724 wurde ohne Verbindung mit einer Kirchenordnung herausgegeben; so Löscher (Kirche und Schule 20), S. 219. Bei der 1773 verabschiedeten Erneuerten Schulordnung für Kursachsen handelte es sich dagegen um eine von „innerkirchlichen Angelegenheiten“ vollkommen gesonderte Schulordnung. 129 Lundgreen (Sozialgeschichte der deutschen Schule), S. 21 f. Ähnlich kommt auch Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 126 f., für Brandenburg-Preußen zu dem Schluss, dass sich die dortige

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chenregiment erlangt hatten, sondern, „insofern der Landesherr in die inneren kirchenregimentlichen Funktionen der Bischöfe eingetreten ...“ war,130 sich dessen Regierungsgewalt auch auf die Erziehung und das Schulwesen, das Bildungswesen überhaupt erstreckte,131 oblag es ihnen natürlich auch, entsprechende Schulordnungen zu verabschieden.132 Als Hauptziel der frühen Regelungen des Schulwesens muss die christliche Erziehung der unmündigen Kinder, insbesondere das Kennenlernen der „Grundwahrheiten des Christentums“ oder der „wahrhafftige(n) Religion“, wie sie in der Augsburgschen Konfession verankert war,133 angesehen werden.134 Der Katechismus135 bildete den wesentlichsten Gegenstand des elementaren Schulunterrichts, was auch durch Luthers Zitat bestätigt wird, wonach „... Kate-

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Verfassung der Kirchen- und Schulorganisation des 18. Jahrhunderts trotz „präziserer“ Normgebung kaum von der des 16. Jahrhunderts unterschied. Leschinsky/Roeder (Schule im historischen Prozess), S. 40. Völlig zu Recht sieht auch Blaschke (Kontinuität und Umbruch), S. 269, mit der Kirchen- und Schulordnung von 1580 „... die Neuordnungen der äußeren Gestalt der evangelischen Landeskirche im Kurfürstentum (als) abgeschlossen.“ Vgl. zu der mit Übernahme der Kirchenverwaltung durch den Landesherrn verbundenen Übernahme des höheren Bildungswesens Blaschke (Ausbreitung des Staates), S. 47 f. Welche Auswirkungen das landesherrliche Kirchenregiment z. B. auf das Schulwesen in Preußen besaß, hat zuletzt Neugebauer tiefgründig untersucht. Vgl. Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 65–167, Abschnitt „Kirchenregiment und Schule“. Vgl. dazu Leschinsky/Roeder (Schule im historischen Prozess), S. 40. In dem Maße, wie sich „das Schulwesen aus dem Zusammenhang der einmal universalen kirchlichen Sphäre“ löste, wurden Schulordnungen auch „… unabhängig von den Kirchenordnungen erlassen …“ Dieselben (ebd). Vgl. dazu die Präambel der kurfürstlichen General-Artikel, die der Kirchen- und Schulordnung vom 1. Jan. 1580 beigefügt sind, in: C.A., 1. Bd., Sp. 656–716, hier Sp. 656–658. Auch die der Schulordnung von 1580 vorausgegangenen großen Visitationen von 1577 und 1579 hatten die Durchsetzung der christlichen Lehre in- und außerhalb der Schule zum Gegenstand. Vgl. hierzu C.A., (ebd.), Sp. 435-464, sowie grundsätzlich auch die Arbeiten Löschers, insbesondere ders. (Schule, Kirche und Obrigkeit), in der er u. a. auf die von den Superintendenten geleiteten Visitationen (insb. S. 26), aber auch auf das Verhältnis von weltlicher und geistlicher Gewalt (S. 22–34) näher einging. Dafür sprechen jedenfalls die vielen in dieser Ordnung enthaltenen Grundsätze der christlichen Erziehung der Kinder. Nach dem Religionsverständnis der Reformatoren übten die an den Schulen eingesetzten Pfarrer, Küster und Schullehrer ein geistliches Amt aus. Vgl. dazu Löscher (ebd.), S. 31. Die Lehre des Katechismus war schon 1557 in einem Generalartikel Kurfürst Augusts vom 8. Mai 1557 geregelt worden. Vgl. dazu Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens), S. 25, sowie den „General-Articul und gemeine..(n) Bericht …“ vom 1. Jan. 1580 (wie Anm. 133), Sp. 656–716, hier insbes. die Abschnitte IV und V, Sp. 664–669. Ähnliche Grundsätze, bei denen es vor allem um die Vermittlung des Katechismus ging, hatte schon 1558 der Reformator Dr. Andrae für die um die Reichsstadt Rothenburg gelegenen Orte vorgeschlagen. Vgl. dazu Endres (Stadt und Umland), S. 166.

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chismus ... eine Kinderlehre (ist), so ein jeglicher Christ zur Not wissen soll, also dass, wer solches nicht weiß, nicht könne unter die Christen gezehlt und zu keinem Sakramente zugelassen werden“.136 Neben dem Katechismus selbst zählten an den „Teutschen Schulen“137 des 16. Jahrhunderts bis ins 18. Jahrhundert hinein auch die Kulturtechniken Lesen und Schreiben zum „Kanon“ des elementaren Unterrichtsinhalts,138 für die Knaben auch Kirchengesang.139 Die Aussage, der Unterricht an den deutschen Schulen sei während des Reformationszeitalters „… nichts weiter als ein elementarer Religionsunterricht“ gewesen,140 dürfte die Schulrealität an den meisten dieser Schulen somit korrekt wiedergeben. In der frühen Neuzeit, vor allem nach der Reformation, veränderte sich die „Verfassung“ des „traditionellen Schulwesens“, das im Spätmittelalter in den Städten aus „parochialen Elementarschulen, sog[enannten] deutschen Schulen141 und

136 Luther, hier zitiert nach Löscher (Schule, Kirche, Obrigkeit), S. 31, Anm. 42. Dieses Zitat Luthers dürfte lange Zeit eine Art Leitfaden für diese christliche Erziehung an den Schulen gewesen sein. Noch 200 Jahre später findet sich die Luthersche Zielsetzung auch in den wichtigsten Dokumenten zur inhaltlichen Ausgestaltung des Elementarunterrichts an den Knappschaftlichen Schulanstalten. Das Interesse der Reformatoren wie Luther oder Melanchthon war wohl eher auf eine Erziehung des Volkes „im Glauben“ als an eine Bildung im modernen Sinne gerichtet. 137 Hanschmidt (Elementarbildung und Berufsausbildung), S. 29, verwendet für diese deutschen Schulen auch den Begriff „ländliche(..) Elementarschulen“. 138 Lesen und Schreiben schienen aber hierbei eher „Mittel zum Zweck“ zu sein, d. h., der Katechismusvermittlung nachgeordnet. Nach Lundgreen (Sozialgeschichte der deutschen Schule), S. 34, beinhaltete der Religionsunterricht „… Lesen, Erklären und Auswendiglernen von Katechismus und Kirchenliedern.“ Beispiele für den Unterrichtsinhalt an einer Dorfschule während des 30-jährigen Krieges bzw. an einer „kleinstädtischen Schule mit lateinischem Oberbau“ um 1671 und Belege für diesen Hauptunterrichtsschwerpunkt liefert Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 68–71. Vgl. zu den Unterrichtsgegenständen seit 1580 auch Keller (Beobachtungen zur Schule), S. 146 f. 139 So Hanschmidt (Elementarbildung und Berufsausbildung), S. 29. Ein solcher Unterrichtskanon wurde nach der Großen Kirchenordnung des Herzogtums Württemberg von 1559 auch den Kindern an den dortigen deutschen Schulen geboten. Hinsichtlich der Schulaufsicht stimmte die sächsische Kirchen- und Schulordnung von 1580 mit der Großen Kirchenordnung des Herzogtums Württemberg von 1559 überein, weswegen Hanschmidt (ebd.), sicherlich zu Recht formuliert, dass „diese in Württemberg vorfindliche Struktur … in ihren Grundzügen auch in den meisten anderen protestantischen Territorien anzutreffen“ ist. Zumindest ein Teil der kursächsischen Schulordnung wurde nach Moderow (Volksschule), S. 46, Anm. 21, direkt aus Württemberg übernommen. 140 So Hunger (Fortbildungsschulwesen), S. 125. 141 Die Begriffe „Elementarschule“ und „deutsche Schule“ werden in der Literatur oft auch synonym verwendet, so bei Günther (Geschichte der Erziehung), S. 143. Der Begriff „Volksschule“ ist dagegen jünger und repräsentiert das elementare Schulwesen im hier behandelten Hauptuntersuchungszeitraum (das 18. Jahrhundert) nicht.

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Lateinschulen bzw. Gymnasien“ bestanden hatte.142 Auch in Sachsen erlebte im Ergebnis der Reformation der Gründungsprozess neuer Schulen, insbesondere derjenige deutscher Schulen, einen Aufschwung.143 Neben den im 16. Jahrhundert grundlegend reformierten Lateinschulen – dem „Grundtyp der ‚gemeinen‘ städtischen Schule“ –144 an denen, wie der Name schon vermuten lässt, der Lateinunterricht noch vor dem Religionsunterricht den breitesten Raum einnahm,145 und die in fast allen größeren erzgebirgischen Bergstädten vorkamen,146 konnten nach Einführung der Reformation bereits zur Visitation 1540 in vielen erzgebirgischen Städten des albertinischen Kurfürstentums deutsche Schulen147 nachgewiesen werden,148 in Freiberg auch ein „Deutscher Schulmeis142 So nach Hanschmidt/Musolff (Elementarbildung und Berufsausbildung), S.2. Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 34, untergliederte das Schulwesen in Sachsen im 16. Jahrhundert in die in größeren Städten vorhandene „... Unterklasse der Lateinschule, die private Schreib- und Rechenschule, die öffentliche Deutsche Schule oder die Mägdleinschule, in den kleiner Städten und in einzelnen volkreichen Dörfern (in) die sog. kleinen Lateinschulen ... sonst auf den Dörfern die vom Küster gehaltene Schule“, woraus die Vielfältigkeit des Schulwesens deutlich wird. Auf Einzelheiten der Schulverfassung vor der Reformation und deren Weiterentwicklung in der frühen Neuzeit kann hier nicht näher eingegangen werden. 143 Vgl. dazu Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 32–34, der für das ehemals ernestinische Kursachsen, wo die Reformation schon früher Einzug hielt, (deutsche) Schulen z. T. bereits um 1529 vermutet. Vgl. zur Entwicklung der deutschen Schulen in der Reformationszeit auch Pätzold (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 15 f. Auch Keller (Beobachtungen zur Schule), S. 143, sieht als wesentlichste Entwicklungsphase des „lokalen Schulwesens … die Jahrzehnte nach 1500 und … [im] Kontext der Reformation in Kursachsen (1539) …“ In diesem Zeitraum erfolgte auch in Freiberg die Umwandlung der alten Stadtschule in eine Lateinschule bzw. ein Gymnasium. Vgl. dazu Prössel (Gymnasium Freiberg), S. 425–428. 144 So Hanschmidt (Elementarbildung und Berufsausbildung), S. 24. An diesen Lateinschulen, oft auch als Partikularschule bezeichnet, wirkten als Reformatoren u. a. Philipp Melanchthon und im Erzgebirge vor allem Johann(es) Rivius. Vgl. dazu Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens), S. 6 f., sowie Neugebauer (Niedere Schulen und Realschulen), S. 215. 145 Vgl. Pätzold (ebd.), S. 7. Vgl. zum Unterrichtsinhalt an den Lateinschulen auch Hanschmidt (ebd.), der angibt, dass an den Lateinschulen „Bildungswissen“ vor allem für solche Personen geboten wurde, „die in den Klerikerstand, nach Positionen in der weltlichen Verwaltung oder nach einem Universitätsstudium strebten“. 146 So waren nach Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 36 f., im Jahre 1757 in Freiberg, Annaberg, Zwickau, Schneeberg und Marienberg – also allen größeren Bergstädten Kursachsens – „angesehene“ Lateinschulen belegt. 147 Vgl. zur Herausbildung der deutschen Schule als Typus des niederen Schulwesens Neugebauer (Niedere Schulen und Realschulen), S. 215–219. 148 Vgl. Näheres zu diesen im Erzgebirge im Unterabschnitt 2.3.2. Nach Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens), S. 18, existieren zur Visitation 1540 in der noch jungen Bergstadt Annaberg neben der städtischen Lateinschule allein sechs deutsche Schulen, von denen jedoch drei später aufgehoben werden. Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 37, weist für die 50erJahre des 16. Jahrhunderts solche für Schwarzenberg, Ehrenfriedersdorf, Altenberg, Eibenstock und Neustädtel nach; vgl. dazu auch dessen Übersicht (ebd.), S. 31–34.

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ter“.149 In den kleineren erzgebirgischen Bergstädten150 existierten neben den manchmal auch dort vorhandenen kleineren Lateinschulen151 fast durchgängig deutsche Schulen, die meist nur elementare Kulturtechniken vermittelten, an denen im Einzelfall aber auch Lateinunterricht geboten wurde –152 Ausdruck einer im Schulalltag vorkommenden Konkurrenz zwischen beiden Schulformen.153 Daneben kamen in Kursachsen, genauso wie in Bayern oder Preußen, Mischformen lateinisch-deutscher Schulen vor.154 Selbst Mädchenschulen, manchmal sogar von einer „Schulmeisterin“ geleitet, sind im 16. Jahrhundert für viele erzgebirgische Städte belegt,155 weswegen hier auch mit einer größeren Schuldichte gerechnet wer-

149 Vgl. dazu Richter (ebd.), S. 33. Auch für brandenburgische Städte sind nach Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 220, deutsche Schulen generell seit der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts belegt. Unter Hinweis auf Götze führt er als erste „deutsche Schule“ mit Elementarschulcharakter die von Stendal an. Vgl. ders. (ebd.), der für diese nicht von der „Obrigkeit“ getragene Schulform den Begriff „freies Gewerbe“ verwendet. Vgl. dazu ders. (Lokalismus und schulische Praxis), S. 400. 150 Vgl. zur „Schullandschaft“ und zu den besonderen Verfassungs- und Wirtschaftsstrukturen einer kleinen erzgebirgischen Bergstadt Keller (Beobachtungen zur Schule), insbes. S. 139 f. 151 Solche gab es in Buchholz, Geyer, Wolkenstein, Dippoldiswalde und Bärenstein (bei Pirna). Vgl. dazu grundlegend Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), insbesondere die dortige Übersicht S. 36 f. 152 So nach Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 34 f. Ähnliches wiesen Hanschmidt/Musolff (Elementarbildung und Berufsausbildung), Einleitung, S. 2, auch für andere deutsche Territorien nach. 153 Vgl. dazu Hanschmidt/Musolff (ebd.), sowie Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 51, der von einer Beschwerde der Lehrer der Freiberger Lateinschule berichtete, in welcher diese forderten, dass die „‚übermennigsten‘ Deutschen Schulen“ abgeschafft und „die übrigen … in ihren Lehrzielen beschränkt werden“ sollten. Hauptgrund hierfür dürften entgangene Schulgeldeinnahmen der Lehrer der Lateinschule gewesen sein. Weitere ähnliche Beispiele als Ausdruck der Konkurrenz von Lateinschule, deutscher Schule oder Küsterschule zu Beginn des 17. Jahrhunderts lieferten Richter (ebd.), S. 50 f., und Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens), S. 16. 154 Für das Fürstentum Ansbach in Franken belegt dies Kühn (Schulwesen von der Reformation bis zur Aufklärung), S. 400. Oldenburg/Maier (Regionalgeschichtliche Ergänzungen), S. 439, weisen für kleinere Städte und Märkte der Oberpfalz sogar ein Überwiegen solcher gemischten Schultypen nach. Vgl. dazu auch Ehrenpreis (Erziehung- und Schulwesen), S. 25, dort unter Hinweis auf Endres (Handwerk und Berufsbildung), S. 377 f. 155 So konnte Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 37 f., solche u. a. für Freiberg (seit 1538), Zwickau (seit 1526!), Schneeberg, Buchholz, Geyer und Dippoldiswalde festmachen, nicht aber für die bedeutende Bergstadt Annaberg. Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 222 f., belegt für Preußen die Bemühungen der Visitatoren, schon im 16. Jahrhundert auch Mädchen- bzw. „Jungfernschulen“ einzurichten, die sich jedoch meist nur in größeren Städten halten konnten.

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den muss156 als auf dem „platten Lande“.157 Ein direkter Zusammenhang bestand dabei zwischen dem „Reichtum“ einer Bergstadt infolge einer ggf. hohen Silberausbeute – dem „Flor“ des dortigen Bergbaus – und der jeweiligen Schulorganisation,158 weswegen die bedeutenderen Lateinschulen durchweg nur in den größeren Bergstädten existierten. Die Tatsache, dass der elementare Unterricht auf dem Lande, einschließlich der kleineren erzgebirgischen Bergstädte, oftmals lediglich von den dortigen Küstern159 erteilt wurde,160 dürfte den erwähnten Zusammenhang bestätigen. Für eine Anzahl von Bergstädten des albertinischen und ernestinischen Sachsen lassen sich Mitte des 16. Jahrhundert meist auch besondere Schulhäuser nachweisen, in denen eigene Schulmeister tätig waren. Solche existierten Ende der 50erJahre des 16. Jahrhunderts in Zwickau, Neustädtel, Eibenstock, Schneeberg, Annaberg, Geyer, Ehrenfriedersdorf, Wolkenstein, Marienberg, Dippoldiswalde, Frauenstein, Sayda, Freiberg, Siebenlehn und Altenberg, was auf einen regelmäßig dort stattfindenden Schulunterricht hindeutet.161 Kustodien mit einem an sie ge-

156 Dies ist eines der wesentlichen Untersuchungsergebnisse der Arbeit von Kupke (Elementarschulunterricht in Kursachsen). Ähnlich auch jüngst Keller (Beobachtungen zur Schule), S. 156, die 1790 für ca. 50% der Schulorte Mädchenschulen belegt. 157 Dies belegt die Studie von Endres (Stadt und Umland), S. 158 f. Interessant sind in diesem Zusammenhang Neugebauers Untersuchungen zur Schuldichte in der Mark Brandenburg um 1800, in denen er ein deutliches West-Ostgefälle, also eine Abnahme der Schuldichte von West nach Ost ermitteln konnte. Vgl. dazu Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 260–279, insbesondere S. 270–279. Vgl. dazu aber auch entsprechenden Beispiele für Franken bei Kühn (Schulwesen von der Reformation bis zur Aufklärung), S. 395, und für die Oberpfalz bei Oldenburg/ Maier (Regionalgeschichtliche Ergänzungen), S. 439. 158 Es konnte aber auch eine entsprechend entwickelte städtische „Gewerbestruktur“ auf das Schulwesen und v. a. auf die Existenz deutscher Schulen auswirken, wie dies jüngst Hanschmidt (Elementarbildung und Berufsausbildung), S. 25, unter Bezug auf Kintzinger (Handwerk und Bildung), S. 163 f., nachweisen konnte. In diesem Sinne argumentierte auch Keller (Beobachtungen zur Schule), S. 158, für kleinere Städte. Vgl. zu den Auswirkungen der jeweiligen Finanzsituation auch auf die kulturelle Entwicklung kursächsischer Städte grundlegend Schirmer (Landwirtschaft und ländliche Gesellschaft). 159 Landschaftlich unterschiedlich wurden diese auch als Kustos (Kustode), Kirchner oder Glöckner bezeichnet. Vgl. zum Amt und zur Funktion der Küster/Kirchner die Generalartikel zur Kirchenordnung von 1580, insb. Artikel XXXVII und XXXVIII (wie Anm. 133), hier Sp. 707– 709. Vgl. zu diesen auch Neugebauer (Niedere Schulen und Realschulen), S. 217. 160 Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 37, konnte für das Jahr 1554 solche KüsterSchulmeister u. a. für die kleineren erzgebirgischen Bergstädte Ehrenfriedersdorf, Glashütte und Altenberg belegen. 161 Vgl. hierzu die Aufzählung bei Richter (ebd.), S. 6–9. Nach dem 30-jährigen Krieg erfolgten in einer Reihe kleinerer Bergstädte Schulneugründungen, sicherlich meist deutscher Schulen. Vgl. dazu ders. (ebd.), S. 53–56.

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koppelten Schulunterricht existierten selbst in kleineren Bergstädten sowie in Pfarrdörfern, dabei Ende des 16. Jahrhunderts sogar in Filialkirchdörfern.162 Die erwähnten deutsche Schulen wurden in den Städten, in denen eine Ratsverfassung bestand, meist auf private Initiative vom jeweiligen Ratsstuhlschreiber163 oder auch „Schreib- und Rechenmeister“ abgehalten,164 aber auch davon abgesonderte, von Rechenmeistern gehaltene Rechenschulen waren möglich.165 Als Schulmeister an einer deutschen Schule konnte man, wie schon aufgeführt, anfänglich zugleich Küster,166 Kantor oder auch Organist bzw. Stadtschreiber

162 Vgl. dazu Richter (ebd.), S. 6–9. Vgl. zur weiteren Entwicklung von Kustodien bzw. zur Einrichtung von Schulgebäuden im 16. und 17. Jahrhundert in Kursachsen ders. (ebd.), S. 9–11, sowie S. 18–20. 163 Endres (Stadt und Umland), S. 162, sieht in den „Stuhlschreibern“ Schulmeister, die im privaten oder öffentlichen Auftrag Schreibarbeiten gegen Entgelt durchführten; Hanschmidt (Elementarbildung und Berufsausbildung), S. 25, bezeichnet die jeweiligen Schulen deshalb auch „Privatunternehmen“. Die Tätigkeit als Stuhlschreibers war im 16. Jahrhundert und zum Teil auch schon davor als „nebenamtliche“ Tätigkeit – zum Beispiel eines Rats- oder Stadtschreiberamtes – ausgeübt worden, wie Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 217, sowie Anm. 22, für Potsdam und andere Städte der Mark Brandenburg nachweisen kann. Sie ging auf die schon im 14. Jahrhundert nachzuweisende Funktion von „Lohnschreibern“ zurück, die v. a. für Klöster tätig waren. Vgl. dazu das Stichwort „Stuhlschreiber“ in Klauser/Meyer (Clavis Mediaevalis), S. 245; vgl. zur Funktion des (jüngeren) Ratsstuhlschreibers auch Hanschmidt (Elementarbildung und Berufsausbildung), S. 32. 164 So Hanschmidt (ebd.), S. 25. Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 39–41, brachte aus Sachsen eine Reihe von Beispielen über die von deutschen „Stuhlschreibern“ oder deutschen Schreib- und Rechenmeistern gehaltenen deutschen Schulen. Der Vielfalt an Schulformen entsprach auch eine Bezeichnungsvielfalt für den „Schulmeister“, ohne dass im Einzelfall immer erkennbar ist, ob es sich um eine auf privater Initiative gegründete oder eine öffentliche Schule handelte. Ähnlich argumentiert auch Zymek (Geschichte des Schulwesens), S. 210, nach welchem die „Schreibmeister“ z. T. auch Unterricht in der Buchhaltung anboten. 165 Vgl. Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 41. Solche von „Rechenmeistern“ geleitete eigenständige Rechenschulen sind für Zwickau 1535 – vgl. Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens), S. 19 – und für Annaberg schon um 1520 belegt. Vgl. dazu Schellhas (Adam Ries), S. 7 f. Nach Neugebauer (Niedere Schulen und Realschulen), S. 215 – unter Bezug auf Endres (Das Schulwesen in Franken zur Zeit der Reformation), S. 22 ff. – verweisen diese Rechenmeister ihrer sozialen Herkunft nach auf das Handwerk. Auch im Knappschaftlichen Unterrichtswesen des Freiberger Bergreviers im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts in Sachsen fungierten noch „Stuhlschreiber“ als Schreib- und Rechenlehrer – vgl. Näheres hierzu den Unterabschnitt 2.3.2. Vgl. dazu auch Keller (Beobachtungen zur Schule), S. 151. 166 In dem Abschnitt „Von denen Schulen insgemein“ der Kirchen- und Schulordnung von 1580 wurde gefordert, „dass iederzeit die Cüstereyen einer solchen Person verliehen werden, die schreiben und lesen könne, und wo nicht durch das gantze Jahr, doch auf bestimmte Zeit, besonders im Winter Schule halte, damit die Kinder in dem Catechismo, und im Schreiben und Lesen etlicher massen unterwiesen werden möchten.“ (Wie Anm. 127), Sp. 545. Das Vorhandensein einer Küsterei oder „Custodia“ bedeutete nach Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 4, aber noch nicht automatisch, dass der Kustode zugleich auch Unterricht erteilte.

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sein.167 Diese „Küster-Schulmeister“ waren – nicht zuletzt aus ökonomischen Gründen – bis ins 19. Jahrhundert hinein in Deutschland weit verbreitet.168 In Kursachsen und auch in den hier zu untersuchenden Knappschaftlichen Schulanstalten waren solche Küster- oder Kantorenschulmeister von maßgeblicher Bedeutung für die elementare Unterrichtsversorgung der Kinder.169 Aber auch eine Kombination von Handwerksberuf und Lehrertätigkeit war verbreitet, ein solch ausgeübter Beruf oft notwendig zur Sicherung des Lebensunterhaltes seines Trägers.170 Die zum Teil damit einhergehende Vernachlässigung des Schuldienstes durch die „Handwerkerlehrer“ führte zu vielfachen Beschwerden über diese.171 Dem Küster, der als Kirchendiener ja eigentlich als Gehilfe des Pfarrers fungierte, oblagen eine Reihe von Verwaltungsaufgaben, so das Schreiben der Kirchen-

167 Vgl. dazu für das 16. Jahrhundert Thomas (Neuordnung der Schulen), S. 126 f. Jüngst hat Neugebauer (Lokalismus und schulische Praxis), S. 398, noch einmal auf diese mögliche Verbindung des Amtes des Schulmeisters mit dem des Küsters hingewiesen. Vgl. dazu auch Endres (Stadt und Umland), S. 158. 168 Dies hat Hanschmidt (Elementarbildung und Berufsausbildung), S. 37, zu der Aussage veranlasst, dass „… quer durch alle Territorien und Konfessionen in den Pfarrkirchorten die Verbindung der Schulmeistertätigkeit mit derjenigen des Küsters, Glöckners, Kantors oder Organisten“ üblich war. Nach Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 328, war diese Ämterverknüpfung eine (ökonomische) Notwendigkeit, da an den Küsterdienst eine Reihe „bestimmte(r) und zufällige(r)“ Einnahmen geknüpft war. Vgl. zur Verknüpfung beider Ämter auch ders. (ebd.), S. 266 f., sowie (Niedere Schulen und Realschulen), S. 229 f. Ein solcher Schulmeister, der zugleich „Cantor“ war, wirkte bis 1681 auch in Aue. Vgl. dazu Keller (Beobachtungen zur Schule), S. 162–166. Moderow (Volksschule) hat vielleicht deshalb die deutschen Schulen auch des späten 18. Jahrhunderts stets als „Kirchenschulen“ bezeichnet, was aber nach der Erneuerten Schulordnung von 1773 nicht korrekt ist; vgl. ders. (ebd.), insb. den Abschnitt I.2.A, S. 45–48. 169 So übernahmen z. B. in den Städten Altenberg und Glashütte nach eingetretener Vakanz der Rektorenstellen der dortigen deutschen Schulen 1797 jeweils die Kantoren die Lehrerstelle. Vgl. dazu den Bericht des BA Altbg. vom 8. März 1798, in: BergA, OBA 2258, Bl. 111–123, hier die Tabelle B über die Beschaffenheit der Knappschaftlichen Schulanstalt, Bl. 120 f. Die dazu von Täschner (Geschichte der Freiberger Umgegend), S. 169 f. gemachten Angaben über den Begriff „Kirchschulen“ sind zu unkonkret, außerdem fehlen die Quellenbelege. 170 Vgl. dazu und auch zu dem teilweise sehr niedrigen sozialen Status dieser Küster- oder Handwerker-Schulmeister-Kombination Neugebauer (Niedere Schulen und Realschulen), S. 229 f. Selbst Ende des 18. Jahrhunderts finden sich in den Akten Belege, die die Notwendigkeit einer solchen zusätzlichen Handwerkstätigkeit von Lehrern belegen. Vgl. dazu den Bericht des BA Mbg. vom 25. Jan. 1797, in: BergA, OBA 2257, Bl. 189–201, hier Bl. 201. Auch Marquardt (Geschichte der Industrieschule), S. 36, weist auf diese Berufskombination hin. 171 Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 63–65, brachte dafür eine Reihe von Beispielen. Zu Beschwerden kam es aber auch, wenn die Schulmeister die „Informationen [d. h., den Unterricht – H.K.] ihren Weibern ueberl(ieß)en …“ „Befehl [König Friedrich Augusts], dass die Schulen durch die Pfarrherren fleißig visitiret … vom 22. Maji Anno 1713“, in: C.A., 1. Bd., Sp. 893–896, hier Sp. 893.

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rechnungen, aber auch das Läuten der Glocken und das Orgelspiel.172 Seit der Reformation übertrug man ihm darüber hinaus immer häufiger die Unterweisung der Jugend in der Katechismuslehre.173 Allerdings begann schon Ende des 16./Beginn des 17. Jahrhunderts ein Prozess, in dessen Ergebnis auch in den Dörfern der Name „Kustos“ immer mehr durch den Begriff „Schulmeister“ ersetzt wurde.174 Zu Beginn des 17. Jahrhunderts waren in vielen Orten Sachsens die bisherigen „Kustoden“ als Lehrer durch Schulmeister175 abgelöst worden.176 Den Letzteren kam eine erhebliche Verantwortung bei der Durchsetzung eines regelmäßigen Schulunterrichts zu.177 Dessen Funktion war auch für die Durchsetzung des landesherrlichen Kirchenregiments von Bedeutung – Löscher bezeichnete ihn v. a. deshalb auch als „Kirchendiener –178 was daraus ersichtlich wird, dass er in den Dörfern nicht allein von der Gemeinde, sondern erst nach vorheriger Präsentation179 beim Superintendenten180 bestätigt werden durfte. Dies sollte allerdings nicht über die 172 Dass Verfassen der Kirchenrechnungen setzte, worauf bereits Richter (ebd.), S. 46, hinwies, natürlich Schreibe- und einige Rechenkenntnisse voraus. Nach Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 325, schloss die Kombination von Küster- und Schulmeisteramt, „… bisweilen die weitgehende gottesdienstliche Vertretung des Pfarrers …“ ein. 173 Der Katechismus bildete nach Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 35, in den Küsterschulen zum Teil den einzigen Unterrichtsgegenstand; erst nach und nach kamen, abhängig von den Fähigkeiten des Küsters, Singen, Lesen, Schreiben und Rechnen dazu. Vgl. dazu auch Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens), S. 24. Neugebauer (Niedere Schulen und Realschulen), S. 217, erwähnt in diesem Zusammenhang den „Funktionswechsel“, den der Beruf des Küsters in der Zeit der Reformation oder kurz davor – zum Beispiel in der Oberlausitz – erfuhr. 174 So Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 47 f., unter Bezug auf die von ihm ausgewerteten kursächsischen Matrikelbücher. 175 Der Begriff „Schulmeister“ wurde in Kursachsen erstmals mit der Schulordnung von 1726 einheitlich geregelt. Vgl. dazu Löscher (Schulordnung 1724), S. 10. Allerdings wurden noch in der „Instruktion, wie die Information in denen teutschen Schule der kursächsischen Lande anzustellen, vom 20. Nov. 1724“, in: C. A., 1. Forts., 1. Abt., Sp. 203–214, hier die §§ 16, 17 und 21, Sp. 209 f., Schulmeister auch als „Lehrmeister“ bzw. „Praeceptores“ bezeichnet. 176 So Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 48 f. Ob es sich dabei ggf. lediglich um eine Änderung der Funktionsbezeichnung handelte, muss dahingestellt bleiben. 177 Vgl. hierzu die von Löscher (Schule, Kirche, Obrigkeit), S. 125, Anm. 44, ausgewertete Vorrede Luthers zu Justus Menius’ Öconomia Christiana, in welcher es heißt: „Einen fleissigen frumen schulmeister … kann man nimer mehr gnug lohnen“. 178 Vgl. dazu Löscher (Kirche und Schule 20), S. 217. 179 Hier im Sinne von Prüfung und Bestätigung. Das Synodalische Generaldekret von 1673 verlangte sogar die vorausgegangene Examinierung „“… von Unsern Consitoriis“. § 48 des „Synodalische(n) Generaldekret(s) Churf[ürst] Johann Georgens des II. zu Sachsen, den 15. Sept. An[no] 1673“, in: C.A., 1. Bd., Sp. 825–838, hier Sp. 833. 180 Vgl. dazu die Schulordnung „von Deutschen Schulen, in Doerffern und offenen Flecken“ von 1580, in: C.A., 1. Bd., Sp. 594–597, hier Sp. 596. Der Begriff Superintendent leitet sich vom lateinischen super intendo = beachten, acht geben auf, Aufsicht führen – vgl. dazu den Artikel „intendo“ in: Heinichen (Lateinisch-deutsches Taschenwörterbuch), S. 259 – ab. Die Superin-

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damals im Allgemeinen eher niedrige soziale Stellung des Lehrers hinwegtäuschen.181 Welche wesentlichen schulischen- bzw. Erziehungsaufgaben solch einem Schulmeister im Einzelnen oblagen, regelte eine Instruktion aus dem Jahre 1724.182 Nach dieser sollte der Schulmeister „… die gesetzten Schulstunden, als vor Gottes Angesicht, emsig abwarten, die Kinder zum Gebeth und Singen anhalten, den Catechismus mit ihnen fleißig treiben, sie im Buchstabiren, Lesen, Schreiben und Rechnen, tuechtig unterrichten …, auch seines Superintendenten und Pfarrers gute Correction und Erinnerung annehmen, und ihnen folgen ...“183

Damit ähnelte die hier geschilderte kursächsische Schulverfassung zwar der preußischen, wie sie auch schon von J. J. Hecker184 (1707–1768) 1747 beschrieben worden war,185 ungeachtet dessen dürfte zumindest bis 1700 das brandenburgische Schulwesen gegenüber dem in Kursachsen, Franken oder Süddeutschland zurückgeblieben sein.186 Lundgreen kam in seiner Analyse der verfassungsmäßigen Zustände des (vorwiegend preußischen) Bildungswesens im 18. Jahrhundert zwar zu einem ähnli-

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tendenten des späten 16. Jahrhunderts kann man deshalb auch vereinfacht als Oberaufseher in kirchlichen und schulischen Angelegenheiten bezeichnen. Vgl. dazu Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens), S. 90 f, der einen direkten Zusammenhang zwischen der untergeordneten sozialen Stellung der Lehrer und der „geringen Wertschätzung“ der Schule sah. Instruktion vom 20. Nov. 1724 (wie Anm. 175). § 3 der Instruktion vom 20. Nov. 1724 (ebd.), hier Sp. 205. Vgl. zu dieser Instruktion auch Löscher (Schulordnung 1724). Nach Keller (Beobachtungen zur Schule), S. 147, wurde das Rechnen erst durch die Instruktion vom 20. Nov. 1724 eingeführt, die Umsetzung dieses Faches hätte aber bis ins 19. Jahrhundert gedauert. Vgl. zu Heckers Person das 6. Kapitel sowie dessen von Homann (Heckersche Realschule), S. 20–24, zusammengefasste Vita. Hecker hatte die preußische Schullandschaft in zwei „Hauptarten“ unterteilt – in die Schulen in größeren Städten, die vor allem auf ein Universitätsstudium vorbereiten sollten, und die in den kleineren Städten und auf dem Lande, „wo man sich wegen der Umstände wohl begnügen muß, der Jugend die Gründe des Christentums beizubringen und sie zum Lesen, auch etwa zum notdürftigen Schreiben und Rechnen, wenns hoch kömmt, anzuweisen“. So Hecker in der „Nachricht von einer Oeconomisch-mathematischen Real-Schule“ vom Mai 1747, worin er u. a. die Errichtung einer Realschule vorschlug. Zitat nach Homann (Heckersche Realschule), S. 28. 1757 formulierte Justi ähnlich: „Man begnügt sich in den ersten Gründen des Christenthums und wenn es hoch kommt, in Lesen und Schreiben zu unterrichten.“ Justi (Polizeiamts–Nachrichten), S. 25. Zitat nach Brödel (Beruflicher Bildungsgedanke), S. 323. Vgl. dazu Töpfer (Bildungsgeschichte), S. 214, hier unter grundsätzlichem Bezug auf Neugebauer (Niedere Schulen und Realschulen). Auch Bruning (Protestantisches Gelehrtenschulwesen), S. 292, hat „… entgegen der Legende vom ‚preußischen Schulstaat‘ ein regional stark zersplittertes Schulwesen …“ konstatiert. Zitat nach Töpfer (Bildungsgeschichte) S. 216.

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chen Ergebnis wie Hecker, hielt aber unter Hinweis auf den seiner Meinung nach existierenden „fundamentalen Gegensatz zwischen Stadt und Land“187 die „Unterscheidung zwischen Land-188 und Stadtschulen (für) viel zutreffender und aussagekräftiger189 ... als die zwischen Elementarschulen und höheren Schulen“,190 wie sie allgemein für die (sächsische) Schulgeschichtsschreibung üblich ist.191 Die von Neugebauer vorgenommene Unterteilung der in Preußen vorkommenden deutschen Schulen in „Land- und die niederen Stadtschulen“ einerseits und höhere Stadtschulen andererseits192 entsprach wohl eher der kursächsischen Schullandschaft als das erwähnte Konstrukt von Lundgreen mit dem darin postulierten Stadt-Land-Gegensatz,193 der auf Kursachsen übertragen bedeutet hätte, die deutschen Schulen in den kleineren Städten mit den zweifellos mit wesentlich höheren Bildungsansprüchen versehenen städtischen Lateinschulen auf eine Stufe stellen zu müssen. Ungeachtet dessen war dieser Stadt-Land-Gegensatz auch in anderen deutschen Ländern Grundlage der gegliederten Schulverfassung, so z. B. in Baden.194 Ganz im Sinne Neugebauers dürfte auch die Formulierung von Keller zu bewerten sein, wonach 187 Lundgreen (Sozialgeschichte der deutschen Schule), S. 40. 188 Er formuliert in diesem Kontext über die Dorfschulen: „Man kann sich diese Dorfschulen, soweit es sie gab, gar nicht primitiv genug vorstellen.“ Lundgreen (Sozialgeschichte der deutschen Schule), S. 22. 189 Entsprechend gestaltet ist Lundgreens Schaubild der „Bildungsinstitutionen in Deutschland 800–1800“, ebd., S. 24. In diesem Sinne zitiert jüngst Keller (Beobachtungen zur Schule), S. 151, Richter und Rat des Bergstädtchens Aue aus dem Jahre 1712, der auf „die ganz andere Beschaffenheit“ einer Stadtschule gegenüber der einer Dorfschule verwies. Kießling (Schullandschaften), S. 37 f., dagegen betont wiederum die fließenden Übergänge zwischen beiden Schultypen. 190 Lundgreen (Sozialgeschichte der deutschen Schule), S. 31. 191 In der (deutschen) bildungsgeschichtlichen Literatur findet man häufig als gesonderte Schulkategorien die niederen (oder elementaren) Schulen, die höheren Schulen (Lateinschulen bzw. Gymnasien), die über Letzteren stehenden „hohen“ Schulen (z. B. Ritterakademien) – so Schikorsky (Hohe Schulen), S. 355 f. – und schließlich die Universitäten. Vgl. dazu insb. Hammerstein/Herrmann (Handbuch Bildungsgeschichte II), Gliederung des Inhaltsverzeichnisses. Vgl. dazu für Sachsen jüngst Moderow (Volksschule), insbes. S. 45–48. Auf die nicht vorhandene Fixierung von „Übertrittsschwellen“ zwischen den verschiedenen Schulformen wies jüngst Amann (Höhere Schulen), S. 421, hin. 192 Vgl. dazu Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 14. Neugebauer warnt ausdrücklich vor einer Übertragung heutiger „Vorstellungen und Kategorien“ – also auch der modernen Begrifflichkeit – auf das Bildungswesen des 17. und 18. Jahrhunderts. Vgl. dazu auch ders. (Niedere Schulen und Realschulen), S.213. 193 Kritisch bemerkt Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 535: „So ist es für die Stellung der Schule im Alten Preußen als hochgradig signifikant zu bezeichnen, dass eben dieser Stadt-Land-Gegensatz für die Schulzustände nicht als gegeben anzusehen ist.“ 194 In Baden, wo man die Trivialschulen um 1800 ebenfalls zu den niederen Schultypen rechnete, hatte Markgraf Karl Friedrich 1803 in einem Edikt diese Unterteilung zwischen den trivialen

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„… schon seit dem 16. J[ahr]h[undert] zu einer [jeden] Stadt in Sachsen, so klein sie auch immer sein mochte, eine Schule gehörte, auch wenn sie sich hinsichtlich Ausstattung, Zahl der Lehrer und deren Ausbildung, Schulbesuch und Unterrichtsgegenständen wohl in etlichen Fällen von einer Dorfschule nicht allzu sehr unterschied“.195

Trotzdem bleibt die „klassische“ Untergliederung des sächsischen Schulwesens in einen elementaren und einen weiterführenden Schulunterricht, wie sie Pätzold vorgenommen hatte,196 ein wichtiges Unterscheidungselement. Um jedoch das kursächsische Bergschulwesen in seiner Gesamtheit darstellen und in das allgemeine Schulwesen bzw. die Berufsausbildung einordnen zu können, muss ein weiterführender Differenzierungsansatz gewählt werden, der auf dieser „klassischen“ Differenzierung der allgemeinen Schulbildung basierend auch die weiterführende (berufsbezogene) fachliche Ausbildung berücksichtigt. Es gilt dabei vor allem zwischen dem Elementarschulunterricht, wie er an den deutschen Schulen, respektive an den Knappschaftlichen Schulanstalten in den Städten und Dörfern der kursächsischen Bergreviere geboten wurde,197 und der fachlichen Berufsbildung an der Goldberg’schen- bzw. Erler’schen Zeichen- und Rechenschule in Freiberg zu unterscheiden. Darüber hinaus sind in dieses System auch die obererzgebirgischen SRZ-Schulen und der Schreib- und Rechenunterricht, wie er von den Freiberger Ratsstuhlschreibern praktiziert wurde, einzuordnen. Die „niederen“- oder Elementarschulen,198 um die es hier vom Untersuchungsschwerpunkt her betrachtet geht, hatten einen anderen Erziehungs- oder Bildungsauftrag als die „höheren“ Schulen zu erfüllen.199 Für die „niederen“ Schulen galt nach Herrmann „das Programm der Verfleißigung und … Sozialdisziplinierung“.200 Dieses Hauptziel der Erziehung im Rahmen des Schulunterrichts im Untersu-

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Landschulen und den Stadtschulen festgeschrieben. Vgl. dazu das sogenannte Organisationsedikt Nr. 13 vom 13. Mai 1803, in: Brandt u. a. (Handbuch Verfassungsgeschichte), 770 f., sowie das Dokument 9.3.3.10.1 der darin beigefügten CD-ROM. Keller (Beobachtungen zur Schule), S. 155 – Hervorhebungen durch d. A. Vgl. dazu grundlegend Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens). Hierbei konnte durchaus ein Unterschied zwischen dem Unterrichtsangebot in einer großen Bergstadt – wie Freiberg – und dem an einer der umliegenden deutschen Dorfschulen bestehen. Die unterschiedliche Begrifflichkeit resultiert aus deren Verwendung im historischen Umfeld. Im 18. Jahrhundert wird allgemein entweder vom „niederen“ oder „elementaren“ Unterricht, wie er an den deutschen Dorf- und Stadtschulen geboten wurde, gesprochen. Neugebauer (Niedere Schulen und Realschulen), S. 214, kennzeichnet die „niedere(..)“ Schulform als „… elementare(..) und nicht ‚gelehrte(..)‘ Schulung.“ Vgl. dazu Herrmann (Das 18. Jahrhundert), S. 553. Herrman (ebd.), S. 553. Diese Sozialdisziplinierung „… im Sinne der Verinnerlichung von Ordnung, Pünktlichkeit, Folgsamkeit, Zeiteinteilung, Konzentrationsfähigkeit sollte im Verein mit dem Einüben von gesinnungsbildenden und handlungsanleitenden Lehrstoffen einen verlässlich reagierenden Staatsuntertanen hervorbringen, der dem Tugendspiegel von Gottesfurcht, Königstreue und gehorsam an allen Stellen … zu folgen bereit war“. Wehler (Deutsche Gesellschafts-

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chungszeitraum formulierte der preußische Minister von Zedlitz einmal so: „Vertrauen … auf den Fürsten …, Dankbarkeit für die genoßne Sicherheit …, Gehorsam gegen seine Befehle, Ergebung in das … Schicksal und Thätigkeit in der angewiesenen Sphäre.“201 Die Dorfbewohner in Preußen sollten, wie es in einem zeitgenössigen Befehl Friedrichs des Großen hieß, nur „das Nothwendige, was zu ihrem Wissen nöthig ist lernen, aber nach der Art, dass die Leute nicht aus den Dörfern weglaufen“.202 Ein analoges Erziehungsziel dürfte auch für das allgemeine Schulwesen des benachbarten Kursachsen Gültigkeit besessen haben; auch hier war v. a. die Kirche bestrebt, ihre Stellung „… als Kulturmacht durch Erziehung einer treuen Anhängerschaft zu wahren“,203 wofür eine religiöse Erziehung als bewährtes Mittel erscheinen musste. Das Schulwesen Kursachsens wurde zu Beginn des Untersuchungszeitraumes nach den schon mehrfach erwähnten Schulordnungen von 1773 aus folgenden „Säulen“ gebildet: a) aus den drei in der Mitte des 16. Jahrhundert infolge der Aufhebung von Klöstern errichteten Fürsten- bzw. Landesschulen204 St. Afra in Meißen, Pforta bei Naumburg205 und Grimma; b) aus den lateinischen Stadtschulen206 in den größeren sächsischen Städten207 und schließlich

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geschichte), Zitat nach Herrmann (Das 18. Jahrhundert), S. 553. In diesem Sinne argumentiert auch Lundgreen (Sozialgeschichte der deutschen Schule), S. 28. Zedlitz (Über den Patriotismus), S. 14. Gekürztes Zitat nach Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 190. Kabinettsschreiben Friedrichs d. Gr. vom 5. Sept. 1779 an den Minister Frhrn. von Zedlitz. Zitiert (gekürzt) nach Stratmann (Krise der Berufserziehung), S. 212. So Hunger (Fortbildungsschulwesen), S. 125. Deren Gründung geht zurück auf die von Herzog Moritz am 21. Mai 1543 verabschiedete Landesordnung. Vgl. dazu Thomas (Neuordnung der Schulen), S. 124. Vgl. zur Stellung der Fürsten- und Landesschulen in der deutschen Bildungslandschaft jüngst Flöter/Wartenberg (Fürsten- und Landesschulen), darin insb. die Beiträge von Wollersheim (Fürsten- und Landesschulen) und Bünz (Mitteldeutsche Bildungslandschaft). Naumburg gelangt nach dem Wiener Kongress 1815 zur neu gebildeten preußischen Provinz Sachsen. Nach Lundgreen (Sozialgeschichte der deutschen Schule), S. 15, auch als „Trivialschulen“ – nach „Trivium“ = Grammatik, Rhetorik und Dialektik als Teil der aus der Antike überlieferten „Kanon der sogenannten ‚sieben freien Künste‘“ – bezeichnet, während nach Hanschmidt (Elementarschulreform), S. 14, unter Trivialschulen die den einfachsten Elementarschulunterricht bietenden Schulen verstanden wurden. Vgl. Näheres dazu im Abschnitt 7.1. Nach dem Befehl Kurfürst Friedrich Augusts „über die Einführung der erneuerten Schulordnung vom 17. März 1773 betreffend“, wurden von diesen lateinischen Stadtschulen nochmals diejenigen abgehoben, die sich „Inhalts Cap. V. ihrer Schulordnung, nach den drey FuerstenSchulen zu richten haben“. C.A., 2. Forts., 1. Abt., Sp. 67–68, hier Sp. 67. Bei Letzteren han-

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c) aus den deutschen Stadt- und Dorfschulen,208 die auf die sogenannten Kirchbzw. auch Küsterschulen des 16. Jahrhunderts zurückgingen.209 Nur dieser letzte Teil des kursächsischen Schulwesens spielt als Gegenstand eine Rolle in der hier vorgenommenen Untersuchung. Auch innerhalb dieser „Säulen“ existierten jedoch zum Teil erhebliche Differenzierungen zwischen den einzelnen Schuleinrichtungen, insbesondere auch in Bezug auf die zu vermittelnden Lehrinhalte. Von einem ausgewogenen, einheitlichen Schulwesen konnte somit auch innerhalb Kursachsens nicht gesprochen werden, genauso wenig, wie im 18. Jahrhundert ein territorial einheitliches Schulwesen existierte.210 Die vorgegebene Thematik lässt sich deshalb nur dann praktikabel abhandeln, wenn der in der Erneuerten Schulordnung von 1773 festgeschriebene Unterschied zwischen dem elementaren Unterricht an den deutschen Stadt- und Dorfschulen211 von dem „höherwertigen“ Unterricht, wie ihn z. B. die lateinischen Stadtschulen boten, berücksichtigt wird. Nur dann lässt sich nämlich das im Untersuchungszeitraum sich herausbildende System von Bergschulen und dabei insbesondere der an den Knappschaftlichen Schulanstalten gebotene Elementarunterricht in die durch die kursächsischen Schulordnungen vorgegebene verfassungsmäßige Struktur des allgemeinen Schulwesens einordnen. Neben diesen „ordentlichen“, d. h. von den zuständigen christlichen oder städtischen Aufsichtsbehörden genehmigten Schulen hatten sich (ebenfalls schon seit

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delte es sich in der Regel um die älteren Lateinschulen, die ihre Schüler „unmittelbar auf die Universitäten zu ziehen pfleg[t]en“ bzw. deren Zustand die Anwendung von Lehrmethoden der drei Landesschulen gestatteten. Vgl. dazu Cap. V der „Erneuerten Schulordnung fuer die lateinischen Stadtschulen der Chursaechsischen Lande“, in: C.A., 2. Forts., 1. Abt., Sp. 107–130, hier Sp. 111 f. Auch im Befehl Kurfürst Friedrich Augusts vom 17. März 1773 wird die prinzipielle Verschiedenheit dieser drei Schultypen ausdrücklich hervorgehoben. Vgl. dazu C.A., 2. Forts., 1. Abt., Sp. 67–68. Vgl. dazu Thomas (Neuordnung der Schulen), S. 126 f., sowie Moderow (Volkschule), S. 47 f. Töpfer (Bildungsgeschichte), S. 213, spricht in diesem Kontext von einem „kaum überschaubare(n) Spektrum“ von Bildungsinstitutionen, wobei er zwischen der „dörflichen Küsterschule“ und der „städtischen Deutschen Schule“ unterscheidet. Auf die große typologische und begriffliche Vielfalt der mitteldeutschen Bildungslandschaft hat jüngst Bünz (Mitteldeutsche Bildungslandschaft), S. 52 – hier unter Bezug auf Jakob (Schulen in Franken) – hingewiesen. So auch Töpfer (Bildungsgeschichte), S. 216, zusammenfassend in seiner Rezension zu Hammerstein/Herrmann (Handbuch Bildungsgeschichte II) – hier Bezug nehmend auf Bruning (Protestantisches Gelehrtenschulwesen). In den kleineren kursächsischen Bergstädten existierten im 18. Jahrhundert oft nur solche Schulen, die lediglich einen elementaren Unterricht boten und die sich dadurch von den deutschen Dorfschulen mit ihrem z. T. ebenfalls nur auf Religion und Lesen beschränkten Unterricht kaum unterschieden.

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dem 16. Jahrhundert) in nahezu allen Gemeinwesen, in denen es auch deutsche Schulen gab, häufig nicht genehmigte, meist auf privater Initiative beruhende Winkelschulen herausgebildet.212 Diese wurden oft von dazu weniger befähigten, fachlich und pädagogisch213 überforderten „Schulhaltern“214 geleitet; allerdings existierten daneben auch Winkelschulen, die einen Vergleich mit den „behördlich“ zugelassenen Elementarschulen nicht zu scheuen brauchten.215 Mangelnder Raum in öffentlichen Schulen,216 niedrigeres Schulgeld217 oder große Entfernungen bzw. ein beschwerlicher Weg zum Kirchort konnten wichtige Gründe für die Einrichtung von Winkelschulen gewesen sein.218 Den bis zu Beginn des Untersuchungs212 Diese Winkelschulen gehörten in vielen Gebieten Deutschlands im 18. Jahrhundert faktisch zum Schulalltag, in größeren Städten waren sie z. T. dutzendfach nachweisbar; so gab es allein in Braunschweig um 1788 etwa 100(!) solcher Schulen. Vgl. dazu die von Neugebauer (Lokalismus und schulische Praxis), S. 401, bzw. ders. (Niedere Schulen und Realschulen), S. 234, aufgeführten Beispiele und Literaturhinweise. Vgl. zur Anzahl von Winkelschulen in den verschiedenen Ephorien Kursachsens im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 61 f.; vgl. zu den Winkelschulen grundsätzlich auch Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens), S. 47–60. Nach Neugebauer (Niedere Schulen und Realschulen), S. 215, stellten Winkelschulen Einrichtungen dar, die der „obrigkeitlichen Aufsicht“ entzogen waren und ihre „Dienste als freies Gewerbe“ anboten. Die von Keller (Beobachtungen zur Schule) vom Stadtschreiber in Aue gehaltene „Winkelschule“ dürfte dagegen nicht zu dieser Kategorie illegaler Winkelschulen zu rechnen sein. 213 Von einer wirklichen pädagogischen Lehrerbildung kann vermutlich erst seit der Etablierung der Lehrerseminare – vgl. dazu grundlegend Schnabel (Das sächsische Lehrerseminar) – gesprochen werden. 214 Solche Schulhalter wurden von einigen Lehrern deutscher Schulen als „Schulpfuscher“ bezeichnet, die von der Obrigkeit nicht geduldet werden sollten; so nach Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens), S. 59, der dafür allerdings keine Quelle nennt. Auch in Preußen mangelte es vielen Lehrkräften an der nötigen fachlichen Bildung. Vgl. dazu Kelbert (Bildungswesen in Preußens Berg- und Hüttenwesen), S. 76 f. 215 Solche Beispiele von z. T. sogar akademisch gebildeten „Schulhaltern“ haben Pätzold (ebd.), S. 53, für Leipzig, und Stepahn (Urkundliche Beiträge), S. 31 ff. – auf Letzteres weist Neugebauer (Niedere Schulen und Realschulen), S. 233, hin – gebracht. Nach Neugebauer (ebd.), existierten in Magdeburg noch um 1800 nicht nur zahlreiche Winkelschulen, sondern diese hätten sogar „… ein zum Teil beträchtliches Niveau“ besessen. Pätzold (ebd.), S. 118, erwähnt darüber hinaus auch die Entwicklung solcher Schulen zu „angesehenen Privatschulen“. 216 Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 41, z. B. sah z. B. für Dresden einen direkten Zusammenhang zwischen der „... dauernde(n) Überfüllung der öffentlichen Deutschen Schule ...“ und der Einrichtung von Winkelschulen. 217 So Richter (ebd.), S. 62. 218 So Hanschmidt (Elementarbildung und Berufsausbildung), S. 33, unter Bezug auf Kupke (Elementarschulunterricht in Kursachsen), S. 233. Letztlich dürften Winkelschulen aber einen tatsächlichen Bedarf gedeckt haben, sonst hätten sie vermutlich nicht so lange den wiederholten Verboten getrotzt. Vgl. in diesem Sinne jüngst Neugebauer (Lokalismus und schulische Praxis), S. 401, sowie ders. (Niedere Schulen und Realschulen), S. 233, beide Male unter Bezug auf Paulsen (Das deutsche Bildungswesen), S. 90.

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zeitraumes immer wieder eingeleiteten Verbotsverfahren gegen Winkelschulen219 blieb jedoch ein durchschlagender Erfolg verwehrt.220 Ob man allerdings nur aus der Tatsache ihrer Existenz „eine gewisse Wertschätzung [dieser Form – H.K.] der Schulbildung ...“ sehen kann, wie dies Richter getan hat,221 ist zweifellos fraglich.222 In Leipzig, wo es im 16. Jahrhundert anscheinend noch keine einzige öffentliche deutsche Schule gab,223 blühte das Winkelschulwesen besonders. Noch Ende des Jahres 1711 konnten dort insgesamt 46 konzessionierte Winkelschulen,224 daneben aber noch eine Reihe weiterer „wilder“ Schulen nachgewiesen werden.225 Aber auch in kleineren Gemeinwesen – so z. B. im Erzgebirge in Schneeberg-Neustädtel – existierten solche Winkelschulen.226 So war auch in der hier zu untersu219 Nach der Schulordnung von 1580 sollte in den Städten gegen diese Schulform vorgegangen werden, da „nicht allein denen vom Rath verordneten Schulmeistern an ihrer Nahrung etwas abgebrochen, sondern auch ... falsche und unreine Lehre in die Kinder eingeschoben und fortgepflanzt werden kann“ – vermutlich versuchte man dadurch ein Wiederaufblühen der katholischen Lehre zu verhindern. Kirchen- und Schulordnung 1580, Abschnitt „Von Winckelschulen“, in: C.A. 1. Bd., Sp. 569–570, hier Sp. 569. Vgl. zum Vorgehen der Behörden gegen die Winkelschulen in Preußen Heubaum (Geschichte des deutschen Bildungswesens), S. 169–175, sowie Neugebauer (Schulwirklichkeit), insb. S. 581–593. Solche Verbote finden sich für Preußen im Generalschulreglement von 1763 und für in Sachsen im Cap. XIII, § 7, der Erneuerten Schulordnung von 1773 (wie Anm. 2), hier Sp. 158. 220 Diese Verbote wirkten – wenn überhaupt – meist nur vorübergehend, sodass Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens), S. 52, z. B. für Dresden einschätzte, dass „… die Not, die durch den Siebenjährigen Krieg über Dresden kam, dem Fortbestand des Winkelschulwesens überaus günstig kam“. Ähnlich auch Heubaum (ebd.), S. 327. Neugebauer (Niedere Schulen und Realschulen), S. 233, teilte unter Auswertung von Hollack/Tromnau (Geschichte des Schulwesens Königsbergs), S. 252, deren Überzeugung, dass „selbst harte Befehle absolutistischer Monarchen zur Unterdrückung von Winkelschulen … bezeichnenderweise erfolglos (blieben).“ Vgl. zu den meist wirkungslosen Verboten ders. (Schulwirklichkeit), S. 583. 221 Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 612. Auch Prass (Ausbildung Thüringer Bauhandwerker), S. 145–166, hier S. 158, behauptet z. B. für Erfurt, wohlhabende Bürger hätten dort ihre Kinder in Winkelschulen geschickt, „weil der dortige Unterricht ein höheres Ansehen genoß“ und „... die Kinder exakt jene Fertigkeiten (lernten), die von den Eltern gewünscht wurden“. 222 In der sonstigen ausgewerteten Literatur werden „Winkelschulen“ fast durchweg negativ bewertet. 223 So erklärte dies zumindest Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 43. 224 Im 18. Jahrhundert erhielten in größeren Städten wie Leipzig viele dieser Schulhalter eine Schulgenehmigung durch den beaufsichtigenden Rat. Vgl. dazu Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens), S. 52 f. 225 Vgl. dazu Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 43. Nach dems. (ebd.), S. 106 f., lag das elementare Schulwesen in Leipzig zu Beginn des 18. Jahrhunderts sehr weit zurück und war kaum besser als das in Dörfern. Erst mit Errichtung der Ratsfreischule zu Ostern 1792 war (ebd.), S. 108, ein „Markstein in der Geschichte des Leipziger Volksschulwesens“ gesetzt worden. 226 Vgl. dazu Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens), S. 58.

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chenden größten der kursächsischen Bergstädte, Freiberg, im späten 17. Jahrhundert die Existenz gleich mehrerer Winkelschulen belegt.227 Im Schuljahr 1776/77 – also unmittelbar zu Beginn des Untersuchungszeitraumes – konnte einer der Winkelschullehrer in Freiberg, Johann Gottfried Stecher, auf die gegen ihn erhobenen Vorwürfe einiger Schulmeister und Kirchner die gleiche Bildung nachweisen, wie sie die Beschwerdeführer selbst besaßen – nämlich den Besuch des Gymnasiums.228 Im Jahre 1777 wies das Oberkonsistorium in Dresden den Freiberger Rat und den Superintendenten an, einen ehemaligen Soldaten, der vorher Theologie studiert hatte, zum „Schulehalten“ zuzulassen, allerdings unter der Voraussetzung, dass dieser auch vom Superintendenten dafür als geeignet angesehen werden würde.229 Seit der Reformation im 16. Jahrhundert waren Kirchen- und Schulaufsicht in den protestantischen Ländern des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation eine landesherrliche Angelegenheit.230 Mit der während der Reformation erfolgten Auflösung von Klöstern und Domstiften ging die Verantwortung nicht nur für die Kirche, sondern auch für den Unterhalt des Schul- und Universitätswesens auf die Landesherren231 über, die Mitte des 16. Jahrhunderts die den (bis dahin) katholi227 So waren im Jahre 1671/72 neben der vom städtischen Rat genehmigten Winkelschule Christoph Fischers die des Glöckners von St. Jacobi sowie der Domkirche und vier weitere Winkelschulen nachweisbar, von denen zwei von Studenten geleitet wurden; da die Bergakademie noch nicht existierte, muss es sich um auswärtige Studenten gehandelt haben. Vgl. dazu Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 61. Die Existenz dieser Winkelschulen berührt den vorliegenden Untersuchungsgegenstand jedoch nur am Rande. 228 Vgl. dazu SHStA, Loc. 10094, Superintendentur Freiberg, Nr. 192, Die Winkel-Schulen allhier und deren Abschaffung ... 1776–1777, Bl. 4. Die Beschwerdeführer sahen in dem Winkelschullehrer zweifellos einen Konkurrenten, weil sie durch dessen Tätigkeit die Schmälerung ihres Einkommens vermuteten. Vgl. dazu auch die Beispiele aus Sachsen bei Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens), S. 48, und die aus Brandenburg bei Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 220 f., Anm. 36, wo mehrere Belege, u. a. aus Wittstock, erbracht werden. 229 Vgl. „Die Winkel-Schulen allhier …“ (ebd.), Bl. 10–10 b. Dieser Vorgang zeigt nochmals die Hierarchie der Schulaufsichtsbehörden und belegt, dass sowohl Schulpatron (Rat) als auch Superintendent ein Mitspracherecht bei der Zulassung eines „Schulmeisters“ besaßen. Ob es hierbei zu ähnlichen Konflikten wie in Brandenburg-Preußen gekommen ist, wo sich die Schulpatrone eher weniger an solche „Vorgaben“ des Konsistoriums hielten – vgl. hierzu Neugebauer (Schulwirklichkeit), insbesondere S. 139–153 – ist hier nicht untersucht worden. 230 Lundgreen (Sozialgeschichte der deutschen Schule), S. 19 f. spricht in diesem Zusammenhang von einer „Auslieferung des Bildungswesens an den ‚Staat‘“, Menk (Bildungswesen der deutschen protestantischen Territorien), S. 72, davon, dass „… das frühneuzeitliche Bildungswesen … angesichts der engen Bindungen von Staat und Kirche zumindest gleichrangig … in die kirchliche Entwicklung eingebunden (war).“ 231 Das landesherrliche Regime kann man hier jedoch nicht im Sinne des modernen Staatsbegriffes betrachten, sondern als einen Ständestaat mit den z. T. noch erheblichen Einwirkungsmöglichkeiten – gerade in Bezug auf das Schulwesen – der verschiedenen Stände, wie der Herrschaften oder der Stadtmagistrate.

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schen Bischöfen zustehende Kirchen- und Schulaufsicht232 auf die neu geschaffenen Konsistorien233 – bzw. (in Kursachsen) auch auf das aus dem Konsistorium in Meißen hervorgegangene Oberkonsistorium –234 übertrugen. Diese übten nun als kirchliche Oberbehörden in Vertretung des Landesherrn die Oberaufsicht über das gesamte Kirchen- und Schulwesen aus,235 wozu neben der Aufsichtsführung über die Geistlichen und die Gebäude sowie die Ausübung der Gerichtsbarkeit in Kirchen- und Ehesachen auch die Beaufsichtigung sämtlicher Schulanstalten gehörte.236 Diese Konsistorien waren einerseits Teil der evangelischen Kirchenverfassung, andererseits unterstanden sie als obere Landesbehörden natürlich der unmittelbaren Kontrolle des Landesherrn, der über diese die ihm durch den Augsburger

232 So Blaschke (Verwaltungsgeschichte), S. 23. Vgl. dazu auch ders. (Ausbreitung des Staates), S. 47 f. Für die Kurmark formulierte Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 73 f., unter Auswertung von Haß (Älteste Entwürfe einer Konsistorialordnung), dass die „vormals den Bischöfen zustehende Kompetenzen …“ schon 1543 dem “Köllnische(n) Konsistorium“ übertragen worden war und dieses auch die Schulen zu beaufsichtigen hatte. 233 Vgl. zur Errichtung und den grundsätzlichen Aufgaben der Konsistorien die Kirchen- und Schulordnung von 1580 (wie Anm. 127), hier insbes. Sp. 633–649. Hanschmidt (Elementarbildung und Berufsausbildung), S. 29, bezeichnet diese als „oberste, vom Landesherrn eingesetzte Kirchenbehörde“. Vgl. zur Geschichte der Entwicklung der Konsistorien in Sachsen auch Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 353, Blaschke (Verwaltungsgeschichte), S. 23 f., sowie neuerdings (grundsätzlich) Lück (Gerichtsverfassung 1997). Nach Löscher (Schule, Kirche, Obrigkeit), S. 123 f., Anm. 37, waren die Konsistorien „… Organe der weltlichen Gewalt für Angelegenheiten, die mit Dingen der geistlichen Gewalt in Verbindung standen …“ 234 In Sachsen existierten ursprünglich je ein Konsistorium in Leipzig, Meißen und Wittenberg. Wegen der hohen Kosten vorgefallener „bedenckliche(r) Sachen“ ließ der Kurfürst das meißnische Konsistorium 1580 nach Dresden verlegen und es zugleich als „Oberkonsistorium“ über die beiden verbliebenen Konsistorien stellen, an das sich Letztere, wenn sie Hilfe benötigten, wenden sollten. Vgl. dazu den Abschnitt „Vom Ober-Consistorio bey unserer Regierung zu Dreßden“ in der Kirchen- und Schulordnung von 1580 (ebd.), Sp. 638 f. Vgl. zur Einbindung des Oberkonsistoriums in die kursächsische Landesverwaltung das Schema „Behördenorganisation Kursachsens um 1720“ von Groß (Geschichte Sachsens 2001), S. 133. Eine detaillierte Darstellung der kursächsischen Kirchenverfassung um 1580 findet sich bei Stollberg-Rilinger (Einführung in die Frühe Neuzeit). 235 Eine vergleichbare Verwaltungshierarchie mit der Oberaufsicht der Konsistorien über das gesamte Kirchen- und Schulwesen existierte nach der Reformation auch in anderen evangelischen Ländern, so im benachbarten Preußen (nach der dortigen Visitations- und Konsistorialordnung von 1573), sowie in Württemberg. Vgl. zu Preußen den Abschnitt „Kirchenregiment und Schule …“ bei Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 65–167, zur genannten Ordnung insbesondere S. 121. Auch Hanschmidt (Elementarbildung und Berufsausbildung), S. 29, weist in diesem Kontext auf die weitgehend übereinstimmende Verwaltungsstruktur der Kirchenbehörden in den protestantischen Ländern hin. 236 Siehe dazu die vergleichbare Kompetenz der Konsistorien im benachbarten Brandenburg bei Neugebauer (ebd.), S. 73.

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Religionsfrieden reichsrechtlich sanktionierte kirchenherrliche Gewalt ausüben konnte.237 In der Verwaltungshierarchie unter den Konsistorien stehend, fungierten Superintendenturen238 als „Mittelbehörde“, und schließlich gab es Pfarrer, die die örtliche Schulaufsicht wahrnahmen und dabei auch die deutschen Schulen zu inspizieren hatten.239 Diesen Vertretern der dreistufig untergliederten Geistlichkeit (Konsistorien, Superintendenten und Pfarrern) – in den Akten häufig als „christliche Behörden“ oder „geistliche Gewalt“240 bezeichnet –241 oblag insgesamt das landesherrliche Kirchen- und Schulregiment,242 d. h. die Aufsicht über das gesamte kursächsische Schulsystem – angefangen von den (elementaren) deutschen Schulen über die städtischen Lateinschulen, die Landes- oder Fürstenschulen bis hin zu den Universitäten.243 237 Vgl. dazu Hanschmidt (Elementarbildung und Berufsausbildung), S. 29. Die Leitung der Konsistorien lag dabei in den Händen von Theologen und Juristen gleichermaßen, wie Löscher (Schule, Kirche, Obrigkeit), S. 29, festgestellt hat. Von diesen wurden auch die erforderlichen Kirchen- und Schulordnungen ausgearbeitet. Vgl. dazu Hanschmidt (ebd.), S. 29. 238 Diese „Superintendenz“ war in Kursachsen nochmals in Spezialsuperintendenten und diesen übergeordnete Generalsuperintendenten untergliedert. Es herrschte ein ausgeklügeltes Aufsichts- und Kontrollsystem. Vgl. dazu die Kirchen- und Schulordnung 1580, Abschnitt „Von der Visitation und Superintendentz bey denen Kirchen“ in: C.A. 1. Bd., Sp. 616–632, hier Sp. 616–619. Die Superintendenten verkörperten – wie die Konsistorien – die landesherrliche („staatliche“) Hoheit über das Kirchen- und Schulwesen, waren dabei nach Brockhaus, Bd. 15 (1908), S. 511, „Organe des (evangelischen) landesherrlichen Kirchenregiments“. 239 Vgl. dazu das Stichwort „Von (der) Inspection derer deutschen Schulen“ der Kirchen- und Schulordnung von 1580, (ebd.), Sp. 475-716, hier Sp. 597. Auf diese Visitationspflicht hatte schon Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 311, hingewiesen. 240 Vgl. dazu Löscher (Kirche und Schule 20), S. 219. Vgl. dazu auch Moderow (Volksschule), S. 56. 241 Nach Leschinsky/Roeder (Schule im historischen Prozess), S. 56, wurden in den protestantischen deutschen Ländern die Kirchen faktisch „als Vollzugsorgane der Staatsbehörden“ tätig; Hunger (Fortbildungsschulwesen), S. 129, bezeichnete die Schulverwaltung als ein „Anhängsel der orthodox-lutherischen Kirchenverwaltung“. 242 So bezeichnet es Lundgreen (Sozialgeschichte der deutschen Schule), S. 21. Vgl. zur Schulaufsicht durch die kirchlichen „Behörden“ grundlegend Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 310–320, Hanschmidt (Elementarbildung und Berufsausbildung), S. 21, der hier den Einfluss der „Konfessionskirchen“ auf die Normierung der Unterrichtsinhalte und die Schulaufsicht sowie die „Arbeitsteilung“ zwischen christlichen Behörden und dem „weltliche(n) Arm“ beschreibt, und auch Marquardt (Geschichte der Industrieschule), S. 35. Moderow (Volksschule), S. 56, führt als die drei „Akteure“ der Schulaufsicht Landesherr, Stände und örtliche Gemeinden auf. 243 Vgl. zur Schulaufsicht in Sachsen insbesondere Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 310–320, sowie Löscher (Wandlungen der Schulaufsicht), S. 3 f. Heubaum (Geschichte des deutschen Bildungswesens), S. 328, formulierte (hier für das Schulwesen im preußischen Minden): „Schule und Kirche gehören eng zusammen … Vorgesetzte der Lehrer sind die Prediger, denen die Sorge … um den Unterricht zur strengen Pflicht gemacht wird.“

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Indem die Pfarrer in dieser Verwaltungsstruktur als unmittelbare Vorgesetzte der Schulmeister fungierten,244 die Schulen in ihrem Sprengel regelmäßig visitierten und dort zum Teil selbst unterrichteten,245 übten sie die gleiche (untere) Schulinspektionstätigkeit aus wie im benachbarten Preußen.246 Die Superintendenten dagegen nahmen über die in ihrem Sprengel gelegenen Kirchen und Schulen die mittlere Aufsicht, verbunden mit einer ständigen Visitation und Kontrolle der ihnen unterstehenden Pfarrer, wahr. Nach einer Generalverordnung aus dem Jahre 1588 machte die Einhaltung der Bestimmungen der Schulordnung für die Stadt- und Dorfschulen „... die große Haupt-Sache ihres Amts (aus) ...“247 Der Superintendent hatte sich während seiner Visitation beim jeweiligen Pfarrer u. a. danach zu erkundigen, „Wie und was Ordnung jedes Orts Pfarrer in denen Staedten, die Schulen visitire?“;248 er hatte ihn über die Geschicklichkeit der Schullehrer zu befragen und darüber hinaus auch die übrigen Schuldiener wie Schreiber, Kirchner, Glöckner und Kustoden in die Untersuchung einzubeziehen.249 Nach Löscher stand dem Superintendenten in seinem Aufsichtssprengel die „Oberaufsicht“ über die Schulen zu.250 244 So u. a. nach der Generalverordnung vom 19. Dez. 1788. Schon in der Kirchen- und Schulordnung von 1580 war festgelegt worden, dass ein Schulmeister „... seinem verordneten Superintendenten, Pfarrer, Amtmann und Gerichten als ein getreuer Diener gewärtig und gehorsam sein ...“ soll. Zitat nach Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens), S. 36. 245 Die Pfarrer sollten „… durch Selbst-Unterrichtung und Anweisung(..) des Schullehrers Lehrart und Disciplin zu leiten und zu restificieren suchen …“ „General-VO, die von den Superintendenten ueber die ihnen untergeordneten geistlichen und Schullehrer … zu führende Obsicht …, vom 19. Decemb[e]r 1788“, in: C.A, 2. Forts., 1. Abt., Sp. 205–210, hier Sp. 207. Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 133, bezeichnet – unter Auswertung von Akten des Oberkonsistoriums Berlin bzw. des Konsistoriums Minden-Ravensberg – die Bemühungen, mittels landesherrlicher Befehle auf die Pfarrer dahingehend einzuwirken, dass diese wöchentlich selbst einige Stunden an den Schulen unterrichten sollten, aber insgesamt als „vergebliche(n) Versuch“. 246 So nach der Visitations- und Konsistorialordnung von 1573. Vgl. dazu Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 121. 247 So ist es in „General-VO vom 19. Dez. 1788“ (wie Anm. 245), hier Sp. 205, formuliert. Schon nach der Kirchen- und Schulordnung von 1580 waren eine zweimal jährlich vorzunehmende Visitation der Pfarreien und die Überprüfung der Schulsituation vor Ort durch die Superintendenten festgelegt. Vgl. hierzu den Abschnitt „Von der Visitation und Superintendentz“ (wie Anm. 238), hier insbesondere Sp. 616 f., 624 f. Vgl. zur Struktur und den Aufgaben der Kirchenaufsichtsorgane insgesamt (ebd.), Sp. 624–632. Die für die Untersuchung relevanten Akten zu Schulvisitationen in Freiberg in dieser Zeit sind vermutlich während des Bombenangriffs am 13. Febr. 1945 auf Dresden vernichtet worden. Vgl. die dazu erteilte Auskunft des Ev.-Luth. Landeskirchenamtes Sachsen vom 21.07.2006. 248 Kirchen- und Schulordnung 1580, Abschnitt „Von denen Schulen“ (wie Anm. 127), hier Sp. 624. 249 Vgl. dazu Kirchen- und Schulordnung 1580 (ebd.), Sp. 625. Die hier aufgeführten, unterschiedlichen Funktionsbezeichnungen werden im Text dieser Ordnung teilweise synonym nebeneinander verwendet. 250 Vgl. dazu Löscher (Schule, Kirche Obrigkeit), S. 34, hier unter Hinweis auf die „Generalartikel“ von 1557.

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Die Pfarrer konnten das ihnen durch die Kirchen- oder Schulordnungen übertragene Inspektions- und Aufsichtsrecht in der Regel nicht schrankenlos ausüben, insbesondere nicht gegen den jeweiligen Schulpatron – sei es der Grundherr, der Magistrat einer Stadt oder ein landesherrliches Amt gewesen –251 besaß doch der Patron das in der Regel aus dem Patronatsrecht erwachsene Berufungsrecht des Schulmeisters.252 Damit einher gingen zum Teil erhebliche Einwirkungsmöglichkeiten auf die inhaltliche Ausgestaltung des Schulunterrichts und natürlich auch die Tätigkeit des Schulmeisters selbst,253 auch wenn diese in den westelbischen Grundherrschaften254 nicht so stark gewesen sein dürfte wie in den ostelbischen Gebieten.255 Das wird schon daraus deutlich, dass die jährlichen Schulvisitationen in Kursachsen von den dazu beauftragten Superintendenten nicht ohne Einbezie251 Die besondere Rolle, die die „Patronis“ für ihre jeweiligen Schulen einnahmen, hat Neugebauer (Schulwirklichkeit) sehr ausführlich für Preußen, und Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 346–358 – allerdings sehr viel kürzer – für Kursachsen beschrieben. Nach Richter (ebd.), S. 346 f. war neben der „fachlichen Aufsicht der geistlichen Schulinspektoren“ der Lehnherr oder Patron als „untere Verwaltungsstelle für eine Dorfschule der älteren Zeit ...“ – Anfang des 17. Jahrhunderts als „Kollator“ bezeichnet – zuständig. Diese als „private(..) Lehnherren-Patrone“ beschriebenen Kollatoren hatten nach dems. (ebd.), S. 347 f., zwischen 1575 und 1617 die Mehrzahl der Patrone der Dorfschulen ausgemacht, während in den Städten oft die Räte selbst die Patronatsrechte ausübten. Auf die besondere Stellung der preußischen Gutsbesitzer als Kirchen- und Schulpatron noch im 18. Jahrhundert wies bereits Büsch (Militärsystem und Sozialleben), S. 77 f., hin; danach herrschte der Gutsherr „ausgestattet mit … Polizeigewalt und mit der Gerichtsbarkeit … über das Dorf und seine Bewohner, (führte) kraft seiner Patronatsstellung … die Aufsicht über Kirche und Schule.“ Verkürzt wiedergegebenes Zitat nach Leschinsky/Roeder (Schule im historischen Prozess), S. 42. Auf den wachsenden Einfluss des „weltliche(n) Arm(es)“ weist auch Hanschmidt (Elementarbildung und Berufsausbildung), S. 21, hin. Vgl. dazu jüngst Neugebauer (Lokalismus und schulische Praxis), S. 398. 252 Der preußische Kirchen- und Kammergerichtsrat Bergius z. B. formulierte in diesem Zusammenhang: „Das jus vocandi fliesset aus dem jure patronatus“. Zitat nach Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 136, Anm. 240. 253 Dies hat für Preußen erstmals Neugebauer (Schulwirklichkeit) anhand unzähliger von ihm ausgewerteter Originaldokumente überzeugend nachgewiesen; eine vergleichbare Untersuchung für Kursachsen scheint bislang noch nicht vorzuliegen. Erst allmählich gelang es dem preußischen König im 18. Jahrhundert, diese Patronatsrechte einzuschränken, ohne sie jedoch ganz aufheben zu können. Vgl. dazu ders. (ebd.), S. 134–167, S. 45, sowie jüngst Töpfer (Bildungsgeschichte), S. 222. 254 Neuerdings werden diese auch als „Zinsherrschaft“ bezeichnet, so von Kaak (Gutsherrschaft), hier S. 434. 255 Für die zum Teil außergewöhnlich starke Stellung der Gutsherrschaften und landesherrlichen Ämter als Patrone des ihnen unterstehenden Kirchen- und Schulwesens in Preußen, die auch konkrete Einwirkungsmöglichkeiten auf die Besetzung freier Lehrerstellen boten, hat Neugebauer (ebd.), S. 134–167, insbes. S. 148–157, vielfache Beweise geliefert und dabei die Dominanz des adligen Patronatsherrn betont, „gegen den – im protestantischen Deutschland – wohl auf Dauer kein landesherrliches Schulregiment ankam.“ Ders. (Lokalismus und schulische Praxis), S. 397 f.

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hung der zuständigen Obrigkeit – in den Städten waren dies die Amtleute bzw. der Rat, „in den Flecken und Doerffern aber die Collatores, Erb- oder Gerichts-Herren, oder derselben Verweser…“ –256 erfolgen sollten.257 Allerdings besaßen Letztere hier nicht die Gerichtsbarkeit über die Schulmeister, wie ein königlicher Befehl aus dem Jahre 1710 an mehrere Konsistorien belegt, in dem von diesen gefordert wird, „denen … einbezirckten Gerichts-Herren zu insinuiren, sich weder einiger Jurisdiction ueber die Schulmeister anzumassen …“258 Ein „Primat“ des Patrons bzw. der Gerichtsobrigkeit gegenüber den Kirchen, wie man dies nach dem „Allgemeinen Landrecht für die Preußischen Staaten“ von 1794259 vermuten könnte,260 lässt sich daraus für Kursachsen nicht konstatieren; eher ist hier noch zu Beginn des Untersuchungszeitraumes von einer Oberaufsicht der „geistlichen“ Schulobrigkeiten auszugehen, wobei Letztere zur Durchsetzung derselben oft der Hilfe und Unterstützung der „weltlichen Obrigkeit“, der „Beamte(n), Raethe in Staedten und uebrige(n) Gerichts- und Unter-Obrigkeiten“ bedurften.261 Nicht von ungefähr verpflichtete deshalb der Kurfürst selbst die weltlichen Obrigkeiten – und damit 256 Kirchen- und Schulordnung 1580, Abschnitt „Was denen Superintendenten … ferner gebuehre …“ (wie Anm. 127), Sp. 625–630, hier Sp. 627. Die darüber von den Superintendenten angefertigten Visitationsberichte hatten diese an eines der beiden zuständigen Konsistorien einzureichen, im Einzelfall aber, wenn es um außerordentlich schwierige Sachverhalte ging, bzw. ein „Verzug aber gantz gefaehrlich, und ... [für die] Kirchen aergerlich“ werden konnte, direkt an das Oberkonsistorium; vgl. ebd., Sp. 631. Vgl. zu den regelmäßigen Schulvisitationen grundlegend auch Kupke (Kirchen- und Schulvisitationen). 257 Ungeachtet dessen musste Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 315, als einen Grund für die oftmals ungenügende Wahrnehmung der Schulaufsicht das Verhalten von Kollatoren und Kirchgemeinden konstatieren, die, um Kosten für die Beköstigung ihrer Aufseher zu sparen, versuchten, „... mit allen Mitteln, den würdigen Oberhirten [hier: den Superintendenten – H.K] fernzuhalten“. Vgl. dazu auch Moderow (Volksschule), S. 56, der in diesem Kontext von einer „kollegiale(n) Kirchen- und Schulinspektion“ als „sächsische(r) Besonderheit“ spricht. 258 Befehl Herrn Friderici Augusti, Koenigs in Polen und Churf[ürsten] Zu Sachsen, daß die Gerichts-Herren weder durch Recht-Sprechung … in die Geistliche Jurisdiction Eingriff thun …, den 1. Sept. An[no] 1710“, in: C.A., 1. Bd., Sp. 839–842, hier Sp. 841. 259 Dort heißt es: „Gemeine Schulen [diese entsprechen in etwa den hier abgehandelten Elementarschulen – H.K.] […] stehen unter der Direction der Gerichtsobrigkeit eines jeden Orts, welche dabei die Geistlichkeit der Gemeinde, zu welcher die Schule gehört, zuziehen muß […]“ § 12 des Allgemeinen Landrechts für die Preußischen Staaten (ALR). Vgl. dazu auch Leschinsky/ Röder (Schule im historischen Prozess), S. 56. 260 Dieses repräsentierte nach Leschinsky/Roeder (ebd.), in Bezug auf den Begriff von den öffentlichen Schulen „… mehr einen Anspruch als die Realität …“ Selbst nach der 1787 erfolgten Installation eines weltlichen Oberschul-Kollegiums blieb nach Kelbert (Bildungswesen in Preußens Berg- und Hüttenwesen), S. 74, der Einfluss der Geistlichkeit auf das Bildungswesen weitgehend erhalten. 261 So die Titulierung im „Generale [Kurfürst Friedrich Augusts] die Incumbenz der weltlichen Obrigkeit in Ruecksicht auf die 3 erneuerten Schulordnungen betr[effend] vom 18. October, 1773“, in: C.A., 2. Forts., 1. Abt., Sp. 707 f, hier Sp. 708.

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auch die Schulpatrone – auf die „theils zu ihrer Obliegenheit gehoerigen“ Schulordnungen bzw. die Durchsetzung der sie betreffenden Punkte aus derselben;262 Kirchenrat und Oberkonsistorium durften diesen hierzu keine direkten Anweisungen erteilen. Dem Landesherrn, der ja in letzter Instanz das Kirchenregiment führte,263 blieb es jedoch unbenommen, jederzeit das Schulwesen betreffende Vorgänge an sich zu ziehen und somit direkt in die Tätigkeit der christlichen Schulaufsichtsorgane einzugreifen. Bei dieser Schulverfassung und der Schulaufsichtsfunktion von Oberkonsistorium, Konsistorien, Superintendenten und Pfarrern blieb es im Wesentlichen bis zum Beginn des Untersuchungszeitraumes.264 Daran änderte sich weder etwas nach dem Erlass der landesherrlichen Instruktion vom 20. November 1724,265 in der die Visitationspflicht der Superintendenten wiederholt wurde,266 noch unmittelbar nach dem Ende des Siebenjährigen Krieges.267 Auch nach Verabschiedung der Erneuerten Schulordnung von 1773268 hatten die christlichen Schulaufsichtsbehörden regelmäßig Visitationen in den nachgeordneten Schulen durchzuführen.269 So sollten die Pfarrer die Schulen in ihrem Kirchensprengel einmal wöchentlich

262 Vgl. dazu das Generale vom 18. Okt. 1773 (ebd.), Sp. 707 f. Zur Problematik des Status der Schulpatrone vgl. jüngst Moderow (Volksschule), S. 53 f. 263 Wie dieses Kirchenregiment in Bezug auch auf das Schulwesen in einem protestantischen Flächenland funktionierte, hat Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 65–167, überzeugend dargestellt. 264 Durch die schon erwähnte General-Verordnung Kurfürst Friedrich Augusts von 1788 – vgl. dazu Näheres in Abschnitt 1.3 – wurde diese Verfassung nur modifiziert. 265 Instruktion vom 20. Nov. 1724 (wie Anm. 175), hier insbes. Sp. 203. 266 Vgl. dazu Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 314. Hier nennt Richter weitere landesherrliche Verordnungen bzw. Befehle, in denen die Schulaufsichtspflicht der Pfarrer bzw. Superintendenten festgeschrieben ist. Solche angeordneten Schulvisitationen konnten nur ungenügend zur Verbesserung der Schulqualität beigetragen, weshalb Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 129 f., unter Auswertung von Schmieden (Elementar- und Bürgerschulwesen) zu der Schlussfolgerung gelangt, dass „das traditionsreiche Instrument der Visitation … überhaupt von außerordentlich geringer … Wirkung (war).“ 267 Auf dem Landtag von 1766 war in einer Gravamenschrift angeregt worden, den Pfarrern ihre Schulaufsichtspflicht erneut einzuschärfen. Vgl. dazu Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 314. 268 Der Befehl Kurfürst Friedrich Augusts vom 17. März 1773, der der „Erneuerten Schulordnung“ voranging, war, wie fast immer in schulischen Angelegenheiten, an die dem Kirchenrat und dem Oberkonsistorium unterstehenden Konsistorien und weitere „geistliche Instanzien“ – also Superintendenten und Pfarrer – gerichtet. Vgl. diesen Befehl (wie Anm. 207). 269 Vgl. dazu Richter (Volksschulordnungen), S. 13. Nach Töpfer (Bildungsgeschichte), S. 221 – hier unter Hinweis auf Kupke (Kirchen- und Schulvisitationen) – sollen „die großen landesherrlichen Kirchen- und Schulvisitationen“, die noch das 17. Jahrhundert prägten“, im 18. Jahrhundert nicht fortgesetzt worden sein.

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„untersuchen“,270 während es den Superintendenten auferlegt war, alle drei Jahre zum Zeitpunkt der mit der Kirchenrechnungsabnahme verbundenen Lokalvisitation – sonst „alljaehrlich, wo moeglich“ – die Schulen zu visitieren und über die Ergebnisse direkt dem zuständigen Konsistorium Bericht zu erstatten.271 Die Bergverwaltung272 Kursachsens dagegen, in deren Aufsichtsbereichbereich sich eine Vielzahl von Bergstädten und Dörfern mit eigenen (meist) deutschen Schulen befanden, hatte bis zu Beginn des Untersuchungszeitraumes nichts mit dieser Schulaufsicht zu tun.273 Ob allerdings die erwähnten Regelungen ausreichten, Superintendenten und Pfarrer zu den festgeschriebenen Schulvisitationen zu bewegen bzw. dringend notwendige Verbesserungen des Schulwesens zu erreichen, und welche Rolle in diesem Kontext die kursächsische Bergverwaltung einnahm, soll im Folgenden gezeigt werden. Die Schulverfassung eines Landes mochte noch so weit fortgeschritten sein, aus ihr allein lässt sich die tatsächliche Bildungssituation nicht ableiten. Um überhaupt einschätzen zu können, wie sich die Schulsituation in Kursachsen bis zu Beginn des Untersuchungszeitraumes darstellte und welche Reformmaßnahmen ggf. zu deren Verbesserung hätten eingeleitet werden müssen, ist es erforderlich, kurz auf die Schulpflicht im Land einzugehen, da diese ein wesentliches Element der Schulwirklichkeit274 ausmachte. Mit der Teilnahme schulfähiger Kinder am Schulunterricht sah es in Kursachsen auch nach der Reformation nicht besonders gut aus. So wird in der Literatur wiederholt von Mängeln berichtet, die vor allem das elementare Schulwesen kennzeichneten und die oft den ungenügenden Schulbesuch zum Gegenstand hatten.275 Die Einschätzung Pätzolds, wonach das „… ganze 17. Jahrhundert für den Kulturfortschritt(,) auch für die Entwicklung des Schulwesens verloren (war)“,276 dürfte durchweg die Realität widerspiegeln und würde – legte man Schulbesuchszahlen 270 So nach § 1, „Cap. IX, Von den anzustellenden Schulvisitationen“, der Erneuerten Schulordnung von 1773, in: C.A., 2. Forts., 1. Abt., Sp.151 f. 271 So nach § 2, Cap. IX, der Erneuerten Schulordnung von 1773 (ebd.). 272 Vgl. Näheres zu den Aufgaben, der verfassungsmäßigen Struktur und der Verantwortung der Bergverwaltung den Abschnitt 2.1. 273 Schulaufsichtsaufgaben sucht man deshalb vergeblich in den jeweiligen Bergordnungen. 274 Vgl. zum Begriff „Schulwirklichkeit“ Neugebauer (Schulwirklichkeit), Einführung. 275 Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens), S. 40, berichtete in diesem Zusammenhang über verschiedene Synodalische Dekrete des 17. Jahrhunderts, die auf Mängel im Schulwesen hinwiesen, „… aber im Vergleich zur Schulordnung von 1580 keinen nennenswerte(n) Fortschritt“ brachten. 276 So Pätzold (ebd.), S. 43. Daran trug aber nicht nur der 30-jährige Krieg Schuld, wie an anderer Stelle belegt wird. Insgesamt sprach Pätzold (ebd.), S. 105, in diesem Zeitabschnitt von der „traurige(n) Beschaffenheit der Volksschulen“. Nach Menk (Bildungswesen der deutschen protestantischen Territorien), S. 85, hatte dieser Krieg „… das protestantische Bildungswesen zwar nicht völlig ruiniert, aber doch in seiner Wirksamkeit ganz erheblich beeinträchtigt.“

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zugrunde –277 sicherlich auch uneingeschränkt auf die kursächsische Situation zugetroffen haben. Ab wann in Kursachsen, aber auch in den übrigen Territorien des Deutschen Reichs, von einer wirklichen, d. h. auch durchgesetzten Schulpflicht gesprochen werden kann, ist in der Literatur umstritten.278 Sicher ist nur, dass weder im 16. noch in den folgenden zwei Jahrhunderten in Sachsen eine solche allgemeine Schulpflicht zur Schulwirklichkeit geworden wäre. Eher handelte es sich hier am Ausgang des 18. Jahrhunderts – genau wie in Preußen – bei entsprechenden Formulierungen in Schulordnungen und Schulreskripten um „wohlgemeinte Absichtserklärungen“ des jeweiligen Landesherrn,279 bestanden zwischen den in landesherrlichen Machtansprüchen artikulierten Zielstellungen280 und der Schulrealität noch erhebliche Widersprüche,281 die auch für die staatsbürgerliche Bildung schlechthin zutrafen.282 Selbst im 18. Jahrhundert war in Kursachsen trotz der Wiederholung entsprechender Ordnungen und Reskripte die Schulpflicht noch lange nicht durchgesetzt. Als sich z. B. 1712/1713 die Stände von Ritterschaft und Städten in Dresden mit den Gebrechen innerhalb des kursächsischen Schulwesens beschäftigten, mussten sie neben vielen anderen Mängeln feststellen, dass „auf dem 277 Auf Einzelheiten kann hier nicht näher eingegangen werden. Es sei dazu grundsätzlich auf die Standardliteratur, u. a. auf Hammerstein/Herrmann (Handbuch Bildungsgeschichte II) verwiesen. 278 Die z. B. von Thyssen (Gewerbliche Berufsschule 1960), S. 125, getroffene Feststellung, wonach mit den Schulordnungen des 17. und 18. Jahrhunderts der Schulzwang eingeführt worden wäre, ist deshalb nicht korrekt. 279 So stellten dies für Preußen Herrlitz/Hopf/Titze (Deutsche Schulgeschichte), S. 52, fest. Auch Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 168–208, hier insbesondere S. 173, hat eine angeblich auf dem Schuledikt von 1717 basierende Schulpflicht in Preußen ins Reich der Legende gestellt. Töpfer (Bildungsgeschichte), S. 220, spricht in diesem Zusammenhang von der „,Entzauberung‘ der angeblich früh zur Staatsveranstaltung gemachten preußischen Volksschule …“ durch Neugebauer. 280 Bezug nehmend auf Gustav Schmoller (Innere Verwaltung des preußischen Staates), S. 10, stellt Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 168 f, fest, dass aus dem teilweise „… martialische(n) Ton“ wiederholt publizierter Edikte „mitnichten auf ihre Wirkung geschlossen werden darf.“ Vgl. hierzu die von dems. (ebd.), Anm. 3, angeführte neuere Literatur. Neugebauer kommt (ebd.), S. 207, zu der selbst für Preußen ernüchternden Feststellung, „dass der ‚Staat‘ die Schulen durchaus nicht zu beherrschen vermochte“. 281 Auf dieses „Phänomen“ und die durch die „partikularen Machtinstanzen“ gesetzten Schranken macht Neugebauer (ebd.), insbes. S. 168–208, aufmerksam, genauso, wie vor ihm schon Leschinsky/Roeder (Schule im historischen Prozess), 40 f., auf die Beschränktheit landesherrlicher Macht beim Erlass von Schulordnungen verwiesen hatten, da diese Verordnungen „… in Konkurrenz zu den Rechten der Stände, den herrschaftlichen Privilegien des Adels und der Städte“ getreten waren. Vgl. auch dieselben (ebd.), S. 44. Ähnliches formuliert Menk (Bildungswesen deutscher protestantischer Territorien), S. 93 f., für die Landgrafschaft Hessen-Kassel. 282 Schon Justi hatte 1760 die Gesetze als ein „sehr schwaches Mittel“ zur Durchsetzung einer „staatsbürgerlichen Erziehung“ bezeichnet. So Justi (Natur und Wesen der Staaten), S. 264. Zitat nach Brödel (Beruflicher Bildungsgedanke), S. 323.

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Lande ... die Schule fast den ganzen Frühling, Sommer und Herbst aus(falle).“283 Dies belegt zugleich auch die diesbezügliche Unwirksamkeit des Synodalischen Generaldekrets von 1673, nach welchem die Eltern „... ihre Kinder fleißig zur Schule halten“ sollten.284 Ob als Ursache hierfür allein eine mangelnde Schulaufsicht bzw. Schulvisitationen durch Pfarrer, wegen der viele Kinder „von der Information [dem Unterricht – H.K.] wegblieben“,285 festzumachen ist, darf allerdings bezweifelt werden.286 Selbst die zu Beginn des Untersuchungszeitraumes am 7. August 1766 vom Prinzregenten Franz Xaver287 als kursächsischem Administrator verabschiedete Verordnung,288 die „die erstmalige Verkündigung der Schulpflicht auf sächsischem Boden ...“ gewesen sein soll,289 sowie das von seinem Nachfolger Kurfürst Friedrich 283 Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 87. Dies war durchaus kein Einzelfall, sondern allgemeine Praxis, die Neugebauer (Lokalismus und schulische Praxis), S. 399, zu der zusammenfassenden Feststellung veranlasste, dass es „bis in das späte 18. Jahrhundert ... schon deshalb kaum möglich (war), den Schulbesuch gegen lokale Bedürfnisse staatlicherseits zu steigern, weil frühneuzeitliche Elementarbildung in agrarer Umwelt nur zyklisch-diskontinuierlich erfolgen konnte.“ 284 § 48 des „Syndonalische(n) General-Decrets Churf[ürst] Johann Georgens des II. zu Sachsen, den 15. Sept. An[no] 1673, in: C.A., 1. Bd., Sp. 825–838, hier Sp. 833. Auch mit dem landesherrlichen Befehl vom 1. Sept. 1713, welcher bestimmte, dass Kinder „… im Sommer wenigstens 4 Stunden woechentlich in die Schule gehen sollen“, wurde kaum etwas erreicht. Dieser Befehl, abgedruckt in: C.A., (ebd.), Sp. 383–386, hier Sp. 385, wurde ebenso wenig durchgesetzt, wie der vorausgegangene vom 22. Mai 1713, in: ebd., Sp. 893–896. Beide besaßen wohl eher den Charakter von Aufrufen als einer zwangsweise durchsetzbaren Willensmeinung des Landesherrn. Vgl. dazu Näheres bei Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens), S. 44, der noch einen weiten Weg bis zur endgültigen Durchsetzung eines allgemeinen Schulzwanges sah, sowie Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 88. 285 Diese mangelnde Aufsicht wurde im „Befehl [Friedrich Augusts, König in Polen], daß die Schulen durch die Pfarrherren fleißig visitiret …, den 22. Maii 1713“, in: C.A., (ebd.), Sp. 893–896, hier v. a. Sp. 893, gerügt. In diesem Befehl war auch die diesbezügliche Berichtspflicht der Pfarrer an Superintendenten und Konsistorien verankert. Vgl. ebd., Sp. 394 f. 286 Vgl. dazu auch Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 313. 287 Dieser nahm nach dem plötzlich Tod Kurfürst Friedrich Christians (17. Dez. 1763) die Regierungsgeschäfte für den noch minderjährigen Kurfürsten Friedrich August bis zum 15. Sept. 1768 wahr. Vgl. dazu Groß (Geschichte Sachsens ), S. 161, sowie Gretschel (Geschichte), S. 191. 288 „Verordnung über die Haltung der Kinder zur Schule, vom 7. Aug. 1766“, in: C.A., 1. Forts., 1. Abt., Sp. 241–244. Nach dieser Verordnung sollten die Kinder vom 6. bis 14. Lebensjahr im Sommer und Winter – mit Ausnahme der Erntezeit – die Schule besuchen. Vgl. dazu Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 90 f. 289 So Richter (ebd.), S. 91. Keller (Beobachtungen zur Schule) spricht in diesem Zusammenhang von einer „… in Kursachsen [nur] de jure (bestand[enen]) Schulpflicht“. Trögel (Benno von Heynitz). S. 7, sah dagegen eine solche erst seit dem „Generale [Kurfürst Friedrich August II.], die ernstlichere Haltung der Kinder zur Schule ingleichen die Pruefung dererselben Faehigkeit zu denen Studii betreffend, den 24. Julii 1769“, in: C.A., 1. Forts., 1. Abt., Sp. 247 f., bestehend,

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August III. am 24. Juli 1769 verabschiedete Schulgenerale,290 aber auch die Schulordnung von 1773 zeitigten vorerst kaum Erfolg.291 Verordnungen allein schienen also selbst bei ihrer wiederholten Veröffentlichung und „Einschärfung“ nicht die geeigneten Instrumente zur Verbesserung der Schulaufsicht bzw. des Schulbesuchs zu sein.292 Nach wie vor zählten auch in Kursachsen Schulversäumnisse zum Alltag,293 nicht zuletzt deshalb, weil Eltern ihre Kinder deshalb nicht zur Schule schickten, weil sie diese für notwendige Arbeiten in der Erntezeit benötigten294 und sie als billige Arbeitskräfte zum Lebensunterhalt der Familien beitragen mussten.295 Somit kann weder bis Ende des 18. Jahrhunderts in Kursachsen von einer durch-

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und für Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens), S. 110, existierte eine solche Schulpflicht erst seit dem Generale vom 4. März 1805, als entsprechende Strafmittel (einschließlich der Verhängung von Gefängnisstrafen) gegen Eltern, die ihre Kinder nicht zu Schule schickten, zur Verfügung standen. Vgl. dazu insbes. Punkt 7 dieses Generales, abgedruckt bei Pätzold (ebd.), S. 111–113, hier S. 112. „Generale … vom 24. Julii 1769“ (ebd.). Bei einem völligen Fernbleiben von der Schule drohte dieses Generale nach Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 91, eine Strafe von einem Altschock an. Die erst jüngst von Schirmer (Soziale Not im Erzgebirge), S. 406, erklärte „… allgemeinverbindliche Schulpflicht [in Kursachsen] seit den Jahren 1769/73…“ bestand zwar auf dem Papier, nicht aber in der Schulrealität. Jüngst hat Moderow (Volksschule), S. 82 i. V. m. S. 112 f., sicher zu Recht die Durchsetzung der Schulpflicht als einen Prozess bezeichnet, der erst mit der Verabschiedung des Volksschulgesetzes von 1835 endete. Vgl. dazu Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 312–313. Die wiederholte Publikation solcher Verordnungen und Befehle war im Gegenteil eher ein Indiz für ihre Nichtanwendung, wie entsprechende Präambeltexte solcher Ordnungen belegen. Auch von dem Mitglied des Oberkonsistoriums in Berlin, Johann Peter Süßmilch, ist in seinen „Ohnmassgebliche(n) Gedanken zur Herstellung der sehr verfallenen Landschulen vom 25. März 1763“ der in dieser Beziehung sehr geringe Nutzen solcher Schulreglements bemerkt worden. Vgl. dazu Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 179, und ders. (ebd.), Anm. 45; vgl. zum Wirken Süßmilchs als Probst und Konsistorialrat ders. (ebd.), S. 96, Anm. 108, S. 99, sowie die ADB, Bd. 37, S. 188–195. Vgl. dazu die von Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens), S. 115 f., aufgeführten Beispiele. Der Lehrer der Brander Schule (im Bergrevier Freiberg) klagte noch (um) 1802 darüber, dass von den etwa 200 schulfähigen Kindern im Sommer nur etwa die Hälfte, im Herbst und Winter nur ein Viertel(!) die Schule besuchten. Vgl. dazu den „Schulplan [Gärtners] der Erbisdorfer Schule“ [um 1802], in: OBA 2288, Bl. 66–75 b., hier Bl. 71. Dies hatte Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens), S. 91, zu der Aussage geführt, dass sich ein großer Teil des Volkes ablehnend gegenüber der „Volksschule“ verhielt und die Schule sogar als „Feindin“ ansah. Auch an der Miltitzer Dorfschule, deren Patron B. von Heynitz war, fiel der Unterricht während der Erntezeit meist aus; vgl. dazu Trögel (Benno von Heynitz), S. 15, sowie die dortige Literaturangabe. Das bewog Neugebauer (Niedere Schulen und Realschulen), S. 225 – hier unter Bezugnahme auf Wittmann (Der lesende Landmann), S. 148 – zu der Feststellung, dass in der Frühen Neuzeit „… auch in den Bildungslandschaften des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation … im Sommer die Schule ‚fast gar nicht‘ stattfand“.

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gesetzten Schulpflicht gesprochen werden –296 auch wenn der Text der einen oder anderen Ordnung, dem einen oder anderen Generale oder Befehl einen gegenteiligen Eindruck erwecken dürfte – noch war selbst nach der gesetzlichen Einführung der Schulpflicht zu Beginn des 19. Jahrhunderts ein regelmäßiger Schulbesuch für alle schulfähigen Kinder durchgesetzt worden.297 Weder das Schulgenerale von 1769 noch die Erneuerte Schulordnung von 1773 konnten anscheinend zu einer Wende beim Schulbesuch führen;298 zwischen normativer – also durch Rechtsverordnung postulierter – und tatsächlich umgesetzter Schulpflicht bestand eine erhebliche Diskrepanz. Für die Wertigkeit solcher „Schulordnungen“ traf in dieser Beziehung das zu, was bereits der Nationalökonom und Kameralist Karl Friedrich von Beneckendorf über die Wirksamkeit landesherrlicher Ordnungen insgemein formuliert hatte: „Sie werden abgefasset, gedrucket, publiciret, nur selten aber befolget.“299

1.2. Die Reformbestrebungen in Kursachsen nach dem Siebenjährigen Krieg Als am 15. Februar 1763 im weitgehend zerstörten Schloss von Hubertusburg bei Mutzschen der nach dem Verhandlungsort benannte Friedensvertrag zwischen Preußen und Österreich geschlossen und durch einen Zusatzvertrag auch der Kriegszustand Preußens mit Kursachsen beendet wurde,300 hatte Letzteres seinen bis dahin mehr oder weniger gehaltenen Status als europäische Großmacht endgül296 Gleiches gilt auch im benachbarten Bayern, wo zwar in der kurfürstlichen Schulordnung von 1770 und im Schulmandat von 1771 ein „Schulzwang“ festgelegt war, dieser aber nach Hartleb (Frühe Formen der Schulpflicht), S. 516, erst seit der VO vom 23. Dez. 1802 Wirkung zeigte. 297 Noch in einem Antrag an die Deputation des sächsischen Landtages aus dem Jahre 1829 wies der Pastor Stange-Gleisberg auf den Bildungstiefstand des Volkes und die Armut vieler Bewohner als Ursache für den immer noch mangelhaften Schulbesuch hin. Vgl. dazu Hunger (Fortbildungsschulwesen), S. 164 f. 298 Die in diesem Kontext von Schirmer (Soziale Not im Erzgebirge), S. 410, für Kursachsen formulierte Aussage, „dass die Eltern ihre Kinder spätestens seit 1773 zur Schule schicken mussten … [und] auch bei Androhung von Strafe verpflichtet [waren], Schulgeld zu zahlen“, gibt nicht die damalige Schulrealität wieder. Jäckel (Im Banne Preußens), S. 109 f., schätzt ein, dass z. B. in Dresden 1782 noch 60%[!] der Dresdner Kinder, „gewiß eine Folge des Krieges“, ohne Schulbildung waren. 299 Zitat dieses Ausspruches Beneckendorfs nach Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 169, der allerdings hierbei ein quellenkundlich nicht belegtes Zitat von August Skalweit verwendet. Vgl. ebd., S. 169, Anm. 4. Auch die 1765 in Preußen eingeführten sogenannten Schulkataloge bezeichnete schon ein Zeitgenosse als Lügenkataloge. Vgl. dazu ders. (ebd.), S. 182 f. Siehe zu Beneckendorf die ADB, Bd. 2, S. 324 sowie NDB, Bd. 2, S. 42. 300 Vgl. dazu Groß (Geschichte Sachsens b), S. 154–156.

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tig verloren. Dass es nicht völlig „von der Landkarte“ verschwand, dürfte auch der geschickten Verhandlungsführung des Rates und sächsischen Konferenzministers Thomas von Fritsch301 (1700–1775) und Christian Gotthelf von Gutschmids302 (1721–1798) zu verdanken gewesen sein. Der später (1765) ausgesprochene Verzicht auf die polnische Krone besiegelte letztlich nur die tatsächlichen politischen Verhältnisse. Das hochverschuldete Land war 1763 faktisch zahlungsunfähig,303 der „Gesamtverlust(..) durch die Fremden“ wurde auf zwischen 100 und 300 Millionen Taler304 und die gesamte Staatsschuld der Erblande auf 49 Millionen Taler(!) geschätzt,305 wovon allein die Steuerschulden knapp 30 Millionen Taler betrugen.306 Die Bevölkerung war nach Groß während des Krieges um ca. 140.000 Einwohner307 zurückgegangen. Friedrich Wilhelm (von) Ferber (1732–1801), einer 301 Von Fritsch war noch unter König Friedrich August II. (ab 1763) zum Geheimen Rat und Konferenzminister für das Departement für „Kammer-, Commerz-, Münz- und Grenzsachen“ ernannt worden. Vgl. dazu Gretschel (Geschichte), S. 172 f., Anm. ††). Ihm gehörte u. a. das Gut Seerhausen im Meißnischen Kreis. Vgl. dazu Schlechte (Staatsreform in Kursachsen), S. 16, Anm. 26, sowie grundlegend zu ihm ders. (ebd.), angegebene Seiten des Personenregisters S. 571. Von Fritsch starb 1775 im Alter von 75 Jahren. Vgl. dazu ADB, Bd. 8, S. 110–112, hier insbes. S. 112. Nach Groß (Geschichte Sachsens b), S. 154, besaß er sehr gute persönliche Kontakte zum preußischen Königshaus. Vgl. dazu grundsätzlich Lippert (Friedrich der Große). Nach Groß (ebd.), S. 160, brachte von Fritsch in seinem politischen Testament „… die möglichen und wünschenswerten Leitlinien kursächsischer Politik zu Papier.“ Fritschs ältester Sohn, Jacob Friedrich (1731–1814), stand später dem Geheimen Consilium in Eisenach vor und war der unmittelbare Vorgesetzte Goethes. Vgl. dazu Huschke (Beamtenschaft), S. 192 f. 302 Der spätere Vizekanzler (ab 1766), Konferenzminister (ab 1770) bzw. Kabinettsminister (ab 1790) für das Departement des Innern, Gutschmid, hatte seit 1756 den Lehrstuhl für Staatswissenschaft und Lehnsrecht in Leipzig inne. Er war Lehrer des minderjährigen Kurfürsten Friedrich August im „Jus publicum“ (Staatsrecht) sowie in Geschichte. Vgl. dazu und zur Persönlichkeit Gutschmids insbesondere Gretschel (ebd.), S. 195, Anm. **) und S. 229, Schlechte (Staatsreform in Kursachsen), S. 59–61, sowie neuerdings auch Petschel (Friedrich August der Gerechte), S. 77–100, hier S. 84–85, und Nicklas (Reformansätze), S. 88, Anm. 16. 303 Allerdings hatten schon vor dem Krieg Misswirtschaft und Korruption geblüht, wodurch zwischen 1732 und 1756 die Steuerschulen von 3,4 Millionen Taler auf 28,5 Millionen Taler angewachsen waren. Vgl. dazu Nicklas (ebd.), S. 86, der dafür die Hauptverantwortung beim Premierminister Graf Brühl sieht. Vgl. ders. (ebd.), Anm. 3. Nach Däbritz (Staatsschulden), S. 47, war das Finanzwesen Kursachsens schon 1749 völlig zerrüttet. 304 Vgl. dazu Däbritz (ebd.), S. 63, hier unter Bezug auf Fischer (Geschichte Friedrich II.). 305 Diese Zahl nennt Däbritz in (ebd.), S. 64. Vgl. zur Höhe der Staatschulden auch grundlegend Gretschel (Geschichte), S. 137–148, der hierbei (S. 137) die Schuldenschätzungen zwischen 70 und 300 Mill. Talern beziffert. 306 So Däbritz (ebd.), S. 64, der (ebd.), S. 54, eine Verneunfachung der Steuerschulden seit 1732 konstatiert. 307 Vgl. dazu Groß (Geschichte Sachsens a), S. 287. Däbritz (Staatsschulden), S. 63, nannte nur 90.000 „Seelen“, um die die Bevölkerung „durch Hunger und Krankheit, Krieg und Auswanderung … abgenommen (hatte).“ Die gleiche Zahl gab Schmidt-Breitung (Wiederaufbau der Volkswirtschaft), S. 126, an.

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der maßgeblichsten Vertreter des „Rétablissements“,308 schilderte die damalige Lage 1763 so: „Alle Gebiete des Staates [sind] in Auflösung, alle Zweige der Verwaltung vernachlässigt, überall [herrschen] Verwirrung, Unordnung ohne Ende, Erschöpfung aller Reserven des Staates …, Mißstände aller Art und die Aussicht auf einen nahe bevorstehenden Staatsbankrott …“309

Ferbers Feststellung, der Siebenjährige Krieg habe Sachsen „… schlimmer heimgesucht als irgend ein anderes deutsches Land“,310 dürfte zutreffend sein. Der politische und wirtschaftliche Niedergang Sachsens bedeutete aber zugleich die Chance zur Einleitung einer neuen Entwicklung, weg von den „dynastische(n) europäische(n) Machtbestrebungen, in deren Mittelpunkt die Krone Polens …“ gestanden hatte,311 zu einer Epoche des aufgeklärten Absolutismus und der Konsolidierung der Staatsfinanzen.312 Der bereits durch königliches Reskript vom 26. April 1762313 – also noch vor dem Friedensschluss – eingesetzten und bis zum 5. August 1763 tätigen Restaurationskommission „zu(r) Vorbereitung aller zu Wiederaufhelfung Derer in Verfall gerathenen Königlichen Erblande und Unterthanen …“314 gehörten insgesamt sie308 Friedrich Wilhelm von Ferber, ein Schüler und enger Vertrauter Gutschmids, war Vizedirektor der Manufaktur- und Kommerziendeputation. Vgl. zu diesem Schlechte (Vorgeschichte des Retablissements), S. 340, Anm. 8a., ders. (Staatsreform in Kursachsen), S. 61–63, Gretschel (Geschichte), S. 270, sowie neuerdings Nicklas (Reformansätze), S. 88–90, und Jäckel (Im Banne Preußens), S. 107. Ferber war darüber hinaus der Begründer der 1772 in Dresden errichteten Freimaurerloge. 309 Ferber: „L’esprit et le systéme du Gouvernement …“ Zitat (gekürzt) nach Schlechte (ebd.), S. 346. Den drohenden „Staatsbankerott“ sahen auch Däbritz (Staatsschulden), S. 54, und Schmidt-Breitung (Wiederaufbau der Volkswirtschaft), S. 111. Schon einmal, Mitte des 17. Jahrhunderts, habe das Land nach Däbritz (ebd.), S. 41, vor dem Bankrott gestanden. 310 So Kretzschmar (Zeitalter), S. 279. Vgl. zum Wiederaufbau nach dem Siebenjährigen grundlegend Schmidt-Breitung (Wiederaufbau der Volkswirtschaft), Schlechte (Staatsreform) sowie jüngst Laux (Der neuzeitliche Staat). 311 So Däbritz (Staatsschulden), S. 32. Nach Gretschel (Geschichte), S. 174, „war die Herstellung der Finanzen und des Staatscredites (die Hauptaufgabe)“ seit dem Regierungsantritt Kurfürst Friedrich Christians. 312 Vgl. dazu Däbritz (ebd.), S. 32. Dem Wiederaufbau diente auch das „Edict zur Wiederaufhelfung des Landes vom 23. März 1763“. Vgl. dazu Gretschel (ebd.), S. 145. 313 So Nicklas (Reformansätze), S. 88, Anm. 15, und so auch schon Gretschel (ebd.). Schmidt-Breitung (Wiederaufbau der Volkswirtschaft), S. 104, dagegen gab den 12. April als Gründungsdatum an. Als Initiatoren galten auch der Kurprinz Friedrich Christian sowie Kurprinzessin Maria Antonia. Vgl. dazu Nicklas (ebd.), S. 88, sowie Lässig (Rétablissement), S. 41, Anm. 3. 314 So wird die Kommission im Reskript bezeichnet – Zitat nach Schmidt-Breitung (Wiederaufbau der Volkswirtschaft), S. 104. Vgl. zu dieser Kommission grundsätzlich Schlechte (Pietismus und Staatsreform), sowie jüngst Nicklas (Reformansätze), S. 88–90.

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ben Mitglieder an.315 Neben Thomas Freiherrn von Fritsch – dem „führenden Kopf“ dieser Wiederaufbaukommission –316 und Christian Gotthelf von Gutschmid waren dies der geheime Rat und spätere Direktor der Landesökonomie-, Manufaktur- und Kommerziendeputation bzw. Konferenzminister Friedrich Ludwig von Wurmb (1723–1800),317 der Obersteuerdirektor Hans Heinrich von Heringen,318 der Hofrat und Steuereinnehmer Christian Wilhelm von Nitzschwitz,319 der Kammer- und Bergrat Karl Ferdinand Lindemann (1715– 1782),320 der Hof- und Justitienrat Georg von Poigk sowie als Protokollführer der auch als Satiriker bekannte Kabinettssekretär Gottlieb Wilhelm Rabener.321 Dieser Kommission oblag es, einen Ausweg aus dem scheinbar unvermeidbaren wirtschaftlichen Niedergang Kursachsens zu finden und, vom Gedankengut liberaler staatswissenschaftlicher Auffassungen aus Frankreich und England beeinflusst,322 Vorschläge zum Abbau des Schuldenberges des Landes zu unterbreiten.323 Ungeachtet der finanziellen und ökonomischen „Kernaufgaben“324 der Kommission beschäftigte sich diese während der politischen und finanziellen Krise des Landes

315 Vgl. zu diesen Lässig (Rétablissement), S. 41, Anm. 3. Vgl. zum Kreis der bürgerlichen und adligen Reformkräfte am sächsischen Hofe in dieser Zeit Schlechte (Pietismus und Staatsreform), S. 366 f. 316 So Blaschke (Verwaltungsgeschichte), S. 75. Schmidt-Breitung (Wiederaufbau der Volkswirtschaft), S. 104, bezeichnet von Fritsch als „… die Seele des ganzen Restaurationswerkes“. So, unter Bezug auf Letzteren, auch Schlechte (Vorgeschichte des Retablissements), S. 340. Ders. (Pietismus und Staatsreform), S. 372 f., hebt die aufgeklärte Geisteshaltung von Fritschs hervor. 317 Nach Groß (Geschichte Sachsens b), S. 161, einer der fähigsten Mitarbeiter der Restaurationskommission; ähnlich äußerten sich schon Kötzschke/Kretzschmar (Sächsische Geschichte), S. 293. 318 Dieser hatte nach Däbritz (Staatsschulden), S. 65, wesentlichen Anteil an der Reform des Steuerkredits als Bestandteil des Hubertusburger Friedenstraktats vom 15. Febr. 1763. 319 Vgl. zum Obersteuereinnehmer von Nitzschwitz Däbritz (ebd.). 320 Lindemann war später Vizepräsident des Kammer-Kollegiums. Vgl. dazu Gretschel (Geschichte), S. 230. 321 Vgl. dazu Schmidt-Breitung (Wiederaufbau der Volkswirtschaft), S. 105, Anm. 4. Allesamt gehörten sie zum Kreis von Reformern um den Kurprinzen Friedrich Christian. Vgl. dazu auch Nicklas (Reformansätze), S. 88. 322 So Blaschke (Verwaltungsgeschichte), S. 75. 323 So sinngemäß Groß (Geschichte Sachsens b), S. 160. Vgl. dazu auch Schlechte (Staatsreform in Kursachsen), S. 25 f. Vgl. zu den von Fritsch vorgeschlagenen Maßnahmen zum Schuldenabbau Schmidt-Breitung (Wiederaufbau der Volkswirtschaft), S. 112 f. 324 Vgl. zu diesen Nicklas (Reformansätze), S. 88 f., der als „Grundtendenz“ der Tätigkeit der Kommission „… eine Stärkung der ökonomischen Wettbewerbsfähigkeit des kursächsischen Staates …“ konstatiert. Vgl. dazu auch Schlechte (ebd.), S. 26.

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auch mit Fragen der Wissenschaftsentwicklung325 und Bildungspolitik,326 die letztlich unter anderem auch in der Verabschiedung der erneuerten Schulordnungen von 1773 mündeten. Bis zur Beendigung ihrer Tätigkeit im August 1763327 verfasste die Restaurationskommission insgesamt 34 Gutachten zur Wiederaufhelfung der Wirtschaft und damit zur „Stärkung der ökonomischen Wettbewerbsfähigkeit“328 Kursachsens. Auf den ökonomisch wichtigen Bergbau ging man in diesen Gutachten allerdings nur am Rande ein.329 Für die Untersuchung und Analyse des Berg- und Hüttenwesens war nämlich Spezialwissen erforderlich, welches in der dafür zuständigen Dresdner Fachbehörde, dem Kammer- und Berggemach,330 nicht oder nur eingeschränkt vorhanden war.331 Der Generalbergkommissar Friedrich Anton von Heynitz teilte dies in seinem „Promemoria“ vom 4. April 1765 dem Kabinettsminister (seit 1763) des Innern, Graf Johann George Friedrich von Einsiedel (1730–1811),

325 Ausdruck dafür ist nach Nicklas (ebd.), S. 96, die „… von Friedrich Christian und Fritsch betriebene(..) Einrichtung eines Lehrstuhls für Ökonomik und Kameralistik an der Universität Leipzig.“ 326 Als deren maßgeblichster Vertreter aus dem „Fritsch-Kreis“ wirkte Peter von Hohenthal. Vgl. dazu Nicklas (ebd.), S. 96. Vgl. zum Wirken von Hohenthals auch Trögel (Benno von Heynitz), insb. S. 5–7. 327 So Nicklas (ebd.), S. 89. 328 So Nicklas (ebd.), S. 88. Diese Gutachten sind abgedruckt bei Schlechte (Staatsreform in Kursachsen), S. 193–262. Die Kommission hatte dach demselben (ebd.), S. 89, mit ihrem Gedankengut auch maßgeblich die administrative Tätigkeit in Kursachsen geprägt, genau so, wie Kurfürst Friedrich Christian. Eine kritischere Wertung des Rétablissements bringt jüngst Lässig (Rétablissement). 329 Vgl. dazu grundlegend Schlechte (ebd.), für dessen Untersuchung Probleme der Wirtschaft nicht im Hauptblickfeld standen. Nach Baumgärtel (Bergbau und Absolutismus), S. 70, hat sich Thomas von Fritsch selbst nur einmal allgemein dem „Bergbau in Beziehung zur ganzen Volkswirtschaft“ gewidmet, die Kommission dagegen zweimal ausführlich mit dem Steinkohlen- und Torfabbau beschäftigt. Allerdings ist eines der am 29. März 1762 – noch vor Gründung der Restaurationskommission im Apr. 1762 – entstandenen Gutachten als „Vom Bergbau“ tituliert. Vgl. dazu Schlechte (Vorgeschichte des Retablissements), S. 348. 330 Das Berggemach war 1574 als oberste Instanz für das Bergwesen eingerichtet worden. Vgl. zu dieser Behörde und dem ebenfalls im 16. Jahrhundert als Teil der Finanzverwaltung Kursachsens eingerichteten Kammergemach Näheres bei Ruhland (Verwaltungsgeschichte), S. 23 f. 331 So gibt Baumgärtel (Bergbau und Absolutismus), S. 62 f., unter Auswertung des von Heynitzschen Berichtes an, dass von den „… 6 oder mehr Bergräte(n) … (des Berg-Kollegiums) nur die wenigsten etwas vom Bergbau verstanden.“ In diesem Bericht wird auch auf weitere Beamte verschiedener Bergverwaltungen – von den Geschwornen in einzelnen Bergämtern bis zu Bergräten im Dresdner Kammer- und Bergdirektorium – hingewiesen, die fachlich völlig ungeeignet waren, weswegen es später im Einzelfall auch zu Personalveränderungen kommen wird. Vgl. hierzu ders. (ebd.), insbes. S. 62–64.

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auch ungeschminkt mit.332 Um die dringend notwendigen Inspektionen in sämtlichen kursächsischen Bergrevieren333 durchführen zu können, wurde 1766 eine gesonderte Revisionskommission334 ins Leben gerufen, die unter Leitung Friedrich Anton von Heynitz’ stand.335 Eine weitere Landeseinrichtung, die sich vor allem Fragen des wirtschaftlichen Wiederaufbaues des Landes widmete, war die durch Mandat vom 14. April 1764336 durch den kursächsischen Administrator ins Leben gerufene Landesökonomie-, Manufaktur- und Kommerziendeputation,337 die viele wichtige Projekte der Restaurationskommission umsetzen sollte. In deren Zuständigkeit fielen u. a. Fragen der Landesökonomie genauso wie solche des Handels und Gewerbes, der Landwirtschaft, der Bevölkerungspolitik und des Schulwesens.338 Allerdings stand ihr keine direkte (administrative) Verfügungsgewalt zu.339 Diese unter der Direktion Friedrich Ludwig von Wurmbs340 stehende Deputation, als dessen Beisitzer341 von Gutschmid und als Vizedirektor Peter Freiherr von Hohenthal (1726342–1794) bzw. (nach diesem) Friedrich Wilhelm (von) Ferber fun332 Vgl. dazu die Akte SHStA, Geheimes Kabinett Nr. 535, Loc. 1327, sowie Baumgärtel (ebd.), S. 71. Von Einsiedel selbst trat 1766 als Minister zurück. Vgl. zu von Einsiedel Gretschel (Geschichte), S. 171, 189. 333 Vgl. zu den kursächsischen Bergrevieren im Untersuchungszeitraum die Zusammenstellung bei Köhler (Anleitung zur Verfassung beim Bergbau), S. 73. Eine moderne Darstellung der historischen erzgebirgischen Bergreviere findet sich bei Wagenbreth (Historische Bergbaureviere). 334 Deren korrekte Bezeichnung lautete „Revisionskommission zur Aufhelfung des sächsischen Bergbaus und Hüttenwesens“. 335 Vgl. dazu Baumgärtel (Bergbau und Absolutismus), S. 71 f. Von Heynitz galt in seiner Zeit als der sächsische Bergbauexperte schlechthin, der in seinen vorausgegangenen Dienstjahren auch schwedische, ungarische und steiermärkische Bergbaureviere kennen gelernt hatte. Vgl. dazu ders. (ebd.), S. 71, sowie zur Ausbildung von Heynitz’ in Freiberg Herrmann (Bergrat Henckel), S. 131–135. Darüber hinaus war von Heynitz in Braunschweig am Collegium Carolinum ab 1746 auch Schüler des bekannten Kameralisten Georg Zincke. Vgl. dazu von Heynitz (Familie von Heynitz III), S. 115; vgl. zu Zinckes Professur Albrecht (Technische Bildung), S. 39. 336 So Gretschel (Geschichte), S. 181, so auch Groß (Geschichte Sachsens b), S. 161. Deren Vorgängerbehörde war die bereits 1735 geschaffene Kommerziendeputation. Vgl. dazu Blaschke (Verwaltungsgeschichte), S. 26. 337 Die Initiative dazu ging aber nach Nicklas (Reformansätze), S. 90, noch von dem im Dezember 1763 verstorbenen Kurfürsten Friedrich Christian aus. Vgl. dazu auch Gretschel (Geschichte), S. 181, und grundsätzlich zu dieser Kommission Schlechte (Pietismus und Staatsreform), sowie den Abschnitt 1.2. 338 Vgl. dazu Nicklas (ebd.), S. 90. 339 So Groß (Geschichte Sachsens b), S. 161; auch nach Nicklas (Reformansätze), S. 92, besaß sie nur beratende Funktionen und war nach Gretschel (Geschichte), S. 181, zur Umsetzung ihrer Gutachten auf Landesregierung und Kammer angewiesen. 340 Vgl. dazu Groß (ebd.), S. 161, sowie zu von Wurmb auch Gretschel (Geschichte), S. 195. 341 So Nicklas (Reformansätze), S. 90. 342 Gretschel (Geschichte), S. 283, gibt für ihn 1725 als Geburtsjahr an. Nach Nicklas (Reformansätze), S. 90, war er ein Gesinnungsfreund von Fritschs. Vgl. zu Peter von Hohenthal NDB,

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gierten, nahm auch Aufsichtsaufgaben über Unterricht und Erziehung im Lande wahr.343 Auch Bergbau und Hüttenwesen – in der Geschichte Sachsens oft Fundamente der wirtschaftlichen Stärke des Landes – waren durch die langjährigen Kriegshandlungen des Siebenjährigen Krieges außerordentlich in Mitleidenschaft gezogen. Friedrich Anton von Heynitz,344 der am 15. Juni 1765 zum Generalbergkommissar berufene oberste Bergbeamte im Kurfürstentum Sachsen,345 ging in einem an den Kurfürsten gerichteten Begleitschreiben vom 12. April 1771 zum Bericht der „Revisionskommission“ vom 2. März 1771 nochmals auf diese Situation nach dem Siebenjährigen Krieg ein und schilderte darin detailliert die Mängel, die die Kommission im kursächsischen Berg- und Hüttenwesen vorgefunden hatte.346 Nach von Heynitz’ Auffassung hätte der Siebenjährige Kriege vermutlich zum völligen Verfall des Bergbaus geführt, wenn nicht ein Mann wie der Freiberger Oberberghauptmann von Oppel347 den kursächsischen Bergbau „… vor seinem völligen Ruin bewahrt“ hätte.348 Ungeachtet der Bemühungen des Oberberghauptmannes muss im Ergebnis des Siebenjährigen Krieges ein starker Rückgang der Bergbauproduktion konstatiert werden. Ausbeute und Verlag waren in den 27 Quartalen der gesamten Kriegszeit insgesamt niedriger als in den letzten acht Quartalen vor

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Bd. 6, S. 440, Bd. 9, S. 494 f., Bd. 17, S. 34, ADB, Bd. 12, S. 695, sowie den Abschnitt 6.2. Peter von Hohenthal, Pietist, zählte in dieser und in der Funktion des Vizepräsidenten des Oberkonsistoriums zu den führenden kursächsischen Reformkräften nach dem Siebenjährigen Krieg. Vorher (1746–1763) war Peter von Hohenthal Kreishauptmann des Kurkreises gewesen. Vgl. dazu Volkmar (Kreishauptleute), S. 256, Anm. 65. Bereits in dieser Funktion fiel er durch vielfältige Reformprojekte auf; vgl. ders. (ebd.), S. 257. Er trat bereits 1778 aus dem Staatsdienst aus. Vgl. dazu auch Gretschel (Geschichte), S. 244. Vgl. dazu Groß (Geschichte Sachsens b), S. 161, sowie grundlegend Nicklas (Reformansätze). Von Heynitz, bis 1763 braunschweigischer Vizeberghauptmann, war 1763 in den kursächsischen Staatsdienst berufen worden. Vgl. zu ihm grundlegend Baumgärtel (Von Heynitz), insb. S. 71–78, der hier die „sächsische“ Schreibweise des Namens verwendet, von Heynitz (Familie von Heynitz III), sowie Weber (Innovationstransfer im Bergbau). Die erst jüngst über ihn herausgegebene Biographie von Kadatz (Friedrich Anton von Heynitz) dagegen enthält eine Vielzahl biografischer Fehler. Vgl. dazu das Reskript Xavers vom 15. Juni 1765 zur Bestallung F.A. von Heynitz’ an das Kammer- und Bergkollegium, in: SHStA, 10026 Geh. Kabinett, Loc. 1327/9, Bl. 17–20, hier Bl. 17 b.–18 b. Hiernach hatte der „CammerRat“ sowie „Cammer- und Bergrat“ von Heynitz Sitz im „Cammercollegio“ sowie im „Cammer- und BergCollegio“ sowie Vortragsrecht im BergGemach. Er war damit der höchste Bergbeamte Kursachsen. Vgl. dazu den „Bericht über den Bergbau …“ vom 2. März 1771, in: SHStA, 10026, Geh. Kabinett, Loc. 1327/9, Bl. 133–196 b. Der Bericht wurde abgedruckt und umfassend erläutert durch Baumgärtel (Bergbau und Absolutismus), Anhang, S. 121–192. Von Oppel war neben von Heynitz u. a. Initiator zur Gründung der Bergakademie. So Baumgärtel (Bergbau und Absolutismus), S. 65, unter Auswertung des von Heynitzschen Berichts vom 2. März 1771, in: SHStA, Geh. Kabinett. Nr. 535, Loc. 1327, Bl. 121–132.

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dem Kriege.349 Zwar waren nach Baumgärtel nicht allein die Kriegsereignisse für diesen Rückgang des Bergbaus ausschlaggebend – nach F.A. von Heynitz hatte der Bergbau bereits seit 1720 „eher ab- als zugenommen“ – dieser Niedergang des kursächsischen Berg- und Hüttenwesens ist aber durch den Siebenjährigen Krieg zweifellos verstärkt worden.350 So ging z. B. die Feinsilberproduktion während des Krieges mit 24.220 Mark351 Feinsilber im Jahresdurchschnitt gegenüber der vor dem Krieg erzielten Produktion von jährlich 30.221 Mark Feinsilber um etwas mehr als 20%, die Erzeugung von Blei und Glätte sogar von 10.685 Zentnern auf 5.750 Zentner – also um etwa 50% – zurück.352 Einen Hauptkritikpunkt der Bergbau-Revisionskommission stellten die zum Teil mangelhaften Kenntnisse und Fähigkeiten einiger Bergbeamter vor Ort dar. Mit der Errichtung der Bergakademie 1765 in Freiberg war zwar der erste, wichtige Schritt zur Ausbildung geeigneter Fachkräfte für höhere Funktionen in der Bergverwaltung (vor allem für das Oberbergamt in Freiberg bzw. das Kammer- und Berg(rats)kollegium353 in Dresden) als Voraussetzung zur Entwicklung der „inneren Potenzen des Landes“354 getan worden,355 es fehlte aber ganz offensichtlich an fachlich befähigten unteren Bergbeamten bzw. Bergoffizianten:356 „Sowohl durch a l l g e m e i n e n mehrern Unterricht des Berg-Volcks, als besondern w e i t e r 349 Vgl. dazu Baumgärtel (ebd.). Anhand zweier weiterer vom Kammer- und Bergkollegium angelegter Akten aus der Zeit während bzw. unmittelbar nach dem Siebenjährigen Krieg – SHStA, Geheimes Kabinett, Nr. 535, Loc. 514 und Nr. 538, Loc. 515 – kann Baumgärtel (ebd.), den Niedergang des sächsischen Bergbaus überzeugend darstellen. 350 So Baumgärtel (ebd.), S. 63, unter Auswertung des Begleitschreibens von Heynitz’ vom 12. Apr. 1771 zum Bericht der Bergbau-Revisionskommission (wie Anm. 348). Auch nach Gebauer (Volkswirtschaft), S. 487, lag der Freiberger Bergbau „in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts … noch darnieder …“ Zitat nach Baumgärtel (ebd.), S. 62. Allein das Silberausbringen hatte bis zum Siebenjährigen Krieg eine positive Tendenz aufzuweisen. Vgl. ders. (ebd.), S. 65. Vgl. zum Silberausbringen ab 1762 grundlegend von Trebra (Silberausbringen). 351 Mark = Massemaß, das im Untersuchungsgebiet etwa 233 g Silber entsprach. Vgl. dazu den Artikel „Mark“, in: Kahnt/Knorr (Alte Maße und Münzen), S. 178. 352 Statistisch aufgearbeitete Zahlenangaben nach Baumgärtel (Bergbau und Absolutismus), S. 65. Vgl. dazu auch die von Gretschel (Geschichte), S. 257, angegebenen Zahlen des Silberausbringens im Freiberg Revier bzw. Sachsen. 353 Vgl. zu diesen beiden (älteren) Zentralbehörden der Finanzverwaltung Kursachsens Blaschke (Verwaltungsgeschichte für Archivare), insb. S. 70, sowie das Schaubild (ebd.), S. 73. 354 Darin sieht Sennewald (Das Lehrsystem in Freiberg), S. 289, den eigentlichen Zweck der Bergakademie, wozu die Erkundung von Bodenschätzen, Förderung technologischer Innovationen und Sicherung und Stabilisierung des Kapitalflusses zählten. 355 Auf weitere Bildungsmöglichkeiten für Fachkräfte im Berg- und Hüttenwesen, insbesondere vor Gründung der Bergakademie, kann hier nicht eingegangen werden; es sei auf die grundlegende Arbeit von Sennewald (Stipendiatenausbildung) verwiesen. 356 Freiesleben zählte 1828 zu den Offizianten „Markscheider, Schichtmeister, Werkmeister, Guardeine, Hütten- und Amalgamier-Officianten, Silberbrenner, Probierer, Wagemeister u. a.“ Vortrag Freieslebens vom 22. Dez. 1828, in: UAF, OBA 15, Bl. 52–112, hier Bl. 54 b.–55.

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gehenden Unterricht fähiger, zu Bergbeamten bestimmter Subjecte(,) wird solche [die Direktion des Bergwesens – H.K.] befördert“, hieß es im Bericht der Revisionskommission,357 und weiter: „Die Heranziehung tüchtiger Beamten wird nunmehro durch die Anstalten bey der Berg-Academie, auch auf gewisse Zeit veranlasste Absendung einiger … Subjecte aus den Obergebürgischen Berg-Aemtern nach Freyberg, zu besseren Unterricht, erleichtert.“358

Der Kommission erschien somit der „allgemeine“ (elementare) Unterricht der Bergjugend genauso wie der fachlich weiterführende Unterricht für zukünftige Bergbeamte als dringend verbesserungswürdig.359 Für Letztere, für die in der Regel nach einem vorher absolviertem Studium der Zugang zum höheren „Staatsdienst“ und damit verbunden zu einer Karriere als Beamter im „Bergstaat“ erst ermöglicht werden konnte,360 waren durch die Gründung der Bergakademie 1765361 die notwendigen Bildungsvoraussetzungen geschaffen worden. Für die am unteren Ende des Bergbeamtenstaates stehenden Aufseher- und „Offizianten“ sowie Träger von Spezialwissen innerhalb des Berg- und Hüttenwesens, die nach abgeschlossener elementarer Schulbildung einer spezifisch fachlichen Berufsausbildung bedurften, fehlten bis dahin jedoch weitgehend die geeigneten Bildungsmöglichkeiten. Dass die Kommission die bei ihrer Revisionstätigkeit beim Bergfachpersonal festgestellten Bildungsmängel – die zugleich jüngere, gegenteilige Behauptungen fraglich erscheinen lassen –362 in ihrem Bericht ausdrücklich hervorhob, zeigt die Gründlichkeit, mit der sie sich ihrer Aufgabe zur „Aufhelfung“ von Bergbau- und Hüttenwesen annahm. Die von ihr diesbezüglich gewonnenen Erkenntnisse besaßen zugleich eine erhebliche Bedeutung für die Einleitung von Maßnahmen zur 357 Bericht der Revisionskommission vom 2. März 1771, Punkt „VI. Gute Direktion und deren Obliegenheit“, Unterpunkt „Gute Anführung der Mannschaft“ (wie Anm. 334), S. 176. 358 Bericht Bericht der Revisionskommission vom 2. März 1771 (ebd.), S. 177. 359 Vgl. dazu den Bericht Bericht der Revisionskommission vom 2. März 1771 (ebd.). 360 Vgl. dazu die diesen Gegenstand – Schaffung eines Bildungsbürgertums – betreffenden Ausführungen von Herrmann (Das 18. Jahrhundert), S. 554. 361 Vgl. zur Gründung der Bergakademie Herrmann (Entstehung der Bergakademie), insb. S. 33– 42. Vgl. zur Korrektur der Literaturangaben über den Vorlesungsbeginn Kaden (Zur Gründung der Bergakademie). 362 So gehen Wächtler/Wagenbreth (Bergbau im Erzgebirge), S. 108, im Zusammenhang mit der Flexibilität, die Berg- und Hüttenleuten beim erzwungenen Übergang in Nebenproduktionszweige eigen gewesen wäre, von einer „… hohe(n) Intelligenz der Berg- und Hüttenleute als frühzeitig umfassend polytechnisch gebildete(r) Produzenten …“ aus. Eine solche aber dürfte sich tatsächlich nur für einen sehr geringen Prozentsatz der im Bergbau Beschäftigten nachweisen lassen. Der Großteil derselben – und das belegen Dutzende von Aktenvermerken – blieb in seiner Bildung ganz im Rahmen dessen verhaftet, was die damaligen gesellschaftlichen- und Bildungsbedingungen ermöglichten – nämlich einer elementaren Wissensvermittlung, die sich dazu noch oft genug lediglich auf die Lehren des Christentums sowie das Lesen beschränkte.

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Beseitigung dieser Bildungsmängel und die Schaffung der entsprechenden bergbaufachlichen Ausbildungsmöglichkeiten. Dem wirtschaftlichen Wiederaufbau Kursachsens wurde nach dem Siebenjährigen Krieg alles weitere gesellschaftliche Handeln untergeordnet.363 Noch während des Krieges hatten sich, wie bereits angedeutet, Vertreter des Rétablissements mit der Frage auseinander gesetzt, wie dieser Aufbau am besten zu bewerkstelligen sei. In diesem Kontext reflektierte man auch auf die Rolle, die Erziehung und insbesondere eine an der Praxis orientierte Bildung hierbei hätten spielen können. In einem darauf Bezug nehmenden Gutachten der Restaurationskommission regte diese beim Landesherrn unter anderem auch eine Verbesserung des städtischen Schulwesens an: „Die vor Augen liegende schlechte Einrichtung derer Schulen überhaupt, so wie insbesondere derer Stadtschulen, nöthigt uns … hier noch den gerechten Wunsch zu äusern, daß in gedachten Schulen, mit Weglassung aller, dergleichen Kindern unnüzen Wissenschaften, diese mit mehrerm Ernste auf das practische Christenthum … und auf die Erlernung solcher allgemeinen Wissenschaften geführt würden, welche zum Nutzen des menschlichen Lebens und der bürgerlichen Narung gereichen.“364

Besonders wichtig für die zu entwickelnde Wirtschaft war für den Vordenker von wirtschaftlichen- und Bildungsreformen ein realienbezogener Unterricht;365 von Fritsch hielt viel von einer Ausbildung von Fachkräften für den anstehenden wirtschaftlichen Wiederaufbau. Nicht zuletzt deshalb forderte er in seinen „Zufällige(n) Betrachtungen“ neben Verbesserungen des allgemeinen (elementaren) Schulwesens auch die Einrichtung von Realschulen.366 Letzteres erschien ihm notwendiger als 363 Diese Feststellung trifft sicherlich auch für andere deutsche Länder zu. So gestalteten sich z. B. die Reformen und Bestrebungen des Wiederaufbaus im Fürstbistum Münster ganz ähnlich. Vgl. dazu Hanschmidt (Verbesserung der Landschulen), S. 75. 364 Vortrag der Restaurationskommission vom 15. Okt. 1762 „Über die Lage der Städte in Kursachsen“. Abgedr. bei Schlechte (Staatsreform in Kursachsen), S. 401–426, hier S. 423 f.; Hervorhebungen d.d.A. 365 Vgl. dazu Schlechte (Vorgeschichte des Retablissements), S. 353 f. Die im 18. Jahrhundert von Schulreformern entwickelten Konzepte zur Errichtung von Realschulen bezeichnet Neugebauer (Niedere Schulen und Realschulen), S. 214, als „innovatives Element in der Schulwirklichkeit“. Vgl. zur Bedeutung des Schulwesens für den wirtschaftlichen Wiederaufbau Kursachsens auch Schlechte (Staatsreform), S. 117. 366 Von Fritsch (Zufällige Betrachtungen), S. 14 f. In diesem Zusammenhang bedauerte von Fritsch ausdrücklich die Zerstörung der Real(ien)schule in Wittenberg. Vgl. dazu Schlechte (Vorgeschichte des Retablissements), S. 354, der hier insbesondere den 2. Band der „Zufällige(n) Betrachtungen“ zugrunde legt. Justi wiederum stellte besonders hohe Ansprüche an das Lehrerpersonal: „Die Schullehrer sollten … die geschicktesten und vortrefflichsten Männer in der Republik sein“, forderte er in seinen „Ergetzungen“ Band 2, S. 283. Zitiert nach Brödel (Beruflicher Bildungsgedanke), S. 302.

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z. B. die Tätigkeit von Juristen oder Theologen. Dies spiegelt sich auch in seinen kritischen Einlassungen über das damals übliche Studienverhalten wider: „So viele gute Köpfe, die in der Wirtschaft oder sonst dem Vaterlande auf mancherley Art brauchbar seyn könnten, wollen alle Theologie oder die Rechte studieren …“367 Damit nahm von Fritsch die zwei Jahre später erfolgte Gründung der Bergakademie in Freiberg, die der Ausbildung von Fachkräften vor allem für die Bergverwaltung dienen sollte, gedanklich bereits vorweg.368 Aber auch die aufgeklärte Vorstellung, die landesherrlichen Untertanen durch verbesserte Bildungsangebote zur Erzielung einer „auskömmlichen Nahrung“ zu befähigen, dürfte als Beweggrund für derartige Reformvorschläge369 und den Ausbau des Bildungssystems gedient haben. Bei diesen Bemühungen wuchsen nach Schlechte unter „… dem Eindruck der äußeren und inneren Notlage des Landes … bürgerliche Aufklärung und pietistisches Gedankengut zu einer einigen Erneuerungsbewegung zusammen“,370 ohne allerdings die unterschiedlichen Weltbilder zwischen beiden aufzuheben.371 Die vorgetragenen Ideen zur Verbesserung des Bildungsstandes der Bevölkerung waren aber selbst im geografisch relativ geschlossenen Kursachsen nicht sofort umsetzbar. Da die verschiedenen Schultypen eingebunden waren „… in die sie umgebenden lokalen Gesellschaftsverhältnisse“,372 bedurfte es zur Umsetzung solcher Reformimpulse engagierter regional wirkender Persönlichkeiten.373 Die Berg367 Fritsch (Zufällige Betrachtungen) Bd. II, S. 16. Zitat nach Schlechte (Staatsreform in Kursachsen), S. 354. 368 Aber auch für die sich erst nach seinem Tode (1775) in Kursachsen etablierende Bergschulausbildung kann man Fritschs Bekenntnisse zur Realienausbildung als eines der geistigen Fundamente betrachten. 369 So Hanschmidt (Elementarbildung und Berufsausbildung), S. 19. Vgl. dazu auch Blaschke (Reformen), insb. S. 10–11, hier S. 10, der formuliert, dass es einerseits „bei diesem Stand der Dinge [Blaschke meint hier die Ziele des Retablissements – H.K.] … schwierig (sei), von einer Reform im strengen Sinne des Wortes zu sprechen“, sich aber andererseits „… im Umfeld von 1763 reformerische Elemente und Maßnahmen erkennen (lassen)“ die den Namen Reform verdienen. 370 Schlechte (Staatsreform), S. 68. Zumindest schienen sich auf dem Gebiet der Bildung und Erziehung der Jugend die Interessen verschiedener Lager aneinander anzugleichen. Auf die Beziehungen der führenden Vertreter des Retablissements zu „pietistischen und aufklärerischen Kreisen“ hat, unter Bezug auf Schlechte, jüngst nochmals Töpfer (Bildungsgeschichte), S. 223, aufmerksam gemacht. 371 Nach Neugebauer (Niedere Schulen und Realschulen), S. 406, trugen trotz „… normativer Differenz zwischen der spezifisch protestantischen Glaubenshaltung des Tatchristentums und säkularisiertem aufklärerischen Denken … beide Reformbestrebungen ein positives Arbeitsverständnis als pädagogische Aufgabe vor.“ Auch im „Verschulungsgedanken“ hätten pietistische und merkantilistische Zielsetzungen übereingestimmt. Vgl. ders. (ebd.). 372 So Töpfer (Bildungsgeschichte), S. 216. 373 Vgl. dazu Töpfer (ebd.), sowie S. 222. Zu diesen Reformköpfen ist auch Benno von Heynitz zu zählen. Vgl. grundsätzlich zu dessen Wirken für einen verbesserten Schulunterricht Trögel (Benno von Heynitz).

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verwaltung war in diesem Kontext geradezu prädestiniert dafür, Reformideen innerhalb ihres Aufsichtsbereichs durchzusetzen, verbanden sich doch im „Bergstaat“ zentrale Steuerungsmechanismen mit einem regional begrenzten Wirkungskreis und der genauen Kenntnis örtlicher Gegebenheiten, was auch der schulischen Bildung zugute kommen konnte. Daher durfte es gar nicht verwundern, dass Ideen zu Reformen des Bildungswesens gerade von Trägern der Bergverwaltung entwickelt und von ihnen auch deren Umsetzung in Angriff genommen wurde. Die folgende Aussage des Generalbergkommissars Friedrich Anton von Heynitz über die Bedeutung und das Wissenserfordernis des Bergmannsstandes verdeutlicht dies klar: „Kein Metier in der Welt verdient wegen des allgemeinen Nutzens mehrere Ermunterung, als eines geschickten Berg- und Hüttenmannes, es ist auch das Fach der Erfindung bei keinem weitläuffiger, als bey solchen, da die application der Physic, Chymie, und Mathematic ein weites Feld dazu giebt“.374

Da in Kursachsen bereits wenige Jahre nach Ende des Siebenjährigen Krieges eine neue verbesserte Schulordnung verabschiedet wurde,375 soll nun untersucht werden, was der Grund für diese doch relativ schnelle Umsetzung notwendiger Schulreformen in normative Regularien in einer Zeit war, in der es vor allem um das wirtschaftliche Überleben eines Landes ging. Dabei wird eine tiefe Krise auch des kursächsischen Elementarschulwesens zu rekapitulieren sein, zu deren Überwindung auch neue Formen schulischer Bildung in Betracht gezogen werden mussten. Weil sowohl führende Vertreter der Aufklärung als auch des Pietismus die Notwendigkeit schulischer Bildung – sei es als Voraussetzung für eine Verbesserung der Nahrungserzeugung, der Entwicklung der Wirtschaft oder auch der Umsetzung einer christlichen Lebensweise – propagierten,376 wird auf diesbezügliche Ansätze zu Reformen der elementaren Schulbildung und die dabei zu Tage tretenden Zusammenhänge mit einer bergmännischen Fachausbildung einzugehen sein.

374 Bericht F.A. von Heynitz’ an Kurfürst vom 27. Jan. 1769, in: SHStA, 10026, Geheimes Kabinett, Loc.512/1, Bl. 15–23, hier Bl. 19 b. 375 Diese ging zwar auf das Jahr 1769 zurück, wurde aber erst 1773 verabschiedet. Vgl. Näheres dazu im folgenden Abschnitt 1.3. Im Fürstbistum Münster z. B., wo sich ähnliche Reformanstrengungen nachweisen lassen, dauerte es immerhin bis 1788, ehe eine solche „Erweiterte Schul-Ordnung“ erschien. Vgl. dazu Hanschmidt (Verbesserung der Landschulen), S. 75. 376 Stellvertretend für beide Denkmuster sei hier auf die Ausführungen von Fritschs (Zufällige Betrachtungen), S. 13–19, über die Erreichung guter Sitten durch Bildung, und auf von Hohenthals Beitrag in den „Oeconomische(n) Nachrichten“ 1757, S. 712–722, über das „fleißige.. Schulgehen der Bauer[n]kinder“ verwiesen.

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1.3. Die schulreformatorischen Maßnahmen nach dem Siebenjährigen Krieg bis 1773 Alle von Pädagogen, Merkantilisten oder Pietisten verbreiteten Aufrufe zur Verbesserung des Schulwesens in Kursachsen vor und während des Siebenjährigen Krieges haben wenig zur tatsächlichen Reform des Schulwesens, insbesondere der des elementaren Schulwesens, beitragen können. Zwischen dem durch Verordnungen und Reskripte propagierten regelmäßigen Schulbesuch und dessen praktischer Umsetzung bestand in Kursachsen, genauso wie in den meisten Ländern des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation, auch nach dem Siebenjährigen Krieg eine erhebliche Diskrepanz.377 Zwischen 1766 und 1769 setzte nun unter maßgeblicher Mitwirkung des Vizepräsidenten des Oberkonsistoriums, Peter von Hohenthal,378 eine Entwicklung ein, die zu Verbesserungen des bisherigen Schulsystems führen und eine weitgehende Überarbeitung der bisherigen Schulregulative mit sich bringen sollte.379 Ungeachtet dessen ist die Bedeutung von Hohenthals für das Schul- und Bildungswesen seiner Zeit bislang keineswegs ausreichend untersucht und gewürdigt worden.380 Bereits unmittelbar nach Ende des Siebenjährigen Krieges hatten die kursächsischen Stände381 in einer „Gravamenschrift“382 von der Regierung Maßnahmen zur

377 Die Schulversäumnisse dürften auch nach dem Krieg nicht wesentlich zurückgegangen sein. Vgl. dazu grundlegend Hammerstein/Herrmann (Handbuch Bildungsgeschichte II), sowie speziell für Sachsen Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens) und Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule). 378 Von Hohenthal gab ab 1749/50 in Leipzig die „Oeconomische(n) Nachrichten“ und seit 1763 das „Leipziger Intelligenzblatt … zum Besten des Nahrungsstandes“ heraus, in denen er wiederholt Beiträge zum Bildungs- und Schulwesen veröffentlichte. Vgl. dazu Schlechte (Pietismus und Staatsreform), S. 378 f. Von Hohenthal hat sich nach Gretschel (Geschichte), S. 244, auch um die Organisation der Strafanstalten, die oft auch als Armen- und Waisenhäuser fungierten, verdient gemacht. 379 Kretzschmar (Augusteisches Zeitalter), S. 292, bezeichnete die Zeit nach 1763 bis zur Französischen Revolution in Sachsen vielleicht auch deshalb als „die klassischen Jahre der Schulentfaltung“. 380 In Hammerstein/Herrmann (Handbuch Bildungsgeschichte II), wird von Hohenthal nicht einmal erwähnt. Der „Schlüsselstellung“ von Hohenthals in der sächsischen Schulgeschichte will sich Töpfer in seinem Dissertationsvorhaben an der Universität Leipzig zuwenden. Vgl. dazu die Ankündigung Töpfers in: ders. (Bildungsgeschichte), S. 223. [Anm.: Das Dissertationsprojekt Töpfers wurde zwischenzeitlich abgeschlossen.] 381 Vgl. zur landständischen Verfassung Kursachsens und dem Geschäftsgang Behrendts (Reformbestrebungen), S. 2–15. 382 Bei den „Gravamina“ handelt es sich um das Recht der Stände (Kurien) – wie z. B. der Ritterschaft und der Städte – Beschwerden und Petitionen in den Landtag einzubringen. Vgl. dazu Behrendts (ebd.), S. 7.

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Verbesserung des Schulwesens gefordert.383 Drei Jahre später, 1766, stellten sie in einer „Präliminarschrift“384 den Antrag auf Erlass einer neuen Schulordnung.385 Der Landtag von 1769 beschäftigte sich mit diesem Gegenstand und Kirchenrat bzw. Oberkonsistorium erhielten den Auftrag, die „erneuerte Schul-Ordnung behoerig ein[zu]richten“.386 Den Auftrag zur Ausarbeitung einer solchen Schulordnung für die deutschen Schulen erhielt der Meißner Superintendent Magister Ch. Haymann;387 Peter von Hohenthal konnte jedoch auf die inhaltliche Ausgestaltung direkten Einfluss nehmen.388 Noch vor Verabschiedung einer solchen Schulordnung wurde mittels einer Verordnung des Kuradministrators Prinz Franz Xaver vom 7. August 1766 über „die Haltung der Kinder zur Schule betreffend“389 bzw. eines Generales Kurfürst Friedrich Augusts III.390 vom 24. Juli 1769, „die ernstlichere Anhaltung der Kinder zur Schule betreffend“,391 versucht, die augenfälligsten Mängel des kursächsischen Schulwesens zu überwinden.392 383 Gravamenschrift der Ritterschaft und den Städten vom 30. Sept. 1763, in: C.A., 1. Forts., 1. Abt., Sp. 83 f. Vgl. dazu Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 90. 384 Präliminarschriften waren Zusammenfassungen der Gravamina bedeutender Angelegenheiten. Vgl. dazu Behrendts (Reformbestrebungen), S. 6 f. 385 Präliminarschrift der Landstände aus dem Jahre 1766, in: C.A., 1. Forts., 1. Abt., Sp. 158­– 160. Vgl. dazu Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 95. Zur Vorgeschichte der Verabschiedung der erneuerten Schulordnungen von 1773 vgl. ders. (ebd.), S. 90 f. Jüngst ist Moderow (Volksschule), S. 61–65, auf die Entstehung und den Inhalt dieser von ihm – im Unterschied zur Oberlausitzer Schulordnung – als „Erbländische Schulordnung“ bezeichneten Schulordnung eingegangen. Dessen Forschungsergebnisse konnten hier nur noch marginal berücksichtigt werden. 386 Generale Kurfürst Friedrich Augusts vom 18. Okt. 1773 (wie Anm. 261), hier Sp. 707. 387 Vgl. dazu Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 95, sowie jüngst Moderow (Volksschule), S. 52, nach dem Haymann den Entwurf dazu aber bereits 1766 eingereicht hatte. Diese Auftragserteilung bestätigt die Zuständigkeit der kirchlichen Aufsichtsbehörden für das Schulwesen. Neben Haymann war nach Bruning (Protestantisches Gelehrtenschulwesen), S. 305, der Professor (der Beredsamkeit und Theologie) an der Universität Leipzig, Johann August Ernesti, an der Ausarbeitung der neuen Schulordnungen beteiligt, Letzterer aber v. a. für die Gelehrtenschulen [die drei Fürstenschulen bzw. lateinischen Stadtschulen – H.K.]. Vgl. dazu Gretschel (Geschichte), S. 149, S. 282, sowie Schlechte (Staatsreform in Kursachsen), S. 424, Anm. 527. 388 So Schlechte (Staatsreform in Kursachsen), S. 69, hier unter Bezug auf Schwabe (Geschichte des Sächsischen Gelehrtenschulwesens). Haymann war von Hohenthal direkt unterstellt. Vgl. dazu Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 95. 389 Diese ist abgedruckt in: C.A., 1. Forts., 1. Abt., Sp. 242–247. 390 Ein knappes, aber treffendes Lebensbild Kurfürst Friedrich Augusts, in welchem auch dessen „… erhebliche(n) Anstrengungen beim Ausbau des Bildungswesens“ erwähnt werden, zeichnete jüngst Halder (Friedrich August), hier insb. S. 207. 391 Dieses Generale ist abgedruckt in: C.A., 1. Forts., 1. Abt., Sp. 247 f. 392 Vgl. dazu den vorangegangenen Abschnitt, sowie Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 90 f.

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Am 17. März 1773 ordnete der Landesherr, Kurfürst Friedrich August, durch Befehl die Einführung der neuen Schulordnungen, darunter die der schon erwähnten „Erneuerte(n) Schulordnung für die deutschen Stadt- und Dorfschulen der Chursaechsischen Lande“ an.393 Die Verabschiedung dieser Erneuerten Schulordnung stellte ohne Zweifel die wichtigste Reformvorschrift des allgemeinen Bildungswesens nach dem Siebenjährigen Krieg in Kursachsen dar. Gleich eingangs der Schulordnung wurde nochmals auf die im Generale von 1769 festgesetzte Schulpflicht aller schulfähigen Kinder vom 5. bzw. 6. bis 14. Lebensjahre hingewiesen –394 Ausdruck dafür, welchen Stellenwert die Reformer einem regelmäßigen Schulbesuch zumaßen. Allerdings konnte auch diesmal diese „Schulpflicht“ nicht im Schulalltag umgesetzt werden,395 fiel der eigentlich ganzjährig zu haltende Unterricht, der nur während der Erntezeit sechs Wochen unterbrochen werden durfte, in Wirklichkeit oft „… von Ostern bis vier und mehr Wochen nach Michaelis [29. September – H.K.] aus.“396 Ohne entsprechende Zwangsmittel, mit denen gegen Eltern, deren Kinder die Schule wiederholt versäumten, vorgegangen werden konnte,397 blieb die

393 Befehl vom 17. März 1773 (wie Anm. 207). Vgl. zur Schulordnung für die deutschen Stadtund Dorfschulen Anm. 2. Neben dieser wurden neue Schulordnungen für die Fürsten- und Landesschulen bzw. die lateinischen Stadtschulen erlassen. Vgl. dazu ebd., Sp. 70–106, bzw. Sp. 107–130. 394 Der Schulbesuch wurde für Kinder in Orten mit eigenen Schulen ab dem 5. Lebensjahr, für Kinder, die nicht am Schulort wohnten, ab dem 6. Lebensjahr gefordert. Vgl. dazu Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 95. 395 Trögel (Benno von Heynitz), S. 7, berücksichtigt, wenn er hier von einer tatsächlichen Schulpflicht ausgeht, zu wenig die Schulwirklichkeit und das Fehlen von wirksamen Zwangsmöglichkeiten. Vgl. im Gegensatz dazu die richtigeren Schlussfolgerungen von Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 90 f., der weder in der Verordnung von 1766 noch in dem Generale von 1769 Instrumente zur erfolgreichen Durchsetzung einer Schulpflicht sah. Neugebauer formuliert zum Widerspruch zwischen den durch „Ordnungen, Edikte, Mandate und Reskripte“ geregelten Zielstellungen und ihrer Umsetzung in die schulische Realität für Brandenburg-Preußen: „Überhaupt sollte der Betrachtung landesherrlicher Gesetzgebungstätigkeit im (17. und) 18. Jahrhundert die grundsätzliche Überlegung vorausgehen, dass für das Verhältnis von Befehl und Befehlserfolg unter den Kommunikations- und Verkehrsbedingungen dieser Zeiten die Vorstellung von den Wirkungen moderner Legislativtätigkeit nicht anwendbar ist.“ Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 168. 396 Richter (ebd.), S. 122, hier unter Bezug auf Nietzsche (Verbesserung der Dorfschulen). Der Schulausfall betrug deshalb oft bis zu sieben Monaten. 397 Peter von Hohenthal war es in einem der seiner Gerichtshoheit unterworfenen Dorf schon Mitte der 50er-Jahre des 18. Jahrhunderts gelungen, die Schulpflicht unter Androhung und teilweiser Einziehung des Schulgeldes – hier in Form von „Schulkorn“ für den Kinderlehrer – durchzusetzen. Vgl. dazu Hohenthal (Schulgehen 1757), S. 712–722. Dagegen wurde das preußische General-Landschulreglement von 1763 nach Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 185, keineswegs überall in Preußen umgesetzt, war zum Teil nicht einmal allen Lehrern bekannt. Stratmann (Krise der Berufserziehung), S. 212, geht zu unkritisch mit der Wirksamkeit dieses Reglements um.

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Schulpflicht ein Papiertiger.398 Überhaupt bedeutete die Verabschiedung einer neuen Schulordnung nicht zwangsläufig, dass sich damit auch sofort die Schulwirklichkeit zum Positiven hin änderte,399 denn aus welchem Grund sollte die Erneuerte Schulordnung von 1773 in der Praxis mehr Beachtung finden als die ihr vorausgegangenen landesherrlichen Befehle und Generale? So dürfte die von Pätzold getroffene Einschätzung über die Wirkung der Erneuerten Schulordnung der deutschen Stadt- und Dorfschulen, wonach „zur Durchführung der vortrefflichen Bestimmungen … fast alle Voraussetzungen (fehlten), und … die wirkliche Beschaffenheit der Schulen noch Jahrzehnte hindurch bei weitem nicht den an sie gestellten Anforderungen (entsprach)“,

die damalige Realität richtig widerspiegeln.400 Der Eilenburger Superintendent Nietzsche401 brachte es auf den Punkt: „Was von den allermeisten Verordnungen und Gesetzen in unserem Lande gilt, das gilt auch von dieser Schulordnung. Sie sind schön, jene Landesverordnungen und Landesgesetze, sie sind trefflich. Sie sind ganz den Bedürfnissen, den Mängeln und Gebrechen des Landes angemessen … Es wird aber gewiss keine einzige Schule in unserem Lande ganz und pünktlich nach dieser gegebenen Verordnung eingerichtet und gehalten.“402

398 Nach Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens), S. 110, ist eine zwangsweise durchsetzbare Schulpflicht erst mit dem Generale vom 4. März 1805, in welchem nochmals auf die Schulordnung von 1773 verwiesen wird, erreicht worden. Vgl. dazu Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 130. Auf die spätere (1805–1811) erfolgte Gesetzgebung zur Verbesserung des Schulwesens kann an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden. Vgl. Näheres dazu bei Richter (ebd.), S. 132 f., sowie jüngst Moderow (Volksschule), S. 77–81. 399 Auf diesen Umstand ist verschiedentlich hingewiesen worden, am deutlichsten und dezidiertetsten aber von Neugebauer für Preußen. Nach dessen Auffassung waren im 17. und 18. Jahrhundert die Wirkungen, die von lokalen Kräften auf das Schulwesen ausgingen, oft „wichtiger als landesherrliche Ordern und Ordnungen, als obrigkeitliche Patente und Reglements unter den Bedingungen vormoderner bzw. frühmodern-staatlicher ‚Verwaltungs‘-Realität.“ Neugebauer (Niedere Schulen und Realschulen), S. 225. In diesem Sinne argumentierte aber auch schon Trögel (Benno von Heynitz), hier S. 7. 400 Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens) S. 103. Bezug nehmend auf die auch mangelhafte Umsetzung des Generales vom 4. März 1805 formulierte er, dass „die tatsächlichen Verhältnisse … zunächst noch mächtiger als die gesetzlichen Bestimmungen (waren).“ Pätzold (ebd.), S. 116. 401 Dr. theol. Friedrich August Ludwig Nietzsche (1756–1826), der Großvater des Philosophen Friedrich Nietzsche. 402 Nietzsche (Verbesserung der Dorfschulen), auszugsweises Zitat nach Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens), S. 103. Hervorhebungen d.d.A. Ungeachtet dessen ist die in diesem Zusammenhang von Fehrmann (Geschichte der Volksschule), S. 2, erfolgte Darstellung der kursächsischen Schulverfassung, die aus „Kirchschulen“ und von nicht konfirmierten Schulhaltern geleiteten „Nebenschulen“ bestehen würden, nicht korrekt, zumal bei ihr der Begriff der „deutschen Schule“ überhaupt nicht vorkommt.

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Auch wenn es durchaus positive Beispiele von kursächsischen deutschen Schulen gab, in denen die Erweiterte Schulordnung von 1773 weitgehend umgesetzt wurde – so an der zweiklassigen Schule in Großrückerswalde oder an einer ebensolchen Knabenschule in Rötha –403 stand die Praxis des elementaren Schulunterrichts auch Ende des 18. Jahrhunderts und selbst zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch weit hinter dem zurück, was z. B. Rochow in seiner Musterschule im brandenburgischen Reckahn praktizierte.404 Wie schon nach der Kirchen- und Schulordnung von 1580 lag auch nach den erneuerten Schulordnungen von 1773 die Schulaufsicht bei den „christlichen Schulbehörden“ –405 von den Pfarrern „vor Ort“ über die Superintendenten bis zu den Konsistorien in Leipzig, Wittenberg und dem Oberkonsistorium in Dresden. Während dabei jedem Pfarrer die wöchentliche Untersuchung der „Schule seines Orts“ auferlegt war,406 sollten die Superintendenten außer den alle drei Jahre anzustellenden Lokalvisitationen jährlich „entweder selbst, oder durch ihre Adjunctus, und wo dergleichen nicht vorhanden sind, durch einen von ihnen darzu geschickt befundenen, benachbarten Pfarrer“ Schulvisitationen durchführen.407 Daraus, dass die Superintendenten das Ergebnis dieser Visitationen vier Wochen nach ihrem Erfolg an das zuständige Konsistorium berichten und dabei vorgefundene „Maengel und Gebrechen, in Ansehung des Schulwesens“ anzeigen mussten,408 wird erkennbar, dass sich seit der Schulordnung von 1580 im Prinzip nichts Wesentliches an der allgemeinen Schulaufsicht durch die erwähnten christlichen Behörden geändert hatte. Auch in Bezug auf die besondere Stellung der Schulpatrone ergaben sich kaum Veränderungen,409 deren starke Stellung blieb in allen 1773 verabschiedeten 403 Vgl. dazu Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 127, 129. Letztere Schule stellte dabei bereits eine Art von Musterschule dar, in der nicht nur Religion, Lesen, Schreiben und Rechnen, sondern auch Geschichte, Naturkunde und Erdkunde geboten wurden. Vgl. ders. (ebd.), S. 129 f. 404 Vgl. zur Rochowschen Schule in Reckahn den Abschnitt 6.2. 405 Neugebauer (Niedere Schulen und Realschulen), S. 225, übernimmt sicherlich deshalb auch den Begriff der „geistlichen Schulaufsicht“ aus der Literatur. 406 Vgl. dazu die Erneuerte Schulordnung von 1773 (wie Anm. 2), hier das „Cap. IX. Von anzustellenden Schulvisitationen“, Sp. 151 f. 407 Erneuerte Schulordnung von 1773 (ebd.). 408 Vgl. die Erneuerte Schulordnung von 1773 (ebd.), Sp. 152. 409 Dass sich die Superintendenten wegen der Abstellung von „Schulgebrechen“ mit den „Patronis und Gerichtsobrigkeiten … fleißig zu vernehmen haben“, belegt die Sonderstellung der „Patrone“ in Bezug auf das allgemeine Schulwesen. Vgl. dazu die Erneuerte Schulordnung von 1773 (ebd.), „Cap. IX., Von anzustellenden Schulvisitationen“, hier Sp. 152. Für die Oberlausitz konnte Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 315, unter vergleichender Auswertung der Oberlausitzer Schulordnung von 1770 und der Erneuerten Schulordnung von 1773 im Gegensatz zu den kursächsischen Erblanden belegen, dass dort „... der Pfarrer der einzige Schulinspektor (ist) ..., der die Schulaufsicht ,unter der Direktion und nach den Anordnungen der Kollatoren oder der Herrschaft‘ auszuführen hat“, weswegen er ihn auch als

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Schulordnungen fixiert.410 Das, was Richter über die Verfassung der „Volksschule“ für das beginnende 19. Jahrhundert zusammenfassend formulierte, traf prinzipiell bereits für den Ausgang des 18. Jahrhundertes zu: „Die Schulen, die unseren Volksschulen411 [gemeint ist hier das elementare Schulwesen – H.K.] entsprechen, stehen in den Erblanden … in den Kirchdörfern unter der unmittelbaren Verwaltung der Kirchgemeinde [hier: des Pfarrers – H.K.] und des Patrons; diesen Stellen übergeordnet ist die Kirchen- und Schulinspektion, die aus dem Ephorus [hier: dem Superintendenten – H.K.] und der Gerichtsobrigkeit, die der Patron darstellt, zusammengesetzt ist. Über diesen steht das Oberkonsistorium als oberste Kirchenbehörde.“412

Neben dem Oberkonsistorium konnte insbesondere der Geheime Rat als höchste Landesbehörde, dessen 1. Departement für Religions- bzw. Schulsachen zuständig war,413 auf die Kirchen- und Schulpolitik Einfluss nehmen. Allerdings musste wegen der sich zum Teil überschneidenden Zuständigkeiten der verschiedenen Schulaufsichtsbehörden 1782 ein gesondertes Regulativ zur Klärung aufgetretenen Kompetenzgerangels und Vermeidung künftiger Streitigkeiten verabschiedet werden.414

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„Fachbeigeordnete(n) der weltlichen Schulobrigkeit“ bezeichnete. Kollatoren, Gerichtsherrschaften und Stadtobrigkeiten besaßen in der Oberlausitz einen ungleich höheren Einfluss auf das Schulwesen und dabei insbesondere auf das Besetzungrecht für die Schulmeister. Vgl. dazu ders. (ebd.), S. 354 f. So in der Erneuerten Schulordnung für die Fürsten- und Landesschulen von 1773 (wie Anm. 393.), „Cap. XX., Von besonderen Schulgesetzen“, Sp. 163 f.; noch deutlicher in der Schulordnung für die lateinischen Stadtschulen (ebd.), „Cap. XII: Von der Aufsicht ueber die Schulen“, Sp. 127–130. Herrmann (Das 18. Jahrhundert), S. 553, verwendet die Begriffe „Volksschule“ (viel zu früh) und „niedere“ Schule synonym nebeneinander. Hanschmidt/Musolff (Elementarbildung und Berufsausbildung), Einleitung S. 12, bezeichnen die deutsche Schule zu Recht als „Vorläufer der Volksschule des 19. Jahrhunderts“. Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens in Sachsen), S. 43, war mit seiner Aussage, wonach mit dem 18. Jahrhundert eine „Neubegründung der Volksschule“ einhergehen würde, eindeutig zu früh, ebenso wie Sennewald (Stipendiatenausbildung), Organigramm S. 411, für die montanistische Ausbildung vor Gründung der Bergakademie. Erst im 19. Jahrhunderts setzte sich der Begriff „Volksschule“ – auch zur Unterscheidung zu den Gymnasien – endgültig durch. Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 108, erblickte in der 1792 in Leipzig errichteten Ratsfreischule die „erste(..) öffentliche(..) Leipziger Volksschule“. Richter (ebd.), S. 357. Der von Richter verwendete Begriff „Schulinspektion“ gehört in eine jüngere Zeit. Vgl. zu Struktur und Stellung des Geheimen Rates Ruhland (Verwaltungsgeschichte Sachsens), S. 20–22. Vgl. dazu das „Regulativ über die Grenzen der geistlichen und weltlichen Gerichtsbarkeit vom 31. Mai 1782“, in: C.A., 2. Forts., 1. Abt., Sp. 271, sowie Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 354.

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Obwohl ungeachtet dessen die Aufsicht über das allgemeine Schulwesen insgesamt – unter Wahrung der besonderen Rechte der Schulpatrone –415 fest in der Hand der kirchlichen Verwaltungsbehörden zu liegen schien, geschah wenige Jahre nach der Verabschiedung der Erneuerten Schulordnung von 1773 ein wesentlicher Eingriff in deren festgefügte Struktur. Die von einer doppelten Schulaufsicht gekennzeichnete Schulverfassung416 wurde durch die beginnende Etablierung eines eigenständigen kursächsischen Bergschulwesens regelrecht aufgesprengt. Der vom Landesherrn als „Commissarius“ über das Bergschulwesen eingesetzte Benno von Heynitz417 agierte danach selbst wie ein „Schulpatron“418, wobei sich dieses „Patronat“ nicht nur auf eine einzelne Schulanstalt, sondern auf ein ganzes System unterschiedlicher schulischer- und berufsausbildender Einrichtungen innerhalb des Aufsichtsbereiches der Bergverwaltung erstreckte. Auch nach Verabschiedung der Erneuerten Schulordnung von 1773 blieben die deutschen Schulen verpflichtet, die ihnen anvertrauten Kinder auf eine „gottgefällig(e)“ Weise zu erziehen.419 Die damit verbundene Zielstellung, die Kinder zu einem Leben im Sinne der christlichen Lehre zu veranlassen,420 schloss zu-

415 Die Patrone – egal, ob der Landesherr selbst, die Grundherrschaften oder Städte – übten nach der Erneuerten Schulordnung eine Art von Disziplinaraufsicht aus. Richter (ebd.), S. 349, formulierte dies so: „Die Patrone und Gerichtsobrigkeiten bekommen die neue Aufgabe, dass sie Übertretungen der Schulordnung ... mit nahmhaften Strafen ahnden sollen.“ 416 Diese „Zweiteilung“ darf man keineswegs unterschätzen. Zu diesem Ergebnis kamen sowohl Neugebauer für Preußen als auch Richter für Kursachsen. Auf das dabei nicht immer konfliktlose Verhältnis beider Einrichtungen zueinander und wie Kompetenzstreitigkeiten durch landesherrliches Eingreifen gelöst wurden, hat Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 352, hingewiesen. 417 Dass der Landesherr Benno von Heynitz dafür bestimmte, sah Freiesleben darin begründet, dass dieser sich bei Einrichtung der „Knappschaftlichen Bergschulanstalten“ Letzterer „sehr tätig annahm“. Vgl. dazu den Bericht Freieslebens vom 16. März 1821, in: BergA, BA-F 3068 b), Vol. III, Bl. 154–180 b., hier Bl. 173. 418 Der Begriff „Schulpatron“ ist hier nicht wörtlich zu nehmen. Allein aus diesem Grund ist die von Fehrmann (Geschichte der Volksschule), S. 4, aufgestellte Behauptung, wonach die „Bergämter“ nicht zur Förderung der „Volksschulen“ beigetragen hätten, falsch. Von Heynitz’ Funktion wird im Abschnitt 2.1 näher erläutert. 419 Vgl. dazu im Einzelnen die Erneuerte Schulordnung von 1773 (wie Anm. 2), hier v. a. den „Vorbericht“, Sp. 132, sowie „Cap. III, Von Einrichtung des Schulunterrichtes in dem Christenthume“, S. 135–138. Peter von Hohenthal hatte schon 1757 eine solche Erziehung der „Bauer(n) kinder“ in einer von ihm geleiteten Schule propagiert. Vgl. dazu von Hohenthal (Vom Schulgehen), S. 713. 420 Hierin unterscheidet sich das sächsische elementare Schulwesen in nichts vom Schulwesen anderer Länder des HRRDN. Auch die viel älteren Schulordnungen von Regensburg aus den Jahren 1587, 1658 und 1713 z. B. betonten die Erziehung der Jugend zur „Gotteserkenntnis“. Vgl. dazu Blessing (Konzepte der Elementarbildung), S. 79–81.

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gleich die Erziehung im Sinne der Treue zur Obrigkeit ein.421 Neben der „Einrichtung des Schulunterrichts in dem Christenthume“, wie die Überschrift des 3. Kapitels der erneuerten Schulordnung lautete,422 entsprachen die zu vermittelnden Unterrichtsinhalte weitgehend denen der Instruktion vom 20. November 1724.423 In der Schulordnung heißt es dazu: „Naechst dem Unterrichte im Christenthume, sollen die Kinder vornehmlich, im ABC, Buchstabiren, Lesen, Schreiben und Rechnen, unterwiesen, und zu ihrer kuenftigen Lebensart vorbereitet werden.“424 Rechnen wurde als ein „im gemeinen Leben … gleichfalls sehr noethige(s) und nuetzliche(s) …“ Unterrichtsfach angesehen.425 Zur erwähnten Vorbereitung auf die künftige Lebensart wurde in der Erneuerten Schulordnung ausgeführt: „Desgleichen ist den groeßeren Schulkindern das Leichteste, Noethigste und Nuetzlichste, aus der Erbeschreibung, … der geist- und weltlichen Geschichte, besonders des Vaterlandes, desgleichen aus der Augspurgischen Confeßion, … der Stadt- und Landwirtschaft, von den Gewoehnlichsten und noethigsten Handwerken und Professionen, von geist- und weltlichen Aemtern, von den allgemeinen Kirchen- und Landesgesetzen, von dem Gebrauche des Calenders, der Zeitungen, der Intelligenzblätter und anderer … nuetzlichen Dinge, auf eine erzaehlende, angenehme Weise … bekannt zu machen“.426

Um diese hohe Gesamtzielstellung zu verwirklichen und eine weitestmögliche Übereinstimmung zwischen schulischem Erziehungsanspruch und der landesherrlichen Interessenlage herbeizuführen, bedurfte es eines straff gesteuerten Schulaufsichtsregimes sowie umfassender Bemühungen, die Schulrealität an die in Ordnungen und Reskripten apostrophierte Schulpflicht anzunähern. Allerdings gelang dies anscheinend nur in den allerwenigsten Fällen, wobei auf einige der dafür stehenden Ursachen in dieser Untersuchung noch einzugehen sein wird. Obwohl Schulversäumnisse ganz offensichtlich im unmittelbaren Zusammenhang mit der sozialen Lage vieler Berg- und Hüttenarbeiterfamilien standen (weswegen Kinder, statt zur Schule geschickt zu werden, zum Lebensunterhalt der Familien durch die Ausnutzung gegebener Zuverdienstmöglichkeiten beitragen

421 Hunger (Fortbildungsschulwesen), S. 131, sprach in diesem Zusammenhang vom „… gute(n), brauchbare(n) Bürger und Christ(en)“, der „zufrieden mit seinem Zustande, treu, redlich [und] vaterlandsliebend“ erzogen werden sollte. 422 Vgl. dazu die Erneuerte Schulordnung von 1773 (wie Anm. 2). 423 Vgl. dazu die Instruktion vom 20. Nov. 1724 (wie Anm. 175), sowie den Abschnitt 1.1. 424 § 1 des III. Kapitels der Erneuerten Schulordnung von 1773 (wie Anm. 2), Sp. 139. Vgl. zum Gegenstand des Unterrichts an den „niederen“ Schulen auch Marquardt (Geschichte der Industrieschule), S. 36. 425 § 14 des IV. Kapitels der Erneuerten Schulordnung von 1773 (ebd.), Sp. 143. 426 § 16 des IV. Kapitels der Erneuerten Schulordnung von 1773 (ebd.), Sp. 144.

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mussten),427 blieb es auch nach der Erneuerten Schulordnung bei der Gebührenpflicht für den gewährten Schulunterricht.428 Allerdings hatte nach § 5 der Schulordnung bei offenbarer Armut der Eltern oder bei verwaisten Kindern die Gemeinde das obligatorische Schulgeld aufzubringen.429 Dass viele Gemeinden wegen eigenen finanziellen Unvermögens zu einer solchen ersatzweise aufzubringenden Leistung gar nicht in der Lage waren,430 dürfte einer der Gründe für die spätere Herausbildung des kursächsischen Bergschulwesens gewesen sein. Nur wenige Monate nach Verabschiedung der Schulordnung rüttelte die Eingabe zweier Vertreter christlicher Schulaufsichtsbehörden – nämlich eines Pfarrers und eines Diakons aus Brand bei Freiberg – die kursächsische Bergverwaltung auf.431 Beide Petenten, die eine Verbesserung der elementaren Schulbildung in ihrem Zuständigkeitssprengel anstrebten, stellten der Bergbehörde die sich aus der Erneuerten Schulordnung von 1773 ergebenden Erziehungs- und Ausbildungsansprüche der Schulrealität, wie sie in einer kleineren Bergstadt432 bzw. dem diese umgebenden dörflichen Umfeld vorherrschend war, gegenüber. Das Ergebnis liest sich niederschmetternd. Gerade Kindern von Bergleuten und Hüttenarbeitern blieb wegen der Armut ihrer Eltern oftmals der Zugang selbst zu elementarsten 427 So formulierte Pätzolds (Geschichte des Volksschulwesens), S. 91, für die Bewohner des Erzgebirges, dass diese „zum größten Teil ein kümmerliches Dasein (fristeten) und ... deshalb die Kinder zur Arbeit, zum Klöppeln, Spinnen oder zur Beaufsichtigung kleiner Geschwister heranziehen (mussten).“ Die ausgewerteten Akten liefern auch Belege dafür, dass Bergarbeiter ihre Kinder trotz des bereitgestellten Schulgeldes nicht zur Schule schickten, weil sie sich dazu wegen ihrer Armut „ausser Standt gesezt“ sahen; sie verwendeten das Schulgeld nicht zur Bezahlung der Lehrer, sondern zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts. Vgl. dazu den Bericht (wahrscheinlich des Bergschulkassen-Vorstehers Beyer) an BHM von Charpentier [o.D.; um 1802], in: BergA, OBA 2288, Bl. 62–65, hier Bl. 63 b. 428 Peter von Hohenthal bringt ein Beispiel aus der von ihm gegründeten Dorfschule, in welcher die Bauern den angestellten Kinderlehrer für jedes schulfähige Kind zwischen 5 und 11 Jahren mit einer festgesetzten Menge Getreide, dem sogenannten Schulkorn, zu vergüten hatten; für ältere Kinder war ein Vergleich zwischen Eltern und Lehrer vorgesehen. Vgl. dazu Hohenthal (Vom Schulgehen), S. 712–722. 429 Vgl. dazu die § 5 der Erneuerten Schulordnung von 1773 (wie Anm. 2), hier „Cap. II. Von dem Schulgehen und dem Schulgelde“, Sp. 133–136, hier Sp. 135. Aber bereits durch dass Reskript vom 7. August 1766 – vgl. dazu Trögel (von Heynitz 1921), S. 7, Anm. 7 – und das Generale vom 24. Juli 1769 – vgl. dazu Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens), S. 46 – waren die Gemeinden zur Aufbringung des Schulgeldes für „arme Kinder“ verpflichtet worden. Zu einer solchen Aussage gelangte auch Marquardt (Geschichte der Industrieschule), S. 35. 430 Vgl. Näheres dazu im Unterabschnitt 5.1.1. 431 Vgl. Näheres dazu im folgenden Unterabschnitt 2.2.1. 432 Auf die administrativen Besonderheiten einer Bergstadt gegenüber sonstigen Kleinstädten kann an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden. Grundlegend sei hierzu auf Wächtler/Wagenbreth (Bergbau im Erzgebirge), S. 108–116, verwiesen. Nach Keller (Beobachtungen zur Schule), S. 139, war Kursachsen „… vom 16. bis weit ins 19. Jh. hinein ein vorwiegend kleinstädtisch geprägtes Territorium ...“

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Formen schulischer Bildung verwehrt. Die Eingabeerstatter unterbreiteten Lösungsvorschläge, wie ihrer Meinung nach die angezeigten Mängel hätten überwunden werden können. Diese Vorschläge wurden in der Folge von der Bergverwaltung auf ihre Umsetzbarkeit geprüft. Da schon wenige Jahre vorher (1769) der Kurfürst bei seiner Anwesenheit im Bergrevier Schneeberg Belege für den z. T. außerordentlich geringen Bildungsgrad der anfahrenden Bergjugend hatte zur Kenntnis nehmen müssen (was eine angewiesene Berichterstattung der Bergverwaltung nach sich zog),433 waren nun dringend hoheitliche Entscheidungen geboten. Die erwähnte Eingabe aus Brand belegt, dass es trotz Verabschiedung der Erneuerten Schulordnung nicht gelungen war, das allgemeine Schulwesen in Kursachsen sofort wesentlich zu verbessern und allen schulfähigen Kindern wenigstens eine elementare schulische Grundbildung zu garantieren. Da man noch Jahre später in Dresden als eine der Ursachen für diesen Umstand die ungenügend wahrgenommene Schulaufsicht durch Pfarrer und Superintendenten vermutete, erging am 17. Dezember 1788 vom Landesherrn über den kursächsischen Kirchenrat434 an sämtliche Konsistorien sowie die Superintendenten des Meißnischen und Erzgebirgischen Kreises eine „General-Verordnung“ über deren Aufsichtsführung über das Schulwesen.435 Nach dieser machte die Aufsicht der Superintendenten über Pfarrer und die diesen untergeordneten Schullehrer „… eigentlich die große Haupt-Sache ihres Amts … “ aus.436 Im Rahmen dieser Aufsicht hätten sie nicht nur die ihnen direkt untergeordneten Pfarrer, sondern auch die Lehrer an den lateinischen und deutschen Schulen, sowie „Catecheten“437 und Kinderlehrer innerhalb ihrer „Diaecösen“ in genauer Beobachtung zu halten.438

433 Vgl. dazu Näheres im Abschnitt 2.1. Auch wenn diese Begegnung des Kurfürsten mit anfahrenden Bergmannskindern nicht überbewertet werden darf, war sie für die spätere Installation des Bergschulwesens durchaus von Bedeutung. 434 Der von den Räten des Dresdner Oberkonsistoriums gebildete Kirchenrat war nach Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 353, die „oberste staatliche geistliche Behörde“ Kursachsens. 435 „General-Verordnung die von den Superintendenten ueber die ihnen untergeordneten Geistlichen und Schullehrer … zu fuehrende Obsicht …, vom 19. Decemb[e]r, 1788“, in: C.A., 2. Forts., 1. Abt., Sp. 205–216. In dieser Verordnung wurde die schon früher bemängelte ungenügende Durchführung von Schulvisitationen durch die Superintendenten gerügt und zugleich in einzureichenden „Schullehrer-Tabelle(n)“ eine regelmäßige Auskunftserteilung über die fachlichen und moralischen Qualitäten der Lehrer verlangt. Vgl. dazu auch Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 317. 436 „General-Verordnung“ vom 19. Dez. 1788 (ebd.), Sp. 205. 437 Die Aufgaben eines solchen Katecheten-Schulmeisters zu Beginn des 18. Jahrhunderts sind aus der Instruktion für den „1. Catecheten“ Christoph Glöckner an der Eusebienschule Freiberg klar erkennbar. Vgl. dazu SHStA, Loc. 10094, Superintendentur Freiberg, Nr. 205, Bl. 1–6 b. 438 Vgl. dazu die „General-Verordnung“ vom 19. Dez. 1788 (wie Anm. 435).

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Zwischenzeitlich war jedoch eine Entwicklung eingetreten, die bereits zu maßgeblichen Eingriffen in diese bis zu Beginn der 70er-Jahre des 18. Jahrhunderts vor allem von den kirchlichen Behörden ausgeübte Schulaufsicht geführt hatte und die elementare Schullandschaft in den unter Berghoheit stehenden Landesteilen – den kursächsischen Bergrevieren – wesentlich verändern sollte. Diesen stattfindenden Veränderungsprozess darzustellen, ist Gegenstand der nachfolgenden, im Wesentlichen auf der Auswertung von Archivunterlagen basierenden Untersuchung.

2. Die Herausbildung der bergmännischen Ausbildung im Freiberger Bergrevier 2.1. Die Etablierung des Oberbergamtes als Fachbehörde für das sächsische Bergschulwesen und die Einsetzung Benno von Heynitz’ als Inspektor für das gesamte Bergschulwesen Auch nachdem Kurfürst Friedrich August 1773 seinen Befehl über die Einführung erneuerter Schulordnungen erlassen hatte,439 blieb es im Wesentlichen bei der Schulverfassung, wie sie im Abschnitt 1.2 geschildert worden ist. In den 200 Jahren seit der Reformation bzw. der Schulordnung von 1580 war es kaum zu Veränderungen dieser Schulverfassung gekommen.440 Nach wie vor lag die allgemeine Schulaufsicht auch innerhalb der kursächsischen Bergreviere bei den christlichen Schulbehörden. Die Bergverwaltung hatte mit dem eigentlichen Schulwesen nichts zu tun.441 Vor Ort mussten auch zu Beginn des Untersuchungszeitraumes die Pfarrer als unmittelbare Vorgesetzte der Schullehrer bzw. Küster die örtlichen deutschen442 Schulen in ihrem Verwaltungssprengel regelmäßig inspizieren.443 Ungeachtet dessen, dass es sich bei Pfarrern oder Superintendenten um Vertreter 439 Befehl über „die Einführung der erneuerten Schulordnung ...“ vom 17. März 1773 (wie Anm. 207), Sp. 67 f. 440 So sieht es auch Neugebauer (Niedere Schulen und Realschulen), S. 219, für Preußen, der unter Bezug auf Richter (Kursächsische Volksschulordnungen), S. 13, erst für das 18. Jahrhundert von einer vorsichtigen Weiterentwicklung spricht. Allerdings darf man nicht übersehen, dass es während des 30-jährigen Krieges einerseits zu einem teilweisen Niedergang des elementaren Schulwesens – Neugebauer (ebd.), S. 222 f., spricht von einem „zäsurhaften Schlag“, „den die Einwirkungen des dreißigjährigen Kriegsgeschehens auf die städtischen Schulen der Mark Brandenburg … mit sich brachten“; an anderer Stelle relativiert Neugebauer diese Aussage allerdings. Vgl. dazu ders. (Lokalismus und schulische Praxis), S. 394 – andererseits nach dem Krieg zu einer verstärkten Wiedergründung solcher Schulen kam. 441 Der von Fehrmann (Geschichte der Volksschule), S. 4, erbrachte Vorwurf, dass die Bergverwaltung nicht zur Ausbildung an den „Volksschulen“ beigetragen habe, widerspricht nicht nur der Aktenlage, sondern wäre selbst bei Richtigkeit dieser Behauptung völlig ohne Relevanz, denn das Elementarschulwesen lag nun einmal nicht im Verantwortungsbereich der Bergverwaltung. Die Untersuchung hat genau das Gegenteil dieser aufgestellten Behauptung belegt. Fehrmann hat offensichtlich keine einzige der hier ausgewerteten Akten des Bergarchivs bzw. Universitätsarchivs in ihre Untersuchung einbezogen. 442 Spätestens seit Erlass der Erneuerten Schulordnung von 1773 subsumierte der Begriff der „deutschen Schule“ verschiedene, einen Elementarschulunterricht bietende Schultypen. 443 Vgl. dazu Löscher (Wandlungen der Schulaufsicht I), S. 6.

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„christlicher“ Schulbehörden handelte, änderte dies nichts daran, dass deren “geistliche“ Gewalt über Kirchenangelegenheiten, einschließlich des Schulwesens, letztlich aus der Gewalt des Landesherrn erwuchs und nicht etwas von Letzterer Unabhängiges war, sondern ihr nachgeordnet blieb.444 Die kurfürstliche Aufsicht über das Schulwesen funktionierte somit faktisch genauso, wie die über das Bergwesen, nur wurde diese von anderen unter dem Landesherrn stehenden Funktionsträgern wahrgenommen. Neben der landesherrlichen Schulaufsicht dürfen aber nicht die Einflussmöglichkeiten, die Grundherrschaften oder auch Stadtverwaltungen als „Patrone“ der Kirchen und Schulen besaßen, unterschätzt werden.445 Vor allem durch das „jus vocandi“ – also das Berufungsrecht für die Schulmeister – konnten diese Patrone in erheblichem Maße auf Erziehung und auch den Unterrichtsinhalt einwirken,446 denn die Lehrkräfte der örtlichen Schulen benötigten für eine erfolgreiche Tätigkeit, d. h. insbesondere für ihr gesichertes Auskommen, das unbedingte Vertrauen ihres jeweiligen Schulpatrons. Der Bergverwaltung oblagen all jene Funktionen, die der Durchsetzung des landesherrlichen Bergregals447 dienten. Im Endzweck hatte die vom Landesherrn installierte Bergverwaltung mit ihren hochqualifizierten Mitarbeitern vor allem aus dem landesherrlichen („autarken“) Bergbau die Einnahme des sogenannten Zehnten448 als eine der wichtigsten Quellen für den zeitweiligen Reichtum Sachsens zu realisieren. Die außerordentlich vielschichtigen Aufgaben, die dabei von der Bergverwaltung zu bewältigen waren, hatten sich seit dem Ende des 15. Jahrhunderts kaum verändert. Sie waren technischen, bergpolizeilichen und ökonomisch-finanziellen, aber auch sozialen und standeswahrenden Inhalts und reichten von der 444 Anders sieht dies allerdings Löscher (ebd.), S. 6 f., der im Hinblick auf die Schulaufsicht bis ins 18. jahrhundert hinein hier von einem Primat der geistlichen Gewalt ausgeht. 445 Hierauf ist bereits im Abschnitt 1.1 näher eingegangen worden. Über die Ursachen der teilweisen „Machtlosigkeit“ kirchlicher Schulaufsichtsbehörden gegenüber lokalen Interessen hat Neugebauer (Lokalismus und schulische Praxis), S. 399, für Preußen interessante Aussagen getroffen. 446 Speziell für Preußen nach der Reformation konnte Neugebauer überzeugend nachweisen, dass die Einwirkungsmöglichkeiten der Schulpatrone – z. B. der Städte – auf kirchen- und schulpolitische Fragen keineswegs mit der Installation eines landesherrlichen Kirchenregiments beseitigt worden war. Vgl. zu dieser Problematik Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 65–167, hier insbesondere S. 70 f. 447 Vgl. zum Inhalt des Bergregals grundlegend Baumgärtel (Bergbau und Absolutismus), S. 25 f. 448 Bergwerksabgabe, i. d. R. der 10. Teil des durch Bergbau und Verhüttung gewonnenen Silbers o.a. Minerals (edlen Metalls). Vgl. zur Einnahme und Funktion des Zehnten den Artikel „Zehnt“, in: Veith (Bergwörterbuch), S. 585 f., sowie Laube (Studien), S. 77 f., bzw. Baumgärtel (ebd.), S. 30–33. Weitere Einkünfte aus dem Bergbau waren die von den Gruben zu entrichtende Steuer „Quatember- oder Rezeßgeld“, der „Schlagschatz“ sowie das landesherrliche Vorkaufsrecht für Metalle; vgl. dazu Baumgärtel (ebd.).

Etablierung des Oberbergamtes als Fachbehörde für das Bergschulwesen

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Mutung eines Grubenfeldes über die Vermessung und den Rechtsakt der landesherrlichen Verleihung von Berggebäuden, den Grubenausbau, die Förderung, Fahrung und Bewetterung, die Beaufsichtigung der Verhüttung der gewonnenen Erze hin bis zur Versorgung „bergfertiger“449 Häuer. Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts hatte der sich immer weiter ausprägende Apparat der kursächsischen Bergverwaltung all diese im Zusammenhang mit der Gewinnung und Verarbeitung von Erzen vor sich gehenden Prozesse zu beaufsichtigen und zu lenken. Dieser leitete die bis ins Detail gehende Beaufsichtigung, Kontrolle und Regulierung der gesamten berg- und hüttenmännischen Prozesse im Sinne des Direktionsprinzips,450 wozu selbstverständlich auch die finanzorganisatorische Absicherung des Bergwesens gehörte. Der Landesherr installierte die aus Zehntnern, Bergmeistern, Geschwornen, Bergschreibern, Gegenschreibern, Hüttenraitern und anderen „Bergbeamten“ bestehende Bergverwaltung451 vor allem als Instrument zur Durchsetzung seiner regalherrlichen Rechte.452 Umfang und Aufgaben der Bergverwaltung waren dabei vor allem abhängig von der Größe und Bedeutung des jeweiligen Bergreviers selbst, aber auch von den konkreten Abbauverhältnissen bzw. den „Bedürfnissen des Bergbaus“.453 In Kursachsen war die Bergverwaltung im Prinzip dreistufig aufgebaut: über den Bergämtern454 in den einzelnen Bergrevieren stand das Oberberg449 Durch Krankheit aus dem unmittelbaren bergmännischen Produktionsprozess ausgeschiedene Bergarbeiter wurden in den Akten oft als „bergfertig“ bezeichnet. 450 Unter „Direktionsprinzip“ versteht man das allumfassende, landesherrlich/staatliche System der Lenkung und Leitung des Berg- und Hüttenwesens unter rechtlichen, wirtschaftlichen, technischen, sicherheitstechnischen und sozialen Gesichtspunkten. Dieses Prinzip war mit der Verabschiedung des Allgemeinen Berggesetzes von 1868/69 durch das sogenannte Inspektionsprinzip abgelöst worden. Vgl. zum Direktionsprinzip im sächsischen Bergbau Baumgärtel (Bergbau und Absolutismus), S. 25 f., sowie zu dessen Ablösung grundlegend Martin (Bergverfassung), insb. S. 53–66. Das Oberbergamt übte auf die unterstellten Bergämter im Einzelfall auch Druck aus, um landesherrliche Interessen und Intentionen letztlich auch durchzusetzen. 451 Vgl. zum Aufbau der Bergverwaltung im Untersuchungszeitraum grundsätzlich Köhler (Anleitung zur Verfassung beim Bergbau), insbes. V. Kapitel, S. 70–95, sowie zum Aufgabengebiet der Vertreter der Bergverwaltung Kaden (Funktionen der Bergverwaltung), o.S. 452 Köhler (ebd.), § 7, S. 72, bezeichnet diese Regalrechte als „Reservate des Land[e]sherrn. Vgl. zu diesem Gegenstand grundlegend Laube (Studien), insbes. S. 48–50, 77–81. 453 Letzteres nach Blaschke (Ausbreitung des Staates), S. 46. Der „Mitarbeiterstab“ der jeweiligen Bergverwaltung konnte in Abhängigkeit von der Größe des zu beaufsichtigenden Bergreviers einige wenige Mitarbeiter bis zu mehreren Dutzend „Beamten“ umfassen. Vgl. zum Zusammenhang zwischen den konkreten Abbaubedingungen und dem Umfang der Bergverwaltung im Erzgebirge die vielen Belege bei Laube (Studien), insbes. S. 274. 454 Die Anzahl dieser Revierbergämter schwankte. Betrug deren Zahl 1755 noch 16 – vgl. dazu Baumgärtel (Bergbau und Absolutismus), S. 23 – reduzierte sich diese in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts durch Revierzusammenschlüsse. Eine Zusammenstellung über die kursächsischen Bergreviere zum Stand des Jahres 1786 findet sich bei Köhler (Anleitung zur Verfassung beim Bergbau), S. 73. Jedes Bergamt setzte sich nach Köhler (ebd.), S. 73–75,

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amt in Freiberg, geführt von der Berghauptmannschaft455, der zusammen mit einer unterschiedlich großen Anzahl von Berg- und Bergkommissionsräten die Lenkung und Leitung des Bergwesens oblag. Dem Oberbergamt übergeordnet war das schon erwähnte Kammer- und Berggemach in Dresden, welches allerdings 1782 aufgelöst wurde.456 Die Vertreter der Berghauptmannschaft des Oberbergamtes in Freiberg selbst nahmen innerhalb des kursächsischen Beamtenapparates eine durchaus privilegiert zu nennende Stellung ein.457 Die Oberzehntenämter in Freiberg bzw. Annaberg spielten als zentrale Finanzstellen des Bergbaus auch eine wichtige Rolle bei der finanziellen Absicherung des Bergschulwesens. Obwohl Letztere ebenfalls dem Kammer- und Berggemach unterstellt waren,458 durfte sie der Freiberger Oberberghauptmann bei einer Reihe wahrzunehmender Aufgaben direkt anweisen.459 Wie Struktur und Verfassung der sächsischen Bergverwaltung zu Beginn des Untersuchungszeitraumes im Einzelnen aussahen und welche Bergreviere künftig eventuell Aufgaben einer erst noch zu installierenden bergmännischen Schulausbildung hätten übernehmen können, wird aus einem Dokument ersichtlich, welches

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wenigstens aus dem Bergmeister, diesem beigeordneten Geschwornen, einem Bergschreiber als „Actuarius“, oft einem Markscheider „zuweilen aber aus noch einigen andern Beamten“ – wie in Freiberg dem Obereinfahrer, Bergamtsassessor, Oberstollnfaktor, Wäschegeschwornen und Kunstmeister, oder in Schneeberg und Annaberg dem Kobaltinspektor – zusammen. In Annaberg saß darüber hinaus noch ein Oberzehntner, in Schneeberg ein Zehntner – vgl. ders. (ebd.), S. 73, Anm *. Diese machten allein die Klasse I der nach dem sächsischen Dienstkleidereglement von 1841 beigefügten elfstufigen Bergrangordnung aus. Vgl. dazu das „Reglement fuer die Dienstkleidung der bei dem Berg- und Huetten-Wesen … angestellten Bergwerks- Staats- und Gewerkschaftlichen Diener, in: Kalender fuer den Saechsischen Berg- und Hütten-Mann auf das Jahr 1843, S. 122–135, Anlage: Bergrangordnung, S. 130–135, hier S. 130. Dass es angeblich in Kursachsen mehrere Oberbergämter gegeben habe, wie Fehrmann (Geschichte der Volksschule), S. 9, glauben machen will, ist nicht richtig. So Baumgärtel (Bergbau und Absolutismus), S. 22. Die Aufgabe dieser Behörde gingen auf das 1. Departement des Finanzkollegiums über; vgl. dazu ders. (ebd.). Das aus Generalbergkasse, Kammerkollegium und Bergkollegium bestehende Geheime Finanzkollegiums, das erst 1782 als zentrale Behörde für die Verwaltung der ökonomischen und finanziellen Angelegenheiten des Landesherrn geschaffen worden war (vgl. dazu Groß (Geschichte Sachsens b), S. 164), stand als oberste Landesbehörde dem Oberbergamt vor. Vgl. zu deren wichtigsten Aufgaben die kurfürstliche Instruktion vom 5. Nov. 1785, auszugsweise zitiert bei Gretschel (Geschichte), S. 270 f. Das ist auch daraus erkennbar, dass die Ämter der höheren Bergbeamten nicht durch das 1782 geschaffene Geheime Finanzkollegium, sondern vom Kurfürsten selbst bestallt wurden. Vgl. dazu Gretschel (Geschichte), S. 269, sowie die Akten OBA 2329, 3423 und 3424 des SächsHStA Dresden. So nach Baumgärtel (Bergbau und Absolutismus), S. 24 f. Dies ergibt sich eindeutig aus dem Inhalt der ausgewerteten Oberbergamtsakten. Dieser Gegenstand der doppelten Unterstellung bedarf allerdings noch der näheren Untersuchung.

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unmittelbar zu Beginn des Untersuchungszeitraumes entstanden ist. Dabei handelt es sich um den Bericht460 der schon erwähnten 1766 ins Leben gerufenen Hauptrevisions-Kommission,461 die unter Leitung des Generalbergkommissars Friedrich Anton von Heynitz als Kommissionsvorsitzendem stand.462 Aus dem von Heynitz’schen Bericht lässt sich der Aufbau der Bergverwaltung Kursachsens unmittelbar nach dem Ende des Siebenjährigen Krieges rekapitulieren. In ihm schilderte die Kommission dem Landesherrn klar und detailliert den Zustand des sächsischen Bergwesens und unterbreitete zugleich Vorschläge für notwendige Verbesserungen des Berg- und Hüttenwesens. Nach diesem Bericht bestanden im hier untersuchten Zeitabschnitt innerhalb des Kurfürstentums Sachsen – hier ohne die thüringischen Gebiete – folgende Bergreviere:463 • das Freiberger Revier; • die obererzgebirgischen Bergreviere464 in Altenberg (mit) Glashütte und (Berg-) Gießhübel, in Marienberg, Ehrenfriedersdorf, Geyer, Annaberg, Scheibenberg (hier mit Schwarzenberg, Ober- und Unterwiesenthal sowie Hohenstein), Schwarzenberg (für den Eisenerzbergbau), Schneeberg sowie Johanngeorgenstadt und Eibenstock; • die vogtländischen Bergreviere in Voigstberg und Großkamsdorf.465

460 Vgl. dazu Anm. 346. 461 Vgl. dazu Abschnitt 1.2. Die Mitglieder der Kommission kontrollierten nicht nur die einzelnen Bergämter und das Oberhüttenamt, sondern auch die Saigerhütte in Grünthal sowie sämtliche landesherrliche und gewerkschaftliche Kassen innerhalb des Berg- und Hüttenwesen. Vgl. dazu Baumgärtel (Bergbau und Absolutismus), S. 82. 462 Weitere Kommissionsmitglieder waren der Oberberghauptmann Friedrich Wilhelm von Oppel, der Vizeberghauptmann Carl Eugen Pabst von Ohain, der Bergrat am Dresdner Kammer- und Berggemach, Johann Polykarp Leyser, und der Berg- und Münzsekretär Magnus Lichtwer. Vgl. dazu Baumgärtel (ebd.), S. 81. 463 Vgl. dazu den Bericht der Revisionskommission von 2. März 1771, in: Baumgärtel (ebd.), S. 135. Die Grenzen der einzelnen Bergreviere hatten sich seit dem 16. Jahrhundert wiederholt verändert. Im Vergleich hierzu siehe die Struktur und Ausdehnung der erzgebirgischen Bergreviere im 16. Jahrhundert bei Laube (Studien), insb. S. 22–47. 464 Diese werden von der Kommission stets als „gebirgische Bergämter“ bezeichnet. Überhaupt findet sich für das Erzgebirge bis weit in das 18. Jahrhundert hinein meist der Begriff „gebirgig“, genau so, wie z. B. in den Visitationsprotokollen der Ephorien Annaberg, Chemnitz, Freiberg, Zwickau und weitere aus dem Jahre 1555 der Begriff „Gebirgischer Kreis“ verwendet wird; der nach der Münzordnung von 1542 als „Aufseher“ eingesetzte Wolf von Schönberg war für den „Erzgebuerger Kreis“ zuständig. Vgl. dazu Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 5, sowie Kaden (Leipziger Teilung), S. 11. 465 Hinzu kamen noch die damals zu Kurfürstentum Sachsen gehörenden, heute außerhalb Sachsens liegenden Bergreviere der Bergvogtei Thüringen, Henneberg-Schleusingens und Ilmenaus sowie das Mansfelder Bergrevier. Vgl. hierzu das von Baumgärtel (Bergbau und Absolutismus), S. 125 f., erstellte Inhaltsverzeichnis zum Bericht der Kommission vom 2. März 1771.

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Allen diesen Bergrevieren standen Bergämter vor, denen später die Aufsicht über das „niedere“ Bergschulwesen übertragen wurde.466 Damit es in keinem der besuchten Bergreviere an „gute(m) Nachwuchs“ fehlen sollte, hielt die Kommission bei ihrer Inspektionstätigkeit wiederholt „Nachfrage nach Leuten …, die sich zur Ausbildung als Steiger oder Schichtmeister sowie zur Aufnahme an die Bergakademie eigne(..)n“ würden.467 Gerade an fachlich gut ausgebildeten Schichtmeistern468 sowie Steigern469 als unteren Bergbeamten, oft auch als „Unteroffizianten“470 bezeichnet, mangelte es in dieser Zeit. Als technische und kaufmännische Betriebsleiter und „… oberste Beamte der Gewerkschaft“471 besaßen die Schichtmeister genau wie die Steiger als gewerkschaftliche Grubenaufseher472 eine große Bedeutung für den Regalbergbau und damit für Erzielung von Einnahmen für den Landesherrn; 466 Die vorliegende Untersuchung wird sich jedoch schwerpunktmäßig auf das Freiberger und die obererzgebirgischen Bergreviere konzentrieren. 467 Baumgärtel (Bergbau und Absolutismus), S. 84. Steiger und Geschworne konnten im Einzelfall auch eine höhere Ausbildung absolvieren. So bestimmte das Oberbergamt in seiner Instruktion für den ersten Bergrechtslehrer Alexander Wilhelm Köhler, dass dieser die Bergrechte zugeschnitten auf die Bergakademisten zu lesen habe, „welche größten Theils zu Steigern, Schichtmeistern, Geschwornen, Recess-Schreibern, und anderen Rechnungs-, auch CantzleyExpeditoren, ing[leichen] zu Hütten-Officianten zugezogen werden“. Instruktion des OBA für Köhler vom 31. Mai 1786, in: UAF, OBA 246, Bl. 160 b.–162 b., hier Bl. 161. 468 Nach der Bergrangordnung zählten die Schichtmeister zur Klasse VI, den „Offizianten“; nur die ersten vier Klassen galten offiziell als Beamtenklassen. Vgl. dazu das Reglement der Dienstkleider (wie Anm. 455), hier S. 132. Köhler (Anleitung zur Verfassung beim Bergbau), S. 79, rechnete die Schichtmeister zu den Unterbeamten oder „Unterofficianten“, die an jedem Bergamt angestellt waren. Diese seien zugleich „… die Factors und Rechnungsführer der Gewerkschaften; sie besorgen unter Direktion und Controlle des Bergamts(..) den Haushalt der ihrer Administration anvertrauten Grubengebaeude …“In Böhmen dagegen waren die Funktionen des Schichtmeisters und des Steigers hierarchisch höher eingestuft als in Sachsen. Vgl. dazu Weizsäcker (Sächsisches Bergrecht), insb. S. 91–93. 469 Die Steiger zählten zur Klasse VIII der sächsischen Bergrangordnung. Vgl. dazu die Bergrangordnung (ebd.), S. 133. Im Übrigen aber ist die rangmäßige Einordnung der Steiger umstritten. Nach Weizsäcker (ebd.), S. 91, war der Steiger in Böhmen „… der nächste Beamte …“ nach dem Schichtmeister; nach Köhler (ebd.), S. 76, gehörten „Gruben-, Poch und Waeschsteiger“ zu den Unteroffizianten. Von Schirnding rechnete 1794 die Steiger zur „… unter Claße(..) des Bergstandes“. Bericht von Schirndings vom 2. Mai 1794, in: UAF, OBA 10, Bl. 23–38 b., hier Bl. 27 b. 470 So von Köhler (ebd.). 471 So hatte schon Weizsäcker (ebd.), die Funktion des Schichtmeisters in Böhmen beschrieben. Nach Laube (Studien), S. 167, waren die Schichtmeister, die zugleich häufig als Gewerken fungierten, „… die eigentlichen Leiter der Zechen“, hatten dabei jedoch nach Roeßler (Bergbauspiegel), S. 121, gegenüber Beamten und Gewerken „… iederzeit gebietende Bescheidenheit zu gebrauchen …“ 472 Vgl. zum Aufgabenfeld der Schichtmeister und Steiger auch Kaden (Funktionen der Bergverwaltung), o.S. Laube zählte weder Schichtmeister noch Steiger zum eigentlichen Beamtenapparat im Bergwesen. Vgl. dazu Laube (Studien), S. 64–77.

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an deren fachlicher Ausbildung musste deshalb auch den Kommissionsmitgliedern besonders gelegen sein. Der Apparat der landesherrlichen Bergbeamten473 und Bergoffizianten war, wie schon erwähnt, gehalten, die Regalrechte des Landesherrn durchzusetzen. Gerade zu Beginn des Untersuchungszeitraumes durfte der Bergbau als eine der wichtigsten landesherrlichen Einnahmequellen auf keinen Fall versiegen, wofür der Beamtenapparat der Bergverwaltung die Hauptverantwortung trug.474 Der Kurfürst als Inhaber des Bergregals war naturgemäß bestrebt, alle sich ihm bietenden Möglichkeiten der Realisierung seiner Regalrechte auszuschöpfen. Er musste deshalb den ihm direkt unterstellten Bergverwaltungskomplex so gestalten, dass dieser die fiskalischen Ansprüche durchzusetzen in der Lage war. Dazu bedurfte es bei den landesherrlichen Beamten und Offizianten der Bergverwaltung, vor allem jedoch beim Aufsichtspersonal vor Ort – wie Bergmeistern, Geschworenen, Schichtmeistern oder Steigern – eines hohen bergmännischen, also auch technischen Fachwissens.475 Die bis dahin übliche Erfahrungs- und Wissensweitergabe der Älteren an die Jüngeren reichte ganz offensichtlich nicht mehr aus,476 die immer komplizierter werdenden Abbauverhältnisse477 „vor Ort“ – die sich dabei keineswegs auf nur technische Fragen beschränkten – zu beherrschen,478 zumal die damalige berg- und hüttenmännische Ausbildung selten über „… die in einer Grube gesammelten Arbeitserfahrungen und Fertigkeiten hinaus (ging).“479 Friedrich Wilhelm Heinrich

473 Zur Funktionsbeschreibung und Zuordnung der einzelnen Bergbeamten und Offizianten in die damals herrschende Hierarchie der Bergverwaltung vgl. grundlegend Köhler (Anleitung zur Verfassung beim Bergbau) bzw. ders. (Recht und Verfassung beim Bergbau). 474 Die häufig kolportierte Bezeichnung vom „Staat im Staate“ für den Bergbau und dessen Verwaltung, den „Bergstaat“, der nach Blaschke (Ausbreitung des Staates), S. 45, „… vollkommen eigenständig neben der übrigen Verwaltungsorganisation bestand“, besitzt hier durchaus ihre Berechtigung. 475 Wie umfangreich diese vor allem technischen Anforderungen sein konnten, belegen die jüngsten Untersuchungen von Kapke (Vom Zimmergesellen zum Kunstmeister). 476 Durch die „handwerksmäßig(e)“ Ausbildung des Nachwuchses von Berg- und Hüttenbeamten, von der Serfas (Habsburgs Universitäten), S. 63, spricht, war dieses Wissen nicht immer zu erzielen. 477 Die Bergarbeiten waren nach Guntau (Rolle der Wissenschaften), S. 12, im 17. und 18. Jahrhundert, der „dritten Phase des Montanwesens im Erzgebirge“ durch das Vordringen in die „Tiefzonen der Gänge … anspruchvoller und schwieriger …“ geworden. 478 Wohl auch deshalb sollten auf Vorschlag des Oberbergamtes künftige Schichtmeister nach einem Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 24. Apr. 1779 – vgl. zu diesem UAF, OBA 242, Bl. 132–137, hier Bl. 136 b. – wenigstens ein Jahr lang zwei Nachmittage jeder Woche die Freiberger „Rezessschreiberei-Expedition“ „frequentieren“. 479 So Schellhas (Bergwerks-Akademie), S. 176, im Zusammenhang mit dem von Christian Ehrenfried Seyffert 1726 eingereichten Plan zur Errichtung einer „Bergwercks-Academie“ in Bräunsdorf bei Freiberg.

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von Trebra (1740–1819),480 zugleich Bergkommissionsrat am Oberbergamt und Bergmeister in Marienberg, einer der führenden kursächsischen Bergbeamten, brachte die Notwendigkeit einer qualifizierten Ausbildung von Steigern auf den Punkt: „Bey den Steigern ... wendete ich die groeßte Vorsicht an, sie gut zu waehlen …“,481 und er vertiefte, „ … weil besonders im Aufstoebern der reichen Erzpunkte, in diesen kargen, geheimnisvollen Bergen … alles auf sie ankam …“482

Gerade den nach dem teilweisen Niedergang des kursächsischen Bergbaus im Siebenjährigen Krieg483 entstehenden neuen Herausforderungen konnte die Bergverwaltung ohne eine verbesserte Ausbildung geeigneter Fachleute nicht gerecht werden. Von Trebra wählte deshalb für zwei neue „Hollaender Gruben“484 im Marienberger Bergrevier zwei Häuer aus, die in Freiberg eine weiterführende Ausbildung erhalten hatten – die „ersten Zoeglinge der Bergakademie“, die in der Folge seine Erwartungen „vollkommen“ erfüllen sollten.485 Ein Aufschwung des sächsischen Erzbergbaues schien nach dem Siebenjährigen Krieg nur dann möglich zu sein, wenn man den in den verschiedenen Gliederungen der Bergverwaltung tätigen Beamten und dem Aufsichtspersonal der einzelnen Berggebäude486 ein bergmännisches – vor allem geologisches und technisches – Spezialwissen auf einem bestimmten wissenschaftlichen Niveau vermittelte.487 Die Gründung der Bergakademie war eine der diesem Zweck dienenden Maßnah-

480 Vgl. zu von Trebra Baumgärtel (Von Trebra), zu dessen wissenschaftlicher Tätigkeit Biedermann (Goethe), S. 14–22. Trebra hatte u. a. 1782 die „Erfahrungen vom Innern der Gebirge …“ und 1789/90 (gemeinsam mit von Charpentier und mit von Born) die „Bergbaukunde“ herausgegeben, vgl. dazu Wappler (Oberberghauptmann von Trebra), S. 90. 481 Trebra (Bergmeister-Leben), S. 253. 482 Trebra (ebd.), S. 364. Die besondere Aufmerksamkeit und zugleich Fürsorge, die Landesherr und Oberbergamt der Steigerausbildung widmeten, wird auch aus dem späteren Patent des OBA vom 23. Mai 1807 deutlich, auf das hier aber nicht näher eingegangen werden kann. 483 Siehe dazu weiter vorn den Abschnitt 1.2. 484 Trebra hatte auf einer Reise nach Holland (Sept. 1770–Febr. 1771) im Auftrag des Generalbergkommissars von Heynitz von den ausländischen Gewerken neues Kapital eingeworben, mit dem im Marienberger Revier neue Gruben angelegt werden konnten. Vgl. Trebra (BergmeisterLeben), insb. den ausführlichen Reisebericht S. 263–313. Trebra hatte in Holland zugleich auch große Mengen Getreide angekauft und damit die im Erzgebirge herrschende Hungersnot mildern helfen. Vgl. dazu Gretschel (Geschichte), S. 224 f. 485 So von Trebra (ebd.), S. 364 f. 486 Im Untersuchungszeitraum üblicher Begriff für „Bergwerk“. Vgl. dazu auch Veith (Bergwörterbuch), S. 217 f. 487 Vgl. dazu Wagenbreth/Wächtler (Freiberger Bergbau), S. 19. Schon Roeßler (Bergbauspiegel), Cap. 2, S. 27, hatte 1700 auf das von Schichtmeistern und Steigern benötigte umfangreiche Spezialwissen hingewiesen.

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men.488 Dieses „Spezialwissen“ benötigten zwar zuallererst Fachleute wie Markscheider,489 Probierer, Silberbrenner oder Saigerhütten-Beamte, die dafür in der Regel auch eine spezielle Fachausbildung absolvieren mussten,490 eine Ausbildung, die sie zur Ausübung ihrer „Kunst“ erst befähigte.491 Aber auch für die in den verschiedenen Bergrevieren tätigen Bergmeister und Geschwornen, die von den Gewerken für mehrere Gruben eingesetzten Schichtmeister und nicht zuletzt die Steiger als Grubenaufseher492 war in einem bestimmten Umfang ebenfalls ein solches Fachwissen – wie z. B. Kenntnisse auf dem Gebiet des Markscheidens und der Bergbaukunst, aber auch über den Grubenhaushalt – erforderlich.493 Hinzu kamen immer mehr Spezialkenntnisse wie die der Mechanik, die man zur Beherrschung der komplizierten Technik des Bergbau- und Hüttenwesens, für den Bau und die Verbesserung der Wasserräder, Kunstgezeuge und neuer Bergwerksmaschinen (wie z. B. von Wassergöpeln) benötigte.494 Eine solche Forderung nach Spezialwissen auf dem Gebiet der Bergbautechnik widerspiegelt sich auch in den Studiengesuchen dieser Zeit. So berichtete der aus Johanngeorgenstadt stammende Carl Christian Beyer in seinem Aufnahmegesuch vom 21. April 1792, dass er zwei Jahre beim Bergfaktor Carl Gottlob Friedrich Goldberg (1759–1833) in Freiberg Unterricht im Zeichnen, Rechnen und dem Bergbau „dankbarlichts genoßen“ habe.495 Er sei nun zunächst beim „Maschinen-Bau“ angestellt worden, weil im Johanngeorgen-

488 Zur Gründung der Bergakademie 1765 sei auf die vielfältige Spezialliteratur verwiesen, insbesondere auf Herrmann (Freiberger Bergakademie), Baumgärtel (Gründung der Bergakademie Freiberg), sowie neuerdings auf Sennewald (Montanistische Lehrtradition) bzw. Kaden (Zur Gründung der Bergakademie). 489 Vgl. zu den Aufgaben der Markscheider Schönberg (Berg-Information), S. 111 f. 490 Vgl. dazu grundsätzlich Sennewald (Stipendiatenausbildung), insb. S. 410 f. Die dagegen von Treese (Vom Knappen zum Bergmechaniker), S. 59 f., erfolgte Darstellung der Wissensaneignung bergmännischer „Führungskräfte“ ist mehr als oberflächlich. 491 Vgl. dazu Sennewald (Stipendiatenausbildung), S. 416. Schon Abraham von Schönberg verwendete den Begriff „Kunst“ zur Bezeichnung und Erläuterung verschiedener bergmännischer Wissenschaften. Vgl. dazu von Schönberg (Berg-Information), S. 110. 492 Die Steiger mussten nicht nur die Gruben „fleißig befahren“, sondern auch die Häuer in den Gruben “wohl an- und unterweisen“. Schönberg (Berg-Information), S. 187–190, hier S. 187. 493 Nach Sennewald (Stipendiatenausbildung), S 417 – hier unter Bezug auf Schönberg (Berg-Information) sowie Beyer (Unterricht vom Berg-Bau) – benötigten diese Bergbeamten Kenntnisse „… zum Aufbau des Gebirges, zur Lage der vorhandenen Grubenbaue im Gebirge, zu dessen Erzhöffigkeit und zu den Grenzen der verliehenen Grubenfelder auf den Erzgängen.“ Ähnlich äußerte sich auch schon Roeßler (Bergbauspiegel), Cap. 2, S. 27. 494 Ein solches Wissen war schon erforderlich, um z. B. die Kunstgezeuge jederzeit „gangbar“ zu halten. Vgl. dazu Schönberg (Berg-Information), S. 108. 495 Gesuch Beyers vom 21. Apr. 1792, in: UAF, OBA 251, Bl. 119–120 b., hier Bl. 119.

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städter Revier „… ein brauchbares Subjekt, das Kenntnisse von Maschinenbau erlangt habe, gewünscht ...“ würde.496 Dass fachlich gebildete Schichtmeister und Steiger gerade nach dem Ende des Siebenjährigen Krieges besonders vonnöten waren, belegen auch die Erkenntnisse, die die Hauptrevisionskommission aus der Begutachtung des kursächsischen Bergbaus und Hüttenwesens zog. Eine der zentralen Forderungen ihres Berichts vom 2. März 1771 war die nach dringend notwendigen Verbesserungen des Bergmaschinenwesens.497 Friedrich Anton von Heynitz, selbst Fachmann und Kenner des europäischen Bergmaschinenwesens,498 formulierte dazu im erwähnten Bericht: „Die großen Mittel zur Wetter- und Wasser-Losung aber, hängen … von einer guten Einrichtung des Maschinen-Wesens ab, dessen Verbesserung äußerst nöthig ist.“499 Insbesondere wäre die Fertigung von Kunst-Rädern, Kunst-Gezeugen „… und was sonst hierher gehörig“ sei, „… immer mehr in die Hände solcher Arbeiter, die sich besonders darauf einrichten [der sogenannten Zeugarbeiter – H.K.], zu bringen …“500 Die Bergbaurevisionskommission erkannte die dringende Notwendigkeit einer fachspezifischen Ausbildung auch der niederen Bergbeamten oder, wie im erwähnten Bericht hervorgehoben wird, sogar der Zeugarbeiter an, was in der Folge auch zur Wahrnehmung einer besonderen Verantwortung der Bergverwaltung für das bergmännische Bildungswesen führen sollte.501 Die grundlegendste Bergrechtsvorschrift, in welcher das System zur Realisierung der Bergregalrechte des Landesherrn verankert war, die Bergordnung Kurfürst Christians I. vom 12. Juni 1589,502 die im Wesentlichen bis zum Erlass des Allge-

496 Gesuch Beyers vom 21. Apr. 1792 (ebd.), Bl. 119 b. Beyer beabsichtigte, an der Bergakademie Freiberg in Freiberg die nötigen Kenntnisse im Maschinenbau und im theoretischen Bergbau zu erwerben. 497 Vgl. hierzu den Bericht der Revisionskommission vom 2. März 1771 (wie Anm. 346), S. 125– 192. 498 Von Heynitz hatte während seiner 17-jährigen Tätigkeit am braunschweigschen Hofe und den dortigen Bergämtern Studienreisen nach Schweden (1747) – diese u. a. gemeinsam mit Georg Winterschmid(t) (nach F.A. von Heynitz einem „glückliche(n) Genie“ des Bergmaschinenwesens; so Heynitz (Familie von Heynitz III), S. 117 – und nach Österreich-Ungarn (1749 und 1751) durchgeführt und vor Ort das Bergmaschinenwesen gründlich studiert. Vgl. Näheres dazu bei Heynitz (ebd.), S. 116–118, sowie zur „revolutionäre(n) Technologie“ der Winterschmid(t)schen Wassersäulenmaschine Bartels (Frühneuzeitliches Montangewerbe), S. 360 f. 499 Bericht der Revisionskommission vom 2. März 1771. Zitat nach Baumgärtel (Bergbau und Absolutismus), S. 165. 500 Bericht der Revisionskommission vom 2. März 1771 (ebd.), S. 166. 501 Diese Erkenntnis war sicherlich einer der Hauptgründe für die Installation des sächsischen Bergschulwesens. Die gegenteilige Behauptung von Fehrmann (Geschichte der Volksschule), S. 4, widerspricht der Aktenlage. 502 „Berg-Ordnung Churf[ürst] Christiani I. zu Sachsen, den 12. Junii, Anno 1589“, in: C.A., 2. Bd., Sp. 185–228. Diese beruhte auf Vorgängerverordnungen des 16. Jahrhunderts, so auf Berg-

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meinen Berggesetzes für das Königreich Sachsen von 1868/69503 verbindlich blieb, enthielt jedoch keinerlei Hinweise auf eine Aufsicht der Bergverwaltung über Bildungseinrichtungen. Zwar finden sich in ihr mehrere Belege für die Notwendigkeit, nur fachlich geeignete Bergbeamte anzustellen – so hatten nach Artikel XLII dieser Bergordnung die leitenden Bergbeamten darauf zu achten, dass „kein … unverstendiger … Schichtmeister angenommen“ wird –504 jedoch war in ihr an keiner Stelle geregelt, wie solche „verständigen“ Bergbeamten herangezogen werden sollten und wer deren Ausbildung zu beaufsichtigen hatte. Ebenso wenig ließ sich aus dieser Bergordnung eine irgendwie geartete Verantwortung der Bergverwaltung für die elementare Schulbildung der Kinder von Berg- und Hüttenarbeitern ableiten, denn diese blieb bis in die Anfangszeit des Bergschulwesens ausschließliche Angelegenheit der kirchlichen Schulaufsicht. Selbst in dem in Freiberg im Jahre 1702 eingerichteten Stipendiengelderfonds kann man noch keinen Versuch zur Übernahme der Aufsicht über Teile des Schulwesens durch die Bergverwaltung erblicken; dazu war das damit verbundene Ausbildungsanliegen viel zu spezifisch.505 Hinweise, die die Möglichkeit der Übertragung der Zuständigkeit der Bergverwaltung auch auf den Unterricht der Bergjugend in Betracht zogen, finden sich erstmals im Bericht der Hauptrevisionskommission vom 2. März 1771. In ihm verweist die Kommission – allerdings noch ziemlich unkonkret – auf die geplante „… Anstalt zu besserer Unterweisung der Berg- Jugend“.506 In dem späteren landesherrlichen Reskript vom 6. Februar 1779 über die notwendige Verbesserung des Unterrichts der Bergjugend,507 den das „Cammer- und Berg-Collegio“ an das Oberbergamt Freiberg sandte, wurde die Verantwortung der Bergverwaltung für den Unterricht und die fachliche Ausbildung der Bergjugend jedoch bereits klar zum Ausdruck gebracht.508 Danach sollte das Oberbergamt entsprechend seinen eigenen Vorschlägen vom 23. Dezember 1778 von jeder Grube aus allen kursäch-

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ordnungen von 1509, 1548, 1554 und 1571/73, auf die hier allerdings nicht näher eingegangen werden kann; vgl. dazu Kaden (Bergordnungen). Vgl. zu diesem Wahle (Allgemeines Berggesetz). Bergordnung vom 12. Juni 1589 (wie Anm. 502), hier Sp. 221. Nach Sennewald (Stipendiatenausbildung), S. 407, diente dieser Fonds vor allem dazu, „Gelder für Stipendien zur Ausbildung künftiger Berg- und Hüttenbeamter bereitzustellen.“ Vgl. dazu auch das Reskript vom 26. Aug. 1702, in: UAF, OBA 1, Bl. 1 f. Bericht der Revisionskommission vom 2. März 1771. Zitat nach Baumgärtel (Bergbau und Absolutismus), S. 176. „… Rescript [Kurfürst Friedrich Augusts](,) den zur Verbesserung des Unterrichts der BergJugend in der Freyberger Berg-Amts-Refier bestimmten Fondss betr[effend] vom 6. Februar 1779“, in: C.A., 2. Forts., 2. Abt., Sp. 195 f. Diesem Reskript war eine mehrjährige Beschäftigung der Bergverwaltung mit Fragen „bergmännische(r) Schulbildung“ vorausgegangen. Freiesleben hatte das Ergebnis dieser Überlegungen auf den Punkt gebracht, indem er formulierte: „Besonders muß dem gesammten Berg-

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sischen Bergrevieren wöchentlich 4 Pfennige für jeden „in Pochwerken und Scheidebäncken anfahrenden Bergknaben“ einnehmen und an die jeweilige Knappschaftskasse abgeben lassen, wie es „... in der Braender Refier bisher schon eingefuehret gewesen“ sei.509 Zusätzlich sollten die „bestimmten Accis-Beträge von denen nicht zur Stadt kommenden Berg-Materialien an Pulver und Eisen …“ an die Knappschaftskasse abgegeben und in dieser in einem „besonderen Capitel“ geführt werden.510 Beide einzunehmenden Geldbeiträge bildeten den Grundstock für die Finanzierung des gesamten Bergschulunterrichts. Warum aber beschäftigte sich wenige Jahre nach Ende des Siebenjährigen Krieges die Bergverwaltung Kursachsens überhaupt mit dem Gegenstand der Schulbildung von Bergmannskindern, bemühte sich sogar um Übernahme der Aufsicht über einen Teil des schulischen Unterrichtssystems, der doch seit der Reformation in Sachsen stets den Funktionsträgern der christlichen Verwaltung unmittelbar unterlag und von der weltlichen Obrigkeit bis dahin als „prinzipiell anerkannt“ galt?511 Was waren die Ursachen oder die Bedingungsfaktoren, die letzten Endes zur Herausbildung und Etablierung eines gesonderten Bergschulsystems in Kursachsen führten und damit den bis dahin faktisch unangetasteten Grundsatz der „christlichen Schulaufsicht“ zumindest auf einem Teilgebiet infrage stellten? Dies lässt sich nicht mit einer einzigen Aussage beantworten, denn es dürften mehrere Beweggründe existiert haben, die in ihrer Komplexität zur Übertragung der Schulaufsicht auf die Bergverwaltung geführt haben. Zunächst war die Unterordnung des elementaren- oder „Volksschulwesens“ unter den alleinigen Schul- und Erziehungsanspruch der Kirche512 im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts auch nicht mehr unumstritten. Aufklärer wie Rousseau zum Beispiel, die sich gegen die „starren Dogmen und erzieherischen Ansprüche“ der Kirche richteten,513 sahen sogar eine Mitschuld der Kirche am niedrigen Bildungsniveau weiter Kreise der Bevölkerung sowie am (weit verbreiteten) mangelhaften Schulbesuch. Wohl deswegen wurden gerade in der Zeit der Aufklärung Ideen laut,

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bau daran liegen, dass alle Bergmannskinder … den Schulunterricht fleisig und gehörig abwarten.“ Bericht Freieslebens vom 21. März 1821 (wie Anm. 417), Bl. 177. Reskript Kufürst Friedrich Augusts vom 6. Febr. 1779 (wie Anm. 507). Dies ist ein Hinweis darauf, dass im Bergrevier Brand schon vorher – vermutlich mit Beginn der Unterrichtung der ersten 24 Bergmannskinder – diese Geldabgabe festgelegt worden war und nun auch in anderen Bergrevieren Gültigkeit erlangen sollte. Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 6. Febr. 1779 (ebd.), Sp. 196. Vgl. zur Erklärung dieser Akzise-Beiträge grundsätzlich den Unterabschnitt 5.1.2. Letzteres dieser Aussage nach Hanschmidt (Elementarbildung und Berufsausbildung), S. 21. Von einem solchen alleinigen Anspruch der Kirche ging auch noch Löscher (Wandlungen der Schulaufsicht III), S. 3, aus. So Bruns (Bedeutung der Realien), S. 46, unter Auswertung von Forderungen Rousseaus.

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die Schule aus der Aufsicht kirchlicher Behörden zu entlassen514 und diese anderen Verantwortungsträgern zu übertragen.515 Letzteren sollte dabei wegen der umfangreichen Verantwortung im Zusammenhang mit einer solchen Wahrnehmung der Schulaufsicht sogar die gleichzeitige Führung eines geistlichen Amtes verwehrt bleiben.516 Zum anderen funktionierte das Gesamtschulsystem, wie es sich bis zu Beginn des Untersuchungszeitraumes im Kurfürstentum Sachsen herausgebildet hatte, auch nach Erlass der erneuerten Schulordnungen nicht, zumindest nicht „flächendeckend“, insbesondere auch nicht in den kleineren Bergstädten und umliegenden Gemeinden, in denen die Bergleute einen großen Teil die Bevölkerung stellten. Obwohl nach entsprechend ausgeführten Texten in Schulordnungen und Schulreskripten517 der elementare Unterricht für alle bildungsfähigen Kinder im Alter zwischen fünf bzw. sechs und etwa 14 Jahren vorgesehen war,518 bestanden nur eingeschränkte Möglichkeiten, einen Schulbesuch z. B. gegen „nachlässige und widerspennstige Eltern“ mittels Zwangausübung zu erreichen.519 Im Vergleich z. B. zum Unterrichtssystem im Herzogtum Sachsen-Gotha, wo schon in den 40er Jahren des 17. Jahrhunderts eine Schulpflicht für Knaben und 514 Vgl. dazu Bruns (ebd.), S. 53, hier unter Hinweis auf Basedows „Vorstellung an Menschenfreunde“. Vgl. dazu auch das Kapitel 6. 515 So forderte ein namentlich unbekannter Autor wegen des teilweisen Versagens der christlichen Schulbehörden in einer 1791 unter dem Titel „Über die höchstnötige Verbesserung der kursächsischen Dorfschulen“ erschienenen Schrift neben den Superintendenten – bzw. diese sogar ersetzend – „einsichtsvolle(..) und rechtschaffene(..) Männer(..)“ als gesonderte Schulinspektoren oder Schulkommissare mit der Fachaufsicht über das elementare Schulwesen zu betrauen. Dass die Übernahme der Verantwortung über den elementaren Unterricht zu diesem Zeitpunkt durchaus zu rechtfertigen war, belegt auch die Tatsache, dass der Direktor der Leipziger Ratsfreischule, K. G. Plato, noch 1797(!) ein vernichtendes Urteil über den Zustand der deutschen Schulen in Kursachsen fällte. Vgl. dazu Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 109. 516 So fasste Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens), S. 105, zeitgenössige Forderungen zusammen. 517 Entsprechende Formulierungen, wie die im Befehl vom 1. Sept. 1713 (vgl. dazu: C.A., 1. Bd., Sp. 383–386), oder im „Generale … vom 24. Julii 1769“ (vgl. dazu: C.A., 1. Forts., 1. Abt., Sp. 247), konnten deshalb nur empfehlenden Charakter besitzen. 518 Der Schulunterricht endete nicht zwangsläufig mit Erreichen des 14. Lebensjahres, sondern in der Regel erst mit der Konfirmation. Die Konfirmation war die feierliche Prüfung vor der (Kirch)-Gemeinde, der krönende Abschluss und Akt zur „... Freisprechung von schulischen Verpflichtungen ... [und] zur Aufnahme in die bürgerliche Gemeinde.“ So Hartleb (Frühe Formen der Schulpflicht) S. 518–520, hier S. 518 bzw. S. 519 f. Vgl. zur Konfirmation als „Element zur Vorbereitung auf das Abendmahl“ und zu deren religiösen Inhalts jüngst Moderow (Volksschule), S. 65, sowie ebd., Anm. 109. 519 Vgl. dazu Hunger (Fortbildungsschulwesen), S. 129, und dort, Anm. 7. Auch innerhalb des Bergwesens ließ der Landesherr erst dann verstärkt zu Strafmaßnahmen greifen, als aus der Freiberger Oberzehntenkasse größere Beihilfen zur Verfügung gestellt wurden. Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 14. Juni 1790, in: BergA, OBA 2253, Bl. 72 f.

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Mädchen existierte,520 lag das kursächsische Schulsystem zwar zurück,521 aber innerhalb des Deutschen Reichs dürfte es auch zu Beginn des Untersuchungszeitraumes noch relativ fortschrittlich gegenüber dem Elementarschulwesen in vielen anderen Landesherrschaften gewesen sein.522 Trotzdem blieben noch viele Kinder in Kursachsen vom Schulunterricht ausgeschlossen. Die Übernahme einer Erziehungs- und Unterrichtsverantwortung durch die Bergverwaltung erschien somit zunächst auch als ein dringendes Gebot, war sie eine ganz pragmatische Antwort auf das Unvermögen kirchlicher Verantwortungsträger, die von den Schulreformern angestrebte flächendeckende „Grundversorgung“ der schulpflichtigen Kinder und Jugendlichen mit elementarer Schulbildung zu gewährleisten.523 Innerhalb der straff organisierten Bergverwaltung schien es dagegen eher möglich zu sein, Ordnungen und Befehle auch in Bezug auf die erforderliche Bildung für die im Bergbau und Hüttenwesen tätige Bevölkerung durchzusetzen. Eine solche Möglichkeit wird auch durch die vom Oberberghauptmann von Trebra rückblickend erfolgte Formulierung über die Gründe für den Erfolg seiner eigenen Bergmeistertätigkeit bestätigt: „Die Unfolgsamkeit gegen bergamtliche Anordnungen, besonders wi[e]der eingerissene Unordnungen, wurde besonders bey den Steigern aufs Haerteste, und Empfindlichste bestraft.“524 Mit der Herausbildung eines eigenständigen Bergschulwesens reagierte die Bergverwaltung faktisch nur auf das vorausgegangene Versagen der Schulaufsicht durch die kirchlichen Schulaufsichtsbe520 Vgl. dazu auch jüngst Prass (Ausbildung Thüringer Bauhandwerker), S. 159, der einen grundlegenden und langfristigen Wandel des Schulwesens unter Herzog Ernst dem Frommen im Herzogtum Sachsen-Gotha konstatiert. Vgl. dazu auch Heubaum (Geschichte des deutschen Bildungswesens), S. 10, der (ebd.), S. 48, von einem „imposanten Erziehungssystem“ Herzog Ernsts spricht. Diese Verbesserungen des elementaren Schulwesens im 17. Jahrhundert waren nach Neugebauer (Niedere Schulen und Realschulen), S. 224, nur innerhalb eines „kleinterritorialen Rahmen(s)“ wie eben in Gotha oder in der Fürstabtei Fulda möglich. Vgl. zur Schulverfassung Sachsen-Gothas auch Günther (Geschichte der Erziehung), S. 143. 521 Das Beispiel Sachsen-Gotha dient in der Literatur allgemein dafür, dass in einer Landesherrschaft mit überschaubarer Größe und einem gebildeten Landesherrn wie Herzog Ernst (1640– 1675) sich schon wesentlich früher als in den anderen (räumlich ausgedehnteren) Territorien des HRRdN ein niederes Schulwesen selbst in abgelegenen Ortschaften entwickeln konnte. Vgl. dazu Neugebauer (ebd.), S. 223, der vor allem auf Klinger (Gothaer Fürstenstaat), S. 234 f., Bezug nimmt. 522 Vgl. zur Stellung des kursächsischen Elementarschulwesens im HRRdN grundlegend Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule). 523 Die von Neugebauer (Niedere Schulen und Realschulen), S. 232 f., in diesem Zusammenhang getroffene Aussage, wonach „… moderne Vorstellungen vom jahrgangsgebundenen PflichtBesuch bestimmter Bildungsinstitutionen innerhalb eines systematisch geordneten Schulwesens mit staatlich-öffentlichem Charakter für die frühe Neuzeit gänzlich in die Irre führen,“ weswegen „… nach anderen als solchen Bildungsformen und Bildungsangeboten gefragt werden (muß), die insbesondere mit den städtischen Elementarschulen konkurrierten …“ gibt ohne Zweifel die Schulsituation auch in Kursachsen richtig wieder. 524 Trebra (Bergmeister-Leben), S. 253 f.

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hörden. Die kursächsische Bergverwaltung, hier insbesondere das Oberbergamt, wurde dabei zugleich stellvertretend für den Landesherrn, der in schulpolitischen Fragen keineswegs nur passiv war,525 tätig. Der Gedanke an eine eigenständige Organisation des Schulwesens im Aufsichtsbereich der Bergverwaltung war somit gar nicht so abwegig. Die im elementaren Schulwesen eingesetzten Lehrkräfte – die Schulmeister oder Küster – dürften zu dieser Zeit in der Regel kaum über bessere „Lehrbefähigungen“ verfügt haben als diejenigen für das Bergwesen an der Bergakademie Freiberg ausgebildeten Fachkräfte, die nach Absolvierung ihres Studiums als Lehrer an der Freiberger ZRSchule bzw. an den obererzgebirgischen SRZ-Schulen zum Einsatz kamen. Eine pädagogische Ausbildung, wie sie erst mit Einrichtung von Lehrerseminaren allmählich aufgebaut werden sollte526 und welche Neugebauer einmal als den „… archimedischen(n) Punkt für strukturellen Wandel im niederen Schulwesen …“ bezeichnete,527 besaßen auch die Schulmeister der deutschen Schulen in der Regel nicht.528 Um so höher dürften die in diesem Kontext erfolgten Bemühungen Benno von Heynitz’529 und der sächsischen Bergverwaltung zu bewerten sein, vor der Zeit der Etablierung pädagogischer Lehrerseminare nach Wegen einer spezifischen Fachausbildung für Lehrkräfte des Bergschulwesens gesucht und diese in einer Ausbildung an der Bergakademie letztlich auch gefunden zu haben. Dadurch konnte zugleich 525 Letzteres bestätigte erst jüngst Töpfer (Bildungsgeschichte), S. 216, hier unter Bezug auf Bruning (Protestantisches Gelehrtenschulwesen). 526 Vgl. zur Einführung von Lehrerseminaren in Kursachsen Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 1 f., sowie Hanschmidt (Elementarbildung und Berufsausbildung), S. 37, und dort Anm. 65, nach dem „… ein völlig eigenständiger Ausbildungsgang für den nun hauptberuflichen Lehrer erst im 19. Jahrhundert die Regel wurde.“ Ein solches Seminar wurde für Freiberg erst im Jahre 1798 geschaffen. Vgl. dazu Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens), S. 108. 527 Neugebauer (Niedere Schulen und Realschulen), S. 247. 528 Neugebauer (ebd.), S. 226, verneint sogar das „potentielle Interesse(..)“ von Schulmeistern, „sich einer irgend regulierten Qualifikation zu unterziehen.“ Wohl deswegen würde man beim Schulmeisterstand einer „… stark verbreiteten innerfamiliären und milieugebundenen Vererbung von Funktionen und Wissensbeständen“ begegnen. Ders. (ebd.), S. 227; vgl. dazu auch (ebd.) S. 255. Dass die auf diese Art in den Lehrerstand hineingewachsenen Schulmeister immer die erforderlichen pädagogischen Fähigkeiten besaßen, muss deshalb bezweifelt werden. 529 Benno von Heynitz, der 1785 zum Berghauptmann und damit zugleich als „Direktor“ der Berghauptmannschaft ernannt wurde, muss als eigentlicher Initiator des kursächsischen Bergschulwesens angesehen werden. Aber nicht nur das: Benno von Heynitz gehörte sicherlich auch zu dem „identifizierbare(n) Adelstypus“, der nach Neugebauer (Lokalismus und schulische Praxis), S. 403, zum Träger eines „kulturellen Wandel(s)“ wurde und durch den „die praktische Aufklärung, inspiriert vom Utilitarismus ... die Schulwirklichkeit im Ort (erreichte).“ Auf seinem Gut in Miltitz richtete er eine Schule ein, die anscheinend Rochows Musterschule im brandenburgischen Reckahn nicht wesentlich nachstand. Vgl. dazu grundlegend Trögel (Benno von Heynitz) sowie zur Schulgründung (1784) Weber (Innovationstransfer durch Reisen), S. 544 f.

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ein fachlich geeignetes Lehrpersonal für die neugeschaffenen Bergschulen zur Verfügung gestellt werden. Auch wenn diese an der Bergakademie ausgebildeten Lehrkräfte kaum pädagogische Kenntnisse besessen haben dürften,530 waren sie in ihrem Fachwissen dem Durchschnittslehrer an einer der deutschen Schulen sicherlich weit voraus. Die Notwendigkeit für einen die Ausbildung begleitenden schulischen Unterricht niederer Bergbeamter und Offizianten war schon frühzeitig erkannt worden. So hatte Carl Friedrich Zimmermann aus Dresden im Jahre 1746 neben der Gründung einer „Obersächsischen Bergakademie“ auch die Einrichtung einer „... nützlichen Unter-Berg-Schule“ für die Ausbildung von Häuern, Steigern, Vorläufern, Abtreibern und Probierern vorgeschlagen.531 Diese geforderte fachliche Ausbildung von Bergbauspezialisten und „niederen“ Bergbeamten ließ sich zu diesem Zeitpunkt anscheinend nur von der das Berg- und Hüttenwesen beaufsichtigenden Fachverwaltung – dem Oberbergamt in Freiberg und den Bergämtern in den einzelnen erzgebirgischen Bergbaurevieren – beherrschen. Oberbergamt und Revierbergämter waren nach dem Siebenjährigen Krieg (und damit zeitiger als anderswo) die einzigen Verwaltungsstruktureinheiten, die die anstehenden Aufgaben zur Etablierung eines gesonderten Bergschulunterrichts in den letzten drei Dezennien des 18. Jahrhunderts im Kurfürstentum Sachsen erfüllen konnten.532 Den Pfarrern vor Ort bzw. Schulmeistern an den deutschen Schulen auch noch den Unterricht mit speziellen bergmännischen Inhalten übertragen zu wollen, wäre von vornherein wegen deren fehlender fachlicher Eignung gescheitert. Eine höherwertige Wissensvermittlung als die, wie sie im Berg- und Hüttenwesen bis dahin erfolgte und bis zur Gründung der BAF eigentlich nur in der Markscheidekunst, der Probierkunst und dem Silberbrennen gegeben war, lag aber auch im Interesse der Reformkräfte am kursächsischen Hof, die in einer solchen erweiterten Fachbildung eines der Mittel für den Wiederaufbau des Landes sahen.533

530 Eine spezifisch pädagogische Ausbildung konnte an der Bergakademie in Freiberg gar nicht erfolgen. Vgl. dazu Näheres in Abschnitt 5.2. 531 Zimmermann (Ober-Saechsische Berg-Academie), S. 35. Vgl. dazu auch Baumgärtel (Geschichte der Bergakademie), S. 15 f., und ders. (Gründung der Bergakademie), S. 77. Schon 20 Jahre vorher (1725) hatte der Leipziger akademisch gebildete Mechaniker und spätere sächsische Bergwerkskommissar Jacob Leupold, der Verfasser des zwischen 1724 und 1739 erschienenen zwölfteiligen Werkes „Theatrum Machinarum“, die Errichtung eines „Gymnasio-Metallo-Mechanico“ zur Unterweisung der Bergjugend im Bergbau und „Mechanischen Sachen“ vorgeschlagen. Vgl. dazu Hiersemann (Technische Bildung), S. 171 f., sowie grundlegend zu Leupold ders. (Jakob Leupold). 532 Albrecht (Technische Bildung), S. 41, sieht solche „… sich meist nur an einer Berufsrichtung orientierten „Fachschulen“ erst um 1800 errichtet. 533 Vgl. zu den dringend einzuleitenden Reformmaßnahmen nach 1763 grundlegend Schlechte (Staatsreform).

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Die fachliche Aufsicht über das sich herausbildende Bergschulwesen wurde deshalb von Beginn an von der Aufsicht der christlichen Schulbehörden über das elementare Unterrichtswesen abgesondert. Dass dies anfangs meist „in aller Stille“, also faktisch heimlich, geschehen sollte, wie dies Benno von Heynitz einmal gefordert hatte,534 diente lediglich der Vermeidung von Konflikten mit den christlichen Behörden, vor allem mit den Superintendenten und Konsistorien.535 Peter von Hohenthal selbst hatte nämlich wegen der häufig kritisierten mangelnden Schulvisiationen durch die Superintendenten schon 1777 die Anstellung sogenannter Scholarchen,536 die dazu mit den Superintendenten zusammenarbeiten sollten, vorgeschlagen.537 Diese Vorstellungen Peter von Hohenthals und die wenig später von Benno von Heynitz vorgelegten Planungen zur Verbesserung des Schulwesens innerhalb des Zuständigkeitsbereichs und der Gerichtsbarkeit der Bergverwaltung lagen insoweit gar nicht so weit auseinander. Später hatte sich anscheinend Benno von Heynitz als Berghauptmann mit dem Freiberger Superintendenten in Bezug auf Verwaltung und Aufsicht des Bergschulwesens ganz offen arrangiert und zugleich um eine gute Zusammenarbeit der kursächsischen Bergverwaltung mit den Kirchenaufsichtsbehörden im Interesse der Verbesserung des bergmännischen Bildungswesens bemüht.538 Diese (vor allem örtliche) Zusammenarbeit, die im Einzelfall durchaus auch fruchtbringend gewesen sein dürfte, 539 war auch deshalb notwendig, weil der elementare Unterricht an 534 Vgl. dazu den Schulplan Benno von Heynitz’ vom 8. Apr. 1779, in: BergA, OBA 2287, Bl. 5–12, hier Bl. 11. Vgl. Näheres hierzu im Unterabschnitt 2.2.3. 535 Das hier mögliche Konfliktpotential sollte jedoch nicht überbewertet werden. Wegen der z. T. sehr engen persönlichen bzw. familiären Verbindungen zwischen Peter von Hohenthal vom Oberkonsistorium und einzelnen Vertretern des Oberbergamtes dürfte die „Abgabe“ dieses „Ressorts“ an die Bergverwaltung relativ problemlos vonstatten gegangen sein, zumal die Oberaufsicht ja beim Landesherrn selbst lag. 536 Diese Scholarchen, deren Hauptaufgabe die Beaufsichtigung aller Schulen innerhalb von jeweils ca. 40 Kirchspielen sein sollte und die als frühe Form späterer weltlicher Schulbehörden hätten angesehen werden können, sollten sogar mit eigener Gerichtsbarkeit ausgestattet werden. Vgl. dazu Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 317. 537 Vgl. dazu Näheres bei Richter (ebd.), S. 317, dort unter Auswertung des Leipziger Intelligenzblattes aus dem Jahre 1777, S. 440. 538 So bemerkte von Heynitz in der späteren Akademischen Konferenz vom Oktober 1800, dass er für den neuen Superintendenten von Brause einen „… vollständigen Aufsatz über den Anfang, Fortgang und die ietzige Lage dieser Anstalt …“ entworfen habe, um Letzteren „… hierbei zur Mitassistenz desto geneigter zu machen“ und um zugleich die Gelegenheit zu nutzen, ihn über den festgestellten „… Mangel an Vorbereitung in den Stadt- und Dorfschulen …“ in Kenntnis zu setzen. Akademische Konferenz vom 27. Okt. 1800, in: UAF, OBA 27, Bl. 79–91, hier Bl. 89 b., 90. 539 So hatte das Bergamt Schneeberg 1784 vor Einreichung seiner Verbesserungsvorschläge entsprechend der oberbergamtlich verordneten „Rathserholung von schulverständigen Männern“ Rat bei dem „Oberpfarrer Mag[ister] Tromlern als einen … erfahrenen Schulverständigen“ eingeholt. Bericht des BA Schnbg. vom 9. Okt. 1784, in: BergA, OBA 2251, Bl. 12–14 b., hier Bl. 14.

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den Knappschaftlichen Schulanstalten ja innerhalb des Systems der deutschen Stadt- und Dorfschulen stattfand und beide Einrichtungen vor Ort unmittelbar miteinander verbunden waren. Traten Mängel in der Bildungsvermittlung im elementaren Schulunterricht auf, mussten davon zwangsläufig auch die Bergmannskinder selbst direkt betroffen sein, was sich wiederum auch auf den eigentlichen bergmännischen Fachunterricht an den obererzgebirgischen SRZ-Schulen bzw. der Freiberger Bergschule auswirken konnte.540 In diesem Sinne sind auch die späteren Anregungen Benno von Heynitz’ zur Mitwirkung des Freiberger Superintendenten an Verbesserungen des Bergschulwesens zu verstehen. Ungeachtet dessen muss zwischen der nur eingeschränkten Aufsicht der Bergverwaltung über den an den deutschen Schulen gebotenen Elementarunterricht für die Schüler der sogenannten Knappschaftlichen Schulanstalten einerseits und andererseits der ausschließlichen Aufsicht von Oberbergamt und Revierbergämtern über die Bergschulen im eigentlichen Sinne – die obererzgebirgischen SRZ-Schulen und die Freiberger Zeichen- und Rechenschule – unterschieden werden. In Bezug auf die unter knappschaftlich-/gewerkschaftlicher Verantwortung541 organisierten Schulanstalten im Bergrevier Freiberg wird diese eingeschränkte Aufsicht aus einem Bericht des Oberbergamtes an den Landesherrn bzw. aus dem Protokoll der Akademischen Konferenz vom 27. Oktober 1800 deutlich: „So lange die gnädigst angeordnete commissarische Oberaufsicht [Hier ist die durch den Berghauptmann Benno von Heynitz wahrgenommene Aufsicht über das gesamte Bergschulwesen gemeint – H.K.] noch fortdauert, wird Commissarius [Berghauptmann Benno von Heynitz – H.K.] sich pflichtmäßig angelegen seyn lassen, den Mängeln u[nd] Gebrechen so viel und möglich entgegen zu arbeiten. Wenn solche aber eigentlich nur in dem Schulunterrichte selbst zu suchen sind, diesen zu verbessern u[nd] hin und wieder geschickte Lehrer anzustellen, [was] jedoch von den Kirchlichen Patronen u[und] Lokalobrigkeiten lediglich abhängt. So vermag sich der kommissarische Wirkungskreis nicht weiter hierunter zu erstrecken, als von Zeit zu Zeit mündliche u[nd] schriftliche Erinnerungen u[nd] Ermahnungen542 an die Lehrer bey Auszahlung des Schulgeldes gelangen zu lassen; ist auch hin u[nd] wieder ein guter Erfolg verspüret worden.“543

540 Vgl. zu diesem Zusammenhang Näheres im Unterabschnitt 2.3.2. bzw. im Abschnitt 3.1. 541 Vgl. zu den im Freiberger Bergrevier bzw. den obererzgebirgischen Bergrevieren unterschiedlich von Knappschaft oder Gewerken organisierten Unterricht der Bergjugend insbes. die Kapitel 2 und 3. 542 Bei diesen Erinnerungen und Ermahnungen blieb es allerdings nicht. Der Berghauptmann hoffte darüber hinaus, dass eine „… Aufmunterung an sämtliche Schullehrer … hoffentlich nicht ohne Nutzen seyn würde.“ Akademische Konferenz vom 27. Okt. 1800 (wie Anm. 538), hier Bl. 90. 543 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 24. März 1798, in: BergA, OBA 2258, Bl.124–132, tabellarische Übersichten zum Bericht (Bl. 133–144 b.), hier Bl. 140. Hervorhebungen d.d.A.

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Gut 20 Jahre später resümierte Freiesleben zu der über die Knappschaftlichen Schulanstalten ausgeübten Schulaufsicht, dass die Schulinspektion über die Ortsschulen den „geistlichen- und Orts-obrigkeitlichen Behörden“ zugestanden habe. Die Bergbehörden wären immer dem gefolgt, nur „wegen etwaiger Unvollkommenheiten, oder wegen Herstellung besserer Einrichtungen, mit diesen Behörden zu communiciren.“544 Durch das sogenannte kurfürstliche Schulreskript vom 13. Dezember 1793 habe man „theils von Seiten des Ober- und Berg-Amts mit den Ephoral-, theils mit den anderen Schulinspections-Behörden, Communication gepflogen …“545 Die hieraus direkt ablesbare Hauptverantwortung von Kirchenpatronen und „Lokalobrigkeiten“ für das elementare Schulwesen und die Lehreranstellung deckt sich mit den schon vorher getroffenen Feststellungen.546 Hinsichtlich der Freiberger ZR-Schule und der obererzgebirgischen SRZ-Schulen muss dagegen von einer allumfassenden Schulaufsicht der Bergverwaltung, die sowohl die Vermittlung des fachlich determinierten Unterrichtsinhaltes als auch die Auswahl geeigneter Lehrkräfte aus den Absolventen der Bergakademie betraf, ausgegangen werden.547 Letztere Bereiche der bergmännischen Fachausbildung leitete die Bergverwaltung vollkommen autark und sie gewann dadurch auch einen umfassenden Einfluss auf die zu vermittelnden Unterrichtsinhalte und das angestrebte „Handlungswissen“548 der Auszubildenden. Die Bildungsaufgaben, die das Freiberger Oberbergamt in den 70er Jahren des 18. Jahrhunderts aus eigener Initiative wahrzunehmen begann, hätte es ggf. auch an die christlichen Schulaufsichtsbehörden verweisen können. Aber es lag zumindest teilweise im Selbstverständnis dieser Bergbehörde begründet, auch solche nur mittelbar mit dem Bergbau im Zusammenhang stehenden Gegenstände selbst zu regeln und zu behandeln, zumal ihr innerhalb des in diesem Zeitabschnitt vollständig ausgebildeten Direktionsprinzips eine Verantwortung für alle Bereiche des Montanwesens zukam. Zum anderen dürften auch die vom Pietismus und der Aufklärung beeinflussten Verantwortungsträger der Bergverwaltung549 durchaus Interesse an der Herausbildung eines von ihnen abhängigen Schulsystems besessen haben. Schon die durch kurfürstliches Reskript550 1702 errichtete „Stipendienkasse“ – eigentlich ein Geldfonds zur Finanzierung der Ausbildung zu Mark544 Bericht Freieslebens vom 16. März 1821 (wie Anm. 417), hier Bl. 172 b. 545 Bericht Freieslebens vom 16. März 1821 (ebd.), sowie Bl. 174. 546 Es sei hier nochmals auf den Abschnitt 1.1. sowie grundlegend auf Neugebauer (Schulwirklichkeit), dort insbes. auf S. 148–157, verwiesen. 547 Vgl. Näheres dazu in Abschnitt 5.2. 548 So bezeichnet Hanschmidt (Elementarbildung und Berufsausbildung), S. 24, die praxisbezogene Wissensvermittlung. 549 Vgl. Näheres zu diesem Gegenstand im Kapitel 6. 550 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts I. vom 26. August 1702 (wie Anm. 505). Vgl. dazu Baumgärtel/Wächtler (Festschrift 1965), Bd. 1, S. 60–62, sowie grundsätzlich Sennewald (Stipendiatenausbildung).

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scheidern, Silberbrennern und Probierern bzw. anderen Fachkräften für die Bergverwaltung –551 war ja auf Anregung eines früheren Freiberger Oberberghauptmannes, nämlich Abraham von Schönbergs, geschaffen worden.552 Die unter maßgeblicher Führung des Freiberger Oberbergamtes begonnene Herausbildung und der Ausbau eines sächsischen Bergschulsystems müssen auch im Kontext mit der Gründung der Bergakademie, die von Beginn an der Aufsicht des „oberbergamtlichen Directorio“553 unterstellt war,554 betrachtet werden. Diese Gründung 1765 und der Beginn ihrer Vorlesungen in den ersten Maitagen 1766555 waren zwar geeignet, die für das Bergwesen und Führungspositionen der Bergverwaltung erforderlichen Fachleute – vor allem „höhere“ Beamte – bereitzustellen, aber daneben bedurfte es auch Bildungsmöglichkeiten für untere Beamte und Offizianten wie Steiger, Geschworne, Markscheider oder Probierer. Die an diese unteren „Berg-Beamten“ gestellten fachlichen Anforderungen waren dabei keineswegs gering. Balthasar Roeßler, ein bekannter Markscheider,556 ging in seinem 1700 erschienen bedeutsamen Werk „Hellpolierter Bergbauspiegel“ auf diese fachlich-technischen Bildungsvoraussetzungen als Grund551 Die von Serfas (Habsburgs Universitäten), S. 63, vertretene Ansicht, die 1702 in Freiberg geschaffenen Unterrichtsmöglichkeiten wären dem späteren Hochschulunterricht nahegekommen, entspricht nicht den tatsächlichen Gegebenheiten ersterer Ausbildungsform. 552 Allerdings hatte dieser Geldfonds weder etwas mit dem allgemeinen Schulunterricht bzw. einer flächendeckenden beruflichen Grundausbildung im Bergbau zu tun, noch kann man ihn als „Vorstufe“ der Bergakademie bezeichnen. Entgegen den meisten bisherigen Darstellungen handelte es sich dabei auch nicht um eine institutionalisierte Ausbildung. Aus dem Geldfonds – gespeist aus dem Freiberger Oberzehnten bzw. der Oberhüttenkasse – wurden zwischen 1702 und 1765 Ausbildungsbeihilfen an Bedürftige gezahlt. Die Studienbeihilfen standen „privatim“ zur Ausbildung in der Probierkunst, der Markscheidekunst, im Silberbrennen, Saigern oder Zinnschmelzen zur Verfügung; anteilig wurde das Geld auch für Reisestipendien ausgegeben. Der spätere (ab 1769) Oberberghauptmann Adam Friedrich von Ponickau z. B. hatte aus ihm zwischen 1725 und 1735 jährlich 100 Gulden zunächst für sein Universitätsstudium in Wittenberg, danach als Assessor am Oberbergamt (ab 1733) – zweckentfremdet – bezogen. Vgl. dazu Sennewald (ebd.), S. 413. 553 So die Formulierung von Gutschmids im Gutachten vom 2. Mai 1794, in: UAF, OBA 10, Bl. 13–22 b., hier Bl. 14. 554 Dass die bergakademischen Angelegenheiten von Beginn der Errichtung der Bergakademie unter der Aufsicht des Oberbergamtes, speziell der Berghauptmannschaft stand, wird auch aus dem durch den Oberberghauptmann von Trebra und den Berghauptmann von Gutschmidt erstatteten Bericht an den Landesherrn deutlich, wonach „… nachfolgende bergakademische, und damit zum Theil verknüpfte Oberbergamtliche Angelegenheiten … zeither … eine besondere Obliegenheit der Berghauptmannschaft gewesen“ seien. Bericht der Berghauptmannschaft vom 4. August 1807, in: OBA 266, Bl. 149–153 b., hier Bl. 149. 555 Das in der Literatur umstrittene Datum des Vorlesungsbeginns an der Bergakademie konnte erst durch jüngste Forschungen auf diesen Zeitraum – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit war es der 2. Mai 1766 – festgelegt werden. Vgl. dazu grundlegend Kaden (Zur Gründung der Bergakademie). 556 Balthasar Roeßler war ein ehemaliger kurfürstlich-sächsischer Bergmeister, Stollnfaktor und Markscheider; vgl. dazu die Angaben auf dem Titelblatt von Roeßler (Bergbauspiegel).

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lage für eine erfolgreiche Aufsichtstätigkeit im Bergbau näher ein und formulierte über die Kenntnisse, über welche z. B. ein Steiger unbedingt verfügen sollte:557 „§ 8. Ein solcher Steiger aber muß sich auch wohl auf Klueffte und Gaenge/ so wohl uffs Gestein wissen zu verstehen/ und wie man dem Gesteine abbrechen/ und mit nechsten die Ertze gewinnen kann; Er muß mit allerhand Zimmer-Arbeit in Schächten/ uffn Stolln/ und in den Gebaeuden uemgehen[?] koennen. Er muß die Ertze wohl kennen/ und Sicherung zu machen wissen: Er muß das Ertz scheiden/ mit pochen und waschen/ und mit Sieb-Arbeit umgehen koennen …; Er muß wissen und koennen die Wasser in der Grube abe- und zusammen zu fuehren/ und solche gegen den Tag auszuschaffen. Ingleichen muß er uffs Wetter in der Grube acht haben/ und dasselbe mit zu zufuehren und zu zwingen wissen …“558

Auch ein Schichtmeister, der als Beauftragter der Gewerken die Steiger der einzelnen Berggebäude zu beaufsichtigen hatte, musste nach Roeßlers Auffassung vom Bergwerk „… gute Wissenschaft haben/ sich wohl uff Kluefft und Gaenge verstehen/ und wissen Gebaeude anzustellen/ Kuenste zu bauen/ so man derer von noethen.“559 Schließlich verlangten die immer komplizierter werdenden Abbauverhältnisse im Bergbau, dass selbst der Bergmann vor Ort über ein bestimmtes, vor allem technisches Fachwissen verfügte.560 Die Erfordernisse an das „theoretische Berufswissen“561 gingen weit über dasjenige hinaus, was im Elementarunterricht an den deutschen Stadt- und Dorfschulen geboten werden konnte.562 So waren zum Beispiel neben theoretischen auch praktische Kenntnisse im Rechnen, Zeichnen und den Grundlagen der Bergbaukunde erforderlich.563 Der notwendigerweise zu 557 Dies wird hier ausführlicher dargestellt, um die Vielfalt der erforderlichen Kenntnisse zu unterstreichen. 558 Kapitel „Was derjenige/so beym Bergwerck sich gebrauchen lassen/und demselben vorstehen will/ wissen soll“, in: Roeßler (Bergbauspiegel), S. 27. 559 Roeßler (ebd.). Roeßler erwähnte bei diesem Absatz zwar nicht selbst den Begriff „Schichtmeister“, verweist aber im anschließenden Register unter „Schichtmeister“ genau auf diesen Passus. Vgl. dazu ders. (ebd.), Register, o. S. 560 Die von Treese (Vom Knappen zum Bergmechaniker), S. 81, dazu aufgestellte Behauptung, wonach der damalige technische Zustand des Bergbaus keine „grubentechnische Berufsausbildung“ erfordert hätte, ist völlig haltlos. 561 So bezeichnete es einmal König (Reform der Lehrlingsausbildung), S. 191. 562 Selbst innerhalb der zunftgebundenen Handwerkerausbildung gelangte man mit der bisherigen Art der Wissensvermittlung schnell an Grenzen und fand „... gegenüber neuartigen Aufgaben und unvorhergesehenen Problemen keine Lösungsmöglichkeiten.“ So Justin (Berufsgrundbildung), S. 8. Keller (Beobachtungen zur Schule), S. 152, weist z. B. auf die Erforderlichkeit von Rechenkenntnissen im Bergbau und beim Klöppeln hin. 563 Schon Marperger (Handels-Gericht), S. 124, sah in seiner Konzeption für eine verbesserte Handwerkerausbildung entgegen der ansonsten nur stundenweisen theoretischen Wissensvermittlung für zukünftige Handwerker sowie für „Chymisten, Metallugorum und BergwercksVerständige(..) …“ wegen des umfangreicheren, zu vermittelnden theoretischen Berufswissens

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erzielende technische Fortschritt war durch die Weitergabe von Erfahrungswissen der Älteren an die Jüngeren564 schon damals allein nicht mehr zu erwerben.565 Auch innerhalb der Familie, „im Haus“,566 konnte selbst bei einer im Einzelfall erfolgenden Weitergabe „lebenswichtige(r) elementare(r) Kenntnisse“567 der benötigte, fachlich determinierte Erkenntniszuwachs keineswegs erlangt werden. Die sich erst unmittelbar nach dem Siebenjährigen Krieg im kursächsischen Bergbau neben dem Kunstmeistersystem568 etablierende neue „Classe von Arbeitern“569 bedurfte nach Kelbert eines speziellen technischen Wissens über die Konstruktion und den Bau bergbautechnischer Anlagen: „Die Weiterentwicklung der Produktionsinstrumente, die neuen Dampfmaschinen zur Hebung der Wässer in den Gruben, die neuen Arbeitsfertigkeiten und Produktionserfahrungen, neue technologische Verfahren, mit einem Worte, der erhöhte Stand der Technik, verlangten von dem Arbeiter neue Handgriffe und umfangreichere Kenntnisse über die Maschinen, die Behandlung der Rohstoffe.“570

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„nicht nur wöchentlich etliche Stunden, sondern gantze Tage Unterricht“ vor. So König (Reform der Lehrlingsausbildung), S. 191, der hier Marperger zitiert. Vgl. zu Marperger das Kapitel 6. Das Erlernen des „Berufs“ eines Bergbeamten vom Vater kam nach Baumgärtel (Vom Bergbüchlein zur Bergakademie), S. 118, auch nach Gründung der Stipendienkasse 1702 noch „sehr häufig“ vor. Diese Weitergabe von Erfahrungen älterer Bergbeamter auf jüngere war bis zur Gründung der Bergakademie eine der Hauptlehrmethoden und schon Balthasar Roeßler hatte gefordert, „dass man sich beym Bergwerck übe, und junge bey den Alten erzogen werden …“ sollen. Roeßler (Bergbauspiegel), S. 91; Hervorhebungen d.d.A. Die von Neugebauer, (Niedere Schulen und Realschulen), S. 213 – hier unter Auswertung von Münch (Lebensformen, Lebenswelten und Umgangserziehung), S. 103 – in diesem Kontext einmal formulierte These, wonach noch für das 17. und 18. Jahrhundert gültig war, dass „… wesentliche Wissensbestände und Verhaltensweisen der in ihre sozialständische Position hineingeborenen Menschen auf dem Wege der ‚alltäglichen Umgangserziehung‘ erworben“ wurden, bestätigt die damals übliche Vermittlung von Fachwissen. Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 39 f., spricht in diesem Zusammenhang von der „Zentralstellung des Hauses“, seiner „universelle(n) Funktion“ bei Erziehung und Bildung. So Möller (Kleinbürgerliche Familie), S. 48 f.; Zitat nach Neugebauer (ebd.), S. 40. Der Stand der Kunstmeister als der eines speziellen Mechanikers oder frühen „Ingenieur(s)“ war nach Weber (Kunstmeister), S. 13, „... fest in die soziale Hierarchie ... (des) landesherrlich dirigierten Bergstaates ...“ eingeordnet. Während Mechaniker nach Jacobson (Technologisches Wörterbuch), S. 40, „Künstler [waren], die allerlei mechanische, mathematische, optische und dergleichen Werkzeuge, Instrumente und Maschinen verfertig(t)en.“ – Zitat nach Weber (ebd.). – lag der Schwerpunkt der Aufgaben eines Kunstmeisters in der Konstruktion und Anfertigung aller nur denkbaren Bergwerksmaschinen. So bezeichnete von Trebra das unmittelbar nach dem Siebenjährigen Krieg im Marienberger Revier maßgeblich von ihm installierte System von „Kunstarbeitern“. Vgl. Trebra (Bergmeisterleben), S. 369. Kelbert (Bildungswesen in Preußens Berg- und Hüttenwesen), S. 69, der dies als Ergebnis seiner Untersuchung über das preußische Bergwesen formulierte.

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„Zeugarbeiter,571 bisher nur unter den Muellern beym Muehlenbau bekannt, und Werkmeister,572 die ihnen vorgesetzt waren …“ kamen „ in dem ganzen saechs[ischen] Ertzgebirge“ zum Einsatz, berichtete von Trebra.573 Einige dieser Zeugarbeiter – wie z. B. Karl Gottfried Baldauf –574 hatten sogar an der Bergakademie studiert, oder waren Schüler der Goldberg’schen bzw. Erler’schen Zeichenschule.575 Den neuen Aufgaben, die sich aus den spezifischen Anforderungen in Bergbau und Hüttenwesen, insbesondere aus dem zu entwickelnden Bergmaschinenwesen ergaben, konnte niemand gerecht werden, dem nicht wenigstens elementares schulisches Wissen vermittelt worden war und der nicht eine grundlegende fachliche Bergbauausbildung erlangt hatte. Der Schule – und dies hatte das Freiberger Oberbergamt rechtzeitig erkannt – und dem in ihr vermittelten Lernstoff kam in diesem Zeitabschnitt ganz offensichtlich eine hohe Bedeutung zu, die über ihre bis dahin oft eingenommene Rolle einer „Hilfsinstitution für die Hauserziehung“576 weit hinausging. Von der Bergbau-Revisionskommission waren als hauptsächliche „Gebrechen“ im Bergbau die fehlende „Kenntniß, Thaetigkeit, und Rechtlichkeit“ der Bergbeamten „in technischer Anstellung des Bergbaues sowie in der Geschaeftsfuehrung bey den Bergaemtern ...“ konstatiert worden.577 Der Ruf nach einer besonderen Form der fachlichen Ausbildung zukünftiger Bergbeamter und sonstiger Bergbau571 Technischer Angestellter. Der Begriff „Zeugarbeiter“ ist abgeleitet von den im Bergbau eingesetzten „Gezeugen“, d. h. vor allem der Anlagen zur Wasserhebung. Vgl. dazu den Artikel „Gezeug“ in: Veith (Bergwörterbuch), S. 244. 572 Technischer Angestellter im Bergbau. Durch den ersten Werkmeister im Freiberger Revier, den ehemaligen Ölmüller Otto, wurde 1772 die „erste(..) Gestaengekunst von betraechtlicher Laenge, auf der Grube Alte Hoffnung Gottes zu Großvoigtsberg“ errichtet. So Trebra (Bergmeisterleben), S. 371. Trebra hatte diese Technik vermutlich zuerst auf dem Harz gesehen. Vgl. ders. (ebd.), S. 318. 573 Trebra (ebd.), S. 369 f. Allerdings befanden sich nach einem Bericht des Oberkunstmeisters Baldauf zu Beginn des Untersuchungszeitraumes die Bergwerksmaschinen noch in „elendester Beschaffenheit“, zumal sie meist von „gewöhnlichen Grubenzimmerlingen“ gebaut worden waren. Vgl. dazu Wappler (Oberberghauptmann von Trebra), S. 124. 574 Der Oberkunstmeister Baldauf war Nachfolger von Johann Friedrich Mende und hatte selbst 1769 die Bergakademie belegt. Vgl. zu ihm Schiffner (Bergstudenten I), S. 92–94. 575 Der vielleicht bekannteste Kunstmeister und spätere Maschinendirektor Christian Friedrich Brendel hatte vor seinem Studium auf der Bergakademie Unterricht in Mathematik und Zeichnen bei Gerber in Schneeberg bzw. bei Erler in Freiberg sowie Bergbaukunde und Zeichnen bei Pilz in Schneeberg erhalten. Vgl. dazu Wagenbreth (C.F. Brendel), bzw. die betreffenden Matrikelunterlagen des Universitätsarchivs Freiberg. 576 So Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 41, unter Verwendung eines Zitats von Roessler (Die Entstehung des modernen Erziehungswesens in Deutschland), S. 65. 577 Trebra (Bergmeisterleben), S. 18, verwies unter Auswertung des Berichts dieser Kommission vom 2. März 1771 darauf, dass deswegen ein Bergmeister abgesetzt, ein anderer hätte versetzt werden müssen.

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beschäftigter wurde immer lauter. Doch wo sollte ein solches Wissen vermittelt werden, wenn eine Institution, in der Schulunterricht und praktische Bergarbeit miteinander verbunden werden konnten, bis dahin gar nicht existierte und die an den deutschen Stadt- und Dorfschulen tätigen Lehrkräfte nicht über die erforderlichen Wissensgrundlagen für eine solche berufsbezogene Fachbildung verfügten?578 Auch eine Übertragung von Formen des meist zunftgebundenen, handwerklichen Berufsausbildungssystems mit seinen vielen wiederholt festgestellten und angeprangerten Mängeln579 schien wenig geeignet, den ungenügenden Möglichkeiten an bergmännischer Fachbildung abhelfen zu können. Auch die mittels landesherrlicher Beihilfen aus dem Stipendiengelderfonds seit 1702 durchgeführte Ausbildung von Bergbauexperten konnte nicht die Lösung des Problems bieten, zumal in der Zeit der Existenz dieses Fonds580 gerade einmal 136 Stipendiaten unterstützt werden konnten.581 Von einer allgemeinen, schulisch gebundenen und zugleich berufsfachlichen Qualifikation des „gemeinen“ Bergmanns war Kursachsen noch Mitte des 18. Jahrhunderts weit entfernt.582 Auch bei den weiteren in Freiberg vor 1766 existierenden Ausbildungsangeboten – so beim Bergrat Johann Friedrich Henckel in dessen Laboratorium,583 beim Bergsekretär und Oberhüttenverwalter Siegmund Ehrenfried Hoffmann, beim Stadtsyndikus Christoph Herttwig oder beim Bergkommissionsrat und Oberhüttenverwalter Christlieb Ehregott Gellert –584 handelte es sich keineswegs um solche, die die notwendige Bildung des einfachen Berg- oder Hüttenarbeiters oder des niederen Bergbeamten hätten übernehmen können. Mit der Installation der Bergakademie setzte zwar ein wichtiger und neuer Abschnitt in Bezug auf die „höhere“ Bergbeamtenausbildung und den fachlichen Unterricht von Bergbauexperten wie

578 Vgl. zum Bildungsstand der damaligen Lehrer an den deutschen Schulen grundlegend Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 364–423, hier insb. S. 364–372, sowie Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens), S. 89–91, und Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 1 f. 579 Hier sei nochmals an die Ausführungen in den diesbezüglichen grundlegenden Werke Justis, Zinckes oder Schlotheims erinnert. 580 Dieser Fonds ging mit Gründung der Bergakademie im Fonds derselben auf. Vgl. dazu das Reskript Prinzregent Xavers vom 15. März 1766 an das Kammer- und Bergkollegium, abgedruckt bei Wagenbreth (Technische Universität Freiberg), S. 41 f. 581 Vgl. dazu Sennewald (Stipendiatenausbildung), insb. S. 410. Von diesen schlossen nur 107 die Ausbildung tatsächlich auch ab – so ders. (ebd.), S. 423 – was einer Ausbildungsrate von zwei Stipendiaten je Jahr entsprach. 582 Auch innerhalb des HRRdN existierte zu diesem Zeitpunkt kein solches auf die bergmännische Ausbildung zugeschnittenes System. 583 Vgl. zu ihm und dessen Ausbildung grundsätzlich Herrmann (Bergrat Henckel). 584 Auf diese kann hier nicht näher eingegangen werden, es sei dazu grundsätzlich auf Sennewald (Stipendiatenausbildung), S. 409–411, verwiesen.

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Markscheider und Probierer ein,585 aber es mangelte auch danach an einer soliden bergfachlichen Grundbildung für den genannten Personenkreis. Das Oberbergamt hatte die Notwendigkeit für eine fachliche, berufsbezogene Ausbildung unterer Bergbeamter und weiterer Bergfachleute erkannt. Da ihm auch nach Gründung der Bergakademie kein System von schulischen bzw. fachlich weiterbildenden Einrichtungen zur Verfügung stand, das diesen Bildungsbedürftigen innerhalb des Berg- und Hüttenwesens das notwendige berg- oder hüttenmännische Fachwissen hätte vermitteln können, war es gefordert, selbst ein solches zu installieren. Obwohl das Oberbergamt keine pädagogisch „vorbelastete“ Einrichtung war, schien es als einzige kursächsische Landesbehörde die organisatorischen und fachlichen Voraussetzungen zu besitzen, auf die immer lauter werdenden Forderungen aus der Praxis und die veränderten Bedingungen und Bedürfnisse nach dem Siebenjährigen Krieg reagieren und die Organisation eines auf das Berg- und Hüttenwesen zugeschnittenen Ausbildungssystems in Angriff nehmen zu können.586 Dabei resultiert der Anspruch des Freiberger Oberbergamtes, sich auch für die fachbezogene Bildung sämtlicher Berg- und Hüttenmannskinder zuständig zu fühlen, keineswegs aus den in Bergrechtsvorschriften niedergeschriebenen Kernaufgaben.587 Die Verantwortungsübernahme einer solchen Bildungsaufsicht war eher die logische Konsequenz aus dem Fehlen entsprechender Ausbildungsträger innerhalb der kursächsischen Bildungslandschaft sowie dem Versagen des existierenden Bildungssystems in Verbindung mit der mangelhaften Durchsetzung des sich in Schulordnungen und landesherrlichen Reskripten manifestierenden Herrscherwillens.588 Das Oberbergamt als weitgehend autarke, lediglich der besonderen Kontrolle des Landesherrn unterstellte Verwaltung war sichtlich bemüht, den landes585 Deshalb konnte Benno von Heynitz in einem Vortrag vor dem Oberbergamt 1791 die innerhalb von 15 Jahren „erfolgte Heranziehung und Ausbildung so vieler … brauchbarer Churf[ürstlicher] Sächs[ischer] Berg- und Hütten Beamte(r) ing[leichen] Officianten“ durch die Bergakademie hervorheben. Vortrag von Heynitz’ vom 20. Jan. 1791, in: UAF, OBA 25, Bl. 173–174 b., hier Bl. 173. Ein Verzeichnis der zwischen 1766 und 1789 studierenden Bergakademisten hatte der Freiberger Bergamtsauditor Wellner 1789 angefertigt. Vgl. dazu das Protokoll der Akademischen Konferenz vom 30. März 1789, in: UAF, OBA 25, Bl. 148–151, hier Bl. 149. Ein weiteres, detailliertes Verzeichnis der zwischen 1766 und 1794 studierenden „Inländer“, das auch Angaben zu deren beruflicher Entwicklung enthält, fertigte OBA-Sekretär Köhler am 15. Juni 1794. Vgl. dazu UAF, OBA 9, Bl. 9–10 b. 586 Ein überzeugendes Beispiel dafür lieferte von Trebra, der während seiner Tätigkeit als Bergmeister in Marienberg zwischen Dez. 1767 und 1779 eine Reihe von Maßnahmen zur Verbesserung der fachlichen Ausbildung im Berg- und Hüttenwesen einleitete und dabei auch wirksame Mittel zur Durchsetzung des Schulbesuchs ersann. Vgl. dazu Trebra (Bergmeisterleben), S. 369– 373, 90–93. 587 Die damals noch gültige Bergordnung von 1589 erhielt keinen solchen ausdrücklichen Passus. 588 Bildung stand damals vermutlich nicht im Hauptfokus herrschaftlichen Handelns. So hatte dies zumindest Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 627, für das absolutistische Preußen formuliert, der das Bildungswesen des späten 18. Jahrhunderts ausdrücklich nicht zu den „… für Preußen

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herrlichen Souveränitätsanspruch auch in Bezug auf das Bildungswesen innerhalb des Montanwesens durchzusetzen. Dabei erwies sich die Bergverwaltung mit ihrer weitgehend pragmatischen Herangehensweise an die Aufgaben des bergmännischen Bildungswesens zunächst als wesentlich effektiver, als die bis dahin das allgemeine Schulsystem beaufsichtigenden kirchlichen Verwaltungsbehörden. Eine frühzeitige Erziehung der Jugend zur Arbeit lag naturgemäß im Interesse des Freiberger Oberbergamtes, denn nur mittels eines mit ausreichenden berg- und hüttenmännischen Fachkenntnissen ausgestatteten Arbeitskräftepotentials schien der (ökonomische) Hauptauftrag dieser Behörde, aus dem Bergbau die größtmöglichen Einnahmen für den Kurfürsten zu ziehen und damit letztlich auch zur Hebung der wirtschaftlichen und finanziellen Stärke des Landes beizutragen, erfüllbar zu sein.589 Auch für die im Bergbau Beschäftigten und deren Familien war die frühzeitige berufliche Einbindung der Kinder, Kinderarbeit schlechthin, oftmals existenziell,590 zumal gerade nach dem Siebenjährigen Krieg die weitverbreitete große Armut insbesondere auch die kursächsischen Bergreviere erfasst hatte.591 Da zwischen den finanziellen Möglichkeiten der Eltern, ihren Kindern einen angemessenen elementaren Schulunterricht bzw. eine fachliche Berufsausbildung zu ermöglichen, und der tatsächlichen Bildungswahrnehmung ein kausaler Zusammenhang bestand, darf der oft aus einem mangelhaften Schulbesuch resultierende, zum Teil erschreckend niedrige Bildungsstand vieler Kinder von Berg- und Hüttenleuten nicht verwundern. Nur den wenigsten Kindern der Berg- und Hüttenarbeiter innerhalb des Aufsichtsbereiches der Bergverwaltung konnte zu Beginn des Untersuchungszeitraumes die erforderliche Bildung geboten werden. Die Einbindung der so charakteristischen Bereichen (modernisierende(r) Staatlichkeit) wie Militär, Finanz(en), Wirtschaft oder auch Justiz …“ zählte. 589 Das galt ungeachtet dessen, dass dieser frühe Zwang zur Unterrichtung und Erziehung der Kinder zu nutzbringenden Tätigkeiten in gewissem Widerspruch zu den von Rousseau 1762 in seinem Werk „Emile“ entwickelten pädagogischen Grundaussagen stand. Nach Rousseau nämlich sollten „die Kinder … auf ihre Weise die Welt erkunden und verstehen lernen“. Herrmann (Pädagogisches Jahrhundert), S. 104 f., hier unter Auswertung von Lockes „Einige Gedanken über die Erziehung“ sowie Rousseaus „Emile“. 590 Zeit für eine dem jeweiligen Lebensalter des Kindes entsprechende, d. h. allmähliche, kindgerechte Persönlichkeitsentwicklung, ein „… Paradigmenwechsel von der Erziehung als ‚Kinderzucht‘ und Anpassung hin zu Erziehung als angeleitete(..) Selbstentwicklung …“, wie er nach Herrmann (ebd.), S. 103, notwendig gewesen wäre, stellte in dieser Zeit eine absolute Ausnahme dar. 591 Vgl. dazu grundsätzlich die jüngste, quellenbasierte Untersuchung von Bräuer (Armut in Bergstädten). Für 1769 hat Schirmer (Landwirtschaft und ländliche Gesellschaft), S. 155–157, Einnahmen und Ausgaben einer typischen erzgebirgischen Bergmannsfamilie (mit sieben Kindern) analysiert. Danach standen je Familie durchschnittlichen Jahreseinnahmen von ca. 128 Talern jährliche Ausgaben in Höhe von ca. 145 Talern(!) gegenüber. Noch krasser mussten die Verhältnisse in den Hungerjahren 1771/72 in Kursachsen gewesen sein. Vgl. dazu auch ders. (Soziale Not im Erzgebirge), S. 407–410.

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Kinder in die Tätigkeiten zum Überleben der Bergarbeiterfamilien – so in die Feldoder Hausarbeit oder ein ggf. nebenher betriebenes Gewerbe – besaßen in der Regel den Vorrang vor dem Besuch einer Schule.592 Unter Berücksichtigung der tatsächlichen sozialen Verhältnisse mussten nicht nur dringend Maßnahmen zur Verbesserung der elementaren Schulbildung getroffen werden, sondern es war zugleich die Etablierung eines Systems spezifischer fachlich-berufsbegleitender Ausbildungsformen erforderlich. Dafür waren zumindest die finanziellen Voraussetzungen für einen solchen Schulbesuch auch der Kinder der ärmsten Bergarbeiterfamilien zu schaffen. Dieser neuen Aufgabe stellte sich nun das Freiberger Oberbergamt. Carl Wilhelm Benno von Heynitz, der 13 Jahre jüngere Bruder des sächsischen Generalbergkommissars und späteren preußischen Ministers Friedrich Anton von Heynitz, entstammte einem weit verzweigten Adelsgeschlecht mit Gütern unter anderem in Dröschkau bei Belgern sowie Miltitz bei Meißen.593 Nach Privatunterricht durch Hauslehrer auf dem elterlichen Gute Dröschkau oder in Dresden,594 Besuch der Landesschule Schulpforta (vom 26. Juni 1752 bis 9. Juli 1754)595 und Studium in Göttingen (ab 1755)596 trat er gemeinsam mit dem zwei Jahre älteren Bergdrosten Claus Friedrich von Reden597 (1736–1791) eine Bildungsreise598 an, 592 Vgl. zu den Gründen dafür Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 60. 593 Vgl. Näheres zu Benno von Heynitz Lebensweg in dessen Vita in der Anlage. 594 Genaueres hierzu bedarf erst noch der Erforschung; die Literaturangaben dazu widersprechen sich. 595 Vgl. dazu die schriftliche Auskunft von Frau Dorfmüller, Archiv und Bibliothek der Landesschule Pforta (bei Naumburg), vom 20. Apr. 2009. 596 Die „Aufklärer“-Universität Göttingen schien in dieser Zeit die geeignetste Ausbildungsstätte zu sein, um neben juristischen Kenntnissen auch solche in den Kameralwissenschaften erlangen zu können. Vgl. dazu Gretschel (Geschichte), S. 238. Nach Menk (Bildungswesen deutscher protestantischer Territorien), S. 92, zählte die Universität Göttingen seit ihren ersten Anfängen „… zum unbestrittenen Mekka der Aufklärung“. Für die exakte Jahresangabe danke ich dem Universitätsarchiv Göttingen. Nach Selle (Matrikel der Universität Göttingen), S. 112, war Benno von Heynitz unter der Nr. 40 am 11. Okt. 1755 inskribiert worden. Im gleichen Jahr hatte der Bergrat und Polizeidirektor von Justi – vgl. dazu Prass (Reformprogramm), S. 30 – seine Vorlesungen über Staatsökonomie und Naturgeschichte an der Universität Göttingen begonnen und Zincke seine „Anfangsgründe“ herausgegeben, so dass von Heynitz mit den wichtigsten Ideen der Aufklärung und des Merkantilismus bekannt geworden sein dürfte. 597 Vgl. zu diesem jüngst Wenz-Haubfleisch (Claus Friedrich von Reden). Von Reden, der mit von Heynitz gemeinsam in Göttingen studiert hatte, war später Kurfürstlich Hannoverscher Geheimer Bergrat und von 1769 bis 1791 „Churhannöversche(r)“ Berghauptmann; vgl. dazu dieselbe (ebd.), S. 28. Er gilt als Gründer der Bergschule Clausthal (1775). Unter C.F. von Reden war von Trebra von 1779 bis 1791 Vizeberghauptmann. Vgl. dazu Valentiner (Geschichte der Bergakademie Clausthal), S. 25, Anm. 2 u. 3. Sein Sohn Karl Wilhelm Ernst von Reden studierte ab 1792 an der Bergakademie Freiberg. Vgl. dazu die Übersicht über alle auf eigene Kosten Studierenden (1790 bis 1804), in: UAF, OBA 447, Bl. 151–157, hier Bl. 152. 598 Pätzold/Wenz-Haubfleisch (Bildungsreise von Redens), S. 33, bezeichneten diese Reise als „technologische(..) Reise“, was ihren Kern auch trifft. Solche Reisen dienten nach dens. (ebd.) – hier

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die ihn über Frankreich, England und die Niederlande führte,599 wobei er u. a. auch eines der sogenannten Arbeitshäuser600 sowie eine besondere Schule601 kennenlernte. Nach einer mehrjährigen Tätigkeit als Hofjunker in braunschweigschen Diensten und als Auditor im Bergamt Zellerfeld ging er schließlich zurück nach Sachsen,602 wo ihn der Landesherr zunächst (1766) als Assessor bei der Landesökonomie-, Manufaktur- und Kommerziendeputation anstellte.603 Für die spätere Finanzierung des Bergschulkomplexes sicherlich von nicht zu unterschätzender Bedeutung war, dass von Heynitz 1766 zugleich als wirklicher „Accis-Rat“ im „General-Accis-Kollegium“604 das „Handwerk“ möglicher Finanz- und Steuertransaktionen von Grund auf kennenlernte. 1770 wurde Benno von Heynitz dann auch noch Mitglied der am 26. Mai 1764 ins Leben gerufenen Ökonomischen Sozietät in Leipzig,605 einer Institution, die sich mit Maßnahmen zu Verbesserun-

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unter Bezug auf Weber (Industriespionage als technologischer Transfer) – dem Kennenlernen neuer Technologien, um dadurch „wirtschaftliches Gefälle zu überwinden“; sie durchzuführen war auch eine Forderung von Fritschs in seinen „Zufälligen Betrachtungen“. Vgl. dazu SchmittSasse (Thomas von Fritsch), S. 31. Auch F.A. von Heynitz delegierte während seiner Zeit als späterer preußischer Minister wiederholt Adlige mit Funktionen im Bergstaat zu solchen Reisen – meist in Begleitung verständiger Techniker. So bereiste vom und zum Stein, der dem märkischen Bergbau vorstand, 1787 gemeinsam mit dem späteren «Mechanikus» Johann Conrad Friedrich England. Vgl. dazu Weber (Kunstmeister), insb. S. 16. Vgl. dazu SHStA, 10384, GH Miltitz, Nr. 31, von Heynitz (Familie von Heynitz III), S. 143, sowie jüngst Pätzold/Wenz-Haubfleisch (Bildungsreise von Redens). Benno von Heynitz war der typische Vertreter einer Generation, die die für höhere Beamtenstellen geforderten Studien mit den sogenannten „Kavaliersreisen“ verband. Vgl. zu den diesbezüglichen Anforderungen an sächsische Hofbeamte (nach einem Mandat Kurfürst Friedrich August II. vom 13. Okt. 1733) jüngst Matzerath (Adelsrecht), S. 33, sowie (ebd.), Anm. 1. Von Heynitz schrieb aus Lyon in Bezug auf das dortige Arbeitshaus „L Charitée“ im (vermutl.) Dez. 1764: „Schade ist es(,) dass wir auf unseren Landen keine dergleichen Häuser so leicht errichten können.“ Brief B. von Heynitz’, in: SHStA 10384, GH Miltitz, Nr. 30, Bl. 68 b. Vgl. dazu die persönliche Mitteilung Prof. Wolfhard Webers an den Autor vom Febr. 2009, in welcher er Bezug nimmt auf die Auswertung des Bestandes C 114, A 434, im StA Detmold. Vgl. dazu von Heynitz (Familie von Heynitz III), S. 144. Vgl. dazu ADB, Bd. 55, S. 495, sowie Lauterbach (Berühmte Freiberger), Heft 2, S. 45. Benno von Heynitz dürfte somit von Beginn seiner beruflichen Kariere an Einblick in die Reformbestrebungen am sächsischen Hofe unmittelbar nach Ende des Siebenjährigen Krieges erhalten haben. Innerhalb dieser Deputation bearbeitete sein älterer Bruder die Forst-, Verkehrs- und Handelssachen; vgl. dazu Lauterbach (ebd.). Vgl. dazu das Reskript des kursächsischen Administrators Prinz Xaver vom 6. Mai 1766 an das Generalakzisekollegium, in: SHStA, 10384, GH Miltitz, Nr. 31, Bl. 34 f., sowie den „Pflichtschein“ B. von Heynitz’ vom 14. Mai 1766 (ebd.), Bl. 35. Vgl. zur Einführung der Generalkonsumtionsakzise grundlegend Wuttke (Einführung der Generalkonsumtionsakzise), sowie auch Blaschke (Finanzwesen), insb. S. 471. So von Heynitz (Familie von Heynitz III), S. 145. In dieser dürfte von Heynitz auch Peter von Hohenthal kennengelernt haben. Als Direktor derselben fungierte der Kabinettsminister Johann George Graf von Einsiedel, ihr Sekretär war der Merkantilist Professor Schreber. Zu den Grün-

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gen in der Landwirtschaft, aber auch des Manufakturwesens sowie Fragen der Nationalökonomie oder der Staatswissenschaften beschäftigte.606 Nach einem von Benno von Heynitz an den Landesherrn gerichteten Gesuch vom 4. Januar 1775 um eine Anstellung beim kursächsischen Oberbergamt in Freiberg607 ließ ihn der Kurfürst kurze Zeit später nach Freiberg berufen,608 um ihn hier unter Beibehaltung seines bisherigen, ihm als „Accis-Rath und Aßesor bey der Commercien-Deputation …“ gezahlten Jahresgehalts von 1100 Talern zunächst „… nach dem Vice-Berg-Hauptmann mit Sitz und Stimme, jedoch ohne weiteres Gehalt …“ anzustellen.609 Benno von Heynitz’ unmittelbare Vorgesetzte waren zu diesem Zeitpunkt der Oberberghauptmann Adam Friedrich von Ponickau,610 der Berghauptmann Eugen Pabst von Ohain611 und der Vizeberghauptmann Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra. Diese drei Funktionen stellten zugleich die eigentliche Berghauptmannschaft dar.612 Benno von Heynitz sollte nach den Vorstellungen Friedrich Wilhelm von Ferbers neben dem Professor für Mathematik und Zeichenkunst an der Bergakademie, (Bergkommissionsrat) Johann Friedrich Wilhelm

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dungsmitgliedern gehörten der Obersteuerdirektor (ab 1774) und spätere (1778) Konferenzminister und Wirkliche Geheime Rat im Geheimen Konsilium, Detlev Karl Graf von Einsiedel – vgl. dazu Gretschel (ebd.), S. 230, S. 271, Anm. *) – Johann Friedrich von Ponickau, sowie Johann Friedrich Graf Vitzthum von Eckstädt. Seit Oktober 1764 waren auch Friedrich Ludwig von Wurmb (1723–1800) und Karl Friedrich Lindemann Gesellschaftsmitglieder. Vgl. dazu grundlegend Schöne (Leipziger Ökonomische Sozietät), der sich dabei weitgehend auf Schlechte (Staatsreform in Kursachsen) bezieht. Vgl. dazu Schöne (ebd.). Nach Trögel (Benno von Heynitz), S. 9 (leider ohne quellenmäßigen Beleg), übte Benno von Heynitz viele Jahre in dieser Sozietät „… das Amt eines Censors der eingereichten Schriften, Preisaufgaben … und … Versuche aus.“ Vgl. dieses Gesuch vom 4. Jan. 1775, in: SHStA, 10026, Geheimes Kabinett, Loc. 512/1, Bl. 212–213. Eine Kopie davon befindet sich in der Akte der GH Miltitz, Nr. 31 (wie Anm. 599), Bl. 45–46 b. Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts an das Kammer- und Bergkollegium vom 21. Jan. 1775, in: SHStA, Geh. Kab., Loc 512/1, Bl. 220 f. Vgl. dazu auch das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 18. Febr. 1775 in der Akte der GH Miltitz (wie Anm. 599), Bl. 47–48. BergA, OBA 3424, o. Bl. Vgl. dazu auch das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 21. Jan. 1775 (ebd.). Über diesen hatte schon 1765 F.A. von Heynitz geschrieben, dass dieser schon 63 Jahre alt sei und „nicht viel Feuer“ besäße. Bericht F.A. von Heynitz’ vom 3. Sept. 1765, in: SHStA, Geh. Kabinett Nr. 535, Loc. 1327, Bl. 21–24. Zitat nach Baumgärtel (Bergbau und Absolutismus), S. 72. Diesem bescheinigte F.A. von Heynitz „Einsicht (und) Kenntnisse“, aber „zu viel Politiq“. Bericht F.A. von Heynitz’ vom 3. Sept. 1765 (ebd.). Zitat nach Baumgärtel (Bergbau und Absolutismus), S. 72; vgl. dort auch die darin angegebenen Charaktereigenschaften Pabst von Ohains. Weitere Mitglieder des Oberbergamtes waren zu dieser Zeit der Bergrat Johann Georg von Wichmannshausen und der Bergkommissionsrat Johann Gottfried Meybach. Vgl. dazu den Bericht F.W. Ferbers vom 20. Jan. 1775, in: SHStA, 10026 Geheimes Kabinett, Loc. 512/1, Bl. 215–217 bzw. 212–213, sowie in: BergA, OBA 3424, o. Bl.

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Charpentier (1738–1805),613 die Beaufsichtigung über das Freiberger Bergrevier sowie „auch die Fürsorge für die dortige Berg-Academie, die aus Mangel derselben [hier: ein Mangel an Fürsorge – H.K.] in ziemlichen Abfall geräth“, übertragen werden.614 Zu dieser direkten Aufsichtsübertragung kam es allerdings nicht,615 sondern es blieb auch in den nächsten Jahren bei der gemeinschaftlich von der Berghauptmannschaft wahrgenommenen Aufsicht über die Bergakademie.616 Nachdem Kurfürst Friedrich August von Trebra auf sein Gesuch vom 31. Juli 1779 als Vizeberghauptmann entlassen hatte,617 ernannte er noch am 4. Dezember des gleichen Jahres den Kammerherrn Carl Wilhelm Benno von Heynitz zu dessen Nachfolger als Vizeberghauptmann.618 In der Folge sollte Benno von Heynitz im Juni 1784 an Stelle des zwischenzeitlich verstorbenen Berghauptmanns Eugen Pabst von Ohain zum Berghauptmann und damit zum Stellvertreter des Oberberghauptmannes Adam Friedrich von Ponickau ernannt werden.619 Nach von Ponickaus Tod 1785(!)620 übertrug der Landesherr die Leitung des Oberbergamtes 613 Vgl. zu Charpentier Schellhas (Von Charpentier), sowie Wagenbreth (J.F.W. v. Charpentier), S. 72–74. Den von Baumgärtel (Geschichte der Bergakademie), S. 21, für Charpentier vergebenen Vornamen „Toussant“ hat dieser allerdings nie getragen. 614 Vgl. dazu den Bericht Ferbers vom 20. Jan. 1775, in: SHStA, 10026, Geheimes Kabinett, Loc. 512/1, Bl. 215–217, hier Bl. 217. 615 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 21. Jan. 1775 (wie Anm. 608), Bl. 220–221, in welchem der entsprechende Passus nachträglich im Reskripttext gestrichen wurde. Vgl. ebd., Bl. 220 b. 616 Noch 20 Jahre später bezeichnete der Kurfürst diese Aufsicht als „gemeinschaftliche Sache“ des Direktoriums des Oberbergamtes, gestattete allerdings die Übertragung einzelner Aufsichtsfunktionen an die Oberbergamtsassessoren. Bei Abwesenheit des Berghauptmannes besaß dessen jeweiliger Vertreter die Entscheidungskompetenz bei „akademischen Vorfallenheiten“. Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 27. März 1795, in: UAF, OBA 9, Bl. 227–231 b., hier Bl. 229 b.–230. 617 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 31. Juli 1779, in: SHStA, 10026 Geheimes Kabinett, Loc. 512/1, Vol. II, Bl. 317. Trebra wurde noch 1779 im Harz Vizeberghauptmann unter dem dortigen Berghauptmann Claus Friedrich von Reden – wie 26 Jahre vorher schon F.A. von Heynitz – und 1791 dessen Nachfolger als Berghauptmann. Vgl. zu Letzterem Weber (Kunstmeister), S. 22, Anm. 54. 618 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 4. Dez. 1779, in: BergA, OBA 3424, o. Bl. Das Reskript findet sich auch in der Akte GH Miltitz, Nr. 31 (wie Anm. 599), Bl. 62. Die von Trebra zustehende Besoldung als Bergkommissionsrat wurde 1779 durch kurfürstliches Reskript auf den Bergkommissionsrat von Charpentier, der bis dahin lediglich über ein Professorengehalt verfügt hatte, übertragen. Vgl. dazu das Gesuch Charpentiers vom 22. Juli 1779, sowie das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts an das Kammer- und Berg-Kollegium vom 19. Sept. 1779, in: SHStA, 10026 Geheimes Kabinett, Loc. 512/1, Vol. II, Bl.323–324, bzw. Bl. 327. 619 Vgl. dazu den Pflichtschein für Benno von Heynitz vom 12. Juni 1784, in: BergA, OBA 3424, o.Bl. Vgl. zum weiteren beruflichen Werdegang von Heynitz’ diese Handakte Heynitz’ sowie dessen Vita in der Anlage. 620 Von Ponickau ist nicht erst 1789, wie z. B. noch Wagenbreth/Wächtler (Freiberger Bergbau), S. 249, angeben, verstorben. Vgl. dazu zum „jüngst … mit Tode abgegangenen“ BHM von

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zwar an Benno von Heynitz, ohne ihm jedoch gleichzeitig die Funktionsbezeichnung eines Oberberghauptmannes zu gewähren.621 Bereits 6. Februar 1779 – also noch vor seiner offiziellen Ernennung zum Vizeberghauptmann – übertrug der Landesherr durch Reskript Benno von Heynitz die „Spezialdirektion“,622 d. h. die Aufsicht über das erst noch zu konzipierende gesamte Bergschulwesen im albertinischen Kurfürstentum.623 Diese speziell für Benno von Heynitz geschaffene Funktion war durchaus mit der von Inspektoren, wie sie seit dem 16. Jahrhundert als Kontrollorgan des Landesherrn für die Kirchen- und Schulaufsicht in Kursachsen eingesetzt waren, vergleichbar.624 Allerdings handelte es sich diesmal nicht um die allgemeine Schulaufsicht der für Bildungsfragen zuständigen (kirchlichen) Behörden, sondern um die Übertragung eines Teils derselben, kombiniert mit der Aufsicht über die fachliche Berufsausbildung, auf die für das Berg- und Hüttenwesen zuständige Fachbehörde.625 Dass gerade Benno von Heynitz diese spezielle Aufgabe übertragen erhielt, lässt sich neben seinen spezifischen Bergbauerfahrungen auch aus dessen bis dahin genommener beruflichen Entwicklung und die von ihm durch seine Reisetätigkeit gewonnenen Kenntnisse

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Ponickau das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 16. März 1785, in: BergA, OBA 3424 (o. Bl.). B. von Heynitz blieb als Leiter des Oberbergamtes bis zu seinem Tod 1801 stets nur Berghauptmann. Erst von Heynitz’ Nachfolger, dem wieder nach Sachsen zurückgekehrten von Trebra, verlieh der Landesherr bei seiner Ernennung am 12. Sept. 1801 als Leiter des Oberbergamtes wieder den offiziellen Titel eines Oberberghauptmannes. Vgl. zur Bestallung von Trebras das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 12. Sept. 1801, in: BergA, OBA 2322, Bl. 12 f. Die Amtseinführung von Trebras fand am 23. Sept. 1801 in Freiberg statt. Vgl. dazu Wappler (Oberberghauptmann von Trebra), S. 91–104, insbes. S. 94–104. Vgl. dazu auch das Protokoll der Akademischen Konferenz vom 19. Nov. 1801, in: UAF, OBA 27, Bl. 115–122, hier Bl. 115. Benseler (Geschichte Freibergs), S. 1159, „verlängerte“ die Amtszeit von Trebras als Oberberghauptmann zurück bis ins Jahr 1783, was aber falsch ist; auch Schiffner und Lauterbach nennen hier falsche Daten. Dabei handelte es sich um die Übertragung eines speziellen kurfürstlichen Auftrages, wie ihn auch andere „Amtleute“ zur Erfüllung konkreter Verwaltungsaufgaben erhielten. Vgl. zu diesen mittels Instruktionen beauftragten „Commissiones“ Volkmar (Kreishauptleute), S. 250, hier unter Bezug auf ähnliche Verpflichtungen. Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 6. Febr. 1779, in: BergA, OBA 2250, Bl. 165 f. Vgl. dazu auch die „Acta Commissionis …“, in: BergA, OBA 2287. Auf dieses Reskript kommt der Landesherr auch später wiederholt zurück. Vgl. dazu auch das spätere Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 21. Aug. 1795, in: BergA, OBA 2288, Bl. 46–49 b., bzw. dasselbe in: BergA, OBA 2256, Bl. 223 f. Vgl. Näheres zu dieser Inspektorentätigkeit im Unterabschnitt 2.2.3. Die von Benno von Heynitz in diesem Zusammenhang ins Leben gerufene Berichtstätigkeit der ihm bzw. seiner Behörde unterstehenden Bergämter war sowohl inhaltlich als auch organisatorisch durchaus mit der von Superintendenten vergleichbar.

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von den Schullandschaften anderer Länder erklären;626 zumindest konnte er auf entsprechende Erfahrungen, die er bei seiner mit Claus Friedrich von Reden in den Jahren 1763 bis 1765 durchgeführten Studien- und Technologiereise durch Frankreich, England und die Niederlande gewonnen hatte, verweisen.627 Ungeachtet dessen blieb die Gesamtaufsicht beim Oberbergamt als zuständiger Behörde, wie sich aus einem zeitgemäßen Reskript des Kurfürsten an das Oberbergamt ergibt,628 nach welchem dasselbe seinerseits die Bergämter „von Zeit zu Zeit“ zu einer Revisionstätigkeit „ermuntern“ sollte.629 Benno von Heynitz war zwar nach dem Inhalt des Reskripts vom 6. Februar 1779 nur für das Bergschulwesen zuständig, aber in dieser Funktion hatte er wegen der räumlichen und personellen Anbindung des Unterrichts der Bergmannskinder an die deutschen Schulen auch Letztere zu kontrollieren. Über die dazu von ihm durchgeführten Revisionen hielt er beim Oberbergamt regelmäßig Vortrag.630 Stellte von Heynitz dabei Mängel in Bezug auf den durchgeführten Unterricht der Bergmannskinder an diesen Schulen fest, informierte er kurzerhand die zuständige „christliche“ Schulinspektion – in der Regel den Superintendenten – wobei er ausdrücklich auf sein Bestallungsreskript vom 6. Februar 1779 verwiesen haben dürfte.631 Dass der spätere Berghauptmann dabei mit dem zuständigen Superintendenten „auf gleicher Augenhöhe“ verhandelte, rührte aus ihrer gleichermaßen bestehenden Verpflichtung gegenüber dem Landesherrn und ihrer etwa ebenbürdigen Stellung innerhalb der Hierarchie landesherrlicher Funktionsträger.632 Hinsichtlich der über den elementaren Unterricht hinausgehenden fachlichen Ausbildung zukünftiger niederer Bergbeamter und Offizianten verfügte Benno von Heynitz sogar über eine vollkommen unabhängige Stellung gegenüber den die 626 Dies muss hier als Vermutung stehenbleiben, da das Bestallungsdekret selbst darüber keine Auskunft gibt. 627 Vgl. dazu jüngst Wenz-Haubfleisch (Claus Friedrich von Reden). Vgl. zu dieser Reise die im Hauptstaatsarchiv Dresden, Bestand 10384, GH Miltitz Nr. 31, überlieferten Reiseberichte B. von Heynitz’, die aber noch einer gründlichen Auswertung bedürfen. 628 Vgl. hierzu das Reskript Kurfürst Augusts vom 10. März 1781, in: BergA, OBA 2287, Bl. 113– 113 b. 629 Reskript Kurfürst Augusts vom 10. März 1781 (ebd.), hier Bl. 113 b. 630 Vgl. stellvertretend dafür hierzu die von B. von Heynitz (ohne Datum) im Frühsommer 1781 erstattete „Anzeige über die Revision der Stadt- und Landschulen …“, in: BergA, OBA 2287, Bl. 116–117. 631 So erfolgte dieser Hinweis auf sein Bestallungsdekret z. B. in von Heynitz’ Entwurf eines „Promemoria an die Löb[liche] Schulinspektion allhier“ vom Juni 1781, in: BergA, OBA 2287, Bl. 119–120 b. 632 Wegen der Rangordnung hat es wiederholt Auseinandersetzungen zwischen einzelnen kursächsischen Funktionsträgern gegeben. Vgl. dazu grundsätzlich die Akte BergA, OBA 2331 (o. Bl.). Vgl. zur Hierarchie (Rangordnung) der kursächsischen Bergbeamten auch die Rang-Ordnung in: Köhler (Anleitung zur Verfassung beim Bergbau und Recht und Verfassung beim Bergbau), sowie jüngst Neumann (Uniformen), insb. S. 32–42.

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„Schulinspektion“ über den allgemeinen Schulunterricht ausübenden Superintendenten.633 Dadurch war er in der Lage, die Entwicklung des Bergschulsystems in seiner Gesamtheit faktisch allein zu bestimmen, neue Ausbildungsformen zu entwickeln634 und zeitgemäße Lehrinhalte vorzugeben, was mit der Ausbildungskompetenz, die das Oberbergamt über die Bergakademie besaß, vergleichbar war.635 Seit dem Jahre 1770 hatten in Freiberg vom Generalbergkommissar Friedrich Anton von Heynitz angeordnete sogenannte bergakademische Konferenzen stattgefunden,636 die zwar im Gebäude der Bergakademie durchgeführt wurden, dort aber unter Leitung der Vertreter des Oberbergamtes (anfangs unter besonderer Verantwortung des Bergkommissionsrats von Trebra)637 standen. Diese waren Ausdruck der erwähnten direkten Beaufsichtigung des Oberbergamtes über die Berg633 Im Gegensatz z. B. zur gemeinsamen „Schulinspektion“ von Rat der Stadt und Superintendent über die Freiberger lateinische Stadtschule, in der alle wesentlichen Entscheidungen zur Schulentwicklung gemeinsam getroffen werden. Vgl. dazu das Quellenbuch zur Geschichte des Gymnasiums in Freiberg, S. 36. 634 Dass das Oberbergamt letzlich für das gesamte Bildungswesen innerhalb des Berg- und Hüttenwesens zuständig wurde, ergibt sich auch daraus, dass von Gründung der Bergakademie an bis zu den Reformen des Bergwesens und die damit verbundene Aufhebung des Oberbergamtes Mitte des 19. Jahrhunderts die direkte Leitung der Bergakademie, einschließlich der zu vermittelnden Lehrinhalte, durch das Oberbergamt erfolgte. 635 Wie weit sich diese Aufsicht des Oberbergamtes über die Bergakademie erstreckte, wird aus der am 1. Mai 1770 durchgeführten „Session“ des Oberbergamtes unter Beteiligung des Generalbergkommissars F.A. von Heynitz deutlich. Nachdem Prof. J.F.W. Charpentier dort über Inhalt seines Unterrichts und die Fähigkeiten seiner „Zuhörer“ referiert hatte, bestellte man ihn einen Tag später nochmals ins Oberbergamt, wo von Heynitz ihn aufforderte, „dass bei sothanem theoretischen Unterricht zugleich die practische Anwendung mehr mitgenommen, und der Einfluß(,) den die mathematische Käntnis in das Maschinen Wesen und die Marckscheider Kunst habe, denen Lernenden so gleich mitgezeiget …“ werde. Protokoll der Session vom 22. Mai 1770, in: UAF, OBA 237, Bl. 192–195 b., hier Bl. 194. Vgl. dazu auch die „Relation“ aus den Oberbergamtsakten, „Fünftes akademisches Jahr von Ostern 1770 bis dahin 1771, in: UAF, OBA 8 R, Bl. 21–29, hier Bl. 23 b. Die Anweisung, die F.A. von Heynitz in Bezug auf die noch engere Verbindung von Wissenschaft und Praxis, insbesondere in Bezug auf die Übertragung mathematischer Erkenntnisse auf das Maschinenwesen und die Markscheidekunst im Bergbau gab, dürfte auf den im Rahmen der seit 1767 bei der durchgeführten Bergbaurevision gewonnenen Erkenntnissen beruhen. Vgl. dazu den Abschnitt 1.2. 636 Vgl. dazu grundlegend die Akte UAF, OBA 8 R. Werner nannte später den 22. Jan. 1770 als Datum ihrer Installation. Vgl. dazu den Bericht Werners vom 18. März 1795, in: UAF, OBA 10, Bl. 56–367, hier Bl. 242 b. Diese Konferenzen fanden aber bis 1785 mehr oder weniger sporadisch statt. 637 Vgl. hierzu das Protokoll des OBA vom 30. Jan. 1770, in: UAF, OBA 237, Bl. 107–109 b., in denen Trebra über die im Auftrag des Generalbergkommissars von Heynitz einzuführenden Konferenzen (erstmalig am 6. Febr. 1770) durch das OBA und seine eigene Verantwortung dabei berichtet: „9.) Übernehme ich ... zur Confirmitaet der hohen Anbefehlniß die jedesmaligen Vortraege sämtlicher Academischen Angelegenheiten im Oberbergamt.“ (Ebd.), Bl. 108 b. Vgl. dazu auch den Unterabschnitt 2.2.2.

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akademie und entsprachen dem innerhalb des Bergstaates herrschenden Direktionsprinzip. Bereits in seiner Funktion als Vizeberghauptmann oblag Benno von Heynitz die Wahrnehmung und Vortragstätigkeit in bergakademischen Angelegenheiten, sicherlich auch deshalb, weil er als unmittelbarer Nachfolger Trebras auch dessen „Ressort“ übernommen hatte. Nur kurze Zeit nach seiner Ernennung zum Berghauptmann 1784 lebten auch die bergakademischen Konferenzen wieder auf; sie wurden 1785 „erneuert“638 und in den nachfolgenden Jahren bis zu seinem Tod unter seiner Verantwortung regelmäßig durchgeführt.639 An diesen Konferenzen nahmen neben der eigentlichen Berghauptmannschaft –640 dem „Direktorium“ des Oberbergamtes – selbst sowie weiteren Vertretern des Oberbergamtes641 anfänglich nur die akademischen Lehrer der Bergakademie Prof. Charpentier und Christian Hieronymus Lommer642 teil. Unter von Heynitz’ wurde dieser Personenkreis dann

638 Die Festlegung dazu traf B. von Heynitz bei seinem Besuch der Bergakademie am 4. Juni 1785. Vgl. dazu das OBA-Protokoll vom 4. Juni 1785, in: UAF, OBA 25, Bl. 1–2 b. Die Konferenzen fanden das „gnädigste(..) Wohlgefallen“ des Landesherrn. Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 29. Mai 1786, in: UAF, OBA 246, Bl. 166–168 b., hier Bl. 168 b. 639 Benno von Heynitz stand nach dem Tode des OBHM von Ponikau 1785 dem Oberbergamt allein vor – vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 16. März 1785 (wie Anm. 620). Unter ihm wurden ab August 1785 die Protokolle der Akademischen Konferenzen wieder regelmäßig geführt. Vgl. dazu im Einzelnen auch die Akten UAF, OBA 25 und OBA 26. 640 Zum Zeitpunkt der Ernennung B. von Heynitz’ gehörten dem „Direktorium“ des Oberbergamtes nur noch die Bergräte von Wichmannshausen und von Charpentier an. Vgl. dazu das Patent B. von Heynitz’ vom 30. März 1784, in: BergA, OBA 3424 (o. Bl.). 641 Bis etwa 1793 kamen hierzu noch die Bergkommissionsräte August Constantin Ferber und (ab 1794) Ernst Friedrich Carl von Schirnding (Ersterer ist als BKR zu Zöblitz 1816 gestorben, Letzterer als BKR 1814 zu Freiberg – vgl. dazu die Matrikelunterlagen sowie die Personenverzeichnisse des UAF – die sich speziell dem Gegenstand Bergschulwesen widmeten). Vgl. dazu insbesondere den umfangreichen Bericht Ferbers vom Juni 1788, in: BergA, OBA 2252, Bl. 53–62, sowie den „Kurzen Auszug“ von Schirndings vom 17. März 1794, in: BergA, OBA 2254, Bl. 191–212. Beiden Beamten stellte der Berghauptmann aber in einem später (um 1798) verfassten, sehr persönlich gehaltenen Aktenprotokoll ein sehr ungünstiges Zeugnis aus. Bei von Schirnding hätte er vergeblich gehofft, dass dieser „aus den Oberberg-Amt entlassen werden dürfte“; bei Ferber vermutete er, dass dieser, selbst wenn er „wieder aller menschliche(n) Erwartung gesund und noch brauchbar würde [An anderer Stelle der Akte, in dem Entwurf eines Schreibens an den „Cabinets Ministres u[nd] Staats(?) Secretarii Grafen v[on] Loiben(?)“, in: BergA, OBA 3423, heißt es, Ferber sei melancholisch und würde seit 1794 in Zöblitz von seinen Angehörigen versorgt werden.], nun ganz aus dem Zusammenhang des Geschäfts gekommen, u[nd] am wenigsten, so wenig wie jener [also von Schirnding – H.K.], zu practischer Beurtheilung der Bergmänn[ischen] Gegenstände zu gebrauchen wäre.“ Niederschrift B. von Heynitz’ [um 1798], in: BergA, OBA 3425, o. Bl. Vgl. zur Krankheit Ferbers auch den Brief des Stadtphysikus Johann Gottlieb Biedermanns vom 2. Nov. 1791 an B. von Heynitz, in: StAF, AB 80, 1, sowie den sehr persönlichen Brief Ferbers an von Heynitz vom 3. März 1791, in: ebd. 642 Lommer war der erste Inspektor und zugleich Lehrer für Mineralogie an der Bergakademie; er verließ 1771 Freiberg und wirkte zunächst als Bergmeister in Johanngeorgenstadt. Vgl. zur Bio-

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aber zum Teil auf sämtliche akademischen Lehrer ausgeweitet.643 Im Zusammenhang mit den Bergschulreformen Mitte der 90er-Jahre des 18. Jahrhunderts wurde diese Aufsicht durch das Oberbergamt sogar noch verstärkt.644 Bei diesen regelmäßigen Beratungen des Oberbergamtes mit den „Lehrern“ der Bergakademie645 sollte nach dem Willen des Landesherrn nicht nur der Unterricht an der Bergakademie selbst behandelt werden, sondern es war dabei ausdrücklich „… auch auf das Bergschulwesen überhaupt behörige Rücksicht … zu nehmen“.646 Für die Herausbildung eines gesonderten Bergschulwesens und damit zugleich für die Erstreckung der oberbergamtlichen Aufsicht auf dieses dürften zwei entscheidende Beweggründe – ein wirtschaftlicher und ein sozialer – vorgelegen haben. Der Landesherr benötigte zur Umsetzung seiner ökonomischen Interessen fachlich qualifizierte untere Bergbeamte und Offizianten. Ein wirklich funktionierendes Schulsystem, das den Anforderungen nach dem Siebenjährigen Krieg vor allem zur Wiedererhebung der am Boden liegenden Wirtschaft genügt hätte – was die altersgerechte Schulbildung aller bildungsfähigen Kinder sowie deren frühzeitige Unterweisung in wirtschaftlichen Dingen genauso erforderte, wie es Bildung als Grundlage für die Teilhabe des Einzelnen an der (insbesondere von der Aufklärung) so postulierten „Glückseligkeit“ begreifen musste – existierte nicht. Vielen Kindern, auch innerhalb der kursächsischen Bergreviere, blieb trotz anders lautender schulrechtlicher Absichtserklärungen in der Erneuerten Schulordnung von 1773 sogar die Teilnahme ­am elementaren Schulunterricht verwehrt. Die immer schwieriger werdenden Abbauverhältnisse im Bergbau verlangten darüber hinaus die Vervollkommnung der bisherigen Technik im Bergbau und Hüttenwesen, einschließlich der Einführung technischer Neuerungen. Diese ließen sich nur bei Vorhandensein eines entsprechenden technischen Wissens der im Montanwesen Beschäftigten bewältigen, was bis dahin jedoch weder auf den örtlichen (deutschen) Schulen zu erlernen noch durch die Erfahrungsweitergabe der Älteren zu erwerben war.647 Selbst auf den Universitäten war ein solches Spezialwissen kaum zu erlan-

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grafie Lommers jüngst Wagenbreth u. a. (Technische Universität Freiberg), S. nach dem dortigen Personenregister. Die Beteiligung an den Konferenzen kann anhand von Akten des Universitätsarchivs, insbesondere von OBA 25 und OBA 26 nachvollzogen werden. Diese Aufsicht durch das Oberbergamt ging so weit, dass zu den akademischen Konferenzen auch über den zukünftigen Einsatz der Bergakademisten und deren berufliches „Schicksal“ beraten und entschieden wurde. Vgl. dazu im Einzelnen die Protokolle der Akademischen Konferenzen, in: UAF, OBA 25 und OBA 26. Einige der als Lehrer an der Bergakademie angestellten Kräfte, z. B. Charpentier und Werner, nahmen zugleich eine Bergratsfunktion bzw. die Funktion eines Bergkommissionsrates beim Oberbergamt wahr. Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 24. Okt. 1797, in: BergA, OBA 2258, Bl. 1 b. Dies hatte schon 40 Jahre vor Gründung der Bergakademie der in Leipzig als Mechaniker tätige Jakob Leupold erkannt, weswegen er 1725 in Leipzig die Errichtung eines „Gymnasio-Metallo-

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gen, denn auf diesen wurden „… überhaupt nur theoretische Bergwerkswißenschaften gelehret …, die allein nie einen brauchbaren Bergmann bilden …“648 konnten. Auch an die Ansiedlung der Technikwissenschaft an Universitäten war zu diesem Zeitpunkt kaum zu denken,649 sie blieben fast ausschließlich den „freien Künsten“650 verpflichtet, nicht zuletzt auch wegen des Widerstandes der die Universitäten in dieser Zeit dominierenden theologischen Fakultäten.651 Die erst wenige Jahre zuvor ins Leben gerufene Bergakademie in Freiberg stand zwar gegenüber dieser praxisbezogenen Wissensvermittlung für höhere Bergwerksdienste in der Verpflichtung,652 sie dürfte jedoch von ihrem Bildungsanspruch her betrachtet kaum in der Lage gewesen sein, auch Bewerber für untere Bergwerksdienste bedarfsgerecht auszubilden. Erziehung und Unterrichtung der Kinder von armen, unvermögenden Bergleuten lagen in der Fürsorgepflicht des Landesherrn für die Untertanen begründet. Mit der Erziehung der „Landeskinder“ zu Gottesfurcht einerseits und Dankbarkeit gegenüber dem Landesherrn andererseits war zugleich ein wichtiges Element der Anerkennung und Sicherung der bestehenden Herrschaftsverhältnisse verbunden.653 Die eingeleiteten Bemühungen, allen bildungsfähigen Kindern des Landes eine gleiche Grundbildung zu ermöglichen, standen dabei durchaus im Einklang mit den meist von pietistischem Gedankengut bzw. dem der

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Mechanico zur Unterweisung der Jugend in Berg- und Mechanischen Sachen“ vorschlug, womit er seiner Zeit aber weit voraus war. Vgl. dazu Hiersemann (Geschichte der technischen Bildung), hier S. 171, und Baumgärtel (Geschichte der Bergakademie), S. 15, der (ohne Quellenangabe) Freiberg als geplanten Sitz dieser Einrichtung nennt. So begründete der spätere Freiberger Bergschullehrer Garbe noch in einem Gesuch von 1792 an das Oberbergamt seinen Wunsch, auf der Bergakademie die „… Bergwerkswissenschaften studieren zu können.“ Gesuch Garbes vom 1. März 1792, in: UAF, OBA 251, Bl. 23–24, hier Bl. 23 b. Unter anderem deshalb schlug der Dresdner Carl Friedrich Zimmermann schon 1746 die Gründung einer „Obersächsischen Bergakademie“ vor. Vgl. dazu Baumgärtel (Geschichte der Bergakademie), S. 15 f., sowie grundsätzlich Zimmermann (Obersächsische Berg-Akademie). Auch C.F. Wilckens hatte schon 1744 beklagt, dass die angewandten Naturwissenschaften von den Universitäten nahezu verbannt waren. Vgl. dazu Baumgärtel (Vom Bergbüchlein zur Bergakademie), S. 137. Vgl. zur Entstehung des Begriffs der (sieben) „Freien Künste“ Koch (Die Universität), S. 18–20. So Baumgärtel (Vom Bergbüchlein zur Bergakademie), S. 137 f.; vgl. dazu auch Hiersemann (Geschichte der technischen Bildung), S. 170–172. Vgl. dazu den „Hauptplan“ der Bergakademie als Anlage zum Reskript des kurfürstlichen Administrators Xaver vom 26. Nov. 1766, in: UAF, OBA 236, Bl. 74–84. Die Datierung dieses Hauptplanes von Hofmann (Hauptplan der Bergakademie), bzw. in: ders. (225 Jahre Bergakademie), S. 156 f., auf das Jahr 1765 ist somit definitiv falsch. Auch im benachbarten Preußen besaßen Religionsunterricht und Erziehung zur Untertanentreue einen hohen Stellenwert – vgl. dazu Kelbert (Bildungswesen in Preußens Berg- und Hüttenwesen), S. 74 f. Vgl. dazu auch die Anm. 1427.

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Aufklärung beeinflussten maßgeblichen Vertretern der Bergverwaltung.654 Unter diesem Aspekt dürften deren Grundüberzeugungen auch weitgehend mit den politischen, ökonomischen und auch sozialen Interessen des Kurfürsten konform gegangen sein.655 Neben einer elementaren Schulbildung erforderten jedoch vor allem die nach dem Siebenjährigen Krieg ergriffenen Maßnahmen zur Hebung der Wirtschaft und zur Wiederbelebung des Bergbaus und Hüttenwesens auch besondere berufsspezifische Qualifikationen der im Montanwesen Beschäftigten. Da das vorhandene Schul- und Ausbildungssystem diesen Anforderungen nicht genügte, insbesondere keine Schulform bot, in der dieses für zukünftige Bergund Hüttenarbeiter bzw. untere Bergbeamte notwendige bergbauliche Fachwissen hätte erworben werden können, trat die Bergverwaltung in das vorhandene „Bildungsvakuum“ ein und übernahm die Führungsrolle bei der Herausbildung eines eigenständigen Bergschulwesens. Der allgemeine Bildungsauftrag wurde somit von der Bergverwaltung übernommen, weil es a) kein wirklich funktionierendes Schulsystem gab, das den neuen Bildungsanforderungen (Stärkung der ökonomischen Basis; Arbeit als Grundlage für Glückseligkeit) genügte, b) viele Kinder von der Teilhabe an Bildung ausgeschlossen waren, c) Bildung dem Selbstverständnis der pietistisch geprägten oder durch die Aufklärung beeinflussten Vertreter der Bergverwaltung entsprach und d) die immer schwieriger werdenden Abbauverhältnisse v. a. technisch gebildete Arbeitskräfte erforderten. Das Oberbergamt in Freiberg war die Behörde, in der die maßgeblichen Ideen für ein solches innovatives Gesamtsystem von schulischer Elementarbildung und Berufsfachausbildung geboren wurden. Unter Leitung des mit einer Spezialvollmacht des Kurfürsten ausgestatteten Benno von Heynitz und unter vollkommener Aufsicht und Kontrolle des von ihm als Berghauptmann ab 1785 geleiteten kurfürstlichen Oberbergamtes in Freiberg vollzog sich die Installation und Entwicklung eines komplexen Systems von Einrichtungen, in denen sowohl die elementare, schulische Grundbildung als auch eine spezielle Form der berufsfachlichen Ausbildung für die heranwachsenden Kinder von Berg- und Hüttenleuten geboten wurde. Dabei kann man die starke Stellung, die der Berghauptmann in Bezug auf alle Obliegenheiten des sich etablierenden Bergschulsystems besaß, durchaus mit 654 Vgl. zum pietistischen Umfeld der maßgeblichen Vertreter der kursächsischen Bergverwaltung, so der Brüder von Heynitz, von Charpentier, von Ferber oder von Gutschmid Näheres im Kapitel 6. 655 Zur Einschätzung der politischen und sozialen Überzeugungen des Kurfürsten Friedrich August vgl. neuerdings grundlegend Halder (Friedrich August).

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der eines Superintendenten einerseits und der eines Grund- und Gerichtsherren in seiner Funktion als Kirchen- und Schulpatron andererseits vergleichen. Wegen der sich auf alle Bergreviere erstreckenden Gültigkeit dieser Vollmacht ging der regionale Einflussbereich Benno von Heynitz’ z. T. sogar weit über den eines Superintendenten hinaus. Als Leiter einer landesherrlichen „Behörde“ waltete er in Bezug auf das von ihm aufzubauende Bergschulsystem selbst wie ein Schulpatron oder eine Gerichtsobrigkeit.656 So berief der Berghauptmann – natürlich nach vorher eingeholter Zustimmung des Landesherrn – die Lehrer für die einzelnen Bergschuleinrichtungen. Genau so, wie es den Grundherren in Preußen in dem ihrem Patronat unterstehenden Herrschaftsgebiet oftmals gelang, ein relativ autarkes Schulregiment aufzubauen und die obrigkeitlich-geistliche Aufsicht durch Superintendenten und Konsistorien weitgehend zu neutralisieren, schaffte es auch Benno von Heynitz, ein nahezu eigenständiges, auf Bergbau und Hüttenwesen zugeschnittenes Schulsystem in den seinem Verantwortungsbereich zugewiesenen kursächsischen Bergrevieren zu entwickeln und auszubauen. Auf welche Art und Weise dies im Einzelnen geschah, soll im nachfolgenden Abschnitt verdeutlicht werden.

2.2. Der Gründungsprozess 2.2.1. Die Eingabe der Magister Sturz und Friderici über Verbesserungen der Ausbildung der Bergjugend

Am 24. Juli 1769 verabschiedete der sächsische Kurfürst Friedrich August das „Generale, die ernstlichere Anhaltung der Kinder zur Schule betreffend“,657 mit dem der Versuch unternommen wurde, allen Kindern zwischen dem 5. und 14. Lebensjahre einen ganzjährigen Schulbesuch vorzuschreiben.658 Ausnahmen galten danach nur für die Erntezeit. Adressaten des Generales waren die „Obrigkeiten in Städten und auf dem Lande“, die das Schulwesen unter ihrer Obhut hatten. Diese sollen innerhalb „ihrer Gerichtsbarkeit die Eltern und Vormünder … bei Strafe eines alten Schocks … dahin anhalten …, ihre Kinder und Pflegebefohlenen zeitig … sofort vom 5. Jahre an [Das galt allerdings nur, wenn ein Schulmeister oder Kinderlehrer dort wohnhaftig war. – H.K.] bis zum 14. zur Schule [zu] schicken

656 Von Heynitz hatte dabei vielleicht ähnliche Machtbefugnisse wie der von Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 153, erwähnte brandenburgische Amthauptmann, der in seinem Amtsgebiet das Patronat über Kirche und damit die Schule wahrzunehmen hatte. 657 Generale vom 24. Juli 1769 (wie Anm. 391). 658 Das «Revidierte Synodalische Dekret» Kurfürst Johann Georg II., genau 100 Jahre vor der Erneuerten Schulordnung von 1773 verabschiedet, kannte nach Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule) S. 83 f. keine solche Schulpflicht.

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…“659 Allerdings schien dieses Generale wie auch andere vorausgegangene Regelungen zum Schulbesuch nicht viel gefruchtet zu haben, denn in der Literatur wurde danach wiederholt von einem mangelndem Schulbesuch in Kursachsen berichtet.660 Trotz der Erhöhung der Anzahl der Schulen im Kurfürstentum seit Ende des 16., Anfang des 17. Jahrhunderts661 ebten die wiederholten Klagen der Küster und Schulmeister über eine mangelnde Frequentierung der Schulen nicht ab.662 Über die Ursachen der permanenten Schulausfälle formulierte Richter: „Die Kinder müssen nach Brot gehen. Sie helfen im Haushalt, treiben die Kühe, die Ziegen, die Schafe und die Schweine, arbeiten auf dem Felde, gehen Holz hacken, arbeiten beim Pochwerk, wie in Ehrenfriedersdorf, auf dem Hammerwerk, beim Köhler, wie in Breitenbrunn, spulen, spinnen und machen Handreichung bei jedem bürgerlichen Handwerk.“663

Im erwähnten Generale von 1769 war vorgesehen, für arme Kinder das übliche Schulgeld von der jeweiligen Gemeinde aufbringen zu lassen.664 Dass dieses landesherrliche Generale nicht grundlos verabschiedet worden war, zeigt wenige Monate später, im Oktober 1769, eine Begegnung des Kurfürsten Friedrich August bei dessen Besuch eines Berggebäudes im Bergrevier Schneeberg. Dem Landesherrn waren dort zwei 16- bzw. 17-jährige665 anfahrende Bergburschen vorgestellt wor659 Generale vom 24. Juli 1769. Zitat nach Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens in Sachsen), S. 46. 660 Vgl. dazu Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 59. Gleiches galt in dieser Zeit für Preußen. Vgl. dazu insbesondere Neugebauer (Niedere Schulen und Realschulen), S. 225 f., und die dort angegebenen Literaturhinweise. 661 Vgl. dazu Richter (ebd.), S. 47 f. 662 Als Hauptgrund für die Beschwerden gab Richter (ebd.), S. 50, entgangene Schulgeldeinnahmen der Lehrkräfte an. 663 Richter (ebd.), S. 60. Vgl. dazu auch den Bericht des BA Altbg. vom 10. Febr. 1801, in: BergA, OBA 2259, Bl. 145–148, hier Bl. 145 b.–146, in welchem ebenso Broterwerbstätigkeiten der Kinder als Ursache eines mangelhaften Schulbesuchs aufgeführt sind. Die gleichen oder ähnliche Ursachen für das Fernbleiben vom Unterricht – so schlechte Kleidung im Winter, die weiten Schulwege und eine unzureichende Ernährung – nennen u. a. auch Keller (Beobachtungen zur Schule), S. 146, für Kursachsen, sowie Hartleb (Frühe Formen der Schulpflicht), S. 523 f., für die Reichsgrafschaft Ortenburg in Bayern. 664 Vgl. dazu Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens in Sachsen), S. 46, der hier das Generale vom 24. Juli 1769 auswertete. Der in Berlin zum ersten lutherischen Geistlichen an der 1739 erbauten Dreifaltigkeitskirche berufene Johann Julius Hecker hatte u. a. berichtet, dass an der dortigen Schule Kinder, deren Eltern das Schulgeld nicht aufbringen konnten, „frey“ bzw. unter Verwendung des eingenommenen Geldes aus den sogenannten Klingelbeuteln unterrichtet wurden. Im Jahre 1744 erhielten an den von Hecker eingerichteten Schulen von 500 Kindern 200 „völlig freyen“ Unterricht. Vgl. dazu Homann (Heckersche Realschule), S. 21–23, S. 25. 665 Im Bergbau lag das Mindestalter der Bergmannskinder – der „anfahrenden Bergburschen“ – bei 14 Jahren. Das war genau das Alter, bis zu dem an den deutschen Schulen in der Regel der

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den, die offensichtlich nur ein sehr mangelhaftes bergmännisches Fachwissen besaßen.666 Der geringe Bildungsstand dieser beiden Bergknaben, die weder mit dem Begriff „Eyd“ etwas anfangen konnten noch dessen Verbindlichkeit verstanden,667 war Veranlassung zur Einleitung einer Reihe von Maßnahmen zur Verbesserung des Schulwesens für Bergmannskinder.668 Der Zusammenhang zwischen dem niedrigen Bildungsniveau der Heranwachsenden und dem oft sehr mangelhaften Schulbesuch war schnell erkannt worden.669 So formulierte Pätzold für das sächsische Schulwesen in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts: „Ein Übelstand blieb fortgesetzt namentlich der mangelhafte Schulbesuch der Jugend.“670 Auch in stärker absolutistisch ausgeprägten Ländern des deutschen Reichs wie Brandenburg-Preußen, in denen die Einflussmöglichkeiten der partikularen Kräfte auf das Schulwesen vor allem aus der Ausübung des Patronatsrechtes herrührten,671 herrschte häufig ein mangelnder Schulbesuchs vor.672

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elementare Schulunterricht erfolgte. Mit 14 Jahren schien nach damaliger Auffassung ein Kind auf Grund seiner körperlichen Konstitution durchaus in der Lage zu sein, die zum Teil schwere körperliche Arbeit auf den Scheidebänken bzw. Erzwäschen auszuführen. Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 28. Okt. 1769, in: BergA, OBA 2250, Bl. 1 f. Etwas Ähnliches hatte sich 10 Jahre vorher, 1759, auch in der preußischen Mittelmark zugetragen. Trotz aller vorausgegangenen Schulbestimmungen, so der Ediktes von 1717 bzw. von 1736, in denen auf die Notwendigkeit eines regelmäßigen Schulbesuchs hinweisen wurde, musste ein sehr ungenügender Besuch der Landschulen konstatiert werden, weswegen der preußische König in einer Kabinettsorder vom 8. Febr. 1763 an Danckelmann persönlich die Verbesserung des ländlichen Schulwesens angeregte. Vgl. Näheres dazu bei Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 177–180, insb. S. 179. Ganz im Gegensatz dazu steht die bei Wächtler/Wagenbreth (Bergbau im Erzgebirge), S. 108, postulierte Aussage von der „hohe(n) Intelligenz der Berg- und Hüttenleute“. Vgl. dazu auch das Kapitel 8 dieser Arbeit. Darüber haben sowohl Zeitgenossen als auch spätere Autoren immer wieder berichtet, auch darüber, dass sich dieser Zustand kaum auf dem Gesetz- und Verordnungswege verbessern ließ. Wie wenig wirksam auch die Erneuerte Schulordnung von 1773 in dieser Hinsicht war, hatte nach Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 116, sowie (ebd.), Anm. 5, schon im Jahre 1900 Möckel (Volksschulwesen) nachgewiesen. Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens in Sachsen), S. 46, sowie weitere Belege (ebd.), S. 39–43. In Preußen waren den Ständen durch den Landtagsrezess von 1653 wichtige Rechte erhalten geblieben, so u. a. deren Patronatsrecht in Bezug auf das Kirchen- und Schulwesen. Vgl. dazu Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 135 f., und die dort angeführten Quellen- und Literaturhinweise. Zur Patronatstellung der Magistrate der Städte und die relative Ohnmacht der Schulinspektoren Letzteren gegenüber vergleiche ders. (ebd.), insbesondere S. 155–165. So ist in der Literatur für das ostpreußische Schulwesen z. B. wiederholt darauf aufmerksam gemacht worden, dass die „Principia regulativa“ vom 30. Juli 1736, in denen der Schulbau und deren Unterhaltung sowie die Lehrerbesoldung geregelt waren, für die partikularen Kräfte nicht zwingend bindend waren, weil es dem Adel freistand, „die Sache nach … (seinem) besten Gefallen einzurichten“. – Zitat aus der „Principia regulativa“ nach Leschinsky/Roeder (Schule

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Der Landesherr könne „… aus eigener Herrschaftsbefugnis … durchaus nicht die sämtlichen Landesbewohner erfolgreich gegen ihren Willen verpflichten, beispielsweise zum Schulbesuch“, merkten Leschinsky/Roeder zu entsprechenden landesherrlichen Bemühungen in Preußen an.673 Ungeachtet aller tatsächlicher Hindernisse, die einer schnellen Umsetzung der Verordnungstexte im Wege standen, stellten die Erneuerten Schulordnungen von 1773 nach Pätzold „… einen Markstein von besonderer Wichtigkeit …“ für die Entwicklung des kursächsischen Schulwesens nach dem Siebenjährigen Krieg dar.674 Für das auch innerhalb des kursächsischen Bergwesens erkannte Problem mangelnder schulischer und fachlicher Bildung wollte nun auch der sächsische Kurfürst Abhilfe schaffen. Unmittelbar nach seiner erwähnter Begegnung mit den jungen Bergarbeitern wandte er sich am 28. Oktober 1769 in einem Reskript an das Freiberger Oberbergamt und forderte dieses zur gutachtlichen Anzeige darüber auf, wie es in Freiberg und den sonstigen Bergämtern „mit dem Unterricht der Bergjugend im Christenthum und deren Frequentierung der Schule“ gehalten werden würde.675 Aus den vom Oberbergamt eingeholten Berichten der Bergämter wurde die mangelhafte schulische und fachliche Ausbildung junger Bergleute ganz offensichtlich. So konnte zwar das Bergamt Freiberg melden, die „Jungensteiger“676 wären

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im historischen Prozess), S. 45, hier unter Bezug auf Froese/Krawietz (Deutsche Schulgesetzgebung), S. 94. Für Preußens Elementarschulwesen kommt Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 268 – hier unter Bezug auf Schwartz (Die neumärkischen Landschulen), S. 38 ff. – zu dem Schluss, dass selbst um 1800 ein regelmäßiger Schulbesuch, „zumal bei ungünstigen Witterungsverhältnissen“, problematisch sein konnte. Auch Leschinsky/Roeder (ebd.), S. 45, sahen in der wiederholten „Bekräftigung“ der vom Preußenkönig Friedrich Wilhelm I. am 28. September 1717 verabschiedeten „Verordnung, dass die Eltern ihre Kinder zur Schule, und die Prediger Catechisationes, halten sollen“ ebenfalls einen Hinweis auf deren ungenügende Durchsetzungsmöglichkeit. Vgl. zu diesem Problemkreis auch die Schlussfolgerungen von König (Reform der Lehrlingsausbildung), S. 19–21, für das Fürstbistum Würzburg in Bayern. Leschinsky/Roeder (ebd.), S. 42. Auch die „Staatliche Schulhoheit“ war ihrer Auffassung nach „… lange Zeit nur programmatischer Natur.“ Ebd., S. 43. Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens in Sachsen), S. 47. Allerdings schränkte er dies an anderer Stelle selbst wieder ein, indem er formulierte: „Doch wäre es falsch, anzunehmen, dass nach Erlass derselben alsbald ein Umschwung, eine merkliche Wendung zum Besseren eingetreten wäre.“ Ders. (ebd.), S. 103. Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 28. Okt. 1769, in: BergA, OBA 2250, Bl. 1 f. Also stand zu diesem Zeitpunkt zunächst vor allem die Frage der christlichen Erziehung der Bergmannskinder im Mittelpunkt des kurfürstlichen Interesses. Benno von Heynitz bezeichnete später dieses Reskript als „die erste Veranlassung zu den nachherigen BergSchuleinrichtungen“. Vgl. dazu die Bemerkungen „B“ von Heynitz’ vom 20. Dez. 1794 zu einem Aktenextrakt des BKR von Schirnding, in: BergA, OBA 2255, Bl. 176–185 b., hier Bl. 176, sowie den dazu durch von Schirnding verfassten „Kurzen Auszug“ (wie Anm. 641), hier Bl. 191–191 b. Vermutlich handelt es sich hier um die speziell über die anfahrenden jungen Bergleute Aufsicht führenden Steiger.

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angehalten, mit den anfahrenden Bergknaben vor der täglichen 12-stündigen(!) Schicht und „auch zu Mittag, während der hellen Aufsetz-Stunden, besondere Übungen im Christenthum“ anzustellen,677 für eine fachlich ausreichende Bildung der zukünftigen Bergarbeiter war dies aber offensichtlich völlig unzureichend. In dem auch zum Kurfürstentum gehörenden Bergamt Großkamsdorf unterrichtete man die anfahrenden Bergknaben nach der Schicht im Christentum. Weigerte sich dort ein Bergjunge, an diesem „Unterricht“ teilzunehmen, drohte man diesem an, ihn ggf. „abzulegen“, d. h. zu entlassen. Teilweise erzwang man dort die Teilnahme an dieser Unterrichtung „auch durch Schläge, von denen Steigern …“(!)678 In seinem daraufhin an den Landesherrn erstellten Bericht vom 19. September 1770 ließ das Oberbergamt zwar diese letztgenannte Angaben aus Großkamsdorf aus, gestand aber ein, dass die Erziehung der Bergjugend in den einzelnen Bergrevieren z. T. sehr vernachlässigt worden wäre und diese oft allein der Willkür der Eltern bzw. Erzieher ausgeliefert sei.679 Die Eltern würden eher für eine zeitigere Annahme ihre Kinder als Grubenarbeiter als für deren (schulische) Erziehung sorgen.680 Das Oberbergamt unterbreitete deshalb selbst konkrete Vorschläge dahingehend, wie die festgestellten Hindernisse eines regelmäßigen Schulbesuches der Bergjugend „wegzuräumen“, wie zu diesem Zwecke den Knappschaftskassen „Zugang zu verschaffen“, wie der Unterricht zu gestalten und schließlich, wie „die Kinder ad sacra zu admittiren [zum Abendmahl zuzulassen – H.K.]“ seien.681 Die dazu vom Landesherrn erwartete „Höchste Resolution“ erteilte dieser jedoch erst sieben(!) Jahre später, am 30. August 1777.682 Zwischenzeitlich wurden durch Befehl Kurfürst Friedrich Augusts vom 17. März 1773683 für Sachsen drei verschiedene Schulordnungen, darunter die „Erneuerte Schulordnung für die deutschen Stadt- und Dorfschulen der Chursaechsi-

677 Bericht des BA Freiberg vom (?) 1770 an das OBA, in: BergA, OBA 2250, Bl. 39–42 b., hier Bl. 40. 678 So nach dem Bericht des BA Großkamsdorf vom 12. Apr. 1770, in: BergA, OBA 2250, Bl. 45. 679 Vgl. hierzu den Bericht des OBA vom 19. Sept. 1770, in: BergA, OBA 2250, Bl. 57–73, hier insb. Bl. 57 f. 680 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 19. Sept. 1770 (ebd.), hier Bl. 57 f. J.G[eorge] von Wichmannshausen, Mitglied des Oberbergamtes, schlug in seiner diesbezüglichen gutachtlichen Anzeige zur Lösung dieses Problems den täglichen Schulbesuch ab dem 4./5. Lebensjahr vor. – Vgl. dazu den Bericht von Wichmannshausens vom 5. Okt. 1770, in: BergA, OBA 2250, Bl. 62–63. Dieser Vorschlag deckte sich mit dem Inhalt der Erneuerten Schulordnung für die deutschen Stadt- und Dorfschulen von 1773. 681 „Kurzer Auszug“ aus dem Bericht des Bergkommissionsrates von Schirnding vom 17. März 1794 (wie Anm. 641), Bl. 191 b. 682 Vgl. zu den Gründen für diesen Zeitverzug weiter unten Anmerkung 706. 683 Vgl. dazu den Befehl vom 17. März 1773 (wie Anm. 207).

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schen Lande“ erlassen.684 Am 16. September 1773, also nur wenige Monate später, wandten sich der Pfarrer von Erbisdorf,685 Magister Friedrich Samuel Sturz, und der dortige Diakon, Magister Carl Gottlob Friderici, an das Kursächsische Oberbergamt mit einer Eingabe.686 Dieselbe, deren Gegenstand offensichtlich die Zustimmung des Superintendenten Magister Grundig gefunden hatte,687 stellte den Versuch dar, nach einer vorausgegangenen sozialen Analyse des Bergwesens im Brander Revier688 Wege zu finden, wie den Kinder von Bergleuten zukünftig der in der Erneuerten Schulordnung vorgeschriebene Unterricht wirksamer vermittelt werden könnte. Die Eingabeerstatter stellten dazu fest, dass die in der Schulordnung verankerte Pflicht, in Fällen, in denen die Unterrichtskosten wegen der nachgewiesenen Armut von Eltern nicht aufgebracht werden können, von den Gemeinden des Bergreviers zu übernehmen wären, in der Regel unrealistisch sei. So wäre ihrer Meinung nach z. B. eine Gemeinde, die nur drei (!) Begüterte besäße und sonst fast nur aus armen Bergleuten oder deren hinterlassenen Witwen bestünde, keinesfalls in der Lage, das Schulgeld für die bedürftigen Kinder (häufig fünf, sechs oder noch mehr je Familie)689 aus eigenen Mitteln zu finanzieren.690 Das zu diesem Zeitpunkt tatsächlich vorhandene hohe Armutspotential unter den Berg- und Hüttenleuten bestätigen jüngste Untersuchungen über diesen Gegenstand.691 Nach dem Hausarmenregister Freibergs aus dem Jahre 1772 – also unmittelbar zu Beginn des Zeitraumes dieser Untersuchung – waren in dieser größten kursächsischen Bergstadt von denjenigen, welche betteln gehen mussten, 40,7% Berg- und Hüt-

684 Vgl. Anm. 2. Im Markgrafentum Oberlausitz war eine neue Schulordnung bereits 1770 – also drei Jahre vor der „Erbländischen Schulordnung“ in Kraft gesetzt worden. Vgl. dazu Moderow (Volksschule), S. 59 f. 685 Erbisdorf ist heute ein Stadtteil der Stadt Brand-Erbisdorf südlich von Freiberg. 686 Vgl. hierzu die Eingabe von Sturz und Friderici vom 16. Sept. 1773, in: BergA, OBA 2250, Bl. 89–96. 687 Dies lässt sich aus dem Inhalt des Patents des OBA vom 2. Okt. 1773, in: BergA, OBA 2250, Bl. 98, entnehmen. 688 Das „Brander Revier“, zum Teil eigenständig behandelt, wird in der Bergbauliteratur i. d. R. dem größeren Freiberger Bergrevier zugeordnet. 689 Nach Schirmer (Landwirtschaft und ländliche Gesellschaft), S. 156, musste eine typische Bergmannsfamilie im Westerzgebirge für vier schulfähige Kinder zwei Groschen (auf 40 Wochen), im Jahr insgesamt 3 Taler und acht Groschen aufbringen; vgl. dazu auch die von dems. (Soziale Not im Erzgebirge), S. 412, ausgewertete Quelle. 690 Für Preußen z. B. schlug aus einem ähnlichen Grund der Schulreformer von Rochow in seinen ab 1773 mit dem Minister Zedlitz geführten Gesprächen vor, das Schulgeld für den „Landmann“ ganz abzuschaffen, bzw. dieses nur von den Reicheren zahlen zu lassen. Vgl. dazu Heinemann (Schule im Vorfeld), S. 141. 691 Vgl. zur Armut unter der bergmännischen Bevölkerung (hier von Freiberg) jüngst Bräuer (Armut in Bergstädten), S. 208–210.

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tenleute.692 Eine darüber hinausgehende Spezifikation der „bedürftigsten und würdigsten Armen“ von 1773 wies 38,5% Berg- und Hüttenleute aus, die ohne Unterstützung vermutlich hätten nicht überleben können.693 Es bestand somit ein ganz klarer kausaler Zusammenhang zwischen der Armut der Berg- und Hüttenleute, dem Unvermögen vieler Gemeinden, Schulgeld für die ansässigen Kinder aufzubringen und dem nur ungenügenden Schulbesuch der Kinder von Berg- und Hüttenarbeitern. Die Nichtannahme des angebotenen Schulunterrichts durch Letztere war dabei keineswegs neu. Genau 60 Jahre früher, am 1. September 1713, wurden in einem Extrakt aus landesherrlichen Resolutionen, „… die Besuchung der Schulen betreffend“, schwere Verstöße gegen die nach der Kirchen- und Schulordnung von 1580 regelmäßig stattzufindenden Visitationen der Schulen festgestellt, wodurch „… veranlasset, dass viele Kinder von der Information versaeumet worden.“694 Allerdings erwähnten Pfarrer Sturz und Caplan Friderici auch andere Ursachen für den ungenügenden Schulbesuch der Bergmannskinder, nämlich Faulheit, Nachlässigkeit sowie Unzucht und Hurerei der Eltern.695 Auffallend in der erwähnten Eingabe war die Angabe, wonach in den untersuchten Berggemeinden oftmals nur Bergleute und deren hinterlassene Witwen wohnen würden.696 Als Ursache dafür gaben die Eingabeerstatter an, dass die meisten Männer ihr Leben für das Bergwerk und im Dienst für die Gewerken bereits zwischen dem 30. und 36. Lebensjahr hingeben würden.697 Die Autoren schlugen zur Erweiterung des Unterrichtsangebotes die Errichtung von Schulen für Bergmannskinder in Brand, Erbisdorf und Michaelis vor.698 Gleichzeitig unterbreiteten 692 Davon waren nach Bräuer (ebd.), S. 209 f., der dazu das Hausarmenregister des Stadtarchivs Freiberg von 1772 ausgewertet und ein „Schwergewicht“ der Armut im bergbaulichen Bereich konstatiert hatte, 37,7%(!) Bergleute. 693 So Bräuer (ebd.), S. 209. Die Zahl der Berg- und Hüttenleute lag damit weit vor der der nächstbetroffenen Gruppe, den Handwerkern, die mit „nur“ 23,9% an zweiter Stelle der Bedürftigen standen. 694 „Extract Derer Beylagen, die Besuchung der Schulen betreffend“ vom 1. Sept. 1713, in: C.A., 1. Bd., Sp. 383–386, hier Sp. 383. In diesem Auszug wurde auch das weit verbreitete bloße Auswendiglernen des Lernstoffs „Christenthum“ angeprangert. Ein besonders bemerkenswertes Beispiel dieser Unsitte lieferte Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 117. Danach galt ein Knabe, „der 14 Bibelkapitel, 40 Psalmen, 60 Lieder und 200 Sprüche hersagen konnte“, als „Stolz der Ephorie (Zwickau)“! 695 Vgl. hierzu die Eingabe von Sturz und Friderici vom 16. Sept. 1773 (wie Anm. 686), hier Bl. 90 b. Inwieweit diese Angaben der Realität entsprachen, konnte hier nicht überprüft werden. 696 Vgl. hierzu die Eingabe von Sturz und Friderici vom 16. Sept. 1773 (ebd.), hier Bl. 90. 697 Auch diese Angaben konnten nicht auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft werden. 698 Anscheinend waren die vorhandenen Schuleinrichtungen nicht ausreichend, um alle Bergmannskinder zu unterrichten. Vgl. zur Größe und Einwohnerzahl dieser Städte und Dörfer des Freiberger Bergrevieres Vogt (Generalplan), S. 25, bzw. Blaschke (Historisches Ortsverzeichnis I), S. 210 bzw. S. 473 f.

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sie dem Oberbergamt Vorschläge zur zukünftigen Finanzierung dieser Schulen. Danach sollte das Geld für den nach ihrer Meinung einzuführenden „Schulfonds“ unter anderem durch „Almosen“ aus den „Zechen“ und Beiträgen aus der Gnadengroschenkasse von den Bergleuten selbst – gestaffelt nach deren Einkommen – erhoben werden.699 Nach der Intention der Eingabeerstatter würde ein regelmäßiger Unterricht für alle nicht anfahrenden Bergmannskinder unabhängig von deren Geschlecht erforderlich sein, sowie ein drei- bis viermal wöchentlich abzuhaltender Unterricht für die anfahrenden Bergmannsknaben nach der Schicht stattfinden müssen.700 Den Lehrern müsste alle acht bis 14 Tage im Stollnhaus das Schulgeld gereicht werden, wofür allerdings der Nachweis der unterrichteten Schüler zu erbringen wäre.701 Selbst auf evtl. anzuwendende Zwangsmaßnahmen zur Erreichung eines regelmäßigeren Schulbesuchs gingen Sturz und Friderici ein.702 Mit ihren Gedanken zur obligatorischen Vermittlung von Christentum, Lesen, Rechnen und Schreiben lehnten sich die Petenten zweifellos an die Erneuerte Schulordnung von 1773 an. Sie gingen dabei über das, was für die Bergmannskinder dann tatsächlich geschaffen werden würde, zum Teil erheblich hinaus.703 In den sehr konkreten Vorschlägen des Pfarrers sowie Diakons von Erbisdorf kann man durchaus eine Art „Initialzündung“ für die beginnende Herausbildung eines sächsischen Schulsystems für Bergmannskinder, das sich in der Form bergknappschaftlicher Schulanstalten etablieren sollte, sehen. Am 2. Oktober 1773 wandte sich das Oberbergamt seinerseits mit einem Patent an das Bergamt Freiberg und forderte von diesem einen gutachterlichen Bericht zu dieser Angelegenheit.704 3 ½ Jahre später, nämlich am 20. April 1777, mussten der damalige Accisrat und Kammerherr Carl Wilhelm Benno von Heynitz sowie der zwei Jahre zuvor zum Bergkommissionsrat und Oberbergamtsassessor berufene August Constantin Ferber,705 Auditor beim Oberbergamt, in einem Vortrag vor der Bergverwaltungsbehörde aber feststellen, dass der vom Bergamt Freiberg abgeforderte Bericht im-

699 Vgl. hierzu insgesamt den Bericht von Sturz und Friderici vom 16. Sept. 1773 (wie Anm. 686), hier Bl. 91 b.– 93 b. Vgl. zur tatsächlichen Finanzierung den Abschnitt 5.1. 700 Vgl. zu den Vorschlägen im Einzelnen den Bericht von Sturz und Friderici vom 16. Sept. 1773 (wie Anm. 686), hier Bl. 94–95 b. 701 Vgl. dazu den Bericht von Sturz und Friderici vom 16. Sept. 1773 (ebd.), Bl. 94 b. 702 Vgl. dazu den Bericht von Sturz und Friderici vom 16. Sept. 1773 (ebd.), Bl. 95. 703 Vgl. dazu den Bericht von Sturz und Friderici vom 16. Sept. 1773 (ebd.), Bl. 94–95 b. 704 Vgl. das Patent des OBA vom 2. Okt. 1773, in: BergA, OBA 2250, Bl. 98. 705 August Constantin Ferber war neben Benno von Heynitz der Vertreter des Oberbergamtes, der sich von Beginn der Installation des Bergschulunterrichts an bis um 1790 speziell diesem Gegenstand widmete. Seine Berufung zum Bergkommissionsrat erfolgte im März 1775. Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 20. März 1775, in: SHStA, 10026, Geh. Kab., Loc. 512/1, Bl. 238 f.

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mer noch nicht eingegangen war.706 Andererseits läge auch auf den eigenen, am 19. September 1770 an den Landesherrn erstatteten Bericht mit Bezug auf notwendige Verbesserungen des Schulwesens für Bergmannskinder noch keine allerhöchste Entschließung vor.707 Das Oberbergamt sah sich deshalb genötigt, erneut diesen Gegenstand aufzugreifen und forderte vom gerügten Bergamt nochmals nachdrücklich den ausstehenden gutachterlichen Bericht an.708 Gleichzeitig bat es am 6. August 1777 den Landesherrn um eine Resolution auf den eigenen Bericht von 19. Sept. 1770.709 Dieses Mal reagierte der Landesherr sehr schnell. Bereits am 30. August 1777 wies er das Oberbergamt – wegen der zwischenzeitlich geänderten „Umstände“ –710 zur Einreichung einer neuen gutachtlichen Anzeige darüber an, „wie die zu Erziehung der BergJugend zu treffende Anstalten … am füglichsten und wircksamsten einzurichten seyn möchten.“711 Am 15. Dezember 1777 reichte zunächst das Bergamt Freiberg den angeforderten Bericht beim Oberbergamt ein.712 Darin setzte es sich mit den Vorschlägen von Sturz und Friderici auseinander. Die Behörde erklärte, sie habe schon eine ganze Reihe von Maßnahmen zur Verbesserung des Schulunterrichts bedürftiger Bergmannskindern eingeleitet, setzte sich allerdings inhaltlich nicht mit den seit Erlass der Erneuerten Schulordnung von 1773 gestiegenen Anforderungen auseinander. Die von Sturz und Friderici geforderten Beiträge aus den Gruben hielt das Bergamt allerdings für zu hoch; Geld aus den Gruben könnte nur dann gefordert werden, wenn dem vorher die Gewerken zugestimmt hätten. Auch die Gnadengroschenkasse könne man nicht durch zusätzliche Ausgaben beschweren.713 Obwohl es Sturz und Friderici in ihrer Eingabe ja um einen allgemeinen Schulunterricht für alle Bergwerkskinder ging, verwies das Bergamt nun darauf, dass „... anjezt durch höchste Churfürstliche Milde für 24 Berg-Knaben, deren 12 aus der Bränder Re706 Vgl. dazu den Extrakt aus dem Vortrag von Heynitz’ und Ferbers vom 20. Apr. 1777, in: BergA, OBA 2250, Bl. 99–99 b. Die ungewöhnlich lange Bearbeitungszeit war dennoch kein Einzelfall. 707 Vgl. dazu den Extrakt aus dem Vortrag von Heynitz’ und Ferbers vom 20. Apr. 1777 (ebd.). 708 Vgl. das Patent des OBA vom 2. Okt. 1773 (wie Anm. 704), hier Bl. 98 b. 709 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 6. August 1777 (Entwurf ) an Kurfürst Friedrich August, in: BergA, OBA 2250, Bl. 100. 710 Bei diesen vermutete von Schirnding in einem späteren Bericht von 1794, dass der in Freiberg bereits damals begonnene Versuch des Unterrichts eines Teils der Bergjugend ebenso gemeint gewesen wäre wie die „verschiedenen neuerlichen Umstände“ in den übrigen Bergämtern. „Kurzer Auszug“ von Schirndings vom 17. März 1794 (wie Anm. 641), hier Bl. 192. Genauso könnte jedoch der Landesherr auch auf die Erneuerte Schulordnung reflektiert haben. 711 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 30. Apr. 1777, in: OBA 2250, Bl. 101–101 b. Vgl. dazu auch den „Kurzen Auszug“ von Schirndings vom 17. März 1794 (wie Anm. 641), Bl. 191–212. 712 Vgl. hierzu den Bericht des BA Freiberg vom 15. Dez. 1777, in: BergA, OBA 2250, Bl. 102–114 b. 713 Vgl. im Einzelnen dazu den Bericht des BA Freiberg vom 15. Dez. 1777 (ebd.).

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fier sind, das wöchentliche Schulgeld mit Einen Groschen aus den öffentlichen Bergwercks-Caßen dargereicht und bezahlt“ werden würde.714 Der von Sturz und Friderici vorgeschlagene eigene Beitrag der Bergleute in Höhe von ein bis zwei Groschen Beisteuer je Quartal belaste nach Auffassung des Bergamtes den „schwachlöhnigen“ Bergmann zu sehr.715 Auch das Bergamt stellte die Frage nach der Bereitstellung von Schulgeld für die Lehrer aus einem öffentlichen Fonds.716 Dieses aber durch die Eltern der Schulkinder selbst aufbringen zu lassen, wie es das Bergamt vorschlug, zeigt, dass dieses die tatsächliche soziale Lage, wie sie in vielen kleineren Bergstädten existierte, noch nicht im vollen Umfang erfasst hatte. Lösungsvorschläge, wie das akute Problem der Unterrichtung aller bedürftigen Bergmannskinder tatsächlich zu erreichen sei, blieb das Bergamt schuldig. Am 15. August 1778 wandte sich der Landesherr mittels Reskript erneut an das Oberbergamt.717 Nach seiner Intention sollte die Finanzierung des aufzubauenden Schulkassenfonds auch durch Beiträge der Berggebäude selbst erfolgen, die dafür ihrerseits die für Pulver und Eisen entrichtete Akzisebeiträge „restituiert“, d. h. zurückerstattet bekommen könnten.718 Dazu wies der Kurfürst das Oberbergamt am 6. Februar 1779 an, von jedem anfahrenden Bergknaben in den Pochwerken und auf den Scheidebänken wöchentlich 4 Pfennige für Schulgeld einzunehmen, was nichts anderes bedeutete, als das Letztere ihren Schulbesuch wesentlich durch ihre eigene Arbeit finanzieren sollten!719 Nur wenige Jahre nach Verabschiedung der Erneuerten Schulordnung sah sich die Bergverwaltung genötigt, alle bedürftigen Kinder und dabei insbesondere die „Bergmannswaisen“ ermitteln zu lassen und für diese Möglichkeiten eines unentgeltlichen Schulunterrichtes zu schaffen. In dieser sozialen Determinante liegt auch

714 Bericht des BA Freiberg vom 15. Dez. 1777 (ebd.), Bl. 112 b.. Hierbei kann es sich nur um die 24 anfahrenden Bergknaben handeln, die seit 1776 an der Eusebienschule und der Erbisdorfer Schule im Christentum, Rechnen und Schreiben unterrichtet wurden – vgl. dazu den Unterabschnitt 2.2.2. 715 So nach dem Bericht des BA Freiberg vom 15. Dez. 1777 (ebd.), Bl. 105. 716 Vgl. dazu den Bericht des BA Freiberg vom 15. Dez. 1777 (ebd.), Bl. 105 b.–106. Vor einer ähnlichen Problematik stand schon 20 Jahre vorher in Berlin Johann Julius Hecker bei dem von ihm aufgebauten Schulkomplex. Dort mussten zeitweilig 40% der Schüler „extraordinarii“ (d. h., ohne vorher eingenommenes Schulgeld) unterrichtet werden; deswegen war es für den Unterhalt der Schulen und die Bezahlung der Lehrer erforderlich, alle nur denkbaren Geldquellen wie Schenkungen und Vermächtnisse, aber auch Einnahmen aus einer Lotterie etc. zu verwenden. Vgl. dazu Homann (Heckersche Realschule), S. 38 f. 717 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 15. Aug. 1778, in: BergA, OBA 2250, Bl. 139–142. 718 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 15. Aug. 1778 (ebd.). Vgl. Näheres zum komplizierten Verfahren dieser Restitution von Akzisebeiträgen den Abschnitt 5.1. 719 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 6. Febr. 1779 (wie Anm. 623).

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Die Herausbildung der bergmännischen Ausbildung

der Schlüssel zum Verständnis der Entwicklung eines weitgehend von der allgemeinen Schulaufsicht abgekoppelten Bergschulwesens in Kursachsen begründet. Aus der Tatsache, dass es erst mit Hilfe der Bergverwaltung gelang, allmählich einen finanziellen Grundstock für die Unterrichtung der Bergjugend – sei es im elementaren Unterricht oder auch in einer weiterführenden fachlich-bergmännischen Ausbildung – zu schaffen und damit zugleich die Anzahl der Schulbesucher in den Bergrevieren wesentlich zu erhöhen,720 erklärt sich der Anspruch der Bergverwaltung, auf diese spezielle bergmännische Gesamtbildung auch Einfluss zu nehmen. Dabei beschränkte sich Letztere nicht etwa lediglich auf die Mitbestimmung bei der Auswahl der Schüler und die dafür bereitzustellenden finanziellen Zuwendungen. Die Bergverwaltung bemühte sich darüber hinaus auch um eine Einflussnahme auf die inhaltliche Unterrichtsgestaltung sowie auf die Besetzung der entsprechenden Lehrerstellen. Vergleichbare Bemühungen erfolgten über zehn Jahre später auch im benachbarten Preußen. Als dort nämlich Freiherr vom und zum Stein721 am 29. März 1790 dem preußischen Minister Friedrich Anton von Heynitz über die Einrichtung einer Bergschule in der westfälischen Grafschaft Mark und dabei über die Forderung des Oberbergamtes zu Wetter und die Bemühungen des zuständigen Bergamtes berichtete, auch auf die Auswahl der Lehrkräfte Einfluss zu nehmen, bestätigte von Heynitz gegenüber dem preußischen Oberschulkollegium ausdrücklich, dass „… dem Bergamte bei der Anstellung und Instruktion des Schulmeisters in Ansehung des zweckmäßigen Unterrichts eine vorzügliche Befugnis“ zukäme.722

720 Dadurch, dass die Bergverwaltung die bergmännische (allgemeine) Schulbildung zum Gegenstand ihrer Verwaltungstätigkeit gemacht hatte, gelang es erst, vielen schulfähigen Bergmannskindern einen Bildungszugang zu verschaffen. 721 Vom und zum Stein hatte zwischen 1782 und 1783 an der Bergakademie in Freiberg studiert. Vgl. dazu die im Universitätsarchiv der TU BAF vorhandenen Nachweise. 722 Zitat nach Kelbert (Bildungswesen), S. 93. Seitens des Oberschulkollegiums geäußerten Bedenken begegnete von Heynitz mit dem Hinweis, „dass dem Tecklenburg-Lingschen Bergamte zu Ibbenbühren die Auswahl, Anstellung und Instruierung des Schulhalters vorbehalten bleibe, damit die Bergjugend außer dem Unterricht in ihrer Religion auch zu ihrer künftigen Bestimmung einigermaßen vorbereitet würde.“ So Kelbert (ebd.), unter Auswertung der von Heynitzschen Schreiben an das Oberschulkollegium; Hervorhebungen d.d.A. Zur Begründung wies von Heynitz zugleich auch auf die durch die Bergverwaltung bereitgestellten Schulmittel hin. Vgl. dazu ders. (ebd.), S. 94 f., der auf ähnliche Belege für den Anspruch preußischer Bergverwaltungen auf das alleinige Aufsichtsrecht über die bergmännischen Schulen hinweist. Die nahezu deckungsgleichen Vorgänge in Preußen und Sachsen lassen sich ggf. aus den engen, stets aufrecht erhaltenen Beziehungen der Gebrüder von Heynitz erklären.

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2.2.2. Gründungsideen, kurfürstliches Reskript und der Beginn der bergmännischen Schulausbildung

Während in den meisten Ländern des HRRDN Konzepte und Modelle für Verbesserungen des Schulwesens im 18. Jahrhundert in der Regel von Theoretikern wie Zincke und Justi723 oder von im Kirchen- bzw. Schulwesen angestellten Praktikern wie Semler, Hecker, Groß oder Creutzberger724 entwickelt wurden, waren es innerhalb des sächsischen Bergwesens vielseitig gebildete leitende Bergbeamte, die eher auf einem pragmatischen Weg und weniger theoretisch fundiert versuchten, das damals vor allem finanziell „Machbare“ der Schulbildung bzw. beruflichen Ausbildung umzusetzen. Auch wenn die dabei entwickelten Schultypen und die Formen der Ausbildung aus heutiger Sicht nicht immer den theoretischen Anforderungen an einen kindgerechten Unterricht oder eine didaktisch begründete Ausbildung standhalten dürften, übertrafen die gefundenen Lösungen zum Teil das, was im „herkömmlichen“ elementaren Schulunterricht bzw. der allgemein üblichen Berufsausbildung geboten werden konnte. In diesem Sinne übte vor allem die Goldberg’sche Zeichen- und Rechenschule in Freiberg eine Pilotfunktion innerhalb des beruflichen Ausbildungswesens aus, ging in vielem sogar den späteren „Berufsschulen“ zeitlich weit voraus.725 Die Gründung der Freiberger Bergschule wird in der Literatur auf das kurfürstliche Reskript vom 22. Juni 1776726 bzw. eine Anordnung des „Kammerherrn und Berghauptmannes“ Carl Wilhelm Benno von Heynitz aus dem Jahre 1777727 zurückgeführt. Beiden waren jedoch (ältere) Vorschläge des Letzteren, des damaligen (noch) Bergkommissionsrates im Oberbergamt, vorausgegangen. In seinem Bericht vom 16. Mai 1776 an den Landesherrn hatte von Heynitz auf die Notwendigkeit verwiesen, „gute Steiger und daraus … tüchtige Geschworne“ zu bilden, weil „... gegenwärtig ein im[m]er größer werdender Mangel an ... geschickten Bergleuten verspühret wird, welche nebst besitzenden guten Bergmännischen Kentnißen, auch im Schreiben und Rechnen geübt sind.“728 723 Gemeint sind die Kameralisten Zincke und Justi. Friedrich Anton von Heynitz war Schüler des Ersteren in Blankenburg 1746, Benno von Heynitz Schüler von Justi in Göttingen 1755. Vgl. zum beruflichen Werdegang Friedrich Anton von Heynitz’ von Heynitz (Familie von Heynitz III) S. 109–142, sowie Kadatz (F.A. von Heynitz), S. 44–70, und zu Benno von Heynitz dessen Vita im Anhang. 724 Vgl. Näheres zu diesen im Kapitel 6. 725 Vgl. dazu ebd. 726 So Kutzsche (Freiberger Bergschule). 727 So Kaufmann (Geschichtliches über die Freiberger Bergschule), S. A 106, hier unter Bezug auf eine Eingabe des Vizeoberbergmeisters Haupt aus dem Jahre 1839. Diese Funktionsbezeichnung für B. von Heynitz ist falsch, da er erst 1784 zum Berghauptmann bestallt wurde. 728 Entwurf des Berichts von Heynitz’ vom 16. Mai 1776, in: UAF, OBA 241, Bl. 102–104 b., hier Bl. 102 – Hervorhebungen d.d.A. Dabei handelt es sich ganz offensichtlich um die „Bemer-

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Ohne den Begriff „Bergschule“ zu verwenden, formulierte der Bergkommissionsrat: „So dürfte eine Veranstaltung, wodurch hinfort jährlich eine Anzahl junger Bergleute, in allen diesen Stücken [gemeint sind hier Lesen und Rechnen – H.K.] gründlich unterrichtet würde, gewiss von sehr ersprießlichen Folgen vor die Zukunft seyn.“729

Von Heynitz schlug vor, gute Unter-, Wäsche-, Zimmer- oder auch Kunststeiger auszubilden, wozu es nötig wäre, dass man „10 bis 12 Scheide- oder Wäschejungen, von guten Fähigkeiten, gesunder Leibesgestalt, auch Kinder ehr[licher] Eltern aussucht(..), selbigen einen guten Unterricht, so wie derselbe in Schulen im Christenthum, Lesen, Rechnen und Schreiben gegeben werden kann,730 durch einen der hiesigen besten Schul-Lehrer, in privat Stunden [zu] ertheilen“.731

„In der Folge“ solle ein „geschickte(r) Academist(..)“732 die Auszubildenden zum Gebrauch von Lineal und Zirkel befähigen,733

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kungen“, die von Heynitz am 16. Mai 1776 dem Vizepräsidenten Lindemann direkt übergeben hatte, worauf er später an anderer Stelle hinwies. Vgl. zu Letzterem die „Bemerkungen“ von Heynitz’ vom 16. Mai 1776, in: UAF, OBA 9, Bl. 161–168 b. Den hier ganz offensichtlich zu Tage tretenden Zusammenhang zwischen bergbaulichen Aktivitäten einerseits und einem daraus erwachsenden speziellen Bildungsbedarfs bestätigte Neugebauer (Lokalismus und schulische Praxis), S. 389, der analog einen solchen zwischen „ausgeprägte(r) Handelsaktivität“ und darauf basierenden Bedürfnissen nach spezieller Bildung sieht. Bericht von Heynitz’ vom 16. Mai 1776 (ebd.), hier Bl. 102. Vgl. hierzu auch die „Relation“ aus den Oberbergamtsakten, „Eilftes akademisches Jahr von Ostern 1776 bis dahin 1777“, in: UAF, OBA 8 R, Bl. 40 b.­–43, hier Bl. 41 b.–42 b. Damit wiederholte der Bergkommissionsrat im Prinzip Gedanken, die C.F. Zimmermann in seiner Schrift „Obersächsische Berg-Akademie“ schon 1746 unterbreitet hatte, nämlich eine „nützliche Unter-Berg-Schule“ zu installieren, „… darinnen gute Häuer und Steiger, Vorläufer, Abtreiber und Probierer gezogen, und also auch zu den niederen Berg-Bedienungen Leute geschickt gemacht würden.“ Zimmermann (Obersächsische Berg-Akademie), S. 35. Zitat nach Baumgärtel (Gründung der Bergakademie), S. 77. In einem 1794 von Heynitz verfassten Bericht fügte er als Beilage diesen Bericht vom 16. Mai 1776 bei, verwendete aber hier den Begriff „deutsche Schule“ und bemerkte, dass die EusebienSchule in Freiberg die beste deutsche Schule wäre, in der sich gute Lehrer befänden – von denen einer(!) sogar studiert habe – und dass man diese Lehrer doch für den Zweck der geplanten bergmännischen Ausbildung „benutzen“ könnte. Vgl. dazu die „Bemerkungen“ von Heynitz’ vom 16. Mai 1776 (wie Anm. 728), hier Bl. 163 b., sowie den Direktorial-Vortrag von Heynitz’ vom 15. März 1794, in: OBA 9, Bl. 149–154 b. Entwurf des Berichts von Heynitz’ vom 16. Mai 1776 (wie Anm. 728), hier Bl. 102–103. Dieser erste „Akademist“ ist dann der schon erwähnte Johann Friedrich Lempe. Entwurf des Berichts von Heynitz’ vom 16. Mai 1776 (wie Anm. 728), hier Bl. 102–103. Auch in Johann Julius Heckers 1747 eingerichteter Realschule war der Gebrauch von Zirkel und Lineal ein solch wichtiger Unterrichtsinhalt. Hecker formulierte am 19. Dez. 1746 in Verbindung mit der Einrichtung einer Realschule in Berlin: „Wenn junge Leute etwas von mechanischen

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„und zugleich im Wäschen und Scheiden der Ertze, nach Anweisung des Wäsch-Geschwornen unterrichten [und] … in solchen nahegelegenen Gruben-Gebäuden anfahren … [lassen], wo baarer Lohn allzeit erfolget und überhaupt viel zu sehen und zu lernen ist.“734

Für den praktischen Unterricht – z. B. zur Unterweisung „in Gängen und Klüften“ sowie im Umgang mit dem „Compaß und Fertigung eines Grubenriß(es) …“ – schlug B. von Heynitz im Bericht als möglichen Ausbilder den Markscheider Richter bzw. einen der „besten Geschwornen“ oder auch einen der anderen Markscheider vor.735 Darüber hinaus plante der Kammerherr die Unterrichtung dieser auszubildenden „Pursche(n)“736 für einige Monate durch den Werk- oder Kunstmeister in der Befahrung der Kunstgezeuge sowie zur Erlernung der Kunstzimmerung.737 Zur Bestreitung der entstehenden Unkosten sah Benno von Heynitz die Verwendung der aus dem Jahr zuvor unverteilt gebliebenen Prämientaler vor.738 Dieser Plan war allerdings noch ziemlich unausgereift und besaß insgesamt doch eher den Charakter eines Entwurfs. Das wird auch daraus deutlich, dass Benno von Heynitz’ hinsichtlich des Zeitraumes des vorgesehenen Unterrichts nur vage Angaben machte:

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Handgriffen wissen und mit dem Lineal, Circul und verjüngten Maasstab usw. umgehen können: so … können (sie) auch in ihrem Handwerk auf manches Vortheil denken.“ Zitat nach Homann (Heckersche Realschule), S. 16. Entwurf des Berichts von Heynitz› vom 16. Mai 1776 (ebd.), Bl. 102–103, sowie die „Bemerkungen“ von Heynitz’ vom 16. Mai 1776 (wie Anm. 728), hier Bl. 163 b. Diese Gedanken nahm von Heynitz auch in seinen späteren Schulplan vom 8. Apr. 1779 (wie Anm. 534), hier Bl. 11–12, auf. „Bemerkungen“ von Heynitz’ vom 16. Mai 1776 (ebd.), Bl. 164. In einem später angebrachten Randvermerk gibt von Heynitz an, dass an Stelle „dieser längst verstorbenen Personen …[dies bezieht sich u. a. auf den Markscheider Carl Ernst Richter, der 1780 verstorben war – H.K.] bisher der Bergfactor Carl Gottlob Friedrich Goldberg und nachher der Schichtmeister Lebrecht Johann Friedrich Erler – beydes academische Zöglinge – mit gutem Nutzen gebraucht worden“ seien. Ebd., Bl. 164. Der Begriff „Pursche“ war in dieser Zeit sehr gebräuchlich. Rennau (Rekrutierungen), o. S., benutzte ihn z. B. im Zusammenhang mit Rekrutierungen junger Männer aus der Stadt Sayda im Jahre 1777. Hasfeld (Berufsausbildung in Baden), S. 113, sowie ders. (ebd.), Anm. 508, nennt ihn in einem vergleichbaren Zusammenhang aus einem Bericht an den Markgrafen von BadenDurlach aus dem Jahre 1762; auch Geutebrück bezeichnete in seinem „Plan zur Errichtung einer berufsbegleitenden Ausbildung für den Kaufmannsstand“ 1764 die Ausbildungsklientel als Kaufmanns“pursche“. Zitat nach Horlebein (Kaufmännische Schulen), S. 31. Vgl. die „Bemerkungen“ von Heynitz’ vom 16. Mai 1776 (wie Anm. 728), hier Bl. 164 f. Vgl. dazu die „Relation“ aus den Oberbergamtsakten, „Eilftes akademisches Jahr …“ (wie Anm. 729), hier Bl. 42 f.

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„Es lässt sich aber hierbei weder der erforderliche Zeitraum(,) in welchem dergleichen Unterricht zu beendigen, noch wie dieser eigentlich auf einander folgen soll, bestimmen; weil die Genies zu verschieden sind und daher bald mehr(,) bald weniger Jahre erfordern werden.“739

Von Heynitz sah es in diesem Kontext als erforderlich an, dass die Bergbehörde die Auszubildenden „… bis zur wirklichen Anstellung als Unter-, Wäsche-, Zimmeroder Kunststeiger [die Hauptzielgruppe der Auszubildenden – H.K.] dirigier(..)t und niemals ausser Augen lasse“.740 Mit der von Benno von Heynitz angeregten Konzentration auf eine schulische und bergfachliche Ausbildung niederer Bergbeamter (vor allem von Steigern und Geschwornen) befand er sich auch in völliger Übereinstimmung mit den Ergebnissen der Bergbau-Revisionskommission,741 die während ihrer Befahrung der verschiedenen Bergreviere wiederholt auf den mangelnden Kenntnisstand unterer Bergbeamter – besonders auch in Bezug auf den Einsatz der Bergbautechnik, insbesondere der „Künste“ –742 aufmerksam geworden war und mehrfach „Nachfrage“ danach gehalten hatte, welche Personen sich am besten für eine Ausbildung als Steiger oder Schichtmeister eignen würden.743 Da diese unteren Bergbeamten und Techniker ein höheres Wissen benötigten als dasjenige, welches man mittels herkömmlicher „Erfahrungsweitergabe“ erreichen konnte, war die Installation einer diesen Bedarf bedienenden Ausbildungsform nur eine Frage der Zeit.744 Die Ausbildungsform, die von Heynitz hier vorschlug, war ungeachtet ihrer Unvollkommenheit und Unausgereiftheit innovativ745 im besten Sinne des Wortes und reichte über die bis dahin immer noch übliche, in der Regel auf Weitergabe

739 „Bemerkungen“ von Heynitz’ vom 16. Mai 1776 (wie Anm. 728), hier Bl. 164 b. Vgl. dazu auch den Bericht von Heynitz’ vom 16. Mai 1776 (wie Anm. 728), Bl. 103. 740 „Bemerkungen“ von Heynitz’ vom 16. Mai 1776 (ebd.), Bl. 164 b. 741 Vgl. zu den Verbesserungsvorschlägen dieser Kommission den vorausgegangenen Abschnitt 2.1. 742 Also der Bergbaumaschinen wie Wasserräder, Göpel, Feld- oder Gang-Gestänge. Trebra hatte in seinem „Bergmeister-Leben“, S. 233, die Notwendigkeit der „Verbesserung aller Maschinerie [also dieser „Künste“ – H.K.]“ betont. Gerade im Berg- und Hüttenwesen war der technische Fortschritt einer der Bedingungen für einen Ausbeute erzielenden Bergbau. In diesem Wirtschaftszweig bedurfte es gebildeter und mit hohem Technikverständnis ausgestatteter unterer Bergbeamter. 743 Vgl. dazu Baumgärtel (Bergbau und Absolutismus), S. 84. 744 Thyssen (Gewerbliche Berufsschule), S. 127, sah darin, „dass man im Bergbau, im Berg- und Kunstgewerbe, im Handel und in der Schifffahrt mit der bisherigen Ausbildungsform [die im Wesentlichen auf der Erfahrungsweitergabe beruhte – H.K.] nicht mehr auszukommen glaubte“, einen wesentlichen Grund für die vielfältigen Bildungsreformideen auch des 18. Jahrhunderts. 745 Der Begriff wird hier nicht im Sinne einer Innovation, „technischen Neuerung“, wie dies Kapke (Vom Zimmergesellen zum Kunstmeister), S. 61, definiert hat, verwendet.

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praktischer Erfahrungen beschränkte berufsfachliche Ausbildung hinaus.746 Sie diente zugleich auch der Schaffung eines neuen Typus von Technikern, die die komplizierte Bergbautechnik beherrschen sollten.747 Vielleicht fanden sie auch deshalb ihrem wesentlichen Inhalt nach die Zustimmung des Oberbergamtes; allerdings erwartete man von Benno von Heynitz weitere, detailliertere Vorschläge für die Installation eines entsprechenden Bildungsmodells. Bisher war nicht bekannt, dass dem erwähnten Bericht Benno von Heynitz‘s vom 16. Mai 1776 ein Vortrag des Professors für Mathematik an der Bergakademie, Bergkommissionsrat748Johann Friedrich Wilhelm Charpentier, vom 30. April 1776 vor dem Oberbergamt vorausgegangen war.749 Darin hatte Charpentier formuliert: „Bey der auf dieses Jahr zu treffenden Einrichtung mit der Erlernung des Marckscheidens, sind mir folgende Gedanken beygefallen, die ich lediglich der Entscheidung des OberBergAmts überlasse ...“750

Der Mathematikprofessor stellte die Frage, ob „es nicht dem Bergbau zu mehrern Vortheil gereichen (würde), wenn mehrere geschickte Steiger gebildet würden, die alle doch wohl die Pflanzschule für künftige Geschworne bleiben müssen ...“ und ob „es also nicht vortheilhaft sey.., wenn ihm [dem Markscheider Richter751 – H.K.] dieses Jahr anstatt der 3en Marckscheider-Stipendiaten(,) eine Anzahl junger Bergleute(,) etwa 10 oder 12, die Lust und Fähigkeit hätten, etwas zu lernen, zu vorgenannten Unterricht übergeben würden.“752

Somit hätte Benno von Heynitz die Ideen und Anregungen des Akademieprofessor Charpentier nur präzisiert und nicht ihm, sondern Charpentier käme das Verdienst 746 Eine sehr weitgehende Erfahrungsweitergabe unter Ausnutzung des im Ausland vorhandenen Wissensstandes hat jüngst Kapke (Vom Zimmergesellen zum Kunstmeister) an der in Schweden erfolgten Ausbildung eines Harzer Zimmermannes zu einem Kunstmeister behandelt. Ein Schulbesuch war aber darin nicht eingebunden. 747 Vgl. dazu auch Gretschel (Geschichte), S. 256. 748 Vgl. zur Bestallung Charpentiers als Bergkommissionsrat BergA, OBA 3423 (o.Bl.) 749 Vgl. dazu den Vortrag Charpentiers vom 30. Apr. 1776, in: UAF, OBA 241, Bl. 89–96. 750 Vortrag Charpentiers vom 30. Apr. 1776 (ebd.), Bl. 94 b. 751 An Stelle des Markscheiders Richter werden später der Bergfaktor Goldberg und der Schichtmeister Erler den Umgang der Bergschüler mit dem Kompass und den Unterricht zur Fertigung von Grubenrissen übernehmen. Vgl. dazu die 1794 verfassten „Bemerkungen“ von Heynitz’ zu seinem Bericht vom 16. Mai 1776 (wie Anm. 728), Bl. 164. 752 Vortrag Charpentiers vom 30. Apr. 1776 (wie Anm. 749), hier Bl. 94 b. f. Allerdings ging es hierbei nicht um einen Markscheideunterricht im eigentlichen Sinne – dieser war den Bergakademisten vorbehalten – sondern v. a um einfache, untertägige Aufnahmen mit dem Grubenkompass und Gradbogen. Vgl. dazu das Protokoll der Akademischen Konferenz vom 17. Okt. 1800, in: UAF, OBA 27, Bl. 79–91, hier Bl. 90 b.

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zu, als erster die Gründung einer besonderen Schule für die Ausbildung von Steigern und Geschwornen angeregt zu haben. Aber das ist nur ein Teil der Wahrheit, denn Ideen allein verändern die Welt nicht, deren Überführung in die Praxis ist wenigstens genau so wichtig. Außerdem waren es auch nicht Charpentiers Gedanken allein, die letztlich zu einer Entwicklung geführt haben, an deren Ende das hier zu untersuchende kursächsische Bergschulwesen stand. Schon fünf Jahre früher, nämlich genau am 22. April 1771, hatte der damalige Bergkommissionsrat Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra753 in einem Vortrag vor dem Oberbergamt auf die Notwendigkeit der Heranziehung von Steigern hingewiesen. Trebra kritisierte, dass bisher nur Schichtmeister und Beamte auf der 1765 gegründeten Bergakademie ausgebildet worden seien, weswegen er sehr viel Mühe hätte aufwenden müssen, um „junge Bergpursche“ aus Marienberg nach Freiberg zu schicken, da es gerade im Marienberger Revier an guten Steigern fehlen würde.754 Er formulierte: „Unter allen denjenigen, welche bey der Bergakademie um Unterricht pp. angehalten haben, finde ich keinen einzigen Bergarbeiter. Unsere Akademie hat bisher größtentheils solche junge Leute erzogen, die zu Beamten und Schichtmeistern gebraucht werden können. Nur wenige Subjekte zu Steigern sind bey derselben aufgenommen gewesen, und doch hat so wohl der Freyberger, als haupts[ächlich] der Obergebürgische Bergbau gute Steiger sehr nöthig.“755

Da zu diesem Zeitpunkt in Kursachsen noch keine andere auf Schulunterricht basierende institutionalisierte Ausbildungsmöglichkeit für spätere Steiger existierte, versuchte Trebra das Bildungspotential der noch sehr jungen Bergakademie auch für die fachliche Ausbildung niederer Bergbeamter zu nutzen – als führendes Mit-

753 Trebra war in diesem und seinem späteren Amt als Vizeberghauptmann der unmittelbare Vorgänger Benno von Heynitz’ im Amt. Er gehörte neben dem Oberberghauptmann und dem Berghauptmann zum engsten Leitungskreis – der Oberberghauptmannschaft – dieser Behörde. Trebra besaß zu diesem Zeitpunkt die Aufgabe, zu den seit Februar 1770 monatlich abzuhaltenden „Sessionen“ des Oberbergamtes, die der Generalbergkommissar Friedrich Anton von Heynitz initiiert hatte, alle akademischen, d. h. vor allem Bildungsangelegenheiten vor dem Oberbergamt vorzutragen. Vgl. dazu die „Relation“ aus den Oberbergamtsakten, „Viertes akademisches Jahr von Ostern 1769 bis dahin 1770“, in: UAF, OBA 8 R, Bl. 20. Vgl. dazu auch das Protokoll des OBA vom 30. Jan. 1771, in: UAF, OBA 237, Bl. 107–109 b. 754 Vgl. den Vortrag Trebras vom 22. Apr. 1771, in: OBA 237, Bl. 279–282 b., hier Bl. 282 b. Trebra war also bemüht, geeignete junge Bergleute aus dem Marienberger Bergrevier nach Freiberg zu ziehen, um diesen hier sowohl eine praktische Ausbildung als auch das notwendige theoretische Wissen zu vermitteln. 755 Vortrag Trebras vom 22. Apr. 1771 (ebd.), hier Bl. 282 f.; Hervorhebungen d.d.A. Aus dieser Kritik von Trebras sprach sicherlich auch die Erfahrung, die er in seiner Tätigkeit als Bergmeister in Marienberg bereits seit 1767 hatte gewinnen können.

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glied des Oberbergamtes und zugleich Bergmeister756 in Marienberg besaß er dafür durchaus Möglichkeiten.757 Faktisch als Vorgriff auf die spätere Errichtung einer Bergschule sandte von Trebra die Berghäuer Johann Gottlieb Lohse und Johann Conrad Richter, die vorher – neben ihrer praktischen Tätigkeit im Freiberger Bergbau – anscheinend einige Vorlesungen auf der Bergakademie besuchen durften, mit einem aus dem Bergakademiefonds zur Verfügung gestellten Stipendium von je 15 Talern als Steiger auf die „Amsterdamer“ Gruben nach Marienberg.758 Das Stipendium dürfte, wie sich aus Trebras weiteren Ausführungen ergibt, für den Unterricht der beiden im Schreiben und Rechnen verwendet worden sein.759 Zugleich beantragte er beim Oberbergamt auch für den aus Marienberg stammenden „Bergpurschen“ Magirius, der sich in Freiberg aufhielt und auf der Grube „Himmelsfürst“ anfuhr, die Zulassung zu Bergbauvorlesungen an der Bergakademie760 sowie die Bereitstellung eines Stipendiums von 15 Talern für ein Jahr, damit dieser den zusätzlichen Unterricht im Schreiben und Rechnen fortsetzen konnte.761 Von Trebra war nicht der Erste, der diese Notwendigkeit einer besonderen Bildung für untere Bergbeamte und Steiger erkannt hatte,762 aber er war derjenige, der (aktenkundig) z. B. eine besondere schulisch-fachliche Ausbildung für Steiger propagierte und diese – wenn auch nur im kleinen Rahmen – in seinem Verantwortungsbereich auch umsetzte. Schon vorher, als Bergmeister in Marienberg, war ihm die Notwendigkeit eines regelmäßigen Schulbesuchs der Bergjugend bewusst und er formulierte in seinem „Bergmeister-Leben“ dazu: „Von der Jugend konnte ich mehr hoffen. Ich wollte dahero ihre Schulerziehung, vorausgehend dem Unterricht in den technischen Arbeiten, mehr sichern, indem ich von den Eltern forderte, ihre Kinder unablaessig zur Schule zu schicken …“763 756 Trebra übte als einziger Adliger der Bergverwaltung neben seiner Funktion als Oberbergamtsassessor zugleich die eines Bergmeisters aus, die fast durchweg von Personen bürgerlicher Herkunft besetzt waren. Kaum einer hat vermutlich den Bedarf an fachlich gut ausgebildeten Bergbeamten besser einschätzen können. Vgl. zu Trebras Erfahrungen grundlegend sein „Bergmeister-Leben“. 757 Als Oberbergamtsassessor besaß er das Vortragsrecht in allen akademischen Angelegenheiten, über ihn lief zu diesem Zeitpunkt der gesamte, die Bergakademie betreffende Briefverkehr. Vgl. dazu auch das Protokoll des OBA vom 30. Jan. 1770 (wie Anm. 637). 758 Das waren Gruben, in denen Trebra mittels holländischem Kapitals arbeiten ließ. Vgl. dazu den Vortrag Trebras vom 22. Apr. 1771 (wie Anm. 754), Bl. 282 b. 759 Vgl. hierzu den Vortrag Trebras vom 22. Apr. 1771 (ebd). 760 Vgl. dazu den Vortrag Trebras vom 22. Apr. 1771 (ebd.). 761 Vgl. dazu den Vortrag Trebras vom 22. Apr. 1771 (ebd.). Diesen Unterricht sollte vermutlich einer der ortsansässigen Lehrer oder der Freiberger Ratsstuhlschreiber halten. 762 Schon 25 Jahre vor Trebra und 30 Jahre vor Charpentier, 1746, hatte C.F. Zimmermann für die Einrichtung einer „Unter-Berg-Schule“ plädiert. Vgl. dazu Baumgärtel (Vom Bergbüchlein zur Bergakademie), S. 77. 763 Trebra (Bergmeister-Leben), S. 90.

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Da später Benno von Heynitz ebenfalls von der Notwendigkeit sprach, insbesondere für die „Ober- und Gebirgischen Berg-Refiere(..)“ gute Steiger auszubilden, deuten die 1771 vom Bergkommissionsrat von Trebra geäußerten Gedanken tatsächlich auf eine Vorwegnahme mancher Vorstellungen des späteren Berghauptmannes durch von Trebra hin.764 Inwieweit dies jedoch tatsächlich zutraf bzw. ob Benno von Heynitz nicht trotzdem als Hauptinitiator für die Installation des Bergschulwesens betrachtet werden muss, soll Gegenstand der weiteren Untersuchung sein. Im Prinzip wiederholte sich hier ein Vorgang, der einige Jahre zuvor, 1765, zur Gründung der Bergakademie geführt hatte – allerdings jetzt auf einem niedrigeren Niveau der Ausbildung. Während es den Initiatoren der Gründung der Bergakademie Friedrich Anton von Heynitz und Friedrich Wilhelm von Oppel damals um die Ausbildung für eine höhere Beamtentätigkeit ging, wurde nun den Forderungen der Praxis nach gebildeten Bergleuten für untere und mittlere Funktionen innerhalb der Bergverwaltung nachgegangen. Die von Trebra vorgebrachte Kritik am Ausbildungssystem der Bergakademie kam nicht von ungefähr. Als Absolvent der Universität Jena und erster Student an der Bergakademie Freiberg besaß er umfangreiche Kenntnisse in philosophischen und mathematischen Wissenschaften, aber auch in Jura und Mathematik.765 Dazu hatte er sich aber auch vielfältige praktische Erfahrungen angeeignet, so als Mitglied der schon erwähnten Bergbau-Revisionskommission, die er von Mai bis September 1767 begleitet hatte,766 sowie während seiner Tätigkeit als Bergmeister von Marienberg. Bei dieser Arbeit lernte er die Mängel und Gebrechen in den obererzgebirgischen Bergrevieren sowie Möglichkeiten kennen, wie dem Bergbau nach dem Siebenjährigen Krieg wieder aufgeholfen werden kann.767 Dabei sollte das Bergmaschinenwesen, das dringend zu verbessern war und fähiger technischer

764 Vgl. dazu die Anlage zum Direktorialvortrag Benno von Heynitz’ vom 15. März 1794, in: UAF, OBA 9, Bl. 161–168. 765 Von Trebra hatte zwischen 1761 und 1765 „Philosophische und mathematische Wissenschaften mit Naturlehre … neben der (ihm) weniger angenehmen Juristerey“ studiert. Trebra (Bergmeister-Leben), S. 7. Vgl. zu seinem Leben und beruflichen Werdegang auch Baumgärtel Bergakademie (Von Trebra), S. 687 f., sowie Herrmann (Goethe und Trebra). Nach seinen eigenen Einlassungen war er „erster Zoegling der eben errichteten Bergacademie“, an der er Anfang Mai 1766 eingetroffen war. Trebra (Bergmeister-Leben), S. 7. Nach nur einem Jahr Unterricht an der Bergakademie wurde er Auditor (Hörer ohne Stimme) im Bergamt Freiberg. 766 Dafür hatte ihn der Generalbergkommissar F.A. von Heynitz persönlich vorgeschlagen. Von Trebra fuhr selbst wiederholt in die visitierten Berggebäude ein. Vgl. dazu Trebra (BergmeisterLeben), insbes. S. 16. 767 Vgl. dazu Trebra (ebd.), S. 15. Diese Erfahrungen waren sicherlich ein Grund dafür, dass man Trebra später (nach seinem Weggang aus Sachsen) in die 1786 gegründete Sozietät der Bergbaukunde als Kassierer und Archivar wählte. Vgl. dazu Fettweis (Bergbauwissenschaften), S. 245.

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Bergbeamter bedurfte, eine besondere Rolle spielen.768 Bergkommissionsrat und Bergmeister von Trebra wusste also, wovon er sprach, als er auf die mangelhafte fachliche Ausbildung z. B. von Steigern aufmerksam machte. Neben Kapital, das dringend für die einzelnen Berggebäude beschafft werden musste, und vielfältigen Unzulänglichkeiten bei der eingesetzten Bergbautechnik waren es vor allem mangelnde Kenntnisse und Fähigkeiten, die von der BergbauRevisions-Kommission769 vor allem bei den beaufsichtigenden Bergbeamten festgestellt worden waren.770 In einigen Fällen musste die Kommission zur drastischen Maßnahmen wie der Entlassung bzw. Umsetzung ungeeigneter Bergbeamter greifen.771 Trebra konnte bei seinen Vorschlägen auch auf das Wissen zurückgreifen, das er im Zusammenhang mit seiner Bekanntschaft und gemeinsamen Arbeit mit dem Kunstmeister Mende gewonnen hatte.772 Fachlich gut ausgebildete Steiger, die zuallererst als Grubenaufseher einzelner Berggebäude fungierten, waren, auch wenn am unteren Ende der Hierarchie der Bergverwaltung stehend, für den Erfolg jedes einzelnen Bergwerks ganz besonders wichtig. So hatte schon Abraham von Schönberg in seiner „Berginformation“ 1698 gefordert: „Zu jedweder Zeche ist ein sonderlich auf Zimmern, Klüffte, Gänge und Gestein, auch Scheiden und Pochen [Erz vom tauben Gestein absondern und das Erz entsprechend zerkleinern – H.K.], verständiger Gruben-Steiger von dem Berg-Amt zu verordnen.“773

Neben umfangreichen allgemeinen Kenntnissen aller nur denkbaren Bergbauprozesse mussten die Grubensteiger die Funktionsweise der in den Berggebäuden eingesetzten Hebe- und Fördereinrichtungen verstehen und technisch beherrschen, „… wissen und koennen [wie] die Wasser in der Grube abe- und zusammen zu fuehren / und solche gegen den Tag auszuschaffen“ sind 774 und schließlich auch mit der Herstellung dieser technischen Anlagen und ihrer Funktionsweise vertraut sein. Sie mussten deshalb auch „… mit allerhand Zimmer-Arbeit in Schaechten / 768 Trebras vielleicht wichtigster Begleiter sowohl im Studium als auch während seiner späteren Tätigkeit als Bergmeister von Marienberg war der ebenfalls 1766 als Student in Freiberg zugelassene Johann Friedrich Mende, das „fuer Mechanik geborne Genie“. Trebra (Bergmeister-Leben), S. 13. Diesem vor allem verdankte er seine mechanischen Kenntnisse. Vgl. zu Mende und dessen Fähigkeiten auch Wappler (Oberberghauptmann von Trebra), S. 123–140. 769 Vgl. zur Tätigkeit dieser Kommission den Abschnitt 1.2 sowie grundsätzlich Baumgärtel (Bergbau und Absolutismus), insbes. S. 81–96. 770 Vgl. dazu Trebra (Bergmeister-Leben), S. 18. 771 Vgl. dazu Trebra (ebd.), S. 18 f. 772 Mende war 28. Febr. 1770 zum ersten sächsischen Kunstmeister mit Sitz und Stimme in allen Bergämtern ernannt worden. Vgl. dazu Wappler (Oberberghauptmann von Trebra), S. 130. 773 Von Schönberg (Berg-Information), S. 187. Zitat nach Veith (Bergwörterbuch), S. 460. 774 Roeßler (Bergbauspiegel), Cap. 2, § 8, S. 27.

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uffn Stoellen/ und in den Gebaeuden [den Grubengebäuden – H.K.] uemgehen koennen.“775 Dazu bedurften sie selbstverständlich auch eines Mindestumfanges an mechanischen Kenntnissen. Da solche aber weder im elementaren Unterricht an einer deutschen Schule geboten wurden noch im notwendigen Umfang Bestandteil des von den älteren Bergleuten übermittelten Erfahrungswissens gewesen sein dürften, schienen neue Formen fachlicher Wissensvermittlung dringen geboten. Gerade für die Verbesserung der bergmännischen Förder- und Wasserhebetechnik im Untersuchungszeitraum war ein Mindestmaß an technischen Kenntnissen, an „Ingenieurwissen“ auch für solche Bergbauverantwortliche wie Steiger776 und Geschworne777 notwendig. Allerdings verfügten die unteren Bergbeamten zum Zeitpunkt der Tätigkeit der Bergbau-Revisionskommission oftmals davon nicht genug.778 Welcher Art das technische Wissen der „Unter-, Wäsche-, Zimmer- oder Kunststeiger“779 sein sollte, um die im Bergbau eingesetzte Technik zur Gewinnung und Abbau, zur Förderung, Wasserhaltung und Aufbereitung780 zu beherrschen, ist aus dem Inhalt einer Instruktion, die der spätere Mathematikprofessor Johann Friedrich Lempe (1757–1801)781 1798 bei Übertragung des Bergmaschinenunterrichts an der Bergakademie erhielt, ersichtlich. Auch wenn sich die Kernaussagen dieser Instruktion auf die bergakademische Ausbildung bezogen, besaßen sie – mit Einschränkungen –782 auch für die angestrebte fachliche Ausbildung des niederen

775 Roeßler (ebd.). Diesen Zusammenhang zwischen der Beherrschung grundlegender Zimmererarbeit und eine mögliche anschließende Kariere als Kunstmeister verdeutlichte jüngst Kapke (Vom Zimmergesellen zum Kunstmeister) an einer Personalentwicklung aus dem Oberharzer Bergbau. 776 Bis zur Heranbildung besonderer „Kunststeiger“ hatten Steiger und Schichtmeister die Aufsicht über das Gruben-Zimmerungswesen und damit die einzubauende Bergbautechnik. Vgl. dazu Baumgärtel (Bergbau und Absolutismus), S. 91 f. 777 Geschworne, die im Auftrag der Bergämter ständig sämtliche Berggebäude befahren und die „Schichtmeister und Steiger kontrollieren mussten, benötigten darüber hinaus auch Kenntnisse vom Grubenhaushalt. Vgl. dazu Veith (Bergwörterbuch), S. 231, Roeßler (Bergbauspiegel), S. 74–79, sowie Schönberg (Berg-Information), S. 74–79. 778 Das war eine der Gründe, warum die Bergbau-Revisionskommission die „Heranziehung tüchtiger Beamte(r)“, u. a. durch Ausbildung auf der Bergakademie, für notwendig erachtete. Vgl. dazu den Bericht der Revisionskommission vom 2. März 1771, Bl. 181’ (wie Anm. 346), sowie Baumgärtel (Bergbau und Absolutismus), S. 176 f. 779 So die Aufzählung bei Benno von Heynitz’ in dessen „Bemerkungen“ vom 16. Mai 1776 (wie Anm. 728), Bl. 164 b. 780 Das waren die Hauptarbeiten, die mittels der im Bergbau eingesetzten Maschinen und Anlagen zu bewältigen waren. Vgl. dazu Wagenbreth/Wächtler (Technische Denkmale), insb. S. 29–74. 781 Vgl. zu Lempes Lebensweg Näheres bei Kaden (Vortrag Johann Friedrich Lempe) sowie in der tabellarischen Übersicht der Vita der Bergschullehrer (Tab. V_2_1) im Anhang. 782 Diese Einschränkungen resultierten vor allem aus den in der Regel geringeren Bildungsvoraussetzungen potentieller unterer Bergbeamter.

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Aufsichtspersonals im Bergbau Gültigkeit. Nach dieser Instruktion war der Bergmaschinenunterricht an der Bergakademie „hauptsächlich auf die theoretische Beurtheilung der Berg- und Hüttenwerks Maschinen, mithin auf eine solche Betrachtungsweise und Aufsichtsführung ab(..zu)sehen, welche von dem Lehrsatze der Schule ausgehend, die Forderung der letzten mit den Maasregeln der Praktiker vergleicht, und beide, soviel möglich, in Übereinstimmung zu bringen sucht.“783

Auch der erst später bei Lempe bzw. Goldberg eingeführte Unterricht der Bergschüler in den „Anfangsgründen“ des Bergbaus beinhaltete dieses Anwenden der Lehrsätze der Theorie auf die Bergbaupraxis und hierbei insbesondere die Vermittlung von Grundkenntnissen des Bergbaus und der Bergmechanik. Wie die Gründung der Bergakademie als Bestandteil der Maßnahmen zur „Reorganisation des Berg- und Hüttenwesens“ angesehen werden muss,784 gehörte auch die Installation eines Bergschulsystems in diesen Kontext. Die Bergakademie besaß mit der Vermittlung vor allem bergbau- und ingenieurtechnischen bzw. chemisch-hüttenmännischen Wissens sicherlich einen höheren Stellenwert für den zu erzielenden Fortschritt im Berg- und Hüttenwesen dieser Zeit als das sich zeitverschoben erst entwickelnde Bergschulsystem zur Ausbildung niederer Bergbeamter und Offizianten. Dennoch darf die Bedeutung letzterer Maßnahme nicht unterschätzt werden. Steiger und Geschworne beaufsichtigten, kontrollierten und leiteten den gesamten Bergbauprozess vor Ort;785 von deren Sachkenntnis und Fähigkeiten hing die Höhe der zu erzielenden Einnahmen des Landesherrn ab.786 Eine Vielzahl vor allem technischer Maßnahmen zur Belebung des Bergbaus nach dem Siebenjährigen Kriege, wie sie die Bergbau-Revisionskommission aufführte,787 ver783 Kaden (Vortrag Johann Friedrich Lempe), S. 139; Zitat nach der dem Reskript vom 16. Febr. 1798 beiliegenden Instruktion für Lempe, in: UAF, OBA 62, Bl. 44–47. Dass Lempe in seinen Vorlesungen eine besonders enge Verbindung zwischen Theorie und Praxis herstellte, wird u. a. aus seinen jährlichen beim Oberbergamt einzureichenden Vorträgen nach Lehrjahresabschluss deutlich. Vgl. hierzu beispielhaft Lempes Vortrag vom 2. Apr. 1789, in: UAF, OBA 248, Bl. 71–103 b. Lempes Studenten mussten sogenannte Spezimina einreichen, Arbeiten, in denen die theoretischen Kenntnisse auf ganz praktische Gegenstände zu übertragen waren, oft mit Lösungsvorschlägen für die Bergbaupraxis. Vgl. zum Inhalt der einzelnen Spezimina den Vortrag Lempes (ebd.), Bl. 80–103. 784 So Baumgärtel (Bergbau und Absolutismus), S. 81. 785 Nach Baumgärtel (Vom Bergbüchlein zur Bergakademie), S. 115, leisteten die mittleren und niederen Bergbeamten „die eigentliche [Berg- H.K.] Arbeit.“ 786 Vgl. Baumgärtel (ebd.). 787 So waren nach dem Siebenjährigen Krieg vor allem durch den Freiberger Kunstmeister Mende die Kunstgezeuge, Wasserräder, Pferdegöpel und Wassergöpel mit Kehrrädern in ihrer Anzahl nicht nur erhöht, sondern mechanisch z. T. wesentlich verbessert worden. Vgl. Einzelheiten dazu bei Wappler (Oberberghauptmann von Trebra), S. 124–134.

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langte ein fachlich höher gebildetes Aufsichtspersonal, als es bis dahin verfügbar war. Gleichzeitig setzte sich in dieser Zeit auch das von Generalbergkommissar von Heynitz persönlich geförderte „Schießen aus dem Ganzen mit ‚einmännischem‘ Bohren“ durch,788 was ebenfalls spezielle bergmännische Kenntnisse erforderte. Besonders bedeutsam aber war, dass Mende nach einer Reise in den Harz die von Winterschmidt gebaute Wassersäulenmaschine konstruktionsmäßig verbesserte und diese 1767/68 in Freiberg, später auch im Marienberger Bergrevier, eingeführt hatte.789 Alle diese vor allem durch ingenieurtechnische Ideen verbesserten Bergwerksmaschinen mussten von den unteren Bergbeamten und technischen Angestellten vor Ort beherrscht werden. Für Steiger, Schichtmeister und Geschworne wurde somit eine fachliche Ausbildung, die über das bis dahin üblicherweise durch Erfahrungsweitergabe zu erlangende bergmännische Wissen hinausging, notwendig, ja geradezu existenzbedingend. Am 22. Juni 1776 verabschiedete der Landesherr, Kurfürst Friedrich August, ein an das Kurfürstlich-sächsische Oberbergamt in Freiberg gerichtetes Reskript, in welchem er formulieren ließ: „... Gleichergestalt sind Wir ... nicht abgeneigt, die in denen Jahren 1774 und 1775 unvertheilt gebliebene Praemien an 60. Species Thaler(n) zu dem von euch (in) ohnmasgeblichen Vorschlag gebrachten Unterricht einer Anzahl junger Leute, um aus solchen in der Folge gute Steiger und tüchtige Geschworne heran zu ziehen, anwenden zu lassen ...“790 788 Vgl. dazu Dietrich (Bergstadt), S. 176. In dieser Zeit wurde auch der ungarische Hunt eingeführt und z. B. die Grubenausmauerung durch den Einsatz von Kalk verbessert. 789 Vgl. zu diesen technischen Leistungen Mendes im kursächsischen Bergbau Baumgärtel (Bergbau und Absolutismus), S. 56 f., und zu dessen ersten Wassersäulenmaschinen im Freiberger Bergrevier bzw. Marienberger Bergrevier ders. (ebd.), bzw. Wagenbreth/Wächtler (Bergbau im Erzgebirge), S. 280 f. Mende hatte nach einer Reise in den Harz – der man aus heutiger Sicht durchaus das Prädikat „Industriespionage“ zuerkennen dürfte –(vgl. dazu die „Instruction vor den Mechanico Menden“ vom 25. Juli 1767 bei Wappler (Oberberghauptmann von Trebra), S. 125 f.) – in Zellerfeld eine von dem „bekannten Braunschweigischen Obristlieutenant Winterschmid“ konstruierte Wassersäulenmaschine begutachtet und davon auf der Grube Siegfried bei Riechberg eine verbesserte Version für den sächsischen Bergbau sowie unzählige weitere Bergwerksmaschinen konstruiert. Vgl. dazu Wappler (Oberberghauptmann von Trebra), S. 124–134, zur verbesserten Wassersäulenmaschine ders. (ebd.), S. 129 f. Mende baute später (1788/89) sogar einen 5,3 km langen Schifffahrtskanal («Churprinzer Bergwerkskanal») mit Schiffshebewerk im Freiberger Bergrevier bei Großschirma-Rothenfurt – vgl. dazu Wagenbreth/ Wächtler (Technische Denkmale), S. 178–181, Abb. S. 324 f. – und beschäftigte sich nach Wappler (ebd.)., am Ende seines Lebens mit der Konstruktion von „Feuermaschinen“. 790 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 22. Juni 1776, in: UAF, OBA 241, Bl. 111–114, hier Bl. 113 b. Rückblickend formulierte Heucke (Freiberger Bergchronik), S. 196, Zweck der Freiberger Bergschule sei die Ausbildung von „… guten Unteraufsehern, Steigern, Werkmeistern und dergl[eichen] … gewesen.

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Diesen kurfürstlichen Befehl vom 22. Juni 1776 und den ihm vorausgehenden Vorschlag des Bergkommissionsrates von Heynitz vom 16. Mai 1776 könnte man als eigentliche Gründungsdokumente der Bergschule Freiberg betrachten.791 Das Oberbergamt verordnete daraufhin am 7. September 1776 dem Bergamt Freiberg, die Reviergeschwornen Döhnis und Beutel sowie der Wäschegeschworne Ruperti sollten „vor der Hand 24 sich dazu qualificirender Knaben, eine helffte aus denen Hohenbirckner und Halsbrückner Refieren, und die andere helffte aus der Bränder Refier baldigst aussuchen … lassen, und Uns vor()stellen, damit wir 16 davon auszuwählen ... im Stand seyn mögen.“792

In Erfüllung dieses Patents berichtete das Bergamt Freiberg Anfang Oktober 1776 dem Kammerherrn Benno von Heynitz, dass es 24 Wäsche- und Scheideknaben, von denen fünf aus dem Halsbrücker-, sieben aus dem Hohebirkner- und zwölf aus dem Brander Bergrevier stammen würden,793 für den Unterricht im Christentum, Lesen und Schreiben ausgewählt habe und führte diese namentlich auf.794 Diese 24 anfahrenden Bergmannkinder erhielten zwar ab 21. Oktober 1776795 tatsächlich in der Erbisdorfer796 Schule bzw. der Eusebienschule797 in Freiberg versuchsweise den

791 Der gesamte Vorgang zeigt aber auch, dass es sich bei dem eigentlichen „Gründungsakt“, von dem in der Literatur meist ausgegangen wird, in Wirklichkeit um einen zeitlich längerdauernden Prozess handeln kann. 792 Patent des OBA vom 7. Sept. 1776, in: BergA, BA-F/Cl. A 46/ Nr. 652, Bl. 61, 61b. 793 Auf Einzelheiten der Struktur des Freiberger- bzw. Brander Bergreviers kann hier nicht eingegangen werden. 794 Vgl. dazu den Bericht des BA Freiberg vom 5. Okt. 1776 an das OBA, in: BergA, BA-FG/A46/ Nr. 652, Bl. 63– 63 b. 795 Vgl. hierzu den Bericht von Heynitz’ und Ferbers vom 19. Apr. 1777, in: UAF, OBA 241 Bl. 206 b.–208 b. 796 Warum Benno von Heynitz ursprünglich von der „Brander Schule“, in seinem späteren Vortrag vom 1. Febr. 1780 dann aber von der „Erbisdorfer Schule“ sprach, konnte noch nicht endgültig geklärt werden; der Unterricht wurde an der Erbisdorfer Schule bei Brand sowie der Eusebienschule in Freiberg durchgeführt. Vgl. dazu den späteren Vortrag von Heynitz’ vom 1. Febr. 1780 in: BergA, OBA 2250, Bl. 180–186 b., hier Bl. 182 b., sowie den Bericht des OBA vom 3. Apr. 1779, in: UAF, OBA 242, Bl. 124–125 b. 797 Das waren zwei der sogenannten deutschen Schulen. Die Eusebienschule war 1714 als deutsche Schule durch den Freiberger Rat in der Freiberger Vorstadt „Neue Sorge“ mit dem Ziel gegründet worden, die Jugend im Christentum zu unterrichten. Sie unterstand sowohl dem Superintendenten als auch dem städtischen Rat. Vgl. zum Gründungsvorgang die Akte SHStA, Loc. 10094, Superintendentur Freiberg, Nr. 205. In dieser Akte (Bl. 1–6 b.) findet sich auch eine Instruktion für den „1. Catecheten“ Christoph Glöckner“, aus der dessen Tätigkeit als Schulmeister genau ersichtlich ist.

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angezeigten Unterricht, trotzdem können sie noch nicht als „Bergschüler“ im eigentlichen Sinne bezeichnet werden.798 Da die erwähnten Bergschüler in der Regel täglich 12 Stunden in den Wäschen und auf den Scheidebänken des Reviers arbeiten mussten und die zu fahrenden Schichten gewöhnlich früh um 4.00 Uhr begannen und nachmittags gegen 16.00 Uhr endeten,799 war es nur möglich, sie erst am Spätnachmittag unterrichten zu lassen. Rechnet man zu den 12-stündigen Schichten noch die An- und Abfahrtszeiten zu und von den Gruben hinzu, wird durchaus verständlich, warum die Bergknaben dem Schulunterricht oft kaum zu folgen in der Lage waren.800 Ein reichliches halbes Jahr nach Beginn dieses speziellen schulischen Unterrichts für anfahrende Bergmannskinder schilderten Benno von Heynitz sowie Bergkommissionsrat August Constantin Ferber in einem Inserat vom 19. April 1777 an den Landesherrn ihre bisherigen Bemühungen um eine fachliche Ausbildung dieser Bergschüler.801 Aus diesem Bericht geht hervor, dass die erwähnten 24 Bergmannskinder zunächst auf Probe bei dem Lehrer der Eusebienschule in Freiberg, Christoph Salomon Saupe, und dem Lehrer der Schule in Erbisdorf, Johann Michael Gärtner,802 wöchentlich insgesamt 5-mal – vier Tage nachmittags ab 16.00 Uhr sowie samstags früh –803 „Unterricht im Christenthum, Lesen, Schreiben und Rechnen [1776 dagegen war „Rechnen“ noch nicht mit aufgeführt worden –804 H.K.]“ für ein wöchentliches Schulgeld von 9 Groschen je Schüler erhielten.805 Die Kosten, die bis 31. März 1777 für diesen Unterricht entstanden waren und mit landesherrlichen Mitteln – nämlich aus der Oberzehntenkasse Freiberg – finanziert wurden, bezifferten die beiden Berichterstatter auf 23 Taler.806 Von Heynitz und Ferber hatten persönlich in einzelnen Unterrichtsstunden hospitiert, weswegen sie auch die Fortschritte, die die Schüler genommen hatten, betonen konnten.807 Sie 798 Vgl. Näheres zur Installation des Bergschulunterrichts im engeren Sinne den Abschnitt 2.3. 799 Vgl. hierzu den Bericht des BA Freiberg vom (?) 1770, in: BergA, OBA 2250, Bl. 39–43 b., hier Bl. 40. 800 Dies führte auch zu entsprechenden Hinweisen in den Oberbergamtsakten. Dazu formulierte Lehnert (Fabrikschule), S. 3 f., dass „… die durch die Arbeit ermüdeten Kinder in denselben [den Fabrikschulen – H.K.] sehr wenig lernen und es grausam … (sei), dergleichen arme Geschöpfe, wenn sie ganz entkräftet vom Tagwerk kommen, noch zur Schule zu treiben und zu geistiger Anstrengung zu nötigen.“ 801 Vgl. dazu den (schwer lesbaren) Entwurf des Berichtes von Heynitz’ und Ferbers vom 19. Apr. 1777 (wie Anm. 795). 802 Vgl. Näheres zu Gärtner im Unterabschnitt 2.3.2. 803 Vgl. hierzu den Bericht von Heynitz’ und Ferbers vom 19. Apr. 1777 (wie Anm. 795). 804 Vgl. dazu den Bericht des BA Freiberg vom 5. Okt. 1776, in: BergA, BA-FG/A46/ Nr. 652, Bl. 63– 63 b. 805 Bericht von Heynitz’ und Ferbers vom 19. Apr. 1777 (wie Anm. 795), hier Bl. 207. 806 Bericht von Heynitz’ und Ferbers vom 19. Apr. 1777 (ebd.). 807 Vgl. dazu im Einzelnen den Bericht von Heynitz’ und Ferbers vom 19. Apr. 1777 (ebd.).

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kritisierten allerdings das Fehlen einzelner Unterrichtsmaterialien wie Bibel und Katechismus; es fehlte „Papier zum Schreiben …“ und an der Erbisdorfer Schulstube würde es an einer Tafel „ermangel(n)“.808 Der Kammerherr von Heynitz habe aber für die Anschaffung „alles deßen gesorget und die an 14 Tlr., 8 g(roschen) dazu erforderlichen Kosten verlegt.“809 Diese zusätzlichen Aufwendungen und die bereits erwähnten Ausgaben für den bisherigen fünfmonatigen Unterricht der Bergmannskinder ergaben einen Gesamtaufwand von 37 Talern und 8 Groschen. Wegen des Erfolges dieses „ProbeUnterrichts“ plädierten von Heynitz und Ferber für dessen Fortführung bis zum 31. März 1778, wobei sie dafür Kosten in Höhe von insgesamt 72 Talern veranschlagten.810 Beide wollten aber darüber hinaus „die heranwachsenden Knaben [auch] zum Gebrauch des Cirkels, Lineals und BergCompaß(es)“ ausbilden lassen, wozu ihrer Meinung nach der „Academist Lempe am besten zu gebrauchen seyn“ dürfte.811 Am 31. Mai 1777 genehmigte der Landesherr die bisher durchgeführten Maßnahmen und erklärte sich auch damit einverstanden, „… daß mit dieser SchulAnstalt auf jeziges Jahr und bis mit Schluß Reminiscere 1778 [d. h. bis 31. März 1778 – H.K.] in der von … [von Heynitz und Ferber] vorgeschlagenen Maße continuiret“, also fortgefahren werde.812 Die vom Oberbergamt veranschlagten Kosten für den bis zum Bergquartal Reminiscere (31.03.) 1777 entstandenen Aufwand in Höhe von 37 Talern und 8 Groschen sowie den geplanten finanziellen Aufwand bis Reminiscere 1778 in Höhe von 72 Talern aus dem Oberzehnten genehmigte der Kurfürst ebenfalls.813 Kurz darauf erging auch ein entsprechendes oberbergamtliches Patent an den Oberzehntner zu Freiberg.814 In den folgenden zwei Jahren erfuhr dieser Probeunterricht dann tatsächlich seine Fortführung. So konnte das Oberbergamt am 3. April 1779 berichten, dass die von den 24 „Berg-Knaben“ im „abgewichenen“ Jahre (1778/79) eingereichten Schreibe- und Rechnungsproben den „allgemeinen guten Fortgang der Sache 808 Bericht von Heynitz’ und Ferbers vom 19. Apr. 1777 (ebd.). Diese Beispiele belegen aber auch die karge Ausstattung deutscher Schulen in der damaligen Zeit. Ein aussagefähiges Zeitbild über eine solche „Schulstube“ lieferte das Bergamt Marienberg in einem (späteren) Bericht aus dem Jahre 1797. Danach sollte endlich dafür Sorge getragen werden, dass „… die Schulstuben in der Maaße zu erweitern (wären), dass der Aufenthalt in denselben für Lehrer und Schüler nicht so beschwerlich und unangenehm als zeither …“ sein dürfte. Bericht des BA Marienberg vom 25. Jan. 1797 (wie Anm. 170), hier Bl. 201. 809 Bericht von Heynitz’ und Ferbers vom 19. Apr. 1777 (ebd.). 810 Vgl. dazu den Bericht von Heynitz’ und Ferbers vom 19. Apr. 1777 (ebd.), hier Bl. 208. 811 Bericht von Heynitz’ und Ferbers vom 19. Apr. 1777 (ebd.), hier Bl. 207. 812 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 31. Mai 1777, in: UAF, OBA 241, Bl. 214–214 b. 813 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 31. Mai 1777 (ebd.), Bl. 214. 814 Vgl. dazu das Patent des OBA vom 18. Juni 1777, in: UAF, OBA 241, Bl. 218.

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selbst“ bewiesen hätten.815 Die dafür erforderlichen Mittel in Höhe von 52 Talern für den Schulunterricht und 20 Talern für die „Zeichnungsbedürfnisse und Schreibe-Materialien“ sollten zunächst aus dem Fonds der Stipendiengelderkasse entnommen werden,816 wo wiederum die unverteilt gebliebenen 30 Stück Prämien- bzw. 40 „current Thaler“ zur Verfügung standen. Allerdings deuteten sich durch eine „Höchste Resolution“ zugunsten der Freiberger Knappschaftskasse zusätzliche Finanzmittel zur Aufstockung des unentgeltlichen Unterrichts weiterer Bergmannskinder an.817 Das Oberbergamt plädierte aber nicht nur für die weitere Fortführung dieses Unterrichts, sondern zugleich auch für die Fortsetzung der zwischenzeitlich eingeführten Ausbildung der „… geschicktesten Knaben, im Rechnen, Zeichnen, den Anfangs-Gründen der Geometrie und des Bergbaues … durch einen dazu fähigen Akademisten“ – den später so bezeichneten Bergschul-Unterricht im eigentlichen Wortsinne.818 Die Kosten für Letzteren sollten zukünftig aus dem Stipendiengelderfonds bestritten werden.819 Zur Unterrichtung dieser Bergschüler schlug das Oberbergamt den Stipendiaten Goldberg vor.820 Damit endete im Wesentlichen die Probephase für einen speziellen Elementarunterricht für Bergmannskinder im Freiberger Bergrevier. Ab 1779 führte Benno von Heynitz, der dafür mit einer „Spezialdirektion“ über das gesamte, noch auszubauende Bergschulwesen ausgestattet worden war, diese Unterrichtsform auf der Grundlage seines Schulplanes von 1779 im Wesentlichen fort.821 Neben diesen beiden Probeformen schulischen Unterrichts, des elementaren Unterrichts der 24 anfahrenden Bergmannsknaben an der Eusebien- bzw. der Erbisdorfer Schule im Christentum, Lesen, Schreiben und Rechnen822 sowie der fachlichen Ausbildung von acht der fähigsten Schüler bei Lempe ab 1777,823 installierte Benno von Heynitz kurze Zeit später eine weitere Form bergmännischer Bildung. 1779 ließ er die 26 der fähigsten Bergmannskinder824 im Freiberger Bergrevier auswählen und die

815 Bericht des OBA vom 3. Apr. 1779 (wie Anm. 796), hier Bl. 124. 816 Bericht des OBA vom 3. Apr. 1779 (ebd.), Bl. 124 b. 817 Es sei zu hoffen, dass nun ein „ansehnlicher Theil der ärmsten Bergmanns-Kinder(..) den nöthigen Unterricht im Lesen, Christenthum, Schreiben und Rechnen auf andere Art auch ohnentgeldlich erhalten dürfte“. Bericht des OBA vom 3. Apr. 1779 (ebd.), Bl. 124 b. 818 Bericht des OBA vom 3. Apr. 1779 (ebd.), Bl. 124 b.–125. Vgl. Näheres dazu im Abschnitt 2.3. 819 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 3. Apr. 1779 (ebd.), Bl. 125. 820 Vgl. Näheres dazu im Unterabschnitt 2.3.1. 821 Vgl. zu Benno von Heynitz’ Schulplan vom 8. Apr. 1779 den Abschnitt 2.1. bzw. die folgenden Abschnitte. 822 Im Gegensatz zu den obererzgebirgischen Bergrevieren erfolgte im Freiberger Bergrevier auch die Vermittlung eines Rechenunterrichts. 823 Vgl. Näheres dazu im Unterabschnitt 2.3.1. 824 Dabei handelte es sich sowohl um nicht anfahrende als auch um anfahrende Bergmannskinder.

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eine Hälfte zum Freiberger „Stuhlschreiber“825 Oehlschlägel und die andere zu dem dafür als besonders befähigt angesehenen Bergmann Carl Friedrich Schmidt auf dem Thelersberger Stollnhaus in Brand senden,826 um sie zusätzlich im Schreiben und Rechnen unterrichten zu lassen.827 Wir haben es somit zu Beginn des von Heynitz’schen Schulplanes im Freiberger bzw. Brander Bergrevier gleich mit mehreren (drei) Formen von „Bergschulunterricht“ zu tun. Zum einen handelte es sich dabei um den an nur zwei deutschen Schulen angesiedelten elementaren Unterricht geeigneter Bergmannsknaben – später im Bergrevier Freiberg meist als gewerkschaftlich finanzierter Schreibe- und Rechenunterricht bezeichnet – zum zweiten um den weiterführenden Schreibe- bzw. Rechenunterricht beim Ratsstuhlschreiber Oehlschlägel in Freiberg und beim Bergmann Schmidt in Brand, und schließlich um die beim Bergakademisten Lempe stattfindende Ausbildung anfahrender Bergmanns-“Purschen“ in bergbaubezogenen Fächern,828 wie sie ähnlich auch an den ersten Realschulen – dort allerdings auf andere Berufsziele zugeschnitten – vermittelt worden war. Dabei stellte Letzterer – der „Lempesche Bergpursche(n) unterricht“ – den Grundstock der fachlichen Berufsausbildung an der (ihm folgenden) „Goldbergschen Zeichen- und Rechenschule“ oder auch „Freiberger Bergschule“ dar. Alle drei genannten Unterrichts- und Ausbildungsformen standen zu Beginn ihrer Einrichtung noch nicht in einer unmittelbaren (verwaltungsmäßigen) Verbindung zur Bergakademie, sondern waren lediglich der direkten Aufsicht des Oberbergamtes (hier in der Person Benno von Heynitz’), dem auch die Bergakademie unterstand, unterworfen. Auch wenn mit der begonnenen schulischen Ausbildung vor allem der Nachwuchs an Steigern, Schichtmeistern und Geschwornen für den Bergbau gesichert werden sollte, spielte die (später stattfindende) enge Anbindung an die Bergakademie zunächst anscheinend noch keine wesentliche Rolle in den Plänen Benno von Heynitz’. Erst ca. 20 Jahre später würde sich die Goldberg’sche Zeichen- und Rechenschule zu einer Art „Vorbereitungsanstalt“ für ein Studium an der Bergakademie entwickeln.829 825 Gemeint ist hier der „Ratsstuhlschreiber“ Johann Friedrich Oehlschlägel, d. h. ein „Angestellter“ des Freiberger Rates. 826 Schmidts Einsatz führte in der Folge allerdings zu den von Benno von Heynitz bereits vorher befürchteten Kritiken seitens einiger Schullehrer und der christlichen Schulverwaltung. Vgl. dazu die Anzeige des Kantors sowie des Schulmeisters von Erbisdorf und des Schulmeisters von St. Michaelis vom 19. Dez. 1779 an B. von Heynitz, in: BergA, OBA 2287, Bl. 66. 827 Vgl. den Vortrag von Heynitz’ vom 1. Febr. 1780 (ebd.), hier Bl. 182 b.–183, der (ebd.), Bl. 183 b., angibt, dass beide „Lehrer“ in von Heynitz’ Gegenwart den Bergknaben haben „… etwas Bergmännisches … dictieren müssen …“ Vgl. dazu auch den Bericht Freieslebens vom 16. März 1821 (wie Anm. 417), Bl. 170 b. 828 Vgl. zu den Fächern in der Goldberg’schen Zeichenschule 1794 Altmann (Berufliche Bildungswege), S. 21 f. 829 Vgl. Näheres dazu im Abschnitt 4.3.

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Aus all dem ist zu erkennen, dass Benno von Heynitz zu diesem Zeitpunkt noch über kein abschließendes, in sich vollkommen schlüssiges Konzept zur Entwicklung eines Systems unterschiedlicher und sich ergänzender Bildungsanstalten verfügte, sondern in Abhängigkeit vor allem von den gegebenen finanziellen Möglichkeiten verschiedene Unterrichts- und Ausbildungsformen ausprobieren ließ. Mit seiner Ernennung zum „Kommissar“ für das gesamte zu entwickelnde Bergschulwesen änderte sich dies jedoch. 2.2.3. Der Schulplan Benno von Heynitz’ vom 4. April 1779

Der Erfolg, den Benno von Heynitz im Rahmen der probeweisen Unterrichtung einiger Bergmannskinder erzielte, muss den Landesherrn so überzeugt haben, dass dieser ihn am 6. Februar 1779 zum „Kommissar“ über das gesamte noch zu entwickelnde Bergschulwesen einsetzte830 und von ihm die Vorlage einer Schulkonzeption verlangte.831 Zu von Heynitz’ Verantwortung zählte ab diesem Zeitpunkt die Aufsicht über einen sich erst allmählich herausbildenden Komplex von Bergschulanstalten. Bis auf die von ihm selbst gewonnenen Erkenntnisse aus dem installierten Unterricht in Freiberg bzw. Brand dürften ihm kaum auswertbare Erfahrungen anderer zur Verfügung gestanden haben; er beschritt somit weitgehend Neuland. Ihm oblag nun auch die Inspektion832 derjenigen deutschen Dorf- und Stadtschulen, an denen Kinder von Bergarbeitern833 unterrichtet wurden bzw. zukünftig unterrichtet werden sollten, also ein Aufsichtsbereich, der bis dahin ausschließlich den christlichen Verantwortungsträgern unterstand. Bei festgestellten Mängeln durfte sich der Oberbergamtsassessor und spätere Berghauptmann direkt an die zuständigen Schulinspektoren, d. h. die Pfarrer der Dörfer oder auch die Superintendenten als Leiter der zuständigen Ephoralbehörden wenden, um diese auf solche aufmerksam zu machen bzw. von ihnen die Abstellung solcher Mängel zu ver-

830 Dass mit dieser Übertragung der Aufsicht über das zu entwickelnde Bergschulwesen Benno von Heynitz auch in direkten Kontakt mit Peter von Hohenthal trat, ist sehr wahrscheinlich, zumal Letzterer als Vizepräsident des Oberkonsistoriums in Dresden der wichtigsten Landesbehörde in Kirchen- und den damit verbundenen Schulangelegenheiten faktisch vorstand. 831 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 6. Febr. 1779 (wie Anm. 509) bzw. (wie Anm. 623), sowie die „Acta Commissionis …“, in: BergA, OBA 2287. Das ist zumindest kein alltäglicher Vorgang, denn bis dahin stand das gesamte Schulwesen unter der Oberaufsicht der christlichen Verantwortungsträger. 832 Von Heynitz verschaffte sich später als „Aufseher“ über das gesamte Bergschulwesen „vor Ort“ in den Schulen der einzelnen Bergämter selbst ein Bild von Fortschritten oder Mängeln des gebotenen Unterrichts. So bereiste er zu diesem Zweck z. B. im Frühjahr 1788 das Bergrevier Johanngeorgenstadt und inspizierte die dortigen Schulen. 833 Anfänglich wurden an den Knappschaftlichen Schulanstalten tatsächlich nur Söhne von Bergabeitern, nicht aber solche von Hüttenarbeitern unterrichtet.

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langen.834 Der Kammerherr nahm somit als Vertreter einer „Fachbehörde“ von Beginn seiner Bestallung an eine eigentlich den christlichen Schulaufsichtsbehörden zustehende Aufsichtsfunktion über das Schulwesen wahr. Dabei muss man allerdings berücksichtigen, dass es sich bei dem elementaren Schulunterricht für Bergmannskinder um eine aus Mitteln des Bergstaates bzw. von Gewerken oder der Knappschaften finanzierte Schulform handelte, eine Aufsichtsfunktion der Bergverwaltung somit gar nicht so abwegig gewesen sein dürfte. Ungeachtet dessen verblieb natürlich das allgemeine Schulwesen auch weiterhin im Zuständigkeitsbereich der Pfarrer, Ephoralbehörden und Konsistorien. Bereits zwei Monate nach seiner Berufung zum „Kommissar“ über das Bergschulwesen, am 8. April 1779, reichte von Heynitz seinen “Plan, wie die Verbesserung des Schul-Unterrichts der Berg-Jugend [im] Freyberger Refier, anzulegenden Schul-Anstalten nach und nach einzurichten seyn dürften“, ein.835 Schon aus dem gewählten Titel wird erkennbar, dass von Heynitz auch da noch kein in sich geschlossenes Schul- und Ausbildungskonzept vorlegen konnte, sondern es ihm durchaus bewusst gewesen ist, dass es sich hier nur um die allmähliche Herausbildung eines Systems sich gegeneinander bedingender schulischer Einrichtungen unter Aufsicht der Bergverwaltung handeln konnte. Es war ein Plan der „kleinen Schritte“, denn von Heynitz war vor allem von den finanziellen Gegebenheiten abhängig. Da überzogene finanzielle Forderungen an den Landesherrn die Verwirklichung seines Bergschulkonzeptes hätten gefährden können,836 ging der Kammerherr sehr behutsam vor. Sein Plan beinhaltete zunächst ein 3- bzw. 4-StufenModell zur Unterrichtung von Bergmannskindern innerhalb der folgenden Schulformen: a) einen elementaren Unterricht der noch nicht anfahrenden (also 5- bzw. 6- bis 14-jährigen) Bergmannskinder im Lesen und Christentum837 bei den Lehrern der deutschen Stadt- und Dorfschulen innerhalb des Aufsichtsbezirkes der (zunächst) Freiberger Bergverwaltung – dem Ursprungstypus der sogenannten Knappschaftlichen Schulanstalten; b) den Unterricht der schon anfahrenden (i. d. R. über 14-jährigen) Kinder von Bergarbeitern – meist als „Bergpursche(n)“ bezeichnet – im Lesen und Christentum (im Bergrevier Freiberg darüber hinaus auch im Schreiben und Rech-

834 Vgl. hierzu die einzelnen Anzeigen von Heynitz’ s über die von ihm vorgenommenen Schulrevisionen in: BergA, OBA 2287, hier u. a. Bl. 116–118 b. 835 Vgl. dazu den Schulplan Benno von Heynitz’ vom 8. Apr. 1779 (wie Anm. 534), Bl. 5–12. 836 Sachsen war zu dieser Zeit kein „blühendes Land“ und die erwirtschafteten Finanzmittel mussten zuerst für den Schuldenabbau des Landes eingesetzt werden. 837 Das war weniger, als der allgemeine Unterricht in den Dorfschulen nach der Erneuerten Schulordnung von 1773 vorsah. Vgl. Näheres dazu für das Bergrevier Freiberg im Unterabschnitt 2.3.2, und für die Bergreviere des oberen Erzgebirges im Abschnitt 3.1.

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nen) – allerdings zu anderen Unterrichtszeiten, nämlich gewöhnlich „drey bis viermal die Woche“ nach der Schicht bzw. samstags;838 c) den weiterführenden Unterricht dazu besonders befähigter Kinder (ohne Altersangabe) im Schreiben und Rechnen839 (beim Ratsstuhlschreiber Oehlschlägel) in Freiberg bzw. bei dem dazu befähigten Bergmann (Schmidt) in Brand840 und schließlich d) den Unterricht der fortgeschrittendsten der 24 Bergknaben, die bis dahin an der Eusebienschule Freiberg bzw. Erbisdorfer Schule Unterricht im Schreiben und Rechnen erhalten hatten, „… durch ein oder dem andern Academisten [dies wurde zunächst Lempe, danach Goldberg – H.K.] im Zeichnen, Rechnen [sowie] Kenntnißen von Gängen und Klüften“ an der (später so bezeichneten) Freiberger Bergschule.841 [Abb. II_2_3 Schulplan (im Anhang)] Von Heynitz hatte seinen Plan für eine möglichst komplexe Unterrichts- und Ausbildungsform von Bergmannskindern nach eingehender Prüfung der Vorstellungen, wie sie in der Eingabe des Erbisdorfer Pfarrers Sturz und Diakons Friderici enthalten waren, entwickelt. Nach diesem ersten Plan war allerdings nur die Unterrichtung der Bedürftigsten vorgesehen; er war eindeutig sozial determiniert. Um die notwendigen Geldbeiträge für die Finanzierung dieses Unterrichts bereitstellen zu können, sah Benno von Heynitz die Einbeziehung sowohl der Knappschaften als auch der wichtigsten Gewerken des (zunächst) Freiberger Bergrevieres vor. Vorerst sollten alle 6- bis 14-jährigen Waisen sowie die Kinder der ärmsten Bergleute, deren Väter unverschuldet „abgelegt“842 waren oder im „Gnadengeld“843 standen und die bislang keinen Elementarschulunterricht erhalten hatten, „den freyen Schulunterricht im Lesen, im Christenthum, Schreiben und Rechnen“ beziehen können.844 Ohne dass von Heynitz zu diesem Zeitpunkt bereits ein abgestimmtes 838 Vgl. dazu den Schulplan Benno von Heynitz’ vom 8. Apr. 1779 (wie Anm. 534), hier Bl. 6 b. 839 Vgl. dazu den Schulplan Benno von Heynitz’ vom 8. Apr. 1779 (wie Anm. 534), hier Bl. 7. Vgl. Näheres zu dieser besonderen Schulform, die über den Elementarschulunterricht hinausging, im Unterabschnitt 2.3.2. 840 Benno von Heynitz nennt in seinem Schulplan aber weder Oehlschlägel noch Schmidt namentlich. 841 Vgl. dazu den Schulplan Benno von Heynitz’ vom 8. Apr. 1779 (wie Anm. 534), hier Bl. 11 b.–12. Vgl. Näheres dazu im Unterabschnitt 2.3.1. 842 Vgl. dazu den Schulplan Benno von Heynitz’ vom 8. Apr. 1779 (wie Anm. 534), hier Bl. 6. „Abgelegt“ waren i. d. R. aus Krankheitsgründen nicht mehr arbeitsfähige Bergleute. 843 Vgl. dazu den Schulplan Benno von Heynitz’ vom 8. Apr. 1779 (ebd.). „Gnadengeld“ bedeutete die aus sozialen Gründen aus der Gnadengroschenkasse zu gewährende finanzielle Unterstützung. 844 Schulplan Benno von Heynitz’ vom 8. Apr. 1779 (wie Anm. 534), hier Bl. 6. Hervorhebungen vermutlich durch von Heynitz selbst. Hinsichtlich des Unterrichts der 6–14-Jährigen nimmt von Heynitz ausdrücklich auf die Schulordnung von 1773 Bezug.

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Finanzierungsmodell845 besessen haben dürfte, verwies er in diesem Zusammenhang auf die im „Bränder Revier“ bereits übliche Bezahlung des Kantors von Brand sowie der beiden Schulmeister von Erbisdorf und St. Michaelis.846 Mit der grundlegenden knappschaftlich/gewerkschaftlichen Finanzierung des Bergschulunterrichts bzw. landesherrlicher Beihilfen hoffte er, nicht nur die „Gehälter“ für die Lehrkräfte aufbringen zu können, sondern auch die erforderlichen Lehrmittel wie „ABC-Buch“, „Cattechismus“ sowie Bilder- und Gesangsbücher anschaffen, „auch wohl gar den ärmsten Kindern im Winter Strümpfe und Schuhe der Entlegenheit von den Schulen halber ...“ bereitstellen zu können.847 Damit wies Benno von Heynitz den von ihm geplanten Knappschaftlichen Schulanstalten – ähnlich, wie dies (der Pietist) August Hermann Francke848 in seinem Waisenhaus Glaucha bei Halle praktiziert hatte – zugleich auch die Funktion einer Armenschule zu,849 einer Schulform, in der Waisenkindern oder Kindern mittelloser Eltern kostenloser Unterricht gewährt wurde850 und wo z. T. gleichzeitig auch Erziehung zur Arbeit stattfand.851 Im übrigen sollten alle Bergmannskinder – im Freiberger Revier waren das nach Erhebungen Benno von Heynitz’ allein etwa 600 anfahrende Wäsche- und Scheidejungen –852 wie in der Erneuerten Schulordnung von 1773 vorgesehen, auf 845 Vgl. zur Finanzierung des Bergschulwesens den Abschnitt 5.1. 846 Letztere hatten bei der Knappschaft eine tabellarische Übersicht mit den von ihnen unterrichteten Bergmannsknaben anzufertigen, diese von den Steigern der Berggebäude quittieren zu lassen und dann auf die Knappschaftsstube mitzubringen, wo sie auch bezahlt werden sollten. Vgl. dazu den Schulplan von Heynitz’ vom 8. Apr. 1779 (wie Anm. 534), hier Bl. 7 f. 847 Schulplan Benno von Heynitz’ vom 8. Apr. 1779 (ebd.), Bl. 6. Auch 30 Jahre später, zu Beginn des 19. Jahrhunderts, war die Armut unter einigen Bergleuten im Freiberger Bergrevier so groß, dass sie weder „Schuhe(,) Strümpfe und andere nöthige Kleidungsstücke zum Schulegehen für ihre Kinder anzuschaffen vermochten.“ Bericht (vermutlich vom Verwalter der Bergschulkasse, Stollnobersteiger Beyer [um 1802]) an von Charpentier (wie Anm. 428), hier Bl. 63 b.–64. Vgl. zur sozialen Funktion des Bergschulwesens auch den Bericht BR Freieslebens vom 16. März 1821 (wie Anm. 417), hier Bl. 176 b. 848 Vgl. Näheres zu Francke und das Wirken des Pietismus in Schulangelegenheiten im Kapitel 6. 849 Vgl. Näheres dazu im Abschnitt 6.3. Unter Armenschule ist hier kein besonderer Schultypus mit einem vom elementaren Schulunterricht wesentlich abweichenden Unterricht zu verstehen. Die Lektionspläne der Dresdner Armenschulen aus den Jahren 1711 bzw. 1715 waren ihrer Zeit sogar voraus und schienen ihrerseits der Erneuerten Schulordnung von 1773 als Vorlage gedient zu haben. Vgl. dazu Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 104; der dortige Schulhalter Geißler übte sogar „… mit seinen Knaben bisweilen lateinische Wörter ein“, ders. (ebd.), S. 105. 850 Nach einem Schülerverzeichnis Dresdner Armenschulen von 1715 waren die unterrichteten Kinder zwischen 6 und 13 Jahre alt. Vgl. dazu Richter (ebd.), S. 103–105. 851 Zwischen Armen- und Industrieschule bestand oft eine Symbiose. Vgl. zur Funktion der Industrieschule als Armenschule Marquardt (Geschichte der Industrieschule), S. 35. Vgl. dazu auch den Unterabschnitt 2.3.2. 852 Vgl. hierzu die Zahlen im Schulplan von Heynitz’ vom 8. Apr. 1779 (wie Anm. 534), hier Bl. 5 b.

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den jeweiligen Stadt- und Dorfschulen unterrichtet werden, was zu diesem Zeitpunkt im Brander Bergrevier durch den dortigen Kantor,853 den Schulmeister zu Erbisdorf und den Schulmeister zu St. Michaelis geschah.854 Auf Grund der unterschiedlichen Gegebenheiten in den einzelnen Orten des Bergrevieres Freiberg ging Benno von Heynitz jedoch davon aus, dass „... in jeder der hiesigen [Freiberger – H.K.] Refiers-Abtheilungen vermutlich eine unter einander sehr abweichende Schulveranstaltung zu treffen seyn ...“ würde,855 also zunächst noch kein völlig identisches Bergschulwesen zu etablieren wäre. Der Kammerherr stand mit seinen Vorstellungen dabei in der traditionellen Betrachtung der Bergverwaltung selbst, die zu diesem Zeitpunkt – wie auch für den Bergbau insgesamt – in der Regel von einer stark regionalbezogenen Denkweise gekennzeichnet war. Dieser regionale Planungsansatz sollte auch für das noch zu schaffende Gesamtbergschulsystem prägend wirken.856 Neben der Unterrichtung von Bergmannskindern durch die Lehrer der örtlichen (deutschen) Schulen sah von Heynitz in seinem Schulplan die Möglichkeit vor, die anfahrenden Scheide- und Wäschejungen von dazu befähigten Bergleuten „… im fertigen Rechnen und Schreiben, so wie in andern von tüchtigen Bergleuten erforderlichen Kenntnissen weiter … unterrichten …“ zu lassen.857 Hinsichtlich des z. B. von Steigern auf den einzelnen Gruben in den „Aufsetzstunden“ bzw. nach den Nachmittagsschichten zu erteilenden Unterrichts sollte „... mit aller Vorsichtigkeit nur nach und nach und in aller Stille zu Werke zu gehen seyn, damit Abseiten [von Seiten – H.K.] der Geistlichkeit nirgends ein Streit hierüber erregt werden könn(..)e.“858 Von Heynitz betrachtete also zu diesem Zeitpunkt das elementare Schulwesen ganz selbstverständlich als eine Angelegenheit der Pfarrer, Superintendenten und Konsistorialbehörden. Tatsächlich beschwerten sich dann auch ein reichliches halbes Jahr später Vertreter dieser „Geistlichkeit“, nämlich der Kantor von Brand und die Schulmeister von Erbisdorf und Michaelis, darüber, 853 Der Kantor in Brand erteilte aber auch einen darüber hinausgehenden Rechen- und Schreibunterricht an jugendliche Bergarbeiter. Vgl. dazu die Anzeige des Geschwornen Uhlmann vom 21. Okt. 1786, in: UAF, OBA 25, Bl. 77. 854 Vgl. dazu Näheres im Schulplan Heynitz’ vom 8. Apr. 1779 (wie Anm. 534), Bl. 7. 855 Schulplan von Heynitz’ vom 8. Apr. 1779 (ebd.), hier Bl. 7. Hervorhebungen durch d.d.A. 856 Dass sich die von Heynitz genannten „hiesigen“ Revierabteilungen vermutlich nur auf Freiberg bzw. Brand bezogen, ergibt sich aus dem Textzusammenhang seines Schulplanes. 857 Schulplan Benno von Heynitz’ vom 8. Apr. 1779 (wie Anm. 534), hier Bl. 11 b. Für diese Gedanken des Kammerrates könnten Sparsamkeitsgründe maßgeblich gewesen sein. 858 Schulplan von Heynitz’ vom 8. Apr. 1779 (wie Anm. 534), hier Bl. 11. Nach einem Bericht des späteren Berghauptmannes Freiesleben aus dem Jahre 1821 wurden anfahrende Bergmannskinder zum Teil tatsächlich durch Jung- oder Wäschesteiger vor der Schicht oder in der Mittagspause im Lesen und Christentum unterrichtet, wobei diese Unterrichtsform nur eine ganz bescheidene gewesen sein kann. Vgl. dazu den Bericht Freieslebens vom 16. März 1821, (wie Anm. 417), hier Bl. 169 f.

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dass der Berghäuer Schmidt aus Freiberg auf dem Thelersberger Stolln Kinder im Schreiben und Lesen unterrichten würde, was doch „wider die Schulordnung“ wäre und „ohne Vorwissen“ der geistlichen Vorgesetzten gar nicht sein dürfte.859 Dem Oberbergamt gelang es aber in der Folge, diesen Streit zu schlichten; ernsthafte Auseinandersetzungen zwischen den Bergbehörden und den „christlichen“ Behörden in Bezug auf das sich etablierende Bergschulwesen kamen jedoch kaum vor.860 Zur Umsetzung seiner Vorstellungen plante Benno von Heynitz zunächst den Abschluss sogenannter Accorde oder Kontrakte,861 also von Verträgen, die von den mitfinanzierenden Knappschaften und den jeweiligen örtlichen „Schulmeistern“ mit zu unterzeichnen waren. In diesen sollte detailliert vereinbart werden, welche Kinder in welchen Fächern und zu welchem Honorar von einem bestimmten Lehrer der örtlichen Schulen unterrichtet werden würden.862 In ihnen wurden darüber hinaus auch Einzelheiten der Unterrichtserteilung geregelt, wobei schon hier zwischen dem (gewöhnlichen) Unterricht im Christentum und Lesen einerseits, für die je Schüler und Woche sechs Pfennige zu zahlen waren –863 und einer darüber hinausgehenden „Privat-Information“ der Scheide- und Wäsche-Jungen im Rechnen und Schreiben – für wöchentlich einen Groschen –864 andererseits unterschieden wurde, auch wenn beide Unterrichtsformen eigentlich zu dem nach der Erneuerten Schulordnung von 1773 obligatorisch anzubietenden (elementaren) Schulunterricht gehörten.

859 Eingabe vom 19. Dez. 1779 an das OBA, in: BergA, OBA 2287, Bl. 66–70. 860 Im Oktober 1800 stellte Benno von Heynitz dem Superintendenten von Freiberg sogar die Übersendung eines Aufsatzes „… über den Anfang, Fortgang und die ietzige Lage …“ der Freiberger Bergschulanstalt in Aussicht, um Letzteren „… hierbei zur Mitassistenz desto geneigter zu machen“. Protokoll der Akademischen Konferenz vom 27. Okt. 1800 (wie Anm. 538), hier Bl. 89 b. 861 Vgl. zu diesen 1779 abgeschlossenen Kontrakten die Akte BergA, OBA 2287, Bl. 19–54, sowie den Unterabschnitt 2.3.2. Diese Kontrakte durften bis 1811 von der Bergbehörde jederzeit einseitig aufgehoben werden, ohne dass die Schulbehörden des Kirchenbezirks einbezogen werden mussten. Ab da jedoch bedurften solche mit den Lehrern geschlossenen Vergleiche nach § 6 des Schul-Generales vom 23. Nov. 1811 der Genehmigung durch die Christliche Schulbehörde. Vgl. dazu den Bericht BR von Freiesleben vom 16. März 1821 (wie Anm. 417), hier Bl. 159. 862 Vgl. hierzu den Schulplan von Heynitz’ vom 8. Apr. 1779 (wie Anm. 534), hier Bl. 6 b., sowie den Entwurf eines solchen Akkords zwischen der Freiberger Knappschaft und den Lehrern der deutschen Schulen im Freiberger Bergrevier in der Akte BergA, OBA 2287, Bl. 13–15. Der „Catecheta II“ der Eusebienschule, Saupe, unterzeichnete einen solchen Kontrakt am 8. Mai 1779. Vgl. dazu den Accord mit Saupe vom 8. Mai 1779, in: BergA, OBA 2287, Bl. 21–22 b., hier Bl. 21–22 b. 863 Vgl. dazu stellvertretend den Kontrakt Saupes vom 8. Mai 1779 (ebd.), hier Bl. 21 b. 864 Vgl. dazu den Kontrakt Saupes vom 8. Mai 1779 (ebd.), Bl. 22. Der Stundensatz für diesen Unterricht betrug zwei Pfennige (vgl. ebd.).

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Unmittelbar nach Einreichung des Schulplanes nahm Benno von Heynitz eine Konkretisierung der Finanzierungsmodalitäten für die von ihm geplanten Unterrichtsformen innerhalb des Freiberger Bergreviers vor. Zwar erfolgte die Finanzierung der Kontraktlehrer der deutschen Schulen tatsächlich aus der Knappschaftskasse; die Beiträge dafür stellten aber im Freiberger Bergrevier die einheimischen und auswärtigen Gewerken zur Verfügung, weswegen richtigerweise im Freiberger Bergrevier eigentlich von einem „gewerkschaftlich finanzierten“ bergmännischen Elementarschulunterricht die Rede sein müsste.865 Der von Heynitz’sche Schulplan basierte offenbar auf der Erkenntnis, dass sich die Anforderungen, wie sie in den Erneuerten Schulordnungen für die deutschen Stadt- und Dorfschulen festgeschrieben waren, in den Bergrevieren Sachsens aus den schon von Sturz und Friderici geschilderten Gründen866 allein mit Hilfe und Unterstützung der christlichen Schulaufsichtsbehörden nicht umsetzen lassen würden. Ohne die Entwicklung pragmatischer Ideen, die vor allem auch die Nutzung neuer Geldquellen beinhalteten, schien es nicht möglich zu sein, den Bergmannskindern den dringend gebotenen Elementarunterricht zu gewähren. Die von Benno von Heynitz in diesem Kontext entwickelten Vorstellungen über die Herausbildung eines von der Bergverwaltung direkt beaufsichtigten und geleiteten besonderen Schulunterrichts für Bergmannskinder stellte zwar ein „aus der Not geborenes“, ungeachtet dessen aber zugleich ein wirksames Instrument zur Umsetzung der in der Erneuerten Schulordnung enthaltenen Unterrichtsanforderungen dar. Dem Kammerherrn war klar, dass die Vermittlung eines grundlegenden Schulwissens auch im Interesse der Entwicklung des Montanwesens selbst und damit im Interesse der Wohlfahrt des Staates liegen musste.867 Wohl auch deshalb griff Benno von Heynitz als der dafür zuständige Vertreter der Bergverwaltung regulierend und fördernd in die Gestaltung der bergmännischen Schul- und berufsfachlichen Ausbildung ein.868 Trotz aller vorhandenen Mängel und (zunächst noch) regionalen Beschränkungen dieses Schulplanes auf das Bergrevier Freiberg erklärte sich Kurfürst Friedrich 865 Vgl. Näheres dazu v. a. im Unterabschnitt 2.3.2. Ungeachtet dessen wird in den ausgewerteten Akten jedoch auch im Freiberger Bergrevier meist vom „knappschaftlichen“ Unterricht gesprochen. 866 Dies waren v. a. die Armut der Bergleute und die offensichtliche Unmöglichkeit vieler Bergbaustädte bzw. umliegender Gemeinden, für das obligatorische Schulgeld ersatzweise aufkommen zu können; vgl. dazu den Unterabschnitt 2.2.1. 867 Das muss schon allein deshalb angenommen werden, weil Benno von Heynitz auf der „Aufklärungsuniversität“ Göttingen studiert hatte, wo solche Zusammenhänge von den dortigen Lehrkräften – wie von Justi – nachgewiesenermaßen Lehrgegenstand waren. 868 Benno von Heynitz hat diesen Gegenstand auch bei seinem späteren Aufstieg zum Berghauptmann nie aus den Augen verloren und sich diesem bis zu seinem Tode immer wieder selbst zugewandt.

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August mit den von Benno von Heynitz entwickelten Vorstellungen und den gleichzeitig von diesem eingeleiteten Maßnahmen des “Schul-Institut(es) für die BergJugend”, die dem Landesherrn „zum Gnädigen Wohlgefallen“ gereichten,869 einverstanden. Er forderte den zwischenzeitlich zum Vizeberghauptmann des Oberbergamtes berufenen870 Kammerherrn auf, auch in anderen Bergrevieren Kursachsens für vergleichbare Anstalten, die ebenfalls unter Aufsicht der Bergverwaltung stehen sollten, zu sorgen.871 Diese Aufforderung bezog sich vor allem auf die obererzgebirgischen Bergreviere Schneeberg, Voigtsberg und Eibenstock,872 da in den Bergrevieren Altenberg, Marienberg und Annaberg ähnliche Anstalten wie im Freiberger Bergrevier bereits zu existieren schienen.873 Dazu wurde dem Vizeberghauptmann ausdrücklich aufgetragen, bei den jährlichen Revisionen der obergebirgischen Bergämter auch auf die Durchführung des neuen Schulsystems zu achten.874 Mit der kurzfristigen Schaffung auch von Einrichtungen zur Unterrichtung von Bergmannskindern in den obererzgebirgischen Bergrevieren waren die von Vertretern der Bergverwaltung – von Trebra, von Charpentier und von Heynitz – im Verlaufe der 70er-Jahre des 18. Jahrhunderts geäußerten Ideen zur Entwicklung einer bergmännischen (fachlichen) Ausbildung z. T. in die Praxis überführt worden. Es begann der Abschnitt der weiteren Installation und des Ausbaus eines ganzen Systems bergmännischer Bildungseinrichtungen, für die Benno von Heynitz als Vizeberghauptmann „Commissionsweise“ zuständig war.875 Er hatte für die Etablierung eines solchen landesweit ausgerichteten Systems zu sorgen und es in seiner Eigenschaft als dessen Kommissar auch zu beaufsichtigen. Von Heynitz nahm damit eine Aufgabe wahr, die im sonstigen (allgemeinen) Schulwesen allein den christlichen Schulaufsichtsbehörden, insbesondere den Superintendenten, oblag. 869 Reskript Kurfürst Friedrich August vom 4. März 1780, in: BergA, OBA 2287, Bl. 99–100 b. 870 Die Bestallung war durch Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 20. Nov. 1779 erfolgt, die Amtsverpflichtung durch den Vizekammerpräsidenten von Lindemann am 4. Dez. 1779. Vgl. dazu den Bericht des Kammer- und Bergkollegium vom 13. Nov. 1779 an den Kurfürsten Friedrich August und dessen Reskript an das Kammer- und Bergkollegium vom 20. Nov. 1779, in: SHStA, 10026, Geh. Kabinett, Loc. 512/1, Bl. 343 f., bzw. nach Bl. 344, sowie im Einzelnen die Akte BergA, OBA 3424 (o.Bl.), sowie die Vita von Heynitz’ in der Anlage. 871 Vgl. dazu das Reskript vom 4. März 1780, (wie Anm. 869). 872 Für die Bergreviere Johanngeorgenstadt und Eibenstock musste nach dem Wortlaut des landesherrlichen Reskripts nur noch die Zustimmung der auswärtigen Leipziger Gewerken zur Verstärkung der regionalen Knappschaftskassen abgewartet werden. 873 Vgl. hierzu das Reskript vom 4. März 1780 (wie Anm. 869), sowie den Abschnitt 3.1. Vgl. auch den „Kurzen Auszug“ von Schirndings vom 17. März 1794 (wie Anm. 641), hier Bl. 195. Vgl. zur Herausbildung des Bergschulunterrichts im oberen Erzgebirge insbesondere das folgende Kapitel 3. 874 Vgl. hierzu das Reskript vom 4. März 1780 (ebd.), ca. Bl. 100. 875 Vgl. dazu auch den späteren Vortrag von Heynitz’ vor dem Oberbergamt vom 15. August 1793, in: BergA, OBA 2254, Bl. 56–59 b., hier Bl. 57.

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Die Herausbildung der bergmännischen Ausbildung

Wie er diesem Auftrag nachkam und die Aufgabenstellung umsetzte, soll in den folgenden Kapiteln gezeigt werden.

2.3. Die Goldberg’sche Zeichenschule und der Freiberger Elementarunterricht bis zu den Reformen Ende des 18. Jahrhunderts Innerhalb des Freiberger Bergreviers hatten sich Ende der 70er-Jahre des 18. Jahrhunderts fast zeitgleich nebeneinander die schon erwähnten drei Formen bergmännischer Bildungsinstitutionen herausgebildet: der Elementarschulunterricht an den deutschen Stadt- und Dorfschulen, der weiterführende Rechen- und Schreibunterricht beim Freiberger Ratsstuhlschreiber Oehlschlägel und die berufsbildende Form der Ausbildung dafür begabter (anfahrender) Bergpurschen bei den Bergstipendiaten Lempe bzw. Goldberg. Die erste dieser drei Bildungseinrichtungen sollte sich unter dem Begriff der „Knappschaftlichen Schulanstalten“, die letzte unter dem der „Goldberg’schen Zeichen- und Rechenschule“ (der späteren Freiberger Bergschule) etablieren. Die Goldberg’sche ZR–Schule war innerhalb des Gesamtsystems der unter der Spezialaufsicht Benno von Heynitz’ stehenden kursächsischen Bergschulanstalten etwas Besonderes, die Bergschule schlechthin. Sie stand – sowohl was Inhalt und Niveau der Ausbildung und damit ihre eigene „Wertigkeit“ betraf als auch unter hierarchischen Gesichtspunkten – über den beiden Ersteren; sie erhob sich aber in der Bildungshierarchie genauso über den etwas später in den obererzgebirgischen Bergrevieren eingeführten Unterricht an den sogenannten Schreib-, Rechen- und Zeichenschulen (SRZ-Schulen), die ihrerseits in etwa das Niveau der Oehlschlägelschen Unterrichtsform besessen haben dürften.876 Die Goldberg’sche- oder (ab 1795) auch „Erlersche Zeichen- und Rechenschule“877 entwickelte sich allmählich zur „höheren“ Form der SRZ-Schulen für das gesamte sächsische Bergwesen überhaupt. An sie delegierte man später die besten Bergschüler von den SRZ-Schulen aus dem oberen Erzgebirge; sie etablierte sich ausgangs des 18. Jahrhunderts sogar zur Vorschule, zur „Vorstudienanstalt“ für die Bergakademie – zu derem „Annexum“.878 Die besten Bergschüler, Absolventen der Freiberger Bergschule, be876 Anfänglich waren die Konturen dieser verschiedenen Unterrichtsformen durchaus nicht so deutlich, die Hierarchie aus den Akten auch noch nicht so klar erkennbar. 877 So wurde die Zeichenschule ab 1795 nach ihrem neuen Leiter, dem Freiberger Schichtmeister Lebrecht Johann Friedrich Erler benannt. 878 Als „Annexum“ bezeichnete man später die Freiberger Bergschule wiederholt. Vgl. dazu den Beitrag „Geschichte und Verfassung der Bergakademie, in: Freiberger gemeinnützige Nachrichten 1816 (Nr. 5), S. 44.

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saßen bei nachgewiesenen intellektuellen Voraussetzungen879 die Möglichkeit, die Bergakademie zu besuchen und sich danach innerhalb der Bergverwaltung zu Funktionsträgern zu entwickeln. Auch einige Lehrer der Freiberger Bergschule selbst bzw. an einer der obererzgebirgischen SRZ-Schulen hatten ihre Laufbahn an dieser Schule begonnen, und schließlich waren auch spätere Lehrkräfte der Bergakademie vor ihrer beruflichen Karriere Schüler der Freiberger Bergschule. Manch einer der bergakademischen Lehrer der Bergakademie unterrichtete im „Nebenamt“ viele Jahre an dieser Freiberger Schule. Wegen ihrer Bedeutung und ihres Alleinstellungsmerkmales soll der Goldberg’schen Rechen- und Zeichenschule/ Freiberger Bergschule besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. 2.3.1. Die Beaufsichtigung des Goldberg’schen Unterrichts durch das Oberbergamt

Als Johann Friedrich Lempe im Jahre 1777 begann, die acht besten anfahrenden „Bergpursche(n)“, die bis dahin an der Eusebienschule in Freiberg und der Erbisdorfer Schule elementaren Schulunterricht erhalten hatten, „im Gebrauch des Zirkels und Lineals“ bzw. „... im Zeichnen, Rechnen, Kenntniß von Gängen und Klüften ...“ zu unterrichten,880 war er gerade einmal 20 Jahre alt und selbst noch Student („Stipendiat“) der Bergakademie.881 Als solcher besuchte er während der Zeit, in der er den Bergmannskindern bergmännisches Fachwissen vermittelte, Vorlesungen bei verschiedenen bergakademischen Lehrern882 und nahm unter anderem Mineralienunterricht bei Werner.883

879 In den Akten häufig unter dem Begriff „Genie“ geführt. Mangelte es Bergakademisten an diesem „Genie“, konnten sie von der Bergakademie an die Bergschule zurück verwiesen werden. Vgl. dazu die Beispiele im Abschnitt 4.1. 880 Schulplan von Heynitz’ vom 8. Apr. 1779 (wie Anm. 534), hier Bl. 12. Die von Kaufmann (Geschichte der Bergschule Freiberg), S. 3, gemachten Angaben über den angeblichen Beginn des Bergschulunterrichts am 19. Juli 1777 konnten aus den Akten nicht bestätigt werden. 881 Lempe war am 7. März 1757 als 1. Kind (Sohn) des beim Königlichen Bergamt Weida angestellten Kux-Kränzlers und Zubußboten Georg Gottfried Lempe im vogtländischen Weida geboren worden. Vgl. Näheres dazu in Kaden (Vortrag Johann Friedrich Lempe), S. 135. Vgl. zu Lempes beruflichem Werdegang die tabellarische Übersicht zur Vita der einzelnen SRZ-Lehrer (Tab. V_2_1) im Anhang. 882 Welche Fächer dies waren, belegen die einzelnen Vorlesungsgesuche Lempes aus den genannten Jahren und die dazu verabschiedeten Reskripte des Kurfürsten. Vgl. dazu im Einzelnen Kaden (Vortrag Johann Friedrich Lempe) sowie die tabellarische Übersicht (Tab. V_2_1) im Anhang. 883 Dies belegt u. a. Lempes Vorlesungsmitschrift „Anmerkung zur Erkäntnis der äußerlichen Kennzeichen der Fossilien und Mineralogie“, die er als „B[erg]Ac[ademist]“ am 10. Sept. 1777 begonnen und am 9. Sept. 1778 beendet hatte. Diese ist noch heute in der Universitätsbibliothek der TU BAF vorhanden. Vgl. dazu den Nachlass Lempe, in: UBF, Wissenschaftlicher Altbestand, XVII bb.

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Lempe war somit weder Bergakademieprofessor, wie dies teilweise in der Literatur suggeriert wird,884 noch im engeren Sinne Leiter und Förderer (im Sinne eines „Direktors“)885 der ersten Bergschule in Deutschland, sondern als gewöhnlicher „Bergakademist“ im „Nebenamt“ zugleich der erste Lehrer einer sich noch im Herausbildungsstadium befindlichen Freiberger Bergschule.886 Als Lempe dann tatsächlich 1785 zum Professor für Mathematik an der Bergakademie ernannt wurde, hatte längst ein anderer (nämlich der Schichtmeister Carl Gottlob Friedrich Goldberg) die anfahrenden „Bergpurschen“ unterrichtet.887 Ungeachtet seiner Jugend scheint der Stipendiat Lempe alle Erwartungen, die man an ihn als „Lehrer“ stellte, erfüllt zu haben. Sein damaliger Mathematikprofessor an der Bergakademie, Bergkommissionsrat Johann Friedrich Wilhelm (von)888 Charpentier, bescheinigte ihm in einem 1779 verfassten Bericht an das Oberbergamt, dieser habe „… seinen Fleiß auch im vergangenen Jahre rühmlich fortgesetzt …“ und auch seine (Charpentiers) „Stunden fleißig besuchet“.889 Durch seinen beinahe zwei Jahre erhaltenen Privatunterricht wäre Lempe so weit, „die Schriften eines Euler(..), Kästner(..), Karsten“ und anderer „mit Nuzen“ lesen zu können.890 Hinsichtlich des Unterrichts der „BergPurschen“ bestätigt der Professor, dass er selbst Lempe den dazu notwendigen Unterricht im Zeichnen, Schreiben 884 So von Schiffner (Sächsische Bergschulen), S. 252, sowie Baumgärtel (Gründung der Bergakademie), S. 77, die hier von Beginn an eine Ausbildung durch den «Professor» Lempe unterstellten. Auch Kelbert (Bildungswesen), S. 144, wollte Glauben machen, der ehemalige Bergakademist „Lampe“(sic!) habe in Freiberg als Professor für acht Schüler Unterricht im Zeichnen gehalten. 885 So stellt ihn jedenfalls Kaufmann (Geschichte der Bergschule), S. 4, dar. Dieser Unterricht unterstand dem damaligen Mitglied es Oberbergamtes Benno von Heynitz direkt! 886 Dieses sehr frühe Entwicklungsstadium belegt auch die Formulierung des Oberbergamtes im „Akademischen Hauptbericht auf das 1779ste Jahr“ vom 3. Apr. 1779 (wie Anm. 796), hier insbes. Bl. 117 b., die einen zeitlich nur geringfügigen Unterricht vermuten lässt. Ob dieser allerdings tatsächlich nur einstündig samstags nachmittags stattfand, wie dies Kaufmann (Geschichte der Freiberger Bergschule), S. 3, behauptete, ist nicht belegt. Bereits in diesem Stadium von der „Bergschule“ als einer „Vorstudienanstalt“ zu sprechen, „über die viele Bergarbeiterkinder zum Hochschulstudium gelangt(..)“ seien, wie dies Baumgärtel (Gründung der Bergakademie), S. 77, unterstellt – ist mehr als überzogen. Eine solche Funktion der Bergschule hätte auch dem ausgangs des 18. Jahrhunderts durchaus noch gültigem „Prinzip der Bildung im Sinne der ständischen Sozialstufung“, wie dies Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 201, einmal formulierte, widersprochen. 887 Vgl. dazu diesen Unterabschnitt weiter unten. 888 Das Adelsdiplom Johann Friedrich Wilhelm Charpentiers ist erst später, 1784, durch Kaiser Joseph II. erneuert worden. Vgl. dazu Kießling (Charpentier), S. 54 f., sowie die im wissenschaftlichen Altbestand der TU Bergakademie Freiberg erhalten gebliebene (originale) Adelsurkunde vom 11. Juli 1784. 889 Bericht Charpentiers vom 22. März 1779, in: UAF, OBA 242, Bl. 105–106, hier Bl. 105. Ein Jahr vorher (1778) hatte Charpentier seine „Mineralogische Geographie der Chursächsischen Lande“ verfasst. 890 Bericht Charpentiers vom 22. März 1779 (ebd.).

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und Rechnen „u.s.w.“ erteilt habe.891 Charpentier charakterisiert seinen Schüler „als einen Menschen von … glücklichem Genie, Fleiß, und Liebe“.892 Es war deshalb nicht verwunderlich, dass der gerade erst zum Kommissar für das Bergschulwesen berufene Benno von Heynitz sowie Bergkommissionsrat August Constantin von Ferber893 den Wunsch Lempes, ab Michaelis 1779 (29. September) an die Universität Leipzig zu wechseln, unterstützten und dessen besonderen Fleiß und Geschicklichkeit bei dem ihm übertragenen „Schulunterricht(..) einiger Bergknaben …“ hervorheben konnten.894 Für sein bevorstehendes Studium befürwortete das Oberbergamt ein Stipendium in Höhe von 50 Talern,895 welches der Landesherr zugleich mit dem Wechsel des Studienortes auch genehmigte.896 Nach dem vorauszusehenden Abgang Lempes im Herbst 1779 auf die Universität Leipzig sollte nach den Plänen Benno von Heynitz’ dieser Unterricht durch einen „… andern Academisten im Zeichnen, Rechnen(..) [sowie] (der) Kenntniß von Gängen und Klüften ...“ fortgesetzt werden.897 Dieser andere Lehrer wurde in der Person des aus Freiberg stammenden Carl Gottlob Friedrich Goldberg, damals wie Lempe noch Bergakademist, gefunden.898 Letzterer übernahm unmittelbar nach Lempes Weggang aus Freiberg den Unterricht der anfahrenden Bergmannskinder, die ihm zumeist aus dem Rechen- und Schreibunterricht von Oehlschlägel und Schmidt – also von den sogenannten Schreibschulen – zugewiesen wurden.899 891 Vgl. dazu den Bericht Charpentiers vom 22. März 1779, (ebd.). Viel mehr war aus den dazu ausgewerteten Akten nicht über den Inhalt des Lempe’schen Unterrichts in Erfahrung zu bringen. 892 Bericht Charpentiers vom 22. März 1779, (ebd.). Charpentier scheint einer der „Gönner“ Lempes gewesen zu sein. Ohne dessen Protektion hätte der aus sehr ärmlichen Verhältnissen stammende Lempe sicherlich keine solche berufliche Karriere begehen können. 893 August Constantin Ferber war 1776 gemeinsam mit seinem älteren Bruder Friedrich Wilhelm geadelt worden. Vgl. dazu Schlechte (Staatsreform in Kursachsen), Anhang, Tafel II, sowie Personenregister, S. 569. 894 Vgl. dazu den „Akademischen Hauptbericht“ vom 3. Apr. 1779 (wie Anm. 796), hier insbes. Bl. 117 b. 895 Vgl. dazu den Akademischen Hauptbericht vom 3. Apr. 1779 (ebd.). Auf die Universität Leipzig delegierte Freiberger Bergstudenten erhielten wegen der dortigen höheren Ausgaben häufig ein solches Stipendium. 896 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 24. Apr. 1779 (wie Anm. 478), hier Bl. 133 f. In Leipzig hörte Lempe u. a. bei den Professoren Funk, Hindenburg und Leske. Vgl. dazu den Beitrag zum Ableben Lempes, in: Freyberger gemeinnuetzige Nachrichten, No. 7, vom 12. Febr. 1801, sowie Kaden (Vortrag Johann Friedrich Lempe), S. 137. 897 Heynitzscher Schulplan vom 8. Apr. 1779 (wie Anm. 534), hier Bl. 12. 898 Goldberg stammte aus einer „Dynastie“ im kursächsischen Bergbau stehender niederer Bergbeamter. Sowohl sein Vater als auch mehrere seiner Geschwister waren in solchen Bergwerksdiensten tätig. Vgl. dazu auch die tabellarische Übersicht zur Vita der einzelnen SRZ-Lehrer (Tab. V_2_1) im Anhang. 899 Vgl. Näheres zur Verbindung zwischen Freiberger Bergschule und Schreibeschule im Unterabschnitt 2.3.2.

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Dazu formulierte Kammerherr Benno von Heynitz im Jahre 1782, von diesen letzteren Schülern wären „auch einige darunter dahin gelanget …, dass sie mit Nutzen d[ie] fernere(..) Anweisung im Rechnen, im Zeichnen und im Bergbau bey dem dazu angestellten Academisten Goldberg geniesen könn(t)en.“900 Wie schon sein Vorgänger erhielt auch Goldberg mehrfach das Lob seiner akademischen Lehrer. So äußerte sich Bergkommissionsrat Prof. Charpentier über Goldberg, dieser wäre ein „… sehr Aeifriger guter junger Mensch, der die ihm vorgelegten Fragen immer gut, und mit Beweisen richtiger Begriffe beantworte(n)“ würde.901 Dieser sei deshalb „am besten.. zu Fortsetzung des Unterrichts der jungen BergPursche … zu gebrauchen …“902 Das Oberbergamt griff den Vorschlag Charpentiers auf und setzte (nach vorher eingeholter Genehmigung durch den Landesherrn) Goldberg als Nachfolger Lempes ein.903 Es betrachtete Goldberg für den Unterricht der Bergknaben „noch geschickter“ als den anfänglich dafür vorgeschlagenen Koehler.904 Dass Goldberg tatsächlich das fachmännische Wissen für eine solche Funktion besaß, bestätigen seine späteren Arbeiten zur „Aufhelfung“ des unter seiner Aufsicht als Schichtmeister stehenden Freiberger Berggebäudes „Beschert Glück Fundgrube“, in der er sich als äußerst innovativ und zugleich als profunder Kenner der technischen Anlagen (Kunstgezeuge) zur Wasserhebung, aber auch als Organisator der erforderlichen Geldmittel auswies.905 Mit der Übertragung906 des fachlichen Unterrichts der anfahrenden Bergmannskinder auf Goldberg setzte das Oberbergamt die schon bei Lempe begonnene Zuweisung einer Funktion an einen aus einfachen sozialen Verhältnissen stammenden Bergakademisten fort.907 Diese ermöglichten einen „Ausbruch“ aus dem ständisch geprägten Bildungsrahmen und eröffneten für einzelne der hier protegierten Bergmannskinder zugleich die Möglichkeit, auch höhere Funktionen, als ihnen nach ihrer Herkunft zustanden, innerhalb der Bergverwaltung zu erlan900 901 902 903 904

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Vortrag von Heynitz’ vom 4. März 1782, in: BergA, OBA 2287, Bl. 134–136, hier Bl. 134. Bericht Charpentiers vom 22. März 1779 (wie Anm. 889), hier Bl. 105 b. Bericht Charpentiers vom 22. März 1779 (ebd.). Dies ergibt sich aus dem Stipendiengesuch Goldbergs vom 9. Febr. 1781, in: UAF, OBA 243, Bl. 74–76. Hiermit war der 1778 von der Universität Leipzig zurückgekehrte Alexander Wilhelm Köhler, der spätere Lehrer für Bergrecht, gemeint. Vgl. dazu das Inserat des OBA vom 3. Apr. 1779 (wie Anm. 796), hier Bl. 125. Vgl. dazu auch den „Akademischen Hauptbericht“ vom 3. Apr. 1779 (wie Anm. 886), Bl. 119 b. Vgl. zu Köhlers Werdegang jüngst Kaden (Alexander Wilhelm Köhler). Vgl. dazu im Einzelnen Wagenbreth (Humboldts Grubenfahrt auf „Neubeschert Glück“), hier insb. S. 157–162. Goldberg berichtete zwei Jahre darauf über die ihm zur Unterweisung „anvertraute Berg-Jugend“. Vgl. dazu das Stipendiengesuch Goldbergs vom 9. Febr. 1781 (wie Anm. 903). Vgl. dazu Näheres in der tabellarischen Übersicht zur Vita der einzelnen SRZ-Lehrer (Tab. V_2_1) im Anhang.

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gen.908 Auch der Landesherr, Kurfürst Friedrich August, dem das Oberbergamt jährlich über den Fortgang sowohl der Freibergischen als auch der obererzgebirgischen bergmännischen Schulanstalten berichten musste, erkannte die Nützlichkeit des Unterrichts, den der zwischenzeitlich zum Schichtmeister berufene Goldberg909 einer Anzahl von „Berg-Pursche(n)“ erteilte, ausdrücklich an.910 Die Zahl der jährlich von Goldberg unterrichteten Schüler unterlag Schwankungen. Waren es z. B. im Quartal Trinitatis 1782 noch 17 und im Quartal Reminiscere 1784 20 Schüler, konnte Goldberg im Quartal Crucis 1784 insgesamt 30 Schüler unterrichten, wofür er jeweils 13 Taler Honorar als Vergütung erhielt.911 In den ersten Jahren ihrer Existenz dürften so jährlich von ihm im Durchschnitt etwa 20 (ausschließlich männliche) Bergschüler unterrichtet worden sein. Diese fachliche Ausbildung fand bis 1785 in einer einzigen Klasse, danach aber in zwei Klassenstufen912 unterteilt, in den Räumlichkeiten der Bergakademie statt.913 Die materiellen Bedingungen dafür waren aber sehr bescheiden, die Ausstattung dieser Einrichtung anfangs mehr als dürftig und erst im Laufe der Zeit konnten dringend benötigte Unterrichtsmittel angeschafft werden.914 Ungeachtet dessen hatte sich schon zu Beginn der 80er-Jahre des 18. Jahrhunderts der Bergschulunterricht bei Goldberg voll etabliert und das von Schellhas angegebene Datum, wonach diese „Bergmännische Zeichen- und Rechenschule“ erst 1799(!) „endgültig“ errichtet gewesen sei,915 ist somit eindeutig falsch.

908 Dieser mögliche „Ausbruch“ aus ihrer ständischen Einbindung war aber in dem hier untersuchten Zeitraum weiterhin die Ausnahme. Vgl. zu den Beispielen eines solchen möglichen Ausbruchs den Abschnitt 5.2. 909 Die Berufung Goldbergs als Schichtmeister der Grube „Neubeschert Glück“ war 1781 erfolgt. Vgl. dazu Wagenbreth (Humboldts Grubenfahrt auf „Neubeschert Glück“), S. 157, sowie die tabellarische Übersicht zur Vita der einzelnen SRZ-Lehrer (Tab. V_2_1) im Anhang. 910 Vgl. dazu das Inserat des Landesherrn Kurfürst Friedrich Augusts vom 24. März 1781, in: UAF, OBA 243, Bl. 129 f., bzw. die Abschrift davon in: BergA, OBA 2287, Bl. 138. 911 Vgl. zu den Schülerzahlen und der Höhe des jeweiligen Lehrerhonorars die verschiedenen „Einnahme- und Ausgabe-Extrakte“ in der Akte BergA, OBA 2287, unter anderem Bl. 181 b.–182, 187 b. 912 Vgl. dazu weiter unten sowie das Protokoll der 2. Akademischen Konferenz vom 30. Sept. 1785, in: UAF, OBA 25, Bl. 8–12 b., hier Bl. 9 b. 913 1786 verlegte man den Unterricht ins Bergamtshaus auf der Kirchgasse. Vgl. dazu Kaden (Vortrag Johann Friedrich Lempe), S. 138. 914 Später wurde für den Bergschulunterricht noch eine gesonderte Sammlung an Unterrichtshilfsmitteln angelegt. Solche Sammlungen dienten, wie es Bruns (Bedeutung der Realien), S. 3, einmal formulierte, dazu, „systematisch im anschauenden Vollzug Realienkenntnisse zu erwerben, ohne dabei die Unterrichtsstätte verlassen zu müssen.“ 915 Vgl. dazu Schellhas (Werner als Inspektor), S. 258: Dieser Irrtum von Schellhas ist sicherlich einer fehlenden Aktenauswertung zuzuschreiben.

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Der an der Freiberger Einrichtung gebotene Unterricht in Arithmetik, Zeichnen, Geometrie und Bergbaukunde unterschied sich sowohl seinem Inhalt nach916 als auch von seinem Ausbildungsniveau her betrachtet deutlich von dem an den Knappschaftlichen Schulanstalten gebotenen Elementarunterricht.917 Hier wurde „Handlungswissen“,918 also konkretes Fachwissen für den bergmännischen Beruf und den einer evtl. späteren Steigertätigkeit vermittelt. Die Goldberg’sche Zeichenund Rechenschule als Keimform der späteren Freiberger Bergschule stand dabei vom Inhalt und dem Niveau der Ausbildung her, aber auch unter hierarchischen Gesichtspunkten, über dem des „reinen“ Rechen- und Schreibeunterrichts beim Ratsstuhlschreiber Oehlschlägel und des bergmännischen Unterrichts bzw. der Ausbildung an den obererzgebirgischen SRZ-Schulen. Ging es bei Oehlschlägel (nur) um die Vermittlung von Schreib- und Rechenkenntnissen –919 also einem reinen schulischen Lehrstoff – hatte die Goldberg’sche Zeichen- und Rechenschule ihren Bergschülern vor allem berufsbezogene Fachkenntnisse „… in denen Anfangsgründen zum Rechnen, Zeichnen, der Geometrie und der Bergbaukunst ...“ zu vermitteln.920 Umfang, Inhalt und Gestaltung des Unterrichts an der Goldberg’schen Zeichenschule unterlagen von Anfang an der oberbergamtlichen Aufsicht. Damit verbunden war zugleich eine Kontrolle der Unterrichtsführung durch Goldberg. So ordnete der 1784 zum Berghauptmann berufene Kammerherr Benno von Heynitz im Zusammenhang mit der Einführung regelmäßig stattzufindender Zusammen916 Die Vermittlung von Kenntnissen im Zeichnen und Grundlagen der Bergbaukunst war das spezifische Wissen einer berufsfachlichen Ausbildung. Die Bedeutung, die solche Unterrichtsfächer wie Arithmetik und Geometrie für die Berufsausbildung dieser Zeit besaßen, war schon in einem über das Semlersche Schulkonzept verfassten Gutachten der Preußischen Sozietät der Wissenschaften vom 15. Dez. 1706, dessen Autor Leibniz gewesen sein soll, erkannt worden. Um aus der „Finsternis“ und dem „Chaos der Unwissenheit“ der Handwerkerausbildung herauszuführen, sollte danach niemand mehr ein Handwerk erlernen, der nicht „… zumindest in der Arithmetik und Geometrie ausreichend Kenntnisse …“ besäße. Zitat nach König (Reform der Lehrlingsausbildung), S. 189. 917 Vgl. zum Elementarunterricht an den Knappschaftlichen Schulanstalten den folgenden Unterabschnitt 2.3.2. 918 Mit dem von Hanschmidt (Elementarbildung und Berufsausbildung), S. 24, verwendeten Begriff „Handlungswissen“ ist auch die Goldberg’sche Ausbildung korrekt zu umschreiben, denn diese konnte, wie es Kintzinger (Wissen wird Macht), S. 27–29, formulierte „“… zwar auch ‚Elemente von Bildungswissen und sogar von Wissenschaft‘ enthalten, blieb aber in seinen Inhalten, Methoden und Zielen auf die Praxis bezogen“. Zitat nach dems. (ebd.), S. 24. 919 Auch dessen Nachfolger Helmert erteilte ab 1788 diesen besonderen Schreib- und Rechenunterricht, anscheinend aber keinen Zeichenunterricht. 920 So die Formulierung im Inserat des Landesherrn Kurfürst Friedrich Augusts vom 24. März 1781 (wie Anm. 910), Bl. 129 f.; Bei Lempe war darüber hinaus noch vom „Gebrauch des Zirkels und Lineals“ die Rede. Vgl. dazu den Bericht von Heynitz’ vom 8. Apr. 1779, in: BergA, OBA, 2287, Bl. 12.

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künfte des Oberbergamtes mit den Lehrern der Bergakademie921 am 4. Juni 1785 an, dass der Akademieinspektor Werner gemeinsam mit Professor Lempe den „… von Goldbergen zu ertheilenden Unterricht(..) im Bergbau sowohl, als der Arithmetik, von Zeit zu Zeit … besuchen [sollten], und wenn sie dabey etwas zu erin(n)ern fänden, solches bey den künftigen Verhandlungen anzuzeigen“ hätten.922 Dies geschah nur kurze Zeit, nachdem Lempe als „Mathematicus“ die Vorlesungen über reine Mathematik von dem zum Bergrat ernannten Johann Friedrich Wilhelm Charpentier übernommen hatte.923 Lempe war somit gemeinsam mit Werner zum Inspektor, d. h. Kontrolleur dieser Schule bestimmt worden,924 ungeachtet dessen, dass Benno von Heynitz als „Commissarius“ die Oberaufsicht auch über dieses Schulinstitut ausübte und dazu in Begleitung der beiden eingesetzten Inspektoren den Goldberg’schen Unterricht wiederholt inspizierte.925 Nach Lempes erstem Inspektionsbesuch schlug dieser unter anderem die Unterteilung der Goldberg’schen „Lehrlinge“ in zwei Klassenstufen sowie die Übertragung solcher Aufgaben vor, die ihnen „als künftigen Grubenvorstehern besonders nützlich wären ...“.926 Nur einen knappen Monat später, am 28. Oktober 1785, revidierte der Berghauptmann persönlich in Begleitung von Werner und Lempe den Goldberg’schen Bergschulunterricht im „Academischen Hörsal, wo der H[err] Schichtmeister Goldberg eben mit Unterricht im Zeichnen beschäftigt war ...“927 921 Vgl. zu diesen Zusammenkünften seit Juni bzw. August 1785 die Protokolle der Akademischen Konferenzen in: UAF, OBA 25, insb. Bl. 6, 9 b., 14 und 16 b. 922 Protokoll der 1. Akademischen Konferenz vom 8. Aug. 1785, in: UAF, OBA 25, Bl. 3–6 b., hier Bl. 6. Eine weitere Anweisung zur Revision und zum Examinieren erhielten Werner und Lempe im Dezember 1786. Vgl. dazu das Protokoll der Akademischen Konferenz vom 11. Dez. 1786, in: UAF, OBA 25, Bl. 75–76 b., hier Bl. 75. Ab der Akademischen Konferenz vom 3. Mai 1786 wurden diese nicht mehr nummeriert – vgl. dazu die Akte UAF, OBA 25, ab Bl. 54. 923 Vgl. dazu das Reskript [Abschrift] Kurfürst Friedrich Augusts vom 12. Juni 1784, in: UAF, OBA 62, Bl. 1–2 b. Lempe begann noch im gleichen Jahr mit der Herausgabe des Magazins für Bergbaukunde, einer montanwissenschaftlichen Zeitschrift, die bis 1799 in 13 Ausgaben erschien und in der er eine Reihe eigener mathematischer, aber auch berg- bzw. maschinentechnischer Beiträge veröffentlichte. 924 Dass gerade Lempe den Auftrag erhielt, den Unterricht in der Arithmetik und im Bergbau zu kontrollieren, war auf Grund seiner Erfahrungen mit Bergschülern, seiner neuen Tätigkeit und seiner erlangten mathematischen und bergmännischen Fachkenntnisse nur zu verständlich. 925 Das im sächsischen Bergwesen seit dem 16. Jahrhundert dominierende Direktionsprinzip wurde somit in gewisser Weise auch auf das Gebiet des Bergschulwesens übertragen. Vgl. zum Direktionsprinzip grundlegend Martin (Bergverfassung). 926 Protokoll der 2. Akademischen Konferenz vom 30. Sept. 1785 (wie Anm. 912), hier Bl. 9 b. Auch später würde Lempe wiederholt die Goldberg’sche Schuleinrichtung revidieren, deren Schüler prüfen und darüber auf den akademischen Konferenzen Bericht erstatten. Vgl. dazu u. a. das Protokoll der Akademischen Konferenz vom 11. Dez. 1786 (wie Anm. 922). 927 Protokoll der Revision der Goldberg’schen Schule vom 28. Okt. 1785, in: OBA 25, Bl. 14–16, hier Bl. 14.

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Zu diesem Zeitpunkt besuchten 22 „Lehrlinge“928 die „Goldbergische Zeichenschule“.929 Von Heynitz bemängelte dabei den sehr zeitaufwendigen Zeichenunterricht Goldbergs und bezeichnete die ihm zur Begutachtung vorgelegten Zeichnungen der Bergschüler als „zu fein“ für zukünftige Steiger und Grubenvorsteher, da Letztere in erster Linie Gruben- und Situationsrisse zu verstehen hätten –930eine klare Kritik an den bisherigen Methoden des Goldberg’schen Zeichenunterrichts. Falls einer der Schüler Goldbergs mehr Zeichentalent (als für den beruflichen Einsatz notwendig) besitzen würde, könnte er „dem H[errn] Zeichnenmeister Sieghardt931 zu fernerer Ausbildung im Zeichnen, in seine Lehrstunden mitgegeben werden ...“932 Der Berghauptmann befragte Goldberg nicht nur detailliert über den von diesem durchgeführten Unterricht im Bergbau, sondern er „examinierte“ die Bergschüler sogar persönlich im Rechnen – ein weiterer Beleg für das Interesse des Leiters der Landesbergbehörde an einer fachlich ausreichenden Ausbildung künftiger Steiger und Grubenvorsteher.933 Vermutlich um den Bedarf an einem an den Forderungen der Praxis orientierten, fachlich gebildetem Grubenpersonal decken und Platz für neu aufzunehmende Bergschüler schaffen zu können, wies der Berghauptmann den Bergschullehrer an, diejenigen Schüler, die schon zwei bzw. drei Jahre Unterricht erhalten hätten, Ostern des folgenden Jahres aus diesem zu entlassen, da diese „bey fortgesetztem Privatfleiß sich nun selbst im Zeichnen u[nd] Rechnen beschäftigen könnten …“934 Dazu sollte Goldberg auf der nächsten akademischen Konferenz, die am 30. Oktober stattfinden würde, er-

928 Im Hauptuntersuchungszeitraum wurden die Freiberger Bergschülerin den Akten fast stets als Lehrlinge bezeichnet. 929 Vgl. dazu Protokoll der Revision der Goldberg’schen Schule vom 28. Okt. 1785 (wie Anm. 927), Bl. 14–15 b. 930 Vgl. dazu Protokoll der Revision der Goldberg’schen Schule vom 28. Okt. 1785 (ebd.), Bl. 14 b. 931 Gemeint ist Johann Simeon Benjamin Sieghard (in den Akten auch „Sieghardt“), wie Lempe und Goldberg Absolvent der Bergakademie. Der „Candidatus juris“ Sieghardt wurde deshalb als wirklicher Zeichenmeister bei der Bergakademie angestellt, damit sich Prof. Charpentier ganz den Oberbergamtsgeschäften widmen konnte; er erhielt 300 Taler Vergütung. Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 12. Mai 1785, in: UAF, OBA 245, Bl. 197–197 b. Ein Entwurf seiner Instruktion befindet sich in der Akte UAF, OBA 245, Bl. 199–201. 932 Der Zeichenlehrer der Bergakademie, Sieghardt, wird in den Akten stets als „Zeichenmeister“ bezeichnet. Hier zeichnet sich schon in Ansätzen die ab Mitte der 1790er Jahre eintretende Funktion des Goldberg’schen Unterrichts als Vorstufe für eine bergakademische Ausbildung ab. Vgl. dazu den Abschnitt 4.3. 933 Vgl. dazu das Protokoll der Revision der Goldberg’schen Schule vom 28. Okt. 1785 (wie Anm. 927), hier Bl. 15. 934 Protokoll der Revision der Goldberg’schen Schule vom 28. Okt. 1785 (ebd.). Dies belegt, dass die zeitliche Dauer des Besuchs dieser neu eingerichteten Ausbildungsform damals noch nicht endgültig festgelegt worden war und vor allem von den Fähigkeiten und erreichten Lernerfolgen einzelner Bergschüler abhing .

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scheinen, wo ihm nähere Weisungen zur Unterrichtsgestaltung erteilt werden würden.935 Die von Lempe am 30. September in Vorschlag gebrachte zukünftige Aufteilung des Unterrichts auf zwei Klassenstufen griff der Berghauptmann wegen des unterschiedlichen Standes der Fähigkeiten der Goldberg’schen Schüler schon hier auf.936 Dies ist allein deshalb interessant, weil die knapp 20 Jahre später von Dinter937 ebenfalls vorgeschlagene Unterteilung des Elementarschulunterrichts auf zwei Klassenstufen – wenn auch da auf niedrigerem Niveau als an der Goldberg’schen Schule praktiziert – von den Zeitgenossen als etwas Neuartiges charakterisiert wurde938 und sie für die sächsischen Elementarschulen ebenfalls erst 20 Jahre später durch das „Generale“ vom 4. März 1805 verbindlich eingeführt werden sollte.939 Zwei Tage nach der Revision der Goldberg’schen Schule durch von Heynitz fand auf der 3. Akademischen Konferenz, auf der Goldberg nochmals Rechenschaft über seine bisherige Arbeit ablegen musste, eine Auswertung ihrer Ergebnisse statt.940 Man schien nicht sehr zufrieden mit Goldbergs Unterrichtsform zu sein, bezeichnete die von ihm durchgeführte Art und Weise des Zeichenunterrichtes dabei sogar als „zwecklose(..) Arbeit“.941 Selbst eine spätere Ersetzung des Unterrichts Goldbergs durch dessen jüngeren Bruder942 wurde anscheinend in Erwägung gezogen, denn er erhielt für den Fall, dass er durch seine Schichtmeisterverpflichtungen vom Unterricht abgehalten werden sollte, die Anweisung, seinen jüngeren Bruder „… zuweilen

935 Vgl. dazu das Protokoll der Revision der Goldberg’schen Schule vom 28. Okt. 1785 (ebd.), Bl. 16. 936 Vgl. dazu das Protokoll der Revision der Goldberg’schen Schule vom 28. Okt. 1785 (ebd.), Bl. 15 f. 937 Der Pfarrer (ab 1797) Direktor des Lehrerseminars Dresden-Friedrichstadt, Dinter, war ein Schulreformer, der mit seinen Ideen den Elementarschulunterricht verbessern wollte. Vgl. Näheres dazu bei Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 125 f., sowie zu Dinter selbst jüngst Moderow (Volksschule), S. 72, sowie (ebd.), Anm. 151. 938 Vgl. dazu Richter (ebd.), S. 125 f. 939 Vgl. dazu Richter (ebd.), S. 126. Dies bestätigt jüngst Moderow (Volksschule), S. 77. Dieses Generale ist abgedruckt in: C. A., 3. Forts., 1. Abt., Sp. 58­–63. 940 Vgl. dazu das Protokoll der 3. Akademischen Konferenz vom 30. Okt. 1785, in: UAF, OBA 25, Bl. 16–19 b., hier insb. Bl. 16–18. 941 Protokoll der 3. Akademischen Konferenz vom 30. Okt. 1785 (ebd.), Bl. 17. 942 Bei diesem jüngeren Bruder – der Schichtmeister Goldberg hatte mehrere Geschwister – handelte es sich vermutlich um Friedrich August Goldberg, der in den Akten meist als Goldberg „jun.“ bezeichnet wird und ab 1782 ebenfalls an der Bergakademie studierte; vgl. dazu dessen Aufnahmegesuch vom 4. März 1782, in: UAF, OBA 243, Bl. 191 f. Nach seinem Studium war er im Bergrevier Freiberg zu Markscheidearbeiten eingesetzt worden. Vgl. dazu das Stipendiengesuch Goldbergs vom 26. März 1789, in: UAF, OBA 248, Bl. 36–37, worin Letzterer angibt, seit nunmehr vier Jahren „Markscheider-Züge“ gefertigt zu haben.

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zu diesem Unterricht zum Versuch mit zu gebrauchen“.943 Schichtmeister Goldberg wurde darüber hinaus angewiesen, dem Oberbergamt zukünftig jeden Monat zu den Akademischen Konferenzen über seinen Unterricht „… und was damit in Verbindung stehe, schrift[liche] oder mündliche Relation zu thun“ –944 Beleg auch dafür, dass das Oberbergamt die unmittelbare Aufsicht und Kontrolle über die noch junge Bergschulausbildung ernst nahm.945 Die Finanzierung946 des Goldberg’schen Zeichenunterrichts erfolgte nicht von Beginn dieser Unterrichtsform an aus den gleichen Quellen. Zunächst erhielt Goldberg – wie sein Vorgänger Lempe auch – ein landesherrliches Stipendium, mehr oder weniger als Anerkennung der von ihm als Akademisten 1779 übernommenen Unterweisung der „Berg-Jugend“.947 Jedoch verfügte der Kurfürst bereits zwei Jahre darauf, als Goldberg zum Schichtmeister aufgestiegen war, dessen Bezahlung aus dem für den Bergschulunterricht geschaffenen Fonds.948 Danach sollten dem nunmehrigen Schichtmeister949 Goldberg „anstatt des zeitherigen Stipendii aus dem akademischen Fonds, auf ermeldte Zeit wöchentlich Ein Thaler aus dem beym Freybergischen Schul-Institut [der goldbergschen Zeichen- und Rechenschule – H.K.] befindlichen Fonds gereicht ... werden.“950

Entsprechend der landesherrlichen Weisung erhielt Carl Gottlob Friedrich Goldberg für die von ihm unterrichteten 17 Schüler (im Quartal Trinitatis und Crucis 1782) bzw. 12 Schüler (im Quartal Luciae 1782) jeweils 13 Taler an Honorar ausgezahlt.951 Da sich dieser gesonderte Schulfonds für die Goldberg’sche Schule stabilisierte, schlug Benno von Heynitz im April 1783 vor, an Goldberg einen jährlichen (festen) Betrag von 52 Talern (je Quartal 13 Taler) als Gehalt zu entrichten, was der Landesherr auch genehmigte.952 Bei diesem jährlichen „Honorar“ des Berg943 Protokoll der 3. Akademischen Konferenz vom 30. Okt. 1785 (wie Anm. 940), Bl. 17 b. Ob damit im Zusammenhang die kurzzeitige Unterrichtung eines zweiten Lehrers stand, kann nur vermutet werden. Vgl. dazu weiter unten. 944 Protokoll der 3. Akademischen Konferenz vom 30. Okt. 1785 (ebd.). 945 In den untersuchten Akten fanden sich jedoch nur wenige solcher Berichte Goldbergs. 946 Vgl. Näheres zur Finanzierung im Abschnitt 5.1. 947 Dies ergibt sich aus dem Stipendiengesuch Goldbergs vom 9. Febr. 1781 (wie Anm. 903). 948 Inserat Kurfürst Friedrich Augusts vom 24. März 1781 (wie Anm. 910). 949 Goldberg hatte 1781 sein Studium abgeschlossen, seine Bezahlung aus dem gesonderten Fonds kann deshalb auch mit seiner neuen Schichtmeisterstellung zusammenhängen. 950 Patent des OBA vom 13. Apr. 1781, in: BergA, OBA 2287, Bl. 138 b.–139. 951 Vgl. Patent des OBA vom 13. Apr. 1781 (ebd.). Auslagen für Tinte, Federn und Papier wurden gesondert erstattet. 952 Vgl. dazu den „Kurzen Auszug“ von Schirndings vom 17. März 1794 (wie Anm. 641), hier Bl. 195 b. Durch Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 21. Mai 1784 genehmigte der Landesherr auch für das darauffolgende Jahr für Goldberg 52 Taler. Vgl. dazu den „Kurzen Auszug“ von Schirndings (ebd.), Bl. 196.

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schullehrers Goldberg in Höhe von 52 Talern – zuzüglich einiger Taler für Schreibund Zeichenmaterialien – blieb es dann im Wesentlichen auch in den Folgejahren.953 In den Quartalen Luciae 1785 und Reminiscere 1786 erhielt Goldberg jeweils 13 Taler Honorar ausgezahlt,954 obwohl die Akten diesmal keine Schüler für ihn verzeichneten.955 Im darauffolgenden Quartal Trinitatis 1786 waren es dagegen nur 9 Taler Honorar, die für Goldberg bewilligt wurden. Die Finanzmittel für den Goldberg’schen Unterricht stammten anfangs aus den Mitteln, die die Freiberger Gewerken seit 1779 zur Unterrichtung von Bergmannskindern männlichen Geschlechts in den Stadt- und Dorfschulen des Freiberger Bergreviers zur Verfügung gestellt hatten.956 Wenigstens seit 1788 erhielt die Goldberg’sche Zeichen- und Rechenschule 60 Taler von dem 1786 bei der Oberzehntenkasse eingerichteten Gesamtfonds in Höhe von insgesamt 300 Talern – die übrigen 240 Taler flossen in den Elementarunterricht an den obererzgebirgischen Knappschaftlichen Schulanstalten.957 Auch im darauffolgenden Jahr wurden von diesem im Oberzehnten verwalteten Fonds wiederum 60 Taler als landesherrliche Beihilfe für die Goldberg’sche Schule bewilligt.958 Genau in dieser Zeit hatte ein weiterer Lehrer, nämlich der Katechet der Eusebienschule, Magister „Göze“,959 einen Teil des Goldberg’schen Unterrichts übernommen.960 Allerdings scheint es sich hierbei tatsächlich nur um eine kurzfristige 953 So erhielt Goldberg für das 4. Quartal 1783 (Luciae) für die Unterrichtung von insgesamt 20 Schülern 14 Taler ausbezahlt. Im Vergleich dazu bezog der akademische „Zeichenmeister“ Sieghardt für die Unterrichtung „einiger“ Akademisten im Handzeichnen zunächst jährlich 30 Taler, ab 1784 40 Taler. Vgl. dazu den „Kurzen Auszug“ von Schirndings vom 17. März 1794 (wie Anm. 641), hier Bl. 196. 954 5 Taler hatte Goldberg für „… Papier, Tusche und Federn“ im Quartal Trinitatis 1785 erhalten. Ausgabeextrakt für das Quartal Trinitatis 1785, in: BergA OBA 2287, Bl. 202. 955 Vgl. dazu den „Ausgabeextrakt“ Höppners für die Quartale Luciae 1785 (ebd.) und Reminiscere 1786, in: BergA, OBA 2287, Bl. 207 f. Schon vorher, in den Ausgabeabrechnungen über die Schulkasse für Trinitatis 1784 bis Reminiscere 1785 war Goldberg nicht erwähnt – vgl. dazu den Ausgabeextrakt Höppners von 1785 (ebd.), hier Bl. 197– was aber nicht zwangsläufig heißt, dass Goldberg in dieser Zeit keinen Unterricht gegeben hat. 956 Vgl. dazu den folgenden Unterabschnitt 2.3.2. 957 Vgl. dazu die Reskripte Kurfürst Friedrich Augusts an das OBA bzw. den OZ ô Feral vom 7. Juli 1788, in: BergA, OBA 2252, Bl. 65 f. bzw. 66 f., sowie grundlegend die Unterabschnitte 5.1.2 und 5.1.3. 958 Vgl. das kurfürstliche Reskript an den OZ vom 7. Juli 1788 (ebd.), Bl. 66 f. 959 Göze wird später als Lehrer der I. Catecheten Schule in der Freiberger Vorstadt erwähnt. Vgl. dazu den „Ausgabeextrakt“ für das Quartal Luciae 1787, in: BergA, OBA 2287, Bl. 240 f. 960 Göze erhielt im Quartal Trinitatis 1786 für die Unterrichtung von 15 Schülern 6 Taler als Honorar. Vgl. dazu den „Ausgabeextrakt“ für das Quartal Trinitatis 1786, in: BergA, OBA 2287, Bl. 217, 220. Er wird genau an der Stelle innerhalb der Akten aufgeführt, an der bis dahin stets

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Maßnahme gehandelt zu haben.961 Im 4. Quartal (Luciae) 1787 erhielt Goldberg zwar sechs Taler an Bezügen; wiederum waren aber für ihn keine Schüler verzeichnet. Dennoch muss er auch weiterhin Unterricht im Rechnen und Schreiben erteilt haben, was durch entsprechende Berichte belegt wird. So erhielten drei der zu dieser Zeit aus dem Obergebirge stammenden, jedoch im „Bränder Refier“ auf dem Kurfürstlich Thelersberger Stolln anfahrenden Bergleute962 bei Goldberg Unterricht im Rechnen und Schreiben, in den Akten auch hochtrabend als „Stunden der Wissenschaften“ bezeichnet.963 Doch dieser zusätzliche theoretische Unterricht bei Goldberg reichte dem Berghauptmann von Heynitz ganz offensichtlich zur fachlichen Ausbildung der jugendlichen Bergarbeiter und zukünftigen unteren Bergbeamten nicht aus; den Bergschülern aus dem oberen Erzgebirge wurde auch der Erwerb zusätzlicher praktischer Kenntnisse nahegelegt. Deshalb beschloss man auf der Akademischen Konferenz am 11. Dezember 1786, dass ein erfahrener Bergmann aus dem „obergebirgischen“ Bergrevier die zur „Erweiterung ihrer praktischen Kentniße“ in Freiberg anfahrenden jungen Bergleute „gehörig“ prüfen „... und zug[leich] auf ihr sittliches Verhalten ein genaues Augenmerk …“ richten solle.964 Dafür auserkoren wurde der Schichtmeister Selbmann – ebenfalls ein ehemaliger Absolvent der Bergakademie.965 Ein wichtiges Zeitdokument in diesem Zusammenhang, aus dem der unterschiedliche Zweck der Ausbildung einerseits an der Bergakademie, andererseits an der Goldberg’schen Zeichen- und Rechenschule deutlich wird, stellt ein Patent dar, das das Freiberger Oberbergamt am 17. Juni 1786 an alle Bergämter verabschiedete. Unter Bezug auf das landesherrlichen „Generali vom 14ten Febr[uar] 1784 zu

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Goldberg als Lehrer der Bergschüler verzeichnet war. Zugleich war im Februar 1786 beschlossen worden, ihm einige Bergakademisten zur Verbesserung der Kenntnisse in den „Schulwissenschaften“ zum Unterricht in der lateinischen Sprache und im deutschen Stil versuchsweise zu übergeben. Vgl. dazu das Protokoll der Akademischen Konferenz vom 6. Febr. 1786, in: UAF, OBA 25, Bl. 41–44b, hier Bl. 41 f. Bei diesen auserwählten Bergakademisten handelte es sich u. a. um die Stipendiaten Pilz, Goldberg „jun.“ und „sen.“, Letzterer ist ab 1788 späteren SRZSchullehrer von Johanngeorgenstadt. Bereits kurze Zeit später verliert sich in den ausgewerteten Akten die Spur zu Göze. Diese waren alle über 20 Jahre alt! So in der Anzeige des Geschwornen Johann Samuel Unger vom 21. Okt. 1786 (wie Anm. 853), Bl. 77; vgl. zum Aufenthalt dieser Bergschüler aus dem oberen Erzgebirge auch das Akademische Protokoll vom 11. Dez. 1786 (wie Anm. 922), hier Bl. 75 f. Zwei der zeitgleich auf der Himmelsfürst Fundgrube angelegten jugendlichen Bergarbeiter erhielten dagegen Rechen- und Schreibeunterricht beim Kantor Uhlmann in Brand. Vgl. dazu ebd., Bl. 77. Akademisches Protokoll vom 11. Dez. 1786 (ebd.), Bl. 75 f. Vgl. dazu das Akademische Protokoll vom 11. Dez. 1786 (wie Anm. 922), Bl. 75 b. Hierbei handelte es sich um Gottlieb Leberecht Selbmann, der 1781 bei der Bergakademie inskribiert war und hier auch seine mit dem Studium verbundene praktische Tätigkeit absolviert hatte. Vgl. dazu die Matrikelunterlagen des Universitätsarchivs.

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Besetzung der vacanten [freien – H.K.] Schichtmeister Stellen966 traf das Oberbergamt Festlegungen darüber, wie und auf welche Weise die Bergämter geeigneten Nachwuchs für die Bergakademie bzw. für spätere Funktionen innerhalb der Bergverwaltung bzw. für eine praktische, verantwortungsvolle Bergwerkstätigkeit gewinnen sollten. Danach durfte z. B. auf eine „vakante“ Schichtmeisterstelle nur jemand berufen werden, der sich vorher auf der Bergakademie gehörig „habilitiret“ hatte.967 Allerdings schloss das Oberbergamt Bewerber, die genügend praktische Erfahrungen in den Revieren gesammelt und sich anschließend „eine Zeitlang hier zu Freyberg durch fleißige Befahrung der Grubengebäude mit den hiesigen Veranstaltungen gehörig bekannt gemacht …“ hatten, nicht vollkommen aus.968 Grundsätzlich jedoch sollte niemand mehr in kurfürstliche- oder auch Gewerkendienste bestallt werden, der nicht zuvor Unterricht in den 1785 eingeführten Bergrechten gehört sowie die „Collegia“ über Mathematik und die Theorie des Bergbaus absolviert hatte.969 Was das Oberbergamt unter dieser „Habilitierung“ für die Bergakademie im Einzelnen verstand, wird aus dem weiteren Verordnungstext deutlich. Danach durften die Bergämter nur solche Personen für eine Ausbildung an die Bergakademie empfehlen, die „… wenigstens eine gute Hand, ingleichen orthographice schreiben …, auch in den Anfangsgründen der lateinischen Sprache einigen Grund gelegt …“ hätten.970 Vor einer Delegation nach Freiberg wären sie darüber hinaus auch noch „… den jedesmaligen Revisions Commissarien [des Oberbergamtes – H.K.] in loco zur Prüfung zu präsentieren“.971 Erst wenn Letztere die Prüflinge für tauglich erachteten, dürften die Bergämter die Bewerber nach vorausgegangener „Approbation“ durch das Oberbergamt auf die Bergakademie nach Freiberg senden. Dabei sollte ihnen zugleich „eröffnet“, also deutlich gemacht werden, dass man sie nicht sofort als Stipendiaten annehmen würde, sondern nur als „Expectanten“ „… damit ihr Genie, und ob sich würkliche Talente zu Bergwerkswißenschaften bey ihnen entwickelten, erst näher beurtheilt werden könn(t)e(n)“.972 Aus dieser Vorsichtsmaßnahme, bei der die auf die Bergakademie Delegierten erst einmal 966 Dieses General basiert auf dem gleichlautenden Reskript Kurfürst Friedrich vom 23. Jan. 1784, in: C.A., 2. Forts., 2. Abt., Sp. 221 f. 967 Vgl. dazu das Patent des OBA vom 17. Juni 1786 an die BÄ, in: UAF, OBA 25, Bl. 81–83 b., hier Bl. 81. 968 Vgl. dazu das Patent des OBA vom 17. Juni 1786 (ebd.). 969 Vgl. dazu das Patent des OBA vom 17. Juni 1786 (ebd.), Bl. 81 b. 970 Patent des OBA vom 17. Juni 1786 (ebd.), Bl. 82. 971 Patent des OBA vom 17. Juni 1786 (ebd.), Bl. 82. Bei diesen „Commissarien“ handelt es sich um Vertreter des Oberbergamtes, die in regelmäßigen Abständen die Bergämter zu inspizieren hatten. 972 Patent des OBA vom 17. Juni 1786 (ebd.), Bl. 82. Vgl. zum Begriff der „Expectanten“ den Abschnitt 3.2.

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hinsichtlich ihrer intellektuellen Eignung für Bergwerksdienste geprüft werden sollten, wird auch das Kostenbewusstsein dieser Behörde erkennbar, denn das Oberbergamt musste jährlich dem Landesherrn akribisch nachweisen, wie und mit welchem Erfolg es die bereitgestellten Landesmittel eingesetzt hatte. Eine Verschwendung der knappen Mittel aus landesherrlichen Kassen für die Ausbildung Unfähiger musste das Oberbergamt unter allen Umständen vermeiden. Stellte sich dann im ersten Ausbildungsjahr die Ungeeignetheit der Delegierten heraus, wurden sie, wie im Verordnungstext formuliert, durch das Oberbergamt zu den Bergämtern „…zu(r) Ergreifung eines anderen Metiers oder auch [zur] Treibung ordinärer Berg- und Hüttenarbeit zurück gesendet …“973 Zu diesem Zwecke unterzog man sowohl Bergakademisten als auch die Schüler der Goldberg’schen ZR-Schule jährlichen Prüfungen. Für die Bergakademisten fanden diese Prüfungen jeweils in der Karwoche in den Räumlichkeiten der Bergakademie statt;974 auch die Bergschüler wurden unter Aufsicht von Vertretern des Oberbergamtes jedes Schuljahr um die Osterzeit „examiniert“.975 Das Oberbergamt unterschied in dem erwähnten Patent den Ausbildungszweck streng danach, ob es um die Heranziehung künftiger Schichtmeister oder „… andere(r) Bergofficianten(,)“976 ging, aus denen mit der Zeit … Churfürst[liche] Bergbeamte(..) zu bilden“ wären, oder ob die Ausbildung lediglich dazu dienen sollte, gute Häuer, „in der Folge also … tüchtige(..) Steiger(..) zu habilitieren“.977 Für Letztere war neben der im Freiberger Bergrevier zu treibenden praktischen Bergarbeit der fundierte Unterricht für „Bergpursche“ – der zu dieser Zeit in Freiberg an der Goldberg’schen Zeichen- und Rechenschule stattfand – also die Unterweisung im Rechnen, Zeichnen sowie den „Anfangsgründen der Bergbaukunst“ vorgesehen.978 Die Bergämter waren deshalb verpflichtet, bereits bei der Berichterstattung an das Oberbergamt die Bildungsziele der nach Freiberg empfohlenen „Subjekte“ anzugeben.979 Nahezu modern mutet in diesem Zusammenhang die Intention des Oberbergamtes an, das bei einem entsprechenden, „sich auszeich-

973 Patent des OBA vom 17. Juni 1786 (ebd.), Bl. 82 b. 974 Wann genau diese Prüfung allerdings erstmals stattgefunden hat, konnte nicht genau ermittelt werden. 975 Solche „Examinierungen“ fanden jährlich, so z. B. am 3. Apr. 1789, drei Tage vor der Prüfung der Bergakademisten, und am 18. Mai 1796 – 4 Tage vor der der Bergakademisten – statt. Vgl. dazu die Protokolle der Akademischen Konferenzen vom 30. März 1789, in: UAF, OBA 25, Bl. 148–151, hier Bl. 148, bzw. vom 14. Mai 1796, in: UAF, OBA 26, Bl. 105–109, hier Bl. 108. 976 Vgl. zum Begriff der „Bergofficianten“ den Abschnitt 3.2. 977 Vgl. dazu das Patent des OBA vom 17. Juni 1786 (wie Anm. 967), hier Bl. 82 b. 978 Vgl. dazu das Patent des OBA vom 17. Juni 1786 (ebd.). 979 Vgl. dazu das Patent des OBA vom 17. Juni 1786 (ebd.).

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nenden Fleiß und Fähigkeiten“ dieser „Bergpursche(n)“ eine spätere Delegierung zum Unterricht auf die Bergakademie durchaus möglich wäre.980 Im Jahre 1786 kam es noch zu weiteren organisatorischen Veränderungen des Unterrichts an der Goldberg’schen Rechen- und Zeichenschule. Auf der Akademischen Konferenz vom 12. Oktober 1786 wurde dem Schichtmeister Goldberg mitgeteilt, dass er seinen Unterricht „… verschiedener junger Bergleute und Bergpursche ...“ nicht mehr im Auditorium der Bergakademie durchführen könne, da dieses zu klein sei bzw. dessen Nutzung „die vermehrten Lectionen der ordent[lichen] H[erren] Lehrer bey der Academie nicht mehr verstatteten ...“981 Goldberg erhielt die Weisung, den Unterricht ab der folgenden Woche – also ab Mitte Oktober 1786 – „in einer der in hiesigem Bergamtshause befind[lichen] Lohnstuben ...“ zu erteilen.982 Fünf Jahre später, 1791, setzte man zur Unterstützung Goldbergs einen zweiten Lehrer, den Schichtmeister Lebrecht Johann Friedrich Erler (um 1762–1800), zunächst auf Probe zur Unterrichtung der „… untersten Classe im Zeichnen und Rechnen …“ ein.983 Erler hatte selbst 1780 den Unterricht bei Goldberg besucht und anschließend von 1781 bis 1788 verschiedenste Vorlesungen an der Bergakademie belegt.984 Von den im Schuljahr 1791 insgesamt unterrichteten 27 Schülern der Goldberg’schen Zeichen- und Rechenschule gingen acht in die erste (untere) Klasse im Rechnen und Zeichnen zu Erler985 und 19 Schüler in die zweite (obere) Klasse im praktischen Bergbau.986 15 von Letzteren sollte der Schichtmeister Gold-

980 Vgl. dazu das Patent des OBA vom 17. Juni 1786 (ebd.), Bl. 82 b.–83. Schon Jahre vorher gab es im Einzelfall solche Delegierungen sich auszeichnender Bergschüler auf die Bergakademie, so z. B. im Jahre 1779 von Knabe und Mehnert zu Werner. Vgl. Näheres dazu im Abschnitt 4.2. 981 Protokoll der Akademischen Konferenz vom 12. Okt. 1786, in: UAF, OBA 25, Bl. 66–70 b., hier Bl. 66 f. 982 Protokoll der Akademischen Konferenz vom 12. Okt. 1786 (ebd.), Bl. 66 b., 67. Sitz des Bergamtes dürfte zu diesem Zeitpunkt das in der Kirchgasse gelegene Gebäude des heutigen Sächsischen Oberbergamtes gewesen sein. Näheres dazu war aus den ausgewerteten Akten nicht zu entnehmen. 983 Reskript (Abschrift) Kurfürst Friedrich Augusts vom 7. Juni 1791, in: UAF, OBA 25, Bl. 178– 179 b., hier Bl. 178. Die hierüber von Kaufmann (Geschichtliches über die Freiberger Bergschule), S. A 107, vorgenommene Schilderung ist mehr als vage. 984 Vgl. Einzelheiten dazu in den Matrikelunterlagen im UAF sowie in der tabellarischen Übersicht der Vita der Bergschullehrer (Tab. V_2_1) im Anhang. Noch vor seiner Berufung als zweiter Bergschullehrer hatte Erler seine „Ausführliche Beschreibung des Pferde-Göpels auf der Grube Neuer Morgenstern“ veröffentlicht. Später folgten weitere Veröffentlichungen v. a. zum Bergbau. Vgl. dazu die Bd. 3 und 4 des NbJ. 985 Vgl. dazu Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 7. Juni 1791 (wie Anm. 983), hier Bl. 178. 986 Vgl. dazu das Verzeichnis Goldbergs vom 28. Nov. 1791, in: UAF, OBA 25, Bl. 181–182 b., hier Bl. 180 f., das Goldberg der Akademischen Konferenz 28. Nov. 1791(ebd.) vorlegte, sowie das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 7. Juni 1791 (wie Anm. 983), hier Bl. 178 f.

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berg nach dem Willen des Landesherrn anschließend weiter unterrichten.987 Erler erhielt für seinen Unterricht die Vergütung Goldbergs in Höhe von 52 Talern „in der bisherigen Maaße“ – also aus der Freiberger Oberzehntenkasse – zugewiesen.988 Er unterstand der Aufsicht und Anleitung des Bergfaktors989 Goldberg,990 weswegen die Schule zeitweilig auch unter ihrer beider Namen als „Goldberg-Erlersche Schule“ geführt wurde.991 Goldberg als erster Lehrer der „Goldbergischen Zeichnen- und Rechnen-Schule“ – so die offizielle Bezeichnung im Reskript des Landesherrn vom 7. Juni 1791 – bekam 1791 „quartaliter“ für jeden der von ihm „im praktischen Bergbaue“ unterrichtenden 15 Bergschüler ein Honorar von einem Taler und zwölf Groschen992 aus der Freiberger Stipendiengelderkasse.993 Für die im ersten Quartal 1792 von ihm unterrichteten (ebenfalls) 15 „Subjekte“ waren es insgesamt 22 Taler und zwölf Groschen, die ihm der Freiberger Oberzehntner Johann Friedrich ô Feral aus dieser Kasse auszahlen musste.994 Nach der Einstellung Erlers erlaubte der Kurfürst dem Oberbergamt, den Bergfaktor Goldberg zukünftig „gleich dem BergGuardein, Markscheider(..) und Zeichenmeister zu den academischen Conferenzen [hinzu] zu ziehen.“995 Diese Bestimmung belegt nicht nur die persönliche Aufwertung des Bergschullehrers Goldberg, sie ist zugleich ein deutlicher Beweis für die besondere Verbindung, die zu diesem Zeitpunkt zwischen der Goldberg’schen Schule und der Bergakademie bestand und die letztlich auch ihren Niederschlag in deren späteren Bezeichnung als „Annexum“ der Bergakademie fand.996 Goldberg berichtete zu der darauffolgenden Akademischen Konferenz

987 Die restlichen vier Schüler dürften abgegangen sein. Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 7. Juni 1791 (ebd.), Bl. 178 b., sowie das Verzeichnis Goldbergs vom 28. Nov. 1791 (ebd.), Bl. 180 f. 988 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 7. Juni 1791 (ebd.), Bl. 178. 989 Nach Veith (Bergwörterbuch), S. 526, war der „Bergfaktor“ der bevollmächtigte Vertreter von nicht am Ort wohnenden Gewerken. 990 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 7. Juni 1791 (wie Anm. 983), Bl. 178. 991 So bezeichnete sie z. B. von Schirnding 1794 sowohl als „Goldbergische Schule“, aber auch als „Goldberg-Erlersche Schule“. Vgl. dazu den Bericht von Schirndings vom 2. Mai 1794 (wie Anm. 469), hier Bl. 37 b.–38. 992 Vgl. dazu Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 7. Juni 1791, (wie Anm. 983), hier Bl. 178 b. 993 Die Stipendiengelderkasse war eigentlich nicht für solche Honorarzahlungen eingerichtet worden. Vgl. zur Nutzung der verschiedenen Bergbaukassen für den Bergschulunterricht im Einzelnen den Abschnitt 5.1. 994 Vgl. dazu den Extrakt aus der Stipendiengelderrechnung vom 21. Apr. 1792, in: UAF, OBA 251, Bl. 116. Diese Bezahlung belegt die z. T. zweckentfremdete Verwendung von Stipendiengeldern. 995 Vgl. dazu Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 7. Juni 1791 (wie Anm. 983), hier Bl. 179, sowie das Protokoll der Akademischen Konferenz vom 28. Nov. 1791 (wie Anm. 986), hier Bl. 181, bei der Goldberg als Beratungsteilnehmer aufgeführt wird. 996 Vgl. dazu die Abschnitte 4.1 und 4.2.

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vom 28. November 1791 über den Unterricht in seiner Klasse der Zeichenschule.997 Carl Gottlob Friedrich Goldberg selbst stand der seinen Namen998 tragenden Zeichen- und Rechenschule bis 1795 vor.999 Ab 1795 wurde die Schule vom Schichtmeister Erler als „Erlersche Schule“ oder auch „Erlersche Bergschule“1000 bis zu dessen Tod am 25. April 18001001 weitergeführt, wobei Erler auch als „geordneter Lehrer in denen Anfangsgründen des Bergbaues“ bezeichnet wurde.1002 Bereits 1794/95 hatte er Heinrich Christian Friedrich Philipp, dem Sohn des Erb- Lehnund Gerichtsherrn auf Lößnitz, sowohl den „öffentlichen“ Unterricht „in der gemeinen Rechenkunst, im Situationszeichen, … in den Anfangsgründen der Geometrie und des Bergbaues … als auch den Privat-Unterricht im Rechnen …“ erteilt.1003 In der Zeit seiner Lehrertätigkeit besuchte Erler auch die vom Berghauptmann Benno von Heynitz auf dessen Gütern in Miltitz eingerichtete Elementarschule (an welcher sogar Zeichen- bzw. Realienunterricht geboten wurde),1004 anscheinend um sich Inspirationen für seinen eigenen Unterricht bzw. die Erarbeitung eines

997 Vgl. Näheres dazu im Protokoll der Akademischen Konferenz vom 28. Nov. 1791 (wie Anm. 986), hier Bl. 181 f. 998 Dass der Name „Bergschule“ nicht von Anfang an für die spätere eigentliche Bergschule belegt war, wird auch aus der Anzeige des Stollnobersteigers Gottfried Benjamin Höppner vom (?) 1782 deutlich, in der es heißt, dass für „... Herr(n) Goldbergern ... 2 Neue [Schüler – H.K.] aus den Berg-Schulen[!] ausgehoben worden (sind) ...“ – hier steht „Bergschule“ für die Knappschaftlichen Schulanstalten. Vgl. dazu den Bericht des Stollnobersteigers Höppner vom (?) 1782 über die Schulausgaben im Quartal Trinitatis 1782, in: BergA, OBA 2287, Bl. 140–143, hier Bl. 140 b. 999 Über die Gründe des Abganges Goldbergs konnte nichts in Erfahrung gebracht werden. Anscheinend war er mit seiner eigentlichen Tätigkeit als Bergfaktor ausgelastet. 1000 Die Bezeichnung dieser Schule ist ebenfalls nicht einheitlich. Vgl. dazu das Protokoll der Akademischen Konferenz vom 14. Mai 1796 (wie Anm. 975), hier Bl. 108, wo man diese sowohl „Erlersche Schule“ als auch „Erlersche Bergschule“ nennt. 1001 Vgl. zum Tod Erlers den Eintrag im Totenbuch (1788–1800) des Doms zu Freibergs, Bl. 80 b., Nr. 36. 1002 So vom Freiberger Oberzehntner in dessen Extrakt der Stipendiengelderrechnung vom 16. Dez. 1795, in: UAF 11, Bl. 19–21, hier Bl. 21. Im Totenbuch des Doms zu Freiberg (ebd.), wird Erler als „gewesener Schichtmeister auf verschiedenen Zechen und Lehrer bey der BergSchule allhier“ aufgeführt. 1003 Vgl. dazu den Bericht Erlers vom 14. Apr. 1795, in: UAF, OBA 254, Bl. 131 f. 1004 Vgl. dazu Trögel (Benno von Heynitz), S. 23 f., zum Zeichenunterricht auch dort die Beilage C, nach S. 46. Vgl. dazu auch von Heynitz (Beiträge zur Familie von Heynitz I–III), S. 151 f. Der Leseunterricht an der von Heynitzschen Schule wurde nach Rochows „Kinderfreund“ gehalten, das Lesebuch selbst nach Trögel (Benno von Heynitz), S. 13, durch F.A. von Heynitz eingeführt. Vgl. dazu auch Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 121.

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Die Herausbildung der bergmännischen Ausbildung

neuen „Lehrplanes“ zu holen;1005 zu Letzterem muss er vom Oberbergamt verpflichtet worden sein.1006 Im Jahre 1794 war Erler durch das Oberbergamt beauftragt worden, eine Instruktion für den (oder die) Bergschullehrer zu erarbeiten,1007 die dann auch dem Oberbergamt vorgelegen haben muss.1008 Dass dann aber bereits 1796 an der Erler’schen Schule der Unterricht „… in Mineralogie und Deutsch eingeführt“ worden wäre, wie dies Kaufmann behauptete,1009 lässt sich in dieser Eindeutigkeit nicht bestätigen. Bei diesem Unterricht in der Mineralogie kann es sich nämlich auch um die schon erwähnten, 1796 versuchsweise eingeführten gemeinsamen Vorlesungen einiger weniger ausgewählter Bergschüler mit Bergakademisten in der „Orictognosie“ beim Administrator Hof(f )mann gehandelt haben, die der Landesherr am 20. November 1795 genehmigte1010 und die dann später tatsächlich als spezieller Bergschulunterricht weitergeführt worden sind.1011 Unterrichtsgegenstand im öffentlichen Unterricht an der Erler’schen Zeichen- und Rechenschule dürften deshalb damals die „gemeine“ Rechenkunst, das Situationszeichen sowie die Anfangsgründe der Geometrie und des Bergbaus gewesen sein. Allem Anschein nach war Erler zu dieser Zeit – wenigstens bis zur Einführung weiterer Unterrichtsfächer – noch allein als Lehrer tätig. Das ergibt sich aus einem späteren Vortrag des Berghauptmannes, in welchem dieser in Umsetzung des kurfürstlichen Hauptreskripts aus dem Jahre 1797 anregte, zu den „akademischen Hauptkonferenzen“ den „jedesmalige(n) Lehrer der Bergschule alhier – vorjetzt 1005 Schichtmeister Erler hielt sich nach Trögel (Benno von Heynitz), S. 29, „tagelang“ auf dem Gut Miltitz auf und schrieb sogar den Lehrplan der Miltitzer Schule ab; dass dies im Zusammenhang mit der Erarbeitung eines neuen Bergschullehrplanes geschah, kann nur vermutet werden. 1006 Vgl. dazu die spätere „Oberbergamtliche Resolution“ vom 8. Nov. 1797, in: BergA, OBA 2258, Bl. 3 B f. 1007 So Kaufmann (Geschichtliches über die Freiberger Bergschule), S. A 107, der diese Instruktion als „Lehrplan“ bezeichnet. 1008 Vgl. dazu Kaufmann (Geschichtliches über die Freiberger Bergschule), S. A 109 f., der allerdings keine Quellen dafür angibt. Ein Schulplan Erlers ist später durch Bergakademieinspektor Werner, Prof. Charpentier und den Bergkommissionsrat von Schirnding überarbeitet worden. Vgl. dazu die „Oberbergamtliche Resolution vom 8. Nov. 1797 (wie Anm. 1006), in der vom „Erlerschen Lehrplan“ die Rede ist. 1009 Dies behauptete Kaufmann (Geschichtliches über die Freiberger Bergschule), S. A 108, ohne dafür den Quellennachweis zu erbringen. 1010 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 20. Nov. 1795, in: UAF, OBA 9, Bl. 285 f., hier Bl. 285; dies ergibt sich aus dem späteren Inserat Kurfürst Friedrich Augusts vom 4. Juni 1798, in: BergA, OBA 26, Bl. 187 f. Vgl. Näheres zu diesen spezifischen Unterrichtsversuchen im Abschnitt 4.3. 1011 Vgl. dazu den „Extract der Akademie- und Stipendien-Gelder-Rechnung … von Trinitatis 1807 bis… Reminiscere 1808“, in: UAF, OBA 267, Bl. 26–28 b., hier Bl. 27 b., sowie diesen Unterabschnitt weiter unten.

Goldberg’sche Zeichenschule und Freiberger Elementarunterricht

191

H[errn] Erler“, hinzuzuziehen.1012 Über das an der „Erlerschen Bergschule“1013 Erlernte wurden die Bergschüler einer jährlichen Prüfung, dem „Berg-Schul Examen“ unterzogen.1014 Aus dem Verfahren dieser Prüfung wird nicht nur das hierarchische Verhältnis zwischen dem kurfürstlichen Oberbergamt und der Bergakademie deutlich, sondern zugleich auch, dass letztlich das Oberbergamt die Entscheidungskompetenz über den Unterrichts- und Prüfungsinhalt besaß. Für die für den 22. bzw. 25. Mai 1796 geplanten Prüfungen der Benefiziaten der Bergakademie bzw. das „Examen an der Erlerschen Bergschule“1015 hatten die Lehrer „… selbst die Gegenstände schrift[lich] anzuzeigen, welche im verflossenen Lehrcours vorzüglich von ihnen vorgetragen worden, um aus selbigen von Seiten des Oberbergamtlichen Directorii die Materien zu dem Examen selbst auswählen zu können.“1016 1798, im Jahr der Einrichtung eines Allgemeinen Schulfonds,1017 erfolgte der Hauptunterricht an der „Freiberger Bergschule“1018 nach wie vor in zwei Hauptklassen – einer „ersten“ Klasse1019 und einer „anderen Klasse des bergmännischen mathematischen und Zeichnen-Unterrichts“.1020 Zwischenzeitlich plante man zwar seitens des Oberbergamtes erneut die Einführung eines mineralogischen Unterrichts,1021 allerdings sollte sich dieser im Wesentlichen auf das regelmäßige Vorzeigen von Mineralien an Bergschüler beschränken.1022 Inwieweit diese Unter1012 Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 4. Nov. 1799, in: UAF, OBA 12, Bl. 183–194 b., hier Bl. 193 b. Vgl. dazu auch das Hauptreskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 24. Okt. 1797, in: UAF, OBA 11, Bl. 228–233, hier insbes. Bl. 228 b.–229, sowie die Abschrift davon in UAF, OBA 26, Bl. 157–162. 1013 So wurde diese Einrichtung jetzt meist bezeichnet; vgl. dazu die Protokolle der Akademischen Konferenzen vom 14. Mai 1796 (wie Anm. 975), hier Bl. 108, und vom 8. Apr. 1797, in: UAF, OBA 26, Bl. 143–145, hier Bl. 144. 1014 Vgl. dazu die Protokolle der Akademischen Konferenzen vom 14. Mai 1796 und 8. Apr. 1797 (ebd.). 1797 z. B. fand dieses Examen am 17. Apr. statt. Vgl. dazu das Protokoll vom 8. Apr. 1797 (ebd.). Nach Kaufmann (Geschichte der Freiberger Bergschule), S. 14, sind Aufnahmeprüfungen erst 1842 eingeführt worden. Vgl. dazu auch den Epilog, Kap. 9. 1015 Die Terminfestsetzung erfolgte zur akademischen Konferenz am 14. Mai 1796 (ebd.), Bl. 108. 1016 Vgl. dazu das Protokoll der Akademischen Konferenzen vom 14. Mai 1796 (ebd.), Bl. 108 b. 1017 Vgl. Näheres dazu im Unterabschnitt 5.1.5. 1018 So nannte man die Erlersche Zeichen- und Rechenschule ab da immer häufiger in den Akten. 1019 Zum Ausbildungsinhalt in dieser Klasse fehlen hier Angaben. 1020 „Oekonomieplan für die jährliche Einnahme- und Ausgabe beim Allgemeinen SchulFonds nach der mit Eintritt des 1798sten Jahres anfangenden neuen Entwicklung“ als Anlage zum Reskript vom 22. Dez. 1797, in: BergA, OBA 2258, Bl. 11–13, hier Bl. 12. 1021 Schon 1797 hatte der Bergkommissionsrat von Schirnding als „Referent“ des Oberbergamtes über einen entsprechenden Schulplan zu berichten. Vgl. dazu Anm. 1008, sowie den Abschnitt 4.1. Zur Planung dieser „mineralogischen Übung“ forderte der Landesherr vom Oberbergamt nähere Berichterstattung. Vgl. dazu das Reskript (Abschrift) Kurfürst Friedrich Augusts vom 4. Mai 1798, in: UAF, OBA 26, Bl. 12 f. 1022 Vgl. dazu den „Ökonomieplan“ als Anlage zum Reskript vom 22. Dez. 1797 (wie Anm. 1020), hier Bl. 12, sowie das Auftragsreskript des OBA an Werner vom 2. Juni 1798, in: UAF, OBA

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Die Herausbildung der bergmännischen Ausbildung

richtsplanung auch tatsächlich in die Praxis überführt wurde, muss dahingestellt bleiben. Zumindest zeitweise (1798) haben neben Erler auch Hoffmann und Meiner Bergschüler unterrichtet.1023 Ende des Jahrhunderts schienen sich Klagen über „Mängel an Vorbereitung und Anlagen“1024 sowohl an der Erler’schen Schule als auch den obererzgebirgischen SRZ-Schulen zu häufen, weswegen der Landesherr durch Reskript am 6. Mai 1800 vom Oberbergamt die Einleitung von Maßnahmen verlangte, die garantieren sollten, „daß aus dem Obergebürge die Freyberger Bergschule und von dieser die Bergakademie in der erforderlichen Maase mit Lehrlingen versorget werde“.1025 Das Oberbergamt seinerseits forderte nun von den einzelnen Bergämtern adäquate Berichte mit Verbesserungsvorschlägen dahingehend,1026 „wie die hiesige Bergschule künftig mit mehrern und beßern Schülern zu versehen seyn dürfte ... und in wiefern die bisher erkaltete Beeiferung nach diesem Bergschulunterricht ... zu erwecken stehe ...“1027 Da der bisherige Bergschullehrer Erler aber im gleichen Jahr verstorben war,1028 beauftragte man den früheren

1023

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12, Bl. 60 f., in dem dieser aufgefordert wurde, die dazu längst fällige Übergabe der akademischen Mineraliensammlung an den „Edelgesteininspektor“ Hof(f )mann durchzuführen. Hofmann war erst zum Jahresbeginn 1798 in diese Funktion bestallt worden. Vgl. dazu im Einzelnen das Reskript (Abschrift) Kurfürst Friedrich Augusts vom 24. Okt. 1797, in: UAF, OBA 85, Bl. 86–89 b., insb. Bl. 86 b.–87. Das ergibt sich aus dem Bericht des OBA vom 2. Dez. 1797, in: BergA, OBA 2258, Bl. 4–7 b., worin die Behörde für das Jahr 1798 insgesamt 240 Taler an Ausgaben „für den Erlerschen, Hofmannischen und Meinerschen Unterricht“ veranschlagt. Reskript (Abschrift) Kurfürst Friedrich Augusts vom 6. Mai 1800, in: UAF, OBA 27, Bl. 25 f. Vermutlich handelte es sich bei diesen klagenden Lehrern um den vorübergehend wieder als Bergschullehrer eingestellten Bergfaktor Goldberg und den neu eingestellten Risszeichner Garbe; vgl. Näheres zu diesen im Abschnitt 5.2. Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 6. Mai 1800 (ebd.), Bl. 25. Auf der Akademischen Konferenz vom Juli 1800 hatte der Berghauptmann auf die zwischenzeitlich von ihm eingeleiteten Maßnahmen zur Beseitigung der vom Kurfürsten angezeigten „Desiderate“ des Bergschulwesens hingewiesen. Er habe bereits das Bergamt Freiberg zur Berichterstattung aufgefordert, und von dort sei ein Bericht „nebst Vorschlägen, wie den seither noch obgewalteten Mängeln bei den Bergschulen abzuhelfen seyn dürfte“, eingegangen. Protokoll der Akademischen Konferenz vom 24. Juli 1800, in: UAF, OBA 27, Bl. 35–47, hier Bl. 43. Vgl. hierzu das Patent des OBA vom 17. Mai 1800 an das BA Freiberg, in: BergA, BA-F/Cl. A 46/Nr. 3273, Bl. 4 f. Dieses Patent bezog sich auf das vorangegangne kurfürstliche Reskript vom 6. Mai 1800; Letzteres befindet sich als Abschrift in: UAF, OBA 27, Bl. 25 f. Patent des OBA vom 17. Mai 1800 (ebd.), Bl. 4 b. Gleichzeitig verlangte das Oberbergamt Vorschläge darüber, ob und wie künftig «bey paßenden Dienstbesetzungen ... auf Versorgung dergleichen in der Bergschule unterrichteten Subjecte Rücksicht ...» genommen werden könnte. (Ebd.). Vgl. dazu auch das Protokoll der Akademischen Konferenz vom 24. Juli 1800 (wie Anm. 1025), Bl. 43. Vgl. dazu das Akademische Protokoll vom 24. Juli 1800 (ebd.), hier Bl. 42 b. Schon zur vorherigen Konferenz vom März 1800 war die Krankheit Erlers Beratungsgegenstand gewesen und für den Fall seines Todes sollte der Unterricht im Rechnen und den Anfangsgründen des

Goldberg’sche Zeichenschule und Freiberger Elementarunterricht

193

Bergschullehrer Goldberg wieder mit der Wahrnehmung dieses Unterrichts, wobei man „zu seiner Assistenz“ dem Risszeichner Garbe den Zeichenunterricht für ein halbes Jahr „zum Versuche“ übertrug.1029 Die in diesem Zusammenhang gebrauchte Formulierung, wonach bei einer Genesung Erlers der Zeichenunterricht „von der Unterweisung im Rechnen und in den ersten Anfangsgründen des Bergbaues zu trennen“ sei –1030 ein mineralogischer Unterricht oder auch ein solcher in der deutschen Sprache aber überhaupt nicht erwähnt wird – lassen eher den Schluss zu, dass der von Erler 1795 vorgeschlagene Schulplan bis dahin noch nicht in vollem Umfang umgesetzt worden war.1031 Der wieder als Bergschullehrer eingesetzte Bergfaktor Goldberg wurde nun zur Berichterstattung auf die nächste Akademische Konferenz eingeladen.1032 Ob Goldberg bei seiner erneuten Übernahme im Jahre 1800 die Freiberger Bergschule tatsächlich so „… äußerst vernachlässigt, und weit schlechter als ehemals [vor]gefunden … (hat), selbst die erste Klasse … in Kenntnissen beträchtlich zurück [gewesen sei], und … wenig hoffen …“ (lasse),1033 muss als Behauptung stehenbleiben. Wegen der längeren Krankheit1034 seines Vorgängers könnte es tatsächlich zu einer Vernachlässigung des Unterrichts gekommen sein, obwohl Erler unter anderem durch die Erarbeitung seines Lehrplanes bewiesen hatte, dass er durchaus zu einer Verbesserung und Erweiterung des Bergschulunterrichts (der unter Goldberg ja ebenfalls kritisiert worden war) beizutragen in der Lage war. Auffällig ist allerdings, dass entgegen der in den vorausgegangenen Jahren erfolgten Bestrebung, die obererzgebirgischen SRZ-Schulen zu wirklichen Vorstufen der Freiberger Bergschule zu entwickeln, diese anscheinend noch nicht vollkommen umgesetzt werden konnten, denn nur „ein einziges Subjekt“ war von dort (aus Annaberg) nach Freiberg delegiert worden.1035 Im Juni 1800 reichte das Bergamt Freiberg seine Ideen zur zukünftigen Gestaltung des Bergschulunterrichts ein, insbesondere, wie die geforderten „begabten

1029 1030 1031 1032 1033 1034 1035

Bergbaus wieder auf den Bergfaktor Goldberg übertragen werden. Vgl. dazu das Protokoll der Akademischen Konferenz vom 31. März 1800, in: UAF, OBA 27, Bl. 1–11, hier insbes. Bl. 6 f. Protokoll der Akademischen Konferenz vom 24. Juli 1800 (ebd.), hier Bl. 42 b. Protokoll der Akademischen Konferenz vom 31. März 1800 (wie Anm. 1028), hier Bl. 6 b. Für die gegenteilige Behauptung von Kaufmann (Geschichtliches über die Freiberger Bergschule), S. 108 A, konnte kein Aktenbeleg gefunden werden. Vgl. dazu das Protokoll der Akademischen Konferenz vom 24. Juli 1800 (wie Anm. 1025), hier Bl. 42 b.–43. So die Behauptung Goldbergs auf der Akademischen Konferenz vom 27. Okt. 1800 (wie Anm. 538), hier Punkt 26 auf Bl. 88 b.–89. Vgl. dazu das Protokoll der Akademischen Konferenz vom 31. März 1800 (wie Anm. 1028), hier Bl. 6 f. Vgl. dazu das Protokoll der Akademischen Konferenz vom 27. Okt. 1800 (wie Anm. 538), Bl. 89.

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Die Herausbildung der bergmännischen Ausbildung

Köpfe“ für den Bedarf des Bergbaus zur Verfügung gestellt werden könnten.1036 Von Charpentier, zwischenzeitlich zum Vizeberghauptmann ernannt,1037 schlug, darauf Bezug nehmend, zur Verbesserung der Bergschulausbildung die Herausgabe eines gedruckten Kurzunterrichts zum Bergbau und Maschinenwesen „zum Gebrauche für die Bergpursche überhaupt und für die Kunstarbeiter insbesondere ...“ vor.1038 Dieses erst noch auszuarbeitende Werk sei seiner Auffassung nach genauso wichtig wie das „Beckersche Noth- und Hülfsbüchlein für den Landmann“.1039 Prof. Lempe erklärte sich bereit, mit Hilfe des Oberkunstmeisters Baldauf und des Bergfaktors Goldberg die „Skizze“ für einen solchen Unterricht zu entwerfen.1040 Da aber Lempe bereits kurze Zeit später, nämlich am 6. Februar 1801, verstorben war, dürfte er nicht mehr zur Ausarbeitung dieses Werkes gekommen sein. Weitere Verbesserungsvorschläge betrafen die materielle Ausstattung der Freiberger Einrichtung. So legten die Bergschullehrer Goldberg und Garbe zur Konferenz am 27. Oktober 1800 ein Verzeichnis der für den Bergschulunterricht benötigten Instrumente vor,1041 deren Anschaffung (bis auf ein ebenfalls vorgeschlagenes vollständiges Markscheideinstrument) auch genehmigt wurde.1042 Unmittelbar danach muss es zu einer prägnanten Veränderung und Erweiterung des Unterrichts an der Freiberger Bergschule gekommen sein, die ohne Zweifel im Zusammenhang mit dem erwähnten landesherrlichen Reskript vom 6. Mai 1036 Vgl. dazu das Protokoll der Akademischen Konferenz vom 24. Juli 1800 (wie Anm. 1025), hier Bl. 89, mit Hinweis auf den Bericht des BA Freiberg vom 4. Juni 1800, in: BergA, OBA 8031, Vol. III, Bl. 225 ff. [Akte kassiert!]. 1037 Von Charpentier war 1800 zum Vizeberghauptmann und ein Jahr darauf zum „wirklichen“ Berghauptmann ernannt worden. Vgl. zu Letzterem das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 12. Sept. 1801 (wie Anm. 621). 1038 Akademisches Protokoll vom 27. Okt. 1800 (wie Anm. 538), hier Bl. 89. Von Charpentier befasste sich hier – neben von Schirnding – ebenfalls mit Fragen der Bildung an den Bergschulen. Dessen Vorschläge vom 13. Aug. 1799 zur Verbesserung der Markscheiderausbildung durch eine „Pflanzschule für angehende praktische Markscheider“ bezogen sich dagegen auf die akademische Ausbildung. Vgl. dazu den Bericht (Extrakt) Charpentiers vom 13. Aug. 1799, in: UAF, OBA 27, Bl. 32–33 b. 1039 Nach diesem wurde zu dieser Zeit u. a. in der Erbisdorfer Schule unterrichtet. Vgl. dazu den „Schulplan [Gärtners] für die Erbisdorfer Schule (wie Anm. 293), hier Bl. 69 b. 1040 Vgl. dazu das Akademische Protokoll vom 27. Okt. 1800 (wie Anm. 538), hier Bl. 89 b. 1041 Vgl. dazu das dem Protokoll der Akademischen Konferenz vom 27. Okt. 1800 (ebd.), Bl. 93, beigefügte Verzeichnis. 1042 Vgl. dazu das Protokoll der Akademischen Konferenz vom 27. Okt. 1800 (ebd.), Bl. 90 b. Die Ablehnung der Anschaffung des „vollständige(n) Markscheider Instrument(s)“ – vgl. ebd., Bl. 93 – erfolgte mit Hinweis auf die unterschiedlichen Ausbildungsziele zwischen Bergakademie und Bergschule, v. a., weil an Letzterer „… die Bergschüler nicht in dem eigentlichen Markscheiden zu unterrichten wären, sondern sie „… das ihnen nöthige Aufnehmen [gemeint ist hier das merkscheiderische Vermessen der Grubengebäude – H.K.] blos mit dem Gruben Compas, dem Gradbogen und mit dem Ausschreiten zu verrichten hätten“. Ebd., Bl. 90 b.

195

Goldberg’sche Zeichenschule und Freiberger Elementarunterricht

1800 und den darin geforderten Verbesserungen des Bergschulunterrichts gestanden haben.1043 Seit 1802 wurden neben den schon mehrfach erwähnten Unterrichtsfächern Rechnen (Arithmetik), Zeichnen sowie den „Anfangsgründen“ der Bergbaukunde1044 jetzt auch Mineralogie durch den „Edelgesteininspektor“ Hof(f )mann,1045 sowie ein Grammatikunterricht durch den „Vesperprediger M. Meiner“1046 geboten.1047 Den Arithmetik- bzw. Zeichenunterricht hielt der im Jahre 1800 dem Schichtmeister Goldberg zur Unterstützung zugeordnete Garbe.1048 Der ehemalige Bergschullehrer Goldberg, der nach dem Tod Erlers (1800) kurzzeitig wieder als solcher amtiert hatte, war dagegen im Jahre 1802 nicht mehr als Leiter der Einrichtung tätig. Als Lehrer für Mathematik und Bergbau(kunst) und zugleich Leiter der Bergschule wirkte da bereits Schichtmeister Haupt.1049 Die folgende Tabelle zeigt die Unterrichtssituation im Jahre 1802/03: Tabelle II_3_1: Im Lehrjahr 1802/03 zu haltende Unterrichtsstunden

Name des Lehrers „Edelgestein-Inspektor“ Hoffmann

Unterrichtsfach

Tag

Zeit

Anzahl der Stunden

Mineralogie

Mo

14.00–15.00

1

Mi

14.00–15.00

1

Sa

19.00–10.00

1

„Vesperprediger“ Magister Meiner

Grammatik, deutsche Sprache und Stil

Mo

18.00–20.00

2

Fr

18.00–19.00

1

Schichtmeister Haupt [Nachfolger Goldbergs als 1. Lehrer der Bergschule]

Mathematik

Die

14.00–16.00

2

Fr

14.00–16.00

2

Mi

15.00–17.00

2

Bergbaukunde

1043 Der genaue Aktenbeleg dafür konnte allerdings nicht aufgefunden werden. 1044 Einzelheiten des Arithmetikunterrichts in der Unterklasse und den Anfangsgründen in der Bergbaukunde in der Oberklasse führt Kaufmann (Geschichtliches über die Freiberger Bergschule), S. A 107 f. an, ohne allerdings eine Quelle zu nennen. 1045 Vgl. Näheres zu diesem im Unterabschnitt 4.3.2. Die Schreibweise Hof(f )manns variiert in den Akten. 1046 Bei einem Vesperprediger handelt es sich um denjenigen, der die Nachmittagspredigt, die Vesperpredigt hält. Vgl. dazu den Artikel „Vesper“, in: Kruenitz (Ökonomische Enzyklopädie). 1047 Vgl. dazu Kaufmann (Geschichtliches über die Freiberger Bergschule), S. A 110, sowie Näheres dazu im Epilog. 1048 Vgl. dazu Kaufmann (Geschichtliches über die Freiberger Bergschule), S. A 110. 1049 Vgl. dazu Kaufmann (ebd.). Schichtmeister Haupt hatte von 1797–1800 an der Bergakademie studiert. Vgl. dazu die Matrikelunterlagen des UAF. Kaufmann (Lehrerverzeichnis), S. 3, bezeichnet Haupt bereits für das Jahr 1800 als „Hauptbergschullehrer“, was aber offensichtlich nicht korrekt ist.

196 Name des Lehrers Bergschullehrer Garbe

Die Herausbildung der bergmännischen Ausbildung

Unterrichtsfach

Tag

Zeit

Anzahl der Stunden

Arithmetik

Sa

14.00–16.00

2

Zeichenkunst

Do

14.00–16.00

2

[Quelle: Verzeichnis der in dem Lehrjahr 1802 bis 1803 an der akademischen Bergschule zu haltenden Lehrstunden, in: BergA, BA-F, Cl. A 46, Nr. 3273, Bl. 30 f.]

Damit scheinen die schon Mitte der 90er-Jahre des 18. Jahrhunderts entwickelten Ideen zur Erweiterung der bergfachlichen Ausbildung an der Bergschule Freiberg endgültig in die Praxis überführt worden zu sein. Mit dieser Erweiterung des Ausbildungsinhaltes des Freiberger Bergschulunterrichts zu Beginn des 19. Jahrhunderts kann der Ausbau der berufsfachlichen, bergmännischen Ausbildung als weitgehend abgeschlossen betrachtet werden. Diese inhaltliche Zäsur war zugleich von einer personenbezogene Zäsur begleitet, denn neben dem schon erwähnten Erler verstarben nur kurz hintereinander auch der erste Lehrer und „Visitator“ der Freiberger Bergschule, Lempe (6. Febr. 1801), der Berghauptmann Benno von Heynitz (21. Apr. 1801), aber z. B. auch der Knappschaftsälteste der Freiberger Knappschaft, Borrmann, der ebenfalls wichtige Funktionen bei der Beaufsichtigung des Freiberger Bergschulwesens besessen hatte.1050 Aber die Goldberg’sche Zeichen- und Rechenschule war nur ein Bestandteil des von Benno von Heynitz entwickelten Systems von Schuleinrichtungen zur Bildung der Bergjugend. Eine große Bedeutung kam in diesem Zusammenhang der Durchführung des elementaren Unterrichts an den weitgehend gewerkschaftlich finanzierten „Knappschaftlichen Schulanstalten“ innerhalb des Bergreviers Freiberg zu. 2.3.2. Der gewerkschaftlich finanzierte Elementarunterricht von männlichen Bergmanns- und Hüttenarbeiterkindern und die besonderen Schreibeund Rechenschulen

Dem Schulplan Benno von Heynitz’ vom 8. April 1779 entsprechend begann noch 1779 im Freiberger Bergrevier die Installation eines Bergschulsystems, welches sich – ohne den erwähnten Unterricht anfahrender „Bergpurschen“ bei Lempe bzw. Goldberg – aus den folgenden drei Schulkomponenten zusammensetzte: 1050 Der Stollnobersteiger und Knappschaftsälteste Borrmann war von 1794 bis 1801 dem Zechmeister Höppner zur „… Besorgung der knappschaftlichen Schulanstalt für die Bergknaben …“ im Freiberger Bergrevier beigegeben worden. Vgl. dazu die Berichte Höppners vom 3. Dez. 1793, bzw. vom 10. Okt. 1801, in: BergA, OBA 2288, Bl. 16 f., bzw. 51 f. Borrmann verstarb ebenfalls im Jahr 1801.

Goldberg’sche Zeichenschule und Freiberger Elementarunterricht

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– dem „elementaren“1051 Unterricht für die zwischen 5- bzw. 6- und 14-jährigen Kinder von Bergarbeitern im Christentums und Lesen, – einem ebensolchen, in Freiberg aber auf Schreiben und Rechnen erweiterten Unterricht für anfahrende, d. h. über 14-Jährige und schließlich – einem weiterführenden Unterricht für die fortgeschrittensten Kinder1052 im Schreiben und Rechnen.1053 Nach der Intention des Kammerherrn von Heynitz sollte denjenigen Kindern, die den gebotenen Unterricht an den „niederen“, d. h. deutschen Schulen in den Bergstädten und umliegenden Dörfern kaum oder gar nicht besuchen konnten, hier die erforderliche schulische Elementarbildung1054 und eine darüber hinausführende fachliche Grundbildung vermittelt werden.1055 Bei den beiden ersten Schulformen, für die sich der Begriff der Knappschaftlichen Schulanstalten1056 durchsetzte, handelte es sich im Freiberger Bergrevier eigentlich um ein gewerkschaftlich1057 finanziertes Elementarschulmodell, das (der neue) Berghauptmann von Charpentier im Jahre 1801 deshalb vollkommen zu Recht als „Gewerkschaft[liche] Schulanstalten für die Bergknaben hiesiger BergAmtsRefier“ bezeichnete.1058 Dieses unterschied sich nicht zuletzt wegen der beson1051 Bei dem dagegen anfangs auch in den Wäschen und auf den Scheidebänken in Schichtpausen bzw. nach Schichtschluss stattfindenden „Unterricht“ im Christentum, Lesen und Schreiben, wie er in Akten erwähnt wird, dürfte es sich um allgemeinere Ermahnungen sowie die Erziehung zu solchen Verhaltensnormen wie ‚Zucht‘ und ‚Ersamkeit‘ gehandelt haben. Letztere stellte nach Hanschmidt (Elementarbildung und Berufsausbildung), S. 26 – hier unter Bezug auf Endres (Das Schulwesen bis zur Reformation), S. 180, bzw. Jakob (Schulen in Franken) – schon um 1500 „… neben Lesen, Schreiben und Unterricht im Christentum“ den „Kern des Elementarunterrichts …“ dar. 1052 Zu deren Alter machte von Heynitz zunächst keine Angaben. Anfangs scheinen hier sowohl unter 14-Jährige, als auch über 14-Jährige ausgewählt worden zu sein. Vgl. dazu die Ausführungen im Schulplan von Heynitz’ vom 8. Apr. 1779 (wie Anm. 534). 1053 Vgl. hierzu die Ausführungen im Schulplan von Heynitz’ vom 8. Apr. 1779 (ebd.). 1054 Von Heynitz hat diesen Begriff allerdings nie benutzt. Die Notwendigkeit einer solchen Bildung an den „niedern Schulen“, auf denen die „… übrige Erziehung und Lehre gebauet werden muß“, hatte schon Fritsch (Zufällige Betrachtungen), S. 14, betont. 1055 Vgl. Näheres dazu im Vortrag von Heynitz› vom 1. Febr. 1780 (wie Anm. 796), hier Bl. 182 b., sowie in: BergA, OBA 2287, Bl. 11–11 b. 1056 Im sogenannten Schulreskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 13. Dez. 1793, in: BergA, OBA 2254, Bl. 154–161, hier Bl. 155 b., werden sie als die „eigentliche(n) Knappschaftliche(n) BergSchulanstalten“ bezeichnet. Dieses Reskript befindet sich in: BergA, BA-F/Cl. A 46/Nr. 3068 a), Vol. II., Bl. 1–7. 1057 Die anders lautende Behauptung von Benseler (Geschichte Freibergs), S. 1175, wonach das Schulgeld „… für die armen Bergwerkskinder …“ auch in Freiberg von den Knappschaften bestritten worden wäre, ist falsch; die Knappschaften waren lediglich in deren Finanzierungsregime eingebunden. Vgl. Näheres dazu im Abschnitt 4.1. 1058 Aktenvermerk von Charpentiers vom 13. Okt. 1801, in: BergA, OBA 2288, Bl. 51.

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deren Finanzierungsmodalitäten von den später errichteten obererzgebirgischen Knappschaftlichen Schulanstalten bzw. den dortigen SRZ-Schulen; der im Freiberger Bergrevier gebotene Elementarunterricht ging auch über den an Letzteren gebotenen hinaus.1059 Dieser knappschaftlich-/gewerkschaftliche1060 Unterricht im Freiberger Bergrevier war andererseits aber keineswegs die 45 Jahre später vom Berghauptmann Freiesleben behauptete Unterrichtsform, aus der „... sich nun … nach und nach die [in] § 3 f. beschriebene Knabenschulanstalt ausbildete ...“,1061 denn unter dieser „Knabenschulanstalt“ verstand der Bergrat Freiesleben später die Goldberg’sche Zeichen- und Rechenschule, an der wesentlich mehr vermittelt wurde als an den Knappschaftlichen Schulanstalten.1062 Für die Bedürftigsten1063 der nicht anfahrenden und auch anfahrenden Bergknaben begann man noch im Jahre 1779 mit dem Elementarunterricht an den unter Bergaufsicht1064 stehenden jeweiligen Stadt- bzw. Dorfschulen.1065 Dazu waren nach Benno von Heynitz’ Vortrag vom 1. Februar 17801066 noch im gleichen Jahr innerhalb des Freiberger Bergreviers zwischen den Knappschaften und 17 ausgesuchten Lehrern von 20 Stadt- und Dorfschulen entsprechende Arbeitskontrakte über den zu haltenden Elementarschulunterricht geschlossen worden.1067 Der Schulunterricht für die nicht anfahrenden Bergmannskinder fand an allen Wochentagen verteilt über den ganzen Tag statt. So unterrichtete z. B. der „Catechet“ Gottlob Friedrich Colditz an der Schule Linda bei Brand-Erbisdorf seine Schüler im Sommer vormittags von 7 bis 10 Uhr (bzw. im Winter von 8 bis 11 1059 Vgl. zum Elementarschulunterricht an den obererzgebirgischen Knappschaftlichen Schulanstalten insbes. die Abschnitte 3.1 und 3.2. 1060 Über diesen formulierte Freiesleben, dass man „… diesen Unterricht vom Anfange her als einen ganz freyen Privatunterricht (betrachtete) … wobei die Knappschaft oder die Bergbehörde ganz in dem Verhältnis eines Privatmannes stünde, der für arme Kinder das Schulgeld als Almosen bezahlt.“ Bericht Freieslebens vom 16. März 1821 (wie Anm. 417), hier Bl. 158 b. 1061 Bericht Freieslebens vom 16. März 1821 (ebd.), hier Bl. 167 b. Diese Schlussfolgerung Freieslebens verwundert schon, standen ihm doch im Oberbergamt alle zur Klärung der organisatorischen Verfassung des Bergschulwesens nötigen Akten zur Verfügung. 1062 Vgl. zu dieser den vorangegangenen Unterabschnitt 2.3.1. 1063 Wegen der geringen Finanzmittel kamen anfangs meist nur bergmännische Waisenkinder in den Genuss eines solchen Unterrichts. 1064 Vgl. zur Aufsicht der Bergverwaltung in den Bergrevieren die grundlegenden Bemerkungen im Abschnitt 2.1. 1065 Vgl. hierzu die landesherrliche Reskripte vom 15. Aug. 1778 (wie Anm. 717), hier Bl. 134 und 139, bzw. vom 6. Febr. 1779 (wie Anm. 623). 1066 Vgl. hierzu den Vortrag Heynitz’ vom 1. Febr. 1780, in: BergA, OBA 2287, Bl. 71–76 b. Dieser Bericht basierte auf den Angaben des Knappschaftsschreibers Georg Gottlob Richter. 1067 Vgl. zu diesen Kontrakten den Vortrag Heynitz’ vom 1. Febr. 1780 (ebd.), hier insb. Bl. 72 b. Vgl. dazu auch den „Ausgaben-Extrakt“ Richters für die Quartale Reminiscere (1. Quartal) bzw. Trinitatis (2. Quartal) 1779 vom 23. Okt. 1779, in: BergA, OBA, 2287, Bl. 55–57.

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Uhr), nachmittags dagegen ganzjährig jeweils zwischen 12 und 15 Uhr.1068 Für die anfahrenden, über 14-jährigen Bergmannskinder konnte der Unterricht natürlich erst nach Schichtende durchgeführt werden, mussten doch diese Bergmannskinder zunächst erst einmal ihre bergmännischen Arbeiten in den Erzwäschen und auf den Scheidebänken erfüllen.1069 Um eine Kontrolle der Knappschaften über den Umfang des Unterrichts zu erhalten und auch nur die tatsächlich gehaltenen Stunden zu vergüten, hatten die Kontraktlehrer vom jeweiligen Steiger des Berggebäudes, in dem der Vater des unterrichtenden Kindes z. B. als Bergmann anfuhr, eine mit Unterschrift bestätigte Schultabelle an den Rechnungsführer1070 der Knappschaft einzureichen, in die Letztere Namen und Anzahl der mit Schulunterricht versorgten Kinder eintragen mussten.1071 Das Schulgeld,1072 welches für jedes unterrichtete Bergmannskind anfangs nur 4 Pfennige je Woche betragen durfte,1073 sollte den Lehrern direkt in der Knappschaftsstube des Bergamtes ausgezahlt werden.1074 Zu diesen ersten Kontraktlehrern, die einen solchen Elementarunterricht in Freiberg erteilten, gehörten Gottlob Werner,1075 B[?] zu St. Nicolai, Christoph Salomon Saupe,1076 zweiter Katechet der Eusebienschule, und Johann Christian Barthel, „Glöckner zu St. Johannis“.1077 1068 Vgl. hierzu den mit Colditz am 14. Apr. 1781 geschlossenen „Accord“ in: BergA, OBA 2287, Bl. 114–115, hier Bl. 114 b. Der spätere Schulbeginn im Winter diente der Einsparung von „Lichtgeld“. 1069 Später durften die anfahrenden Bergmannskinder ihre Schichten auch früher verlassen. Vgl. dazu den Bericht [o.N.] (vermutlich des Stollnobersteigers und zugleich Verwalters der Bergschulkasse) Beyer an von Charpentier, [um 1802], in: BergA, OBA 2288, Bl. 62–65, hier Bl. 64 b. 1070 Dies waren in der Regel die Knappschaftsältesten. 1071 Später, 1803, sollte wegen der nicht immer korrekten Führung dieser Schultabelle einmal die Ephoralbehörde um Einschreiten ersucht werden. Vgl. dazu den Vorgang in: BergA, BA-F/Cl. A 46/Nr. 3068 b), Vol. III, Bl. 160 b.; vgl. hierzu auch BergA, OBA 2287, Bl. 102. 1072 Vgl. grundlegend zum Schulgeld und dessen Zusammensetzung den Unterabschnitt 5.1.2. 1073 Dies entsprach den vier Pfennigen, die lt. Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 6. Febr. 1779 (wie Anm. 509) je Grube von jedem anfahrenden Scheide- und Wäscheknaben einzunehmen waren. Vgl. hierzu die entsprechende Feststellung im Bericht des BA Freiberg an das OBA vom 15. Dez. 1777, in: BergA, OBA 2250, Bl. 102–114 b., hier Bl. 111. Vgl. dazu auch das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 15. Aug. 1778 (wie Anm. 717). 1074 Vgl. dazu den Bericht Freieslebens vom 16. März 1821 (wie Anm. 417), hier Bl. 169. 1075 Dieser ist nicht zu verwechseln mit dem Bergakademieinspektor Abraham Gottlob Werner. 1076 Saupe hatte nach seinem „Accord“ aber nicht nur diesen Elementarunterricht zu gewähren; er musste zugleich auch „Scheide- und Wäscheknaben“ Rechnen und Schreiben beibringen. Vgl. dazu den Accord mit Saupe vom 8. Mai 1779 (wie Anm. 862), hier Bl. 21 b., sowie diesen Abschnitt weiter unten. 1077 Vgl. zu diesen knappschaftlichen Vertragslehrern die überlieferten Kontrakte in: BergA, OBA 2287, Bl. 19–54.

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Da bis 1794 dieser Unterricht der Bergjugend männlichen Geschlechts im Freiberger Bergrevier jedoch fast ausschließlich aus gewerkschaftlichen Beiträgen finanziert wurde,1078 oblag neben den Vorstehern der Knappschaften auch den „Zechmeistern“ der finanzierenden Gewerken1079 eine Kontrolle der ordnungsgemäßen Bezahlung der Kontraktlehrer. Auf Grund dessen nämlich, dass diese Unterrichtsform für die männlichen Bergmannskinder im Freiberger Bergrevier überhaupt erst mit finanziellen Unterstützung der Gewerken ermöglicht wurde, stand Letzteren von Anfang an auch eine spezielle Aufsicht über den „Eifer der Schullehrer“ sowie über den „Fleis und (die) Aufführung der Kinder“ zu.1080 Die oberste Kontrolle über das gesamte kursächsische Bergschulwesen oblag allein Benno von Heynitz, der durch ein entsprechendes kurfürstliches Reskript aus dem Jahre 1795 ermächtigt worden war, die „besondere(..) Commissarische(..) Aufsicht und Leitung“ über diese Schulen zu führen.1081 Bei der 1779 erfolgten Einführung des Elementarschulunterrichts für die Bedürftigsten der Bergmannskinder männlichen Geschlechts1082 im Freiberger Bergrevier besuchten anfangs 164, am Ende des gleichen Schuljahres aber schon 256 Knaben – andere Quellen nennen die Zahl 224 –1083 diesen an 20 Schuleinrichtungen stattfindenden Unterricht.1084 Für das zu entwickelnde Bergschulwesen standen nach dem schon erwähnten gesonderten kurfürstlichen Reskript vom 6. Februar 17791085 ab diesem Zeitpunkt Geldmittel zur Verfügung, die sich aus einem wöchentlichen Betrag von vier Pfennigen von jedem Scheide- und Wäschejungen sowie einem dafür „… gleichsam bestimmten Accis-Betrage von denen nicht zur Stadt kommenden Berg-Materialien an Pulver und Eisen …“, der an die Knapp1078 Vgl. dazu den Vorgang in: BergA, BA-F/Cl. A46/Nr. 3068 a), Vol. II, Bl. 1–7, hier Bl. 2 b., sowie den Unterabschnitt 5.1.2. 1079 Vgl. zu den Besonderheiten der Finanzierung dieses Elementarunterrichts im Bergrevier Freiberg durch die dortigen Gewerken grundlegend den Unterabschnitt 5.1.2. 1080 Vgl. hierzu die Ausführungen im späteren Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 18. Juni 1793, in: BergA, OBA 2254, Bl. 55 f. 1081 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 21. Aug. 1795 (wie Anm. 623), hier insb. Bl. 46 b.–49, bzw. Bl. 223 b., sowie den Bericht des OBA vom 9. Mai 1801 (also unmittelbar nach von Heynitz’ Tod), in: BergA, OBA 2259, Bl. 263–264 b., hier Bl. 263 b.–264. 1082 Im Unterschied zum oberen Erzgebirge durften am gewerkschaftlich finanzierten Unterricht zunächst nur männliche Bergmannskinder teilnehmen; ein elementarer Schulunterricht für weibliche Bergmannskinder wurde im Freiberger Bergrevier erst 1794 eingeführt. Vgl. dazu den Unterabschnitt 2.3.3. 1083 Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 1. Febr. 1780 (wie Anm. 1066). 1084 Diese Zahlen nennt Benno von Heynitz in seinem Vortrag vor dem OBA vom 15. Aug. 1793, in: BergA, OBA 2254, Bl. 56–59 b., hier Bl. 56 b. 1085 Dieses Reskript Kurfürst Friedrich Augusts (wie Anm. 509) bildete gewissermaßen die erste Grundlage für die Finanzierung und damit Herausbildung des Bergschulwesens im Kurfürstentum Sachsen. Vgl. Näheres dazu im Abschnitt 5.1.

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schaftskasse abgegeben werden sollte, zusammensetzte.1086 Diese Geldmittel waren das Ergebnis der Verhandlungen, die Benno von Heynitz im Jahr zuvor mit dem Freiberger Rat als bevollmächtigtem Vertreter der auswärtigen Gewerken und den Freiberger Grubenvorstehern geführt hatte und die nun für den ab 1779 zu entwickelnden „Unterricht der Berg-Jugend“ – nicht nur im Freiberger Bergrevier(!) –1087 dienen sollten.1088 Nur zwei Jahre später, am 19. Februar 1781, konnte Benno von Heynitz in einem weiteren Vortrag resümieren, dass zum Schluss des Jahres 1780 insgesamt 378 Bergknaben im Christentum, Lesen, Schreiben und Rechnen an insgesamt 30 Schulstandorten im Freiberger Bergrevier „aus dem dazu bestimmten SchulFonds1089 unterrichtet …“ worden wären.1090 Die besten der darunter befindlichen Schreibschüler1091 sollten nach von Heynitz’ Vorschlag ausgewählt und „zum fernern Unterricht des Stipendiaten und nunmehrigen Schichtmeisters Goldberg gezogen werden ...“1092 Der Unterricht an den einzelnen (deutschen) Schulen1093 innerhalb des Freiberger Bergreviers umfasste bei seiner unmittelbaren Einführung vermutlich nur Übungen in Religion und Lesen, wurde aber nach den oben erwähnten erfolgreichen Verhandlungen Benno von Heynitz’ mit dem Rat der Stadt und den Grubenvorstehern sowie nach dem verabschiedeten Reskript des Kurfürsten auf den Unterricht im Schreiben und Rechnen erweitert. Letzteres dürfte im Interesse der Gewerken und Grubenvorsteher gelegen haben, benötigte doch auch der „einfache“ Bergmann für seine Arbeit auf den Berggebäuden zumindest Grundkenntnisse in diesen Fächern.1094 Wie ungenügend der an vielen (deutschen) kursächsi1086 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 6. Febr. 1779 (ebd.). 1087 Auch in den übrigen Bergrevieren sollte dieser Betrag eingenommen werden. Vgl. das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 6. Febr. 1779 (ebd.). 1088 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 6. Febr. 1779 (ebd.). Aus dem Reskript geht hervor, dass der erwähnte Betrag von vier Pfennigen zuvor schon im Brander Revier eingeführt gewesen war. 1089 Aus diesen Schulfonds – nicht zu verwechseln mit dem 1798 etablierten Allgemeinen Schulfonds – vgl. zu Letzterem den Unterabschnitt 5.1.5 – finanzierte man alle notwendigen Ausgaben zur Unterrichtung der Schüler, so auch für den Einkauf der benötigten Unterrichtsmaterialien wie Papier oder Schreibinstrumente. 1090 Vortrag von Heynitz› vom 19. Febr. 1781, in: BergA, OBA 2287, Bl. 111 f., hier Bl. 111 b. 1091 Bei diesen Schreibschülern kann es sich nur um diejenigen gehandelt haben, die eine gesonderte Rechen- und Schreibausbildung beim Ratsstuhlschreiber Oehlschlägel erhielten. 1092 Vortrag von Heynitz’ vom 19. Febr. 1781 (ebd.), Bl. 111. 1093 Die Schulbezeichnungen variierten hierbei; manchmal wurden sie mit dem Namen des Lehrers, manchmal mit dem des Schulortes kombiniert. Der Begriff „deutsche Schule“ wurde in den Akten damals i. d. R. nicht benutzt. 1094 Vgl. zu den an Bergleute zu stellenden Bildungsanforderungen insbesondere den Abschnitt 2.1. Im Reskript selbst finden sich keine Angaben zu den geforderten Unterrichtsinhalten.

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schen Dorf- und Stadtschulen in dieser Zeit dargebotene elementare Unterricht tatsächlich gewesen war,1095 verdeutlicht eine Aussage des Lehrers der Erbisdorfer Schule, Gärtner,1096 der etwa 1802 rückblickend auf den Beginn seiner eigenen Lehrertätigkeit formulierte: „Bey der Einrichtung der Schule aber, wie ich sie fand, wo in den 30 Stunden, welche zum öffentlichen Schulunterricht bestimmt sind, weiter nichts getan, als im großen und kleinen Katechismus Lutheri buchstabiert und gelesen, Hauptstücke, Sprüche, Psalmen und Evangelien ohne Erklärung mechanisch hergesagt wurden,1097 können weder verständige, noch sittlich gute Menschen gebildet werden.“1098

Da die Bergmannskinder an den Stadt- und Dorfschulen zwar getrennt von den übrigen Kindern, inhaltlich aber auf dieselbe Art wie diese unterrichtet wurden,1099 dürften hinsichtlich der vermittelten Unterrichtsinhalte kaum Unterschiede zu den übrigen Schülern der deutschen Stadt- oder Dorfschulen bestanden haben. Im Gegenteil, da sich für die Freiberger Bergmannskinder männlichen Geschlechts auch ein Unterricht im Schreiben und Rechnen, der zwar nach der Erneuerten Schulordnung von 1773 vorgesehen,1100 aber oft gar nicht angeboten wurde,1101 nachweisen lässt, könnte das Bildungsniveau der Freiberger Bergjugend teilweise sogar hö1095 Hierzu wird nochmals auf den Abschnitt 1.1 verwiesen. 1096 Es kann sich hier nur um Johann Michael Gärtner handeln, der neben Saupe (in Freiberg) schon 1777 an der Schule in Erbisdorf versuchsweise Bergmannskinder unterrichtet hatte; vgl. dazu auch den Unterabschnitt 2.1.1. 1097 Welches Ausmaß dieses „Tractiren“ von Psalmen und Sprüchen z. T. erreichte, wird aus einem Verzeichnis der in der 2. Klasse der Eusebienschule Freiberg 1769 durchgeführten Prüfung deutlich. Vgl. dazu SHStA, 10094, Superintendentur, Loc. 205, Bl. 59–60. Vgl. dazu auch die Anm. 694 und 1101. 1098 „Schulplan [Gärtners] für die Erbisdorfer Schule“ [um 1802] (wie Anm. 293), hier Bl. 67. Dass man auf den Dorfschulen manchmal nur Lesen und Schreiben, manchmal auch zusätzlich Rechnen unterrichtete, ergibt sich aus dem Bericht des Zechmeisters Gottfried Benjamin Höppner (o.D., vermutl. vom März) 1793 für das Jahr 1792, in: BergA, OBA 2288, Bl. 2–4 b., hier Bl. 3–4 b. 1099 „Ich habe sie [die Kinder – H.K.] auch wie bey der öffentlichen Schule [Gärtner versteht darunter die übrigen Kinder der deutschen Schule – H.K.] in Classen gebracht, und sie werden auf dieselbe Art unterrichtet.“ So die Aussage im „Schulplan [Gärtners] für die Erbisdorfer Schule“ (ebd.), Bl. 75. 1100 Vgl. zum Fächerkanon an den deutschen Stadt- und Dorfschulen die Erneuerte Schulordnung vom 17. März 1773 (wie Anm. 2), insb. Cap. IV. 1101 Nach den durch Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 121 f., erfolgten Auswertungen des Werkes des Superintendenten Nietzsche (Verbesserung der chursächsischen Dorfschulen) würde es keinem Lehrer einfallen, die nach der Schulordnung „vorgeschriebenen Unterrichtsfächer zu treiben“. „Man lehre die Kinder nur dürftig lesen und schreiben und peitsche ihnen … den Katechismus ein“. Ähnliches stellte für die Deutschen Stadtschulen – hier auch von kursächsischen Bergstädten – Dippoldt (Verfall der Schulen), fest. Angaben nach Richter (ebd.), S. 122.

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her als das der übrigen Elementarunterricht genießenden Schulkinder gewesen sein.1102 Der Stundenumfang für die anfahrenden Bergmannskinder war dabei allerdings etwas geringer als der für die nicht anfahrenden Kinder, wie die Aussage des schon erwähnten Dorfschullehrers Gärtner belegt. So brachte Gärtner an seiner Schule in Erbisdorf (um 1802) in den insgesamt 30 Wochenstunden,1103 die er in drei von ihm eingerichteten Klassen bot (mit jeweils 10 Stunden je Klasse) den nicht anfahrenden Bergmannskindern neben Religion und Lesen auch Schreiben und Rechnen bei. In diesem Unterricht – wurden in der 3. Klasse, der Anfängerklasse, „Aufmerksamkeit“, Buchstabieren, „Sylben- und Zahlenkenntnis“ gelernt, die „Anfangsgründe“ der Orthografie beigebracht und ebenso ein „Anfang im Rechnen“ gemacht; – in der 2. Klasse erlernten die Kinder Lesen und Schreiben, begannen mit Kopfrechnen und lernten Bibelsprüche sowie Begriffe der Religion; – in die 1. Klasse schließlich gingen all diejenigen, „welche Fertigkeit im Denken erlernt [hatten], und mit gehörigem Ausdruck und einigem Wohlklang lesen“ konnten;1104 man brachte den Kindern „… aus der Naturlehre, Naturgeschichte, Gesundheitslehre, u.s.w. dasjenige bey …, was jedem Menschen davon zu wissen nöthig ...“ war.1105 Wie im Einzelnen der Unterricht an einer deutschen Schule strukturiert gewesen ist, welche Unterrichtsinhalte geboten wurden und auf welche Unterrichtsmittel (Fachliteratur) ein Lehrer einer solchen Schule zurückgreifen konnte, soll die folgende, von Gärtner entworfene Tabelle zeigen, wobei selbst noch um 1800 das hier in Erbisdorf gebotene Unterrichtsprogramm1106 keineswegs an jeder deutschen Dorf- oder Stadtschule eine Selbstverständlichkeit gewesen sein dürfte:1107

1102 Dies ist nur eine Hypothese, die man jedoch durch zusätzliche Untersuchungen sicherlich belegen könnte. In dieser Unterrichtsversorgung bedürftiger Bergmannskinder muss man deshalb auch eine aus der Not geborene Ersatzmaßnahme der Bergverwaltung erblicken, den nach der Erneuerten Schulordnung von 1773 vorgesehenen Elementarunterricht überhaupt erst einmal zu bieten. 1103 Vgl. dazu Einzelheiten im „Schulplan [Gärtners] für die Erbisdorfer Schule“ (wie Anm. 293). 1104 Vgl. dazu den „Schulplan [Gärtners] für die Erbisdorfer Schule“ (ebd.), Bl. 67 b.–69 b. 1105 „Schulplan [Gärtners] für die Erbisdorfer Schule“ (ebd.), Bl. 69 b. 1106 Vgl. dazu den „Schulplan [Gärtners] für die Erbisdorfer Schule“ (ebd.), hier insbes. Bl. 70. 1107 Vgl. dazu den „Schulplan [Gärtners] für die Erbisdorfer Schule“ (ebd.), Bl. 67 b.–69 b. Der jüngst von Moderow (Volksschule), Tab. S. 64, entworfene Stundenplan, wie er nach der „Erbländischen“ Schulordnung Kursachsens von 1773 an den deutschen Schulen zu halten war, belegt dies, zumal Letzterer häufig gar nicht umgesetzt worden ist.

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Tabelle II_3_2a: Verteilung des wöchentlichen Elementarunterrichts an der Schule Erbisdorf (um 1802)

Fächer

Stundenanzahl je Woche Klasse I

Klasse II

Klasse III

Religion und/oder Denkübung

4

2

Lesen

4

6

Orthografie und Rechnen

2

2

10 (täglich 2, ohne nähere Angaben)

[Quelle: vgl. Anm. 1098, Schulplan [Gärtners] für die Erbisdorfer Schule, in: BergA, OBA 2288, Bl. 66–75 b, hier Bl. 67]

Für die schon anfahrenden1108 „52 Knaben“ dagegen plante Gärtner neun Wochenstunden Unterricht ein, obwohl eigentlich täglich nur eine Stunde Unterricht vorgesehen war.1109 Gärtner erhöhte hier (vermutlich) aus Eigeninitiative zugleich den Unterrichtsumfang für die Bergmannskinder, was er mit dem „in früheren Jahren vernachläßigten Schulunterricht“ begründete.1110 Nur in Ausnahmefällen, wenn es die finanziellen Möglichkeiten erlaubten, wurden zu Beginn der Einführung des Elementarschulunterrichts in einzelnen Dorfschulen Bergmannskinder auch im Schreiben und Rechnen unterrichtet. Nachdem sich aber die Gewerken durch ihre Vertreter, die Freiberger Grubenvorsteher, mit dem Kammerherrn von Heynitz schon 1778 über ein Finanzierungsmodell sowie einen besonderen Schulfonds zur Unterrichtung von Bergmannskinder männlichen Geschlechts geeinigt hatten,1111 wurde dieser Elementarunterricht im Freiberger Bergrevier allgemein auch auf einen Schreib- und Rechenunterricht (nicht zu verwechseln mit dem besonderen Schreib- und Rechenunterricht, wie ihn der Freiberger Ratsstuhlschreiber Oehlschlägel bot) erweitert.1112 Daneben existierten (zumindest zeitweilig) noch weitere Sonderformen des Unterrichts für Bergmannskinder im Freiberger Bergrevier. So hatte zum Beispiel Jonas Freiesleben1113 vom Superintendenten Brause in Freiberg die Genehmigung erhalten, alle Bergmannskinder „auf dem Zuge“ – einer Bergmannsiedlung vor den Toren Frei1108 Gärtner scheint sich zu irren, denn er gibt für diese Kinder ein Alter von 11(sic!) bis 15 Jahren an, was dem Alter nicht anfahrenden Kinder entspricht. Vgl. den „Schulplan [Gärtners] für die Erbisdorfer Schule“ (ebd.), hier Bl. 74 b. 1109 Vgl. den „Schulplan [Gärtners] für die Erbisdorfer Schule“ (ebd.), Bl. 74 b.– 75. 1110 Vgl. den „Schulplan [Gärtners] für die Erbisdorfer Schule“ (ebd.), Bl. 74 b. 1111 Vgl. Näheres zu dieser Einigung hierzu im Unterabschnitt 2.3.3. 1112 Vgl. zu diesem Rechen- und Schreibeunterricht bei Oehlschlägel die Unterabschnitte 2.3.1., sowie diesen Abschnitt weiter unten. 1113 Jonas Freiesleben hatte wenigstens von 1773 bis 1775 an der Bergakademie Freiberg studiert – vgl. dazu die Studiengesuche Freieslebens in: UAF, OBA 239, Bl. 104, OBA 240, Bl. 57–58, und OBA 241, Bl. 42. Freiesleben verstarb 1795 als Vizesilberbrenner in Freiberg.

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bergs –1114 bis zum 10. Lebensjahr „auf dem Catechismum Lutheri“ zu unterrichten, danach jedoch diese Kinder „dem ersten Lehrer der Eusebienschule“ in Freiberg zu überlassen.1115 Dies zeigt, dass selbst innerhalb nur eines Bergreviers nicht sofort ein vollkommen einheitliches Bergschulwesen geschaffen worden ist, sondern es dazu eines längeren Zeitraumes bedurfte. Im 1. Quartal (Reminiscere) 1781 waren es dann schon 361 Bergmannsknaben, die in 29 Schulen „… ohnentgeldlich im Christenthum, Lesen, Schreiben und Rechnen unterrichtet“ wurden, 77 Kinder davon allein in der Stadtschule Freiberg und 28 Kinder in der Eusebienschule bei Saupe.1116 Zum Schluss des Jahres 1781 hatte sich die Anzahl der unterrichteten männlichen Bergmannskinder bis auf 392 erhöht und es waren nach der von „Zechmeister und Stoll(n)-Ober-Steiger“ Höppner durchgeführten Revision davon 62 Bergknaben, „welche bereits im Hei[ligen] Abendmahl1117 admittiret …,“ und deshalb aus den Schulen entlassen werden konnten.1118 Dass in so relativ kurzer Zeit fast 400 Bergmannskinder männlichen Geschlechts im Freiberger Bergrevier einen Schulunterricht beziehen durften, der neben Christentums und Lesen auch Schreiben und Rechnen beinhaltete, war vor allem den Freiberger Gewerken zu verdanken, die dazu in den zwischenzeitlich von ihnen gestifteten Fonds – „der Schulkasse“ bei der Knappschaftskasse –1119 einen größeren Betrag eingezahlt hatten.1120 Dagegen blieb es in den ersten beiden Jahrzehnten nach Verabschiedung der Erneuerten Schulordnung von 1773 in vielen Orten des Kurfürstentums Sachsen nicht nur bei dem oft nur mangelhaften Schulbesuch, sondern vielen der sonstigen bildungsfähigen Kinder wurden häufig nur Grundkenntnisse des Christentums und einfache Lesefähigkeiten vermittelt.1121 1114 Zug ist heute ein eingemeindeter Stadtteil von Freiberg. 1115 Gesiegelte Urkunde für Jonas Freiesleben, in: BergA, BA-F/Cl. A 46/ Nr. 3068 a), Vol. II, Bl. 283. 1116 Vgl. hierzu das Promemoria von Heynitz’ vom Juni 1781 an die „Löbliche Schul-Inspektion allhier“, in: BergA, OBA 2287, Bl. 119–120 b. Aus dem Bericht von Heynitz’ergibt sich, dass er zuvor die einzelnen Schulen persönlich inspiziert hatte. 1117 Vgl. zum Heiligen Abendmahl und dessen Bedeutung für die Schulentlassung Hartleb (Frühe Formen der Schulpflicht), S. 518, sowie jüngst Moderow (Volksschule), 1118 Vortrag von Heynitz’ vom 4. März 1782 (wie Anm. 900), hier Bl. 134 b.–135. 1119 Dieses doch etwas umständliche Finanzierungsmodell garantierte die jederzeitige Einflussnahme auf die Kassenverhältnisse durch das Oberbergamt. 1120 Vgl. dazu den Hauptjahresbericht (auszugsweise Abschrift) des OBA vom 4. Dez. 1782, in: BergA, OBA 2255, Bl. 186–186 b. Die im Schreiben und Rechnen vermittelten Kenntnisse waren zur Aufsicht über die vor Ort tätigen Bergarbeiter und die fachliche Beherrschung der Berg- oder Hüttenarbeit notwendig. Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 20. Dez. 1794, in: BergA, OBA 2255, Bl. 155–158 b., hier Bl. 158. 1121 Vgl. hierzu die konkreten Beispiele bei Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 118–120.

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Die Herausbildung der bergmännischen Ausbildung

Am Ende der ersten Phase, in der die Herausbildung des Unterrichts für Bergmannskinder im Freiberger Bergrevier begann,1122 stellte sich die Verfassung dieser Unterrichtsformen in etwa wie folgt dar: Der für die Bergmannskinder gehaltene Elementarunterricht fand 2-stufig als solcher für nicht anfahrende bzw. anfahrende Bergmannskinder männlichen Geschlechts an den (deutschen) Stadt- und Dorfschulen statt. Als Lehrkräfte fungierten die jeweiligen örtlichen Stadt- und Dorfschullehrer, die dazu mit Knappschaft und Bergverwaltung einen entsprechenden Arbeitskontrakt unterzeichnet hatten. Der eigentliche Zweck der Freiberger Knappschaftlich-/gewerkschaftlichen Schulanstalten war zunächst „hauptsächlich nur auf die Bergjugend männlichen Geschlechts eingeschränkt worden ...“,1123 denn die Freiberger Gewerken und Grubenvorsteher hatten den dazu erforderlichen Fonds nur geschaffen, um „… hierdurch gute brauchbare und geschickte Steiger heranzuziehen …“1124 Der gleichzeitig etablierte, weiterführende Rechen- und Zeichenunterricht, wie er in Freiberg vom Ratsstuhlschreiber Oehlschlägel und in Brand durch den Bergmann Schmidt für die Fähigsten der Bergmannskinder erfolgte, kann nur bedingt zu diesem Elementarunterricht gerechnet werden.1125 Das Unterrichtsniveau dieser Schreib- und Rechenausbildung war höher als das des allgemein üblichen Elementarunterrichts. Eine auf beiden Unterrichtsformen z. T. aufbauende, aber wegen ihres besonderen Status´ gesondert abgehandelte berufsbezogene Ausbildung bei einem Freiberger Bergstipendiaten komplettierten das im Entstehen begriffene kursächsische Bergschulwesen. Im Gegensatz zu den sich etwas später in den obergebirgischen Bergrevieren entwickelnden Knappschaftlichen Schulanstalten waren es aber in Freiberg die Gewerken, die diesen Unterricht bis zur Mitte der 1790er Jahre weitgehend allein finanzierten.1126 Aus dieser Konstellation resultierte nicht nur ein Mitspracherecht der Gewerken bei der Zuweisung der Finanzmittel, sondern auch die Möglichkeit, den Unterricht an den jeweiligen deutschen Stadt- und Dorfschulen zu beaufsichtigen, Vorschläge für dessen Verbesserung zu unterbreiten und Einfluss auf den Unterrichtsinhalt und -umfang zu nehmen. Seit Beginn der Umsetzung des von Heynitz’schen Planes von 1779 war die Anzahl der (männli1122 Für diese Herausbildungsphase wird ein Zeitraum bis um 1781 angenommen. 1123 Protokoll („Registratura“) der Beratung zwischen von Heynitz und dem BA Freiberg vom 24. Nov. 1794, in: BergA, OBA 2255, Bl. 159–164, hier Bl. 160 b. 1124 „Registratura“ vom 24. Nov. 1794 (ebd.). 1125 Dagegen waren die in den 80er Jahren des 18. Jahrhunderts in den obererzgebirgischen Bergrevieren etablierten SRZ-Schulen unmittelbar an die dortigen Knappschaftlichen Schulanstalten angekoppelt. Vgl. Näheres dazu im Kapitel 3. 1126 Aus den Anfangsdokumenten ergibt sich dies nicht so eindeutig, aus späteren Unterlagen, vor allem aus Begründungen Benno von Heynitz’ wird dies aber ganz deutlich. Vgl. dazu vor allem die Akte BergA, OBA 2255, sowie den Vortrag des OBM Schmid vom 24. Sept. 1793, in: BergA, OBA 2254, Bl. 85–87, hier Bl. 85 f.

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chen) Bergmannskinder beinahe kontinuierlich gewachsen. Sie stieg von 224 Bergmannsknaben, die zu Beginn der Etablierung des Unterrichts an 20 Schulen Elementarschulunterricht erhielten, auf 378 im Jahr 1780 und schließlich auf 392 im Jahre 1781. Auch in den Folgejahren nahm die Zahl der mit Elementarunterricht versorgten männlichen Bergmannskinder in den Stadt- und Dorfschulen des Freiberger und Brander Bergreviers genau so stetig zu wie auch die Anzahl ihrer Kontraktlehrer. So unterrichteten im Quartal Trinitatis 1782 in der Stadt Freiberg drei Lehrer – Gottlob Werner an der Nicolai-Schule, Johann Christian Renner an der Schule St. Jacobi und Gotthelf Christian Ulbricht an der „Mägdlein Schule“ –1127 und in der Freiberger Vorstadt ebenfalls drei Lehrer – Christoph Salomon Saupe an der Eusebienschule, Magister August Benedict Willisch und Johann Christian Barthel in der Hospital-Schule.1128 Zu diesem städtischen Elementarunterricht erteilten in weiteren 20 umliegenden Dorfschaften Kontraktlehrer einen vergleichbaren Unterricht.1129 Der Freiberger Ratsstuhlschreiber Johann Friedrich Oehlschlägel und der Brander Bergmann Carl Friedrich Schmidt, die jeweils weiterführend im Rechnen und Schreiben unterrichteten, komplettierten das Personal des schulischen Unterrichts für Bergmannskinder im Freiberger Bergrevier.1130 Schließlich muss die berufsfachliche Ausbildung, die durch den Schichtmeister Carl Gottlob Friedrich Goldberg erfolgte, genannt werden. Bei dieser handelte es sich zwar nicht um einen Elementarschulunterricht, wegen der gleichen Finanzquellen in den ersten Unterrichtsjahren wurde selbige aber stets bei diesen Schulkräften mit aufgeführt.1131 Im ersten Quartal 1784 erhielten im Freiberger Bergrevier insgesamt 469 Schüler in etwa 36 Schulen Freibergs sowie den umliegenden kleinen Bergstädten und Gemeinden bei 36 Kontraktlehrern, die namentlich aufgeführt sind, elementaren oder weiterführenden Unterricht bzw. die unmittelbar der fachlichen Berufsbildung dienende Kenntnisvermittlung durch Goldberg.1132 Die Gesamtzahl der im 1127 Vgl. dazu den Bericht des Stollnobersteigers Höppner über die Schulausgaben im Quartal Trinitatis 1782 (wie Anm. 998). 1128 Vgl. dazu den Bericht Höppners über die Schulausgaben im Quartal Trinitatis 1782 (ebd.), insbes. die dortige tabellarische Anzeige Höppners von 1781 bis 1783. 1129 Vgl. dazu den Bericht Höppners über die Schulausgaben im Quartal Trinitatis 1782 (ebd.). 1130 Vgl. dazu den Bericht Höppners über die Schulausgaben im Quartal Trinitatis 1782 (ebd.). 1131 Vgl. dazu den Bericht Höppners über die Schulausgaben im Quartal Trinitatis 1782 (ebd.). 1132 Vgl. dazu den Ausgabeextrakt des Rezessschreibers Georg Gottlob Richter vom 3. Mai 1784 über die Schulgeldausgaben im Quartal Reminiscere 1784, in: BergA, OBA 2287, Bl. 180–182 b. Richter unterschied hierbei allerdings nicht zwischen dem elementaren Unterricht im Christentum und Lesen bei den sechs Freiberger Stadt- bzw. Dorfschullehrern, dem Schreib- und Rechenunterricht beim Stuhlschreiber Oehlschlägel und der weiterführenden Ausbildung bei Goldberg. Als neue Lehrer werden unter anderem Christian Friedrich Uhlmann in Brand und Johann Michael Gärtner in Erbisdorf aufgeführt, während der schon mehrfach genannte Bergmann Schmidt nicht mehr erwähnt wird.

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Die Herausbildung der bergmännischen Ausbildung

Freiberger Bergrevier in dieser Zeit unterrichteten Schüler pendelte sich bis Mitte der 80er-Jahre des 18. Jahrhunderts auf durchschnittlich 400 bis 500 jährlich ein.1133 Trotz dieses nicht zu verkennenden Fortschritts wurde dieser Unterricht noch nicht immer mit gleicher Konstanz und Stetigkeit umgesetzt. Besondere Bedingungen oder Ereignisse konnten die Entwicklung des im Entstehen begriffenen Bergschulwesens beeinträchtigen. Dass der sich allmählich etablierende Schulunterricht der Bergjugend auch um 1784 noch wesentlich von der bergbaulichen Entwicklung im jeweiligen Revier abhing, wird aus einem Vortrag, den Benno von Heynitz am 20. Januar 1785 vor dem Oberbergamt über die „bessere(..) Unterrichtung der BergJugend“ sowie die Entwicklung des Schulwesens im Freiberger, aber auch in den übrigen Bergrevieren1134 hielt, deutlich.1135 Danach hätte er bereits 1784 das bis dahin in Freiberg „… ersparte Schul Capital an 400 f[lorinern]“ dort schon wieder zusetzen müssen.1136 Als Hauptgrund gibt von Heynitz die über zwei Jahre anhaltende Trockenheit an, durch die „die Wäschen und Scheidebänke oft still stehen müss[t]en, wo so dann der wöchentliche [von den Gewerken genehmigte – H.K.] Beitrag a 4 d[inaren] von jedem anfahrenden Wäsch- und Scheide Knaben der Schul-Caße entgangen …“ wäre.1137

Schließlich hätte der Berghauptmann, um Kosten wie Lichtgeld1138 u. Ä. einzusparen, von der 8. Woche des Quartals Luciae (19. November) 1784 bis zur 7. Woche des Quartals Reminiscere (13. Februar) 1785 – also fast drei Monate lang – den

1133 Vgl. dazu den Einnahme- und Ausgabeextrakt auf die Quartale Trinitatis und Crucis 1784, in: ebd., Bl. 186–188 b. Vgl. zur Anzahl der unterrichteten Schüler in den 1780er Jahren im Einzelnen die tabellarischen Anzeigen (einschließlich der Einnahme- und Ausgabeextrakte) des Stollnobersteigers Höppner bzw. des Rezessschreibers Richter auf die jeweiligen Quartale, in: ebd. 1134 Benno von Heynitz verweist in seinem Vortrag nochmals ausdrücklich auf die ihm durch kurfürstliches Reskript am 4. März übertragene „spezielle Aufsicht über die Berg-Werks-SchulInstitute sowohl in der Freiberg[ischen] Refier, als auch in den übrigen BergÄmtern“. Vortrag von Heynitz’ vom 20. Jan. 1785, in: BergA, OBA 2251, Bl. 59–61 b., hier Bl. 59. 1135 Vortrag von Heynitz’ vom 20. Jan. 1785 (ebd.), Bl. 59–61 b. 1136 Vortrag von Heynitz’ vom 20. Jan. 1785 (ebd.), Bl. 59 b. 1137 Vortrag von Heynitz’ vom 20. Jan. 1785 (ebd.), hier Bl. 59 b., 60. An anderer Stelle vermerkte von Heynitz, dass dieses ersparte Kapital (400 Taler) aus den gleichen Gründen auf 200 Taler herabgesunken sei. Vgl. dazu den Bericht von Heynitz’ vom 26. Jan. 1785, in: BergA, OBA 2251, Bl. 72–81, hier Bl. 74 b. 1138 Da der Unterricht für bereits anfahrende Bergpurschen auch abends erfolgte, durften die eingesetzten „Kontrakt-Lehrer“ Aufwendungen für Beleuchtungsmittel – in dieser Zeit vermutlich Unschlitt- oder Talgkerzen – als „Lichtgeld“ abrechnen. Vgl. hierzu den Vortrag von Heynitz’ vom 20. Dez. 1794 (wie Anm. 1120) hier Bl. 158.

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Unterricht für Bergmannskinder in den Stadt- und Dorfschulen ganz einstellen,1139 bzw. eine „Einschränkung im Unterricht die Winter Monathe hindurch“ anordnen müssen.1140 In den nachfolgenden Jahren erhöhte sich die Zahl der im Bergrevier Freiberg unterrichteten Kinder weiter. 1787 waren es zwischen 470 und 535 bedürftige Bergmannskinder, denen in den einzelnen Quartalen ein kostenloser Schulunterricht geboten werden konnte, wofür die Gewerken insgesamt 982 Taler, sechs Groschen und 10 Pfennige an Geldmitteln bereitstellten.1141 Von den infolge kurfürstlichen Reskripts 1788 verteilten 300 Talern landesherrlicher Beihilfe,1142 die seit 1786 für das gesamte Bergschulwesen zur Verfügung stand,1143 gelangten 60 Taler in das Freiberger Revier, zweckgebunden für die Goldberg’sche Schule.1144 Während der Freiberger gewerkschaftlich finanzierte Elementarschulunterricht ohne diese Beihilfe auskam, wurden die restlichen 240 Taler auf die Knappschaftlichen Schulanstalten des oberen Erzgebirges aufgeteilt.1145 Ungeachtet dieser Erfolge konnten nicht alle bedürftigen Bergmannskinder des Freiberger Bergreviers mit Elementarschulunterricht versorgt werden. Dies belegt ein weiteres Reskript Kurfürst Friedrich Augusts aus dem Jahre 1788, in welchem der Landesherr auf die „Menge Kinder armer Bergleute“ hinweisen ließ, die „… des Schul-Unterrichts entbehren müß(t)en.“1146 Das Oberbergamt, das deswegen zur gesonderten Berichterstattung aufgefordert wurde, sandte dazu am 14. Juni 1788 eine vom Bergkommissionsrat von Ferber1147 auf der Grundlage der Anzeigen der Bergämter verfasste Haupttabelle ein und zeigte dazu die noch ausstehende Überprüfung der Knappschaftlichen Schuleinrichtungen vor Ort an.1148

1139 Vgl. dazu den Entwurf eines Schreibens des Stollnobersteigers und Zechmeisters Höppner vom Okt. 1784 für Benno von Heynitz in: BergA, OBA 2287, Bl. 190 b. 1140 Bericht von Heynitz’ vom 26. Jan. 1785 (wie Anm. 1137). 1141 Vgl. dazu die Hauptanzeige von Ferbers als Anlage zum Bericht des OBA vom 14. Juni 1788, in: BergA OBA 2252, Bl. 63 f., sowie das Gutachten von Ferbers vom 7. Juni 1788, in: ebd., tabellarische Übersicht Bl. 53–62, hier Bl. 56. Auch im folgenden Jahr (1. Juni 1788 – 31. Mai 1789) gelangte diese Geldsumme zur Verteilung. 1142 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 7. Juli 1788 an den OZ ô Feral (wie Anm. 957), Bl. 66 f. 1143 Vgl. Näheres zu dieser Beihilfe im Kapitel 6. 1144 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 7. Juli 1788 (ebd.), Bl. 65 f. 1145 Vgl. dazu die Abschnitt 3.1 und 3.2. 1146 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 28. Apr. 1788 (wie Anm. 1146), hier Bl. 37. 1147 Das war eines der letzten Dokumente, die von Ferber über das Bergschulwesen verfasste. Er nahm 1789 zwar noch an einigen Beratungen im Oberbergamt teil, erkrankte dann aber anscheinend ernsthaft – vgl. Näheres zu Ferbers Erkrankung in der Anm. 3091. 1148 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 14. Juni 1788 (wie Anm. 1141), Bl. 63 f.

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Die Herausbildung der bergmännischen Ausbildung

Zwei Jahre darauf, 1790, besuchten 552 Bergmannsknaben1149 und in den folgenden Jahren jährlich zwischen 500 und 700 Schüler den gewerkschaftlich finanzierten Elementarschulunterricht innerhalb des Freiberger Bergreviers. So waren es 1792 insgesamt „608. Arme Berg Kinder incl[usive] 10. Arme Hütten Arbeiters Kinder“, die nach dem Bericht des Obersteigers Höppner in insgesamt 381150 Knappschaftlichen Schulanstalten des Freiberger Bergreviers von 38 Lehrern im Christenthum, Lesen, Schreiben und Rechnen unterrichtet wurden.1151 Von Ostern 1793 bis Ostern 1794 – also unmittelbar vor den Reformen an der Bergakademie –1152 wurden zwar ca. 630 Kinder – also 30 mehr als im vorausgegangenen Schuljahr –1153 „in Christenthum, Schreiben und Rechnen, und 22 Personen im Flachsspinnen unterwiesen …“,1154 wobei es sich bei Letzteren ausschließlich um Bergmannskinder männlichen Geschlechts gehandelt hat.1155 Im Jahre 1794 konnten im Freiberger Bergrevier neben den insgesamt 737 Bergmannskindern männlichen Geschlechts – 712 (+25 im Spinnen) – erstmals auch 108 Bergmannsmädchen1156 unentgeltlich unterrichtet worden.1157 Ein Jahr darauf waren es dann 747 Knaben, die in insgesamt 43 Schulen – davon 175 in der Stadt Freiberg und deren Vorstädten, 557 in den umliegenden Land- und Dorfschulen sowie 14 bzw. 15 in der „Flachsspinnschule“ – Elementarunterricht erhielten, wozu noch 182 Mäd1149 Vgl. dazu die Anzeige Höppners vom 8. März 1791, in: BergA, OBA 2287, Bl. 278 f. 1150 Die Zahl dieser Schulen schwankte nur geringfügig; 1792 werden in den ausgewerteten Akten 38, 1794=37 und 1795=43 Schulen in den Bergstädten und Dörfern des Bergreviers aufgeführt. 1151 Vgl. dazu den Bericht Höppner vom (vermutlich) März 1793 für das Jahr 1792, in: BergA, OBA 2288, Bl. 2–4 b., hier Bl. 2; in diesem Bericht werden wie schon zuvor alle Lehrer auch namentlich genannt. Höppner führte die Aufsicht über diese. Vgl. dazu den Bericht von Heynitz’ vom 20. Dez. 1794 (wie Anm. 1120), hier Bl. 156 b. 1152 Vgl. zu diesen Reformen an der Bergakademie die Abschnitte 4.2 und 4.3. 1153 Für das laufende Schuljahr 1793 nannte Benno von Heynitz an anderer Stelle die Schülerzahl von 621. Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 15. Aug 1793 (wie Anm. 1084), hier Bl. 56 b. Nach der Ökonomischen Übersicht über den Zustand der Schulkasse in: BergA, BA-F, Cl. 46/Nr. 3068 a), Vol. II, Bl. 159 b.­–160, waren es 631 Knaben. Die unterschiedlichen Zahlenangaben dürften aus der quartalsbezogenen Abrechnung resultieren. 1154 Bericht des OBA vom 20. Apr. 1794, in: BergA, OBA 2255, Bl. 86–87 b., hier Bl. 86 f. Vgl. dazu auch den Vorgang in: BergA, BA-F/Cl. A/ Nr. 3068 a), Vol. II, Bl. 84 f. 1155 Dies ergibt sich aus dem Vortrag von Heynitz’ vom 20. Dez. 1794 (wie Anm. 1120), hier Bl. 157, wonach die Ausbildung im Spinnen für Bergmannsmädchen 1793 eingestellt worden war. Vgl. zur Spinnschule als besonderer Form einer Arbeitsschule diesen Abschnitt weiter unten sowie den Unterabschnitt 2.3.3. 1156 Vgl. zur Einführung des Elementarschulunterrichts für Bergmannsmädchen den folgenden Unterabschnitt 2.3.3. 1157 Vgl. dazu den Bericht des BA Freiberg vom 26. Febr. 1795, in: BergA, OBA 2256, Bl. 95–103, hier Bl. 99 b.–100, 102 b.­­­–103, sowie den Bericht des OBA vom 3. Mai 1796, in: BergA, OBA 2257, Bl. 121–130, hier die Tabelle über das versorgte Personal 1795, Bl. 127 b.–128.

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Goldberg’sche Zeichenschule und Freiberger Elementarunterricht

chen kamen.1158 Die Entwicklung der Schülerzahl zwischen 1779 und 1794 zeigt die folgende Tabelle: Tabelle II_3_2b: Durchschnittliche Anzahl der Schüler im Freiberger Bergrevier 1779-1794

Jahr

Elementarschüler

Flachsspinnschüler

1780

378 (nur männliche)

keine

1784

469 (nur männliche)

keine

1790

552 (nur männliche)

51 beiderlei Geschlechts

1794

712 männlich 108 weiblich

25 (nur) männlich

1795

747 männlich 182 weiblich

15 (nur) männlich

[Quellen: Vortrag (N.N.) vom 19. Febr. 1781, in: BergA, OBA 2287, Bl. 111–111 b; Ausgabeextrakt Richters vom 03. Mai 1784, in: BergA, OBA 2287, Bl. 180–182 b; Schulkassenrechnung vom 08. März 1791, in: BergA, OBA 2287, Bl. 278–278 b; Bericht des BA Freiberg vom 26. Febr. 1795, in: BergA, OBA 2256, Bl. 99 b.–100]

Da beim „Zechmeister“ Gottfried Benjamin Höppner die unmittelbare Schulaufsicht,1159 beim Knappschaftsschreiber Carl Friedrich Fischer dagegen die Aufsicht über das Kassenwesen der Freiberger Knappschaftlichen Schulanstalten lag,1160 kann man seit der Einführung des Elementarschulunterrichts für Bergmannsmädchen von einer gemeinsamen Verantwortung von Knappschaft und Gewerken im Hinblick auf den elementaren Schulunterricht der Bergmannskinder, zu dem in dieser Zeit auch die erwähnte Flachsspinnschule gehörte,1161 sprechen. Zum Ende des Hauptuntersuchungszeitraumes schließlich, 1801, erhielten insgesamt 715 Knaben in 39 Stadt- und Dorfschulen1162 des Freiberger Bergreviers 1158 Vgl. dazu den Bericht Höppners vom 5. März (Eingang) 1796 für das Schuljahr 1795, in: BergA, OBA 2288, Bl. 44–47, sowie den Bericht des OBA vom 3. Mai 1796 (wie Anm. 1157). Vgl. dazu auch die Zahlenangaben in der Übersicht über die gewerkschaftliche und knappschaftliche Schulkasse auf das Jahr 1795, in: BergA, BA-F/Cl. A 46/Nr. 3068 b), Vol. III, Bl. 140–145 b., nach der 747 Knaben, davon 15 im Spinnen, unterrichtet wurden. Letztere Zahl vorausgesetzt, ist die Gesamtanzahl von 747 Bergmannsknaben korrekt. 1159 Diese Aufsichtsführung geschah sehr wahrscheinlich nach einer Übereinkunft zwischen Benno von Heynitz und den Freiberger Grubenvorstehern. 1160 Vgl. dazu den „Extract der Einnahme- und Ausgaberechnung“ (auf das Jahr 1792) des Knappschaftsschreibers Carl Friedrich Fischer vom 6. März 1793, in: BergA, OBA 2288, Bl. 1 f., sowie den Bericht Höppners vom 10. Okt. 1801 (ebd.), Bl. 51 f. 1161 Bei Benno von Heynitz’, der sich wiederholt mit der Entwicklung und dem Ausbau dieser Arbeitsschule beschäftiget hatte, lag letztlich auch die Oberaufsicht über die Flachsspinnschulen. Er führte über diese sogar eine besondere Kommissionsakte; vgl. dazu Akte BergA, OBA 2888. 1162 Ein Jahr darauf waren es dann insgesamt 743 Knaben, darunter 21 Hüttenarbeiterkinder, die an 44 Stadt- und Landschulen des Freiberger Bergreviers Elementarschulunterricht erhielten. Vgl. dazu den Bericht des Stollnobersteigers Beyer (o. D.), in: BergA, OBA 2288, Bl. 58–61.

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Die Herausbildung der bergmännischen Ausbildung

sowie beim Stuhlschreiber Johann Christian Gottlieb Helmert1163 in Freiberg „Freyen Schulunterricht, im Buchstabieren, Leßen, und Christenthum, auch theils in Schreiben und Rechnen …“,1164 womit sich deren Anzahl in den letzten 20 Jahren in etwa verdoppelt hatte. Aber es waren noch längst nicht alle Mängel, die das kursächsische Elementarschulwesen kennzeichneten, beseitigt. Insbesondere litt der öffentliche Unterricht an den deutschen Schulen auch weiterhin an einer ungenügenden Unterrichtsteilnahme, worüber z. B. der Lehrer der Schule der Bergstadt Brand, Gärtner, wiederholt berichtete.1165 Dieser sah neben einem Mangel an Kenntnissen über die eigentliche „Bestimmung des Menschen“ die herrschende Armut als wesentlichstes Element dieses unzureichenden Schulbesuchs an, denn die Kinder hätten zum Lebensunterhalt ihrer Familien beitragen müssen, würden aber durch einen angewiesenen Schulbesuch „… wöchentlich einige Groschen weniger verdien(..)en.“1166 Während die Lehrer im oberen Erzgebirge für den von ihnen gebotenen elementaren Unterricht durchschnittlich1167 sechs Pfennige je Kind als wöchentliches Honorar erhielten,1168 mussten die Kosten für die Finanzierung der Lehrkräfte im Freiberger Bergrevier wegen des hier meist auch erteilten Schreib- und Rechenunterrichts natürlich höher ausfallen. Bergkommissionsrat von Schirnding formulierte dazu, dass das wöchentliche Schulgeld in Höhe von sechs Pfennigen je Schüler „… gleichwohl in sämt[lichen] Bergämtern (exc[lusive] Freyberg, wo die Knaben mit Schreiben und Rechnen lernen) …“ gelten würde.1169 Im Freiberger Bergrevier fiel die an die Kontraktlehrer zu zahlende Vergütung wegen des hier 1163 Helmert als Nachfolger des Ratsstuhlschreibers Oehlschlägel hielt auch noch in den ersten zwei Dekaden des 19. Jahrhunderts diesen Unterricht; vgl. dazu den Epilog. 1164 Plan Höppners vom 14. Febr. (Eingang) 1802, in: BergA, OBA 2288, Bl. 52–57 b., hier Bl. 52. Die Schüler der Goldberg’schen Zeichenschule sind in diesen Zahlen nicht mehr enthalten. 1165 Vgl. dazu Einzelheiten im „Schulplan [Gärtners] der Erbisdorfer Schule“ (wie Anm. 293). Dieser undatierte Bericht ist zugleich ein hervorragendes Zeitdokument auch über die Schulverfassung und den Unterrichtsinhalt an einer deutschen Schule. 1166 „Schulplan [Gärtners] der Erbisdorfer Schule“ (ebd.), Bl. 71 b. In Altenberg musste das Bergamt als Ursache dafür, dass es nicht gelungen sei, betroffene Eltern zu bewegen, ihre Kinder zu einem regelmäßigen Schulbesuch anzuhalten, die Beschäftigung der Kinder „… mit brodverdienenden Arbeiten…“ angeben. Vgl. dazu den Bericht des BA Altbg. vom 10. Febr. 1801 (wie Anm. 663), hier Bl. 145 b.–146. 1167 Die Höhe dieses Lehrerhonorars schwankte allerdings (z. T.) erheblich, je nachdem, wie viel Schüler dem Einzelnen zugewiesen worden waren bzw. welche Fächer er im Einzelfall halten durfte. 1168 Vgl. dazu den Bericht von Schirndings vom 24. März 1800, in: BergA, OBA 2259, Bl. 94–95 b., hier Bl. 94 b. Sechs Pfennige wöchentliches Schulgeld bezeichnet auch Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 259, als den „gewohnheitsmäßige(n)“ wöchentlichen Schulgeldbetrag für den Elementarunterricht an den brandenburgischen Landschulen, wobei er zugleich entsprechende Nachweise seit dem frühen 18. Jahrhundert liefert. 1169 Bericht von Schirndings vom 24. März 1800 (ebd.), hier Bl. 94 b.

Goldberg’sche Zeichenschule und Freiberger Elementarunterricht

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i. d. R. erteilten erweiterten elementaren Unterrichts unterschiedlich aus. In Abhängigkeit vom Umfang desselben und dem Alter der unterrichteten Berg- oder Hüttenarbeiterkinder betrug das an die Lehrer zu zahlende Schulgeld zwischen sechs Pfennigen und einem Groschen und sechs Pfennigen je Schüler und Unterrichtswoche.1170 So erhielt der in der Freiberger Vorstadt eingesetzte Magister August Benedict Willisch im 1. Quartal 1781 für die zwei von ihm unterrichteten Bergmannsknaben einen Taler und zwei Groschen, der ebenfalls in der Vorstadt an der Eusebienschule tätige Christoph Salomon Saupe im gleichen Zeitraum für 28 von ihm unterrichtete Kinder 16 Taler und 23 Groschen.1171 Die Gesamtkosten für den Unterricht des Jahres 1781 betrugen 769 Taler, 18 Groschen und vier Pfennige, die sich relativ gleichmäßig auf die vier bergmännischen Quartale verteilten.1172 Der Stollnobersteiger Höppner führte in seinen jährlich beim Oberbergamt eingereichten tabellarischen Übersichten, die ihrerseits die Grundlage für die oberbergamtliche Berichterstattung an den Landesherrn bildeten, nicht nur die einzelnen Lehrer der Stadt- und Dorfschulen und die von diesen jeweils mit Elementarunterricht versehene Anzahl von Kindern an, sondern wies zugleich auch detailliert die Ausgaben an bezahltem Schulgeld nach, ohne dabei allerdings (zunächst) zwischen den unterschiedlichen Unterrichtsformen zu unterscheiden.1173 Aus der Höhe der den Lehrern ausgezahlten Vergütung lassen sich jedoch Rückschlüsse auf die jeweilige Unterrichtsform und deren „Wertigkeit“ ziehen. Am höchsten vergütet wurden die Goldberg’sche Ausbildung und der Schreib- und Rechenunterricht beim Ratstuhlschreiber Oehlschlägel. Das geringste Honorar bekamen dagegen die Kontraktlehrer, die nur den obligatorischen elementaren Unterricht boten, zugewiesen. So erhielt im 1. Quartal 1784 der Schichtmeister Carl Gottlob Friedrich Goldberg für die Unterrichtung von 20 Schülern 13 Taler;1174 der Freiberger Lehrer Gottlob Werner musste sich dagegen für die 19 von ihm unterrichteten Bergmannskinder mit neun Talern, 17 Groschen und neun Pfennigen, und Gotthelf 1170 Vgl. Näheres dazu im Unterabschnitt 5.1.2. Von Heynitz geriet wegen der z. T. höheren Freiberger Schulkosten später unter die Kritik des Kurfürsten. Vgl. dazu die Auseinandersetzungen in der Akte OBA 2255. 1171 Vgl. dazu den „Extrakt“ der Ausgaben auf das Quartal Reminiscere 1781, in BergA, OBA 2287, Bl. 122–124 b., hier Bl. 123 b. Aus diesem Vergleich wird auch ersichtlich, dass die jeweiligen Lehrer im gleichen Zeitraum eine sehr unterschiedliche Schülerzahl zu unterrichten hatten. Vgl. (stellvertretend) zur Höhe der Lehrervergütung den mit dem „Catechet(en)“ von Linda, Gottlob Friedrich Colditz, am 14. Apr. 1781 geschlossenen Accord (wie Anm. 1068). 1172 Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 4. März 1782 (wie Anm. 900), hier die beigefügte Kostenaufstellung Bl. 135. Vgl. dazu auch den Hauptjahresbericht (abschriftlicher Auszug) des OBA vom 4. Dez. 1782, in: BergA, OBA 2255, Bl. 186 f. 1173 Vgl. dazu den Bericht Höppners über die Schulausgaben im Quartal Trinitatis 1782 (wie Anm. 998). 1174 Vgl. dazu im Einzelnen den Ausgabeextrakt Richters vom 3. Mai 1784 (wie Anm. 1133). in: BergA, OBA 2287, hier Bl. 181–182.

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Christian Ulbricht für zehn unterrichtete Bergmannsknaben mit fünf Talern, zwei Groschen und sechs Pfennigen begnügen.1175 Bis zu der im Jahre 1786 erfolgten Stiftung einer gesonderten Beihilfe in Höhe von jährlich 300 Talern,1176 die der Freiberger Oberzehntner verwaltete, wurden alle drei genannten Unterrichtsformen aus den seit 1779 jährlich von den Gewerken und Freiberger Gruben bereitgestellten Beiträgen finanziert.1177 Zu Beginn des Jahres 1794 betrug der Kassenbestand der Schulkasse Freiberg für die „gewerkschaftlichen“ Schulanstalten zur Unterrichtung der Bergmannsknaben insgesamt 1001 Taler, 16 Groschen und fünf Pfennige.1178 Weitere 23 Taler und 16 Groschen standen für deren Unterricht im Spinnen zur Verfügung; für den „sonstigen“ Schulbedarf wurden reichlich drei Taler aufgebracht und für Besoldungen und Gebühren weitere 48 Taler benötigt.1179 Am Jahresende (1794) waren reichlich 1122 Taler aufgewendet worden, dennoch blieben rund 88 Taler als Überschuss bestehen.1180 Die gewerkschaftlichen Einnahmen überstiegen nämlich die Unterrrichtsausgaben: 504 Taler, sechs Groschen und fünf Pfennige stammten von den anfahrenden „Poch-, Scheide- u[nd] Wäschjungen“, 615 Taler, 20 Groschen und vier Pfennige betrug der Beitrag der „Generalaccis-Restitution von den Bergmaterialien“, sowie weitere 22 Taler waren aus Zinseinnahmen von „ausgeliehenen Capitalien“ erzielt worden.1181 Da zehn Taler als landesherrliche Beihilfe aus der Freiberger Oberzehntenkasse und weitere 48 Taler, 20 Groschen und sechs Pfennige als „restituiertes Schulgeld“ aus der Bergknappschaftskasse für den Unterricht einiger Bergmannsmädchen im Spinnen hinzu flossen und schließlich zehn Taler der jährlichen Zuwendungen aus der Freiberger Hüttenknappschaftskasse zur Verfügung gestellt wurden,1182 erhöht sich der gesamte Kassenbestand für diesen gewerkschaftlich finanzierten Unterricht im Jahre 1794 auf reichlich 1211 Taler.1183 Zu den vom Landesherrn kritisierten höheren Aufwendungen des Freiberger Bergschulsystems im

1175 Vgl. dazu die tabellarische Anzeige Richters vom 3. Mai 1784 (ebd.). 1176 Vgl. zur Installation dieser Beihilfe, die wesentlich auf die Bemühungen von Heynitz’ zurückzuführen war, und später mehrfach aufgestockt wurde, das Kapitel 5. 1177 Vgl. dazu grundlegend das Kapitel 5. 1178 Vgl. dazu Bericht des BA Freiberg vom 26. Febr. 1795 (wie Anm. 1157), hier Bl. 96 b.– 97. 1179 Vgl. dazu im Einzelnen den Bericht des BA Freiberg vom 26. Febr. 1795 (ebd.), hier Bl. 97 b.–98. 1180 Vgl. dazu den Bericht des BA Freiberg vom 26. Febr. 1795 (ebd.). 1181 Bericht des BA Freiberg vom 26. Febr. 1795 (ebd.), Bl. 96 b.–97. 1182 Auch dieses Geld wurde für den Unterricht der Bergmannsknaben eingesetzt. Vgl. dazu den Bericht des BA Altbg. vom 31. Jan. 1795, in: BergA, OBA 2256, Bl. 27. 1183 Vgl. dazu die näheren Angaben im Bericht des BA Freiberg vom 26. Febr. 1795, (wie Anm. 1157), sowie grundlegend dazu den Abschnitt 5.1.

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Vergleich zu denen des oberen Erzgebirges1184 konnte der Berghauptmann glaubhaft darstellen, dass diese darin begründet lägen, dass den Bergmannsknaben im Freiberger Bergrevier eben nicht nur der Unterricht im Christentum und Lesen, sondern teilweise auch im Schreiben und Rechnen erteilt worden wäre.1185 Welchen Umfang dieser von den Kontraktlehrern gehaltene Schreib- und Rechenunterricht aber tatsächlich einnahm, war nur im Einzelfall aus den Akten zu ermitteln.1186 Die Auswahl der Schüler erfolgte nach den späteren Erhebungen Freieslebens durch Benno von Heynitz nach vorausgegangenen Absprachen mit den jeweiligen Knappschaftskassenvorstehern.1187 Neben der jährlichen Berichterstattung über die Verwendung der bereitgestellten Finanzmittel musste das Oberbergamt den Kurfürsten auch über den Inhalt des abgehaltenen Unterrichts in Kenntnis setzen. Dazu hatte es gemäß einem diesbezüglichen Befehl aus dem Jahre 1786 den jährlich einzureichenden „Haupt-JahresBericht“ der Bergakademie zu nutzen,1188 Beleg für die schon damals besonders enge Verbindung des Bergschulwesens mit der Bergakademie, auf die noch einzugehen sein wird.1189 Über die für den Unterricht von Bergmannskindern verwendeten Unterrichtsund Lehrmittel ist aus den Quellen nur wenig zu erfahren. Die Schulausstattung dürfte aber insgesamt nur sehr dürftig gewesen sein.1190 1787 führte man an allen Schulen, in denen Bergmannskinder unterrichtet wurden, das „Lehrbuch der Rechnen-Kunst“,1191 das der frühere Stipendiat, der Professor für Mathematik an der Bergakademie, Johann Friedrich Lempe, erarbeitet hatte, „… zum Gebrauch

1184 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 18. Juli 1794, in: BergA, OBA 2255, Bl. 106–114 b., insbesondere Bl. 111 f., sowie den Unterabschnitt 5.1.4. 1185 Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 20. Dez. 1794 (wie Anm. 1120), hier Bl. 158 f. 1186 Der Freiberger Oberbergmeister Schmid formulierte zum unentgeltlichen Unterricht an den Freiberger Knappschaftlichen Schulanstalten lediglich, dass dieser „… in Christenthum und Lesen, zum Theil auch im Rechnen und Schreiben …“ stattgefunden habe. Vortrag Schmids vom 24. Sept. 1793 (wie Anm. 1126), hier Bl. 85. 1187 Vgl. dazu den Bericht Freieslebens vom 16. März 1821 (wie Anm. 417), hier Bl. 173 b. 1188 Das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts datiert vom 3. Juli 1786. Vgl. hierzu das Gutachten von Ferbers vom 7. Juni 1788, (wie Anm. 1141), hier die tabellarische Übersicht Bl. 55 b.–56. 1189 Vgl. zu dieser engen Verbindung zwischen Bergschulwesen und Bergakademie das Kapitel 6. 1190 Dies bestätigen entsprechende Inventarverzeichnisse. Vgl. dazu die Tabelle über die Schulbücher als Bestandteil des „Schulplanes [Gärtners] für die Erbisdorfer Schule“ (wie Anm. 293), Bl. 70. 1191 Fast zeitgleich erschien in Leipzig eine „Anleitung zum Gebrauch eines gemeinverständlichen Rechenbuches für Schulen“ von Friedrich Gottlieb von Busse, der selbst an der Philanthropin zu Dessau gewirkt hatte und 1801 zum Nachfolger Lempes als Professor für Mathematik, Physik und Mechanik berufenen wurde. Vgl. dazu Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 162; vgl. zur Berufung von Busses Schiffner (Bergstudenten 3), S. 160.

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bey den Schulanstalten für die Berg-Jugend ...“ ein.1192 Dieses Lehrbuch, das zunächst lediglich in 40(!) Exemplaren angeschafft worden war,1193 hatte Lempe speziell für den Zweck des Mathematikunterrichts der schon anfahrenden Bergmannskinder, d. h. für die Goldberg’sche Zeichen- und Rechenschule in Freiberg sowie die SRZ-Schulen im oberen Erzgebirge, entwickelt.1194 Es fand später auch an anderen Schulen Verwendung.1195 Für den elementaren Unterricht in Religion, Lesen und Schreiben werden keine anderen Lehrbücher verwendet worden sein,1196 als die damals an deutschen Schulen üblichen,1197 zumal der den Bergmannskindern gebotene Unterricht ja dem der übrigen Schulkinder entsprach.1198 So dürften am Ausgang des 18./Beginn des 19. Jahrhunderts für den Elementarunterricht an den einzelnen Knappschaftlichen Schulanstalten die gleichen Schulbücher in Gebrauch 1192 Dieses Lehrbuch war das einzige Werk, das in den ausgewerteten Akten als offizielles Lehrmittel sowohl für den Unterricht an den Knappschaftlichen Schulanstalten als auch den an der Goldberg’schen Schule erwähnt wird. Vgl. dazu den Bericht Freieslebens vom 16. März 1821 (wie Anm. 417), hier Bl. 177. Für seine Vorlesungen an der Bergakademie verfasste Lempe weitere Lehrmaterialien, so am 31. März 1789 „Allgemeine Lehren der Wassermessung in Canälen“; vgl. dazu UAF, OBA 248, Bl. 104–124 b. 1193 D. h., es stand je Schule gerade einmal ein Mathematiklehrbuch zur Verfügung. Für diese 40 Exemplare mussten 26 Taler und 16 Groschen an den Buchdrucker Samuel Friedrich Barthel bezahlt werden. Vgl. dazu den „Ausgabeextrakt“ von Trinitatis 1787, in: BergA, OBA 2287, Bl. 233–235 b. Der Buchbinder Carl Gottlob Köhler bekam 5 Taler und 6 Groschen für seine Buchbinderleistungen; vgl. ebd. 1194 Vgl. dazu das Inserat des OBA an die Bergämter vom 8. Sept. 1787, in: BergA, OBA 2252, Bl. 7–8 b. Dieses Inserat trug den Titel: „Die Höchsten Orts erforderlichen Vorschläge: Wie die mehrere Ausbreitung und Vervollkommnung der zu besserer Unterrichtung der Berg-Jugend getroffenen Einrichtung ... zweckmäßig unterstützet werden könne?“ 1195 So diente es – neben dem Freiberger bergmännischen Kalender – Alexander von Humboldt für die von ihm im Bergrevier Naila geschaffene Bergschule Steben als erstes Lehrmaterial. Vgl. dazu den Bericht A. von Humboldts vom 13. März 1794, in: Bruns (A. von Humboldt), S. 292–298, hier S. 297. 1196 In den ausgewerteten Akten der Bergverwaltung konnten darüber fast keine Angaben ermittelt werden. Zu den benutzten Lehrbüchern wird deshalb grundsätzlich auf Pätzold (Geschichte des Volkschulwesens in Sachsen), S. 44–46, und die dortigen Angaben verwiesen, die dieser unter Auswertung der Instruktion vom 20. Nov. 1724 (wie Anm. 175), erstellt hat. 1197 Hier sei nur auf das vom Freiberger Gymnasiallehrer J.K.G. Rochlitzer im Jahre 1806 herausgegebene „Lesebuch für Anfänger“ verwiesen, das bis 1850 in einer Stückzahl von 300000 gedruckt wurde. Vgl. dazu Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 151. Von Rochlitzer erschienen darüber hinaus 1816 die Lehrbücher „Drey auf Erfahrung gegründete Methoden das Lesen, Rechnen und Schreiben an Elementarschulen betreffend“ sowie „Aufgaben zum Kopfrechnen“; Titelangabe nach Richter (ebd.), S. 163. 1198 Vgl. dazu insbesondere die jährlichen Berichte der BÄ an das OBA, hier stellvertretend aus den Jahren 1800 und 1801, in: BergA, OBA 2259. Vgl. dazu auch grundsätzlich Richter (ebd.), S. 139–174, sowie die Hinweise bei Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens), S. 44–46, die dieser unter Auswertung der Instruktion vom 20. Nov. 1724 (wie Anm. 175), zusammengestellt hat.

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gewesen sein, wie sie sich für die Erbisdorfer Schule nachweisen lassen, nämlich Platos „Erster Anfang im Lesen und Denken“, Rochow´s kleiner bzw. großer „Kinderfreund“, das „Noth- und Hülfsbüchlein“ sowie Köhlers „Anleitung zum Kopfrechnen“:1199 Tabelle II_3_2c: Unterrichtsinhalt und Lehrmittel an einer Deutschen Schule (um 1800)

3. Klasse

2. Klasse

1. Klasse

Unterrichtsinhalt

• Aufmerksamkeit- und Gedächtnisübungen • Buchstabenkenntnis • korrektes Aussprechen von Silben mit der Lesemaschine • „Anfangsgründe“ der Orthographie • Leseübungen • Anfang im Rechnen Gedächtnisübung: • tägliches Erlernen eines Denkreimes oder Spruches • Leseübung: wöchentliches Erlernen eines Spruches oder Verses

• Lesen im Kleinen Rochow´schen Kinderfreund • Anfang im Schreiben auf Schiefertafeln und auf Papier • Erläuterung der Zahlen, Münzen und Gewichte für Rechenübungen • Kopfrechnen nach Köhlers Rechenexempeln • Beginn des Tafelrechnens • Gedächtnisübung: wöchentliches Erlernen eines Denkreimes oder Liederverses • Bekanntmachung mit den ersten Begriffen der Religion

• Lesen in der Bibel, im „größeren Kinderfreund“ und in [Beckers] „Not- und Hülfsbüchlein“ • Vermittlung von Kenntnissen in der Naturlehre, Naturgeschichte und Gesundheitslehre • Fortsetzung des orthografischen Unterrichts • Fortsetzung des Kopfund Tafelrechnens • Vervollständigung im Religionsunterricht • Gedächtnisübung: Lernen der Hauptstücke, Beweisstellen und Lieder aus der Bibel

verwendete Lehr- und Hilfsmittel

• Platos „Erster Anfang • Rochows (kleiner) im Lesen und Den„Kinderfreund“ ken“ • Köhlers „Anleitung zum Kopfrechnen“







• Bibel • Rochows (größerer) „Kinderfreund“

[Quelle: Schulplan der Erbisdorfer Schule [um 1802] nach Gärtner, aus: BergA, OBA 2288, Bl. 66–75 b., hier insb. Bl. 67 b.–70]

Nach der 1776/77 an der Eusebienschule Freiberg bzw. der Erbisdorfer Schule einsetzenden Unterrichtung von 24 anfahrenden Bergmannsknaben sowie der daran anschließenden, ab 1777 beginnenden fachlichen Ausbildung beim Bergakade1199 Vgl. dazu den „Schulplan [Gärtners] für die Erbisdorfer Schule“ (wie Anm. 293), hier Bl. 70 b.; vgl. dazu auch die ausführlichen Titelangaben bei Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 139–174.

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misten Lempe setzte 1778/79 eine weitere Stufe des Unterrichts von Bergmannsknaben im Freiberger Bergrevier ein, worüber Benno von Heynitz in einem Vortrag vom 1. Februar 1780 rückblickend berichtete: „Da also aus dem bisherigen Erfolg(,) der vorher, mittels höchster [d. h. kurfürstlicher – H.K.] Unterstützung in der Eusebien- und Erbisdorfer Schule im Schreiben und Rechnen unterrichteten Bergknaben zu ersehen war, dass solche, in Verhältniß der Zeit und anderer Umstände halber, nicht genug avanciert [hier im Sinne von gefördert – H.K.] waren, suchte man nach und nach 26 der fähigsten Knaben [Bei diesen handelte es sich nicht um die erwähnten 24 Knaben der Eusebien- bzw. Erbisdorfer Schule(!) – H.K.] an den bergknappschaftlichen Schulanstalten [also von den 20 Schulen, in denen 1779 der Elementarschulunterricht für Bergmannskinder eingeführt worden war – H.K.] aus, und ließ solche im Schreiben und Rechnen, die eine Hälfte hier in der Stadt durch den Stuhlschreiber1200 Oehlschlägel,1201 die andere Hälfte auf dem Brand durch einen darzu besonders geschickt befundenen Berghauer Namens Carl Friedrich Schmidt ... bis anhero unterrichten.“1202

Der ursprünglich samstags, später an drei Wochentagen nach den jeweiligen Tagesschichten durchgeführte 5-stündige Unterricht bei Oehlschlägel umfasste die Fächer Orthografie, Schreiben und Rechnen.1203 In diesem Unterricht der 26 (in der Regel über 14-jährigen) fähigen Bergmannsknaben kann man die nächste Stufe der sich später bis in alle Bergreviere verbreitenden SRZ-Schulen sehen. Der vergleichbare auf dem Thelersberger Stollnhaus in Brand beim Bergmann Schmidt1204 für 10 bis 12 Knaben eingerichtete Unterricht hatte bereits 1778 begonnen.1205 Von 1200 Die Funktion der Stuhlschreiber oder auch Ratsstuhlschreiber war schon im 16. Jahrhundert bekannt. Vgl. dazu Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens), S. 16. 1201 Johann Friedrich; August Jonas Oehlschlägel aus Eibenstock dagegen, der von 1771 bis etwa 1776 an der Bergakademie (vermutlich) Rechen- und Zeichenkunst, Bergbaukunst, Physik, Markscheidekunst, Probierkunst und Chemie studiert hatte, unterrichtete von 1801 bis 1822 praktische MS-Kunst an der BAF. Vgl. zu diesem die Akten UAF, OBA 9, Bl. 174 b., 175; OBA 237, Bl. 64, 73–75, 89, 239; OBA 239, Bl. 31 f., 96–97, 132–135, 147–149 b.; OBA 240, Bl. 55–56, 98–99 b., 107–109, 188–189, 212–215 b.; OBA 266, Bl. 26–29, 48–49; OBA 428, Bl. 9–10. Vgl. zu diesem auch Schiffner (Freiberger Bergstudenten 1), S. 241, sowie den Jahresunterrichtsbericht Oehlschlägels vom 1. Apr. 1803, in: UAF, OBA 262, Bl. 2–3 b., und die tabellarische Übersicht zur Vita der Bergschullehrer (Tab. V_2_1) im Anhang. 1202 Bericht von Heynitz’ vom 1. Febr. 1780 (wie Anm. 796), Bl. 183. 1203 Vgl. Einzelheiten dazu im Bericht Freieslebens vom 16. März 1821 (wie Anm. 417), hier Bl. 170 b. 1204 Die Unterrichtung von Bergmannskindern durch einen dafür nicht ausgebildeten Berghauer rief zwar den Protest einzelner Schullehrer sowie des Freiberger Superintendenten Grundig hervor, es gelang aber dem Oberbergamt, diese zu beruhigen. Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 1. Febr. 1780 (wie Anm. 796), hier Bl. 183. 1205 Vgl. hierzu BergA, BA-F/Cl. A46/Nr. 3068 b), Vol. III, Bl. 154–180, hier Bl. 170 f.

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Heynitz selbst bezeichnete diese Form des Unterrichts bei Oehlschlägel und Schmidt als „Schreibe-Schulen“,1206 später (um 1800) wird dieser (ehemals Schmidtsche) Unterricht als „Bränder Schreibe- und Rechenschule“1207 Erwähnung finden. Falls diese Schreibe- und Rechenschule als Fortsetzung des Schmidtschen Unterrichts tatsächlich die ganze Zeit existiert hat – wovon man ausgehen kann –1208 dürfte sie die gleiche Funktion wie die obererzgebirgischen SRZ-Schulen besessen haben.1209 Mit der erfolgreichen Einführung des erweiterten Rechenund Schreibunterrichts für die fähigsten Bergmannskinder innerhalb des Freiberger Bergreviers leistete die Bergverwaltung bereits mehr als das, was in der gleichen Zeit im Allgemeinen an Unterrichtsinhalten im Elementarschulwesen geboten wurde.1210 Mit Christoph Salomon Saupe von der Eusebienschule war zwar am 8. Mai 1779 auch ein „Accord“ geschlossen worden, in welchem er sich verpflichtete, neben der Unterrichtung der 14-jährigen Bergmannskinder im Lesen und den „Lehren des Christentums“ auch den ihm zur „Privat-Information“ übergebenen Wäsche- und Scheideknaben „… im Rechnen und Schreiben alle nöthige Anweisung ... (zu) erteilen“;1211 sehr wahrscheinlich endete aber dieser erweiterte Unterrichtsauftrag Saupes relativ schnell,1212 denn noch im gleichen Jahr (1779) erhielt Oehl1206 Bericht von Heynitz’ vom 1. Febr. 1780 (wie Anm. 796), hier Bl. 182 b. 1207 So auf der Akademischen Konferenz vom 27. Okt. 1800 (wie Anm. 538), hier Bl. 90, in der es heißt, dass „statt des verstorbenen Lehrers, des Bergmanns Haubold, nunmehr ein Versuch mit dem geschickten Steiger Lehmann eingeleitet“ worden und diesem „… der Bergbursche Karl Gottlieb Baldauf zugegeben worden sey“. Die später (1821) dazu erfolgte Darstellung der Schulentwicklung durch den BR Freiesleben weicht jedoch hiervon etwas ab – vgl. dazu Bericht Freieslebens vom 16. März 1821 (wie Anm. 417). Wegen der zeitnahen Ausführungen von Heynitz’ beruft sich der Autor auf diese. Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 1. Febr. 1780 (wie Anm. 796), hier Bl. 182 b.–183. 1208 Aus den ausgewerteten Akten war dies aber nicht eindeutig zu erkennen. 1209 Auf Grund der wenigen Aktenhinweise kann nur vermutet werden, dass sie auf Grund der Nähe der Goldberg’schen Schreibeschule in Freiberg eher ein Schattendasein geführt hat. Dafür spricht letztlich auch die Tatsache, dass keiner ihrer Lehrer Absolvent der Bergakademie war. 1210 Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 118, hatte z. B. für die Ephorie Zwickau nachweisen können, dass dort im Winter 1773/74 gerade einmal 31% der Kinder den angebotenen „normalen“ Rechenunterricht besuchten. In einigen der von ihm untersuchten Dörfer wurde bis in die 1790er Jahre sogar überhaupt kein Rechenunterricht angeboten. Seine Aussagen zum Unterricht in der Bergstadt Schneeberg widersprechen sich allerdings teilweise. Vgl. dazu Richter (ebd.), S. 118. 1211 Accord mit Saupe vom 8. Mai 1779 (wie Anm. 862), hier Bl. 21 b.–22. 1212 Ursprünglich scheint von Heynitz beabsichtigt zu haben, den (älteren) Unterricht bei Saupe an der Freiberger Eusebienschule ganz eingehen lassen zu wollen. Vgl. dazu den Schulplan von Heynitz’ vom 8. Apr. 1779 (wie Anm. 534), hier Bl. 11 f. Dies ist aber so nicht verwirklicht worden, genauso wenig, wie die Beschränkung des Unterrichts bei Gärtner in Erbisdorf auf Schreiben und Rechnen. Vgl. hierzu die späteren Ausgabeextrakte in den OBA-Akten.

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schlägel einige von den 26 neu ausgewählten (über 14-jährigen) Bergmannsknaben zum Unterricht im Schreiben und Rechnen zugewiesen.1213 Nur kurze Zeit darauf, im Januar 1780, unterbreitete Oehlschlägel den Vorschlag, den von ihm für die fähigsten Bergmannsknaben gebotenen Rechen- und Schreibunterricht von wochentags auf den Samstag zu verlegen, allerdings nicht ohne dies vorher mit Akademieinspektor Werner abzustimmen, da einige Schüler Oehlschlägels auch bei diesem „Unterricht genießen“ würden.1214 Ergänzend dazu sandte er am 7. Jan. 1780 an Benno von Heynitz Schriftproben seiner Schüler, um deren Entwicklungsfortschritte nachzuweisen.1215 In Freiberg und in den „Schreibeschulen“ „... auf dem Brand(e)“ waren es dann 1781 insgesamt 28 Bergmannsknaben, die diesen weiterführenden Schreib- und Rechenunterricht bei Oehlschlägel bzw. bei Schmidt beziehen konnten.1216 So unterrichtete Oehlschlägel im 2. Quartal (Trinitatis) 1781 in Freiberg 13 und Schmidt in Brand 15 Bergknaben,1217 was 7,4 % der damaligen Gesamtanzahl von 378 unterrichteten Bergmannskindern an den Knappschaftlichen Schulanstalten im Freiberger Bergrevier entsprach.1218 Unter diesen Bergmannskindern waren nach Benno von Heynitz’ Auffassung „auch einige … [bereits] dahin gelanget ..., dass sie mit Nutzen … (die) fernere(..) Anweisung im Rechnen, im Zeichnen und im Bergbau bey dem dazu angestellten Academisten Goldberg geniesen könn(t)en.“1219 Auch in den folgenden Jahren konnten vom Stuhlschreiber Oehlschlägel bzw. dessen Nachfolgern im Schreiben und Rechnen unterrichtete Kinder nach Anschluss ihres Unterrichts zum Schichtmeister Goldberg auf dessen Zeichen- und Rechenschule delegiert werden; so wurden z. B. im Jahre 1787 drei der Schüler Oehlschlägels „zu H[errn] Goldbergen in die Stunden“, fünf Jahre später sieben Schüler sei-

1213 Vgl. dazu den Bericht Oehlschlägels vom 28. Okt. 1779, in: BergA, OBA 2287, Bl. 58–59 b. 1214 Vgl. dazu den Bericht Oehlschlägels vom 28. Okt. 1779 (ebd.), Bl. 58 f.. 1215 Vgl. den Bericht Oehlschlägels vom 7. Jan. 1780, in: BergA, OBA 2287, Bl. 77–82. Hieraus wird ersichtlich, dass sich von Heynitz selbst über Details der Umsetzung seines Schulplanes berichten ließ. 1216 Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 4. März 1782 (wie Anm. 900), hier Bl. 134. Aus den Akten ist aber nicht ganz klar ersichtlich, ob diese Zahl in der Gesamtschülerzahl dieses Jahres mit enthalten ist. 1217 Vgl. dazu die „Ausgabeübersicht“ über das bezahlte Schulgeld 1782, in: BergA, OBA 2287, Bl. 149 b. 1218 Vgl. hierzu den Vortrag von Heynitz’ vom 4. März 1782 (wie Anm. 900). Ein Jahr darauf erhielten insgesamt 420 Knaben an den 30 deutschen Stadt- und Dorfschulen Elementarunterricht, an der Schreibeschule in Brand 20 und bei Oehlschlägel in Freiberg neun Knaben weiterführenden Schreib- und Rechenunterricht. Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’vom 12. Apr. 1883, in: BergA, OBA 2250, Bl. 214–216. 1219 Vortrag von Heynitz’ vom 4. März 1782 (ebd.), Bl. 134.

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nes Nachfolgers Johann Christian Gottlieb Helmert ebenfalls zu Goldberg versetzt.1220 Nachdem 1788 der verstorbene Ratsstuhlschreiber Oehlschlägel durch Helmert ersetzt worden war,1221 fand 1792 erneut ein Wechsel an der Spitze der Freiberger Schreibe- und Rechenschule statt. Dem damaligen „Creiß-Amts-Stuhlschreiber“ Gustav Erdmann Peterßen, der bereits 1790 die Zuweisung von Bergmannskindern für den Unterricht im Rechnen und Schreiben beantragt hatte,1222 muss dieser auch genehmigt worden sein, denn Peterßen erteilte ab da Unterricht im Schreiben und Rechnen; allerdings ist er bereits zwei Jahre darauf (1792) von diesem wieder „abgegangen“.1223 Als Peterßen die Unterrichtung von Bergmannskindern beendete, wurden fünf seiner insgesamt 12 Schüler, die „noch nicht [hinreichend] fähig“ waren, an den Ratsstuhlschreiber Helmert überwiesen; von den übrigen sieben Schülern, die bei ihm schon „gut geschrieben und gerechnet“ hatten, sollten nach und nach „… etliche … auch in die Goldbergschen Stunden genommen …“ werden.1224 Dies zeigt ganz deutlich, dass man seitens der Bergverwaltung diese besonderen „Schreibe- und Rechenschulen“ von Helmert bzw. Peterßen in Freiberg bzw. von Schmidt, Haubold oder Lehmann auf dem Thelersberger Stollnhaus in Brand („Bränder Schreibe- und Rechenschule“) einerseits zwar zum knappschaftlich/gewerkschaftlichen Unterrichtssystem zählte,1225 sie aber andererseits von ihrer Verfassung her als etwas Eigenständiges, Besonderes betrachtete – nämlich als unmittelbare Vorstufe zum Goldberg’schen Unterricht. Der an ihnen gehaltene Unterricht diente zur Vorbereitung auf die Goldberg’sche ZR-Schule, was auch daraus deutlich wird, dass man, wie Freiesleben später (1821) rückerinnernd formulierte, im Jahre 1801 die 1220 Anzeige des Zechmeisters Höppner über Veränderungen vom Schluss Reminiscere 1787 – Rem[iniscere] 1788, in: BergA, OBA 2287, Bl. 245–247 b., sowie die Anzeige Höppners vom (verm.) März 1793 (wie Anm. 1098). 1221 Helmert setzte den Schreibeunterricht des Ende April 1788 verstorbenen Stuhlschreibers Oehlschlägel fort. Vgl. dazu den Bericht Freieslebens vom 16. März 1821 (wie Anm. 417), hier Bl. 170 b., sowie das Protokoll der Ratssitzung vom 5. Mai 1788, in: StAF I Ba 68, Stadt-Protokoll 1788-1791, Bl. 110, Nr. 16. Ich danke Frau Dr. Lorenz für die Recherchehilfe. 1222 Vgl. den Antrag Peterßens vom 7. Juli 1790, in: BergA, OBA 2287, Bl. 277–277 b. Über Peterßen konnte aus den ausgewerteten Akten nur wenig in Erfahrung gebracht werden; er hatte für etwa zwei Jahre neben Helmert Bergmannskindern besonderen Schreib- und Rechenunterricht erteilt. 1223 Vgl. dazu den Bericht Höppners vom (vermutl.) März 1793 für das Schuljahr 1792 (wie Anm. 1098), hier Bl. 2. 1224 Bericht Höppners vom (vermutl.) März 1793 für das Schuljahr 1792 (ebd.). Die Angaben zur Schülerbewegung von der Schule Oehlschlägels bzw. Helmerts zur Goldberg’schen Schule sind nicht immer ganz eindeutig. 1225 Das wird auch daraus deutlich, dass die Anzeigen des „Zechmeisters“ Höppner über den Unterricht bei Helmert gemeinsam mit denen über die Knappschaftlichen Schulanstalten erfolgten. Vgl. dazu u. a. die Berichte Höppners von 1802 (wie Anm. 1164), hier Bl. 52.

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Die Herausbildung der bergmännischen Ausbildung

„knappschaftlichen Schreibe- und Rechenschulen mit guten Erfolg durch den Bergschullehrer (mit Zuziehung des Knappschaftsvorstehers) revidieren, hierbei die Knaben im Rechnen und Schreiben examinieren, die untauglichen sofort entfernen, die fähigen aber zur Aufnahme in die Hauptbergschule bemerklich machen und die Lehrer mit den nöthigen Anweisungen versehen lassen (hat).“1226

Dabei blieb es auch in den folgenden Jahren und noch 1806 waren es 21 anfahrende Bergmannsknaben, die Helmert im Schreiben und Rechnen unterrichtete und von denen „… die darin geübtesten in die akademische Bergschule aufgenommen w(u)rden.“1227 Der Schreib- und Rechenunterricht bei Helmert in Freiberg besaß somit in etwa die Funktion, die der SRZ-Unterricht in den obererzgebirgischen Bergrevieren erfüllte. Das Honorar, welches Oehlschlägel und Schmidt, später dann auch Helmert und Peterßen für ihren Schreib- und Rechenunterricht bezogen, war höher als das der „gewöhnlichen“ Kontraktlehrer an den deutschen Stadt- und Dorfschulen, die durchschnittlich nur sechs Pfennige je Schüler und Woche ausgezahlt erhielten. Der jeweilige Ratsstuhlschreiber sollte für seinen Unterricht wöchentlich mit jeweils fünf Groschen – also dem 3,3- bis 10-fachen der Vergütung eines sonstigen Kontraktlehrers – für jedes unterrichtete Bergmannskind vergütet werden.1228 Allerdings scheint die Höhe von dessen Vergütung im Gegensatz zu der Goldbergs nicht immer die gleiche gewesen zu sein, denn Oehlschlägel bekam für die von ihm im 1. Quartal (Reminiscere) 1784 unterrichteten 10 Bergmannsknaben ein Honorar von neun Talern und zwei Groschen,1229 zwei Quartale darauf, im Quartal Crucis 1784, für 30 Schüler auch nur die gleiche Summe ausgezahlt.1230 Über den Unterrichtsinhalt an den besonderen Schreibe- und Rechenschulen war aus den ausgewerteten Aktenbeständen nur wenig in Erfahrung zu bringen; dieser musste aber auf jeden Fall ein höheres Niveau aufweisen als der an den deutschen Stadt- und Dorfschulen. So bescheinigte z. B. Helmert am 10. März 1794 einem seiner Schüler, Christlieb Leberecht Günther, der beabsichtigte, an der Berg1226 Bericht Freieslebens vom 16. März 1821 (wie Anm. 417), hier Bl. 175 b.–176. Diese Revisionen durch den Bergschullehrer scheinen aber danach nicht mehr durchgeführt worden zu sein. Vgl. ebd., Bl. 176. Hervorhebung d.d.A. 1227 Bericht des „Cassen-Vorstehers“ Beyer vom März 1806, in: BergA, OBA 2288, Bl. 84. 1228 Vgl. dazu den Vortrag Richters vom 11. Apr. 1783, in: BergA, OBA 2287, Bl. 175 f. Diese Vergütungsangabe gilt je nachdem, ob man 6 Pfennige, einen Groschen oder einen Groschen und 6 Pfennige als Grundvergütung der Vertragslehrer ansetzt. 1229 Vgl. dazu im Einzelnen den Ausgabeextrakt des Rezessschreibers Georg Gottlob Richter vom 3. Mai 1784 (wie Anm. 1133), hier Bl. 181–182. Damit hätte der Ratsstuhlschreiber sogar eine höhere Vergütung als Goldberg bezogen, der für jeden Schüler je Woche (allerdings nicht einheitlich) etwa 2 Groschen Honorar bekam. 1230 Vgl. hierzu den Ausgabeextrakt Richters auf das Quartal Crucis 1784, in: BergA, OBA 2287, Bl. 187 b.

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akademie zu studieren, dieser habe sich bei ihm einer Ausbildung im kalligrafischen Handschreiben, in Orthografie und Arithmetik unterzogen. Da Günther diesen Unterricht ergänzend zu seinem gleichzeitigen Besuch des Freiberger Gymnasiums in Anspruch nahm,1231 muss von einem Unterrichtsniveau beim Ratsstuhlschreiber ausgegangen werden, das wenigstens dem an einem Gymnasium bzw. einer Lateinschule entsprach. Im Jahre 1786 kam es dann auch innerhalb des Freiberger Bergreviers zu einer Erweiterung des bislang auf männliche Bergmannskinder beschränkten Elementarschulunterrichts. Bereits am 3. Juli 1784 hatte das Oberhüttenamt1232 beim Landesherrn beantragt, auch den Söhnen bedürftiger Hüttenarbeiter im Alter bis zu 14 Jahren, die bislang von diesem Unterricht ausgeschlossen waren, freien Schulunterricht „in eben der Maße, wie den Söhnen des Bergvolckes ... auf Höchst Deroselben Kosten ... angedeyhen (zu) lassen ...“1233 Das Gesuch dazu ging, wie das Oberhüttenamt bemerkte, auf eine Anregung Benno von Heynitz’ zurück.1234 Aus dem vom Oberhüttenamt beim Landesherrn eingereichten Verzeichnis ergibt sich, dass sich insgesamt 65 Söhne von Hüttenarbeitern im Alter von fünf bis 12 Jahren – 21 bei der Obermuldener, 23 bei der Untermuldener, sowie 21 bei der Halsbrücker Hütte – im 2. Quartal (Trinitatis) 1784 für diesen Unterricht „qualifiziert“ hätten.1235 Ab dem Schuljahr 1786 konnten dann erstmals neun bedürftige Kinder von Hüttenarbeitern mit Elementarschulunterricht an den örtlichen1236 Schulen versorgt werden. Dazu wurden aus dem durch Befehl des Landesherrn 1786 dafür eingerichteten Schulfonds1237 zehn Taler und aus der Hüttenknappschaftskasse ebenfalls zehn Taler zur Verfügung gestellt.1238 In den darauf folgenden Jahren blieb 1231 Vgl. dazu das Zeugnis Helmerts vom 10. März 1794, in: UAF, OBA 253, Bl. 25; vgl. auch das Gesuch Christian Michael Günthers für seinen 20-jährigen Sohn Christlieb Leberecht vom 24. Febr. 1794, in: ebd., Bl. 23–24. 1232 Das Oberbergamt war eine fachlich relativ selbstständige, aber dem Oberbergamt nachgeordnete Bergverwaltungsbehörde. Der erwähnte Antrag ist an erster Stelle von Christlieb Ehregott Gellert unterzeichnet, der nicht nur Lehrer an der Bergakademie, sondern auch Oberhüttenverwalter war. Vgl. zu Gellert insbes. Lauterbach (Bergrat Gellert). 1233 Gesuch („Pro-Memoria“) des OHA vom 3. Juli 1784, in: BergA, OBA 2251, Bl. 3–4 b. 1234 Vgl. dazu das Gesuch des OHA vom 3. Juli 1784 (ebd.), Bl. 3. Interessant ist, dass dieses Gesuch unmittelbar nach der Verpflichtung Benno von Heynitz’ als Berghauptmann (12. Juni 1784) erfolgte. 1235 Vgl. hierzu Gesuch des OHA vom 3. Juli 1784 (ebd.), Anlage: Verzeichnis Bl. 5–8. 1236 Welche das waren, konnte aus den Akten nicht ermittelt werden, doch dürfte es sich um die in der Nähe der Freiberger Hütten gelegenen Schulen gehandelt haben. 1237 Dieser Fonds wurde durch das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 23. Okt. 1786 eingerichtet. Vgl. dazu insbes. den Abschnitt 3.2 sowie grundsätzlich das Kapitel 5. 1238 Vgl. das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 8. Mai 1786, in: BergA, OBA 2251, Bl. 90–92 b., hier Bl. 90, sowie das Gutachten von Ferbers vom 7. Juni 1788 (wie Anm. 1141),

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es bei dieser Ausdehnung des elementaren Schulunterrichts auf die Hüttenarbeiterkinder männlichen Geschlechts,1239 allerdings reichten hier die Mittel im Allgemeinen nur für den Unterricht im Christentum und Lesen aus.1240 Hüttenarbeiterkinder weiblichen Geschlechts waren aber (zunächst) genau wie Bergmannsmädchen im Freiberger Bergrevier weiterhin von diesem geförderten Unterricht ausgeschlossen.1241 Bis 1820 stieg die Anzahl der unterrichteten Kinder von Arbeitern der Hüttenknappschaft auf 37 an.1242 Nur wenige Jahre nach Einführung des Elementarschulunterrichts für Hüttenarbeiterkinder männlichen Geschlechts erfolgte dann eine weitere Neuerung in Bezug auf das sich zwischenzeitlich etablierte Bergschulsystem. Nach dem Vorbild der in Schneeberg bestehenden Klöppelschule,1243 einer der zeittypischen „Handarbeitsschulen“1244 oder frühen „Industrieschulen“,1245 wurden zwischen

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hier tabellarische Übersicht Bl. 56. In Letzterem schlug von Ferber Unterstützungen für diejenigen Bergreviere vor, in denen die Knappschaftskassen über keine ausreichenden Finanzmittel für den Schulunterricht verfügten. So erhielt die Freiberger Hüttenknappschaft für den Zeitraum vom 1. Juni 1788 bis Ende Mai 1789 erneut zehn Taler aus der Freiberger Oberzehntenkasse. Vgl. dazu das Patent des OBA vom 16. Juli 1788 an den Rechnungsführer der Freibergischen Schulkasse, in: BergA, OBA 2252, Bl. 67. Vgl. dazu den Bericht Freieslebens vom 16. März 1821 (wie Anm. 417), hier Bl. 167. Vgl. dazu den Bericht Freieslebens vom 16. März 1821 (ebd.). Vgl. dazu den Bericht Freieslebens vom 16. März 1821 (ebd.), Bl. 166 b. Vgl. zur Errichtung dieser Schneeberger Klöppelschule selbst den Bericht des BA Schnbg. vom 12. Apr. 1791, in: BergA, OBA 2253, Bl. 106 f. Aus diesem Bericht wird deutlich, dass sich der Bergmeister auf oberbergamtlichen Befehl hin mit dem Rat zu Neustädtel ins Benehmen gesetzt und Letzterer zwar zustimmend reagiert hatte, vorher aber erst „der dortigen Kirchenund Schulinspektion(,) nehmlich den Herrn Superintendenten zu Zwickau und den Creißamt Schwarzenberg ... darüber den erforderlichen Vortrag zu machen“ gedachte. Ebd., OBA 2253, Bl. 106 b. Moderow , der sich jüngst auch mit den verschiedenen Typen von Industrie- oder Fabrikschulen befasste, scheinen die innerhalb des Bergwesens existierenden Klöppel- aber auch Spinnschulen unbekannt geblieben zu sein. Vgl. dazu Moderow (Volksschule), S. 69 f. Vgl. zu den Klöppelschulen innerhalb des Bergschulwesens den Unterabschnitt 2.3.3. Die von Keller (Beobachtungen zur Schule), S. 148, getroffenen Aussagen über die Klöppelschulen in westerzgebirgischen Städten und Bergflecken sind hinsichtlich ihrer frühesten zeitlichen Einrichtung wenig konkret. Vgl. grundlegend zu diesem Gegenstand Schürer (Klöppelschulwesen). Etwas Vergleichbares waren die Spinn-, Näh- und Strickschulen in der Markgrafschaft Baden-Durlach. Vgl. dazu Hasfeld (Berufsausbildung in Baden), S. 127, sowie grundlegend zur Abgrenzung dieser Industrieschulen von den Zeichenschulen etc. Marquardt (Geschichte der Industrieschule), S. 42 f. Eine solche Handarbeitsschule hatte die Funktion „… die Aneignung gewisser praktischer Fertigkeiten und die Erziehung durch Handarbeit zu erreichen …“. So nach dem Artikel „Handarbeitsunterricht“ in: Brockhaus, Bd. 8 (1908), S. 697. Diese spezielle Funktion, die Erziehung zu „gewerblichem Fleiß“ wies Moderow (Volksschule), S. 69, allgemein den Industrieschulen zu. Vgl. zur Definition des Begriffs „Industrieschule“ und zu deren Herausbildung im 18. Jahrhundert die grundlegenden Ausführungen von Marquard (Geschichte der Industrieschule),

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1789 und 1795 in drei bzw. vier Schulen in Brand ca. 50 nicht anfahrende Bergknaben meist durch Frauen von Bergleuten, die sich dadurch einen geringen zusätzlichen Verdienst erzielen konnten,1246 im Flachsspinnen1247 unterrichtet.1248 Diese Schulen standen ganz in der Tradition englischer „working schools“, die nach Lockes Intentionen und Plänen der Beseitigung von Arbeitslosigkeit dienten,1249 „Arbeitsleistungen wie Spinnen, Stricken und überhaupt Wollverarbeitung sollten in ihnen durch strenge sittliche Erziehung … und … ein Minimum an elementarer Bildung, vor allem durch religiöse Erziehung, ergänzt werden.1250 Die hier unter Bergaufsicht stattfindende Verbindung von elementarer Schulbildung (an den Knappschaftlichen Schulanstalten) und Erziehung zur Arbeit an den Handarbeitsschulen war eine der Maßnahmen, die Benno von Heynitz initiiert

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insb. S. 15 – hier unter Bezug auf Trost (Göttingische Industrieschule) – und S. 42–44, Brödel (Erforschung der Industrieschule), Hasfeld (Berufsausbildung in Baden), S. 125, sowie ebd., Anm. 547, mit Bezug auf Zabeck (Geschichte der Berufserziehung). Wehrmeister (Fortbildungsschule), S. 44, verwendet (synonym) den Begriff Fabrikschule. Vgl. zu der z. T. sich widersprechenden Begrifflichkeit auch die Artikel „Gewerbeschulen“, „Industrieschulen“ und „Hausindustrieschulen“ in: (Brockhaus, Bd. 7, S. 913 f., Bd. 9, S. 585 und Bd. 8, S. 879). Nach dem Bericht Freieslebens vom 16. März 1821 (wie Anm. 417), hier Bl. 172, erhielten die damit beauftragten „Bergmannsweiber“ für jeden Knaben(!) 6 Pfennige an Lehrgeld (wöchentlich); der als Verleger fungierende „Handelsmann auf dem Brande (Bollner)“ bezog für die gesamte Lehrzeit jeweils einen Groschen „Provision“ von jedem Knaben; ebd. Auch Lundgreen (Sozialgeschichte der deutschen Schule), S. 38, erkannte in solchen „Industrieschulen“ den Versuch, Not und Armut durch eine „bescheidene(..) Erwerbsmöglichkeit zu lindern.“ Flachsspinnen zählte neben Spitzenklöppeln, Stricken, Nähen u. ä. zu den typischen, in solchen (Hand-)Arbeitsschulen zu erlernenden Tätigkeiten. Vgl. dazu Brockhaus, Bd. 8 (1908), S. 697, sowie Marquardt (Geschichte der Industrieschule), S. 795, der diese zu den verbreitetsten Industrieschularbeiten rechnet. Flachsspinnen hatte nach Freiesleben (ebd.), Bl. 172, um 1789 das bis dahin verbreitete Baumwollspinnen als Handarbeit abgelöst. Vgl. dazu den Bericht Freieslebens vom 16. März 1821 (wie Anm. 417), hier Bl. 171 b.–172. Vgl. zu den an diesen Schulen hergestellten Waren die von August Friedrich Bollner eingereichten Tabellen über das Flachspinnen im Jahre 1792, in: BergA, OBA 2288, Bl. 6–8. Vgl. dazu Günther (Geschichte der Erziehung), S. 142. Die Erziehung zur Arbeit erfolgte sicherlich nicht in erster Linie nur aus rein pädagogischen Gründen. Solche Arbeitsschulen oder Waisenhäuser konnten funktionell durchaus auch Strafanstalten gleichen und deshalb als „Reservoir“ für die Schaffung billiger Arbeitskräfte dienen. Vgl. dazu Schöpfer (Berufsbezogene Bildung), S. 60., nach dem sie (ebd.) auch keine Erfindung des „Pädagogik-Jahrhunderts“ waren, sondern schon Seckendorff 1665 die Nutzung von Waisenhäusern zur Erziehung zur Arbeit propagiert hätte. Nach Hasfeld (Berufsausbildung in Baden), S. 125 – hier unter Bezug auf eine VO Markgraf Karl Friedrichs von Baden – sollte mit solchen Schulen auch gegen „Bettel oder Müßiggang“ vorgegangen werden. Günther (ebd.). Dass der Unterricht an diesen Schulen nicht „… zur Hebung des Bildungsniveaus der Arbeiterklasse beigetragen“ habe, wie Fehrmann (Geschichte der Volksschule), S. VI, unter Bezug auf Alt (Kinderausbeutung und Fabrikschulen), S. 220 ff., erklärt, ist im Gegensatz zu vielen der sonstigen Behauptungen der Autorin durchaus korrekt.

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hatte,1251 um die immer noch knappen Finanzmittel für das Bergschulwesen aufbessern und mehr bedürftigen Kindern Schulunterricht gewähren zu können.1252 Diese Schulen entsprachen auch vollkommen der Intention des Landesherrn, der eine „industrieöse“ Tätigkeit von Bergmannskindern beiderlei Geschlechts als geeignetes Mittel zur Verbesserung der Knappschaftskassen betrachtete.1253 Der Berghauptmann war damit zweifelsohne einer der wenigen Vertreter einer Landesbehörde, die eine solche Arbeitsschule ins Leben rufen halfen.1254 Zwischen der „gesellschaftlichen Armut“ der Bevölkerung in den Bergrevieren und der Einrichtung von Handarbeits- oder Industrieschulen bestand ganz offenkundig ein immanenter Zusammenhang, den auch schon Marquardt ganz allgemein hervorgehoben hat1255 und der auch für die im oberen Erzgebirge eingerichteten Klöppelschulen zutraf.1256 Bei den „mit gutem Erfolg“ in Brand eingerichteten „Flachs-Spinn-Schulen“1257 handelte es sich zugleich um seine sehr frühe Form von Industrieschulen,1258 die 1251 Es ist aus den Akten nicht erkennbar, ob von Heynitz ggf. durch seine Reisen nach England und Frankreich dazu inspiriert worden ist. Nach Weber (Innovationstransfer durch Reisen), S. 545, hatte von Heynitz im Jahre 1790 auf seinem Gute in Miltitz eine solche „Industrieschule“ eingerichtet. Trögel (Benno von Heynitz), S. 27, gibt hier die Einrichtung einer solchen Arbeitsschule für Nähen, Stricken und Spinnen am 8. Febr. 1793 an. 1252 Vgl. dazu auch die Übersicht über die gewerkschaftliche und knappschaftliche Schulkasse auf das Jahr 1795, in: BergA, BA-F/Cl. A 46/Nr. 3068 b), Vol. III, Bl. 140–145 b. (wie Anm. 1158), sowie das Kapitel 5. 1253 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 1. Mai 1795, In: BergA, OBA 2256, Bl. 128–131, hier Bl. 129 f. Einnahmen und Ausgaben sollten allerdings in der allgemeinen Schulrechnung in gesonderten Kapiteln ausgewiesen werden. Vgl. dazu ebd. Nicht von ungefähr ordnete der Landesherr an, dass das Oberbergamt über den „Fortgang der Arbeitsschulen“ in den jährlichen Hauptberichten über die Knappschaftlichen Schulanstalten mit berichten sollte. Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 13. Mai 1796, in: BergA, OBA 2257, Bl. 139 f., hier Bl. 139 b. 1254 Marquardt (Geschichte der Industrieschule), S. 765, führt aus, dass eine solche Initiative von Landesbehörden eher selten ausging. 1255 Vgl. dazu die Argumentation von Marquardt (Geschichte der Industrieschule), S. 755 f. Nach Groß boten diese Spinnschulen „den Armen … Gelegenheit … Brod zu verdienen.“ Gekürzt wiedergegebenes Zitat nach Brödel (Erlanger politische Zeitung), S. 197. 1256 Diese Schulen sollten lediglich für diejenigen Bergmannskinder in Anspruch genommen werden, die auch freien Unterricht erhielten – was ein bestimmtes Maß an Armut voraussetzte. Vgl. dazu das Revisionsprotokoll des BA Mbg. vom 5. Nov. 1796, in: BergA, OBA 2257, Bl. 164–169, hier Bl. 166 b.–169. 1257 Inserat des OBA vom 27. Sept. 1788, in: BergA, BA-F/Cl. A 46/Nr. 2861, Vol I, Bl. 1–4, hier Bl. 4. Vgl. dazu auch den Vortrag von Heynitz’ vom 4. Sept. 1788, in: BergA, OBA 2252, Bl. 69–80 b., hier Bl. 80 f. 1258 Die Brander Spinnschulen waren nur fünf Jahre nach der in Göttingen organisierten, mit der dortigen Armenpflege verbundenen Industrieschule geschaffen worden. Vgl. dazu Leschinsky/ Roeder (Schule im historischen Prozess), S. 295, die dazu auf Trost (Die Göttingische Indust-

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Leschinsky/Roeder als „Institutionen einer Pädagogik der Armut“ bezeichneten.1259 So hatten im Jahre 1790 „… 51 Personen beyderley Geschlechts“ diesen Unterricht im Spinnen erhalten,1260 drei Jahre später überwog allerdings die Anzahl der hier ausgebildeten Bergmannsknaben die der Mädchen bei Weitem.1261 Diese spezielle Schulform existierte in Brand wenigstens bis 1795, zuletzt allerdings nur noch zur Unterrichtung von noch nicht anfahrenden Bergmannsknaben.1262 Als Ursache für die Aufgabe dieser Schulen 1795 sah Freiesleben „verschiedene Gründe“, die einer dauerhaften Verbindung zwischen „Lehr- und Arbeitsschule“ entgegengestanden hätten.1263 Offensichtlich war es aber die Einführung der Webtechnik bei der Textilherstellung, die zur Einstellung dieser Industrieschulform im Erzgebirge geführt hat.1264 2.3.3. Die Einführung eines knappschaftlich finanzierten Elementarunterrichts für Bergmannsmädchen

Ein besonderes Kapitel der Entwicklung des Bergschulwesens innerhalb des Freiberger Bergreviers stellt das der Einführung des Unterrichts für Bergmannskinder weiblichen Geschlechts dar.1265

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rieschule) verweisen. Ältere Pläne hatte der Hallenser Theologe, Philosoph und Naturrechtler Gundling bereits kurz nach 1700 entwickelt; vgl. dazu Brödel (Arbeitsschulpläne), S. 81 f. So Leschinsky/Röder (Schule im historischen Prozess), S. 283. Auch Hanschmidt (Elementarbildung und Berufsausbildung), S. 20, sah in den Industrieschulen eines der Mittel, um für ausreichend Nahrung der „Untertanen“ zu sorgen; ähnlich argumentierte auch Gretschel (Geschichte des sächsischen Volkes), S. 282. Auch die in Baden errichteten Industrieschulen für „Spinnen, Stricken und Nähen“ hatte eine solche Funktion. Vgl. dazu das Organisationsedikt Nr. 13 (wie Anm.194), hier Punkt 8 des Ediktes. Bericht Höppners vom 8. März 1791, in: BergA, OBA 2287, Bl. 278–278 b., hier Bl. 278 b. So waren 1793 an der Brander Spinnschule von 26 Kindern 22 Knaben und nur vier Mädchen. Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 15. Aug. 1793 (wie Anm. 1084), hier Bl. 57 f. Insgesamt sollen zwischen 1789 bis 1795 in den drei bzw. vier Schulen des Freiberger Bergreviers insgesamt ca. 50 noch nicht anfahrende Bergmannsknaben im Flachsspinnen unterrichtet worden sein. Vgl. hierzu BergA, BA-F/Cl. A 46/Nr. 3068 b), Vol. III, Bl. 171 b.–172. Diese Zahlenangaben des Bergamtes scheinen allerdings etwas zu niedrig angesetzt zu sein. Vgl. dazu die Reskripte Kurfürst Friedrich Augusts vom 18. Juli 1794 (wie Anm. 1184), Bl. 110 b., bzw. vom 1. Mai 1795 (wie Anm. 1253), hier Bl. 129. Vgl. zur Beendigung der Mädchenausbildung an diesen Einrichtungen insbes. den Vortrag von Heynitz’ vom 20. Dez. 1794 (wie Anm. 1120), hier Bl. 156. Näheres bedarf noch weiterer Untersuchungen. Vgl. dazu den Bericht Freieslebens vom 16. März 1821 (wie Anm. 417), Bl. 172. Frühe Formen solcher Industrieschulen haben anderen Ortes oft nur kurze Zeit existiert. Vgl. dazu das Beispiel bei Hasfeld (Berufsausbildung in Baden), S. 125 f., für die ersten Spinnschulen in Baden-Durlach. Der Unterricht von Kindern weiblichen Geschlechts erfolgte seit dem 16. Jahrhundert in Freiberg durch gesonderte „Mägdleinschulmeister“. Vgl. dazu Fröber (Freiberger Volksschulwesen), S. 55.

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Fast 15 Jahre lang war der Unterricht der in diesem Bergrevier etablierten gewerkschaftlich-/knappschaftlichen Schulanstalten auf Bergmannskinder und (ab 1786) auch Hüttenarbeiterkinder männlichen Geschlechts beschränkt geblieben. In dieser Hinsicht stand das Freiberger Bergschulwesen sogar hinter dem des oberen Erzgebirges, in welchem zum Teil von Beginn an auch bedürftigen Bergmannsmädchen Elementarschulunterricht vermittelt wurde, zurück. Es verwundert demzufolge auch nicht, dass der Berghauptmann deswegen bereits mehrfach kritisiert worden war und bereits 1788/89 an eine Ausdehnung des Schulunterrichts auch für diese Klientel gedacht wurde. Aber erst im unmittelbaren Zusammenhang mit den Reformvorschlägen des Oberbergamtes bzw. der Bergakademie zur Verbesserung der akademischen Ausbildung nach 1793 konnten die Überlegungen darüber, wie dieser Mangel innerhalb des Freiberger Bergreviers behoben werden könnte, erfolgversprechend aufgegriffen werden.1266 Während man in den obererzgebirgischen Bergrevieren – je nach Vermögenslage der einzelnen Knappschaftskassen – bereits in den 80er Jahren des 18. Jahrhunderts bedürftigen Bergmannsmädchen einen kostenlosen Unterricht im Christentum und Lesen vermittelte,1267 geschah im Freiberger Bergrevier dahingehend lange Zeit faktisch nichts. Die Hauptursache dürfte in der erwähnten Vereinbarung von 1778 gelegen haben, wonach die von den Gewerken und Freiberger Berggebäuden bereitgestellten Finanzmittel ausdrücklich nur zur Unterrichtung männlicher Bergmannskinder verwendet werden durften.1268 Ungeachtet dessen war zum damaligen Zeitpunkt eine solche Einschränkung der Unterrichtsversorgung auf Bergmannsknaben durchaus nichts Unübliches. Noch 100 Jahre zuvor, 1673, waren Schuldiener und Küster angewiesen worden, ihren „… schuldigen Fleiß in (der) Unterrichtung derer Knaben anzuwenden …“1269 Auch in der Literatur ist wiederholt auf die Benachteiligung von Kindern weiblichen Geschlechts bei der Unterrichtsversorgung im vorliegenden Untersuchungszeitraum hingewiesen worden,1270 selbst wenn andererseits Mädchenschulunterricht für eine Reihe „… größere(r) Klein- und Mittelstädte offensichtlich einen obligatorischen Bestandteil

1266 Beide Maßnahmen standen dabei aber in keinem direkten, kausalen Zusammenhang. 1267 Diese könnten identisch mit den von Keller (Beobachtungen zur Schule), S. 156, angegebenen Mädchenschulen in einigen der kleinsten Bergstädte in Kursachsen sein. 1268 Vgl. dazu den vorangegangenen Unterabschnitt 2.3.2. 1269 § 49 des Synodalischen General-Dekrets Kurfürst Johann Georg II. vom 15. Sept. 1673, in: C.A., 1. Bd., Sp. 825–838, hier Sp. 833. 1270 So belegt Hartleb (Frühe Formen der Schulpflicht), S. 523, vielfältige Schulversäumnisse weiblicher Kinder wegen deren frühzeitiger Einbindung in die häusliche Arbeit. Weitere Beispiele dafür liefern Hanschmidt (Elementarbildung und Berufsausbildung), S. 33, sowie Keller (Beobachtungen zur Schule), S. 148. Vgl. für das ausgehende 17. Jahrhundert auch die Schulbesuchszahlen bei Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 56–59.

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städtischen Bildungswesens“ ausmachte – um 1790 immerhin in etwa 50% der Städte –1271 und selbst einige kleinere Bergstädte Mädchenschulen besaßen 1272 Seit Ende der 80er-Jahre des 18. Jahrhunderts gab es jedoch vom Landesherrn ausgehende ernsthafte Bemühungen, analog dem oberen Erzgebirge auch im Freiberger Bergrevier einen elementaren Unterricht für Bergmannsmädchen zu installieren und diesen mit dem der Bergmannsknaben zu vereinigen. Dieses Vorhaben stieß allerdings anfangs noch auf den Widerstand der Freiberger Gewerken, die die Finanzierung des Schulunterrichts für Bergmannsmädchen aus ihren Beiträgen strikt ablehnten.1273 Diese sahen nämlich keinerlei Veranlassung dafür, Schulkosten, für deren Aufkommen ihrer Auffassung nach doch andere Verantwortungsträger (nämlich die christliche Schulverwaltung) zuständig waren, zu tragen. Zunächst schien es ganz so, als ob Benno von Heynitz bei seinen ersten Gedanken und Plänen zur Installation eines elementaren Schulunterrichts innerhalb seines Verantwortungsbereichs einen solchen für Kinder weiblichen Geschlechts gar nicht vorgesehen hätte, obwohl doch nach der Erneuerten Schulordnung von 1773 auch Mädchen ab dem 5. bzw. 6. Lebensjahr die deutschen Schulen besuchen1274 und neben Christentum „… vornehmlich, im A B C, Buchstabiren, Lesen, Schreiben und Rechnen“ unterwiesen werden sollten.1275 1794 gelang es dann dem Berghauptmann überzeugend zu begründen, warum es im Freiberger Bergrevier so lange Zeit dauerte, ehe man die Einführung auch des Unterrichts für weibliche Bergmannskinder in Angriff genommen hat.1276 Anfangs sei nämlich – und hier bezieht sich von Heynitz auf die Entstehungszeit des gewerkschaftlich/knappschaftlichen Unterrichts für Bergmannskinder und das diesbezügliche landesherrliche Reskript vom 6. August 1777 – „jedoch der weiblichen Bergjugend nirgends besondere Erwähnung getan“ worden.1277 Der Freiberger Rat der Stadt und die Freiberger Grubenvorsteher hatten, wie schon ausgeführt, den Vorschlägen des Oberbergamtes vom Dezember 1778, nach denen von jedem anfahrenden Bergknaben auf Scheidebänken und Pochwerken 1271 1272 1273 1274

So nach Keller (ebd.), S. 156. Vgl. Keller (ebd.). Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 20. Dez. 1794 (wie Anm. 1120). Nach § 1 des Cap. II der Erneuerten Schulordnung von 1773 (wie Anm. 2), hier Sp. 133, war der Schulbesuch nicht auf ein bestimmtes Geschlecht beschränkt. 1275 § 1 des Cap. IV der Erneuerten Schulordnung von 1773 (ebd.), hier Sp. 139. Die Etablierung eines Mädchenunterrichts gehörte auch zu den Grundüberzeugungen der Aufklärung. Vgl. dazu Brödel (Erlanger politische Zeitung), und für den Schulreformer Groß z. B. – vgl. zu diesem den Unterabschnitt 6.2.2 – war die „vernünftige Erziehung des Frauenzimmers“ von größter Wichtigkeit. Gekürztes Zitat nach dems. (ebd.), S. 195. 1276 Vgl. dazu die Bemerkungen „B“ von Heynitz’ vom 20. Dez. 1794 (wie Anm. 675), sowie den sehr ausführlichen Aktenextrakt „Kurzer Auszug“ von Schirndings (wie Anm. 641). 1277 Bemerkungen „B“ von Heynitz’ vom 20. Dez. 1794 (ebd.), hier Bl. 177.

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Die Herausbildung der bergmännischen Ausbildung

wöchentlich vier Pfennige einzunehmen und darüber hinaus die Zahlung eines bestimmten Akzisebetrages für Bergmaterialien an die Freiberger Knappschaftskasse vorgesehen war, ausdrücklich zugestimmt.1278 Allerdings geschah dies vonseiten der Genannten nur, weil man hoffte (wie es in der Begründung dafür hieß), mit dieser Maßnahme „gute, brauchbare und geschickte Steiger und Officianten“ heranziehen zu können.1279 Für eine Unterrichtung auch weiblicher Bergmannskinder dürften sich danach weder Gewerken noch Grubenvorsteher veranlasst gefühlt haben. Von dieser durch die Grubenvorsteher und Gewerkenvertreter erklärten Beschränkung auf den Unterricht für Bergmannsknaben hatte sich auch Benno von Heynitz leiten lassen und, wie er es später einmal formulierte, sich deswegen nicht „getraut“, „von den Verwilligungs-Worten der Gruben-Vorsteher ... abzuweichen“.1280 Außerdem hätte der Kurfürst selbst im Jahre 1778 diese Einschränkungen der Gewerken und Grubenvorsteher ausdrücklich genehmigt.1281 Die nachfolgenden Jahre war in dieser Hinsicht seitens des Oberbergamts anderweitig auch nichts veranlasst worden, weil man vermutlich froh war, im Freiberger Bergrevier wenigstens männlichen Bergmannskindern einen elementaren Unterricht bieten zu können, der teilweise weit über das hinausging, was sonst allgemein an den deutschen Schulen an Bildung vermittelt wurde. Obwohl der Elementarschulunterricht bedürftiger Bergmannskinder mit den landesherrlichen Zuwendungen in Höhe von 300 Talern aus der Freiberger Oberzehntenkasse seit dem Befehl Kurfürst Friedrich Augusts vom 8. Mai 17861282 in allen Bergamtsrevieren verbessert werden konnte, wurden auch zu diesem Zeitpunkt bei Weitem nicht alle Bergmannskinder – insbesondere keine Kinder weiblichen Geschlechts – mit freiem Schulunterricht versorgt. Im Zusammenhang mit der Einführung dieser Beihilfe sei aber nach Ausführungen von Heynitz’ „zum erstenmal ausdrücklich der Bergjugend beyderley Geschlechts“ gedacht worden.1283 Zu diesem Zeitpunkt hätte es der „Zustand der verschiedenen Knappschafts-Cassen noch nicht verstatte(t) …, auf alle … Bedürftige, und also auch ... auf die Bergjugend des andern Geschlechts Rücksicht zu nehmen“, erklärte der Berg-

1278 „Kurzer Auszug“ von Schirndings vom 17. März 1794 (wie Anm. 641), hier Bl. 193 b.; vgl. dazu nochmals den Abschnitt 2.1. 1279 So von Heynitz’ in seinen Bemerkungen „B“ vom 20. Dez. 1794 (wie Anm. 675), hier Bl. 178 b. 1280 Bemerkungen „B“ von Heynitz’ vom 20. Dez. 1794 (ebd.), hier Bl. 179. 1281 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 15. Aug. 1778 (wie Anm. 717); vgl. dazu auch den Vortrag von Heynitz’ vom 15. Aug. 1793 (wie Anm. 1084), hier Bl. 56 b. 1282 Vgl. hierzu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 8. Mai 1786 (wie Anm. 1238). Vgl. Näheres im Unterabschnitt 3.1.2. 1283 Bemerkungen „B“ von Heynitz’ vom 20. Dez. 1794 (wie Anm. 675), hier Bl. 181. Vgl. dazu auch den „Kurzen Auszug“ von Schirndings vom 17. März 1794 (wie Anm. 641).

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231

hauptmann.1284 Um zukünftig auch bedürftige Bergmannsmädchen mit elementarem Schulunterricht zu versorgen, regte Benno von Heynitz deshalb zu dieser Zeit in einem Vortrag vor dem Oberbergamt neben einer Stärkung des Schulfonds mit einer „höchsbeliebigsten Summe“ an, die anfahrenden Freiberger Bergleute zu einer „… jährlichen Betschicht … zu diesem Behufe zu bewegen.“1285 In einem kurz darauf verabschiedeten Reskript des Kurfürsten forderte dieser vom Oberbergamt eine gutachtliche Stellungnahme darüber, wie diese Zielsetzungen umzusetzen wären: „Wir haben aus eurem ... gehorsamten Berichte ... zu ersehen gehabt, dass ... in denen darinen nahmhafft gemachten Bergämtern noch eine Menge Kinder armer Bergleute des Schul-Unterrichts entbehren müssen. Da nun also diese(..) … Schulanstalt einer Erweiterung und Vervollkommnung bedürftig ist; So begehren Wir hiermit, gnädigst befehlend, ihr wollet [anzeigen], wie solche zu bewerckstelligen seyn möchte, und besonders die in euerm Berichte bemerkten Vorschläge näher erörtern ...“1286

Im Juni 1788 sandte das Oberbergamt dazu die zwischenzeitlich von den Bergämtern eingeholten tabellarischen Anzeigen ein und zeigte beim Landesherrn zugleich die beabsichtigte Revision sämtlicher unter seiner Aufsicht stehender Schuleinrichtungen vor Ort an.1287 Schon am 7. Juli 1788 mahnte der Landesherr weitere Vorschläge des Oberbergamtes an, damit diese noch „... in bevorstehendem Winter ausgeführt werden könn[t]en.“1288 Am 4. Sept. 1788 trug deshalb Benno von Heynitz zunächst dem Oberbergamt seine diesbezüglichen Vorstellungen vor.1289 Er bemerkte zu den immer noch zu vergrößernden und verbessernden „Bergwerks-Schul-Anstalten“ mit Bezug auf das weibliche Geschlecht, dass „für diese(s) aber in der Freyberger Refier noch gar nichts getan worden“ ist.1290 Aus dem von den Gewerken eingerichteten Schulfonds allein wäre zudem ein solcher Unterricht auch für Bergmannsmädchen nicht zu ermöglichen, „weiln solcher [Schulfonds – H.K.] theils kaum zum Unterricht der vielen Berg-Knaben immer zureichend“ und der Beitrag der Gewerken ausdrücklich nur für den Unterricht dieser Bergknaben „verwilligt“ worden sei.1291 1284 Bemerkungen „B“ von Heynitz’ vom 20. Dez. 1794 (hier unter Hinweis auf einen vorausgegangenen Bericht des OBA vom 16. Sept. 1786), (ebd.), Bl. 182. 1285 Vortrag von Heynitz’ vom 4. Sept. 1788 (wie Anm. 1257), hier Bl. 80. Vgl. dazu auch die Bemerkungen „B“ von Heynitz’ vom 20. Dez. 1794 (wie Anm. 675) , hier Bl. 178. 1286 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 28. Apr. 1788 (wie Anm. 1146), hier Bl. 37. 1287 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 14. Juni 1788 (wie Anm. 1141). 1288 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 7. Juli 1788 (wie Anm. 957), Bl. 65 f. 1289 Vgl. Einzelheiten dazu im Vortrag von Heynitz’ vom 4. Sept. 1788 (wie Anm. 1257). 1290 Vortrag von Heynitz’ vom 4. Sept. 1788 (ebd.), hier Bl. 79 b. Vgl. dazu auch das Inserat des OBA vom 27. Sept. 1788 (wie Anm. 1257), hier Bl. 3. 1291 Vortrag von Heynitz’ vom 4. Sept. 1788 (ebd.).

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Die Herausbildung der bergmännischen Ausbildung

Dem Kurfürsten gegenüber betonte der Berghauptmann in dem folgenden Inserat vom 27. September, dass die bisherigen Einnahmen für die gleichzeitige Unterrichtung von Knaben und Mädchen keinesfalls ausreichen würden.1292 Wegen der „... so großen(,) in die tausende[!] aufsteigende(n) Anzahl der Berg-Mädchen …“ bat von Heynitz den Landesherrn, auch für Bergmannsmädchen 100 bis 150 zusätzliche Taler als Beihilfe aufzubringen, damit wenigstens den „allerärmsten“ von ihnen der nötige Schulunterricht ermöglicht werden könnte.1293 Die Bergämter sollten bewogen werden, von allen Bergleuten, die baren Lohn genießen, zur Verstärkung der Freiberger Knappschaftskasse eine „jährliche Betschicht, nach dem Beyspiel anderer Berg-Aemter …“ zu fordern.1294 Der Berghauptmann versuchte darüber hinaus auch eine Verbindung des Unterrichts für weibliche Bergmannskinder mit den eben erst im Freiberger Bergrevier eingerichteten Flachsspinnschulen herzustellen.1295 Da jedoch dem Kurfürsten der Bericht des Oberbergamtes anscheinend nicht genügte, forderte er von demselben eine weitergehende gutachtliche Stellungnahme, in welcher konkret angegeben werden sollte, wie viele der Bergmannskinder – nach Geschlechtern unterschieden – wegen Armut ihrer Eltern bislang hätten ohne hinlänglichen Unterricht bleiben müssen.1296 Das Oberbergamt sollte gleichzeitig auch Vorschläge dahingehend unterbreiten, auf welche Art und Weise die Schulversorgung der Bergjugend noch verbessert werden könnte.1297 Um den kurfürstlichen Anforderungen zu genügen, forderte das Oberbergamt daraufhin das Bergamt Freiberg, das offenbar die Aufsicht über den geplanten Unterricht der Bergmannsmädchen führen sollte,1298 im November 1788 auf, entsprechende statistische Übersichten über die mit Unterricht zu versorgenden Bergmannskinder einzureichen.1299 Am 10. Januar 1789 legte das Freiberger Bergamt den abgeforderten Bericht, der zugleich ein außerordentlich wertvolles Zeitdokument zur sozialen Lage der Bergarbeiter des Freiberger Bergreviers darstellt, ein.1300 1292 Vgl. hierzu das Inserat des OBA vom 27. Sept. 1788 (wie Anm. 1257), hier Bl. 3. 1293 Inserat des OBA vom 27. Sept. 1788 (ebd.), Bl. 3 f. 1294 Inserat des OBA vom 27. Sept. 1788 (ebd.), Bl. 3 b. Vgl. dazu auch den vorausgehenden Vortrag von Heynitz’ vom 4. Sept. 1788 (wie Anm. 1257), hier Bl. 80. 1295 Vgl. Näheres dazu im Unterabschnitt 2.3.2. 1296 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 27. Okt. 1788, in: BergA, OBA 2252, Bl. 112 f. 1297 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 27. Okt. 1788 (ebd.). 1298 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 9. Mai 1801 (unmittelbar nach von Heynitz’ Tod), in: BergA, OBA 2259, Bl. 263–264 b., hier Bl. 263 b.–164. Vgl. dazu auch den Bericht Freieslebens vom 16. März 1821 (wie Anm. 417), hier Bl. 174 b. 1299 Vgl. dazu das Patent des OBA vom 22. Nov. 1788, in: BergA, OBA 2252, 113 f. 1300 Vgl. diesen Bericht des BA Freiberg vom 10. Jan. 1789 in: BergA, OBA 2252, Bl. 120–122 b., sowie die ausführliche Spezifikationstabelle in dessen Anlage Bl. 123–164, die die Namen aller bedürftigen Bergleute, sowie die Anzahl ihrer Kinder im Alter von 5 bis 7, 8 bis 10 und 11 bis 14 Jahren, getrennt nach Knaben und Mädchen, enthält. Dazu hatte das Bergamt die Kinder

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15 Jahre nach Verabschiedung der Erneuerten Schulordnungen von 1773 und zehn Jahre nach dem von Heynitz’schen Schulplan bot dieser Bericht ein äußerst differenziertes und gleichzeitig ernüchterndes Bild über den Erfolg der bisher eingeleiteten Maßnahmen des Oberbergamtes zur Durchsetzung des zu gewährenden elementaren Unterrichts innerhalb des Freiberger Bergreviers. Das Bergamt führte darin für das laufende Schuljahr 1788/89 zunächst nur die Bergmannskinder auf, die bisher noch gar keinen Schulunterricht erhalten hatten. Dabei kam es auf eine Gesamtzahl von 2078 (1820 + 258) Kindern im Alter zwischen fünf und 14 Jahren, für die eine Unterstützung aus dem Schulfonds erforderlich sei. Von diesen gab es die Zahl der Bergmannsknaben mit 896 und die der Bergmannsmädchen, die bisher aus Armutsgründen1301 keinen Schulunterricht erhalten hätten und deren „Bildung zu christlichen und nützlichen Hauswirthinnen zeithero immer vernachlässiget worden“ wäre,1302 mit 1182 Kindern an.1303 Von dieser Gesamtanzahl bedürftiger Kinder müssten 1391 Kinder der „beweibten, würklich anfahrenden Bergleute“1304 der Klasse I – der höchsten Stufe der Bedürftigkeit – zugeordnet werden, so dass diesen wegen der Armut ihrer Eltern ein völlig unentgeltlicher Schulunterricht zu gewähren wäre.1305 Zu diesen Kindern „beweibter“ Bergleute kamen noch 258 ermittelte „Vater- und Elternlose(..) BergWaisen“,1306 von denen allein 251 (also fast 100%) – davon 94 Knaben und 157 Mädchen – ebenfalls in die höchste Armutskategorie hätten eingeordnet werden müssen.1307 Von den insgesamt durch das Bergamt Freiberg für das zu Ende gehende Schuljahr 1788/89 ermittelten 2078 Bergmannskindern würden nach Einschätzung des Bergamtes somit allein 1642 (1391 + 251), d. h. 79%(!) der Kinder beiderlei Geschlechts Anspruch auf einen völlig freien und damit unentgeltlichen Unterricht

1301 1302 1303

1304 1305 1306 1307

bedürftiger Bergleute nach Grubengebäuden statistisch aufarbeiten lassen. Vgl. dazu auch die „Spezification“ vom 10. Jan. 1789, in: BergA, BA-F, Cl. A 46/Nr. 2861, Vol. I (wie Anm. 1257), Bl. 92–101. Vgl. zur Armut unter den Berg- und Hüttenleuten – insbesondere von Freiberg – den Unterabschnitt 2.2.1, sowie grundsätzlich zur Armut in Kursachsen Bräuer (Armut in Bergstädten). Bericht des BA Freiberg vom 10. Jan. 1789 (wie Anm. 1300), hier Bl. 122 b. Vgl. dazu den Bericht des BA Freiberg vom 10. Jan. 1789 (ebd.), Bl. 121. Der tatsächliche Bedarf an Unterricht ergibt sich aus der dem Bergamtsbericht beigefügten Spezifikation über „Die höchsten Orts erforderlichen Vorschläge: Wie die mehrere Ausbreitung und Vervollkommnung der ... Unterrichtung der Berg-Jugend ... zweckmäßig unterstützet werden könne“, ebd., Bl. 123–164 b. Darin bezog sich das Bergamt auf Eintragungen in die sogenannte StadtRolle über „Vater- oder Elternlose ... Bergweyßen“; vgl. die Übersicht dazu (ebd.), Bl. 92–101. Die Anzahl der anfahrenden, „beweibten Bergleute“ wurde durch die Grubensteiger ermittelt. Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 18. Apr. 1789, in: BergA, OBA 2253, Bl. 1–7, hier Bl. 3. Vgl. dazu den Bericht des BA Freiberg vom 10. Jan. 1789 (wie Anm. 1300), Bl. 121. Für die Ermittlung der Anzahl der Bergmannswaisen waren die Stollnältesten zuständig. Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 18. Apr. 1789 (wie Anm. 1304), hier Bl. 3. Vgl. dazu den Bericht des BA Freiberg vom 10. Jan. 1789 (wie Anm. 1300), Bl. 121–122.

234

Die Herausbildung der bergmännischen Ausbildung

besitzen. Die übrigen 436 Bergmannskinder (429 + 7) – 191 Knaben und 238 Mädchen, sowie sieben Waisenkinder (vier Knaben und drei Mädchen) – der in die Bedürftigkeitskategorie „Classe II“ Eingestuften (also 21%) waren „eines milden Beytrages zum Schulunterricht bedürftig“;1308 von den Eltern dieser Kinder hätte somit die Differenz zum Schulgeld aufgebracht werden müssen. Das Bergamt prognostizierte eine Erhöhung der „Unterrichtsloßen“ Bergjugend um ein weiteres Viertel, wenn man die hinzurechnen würde, welche das fünfte Lebensjahr noch nicht erreicht hatten.1309 Wie die Alters- und Geschlechterzusammensetzung dieser Bedürftigen war, zeigt die folgende Tabelle: Tabelle II_3_3: Beihilfebedürftigkeit sowie Alters- und Geschlechterzusammensetzung der Bergmannskinder im Freiberger Bergrevier im Schuljahr 1788/89

Kinder „beweibter“ Bergleute Bergmannskinder davon bedürftig nach Stufe I

davon bedürftig nach Stufe II

Vater- und Elternlose Bergwaisen

Summe

Knaben

Mädchen

Summe

Knaben

Mädchen

1820

798

1022

258

98

160

1391

607

784

251

94

157

davon 5–7 Jahre

311

350

davon 5–7 Jahre

43

48

davon 8–10 Jahre

201

291

davon 8–10 Jahre

28

71

davon 11–14 Jahre

95

143

davon 11–14 Jahre

23

38

429

191

238

7

4

3

davon 5–7 Jahre

83

105

davon 5–7 Jahre

4

3

davon 8–10 Jahre

72

90

davon 8–10 Jahre

0

0

davon 11–14 Jahre

36

43

davon 11-14 Jahre

0

0

[Quelle: Bericht des BA Freiberg vom 10. Jan. 1789 in: BergA, OBA 2252, Bl. 120–122 b., mit Spezifikationstabelle Bl. 123–164.]

1308 Bericht des BA Freiberg vom 10. Jan. 1789 (ebd.), Bl. 121 b. Wie viele Bergarbeiterkinder (nur Knaben) letztlich schon freien Unterricht bzw. einen „milde“ Zugabe dazu im gleichen Zeitraum erhalten hatten, wurde im Bericht nicht aufgeführt. Es scheint kein einziges Bergmannskind auf Grund vorhandenen Vermögens allein durch elterliche Beiträge zum Schulbesuch geschickt worden zu sein. 1309 Vgl. dazu den Bericht des BA Freiberg vom 10. Jan. 1789 (ebd.), Bl. 122 f. Aus welchen Gründen das Bergamt hier Kinder unter fünf Jahren berücksichtigte, konnte nicht ermittelt werden.

Goldberg’sche Zeichenschule und Freiberger Elementarunterricht

235

Vergleicht man die vom Bergamt ermittelten Zahlen bedürftiger Bergmannskinder im Freiberger Bergrevier mit der Anzahl derjenigen Bergmanns- und Hüttenarbeiterkinder, die im gleichen Zeitraum insgesamt unterrichtet wurden, offenbart sich die tatsächliche Lage im allgemeinen Schulwesen. Im Jahre 1787 erhielten in den Quartalen Reminiscere = 470 Knaben, Trinitatis = 491 Knaben, Crucis = 521 Knaben und Luciae = 535 Bergmannsknaben – das heißt durchschnittlich 504 Bedürftige –1310 sowie neun Knaben der Freiberger Hüttenknappschaft Elementarschulunterricht.1311 Setzt man diese Zahl (504) in Vergleich zu den ermittelten 896 bedürftigen Bergmannsknaben waren es 1787 nur etwa 56 % der schulfähigen männlichen Bergmannskinder, die im Freiberger Revier mit Schulunterricht versorgt waren. Demgegenüber sollen 1788/89 gerade einmal 89(!) der sechs- bis 15-jährigen Bergmannsmädchen, deren Väter „im Gnadengelde“ standen, einen unentgeltlichen elementaren Unterricht erhalten haben.1312 Von den durch das Bergamt Freiberg ermittelten 2078 Bergmannskindern erhielt im angegebenen Zeitraum tatsächlich also nur ein knappes Viertel (24,25%) den nach der Erneuerten Schulordnung obligatorischen elementaren Schulunterricht. Der Bericht des Bergamtes verdeutlicht die außerordentlich große soziale Not, die in dieser Zeit unter der Bevölkerung der Bergstädte und Gemeinden im Freiberger Bergrevier geherrscht haben muss. Andererseits lässt sich aus ihm aber auch konstatieren, dass die Schulsituation in diesem doch eigentlich den christlichen Behörden zustehenden Aufsichtsbereich ohne das Eingreifen der Bergverwaltung vermutlich noch erheblich negativer ausgesehen hätte. Wollte man letztlich allen Bergmannskindern den in der Erneuerten Schulordnung vorgesehenen Elementarunterricht gewähren, mussten durch das Oberbergamt tiefgreifende schulreformerische Maßnahmen eingeleitet werden. Unter Auswertung der durch das Bergamt in der gutachtlichen Anzeige vom 10. Januar 1789 erhobenen Angaben erstattete das Oberbergamt nun seinerseits dem Landesherrn im April 1789 Bericht über die Schulsituation im Freiberger Revier und gab darin im Wesentlichen die vom Bergamt ermittelten Zahlen Bedürftiger wieder.1313 Da das Oberbergamt davon ausgehen musste, dass der Landesherr nicht für alle bedürftigen Bergmannsmädchen sofort den notwendigen Geldbeitrag zur Verfügung stellen würde, schlug es die Durchführung einer gesonderten

1310 Das waren ausschließlich Kinder männlichen Geschlechts. 1311 Vgl. dazu das Gutachten von Ferbers vom 7. Juni 1788 (wie Anm. 1141), hier die tabellarische Übersicht Bl. 56. 1312 Vgl. dazu den Bericht des BA Freiberg vom 13. Febr. 1789, in: BergA, OBA 2252, Bl. 132– 133 b. 1313 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 18. Apr. 1789 (wie Anm. 1304). Bei den „Vater- und Elternlose Berg-Waysen“ weiblichen Geschlechts führte das Oberbergamt aber 160, anstatt der vom Bergamt ermittelten 157 Kinder auf. Vgl. dazu den Bericht des OBA (ebd.), Bl. 4.

236

Die Herausbildung der bergmännischen Ausbildung

„Bet-Schicht der um baar[en] Lohn arbeitenden Bergleute ...“ vor,1314 in der Hoffnung, aus den dadurch gewonnenen Erträgen zusätzliche Finanzmittel zur Unterstützung dieses Mädchenunterrichts gewinnen zu können. Noch vor „Introdierung [Einführung – H.K.]“ einer solchen Betschicht empfahl das Oberbergamt „Höchstderoselben Befehl gemäß“ jedoch, aus landesherrlichen Mitteln einen Beitrag von 200 bis 300 Talern für die Einrichtung von „Berg-Mädchen-Unterrichts-Anstalten“ aufbringen zu lassen.1315 Wegen der vermutlich nur unzureichend in den Landeskassen vorhandenen Geldbeiträge sowie unter Berücksichtigung der Erfahrungen bei der allmählichen Installation des gewerkschaftlich finanzierten Schulunterrichts für Bergmannsknaben 1779 plädierte die Bergverwaltungsbehörde für einen allmählichen Aufbau auch des Unterrichts für Bergmannsmädchen.1316 Um nicht von vornherein eine Ablehnung durch den Kurfürsten zu riskieren und zumindest einem Teil der schulfähigen Bergmannsmädchen den freien Elementarunterricht zu ermöglichen, schlug das Oberbergamt vor, zunächst „wenigstens … die Allerärmsten mit Schul-Unterricht ... zu versorgen“, wobei es 258 Bergwaisen – davon 98 Knaben und 160 Mädchen – aufführte.1317 Allein dafür rechnete das Oberbergamt mit zusätzlichen Ausgaben in Höhe von ca. 400 Talern.1318 Dieser Bericht des Oberbergamtes vom 18. April 1789 sowie die darin vorgetragenen Vorschläge zur Einführung eines Unterrichts für Bergmannsmädchen blieben aber über vier(!) Jahre ohne kurfürstliche Reaktion, wie aus einem späteren Reskript des Landesherrn von 1793 deutlich wird.1319 Danach sei der Vorgang von 1789 „wegen damaliger Zeit-Umstände(..) [hier dürfte es sich zuallererst um die Französische Revolution von 1789 bzw. den Sächsischen Bauernaufstand von 1790 gehandelt haben –1320 H.K.] zurück geleget worden“.1321 Die geplante Einführung eines Schulunterrichts für Bergmannsmädchen, der Beihilfen des Landesherrn 1314 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 18. Apr. 1789 (ebd.), Bl. 5 b. 1315 Bericht des OBA vom 18. Apr. 1789 (ebd.), Bl. 6) Die Behörde berief sich also auf einen vorangegangenen landesherrlichen Befehl. 1316 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 18. Apr. 1789 (ebd.), Bl. 6. 1317 Bericht des OBA vom 18. Apr. 1789 (ebd.), Bl. 7. 1318 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 18. Apr. 1789 (ebd.), Bl. 7. Hieraus wird auch deutlich, innerhalb welchem engen finanziellen Spielraum das Oberbergamt planen und entscheiden musste. 1319 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 18. Juni 1793 (wie Anm. 1080), Bl. 55 f., worin der Landesherr unter Bezug auf den Bericht des OBA vom 18. Apr. 1793 die erneute gutachtliche Anzeige desselben zur Entwicklung des Bergschulwesens, insbesondere zur Ausbildung von Bergmannsmädchen forderte. 1320 Das lässt sich aus entsprechenden Aktenvermerken zum Sächsischen Bauernaufstand 1790 erschließen. Vgl. zu diesem, der auch das Untersuchungsgebiet berührte, Kaden (Bauernaufstand), insb. S. 89–93. 1321 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 18. Juni 1793 (wie Anm. 1080), Bl. 55.

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voraussetzte,1322 war in dieser Zeit für den Landesherrn sicherlich ein vollkommen nebensächliches Thema. Für den Elementarschulunterricht der Bergmannskinder weiblichen Geschlechts existierte bis 1794 noch keinerlei Kassenvermögen. In seinem Bericht vom 15. August 1793 ging deshalb der Berghauptmann in Umsetzung des vorausgegangenen kurfürstlichen Reskripts vom 18. Juni 1793 auf die Beschaffenheit des Schulunterrichts in der „Freybergischen BergSchul-Anstalt“ ein und unterbreitete Vorschläge, wie vor allem eine finanzielle Verbesserung des Unterrichts erreicht werden könne.1323 Obwohl mit dem vorhandenen Kapital von über 886 Talern auch eine Erweiterung der Bergschulausbildung für die Bergmannsmädchen möglich erschien, befürwortete von Heynitz eine solche nicht, da die Erfahrung schon öfters gelehrt hätte, dass „die quartaligen Einnahmen [Hier sind die Einnahmen der Knappschaftskassen gemeint – H.K.] ... sehr ungewiß sind; indem fast jeder Wasser-Mangel den Stillstand mehrerer Wäschen … [und] Poch- und Scheidewercke(..) nach sich zieht, wo sodann der Abtrag von den anfahrenden Bergknaben a 4 d[inar] wöchendlich sehr vermindert ausfällt ...“1324

Benno von Heynitz favorisierte unter Hinweis auf seine frühere Berichterstattung aus dem Jahre 1789 stattdessen die Durchführung weiterer Betschichten1325 und regte darüber hinaus an, die aus der Generalakzisekasse vierteljährlich „... zu erhebenden General Accis Restitutions-Gelder(..) ...“ an die Schulkassen umzuleiten und somit zweckgebunden für den Elementarunterricht der Bergmannsmädchen im Freiberger Bergrevier zu verwenden,1326 zumal die im ersten Quartal 1793 durchgeführte Betschicht zugunsten der Knappschaftskasse in Freiberg einen Überschuss von über 245 Talern erbracht hätte.1327 Der Berghauptmann rechnete 1322 Von Heynitz, der sich durch das kurfürstliche Reskript 18. Juni 1793 persönlich angegriffen gefühlt zu haben scheint, argumentierte später, dass „man“ im Bericht an den Landesherrn vom 18. Apr. 1789 „wiederholend um eine höchstbeliebige Summe etwann von 200-300 Talern für die einzurichtenden Bergmädchen-Unterrichts-Anstalten“ ersucht habe. Vortrag von Heynitz’ vom 20. Dez. 1794 vor dem OBA, in: OBA 2255, Bl. 176–185 b., hier Bl. 184 f. 1323 Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 15. Aug. 1793 (wie Anm. 1084); vgl. zu den von Heynitz’ vorgeschlagenen finanziellen Maßnahmen das Kapitel 5. 1324 Vortrag von Heynitz’ vom 15. Aug. 1793 (ebd.), Bl. 57 b. Aus diesem Vortrag wird auch sehr klar der Zusammenhang zwischen den Leistungen der anfahrenden Bergmannskinder auf den jeweiligen Gruben und den Knappschaftseinnahmen für den Bergschulunterricht deutlich. 1325 Vgl. Näheres zur Einführung dieser Betschichten im Kapitel 5. 1326 Protokoll „B“ zwischen B. von Heynitz und dem BA Freiberg vom 24. Nov. 1794, in: OBA 2255, Bl. 165–175, hier Bl. 169 f. Vgl. dazu auch bereits den Vortrag von Heynitz’ vom 15. Aug. 1793 (wie Anm. 1084), Bl. 58 f. 1327 Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 15. Aug. 1793 (ebd.), Bl. 58 b. Insgesamt hatte der finanzielle Erlös der von allen Bergleuten der Freiberger Gruben zugunsten der Knappschafts-

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deshalb fest damit, dass bei der weiteren Durchführung solcher Sonderschichten im Jahr1328 wenigstens 200 bis 300 Taler zur Verbesserung des elementaren Schulunterrichts „sowohl der Vater- und Elterlosen Waysen ..., als auch ... der allerärmsten Kinder weiblichen Geschlechts …“ gewidmet werden könnten.1329 Benno von Heynitz’ ging davon aus, mit einem solchen finanziellen Beitrag im Freiberger Bergrevier auch den Unterricht für die Bergmannskinder weiblichen Geschlechts zu verbessern, zumal von den für das Jahr 1793 vom Freiberger Bergamt ermittelten 222 weiblichen Bergmannswaisen1330 bis dahin kein einziges freien Elementarschulunterricht erhalten hatte.1331 Ursache hierfür war nichts anderes als die von Benno von Heynitz schon fünf Jahre vorher festgestellte „Eingeschränktheit“1332 des Schulfonds, der eine „… dergleichen wohlthätige Ausdehnung der Berg-Schulanstalt gegenwärttig noch nicht gestatten ...“ würde.1333 Nachdem sich die Freiberger Knappschaft anfänglich vehement gegen die Verwendung von Knappschaftsgeldern für den Schulunterricht gewehrt hatte,1334 erklärte sie sich nach der ersten erfolgreichen Betschicht schließlich am 11. September 1793 zur Zahlung eines Jahresbeitrages von 100 Talern (an anderer Stelle werden 75 Taler genannt)1335 für das zu Trinitatis [1. April]1336 1794 beginnende neue Schuljahr zum freien Unterricht für in „Berg-Allmosen“ stehende weibliche

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kasse gefahrenen Schicht über 1005 Taler betragen. Vgl. dazu den dem Bericht beigefügten „Einnahme- und Ausgabe-Extrakt“ des Bergknappschaftsschreibers Fischer vom 1. August 1793 (ebd.), Bl. 60–64 b., hier Bl. 64. Pro Jahr waren vier solcher Schichten zugunsten der Freiberger Knappschaftskasse geplant. Vgl. zum Zustandekommen dieser Schichten und der beabsichtigten Verwendung eines Teils der erzielten Erlöse zugunsten des Unterrichts für Arme und Waisen den Bericht des OBM Schmid vom 24. Sept. 1793 (wie Anm. 1126). Vortrag von Heynitz’ vom 15. Aug. 1793 (wie Anm. 1084), hier Bl. 58 b. Für die obererzgebirgischen SRZ-Schulen bzw. die Goldberg’sche Schule in Freiberg dagegen waren diese Schichten ohne Belang. Das waren über 60 mehr, als 1789 vom Bergamt Freiberg ermittelt worden waren. Vgl. hierzu die Ausführungen in: BA-F/Cl. A 46/Nr. 2861, Bd. 1, Bl. 111 b., sowie den Bericht des OBM Schmid vom 24. Sept. 1793 (wie Anm. 1126), hier Bl. 85 b. Unter „Eingeschränktheit“ war hier die Bestimmung der Gewerken gemeint, die von ihnen bereitgestellten Gelder ausschließlich für den Unterricht von Bergmannsknaben zu verwenden, um vor allem gute Steiger auszubilden. Vgl. dazu die „Registratura“ vom 24. Nov. 1794 (wie Anm. 1123), hier Bl. 160 b. Vortrag Schmids vom 24. Sept. 1793 (wie Anm. 1126), hier Bl. 85 b. Vgl. dazu im Detail das Protokoll „B“ vom 24. Nov. 1794 (wie Anm. 1326), hier Bl. 170 b.–174 b., sowie in BergA, BA-F/Cl. A 46/Nr. 3068 a), Vol. II, Bl. 52–57. Vgl. dazu den Bericht des BA Freiberg vom 26. Febr. 1795 (wie Anm. 1157), hier Bl. 96 b.–97. Vgl. dazu auch den Bericht des OBA vom 4. Apr. 1795, in: BergA, OBA 2256, Bl. 132–151, insb. die tabellarischen Übersichten Bl. 142–146, hier Bl. 143, 145. Hier ist der 1. April als Beginn des bergmännischen Quartals Trinitatis gemeint.

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Bergmannskinder bereit.1337 Allerdings wollte das Bergamt diese 75 bzw. 100 Taler nur dann für den Bergschulfonds zur Verfügung zu stellen, wenn aus den Einnahmen der Betschichten ein über den benötigten Bergalmosen liegender Überschuss verbleiben würde, zumal die durch Betschichten zu erwirtschaftenden Mittel ausdrücklich nur für sogenannte Bergalmosen „krank und bergfertig“ gewordener Bergarbeiter bzw. deren Witwen und Waisen zu verwenden seien.1338 Mit diesen durch Betschichten erwirtschafteten Geldbeiträgen ließ sich jedoch der wirkliche Schulbedarf keineswegs abdecken; viele Kinder blieben auch weiterhin unversorgt. Immerhin hätten aber mit dem Geldzuschuss nach Schätzungen des Knappschaftsschreibers Carl Friedrich Fischer1339 110, d. h. knapp die Hälfte der 222 verwaisten Bergmannsmädchen in den auf Christentum und Lesen beschränkten Unterrichtsfächern ausgebildet werden können.1340 Für die Unterrichtung der unversorgt gebliebenen verwaisten bzw. „... wahrhaftig armen Bergmädchen“ erhofften sich die Knappschaftsvorsteher der Freiberger Knappschaft eine landesherrliche Beihilfe „… aus einer Höchst-Dero eigenthümlichen Bergwercks-Caßen ...“1341 Um sich einen Überblick über die tatsächliche Bedürftigkeit zu verschaffen, forderte der Landesherr deshalb in einem Reskript vom 27. Oktober 1793 nochmals genauere Angaben zur sozialen Lage der Bergarbeiter und deren Familien, die in tabellarischer Form eingereicht werden sollten.1342 Bereits kurze Zeit darauf mahnte der Landesherr das Oberbergamt erneut an, auch

1337 Vgl. dazu den Bericht des BA Freiberg vom 10. Dez. 1794, in: BergA, OBA 2255, Bl. 187–193 b., hier Bl. 188. Vgl. dazu auch das Protokoll „B“ vom 24. Nov. 1794 (wie Anm. 1326), hier Bl. 174, sowie den Vortrag Schmids vom 24. Sept. 1793 (wie Anm. 1126), Bl. 86 b. 1338 Vgl. dazu im Einzelnen das Protokoll „B“ der Beratung zwischen von Heynitz und dem BA Freiberg vom 24. Nov. 1794 (ebd.), hier insb. Bl. 168 f. Aus den Einwendungen der Vertreter der Knappschaft wird deutlich, dass diese am liebsten überhaupt keine Beiträge zur finanziellen Unterstützung des Unterrichts von Bergmannsmädchen bereitgestellt hätten. Vgl. zur Funktion der Knappschaft und deren Kassen als „Selbsthilfeorganisation der Bergleute“ neuerdings Bräuer (Armut in Bergstädten), S. 234–238, hier S. 234. 1339 Als Knappschaftsschreiber war Fischer u. a. für die Anfertigung der jährlichen Schulkassenrechnung der Freiberger Knappschaft zuständig. Vgl. dazu den Extrakt aus der Schulkassenrechnung Fischers vom 6. März 1793 (wie Anm. 1160) hier, Bl. 1 f. Fischer fungierte zugleich als Rechnungsführer der Bergakademie. 1340 Vgl. dazu das vom Knappschaftsschreiber Fischer gefertigte Verzeichnis über die Bergmannswaisen männlichen und weiblichen Geschlechts vom 24. Aug. 1793, in: BergA, OBA 2254, Bl. 88–89 b., hier Bl. 89 f. , sowie den Bericht des OBM Schmid vom 24. Sept. 1793 (wie Anm. 1126), insbes. Bl. 87. 1341 Vortrag Schmids vom 24. Sept. 1793 ebd.), hier Bl. 87 f.; vgl. dazu auch das Protokoll „B“ vom 24. Nov. 1794 (wie Anm. 1326), hier Bl. 174 b. 1342 Vgl. dazu die Akte BergA, BA-F/Cl. A 46/ Nr. 2861, Bl. 5 f. Die dazu (Bl. 7–91) eingereichten Tabellen bieten einen guten statistischen Überblick über die soziale Notlage, in der sich viele Bergarbeiterfamilien befanden.

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innerhalb der „Freybergischen Bergschul-Anstalten“ einen Unterricht für die Bergmannskinder weiblichen Geschlechts einzurichten.1343 Der (offizielle) erste Elementarschulunterricht für weibliche Bergmannskinder im Freiberger Bergrevier kam erst im darauffolgenden Jahr (1794) zustande. Während aber die Gesamtausgaben für den gewerkschaftlich finanzierten Unterricht der männlichen Bergmannskinder im Christentum, Lesen, Rechnen und Schreiben rund 1.000 Taler betrugen, wurden für den knappschaftlich finanzierten Unterricht der Bergmannsmädchen (zunächst) lediglich ca. 65 Taler aufgewandt,1344 was natürlich viel zu wenig war, um sämtliche bedürftigen Bergmannskinder weiblichen Geschlechts1345 mit Elementarschulunterricht zu versorgen. Tatsächlich waren es dann 108 Kinder weiblichen Geschlechts –1346 davon 65 Kinder unter neun und 43 Kinder über neun Jahre alt – die von Beginn des 2. Quartals (Trinitatis) 1794 an im Freiberger Bergrevier mit Mitteln aus der Knappschaftskasse1347 mit elementarem Schulunterricht versorgt wurden.1348 Damit betrug der Anteil der unterrichteten Bergmannsmädchen nicht einmal 15% der Gesamtzahl der schulfähigen Kinder.1349 In keinem der anderen Bergreviere war das Verhältnis unterrichteter Mädchen zu Jungen in dieser Zeit so schlecht.1350 1343 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 1. Nov. 1793, in: BergA, OBA 254, Bl. 179 f. 1344 Vgl. dazu die Ökonomische Übersicht über den Zustand der Freiberger Schulkasse 1794, in: BergA, BA-F/Cl. A 46/Nr. 3068 a), Vol. II, Bl. 85 b.–86. Die Schulgeldausgaben für die wenigen unterrichteten Mädchen betrugen statt der üblichen 6 Pfennige wöchentlich „kaum 4 ½“ Pfennige, weswegen es dem Bergamt sogar gelang, eine Rücklage von 9 ½ Talern zu bilden. Vgl. dazu den Bericht des BA Freiberg vom 26. Febr. 1795 (wie Anm. 1157), Bl. 101, sowie Bl. 97 b.–98. 1345 Die Anzahl der bedürftigen Bergmannsmädchen, die nicht gleichzeitig Bergwaisen waren, deren Eltern das Schulgeld aber dennoch nicht aufbringen konnten, dürfte 1794 noch über der der Knaben – 1793 ca. 550 – gelegen haben. Vgl. hierzu BA-F/Cl. A 46/ Nr. 2861, Bd. 1 Bl. 111 b. 1346 Vgl. dazu die Akte BergA, BA-F/A 46, 3068 a), Vol. II, Bl. 84–89, sowie die „Ökonomische Übersicht“ (ebd.), Bl. 159 b.–160. 1347 Die „Poch-, Scheide- und Wäschejungen“ wurden dagegen weiterhin aus Gewerkenmitteln und die Hüttenknaben von der Hüttenknappschaft bzw. mit landesherrlichen Beihilfen aus der Oberzehntenkasse finanziert. Vgl. dazu die Ökonomische Übersicht von dem Zustand der Schulkasse auf das Jahr 1795, in: BergA, BA-F, Cl. 46/Nr. 3068 a), Vol. II, Bl. 159 b.–160. 1348 Vgl. dazu den Bericht des BA Freiberg vom 26. Febr. 1795 (wie Anm. 1157), hier die tabellarischen Übersichten Bl. 101, sowie den Bericht des OBA vom 4. Apr. 1795 (wie Anm. 1335), hier die tabellarischen Übersichten Bl. 143, 145. 1349 Im Gegensatz hierzu erhielten im gleichen Zeitraum im Freiberger Revier 737 männliche Kinder von Berg- und Hüttenleuten einen finanzunterstützten Schulunterricht. Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 4. Apr. 1795 (wie Anm. 1335), tabellarische Übersicht Bl. 145. 1350 In den obererzgebirgischen Bergrevieren lag der Anteil unterrichteter Mädchen bei etwa einem Drittel bis zur Hälfte der versorgten Bergmannsknaben; in Geyer und Ehrenfriedersdorf bzw. im Neustädtischen Kreis war er sogar höher als der der Jungen, was mit den höheren Gebur-

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Diese 1794 innerhalb des Freiberger Bergreviers als „Bergknappschaftliche Schulanstalt für Mädchen“1351 ins Leben gerufene neue Unterrichtsform stieß aber, da sie aus anderen Geldquellen finanziert werden sollte als die schon 1779 entstandenen „Gewerkschaftliche Bergschulanstalt für Knaben“1352 auf eine harsche Kritik des Landesherrn. Nach dessen Intention lag die Zweckbestimmung sämtlicher Bergschulanstalten gerade darin, die Unterrichtsversorgung „für alle … [bedürftigen – H.K.] Kinder der Berg- und Hüttenleute“ – also unabhängig von deren Geschlecht – zu übernehmen.1353 Gegen die kurfürstlichen Vorwürfe an der bestehenden Untergliederung des elementaren Bergschulsystems in gewerkschaftlich und knappschaftlich finanzierte Einrichtungen setzte sich der Berghauptmann aber zur Wehr. In einem Vortrag vor dem Oberbergamt bezeichnete er sich deshalb, um eine zukünftige Verantwortung dafür abzulehnen, als den „bisherigen O[ber] B[erg]amt[lichen] Commissario über diese Gewerkschaft[liche] Schul Anstalt“.1354 Allerdings hatte dies keine Folgen, denn nach der diesbezüglichen Entscheidung des Landesherrn verblieb bei Benno von Heynitz auch weiterhin die Oberaufsicht über sämtliche Bergschulanstalten.1355 Die Freiberger Knappschaft ging weiterhin ganz selbstverständlich davon aus, dass die Finanzierung des Unterrichts der Bergknaben auch zukünftig aus Mitteln der Gewerkschaft erfolgen würde, weswegen sie für die Beibehaltung der bisherigen finanziellen Trennung von Mädchen- und Knabenschulanstalten plädierte.1356 Wie schon einmal im Jahre 1789 ersuchte das Oberbergamt den Kurfürsten im Dezember 1794 um die Bewilligung einer landesherrlichen Beihilfe (diesmal von 100 bis 150 Talern), zweckgebunden für den Unterricht der ärmsten Bergmädchen

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tenraten von Mädchen begründet werden kann. Vgl. dazu im Einzelnen den Bericht des OBA vom 4. Apr. 1795 (wie Anm. 1335), Bl. 144 b.–145. Der Name dieser Schuleinrichtung wechselt in den ausgewerteten Akten ebenfalls. Vgl. dazu den Bericht der Knappschaft Freiberg vom 10. Sept. 1795, in: BergA, BA-F, Cl. 46/ Nr. 3068 a), Vol. II, Bl. 99–119, hier Bl. 106. Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 18. Juli 1794 (wie Anm. 1184), Bl. 111. Vortrag Benno von Heynitz’ vom 16. Sept. 1794, in: BergA, OBA 2255, Bl. 142; Hervorhebung d.d.A. Ähnlich waren auch von Heynitz’ Formulierungen in seinem Vortrag vor dem OBA vom 20. Dez. 1794 (wie Anm. 1120), hier Bl. 155, sowie im Bericht des OBA vom 11. Febr. 1795, in: BergA, OBA 2256, Bl. 119–127, hier Bl. 119–127. In letzterem Bericht hatte von Heynitz die „Entledigung“ seines Auftrages als „Commißarius“ der Freiberger Gewerkschaftlichen Schulanstalt und die Übertragung einer „combinierte(n)“ Schulanstalt auf das Freiberger Bergamt vorgeschlagen; vgl. ebd., Bl. 123 b.–124. Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 21. Aug. 1795 (wie Anm. 623). Danach hatte der Berghauptmann bei etwaiger Hinderung durch „Direktorial-Geschäfte“ die Tätigkeit im Oberbergamt so zu organisieren, dass diese Aufsicht über das Bergschulwesen nicht unterbrochen wird. Vgl. zum Verbleib der Schulaufsicht bei von Heynitz auch den Bericht Freieslebens vom 16. März 1821 (wie Anm. 417), hier Bl. 174. Vgl. hierzu den Bericht der Knappschaft Freiberg vom 10. Sept. 1795 (wie Anm. 1352), Bd. 2, Bl. 107, 109.

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im Freiberger Bergrevier.1357 Der Hauptzweck des knappschaftlichen Bergschulunterrichts1358 bestand zu diesem Zeitpunkt immer noch vor allem in einer ausreichenden Unterrichtsversorgung im Christentum.1359 In einem Reskript des Kurfürsten vom 1. Mai 17951360 heißt es dazu, „dass unter den Bergmannskindern männlichen Geschlechts, ingleichen unter den Kindern der Hüttenarbeiter(,) Niemand weiter wegen eigenen Unvermögens und wegen Unzulänglichkeit des SchulFonds des nöthigen Unterrichts im Christenthum entbehren müsse …?“1361

Das Oberbergamt wolle deshalb in einem dazu einzureichenden Gutachten mitteilen, wie viel Schulgeld zur Zeit für diejenigen Kinder beiderlei Geschlechts ausgegeben werde, die selbst bzw. deren Eltern bereits Almosen aus der Knappschaftskasse beziehen würden.1362 Dieses kurfürstliche Reskript zielte insgesamt auf eine Reform der Verwaltung der verschiedenen „Schulkassen“;1363 deswegen erwartete der Landesherr vom Oberbergamt auch Ausführungen darüber, welchen Beitrag die landesherrlichen Stolln und Röschen zum allgemeinen Schulfonds leisten könnten.1364 Gedacht war auch an eine direkte Verbindung des Elementarschulunterrichts mit den „auf dem Brande“ bestehenden Spinnanstalten.1365 Unter Hinweis auf die im Bergrevier Schneeberg existierende Klöppelschule mahnte der Landesherr wegen der höheren Schulgeldausgaben im Bergrevier Freiberg mögliche Einsparungen an Schulgeld an, damit,

1357 Vgl. dazu die Bemerkungen „B“ vom 20. Dez. 1794 von Heynitz’ (wie Anm. 675), hier Bl. 182 b.–183. 1358 Der Landesherr verwendete in seinen Reskripten fast durchweg nur diesen Begriff. 1359 Vgl. dazu das Reskript des Kurfürsten Friedrich August vom 18. Juli 1794 (wie Anm. 1184), hier Bl. 106 b. Darin kritisiert der Landesherr die Situation im Freiberger Bergrevier, da in diesem bis dahin faktisch keine Bergmannsmädchen den benötigten Unterricht im Christentum erhalten habe. Dieses immer noch bestehende „Primat“ des Religionsunterrichts zum Ausgang des 18. Jahrhunderts ist schon bemerkenswert. 1360 Auf dieses für die Entwicklung des Bergschulwesens außerordentlich wichtiges Reskript wird im Abschnitt 3.2 eingegangen. 1361 Reskript des Kurfürsten Friedrich August vom 1. Mai 1795 (wie Anm. 1253), hier Bl. 129; Hervorhebungen d.d.A.. 1362 Reskript des Kurfürsten Friedrich August vom 1. Mai 1795 (ebd.), Bl. 130. Anscheinend sollte damit einem Missbrauch des landesherrlichen Beihilfesystems vorgebeugt werden. 1363 Vgl. Näheres zur Errichtung des Systems „richtiger“ Schulkassen das Kapitel 5.1. 1364 Vgl. dazu das Reskript des Kurfürst Friedrich August vom 1. Mai 1795 (wie Anm. 1253), hier Bl. 130. Auf das unter kurfürstlicher Aufsicht stehende System der Stolln und Röschen kann hier nicht näher eingegangen werden. 1365 Vgl. dazu das Reskript des Kurfürsten Friedrich August vom 1. Mai 1795 (ebd.), Bl. 130 b.

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„in so fern der Fond [hier der knappschaftliche Schulfonds – H.K.] ein Mehreres nicht vermag, zuförderst blos auf den unentbehrlichen Unterricht im Christenthum und nächstdem im Lesen Rücksicht genommen, der Unterricht im Schreiben und Rechnen nicht zum Nachtheil des erstern ausgebreitet werden möge.“1366

Zugleich verlangte der Kurfürst vom Oberbergamt Überlegungen dahingehend anzustellen, ob nicht durch das Klöppeln ein Teil des Schulgeldes von den Kindern selbst aufgebracht werden könne.1367 Wäre dieser landesherrliche Befehl in vollem Umfang durch das Oberbergamt umgesetzt worden, hätte wegen der nicht ausreichenden Finanzmittel der bis dahin in Freiberg gewährte umfassendere Unterricht für die Bergmannskinder männlichen Geschlechts reduziert und dafür der Unterricht im Christentum und Lesen für die bisher unversorgt gebliebenen Kinder erweitert werden müssen, was einerseits zwar einen qualitativen Einschnitt, andererseits aber auch eine quantitative Verbesserung der Unterrichtsversorgung bisher nichtunterrichteter Bergmannskinder bedeutet haben würde. Benno von Heynitz wollte aber die Erweiterung der elementaren bergmännischen Bildung erreichen, ohne eine Einschränkung des bisherigen Unterrichtsniveaus für männliche Bergmannskinder – vermutlich auch im Anbetracht der zwischen ihm und den Freiberger Gewerken getroffenen Absprachen – hinnehmen zu müssen. Lösbar erschien dieses Ziel allerdings nur durch eine Verbesserung der finanziellen Basis für das gesamte Bergschulwesen. Dazu hatten der Berghauptmann und der Oberbergmeister schon in der am 24. November 1794 durchgeführten ersten Beratung mit den Knappschaftskassenvorstehern vorgeschlagen, die vom Landesherrn gewünschte Erhöhung des knappschaftlichen Beitrages für den Schulgelderfonds aus den „Seiten(s) der Knappschaft vierteljährig bey hiesiger(,) aus der General Accis Kasse zu erhebenden General Accis Restitutions-Geldern(,) derer zum Bergbau von denen in hiesiger Stadt wohnenden Lieferanten verkauften Materialien“ aufzubringen.1368 Auch hiergegen waren zwar von den Vorstehern der Knappschaftskassen Einwände gemacht,1369 ein Jahr später aber der bisher zugesagte Knappschaftsbeitrag auf 150 Taler erhöht worden – allerdings wiederum unter Geltendmachung eines Vorbehalts der gegebenenfalls not1366 Reskript des Kurfürsten Friedrich August vom 1. Mai 1795 (ebd.), Bl. 130 f.; Hervorhebungen d.d.A. 1367 Vgl. dazu das Reskript des Kurfürsten Friedrich August vom 1. Mai 1795 (ebd.), hier Bl. 129 f. 1368 Protokoll „B“ vom 24. Nov. 1794 (wie Anm. 1326) , hier Bl. 169 b. Vgl. Näheres zu dieser „General-Accis-Restitution“ im Abschnitt 5.1. 1369 Vgl. dazu die Anzeige der Vorsteher der Bergknappschaft Freiberg an das OBA vom 8. Dez. 1794, in: BergA, BA-F/Cl. A 46/Nr. 3068 a), Vol. II, Bl. 61–67, in der es heißt, dass die ursprüngliche Bestimmung der Knappschaftskasse „von jeher … allein die Unterhaltung alter, kranker, und bergfertiger … Bergleute, ingleichen deren Witben und Waisen“ gewesen wäre. (Ebd.), hier Bl. 62 b.

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wendigen Befriedigung eigener (knappschaftlicher) Bedürfnisse aus dem „Knappschaftsalmosen.“1370 Auf einen Bericht des Berghauptmannes, in dem dieser wegen der Erhöhung des Knappschaftsbeitrages für den Unterricht bedürftiger Bergmannsmädchen die Ergebnisse seiner Verhandlungen mit den Knappschaftsvorstehern Freibergs darlegte,1371 erklärte sich der Landesherr trotz seiner früher geäußerten Kritik gegen die praktizierte Trennung zwischen der gewerkschaftlich und knappschaftlich finanzierten Schulbildung mit (zunächst) ausschließlicher Verwendung der Knappschaftsbeiträge für den Unterricht der weiblichen Bergmannskinder einverstanden.1372 Ungeachtet dieser Zustimmung ist aus dem Text des kurfürstlichen Reskripts der eindeutige Wille des Landesherrn auf eine Überwindung dieser Unterscheidung zwischen gewerkschaftlichen und knappschaftlichen Schulanstalten zu entnehmen.1373 Am 10. September 1795 berichteten auch Zechmeister und Vorsteher der Bergknappschaftskasse Freiberg dem Bergamt über die bisherige Unterstützung aus der von ihnen verwalteten Knappschaftskasse. Sie versuchten sich zunächst mit Hinweis auf den eigentlichen Zweck der auszuteilenden Almosen – nämlich für Kranke und „Bergfertige“ bzw. deren Witwen und Waisen – von der vom Landesherrn geforderten höheren Unterstützung für die „Knappschaftliche(..) BergmädchenSchul-Anstalt“ zu entziehen.1374 Die Knappschaftsvertreter formulierten, unter dem Bergvolk könnte „Unmut“ entstehen, wenn man die Mittel der Knappschaft anderweitig verwenden würde –1375 ein nicht uninteressanter Versuch der Knappschaft, höhere Leistungen für bedürftige Bergmannsmädchen doch noch zu verhindern. Für den Fall, die Knappschaft sähe sich nicht in der Lage, die 150 Taler Unterstützungsgelder aufzubringen, geht sie von der Entlassung der Bergmannsmädchen aus dem Unterricht aus.1376 Wie schon ein Jahr zuvor ersuchte die Knappschaft ihrerseits das Oberbergamt, den Landesherrn zu einer – nun höheren – Unterstützung für die Mädchenschulanstalt zu bewegen.1377 1370 Vgl. dazu das Patent des OBA vom 11. Juli 1795 an das BA Freiberg, BergA, BA-F, Cl. A46/ Nr. 3068 a), Vol. II, Bl. 93–94. 1371 Bericht von Heynitz’ vom 11. Febr. 1795 (wie Anm. 1354), hier Bl. 119–122. In diesem bezeichnete sich von Heynitz erneut als „bisherigen Commißarius über diese [Freiberger – H.K.] gewerkschaft[liche] Schulanstalt …“ 1372 Vgl. dazu Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 1. Mai 1795 (wie Anm. 1253), hier Bl. 129. 1373 Vgl. dazu Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 1. Mai 1795 (ebd.), hier vor allem Bl. 128 b. 1374 Der verfassungsmäßige Zweck der Beiträge für die Knappschaftskasse sei „die Versorgung der Bergarmen mit benöthigten Almosen.“ So der Bericht der Knappschaft vom 10. Sept. 1795 (wie Anm. 1352), hier Bl. 110 b. 1375 Bericht der Knappschaft Freiberg vom 10. Sept. 1795 (ebd.) in, hier Bl. 99 b. 1376 Vgl. dazu den Bericht der Knappschaft Freiberg vom 10. Sept. 1795 (ebd.), Bl. 107 b. 1377 Vgl. dazu den Bericht der Knappschaft Freiberg vom 10. Sept. 1795 (ebd.), Bl. 105.

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Der Kurfürst selbst war zwar grundsätzlich nicht abgeneigt, durch finanzielle Beihilfen auch die Ausweitung des Unterrichts für Bergmannsmädchen zu fördern, wies aber zunächst das Oberbergamt an zu prüfen, ob nicht etwa die für die Knappschaftlichen Schulanstalten der obererzgebirgischen Bergreviere aus der Oberzehntenkasse bis dahin bereitgestellten 600 Taler1378 nicht auch zur Ausbildung der Freiberger Bergmannsmädchen ausreichen würden.1379 Letztlich kam der Landesherr jedoch durch die Zuweisung weiterer 110 Taler dem Wunsch der Freiberger Knappschaft, zur finanziellen Beihilfe zum elementaren Schulunterricht der Bergmannsmädchen beizutragen, nach. Damit standen für diesen Zweck jährlich zunächst ca. 260 Taler zur Verfügung. Da aber auch diese Mittel für die Ausbildung sämtlicher bedürftiger Bergmannsmädchen nicht ausreichten, blieb die Schulausbildung der Freiberger Bergmannsmädchen im Allgemeinen auf Religions- sowie Leseunterricht beschränkt.1380 Zwei Jahre darauf, im Februar 1797, konnte das Bergamt Freiberg dem Oberbergamt über das eben abgeschlossene Schuljahr 1796 berichten, dass 232 „Köpfe“ weiblichen Geschlechts sowie weitere 14 Mädchen, die nach „… erfolgter Präparation zum Abendmahl abgegangen …“ seien, freien Unterricht im Christenthum und Lesen erhalten hätten.1381 Mit insgesamt 2461382 unterrichteten Bergmannsmädchen hatte somit immerhin mehr als eine Verdoppelung der Unterrichtsversorgung weiblicher Bergmannskinder stattgefunden. Dafür standen zu diesem Zeitpunkt etwas mehr als 224 Taler – 150 aus der Freiberger Knappschaftskasse, ca. 59 Taler Beihilfe aus dem Freiberger Oberzehnten und knapp 15 Taler Überhang aus dem Jahre 1795 – zur Verfügung.1383 Damit war zwar der Anteil unterrichteter Bergmannsmädchen an der Gesamtzahl mit elementarem Schulunterricht versorgter Bergmannskinder auf etwas über 25% angestiegen, dennoch dürfte dieses Ergebnis weder das Oberbergamt noch den Landesherrn zufriedengestellt haben, zumal in einigen obererzgebirgischen Bergrevieren dieser Prozentsatz der Unter-

1378 Diese Beihilfe hatte vor 1789 300 Taler betragen und war ab Ostern 1789 durch ein kurfürstliches Reskript auf 600 Taler erhöht worden – vgl. Näheres dazu im Unterabschnitt 5.1.3. 1379 Vgl. dazu das Patent des OBA an das Bergamt Freiberg vom 30. Dez. 1795 – hier unter Bezug auf ein vorangegangenes landesherrliches Reskript in: BergA; BA-F/Cl. A46/Nr. 3068 a), Vol. II, Bl. 127. 1380 Vgl. dazu den späteren Bericht Freieslebens vom 16. März 1821 (wie Anm. 417), hier Bl. 166. Der Bericht Freieslebens befindet sich auch in: BergA, OBA 2289, Bl. 6–47. 1381 Bericht des BA Freiberg vom 28. Febr. 1797, in: BergA, OBA 2257, Bl. 237–244, hier Bl. 237. 1382 Die Zahlen der unterrichteten Bergmannsmädchen schwanken auch in dieser Zeit etwas. So findet sich für das Jahr 1795 schon einmal die Angabe von 271 unterrichteten Bergmannsmädchen. Vgl. hierzu die Akte BergA, BA-F/A 46/Nr. 3068 b), Vol. III, Bl. 140–145 b. 1383 Vgl. dazu den Bericht des BA Freiberg vom 28. Febr. 1797, in: BergA, OBA 2257, Bl. 237– 244, hier Bl. 239 b.–240.

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richtsversorgung wesentlich höher ausfiel.1384 Ungeachtet dessen plante das Bergamt Freiberg für das folgende Schuljahr lediglich einen geringfügigen Anstieg der Schülerinnenzahl auf 262.1385 Zu den Ursachen dafür, dass auch am Ausgang des 18. Jahrhunderts noch nicht alle bedürftigen Mädchen unterrichtet werden konnten, heißt es in den Akten: „Die Hindernisse, welche dem weiblichen Schulunterricht noch jetzt entgegen stehen, sind in den Wintermonaten der Mangel an Bekleidung1386 bey den Kleinen und öfters Dürftigkeit der Aeltern, die die Schulstunden der Mädchen als einen Abgang der Zeit zu Erwerbung ihres Brodes ansehen wollen.“1387

Deshalb darf es nicht verwundern, dass sich in den ausgewerteten Akten immer wieder Hinweise für das Engagement des Oberbergamts, aber auch einzelner Bergämter für eine Versorgung bedürftiger Bergmannskinder mit Kleidung und Schuhen finden lassen.1388 Ungeachtet dieser Widrigkeiten bedeutete die 1794 erfolgte Etablierung des Elementarunterrichts für Bergmannsmädchen innerhalb des Freiberger Bergreviers für viele Kinder 20 Jahre nach Verabschiedung der Erneuerten Schulordnung überhaupt die erstmalige Möglichkeit der Teilnahme an einem solchen Unterricht. Ohne die Bemühungen des Oberbergamtes – hier allerdings einmal auf kurfürstli1384 Vgl. Näheres zur Unterrichtsversorgung in den obererzgebirgischen Bergrevieren im Abschnitt 3.2. 1385 Vgl. dazu den Bericht des BA Freiberg vom 28. Febr. 1797 (ebd.), Bl. 242 f. Anscheinend sind dann aber tatsächlich lediglich 238 Bergmannsmädchen mit Unterricht versorgt worden. Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 24. März 1798 (wie Anm. 543), beigefügte Tabelle B über die Knappschaftlichen Schulanstalten, Bl. 140. 1386 So fehlten im Bergrevier Altenberg noch um 1800 in „der Winterzeit … den armen Bergmannsmädchen die nöthigen Schuhe und Strümpfe zur Bekleidung …, wenn sie die Schule besuchen sollen.“ Bericht des BA Altbg. vom 10. Febr. 1801 (wie Anm. 663), hier Bl. 146 f. 1387 Bericht des Freiberger Zechmeisters Just vom 13. Febr. 1796, in: BergA, BA-F/Cl. A 46/Nr. 3068 a), Vol. II., Bl. 152. Neugebauer (Niedere Schulen und Realschulen), S. 226 f., bestätigt einen solchen Sachverhalt für Regionen mit „starker Landarmut“, weswegen auch „… landesherrliche Befehle oder nachdrückliche Ermahnungen …“ zu einem Schulbesuch [meist – H.K.] nichts auszurichten vermochten. Wegen mangelnder Kleidung waren in Ostpreußen selbst um 1800 noch Kinder im Winter auf dem Schulweg erfroren. Vgl. dazu Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 284, hier unter Bezug auf eine von ihm ausgewertete Akte des Oberschulkollegiums. 1388 So stellte das Bergamt Altenberg im Jahre 1800 für die ärmsten der Schulkinder (vier Knaben und sechs Mädchen), die den knappschaftlichen Unterricht in Altenberg besuchten, die erforderliche Winterbekleidung, bestehend aus „1. paar Schuhe(n) und dicke(n) Strümpfe(n) sowohl nach Befinden Flanel(l) zur nothdürftigen Winter Bekleidung …“ zur Verfügung. Bericht des BA Altbg. vom 10. Febr. 1801 (wie Anm. 663), hier Bl. 146 f. Der erforderliche finanzielle Aufwand in Höhe von neun Talern, fünf Groschen und acht Pfennigen wurde in der Hoffnung auf Genehmigung durch das Oberbergamt aus der Knappschaftlichen Schulkasse beglichen; vgl. ebd., Bl. 146 b.

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che Veranlassung hin – hätte eine solche Maßnahme mit Sicherheit noch einige Jahre auf sich warten lassen müssen. Somit lässt sich trotz aller Mängel und Unzulänglichkeiten vor allem des elementaren Unterrichts an den Knappschaftlichen Schulanstalten ausgangs des 18. Jahrhunderts im Freiberger Bergrevier eine durchaus positive Bilanz der bergmännischen (elementaren) Schulentwicklung ziehen, zumal, wenn man die allgemeine Unterrichtsversorgung in dieser Zeit im Raum Freiberg vor Augen hat.1389 Nicht nur, dass mit der beginnenden Unterrichtung auch weiblicher Bergmannskinder ein Umdenken im Freiberger Bergrevier erkennbar wird, es hatte sich auch die Anzahl der unterrichteten Kinder insgesamt erhöht. Im Ergebnis einer durchgeführten Visitation des Unterrichts an den Knappschaftlichen Schulanstalten resümierte der Verwalter der Bergschulkasse in einem Bericht an das Oberbergamt deshalb: „Allein ich habe auch in diesem Jahr mehrere Schulen sehr verbessert gefunden.“1390 2.3.4. Zusammenfassung

Innerhalb des Bergreviers Freiberg und innerhalb der obererzgebirgischen Bergreviere bildeten sich zwischen 1776/77 und 1794 zum Teil voneinander abweichende Formen einer elementaren Unterrichtsversorgung sowie einer darüber hinausgehenden bergmännischen Berufsausbildung heraus. Begonnen wurde diese „Testphase“ in Freiberg mit dem Unterricht von 24 (vermutlich nur) anfahrenden Bergmannskindern im Christentum, Lesen, Schreiben und Rechnen an der Freiberger Eusebienschule bzw. der Erbisdorfer Schule. Für die acht besten „Bergmannspurschen“ setzte 1777 beim Bergakademisten Lempe (fortgeführt seit 1779 vom Bergakademisten und späteren Schichtmeister Goldberg) eine ganz besondere Bildungsform ein, die als berufsbegleitende bergmännische Ausbildung bezeichnet werden kann. Ab 1779 begann dann für 26 bedürftige Bergmannskinder ein Elementarunterricht an mehreren deutschen Schulen in Freiberg und dessen Umgebung, der zunächst ausschließlich mit Gewerkenmitteln finanziert, aber unter organisatorischer Hilfe der Knappschaften verwirklicht wurde. Ab 1786 konnte diese Unterrichtsversorgung bedürftiger Bergmannskinder durch die Bereitstellung einer landesherrlichen Beihilfe, die aus der Freiberger Oberzehntenkasse zu gewähren war, verbessert werden; allerdings partizipierten anfangs nur die obererzgebirgischen 1389 So besuchten nach Fröber (Freiberger Volksschulwesen), S. 58, noch im Herbst 1799 von den insgesamt 500 schulfähigen Mädchen in Freiberg (es ist allerdings unklar, ob in dieser Zahl auch Bergmannsmädchen enthalten sind) „viele derselben … aber keine Schule.“ 1390 Bericht (vermutlich des Stollnobersteigers Beyer, um 1802) an von Charpentier (wie Anm. 428), hier Bl. 62 b.

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sogenannten Knappschaftlichen Schulanstalten sowie die Goldberg’sche Zeichenund Rechenschule in Freiberg von dieser landesherrlichen Beihilfe. Bis zum Jahre 1786 wurde der elementare Schulunterricht ausschließlich Kindern von Bergarbeitern männlichen Geschlechts zuteil; danach kamen auch bedürftige (männliche) Kinder von Hüttenarbeitern in den Genuss dieses Unterrichts. Die elementare Schulbildung beinhaltete neben Religion und Lesen in der Regel auch den Unterricht im Schreiben und Rechnen. Vom Unterrichtsumfang her betrachtet ging man damit im Freiberger Bergrevier über das, was an den etwas später errichteten Knappschaftlichen Schulanstalten in den obererzgebirgischen Bergrevieren an Schulwissen vermittelt werden sollte, hinaus. Zudem bot man in Freiberg und Brand von Beginn an den besten männlichen (zumeist anfahrenden) Bergmannskindern auch einen darüberhinausgehenden Unterricht im Schreiben und Rechnen an. Letzteren hielt in Freiberg zunächst der Ratsstuhlschreiber Oehlschlägel, in Brand ein dazu befähigter Bergmann namens Schmidt. Die Aufsicht über alle diese unterschiedlichen Unterrichtsformen lag ausschließlich bei der Bergverwaltung. Die Oberaufsicht darüber hatte der „Commissarius“ für das gesamte Bergschulwesen, der (ab 1784) Berghauptmann Benno von Heynitz, nach dessen grundlegenden Planungen dieses Bergschulsystem gestaltet worden war. Nach massiver Kritik seitens des Kurfürsten begann man schließlich im Jahre 1794 an den deutschen Schulen innerhalb des Bergreviers Freiberg mit der Unterrichtsversorgung bedürftiger weiblicher Bergmannskinder, wenn auch (zunächst) beschränkt auf Christentum und Lesen. Die Mittel dafür stellte – wie im oberen Erzgebirge – die örtliche Knappschaft zur Verfügung; seitens des Landesherrn erfolgte die Zahlung einer Beihilfe aus der Oberzehntenkasse, ohne die der Unterricht hätte nicht geboten werden können. Entsprechend der Unterrichtsrealität unterschied das Bergamt Freiberg in seiner Berichterstattung den (weitgehend) gewerkschaftlich finanzierten Unterricht für männliche Bergmannskinder streng von der elementaren Unterrichtsversorgung der Bergmannsmädchen. Mit der Einführung des Bergmädchenunterrichts 1794 kann man die Phase der Herausbildung und Festigung eines bergmännischen Schulwesens, das mehrere Schultypen innerhalb eines Systems miteinander verband, als abgeschlossen betrachten. Fast zeitgleich ergriff das Oberbergamt Maßnahmen zur Verbesserung der fachlichen Ausbildung für zukünftige (höhere) Bergbeamte und bergmännische Fachkräfte an der Bergakademie Freiberg, die in letzter Konsequenz auch das Bergschulsystem berührten und die Goldberg’sche Zeichen- und Rechenschule sowie die obererzgebirgischen SRZ-Schulen zu Vorstudienanstalten der Bergakademie entwickeln ließen. Welcher Art die bergmännischen Schulanstalten im oberen Erzgebirge waren und wie sich diese etablierten, soll im nächsten Kapitel verdeutlich werden.

3. Die besonderen Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen innerhalb der Knappschaftlichen Schulanstalten der obererzgebirgischen Bergreviere 3.1. Die Installation eines überwiegend knappschaftlich organisierten Religions- und Leseunterrichts Die Geschichte des obererzgebirgischen1391 Bergschulwesens ist vermutlich nur zu verstehen, wenn man sie im Kontext mit der allgemeinen Schulentwicklung ihrer Zeit betrachtet. Ausgangspunkt des Bergschulunterrichts im oberen Erzgebirge war, wie im Freiberger Revier auch, zunächst nur der Unterricht in den elementaren Schulfächern Christentum und Lesen.1392 Die Installation der ersten Versuche dieser Unterrichtsform erfolgte hier bereits kurze Zeit nach der Einrichtung eines vergleichbaren Unterrichtes im Freiberger Bergrevier. Bis etwa 1784 bildete sich mit den meist als Knappschaftliche Schulanstalten bezeichneten Einrichtungen fast flächendeckend in den Städten und Dörfern innerhalb der Bergreviere des oberen Erzgebirges ein spezielles, in der Regel auf elementare Kenntnisvermittlung beschränktes bergmännisches Schulsystem heraus. Die deutschen Schulen, an denen der Elementarunterricht meist stattfand, waren organisatorisch und hinsichtlich ihrer Unterstellung zwar grundsätzlich den christlichen Schulbehörden zugeordnet, ungeachtet dessen sollte die Bergverwaltung aber mit der Zeit einen wesentlichen Einfluss auf sie gewinnen. Diese Art von Schulen stellten nach Neugebauer den besonderen Typus´ „einer Dorf- oder niederen Stadtschule [dar], in der die einfachen religiösen Lehrtexte, Katechismus und Gesangbuch … benutzt wurden, um elementare, kommunikative Kulturtechniken zu vermitteln und zu üben, vor allem die Buchstaben und das Lesen, sodann vielleicht auch schon das Schreiben.“1393 1391 Vgl. zu den obererzgebirgischen Bergrevieren den Abschnitt 2.1, sowie zur historischen Herausbildung dieser Reviere grundsätzlich die Arbeit von Laube (Studien). Die Untersuchung wird hier bewusst auf die obererzgebirgischen Bergreviere beschränkt. Das kleine vogtländische Bergrevier Voigtsberg und das Bergrevier Neustädtischer Kreis werden z. T. in die Untersuchung einbezogen, das thüringische Bergrevier Henneberg dagegen nur zu Vergleichszwecken mit erwähnt. 1392 Diese Fächer bildeten die Voraussetzung für die Teilnahme der Kinder an den vielfältigen religiös geprägten Veranstaltungen im Kirchenleben der Gemeinden bis zur Konfirmation. 1393 So Neugebauer (Niedere Schulen und Realschulen), S. 245. Hartleb (Schulwesen), S. 518, bemerkte dazu sicherlich zu recht, dass mit der Vermittlung der „... Kulturtechniken Lesen und Schreiben ... [erst] die Auseinandersetzung mit Katechismus und Bibel ...“ möglich wurde.

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Die besonderen Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen

Von der Schulverfassung her betrachtet waren die Knappschaftlichen Schulanstalten Teil dieser deutschen Stadt- und Dorfschullandschaft innerhalb Kursachsens.1394 Die von der Bergverwaltung dorthin delegierten Kinder erhielten von den vertraglich gebundenen Dorfschullehrern prinzipiell den gleichen elementaren Unterricht wie auch die übrigen Stadt- und Dorfkinder – allerdings in der Regel von Letzteren getrennt. Zwar führte der örtlich zuständige Pfarrer als Vertreter der christlichen Schulverwaltung die unmittelbare Aufsicht über den Unterricht, da aber der Unterricht oftmals erst mit Hilfe der durch die Bergverwaltung eingenommenen Geldbeträge finanziert werden konnte und die Lehrer zugleich durch einen „Revers“ der Bergverwaltung gegenüber verpflichtet waren, erwirkte sich Letztere eine konkurrierende Schulaufsicht. Diese wurde von den regionalen Bergämtern im Benehmen mit den örtlichen Bergknappschaften wahrgenommen. Die Knappschaften – in einigen Bergrevieren auch die mitfinanzierenden Gewerken1395 – konnten somit im Einzelfall auch auf die innere Organisation des Schulbetriebes Einfluss nehmen. Da die örtlichen Vertragslehrer nicht nur auf das Wohl der Bergverwaltung, sondern auch das der geldgebenden Knappschaften bzw. Gewerken angewiesen waren,1396 ließ sich über dieses Institut der konkurrierenden Aufsicht der elementare Unterricht „steuern“. Die letzte und damit die Oberaufsicht über diesen Teil der Schulaufsicht lag beim Kursächsischen Oberbergamt Freiberg, wahrgenommen durch Benno von Heynitz. Auch in den obererzgebirgischen Bergrevieren1397 bestand – allerdings bei wesentlich weniger Bergarbeiterkindern als im Freiberger Bergrevier – ein hoher Bedarf an Erteilung eines unentgeltlichen Elementarschulunterrichts. In den ersten Jahren der Etablierung dieser speziellen Unterrichtsform für Bergmannskinder konnte dieser aber lange nicht allen tatsächlich Bedürftigen geboten werden und 1394 Dass vom Kurfürsten diese „Knappschaftichen Bergschulanstalten“ tatsächlich als eine besondere Form der deutschen Stadt- und Dorfschulen betrachtet wurden, belegt dessen späteres „Schulreskript“, in welchem er den Knappschaften die Rolle der Gemeinden übertragen wollte, die nach § 5 der Erneuerten Schulordnung von 1773 bei Armut der Eltern oder bei Waisenkindern das erforderliche Schulgeld aufbringen sollten. Vgl. dazu das Schulreskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 13. Dez. 1793 (wie Anm. 1056), hier Bl. 155 b. Vgl. dazu auch den Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794, in: BergA, OBA 2254, Bl. 166–188, hier Bl. 166 b.–167. 1395 In dem durch Zinnerzbergbau geprägten Bergrevier Altenberg sowie im prosperierenden Bergrevier Johanngeorgenstadt erfolgte die Finanzierung dieses Unterrichts auch aus Mitteln der dortigen Gewerken. 1396 Auch wenn, wie jüngst Moderow (Volksschule), S. 49–51, nachweisen konnte, die Lehrerbesoldung nur einen Teil ihrer Einnahmen ausmachte, waren die Lehrer doch auch gerade auf diese Beträge angewiesen. 1397 Zu den hier untersuchten obererzgebirgischen Bergrevieren gehörten zu dieser Zeit Altenberg mit Glashütte und Berggießhübel, Marienberg, Annaberg, Scheibenberg mit Oberwiesenthal, Geyer und Ehrenfriedersdorf, Johanngeorgenstadt mit Schwarzenberg, Schneeberg und Eibenstock. Vgl. dazu auch Köhler (Anleitung zur Verfassung beim Bergbau), S. 73.

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der noch weiterführende und zugleich wesentlich teurere Schreib-, Rechen- oder Zeichenunterricht blieb – im Gegensatz zum Freiberger Bergrevier – zunächst nur auf ganz wenige Ausnahmefälle beschränkt. Der damalige Vizeberghauptmann des Freiberger Oberbergamtes, Benno von Heynitz, berichtete am 4. März 1782 in seiner Eigenschaft als „Commissarius“ über das erst noch aufzubauende Schulsystem für Bergmannskinder in den obererzgebirgischen Bergrevieren und stellte in Bezug auf die Entwicklung der Knappschaftlichen Schulanstalten fest, dass die „vorzüglichsten darunter ... die zu Johann-Georgenstadt und zu Altenberg“ seien,1398 sodann würden die zu Marienberg und Annaberg folgen.1399 Auch fünf Jahre nach der Verabschiedung des von Heynitz’schen Schulplanes von 1779 war der Umfang der Unterrichtsversorgung bedürftiger Bergmannskinder noch stark abhängig vom Zustand des jeweiligen Bergbaus und der daraus resultierenden tatsächlichen „Liquidität“ der örtlichen Knappschaftskassen. Lag der Bergbau danieder und fehlten die entsprechenden Geldeinlagen in den Knappschaftskassen, konnte eine Schulausbildung – in welcher Form auch immer – nur durch zusätzliche Beihilfen aus Landeskassen garantiert werden.1400 Stand der Bergbau dagegen in Blüte, im „Flor“, waren die Knappschaften zwar zum Teil sogar in der Lage, den Bergschulunterrichts auch aus eigener Kraft zu finanzieren, fanden sich allerdings häufig nicht dazu bereit.1401 Ganz deutlich wird dieser Zusammenhang aus der im Oktober und November 1784 erfolgten Berichterstattung der Bergämter sowie des Oberhüttenamtes vom 3. Juli 1784 an das Oberbergamt,1402 zudem aus einem Vortrag des nunmehrigen Berghauptmannes1403 Benno von Heynitz vom 20. Januar 1785 vor dem Oberbergamt.1404 In ihren Berichten sollten die Vertreter der einzelnen Bergämter Überlegungen darüber anstellen,

1398 Das waren genau die Bergreviere, in denen die Gewerken maßgeblich an der Finanzierung beteiligt waren. Dadurch konnte – wie viele Jahre in Altenberg – die Beihilfe aus dem Freiberger Oberzehnten entweder ganz wegfallen oder zumindest begrenzt bleiben. 1399 Vgl. hierzu den Vortrag von Heynitz’ vom 4. März 1782 (wie Anm. 900), Bl. 135. Für Marienberg muss auf die fördernde Rolle des früheren Bergmeisters und späteren Oberberghauptmannes von Trebra verwiesen werden. 1400 Vgl. dazu insbes. das Kapitel 5. 1401 Die Knappschaften setzten genau wie im Freiberger Bergrevier meist andere Prioritäten bei der Verwendung ihrer Knappschaftseinnahmen. 1402 Vgl. dazu den Bericht des OHA vom 3. Juli 1784 (wie Anm. 1233), der auf der vorangegangenen Verfügung Benno von Heynitz’ vom 10. Apr. 1784 basierte, sowie die Berichte der BÄ in: BergA, OBA 2251, Bl. 5–58 b. 1403 B. von Heynitz war an Stelle des verstorbenen bisherigen Berghauptmanns Eugen Pabst von Ohain 1784 zum Berghauptmann ernannt worden. Vgl. zu den Bestallungen im Einzelnen die Akte BergA, OBA 3424, insbes. den Berichtsentwurf von Heynitz’ vom 18. Jan. 1788 (ebd.), o. Bl., sowie die Vita von Heynitz’ in der Anlage. 1404 Vgl. dazu den Bericht von Heynitz’ vom 20. Jan. 1785 (wie Anm. 1134), Bl. 59–61 b.

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Die besonderen Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen

„a) in welchen Umständen (sich) die bereits ... zum Theil verbesserte Unterweisung der BergJugend in Christenthum, Lesen, Schreiben und Rechnen … gegenwärtig befinden … [würde] und b) durch was für Mittel(,) auch mit welchem jährlichen Aufwand solche ... desto zweckdienlicher zu machen seyn dürfte?“1405

Dazu führten die einzelnen Bergämter und das Oberhüttenamt nicht nur aus, wie sich die Entwicklung des knappschaftlichen Schulsystems insgesamt vollzogen hatte, sondern sie zeigten zugleich in Tabellenform an, welche finanziellen Mittel im jeweiligen Revier zur Unterrichtung der Kinder bedürftiger Bergleute zur Verfügung standen und wie vielen Bergmannskindern im schulfähigen Alter aus Armutsgründen ein freier, d. h. kostenloser Unterricht, zu gewähren war.1406 Da die Anzahl der bedürftigen Kinder häufig das Kassenvermögen der Knappschaftskassen überstieg, unterbreiteten die Bergämter nach vorausgegangenen Abstimmungen mit Ersteren Vorschläge über Maßnahmen zur Verbesserung der Unterrichtsversorgung, die das Oberbergamt seinerseits einer detaillierten Überprüfung unterzog. Dem Oberhüttenamt ging es in seiner „Promemoria“ darum, „… den Söhnen der Hüttenarbeiter in eben der Maße, wie den Söhnen des Bergvolcks den Schul-Unterricht … angedeyhen [zu] lassen …“1407 Tatsächlich konnte noch 1784 auch für einige wenige Kinder von Hüttenarbeitern ein unentgeltlicher Schulunterricht eingeführt werden.1408 Aus den erwähnten bergamtlichen Berichten bzw. dem Vortrag Benno von Heynitz’ vor dem Oberbergamt stellte sich der Stand der Unterrichtsversorgung in den einzelnen obererzgebirgischen Bergrevieren zum Jahresende 1784 wie folgt dar: Bergrevier Altenberg mit Glashütte und (Berg-)Gießhübel Im Bergrevier Altenberg1409 habe sich die dortige „Schul-Einrichtung … bereits verbessert“, stellte der Berghauptmann am 20. Januar 1785 fest.1410 In diesem Berg1405 Bericht des BA Annbg. vom 16. Okt. 1784, in: BergA, OBA 2251, Bl. 22–25 b., hier Bl. 22 b. 1406 Vgl. dazu im Einzelnen den Bericht des OHA vom 3. Juli 1784 (wie Anm. 1233), sowie de BÄ der obergebirgischen Bergreviere vom Okt. und Nov. 1784 (wie Anm. 1402). In den den Berichten beigefügten tabellarischen Übersichten wurden neben der Anzahl sogar die Namen der bedürftigen Bergmannskinder aufgeführt. 1407 Bericht des OHA an von Heynitz vom 3. Juli 1784 (wie Anm. 1233), hier Bl. 3 b.–4. Dieses „Promemoria“ war an erster Stelle von Christlieb Ehregott Gellert – dem Bruder des aus Hainichen stammenden Fabeldichters Christian Fürchtegott Gellert – unterzeichnet worden. C.E. Gellert lehrte seit 1766 an der Bergakademie „Metallurgische Chemie“ und besaß zugleich als Mitglied des Oberhüttenamtes eine einflussreiche Stellung innerhalb der Berg- und Hüttenverwaltung. 1408 Vgl. dazu Näheres im Unterabschnitt 2.3.2. 1409 Der BA-Bericht ging erst nach von Heynitz’ Vortrag beim Oberbergamt ein. Vgl. dazu den Bericht des BA Altbg. vom (?) in: BergA, OBA 2251, Bl. 64–71. 1410 Vortrag von Heynitz’ von 20. Jan. 1785 (wie Anm. 1134), hier Bl. 61.

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revier sei schon im Quartal Crucis1411 (also mit Beginn des 3. Quartals) 1778 und damit fast zeitgleich mit dem Beginn der Unterrichtsversorgung im Bergrevier Freiberg ein elementarer Schulunterricht, den die dortige „Stock- und StollnGewerkschaft“1412 aus einer gesonderten Schulkasse finanzierte, eingerichtet worden.1413 Als Lehrer fungierten der Altenberger Rektor Jentsch und der Kantor Lohse. 17871414 erteilte Jentsch 30 und Lohse 38 bedürftigen Bergmannskindern Unterricht.1415 Bergrevier Marienberg Im Bergrevier Marienberg wurden 1784 insgesamt 32 Kinder im Christentum und Lesen, zum Teil jedoch auch im Rechnen und Schreiben unterrichtet, wobei sich das Lesen lediglich auf das „Buchstabieren“ – also die beginnende Form des Lesens – beschränkte. Das war definitiv weniger als dasjenige, was nach der Erneuerten Schulordnung von 1773 obligatorisch hätte vermittelt werden sollen.1416 Auch in Marienberg war schon im Jahre 1778 unter dem damaligen Bergmeister von Trebra mit einem gesonderten Unterricht für Bergmannskinder begonnen worden, wofür man aus der dortigen Knappschaftskasse immerhin 40 Taler und 11 Groschen zur Verfügung stellte.1417 Von Trebra kann deshalb als einer der Pioniere des elementaren Schulunterrichts für Bergmannskinder innerhalb der obererzgebirgischen Bergreviere bezeichnet werden.1418 1411 Nach Veith (Bergwörterbuch), S. 370, wurden die Bergquartale jeweils bis zum 1. Tag des dem Quartalsende folgenden Monats gerechnet. 1412 Gemeint ist hier die Altenberger Zwitterstock- und Stollngewerkschaft. 1413 Das Bergrevier Altenberg gehörte damit zu den ersten obererzgebirgischen Bergrevieren, in denen eine gesonderte „Schulkasse“ eingerichtet worden war. Vgl. dazu Näheres im Abschnitt 5.1. 1414 Hier werden ausnahmsweise die späteren Schülerzahlen von 1787 angegeben. 1415 Vgl. dazu den Bericht des BA Altbg. vom 14. Apr. 1788, in: BergA, OBA 2250, Bl. 32–36. Drei Jahre später waren es dann 22 Knaben, die von Jentsch, 29 Knaben und 13 Mädchen, die von Lohse, und 16 Mädchen, die durch den „Kirchner“ [Küster – H.K.] Boben(?) [unsichere Lesart] unterrichtet wurden. Vgl. dazu den Bericht des BA Altbg. vom 4. Mai 1791, in: BergA, OBA 2253, Bl. 124–127, hier Bl. 126 b. 1416 Vgl. hierzu den Bericht des BA Mbg. vom (?), in: BergA, OBA 2251, Bl. 15–21 b. 1417 Vgl. Trebra (Bergmeisterleben), S. 573. 1418 Als von Trebra 1791 im Harzer Bergrevier Nachfolger des dortigen verstorbenen Berghauptmannes Claus Friedrich von Reden wurde – vgl. zu diesem Wenz-Haubfleisch (Claus Friedrich von Reden) – widmete er sich, auf seine Erfahrungen in Marienberg zurückgreifend, in der kurzen Druckschrift „Entwürfe für Polizei am Harze“ auch der Ausbildung der Bergmannskinder. Danach sollten diese täglich eine Stunde lang „… Unterricht im Schreiben, Rechnen, Zeichnen, Geschichte, Erdkunde, Naturkunde und Spielen als Körperertüchtigung …“ erhalten. So Herrmann (Goethe und Trebra), S. 73, unter Auswertung dieser von Trebraischen Druckschrift.

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Die besonderen Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen

Bergreviere Ehrenfriedersdorf und Geyer Im benachbarten Bergrevier Ehrenfriedersdorf existierte 1784 noch kein gesonderter knappschaftlicher Bergschulunterricht. Stattdessen erhielten alle anfahrenden Bergmannsknaben „allabendlich“ eine Stunde Unterricht beim öffentlichen Schullehrer im Christentum und Lesen „gegen das von ihnen selbst dafür abzuentrichtende Schulgeld ...“1419 Lediglich sieben der bedürftigsten Bergmannskinder – vier Knaben und drei Mädchen(!) – wurde der öffentliche Schulunterricht, den man aus der dortigen Knappschaftskasse bezahlte, ermöglicht.1420 Eine Erweiterung dieser knappschaftlichen Unterstützung hielt das Bergamt jedoch nicht für möglich, da die Almosen aus der Knappschaftskasse für „bergfertige Arbeiter“ und unvermögende Witwen und Waisen die Quartalseinkünfte der Knappschaftskasse zum größten Teil „absorbiren“ würden.1421 Meist würden die Eltern ihre Kinder zwar erst im 7. oder 8. Lebensjahr zur Schule schicken, kurze Zeit danach aber schon wieder aus dieser nehmen, „weil sie das Schulgeld nicht erzwingen und die Kinder zur Arbeit anhalten[!] müssten ...“1422 Erst ein viertel oder halbes Jahr „vor dem Hei[ligen] Nachtmahl“1423 kämen dann diese Kinder wieder zur Schule, „… als womit sich denn ihr ganzes Schulgehen endigte.1424 „Die Folgen von dieser üblen Einrichtung und der Mangel des höchstnöthigen Schulunterrichts“ würden dann „zum öftern bey vorfallenden Gelegenheiten an öffentlicher Gerichtsstätte nur mehr als deutlich“.1425 Ein eigenes „Schulinstitut“ für Bergmannskinder hielt das Bergamt wegen des stattfindenden Verfalls des Bergreviers nicht für erforderlich, zumal die Knappschaftskasse wegen „... der wenigen Anzahl des darzu contribuirenden [beitragenden – H.K.] Personalis mehrere Ausgaben“ sowieso nicht ertragen könnte.1426 Ungeachtet dessen regte das Bergamt Ehrenfriedersdorf an, wenigstens allen Waisenkindern bzw. dann, wenn Eltern wegen ihrer vielen Kinder das Schulgeld nicht aufbringen könnten, den kostenlosen Schulunterricht im Chris1419 Bericht des BA Ehrenfriedersdorf vom 6. Nov. 1784, in: BergA, OBA 2251, Bl. 34–37 b., hier Bl. 35. 1420 Bericht des BA Ehrenfriedersdorf vom 6. Nov. 1784 (wie Anm. 1419), Bl. 35. Somit gehörte Ehrenfriedersdorf zu den Bergrevieren, in denen frühzeitig auch einigen bedürftigen Bergmannskindern weiblichen Geschlechts elementarer Unterricht erteilt wurde. 1421 Bericht des BA Ehrenfriedersdorf vom 6. Nov. 1784 (ebd.), Bl. 35 b. Dieses Argument des gegeneinander Aufwiegens der vorhandenen Knappschaftsfinanzen – einerseits für die soziale Unterstützung des „bergfertigen“ Bergvolks, andererseits für den Schulunterricht der Bergmannskinder – begegnet wiederholt in den ausgewerteten Akten. 1422 Bericht des BA Ehrenfriedersdorf vom 6. Nov. 1784 (ebd.). 1423 Vgl. zur Funktion des Heiligen Abend- oder Nachtmahls für den Beginn eines neuen Lebensabschnittes den Artikel „Abendmahl“ (Brockhaus, 1. Bd.), S. 28–30. 1424 Bericht des BA Ehrenfriedersdorf vom 6. Nov. 1784 (wie Anm. 1419), Bl. 35 b. 1425 Bericht des BA Ehrenfriedersdorf vom 6. Nov. 1784 (wie Anm. 1419), hier Bl. 36. 1426 Bericht des BA Ehrenfriedersdorf vom 6. Nov. 1784 (ebd.), Bl. 36 b.–37.

Die Installation eines Religions- und Leseunterrichts

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tentum und Lesen sowie auch etwas Schreiben und Rechnen zu ermöglichen. Dabei sah es den Hauptzweck dieses Unterrichts in der Erziehung der Kinder zu guten Christen und Untertanen.1427 Im benachbarten, ebenfalls kleinen Bergrevier Geyer erhielten gerade einmal 11 Kinder – sechs Knaben und fünf Mädchen – freien Schulunterricht.1428 Bergrevier Annaberg Im Bergrevier Annaberg war 1784 „... der so nöthige(..) Unterricht in Christenthum und Lesen in Ermangelung der hierzu erforderlichen Kosten [noch] (nicht) werckstellig zu machen ...“, berichtete das dortige Bergamt.1429 Aus den Mitteln der dortigen Knappschaftskasse hätte man bis dahin lediglich acht Bergmannskindern Unterricht im Schreiben, Lesen und etwas Zeichnen – Annaberg besaß damit schon sehr früh eine SRZ-Schule – durch den dortigen Wardeiner1430 Christian Friedrich Kürschner1431 erteilen können; dieser Unterricht hätte jedoch, da das in der Knappschaftskasse vorhandene Schulgeld in Höhe von wöchentlich 16 Groschen nicht ausreichte, auf vier Schüler eingeschränkt werden müssen.1432 Nach dem beigefügten tabellarischen Verzeichnis, welches Bergamt und Knappschaft nach Ermittlungen der Knappschaftsältesten und der Schichtmeister hatten anfertigen lassen, gab es im Bergrevier Annaberg zu diesem Zeitpunkt aber 228(!) Kinder, davon 25 „Vater- und Mutterlose Waysen“ zwischen 3(!)1433 und zwölf Jahren, denen nach Auffassung des Bergamtes hätte kostenfreier Unterricht gewährt wer1427 Vgl. dazu den Bericht des BA Ehrenfriedersdorf vom 6. Nov. 1784 (ebd.), Bl. 36 b. Diese Begründung war geradezu typisch für viele Bergverwaltungen. Im Mittelpunkt des Schulunterrichts sollten eine christliche Erziehung der Kinder und die Vorbereitung auf ihre Untertanenrolle stehen; die Notwendigkeit einer fachlichen Bildung wurde im Gegensatz zu den Ausführungen des Oberbergamtes von den Bergämtern fast nie betont – hier bildete von Trebra als Bergmeister von Marienberg vermutlich eine Ausnahme. 1428 Vgl. dazu den Bericht des BA Geyer vom Apr. 1784, in: BergA, OBA 2251, Bl. 44–46 b.; die jährlich dafür zu entrichtenden Ausgaben der dortigen Knappschaftskasse betrugen 7 Taler und 8 Groschen. 1429 Bericht des BA Annbg. vom 16. Okt. 1784 (wie Anm. 1405), hier Bl. 23 b. 1430 Ein Guardein oder Wardein war nach Köhler (Recht und Verfassung beim Bergbau), S. 174 f., derjenige „Unteroffiziant“ oder untere Bergbeamte, der auf Verlangen der Vorsteher der Grubengebäude die von diesen geförderten Erze vor deren Ablieferung an die Hütten auf ihren Metallgehalt probierte, d. h. prüfte. 1431 Kürschner war der erste Lehrer der Annaberger SRZ-Schule. Er hatte 1766 u. a. mit Trebra ein Studium an der Bergakademie aufgenommen. Vgl. Näheres zu Kürschner in der tabellarischen Übersicht zur Vita der einzelnen SRZ-Lehrer (Tab. V_2_1) im Anhang. 1432 Vgl. hierzu den Bericht des BA Annbg. vom 16. Okt. 1784 (wie Anm. 1405), hier Bl. 23 b. 1433 Weshalb das Bergamt hier drei- bis fünfjährige Kinder in die Angaben einbezog, konnte nicht ermittelt werden; vgl. Anm. 1309. Die übrigen Bergämter berücksichtigten i. d. R. erst Kinder ab dem fünften Lebensjahr.

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den müssen.1434 Das Bergamt Annaberg veranschlagte für die „Classe I“ (Knaben von drei bis fünf Jahren) 18 Groschen und sieben 1/3 Pfennige an wöchentlichen Schulausgaben, für die 2. Klasse (Knaben von fünf bis acht Jahren) 20 Groschen und für die 3. Klasse (Knaben von acht bis zwölf Jahren) einen Taler, zwei Groschen und acht Pfennige.1435 Auf Grund der Schülerzahl stellte es fest, dass für die Durchführung des geforderten Unterrichts im Christentum und Lesen ein sehr „ergiebiges“ Schulgeld erforderlich sei. Allein für die Unterrichtung der 25 Waisenkinder würde man im Quartal sieben Taler und einen Groschen benötigen; für die übrigen 203 Kinder wären nur zwei Drittel des üblichen Schulgeldes, nämlich 35 Taler, acht Groschen und sieben 1/3 Pfennige, zumindest jedoch die Hälfte von dieser Summe, notwendig.1436 Bergrevier Scheibenberg mit Oberwiesenthal In den an das Bergamt Annaberg unmittelbar angrenzenden kleinen Bergämtern Scheibenberg und Oberwiesenthal waren es im gleichen Zeitraum insgesamt 78 Kinder – 30 im Scheibenberger- und 48 im (Ober-)Wiesenthaler Bergrevier – im Alter von drei(!)1437 bis zwölf Jahren, die nach der Ermittlung der dortigen Bergämter schulfähig gewesen seien.1438 Bergrevier Johanngeorgenstadt mit Schwarzenberg Lediglich im obererzgebirgischen Bergrevier Johanngeorgenstadt schienen zum Jahresende 1784 tatsächlich alle bedürftigen Bergmannskinder unentgeltlich unterrichtet worden zu sein. Nach dem Bericht des dortigen Bergamtes erhielten an der lateinischen Stadtschule, an der drei Lehrer angestellt waren, und an der mit zwei Lehrern besetzten deutschen Schule ausnahmslos alle Kinder, die „Berg-Jugend so wie die übrige- hiesiger Stadt, öffentlichen freyen, unentgeldlichen Unterricht im Lesen, Schreiben, Rechnen und Christenthum ...“,1439 also mehr als in den anderen kursächsischen Bergrevieren. Für die anfahrenden Bergmannskinder, die wegen ihrer Arbeit in den Pochwerken den freien Schulunterricht nicht „ge1434 Bericht des BA Annbg. vom 16. Okt. 1784 (wie Anm. 1405), Bl. 24. 1435 Vgl. den Bericht des BA Annbg. vom 16. Okt. 1784 (ebd.), hier die tabellarische Übersicht, Bl. 33. Anders als andere Bergämter berücksichtigte das Bergamt Annaberg lediglich Bedürftige bis zum 12. Lebensjahr. 1436 Vgl. den Bericht des BA Annbg. vom 16. Okt. 1784 (ebd.), Bl. 24 b. Die Berichterstattung des Bergamtes ist hier nicht ganz eindeutig. 1437 Auch hierfür gilt das unter Anm. 1433 für das Annaberger Bergrevier Formulierte. 1438 Vgl. dazu Berichte der Bergämter Scheibenberg und Oberwiesenthal vom 6. Nov. (Eingang) 1784, in: BergA, OBA 2251, Bl. 26–33 b. 1439 Bericht des BA Jhgstdt. vom 15. Dez. 1784, in: BergA, OBA 2251, Bl. 38–50 b., hier Bl. 47 b.

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nießen“ könnten, sei ein gesonderter Unterricht zwischen „3. bis 5. Uhr Nachmittags in besondere(n) SchulStunden ...“ an der deutschen Schule eingerichtet worden; die dafür erforderlichen Mittel zur Bezahlung der Lehrer in Höhe von insgesamt 15 Talern und sechs Groschen würden aus der Knappschaftskasse genommen, nachdem „… derselben die General-Accis-Restitution von denen Gewerken mit gnädigster Bewilligung cediret [zugebilligt – H.K.] worden …“ wäre.1440 Fünf „Bergknaben“, deren Eltern nicht vermögend seien, hätte man im gleichen Zeitraum zum Unterricht an die in Johanngeorgenstadt vorhandene besondere Schreibe- und Rechenschule (SR-Schule)1441 geschickt, wofür man weitere 19 Taler aufwandte.1442 Bergrevier Schneeberg Für das Bergrevier Schneeberg ermittelte das Oberbergamt für 1784 insgesamt 264 schulfähige Bergknaben im Alter von 5 bis 14 Jahren.1443 Wegen des „neuerlich eingeschränkt wordenen Kobald Bergbau(es)“ und des daraus resultierenden Rückganges der Knappschaftskasseneinkünfte falle die Erziehung der Bergmannskinder in diesem Bergrevier „weit beschwerlicher als andrer Orten“, resümierte der Berghauptmann.1444 Zur Unterrichtung der 30(!) bedürftigsten Knaben im Lesen und Christentum hatte das Bergamt eine Quartalsbeihilfe in Höhe von fünf Talern und zehn Groschen – im Jahr somit 21 Taler und 16 Groschen – ermittelt, dessen Berechtigung von Heynitz bestätigte, wobei er auf die Inanspruchnahme der Zehnten- bzw. der Quatembergelderkasse verwies.1445 Acht Knaben durften die „auf Anordnung des vormaligen OberB[erg]Meisters gestiftete öffent[liche] Schulanstalt zu[m] Schreiben und Rechnen …“ besuchen.1446

1440 Bericht des BA Jhgstdt. vom 15. Dez. 1784 (ebd.), hier Bl. 47 b.–48. Hierbei handelte es sich um die an die Gewerken rückwirkend erfolgte Zuteilung von Akzise-Beiträgen, die der örtlichen Knappschaftskasse zugute kamen – für 1784 immerhin 15 Taler und 6 Groschen. Vgl. Näheres im Abschnitt 5.1. 1441 Vgl. Näheres dazu im folgenden Abschnitt 3.2. 1442 Bericht des BA Jhgstdt. vom 15. Dez. 1784 (wie Anm. 1439), hier Bl. 48. 1443 Vgl. dazu den Beilage-Extrakt zum Vortrag von Heynitz’ vom 20. Jan. 1785, in: BergA, OBA 2251, Bl. 82–89, hier Bl. 86. Im Bericht des BA Schnbg. vom 9. Okt. 1784 (wie Anm. 539), wird dagegen auf eine gesondert eingereichte Anzeige verwiesen. 1444 So die Aussage von Heynitz’ in seinem Vortrag vom 20. Jan. 1785 (wie Anm. 1134), hier Bl. 60 b. 1445 Vgl. dazu den Beilage-Extrakt zum Vortrag von Heynitz’ vom 20. Jan. 1785 (wie Anm. 1443). In Schneeberg existierte eine eigene Zehntenkasse mit einem (Silber-)Zehntner, der nach Köhler (Anleitung zur Verfassung beim Bergbau), S. 83, unabhängig von damaligen Oberzehntnern in Freiberg bzw. Annaberg war. 1446 Beilage-Extrakt zum Vortrag von Heynitz’ vom 20. Jan. 1785 (ebd.).

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Die besonderen Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen

Benno von Heynitz, der in seinem vor dem Oberbergamt am 20. Januar 1785 gehaltenen „Vortrag [über] die zu besserer Unterrichtung der BergJugend erforderten Vorschläge der BergÄmter …“ auf die ihm bereits am 4. März 1780 übertragene Aufsicht über die „Berg-Werks-Schul-Institute sowohl in der Freiberg[ischen] Refier als auch in den übrigen BergÄmtern“ verwies,1447 unterzog die eingegangenen Bergamtsberichte sowie den darüber durch Bergkommissionsrat von Ferber gefertigten „Tabellarischen Extract“ einer gründlichen Analyse. Gleichzeitig bemühte er sich um eine Angleichung des, wie sich herausgestellt hatte, bis dahin sehr unterschiedlichen Niveaus der Unterrichtung der Bergmanns- und Hüttenarbeiterkinder in den einzelnen Bergrevieren.1448 Zunächst ging er auf die seit einigen Jahren durch das Oberbergamt unternommenen Bemühungen zur zweckgebundenen Aufstockung der Knappschaftskassen, einschließlich der dazu von einzelnen Gewerken „verwilligten Verstärkung“ derselben ein.1449 Aus von Heynitz’ Vortrag wird deutlich, dass sowohl Umfang als auch Inhalt des der Bergjugend gebotenen Schulunterrichts von der konkreten Entwicklung des Bergbaus im jeweiligen Revier abhängig waren. Für das Bergrevier Altenberg konnte sich von Heynitz noch nicht festlegen, da der Bericht des dortigen Bergamtes noch nicht eingegangen war.1450 Über das Marienberger Bergrevier formulierte der Berghauptmann: „Daß sich die Marienberg(er) Knappschafts-Caße bey dem Verfall dasiger Refier auch vermindern muß, ist leicht einzusehen …“1451 Diese Aussage ist deshalb besonders interessant, da sich der Bergbau in diesem Revier noch wenige Jahre zuvor unter dem ehemaligen Bergmeister von Trebra in einem hervorragenden Zustand befunden hatte.1452 Ein gleicher Umstand wie für Marienberg träfe nach Benno von Heynitz’ Meinung auch für die Bergreviere Ehrenfriedersdorf und Geyer zu.1453 Der Berghauptmann wünschte sich deshalb, der Kurfürst möge für das Schulwesen des Bergamts Marienberg 30 Taler und für das der kleineren Bergämter Ehrenfrieders1447 Vgl. hierzu im Einzelnen den Vortrag von Heynitz’ vom 20. Jan. 1785 (wie Anm. 1134), Bl. 60 b. 1448 Vgl. hierzu im Einzelnen den Vortrag von Heynitz’ vom 20. Jan. 1785 (ebd.), Bl. 59–61 b. 1449 Vortrag von Heynitz’ vom 20. Jan. 1785 (wie Anm. 1134), Bl. 59. 1450 Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 20. Jan. 1785 (ebd.), Bl. 61. 1451 Vortrag von Heynitz’ vom 20. Jan. 1785 (ebd.), Bl. 60. 1452 So betrug der Kassenbestand der Marienberger Knappschaft im Jahre 1778 nach Trebras eigenen Einlassungen insgesamt mehr als 1910 Taler, „gegen ein aermlich Ueberbleibsel von nur 10 Th[a]l[e]r[n] 113/4 pf[ennigen] ...“ bei dessen Dienstantritt Ende 1767. Noch vor Trebras Weggang wären „die ersten Anbrueche von reichen Silbererzen auf Sideon tiefen Erbstolln“ gemacht worden. Trebra (Bergmeisterleben), S. 573. Zum erneuten Verfall des Marienberger Bergreviers könnten die wiederholten Besetzungen Marienbergs während des Bayerischen Erbfolgekriegs beigetragen haben. Vgl. dazu ders. (ebd.), insbes. S. 547–569. 1453 Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 20. Jan. 1785 (wie Anm. 1134), hier Bl. 60.

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dorf und Geyer1454 jeweils zehn Taler für einen Zeitraum von drei Jahren1455 aus der „Obergebirgischen“ Oberzehntenkasse zur Verfügung stellen.1456 Für Annaberg, dessen Knappschaftskasse erst durch die Anstellung des Bergmeisters Lommer1457 in Ordnung gebracht worden sei, sah von Heynitz eine Beihilfe in Höhe von 50 Talern und für Scheibenberg und (Ober-)Wiesenthal zusammen1458 eine solche in Höhe von insgesamt 20 Talern vor.1459 Da das Bergrevier Schneeberg nach Meinung des Berghauptmannes durch den Rückgang des Kobaltbergbaus „… in seinen Knap[p]schafts Caßen Einkünften merklich ...“ leiden würde,1460 beantragte der Berghauptmann für die nächsten drei Jahre eine jährliche Beihilfe in Höhe von 21 Talern und 16 Groschen1461 aus „dasiger Zehenden-Caße“.1462 Für das ebenfalls zu den „jetzt verfallnen BergÄmtern“ zählende Bergrevier Eibenstock hielt von Heynitz eine Beihilfe aus der „Obergeb[irgischen] Zehenden Caße“ in Höhe von sechs Talern und 16 Groschen für erforderlich.1463 Lediglich in Bezug auf das Bergrevier Johanngeorgenstadt und den dortigen „Flor des Bergbaues“ konnte der Berghauptmann eine positive Bilanz ziehen, weswegen seiner Auffassung nach dieses Revier für die Unterrichtung der Bergjugend „… keine höchste [also landesherrliche – 1454 Die beiden zumindest bis 1787 selbstständigen Bergreviere Geyer und Ehrenfriedersdorf sind danach vereinigt und dem Bergamt Marienberg zugeordnet worden. Vgl. dazu Langer (Sächsische Bergamtsreviere), S. 75, 78. Vgl. zur Vereinigung mehrerer Bergämter zum Zwecke der „Simplificierung“ des Rechnungswesens auch das Schulreskript Kurfürst Friedrich August vom 13. Dez. 1793 (wie Anm. 1056), hier Bl. 155 f. 1455 Diese dreijährige Unterstützungsdauer resultierte vermutlich daraus, dass von Heynitz von einer Erholung des Bergbaues dieser Reviere überzeugt war. Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 20. Jan. 1785 (wie Anm. 1134), hier Bl. 59 b. 1456 Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 20. Jan. 1785 (wie Anm. 1134), hier Bl. 60. Neben der Freiberger Oberzehntenkasse existierte für die obererzgebirgischen Bergreviere eine eigene Oberzehntenkasse mit Sitz in Annaberg, die jedoch über weit geringere Einnahmen als die Freiberger Kasse verfügte. Vgl. hierzu den Abschnitt 5.1. 1457 Gemeint ist hier Christian Hieronymus Lommer, einer der ersten Lehrer der Bergakademie, der nach seinem Weggang von Freiberg zunächst in Johanngeorgenstadt, dann in Annaberg wirkte. Vgl. zu diesem Wagenbreth u. a. (Wissenschaft vor Ort), S. 39 und 41. 1458 Die Darstellung Langers (Sächsische Bergamtsreviere), S. 69 bzw. 85, wonach das Bergrevier Scheibenberg mit Oberwiesenthal und Hohenstein bereits am 12. Okt. 1767(!) mit dem größeren Bergrevier Annaberg vereinigt worden wäre, widerspricht der Aktenlage; denn sie werden bis in die 80er-Jahre des 18. Jahrhunderts hier stets separat neben Annaberg aufgeführt. Vgl. dazu auch Köhler (Anleitung zur Verfassung beim Bergbau), S. 73. 1459 Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 20. Jan. 1785 (wie Anm. 1134), hier Bl. 60. 1460 Vortrag von Heynitz’ vom 20. Jan. 1785 (ebd.), Bl. 60 b. 1461 Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 20. Jan. 1785 (wie Anm. 1134), hier Bl. 60 b. 1462 Die Schneeberger Zehnten-Kasse war der erwähnten obererzgebirgischen Oberzehntenkasse in Annaberg nachgeordnet. Vgl. dazu auch den Abschnitt 5.1. 1463 Vortrag von Heynitz’ vom 20. Jan. 1785 (ebd.), Bl. 61. Eibenstock wurde nach Langer (Sächsische Bergamtsreviere), S. 111, später (zwischen 1787 und 1820) dem Bergrevier Johanngeorgenstadt zugeschlagen.

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Die besonderen Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen

H.K.] Unterstützung verlang(e)“; ungeachtet dessen sah er für das zu Johanngeorgenstadt gehörende Unterrevier Schwarzenberg acht Taler an Beihilfeleistung vor.1464 Benno von Heynitz drückte jedoch seine Hoffnung darüber aus, zukünftig würden auch andere Knappschaftskassen in solch günstige Umstände gelangen.1465 Schließlich sollte noch für das vogtländische Bergamt Voigtsberg eine Beihilfe in Höhe von 12 Talern und für das Bergamts Neustädtischer Kreis eine solche in Höhe von neun Talern zur Finanzierung des Unterrichts im Schreiben und Rechnen aus der dortigen Zehntenkasse zur Verfügung gestellt werden.1466 Für das separat untersuchte Freiberger Revier1467 und dessen elementaren Schulunterricht sah von Heynitz – außer für die dortige Hüttenknappschaft, die zehn Taler Beihilfe erhalten sollte –1468 keine zusätzliche landesherrliche Beihilfe vor. Die bereits 1784 insgesamt aufgewendeten (und erneut vorgesehenen) 100 Gulden für den durch den Schichtmeister Goldberg an der „Bergbau und Zeichenschule“ bzw. den Zeichenmeister Sieghardt erteilten Unterricht im Rechnen, Zeichen „auch in den Anfangsgründen der Mathematic und Bergbau Kunst“ aus dem von den Freiberger Gewerken eingerichteten Schulfonds sollten von den Aufwendungen für Letzteren (Sieghardt) entlastet werden, da dieser spezielle Unterricht „zur Academie“ gehören würde.1469 Die vom Berghauptmann im Januar 1785 vorgesehene landesherrliche Beihilfe aus der Freiberger Oberzehntenkasse zeigt die folgende Tabelle: Tabelle III_1: Von Benno von Heynitz vorgesehene Unterrichtsbeihilfe im Jahre 1784

Bergrevier

Beihilfehöhe

Freiberg (Elementarschulunterricht) Goldberg’sche Zeichen- und Rechenschule Freiberg

keine 100 Taler

--- Groschen

Altenberg

20 Taler

--- Groschen

Marienberg

50 Taler

--- Groschen

Annaberg

50 Taler

--- Groschen

Scheibenberg mit (Ober-)Wiesenthal

20 Taler

--- Groschen

Schwarzenberg

8 Taler

--- Groschen

Eibenstock

6 Taler

16 Groschen

1464 1465 1466 1467 1468 1469

Vortrag von Heynitz’ vom 20. Jan. 1785 (ebd.), Bl. 59 b., Bl. 61 b. Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 20. Jan. 1785 (ebd.). Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 20. Jan. 1785 (ebd.), Bl. 61. Vgl. dazu den vorangegangenen Unterabschnitt 2.3.2. Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 20. Jan. 1785 (wie Anm. 1134), hier Bl. 61 f. Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 20. Jan. 1785 (ebd.), hier Bl. 59 b. Vor allem die verfassungsmäßige und organisatorische Einbindung des „Goldbergschen Unterrichts“ war zu diesem Zeitpunkt noch umstritten. Vgl. dazu auch den Unterabschnitt 2.3.1 sowie den Abschnitt 5.1.

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Errichtung von Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen

Bergrevier

Beihilfehöhe

Schneeberg

21 Taler

16 Groschen

Voigtsberg

12 Taler

--- Groschen

Neustädtischer Kreis Hüttenknappschaft Freiberg gesamt

9 Taler

--- Groschen

10 Taler

--- Groschen

307 Taler

8 Groschen

[Quelle: Vortrag B. von Heynitz’ vom 20. Jan. 1785, in: BergA, OBA 2251, Bl. 59–61 b.]

Insgesamt waren die Vorschläge, die die einzelnen Bergämter sowie das Hüttenamt Freiberg zur Ausbreitung und Vervollkommnung des Unterrichts der Bergjugend im Jahre 1784 beim Oberbergamt eingereicht hatten, noch unausgewogen und nicht geeignet, eine einheitliche und vergleichbare Unterrichtsversorgung sämtlicher bedürftiger Bergmanns- und Hüttenarbeiterkinder zu garantieren. Auch die Berichterstattung des Oberbergamtes an den Landesherrn enthielt noch eine Reihe subjektiv gefärbter Vorstellungen, insbesondere in Bezug auf die noch zu erschließenden Finanzquellen; außerdem fehlte dieser die sie später auszeichnende Systematik. Erst mit der zwei Jahre später durch Reskript vom 8. Mai 1786 getroffenen Entscheidung des Kurfürsten, „… zum Schulunterricht armer Kinder der Bergleute in sämtlichen Berg Aemtern, und der Hüttenknappschaft zu Freyberg“ jährlich 300 Taler als Beihilfe aus der Freiberger Oberzehntenkasse zu bewilligen,1470 sollten die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, wenigsten die bedürftigsten Bergmanns- und Hüttenarbeiterkinder mit dem für sie notwendigen Elementarschulunterricht und im Einzelfall auch mit einer weiterführenden Vermittlung von Schreib-, Rechen- und Zeichenkenntnissen zu versorgen.

3.2. Die weitere Entwicklung der Knappschaftlichen Schul- anstalten und die Errichtung von Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen 3.2.1. Der Elementarunterricht an den Knappschaftlichen Schulanstalten seit 1788

Wie im Freiberger Bergrevier konnte nach Erlass der Erneuerten Schulordnung von 1773 auch in den obererzgebirgischen Bergrevieren nicht allen bedürftigen schulfähigen Bergmannskindern1471 der notwendige (elementare) Schulunterricht 1470 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 8. Mai 1786 (wie Anm. 1238). 1471 Wie schon im Unterabschnitt 2.3.2 ausgeführt, wurde für Kinder von Hüttenarbeitern ein solcher Unterricht erst ab 1786 eingeführt.

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Die besonderen Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen

geboten werden; zudem beinhaltete dieser bis zum Beginn des Schuljahres 1786/87 bis auf wenige Ausnahmen1472 lediglich die elementaren Schulfächer Christentum und Lesen und somit nicht einmal den Gesamtkanon an Fächern, den die Schulordnung für die deutschen Stadt- und Dorfschulen vorsah.1473 Für die weitgehende Beschränkung des Elementarunterrichts auf Religion und Lesen auch innerhalb des Zuständigkeitsbereiches der Bergverwaltung dürften die unzureichenden Geldmittel der Knappschaften, die diese Unterrichtsform überwiegend finanzierten, ausschlaggebend gewesen sein; andererseits boten auch die deutschen Stadt- und Dorfschulen nur in Ausnahmefällen das gesamte Spektrum des nach der Erneuerten Schulordnung zu vermittelnden Unterrichts.1474 Nach Auffassung des Oberbergamtes waren zudem nicht einmal alle „Schulmeister“ fähig und in der Lage, einen solchen Unterricht zu erteilen.1475 In den Bergrevieren des oberen Erzgebirges erhielten zunächst nicht einmal alle bedürftigen Bergmannskinder männlichen Geschlechts diesen Unterricht. Für einige wenige Bergmannsmädchen wurde elementares Wissen zwar (im Gegensatz zum Bergrevier Freiberg wo ein solcher Unterricht erst 1794 eingeführt wurde)1476 sporadisch angeboten, aber erst mittels der vom Kurfürsten 1786 verfügten finanziellen Beihilfe aus dem Freiberger Oberzehnten in Höhe von jährlich 300 Talern gelang zumindest eine allmähliche Verbesserung der Unterrichtsversorgung.1477 Ungeachtet dessen teilte der Landesherr noch am 28. April 1788 dem Oberbergamt in einem Reskript mit: „Wir haben aus eurem ... Berichte ... zu ersehen gehabt, dass ... in denen darinnen nahmhafft gemachten Bergämtern noch eine Menge Kinder armer Bergleute des SchulUnterrichts entbehren müssen …“,1478 und weil aus diesem Grunde die „… bewirckte Schulanstalt einer Erweiterung und Vervollkommnung bedürftig …“ wäre,

1472 Diese Ausnahmen beschrieb später der Bergkommissionsrat E.F.C. von Schirnding in seinem Vortrag vom 17. März 1794 (wie Anm. 1394), hier insb. Bl. 179 b.–181. 1473 Nach der Erneuerten Schulordnung von 1773 sollten Schreiben und Rechnen „naechst dem Christenthume, ... ABC, Buchstabiren (und) Lesen“ unterrichtet werden. Vgl. dazu die Erneuerte Schulordnung von 1773 (wie Anm. 2), hier § 1 des Cap. IV., Sp. 139. 1474 Vgl. zur oftmals (auch im Erzgebirge) nicht erfolgten Umsetzung der Schulordnung von 1773 Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), insb. S. 116–119. 1475 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 24. März 1798 (wie Anm. 543), hier Bl. 129. Das Oberbergamt verwies in diesem Zusammenhang (ebd.) auf die gesonderten Schreibeschulen. 1476 Vgl. dazu Näheres im Unterabschnitt 2.3.3. 1477 Vgl. hierzu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 8. Mai 1786 (wie Anm. 1238), sowie den Unterabschnitt 5.1.2. 1478 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 28. Apr. 1788, (wie Anm. 1146), hier Bl. 37.

263

Errichtung von Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen

forderte der Kurfürst die Freiberger Bergbehörde zu Vorschlägen und zur Berichterstattung darüber auf, wie eine solche zu erreichen sei.1479 Daraufhin übersandte das Oberbergamt am 14. Juni 1788 dem Landesherrn die zwischenzeitlich von den Bergämtern eingeholten tabellarischen Anzeigen und informierte zugleich über die beabsichtigte Visitation der einzelnen Bergschuleinrichtungen in den obererzgebirgischen Bergrevieren, um sich, wie es erklärte, selbst vor Ort ein Bild über den Zustand und die Entwicklung dieser Einrichtungen machen zu können.1480 Damit etwaige Vorschläge der Bergämter bzw. des Oberbergamtes noch im Winter 1788/89 umgesetzt werden konnten, mahnte der Kurfürst bereits drei Wochen später beim Oberbergamt die angezeigte Berichterstattung an und befahl zugleich dem Freiberger Oberzehntner ô Feral, Beihilfen in Gesamthöhe von 240 Talern1481 aus der von ihm verwalteten Oberzehntenkasse auszuzahlen; Einzelheiten zeigt die folgende Tabelle:1482 Tabelle III_2_1a: Beihilfe für den an Deutschen Schulen im Jahre 1788 gehaltenen elementaren Unterricht für Berg- und Hüttenarbeiterkinder 1483

Bergrevier Altenberg mit Berggießhübel und Glashütte Marienberg Geyer mit Ehrenfriedersdorf Annaberg

Scheibenberg mit (Ober-)Wiesenthal

Schulorte der deutschen Schulen Angewiesene Beihilfe aus (1788) in Bergstädten und Dörfern1483 der Oberzehntenkasse Altenberg

40 Taler

Marienberg, Pobershau, Zschopau

50 Taler

Ehrenfriedersdorf, Geyer

10 Taler

Annaberg, Buchholz, Frohnau, Geyersdorf, Wiesa, Hermannsdorf, Bärenstein

45 Taler

Scheibenberg, Oberscheibe Bärenstein, Oberwiesenthal

10 Taler

1479 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 28. Apr. 1788 (ebd.), Bl. 37. 1480 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 14. Juni 1788 (wie Anm. 1141). Der Berghauptmann selbst visitierte die Schuleinrichtungen; so weilte er am 23. Juni 1788 zur Schulvisitation in Johanngeorgenstadt. Vgl. dazu Näheres im Protokoll des BA Jhgstdt. („Registratura“) vom 23. Juni 1788, in: BergA, OBA 2252, Bl. 85–87 b. 1481 Weitere 60 Taler waren für die Goldberg’sche Zeichen-Schule in Freiberg bestimmt. 1482 Vgl. dazu die Reskripte Kurfürst Friedrich Augusts vom 7. Juli 1788 an das OBA bzw. den OZ ô Feral (wie Anm. 957). Die relative Einheitlichkeit vieler Beträge resultierte vermutlich daraus, dass dem Landesherrn zu diesem Zeitpunkt noch die detaillierte Bedarfsanalyse des Oberbergamtes fehlte. 1483 Ortsangaben nach dem Gutachten von Ferbers vom 7. Juni 1788, (wie Anm. 1141), Bl. 53–62.

264 Bergrevier Johanngeorgenstadt mit Schwarzenberg

Die besonderen Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen

Schulorte der deutschen Schulen Angewiesene Beihilfe aus (1788) in Bergstädten und Dörfern1483 der Oberzehntenkasse Johanngeorgenstadt, Schwarzenberg, Breitenhof, Breitenbrunn, Cramdorf1484

25 Taler

Eibenstock

Sosa, Steinbach, Sauschwemme

10 Taler

Schneeberg

Schneeberg, Neustädtel, Raschau

20 Taler

Voigtsberg

Gottesberg

10 Taler

Neustädtischer Kreis

Großkamsdorf

10 Taler

Hüttenknappschaft Freiberg

Freiberg, Hilbersdorf, Weißenborn, Halsbrücke

10 Taler

Gesamt:1485

240 Taler

[Quelle: Reskripte Kurfürst Friedrich Augusts vom 7. Juli 1788 an das OBA bzw. den OZ, in: BergA, OBA 2252, Bl. 65 f. bzw. Bl. 66 f.]1484 1485

Am 4. September 1788 hielt Benno von Heynitz vor dem Oberbergamt einen Vortrag, der die Grundlage für den späteren Bericht (vom 27. September 1788) seiner Behörde an den Landesherrn bildete.1486 Basis seiner Ausführungen war die tabellarische Zusammenstellung des Bergkommmissionsrates August Constantin von Ferber, die dieser auf der Grundlage der vorausgegangenen Berichte der einzelnen Bergämter angefertigt hatte.1487 Benno von Heynitz unterzog in seinem Vortrag sowohl den Zustand sämtlicher obererzgebirgischen knappschaftlichen Schulanstalten als auch den der Goldberg’schen Zeichenschule in Freiberg einer gründlichen Analyse und schlug im Ergebnis dessen vor, das bisher gewährte Quantum von 300 Talern1488 für das knappschaftliche Bergschulwesen aus der Freiberger Oberzehnten-Kasse „… zum Besten gesammter Bergämter – exclusive[!]

1484 Richtig: Crandorf. Vgl. dazu Blaschke (Historisches Ortsverzeichnis), Halbband 1 A–M, S. 154. 1485 Einschließlich Hüttenknappschaft Freiberg. Die Freiberger Hüttenknappschaft zählte zwar nicht zum oberen Erzgebirge, wurde aber bei der Finanzierung stets wie die obererzgebirgischen Knappschaften behandelt. 1486 Vgl. dazu den Vortrag Benno von Heynitz’ vom 4. Sept. 1788 (wie Anm. 1257). 1487 Vgl. dazu das Gutachten von Ferbers vom 7. Juni 1788 (wie Anm. 1141). Der genaue Berichtstitel lautete: „Tabellarische Anzeige der zum Schul-Unterrichte der Bergjugend ... getroffenen Einrichtungen auf das Jahr 1788, aus den Actis ... extrahiret durch A[ugust] C[onstantin] von Ferber“. 1488 Die Beihilfe in Höhe von 300 Talern basierte auf dem kurfürstlichen Befehl vom 8. Mai 1786 (wie Anm. 1238).

265

Errichtung von Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen

Freiberg –1489 zu verdoppeln ...“, d. h., die landesherrliche Beihilfe auf insgesamt 600 Taler zu erhöhen,1490 ohne dabei konkret zwischen dem Elementarschulunterricht und der Ausbildung an den SRZ-Schulen zu unterscheiden.1491 Zugleich beabsichtigte der Berghauptmann, die bis dahin ebenfalls aus der Freiberger Oberzehntenkasse gezahlte Beihilfe für die Goldberg’sche Zeichenschule in Höhe von 60 Talern zukünftig aus der Gnadengroschenkasse aufbringen zu lassen.1492 1493 1494 Tabelle III_2_1b: Geplante Beihilfeleistungen für das kursächsische Bergschulwesen 1788 1495 1496

Bergrevier

Mit ElementarUnterricht versorgte Kinder1493

Alter der Anzahl und Alter Beantragte Beihilfe aus unterrichteten der Kinder der FreiberKinder1494 an den ger OZK SRZ-Schulen

Knaben Mädchen

Anzahl

Alter

Altenberg mit Berggießhübel und Glashütte

68

keine

8–13 Jahre

6

k. A.

20 Taler

Marienberg

53

keine

37 Kinder über 8 Jahre

6

k. A.

50 Taler

Ehrenfriedersdorf und Geyer

7

6

10

10

23 Kinder zwischen 8 und 16 Jahren

Annaberg

40

keine

5–13 Jahre

Scheibenberg

5

keine

5–13 Jahre

keine1495

26 Taler

(Ober-)Wiesenthal

5

keine

6–12 Jahre

keine1496

40 Taler

keine

10

15–24

40 Taler

70 Taler

1489 Diese Beihilfe war ausdrücklich nur zur Unterstützung des obererzgebirgischen Bergschulwesens sowie der Elementarausbildung für Voigtsberg, den Neustädtischen Kreis sowie der Kinder Freiberger Hüttenarbeiter bestimmt, nicht aber für das sonstige Bergschulwesen im Freiberger Bergrevier. 1490 Vortrag von Heynitz vom 4. Sept. 1788 (wie Anm. 1257), hier Bl. 79. 1491 Vgl. den Vortrag von Heynitz vom 4. Sept. 1788 (ebd.), hier Bl. 78 b.–79. Für das Neustädtische Bergamt war diesmal keine Unterstützung vorgesehen, da dieses mit dem bisherigen „Landesherrlichen Beneficio … vollkommen zufrieden gestellet …“ wäre; der ungewöhnlich hohe Betrag für das Bergrevier Voigtsberg sollte dem „Wiederaufbauung der 13ten Feuerstelle zum Schulhauße“ für den in Gottesberg anzustellenden Katecheten sowie die Gehaltserhöhung des dortigen Schulmeisters dienen. Vgl. ebd., Bl. 76 b.–77. 1492 Vgl. den Vortrag von Heynitz vom 4. Sept. 1788 (ebd.), Bl. 79 b.–80, sowie den Unterabschnitt 5.1.3. 1493 Daten nach dem Gutachten von Ferbers vom 7. Juni 1788 (wie Anm. 1141). 1494 Daten nach dem Gutachten von Ferbers vom 7. Juni 1788 (ebd). 1495 Evtl. vorhandene Schüler werden nach Annaberg verwiesen. 1496 Ebenso.

266 Bergrevier

Die besonderen Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen

Mit ElementarUnterricht versorgte Kinder

Alter der Anzahl und Alter Beantragte Beihilfe aus unterrichteten der Kinder der FreiberKinder an den ger OZK SRZ-Schulen

Knaben Mädchen Johanngeorgenstadt mit Schwarzenberg

24–30

keine

13

keine

Eibenstock

3

5

Schneeberg

37

keine

Voigtsberg

261497

vermutl. älter als 13 Jahre

Anzahl

Alter

5 (S+R) 8 (Z)

k.A.

4 Knaben (S+R-Unterricht) überwiegend älter als 8 Jahre

k.A.

15

50 Taler

10 Taler 45 Taler

k.A.

(6 Knaben und einige Mädchen S+R-Unterricht)

65–70 Taler

Neustädtischer Kreis

14

keine

5–13 Jahre

4/k.A.

keine

Hüttenknappschaft Fbg.

9

keine

k.A.

keine

10 Taler

ca. 3001499

ca. 30

Gesamt:1498

541500

426­–431 Taler

[Quelle: Vortrag von Heynitz’ vom 4. Sept. 1788, in: BergA, OBA 2252, Bl. 69–80 b.]1497149814991500

Nach weiteren Bergamtsanszeigen an das Oberbergamt1501 sowie dem schon erwähnten Bericht des Oberbergamtes vom 27. September 1788 an den Landesherrn forderte Letzterer einen Monat später vom Oberbergamt unter anderem die Einreichung detaillierter Angaben über die Zahl der bedürftigen Kinder männlichen und weiblichen Geschlechts sowie über die Anzahl derjenigen Bergleute, die in den einzelnen Bergrevieren zur Aufbesserung der jeweiligen Schulkassen zu zusätzlichen „Betschichten“1502 bereit wären.1503 1497 1498 1499 1500

Kinder beiderlei Geschlechts. Einschließlich Hüttenknappschaft Freiberg. Zahlen geschätzt, da das BA Voigtsberg keine Geschlechterangaben macht. Einschließlich Eibenstock, aber ohne Voigtsberg, da dort keine eigentliche SRZ-Schulen existierte. 1501 Vgl. die einzelnen Berichte der Bergämter in: BergA, OBA 2252, Bl. 89–98. 1502 Vgl. zum Begriff Betschicht und deren Bedeutung für die Aufbesserung der Knappschaftskassen den Unterabschnitt 2.3.3. 1503 Vgl. dazu den Befehl Kurfürst Augusts vom 27. Okt. 1788 (wie Anm. 1296). Diesem Befehl kam man allerdings in der Folge nicht in allen Bergrevieren nach, wie ein Bericht des Oberbergamtsschreibers Johann Gottlob Wittig vom 4. August 1792 belegt. Danach hatte der Geheime Finanzsekretär Kürschner von ihm im Auftrag des Geheimen Finanzkollegiums zwar

Errichtung von Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen

267

Wegen des immer noch hohen Anteils von mit Schulunterricht unversorgt gebliebenen Bergmannskindern (beiderlei Geschlechts) bewilligte der Kurfürst schließlich am 16. Dezember 1788 die vom Oberbergamt beantragte Aufstockung der bisherigen Beihilfe auf insgesamt 600 Taler für den Schulkassenfonds sämtlicher obererzgebirgischer Bergreviere sowie der von Voigtsberg und dem Neustädtischen Kreis ab Januar 1789.1504 Damit die Erweiterung des Unterrichts noch im Winter 1788/89 erfolgen könnte, wies er den Freiberger Oberzehntner an, sofort 175 Taler und 12 Groschen an die obergebirgischen Bergämter zur Auszahlung zu bringen, wovon für Eibenstock fünf Taler, Altenberg zehn Taler, Scheibenberg 13 Taler, Oberwiesenthal sowie Geyer und Ehrenfriedersdorf je 20 Taler, Schneeberg 22 Taler und 12 Groschen, Johanngeorgenstadt und Marienberg je 25 Taler und für Annaberg 35 Taler bestimmt waren.1505 Die zu Ostern 1789 anstehende „Repartition“, d. h. rückwirkende Verteilung bis dahin nicht verbrauchter Finanzmittel, legte der Landesherr auf 514 Taler und 12 Groschen fest.1506 Da die Finanzierung der Freiberger Goldberg’schen Zeichenschule entsprechend des Heynitz’schen Vorschlages zukünftig gesondert erfolgten sollte, bedeutete dies immerhin eine Erhöhung der Mittel für die Knappschaftlichen Schulanstalten – einschließlich der SRZ-Schulen des oberen Erzgebirges – auf das 2,5-fache. Benno von Heynitz hatte sein Ziel erreicht; mit den bereitgestellten Geldmitteln konnte weiteren Bergmannskindern der dringend erforderliche elementare Schulunterricht geboten werden. Bereits ein halbes Jahr später berichtete das Oberbergamt dem Kurfürsten unter ausdrücklichem Hinweis auf die vorausgegangene Erhöhung der Beihilfe über den erfolgreichen Ausbau der obererzgebirgischen Bergschulanstalten.1507 Dabei präsentierte die Bergbehörde einen Gesamtüberblick über die zwischenzeitlich erfolgte Schulentwicklung, aus dem sich nicht nur das Finanzierungsregime selbst, sondern

1504 1505 1506

1507

einen tabellarischen Aktenauszug über alle in den obererzgebirgischen Bergrevieren unterrichteten Kinder männlichen und weiblichen Geschlechts verlangt, da die Berichte jedoch nicht immer eine Geschlechtertrennung enthielten, habe Kürschner für die Zukunft jedoch einen solchen abgefordert. Vgl. dazu den Bericht Wittigs vom 4. Aug. 1792, in: BergA, OBA 2253, Bl. (unleserlich, vermutl.) 185 f. Vgl. dazu die Reskripte Kurfürst Friedrich Augusts an das OBA bzw. den OZ vom 16. Dez. 1788, in: BergA, OBA 2252, Bl. 115-115 b., bzw. Bl. 116–116 b. Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts an den OZ vom 16. Dez. 1788 (ebd.), Bl. 116. Vgl. das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts an den OZ vom 16. Dez. 1788 (ebd.). Diese Summe ergibt sich daraus, das 85 Taler und 12 Groschen bereits vorher aus den Schulfonds für das Schuljahr 1789/90 entnommen worden waren – vgl. dazu Bericht des OBA vom 17. Juni 1789, in: BergA, OBA 2253, Bl. 8–12, hier Bl. 8 b. Durch Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 24. Aug. 1789, in: BergA, OBA 2253, Bl. 13 f., sind dann diese 514 Taler und 12 Groschen zur Auszahlung gekommen. Vgl. dazu im Einzelnen den Bericht des OBA vom 17. Juni 1789 (ebd.), hier Bl. 8 b.

268

Die besonderen Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen

auch Organisation und Struktur des kursächsischen Bergschulwesens in seiner Gesamtheit erkennen lassen. Das Oberbergamt führte diesbezüglich aus: „Es besteht aber die Schulentwicklung in den meisten Bergamtsrevieren aus zwey Hauptabtheilungen(,) in deren einer die gewöhnlichen Schullehrer des Orts den Bergmannskindern männlichen und weiblichen Geschlechts im Lesen, auch wohl im Schreiben und in den Religionswahrheiten ... Unterricht ertheilen, dahingegen in die andere Abtheilung blos Knaben gezogen und nach dem Beispiele der hiesigen Goldbergischen Zeichnen- und Rechnenschule entweder von bereits angestellten Bergofficianten oder von Academisten,1508 die ihren Cursus hier [an der Bergakademie – H.K.] beendet haben und zu weiterer Ausbildung in der practischen Bergbaukunde in die Bergämter bis zu ihrer wirklichen Anstellung vertheilt sind, im Zeichnen, Rechnen, auch wohl den Anfangsgründen der Bergbaukunde unterrichtet werden.“1509

Die etwas schwammige Aussage der Bergaufsichtsbehörde in Bezug auf den vermittelten Unterricht belegt, dass dieser keineswegs immer einheitlich und zudem auch direkt von den örtlichen personellen und finanziellen Verhältnissen abhängig war.1510 Während in der „ersten Abteilung“ – im Unterschied zur Bergschulverfassung Freibergs – sowohl Knaben als auch Mädchen den elementaren Unterricht im Lesen und Christentum, im Einzelfall auch im Schreiben an den jeweiligen örtlichen Schulen von den „gewöhnlichen Schullehrer(n)“ erhielten, war die stets höher bewertete Ausbildung im Schreiben, Rechnen1511 und Zeichnen bzw. den „Anfangsgründen der Bergbaukunde“ an den gesonderten SRZ-Schulen ausschließlich Bergmannskindern männlichen Geschlechts vorbehalten.1512 An Letzteren wurden in Anlehnung an die Goldberg’sche Zeichen- und Rechenschule bzw. die geson1508 Hervorhebungen d.d. Autor. 1509 Bericht des OBA vom 17. Juni 1789 (wie Anm. 1506), Bl. 9. Die hier durch das Oberbergamt vorgenommene Unterscheidung des Bergschulwesens in zwei „Abteilungen“ belegt die genaue Kenntnis des Oberbergamtes von der unterschiedlichen Zweckbestimmung der verschiedenen Bergschuleinrichtungen. 1510 Dies wird auch durch die dem Bericht beigefügten revierspezifischen Übersichten bestätigt. Vgl. dazu ebd., hier die tabellarische Anzeige Bl. 9 b.–11 b. Hinsichtlich der Gesamtfinanzierung des Bergschulunterrichts (vgl. dazu Näheres im Abschnitt 5.1.) brachte das Oberbergamt zum Ausdruck, dass diese mittels des der Oberzehntenkasse zugeteilten „Quanto“ von 600 Talern (also der landesherrlichen Beihilfe), sowie der Knappschaftskassenbeiträge erfolgen würde. 1511 Während man „Buchstabieren“ und Schreiben zum Teil bereits nach der Schulordnung von 1580 unterrichtete, wurde Rechnen nach Keller (Beobachtungen zur Schule), S. 151, „erst seit der zweiten Hälfte des 18. J[ahr]h[underts] zu den gewöhnlichen Unterrichtsgegenständen gezählt …“ Rechnen war „… eine sehr edle Wissenschaft und vor die Jugend nur gar nicht zu entbehren …“ So die Einschätzung des Rates des Bergstädtchens Aue aus dem Jahre 1762. Auszugsweises Zitat nach Keller (ebd.), die in diesem Zusammenhang (ebd.), auf den „zeitlichen ‚Vorsprung’“ von Aue gegenüber anderen untersuchten Städten verweist. 1512 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 17. Juni 1789 (wie Anm. 1506), hier Bl. 9.

Errichtung von Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen

269

derte Schreibeschule beim Freiberger Ratsstuhlschreiber einige wenige „begabte“ oder „gute Subjekte“ von einem ortsansässigen Bergbeamten1513 bzw. ehemaligen Bergakademisten unterrichtet.1514 Dieser Unterricht fand dabei stets am Sitz des jeweiligen Bergamtsreviers, nämlich in Altenberg, Marienberg, Annaberg, Johanngeorgenstadt bzw. Schneeberg, statt. Trotz aller Euphorie des Oberbergamtes, nach dessen Auffassung durch die 1786 bzw. 1788 erfolgte „huldreichste“ Vermehrung der dafür erforderlichen Geldbeträge die Anzahl der mit freiem Unterricht unversorgten Bergmannskinder „gar sehr vermindert worden“ wäre,1515 blieb auch weiterhin eine Reihe von Bergmannskindern ohne Schulunterricht, wobei sich die Situation in den einzelnen Bergrevieren sehr unterschiedlich darstellte. Während z. B. 1789 in Marienberg 54 mit Unterricht „versorgten“ Bergmannskindern 207 Kinder männlichen und weiblichen Geschlechts gegenüberstanden, die nicht unterrichtet werden konnten, waren es im etwa gleich großen Bergrevier Annaberg nur 40, im Bergrevier Johanngeorgenstadt mit Schwarzenberg nur 35 und in den Revieren Geyer bzw. Ehrenfriedersdorf nur 26 solcher „Expectanten [hier: Anwärter – H.K.]“.1516 In den Bergrevieren Altenberg und Schneeberg schien dagegen zu diesem Zeitpunkt allen bedürftigen Bergmannskindern Unterricht erteilt worden zu sein, zumindest führte das Oberbergamt keine unversorgt gebliebenen an.1517 Für das laufende Unterrichtsjahr 1789/90 ersuchte das Oberbergamt deshalb den Landesherrn um Bereitstellung der für die Versorgung der Schulanstalten des Obergebirgigen Reviers noch verbliebenen 514 Taler und 12 Groschen,1518 wobei es in Anlehnung an die von den einzelnen regionalen Bergämtern ermittelten Finanzbedürfnisse die in der nachfolgenden Tabelle dargestellte Verteilung der landesherrlichen Beihilfen aus der Freiberger Oberzehntenkasse vorschlug:1519 1513 Bei diesen „Bergofficianten“ handelte es sich meist auch um ehemalige Absolventen der Bergakademie. 1514 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 17. Juni 1789 (wie Anm. 1506), hier Bl. 9. 1515 Bericht des OBA vom 17. Juni 1789 (ebd.), hier Bl. 11 b. 1516 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 17. Juni 1789 (ebd.), hier Bl. 9 b.–10 b. 1517 Vgl. dazu die tabellarischen Meldungen der einzelnen Bergämter in: BergA, OBA 2252, Bl. 168–228. 1518 Ab 1790 wurden tatsächlich 600 Taler bereitgestellt, da zwischenzeitlich die Bezahlung der 60 Taler für die Goldberg’sche Schule aus dem Fonds der Bergakademie erfolgte; vgl. hierzu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 14. Juni 1790 an das OBA sowie den OZ ô Feral, in: BergA, OBA 2253, Bl. 74 f., sowie die tabellarischen Anzeigen der einzelnen Bergämter vom Frühjahr 1791, in: ebd., Bl. 94–125 b. 1519 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 17. Juni 1789 (wie Anm. 1506), hier Bl. 11 b. Die leichte Besserstellung des Bergamtes Marienberg gegenüber den übrigen Bergämtern sowie die geplante Bereitstellung der von der vergangenen Verteilung übrig gebliebenen 11 Taler und 6 Groschen auf dieses Revier begründete das Oberbergamt mit der hohen Anzahl unversorgter Bergmannskinder; vgl. ebd., Bl. 12. Insgesamt kann jedoch eine etwaige Gleichbehandlung der

270

Die besonderen Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen

Tabelle III_2_1c: Beantragte Beihilfe für die bergmännischen Schulanstalten

Tabelle III_2_1c: Beantragte Beihilfe für die bergmännischen Schulanstalten des oberen Erzgebiroberen ges imdes Jahre 1789 Erzgebirges im Jahre 1789

Bergrevier Bergrevier

Altenberg Altenberg Marienberg

beantragte beantragte Beihilfe Beihilfe ausaus der der Freiberger Freiberger OberOberzehntenzehntenkasse kasse (Taler / (in Tlr. / Gr.) Groschen) 55 / --55 // 18 --98

Geyer mit Marienberg Ehrenfriedersdorf

40 / --98 / 18

Annaberg Geyer mit Ehrenfriedersdorf Scheibenberg

97 40 // 12 --24 / 12

Oberwiesenthal Annaberg Johanngeorgenstadt mit Schwarzenberg Scheibenberg

35 97 // --12 62 / 12 24 / 12

Eibenstock Oberwiesenthal Schneeberg

17 / 12 35 / --53 / 18

Voigtsberg Johanngeorgenstadt mit Schwarzenberg Neustädtischer

10 62 // --12

Kreis Eibenstock Hüttenknappschaft Freiberg Schneeberg

10 / ---

beantragte Beihilfe aus der Oberzehntenkasse im Jahre 1789 10 10 10

17,5

98,75

62,5

24,5

97,5

Altenberg (55) Marienberg (98,75) Geyer mit Ehrenfriedersdorf (40) Annaberg (97,5)

gesamt1520 Voigtsberg Neustädtischer Kreis

10 / ---

Schneeberg (53,75)

Hüttenknappschaft Freiberg

10 / ---

gesamt

40

35

17 / 12 10 / --53 / 18 514 /12 10 / ---

1

55

53,75

Scheibenberg (24,5) (Ober-)Wiesenthal (35) Johanngeorgenstadt mit Schwarzenberg (62,5) Eibenstock (17,5) Voigtsberg (10) Neustädtischer Kreis (10) Hüttenknappschaft Freiberg (10)

514 / 12

[Quelle: Bericht des OBA vom 17. Juni 1789, in: BergA, OBA 2253, Bl. 8–12]1520w

einzelnen Bergreviere konstatiert werden, was auch beim direkten Vergleich von Schneeberg im Westerzgebirge und Altenberg im Osterzgebirge deutlich wird. Vgl. hierzu ebd., Bl. 9 b. Einschließlich Hüttenknappschaft Freiberg. und 11. 1520 Einschließlich Hüttenknappschaft Freiberg. 1

Errichtung von Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen

271

Sämtliche vom Oberbergamt eingereichten Vorschläge zur Verbesserung des Bergschulunterrichts wurden durch das daraufhin ergangene Reskript für das Schuljahr 1789/90 genehmigt.1521 Das wenig später an die obererzgebirgischen Revierbergämter ergangene Patent des Oberbergamtes, diesem Anzahl, Alter und Namen der jeweiligen Schüler der „Zeichnen- und Rechnenschulen“, die zum Zwecke der Wissensvertiefung „von Zeit zu Zeit in andere Reviere gesendet und solchergestalt gegen einander verwechselt werden“ könnten, zu melden,1522 deutete bereits auf den geplanten Ausbau des besonderen Systems der SRZ-Schulen hin. Auch in den darauf folgenden Jahren kamen jährlich (zunächst) jeweils 600 Taler aus der Freiberger Oberzehntenkasse als Beihilfe an die einzelnen Bergreviere für den Ausbau ihres gesamten regionalen Bergschulunterrichts zur Auszahlung, ohne dass dabei immer zwischen dem Elementarschulunterricht und der weiterführenden Ausbildung an den SRZ-Schulen unterschieden worden wäre. Das Oberbergamt berücksichtigte in der Regel die von den Bergämtern aufgemachten und begründeten Forderungen, weswegen die zugeteilte Summe zwischen den Revieren im Einzelfall auch erheblich voneinander abweichen konnte. Allein deshalb aus der Höhe der Summe der genehmigten landesherrlichen Beihilfe auf den Umfang des Bergschulunterrichts schließen zu wollen, wäre falsch, zumal der Geldbedarf – zum Beispiel durch Baumaßnahmen an einem Schulgebäude –1523 im Einzelfall auch stark schwanken konnte. Ungeachtet dessen bietet die Höhe dieser Beihilfen oftmals einen Ansatzpunkt für die Bewertung des Umfangs der Bergschulausbildung. Insgesamt blieb die Zahlung der Beihilfe von 1788 bis 1792 jedoch in etwa konstant, wie die folgende Übersicht belegt:

1521 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 24. Sept. 1789, in: BergA, OBA 2253, Bl. 13 f. Durch Reskript vom gleichen Tag wurde der Freiberger Oberzehntner ō Feral angewiesen, die verbliebenden 514 Taler und 12 Groschen von den ausgesetzten 600 Talern bereitzustellen; vgl. ebd., Bl. 14 f. 1522 Patent des OBA an die BÄ vom 31. Okt. 1789, in: BergA, OBA 2253, Bl. 19 f. 1523 Dies war z. B. 1788 im vogtländischen Bergrevier Voigtsberg der Fall.

272

Die besonderen Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen

Tabelle III_2_1d: Verhältnis der aus der OZK 1790/92 gezahlten Beihilfe zur Anzahl der in den kursächsischen Bergrevieren 1793 unterrichteten Bergmannskinder

Bergrevier

Beihilfe aus der Freiberger Oberzehntenkasse (in Talern)

Unterrichtete Bergmannskinder

„Expectanten“ Ostern 17931524

17901525

17921526

17931527

55

55

89

keine

115 60

100 91

Annaberg Scheibenberg (Ober-)Wiesenthal Johanngeorgenstadt mit Schwarzenberg

115 25 45 70

106 30 59 34

119 47 37 40 25 25 25 37

56 5 17 30 12 11 keine 41

Eibenstock Schneeberg Voigtsberg Neustädtischer Kreis Hüttenknappschaft Freiberg Henneberg [Suhl]1528

25 55 15 10 10

35 55 15 10 10

77 103 33 10 k.A.

31 keine keine keine k.A.

---

---

k.A.

k.A.

Altenberg mit Berggießhübel und Glashütte Marienberg Geyer und Ehrenfriedersdorf

1524 1525 1526 1527 1528

1524 Zahlenangaben nach dem Bericht des OBA vom 2. Nov. 1793, in: BergA, OBA 2254, Bl. 132–138, hier Anlage Bl. 147 b.–148. 1525 Zahlenangaben nach dem Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 14. Juni 1790 (wie Anm. 519). 1526 Zahlenangaben nach dem Reskript Kurfürst Friedrich Augusts an den OZ ô Feral vom 7. Juni 1792, in: BergA, OBA 2253, Bl. 183 f. 1527 Zahlenangaben nach dem Bericht des OBA vom 2. Nov. 1793 (wie Anm. 1524). 1528 Ab dem Quartal Luciae 1794 wurde im Aufsichtsbereich des thüringischen Bergamts Henneberg (mit Sitz in Suhl) ebenfalls mit einer elementaren Unterrichtsversorgung innerhalb der Schulen der Stadt Suhl bzw. den umliegenden Dörfern begonnen. Vgl. dazu grundsätzlich den Berichtsvortrag des BA Henneberg vom 26. Mai 1796, in: BergA, OBA 2257, Bl. 142–149. Die Existenz einer gesonderten SRZ-Schule in Suhl zu diesem Zeitpunkt ist fraglich; angeblich mangelte es dort zwar nicht an „Zeichenmeistern … wohl aber an Bergmanns Knaben … die zum Zeichnen Geschicke und Lust …“ hätten. Vgl. ebd., Bl. 142.

273

Errichtung von Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen

Bergrevier

Gesamt:

1529

Beihilfe aus der Freiberger Oberzehntenkasse (in Talern)

Unterrichtete Bergmannskinder

1790

1792

1793

600

600

6671530

„Expectanten“ Ostern 1793

203

[Quelle: Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 14. Juni 1790, in: BergA, OBA 2253, Bl. 72–73, vom 7. Juni 1792 (ebd.), Bl. 183 f.; Bericht des OBA vom 2. Nov. 1793, in: BergA, OBA 2254, Bl. 132–138, hier Anlage Bl. 147 b.–148] 1529 1530

Der Anstieg der Anzahl der Expectanten des Unterrichts an den obererzgebirgischen Knappschaftlichen Schulanstalten veranlassten den Landesherrn 1793, von der jährlich ausgesetzten Gesamtbeihilfe in Höhe von 600 Talern abzuweichen und zunächst lediglich die Hälfte, nämlich 295 Taler zur Auszahlung anzuweisen,1531 zugleich genauere Bedarfserhebungen durchführen und ein Regulativ für diese Bergschuleinrichtungen anfertigen zu lassen.1532 Im Jahre 1794 erhielten in den obererzgebirgischen Bergrevieren sowie im Bergrevier Voigstberg und dem Neustädtischen Kreis insgesamt 610 Kinder unterschiedlichen Geschlechts und Alters elementaren Schulunterricht, der aus dem „Fonds der Bergschulanstalten“ finanziert wurde.1533 Von diesen Kindern waren jetzt immerhin 216 – also ca. 35,5% – Mädchen.1534 Im Vergleich zum Beginn der 1529 Einschließlich Hüttenknappschaft Freiberg. 1530 Das Oberbergamt gab nur 634 Kinder an. Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 2. Nov. 1793 (wie Anm. 1524), bzw. die tabellarischen Übersichten in: OBA 2255, Bl. 117–129, hier die „Berechnung auf das Schulgeld 1793/94“, Bl. 121. In Freiberg wurden in dieser Zeit 631 Bergmanns- und Hüttenarbeiterkinder unterrichtet. 1531 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 17. Mai 1793, in: BergA, OBA 2254, Bl. 45–49. Die „Restsumme in Höhe von 305 Talern wies der Kurfürst erst Ende 1793 zur Verteilung an; vgl. dazu das Schulreskript vom 13. Dez. 1793 (wie Anm. 1056), hier Bl. 154 f. 1532 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 17. Mai 1793 (ebd.), sowie den Bericht des OBA vom 2. Nov. 1793 (wie Anm. 1524), hier Bl. 132 f. Beide Aufträge wurden in der Folge durch den Bergkommissionsrat von Schirnding abgearbeitet; dessen Regulativentwurf ist dem Oberbergamtsbericht vom 2. Nov. 1793 (ebd.) als Anlage „B“, Bl. 145–146 b., beigefügt. 1533 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 4. Apr. 1795 (wie Anm. 1335), hier die tabellarischen Übersichten A und B, Bl. 145. Die dazu (ebd.) vom OBA beantragte Beihilfe (einschließlich für die Freiberger Hüttenknappschaft) in Gesamthöhe von 238 Talern, 23 Groschen und 10 Pfennigen genehmigte Kurfürst Friedrich August mit Reskript vom 1. Mai 1795, in: BergA, OBA 2256, Bl. 152–155, hier Bl. 155. In dieser Akte existieren tatsächlich zwei Reskripte des Kurfürsten vom gleichen Datum, vgl. dazu die Anm. 1253. 1534 Im Vergleich hierzu betrug im gleichen Zeitraum in Freiberg der Anteil weiblicher Schüler an den 737 unterrichteten Bergmannskindern gerade einmal 108 – als 14,65%. Vgl. dazu die Tabelle zum Bericht des OBA vom 4. Apr. 1795 (wie Anm. 1335), Tabellen A und B, hier Bl. 145, 149 f.

274

Die besonderen Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen

Elementarschulausbildung hatte sich somit die bergmännische Unterrichtsversorgung wesentlich verbessert.1535 Ab 1794 wurden in den Berichten der Bergämter und den kurfürstlichen Reskripten über die Zuweisung von Geldbeträgen aus der Freiberger Oberzehntenkasse für den Bergschulunterricht die Beiträge für den Elementarschulunterricht gesondert von denen für die SRZ-Schulen ausgewiesen,1536 wobei sich diese Ausgaben 1794 bzw. 1795 wie folgt darstellten: Tabelle III_2_1e: Beihilfen für Elementarunterricht 1794/95 1537 1538 1539 1540

Bergrevier1537

Beihilfe für den Elementarunterricht aus der Freiberger Oberzehntenkasse (in Talern/Groschen/ Pfennigen) 17941538

17951539

--- / --- / ---

21 / 15 / 8

Marienberg

57 / 4 / 8

24 / 22 / 11

Geyer und Ehrenfriedersdorf

68 / 6 / 61540

86 / 17 / 3

10 / --- / ---

Annaberg

65 / 22 / 11

Scheibenberg mit (Ober-) Wiesenthal

24 / 16 / 3

Altenberg

64 / 18 / 4

1535 Dies wird z. B. deutlich, wenn die Unterrichtsversorgung 1794 im Bergrevier Annaberg mit der von 1784 verglichen wird; vgl. dazu den Abschnitt 3.1. 1536 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 18. Juli 1794 an den OZ (wie Anm. 1184), hier Bl. 115 f. Diese gesonderte Ausweisung hat etwas mit den 1793 eingeleiteten Reformen an der Bergakademie zu tun. Vgl. dazu grundlegend das Kapitel 4. 1537 Mehrere Bergreviere waren durch den Willen des Landesherrn zur „Simplifizierung“ des Abrechnungswesens Ende 1793 zusammengeführt worden; vgl. dazu das Schulreskript vom 13. Dez. 1793 (wie Anm. 1056), Bl. 155 f. 1538 Zahlenangaben nach dem Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 18. Juli 1794 an das OBA bzw. den OZ (wie Anm. 1184), hier Bl. 114, bzw. Bl. 115 b. Das thüringische Bergamt Suhl wird hier nur der Vollständigkeit halber mit angeführt; es ist sonst nicht Teil dieser Untersuchung! 1539 Zahlenangaben nach dem Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 1. Mai 1795 (wie Anm. 1533), hier Bl. 155; vgl. dazu auch den Bericht des OBA vom 3. Mai 1796, in: BergA, OBA 2257, Bl. 121–130, hier Ökonomische Übersicht 1795, Bl. 125 b.–126. 1540 Dass das relativ kleine Bergrevier Geyer mehr als 68 Taler und somit einen höheren Betrag als z. B. das wesentlich größere Bergrevier Marienberg erhielt, hing mit dem aktuell höheren Geldbedarf Geyers zusammen. Vgl. dazu das kurfürstliche Reskript vom 18. Juli 1794 (wie Anm. 1184), hier Tabelle Bl. 114. Auch in späteren Jahren bekommt dieses Revier Geyer relativ hohe Beihilfen für den Elementarunterricht. Vgl. dazu u. a. das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 11. Apr. 1801, in BergA, OBA 2259, Bl. 257–258.

275

Errichtung von Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen

Bergrevier1537

Beihilfe für den Elementarunterricht aus der Freiberger Oberzehntenkasse (in Talern/Groschen/ Pfennigen) 17941538

17951539

Johanngeorgenstadt mit Schwarzenberg und Eibenstock

71 / 4 / 11

--- / 21 / 8

Schneeberg

25 / --- / ---

25 / --- / ---

Voigtsberg

15 / --- / ---

15 / --- / ---

Neustädtischer Kreis/Großkamsdorf

10 / --- / ---

--- / --- / ---

Hüttenknappschaft Freiberg

10 / --- / ---

10 / --- / ---

Henneberg [Suhl] Gesamt:1541

10 / --- / ---

10 / --- / ---

367 / 5 / 151542

248 / 23 / 10

[Quelle: Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 18. Juli 1794 an den OZ, in: BergA, OBA 2255, Bl. 106–114 b., hier Bl. 114–115 b., bzw. vom 1. Mai 1795 an das OBA, in: BergA, OBA 2256, Bl. 152–155, hier Bl. 155.] 1541 1542

Die 1795 aus der Freiberger Oberzehntenkasse gezahlte Beihilfe in Höhe von knapp 249 Talern lag über dem Eigenaufkommens der Knappschaften des oberen Erzgebirges, das im gleichen Jahr ca. 235 Taler ausmachte.1543 Rechnet man zu den Einnahmen dieser Knappschaften die für die Schulkasse gezahlten Zuwendungen der Gewerken in Altenberg und Johanngeorgenstadt in Höhe von jeweils 50 bzw. 51 Talern hinzu,1544 machten die kurfürstlichen Beihilfen im Jahre 1795 immer noch knapp 74% der gesamten Schulgeldeinnahmen in Höhe von ca. 337 Talern für die Knappschaftlichen Schulanstalten im oberen Erzgebirge, Voigtsberg und dem Neustädtischen Kreis aus.1545 Da der Kassenbestand für diese Knappschaftlichen Schulanstalten Ende 1794 ca. 347 Taler betragen hatte, konnten nun 718

1541 Angabe einschließlich Hüttenknappschaft Freiberg und Bergrevier Henneberg; Letzteres ist nicht Teil der Untersuchung. 1542 185 Taler und 14 Groschen wurden diesmal den SRZ-Schulen direkt zugewiesen. Vgl. dazu weiter unten. 50 Taler, 10 Groschen und 9 Pfennige blieben übrig, diese wollte der Landesherr „im künftigen Jahre nach Befinden der Umstände“ zur Verfügung stellen. Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 18. Juli 1794 (wie Anm. 1184), Bl. 114 f. 1543 In diesem Betrag sind 10 Taler der Hüttenknappschaft Freiberg enthalten. Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 3. Mai 1796 (wie Anm. 1157), hier Bl. 125 b.–126. 1544 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 3. Mai 1796 (ebd.). 1545 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 3. Mai 1796 (ebd.). Das ist umso bedeutender, als der Bergschulunterricht im Bergrevier Freiberg (ohne die Goldberg’sche Zeichenschule) faktisch ohne kurfürstliche Beihilfe finanziert wurde.

276

Die besonderen Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen

Kinder – 454 Knaben und 264 Mädchen – unterrichtet werden.1546 Damit lag der Anteil unterrichteter Mädchen bei beinahe 37% der mit Elementarschulunterricht versorgten Bergmannskinder.1547 Ungeachtet der zweifellos verbesserten Unterrichtsversorgung innerhalb der Knappschaftlichen Schulanstalten blieb deren materielle Ausstattung sehr bescheiden. So besaß die Altenberger Knappschaft für die mit ihrer finanziellen Unterstützung im Jahre 1798 an den deutschen Schulen in Altenberg, Geising und Glashütte unterrichteten 109 Kinder (76 Knaben und 33 Mädchen) eine Tafel, zwei Tische und acht hölzerne Stühle,1548 und als Lehrmaterialien waren lediglich „8. Stück [von] Hübners biblische(n) Historien [und] 6. Stück [der] Dresdener Katechismen“ vorhanden.1549 3.2.2. Die Herausbildung gesonderter SRZ-Schulen (ab 1787/88) und deren Finanzierung

Die Schreibe-, Rechen- und Zeichen-Schulen1550 des oberen Erzgebirges – nachfolgend als SRZ-Schulen bezeichnet –1551 hatten sich, wie schon ausgeführt, in der Regel seit Mitte der 80er-Jahre des 18. Jahrhunderts herausgebildet, und nicht, wie Altmann angibt, erst in der ersten Hälfte des 19.(!) Jahrhunderts.1552 Bergkommis1546 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 3. Mai 1796 (ebd.), hier die Tabelle des versorgten Personals, Bl. 127 b.–128. Die Gesamtzahl der an den Bergschulanstalten (einschließlich Freibergs) mit Elementarunterricht versorgten Bergmannskinder lag 1795 bei 1647 Kindern, vgl. ebd., Bl. 128. 1547 Im Bergrevier Freiberg war 1795 die Anzahl unterrichteter Bergmannsmädchen gegenüber 1794 gerade von 108 auf 182, und damit im Verhältnis zu 737 bzw. 747 unterrichteten Knaben von 14,67% auf 24,36% gestiegen. Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 3. Mai 1796 (ebd.). 1548 Vgl. dazu den Bericht des BA Altbg. vom 8. März 1798 (wie Anm. 169). 1549 Bericht des BA Altbg. vom 8. März 1798 (ebd.). Es ist aber davon auszugehen, dass dies nur ein Teil der Schulausstattung war, für die sonst die christlichen Schulbehörden zu sorgen hatten. 1550 Die Bezeichnung für diese Schulform konnte in den einzelnen Bergrevieren voneinander abweichen, da auch die Kombination des angebotenen Unterrichts zum Teil variierte. Noch 1795 verwendete der Landesherr für denselben Schultyp unterschiedliche Namen, nämlich „Berg-“ oder „Rechnen- und ZeichnenSchulen“; das Bergamt Johanngeorgenstadt dagegen sprach von den „Berg- oder den besonderen Zeichnen- Rechnen- und Schreibe-Schulen“. Vgl. dazu den Extrakt aus einem Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 1. Mai 1795, in: UAF, OBA 9, Bl. 287 f., hier Bl. 287, bzw. den Bericht des BA Jhgstdt. vom 30. Juni 1796, in: BergA, OBA 2257, Bl. 152–154, hier Bl. 152 f. 1551 Von einer „SRZ-Schule“ ist nachfolgend immer dann die Rede, wenn für diese von der Bergverwaltung ein gesonderter SRZ-Lehrer – i. d. R. ein Absolvent der Bergakademie – eingesetzt worden ist. 1552 So Altmann (Berufliche Bildungswege), S. 21, über die „Einrichtung weiterer Bergschulen, so beispielsweise in Annaberg, Marienberg, Johanngeorgenstadt, Schneeberg, Altenberg“ erst „in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts“. Auch hatten Letztere nicht nur „wenige Jahre oder Jahrzehnte“, wie von Altmann (ebd.) angegeben, existiert, sondern im Durchschnitt nahezu 80 Jahre! Bereits im 17. Jahrhundert hatte Johann Joachim Becher in Gotha sogenannte Lese-,

Errichtung von Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen

277

sionsrat Ernst Friedrich Carl von Schirnding wird später den Oberbergamtsbericht vom 16. September 1786 bzw. das darauf ergangene kurfürstliche Reskript vom 23. Oktober 1786 als entscheidende Daten für die Installation dieser „Rechnenund Zeichnen-Schulen“ im oberen Erzgebirge anführen.1553 Die Verbesserung der finanziellen Grundlagen war eine der wesentlichsten Voraussetzungen für die Herausbildung dieses Schultyps. Eine andere war sicherlich die von verschiedenen Vertretern der Bergverwaltung gewonnene Erkenntnis, dass für die Ausbildung qualifizierter Fachleute ein weitergehender, vor allem an den Anforderungen aus der bergmännischen Praxis selbst orientierter Unterricht erforderlich ist. Da aber nur in den wenigsten Fällen die örtlichen Knappschaften in der Lage und auch bereit waren,1554 einen solchen Unterricht zu finanzieren, musste nach neuen, z. T. pragmatischen Lösungen gesucht werden. Die ab dem Schuljahr 1786/87 den Knappschaften des oberen Erzgebirges sowie denen Voigtsbergs und des Neustädtischen Kreises jährlich zur Verfügung gestellten 300 Taler an landesherrlicher Beihilfe zur Verbesserung der Unterrichtsversorgung für Kinder von Berg- und Hüttenleuten1555 kamen auch der Einführung eines über den Elementarschulunterricht hinausgehenden Schreib-, Rechen-Zeichenunterrichts zugute. Während die deutschen- oder Elementarschulen selbst in kleineren Bergstädten und umliegenden Gemeinden existierten,1556 wurden SRZSchulen ausschließlich in den (damals) bedeutenderen Bergstädten geschaffen. Sieht man sich die Verfassungsstrukturen dieser Bergstädte einmal näher an, kann man feststellen, dass solche Schulen nur a) in Bergstädten errichtet wurden, in denen zugleich die regionale Bergverwaltung (das Bergamt) ihren Sitz hatte, und b) dieser Stadt im Laufe ihrer Existenz tatsächlich auch der Status einer Bergstadt zuerkannt worden war.1557

1553

1554

1555 1556 1557

Schreibe- und Rechenschulen als Hauptelement seines neuen Schulsystems vorgesehen – vgl. dazu Heubaum (Geschichte des deutschen Bildungswesens), S. 11. Vgl. dazu den Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794 (wie Anm. 1394), hier Bl. 168 f., sowie Bl. 179 b.–181. Weitere Reskripte Kurfürst Friedrich Augusts, so das vom 8. Mai 1786 (wie Anm. 1238), bereiteten diese Entwicklung vor. Die in diesem Kontext von Fehrmann (Geschichte der Volksschule), S. 22, gewählte Formulierung zur Schulverfassung in den Bergamtsrevieren Kursachsens lässt eine Entstehung der SRZ-Schulen dagegen erst um 1794 vermuten; ihre diesbezüglichen Ausführungen (ebd.), sind insgesamt sehr vage. Vgl. zu der mangelnden Bereitschaft der Knappschaften, aus ihren Kassen auch Schulunterricht zu finanzieren, die schon geschilderten Ausführungen einiger Knappschaften, sowie den Abschnitt 5.1. Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 8. Mai 1786 (wie Anm. 1238); vgl. Näheres zur Bereitstellung dieser landesherrlichen Beihilfe im Abschnitt 5.1. Vgl. dazu Keller (Beobachtungen zur Schule), S. 141. Vgl. dazu die Angaben über Schrifts- bzw. Amtssässigkeit sowie den Erhalt des Bergstadtstatus in den Artikeln der jeweiligen Bergstädte bei Blaschke (Historisches Ortsverzeichnis). Vgl.

278

Die besonderen Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen

Bei allen kursächsischen Bergstädten (außer Schneeberg)1558 mit einer SRZ-Schule handelte es sich um solche mit einem Rat an der Spitze der Stadt, der allerdings im Untersuchungszeitraum keine städtische Autonomie besaß – wie etwa die Stadträte von Leipzig, Dresden oder Zwickau – und im Gegensatz zu den „… gewöhnlich amtssässigen kleinen Bergstädtchen des Erzgebirges“ – wie etwa Aue –1559 unterstanden diese städtischen Verwaltungen der jeweiligen Bergverwaltung.1560 Die Beaufsichtigung und Verwaltung der SRZ-Schulen war eine reine Aufgabe des Bergamts; städtische Organe waren von diesem Aufsichtsprozess weitgehend ausgenommen. Für Johanngeorgenstadt, Annaberg1561 und Schneeberg ließ sich ein erweiterter SRZ-Unterricht schon relativ früh, nämlich kurz nach Installation des Schreib-, Rechen- und Zeichenunterrichts in Freiberg nachweisen.1562 Mittels der aus dem Freiberger Oberzehnten gezahlten Beihilfe, die die meist knappschaftlichen Geldmittel ergänzen sollten, wurde es zudem möglich, 1786 auch eine SRZ-Schule in Altenberg und 1787 eine solche in Marienberg einzurichten. Im gleichen Jahr (1787) konnte auch eine besondere bergmännische Z-Schule in Johanngeorgenstadt geschaffen werden.1563 Schließlich erfolgte 1787 die Einrichtung einer ZSchule in Schneeberg, die von der dort bereits vorhandenen SR-Schule abgesondert war.1564 Zwischen der erwähnten Bereitstellung der Beihilfe aus der Freiberger Oberzehntenkasse ab dem Jahre 1786 und der Errichtung mehrerer SRZ-Schulen in den größeren obererzgebirgischen Bergrevieren bestand somit ohne Zweifel ein direkter kausaler Zusammenhang.

1558 1559

1560 1561

1562 1563 1564

grundlegend dazu auch Laube (Studien), dort insb. Abschnitt 6, S. 261–267. Diese Städte basierten ursprünglich nicht auf einem eigenen Stadtrecht – wie z. B. Freiberg – sondern auf einer durch landesherrlichen Freiheitsbrief erklärten Bergfreiheit; vgl. ders. (ebd.), S. 261 f. Vgl. zum besonderen verfassungsmäßigen Status von Schneeberg Laube (ebd.), S. 262, sowie grundlegend Kaden (Leipziger Teilung). Keller (Beobachtungen zur Schule), S. 143. Aue gehörte „… zu den gewöhnlich amtssässigen kleinen Bergstädtchen des Erzgebirges, die im 18. Jahrhundert von den Bergbaufolgegewerben wie Metall- und Holzverarbeitung, Posamentieren, Klöppeln etc. geprägt waren.“ (Ebd.). Die „größeren“ kursächsischen Bergstädte wie Annaberg oder Schneeberg waren dagegen nicht amtssässig, sondern unterstanden über die Bergverwaltung dem Landesherrn. Vgl. dazu Laube (Studien), S. 262, der hier aber den Verfassungszustand zur „Blütezeit“ dieser Städte im 16. Jahrhundert erfasst hat. Im Annaberger Bergrevier wurde dafür der in den übrigen obererzgebirgischen Bergrevieren übliche Elementarunterricht für Bergmannskinder zeitweilig vollkommen vernachlässigt; vgl. dazu auch den Abschnitt 3.1. Vgl. zum Beginn der Installation der einzelnen SRZ-Schulen die Berichterstattung der BÄ an das OBA aus dem Jahre 1788, in: BergA, OBA 2252, Bl. 1– 49 b. Außerhalb des sächsischen Erzgebirges wurde 1787 auch im Neustädtischen Kreis der besondere Schreib- und Rechenunterricht für Bergmannskinder installiert. Im Bergrevier Schneeberg existierten für viele Jahre beide Schulen nebeneinander; der Unterricht an ihnen wurde auch von zwei verschiedenen Lehrern durchgeführt.

279

Errichtung von Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen

Tabelle III_2_2a: Etablierung von SRZ-Schulen bzw. eines separaten SRZ-Unterrichts im oberen Erzgebirge

Bergrevier

Existenz einer SRZ-Schule seit:

Altenberg

2. Juli 1786

Marienberg

1. Jan. 1787

Geyer Ehrenfriedersdorf Annaberg Scheibenberg mit (Ober-) Wiesenthal

keine keine 1780/1786 keine, Verweis auf Annaberg

Johanngeorgenstadt

1780 (S+R) 1787 (Z)

Schneeberg

1779 (S+R) 1787 (Z)

Eibenstock

keine, Verweis auf Johanngeorgenstadt bzw. Schneeberg

[Quelle: Berichterstattung der BÄ aus dem Jahre 1788, in: BergA, OBA 2252, Bl. 1–49 b.]

An den SRZ-Schulen sollte, wie ihr Name schon belegt, vor allem Unterricht im Schreiben, Rechnen und Zeichnen erteilt werden, wogegen der an den Knappschaftlichen Schulanstalten gebotene Unterricht weiterhin auf die Fächer Religion und Lesen und damit auf den einfachsten Elementarunterricht beschränkt blieb. Mit der Einführung der SRZ-Schulen kam es deshalb zu einem qualitativen Sprung in der Unterrichtsversorgung der obererzgebirgischen Bergjugend, der, wie schon zuvor der Elementarunterricht an den Knappschaftlichen Schulanstalten, im Wesentlichen auf Initiative des Freiberger Oberbergamtes zustande kam. Obwohl für die neugeschaffenen SRZ-Schulen ganz offensichtlich die (Freiberger) Goldberg’sche ZR-Schule als Vorbild gedient hatte –1565 die in ihnen praktizierte Wissensvermittlung lehnte sich an Letztere an und auch das Alter der Schüler entsprach etwa dem der Goldbergschüler – und sie sich von den Knappschaftlichen Schulanstalten abhoben, bildeten sie in ihrer Entstehungszeit mit Letzteren eine einheitliche Schulorganisation. Aufgrund dieser und der finanziellen Anbindung an die regionale Knappschaftsorganisation muss man sie im weitesten Sinne als zu den Knapp-

1565 Diese SRZ-Schulen waren „… nach dem Beyspiele der hiesigen [Goldberg’schen – H.K.] Zeichnen- und Rechenschule …“ geschaffen worden. So der Bericht des OBA vom 17. Juni 1789 (wie Anm. 1506), hier Bl. 9. Vgl. Näheres zur Herausbildung der regionalen SRZ-Schulen im Abschnitt 3.3.

280

Die besonderen Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen

schaftlichen Schulanstalten gehörig bezeichnen.1566 Da sie mit Knappschaftsbeiträgen errichtet und durch die regionalen Bergämter bzw. Knappschaften beaufsichtigt wurden, bezeichnete Bergkommissionsrat von Schirnding sie deshalb auch zu Recht als von den Knappschaftskassen „formiret“.1567 Das Hauptunterscheidungsmerkmal des neu eingeführten Schreib-, Rechenoder auch Zeichenunterrichts zum Elementarunterricht an den Knappschaftlichen Schulanstalten war das erweiterte Unterrichtsangebot. Welchen konkreten Lehrstoff der Unterricht in den einzelnen SRZ-Schulen beinhaltete, ließ sich nur schwer aus den Akten ermitteln, zumal in den entsprechenden statistischen Erhebungen des Oberbergamtes bzw. der Landesregierung nicht direkt danach gefragt wurde.1568 Neben Rechnen und Zeichnen dürften daher mit hoher Wahrscheinlichkeit (genau wie an der Goldberg’schen Zeichenschule in Freiberg) die Grundlagen der Bergbaukunde – wozu das „Aufnehmen der Gruben und Tagegebäude …“ ebenso wie „auch andere geometrische Wissenschaften“ bzw. andere „theoretische(..) Bergwerkskenntniße(..)“ gehörten – behandelt worden sein.1569 Dass dieser Unterricht in Vielem der Ausbildung an der Freiberger Einrichtung entsprach, verdeutlicht ein späterer Bericht des Bergamtes Johanngeorgenstadt aus dem Jahre 1802 an das Oberbergamt, in welchem es um das Gesuch zweier Bergschüler ging, die ab Ostern 1802 die Bergakademie besuchen wollten. Nach den Einlassungen des Bergamtes hätten die beiden Bergschüler vorher die Johanngeorgenstädter „Bergzeichen- auch Schreibe- und Rechnen-Schule“ besucht und dabei nicht nur „... bereits einige Anfangs-Gründe im Zeichnen, in der Mathematik, Markscheidekunst und in theoretischen Bergbau-Wissenschaften erlanget, sondern auch … zu Erlangung praktischer Kenntnisse Bergarbeit getrieben und vor einiger Zeit ihr Probestück als Häuer gemacht …“1570 Diese Qualifikation reichte letztlich aus, um die Gesuchsteller zum Studium auf die Bergakademie zuzulassen. Indirekt lassen sich aus den an den einzelnen SRZ-Schulen in Gebrauch befindlichen „Inventarienstücken“, vor allem den verwendeten Schulbüchern Rückschlüsse auf den gebotenen Unter1566 Eine etwas abweichende Stellung schien in diesem Zusammenhang lediglich die sogenannte Bränder Schreibe- und Rechenschule einzunehmen, die – im Gegensatz zu Ersteren – nicht von Absolventen der Bergakademie, sondern von „gewöhnlichen“ Bergleuten geleitet wurde. 1567 So im Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794 vor dem OBA (wie Anm. 1394), hier Bl. 180 b. 1568 Die hierzu ausgewerteten Akten enthielten nur selten Angaben zum genauen Inhalt dieses Unterrichts, meist wird in ihnen nur allgemein der Schreib-, Rechen- und (oder) Zeichenunterricht erwähnt. 1569 Einen solchen Unterricht erteilte z. B. der Markscheidestipendiat Theodor Friedrich Gottlieb Goldberg (vgl. Näheres zu diesem im Abschnitt 5.2), jüngerer Bruder des Freiberger Bergschullehrers, in dem von ihm auch angebotenen Privatunterricht während der Zeit seiner Berglehrertätigkeit in Johanngeorgenstadt. Vgl. dazu den Bericht des BA Jhgstdt. vom 29. Febr. 1792, in: UAF, OBA 251, Bl. 25–28, hier Bl. 25 b. 1570 Bericht des BA Jhgstdt. vom 25. Febr. 1802, in: UAF, OBA 111, Bl. 23–27, hier Bl. 23 b.–24.

Errichtung von Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen

281

richt ziehen.1571 So kann man auch daraus, dass das Bergamt Altenberg noch 1801 für den dortigen Elementarschulunterricht die Anschaffung der Schrift „Erste Nahrung für den Verstand“ vorschlug, eher auf niedrigere Bildungsanforderungen schließen,1572 und für eine dürftige Ausstattung mit Lehrmitteln spricht auch ein Bericht aus Erbisdorf, in dem es hieß: „Daß es nicht nur in der Erbisdorfer(,) sondern auch in den allermehrsten Land-Schulen an nüzlichen und zweckmäßigen Büchern mangelt, ist … zu bedauern.“1573 Mit gewissen Einschränkungen lassen sich die obererzgebirgischen SRZ-Schulen hinsichtlich des an ihnen vermittelten Ausbildungsstoffes als Pendant zur Goldberg’schen Schule in Freiberg betrachten, dies umso mehr, als deren Lehrkräfte zuvor die gleiche Ausbildung an der Bergakademie erhalten hatten wie der Freiberger Bergschullehrer Goldberg.1574 In den kleineren obererzgebirgischen Bergrevieren existierten dagegen keine gesonderten SRZ-Schulen. Fanden sich „taugliche Subjekte“, also geeignete Schüler, konnten diese nach einer Aussage des Oberbergamtes die SRZ-Schulen eines der benachbarten größeren Bergstädte besuchen. So sollten in einem solchen Fall Bergschüler aus dem kleinen Bergrevier Scheibenberg nach Annaberg bzw. solche aus dem Bergrevier Eibenstock „… der Nähe wegen“ in die benachbarten größeren Bergstädte Johanngeorgenstadt oder Schneeberg gesandt werden.1575 Allerdings war dies unter Berücksichtigung damaliger Verkehrsverbindungen und der doch zum Teil erheblichen örtlichen Entfernungen zwischen den Bergstädten in der Praxis tatsächlich wohl eher die Ausnahme.1576

1571 Übersichten über die an den SRZ-Schulen in Gebrauch gewesenen Lehrbücher finden sich in den regelmäßig eingereichten tabellarischen Anzeigen der Bergämter. Auch Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule) gibt eine Reihe von Hinweise über die an den (deutschen) Elementarschulen verwendeten Schulbücher. In den ausgewerteten Akten zu den Knappschaftlichen Schulanstalten finden sich dagegen nur im Einzelfall solche Hinweise, so im „Schulplan [Gärtners] der Erbisdorfer Schule“ (wie Anm. 293), hier Bl. 70. 1572 Vgl. dazu den Bericht des BA Altbg. vom 10. Febr. 1801 (wie Anm. 663), hier Bl. 146 b. Insgesamt war die Ausstattung mit Schulbüchern an diesen Schulen sicherlich nur unzureichend. 1573 Bericht (vermutlich des Stollnobersteigers Beyer) an von Charpentier (o.D. [um 1802]; wie Anm. 428), hier Bl. 63. Als Ursache dafür wird der Anstieg der des Schulunterrichts Bedürftigen in Verbindung mit dem dafür nicht ausreichenden Kassenbestand der Bergschulkasse angegeben; vgl. ebd., Bl. 63, sowie den Unterabschnitt 5.1.5. Die hier geschilderte Situation dürfte somit als Realität auch in den anderen obererzgebirgischen Bergrevieren anzunehmen sein. 1574 Vgl. zum gleichartigen, z. T. gemeinsam bezogenen Ausbildung der SRZ-Lehrer den Abschnitt 5.2, sowie die tabellarische Übersicht zur Vita der einzelnen SRZ-Lehrer (Tab. V_2_1) im Anhang. 1575 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 17. Juni 1789 (wie Anm. 1506), hier Bl. 10 f. 1576 Bergmannskinder, die in Orten mit einer SRZ-Schule wohnten, besaßen deshalb gegenüber Kindern aus kleineren Bergrevieren vermutlich wesentlich höhere Bildungschancen.

282

Die besonderen Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen

Mit der Einrichtung gesonderter SRZ-Schulen in den obererzgebirgischen Bergrevieren wurde zumindest die Erweiterung des Bildungshorizontes eines Teils der Kinder von Bergarbeitern und Hüttenleuten ermöglicht. Da der an den SRZSchulen vermittelte Lehrstoff nicht nur über den zu diesem Zeitpunkt an den deutschen Schulen gebotenem Unterrichtsinhalt hinausging, sondern sich fachlich auf das Berg- und Hüttenwesen bezog, diente die neue Unterrichts- und Ausbildungsform zugleich der Berufsgrundbildung zukünftiger Berg- und Hüttenleute.1577 Ungeachtet dessen dürfte selbst der fachbezogene Unterricht an diesen Schulen unter dem Primat der Kindererziehung im Sinne christlicher Lehren gestanden haben.1578 Eine Besonderheit der Verfassung der SRZ-Schulen war zweifellos die Herkunft der an ihnen tätigen Lehrkräfte. Bei ihnen handelte es sich von Beginn an fast ausschließlich um Absolventen der Bergakademie Freiberg. Diese wurden vom Oberbergamt in die einzelnen Bergreviere delegiert, in denen sie in der Regel als niedere Bergbeamte („Bergofficianten“) – z. B. als Schichtmeister oder auch Markscheideanwärter – fungierten.1579 Diese bergakademisch vorgebildeten Lehrkräfte, die allerdings keinerlei pädagogische Ausbildung besaßen,1580 stellten ein neues, innovatives Element im Vergleich zu den bis dahin an den deutschen Schulen eingesetzten Lehrkräften und zugleich einen neuen Lehrertypus dar. Erst mit den 1793 einsetzenden Reformenbestrebungen,1581 die die Trennung des SRZ-Schulunterrichts vom elementaren knappschaftlichen Unterricht sowie (zunächst) auch deren getrennte Finanzierung zum Ziel hatten,1582 endete die Phase ihrer gemeinschaftlichen Schulorganisation. Der elementare „knappschaftliche“ Unterricht an den deutschen Stadt- und Dorfschulen blieb danach Kindern der Altersgruppen fünf bis acht, bzw. acht bis 13/14-Jährigen vorbehalten.1583 Die Ausbildung an den SRZ-Schulen dagegen konnten i. d. R. erst die meist 14-jährigen-

1577 Die an den SRZ-Schulen unterrichteten Fächer Schreiben, Rechnen und Zeichnen hatten auch den Hauptunterrichtsinhalt an den wenigen umgesetzten Realschulmodellen des 18. Jahrhunderts ausgemacht. Vgl. dazu Näheres im Kapitel 6. 1578 Dafür sprechen zumindest Einlassungen einzelner Bergämter in ihrer Berichterstattung. 1579 Die Lehrtätigkeit der obererzgebirgischen Bergschullehrer stellte – im Gegensatz zu der an der Freiberger Bergschule – eher eine Nebentätigkeit zur ausgeübten bergmännischen Offiziantentätigkeit dar. 1580 Eine solche pädagogische Ausbildung boten erst die in Kursachsen Ende des 18. Jahrhunderts ins Leben gerufenen Pädagogischen Seminare. Vgl. dazu grundlegend die bei Schnabel (Das sächsische Lehrerseminar) aufgeführte Literatur. 1581 Vgl. Näheres dazu im Kapitel 4. Diese Reformmaßnahmen erstreckten sich bis ins Jahr 1798. 1582 Allerdings erfolgte trotz inhaltlicher Trennung des SRZ-Unterrichts vom elementaren Unterricht an den deutschen Schulen mit dem im Jahr 1798 neu geschaffenen „Allgemeinen Schulfonds“ wieder eine beide Schultypen umfassende Finanzierung. 1583 Die altersmäßige Unterteilung der Kinder erfolgte in den Berichten der Bergämter nicht immer einheitlich.

283

Errichtung von Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen

oder auch älteren Kinder,1584 die häufig als „Wäsche- bzw. Scheideknaben“ auf den umliegenden Berggebäuden anfuhren, besuchen.1585 Ab 1794 erfolgte dann erstmalig auch eine gesonderte Ausweisung der schon erwähnten landesherrlichen Beihilfe in Höhe von 600 Talern getrennt nach Geldbeiträgen für den Elementarschulunterricht an den Knappschaftlichen Schulanstalten und dem für die SRZ-Schulen. Der Landesherr akzeptierte die vom Oberbergamt vorgeschlagene Beihilfe für die SRZ-Schulen im laufenden Schuljahr 1794 in Höhe von insgesamt 185 Talern und 14 Groschen, die wie folgt auf diese Schulen aufgeteilt werden sollte:1586 Tabelle III_2_2b: Beihilfen für SRZ-Schulen 1794/951587 1588 1589

Sitz der SRZ-Schule

Höhe der Beihilfe für die SRZ-Schulen (in Talern/Groschen/Pfennigen) 17941587

17951588

Altenberg

20 / --- / ---

20 / --- / ---

Marienberg

20 / --- / ---

24 / --- / ---

Annaberg

35 / --- / ---

35 / --- / ---

Johanngeorgenstadt

70 / 14 / ---

56 / 8 / ---

Schneeberg

30 / --- / ---

30 / --- / ---

Neustädter Kreis/Großkamsdorf Gesamt:

10 / --- / --185 / 14 / ---1589

10 / --- / --175 / 8 / ---

[Quelle: Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 18. Juli 1794 bzw. vom 1. Mai 1795, in: BergA, OBA 2255, Bl. 106–114 b., hier Bl. 111 b., bzw. in: BergA, OBA 2256, Bl. 152–155, hier Bl. 154 b.]

1584 In Altenberg und Johanngeorgenstadt z. B. lag das Alter dieser Bergschüler oftmals weit über 20 Jahren. Vgl. dazu die Berichte der einzelnen BÄ, in: BergA, OBA 2252, Bl. 1–49 b. 1585 Zur Unterscheidung von den unter 14-Jährigen bezeichnete man sie in den Akten auch als „Bergpursche(n)“. 1586 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 18. Juli 1794 (wie Anm. 1184), hier Bl. 111 b.–112, sowie den Bericht des OBA vom 14. Juni 1794, in: BergA, OBA 2255, Bl. 88–105, hier die tabellarische Übersicht Bl. 105. Zur gleichen Zeit betrug die Beihilfe für den knappschaftlichen Unterricht knapp 364 Taler; die Form der Abrechnung stellte der Kurfürst in das Ermessen des Oberbergamtes – vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 18. Juli 1794 (ebd.), hier Bl. 112. 1587 Angaben nach dem Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 18. Juli 1794 (ebd.), hier Tabelle Bl. 111 b. 1588 Angaben nach dem Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 1. Mai 1795 (wie Anm. 1533), Bl. 152–155, hier Bl. 154 b. 1589 Für das Schuljahr 1793/94 waren insgesamt 196 Taler für die SRZ-Schulen aufgewendet worden, die außer in Schneeberg und dem Neustädtischen Kreis ausschließlich aus landesherrlichen Beihilfen finanziert wurden.

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Die besonderen Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen

Die angezeigte Reform mündete schließlich 1798 in einer aufeinander abgestimmten Organisation des Bergschulwesens sowie einem vom Landesherrn durchgesetzten Finanzierungsmodell, in das alle unterschiedlichen Bergschuleinrichtungen eingebunden waren.1590 In den obererzgebirgigen Bergrevieren wurde somit, zeitlich versetzt zum Freiberger Bergrevier, auf der Grundlage des von Heynitz’schen Schulplanes1591 eine ähnliche Schulorganisation aufgebaut wie in Freiberg. Während aber die Goldberg’sche ZR-Schule vom gewerkschaftlich finanzierten (erweiterten) Elementarunterricht abgesondert war und zunächst ausschließlich aus den aus der Freiberger Oberzehntenkasse bzw. dem Akademischen Fonds bereitgestellten Beihilfen getragen wurde, standen die in den obererzgebirgischen Bergrevieren eingerichteten SRZ-Schulen in direkter Verbindung mit den dortigen Knappschaftlichen Schulanstalten.1592 Die SRZ-Schulen waren, auch wenn sich deren Ausbildungsniveau vom elementaren Unterricht an den Knappschaftlichen Schulanstalten abhob, immanenter Bestandteil der Letzteren. Beide Unterrichtsformen in den obererzgebirgischen Bergrevieren finanzierte man – außer in Altenberg und Johanngeorgenstadt, wo den Schulkassen1593 auch Gewerkenbeiträge zuflossen – aus Knappschaftsmitteln und einer dazu beigesteuerten landesherrlichen Beihilfe. Diese enge territoriale und finanzielle Verflechtung zwischen Knappschaftlichen Schulanstalten und SRZ-Schulen verschleierte die unterschiedliche Zweckbestimmung beider und war auch aus finanztechnischen Gründen nicht unproblematisch.1594 An den obererzgebirgischen SRZ-Schulen kamen fast durchweg ehemalige Absolventen der Freiberger Bergakademie als Lehrkräfte zum Einsatz. Mit der Umsetzung dieser Idee durch den damaligen Berghauptmann Benno von Heynitz wurde es überhaupt erst möglich, diese neue, innovative Schulform im oberen Erzgebirge zu etablieren und die Autarkie der Bergverwaltung auch auf das Gebiet des allgemeinen Bildungs- bzw. Berufsbildungswesens zu erstrecken.

1590 Ab diesem Zeitpunkt hoben sich diese SRZ-Schulen auch institutionell von den Knappschaftlichen Schulanstalten der kleineren Bergstädte bzw. Dörfer ab. Vgl. dazu Näheres im Abschnitt 4.3. 1591 Vgl. zum Heynitz’schen Schulplan den Unterabschnitt 2.2.3. 1592 Die SRZ-Schulen verfügten zunächst auch nicht über eigenständige Schulgebäude; der Unterricht an ihnen fand durchweg an den örtlichen deutschen Stadt- oder Dorfschulen statt. 1593 Von „Schulkasse“ sprach man i. d. R. erst ab dem Zeitpunkt, zu dem auch landesherrliche Beihilfen in den „Schulkassenfonds“ flossen. Vgl. dazu den Abschnitt 5.1. 1594 Die Finanzierung aus unterschiedlichen Quellen und die konkreten Finanzierungsmodalitäten führten z. B. zu einer teilweise recht komplizierten Berichterstattung der Bergverwaltung, die wiederholte Nachfragen bei den berichtenden Bergämtern nach sich zogen. Vgl. dazu Näheres auch im Kapitel 5.

610

22 30 7

48

26

26 30

M 27

k. A. 216

1794

k. A. 394

56 17 2

81

73

44 49

K 89

keine 54

keine 15 keine1596 4

5 (S+R) 8 (Z)

keine

10 keine

6 keine

1788 K 6

k. A. 46

13 keine keine1597

9 (S+R) 5 (Z)

8

8 keine

1794 K 3

SRZ-Schüler

10 >102

--/--/-23/3/4 --/--/-5-7 10/--/-105/16/10

17/15/4 12/16/-3/15/-keine >71

--/--/---/--/---/--/---/--/--

--/--/-57/18/1¼

--/--/--

--/--/---/--/--

--/--/---/--/--

14 u. a.

k.A.

1/--/--

40 --/--/--

30/17/6

--/--/--

23/8/---/--/--

40 k. A.

k.A.

k. A. 70/22/12

--/--/---/12/---/--/--

36/19/3

--/--/--

--/--/---/--/--

33/15/91595

Schulkassenbeiträge (in T./Gr./Pf.) davon von der Knappschaft davon von den Gewerken 1788 1794 1788 1794

10 240

10 20 10 10

25

45 10

50 10

40

1788

10/--/-514/12/--1599 (insges. 600/--/--)

17/12/-53/18/-10/--/-10/--/--

62/12/--

35/--/--

97/12-24/12/--

98/18/-40/--/--

55/--/--

1789

10 546

55 15 --/--/--

71/4/11

151/15/2

114/16/8 119/10/6

20

1794

Beihilfe aus Freiberger Oberzehnten (in T./Gr./Pf.)

1595 Pfennige aufgerundet. 1596 Es war zwar keine eigentliche SRZ-Schule vorhanden, aber 6 Knaben und „einige Mädchen“ erhielten Schreibe- und Rechenunterricht bei Hecker in Gottesberg. 1597 Es war keine eigentliche SRZ-Schule vorhanden, aber 12 Kinder erhielten Schreibe- und Rechenunterricht an den Dorfschulen. 1598 Einschließlich Hüttenknappschaft Freiberg, die (wie stets) 10 Taler erhielt. 1599 Weitere Teilbeträge waren schon 1788 vom Kurfürsten angewiesen worden.

[Quelle: Reskripte Kurfürst Fr. Aug., Berichte des OBA sowie der BÄ aus den Jahren 1788/89 und 1795, in: BergA, OBA 2252, 2253 und 2256.]1598 1599

Eibenstock Schneeberg Voigtsberg Neustädtischer Kreis

9 (keine) ca. 310 ca. 30 335–341

keine

5

Hüttenknappschaft Fbg. Gesamt:1598

keine 6 10 keine keine

53 7 10 40 5

24–30 keine 13 keine 3 5 37 keine 26 (K+M) 14 keine

M keine

K 68

1788

Elementarschüler

Johanngeorgestadt und Schwarzenberg

Annaberg Scheibenberg mit (Ober-)Wiesenthal

Altenberg mit Berggießhübel und Glashütte Marienberg Ehrenfriedersdorf und Geyer

Bergrevier

Tabelle III_2_2c: Entwicklung des Bergschulwesens des oberen Erzgebirges, von Voigtsberg und dem Neustädtischen Kreis von 1788/89–17941595 1596 1597

Errichtung von Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen

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Die besonderen Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen

Mit der Angleichung des (bergmännischen) Schreib- und Rechenunterrichts der Bergreviere des oberen Erzgebirges an den des Freiberger Bergreviers in der Mitte der 90er-Jahre des 18. Jahrhunderts endete die Phase der Herausbildung des knappschaftlichen Bergschulsystems. Der Stand der Entwicklung des Bergschulwesens in den obererzgebirgischen Bergrevieren und denen von Voigtsberg sowie dem Neustädtischen Kreis stellte sich im zeitlichen Vergleich zwischen 1788 und 1794 dar, wie in der vorangegangenen Tabelle III_2_2c aufgeführt ist. Zu welchem Zeitpunkt, mit welchen Mitteln, durch wen und mit welchem Erfolg sich die SRZSchulen in den einzelnen regionalen Bergrevieren etablieren konnten, soll im folgenden Abschnitt untersucht werden. 3.2.3. Der Unterricht an den SRZ-Schulen und Knappschaftlichen Schul- anstalten – ein Vergleich

Da sich die Herausbildung und Etablierung der an die Knappschaftlichen Schulanstalten angekoppelten SRZ-Schulen in den Bergrevieren des oberen Erzgebirges zum Teil sehr unterschiedlich vollzog und auch deren Finanzierung von Revier zu Revier abweichen konnte,1600 soll hier etwas näher auf die regionale (bergmännische) Schulentwicklung eingegangen werden. Bergrevier Altenberg Seit der „10. Woche Crucis 1786 [also dem 2. September 1786 – H.K.]“, als seitens des Landesherrn 40 Taler aus dem Freiberger Oberzehnten zur Verfügung gestellt wurden,1601 verbesserten sich im Altenberger Bergrevier die Möglichkeiten des Elementarunterrichts an den dortigen deutschen Schulen. Neben den 68 Knaben zwischen acht und 13 Jahren, die beim Rektor Jentsch bzw. Kantor Lohse Elementarschulunterricht erhielten,1602 unterrichtete der frühere Bergakademist und damalige Interims-Rezessschreiber George Friedrich Rudolph1603 an der am 2. Juli des gleichen Jahres neu eingerichteten SRZ-Schule sechs Schüler, von denen der Jüngste 21, der Älteste dagegen bereits 48 ½(!) Jahre alt war.1604 Zur weiteren Absicherung 1600 Vgl. dazu den Abschnitt 5.1. 1601 Vgl. hierzu den Befehl Kurfürst Friedrich Augusts vom 8. Mai 1786 (wie Anm. 1238), Bl. 90–92. 1602 Vgl. dazu den Abschnitt 3.1. 1603 Vgl. Näheres zu Rudolph im Abschnitt 5.2. sowie in der tabellarischen Übersicht zur Vita der Bergschullehrer (Tab. V_2_1) im Anhang. 1604 Vgl. dazu den Bericht des BA Altbg. vom 14. Apr. 1788 (wie Anm. 1415), hier Bl. 34, sowie das Gutachten von Ferbers vom 7. Juni 1788 (wie Anm. 1141), hier die tabellarische Übersicht Bl. 57. Das hohe Alter einiger SRZ-Schüler in diesem Zinnbergrevier dürfte der von den übrigen obererzgebirgischen Bergrevieren abweichenden Finanzierung des Bergschulunterrichts

Errichtung von Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen

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dieses Bergschulunterrichts schlug Benno von Heynitz am 4. September 1788 eine landesherrliche Unterstützung von 20 Talern vor.1605 Im Jahre 1790 erhielten im Altenberger Bergrevier insgesamt 51 Knaben und 29 Mädchen zwischen „8 und mehr Jahren“ elementaren Schulunterricht, der im Wesentlichen mit der aus der Freiberger Oberzehntenkasse bereitgestellten Beihilfe in Höhe von 55 Talern finanziert wurde.1606 In den nächsten Jahren verbesserte sich die Situation des Bergschulwesens im Altenberger Bergrevier weiter. So beliefen sich die Gesamteinnahmen für das Bergschulwesen im Schuljahr 1794/95 auf 157 Taler, 18 Groschen und vier ¾ Pfennige, wovon für Schulgeld insgesamt 104 Taler, zehn Groschen und sechs Pfennige aufgewendet wurden.1607 Mit diesen Finanzmitteln konnten in den drei Bergbauorten Altenberg, Geising und Glashütte insgesamt 89 Knaben und 27 Mädchen mit elementarem Schulunterricht vom jeweiligen Schulrektor bzw. Kantor – in Altenberg auch noch von einem Kirchner – unterrichtet werden.1608 Dagegen besuchten im gleichen Jahr nur noch drei(!) Schüler,1609 von denen zwei 16 und einer 21 Jahre alt waren, die Altenberger SRZSchule beim Knappschaftsschreiber Rudolph.1610 Ungeachtet dessen veranschlagte das Bergamt für den Unterricht an der Altenberger SRZ-Schule auch 1795 noch einen jährlichen Geldaufwand in Höhe von 20 Talern, der allerdings im Gegensatz zu den übrigen obererzgebirgischen Bergrevieren allein aus der Altenberger Knappschaftsschulkasse beglichen werden sollte, da diese über ausreichend Geldmittel verfügte.1611

1605 1606 1607 1608 1609

1610

1611

durch die dortige Zwitterstocksgewerkschaft geschuldet gewesen sein; Letztere konnte, ähnlich wie im Freiberger Bergrevier, auf den Unterricht der Bergjugend einen besonderen Einfluss ausüben. Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 4. Sept. 1788 (wie Anm. 1257), hier Bl. 78 b. Vgl dazu den Bericht des BA Altbg. vom 4. Mai 1791 (wie Anm. 1415), hier Bl. 126 b. Als Lehrer für diese Schüler war der „Kirchner“ Bobe hinzugekommen. Vgl. dazu den Bericht des BA Altbg. vom 31. Jan. 1795 (wie Anm. 1182). Vgl. dazu den Bericht des BA Altbg. vom 31. Jan. 1795 (ebd.), Bl. 37. Die Ursachen für diesen Rückgang der Schülerzahl waren aus den ausgewerteten Akten nicht klar erkennbar. Fast scheint es so, als ob die dortige Zwitterstocksgewerkschaft – vermutlich wegen der damit verbundenen Kosten – kein Interesse am Ausbau dieser Ausbildung besessen hätte. Rudolph war auch für das Führen des tabellarischen Einnahme- und Ausgabeextrakt bei der Altenberger Knappschaftsschulkasse zuständig. Vgl. dazu den Bericht des BA Altbg. vom 31. Jan. 1795 (wie Anm. 1182), hier Bl. 38–39, sowie den Extrakt der Einnahmen und Ausgaben für 1797, in: BergA, OBA 2258, Bl. 122 f. Vgl. dazu den Bericht des BA Altbg. vom 31. Jan. 1795 (ebd.), hier Tabelle Bl. 40 b.– 41; vgl. dazu auch den Unterabschnitt 5.1.3. In den übrigen Bergrevieren wurde unter der Rubrik „Was an dergleichen Aufwand erforderlich und woraus derselbe bestritten werden soll“ als Geldquelle in der Regel die Freiberger Oberzehntenkasse angegeben, so zum Beispiel vom Bergamt Schneeberg bzw. dem Bergamt Großkamsdorf. Vgl. dazu die Berichte des BA Schnbg.

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Der Unterrichtsinhalt an der Altenberger SRZ-Schule entsprach dem in den übrigen obererzgebirgischen SRZ-Schulen. So hatte sich der Sohn des Altenberger Zwitterstocks-Faktors, Christian Gottfried Nicolai, beim „Interrims-Rezessschreiber“ Rudolph Unterricht im Zeichnen und den „Anfangsgründen“ der Mathematik ausbilden, darüber hinaus auch „einige Anleitung zum praktischen Bergbau geben lassen.“1612 Die Inventarausstattung dieser SRZ-Schule war insgesamt sehr bescheiden. Sie bestand lediglich aus einer schwarzen Tafel, drei Tintengläsern, zwei Tischen sowie acht hölzernen Stühlen; als Lehrmittel standen zwei Rechenbücher – vermutlich die in den meisten anderen Bergrevieren ebenfalls vorhandenen des Freiberger Mathematikprofessors Johann Friedrich Lempe – zur Verfügung.1613 Die Ausstattung dieser Schulstube dürfte damit nicht viel anders ausgesehen haben, als dies schon 200 Jahre früher bzw. Ende des 17. Jahrhunderts üblich war.1614 Bergrevier Marienberg Am 31. März 1788 erstatteten Andreas Friedrich Klotzsch und Johann Gottlieb Straube vom Bergamt Marienberg dem Oberbergamt über die Entwicklung des knappschaftlichen Schulsystems in den Quartalen des Schuljahres 1787 sowie die dabei erfolgte Verwendung knappschaftlicher und landesherrlicher Mittel Bericht.1615 Danach standen in der Schulkasse dieses Bergreviers insgesamt 90 Taler zur Verfügung – 40 Taler aus der Marienberger Knappschaftskasse selbst und 50 Taler aus der Freiberger Oberzehntenkasse – wobei aus letzterem Betrag 20 Taler für den „allgemeinen Knappschaftsunterricht“, 20 Taler für die „Becher’sche Schreibe- und Zeichnen-Schule [die Marienberger SRZ-Schule – H.K.]“ und zehn Taler für die „Restitution“ aufgewendet wurden.1616 Vom Gesamtgeldbetrag konnte insgesamt 53 Bergmannskindern – 16 Schülern im Alter zwischen fünf und acht

1612

1613

1614 1615 1616

vom 3. Febr. 1795 bzw. des BA Großkamsdorf vom 5. Febr. 1795, in: BergA, OBA 2256, Bl. 42–52, hier Tabelle Bl. 52, bzw. (ebd.), Bl. 53–67 b., hier Tabelle Bl. 67. Gesuch des Zwitterstocksfaktors Nicolai für seinen Sohn vom 2. Jan. 1792 um Aufnahme auf die Bergakademie, wo Letzterer die „höheren Bergwerkswissenschaften“ erlernen sollte, in: UAF, OBA 251, Bl. 4–5 b. Auch hieraus wird die schon in diesem Zeitabschnitt immer stärker hervortretende Funktion der SRZ-Schulen als Zugangsvoraussetzung für ein Bergakademiestudium deutlich. Vgl. dazu den Bericht des BA Altbg. vom 31. Jan. 1795 (wie Anm. 1182), hier Tabelle Bl. 39 b.–41. Vgl. zur Ausstattung der SRZ-Schulen mit den „nöthigen Inventarien-Stücke(n)“ und dem Rechenbuch Lempes auch den Bericht von Ferbers vom 7. Juni 1788 (wie Anm. 1141). Vgl. dazu die Ausführungen bei Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 15 f., 20. Vgl. dazu den Bericht des BA Mbg. vom 31. März 1788, in: BergA, OBA 2252, Bl. 14–16. Bericht des BA Mbg. vom 31. März 1788 (ebd.) Bl. 14 b. Bei letzterer Position handelte es sich vermutlich um Schulden, die der „entwichene“ Bergmeister Schütz hinterlassen hatte und die nun erst einmal ausgeglichen werden mussten.

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Jahren sowie 37 Schülern im Alter von acht bis 13 Jahren – in den örtlichen Schulen der Bergstädte Marienberg, Pobershau und Zschopau elementarer Schulunterricht gewährt werden. An der „Becherschen Schreibe-, Rechnen- und Zeichnenschule“, die „ihren Anfang schon im Quartal Reminiscere des 1786sten Jahres genommen“ hatte,1617 erhielten im Schuljahr 1788 sechs „Berg-Purschen“1618 im Alter zwischen 15 und 22 Jahren Unterricht beim ehemaligen Bergakademisten und jetzigen Markscheidestipendiaten Christian Gottlob Becher.1619 Es hätten vermutlich weitere Bergmannskinder unterrichtet werden können, wenn dies von den Einlagen des vorhandenen Schulfonds möglich gewesen wäre.1620 Dass dieser Fonds aber nicht einmal ausreichte, allen Bedürftigen den obligatorischen Elementarunterricht zukommen zu lassen, wird aus zwei vom Bergamt Marienberg aufgestellten „Quartalsspezifikationen“ über die freie Unterrichtserteilung in ihrem Bergrevier deutlich.1621 Die Spezifikation A) weist für das begonnene Schuljahr 1788 insgesamt 60 arme Bergmannskinder und Waisen – 54 Knaben und sechs Mädchen – aus, die für insgesamt 19 Taler, 23 Groschen und acht Pfennige aus der Freiberger Oberzehntenkasse bzw. der Marienberger Knappschaftskasse im angegebenen Quartal freien Schulunterricht erhielten, weil sich deren Eltern in „armseligen Umständen“ befanden.1622 Demgegenüber waren nach der Spezifikation B) im gleichen Bergrevier noch weitere 133 Bergmannsknaben und 120 Bergmannsmädchen vorgemerkt, welche einen solchen „freyen“ Unterricht benötigten.1623 Für diesen wären jedoch je Quartal(!) 68 Taler, 12 Groschen und sechs Pfennige erforderlich, wollte man für jedes Kind die auch in anderen Bergrevieren wöchentlich vorgesehenen sechs Pfennige an notwendigem Schulgeld ansetzen.1624 Die höheren Kosten, die der Unterricht an der SRZ-Schule verursachte, waren in dieser Spezifikation noch nicht einmal berücksichtigt. Hochgerechnet auf ein Jahr hätten die tatsächlich notwendigen Fi1617 Vgl. hierzu die Berichte des BA Mbg. vom 31. März 1788 (ebd.), hier Bl. 15 b., bzw. vom 3. Febr. 1789, in: OBA 2252, Bl. 166–169, hier Bl. 169. 1618 Vgl. den Bericht des BA Mbg. vom 31. März 1788 (ebd.); vgl. dazu auch das Gutachten von Ferbers vom 7. Juni 1788 (wie Anm. 1141), hier tabellarische Übersicht Bl. 59. 1619 Vgl. Näheres zu Becher im Abschnitt 5.2., sowie in der tabellarischen Übersicht zur Vita der Bergschullehrer (Tab. V_2_1) im Anhang. 1620 Vgl. dazu den Bericht des BA Mbg. vom 31. März 1788 (wie Anm. 1615). 1621 Das Marienberger Bergamtsrevier umfasste zu dieser Zeit drei Jurisdiktionsbezirke – den Ratsdirektionsbezirk der Bergstadt Marienberg und die Direktionsbezirke der Ämter Lauterstein bzw. Wolkenstein. Vgl. hierzu die Quartalsspezifikation des BA Mbg. für 1788, in: BergA, OBA 2252, Bl. 98–101. 1622 Quartalsspezifikation des BA Mbg. für 1788 (ebd.), Bl. 98 f. 1623 Vgl. die Quartalsspezifikation des BA Mbg. für 1788 (ebd.), Bl. 100 f. 1624 Vgl. die Quartalsspezifikation des BA Mbg. für 1788 (ebd.). Diese Angaben bestätigte Benno von Heynitz in seinem Vortrag vor dem Oberbergamt vom 4. Sept. 1788 (wie Anm. 1257), hier Bl. 75 b.

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nanzmittel für die Absicherung beider Unterrichtsformen im Schuljahr 1788 im Bergrevier Marienberg somit in etwa das Vierfache des bis dahin zur Verfügung stehenden Geldfonds betragen müssen. Der Berghauptmann, der um Ausgewogenheit der Unterrichtsversorgung in den obererzgebirgischen Bergrevieren und zugleich um Lösung der Problemfälle auf pragmatischem Wege bemüht war, schlug deshalb für Marienberg lediglich eine Aufstockung des Geldfonds um (zunächst) 50 Taler vor.1625 Im darauffolgenden ersten Quartal des Jahres 1789 suchte man „von denen vielen der freyen Schulunterricht bedürffenden Bergmanns-Kindern und Waisen beyderley Geschlechts“ 46 der „bedürfthigsten und ärmsten“ aus, um sie auf die örtlichen Schulen zu delegieren.1626 Da die Gesamtzahl dieser bedürftigen Kinder jedoch bei 123 Kindern im Alter von fünf bis acht bzw. 130 Kindern im Alter vom acht bis 13 Jahren, insgesamt also bei 253[!] Kindern lag, konnte zu dieser Zeit lediglich 18% der schulfähigen Bergmannskinder der elementare Unterricht gewährt werden.1627 Damit stellte dieses Revier die Region dar, in welcher die geringste Unterrichtsversorgung von Bergmannskindern zu verzeichnen war. Nach einem zeitnahen Bericht des Oberbergamtes an den Kurfürsten erhielten im Bergrevier Marienberg im Jahre 1789 gerade einmal 54 Schüler von den „gewöhnlichen“ Schullehrern „… in den dasigen Ortschaften Unterricht“, aber es waren „… noch 207 Expectanden männ[lichen] und weiblichen Geschlechts vorhanden.“1628 Der „Bergstipendiat“ Becher bildete an der von ihm geleiteten gleichnamigen SRZ-Schule zur gleichen Zeit gerade einmal acht Knaben aus.1629 Auch fünf Jahre später hatte sich die Situation im Marienberger Bergrevier nicht wesentlich verbessert, wie der Bericht des Bergamtes Marienberg vom Januar 1795 über die Entwicklung der dortigen Bergschulanstalten verdeutlicht.1630 An den verschiedenen Ortsschulen des Bergreviers wurden die Bergmannskinder auch weiterhin für wöchentlich durchschnittlich sechs Pfennige mit Elementarschulunterricht versorgt.1631 Eine zusätzlich von den Bergleuten anzufahrende Schicht,1632 wie sie das Oberbergamt „zum Besten des Schul-Caßen-Fondss“ versuchte durch1625 1626 1627 1628 1629 1630 1631

1632

Vgl. hier den Vortrag von Heynitz’ vom 4. Sept. 1788 (ebd.), hier Bl. 76. Bericht des BA Mbg. vom 3. Febr. 1789 (wie Anm. 1617), hier Bl. 166 b.–167. Vgl. dazu den Bericht des BA Mbg. vom 3. Febr. 1789 (ebd.), hier Tabelle Bl. 169. Bericht des OBA vom 17. Juni 1789 (wie Anm. 1506), hier Bl. 10 b. Die Zahlenangaben von 1788 und 1789 gleichen sich z. T. sehr. Bericht des OBA vom 17. Juni 1789 (ebd.). Vgl. dazu den Bericht des BA Mbg. vom 27. Jan. 1795, in: BergA, OBA 2256, Bl. 13–25 b. Außer für 11 der ärmsten Bergmannskinder aus Pobershau und Marienberg, die in „würcklicher Berg-Arbeit“ standen, mussten sonst für fünf nach der Schicht erhaltene Privatstunden zehn Pfennig – somit für eine Stunde Unterricht jeweils zwei Pfennige – bezahlt werden. Letzteres basierte auf einem gesondert geschlossenen Kontrakt. Vgl. Näheres dazu ebd., hier Bl. 14–14 b. Vgl. Näheres zur Funktion dieser sogenannten Betschichten im Unterabschnitt 5.1.3.

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zusetzen, lehnte das Bergamt unter Hinweis darauf ab, dass die Bergleute jährlich bereits mehrere andere Sonderschichten erbringen müssten und sie deshalb nur zum Zwecke der Absicherung ihrer Familien (durch Almosenzahlung im Falle ihres eigenen Absterbens) zur Leistung von Sonderschichten bereit wären.1633 Ungeachtet dieses Einwandes waren die Knappschaftskassenvorsteher schließlich mit der Aufstockung ihres bisherigen Jahresbeitrages von jährlich 40 Talern auf zukünftig 55 Taler zugunsten des Schulkassenfonds einverstanden.1634 1795 reichte das Bergamt über die durch den Markscheidegehilfen und Schichtmeister Christian Gottlob Becher geleiteten „Zeichnen-, Rechnen- und SchreibeSchule“ beim Oberbergamt eine gesonderte tabellarische Anzeige ein.1635 Nach den darin enthaltenen Angaben wurde diese von insgesamt acht „Scholaren“ im Alter zwischen 16 und 22 Jahren besucht.1636 Für seinen Unterricht waren im vorausgegangenen Schuljahr 1794 insgesamt 20 Taler aufgewendet worden, die Becher auf der Grundlage eines kurfürstlichen Reskripts1637 als Quartalsfixum in Höhe von jeweils fünf Talern aus der Freiberger Oberzehntenkasse beziehen durfte.1638 Weiterhin erhielt Becher auf Anordnung des Bergrates Georg Adolph Freiherr von Gutschmid1639 vom 11. Juli 1794 erstmals für das 4. Quartal 1794 einen zusätzlichen Taler zum Erwerb der notwendigen Schreibmaterialien.1640 Für das neue Schuljahr 1795 veranschlagte man insgesamt 24 Taler für die von Becher durchge1633 Vgl. dazu den Bericht des BA Mbg. vom 27. Jan. 1795 (wie Anm. 1630), hier Bl. 15. Auch dieser Fall belegt den schon angesprochenen Interessenkonflikt zwischen Bergamt und Bergarbeitern. Letzteren war es auf Grund der Schwere ihrer Arbeit nicht zu verdenken, wenn sie im Falle ihrer „Bergfertigkeit“ oder ihres frühzeitigen Todes (z. B. durch Unfall) die Almosenzahlung für die dann Hinterbliebenen höher einschätzten, als eine ggf. bessere schulische Ausbildung ihrer Kinder. Diese Einstellung war für viele Bergleute „überlebenswichtig“, wie auch die jüngsten Forschungsergebnisse Bräuers zur Armut in den Bergstädten belegen. Vgl. dazu grundlegend Bräuer (Armut in Bergstädten), hier v. a. S. 210, 215. Erfahrungen, die die Bergleute mit vorangegangenen Hungersnöten – wie die von 1771/73 – gemacht hatten, trugen ebenfalls zu dieser Prioritätensetzung bei. Vgl. dazu ders. (ebd.), S. 221 f. 1634 Vgl. dazu den Bericht des BA Mbg. vom 27. Jan. 1795 (ebd.), hier Bl. 15 b., sowie die dem Bericht beigefügten „Oeconomische Uebersicht(en)“ vom Zustand der Schulkasse 1794 bzw. die wahrscheinlichen Einnahmen und Ausgaben für das Schulwesen 1795 (ebd.), Bl. 18, 22. 1635 Vgl. dazu den Bericht des BA Mbg. vom 27. Jan. 1795 (ebd.), hier Bl. 24–25 b. Solche Anzeigen erfolgten aus allen Bergrevieren. 1636 Vgl. dazu den Bericht des BA Mbg. vom 27. Jan. 1795 (ebd.), Bl. 24 b. 1637 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 18. Juli 1794 (wie Anm. 1184), hier Bl. 111 b. 1638 Da die Zahlung aus dem Freiberger Oberzehnten dem Bergschulunterricht diente, verwendete das Bergamt auch hierfür den Begriff „Schulkasse“. Vgl. dazu den Bericht des BA Mbg. vom 27. Jan. 1795 (wie Anm. 1630), hier Tabelle Bl. 25. Vgl. Näheres zu den sogenannten Schulkassen im Abschnitt 5.1. 1639 Vgl. Näheres zu von Gutschmid im Abschnitt 4.2. 1640 Vgl. dazu den Bericht des BA Mbg. vom 27. Jan. 1795 (wie Anm. 1630), hier Tabelle Bl. 25.

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führte Ausbildung, die sich aus 20 Talern für den eigentlichen Unterricht und vier Talern für Schreibmaterialien zusammensetzten.1641 An Lehrmaterialien stand dem Bergschullehrer gerade einmal ein(!) Exemplar des „Lempischen Rechnen Buchs“ zur Verfügung, Beleg auch dafür, wie knapp trotz aller Bemühungen des Oberbergamtes in dieser Zeit die Geldmittel für den Unterricht bemessen waren.1642 Für den Elementarunterricht an den Knappschaftlichen Schulanstalten dieses Reviers wies der Landesherr fast den identischen Geldbetrag – nämlich 24 Taler, 22 Groschen und 11 Pfennige – zur Auszahlung an.1643 Ein reichliches Jahr später, 1796, verstarb jedoch der noch junge SRZ-Schullehrer Becher. Der „Kommissar“ für das Marienberger Bergrevier, von Gutschmid, musste sich deshalb erneut nach Marienberg begeben, um mit dem dortigen Bergamt gemeinsam über den Fortgang der SRZ-Schule zu beraten und einen Nachfolger für Becher zu bestimmen.1644 Da der zunächst ins Auge gefasste „MarkscheiderSublevant“ Müller wegen seiner vielen Arbeiten diesen Unterricht nicht übernehmen konnte, schlug das Bergamt mit der Begründung, dass die zum Schreib- und Rechenunterricht geeigneten „Subjekte“ in der Regel sehr verstreut wohnen würden, vor, von den bisher Becher zustehenden 20 Talern 10 Taler an die einzelnen Dorfschullehrer zu verteilen, um durch diese den notwendigen Schreib- und Rechenunterricht abhalten zu lassen.1645 Zumindest vorübergehend wurde so verfahren, „weil im Jahre 1796 die hier anwesend gewesene Hohe Commission [des OBA – H.K.] unsern ohnmaßgeblichsten Vorschlag approbierte [billigte – H.K.]…“1646 Bergrevier Annaberg und zugewiesene Bergreviere Im Gegensatz zu den anderen größeren obererzgebirgischen Bergrevieren existierte in Annaberg zu Beginn der 80er-Jahre des 18. Jahrhunderts kein gesonderter elementarer Schulunterricht für die Kinder der im Bergbau und Hüttenwesen Beschäftigten. Dafür setzte aber hier der weiterführende Schreib-, Rechen- und Zeichenunterricht bereits 1780 – also nur kurze Zeit nach Beginn einer solchen fachlichen Ausbildung im Freiberger Bergrevier – durch den schon erwähnten „Guardein“ Christian Friedrich Kürschner ein. Im Schuljahr 1784 erteilte Kürsch1641 Vgl. dazu den Bericht des BA Mbg. vom 27. Jan. 1795 (ebd.), Bl. 22, 25. 1642 Vgl. dazu den Bericht des BA Mbg. vom 27. Jan. 1795 (ebd.), hier die Tabelle über Einnahmen und Ausgaben der SRZ-Schule, Bl. 25 b. 1643 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich August vom 1. Mai 1795 (wie Anm. 1533), hier insb. Bl. 154 b.–155. 1644 Vgl. dazu Näheres im Extrakt des Revisionsprotokolls der am 5. Nov. 1796 in Marienberg von Gutschmid abgehaltenen Beratung, in: BergA, OBA 2256, Bl. 164–169. 1645 Vgl. dazu den Extrakt des Revisionsprotokolls vom 5. Nov. 1796 (ebd.), hier insbesondere Bl. 164–165 b. 1646 Bericht des BA Mbg. vom 2. Febr. 1798, in: BergA, OBA 2258, Bl. 36–49, hier Bl. 41 b.–42 b.

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ner anfänglich acht Bergmannskindern aus Mitteln der Annaberger Bergknappschaftskasse Unterricht im Schreiben, Lesen und etwas Zeichnen.1647 Da das aus dieser Kasse zur Verfügung stehende Schulgeld in Höhe von wöchentlich 16 Groschen jedoch nicht ausreichte, musste dieser Unterricht auf nur vier Schüler reduziert werden.1648 Ab dem Schuljahr 1786 leitete dann der frühere Bergakademist und Schichtmeister George Friedrich August Thannhäußer1649 im Annaberger Bergrevier den Unterricht im Schreiben, Rechnen und Zeichnen,1650 sodass von da an von einer wirklichen SRZ-Schule gesprochen werden kann. Seit Beginn des 1. Quartals 1787 ist auch für Annaberg die Einrichtung einer gesonderten „Schulkasse“ nachweisbar; diese wurde vom dortigen Wardeiner Kürschner geführt, dem man für die „dabey habende(..) Mühewaltung quartaliter 16 bis 20 g[roschen] …“ als Vergütung bewilligte.1651 Im Jahr 1788 standen aus dieser Kasse nur für Bergschulzwecke 68 Taler und acht Groschen – 23 Taler und acht Groschen von der Annaberger Knappschaft selbst und 45 Taler aus der Freiberger Oberzehntenkasse – zur Verfügung.1652 40 Knaben im Alter von fünf bis 13 Jahren1653 konnten davon an Schulen der Bergstädte Annaberg und Buchholz sowie in den Dorfschulen Schlettau, Frohnau, Geyersdorf, Wiesa, Hermannsdorf und Bärenstein unterrichtet werden;1654 ein Jahr später kam eine weitere Schule in Kleinhartmannsdorf dazu.1655 Von dem 1788 zur Verfügung stehenden Gesamtetat erhielt der Schichtmeister Thannhäußer für den von ihm im Rechnen und Zeichnen gehaltenen Unterricht insgesamt 30 Taler aus der Oberzehntenkasse; der Rest – 15 Taler landesherrlicher Beihilfe und 23 Taler und acht Groschen aus der Knappschaftskasse – diente der Finanzierung des elementaren Religions- und Leseunterrichts der Bergmannskinder an den örtlichen Schulen.1656 70 Bergmannskin1647 Vgl. hierzu den Bericht des BA Annbg. vom 16. Okt. 1784 (wie Anm. 1405), hier Bl. 23 b. 1648 Vgl. hierzu den Bericht des BA Annbg. vom 16. Okt.1784 (ebd.). 1649 Vgl. Näheres zu Thannhäußer im Abschnitt 5.2. sowie in der tabellarischen Übersicht zur Vita der Bergschullehrer (Tab. V_2_1) im Anhang. 1650 Vgl. dazu den Bericht des BA Annbg. vom 5. Apr. 1788, in: BergA, OBA 2252, Bl 17–21 b., hier die tabellarische Anzeige, Bl. 18. 1651 Vgl. dazu den Bericht des BA Annbg. vom 5. Apr. 1788 (ebd.), Bl. 17–17 b., tabellarische Anzeige, Bl. 18. 1652 Gutachten von Ferbers vom 7. Juni 1788 (wie Anm. 1141), hier tabellarische Übersicht Bl. 57. 1653 Vgl. dazu ebd., Bl. 57. Nach anderen Angaben waren es nur 36 Schüler, davon 32 Schüler im Alter von 5 bis 8 Jahren und 4(!) Schüler im Alter von 8 bis 13 Jahren; vgl. dazu den Bericht des BA Annbg. vom 5. Apr. 1788 (wie Anm. 1650), hier Bl. 18 f. 1654 Vgl. dazu den Bericht des BA Annbg. vom 5. Apr. 1788 (ebd.), hier Bl. 18. 1655 Vgl. dazu den Bericht des BA Annbg. vom 9. Mai 1789, in: BergA, OBA 2252, Bl. 209–213, hier die tabellarische Anzeige Bl. 209–211 b. 1656 D. h., die Beihilfe aus dem Freiberger Oberzehnten diente sowohl dem elementaren-, als auch dem weiterführenden Unterricht an der SRZ-Schule; eine finanztechnische Unterscheidung der landesherrlichen Beihilfe erfolgte zu diesem Zeitpunkt somit noch nicht.

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der männlichen Geschlechts konnten auf Grund fehlender Beihilfen jedoch immer noch nicht angemessen unterrichtet werden, und Bergmannsmädchen waren zunächst noch von jeglicher Unterrichtsversorgung ausgeschlossen(!).1657 Das Bergamt Annaberg schlug deshalb dem Berghauptmann eine Aufstockung der Beihilfe aus der Freiberger Oberzehntenkasse vor, um den 62 männlichen1658 und 63 Kindern weiblichen Geschlechts, die aus Sicht des Bergamtes bedürftig waren, kostenlosen Schulunterricht gewähren zu können.1659 Benno von Heynitz erhöhte das vom Bergamt für den elementaren Schulunterricht angeforderte Schulgeld um 50 Taler und stockte die Beihilfe für die dortige SRZ-Schule um weitere 20 Taler auf insgesamt 50 Taler auf. Letzteres begründete er unter anderem damit, dass in den „doch gewissermaßen combinierten Bergämtern als Scheibenberg mit Wiesenthal und Hohenstein, auch Ehrenfriedersdorf und Geyer tüchtige Subjekt-Steiger und andere Aufseher-Dienste … mit heran gezogen werden ...“ könnten.1660

Insgesamt wurde zehn anfahrenden Bergmannskindern die erwähnte SRZ-Ausbildung zuteil.1661 Ein Jahr später (1789) waren es schon 12 „Scholaren“ im Alter von 16 bis 24 Jahren, die den SRZ-Unterricht besuchten und von denen alle, außer dem jüngsten 16-Jährigen, in einem Berggebäude anfuhren.1662 Am 10. Februar 1790 konnte das Bergamt Annaberg über die zwischenzeitlich eingetretene Entwicklung der Schulanstalten seines Reviers berichten. Der „gnädigst ausgesetzte“ Schulfonds würde nunmehr insgesamt 132 Taler und 12 Groschen jährlich betragen, was gegenüber 1788 etwa eine Verdoppelung der Geldmittel ausmachte.1663 Davon hätte man „78 arme Bergmanns Knaben und Mädchen im Lesen, Schreiben, Rechnen

1657 Vgl. dazu das Gutachten von Ferbers vom 7. Juni 1788 (wie Anm. 1141), hier Bl. 57, sowie den Bericht des BA Annbg. vom 5. Apr. 1788 (wie Anm. 1650), hier Bl. 19. 1658 Die Differenz zu 70 Kindern könnte sich daraus erklären, dass bei der höheren Zahl die potentiellen SRZ-Schüler hinzugezählt wurden. 1659 Vgl. dazu den Bericht des BA Annbg. vom 5. Apr. 1788 (wie Anm. 1650). 1660 Vortrag von Heynitz’ vom 4. Sept. 1788 (wie Anm. 1257), hier Bl. 74 f. Die SRZ-Schule Annaberg nahm danach die Ausbildungsfunktion gleich für mehrere Bergämter wahr, wobei sich aus den Akten nicht eindeutig klären ließ, ob Geyer und Ehrenfriedersdorf eher nach Marienberg oder nach Annaberg verwiesen wurden. 1661 Vgl. hierzu den Bericht des BA Annbg. vom 5. Apr. 1788 (wie Anm. 1650), Bl. 17–21 b., hier die tabellarische Anzeige Bl. 18. Diese Schüler waren zwischen 15 ¼ und 21 ¼ Jahren alt; vgl. ebd. 1662 Vgl. hierzu die tabellarische Anzeige zum Bericht des BA Annbg. vom 9. Mai 1789 (wie Anm. 1655), hier Bl. 210–211, Bl. 213. 1663 Bericht des BA Annbg. vom 10. Febr. 1790, in BergA, OBA 2253, Bl. 20–24, hier den „Extract“ Bl. 23.

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und im Christentum …“ unterrichtet.1664 Allen 78 Kindern scheint dabei zumindest teilweise die gesamte Unterrichtspalette geboten worden zu sein,1665 wobei der SRZ-Unterricht selbst auf zwei Lehrer aufgeteilt worden war und der Obersteiger Schmidt den zusätzlichen Unterricht im praktischen Bergbau übernommen hatte.1666 Aus dem Bericht ist auch etwas über die Inspektionstätigkeit des Bergamtes selbst zu erfahren. Danach hatte dieses „die Schulen von Zeit zu Zeit besucht und bey dieser Gelegenheit die Kinder examinieren“ lassen.1667 Das Bergamt berichtete ferner über den „immer noch lernbegierigen Untersteiger Richter“, aus dem später ein „brauchbarer und braver Obersteiger und eintretenden Falls in der Folge auch ein guter Beamter gebildet werden ...“ könnte.1668 Damit liegt zumindest ein konkreter Nachweis darüber vor, dass sich aus einem Bergschüler – dessen besonderen Fleiß und eine entsprechende Begabung vorausgesetzt – auch ein unterer Bergbeamter heranbilden ließ. Bergreviere Scheibenberg, Oberwiesenthal Im westlich von Annaberg liegenden Bergrevier Scheibenberg, das bis 1789 noch als eigenständiges Revier zählte, danach aber mit dem Bergrevier Annaberg vereinigt wurde,1669 waren es 1788 lediglich fünf Knaben im Alter von fünf bis 13 Jahren, die im Städtchen Scheibenberg bzw. dem Dorf Oberscheibe elementaren Schulunterricht erhielten. Eine gesonderte SRZ-Schule existierte nicht; „geschickte Subjekte“ konnten aber nach Aussage des Bergamtes bei der Annaberger Z-Schule „admittiret“ werden.1670 Benno von Heynitz regte für dieses Bergrevier im Schuljahr 1788 eine landesherrliche Beihilfe in Höhe von 26 Talern an.1671 1664 Bericht des BA Annbg. vom 10. Febr. 1790 (ebd.). Das Bergamt differenzierte bei dieser Schülerzahl allerdings nicht zwischen dem nur elementaren Unterricht an den örtlichen Schulen und dem weiterführenden Unterricht an der SRZ-Schule. Die materielle Ausstattung der SRZSchule war mit der von Altenberg vergleichbar; es waren gerade einmal zwei(!) Exemplare des Lempe’schen Rechenbuchs vorhanden. Vgl. dazu die tabellarische Anzeige zum Bericht des BA Annbg. vom 9. Mai 1789 (wie Anm. 1655), hier Bl. 213. 1665 Die diesbezüglich in den Akten enthaltenen Aussagen sind nicht eindeutig. 1666 Vgl. dazu den Bericht des BA Annbg. vom 10. Febr. 1790 (wie Anm. 1663), hier den „Extract“ Bl. 23. Dem „Vize-Geschwornen“ Schmidt wird kurz darauf bescheinigt, dass er in dem von ihm geleiteten „Institut“(!) „mehrere Vollkommenheit als seine Vorgänger“ erreicht hätte. Bericht des BA Annaberg vom 24. Febr. 1791, in: UAF, OBA 250, Bl. 16–18, hier Bl. 17 b. 1667 Bericht des BA Annbg. vom 10. Febr. 1790 (ebd.). 1668 Bericht des BA Annbg. vom 10. Febr. 1790 (ebd.), hier Bl. 23 b.–24. 1669 Vgl. dazu Köhler (Anleitung zur Verfassung beim Bergbau), S. 73. 1670 Vgl. hierzu den Bericht des BA Scheibenberg vom 5. Apr. 1788, in: BergA, OBA 2252, Bl. 23–27, sowie das Gutachten von Ferbers vom 7. Juni 1788 (wie Anm. 1141), insbesondere Tabelle Bl. 58. 1671 Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 4. Sept. 1788 (wie Anm. 1257), hier Bl. 78 b.

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Auch das südlich von Annaberg gelegene Bergrevier Oberwiesenthal war bis 1789 eigenständig.1672 Hier wurden 1788 lediglich „5 arme Bergknaben, deren 4 Sechs Jahre, einer aber 12 Jahr alt [war]“ durch die Schullehrer von Bärenstein bzw. Oberwiesenthal unterrichtet. Allerdings basierte die Finanzierung dieser Ausbildung ausschließlich auf landesherrlichen Mitteln, da „die dasige Knappschaft etwas zuzulegen ganz ausser Stande …“ sei.1673 Eine gesonderte SRZ-Schule existierte hier ebenso wenig wie in Scheibenberg.1674 Um 40 bedürftige Kinder unterrichten zu können veranschlagte der Berghauptmann 40 Taler an landesherrlicher Beihilfe.1675 Unmittelbar zu Beginn von Reformmaßnahmen an der Bergakademie, die auch das Bergschulwesens erfassten,1676 stellte sich im Jahre 1794 die Situation an der SRZ-Schule des mit den Unterrevieren Scheibenberg und Oberwiesenthal vereinigten Bergreviers Annaberg wie folgt dar:1677 Der Schulkassenfonds für das Gesamtrevier umfasste zu Beginn des Jahres 1794 knapp 226 Taler, wovon die Knappschaften von Scheibenberg acht Taler und 11 Groschen, die von (Ober-)Wiesenthal 64 Taler und 12 Groschen bereitstellten.1678 An Zuweisungen waren aus dem Freiberger Oberzehnten für Annaberg 115 Taler und 22 Groschen und für Scheibenberg 35 Taler und 16 Groschen Beihilfe ausgezahlt worden.1679 Demgegenüber betrugen im gleichen Jahr die Ausgaben für das Bergschulwesen ca. 123 Taler, davon für Annaberg 79 Taler, 22 Groschen, für Scheibenberg 26 Taler, 16 Groschen und für (Ober-) Wiesenthal 16 Taler, 14 Groschen.1680 Mit diesen Geldbeträgen konnten an den drei Stadtschulen in Annaberg, Buchholz und Schlettau sowie den acht Dorfschulen des Bergreviers Annaberg 44 Knaben und zehn Mädchen, an den Schulen des Bergreviers Scheibenberg 13 Kna-

1672 Auch Oberwiesenthal wurde um 1790 dem Bergamt Annaberg zugeordnet, vgl. Anm. 1669. 1673 Vgl. hierzu den Bericht des BA Oberwiesenthal vom (?) 1788, in: BergA, OBA 2252, Bl. 29–31, sowie das Gutachten von Ferbers vom 7. Juni 1788 (wie Anm. 1141), hier Tabelle Bl. 58. 1674 Vgl. dazu das Gutachten von Ferbers vom 7. Juni 1788 (ebd.). 1675 Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 4. Sept. 1788 (wie Anm. 1257), hier Bl. 78 b. 1676 Vgl. Näheres dazu im Kapitel 4. 1677 Die bisher gesondert eingereichten Abrechnungen für die Bergschulangelegenheiten der Unterreviere Scheibenberg und Wiesenthal wurden zwar nach einer Verordnung des OBA zu einer Rechnung vereinigt, dort aber immer noch gesondert ausgewiesen. Vgl. dazu den Bericht des BA Annbg. vom 31. Jan. 1795, in: BergA, OBA 2256, Bl. 84 b.–95. 1678 Vgl. dazu den Bericht des BA Annbg. vom 31. Jan. 1795 (ebd.), hier Bl. 87 b.–88. Die sonstigen Zuschüsse betrugen einen Taler. 1679 Vgl. dazu den Bericht des BA Annbg. vom 31. Jan. 1795 (ebd.). 1680 Vgl. dazu den Bericht des BA Annbg. vom 31. Jan. 1795 (ebd.). Im Bergamtsbericht ist nicht vermerkt, ob sich diese Ausgaben auf das gesamte Bergschulwesen oder nur die Knappschaftlichen Schulanstalten bezogen.

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ben und 17 Mädchen und an den Schulen des Bergreviers (Ober-) Wiesenthal 16 Knaben und fünf Mädchen unterrichtet werden.1681 Die an der SRZ-Schule in Annaberg vom Bergschullehrer Thannhäußer im Rechnen, Schreiben und Zeichnen unterrichteten acht „Scholaren“ waren zugleich dem Obersteiger Carl August Richter zum Unterricht im praktischen Bergbau beigegeben wurde.1682 Das Alter dieser anfahrenden Bergschüler lag zwischen 16 und 20 Jahren;1683 der finanzielle Aufwand für den Unterricht betrug insgesamt 35 Taler, die, wie bei den übrigen Bergämtern auch, aus dem Freiberger Oberzehnten bereitgestellt wurden.1684 Bergreviere Ehrenfriedersdorf und Geyer In den beiden nordwestlich an Annaberg angrenzenden eigenständigen1685 (kleineren) Bergrevieren Ehrenfriedersdorf und Geyer existierte wie in den übrigen kleineren Bergrevieren für die Kinder der Berg- und Hüttenleute nur der an den öffentlichen Schulen vermittelte elementare Unterricht in den Fächern Religion und Lesen.1686 Im Unterschied jedoch zu Freiberg erhielten hier seit Installation dieses Unterrichts auch Bergmannskinder weiblichen Geschlechts einen solchen geboten.1687 Diese Kinder waren im Durchschnitt zwischen acht und 16 Jahren alt1688 und somit z. T. älter als in anderen Bergrevieren. Vermutlich fand in diesen beiden Bergrevieren die früheste elementare Unterrichtsversorgung weiblicher Bergmannskinder im Untersuchungsgebiet überhaupt statt. Dafür stellte der Landesherr aus dem Freiberger Oberzehnten fünf Taler zur Verfügung, während man „das übrige“ (wahrscheinlich ebenfalls fünf Taler) aus der örtlichen Knappschaftskasse 1681 Vgl. dazu den Bericht des BA Annbg. vom 31. Jan. 1795 (ebd.). 1682 Vgl. dazu den Bericht des BA Annbg. vom 31. Jan. 1795 (ebd.), hier Bl. 93 b. Bei Richter könnte es sich um den 1790 erwähnten, „lernbegierigen“ Untersteiger gehandelt haben. Vgl. dazu Anm. 1668. 1683 Vgl. dazu den Bericht des BA Annbg. vom 31. Jan. 1795 (ebd.). 1684 Vgl. dazu den Bericht des BA Annbg. vom 31. Jan. 1795 (ebd.), hier Bl. 94. 1685 Wie lange diese Eigenständigkeit tatsächlich dauerte, konnte auch Langer (Sächsische Bergamtsreviere), hier S. 75 bzw. 78, nicht genau ermitteln; er gibt eine Zeitspanne zwischen 1787 und 1793 an. 1686 Vgl. zu den Unterrichtsanforderungen (v. a. im Christentum) und dem Wissensstand der Schüler an den öffentlichen Schulen den Bericht des BA Geyer und Ehrenfriedersdorf vom 14. Apr. 1791, in: BergA, OBA 2253, Bl. 106–122, insb. die tabellarischen Anzeigen Bl. 118–120. 1687 An der „Mägdleinschule“ in Ehrenfriedersdorf wurde 1790/91 insgesamt 11 „BergmannsMädchen“ elementares Schulwissen vermittelt. Vgl. dazu den Bericht des BA Geyer und Ehrenfriedersdorf vom 14. Apr. 1791 (ebd.), Tabelle Bl. 119 f. Vgl. zum Mädchenunterricht auch das Gutachten von Ferbers vom 7. Juni 1788 (wie Anm. 1141), hier Tabelle Bl. 59, sowie den Abschnitt 3.2. 1688 Vgl. dazu das Gutachten von Ferbers vom 7. Juni 1788 (ebd.).

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bestritt.1689 Für das darauffolgende Schuljahr beantragte das Ehrenfriedersdorfer Bergamt für den Unterricht von vier Knaben und 22(!) Mädchen sogar 31 Taler und 14 Groschen als Beihilfe aus der Freiberger Oberzehntenkasse; auch für Geyer wurde um „eine kleine Vermehrung des Schul-Fonds“ ersucht.1690 Von Heynitz beabsichtigte, für das zwischenzeitlich vereinigte Bergrevier Geyer und Ehrenfriedersdorf zusammen 40 Taler zur Verfügung zu stellen.1691 Die Bergmannsknaben wurden in diesem Revier vom fünften bis 14., die Mädchen dagegen nur bis zum 13. Lebensjahr unterrichtet.1692 Die Aufteilung der Schüler auf die verschiedenen Dorfschulen sowie die in diesen im Einzelnen gebotene Ausbildung verdeutlichen, wie stark die Unterrichtsversorgung von den örtlichen Gegebenheiten und den personellen Möglichkeiten abhängig war. Während in Geyer 1790 alle 37 „Lehrlinge“ beim „dasigen Mädgen Schulmeister Otten in die Schule [gingen]“, hatten in Ehrenfriedersdorf alle „… diejenigen, welche außer dem Lesen auch Rechnen und Schreiben lernen,1693 den dortigen Rector Gläser zum Lehrer“.1694 Acht der übrigen zehn Knaben besuchten den Unterricht „… beim Cantor Herrn Päßler und 2 beim Schulmeister Seydel in Schönfeld“, die „11 Mädgen“ den Unterricht beim Ehrenfriedersdorfer „Mädgen-Schulmeister“ Siegert.“1695 Der elementare Unterricht wurde offensichtlich allein aus der regionalen Knappschaftskasse finanziert.1696 Neben sechs Knaben erhielten an den öffentlichen Schulen auch zwei Bergmannsmädchen(!) Unterricht im Schreiben und Rechnen.1697 An der „Schreibe- und Rechenschule“, die in diesem Revier vermut-

1689 Vgl. dazu das Gutachten von Ferbers vom 7. Juni 1788 (ebd.). 1690 Vortrag von Heynitz’ vom 4. Sept. 1788 (wie Anm. 1257), hier Bl. 78 b. Für das Bergrevier in Geyer ist hierin keine klare Angabe enthalten, man wünschte sich jedoch „eine kleine Vermehrung des Schul-Fondss, um [für] den dasigen guten Cantor statt 4 d[inare] [jetzt] 6 d[inare] [Pfennige – H.K.] wöchentliches Schulgeld für jedes Kind abziehen zu können.“ Ebd., hier Bl. 78. 1691 Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 4. Sept. 1788 (ebd.), Bl. 78 b. 1692 So nach dem Bericht des BA Geyer und Ehrenfriedersdorf vom 14. Apr. 1791 (wie Anm. 1686), hier Bl. 113 b.–114. 1693 Obwohl in Ehrenfriedersdorf keine offizielle SRZ-Schule bestand, wurde an den öffentlichen deutschen Schulen auch ein Schreibe- und Rechenunterricht geboten, was auch noch um 1790 das örtlich sehr unterschiedliche Unterrichtsregime im oberen Erzgebirge belegt. 1694 Bericht des BA Geyer und Ehrenfriedersdorf vom 14. Apr. 1791 (wie Anm. 1686), hier Bl. 113 b.–114, 119. 1695 Bericht des BA Geyer und Ehrenfriedersdorf vom 14. Apr. 1791 (ebd.). 1696 Wofür die ebenfalls aus der Freiberger Oberzehntenkasse gezahlten Beihilfen Verwendung fanden, ist in der Berichterstattung des Bergamtes nicht eindeutig dargestellt worden. 1697 Vgl. dazu den Bericht des BA Geyer und Ehrenfriedersdorf vom 14. Apr. 1791 (wie Anm. 1686), Bl. 117 b.

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lich nur einen erweiterten Unterricht an einer der öffentlichen Schulen ausmachte, würden drei Knaben im Alter zwischen zehn und 16 Jahren unterrichtet werden.1698 Bergrevier Johanngeorgenstadt mit Schwarzenberg Das Bergrevier Johanngeorgenstadt mit Schwarzenberg gehörte zu den Revieren, in denen nach 1786 die besten Bedingungen für den Ausbau des Bergschulwesens bestanden. So wurden nach einem Bericht des dortigen Bergamtes vom Juni 1788 jährlich jeweils zwischen 20 und 40 der in den Pochwerken anfahrenden Bergmannsknaben „von den deutschen Schulmeistern, Benkert und Rothen, im Lesen, Schreiben und Christenthum …“ unterrichtet;1699 ein Jahr später wird die Anzahl dieser Kinder für Johanngeorgenstadt mit 24 bis 28 und für Schwarzenberg mit 12 angegeben.1700 35 Kinder dagegen konnten auch 1789 hier noch nicht mit freiem Schulunterricht versorgt werden.1701 An der seit 1780 gesondert existierenden SR-Schule, deren Lehrer bis 1782 Christian Heinrich Roth, ab 1782 George Christoph Köhler war, vermittelten Letztere einigen älteren Schülern diesen weiterführenden Unterricht. Ab der 3. Woche des Quartals Crucis [17. Juli – H.K.] 1787 unterrichtete der Bergamtskopist Christian Gottlieb Drechsler1702 fünf Bergmannsknaben,1703 während Ende Januar 1787 der „Bürger und Kunstmaler“ Paul Daniel Benedict acht Knaben an der dazu neu eingerichteten Z-Schule unterwies.1704 Seit dem 19. Mai 1788 allerdings bildete auch in Johanngeorgenstadt ein Absolvent der Bergakademie, näm1698 Vgl. dazu den Bericht des BA Geyer und Ehrenfriedersdorf vom 14. Apr. 1791 (ebd.) Der Bericht des Bergamtes ist hier nicht ganz schlüssig. 1699 „Registratura“ des BA Jhgstdt. vom 23. Juni 1788 (wie Anm. 1480), hier Bl. 85 f. Damit umfasste der Unterricht an den (deutschen) Elementarschulen mehr, als in den meisten anderen obererzgebirgischen Bergrevieren. Dieser Bericht im BA wurde in Gegenwart von Heynitz’ erstattet, der „die Anstalten der Knappschaftsschule hi(e)rselbsten zu untersuchen … geruhet“ hatte. Ebd., Bl. 85. 1700 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 17. Juni 1789 (wie Anm. 1506), hier Bl. 10 b. 1701 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 17. Juni 1789 (ebd.). 1702 Für Drechsler konnte kein Nachweis eines Studiums an der Bergakademie gefunden werden, so dass davon auszugehen ist, dass er seine dafür notwendige Bildung auf anderem Wege erworben hat. 1703 Vgl. hierzu das Gutachten von Ferbers vom 7. Juni 1788 (wie Anm. 1141), hier Tabelle Bl. 61. An anderer Stelle ist von vier Bergmannsknaben die Rede. Vgl. dazu die „Registratura“ des BA Jhgstdt. vom 23. Juni 1788 (wie Anm. 1480), hier Bl. 86. 1704 Vgl. hierzu das Gutachten von Ferbers vom 7. Juni 1788 (ebd.), Bl. 61. Aus dieser Konstellation wird deutlich, dass bei allen Bemühungen um eine Vereinheitlichung der bergmännischen Bildungswege in den einzelnen Bergrevieren unterschiedliche, z. T. ganz pragmatische Lösungen zur Gewährung der erforderlichen Schulausbildung gefunden wurden. Da die Knappschaften diesen zu großen Teilen aus den Knappschaftskassen finanzierten, musste das Oberbergamt im Einzelfall auch abweichende Unterrichtsmodelle akzeptieren.

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lich der kurfürstliche „Berg-Stipendiat“ Theodor Gottlieb Friedrich Goldberg,1705 einer der jüngeren Brüder des Freiberger Bergschullehrers Carl Gottlob Friedrich Goldberg, die Bergschüler aus. 1706 Er erteilte insgesamt sechs „Subjekte(n)“ Unterricht „… im Schreiben, Rechnen und Zeichnen so wie in den Anfangsgründen des Bergbaus …“1707 bzw. im „Gebrauch des Compasses“.1708 Zu seiner im Juni 1788 durchgeführten Visitationsreise nach Johanngeorgenstadt traf Benno von Heynitz detaillierte Entscheidungen über die Fortführung des Unterrichts an diesen beiden Schulanstalten.1709 Danach sollte Goldberg den Unterricht im Schreiben, Rechnen, Zeichnen sowie den Anfangsgründen des Bergbaus, der Bergamtskopist Drechsler dagegen nur einen solchen im Schreiben und Rechnen erteilen.1710 Von Heynitz bestimmte im Einzelnen, welcher Bergschüler weiter unterrichtet und wer zukünftig durch andere zu ersetzen war.1711 Der Berghauptmann legte aber auch die Höhe der Vergütung für beide SRZ-Lehrer fest; danach hatte Goldberg für seinen Unterricht statt bisher 15 nun 30 Taler, und Drechsler 26 Taler zu erwarten.1712 Von Heynitz rechnete außerdem damit, dass man „nach 2. bis 3 Jahren hiesigen- und einige(n) Jahre(n) Freybergischen 1705 Vgl. Näheres zu Goldberg im Abschnitt 5.2., sowie in der tabellarischen Übersicht zur Vita der Bergschullehrer (Tab_V_2_1) im Anhang. Theodor Gottlieb Friedrich Goldberg wurde in den Akten zur Unterscheidung von seinem ebenfalls an der Bergakademie studierenden jüngeren Bruder Friedrich August Goldberg oft als „Goldberg sen.“ bezeichnet. Er war nach eigenen Aussagen 1788 von Altenberg nach Johanngeorgenstadt versetzt worden, um dem dortigen Bergamtsassessor Aurich im Markscheiden zu „subleviere(n)“, an den Generalbefahrungen im Bergrevier teilzunehmen sowie „auch die hiesigen Berg-Knaben in den Anfangs-Gründen verschiedener Bergwerks-Wißenschaften (zu) unterweisen.“ Gesuch Goldbergs vom 19. März 1789, in: UAF, OBA 248, Bl. 65 f., hier Bl. 65 b. 1706 Vgl. dazu auch den Bericht des BA Jhgstdt. vom 22. Mai 1788, in: BergA, OBA 2252, Bl. 44–46, sowie den Bericht des OBA vom 17. Juni 1789 (wie Anm. 1506), hier Bl. 10 b. 1707 „Registratura“ des BA Jhgstdt. vom 23. Juni 1788 (wie Anm. 1480), hier Bl. 85 f. In einem späteren Stipendiengesuch erwähnte Goldberg u. a., dass er die zum Zeichenunterricht benötigten Materialien aus eigener Tasche bezahlen müsse, weswegen das ihm zur Verfügung gestellte „Salario“ nicht ausreichen würde, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Er beantragte deshalb ein Stipendium in Höhe von 30 Talern, sowie einen unbezifferten Betrag zur Anschaffung von Zeichenmaterialien für die „armen Bergknaben“. Vgl. dazu das Gesuch Goldbergs vom 19. März 1789 (wie Anm. 1705), hier Bl. 65 b.–66. 1708 Vgl. dazu das Protokoll der akademischen Konferenz vom 7. Apr. 1788, in UAF, OBA 25, Bl. 118–126 b., hier Bl. 18 f. 1709 Vgl. Näheres dazu in der „Registratura“ des BA Jhgstdt. vom 23. Juni 1788 (wie Anm. 1480), hier Bl. 85–87 b. 1710 Vgl. dazu die „Registratura“ des BA Jhgstdt. vom 23. Juni 1788 (ebd.), Bl. 85–86 b. Der Schreibeunterricht beim Bergamtskopisten Drechsler besaß anscheinend eine Vorbildfunktion. Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 24. März 1798 (wie Anm. 543), hier Bl. 129. 1711 Vgl. dazu die „Registratura“ des BA Jhgstdt. vom 23. Juni 1788 (ebd.). 1712 Vgl. dazu die „Registratura“ des BA Jhgstdt. vom 23. Juni 1788 (ebd.), Bl. 86 f. Diese Beträge erhielten auch beide noch im Jahre 1794. Vgl. dazu den Abschnitt 5.2.

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Unterricht(s)“ die ausgewählten Schüler der SRZ-Schule „zu guten Steigern ...“ würde entwickeln können.1713 Aus dieser Formulierung wird deutlich, das Benno von Heynitz schon zu diesem Zeitpunkt die obererzgebirgischen SRZ-Schulen, die ja gerade erst im Entstehen begriffen waren, als Vorstufe der Goldberg’schen Zeichenschule in Freiberg betrachtete. Ab Mai 1788 unterrichtete Drechsler acht Knaben an seiner SR-Schule, während sechs „Scholaren“ zunächst noch beim Kunstmaler Benedict, dann aber an der Z-Schule des Markscheidestipendiaten Goldberg freien Unterricht im Zeichnen und den „Bergmännichen Wissenschaften“ bezogen.1714 Weitere drei Schüler wurden „auf Kosten ihrer Eltern unterrichtet“.1715 In dem zum Bergamtsbezirk Johanngeorgenstadt gehörenden Unterrevier Schwarzenberg war in dieser Zeit weder eine Knappschaftliche Schulanstalt noch eine eigenständige SRZ-Schule vorhanden;1716 geeignete Schüler dürften in das nahegelegene Johanngeorgenstadt delegiert worden sein. Für den Elementarunterricht im Bergrevier Johanngeorgenstadt schlug von Heynitz statt der beantragten 219 Taler lediglich eine Erhöhung der bisherigen Zuschüsse um 20 Taler vor, „weiln die Berg-Jugend beyderley Geschlechts bereits in den öffentlichen Schulen allda freyen Unterricht im Christenthum, Lesen und Schreiben …“ erhalten würde.1717 Dieses Bergrevier war damit eines der wenigen, in welchen Bergmannskinder an den deutschen Stadt- bzw. Dorfschulen auch mit freiem Schreibunterricht versorgt wurden. Weitere 30 Taler sollten nach von Heynitz’ Auffassung dem schwarzenbergischen Bergrevier „zum gewöhnlichen [also elementaren – H.K.] Schul-Unterricht dasiger Bergjugend beyderley Geschlechts – weiln dortige ganz unbeträchtliche Knappschafts-Kaße wenig beyzutragen vermag“ – zugestanden werden.1718 Die vom Johanngeorgenstädter SRZ-Lehrer Goldberg beantragte Ausstattung seines Schulunterrichts mit „… Setzkompaß(,) … vier Zirkel(n)(,) vier Reißfedern(,) eine(r) Schwarzhölzerne(n) Tafel(,) vier Lineale(n) [und] vier Winkelhacken“, die man nach und nach aus dem dortigen Knappschaftsfonds anschaffen wollte,1719 belegt zugleich, dass die technische Ausstattung 1713 „Registratura“ des BA Jhgstdt. vom 23. Juni 1788 (ebd.), Bl. 85 b.–86. 1714 Vgl. dazu die tabellarische Anzeige des BA Jhgstdt. vom 10. Apr. 1790, in: BergA, OBA 2253, Bl. 35–39, hier Bl. 36. 1715 Vgl. dazu die tabellarische Anzeige des BA Jhgstdt. vom 10. Apr. 1790 (ebd.). 1716 Vgl. dazu die tabellarische Anzeige des BA Jhgstdt. vom 10. Apr. 1790 (ebd.), hier Bl. 38. 1717 Vortrag von Heynitz’ vom 4. Sept. 1788 (wie Anm. 1257), hier Bl. 72 b. 1718 Vortrag von Heynitz’ vom 4. Sept. 1788 (ebd.), Bl. 72 b.–73. 1719 Vgl. den Vortrag von Heynitz’ vom 4. Sept. 1788 (ebd.), Bl. 73, sowie die „Specificatio“ über die „zum Unterricht der Jugend im Bergbau nöthigen Instrumente“ Goldbergs vom 23. Juni 1788 (ebd.), Bl. 88. Um notwendiges Papier, Bleistifte und Tusche kaufen zu können, wozu die Jugend selbst nicht in der Lage sei, beantragte Goldberg des Weiteren „einen kleinen Fonds zu Bestreitung dieser Kosten“. Ebd.

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des SRZ-Unterrichtsraums damals mehr als bescheiden gewesen sein muss und dieser damit nicht viel besser eingerichtet war als eine Schulstube für den Elementarunterricht in Schwarzenberg um 1600.1720 Die Johanngeorgenstädter Schulkasseneinnahmen lagen 1790 bei 100 Talern, 13 Groschen und vier Pfennigen und setzen sich laut einem Bergamtsbericht vom April des gleichen Jahres zusammen aus: a) einer Rücklage von vier Talern, einem Groschen und zehn Pfennigen aus dem Jahre 1789; b) zehn Talern nach „gnädigstem Befehl“ vom 16. Dez. 1788 bzw. „hoher“ Oberbergamtsverordnung vom 20. Dez. 1788; c) 32 Talern nach einer Verordnung des Oberbergamtes vom 2. Sept. 1789 sowie d) 53 Talern, 23 Groschen und sechs Pfennigen von der „General Accis Restitution“, die von den Gewerken hierzu „geschenkt“ worden waren.1721 Vier Jahre später hatten sich die Bedingungen in diesem Bergrevier noch einmal verbessert. Die Gesamteinnahmen für die Schulanstalten betrugen 1794 über 233 Taler, wovon reichlich 54 Taler aus Überhängen des Jahres 1793 herrührten.1722 36 Taler stellten die Johanngeorgenstädter Gewerken aus der sogenannten Generalakzise-Restitution von den Bergmaterialien1723 und 141 Taler der Landesherr aus der Freiberger Oberzehntenkasse zur Verfügung.1724 Von dieser Beihilfe wurden für das eben beendete Schuljahr (1794) 71 Taler, vier Groschen und 11 Pfennige für den Elementarunterricht an der Knappschaftlichen Schulanstalt und 70 Taler und 14 Groschen für die vom Markscheider und Geschwornen Goldberg geleitete „Zeichnen-Schule“ bzw. die vom Bergamtskopisten Drechsler geleitete „Rechnen- und Schreibe-Schule“ eingesetzt.1725 Da für das laufende Schuljahr für Schulgeld, sonstige Schulbedürfnisse, Besoldungen usw. nur 134 Taler an Ausgaben benötigt wurden, bat das Bergamt Johanngeorgenstadt für das Schuljahr 1795 für beide Schulformen lediglich um einen Zuschuss aus der Oberzehntenkasse in Höhe von etwas

1720 Vgl. dazu Richter (Geschichte der Sächsischen Volksschule), S. 16. 1721 Tabellarische Anzeige des BA Jhgstdt. vom 10. Apr. 1790 (wie Anm. 1714), hier Bl. 36. 1722 Vgl. dazu im Einzelnen den Bericht des BA Jhgstdt. vom 30. Jan. 1795, in: BergA, OBA 2256, Bl. 68–82, hier insb. Tabellen Bl. 71 b.–72. Diesen Bericht hatten übrigens auch Theodor Friedrich Gottlieb Goldberg sowie Jonas Gotthold Oehlschlägel als Mitglieder des Bergamtes unterzeichnet. Vgl. ebd., hier Bl. 70 b. 1723 Vgl. zu dieser „Generalaccis-Restitution“ den Abschnitt 5.1. 1724 Vgl. dazu Bericht des BA Jhgstdt. vom 30. Jan. 1795 (ebd.), hier Bl. 71 b.–72. 1725 Vgl. dazu im Einzelnen den Bericht des BA Jhgstdt. vom 30. Jan. 1795 (ebd.), hier insb. Bl. 71 b.–72, sowie Bl. 80–81.

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über 57 Talern.1726 Insgesamt 111 Kinder – 81 Knaben und 30 Mädchen – hatten im Schuljahr 1794 die verschiedenen Ortsschulen des Reviers besucht. In die ZSchule bei Goldberg gingen fünf bzw. sieben Knaben1727 im Alter zwischen 14 und 28(!) Jahren.1728 Die Rechen- und Schreibeschule bei Drechsler belegten neun Bergmannsknaben, von denen der jüngste ebenfalls 14, der älteste 21 Jahre alt war.1729 Für den Unterhalt beider Bergschulen wurden jeweils 22 Taler und 12 Groschen, für die Anschaffung von Zeichenmaterial sieben Taler und 12 Groschen sowie für Schreibmaterial drei Taler und 20 Groschen, insgesamt somit nur 56 Taler und acht Groschen des aus der Freiberger Oberzehntenkasse zur Verfügung stehenden höheren Betrages1730 aufgewendet.1731 An Inventar besaß die von Goldberg geleitete Z-Schule neben den 1788 von Goldberg beantragten „Instrumenten“1732 als Lehrbücher die „Schreibe- und Rechenschule“ Drechslers, zwei Rechenbücher Lempes sowie „Kochs Rechenbuch in 4 Theilen“.1733 In Johanngeorgenstadt konnten Bergmannskinder zum Ausgang des 18. Jahrhunderts neben dem Elementarunterricht an den Knappschaftlichen Schulanstalten einen vergleichbaren Unterricht auch an anderen nicht der Bergaufsicht unterstehenden Einrichtungen beziehen.1734 So berichtete das Bergamt Johanngeorgenstadt zu Beginn des Jahres 1796, dass dort „auf dem Schullerer Huthauße eine dergleichen Einrichtung wie in Schneeberg getroffen worden“ wäre, nämlich der Hutmann Christian Friedrich Becher bzw. dessen Eheweib den Kindern nicht nur „ordinären“, 1726 Vgl. dazu den Bericht des BA Jhgstdt. vom 30. Jan. 1795 (ebd.), hier Bl. 68 b. Eine klare finanzielle Trennung der Unterstützung für die beiden verschiedenen Schulformen war somit auch 1794/95 noch nicht gegeben. 1727 Die in den Tabellen angegebenen Zahlen sind widersprüchlich. Vgl. den Bericht des BA Jhgstdt. vom 30. Jan. 1795 (ebd.), insbes. Bl. 75, 80. 1728 Vgl. den Bericht des BA Jhgstdt. vom 30. Jan. 1795 (ebd.). 1729 Vgl. dazu den Bericht des BA Jhgstdt. vom 30. Jan. 1795 (ebd.), Bl. 74 b.–75, 80 b. 1730 Lt. Reskript vom 18. Juli 1794 betrug die bereitzustellende Summe 70 Taler und 14 Groschen (wie Anm. 1184), hier Bl. 111 b. 1731 Vgl. dazu den Bericht des BA Jhgstdt. vom 30. Jan. 1795 (wie Anm. 1722), Tabelle Bl. 80 f. Es verblieb für beide Schulen 1794 somit ein Kassenbestand in Höhe von 14 Talern und 6 Groschen; vgl. ebd., Bl. 81 b. 1732 Vgl. dazu die „Specificatio“ der benötigten Unterrichtsmaterialien Goldbergs vom 23. Juni 1788 (wie Anm. 1719). 1733 Bericht des BA Jhgstdt. vom 30. Jan. 1795 (wie Anm. 1722), Tabelle Bl. 82. Die Anschaffung dieser Unterrichtsmaterialen auf Kosten der Johanngeorgenstädter Knappschaftskasse hatte von Heynitz dem Bergamt zuvor anlässlich seiner Visitation vor Ort im Juni 1788 empfohlen. Vgl. dazu die „Registratura“ des BA Jhgstdt. vom 23. Juni 1788 (wie Anm. 1480), hier Bl. 87 f., sowie die „Specificatio“ der benötigten Unterrichtsmaterialien Goldbergs vom 23. Juni 1788 (ebd.), hier Bl. 88. 1734 Wegen der Spezifik dieses Unterrichts kann hier nur in Stichworten auf diesen Gegenstand eingegangen werden.

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sondern auch Klöppelunterricht erteilten, wobei sich dieser allerdings zunächst auf nur drei Kinder beschränken würde.1735 Eine weitere „stark frequentiert(e)“ Arbeitsschule wurde dann in Johanngeorgenstadt spätestens 1796 von einem beurlaubten Soldaten, dem ehemaligen „Mousquetier“ Christian Friedrich Poller, eröffnet.1736 Immerhin besuchten 1798 insgesamt 65 Kinder beiderlei Geschlechts diese Schule, in der sie neben dem elementaren Unterricht in der Handarbeit des Spitzenklöppelns beschäftigt wurden.1737 Obwohl diese „Pollerische Klöppelschule“ durchaus kurfürstlichen Intentionen entsprach,1738 kam es wenige Jahre später (1800) zu Beschwerden der örtlichen Schullehrer über diese Schulformen, da ihnen diese zum Nachteil gereichen würden.1739 Der Landesherr, dem diese Beschwerden vorgelegt wurden, forderte vom Oberbergamt eine Prüfung und Berichterstattung, zugleich aber auch Vorschläge dahingehend, wie diese Beschwerden am besten zurückgewiesen werden könnten.1740 In dem sich daraus entwickelnden Kompetenzstreit nahm das Bergamt nicht nur gegen den Stadtrat von Johanngeorgenstadt und dessen Bericht an das Konsistorium Stellung,1741 sondern sprach sich zugleich für den Erhalt des Klöppelunterrichts für Bergmannskinder aus. Das Bergamt begründete dies zum einen u. a. damit, dass ärmere Bergmannskinder, „welche sich ihr Brod ganz oder gar zum Theil selbst verdienen müssen … auser Stand gesetzt werden, die öffentlichen Schulstunden zu besuchen …“, zum anderen, weil diese dadurch „… theils vom Bettelgehen abgehalten, und von Jugend auf zur Arbeit an-

1735 Bericht des BA Jhgstdt. vom 12. Febr. 1796, in: BergA, OBA 2257, Bl. 46–55, hier Bl. 47 b. Nach dem Tode Bechers führt dessen Witwe, „welche Ohnedem schon bey Lebzeiten ihres Mannes den groeßten Antheil daran gehabt habe“, zunächst diesen Unterricht fort. Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 24. März 1798, (wie Anm. 543), hier Bl. 129 b. 1736 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 13. Mai 1796 (wie Anm. 1253), in welchem der Landesherr sich zufrieden darüber äußert, dass in Johanngeorgenstadt eine „Arbeitsschule nach dem Vorgange von Freiberg und Schneeberg“ ihren Anfang genommen habe. Vgl. dazu und zur Tätigkeit Pollers den Bericht des OBA vom 24. März 1798 (ebd.), hier Bl. 129 b.–130, sowie die Berichte des BA Jhgstdt. vom 13. Febr. 1801 bzw. vom 11. Febr. 1802 in: BergA, OBA 2259, Bl. 188–196 b., bzw. OBA 2260, Bl. 53–64 b. 1737 Vgl. dazu das Revisionsprotokoll des BA Jhgstdt. vom 16. Juni 1798, in: BergA, OBA 2258, Bl. 151–152 b., hier Bl. 152 f. 1738 So nach den Reskripten Kurfürst Friedrich Augusts vom 1. Mai 1795 (wie Anm. 1253), bzw. 5. Mai 1797, in: BergA, OBA 2257, Bl. 288 f., in denen der Landesherr die Einrichtung weiterer solcher Arbeitsschulen forderte. 1739 Vgl. zu diesen Beschwerden den Bericht des BA Jhgstdt. vom 17. Jan. 1800, in: BergA, OBA 2259, Bl. 9–11, hier Bl. 9 b.–10 b. 1740 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 10. Okt. 1800, in: BergA, OBA 2259, Bl. 119 f. 1741 Vgl. dazu den Bericht des BA Jhgstdt. vom 13. Febr. 1801, (wie Anm. 1736), hier Bl. 189 b.–190.

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gewöhnet … werden [würden], welches beides auch recht gut miteinander bestehen [bleiben] kann“.1742

Ausdrücklich hob es auch die Wohltätigkeit dieser Einrichtung hervor und bestritt jegliche finanziellen Verluste der Schullehrer an den öffentlichen Schulen – die sie im Übrigen „… so viel als möglich zu unterstützen (suchen)“ würden.1743 Im Übrigen verwies das Bergamt auf die völlig gleichartige Schneeberger Klöppelschule, die nicht nur zur völligen Zufriedenheit der dortigen Geistlichkeit und Stadtobrigkeit, sondern sogar des Zwickauer Superintendenten Schlesier seit Jahren existieren würde.1744 Bergrevier Schneeberg 1778 standen der Schneeberger Schulkasse aus Knappschaftsmitteln 23 Taler, drei Groschen und vier Pfennige sowie 20 Taler aus der Freiberger Oberzehntenkasse für den Elementarschulunterricht der Bergmannskinder zur Verfügung, womit insgesamt 37 Schülern, die meist über acht Jahre alt waren, an den Schulorten Schneeberg, Neustädtel und Raschau Elementarschulunterricht erteilt werden konnte.1745 Da jedoch weitere 30 mit Unterricht unversorgt gebliebene Bergmannskinder vorhanden waren, schlug das Bergamt zur Erwirtschaftung der dafür notwendigen 20 Taler eine engere Verbindung dieser Ortsschulen mit den in Schneeberg bestehenden Arbeits- und Klöppelschulen vor.1746 Schon ein Jahr darauf konnten in diesem Bergrevier insgesamt 73 Knaben und 31 Mädchen mit freiem elementarem Unterricht versorgt werden, was auf eine relativ gutgefüllte Knappschaftskasse schließen lässt.1747

1742 Bericht des BA Jhgstdt. vom 13. Febr. 1801 (ebd.), hier Bl. 191 b.–192. 1743 Bericht des BA Jhgstdt. vom 13. Febr. 1801 (ebd.), hier insb. Bl. 193 b., 195. Damit argumentierte dieses Bergamt ganz anders als z. B. das in Marienberg, das sich gegen die Einrichtung einer solchen Klöppelschule ausgesprochen hatte. Das Klöppeln besaß als „Nachfolgeproduktionszweig“ – diesen Begriff verwenden Wächtler/Wagenbreth (Bergbau im Erzgebirge), S. 107 – des Bergbaus für Johanngeorgenstadt eine immense Bedeutung. Dieser bot 1785 etwa 600 Klöpplerinnen Lohn und Brot; vgl. dazu Wächtler/Wagenbreth (ebd.). 1744 Vgl. Bericht des BA Jhgstdt. vom 13. Febr. 1801 (ebd.), Bl. 192. 1745 Vgl. dazu den Bericht des BA Schnbg. vom 3. Mai 1788, in: BergA, OBA 2252, Bl. 38–43. 1746 Vgl. dazu den Bericht des BA Schnbg. vom 3. Mai 1788 (ebd.). Auf die Schneeberger Klöppelschulen kann wegen ihres Sonderstatus hier nicht näher eingegangen werden. Vgl. zu den Arbeits- oder Industrieschulen den Abschnitt 4.1., das Kap. 6, sowie zu den meist mit Armen- und Waisenhäusern verbundenen Einrichtungen grundsätzlich Simon (Fachbildung des Preußischen Gewerbestandes), S. 633–642. 1747 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 17. Juni 1789 (wie Anm. 1506), hier Bl. 11.

306

Die besonderen Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen

Eine besondere Schreibe- und Rechenschule1748 existierte in Schneeberg bereits seit 1779.1749 Damit war dieses Revier das erste der obererzgebirgischen Bergreviere, in dem eine solche fachlich weiterführende Ausbildungsform etabliert worden war. Nach einer vom Oberbergmeister Scheuchler zu Beginn des Jahres 1779 eingereichten Anzeige über Möglichkeiten der Verbesserungen des Schulunterrichts für die Bergjugend und einer entsprechenden Berichterstattung des Oberbergamtes hatte nämlich der Landesherr am 21. Sept. 1779 verfügt, es im Bergamt Schneeberg „bey der getroffenen guten Veranstaltung ferner zu belassen …“, zusätzlich aber „8 der geschicktesten dasigen Bergjungen von einem geschickten Schreibe- und Rechenmeister für ein aus der Knappschaftscaße zu entrichtendes Lehrgeld … unterrichten (zu)“ lassen.1750 Der Schneeberger Bergschreiber Jonas Gotthold Oehlschlägel,1751 der diese Schüler ausbildete, war zugleich der erste Absolvent der Bergakademie, den das Oberbergamt außerhalb des Bergreviers Freiberg als Lehrer an einer SR-Schule einsetzen ließ. Bereits im Herbst 1785 konnten zwei der Schneeberger „Bergpursche(n)“, nämlich Puschmann und Veichel1752 zum Unterricht an die Goldberg’schen Zeichenschule nach Freiberg delegiert werden,1753 ein klarer Beleg für das schon damals bestehende besondere Verhältnis zwischen den obererzgebirgischen SRZ-Schulen und der Freiberger bergmännischen Bildungseinrichtung. Im Jahre 1787 wurde die Schneeberger SR-Schule noch durch eine Z-Schule ergänzt; den Unterricht an ihr bot ab 1787 der Wardein(er) Christian Gotthilf Gerber.1754 1788 unterrichtete dieser bereits 15 „Scholaren“,1755 wofür er 20 Taler aus dem Freiberger Oberzehnten sowie zehn Taler aus der örtlichen Knappschaftskasse bezog. 1789 waren es dann insgesamt 12 „Subjekte“, denen Gerber Zeichen-, 1748 Zeichenunterricht ist hier 1779 anscheinend noch nicht vermittelt worden. 1749 Vgl. dazu den Bericht des BA Schnbg. vom 3. Mai 1788 (wie Anm. 1745), Bl. 38–43, hier Bl. 42. 1750 Zitat nach dem „Kurzen Auszug“ von Schirndings vom 17. März 1794 (wie Anm. 541), hier Bl. 194. 1751 Oehlschlägel, der 1778 ein Studium an der Universität Leipzig aufgenommen hatte, darf nicht mit seinem Namensvetter, dem Freiberger „Stuhlschreiber“ Johann Friedrich Oehlschlägel aus Eibenstock verwechselt werden. Vgl. Näheres zu Ersterem im Abschnitt 5.2., sowie in der tabellarischen Übersicht zur Vita der Bergschullehrer (Tab. V_2_1) im Anhang. 1752 Unsichere Lesart. 1753 Vgl. dazu das Protokoll der Akademischen Konferenz vom 30. Okt. 1785 (wie Anm 940), hier Bl. 17 b. Ob diese beiden jedoch vorher den Schreibe- und Rechenunterricht bei Oehlschlägel in Schneeberg erhalten hatten, konnte nicht aus den Akten ermittelt werden. 1754 Vgl. dazu den Bericht des BA Schnbg. vom 3. Mai 1788 (wie Anm. 1745), hier Bl. 42. Vgl. Näheres zu Gerber im Abschnitt 5.2., sowie in der tabellarischen Übersicht zur Vita der Bergschullehrer (Tab. V_2_1) im Anhang. 1755 Vgl. dazu im Einzelnen den Bericht des BA Schnbg. vom 3. Mai 1788 (wie Anm. 1745), sowie das Gutachten von Ferbers vom 7. Juni 1788 (wie Anm. 1141), hier Bl. 59 b.–60.

Errichtung von Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen

307

Schreib- und Rechenunterricht vermittelte; „Expectanten“ auf einen solchen Unterricht gab es zu diesem Zeitpunkt in Schneeberg nicht.1756 Dieses Bergrevier gehörte damit neben dem von Johanngeorgenstadt zu denjenigen im oberen Erzgebirge, in denen eine relativ stabile Unterrichtsversorgung der Bergmannskinder zu konstatieren war. Allerdings traf dies (zunächst) nur auf die männliche Bergjugend sowie „Bergwaisen“, nicht aber auf weibliche Bergmannskinder zu. Für Letztere reichten die in Schneeberg zur Verfügung stehenden Geldbeträge in dieser Zeit nicht aus.1757 Sollten auch Bergmannsmädchen unterrichtet werden, würde „leicht noch die Summe von einigen 20 Thalern zum Schulgeld erforderlich seyn“, betonte der Berghauptmann.1758 Immerhin rechnete Benno von Heynitz mit einem Gesamtaufwand von 400 Talern, um im Schneeberger Revier auch für die ärmsten Bergmädchen „und zugleich den Arbeits-Unterricht in Spitzen-Klöppeln bezahlen zu können.“1759 Zur Anschaffung eines kleinen „Inventarium(s) von Cirkeln und Reißfedern, auch um gutes Papier zum Zeichnen für seine Lehrlinge“ sollte beim Landesherrn um weitere fünf Taler für den Unterricht beim „Berg-Guardein“ Gerber nachgesucht werden, „wenn man nicht lieber sofort diese Ausgabe auf die Schneebergische Knappschafts-Kaße ahsigniren [übertragen – H.K.] wollte.“1760 Im Jahre 1789 setzten sich die Einnahmen für den Bergschulunterricht in Schneeberg wie folgt zusammen:1761 a) aus einer Rücklage von 22 Talern und 12 Groschen, b) 53 Talern und 18 Groschen nach einer Verordnung des Oberbergamtes vom 2. Sept. 1789 sowie c) 43 Talern und 21 Groschen Zuschüssen aus der Knappschaftskasse. Auch fünf Jahre später (1794) sah die Situation im Bergrevier Schneeberg nicht wesentlich anders aus. Insgesamt 66 (bzw. 56) Knaben1762 sowie 24 (bzw. 22) Mädchen1763 wurden an den städtischen Schulen in Schneeberg und Neustädtel bzw. den Schulen „auf dem Lande“, in Raschau und Sosa, unterrichtet.1764 An der gesonderten „Zeichen-, Rechnen- und Schreibeschule“, die nun der Markscheider und

1756 1757 1758 1759 1760 1761

Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 17. Juni 1789 (wie Anm. 1506), hier Bl. 11. Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 4. Sept. 1788 (wie Anm. 1257), hier Bl. 70 b.–71. Vortrag von Heynitz’ vom 4. Sept. 1788 (ebd.), hier Bl. 71. Vortrag von Heynitz’ vom 4. Sept. 1788 (ebd.). Vortrag von Heynitz’ vom 4. Sept. 1788 (ebd.), Bl. 71 b. Vgl. dazu den tabellarischen Bericht des BA Schnbg. vom 24. Apr. 1790, in: BergA, OBA 2253, Bl. 42 f., hier Bl. 42. 1762 Die Angaben Unterrichteter Bergmannskinder wurden in der Akte OBA 2256 nachträglich korrigiert. 1763 Ebenso. 1764 Vgl. dazu den Bericht des BA Schnbg. vom 3. Febr. 1795 (wie Anm. 1611).

308

Die besonderen Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen

Schichtmeister Christian Friedrich Pilz leitete,1765 wurden 13 „Scholaren“ im Alter zwischen 15 und 33(!) Jahren unterrichtet, wobei die meisten Schüler zwischen 16 und 22 Jahren alt waren.1766 Der finanzielle Aufwand für diesen SRZ-Unterricht betrug 30 Taler, die der Kurfürst aus der Freiberger Oberzehntenkasse zur Verfügung stellen ließ.1767 Bergrevier Eibenstock Ab Beginn des Jahres 1787 stellte man für den Unterricht von Bergmannskindern in dem kleinen, nordwestlich von Johanngeorgenstadt und südlich von Schneeberg gelegenen Bergrevier Eibenstock ebenfalls eine Beihilfe aus der Freiberger Oberzehntenkasse zur Verfügung, deren Höhe im Schuljahr 1787/88 insgesamt 20 Taler betrug.1768 Mit diesen Geldbetrag wurden 1788 „5 Vaterlose Bergmannskinder“, darunter drei Mädchen unterrichtet.1769 Eine eigene knappschaftliche Schulkasse existierte in Eibenstock nicht, „... jedoch erh(ie)lten die Wayßen der verstorbenen BergArbeiter, welche in die KnappschaftsCaße contribuiret haben, einen Beytrag zum SchulGelde.“1770 Neun Mädchen aus Steinbach und Sauschwemme konnten im gleichen Jahr jedoch noch nicht mit einem elementaren Schulunterricht versorgt werden; insgesamt hätten 15 Bergmannskinder kostenfrei unterrichtet werden müssen.1771 Obwohl innerhalb dieses Bergreviers keine eigene SRZ-Schule vorhanden war, erhielten 1788 vier Knaben auf Kosten der Knappschaft Unterricht im Schreiben und Rechnen.1772 Der Berghauptmann schlug für das laufende Unterrichtsjahr dieses Reviers eine Beihilfe von zehn Talern vor, die auch gezahlt wurde.1773 1765 Pilz (oder Piltz – der Name die Schreibweise dieses Namens variiert in den Akten) war Absolvent der Bergakademie. Vgl. Näheres zu Pilz in Abschnitt 5.2, sowie in der tabellarischen Übersicht zur Vita der Bergschullehrer (Tab. V_2_1) im Anhang. 1766 Vgl. dazu den Bericht des BA Schnbg. vom 3. Febr. 1795 (wie Anm. 1611), hier Tabelle, Bl. 51 b.–52. 1767 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 18. Juli 1794 (wie Anm. 1184), hier Bl. 111 b. Eine gleiche Summe veranschlagte das Bergamt Schneeberg auch für das neue Schuljahr 1795. Vgl. dazu den Bericht des BA Schnbg. vom 3. Febr. 1795 (wie Anm. 1611), hier Tabelle Bl. 52. 1768 Vgl. dazu das Gutachten von Ferbers 7. Juni 1788 (wie Anm. 1141), hier Bl. 60. Diese Beihilfe wurde lt. kurfürstlichemBefehl seit dem 13. August 1787 gezahlt; vgl. ebd. 1769 Bericht des BA Eibenstock vom 29. Mai 1788, in: BergA, OBA 2253, Bl. 47–49 b. 1770 Bericht des BA Eibenstock vom 29. Mai 1788 (ebd.). 1771 Vgl. dazu das Gutachten von Ferbers 7. Juni 1788 (wie Anm. 1141), hier Bl. 60, sowie den Vortrag von Heynitz’ vom 4. Sept. 1788 (wie Anm. 1257), hier Bl. 76 f. 1772 Vgl. das Gutachten von Ferbers 7. Juni 1788 (ebd.), Bl. 59 b., sowie den Bericht des BA Eibenstock vom 29. Mai 1788 (wie Anm. 1769). 1773 Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 4. Sept. 1788 (wie Anm. 1257), hier Bl. 76 f., sowie das Reskript Kurfürst Friedrich August an den OZ ô Feral vom 7. Juli 1788 (wie Anm. 957), Bl. 66 f.

Errichtung von Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen

309

Bergrevier Voigtsberg/Vogtländischer Kreis In dem ebenfalls sehr kleinen vogtländischen Bergrevier Voigtsberg1774 wurde 1787 insgesamt 26 Kindern „beyderley Geschlechts“ durch den dortigen Lehrer Hecker elementares Schulwissen vermittelt.1775 Eine gesonderte SRZ-Schule gab es auch hier nicht, aber der „Candidat C[arl] G[ottlob] Hecker“ erteilte laut einem Bergamtsbericht „jede(m) Kind, welches Schreiben und Rechnen lernen will, ... diesfallsigen Unterricht ... ohne weitere Bezahlung.“1776 Das waren im genannten Jahr sechs Knaben und auch noch „einige“ Mädchen.1777 Um die bereits vorher vom Bergmeister Gläser „junior“ beantragte Schulstube für Hecker einrichten sowie „… ein besseres Auskommen für den Lehrer“ erzielen zu können, bat das Bergamt, zukünftig jährlich 70 Taler als Beihilfe zur Verfügung zu stellen,1778 eine Forderung, die der Berghauptmann auch erfüllen ließ.1779 1789 waren es in diesem Bergrevier 25 Kinder, die freien Unterricht beim Lehrer der öffentlichen Schule, Hecker, erhielten. Darüber hinaus unterrichtete derselbe auch noch sechs Knaben im Schreiben und Rechnen,1780 ohne dass man von einer wirklichen SR-Schule sprechen kann. Fünf Jahre später (1794) standen dem vogtländischen Bergamt Voigtsberg 12 Taler und 16 Groschen aus Einnahmen der Knappschaft, 12 Groschen als Zuschuss von den Gewerken und 15 Taler Beihilfe aus dem Freiberger Oberzehnten zur Verfügung. 26 Taler und acht Groschen wurden davon im gleichen Jahr für Schulgeld aufgewendet.1781 Mit diesem Betrag konnten insgesamt 47 Kinder – 17 Knaben und 30 Mädchen – an der „Knappschaftlichen Bergschulanstalt“, d. h. an den vier öffentlichen Dorfschulen in Klingenthal, Brundöbra, Untersachsenberg

1774 Das frühere Amtsdorf Voigtsberg ist heute in die Stadt Oelsnitz i.V. eingemeindet. Es gehörte im hier untersuchten Zeitraum zum “Voigtländischen Creiß» – vgl. dazu Vogt (Generalplan), S. 31. 1775 Gutachten von Ferbers vom 7. Juni 1788 (wie Anm. 1141), hier Tabelle Bl. 62. 1776 Bericht des BA Voigtsberg vom 20. Mai 1788, in: BergA, OBA 2252, Bl. 50–52 b., hier Bl. 51 b.–52. Allerdings war schon im Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 21. Sept. 1779 angeordnet worden, den „gänzlich unvermögenden Bergarbeiter(n) und Vaterlosen Waysen“ neben dem elementaren Unterricht „auch zwey bis dreyen fähigen Subjekten das nöthige Schulgeld zum Rechnen und Schreiben“ aus der dortigen Knappschaftskasse zu bezahlen. Zitat nach dem „Kurzen Auszug“ von Schirndings vom 17. März 1794 (wie Anm. 641), hier Bl. 194 f. 1777 Gutachten von Ferbers vom 7. Juni 1788 (wie Anm. 1141), hier Tabelle Bl. 62. Vgl. dazu auch den Bericht des BA Voigtberg vom 20. Mai 1788 (wie Anm. 1176), Bl. 50–52 b. Die unpräzisen Angaben dieses Bergamtes erschweren die Vergleichbarkeit der Unterrichtsversorgung. 1778 Gutachten von Ferbers vom 7. Juni 1788 (wie Anm. 1141), hier Bl. 62. 1779 Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 4. Sept. 1788 (wie Anm. 1257), hier Bl. 78. 1780 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 17. Juni 1789 (wie Anm. 1506), hier Bl. 11. 1781 Vgl. dazu im Einzelnen den Bericht des BA Voigtsberg vom 2. April (Eingang)1795, in: BergA, OBA 2256, Bl. 105–118, hier Bl. 109 b.–111.

310

Die besonderen Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen

und Gottesberg unterrichtet werden.1782 Eine gesonderte SRZ-Schule war auch jetzt noch nicht vorhanden; ungeachtet dessen vermittelten die jeweiligen ortsansässigen Lehrern – drei Katecheten und ein Kantor – in den genannten Dorfschulen einigen Kindern den weiterführenden Unterricht im Schreiben und Rechnen.1783 Immerhin kamen dadurch insgesamt 12 Kinder im Alter zwischen neun und 13(!) Jahren in den Genuss einer solchen Schulbildung, die in den übrigen kursächsischen Bergrevieren sonst meist nur älteren anfahrenden Bergmannskindern zuteil wurde.1784 Dafür setzte man gezielt die 15 Taler Beihilfe aus der Freiberger Oberzehntenkasse ein.1785 Da diese Schulform jedoch der in den obererzgebirgischen Bergrevieren widersprach, ließ der Kurfürst durch Reskript beim Oberbergamt anfragen, ob nicht, falls in Voigtsberg oder im thüringischen Suhl1786 einige für diesen zusätzlichen Schreibe- und Rechenunterricht „würdige Subjekte“ vorhanden wären, man diese an die SRZ-Schule in Großkamsdorf im Neustädtischen Kreis versetzen könnte?1787 Eine Veränderung in dem vom Landesherrn angeregten Sinne gab es aber zunächst anscheinend nicht, denn knapp zwei Jahre später berichtete das Bergamt, dass es eine besondere SRZ-Schule „im eigentlichen Verstande“ nach wie vor nicht gäbe, einige Schüler jedoch „… in der Gottesberger und andern ordinairen Schulen zugleich Unterricht im Schreiben und Rechnen …“ erhalten würden.1788 Bergrevier Neustädtischer Kreis/Großkamsdorf Bereits 1779 müssen auch im Bergrevier Neustädtischer Kreis, dessen Bergamt seinen Sitz in Großkamsdorf hatte,1789 erste Maßnahmen zur Unterrichtung von Bergmannskindern eingeleitet worden sein, wie Bergkommissionsrat von Schirn1782 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 17. Juni 1789 (ebd.), hier Bl. 114 b.–115 b. 1783 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 17. Juni 1789 (ebd.), hier Bl. 117 f.. 1784 Dieses Beispiel verdeutlicht die noch immer vorhandene Uneinheitlichkeit der Bergschulverfassung. 1785 Vgl. den Bericht des BA Voigtsberg vom 2. April (Eingang) 1795 (wie Anm. 1781), hier Bl. 109 b.–110. 1786 Vgl. zur SRZ-Schule im thüringischen die Anm. 1528. 1787 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 1. Mai 1795 (wie Anm. 1533), hier Bl. 154 b. Auch hieraus werden die Bemühungen des Landesherrn um Kosteneinsparungen beim Bergschulunterricht deutlich. Inwieweit eine solche Delegierung wegen der damaligen Verkehrsverbindungen überhaupt realistisch war, ist hier nicht untersucht worden. 1788 Bericht des BA Voigtsberg vom 13. März 1797, in: BergA, OBA 2257, Bl. 256–267, hier Bl. 266. 1789 Großkamsdorf gehörte von 1574 bis 1657 zum albertinischen Kurfürstentum Sachsen, danach bis 1718 zum Fürstentum Sachsen-Zeitz, anschließend bis 1815 zum Neustädtischen Kreis des Kurfürstentums Sachsen – vgl. zu diesem kursächsischen Kreis Vogt (Generalplan), S. 32–35 – und schließlich zum Königreich Preußen. Es besaß einige Bedeutung für das kursächsische

Errichtung von Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen

311

ding später rekapitulierte.1790 Eine gesonderte Schulkasse wurde hier, wie auch meist in den obererzgebirgischen Bergrevieren aber erst ab 1788 eingerichtet, wobei die Beiträge für die Finanzierung des bergmännischen Unterrichts anfangs ausschließlich aus knappschaftlichen Mitteln flossen.1791 Für den Unterricht von drei Bergmannskindern im Alter von fünf bis acht Jahren und 11 Kindern im Alter von acht bis 13 Jahren zahlte man dem dortigen Schulmeister Johann Peter Steinert 1787 insgesamt fünf Taler, 23 Groschen und sechs Pfennige aus der örtlichen Knappschaftskasse.1792 Bei dieser Unterrichtsversorgung von insgesamt 14 Bergmannskindern männlichen Geschlechts blieb es bis 1790.1793 Dem Lehrer der sogenannten Schreibe- und Rechenschule in Großkamsdorf, Johann Georg Nuß,1794 wurden für seinen täglich einstündigen Unterricht, den er vier „Berg-Purschen“ erteilte, zehn Taler ausgezahlt.1795 Die Großkamsdorfer Knappschaftskasse war – im Gegensatz zu den meisten übrigen Kassen dieser Art – anscheinend ausreichend gefüllt,1796 weswegen das Bergamt auch ��������������������������������������� keinen Antrag auf eine landesherrliche Beihilfe stellen brauchte. Benno von Heynitz kam zu der Einschätzung, dass „die dasige nicht unbeträchtliche Knappschafts-Kaße noch selbst einige mehrere Kinder zu unterstützen vermöchte.“1797 Nach dem 1788 erfolgten Abgang von Nuß übernahm der Schreiber des Großkamsdorfer Bergmeisters, Christian Wil-

1790 1791 1792 1793

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1797

Bergschulwesen. So stammte der erste Bergschullehrer, Lempe, von dort, genauso wie eine Reihe weiterer späterer Absolventen der Bergakademie. Vgl. dazu den „Kurzen Auszug“ von Schirndings vom 17. März 1794 (wie Anm. 641), hier Bl. 194. Vgl. dazu den Bericht des BA Neustädtischer Kreis vom 10. März 1788, in: BergA, OBA 2252, Bl. 10–13 b. Vgl. ebd. Im Gutachten von Ferbers vom 7. Juni 1788 (wie Anm. 1141), hier Bl. 61, sind keine weiblichen Bergmannskinder erwähnt, ebensowenig in der tabellarischen Anzeige des BA Neustädtischer Kreis auf das Jahr 1788, in: BergA, OBA 2252, Bl. 185–186 b., hier Bl. 186. Vgl. zur Unterrichtsversorgung auch den Bericht des OBA vom 17. Juni 1789 (wie Anm. 1506), hier Bl. 11. Der Kurfürst forderte mit Reskript vom 27. Okt. 1788 (wie Anm. 1296), hier Bl. 112 f., ausdrücklich die Angabe bisher mit Schulunterricht unversorgt gebliebener Bergmannskinder beiderlei Geschlechts. Nuß, dessen Schreibweise in den Akten zwischen Nuß und Nus variiert, war offensichtlich kein Absolvent der Bergakademie; sein Name taucht in den Matrikelunterlagen des Universitätsarchivs der Bergakademie nicht auf. Vgl. dazu den Bericht des BA Neustädtischer Kreis vom 10. März 1788 (wie Anm. 1791), sowie den Vortrag von Ferbers vom 7. Juni 1788 (wie Anm. 1141), hier Bl. 61. Mit über 2628 Talern Kassenbestand im Jahre 1787 war die Großkamsdorfer Knappschaftskasse (außerhalb Freibergs) nach der Kasse von Johanngeorgenstadt (3341 Taler) die zweitstärkste. Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 4. Sept. 1788 (wie Anm. 1257), hier tabellarische Übersicht auf das Jahr 1787, Bl. 82 f. Vortrag von Heynitz’ vom 4. Sept. 1788 (ebd.), hier Bl. 78 b.

312

Die besonderen Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen

helm Unger,1798 die Unterrichtung der Bergschüler im Schreiben und Rechnen. Nach der Überzeugung des regionalen Bergamtes würde dieser „… ebenfalls des Endzwecks nicht verfehlen“1799 Unger erteilte insgesamt fünf Knaben, von denen der jüngste zehn, der älteste 15 Jahre alt war, den erwähnten Schreib- und Rechenunterricht;1800 ein Unterricht im Zeichnen fand dagegen nicht statt.1801 1794 waren es dann wiederum 14 Schüler – diesmal aber sieben Knaben und sieben Mädchen – die vom Schulmeister an der Dorfschule in Großcamsdorf mit Elementarunterricht versorgt wurden.1802 Unger unterrichtete an der nun auch in den Akten so bezeichneten „Rechnen- und Schreibe-Schule“ fünf „Scholaren“, von denen drei aber erst 13 Jahre und zwei 15 Jahre alt waren.1803 Für deren erweiterte Ausbildung standen ��������������������������������������������������������� zehn����������������������������������������������������� Taler aus der Freiberger Oberzehntenkasse zur Verfü1804 gung. Obwohl der Gesamtaufwand für den Schreib- und Rechenunterricht eigentlich 12 Taler betragen hätte, blieb das Bergamt bei seiner geringeren Forderung von zehn Talern, wollte stattdessen aber diesen „Mehraufwand“ zukünftig nicht mehr zulassen.1805 Die früheste Einrichtung der regionalen SRZ-Schulen im oberen Erzgebirge bzw. in Großkamsdorf zeigt die folgende tabellarische Übersicht:

1798 Unger war ebenfalls kein Absolvent der Bergakademie. 1799 Tabellarische Anzeige des BA Neustädtischer Kreis auf das Jahr 1788 (wie Anm. 1793), hier Bl. 186. 1800 Vgl. die tabellarische Anzeige des BA Neustädtischer Kreis auf das Jahr 1788 (ebd.). 1801 Vgl. die tabellarische Anzeige des BA Neustädtischer Kreis auf das Jahr 1788 (ebd.). 1802 Vgl. dazu den Bericht des BA Großkamsdorf vom 5. Febr. 1795 (wie Anm. 1611). 53–67 b. 1803 Vgl. dazu den Bericht des BA Großkamsdorf vom 5. Febr. 1795 (ebd.), Bl. 66 b. 1804 Vgl. dazu den Bericht des BA Großkamsdorf vom 5. Febr. 1795 (ebd.). 1805 Vgl. dazu den Bericht des BA Großkamsdorf vom 5. Febr. 1795 (ebd.), hier Bl. 66 b.–67.

Kunstmaler Paul Daniel Benedict „Bergstipendiat“ Theodor Gottlieb Friedrich Goldberg

1780–1782 1782–1787 15. Juli 1787

29. Jan. 1787 Mai 1788

Johanngeorgenstadt

Carl Gottlob Hecker gibt gesonderten Unterricht

keine SRZ-Schule

Voigtsberg

1787: 4 1788: 5

1788: 6

1779: k.A. 1787: 15 1789: 12 1794: 13

k.A. k.A. 1787: 5 1788: 8 1787: 8 1788: 6

10–15 Jahre

> 14 Jahre

15–33 Jahre

16–24 Jahre

16–21 Jahre

15–22 Jahre

21–48 Jahre

Alter der Schüler

Schreiben, Rechnen – dto. –

Schreiben, Rechnen

Schreiben, Rechnen Rechnen, Zeichnen Schreiben, Rechnen, Zeichnen Schreiben, Rechnen, Zeichnen

Zeichnen Schreiben, Rechnen, Zeichnen, Anfangsgründe des Bergbaus

Schreiben, Rechnen – dto. – – dto. –

Praktischer Bergbau dto.

Schreiben, Zeichen Schreiben, Rechnen, Zeichnen

Schreiben, Rechnen, Zeichen

Schreiben, Rechnen, Zeichen

Unterricht im

[Quelle: Berichte der obererzgebirgischen BÄ, in: OBA 2252, Bl. 1–49 b., sowie Ferbers tabellarische Anzeige zum Bericht des OBA vom 14. Juni 1788 (ebd.), Bl. 56–62.]

Johann Georg Nuß gibt gesonderten Unterricht Bergamtsschreiber Christian Wilhelm Unger

Bergschreiber Jonas Gotthold Oehlschlägel Wardein Christian Gotthilf Gerber Markscheidestipendiat, Schichtmeister Christian Friedrich Pilz

Schneeberg

Neustädtischer Kreis, Jan. 1787 1788 Großcamsdorf

keine SRZ-Schule

1779 29. Jan. 1787 1788

Schwarzenberg

mit

Christian Heinrich Roth George Christoph Köhler Bergamts-Kopist Christian Gottlieb Drechsler

keine SRZ-Schule

Scheibenberg

1789 1794(?)

1780 1786

Annaberg

1784: 8 1788: 10 1789: 12 1789: k.A. k.A.

keine SRZ-Schule

Ehrenfriedersdorf und Geyer Wardeiner Christian Friedrich Kürschner „Bergstipendiat“, Schichtmeister George Friedrich August Thannhäußer Obersteiger, Vizegeschworner Schmidt Obersteiger Carl August Richter

Bergakademist, Schichtmeister Christian Gottlob Becher 1787: 6

1788: 6

Interims-Rezessschreiber George Friedrich Rudolph

2. Juli 1786

1. März 1786

Marienberg

Anzahl der Schüler im Jahre

Altenberg

Namen der ersten Lehrer der SRZ-Schule

Beginn einer SRZSchule

Bergrevier/Bergamt

Tabelle III_3: Früheste Etablierung von SRZ-Schulen im oberen Erzgebirge und Neustädtischen Kreis

Errichtung von Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen

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4. Die Reform des sächsischen Bergschulsystems zwischen 1793/94 und 1798 4.1. Die organisatorische und finanzielle Neuordnung des kursächsischen Bergschulsystems Die Jahre 1793 und 1794 waren für die weitere Entwicklung des Komplexes von Bergschulanstalten im Kurfürstentum Sachsen von „strategischer“ Bedeutung. Innerhalb nur kurzer Zeit erließ der Landesherr gleich mehrere Reskripte,1806 die den Stand und weiteren Ausbau des Bergschulwesens zum Gegenstand hatten. Das Oberbergamt seinerseits unternahm wichtige Schritte zur Umsetzung der Reformen des bergmännischen Bildungswesens,1807 die es weitgehend selbst initiiert hatte. Als das Oberbergamt am 7. August 1793 – also mitten im laufenden „Lehrjahr“ an der Bergakademie – dem Kurfürsten außergewöhnlich breit und umständlich vorschlug, drei Bergakademisten, denen der Oberbergamtssekretär Alexander Wilhelm Köhler kurz zuvor noch mangelnde geistige Voraussetzungen bescheinigt hatte,1808 dennoch auf der Bergakademie zu belassen,1809 reagierte der Landesherr ziemlich ungehalten. Er rügte nicht nur die verspätete Berichterstattung der Behörde, wodurch kaum noch die Möglichkeit bestünde, wirksame Maßnahmen einzuleiten, sondern hielt dem Oberbergamt auch vor, es könne „…doch auf keine Weise mit der Absicht des Instituts [also der Bergakademie – H.K.] übereinstimmen, wenn Leute, welche die Academie … ohne gehörige Vorbereitung besuchen, sofort mit höhern Wißenschaften beschäftigt werden …“ würden.1810 Diejenigen, denen es an den notwendigen Fähigkeiten bzw. Talent zu einer höheren wissenschaftlichen Ausbildung fehlte, sollten nach der Intention des Landesherrn nur noch für einen praxisbezogenen Unterricht auf die Bergakademie aufgenommen werden, und auf die notwendigen Bildungsvoraussetzungen eingehend ließ der Kurfürst formulieren: 1806 Es waren dies die Reskripte vom 13. Sept. und 13. Dez. 1793, vom 14. Juli 1794 und vom 1. Mai 1795, in denen sich der Kurfürst Fragen des Bergschulwesens widmete. 1807 Die hier untersuchten Reformen des Bergschulwesens begleiteten die zeitgleich durchgeführten Reformen der Ausbildung an der Bergakademie. 1808 Vgl. dazu den Bericht Köhlers vom 23. März 1793, in: UAF, OBA 252, Bl. 96–106, hier Bl. 103 b.–104, sowie den Unterabschnitt 4.3.2. 1809 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 7. Aug. 1793, in: UAF, OBA 252, Bl. 191–194 b. 1810 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 13. Sept. 1793, in: UAF, OBA 252, Bl. 197–199, hier Bl. 197 b.–198.

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„Wenn ihr daher, in Betracht dass das wissenschaftliche Studium ohne vorgängige ächte Schulkenntnisse keinen Fortgang haben kann, bey den künftig zur Abnahme bey der Academie zu empfehlenden Subjekten auf erstere [diejenigen, die mit „höheren Wissenschaften“ beschäftigt werden sollten – H.K.] vorzügliche Rücksicht zu nehmen, und selbige, wenn sie diesfalls nicht schon glaubwürdige Zeugnisse beygebracht; dass sie sich in Freyberg oder anderwärts dem Tentamini [der Prüfung – H.K.] eines geschickten Schullehrers unterworfen, und sie darinnen bestanden, zuförderst annoch dociren sollen, zu bescheiden habt; So ist auch ferner alles Ernstes dahin zu sehen, dass diejenigen unter den Studirenden, welche in Absicht auf die höhere wissenschaftliche Ausbildung weder durch Talent dazu berufen, noch durch eignes Vermögen dabey unterstützt sind, sowie insonders die, welche aus den niedern BergwerksSchulen aufrücken, um von dem höhern akademischen Unterrichte nur den fasslichsten und practischen Theil mit zu benuzen, in dem Felde der Wissenschaften nicht weiter(,) als es ihrer Fähigkeit verstattet und ihre Bestimmung erfordert, fortgeführet, dagegen aber um so fleißiger zum Praktischen angehalten werden, wo sie alsdenn noch immer zu nüzlichen Dienstleistungen fähig gemacht werden können.“1811

Der Landesherr unterschied somit zwischen solchen Studienbewerbern, für die aufgrund ihrer Bildungsvoraussetzungen und ihres „Talents“ eher eine wissenschaftliche Ausbildung und denjenigen, für die eine Ausbildung in praktischen Fächern angebracht erschien.1812 Zu Letzteren rechnete er insbesondere diejenigen, die aus den „niedern Bergwerk-Schulen“ auf die Bergakademie kamen.1813 Die im erwähnten Reskript enthaltene Kritik des Kurfürsten an den im Einzelfall unzureichend gegebenen Bildungsvoraussetzungen von Bergakademisten1814 veranlasste das Oberbergamt in der Folge zur Einleitung einer Reihe von Maßnahmen, die insgesamt als wichtiges Reformpaket für den Ausbau des gesamten bergmännischen Bildungswesens, einschließlich von Verbesserungen des Ausbildungs1811 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 13. Sept. 1793 (ebd.), Bl. 198 f. Als Zugangsvoraussetzung auf die Bergakademie zählte schon damals in der Regel der vorausgegangene Besuch eines Gymnasiums bzw. einer der Landesschulen. Im Einzelfall jedoch reichte, wie schon ausgeführt, der Besuch der Goldberg’schen- bzw. der gerade im Entstehen begriffenen Erler’schen Zeichen- und Rechenschule in Freiberg aus. 1812 Aber auch die wissenschaftliche Ausbildung war an der Bergakademie immer stark praxisorientiert. Vgl. dazu die Berichte Prof. Lempes vom 15. Apr. 1791 bzw. 30. März 1792, in: UAF, OBA 250, Bl. 68–79, hier Bl. 69, bzw. OBA 251, Bl. 88–97, hier Bl. 88 b., in der dieser diese Orientierung an Beispielen aus dem Bergbau hervorhob. 1813 Vgl. Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 13. Sept. 1793, (wie Anm. 1810), Bl. 198 f. In diesem Zusammenhang forderte der Landesherr das Oberbergamt auf, den Eltern die „Abweisung“ ihrer Kinder von der Akademie zu Ostern des folgenden Jahres mitzuteilen, wenn Letztere nicht bereit waren, die mangelnden Schulkenntnisse während eines zeitgleichen Unterrichts bei einem geeigneten Lehrer in Freiberg nachzuholen. Vgl. dazu ebd. 1814 Vgl. Näheres zum Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 13. Sept. 1793 im Unterabschnitt 4.3.2.

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angebotes und der Verfassung der Bergakademie betrachtet werden können.1815 Die weitere Entwicklung des kursächsischen Bergschulwesens und seiner besonderen Beziehungen zur Bergakademie müssen daher im unmittelbaren Kontext mit den infolge der kurfürstlichen Kritik 1794 und 1795 eingegangenen Vorschlägen, die einzelne Mitglieder des Oberbergamtes und Lehrer der Bergakademie einbrachten, gesehen werden. Drei Monate später, am 13. Dezember 1793, sandte der Landesherr erneut ein Reskript an das Oberbergamt,1816 mit dem knapp 15 Jahre nach Verabschiedung des ersten Schulplans die für das sich etablierende Bergschulsystem dringend notwendigen Reformen begannen. Dieser von Bergkommissionsrat von Schirnding als Schulreskript1817 bezeichnete Befehl des Kurfürsten und das ihm etwas später folgende Reskript vom 18. Juli 17941818 können als Weichenstellung für die Umstrukturierung des gesamten Bergschulwesens angesehen werden. Allerdings kam das kurfürstliche Schulreskript nicht von ungefähr. Wesentliche Teile desselben beruhten ganz offensichtlich auf den Ausführungen von Schirndings, die Letzterer in seiner Eigenschaft als Bergkommissionsrat dem Oberbergamt in einem Vortrag vom 2. November 1793 vorgelegt und in welchem er gutachtlich Stellung zur bisherigen Entwicklung „… der Schul-Anstalten in sämmtlichen BergÄmtern exclusive Freyberg …“ bezogen hatte.1819 Anlass für diesen Vortrag des Bergkommissionsrates selbst war der vorausgegangene Befehl des Kurfürsten vom 17. Mai 1793.1820 Neben Beiträgen des Berghauptmannes von Heynitz selbst finden sich in den Oberbergamtsakten dieser Zeit immer häufiger Ausführungen von Schirndings über das Bergschulwesen.1821 Ihm oblag unzweifelhaft eine besondere Verantwor1815 Auf dieses kurfürstliche Reskript bezog sich 35 Jahre später auch Johann Carl Freiesleben in einem Vortrag zu notwendigen Reformen der bergakademischen Ausbildung, insbesondere über die Zugangsvoraussetzungen auf die Bergakademie. Vgl. dazu den Vortrag Freieslebens vom 22. Dez. 1828, in: UAF, OBA 15, Bl. 52–112, hier Bl. 61 b.–62 b. 1816 Das war das sogenannte Schulreskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 13. Dez. 1793 (wie Anm. 1056). Diesem Reskript ging ein sehr kurzes Reskript vom 1. Nov. 1793, in: BergA, OBA 254, Bl. 149 f., voraus, in welchem der Landesherr das Oberbergamt an seine Forderung vom 17. Mai 1793 erinnerte, umgehend über die „Zweckmäßigkeit“ der „Schul-Anstalten in den Obergebürgischen BergAemtern“ und die Möglichkeit der Unterrichtung weiblicher Bergmannskinder zu berichten. 1817 So im Bericht von Schirndings vom 2. Mai 1794 (wie Anm. 469), hier Bl. 38. 1818 Vgl. dazu das Reskript vom 18. Juli 1794 (wie Anm. 1184). 1819 Vortrag von Schirndings vom 2. Nov. 1793, in: BergA, OBA 2254, Bl. 117–127, hier Bl. 117. 1820 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 17. Mai 1793 (wie Anm. 1531). 1821 Für die dem Oberbergamt übergeordnete oberste Landesbehörde, das Geheimen Finanzkollegium, war dieser Gegenstand viel zu spezifisch, als dass von dort wesentliche Ideen zur Reformierung des Bergschulwesens zu erwarten gewesen wären. Das Finanzkollegium war übrigens auch für die Finanzierung der Landesschulen zuständig. Vgl. dazu Gretschel (Geschichte des sächsischen Volkes), S. 269.

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tung für das sich etablierende sächsische Bergschulwesen; er war nach dem Berghauptmann der zuständige Bearbeiter für das gesamte Bergschulwesen.1822 Wegen der besonderen zeitlichen Nähe zwischen dem von Schirndingschen Vortrag vom 2. Nov. 1793, der am gleichen Tag durchgeführten Berichterstattung des Oberbergamtes1823 und dem Schulreskript vom 13. Dezember 1793 soll dabei auch der Frage nachgegangen werden, ob und in welchem Umfang der Landesherr für sein Reskript ggf. auf Ideen und Anregungen aus dem Oberbergamt zurückgegriffen hat. In seinem Vortrag vom 2. November 1793 wertete der Bergkommissionsrat zunächst alle eingereichten Bergamtsberichte zu den vor Ort vorhandenen Möglichkeiten des Ausbaus des Bergschulwesens im oberen Erzgebirge, in Voigtsberg und dem Neustädtischen Kreis aus und zog eine ernüchternde Bilanz.1824 Keines der Bergämter, mit Ausnahme des vogtländischen Bergamts Voigtsberg, war in der Lage, Vorschläge zur Verbesserung der Finanzkraft der Knappschaftskassen und damit zur Stärkung der „Schul-Fonds“ zu unterbreiten.1825 Darüber hinaus schienen nach Einschätzung von Schirndings sämtliche Bergämter – außer denjenigen wie Schneeberg, wo solche bereits üblich waren – das Mittel der Einführung von Betschichten als bedenklich anzusehen, weswegen von Schirnding resignierend feststellte: „Es dürfte dahero lediglich auf die Gnade S[einer] Churfürst[lichen] Durch[laucht] zu recurriren [hier im Sinne von „Zuflucht nehmen“ – H.K.] seyn.“1826 Unter der vom Bergkommissionsrat angenommenen „Intention“ des Kurfürsten, künftig für das Bergschulwesen bei den Knappschaftskassen keine Kassenbestände mehr zuzulassen und einen Teil der für den Bergschulunterricht notwendigen Finanzmittel aus „Nebeneinnahmen“ zu finanzieren, suchte er nach einer „Formel“, die garantierte, dass Einnahmen und Ausgaben „… sich soviel [wie] möglich aufheben …“ würden.1827 Bei einem Überschuss der Kassenbestände gegenüber den „… gnädigst bewilligten Zuschüssen [der Beihilfe aus dem Oberzehnten – H.K.] … folgt von selbst, dass, wenn die verbliebenen Caßen-Bestände von den bisher … bewilligten Zuschüssen abgezogen werden, nur das verbleibende Residuum [hier im Sinne des 1822 Wie die anderen Bergkommissionsräte des Oberbergamtes dieser Zeit – Werner, von Gutschmid, von Oppel – besaß auch von Schirnding ein spezielles Arbeitsgebiet, für das er eine besondere Verantwortung trug – eben das Bergschulwesen. Ernst Friedrich Carl von Schirnding hatte sich am 6. Mai 1774 als Vertreter der Bayerischen Nation in die Matrikel der Universität Leipzig eingeschrieben. Vgl. dazu Erler (Matrikel der Universität Leipzig), S. 355; Angabe nach schriftlicher Auskunft des Universitätsarchivs Leipzig vom 26. März 2008. 1823 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 2. Nov. 1793 (wie Anm. 1524). 1824 Vgl. dazu den Vortrag von Schirndings vom 2. Nov. 1793 (wie Anm. 1819), hier insb. Bl.117 b.–123 b. 1825 Vgl. dazu den Vortrag von Schirndings vom 2. Nov. 1793 (ebd.), hier Bl. 123 b. 1826 Vgl. dazu den Vortrag von Schirndings vom 2. Nov. 1793 (ebd.). 1827 Vgl. dazu den Vortrag von Schirndings vom 2. Nov. 1793 (ebd.), hier Bl. 124.

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dann noch bestehenden restlichen Geldbedarfs – H.K.] im folgenden Jahre zuzuschießen nöthig seyn würde“.1828

Schließlich legte der Bergkommissionsrat die wichtigsten Grundsätze für die inhaltliche Gestaltung eines Bergschulregulativs dar. Von Schirnding führte darin einzelne „Erforderniße“ auf, die seiner Auffassung nach in einem solchen Regulativ umzusetzen wären.1829 Dabei erläuterte er die Voraussetzungen, die für den Erhalt der landesherrlichen Beihilfen bzw. für den freien Schulunterricht gegeben sein müssten und bezifferte zugleich die notwendige Dauer des Besuchs einer Knappschaftlichen Schulanstalt – ohne diesen Begriff zu verwenden – vom „… 5.ten – und 6.ten Jahre … bis zur Admission ad Sacra“, womit er sich auf die Erneuerte Schulordnung von 1773 berief.1830 Außerdem ging von Schirnding in seinem Vortrag auf die notwendige Höhe des Schulgeldes, die möglichen Zwangsmittel, mit denen die Bergverwaltung den Elementarschulunterricht für Bergmannskinder durchzusetzen in der Lage wäre, sowie auf die Notwendigkeit des Führens gesonderter Schulrechnungen als „Annexum der KnappschaftsRechnung“ ein.1831 Sämtliche Anregungen des Bergkommissionsrates von Schirndings finden sich letztlich im Entwurf des Bergschulregulativs von 1793 wieder.1832 Der Kurfürst ließ in seinem daraufhin am 13. Dezember 1793 verabschiedeten Schulreskript zwei zu reformierende Aspekte besonders hervorheben, a) einen schulorganisatorischen, mit dem nach dem Vorbild der Goldberg’schen Zeichen- und Rechenschule eine stärkere Anbindung der obererzgebirgischen SRZ-Schulen an die Bergakademie angestrebt würde und b) einen materiellen ­– mit dem vor allem die Verbesserung der finanziellen Basis der einzelnen Schulanstalten erreicht werden sollte. Mit beiden Aspekten würden sich in der Folge sowohl die einzelnen Bergämter als auch die Mitglieder des Oberbergamtes, aber selbst die Lehrer der Bergakademie zu beschäftigen haben.1833 1828 Vortrag von Schirndings vom 2. Nov. 1793 (ebd.), hier Bl. 124. Im Endeffekt ging es dem Bergkommissionsrat darum, zu vermeiden, dass die Bergämter auf der Grundlage der landesherrlichen Beihilfen über den tatsächlichen Schulbedarf hinaus Geld anhäufen würden. Vgl. dazu ebd., Bl. 124 f. 1829 Vgl. dazu den Vortrag von Schirndings vom 2. Nov. 1793 (ebd.), hier Bl. 125–127. 1830 Vortrag von Schirndings vom 2. Nov. 1793 (ebd.), Bl. 126. Vgl. dazu die Erneuerte Schulordnung von 1773 (wie Anm. 2), hier insb. Cap. II, § 1, sowie Cap. XII. 1831 Vgl. Näheres dazu im Vortrag von Schirndings vom 2. Nov. 1793 (ebd.), insb. Bl. 124–126. 1832 Vgl. dazu den Entwurf des Bergschulregulativs von Schirndings als Anlage „B“ zum Bericht des OBA vom 2. Nov. 1793 (wie Anm. 1524), hier Bl. 145–146 b. 1833 Mit materiellen Aspekten der Verbesserung des Bergschulwesens, insbesondere mit möglicherweise neu zu erschließenden Finanzquellen hatte sich ja bereits von Schirnding in seinem Vortrag vom 2. Nov. 1793 auseinandergesetzt.

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Besonders wichtig für die zukünftige Organisation des Bergschulwesens schien zunächst die vom Landesherrn angestrebte Untergliederung der bisherigen Bergschulanstalten in zwei „Typen“ zu sein, die sich sowohl von ihrer jeweiligen Klientel als auch von ihren Bildungszielen her betrachtet wesentlich voneinander unterschieden.1834 Während die eine „Art“, die Bergschule im engeren Sinne – die „Akademische Zeichnen-Schule und Lehranstalt für gemeine Bergpursche“ –1835 „vornehmlich dem Unterrichte im Rechnen und Zeichnen … gewidmet“ war, diente die andere „… dem Unterrichte im Christenthum und Lesen ...“1836 Nach der Vorstellung des Landesherrn sollten beide künftig voneinander getrennt werden, wobei dieser, wie schon vorher das Oberbergamt, letztere Einrichtungen als die „... eigentliche Knappschaftliche BergSchulAnstalt ...“ ansah.1837 Der Kurfürst erwartete deshalb vom Oberbergamt Vorschläge dahingehend, ob und wie sich die in den verschiedenen Bergamtsrevieren zwischenzeitlich eingerichteten „und … ohnehin schon zum Theil durch Stipendiaten besorgten Rechnen- u[nd] Zeichen Schulen“, ähnlich wie die Goldberg’sche Schule in Freiberg, mit dem „akademischen Institut(..)“1838 Bergakademie in nähere Verbindung bringen lassen würden.1839 Dazu wies er das Oberbergamt an, die jährlichen Anzeigen über die in einigen obergebirgischen Bergrevieren bestehenden „Rechnen- und Zeichnen Schulen“ von den Anzeigen über die Knappschaftlichen Schulanstalten abzusondern und zugleich „schickliche“, d. h. überschaubare und kontrollierbare tabellarische Übersichten anfertigen zu lassen, die mit dem „besonderen Inserate zum accademischen Haupt-Berichte über die sogenannte Goldbergische Schule zu Freyberg ...“ eingereicht werden sollten.1840 Am 3. Januar 1794 forderte der Landesherr das Oberbergamt zur gutachtlichen Stellungnahme darüber auf, wie dem Mangel an

1834 Auch diese Erkenntnis ging zweifellos auf den schon erwähnten Oberbergamtsbericht vom 2. Nov. 1793 zurück. 1835 So wurde sie in der „Generelle(n) Uibersicht … [der] Unterrichts-Anstalten der Sächsischen Bergjugend …“ vom (?) Juli 1792 einmal bezeichnet. BergA, OBA 2253, Bl. 18[4?]. 1836 Schulreskript vom 13. Dez. 1793 (wie Anm. 1056), hier Bl. 155 b. 1837 Schulreskript vom 13. Dez. 1793 (ebd.). 1838 So wurde die Bergakademie in dieser Zeit häufig bezeichnet. 1839 Schulreskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 13. Dez. 1793 (wie Anm. 1056), hier Bl. 157; ebenso in: BergA, BA-F/A 46/ Nr. 3068 a), Vol. II, Bl. 1–7, hier 3 f. Dies wird später von Schirnding in seinem Bericht vom 2. Mai 1794 (wie Anm. 469), hier Bl. 38 b., zitieren. 1840 Schulreskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 13. Dez. 1793 (ebd. = OBA 2254), Bl. 160 b., bzw. (ebd. = BA-F, A 46, 3068 a), Vol. II, Bl. 6 b. Einen ähnlich lautenden Befehl hatte der Landesherr dem Oberbergamt bereits am 31. Mai 1793 in Bezug auf die jährlich einzureichenden Hauptberichte und Verzeichnisse zur Entwicklung der Bergakademie erteilt. Vgl. dazu das Inserat und die vorgegebenen Studientabellen zum Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 31. Mai 1793, in: UAF, OBA 252, Bl. 159–170.

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„geschickten und tauglichen Subjekten“ für Bergwerksdienste zukünftig abzuhelfen sei – ein Auftrag, der natürlich auch das Bergschulwesen berührte.1841 Nach der jährlich üblichen formalen Zuweisung von Beihilfen an die einzelnen Bergämter1842 ging der Landesherr in seinem Schulreskript auf Einzelheiten der zukünftigen Entwicklung des Bergschulwesens und dessen Finanzierung ein. Ähnlich wie bereits die Goldberg’sche ZR-Schule in Freiberg sollten seiner Willensmeinung nach auch die obererzgebirgischen SRZ-Schulen „in nähere Verbindung“ zur Bergakademie gesetzt werden.1843 Nach dem Vorbild des Freiberger Bergreviers sah der Landesherr vor, auch in den obererzgebirgischen Bergrevieren sogenannte Schulkassen zu installieren, über deren Geldeinnahmen – einschließlich der „milden“ Beiträge sowie „freiwilliger“ Geschenke, aber unter dem ausdrücklichen Verbot der „... Einmischung der KnappschaftsCaßen …“ –1844 korrekte Nachweise zu führen seien.1845 Im Ergebnis dessen kam es in der Folge in allen Bergrevieren zur Einrichtung solcher „Schulkassen“, die allerdings noch im Jahre 1794 die unterschiedlichsten Bezeichnungen trugen.1846 Neben der geforderten separaten Rechnungslegung über diese Schulkassen war – ebenfalls unter Hinweis auf das Freiberger Vorbild – zugleich zum Ende eines jeden Jahres die Einführung neuer einheitlicher „RechnungsSchemata“ vorgesehen, nach denen tabellarische Anzeigen über die „[Knappschaftlichen – H.K.] Berg-Schulanstalten bey dem Bergamte N.N …“ einerseits und die „Zeichnen- Rechen- [und] Schreibe-Schule(n) beym BergAmte N.N. ...“ andererseits einzureichen waren.1847 Zur „Simplificirung“ des Rechnungswesens sollte zu1841 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 3. Jan. 1794, in: UAF, OBA 9, Bl. 5 f., hier Bl. 5. 1842 Diesmal wies der Kurfürst die noch zu verteilenden 305 Taler (von 600 Talern) zur Auszahlung an; vgl. das Schulreskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 13. Dez. 1793 (wie Anm. 1056), Bl. 154 f. 1843 Vgl. das Schulreskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 13. Dez. 1793 (ebd. = OBA 2254), Bl. 157, bzw. (ebd. = BA-F, A 46, 3068 a), Vol. II, Bl. 3 b. und 6 b. Die jährlichen Anzeigen über die Entwicklung der SRZ-Schulen sollten dabei zukünftig innerhalb des akademischen Hauptberichts erfolgen. 1844 Einmischung hier im Sinne der Vermischung der aus unterschiedlichen Quellen stammenden Geldbeträge. 1845 Schulreskript vom 13. Dez. 1793 (wie Anm. 1056), hier Bl. 155 b. Diesen Festlegungen waren entsprechende Vorschläge des Oberbergamtes zur finanztechnischen Organisation des obererzgebirgischen Bergschulwesens vorausgegangen. Vgl. dazu grundlegend den Bericht des OBA vom 2. Nov. 1793 (wie Anm. 1524). 1846 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 20. Apr. 1794 (wie Anm. 1155), hier die durch von Schirnding beigefügte Tabelle über die „Zeichnen-Rechnen- und Schreibe-Schulen ...“ 1793/1794, Bl. 102–105, hier insb. Bl. 105. 1847 Tabellarische Anzeigen als Anlagen zu einem Patent des OBA vom 19. März 1794, in: BergA, BA-F/Cl. A 46/Nr. 3068 a), Vol. II, Bl. 26 f., 28 f. Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich August vom 18. Juli 1794 (wie Anm. 1184), hier Bl. 108 b. Das hier angesprochene Freiberger Abrechnungssystem wurde schließlich in der Folge auch von den obererzgebirgischen Bergämtern übernommen.

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dem bei miteinander kombinierten Bergamtsrevieren nur jeweils eine Schulkasse zuständig sein, die auch die „Unterreviere“ mit erfasste.1848 Mit dem kurfürstlichen Befehl vom 18. Juli 1794, der als direkter Folgebefehl des erwähnten Schulreskripts angesehen werden kann, wurde dem Oberbergamt zugleich auferlegt, zukünftig die jährlich zu erstattenden Hauptberichte über „sämtliche knappschaftliche Schulanstalten inclusive Freyberg“ spätestens Anfang März des jeweils folgenden Jahres dem Landesherrn vorzulegen.1849 Aus dieser Regelung kann geschlossen werden, dass der Kurfürst den Schulunterricht an den Knappschaftlichen Schulanstalten zwar als immanente Angelegenheit der Bergverwaltung betrachtete, er aber zugleich diese Schulen als einen spezifischen Typus der Deutschen Stadt- und Dorfschulen ansah. Dies war auch schon aus dem Schulreskript vom 13. Dezember 1793 deutlich geworden, in welchem der Kurfürst den direkten Bezug der Knappschaftlichen Bergschulanstalten auf die Erneuerte Schulordnung von 1773 und die Verantwortung der Knappschaften zur Umsetzung derselben betont hatte.1850 Im Mai 1795 ging der Kurfürst im Zusammenhang mit erneuten Überlegungen zu Verbesserungen der Knappschaftlichen Schulanstalten in einem Reskript nochmals auf die Verantwortung des Oberbergamtes für die Einhaltung der Vorschriften des XI. Kapitels dieser Schulordnung ein.1851 Darin ließ er sämtliche Bergämter daran erinnern, ihrer Verpflichtung zum Besuch der „… Schulstunden und der öffentlichen Schulprüfungen oder zumindest zu Absendung der KnappschaftsVorsteher zu selbigen, so oft es die übrigen Dienstgeschäfte erlauben“ würden, nachzukommen.1852 Die Bergämter bzw. Knappschaftsvorsteher fungierten hier in einer Eigenschaft, wie sie nach Kapitel XI, § 3 der Schulordnung sonst üblicherweise „Magistrats- oder Gerichtspersonen“1853 zukam.1854 1848 Vgl. das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 18. Juli 1794 (ebd.). So sollte die zu errichtende Schulkasse des Bergamtes Altenberg auch für Berggießhübel und Glashütte, die Schulkasse im Bergrevier Annaberg auch für Scheibenberg und Oberwiesenthal und die Schulkasse im Bergrevier Johanngeorgenstadt auch für die Unterreviere Schwarzenberg und Eibenstock verantwortlich zeichnen. Vgl. dazu das Schulreskript vom 13. Dez. 1793 (wie Anm. 1056), hier Bl. 155 f. 1849 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 18. Juli 1794 (ebd.), hier Bl. 108 b.–109. Über die Entwicklung der Goldberg’schen Rechen- und Zeichenschule war dagegen die jährliche Berichterstattung seit dem landesherrlichen Befehl vom 3. Juli 1786 im jeweiligen „Academischen Haupt-Jahres-Bericht“ der Bergakademie vorgenommen worden. Vgl. hierzu den Vortrag von Ferbers vom 7. Juni 1788 (wie Anm. 1141), hier die Tabellen Bl. 55 b.–56, Spalte 6. 1850 Vgl. dazu das Schulreskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 13. Dez. 1793 (wie Anm. 1056), hier Bl. 155 b.–156. 1851 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 1. Mai 1795 (wie Anm. 1533), hier Bl. 154. 1852 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 1. Mai 1795 (ebd.). 1853 Vgl. zum Aufgabengebiet von Magistrat oder Gerichtspersonen als Schulpatron grundsätzlich Neugebauer (Schulwirklichkeit), insbes. S. 139–153. 1854 Vgl. dazu die Erneuerte Schulordnung [vom 17. März 1773] (wie Anm. 2), hier Sp. 153. Auch hieraus wird nochmals die besondere Stellung der Bergverwaltung in Bezug auf das berg-

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In Folge des kurfürstlichen Schulreskripts hatte sich Bergkommissionsrat von Schirnding ausführlich mit Fragen der bis dahin erfolgten historischen Entwicklung des Bergschulwesens befasst und im Ergebnis dieser Untersuchungen dem Oberbergamt bereits am 17. März 1794 seinen „Kurzen Auszug“1855 vorgelegt. Am gleichen Tag hielt er einen umfassenden Vortrag vor dem Oberbergamt, in welchem er in Form eines Gutachtens detailliert die seiner Auffassung nach einzuleitenden Maßnahmen zur Umsetzung des Schulreskripts vorschlug.1856 Da diese gutachtliche Anzeige von Schirndings außerordentlich wichtig für das Verständnis des Reformprozesses des Bergschulwesens ist, soll an dieser Stelle etwas näher auf sie eingegangen werden. Zunächst unterzog von Schirnding das landesherrliche Schulreskript einer gründlichen Analyse und fasste die darin zum Ausdruck gebrachten Grundsätze der landesherrlichen Intention in Bezug auf das Bergschulwesen zusammen. Der Kurfürst gehe danach davon aus, „daß die für den Unterricht im Christenthum und Lesen der Bergmannskinder … gewidmete Schulen(..) als eigentliche Knappschaftliche BergschulAnstalten zu betrachten“ seien, weswegen sich die regionalen Bergknappschaften nicht der „Obliegenheit“ entziehen dürften, für die bedürftigen Bergmannskinder „das gewöhnliche Schulgeld aus ihren eigenen [Knappschaftskassen – H.K.] … gleich den Stadt- und Dorfgemeinden nach Vorschrifft der erneuerten Schulordnung für die deutschen Stadt- und Dorfschulen vom Jahre 1773. Cap. II. § 5 …“ aufzubringen.1857 Anschließend wies der Bergkommissionsrat auf den im Schulreskript festgemachten Unterschied dieser Schulen zu den „… fürnehmlich zum Unterrichte im Schreiben, Rechnen und Zeichnen … gleichfalls errichteten SchulAnstalten …“ hin, dass aber Letztere dennoch „… wenigstens in Hinsicht des dazu erforderlichen Aufwandes mit den KnappschaftsCaßen und mit jenen Schulen [den Elementarunterricht bietenden Knappschaftsschulen – H.K.] verbunden seyen.“1858

Von Schirnding stellte in diesem Kontext aber nicht nur die Gleichbehandlung der Knappschaften mit den Stadt- und Dorfgemeinden, wie sie sich hinsichtlich der

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männische Schulwesen deutlich. Vgl. zu den Aufgaben der Knappschaftsvorsteher in diesem Zusammenhang auch den späteren Bericht Freieslebens vom 16. März 1821 (wie Anm. 417), hier Bl.173 b. Dieser „Kurze Auszug“ von Schirndings vom 17. März 1794 (wie Anm. 541) beruhte auf der Auswertung einer Vielzahl historisch relevanter Oberbergamtsakten. Vgl. dazu im Einzelnen den Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794 (wie Anm. 1394). Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794 (ebd.), hier Bl. 166 b.–167. Die Knappschaften sollten danach für den Fall, dass weder Eltern noch die eigentlich zuständigen Bergstädte oder -Gemeinden das Schulgeld aufzubringen konnten, einspringen. Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794 (ebd.), Bl. 167 f.; Hervorhebungen d.d.A.

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Finanzierung der Knappschaftsschulen aus dem Inhalt des kurfürstlichen Reskripts ergab, infrage,1859 er versuchte zugleich zu belegen, dass die Knappschaftskassen von ihrer Anlage her eine ganz andere Funktion als die eines Geldgebers für das Schulwesen besitzen würden.1860 In diesem Zusammenhang verwies der Bergkommissionsrat auf die ursprüngliche Zweckbestimmung der Knappschaftskassen, die die „… dahin durch die Büchsenpfennige contribuirenden Bergleute … in dem Falle ihres cörperlichen Unvermögens und ihrer constatirten Armuth …“ mit Almosen zu versorgen hätten.1861 Unter Hinweis auf die seit 1770 stattgefundene historische Entwicklung des Bergschulwesens, wie sich diese aus den Akten darstellen würde,1862 bemerkte er, die Knappschaftskassen wären erst „nach und nach“ in die Lage versetzt worden, den „… zum nothwendigsten Schul-Unterrichte erforderlichen Aufwand(..) …“ zu bestreiten.1863 Er betonte zudem den rechtlichen Unterschied zwischen den Verpflichtungen der Bergknappschaften und den Verbindlichkeiten, die die Gemeinden nach § 5 der Erneuerten Schulordnung von 1773 besäßen.1864 Mit Bezug auf das Armenversorgungsmandat vom 11. April 17721865 führte er aus, dass die Gemeinden unter Verwendung von Kommunalgeldern und Gemeindeeinkünften – die „zu den Lasten der Erbgerichtsbarkeit“ gehörten – für die Armenversorgung zuständig wären;1866 die Knappschaften würden im Gegen-

1859 Von Schirnding stellte „die hieraus zu ziehenden Folgerungen …“ diplomatisch in das „Ermessen“ des Oberbergamtes. 1860 Von Schirnding formuliert, „daß die ursprüngliche Bestimmung der Knappschaftscaßen so wenig als möglich die Einmengung anderer Zwecke … [Um eine solche Einmischung handelt es sich nach Auffassung von Schirndings aber bei der Finanzierung des Bergschulwesens – H.K.] zuläßig machen dürfte.“ Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794 (ebd.), Bl. 168 b. 1861 Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794 (ebd.), Bl. 167 f. 1862 Von Schirnding verwies hierzu auf den von ihm dazu erarbeiteten „Kurzen Auszug“ vom 17. März 1794 (wie Anm. 541), der seinem Vortrag als Anlage beigefügt war. 1863 Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794 (wie Anm. 1394), hier Bl. 168. Damit zog er den vom Kurfürsten im Schulreskript aufgestellten Grundsatz, wonach von Beginn der Herausbildung des Bergschulwesens an die Knappschaften für die Finanzierung des elementaren Schulunterrichts zuständig gewesen wären, in Zweifel. 1864 Vgl. dazu den Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794 (ebd.), Bl. 166 b.–167. 1865 Vgl. dazu das Erneuerte(..) und erlaeuternde(..) Mandat wegen Versorgung der Armen, und Abstellung des Bettelwesens, vom 11. Apr. 1772, in: C.A., 2. Forts., 1. Abt., Sp. 639–660. 1866 Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794 (wie Anm. 1394), hier Bl. 169. Das Mandat vom 11. Apr. 1772 führte in § 1 die Räte der Städte und alle, die mit Gerichtsbarkeit beliehen wurden, ausdrücklich als Adressaten auf. Die §§ 6 und 7 regelten die Almosensammlung zur Armutsversorgung, wobei „… jedes Orts Obrigkeit die Veranstaltung der Armen-Versorgung als einen hauptsaechlichen Theil ihrer Obliegenheit anzusehen“ habe. Zu den Beiträgen zur Unterstützung Bedürftiger gehörten ausdrücklich solche für Kinder, „damit sie zur Schule gehalten werden koennen“. Ebd., § 9, Sp. 645.

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satz dazu keineswegs die „Onera juris dictionis [die Last der Gerichtsbarkeit – H.K.]“ tragen.1867 In seinem weiteren Vortrag ging von Schirnding ausführlich auf die möglichen Schritte zur Umsetzung des kurfürstlichen Schulreskripts, die zu einer weiteren verfassungsmäßigen bzw. finanziellen Entwicklung des Bergschulwesens führen könnten, ein und unterbreitete eine Reihe von Lösungsvorschlägen. Wegen ihrer Bedeutung für die Gesamtentwicklung des Bergschulwesen, aber auch wegen der inneren Logik dieser von Schirndingschen Vorschläge, die die absolute Sachkenntnis des Bergkommissionsrates belegen,1868 soll hier zunächst näher auf dessen Vorstellungen vor allem mit Bezug auf die innere Verfassung des Systems bergmännischer Bildungseinrichtungen eingegangen werden.1869 Außerordentlich interessant sind von Schirndings Ausführungen in Bezug auf die Notwendigkeit der Unterrichtung der Bergmannskinder beiderlei Geschlechts,1870 gewähren diese doch einen Einblick in das Gedankengut eines führenden Vertreters der Bergverwaltung im ausgehenden 18. Jahrhundert. Der Bergkommissionsrat formulierte ganz im Sinne der Aufklärung:1871 „Alle … Bergmanns Kinder müssen, gleich den Kindern anderer Stände und Claßen der Menschen im Staate, zur Erfüllung des großen Zwecks, näm[lich], Christliche, dem Vaterlande brauchbare und gute moralische Mitglieder des Staates zu bilden, und solchergestalt wahrhaft glücklich und nützlich [zu] werden, Unterricht in Schulen erhalten, hierinnen findet keine Ausnahme statt.“1872

In seinem weiteren Gutachten ging der Bergkommissionsrat auf Fragen der Bedürftigkeit der Kinder von Bergleuten ein. In Anlehnung an soziale Aspekte des kurfürstlichen Schulreskripts von 1793 wiederholte von Schirnding, dass Kinder von „… in wirklicher Arbeit und vollem Lohn stehenden Bergleuten …“ genauso 1867 Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794 (wie Anm. 1394), hier Bl. 169. Somit lehnte er die juristische Gleichbehandlung von Kommunen und Knappschaftskassen ab. 1868 Zu dieser Sachkenntnis des Bergkommissionsrates steht die später von Benno von Heynitz getroffene Einschätzung doch etwas im Widerspruch. Vgl. dazu den Abschnitt 2.1, Anm. 641. 1869 Von Schirndings Vorschläge zur Verbesserung der finanziellen Voraussetzungen für die Entwicklung des Bergschulwesens werden im Unterabschnitt 5.1.4 gesondert abgehandelt. 1870 Bis zu diesem Zeitpunkt hatten, wie bereits ausgeführt, im Bergrevier Freiberg ausschließlich Bergmannskinder männlichen Geschlechts Elementarschulunterricht erhalten. Vgl. Näheres dazu im Unterabschnitt 2.3.3. 1871 Vgl. zu Inspirationen, die Vertreter des Oberbergamtes von der Aufklärung erhalten haben, das Kapitel 6. 1872 Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794 (wie Anm. 1394), hier Bl. 181 f. Lediglich im Hinblick auf die Höhe der finanziellen Bedürftiger war nach von Schirndings Auffassung eine unterschiedliche Behandlung der Bergmannskinder erlaubt. Vgl. ebd. Diese Formulierung von Schirndings lässt vermuten, dass ihm die grundlegendsten Werke der Aufklärung seiner Zeit bekannt gewesen sind.

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von der finanziellen Unterstützung ausgeschlossen werden müssten wie solche, „deren Eltern, Anverwandte oder Vormünder das Schulgeld aus eigenen Mitteln aufzubringen vermögend sind“.1873 Eltern, die Anspruch auf eine Unterstützung durch die Gemeinden hätten, dürfte „auf keinen Fall eine Unterstützung aus den Schulkaßen [der Bergverwaltung – H.K.] zukommen …“, zitierte von Schirnding das Schulreskript vom 13. Dez. 1793.1874 Unter ausdrücklichem Hinweis auf Letzteres1875 sowie den „Entwurfs eines Regulativs für die Bergschulen“1876 formulierte der Bergkommissionsrat Vorschläge, wie die Zielstellung, aus den Schulkassen nur den „wahrhaft unvermögenden“ Eltern und Kindern den benötigten elementaren Unterricht ganz oder zumindest teilweise unentgeltlich zukommen zu lassen,1877 umgesetzt werden könnte. Danach müssten, um die tatsächlichen Vermögensverhältnisse etwaiger Bedürftiger besser kontrollieren zu können, zunächst die nachgeordneten Bergämter entsprechend angewiesen werden.1878 Eltern wären darüber hinaus unter Androhung von Strafe nach den Vorschriften des den Zivilobrigkeiten unterm 24. Juli 1769 erlassenen Mandats1879 anzuhalten, ihren Kindern Schulunterricht erteilen zu lassen. Den Knappschaftsvorstehern und all jenen, die „... das Personale der mit Schul-Unterricht zu versorgenden Kinder zu bestimmen …“ hätten, müssten zur Vermeidung „eigener Verantwortlichkeit“ zu einer entsprechenden Achtsamkeit bei der Überprüfung der Vermögensverhältnisse der Bergarbeiter angehalten werden.1880 Ungeachtet seiner Bemühungen um einen gleichrangigen Unterrichtsanspruch bedürftiger weiblicher Bergmannskinder musste sich auch der Bergkommissionsrat den finanziellen Gegebenheiten beugen. So sollten zwar alle Bedürftigen bei nachgewiesener Armut Unterricht „wenigstens in den allernöthigsten und unentbehrlichsten Grundlagen des Lesens und Christenthums ...“ erhalten, aber bei vorliegender „Concurrenz“ sei den Kindern männlichen Geschlechts Vorrang vor den Bergmannsmädchen zu geben.1881 Der Unterricht selbst müsse, wie dies das Schul-

1873 Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794 (ebd.), B. 182 f. Von Schirnding verwies dazu auf entsprechenden Passagen im Schulreskript vom 13. Dez. 1793 (wie Anm. 1056), insb. Bl. 157 b.–158, sowie auf § 4 des Entwurfs des Bergschulregulativs von Schirndings (wie Anm. 1832), hier Bl. 145 b.–146). 1874 Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794 (ebd.), Bl. 182 b. 1875 Vgl. dazu das Schulreskript vom 13. Dez. 1793 (wie Anm. 1056) Bl. 154–161, hier Bl. 158. 1876 Vgl. dazu den Entwurf des Bergschulregulativs von Schirndings (wie Anm. 1832), hier Bl. 145 b.–146. 1877 Vgl. dazu den Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794 (wie Anm. 1394), Bl. 182 b. 1878 Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794 (ebd.), Bl. 182. 1879 Generale vom 24. Juli 1769 (wie Anm. 391). 1880 Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794 (wie Anm. 1394), Bl. 183. 1881 Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794 (ebd.), Bl. 183 f.

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reskript des Landesherrn1882 vorschreiben würde, vom erreichten 5. bzw. 6. Lebensjahr „... bis zu dem mit der Admission ad Sacra1883 sich endigende(n) termino ad quem ...“ andauern.1884 Um das Oberbergamt in die Lage zu versetzen, die jährlich mit dem „Schulhauptberichte“ einzureichenden „Separtitions-Vorschläge“ mit größerer Genauigkeit erstellen zu können, fügte von Schirnding das (sicherlich von ihm selbst entworfene) Muster einer „Tabellarischen Anzeige“ für die Bergämter bei, das seiner Meinung nach alle notwendigen Angaben zur Einschätzung der Knappschaftlichen Schulanstalten in den einzelnen Bergrevieren enthielt.1885 Als Termin für das Erstellung der jährlichen Schulrechnungen durch die Bergämter schlug er das Ende des Quartals „Luciae [4. Quartal]“ – also den 31. Dezember – vor,1886 was allerdings nicht mit dem bis dahin praktiziertem Unterrichtsjahr von Ostern bis Ostern des folgenden Jahres korrespondierte. Für die zu diesem Zeitpunkt noch an die Knappschaftskassen angekoppelten „Schreibe-, Rechnen- und Zeichnen Schulen“ entwickelte von Schirnding ebenfalls ein (neues) gesondertes Abrechnungsschema.1887 In Bezug auf den im Schulregulativ vom Landesherrn angeforderten Oberbergamtsbericht über einzuleitende „Maßregeln“ zur Umsetzung der Erneuerten Schulordnung erklärte von Schirnding die Absicht, den Entwurf des Bergschulregulativs „nach erfolgter Inserirung [hier im Sinne von Inkenntnissetzung – H.K.]“ den Bergämtern herauszugeben, „wodurch größten Theils dasjenige, was zur Erhaltung der Ordnung bey dem Schulwesen erforderlich ist, erfüllet werden dürffte“.1888 Der Bergkommissionsrat unterbreitete darüber hinaus auch die folgenden Vorschläge zur Verbesserung des Knappschaftlichen Bergschulwesens, die anschließend fast alle umgesetzt wurden: 1882 In Letzterem (Bl. 156 b.–157) wird wiederum auf die Erneuerte Schulordnung von 1773 verwiesen. 1883 Im Schulreskript selbst (Bl. 146 b.) ist zum Schulende alternativ die Erreichung des 14. Lebensjahres aufgeführt, wie dies auch in der Erneuerten Schulordnung festgelegt ist. Um zum Abendmahl zugelassen zu werden, bedurfte es eines bestimmten „Glaubenswissens“, weswegen bei Schulvisitationen besonders der Stand der christlichen Erziehung kontrolliert wurde. Vgl. dazu Hanschmidt (Elementarbildung und Berufsbildung), S. 30 f. Allerdings wurden selbst um 1800 noch Kinder zum Heiligen Abendmahl zugelassen, „welche weder Lesen [konnten], noch sonst die nöthigen Begriffe davon …“ hatten. Bericht, vermutlich vom Verwalter der Bergschulkasse, Stollnobersteiger Beyer [um 1802], an von Charpentier (wie Anm. 428), hier Bl. 64. 1884 Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794 (wie Anm. 1394), Bl. 183 f. Vgl. dazu auch den Plan Höppners vom 14. Febr. (Eingang) 1802 (wie Anm. 1164), hier Bl. 57, wonach die Bergund Hüttenarbeiterkinder im Freiberger Bergrevier so lange Unterricht erhielten, „bis sie zum H[eiligen] Abendmahl sind Praepariret worden.“ 1885 Vgl. dazu den Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794 (ebd.), Anlage Bl. 189. 1886 Vgl. dazu den Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794 (ebd). Bl. 184 b. 1887 Vgl. dazu den Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794 (ebd.), Anlage (vermutl.) Bl. 190. 1888 Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794 (ebd.), Bl. 185 b.

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1) Jedes neu in die Schule aufgenommene Kind sollte in ein dazu gesondertes „Schul-Register“, welches vom jeweiligen Knappschaftsältesten1889 zu führen war, eingetragen werden, wobei neben dem Alter des Kindes auch Angaben zu den Vermögensverhältnissen der Eltern oder darüber, „... was sonst nach Vorschrifft des Regulativs die Receptionsfähigkeit erforderlich macht“,1890 sowie auch der Schulabgang des Kindes anzugeben waren; 2) die für den Unterricht der Bergmannskinder an den örtlichen Schulen – in diesem Falle den Knappschaftlichen Schulanstalten – tätigen Lehrer hatten jährlich den mit Aufsichtsaufgaben betrauten Knappschaftsältesten eine Tabelle „über die Fortschritte sämtlicher BergmannsKinder im Lernen, über ihre Sitten, und über versäumte Stunden ...“ anzufertigen;1891 3) die Verantwortung für die „Vorkehrung bey Abwartung des öffentlichen Gottesdienstes, der Catechismusprüfungen und der Confirmation des Kindes bey Admishion zum Abendmahl ...“ sollte bei den jeweiligen Bergämtern(!) liegen;1892 4) um dem Oberbergamt eine ständige Übersicht über eingetretene Verbesserungen oder noch vorhandene Mängel im Bergschulwesen zu verschaffen, wurden die Mitglieder des Oberbergamtes gehalten, „Local-Schulen und gleichsam Berg-Schul-Visitationen nach der Beschaffenheit der Umstände ...“ vor Ort durchzuführen;1893 5) unter dem ausdrücklichem Bezug auf das Schulreskript vom 13. Dez. 1793 sollten alle Bergämter durch Verordnung angewiesen werden, bei den „von Zeit zu Zeit“ vorzunehmenden Schulbesuchen „... mit den Christlichen [den Superintendenten und Pfarrern – H.K.] und den Kirchen- und Schulinspektionen, theils mit den consernirenden Obrigkeiten [den zuständigen Stadträten oder Gerichtsobrigkeiten, sowie Grundherrschaften – H.K.] über die vorschrifts1889 „Die Repraesentanten der Knappschaftsaeltesten heissen Knappschaftsvorsteher und Zechmeister, und diese haben nebst dem Knappschaftsschreiber, besonders die Administration der Knappschaftscaße und Rechnung.“ So Köhler (Anleitung zur Verfassung beim Bergbau), S. 80. Vgl. zu den Aufgaben der Knappschaftsältesten ders. (Recht und Verfassung beim Bergbau), S. 181. 1890 Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794 (wie Anm. 1394), Bl. 185 b.–186. Dies sollte vor allem dazu dienen, die Bedürftigkeit und damit den Anspruch auf eine Schulgelderstattung nach einheitlichen Kriterien bestimmen zu können. 1891 Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794 (ebd.), Bl. 186. Auch dafür fügte von Schirnding ein von ihm entworfenes Schema bei. Vgl. ebd., Anlage. 1892 Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794 (ebd.). Nach von Schirndings Meinung würde die Anwesenheit von Vertretern des Bergamtes bei den nach der Schulordnung angeordneten öffentlichen Prüfungen „... von großem Eindruck seyn“. Ebd. 1893 Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794 (ebd.), Bl. 186 b. Diese Forderung erinnert sehr stark an die durch die Superintendenten schon seit dem 16. Jahrhundert regelmäßig durchgeführten Schulvisitationen. Vgl. dazu Näheres in Abschnitt 1.2.

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und zweckmäßige Lehr-Art zu conferiren und das mangelhaffte zu verbessern zu suchen.“1894 Ohne Zweifel wollte der Bergkommissionsrat mit seinen Vorschlägen die Verantwortung der Bergverwaltung bzw. der regionalen Knappschaften für das Bergschulwesen stärken. Da die Knappschaftlichen Schulanstalten nur durch die finanzielle Unterstützung der Knappschaften sowie über die von der Bergverwaltung besorgte Beihilfe bzw. deren unmittelbare Leitungstätigkeit existieren konnten, sollten ihnen im gewissen Umfang auch ein Einfluss auf den Unterrichtsinhalt an diesen bergmännischen Bildungseinrichtungen garantiert werden. Von Schirnding sah deswegen vor allem in der Bergverwaltung, besonders jedoch im Oberbergamt nicht nur eine neben den „christlichen“ Behörden gleichberechtigt agierende Behörde, sondern betrachtete diese Schulen selbst als einen immanenten Bestandteil der Bergaufsicht. Mit seinen beiden letzten Forderungen – den Schulvisitationen und den Schulkonferenzen gemeinsam mit den Kirchen- und Schulinspektionen – berührte der Bergkommissionsrat die direkte Verantwortung der Christlichen Schulaufsichtsbehörden für das Schulwesen und beabsichtigte, im weitesten Sinne sogar in deren Kompetenz einzugreifen. Von Schirnding hoffte zugleich mit seinen gutachtlichen Vorschlägen, die im Schulreskript enthaltene „Anbefohlniß … erfüllet zu haben“.1895 Kurz vor dem erwähnten Vortrag von Schirndings war unter dessen Federführung der „Entwurf zu einem [Bergschul-]Regulativ“ für sämtliche Bergämter, jedoch „exc[lusive] Freyberg u[nd] Suhl ausgearbeitet worden,1896 der zwar weitgehend Eingang in ein an die regionalen kursächsischen Bergämter (außer Freiberg) erlassenes Patent des Oberbergamtes vom 19. März 1794 gefunden hat,1897 aber insgesamt doch etwas unausgewogen erscheint. Dasselbe beschränkte sich fast ausschließlich auf die Finanzierung der Knappschaftlichen Schulanstalten und aus ihm war kaum etwas über die innere Verfassung dieser bergmännischen Schuleinrichtungen in Erfahrung zu bringen. Dieser Regulativentwurf enthielt dabei folgende zentrale Festlegungen:1898

1894 Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794 (ebd.), Bl. 187 b. Vgl. dazu auch das Schulreskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 13. Dez. 1793 (wie Anm. 1056), hier Bl. 161. 1895 Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794 (ebd.), Bl. 188. 1896 Vgl. dazu den Entwurf des Bergschulregulativs von Schirndings (wie Anm. 1832). Der Entwurf war im Bericht des OBA vom 2. Nov. 1793 (wie Anm. 1524), hier Bl. 132 b., angekündigt worden. Er trägt das Signum (für die Zurkenntnisnahme) des Berghauptmannes B. von Heynitz. 1897 Patent des OBA vom 19. März 1794, in: BergA, OBA 2254, Bl. 222–224 b. Dieses Patent weicht allerdings in einigen Formulierungen vom erwähnten Entwurf ab. 1898 Vgl. das Nachfolgende im Entwurf des Bergschulregulativs von Schirndings (wie Anm. 1832).

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1) An den Knappschaftlichen Schulanstalten1899 sollen die Kinder Unterricht im Lesen und „in den Lehren des Christen[tums]“ erhalten (§ 1); 2) der Unterricht aller Kinder – unabhängig von ihrem Geschlecht – ist auf Kinder von Bergleuten, die „in wirklicher Bergarbeit“ stehen bzw. diejenigen beschränkt, die „temporell feyrig sind, oder wegen ihres physischen Unvermögens nicht mehr Bergarbeit treiben können u[nd] daher als invalid im Knappschafts Almosen stehen“ (§ 2); 3) die Auswahl der Bergschulkinder hat streng nach dem Prinzip tatsächlicher Bedürftigkeit zu erfolgen; im „Collissionsfalle“ ist der „Aermste“ dem „Aermern“ und sind die Knaben den Mädchen vorzuziehen (vgl. § 3); 4) Kinder vermögender oder solcher Eltern, die das Schulgeld aufbringen können, sind ganz von dieser (freien) Unterrichtsform auszuschließen (vgl. § 4); 5) gegen Eltern, die ihre Kinder nicht zum Unterricht schicken, ist nach „… Vorschrift des an die Civilobrigkeiten unterm 24ten Ju[li] 1769 erlaßenen Mandats …“ mit Maßnahmen wie „… Abzug des Schulgeldes am baaren Lohne“ sowie weiterer Strafen vorzugehen (vgl. § 4); 6) die Schulzeit der Kinder an den Knappschaftlichen Schulanstalten geht – wie auch in der Erneurten Schulordnung von 1773 festgelegt – vom 5.- bzw. 6. Lebensjahr bis zur „admissio ad sacra“ (§ 5); 7) über die Bestreitung der Schulkosten hat jedes Bergamt eine besondere Schulrechnung anzufertigen, in der auf „… die fortdauernden Einnahmen aus den Knappschaftskassen …, [und] den Landesherr[lichen] Zuschuß aus der hiesigen [Freiberger – H.K.] Oberzehntenkasse …“ einzugehen ist; die Bildung barer Kassenbestände, d. h. nicht ausgegebener Schulgelder soll möglichst vermieden werden (§ 6); 8) In die Schulkassen sind „exc[lusiv] des Landesherr[lichen] Zuschusses“ soviel Einnahmen wie nur möglich, zu leiten (§ 7); 9) Jährlich bis Anfang April haben die Bergämter beim Oberbergamt „von dem Erfolge dieser Schulanstalten mit Beyfügung der zeitherigen Tabelle …“ zu berichten (§ 8).1900 Das erwähnte Oberbergamtspatent vom 19. März 1794 enthielt in seiner Präambel eine Bestimmung, wonach die Berichterstattung der Bergämter ab sofort so eingerichtet werden sollte, dass „die Zeichnen- Schreibe- und Rechnen-Schulen ... von der allgemeinen Berg-Schul-Anstalt [den Knappschaftlichen Schulanstalten –

1899 Der Entwurf bezieht sich nur auf die Knappschaftlichen Schulanstalten des oberen Erzgebirges, die von Voigtsberg und die des Neustädtischen Kreises. 1900 Hierin sind die von Schirnding eingereichten Verbesserungsvorschläge nicht umgesetzt worden.

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H.K.] abzusondern“ seien.1901 Für die künftigen Jahresberichte der Bergämter wurden überarbeitete „Schematibus“ [tabellarische Vorlagen nach vorgegebenem Schema – H.K.] beigefügt.1902 Nur einen Monat nach Verabschiedung dieses Patents konnte das Oberbergamt dem Landesherrn in einem kurzen Bericht die „mit gutem Erfolg“ fortgeführte Entwicklung der „Erziehungs- und Unterrichtsanstalten“ in sämtlichen Bergrevieren vermelden.1903 So seien im zu Ende gegangenen Schuljahr (von Ostern 1793 bis Ostern 1794)1904 durch gewerkschaftliche1905 bzw. knappschaftliche Beiträge „... und hauptsächlich durch die ... gnädigst verwilligten 600 [Tale]r landesherrliche(r) Beihilfe zusammen 634 Kinder, männlichen und weiblichen Geschlechts“, im Christentum bzw. Lesen unterrichtet worden, darunter auch einige Bergmannsknaben im Schreiben, Rechnen und Zeichnen, doch solle letzterer Unterricht nach dem Schulreskript vom 13. Dez. 1793 zukünftig(!) „ganz separiert, und als ein Annexum der hiesigen Bergakademie behandelt werden“.1906 Damit zeigte das Oberbergamt einerseits an, dass die vom Landesherrn gewollte Abtrennung der SRZ-Schulen bis dahin noch nicht umgesetzt worden war;1907 andererseits verdeutlichte der Bericht, in welcher Abhängigkeit von der finanziellen Beihilfe aus der Freiberger Oberzehntenkasse sich der bergmännische Unterricht im oberen Erzgebirge sowie im Voigtsberger bzw. Neustädter Bergrevier befand. Die Anzahl der in diesen Bergrevieren mit elementarem Unterricht versorgten Kinder war zwar faktisch genauso hoch wie die im Freiberger Bergrevier,1908 umfasste allerdings nur im Ausnahmefall auch Schreiben und Rechnen, war also weniger umfangreich als der mit Gewerkengeldern im Freiberger Bergrevier finanzierte Unterricht. An den separat ausgewiesenen obererzgebirgischen SRZ-Schulen und der von Großkamsdorf hatten im gleichen Schuljahr (1794) insgesamt 54 „Scholaren“ den erweiterten Schreib-, Rechen- und Zeichenunterricht erhalten.1909 1901 1902 1903 1904 1905

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1909

Patent des OBA vom 19. März 1794 (wie Anm. 1897), hier Bl. 222. Vgl. dazu das Patent des OBA vom 19. März 1794 (ebd.), Bl. 225–228. Bericht des OBA vom 20. Apr. 1794 (wie Anm. 1155), hier Bl. 86. Der 20. April 1794 war der Ostersonntag, mit dem das neue Schuljahr 1794/95 begann. Im Obererzgebirge stellten lediglich die Altenberger sowie Johanngeorgenstädter Gewerkschaften Zuschüsse für die Schulkassen zur Verfügung – vgl. dazu die tabellarischen Übersichten (wie Anm. 1530), hier die „Oekonomische Übersicht“ Bl. 119 f. Bericht des OBA vom 20. Apr. 1794 (wie Anm. 1155), Bl. 86 b.–87. Hervorhebung d.d.A. Dies hätte vermutlich auch einen zu großen organisatorischen und finanziellen Eingriff in das laufende Schuljahr bedeutet. Die Zahl der mit elementarem Unterricht im Freiberger Bergrevier versorgten Bergmannskinder lag 1794 bei etwa 630. Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 20. Apr. 1794 (wie Anm. 1155), hier Bl. 86 f. Vgl. dazu den Bericht des Oberbergamtes vom 14. Juni 1794 (wie Anm. 1586), hier die durch von Schirnding beigefügte Tabelle über die „Zeichnen-Rechnen- und Schreibe-Schulen ... 1793/1794“, Bl. 105. Von Schirnding hatte seinen gutachtlichen Bericht über notwendige

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Am 18. Juli 1794 verabschiedete der Landesherr dann ein weiteres, sehr umfangreiches Reskript mit besonderem Bezug auf das Bergschulwesen. Aus diesem Befehl, in welchem auf die vorausgegangene Berichterstattung des Oberbergamtes eingegangen wird,1910 lassen sich der Stand der Entwicklung des gesamten Bergschulwesens sowie die Notwendigkeit weiterer Reformschritte erkennen. Der Kurfürst forderte darin das Oberbergamt auf, die Bergämter gemeinsam mit den Knappschaftsvorstehern jährlich Überlegungen „wegen des ungefähren Schulbedürfnisses“ anstellen zu lassen.1911 Hauptziel des knappschaftlichen Bergschulsystems bestehe seiner Auffassung nach darin, „das es keinem der armen Bergmannskinder … an dem Unterrichte im Christenthum[!] ermangeln möge ...“1912 Der Landesherr war offensichtlich mit dem Stand des Ausbaus des knappschaftlichen Unterrichtssystems unzufrieden. Unverkennbar richtete sich seine Kritik vor allem gegen das Freiberger Bergamt, innerhalb dessen Verantwortungsbereich zwar eine für andere Bergreviere beispielhafte, weiterführende fachliche Ausbildung einer begrenzten Anzahl fähiger anfahrender junger Bergleute existierte, zugleich aber nur den wenigsten Bergmannskindern weiblichen Geschlechts ein elementarer Schulunterricht geboten wurde. Der Landesherr ließ deshalb auf die eigentliche Zweckbestimmung sämtlicher Bergschulanstalten, nämlich die Unterrichtsversorgung „für alle … Kinder der Berg- und Hüttenleute“ hinweisen.1913 Ganz sicher wollte er in den einzelnen Bergrevieren eine vergleichbare Auswahl von bedürftigen Bergmannskindern für den Schulunterricht erreichen. Nach Auffassung des Kurfürsten sei aber eine solche Versorgung sämtlicher Kinder, ungeachtet ihres Geschlechts, nur zu erreichen, „... wenn die bey den verschiedenen SchulFonds vorhandenen Einnahmen gleichsam etatsmäßig bestimmt und die Ausgaben durch genaue und fortgesetzte Beobachtung der vorgeschriebenen Grundsätze, vornehmlich bey der Auswahl der Schulkinder von einem Jahre zum andern gleichförmiger gemacht“ würden.1914

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1913 1914

Verbesserungen der Bergakademie bereits am 2. Mai 1794 eingereicht. Vgl. dazu Anm. 469. Der Bergkommissionsrat war es auch, der sich in dieser Zeit neben dem Berghauptmann vor allem mit Fragen des bergmännischen Bildungswesens befasste. Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 18. Juli 1794 (wie Anm. 1184). Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 18. Juli 1794 (ebd.), Bl. 106 b. Um den wirklichen Schulbedarf, v. a. aber den Geldbedarf zu ermitteln, bedurfte es der Mitarbeit der Knappschaftsvorsteher, die allein den Überblick über die Bedürftigkeit der Bergleute und deren Familien besaßen. Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 18. Juli 1794 (ebd.). Die Hervorhebung des Unterrichts im Christentum stand im Einklang mit dem Inhalt der Erneuerten Schulordnung und entsprach auch den grundlegenden Ansichten der in Kursachsen in verantwortungsvoller Position tätigen Pietisten, wie dies in den Abschnitten 6.1. bzw. 6.3. dargelegt werden soll. Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 18. Juli 1794 (ebd.), Bl. 111. Hervorhebungen d.d.A. Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 18. Juli 1794 (ebd.), Bl. 106 b.

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Das hieß nichts anderes, als dass der Landesherr vom Oberbergamt zukünftig eine noch bessere Planung und auch Kontrolle des Einsatzes der für die Unterrichtsversorgung erforderlichen Geldmittel innerhalb sämtlicher Bergreviere erwartete. Der Kurfürst befahl dem Oberbergamt zu überprüfen, ob nicht zur Verbesserung der Einnahmen für das bergmännische Schulwesen in allen Bergrevieren „eine gleichmäßige Anzahl von Knappschaftsschichten verfahren …“ werden könnte.1915 In den sogenannten Betschichten der Bergleute schien der Landesherr, wie vorher schon von Schirnding,1916 eine wirksame Einrichtung zur Gewinnung zusätzlicher Geldbeträge für das Bergschulwesen und damit zur Verbesserung der Unterrichtsversorgung zu sehen.1917 Das Oberbergamt sollte darüber hinaus auch dafür Sorge tragen, dass für das gesamte Bergschulwesen ein einheitlicher Plan erarbeitet sowie “nach und nach ein eignes Regulativ zu Stande gebracht werde”,1918 Ausdruck dafür, dass dem Landesherrn das kurz zuvor durch von Schirnding erarbeitete Bergschulregulativ noch nicht vorgelegen haben kann. Im Hinblick auf die von den Bergknappschaften “mit benutzten“ Stadt- und Dorfschulen sowie die im Rahmen der Schulaufsicht von den Bergämtern eventuell festgestellten „Schulgebrechen“ verwies der Landesherr nochmals ausdrücklich auf die Einhaltung der Erneuerten Schulordnung von 1773.1919 Eine in diesem Rahmen mit den „competirenden“ Behörden, d. h. vor allem mit den Superintendenten bzw. den örtlich zuständigen Pfarrern zu pflegende Zusammenarbeit könne „in keinem Falle bedenklich seyn ...“1920 In Anlehnung an vorausgegangene Vorschläge des Bergkommissionsrates von Schirnding zur strikteren Durchsetzung eines regelmäßigen Schulbesuchs1921 betonte der Kurfürst das Recht der Bergämter, das Schulgeld vom Lohn derjenigen Eltern einzubehalten, „... welche ihre Kinder vernachlässigen und nicht ordentlich zur Schule halten ...“ würden.1922 Allerdings

1915 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 18. Juli 1794 (ebd.), Bl. 107 b. 1916 Von Schirnding hatte in den Betschichten - neben der finanziellen Stärkung der Schulkassen – vor allem ein Instrument der Stärkung des Glaubens gesehen. Vgl. dazu dessen Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794 (wie Anm. 1394), hier Bl. 172 f. 1917 Vgl. hierzu auch das spätere Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 1. Mai 1795 (wie Anm. 1533), hier Bl. 152 b.–153, in welchem die bei Kontrollen festgestellte unterschiedliche Verfahrensweise bei der Durchführung von Knappschaftsschichten ausdrücklich kritisiert wurde. 1918 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 18. Juli 1794 (wie Anm. 1184), Bl. 112 b. 1919 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 18. Juli 1794 (ebd.), hier Bl. 112 b. 1920 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 18. Juli 1794 Ebd., Bl. 112 b–113 b. Der Kurfürst wollte offensichtlich Konflikte zwischen den kirchlichen- und den Bergverwaltungseinrichtungen von vornherein vermeiden. 1921 Vgl. dazu den Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794 (wie Anm. 1394), hier Bl. 183. 1922 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 18. Juli 1794 (wie Anm. 1184), hier Bl. 113 b. Zumindest ist hier im Ansatz der Versuch erkennbar, den Schulbesuch als Pflicht zu begreifen und bei Verletzungen den erziehungsberechtigten Eltern ggf. Geldbußen aufzuerlegen.

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schränkte der Kurfürst dies dahingehend selbst ein, indem er forderte, vor Einleitung solcher etwaiger Maßnahmen die „Civilobrigkeiten“ in Kenntnis zu setzen.1923 Hinsichtlich der jährlich zu erstattenden Rechnungslegung über die SRZSchulen überließ es der Landesherr im Prinzip dem Oberbergamt, in welcher Form eine solche erfolgen würde,1924 forderte aber, dass ein gesonderter Extrakt über alle Zeichen- und Rechenschulen, einschließlich der Goldberg’schen Einrichtung, dem jährlichen bergakademischen Hauptbericht beizufügen sei.1925 Auf den in diesem Reskript des Landesherrn über das Oberbergamt an die regionalen Bergämter gerichteten Auftrag, über die Gründe des z. T. unterschiedlich hoch ausfallenden Schulgeldes zu berichten,1926 verwiesen Letztere in der Regel auf die Jahre zuvor mit den Lehrern geschlossenen Kontrakte. Danach war die Schulgeldhöhe vor allem abhängig davon, ob der von den Lehrkräften gebotene Unterricht nur Lesen und Christentum „oder auch die Anfangsgründe im Schreiben u[nd]Rechnen begreife(n)“ würde.1927 Das Bergamt Johanngeorgenstadt berichtete in diesem Zusammenhang von „verschiednen Gewohnheiten“, den mit den örtlichen Lehrern geschlossen (unterschiedlichen) „Accorden“, sowie das vereinbarte System ihrer Vergütung, wonach die Lehrkräfte teils „ohne Rücksicht auf die Vermehrung oder Verminderung der Schulkinder, bald nach (dem) Verhältniß der Anzahl derselben bezahlt werden“ würden.1928 Die beiden erwähnten kurfürstlichen Befehle – das Schulreskript vom 13. Dezember 1793 und das Reskript 14. Juli 1794 – besaßen für die weitere Entwicklung des kursächsischen Bergschulwesens wesentliche Bedeutung. Ungeachtet jedoch der darin gemachten sehr deutlichen Vorgaben des Landesherrn sollte bis zu greifbaren organisatorisch-strukturellen sowie finanztechnischen Veränderungen noch eine geraume Zeit vergehen.1929 1923 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 18. Juli 1794 (ebd.). Das Bergamt Altenberg wird später diese Art der „Communication“ mit der örtlichen Zivilobrigkeit bestätigen. Vgl. dazu den Bericht des BA Altbg. vom 10. Febr. 1801 (wie Anm. 663), hier Bl. 147 f. 1924 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 18. Juli 1794 (ebd.), Bl. 112. 1925 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 18. Juli 1794 (ebd.), Bl. 112 f. Dies ist ein erneutes Indiz dafür, dass für den Kurfürsten die ZR- und SRZ-Schulen in einer besonderen Verbindung zur Bergakademie standen. 1926 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 18. Juli 1794 (ebd.), Bl. 107 b. 1927 Zusammenfassender Bericht des OBA vom 11. Febr. 1795 (wie Anm. 1354), hier Bl. 127 b. Dies bestätigt noch einmal den in den Bergrevieren angebotenen unterschiedlichen Unterrichtsumfang. 1928 Bericht des BA Jhgstdt. vom 30. Jan. 1795 (wie Anm. 1722), hier Bl. 69 b.; vgl. dazu auch den Bericht des OBA vom 11. Febr. 1795 (wie Anm. 1354), hier Bl. 127 b. 1929 Die Verzögerung bei der Umsetzung der kurfürstlichen Befehle hing auch mit der vom Landesherrn selbst zeitgleich eingeforderten Berichterstattung über notwendige Verbesserungen an der Bergakademie und den dabei aufgetretenen Fristüberziehungen zusammen. Vgl. Näheres dazu im Abschnitt 4.2.

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Zunächst unterbreitete Bergkommissionsrat von Schirnding entsprechend der kurfürstlichen Forderung am 16. September 1794 einen gemeinsam mit dem Freiberger Knappschaftsschreiber Carl Friedrich Fischer vorbereiteten „Entwurf eines Schematis zu der Knappschaftlichen Berg-Schul-Rechnung“, welcher den zukünftigen jährlichen Rechnungen über die Einnahmen und Ausgaben der Bergschulanstalten zugrunde gelegt werden sollte. Dabei bemühten sich die Verfasser um ein für die Bergämter vereinfachtes Abrechnungsverfahren, welches zugleich den kurfürstlichen Vorgaben im Befehl vom 18. Juli 1794 gerecht werden sollte.1930 In einem weiteren Vortrag (vom 3. Okt. 1794) machte von Schirnding – sicherlich in Umsetzung der schon im Schulreskript aufgemachten Forderung des Landesherrn –1931 den Vorschlag, die Bergrevierskassen von Geyer und Ehrenfriedersdorf genauso wie die von Annaberg, Scheibenberg und Oberwiesenthal zu je einer Schulkasse zu vereinigen.1932 Am 20. Dezember 1794 ging der Berghauptmann Benno von Heynitz in einem eigenen vor dem Oberbergamt gehaltenen Vortrag auf die historische Entwicklung des Bergschulwesens ein und verteidigte die Maßnahmen, die die Bergbehörde unter seiner Führung zur Entwicklung des bergmännischen Bildungswesens insgesamt bis dahin eingeleitet hatte.1933 Bezugnehmend auf die Forderung des Landesherrn, den Unterricht von Bergmannskindern beiderlei Geschlechts im Freiberger Bergrevier – so wie in den übrigen Bergrevieren auch – völlig zu kombinieren,1934 verwies er auf die historische Entstehung dieser Besonderheit des Freiberger Bergschulsystems und begründete die Notwendigkeit, zuvor vom Freiberger Stadtrat und sämtlichen Schichtmeistern erst noch die Zustimmung zu einer solchen Veränderung des ursprünglich vereinbarten Unterstützungsregimes einzuholen.1935 Die Begründung des Berghauptmannes belegt, dass dieser wegen der bereits im Jahre 1778 mit den Freiberger Gewerken getroffenen Abreden ganz offensichtlich gegen eine solche Zusammenlegung der bergmännischen Schuleinrichtungen war. In diesem Zusammenhang kündigte er auch die (allerdings nicht umgesetzte) Nie1930 Vgl. dazu den Vortrag von Schirndings vom 16. Sept. 1794, in: BergA, OBA 2255, Bl. 132– 133 b. 1931 Vgl. dazu das Schulreskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 13. Dez. 1793 (wie Anm. 1056), hier Bl. 155 f. 1932 Vgl. dazu den Vortrag von Schirndings vom 3. Okt. 1794, in: BergA, OBA 2255, Bl. 147. Dies entsprach auch der Vereinigung der Bergreviere in dieser Zeit. Vgl dazu Langer (Sächsische Bergamtsreviere), S. 75, 78. 1933 Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 20. Dez. 1794 (wie Anm. 1120). 1934 Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 20. Dez. 1794 (ebd.), hier Bl. 157. 1935 Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 20. Dez. 1794 (ebd.), Bl. 157 b. Seinem Vortrag beigefügt ist die „Registratura“ der Beratung zwischen von Heynitz und dem BA Freiberg unter Teilnahme der führenden Vertreter des Bergamtes Freiberg, dem Oberbergmeister Christian Wilhelm Friedrich Schmid und dem Bergschreiber Ehrenhauß (wie Anm. 1123). Vgl. Weiteres hierzu im Abschnitt 2.3.

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derlegung seines seit 15 Jahren bestehenden „commissarischen Auftrag(s)“ zur Beaufsichtigung dieser Einrichtungen und die Überleitung einer (noch zu schaffenden) „combinierten Schulanstalt“ an das Freiberger Bergamt an.1936 Benno von Heynitz berichtete in seinem Vortrag auch über die bis dahin erfolgte Entwicklung der im Freiberger Revier herausgebildeten „Spinnanstalt der weiblichen Jugend in Brand“, die man ganz „sorgfältig“ von dem gewerkschaftlich finanzierten Bergknabenunterricht „separiert“ und nur aus den Beiträgen der Freiberger Knappschaftskasse finanziert hätte.1937 Zwischenzeitlich (seit 1793) wäre aber hier der Unterricht für Bergmannsmädchen eingestellt worden und stattdessen würden nur noch Bergmannsknaben, bevor sie auf die Gruben kämen „… in dieser nützlichen Handarbeit … unterrichte(t)“.1938 Hinsichtlich der wegen der unterschiedlich hohen Schulkosten vom Kurfürsten erhobenen Kritik in dessen Reskript vom 18. Juli 1794 verwies der Berghauptmann für das Freiberger Revier auf die hierzu getroffenen Kontrakte mit den Lehrern, die in Abhängigkeit vom Alter des Schülers und Umfang des erteilten Unterrichts je Bergmannsknaben wöchentlich sechs Pfennige, aber auch einen Groschen oder einen Groschen und sechs Pfennige an Schulgeld erhalten konnten.1939 Auf die Entwicklung der Goldberg’schen Rechen- und Zeichenschule in Freiberg ging der Berghauptmann in diesem Vortrag nicht ein. Dies zeigt erneut den besonderen Status, den Letztere innerhalb des kursächsischen Bergschulwesens besaß. Wenige Monate später, am 1. Mai 1795, erfolgte ein weiteres kurfürstliches Reskript an das Oberbergamt, in dem die vorgesehene Entwicklung der Gesamtorganisation des Bergschulwesens, dabei insbesondere die Beziehungen der SRZSchulen zur Freiberger Bergschule, aber auch zur Bergakademie abgehandelt wurden.1940 Konkreter als noch im Schulreskript vom 13. Dezember 1793 forderte der Kurfürst in diesem für die Verfassung und den Abrechnungsmodus des Bergschulwesens außerordentlich wichtigen Reskript die mittlere Bergbehörde zu Überlegungen darüber auf, „… ob nicht die außer Freiberg befindlichen Bergschulen [die obererzgebirgischen SRZ-Schulen – H.K.] der 2ten Claße der Goldbergischen und Erlerschen Schule1941 gleich zu setzen [wären], und die Lehrlinge darinn zum Unterricht in der 1sten Claße von letztern geschickt gemacht … werden könnten

1936 Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 20. Dez. 1794 (ebd.), Bl. 157 b.–158. 1937 Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 20. Dez. 1794 (ebd.), Bl. 155 b.–156. 1938 Vortrag von Heynitz’ vom 20. Dez. 1794 (ebd.), Bl. 156 f. Vgl. Näheres dazu im Unterabschnitt 2.3.2. 1939 Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 20. Dez. 1794 (ebd.), Bl. 158 f., sowie Näheres dazu im Abschnitt 5.1. 1940 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 1. Mai 1795 (wie Anm. 1533), Bl. 152–155. 1941 So lautete seit dem Eintritt Erlers der für die Freiberger Bergschule benutzte Name.

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…“1942 Der Landesherr beabsichtigte ganz offensichtlich, sämtliche obererzgebirgischen SRZ-Schulen zu Vorstufen der Goldberg-/Erler’schen Zeichen- und Rechenschule zu entwickeln und zugleich in das Beziehungsgeflecht mit der Bergakademie einzubinden. Beratungen darüber, unter welchen Umständen etwa fähige „Lehrlinge“ aus Orten, in denen keine gesonderten SRZ-Schulen bestanden, an diejenigen benachbarter Bergämter überwiesen werden könnten, setzte der Landesherr allerdings „bis zu den Hauptdeliberationen [hier im Sinne von Hauptberichterstattungen – H.K.] über die bey der Freiberger Bergacademie vorzunehmenden Verbesserungen aus …“1943 Daraus wird der unmittelbare Zusammenhang, der zwischen den einzuleitenden Reformmaßnahmen für das Bergschulwesen und denen für die Bergakademie bestand, deutlich. Ungeachtet dessen sollte jedoch das Oberbergamt zwischenzeitlich prüfen, ob man die an den obererzgebirgischen SRZSchulen ausgebildeten „Lehrlinge“ nicht alljährlich – wie in Freiberg – auf eine „schickliche“ Weise prüfen lassen könnte.1944 Die Bergämter sollten ihre Vertreter oder die jeweiligen Knappschaftsvorsteher zu diesen Prüfungen schicken, „so oft es … [deren] übrigen Dienstgeschäfte erlauben …“ würden.1945 Das bedeutete nichts anderes, als dass es der Landesherr für ganz normal ansah, wenn in den aus Mitteln der kurfürstlichen Bergverwaltung bzw. der Knappschaften oder Gewerken finanzierten Schulanstalten nicht die christliche Schulverwaltung – wie dies in Kapitel XI der Erneuerten Schulordnung geregelt war – sondern die Bergverwaltung die Prüfungsaufsicht wahrnahm. Selbst die Einsetzung eines neuen Schullehrers im Bergrevier Schneeberg berührte jetzt ganz offensichtlich die Kompetenz der Bergverwaltung.1946 Kurfürst Friedrich August forderte nun das Oberbergamt zu noch strengeren Sparmaßnamen auf und wies es an, höhere Aufwendungen für den Unterricht im Schreiben und Rechnen nur insoweit zuzulassen, als dies „der Fonds gestatte(n)“ würde.1947 Um weitere Finanzreserven für das Bergschulwesens zu erschließen, verlangte er vom Oberbergamt eine Untersuchung darüber, ob die in Schneeberg

1942 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 1. Mai 1795 (wie Anm. 1533), hier Bl. 154 b. Vgl. dazu auch den gleich lautenden Auszug in: UAF, OBA 9, Bl. 287–288, hier Bl. 287 b. 1943 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 1. Mai 1795 (ebd.), Bl. 154, bzw. ebd. (UAF, OBA 9), Bl. 287. Auf diese Festlegung verwies man auch im Protokoll der Akademischen Konferenz vom 8. Dez. 1795, in: UAF, OBA 11, Bl. 1–17 b., hier „ad. IX, b.“, Bl. 4. 1944 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 1. Mai 1795 (ebd., OBA 9), Bl. 287 b. Auf vorausgegangene Anfragen von zwei Bergämtern wegen etwa durchzuführender Prüfungen an den Bergschulen hatte der Kurfürst auf die Erneuerte Schulordnung – konkret auf Kapitel XI derselben (wie Anm. 2), Sp. 153 f. – verweisen lassen. 1945 Vgl. dazu das Reskript vom 1. Mai 1795 (wie Anm. 1533), Bl. 154. 1946 Vgl. dazu das Reskript vom 1. Mai 1795 (ebd.). 1947 Reskript vom 1. Mai 1795 (ebd.), Bl. 153 b.

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„sich vielfach nützlich erweisende Einrichtung … mit dem Klöppeln … während der Schulstunden[!] …“ auch andernorts eingeführt werden könne.1948 Ungeachtet der noch abzuwartenden Vorschläge der Funktionsträger des Oberbergamtes und der Bergakademie zu möglichen Verbesserungen der bergmännischen Ausbildung an der Bergakademie kam es in Umsetzung des kurfürstlichen Reskripts vom 1. Mai 1795 zu wichtigen organisatorischen und finanztechnischen Veränderungen hinsichtlich der Knappschaftlichen Schulanstalten bzw. SRZSchulen.1949 Schon in der oberbergamtlichen Berichterstattung an den Landesherrn vom 30. März 1796 über das Knappschaftliche Schulsystem wurden die SRZSchulen nicht mehr explizit aufgeführt.1950 Mit der vom Kurfürsten angestrebten und schließlich erfolgten Ausgliederung der SRZ-Schulen aus ihrem bis dahin existierenden Verbund mit den Knappschaftlichen Schulanstalten wurde nicht nur eine klarere Gliederung der bergmännischen Bildungsanstalten erreicht, sondern dem Landesherrn die Möglichkeit gegeben, sich einen besseren Überblick über die komplizierten Finanzierungsvorgänge des Bergschulwesens zu verschaffen und zugleich effektivere Ausgabenkontrollen durchführen zu können.1951 Durch die gleichzeitig beginnende Etablierung der SRZ-Schulen als Vorstufen der Goldberg-/ Erler’schen Zeichen- und Rechenschule –1952 und damit indirekt auch zu einer Vorbereitungsanstalt für die Freiberger Bergakademie – erreichten diese einen neuen Entwicklungsstand, der in den folgenden Jahren noch weiter ausgebaut werden sollte. Die neue Schulverfassung garantierte zugleich, dass unter der Voraussetzung eines ausreichend starken Schulfonds die fähigsten Bergmannskinder von den obererzgebirgischen SRZ-Schulen auf die Goldberg-/Erler’sche ZR-Schule in Frei-

1948 Reskript vom 1. Mai 1795 (ebd.). Hintergrund dieser Forderung des Landesherrn war vermutlich die mögliche Mitfinanzierung dieses Schultyps aus dem erzielten Arbeitserlös. Marquardt (Geschichte der Industrieschule), S. 772, hat diese Möglichkeiten für die Industrieschulen untersucht, dabei aber eine komplette Eigenfinanzierung angezweifelt. 1949 Es muss angenommen werden, dass die gutachtliche Anzeige von Schirndings vom 2. Mai 1794 (wie Anm. 469) zur Willensbildung des Kurfürsten beigetragen hatte, denn dieses Gutachten wurde, wie das der übrigen Mitglieder des Oberbergamtes und der Lehrer der Bergakademie vom Berghauptmann dem Landesherrn übersandt. Vgl. dazu das „Inserat“ von Heynitz’ vom 18. März 1795, in: UAF, OBA 10, Bl. 368–381, insb. Bl. 368. 1950 Das Oberbergamt handelte diese in einem gesonderten Bericht ab. Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 30. März 1796, in: BergA, OBA 2257, Bl. 109–120. 1951 Mit der Gründung eines „Allgemeinen Schulfonds“ durch kurfürstliches Reskript 24. Okt. 1797 (wie Anm. 646) wird dann auch die bis dahin aus dem Freiberger Oberzehnten bereitgestellte landesherrliche Beihilfe finanztechnisch neu organisiert. Vgl. Näheres dazu im Unterabschnitt 5.1.4. 1952 Tatsächlich entwickelten sich die SRZ-Schulen in den nächsten Jahren zu „Vorschulen“ der Goldberg’schen bzw. Erler’schen ZR-Schule. Vgl. Näheres dazu im Abschnitt 4.3. sowie im Kapitel 6.

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berg delegiert werden konnten. Einige ihrer Absolventen gelangten in der Folge sogar direkt auf die Bergakademie.1953

4.2. Die Reformvorschläge der Mitglieder des Oberbergamtes und der Lehrer der Bergakademie Das organisatorische System der Bergschulanstalten war sehr vielschichtig, genauso, wie die Finanzierung der Bergschuleinrichtungen in den einzelnen Bergrevieren unterschiedlich ausfiel. Da bei Weitem nicht allen bedürftigen Bergmannskindern eine angemessene elementare Schulbildung innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Bergverwaltung geboten werden konnte, es andererseits aber notwendig war, die Ausbildung von Fachkräften – vom höheren Bergbeamten bis zu den Grubensteigern – für das Bergwesen und dessen Verwaltung sicherzustellen, kam es Mitte der 90er-Jahre des 18. Jahrhunderts zu Reformschritten, die den gesamten Komplex bergmännischer Bildung in Kursachsen zum Gegenstand hatten. Von wesentlicher Bedeutung in diesem Kontext waren die auf Befehl des Kurfürsten vom 3. Januar 17941954 von den maßgeblichen Vertretern des Oberbergamtes und der Lehrerschaft der Bergakademie 1794/95 vorgelegten gutachtlichen Anzeigen zur Verbesserung der bergakademischen Ausbildung.1955 Im Frühjahr 1794 reichten Oberbergamtsmitglieder und Lehrer der Bergakademie1956 ihre Berichte und Gutachten beim Oberbergamt ein. Hauptgegenstand dieser Berichte waren Verbesserungsvorschläge für das Studium an der Bergakademie.1957 Erwartungsgemäß widmeten sich einige der Gutachter auch den konkreten bildungsbezogenen Beziehungen zwischen den Bergschuleinrichtungen und der Bergakademie, und zwar in der Regel dann, wenn es um die Erläuterung der Zugangsvoraussetzungen auf die Bergakademie ging. Als Erste erstatten die Lehrer der Bergakademie Bericht.1958 1953 Vgl. dazu Näheres im Abschnitt 4.3. 1954 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 3. Jan. 1794 (wie Anm. 1841). 1955 Diese Gutachten befinden sich in den Akten OBA 9 und OBA 10 des Universitätsarchivs Freiberg. Vom Oberbergamt brauchten lediglich der Oberbergmeister Schmid und der Oberbergamtsverwalter Taube wegen ihrer sonstigen vielen Dienstgeschäfte“ keine Gutachten einreichen. Inserat von Heynitz’ vom 18. März 1795 (wie Anm. 1949), hier Bl. 370 b. 1956 Bergkommissionsrat Abraham Gottlob Werner, der als Bergakademieinspektor zugleich „Lehrer“ der Bergakademie war, erstattete in beiden Funktionen Bericht. 1957 Die Einreichung der gutachtlichen Stellungsnahmen zog sich beinahe zwei Jahre hin. Hauptverantwortlich für die Verzögerungen war Bergakademieinspektor Werner, der sein abschließendes, sehr umfangreiches Gutachten als Bergkommissionsrat trotz Mahnungen erst am 18. März 1795 (wie Anm. 636) vorlegte. 1958 Vgl. zu den Berichten der Lehrer der Bergakademie die Akte OBA 9 des UAF.

Reformvorschläge

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Der schon alternde Bergrat Christlieb Ehregott Gellert,1959 der kurz nach Einreichung seines Berichts vom 21. Januar 1794 aus Altergründen seine Vorlesungstätigkeit beendete,1960 reichte als gutachtliche Anzeige lediglich zwei Seiten mit der Hauptaussage ein, er könne keine Mängel in seiner Ausbildung erkennen.1961 Oberbergamtssekretär Alexander Wilhelm Köhler, der schon vor seinem Gutachten in den jährlichen Unterrichtsberichten wiederholt auf die ungenügende Vorbildung der ihm zugewiesenen Akademisten hingewiesen hatte, führte dagegen solche Mängel auf und nannte als Grund dafür die ungenügende Vorbereitung seiner Zuhörer, ein „… Gebrechen … wenigstens für die neuere Zeit …“1962 Dabei behauptete er einerseits, dass sich früher mehr Kinder gehobener Stände dem Bergbau gewidmet hätten, andererseits aber die Schulen auch schlechter geworden wären.1963 Die meist wenig fundierten Aussagen Köhlers wurden durch den Bergrat von Charpentier, der ja selbst jahrelang als Professor an der Bergakademie gewirkt hatte, aber auch durch den Bergkommissionsrat von Oppel einer harschen Kritik unterzogen.1964 Auf die mögliche Funktion der Goldberg’schen Zeichen- und Rechenschule bzw. der obererzgebirgischen SRZ-Schulen als Qualifizierungsstätten für ein anschließendes bergakademisches Studium ging auch Köhler nicht ein. Mathematikprofessor Johann Friedrich Lempe, der zu Beginn seiner Kariere noch als Bergakademist besonders befähigten „Bergpurschen“ bergmännischen Fachunterricht erteilt hatte,1965 erwähnte zwar den Besuch einer Bergschule als Voraussetzung für die Zulassung auf die Bergakademie nicht ausdrücklich, gab aber in Bezug 1959 Gellert war der Bruder des aus Hainichen bei Chemnitz stammenden Fabeldichters Christian Fürchtegott Gellert. 1960 Gellert war zu diesem Zeitpunkt bereits 80(!) Jahre alt und kaum noch in der Lage, regelmäßig Vorlesungen zu halten. Deswegen war zuvor beim Landesherrn beantragt worden war, ihm einen „jungen Chemiker“ zur Seite zu stellen. Vgl. hierzu die darauf Bezug nehmende Aussage im Bericht Karl Wilhelm von Oppels vom 17. Apr. 1794, in: UAF, OBA 10, Bl. 1–12 b., hier Bl. 12. Gellert beendete im Frühjahr 1794 auch seine offizielle Vorlesungstätigkeit. Ein Jahr später, am 18. Mai 1795, verstarb er in Freiberg. Vgl. dazu Lauterbach (Bergrat Gellert), S. 132. 1961 Vgl. dazu Bericht Gellerts vom 21. Jan. 1794, in: UAF, OBA 9, Bl. 7–8. Vgl. dazu aber auch den Bericht des Bergkommissionsrates von Oppel in diesem Abschnitt. In den Berichten des Lehrers der Probierkunst, Bergwardein Andreas Heinrich Klotzsch, des der Markscheidekunst, Johann Friedrich Freiesleben, und des der Zeichenkunst, Johann Simeon Benjamin Sieghard, finden sich ebenfalls keine nennenswerten Hinweise auf die hier interessierenden Verbindungen zwischen Bergschulunterricht und Studium an der Bergakademie. Vgl. dazu die Berichte von Klotzsch, Freiesleben und Sieghard (ebd.), Bl. 11–23. 1962 Bericht Köhlers vom 16. Febr. 1794, in: UAF, OBA 9, Bl. 32–77 b., hier Bl. 36. 1963 Vgl. dazu den Bericht Köhlers vom 16. Febr. 1794 (ebd.), Bl. 36 b. 1964 Vgl. dazu den Bericht Charpentiers vom 3. Juli 1794, in: OBA 10, Bl. 39–55, insbes. Bl. 45 b.–50, sowie den Bericht von Oppels vom 17. Apr. 1794, in: ebd., Bl. 1–12 b., hier insb. Bl. 6–11. 1965 Vgl. dazu den Unterabschnitt 2.3.1.

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auf die auch von ihm erkannten teilweisen Bildungsmängel „von Seiten der Zuhörer“ an, dass solche „… durch zu wenig Vorbereitung der Ausbildung, oder [zu wenige] Fähigkeiten“ verursacht worden seien.1966 Seiner Meinung nach ließen sich diese Mängel jedoch allein dadurch beheben, indem man zukünftig nur noch solche „Subjekte“ aufnähme, „die die erforderlichen Fähigkeiten und Vorbereitungs-Kentnisse … [besäßen] und hiermit sich hinreichend legitimiert ...“ hätten.1967 Nachdem auch Bergkommissionsrat und Akademieinspektor1968 Abraham Gottlob Werner seinen ersten Bericht mit Verbesserungsvorschlägen für die Bergakademie eingereicht hatte –1969 ohne dabei auch auf das Bergschulwesen zu reflektieren –1970 machte der Berghauptmann Benno von Heynitz die Gutachten der Lehrer der Bergakademie zum Gegenstand eines Direktorialvortrages, den er am 15. März 1794 vor dem engeren Kreis der Mitglieder des Oberbergamtes, der „Berghauptmannschaft“,1971 hielt.1972 Ziel dieser Grundsatzberatung war einerseits die Vorbereitung der durch kurfürstlichen Befehl geforderte Abgabe von Individualgutachten der Oberbergamtsmitglieder zu den Berichten der bergakademischen Lehrer,1973 andererseits die gemeinschaftlich an den Landesherrn zu verfassende „Hauptdeliberation“ zu beraten.1974 1966 Bericht Lempes vom 14. Febr. 1794, in: OBA 9, Bl. 24–30 b., hier Bl. 29 b. 1967 Bericht Lempes vom 14. Febr. 1794 (ebd.), Bl. 29 b.–30. Auch wenn sich die hier geäußerte Kritik Lempes sicherlich eher auf die von ihm zum Teil festgestellten mangelnden Schulkenntnisse seiner „Hörer“ bezog, kann man diese durchaus auch als Anregung für die Installation der Bergschulen als Qualifizierungsstätte für die Bergakademie werten. 1968 Werner war im Gegensatz zu häufigen (gegenteiligen) Behauptungen in der Literatur Zeit seines Lebens nie Professor! 1969 Die Gesamtausführungen des Bergkommissionsrates Werner umfassten mehr als 350(!) Blatt, die er dem Oberbergamt in mehreren Teilgutachten vorlegte. Vgl. dazu die Berichte Werners, in: UAF, OBA 9, Bl. 78–111 bzw. Bl. 126–148, bzw. in: UAF, OBA 10, Bl. 56–367. 1970 In seiner gutachtlichen Anzeige bezog sich Werner ausdrücklich nur auf die Gegenstände seines eigenen Unterrichts; weitergehende Vorschläge beabsichtigte er in seiner Funktion als Oberbergamtsmitglied vorzutragen. Vgl. dazu insbesondere den fortgesetzten Bericht Werners vom 14. März 1794 (ebd.), Bl. 126–148, hier Bl. 138. 1971 Die sogenannte Berghauptmannschaft setzte sich aus den Oberberghauptleuten – Oberberghauptmann, Berghauptmann und Vizeberghauptmann – sowie den Bergräten zusammen. Zur Zeit der Berghauptmannschaft Benno von Heynitz’ war die Funktion des Oberberghauptmannes allerdings nicht besetzt. 1972 Direktorialvortrag von Heynitz’ vom 15. März 1794 (wie Anm. 730). Bei diesem engen Mitarbeiterkreis handelte es sich um die von Benno von Heynitz als „Räte“ bezeichneten Johann Friedrich Wilhelm von Charpentier, Ernst Friedrich Carl von Schirnding und Georg Adolph Freiherr von Gutschmid. Vgl. dazu das Teilnehmerverzeichnis des Sitzungsprotokolls des Oberbergamtes vom 14. Apr. 1794, in: UAF, OBA 253, Bl. 121. 1973 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 3. Jan. 1794 (wie Anm. 1841). Auch hieraus wird das Hierarchieverhältnis zwischen Oberbergamt und Bergakademie deutlich! 1974 Vgl. zum „Verfahren“ den Direktorialvortrag Benno von Heynitz’ vom 15. März 1794 (wie Anm. 730), hier v. a. Bl. 149 f.

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Von Heynitz nahm in seinem Vortrag interessanterweise auf eine Konzeption des praxisbezogenen Unterrichts für zukünftige Steiger und Geschworne Bezug, die er bereits zum Zeitpunkt des Beginns der Installation des Freiberger Bergschulunterrichts, nämlich 1776, ausgearbeitet hatte. In diesem für den „vormaligen Herrn Vice-Cammer Präsident(en) Lindemann“1975 bestimmten Aufsatz ging von Heynitz auf die ursprünglich geplante Entwicklung der Bergakademie, wie sie im Hauptplan von 1766 festgelegt worden war, ein.1976 Entsprechend dem kurfürstlichen Befehl forderte von Heynitz die Mitglieder des Oberbergamtes nunmehr zur baldigen Einreichung ihrer Individualgutachten auf.1977 Bergkommissionsrat Carl Wilhelm von Oppel1978, ein Sohn des früheren Oberberghauptmannes Friedrich Wilhelm von Oppel, legte seinen Bericht am 17. April 1794, Georg Adolph Freiherr von Gutschmid1979 und Ernst Friedrich Carl von Schirnding ihre Gutachten jeweils am 2. Mai 1794 und der inzwischen geadelte Johann Friedrich Wilhelm von Charpentier1980 am 3. Juli 1794 beim

1975 Bei Lindemann kann es sich nur um den Vizepräsidenten des Kammerkollegiums, der höchsten Finanzbehörde Kursachsens vor der 1782 erfolgten Installation einer zentralen Finanzverwaltung (dem Geheimen Finanzkollegium) gehandelt haben. Vgl. zu dieser Behördenreform Ruhland (Verwaltungsgeschichte Sachsens), S. 23–25. 1976 In persönlichen Randnotizen vermerkte der Berghauptmann später, ob und wie diese Pläne umgesetzt wurden. Vgl. dazu die als „Bemerkungen“ überschriebene Beilage zum genannten Direktorialvortrag vom 15. März 1794 (wie Anm. 730), hier Bl. 161–168 b. 1977 Vgl. dazu den Direktorialvortrag von Heynitz’ vom 15. März 1794 (ebd.), hier Bl. 150. Aus dem als Anlage beigefügten Vortrag vom 20. Jan. 1791(!) (wie Anm. 585) ist allerdings zu entnehmen, dass der Berghauptmann bereits drei Jahre vorher eine vergleichbare Berichterstattung aller Lehrer der Bergakademie und Oberbergamtsmitglieder ins Auge gefasst hatte. Vgl. dazu die Beilage zum Direktorialvortrag (ebd.), Bl. 156–158. 1978 Carl Wilhelm von Oppel hatte ab 1782 an der Bergakademie studiert; er verstarb 1833 als Obersteuerdirektor in Dresden. Dessen Bruder Julius Wilhelm, der zeitgleich in Freiberg studiert hatte, wurde 1793 Mitglied des Geheimen Finanzkollegiums und damit der wichtigsten Finanzbehörde Kursachsens. Er starb 1832 als Minister am Hofe Coburg-Gotha. Vgl. zu Letzterem Gretschel (Geschichte), S. 270. Beide Oppel-Brüder werden zu Beginn des Jahres 1791 als Bergkommissionsräte aufgeführt. Vgl. dazu das Protokoll der akademischen Konferenz vom 20. Jan. 1791, in: UAF, OBA 25, Bl. 175–177 b., hier Bl. 175. Vgl. zu den Oppel-Brüdern auch Schiffner (Bergstudenten I), S. 310–314. 1979 Georg Adolph Freiherr von Gutschmid wurde zunächst als BKR, seit Juni 1792 als BR beim Oberbergamt geführt. Vgl. dazu das Protokoll der Sitzung des OBA vom 16. Juni 1792, in: UAF, OBA 251, Bl. 144–146, hier Bl. 144. Er selbst war auch Absolvent der Bergakademie und hatte in der hier aufgeführten Zeit als zuständiger „Revisions-Commissario“ das Bergschulwesen in Marienberg zu inspizieren. 1980 Das originale Adelsprivileg von Charpentiers befindet sich im Wissenschaftlichen Altbestand der UBF.

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Oberbergamt vor.1981 In Bezug auf den Gegenstand des Bergschulunterrichts unterbreiteten die Oberbergamtsmitglieder die folgenden Vorschläge: Von Oppel gab in seinem Bericht unumwunden zu, er hätte während seiner gesamten Dienstzeit „… noch nie eine … Veranlassung gehabt, die akademischen Angelegenheiten zu bearbeiten und genau kennen zu lernen“,1982 weswegen es ihm auch „ohnmöglich“ fallen würde, „so tief, als es die Wichtigkeit der Sache zu erfordern scheint“, in diese einzudringen.1983 Ungeachtet dessen kam der Bergkommissionsrat zu interessanten Schlussfolgerungen über die Ursachen dafür, warum der „erwünschte Zweck“ der Bergakademie nicht immer erreicht worden wäre.1984 Von Oppel wandte sich vor allem gegen die vielfältigen kritischen Bemerkungen des Lehrers für Bergrecht und Bergverfassung, Köhler, die ihm ganz offensichtlich zu kleinlich und oberflächlich waren. Speziell auf die Goldberg- bzw. Erler’sche Schule und die von Köhler kritisierte mangelhafte schulische Vorbereitung der Bergakademisten auf ihr Studium bezugnehmend verwies der Bergkommissionsrat darauf, dass diese beiden Einrichtungen schließlich dazu da wären, „… neben deren übrigen heilsamen Zwecken …“ solchen Mängeln abzuhelfen.1985 Von Oppel erkannte unzweifelhaft die wichtige Rolle, die die Freiberger Zeichen- und Rechenschulen für die Vorbereitung auf ein Studium an der Bergakademie besaßen. Den von Köhler praktizierten Unterricht im deutschen Stil dagegen hielt von Oppel nicht dem „Plan und Zweck“ der Bergakademie entsprechend, weshalb ein solcher eher zur Erler’schen bzw. Goldberg’schen Schule oder an die Freiberger Stadtschule verwiesen werden sollte.1986 Zum endgültigen Ausbildungszweck der Bergakademie formulierte der Bergkommissionsrat:

1981 Vgl. die erwähnten Gutachten in: UAF, OBA 10, Bl. 1–12 b.; Bl. 13–22; Bl. 23–38 und Bl. 39–55. 1982 Von Heynitz hatte für den jüngeren von Oppel die Wahrnehmung der Spezialaufsicht über die Grubenbaue in den Bergämtern Johanngeorgenstadt, Eibenstock, Voigtsberg, den Neustädtischen Kreis sowie „im Hennebergischen“ vorgesehen. Vgl. dazu die Niederschrift von Heynitz’ zu „von Oppel junior“[o.D.], in: BergA, OBA 3423, o.Bl. 1983 Bericht Oppels vom 17. Apr. 1794 (wie Anm. 1980), Bl. 1–12 b., hier Bl. 1 f. Ob hier von Oppel bewusst „tief stapelte“, mag dahin gestellt bleiben, jedenfalls erhält er kurze Zeit später gemeinsam mit dem Berghauptmann den Auftrag, Instruktionen für alle bergakademischen Lehrer auszuarbeiten. Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 5. Febr. 1796, in: UAF, OBA 11, Bl. 84–91, hier Bl. 86. 1984 Vgl. dazu den Bericht Oppels vom 17. Apr. 1794 (ebd)., insb. Bl. 1 f. 1985 Bericht Oppels vom 17. Apr. 1794 (ebd.), Bl. 7 b. 1986 Bericht Oppels vom 17. Apr. 1794 (ebd.), Bl. 8. Von Oppel konnte seien Auffassung allerdings nicht durchsetzen, den Köhler hielt auch Jahre später noch Vorlesungen über den „allgemeinen Styl“. Vgl. dazu Köhlers Bericht vom 12. Apr. 1801, in: UAF, OBA 260, Bl. 30–36, hier Bl. 30.

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„Es soll hier derjenigen Ausbildung, die jeder als gesitteter Weltbürger[!] nothwendig haben muß, blos diejenige hinzugefügt werden, die [für] ihn als Berg- und Hüttenmann nothwendig ist.“1987

Hinsichtlich der Notwendigkeit der von Köhler geforderten „schärfere(n) Examina und Prüfungen“ unterschied von Oppel zwischen Absolventen der Bergakademie, die später auch Jura auf Universitäten studieren wollten – also eher eine höhere Bergbeamtentätigkeit anstrebten – und denjenigen, die nach ihrem Studium eine mehr praxisbezogene Tätigkeit z. B. als Geschworne oder Hüttenmeister zu ergreifen beabsichtigten. Nur für die Erstgenannten wären nach Oppel eine wissenschaftliche Ausbildung sowie vollständigere Schulkenntnisse erforderlich.1988 Auch Bergrat Georg Adolph Freiherr von Gutschmid erklärte eingangs seines Berichts, dass er, „wie (er) mit Dank[!] erkenne, nie Arbeiten oder Vorträge … zugeteilt erhalten“ hätte, die Gegenstände der Bergakademie beträfen.1989 Die von ihm vorgeschlagenen „… Verbesserungen der innern Einrichtung …“ unterteilte er einerseits in solche, die jedes Mal einen „neuen Geldaufwand“ erfordern würden und solche, die ohne solche zusätzlichen Geldmittel umgesetzt werden könnten. Dabei sah sich von Gutschmid jedoch nicht zu einer fundierten Kritik an der Verfassung der Bergakademie in der Lage.1990 In Bezug auf das Bergschulwesen, das er nicht direkt zur „Fundamental Einrichtung“ der Bergakademie, sondern zu den außerhalb dieser „zu suchenden Verbesserungen“ rechnete, sah der Bergrat es als nützlich an, wenn „eine nicht zu frühzeitige, nicht zu häufig zu bewerkstelligende Uibernahme der Erlerschen Schüler“ auf die Bergakademie erfolgen würde.1991 Die Forderung von Gutschmids, die Annahme „von der Natur in Rücksicht des Genies verwahrloster oder sehr gebrechlicher[!] Personen“ an die Bergakademie zu verweigern,1992 klingt aus heutiger Sicht eher diskriminierend, sollte sicherlich aber nichts anderes zum Ausdruck bringen, als dass geistig den Anforderungen nicht 1987 Bericht Oppels vom 17. Apr. 1794 (ebd.), Bl. 8 f. 1988 Vgl. dazu den Bericht Oppels vom 17. Apr. 1794 (ebd.), Bl. 8. 1989 Bericht von Gutschmids vom 2. Mai 1794 (wie Anm. 553), hier Bl. 15. Allerdings galt das nicht immer, denn wenig später sollte von Gutschmid, wie weiter vorn schon erwähnt, in Marienberg Entscheidungen über den Fortgang der dortigen SRZ-Schule treffen. 1990 Bericht von Gutschmids vom 2. Mai 1794 (ebd.). Im Gegensatz zum Gutachten zum Beispiel von Oppels bzw. von Schirndings war von Gutschmids Stellungnahme in einer sehr schwülstigen Form verfasst; man kann aus ihr seine zu geringe Fachkenntnis auf diesem Gebiet ablesen. Gerade aber von Gutschmid würde der Berghauptmann später mehr Fachwissen zugestehen, als z. B. von Schirnding – vgl. dazu insbes. die Akte BergA, OBA 3425 (o.Bl.). 1991 Bericht von Gutschmids vom 2. Mai 1794 (ebd.), Bl. 18. Obwohl von Gutschmid nur die Erler’sche Zeichenschule erwähnte, bestand zeitgleich auch noch die Goldberg’sche Zeichenund Rechenschule, wie der Bericht des vermutlich besser informierten Bergkommissionsrates von Schirnding belegt. Vgl. dazu den Bericht von Schirndings in diesem Abschnitt weiter unten. 1992 Bericht von Gutschmids vom 2. Mai 1794 (ebd.), Bl. 17 b.

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gewachsene Bewerber bzw. körperlich für eine bergmännische Tätigkeit untaugliche Personen nach von Gutschmids Auffassung für ein bergakademisches Studium ungeeignet wären. Damit bestätigte der Bergrat vermutlich nur die bis dahin übliche Praxis der Delegierung von Bergschülern auf die Bergakademie. Die verbindlichsten und sicherlich auch durchdachtesten Aussagen zur bisherigen Entwicklung der Bergakademie und zu den notwendigerweise umzusetzenden Verbesserungen, aber auch zur Stellung der Goldberg’schen bzw. Erler’schen Zeichen- und Rechenschule innerhalb des kursächsischen Bergbildungswesens traf Bergkommissionsrat Ernst Friedrich Carl von Schirnding.1993 Dessen Darstellung der Ursachen festgestellter Mängel bei der bergakademischen Ausbildung1994 ist klar und frei von jeglicher Polemik.1995 In seiner Analyse des verfassungsmäßigen Istzustandes der Bergakademie ging von Schirnding von der speziellen Zweckbestimmung der bergakademischen Ausbildung aus und verglich die erreichten Ergebnisse mit den im Hauptplan von 1766 ursprünglich festgelegten Zielstellungen. Dabei verschloss sich der Bergkommissionsrat auch nicht dem Fortschritt in der Wissenschaftsentwicklung – wie dieser in der Zwischenzeit z. B. innerhalb der Chemie erkennbar war – und wies auf die Notwendigkeit der Übernahme entsprechender wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Ausbildungspraxis der Bergakademie hin.1996 Nach den von ihm in acht Punkten zusammengefassten Schlussfolgerungen über weitere mögliche Verbesserungen der bergakademischen Ausbildung, einschließlich deren materieller und finanzieller Ausstattung, widmete sich von Schirnding in einem gesonderten Punkt

1993 Von Schirnding war viele Jahre seiner Dienstzeit beim Oberbergamt in Freiberg mit der Wahrnehmung der Aufsicht über die Bergakademie bzw. das Bergschulwesen betraut. Die Aufgaben als Bergkommissionsrat, die er zum Zeitpunkt der Abgabe seines Gutachtens erledigte, muss er bis kurz vor seinem Tode erfüllt haben, denn er nahm als solcher noch am 18. Mai 1814 an einer Beratung im Oberbergamt teil. Vgl. dazu das Protokoll der Sitzung des OBA vom 18. Mai 1814, in: UAF, OBA 273, Bl. 22 f., hier Bl. 22. Obwohl in der Hierarchie der Bergbeamten hinter den Bergräten einzuordnend, erscheint er in den Akademischen Protokollen des Oberbergamtes stets vor Bergrat von Gutschmid, was darauf zurückzuführen sein dürfte, dass von Schirnding etwa seit Mitte der 90er-Jahre des 18. Jahrhunderts auch noch den Rang eines Kammerjunkers besaß, wodurch eine besondere Nähe zum kurfürstlichen Hofe angenommen werden darf. Vgl. dazu v. a. die Akademischen Protokolle in: UAF, OBA 26. 1994 Auf Einzelheitern seiner Analyse der Mängel in der akademischen Ausbildung kann im Rahmen dieser Untersuchung allerdings nicht eingegangen werden. 1995 Faktisch im Gegensatz dazu steht die Einschätzung von Heynitz’, dass sowohl von Schirnding als auch dessen Vorgänger (von Ferber) für die Beaufsichtigung des praktischen Bergwesens nicht geeignet wären. Vgl. dazu die Einschätzung von Heynitz’ über von Schirnding, in: BergA, OBA 3425 (o.Bl.). 1996 Vgl. dazu den Bericht von Schirndings vom 2. Mai 1794 (wie Anm. 469), hier insbes. Bl. 25 b.–26 b.

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der Entwicklung der Goldberg’schen Schule.1997 Das Hauptverdienst dieser Einrichtung lag seiner Meinung nach in dem Beitrag, den diese durch die „zu Steigern und derg[leichen] gezogenen Subjekte, theils mittelbar durch die allmähliche Vorbereitung der Schüler zu dem höhern Genusse der auf der eigentlichen BergAkademie vorgetragen werdenden Lehren geleistet ...“ habe.1998

Von Schirnding hielt es daher für erforderlich, „diese Schule kräftig zu unterstützen, und zwar umso mehr(,) da sie jetzt durch die Aequisition [Anstellung – H.K.] des Schichtmeister Erlers als zweyten Lehrer den Zweck … doppelt erreicht, einmal als Pflanzschule tüchtiger Steiger u[nd] derg[leichen] und zweitens als Praeparatorium für die Akademie, aus welcher nachher Officianten und Beamte zum Dienste gebildet werden sollen.“1999

Von Schirnding brachte damit den Hauptzweck der Freiberger Berg- oder Zeichenschulen überhaupt und deren angestrebte Einbindung in die Bergakademie auf den Punkt.2000 Klarer und präziser hatte dies bis dahin keiner der Mitglieder des Oberbergamtes bzw. der akademischen Lehrer formuliert.2001 Sich auf das Schulreskript Kurfürst Friedrich Augusts vom Dezember 1793 berufend, bezeichnete er die „Goldberg-Erlersche Schule … als ein Annexum des akademischen Instituts …“2002 Zu der im gleichen Reskript vom Landesherrn geforderten Ausgliederung der finanziellen Aufwendungen für die obererzgebirgischen SRZ-Schulen aus den Knappschaftskassen und Zuweisung der entsprechenden Beträge zu „… den für die Knappschaftlichen SchulAnstalten bestimmten Fondss …[die im Entstehen 1997 Nur eineinhalb Monate vorher hatte sich von Schirnding in einem ausführlichen Vortrag vor dem Oberbergamt mit der weiteren Entwicklung des gesamten Bergschulwesens einschließlich der dafür notwendigen strukturell-organisatorischen- sowie Finanzierungsfragen beschäftigt. Vgl. dazu den Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794 (wie Anm. 1394); vgl. dazu Näheres in diesem Abschnitt. 1998 Bericht Schirndings vom 2. Mai 1794 (wie Anm. 469), Bl. 37 b.–38. 1999 Bericht Schirndings vom 2. Mai 1794 (ebd.). Den Begriff „Pflanzschule“ hatte schon Johann August Schlettwein 1763 in einem Gutachten an den Markgrafen von Baden-Durlach über die Etablierung von Handwerksschulen benutzt. Vgl. dazu Hasfeld (Berufsausbildung in Baden), S. 118. Kursiver Text im Original unterstrichen! 2000 Von Schirndings Überlegungen deckten sich hierbei ganz offensichtlich mit den Intentionen des Landesherrn, der bereits im Schulreskript vom 13. Dez. 1793 auf die Goldberg’sche ZRSchule und deren enge Anbindung an die Bergakademie hingewiesen hatte. Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 13. Dez. 1793 (wie Anm. 1056), hier Bl. 157. 2001 Die ein Jahr später durch Abraham Gottlob Werner vorgebrachten Vorschläge scheinen somit auf den Gedanken von Schirndings zu beruhen. Vgl. dazu Näheres in diesem Abschnitt weiter unten. 2002 Bericht von Schirndings vom 2. Mai 1794 (wie Anm. 469), Bl. 38. Hervorhebungen vgl. Anm. 1999.

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begriffenen gesonderten Schulkassen – H.K.]“ bemerkte der Bergkommissionsrat, dass eine Erwägung des Oberbergamtes darüber noch ausstehen würde. Aber auch die Entscheidung darüber müsse seiner Meinung nach „… auf das ganze Bedürfnis der Akademischen Anstalt … Bezug haben …“2003 Von Schirnding betrachtete die zu diesem Zeitpunkt existierenden Bergschulen und die Freiberger Bergakademie zweifelsohne als einen aufeinander bezogenen Komplex, weswegen bei der Finanzierung der Bergschulen auf das besondere Interesse der Bergakademie Rücksicht genommen werden müsste.2004 In der am 18. März 1795 (also fast ein Jahr später als die übrigen Oberbergamtsmitglieder) eingereichten gutachtlichen Anzeige, die Abraham Gottlob Werner als Mitglied des Oberbergamtes erstellte, widmete derselbe sich diesmal auch Fragen der Organisation des Bergschulunterrichts sowie der möglichen Einbindung der Freiberger ZR-Schule bzw. der obererzgebirgischen SRZ-Schulen in die bergakademische Ausbildung. Über den Zweck dieser Schulen formulierte der Bergkommissionsrat: „Die sowohl in der Freiberger, als auch in den andern Bergamts-Refieren errichteten Berg-Schulen und besonders die Zeichen-Schulen (welche zwar eigentlich zur nothwendigsten wissenschaftlichen Bildung der jungen hoffnungmachenden Bergarbeiter und Steiger bestimmt sind), sind auch ein ungemein gutes und zweckmäßiges Mittel zu diesen Vorbereitungen [auf die Bergakademie – H.K.]“.2005

Die Ausbildung der Akademisten an der Bergakademie habe nach Werners Meinung den Zweck „zu guter Besezzung der verschieden Dienst-Stellen bei dem kursächsischen Bergbau“ beizutragen,2006 das Studium selbst diene der „... Erhaltung und Vermehrung der für den vortheilhaften Betrieb dieses Bergbaues (in) unumgänglich nöthigen Maße wissenschaftlicher Kentniße.“2007 Der Bergkommissionsrat unterteilte die Absolventen der Bergakademie in vier seiner Meinung nach vorhandene Klassen, die er jede für sich in ihren Charakteristiken untersuchte.2008

2003 2004 2005 2006

Bericht von Schirndings vom 2. Mai 1794 (ebd.), Bl. 38 b. Hervorhebungen vgl. Anm. 1999. Wie das Finanzierungsmodell letztlich aussah, wird im Unterabschnitt 5.1.5 ausgeführt. Bericht Werners vom 18. März 1795 (wie Anm. 636), hier Bl. 100 b.–101. Bericht Werners vom 18. März 1795 (ebd.), Bl. 66 b. f. Werner verwendete hier geschickt die vom Landesherrn im Reskript vom 3. Jan. 1794 (wie Anm. 1841) enthaltene Formulierung. 2007 Bericht Werners vom 18. März 1795 (ebd.), Bl. 67. Fünf Jahre später wird Werner sogar einen zusätzlichen Unterricht der Bergakademisten in Philosophie und Kameralismus fordern. Vgl. dazu den Vortrag Werners vom 13. Dez. 1800, in: UAF, OBA 13, Bl. 130–155 b., hier Bl. 133. 2008 Diese Art der Einteilung in Klassen – orientiert an der beruflichen Perspektivbestimmung der Absolventen – findet sich vorher an keiner Stelle der ausgewerteten Akten, so dass davon ausgegangen werden muss, dass diese Methodik ausschließlich auf Werners eigenen Gedanken beruht.

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Zur ersten Klasse, d. h. zu denjenigen, die seiner Meinung nach „alle ohne Ausnahme die vollständiche bergakademische Bildung nöthich“ hätten,2009 gehörten seiner Auffassung nach die für höhere Funktionen in der Bergverwaltung vorgesehenen „Beamten“ – also die Oberbergamtsassessoren,2010 die Oberberg- und Bergmeister bzw. Bergvögte, die Lehrer für Bergbaukunst und Mineralogie an der Bergakademie2011 bzw. Administratoren der Mineralienniederlage sowie die zu Markscheidern oder Wardeinen, zu Ober- und Hüttenmeistern, Hüttenschreibern, Amalgamieroffizianten und schließlich die zu Bergamtsprotokollisten bzw. –Aktuaren auszubildenden Absolventen.2012 In die gleiche „Klasse“ zählte er – und das ist für den Stellenwert, den er der Freiberger ZR-Schule oder auch den obererzgebirgischen SRZ-Schulen zuerkannte, wichtig – „die zu Lehrern sowohl bei der Freiberger als auch den obergebirgischen Berg- und Zeichen-Schule(n)2013 bestimmten Subjekte.“2014 Damit bestätigte Werner zum einen die jahrelange ausgeübte Praxis des Oberbergamtes, als Bergschullehrer nur Absolventen der Bergakademie einzusetzen, zum anderen bekannte er sich zur Notwendigkeit eines allumfassenden akademischen Studiums für dieselben. Werner schätzte damit zugleich die Notwendigkeit einer „vollständigen“ bergakademischen Ausbildung der Bergschullehrer höher ein als z. B. für „die übrichen Lehrer-Stellen bei der Bergakademie“ oder „die Oberhüttenamts- und Saigerhütten-Stellen“.2015 Dass Werner in den Schülern dieser Bergschulen potentielle Kandidaten für ein zukünftiges Studium an der Bergakademie sah, wird aus folgender Formulierung deutlich: „Nächst den Söhnen der Berg-Offizianten werden auch viele gute Subjekte ... aus denen in den Bergschulen sich auszeichnenden Söhnen der Steiger zur Ausbildung für kurfürstliche Bergwerks-Stellen genommen ...“2016

Diese „kurfürstliche(n) Bergwerks-Stellen“ genau waren es, auf die bereits der Landesherr in seinem kritischen Reskript vom 3. Januar 1794 reflektiert hatte.2017 2009 Die Verwendung von „ch“ für „g“ gehörte zu Werners z. T. sehr eigenwilliger Schreibweise, auf die hier aber nicht näher eingegangen werden kann. Hervorhebungen d. d. A. 2010 Zum Zeitpunkt der Verfassung war Werner selbst Oberbergamtsassessor. 2011 Auch zu dieser Kategorie zählte Werner selbst. 2012 Bericht Werners vom 18. März 1795 (wie Anm. 636), Bl. 76 f. 2013 Der Name Bergschule etablierte sich in dieser Zeit neben den bis dahin meist verwendeten Begriffen wie Schreibe-, Rechen- und Zeichenschule oder auch nur Zeichenschule.Hervorhebungen d.d.A. 2014 Bericht Werners vom 18. März 1795 (wie Anm. 636), Bl. 76 f. Hervorhebungen d. d. A. 2015 Bericht Werners vom 18. März 1795 (ebd.), Bl. 76 b. 2016 Bericht Werners vom 18. März 1795 (ebd.), Bl. 90. Werner gab damit zugleich einen Hinweis darauf, dass die Klientel zukünftiger niederer Bergbeamter häufig aus ebensolchen Familien stammte. 2017 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 3. Jan. 1794 (wie Anm. 1841).

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Zum eigentlichen Zweck und Inhalt des Unterrichts an den Bergschulen äußerte sich Werner hier jedoch noch nicht; dies blieb seinen späteren Stellungnahmen vom 8. Mai 1797 an das Oberbergamt vorbehalten.2018 Zu dem, was in der oberen Klassenstufe vom damaligen Bergschullehrer – Werner nennt hier explizit den Schichtmeister Erler –2019 vermittelt werden sollte, formulierte er: „Der Zweck der obern Klasse unserer Bergschulen ist(,) gute Subjekte zu Steigern und Werkmeistern und darunter auch solche, die sich künftich auch weiter zu guten Geschwornen qualifizieren, zu ziehen.“ 2020

Die Bergschüler der oberen Klasse hätten fast durchweg schon mehrere Jahre die verschiedenste Bergarbeit, „meist auch Gruben-Zimmerung – und zuweilen auch etwas Kunstarbeit [–] getrieben“ und seien mit den dabei geltenden Regeln „empirisch“ bekannt;2021 fehlen würden ihnen aber vor allem wissenschaftliche Hilfskenntnisse, weshalb er deren notwendige Vermittlung betont.2022 Der Lehrstoff für die Bergschüler sollte nach Werners Vorstellungen dabei aber nicht innerhalb von Vorlesungen, wie an der Bergakademie üblich war, „sondern in Form der Unterhaltung und individueller Unterweisung vorzutragen sein“.2023 Damit unterschied Werner streng zwischen der (höheren) wissenschaftlichen Ausbildung an der Bergakademie und dem Bergschulunterricht. Eine höhere Ausbildung in den Fächern Physik, Mechanik und Bergbaukunst oder Geognosie und den Bergrechten auch den Freiberger Bergschülern vermitteln zu wollen, lehnte Werner ab, da sie dadurch in der Ausbildung in den nötigen Disziplinen gehindert und davon teils auch „verworrene Kenntnisse“ erhalten würden.2024 Außerdem befürchtete der Bergkommissionsrat, die Bergschüler könnten dadurch „nebst Schiefheit des Geis-

2018 Vgl. dazu den Bericht Werners „Über den Berg-Schulen-Unterricht …“, sowie über die „Aufstellung der Principien …“ vom 8. Mai 1797, in: UBF, Nachlass Werners, Bd. 41, Bl. 329–331, bzw. Bl. 332–335 b. Ob diese beiden Berichte tatsächlich das Oberbergamt erreicht haben, war nicht mit letzter Sicherheit festzustellen. 2019 Vgl. dazu den Bericht Werners vom 8. Mai 1797 „Über den Berg-Schulen-Unterricht …“ (ebd.), hier Bl. 330 b. 2020 Bericht Werners vom 8. Mai 1797 über die „Aufstellung der Principien …“ (wie Anm. 2018). Ähnlich hatte Charpentier bereits 1776 den Zweck der Freiberger Bergschule begründet. Vgl. dazu den Vortrag Charpentiers vom 30. Apr. 1776 (wie Anm. 749), sowie den Unterabschnitt 2.2.2. Hervorhebungen d. d. A. 2021 Bericht Werners vom 8. Mai 1797 (ebd.), hier Bl. 331 f. Werner gibt (ebd.) für diese bergmännische Tätigkeit eine durchschnittliche Dauer von fünf bis acht(!) Jahren an. 2022 Vgl. den Bericht Werners vom 8. Mai 1797 (ebd.), insb. Bl. 334 b. 2023 Bericht Werners vom 8. Mai 1797 (ebd.), hier Bl. 335. Vgl. hierzu auch Schellhas (Werner als Inspektor), S. 259. 2024 Bericht Werners vom 8. Mai 1797 (ebd.), Bl. 333 f.

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tes, noch Stolz und Aufgeblasenheit bekommen …“2025 Einzelheiten des seiner Auffassung nach notwendigen Unterrichtsinhaltes führte der Bergkommissionsrat (umständlich) in insgesamt 20 Unterpunkten auf,2026 die hier leicht verkürzt wiedergegeben werden sollen, da sie für die qualitative Einschätzung des Bergschulunterrichts bedeutsam sind:2027 1. Kurze, systematische Aufstellung der praktischen Kenntnisse, deren ein Bergmann und insbesondere ein Steiger zum Grubenbetrieb bedarf; 2. Erklärung der Bestimmung des Streichens2028 und Fallens der Gänge und anderer Lagerstätten sowie ausreichende Übung in diesen Bestimmungen; 3. Anweisung zu Aufnahmen von der Tagessituation mittel Grubenkompass bzw. Abschreitens; 4. Kurze systematische Aufstellung der verschiedenen Grubenbaue; 5. Anweisung zur Aufnahme von Grubenbauen nach der unter Punkt 3 beschriebenen Art und Übung darin; 6. Erklärung der Markscheiderrisse und Übung in deren Beurteilung; 7. Kurze systematische Aufstellung der verschiedenen Bergarbeiten; 8. Orometrische[?] Berechnungen von Gefäßen sowie von Mauer- und Gesteinsräumen; 9. Anweisung zur Berechnung von Gesteinsgedingen; 10. Anweisung zu Kostenberechnungen für – Förderungsarbeiten, – Zimmerungs- und Mauerungsarbeiten, – Aufbereitungsarbeiten, – (Hauer-)Arbeiten vor Ort und beim Schachtabteufen, – Austräglichkeit [zu erwartender Erträge] des betriebenen Erzbergbaus; 11. Anweisung zur Anfertigung von Grubenberichten; 12. Systematische Übersicht und kurze Erklärung der Gegenstände, die zum Erheben [Einrichten im bergrechtlichen Sinne – H.K.] eines Grubengebäudes dienen; 2025 Bericht Werners vom 8. Mai 1797 (ebd.), Bl. 334. Hier klingt allerdings die mehrfach bei Beamten der Bergverwaltung festgestellte Befürchtung an, Bergleute könnten einen ihrem Stand nicht zukommenden Wissenszuwachs erlangen. 2026 Ob dieser Wernersche Unterrichtsplan vollumfänglich in die Ausbildung der Bergschüler eingeflossen ist, ließ sich in den ausgewerteten Akten nicht mit letzter Sicherheit feststellen. 2027 Vgl. hierzu den Bericht Werners vom 8. Mai 1797 (wie Anm. 2018), hier Seite 332 b.–334 b. Die Wernerschen Formulierungen wurden, wo nötig, moderat korrigiert, Überflüssiges (Wiederholungen) weggelassen, die typische Schreibweise Werners allerdings nicht beibehalten; Unterstreichungen erfolgten nach Werners Vorlage. 2028 Auf die typischen Begriffe aus der Bergmannssprache kann an dieser Stelle nicht eingegangen werden, da dies den Inhalt dieser Arbeit sprengen würde; es sei auf die Fachliteratur dazu verwiesen, insbesondere auf Veith (Bergwörterbuch).

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13. Systematische Aufstellung und kurze Erklärung der Steigertätigkeit, einschließlich der Erklärung der Steigerinstruktion; 14. Anweisung zur Führung des Zechenregisters und weiterer, dem Steiger obliegenden Schreibarbeiten; 15. Anweisung zu einem gehörigen Dienstbenehmen eines Steigers gegenüber Vorgesetzten, Untergebenen, Gewerken, Grundbesitzern u. a., „Wobei die zu unterweisenden Subjekte besonders mit auf das viele Gute, was unser Gnädichster Landesherr dem Bergbau erzeigt, und auf eine dankbare Erkennung derselben, recht aufmerksam zu machen sein würden.“[!]2029

Ob und wie diese Reformvorschläge, vor allem im Hinblick auf die zukünftig einzunehmende Rolle der Freiberger ZR-Schule und der obererzgebirgischen SRZSchulen letztlich umgesetzt wurden, soll im folgenden Abschnitt verdeutlich werden.

4.3. Bergschulen als Vorbereitungsanstalten der Bergakademie und die Verfassung des Bergschulwesens am Ausgang des 18. Jahrhunderts 4.3.1. Der Abschluss der Goldberg’schen Zeichen- und Rechenschule als mögliche Zugangsvoraussetzung für ein bergakademisches Studium – historischer Rückblick

Die Goldberg’sche Zeichen- und Rechenschule stand von Beginn an in einer besonderen Beziehung zur Bergakademie. Neben dem Mathematikprofessor Johann Friedrich Lempe, für den eine spezielle Verantwortung gegenüber der Goldberg’schen Schule seit deren Existenz nachgewiesen werden konnte,2030 müssen auch andere Lehrer der Bergakademie diese Freiberger Einrichtung wiederholt „visitiert“ haben.2031 Welchen hohen Stellenwert Benno von Heynitz einer dem bergakademischen Studium vorausgehenden Ausbildung „junger Berg-Pursche“ zumaß und wie wichtig er eine Verbindung zwischen Bergakademie und einer zuvor erfolgten fachlichen Ausbildung nahm, geht aus den von ihm verfassten „Bemerkungen“ hervor, 2029 Bericht Werners über die „Aufstellung der Principien …“ vom 8. Mai 1797, in: UBF, Nachlass Werners, Bd. 41, Bl. 332–335 b., hier Bl. 335. 2030 Vgl. dazu insbesondere den Unterabschnitt 2.3.1. 2031 Dies geht aus einem Vortrag Benno von Heynitz’ zu der Akademischen Konferenz vom April 1786 hervor. Danach war „… von den Herren Lehrern [der Bergakademie – H.K.] die Goldbergische Schule angeordnetermaßen mehrfach besucht worden“. Vortrag von Heynitz’ vom 22. Apr. 1786, in: UAF, OBA 246, S. 130–137, hier Bl. 134 b.

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die er am 16. Mai 1776 dem damaligen Vizekammerpräsidenten des Dresdner Berggemachs,2032 Karl Ferdinand von Lindemann, in Dresden zukommen ließ. Danach waren seiner Meinung nach „… sofort 50 und künftig wenigstens 100 [Tale]r jährlich von dem academischen Fondss auf diese Anstalt [die spätere Goldberg’sche ZR-Schule – H.K.] zu verwenden“.2033 In diesem Zusammenhang drang von Heynitz auf die Verbesserung der schulischen Bildung künftiger Absolventen der Bergakademie und formulierte: „… ohne diese [Schulbildung – H.K.] sind und bleiben unsere Bergakademisten in der Folge weniger brauchbare Menschen.“2034 Als Benno von Heynitz drei Jahre später, nur wenige Monate vor seiner Berufung als Vizeberghauptmann des Oberbergamtes erste Gedanken über den zukünftigen Aufbau und die Funktion von bergmännischer Fachbildung niederschrieb,2035 reflektierte er zunächst auf die notwendige fachliche Ausbildung anfahrender Bergmannskinder, vor allem die von Steigern und Geschwornen in den Gruben der kursächsischen Bergreviere. Ob Benno von Heynitz bereits damals diese als „Vorstufe“ zu einem bergakademischen Studium betrachte hat, ist fraglich, denn in dem erwähnten Schulplan findet sich dazu keine Aussage. Ungeachtet dessen existieren Hinweise auf eine solche studienvorbereitende Funktion der (späteren) Goldberg’schen Zeichen- und Rechenschule. So unterbreitete das Oberbergamt dem Landesherrn am 3. April 1779 in Bezug auf die Fortschritte „… des seit einiger Zeit ertheilten Schul-Unterrichts an mehrere Bergknaben …“ den Vorschlag, für die besten Bergschüler, nämlich Knabe und Mehnert,2036 für die übrigen „zum besten Exempel“ den bergakademischen Unterricht im Bergbau, zukünftig auch in der Mathematik, Arithmetik und Geometrie zu gestatten.2037 Der Unterricht an der Bergakademie sollte somit zugleich als Auszeichnung für die Besten der Bergschüler gelten.2038 Später, zumindest seit 1789, sah das Oberbergamt zur „… Erlangung praktischer Bergwerks-Kenntniße von Zeit zu Zeit“ auch die Verschickung von Berg2032 Vgl. zur Zusammensetzung des Berggemachs den „Berg-Calender auf das Jahr 1776“, S. A 2. 2033 „Bemerkungen“ von Heynitz’ 16. Mai 1776 (wie Anm. 728), hier Bl. 165 b. Diesen undatierten Aufsatz hatte der Berghauptmann seinem vor dem Oberbergamt gehaltenen „DirektorialVortrag“ vom 15. März 1794 beigefügt – vgl. dazu denselben in: UAF (ebd.), Bl. 149–154 b. – der als die am 16. Mai 1776 verfassten „Bemerkungen“ identifiziert werden konnte. 2034 „Bemerkungen“ von Heynitz’ 16. Mai 1776 (ebd.), Bl. 165 b. 2035 Vgl. dazu den Schulplan von Heynitz’ vom 8. Apr. 1779 (wie Anm. 534); vgl. Einzelheiten dazu im Unterabschnitt 2.1.3. 2036 „Die Bergpurschen Knabe und Mehnert“ waren neben sonstigen „Zuhörer(n)“ im Studienjahr 1779/80 durch Werner in der Bergbaukunst ausgebildet worden. Bericht Werners vom 1. Febr. 1780, in: UAF, OBA 242, Bl. 188–195, hier Bl. 188. 2037 Bericht des OBA vom 3. Apr. 1779 (wie Anm. 796), hier Bl. 125. Vgl. dazu auch den Unterabschnitt 2.2.2. 2038 Für die anderen sich auszeichnenden Bergschüler waren als Prämie für ihre Leistungen jeweils ein Zirkel mit Zubehör sowie ein Gruben-Kompass vorgesehen. Vgl. dazu ebd., hier Bl. 125 b.

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schülern in andere Bergreviere vor und forderte die nachgeordneten Bergämter auf, bis jedes Jahr zu Ostern dafür geeignete „Subjekte“ zu melden.2039 Die Bergämter kamen dieser Aufforderung auch regelmäßig nach.2040 So zeigte das Bergamt Annaberg dem Oberbergamt am 22. April 1793 die geplante Delegierung der Schüler der dortigen Rechen- und Zeichenschule, Körbach und Bauer, in das Bergrevier Freiberg an,2041 wo diese neben der Erlangung praktischer Bergbaukenntnisse auch in den „Genuß des dasigen höhern bergmännischen Unterrichts [an der Goldberg’schen Zeichen- und Rechenschule – H.K.]“ gelangen sollten.2042 Um den Zusammenhang zwischen einem vorausgegangenen Schulbesuch, der eventuell folgenden Ausbildung an der Freiberger ZR-Schule bzw. einer der obererzgebirgischen SRZ-Schulen und der Zulassung zum Studium an der Bergakademie zu verdeutlichen, soll an dieser Stelle nochmals zusammenfassend auf mögliche Bildungswege von Bergakademisten in der Zeit der beginnenden bergakademischen Reformen in den 90er Jahren des 18. Jahrhunderts eingegangen werden. Um die Mitte der 80er-Jahre des 18. Jahrhunderts hatte es bereits Zulassungen einzelner Absolventen der Goldberg’schen ZR-Schule an die Bergakademie gegeben. So hieß es in einem kurfürstlichen Reskript vom Mai 1786, dass „… auch die aus der Goldbergischen Schule in Vorschlag gebrachten Hofmann, Müller und Hammer, bey der Bergacademie, und zu den diesjährigen Vorlesungen über den Bergbau und die Mathematik …“ zugelassen werden sollen.2043 Dem war ein Oberbergamtsbericht vorausgegangen, in welchem die Leistungen dieser drei Schüler der „Goldberg[schen] Zeichen Schule“ hervorgehoben und deren Zulassung auf die Bergakademie deshalb befürwortet wurde, weil diese „… bey dem gehaltenen Examen … durch ihre Fertigkeit im Antworten u[nd] Geschicklichkeit im Zeichnen viel Talent bewiesen …“ hätten.2044 Schon zu diesem Zeitpunkt war somit – zumindest in Einzelfällen – ein Übergang von der Bergschule auf die Bergakademie möglich. Seit Beginn der 90er Jahre mehrten sich die Belege für solche Delegierungen von Schülern der Goldberg’schen- bzw. Goldberg-/Erler’schen2045 Rechen- und Zeichenschule auf die Bergakademie. So hieß es in einem Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 24. Mai 1792 an das Oberbergamt, „… dass ferner Wittig und Klemm nebst Richtern aus der Goldbergischen Schule vorerst unter die Expectan2039 Patent des OBA vom 31. Okt. 1789 an sämtliche BÄ, in: BergA, OBA 2301, Bl. 1 f. 2040 Vgl. dazu im Einzelnen die OBA-Akte 2301 (ebd.), die wegen ihrer starken Beschädigung jedoch nur teilweise auswertbar ist. 2041 Vgl. dazu den Bericht des BA Annbg. vom 22. April. 1793, (ebd.), o.Bl. 2042 Bericht des BA Annbg. vom 28. März 1794 (ebd.), o. Bl.; Hervorhebungen d.d.A. 2043 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 29. Mai 1786 (wie Anm. 638), hier Bl. 166 b. 2044 Bericht des OBA vom 29. Apr. 1786, in: UAF, OBA 246, Bl. 145–150 b., hier Bl. 146 b. 2045 Vgl. zur Bezeichnung dieser Freiberger Zeichenschule den Unterabschnitt 2.3.1.

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ten bey der Berg Academie … aufgenommen“ werden sollen.2046 Dass alle drei der genannten Antragsteller vorher die Goldberg’sche Schule,2047 Wittig und Klemm dabei aber nicht auch das Freiberger Gymnasium besucht hatten,2048 belegt die relativ hohe „Wertigkeit“, der ein Besuch der Goldberg’schen- bzw. der Erler’schen Zeichen- und Rechenschule für eine Zulassung auf die Bergakademie schon zu dieser Zeit zukam.2049 Die Absolvierung einer der obererzgebirgischen SRZ-Schulen reichte dagegen im Allgemeinen nicht aus, um auf die Bergakademie aufgenommen zu werden. So verwies der Landesherr den Gesuchsteller Johann Christian Müller aus Johanngeorgenstadt, Sohn des dortigen Bergboten Müller, der „… seit 5. Jahren als Bergarbeiter sich praktische Kenntnisse zu erwerben gesuchet, auch seit 3. Jahren von dem H[errn] Markscheider Stipendiat Goldbergen2050 im Zeichnen, Rechnen, auch andern theoretischen Bergwerkskenntnissen ...“ unterrichtet worden war, zunächst auf die Goldberg’sche Schule in Freiberg.2051 Gleiches traf auch für den aus Marienberg stammenden Carl Heinrich Helbig zu, der bis zu seinem 17. Lebens2046 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 24. Mai 1792, in: UAF, OBA 251, Bl. 138–141, hier Bl. 138 b.–139; Hervorhebungen d.d.A. Auf die Unterscheidung der Bergakademisten in „Expectanten“ (Anwärter, die i. d. R. ein „Probejahr“ studieren mussten, ehe sie zu „wirklichen“ Akademisten wurden), wirkliche „Benefiziaten“, Extrane(e)r bzw. Selbstzahler und „Admissen“ kann in dieser Untersuchung nicht näher eingegangen werden. Vgl. dazu grundlegend die gedruckten „Verhaltensmaßregeln“ von 1795 in: UAF, OBA 26, Bl. 69–75. 2047 Gotthold Friedrich Wittig erhielt hier zwei und Johann Gotthold Klemm drei Jahre freien Unterricht, während Gottlob Siegismund Richter zwei Jahre Privat-Unterricht bei Goldberg genoss. Vgl. dazu die Gesuche Wittigs, Klemms und Richters aus dem Jahre 1792 in: UAF, OBA 251, Bl. 45 f., 46–47 und 8–9 b. 2048 Zumindest erwähnten beide in ihren Gesuchen nichts von einem solchen Schulbesuch; im Gegensatz zu Richter, der dieses „… mehrere Jahre … frequentiert“ hatte. Gesuch des Vaters von Richter (ebd.), Bl. 8–9 b., hier Bl. 8 b. Vgl. dazu auch die Gesuche Wittigs und Klemms (ebd.), Bl. 45 f., bzw. Bl. 46–47. 2049 Neben dem Nachweis entsprechender Bildungsvoraussetzungen war die Aufnahme auf die Bergakademie nur möglich, wenn bei Studienbeginn das Mindestalter von 16 Jahren erreicht, bzw. das Höchstalter von 25 Jahren noch nicht überschritten worden war. D. h., es wurde „… in der Regel nur derjenige admittirt, welcher durch Taufzeugnisse beweisen (konnte), dass er das erstere [Mindestalter – H.K.] zurueckgelegt, das letztere [Höchstalter – H.K.] aber noch nicht erreichet …“ hatte. Abschnitt I, Ziff. 2, der gedruckten Verhaltensmaßregeln von 1795 (wie Anm. 2046), hier Bl. 69 b. Beantragte ein Jüngerer die Zulassung zum Studium, ließ der Landesherr i. d. R. auf das notwendige Erreichen des Zulassungsalter hinweisen. Eine Ausnahme davon gab es 1795, als man mit kurfürstlicher Bewilligung den erst 15-jährigen Hannß Heinrich von Elterlein zum Studium auf die Bergakademie zuließ. Vgl. dazu das Schreiben des OBA vom 17. Juni 1795 an die Besitzerin des Hammerwerkes Rittersgrün, Frau von Elterlein, in: UAF, OBA 254, Bl. 232 b.–233. 2050 Gemeint ist hier der schon mehrfach genannte Lehrer der Johanngeorgenstädter SRZ-Schule, Theodor Friedrich Gottlieb Goldberg. 2051 Vgl. dazu das Gesuch Müllers vom 17. Dez. 1791, in: UAF, OBA 251, Bl. 29–31 b., das diesbezügliche Befürwortungsschreiben des BA Jhgstdt. vom 29. Febr. 1792 für Müller (ebd.),

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jahr „auf den Marienberger Lycaeo in humanioribus Unterricht genoßen, auch seit [einem] drey vierthel Jahr … die hiesige [Freiberger – H.K.] Bergacademische Schule ununterbrochen besuchet“ hatte.2052 Ausschlaggebend für die Nichtaufnahme Carl Heinrich Helbigs schien dabei dessen nur relativ kurzzeitiger Besuch der Freiberger Einrichtung gewesen zu sein. Infolge der Vorgabe im kurfürstlichen Reskript vom 24. Mai 1792 beschloss das Oberbergamt im Juni 1792 zwar, Müller zunächst auf die Goldberg’sche Schule zu verweisen, es gestattete ihm aber ungeachtet dessen wegen der von ihm „… schon bewiesenen Kenntnisse im Rechnen, Zeichnen, u[nd] selbst im Markscheiden …“ zusätzlich den Besuch von Vorlesungen in Mathematik, Physik und Bergbaukunde auf der Bergakademie.2053 Dieser Beschluss des Oberbergamtes erstaunt schon deshalb, weil sich die Behörde sonst in Fragen der Zulassung auf die Bergakademie stets an die Vorgaben des Landesherrn hielt. Die Entscheidung verdeutlicht aber zugleich, dass das Oberbergamt dem Besuch einer der SRZ-Schulen bzw. der Goldberg’schen Schule (vorausgesetzt, diese Ausbildung unterschritt nicht einen Mindestzeitrahmen) zum Teil einen höheren Wert zumaß, als z. B. dem regulären Schulabschluss an einem der städtischen Gymnasien! Auch Carl Friedrich Wilhelm Ullrich aus Marienberg, der in seinem Bewerbungsschreiben nichts Näheres zu seinem bisherigen Schulbesuch angegeben hatte, wurde durch das erwähnte kurfürstliche Reskript zunächst auf die Goldberg’sche Schule in Freiberg verwiesen.2054 Zur gleichen Zeit lehnte das Oberbergamt aber den Studienbewerber Kolbe für eine Zulassung auf die Bergakademie ab, da von ihm weiter nichts bekannt sei, als dass er „mechanische Handarbeit“ bei einem Büchsenmacher getrieben habe – für ein Studium definitiv unzureichende Bildungsvoraussetzungen.2055 Andererseits war sogar die „Rücküberweisung“ eines Bergakademisten auf die Goldberg’sche- bzw. Erler’sche Zeichen- und Rechensschule möglich. So erhielt Ehregott Friedrich Graukopf, dem 1792 die unentgeltliche Anhörung der Vorlesungen über Bergbaukunde gestattet worden war, für 1793 zwar erneut die Zulassung zum Besuch der mathematischen Vorlesungen an der Bergakademie, allerdings verbunden mit der Auflage, zugleich den Unterricht

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Bl. 25–28, sowie das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 24. Mai 1792 (wie Anm. 2046), hier Bl. 138 b.–139. Vgl. dazu das Gesuch Helbigs vom 28. März 1792, in: UAF, OBA 251, Bl. 72–73, den Bericht des OBA vom 28. Apr. 1792, in: (ebd.), Bl. 125–135 b., hier Bl. 129 b., sowie das ablehnende Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 24. Mai 1792 (ebd.). Protokoll der Sitzung des OBA vom 16. Juni 1792 (wie Anm. 1979), hier Bl. 145. Vgl. dazu das Gesuch Ullrichs vom Febr. 1792, in: UAF, OBA 251, Bl. 6–7, sowie das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 24. Mai 1792 (wie Anm. 2046), hier Bl. 138 b. Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 28. Apr. 1792 (wie Anm. 2052), hier Bl. 129 b.

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an der Goldberg’schen oder Erler’schen Schule zu besuchen.2056 Es konnte allerdings auch der entgegengesetzte Fall eintreten, dass man einen Studienbewerber vor seiner Zulassung auf die Bergakademie erst noch an die Erler’sche Schule verwies, ihm aber ungeachtet dessen die Teilnahme an einigen Vorlesungen an der Bergakademie gestattete.2057 Nur in ganz wenigen Einzelfällen gelang es einem Schüler einer obererzgebirgischen SRZ-Schule, unmittelbar nach seiner Ausbildung auf die Bergakademie zugelassen zu werden. So durfte z. B. Christian Gottfried Nicolai nach beendetem Besuch der Altenberger SRZ-Schule sofort auch die „Collegia“ der Bergakademie hören.2058 Nicolai schien auf Grund der von ihm absolvierten bergmännischen Vorbildung aus Sicht des Altenberger Bergamtes für ein Studium an der Bergakademie geradezu prädestiniert zu sein. Dessen Vater, der Altenberger Zwitterstock-Faktor Heinrich August Nicolai, hatte ihm neben dem „… Unterricht im Zeichnen, und den Anfangsgründen der Mathematik“ beim Altenberger Lehrer der SRZ-Schule, dem Interims-Rezessschreiber George Friedrich Rudolph2059 „… mit Vorbewußt und Bewilligung E[ines] Wohllöb[lichen] Berg-Amts ... einige Anleitung zum praktischen Bergbau … geben lassen.“2060 Carl Gottlob Klemm aus Freiberg dagegen, der sich „… seit 2 Jahren diejenigen Wissenschaften, welche in der 3ten Classe, (am) hiesigen Gymnasium“ gelehrt werden, gewidmet und danach außerdem noch im Privatunterricht „… bey den Feuerwerker Colditz“ in den „… ersten Grundsätze(..) der Arithmetik(,) Geometrie(,) Trigonometrie(,) in der Algebra (und) in der Zeichenkunst …“ bezogen hatte, verwies man, obwohl er eine etwa gleiche

2056 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 31. Mai 1793 (wie Anm. 1840), hier Bl. 155 b. Zwei Jahre später wird der Lehrer für Bergrecht, OBA-Sekretär Köhler, über Graukopf resümieren müssen, dass Graukopf im Fleiße „bald nachgelassen“ und er die in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllt habe. Vgl. dazu den Bericht Köhlers vom [o.D.] Apr. 1795, in: UAF, OBA 254, Bl. 142–150 b., hier Bl. 142 b. 2057 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 14. Mai 1794, in UAF: OBA 253, Bl. 164–174 b., hier Bl. 168 b.–169. 2058 Studiengesuch des Zwitterstock-Faktors Nicolai für seinen Sohn Christian Gottfried vom 2. Jan. 1792 (wie Anm. 1612), sowie das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 24. Mai 1792 (wie Anm. 2046), hier Bl. 139. 2059 Vgl. zu Rudolph den Abschnitt 5.2., sowie die tabellarische Übersicht zur Vita der einzelnen SRZ-Lehrer (Tab. V_2_1) im Anhang. 2060 Studiengesuch Nicolais vom 2. Jan. 1792 (wie Anm. 1612), hier Bl. 4 b. Nicolai hatte nach eigenen Einlassungen an der öffentlichen Schule beim Altenberger Rektor aber auch etwas Latein gehört. Mit dem Geschwornen Klippgen war er „auf die Reviere“ gefahren, hatte dort Markscheidearbeiten ausgeführt und darüber hinaus ein Quartal lang „Wäscharbeit“ geleistet. Bericht Nicolais vom 16. Juni 1792, in: UAF, OBA 251, Bl. 147 f. Auf Grund der von ihm richtig beschriebenen „Wäscharbeit auf Zinnertze“ empfahl das Oberbergamt Nicolais Zulassung auf die Bergakademie. Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 25. Apr. 1792, in: ebd., Bl. 165–166 b., hier Bl. 166 b.

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Vorbildung wie Nicolai besessen haben dürfte, ganz offensichtlich wegen des noch nicht erfolgten Besuchs der Goldberg’schen Zeichenschule auf diese.2061 Der Nachweis des längeren Aufenthaltes auf einer der genannten bergmännischen Bildungsanstalten, insbesondere der Freiberger Einrichtung, wurde im Einzelfall wegen der dort erlangten fachspezifischen Kenntnisse vom Oberbergamt bzw. dem Landesherrn höher bewertet, als der Besuch eines Gymnasiums. Für die häufig aus den Familien von Berg- und Hüttenleuten stammenden Studienbewerber stellte somit der vorausgegangene Besuch der Goldberg’schen ZR-Schule eine wichtige Zulassungsvoraussetzung für das nachfolgende Studium an der Bergakademie dar. Das Oberbergamt räumte dabei den Bergschülern sogar die Möglichkeit ein, den für sie meist unentgeltlichen Unterricht bei einem der Bergakademielehrer zunächst auf Probe in Anspruch zu nehmen. So durfte z. B. Heinrich Gottlob Lindemann zwischen 1793 und 1795 zeitgleich die Goldberg’sche Schule und die Vorlesungen an der Bergakademie besuchen. Abraham Gottlob Werner, bei dem Lindemann vermutlich Bergbaukunst hörte, bescheinigte ihm zwar nur „mindere Geistes-Gaben“ als zwei anderen Bergakademisten, „aber doch hübsche praktische Ken(n)tnisse“, weswegen er ihn für ein weiteres Jahr auf die Bergakademie empfahl.2062 Etwas anders allerdings handhabte man die Zulassung zur Bergakademie für die Kinder von Adligen. Für diese reichte in der Regel der vorausgegangene Besuch eines Gymnasiums aus. Carl Ernst von Nostitz aus Görlitz zum Beispiel wurde der Zugang auf die Bergakademie ermöglicht, nachdem er zwar das Görlitzer Gymnasium, nicht aber eine der Bergschulen absolviert hatte.2063 Alle die hier erwähnten Fälle von Delegierungen (v. a.) Freiberger Bergschüler auf die Bergakademie traten zu Beginn der 90er-Jahre des 18. Jahrhunderts eher sporadisch auf; eine durchdachte, durchgängig wirksame Konzeption dafür aber schien dagegen in dieser Zeit noch nicht zu existieren. 2061 Gesuch Klemms vom 23. März 1792, in: UAF, OBA 251, Bl. 55–56. Vgl. dazu auch das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 24. Mai 1792 (wie Anm. 2046), hier Bl. 138 b. 2062 Vgl. dazu den Bericht Werners vom 25. Apr. 1795, in: UAF, OBA 254, Bl. 159–165 b., hier Bl. 161 f. Vgl. dazu auch die Studientabelle für das 29. akademische Lehrjahr 1795, in: ebd., Bl. 192 f., sowie das Reskript des Landesherrn vom 5. Juni 1795, in: ebd., Bl. 223–228, hier Bl. 224, nach welchem (zunächst) die Aufnahme Lindemanns als „Expektant“ der Bergakademie ab 1795 bestätigt wurde. 2063 Vgl. dazu das Gesuch Rudolph Ernst von Nostitz´ für seinen Sohn Carl Ernst vom 16. Febr. 1792, in: UAF, OBA 251, Bl. 15 f., den Bericht des OBA vom 22. Febr. 1792, in welchem das Oberbergamt die „ohnzielsetzlichste(..) Meynung“ zum Ausdruck brachte, dass dem von Nostitz die Erlaubnis zum Besuch der Bergakademie „wohl zu ertheilen seyn dürfte“ (ebd.), Bl. 16 f., sowie das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 8. März 1792 (ebd.), Bl. 39 f. Die Zulassung erstreckte sich übrigens wie für die meisten Adligen auch auf die Befahrung und Besichtigung der „Freybergischen und Obergebürgischen Berg- und Hüttenwerke …“ Ebd., Bl. 39.

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Wesentliche Bedeutung für die Einführung eines aufeinander abgestimmten Regimes von vorakademischen Bildungsformen und anschließendem Studium an der Bergakademie besaß das schon mehrfach erwähnte kurfürstliche Reskript vom 13. September 1793, in welchem der Landesherr vom Oberbergamt verlangte, Studienbewerber der Freiberger Bergakademie nur dann auf diese zuzulassen, wenn sie über ganz bestimmte Bildungsvoraussetzungen verfügten.2064 War dies ganz offensichtlich nicht der Fall, forderte der Kurfürst ggf. vom Oberbergamt, bereits zum Studium zugelassene Bergakademisten entweder wieder von der Bergakademie zu verweisen oder diese zunächst zu einem Besuch der Goldberg’schen- bzw. Erler’schen Schule zu verpflichten. So wurde z. B. Carl Friedrich Richter aus Freiberg im Jahre 1793 durch ein entsprechendes kurfürstliches Reskript auf die letztere Einrichtung zurückverwiesen.2065 Wie knapp 25 Jahre vorher der ungenügende Bildungsstand von zwei anfahrenden „Bergpurschen“ im Schneeberger Bergrevier den Kurfürsten zu einer Aufforderung an das Oberbergamt veranlasst hatte, Schritte zur besseren Ausbildung von Bergmannskindern einzuleiten,2066 war es diesmal der ungenügende Bildungsstand zweier Bergakademisten, der den Landesherrn zum Eingreifen veranlasste. Sein Befehl vom 13. September schien dabei wie eine Initialzündung auf die weitere Entwicklung der bergakademischen Ausbildung und die Etablierung der Freiberger ZR- bzw. der obererzgebirgischen SRZ-Schulen zu wirken. Berghauptmann Benno von Heynitz ergriff in der Folge eine Reihe organisatorischer Maßnahmen zur Verbesserung der Ausbildung sowohl an der Bergakademie als auch innerhalb des Bergschulsystems selbst, mit denen eine bessere Abstimmung beider Bildungsformen aufeinander erreicht werden sollte. In den dafür notwendigen Prozess der Entscheidungsfindung bezog er entsprechend des kurfürstlichen Auftrages sämtliche leitende Mitglieder des Oberbergamtes sowie die bergakademischen Lehrer ein. Da dem Berghauptmann aus dem erwähnten Reskript anscheinend nicht klar erkennbar war, was denn der Landesherr unter der „höhere(n) wissenschaftliche(n) Ausbildung“ einerseits bzw. der Zulassung zur „Praktischen“ Ausbildung an der Bergakademie andererseits verstand,2067 berief er kurzfristig eine Konferenz des Oberbergamtes zur Erörterung dieses Fragekomplexes ein. Vor allem aber wollte von Heynitz klären lassen, ob und wie die neuerlichen Befehle des Kurfürsten mit

2064 Vgl. dazu Näheres im Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 13. Sept. 1793 (wie Anm. 1810). 2065 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 31. Mai 1793 (wie Anm. 1840), hier Bl. 156 b.–157. 2066 Vgl. zu dieser Problematik den „Kurzen Auszug“ von Schirndings vom 17. März 1794 (wie Anm. 541), Bl. 191, sowie den Unterabschnitt 2.2.2. 2067 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 13. Sept. 1793 (wie Anm. 1810), hier Bl. 198 f., aus dessen Inhalt sich allerdings das Ansinnen des Landesherrn nicht klar erschließt.

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dem „academischen Plan,2068 ratione des Lehr-Unterrichts und der dahin abzweckenden Lehrer-Instructionen, zu vereinigen seyn dürfte(n)?“2069 Der Berghauptmann erinnerte in diesem Zusammenhang auch an seine bereits mehr als zwei Jahre zuvor an die Oberbergamtsmitglieder und Bergakademielehrer ergangene Aufforderung, bis zum jährlichen „Academischen Hauptbericht“ Vorschläge darüber einzureichen, wie das Studium an der Bergakademie zu verbessern wäre, auch wenn sich dieser (damalige) Auftrag auf die akademische Ausbildung beschränkt hatte.2070 Am 3. Januar 1794 – also zeitlich zwischen seinen Reskripten vom 13. September 1793 und 14. Juli 1795 – rügte der Landesherr erneut das schon mehrfach festgestellte Fehlen „geschickte(r) und taugliche(r) Subjekte“ bei der Besetzung erledigter Bergwerksdienststellen und forderte zugleich das Oberbergamt zur gutachtlichen Berichterstattung u. a. darüber auf, „... durch welche Maasregeln diesem Mangel abzuhelfen seyn möchte.“2071 Obwohl sich der Schwerpunkt der geforderten Berichterstattung auf die Bergakademie bezog, war dem Landesherrn natürlich auch an einem einheitlichen Regime der Bergschulausbildung sowie verbesserten Delegierungsmöglichkeiten befähigter Bergschüler auf die Bergakademie gelegen. Das Oberbergamt setzte die Forderung des Kurfürsten unmittelbar danach in ein eigenes Patent um.2072 In diesem wurden sämtliche Lehrer der Bergakademie aufgefordert, die in ihrem Fachgebiet festgestellten Mängel aufzuzeigen und Vorschläge zu deren Beseitigung einzureichen.2073 Dem Oberbergamt, aber auch dem Kurfürsten dürfte bereits zu diesem Zeitpunkt der enge Zusammenhang zwischen Verbesserungen des Unterricht an den Bergschulen und den Folgen für ein Studium an der Bergakademie klar gewesen sein, denn sonst hätte der Landesherr sicherlich Beratungen mit dem Oberbergamt über notwendige Zuweisungen von geeigneten „Lehrlingen“ aus dem oberen Erzgebirge an SRZ-Schulen nicht auf die „bis zu den Hauptdeliberationen über die bey der Freiberger BergAcademie vorzunehmenden Verbesserungen …“ vertagt.2074 Obwohl dies weder im kurfürstlichen Reskript 2068 Hier war sicherlich der Hauptplan aus dem Jahre 1766 gemeint, als noch kein Bergschulunterricht existiert hatte und demzufolge der Nachweis eines Bergschulbesuchs als Zugangsvoraussetzung auf die Bergakademie noch gar nicht Gegenstand einer Ausbildungsplanung sein konnte. 2069 Eigenhändiger Aktenvermerk von Heynitz’ vom 25. Sept. 1793, in: OBA 9, Bl. 195–198, hier Bl. 197. Ein fast wortgleicher Vermerk findet sich auch in: UAF, OBA 252, Bl. 200–202 b. 2070 Vgl. dazu das Protokoll der Akademischen Konferenz vom 20. Jan. 1791 (wie Anm. 1978), hier Bl. 175 f., sowie den dazu als Anlage beigefügten Vortrag von Heynitz’ vom 20. Jan. 1791 (wie Anm. 585), Bl. 173–174 b. 2071 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 3. Jan. 1794 (wie Anm. 1841), Bl. 5 f. 2072 Vgl. dazu das Patent des OBA vom 11. Jan. 1794, in: UAF, OBA 9, Bl. 4 f. 2073 Vgl. dazu das Patent des OBA vom 11. Jan. 1794 (ebd.). 2074 Reskript vom 1. Mai 1795 (wie Anm. 1533), Bl. 154, bzw. (Abschrift) in: UAF, OBA 9, Bl. 287–288, hier Bl. 287.

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noch im oberbergamtlichen Patent hervorgehoben worden war, ging es bei den möglichen Verbesserungen des bergakademischen Studiums zugleich um Fragen der Vervollkommnung der Bergschulausbildung als einer wichtigen Zulassungsvoraussetzung für ein bergakademisches Studium.2075 Mit Bericht vom 14. Mai 1794 ersuchte das Oberbergamt den Kurfürsten, drei der Bewerber für ein Studium an der Bergakademie (Müller, Richter und Frommelt) vor einer bergakademischen Ausbildung zunächst noch an die Erler’sche Schule zu verweisen. Letzteren sollten, wie auch vier weiteren Schülern der Goldberg’schen bzw. Erler’schen Schule – zwei Hüttenarbeitern(!) und einem Bergarbeiter(!) – „… einige(..) ihnen nütz[liche] Vorlesungen …“ an der Bergakademie gestattet werden.2076 Auffällig ist, dass dieser Vorschlag des Oberbergamtes nur 14 Tage nach Eingang der gutachtlichen Anzeige von Schirndings erfolgte, in welcher der Bergkommissionsrat vergleichbare Vorstellungen unterbreitet hatte.2077 Das Oberbergamt schien die Gedanken von Schirndings zur Etablierung der Goldberg’schen- bzw. Erler’schen Zeichen- und Rechenschule als „Vorstudienanstalt“ der Bergakademie schon hier umsetzen zu wollen.2078 Im unmittelbaren zeitlichen Kontext mit den eingehenden Reformvorschlägen des Oberbergamtes und der bergakademischen Lehrer wurde die Goldberg-/ Erler’sche ZR-Schule immer mehr zu solch einer Vorbereitungseinrichtung für die Bergakademie etabliert, der Besuch dieser Schulen zu einer der wichtigsten Zulassungsvoraussetzungen für ein bergakademisches Studium.2079 Bergschüler, die vor Beginn ihres Studiums kein Gymnasium oder eine vergleichbare höhere Schulanstalt bezogen hatten, erhielten jetzt in größerem Umfang als bislang die Möglichkeit, im unmittelbaren Anschluss an einen Besuch der Freiberger Bergschule auf der Bergakademie zu studieren.2080 Auch die Stellung der obererzgebirgischen SRZ2075 Dieser Zusammenhang wird z. B. aus dem späteren Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 5. Febr. 1796 (wie Anm. 1983), Bl. 84 b., deutlich, in welchem der Landesherr die „… zur ersten Ausbildung der Bergjugend so nüzlichen und nöthigen Bergschul-Anstalten“ hervorhob. 2076 Bericht des Oberbergamtes vom 14. Mai 1794 (wie Anm. 2057), hier Bl. 168 b.–169. Bei Müller scheint es sich um Johann Gottlob Müller zu handeln, der dann im folgenden Studienjahr 1794/95 beim OBA-Sekretär Köhler Unterricht im Bergrecht und deutschen Stil erhielt. Vgl. dazu den Bericht Köhlers [o.D.] vom Apr. 1795 (wie Anm. 2056), hier Bl. 147 f. 2077 Vgl. dazu den Bericht von Schirndings vom 2. Mai 1794 (wie Anm. 469). 2078 Vgl. dazu die Vorschläge in von Schirndings Bericht vom 2. Mai 1794 (ebd.), hier insbes. Bl. 37 b.–38, sowie den Abschnitt 4.2. 2079 Man kann hierbei durchaus von einer neuen Phase der Einbindung der Bergschulausbildung in das bergakademische Studium sprechen. 2080 Dies belegt ein Vergleich der Studientabellen I–IV des 28. bis 30. akademischen Lehrjahres, in UAF, OBA 253 bis 255; vgl. dazu die folgende Tabelle IV_2: Bildungswege II. Die Aussage von Schellhas (Werner als Inspektor), S. 258, wonach „… schon[!] 1799 zwei Bergschüler [der Freiberger Bergschule – H.K.] dem Unterricht an der Hochschule [der Bergakademie – H.K.] zugewiesen werden (konnten)“, ist somit eindeutig falsch.

360

Die Reform des sächsischen Bergschulsystems

Schulen zur Goldberg’schen- bzw. Erler’schen ZR-Schule sowie zur Bergakademie begann sich zu wandeln. Von den 24 Bergakademisten, die im „Lehrjahr“ 1794/95 gerade ein Studium an der Bergakademie absolvierten, und den neun für das folgende Studienjahr 1795/96 neu zugelassenen Gesuchstellern – insgesamt also 33 Akademisten – hatten vor ihrem Studium wenigstens 24 eine höhere Schule –2081 ein Gymnasien, eine Lateinschule oder einen vergleichbaren Unterricht bei Privatlehrern oder auch eine der sogenannten Landesschulen – besucht. Im Gegensatz zu den Zulassungsbedingungen an einer deutschen Universität wurde aber für eine Aufnahme auf die Bergakademie nicht in jedem Fall der Besuch einer höheren Schule vorausgesetzt.2082 Über einen (nur) „niedrigeren“ Schulbesuch, der in der Regel an einer der deutschen Schulen in einer Bergstadt stattfand, berichteten wenigstens sechs dieser Bergakademisten in ihren Aufnahmeanträgen.2083 4.3.2 Die Etablierung der Goldberg-/Erler’schen Zeichen- und Rechenschule sowie der obererzgebirgischen SRZ-Schulen als „Pflanzstätten“ der Bergakademie und die Bergschulreform der Jahre 1795–1798

1795, zeitlich unmittelbar nach Einreichung der Reformvorschläge für die Bergakademie bzw. für den Ausbau der Goldberg’schen- bzw. Erler’schen Zeichen- und Rechenschule als Vorstudienanstalt der Bergakademie kann nachfolgender Stand der schulischen Vorbildung der Absolventen der Bergakademie konstatiert werden: Von den vier „wirklich studierenden Academisten“,2084 die 1795 bzw. 1796 das Studium an der Bergakademie beendeten, hatten vor dem Studium zwei das Freiberger Gymnasium bis zur 3. Klasse bzw. die lateinische Schule in Johanngeorgenstadt besucht – Erstere absolvierten anschließend die Goldberg’sche ZR-Schule in 2081 Vgl. dazu Studientabellen I–III des 29. akademischen Lehrjahres 1795, in: UAF, OBA 254, Bl. 188–193 b. Amann (Höhere Schulen), S. 409, versteht unter „Höheren Schulen“ alle „weiterführenden“, also über die Elementarbildung hinausführenden Schulen, wozu er u. a. Ritterakademien und Gymnasien genauso rechnet, wie Fürstenschulen oder Kaufmannsschulen. Er stellt insgesamt die anscheinend bislang klare Definition der „Höheren Schule“ in Frage. Vgl. dazu ders. (ebd.), S. 412 f., 424, und zur Vielfalt höherer Schulen im 17. und 18. Jahrhundert (ebd.), S. 417, 420. 2082 Ungeachtet dessen beklagte sich 1793 der Lehrer für Bergrecht, OBA-Sekretär Köhler, über die seiner Meinung nach oft mangelhaften Schulkenntnisse seiner Hörer, denen er teilweise erst noch „… mit Mühe und Noth begreifen gelehrt (habe), was Substantivum, Adjectivum, Verbum und dergleichen …“ sei. Bericht Köhlers vom 23. März 1793 (wie Anm. 1808), hier Bl. 100 f. 2083 Vgl. dazu die Studientabellen III und IV des 29. akademischen Lehrjahres 1795, in: UAF, OBA 254, Bl. 192–195 b. Bei weiteren drei der Antragstellern waren die Bildungswege auf der Grundlage der eingereichten Gesuche nicht eindeutig nachzuvollziehen. 2084 Vgl. zu den verschiedenen „Klassen“ der Studierenden neuerdings Wagenbreth u. a. (Geschichte der Bergakademie), Neuauflage 2008, S. 57 f.

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Bergschulen als Vorbereitungsanstalten der Bergakademie

Freiberg, die beiden Letzteren dagegen die SRZ-Schule in Johanngeorgenstadt, wovon einer im letzten Unterrichtsjahr noch eine Ausbildung beim Freiberger Bergfaktor Carl Gottlob Friedrich Goldberg genoss:2085 Tabelle IV_3_2a: Bildungswege (I) der „wirklichen“ Akademisten der Freiberger Bergakademie um 1795

Name der Akademisten

Herkunft

Böhme

Freiberg

Müller

Johanngeorgenstadt

Mittelbach

Johanngeorgenstadt

Wittig

Schulbesuch

Bergschulbesuch

Studien- Studienbeginn ende

spätere Stellung des BergakademieAbsolventen

7 Jahre 2 Jahre GymnasiGoldberg’sche um Frei- ZR-Schule Freiberg, berg bis zur im zweiten Jahr gleichzeitig Besuch 3. Klasse akademischer Vorlesungen

1789

1795

Bergmeister zu Johanngeorgenstadt

Lateinschule zu Johanngeorgenstadt

5 Jahre Rechnen beim Bergamtskopisten Drechsler an der SR-Schule Johanngeorgenstadt; 3 Jahre Zeichnen, Markscheide- und Bergbaukunst beim Geschwornen Goldberg ebd.

1792

1795

Obereinfahrer zu Marienberg

Lateinschule zu Johanngeorgenstadt

2 Jahre Zeichnen, Markscheide- und Bergbaukunst beim Geschwornen Goldberg an SRZ-Schule Johanngeorgenstadt; 1 Jahr Goldberg’sche ZR-Schule Freiberg

1793

1796

Gegen- und Rezessschreiber zu Johanngeorgenstadt

GymnasiUnter2 Jahre muldner um FreiGoldberg’sche Hütte bei berg bis zur ZR-Schule Freiberg Freiberg 3. Klasse

1792

1794

zunächst (ab 1794) Hüttenstipendiat

[Quelle: Studientabelle I des akademischen Lehrjahres 1795, in: UAF, OBA 254, Bl. 188–189 b.]

2085 Vgl. dazu Studientabelle I für die „wirklich.. studierenden Academisten“ des 29. akademischen Lehrjahres 1795, in: UAF, OBA 254, Bl. 188–189 b.

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Die Reform des sächsischen Bergschulsystems

Von den ebenfalls vier „Expectanten“ hatten alle eine Zeit lang den öffentlichen oder auch privaten Unterricht an einem Gymnasium erhalten, davon einer anschließend noch drei Jahre lang die Goldberg’sche ZR-Schule und ein weiterer den Privatunterricht beim Zeichenmeister Sieghard besucht.2086 Von den übrigen 16 Bergakademisten, die 1795 um den weiteren unentgeltlichen Unterricht an der Bergakademie ersuchten und dabei angaben, „die Bergwerkskunde in ihrem ganzen Umfange studieren“ zu wollen, waren immerhin sieben Absolventen der Goldberg’schen- und einer der Erler’schen Zeichen- und Rechenschule in Freiberg – zwei weitere Gesuchsteller hatten zwar keinen „öffentlichen“ Bergschulunterricht, dafür aber die Privatunterweisung beim Zeichenmeister der Bergakademie, Sieghard, bzw. beim Lehrer für Bergrecht, Köhler („Unterricht in Bergrechten u[nd] deutschen Styl“) erhalten.2087 Unter diesen ehemaligen Bergschülern wiederum kam einer von der Fürstenschule in Schulpforta, drei von einem städtischen Gymnasium und zwei weitere hatten einen vermutlich gleichwertigen Privatunterricht absolviert.2088 Drei der Studienfortsetzer waren vor ihrem Studium auf eine „normale“ deutsche Stadt- oder Dorfschule gegangen, wovon einer dort „… wenig u[nd] nur den nöthigen Schulunterricht genoßen“ hatte (dieser konnte allerdings auf einen anschließenden fünfjährigen Besuch der Goldberg’schen Schule in Freiberg verweisen), während ein anderer vor seinen Studium als „AmtsCopist“ einer kleineren Bergstadt tätig war.2089 Das zeigt, dass in dieser Zeit zum Teil ein bergakademisches Studium auch ohne den vorherigen Besuch einer höheren öffentlichen Schule möglich war, vorausgesetzt, der Bewerber konnte glaubhaft machen, ausreichend lange eine der Freiberger Zeichen- und Rechenschulen besucht oder anderweitig ein vergleichbares Fachwissen erworben zu haben. Für die in der Regel adligen Absolventen einer der Fürsten- und Landesschulen war dagegen der Besuch der Goldberg’schen- oder Erler’schen Zeichen- und Rechenschule die Ausnahme. Bei ihnen setzte man einfach ein durch Schule und Erziehung erworbenes vergleichbares oder höheres Wissen voraus. In dieser Hinsicht blieb auch die bergmännische Wissensbildung in den Standesschranken ihrer Zeit verhaftet. Den vielleicht ungewöhnlichsten Bildungsweg war damals der schon 26-jährige Gustav Adolph Garbe gegangen. Der spätere „Baukondukteur“ und Lehrer der Bergschule Freiberg hatte nämlich nach einem mehrjährigen Besuch der Stadtschule Görlitz die Universität Leipzig belegt und dort Mathematik und Zeichenkunst sowie „8[!] Jahre … die Rechte studiert“.2090 2086 Vgl. dazu Studientabelle II für die „Expectanten“ des 29. akademischen Lehrjahres 1795, in: ebd., Bl. 190–191 b. 2087 Vgl. dazu im Einzelnen die Studientabelle III für das 29. akademische Lehrjahr 1795, in: ebd., Bl. 192–193 b. 2088 Studientabelle III für das 29. akademische Lehrjahr 1795 (ebd.). 2089 Vgl. dazu die Studientabelle III für das 29. akademische Lehrjahr 1795 (ebd.). 2090 Studientabelle III für das 29. akademische Lehrjahr 1795 (ebd.).

Bergschulen als Vorbereitungsanstalten der Bergakademie

363

Von den 11 im Frühjahr 1795 um Neuimmatrikulation und einen unentgeltlichen Unterricht ersuchenden Studienbewerbern, von denen letztlich nur neun zum Studium zugelassen wurden, konnten zwei den Besuch einer der Bergschulen nachweisen, während vier angaben, einen bergbaubezogenen Privatunterricht beim Schichtmeister Erler bzw. beim Zeichenmeister der Bergakademie, Sieghard, erhalten zu haben.2091 Rechnet man alle Bergakademisten einschließlich der 1795 um Erstaufnahme Ersuchenden unabhängig von ihrem Hörerstatus zusammen, so waren es von den insgesamt 35 Gesuchstellern 14, die vor ihrer Zulassung auf die Bergakademie i. d. R. mehrere Jahre die Goldberg’sche- bzw. Erler’sche Schule oder eine der obererzgebirgischen SRZ-Schulen belegten, was immerhin einem Anteil von 40% entsprach. Von den vier Bergakademisten, die zwischen Ostern 1794 und Ostern 1795 an der Bergakademie studierten, vor ihrem Studium aber keine höhere Schule absolviert hatten, wiesen zwei einen jeweils drei Jahre andauernden Unterricht an der Goldberg’schen ZR-Schule bzw. einen vergleichbaren fünfjährigen Unterricht bei Theodor Friedrich Gottlieb Goldberg an der SRZ-Schule in Johanngeorgenstadt nach; einem weiteren war ein akademischer Unterricht durch Sieghard zuteil geworden. Unter diesen hatte der Bergarbeiter Beer vor seinem nur einjährigen Studium wenigsten 7 Jahre in einer Wäsche bzw. einem Grubengebäude gearbeitet.2092 Werner bescheinigte Letzterem unter den vier Bergleuten, die vom ihm seit 1794 unterrichtet wurden, „die Mehrsten Geistesfähigkeiten …“2093 Über Wellner, ebenfalls Bergmann, der „eine gute Hand“ schreiben würde“,2094 schrieb Werner ein Jahr später, dass dieser „… sich ziemlich gut auszudrükken (weiß)“ und bemerkte: „Er besitzt zwar nicht sonderliches Talent; wird aber in der Folge gewis einen guten Steiger, vielleicht auch mit der Zeit einen praktischen Beamten, machen.“2095

2091 Vgl. dazu die Studientabelle IV für das 29. akademische Lehrjahr (ebd.), Bl. 194–195 b. Aus den Akten lässt sich nicht eindeutig erkennen, inwieweit dieser „private“ Unterricht bei Erler oder Sieghard dem „öffentlichen“ Unterricht gleichwertig war. 2092 Vgl. dazu die Studientabelle III (wie Anm. 2087) 2093 Bericht Werners vom 25. Apr. 1795, in: UAF, OBA 254, Bl. 159–165 b., hier Bl. 164 f. Werner hatte – entsprechend seiner eigenen Vorschläge –1794/95 neben den üblichen Bergakademisten auch vier Bergarbeiter unterrichtet, deren „eigentlicher Werth“ sich erst nach einem weiteren Studienjahr feststellen lassen werde. Ebd., Bl. 164 b. 2094 Bericht Werners vom 25. Apr. 1795 (ebd.). 2095 Bericht Werners vom 20. Apr. 1796, in: UAF, OBA 255, Bl. 68–73 b., hier Bl. 70. Auch dessen Probearbeit, eine Beschreibung der praktischen Häuerarbeit, wäre „ziemlich gut“ ausgefallen. Die positive berufliche Prognose Werners für einen einfachen Bergarbeiter zeigt den zum damaligen Zeitpunkt möglichen Ausbruch Einzelner aus der Standeshierarchie und belegt zugleich die moderne Geisteshaltung des Akademieinspektors. Vgl. die im Gegensatz dazu stehenden Ausführungen des späteren Oberberghauptmannes Frh. von Herder in dessen Vortrag vom 17. Sept. 1828(!), in: UAF, OBA 15, Bl. 1–50 b., insb. Bl. 8 b.–9.

364

Die Reform des sächsischen Bergschulsystems

Tabelle IV_3_2b: Bildungswege (II) der „wirklichen“ Akademisten der Freiberger Bergakademie um 1795

Name

Herkunft

Schulbesuch

Bergschulbesuch

Studienbeginn

Lempe, Chr. G.

Frauenstein

9 Jahre Schule Frauenstein

nein; Unterricht beim Zeichenmeister Sieghard; vorher Amtskopist zu Frauenstein

1794

Preisler

Pfaffroda

3 Jahre Schule Pfaffroda; Goldberg’sche Schule Unterricht Freiberg in Religion, Schreiben und Rechnen

1794

k.A.

Bergmeister in Tirol

Beer

Altenberg

3 Jahre Schule Altenberg; Goldberg’sche Schule Unterricht Freiberg in Religion, Schreiben, Rechen und Latein(!)

1794

ging bereits 1795 zurück nach Altenberg

unbek.

5 Jahre Goldberg’sche Schule in Johanngeorgenstadt

1793

Wellner

Schwarzenberg

„hat nur den nöthigsten Schulunterricht genoßen“

Studienende

Spätere Stellung

1795 Gezeug- Maschinenarbeiter, trotz- bau-Assistent dem noch an zu Tarnowitz BAF; Examen (Schlesien) am 21. März 1796

Ab 1795 Aus- Stollnoberbildung zum steiger zu Bergmann Johannin Gersdorf; georgenstadt hat noch 1795–1796 bei Werner Vorlesungen gehört und bei Lempe eine Probearbeit abgeliefert (OBA 255, Bl. 34)

[Quelle: Studientabelle II des 29. akademischen Lehrjahrs 1795, in: UAF, OBA 254, Bl. 192–193 b.]

Bergschulen als Vorbereitungsanstalten der Bergakademie

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Der zahlenmäßige Anteil früherer Bergschulabsolventen an den Bergakademisten stieg in den folgenden Jahren weiter an. So hatten in dem Ostern 1796 zu Ende gegangenem 29. Studienjahr von den 24 bis dahin Studierenden insgesamt 12 vor ihrem Studium jeweils die Goldberg’sche- bzw. Erler’sche Schule besucht.2096 Von den für 1796 insgesamt neun neu zum Studium Zugelassenen konnten drei nachweisen, ebenfalls den öffentlichen Unterricht beim Schichtmeister Erler bezogen zu haben; ein weiterer hatte sowohl bei Erler als auch bei Sieghard Privatunterricht erhalten.2097 Diese durch landesherrliches Reskript für das Studienjahr 1795/96 bewilligten neun Neuaufnahmen auf die Bergakademie zeigen die immer noch vorhandenen vielfältigen Möglichkeiten, für eine Ausbildung auf die Bergakademie zugelassen zu werden.2098 Zwei der Akademisten, die vor dem beginnenden Studienjahr 1796 noch keine Bergschule besucht hatten, konnten aber stattdessen ein gutes Zeugnis ihrer akademischen Lehrer, von denen sie vorher „tendiret“2099 worden waren, nachweisen,2100 während der dritte2101 ein bereits drei Jahre währendes Jurastudium auf der Universität Leipzig absolviert hatte.2102 Bei zwei Bewerbern, die den vorherigen Besuch einer lateinischen Stadtschule belegten, handelte es sich um Kinder von „Beamten“,2103 die bereits Erfahrungen in der Bergverwaltung sammeln konnten. Während aber Christian Ehregott Repmann, Sohn des ehemaligen Amtsverweser zu Wiesenburg und späteren Advokaten von Schneeberg, der Besuch einer

2096 Vgl. dazu im Einzelnen die Studientabellen I bis III auf das 1796 eintretende 30. akademische Jahr, in: UAF, OBA 255, Bl. 94–99 b. 2097 Vgl. dazu die Studientabelle IV auf das 1796 eintretende 30. akademische Jahr (ebd.), Bl. 100–101 b. Vgl. hierzu auch das Inserat Kurfürst Friedrich Augusts vom 13. Mai 1796, in: UAF 255, Bl. 112 f. 2098 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts (ebd.), Bl. 108–111 b., sowie die Studientabelle IV auf das 1796 eintretende 30. akademische Jahr (ebd.). 2099 Diese waren – sicherlich im Auftrag des Oberbergamtes – einer Prüfung ihrer Bildungsvoraussetzungen unterzogen worden. 2100 Friedrich Traugott Michael Haupt – der spätere Bergschullehrer in Freiberg – und Heinrich Ludwig Lattermann. 2101 Salomo Friedrich Fischer. 2102 Vgl. dazu die Studiengesuche Haupts vom 5. Jan. 1796, in: UAF, OBA 105, Bl. 3–4, Lattermanns vom 28. Jan. 1796, in: ebd., Bl. 9 f., und Salomo Heinrich Fischers, des Vaters Salomo Friedrich Fischers, vom 19. Febr. 1796, in: ebd., Bl. 31–33 b. Haupt unterrichtete später als erster Lehrer an der „Bergmännischen Zeichen- und Rechenschule“ in Freiberg. Siehe Näheres zu Haupt im Abschnitt 5.2 sowie in der tabellarischen Übersicht der Vita der Bergschullehrer (Tab. V_2_1) im Anhang. 2103 Samuel Ehregott Straube und Christian Ehregott Repmann. Vgl. dazu das Gesuch Straubes vom 23. Febr. 1796 und dessen Schulnachweis (ebd.), Bl. 34–36 A, sowie Bl. 36 C, und das Gesuch Repmans vom 26. Jan. 1796 und dessen Schulnachweise (ebd.), Bl. 73–75 b., bzw. Bl. 77–79.

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Die Reform des sächsischen Bergschulsystems

Bergschule erspart blieb, musste Straube, dessen Vater als „Obereinfahrer“2104 im Marienberger Bergbau direkt angestellt war, „… zuförderst noch den Bergschulunterricht genießen …“2105 Zu dieser unterschiedlichen Entscheidung hatte sicherlich beigetragen, dass Repmann ein hervorragendes Schulzeugnis vorlegen konnte und das Bergamt Schneeberg seine Aufnahme auf die Bergakademie ausdrücklich befürwortete, während für Straube das Oberbergamt selbst einen Bergschulbesuch anregte.2106 Die beiden Kinder „gemeiner“ Bergleute, Klemm und Fröbe, die ebenfalls auf die Bergakademie aufgenommen wurden, hatten beide vorher die Erler’sche Bergschule absolviert.2107 Etwas aus dem „Rahmen“ fiel dagegen die Vorbildung Philipps, des Sohnes des Besitzers des Erblehngutes Lößnitz bei Freiberg. Dieser hatte Privatunterricht „… theils im väterlichen Hauße, theils auf … [dem Freiberger] Gymnasio erhalten.“2108 Gleich drei Lehrer wurden aufgeführt, die Philipp (vermutlich privaten) Unterricht in reiner Mathematik, im Zeichnen und der Bergbaukunst erteilt hatten – Schichtmeister Erler, Zeichenmeister Sieghard und der „Feuerwerker“ Colditz; Letzterer hatte Zeichenunterricht geboten.2109

2104 Vgl. zur Funktion des Obereinfahrers als „eine Art Obergeschworner“ und direkten Vertreters des Bergmeisters (in großen Bergrevieren wie Freiberg), Köhler (Anleitung zur Verfassung beim Bergbau), S. 172. 2105 Reskript Kurfürst August vom 13. Mai 1796, in: UAF, OBA 255, Bl. 108–111 b., hier Bl. 109. 2106 Vgl. dazu das Befürwortungsschreiben des BA Schnbg. vom 29. Febr. 1796, in: UAF, OBA 105, Bl. 69–72, sowie das Zeugnis des Rektors der Lateinischen Stadtschule Schneeberg vom 25. Jan. 1796 (ebd.), Bl. 77. Dass die Erklärung Repmanns, aus einer Familie angesehener Bergbeamter bzw. Bergoffizianten zu stammen, diese Entscheidung positiv beeinflusst haben könnte, ist eine Vermutung. Vgl. dazu das Studiengesuch Repmanns vom 26. Jan. 1796 (wie Anm. 2103). Vgl. zu Straube den Bericht des OBA vom 23. Apr. 1796, in: UAF, OBA 255, Bl. 79–93, hier Bl. 87 b. 2107 Dass Fröbe, obwohl er Absolvent des Freiberger Gymnasiums war, noch ein Jahr vorher der Zugang zur Bergakademie verwehrt wurde, nun aber, nach einem Jahr Hüttenarbeit und Besuch der Erler’schen Bergschule, der Zugang gestattet worden ist, belegt die Bedeutung des Nachweises eines Bergschulbesuches zu dieser Zeit. Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 23. Apr. 1796 (wie Anm. 2105), hier Bl. 87 f., sowie das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 13. Mai 1796 (wie Anm. 2105), Bl. 109. 2108 Studientabelle IV auf das 1796 eintretende 30. akademische Jahr (wie Anm. 2097). 2109 Vgl. ebd., Bl. 100 b. Vgl. dazu auch das Studiengesuch von Christian Gottlieb Philipp für seinen Sohn vom 20. Febr. 1796, in: UAF, OBA 105, Bl. 22–23. Im Jahr zuvor (1795) war die Bewerbung, die Philipps eingereicht hatte, noch zurückgewiesen worden, weil dieser damals erst das 15 Lebensjahr erreicht hatte. Vgl. ebd., Bl. 22 f.

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Bergschulen als Vorbereitungsanstalten der Bergakademie

Tabelle IV_3_2c: Bildungswege (III) der „wirklichen“ Akademisten der Freiberger Bergakademie um 1795

Name Haupt, Friedrich Traugott Michael

Lattermann, Heinrich Ludwig Fischer, Salomo Friedrich

Her- Alkunft ter Neu- 18 stadt bei Dresden

Leipzig

Schulbesuch/ Studium 6 1/2 Jahre LateinGriechisch- und Französischunterricht bei Magister Tibel; ein Jahr „Ingenieurkunst“ (Mathematik und Zeichnen) 19 3 Jahre Gymnasium Bautzen

Schnee- 21 berg

Straube, Samuel Ehregott

Marien- 19 berg

Klemm, Christian Gotthelf Schenke, Christian Friedrich Repmann, Christian Ehregott Fröbe, Carl Benjamin

Freiberg 17

Philipp, Heinrich Christian Friedrich

Freiberg 16

Wiesen- 21 burg Freiberg 22

Lößnitz 16

Lateinische Stadtschule zu Schneeberg; seit Ostern 1793 Jurastudium auf Uni Leipzig Stadtschule Marienberg

Bergschulbesuch Nein

Nein

Nein

Nein, wird aber bei Studienbeginn dort aufgenommen k.A. 2 Jahre bei Schichtmeister Erler k.A. 3 Jahre bei Schichtmeister Erler 11 Jahre Lateinische Nein Stadtschule Schneeberg Gymnasium 1 Jahr bei Freiberg Schichtmeister Erler Privatunterricht im Nein, jedoch elterlichen Haus, vergleichbaren Unterz. T. Gymnasium richt bei Erler, Sieghard und Colditz

Studienende 1801

Spätere Stellung Schichtmeister, Lehrer an der Freiberger Bergschule; Vizeobereinfahrer, Oberstollnfaktor, Vizebergmeister Bergkommisk.A., sionsrat vermutlich 1796 k.A., k.A. vermutlich 1796 k.A.

1798

Rechnungsführer

1797

k.A.

1799

Advokat

1800

Hütten- und Kohlschreiber

1798

Faktor in Böhmen

[Quelle: Studientabelle III für das 29. akademische Lehrjahr 1795, in: UAF, OBA 254, Bl. 192–193 b.]

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Die Reform des sächsischen Bergschulsystems

Zwei Jahre später, 1798, am Ausgang der Bergschulreformen, ließ man vier obererzgebirgische Bergschüler, nämlich Unger und Scheidhauer aus Johanngeorgenstadt, Schnorr aus Schneeberg und Fischer aus Ehrenfriedersdorf zum Studium auf die Bergakademie zu.2110 Die Entscheidung darüber, ob, wann und für welche Fächer ein Bergschüler die Studienerlaubnis erhielt, traf der Kurfürst jeweils selbst mittels Reskript.2111 Sicherlich eine einmalige Ausnahme in Bezug auf die einem bergakademischen Studium vorausgehende Bildungsentwicklung stellte der Fall des außerordentlichen Professors für Philosophie der Universität Leipzig, Heinrich August Rothe, dar. Dieser hatte am 29. März 1800 beim Kursächsischen Oberbergamt den Antrag „… zu mehrerer Ausbreitung … [seiner] mathematischen Wissenschaften und Erweiterung … [seiner] Brauchbarkeit und Aussichten [und um] auch vom Bergwesen die nöthigen Kenntnisse zu erlangen …“ eingereicht, in welchem er bat, ihm ab Ostern des gleichen Jahres das unentgeltliche Hören der „die BergWißenschaft betreffenden Vorlesungen“ zu gestatten.2112 Das Gesuch wurde vom Landesherrn per Reskript genehmigt.2113 Ob Rothe dann tatsächlich auch in Freiberg studiert hat, konnte nicht mit letzter Bestimmtheit ermittelt werden.2114 Inwieweit sich der vorherige Schulbesuch bzw. schulische Abschluss auf die spätere Entwicklung der Bergakademisten, insbesondere jedoch auf deren berufliche Karriere auswirkte, war aus den vorhandenen Berichten bzw. den vom Oberbergamt angelegten tabellarischen Übersichten nur teilweise zu entnehmen.2115 Zwar schienen diejenigen Absolventen der Bergakademie die günstigsten beruflichen Aussichten besessen zu haben, die vor dem Studium neben einer höheren Schule auch einen mehrjährigen Unterricht an einer der Zeichen- und Rechenschulen (bzw. einen dieser Ausbildung vergleichbaren privaten Unterricht), wenigstens aber den Besuch des akademischen Zeichenunterrichts beim Zeichenmeister Sieghard 2110 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 4. Juni 1798, in: UAF, OBA 257, Bl. 114–120 b., hier Bl. 115. 2111 Vgl. stellvertretend dafür das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 29. Mai 1800, in: UAF, OBA 259, Bl. 129–133 b., hier insb. Bl. 129 b.–130 b. 2112 Gesuch Rothes vom 29. März 1800, in: UAF, OBA 109, Bl. 114–115. Da Rothe selbst bereits umfangreiche mathematische Kenntnisse besaß, dürfte es ihm auf der Bergakademie vor allem um eine praktische Vertiefung derselben gegangen sein. Rothe hat nach 1800 mehrere Handbücher der reinen Mathematik verfasst – vgl. dazu die Übersicht im SWB-Online-Katalog. 2113 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich August vom 4. Apr. 1800, in: ebd., Bl. 113 f. 2114 Da der Prof. für Mathematik der Bergakademie, Lempe, bereits ein knappes Jahr später verstarb und deshalb für das Jahr 1800 in den Akten kein von ihm erstellter Jahresbericht vorliegt, bleibt ein Studium Rothes ungewiss. 2115 Aus diesen Übersichten geht zwar im Einzelfall hervor, zu welcher zukünftigen Tätigkeit der Akademist nach Ansicht des Oberbergamtes am besten geeignet wäre, aber ob diese Empfehlungen letztlich umgesetzt werden konnten, lässt sich aus den überlieferten Oberbergamtsakten nur z. T. erkennen.

Bergschulen als Vorbereitungsanstalten der Bergakademie

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nachweisen konnten, doch dürfte dies allein keineswegs die zukünftige berufliche Kariere gesichert haben. So formulierte Bergkommissionsrat Werner 1795 über die Bergschüler und künftigen Absolventen der Bergakademie: „Sie werden nach erhaltener akademischer Ausbildung fast immer erst in die untersten Dienst-Stellen gesezt“.2116 Ungeachtet dessen entwickelten sich die Goldberg’sche bzw. Erler’sche Bergschule in Freiberg ab Mitte der 90er-Jahre des 18. Jahrhunderts immer mehr zur erwähnten „Vorbereitungs-Anstalt“ für die Bergakademie. Bei der vergleichenden Auswertung des späteren beruflichen Werdegangs einzelner Bergakademisten konnten keine wesentliche Karriereunterschiede zwischen denjenigen, die nur eine der deutschen Dorf- oder Stadtschulen und anschließend eine Bergschule und denjenigen, die zwar ein Gymnasium, dafür aber keine Bergschule besucht hatten, festgestellt werden. Die beruflichen Aussichten zwischen beiden Gruppen schienen relativ ausgeglichen gewesen zu sein. So wurden z. B. Bergakademisten mit den unterschiedlichsten vorausgegangenen schulischen Grundbildungen später als Schichtmeister eingesetzt. Der Besuch eines Gymnasiums – im Einzelfall genügte sogar der langjährige Besuch einer der deutschen Stadtschulen – reichte häufig aus, um anschließend auf die Bergakademie aufgenommen zu werden. Wie die geschilderten Einzelfälle belegen, war es aber für zukünftige Bergakademisten durchaus günstig, wenn sie neben den geforderten Bildungsvoraussetzungen und dem Besuch einer der bergmännischen Zeichen- und Rechenschulen auch auf einen Vater verweisen konnte, der bereits eine langjährige Tätigkeit innerhalb der Bergverwaltung ausübte. Die ausdrückliche Erwähnung der Herkunft Repmanns z. B. aus einer Familie mit angesehenen Bergbeamten und Bergoffizianten durch den Gesuchsteller selbst, aber auch durch das befürwortende Bergamt,2117 oder des Advokaten Fischer2118 lassen zumindest vermuten, dass sowohl Bergverwaltung als auch der Landesherr Kinder von verdienten Bergbeamten bei der Auswahl zukünftiger Bergakademisten bevorzugten, denn sonst wäre die relativ häufige Erwähnung solcher „Verdienste“ von Angehörigen aus dem Bergbeamtenstand nicht erforderlich gewesen. Dies wird auch aus einem Bericht des Oberbergamtes vom April 1787 an den Kurfürsten deutlich. In diesem begründete die Bergbehörde ihre Befürwortung zweier Studiengesuche nämlich u. a. damit, dass die Gesuchsteller „… theils verdienter Bergbeamten und Officianten Söhne sind,2119 2116 Gutachtliche Anzeige Werners vom 18. März 1795 (wie Anm. 636), hier Bl. 90 b. 2117 Vgl. dazu den schon erwähnten Bericht des BA Schnbg. vom 29. Febr. 1796 (wie Anm. 2106), Bl. 69 f. 2118 Vgl. dazu das schon erwähnte Gesuch Fischers vom 19. Febr. 1796 (wie Anm. 2102), hier Bl. 32. 2119 Der verstorbene Vater des einen war Faktor und Rechnungsführer in den kurfürstlichen „Alaunwerken Schwemsal“; dessen Sohn hatte nach dem beigefügten Zeugnis des jetzigen Faktors dieses Werkes nach des Vaters Tod Ersteren „in den Rechnungsgeschäften unterstützt, und

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theils auch durch bereits erlangte Kenntnisse …, theils durch Sittlichkeit und Fleiß vorzüglich sich empfohlen …“ hätten.2120 Den Sohn des Voigtsberger Bergmeisters Gläser ließ der Landesherr „in Betracht“ seines Vaters sofort als Akademisten aufnehmen, allerdings unter der Bedingung, „… solche [Entscheidung] (solle) auf keine Weise zur Consequenz gereichen.“2121 Einige Jahre später allerdings wurde die Zulassung von Söhnen von Beamten und Offizianten zur Bergakademie auf insgesamt zwei beschränkt.2122 Die Reputation eines nahen Angehörigen reichte andererseits allein meist nicht aus, dem Sohn eines Bergbeamtem oder anderweitig im Bergbau Beschäftigten das Studium und eine weiterführende berufliche Karriere in der Bergverwaltung zu sichern, wenn der Studienbewerber nicht das vorausgesetzte „Genie“ (Kenntnisse und Fähigkeiten) besaß. So wurde z. B. der Bergakademist Langhammer, nachdem er bereits von 1794 bis 1795 zu den Vorlesungen bei Prof. Lempe und beim Lehrer für Bergrecht, Köhler, zugelassen worden war, trotz erneuter Antragstellung auf landesherrlichen Befehl hin von der Bergakademie abgewiesen, und das, obwohl dessen Vater (wenn auch nur als Kopist) im Oberbergamt angestellt war.2123 Ganz offensichtlich fehlte Langhammer das erforderliche „Talent“ zum Studium.2124 Nach den im Sommer 1795 herausgegebenen „Verhaltensmaßregeln fuer die Beneficiaten bey der Churfuerstl[ich] Saechs[ischen] Bergakademie zu Freyberg“ musste jeder, der sich dem Bergbau widmen und zu einem akademischen Studium zugelassen werden wollte, neben der körperlichen Eignung auch die „erforderlichen Geistesfaehigkeiten“ besitzen.2125 Insbesondere hatte jemand, der um Aufnahme auf die Bergakademie ersuchte, „… durch Attestate und durch geeignete Specimina dar(zu)thun, dass er in den eigentlichen Schulkenntnissen einen guten Grund

2120 2121 2122

2123 2124

2125

vorzügliche Brauchbarkeit dabey gezeigt …“ Zeugnis des Faktors Karl Gotthilf Wellner vom 19.März 1795, in: BergA, OBA 254, Bl. 67. Der andere war der jüngste Sohn des Bergmeisters Friedrich Gottlob Gläser aus Voigstberg. Vgl. dazu das Gesuch des Bergmeisters Gläser vom 26. Jan. 1795 (ebd.), Bl. 1–2. Bericht des OBA vom 18. Apr. 1787, in: UAF, OBA 246, Bl. 381–390, hier Bl. 383 b. Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 5. Juni 1795 (wie Anm. 2062), hier Bl. 224 b. Hervorhebungen d.d.A. Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 5. Febr. 1796 (wie Anm. 1983), hier Bl. 85, sowie das dazu an die Bergämter verabschiedete Patent des OBA vom 2. März 1796, in: ebd., Bl. 107–110 b. Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 5. Juni 1795 (wie Anm. 2062), hier Bl. 224 b.–225. Köhler hatte über Langhammer formuliert, dass dieser „… gar kein Talent zu haben scheine(..).“ Bericht Köhlers vom [o.D.] Apr. 1795 (wie Anm. 2056), hier Bl. 144. Verwunderlich ist, wieso Langhammer überhaupt zum Studium zugelassen worden war, denn das Oberbergamt hatte bereits zwei Jahre vorher auf dessen mangelnde Eignung hingewiesen. Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 2. Apr. 1793, in: BergA, OBA 252, Bl. 130–142 b., hier Bl. 136 b.–137. Vgl. dazu Ziff. 1 und 2 der gedruckten „Verhaltensmaßregeln, in: UAF, OBA 26, Bl. 69–70 b., hier Bl. 69 b.

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gelegt hat, … und wo moeglich mit den ersten Anfangsgruenden der lateinischen Sprache bekannt ist.“2126 Bei Erfordernis führte man vor einer Zulassung Prüfungen „in loco“ (vor Ort an der Bergakademie) durch.2127 Auf der Akademischen Konferenz vom 26. März 1798 z. B. wurde diesbezüglich ausdrücklich bestimmt, nur diejenigen zum Studium der Fachrichtung Mathematik zuzulassen, die „… bey der vom H[errn] Professor Lempe angestellten Prüfung, oder im öffentlichen Examen der hiesigen Bergschule nähere Beweise … [über] die nöthigen Kenntnisse …“ nachgewiesen hätten.2128 Aber auch in anderer Hinsicht genügte eine gute „Reputation“ der Eltern der Gesuchsteller allein nicht für deren Weiterkommen – nämlich in Bezug auf die Zulassung zu einem freien, d. h. kostenlosen Unterricht. Vor der Befürwortung einer solchen, oft mit einem Stipendium verbundenen Ausbildung ließ das Oberbergamt die tatsächlichen finanziellen Verhältnisse der Petenten genau prüfen, wie aus einigen Zulassungsvorgängen deutlich wird. So wurde z. B. der Sohn des Schneeberger Advokaten Repmann, der vom Bürgermeister und Rat dieser Bergstadt einen Nachweis darüber erbringen konnte, dass sein Vater kein Vermögen besaß, der Zugang zum freien Hören bestimmter Vorlesungen gestattet,2129 während Lattermann und Fischer, „da beyder Väter sehr wohlhabend ... [seien], [nur] gegen Bezahlung der Honorarien an die Lehrer bei der Bergacademie admittiert“ werden durften.2130 Ungleich bessere Chancen für einen späteren Aufstieg in der Hierarchie der Landes- oder Bergverwaltung boten sich allerdings den (meist adligen) Kindern der höheren Landes- oder Bergbeamten, die häufig eine der Fürsten- und Landesschulen absolviert hatten. So waren von den bis zum Jahre 1793 an der Bergakademie als „Akademisten“ angenommenen Adligen, die nach Beendigung ihres Studiums im Bergwesen verblieben, allein 10 zu Bergkommissionsräten oder höheren Funktionen innerhalb der Bergverwaltung aufgestiegen, unter ihnen von Trebra zum Berghauptmann auf dem Harz (später Oberberghauptmann in Kursachsen), von 2126 Vgl. dazu Ziff. 1 und 2 der gedruckten „Verhaltensmaßregeln (ebd.). Eine vergleichbare Forderung hatte Werner in seinem Bericht vom 18. März 1795 (wie Anm. 636), hier Bl. 97 b., erhoben. 2127 Vgl. dazu Ziff. 1 und 2 der gedruckten „Verhaltensmaßregeln (ebd.). Solche „Zulassungsprüfungen“ durch die akademischen Lehrer lassen sich in den untersuchten Akten wiederholt nachweisen. 2128 Akademisches Protokoll vom 26. März 1798, in: UAF, OBA 26, Bl. 176–181, hier Bl. 179. 2129 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 13. Mai 1796 (wie Anm. 2105), hier Bl. 109 f. 2130 Bericht des OBA vom 23. Apr. 1796 (wie Anm. 2105), hier Bl. 87 b. Fischers Vater, der Advokat Salomo Heinrich Fischer, wollte „… den erforder[lichen] Kosten Aufwand“ aus eigenen Mitteln bestreiten. Vgl. dazu das Gesuch Fischers vom 19. Febr. 1796 (wie Anm. 2102), hier Bl. 32 b. Woher allerdings das Oberbergamt die Kenntnis von den ausgezeichneten Vermögensverhältnissen Lattermanns erlangt hatte, war nicht zu ermitteln.

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Die Reform des sächsischen Bergschulsystems

Gutschmid zum Bergrat (später Berghauptmann ebd.), von Charpentier zum Bergkommissionsrat (später Berghauptmann) und Professor an der Bergakademie sowie von Ferber und von Schirnding jeweils zu Bergkommissionsräten.2131 Zwar konnten auch Nichtadlige innerhalb oder auch außerhalb der kursächsischen Bergverwaltung höhere Beamtenfunktionen erlangen, wie die von Köhler durchgeführten statistischen Erhebungen zeigen,2132 trotzdem belegen dessen Rechercheergebnisse, dass in den ersten drei Dezennien der Existenz der Bergakademie das Prädikat „Adel“ deren Trägern in ihren beruflichen Aufstiegeschancen ohne Zweifel Vorteile verschaffte.2133 Das hierzu von Kurfürst Friedrich August im Februar 1793 verabschiedete Mandat suggeriert zwar, „dass nur Geschicklichkeit und Fleiß, keineswegs aber Geburt und Stand der Eltern … auf kuenftige Anstellung gegruendeten Anspruch geben koenne“;2134 in der Praxis existierten aber durchaus sehr differenzierte Aufstiegsmöglichkeiten.2135 In den Kontext der Etablierung der Freiberger- bzw. obererzgebirgischen Bergschulen zu Vorstudienanstalten der Bergakademie müssen auch die 1794 beginnenden Bemühungen, versuchsweise einen gemeinsamen Unterricht von Schülern der Goldberg’-/Erler’schen Zeichen- und Rechenschule und „Hörern“ der Bergakademie einzuführen, eingeordnet werden.2136 Diese Ausbildungsform sehr unterschiedlicher Personengruppen mit zum Teil divergierenden Bildungsvoraussetzungen war weder selbstverständlich noch einfach, zumal man durchaus intellektuelle Unterschiede beider Klientele vermuten muss. Den Versuch eines solchen gemeinschaftlich durchzuführenden oryktognostischen (mineralogischen) Unterrichts von vier Akademisten mit (ebenfalls) vier Goldberg-Schülern, der vom Adminis-

2131 Vgl. dazu die von Köhler angefertigte Aufstellung Freiberger Bergakademisten vom 11. Jan. 1794 über den Zeitraum 1766 bis 1793, in: UAF, OBA 9, Bl. 9–10 b. 2132 So z. B. Carl Friedrich Scheuchler aus Dresden, Sohn eines Geheimen Finanzrates, der nach vierjährigem Besuch der Landesschule Grimma und anschließendem Studium in Freiberg bzw. Leipzig – vgl. dazu OBA 262, Bl. 106 b. –107 b. – selbst Geheimer Finanzrat in Dresden wurde. Vgl. dazu auch die Festschrift 1866, S. 240. 2133 Vgl. dazu im Einzelnen die von Köhler angefertigte Aufstellung vom 11. Jan. 1794 (wie Anm. 2131). 2134 Mandat Kurfürst Friedrich Augusts „wegen Qualificirung junger Leute zu kuenftiger Dienstleistung, vom 27. Februar.. 1793“. Zitat nach Gretschel (Geschichte), S. 237 f. 2135 Insbesondere Absolventen der sogenannten Fürstenschulen scheinen hier die besten Karrieremöglichkeiten besessen zu haben. Vgl. zu den Zielstellungen einer solchen Ausbildung grundlegend Wollersheim (Sächsische Fürsten- und Landesschulen), insb. S. 16–23, sowie Flöter (Sächsische Fürstenschulen), insb. S. 259–263. 2136 Ob die Idee dazu vom damaligen Bergkommissionsrat Werner stammte, konnte nicht mit letzter Sicherheit festgestellt werden – zumindest fanden sich aber in dessen Berichten zur Verbesserung der bergakademischen Ausbildung entsprechende Hinweise. Vgl. dazu den Vortrag Werners vom 3. Juni 1795, in: UAF, OBA 9, Bl. 242–247, hier Bl. 245 b.

Bergschulen als Vorbereitungsanstalten der Bergakademie

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trator der „Stufen-Verkaufs-Niederlage“2137 der Bergakademie, Christian August Siegfried Hoffmann2138 gehalten werden sollte, hatte Akademieinspektor Werner 1795 dem Oberbergamt vorgeschlagen.2139 Werner selbst unterrichtete im Studienjahr 1794 insgesamt vier Bergarbeiter gemeinsam mit den übrigen Bergakademisten, u. a. die schon weiter oben genannten Bergarbeiter Beer und Wellner.2140 Kurze Zeit später, am 6. Juni 1795, erhielt Hoffmann den oberbergamtlichen Auftrag, die erwähnte oryktognostische Vorlesung für die vier „Goldbergsche(n) Schüler“ und vier Bergakademisten im Auditorium des Bergamtes, in der Erler’schen Bergschule oder in der „Stuffen Niederlage“ baldmöglichst zu beginnen.2141 Am 20. Juni 1795 nannte der 2. Lehrer der Freiberger ZR-Schule, Lebrecht Johann Friedrich Erler, unter Bezug auf ein vorausgegangenes oberbergamtliches Patent, die „vier der ältesten und vorzüglichsten Subjekte aus der Bergschule …“ für diese Vorlesungen beim Administrator Hoffmann2142 und noch am gleichen Tag wies das Oberbergamt diese Bergschüler – neben den Bergakademisten Lindemann, Bauer, Wellner und Dietrich – versuchsweise zu Vorlesungen in der „Orictognosie“ dem Letzteren zu.2143 Fünf Monate später genehmigte der Landesherr zwar diese versuchsweise Einführung eines solchen gemeinsamen Unterricht, „falls es … die Umstände der Stipendiengelder Caße gestatten“ würden, allerdings unter dem ausdrücklichen Vorbehalt seiner eigenen endgültigen Entschließung.2144 Die Beurteilung der Notwendigkeit dieses „… für die Zöglinge der Bergschule hauptsächlich bestimmt(en) 2137 Hierbei handelte es sich um eine unmittelbar an die Bergakademie angekoppelte Einrichtung, die sich mit der Beschaffung und dem Verkauf von Mineralien beschäftigte; eine wissenschaftliche Darstellung ihrer Geschichte fehlt bislang. 2138 Die Schreibweise des Namens in den ausgewerteten Akten variiert zwischen Hofmann und Hoffman; für die vorliegende Arbeit wurde der Name Hoffmann gewählt. 2139 Vgl. dazu den Vortrag Werners vom 3. Juni 1795 (wie Anm. 2136). Vgl. dazu auch den Vortrag Werners vom 25. Apr. 1795, in: OBA 254, Bl. 159–165 b., hier Bl. 164 f. Letzterem war eine Mahnung des Landesherrn an das Oberbergamt zur Unterstützung und zugleich Entlastung Werners vorausgegangen. Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 27. März 1795 (wie Anm. 616), hier Bl. 228. 2140 Vgl. dazu Vortrag Werners vom 25. Apr. 1795 (ebd.). 2141 Patent des OBA an den Administrator Hoffmann vom 6. Juni 1795 (ausgehändigt am 19. Juni), in: UAF, OBA 9, Bl. 248 f. Vgl. dazu auch das Gesuch Hoffmanns vom 19. August 1795 (ebd.), Bl. 258–260, sowie den Bericht des OBA vom 22. Aug. 1795, in: UAF, OBA 254, Bl. 261–267, hier insb. Bl. 261–264. 2142 Bericht Erlers an das OBA vom 20. Juni 1795, in: UAF, OBA 254, Bl. 230. Dabei handelt es sich um die Bergschüler, Naumann, Walther, Partzsch und Hilbert. 2143 Vgl. dazu das Patent OBA vom 20. Juni 1795, in: ebd., Bl. 238 A. 2144 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 20. Nov. 1795 (wie Anm. 1010), hier Bl. 285. 1798 forderte der Landesherr einen erneuten Bericht über diese Unterrichtsform, da „… der Anlaß zu jener Einrichtung wenigstens zum Theil hinweg … [ge]fallen“ wäre. Inserat Kurfürst Friedrich Augusts vom 4. Juni 1798 (wie Anm. 1010), Bl. 187.

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Die Reform des sächsischen Bergschulsystems

…“ Unterrichts allerdings sollte dabei der Entscheidung des Oberbergamtes vorbehalten bleiben.2145 Nur wenige Monate darauf, am 9. März 1796, berichtete Hoffmann dann dem Oberbergamt ausführlich über den „Erfolg“ des von ihm durchgeführten Unterrichts.2146 Dieser wurde zwar später (nach 1800) von Hoffmann als „mineralogischer Bergschulunterricht“ weitergeführt,2147 gegen seine offizielle „Lehrerfunktion“ an der Erler’schen Bergschule vor 1800 sprechen aber Hoffmanns eigene Einlassungen in den Akten.2148 Er selbst trat ab dem 12. Juli 1798 als Protokollführer des Oberbergamtes an die Stelle von Köhler.2149 Aus dem Bericht Hoffmanns wird deutlich, dass er bei seinen Lehrvorträgen nur die Gegenstände behandelte, die zukünftige Bergbeamte bzw. Grubenvorsteher aus seiner Sicht für ihre praktische Tätigkeit benötigen würden. Die zeitweilige gemeinsame Unterrichtung von Bergschülern und Bergakademisten stand zweifelsohne im unmittelbaren (auch zeitlichen) Zusammenhang mit den vom Oberbergamt abgeforderten gutachtlichen Berichten zu Verbesserungen der bergakademischen Ausbildung.2150 Das Oberbergamt betrachtete zu dieser Zeit die Goldberg-/ Erler’sche ZR-Schule als immanenten Bestandteil der Bergakademie, bezeichnete sie auch in offiziellen Schreiben als solche, so in einem Patent an Hoffmann als die „… zur selbigen [Bergakademie - H.K.] gehörige(..) Bergschule …“2151

2145 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 20. Nov. 1795 (ebd.). 2146 Inwieweit dieser gemeinsame Unterricht von Bergschülern und Bergakademisten tatsächlich so „erfolgreich“, d. h. von Nutzen war, ist aus heutiger Sicht nur schwer zu beurteilen, zumal man berücksichtigen muss, dass der Unterricht für Hoffmann eine wichtige Geldeinnahmequelle bildete. Ein (selbst-)kritischer Bericht Hoffmanns, gar über einen Nichterfolg, war deshalb von vornherein kaum zu erwarten. Vgl. den Bericht Hoffmanns vom 9. März 1796, in: OBA 9, Bl. 290–295 b. Am 14. Mai 1796 musste er die ihm „versuchsweise anvertrauten Subjekte“ in diesem Fach auch prüfen. Vgl. dazu das Protokoll der Akademischen Konferenz vom 14. Mai 1796, (wie Anm. 975), Bl. 108 b. 2147 Vgl. dazu den „Extract der Akademie- und Stipendien-Gelder-Rechnung … von Trinitatis 1807 bis … Reminiscere 1808“, in: OBA 267, Bl. 26–28 b., hier Bl. 27 b., sowie den Epilog dieser Arbeit. 2148 Bei den von ihm selbst formulierten Arbeitsaufgaben nannte Hoffmann 1798 keine Bergschultätigkeit. Vgl. dazu das Protokoll des OBA vom 12. Juli 1798, in: UAF, OBA 26, Bl. 188– 197 b., hier insb. Vermerk Bl. 188 b. 2149 Vgl. dazu das Protokoll des OBA vom 12. Juli 1798 (ebd.). Köhler nahm ab 1800 eine „Ratsherrenstelle“ in Freiberg wahr. Vgl. dazu den Vortrag Werners vom 13. Dez. 1800 (wie Anm. 2007), hier Bl. 145 b., in dem der Bergrat Werner einen Hinweis auf Köhlers „Kränklichkeit“ gibt. 2150 Vgl. dazu das schon erwähnte Patent des OBA vom 11. Jan. 1794 (wie Anm. 2072), Bl. 4 f., welches die Anzeige vorhandener Mängel und Vorschläge zu deren Abhelfung zum Gegenstand hatte. Vgl. dazu auch den Abschnitt 3.2. 2151 Patent des OBA vom 20. Juni 1795 (wie Anm. 2143), Bl. 238 A.

Bergschulen als Vorbereitungsanstalten der Bergakademie

375

Ende des 18. Jahrhunderts/Beginn des 19. Jahrhunderts fanden an der Freiberger Bergschule2152 und an der Bergakademie aber auch sich gegenseitig z. T. überschneidende Ausbildungsmaßnahmen statt. So besuchte Christian August Repmann aus Wiesenburg bei Schneeberg von Ostern 1798 bis Ostern 1800 einerseits den Unterricht an der Freiberger Bergschule, hörte aber zugleich von Ostern 1799 bis Ostern 1801 auf der Bergakademie Vorlesungen über Bergbaukunst, Mathematik, Physik, Allgemeinen deutschen Stil und Mineralogie und nahm darüber hinaus auch am Unterricht in der Zeichenkunst teil.2153 Bei dem darüber vom Oberbergamtssekretär Köhler mehreren akademischen „Beneficiaten“ gebotenen „grammaticalischen Bergschul-Unterricht“ handelte es sich jedoch nicht um einen Bergschulunterricht im eigentlichen Sinne, sondern um die zusätzliche Ausbildung dazu bestimmter Bergakademisten, die ihre Grundkenntnisse in der deutschen Sprache verbessern sollten.2154 Von den insgesamt 26 zu Ostern 1800 an der Bergakademie eingeschriebenen „wirklichen Akademisten“, „Expectanten“ und „unentgeltlich Studierenden“,2155 die für einen späteren Einsatz im kursächsischen Staatsdienst vorgesehenen waren, hatten sieben vor ihrem Studium die Bergschule Freiberg und acht eine der obererzgebirgischen Bergschulen absolviert.2156 Von Letzteren wiederum besuchte einer ebenfalls die Bergschule Freiberg und zwei den (sicherlich gleichwertigen) privat erteilten Unterricht beim Schichtmeister Erler in Freiberg.2157 Einer der „Akademisten“ hatte Privatunterricht im Zeichnen beim Zeichenmeister Sieghard erhal2152 Der Name Bergschule erscheint in den ausgewerteten Akten Ende des 18. Jahrhunderts immer öfters. 2153 Vgl. dazu das Gesuch Repmanns (vermutlich ein Bruder des schon genannten Christian Ehregott Repmanns) vom 16. Juni 1801 um Ausstellung eines „Testimoniums“ und den entsprechenden Zeugnisentwurf des OBA vom 20. Juni 1801, in: UAF, OBA 389, Bl. 21–23, bzw. Bl. 24 f. 2154 Deswegen soll dieser Gegenstand hier nicht näher betrachtet werden. Vgl. zu dieser speziellen Ausbildung die jährlichen „Extract(e) der Akademie- und Stipendien-Gelder-Rechnung …“, so den von Trinitatis bis … Reminiscere 1808“, in: OBA 267, Bl. 26–28 b., hier Bl. 27 b., dto. von 1808–1809, in: UAF, OBA 268, Bl. 32–35, hier Bl. 33 b., dto. von 1809–1810, in: UAF, OBA 269, Bl. 32–36 b., hier Bl. 33 b., und dto. von 1813–1814, in: UAF, OBA 273, Bl. 43– 46 b., hier Bl. 45. 2155 Das waren die drei Hauptgruppen der sächsischen Studierenden, dazu kamen noch „Extraneer“, die nicht für den kursächsischen Staatsdienst vorgesehen waren und oft nur einen Teil der Ausbildung bzw. „Hilfswissenschaften“ studierten, sowie die sogenannten Ausländer, zu denen alle Nichtsachsen zählten und deren Anteil an den insgesamt Studierenden oft 50% und mehr ausmachte. 2156 Vgl. hierzu im Einzelnen die „Studien-Tabelle(n) [I, II, III] auf das mit Ostern 1800 eintretende 35ste akademische Lehrjahr …, in: UAF, OBA 259, Bl. 107–112 b. 2157 Vgl. dazu und den folgenden Zahlenangaben die „Studien-Tabelle(n) [I, II, III] (ebd.). Aus den Akteneinlassungen ist nicht immer klar erkenntlich, ob es sich um den regulären Bergschuloder Privatunterricht bei Erler handelte.

376

Die Reform des sächsischen Bergschulsystems

ten. Weitere acht der Studierenden konnten einen für das Bergfach relevanten Unterricht z. B. in Mathematik, Zeichnen, in der praktischen Markscheidekunst oder auch „in den zur Ingenieurkunst gehörigen Wißenschaften“ nachweisen, wobei als „Lehrer“ (neben Lempe) hierbei meist Bergbeamte – wie z. B. der Bergmeister Aurich von Altenberg – oder namentlich nicht genannte Privatlehrer z. B. aus Dresden oder Großkamsdorf fungierten.2158 Lediglich einer der studierenden Sachsen hatte nachweisbar vor seinem Studium weder eine der Bergschulen besucht noch einen privaten bergmännischen Unterricht erhalten – der „wirkliche Akademist“ Ullmann –,2159 bei einem weiteren, dem ersten „Hüttenstipendiaten“ Christiani, fehlen die diesbezüglichen Angaben.2160 Von den acht Antragstellern, welche im Frühjahr 1800 (neu) um Aufnahme auf die Bergakademie und das unentgeltliche Hören der Vorlesungen ersuchten, waren zwei Absolventen der Freiberger sowie zugleich einer der obererzgebirgischen Bergschulen,2161 fünf weitere hatten ähnlich, wie bei den schon unentgeltlich Studierenden bemerkt, privaten, auf eine spätere bergmännische Tätigkeit hin orientierenden Unterricht erhalten.2162 Tabelle IV_3_2d: Vorausgegangener Bergschulbesuch oder privater bergmännischer Unterricht „wirklich studierender“ Akadmisten der Bergakademie im Jahre 1800

Name des Akademisten

Bergschulbesuch

Sonstiger praktischer (privater) Unterricht

Freiberg

Oberes Erzgebirge

bei Schichtmeister Erler in Fbg.

bei Zeichenmeister Sieghard in Fbg.

Sonstiges

Ullmann

---

---

---

---

---

Haupt (später BS-Lehrer)

---

---

---

---

Zeichnen und Mathematik in Dresden

Graff

---

Schneeberg (3 Jahre)

x (1 Jahr)

---

---

Engelbrecht

---

---

---

---

Ingenieurkunst (vermutl. in Dresden)

2158 Prof. Lempe hatte einen solchen Mathematikunterricht dem „Expectanten“ Friedrich Freiesleben erteilt; vgl. dazu die „Studien-Tabelle(n) [I, II, III] (ebd.), hier Bl. 110; vgl. zum Unterricht in der „Ingenieurkunst“ ebd, hier Bl. 107–108 b. 2159 Ullmann studierte bereits fünf Jahre auf der Bergakademie; vgl. die „Studien-Tabelle(n) [I, II, III] (ebd.), Bl. 107 b.–108. Ungeachtet dessen wurde Ullmann später Oberberghauptmann in Polen; vgl. dazu die Festschrift 1866, S. 236. 2160 Vgl. dazu die Studien-Tabelle(n) [I, II, III] (ebd.), hier Bl. 111 b.–112. 2161 Vgl. hierzu im Einzelnen die „Studien-Tabelle [IV] auf das mit Ostern 1800 eintretende 35ste akademische Lehrjahr …“, in: UAF, OBA 259, Bl. 113–114 b. 2162 Vgl. dazu die „Studien-Tabelle [IV]“ (ebd.).

377

Bergschulen als Vorbereitungsanstalten der Bergakademie

Name des Akademisten

Bergschulbesuch

Sonstiger praktischer (privater) Unterricht

Freiberg

Oberes Erzgebirge

bei Schichtmeister Erler in Fbg.

bei Zeichenmeister Sieghard in Fbg.

Sonstiges

Lindig

---

---

---

---

Praktische Markscheidekunst (vermutl. in Großkamsdorf )

Freiesleben

---

---

Privatunterricht bei Erler in Fbg; (einige akademische Vorlesungen)

---

BS Freiberg (2 Jahre)

---

---

---

---

Brendel (später Oberkunstmeister)

---

Schneeberg (3 Jahre)

x (1 Jahr)

---

---

Richter

---

---

---

x (k.A.)

---

Fröbe

[Quelle: Studien-Tabelle I auf das Ostern 1800 eintretende 35. akademische Lehrjahr, in: UAF, OBA 259, Bl. 107–108 b.]

Tabelle IV_3_2e: Vorausgegangener Bergschulbesuch oder privater bergmännischer Unterricht sogenannter Expektanten der Bergademie im Jahre 1800

Name des Expektanten

Unger

Bergschulbesuch

Sonstiger praktischer (privater) Unterricht

Freiberg

Oberes Erzgebirge

bei Schichtmeister Erler in Fbg.

bei Zeichenmeister Sieghard in Fbg.

Sonstiges

---

Johanngeorgenstadt

---

---

---

Schnorr

---

Schneeberg

---

---

---

Scheidhauer

---

Johanngeorgenstadt

---

---

---

Hösel

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---

---

beim Bergmeister Aurich in Altenberg bergmännischen Unterricht (2 Jahre)

378 Name des Expektanten

Die Reform des sächsischen Bergschulsystems

Bergschulbesuch

Sonstiger praktischer (privater) Unterricht

Freiberg

Oberes Erzgebirge

bei Schichtmeister Erler in Fbg.

bei Zeichenmeister Sieghard in Fbg.

Sonstiges

Schmid

---

Schneeberg (1 ¼ Jahr)

---

---

---

Freiesleben

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beim BA-Kopisten Richter und Prof. Lempe in Freiberg (Ma); beim Zeichenmeister Sieghard (Z)

Müller

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Marienberg (2 ½ Jahre)

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---

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[Quelle: Studien-Tabelle II auf das Ostern 1800 eintretende 35. akademische Lehrjahr, in: UAF, OBA 259, Bl. 109–110 b.]

Tabelle IV_3_2f: Vorausgegangener Bergschulbesuch oder privater bergmännischer Unterricht sonstiger unentgeltlich Studierender der Bergakademie im Jahre 1800

Name sonstiger Studierender

Bergschulbesuch Freiberg

Sonstiger praktischer (privater) Unterricht

Oberes bei SchichtErzgebirge meister Erler in Fbg.

bei Zeichenmeister Sieghard in Fbg.

Sonstiges

Rülke

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9 Jahre Arbeit in der Rezessschreiberei

Franke

bei Goldberg (2 Jahre), bei Erler (2 Jahre)

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von Zedtwitz

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bergmännischer Unterricht in Eisleben

Dammann

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bergmännischer Unterricht in Eisleben

Kraft

BS Freiberg

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Oesterreich

BS Freiberg

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Repmann

BS Freiberg

Schneeberg

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Franke

BS Freiberg

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Bergschulen als Vorbereitungsanstalten der Bergakademie

Name sonstiger Studierender Klemm Christiani (erster Hüttenstipendiat)

Bergschulbesuch Freiberg

Sonstiger praktischer (privater) Unterricht

Oberes bei SchichtErzgebirge meister Erler in Fbg.

bei Erler (3 Jahre)

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k. A.

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bei Zeichenmeister Sieghard in Fbg.

Sonstiges

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[Quelle: Studien-Tabelle III auf das Ostern 1800 eintretende 35. akademische Lehrjahr, in: UAF, OBA 259, Bl. 111–112 b.]

Bei diesem Status der Freiberger Bergschule bzw. (mit Einschränkungen) der obererzgebirgischen SRZ-Schulen als Vorstudienanstalten der Bergakademie blieb es auch unter von Benno Heynitz’ Nachfolger, dem Oberberghauptmann Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra.2163 Erst unter dem späteren Oberberghauptmann Siegmund August Wolfgang Freiherr von Herder sollte diese Entwicklung zumindest teilweise wieder rückgängig gemacht werden.2164 Der erreichte Stand des gesamten Bergschulunterrichts 1795, die notwendig werdenden Veränderungen, aber zum Teil auch grundlegende Fragen zur Wertigkeit des erteilten Schulunterrichts werden aus den jährlich eingereichten Berichten der einzelnen Bergämter ersichtlich.2165 Um die Situation an einer der obererzgebirgischen SRZ-Schulen einmal nachvollziehbar zu machen, soll im Folgenden auf ein aussagekräftiges Zeitdokument, nämlich den Bericht des Bergamtes Altenberg vom 15. März 1796 näher eingegangen werden. Nach diesem Bericht an das Oberbergamt war die im Altenberger Bergrevier existierende „Berg-Rechen-Schreibe- und Zeichenschule“ schon seit ihrer Entstehung „von den übrigen gemeinen Knappschaftlichen Schul-Anstalten2166 gänzlich getrennt“.2167 Dabei hätten jedoch in Altenberg die „Bergknaben“ an den „gemeinen knappschaftlichen Schulanstalten“ neben Unterricht im Lesen und Christenthum zugleich den für ihre zukünftige „Lebens Art“ erforderlichen Unterricht im 2163 Vgl. dazu den Abschnitt 9.1 (Epilog). 2164 Vgl. Näheres dazu ebd. Vgl. zur beruflichen Laufbahn Freiherrn von Herders den Abschnitt 9.1. 2165 Vgl. dazu die Berichte der einzelnen BÄ in: BergA, OBA 2257, Bl. 1–107. 2166 Auch aus dieser Formulierung wird die unterschiedliche „Wertigkeit“ des Unterrichts an einer SRZ-Schule und einer Knappschaftlichen Schulanstalt deutlich. 2167 Bericht des BA Altbg. vom 15. März 1796, in: BergA, OBA 2257, Bl. 78–98, hier Bl. 78.

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Die Reform des sächsischen Bergschulsystems

Rechnen und Schreiben bei den „ordentlichen Schullehrern“ bezogen.2168 Wenn diese Angabe des Bergamtes wahr ist – und es besteht kein Grund, an ihr zu zweifeln – wäre dieses Bergrevier hierin den meisten anderen obererzgebirgischen Bergrevieren voraus gewesen, hätte für die Bergmannskinder männlichen Geschlechts somit ein ähnlich erweiterter Elementarunterricht stattgefunden, wie dies für ihre Altersgenossen in Freiberg der Fall war.2169 Das Bergamt wollte es auch gern bei dieser erweiterten Unterrichtsversorgung belassen, da ansonsten die mit der Wegnahme des zusätzlichen Rechen- und Schreibunterrichts von den Lehrern der örtlichen Schulen verbundene „Schmälerung dieses kleinen Zuschusses, bey ihren so geringen Einkünften“ den Lehrern „sehr schmerzlich seyn“ würde.2170 Außerdem sei dem Rezessschreiber Rudolph als Lehrer an der Altenberger Rechen- und Schreibeschule die Übertragung auch dieses Schreibunterrichts wegen seiner übrigen umfangreichen Dienstverpflichtungen nicht zuzumuten.2171 Diese Aussage macht zugleich deutlich, dass die Funktion eines Bergschullehrers an einer SRZSchule in der Regel nicht dessen Hauptbeschäftigungsfeld ausmachte, sondern mehr oder weniger als zusätzliches Aufgabengebiet zu seinen sonst üblichen Dienstgeschäften, die oft in der Ausübung einer Schichtmeisterfunktion bestand, anzusehen war. Die hier deutlich werdende umfassende Aufsichtsfunktion des Bergamtes über alle Formen des Bergschulunterrichts ist auch aus dessen an die Knappschaftsältesten bzw. Knappschaftsvorsteher gerichteten Empfehlungen zu erkennen, einerseits „auf die Aufführung der den freyen Unterricht geniesenden Berg-Jugend“ auch außerhalb der Schulstunden zu achten, andererseits durch eigene Vertreter selbst Schulstunden besuchen zu lassen bzw. sich „genaue Erkundigung“ über diese einzuholen oder Prüfungen der „Scholaren“ beizuwohnen.2172 Zugleich wird hieraus auch die „Doppelaufsicht“ offensichtlich, die von den im Auftrag des Landesherrn tätigen Bergbehörden – dem Oberbergamt bzw. den örtlichen Bergämtern – und von den Geld gebenden Knappschaften bzw. Gewerken ausgeübt wurde. Dabei erstreckte sich diese Aufsicht über das Verhalten der mit finanzieller Beihilfe lernenden Kinder sogar auf deren Freizeitbereich, wie aus einem Bericht des Ober2168 Bericht des BA Altbg. vom 15. März 1796 (ebd.), Bl. 78 b. 2169 Dies dürfte seine Hauptursache in der besonderen Rolle und den finanziellen Möglichkeiten der örtlichen Zwitterstocks-Gewerkschaft gelegen haben. 2170 Bericht des BA Altbg. vom 15. März 1796, (wie Anm. 2167), Bl. 78 b. Das Bergamt Altenberg argumentierte somit ähnlich, wie in Marienberg, als nach dem Tode des dortigen SRZ-Schullehrers Becher eine teilweise Übertragung des Schreibeunterrichts an örtlich geeignete Lehrer erfolgte. Diese hier zum Ausdruck gebrachte Sorge des Bergamtes Altenberg um die Einkünfte der örtlichen Lehrer ist insoweit interessant, als sich darin eine gewisse soziale Befindlichkeit und Verantwortung dieser Behörde zeigt. 2171 Bericht des BA Altbg. vom 15. März 1796 (ebd.), Bl. 78 b.–79. 2172 Bericht des BA Altbg. vom 15. März 1796 (ebd.), Bl. 80 b.–81.

Bergschulen als Vorbereitungsanstalten der Bergakademie

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bergamtes über ein anderes Bergrevier zeigt: „Das B.A. [Schneeberg – H.K.] habe den Knappsch[afts] Vorstehern und [Knappschafts-]Aeltesten die fleißige Aufsicht auf die mit Schulgeld unterstützten Kinder außer den Lehrstunden besonders anempfohlen, auch würde es selbst bisweilen die Schulen besuchen und für die Zukunft, von der Erlaubnis Prämien auszutheilen[,] Gebrauch machen.“2173 Klagen der Altenberger Lehrer der „gemeinen Berg Schul-Anstalt [an den öffentlichen Schulen für die Bergmannskinder – H.K.]“, nämlich des dortigen Rektors Magister Jentsch bzw. des Kantors Lohse über den ungenügenden Schulbesuch der Bergmannsknaben, die sich oft mit „… Nässe, Erkältung, Erschöpfung und Müdigkeit entschuldigten“, leitete das Bergamt an das Oberbergamt weiter.2174 Die durch das Bergamt ausgeübten Kontrollen hätten den Ausführungen des Bergamtes zufolge zudem bestätigt, dass in den ersten vier Wochentagen „fast keiner, und Freytags und Sonnabends nur die wenigsten Knaben die Schulstunden frequentieren“ würden.2175 Der unregelmäßige Schulbesuch sowohl von (nicht anfahrenden) Bergmannskindern als auch von (anfahrenden) „Poch- und Wäschknaben“ im Bergrevier Altenberg schien überhaupt besonders ausgeprägt gewesen zu sein, denn entsprechende Nachrichten darüber und die dagegen einzuleitenden Maßnahmen bildeten wiederholt den Gegenstand von Berichten des Bergamtes an das Oberbergamt und von Letzterem an den Kurfürsten.2176 Das Bergamt forderte eine zweckmäßigere „Haltung und Abwartung der Schulstunden“.2177 Es erwähnte zugleich seine eigenen Bemühungen um ein zeitigeres „Schichtmachen(..)“ der Pochknaben2178 des „Zwitterstocks und dessen tiefen Erbstollens(s)“, welche jedoch bis dahin keinen Erfolg gezeitigt hätten.2179 Die beiden Gewerkschaften würden nämlich erklären, dass die „Poch- und Wäschknaben“ „vor 6 Uhr Abends[!] nicht zu entbehren“ seien, obwohl das Bergamt den entsprechenden Vorwand der Gewerk-

2173 Tabellarische Anzeige zum Bericht des OBA vom 3. Mai 1796 (wie Anm. 1157), hier Bl. 123. Ähnlich lauteten die Berichte der übrigen Bergämter. Vgl. ebd., Bl. 122 f. Hervorhebungen d.d.A. 2174 Bericht des BA Altbg. vom 15. März 1796, (wie Anm. 2167), Bl. 80 b. 2175 Bericht des BA Altbg. vom 15. März 1796 (ebd.). 2176 Vgl. dazu u. a. den Bericht des BA Altbg. vom 9. März 1797, in: BergA, OBA 2257, Bl. 245–255. 2177 Bericht des BA Altbg. vom 15. März 1796, (wie Anm. 2167), Bl. 81 b. 2178 Das Bergamt meinte hier das von ihm angestrebte zeitigere Schichtende anfahrender Bergmannsknaben, um deren regelmäßigen Schulbesuch zu erzwingen. 2179 Bericht des BA Altbg. vom 15. März 1796 (wie Anm. 2167), Bl. 81 b. Einige Jahre später scheint sich aber dieses frühere „Schichtmachen“ für die Kinder zum Zwecke der Wahrnehmung des Schulbesuchs durchgesetzt zu haben, wie aus einem Bericht aus dem Freiberger Bergrevier hervorgeht, wonach jeder anfahrende Bergknabe „… der Schule wegen eher als gewöhnlich von der Grube … gehen“ darf. Bericht [vermutlich] Beyers an das OBA, [um 1802] (wie Anm. 1069), hier Bl. 64 b.

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Die Reform des sächsischen Bergschulsystems

schaften bereits widerlegt habe.2180 Andererseits pflichtete aber das Altenberger Bergamt der Auffassung der Gewerkschaften, wonach es „der guten Absicht nicht ganz angemessen (schiene), wenn die Knaben nach 11-stündiger[!] Anstrengung und Ermüdung noch zu Schule gehen ...“ müssten, bei.2181 Dem Vorschlag der Altenberger Gewerkschaften jedoch, den Unterricht der anfahrenden Bergmannsknaben auf Samstag nachmittags bzw. Sonntag – da die Knaben an diesen Tagen nicht durch Arbeit ermüdet wären – nach dem Kirchgange zu verlegen, widersprach die Behörde vehement. Sie wendete ein, dass den Lehrern, die den größten Teil des Sonntags mit Gottesdienst beschäftigt wären, nicht auch noch dieser Unterricht zu übertragen sei, sie diesen „noch übrigen einzigen Ruhetag“ nicht auch noch würden entbehren können.2182 Für die Argumentation der Zwitterstockgewerkschaft, den Unterricht der anfahrenden Bergmannskinder deshalb in Frage zu stellen, weil die „Poch- und Wäschknaben“ in der Regel in dem Alter seien, in dem sie bereits Unterricht im Christentum erlangt hätten und zur „Communion gegangen wären“, lassen sich zuerst ökonomische Zwänge vermuten, denn an deren fachbezogener Ausbildung waren die Gewerken ganz sicher interessiert.2183 Letztere Annahme wird durch die Argumentation des Bergamtes selbst gestützt, denn dieses habe bei seinen „Prüfungen“ über eine „große(..) rohe(..) Unwissenheit“ berichten müssen.2184 Der elementare Schulunterricht für die Bergjugend, um den sich das Bergamt Altenberg sehr bemühte, war auch 1795 noch nicht überall Normalität. Dies belegt die von dem Amt zitierte „Besorgniß“ der „Stockgewerkschaftlichen Inspektion“ über befürchtete Folgen des Unterrichts der Bergmannskinder. Die Inspektion hatte nämlich behauptet, durch den angebotenen Schulunterricht sei ein

2180 Bericht des BA Altbg. vom 15. März 1796 (ebd.), Bl. 82. 2181 Bericht des BA Altbg. vom 15. März 1796 (ebd.), Bl. 83. Hieraus wird zugleich die durchschnittliche tägliche Arbeitszeit der Wäsch- und Pochwerksknaben ersichtlich. Ermüdung und Erschöpfung der Kinder hatten schon die Lehrer der Altenberger Elementarschulen, Jentsch und Lohse, angezeigt. Vgl. dazu ebd., Bl. 80 b. 2182 Bericht des BA Altbg. vom 15. März 1796 (ebd.), Bl. 84 b. Hieraus wird auch die damals noch enge Verbindung des Schuldienstes mit dem des Kirchendienstes sichtbar; Lehrer übten vielfach beide Tätigkeiten nebeneinander aus. Ähnlich wurde auch in einem Bericht aus Erbisdorf argumentiert, in welchem der Verfasser einer angestrebten Verlegung der Schule für anfahrende Bergmannskinder auf Sonnabend widersprach, da „wenn nicht wenigstens 2 oder 3 Tage wöchentlich hintereinander Schule gehalten werden könnte, … dasjenige so Sonnabends gelehret würde, die Woche über wieder in Vergessenheit käme.“ Bericht, vermutlich vom Verwalter der Bergschulkasse, Stollnobersteiger Beyer [um 1802] (wie Anm. 1069), hier Bl. 64. 2183 Vgl. dazu den Bericht des BA Altbg. vom 15. März 1796 (wie Anm. 2167), Bl. 83. 2184 Bericht des BA Altbg. vom 15. März 1796 (ebd.).

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„Emporstreben der arbeitenden Menschen Claße, und eine Sehnsucht nach einem höheren Stande“ zu befürchten und, dass diese „Claße“ „anstatt zu gehorchen und selbst zu arbeiten, befehlen, und nur Arbeit anordnen könnte(..)“.2185

Hiervon distanzierte sich die Bergverwaltungsbehörde allerdings wegen der „Leere, Schiefe“ sowie der ganzen „Falschheit“ dieser Ausführungen. Es führte stattdessen an, dass, da der von der Stockgewerkschaftsinspektion kritisierte Unterricht ja auf die „ersten vornehmsten Wahrheiten der christlichen Religion, nebst nothdürftige(m) Schreiben und Rechnen einschränkt“ sei, „wohl unmöglich irgend ein gefährliches Emporstreben“ zu befürchten wäre.2186 Das Bergamt erblickte in allen Weigerungen der beiden Altenberger Gewerkschaften lediglich den Versuch, die gutgemeinten Absichten zur „Kränkung und Schmälerung der bergamtlichen Autorität … zu hintertreiben“.2187 Es sah sich deshalb sogar veranlasst, um den „kräftigsten Hohen Schuz [also den des Oberbergamtes – H.K.]“ zu ersuchen, da das Verhalten der Gewerkschaftsinspektionen auf die „Subordination ihrer Vorsteher und Arbeiter einen täglich mehr zunehmenden nachteiligen Einfluß gewinn(en)“ würde.2188 Ungeachtet seiner eigenenen, gegenteiligen Argumentation schlug das Bergamt vor, den sowieso kaum besuchten Unterricht an den ersten vier Arbeitstagen der Woche gänzlich zu streichen und diesen nur Freitags „von halb 5. bis halb 7. Uhr, und Sonnabends von 1. bis 5. Uhr Nachmittags“ erteilen zu lassen, was einer Kapitulation der Behörde gegenüber den vorgeschobenen Begründungen der Gewerkschaftsvertreter gleichkam.2189 Dieser Vorschlag ist anscheinend umgehend umgesetzt worden, wie sich aus einem ein Jahr später erstatteten Bericht des Bergamtes Altenberg ergibt. Danach hatte, obwohl für die „… Altenberger und Geißinger Wäschknaben die Einrichtung getroffen worden (sei), dass selbige blos Freytags 2, und Sonnabends Nachmittags jedesmal 3 Stunden die Schule frequentieren soll(t)en“, der Schullehrer nach wie vor über Schulversäumnisse geklagt.2190 Ab 1795 zeichnete sich ein neues jährliches Berichtssystem über das Bergschulwesen ab. In einem Reskript des Landesherrn vom Mai 1795 hatte dieser verlangt, dass das Oberbergamt bei seinen künftigen tabellarischen Berichten zwischen den 2185 Bericht des BA Altbg. vom 15. März 1796 (ebd.), Bl. 83 b. 2186 Bericht des BA Altbg. vom 15. März 1796 (ebd.), Bl. 83 b.–84. Das Bergamt nahm hier gegenüber den Vertretern der Zwitterstockgewerkschaften eine offensichtlich an der Aufklärung orientierte Position ein, während Letztere die Bergmannskinder in den ihnen „zugewiesenen“ Stand verbleiben sehen wollte. Aus dem Bergamtsbericht wird zugleich der tatsächliche Umfang des vermittelten Elementarunterrichts deutlich. 2187 Bericht des BA Altbg. vom 15. März 1796 (ebd.), Bl. 84. 2188 Bericht des BA Altbg. vom 15. März 1796 (ebd.). 2189 Bericht des BA Altbg. vom 15. März 1796 (ebd.), Bl. 85. 2190 Bericht des BA Altbg. vom 9. März 1797 (wie Anm. 2176), hier Tabelle Bl. 255. Das Bergamt beabsichtigte gegen den mangelnden Schulbesuch der Bergmannskinder mit den ihm möglichen Zwangsmitteln vorzugehen. Vgl. dazu ebd.

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Die Reform des sächsischen Bergschulsystems

„… Berg- oder Rechen- und ZeichnenSchulen2191 und den knappschaftichen Schulanstalten eine durchgängige Absonderung …“ vornehmen solle.2192 Dies bedeutete nicht nur die zukünftig strenge inhaltliche Unterscheidung, sondern in der Folge auch eine getrennt vorzunehmende Berichterstattung über beide Schultypen. Neben einer kurzen Übersicht über das Bergschulwesen in dem ihrer Aufsicht unterstehendem Bergrevier insgesamt wurden die Bergämter verpflichtet – so wie es auch in dem von Schirndingschen „Entwurf eines Schematis zu der Knappschaftlichen Berg Schul-Rechnung“ vorgesehen war –2193 all das in tabellarischen Übersichten aufzuführen, was ihre „Knappschaftlichen Schulanstalten“ betraf. Dazu gehörten a) ökonomische Übersichten über Einnahmen und Ausgaben für diese Schulanstalten, b) eine Tabelle über das in diesen versorgte „Personal [hier die Anzahl der unterrichteten Kinder – H.K.]“, c) eine Übersicht über sämtliche Gelderfordernisse, einschließlich der Angaben über die erwünschten landesherrlichen Beihilfen, d) eine weitere Tabelle mit personenbezogenen Angaben zu den Knappschaftslehrern sowie über das in den jeweiligen Knappschaftsschulen vorhandene Inventar, und schließlich e) Ausführungen zu festgestellten Mängeln sowie die Einreichung von Verbesserungsvorschlägen darüber, wie Letzteren abgeholfen werden könnte.2194 Die Entwicklung der in den größeren obererzgebirgischen Bergrevieren vorhandenen SRZ-Schulen war von den Bergämtern dagegen ab dem Schuljahr 1796 in einer neuen, gesonderten Abrechnung darzustellen. Der Landesherr forderte dazu im erwähnten Reskript das Oberbergamt auf, „… die jährliche über die Bergschulen [hier die SRZ-Schulen des oberen Erzgebirges – H.K.] separatim einzureichende Hauptanzeige fürs Künftige zugleich auf die Freiberger Bergschule mit zu erstrecken.“2195 Ab den Schuljahren 1795/1796 änderte sich dann tatsächlich das Melde- und Abrechnungsregime der einzelnen Bergämter gegenüber dem Oberbergamt bzw. des Letzteren gegenüber dem Landesherrn in Bezug auf die Knappschaftlichen 2191 Aus dieser Formulierung wird die begriffliche Gleichsetzung von Berg- bzw. Zeichen- und Rechenschulen deutlich. Der Landesherr verstand darunter sowohl die Freiberger Einrichtungen als auch die des oberen Erzgebirges, wobei sich anfänglich der Name Bergschule eher auf die Freiberger Einrichtung bezog. 2192 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 1. Mai 1795 (wie Anm. 1533), hier Bl. 152 b. 2193 Vgl. dazu von Schirndings Entwurf als Anlage zu seinem Vortrag vom 16. Sept. 1794 (wie Anm. 1930), Bl. 133 ff. 2194 Vgl. dazu im Einzelnen von Schirndings Entwurf vom 16. Sept. 1794 (ebd.). 2195 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 1. Mai 1795 (wie Anm. 1533), hier Bl. 154 b.

Bergschulen als Vorbereitungsanstalten der Bergakademie

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Schulanstalten bzw. die „eigentlichen Bergschulen“.2196 Unter Hinweis auf das mehrfach erwähnte kurfürstliche Reskript vom 1. Mai 1795 erklärte das Oberbergamt nicht nur, dass sich zukünftig die bergamtliche Berichterstattung über die Knappschaftlichen Schulanstalten auch auf die „… hiesige Freyberger Revier zugleich mit … erstrecken“ solle,2197 sondern forderte darüber hinaus, aus dieser Berichterstattung „… aber die Gegenstände der Rechnen u[nd] Zeichenschulen oder sogenannten eigent[lichen] Bergschulen … wegzulassen …“2198 Über Letztere sollte stattdessen ein eigenständiger Bericht eingereicht werden.2199 Ungeachtet jedoch der angezeigten völligen „Absonderung“ dieser Berichterstattung über die SRZ-Schulen führte das Oberbergamt selbst noch im Schuljahr 1796 in seinem Bericht an den Landesherrn den von den Bergämtern ermittelten Geldbedarf zur Unterstützung der Letzteren in einem gesonderten Verzeichnis auf.2200 Als aber im Jahre 1800 das Bergamt Suhl anteilig höhere Schulgeldforderungen als die anderen kursächsischen Bergrevieren beantragte (weswegen das Oberbergamt die Einführung eines weiterführenden Schreib- und Rechenunterricht an der dortigen Knappschaftlichen Schulanstalt vermutete), kritisierte Bergkommissionsrat von Schirnding dieses Bergamt, weil es „… überhaupt den Zweck der knappschaft[lichen] SchulAnstalt, nämlich die Ertheilung des Unterrichts im Christenthum und Lesen überschreite(..)n [würde], … es auch damit eine Schreibe- und Rechnen Schule zu vereinigen sucht(e), … welches doch nicht statt finden mag ...“2201 Das neue Verfahren über die jährliche Abrechnung der an den Berg- bzw. SRZSchulen statthabenden Entwicklung gestaltete sich dabei in etwa wie folgt: Zunächst führte das berichterstattende Bergamt in tabellarischer Form den jeweiligen Bergschullehrer und dessen Funktion innerhalb der Bergverwaltung auf,2202 gab die Anzahl der von diesem unterrichteten Bergmannskinder und deren Alter sowie den Zeitraum an, seit welchem diese die gesonderten Bergschulen besuchten. Zugleich zeigte das Bergamt an, wer die besten Schüler an diesen Schulen wären, was für ein Finanzaufwand im vergangenen Schuljahr zu deren Unterrichtung erforderlich gewesen war, aus welchen einzelnen Fonds dieser gedeckt werden 2196 Bericht des OBA vom 30. März 1796 (wie Anm. 1950), hier Bl. 109. 2197 Das Oberbergamt fügte deshalb in seinem Bericht auch Angaben über den gewerkschaftlich finanzierten Schulunterricht der „Bergknaben“ bzw. den knappschaftlich finanzierten der „Bergmädchen“ im Freiberger Revier ein. Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 30. März 1796 (ebd.), hier Bl. 109 f., sowie die tabellarischen Anzeige zum Bericht, Bl. 126–130 b. 2198 Bericht des OBA vom 30. März 1796 (ebd.), hier Bl. 109 f. 2199 Vgl. den Bericht des OBA vom 30. März 1796 (ebd.). 2200 Vgl. den Bericht des OBA vom 30. März 1796 (ebd.), hier die Tabelle Bl. 130 b. 2201 Bericht von Schirndings vom 24. März 1800 (wie Anm. 1168), hier Bl. 95. 2202 Meistens handelte es sich dabei um vor Ort tätige Schichtmeister. Vgl. dazu Näheres im Abschnitt 5.2 sowie in der tabellarischen Übersicht zur Vita der Bergschullehrer (Tab. V_2_1) im Anhang.

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Die Reform des sächsischen Bergschulsystems

würde und welchen zusätzlichen Geldbetrag man aus der Freiberger Oberzehntenkasse benötige, um den Unterricht im laufenden Schuljahr finanziell abzusichern. So berichtete z. B. das Bergamt Johanngeorgenstadt (unter ausdrücklichem Bezug auf das kurfürstliche Reskript vom 1. Mai 1795 sowie das entsprechende Patent des Oberbergamtes vom 13. Juni 1795) dem Oberbergamt am 30. Juni 1796, dass es „… nicht nur zwischen den Berg- oder den besonderen Zeichnen- Rechnen- und Schreibe-Schulen, und den knappschaftlichen Schulanstalten eine durchgängige Absonderung getroffen“ habe, sondern dementsprechend bereits im Bericht vom 12. Februar des gleichen Jahres die notwendigen Geldmittel beantragt habe.2203 Das Oberbergamt seinerseits brachte sämtliche Angaben der Bergämter in eine tabellarische Übersicht, wobei es jetzt ebenfalls streng zwischen den Ausgaben beider Schulformen unterschied. Schließlich meldete es (unter Beifügung der relevanten Akten) den finanziellen Bedarf jedes Bergamtes für alle Formen der bergmännischen Bildung – jedoch getrennt nach dem Bedarf für die jeweilige Bildungseinrichtung – dem Landesherrn. Der Kurfürst wiederum erließ auf der Grundlage der oberbergamtlichen Berichterstattung ein entsprechendes Reskript an diese Bergbehörde, in welchem er genauso wie Letztere zwischen den unterschiedlichen Schulantypen differenzierte.2204 Fast zeitgleich berichtete das Oberbergamt innerhalb seiner jährlichen Hauptanzeigen über die um Aufnahme auf die Bergakademie bzw. um Studienfortsetzung Ersuchenden dort, wo es eine Qualifizierung an einer der Bergschulen für erforderlich hielt, dem Landesherrn und unterbreitete entsprechende Bildungsempfehlungen.2205 Ein vom Freiberger Oberbergamt am 18. März 17972206 an den Kurfürsten eingereichter Bericht über den Zustand der Knappschaftlichen Schulanstalten in sämtlichen Bergrevieren dokumentiert das angezeigte Meldeverfahren, einschließlich der dabei erfolgten Finanzierungsmodalitäten.2207 Dieser Bericht dokumentiert trotz aller Bemühungen um eine Verfahrensvereinheitlichung die weiterhin vorhandenen revierspezifischen Besonderheiten der Finanzierung, die sich im Einzelfall auch auf die Unterrichtsversorgung auswirkten.2208 Während in den meisten 2203 Bericht des BA Jhgstdt. vom 30. Juni 1796 (wie Anm. 1550), hier Bl. 152 f. 2204 Vgl. dazu als Beispiel den Aufbau der Oberbergamtsakte OBA 2256 für die Schuljahre 1794 und 1795, dabei vor allem die Berichte der einzelnen Bergämter, Bl. 1–118, den Bericht des OBA vom 11. Febr. 1795 (wie Anm. 1354), sowie das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 1. Mai 1795 (wie Anm. 1253), Bl. 128–131. 2205 Vgl. dazu den Aktenbestand des UAF über „die bey der Berg-Akademie wegen der Stipendiaten und Anhörung der Vorlesungen zu treffenden Einrichtungen …“, stellvertretend die Akte UAF, OBA 254. 2206 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 18. März 1797, in: BergA, OBA 2257, Bl. 268–287. 2207 Vgl. dazu Näheres in Abschnitt 5.1. 2208 Vgl. dazu z. B. den besonders organisierten Unterricht der Altenberger „Wäschknaben“; vgl. hierzu den Abschnitt 3.1.

Bergschulen als Vorbereitungsanstalten der Bergakademie

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der obererzgebirgischen Bergreviere der Elementarunterricht der Bergmannskinder weiterhin v. a. aus Einnahmen der örtlichen Knappschaften sowie landesherrlichen Beihilfen aus der Freiberger Oberzehntenkassen finanziert wurde, stellten in den Bergämtern Altenberg und Johanngeorgenstadt die dortigen Gewerkschaften nach wie vor zusätzliche Geldmittel zur Unterrichtsfinanzierung der anfahrenden männlichen Bergmannskinder – die dem Bergschulunterricht zugute kamen – zur Verfügung. In Freiberg war neben den gewerkschaftlich finanzierten Unterricht der männlichen Bergjugend nun ein knappschaftlich finanzierter Unterricht von Bergmannsmädchen getreten, so dass zumindest in dieser Beziehung eine gewisse Einheitlichkeit bei der Unterrichtsversorgung zwischen den verschiedenen Bergrevieren existierte. Der erreichte Stand der Verfassung des Bergschulwesens zum Ende dieser Phase durchgeführter Reformmaßnahmen bestätigt, dass der Bergschulunterricht nie zum Selbstzweck erfolgte, sondern stets an den von der Bergverwaltung ermittelten tatsächlichen „Bedarf“ gekoppelt war. Dies belegen verschiedene in den Akten überlieferte Ausführungen der Vertreter der beteiligten Bergverwaltung, insbesondere aber der Inhalt des kurfürstlichen Reskripts vom 22. Dezember 1797 – also unmittelbar zum Ausgang dieser Reformen. Der Landesherr forderte darin das Oberbergamt ausdrücklich auf, „…die Einrichtung der Bergschulen … dem Zweck und Erfordern gemäß …“ vorzunehmen.2209 Insbesondere jedoch hätte es dabei „… auf die Größe des anfahrenden Personals und insonderheit auf die Anzahl der Steiger, welche in jedem BergamtsRevier theils überhaupt vorhanden, theils von Zeit zu Zeit … neu anzustellen ... (seien), behörige Rücksicht …“ zu nehmen.2210

Das Oberbergamt besaß die volle Kontrolle über die Entwicklung des kursächsischen Bergschulwesens. Um dessen Entwicklung stets einschätzen und die notwendigen Entscheidungen – einschließlich der auf finanziellem Gebiet – treffen zu können, sandte man im Einzelfall Vertreter des Oberbergamtes zu Revisionsreisen in die Bergreviere.2211 So weilte der „Dominus Commissarius“ Carl Wilhelm von Oppel im Juni 1798 im Bergrevier Johanngeorgenstadt und inspizierte sämtliche dort vorhandenen „Bergschul-Anstalten“,2212 dabei auch die „Pollerische Klöppelschule“, die von Oppel „… für gut und zweckmäßig, auch in der Schule selbst sehr viel Ordnung gefunden“ wurde.2213 Fast zeitgleich musste sich Bergkommissionsrat 2209 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 22. Dez. 1797, BergA, OBA 2258, Bl. 8 f. 2210 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 22. Dez. 1797 (ebd.). 2211 Diese Revisionen erfolgten offensichtlich nach den von Bergkommissionsrat von Schirnding gemachten Vorschlägen. Vgl. dazu den Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794 (wie Anm. 1394), Bl. 186 b. 2212 Revisionsprotokoll des BA Jhgstdt. vom 16. Juni 1798 (wie Anm. 1737). 2213 Revisionsprotokoll des BA Jhgstdt. vom 16. Juni 1798 (ebd.), Bl. 152.

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Die Reform des sächsischen Bergschulsystems

von Könnern im Bergrevier Marienberg mit Fragen des Bergschulunterrichts und dessen Finanzierung beschäftigen.2214 Ein weiterer Vertreter des Oberbergamtes, Bergrat Freiherr von Gutschmid, begab sich drei Wochen später zu einer Revisionsreise in das benachbarte Bergrevier Annaberg, wo er u. a. Möglichkeiten der Vermehrung des Fonds der dortigen Schulanstalten überprüfte; sein Hauptaugenmerk hatte er dabei auf Bedingungen für das Verfahren von Betschichten gelegt, wobei er vom Bergamt auf die Gründe des Missverhältnisses zwischen Einnahmen und Ausgaben der dortigen Knappschaftskasse aufmerksam gemacht wurde.2215 All diese Beispiele belegen, welche Bedeutung das Oberbergamt der Entwicklung des Bergschulwesens beimaß. Auch nach 1800 blieb es für über zwei Jahrzehnte bei der Rolle der Freiberger Bergschule bzw. der obererzgebirgischen SRZ-Schulen als Ausbildungsstätten für Steiger und Geschworne, wobei erstere Einrichtung zugleich als unmittelbare „Vorstudienanstalt“ der Freiberger Bergakademie fungierte. Die Bergverwaltung – Oberbergamt und Revierbergämter – fühlte sich dabei aber für die gesamte „Palette“ an „Typen“ bergmännischer Schulanstalten und damit die Bildung der dort angemeldeten Bergmannskinder zuständig und verantwortlich. Dies belegt u. a. ein Bericht des Bergamtes Johanngeorgenstadt aus dem Jahre 1801, in welchem sich die Behörde die Einmischung seitens der christlichen Schulaufsichtsbehörden verbat(!):2216 „Was aber endlich den Unterricht der PochKnaben anlanget, so dürfte wohl E[uer] Wohllöb[liche] Schul-Inspektion zu weit gehen, wenn sie uns darinnen Vorschriften machen [will], zu welchem Schullehrer wir solche schicken sollen.“2217

Im Vergleich zu den ersten Jahren der Existenz des Bergschulwesens in den einzelnen Bergrevieren hatte sich ausgangs des 18. Jahrhunderts aber auch der Elementarschulunterricht erheblich verbessert, erhielten wesentlich mehr Kinder die nach der Erneuerten Schulordnung von 1773 obligatorische Ausbildung im Christentum und Lesen, bzw. (in Freiberg) auch im Schreiben und Rechnen. Im letzten Jahr vor Einrichtung des Allgemeinen Schulfonds (1797) waren es immerhin insgesamt 2214 Vgl. dazu den Extrakt aus dem Haushaltsprotokoll des BA Mbg. vom 14. Juli 1798, in: BergA, OBA 2258, Bl. 153–154. 2215 Vgl. dazu den Extrakt aus der Registratur des BA Annbg. vom 6. Aug. 1798, in: BergA, OBA 2258, Bl. 155–161, hier insb. Bl. 155–157 b. 2216 In den ausgewerteten Akten fand sich eine Reihe solcher Belege für die Hervorhebung der Verantwortung der Bergverwaltung (gegenüber den „christlichen“ Schulverwaltungsbehörden) für das bergmännische Bildungswesen. 2217 Bericht des BA Jhgstdt. vom 13. Febr. 1801 (wie Anm. 1736), hier Bl. 195 b. Dabei nahm das Bergamt ausdrücklich Bezug auf die hohe Oberbergamts- und die höchste (kurfürstliche) Genehmigung, Pochknaben auf einem der Huthäuser durch eine von ihnen gewählte Person unterrichten zu lassen. Vgl. ebd., Bl. 196 f. Diesen Bericht hatte auch der in Freiberg ausgebildete Theodor Friedrich Gottlieb Goldberg unterzeichnet.

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Bergschulen als Vorbereitungsanstalten der Bergakademie

1681 Kinder männlichen und weiblichen Geschlechts, denen für einen Gesamtgeldaufwand von knapp 1835 Talern elementarer Unterricht zuteil wurde,2218 1798 erhöhte sich diese Schülerzahl auf 1762 bei einem gleichzeitigen Schulgeldaufwand von knapp 1868 Talern.2219 Bis 1799 stieg die Anzahl der mit Elementarunterricht versorgten Bergmannskinder um weitere beinahe 120 von 1681 auf insgesamt 1881 an.2220 Dieser Anstieg betraf jedoch fast ausschließlich die Bergämter Freiberg, Annaberg, Johanngeorgenstadt und Schneeberg. Wie sich die Zahl dieser Schüler in den Jahren 1797 bis 1799 insgesamt entwickelte, zeigt die folgende Tabelle:2221 Tabelle IV_3_2g: Anstieg der Schülerzahl an den Knappschaftlichen Schulanstalten zwischen 1797 und 1799

Bergamt Freiberg

Schülerzahl 1797

Schülerzahl 1799

238 299 (nur Mädchen) (nur Mädchen)

Anstieg der Schüler um

davon Knaben

davon Mädchen

61

---

61

Annaberg, Scheibenberg und Oberwiesenthal

130

176

46

29

17

Johanngeorgenstadt mit Schwarzenberg und Eibenstock

121

186

65

27

38

Schneeberg

64

98

34

26

8

Gesamtentwicklung

553

759

206

82

124

[Quelle: Tabellarische Übersichten zu den Berichten des OBA vom 24. März 1798, bzw. 13. März 1799, in: BergA, OBA 2287, Bl. 5–12, bzw. OBA 2258, Bl. 280–291.]

Im Jahre 1800 erhielten an sämtlichen Knappschaftlichen Schulanstalten Kursachsens (exklusive des Hennebergischen Bergamtes Suhl) insgesamt 1930 Bergmannskinder, davon – 1285 männlichen und – 645 weiblichen Geschlechts 2218 Vgl. dazu die tabellarischen Übersichten zum Bericht des OBA vom 24. März 1798 (wie Anm. 543), hier Bl. 138 b. 2219 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 13. März 1799, in: BergA, OBA 2258, Bl. 280–291, hier Bl. 284 b. 2220 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 13. März 1799 (ebd.), hier Bl. 282 b.–283. 2221 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 13. März 1799 (ebd.). Obwohl sich die Gesamtschülerzahl in dieser Zeit um 206 erhöhte, waren in einzelnen Bergrevieren auch Verringerungen bei den Schülerzahlen zu verzeichnen.

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Die Reform des sächsischen Bergschulsystems

elementaren Unterricht.2222 Der Anteil der weiblichen Kinder machte nun fast genau 50% der unterrichten Kinder männlichen Geschlechts aus, wie die Tabelle IV_3_2h belegt.2223 Der Gesamtaufwand für diesen freien Elementarschulunterricht, der aus der 1798 erstmals Geld bereitstellenden Schulkasse gedeckt wurde, betrug 2081 Taler, fünf Groschen und 11 Pfennige.2224 Für das darauf folgende Jahr 1801 waren von den Bergämtern als „Gesamtgelderfordernis“ 2310 Taler, acht Groschen und fünf Pfennige ermittelt worden, die der Oberbergamtssekretär Fischer gegenüber dem Oberbergamt als Bedarf sämtlicher Bergämter zusammenfasste.2225 Davon waren 2150 Taler, 20 Groschen und acht Pfennige als eigentliches Schulgeld [hier als Vergütung für die Lehrer – H.K.] und 159 Taler, 11 Groschen und neun Pfennige „an übrigen Erfordernissen“ – v. a. für die Anschaffung von Schulbüchern und sonstigen Schulmaterialien – vorgesehen.2226 Unter Berücksichtigung der in der Schulkasse vorhandenen baren Geldvorräte,2227 der in Aussicht stehenden knappschaftlichen und gewerkschaftlichen Einnahmen sowie der prognostizierten Erhöhung der Schülerzahl auf insgesamt 1982 beantragten die Bergämter eine landesherrliche Gesamtbeihilfe aus dem Schulkassenfonds in Höhe von 627 Talern, acht Groschen und sechs Pfennigen.2228 Dieser Betrag konnte aber nach Ansicht Fischers im Jahre 1801 nicht in voller Höhe gewährt werden, da der Beihilfe-Fonds zu diesem Zeitpunkt ja nur ca. 1027 2222 Vgl. dazu den Bericht des OBA-Kopisten bzw. (kurzzeitigen) OBA-Sekretärs Carl Friedrich Fischer vom 11. März 1801, in: BergA, OBA 2259, Bl. 215–218, hier Bl. 215. Nachfolger Fischers in letzterer Funktion wurde kurze Zeit später Scheidhauer. Vgl. dazu die Protokolle der Akademischen Konferenz vom 16. Juli 1801 bzw. 27. Okt. 1802, in: UAF, OBA 13, Bl. 193 b., bzw. 297 b. 2223 Vgl. dazu den Bericht Fischers vom 11. März 1801 (ebd.) sowie die als Anlage zum Inserat des OBA vom 28. März 1801, in: BergA, OBA 2259, Bl. 237–244 b., beigefügte Tabelle B „über die Beschaffenheit der Knappschaftlichen Bergschulanstalten mit Schluß des Jahres 1800“ sowie die Ökonomische Übersicht A, Bl. 245–256. 2224 Vgl. dazu den Bericht Fischers vom 11. März 1801 (ebd.), hier Bl. 215 f.; vgl. dazu im Einzelnen auch die als Anlage zum Inserat des OBA vom 28. März 1801 beigefügte Ökonomische Übersicht A (ebd.), sowie Näheres zur allgemeinen Finanzierung im Unterabschnitt 5.1.5. 2225 Vgl. dazu den Bericht Fischers vom 11. März 1801 (ebd.), hier Bl. 215 b. 2226 Bericht Fischers vom 11. März 1801 (ebd.), Bl. 215 b.–216. 2227 1800/1801 verfügte die Schulkasse für den Unterricht der Knaben über 1066 Taler, 19 Groschen und einen Pfennig aus Einnahmen der Gewerken, für den Unterricht der Hüttenknaben 14 Taler von der Hüttenknappschaft und von 150 Talern für die Unterrichtung der Mädchen von der Bergknappschaft. Vgl. BergA, BA-F, Cl. 46/Nr. 3068 a), Vol. II, Bl. 212 b.–213. Vgl. dazu auch den Bericht Fischers vom 11. März 1801 (ebd.), Bl. 215–218, sowie die Tabelle B vom 28. März 1801 (wie Anm. 2223), bzw. die Ökonomische Übersicht A zum Inserat des OBA vom 28. März 1801 (wie Anm. 2224). 2228 Vgl. den Bericht Fischers vom 11. März 1801 (ebd.), Bl. 215 b.–216, sowie die dem Inserat des OBA vom 28. März 1801 beigefügte Tabelle B (wie Anm. 2223), hier Bl. 250.

18 8 1285 645 1930

27 22 ---

Schneeberg, Neustädtel ---

Johanngeorgenstadt , Eibenstock

Geyer, Ehrenfriedersdorf, Thum, Annaberg, Zwönitz Annaberg, Schlettau, Elterlein,Scheibenberg, Oberwiesenthal

Freiberg, Frauenstein --Altenberg, Geising, Glashütte Marienberg, Wolkenstein

in der Stadt

auf dem Lande

Raschau, Sosa, Bockau, Zschorlau Gottesberg, Klingenthal, Brunndöbra, Untersachsenberg Großkamsdorf

Frohnau, Geyersdorf, Hermannsdorf, Schönfeld, Wiesa, Tannenberg, Waschleite, Raschau, Bärenstein, Niederschlag, Stahlberg Breitenbrunn, Crandorf,Bermsgrün, Steinheidel,Sosa, Steinbach, [Berggebäude] Gotthelf Schaller, Huthaus

Pobershau, Rittersberg, Lauterbach, Geringswalde, „aufm Gebirge“ Tannenberg, Schönfeld

in 34 Dörfern und Bergflecken -dto.Cunnersdorf

Schulorte

x

x x

x

x x

x

x

x

x

x

x

Lesen x x x

x

x

Christentum x x x

---

-----

---

---

---

---

Schreiben x --(x)

Unterrichtsinhalt

[Quelle: Bericht des OBA vom 28. März 1801, in: BergA, OBA 2259, Bl. 237–244 b., hier Tabelle B als Anlage zum Bericht, Bl. 245–256.]

Großkamsdorf

75 29

Schneeberg Voigtsberg

75

50

101

124

67

52

65

74

Anzahl der Kinder männ- weiblich lich 740 310 59 34

Johanngeorgenstadt mit Schwarzenberg und Eibenstock

Geyer mit Ehrenfriedersdorf Annaberg, Scheibenberg mit (Ober-)Wiesenthal

Altenberg samt Berggießhübel und Glashütte Marienberg

Freiberg

Bergrevier

---

-----

---

---

---

---

Rechnen x --(x)

Tabelle IV_3_2h: Anzahl der unterrichteten Bergmannskinder sowie Unterrichtsinhalt des Elementarunterrichts an sämtlichen Knappschaftlichen Schulanstalten kursächsischer Bergreviere (exklusive Suhl) am Jahresende 1800

Bergschulen als Vorbereitungsanstalten der Bergakademie

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Die Reform des sächsischen Bergschulsystems

Taler umfasste, weswegen statt der von den Bergämtern geforderten Beträge für die Knappschaftlichen Schulanstalten nur reichlich 591 Taler und für die Freiberger „akademische Zeichenschule [die Freiberger Bergschule – H.K.]“2229 sowie die obererzgebirgischen „Zeichnen- und Rechnenschulen“ knapp 436 Taler zur Verfügung gestellt werden sollten.2230 Letztlich bestätigte der Kurfürst die von Fischer eingereichten Vorschläge und stellte durch Reskript vom 11. April 1801 den gesamten verbliebenen Kassenbestand in Höhe von 591 Talern, 10 Groschen und sieben Pfennigen für die Knappschaftlichen Schulanstalten sämtlicher Bergreviere zur Verfügung.2231 Wegen des zwischenzeitlich (am 21. April 1801) eingetretenen Todes des Berghauptmannes Carl Wilhelm Benno von Heynitz sah sich der Landesherr jedoch genötigt, die weiterhin Aufsichtsführung des Oberbergamtes über das knappschaftliche Bergschulwesen ausdrücklich zu befehlen.2232 Wie sich im Einzelnen der Entwicklungsstand dieser eigentlichen Bergschulen am Ausgang des 18. Jahrhunderts darstellt, wird aus pragmatischen Gründen zu Beginn des Kapitels 9 (Epilog) abgehandelt werden. 4.3.3. Zusammenfassung

In den Bergrevieren Freiberg und denen des oberen Erzgebirges hatten sich nach 1777 unterschiedlich strukturierte Bildungslandschaften der bergmännischen Schul- bzw. Berufsbildung entwickelt. In der ersten „Testphase“ in Freiberg, die von 1776/77 bis 1779 andauerte, erhielten an der Freiberger Eusebienschule und der Erbisdorfer Schule insgesamt 24 2229 Der Begriff „Akademische Zeichenschule“ wurde in dieser Zeit wiederholt für die Freiberger Bergschule verwendet, sicherlich auch, um diese von den obererzgebirgischen SRZ-Schulen abzuheben. So nennt sie u. a. der Stollnobersteiger Beyer in seinen Jahresberichten über das Knappschaftliche Unterrichtswesen im Bergrevier Freiberg. Vgl. dazu den Bericht Beyers für 1802 bzw. 1806, in: BergA, OBA 2888, Bl. 58, 84. Auch Bergschullehrer Garbe bezeichnete sie häufig so. Vgl. dazu den Jahresbericht Garbes vom 6. Apr. 1811, in: UAF, OBA 270, Bl. 80–82, hier Bl. 80 b. 2230 Vgl. dazu den Bericht Fischers vom 11. März 1801 (wie Anm. 2222), hier insbes. Bl. 216 b.–217, sowie die dem Inserat des OBA vom 28. März 1801 beigefügte Tabelle B (wie Anm. 2223), hier insb. Bl. 250. Diese Vorschläge Fischers vom 11. März 1801 gingen in einen Bericht des Oberbergamtes an den Landesherrn ein; vgl. dazu das Inserat des OBA vom 28. März 1801 (wie Anm. 2223) sowie die diesem Bericht beigefügten tabellarischen Anlagen Bl. 245–256.Vgl. dazu Näheres auch im Unterabschnitt 5.1.5. 2231 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 11. Apr. 1801 (wie Anm. 1540), hier Bl. 257 f. 2232 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 22. Mai 1801, in: BergA, OBA 2259, Bl. 265 f. Dem vorausgegangen war ein Bericht des Oberbergamtes, in welchem dieses auf die Besonderheit der Aufsichtsführung über die aus Gewerkenmitteln finanzierte Freiberger Knappschaftliche Schulanstalt für männliche Bergmannskinder aufmerksam gemacht hatte. Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 9. Mai 1801 (ebd.), Bl. 263–264 b.

Bergschulen als Vorbereitungsanstalten der Bergakademie

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(vermutlich) anfahrende Bergmannskinder männlichen Geschlechts Unterricht im Christentum, Lesen, Schreiben und Rechnen. Darüber hinaus wurden (ab 1777) die acht fähigsten anfahrenden „Bergpurschen“ vom Bergakademisten Johann Friedrich Lempe im Rechnen und Zeichnen sowie den „Anfangsgründen“ des Bergbaues und im praktischen Gebrauch des Zirkels und Kompasses unterwiesen. Nach dem Weggang Lempes an die Universität Leipzig (1779) führte der damalige Bergakademist und spätere Schichtmeister Carl Gottlob Friedrich Goldberg diesen Unterricht in der nach ihm benannten „Goldbergschen Rechnen- und Zeichnenschule“, der späteren „akademischen Zeichenschule“ oder auch „Bergschule Freiberg“ fort. Zwischen 1779 bis 1794 existierte in Freiberg eine von den Gewerken finanzierte Form des elementaren Unterrichts ausschließlich für Kinder von Bergarbeitern männlichen Geschlechts, eine Schulbildung, die neben den „Lehren des Christentums“ und Lesen auch einen Schreibe- und Rechenunterricht beinhaltete. Ab dem Jahre 1784 wurde auch den Kindern Freiberger Hüttenarbeiter ein solcher adäquater Elementarunterricht vermittelt. Im oberen Erzgebirge setzte der elementare Unterricht bedürftiger Bergmannskinder dagegen erst etwas später ein. Hier fand – im Gegensatz zu Freiberg – in der Regel zunächst nur der meist knappschaftlich, z. T. aber auch gewerkschaftlich2233 finanzierte Elementarunterricht im Lesen und Christentum an den örtlichen (deutschen) Dorf- oder Stadtschulen statt. Ab Mitte der 80er-Jahre des 18. Jahrhunderts ließ dann die Bergverwaltung in einigen größeren Bergstädten des oberen Erzgebirges auch gesonderte SRZ-Schulen einrichten,2234 an denen ein erweiterter Unterricht – eine „fachbezogene“ Ausbildung in den Grundlagen bergmännischen Wissens – im Schreiben und Rechnen, z. T. auch im Zeichnen erfolgte. Die Lehrer an diesen SRZ-Schulen waren genau wie die in Freiberg fast ausschließlich ehemalige Absolventen der Bergakademie. Um auch nur eine annähernd ausreichende Schulbildung der bedürftigen Bergmannskinder zu garantieren, stellte man auf Initiative des Oberbergamtes nach und nach immer höhere (landesherrliche) finanzielle Beihilfen aus der Freiberger Oberzehntenkasse für die verschiedenen Formen des bergmännischen Unterrichts zur Verfügung. Ohne diese Beihilfen wäre eine Unterrichtsversorgung von Bergmannskindern in diesem Zeitabschnitt vermutlich nicht möglich gewesen. Ab 1793/94 kam es zu weiteren Verbesserungen innerhalb des Komplexes der bergmännischen Ausbildung, die neben der Freiberger Bergakademie auch das gesamte kursächsische Bergschulwesen erfassten. Die Reformmaßnahmen brachten 2233 Elemente einer gewerkschaftlichen Unterrichtsfinanzierung gab es im oberen Erzgebirge nur in Altenberg und Johanngeorgenstadt. 2234 Diese waren in den einzelnen Bergrevieren nicht immer gleichartig strukturiert; z. T. wurden an ihnen die Fächer Schreiben, Rechnen und Zeichnen unterschiedlich miteinander kombiniert.

394

Die Reform des sächsischen Bergschulsystems

sowohl strukturelle als auch finanzielle Veränderungen innerhalb des Bergschulsystems mit sich. 20 Jahre nach Beginn der Herausbildung eines eigenständigen elementaren Schulunterrichts für bedürftige Bergmannskinder konnte so eine neue Qualität und auch Quantität der Unterrichtsversorgung – einschließlich eines veränderten Finanzierungssystems – erreicht und das Organisationsregime des bergmännischen Unterrichts innerhalb der verschiedenen Bergreviere weitgehend angeglichen werden. Die bis dahin bestehende enge finanzielle Ein- und räumliche Anbindung der obererzgebirgischen SRZ-Schulen an die überwiegend durch knappschaftliche bzw. knappschaftlich/gewerkschaftliche Beiträge finanzierten Knappschaftlichen Schulanstalten wurden nun von Letzteren separiert, d. h. es erfolgte eine völlige Trennung der Finanzanbindung der SRZ-Schulen von derjenigen der Knappschaftlichen Schulanstalten. Dementsprechend veränderte man dabei auch das Berichtsregime, das mit Beginn des Jahres 1795 für die Anzeigerstattung sämtlicher Bergämter Verbindlichkeit erlangte. So „separierte“ das Bergamt Johanngeorgenstadt in einer dem Bericht vom 30. Januar 1795 beigefügten „Oekonomische(n) Uibersicht“ die aus dem Freiberger Oberzehnten erhaltenen Einnahmen in Höhe von 70 Talern und 14 Groschen für seine „Zeichnen- und Schreibeschule“ von der gleichfalls aus der Oberzehntenkasse Freiberg zugewiesenen Beihilfe für die Knappschaftsschule; ebenso getrennt wies es nun die 45 Taler, die für Schulgeld aufgewendet worden waren, sowie 11 Taler und acht Groschen für sonstige Schulbedürfnisse bei der ZR-Schule aus.2235 Während das Oberbergamt bemüht war, die SRZ-Schulen in ihren Ausbildungszielen an die „akademische Zeichenschule“ in Freiberg heranzuführen, wodurch diese ausgangs des 18. Jahrhunderts als eine Art Vorstufe für ihr Freiberger Vorbild fungierten, untermauerte die Bergschule Freiberg ihre Stellung als „Vorstudienanstalt“ der Bergakademie. Bei diesem besonderen Beziehungsgeflecht zwischen den obererzgebirgischen SRZ-Schulen, der Freiberger „akademischen“ Zeichen- oder Bergschule und der Bergakademie blieb es auch in den ersten beiden Dezennien des 19. Jahrhunderts. Wie die Finanzierung des Bergschulwesens in der Zeit seiner Entstehung und Etablierung den letzten 25 Jahren des 18. Jahrhunderts erfolgte, aus welchen Quellen sich die verschiedenen Schul(kassen)fonds im Einzelnen speisten und wie bzw. woraus sich das Personal der Lehrkräfte an den Bergschulen im engeren Sinne rekrutierte, soll im folgenden Kapitel dargestellt werden.

2235 Vgl. dazu im Einzelnen den Bericht des BA Jhgstdt. vom 30. Jan. 1795 (wie Anm. 1722).

5. Die finanziellen und personellen Voraussetzungen für das Funktionieren des kursächsischen Bergschulkomplexes 5.1. Das System der Finanzierung der bergmännischen Schulbildung 5.1.1. Die Finanzierung des Bergschulwesens als „Pflichtaufgabe“ der Bergverwaltung

Das anscheinend schwierigste Problem bei der Herausbildung des Freiberger- wie auch obererzgebirgischen Bergschulwesens stellte nicht die inhaltlich-organisatorische Seite des Heynitz’schen Schulplanes, sondern dessen Finanzierung dar,2236 denn die erforderlichen Geldmittel für dieses Schulsystem waren Ende der 70erJahre des 18. Jahrhunderts innerhalb der Bergverwaltung weder geplant gewesen, noch deren Bereitstellung vom Landesherrn als landesherrliche Beihilfe zu erwarten. Benno von Heynitz musste hier finanzökonomisch betrachtet Neuland beschreiten.2237 Die Hauptprämisse für das Finanzierungssystem stellte die der Bedürftigkeit der Bergmannskinder dar. Es konnten und sollten nur soviel Geldbeträge zur Verfügung gestellt werden, wie dies für die Unterrichtsversorgung bedürftiger Bergmannskinder unbedingt notwendig war. Die in diesen Kontext zugleich einfließende soziale Komponente, nämlich die Auswahl zukünftiger „Bergschüler“ nach ihrer Bedürftigkeit, rechtfertigen es, dem Bergschulsystem neben vielen anderen Prädikaten auch das eines „Armenschulsystems“ – hier im positiven Wortsinne – zuzuerkennen. Um die Schulbedürftigkeit zu ermitteln, wurden die Vorsteher der einzelnen Knappschaften, die Steiger der betreffenden Berggebäude, in denen die 2236 Ähnlich hatte Marquardt (Geschichte der Industrieschule), S. 766, die Klärung der Finanzierungsfrage als entscheidend für die Gründung und den dauerhaften Fortbestand der Industrieschulen hervorgehoben. 2237 Vgl. zum außerordentlich komplizierten Finanzsystem des Landes, einschließlich der verschiedenen Steuereinnahmeformen grundlegend Däbritz (Staatsschulden) sowie Hunger (Finanzgeschichte Sachsens), S. 101 und S. 200–210. Auf die tiefgreifenden Veränderungen, die sich gerade im Hauptuntersuchungszeitraum innerhalb des komplizierten Finanzwesens Sachsens ereigneten, kann hier nicht eingegangen werden. 1773 war die Generalhauptkasse errichtet und diese am 1. Dez. 1782 mit dem Kammer- bzw. Kammer- und Bergkollegium zum Geheimen Finanzkollegium vereinigt worden. Letztere gehörte bis 1831 zu den einflussreichsten Behörden Sachsens, der die oberste Leitung aller Finanzregalien und fiskalischen Rechte oblag. Vgl. dazu Gretschel (Geschichte), S. 268 f., sowie Hunger (ebd.). Vgl. dazu auch grundlegend Baumgärtel (Bergbau und Absolutismus), S. 26–33, sowie (jüngst) Schirmer (Kursächsische Staatsfinanzen).

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Die finanziellen und personellen Voraussetzungen

Väter schulfähiger Kinder anfuhren sowie die Geld gebenden Gewerken einbezogen. Darüber ließ das die Bergaufsicht wahrnehmende Oberbergamt umfassende Informationen über die tatsächliche soziale Lage der betroffenen Bergmannsfamilien einholen und dabei in Freiberg sogar die Eintragungen in die sogenannte Stadt-Rolle über „Vater- oder Elternlose ... Bergweyßen“ überprüfen.2238 In der „Probephase“ des Bergschulwesens 1776–1779 waren, wie schon erwähnt, für die Finanzierung des bergmännischen Unterrichts „überschüssige“ Landesmittel –Prämienspeziestaler –2239 aus dem Freiberger Oberzehnten zum Einsatz gekommen. Für den Ausbau des bergmännischen Bildungswesens musste sich Benno von Heynitz jedoch um einen regelmäßig zur Verfügung stehenden Geldbetrag bemühen, denn ohne einen solche wären seine Vorstellungen, wie es Justi in Bezug auf solche Ideen einmal formuliert hatte, nur „fromme Wünsche“ geblieben.2240 Ansprechpartner für ihn war dabei zunächst anscheinend nur die Freiberger Knappschaft, auf deren Beitrag aus der dortigen Knappschaftskasse von Heynitz ganz offensichtlich hoffte.2241 Spätestens zu Beginn des Jahres 1778 stand aber fest, dass die Freiberger Knappschaft die erforderlichen Geldbeträge nicht aufbringen konnte bzw. wollte. Von Heynitz wandte sich deshalb für das Freiberger Bergrevier – im Gegensatz zu der später in den meisten obererzgebirgischen Bergrevieren herausgebildeten Unterrichtsfinanzierung – an die hier tätigen Freiberger und auswärtigen Gewerken. Er führte persönlich die notwendigen Gespräche mit den Freiberger Gewerken und dem Rat der Stadt Freiberg, der hierbei als bevollmächtigter Interessenvertreter der auswärtigen Gewerken fungierte.2242 Die Gewerken stellten schließlich auch einen erheblichen Geldbetrag zur Verfügung – allerdings musste sich Benno von Heynitz die Gewerkenmittel, die immerhin pro Jahr durchschnittlich 1000 Taler betrugen, unter der daran geknüpften Bedingung „erkau2238 Vgl. dazu stellvertretend die detaillierte „Specification“ des BA Freiberg vom 10. Jan. 1789 (wie Anm. 1300). 2239 Spezies- oder auch Konventionstaler waren tatsächlich ausgeprägte Münzen, deren Wert aber höher war als der der Rechnungsmünzen; so lag dieser im Untersuchungszeitraum mit 32 Groschen erheblich über dem der Rechnungstaler mit nur 24 Groschen. So Kahnt/Knorr (Alte Maße und Münzen), Artikel „Speziestaler“, S. 293. Die im Jahre 1566 als „Taler“ des HRRdN eingeführte Großsilbermünze mit einem Feingewicht von 25,98 g Feinsilber entsprach im Untersuchungszeitraum 24 Guten Groschen. Vgl. dazu die Artikel „Gutergroschen“ und „Reichstaler“ in: Kahnt/Knorr (ebd.), S. 117, 250 f. 2240 Vgl. dazu Justi (Abhandlung von den Kameral-Wissenschaften), S. 15, hier unter Verweis auf vielfach aus Kostengründen gescheiterte Bildungsreformen. So hatte z. B. Marperger der Finanzierung der von ihm geplanten mechanischen Werkschulen zwar eine sehr große Aufmerksamkeit gewidmet; letztlich konnte aber dessen Schulplan gerade wegen fehlender Finanzmittel nicht umgesetzt werden. So König (Reform der Lehrlingsausbildung), S. 194. 2241 Dies erschien durchaus auch als naheliegend, da es sich beim geplanten Schulunterricht um einen der Almosenversorgung für Bedürftige vergleichbaren Vorgang handelte. 2242 Vgl. Näheres dazu im Unterabschnitt 5.4.1.

Finanzierung der bergmännischen Schulbildung

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fen“, mit diesem Geld ausschließlich Bergmannskinder männlichen Geschlechts unterrichten zu lassen, wobei neben Christentum und Lesen zum Teil auch Schreibund Rechenunterricht vermittelt werden sollte. Dass sich die Gewerken überhaupt auf die Zahlung eines solch beträchtlichen Geldbeitrages einließen, resultiert sicherlich aus deren Überlegung, aus den auf diese Weise Ausgebildeten einen Stamm an guten Steigern und Geschwornen, über den sie fast frei verfügen konnten, zu rekrutieren.2243 Auf die Fragilität eines solchen Finanzierungssystems und die Abhängigkeit, in der sich die Entwicklung des Bergschulunterrichts von der bergbaulichen Entwicklung im jeweiligen Revier befand, wurde bereits hingewiesen.2244 Die Finanzierung des kursächsischen Bergschulwesens in der Zeit seiner Herausbildung und Konsolidierung abzuhandeln, ist für sich genommen schon ziemlich kompliziert,2245 vor allem weil schon allein die verfassungsmäßige Einbindung der landesherrlichen Einkünfte aus dem Bergbau in den „Gesamtstaatshaushalt“ für sich einen außerordentlich schwierigen Gegenstand darstellt.2246 Das Einnahme- und Ausgaberegime von Geldbeiträgen für das Bergschulwesen lässt sich nur unter Auswertung der unterschiedlichsten Akteneinträge vollziehen, zumal sekundäre wissenschaftliche Darstellungen darüber in der Literatur bislang fehlen.2247 Es erscheint auch kaum möglich und sinnvoll, Finanzierungsmodalitäten aus anderen zeitgenössischen Schulmodellen auf die besonderen Bedingungen, wie sie im kursächsischen Bergwesen vorherrschten, übertragen zu wollen. Ungeachtet dessen stellt sich aber die Frage der Finanzierung als ausschlaggebend für die Installation und Weiterentwicklung des neu zu schaffenden Schulsystems.2248 Erschwerend für das zu etablierende kursächsische Bergschulwesen kam hinzu, dass zu Beginn seiner Installation noch kein ausgereiftes Finanzierungsmodell exis2243 Diese zwischen von Heynitz und den Gewerken getroffene Abrede führte später zu kritischen Bemerkungen des Kurfürsten bzw. dessen Beratern, die diese Beschränkung der Gewerkenmittel ausschließlich für die Unterrichtung von männlichen Bergmannskindern nicht akzeptieren wollten. 2244 Vgl. dazu den Unterabschnitt 2.3.2. 2245 Zum einen hatten unterschiedliche Interessen in den Bergrevieren auch z. T. zu unterschiedlichen Finanzierungsmodalitäten geführt, zum andern lassen das breite Spektrum einbezogener Schul- und Ausbildungsformen sowie die kompliziert strukturierte (zeitgemäße) Finanzverwaltung Kursachsens aus heutiger Sicht die eingeleiteten Finanztransaktionen oft nur schwer nachvollziehen. 2246 Einen Beleg für Kompliziertheit der Einbindung bergbaulicher Einkünfte in die der übrigen „Staatskassen“ liefert Baumgärtel (Bergbau und Absolutismus), S. 26–30. Aber auch aus einem anderen Gebiet wird die „Undurchsichtigkeit“ des kursächsischen Finanzwesens deutlich. So erhielt B. von Heynitz seine 1800 Taler betragenden Besoldungsleistungen im Jahre 1784 aus insgesamt fünf(!) verschiedenen Kassen. Vgl. dazu den Pflichtschein für B. von Heynitz vom 12. Juni 1784, in: BergA, OBA 3424 (o. Bl.). 2247 Vgl. dazu nochmals den im Abschnitt 0.3 dargestellten Forschungsstand. 2248 Nicht wenige andere Schulmodelle dieser Zeit waren aus diesem Grund über den Modellstatus nicht hinausgereift; vgl. dazu Näheres im Kapitel 6.

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tierte und Schritte zu seiner Finanzierung eher als Reaktion anstatt als Aktion erfolgten, sie deshalb auch keineswegs als aus „einem Guss“ gestaltet worden waren. Die Bergverwaltung, allen voran das Sächsische Oberbergamt, sah sich in diesem Zusammenhang mit den unterschiedlichsten Problemen aus der Praxis konfrontiert, vor allem aber stießen die von Benno von Heynitz vorgesehene Abzweigung von Mitteln aus den Knappschaftskassen sowie die vom Landesherrn geforderte Einführung von Sonderschichten zur Finanzierung des Bergschulwesens in den Bergrevieren zum Teil auf heftigen Widerstand seitens der Knappschaften. Dies wurde besonders deutlich bei dem weitgehend aus Mitteln der Freiberger Gewerken finanzierten Elementarschulunterricht von Bergmannskindern männlichen Geschlechts, aber auch bei der teilweisen Weigerung von Knappschaften, Geldbeträge ihrer Kassen zu anderen Zwecken, als denen der Finanzierung von in Not geratener Bergmannsfamilien zu verwenden. Hinzu kamen Verfassungs- und eigentumsrechtliche Probleme, z. B. die Zuordnung von Berg- und Hüttenarbeitern zu verschiedenen Bereichen des Montanwesens und die damit verbundenen unterschiedlichen Einflussmöglichkeiten seitens der Bergverwaltung. Dass es dennoch gelang, bis zum Ende des 18. Jahrhunderts ein einigermaßen funktionierendes System der Finanzierung des Bergschulwesens zu errichten, hing nicht zuletzt vom persönlichen Engagement des „Aufsehers“ über diesen Komplex schulischer Einrichtungen, des Berghauptmannes Benno von Heynitz und dessen Hartnäckigkeit bei Verhandlungen mit den verschiedensten Funktionsträgern und Gewerken zusammen.2249 Als man in der Bergverwaltung, insbesondere aber im Oberbergamt, ernsthaft über die Möglichkeiten der Förderung des Unterrichtes von Kindern mittelloser Berg- bzw. Hüttenarbeiter nachdachte, spielte die Frage der Finanzierung eines solchen Unterrichts sicherlich die entscheidende Rolle. In der erneuerten Schulordnung für die deutschen Stadt- und Dorfschulen von 1773 waren neben der „Schulpflicht“ und der Nennung der zu unterrichtenden Fächer auch Festlegungen zur Finanzierung dieses Elementarunterrichts getroffen worden. Danach war dieser grundsätzlich kostenpflichtig; das erforderliche Schulgeld hatten die Eltern schulpflichtiger Kinder selbst zu entrichten. Dessen Zahlung sollte nach der Schulordnung „alle Sonnabende nach geendigten Schulstunden“ von jedem Kind an die Lehrer erfolgen.2250 Aber – und dessen waren sich die Verfasser dieser Schulordnung durchaus bewusst – gab es viele Familien, die wegen ihrer nachgewiesenen 2249 Dabei war die Stellung Benno von Heynitz’ nicht immer unumstritten und er geriet auch mit dem Landesherrn bzw. der obersten Bergverwaltung in Konflikt, wie die eingeleiteten Reformen des Bergschulwesens nach 1794 sowie die Etablierung eines elementaren Schulunterrichts für Bergmannsmädchen in dieser Zeit zeigen. Auch einzelne Vertreter der Bergämter vor Ort machten sich zum Teil für die Durchsetzung eines Mindestmaßes an Bildung für Kinder der unter ihrer Gerichtshoheit stehenden Beschäftigten des Berg- und Hüttenwesens stark. 2250 § 4 des 2. Kapitels der Erneuerten Schulordnung von 1773 (wie Anm. 2), Sp. 135.

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Armut dieses Geld selbst nicht aufbringen konnten. Für diesen Fall sah die Erneuerte Schulordnung die Übernahme des Schulgeldes durch die „Gemeine“ vor: „Von eben dieser Zeit an, [also vom beginnenden Termin des Schulbesuchs montags, nach dem Sonntage „Misericordias“ – H.K.]2251 soll bey offenbarer Armuth der Eltern, oder verwaiseter Kinder, das gewoehnliche Schulgeld … von der Gemeine aufgebracht werden.“2252

Es darf als sicher angenommen, dass die Verfasser der Schulordnung bei der Erarbeitung des Gesetzestextes weniger an die Lage in den hier behandelten Bergrevieren gedacht haben, denn sonst wären ggf. weitergehende Festlegungen zu diesem wichtigen Aspekt erfolgt, zumal im Entstehungszeitraum dieser Schulordnung – nur wenige Jahre nach dem Ende des Siebenjährigen Kriege und der eben erst einigermaßen überstandenen Hungersnot im Erzgebirge in den Jahren 1771/72 – gerade in den Bergrevieren eine große Armut herrschte.2253 Letztere musste sich natürlich auch auf die Finanzsituation der jeweiligen Städte und Gemeinden auswirken. Die schon zitierte Eingabe des Pfarrers Sturz und des Diakons Friderici belegt nämlich, dass in den vielen kleinen Bergstädten und Dörfern, in denen die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung aus Bergleuten bestand, Letztere gar nicht in der Lage sein konnten, das notwendige Schulgeld aufzubringen. Für Waisenkinder stellte sich die Situation eher noch schwieriger dar und außerhalb eines solchen Gemeinwesens dürften kaum Geldmittel für deren Unterrichtung zur Verfügung gestanden haben.2254 Die Folge hiervon war, dass viele Kinder mittelloser Bergleute wegen dieser Armut an keinem geregelten Schulunterricht teilnehmen konnten oder, wenn überhaupt, nur meist eine sehr bescheidene Unterweisung in den Grundlagen des Christentums, ggf. noch im Lesen erhielten. Mittels der Erneuerten Schulordnung ließ sich dieser Widerspruch nicht lösen. Wer sollte in einem Fall der sozialen Not einer ganzen Bevölkerungsgruppe die Bezahlung der Lehrkräfte übernehmen? Die damit konfrontierte Bergverwaltung, der durchaus ein Interesse an einigermaßen gebildeten Bergarbeitern bescheinigt werden darf,

2251 D. h. Montag, 14 Tage nach dem Ostersonntag (Vgl. dazu § 2 des gleichen Kapitels der erneuerten Schulordnung – im Jahre 1773 war das der 26. April), bzw. nach dem „Michaelisfeste“ (also nach dem 29. September – 1773 war das der 4. Oktober). 2252 § 5 des II. Kapitels der Erneuerten Schulordnung (wie Anm. 2), Sp. 134. 2253 Vgl. hierzu sowie zur Hungersnot 1771/72 Bräuer (Armut in Bergstädten), S. 221 f., Groß (Geschichte Sachsens b), S. 163, sowie jüngst zu dieser „europaweite(n)“ Hungersnot Schirmer (Soziale Not im Erzgebirge), S. 406. 2254 Die Unterrichtung muss demzufolge vor allem auf Almosen aufgebaut gewesen sein, doch wurden vorhandene Almosen meist schon anderweitig in Anspruch genommen. Ungeachtet dessen war die finanzielle Lage der Knappschaftskassen oft besser, als die z. B. der städtischen Armenkassen, wie Bräuer (Armut in Bergstädten), S. 236 f., erst jüngst belegen konnte.

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war gezwungen, ein pragmatisches, d. h. auch umsetzbares Finanzierungskonzept zu schaffen. Nicht nur durch die erwähnte Eingabe sah sich das Oberbergamt in der Pflicht. Die Förderung der Bedürftigsten entsprach ja auch dem Selbstverständnis der oftmals aus einem pietistischen Umfeld stammenden maßgeblichsten Verantwortungsträger des kursächsischen Oberbergamtes. Christliche Erziehung bei gleichzeitiger Betonung der Ausbildung zu nützlichen Tätigkeiten der Jugend bildeten günstige Voraussetzungen, für den zum Teil danieder liegenden Bergbau auch fachlich gut ausgebildete Bergleute heranzuziehen. Dazu bedurfte es jedoch zugleich der Bereitstellung der erforderlichen Geldbeträge, vor allem, um den Unterricht durch geeignete Lehrkräfte, die etwas von ihrem Fach verstanden, bezahlen zu können. Benno von Heynitz versuchte in diesem Kontext ein Finanzierungsmodell zu entwickeln, welches zu einer allmählichen Verbesserung der elementaren Schulbildung einerseits und der fachlich determinierten Berufsausbildung andererseits führen konnte. Wenn er hierbei auf Finanzmittel des dem Oberbergamt unmittelbar unterstehenden Bergwesens zurückzugreifen beabsichtigte, so mussten im Gegenzug den „Geldgebern“ innerhalb eines abgesteckten, verantwortbaren Feldes auch Einflussmöglichkeiten auf den zu etablierenden bergmännischen Unterricht eingeräumt werden. Benno von Heynitz konnte zur Entwicklung eines solchen Konzepts der Finanzierung des Bergschulsystems nur mit „kleinen Schritten“ vorgehen. Die von Pfarrer Sturz und Diakon Friderici zur Finanzierung des Schulunterrichts eingereichten Vorschläge, mit denen „Almosen“ aus den Zechen, Beiträge aus der Gnadengroschenkasse sowie einkommensabhängige Beiträge der Bergleute eingenommen werden sollten,2255 waren mit denen des Freiberger Bergamtes und denen des Landesherrn zu einem funktionierenden Gesamtfinanzierungsmodell zu verknüpfen. Während das Bergamt Freiberg eher Beiträge aus einem öffentlichen Fonds favorisierte, sahen die Vorgaben des Kurfürsten vor, die Geldbeiträge von den Berggebäuden selbst bzw. durch die bei diesen anfahrenden Bergknaben aufbringen zu lassen. Dazu musste das Oberbergamt mit allen potentiellen Geldgebern in Verhandlungen treten, um diese von der Notwendigkeit bestimmter finanzieller Unterstützungsleistungen für die zukünftige bergmännische Bildung zu überzeugen. Benno von Heynitz führte deshalb bereits von Beginn seiner Tätigkeit im Oberbergamt an (spätestens jedoch seit seiner Ernennung zum „Aufseher“ über das Bergschulwesen) mit allen „Interessenten“ – mit den unterstellten Bergämtern, den Knappschaften und den einzelnen Gewerkenvertretern – die angezeigten Unterredungen. Wie es ihm gelang, seine Ideen zur Finanzierung eines sämtliche Facetten bergmännischen Unterrichts und bergmännischer Ausbildung umfassenden Kom-

2255 Vgl. dazu den Unterabschnitt 2.2.1.

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plexes von Bildungseinrichtungen in die Praxis zu überführen, soll in den nächsten Abschnitten abgehandelt werden. 5.1.2. Das Finanzierungsmodell Benno von Heynitz‘.

Bereits zu Beginn des Etablierungsprozesses des kursächsischen Bergschulwesens, als Benno von Heynitz am 16. Mai 1776 dem Vizepräsidenten Lindemann seine Vorstellungen über die Installation einer fachlichen Steiger- bzw. Geschworenenausbildung unterbreitete,2256 ging er auch auf mögliche Finanzierungsmodalitäten ein. Nachdem von Heynitz die absolute Notwendigkeit einer solchen Ausbildung mit dem bereits vorhandenen und zukünftig zu erwartenden Mangel an solchen Fachkräften in den „… Ober- und Gebirgischen Berg-Refieren“ betont hatte,2257 schlug er vor, zunächst zumindest 55, später aber 100 Taler jährlich aus dem vorhandenen akademischen Fonds „… auf diese Anstalt zu verwenden.“2258 Lieber würde er dafür weniger Stipendien2259 für die auszubildenden Akademisten zur Verfügung stellen.2260 Dieser Geldbetrag war allerdings zunächst nicht für das gesamte Bergschulwesen, sondern lediglich für die Ausbildung der schon mehrfach erwähnten 10 bis 12 Scheide- oder Wäschejungen durch einen geschickten Bergakademisten vorgesehen.2261 Wie außerordentlich kompliziert die Finanzierung des aufzubauenden Schulsystems sein könnte, wird aus den ersten Amtshandlungen Benno von Heynitz’ in dieser Angelegenheit deutlich. Nachdem der Landesherr das Oberbergamt mittels Reskript vom 30. August 1777 zu einer entsprechenden gutachterlichen Anzeige über die zukünftige Einrichtung der „Erziehung der Bergjugend“ beauftragt hatte,2262 plante von Heynitz zunächst die Bereitstellung der dafür benötigten Geldbeträge aus den regionalen Knappschaftskassen. Da deren Bestand jedoch weder ausreichend noch spezifisch für solche Zwecke angelegt war,2263 ließ das Ober2256 2257 2258 2259

2260 2261 2262 2263

Vgl. Näheres hierzu im Unterabschnitt 2.2.2. Vgl. dazu den Bericht von Heynitz’ vom 16. Mai 1776 (wie Anm. 728), hier Bl. 165 f. Bericht von Heynitz’ vom 16. Mai 1776 (ebd.), Bl. 165 b. D. h., von Heynitz erkannte frühzeitig die Bedeutung solcher Stipendien, auf deren Notwendigkeit für die „Einrichtung des Schul- und Universitätswesens“ schon Seckendorff (FürstenStaat), S. 322, Anm. 26, hingewiesen hatte. Letzteres nach Menk (Bildungswesen deutscher protestantischer Territorien), S. 65. Vgl. dazu von Heynitz’ Bericht vom 16. Mai 1776, (wie Anm. 728), Bl. 165 b. Das ergibt sich aus dem Inhalt des Berichts von Heynitz’ vom 16. Mai 1776 (ebd.), hier Bl. 163 b., 165 b. Vgl. dazu auch den Unterabschnitt 2.2.2. Vgl. dazu den „Kurzen Auszug“ von Schirndings vom 17. März 1794 (wie Anm. 641), hier Bl. 192. Der Knappschaftskassenfonds diente zuallererst der Auszahlung von Almosen an Bergarbeiterfamilien zur Linderung sozialer Härtefälle – z. B. bei Krankheiten oder der „Bergfertigkeit“ der Bergleute.

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bergamt zunächst über die einzelnen Bergämter verschiedene Möglichkeiten der Stärkung der Knappschaftskassen erörtern.2264 Benno von Heynitz erreichte schließlich im Bergrevier Freiberg durch Verhandlungen mit den Gewerken, dass diese von jedem anfahrenden „Wäsch- und ScheideJungen“ einen wöchentlichen Beitrag von 4 Pfennigen „verwilligten“, was bei ca. 600 Personen Einnahmen von 108 Talern ergeben würde.2265 Zusätzlich sollte auch „… die noch nicht entrichtete Accise2266 vom Pulver und Eisen bey mehrern Zechen, welche ersteres [das Pulver – H.K.] von hiesiger Pulvermühle, letzteres [das Eisen – H.K.] ohne Berührung der Stadt auf die Gruben bringen, zur Casse eingehe(n)“,

d. h. als „Restitution“ an die Gewerken und von diesen weiter an die Freiberger Knappschaftskasse abgeführt und damit für die Schulfinanzierung verwendet werden.2267 Nachdem der Freiberger Rat als Generalbevollmächtigter2268 der auswärtigen Gewerken und auch die Freiberger Grubenvorsteher sich damit einverstanden erklärt hatten, befahl der Kurfürst dem Oberbergamt am 6. Februar 1779 zur Finanzierung des elementaren Unterrichts für die Bergmannskinder männlichen Geschlechts von sämtlichen Gruben des Freiberger, aber auch der übrigen Bergreviere „für jeden in Pochwercken und Scheidebäncken anfahrenden Bergknaben“ wö2264 Vgl. hierzu Näheres im „historischen Rückblick“ zur Entwicklung des Bergschulwesens im „Kurzen Auszug“ von Schirndings vom 17. März 1794 (wie Anm. 641), Bl. 192 b.–193. Vgl. zu den verschiedenen regelmäßigen Zugängen zu den Knappschaftskassen Bräuer (Armut in Bergstädten), S. 236. 2265 Schulplan von Heynitz’ vom 8. Apr. 1779 (wie Anm. 534), hier Bl. 5–5 b. 2266 Gemeint war die Generalkonsumtionsakzise, die seit 1707 auf beinahe alle Verbrauchsmaterialien, die an die Städte geliefert wurden, erhoben wurde. Vgl. dazu die folgenden Absätze, sowie grundlegend Hunger (Finanzgeschichte Sachsens), insb. 140–142, sowie Däbritz (Staatsschulden), insb. S. 39 f. 2267 Schulplan von Heynitz’ vom 8. Apr. 1779 (wie Anm. 534), hier Bl. 5; Hervorhebungen d.d.A. Vgl. dazu auch den Vortrag von Heynitz’ vom 15. Aug. 1793 (wie Anm. 1084), Bl. 56 b., sowie den „Kurzen Auszug“ von Schirndings vom 17. März 1794 (wie Anm. 641), Bl. 192–193. Diese Generalakziserestitution ergab sich aus der im Jahre 1705/07 eingeführten Generalkonsumtionsakzise, die von den zwei zentralen Landeskassen – dem „Generalakzisekolleg“ bzw. der „Generalakzisekasse“ – verwaltet wurde. Vgl. dazu auch das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts „die Restitution der General-Accise von denen Berg-Materialien betr., vom 20. Junii 1781“, in C.A., 2. Forts., 2. Abt., Sp. 217 f., worinnen auf die diesbezüglichen „Generalien“ von 1710 und 1711 Bezug genommen wird. Diese Akziserestitution wurde später zu einer fest eingeplanten Größe für die Bergschulfinanzierung. Danach war „… auch der Accisbetrag lediglich von dem mehr – und mindern Verbrauch des Pulvers, Eisens u.s.w. ... abhängig“ und dieser wiederum vom „Flor“ des Bergbaus. Vortrag von Heynitz’ vom 15. Aug. 1793 (ebd.), hier Bl. 57 b. 2268 Die „Generalbevollmächtigung“ des Freiberger Rates für die auswärtigen Gewerken gehörte zu den Privilegien dieser Bergstadt. Vgl. dazu Köhler (Anleitung zur Verfassung beim Bergbau), S. 140.

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chentlich 4 Pfennige zu erheben „… so wie es in der Bränder Refier bisher schon eingeführt gewesen“.2269 Die eingenommenen Geldbeträge sollten von den Berggebäuden zugleich mit den „restituierten“ Akzisebeiträgen an die Knappschaftskassen übertragen und dort in einem besonderen Kapitel abgelegt werden.2270 Wegen der Kompliziertheit dieses Vorgangs2271 soll an dieser Stelle kurz näher darauf eingegangen werden. Mit der Einführung der Generalkonsumtionsakzise in den Städten und Markflecken Kursachsens im Jahre 1707 unterlagen faktisch sämtliche in Städte und Marktflecken gelieferte und dort verbrauchte Materialien – von den Getränken (Bier, Wein, Essig etc.), über Getreide, Schlachterzeugnisse und „Victualien“ bis hin zu „Materialien, Kaufmanns-Waaren und andern Manufacturen“ – der Besteuerung durch eine zentrale Konsumtions- oder Verbrauchssteuer.2272 Um insbesondere das Bergwesen zu fördern, hatte der sächsische König jedoch Ende 1707 eine Resolution verabschiedet, mit der die kursächsischen Bergstädte mit einer Reihe von Privilegien begnadet wurden ­– neben der Befreiung von Zöllen, Geleit- und Einfuhrgeldern erfolgte eine solche von der Abgabe der Generalkonsumtionsakzise.2273 Letztere umfasste alle für den Bergbau erforderlichen Materialien, darunter Stahl, Eisen, Pulver, Nägel, „Unschlit“ und später auch „Rüböl“ – also für den

2269 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 6. Febr. 1779, in: BergA, OBA 2287, Bl. 3–4 b., hier Bl. 3 b. Vgl. dazu auch den Vortrag von Heynitz’ vom 15. August 1793 – also auf den Tag genau 15 Jahre nach der Bewilligung durch den Kurfürsten – in: BergA, OBA 2254, Bl. 56– 59 b., hier den als Anhang beigefügten Einnahme- uns Ausgabeextrakt, Bl. 60 b.–61. 2270 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 6. Febr. 1779 (ebd.). Vgl. dazu auch den „Kurzen Auszug“ von Schirndings vom 17. März 1794 (wie Anm. 641), Bl. 193 b. 2271 Selbst Lempe, der sich bemühte, das komplizierte Abrechnungssystems der Einnahmen und Ausgaben in den Berggebäuden im Zusammenhang mit der Führung verschiedener Zechenregister zu erläutern, musste in diesem Zusammenhang „das Unverständliche“, dass von der Unkenntnis der Bergverfassung herrühren würde, einräumen. Vgl. dazu Lempe (Haltung der Register), S. 86. 2272 Vgl. dazu die „General-Consumtions-Accis-Ordnung Herrn Friderici Augusti, Koenigs in Polen und Churf[ürst] Zu Sachsen …, den 31. August Anno 1707“, in: C.A., 2. Bd., Sp. 1909– 1950. Vgl. zur Einführung dieser landesherrlichen „Verbrauchs- Personal- Gewerbe- Vieh- und Grundsteuer“ in Kursachsen immer noch grundlegend Wuttke (Einführung der Generalkonsumtionsakzise), hier S. 86. Die Bergstädte selbst waren allerdings von der Abführung der Akzise auf die direkt an sie gelieferten „Bergmaterialien“ befreit. Vgl. dazu Köhler (Anleitung zur Verfassung beim Bergbau), S. 142, hier unter Bezug auf § 35 der Bergresolution von 1709. 2273 Vgl. dazu die „Erlaeuterung und Moderation … der General-Consumtions-Accis-Ordung …, den 12. Decemb[e]r An]no] 1707 (ebd.), Sp. 1949–1954. Vgl. dazu auch die „Resolutiones“ [Bergresolution] König Friedrich Augusts „… wegen Abstellung … derer in BergwercksSachen vorgekommenen … Mängel …“ vom 7. Jan. 1709, in: ebd., Sp. 373–398. Solche Steuerbefreiungen wandte der kursächsische Landesherr wiederholt an, um gerade im Bergbau einen Aufschwung zu erreichen. Bergstädte mussten aus diesem Grund auch nur die Hälfte der Tranksteuer zahlen. Vgl. dazu Hunger (Finanzgeschichte Sachsens), S. 213.

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Bergbau besonders wichtige Verbrauchsmaterialien.2274 Es ist sehr wahrscheinlich, dass diese Befreiung dann nicht stattfand, wenn die Berggebäude die aufgeführten Bergmaterialien auf direktem Wege bezogen,2275 dann hätte diese Steuer zugleich die Funktion einer Zolleinnahme.2276 Die Schichtmeister der Gruben, die für die Erfassung dieser Materiallieferungen verantwortlich waren,2277 hatten die restituierten Akzisebeiträge für die Bergmaterialien (Pulver, Stahl, Eisen, Nägel und Schaufeln) an die Knappschaftskasse zu überweisen.2278 Diese rückgewährte Verbrauchssteuer stellte neben den von jedem anfahrendem Scheide- und Wäschejungen wöchentlich einzunehmenden vier Pfennigen die Grundlage der Finanzierung des gesamten (elementaren) Freiberger Bergschulwesens dar. Dabei erwies sich die hier praktizierte Methode der Umverteilung von Steuerbeiträgen von den Gruben an die Knappschaften als äußerst effektiv.2279 Der jeweiligen Knappschaft, die für die Organisation des „Knappschaftlichen Schulunterrichts“ verantwortlich war, standen nun die erforderlichen Geldbeiträge kurzfristig zur Verfügung. Die Freiberger und auswärtigen Gewerken dürften wenig gegen diese Maßnahmen eingewendet haben, kamen sie dadurch doch letztlich in den Genuss besser ausgebildeter Bergmannskinder.

2274 Vgl. die „Erlaeueterung und Moderation …“ vom 12. Dez. 1707 (ebd.), hier Sp. 1952 f. Vgl. hierzu auch die „Fünfjahres-Extracte“ [von 1794] aus den Freiberger Bergknappschaftsrechnungen über die von der „General-Accis-Einnahme“ der Knappschaftskasse Freiberg wiedererstatteten General-Akzise, in: BergA, BA-F/Cl. A 46/Nr. 3068 a), Vol. II, Bl. 44. 2275 Nur so lassen sich die Zitierung der Restitution von Akzisebeiträgen der „nicht zur Stadt kommenden Berg-Materialien“ sowie das anschließende Umverteilungsprocedere erklären. Während Köhler (Anleitung zur Verfassung beim Bergbau), S. 133 und 142, in seinen Ausführungen (hier unter Bezug auf § 9 der Bergresolution vom 7. Jan. 1709) davon ausgeht, dass auch die Gewerken von diesen Akzisebeiträgen befreit waren, sind die Angaben von Lempe (Haltung der Register) nicht so eindeutig. 2276 Die dafür von Kaufmann (Geschichtliches über die Freiberger Bergschule), S. A 111, gefundene Auslegung, wonach dieser Akzisebeitrag die Abgabe einer jeden Grube dafür gewesen sei, „ dass die Bergmaterialien wie Pulver und Eisen, zur Einsparung des Zolles [der Generalkonsumtionsakzise – H.K.] um die Stadt [herum] transportiert wurden“, erscheint zutreffend. Im Sinne einer Zollfunktion erklärte auch Freiesleben (Sächsische Bergwerksverfassung), S. 170 f., später (1837) diesen Vorgang der Akziserestitution – hier unter Bezug auf die spätere „Generalaccisordnung“ von 1824 (mit der die Akzisezahlung wegfiel), bzw. die „Geleitsordnung vom 15. März 1823“. 2277 Vgl. dazu ausführlich Lempe (ebd.), insb. S. 92–98. Aus Lempes Ausführungen ist das Prozedere der Erhebung und Rückerstattung der Generalkonsumtionsakzise nur schwer verständlich nachzuvollziehen, zumal die Erhebung derselben z. T. im Widerspruch zu den „Erlaeueterung und Moderation …“ vom 12. Dez. 1707 (wie Anm. 2273), Ziff. 6, Sp. 1953, stand. 2278 Vgl. Lempe (ebd.). 2279 Die Einnahme der Beiträge an die Akziseeinnehmer, Ablieferung an die zuständigen Landeskassen und anschließende Rückführung der derselben sowie ihre erneute Verteilung wären wesentlich aufwendiger gewesen.

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In seinem für das Freiberger Bergrevier entwickelten Schulplan vom 4. April 17792280 hatte Benno von Heynitz zunächst nur die Unterrichtung der bedürftigsten Bergmannskinder mittels dafür bereitzustellender gewerkschaftlich-/knappschaftlicher2281 Mittel vorgesehen. Der aus Christentum und Lesen sowie Schreiben und Rechnen2282 bestehende Unterricht für die ärmsten Bergmannskinder männlichen Geschlechts im Freiberger Bergrevier basierte auf speziellen zwischen den Knappschaften und den Dorfschullehrern geschlossenen Kontrakten, die Ersteren auch gewisse Aufsichtsbefugnisse über die Unterrichtsdurchführung ermöglichten. Allerdings mussten die Knappschaftsvorstände vom Oberbergamt oft erst davon überzeugt werden, Teile der von ihnen eingenommenen Gelder „zweckentfremdet“ einzusetzen. Einerseits dürfte bei den Knappschaften2283 durchaus Verständnis dafür vorgelegen haben, Kindern mittelloser Berg- und Hüttenleute mittels Knappschaftskassengeldern Unterricht zu erteilen, andererseits befürchteten diese sicher nicht zu Unrecht, damit ggf. unter den Bergleuten Unmut hervorzurufen, weil für den Schulunterricht aufgewendete Geldleistungen im Falle einer eintretenden „Bergfertigkeit“ bedürftiger Bergleute ja letztlich an den knappschaftlichen Unterstützungen fehlen mussten. Entgegen den ursprünglichen Vorstellungen von Heynitz’ erfolgte (wie erwähnt) mit Beginn der Installation des Bergschulwesens im Freiberger Bergrevier (1779) die Finanzierung des elementaren Unterrichts der anfahrenden und nichtanfahrenden Bergmannskinder männlichen Geschlechts jedoch nicht, wie zuerst geplant, aus Knappschafts- sondern aus Gewerkenmitteln.2284 Der genaue Grund für diese „Umorientierung“ von Heynitz’ war aus den ausgewerteten Akten nicht zu ermitteln. Sehr wahrscheinlich lag es auf der einen Seite an der potentiellen Stärke der im Freiberger Bergrevier tätigen Gewerken, die durchaus ein Interesse daran besessen haben dürften, durch eine im Wesentlichen selbst finanzierte Ausbildung männlicher Bergmannskinder letztlich auch das spätere bergmännische Aufsichtspersonal aus dem vorhandenen Personalbestand selbst auswählen, deren Bildungsumfang mitzubestimmen und schließlich deren späteren beruflichen Ein2280 Vgl. hierzu den Unterabschnitt 2.2.3. 2281 In Freiberg handelte es sich, wie erläutert, zunächst nur um gewerkschaftliche Geldbeiträge, die lediglich über die Knappschaftskassen zur Auszahlung kamen. Die anfänglich dazu in den ausgewerteten Oberbergamtsakten enthaltenen Eintragungen verschleiern diesen Sachverhalt meist, da in ihnen fast immer vom „knappschaftlichen“ Unterricht die Rede ist. 2282 Die in den Akten enthaltenen Angaben in Bezug auf den tatsächlich vermittelten Schreibebzw. Rechenunterricht sind i. d. R. sehr unkonkret. 2283 Nach Wagenbreth/Wächtler (Freiberger Bergbau). S. 91, besaßen die Knappschaften zu diesem Zeitpunkt den Status von „… Vereinigung(en) zur Demonstration eines sozialen Status und zum Ausgleich sozialer Härtefälle …“ 2284 Die von Täschner (Geschichte der Freiberger Umgegend), S. 170, getroffene Aussage zur finanziellen Unterstützung der „Kirchschulen“ aus den „Bergknappschaftlichen Schulanstalten“ belegt deutlich die Unkenntnis über die Finanzierungszusammenhänge des Bergschulwesens.

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satz direkt lenken zu dürfen.2285 Auf der anderen Seite schienen aber auch die Freiberger Knappschaften zu diesem Zeitpunkt einfach nicht in der Lage zu sein, die für einen wirksamen Elementarschulunterricht bzw. eine angemessene bergfachliche Ausbildung benötigten Geldbeträge aus ihren Kassen abzuzweigen und damit ggf. den Unmut der Bergarbeiter zu riskieren. Die Bemühungen Benno von Heynitz’, die regionalen Knappschaftskassen insoweit zu stärken, dass von diesen zweckgebunden Gelder für den Schulunterricht der Bergmannskinder eingesetzt werden konnten, stellten von Beginn an einen Schwerpunkt seiner Tätigkeit dar. 2286 Um jedoch sowohl Knappschaften als auch Gewerken zu entlasten, bemühte er sich, Kosten, die nach seiner Auffassung nicht von diesen zu tragen waren, auf andere Kassen umzuleiten. So regte der Berghauptmann im Jahre 1785 an, die 100 Taler, die schon 1784 für den Unterricht Goldbergs bzw. Sieghards aufgewendet worden waren, auf die Bergakademie umzulenken.2287 Von Heynitz’ Aktivitäten zur Finanzierung des Bergschulwesens blieb der Erfolg nicht versagt.2288 Vor allem mittels der Generalakzise-Restitution – und nicht „Generalaccis Institution“, wie Fehrmann liest –2289 war eine Verbesserung der Finanzsituation der Knappschaft erreicht worden, von der zugleich das gesamte Bergschulwesen profitierte. Dass Benno von Heynitz als Beisitzer bei der Kommerziendeputation sowie als Akzise-Rat im Generalakzisekollegium (1766–1775) an einer wichtigen Schaltstelle landesherrlicher Finanzpolitik gesessen und dadurch Einblick in die Möglichkeiten der Umverteilung von Steuereinnahmen und in das gesamte kursächsische Finanz- und Steuersystem erhalten hatte,2290 trug sicherlich zu seinem Erfolg auf diesem Gebiet bei. Ungeachtet der Bemühungen von Heynitz’ um ein ausgewogenes Finanzierungsmodell entwickelte sich bis zum Jahre 1788 ein zwischen dem Bergrevier 2285 Die Gewerken betrachteten die in Freiberg etablierten Bergschulanstalten als Instrument zur Ausbildung „ihrer“ Steiger, weswegen sie sich auch bis 1794 erfolgreich gegen eine Mitausbildung von Bergmannskindern weiblichen Geschlechts wehren konnten. Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 20. Dez. 1794 (wie Anm. 1120). 2286 Das wird aus dem Vortrag von Heynitz’ vom 20. Jan. 1785 (wie Anm. 1134), hier Bl. 59, deutlich. Bereits zu diesem Zeitpunkt hatten dadurch einige Knappschaftskassen verstärkt werden können. Vgl. Einzelheiten (ebd.), Bl. 59 b.–61 b. 2287 Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 20. Jan. 1785 (ebd.), hier Bl. 59 b. Auch hieraus wird die enge Anbindung des Goldberg’schen Bergschulunterrichts an die Bergakademie deutlich. 2288 Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 15. Aug. 1793, in: BergA, OBA 2254, Bl. 56–59 b., hier Bl. 59. 2289 Fehrmann (Geschichte der Volksschule), S. 24. Die bei ders. (ebd.), insb. S. 23–25, erfolgte Darstellung des Finanzierungsregimes des Bergschulwesens belegt eine Nichtkenntnis der (meisten) relevanten Akten. 2290 Vgl. dazu die Kopien der entsprechenden Bestallungsdokumente in: SHStA, 10384, GH Miltitz Nr. 31, insb. Bl. 34–35, 44 b. Vgl. zur Bedeutung des funktionierenden Steuersystems für die Stabilität Kursachsens grundlegend Schirmer (Kursächsische Staatsfinanzen), hier S. 886 f.

Finanzierung der bergmännischen Schulbildung

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Freiberg und den Bergrevieren des oberen Erzgebirges unterschiedliches Regime der Finanzierung des sich allmählich etablierenden Komplexes bergmännischer Bildungseinrichtungen. In welch engem Abhängigkeitsverhältnis dabei aber Umfang des gewährten Unterrichts und bergbauliche Entwicklung des jeweiligen Bergreviers standen, wird aus dessen Berichterstattung über den Bergbau im Freiberger Revier zu Beginn des Jahres 1785 deutlich. So musste der Berghauptmann im Januar 1785 resümieren, dass er das bis dahin angesparte „Schul Capital an 400 f[lorinern]“ für den bergmännischen Unterricht hätte bereits wieder zusetzen müssen,2291 und kurze Zeit darauf, dass dieses Kapital auf 200 Taler herabgesunken sei.2292 Hauptgrund für den Rückgang des Schulkapitals war nach von Heynitz’ Auffassung der bereits seit zwei Jahren herrschende große Mangel an Aufschlagwasser für die Kunstgezeuge des Freiberger Bergbaus, wodurch „die Wäschen und Scheide(..)-Bäncke oft ganz stille stehen müß[t]en, mithin der von den Gewerken bewilligte wöchentliche Beytrag von 4 d[inaren] von jedem anfahrenden Wäscheund Scheidejungen der Caße entgangen ...“ wäre.2293 Aus diesem Grunde habe er bereits „die Winter Monathe hindurch“ Einschränkungen bei der Unterrichtsversorgung anordnen müssen.2294 Für das erst begonnene Schuljahr 1785 ermittelte der Berghauptmann für den knappschaftlich finanzierten Schulunterricht sämtlicher Bergreviere – ausgenommen des erweiterten2295 elementaren Schulunterrichts in Freiberg, der ja letztlich aus Mitteln der Gewerken finanziert wurde – einen Finanzbedarf in Höhe von insgesamt 307 Talern und acht Groschen, wovon allein für die Goldberg’sche Zeichen- und Rechenschule sowie den Zeichenunterricht beim Zeichenlehrer der Bergakademie, Sieghard, zweckgebunden 100 Taler vorgesehen waren.2296

2291 Vortrag Benno von Heynitz’ vom 20. Jan. 1785 (wie Anm. 1134), hier Bl. 59 b. 2292 Vgl. dazu den Bericht Benno vom 26. Jan. 1785 (wie Anm. 1137), hier Bl. 74 b. 2293 Bericht von Heynitz’ vom 26. Jan. 1785 (ebd.). Auch später sollte von Heynitz den engen Zusammenhang zwischen dem „Flor“ des Bergbaus und dem Umfang der Unterrichtsvermittlung an Bergmannkinder betonen. So formulierte er im Zusammenhang damit, dass „… fast ein jeder Wasser-Mangel [Mangel an Aufschlagwasser für die Grubengebäude – H.K.] den Stillstand mehrerer Wäschen, Poch- und Scheidewerken nach sich zieht, wo sodann der Abtrag von den anfahrenden Bergknaben a 4: d[inar] wöchentlich sehr vermindert ausfällt“. Vortrag von Heynitz’ vom 15. Aug. 1793 (wie Anm. 1084), hier Bl. 57 b. 2294 Vgl. dazu den Bericht von Heynitz’ vom 26. Jan. 1785 (ebd.). Aus späterer Zeit ist ein vergleichbarer Unterrichtsausfall in den ausgewerteten Akten nicht erwähnt. 2295 Da im Freiberger Bergrevier auch Schreiben und Rechnen unterrichtet wurden, wird hier bewusst vom „erweiterten“ Elementarschulunterricht gesprochen. 2296 Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 20. Jan. 1785 (wie Anm. 1134), Bl. 61 b. Dieser Betrag bildete sicherlich die Grundlage für die ab 1786 gewährte Finanzbeihilfe in Höhe von jährlich 300 Talern aus der Freiberger Oberzehntenkasse.

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Die finanziellen und personellen Voraussetzungen

Ab 1786 wurden zwar zusätzlich 300 Taler aus der Freiberger Oberzehntenkasse für die Verbesserung des Bergschulwesens insgesamt bereitgestellt,2297 von diesen 300 Talern aber waren allein 240 Taler für das obererzgebirgische Schulsystem bestimmt. Mit diesem Geld mussten v. a. die Kontraktlehrer an den deutschen Stadt- und Dorfschulen bezahlt werden, die dafür in Abhängigkeit vom Alter der unterrichteten Schüler und dem Umfang des erteilten Unterrichts ein z. T. unterschiedlich hohes Schulgeld bezogen. In der Regel betrug dieses je Kind und Unterrichtswoche einen Groschen „… für jeden älteren [anfahrenden – H.K.] Knaben …“ für den Unterricht im Lesen und Christentum, einen Groschen und sechs Pfennige für den erteilten Elementarunterricht einschließlich Schreiben und Lesen oder (nur) sechs Pfennige für den „… gewöhnliche(n) Schulunterricht für die Kleinern …“2298 Die ebenfalls aus dem Freiberger Oberzehnten auf der Basis des kurfürstlichen Befehls vom 8. Mai 1786 ausgehobenen 60 Taler – davon 52 Taler „… für den Lehrer der mit der BergAkademie verbundenen Schule2299 im Rechnen, Zeichnen, auch den Anfangs-Gründen der Mathematick und Bergbaukunst …“ sowie acht Talern zum Ankauf der benötigten Zeichenmaterialien,2300 dienten ausschließlich dem Bergschulunterricht bei Schichtmeister Goldberg bzw. dessen Nachfolger Erler in Freiberg.2301 Fast zehn Jahre später, im Schuljahr 1794/95, wurden 90 Taler für den Unterricht im praktischen Bergbau an insgesamt 15 „Subjekte“ an der akademischen Bergschule aufgewendet, wovon dem „ersten“ Lehrer, Bergfaktor Goldberg, für die von ihm ausgebildeten acht Schüler 48 Taler, und dem „andern“ Lehrer, Schichtmeister Erler, für sieben unterrichtete Schüler insgesamt 42 Taler aus der Stipendiengelderkasse der Bergakademie ausgezahlt worden sind.2302 Der doch sehr unterschiedliche Status zwischen dem elementaren Unterricht im Freiberger Bergrevier und der fachbezogenen bergmännischen Ausbildung an der Goldberg’schen Zeichen- und Rechenschule musste beinahe zwangsläufig auch zu einer Veränderung des bisherigen Finanzierungsregimes führen. Nach den Vor2297 Die Gewährung dieser Beihilfe basierte auf dem Befehl Kurfürst Friedrich Augusts vom 8. Mai 1786 (wie Anm. 1238). 2298 Bericht von Heynitz vom 20. Dez. 1794 (wie Anm. 1120), hier Bl. 158 b. Von Heynitz geriet wegen dieser höheren Freiberger Schulkosten später auch unter die Kritik des Kurfürsten. Vgl. dazu die Auseinandersetzungen in der Akte OBA 2255. 2299 Hervorhebung d.d.A. 2300 Befehl Kurfürst Friedrich Augusts vom 8. Mai 1786 (wie Anm. 1238), hier Bl. 91 b. Diese acht Taler für Zeichenmaterialien waren eine konstante Größe. Vgl. dazu den vom OZ ô Feral gefertigten Extrakt der Stipendiengelderrechnung vom 16. Dez. 1795 (wie Anm. 1002), hier Bl. 21. 2301 Erler bezog ebenfalls diese 52 Taler. Vgl. dazu den vom OZ ô Feral gefertigten Extrakt vom 16. Dez. 1795 (ebd.). 2302 Extrakt der Stipendiengelderrechnung des OZ ô Feral vom 25. Apr. 1795, in: UAF, OBA 254, Bl. 206–208 b., hier Bl. 207 b.

Finanzierung der bergmännischen Schulbildung

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stellungen des Berghauptmannes sollte deshalb die Beihilfe für Letztere zukünftig nicht mehr aus der Freiberger Oberzehntenkasse, sondern aus der Gnadengroschenkasse2303 bestritten werden. Als Hauptbegründung führte von Heynitz die besondere Zweckbestimmung dieses Schultypus an, nämlich den Einsatz der an ihr ausgebildeten Bergleute fast ausschließlich im Interesse der heimischen und auswärtigen Gewerken.2304 1786 trat, wie schon erwähnt,2305 die Entwicklung des kursächsischen Bergschulwesens in eine neue Phase. Bezugnehmend auf eine vorausgegangene Berichterstattung des Oberbergamtes und die dazu erklärte landesherrliche „Intention“ sollte der Unterricht an den bereits im Freiberger Bergrevier vorhandenen Bergschulanstalten vervollkommnet und auch in den Bergrevieren des oberen Erzgebirges sowie für die Hüttenleute in Freiberg, für die bis dahin keine solche Bildungsmöglichkeit eingeräumt worden war, eingeführt werden.2306 Dafür wies der Kurfürst noch im gleichen Jahr insgesamt 300 Taler zur Auszahlung aus der Freiberger Oberzehntenkasse als landesherrliche Beihilfe für das Bergschulwesen an.2307 Er forderte in diesem Zusammenhang das Oberbergamt auf, jedes Jahr, spätestens zu Ostern ausführlich über die Entwicklung und Vervollkommnung des gesamten bergmännischen Bildungswesens zu berichten, wobei er es der Bergverwaltungsbehörde anheimstellte, zu diesem Zweck „ein schickliches tabellarisches Schema vorzuschreiben ...“2308 Erst ab diesem Zeitpunkt wurde es objektiv möglich, auch innerhalb der Bergreviere des oberen Erzgebirges einen Elementarschulunterricht an 2303 Die Freiberger Gnadengroschenkasse entsprach in ihrer Funktion den obererzgebirgischen Schurfgelderkassen bzw. der (späteren) Kasse des Schneeberger „Blaufarb-Consortiums“. Vgl. dazu Freiesleben (Sächsische Bergwerksverfassung), S. 146 f. Hauptzweck dieser eigentlich gewerkschaftlichen „Bergbauhilfskasse“ war es, Mittel, die zur Erhaltung und Funktion der wichtigsten Reviereinrichtungen (also von Einrichtungen, die im Interesse aller oder wenigstens der meisten der beteiligten Berggebäude eines Bergreviers lagen, wie etwa der Freiberger Revierwasserlaufsanstalt dienten) aufzubringen oder Vorschüsse zur Ausführung wichtiger Grubenbaue bereitzustellen. Vgl. dazu und zur Höhe des Beitrages Köhler (Anleitung zur Verfassung beim Bergbau), S. 157 f., ders. (Recht und Verfassung beim Bergbau), S. 287–291, sowie Wahle (Allgemeines Berggesetz), S. 13, 571, und Veith (Bergwörterbuch), S. 247, 67. Nach Freiesleben (ebd.), S. 146, Anm. a), war die Gnadengroschenkasse bereits 1540 ins Leben gerufen worden. Vgl. dazu auch Baumgärtel (Bergbau und Absolutismus), S. 89. 2304 Vgl. dazu den Vortrag Benno von Heynitz’ vom 4. Sept. 1788 (wie Anm. 1257), hier vor allem Bl. 79 f. Dieser Vorschlag von Heynitz’ verdeutlicht, dass es zwischen dem Elementarschulunterricht der Bergmannskinder bis zum 14. Lebensjahr einerseits und der fachlich weiterführenden Ausbildung anfahrender „Bergpurschen“ andererseits einen wesentlichen Unterschied gab, der sich letztlich auch auf die Modalitäten der Finanzierung auswirken musste. 2305 Vgl. dazu den Unterabschnitt 2.3.3 für Freiberg und den Abschnitt 3.1 für das obere Erzgebirge. 2306 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 8. Mai 1786 (wie Anm. 1238), hier Bl. 90. 2307 Vgl. das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 8. Mai 1786 (ebd.). 2308 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 8. Mai 1786 (ebd.), hier Bl. 90 b., 91.

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Die finanziellen und personellen Voraussetzungen

den an die deutschen Schulen angekoppelten Knappschaftlichen Schulanstalten zu organisieren und darüber hinaus Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen ins Leben zu rufen. Deswegen kann man seitdem durchaus von einer neuen Qualität der Entwicklung des obererzgebirgigen Bergschulwesens sprechen. Während es aber Benno von Heynitz für Kursachsen gelang, die Finanzierung des bergmännischen Bildungswesens allmählich zu verbessern und mit der gewährten Beihilfe den Komplex ihrer Schulanstalten auszubauen, schaffte es fast zeitgleich im benachbarten Preußen der dortige Leiter der Berliner Realschule, Andreas Jakob Hecker,2309 nicht, seine Schule „... auf eine gesicherte finanzielle Grundlage zu stellen ...“2310 Im Gegensatz zur Situation in Freiberg war in den obererzgebirgischen Bergrevieren bis zu diesem Zeitpunkt die Ausgangsfinanzierung des gebotenen elementaren Unterrichts für die Bergjugend fast ausschließlich aus Mitteln der örtlichen Knappschaften erfolgt. Dabei stellte sich das knappschaftlich getragene Finanzierungssystem wegen der Vielzahl der Bergreviere auch fünf Jahre nach seiner ersten Einrichtung als sehr kompliziert und keineswegs einheitlich dar. Die erste Frage, die die Bergämter in den jährlichen tabellarischen Anzeigen (seit 1779) dem Oberbergamt bzw. von Heynitz zu beantworten hatten, war deshalb auch die, „ob eine Schul-Cassa vorhanden [ist] und aus welchen Fonds solche bestehet?“2311 Die teilweise sehr unterschiedliche finanzielle Ausstattung der Knappschaftskassen musste sich aber auch auf den Umfang und das Niveau des Unterrichts der Bergmannskinder auswirken. Die jährlichen Berichte der jeweiligen Bergämter und des Oberhüttenamtes an das Oberbergamt sowie die zusammenfassenden Berichterstattungen, die das Oberbergamt dem Landesherrn lieferten,2312 belegen dies. Umfang und Inhalt des gebotenen bergmännischen Unterrichts hingen zuallererst vom Kassenvermögen der jeweiligen Knappschaft ab und der Anteil der mit 2309 Dieser war der Neffe und Nachfolger von Johann Julius Hecker, der diese Schule einst eingerichtet hatte. Vgl. Näheres dazu im Kapitel 6. 2310 So Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 560. Der preußische König Friedrich II. hatte einen entsprechenden Antrag Heckers von 1784 abgelehnt. Vgl. dazu Neugebauer (ebd.), S. 559 f., der – unter Bezug auf Simon (Geschichte der Königlichen Realschule), S. XIV–XVI, sowie Hecker (Entstehung der Realschulen) – die von Hecker aufgebrachten Lotteriemittel, Erträgnisse seiner Verlagsbuchhandlung bzw. Spendengelder für die Schulfinanzierung aufführt. Erst 1795 konnten für den Unterhalt an der Berliner Realschule 4000 Taler aus Lotteriemitteln bereitgestellt werden – vgl. Neugebauer (ebd.), hier unter Bezug auf Hecker (ebd.). Man sollte allerdings nicht die unterschiedlichen Größenordnungen verkennen. Der Gesamtetat für die Berliner Realschule betrug Ende des 18. Jahrhunderts jährlich 11.000 Taler, der jährliche Gesamtetat für das sächsische Bergschulwesen gerade einmal 15–20% dieser Summe. 2311 Vgl. dazu stellvertretend die tabellarische Anzeige des BA vom 14. Apr. 1788 (wie Anm. 1415), hier Bl. 34. 2312 Diese Berichte, die den gemeldeten Schulbedarf jedes Bergamtes ergänzten bzw. kommentierten, wurden in der Regel von Benno von Heynitz selbst, bzw. bis 1791 von dem beim Freiberger Oberbergamt angestellten BKR August Constantin von Ferber verfasst.

Finanzierung der bergmännischen Schulbildung

411

Schulunterricht versorgten Bergmannskinder gegenüber den tatsächlich Bedürftigen variierte von Bergrevier zu Bergrevier. Dies wiederum stand, genau wie in Freiberg, mit dem „Flor“ des regionalen Bergbaus und damit dem Finanzvermögen der Knappschaftskassen in unmittelbarem Zusammenhang. In seinem Vortrag vom 20. Januar 1785 formulierte der Berghauptmann Benno von Heynitz in diesem Kontext über den Marienberger Bergbau: „Daß sich die Marienberg[ische] KnappschaftsCaße bey dem Verfall dasieger Refier auch vermindern muß, ist leicht einzusehen ...“2313 Im Bergrevier Schneeberg sei in der gleichen Zeit der Kobalt-Bergbau zurückgegangen, weshalb auch dieses Revier „in seinen KnappschaftsCaßen Einkünften merklich leide(n)“ würde,2314 und auch Eibenstock gehörte „… mit unter die jezt verfallenen BergÄmter(..)“.2315 Ganz anders sah es dagegen 1785 noch in Johanngeorgenstadt aus, wo es wegen des dortigen „Flor(s)“ seines Bergbaus nicht erforderlich sei, für die Bergjugend dieses Reviers die „höchste Unterstützung [also die Beihilfe des Landesherrn – H.K.]“ zu verlangen.2316 Die für die gesamte Unterrichtserteilung notwendigen 15 Taler und sechs Groschen wären dort aus der Knappschaftskasse aufzubringen, welche jedoch von der „der Knappsch[afts] Cassa cedirten Accis-Restitution2317 bestritten (werden)“ könnten.2318 Von den 240 Talern der erwähnten 300 Taler kurfürstlicher Beihilfe zur Finanzierung des bergmännischen Unterrichts kam der Mammutanteil – 230 Taler – den obererzgebirgischen Bergrevieren, zehn Taler aber der Hüttenknappschaft Freiberg zur Etablierung des 1784 begonnenen Unterrichts für die (männlichen) Kinder der Freiberger Hüttenarbeiter zugute.2319 Auf der Grundlage des vom Oberbergamt jährlich bis Ostern beim Landesherrn einzureichenden Gutachtens über die stattgefundene Entwicklung des Bergschulwesens2320 wies der Kurfürst das Oberbergamt bzw. den Oberzehntner von Freiberg genauestens an, wie die Verteilung der 2313 2314 2315 2316 2317

Vortrag Benno von Heynitz’ vom 20. Jan. 1785 (wie Anm. 1134), hier Bl. 60. Vortrag Benno von Heynitz’ vom 20. Jan. 1785 (ebd.), hier Bl. 59 b. Vortrag Benno von Heynitz’ vom 20. Jan. 1785 (ebd.), hier Bl. 61. Vortrag Benno von Heynitz’ vom 20. Jan. 1785 (ebd.), hier Bl. 59 b. Auch im oberen Erzgebirge waren die Knappschaftskassen zum Teil „... durch die in einigen Berg-Ämtern von den Gewerken verwilligte Verstärkung derselben, mittels Adirung [hier im Sinne von Beisteuerung – H.K.] der Accis Restitution von den BergMaterialien ... auch zu Bestreitung des Unterrichts der Bergjugend, bereits in bessere Umstände gekommen.“ Vortrag von Heynitz’ vom 20. Jan. 1785 (wie Anm. 1134), hier Bl. 59 f. Hervorhebungen durch von Heynitz selbst. 2318 Vgl. dazu den Bericht von Heynitz’ vom 26. Jan. 1785 (wie Anm. 1137), tabellarische Anlage Bl. 82–89, hier Bl. 84 b. 2319 Vgl. zu den Beihilfen für den 1786 eingeführten Unterricht männlicher Hüttenarbeiterkinder den Unterabschnitt 2.3.2. Da dieser knappschaftlich organisiert war, wurde er in den Akten stets gemeinsam mit dem der obererzgebirgischen Bergreviere abgehandelt. 2320 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 8. Mai 1786 (wie Anm. 1238), hier Bl. 92.

412

Die finanziellen und personellen Voraussetzungen

bereitgestellten Beihilfen an die einzelnen Bergämter zu erfolgen habe. Aus dieser Befehlsstrecke werden zugleich die Organisation der Bergverwaltung sowie die hierarchische Einordnung von Oberbergamt und Oberzehntner in diese deutlich. Die Auszahlung der angeforderten Gelder erfolgte dabei erst nach Verabschiedung des auf reine Finanzfragen reduzierten kurfürstlichen Reskripts an den Freiberger Oberzehntner.2321 Im Einzelfall wies aber das Oberbergamt – unter Hinweis auf das entsprechende kurfürstliche Reskript – auch den Freiberger Oberzehntner direkt zur Auszahlung der zugewiesenen Gelder an.2322 5.1.3. Die Auswirkungen neuer Vorschläge Benno von Heynitz’ vom 4. Februar 1788

Im Jahr 1787 betrug der finanzielle Aufwand für sämtliche kursächsische Bergschuleinrichtungen, ausgenommen die vom „... Schichtmeister Goldberg versorgte Rechnen- und Zeichen-Schule“,2323 knapp 870 Taler für Freiberg und insgesamt rund 3602324 Taler für den bergmännischen Unterricht im oberen Erzgebirge zur Verfügung, die sich wie folgt auf die einzelnen Bergreviere aufteilten:2325

2321 Ein solches an den Oberzehntner gestelltes Reskript stellte i. d. R. einen wortgleichen Auszug aus dem meist weitere Gegenstände enthaltenden Reskript an das Oberbergamt dar. 2322 Vgl. zum Verfahren der Beantragung und Auszahlung der Geldmittel den Unterabschnitt 5.1.4. 2323 Lt. dem landesherrlichem Reskript vom 3. Juli 1786 musste das Oberbergamt über die Goldberg’sche Schule in einem gesonderten „Inserat“ berichten, welches dem „Academischen Haupt-Jahres-Berichte“ beigefügt werden sollte. Vgl. dazu die tabellarische Übersicht von Ferbers vom 7. Juni 1788 (wie Anm. 1141), hier Bl. 56. 2324 Da die gesamten „sonstigen“ Einnahmen, die das Bergamt Altenberg noch beisteuerte, nicht bekannt sind, wurden diese bei der Zusammenfassung der Beträge nicht berücksichtigt, der Gesamtbetrag aber aufgerundet. 2325 Angaben nach der tabellarische Anzeige von Ferbers vom 7. Juni 1788 (wie Anm. 1141), Bl. 53–62. Die Finanzierung des Bergschulunterrichts im Altenberger Bergrevier unterschied sich etwas von derjenigen in den übrigen obererzgebirgischen Bergrevieren. Sie erfolgte aus der im 3. Quartal (Crucis) 1786 gebildeten besonderen Schulkasse, welche die Beihilfe aus der Freiberger OZK (1790 betrug diese z. B. 55 Taler), wie in Johanngeorgenstadt als „AccisRestitution für Berg-Materialien“ erhielt. Die Altenberger Zwitterstocks-Gewerkschaft gab dazu ein weiteres jährliches „Fixum loco“ in Höhe von acht Talern, und die Stollen-Gewerkschaft eines in Höhe von sechs Talern dazu. Darüber hinaus erhob man im Altenberger Bergrevier „von jedem Finder vermessenen Eisenstein(s)“ drei Pfennige; ein weiterer Beitrag wurde bei Einstellung neuen Berg-Personals in Form sogenannter „Lohns Erhöhungen“ einbehalten. Vgl. dazu den Bericht des BA Altbg. vom 4. Mai 1791 (wie Anm. 1415), hier Bl. 126 b.

Freiberger OZK

Oberwiesenthal

5 Tlr.

23 T./ 8 Gr. 5 Tlr.

Knappschaftskasse Freiberger OZK

Knappschaftskasse Freiberger OZK

Scheibenberg

Bergamt Annaberg

Bergamt Marienberg

freiwillige Beiträge Freiberger OZK

10 Tlr.

Freiberger OZK Akzise-Restitution sonst.

10 Tlr.

Freiberger OZK

982 T. / 6 Gr. / 10 Pf.

1787

Hüttenknappschaftskasse

869 T. / 7 Gr. / 11½ Pf. (vermutl. alles Gewerkengelder)

1786

Ausgaben aus der Schulkasse gesamt

40 Tlr. 12 Tlr. (je Fuder Eisenstein 3 Pfennige) ? je angestellter Person 50 Tlr. (davon 20 Tlr. für Knappschaftsschule; 20 Tlr. für SRZ-Schule) keine 45 Tlr.

Bergamt Altenberg

Hüttenknappschaft Freiberg

Bergamt Freiberg

Name des Bergamtes/Schulfonds

5 Knaben von 6 bis 12 Jahren

5 Knaben von 5 bis 13 Jahren

40 Knaben von 5 bis 13 Jahren

53 Knaben, davon 37 über 8 Jahre

68 Knaben zwischen 8 und 13 Jahren

Reminiscere 470 Trinitatis 491 Crucis 521 Luciae 535 9 Knaben von Hüttenarbeitern

mit Unterricht im Jahre 1787 versorgte Kinder

k.A. (vermutlich nur Elementarunterricht im Christentum, Lesen und Schreiben) k.A. (vermutlich nur Elementarunterricht im Christentum, Lesen und Schreiben)

k.A. (vermutlich nur Elementarunterricht im Christentum, Lesen und Schreiben)

k.A. (vermutlich nur Elementarunterricht im Christentum, Lesen und Schreiben)

k.A. (vermutlich nur Elementarunterricht im Christentum, Lesen und Schreiben)

k.A. (vermutlich nur Elementarunterricht im Christentum, Lesen und Schreiben)

Christentum, Lesen, Schreiben und Rechnen

unterrichtete Fächer

keine SRZ-Schule vorhanden

20 Tlr. aus dem Schulfonds 10 „Bergpursche“ beim BergStipendiaten Thannhäußer 30 Tlr. aus dem Schulfonds keine SRZ-Schule vorhanden

6 „Bergpursche“ beim Bergakademisten Becher

20 Tlr. aus dem gemeinsamen Schulfonds

6 Knaben bei Rezessschreiber Rudolph

nein

Goldberg’sche Schule (darüber wird gesonderter Bericht abgefordert)

Schülerzahl an SRZ-Schule / Schulname / aufgewendeter Betrag

Tabelle V_1_3a: Übersicht über die Finanzierung sämtlicher Bergschulanstalten (ohne Goldberg’sche ZR-Schule) im Jahre 1786/87

Finanzierung der bergmännischen Schulbildung

413

Freiberger OZK

Bergamt Schneeberg

Knappschaftskasse

20 Tlr. (nur für SRZ-Schule) 23 T. / 3 Gr. / 4 Pf. (davon 10 Tlr. für SRZ-Schule) 5 Tlr.

10 Tlr.

davon 20 Tlr. für SRZ-Schule 10 Tlr. k.A.

[Quelle: Anzeige Ferbers vom 7. Juni 1788, in: BergA, OBA 2252, Bl. 53–62.]

Bergamt Neustädtischer Kreis

Freiberger OZK

Bergamt Voigtsdorf

Knappschaftskasse

Freiberger OZK Knappschaftskasse

15 Tlr. 57 T / 18 Gr. / 1 ¼ Pf. 10 Tlr.

Freiberger OZK

k.a.

Knappschaftskasse

Akzise-Restitution gesondert für Schwarzenberger Revier

5 Tlr.

Freiberger OZK

Ausgaben aus der Schulkasse gesamt

Bergamt Eibenstock

Bergamt Johanngeorgenstadt mit Schwarzenberg

Bergamt Ehrenfriedersdorf und Geyer

Name des Bergamtes/Schulfonds

4 Knaben von 5 bis 13 Jahren

37, davon meistens über 8 Jahre

5, davon 3 Mädchen 4 Knaben (auch Rechnen und Schreiben auf Kosten der Knappschaftskasse) 26, beiderlei Geschlechts

20, davon 10 Mädchen. Ehrenfrie13, davon dersdorf 6 Mädchen. 14 Knaben von 5 bis 13 Jahren

Geyer

mit Unterricht im Jahre 1787 versorgte Kinder

k.A. (vermutlich nur Elementarunterricht im Christentum, Lesen und Schreiben)

k.A. (vermutlich nur Elementarunterricht im Christentum, Lesen und Schreiben)

k.A. (vermutlich nur Elementarunterricht im Christentum, Lesen und Schreiben)

k.A. (vermutlich nur Elementarunterricht im Christentum, Lesen und Schreiben)

k.A. (vermutlich nur Elementarunterricht im Christentum, Lesen und Schreiben)

k.A. (vermutlich nur Elementarunterricht im Christentum, Lesen und Schreiben)

unterrichtete Fächer

keine SRZ-Schule vorhanden

6 Knaben sowie einige Mädchen bei Hecker (keine eigentliche SRZ-Schule vorhanden) k.A. zum Schulgeld 15 „Scholaren“ beim Wardein Gerber 30 Tlr. aus dem Schulfonds

keine SRZ-Schule vorhanden

20 Tlr. aus dem Schulfonds

4 „Berg-Purschen“ bei Nuß

keine SRZ-Schule vorhanden

Schülerzahl an SRZ-Schule / Schulname / aufgewendeter Betrag

414 Die finanziellen und personellen Voraussetzungen

Finanzierung der bergmännischen Schulbildung

415

Wie schon 1786 hatte der Kurfürst auch 1787 insgesamt 300 Taler aus der Freiberger Oberzehntenkasse für die Finanzierung sämtlicher in Kursachsen befindlicher Bergschulanstalten zur Verfügung gestellt, wovon (wiederum) 240 Taler zur Unterstützung der obererzgebirgischen Knappschaftlichen Schulanstalten und die damit in einigen Bergrevieren verbundenen SRZ-Schulen sowie für die Freiberger Hüttenknappschaft eingesetzt werden sollten. Diese Beihilfe machte immerhin rund zwei Drittel des finanziellen Gesamtaufwandes für das obererzgebirgische Bergschulwesen aus; etwa ein weiteres Drittel der Finanzierungskosten des Bergschulwesens trugen Knappschaften und Gewerken. Die verbleibenden 60 Taler aus der Freiberger Oberzehntenkasse dienten wie schon die Jahre zuvor ausschließlich zur Finanzierung der Goldberg’schen Zeichen- und Rechenschule, woraus die Sonderrolle, die diese Einrichtung von Beginn an auch für den Landesherrn einnahm, ersichtlich wird. Letztere Summe setzte sich aus 52 Talern für den durch den Bergschullehrer Goldberg erteilten Unterricht im „Rechnen, Zeichnen, auch den Anfangsgründen der Mathematik und Bergbaukunst“ und acht Talern für die benötigten „ZeichnenMaterialien“ zusammen.2326 Für den ausschließlich auf der Basis von Gewerkenmitteln finanzierten Elementarschulunterricht im Freiberger Bergrevier gewährte der Landesherr dagegen keine gesonderte Beihilfe.2327 Eine ähnlich hohe finanzielle Unterstützung wie die Goldberg’sche ZR-Schule bezogen 1787 die Bergämter Marienberg mit 50 Talern, Annaberg mit 45 Talern sowie Altenberg mit 40 Talern, gefolgt von Schneeberg mit 20 Talern.2328 Die der Freiberger Hüttenknappschaft gewährte Beihilfe in Höhe von gerade einmal zehn Talern erscheint zwar aus heutiger Sicht niedrig, lässt sich aber mit ihrer nur geringen Schülerzahl begründen. Immerhin konnten damit neun bedürftige Söhne armer Hüttenarbeiter im Lesen und Christentum unterrichtet werden.2329 Zu beachten auch für die später eingeleiteten Finanzmaßnahmen war, dass zu diesem Zeitpunkt bei der Finanzierung der bergmännischen Bildung in den obererzgebirgischen Bergrevieren noch nicht zwischen dem Elementarunterricht – dieser umfasste in dieser Zeit in der Regel Christentum und Lesen, z. T. aber auch Schrei-

2326 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 8. Mai 1788, in: BergA, OBA 2251, Bl. 90–92 b., hier Bl. 91 b. Vgl. dazu auch das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 7. Juli 1788 an das OBA bzw. den OZ ô Feral (wie Anm. 957). 2327 Dies ergibt sich eindeutig aus den Bergamtsberichten und den diesen beigefügten tabellarischen Anzeigen über die Einnahmen und Ausgaben für den Bergschulunterricht. 2328 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 7. Juli 1788 an den OZ ô Feral (wie Anm. 957). 2329 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 7. Juli 1788 (ebd.). Vgl. dazu auch die tabellarische Anzeige Ferbers vom 7. Juni 1788 (wie Anm. 1141), hier Bl. 55 b.–56.

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Die finanziellen und personellen Voraussetzungen

ben –2330 und dem SRZ-Unterricht unterschieden wurde,2331 die Finanzbeihilfen aus der Freiberger Oberzehntenkasse somit beiden (unterschiedlichen) Schulformen zugute kamen. Dass diese landesherrliche Beihilfe für die Herausbildung des gesamten Bergschulwesens von eminenter Bedeutung war, belegt die später einmal durch den Bergkommissionsrat von Schirnding getroffene Feststellung, wonach sich „... die Schulanstalten ohne die höchsten Unterstützungen [die landesherrlichen Beihilfen aus der Freiberger Oberzehntenkasse – H.K.] bey weitem nicht in dem Zustande sich erhalten haben würden, nach welchen sie doch größtentheils den jetzigen Umfang erreicht haben.“2332

Ohne diese Unterstützungsbeiträge wäre in den meisten Bergrevieren ein solcher Unterricht nicht einmal ansatzweise möglich gewesen, hätte vielen Bergmannsund Hüttenarbeiterkindern wegen der Armut ihrer Eltern überhaupt kein Schulunterricht geboten werden können. Als das Oberbergamt im Juni 1788 über den inzwischen eingetretenen Erfolg der „Schulanstalten für die Bergjugend“ berichtete und den Landesherrn um die weitere Auszahlung der jährlich bewilligten 300 Taler bat, 2333 genehmigte der Kurfürst kurz darauf die erbetene Summe.2334 Er forderte das Oberbergamt aber zugleich auf, Vorschläge für eine zukünftige Erweiterung dieser „Schulanstalt“ zu machen.2335 An den Oberzehntner von Freiberg, ô. Feral, erging am gleichen Tag der kurfürstliche Befehl, dass von den 300 Talern „nach Abzug der für die Goldbergische Zeichnen Schule zu Freyberg geordneten 60 [Tale]r, [die] anoch verbleibenden 240 [Tale]r ... gleich dem vorigen Jahre ... für das gegenwärtige Jahr, vom 1. Jun[i] a[nni] c[urrentis] bis ult[imus] Maii 1789 ausgesetzt seyn sollen”.2336

Mit den 1787/1788 erfolgten finanziellen Zuwendungen aus der Freiberger Oberzehntenkasse konnten die schon 1785 formulierten Planungen Benno von Hey-

2330 Vgl. dazu das Protokoll des BA Jhgstdt. vom 23. Juni 1788, in: BergA, OBA 2252, Bl. 85–87 b., hier Bl. 86 b., der für die bereits anfahrenden Bergmannskinder diese drei Fächer explizit aufführte. 2331 Auch die Abführung eines bestimmten Quantums aus dem Schulkassenfonds zum Zwecke der Aufrechterhaltung von SRZ-Schulen in den obererzgebirgischen Bergrevieren erfolgte zu diesem Zeitpunkt noch nicht einheitlich. 2332 Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794 (wie Anm. 1394), hier Bl. 168 b. 2333 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 14. Juni 1788 (wie Anm. 1141), hier Bl. 63. 2334 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 7. Juli 1788 (wie Anm. 957), Bl. 65 f. 2335 Vgl. das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 7. Juli 1788 (ebd.). 2336 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 7. Juli 1788 an den OZ ô Feral (ebd.), Bl. 66 f.

Finanzierung der bergmännischen Schulbildung

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nitz’ für eine bessere Finanzausstattung des Bergschulwesens in vollem Umfang umgesetzt werden.2337 Da die Beihilfesumme in Höhe von 300 Talern jedoch nicht einmal ausreichte, allen bedürftigen Bergmannskindern den nach der Erneuerten Schulordnung vorgesehenen elementaren Schulunterricht, geschweige denn eine weiterführende Bildung an den SRZ-Schulen zu ermöglichen, war Abhilfe dringend geboten. Deshalb unterbreitete Bergkommissionsrat von Ferber – ohne Zweifel nach vorheriger Abstimmung mit Berghauptmann Benno von Heynitz –2338 am 7. Juni 1788 Vorschläge zur noch besseren finanziellen Ausstattung der Bergschulanstalten.2339 Nach der dazu von ihm angefertigten tabellarischen Zusammenstellung, die auf den eingereichten Anzeigen der einzelnen Bergämter sowie der Freiberger Hüttenknappschaft beruhte, hätte zur Deckung des Schulgeldbedarfs für das genannte Schuljahr (1788) eine Beihilfesumme in Gesamthöhe von 549 Talern und 19 Groschen aus dem Freiberger Oberzehnten aufgebracht werden müssen.2340 Zur Überprüfung der hierzu von den Bergämtern erhobenen finanziellen Forderungen hielt der Berghauptmann aber zunächst eine „Revision in loco“ für erforderlich.2341 Kurze Zeit darauf, am 4. September 1788, trug er in einem umfassenden Vortrag dem Oberbergamt die Ergebnisse seiner Überprüfungen vor, unterbreitete dabei Vorschläge zur finanziellen Aufstockung des gesamten bergmännischen Bildungswesens und schlug Maßnahmen dahingehend vor, wie die Zahl der unterrichteten Schüler sich weiter erhöhen lassen könnte.2342 Im diesem Zusammenhang machte Benno von Heynitz zum ersten Mal den Vorschlag, das „... Quantum an 300-Thalern aus der Freybergischen Oberzehenden-Kasse zum Besten gesammter Bergämter, exclusive Freiberg, zu verdoppeln ...“2343 Aus diesem Bericht wird zugleich deutlich, dass das aus Gewerkenmitteln finanzierte Freiberger (elementare) Bergschulwesens bis dahin keine finanziellen Beihilfen aus der Oberzehntenkasse erhalten hatte.2344 Nach den 2337 Vgl. dazu nochmals den Vortrag von Heynitz’ vom 20. Jan. 1785 (wie Anm. 1134), hier Bl. 59 b. 2338 BKR Ferber beschäftigte sich zu dieser Zeit neben von Heynitz wiederholt mit dem Gegenstand bergmännischer Bildung. 2339 Vgl. dazu im Einzelnen den Bericht von Ferbers vom 7. Juni 1788 (wie Anm. 1141), Bl. 53–62. 2340 Vgl. dazu den Bericht von Ferbers vom 7. Juni 1788 (ebd.). 2341 Bericht Benno von Heynitz’ vom 14. Juni 1788 (wie Anm. 1141), hier Bl. 64. Vgl. dazu auch von Heynitz’ späteren Bericht vom 4. Sept. 1788 (wie Anm. 1257), hier Bl. 69 b., worin er nochmals die Notwendigkeit von „Local-Besichtigung(en)“ begründete. 2342 Vgl. dazu im Einzelnen den Vortrag von Heynitz’ vom 4. Sept. 1788 (ebd.). 2343 Vortrag von Heynitz’ vom 4. Sept. 1788 (ebd.), hier Bl. 79. Hervorhebungen d.d.A. 2344 Dies ergibt sich auch aus dem späteren Bericht des OBM Schmid über den unentgeltlichen Unterricht der „in Berg-Almosen“ stehenden Knaben und Mädchen an der „Berg-Schul-Anstalt“ im Freiberger Revier, wonach für den „Berg-Knappschaftlichen SchulFonds … zur Zeit

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Die finanziellen und personellen Voraussetzungen

Vorstellungen des Berghauptmannes sollten die jährlich notwendigen 60 Taler für die „Goldbergische Zeichnenschule“ zukünftig nicht mehr aus der Freibergischen Oberzehntenkasse, sondern aus der Gnadengroschenkasse2345 bestritten werden, und zwar „weiln die darinnen zu bildenden Bergleute fast alle zu Gewerkschaftlichen Diensten bestimmt …“ wären.2346 Dies war in dem Sinne beachtenswert, weil damit eine Umverteilung dieser Aufwendungen auf die Gewerken, die von Heynitz offensichtlich als die eigentlichen Nutznießer der Goldberg’schen Schule ansah, erfolgen könnte. Die hierzu in seinem Vortrag über die in Kursachsen zu verbessernden „BergwerksSchul-Anstalten“ geäußerten Gedanken2347 sollten die Grundlage für die Finanzierungsmodalitäten des gesamten kursächsischen Bergschulwesens der folgenden Jahre bilden. Nach Durchführung der angezeigten örtlichen Visitationen fasste Benno von Heynitz die von den Bergämtern beantragten Beihilfen in einer tabellarischen Übersicht zusammen und errechnete daraus als notwendige „Total-Summe“ 351 Taler, „wozu noch die vom Bergamte Voigtsberg ... erbethene Unterstützung an 65 bis 70 Thalern hinzukommen ...“ würde.2348 Für die gesamte Bergschulausbildung in den Revieren des oberen Erzgebirges hielt der Berghauptmann eine landesherrliche Beihilfe in Höhe von jährlich 600 Talern – also das Doppelte des bisher gewährten Betrages – für erforderlich, wovon wiederum alle Bergreviere, außer dem von Freiberg, partizipieren könnten.2349 In dieser Summe schien der Berghauptmann allerdings eine Reserve berücksichtigt zu haben, um ggf. flexibel auf kurzfristig eintretende „verändernde(..) Umstände(..)“ in den obererzgebirgischen Bergre-

2345

2346

2347 2348

2349

keine Zugänge aus Chur-Fürst[lichen] Bergwercks-Caßen [z. B. der Freiberger Oberzehntenkasse – H.K.] bewilligt sind“. Vortrag Schmids vom 24. Sept. 1793 (wie Anm. 1126), hier Bl. 85 f. Im Gegensatz zur Freiberger Oberzehntenkasse stellte die Gnadengroschenkasse nach Veith (Bergwörterbuch), S. 67, eine „Bergbauhülfskasse“ dar, d. h., „ein(en) in einem bestimmten Bergwerksdistrikte aus gewissen Abgaben von der Produktion begründeten gemeinnützige(n) Fonds“ – Hervorhebung durch d.d.A. Vortrag von Heynitz’ vom 4. Sept. 1788 (wie Anm. 1257), hier Bl. 79 f. Hinsichtlich der Finanzfürsorge und der Förderung entsprechender Ausbildungsmöglichkeiten für die im Bergbau Beschäftigten unterschied der Landesherr offensichtlich zwischen dem Knappschaftlichen Bergbau und dem Gewerkenbergbau, von dem der Landesherr ja nicht im gleichen Maße partizipierte. Vortrag von Heynitz’ vom 4. Sept. 1788 (ebd.), hier Bl. 69. Vortrag von Heynitz’ vom 4. Sept. 1788 (ebd.), hier Bl. 79. Der relativ hohe Betrag für Voigtsberg sollte dort dem geplanten Schulbau dienen, wozu der Kurfürst die Einreichung eines „Bau-Anschlag(es)“ forderte. Vgl. dazu Reskript Kurfürst Augusts vom 27. Okt. 1788 (wie Anm. 1296), hier Bl. 112. Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 4. Sept. 1788 (ebd.), hier Bl. 80.

Finanzierung der bergmännischen Schulbildung

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vieren reagieren,2350 zugleich aber auch die Ausbildung von Bergmannskindern weiblichen Geschlechts forcieren zu können.2351 Von Heynitz’ Vortrag vom 4. September 1788 bildete die inhaltliche Grundlage des Oberbergamtsberichts vom 27. September des gleichen Jahres.2352 Einen Monat darauf, am 27. Oktober, forderte der Landesherr von der berichtenden Bergbehörde nochmals detaillierte Angaben sowohl zur Anzahl der noch des Schulunterrichts bedürfenden Kinder männlichen und weiblichen Geschlechts als auch zur Anzahl der ggf. eine (zusätzliche) Betschicht fahrenden Bergleute, mit der die finanzielle Ausstattung des Bergschulwesens hätte verbessert werden sollen.2353 Mittels Reskript vom 16. Dezember 1788 genehmigte der Landesherr zwar die eingereichten Vorschläge des Oberbergamtes zur Verdopplung der landesherrlichen Beihilfe für den Ausbau des Bergschulwesens in den Bergämtern des oberen Erzgebirges „exc[lusive] des Berg-Amts zu Freyberg“,2354 war aber nur bereit, „vorjezt die Helfte der ... vorgeschlagenen Quantorum zu bezahlen.“2355 Er erteilte dem Freiberger Oberzehntner ô. Feral den Befehl, sofort 175 Taler und 12 Groschen – also genau 50% der von Benno von Heynitz beantragten „Total-Summe“ – an die obererzgebirgischen Bergämter zur Auszahlung zu bringen, „damit die Erweiterung dieser Schulen noch in itzigen Winter erfolgen könne“.2356 Ab 1. Januar des Jahres 1789 sollten dann tatsächlich 600 Taler für das obererzgebirgische Bergschulsystem als Zuwendungen aus der Freiberger Oberzehntenkasse zur Verfügung stehen, was eine Aufstockung der bisherigen Beihilfe für diese Reviere von 240 Talern um 360 Taler bedeutete. Da die Freiberger Goldberg’sche Zeichen- und Rechenschule im Reskript des Kurfürsten vom 16. Dezember mit keinem Wort erwähnt wurde, muss bereits zu diesem Zeitpunkt, spätestens aber ab 1790 von der Finanzierung dieser Anstalt aus einer anderen Quelle, nämlich der für die Bergakademie bestimmten Stipendiengelderkasse ausgegangen werden.2357 Die Höhe der zu Ostern 1789 „auf ein Jahr zu machende(n) Repartition [d. h. 2350 Bei solchen „Umständen“ konnte es sich z. B. um die unvorhersehbare Erhöhung der Anzahl bedürftiger Bergmannskinder handeln. 2351 Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 4. Sept. 1788 (wie Anm. 1257), hier Bl. 79 b. 2352 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 27. Sept. 1788, in: BergA, OBA 2252, Bl. 102–111. 2353 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Augusts vom 27. Okt. 1788 (wie Anm. 1296). In diesem Reskript kündigte der Landesherr eine entsprechende Entschließung „des nächsten(s)“ an. 2354 Der im Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 16. Dez. 1788 (wie Anm. 1504) erwähnte Gesamtbetrag in Höhe von 600 Talern bildete für die nächsten Jahre die finanzielle Grundlage des obererzgebirgischen Bergschulwesens sowie der Hüttenknappschaft zu Freiberg. Vgl. dazu Näheres im Unterabschnitt 5.1.3 2355 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 16. Dez. 1788 (ebd.), hier Bl. 115. 2356 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 16. Dez. 1788 an den OZ ô Feral (ebd.), Bl. 116 f. 2357 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 16. Dez. 1788 an den OZ ô Feral (ebd.), sowie insbesondere die Reskripte Kurfürst Friedrich Augusts vom 14. Juni 1790 an das OBA bzw. den OZ ô Feral (wie Anm. 519 bzw. 1518). In diesen Reskripten forderte der

420

Die finanziellen und personellen Voraussetzungen

vorzunehmenden Mittelverteilung – H.K.]“, legte der Landesherr dabei auf 514 Taler und 12 Groschen fest.2358 Im Juni 1789 konnte das Oberbergamt wie schon das Jahr zuvor dem Landesherrn über den „Erfolg“ des Ausbaus des obererzgebirgischen Bergschulsystems berichten.2359 Damit hatte der Berghauptmann sein Hauptziel, nämlich eine Verbesserung der finanziellen Ausstattung des kursächsischen Bergschulsystems erreicht. Vor allem die obererzgebirgischen Knappschaftlichen Schulanstalten konnten nun ausgebaut und weitere bedürftige Bergmannskinder dem dringend zu vermittelnden Elementarschulunterricht zugeführt werden. Aber auch die darüberhinausgehende bergfachliche Ausbildung bereits anfahrender Bergmannskinder an den noch jungen SRZ-Schulen wurde ermöglicht. Zur Finanzierung der Ausbildung an der Goldberg’schen Zeichen- und Rechenschule erhielt der Bergfaktor Goldberg im ersten Quartal des Jahres 1792 für den von ihm „15 Subjekten in denen Anfangs-Gründen des Bergbaues …“ gewährten Unterricht aus der Stipendiengelderkasse der Bergakademie insgesamt 22 Taler und 12 Groschen.2360 Allerdings stammte ein erheblicher Teil des Gesamtkassenetats in Höhe von etwas mehr als 484 Talern – nämlich 171 Taler und 21 Groschen – ebenfalls aus dem Freiberger Oberzehnten und war nur in die Stipendiengelderkasse transformiert worden.2361 Ob es sich bei den in einem späteren Reskript Kurfürst Friedrich Augusts erwähnten 1490 Talern, „welche angestellter Berechnung zu Folge, seit dem Jahre 1776 bis gegenwärtig zur Freyberger Bergschule aus dasiger Stipendiengelderkasse hergegeben und angewiesen worden …“ waren,2362 um jene bis 1789 aus der Freiberger Oberzehntenkasse jährlich bereitgestellten 60 Taler handelte, konnte nicht mit Sicherheit ermittelt werden. Im Jahre 1792 betrugen die Gesamteinnahmen für den gewerkschaftlich-/ knappschaftlichen Elementarschulunterricht im Freiberger Bergrevier etwas mehr als 1136 Taler, von denen wiederum reichlich 578 Taler auf den von den anfahrenden Bergmannsknaben abzuführenden Beiträgen und etwas mehr als 524 Taler aus

2358 2359

2360 2361 2362

Landesherr das Oberbergamt zugleich auf, jährlich bis spätestens Anfang Mai den Jahresbericht über die Entwicklung der einzelnen Schulanstalten einzureichen, vgl. (ebd.), Bl. 73. Reskript Kurfürst Augusts vom 16. Dez. 1788 (wie Anm. 1504), hier Bl. 115 b. Das Oberbergamt erinnerte darin an die vom Kurfürsten am 16. Dez. 1788 genehmigten 600 Talern Beihilfe aus der Freiberger Oberzehntenkasse. Vgl. im Einzelnen dazu den Bericht des OBA vom 17. Juni 1789 (wie Anm. 1506). Vgl. dazu den „Extract der Stipendien-Gelder-Rechnung Schluss Reminiscere 1792“ des OZ ô. Feral, in: UAF, OBA 251, Bl. 251. Vgl. dazu den „Extract der Stipendien-Gelder-Rechnung“ ô. Ferals (ebd.). Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 24. Okt. 1797 (wie Anm. 646), hier Bl. 2–2 b. Dieser angeblich der Stipendiengelderkasse [die Stipendiengelder wurden dabei aus der Oberzehntenkasse, der Kasse der Generalschmelzadministration sowie aus dem obergebirgischen „Ausbeutsilber“ genommen – H.K.] für die Bergakademie entgangene Betrag wurde 1797 der Bergakademie zum überwiegenden Teil aus der Rentkammer „ersetzt“. Vgl. (ebd.), Bl. 2 b.

Finanzierung der bergmännischen Schulbildung

421

den schon mehrfach erwähnten Akziserestitutionseinnahmen, die direkt in die Freiberger Knappschaftskasse flossen, stammten.2363 Demgegenüber lagen die Ausgaben für diesen Unterricht, die aus der Freiberger „Schulkasse“2364 beglichen wurden, bei (nur) etwas über 995 Talern, so dass sich der 1792 vorhandene Kassenbestand von ca. 674 Talern im darauf folgenden Jahr um 141 Taler erhöhte.2365 Aus der Schulkasse erhielten im Jahresdurchschnitt 600 Bergmannskinder männlichen Geschlechts elementaren Unterricht; weiteren 25 Kindern wurde eine „Ausbildung“ im Spinnen zuteil.2366 Im Schuljahr darauf (1793) – also unmittelbar vor den Reformmaßnahmen des Oberbergamtes – erhöhten sich die Gesamteinnahmen für das Freiberger Bergschulwesen auf etwas über 1203 Taler,2367 wovon wiederum die anfahrende Bergjugend fast 563 Taler beisteuerte und reichlich 592 Taler als rückerstatteter Akzisebeitrag eingingen.2368 Die Ausgaben erhöhten sich zwar gegenüber 1792 auf reichlich 1016 Taler, trotzdem verblieb ein Überschuss von fast 187 Talern, weswegen der aus dem Vorjahr verbliebene Kassenvorrat von knapp 815 Talern zum 31. Dezember 1793 auf insgesamt 1001 Taler, 16 Groschen und fünf Pfennige anstieg.2369 Von den dabei im 1. Quartal (Reminiscere) des Folgejahres (1793) eingegangenen „baren“ Geldeingängen in Gesamthöhe von etwas über 318 Talern stammten allein 146 Taler und 12 Groschen aus Beiträgen der anfah2363 Vgl. dazu den Extrakt aus der Schulkassenrechnung Fischers vom 6. März 1793 (wie Anm. 1160). Fischer war als „verpflichteter Rechnungsführer“ zugleich für die Rechnungslegung über den bergakademischen Fonds bzw. die Einnahmen und Ausgaben der Stufenverkaufsniederlage bei der Bergakademie verantwortlich. Vgl. dazu die Rechnungsextrakte über die Bergakademie sowie die „StuffenVerkaufsNiederlage“ für die Jahre 1792 bzw. 1793, in: UAF, OBA 252, Bl. 183–190, bzw. OBA 253, Bl. 190–198 b. 2364 Bei dieser „Schulkasse“ handelte es sich um einen gesonderten Fonds innerhalb der Freiberger OZK. 2365 Vgl. dazu den Extrakt aus der Schulkassenrechnung Fischers vom 6. März 1793 (wie Anm. 1160), Bl. 1 f. 2366 Vgl. dazu den Extrakt aus der Schulkassenrechnung Fischers vom 6. März 1793 (ebd.), Bl. 1 b. Vgl. zur Ausbildung im Spinnen den Unterabschnitt 2.3.2. 2367 Im Vergleich dazu betrugen die Gesamteinnahmen der Stipendiengelderkasse der Bergakademie im Lehrjahr 1794/95 insgesamt reichlich 2270 Taler, wovon ca. 687 Taler aus der (Freiberger) OZK, 1313 Taler aus der Generalschmelzadministrationskasse, 29 Taler aus der Obergebirgischen OZK, reichlich vier Taler aus der Schneebergischen ZK und 50 Taler von den Mannsfelder- und Eislebener Gewerken stammten – der Restbetrag bestand aus verbliebenen Kassenüberschüssen. Vgl. dazu die Stipendiengelderrechnung von Trinitatis 1794 bis Reminiscere 1795, in: UAF, OBA 254, Bl. 206–207. 2368 Vgl. dazu den Extract aus der Schulkassenrechnung Fischers (für das Jahr 1793) vom 28. Febr. 1794, in: BergA, OBA 2288, Bl. 17 f. 2369 Vgl. dazu den Extract aus der Schulkassenrechnung Fischers vom 28. Febr. 1794 (ebd). Wie die Einnahmen und Ausgaben innerhalb eines Quartals aussahen, belegt der dem Bericht von Heynitz’ vom 15. Aug. 1793 beigefügte „Einnahme- und Ausgabe-Extrakt“ der Freiberger Bergschulanstalt des Bergknappschaftsschreibers Fischer vom 1. Aug. 1793, in: BergA, OBA 2254, Bl. 60–64 b.

422

Die finanziellen und personellen Voraussetzungen

renden Bergknaben und weitere knapp 163 Taler aus der Generalakziserestitution.2370 Im Jahresdurchschnitt 1793 konnten deshalb im Freiberger Bergrevier 630 Bergmannskinder – allesamt männlichen Geschlechts – mit freiem Elementarschulunterricht versorgt werden; 22 Kinder – ebenfalls meist nur Knaben – erhielten eine zusätzliche Ausbildung im Flachsspinnen.2371 Tabelle V_1_3b: Schulkassenbestand, Einnahmen und Ausgaben sowie Anzahl der mit Elementarunterricht versorgten Bergmannskinder im Freiberger Bergrevier

Jahr

Kassenbestand aus Vorjahr

Einnahmen in Tlrn./Gr./Pf.

Ausga- verbleiben- Kassenbeben für der Über- stand am Akzise- Unterricht schuss in davon SchuljahEinnah- in Tlrn./ Tlrn./Gr./ resende in Beiträge men anfahrender Gr./Pf. Pf. Tlrn./Gr./ Bergknaben Pf.

gesamt

1792

674 / 3 / 8

1136 / 2 / 10

578 / 9 / 5 524 / 5 / 5

995 / 2 / 9

141 / --/ 1

815 / 3 / 9

1793

814 / 19 / 9

1203 / 2 / 11

562 / 18 / 8 592 / 8 / 3

1016 / 6 / 3

186 / 20 / 8

1001 / 16 /5

[Quelle: Extrakte aus den Schulkassenrechnungen Fischers vom 6. März 1793 bzw. vom 28. Febr. 1794, in: BergA, OBA 2288, Bl. 1 f. bzw. Bl. 17 f.]

Wie die Unterrichtsversorgung des gesamten kursächsischen elementaren Schulwesens im Schuljahr 1793/94 aussah und welcher Betrag dafür aufgewendet wurde, zeigt die folgende, sehr aufschlussreiche Tabelle:2372 Tabelle V_1_3c: Unterrichtsversorgung und Schulgeldaufwand des elementaren Bergschulwesens im Schuljahr 1793/94

Bergamt Freiberg Altenberg mit Berggießhübel und Glashütte Marienberg

Anzahl der Schulkinder

Betrag an Schulgeld insgesamt

je Schüler

631

922 / 23/ 9

1 / 11 / 1

94

73 / --- / ---

--- / 18 / 8

110

145 / 9 / 5

1/ 7/ 8

Ehrenfriedersdorf

35

56 / 13 /---

--- / 14 / 9

Geyer

50

50 / 14 / 2

1 / --- / 3

2370 Vgl. dazu den „Einnahme- und Ausgabe-Extrakt“ Fischers vom 1. Aug. 1793 (ebd.), Bl. 60 b. 2371 Vgl. des Extract aus der Schulkassenrechnung Fischers vom 28. Febr. 1794 (wie Anm. 2369). 2372 Vgl. dazu die „Berechnung auf das Schulgeld 1793/94“ (wie Anm. 1530).

423

Finanzierung der bergmännischen Schulbildung

Bergamt

Anzahl der Schulkinder

Betrag an Schulgeld insgesamt

je Schüler

79 / 17 / 8

1 / 23 / 10

25

37 / 1 / 6

1 / 11 / 7

24

24 / 12 /---

1 / 11 / 6

111

76 / 13 /---

1/ 6/ 7

Schneeberg

87

72 / 10 / 8

1 / 20 /---

Voigtsberg

48

25 / 5 /---

1 / 12 / 7 --- / 9 /---

Annaberg

40

Scheibenberg Oberwiesenthal Johanngeorgenstadt mit Schwarzenberg und Eibenstock

Großkamsdorf

10

3 / 18 /---

Suhl

---

--- / --- / ---

gesamt

1265

1554 / 18 / 2

--- /--- / --1/ 5/ 6 oder wöchenlich 6 4/5 Pfennige

[Quelle: „Berechnung auf das Schulgeld 1793/94“, in: BergA, OBA 2255, Anlage Bl. 121]

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Die finanziellen und personellen Voraussetzungen

Während sich die Anzahl der mit elementarem Unterricht versorgten Kinder im Bergrevier Freiberg (seit 1787) nur um etwa 100 auf 631 erhöht hatte,2373 war der Schüleranteil in den obererzgebirgischen Bergrevieren seit 1788 (von 300 Kindern) sogar mehr als verdoppelt worden.2374 Der Anteil der Freiberger an der Gesamtzahl der unterrichteten Bergmannskinder machte fast auf die Person genau 50% – 631 von 1265 – aus. Die Verteilung dieser Schüler auf die einzelnen (größeren) Bergreviere war relativ gleichmäßig, wenn man zum Bergrevier Annaberg die später (1794) mit diesem vereinigten Reviere Scheibenberg und Oberwiesenthal hinzuzählt.2375 Sie reichte von 87 Kindern in Schneeberg über 89 im (vereinigten) Revier Annaberg, 94 in Altenberg, zu 110 in Marienberg bzw. 111 im Bergrevier Johanngeorgestadt. Das Schulgeld, das für diesen Unterricht aufgewendet werden musste, war dagegen noch sehr differenziert und lässt sich nur mit Umfang und Inhalt des konkreten Unterrichtsangebotes begründen. So lag der finanzielle Aufwand des Freiberger Elementarschulwesens mit knapp 923 Talern bei nahezu 60% des finanziellen Gesamtaufwandes für den Elementarunterricht, der fast 1555 Taler betrug. Dort, wo lediglich Christentum und Lesen geboten wurde, fielen die Unterrichtskosten natürlich geringer aus als an den Orten, an denen auch Schreib- bzw. Rechenkenntnisse vermittelt wurden. Auffallend ist dabei, dass das Schulgeld je Schüler und Jahr im hier mit erfassten thüringischen Großkamsdorf nur bei neun Groschen lag, während es im westerzgebirgischen Annaberg beinahe zwei Taler – einen Taler, 23 Groschen und zehn Pfennige – und somit das über Fünffache(!) betrug.2376 Im Jahresdurchschnitt mussten je Schüler ein Taler, fünf Groschen und sechs Pfennige aufgewendet werden, wöchentlich somit sechs 4/5 Pfennige. In den zurückliegenden fünf Jahren hatte Benno von Heynitz zwar eine wesentliche Stabilisierung des Schulkassenvermögens für den elementaren bergmännischen Unterricht erreichen können, ungeachtet dessen existierten immer noch finanzielle Engpässe. Landesherr und Bergverwaltung suchten deshalb nach Wegen, die Unterrichtsversorgung für die Bergmanns- und Hüttenarbeiterkinder zu verbessern und vor allem nun endlich auch die weiblichen Bergmannskinder im Freiberger Bergrevier an dem nach der Schulordnung von 1773 geforderten Unterricht teilhaben zu lassen.2377 2373 Vgl. dazu die Tabelle V_1_3c dieser Untersuchung. 2374 Vgl. dazu die Tabelle III_2_1b, S. 217 dieser Untersuchung. Wie hoch der Anteil unversorgt gebliebener Bergmannskinder hier war, lässt sich nur schätzen, er dürfte aber im Einzelfall immer noch zwischen 40% und 50% betragen haben. 2375 Vgl. dazu die Anm. 1669 und 1677 dieser Untersuchung. 2376 Zwar differierten z. T. auch die Vergütungen für die Kontraktlehrer; diese Unterschiede stehen aber hinter denen des tatsächlichen Unterrichtsumfanges weit zurück. 2377 Die Erneuerte Schulordnung von 1773 für die deutschen Stadt- und Dorfschulen unterschied in Bezug auf die Bildungsnotwendigkeit grundsätzlich nicht zwischen den Geschlechtern der schulfähigen Kinder.

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Als Begründung dafür, warum – im Gegensatz zu den obererzgebirgischen Bergrevieren – im Raum des Freiberger Revieres für Bergmannsmädchen bis 1788 „... noch gar nichts getan worden“ sei, begründete der Berghauptmann, dass die hier tätigen Gewerken ihre hohen finanziellen Unterstützungen ausschließlich für den Unterricht von Bergmannskindern männlichen Geschlechts zugesagt hätten.2378 Von Heynitz’ sah deshalb „für der Hand“ keinen anderen Ausweg, als den Landesherrn um die Bereitstellung weiterer 100 bis 150 Taler jährlich für die Etablierung eines Bergmädchenunterrichts im Freiberger Bergrevier zu bitten.2379 Zugleich – und dies schien aus Sicht Benno von Heynitz’ ein gangbarer Weg zur Lösung des Gesamtproblems zu sein – müsse man von „Bergamtswegen [also unter Verantwortung des Freiberger Bergamtes – H.K.]“ bestrebt sein, jedes Jahr sämtliche Bergarbeiter des Freiberger Reviers, die „... baares Lohn genießen“ würden, zu einer zusätzlichen Betschicht2380 „zu Verstärkung der Freybergischen KnappschaftsKasse2381 überhaupt und zugleich mit zu diesem Behuf [die Verbesserung der Finanzierung des knappschaftlichen Schulunterrichts – H.K.] zu bewegen.“2382 Zur Einführung einer solchen Betschicht zugunsten der Knappschaftskasse und damit auch zur Verbesserung der Bildungsmöglichkeiten der ärmsten Bergmannskinder, einschließlich derjenigen weiblichen Geschlechts, kam es jedoch vorerst nicht. Der Widerstand vor allem aus der Freiberger Knappschaft selbst war einfach zu groß, zumal nach deren Auffassung die Beiträge für Schulgeldzahlungen der eigentlichen Zweckbestimmung der Bergknappschaftskasse zuwiderlaufen würden.2383 Es sollten immerhin noch mehrere Jahre vergehen, ehe die Vorstellungen des Berghauptmannes zur Verbesserung des Bergschulwesens umgesetzt werden konnten.2384 Vier Jahre später, 1793, sind dann tatsächlich diese „Betschichten“ im Freiberger Bergrevier eingeführt worden, allerdings habe man die anfahrenden Mannschaften der Freiberger Gruben „erst ... mit viel Mühe, und unter der Zusicherung 2378 Vortrag von Heynitz’ vom 4. Sept. 1788 (wie Anm. 1257), hier Bl. 79 b.–80. 2379 Vgl. den Vortrag von Heynitz’ vom 4. Sept. 1788 (ebd.), hier Bl. 80. 2380 Unter einer „Betschicht“ verstand man die freiwillige Absolvierung einer Schicht durch alle im Revier arbeitenden Bergleute, wobei der dabei erzielte „Gewinn“ in Form eines Almosens an die Knappschaft gezahlt werden sollte, die diesen dann für soziale Zwecke aufwenden konnte. 2381 Bei der Knappschaftskasse Freiberg handelte es sich nach Köhler (Recht und Verfassung beim Bergbau), S. 287 u. 295, um eine der allgemeinen Revierkassen (neben der in den meisten Bergrevieren ebenfalls existierenden Schurfgelderkasse), die aus Beiträgen sämtlicher „Bergknappen“ eines Reviers, also der Knappschaft, gespeist wurde. Die zur Auszahlung kommenden Mittel dieser Kasse, das „Gnadengeld“ und die wöchentliche Almosengewährung, dienten der Unterstützung invalid gewordener Bergarbeiter sowie von Witwen und Kindern verstorbener Bergleute. Diese Kasse stellte damit eine sehr frühe Form der Sozialversicherung dar. 2382 Vortrag von Heynitz’ vom 4. Sept. 1788 (wie Anm. 1257), hier Bl. 80. 2383 Vgl. dazu auch den Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794 (wie Anm. 1394), Bl. 167 f. 2384 Vgl. dazu und zu den Entwicklungen 1793 die Ausführungen in den Unterabschnitten 2.3.3 bzw. 5.1.4.

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einer Erhöhung ihres BergAllmosens ...“ dazu gebracht, hob der Freiberger Oberbergmeister Christian Wilhelm Friedrich Schmid hervor.2385 Mit diesen quartalsweise zu erbringenden Schichten sollten wenigstens 200 bis 300 Taler zusätzlicher Finanzmittel für die Knappschaftskasse erzielt2386 und neben der Unterstützung kranker und „bergfertiger“ Bergleute und deren Familien zugleich finanzielle Beihilfen für den elementaren Unterricht der ärmsten Bergmannsmädchen im Freiberger Bergrevier bereitgestellt werden.2387 Die erste im Quartal Reminiscere 1793 durchgeführte Betschicht zugunsten der Freiberger Knappschaftskasse erbrachte immerhin einen Gesamterlös von rund 1005 Talern.2388 Nach Abzug der überwiegend für ein „erhöhtes Allmosen … (der) bedürftigen Bergleute(..), Witben, und Waisen“ in Höhe von ca. 760 Talern2389 verblieb ein Überschuss von etwa 245 Talern in der Knappschaftskasse.2390 Zwar sah auch Oberbergmeister Schmid die Möglichkeit, die Erlöse aus den „Bet“- oder „ledigen Schichten“ zur Verbesserung der Knappschaftseinnahmen und damit von Zuschüssen für das Bergschulwesen einzusetzen,2391 er verwies aber zugleich auf das starke Anwachsen der Bergarmut, die gestiegenen Preise für Lebensmittel und Holz und die daraus resultierende Hauptaufgabe der Knappschaften, verstärkt Almosen an die „Bergarmut“ zu verteilen.2392 Tatsächlich wurden dann im Quartal Trinitatis 1793 für den Elementarunterricht der Freiberger Bergjugend insgesamt 234 Taler, acht Groschen und fünf Pfennige aufgewendet; allerdings kamen die knapp 200 Taler reinen Schulgeldes immer noch nicht für Bergmannsmädchen, sondern für den Unterricht der 6212393 2385 So der Oberbergmeister Schmid in seinem Vortrag vom 24. Sept. 1793 (wie Anm. 1126), hier Bl. 86. 2386 Vgl. dazu Vortrag von Heynitz’ vom 15. Aug. 1793 (wie Anm. 1084), hier Bl. 58 b., sowie den Unterabschnitt 2.3.3. 2387 Für die obererzgebirgischen SRZ-Schulen oder die Goldberg’sche Schule in Freiberg dagegen waren sie faktisch ohne Belang. 2388 Vgl. dazu den dem Bericht von Heynitz’ beigefügten „Einnahme- und Ausgabe-Extrakt“ des Bergknappschaftsschreibers Fischer vom 1. Aug. 1793 (wie Anm. 2369), hier Bl. 64. 2389 „Einnahme- und Ausgabe-Extrakt“ Fischer vom 1. Aug. 1793 (ebd.). 2390 Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 15. Aug. 1793 (wie Anm. 1084), hier Bl. 58 b. 2391 Dies belegte ja auch die dem „Einnahme- und Ausgabe-Extrakt“ Fischer vom 1. August 1793 (ebd.), Bl. 64 f., beigefügte Übersicht der Einnahmen aus der ersten Betschicht 1793. 2392 Vgl. dazu den Vortrag Schmids vom 24. Sept. 1793 (wie Anm. 1126), hier Bl. 86. Um eine Kontrolle über die tatsächliche Schulbedürftigkeit und damit die Höhe der erforderlichen Finanzmittel zu erhalten, holte man über die unterrichtenden Lehrer aber auch über den Rechnungsführer der jeweiligen „Schulkassen“ umfangreiche Angaben zur sozialen Lage der Kinder und deren Familien ein. Vgl. dazu u. a. den Plan Höppners vom Febr. 1802, in: BergA (wie Anm. 1164), hier Bl. 57 b. 2393 Immerhin hatte sich damit die Anzahl der mit Elementarschulunterricht versorgten Bergmannskinder männlichen Geschlechts gegenüber dem Beginn des Unterrichts 1779 (damals =164 Kinder) beinahe vervierfacht. Vgl. dazu den Vortrag von Heynitz’ vom 15. Aug. 1793 (wie Anm. 1084), hier Bl. 56 b.

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Bergknaben zum Einsatz.2394 Weitere knapp sechs Taler dienten zur Bezahlung des Schulgeldes „… für 26 Kinder in der Spinnschule“,2395 wovon 22 Knaben in zwei Spinnschulen und vier Mädchen in einer weiteren Spinnschule eine praktische Ausbildung erhielten.2396 Trotz der dargestellten positiven Entwicklung, die vor allem von der Gewährung einer ständigen Beihilfe aus der Freiberger Oberzehntenkasse für das bergmännische Schulwesen in den Revieren des oberen Erzgebirges und die Einführung zusätzlicher Knappschaftsschichten zur finanziellen Unterstützung des bergmännischen Unterrichts im Freiberger Bergrevier gekennzeichnet war, verbesserten sich die finanziellen Voraussetzungen für den Ausbau des gesamten Bergschulkomplexes nur allmählich. Auch im Jahre 1793 konnte trotz der durch die gefahrenen Sonderschichten erzielten Mehreinnahmen noch kein elementarer Schulunterricht für Bergmannsmädchen realisiert werden, und selbst im darauffolgenden Jahr (1794) erhielten bei Weitem noch nicht alle bedürftigen Kinder (nicht einmal sämtliche Bergmannsknaben) die erforderliche Wissensvermittlung. Die Haupteinnahmen für das bergmännische Schulwesen kamen nach wie vor aus der jährlichen Abführung vom Lohn anfahrender „Scheide- und Wäschejungen“ sowie aus der Überweisung der den Gewerken zurück erstatteten Generalakzise an die Knappschaftskasse; dabei blieb es im Prinzip auch in den nächsten Jahren. Zunehmende Kritik, vor allem von Seiten des Kurfürsten, führten jedoch zu erfolgreichen Reformbemühungen auch auf dem Gebiet der Finanzierung des Bergschulwesens, auf die im folgenden Abschnitt näher eingegangen werden soll. Ab 1794 konnten die erwähnten Haupteinnahmen dann durch die Unterstützungsleistungen der Freiberger Knappschaft zur Finanzierung eines gesonderten Elementarschulunterrichts für Bergmannsmädchen ergänzt werden. 5.1.4. Die Bedeutung des kurfürstlichen Schulreskripts vom 13. Dez. 1793 und des Schulgutachtens des Bergkommissionsrates von Schirndings vom 17. März 1794

Am 13. Dezember 1793 verabschiedete Kurfürst Friedrich August einen Befehl an das Oberbergamt, in welchem er sich ausführlich dem gesamten kursächsischen Bergschulwesen widmete.2397 Dieser Befehl ging in die Geschichte der sächsischen 2394 Vgl. dazu den „Einnahme- und Ausgabe-Extrakt“ Fischers vom 1. Aug. 1793 (wie Anm. 2369), Bl. 61. Der Restbetrag von knapp 32 Talern umfasste Verwaltungskosten, so u. a. für den Aufwand, welcher dem zur Schulrevision berufenen Steiger Höppner entstanden waren; vgl. ebd. 2395 Vgl. den „Einnahme- und Ausgabe-Extrakt“ Fischers vom 1. Aug. 1793 (ebd.). 2396 Vgl. dazu die zum „Einnahme- und Ausgabe-Extrakt“ Fischer vom 1. Aug. 1793 (ebd.), hier Bl. 63, gefertigte Tabelle über die „… auf Hohe Anordnung errichteten Spinnereyen in Brand und Erbisdorf“. 2397 Vgl. dazu das Schulreskript vom 13. Dez. 1793 (wie Anm. 1056).

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Bergverwaltung als „Schulreskript“ ein. Sein wesentlichster Inhalt sowie die vom Bergkommissionsrat von Schirnding in einem Schulgutachten vom 17. März 1794 vorgebrachten Vorstellungen zur weiteren v. a. finanziellen Absicherung des Komplexes Bergschulwesen2398 sollen im Folgenden dargestellt werden.2399 Nach dem Schulreskript des Landesherrn sollten in allen Bergrevieren Schulkassen eingerichtet werden, die aus Mitteln, über die der Kurfürst verfügen konnte, und solchen, die die Knappschaften verwalteten, zu unterhalten waren. Die Entwicklung im Freiberger Bergrevier und besonders die Weigerung der Freiberger Gewerken, mit den von ihnen beigesteuerten Finanzhilfen auch Kindern weiblichen Geschlechts wenigstens den elementaren Unterricht zu bieten, hatten, wie schon ausgeführt, den Kurfürsten zur Kritik an dem sich bis dahin herausgebildeten Komplex „Bergschulsystem“ geführt, wovon auch der Berghauptmann nicht ausgenommen blieb.2400 Hauptkritikpunkt des Landesherrn war die vorgefundene Unterscheidung des Freiberger Bergschulsystems in ein gewerkschaftliches sowie ein knappschaftlich finanziertes und die bis dahin ganz offensichtlich vernachlässigte Elementarschulbildung von Bergmannskindern weiblichen Geschlechts.2401 Erst nach der Verbesserung der Finanzausstattung der Freiberger Knappschaft im Ergebnis der Einführung zusätzlicher Betschichten im Jahre 1793 war Letztere bereit, zunächst 75 Taler, ab 1795 jährlich 150 Taler für den Unterricht der Bergmannsmädchen beizusteuern.2402 Das war allerdings weniger als der Überschuss, der durch die ersten Betschichten erzielt werden konnte.2403 Mit der Verabschiedung des Schulreskripts Kurfürst Friedrich Augusts erfolgte nun eine Weichenstellung im Hinblick auf die Einleitung weiterer notwendiger Maßnahmen zur finanziell besseren Absicherung des Bergschulkomplexes. Das Oberbergamt wurde durch dieses Reskript genötigt, sich intensiv Fragen der gesamten Finanzierung der Bergschulorganisation zu widmen.2404 Nur ein Vierteljahr später, am 17. März 1794, hielt das Mitglied des Oberbergamtes, von Schirnding, einen umfassenden Vortrag, in welchem er explizit auch auf 2398 Vgl. dazu den Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794 (wie Anm. 1394). 2399 Während im Unterabschnitt 2.3.3 insbesondere die organisationstechnischen Folgen des Schulreskripts behandelt worden sind, sollen in diesem Abschnitt besonders dessen finanziellen Ergebnisse dargestellt werden. 2400 Vgl. dazu Näheres im Unterabschnitt 2.3.3. Die für den Berghauptmann durchaus auch kritischen Auseinandersetzungen dauerten beinahe zwei Jahre; erst nach der Dekadenmitte gelang es ihm, ein für alle Bergreviere weitgehend einheitliches Finanzierungsmodell durchzusetzen. 2401 Vgl. zu dieser Kritik insbesondere das Reskript Kurfürst Friedrich August vom 1. Mai 1795 (wie Anm. 1253), hier Bl. 128 b. 2402 Vgl. dazu im Einzelnen die Akte BergA, OBA 2254, sowie den Unterabschnitt 2.3.3. 2403 Vgl. dazu die Darstellungen im Unterabschnitt 5.1.3. 2404 Vgl. dazu insbesondere auch das spätere Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 1. Mai 1795 (wie Anm. 1253).

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Fragen der Verbesserung der finanziellen Grundlagen des gesamten kursächsischen Bergschulwesens einging.2405 Der Bergkommissionsrat schlug darin nach dem Vorbild des Freiberger Bergreviers vor, auch in den anderen Bergrevieren von den Knappschaftskassen abgesonderte „Schulkassen“ einzurichten.2406 Zwar würden die meisten Knappschaftskassen bereits einen „ansehnlichen Theil eines Beytrages zu den Schul-Anstalten“ liefern, allerdings wären diese wegen der eigentlichen Bestimmung der Knappschaftskassen, „nämlich der Versorgung der Contribuenten [Zahlungspflichtigen – H.K.] mit Allmosen und Gnadengeld …“2407 oft nicht im Stande „… einen mehrern Abtrag zu leisten …“2408 Um zu einer „Vermehrung“ der Schulkassen im oberen Erzgebirge zu gelangen, stellte von Schirnding eine Art systematisierten Forderungskatalog auf. Darin unterteilte er das Kassenvermögen in solche Beiträge, die aus den Knappschaften „und anderen Individuis“, und solche, die von den Gewerkschaften „ausgemittelt werden könnten.“2409 Da das kurfürstliche Schulreskript zum Zwecke der Auffüllung der Knappschaftskassen sowohl zur Durchführung von Knappschaftsschichten nach dem Beispiel Freibergs als auch zum Treffen weiterer Vorkehrungen, wie sie das Oberbergamt bereits in einem früheren Bericht aus dem Jahre 1770 vorgeschlagen habe,2410 auffordern würde, ging von Schirnding in der Folge ausführlich auf beides näher ein.2411 In Bezug auf die angestrebte Durchführung weiterer Betschichten rechnete der Bergkommissionsrat zwar immer noch mit dem Widerstand einzelner Knappschaften, dem könne man aber zuvorkommen, indem man auf den gleichzeitig durch den Kurfürsten geleisteten „milden Beytrag zum Unterricht der Berg-Jugend“ sowie auf weitere soziale Maßnahmen des Landesherrn verweisen würde,2412 durch welche dieser „… dem zeitherigen Mangel an moralischen und physischen Bedürf2405 Vgl. dazu den Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794 (wie Anm. 1394). 2406 Vgl. dazu den Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794 (ebd.), hier Bl. 170. Bis dahin erfolgten Geldunterstützungen für das Bergschulwesen direkt aus den Knappschaftskassen; vgl. dazu ebd. 2407 Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794 (ebd.). Auch Baumgärtel (Bergbau und Absolutismus), S. 49, sah im Untersuchungszeitraum die Sozialfürsorge der Knappschaften als Hauptinhalt ihrer Beschäftigung an. 2408 Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794 (ebd.), hier Bl. 170 f. 2409 Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794 (ebd.), Bl. 171. Als Vorbild hierfür diente von Schirnding das Freiberger Beispiel, wo die Schulkasse ebenfalls aus Knappschaftsbeiträgen und solchen der Gewerken gespeist wurde. 2410 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 19. Sept. 1770 (wie Anm. 679). 2411 Die von Schirnding’schen gutachtlichen Einlassungen waren von großer Relevanz für den Gegenstand der Untersuchung, weswegen hier ausführlicher auf die Ideen des Bergkommissionsrates eingegangen wird. 2412 Vortrag von Schirndings vom 17.März 1794 (wie Anm. 1394), hier Bl. 171 b.–172. Der Bergkommissionsrat strapaziert hier etwas den Großmut und die Vorbildwirkung des „guten“ Landesherrn als moralische Orientierung für die Knappschaften.

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nissen mit Gnade und Großmuth …“ abgeholfen habe.2413 Zumindest sollte nach den Vorstellungen des Bergkommissionsrates in jedem Bergrevier eine „halbe Schicht zur Formierung und Fortsetzung der Schulanstalten der Schulkaße ihrer Refier …“ gewidmet werden.2414 Von Schirnding erinnerte an die bereits im September 1770 vom Oberbergamt nach dem Beispiel Johanngeorgenstadts angeregte Einnahme des Wochenlohnes, die bei Neueinstellung eines Schichtmeisters, eines Steigers oder eines „neuen Hutmann(es), Mühl- und Haspelmeister(s)“ zugunsten der jeweiligen Knappschaftskasse „zu Besorgung der Erziehung der Bergmanns-Kinder“ realisiert werden sollte.2415 Des Weiteren regte er an, bei Lohnerhöhungen vom Schichtmeister bis zum Häuer jeweils das Quantum der Lohnerhöhung einer Woche an die Knappschaftskasse abzuführen.2416 Da aus den „… vorhandenen Akten Nachrichten nicht zuverlässig eruiret werden (könne)“, ob dies in jedem Bergrevier umgesetzt worden ist, schlug von Schirnding die Verabschiedung eines entsprechenden oberbergamtlichen Patents an jedes Bergamt vor.2417 Auch die Annahme von Geschenken bei der Verschreibung von Lehen und Immobilien sowie von „milde(n) Beyträge(n)“, d. h. von Stiftungen, sah der Bergkommissionsrat als nutzbare Geldquelle zur Aufstockung des Vermögens der Knappschaftskassen vor.2418 Hinsichtlich möglicher Beiträge und Leistungen der Gewerken verwies von Schirnding auf die bereits 1778/79 in Altenberg bzw. Freiberg und später z. T. auch in Johanngeorgenstadt eingeführte Abgabe des Betrags der „General-AccisRestitution von den BergMaterialien“ zugunsten der Schulkassen, wobei er jedoch unter Hinweis auf § 4 des Bergdekrets von 6. August 1659 zu „… thunlichster Vorsicht und Schonung“ riet.2419 Nach diesem durften die Gewerken nicht gezwungen werden, „wider ihren Willen etwas absonderliches [einen Geldbetrag – H.K.] in diese

2413 Vortrag von Schirndings vom 17.März 1794 (wie Anm. 1394), Bl. 172. Der Bergkommissionsrat erwähnte in diesem Zusammenhang z. B. die Einrichtung von Bergmagazinen, in denen für das „Bergvolck“ u. a. Korn vorgehalten würde, um es dann in Zeiten der Teuerung günstig zur Verfügung stellen zu können. Ein solches Bergmagazin war gerade damals (1796) in einem Teil des „Oppelschen Hauses“ in Freiberg eingerichtet worden. Vgl. dazu Kaden (Bauliche Entwicklung der Bergakademie), S. 28. 2414 Vortrag von Schirndings vom 17.März 1794 (ebd.), Bl. 172 b. 2415 Vortrag von Schirndings vom 17.März 1794 (ebd.), Bl. 173. Von einem einfachen Häuer z. B. sollte der Betrag einer „Schicht“ eingenommen werden; vgl. ebd. sowie den von Schirndingschen „Kurzen Auszug“ vom 17. März 1794 (wie Anm. 641), hier Bl. 192. Ähnliches erfolgte auch im Bergrevier Altenberg. 2416 Vgl. den Vortrag von Schirndings vom 17.März 1794 (ebd.), Bl. 173 f. 2417 Vgl. den Vortrag von Schirndings vom 17.März 1794 (ebd.), Bl. 174. 2418 Vgl. den Vortrag von Schirndings vom 17.März 1794 (ebd.), Bl. 174 b. 2419 Vortrag von Schirndings vom 17.März 1794 (ebd.), Bl. 175.

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Knappschaffts-Cassa einzulegen …“2420 Allerdings sollten sie durchaus „aus Christlicher Liebe“ etwas von ihrem erwirtschafteten Überschuss an die „… alten und beschädigten Bergleute, wie auch Witwen und Waeysen …“ abzugeben bereit sein.2421 Wegen der in den einzelnen Bergrevieren sehr unterschiedlich gehandhabten „Accisrestitution“2422 wies von Schirnding auf die zu erwartenden Einwände seitens der Gewerken, insbesondere der von Schneeberg hin.2423 Auch hierzu schlug er dem Oberbergamt vor, an die Gewerken, die bisher noch keinen Beitrag zu den Knappschaftskassen aus diesen Restitutionsgeldern geleistet hätten, ein entsprechendes Patent zu verabschieden.2424 Ganz im Sinne der Nützlichkeitsdiskussion sollte gegenüber den Gewerken argumentiert werden, dass mit der beabsichtigten „Vermehrung der KnappschaftsCaßen … (und) durch den den Kindern ihrer Arbeiter zu Theil werdenden Unterrichte im Christenthum und anderen … unentbehrlichen Kenntnissen der Grund zu deren zeitliche(r) und ewige(r) Glückseligkeit gelegt, und [dadurch] besonders rechtschaffene, treue und gewißenhaffte Arbeiter in ihren Diensten gebildet würden“.2425

Es sollten somit die Vorteile, die die Gewerken von einer mit ihrer Unterstützung erfolgenden Erziehung und Schulbildung ihrer Kinder erzielen würden, hervorgehoben werden. Der Hinweis auf die damit zu erreichende „Glückseligkeit“2426 der Kinder von Bergarbeitern zeigt einerseits die Nähe des Gedankengutes des Bergkommissionsrates zur Aufklärung – so zu englischen Aufklärungstheologen, zu Christian Wolff, zu Rousseau oder Justi – andererseits zu Grundargumentationsmustern des Franckeschen Pietismus.2427 Sollten sich einzelne Gewerken weigern, den gesamten „Betrag(..) der Accis-Restitution“ zur Knappschafts- oder Schulkasse zu geben, schlug er einen „aliqvoten [anteiligen – H.K.] Theil“ dessen, ein „Fixum“ von „½, ⅓ (oder) ¼“ vor.2428 Von Schirnding wollte unter allen Umständen Streit 2420 Nr. 4 des „Bergwercks-Decret(s) … Churf[ürst] Johann Georgen des II. zu Sachsen, wodurch denen … bey dem Bergwercks-Bau eingerissenen Mißbraeuchen abgeholfen worden, vom 6. Augusti 1659“, in: C.A., 2. Bd., Sp. 317–326, hier Sp. 320. 2421 Nr. 4 des Bergwerksdekrets vom 6. August 1659 (ebd.). 2422 Vgl. dazu den Vortrag von Schirndings vom 17.März 1794 (ebd.), Bl. 175 b.–176. 2423 Vgl. dazu den Vortrag von Schirndings vom 17.März 1794 (ebd.), Bl. 176. 2424 Vgl. dazu den Vortrag von Schirndings vom 17.März 1794 (ebd.), Bl. 177. 2425 Vortrag von Schirndings vom 17.März 1794 (ebd.), Bl. 177 b. Hervorhebungen d.d.A. 2426 Die „gemeinschaftliche Glueckseligkeit“ war nach Justi (Grundriss der Kameralwissenschaften), S. 154, der Endzweck des Staates, oder, wie Wilhelm (Frühliberalismus), S. 131, betont, „oberste(r) Staatszweck..“ Vergleiche zu diesem Begriff Justi (ebd.), v. a. den Abschnitt „Von den Mitteln und Maaßregeln des Regenten“. 2427 Vgl. Näheres dazu im Abschnitt 6.1. Inwieweit von Schirnding selbst der einen oder anderen Richtung zugeordnet werden kann, ist hier nicht untersucht worden. Vgl. zu diesen Argumentationsmustern des Pietismus grundlegend Francke (Kurzer Unterricht). 2428 Vortrag von Schirndings vom 17.März 1794 (wie Anm. 1394), Bl. 178.

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der Bergverwaltung mit den Gewerken vermeiden, weswegen er hier den Weg der argumentativen Überzeugung suchte. Da er aber ungeachtet dessen mit Schwierigkeiten bei den Verhandlungen mit den Gewerken rechnete, schlug er alternativ dazu die Einholung eines bestimmten Jahresbeitrages von den einzelnen Berggebäuden, gestaffelt nach der Anzahl der Mitglieder der anfahrenden Mannschaften vor.2429 Dieser von Schirndingsche Vorschlag zur Schaffung eines fest bestimmbaren Einkommens für die Schulkassen stand dabei durchaus auch im Einklang mit dem Schulreskript des Landesherrn.2430 Selbst im Falle eines Kuxverkaufs sah von Schirnding die Erhebung einer Abgabe vom Käufer, nämlich ein „willkührliches Geschenk“ in Höhe von 2 Groschen zugunsten der Schulkasse vor, wenn vom Käufer dafür ein Betrag von 10 Talern oder mehr aufgewendet werden musste.2431 Allerdings rechnete der Bergkommissionsrat dabei mit dem Widerstand seitens des Gegenschreibers wegen „… der von letzterem zu besorgenden Wiederabgabe zur Caße [hier: der erst noch zu errichtenden Schulkasse – H.K.]“.2432 Um diese Schulkassen mit den erforderlichen Geldbeträgen auszustatten, verwies von Schirnding ausdrücklich auf die Vorgabe des Landesherrn, diese Kassen „… von allen nicht dahin gehörigen oder vermeidlichen Abgaben …“ zu befreien.2433 Das Schulreskript des Landesherrn aufgreifend, äußerte sich der Bergkommissionsrat auch zu den möglichen engeren Anbindungen der obererzgebirgischen SRZ-Schulen – ähnlich der Goldberg’schen Schule – an die Bergakademie.2434 In diesem Zusammenhang bestätigte von Schirnding, dass diese SRZ-Schulen seit ihrer Entstehung tatsächlich „… durch die KnappschaftsCaßen nach und nach formiret worden … [seien], und das(,) was zu deren Aufwand erforderlich ist, aus diesen Caßen zugeschossen (würde)“.2435 Um überhaupt eine Entscheidung darüber treffen zu können, wie am besten der Befehl des Kurfürsten umzusetzen wäre, sollten seiner Ansicht nach die einzelnen Bergämter einen Nachweis über die bisherigen finanziellen Unterstützungen der SRZ-Schulen durch die Knappschaftskassen erbringen.2436 Erst nach Erhalt dieser Übersichten könnten die näheren Modalitäten darüber, wie dem Befehl des Landesherr nachzukommen sei und wie die Knappschaftskassen von den für die SRZ-Schulen aufgebrachten Beiträgen zu „li-

2429 2430 2431 2432 2433 2434 2435 2436

Vgl. dazu den Vortrag von Schirndings vom 17.März 1794 (ebd.), Bl. 178 f. Vgl. dazu den Vortrag von Schirndings vom 17.März 1794 (ebd.), Bl. 178 b. Vgl. dazu den Vortrag von Schirndings vom 17.März 1794 (ebd.), Bl. 179. Vortrag von Schirndings vom 17.März 1794 (ebd.). Vortrag von Schirndings vom 17.März 1794 (ebd.). Vgl. dazu den Vortrag von Schirndings vom 17.März 1794 (ebd.), Bl. 179 b. Vortrag von Schirndings vom 17.März 1794 (ebd.), Bl. 180 b. Vgl. dazu den Vortrag von Schirndings vom 17.März 1794 (ebd.), Bl. 181. Diese Übersichten sollten zumindest die letzten drei Jahre umfassen.

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beriren“ seien, festgelegt werden.2437 Nochmals auf die Möglichkeit der Übertragung des Johanngeorgenstädter Modells der „Generalaccis-Restitution“ auf die übrigen Bergämter eingehend schlug der Bergkommissionsrat vor, dies einer näheren Prüfung zu unterziehen.2438 In Umsetzung der Vorstellungen von Schirndings vom 17. März 1794 wies das Oberbergamt sämtliche obererzgebirgische Bergämter an, künftig nicht nur den SRZ-Unterricht von dem der Knappschaftlichen Schulanstalten zu trennen,2439 sondern auch bessere Übersichten über den Zustand der jeweiligen Schulkassen einzureichen.2440 Aus den in diesem Zusammenhang eingereichten Berichten sämtlicher Bergämter werden die Kompliziertheit der zum Teil unterschiedlichen Finanzierungsmodelle und die vorhandenen strukturellen Besonderheiten innerhalb der Bergschulorganisation besonders deutlich.2441 Auf die schon mehrfach erwähnte Forderung des Kurfürsten2442 zur Einführung eines verbindlichen elementaren Unterrichts für Bergmannskinder weiblichen Geschlechts im Freiberger Bergrevier musste das Oberbergamt in einem Bericht an diesen feststellen, dass sich die gewünschte Vereinheitlichung des gesamten Bergschulsystems nicht ohne Weiteres realisieren lassen würde, da dafür erst die Zustimmung der geldgebenden Freiberger Gewerken einzuholen wäre.2443 Die Schulanstalten im Freiberger Revier seien danach „hauptsächlich nur auf die Bergjugend männlichen Geschlechts eingeschränket worden ...“ wobei die (gewerkschaftlichen) Grubenvorsteher ihre Einwilligung „... zu Erhebung derer dazu nöthigen Fondss ... ausdrücklich ... bloß für die Bergknaben bestimmt hätten ...“2444 Ohne Einwilligung der Gewerken ließe sich dieses System auch nicht verändern.2445 Als 2437 2438 2439 2440 2441

2442 2443

2444 2445

Vgl. dazu den Vortrag von Schirndings vom 17.März 1794 (ebd.). Vgl. dazu von Schirndings „Kurzen Auszug“ vom 17. März 1794 (wie Anm. 641), hier Bl. 192. Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 14. Juni 1794 (wie Anm. 1586), hier Bl. 86 b.–87. Vgl. dazu das Patent des OBA vom 17. Sept. 1794, in: BergA, BA-F/A 46 Nr. 3068 a), Vol. II, Bl. 32 f. Vgl. dazu im Einzelnen die Berichte der BÄ in: BergA, OBA 2255 und OBA 2256. Gerade diese 1794 immer noch vorherrschende Verschiedenartigkeit der Schulverfassung und der Unterrichtsfinanzierung dürften zu der wiederholten Forderung des Landesherrn auf eine Vereinheitlichung des Bergschulsystems, einschließlich seiner Finanzierung geführt haben. Vgl. dazu u. a. das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 18. Juli 1794 (wie Anm. 1184). Vgl. dazu die „Registratura“ vom 24. Nov. 1794 (wie Anm. 1123), hier Bl. 160 b.–161. Die dafür notwendige Erklärung durch die Gewerkenvertreter und die Grubenvorsteher zu erlangen, hielten sowohl Oberbergamt als auch Bergamt für „höchst bedenklich“, d.h., nicht für sehr wahrscheinlich. Vgl. ebd., Bl. 161 f. „Registratura“ vom 24. Nov. 1794 (ebd.), Bl. 161. „Registratura“ vom 24. Nov. 1794 (ebd.). Die Unterhandlungen des Stadtrates von Freiberg mit den gewerkschaftlichen Grubenvorstehern und dem Oberbergamt hatten seinerzeit auf Anweisung des Kurfürsten vom 5. August 1778 stattgefunden. Vgl. dazu Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 1. Mai 1795 (wie Anm. 1253), hier Bl. 128 b.–129.

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Die finanziellen und personellen Voraussetzungen

Lösung des Problems schlugen die Konferenzteilnehmer deshalb vor, die gewerkschaftlichen Mittel als ein besonderes Kapitel in der jährlich auszuführenden „Haupt-Schul Rechnung“ aufzuführen, wobei die „... hirzu gewidmete Caße [gemeint ist die eigentliche Schulkasse – H.K.] und deren Administration ... von der zum Unterricht derer BergKnaben bestimmten Gewerkschaftlichen Schul-Caße separirt bleiben ...“ sollte.2446 Da der Berghauptmann und die Vertreter des Bergamtes ganz offensichtlich mit dem Widerstand der Gewerken rechneten, favorisierten sie die Beibehaltung von zwei separaten Kassen, was aber den Vereinheitlichungsbemühungen des Landesherrn in Bezug auf die Finanzierung des Bergschulwesens zuwiderlief. Auch die vom Kurfürsten geforderte Vereinigung der „Berg- und Hütten-Knappschafts-Schul-Anstalten und der beyderseitigen Fondss“ sei nach Auffassung der Vertreter der Bergverwaltung nicht ohne weiteres möglich, denn der gewerkschaftliche Schulkassenfonds wäre zwar für Ausbildung guter Steiger in den gewerkschaftlichen Gruben geschaffen worden, „… keineswegs aber für die in Churfürst[lichen] Diensten und Lohn stehenden Hüttenleute, deren Unterricht die Gewerken nicht interessiren kann …“[!]2447 Durch die vom Landesherrn dahingehend bevorzugte Kombination der verschiedenen Schulanstalten und Fonds sah sich das Freiberger Bergamt „in so mannichfaltige Collisionen mit denen Gewerken sowohl als mit dem Oberhütten-Amte ... verwickelt ...“, weswegen es eine solche „Combination gehorsamts zu depreciren [= abzuwenden��������������� – H.K.] …“ er��� suchte.2448 Außerdem hätte die Hüttenknappschaft eine vom Bergamt „in keiner Weise abhängende Administration und Direktion“!2449 Aus dieser Stellungnahme des Bergamtes werden nochmals die Kompliziertheit und die auf den verfassungsmäßigen Unterschieden zwischen meist gewerkschaftlich organisiertem Bergbau und landesherrlichem Hüttenwesen basierende Organisation des Bergschulwesens mit ihrer jeweils separaten Verwaltung deutlich. Bei der beabsichtigten Vermengung der verschiedenen Geldfonds war vor allem seitens der Gewerken mit einer Verweigerungshaltung zu rechnen, zumal deren Zusage, finanzielle Unterstützungen für einen Schulunterrichts für Bergmannskinder zu leisten, an die erfolgreiche Ausbildung „brauchbarer und geschickter Steiger“ gebunden war. Auf den in diesem Zusammenhang durch Benno von Heynitz nochmals ausdrücklich betonten Unterschied zwischen den beiden Säulen der bergmännischen Ausbildung im Freiberger Bergrevier – den Knappschaften und Gewerken

2446 „Registratura“ vom 24. Nov. 1794 (wie Anm. 1123), Bl. 162. 2447 „Registratura“ vom 24. Nov. 1794 (ebd.), Bl. 162 b., 163. Hervorhebungen d.d.A. Hieraus wird noch einmal die unterschiedliche Interessenlage zwischen dem Kurfürsten und den Gewerken im Hinblick auf die Nachwuchsausbildung im Berg- bzw. Hüttenwesen deutlich. 2448 „Registratura“ vom 24. Nov. 1794 (ebd.), Bl. 163. 2449 „Registratura“ vom 24. Nov. 1794 (ebd.), Bl. 162.

Finanzierung der bergmännischen Schulbildung

435

– reagierte der Landesherr jedoch mit dem Hinweis, dass „… die Besorgung daran hauptsächlich den Knappschafts-Vorstehern überlassen worden“ sei.2450 Auch im Hinblick auf die vom Kurfürsten angeregte und vom Oberbergamt angestrebte Durchsetzung von Sonder- oder Betschichten „zum Besten“ des Schulfonds stellten sich erhebliche Schwierigkeiten ein. Viele der Bergämter begründeten zum Teil ausführlich, warum es in ihren Revieren angeblich nicht möglich wäre, zusätzliche Betschichten zu fahren.2451 Aus den dabei erfolgten Einwendungen der Knappschaftsvertreter wird deutlich, dass es ihnen am liebsten gewesen wäre, überhaupt keine Beiträge zur finanziellen Unterstützung des Unterrichts von Bergmannsmädchen leisten zu müssen; statt dessen favorisierten sie eine Unterstützung der „Bergmädchen-Schul-Anstalt“ aus „höchster Landesväterlicher Gnade“.2452 Benno von Heynitz war als Gesprächspartner der Gewerken und Knappschaften und als Untergebener des Kurfürsten gefordert. Gegenüber Letzterem verwies er auf die im Jahre 1778 stattgefundenen Verhandlungen mit dem Stadtrat zu Freiberg als „Generalvertreter der auswärtigen Gewerken“ und den gewerkschaftlichen Grubenvorständen und die dabei vereinbarte bevorzugte Verwendung der Gewerkengelder für die Heranziehung von Steigern und Offizianten.2453 Der Berghauptmann verteidigte deshalb die bis dahin praktizierte Unterscheidung in verschiedene Fonds, vor allem auch unter dem Gesichtspunkt der bisher realisierten Einnahme der erforderlichen Schulunterstützungszahlungen.2454 Er habe als Kommissar für die gewerkschaftliche Schulanstalt im Laufe der Jahre erhebliche Geldmittel „gesammelt“, die in die Knappschaftskasse „reponiert [eingelegt – H.K.]“ seien.2455 Bevor es seiner Auffassung nach zu der vom Landesherrn geforderten Kombination des gewerkschaftlichen mit dem knappschaftlichen Unterricht (wie in den obererzgebirgischen Bergrevieren) kommen könnte, müsste der Freiberger Stadtrat angehört werden.2456 Wegen dieser offenen Probleme konnte die Frage der zukünftigen Organisation und Finanzierung des Bergschulwesens nicht sofort endgültig entschieden werden. 2450 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 1. Mai 1795 (wie Anm. 1253). 2451 Vgl. dazu stellvertretend den Bericht des BA Annbg. vom 31. Jan. 1795 (wie Anm. 1677), hier Bl. 84. Im Übrigen wird auf die 1795 eingereichten Berichte der Bergämter in: BergA, OBA 2256, verwiesen. 2452 Vgl. dazu das Protokoll „B“ vom 24. Nov. 1794, hier Bl. 174 b. 2453 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 11. Febr. 1795 (wie Anm. 1354), hier insb. Bl. 123–124. 2454 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 11. Febr. 1795 (ebd.). 2455 Die Kassenbestände der Freiberger Knappschaft stammten zu einem erheblichen Teil aus Gewerkengeldern; allerdings lassen die vielen handschriftlichen Streichungen und Änderungen den von Heynitzschen Bericht nur schwer verständlich erscheinen. Vgl. dazu ebd., hier insb. Bl. 123–124. 2456 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 11. Febr. 1795 (ebd.), Bl. 123 b. Von Heynitz folgte hier also der Argumentation des Bergamtes Freiberg. Vgl. dazu die „Registratura“ vom 24. Nov. 1794 (wie Anm. 1123), hier Bl. 160 b.–161.

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Die finanziellen und personellen Voraussetzungen

Um wenigstens für alle Bergmannskinder – unabhängig von ihrem Geschlecht – aus dem Schulfonds den Unterricht im Christentum zu garantieren, bemühten sich die Entscheidungsträger um weitere verbesserte Finanzierungsmöglichkeiten. Vom Kurfürsten wurde in diesem Zusammenhang u. a. angeregt, die sogenannten Brander Spinnanstalten für die Bergmannsmädchen und nicht anfahrenden Bergmannsknaben zu erweitern und gleichzeitig zu prüfen, ob man nicht wie in Schneeberg das Klöppeln „oder eine andere nutzbare Arbeit mit dem Schulunterrichte der Mädchen, und der nicht anfahrenden Knaben“ verbinden könnte.2457 Um das im Freiberger Bergrevier im Durchschnitt höher ausfallende Schulgeld zu minimieren, sollte zugleich das Oberbergamt, „so oft darzu Gelegenheit vorhanden, alle thunliche(n) Ersparniß(e) ... zu bewürcken suchen“, und Möglichkeiten der Nachahmung der „Schneeberger Anstalten [der dortigen Klöppelschule(n) – H.K.]“ prüfen.2458 Darüber hinaus brachte der Kurfürst als weitere Variante zur Minimierung des Schulgeldes die weitgehende Beschränkung des bislang gebotenen Unterrichts für Bergmannskinder auf den Religionsunterricht und Lesen ins Spiel, zumindest sollte der Unterricht im Schreiben und Rechnen nicht zum Nachteil der erstgenannten Fächer ausgebaut werden.2459 Anstelle eines ggf. weiterführenden Unterrichts für Einzelne im Schreiben und Rechnen plante der Landesherr den Ausbau der einfachsten Formen des elementaren Unterrichts für sämtliche bedürftigen Bergmanns- und Hüttenarbeiterkinder. Diese hätte unzweifelhaft eine Verbesserung der Schulsituation für Bergmannsmädchen bedeutet, andererseits aber einen Rückschritt in Bezug auf das Schulbildungsniveau für Bergmannskinder männlichen Geschlechts. Zur besseren Kontrolle der Schulfinanzausgaben legte der Kurfürst fest, bei den jährlichen Berechnungen der Beiträge aus den Schulkassenfonds die Ausgaben für die Freiberger Hüttenknappschaft und die für die (Brander) Spinnanstalten gesondert auszuweisen.2460 1795, dem Jahr, in dem die eingeleiteten Reformen für das Bergschulwesen erstmals wirksam werden sollten, setzte sich das Vermögen der Schulkasse für das Freiberger Bergrevier wie folgt zusammen: Die Einnahmen für den Unterricht der Knaben betrugen ca. 993 Taler, wovon allein 530 Taler aus Beiträgen der anfahrenden Scheide- und Wäschejungen resultierten; 407 Taler stammten aus Mitteln der Generalakziserestitution und jeweils 10 Taler aus der Kasse der Freiberger Hüttenknappschaft bzw. dem Freiberger Oberzehnten.2461 Die Zinseinnahmen aus geliehenen Kapitalien beliefen sich in 2457 2458 2459 2460

Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 1. Mai 1795 (wie Anm. 1253), hier Bl. 129. Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 1. Mai 1795 (ebd.), Bl. 130 b. Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 1. Mai 1795 (ebd.), hier Bl. 131. Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 1. Mai 1795 (ebd.), hier Bl. 128 b.– 129. 2461 Vgl. zu diesen Angaben die Ökonomische Übersicht über das Schulkassenvermögen 1795, in: BergA, BA-F/A46/3068 a), Vol. II, Bl. 140–145.

Finanzierung der bergmännischen Schulbildung

437

diesem Jahr immerhin auf 22 Taler.2462 Wesentlich schlechter war zu diesem Zeitpunkt dagegen die Kapitalausstattung für den vorgesehenen und zum Teil auch schon begonnenen Unterricht für Bergmannskinder weiblichen Geschlechts. Diese betrug 1795 nur 158 Taler und 4 Groschen, wovon allein die Knappschaft Freiberg 150 Taler aufgebracht hatte.2463 Interessant im Zusammenhang mit den Maßnahmen zur besseren finanziellen Ausstattung der einzelnen Bergschuleinrichtungen ist sicherlich auch das Finanzierungsverfahren selbst, wie es seit Mitte der 80er-Jahre des 18. Jahrhunderts in allen Bergrevieren umgesetzt worden war. Art und Weise der Beantragung von Geldmitteln für die „Knappschaftlichen Schulanstalten“ bzw. für die SRZ-Schulen folgte dabei einem weitgehend einheitlichen formalen Verwaltungsverfahren: Zunächst berichteten die einzelnen Bergämter über die in ihrem Revier existierenden verschiedenen Schulanstalten und fügten ihren Wortberichten verschiedene tabellarische Übersichten – gelegentlich auch als „Bergschulanstalts-Rechnungen“ bezeichnet – bei.2464 Diese Übersichten setzen sich fast durchweg aus • ökonomischen Übersichten über Einnahmen und Ausgaben der vorhandenen Schulkassen des vorausgegangenen, zwischenzeitlich beendeten oder zu Ende gehenden Schuljahres, • Tabellen über die Anzahl des aus diesen Kassen zu versorgenden Personales (unter Personal wurde dabei sowohl die Anzahl der zum Einsatz kommenden Lehrkräfte als auch die mit Unterricht zu versorgenden Schüler verstanden), • Tabellen über die wahrscheinlichen Einnahmen und Ausgaben des nächstbeginnenden Schuljahres, • Tabellen über die Beschaffenheit der Knappschaftlichen Schulanstalten sowie • Tabellen über die Beschaffenheit der (falls vorhandenen) SRZ-Schule zusammen. Das Oberbergamt überprüfte seinerseits zunächst stets die Notwendigkeit der von den Bergämtern beantragten Finanzmittel, fügte die erhaltenen Angaben und Begründungen zu einem eigenen, meist ausführlichen Gesamtbericht mit Angaben über den Geldbedarf sowie die von den Bergämtern ggf. unterbreiteten Vorschläge zur Verbesserung des Knappschaftlichen- bzw. SRZ-Schulwesens zusammen und sandte diesen schließlich an den Landesherrn.2465 Seit 1793/94 – im Falle des Berg2462 Vgl. die Ökonomische Übersicht über das Schulkassenvermögen 1795 (ebd.). 2463 Vgl. die Ökonomische Übersicht über das Schulkassenvermögen 1795 (ebd.). 1794, zu Beginn des Unterrichts für Bergmannsmädchen, betrug die Finanzausstattung gerade etwas über 65 Taler – vgl. dazu die Ökonomische Übersicht über den Zustand der Freiberger Schulkasse 1794 (wie Anm. 1347), Bl. 85 b.–86. 2464 Der Umfang dieser einführenden Berichte allerdings variierte zwischen den Bergämtern zum Teil erheblich und war abhängig von den konkreten Verhältnissen des Bergwesens vor Ort. 2465 Vgl. dazu stellvertretend den Bericht des OBA vom 14. Juni 1788 (wie Anm. 1141).

438

Die finanziellen und personellen Voraussetzungen

amtes Wiesenthal bereits seit 1787 – ließ das Oberbergamt darüber hinaus diese „Bergschulanstalts-Rechnungen“ der Bergämter vom Freiberger Oberzehntner als dem auf Finanzfragen spezialisierten, ihm nachgeordneten „Fachbeamten“ kontrollieren.2466 [Abb. V_1_4: Oberbergamtsbericht (im Anhang)] Der Landesherr wiederum ließ den Inhalt der Oberbergamtsberichte ebenfalls gründlich überprüfen; er blieb in jedem Fall „Herr des Verfahrens“. Aus entsprechenden Nachfragen gegenüber dem Oberbergamt wird auch deutlich, dass die Anweisung bzw. Auszahlung beantragter Geldmittel nicht leichtfertig erfolgte. Im Ergebnis dieses kurfürstlichen Prüfverfahrens entschied der Kurfürst gegenüber dem Oberbergamt mittels Reskript – im Einzelfall jedoch auch unter dem Vorbehalt des Ergebnisses nochmaliger gutachtlicher Anzeigen des Oberbergamtes über noch zu klärende Fragen. Meistens jedoch stimmte er den vom Oberbergamt gemachten Finanzierungsvorschlägen zu, was wiederum belegt, welch solide begründete Finanzierungsvorschläge Letzteres dem Landesherrn in aller Regel vorlegte. Was die Höhe der beantragten Geldmittel für das Bergschulwesen betraf, muss man allerdings eine Antragstellung am untersten „Limit“ des unbedingt Notwendigen konstatieren. Das Oberbergamt seinerseits teilte den betreffenden Bergämtern die kurfürstliche Entscheidung mittels Patent mit oder forderte, wenn es selbst dazu vom Landesherrn angewiesen worden war, die regionalen Bergverwaltungen zur weiterführenden Berichterstattungen auf.2467 Der Oberzehntner in Freiberg als zuständiger Verwalter der Oberzehntenkasse wiederum erhielt ein fast immer wortgleiches, jedoch i. d. R. nur auf das reine Finanzregime reduziertes kurfürstliches Reskript, in welchem er meist angewiesen wurde, die aufgeführten Geldmittel dem Oberbergamt gegen Quittung zur Verfügung zu stellen. Kam es im Einzelfall zu einer nach Auffassung der jeweiligen Weisungsempfänger unverständlichen oder schwer umsetzbaren Entscheidung, erfolgten – mit der gebührenden Untertänigkeit – erneute und zugleich meist sehr umständliche Berichterstattungen. Wie (bezogen auf die Auszahlung der beantragten Unterstützungen ehemaliger Bergakademisten und nunmehriger SRZ-Schullehrer) das angewendete Verwaltungsverfahren aussah, wird aus den folgenden Vorgängen aus dem Jahre 1792 deutlich:

2466 Dies ergibt sich eindeutig aus einem Bericht des Freiberger Oberzehntners, in welchem dieser für den bisherigen Prüfaufwand seines „Amtes“ um eine entsprechende „Gratification“, und für die zukünftige Prüfung dieser Rechnungen ein jährliches Fixum ersuchte. Vgl. dazu den Bericht des OZA vom 12. Okt. 1796, in: BergA, OBA 2257, Bl. 160 f. 2467 Die Inhalte der Patente des Oberbergamtes stimmten mit denen der kurfürstlichen Reskripte in aller Regel fast wörtlich überein. Nur dort, wo die kurfürstliche Willensmeinung erklärungsbedürftig war, formulierte das Oberbergamt im Einzelfall auch weiterführende Gedanken.

Finanzierung der bergmännischen Schulbildung

439

Am 27. Februar 1792 richtete der „Markscheider Stipendiat“ Christian Gottlob Becher2468 ein Gesuch an das Oberbergamt, in welchem er darum bat, ihm „wiederum ein unvorschreibliches baares Stipendium“ zu erteilen.2469 Einen vergleichbaren Antrag reichte Theodor Friedrich Gottlieb Goldberg, Markscheidestipendiat in Johanngeorgenstadt, am 24. März 1792 bei der Freiberger Behörde ein.2470 Kurze Zeit darauf erstattete das Oberbergamt dem Landesherrn einen Bericht, in welchem es um 30 Taler für Becher in Marienberg und 40 Taler für Goldberg in Johanngeorgenstadt ersuchte,2471 „weyl beyde Subjekte noch zur Zeit mit keinem nothdürftigen Auskommen versorgt werden können“.2472 Am 24. Mai 1792 verabschiedete schließlich der Kurfürst ein gesondertes Reskript, wonach aus den vorhandenen Fonds für Becher 30 Taler und für Goldberg 40 Taler zur Verfügung zu stellen waren.2473 In der daraufhin am 16. Juni 1792 stattfindenden Sitzung des Oberbergamtes, an der auch der Bergakademieinspektor Werner teilnahm, wurde der Inhalt des landesherrlichen Reskripts nochmals ausgewertet.2474 Bereits drei Tage zuvor hatte das Oberbergamt eine Auftragsweisung an den Oberzehntner ô Feral erteilt, in welchem es unter Bezug auf den kurfürstlichen Befehl u. a. bestimmte, an Becher in Marienberg gegen Quittung 30 Taler „zu vertheilen“.2475 Noch am gleichen Tag setzte man auch das Bergamt Marienberg, in dessen Revier Becher beschäftigt war, von der kurfürstlichen Entscheidung in Kenntnis.2476 Zwischen Oberbergamt und den Revierbergämtern fand ein regelmäßiger und im Einzelfall auch sehr umfangreicher Schriftverkehr über die Organisation des Bergschulwesens vor Ort – einschließlich von Festlegungen über die Finanzausstattung der einzelnen schulischen Einrichtungen – statt. Als z. B. das Bergamt Johanngeorgenstadt durch oberbergamtliches Patent vom 13. Juni 1795 zwar die für die örtliche SRZ-Schule beantragten Geldmittel in Höhe von 71 Talern und 18 2468 Der ehemalige Bergakademist Becher war zwar zu diesem Zeitpunkt nicht mehr Student der Bergakademie ist, galt aber immer noch als Stipendiat derselben, da sein finanzielles Auskommen im Bergrevier Marienberg noch nicht endgültig gesichert war. 2469 Gesuch Bechers vom 27. Febr. 1792, in: UAF, OBA 251, Bl. 21 f. 2470 Vgl. das Gesuch Goldbergs vom 24. März 1792, in: ebd., Bl. 106–107. 2471 Die unterschiedliche Höhe der vorgeschlagenen „Stipendien“ resultierte aus dem Ergebnis der Prüfung der tatsächlichen (oder vermeintlichen) Bedürftigkeit der Antragsteller. 2472 Bericht des OBA vom 28. Apr. 1792 (wie Anm. 2052), hier Bl. 132 b. Daraus kann man schlussfolgern, dass zu diesem Zeitpunkt – drei bzw. vier Jahre nach Beendigung des Studiums Bechers bzw. Goldbergs – für beide noch keine Stellen mit ausreichender Versorgung im jeweiligen Bergamt zur Verfügung standen. 2473 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 24. Mai 1792 (wie Anm. 2046), hier Bl. 139 b.–140 b. 2474 Vgl. dazu Protokoll der Sitzung des OBA vom 16. Juni 1792 (wie Anm. 1979), hier Bl. 144. 2475 Vgl. dazu das Patent des OBA vom 13. Juni 1792, in: UAF, OBA 251, Bl. 159 b.–160. 2476 Vgl. dazu das Patent des OBA vom 13. Juni 1792 (ebd.).

440

Die finanziellen und personellen Voraussetzungen

Groschen zugewiesen erhalten hatte, nicht aber die gleichzeitig beantragte Beihilfe in Höhe von 55 Talern, 16 Groschen und fünf Pfennigen für die Knappschaftliche Schulanstalt (und auch nicht die benötigten zwei Taler und 18 Groschen zur Anschaffung von Schulbüchern), zeigte es dies dem Oberbergamt sofort in einem umständlichen Bericht an.2477 Gegenstand des Schriftverkehrs zwischen Oberbergamt und den nachgeordneten Bergämtern waren auch immer wieder Maßnahmen zur Verbesserung des Bergschulwesens selbst, solche zur Überwindung z. T. noch vorhandener unterschiedlicher Organisationsstrukturen in den einzelnen Bergrevieren und natürlich auch solche zur Vereinheitlichung von Finanzierungsmodalitäten. Mitte der 90er-Jahre des 18. Jahrhunderts scheinen diese Maßnahmen endlich von Erfolg gekrönt gewesen zu sein. 5.1.5. Die Entwicklung eines einheitlichen Finanzierungssystems seit Mitte der 1790er Jahre

Noch im Schuljahr 1796 bot das kursächsische Bergschulsystem ein äußerst vielschichtiges Bild hinsichtlich seines Finanzierungsregimes. Das dafür eingenommene Vermögen stammte im Wesentlichen aus drei unterschiedlichen Geldquellen: a) aus den Beiträgen der Knappschaften, b) aus den Beiträgen der Gewerken sowie c) aus den landesherrlichen Beihilfen (der Freiberger Oberzehntenkasse).2478 Im Schuljahr 1796 setzten sich die aus diesen Quellen gespeisten Schulkasseneinnahmen für das elementare Bergschulwesen in den kursächsischen Bergrevieren wie folgt zusammen:2479

2477 Vgl. dazu Bericht des BA Jhgstdt. vom 30. Juni 1796, in: BergA, OBA 2257, Bl. 152–154. 2478 Hierzu kamen noch kleinere Spendenbeiträge sowie einige Zinseinnahmen für „ausgeliehene(..) Capitalien“; Erstere betrugen für das Schuljahr 1796 = 6 Taler, 5 Groschen, Letztere 19 Taler. Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 18. März 1797 (wie Anm. 2206), hier Bl. 275. 2479 Vgl. dazu im Einzelnen den Bericht des OBA vom 18. März 1797 (ebd.), hier die Tabellen Bl. 274 b.–276, sowie das vorausgehende Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 13. Mai 1796 (wie Anm. 1253).

441

Finanzierung der bergmännischen Schulbildung

Tabelle V_1_5a: Übersicht über die Einnahmen der Schulkassenbestände der bergknappschaftlichen Schulanstalten (ohne SRZ-Schule) im Schuljahr 1796

Bergämter

Freiberg

a) Einnahmen von der Knappschaft

b) Einnahmen von den Gewerken

c) Einnahmen aus der Freiberger OZK*)

Tlr.

Gr.

Pf.

Tlr.

Gr.

Pf.

Tlr.

Gr.

Pf.

Knaben

10

---

---

1066

18

1

10

---

---

Mädchen

150

---

---

---

---

---

59

8

1

Altenberg mit Berggießhübel und Glashütte

36

16

10

36

2

9, 3/8

14

22

1

Marienberg

55

---

---

---

---

---

76

14

8

Geyer und Ehrenfriedersdorf

25

2

9

---

---

---

105

5

2

Annaberg, Scheibenberg und Oberwiesenthal

26

16

9

---

---

---

59

10

8

Johanngeorgenstadt mit Schwarzenberg und Eibenstock

3

3

8

53

18

11, 1/4

58

10

5

Schneeberg

38

19

4

---

---

---

20

---

---

Voigtsberg

15

17

---

---

---

---

15

---

---

Großkamsdorf (im Neustädt. Kreis)

4

---

9

---

---

---

10

---

---

Suhl

---

---

---

---

---

---

10

---

---

Gesamt

365

3

1

1175

18



439

8

1

*) Hierin enthalten ist der Inventarbedarf – vgl. dazu die Tabelle V_1_5b, Spalte 4. [Quelle: Bericht des OBA vom 18. März 1797, in: BergA, OBA 2257, Tabellen Bl. 274 b.–276, sowie das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 13. Mai 1796, Bl. 139 f.]

Zu a) – Knappschaftsgelder: Sämtliche Knappschaftskassen der kursächsischen Bergreviere (außer der von Suhl) verzeichneten im Jahre 1796 gesonderte Einnahmen für den Bergschulunterricht. Diese Beiträge flossen aus verschiedenen Quellen in die Kassen. Während die meisten der von den Knappschaften erhobenen Beiträge ausschließlich von den „verfahrenen“ Knappschaftsschichten herrührten, beruhten die Knappschaftseinnahmen von Altenberg mit Geising und Berggießhübel, Johanngeorgenstadt mit Schwarzenberg und Eibenstock sowie von Voigtsberg auch auf Abzügen, die man bei der Neueinstellung von Bergarbeitern bzw. bei deren Lohnaufbesserungen vornahm, oder es handelte sich um eingenommene Strafgelder bei Disziplinverletzungen. Die Bergämter Marienberg, Schneeberg, Voigtsberg sowie Großkamsdorf bezeichneten diese als „sonstige Zuschüsse“.

442

Die finanziellen und personellen Voraussetzungen

Auch das Bergamt Freiberg erhielt solche gesonderten Zahlungen, wobei es sich bei den schon mehrfach erwähnten 150 Talern der Freiberger Knappschaft um zweckgebunden für den Schulunterricht der „Bergmädchen“ einzusetzende Erträge handelte, die zuvor durch Betschichten erzielt worden waren. Insgesamt beliefen sich die Einnahmen aus dem knappschaftlichen Vermögen aller Bergreviere im Jahr 1796 auf etwas mehr als 365 Taler. Zu b) – Gewerkengelder: Gewerkeneinnahmen für den Bergschulunterricht standen außer in Freiberg nur in den Bergämtern Altenberg und Johanngeorgenstadt zur Verfügung. Die höchsten Beiträge verzeichneten dabei natürlich die Freiberger Gewerken – im Jahr 1796 fast 1067 Taler (in den übrigen Jahren auch meist über 1000 Taler)2480 – wobei ca. die Hälfte davon, nämlich 539 Taler und 14 Groschen, von den anfahrenden Bergmannsknaben selbst erarbeitet worden war. Über 617 Taler der Gewerkenbeiträge aus Altenberg, Freiberg und Johanngeorgenstadt resultierten aus dem Geldrückfluss der Generalakzise-Restitution. In Altenberg standen darüber hinaus noch reichlich fünf Taler aus Einnahmen von Bergwerksprodukten sowie 14 Taler sonstiger Zuschüsse zur Verfügung. Im Aufsichtsbereich des Altenberger Bergamtes erfolgte die Finanzierung des bergmännischen Bildungswesens damit auf die vielfältigste Weise.2481 Die Gewerkengelder für das Bergschulwesen der Bergreviere Freibergs und des oberen Erzgebirges betrugen im Schuljahr 1796 insgesamt 1175 Taler, 18 Groschen und eineinhalb Pfennige. Zu c) – Landesherrliche Beihilfen: Alle Knappschaften bezogen in die Finanzierung ihrer Bergschulausbildung neben den erwähnten Knappschafts- bzw. Gewerkenunterstützungen auch finanzielle Beihilfen aus der Freiberger Oberzehntenkasse ein. Jede Zahlung daraus erfolgte erst nach vorausgegangener Anweisung des Landesherrn an den Freiberger Oberzehntner. Für das Schuljahr 1796 flossen so aus der Oberzehntenkasse insgesamt etwas über 439 Taler Beihilfe in die Schulkassen – damit mehr als das, was die Knappschaften selbst aufbringen konnten. Der höchste Betrag, nämlich reichlich 105 Taler, kam dabei dem knappschaftlichen Schulwesen des Bergrevieres Geyer mit Ehrenfriedersdorf zugute. Dem Bergamt Freiberg dagegen wurden lediglich etwas über 59 Taler zur Absicherung des elementaren Schulunterrichts der Berg2480 1794 zum Beispiel hatten die Freiberger Gewerken 1120 Taler an Schulbeiträgen eingebracht, davon 504 Taler, die von den anfahrenden Scheide- und Wäschejungen allein erwirtschaftet worden waren. 2481 Auf die Sonderrolle der Zwitterstockgewerkschaft, deren Zinnbergbau nicht unter die Regalhoheit des Landesherrn fiel und die sich deshalb auch in Finanzfragen gegenüber dem Bergamt eine gewisse Unabhängigkeit zu bewahren wusste, kann hier nicht näher eingegangen werden.

443

Finanzierung der bergmännischen Schulbildung

mannsmädchen sowie 10 Taler zweckgebunden für die Unterrichtung der dortigen Hüttenknaben zur Verfügung gestellt. Die aus den Zuwendungen der Oberzehntenkasse gewährte Beihilfe für die übrigen Bergämter lag zwischen 10 Talern in Großkamsdorf und Suhl und 76 Talern in Marienberg. Die Verwendung der landesherrlichen Beihilfe für die verschiedenen Formen bergmännischer Bildung im Schuljahr 1796 zeigt die folgende Übersicht:2482 Tabelle V_1_5b: Landesherrliche Beihilfe aus dem Freiberger Oberzehnten (1796) für die Knappschaftliche Schulanstalten (einschließlich des Bergmädchenunterrichts in Freiberg) und obererzgebirgischen SRZ-Schulen

Bergämter

Knappschaftliche Schulanstalten

Altenberg mit Berggießhübel und Glashütte

Taler Gr.

Freiberg

5

4

59

8

Pf.

SRZ-Schulen Taler Gr.

Inventarbedarf

Summe

Pf. Taler Gr.

Pf.

Taler

Gr.

Pf. 1 ¼

1 ¼

---

---

---

9

18

---

14

22

1

---

---

---

---

---

---

59

8

41/91

1 41/91

Marienberg

68

14

8

24

---

---

8

---

---

100

14

8

Geyer mit Ehrenfriedersdorf

97

11

2

---

---

---

7

18

---

105

5

2

Annaberg, Scheibenberg mit (Ober-) Wiesenthal

34

10

8

35

---

---

25

---

---

94

10

8

Johanngeorgenstadt mit Schwarzenberg und Eibenstock.

55

16

5 ⅓

71

18

---

2

18

---

130

4

5⅓

Schneeberg

20

---

---

30

---

---

---

---

---

50

---

---

Voigtsberg

15

---

---

---

---

---

---

---

---

15

---

---

Großkamsdorf

---

---

---

10

---

---

---

---

---

10

---

---

Suhl

10

---

---

---

---

---

---

---

---

10

---

---

2482 Vgl. dazu Bericht des OBA vom 30. März 1796 (wie Anm. 1950), bzw. die tabellarischen Anzeigen zu diesem Bericht (wie Anm. 2197), hier Bl. 130 b. Die unterschiedlichen Angaben der Höhe der landesherrlichen Beihilfe der Tabelle „V_1_5 b 1796“ im Vergleich zur Tabelle „V_1_5a 1796“ resultieren daraus, das in Letzterer bei den Einnahmen aus der Oberzehntenkasse der Schulinventarbedarf mit eingerechnet ist.

444

Die finanziellen und personellen Voraussetzungen

Bergämter

Knappschaftliche Schulanstalten

SRZ-Schulen

Inventarbedarf

Summe

Hüttenknappschaft Freiberg

10

---

---

---

---

---

---

---

---

10

---

---

Summe:

375

17

1

170

18

---

53

6

---

599

17

1

[Quelle: Bericht des OBA vom 30. März 1796, in: BergA, OBA 2257, Bl. 109–120, sowie die tabellarischen Anzeigen (ebd.), Bl. 130 b.]

Damit waren die für die obererzgebirgischen SRZ-Schulen aus der Oberzehntenkasse zur Verfügung gestellten Beihilfen gegenüber 1795 zwar nahezu identisch geblieben, die für die Knappschaftlichen Schulanstalten aber von knapp 239 auf nun über 375 Taler gestiegen,2483 was ganz der Intention des Landesherrn entsprach, allen schulfähigen Bergmannskindern elementaren Schulunterrichts zu ermöglichen. Dass der Altenberger SRZ-Schule keine gesonderte Beihilfe gewährt wurde, resultierte aus dem ausreichenden Vermögen der dortigen Knappschaftskasse.2484 Die aufzubringende Beihilfe für die Erler’sche ZR-Schule Freiberg belastete infolge des Verweises dieser Ausgaben an die Stipendiengelderkasse der Bergakademie den Bergschulfonds jedoch nicht mehr. Wie hoch der finanzielle Gesamtaufwand für das kursächsische Bergschulwesen im Jahre 1796 war und wie viele Kinder davon unterrichtet werden konnten, zeigt die nachfolgende Tabelle: Tabelle V_1_5c: Kinderzahl nach Geschlechtern, ausgezahltes Schulgeld (1796) sowie beantragte Beihilfe aus der Freiberger Oberzehntenkasse 1797

Name des Bergamtes

Anzahl der Kinder

Freiberg

Kna- Mäd- Taler ben chen 674 961 232 203 83 38 106

Altenberg mit Berggießhübel und Glashütte Marienberg

64

48

ausgezahltes Schulgeld 1796

121

Gr.

Pf.

beantragte Beihilfe aus der OZK für 1797 Taler Gr. Pf.

20 1 3

11 7 6

1049 18 203 1 111 19

1 7 6

--54 14

--10 14

----8

3

4

134

8

108

11

9

21

Gesamtausgabe für Schulgeld*) Taler Gr.

Pf.

2483 Vgl. dazu auch das Reskript Kurfürst Friedrich August vom 1. Mai 1795 (wie Anm. 1533), hier die tabellarische Übersicht Bl. 154 b.–155. 2484 So betrug im Jahre 1797 die Summe aller Einnahmen der Knappschaftlichen Schulanstalt Altenbergs knapp 246 Taler, die Summe der Ausgaben knapp 113 Taler, so dass ein Überschuss von reichlich 81 Talern verblieb. Vgl. dazu den Extrakt des Knappschaftsschreibers Rudolf über die Einnahmen und Ausgaben 1797, in: BergA, OBA 2258, Bl. 122 f.

445

Finanzierung der bergmännischen Schulbildung

Name des Bergamtes

Anzahl der Kinder

ausgezahltes Schulgeld 1796

Kna- Mäd- Taler ben chen 68 68 114

Gr.

Pf.

beantragte Beihilfe aus der OZK für 1797 Taler Gr. Pf.

Geyer mit 12 6 125 Ehrenfriedersdorf Annaberg, Schei87 52 141 5 2 162 benberg mit (Ober-) Wiesenthal Johanngeorgenst. 81 41 95 10 5 119 mit Schwarzenberg und Eibenstock Schneeberg 42 17 58 19 4 58 Voigtsberg 29 35 40 10 --41 Großkamsdorf 8 6 14 --9 14 Suhl 10 --10 6 --11 (Hüttenknappschaft k. A. k. A. k. A. k. A. k. A. (10) Freiberg) gesamt für Elemen1683 1866 21 6 2032 tarunterricht gesamt für SRZSchulen gesamt

Gesamtausgabe für Schulgeld*) Taler Gr.

Pf.

13

6

79

3

1

19

4

113

5

---

---

11

58

2

---

19 4 20 10 --24 --9 10 8 1 3/5 21 ----- (10)

--21 --8 ---

--1 -------

12 9 3/5 504

6

6

165

20

6

670

3

---

*) Da viele Bergämter in der Regel noch über einen höheren Kassenbestand verfügten, konnten im Einzelfall die Schulgeldausgaben über dem Wert der Summe der Einnahmen (Tabelle V_1_5a 1796) liegen. In dieser Spalte sind auch Aufwendungen für sonstige Schulbedürfnisse (wie z. B. für Lehrbücher) sowie Gebühren u. Ä. enthalten. [Quellen: Berechnung des Schulgeldes auf das Schuljahr 1796 sowie Verzeichnis der 1797 beantragten Beihilfe zum Bericht des OBA von 18. März 1797, in: BergA, AOB 2257, Bl 279–279b.; Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 5. Mai 1797 (ebd.), Bl. 288 f.]

Der finanzielle Aufwand für den Bergschulunterricht betrug 1796 insgesamt 2032 Taler, 12 Groschen und neun 3/5 Pfennige.2485 Für das davon aufgebrachte Schulgeld von 1866 Talern, 21 Groschen und 6 Pfennigen konnten 1683 Kinder von Berg- und Hüttenleuten mit Elementarunterricht versorgt werden.2486 2485 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 18. März 1797 (wie Anm. 2206), hier die tabellarische Übersicht Bl. 276. In dieser Übersicht wurden zu Vergleichszwecken (wie in den Originalakten) auch die heute außerhalb Sachsens gelegenen beiden Bergreviere Großkamsdorf und Suhl mit angeführt. 2486 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 18. März 1797 (ebd.), hier die tabellarischen Übersichten Bl. 275–279. In diesem Bericht wies das Oberbergamt sogar den durchschnittlichen Jahresaufwand an Schulgeld für jedes der unterrichteten Kinder nach, der sich für das Schuljahr 1796

446

Die finanziellen und personellen Voraussetzungen

Für das darauf folgende Schuljahr 1797 beantragten die Bergämter etwas über 504 Taler an landesherrlicher Beihilfe für die Knappschaftlichen Schulanstalten.2487 Der Landesherr wies die beantragte Summe auch durch Reskript zur Auszahlung an.2488 Bergämter, die zur Anschaffung notwendiger „Inventarienstücke“ (wie z. B. Schulbücher) zusätzliche Mittel erbeten hatten, erhielten diese ebenfalls bewilligt, wobei das Bergamt Marienberg die größte Summe, nämlich 20 Taler, für die „Reparatur u[nd] Erweiterung des Schulhauses in Pobershau“ zugewiesen bekam.2489 Auf die 1797 ebenfalls beantragte Beihilfe im Umfang von ca. 166 Talern für die Erler’sche Zeichenschule sowie die obererzgebirgischen SRZ-Schulen ging der Kurfürst in diesem Reskript jedoch überhaupt nicht ein.2490 Obwohl die finanzielle Unterstützung bzw. Beihilfe für den elementaren Schulunterricht an den deutschen Stadt- und Dorfschulen eigentlich in der Verantwortung der christlichen Behörden, insbesondere der Superintendenten, lag, hatten sich einzelne Schulleiter örtlicher deutscher Schulen vermutlich an die Zahlungsbereitschaft des Oberbergamtes und daran gewöhnt, dass Letzteres nicht nur das Schulgeld zur Lehrerbesoldung für die Unterrichtung der Bergmannskinder zur Verfügung stellte, sondern hin und wieder auch einen Beitrag zur besseren materiellen Ausstattung des Unterrichts an den Dorfschulen leistete. Deshalb verwundert ein Antrag (wie der folgende) des Leiters der deutschen Dorfschule in Erbisdorf keineswegs, der formulierte: „So wage ich es Ew[er] Hochwohlgeb[oren] um einen Zuschuß von 8 T[a]hl[e]r[n] aus irgend einer[!] Casse zu diesen nöthigen Büchern für meine Schule, unterthänigst zu bitten.“2491 Nach fast zwei Jahre lang andauernden inhaltlichen „Auseinandersetzungen“ zwischen dem Landesherrn und dem Oberbergamt um ein einheitliches Konzept zur Finanzierung des kursächsischen Bergschulwesens und nach Abwägung sämtlicher seitens des Oberbergamtes vorgebrachter Argumente wurde schließlich durch

2487

2488 2489

2490 2491

auf einen Taler, zwei Groschen und ca. siebeneinhalb Pfennige belief. Vgl. dazu (ebd.), Bl. 279, sowie das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 5. Mai 1797 an den OZ (wie Anm. 1738), Bl. 288 f. In diesen 504 Talern waren ca. 40 Talern für „Inventarienstücke“ enthalten. Vgl. dazu die Tabelle V_1_5 b., sowie den Bericht des OBA vom 18. März 1797 (ebd.), hier Bl. 279 b. Die Höhe dieses Betrags entsprach genau demjenigen, den die anfahrenden Freiberger Bergmannskinder als „Schulgeld“ erarbeitet hatten. Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 5. Mai 1797 an den OZ, in: BergA, OBA 2257, Bl. 288–289. Vgl. dazu im Einzelnen den Bericht des OBA vom 18. März 1797 (wie Anm. 2206), Tabelle Bl. 282, sowie das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 5. Mai 1797 an den OZ (wie Anm. 1738). Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 5. Mai 1797 an den OZ (ebd.). „Schulplan [Gärtners] für die Erbisdorfer Schule“ (wie Anm. 293). Dieser Antrag dürfte bereits an den Nachfolger Benno von Heynitz’, nämlich den Oberberghauptmann von Trebra gerichtet gewesen sein.

Finanzierung der bergmännischen Schulbildung

447

landesherrlichen Befehl vom 24. Oktober 1797 ein Allgemeiner Schulfonds, der „… mit dem Eintritt des … 1798sten Jahres den Anfang nehmen soll[te]“, eingerichtet.2492 Damit fand die Reform des kursächsischen Bergschulwesens einen gewissen Abschluss, wurden dessen Organisation und Struktur auf eine einheitliche Grundlage gestellt. In diesem Befehl nahm der Landesherr auf frühere eigene Reskripte2493 sowie die in deren Folgen vom Oberbergamt eingereichten Berichte, welche Verbesserungen der Verfassung sowie des Unterrichts an der Bergakademie zum Gegenstand hatten, Bezug.2494 Die bis dahin z. T. unter Zuwendungen aus dem bergakademischen Stipendiengelderfonds erfolgte Finanzierung der Freiberger Bergschule wurde damit aufgegeben. Der ursprünglich ausschließlich für Zwecke der Bergakademie eingerichtete Fonds der Bergakademie erfuhr sogar noch eine Erweiterung durch die Zuführung gewerkschaftlicher Beiträge und erhielt mit Beginn des 1. Quartals 1798 den neuen Namen „Akademie- und Stipendiengelderkasse“.2495 In dieser musste ein gesondertes Kapitel für den Lehrunterricht an der Bergakademie, für die Finanzierung der „akademischen“ Lehrlinge sowie für die akademischen Sammlungen und Nebenausgaben angelegt werden.2496 Die Akademie- und Stipendiengelderkasse sollte künftig wieder ausschließlich ihrem ursprünglichen Zweck, der Finanzierung der Ausbildung von „Expectanten“ und Akademisten dienen und zugleich von allen fremden Ausgaben – wozu auch die finanzielle Unterstützung des Bergschulwesens zu rechnen war – entlastet werden.2497 Durchgeführten Berechnungen zufolge waren nämlich „… seit dem Jahre 1766 bis gegenwärtig [1797] [insgesamt 1490 Taler] zur Freyberger Berg-Schule aus dasiger Stipendiengelder Kasse hergegeben … wor-

2492 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 24. Okt. 1797 (wie Anm. 646), hier Bl. 2 b. Vgl. dazu auch das Reskript (Abschrift) Kurfürst Friedrich Augusts vom 24. Okt. 1797 (wie Anm. 1012), hier Bl. 161 b., sowie BergA, BAF/A 46/Nr. 3068 b), Vol. III, Bl. 334. Die am gleichen Tag an den Freiberger Oberzehntner ô Feral und den Oberhüttenraiter Paulick ergangenen Reskripte, in: UAF, OBA 11, Bl. 234–236 b., bzw. 237 f., verdeutlichen die Kompliziertheit des bis dahin bestehenden Abrechnungsverfahrens. 2493 Hier handelt es sich um die Reskripte vom 3. Jan. 1794 (wie Anm. 1841) bzw. vom 18. Sept. 1794. 2494 Vgl. dazu im Einzelnen das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 24. Okt. 1797 (wie Anm. 1012). 2495 Vgl. dazu im Einzelnen die Reskripte Kurfürst Friedrich Augusts vom 24. Okt. 1797 an das OBA (ebd.), bzw. an den OZ (ebd.), Bl. 234–237 b. 2496 Vgl. dazu das Reskripte Kurfürst Friedrich Augusts vom 24. Okt. 1797 an den OZ (ebd.), hier Bl. 235. 2497 Vgl. dazu das Reskript (Abschrift) Kurfürst Friedrich Augusts vom 24. Okt. 1797 (wie Anm. 1012), hier Bl. 160.

448

Die finanziellen und personellen Voraussetzungen

den…“2498 Ungeachtet dessen ist zwar auch später im Einzelfall hiervon wieder abgewichen worden,2499 aber vom Grundsatz her blieb es bei dieser 1797 durch den Landesherrn getroffen Festlegung. Die Beiträge, die aus anderen Kassen für bergakademische Zwecke zur Verfügung standen – 200 Taler aus der Oberzehntenkasse für den Unterricht im Bergrecht und Geschäftsstil für Köhler, 192 Taler für den physikalischen Unterricht Prof. Lempes aus der Rentkammer sowie 50 Taler ebenfalls von dort für akademische Sammlungen2500 – sollten ab 1798 aus diesen Kassen direkt an die „Akademie und Stipendiengeldercasse und aus dießer, an die Percipienten [Empfänger – H.K.] und wohin es sonst nöthig ist …“ gezahlt werden.2501 Das bis dahin praktizierte, z. T. ziemlich komplizierte Verfahren der Geldtransaktionen aus den verschiedensten Bergbaukassen – der Stipendiengelderkasse, der Oberzehntenkasse, der Generalschmelzadministrationskasse2502 und der Quatembergelderkasse2503 – zugunsten der Bergakademie sollte auf diese Weise vereinfacht werden. Mit Beginn des Jahre 1798 standen nach einem gesondert aufgestellten „Oekonomieplan“2504 nunmehr jährlich 1000 Taler mittels kurfürstlichen Reskripts 2498 Reskript (Abschrift) Kurfürst Friedrich Augusts vom 24. Okt. 1797 (ebd.), Bl. 161. So hatte z. B. der (erste) Bergschullehrer Goldberg nach der Einstellung des zweiten Bergschullehrers, Erler, im Jahre 1791 22 Taler und 12 Groschen aus der Stipendiengelderkasse bezogen. Vgl. dazu den „Extract der Stipendien-Gelder-Rechnung Schluß Reminiscere 1792“, in: UAF, OBA 251, Bl. 116. 2499 So erhielt der „Edelgesteininspektor“ Hoffmann im Jahre 1807 wegen der „Unzulänglichkeit“ des allgemeinen Schulfonds für seinen mineralogischen Unterricht 25 Taler als jährliche „Gratification“ aus der Akademie- und Stipendiengelderkasse. Vgl. dazu das Reskript König Friedrich Augusts vom 21. August 1807, in: OBA 266, Bl. 155–159, hier Bl. 158 b. Dieser Betrag ist auch in den Folgejahren i. d. R. aus dieser beglichen worden. Vgl. dazu den jeweiligen „Extract der Akademie- und Stipendien-Gelder-Rechnung … von Trinitatis bis … Reminiscere“ 1808–1809, 1809–1810, 1810–1811 bzw. 1813–1814, in: UAF, OBA 268, Bl. 32–35, hier Bl. 33 b.– 34; OBA 269, Bl. 32–36 b., hier Bl. 33 b.–34; OBA 270, Bl. 22–25, hier Bl. 23 b.–24; OBA 273, Bl. 43–46 b., hier Bl. 45. 2500 Vgl. dazu das Reskript (Abschrift) Kurfürst Friedrich Augusts vom 24. Okt. 1797 (wie Anm. 1012), hier Bl. 160 f. 2501 Vgl. dazu das Reskript (Abschrift) Kurfürst Friedrich Augusts vom 24. Okt. 1797 (ebd.), Bl. 160 b. Ebenso sollte mit den jeweils 200 Talern verfahren werden, die der verstorbene Bergrat Gellert wegen der „Concurrenz bey dem Bergmaschinenwesen“ aus der Quatembergelderkasse bzw. Bergrat Charpentier (ehemals) für den physikalischen Unterricht aus der Oberzehntenkasse bezogen hatten. 2502 Vgl. zu diesen z. T. verwirrenden Geldtransaktionen zwischen den verschiedenen Bergbaukassen Baumgärtel (Bergbau und Absolutismus), S. 26–36, insb. S. 33–36. 2503 Vgl. zur Funktion des Quatembergeldes als vierteljährlicher Abgabe jeden Berggebäudes zur Besoldung der Bergbeamten den Artikel „Quatembergeld“ in: Veith (Bergwörterbuch), S. 370, sowie Köhler (Anleitung zur Verfassung beim Bergbau), S. 116–118. 2504 Vgl. dazu den „Oekonomieplan“ als Anlage zum Reskript vom 22. Dez. 1797 (wie Anm. 1020), hier Bl. 11.

Finanzierung der bergmännischen Schulbildung

449

vom 22. Dezember 1797 bewilligter landesherrlicher Finanzbeihilfe für das gesamte Bergschulwesen – also sowohl für die Unterrichtung der Knaben als auch der Mädchen –2505 zur Verfügung.2506 940 Taler dieses Fonds stammten aus der Freiberger Oberzehntenkasse, 60 Taler aus der „General-Schmelz-Administrationskasse“.2507 In diesem Zusammenhang erhielt am gleichen Tag der Freiberger Oberzehntner ô Feral den Befehl des Kurfürsten zur Einrichtung einer „… eigenen Caße unter dem Namen des Allgemeinen SchulFondss“ und der Freiberg Oberhüttenraiter Paulick einen eben solchen, der ihn verpflichtete, 60 Taler aus der „General SchmelzAdministrationsCaße“ zur Unterstützung der Bergschulen [hier der „akademischen“ Freiberger ZR-Schule und der obererzgebirgischen SRZ-Schulen – H.K.] und Knappschaftlichen Schulanstalten zur Verfügung zu stellen.2508 Trotz der vorgenommenen organisatorischen Trennung der SRZ-Schulen von den Knappschaftlichen Schulanstalten des oberen Erzgebirges sollten die aus dem Schulfonds bereitgestellten landesherrlichen Beihilfen sämtlichen „Typen“ bergmännischer Bildungsanstalten zugute kommen. Mit der Einrichtung des Allgemeinen Schulfonds war eine wesentliche Ergänzung der Beiträge aus den in den Bergrevieren vorhandenen knappschaftlich verwalteten Schulkassen verbunden; es machte das gesamte Bergschulwesen unabhängiger von den von Jahr zu Jahr zum Teil sehr schwankenden Kassenbeiträgen der Knappschaften bzw. den finanziellen Zuwendungen einzelner Gewerken. Zwischen beiden Kassenformen bestand ein immanenter Zusammenhang. Hauptzweck des Allgemeinen Schulfonds war es, den Finanzbedarf sämtlicher Bergschuleinrichtungen – soweit er nicht durch die bisherigen Einnahmen aus den knappschaftlich verwalteten Schulkassen abgesichert werden konnte – zu decken.2509 In dem mehrfach erwähnten Befehl des Kurfürsten wurden auch die Bemühungen des Oberbergamts „… für die Erziehung und den Unterricht der Berg2505 Die Freiberger Knappschaft trug hierzu 150 Taler bei. Vgl. hierzu den Bericht Freieslebens vom 16. März 1821 (wie Anm. 417), hier Bl. 165. 2506 Der „Oekonomieplan» für die jährlichen Einnahme und Ausgabe der Akademie- und Stipendiengelderkasse nach der mit Eintritt des 1798sten Jahres angefangenen neuen Einrichtung“ enthielt dagegen keine Angaben mehr zur Finanzierung des Bergschulunterrichts. Vgl. dazu UAF, OBA 11, Bl. 239–240 b. 2507 Vgl. hierzu im Einzelnen das Reskript vom 24. Okt. 1797 (wie Anm. 646), sowie den „Ökonomieplan“ als Anlage zum Reskript vom 22. Dez. 1797 (wie Anm. 1020), hier Bl. 11 b. 2508 Reskripte Kurfürst Friedrich Augusts vom 22. Dez. 1797 an den OZ bzw. OHR, in: BergA, OBA 2258, Bl. 9–9 b., bzw. Bl. 10. Die Gesamtaufwendungen davon für die Freiberger ZRSchule betrugen 1798 insgesamt 165 Taler. Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 2. Dez. 1797, in: BergA, OBA 2258, Bl. 4–7 b. 2509 Dies widerspiegelt sich auch in dem entsprechenden Aktentitel der Oberbergamtsakte 2258, welcher lautet: „Den für sämtliche Bergschulen sowohl als den besondern knappschaftlichen Schulanstalten in sämmtlichen Bergamts-Revieren errichteten allgemeinen Schul-Fondss betr[effend]». BergA, OBA 2258, Deckblatt.

450

Die finanziellen und personellen Voraussetzungen

jugend überhaupt, so wie für die Anziehung künftiger Bergoffizianten und Bergleute …“ hervorgehoben.2510 Der Landesherr betrachtete ganz offensichtlich das Problem der Bildung der Bergjugend – unabhängig davon, ob es sich um die elementare Schulbildung an den Knappschaftlichen Schulanstalten, die weiterführende, fachbezogene Ausbildung an den Bergschulen oder das Studium an der Bergakademie handelte – als einen zusammenhängenden Gegenstand, für den das Oberbergamt die zuständige Kontrollbehörde war, weswegen ihm auch die Aufsicht über den Allgemeinen Schulfonds zustand. Innerhalb der Verwaltung des Oberbergamtes hatte der Oberbergamtskopist Carl Friedrich Fischer den Abgleich zwischen dem von den einzelnen Bergämtern angemeldeten Geldbedarf und den zur Verfügung stehenden Finanzmitteln des Allgemeinen Schulfonds wahrzunehmen.2511 Die Gesamtkassenverwaltung selbst, die dem Freiberger Oberzehntner ô Feral oblag, sollte nach den Vorstellungen des Oberbergamtes nach den gleichen Prinzipien erfolgen, wie er bereits für die Stipendiengelderkasse oder die „Teichgraben- und Röschenkasse“2512 galt.2513 Als Kassenwart der Knappschaftlichen Schulkasse dagegen fungierte ein Aufsichtsbeamter der Knappschaft – ausgangs des 18. Jahrhunderts war dies der Freiberger Stollnobersteiger Beyer.2514 Obwohl aus dem neugeschaffenen Geldfonds, wie erwähnt, Leistungen für alle „Typen“ bergmännischer Bildungseinrichtungen zu erbringen waren, sollten innerhalb desselben die Einnahmen und Ausgaben klar nach Beiträgen für die verschiedenen Unterrichts- und Ausbildungsformen unterschieden und insbesondere die Ausgaben für das Bergschulwesen getrennt von denen für die Bergakademie abgerechnet werden.2515 In Umsetzung dieser Zielstellung erfolgte letztlich auch die jeweils gesonderte Berichterstattung des Oberbergamtes, die ihren Niederschlag in einer entsprechenden Aktenvielfalt fand.2516 Auch wenn dem Inhalt der bergmännischen Ausbildung nach die Freiberger Berg- oder ZR-Schule und (zumindest zum Teil) auch die obererzgebirgischen SRZ-Schulen als Vorbereitungsanstalten 2510 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 24. Okt. 1797 (wie Anm. 646), hier Bl. 1. 2511 Vgl. dazu für das Jahr 1800 den Bericht Fischers vom 11. März 1801 (wie Anm. 2222).. 2512 Bei der „Teichgraben- und Röschenkasse“ handelt es sich um einen 1795 bei der Kurfürstlichen Graben-, Röschen- und Teichwirtschaftsadministration eingerichteten Geldfonds, der v. a. für die Finanzierung des umfangreichen Systems zur Herbeiführung von Aufschlagwasser bzw. Abführung von Bergwerkswasser geschaffen worden war. 2513 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 2. Dez. 1797 (wie Anm. 2508). 2514 Das Aufgabengebiet des Stollnobersteigers in Freiberg dürfte in etwa dem eines Obersteigers (Grubenvorstehers) – aber eben für die Revierstolln – umfasst haben. Vgl. dazu den Artikel „Steiger“ in Veith (Bergwörterbuch), S. 459 f., sowie Köhler (Recht und Verfassung beim Bergbau), S. 183. 2515 Vgl. dazu die diesbezügliche Forderung im Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 24. Okt. 1797 (wie Anm. 646), hier Bl. 2. 2516 Auf diese Aktenstruktur kann an dieser Stelle nicht eingegangen werden. Vgl. zur Aktenvielfalt der ausgewerteten Aktenbestände des BergA bzw. UAF das Quellenverzeichnis.

Finanzierung der bergmännischen Schulbildung

451

für die Bergakademie fungierten, fand unter finanztechnischen Gesichtspunkten eine Abkopplung dieser Einrichtungen von Letzterer statt.2517 Ein wichtiger Hinweis über die Art und Weise der geplanten Finanzierung des gesamten Bergschulwesens sowie über das Verhältnis, welches zwischen dem neugebildeten Allgemeinen Schulfonds und den älteren Knappschaftlichen Schulkassen in den Bergrevieren bestand, findet sich in einem Reskript des Kurfürsten vom Dezember 1797. Danach sollte das Oberbergamt, „um für die Berg Schulen [also die Freiberger ZR- und die obererzgebirgischen SRZ-Schulen – H.K.] beym allgemeinen SchulFondss so viel als möglich … zu erübrigen“, allen Fleiß dahingehend aufwenden, um die für den Unterricht in den Knappschaftsschulen erforderlichen Mittel „… bey der knappschaftlichen Schul-Caße jedes Bergortes … durch sonstige Zugänge und durch Vermehrung der ordentlichen Einnahmen [zu] erlange..(n) ...“ suchen.2518 Daraus lässt sich zumindest der indirekte Schluss ziehen, dass der Allgemeine Schulfonds zwar dem gesamten bergmännischen Schulwesen zur Verfügung stand, der von den Knappschaften beaufsichtigte elementare Unterricht aber so weit wie möglich von den Knappschaften selbst erwirtschaftetet bzw. durch Zuwendungen Dritter finanziert werden sollte. Für das folgende Jahr (1798) war eine weitere organisatorisch-strukturelle Veränderung innerhalb des kursächsischen Bergschulwesens vorgesehen. Ungeachtet der finanziellen Abtrennung des bergmännischen Schulwesens im oberen Erzgebirge von den Knappschaftskassen bzw. den speziellen Fonds der Bergakademie sollte die „Erlersche“- oder Freiberger Bergschule2519 enger an die Bergakademie angebunden werden, wozu sicherlich die schon erwähnten Vorschläge des Oberbergamtes, insbesondere die des Bergkommissionsrats von Schirnding beigetragen haben dürften.2520 Mit Eröffnung des Schuljahres 1798 begann dann tatsächlich eine neue Phase der Entwicklung des kursächsischen Bergschulwesens, insbesondere, was dessen Finanzierung betraf. Allerdings kann die erwähnte Installation des Allgemeinen Schulfonds nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich diese auch danach z. T. noch 2517 Dies stand zeitweilig durchaus im Widerspruch zu den ursprünglichen Intentionen des Oberbergamtes, das sich lange Jahre erfolgreich bemüht hatte, die Finanzierung der Goldberg’schenbzw. Erler’schen ZK-Schule wegen deren engerer Anbindung an die Bergakademie aus den der Bergakademie zur Verfügung stehenden Geldmitteln durchführen zu lassen. 2518 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 22. Dez. 1797 (wie Anm. 2209), hier Bl. 8 b.; vgl. dazu auch den Bericht des OBA vom 2. Dez. 1797 (wie Anm. 2508), hier Bl. 6. 2519 Ab 1796 wird in den Akten nur noch die „Erlersche“ Bergschule des Schichtmeisters Lebrecht Johann Friedrich Erler erwähnt, ab 1797 z. T. auch nur als (Freiberger) „Bergschule“ bezeichnet. Vgl. dazu u. a. das Akademische Protokoll vom 8. Apr. 1797 (wie Anm. 1013), hier Bl. 144. 2520 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 24. Okt. 1797 (wie Anm. 646), hier Bl. 3 b.

452

Die finanziellen und personellen Voraussetzungen

unterschiedlich gestaltete. Nicht von ungefähr hieß es deshalb im kurfürstlichen Befehl vom 22. Dezember 1797 an die Adresse des Oberbergamtes: „Ihr wollet bey den wegen der nähern Einrichtung und speciellen Bewilligung alljährlich zu erstattender Anträge(..) [der Bergämter – H.K.], soweit es der Fonds verstattet, … dahin bedacht seyn, daß die Einrichtung der Bergschulen von Jahr zu Jahr dem Zweck und Erfordern gemäß verbessert und erweitert … werde.“2521

Die zum Teil erheblichen Differenzierungen waren nicht nur zwischen dem Bergrevier Freiberg auf der einen und den obererzgebirgischen Bergrevieren auf der anderen Seite zu konstatieren, sie bestanden auch noch nach 1798 innerhalb der Bergreviere des oberen Erzgebirges weiter.2522 Darüberhinaus unterschied man im Freiberger Bergrevier auch weiterhin zwischen dem (aus gewerkschaftlichen Geldbeiträgen finanzierten) elementaren Unterricht der „Bergknaben“ und einem weitgehend aus knappschaftlichen bzw. landesherrlichen Mitteln finanzierten Unterricht für „Bergmannsmädchen“. So stammten von den im Jahr 1797 in Freiberg für den teilweise erweiterten Elementarunterricht der Berg- und Hüttenarbeiterknaben zur Verfügung stehenden 1053 Talern allein 1043 Taler aus Gewerkenbeiträgen, nur zehn Taler kamen von der Freiberger Hüttenknappschaft selbst,2523 während für die Unterrichtung der Bergmannsmädchen die Freiberger Knappschaft 150 Taler beisteuerte. Da die Gewerken für den letzteren Unterricht“ keine finanzielle Unterstützung leistete und der Beitrag der Freiberger Knappschaftskasse dafür nicht ausreichte, mussten im gleichen Jahr reichlich 54 Taler als Beihilfe aus der Oberzehntenkasse gewährt werden.2524 Wie die Geldeinnahmen ausgangs des Schuljahres 1797 in den jeweiligen Bergrevieren im Einzelnen aussahen, zeigt die folgende Tabelle:

2521 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 22. Dez. 1797 (wie Anm. 2209). 2522 Dies belegen die „Oekononische Uibersicht von dem Zustand der Schulkassen auf das Jahr 1797“ sowie die „Tabelle über die wahrscheinlichen Einnahmen und Ausgaben bey den Schulkassen auf das Jahr 1798“, als Anlagen zum Bericht des OBA vom 24. März 1798 (wie Anm. 543), hier Bl. 134, 137. 2523 Vgl. dazu die Ökonomische Übersicht zum Bericht des OBA vom 24. März 1798 (ebd.), hier Bl.134. 2524 Vgl. dazu die Ökonomische Übersicht zum Bericht des OBA vom 24. März 1798 (ebd.).

20/ 16/ 9

(für Mädchen)

---/---/---

---/---/---

2/ 10/--

2/ 22/ 8

Schneeberg

Voigtsberg

Großkamsdorf

Suhl

11/12

1156/ 14/ 9

8/---/ 10

---/---/---

---/---/---

97/ 7/ 8

---/---/---

2/ 14/ 2

---/---/---

1/ 18 / 8

---/---/---

---/---/---

---/---/---

---/---/---

---/---/---

29/ 9/ 10

---/---/---

---/---/---

---/---/---

59/ 1/ 7

---/---/---

7/ 17/ 3

10/ 7/---

65/ 8/--- 280/ 22/ 6

---/---/---

---/---/---

---/---/---

---/---/--- 43/ 20/ 8

2/ 2/---

---/---/---

---/---/---

---/---/---

112/ 4/---

---/---/--- 49/ 10/ 11

---/---/---

451/ 15/---

---/---/---

7/ 17/ 3

12/ 21/ 2

43/ 20/ 8

3/ 20/ 8

29/ 9/ 10

---/---/---

---/---/---

---/---/---

---/---/---

---/---/---

---/---/---

68/ 8/ 7

5/8

508/ 4/--- 662/ 21/ 8

---/---/---

---/---/---

---/---/---

---/---/---

---/---/---

---/---/---

---/---/-----/---/---

59/ 1/ 7 22/ 15/ 10

[Quelle: Ökonomische Übersicht vom Zustand der Schulkassen auf das Jahr 1797, in: BergA, OBA 2258, Bl. 133 b.–134.]

Gesamt

21/ 4/ 9

Johanngeorgenstadt mit Schwarzenberg und Eibenstock

2/5

27/ 22/ 9

Annaberg, Scheibenberg mit (Ober-) Wiesenthal

---/---/---

---/---/---

---/---/---

---/---/---

508/ 4/--- 545/ 2/ 2

---/---/---

22/ 15/ 10

---/---/---

63/ 6/---

150/---/---

10/---/---

4/---/ 3

43/ 14/ 3

Geyer mit Ehrenfriedersdorf

Marienberg

3/ 16/---

45/ 6/---

10/---/---

---/---/--- 150/---/---

---/---/---

von den Gewerken

3/4

3/ 15/ 6

---/---/---

---/---/---

---/---/---

---/---/---

---/---/---

---/---/---

---/---/---

---/---/---

3/4

3/ 15/ 6

---/---/---

---/---/---

14/---/---

---/---/---

---/---/---

---/---/---

---/---/---

---/---/---

---/---/---

---/---/---

---/---/---

14/---/---

---/---/---

---/---/---

Beiträge der GeneralBeiträge sonstige Poch-, Scheideakzisevon Zuschüsse und Wäsche- Restitution Bergwerksknaben produkten

5/8

---/---/---

---/---/---

---/---/---

---/---/---

gesamt (ohne Kassenbestand)

Einnahmen für 1797 (Tlr./Gr./Pf.)

5/8

51/ 23/ 7

981/ 19/ 10

Verbliebener Kassenbestand Ende Von der Knappschaft 1796 Strafsonstige (Tlr./Gr./Pf.) von Knapp- Abzüge schaftsbei gelder Zuschüsse schichten Anstellung

(für Knaben)

Altenberg samt Berggießhübel und Glashütte

Freiberg

Bergamt

Tabelle V_1_5d: Einnahmen der Kursächsischen Bergschulkassen am Schuljahresende 1797

14/14/8

54/---/---

10/---/---

aus der OZK

79/ 3/ 1

21/ 8/---

10/---/---

15/---/---

20/---/---

58/ 2/---

3/8

1188/ 17/ 3 504/ 6/ 6

---/---/---

---/---/---

---/---/---

---/---/---

---/---/---

---/---/--- 113/ 5/---

---/---/---

---/---/--- 108/ 11/ 9

67/ 8/ 7

---/---/---

1053/ 6/ 2

gesamt

Zinserträge

„Insgemein“

---/---/---

1/---/---

---/---/--- ---/---/---

---/---/--- ---/---/---

---/---/--- ---/---/---

---/---/--- ---/---/---

---/---/--- ---/---/---

---/---/--- ---/---/---

---/---/--- ---/ 2/---

---/---/--- ---/ 8/ 3

---/---/--- ---/---/---

16/ 16/--- 19/---/--- 1/ 10/ 3

---/---/---

---/---/---

4/---/---

---/---/---

1/ 14/---

---/---/---

---/ 19/---

---/---/---

---/ 16/---

9/ 15/---

---/---/--- 19/---/--- ---/---/---

Freiwillige Beiträge

3/8

2181/ 17/ 0

22/ 8/---

31/ 21/ 2

10/ 7/---

63/ 20/ 8

131/ 21/ 3

142/ 14/ 10

102/ 13/ 11

167/ 15/ 4

3/8

194/ 21/ 5

214/ 1/---

1092/ 6/ 2

Haupt-summe

Finanzierung der bergmännischen Schulbildung

453

454

Die finanziellen und personellen Voraussetzungen

Der finanzielle Gesamtaufwand für das folgende Schuljahr 1798 betrug für den Unterricht an sämtlichen Knappschaftlichen Schulanstalten knapp 2017 Taler, wovon für Schulgeld 1867 Taler, 15 Groschen und 11 Pfennige aufgebracht wurden.2525 Die Einnahmen dafür kamen wie auch die Jahre zuvor von den Knappschaften (ca. 501 Taler), den Gewerken (ca. 1180 Taler) und (diesmal noch) der Freiberger Oberzehntenkasse (ca. 552 Taler), wobei drei der kombinierten Bergreviere, nämlich in Altenberg, Geyer und Ehrenfriedersdorf sowie Annaberg die Knappschaftskassen im Jahr zuvor durch zusätzliche Betschichten, die immerhin über 167 Taler eingebracht hatten,2526 verstärkt worden waren. Von den ca. 1024 Talern Gewerkenmitteln im Bergrevier Freiberg z. B. war die knappe Hälfte, nämlich reichlich 466 Taler, von den anfahrenden Bergmannskindern selbst erwirtschaftet worden; beinahe 556 Taler stammten hier aus den an die Knappschaftskasse übertragenen Rücküberweisungen der eingenommenen Generalakzise; Einzelheiten dazu zeigt die nachfolgende Übersicht:2527 Tabelle V_1_5e: Finanzieller Zustand der Knappschaftlichen Schulanstalten im Jahre 1798 Bergamt

Verbliebener Kassenbestand von 1797 (Tlr./Gr./ Pf.)*

Geldeinnahmen der Knappschaftlichen Schulkassen für 1798 (Tlr./Gr./Pf.)

Von der Knappschaft

davon aus Betschichten 10/---/-----/---/--- 1024/ 9/ 5

Freiberg Knaben

1095/ 6/ 9

Mädchen Altenberg

3/23/ 3 150/---/--133/ 5/ 7 158/ 5/ 5

Marienberg Geyer mit Ehrenfriedersdorf Annaberg, Scheibenberg mit (Ober-) Wiesenthal

Von den Gewerken

---/---/--113/ 23/ 9

Sonstige Einnahmen aus freiwilligen Beiträgen, Stiftungen, Zinsen etc.

Beihilfe aus dem Oberzehnten 10/---/---

---/---/--- 111/14/ 1 88/ 17/ 5 ---/---/---

19/---/--(Zinsen) ---/---/--2/ 10/---

1/2

1/2

---/---/--18/16/ 6

55/--/--24/15/ 10

---/---/--24/15/ 10

---/---/--- 104/19/ 3 ---/---/--- 116/ 6/ 7

5/8

---/ 2/-----/ 4/---

28/ 5/ 1

28/21/ 2

28/ 21/ 2

---/---/--- 116/ 7/ 11

---/---/---

2525 Vgl. dazu die Ökonomische Übersicht zum Bericht des OBA vom 13. März 1799 (wie Anm. 2219), hier Bl. 281 b.–282. Vgl. dazu auch die Ökonomische Übersicht von dem Zustand der Schulkasse auf das Jahr 1798 (wie Anm. 1350). 2526 Vgl. dazu auch die Ökonomische Übersicht von dem Zustand der Schulkasse auf das Jahr 1798 (ebd.). 2527 Vgl. im Einzelnen die Ökonomische Übersicht von dem Zustand der Schulkasse auf das Jahr 1798 (ebd.), Bl. 280 b.–282.

455

Finanzierung der bergmännischen Schulbildung Bergamt

Verbliebener Kassenbestand von 1797 (Tlr./Gr./ Pf.)*

Geldeinnahmen der Knappschaftlichen Schulkassen für 1798 (Tlr./Gr./Pf.)

Von der Knappschaft

Johanngeorgenstadt mit Schwarzenberg und Eibenstock Schneeberg Voigtsberg Großkamsdorf Suhl

29/---/10

davon aus Betschichten 8/ 15/-----/---/---

Von den Gewerken

Sonstige Einnahmen aus freiwilligen Beiträgen, Stiftungen, Zinsen etc.

Beihilfe aus dem Oberzehnten

66/ 18/ 8

48/ 10/---

2/ 7/ 20

---/---/-----/---/-----/---/-----/---/---

20/---/--15/---/--10/---/-----/---/---

---/---/--2/---/-----/---/-----/---/---

167/ 12/ 9 1179/ 21/ 6 552/ 9/ 10

25/ 23/ 20

11/12

---/---/-----/---/--2/ 10/--16/ 12/ 8

43/ 11/ 3 15/ 4/ 7 6/ 19/ 6 ---/---/---

---/---/-----/---/-----/---/-----/---/---

2/5

Gesamt

1327/ 8/ 8 500/ 20/ 9 1/2

1/2

5/8

[Quellen: Bericht des OBA vom 13. März 1799, in: BergA, OBA 2258, Bl. 272–279 b., hier tabellarische Übersicht Bl. 280–285; Bericht des OBA-Kopisten Fischer vom 11. März 1801 bzw. des OBA vom 28. März 1801, in: BergA, OBA 2259, Bl. 215–218, bzw. Bl. 237–244 b., hier die ökonomische Übersicht A, Bl. 246–250, insb. Bl. 246.]

Als Beihilfe für die Finanzierung des Elementarunterrichts an den Knappschaftlichen Schulanstalten sollten nach den Vorstellungen des Kurfürsten 1798 zunächst 434 Taler aufgewendet werden,2528 während nach dessen schon mehrfach erwähntem vorläufigen „Ökonomieplan“ als Beihilfe für die Freiberger ZR-Schule und obererzgebirgischen SRZ-Schulen insgesamt 416 Taler2529 aus dem Allgemeinen Schulfonds vorgesehen waren. Von letzterem Betrag wiederum sollten für den Bergschulunterricht bei Erler, Hoffmann und Meiner2530 in Freiberg 228 Taler2531 (also mehr als das Dreifache der früheren Zuwendungen) und für vier der fünf

2528 Vgl. das Reskript vom 22. Dez. 1797 (wie Anm. 2209). 2529 Dieser Betrag wurde durch das Oberbergamt kurze Zeit später noch auf 420 Taler aufgestockt. Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 24. März 1798 (wie Anm. 543), hier Bl. 131 b. 2530 Neben dem eigentlichen Freiberger Bergschullehrer Erler unterrichtete ggf. schon um diese Zeit der schon erwähnte Edelgesteininspektor Hoffmann sowie der Vesperprediger Meiner, auch wenn ein Nachweis darüber nicht gefunden wurde. Vgl. zum Unterricht der letzteren beiden den Unterabschnitt 2.3.1. 2531 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 24. Okt. 1797 (wie Anm. 646), hier Bl. 3 A f., sowie den Bericht des OBA vom 2. Dez. 1797 (wie Anm. 2508), und insb. den „Ökonomieplan“ als Anlage zum Reskript vom 22. Dez. 1797 (wie Anm. 1020), Bl. 11–13.

456

Die finanziellen und personellen Voraussetzungen

obererzgebirgischen SRZ-Schulen2532 – Marienberg = 24 Tlr., Annaberg = 35 Tlr., Johanngeorgenstadt = 75 Tlr. und Schneeberg = 30 Tlr. – insgesamt also 164 Taler als Unterstützung aus dem Allgemeinen Schulfonds zum Einsatz kommen.2533 Zu diesen im Wesentlichen als Schulgeld vorgesehen Beihilfen waren noch weitere 24 Taler geplant, die man als Prämien für die besten „Lehrlinge“ vorsah.2534 Diese Zuwendungshöhe entsprach zunächst weitgehend den Anträgen des Oberbergamtes,2535 belegt aber auch indirekt die höhere „Wertigkeit“ der Ausbildung an der Freiberger Bergschule im Vergleich zu den SRZ-Schulen des oberen Erzgebirges. Für das beginnende Schuljahr 1798 betrug die finanzielle Beihilfe zur Absicherung des Unterrichts an sämtlichen bergmännischen Schuleinrichtungen 850 Taler. Über die restlichen 150 Taler der insgesamt 1000 Taler betragenden jährlichen Beihilfesumme hatte sich aber der Landesherr ausdrücklich seine „fernere(..) Disposition“ vorbehalten.2536 Wegen der zum Teil weiterführenden Anforderungen einzelner Bergämter sah das Oberbergamt, das die Finanzbedürfnisse vor Ort unzweifelhaft genauer überblickte als die kurfürstlichen Bediensteten in Dresden, für das beginnende Schuljahr jedoch eine etwas höhere landesherrliche Beihilfe vor, und zwar insgesamt 552 Talern, neun Groschen und zehn Pfennige für den Unterricht an den Knappschaftlichen Schulanstalten2537 sowie 420 Taler für die „sämtlichen Zeichnen- und Rechnen Schulen“ – für die das Oberbergamt eine gesonderte Berichterstattung ankündigte.2538 Die Aufteilung der Beihilfen für die Knappschaftlichen Schulanstalten bzw. die ZR- und SRZ-Schulen sollte dabei wie in folgender Tabelle dargestellt durchgeführt werden:2539 2532 Auch in Altenberg existierte nach wie vor eine SRZ-Schule, allerdings benötigte diese seit der im Quartal 1797 erfolgten Einführung einer „Knappschaftsschicht“, bei der 45 Taler und sechs Groschen Einnahmen für diesen Unterricht erwirtschaftet werden konnten – vgl. dazu den Bericht des OBA vom 24. März 1798 (wie Anm. 543), hier Bl. 125 b. – zunächst keine landesherrliche Beihilfe, weswegen diese Institution in der tabellarischen Übersicht des OBA vom 24. März 1798 nicht mehr explizit erwähnt wurde. 2533 Vgl. dazu den „Ökonomieplan“ vom 22. Dez. 1797 (wie Anm. 1020), Bl. 11–13. 2534 Vgl. das Reskript vom 22. Dez. 1797 (ebd.). 2535 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 2. Dez. 1797 (wie Anm 2508), Bl. 4–7 b. 2536 Vgl. dazu den „Ökonomieplan“ vom 22. Dez. 1797 (wie Anm. 1020), hier Bl. 12. 2537 Vgl. dazu im Einzelnen den Bericht des OBA vom 24. März 1798 (wie Anm. 543), hier Bl. 131 b., sowie die Ökonomischen Übersichten zu diesem Bericht (ebd.), Bl. 133–144, hier das Beihilfeverzeichnis Bl. 138. 2538 Diese sollte vermutlich im Rahmen der Berichterstattung über die Bergakademie erfolgen. Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 24. März 1798 (ebd.). 2539 Vgl. das Beihilfeverzeichnis (ebd.). Die Beträge enthielten für die Bergämter Marienberg, Geyer und Ehrenfriedersdorf sowie Annaberg, Scheibenberg und Oberwiesenthal insgesamt 25 Taler für einen Unterricht in den „Anfangsgründen im Rechnen und Schreiben“ außerhalb der SRZ-Schulen. Vgl. ebd.

457

Finanzierung der bergmännischen Schulbildung

Tabelle V_1_5f: Beihilfezahlungen für die Knappschaftlichen Schulanstalten sowie die ZR-Schule bzw. SRZ-Schulen 1798 Bergamtsrevier

Freiberg Altenberg mit Berggießhübel und Glashütte Marienberg Geyer mit Ehrenfriedersdorf Annaberg, Scheibenberg mit (Ober-)Wiesenthal Johanngeorgenstadt mit Schwarzenberg und Eibenstock Schneeberg Voigtsberg Großkamsdorf (Hüttenknappschaft Freiberg) Suhl Prämien für Schüler sämtlicher Bergschulen gesamt

Beihilfezahlung für Knappschaftliche Schulanstalten in Tlr./Gr./Pf. 111 / 14 / 1 --- / --- / ---

Beihilfezahlung für ZR- und SRZ-Schulen in Tlr./Gr./Pf. 228 / --- / ----- / --- / ---

104 / 19 / 3 116 / 6 / 7 116 / 7/ 11

24 / --- / --keine SRZ-Schule 35 / --- / ---

48 / 10 / ---

75 / --- / ---

20 / --- / --15 / --- / --10 / --- / --10 / --- / ----- / --- / ---

30 / --- / --keine SRZ-Schule keine SRZ-Schule keine SRZ-Schule keine SRZ-Schule 24 / --- / ---

552 / 9 / 10

416 / --- / --- [Plan] 420 / --- / --- [Ist]

[Quelle: Beihilfeverzeichnis der tabellarischen Übersicht zum Bericht des OBA vom 24. März 1798, in: BergA, OBA 2258, Bl. 133–144 b., hier Bl. 138; Reskript Kurfürst Friedrich Augusts an das OBA bzw. den OZ vom 20. Apr. 1798 (ebd.), Bl. 145–146 b., bzw. Bl. 147–147 b. Ökonomieplan für die jährliche Einnahme und Ausgabe …1798 (ebd.), Bl. 11–12, hier Bl. 12]

458

Die finanziellen und personellen Voraussetzungen

Die gesamte vom Oberbergamt vorgesehene Beihilfe aus dem Allgemeinen Schulfonds im beginnenden Schuljahr 1798 belief sich somit auf genau 972 Taler, neun Groschen und zehn Pfennige,2540 womit der Finanzrahmen von 1000 Talern, den der Beihilfefonds jetzt jährlich bot, beinahe ausgeschöpft wurde. Mit dem vom Oberbergamt rekapitulierten Überschuss von 27 Talern, 14 Groschen und zwei Pfennigen sowie einem „Residio [also Restbetrag – H.K.]“ von 123 Talern, 18 Groschen und zehn Pfennigen aus dem Schuljahr 1797 würde nach Berechnung der Behörde im Allgemeinen Schulfonds 1798 immer noch ein Kassenbestand in Gesamthöhe von 151 Talern und neun Groschen verbleiben.2541 Das Oberbergamt trüge deshalb gegenüber dem Landesherrn umso weniger Bedenken, um Bewilligung der erwähnten Summen für die Knappschaftlichen Schulanstalten zu bitten, zumal diese dem „wahren Bedürfnis“ dieser Schulanstalten entsprächen.2542 Der Kurfürst bestätigte schließlich die beantragte Beihilfesumme für sämtliche Knappschaftlichen Schulanstalten in Höhe von reichlich 552 Talern, einschließlich einer weiteren Unterstützung „… der für Marienberg, Geyer mit Ehrenfrieders[dorf ] und Annaberg zum Unterricht einiger Bergknaben im Rechnen und Schreiben, ausgesetzten 25 Th[a]l[e]r2543...“ aus dem Allgemeinen Schulfonds.2544 Da dem Landesherrn aber offensichtlich die knappschaftlichen bzw. auch gewerkschaftlichen finanziellen Beisteuerungen für den Allgemeinen Schulfonds in einigen Bergrevieren zu gering erschienen, forderte er das Oberbergamt in diesem Zusammenhang auf, bei der nächsten Lokalrevision2545 durch den jeweiligen „Revisions“ -Kommissar näher erörtern zu lassen, ob und durch welche Maßnahmen seitens der Knappschaften bzw. Gewerken „ein Mehreres“ an diesen Beiträgen zur finanziellen Aufstockung des Allgemeinen Schulfonds zu erlangen wäre.2546 Dies verdeutlicht nicht nur den unbedingten Sparsamkeitswillen des Landesherrn, sondern auch, dass er in allen Phasen der Verbesserung des Bergschulwesens „Herr des Finanzverfahrens“ blieb. Ungeachtet dieser Vorbehalte des Kurfürsten gegen die ständig wachsenden Beihilfeersuchen der Revierbergämter trat in diesem entscheiden2540 2541 2542 2543

Vgl. dazu den Bericht des Oberbergamtes vom 24.März 1798 (wie Anm. 543), hier Bl. 132 f. Vgl. dazu den Bericht des Oberbergamtes vom 24.März 1798 (ebd.). Vgl. dazu den Bericht des Oberbergamtes vom 24.März 1798 (ebd.), Bl. 132 f. Bei den 25 Talern handelte es sich nicht um Beihilfen für die SRZ-Schulen, sondern eine zusätzliche für die Knappschaftlichen Schulanstalten. 2544 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 20. Apr. 1798 an das OBA bzw. den OZ, in: BergA, OBA 2258, Bl. 145–146 b., bzw. Bl. 147 f. 2545 Solche Revisionen wurden dann im Sommer 1798 durch Abgesandte des Oberbergamtes auch durchgeführt. Vgl. Näheres dazu im Unterabschnitt 4.3.2. 2546 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 20. Apr. 1798 an das OBA (wie Anm. 2544), hier Bl. 146. Der Kurfürst schien offensichtlich nicht gewillt zu sein, ständig die landesherrliche Beihilfe für das Bergschulwesen zu erhöhen. Diese Kontrollforderung richtete sich konkret gegen das Bergreviere Annaberg mit Scheibenberg und Oberwiesenthal sowie das Bergamt Geyer mit Ehrenfriedersdorf.

Finanzierung der bergmännischen Schulbildung

459

den Jahr der Umsetzung der Bergschulreformen eine wesentliche Verbesserung und Stabilisierung der finanziellen Basis des gesamten Bergschulwesens ein. Eine wirkungsvolle Maßnahme zur Aufstockung der Finanzausstattung der knappschaftlichen Schulkassen und damit zur Verbesserung des Elementarunterrichts an den Knappschaftlichen Schulanstalten sah der Landesherr weiterhin in der Durchführung von Bet- oder Knappschaftsschichten.2547 Diese Schichten waren in den Bergrevieren jedoch stark umstritten und es gelang dem Oberbergamt bzw. den einzelnen Revierbergämtern meist nur durch zähe Verhandlungen, auch diese Finanzierungsquelle allmählich zu erschließen. Zwei Beispiele aus den obererzgebirgischen Bergrevieren sollen dies verdeutlichen. Mitte der 90er-Jahre des 18. Jahrhunderts waren die Bemühungen des Bergamtes Altenberg um die Einführung einer solchen jährlichen Knappschaftsschicht „zum Besten der SchulCaße“ zumindest zu einem Teilerfolg gelangt. Das Bergamt konnte die dortigen Arbeiter der „Rothe Zeche Fundgrube und (des) Zwitterstocks tiefen Erbstolln samt Beylehen“ zwar von der Notwendigkeit einer solchen Schichtdurchführung überzeugen, „die vom Stockwerk [Zwitterstock-Berggebäude – H.K.]“ dagegen wehrten sich weiterhin gegen eine entsprechende Verpflichtung.2548 Nachdem jedoch 1795 im Bergamt Geyer und Ehrenfriedersdorf eine ebensolche Knappschaftsschicht eingeführt worden war,2549 gelang es zwei Jahre später schließlich auch in Altenberg, eine gleichartige Schicht im letztgenannten Berggebäude durchzusetzen.2550 Unter Hinweis auf die „Höchste Landesherrliche Intention“, die dahin gehen würde, „dass zum Besten und zur nöthigen Verstärkung des BergSchulCassenFondss, von der gesamten Knappschaft (wie auch bereits in den sämtlichen übrigen BergAmtsRevieren geschehen und eingeführt sey,) alljährlich eine Schicht verfahren werde“,2551 gelang Schmid in seiner Eigenschaft als Vertreter des Oberbergamtes und „Commissarius“ schließlich der Durchbruch in dieser Angelegenheit. Bei den Verhandlungen mit den anwesenden Vertretern und Arbeitern der Zwitterstocksgewerkschaft konnte der Oberbergmeister – nicht ohne auf diese einen moralisch motivierten Druck auszuüben –2552 den anwesenden „... Zwit2547 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 22. Dez. 1797 (wie Anm. 2209), Bl. 8 f. 2548 Bericht des BA Altbg. vom 15. März 1796 (wie Anm. 2167), hier Bl. 80 b.–81. 2549 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 1. Mai 1795 (wie Anm. 1533), hier Bl. 152 b. 2550 Vgl. zu den Einzelheiten dazu den Bericht des OBM Christian Wilhelm Friedrich Schmid vom 14. Sept. 1797, in: BergA, OBA 2257, Bl. 295–296 b. 2551 Protokoll vom 31. Mai 1797 über die im BA Altbg. geführten Verhandlungen zwischen dem OBM Schmid, dem Altenberger BM Aurich und dem dortigen Geschwornen Klippgen mit der Zwitterstocksgewerkschaft, als Beilage zum Bericht des OBM Schmid vom 14. Sept. 1797 (ebd.), hier Bl. 299 b. 2552 Schmid hatte ausgeführt, dass die Zwitterstocksarbeiter die einzigen innerhalb der kursächsischen Bergreviere wären, die noch keine solche Schicht verfahren würden – was ganz offensichtlich nicht den Tatsachen entsprach.

460

Die finanziellen und personellen Voraussetzungen

terstocksArbeiter(n) durch den von ihnen zum Sprecher beauftragten Häuer Kaden ...“ eine solche Schicht für die nächsten fünf Jahre abringen.2553 Inwieweit hier Angaben des Oberbergmeisters über das „Verfahren“ solcher Knappschaftsschichten in anderen Bergrevieren die Wahrheit verfälschten, soll hier nicht bewertet werden, Tatsache ist aber, dass das Oberbergamt im gleichen Jahr außer in Altenberg lediglich für die Bergreviere Geyer und Ehrenfriedersdorf bzw. Annaberg Zahlungen aus Knappschaftsschichten für die Knappschaftlichen Schulanstalten aktivieren konnte.2554 In einer in diesem Zusammenhang erstatteten Anzeige des Geschwornen Friedrich Wilhelm Klippgen an Oberbergmeister Schmid in Freiberg erklärte dieser noch einmal entsprechend dem Schmid’schen Auftrag vom 31. Mai 1797 bei seinen Grubenbefahrungen auch die Meinung der auswärtigen Bergleute zu dieser beabsichtigten Schicht eingeholt zu haben. Danach hätten die Bergleute „... sich insgesamt erklärt, solche Schicht ebenfalls willig und gerne zu verfahren“.2555 Die dann tatsächlich im Jahre 1797 abgehaltenen Betschichten brachten in Altenberg über 45 Taler, in Geyer und Ehrenfriedersdorf knapp 23 Taler und in Annaberg reichlich 29 Taler an Erträgnissen ein.2556 Am 6. August 1798 weilte der Freiberger Bergrat von Gutschmid als Vertreter des Oberbergamtes zu einer Revisionsreise im Bergamt Annaberg. Eines der Hauptziele seiner Inspektion war die Vermehrung des dortigen knappschaftlichen Schulfonds.2557 Die Revisionsreise des Bergrates stand dabei im direkten Zusammenhang mit den vom Kurfürsten am 22. Dez. 1797 bzw. 20. April 1798 verabschiedeten Reskripten zur Aufbesserung der Knappschaftskassen.2558 Von Gutschmid forderte bei dieser Gelegenheit das Annaberger Bergamt zur Stellungnahme darüber auf, warum zwar in dem unterstellten Bergrevier Wiesenthal eine Knappschaftsschicht durchgeführt werden würde, nicht aber in Annaberg bzw. in dem diesem ebenfalls nachgeordneten Bergrevier Scheibenberg. Da die Argumentation des Bergamtes für das Verständnis des Zusammenhanges zwischen dem eigentlichen Zweck der Knappschaftskassen einerseits und den Leistungen zugunsten des

2553 Protokoll vom 31. Mai 1797 (wie Anm. 2551), Bl. 300 b. 2554 Vgl. dazu die Tabelle B als Anlage zum Inserat des OBA vom 28. März 1801 (wie Anm 2223), hier Bl. 246. 2555 Anzeige Klippgens vom 26. Juli(?) 1797, in: BergA, OBA 2257, Bl. 303. 2556 Vgl. dazu die Ökonomische Übersicht vom Zustand der Schulkassen 1797 vom 24. März 1798 (wie Anm. 543), Bl. 134. Vgl. dazu auch den Bericht des BA Altbg. vom 8. März 1798 (wie Anm. 169), hier Bl. 114 b. –115. 2557 Vgl. dazu den Extrakt des Bergamtsprotokolls vom 6. Aug. 1798 (wie Anm. 2215), hier Bl. 155. 2558 Vgl. dazu die Reskripte Kurfürst Friedrich Augusts vom 22. Dez. 1797 (wie Anm. 2209), bzw. vom 20. Apr. 1798 (wie Anm. 2544).

Finanzierung der bergmännischen Schulbildung

461

Bergschulwesens andererseits außerordentlich aufschlussreich ist, soll hier etwas näher auf diese Begründung eingegangen werden.2559 Das Bergamt verwies zunächst auf seine schon im Jahre 1794 erfolgten Bemühungen, die Bergarbeiter des Reviers zu einer Knappschaftsschicht zu bewegen, hin.2560 Dies sei ihm aber nicht gelungen, zumal von den örtlichen „… BergArbeitern schon zwey Schichten jährlich zum Besten der Knappschafts Caße verfahren (worden)“ wären.2561 Müsste ungeachtet dessen eine weitere solche Schicht geleistet werden, würde man deren Erträgnisse2562 „… weit dringender zur Vermehrung der Einnahmen bey der Knappschafts Caße …“ benötigen, um Ausgaben und Einnahmen dieser Kasse „… ins Gleichgewicht zu bringen“.2563 Wegen des in der Knappschaftskasse bestehenden Missverhältnisses hätten bereits die sonst üblicherweise zu zahlende Almosen herabgesetzt, oder, „wie bey den Bergmanns-Witben größtentheils der Fall gewesen, ganz eingezogen (werden) …“ müssen.2564 Das Bergamt hob die besonderen Zusammenhänge zwischen dem Ausbleiben der Ausbeuten beim „Marcus Röhling“2565, dem dadurch erfolgten „Ablegen“ junger Bergleute und der daraus sich ergebenden stärkeren Belastung der Annaberger Knappschaftskasse mit Almosenleistungen hervor.2566 Die Zahl neuer „Contribuenten“ habe dagegen nicht so zugenommen, wie dies nach den Verhältnissen der Knappschaftskasse erforderlich gewesen sei.2567 Die durch den Landesherrn gewährte Höhe der Beihilfezahlungen für die einzelnen Bergreviere war im Wesentlichen abhängig von drei Faktoren: a) dem „Kassenbestand“ (für das Bergschulwesen) der jeweiligen Knappschaftskasse am Ende des vorangegangenen Schuljahres, b) dem voraussichtlichen „Schulgelderfordernis“ für das beginnende Schuljahr und schließlich c) den „voraussichtlichen Geldeinnahmen“ von Knappschaften und Gewerken im laufenden Schuljahr. 2559 2560 2561 2562

2563 2564 2565 2566

2567

Vgl. im Einzelnen den Extrakt des Bergamtsprotokolls vom 6. Aug. 1798 (wie Anm. 2215). Vgl. dazu den Extrakt des Bergamtsprotokolls vom 6. Aug. 1798 (ebd.), Bl. 156 b. Extrakt des Bergamtsprotokolls vom 6. Aug. 1798 (ebd.). Diese Erträge aus den Knappschaftsschichten waren „treulich“ als Beitrag der Knappschaftskassen zu den Schulkassen der jeweiligen Orte zu werten. Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 1. Mai 1795 (wie Anm. 1533), hier Bl. 152 b. Vgl. dazu den Extrakt des Bergamtsprotokolls vom 6. Aug. 1798 (wie Anm. 2215), Bl. 156 b. Extrakt des Bergamtsprotokolls vom 6. Aug. 1798 (ebd.). Bedeutende Grube im Annaberger Bergrevier. Vgl. zu diesem Berggebäude Wagenbreth/ Wächtler (Bergbau im Erzgebirge), die im Grubenverzeichnis S. 493 aufgeführten Seiten. Vgl. dazu den Extrakt des Bergamtsprotokolls vom 6. Aug. 1798 (wie Anm. 2215), Bl. 157 f. Hieraus wird der unmittelbare Zusammenhang zwischen den Erträgnissen aus dem Bergbau und dem Vermögen der Knappschaftskassen deutlich. Vgl. Extrakt des Bergamtsprotokolls vom 6. Aug. 1798 (ebd.).

462

Die finanziellen und personellen Voraussetzungen

Wenn alle drei Faktoren bekannt bzw. ermittelt waren,2568 stellte sich der Umfang der zu gewährenden landesherrlichen Beihilfe als reine Mathematik dar.2569 Der voraussichtliche Schulgeldbedarf des beginnenden neuen Schuljahres musste dabei ins Verhältnis zum Kassenbestand der örtlichen Schulkasse am Ende des vorangegangenen Schuljahres und zu den zu erwartenden Einnahmen dieser Kasse im neuen Schuljahr gesetzt werden. Überstieg das Schulgelderfordernis die Summe aus Kassenbestand und voraussichtlicher Geldeinnahme der Schulkasse – und das stellte den Regelfall dar – erfolgte die Zahlung einer landesherrlichen Beihilfe. Zu diesem Zweck ließ der Kurfürst den Freiberger Oberzehntner anweisen, den (vom Landesherrn selbst) genehmigten Betrag – 1798 waren das die bereits erwähnten 552 Taler, neun Groschen und zehn Pfennige – an die Freiberger Schulkasse bzw. die obererzgebirgischen Bergämter gegen Quittung auszuzahlen.2570 Lag allerdings die Höhe des Schulgelderfordernisses unter der Summe aus Kassenbestand und voraussichtlicher Geldeinnahme der jeweiligen Knappschaft, erfolgte keine Beihilfezahlung, wie dies 1798 und in den Folgejahren im Bergrevier Altenberg tatsächlich des Öfteren der Fall war. Das bedeutet, dass die landesherrliche Beihilfe nicht die knappschaftlichen bzw. gewerkschaftlichen Schulgeldbeiträge ersetzte, sondern lediglich ergänzte – wenn auch i. d. R. in einem erheblichem Umfang. Mit den ggf. noch vorhandenen Kassenbeständen der jeweiligen Schulkassen, der von den Knappschaften bzw. den einzelnen Gewerken für diese Schulkasse aufzubringenden Geldleistungen und der aus dem Allgemeinen Schulfonds bereitgestellten (landesherrlichen) Beihilfesumme war es dem Oberbergamt nunmehr möglich, einen am tatsächlichen Schulbedarf orientierten Unterricht zu organisieren. Für das Schuljahr 1799 wurden die landesherrlichen Beihilfen für die knappschaftlichen Schulanstalten gegenüber 1798 nochmals erhöht und betrugen nun für diese insgesamt knapp 619 Taler, wovon das Bergrevier Freiberg fast 119 Taler zum Ausbau des Unterrichts für Bergmannsmädchen zugewiesen bekommen sollte.2571 2568 Alle drei Faktoren mussten die Bergreviere in ihren jährlichen (i. d. R. im Februar bzw. März eingesandten) Berichten an das Oberbergamt, und Letzteres im Bericht an den Landesherren zahlenmäßig untersetzen. 2569 Im Einzelfall wurden zwar auch Sonderzahlungen geleistet – so eine Prämie in Höhe von fünf Talern für den Lehrer der Elementarschule in Pobershau für dessen besonderen „Eifer“ um die Verbesserung des Schulunterrichts. Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 24. März 1798 (wie Anm. 542), hier Bl. 127 f., sowie das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 20. Apr. 1798 (wie Anm. 2544), hier Bl. 145 b. 2570 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 20. Apr. 1798 (ebd.), Bl. 147 f. 2571 Vgl. dazu im Einzelnen das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 5. Apr. 1799, in: BergA, BA-F/A 46/Nr. 3068 a), Vol. II, Bl. 183 b.–184 b. In dem an den Freiberger Oberzehntner ergangenen Befehl Kurfürst Friedrich Augusts hieß es: „... du wollest diese 118 Thal[e]r ... in den obbemerkten Quantis ... an die Freyberger Schulkasse und an benannte Bergämter aus besagten SchulFondss gegen gehörige Quittung bezahlen ...“ Ebd., Bl. 185.

463

Finanzierung der bergmännischen Schulbildung

Bei diesem Beihilfeanteil aus dem Allgemeinen Schulfonds blieb es in etwa auch in den letzten beiden Jahren des hier bearbeiteten Hauptuntersuchungszeitraumes. So stellte der Kurfürst aufgrund der vom Oberbergamt für das Schuljahr 1800 vorgenommenen Erhebungen2572 insgesamt knapp 617 Taler als Beihilfe für den Elementarunterricht an den Knappschaftlichen Schulanstalten zur Verfügung.2573 Im Einzelnen sollten für die Finanzierung der Knappschaftlichen Schulanstalten im Schuljahr 1800 folgende Beträge aus dem Allgemeinen Schulfonds zur Auszahlung kommen:2574

Tabelle V_1_5g: Quellen der Geldeinnahmen der Knappschaftlichen Schulkassen sowie Verhältnis von Schulgeldbedarf und kurfürstlicher Beihilfe im Jahre 1800 Bergamt

Schulgeldbedarf (Tlr./Gr./Pf.)*

Wahrscheinliche Geldeinnahmen der Knappschaftlichen Schulkassen (Tlr./Gr./Pf.) Knappschaft

Freiberg

994/ 6/ 5 (für Knaben) 284/17/ 6,5 (für Mädchen)

Gewerken

10/---/--- 1031/ 21/ 1 150/---/---

---/---/---

Sonstige

Höhe der LandesBeihilfe aus herrlicher dem ASF Beihilfe(Tlr./Gr./ anteil am Pf.) Schulgeldbedarf (in %)

32/---/---

---/---/---

0,00

---/---/---

130/ 7/ 7

45,75

Altenberg

121/ 1/

6

124/---/---

105/---/---

---/---/---

---/---/---

0,00

Marienberg

159/ 13/ 10

55/---/---

---/---/---

---/---/---

104/13/ 6

65,45

Geyer mit Ehrenfriedersdorf

147/ 5/ 4,3

23/---/---

---/---/---

---/---/---

108/15/---

73,80

Annaberg, Scheibenberg mit (Ober-)Wiesenthal

198/---/10,4

29/16/ 8

---/---/---

---/---/---

133/ 4/ 2

67,25

Johanngeorgenstadt mit Schwarzenberg und Eibenstock

176/11/

4/20/--- 51/ 3/ 5,3

1/---/---

65/---/---

36,80

Schneeberg

132/ 4/ ---

Voigtsberg

34/16/

2

8

102/ 4/---

---/---/---

---/---/---

30/---/---

22,70

16/17/11

1/ 8/---

1/ 14/ 9

15/---/---

43,25

2572 Vgl. dazu die Berichte des OBA vom 12. bzw. 19. März 1800, in: BergA, OBA 2259, Bl. 96– 99 b., bzw. die als Anlage beigefügten tabellarischen Übersichten Bl. 100–112. 2573 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 8. Apr. 1800, in: BergA, OBA 2259, Bl. 113 f. 2574 Vgl. dazu im Einzelnen das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 8. Apr. 1800 (ebd.), sowie die Berichte des OBA vom 12. bzw. 19. März 1800 (wie Anm. 2572), hier insb. die Tabelle III, Bl. 105 f.

464 Bergamt

Die finanziellen und personellen Voraussetzungen

Schulgeldbedarf (Tlr./Gr./Pf.)*

Wahrscheinliche Geldeinnahmen der Knappschaftlichen Schulkassen (Tlr./Gr./Pf.) Knappschaft

Großkamsdorf

Gewerken

Sonstige

Höhe der LandesBeihilfe aus herrlicher dem ASF Beihilfe(Tlr./Gr./ anteil am Pf.) Schulgeldbedarf (in %)

16/---/---

3/ 14/---

---/---/---

---/---/---

10/---/---

Hüttenknappschaft Freiberg

k.A.

k.A.

k.A.

k.A.

10/---/---

Suhl

k.A.

k.A.

k.A.

k.A.

10/---/---

Gesamt

2264/ 5/ 3

519/ ---/ 7 1189/ 8/ 6 34/14/ 9 616/ 16/ 3 [von insges. 1000 Tlr.]

62,50

27,25

* Kleinstbeträge gerundet [Quellen: tabellarische Übersichten zu den Berichten des OBA vom 12. bzw. 19. März 1800, in: BergA, OBA 2259, Bl. 96–99 b., Bl. 100–112, hier insb. Tabelle III, Bl. 105–106; Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 8. Apr. 1800 (ebd.), Bl. 113 f.]

Der tatsächlich im vorletzten Jahr (1800) des hier abgehandelten Untersuchungszeitraumes für den elementaren Unterricht an den Knappschaftlichen Schulanstalten (einschließlich Freibergs) aufgewendete Geldbetrag belief sich auf rund 2081 Taler,2575 mit dem, wie schon erwähnt, insgesamt 1930 Bergmannskindern elementarer Schulunterricht gewährt werden konnte.2576 Diesem standen Gesamteinnahmen (ohne den aus dem Jahre 1799 verbliebenen Kassenbestand von 1736 Talern) in Höhe von etwas mehr als 2356 Talern gegenüber.2577 Von diesen Schulkassenbeiträgen wiederum stammten reichlich 468 Taler aus Mitteln der Knappschaft – davon knapp 122 Taler aus „verfahrenen“ Betschichten –, fast 1233 Taler von den Gewerken in Freiberg, Altenberg und Johanngeorgenstadt sowie rund 617 Taler als Beihilfe aus dem Allgemeinen Schulfonds.2578 Neben dieser allgemeinen landesherrlichen Beihilfe waren im Jahr 1800 weitere 27 Taler, sechs Groschen und sieben Pfennige für Zeichen- und Messinstrumente der akademischen Zeichenschule zur 2575 Vgl. dazu den Bericht des OBA-Kopisten bzw. OBA-Sekretär Carl Friedrich Fischer vom 11. März 1801 (wie Anm. 2222), hier Bl. 215 b., sowie die Ökonomische Übersicht I zum Inserat des OBA vom 28. März 1801 (wie Anm. 2224), hier Bl. 246 b. Die Ursachen der gegenüber den Planungen in den einzelnen Bergrevieren abweichenden Ausgaben konnten nicht ermittelt werden. 2576 Vgl. den Unterabschnitt 4.3.2. 2577 Vgl. dazu die Ökonomische Übersicht A zum Inserat des OBA vom 28. März 1801 (wie Anm. 2224), hier Bl. 245 b.–246. 2578 Vgl. dazu die Ökonomische Übersicht A zum Inserat des OBA vom 28. März 1801 (ebd.).

2/10/---

Großkamsdorf

  1736/3/ 449/60 2081/5/11

---/---/---

15/ 21/ 3

26/ 20/---

105/ 17/ 6

171/ 4/ 10

153/---/---

14/---/---

468/ 15/ --7/8

---/---/---

5/ 21/ 3

17/ 2/ 11

75/ 17/ 6

8/ 8/---

23/ 15/ 11

22/ 5/ 4

55/---/---

96/ 16/ 17/8

150/---/---

121/ 17/ 47/8

---/---/---

---/---/---

---/---/---

---/---/---

---/---/---

22/ 6/ 5

22/ 5/ 4

---/---/---

77/ 5/ 77/8

---/---/---

---/---/---

davon aus Knappschaftsschichten

Knappschaften

1233/ 22/ 6

---/---/---

---/---/---

---/---/---

---/---/---

92/ 17/ 21/2

---/---/---

---/---/---

---/---/---

73/ 10/ 21/2

---/---/---

1066/ 19/ 1

Gewerken

2356/ 9/ 57/8

616/16/ 3 + 27/6/7

10/---/---

10/---/---

15/---/---

30/---/---

65/---/---

133/ 4/ 2

108/ 15/---

104/ 13/ 6

---/---/---

130/ 7/ 7

10/---/---

Beihilfe aus dem Allgemeinem Schulfonds

38/ 3/ 8

---/---/---

---/---/---

1/---/---

---/---/---

3/ 10/ 4

---/---/---

--1/ 11/---

---/ 11/ 4

---/ 22/---

5/ 21/---

25/---/---

Sonstige Einnahmen (freiwillige Beiträge, Kapitalzinsen; Sonstiges)

Geldeinnahmen der Knappschaftlichen Schulkassen im Jahre 1800 (Tlr./Gr./Pf.)

[Quellen: Berichte des OBA-Kopisten Fischer vom 11. März 1801 bzw. des OBA vom 28. März 1801, in: BergA, OBA 2259, Bl. 215–218, bzw. Bl. 237–244 b., sowie die Ökonomischen Übersichten (ebd.) Bl. 246–250]

Gesamt

1/---/ 19/10

---/---/---

Suhl

---/---/---

Voigtsberg

54/11/ 82/3

Johanngeorgenstadt mit Schwarzenberg und Eibenstock

Schneeberg

35/ 4/---

Annaberg, Scheibenberg und Oberwiesenthal

118/ 13/ 6

142/ 23/ 2

---/---/---

15 /14/ 4

Marienberg

105/ 14/ 9

297/ 21/---

943/ 13/ 11

Schulgeldausgabe 1800

361/12/41/4

Geyer und Ehrenfriedersdorf

Altenberg

4/ 9/ 11

1262/12/ 7

Mädchen

Freiberg

Knaben

Verbliebener Kassenbestand von 1799

Bergamt

Tabelle V_1_5h: Finanzausstattung der Knappschaftlichen Schulanstalten im Schuljahr 1800/1801

Finanzierung der bergmännischen Schulbildung

465

466

Die finanziellen und personellen Voraussetzungen

Verfügung gestellt,2579 sowie etwas über 38 Taler aus milden Stiftungen beigesteuert bzw. als Zinserträge von ausgeliehenen Kapitalien eingenommen worden.2580 Der Gesamtaufwand an Schulgeld für den Elementarunterricht belief sich nach Berechnungen Fischers im genannten Schuljahr je Kind auf einen Taler, einen Groschen und 10 ½ Pfennige.2581 (Tabelle V_1_5h) Das Jahr darauf (1801) standen für den Elementarunterricht an den Knappschaftlichen Schulanstalten im Allgemeinen Schulfonds nur noch 591 Taler, zehn Groschen und sieben Pfennige als Beihilfe gegenüber dem von den Bergämtern insgesamt geltend gemachten Unterstützungsbedarf von 627 Talern, acht Groschen und sechs Pfennigen zur Verfügung – es fehlten insgesamt fast 36 Taler.2582 Das demgegenüber ermittelte „… Bedürfnis, sowohl für die allhiesige akademische- als auch für die obergebürgischen Zeichnen- und Rechnenschulen …“ in Gesamthöhe von 435 Talern und 20 Groschen schien Oberbergamtssekretär Fischer, dem zugleich auch die Verwaltung des Allgemeinen Schulfonds oblag, nicht zur Disposition zu stehen.2583 Fischer machte deshalb unter Zugrundelegung des tatsächlichen Fondsvermögens eigene Vorschläge darüber, welchen Geldbetrag die Bergämter als Beihilfe aus diesem Fonds erhalten könnten, um „… auch, ohne einige Zurücksetzung dieses Unterrichts, bestehen [zu] können“.2584 Interessant ist hierbei, dass Fischer empfahl, die „stärkste Post“, nämlich über 19 Taler, bei dem vom Bergamt Freiberg für den Unterricht der Bergmannsmädchen erhobenen Bedarf abzuziehen.2585 Ganz offensichtlich besaß für ihn die Unterrichtung von Bergmannskindern männlichen Geschlechts eine höhere Priorität als die Schulbildung von Bergmannsmädchen. Die von ihm vorgeschlagene Reduzierung der Beihilfe genehmigte der Landesherr, leicht modifiziert, einen Monat später.2586 Für die nächsten Jahre signalisierte Fischer aller2579 Vgl. dazu den Bericht Fischers vom 11. März 1801 (wie Anm. 2222), hier Bl. 216 b. Bei diesem Betrag dürfte es sich um die Summe für die Anschaffung der von Lempe und Garbe 1800 beantragten Messinstrumente gehalten haben. Vgl. dazu das Verzeichnis Lempes und Garbes (wie Anm. 1041), sowie das Akademische Protokoll vom 27. Okt. 1800 (wie Anm. 538), Bl. 90 b. 2580 Vgl. dazu die Ökonomische Übersicht A vom 18. März 1801 (wie Anm. 2224), Bl. 246. 2581 Betrag aufgerundet; vgl. dazu den Bericht Fischers vom 11. März 1801 (wie Anm. 2222), Bl. 215 b. 2582 Genau 35 Taler, 21 Groschen und 11 Pfennige; vgl. dazu den Bericht Fischers vom 11. März 1801 (ebd.)., hier Bl. 216 b.–217. 2583 Bericht Fischers vom 11. März 1801 (wie Anm. 2222), Bl. 216. Eine Bestallung Fischers, der vermutlich Nachfolger Köhlers in dieser Funktion war, konnte zwar nicht gefunden werden, aber diese Zuständigkeit Fischers ergibt sich aus dessen Berichterstattung. 2584 Bericht Fischers vom 11. März 1801 (ebd.), Bl. 217–217 b. 2585 Vgl. dazu den Bericht Fischers vom 11. März 1801 (ebd.), Bl. 217 b., sowie die Ökonomische Übersicht A zum Bericht des OBA vom 28. März 1801 (wie Anm. 2224), hier Bl. 250. 2586 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 11. Apr. 1801 (wie Anm. 1540).

Finanzierung der bergmännischen Schulbildung

467

dings die unbedingte Notwendigkeit zum Sparen bei den Schulausgaben für den elementaren Unterricht sämtlicher Bergmannskinder. Der Oberbergamtssekretär formulierte: „Da mit diesem Schuljahre der zeither verbliebene baare Cassenbestand [des Allgemeinen Schulfonds – H.K.] gänzlich abgehoben wird, und in Zukunft nur auf die regelementsmäßigen 1000 Thaler --, --, zu rechnen ist; So werden die Bergaemter diesen Schulunterricht ferner nicht mehr zu erweitern, sondern – wenn anders nicht auf die übrigen Beyträge [die knappschaftlichen bzw. gewerkschaftlichen Zahlungen – H.K.] reichlichere Rechnung zu machen steht – denselben vielmehr gegen jetzt, in etwas einzuschränken suchen müssen.“2587

Die Finanzierung des kursächsischen bergmännischen Schul- und Ausbildungskomplexes war auch ab Mitte der 90er Jahre des 18. Jahrhunderts weder regionalnoch von seiner organisatorischen Gestaltung her betrachtet einheitlich. Im Bergrevier Freiberg hatten die Gewerken bis 1794/95 den Gesamtunterricht der männlichen anfahrenden als auch nicht anfahrenden Bergmannskinder aus eigenen Beiträgen finanziert; erst ab 1795 erfolgte hier eine mehr oder weniger solide Finanzierung des Unterrichts bedürftiger Bergmannskinder weiblichen Geschlechts, wofür die Knappschaft einen (geringeren) festen Betrag zur Verfügung stellte. Die Finanzierung der weiterführenden Ausbildung an der Goldberg-/ Erler’schen Zeichen- und Rechenschule dagegen erfolgte von Beginn an ausschließlich auf der Basis einer landesherrlichen Bezuschussung, meist direkt aus der Stipendiengelderkasse der Bergakademie. In den obererzgebirgischen Bergrevieren wurde der Elementarunterricht an den sogenannten Knappschaftlichen Schulanstalten in der Regel aus Mitteln der jeweiligen Knappschaften bestritten, in einigen Bergrevieren aber wie in Altenberg und Johanngeorgenstadt durch Beihilfen von den Gewerken gestärkt. Dort, wo die Finanzmittel nicht ausreichten, wurden auch hier Zuschüsse aus der Freiberger Oberzehntenkasse – in wenigen Ausnahmefällen auch aus der Oberzehntenkasse in Annaberg – gewährt.2588 Für die Finanzierung des Schreib- und Rechenunterrichts an den obererzgebirgischen SRZ- Schulen kam ebenfalls die Freiberger Oberzehntenkasse auf. Am Schluss des Hauptuntersuchungszeitraumes wurde der bergmännische Unterricht somit aus den schon genannten drei Haupteinnahmequellen gespeist, nämlich

2587 Bericht Fischers vom 11. März 1801 (wie Anm. 2222), hier Bl. 218. 2588 Vgl. zur historischen Verfassung der unterschiedlichen Bergbaukassen grundlegend Wahle (Allgemeines Berggesetz), sowie zur Struktur der Zehnten- und Oberzehntenkasse Köhler (Anleitung zur Verfassung beim Bergbau), S. 83–85.

468

Die finanziellen und personellen Voraussetzungen

a) aus den örtlichen Knappschaftskassen, b) durch Zuweisungen von Gewerkschaften und c) aus den überwiegend aus der Freiberger Oberzehntenkasse entnommenen landesherrlichen Beihilfen. Durch den 1797 angeordneten und 1798 installierten Allgemeinen Schulfonds konnte die Finanzierung des Bergschulwesens auf ein festes Fundament gestellt und die bis dahin zum Teil noch praktizierte Vermischung der Bergschulfinanzierung mit derjenigen der bergakademischen Ausbildung weitgehend beendet werden. Der Umfang der landesherrlichen Beihilfe (für den elementaren Schulunterricht der Bergmannskinder) war in den verschiedenen Bergrevieren Kursachsens sehr unterschiedlich. Im Schuljahr 1799 lag er zwischen 0% in Freiberg (für den Unterricht der Bergmannsknaben) bzw. Altenberg und über 73% für den Unterricht der Bergmannskinder in den vereinigten Bergämtern Geyer und Ehrenfriedersdorf.2589 Trotz aller Bestrebungen zur Vereinheitlichung der Finanzierung des bergmännischen Unterrichts handelte es sich auch noch ausgangs des 18. Jahrhunderts um ein von Bergrevier zu Bergrevier unterschiedliches Regime der Schulgeldeinahmen, was sich aus der Tatsache der nur in einigen Bergrevieren erfolgten Zahlungen der Gewerken und dem zum Teil stark differierenden Verhältnis von knappschaftlichen zu gewerkschaftlichen Einnahmebeiträgen begründen lässt. Aus Letzterem resultierte das oft sehr unterschiedliche Finanzvermögen der eigentlichen Knappschaftskassen und die Möglichkeit einzelner Gewerken, hier unterstützend einzugreifen, war keineswegs gleich ausgeprägt. Dass die Finanzierung des Elementarunterrichts über die Knappschaftlichen Schulkassen vor allem von den regionalen Bergbaubedingungen abhing, dürfte nur zu verständlich sein und wird z. B. aus der Berichterstattung des Bergamtes Altenberg – das ja für das Jahr 1800 keinerlei landesherrlicher Beihilfe bedurfte –2590 deutlich. In einem diesbezüglichen Bericht vom Februar 1801 über das abgelaufene Schuljahr 1800 begründete dieses Bergamt die in seinem Revier (von anderen Bergrevieren) teilweise abweichende Finanzierung der Knappschaftlichen Schulanstalten sowie die Bezahlung des Lehrerpersonales unter anderem mit der bestehenden „Local-Verfassung“, weswegen die im abgeforderten Bericht enthaltene III. Tabelle „Über das bey den BergSchul-

2589 Vgl. dazu die Tabelle V_1_5g. 2590 In Altenberg überstiegen im Schuljahr 1800 die Gesamteinnahmen der Knappschaftsschulkasse (rd. 171 Taler) die Schulausgaben (rd. 121 Taler) um rund 50 Taler; vgl. dazu die dem Bericht des BA Altbg. vom 10. Febr. 1801 (wie Anm. 663) beigefügten tabellarischen Übersichten Bl. 149–156, hier Tabelle II. „Oekonomische Übersicht von dem Zustand der Schul-Casse auf das Jahr 1800“, Bl. 151.

Absolventen der Bergakademie als Bergschullehrer

469

Anstalten in dem Jahre 1800 versorgte(..) Personale“ nicht angewendet werden könne.2591 Im Gegensatz zu Altenberg betrugen in dem kombinierten Bergrevier Geyer und Ehrenfriedersdorf die im Jahre 1800 erfolgten Zuweisungen durch die Knappschaft mit 23 Talern gerade einmal 15,6% des vom Bergamt ermittelten Gesamtschulgeldbedarfs in Höhe von über 147 Talern.2592 Der Landesherr musste hier mit einer Beihilfe von 108 Talern und 15 Groschen –2593 also knapp 74% des ermittelten Geldbedarfs – einspringen, um den Elementarunterricht abzusichern. Diese Unterschiedlichkeit bei den Beihilfen aus dem Allgemeinen Schulfonds ist eine Bestätigung für die regional sehr differierende bergbauliche Entwicklung. Ohne eine angemessene landesherrliche Beihilfe hätte der Elementarunterricht nur in den wenigsten Fällen durchgeführt werden können, weswegen diese Leistung auch als Finanzausgleich zugunsten ärmerer Bergreviere verstanden werden kann. Gleiches gilt natürlich auch für die Freiberger Bergschule bzw. die obererzgebirgischen SRZ-Schulen, die noch stärker von der finanziellen Unterstützung aus dem Allgemeinen Schulfonds abhängig waren.

5.2. Die Absolventen der Bergakademie Freiberg als Bergschullehrer Die fachlichen bzw. pädagogischen Voraussetzungen der Lehrkräfte an den Elementarunterricht bietenden Schulanstalten waren im Untersuchungszeitraum sicherlich sehr unterschiedlich. Es gab unter ihnen vermutlich Lehrer, die durch eine entsprechende Vorbildung und pädagogische Fähigkeiten auch solide Bildungsarbeit zu leisten imstande waren. An vielen (v. a. größeren) städtischen Schulen dürften Lehrer tätig gewesen sein, die über eine akademische Bildung verfügten.2594 Ungeachtet dessen war es für den „Commissarius“ der zu etablierenden bergmännischen Schulanstalten, Benno von Heynitz, nicht einfach, einen für diesen Zweck ausreichend gebildeten Lehrerstand zu gewinnen, beschritt er doch vor allem in der Frage der Installation einer Berufsausbildung wirkliches Neuland.

2591 Bericht des BA Altbg. vom 10. Febr. 1801 (ebd.), Tabelle III. „Oekonomische Übersicht“, Bl. 152. 2592 Vgl. dazu die Tabelle V_1_5g. 2593 Vgl. ebd. 2594 So geht Keller (Beobachtungen zur Schule), S. 145, sogar davon aus, dass „die Lehrer der städtischen Schulen … nahezu ausnahmslos über [eine] akademische Bildung (verfügten)“, was aber im Gegensatz zu den von Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 1, getroffenen Feststellungen steht.

470

Die finanziellen und personellen Voraussetzungen

Während es für den Elementarunterricht der Bergmannskinder an den Knappschaftlichen Schulanstalten durchaus ausgereicht haben dürfte, dafür die an den deutschen Stadt- und Dorfschulen angestellten Lehrern einzusetzen – dazu bedurfte es im Prinzip nur einer Absprache mit dem jeweils zuständigen Superintendenten – musste für die berufliche Ausbildung der Bergschüler an der Goldberg’schen ZR-Schule bzw. an den obererzgebirgischen SRZ-Schulen eine andere Lösung gefunden werden. Was lag dem Oberbergamt näher, als dafür auf das Wissenspotential einer Einrichtung zurückzugreifen, die dieser Behörde sowieso direkt unterstellt war, der erst kurz zuvor (1766) ins Leben gerufenen kursächsischen Bergakademie? So kam es, dass man in Freiberg und den größeren Bergrevieren im oberen Erzgebirge, in denen gesonderte SRZ-Schulen installiert wurden, fast ausschließlich Lehrkräfte einsetzte, die vorher eine wissenschaftlich-/bergmännische Ausbildung an der Bergakademie genossen hatten. Inwieweit bereits bei deren Studiengenehmigung auf ihre zukünftige Tätigkeit als Bergschullehrer abgesehen wurde, konnte nicht ermittelt werden, aber es muss von einer gezielten Personalpolitik hierfür ausgegangen werden. Alle noch im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts als Bergschullehrer eingesetzten Absolventen der Bergakademie wurden in einem relativ engen zeitlichen Rahmen ausgebildet, woraus sich nicht nur engere Kontakte der Betroffenen ergaben, sondern auch ähnliche berufliche Werdegänge herauskristallisierten. In aller Regel wurden die Absolventen der Bergakademie nach ihrem Studium an eines der Bergämter delegiert, wo man ihnen die Funktion eines Schichtmeisters, eines Bergguardeins oder eines Schreibers übertrug. Die Wahrnehmung der Unterrichtsverpflichtungen für die oft nur geringe Anzahl zu unterrichtender Schüler der SRZ-Schulen erfolgte dabei nur im Rahmen einer „Nebentätigkeit“ der Bergakademieabsolventen. Interessant hierbei ist auch, dass fast ausnahmslos alle nach Abschluss ihres Studiums im oberen Erzgebirge eingesetzten Bergschullehrer nicht in das Herkunftsrevier, sondern in eines der übrigen kursächsischen Bergreviere versetzt wurden. Ob diese „Rotation“ mit der Überzeugung der Bergverwaltung zusammenhing, jedem Bergbeamten ein möglichst breites Spektrum der regional doch stark divergierenden Bedingungen im Berg- und Hüttenwesens nahezubringen, dass man also durch Abordnung der Bergakademieabsolventen in ein anderes Revier von diesen einen größeren Einblick in das komplizierte Feld des Bergbaus und dessen Verwaltung erhoffte, muss offen bleiben. Die Auswahl der Bergakademisten war aber dessen ungeachtet wohlüberlegt, denn es ließen sich aus den Akten keinerlei Hinweise auf ein etwaiges Unvermögen derselben entnehmen.2595

2595 In den ausgewerteten Akten findet sich dagegen eine Reihe von Belegen, die für eine gute fachliche Arbeit der Bergschullehrer Zeugnis ablegen.

Absolventen der Bergakademie als Bergschullehrer

471

Aus den untersuchten Akten, vor allem aber aus dem schon erwähnten Bericht des Oberbergamtes vom 17. Juni 1789,2596 wird deutlich, welche Bedeutung der Ausbildung zukünftiger Bergschullehrer an der Freiberger Bergakademie für das Funktionieren des „Gesamtsystems“ Bergschulwesen zukam. Alle dort vom Oberbergamt namentlich aufgeführten Lehrkräfte der Freiberger ZR-Schule bzw. der obererzgebirgischen SRZ-Schulen hatten ein Studium an der Bergakademie absolviert. Mit Johann Friedrich Lempe in Freiberg war diese besondere „Tradition“ der akademischen Ausbildung von Bergschullehrern begonnen worden. Noch als junger Stipendiat übernahm dieser die theoretisch-bergmännische Unterrichtung einiger „Bergpursche(n)“ im Schreiben, Rechnen, Zeichnen und den „Anfangsgründen“ des Bergbaus.2597 Diese an der Praxis sich orientierende Ausbildung ging weit über den üblichen elementaren Unterricht hinaus und stellte eher die besondere Form einer weiterführenden Realienvermittlung dar. Auch Lempes Nachfolger in Freiberg, Carl Gottlob Friedrich Goldberg und Lebrecht Johann Friedrich Erler, waren Absolventen der Bergakademie. Goldberg hatte dabei wie sein Vorgänger Lempe seine Laufbahn als „Bergschul-Lehrer“ zu einer Zeit begonnen, als er ebenfalls noch Bergakademist war; seine weitere berufliche Entwicklung als Bergschullehrer ist geradezu typisch für das „Freiberger Modell“, weswegen an dieser Stelle nochmals kurz auf diese eingegangen werden soll. In dem von Goldbergs Vater Carl Friedrich Goldberg verfassten und an das Oberbergamt gerichteten Aufnahmegesuch für dessen Sohn vom 7. Februar 1775 hieß es: „Ew[er] … Excellenz … geruhen sich … vortragen zu lassen, wasmaaßen mein ältester Sohn, Carl Gottlob Friedrich, eine besondere Wißbegierde und Eyfer zu Erlernung derer edlen Bergwerckswißenschafften bezeiget, auch bißanhero bey Befahrung meiner in Administration habenden Berggebäude [Carl Friedrich Goldberg war zu dieser Zeit Schichtmeister(?) in Freiberg – H.K.], als auch über Tage, bey Aufbereitung derer Erze, von mir einige Anweißung erhalten [d. h., Goldberg wurde, wie damals üblich, das erforderliche theoretische und praktische bergmännische Wissen noch in jungen Jahren von seinem Vater vermittelt – H.K.]. Da aber zu Erlernung gesamter Bergwerckswißenschafft ein viel mehrers erforderlich, ich aber nicht im Stande bin, ihn gehörig zu unterstüzen, gleich wohl solchen, in seiner großen Lust zu diesen Studio nicht hindern möchte, Als ergehet an Ew[er ] … Excellenz … mein … Bitten, Hoch…Dieselben geruhen, in den zuerstattenden unterthänigen Bericht [hier ist die jährliche Bedarfsmeldung des Oberbergamtes an den Landesherrn gemeint – H.K.] … anzutragen: dass mein Sohn dieses Jahr bei hiesigem ChurFürst[lichem] Institut [der Bergakademie – H.K.], und in selben bey Unterricht 2596 Vgl. dazu Bericht des OBA vom 17. Juni 1789 (wie Anm. 1506). 2597 Vgl. dazu den Unterabschnitt 2.3.1.

472

Die finanziellen und personellen Voraussetzungen

des Bergbaues und der Mathematic Gnädigst [also mit Genehmigung des Landesherrn – H.K.] admittirt werde.“2598

Die Goldberg’sche Schule in Freiberg hatte, wie schon erwähnt,2599 auch für die Installation des Unterrichts an den SRZ-Schulen im oberen Erzgebirge Pate gestanden. Während an den dortigen Knappschaftsschulen die Schulleiter (Schulmeister, Küster oder Kantor) der ortsansässigen deutschen Schulen die schulbedürftigen Bergmannskinder auf der Grundlage des zwischen ihnen und den jeweiligen Knappschaften geschlossenen Kontrakte im Christentum (und dem damit häufig verbundenen Kirchengesang) sowie im Lesen, an manchen Orten aber auch im Schreiben und Rechnen unterrichteten, war für die Ausbildung an den SRZ-Schulen ein höheres und spezielleres (fachliches) Wissen erforderlich als das, was die Schulmeister sonst üblicherweise vermitteln konnten. Das Oberbergamt setzte deshalb auch an diesen Schulen gezielt Absolventen der Bergakademie als Lehrkräfte ein, da es bei Letzteren die geforderten Bildungsvoraussetzungen als gegeben ansah. So hatten die späteren obererzgebirgischen SRZ-Lehrer –2600 der Interims-Rezessschreiber George Friedrich Rudolph (Altenberg ab 1786), der Bergwardein Christian Friedrich Kürschner (Annaberg ab 1780), der Schichtmeister Georg Friedrich August Thannhäußer (Annaberg ab 1786), der Markscheidestipendiat und spätere Schichtmeister Christian Gottlob Becher2601 (Marienberg ab 1786), der spätere Bergschreiber Jonas Gotthold Oehlschlägel (Schneeberg ab 1779), der Wardein Christian Gotthilf Gerber2602 (Schneeberg ab 1787) sowie der 2598 Gesuch Carl Friedrich Goldbergs vom 7. Febr. 1775 an das OBA um Aufnahme seines Sohnes auf die Bergakademie, in: UAF, OBA 240, Bl. 167 f. Auch in den beiden folgenden Jahren richtet jeweils der Vater Goldbergs Gesuche zur Fortsetzung des Studiums seines Sohnes an das Oberbergamt. Vgl. dazu UAF, OBA 241, Bl. 67, 162 f. 2599 Vgl. dazu Näheres im Kapitel 3. 2600 Vgl. zu allen hier Genannten auch die umfangreichen Matrikelunterlagen des UAF, sowie die tabellarische Übersicht zur Vita der Bergschullehrer (Tab.V_2_1) im Anhang. Vgl. dazu insbes. auch das „Tabellarische Verzeichnis der seit Errichtung der Berg-Akademie zu Freyberg dabey angenommenen Academisten und Stipendiaten … auch ihre theils nachher erfolgte Anstellung in Bergwerks Dienste, u.s.w. betr[effend]“, in: UAF, OBA 9, Bl. 169–194; diese Tabelle trägt kein Datum, muss aber als Anlage zu Benno von Heynitz’ Direktoral-Vortrag vom 15. März 1794 (wie Anm. 730) angesehen werden. 2601 Christian Gottlob Bechers Werdegang fällt vielleicht etwas aus dem Rahmen. Er hatte, ehe er an die Bergakademie kam, „von der Pochwäsche weg“ 10[!] Jahre im Bergbau gearbeitet und sich drei Jahre lang vom Bergamtsassessor Aurich in Johanngeorgenstadt in der Markscheidekunst und Probierkunst ausbilden lassen – vgl. dazu das Gesuch Bechers vom 27. Jan. 1781, in: UAF, OBA 243, Bl. 59–62 b. Von Ostern 1781 bis Ostern 1783 hatte er an der BAF studiert. Vgl. dazu ebd., sowie das „Revers“ Bechers vom 30. Sept. 1781, in UAF, OBA 428, Bl. 95. Becher verstarb um 1795. Vgl. dazu den Extrakt aus dem Revisionsprotokoll des BA Mbg. vom 5. Nov. 1796 (wie Anm. 1256), hier Bl. 164 b. 2602 Gerber musste das akademische Studium allerdings bereits nach einem Jahr beenden, da ihn die delegierenden Gewerken in Schneeberg benötigten; Gerber konnte bereits auf Erfahrungen

Absolventen der Bergakademie als Bergschullehrer

473

Markscheidestipendiat und spätere Markscheider und Schichtmeister Christian Friedrich Pilz (Schneeberg vermutlich ab 1788) – die Freiberger Bergakademie absolviert. Rudolph, Thannhäußer, Becher, Gerber, Pilz und der jüngere Goldberg (Johanngeorgenstadt) waren zumindest zu Beginn der 80er Jahre des 18. Jahrhunderts zeitweilig Studienkollegen. Auch die Freiberger Bergschullehrer Goldberg und Erler hatten in dieser Zeit an der Bergakademie studiert. Aber nicht nur das überwiegend gemeinsam absolvierte Studium an der Bergakademie dürfte die späteren Bergschullehrer miteinander verbunden haben; einige von ihnen konnten auch auf gemeinsam gewonnene Bergschulerfahrungen zurückgreifen. So hatte der spätere Leiter der gleichnamigen Freiberger Bergschule, Erler, selbst noch 1779 den Rechen- und Zeichenunterricht bei Lempe und nach dessen Weggang nach Leipzig den bei dessen Nachfolger Goldberg gehört.2603 Auch der jüngere Goldberg sowie Thannhäußer gingen vor Beginn ihres Studiums an der Bergakademie (von 1780–1781) bei dem älteren Goldberg in dessen ZR-Schule, waren also mit den Unterrichtsgepflogenheiten an einer solchen „Spezialschule“ gut vertraut. Die ersten der ab 1780 im Bergrevier Johanngeorgenstadt eingesetzten Lehrkräfte für Schreiben und Rechnen, Christian Heinrich Roth (1780–1782)2604 und George Christoph Köhler (1782–1787)2605 hatten zwar nicht in Freiberg studiert, ebenso wenig der dort seit Januar 1787 den Zeichenunterricht erteilende Kunstmaler Benedict bzw. der seit Juli 1787 Schreiben und Rechnen gewährende Bergamts-Kopist Christian Gottlieb Drechsler, da jedoch dieser Zeitabschnitt zwischen 1780 und 1787 mehr oder weniger eine Erprobungsphase darstellte, in der in den einzelnen Bergrevieren zum Teil voneinander abweichende Unterrichtsstrukturen getestet wurden, stellt dies keine so maßgeblich zu berücksichtigende Ausnahmeerscheinung von der späteren Regel dar. Spätestens mit dem im Mai 1788 in Johanngeorgenstadt als Zeichenlehrer zum Einsatz kommenden Bergakademisten und künftigen Schichtmeister Theodor Friedrich Gottlieb Goldberg, dem jüngeren Bruder des Freiberger Bergschullehrers Carl Gottlob Friedrich Goldberg, der auch Schreiben, Rechnen sowie die Anfangsgründe der Bergbaukunst unterrichtete, waren die in allen großen erzgebirgischen Bergrevieren entstandenen SRZ-Schulen mit Absolventen der Freiberger Bergakademie besetzt. Neben Goldberg in Johannbei der Besorgung mehrerer „Schichtmeistereien“ zurückblicken, er wurde später Bergwardein. Vgl. dazu den Bericht des BA Johanngeorgestadt vom 16. Jan. 1783, in UAF,, OBA 244, Bl. 9–11 b., die Gesuche Gerbers vom 22. Dez. 1782, bzw. 17. Dez. 1782, in: ebd., Bl. 10–12 b., bzw. Bl. 21–22 b., vom 13. März 1784, in: ebd., Bl. 203–204, sowie dessen Revers vom 2. Juni 1784, in: UAF, OBA 428, Bl. 113. 2603 Vgl. Näheres dazu in der tabellarischen Übersicht zur Vita der Bergschullehrer (Tab. V_2_1) im Anhang. 2604 Über Roth konnten keine näheren biografischen Angaben ermittelt werden. 2605 Über Köhler konnten keine näheren biografischen Angaben ermittelt werden.

474

Die finanziellen und personellen Voraussetzungen

georgenstadt hatten somit außer Drechsler (ebenfalls in Johanngeorgenstadt) ab 1788/89 alle anderen im oberen Erzgebirge eingesetzten SRZ-Lehrer Absolventen der Freiberger Bergakademie besucht, so dass neben Freiberg auch in diesen Bergrevieren wenigstens einer der dort für die fachliche Ausbildung der jungen Bergund Hüttenarbeiter zuständigen Bergschullehrer auf eine solide, fachwissenschaftliche Ausbildung an der Bergakademie zurückblicken konnte. Auch wenn aus den untersuchten Akten nicht eindeutig belegbar ist, wann zum ersten Mal daran gedacht wurde, Bergakademisten als zukünftige Lehrer an den verschiedenen Bergschulanstalten zu verwenden, scheint dies von Beginn an eine Option bei den Bergschulplanungen Benno von Heynitz’ gewesen zu sein. Aus einem Bericht an den Landesherrn, den der Berghauptmann im Juni 1789 verfasste, wird der planmäßige Einsatz Freiberger Bergakademisten an den obererzgebirgischen SRZ-Schulen, die „nach dem Beyspiele der … [Freiberger] Goldbergischen Zeichnen- und Rechnenschule“ errichtet worden sind, deutlich, denn danach sollte der dort zu vermittelnde Unterricht „entweder von bereits angestellten Bergofficianten, oder von Academisten, die ihren Cursus [an der Bergakademie – H.K.] ... beendet haben ...“ gehalten werden.2606 [Tabelle V_2a (im Anhang)] Mit dem Einsatz Freiberger Bergakademieabsolventen als Lehrer an den SRZSchulen im Erzgebirge bzw. an der Bergschule in Freiberg beschritt Benno von Heynitz tatsächlich ein für die Bergverwaltung bis dahin fremdes Terrain. Die von ihm ergriffenen Maßnahmen zur Ausbildung künftiger Bergschullehrer stellten gewissermaßen auch einen Vorgriff auf die in Sachsen erst im Jahre 1787 beginnende Aus- und Weiterbildung von Lehrern an den sogenannten Lehrerseminaren dar.2607 Die dabei an der Freiberger Bergakademie ausgebildeten Lehrkräfte dürften nach ihrem Bildungsniveau dasjenige der Mehrheit der an den elementaren deutschen Schulen eingesetzten Schulmeister bzw. Dorfküster übertroffen haben.2608

2606 Bericht des OBA vom 17. Juni 1789 (wie Anm. 1506), hier Bl. 9. 2607 Das erste Lehrerseminar Sachsens wurde erst 1787 in Dresden-Friedrichstadt, angeschlossen an die dort erst im Jahre 1784(!) gegründete Realschule, eingerichtet. Vgl. dazu Schlechte (Staatsreform in Kursachsen), S. 69, sowie auch die grundlegende (ältere) Literatur bei Schnabel (Das sächsische Lehrerseminar). 2608 Keineswegs alle Schulmeister an den deutschen Stadt- oder Dorfschulen hatten vor ihrer Lehrertätigkeit eine Lateinschule und anschließend ein Studium an einer Universität absolviert, während die zum Teil als „Schullehrer“ an den Ortsschulen eingesetzten Dorfküster oder Kantoren ihr Wissen sicherlich nur „autodidaktisch“ bzw. unter Anleitung der Dorfpfarrer erworben haben. Vgl. dazu Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 1.

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Absolventen der Bergakademie als Bergschullehrer Tabelle V_2b: Überblick über den Beginn der SRZ-Schulen in den 1780er Jahren Anzahl der Alter der Schüler im Schüler Jahre

Unterrichtsinhalt

Bergamt

Beginn der SRZ-Schule

Erster Lehrer der SRZSchule oder zusätzlich gehaltener S+R-Unterricht

Altenberg

2. Sept. 1786

Rezessschreiber George Friedrich Rudolph

1788: 6

21–48 Jahre

Schreiben, Rechnen, Zeichen

Schichtmeister Christian Gottlob Becher

1787: 6

k.A.

Schreiben, Rechnen, Zeichen

Guardein (später Zinnhüttenschreiber) und SM Christian Friedrich Kürschner SM George Friedrich August Thannhäußer Obersteiger Carl August Richter

1784: 8

k.A.

Schreiben, Zeichen

1788: 10 1789: 12

16–21 Jahre

Schreiben, Rechnen, Zeichnen Praktischer Bergbau

1779: 8

k.A.

Schreiben, Rechnen

Marienberg 1. März 1786 Annaberg

1780 1786 1794(?)

Schneeberg

Johanngeorgenstadt

1779

Bergschreiber Jonas Gotthold Oehlschlägel 29. Jan. 1787 Wardein Christian Gotthilf Gerber Markscheidestipendiat, SM 1788 Christian Friedrich Pilz 1780–1782 1782–1787 15. Juli 1787 29. Jan.1787

mit

Mai 1788

Christian Heinrich Roth George Christoph Köhler Bergamts-Kopist Christian Gottlieb Drechsler Kunstmaler Paul Daniel Benedict Theodor Gottlieb Friedrich Goldberg

1787: 15

Rechnen, Zeichnen

1789: 12 1794: 13

15–33

Schreiben, Rechnen, Zeichnen

1780: 4–6

k.A.

1787: 5

Schreiben, Rechnen Schreiben, Rechnen Schreiben, Rechnen

1787: 8

Zeichnen

1788: 6

Schreiben, Rechnen, Zeichnen, Anfangsgründe des Bergbaus

Schwarzenberg

keine

Ehrenfriedersdorf mit Geyer

keine

Scheibenberg

keine

Eibenstock

keine

[Vize-Bergschreiber, auch Berg-,Gegen- und Rezessschreiber (zu Voigtsberg), Jonas Gotthold Oehlschlägel]

Voigtsberg

keine

Hecker

1788: 6

gesonderter Unterricht im Schreiben und Rechnen

Neustädtischer Kreis (Großkamsdorf )

keine Jan. 1787 1788

Johann Georg Nuß Bergamtsschreiber Christian Wilhelm Unger

1787: 4

gesonderter Unterricht im Schreiben, Rechnen dto.

k.A.

[Quelle: Bericht Ferbers vom 7. Juni 1788, in: BergA, OBA 2252, Bl. 55–62; Bericht des BA Voigtsberg vom 20. Mai 1788, bzw. des BA Neustädtischer Kreis vom 10. März 1788, in: ebd., Bl. 50–52 b., hier Bl. 51 b.–52. bzw. Bl. 10–13 b.]

476

Die finanziellen und personellen Voraussetzungen

In den kleineren kursächsischen Bergrevieren, die über keine eigenen SRZ-Schulen verfügten – wie etwa Eibenstock und Voigtsberg – in denen aber dennoch zum Teil Unterricht im Schreiben und Rechnen stattfand2609 kamen im Untersuchungszeitraum keine Absolventen der Bergakademie zum Einsatz,2610 statt dessen ist ein solcher Unterricht – ähnlich wie in Freiberg aus Gewerkenmitteln – in der Regel von den ortsansässigen Dorfschullehrern auf Kosten der regionalen Knappschaftskassen abgesichert worden. Johann Georg Nus zum Beispiel, der den im Jahr 1787 eingerichteten Schreib- und Rechenunterricht in Großkamsdorf bot, war ebenso wenig Absolvent der Bergakademie, wie der ihm 1788 folgende Bergamtsschreiber Christian Wilhelm Unger.2611 Auch die in der Bergstadt Freiberg den gesonderten Schreib- und Rechenunterricht gewährenden „Ratsstuhlschreiber“ Oehlschlägel und Helmert bzw. der „Kreisamtsstuhlschreiber“ Peterßen hatten offensichtlich nicht an der Bergakademie studiert,2612 sondern Ihre Fähigkeiten auf anderen Wegen erworben. So wie in Freiberg anfangs Lempe und Goldberg noch während ihrer Studienzeit als Bergakademisten die Ausbildung der Bergschüler übernommen hatten, waren es im oberen Erzgebirge in Marienberg Becher, in Annaberg Thannhäußer und in Johanngeorgenstadt Goldberg. Als der Marienberger Schichtmeister Becher Ende 1795 starb, übertrug man dessen Unterricht im Zeichnen sowie den „Anfangsgründen“ der Geometrie und Bergbaukunst zunächst zur Probe auf den dortigen Schichtmeister und „Markscheider-Sublevant(en) [hier im Sinne von Gehilfen – H.K.]“ Müller. Für die Weiterführung des Schreibe- und Rechenunterrichts regte das Bergamt aber an, „da ein schickliches Subjekt hierzu D[omi]N[us] Commissario vom BergAmte nicht vorgeschlagen werden (könne)“, diesen Unterricht durch den „… jeden Orts [vorhandenen] Schullehrer … ertheilen zu lassen.“2613 Dies hätte zunächst einen Rückschritt auf die schon zuvor in einigen kleineren Bergrevieren praktizierte Unterrichtsform bedeutet.2614 Tatsächlich übertrug man in der Folge den weiterführenden Schreibeunterricht sowie den „Anfang“ des Re2609 So unterrichtete im vogtländischen Voigtsberg der dortige Schullehrer Hecker auch Schreiben und Rechnen; vgl. dazu den Bericht des OBA (wie Anm. 1506), hier Bl. 9 b.–11. In Voigtsberg sollen bereits 1779 zwei bis drei Knaben einen gesonderten Unterricht im Rechnen und Schreiben erhalten haben. Vgl. dazu den Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794, in: BergA, OBA 2258, Bl. 166–188, hier Bl. 180. 2610 Zumindest konnte dies nicht in den ausgewerteten Akten festgestellt werden. 2611 Zumindest konnte in den Akten des UAF kein Nachweis darüber aufgefunden werden. Vgl. hierzu insbes. den Bericht des BA Neustädtischer Kreis vom 10. März 1788 (wie Anm. 1791). 2612 Deshalb sind die Aktennachweise über diese auch ziemlich sporadisch. Vgl. zu den Genannten insbesondere den Unterabschnitt 2.3.2. 2613 Extrakt des Revisionsprotokolls des BA Mbg. vom 5. Juni 1796, in: BergA, OBA 2257, Bl. 164–169, hier Bl. 165 f. 2614 Hier sei nochmals auf die Schulsituation in den Bergrevieren Eibenstock und Voigtsberg verwiesen.

Absolventen der Bergakademie als Bergschullehrer

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chenunterrichts im Bergrevier Marienberg zunächst auf dazu qualifizierte „Localschulmeister(..)“; der Unterricht fand somit (erneut) in unmittelbarer Verbindung mit dem an den Knappschaftlichen Schulanstalten gehaltenen Elementarunterricht statt.2615 Einige der erwähnten Absolventen der Freiberger Akademie setzen vor ihrem späteren Einsatz als Bergschullehrer ihr (meist juristisches) Studium an der Universität Leipzig fort. Das traf in Freiberg für Lempe zu, der zwischen 1779 und 1782 in Leipzig studierte,2616 aber auch für den nach 1800 zum Einsatz kommenden Freiberger Bergschullehrer und späteren Professor der Mathematik, Hecht,2617 sowie den Zeichenmeister der Bergakademie, Sieghard.2618 Von den Lehrern an den obererzgebirgischen SRZ-Schulen war es dagegen lediglich der Lehrer der Schneeberger SRZ-Schule, Jonas Gotthold Oehlschlägel,2619 der von 1777 bis 1779 ebenfalls die Universität Leipzig belegte und sich dort – neben juristischen Studien – vor allem der Physik zuwandte. Aber auch ganz andere Bildungswege waren möglich, wie uns die Lebensläufe der späteren Freiberger Bergschullehrer Gustav Adolph Garbe (ca. 1769–1848) und Friedrich Traugott Michael Haupt (1777– 1852) zeigen, auf die hier wegen ihrer Atypischkeit etwas näher eingegangen werden soll. Gustav Adolph Garbe hatte neben dem „gewöhnlichen“ Schulunterricht im Lesen, Schreiben und Religion in seinem Geburtsort Schlettau noch bis zum achten Lebensjahr zusätzlichen Schreib- und Rechenunterricht bei seinem Vater erhalten.2620 Nach dessen Versetzung als Zolleinnehmer nach „Marglißa“ 1776 besuchte der junge Garbe zunächst die dortige [elementare] Schule2621 und anschließend das Gymnasium in Görlitz, wo er sich umfangreiche Kenntnisse in alten Sprachen, Mathematik und Zeichen sowie der französischen Sprache erwarb.2622 Danach belegte er von 1786 bis (vermutlich) 1794, also acht(!) Jahre, die Universität Leipzig,

2615 Dies ergibt sich eindeutig aus dem Bericht des BA Mbg. 2. Febr. 1798 (wie Anm. 1646), hier Bl. 41 b.–42 b. 2616 Vgl. dazu die Anm. 896. 2617 Vgl. zu Hechts Bildungsweg den Unterabschnitt 9.1.2. 2618 Vgl. zu Sieghard die Anm. 931. 2619 Vgl. zu Oehlschlägel die tabellarische Übersicht zur Vita der einzelnen SRZ-Lehrer (Tab. V_2_1) im Anhang. Dessen Bruder August Jonas, der ebenfalls in Freiberg studiert hatte, war später (1802–1822) Lehrer für Markscheidekunst an der Bergakademie. Beide dürfen nicht mit dem Freiberger „Ratsstuhlschreiber“ Johann Friedrich Oehlschlägel verwechselt werden. 2620 Vgl. auch den ausführlichen Lebenslauf Gustav Adolph Garbes in UAF, OBA 11, Bl. 226 b.–227. 2621 Vgl. dazu den Lebenslauf Garbes (ebd.). Bei „Marglißa“ handelt es sich vermutl. um das frühere Marklissa (Niederschlesien), heute Leśna im Powiat Lubańska in Polen. 2622 Vgl. dazu das Gesuch Garbes vom 1. März 1792, in: UAF, OBA 251, Bl. 23 f., hier Bl. 23, sowie den Lebenslauf Garbes (ebd.).

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Die finanziellen und personellen Voraussetzungen

wo er v. a. „die Rechte“ studierte.2623 Sein in einem Gesuch vom 1. März 1793 an das Oberbergamt gerichteter Wunsch, sofort an der Bergakademie weiterstudieren zu können, erfüllte sich zunächst nicht; erst nach einem zweiten, am 23. Jan. 1793 direkt an den Kurfürsten gerichteten Studiengesuch wurde Garbe im Herbst 1794 bei dieser zugelassen.2624 Nach einem am 7. Juli 1794 erfolgten ausgezeichneten Examen mit dem Prädikat „omnino dignus“2625 erhielt Garbe einen Tag darauf die Zulassung als Notar.2626 1796 wurde Garbe aus der Bergakademie entlassen und auf ausdrücklichen kurfürstlichen Befehl hin als „Concipient“ der Oberbergamtsexpedition zugewiesen.2627 Später (1800) stellte man ihn Haupt als zweiten Lehrer an der „akademischen Bergschule“ zur Seite.2628 Im Jahre 1802 wurde Garbe zum Lehrer für Zivilbaukunst an der Bergakademie2629 und schließlich als „wirklicher Lehrer“ der Bergakademie berufen.2630 Haupts Bildungsweg war dagegen ein vollkommen anderer – was selbst um 1800 die Vielfalt der Möglichkeiten einer schulischen Ausbildung in Kursachsen belegt.2631 Nachdem dieser zwischen dem 5. und 10. Lebensjahr „an einer schlech2623 Vgl. dazu den Lebenslauf Garbes (ebd.). Acht Jahre Studiendauer werden auch in der „StudienTabelle [III] auf das mit Ostern 1796 eintretende 30ste akademische Lehrjahr …“, in: UAF, OBA 255, Bl. 98–99 b., genannt. 2624 Vgl. dazu den Lebenslauf Garbes (ebd.), Bl. 227. 2625 Vgl. dazu den Lebenslauf Garbes (ebd.). Dieses Prädikat war eines der fünf Universitätsprädikate bei Abschlussprüfungen an der Juristischen Fakultät Leipzig. Vgl. dazu Gretschel (Geschichte der Universität Leipzig), insb. S. 128. 2626 Vgl. dazu den Lebenslauf Garbes (ebd.). 2627 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 13. Mai 1796 an den OZ ô Feral, in: UAF, OBA 255, Bl. 114–114 b. Für die dabei von ihm wahrzunehmenden Aufgaben erhielt Garbe im Jahr 50 Taler Vergütung aus der Oberzehntenkasse; vgl. ebd. Vgl. dazu auch den Lebenslauf Garbes (ebd.). 2628 Vgl. dazu das Patent des OBA vom 19. Sept. 1801, in: BergA, OBA 2322, Bl. 20–22 b., hier Bl. 22 b., in der Garbe am 21. Sept. 1801 den Erhalt dieses Patents (zur Amtseinführung von Trebras und von Charpentiers) als „zweyter Lehrer bey der Berg-Schule“ „insinuiert [gegenzeichnet – H.K.]“. 2629 Vgl. dazu im Einzelnen den Antrag Garbes an das OBA vom 25. März 1807, in OBA 266, Bl. 15–16, in welchem er (Bl. 15) anzeigt, dass in der Zeit seiner Lehrtätigkeit „… so mancher durch Nahrungssorgen und Kummer für die Zukunft ziemlich trüber Tag … (seine) Lebenskräfte untergraben“ habe. Vgl. zu Garbes Lehrtätigkeit auch Reich (Bergakademie zu Freiberg), S. 11. 2630 Letzteren Status hatte Garbe am 23. März 1807 beim Oberbergamt beantragt – vgl. ebd, Bl. 16 – und nach vorangegangenen vergeblichen Bemühungen nun auch tatsächlich erhalten, denn er wird zur Sitzung des Oberbergamtes mit den Vertretern der Bergakademie am 23. März 1807 als „Bergschullehrer“ und zugleich als „Lehrer der Civilbaukunst“ bezeichnet. Vgl. dazu Protokoll des OBA vom 23. März 1807, in: Bl. 26–29, hier Bl. 26. 2631 Vgl. dazu Näheres dazu den ausführlichem Lebenslauf Haupts in: UAF, OBA 100, Bl. 31 b.–32 b. Ein „kaum übersehbare(s) Spektrum“ möglicher schulischer Bildungswege im Untersuchungszeitraum führte jüngst auch Töpfer (Bildungsgeschichte), S. 213, an.

Absolventen der Bergakademie als Bergschullehrer

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ten Trivialschule im Lesen, Schreiben und Christenthum unterrichtet wurde … kam er in 10ten Jahre seines Alters, unter die Aufsicht des M[agister] Tibels“ in Dresden, der ihn im Christentum, deutschen Stil sowie in der lateinischen und griechischen Sprache unterrichtete.2632 Im letzten Jahr erhielt er noch Französischunterricht beim „Sprachmeister Burkhardt“.2633 Im Alter von 17 Jahren wurde Haupt dann beim „Strasen Inspektor Lehmann“ Unterricht in der Mathematik und der Zeichenkunst zuteil.2634 Da sein Wunsch, beim Sächsischen Ingenieurkorps angestellt zu werden, wenig Aussicht auf Erfolg hatte, bewarb er sich schließlich im Februar 1796 beim Oberbergamt um Zulassung auf die Bergakademie.2635 Hier studierte er von 1796 bis 1801 und hörte dabei Vorlesungen über Bergbau, Mathematik, Physik, Oryktognosie, Geognosie, Zeichenkunst, Bergmaschinenlehre, Feldmesskunst (Markscheidekunst), Bergrecht, Geschäftsstil und Allgemeine Hüttenkunde.2636 Im Gegensatz zu Garbe bezog Haupt jedoch nicht – obwohl er dies ursprünglich als Wunsch angegeben hatte – die Universität Leipzig bzw. Wittenberg. Nach Beendigung seines „praktischen Unterricht(s)“ verließ Haupt die Bergakademie und erhielt im Jahre 1801 eine Schichtmeisterstelle zugewiesen.2637 Die ihm (vermutlich) noch im gleichen Jahr übertragene „erste Lehrer-Stelle bey der Bergschule“ behielt er neben seiner Schichtmeisterstelle bei.2638 Überhaupt hatte man die meisten der Absolventen der Bergakademie, denen nach Abschluss ihres bergakademischen Studiums eine Stelle als Bergschullehrer in Freiberg oder SRZ-Schullehrer im oberen Erzgebirge übertragen wurde, als Schichtmeister verschiedener Berggebäude verpflichtet.2639 Vom Inhalt der Ausbildung her betrachtet wich das Studium der späteren Bergschullehrer nicht von dem anderer Bergakademisten ab. Es umfasste in der Regel so ziemlich sämtliche an der Bergakademie gebotenen Fächer und damit ein sehr breites Spektrum an Unterrichtsinhalten. Wie viele verschiedene Fächer von den Bergakademisten im Einzelnen belegt wurden, hing von unterschiedlichen Faktoren ab, u. a. von der jeweiligen Vorbildung, den angegebenen Bildungs- und Berufsinteressen, aber sicherlich auch von den „Vorgaben“, die den Gesuchsstellern

2632 2633 2634 2635 2636 2637

Lebenslauf Haupts (ebd.), Bl. 31b. Lebenslauf Haupts (ebd.). Lebenslauf Haupts (ebd.). Vgl. dazu das Studiengesuch Haupts vom 5. Jan. 1796, in: UAF, OBA 105, Bl. 3 f. Vgl. dazu den Lebenslauf Haupts (wie Anm. 2631), Bl. 32. Lebenslauf Haupts (ebd.), Bl. 32 b. Später, 1810, wurde Haupt als Oberstollnfaktor mit Sitz und Stimme im Bergamt Freiberg angestellt. Vgl. ebd. 2638 Lebenslauf Haupts (ebd.). 2639 Auf diese Verwaltung von Gruben durch die an der Bergakademie ausgebildeten Schichtmeister wies auch Werner in seinem Bericht über die „Aufstellung der Prinzipien …“ vom 8. Mai 1797 (wie Anm. 2018), hier Bl. 335 b., ausdrücklich hin.

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Die finanziellen und personellen Voraussetzungen

von den „delegierenden“ Bergämtern bzw. Gewerken mit auf den Weg gegeben wurden. [Tabelle V_2a (im Anhang)] Die als Bergschullehrer zum Einsatz kommenden Freiberger Bergstipendiaten erwiesen sich in der Folge als außerordentlich „mobil“, denn sie mussten fast ausnahmslos jeweils von ihrem Herkunftsort in eine andere Bergstadt wechseln. So ging Becher nach seinem Studium von Johanngeorgenstadt nach Marienberg und Thannhäußer von Aue nach Annaberg, Rudolph wechselte von Freiberg nach Altenberg, Oehlschlägel blieb zunächst zwar in Eibenstock,2640 ging dann aber nach Johanngeorgenstadt und schließlich nach Schneeberg, Gerber wiederum von Johanngeorgenstadt weg nach Schneeberg und der jüngere Goldberg2641 von Freiberg nach Johanngeorgenstadt. Lediglich der 1788 ebenfalls nach Schneeberg gesandte Pilz bildete hier eine gewisse Ausnahme, da er schon während seines Studiums Schneeberg als Herkunftsort angegeben hatte.2642 Aber auch in anderer Beziehung bewährte sich die an der Bergakademie erhaltene akademische Ausbildung der Bergschullehrer. So durfte der schon genannte Lehrer an der Freiberger Bergschule, Garbe, (wenigstens) ab 1802 an der Bergakademie auch „… ein Collegium über die bürgerliche Baukunst … lesen.“2643 Im Jahre 1817 gab dann Garbe als Lehrer der Zivilbaukunst eine „Anleitung zur Kalligraphie“ und 20 Jahre später, 1837/38, als Königlich Sächsischer „Baucondukteur“ und „emeritierter Lehrer der Baukunst bey der Bergakademie (und) Zeichenmeister bey der academischen Bergschule“ eine „Allgemeine Geschichte der Baukunst von den ältesten bis auf unsere Zeiten“ heraus.2644 Die im oberen Erzgebirge eingesetzten Absolventen der Bergakademie, einschließlich derjenigen, die Bergschullehrerdienste ausübten, erhielten zum Teil auch noch mehrere Jahre nach ihrem Weggang aus Freiberg ein Stipendium – und zwar insbesondere dann, wenn sie nicht in der Lage waren, sich durch die Übertragung von Schichtmeister- und ähnliche Dienststellen oder andere bergmännischeoder markscheiderische Arbeiten in den Bergrevieren materiell ausreichend zu versorgen. So erklärte der Bergschullehrer Thannhäußer drei Jahre, nachdem er bereits 2640 Anhand der im Universitätsarchiv überlieferten Matrikelunterlagen war nicht vollkommen sicher zu klären, wo der 1812 als Bergschreiber in Schneeberg gestorbene Jonas Gotthold Oehlschlägel geboren wurde. Nach Auskunft der Evangelisch-lutherischen Kirchgemeine Eibenstock vom 18. Juli 1805 stammt er jedenfalls nicht aus Eibenstock. 2641 Theodor Gottlieb Friedrich Goldberg wurde trotzdem – zur Unterscheidung zu Friedrich August Goldberg – als „Goldberg sen[ior]“ bezeichnet; vgl. dazu das Akademische Protokoll vom 7. Apr. 1788 (wie Anm. 1708) , hier Bl. 118 f. 2642 Pilz stammte zwar aus Oberschlema, er wohnte aber zumindest seit 1784 in Schneeberg. Vgl. dazu das Studiengesuch Pilz´ vom 6. März 1784, in: UAF, OBA 244, Bl. 201 f. 2643 Jahresbericht Garbes vom 2. Apr. 1803, in: UAF, OBA 262, Bl. 4 f., hier Bl. 4. Vgl. dazu auch den Jahresbericht Garbes vom 6. Apr. 1811 (wie Anm. 2229), Bl. 80–82, in welchem er über die von ihm gehaltenen Vorlesungen in der bürgerlichen Baukunst Rechenschaft ablegte. 2644 Vgl. dazu den Nachlass Garbes in: UBF, XVII Nr. 295a.

Absolventen der Bergakademie als Bergschullehrer

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seit 1786 als Bergschullehrer der Annaberger SRZ-Schule eingesetzt worden war, in einem Stipendiengesuch(!) an das Oberbergamt u. a., dass er neben seinem erhaltenen Stipendium von 30 Talern lediglich „… von der geringen Einnahme von den, bei hiesiger Bergschule (ihm) anvertrauten Unterricht leben …“ müsse,2645 was als Lebensgrundlage ganz offensichtlich nicht genug war. Nach dem obligatorischen Bericht des Oberbergamtes an den Landesherrn vom Frühjahr 1789, in welchem Ersteres für den weggegangenen ehemaligen Akademisten Thannhäußer den früheren Akademisten Becher in Marienberg, für Pilz – der eben erst nach Schneeberg delegiert worden war – sowie für den bisherigen Markscheidestipendiaten Goldberg in Johanngeorgenstadt Stipendienzahlungen von jeweils 30 Talern in Vorschlag brachte,2646 erhielten die Genannten auf der Grundlage des darauf folgenden kurfürstlichen Reskripts2647 jeweils Stipendien in der beantragten Höhe zugesprochen.2648 Für Thannhäußer, Becher und Goldberg wurde in diesem Zusammenhang auch deren Unterrichtstätigkeit erwähnt.2649 Im Frühjahr 1790 bekamen der „vormalige(..) Academist“ Thannhäußer in Annaberg 15 Taler, der „ehedemige(..) Academist“ Becher2650 in Marienberg 20 Taler, der „vorjezt in Schneeberg befindliche Academist Piltzen …“ 35 Taler sowie „Goldberg(..), der als MarkscheiderStipendiat in Johann-Georgenstädter Refier gebraucht wird“, ebenfalls 35 Taler an Stipendium zugesprochen.2651 Nach der Aktenlage erfolgte die Bezahlung dieses speziellen Stipendiums zusätzlich zu den Bezügen für den durchgeführten Bergschulunterricht.2652 2645 Stipendiengesuch Thannhäußers vom 16. Febr. 1789, in: UAF, OBA 248, Bl. 6 f., hier Bl. 6 b. 2646 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 25. Apr. 1789, in: UAF, OBA 248, Bl. 172–179, hier Bl. 175 f. 2647 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 22. Mai 1789, in: UAF, OBA 248, Bl. 186–189 b., hier Bl. 187 f., bzw. die Kopie davon in: UAF, OBA 25, Bl. 160–163, hier Bl. 161 f. 2648 Vgl. dazu das Protokoll der Sitzung des OBA vom 6. Juni 1789, in: UAF, OBA 248, Bl. 191–194. Vgl. Näheres zur Stipendienzahlung auch im Abschnitt 5.1. 2649 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 25. Apr. 1789 (wie Anm. 2646), Bl. 175. 2650 Becher erhielt später noch weitere landesherrliche Stipendien, so z. B. 1792 – vgl. dazu das Gesuch Bechers vom 27. Febr. 1792 (wie Anm. 2469), sowie das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 24. Mai 1792 (wie Anm. 2046), hier Bl. 139 b. – und selbst noch 1794 – also neun(!) Jahre nach Beendigung seines Studiums, um sich für „würkliche(..) Bergwerksdienste(..) habil zumachen …“ – vgl. dazu Gesuch Bechers vom 1. Febr. 1794, in: UAF, OBA 253, Bl. 17 f. 2651 Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 21. Mai 1790, in UAF, OBA 249, Bl. 161–165, hier Bl. 162 b. 2652 Hierauf deuten zumindest entsprechende Aktenformulierungen hin. So sollte Thannhäußer statt der bis dahin gewährten 30 Taler „Stipendium“ nur noch 15 Taler ausgezahlt bekommen, „da er gegenwärtig etwas durch Markscheidearbeiten… zu verdienen Gelegenheit (habe).“ Bericht des OBA vom 14. Apr. 1790, in: UAF, OBA 249, Bl. 147–153 b., hier Bl. 150. Becher wurden die 20 Taler zugestanden, da er „… diese Unterstützung bey seinen wenig vor zufallenden Markscheider Zügen noch immer (bedürfe).“ Ebd.

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Die finanziellen und personellen Voraussetzungen

Diese landesherrlichen Beihilfen wurden im Gegensatz zu den eigentlichen Stipendien, die die „Benefiziaten“ während ihres Aufenthaltes an der Bergakademie bekamen, in der Regel direkt aus der Freiberger Oberzehntenkasse ausgezahlt. Ob aber überhaupt Anspruch auf eine Unterstützungsleistung bestand und welche Beträge dabei an die Freiberger Absolventen gezahlt werden durften, war regelmäßig einer der Gegenstände der Oberbergamtskonferenzen, zu denen man auch die „akademischen Lehrer“ hinzuzog2653 bzw. schriftlich instruierte.2654 So hieß es z. B. im Protokoll der Akademischen Konferenz vom April 1788 zur Notwendigkeit, einzelne Freiberger Absolventen auch nach ihrem Weggang von der Bergakademie weiterhin zu unterstützen, in Bezug auf Theodor Gottlieb Friedrich Goldberg: „Daß näm[lich] Goldberg sen[ior] nach Johanngeorgenstadt gesendet werden sollte, um daselbst bey Markscheidearbeiten, besonders aber zum Unterricht dasiger junger Bergleute im Rechnen, Schreiben, Zeichnen[,] auch Gebrauch des Compasses gebraucht zu werden; Wannenhero derselbe eine Vermehrung seines Stipendii von 25 bis zu 30 [Talern] wohl verdiene … überdies aus dem Schulfonds ein kleines Honorarium genießen solle.“2655

Diese Unterstützungszahlungen sind zugleich ein Beleg dafür, dass die Verantwortung des Oberbergamtes für diejenigen Akademisten, die in eines der Bergreviere delegiert worden waren, nicht sofort mit Beendigung ihres Studiums endete, sondern auch danach zumindest so lange andauerte, wie die Bergbehörde eine finanzielle Unterstützung aus landesherrlichen Mitteln für erforderlich hielt. So wies das Oberbergamt in einem Patent aus dem Jahre 1786 alle obererzgebirgischen Bergämter an, von den ehemaligen Akademisten, „welche nach ihrem hier vollendeten academischen Curs zur practischen Ausbildung und Anwendung ihrer erlangten Kentniße, in einige der Obergebürgischen BergamtsRefieren … bereits gesendet worden, und künftig gesendet werden,“ deshalb zur Führung von Tagebüchern über die von ihnen durchgeführten Arbeiten an[,] weil diese „… bis zu ihrer würklichen Dienstanstellung noch immer mit der Academie in Verbindung stehen, daher auch zum Theil noch Churfürs[liche] Stipendia genießen …“ würden.2656 2653 So nahmen an der am 6. Juni 1789 stattfindenden „Session“ des Oberbergamtes zur Verteilung der Stipendiengelder neben dem Berghauptmann Benno von Heynitz, dem Bergrat von Charpentier, den Bergkommissionsräten von Ferber und Freiherrn von Gutschmid, dem Oberbergamtsverwalter Schneider sowie Oberbergamtssekretär Köhler auch die Lehrer der Bergakademie, Inspektor Werner, Professor Lempe und Zeichenmeister Sieghard persönlich teil. Vgl. dazu das Protokoll der Sitzung des OBA vom 6. Juni 1789 (wie Anm. 2648). 2654 Bergrat Gellert, Markscheider Freiesleben und Bergwardein Klotzsch wurden – wie die anderen Lehrer auch – nochmals schriftlich instruiert; vgl. das Protokoll der Sitzung des OBA vom 6. Juni 1789 (ebd.), hier die Protokollanlagen Bl. 193–194 b. 2655 Akademisches Protokoll vom 7. Apr. 1788 (wie Anm. 1708), hier Bl. 118 f. 2656 Patent des OBA vom 17. Juni 1786 (wie Anm. 967), hier Bl. 83. Hervorhebungen d.d.A.

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Absolventen der Bergakademie als Bergschullehrer

Die Bergmeister erhielten zugleich den Auftrag, diese Tagebücher zu „attestieren“ und am Ende eines jeden Quartals an die Bergakademie(!) einzusenden.2657 Die ersten Freiberger Absolventen, die dieser oberbergamtliche Forderung nachkommen mussten, waren die schon mehrfach erwähnten (späteren) Lehrer einer der obererzgebirgischen SRZ-Schulen – nämlich Pilz, Thannhäußer, Becher und Rudolph.2658 Im Schuljahr 1794, also dem Zeitabschnitt, in dem der Landesherr das Oberbergamt gerade erst auf die Einleitung von Maßnahmen zur Verbesserung der bergakademischen Ausbildung drängte, unterrichteten die nachfolgenden Absolventen der Bergakademie als Bergschullehrer an einer der obererzgebirgischen SRZSchulen:2659 Tabelle V_2c: SRZ-Lehrer, Schüleranzahl und erhaltene Beihilfe aus der FreibergerOberzehntenkasse im Jahre 1794

Name des Bergamtes

Name- und Sitz der SRZ-Schule

Funktion und Name des Lehrers

Anzahl und Alter der Schüler

Beihilfe aus der Freiberger Oberzehntenkasse

Altenberg

Zeichen- Rechenund Schreibeschule/ Altenberg

Rezessschreiber George Friedrich Rudolph

3 Schüler im Alter von 16 bis 21 Jahren

20 Taler aus der Knappschaftsschulkasse(!)

Marienberg

Zeichen- Rechen und Schreibeschule/ Marienberg

Markscheidergehilfe und Schichtmeister Christian Gottlob Becher

8 Schüler im Alter von 18 bis 22 Jahren

20 Taler

Annaberg

Zeichen-, Rechenund Schreibeschule/ Annaberg

Markscheidergehilfe George Friedrich August Thannhäußer

8 Schüler im Alter von 16 bis 20 Jahren

35 Taler

Unterricht im praktischen Bergbau

Obersteiger Carl August Richter

dto.

k.A.

2657 Vgl. dazu das Patent des OBA vom 17. Juni 1786 (ebd.). Das belegt nochmals eindeutig, dass die Absolventen der Bergakademie vom Oberbergamt im Einzelfall bis zu ihrer wirtschaftlichen Selbstständigkeit als Angehörige der Bergakademie betrachtet wurden. 2658 Vgl. dazu das Patent des OBA vom 17. Juni 1786 (ebd.). 2659 Vgl. dazu die Berichte der BÄ in: BergA, OBA 2256, Bl. 1–127 b., hier insb. Bl. 24–25 (Mbg.); 38–39 (Altbg.); 51–52 (Schnbg.); 66–67 (Neustädt. Krs.); 79–81 (Jhgstdt.); 92–93 (Annbg.).

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Die finanziellen und personellen Voraussetzungen

Name des Bergamtes

Name- und Sitz der SRZ-Schule

Funktion und Name des Lehrers

Anzahl und Alter der Schüler

Beihilfe aus der Freiberger Oberzehntenkasse

Schneeberg

Zeichen-, Rechenund Schreibeschule/ Schneeberg

Markscheider und Schichtmeister Christian Friedrich Pilz

12 Schüler im Alter von 15 bis 22 Jahren; 1 Schüler 33(!) Jahre alt

30 Taler

Johanngeorgenstadt

Zeichenschule/ Johanngeorgenstadt

Markscheider und Geschworner Theodor Friedrich Gottlieb Goldberg

7 Schüler im Alter von 14 bis 28 Jahren

30 Taler

Johanngeorgenstadt

Rechen- und Schreibeschule/ Johanngeorgenstadt

Bergamtskopist Christian Gottfried Drechsler

9 Schüler im Alter von 14 bis 21 Jahren

26 Taler, 8 Gr.

Rechen- und Schreibeschule/ Großcamsdorf

Schichtmeister Christian Wilhelm Unger

5 Schüler im Alter von 13 bis 15 Jahren

10 Taler

Neustädtischer Kreis

[Quelle: Berichte der BÄ in: BergA, OBA 2256, Bl. 1–127 b., hier insb. Bl. 24–25 (Mbg.), 38–39 (Altbg.) 51–52 (Schnbg.) 66–67 (Neustd. Krs.) 79–81 (Jhgstd) und 92–93 (Annbg).]

Neben deren eigentlicher Tätigkeit als niedere Bergbeamte erzielten einige der in die obererzgebirgischen Bergreviere berufenen SRZ-Lehrer durch die Erteilung von Privatunterricht zusätzliche Nebeneinkünfte. So hatte Traugott Heinrich Dörfel, der Sohn des verstorbenen Kauf- und Handelsmannes Christian Heinrich Dörfel, vor seiner Zulassung auf die Bergakademie beim Markscheide-Stipendiaten Goldberg in Johanngeorgenstadt mehr als drei Jahre „in besonderen privat Stunden(..) Rechnen, Zeichnen, Aufnehmen der Gruben und Tagegebäude, auch andere geometrische Wissenschaften erlernet“.2660 Ein vergleichbarer Privatunterricht bei Goldberg war auch dem Sohn des Johanngeorgenstädter „Bergbothen“ Müller, Johann Christian, zuteil geworden.2661 Im Einzelfall erteilten aber auch fest etablierte Bergbeamte in den Bergrevieren einen adäquaten fachlichen Unterricht bzw. eine bergpraktische Ausbildung. So berichtete z. B. der Hofkantor Hösel von Dresden 1799 in seinem an das Bergamt Altenberg gerichteten Zulassungsgesuch für seinen Sohn Heinrich Traugott Hösel, dass Letzterer nicht nur persönlich vom

2660 Bericht des BA Jhgstdt. vom 29. Febr. 1792, in: UAF, OBA 251, Bl. 25–28, hier Bl. 25 b. 2661 Vgl. dazu den Bericht des BA Jhgstdt. vom 29. Febr. 1792 (ebd.), S. 26 b.–27.

Absolventen der Bergakademie als Bergschullehrer

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Altenberger Bergmeister Friedrich Gottlieb Aurich2662 Unterricht in Mathematik, Bergbaukunde und Zeichnen, sondern darüber hinaus auch noch im Bergrecht erhalten habe.2663 Der Einsatz von an der Bergakademie ausgebildeten Absolventen als Bergschullehrer stellte ein Novum in der Geschichte des kursächsischen Bildungssystems dar, denn die Bergakademisten übernahmen hier Unterrichts-, Ausbildungs- und Erziehungsaufgaben, die nach der 1773 verabschiedeten Erneuerten Schulordnung für die deutschen Stadt- und Dorfschulen eigentlich den unter den christlichen Schulbehörden stehenden Lehrkräften – also Pfarrern, Küstern und Kantoren bzw. örtlichen Schulmeistern – zugestanden hätten. Die Idee und notwendigen Konzepte dafür scheinen allein durch den Berghauptmann Benno von Heynitz entwickelt worden zu sein.2664 Ihm gebührt somit das Verdienst, lange vor Installation der sogenannten Lehrerseminare in Kursachsen eine eigenständige Form zur Heranbildung des notwendigen Lehrernachwuchses für das weitgehend autarke kursächsische Bergschulwesen gefunden und ins Leben gerufen zu haben. Durch diese Besonderheit profilierte sich die Bergakademie in Freiberg nicht nur zur Bildungsstätte von „Beamten“ für den höheren Bergbaudienst und damit für das Berg- und Hüttenwesen, sondern sie entwickelte sich zugleich zu einer Ausbildungsstätte für zukünftige Lehrkräfte an Bildungseinrichtungen für niedere Bergbeamte, nämlich der ZR- oder akademischen Zeichenschule (Bergschule) in Freiberg sowie der obererzgebirgischen SRZ-Schulen. Welchen Platz das Freiberger Bergschulwesen innerhalb der deutschen bzw. kursächsischen Schullandschaft am Ausgang des 18. Jahrhunderts einnahm und wie es sich ggf. in pietistische bzw. aufgeklärte Schulideen bzw. die Anfänge eines auch in Kursachsen praktizierten Realienunterrichts einordnen lässt, soll im folgenden Kapitel untersucht werden.

2662 Aurich war selbst früher Absolvent der Bergakademie; vgl. zu ihm die Matrikelunterlagen des UAF. Zur Ausbildungstätigkeit Aurichs finden sich in den ausgewerteten Akten wiederholt Hinweise. 2663 Vgl. dazu den Bericht des BA Altbg. vom 15. Febr. 1799, in: BergA, OBA 2258, Bl. 204–208 b., hier die Anlage Bl. 207 b.–208 b. 2664 Zumindest konnten (außer für die Installation der „Bergpurschen“-Ausbildung in Freiberg) in den ausgewerteten Akten keine Hinweise auf die Ideengeberschaft eines anderen Funktionsträgers der Bergverwaltung gefunden werden.

6. Im Spannungsfeld zwischen sächsischer Schulverfassung, pietistischen Schulideen und Realienunterricht 6.1. Der Pietismus und dessen Einfluss auf das kursächsische Schulsystem im 18. Jahrhundert Kaum eine theologische Strömung des ausgehenden 17. und 18. Jahrhunderts war so häufig Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen wie der Pietismus. Über all die Facetten dieser keineswegs einheitlichen christlich-religiösen Strömung –2665 die auch entsprechend unterschiedlich bewertet wurde – existiert eine Vielzahl von Veröffentlichungen.2666 „Pietistische Tendenzen zeigten sich … in vielen europäischen Ländern. Deutlichere Konturen n(a)hmen sie an, als Philipp Jakob Spener (1635-1705) in den ‚Pia desideria (Fromme(n) Wünsche(n)’ 1675 den Weg aufzeigte, auf dem die notwendige Verbesserung der Zustände in der lutherischen Kirche zu erreichen sei.“2667 Das Wort Gottes sollte durch fromme Laienkreise („Konventikel“) unter der Leitung eines Pfarrers, durch Gebete und erbauliche Bücher verbreitet, die Pfarrerausbildung reformiert und der Christenglaube „in praktischer Liebesarbeit“ manifestiert werden.2668 Hauptziel dieser „bereits im 17. Jahrhundert entstandene(n) Reformbewegung innerhalb des Protestantismus…“ war die „Erneuerung des frommen Lebens“.2669 Schwarz Lausten formulierte darüber: „Der Einzelne sollte nach seiner Auffassung einen persönlichen Prozess der Umkehr durchlaufen und danach ein aktives christliches Leben führen, auf weltliche Vergnügen verzichten; denn der Glaube sollte in frommen Handlungen sichtbar werden. Aus die2665 Auf die besondere, von Nikolaus Ludwig von Zinzendorf (1700-1760) geschaffene Variante des Pietismus in seiner Herrnhuter (Oberlausitz) „Brüdergemeine“, wo sich katholischen Flüchtlinge aus Böhmen niedergelassen hatten, kann hier nicht eingegangen werden. Es sei dazu auf Gloria (Pietismus und Volksschule), S. 3 f., verwiesen, die Zinzendorfs Pietismus zwar als „schwärmerisch(..) separatistisch(..)“bezeichnete, das „sehr segensreich(e)“ Wirken seiner „Unitätsschulen … für die Volksbildung“ aber hervorhob. 2666 Stellvertretend sei grundlegend verwiesen auf Weigelt (Pietismus-Studien), auf Hinrichs (Preußentum und Pietismus) sowie Schicketanz (Pietismus), S. 201-206. 2667 Schwarz Lausten (Kirchengeschichte), Abschnitt 4. Orthodoxie, Puritanismus, Pietismus und Aufklärung, (o.S.). 2668 Schwarz Lausten (ebd.). 2669 So Bruns (Bedeutung der Realienkunde), S. 18. Bruchhäuser (Berufsbildung), S. 406, bezeichnet deswegen den Pietismus auch als „Tatchristentum“.

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sem Geist resultierte die Errichtung einer langen Reihe von Institutionen („Stiftungen“) in Halle - Waisenhaus, Armenschule, Lateinschule, Buchdruckerei, Apotheke, Bibelanstalt etc. -, wo Francke als Pfarrer und Professor tätig war.“2670

Dabei gewann der Pietismus in einigen Ländern im Einzelfall zwar auch einen erheblichen Einfluss auf den Staat,2671 vor allem jedoch auf die Entwicklung von Erziehung und allgemeinem Schulwesen.2672 Dass Schulwesen und Pietismus sogar als Begriffspaar wahrgenommen werden konnten,2673 darüber scheint in der wissenschaftlichen Literatur sogar Konsens zu bestehen, zu prägend hatten insbesondere Philipp Jakob Spener (1635-1705)2674 und August Hermann Francke (16631727)2675 auf Bildung und Erziehung und vor allem auf das elementare Schulwesen verschiedener Länder eingewirkt.2676 Das Bildungsziel formulierte dabei Francke in einem der Titel seiner Werke als „… Unterricht, wie die Kinder zur wahren Gottseeligkeit und christlichen Klugheit anzuführen sind …“2677 Nach Menk beeinflusste der Pietismus aber „… nicht nur die Schulen und Universitäten, sondern … das gesamte Bildungswesen maßgeblich …“2678 Noch heute gelten deshalb Fran2670 Schwarz Lausten (Kirchengeschichte), Abschnitt 4, (o.S.). 2671 Den Einfluss des Pietismus (in der Person August Hermann Franckes) auf den Preußenkönig Friedrich Wilhelm I. und damit auf den preußischen Staat hatte schon Hinrichs (Preußentum und Pietismus), S. 237–292, untersucht. Zur Rolle des Pietismus in Kursachsen vgl. Schlechte (Pietismus und Staatsreform), insb. S. 365. Vgl. zu den „weltweiten“ Einflussbestrebungen Franckes grundlegend Schicketanz (Pietismus), insb. S. 108–111. 2672 Dies hat jüngst erst Doerfel (Pietismus und Aufklärung), S. 405, hervorgehoben. 2673 Zum Begriffspaar Pietismus–Schule/Bildung liegt ebenfalls eine Reihe von Untersuchungen vor. So hatte Gloria (Pietismus und Volksschule), S. 4, einen wesentlichen Einfluss des Pietismus auf das preußische Schulwesen behauptet. Eine solch verallgemeinernde Aussage lehnt dagegen Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 49, ab. 2674 Spener – vgl. zu diesem Friedrich (Philipp Jakob Spener) – gilt noch immer als der eigentliche Begründer des Pietismus in Deutschland und dessen 1675 herausgegebene „Pia Desideria“ („Fromme Wünsche“) kann als programmatische Schrift dieser Religionsgemeinschaft bezeichnet werden. 2675 Francke, einer der Nachfolger Speners, war vielleicht der bekannteste Pietist, den man im Zusammenhang mit Bildungsreformmaßnahmen des 18. Jahrhunderts immer nennen muss. Wohl deshalb wird er in der Literatur auch als „der erste Erzieher“– so von Herrmann (Erziehung und Bildung), S. 101 – bezeichnet. 2676 So führte z. B. Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 86, die Eröffnung einer Waisenschule in Bautzen am 2. Mai 1698 direkt auf das Vorbild der Francke’schen „Bestrebungen“ zurück. Der Bildungs- und Erziehungsauftrag des Pietismus ergab sich dabei faktisch automatisch aus einem der Grundanliegen dieser Lehre, den Menschen so zu erziehen, dass „die Verwirklichung christlicher Grundsätze in der Lebensführung“ erfolgt. Gloria (Pietismus und Volksschule), S. 7. 2677 So nach Gloria (ebd.), S. 8. Die Erziehung selbst erschien nach derselben (ebd.), S. 7, als „Ausdruck echter christlicher Liebestätigkeit …“ 2678 So Menk (Bildungswesen deutscher protestantischen Territorien), S. 72. Nach Heubaum (Geschichte des deutschen Bildungswesens), S. 17, dienten die stark religiös geprägten Vorschläge

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ckes Erziehungsanstalten –2679 vor allem dessen Schuleinrichtungen und Waisenhäuser in Glaucha bei Halle – in der schulgeschichtlichen Literatur als Vorbild für eine Reihe von Schulmodellen des 18. Jahrhunderts in ganz Deutschland.2680 Dem Pietismus war nach Endres eine besondere „Verbindung von Frömmigkeit und Nützlichkeit [sowie] die Neigung zum Praktischwerden des Christentums (eigen) ...“, die in den Schulanstalten Franckes zu einer „… besonderen Pflege der Realien im Unterricht und zur Betonung zur Arbeit (führten)“.2681 Ganz sicher war der Pietismus2682 in seiner Verbindung von religiöser Pflichterfüllung2683 und Pra-

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Speners der „Aufstellung pädagogischer Grundsätze im Interesse (des) kirchlichen Lebens und Glaubens“. Eines der Kennzeichen des Pietismus war die Einbeziehung von Laien und die Bildung privater Kreise, um in diesen nicht nur gemeinsam Bibel und Erbauungsbücher zu lesen, sondern auch theologische Fragen zu diskutieren; vgl. dazu Walter/Jung (Theologie), S. 24. Vgl. zu den Francke’schen Erziehungsanstalten grundlegend die diesbezüglichen Veröffentlichung der Francke’schen Stiftungen, URL: www.pietismuskommission.de/bibliografie.html. Ins Berliner Große Friedrich-Hospital- und Waisenhaus war Francke 1709 gerufen worden, um es zu verbessern. Vgl. dazu Lemm (Schulgeschichte Berlins), S. 32. Auf diese Vorbildwirkung des Halleschen Pietismus, insbesondere auf Zinzendorfsche Versuche zu Schulgründungen als „Reichsgottesarbeit“ hat Doerfel (Pietismus und Aufklärung), S. 411–413, hingewiesen. Endres (Handwerk und Berufsbildung), S. 410. Nach Bruns (Bedeutung der Realienkunde), S. 19, lagen die Ziele der pietistischen Erziehung und Bildung in der „Hinführung zur wahren Gottseeligkeit, zu Beredsamkeit, zu Kenntnissen über die nötigen Wissenschaften sowie zur Erlangung anständiger Sitten.“ Vgl. dazu auch Brecht, der in diesem Kontext formuliert: „Der Pietismus ist eine religiöse Erneuerungsbewegung im Protestantismus, die besonders die Frömmigkeit betont. Brecht (Geschichte des Pietismus), S. 606-631, hier S. 606. Zitat nach Strian (Heinrich XXIV und hallischer Pietismus), Bd. 1, Textteil, S. 17. Gloria (Pietismus und Volksschule), S. 13, fasste die Zielsetzung einer vom Pietismus geprägten Persönlichkeitsentwicklung wie folgt zusammen: „“… er will den ganzen Menschen zum Dienste Gottes bilden, sein Gemüt veredeln, seinen Verstand bereichern, seinen Willen versittlichen, die echt christliche Gesinnung der reinen Innerlichkeit erwecken.“ Vgl. zum Inhalt des Pietismus grundlegend Brecht (Geschichte des Pietismus). Hinrichs (Preußentum und Pietismus), S. 1, bezeichnete den „Halleschen Pietismus“ als eine „religiös-soziale Bewegung mit weltweiter Zielsetzung ... die nichts Geringeres gewollt hat, als die damalige Welt und ihre politischen und sozialen Verhältnisse vom Boden einer vermeintlichen zweiten Reformation aus umzugestalten.“ Ähnlich äußert sich Mentzel (Pietismus und Schule), S. 11. Diese Zielsetzung auf dem Gebiet des Unterrichts und der Erziehung ist aber nach Neugebauer (Niedere Schulen und Realschulen), S. 236, nur im Einzelfall umgesetzt worden. Nach Walter/Jung (Theologie), S. 9, war der Pietismus der Verinnerlichung und dem Glaubensernst verpflichtet. Gloria (Pietismus und Volksschule), S. 4, gelangt ausgehend von den weltanschaulichen Zielstellungen des Pietismus zu der Schlussfolgerung, dass im Pietismus die „Gemeinschaft mit Gott … zum Grunde allen Handelns, zur Quelle aller Freude und allen irdischen Glückes als den Vorfreuden künftiger Seligkeit“ werden würde. Für pietistisch erzogene Christen galt das Jenseits als die wertvollere Welt. Vgl. dazu dieselbe (ebd.), S. 4. Doerfel (Pietismus und Aufklärung), S. 406, hebt die „ganzheitliche“ religiöse Erziehung als Anliegen des Pietismus hervor.

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xisverbundenheit für die Entwicklung eines adäquaten Erziehungs- und Schulsystems von erheblicher Bedeutung.2684 Der Pietismus als ein gleichzeitig pädagogisches, vor allem erzieherisches Programm2685 propagierte ein Bildungsrecht selbst für die untersten Bevölkerungsschichten, auch wenn diese Zielsetzung offensichtlich eingebunden war in die Ideen der Wiedergeburt bzw. der dieser notwendigerweise vorausgehenden Bekehrung zu Lebzeiten. Kirche und Schule sollten deshalb nicht nur Kenntnisse vermitteln, sondern, wie Hinrichs als Credo pietistischer Ausbildungsideale einmal formulierte, „den Menschen verwandeln, dass er wirklich ‚wiedergeboren’ werde“, da in einer möglichst großen Zahl Wiedergeborener „... die Garantie für die Änderung der Welt, für die Überwindung ihrer politischen und sozialen Problematik“ liegen würde.2686 Hierzu gehörte, sich um die Erziehung und Schulbildung der Heranwachsenden und dabei insbesondere um die Vermittlung religiöser Inhalte zu kümmern.2687 Francke selbst hatte dazu formuliert, der „vornehmste Endzweck“ in den von ihm geschaffenen Schulen würde darin liegen, „… die Kinder vor allen Dingen zu einer lebendigen Erkenntnis Gottes und Christi und zu einem rechtschaffenden Christentum …“ zu führen2688 und dass die „Ehre Gottes … in allen Dingen, aber absonderlich in Auferziehung und Unterweisung der Kinder als immer für [vor – H.K.] Augen sein“ müsse.2689 Nach Heubaum sei „nie … die Ver-

2684 So passten die nach Walter/Jung (ebd.), S. 24, „im Alltag praktizierte Frömmigkeit“ als „zentrale(s) Anliegen des Pietismus (lateinisch pietas = Frömmigkeit)“, dessen pädagogische Strenge und die nahezu asketische Lebenseinstellung ihrer führenden Vertreter, die u. a. jegliche Feierlichkeiten und Vergnügungen ablehnten, besonders in die Zeit nach dem Siebenjährigen Krieg, in der Sparsamkeit „von Staats wegen“ proklamiert wurde. 2685 Vgl. zum Programm des Pietismus grundsätzlich Hinrichs (Preußentum und Pietismus), S. 1–12, insb. S. 9–12. 2686 Hinrichs (ebd.), S. 9, hier unter Auswertung maßgeblicher pietistischer Werke des 17. und 18. Jahrhunderts. Überhaupt schien die Frage nach der möglichen Wiedergeburt entscheidend in der pietistischen Weltbetrachtung zu sein und nur der wahre, bekehrte Christ konnte ihrer teilhaftig werden; Bekehrung und Wiedergeburt standen in dieser Denkweise „im Dienste der sozialen Verbesserung der Welt und des Menschen.“ Vgl. ders. (ebd.), S. 12. 2687 Vgl. dazu Francke, der formulierte, dass es „hinlänglich genug“ sei, wenn die Kinder „also in der Zucht und Vermahnung zum Herrn erzogen werden“ würden. Francke (Kurzer Unterricht), abgedruckt bei Kramer (August Hermann Francke), S. 18. Zitat nach Gloria (Pietismus und Volksschule), S. 10. 2688 Francke (Ordnung und Lehrart), abgedr. bei Kramer (ebd.), S. 7, Zitat nach Gloria (ebd.), S. 9. 2689 Ders. (Kurzer Unterricht), abgedruckt bei Kramer (ebd.), S. 17, Zitat nach Gloria (ebd.), bzw. Heubaum (Geschichte des deutschen Bildungswesens), S. 89. Für Francke (Ordnung und Lehrart ), abgedr. bei dems. (ebd.), S. 230, Zitat nach Gloria (ebd.), war „alle Gelehrsamkeit und alles Wissen eitel und töricht …, wenn … [diese] nicht die wahrhafte und lautere Liebe gegen Gott und Menschen zum Grunde habe(n)“ würden.

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herrlichung Gottes durch den Menschen mit solcher Emphase2690 in den Vordergrund gerückt …“ worden als durch Franckes Lehren.2691 Trotz dieser tiefen Religiosität und des Glaubens an die Wiedergeburt2692 darf der pädagogische Anspruch des Pietismus nicht unterschätzt werden. Religiosität und Gesellschaftsdienlichkeit – ein weiteres Begriffspaar, wie es Endres für den Pietismus verwendet –2693 dürften Eigenschaften gewesen sein, die für den Wiederaufbau Sachsens nach dem Ende des Siebenjährigen Krieges gefordert waren. Im System des kursächsischen Bergschulwesens fand sich gerade diese Praxisbezogenheit und Nützlichkeit in einer besonders ausgeprägten Form wieder –2694 im Einzelfall natürlich auch der dem Pietismus eigene Hang zur Frömmigkeit. Da in der wissenschaftlichen Literatur anscheinend kein Werk existiert, das bislang dieses Beziehungsgeflecht untersucht hat, soll versucht werden, Gewissheit darüber zu erhalten, ob und inwieweit der Pietismus auch das Bergschulwesen als „Beschäftigungsfeld“ für sich entdeckte und ggf. dadurch Einfluss auf das kursächsische Bergschulwesen erlangte.2695 In diesem Kontext muss zunächst auf die verschiedenen Realschulmodelle der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, die weitgehend unter dem Einfluss der Franckeschen Stiftungen entstanden sein dürften, eingegangen werden. Ziel dabei wird sein, festzustellen, ob es in Bezug auf Ausbildungsinhalte, die Art und Weise der Wissensvermittlung oder auch der strukturellen Einbindung dieser Realschulen in das allgemeine Bildungssystem seiner Zeit Ähnlichkeiten oder gar Gemeinsamkeiten mit dem kursächsischen Bergschulsystem gab. Selbst wenn in den untersuchten Akten keine direkte Reflexion auf das Franckesche Schulsystem oder die erwähnten Realschulmodelle zu erkennen sein würde, erscheint eine Verbindung dennoch möglich, weil führende Reformkräfte am sächsischen Hof bzw. im Oberbergamt in Freiberg sehr wahrscheinlich von pietistischem Gedankengut geprägt waren.2696

2690 Dazu zählte auch das in der Mindeschen Schulordnung durch die Obrigkeit für die Lehrer noch anempfohlene „Seufzen aus Herzensgrunde“. Vgl. dazu Heubaum (Geschichte des deutschen Bildungswesens), S. 325. 2691 Heubaum (ebd.), S. 89. 2692 Hieraus resultierten oft überzogene Forderungen nach einer (im Verständnis der Pietisten) gottgefälligen Lebensführung. Wegen dieser z. T. starken Überbetonung einer christlichen Lebensführung sowie dessen Bekehrungs- und Wiedergeburtsthese hat man dem Pietismus auch eine „krankhafte Form der Frömmigkeit“ nachgesagt. So in Meyers Konversations-Lexikon (1877), S. 945 f. 2693 Vgl. dazu Endres (Handwerk und Berufsbildung), S. 411. 2694 Doerfel (Pietismus und Aufklärung), S. 407, hebt die Unterrichtung von Schülern in „praktischen Tätigkeiten“ und deren Erziehung zu „nützliche(n)“ Gesellschaftsmitgliedern hervor. 2695 Vgl. dazu den Abschnitt 6.3 über die besonderen Beziehungen des Pietismus zur Bergverwaltung. 2696 Vgl. ebd.

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Auch für die Entwicklung des elementaren Schulwesens im Kurfürstentum Sachsen nach dem Siebenjährigen Krieg kann dieser Zusammenhang zwischen Pietismus und Schule festgemacht werden. Allein schon aus der Tatsache, dass der 1763 zum Vizepräsidenten des Oberkonsistoriums berufene Peter von Hohenthal einer der einflussreichsten Pietisten seiner Zeit gewesen war, dürfte ein Hinweis für eine wirkungsvolle Einflussnahme des Pietismus auch auf das Schulwesen sein.2697 Neben dem Pietismus spielten nach dem Siebenjährigen Krieg aber vor allem auch die grundlegenden theoretischen Ansichten des Merkantilismus/Kameralismus und der Aufklärung – vor allem die eines Justi,2698 eines Zincke,2699 Bergius, Schlettwein2700 u. a.2701 – zur Lösung der ökonomischen Grundprobleme der Zeit eine besondere Rolle. Halle wurde unter Francke zum Zentrum des Pietismus in Deutschland schlechthin.2702 In der Regierungszeit König Friedrich Wilhelms I. war hier „eine

2697 Diese Feststellung trifft zumindest für das Kurfürstentum Sachsen zu. Zwar bringt man in der wissenschaftlichen Literatur im Allgemeinen beide Begriffe eher mit außersächsischen Persönlichkeiten in Verbindung, aber auch Sachsen konnte im Untersuchungszeitraum mit einer Reihe namhafter Vertreter des Pietismus (aber auch der Aufklärung) aufwarten. Peter von Hohenthal wirkte nach Schlechte (Pietismus und Aufklärung), S. 377, „wie kein anderer“ an der Verbesserung des Schulwesens nach dem Siebenjährigen Krieg. 2698 Vgl. zu von Justi den Artikel „Justi“ von Fleischer in: Bautz (Kirchenlexikon), und zu dessen Bildungsgedanken Brödel (Beruflicher Bildungsgedanke), der Justi (ebd., S. 297) den bedeutendsten der „… merkantilistisch eingestellten Volkswirtschaftslehrer des 17. und 18. Jahrhunderts …“ und „Bahnbrecher auch auf dem Gebiete der Berufsbildungsidee …“ nannte. Justi galt für die sächsischen Reformkräfte in Dresden als eines der geistigen Köpfe u. a. für Wirtschaftspolitik und Bildung. Justis ökonomische und „polizeiwissenschaftliche“ Werke waren bereits zum Zeitpunkt der Gründung der Bergakademie 1765 Teil des dafür angeschafften Bücherfonds – vgl. dazu Kreischer (Bibliothekskatalog), S. 339. Vgl. zu Justi als „Staatswissenschaftler“ grundlegend Wilhelm (Frühliberalismus), S. 130–144. 2699 Vgl. zur Rolle Zinckes Simon (Fachbildung des Preußischen Gewerbestandes), S. 604, sowie Stratmann (Krise der Berufserziehung), S. 211–216, insb. S. 215 f. Friedrich Anton von Heinitz war während seiner Anstellung in „Braunschweigischen Diensten“ neben Mineralogie durch Johann Andreas Cramer durch den in „… ökonomische(n) Schriften sehr bekannt gewordene(n) Georg Zincke“ – so nach von Heynitz (Familie von Heynitz III), S. 115 – unterrichtet worden. Diese „Studien“ in Braunschweig waren „Ersatz“ für das von Heynitz eigentlich gewünschte Universitätsstudium. Vgl. ebd., S. 115, sowie Kadatz (F.A. von Heynitz), S. 47. 2700 Der badische Staatsrat Joh. August Schlettwein selbst übte aber auch Kritik am „Staatsinterventionismus“ des Merkantilismus. Vgl. dazu Hasfeld (Berufsausbildung in Baden), S. 72–77. 2701 So hatte sich z. B. auch der Begründer der preußischen Sozietät der Wissenschaften, Gottfried Wilhelm Leibniz zur Notwendigkeit der Verbesserung des Bildungswesens geäußert – vgl. dazu Heubaum (Geschichte des deutschen Bildungswesens), S. 75. Vgl. hierzu auch die Ausführungen bei Justin (Berufsgrundbildung), insb. S. 144–148. 2702 Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 237–292, hier S. 280 f., hat unter Bezug auf Hinrichs (Preußentum und Pietismus) auf die direkten Kontakte des preußischen Königs Friedrich Wilhelm I. zu den „Reformkräften des halleschen Pietismus“ hingewiesen. Vgl. zu weiteren unter

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namhafte Summe von Landschulen“ errichtet worden.2703 Im Franckeschen Waisenhaus2704 dominierte eine betont religiöse Form der Erziehung2705 als Mittel zum Zweck und der Mensch, „der seine Arbeit in seinem jeweiligen Beruf gut und nach Gottes Gebot versah“, sollte damit zugleich der Gesellschaft und dem „gemeinen Nutzen“ dienen.2706 Auch wenn Franckes Erziehungssystem ganz auf diese „Liebe zu Gott“ hin gerichtet und zugleich „… durch Gewissensdruck (Bekehrung) gekennzeichnet“ war,2707 galt der Pietist Francke als „… Wegbereiter einer ‚realistischen’ Erziehung und Ausbildung“.2708 An seinen Ausbildungsanstalten ging es auch um die Erziehung zur Arbeit, den Erwerb praxisbezogenen Wissens,2709 wurde „alles zu einem für die praktische Tätigkeit tauglichen und zum Nutzen, wie für die einzelne Person geeigneten Leben hingelenkt“.2710 Die in seinem Waisenhaus umgesetzten Erziehungsmethoden fanden nach Bruns viele Nachahmer: „Fast in jeder Stadt Deutschlands hatte er [der Pietismus – H.K.] unter den Geistlichen, unter den Vornehmen und Geringen seine eifrigen Anhänger, viele kleinere deutsche

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König Friedrich Wilhelm I. erfolgten Schulgründungen, insbesondere in der Provinz Ostpreußen Neugebauer (ebd.), S. 277, S. 280 f. und S. 283. Neugebauer (ebd.), S. 283., der (ebd.), S. 282, das königliche Engagement in Bezug auf die Verbesserungen des Schulwesens u. a. damit begründet, dass der Landesherr in dieser Provinz „… zu einem außerordentlich hohen Grade selbst Gutsherr war“. Francke hatte zu Beginn des 18. Jahrhunderts in seinem Waisenhaus bei Halle, an das eine lateinische und auch eine deutsche Schule angekoppelt waren, basierend auf Ideen von Comenius, Locke und Spener neue Lehrmethoden eingeführt. So Simon (Fachbildung des Preußischen Gewerbestandes). Vgl. zum Francke’schen Waisenhaus grundlegend jüngst DittrichJacobi (Hallesches Waisenhaus). Vgl. hierzu Bruns (Bedeutung der Realienkunde), S. 21. Ein von Francke selbst erläuterter Stundenplan belegt das Übergewicht der Erziehung im Christentum an seinen Schulanstalten. Vgl. dazu Gloria (Pietismus und Volksschule), S. 37. So Endres (Handwerk und Berufsbildung), S. 411. Die Francke’schen Arbeitsschulen waren damit auch didaktisch anders angelegt als die hier untersuchten kursächsischen Bergschulen, bei denen Religiosität nicht diese Dominanz besaß. So nach Herrmann (Erziehung und Bildung), S. 102 Hermann (ebd.), der, da er „realistisch“ in Anführungszeichen setzt, hier den Begriff sicherlich im Sinne der Vermittlung von Realieninhalten verstanden wissen will. Ungeachtet dessen blieb diese Beschäftigung mit den Realien letztlich nur Mittel zum Zwecke einer auf Gott ausgerichteten Erziehung. Die „Klugheit“ war nach Gloria (Pietismus und Volksschule), S. 11, diesem Erziehungsanliegen „nicht neben-, sondern untergeordnet.“ Vgl. dazu Simon (Fachbildung des Preußischen Gewerbestandes), S. 614. Vgl. zu den Lehrinhalten an Franckes Erziehungsanstalten Heubaum (Geschichte des deutschen Bildungswesens), S. 91–98. Francke („Praecipua capita“), zitiert nach Heubaum (Geschichte des deutschen Bildungswesens), S. 90. Hieraus ergaben sich Berührungspunkte zu Erziehungszielen, wie sie z. B. Justi (Staatswirtschaft), S. 66, betont hatte.

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Reichsfürsten waren ihm ergeben, viele Gymnasien, Waisenhäuser u. s. w. wurden in diesem Geiste geleitet.“2711

In diesem Kontext formulierte Heubaum: „Die pietistische Bewegung … [war] der letzte grandiose Versuch, das gesamte Leben, in Theorie und Praxis, in Wissenschaft und Anwendung dem religiösen Erleben unterzuordnen.“2712 Demgegenüber zweifelt Neugebauer solche weitgehenden Wirkungen des (Halleschen) Pietismus auf die (deutsche) Schulentwicklung2713 an, hält diese selbst in Brandenburg-Preußen „wo der Hallesche Pietismus noch am ehesten unmittelbare Wirkungen erzielen konnte“, für „… fast durchweg städtische ’Reforminseln’ mit sehr begrenzter Reichweite“.2714 Insbesondere äußert er an der „... Urheberschaft August Hermann Franckes für ein realschulähnliches Institut Zweifel.“2715 Er sieht demgegenüber die entscheidenden Impulse für Schulreformen als „… von Österreich und von den Territorien des katholischen Deutschlands …“ ausgegangen.2716 Andererseits wirkte im preußischen Geheimen Rat an führender Stelle „der Minister Paul von Fuchs,2717 bekannt als Gönner des halleschen Pietismus“,2718 was als Beleg für den besonderen Bezug führender Vertreter des Pietismus zum Komplex von Erziehung und Schule gewertet werden kann. Schließlich standen die Bemühungen zur Verbesserung des preußischen Schulwesens unmittelbar nach Beendi2711 Bruns (Bedeutung der Realienkunde), S. 18. Eine ganz andere Funktion solcher Waisenhäuser, nämlich der von Zuchthäusern bzw. geschlossenen Anstalten mit „Zwangsarbeitscharakter“, hat jüngst Bräuer (Die Armen und das Zuchthaus), insb. S. 144, 147, nachgewiesen. 2712 Heubaum (Geschichte des deutschen Bildungswesens), S. 88. Dieses Zitat verwendete schon Dittrich-Jacobi (Pietismus und Pädagogik), S. 10. 2713 Inwieweit dieser Einfluss pietistischer Ideen über Preußen nach Sachsen gelangte, ist hier nicht untersucht worden. 2714 Neugebauer (Niedere Schulen und Realschulen), S. 236 f. Anders wieder Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens in Sachsen), S. 43, der gerade in einzelnen Vertretern des Pietismus Reformer für die Verbesserung des Schulwesens erblickte, und auch Lemm (Schulgeschichte Berlins), S. 31–33, hebt den Einfluss des Pietismus auf die Berliner „Schul- und Waisenhauseinrichtungen“ hervor. 2715 So Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 554, unter Bezug auf Kramer (August Hermann Francke) S. 275 und ebd., Anm. 3. Vieles spricht dafür, dass die Realienbezogenheit des Unterrichts an Franckes Anstalten tatsächlich lediglich Mittel zum Zwecke der Erziehung zu einer christlichen Lebensführung diente. 2716 Neugebauer (Niedere Schulen und Realschulen), S. 237. Es gab aber in Preußen Ende des 17., Anfang des 18. Jahrhunderts auch von anderen konfessionellen Überzeugungen getragene Schulgründungsinitiativen, so solcher von reformierten Gemeinden, die z. T. ebenfalls vom Landesherrn unterstützt wurden. Vgl. dazu Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 227 f. 2717 Vgl. zum Wirken Paul von Fuchs´ als Mitglied des Geheimen Rates bzw. Präsident des Konsistoriums von Berlin-Köln die bei Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 80 f. angegebene Literatur. Weitere Hinweise über den Einfluss von Pietisten auf das Kirchen- und Schulwesen Brandenburg-Preußens in: ders. (ebd.), S. 98 f. 2718 Neugebauer (ebd.), S. 80.

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gung des Siebenjährigen Kriegs in Verbindung mit dem Namen Johann Julius Heckers, eines führenden Vertreters des Pietismus und Mitglied des Berliner Oberkonsistoriums, der als eigentlicher Verfasser des schon erwähnten Generalschulreglements vom 12. August 1763 gilt.2719 Richtig dürfte zumindest immer noch die Erkenntnis sein, dass Francke „mit seiner Hinwendung auf die Erziehung der Kinder … auch der Kinder der armen Bevölkerungsschichten und der Mädchen … eine Entwicklung eingeleitet (hat), die richtungsweisend für das gesamte 18. Jahrhundert wurde.“2720 Aber dass der Pietismus sich tatsächlich auch maßgeblich so auf die ersten „Realschulen“ des 18. Jahrhunderts auswirkte,2721 sodass Letztere „den Geist des Pietismus“ geatmet hätten,2722 ist in dieser Eindeutigkeit in der Bildungsforschungsliteratur umstritten. Während nämlich Dittrich-Jacobi den Pietismus als „fortschrittlich im Sinn von einflussreich auf die politisch-soziale Entwicklung in Deutschland … im 18. Jahrhundert …“ bezeichnet,2723 formuliert Neugebauer über die mögliche direkte Einflussnahme des Pietismus auf die Realienvermittlung, dass „... das Verhältnis von Pietismus und Realismus ein gebrochenes (war), die Linie … nicht unmittelbar von Francke zu dem (führte), was im 18. Jahrhundert dann Realschule genannt wurde.“2724 Besaß der Pietismus tatsächlich Einfluss auf das sich im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts etablierende kursächsische Bergschulwesen? War die 2719 Vgl. dazu Neugebauer (ebd.), S. 178–181. Dieses Reglement war nach Neugebauer (ebd.), S. 185, „… Höhe- und Endpunkt (der) pietistisch bestimmte(n) Ediktentätigkeit …“ in Preußen. 2720 Strian, (Heinrich XXIV und hallischer Pietismus) Bd. 1, Textteil, S. 128. Die „soziale“ Komponente „Armut“, die nach Dittrich-Jacobi (Pietismus und Pädagogik), S. 85, „Anlaß für Franckes erzieherische Aktivitäten“ war – Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens in Sachsen), S. 86, hob als Hauptverdienst des Pietismus das aufmerksam machen auf die „traurigen Zustände [der Bildung – H.K.] in den niedern Volksschichten“ hervor – spielte bei der Auswahl bedürftiger Kinder im kursächsischen Bergschulwesens ebenfalls eine wichtige Rolle. 2721 So nach Menk (Bildungswesen der deutschen protestantischen Territorien), S. 92, wonach der „stärkere Nützlichkeits- und Praxisbezug“ des Letzteren auch zur Begründung der „Realschule“ führte. 2722 So formulierte es Endres (Handwerk und Berufsbildung), S. 410. 2723 Dittrich-Jacobi (Pietismus und Pädagogik), S. 25, hier unter Bezug auf Lehmann (Pietismus und Altes Reich). 2724 Neugebauer (Niedere Schulen und Realschulen), S. 246. Neugebauer war skeptisch in Bezug auf die Herleitung einer Direktlinie von Hermann Franckes Schulanstalten zu den „Realschulen“ des frühen 18. Jahrhunderts. Vgl. dazu ders. (ebd.), S. 244, Anm. 203 und 204, und die dort gegebenen Literaturhinweise. Leschinsky/Roeder (Schule im historischen Prozess), S. 182, dagegen bestätigen einerseits den Einfluss der Francke’schen Erziehungsanstalten auf diese Realschulmodelle, verneinen ihn aber ausdrücklich bei der von Groß 1739 in die Praxis überführten Realschule. Buchinger (Aufklärerische Reformbemühungen), S. 689, stellt auf der Grundlage des beruflichen Entwicklungsganges von Groß wiederum überzeugend einen Bezug von Semlers Realschule in Halle bzw. der vergleichbaren Großschen Einrichtung in Erlangen zu der Francke’schen Anstalt her.

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pietistische „tiefe religiöse Bewegung“,2725 die nach Walter/Jung nicht nur „… Auswirkungen auf die Theologie, … [sondern] auch auf die allgemeine Kultur- und Geistesgeschichte“ hatte,2726 auch für diese ganz spezifischen, bergbaubezogenen Bildungseinrichtungen von Bedeutung? Diesen Fragen muss – wenn auch nur am Rande – nachgegangen werden, um die Entwicklung Bergschulwesens besser einordnen zu können. Das gesamte 18. Jahrhundert als Jahrhundert der Ideen und Programme war aber nicht nur von pietistischem Gedankengut geprägt. Auch andere geistige Strömungen und Theorien – wie die der Aufklärung, die von Walter/Jung als eine „ganz Europa und Nordamerika erfassende, sich auf die Kräfte des Menschen, insbesondere dessen Vernunft verlassende Geistesbewegung“ charakterisiert wurde – 2727 kennzeichneten diese Epoche. Schwarz Lausten schreibt über das Wirken der Aufklärung: „Sie war eine breite europäische Bewegung, die fast alle Bereiche des Lebens – Kultur, Wissenschaft, Religion – erfasste und sich nicht zuletzt auch im wirtschaftlichen Leben auswirkte“.2728 Nach Marquardt beeinflusste die Aufklärung „… in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts sämtliche Lebensäußerungen entscheidend …“2729 Für Kursachsen nach dem Siebenjährigem Krieg sollten die ökonomisch geprägten Ideen des Merkantilismus2730 bzw. Kameralismus2731 und der Aufklärung2732 besondere Bedeutung erhalten. 2725 So Gloria (Pietismus und Volksschule), S. 3, unter Bezug auf Bornkamm (Anfänge des Pietismus), S. 16. 2726 So Walter/Jung (Theologie), S. 24. 2727 Walter/Jung (ebd.), S. 27. Nach Bruns (Bedeutung der Realienkunde), S. 49, war der französische Aufklärer J.J. Rousseau (1712–1778) – neben dem Engländer J. Locke – der erste, „der die Ideen einer natürlichen Erziehung mit dem Geist der Aufklärung in Einklang zu bringen versucht(e)“. Die Aufklärer Locke und Rousseau galten auch als die „großen Anreger“ der Pädagogikreform des 18. und 19. Jahrhunderts. Vgl. dazu Herrmann (Pädagogisches Jahrhundert), S. 102, hier unter Bezugnahme auf Campes Werk „Allgemeine Revision“, S. XLIX. 2728 Schwarz Lausten (Kirchengeschichte), Abschn. 4 (o.S.). 2729 Marquardt (Geschichte der Industrieschule), S. 25, hier unter Benutzung der Kantschen Definition des Begriffs „Aufklärung“, in der er den „Ausgang des Menschen aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit“ sah. 2730 Nach Hasfeld (Berufsausbildung in Baden), S. 67, hier unter Bezug auf Peters (Grundlagen der Meoökonomie), S. 225 f., werden „… unter dem Begriff ‚Merkantilismus’ alle jene Wirtschaftskonzeptionen (subsumiert), in deren Mittelpunkt die Stärkung der nationalstaatlichen Wirtschaftsstrukturen durch protektionistische und dirigistische Maßnahmen“ stehen. 2731 Schöpfer (Berufsbezogene Bildung), S. 56, nannte den Merkantilismus ein „gesamteuropäisches“ und den Kameralismus ein „spezifisch deutschsprachiges Phänomen“, eine Wirtschaftstheorie und Wirtschaftspolitik des Frühkapitalismus, die „materialistische Seite der Aufklärung“. Nach Bruchhäuser (Berufsbildung), S. 405, ist Kameralismus die „… spezifisch deutsche(..) verwaltungstechnisch inspirierte(..) Variante des Merkantilismus“. 2732 Vgl. aus der umfangreichen Literatur zur Bedeutung der Aufklärung für das Bildungswesen jüngst Bruns (Bedeutung der Realienkunde), insb. S. 45–51.

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Merkantilismus bzw. Kameralismus zielten jeweils auf die Stärkung der einheimischen Wirtschaft, auf die „Hebung der Finanzkraft des Landesfürsten und die Entfaltung der Produktivkräfte der Volkswirtschaft“2733 als Grundlage für einen starken Staat ab. Eine prosperierende, von auswärtigen Einflüssen möglichst unabhängige Wirtschaft war gerade für das im Siebenjährigen Krieg geschundene Kurfürstentum Sachsen Voraussetzung für einen wirtschaftlichen Neubeginn. Justi formulierte in diesem Zusammenhang, die Ökonomischen und Kameralwissenschaften würden diejenigen Maßregeln an die Hand geben, „wie das allgemeine Vermögen einer Republik erhalten, vermehret und zu dem Endzweck ihrer Glückseeligkeit vernünftig gebraucht werden soll.“2734 Für diese „Hebung der Finanzkraft“ und die „Entfaltung aller Produktivkräfte“2735 benötigte man auch ein einigermaßen gebildetes Volk, selbst dessen unterster Schichten.2736 Bildung sollte als Triebkraft zur Stärkung der ökonomischen Basis dienen. Der Pietismus bediente – ob gewollt oder ungewollt – mit seinen Bildungsprämissen diese Seite wirtschaftlicher Entwicklungsnotwendigkeiten und stimmte hierin mit Ideen der Aufklärung überein. „Ein überschwängliches Vertrauen in die Fähigkeiten der menschlichen Vernunft und ein uneingeschränkter Optimismus führten zu rastloser Aktivität mit dem Ziel, die menschliche ‚Glückseligkeit’ zu fördern.“2737 Nach Schwarz Lausten betrachtete aber die Aufklärung die Dinge – auch das Wesen des Staates – im Gegensatz zum Pietismus vernunftgemäß und nicht religiös.2738 Die am Nützlichkeitsdenken orientierte, bereits im Rahmen des elementaren Schulwesens durchzuführende Berufsausbildung sollte u. a. einem Anstieg der Produktion im Handwerk dienen und dabei gleichzeitig einen Beitrag zur

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Schöpfer (Berufsbezogene Bildung), S. 57. Justi (Abhandlung von den Kameral-Wissenschaften), S. 5. Vgl. hierzu Schöpfer ((Berufsbezogene Bildung), S. 56. Bildung auch den „ungelehrten“ Klassen zu vermitteln, vertrat in der Zeit des Wirkens Franckes v. a. auch der Philosoph Christian Thomasius, der andererseits Zweifel an der Wirksamkeit pietistischer Erziehungsmethoden, nach denen in einer ständigen Wiederholung des Gelernten die „wahre Gottseligkeit“ zu erlangen sei, äußerte. Vgl. dazu Heubaum (Geschichte des deutschen Bildungswesens), S. 110. Vgl. zur Erlangung der Gottseligkeit auch Francke (Kurzer Unterricht), insb. S. 60 f. 2737 Schwarz Lausten (Kirchengeschichte), Abschn. 4 (o.S.). Zu den durchaus verschiedenen Standpunkten führender Theologen und Philosophen der Aufklärung – wie Wolff, Kant, Voltaire oder Rousseau – und den Wegen zum Erreichen dieser „Glückseligkeit“ wird auf die umfangreiche Literatur zur Aufklärung verwiesen. 2738 Vgl. dazu Schwarz Lausten (ebd.). Schon englische Aufklärungstheologen wie John Toland (1670-1722) und Matthew Tindal (1656-1733) hatten Auffassungen von der Existenz einer «natürlichen Religion» – unabhängig von der (christlichen) Vorstellung einer göttlichen Offenbarung – die allen Menschen gemeinsam sei, vertreten. So ders. (ebd.).

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„Wohlfahrt“ des Staates leisten.2739 Justi propagierte in diesem Kontext die Idee, wonach „… jedermann einer vernünftigen Freiheit geniesse, und durch seynen Fleyss vermögend [hier im Sinne von „in der Lage“ – H.K.] sey, sich diejenigen moralischen und zeitlichen Güter zu erwerben, die er nach seinem Stande zu einem vergnügten Leben nöthig hat“.2740

D. h. nichts anderes, als dass nur durch den Fleiß des Einzelnen der Zustand dieser „Glückseligkeit“ erreicht werden könnte, was aber auch ein bestimmtes Maß an Bildung bedingte.2741 Die von den Merkantilisten/Kameralisten angestrebten Werte menschlichen Verhaltens wie „Arbeitsamkeit, Pünktlichkeit und Sparsamkeit“2742 entsprachen dabei genauso den ökonomischen Forderungen der Zeit wie der in den Erziehungsprogrammen des Pietisten Francke propagierte Fleiß des Einzelnen. Schöpfer formuliert in diesem Zusammenhang, dass sich „… allmählich eine Arbeitsgesinnung (entwickelte), welche den Müßiggang als schädlich und verachtenswert einstufte.“2743 Ob aber beide Strömungen „das Streben des Individuums nach Selbstständigkeit, Freiheit und Mitarbeit am religiösen und staatlichen Leben … (verkörperten und) … beide … wenig interessiert am kirchlichen Dogma und an der scholastischen Theologie der ‚reinen Lehre‘, infolgedessen nichtorthodox, antikleral und, zumindest anfänglich, konfessionell tolerant (waren)“,2744 wie dies Schlechte sah, muss hier dahingestellt bleiben. Wenigstens schien es jetzt möglich zu sein, den 2739 Vgl. zu dieser merkantilistischen Grundauffassungen und deren Umsetzung u. a. mit Hilfe schulreformatorischer Maßnahmen König (Reform der Lehrlingsausbildung), S. 173–176. Ganz in diesem Sinne hatte Groß – vgl. zu diesem den Unterabschnitt 6.2.2 – formuliert: „Es ist eine bekannte Wahrheit, dass eine vernünftige Erziehung der Jugend eine der vornehmsten Säulen sey, worauf die Wohlfahrt der Staaten ruht.“ Zitat nach Brödel (Erlanger politische Zeitung), S. 194. 2740 Justi (Staatswirtschaft), S. 66; zitiert nach Schöpfer (Berufsbezogene Bildung), S. 58. Vgl. dazu auch Brödel (Beruflicher Bildungsgedanke), S. 297, sowie Hunger (Fortbildungswesen), S. 131. Aus diesem Werk Justis sowie das anderer führender deutscher und französischer Reformer hatte Fritsch „wichtige Grundgedanken“ für die sächsische Staatsreform übernommen. So Schlechte (Pietismus und Staatsreform), S. 373. 2741 In diesem Sinne schuf Rousseau in seinem fünfbändigen Roman „Emile“ ein Erziehungskonzept zur Schaffung des gebildeten Menschen „in seinem Streben nach Utilitarismus und Glückseligkeit“. Bruns (Bedeutung der Realienkunde), S. 50. 2742 Schöpfer (Berufsbezogene Bildung), S. 59. Bruchhäuser (Berufsbildung), S. 406, sprach in diesem Kontext von der Betonung eines positiven Arbeitsverständnisses. 2743 Schöpfer (ebd.), S. 60. 2744 Schlechte (Pietismus und Staatsreform), S. 364. Derselbe nennt (ebd.), als weitere Beispiele von Gemeinsamkeiten „die starke Hervorhebung der Notwendigkeit praktisch-sittlicher Bewährung der Christen“, und den „lebhafte(n) Drang zu volkserzieherischer Betätigung unter Betonung der Realien ...“

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bestehenden Bruch zwischen Pietismus und Aufklärung zu überwinden, der durch die „Unvereinbarkeit von pietistischem und aufklärerischem Gedankengut“ eingetreten war.2745 Unmittelbar nach Ende des Siebenjährigen Krieges, als nach Strian „die hohe Zeit des Pietismus“ eigentlich vorbei2746 und es notwendig wurde, die Staats-, Gesellschafts- und Wirtschaftskrise zu überwinden, waren gesellschaftliche Bedingungen in Kursachsen entstanden, die führende Vertreter beider Strömungen in die Lage versetzten, die anscheinend unüberwindbaren Gegensätze ruhen zu lassen, um die Krisensituation zu bewältigen. Diente die Entwicklung der Fähigkeit, Texte zu lesen, bei den Pietisten vor allem dem Bibelverständnis, gehörte bei den Aufklärern bzw. Merkantilisten/Kameralisten die Lesefähigkeit zur grundlegenden Bildung des Volkes.2747 Gerade in den unter Bergaufsicht stehenden kursächsischen Gebieten war ein bestimmtes Maß an Bildung unabdingbar. Zur Durchsetzung des landesherrlichen Bergregals musste der kurfürstliche Beamtenapparat die in Bergordnungen formulierten Rechte, Pflichten und Freiheiten genau kennen und verstehen, den Ordnungsinhalt „beherrschen“, um diesen entsprechend auszulegen. Aber auch der „gemeine Bergmann“ bedurfte der elementaren Schul- bzw. einer gewissen fachlichen Grundbildung, denn er musste die z. T. komplizierten Ordnungen und Regelungen zumindest begreifen, um sie einzuhalten; vor allem aber musste er der Lage sein, mit den immer schwieriger werdenden technischen Bedingungen im Bergbau umgehen zu können. Zwischen der Führung eines Lebens unter dem Mantel pietistischer Frömmigkeit einerseits und den Bemühungen zur Umsetzung aufgeklärter Glückseligkeitsideen andererseits gab es tatsächlich Berührungspunkte. Gerade die ähnlichen Positionen, die die Reformkräfte der damaligen Zeit – Pietisten, Aufklärer und Merkantilisten/Kameralisten – in Bezug auf die unbedingt notwendige Verbesserung der allgemeinen Schulbildung bzw. der beruflichen Ausbildung von Fachkräf-

2745 So Strian (Heinrich XXIV und hallischer Pietismus), Bd. 1, Textteil S. 126. Zu diesem Bruch war es vor allem durch die von Francke initiierte Vertreibung des aufgeklärten Philosophen Christian Wolff von der Universität Halle im Jahre 1723 gekommen – vgl. dazu Strian (ebd.) – wozu nach Walter/Jung (Theologie), S. 28, Wolffs Auffassung beigetragen habe, dass auch Nichtchristen „ein moralisch gutes Leben führen“ könnten. Schlechte (Pietismus und Staatsreform), S. 365, sah diesen Bruch allerdings „erst in späterer Zeit, … nicht vor der Mitte des 18. Jhs.“ 2746 So Strian (ebd.), S. 127, die den „sinkenden Einfluß der Erneuerungsbewegung“ bereits nach dem Tode der „Leitfigur“ des Pietismus, August Hermann Franckes, konstatiert. Aber in Kursachsen des letzten Drittels des 18. Jahrhunderts war eine Reihe wichtiger „staatlicher“ Funktionen von Pietisten besetzt. 2747 Vgl. zu den grundlegenden kameralistischen Positionen in diesem Zusammenhang Ladwig (Traditionen wissenschaftlicher Ausbildung), S. 14 f.

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ten und der „Erziehung zur Arbeit“ einnahmen,2748 konnte trotz vorhandener unterschiedlicher „Überzeugungen“2749 eine verbindende Klammer zwischen den geistigen Strömungen der Zeit bilden.2750 So wie der Pietismus zuvor das allgemeine Schulwesen beeinflusst hatte, sollten sich nun die Ideen des Merkantilismus/Kameralismus vor allem auf die Entwicklung der beruflichen Ausbildung auswirken. Von Vertretern des Letzteren war im 18. Jahrhundert wiederholt eine Reform der überwiegend zünftig organisierten Berufsbildung gefordert worden. Berufsbildung sollte danach als eine „genuine Aufgabe“ des modernen Staatswesens betrachtet werden.2751 Inhalt dieser Reformvorschläge waren u. a. neue berufsvorbereitende2752 bzw. berufsbegleitende Ausbildungsformen, die weitgehend schulisch organisiert werden sollten.2753 Allerdings blieben die geäußerten Reformideen in Hinsicht auf Verbesserungen der Berufsbildung oftmals unverwirklicht. Nach Bruchhäuser gingen die namentlich von Johann Joachim Becher, Johann Heinrich Gottlob Justi, Georg Heinrich Zincke oder Paul Jacob Marperger entworfenen Modelle2754 „… über ihre literarisch vorgetragene bildungsökonomische Programmatik nicht hinaus.“2755 „…Auch im deutschen Raum lassen sich eine Vielzahl von Beispielen anführen, nach denen Männer der politischen Praxis [hier v. a. der Verwaltung – H.K.] sich den Fragen von Schulwesen, Pädagogik und Bildung zuwandten und damit nachwiesen, dass diese Gegenstände weit vor jenem Zeitpunkt, als die Pädagogik zum eigenständigen universitären Fach avancierte und die Bildung als Begriff entstand, längst einen zentra2748 Die in den neugeschaffenen regierungsähnlichen Gremien in Kursachsen sitzenden führenden Vertreter der Pietisten und Kameralisten stimmten offensichtlich darin überein, dass sich nur durch ein einigermaßen gebildetes Volk die wirtschaftliche Krise des Landes überwinden ließ. Nach Moderow (Volksschule), S. 71, ebd., „… gingen in der Praxis verschiedene Spielarten der Aufklärung und des Pietismus … ineinander über“ und ders. (ebd.), Anm. 144, „… konnte (sich) der Pietismus … zeitweise mit der Aufklärung verbünden.“ 2749 Nach Walter/Jung (Theologie), S. 28, „(waren) [trotzdem] auch die inhaltlichen Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Bewegungen … groß“. 2750 In diesem Sinne argumentiert auch Schöpfer (Berufsbezogene Bildung), S. 61, hier unter Bezug auf die an den Klöppelschulen stattfindende Arbeitserziehung. 2751 So nach Bruchhäuser (Berufsbildung), S. 405. „Die berufspädagogischen Konsequenzen merkantilistischen Denkens …“ hätten „letztlich zur Verschulung; vom ehrbaren Handwerker … zum brauchbaren Staatsbürger, dessen berufliches Handeln auf das Staatswesen bezogen (war)“, geführt. Ders. (ebd.), S. 406. 2752 Vgl. zur damaligen „Diskussion um berufsvorbereitende Schulen“ Stratmann (Krise der Berufserziehung), S. 215–220, der zugleich die wichtigsten Reformkonzepte von Zincke, Hecker, Justi, Mohl und Snethlage erwähnt. 2753 Bruchhäuser (Berufsbildung), S. 405, nennt diese Bemühungen die „Verschulung der Berufsbildung“. 2754 Vgl. zu deren Modellversuchen den folgenden Abschnitt 5.2. 2755 Bruchhäuser (Berufsbildung), S. 405.

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len Gegenstand der intensiven Reflexion innerhalb des staatlich-praktischen Rahmens bildeten.“2756

Sieht man sich die Überlieferung der Freiberger Bergverwaltung über die Etablierung eines gesonderten Bergschulwesens, insbesondere die Konzeptionen Benno von Heynitz’ genauer an, wird man keine direkten Rückgriffe auf die in den philanthropischen Einrichtungen – oder „Werkstätten der Menschenfreunde“, wie sie Basedow einmal nannte –2757 umgesetzten aufgeklärten Positionen finden, selbst wenn z. B. eines der Hauptwerke Basedows, „Das Methodenbuch für Väter und Mütter der Familien und Völker“, zum wissenschaftlich-literarischen Altbestand der Bergakademie gehörte und deshalb dem Freiberger Berghauptmann als Initiator des Bergschulwesens sicherlich bekannt gewesen ist.2758 Auch eine direkte Auswirkung philanthropischer Unterrichtsmethoden, wie sie von der Forschung für höhere Schulen oder einige Handelsschulen ermittelt wurden,2759 war auf das Bergschulwesen nicht festzustellen. Da die innerhalb des kursächsischen Bergschulwesens eingesetzten Lehrkräfte zwar in der Regel eine an der Bergakademie erworbene fachliche Qualifikation, nicht aber eine pädagogische Ausbildung bzw. psychologische Schulung besaßen, dürfte ihnen ein entscheidendes Moment philanthropischer Lehrvoraussetzungen, nämlich dasjenige, das die „… Neugier und Ermutigung von eigenen Erkundungen und Erprobungen“ bei ihren Schülern hätte wecken können, gefehlt haben.2760 Das bis dahin existierende System von elementarer Schulbildung und weitgehend zunftgebundener Berufsbildung war ganz offensichtlich nicht geeignet, den für Handwerk und Gewerbe geeigneten Nachwuchs auszubilden.2761 Auf die Mängel der bis dahin erfolgten Kindererziehung überhaupt eingehend, hatte Justi im Jahre 1755 formuliert: „Alles, was wir den Kindern des Pebels beybringen lassen, ist ein wenig Christenthum, und, wenn es hoch kommt, Lesen, Schreiben und

2756 Menk (Bildungswesen deutscher protestantischer Territorien), S. 71. 2757 Basedow (Philanthropinum), S. 84. Zitat nach Neugebauer (Niedere Schulen und Realschulen), S. 262. Da beide „Bewegungen“, d. h., die schulreformatorische Bewegung des Philanthropismus und des Bergschulwesens nahezu zeitgleich entstanden waren, muss man von einer unabhängig voneinander begonnenen Entstehungsphase ausgehen. 2758 Nach Trögel (Benno von Heynitz), S. 11, besaß der „Gutsherr“ Benno von Heynitz pädagogische Schriften sowohl von Basedow, aber auch von Rochow und Campe. 2759 Vgl. dazu Neugebauer (Niedere Schulen und Realschulen), S. 272 f. Bei dem Bergschulwesen handelte es sich aber ähnlich wie beim Philanthropinum in Dessau in gewisser Weise um eine „Experimentalschule“ – so bezeichnete Herrmann (Erziehung und Bildung), S. 106, Letzteres. 2760 Neugebauer (ebd.), S. 273. Letzteres dürfte, wenn überhaupt, im Schulkonzept der Bergverwaltung nur eine untergeordnete Rolle gespielt haben. 2761 Vgl. dazu die Feststellungen in der Präambel im Edikt Friedrichs I. vom 25. August 1708, die Simon (Fachbildung des Preußischen Gewerbestandes), S. 612 wiedergibt.

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Rechnen.“2762 So verstärkte sich seit dem beginnenden 18. Jahrhundert die Suche nach neuen Bildungsformen. Für diese spielte vor allem der Pietismus Franckescher Prägung eine besondere Rolle. Neben der Erkenntnis von einzuführenden Verbesserungen bei der höheren Ausbildung an den Universitäten,2763 den neugegründeten gelehrten Gesellschaften2764 und wissenschaftlichen Akademien bezog sich die Zeitkritik vor allem auf eine Reform der noch aus dem 16. Jahrhundert überkommenen (elementaren) Schulbildung bzw. der meist zunftbasierten Berufsbildung. Insbesondere Letzteres, das antiquierte Berufsbildungswesen, unterlag der zeitgenössischen Kritik.2765 Hierin begegneten und ergänzten sich die Ideen der führenden Vertreter der verschiedenen geistigen Strömungen dieser Zeit.2766 Dabei ging es diesen führenden Reformkräften nicht um Bildung schlechthin, sondern um eine Form praxisbezogener Ausbildung, an der möglichst alle Schichten der Bevölkerung teilhaben sollten und die man zugleich zielgerichtet zur ökonomischen Stärkung des Landes einsetzen konnte.2767 Die dazu erforderliche am (zukünftigen) Berufsleben orientierte Bildung erfolgte bis dahin weder innerhalb der „höheren“, noch der elementarbildenden Schulen;2768 an ihnen wurde die Jugend, wie es Justi formulierte, „mit keinem Wort von demjenigen unterrichtet, was sie einmal in dem bürgerlichen Leben nötig …“ haben würde.2769 Der sozialpädagogische Erziehungsansatz der Pietisten war mit der Zielstellung der Kameralisten zu verknüpfen, die Bevölkerung vor allem zu solchen Arbeiten heranzuziehen, die die Wohlfahrt des Staates fördern helfen könnte. Für die Position der Kameralisten zu dieser Notwendigkeit einer praxisbezogenen Ausbildung lieferte wiederum Justi eine „einschlägige“ Begründung:

2762 Justi (Abhandlung von den Kameral-Wissenschaften), S. 16. Als er dies schrieb, war Justi gerade vom Kurfürsten zu Braunscheig-Lüneburg zum „Oberpoliceycommissarium“ bestellt und es ihm erlaubt worden, an der Universität Göttingen – vgl. zu dieser Hunger (Fortbildungswesen) – Ökonomische- und Kameral-Wissenschaften zu lesen. Vgl. ders. (ebd.), S. 17. 2763 Vgl. dazu grundlegend Albrecht (Geschichte der Bergakademie). 2764 Eine Übersicht der in Kursachsen in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts gegründeten Gesellschaften findet sich bei Kötzschke/Kretzschmar (Sächsische Geschichte), S. 292. 2765 Vgl. dazu auch Bruchhäuser (Berufsbildung), S. 405, hier unter Bezug auf die zeitgenössischen Kritiker wie Schröder und Zincke. 2766 Bruchhäuser (Berufsbildung), S. 407, hob in diesem Zusammenhang vor allem „die bildungsökonomische Kritik der Merkantilisten an der Ineffizienz vorhandener Ausbildungsformen“ sowie die „utilitaristische Kritik von Pietismus und Philanthropismus am mangelnden Realbezug vorhandener Schulzustände“ hervor. 2767 Vgl. dazu Dittrich-Jacobi (Pietismus und Pädagogik), S. 80 f. 2768 Vgl. dazu Justin (Berufsgrundbildung), S. 18. 2769 Justi (Staatswirthschaft), 2. Aufl. Bd. 1, S. 316. Zitat nach Justin (Berufsgrundbildung), S. 18.

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„Was koente man nicht hier dem gemeinen Wesen vor Nutzen stiften …, wenn man die Kinder in ihren kuenftigen, dem gemeinen Wesen schuldigen, Pflichten, in den ersten Gruenden der Haushaltungskunst, in dem Wesentlichen der Manufacturen und Handwerke unterrichten und wenn man ihnen ein Genie zu Commercien und Gewerben …, und eine Begierde sich darinnen hervorzuthun beybringen wollte?“2770

In diesen Kontext muss auch Justis Forderung in Bezug auf die zu seiner Zeit in verschiedenen Intelligenzblättern üblichen „gelehrten Abhandlungen“ eingeordnet werden. Justi schrieb: “Hier [in solchen „gelehrten“ Schriften – H.K.] sollten keine andere Abhandlungen Platz finden, als sie zum Vortheil der Commercien, der Manufacturen, der Fabriken, der Handwerke, des Ackerbaues, der Viehzucht und anderer Stadt- und Landnahrungsgeschaefte gereichen, oder die sonst zum Besten des Nahrungsstandes und des buergerlichen Lebens etwas beytragen koenten.“2771

Aber Justi ging noch weiter. Indem er formulierte, die auf „niedern Schulen“ vorbereitete Jugend habe „dereinst als Bediente des Staates[!] und rechtschaffene Bürger dem gemeinen Wesen nützliche Dienste zu leisten …“,2772 räumte er zumindest die theoretische Möglichkeit der Überwindung der durch Geburt und Herkunft vorgegebenen Gesellschaftsschranken ein.2773 Noch konkreter auf die besonderen Bedingungen im Bergbau und die daraus resultierenden Anforderungen an eine bergmännisch orientierte Fachbildung bezogen äußerte sich der „Hochfürstlich-hessische“ Bergrat und Professor an der Universität Gießen, Friedrich August Cartheuser, in seiner Schrift „Grundsaetze der Bergpoliceiwissenschaft“.2774 In dieser betonte er, dass es zwar nicht an Lehrbüchern der Polizei- und Kameralwissenschaft mangeln würde, fast sämtliche bis dahin erschienenen Werke den Gegenstand des Bergwesens allerdings sehr unvoll2770 Justi (Abhandlung von den Kameral-Wissenschaften), S. 16. Diese Schrift wie auch weitere staatspolitische und ökonomische Abhandlungen Justis gehörten zur Grundausstattung der Wernerschen Bibliothek und waren damit den führenden Kräften des Oberbergamtes und der Bergakademie zugänglich. 2771 Justi (ebd.), S. 17. 2772 Justi (Staatswirtschaft), S. XIII f. Zitat nach Brödel (Beruflicher Bildungsgedanke), S. 324. 2773 Die Überwindung gesellschaftlicher Standesschranken mittels einer entsprechenden Bildung gelang im Untersuchungszeitraum tatsächlich einigen wenigen Schülern der kursächsischen Bergschulen. So hatten die späteren Professoren der Bergakademie, Karl Friedrich Plattner, Johann Eduard Heuchler, Moritz Ferdinand Gätzschmann und Julius Ludwig Weisbach ihre Laufbahn an der Freiberger Bergschule begonnen. Der ebenfalls nicht übliche berufliche und wissenschaftliche Werdegang Johann Friedrich Lempes basierte auf dessen eigenem Studienfleiß sowie auf der Protektion seines Förderers, von Charpentiers. Ungeachtet dessen blieb es auch ausgangs des 18. Jahrhunderts bei Standesvorrechten des Adels, insb. bei der Besetzung höherer Ämter. Vgl. dazu Schmidt (Staatsreform in Sachsen), S. 26–28. 2774 Vgl. dazu grundsätzlich Cartheuser (Grundsätze der Bergpolizeiwissenschaft).

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ständig abhandeln würden.2775 Neben der Darstellung des Nutzens und der Vorteile, die der Bergbau seiner Auffassung nach einem Land bzw. dessen Landesherrn verschaffen könnte,2776 forderte Cartheuser auch eine Verbesserung der Ausbildung im Bergwesen, wobei er streng zwischen Bergleuten und zukünftigen Bergbeamten unterschied: „Ohne eine(..) hinlaengliche(..) Anzahl geschickter und erfahrner Bergleute oder Bergarbeiter kann der Bergbau nicht unternommen und betrieben werden“, formulierte Cartheuser, die Notwendigkeit der bergmännischen Bildung betrachtend.2777 Diese „geschickten“ Bergleute könnten seiner Meinung nach zunächst aus Ländern, in denen Bergbau „starck getrieben wird“,2778 bezogen werden. Nach und nach aber sollte jedes Land seine Bergarbeiter selbst heranziehen,2779 wozu Cartheuser auch die Errichtung einer Bergakademie – nach sächsischem Vorbild[!] – empfahl.2780 Die aufgeklärten Ideengeber des 18. Jahrhunderts hatten erkannt, dass eine beinahe ausschließliche elementare Wissensvermittlung in den Lehren des Christentums bzw. einfache Leseübungen in den deutschen Dorfschulen nicht mehr den gestiegenen Bildungsanforderungen der Zeit gerecht wurden. Im Fokus der Kritik führender Vertreter des Merkantilismus z. B. stand vor allem das fortschrittsfeindliche Zunftwesen,2781 welches sich im Untersuchungszeitraum sowohl der Einführung technischer Neuerungen als auch der Verbesserung seines Ausbildungssystems häufig widersetzte.2782 Die Armut vieler Städte und Dörfer erforderte, neue Wege zu beschreiten, um Bildung tatsächlich zum Gemeingut werden zu lassen. Dabei spielten die schon erwähnten neuentstandenen Waisen- und Arbeitshäuser Fran2775 Cartheuser (ebd.), Vorrede) [o.S.]. Diese Analyse Cartheusers traf vollkommen zu. 2776 Vgl. dazu Cartheuser (ebd.), „Erstes Kapitel Vom Nuzen des Bergbaues“, S. 7–22. 2777 Cartheuser (ebd.), S. 103. Cartheuser hob damit vermutlich als einer der ersten Kameralisten seiner Zeit ganz konkret die Notwendigkeit einer Verbesserung der bergmännischen Ausbildung hervor. 2778 Cartheuser führte dazu an erster Stelle innerhalb Deutschlands das „Meißnische Ertzgebuerge“ auf – vgl. Cartheuser (ebd.), S. 104. 2779 Vgl. Cartheuser (ebd.), S. 104. Viele von Cartheusers Vorstellungen waren allerdings zu diesem Zeitpunkt im Kurfürstentum Sachsen bereits verwirklicht, so die Errichtung einer Bergakademie – vgl. ebd., S. 137 – was vermuten lässt, dass Cartheuser die Bildungssituation in Kursachsen bereits vorher studiert hatte. Auch seine Darstellungen zu den Funktionen des Oberbergamtes (ebd.), S. 142–147, lassen diesen Schluss zu. 2780 Vgl. Cartheuser (ebd.), S. 134, 137. 2781 Wehrmeister (Fortbildungsschule), S. 37, formulierte dazu für die Verhältnisse in Sachsen im 1. Drittel des 19. Jahrhunderts(!): „Die Herrschaft der Zünfte war zum Hemmnis für den … erhofften Aufschwung des gewerblichen Lebens des Landes geworden.“ 2782 Noch im 18. Jahrhundert galt z. B. die Wanderschaft ausgebildeter Lehrlinge in einer Reihe von Handwerksberufen als einzige Möglichkeit, eine fehlende Qualifizierung vor Ort wettzumachen, galt als „Hochschule des Handwerks“. Vgl. dazu Reith (Arbeitsweise im Handwerk), S. 109 f., 204 f.

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ckescher Prägung bzw. Schulmodelle, in denen „Realien“ vermittelt werden sollten, eine besondere Rolle.2783 Während es aber an den Knappschaftlichen Schulanstalten nur um eine spezifische Form des Elementarunterrichts ging, die weniger neue Bildungsvorstellungen voraussetzte, bedeutete die Installation des Komplexes der (kursächsischen) Bergschulen im eigentlichen Sinne – also der SRZ-Schulen im oberen Erzgebirge und der (Freiberger) Lempe-/ Goldberg’schen ZR-Schule – eines hohen Maßes an innovativen Ideen­. Konnte das sächsische Oberbergamt für die von ihm ins Leben gerufenen Bergschulanstalten auf frühere bzw. auswärtige Vorbilder zurückgreifen oder handelte die Behörde hier auf der Grundlage eigener Erkenntnisse? Um dies zu beantworten, ist es erforderlich, sich insbesondere den sogenannten Realschulen des 18. Jahrhunderts zuzuwenden, um deren Wirkungen auf die deutsche Schullandschaft bzw. eine ggf. vorhandene Vorbildwirkung auf das kursächsische Bergschulwesen zu untersuchen.

6.2. Realienschulen des 18. Jahrhunderts als Grundlage für schulreformatorische Maßnahmen in Sachsen 6.2.1 Erste Realienschulideen und -modelle der handwerklich-gewerblichen Ausbildung

Bereits im 17. und nahezu das gesamte 18. Jahrhundert hindurch hatten sich Vertreter des Pietismus, der Aufklärung bzw. des Merkantilismus/Kameralismus über notwendige Reformen sowohl der allgemeinen Schulbildung als auch der der beruflichen Ausbildung geäußert. Eines der vielleicht bekanntesten Beispiele für solche erfolgreiche Reformen des allgemeinen oder elementaren Schulwesens in Deutschland, auf das hier aber nicht näher eingegangen werden kann,2784 da es für den Untersuchungsgegenstand nur geringe Bedeutung besaß, war die ausgangs des 18. Jahrhunderts von dem preußisch-märkischen Rittergutsbesitzer Friedrich Eberhard

2783 Die vermutlich früheste Form der Realienvermittlung im niederen Schulwesen fand bereits in der Mitte des 17. Jahrhunderts in Herzogtum Sachsen-Gotha statt und hatte sogar in die dortige Schulordnung, den „Schulmethodus“ von 1642, Eingang gefunden. Vgl. dazu Neugebauer (Niedere Schulen und Realschulen), S. 223, sowie die dortigen Literaturhinweise. 2784 Auch auf die in Kursachsen zu Beginn des 18. Jahrhunderts unternommenen Versuche, einen zeitlich eingeschränkten Unterricht – nach Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 103, dauerte der Unterricht an ihnen nur fünf Jahre – den Ärmsten (deshalb Armenschulen) zu vermitteln, kann an dieser Stelle nicht eingegangen werden. Zwei solcher Schulen hatte der Pfarrer der Dresdner Kreuzkirche, Superintendent und Assessor am Oberkonsistorium, D. Val. E. Löscher, 1711 in Dresden eröffnet. Vgl. dazu grundsätzlich Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens in Sachsen), S. 60–71, hier S. 62 f.

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Rochow2785 auf seinem Gut Reckahn 1773 ins Leben gerufene Dorfschule, an der ein verbesserter und über das bis dahin Übliche hinausgehender Unterricht für die Kinder seiner Untertanen vermittelt wurde.2786 Rochows Dorfschule entwickelte sich bald zur Pilgerstätte für Pädagogen aus dem In- und Ausland.2787 Bei einigen der unterbreiteten Vorschläge und Pläne, mit denen Reformen des Bildungswesens verfolgt wurden, handelte es sich um sogenannte Realschulmodelle,2788 die in die Bildungsgeschichte eingegangen sind.2789 Dabei ging es bei diesen „Realschulen“2790 um eine auf die Ausbildung von „Realien“2791 ausgerichtete Schulform, die zwar über den elementaren Unterricht hinausführte,2792 trotzdem aber Be2785 Rochow war neben Basedow sicher einer der bekanntesten Schulreformer am Ende des 18. Jahrhunderts. Er hat später (1792) Mirabeaus „Discurs über Nationalerziehung“ ins Deutsche übersetzt, ein Titel, der auch Bestandteil der „Wernerschen Bibliothek“ der Bergakademie war. Rochow soll als Erster den Begriff „Volksschule“ geprägt haben. Vgl. dazu Bruns (Bedeutung der Realienkunde), S. 74. 2786 Vgl. zum Niveau der Ausbildung an dieser Schule sowie Rochows Schulreformen grundlegend Heinemann (Schule im Vorfeld), insbes. S. 111–140. Vgl. dazu und den Parallelen der durch Benno von Heynitz’ in seiner Grundherrschaft in Miltitz 1793 durchgeführten Schulreformen grundlegend Trögel (Benno von Heynitz). Dessen (elementare) Dorfschule stellte nach dems. (ebd.), S. 32, eine Ausnahme in der kursächsischen Schulentwicklung dar; ihr Unterrichtsinhalt ging z. T. erheblich über den anderer deutscher Dorfschulen hinaus. 2787 Vgl. hierzu insbesondere Bruns (Bedeutung der Realienkunde), S. 72–74, sowie Neugebauer (Niedere Schulen und Realschulen), S. 266–268. 2788 Grundlegend sei hierzu auf Justin (Berufsgrundbildung) sowie Mentzel (Pietismus und Schule) verwiesen. Die Notwendigkeit eines Realienunterrichts im 18. Jahrhundert, dem „Zeitalter der Emanzipation der Wissenschaften“ – so Bruns (Bedeutung der Realienkunde), S. 17 – hat ders. (ebd.), insb. S. 8–18, S. 45–51, herausgearbeitet. 2789 Allerdings darf trotz aller Euphorie hierüber nicht vergessen werden, dass es eine Überleitung solcher pädagogischen Modelle in die Praxis „nur ganz selten ­– faktisch nie“ gab (Töpfer (Bildungsgeschichte), S. 218. Die meisten der Realschulideen des 18. Jahrhunderts existierten nur auf dem Papier und bereits Zeitgenossen hatten auf die große Diskrepanz zwischen den in Ideen verkündeten Zielen und Ansprüchen und den „… häufig eher begrenzten Ergebnissen…“ hingewiesen. Ders. (ebd.), S. 219, der hier auf entsprechende Erkenntnisse des Rektors des Bautzener Gymnasiums, Ludwig Friedrich Ernst Gedike, verweist. Nach Justi (Grundveste zu Macht und Glückseeligkeit der Staaten), waren diese „Real-Schulen“ „doch nicht so eigentlich auf die Vorbereitung zu denen Handwerkern, Manufakturen und Künsten eingerichtet, als es erforderlich wäre“. Zitat nach Stratmann (Reform der Lehrlingserziehung), S. 221. 2790 Vgl. jüngst zur Geschichte der Realschule Keck (Realschule), sowie die dort, S. 16, Anm. 1, aufgeführte Literatur. Vgl. zu den Realschulmodellen auch Neugebauer (Niedere Schulen und Realschulen), S. 245–247, der deren Vorkommen insgesamt als regional stark begrenzt einschätzt. 2791 Ohne den Begriff zu verwenden, wurden nach Günther (Geschichte der Erziehung), S. 147, an dem neuen Schultyp „… jene Gegenstände gelehrt …, die über die Natur und das gesellschaftliche Leben unterrichteten, wie Mathematik, Physik, Geographie, Geschichte, Ökonomie, technisches Wissen und moderne Fremdsprachen.“ 2792 Deswegen wurden diese Schulen von Menk (Bildungswesen deutscher protestantischer Territorien), S. 92, als „Realienschule“ bezeichnet. In diesem Sinne auch Thyssen (Gewerbliche

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standteil des Systems der allgemeinen Schulbildung blieb. An ihnen nahm, insoweit sie von pietistisch beeinflussten Lehrkräften geleitet wurden, die Vermittlung christlicher Erfahrungen und Werte eine besondere Rolle ein.2793 Zielstellung der Bildungsbemühungen an ihnen dürfte, wie es Bruns einmal formuliert hat, gewesen sein, dass „… eine brave und untertänige Klasse [hier im Sinne der gesellschaftlichen Kategorie – H.K.] herangebildet … [wird]; eine Klasse, die durch die erworbenen ökonomischen Kenntnisse in der Lage … [war], ihre Lebenssituation menschenwürdiger zu gestalten.“2794 Nachdem im 17. Jahrhundert gleich mehrere Ideen eines realienbezogenen Unterrichts zu Papier gebracht worden waren,2795 potenzierten sich im 18. Jahrhundert die Bemühungen, einen solchen neuen Schultyp zu installieren.2796 Dieser sollte einen praxisorientierten Unterricht bieten, um die Kinder, die nicht studieren sollen oder können, auf eine etwaige spätere „Profession“, also einen Beruf (ein Handwerk oder Gewerbe), vorzubereiten. Für diesen neuen Schultypus finden sich in den Quellen und der Literatur zunächst die unterschiedlichsten Bezeichnungen; letztlich setzte sich für diese aber der nicht ganz korrekte Begriff „Realschule“ durch.2797 Dabei handelt es sich in der Entstehungszeit i. d. R. um einen eigenständigen Schultypus, einen ins letzte Schuljahr an einer deutschen- (oder lateinischen) Schule eingebundenen, praxisorientierten Unterricht. Dieser trug oft noch Modellcharakter oder existierte – wie bei Semlers „mathematischer Handwerksschule“ in Halle – nur wenige Jahre.

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Berufsschule), S. 127, dem die Einordnung dieses Schultypus in die damalige Schullandschaft offensichtlich schwerfiel, wählte er doch dafür – unter Zugrundelegung zu hoher Bildungzielstellungen – nach heutiger Terminologie Begriffe wie „Berufsfachschulen“, „Fachschulen“ oder „Fachkurse“. Die dagegen von Albrecht (Technische Bildung), S. 41, gefundene Bezeichnung „alte Realschule“ entspricht eher ihrer tatsächlichen Funktion. Dies dürfte für beinahe alle im 18. Jahrhundert umgesetzten Realschulmodelle gegolten haben, außer vielleicht beim Unterricht in den Philanthropien Basedows, in denen der Religionsunterricht eine eher untergeordnete Rolle spielte. Vgl. dazu Bruns (Bedeutung der Realien), S. 53. Bruns (ebd.), S. 81. Dabei dürfte es aber den meisten Pädagogen „… nicht um die Hinführung der niederen Schicht zu mehr Selbstständigkeit… zu Aufklärung oder gar zur politischen Reformierung ihrer bisherigen Lebensverhältnisse“ gegangen sein. Bruns (ebd.). Vgl. dazu Buchinger (Aufklärerische Reformbemühungen), S. 687 f., der den hier erwähnten Plan des Kameralisten Johann Joachim Becher (1635–1685) als eine „Art realistisch-technischer Gewerbeschule“ bezeichnet. Vgl. zu den Schulreformkonzepten (eines Ratke, Comenius oder Weigel) des 17./18. Jahrhunderts König (Reform der Lehrlingsausbildung), insb. S. 98–109. Auf frühe Ideen eines Comenius oder Weigel zur Etablierung eines auf Realien bezogenen Unterrichts hat auch Endres (Handwerk und Berufsbildung), S. 408, hingewiesen. Die Verwendung von Anführungszeichen soll deutlich machen, dass es sich zwar um eine Form schulischer Realienvermittlung handelte, nicht aber um die jüngere Realschule des 19. Jahrhunderts, wie sie von Leschinsky/Roeder (Schule im historischen Prozess), S. 184 f., beschrieben worden ist.

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In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts handelte es sich im Wesentlichen nur um drei (umgesetzte) Konzepte einer solchen schulischen Vermittlung von Realien, die in der wissenschaftlichen Literatur2798 immer wieder genannt werden – die Semler’sche „mathematische Handwerkerschule“ in Halle, das Groß´sche Schulmodell in Erlangen2799 und die Hecker’sche „Realschule“ in Berlin.2800 Erstere, die Semler’sche Schule, wird in der Literatur als die „erste deutsche Realschule für künftige Handwerker“2801 und das Groß’sche Projekt als der eigentliche „… Bahnbrecher einer eigenständigen Realschule in einem staatlichen Schulsystem …“ bezeichnet,2802 während die von dem Pietisten Hecker2803 1747 gegründete „Oekonomisch-Mathematische Real-Schule“,2804 noch heute als „erste preußische Realschule von dauerhaftem Bestand“,2805 der weitere Gründungen folgten,2806 gilt. Den in Angriff genommenen Schulmodellen ging in der Regel eine Kritik des existierenden elementaren Volksschulunterrichts und der damals meist zunftgebundenen2807 handwerklichen Berufsbildung, bei der der Lehrling „nur durch

2798 Wegen ihrer Vielzahl können hier nur einige wenige Werke in die Auswertung einbezogen werden. 2799 Im Gegensatz zur Semlerschen und Heckerschen Schule existiert zum Großschen Schulprojekt kaum Literatur. 2800 Vgl. zu dieser Entwicklung grundsätzlich Justin (Berufsgrundbildung), zum Hecker’schen Schulmodell auch Homann (Heckersche Realschule). Auf weitere in der Literatur erwähnte Schulmodelle, so des Jenaer Mathematikprofessors Weigel – dieser hatte nach Günther (Geschichte der Erziehung), S. 147, bereits 1691 eine „Kunst- und Tugendschule“ errichtet (einer von Weigels Schülern war Leibniz; vgl. ebd.) – Raue und Becher (vgl. zu diesen Justin (Berufsgrundbildung), S. 147 f., Anm. 41), kann hier nicht eingegangen werden. Vgl. dazu grundsätzlich auch König (Geschichte der Berufsbildung), insb. S. 181–188. 2801 Endres (Handwerk und Berufsbildung), S. 408. Justin (Berufsgrundbildung), S. 21, bezeichnet sie, unter Bezug auf Hoffman (Geschichte des Realschulwesens), S. 3, als erste Realschule, die diesen Namen führte. Vgl. dazu auch Leschinsky/Roeder (Schule), S. 174 f. 2802 So nach Buchinger (Aufklärerische Reformbewegungen), S. 689. 2803 Vgl. zur Vita Heckers Heubaum (Geschichte des deutschen Bildungswesens), S. 303–314. 2804 Homann (Heckersche Realschule), S. 15–17, datiert den Gründungsvorschlag Heckers zur Anlegung einer „mechanischen Real-Classe“ bereits auf den 19. Dez. 1746. Vgl. grundlegend zur Heckerschen Schule auch Mentzel (Pietismus und Schule), S. 123–148. 2805 So Homann (ebd.), S. 17. Auch Simon (Fachbildung des Preußischen Gewerbestandes), S. 615, sah in Hecker (und nicht in Semler) den Begründer der ersten deutschen Realschule. 2806 So in Prenzlau 1751, in Zossen 1757 oder in Stargard 1759. Vgl. dazu Bruchhäuser (Berufsbildung), S. 406. Brödel (Erlanger politische Zeitung), S. 198 f., führt weitere, der Heckerschen Schule folgende Realschulen auf, so „im Carolino“ zu Braunschweig. 2807 Vgl. grundlegend zur sozialen Rolle der Zunft und der Stellung der Handwerksmeister und dessen erzieherischer Funktion Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 37–40, sowie zur Stellung des Lehrlings gegenüber dem Meister ders. (ebd.), S. 39, Anm. 6, der hier auf Magdeburg (Die ständische Form der Handwerkererziehung) verweist.

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Nachahmung (lernte)“, voraus.2808 So übte z. B. der badische Staatsrat Joh. August Schlettwein an den damaligen berufsständischen Einrichtungen, in denen eine solche Berufsbildung stattfand, eine vernichtende Kritik.2809 Justi veranlassten die offensichtlichen Mängel des handwerklichen Ausbildungssystem sogar zu der drastischen Äußerung, es sei „... freylich zu wünschen [gewesen], … [wenn] die Innungen und Zünfte niemals eingeführet worden wären.“2810 Allein die „Nachahmung“ oder „Immitation“ vorgefundener handwerklicher Tätigkeiten2811 entsprach keineswegs mehr den Forderungen der Zeit,2812 wie dies auch die vom Mechaniker Leupold in Leipzig praktizierten Versuche, die „Technik der Kunstfertigkeit“2813 nicht allein durch Erfahrung und Übung, sondern im Rahmen einer wissenschaftlichen Ausbildung zu erlernen, belegen.2814 Die berufliche Ausbildung selbst beruhte zu dieser Zeit nach Justin auf einem überwiegend „... erzieherischen Umgang von Lehrling, Geselle und Meister ...“ und war gekennzeichnet vom Fehlen „... einer Unterweisung in der Schule ...“2815 König verneint in diesem Zusammenhang für die berufliche Ausbildung das Vorhandensein einer jeglichen „didaktisch-methodisch durchdachten Vermittlungsar2808 So Endres (Handwerk und Berufsbildung), S. 386. Vgl. dazu auch Hanschmidt (Elementarbildung und Berufsausbildung), S. 39. Ders. (ebd.), S. 40, nennt dies unter Bezug auf Stratmann (Geschichte der Berufserziehung), S. 156, die „Naturwüchsigkeit der Lehre“. 2809 Vgl. dazu Justin (Berufsgrundbildung), S. 9, sowie die bei Hasfeld (Berufsausbildung in Baden), S. 78–83, erfolgten Zitierungen aus Schlettweins Werken mit Bezug auf dessen Vorschläge zur Verbesserung der zunftgebundenen Handwerkerausbildung. 2810 Justi (Grundfesten), S. 481. Zitat nach Justin (Berufsgrundbildung), S. 144, Anm. 9. Ganz in diesem Sinne zitierte Jäckel (Im Banne Preußens), S. 107, Fritsch: „Die Innungen sind ein Unglück Sachsens und werden nur beybehalten um der großen und kleinen Zungendrescherey halber“. Weniger kritisch äußerte sich zwar der Zunftmeister der Fleischerzunft in Speyer, Johann Adam Weiß, in der 1792 ausgezeichneten Hamburger Preisschrift „Über das Zunftwesen und die Frage: Sind die Zünfte Beyzubehalten oder abzuschaffen?“, forderte aber zugleich die Meister auf, die Lehrlinge in der Ausbildung „zu eigener Überlegung und Fertigkeit im Nachdenken auch über die gemeinste[n] mechanische[n] Arbeiten und ihre Verbesserung …“ zu leiten. Zitat (gekürzt) nach Stratmann (Bedeutung der Zeichenschulen), S. 87. 2811 Hanschmidt (Elementarbildung und Berufsbildung), S. 40, führt unter den Arbeitsfeldern, bei denen diese nachahmende Berufsausbildung, das „learning by doing“ üblich wäre, die Landwirtschaft, die Garnspinnerei, aber auch das Bauhandwerk und die Seefahrt auf, nicht aber die geradezu typische bergbauliche Tätigkeit! 2812 Vgl. dazu die entsprechende Argumentation bei Hanschmidt (ebd.). 2813 So befürwortete Leibniz nach Heubaum (Geschichte des deutschen Bildungswesens), S. 72, die Gründung öffentlicher Handwerkerschulen u. a. damit, dass die Heranwachsenden in der Entwicklung ihrer Kunstfertigkeit nicht durch die Ausbildung bei einem Meister gehindert(!) würden. 2814 So sinngemäß Hiersemann (Technische Bildung), S. 170 f. 2815 Justin (Berufsgrundbildung), S. 8. Selbst nach Verabschiedung der „Reichszunftordnung“ von 1731 war zunächst keine vollschulische, von den Zünften losgelöste Berufsausbildung möglich. vgl. dazu König (Reform der Lehrlingsausbildung), S. 171.

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beit“ durch den Handwerksmeister.2816 Einer der Hauptkritikpunkte der Reformer an diesem Ausbildungssystem war der der Abhängigkeit des erwerbbaren beruflichen Fachwissens von den Erfahrungen der Meister bzw. älteren Zunftmitglieder und die daraus folgenden eingeschränkten Ausbildungsmöglichkeiten des jeweiligen Handwerksbetriebes. Justin bezeichnet dies als die „fachliche und pädagogische Unfähigkeit vieler Handwerksmeister“.2817 Damit war der Ausbildungserfolg von vielerlei Zufälligkeiten abhängig und hinsichtlich der Möglichkeiten, auf neue fachliche Anforderungen reagieren zu können, auch begrenzt.2818 Ein weiterer Kritikpunkt bezog sich auf die unzureichenden Möglichkeiten einer wirklichen Berufswahl. Weil weder die Auszubildenden selbst noch deren Eltern in der Regel imstande gewesen sein dürften, die Eignung und Neigung des Auszubildenden für einen bestimmten Beruf zu beurteilen, plädierten die Reformer dafür, die Berufsgrundbildung schon in den Schulen durchzuführen.2819 Die Aufgaben, die die jeweilige Zunft im Ausbildungskontext wahrzunehmen hatte, besaßen sowohl erzieherische und religiöse, aber auch „… soziale, politische, polizeiliche und wirtschaftliche Funktionen.“2820 Die Zünfte wehrten sich häufig gegen vorgesehene Verbesserungen der Lehrlingsausbildung, da sie dadurch das Zunftsystem als gefährdet ansahen und sehr wahrscheinlich auch finanzielle Einbußen befürchten mussten.2821 Durch diese Abwehrhaltung gelang es ihnen sogar längere Zeit, ihr „Monopol“ der Lehrlingsausbildung, das vor allem von führenden deutschen Philosophen, Kameralisten2822 und Pädagogen zum Teil einer harten Kritik unterzogen wurde,2823 zu sichern.2824 Auch im „Mandat, die General-Innungs-Artikel fuer Kuenstler, Professionisten und Handwerker … betreffend, vom 8. Januar 1780,2825 2816 2817 2818 2819 2820 2821

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König (ebd.), S. 178. Justin (Berufsgrundbildung), S. 10. Vgl. dazu Justin (ebd.), S. 8. Vgl. dazu Justin (ebd.), S. 16. Endres (Handwerk und Berufsbildung), S. 380, hier unter Bezug auf Wissel (Handwerks Recht und Gewohnheit), sowie Isenmann (Die deutsche Stadt). Vgl. dazu König (Reform der Lehrlingsausbildung), S. 51 f., der in diesem Zusammenhang den Nachweis darüber erbringt, dass der „Reichsschluss zum Handwerk vom 16. August 1731“ und die auf dessen Grundlage z. T. verabschiedeten Handwerkerordnungen dahingehend oftmals unwirksam blieben. Stellvertretend seien hier Johann August Schlettwein, Johann Heinrich Ludwig Bergius, Georg Heinrich Zincke und Johann Heinrich Gottlob von Justi genannt. Vgl. zu dieser Kritik Endres (Handwerk und Berufsbildung), S. 375. Vgl. zur Rolle der Zünfte als „totale(r) Lebensgemeinschaft“ bei der handwerklichen Ausbildung ders. (ebd.), S. 380– 395. Die berechtigte Kritik am antiquierten zunfthandwerklichen Ausbildungswesen des 17. und 18. Jahrhunderts hat in jüngerer Zeit Justin (Berufsgrundbildung), S. 7–20 ausgiebig analysiert und dabei auch auf die jüngeren Forschungsergebnisse bei Stratmann (Krise der Berufserziehung) verwiesen. Vgl. dazu König (Reform der Lehrlingsausbildung), S. 52. Abgedruckt und kommentiert in: Herold (Rechte der Handwerker).

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welches vor Aufnahme eines Lehrlings von diesem den Nachweis eines „fleißigen Schulbesuchs“ sowie ein entsprechendes Zeugnis des „Geistlichen des Orts“ verlangte, blieb die Durchschlagskraft anscheinend genauso versagt,2826 wie den entsprechenden Handwerker- bzw. Zunftordnungen, in denen ein abgeschlossener Schulbesuch ­– in Sachsen nach der Erneuerten Schulordnung von 1773 z. B. bis zum 14. Lebensjahr –2827 vor Aufnahme einer Handwerkerlehre gefordert wurde.2828 Noch um 1800 gab es in Deutschland keine einheitlich geregelten Zugangsvoraussetzungen für eine solche Lehrlingsausbildung, obwohl dies bereits über 50 Jahre früher, nämlich 1753, von Zincke gefordert worden war.2829 Da es dem System ganz offensichtlich einerseits an einer Methodik zur Vermittlung mathematisch-naturwissenschaftlicher und ökonomischer Grundlagen mangelte, andererseits die individuellen Entfaltungsmöglichkeiten und Selbstbestimmung der Auszubildenden auf Grund der Starrheit des Systems nahezu ausgeschlossen waren und wirkliche „… Talente und Fähigkeiten nie zu ihrer Reife kommen“ konnten,2830 ging es den Reformern nicht nur um eine Verbesserung der handwerklichen Ausbildung allgemein, sondern um z. T. völlig neue Ausbildungskonzepte unter Einschluss einer schulisch-theoretischen Bildung. Kameralistisch geprägte Reformer wie Johann Heinrich Gottlob von Justi sahen in der Bildung und Erziehung der Jugend eine Möglichkeit zur Entfaltung des Individuums, die wiederum zu deren Glückseligkeit, aber auch zum Wohlstand des Einzelnen sowie des Gemeinwesens beitragen konnte.2831 Unter Bezug auf die schon genannte Preisschrift Weißes formuliert Endres hierzu: „Nach der Vorstellung der Kameralisten konnte erst eine den utilitaristischen Zielsetzungen des Staates entsprechende Erziehung die ökonomische Entwicklung eines Territoriums … ermöglichen.“2832

2826 Vgl. dazu Hunger (Fortbildungsschulwesen), S. 130, und dort Anm. 2. 2827 Dem widerspricht allerdings, dass in einigen Handwerksberufen ein Meister seine eigenen Söhne zum Teil bereits vor dem 12. Lebensjahr ausbilden durfte, wozu ein Schulbesuch vorher abgebrochen werden musste. Vgl. hierzu die Beispiele für Augsburg bei Reith (Arbeitsweise im Handwerk), S. 101. 2828 Die Zünfte selbst scheinen dies oft missachtet zu haben. Vgl. dazu König (Reform der Lehrlingsausbildung), S. 54. 2829 Vgl. dazu König (ebd.), S. 55 f., hier unter Hinweis auf Zincke (Gedanken von Verkürzung und besserer Einrichtung der Lehr-Jahre), Bd. IX, S. 337. 2830 So Justin (Berufsgrundbildung), S. 8 f., unter Verweis auf Schlettwein (Von dem gemeinen Besten oder der … Wohlfahrt der Staaten), Bd. 2, S. 54. 2831 Vgl. dazu Endres (Handwerk und Berufsbildung), S. 406. 2832 Endres (Handwerk und Berufsbildung), S. 406, hier unter Hinweis auf Weiß (Preisschrift Zunftwesen). Ähnlich argumentiert auch Hasfeld (Berufsausbildung in Baden), S. 59–61, unter Bezug auf die Bildungspolitik Markgraf Karl Friedrichs in Baden-Durlach.

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Das handwerklich-gewerbliche, „zunftgebundene“ Ausbildungssystem war also ganz offensichtlich u. a. wegen seines starren Festhaltens am Hergebrachten, am „Brauchtum“,2833 an die Grenzen seiner Entwicklungsmöglichkeiten gekommen. Es waren Reformen des bisherigen Schul- und Ausbildungssystems notwendig, die Entwicklung einer völlig „neuen Art“ von Schulen mit dem inhaltlichen Schwerpunkt des Unterrichts in den sogenannten Realien.2834 Dies war zweifellos die Reaktion vor allem auf das Unvermögen der Zünfte, eine den gewachsenen Bildungsanforderungen des Gewerbes adäquate Ausbildung zu bieten, „die konkrete Antwort auf das durch die manufakturkapitalistische Entwicklung ausgelöste reale Bildungsbedürfnis der nicht studierenden Jugend …“2835 Mit den Realschulen verabschiedeten sich deren Initiatoren bewusst von den im Handwerk traditionellen Methoden einer fast ausschließlich auf Nachahmung beruhenden beruflichen Ausbildung. In dem hier besonders zu untersuchenden Bildungs- und Ausbildungswesen des kursächsischen Bergbaus hatte man sich spätestens seit dem vom kursächsischen Oberberghauptmann Abraham von Schönberg initiierten und 1702 vom Landesherrn eingerichteten Stipendiatengelderfonds2836 von der ausschließlich auf Nachahmung beruhenden Ausbildungsform verabschiedet. Ab da setzte – zunächst nur auf höhere Bergbeamte bzw. (technische) Spezialkräfte wie Markscheider oder Probierer beschränkt – eine wissenschaftlich fundierte Ausbildung ein. Je tiefer die Bergleute in das Gebirge vordrangen, um so komplexer wurden die Arbeitsvorgänge, um so anspruchsvoller z. T. die Fertigkeiten, die bei der „Fahrung“, Förderung und Bewetterung, bei der Herbeiführung benötigter Aufschlagwasser bzw. der Wasserhebung mittels Kunstgezeugen und Bergbaumaschinen von den in den Berggebäuden Beschäftigten beherrscht werden mussten; Analoges galt auch für die Verhüttungsarbeiten. Eine ausschließlich auf Erfahrungsweitergabe basierende Ausbildung, wie sie in den Zünften noch praktiziert wurde,2837 reichte im Montanwesen schon lange nicht mehr aus, um den für die Bergverwaltung selbst, aber auch die Berg- und Hüttenarbeit vor Ort vorhandenen Bedarf an Fachkräften zu repro2833 Da der Begriff eher der Brauchforschung zuzurechnen ist, wurde er hier in Anführungszeichen gesetzt. 2834 So Justin (Berufsgrundbildung), S. 18. 2835 Ulbricht (Arbeitserziehung), Zitat nach Mentzel (Pietismus und Schule), S. 123. Nach Schöpfer (Berufsbezogene Bildung), S. 59, der hier grundlegenden merkantilistische Positionen zusammenfasst, sollten durch die Berufsbildung das notwendige Wissen und die Fähigkeiten vermittelt werden, durch die eine Hebung der ökonomischen Leistungsfähigkeit eines Landes zu erreichen war. 2836 Der in diesem Zusammenhang für diesen Geldfonds oft im Sinne einer Institution verwendete Begriff „Stipendiengelderkasse“, an der angeblich Bildungswillige „studierten“, ist grundlegend falsch. 2837 Ganz in diesem Sinne stellt Schöpfer (Berufsbezogene Bildung), S. 61, fest, dass der Bergbau ganz im Gegensatz zur Zunft stand, wo die Zunftmeister z. T. schwören mussten, nichts Neues zu erfinden.

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duzieren.2838 Inwieweit hierbei die erwähnten Realienschulen und adäquate Projekte2839 als Vorbild für das zu entwickelnde kursächsische Bergschulwesen gedient haben könnten, lässt sich nur beantworten, wenn deren grundlegende Verfassung, deren Einbindung in das System von elementarer Schulbildung und beruflicher Grundbildung sowie die an diesen Schulen vermittelten Unterrichtsinhalte etwas näher beleuchtet werden. 6.2.2 Der Typus der berufsvorbereitenden bzw. berufsbegleitenden Realienschule

In dem ersten Schulplanentwurf aus dem Jahre 1705 sah Christoph Semler2840 in Ergänzung zu den „gemeinen deutschen Schulen“ die Errichtung einer „mathematische(n) Handwerksschule“ vor, in der man die Jugend auf eine spätere berufliche Tätigkeit vorbereiten wollte.2841 An ihr sollte, wie es Semler einmal formuliert hatte, der Jugend „eine sehr nützliche Praeparation zu ihrer künfftigen Handthierung“ verschafft werden.2842 Diese Semler’sche Zielstellung entsprach einer Forderung der Zeit, wie sie später (1746) auch in Zinckes „Sendschreiben“ erhoben wurde.2843 Semler sah in seiner dazu im Jahre 1705 veröffentlichten Schrift „Nützliche Vorschläge von Aufrichtung einer mathematischen Handwerckerschule …“ vor, dass „… allen denjenigen Knaben, die Handwerker lernen sollen, ein Jahr vorher, ehe sie auf´s Handwerk kommen, aus der Mathematic der Circul und Lineal, die Bewegungskunst und alle Arten derer Gewichte, Maasse und Münzen; und aus den mechanischen Künsten alle

2838 Vgl. hierzu jüngst Guntau (Rolle der Wissenschaften), S. 13–19. In diesem Kontext liefert Bartels (Frühneuzeitliches Montangewerbe), S. 318–322, eine Reihe von Beispielen des frühen Einsatzes wissenschaftlicher Kenntnisse im Bergmaschinenwesen des Harzes. 2839 Die diesbezüglichen Reformvorschläge fasst Endres a) in solche der Berufsvorbereitung, Berufsgrundbildung bzw. Berufsbegleitung, b) in die vollschulische Lehrlingsausbildung und c) in eine „rechtliche und didaktische Neuordnung der Wanderzeit zusammen. Endres (Handwerk und Berufsbildung), S. 407. 2840 Vgl. zu Semler die Literaturangeben bei Justin (Berufsgrundbildung), S. 149. 2841 Vgl. Näheres dazu bei Justin (Berufsgrundbildung), S. 22 f. Resewitz (Erziehung des Bürgers), Zitat nach Herrmann (Das 18. Jahrhundert), S. 553, beschrieb solche Realschulen als „Schulen zur Erziehung des erwerbenden, des durch mannichfaltige Geschäfftigkeit den Staat erhaltenden Bürgers“. 2842 Semler (Nützliche Vorschläge), Zitat nach Justin (Berufsgrundbildung), S. 24. Vgl. hierzu auch Endres (Handwerk und Bildung), S. 409. Semler hatte die in der Schulpraxis vollkommen ungenügende Vorbereitung der Jugend auf einen etwaigen zukünftigen Beruf erkannt. Vgl. Justin (ebd.), S. 22. 2843 Vgl. dazu Justin (Berufsgrundbildung), S. 16, Anm. 34, hier unter Bezug auf Zinckes „Sendschreiben“.

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Arten von Materialien, so die Handwerker verarbeiten, in natura vor Augen geleget und erkläret; auch die bei der Stadt verfertigte Meisterstücke gezeiget werden …“2844

In einem Gutachten formulierte die um Stellungnahme ersuchte Königliche Sozietät der Wissenschaften zu Berlin im Dezember 1706 zum Semler’schen Schulplan, dass es „… rathsam und thunlich sei, die Knaben, so zu Handwerkern sich begeben sollen, und bisshero meistentheils in nichts als höchstens in Lesen, Schreiben und Rechnen bei den teutschen Schulen unterwiesen worden, künftig bei einer gewissen Mechanischen Schule … unterweisen und abrichten zu lassen“.2845

Ungeachtet dessen betonte auch Semler die Notwendigkeit, in der Ausbildung stets den Bezug zu Religion und Frömmigkeit herzustellen, denn sein Unterricht sollte vor allem dem Zwecke dienen, dass „… die Wunder der Allmacht und Weisheit Gottes desto besser erkannt und gepreiset … werde(n)“ und die Jugend künftig „… Gott und den Nächsten“ besser zu dienen im Stande sei.2846 Als Pfarrer bzw. Inspektor einer „gemeinen teutschen Schule“2847 in Halle errichtete er schließlich 17082848 in Halle seine „Mathematische Handwerkerschule“ bzw. „Mathematische und Mechanische Real-Schule“.2849 Der Unterricht für die 12 bis 14-jährigen Schüler sollte nach Semlers Vorstellungen zweimal wöchentlich „zwischen 10 und 12 Uhr Vormittags und 4 und 6 Uhr Nachmittags, je nachdem es die Umstände fordern“ würden, stattfinden,2850 wobei die Kinder ihren „gewöhnlichen“ Unterricht im Christentum, Lesen, Schreiben und Rechnen keineswegs hätten versäumen 2844 Semler (Nützliche Vorschläge), S. 615. Zitat nach Simon (Fachbildung des Preußischen Gewerbestandes), S. 615. Hervorhebungen d. d. A. Vgl. zum Umfang der Semlerschen Realienausbildung, zu der auch die Vermittlung von Kenntnissen z. B. zu „Mühle, Bergwerk [und] chymisch(en) Laboratorien“ gehörten, Semlers „Frage- und Antwort-Dialog“ aus dem Jahre 1709 – Näheres dazu bei Bruns (Realienkunde), S. 28. 2845 Stellungnahme der Königlichen Sozietät der Wissenschaften zu Berlin vom 15. Dez. 1706, Zitat nach Simon (ebd.), S. 618. Hervorhebungen d. d. A. 2846 Semler (Nützliche Vorschläge), Zitat nach Simon (ebd.), S. 615 f. Simon (ebd.), S. 620, hebt die dem „Pietismus eigenthümliche, bei jeder Gelegenheit zur Schau getragene Frömmigkeit“ hervor, der sich auch auf den Unterricht selbst auswirken würde. 2847 So nach Keck (Realschule), S. 16. 2848 Vgl. dazu Endres (Handwerk und Berufsbildung), S. 408. Obwohl die Semlersche „Realschule“ in der Literatur schon wiederholt grundlegend untersucht worden ist – so zuletzt durch Justin (Berufsgrundbildung) und König (Reform der Lehrlingsausbildung) – ist man sich bis heute nicht über deren Gründungsjahr einig. 2849 Semler selbst verwendete diese unterschiedlichen Bezeichnungen für seine Schule, ein Beleg dafür, dass er mit seinen Projekten zum Teil wirkliches Neuland beschritt. Vgl. dazu auch Justin (Berufsgrundbildung), S. 26. 2850 Vgl. dazu Simon (Fachbildung des Preußischen Gewerbestandes), S. 616, hier unter Auswertung von Semlers „Nützliche(n) Vorschläge(n)“.

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dürfen.2851 Tatsächlich fand dann der Realienunterricht an der in Semlers Haus eröffneten Schule mittwochs und sonnabends jeweils 11 bis 12 Uhr für die ärmeren Kinder und 14 bis 15 Uhr für diejenigen, die „etwas geben“ konnten, statt.2852 Schwerpunkte des Unterrichts – zumindest hatte diese Semler so vorgesehen – sollten die „Mechanischen Künste“ bzw. die Mathematik bilden und aus diesen beiden Gebieten den Schülern „Alle Arten derer Materialien / so die Handwercker verarbeiten / in natura für Augen gelegt und erkläret“, aber auch vielfältige handwerkliche Tätigkeiten erlernt werden.2853 Darüberhinaus war die Fortführung des Unterrichts in den „Kulturtechniken“ und das Kennen lernen neuer Fächer – wie z. B. Geographie – vorgesehen.2854 Den Unterricht an seiner neuen Bildungseinrichtung hatte Semler als ergänzenden Bestandteil des gewöhnlichen (elementaren) Schulunterrichts an der von ihm geleiteten deutschen Schule konzipiert; de facto erhielten aber die hier unterrichteten Schüler innerhalb des letzten Schuljahres an der deutschen Schule einen auf die Vorbereitung einer zukünftig auszuübenden „Profession“ ausgerichteten Fachunterricht. Justin bezeichnete deshalb die an der Realienschule Semler’schen Typs vermittelte „einjährige Vorbereitung auf die handwerklichen Berufe …“ zu Recht als eine der der „beruflichen Fachausbildung zeitlich wie didaktisch vorausgehende, ihr aber zugeordnete Grundausbildung …“2855 Schulorganisatorisch blieb sie aber dennoch Bestandteil des Elementarschulunterrichts.2856 Obwohl die Semler’sche Einrichtung nur bis 1710 Bestand hatte,2857 sollte sie 20 Jahre später von einem anderen Reformer – nämlich dem kursächsischen Hof- und Kommerzienrat Paul Jacob Marperger,2858 der sich ebenfalls mit 2851 Vgl. hierzu Justin (Berufsgrundbildung), S. 26, unter Auswertung von Semlers „Nützliche(n) Vorschläge(n)“, S. 9. Organisatorisch war der Unterricht von Semler ergänzend zum obligatorischen Schulunterricht so geplant worden, dass die Schüler ggf. an einem Tag beide schulische Einrichtungen besuchen konnten. 2852 Vgl. dazu Simon (Fachbildung des Preußischen Gewerbestandes), S. 618 f., und Justin (Berufsgrundbildung), S. 152, Anm. 21. 2853 So die Planung Semlers in den „Nützliche(n) Vorschläge(n)“, Titelblatt; Zitat nach Justin (Berufsgrundbildung), S. 29. 2854 Vgl. zum Unterrichtsinhalt an Semlers Schule grundlegend Justin (ebd.), insb. S. 29–36. 2855 Justin (ebd.), S. 22, 23 f. 2856 Darin lag z. B. eines der Hauptunterscheidungsmerkmale zur späteren Goldberg’schen ZRSchule in Freiberg. 2857 Vgl. zu den Gründen des Eingehens dieser Schule Justin (Berufsgrundbildung), S. 149, Anm. 5, hier unter Bezug auf Heubaum (Semlers Realschule), S. 65 ff. Nach Simon (Fachbildung des Preußischen Gewerbestandes), S. 620, reichten die vor allem auf Spenden basierenden Finanzmittel nicht für eine Fortsetzung des Projektes aus. Semler konnte diese Schule zwar später (1738) noch einmal eröffnen – vgl. dazu Justin, ebd., sowie Endres (Handwerk und Berufsbildung), S. 410 – aber auch da bestand diese (vermutlich wegen zu geringer Schülerzahl) nur kurze Zeit. Vgl. dazu Neugebauer (Niedere Schulen und Realschulen), S. 245. 2858 Siehe zu Marperger dieses Kapitel weiter unten.

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Schulmodellen zur Verbesserung der handwerklichen Berufsbildung einen Namen gemacht hatte – gewürdigt werden, weil sie seiner Zielstellung, der Gründung einer „universellen Mechanischen Werck-Schul“, nahegekommen sei.2859 Durch Semler war zumindest die dringend gebotene Reform des Schulwesens auf die berufliche Grundbildung ausgedehnt und – wenn auch zunächst nur für eine kurze Zeit – in ein praktikables Modell umgesetzt worden.2860 Als ein weiterer außerhalb Sachsens wirkender „Pionier des realistisch-beruflichen Bildungsgedanken“2861 in der Mitte des 18. Jahrhunderts gilt der in Erlangen im (damaligen) Fürstentum Bayreuth wirkende Pädagoge und Professor Johann Gottfried Groß2862 (1703–1768). Dieser zeichnete bei der Beurteilung des zeitgenössischen Schulwesens ein außerordentlich kritisches Bild der vorhandenen Bildungsmöglichkeiten.2863 In diesen Kontext passt auch der von ihm überlieferte Ausspruch – eine Art Credo seiner Auffassung von Bildung – den er während des Siebenjährigen Krieges prägte: „Große Herren, zumal wenn sie keine Kriege zu führen haben, könnten freylich ein gut Werk stiften, wenn sie zuweilen ein Regiment Soldaten weniger, und desto mehr gute Schulen unterhielten.“2864

Groß plante (vermutlich in Anlehnung an Semler), weil es seiner Auffassung nach für die „mittlere Gattung ...“ der „... nicht studierende(n) politische(n) Jugend“ keine geeigneten Bildungseinrichtungen gab,2865 für diese – neben den lateinischen und deutschen Schulen, in welchen „Crethi und Plethi untereinander“ säßen,2866 und an denen „ebenfalls wenig oder nur Unnützes gelernt“ würde –2867 eine dritte Schulform. Diese dritte „Säule“, die innerhalb der vorhandenen allgemeinen Schullandschaft jedoch unabhängig von den deutschen bzw. den lateinischen Schulen vorgesehen war, sollte zwei „Besuchergruppen“ bedienen – die der „Beamten“ und Verwalter verschiedenster Bestimmung, sowie „Banquiers, Kauf- und Handelsleute“, und die der „Baumeister, Ingenieurs, Mechanici, Kupferstecher ...“ 2859 2860 2861 2862

2863 2864 2865 2866 2867

Marperger, Paul Jacob (Trifolium Mercantile Aureum), S. (100). Vgl. dazu auch Justin (Berufsgrundbildung), S. 37. So der Titel einer Schrift von Brödel über Johann Gottfried Groß (1703–1768). Vgl. zu Groß grundlegend Brödel (Johann Gottfried Groß). Groß war Herausgeber einer eigenen Zeitung (die seit 1763 den Titel „Real-Zeitung“ trug), in der v. a. auch Bildungs- und Erziehungsfragen behandelt wurden. Vgl. zu dieser grundlegend Brödel (Erlanger politische Zeitung), zu Letzterem ders. (ebd.), S. 193. Vgl. dazu Justin (Berufsgrundbildung), S. 38 f. Zitiert nach Brödel (Erlanger politische Zeitung), S. 199. Großscher Schulplan, § 4, zitiert bei Beck (Frühgeschichte der Berufs- und Realschulen), S. III, § 1. Zitat und Litaraturangabe nach Justin (Berufsgrundbildung), S. 154, Anm. 36. Großscher Schulplan (ebd.), Zitat nach Justin (ebd.), S. 39. So Justin (ebd.), S. 38 f.

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und andere.2868 D. h., es ging Groß um die Unterrichtung und Ausbildung für künftige, im „mittleren Staatsdienst oder in gehobenen beruflichen Stellungen des Handels und Gewerbes ...“ Beschäftigte.2869 Eines der Hauptkennzeichen des Groß´schen Schulprojektes war – absolut zeitgemäß – dessen unbedingter Nützlichkeitsbezug. Lehrgegenstände und Unterrichtsmethoden sollten so ausgewählt und die Schüler entsprechend ihrem Stand so ausgebildet werden, dass sie für die Welt „brauchbar“ würden.2870 Neben einem allgemeinen berufsbegleitenden Unterricht, der neben Religion und Deutsch auch historische, geografische, genealogische und politische Themen zum Gegenstand hatte, aber auch Leibesübungen umfasste,2871 sollten im berufsbezogenen Unterricht neben dem üblichen Rechnen auch Kenntnisse im fachbezogenen Rechnen – z. B. für ein künftige kaufmännische Tätigkeit –2872 und die „nützlichsten Mathematischen Wissenschaften“, also „Mechanik, Statik, Geometrie, Physik, Baukunst und Zeichnen“ vermittelt werden.2873 Dazu plante man eine gesonderte „Kunstund Maschinenklasse“.2874 Besonders interessant an diesem Groß’schen Schulprojekt im Hinblick auf die späteren Schulplanungen Benno von Heynitz’ war sicherlich, den Schülern auch den Gebrauch von „Cirkel und Maßstab“ zu vermitteln und ihnen beizubringen, wie sie „etwas ab(..)zeichnen, [und] in einen Riß zu bringen ...“ hätten –2875 genauso, wie an der Goldberg’schen ZR-Schule in Freiberg.2876 Selbst die „... unterirrdischen Kräfte der Erden“ sollten die Schüler kennenlernen.2877 2868 Großscher Schulplan, § 5, Zitat nach Justin (ebd.), S. 42. 2869 Justin (ebd.), S. 42. Für Groß besaßen Bildung und Erziehung eine große Bedeutung. Vgl. dazu Brödel (Erlanger politische Zeitung), insbes. S. 194. Vgl. zum Realschulkonzept von Groß auch Brödel (ebd.), insb. S. 198–201. 2870 Justin (ebd.), S. 43, unter Bezug auf den Großschen Schulplan, Titelblatt. Der geplante Schultyp selbst wird deshalb auch als „nützliche Anstalt“ bezeichnet – vgl. dazu den Großschen Schulplan, § 70, Zitat nach Justin (ebd.). 2871 Vgl. dazu Justin (ebd.), S. 44 f. 2872 Vgl. dazu Justin (ebd.), S. 47. Für jedes Handwerk oder Gewerbe stellte der Groß’sche Plan bestimmte, spezifische Anforderungen. Vgl. zu dem für kaufmännische Berufe erforderlichen Spezialwissen auch Amann (Höhere Schulen), S. 417 f., hier unter Zitierung von Dülfers (Kultur und Alltag), S. 87. Die Beherrschung der unter Kaufleuten „üblichen Kunst-Wörter“ und Kenntnis von Münzen, Maßen und Gewichten sowie der „gute(n) Wirtschaft im Buchhalten“ – vgl. Amann (ebd.) – dürfte nicht höher bewertet werden als das in Freiberg vermittelte bergmännische Fachwissen; für eine Bewertung fehlen aber sicherlich noch geeignete Beurteilungskriterien. Vgl. dazu Amann (ebd.), S. 421. 2873 Groß’scher Schulplan, § 33 f., Zitat nach Justin (ebd.), S. 48. 2874 Vgl. dazu Buchinger (Aufklärerische Reformbemühungen), S. 689. 2875 Groß’scher Schulplan, § 33, Zitat nach Justin (Berufsgrundbildung), S. 49. 2876 Der Gebrauch von Zirkel und Maßstab gehörte vermutlich zu den Unterrichtsgegenständen, den Realien, die in allen praxisbezogenen Unterrichtsformen geboten werden sollten. 2877 Großscher Schulplan, § 26, Zitat nach Justin (Berufsgrundbildung), S. 49.

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Der von Groß entwickelte Schulplan dürfte auf Erfahrungen basieren, die derselbe während seiner Tätigkeit als Lehrer am „Franckeschen Pädagogikum“ in Halle gewonnen hatte.2878 Dessen Konzept mit der vorgesehenen Vermittlung von sozialen, rechtlichen und politischen Gegenständen ging aber über die Franckeschen Bildungsvorstellungen hinaus; der Groß’sche Plan stellte offensichtlich den Versuch einer Symbiose zwischen elementarer Grundbildung einerseits und anschließender Berufsvorbereitung andererseits innerhalb eines gesonderten Schultypus dar.2879 Zusammenfassend stellt Justin zum Groß´schen Schulprojekt fest, dass Groß damit den „Entwurf eines neuartigen Schulmodells ...“ vorgelegt habe, mit dem (bei Umsetzung) den „Erziehungsbedürfnissen der mittleren Bevölkerungskreise ...“ durch eine „berufliche Grundbildung“ entsprochen worden wäre.2880 Sein Hauptkritikpunkt an diesem sei jedoch, dass das Modell nicht in die Praxis überführt worden,2881 die Umsetzung vor allem wegen des Widerstandes der vor Ort tätigen „Patrone des dortigen Gymnasiums“ gescheitert wäre.2882 Buchinger dagegen geht von einer achtjährigen Existenz der Groß´schen Schule aus.2883 Aber selbst wenn der Groß´sche Plan nur als Modell einer Realienschule existiert hätte, käme ihm eine erhebliche Bedeutung für die „Realschulbewegung“ des 18. Jahrhunderts zu. Nach Justin stellte er ein Bindeglied zwischen der Semler’schen und der Hecker’schen Realschule dar.2884 Ob das Groß´sche Realschulmodell als 2878 Nach Buchinger (Aufklärerische Reformbemühungen), S. 689, war Groß von 1727 bis 1732 an der Francke’schen Anstalt beschäftigt. Die von Groß herausgegebene Realzeitung belegt aber eher eine stark von der Aufklärung beeinflusste Persönlichkeit – vgl. dazu Brödel (Erlanger politische Zeitung), insb. S. 193 f., – und er stand jeglicher religiöser Schwärmerei fern. Vgl. dazu ders. (ebd.), S. 196. 2879 Vgl. hierzu Bruns (Bedeutung der Realienkunde), S. 38 f., sowie detailliert zur Wirkung des Groß’schen Schulmodells sowie weiterer Reformkonzepte – so die von Creutzberger und Hecker – insbes. Buchinger (ebd.), S. 689–691. 2880 Justin (Berufsgrundbildung), S. 53. Brödel (Erlanger politische Zeitung), S. 196, sieht in diesem Kontext den „Realschulgedanken“ von Groß – im Gegensatz zum „Arbeitserziehungsgedanken“, der auf die unteren Stände ausgerichtet war – ebenfalls auf den „Mittelstand“ bezogen. 2881 Vgl. Justin (ebd.), S. 54. Als weiteren Kritikpunkt führt Justin (ebd.) die Ausrichtung des Groß’schen Konzeptes „auf die Brauchbarkeit des Menschen“ an. Auch in der habsburgischen K.K.- Monarchie scheiterte übrigens das Projekt nach anfänglicher Aussicht auf Erfolg. Vgl. dazu Justin (ebd.), S. 158, Anm. 64. 2882 So Hecker (Entstehung der Realschulen), S. 14. Zitat nach Justin (Berufsgrundbildung), S. 155, Anm. 43. 2883 Vgl. dazu Buchinger (Aufklärerische Reformbemühungen), S. 689, der von einer tatsächlichen Existenz dieser Schule bis 1747 ausgeht. Die Angaben in der Literatur dazu widersprechen sich. Brödel (Erlanger politische Zeitung), S. 200, führt in diesem Zusammenhang den „Versuch … der Errichtung einer Realschule (in Erlangen)“ auf, der auf Groß zurückgegangen sei. 2884 Vgl. dazu Justin (Berufsgrundbildung), S. 37. Allerdings ist diese Zuordnung in der Literatur umstritten. So betrachtete Hecker (Entstehung der Realschulen), S. 14, das Modell als Tochter der Berliner Realienschule – vgl. dazu Justin (ebd.), S. 155, Anm. 43 – während Justin

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Vorbild für die spätere Goldberg’sche ZR-Schule oder die obererzgebirgischen SRZ-Schulen gedient haben kann, wird erst noch festzustellen sein. Auf die weiteren, mit dem Groß´schen Schulprojekt vergleichbaren berufsgrundbildenden Schulmodelle eines Creutzberger2885 oder Carl2886 kann an dieser Stelle aber nicht näher eingegangen werden. Das vermutlich bekannteste Projekt einer Realienschule des 18. Jahrhunderts war sicherlich das der schon erwähnten „Oekonomisch-Mathematische(n) RealSchule“2887 des Pietisten und Pädagogen Johann Julius Hecker in Berlin.2888 Hecker hatte nach seinem Studium an der Universität Halle (1726), wo er u. a. Vorlesungen bei August Hermann Francke hörte, eine Tätigkeit als Lehrer am Pädagogikum des Waisenhauses bei Halle (1729–1735) ausgeübt.2889 Anschließend war er als

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selbst (ebd.), S. 56, erst jüngst nachweisen konnte, dass Hecker das Groß’sche Schulprojekt vor Installation seiner eigenen Realschule schon bekannt war. Andreas Creutzberger, ebenfalls ein Schüler Franckes, ging nach Endres (Berufsbildung), S. 411, in seiner Schulkonzeption zur besseren Berufsvorbereitung „vom Standpunkt der Bildungsökonomie …“ aus. Bei der von ihm für Neustadt an der Aisch geplanten „Kunst- und Weckschule“ handelte es sich um einen Schultyp, an dem die zukünftige Berufsausbildung im Handwerk „vollschulisch“ vorbereitet werden sollte – vgl. dazu Endres (ebd.), S. 411–413, hier insb. S. 412 – und gehörte, wie die meisten anderen seiner Zeit, zu den Plänen einer „Reform der zünftischen Meisterlehre“. So Endres (Berufsbildung 1996), S. 406. Das Creutzberger’sche Konzept war in seinen Ansätzen mit den Groß’schen Schulplänen in Erlangen vergleichbar, was nicht verwundert, gehörten doch die Universitätsstadt Erlangen und Neustadt an der Aisch zur Markgrafschaft Bayreuth-Ansbach. Der Plan Creutzbergers ging nach König (Lehrlingsausbildung 1985), S. 130, auch über die lokale Begrenztheit der Semler’schen Realschule hinaus. Der Kameralist und markgräflich-ansbachische Hofrat Ernst Ludwig Carl (1682–1743) entwickelte in einer 1722 bzw. 1723 in Paris anonym erschienenen Schrift „Traite´“ ein Schulreformkonzept für Ansbach in Franken, das die Einrichtung sogenannter „Zunft-Schulen“ – vgl. dazu Endres (Berufsbildung), S. 412 – vorsah und sowohl Elemente eines berufsvorbereitenden als auch berufsbegleitenden Unterrichts enthielt. Die Grundideen dafür könnten auf die Francke’schen Anstalten in Glaucha bei Halle zurückgehen. Vgl. zu Carls Konzept sowie zu Carl selbst grundlegend König (Reform der Lehrlingsausbildung), 171–184, insb. S. 176; vgl. zu Carls Konzept auch diesen Abschnitt unter „Zeichenschulen“. Mit den späteren von Heynitz’schen Bergschulplanungen ist das Carl’sche Konzept allerdings nicht zu vergleichen. Über die Hecker’sche „Realschule“ ist bereits in der Vergangenheit intensiv geforscht und auch veröffentlicht worden, so von Simon (Fachbildung des Preußischen Gewerbestandes), S. 620– 633, und von Heubaum (Semlers Realschule), S. 303–308. In jüngerer Zeit haben sich besonders Homann (Heckersche Realschule) sowie Justin (Berufsgrundbildung) mit ihr beschäftigt; Letzterer gibt (ebd.), S. 158, Anm. 66, weitere Literaturhinweise. Vgl. zur Person Heckers grundsätzlich Mentzel (Pietismus und Schule), S. 110–148. Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 99, sieht Hecker als den „… markanteste(n) und wirkungskräftigste(n) Vertreter des halleschen Pietismus in der preußischen Bildungsgeschichte des 18. Jahrhunderts neben Francke …“ Vgl. zu ihm auch Simon (Fachbildung des Preußischen Gewerbestandes), S. 621, Anm. 1 (dort mit weiteren Lebensdaten), sowie Heubaum (Semlers Realschule), S. 303 f. Hecker war demzufolge ein „Berufskollege“ von Groß am Halleschen Waisenhaus.

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Prediger und Schulinspektor am Militärwaisenhaus in Potsdam tätig, bevor man ihn 1738 zum ersten lutherischen Prediger an die Dreifaltigkeitskirche in Berlin berief; in dieser Stellung, in der er auch für das Schulwesen Verantwortung trug, reformierte Hecker zunächst die zu seinem Schulsprengel gehörenden deutschen Schulen und brachte sie auf einen höheren Stand als vergleichbare preußische Schulanstalten.2890 Schon hierbei versuchte er, in die Lehrpläne praktische Unterrichtsgegenstände einzubauen.2891 Bald wandte er sich jedoch auch den älteren Semler’schen Schulplänen zu, die ihm noch aus seiner Tätigkeit in Halle bekannt waren.2892 Zu diesen Plänen Heckers schrieb Heubaum: „Wie die Kameralisten, wie Groß in Erlangen, wie Zincke, der Redakteur der ‚Leipziger Sammlungen’, hielt auch Hecker eine besondere Schule für die gewerblichen Berufsarten für nötig.“2893 Am 19. Dezember 1746 trat Hecker mit einem Vorschlag zur Errichtung einer „mechanischen Real-Classe bey einer Schule“ an die Öffentlichkeit und reichte diesen kurze Zeit später, am 13. Februar 1747, beim Oberkuratorium der Schulen der Dreifaltigkeits-Kirchgemeinde ein. Wegen der besonderen Bedeutung dieser Hecker’schen Vorstellungen für die Realienausbildung im 18. Jahrhundert soll an dieser Stelle etwas näher auf sie eingegangen werden: „Man findet in den Naturalien-Cabinets unter anderen auch zuweilen Modelle von Gebäuden, Wasser-Künsten, Instrumenten u. s. w., welche wenig Nutzen schaffen, weil sie nur den Fremden … als Curiosa gezeiget werden. Dis hat mir Gelegenheit gegeben, darauf zu dencken, wie dergleichen Dinge zum gemeinen Besten nutzbar möchten gebraucht werden: welches gewiss zu erwarten, wenn dergleichen Dinge der Jugend gezeiget und ihr dabei das nöthige von Handwercken, Künsten und Professionen … beygebracht würde … Die Sache (kann) am leichtesten angehen, … wenn zu besserer Aufnahme und Erhaltung der Künste und Professionen eine eigene Klasse [in vorhandenen Schulen – H.K.] angeleget wird, wozu in dem letzten Schul-Jahr diejenigen Knaben vornehmlich zu admittiren [anzunehmen – H.K.], welche auf eine Profession gebracht werden.“2894

Sicherlich um seine Pläne noch etwas „aufzuwerten“, verwies Hecker auf vergleichbare erfolgreiche Schulmodelle in England, Holland und Frankreich: „Auch ist

2890 2891 2892 2893 2894

Vgl. dazu Simon (ebd.), S. 621, 623; Heubaum (ebd.), S. 303–314. Vgl. dazu Simon (ebd.), S. 622. Vgl. dazu Simon (ebd.), S. 623. Heubaum (Semlers Realschule), S. 305. Vorschlag Heckers vom 19. Dez. 1746, abgedr. in: Leipziger Sammlungen 1747, Stück 42, S. 670 ff., Zitat (gekürzt und leicht redigiert) nach Simon (Fachbildung des Preußischen Gewerbestandes), S. 623. Vgl. hierzu auch Homann (Hecker’sche Realschule), S. 15.

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nicht unbekant, dass in Frankreich selbst die Königliche(n) Kinder nach dieser Methode zur Erkenntnis reeller Dinge informiret werden.“2895 Bevor Hecker jedoch seine Vorschläge eingereicht hatte, war von ihm das bestehende deutsche Schulsystem einer gründlichen Analyse unterzogen worden. Dabei musste er zu Recht bemängeln, dass die deutschen Schulen nicht in der Lage waren, die Kinder auf einen künftigen handwerklichen bzw. gewerblichen Beruf vorzubereiten. Er plante deshalb nicht nur die Vertiefung des bisherigen Unterrichts an der deutschen Schule, sondern auch dessen Ergänzung durch einen Unterricht in den „… Realien aus Geographie, Geschichte und Naturlehre …“2896 „[Heckers] Oeconomische und Mathematische Realschule … (zielte) auf solche junge Leute, welche … dem Studieren nicht eigentlich gewidmet … [waren] und die [sich] … zur Feder, zum Handel, zur Pacht, zum Wirtschaften auf dem Lande, zu schönen Künsten, zu den Manufacturen usw. fähig und tüchtig finden …“ würden.2897

Die „mechanische Realklasse“, die Hecker dann nach und nach zu einem regelrechten Realschulkomplex aus insgesamt acht verschiedene Klassen – von der mathematischen über eine geometrische, geografische bis zu einer „Curiositäten- oder Extraklasse“ – ausbaute2898 und das kaufmännische bzw. handwerklich-gewerbliche Tätigkeitsspektrum weitgehend abdeckte,2899 war zwar als eigenständige Klasse geplant, trotzdem sollte sie institutionell mit der jeweils vorhandenen deutschen bzw. lateinischen Schule (als Schulkomplex) unter dem Dach der Dreifaltigkeitskirche verbunden bleiben.2900 Die Aufnahme in diese spezielle Klasse war im letzten Schuljahr der (meist) deutschen Schule vorgesehen.2901 Im Unterricht selbst sollte

2895 Vorschlag Heckers vom 13. Febr. 1747, Zitat nach Simon (ebd.), S. 624. 2896 Justin (Berufsgrundbildung), S. 57. Selbst an der Lateinschule plante Hecker die Vermittlung von „Realien“ innerhalb der Fächer Mathematik, Physik und Chemie. Vgl. dazu ders. (ebd.), hier unter Bezug auf Hecker (Nachrichten von den Schulanstalten), S. 18 f. Damit entsprach Hecker der Forderung Zinckes, der schon 1744 im „Sendschreiben“, S. 257 f., die Unterrichtung in den Fächern Geographie und Geschichte sowie in der Rechenkunst, der Geometrie und Mechanik gefordert hatte. So Justin (ebd.), S. 19, hier unter Bezug auf Zincke. 2897 Hecker (ebd.), § 3, Zitat nach Bruns Bedeutung der Realienkunde, S. 34. Eine vergleichbare Aussage fand sich auch im Groß’schen Schulplan. Vgl. dazu diesen Abschnitt weiter vorn. 2898 Vgl. dazu Simon (Fachbildung des Preußischen Gewerbestandes), S. 626. Auch Groß hatte schon solch eine solche Extraklasse vorgesehen; vgl. dazu Justin (Berufsgrundbildung), S. 54, unter Hinweis auf § 41 des Groß’schen Schulplans. 2899 Vgl. hierzu und zum Inhalt dieses Fachklassenunterrichts Justin (ebd.), S. 61–65. 2900 Ungeachtet dessen konnten an ihr auch Kinder Aufnahme finden, die zuvor weder eine deutsche noch eine lateinische Schule besucht hatten. Vgl. dazu Simon (Fachbildung des Preußischen Gewerbestandes), S. 626. 2901 Vgl. dazu Justin (Berufsgrundbildung), S. 57, S. 69, hier unter Bezug auf Hecker (Nachrichten von den Schulanstalten), sowie Homann (Heckersche Realschule).

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eine enge Verbindung zwischen „praktischer(r) Werkstattarbeit“ und dem „wirklichen Besuch der Künstler und Handwercker“ stattfinden.2902 Mit der Gründung seiner Schule 17472903 realisierte Hecker ein dreistufiges aufeinander Bezug nehmendes Schulmodell, das aus den Vorbereitungsklassen an der deutschen Schule, aus der eigentlichen „Realschule“ und aus der auf ein Studium vorbereitenden Lateinschule bestand.2904 Diese „Oekonomisch-Mathematische Realschule“2905 bzw. „mechanische Realklasse“,2906 betrachtete Hecker, ähnlich wie zuvor schon Groß, als dritte Schulart neben der lateinischen und deutschen Schule; an einer solche würde es „in Deutschland zum grossen Schaden vieler tausend Menschen noch immer fehl(en)“.2907 Groß widmete sich in der von ihm herausgegebenen Zeitung in den 50er und 60er-Jahren des 18. Jahrhunderts wiederholt der Hecker’schen Realschule und ihrem damaligen Einmaligkeitsstatus.2908 Nach Justin sollte diese Realschule eine „Vorbereitungsstätte für künftige Berufe“ sein.2909 Ihr Hauptzweck lag somit in einer an den Berufszielen der Schüler orientierten berufsbezogenen bzw. berufsvorbereitenden Grundbildung,2910 weswegen man sie auch heute noch als solche bezeichnet.2911 Keinesfalls jedoch sollte an

2902 Hecker (ebd.), S. 70. Zitat nach Justin (ebd.), S. 58. 2903 Hecker fungierte von Beginn als Direktor dieser Schule; zugleich erhielt er bei Einrichtung des Oberkonsistoriums (1750) in Berlin Sitz und Stimme in diesem und den Titel eines Oberkonsistorialrates. Vgl. dazu Simon (Königliche Realschule), S. XII f. Vgl. zum Wirken Heckers in dieser Funktion auch Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 96-100. 2904 Vgl. dazu Homann (Hecker’sche Realschule), S. 29. 2905 So die Bezeichnung in Heckers Programm vom 1. Mai 1747; vgl. dazu Simon (Fachbildung des Preußischen Gewerbestandes), S. 625. 2906 So nennt sie auch Justin (Berufsgrundbildung), S. 57. 2907 Programm Heckers vom 1. Mai 1747, Zitat nach Simon (Fachbildung des Preußischen Gewerbestandes), S. 625. Hecker lehnt sich hier an Semlers Realienschule, die er schon wegen der Nähe Semlers zu den Francke’schen Anstalten in Halle gekannt haben muss – vgl. dazu Justin (Berufsgrundbildung), S. 55 – und ganz offensichtlich auch an das Groß’sche Schulprojekt an. Vgl. dazu Justin (Berufsgrundbildung), S. 56. Beteiligt am Erfolg Heckers war auch dessen aus Bayreuth stammender Freund, der Pietist Johann Friedrich Hähn, der in Jena Philosophie und Mathematik studiert hatte und auf den selbst einige Schulgründungsversuche in Jena zurückgingen. Vgl. dazu Mentzel (Pietismus und Schule) S. 139. Mit Hähn gab Hecker ab 1750 die Zeitschrift „Agenda Scholastica“ heraus; vgl. ders. (ebd.), S. 140. 2908 Vgl. dazu Brödel (Erlanger politische Zeitung), S. 199 f. Sicher auch deshalb vermachte der Erlanger Groß der Hecker’schen Schule zum Zwecke ihres Fortbestandes schon zu Lebzeiten aus dem von ihm gestifteten Legat ein größeres Vermögen (20.000 Reichstaler). Vgl. dazu ders. (ebd.), S. 200. 2909 Justin (Berufsgrundbildung), S. 59. 2910 Vgl. dazu Mentzel (Pietismus und Schule), S. 128, hier unter Bezug auf Schöler (Naturwissenschaftlicher Unterricht), S. 46 f. 2911 Vgl. zu den berufsvorbereitenden bzw. berufsbezogenen Konzepten einer verbesserten Handwerkerausbildung König (Geschichte der Berufsbildung), S. 181–184. Endres (Handwerk und

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der Realschule Heckers eine Berufsausbildung im heutigen Sinne erfolgen.2912 Bei Heckers Schultyp handelte es sich zunächst lediglich um eine Anpassung des bisherigen Fächerkanons der deutschen bzw. lateinischen Schule an die Berufsbildungsbedürfnisse,2913 und völlig zu Recht ordnete jüngst Albrecht die „ökonomisch-mathematischen Realschulen“ des 18. Jahrhunderts der „Vorbildung innerhalb des Systems der wirtschaftlichen Berufsbildung“2914 und nicht der „eigentlichen Fachausbildung des technisch-wirtschaftlichen Berufsausbildungssystems“ dieser Zeit zu.2915 Mit der Zeit verselbstständigte sich diese zu einem dritten Schultyp, dem der „Realschule“.2916 Für den Vergleich der Hecker’schen Realienschule mit dem der späteren Goldberg’schen Zeichen- und Rechenschule sind vor allem zwei Aspekte von Interesse. So bot Hecker im Rahmen der Vermittlung von Kenntnissen zu Rohstoffen und deren Gewinnung in der „Naturalien- und Physikalischen Klasse“ auch einen Unterricht über „Mineralien, Metalle(..) und Steine(..)“ sowie über Bergwerke an.2917 Hierbei handelte es sich aber keineswegs um eine solche Berufsausbildung, wie man sie später in Freiberg durchführte, sondern um eine ausschließliche theoretische Wissensvermittlung, die lediglich dem besseren Verständnis der Vielfalt von Rohstoffen und deren grundlegenden Gewinnungs- bzw. Herstellungsverfahren dienen sollte.2918 Ein weiteres Anliegen Heckers war das der Installation eines Zeichenunterrichts.2919 Hecker wollte seinen Schülern nämlich „… das bey so vielen Künsten

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Berufsbildung), S. 408–413, ordnet sowohl diese als auch die sogenannten Arbeitsschulen wegen ihrer Stellung im Ausbildungssystem den berufsvorbereitenden Reformkonzepten zu. Vgl. dazu Justin (Berufsgrundbildung), S. 58 f. Bei der von Heckers Nachfolger Johann Esaias Silberschlag an der Dreifaltigkeitskirche in Berlin installierten „Handwerker-Schule“ handelte es sich dagegen um eine Elementarschule, an der die Schüler zur Berufsreife gebracht werden sollten. So nach Endres (Handwerk und Berufsbildung), S. 411. Vgl. dazu Justin (ebd.), S. 59. So Albrecht (Technische Bildung), S. 41, Hervorhebung d.d.A. Albrecht (ebd.). Vgl. dazu Justin (ebd.), S. 160, Anm. 75, hier unter Bezug auf Hecker (Nachrichten von den Schulanstalten), S. 73. Nach Simon (Fachbildung des Preußischen Gewerbestandes), S. 631, habe Hecker mit seiner Schulanstalt „… den Grund zu den gegenwärtigen [hier bezogen auf die Zeit um 1900 – H.K.] Realschulen und den landwirthschaftlichen und gewerblichen Fachschulen gelegt … “ Hecker (ebd.), S. 43, Zitat nach Justin (ebd.), S. 62. Zu diesem Zweck sandte Hecker 1749 sogar einen Lehrer nach Thüringen und auf den Harz, um dort Bergwerkskunde zu „studiren“ – vgl. dazu Simon (ebd.), S. 628. Vgl. zum Unterrichtsinhalt in den verschiedenen Klassen an Heckers Realienschule ders. (ebd.), S. 626 f. Vgl. dazu Justin (ebd.). Hecker baute nach Simon (ebd.), S. 629, sogar eine spezielle Modellsammlung auf, die für die praktische Anschauung solcher Lehrgegenstände eine große Rolle spielte; darunter befand sich auch ein Bergwerksmodell; vgl. ders. (ebd.). Vgl. dazu Justin (ebd.), S. 67, und (ebd.), Anm. 8.

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und Handwerckern unentbehrliche und … höchst nöthige Zeichen und Reissen [Anfertigen von Rissen – H.K.] …“ beibringen.2920 Ein solcher Zeichenunterricht, in dem grundlegende Kenntnisse des Umgangs mit den Zeichenutensilien vermittelt wurden, erschien für eine (spätere) Tätigkeit in vielen Handwerksberufen geradezu als unverzichtbar.2921 Deswegen sah Hecker – wie vor ihm schon Semler und Groß – den Unterricht im Gebrauch des Lineals, Zirkels und „verjüngten Maasstabs“ genauso vor,2922 wie er auch später an der Lempe’schen- bzw. Goldberg’schen ZR-Schule in Freiberg praktiziert worden ist. Ungeachtet dessen dürfte, wie noch darzulegen sein wird, dennoch keine direkte Vorbildwirkung von der Hecker’schen Realienschule auf die spätere Goldberg’sche Einrichtung bzw. den kursächsischen Bergschulkomplex überhaupt ausgegangen zu sein. Inhaltlich ging Heckers Schulplanung kaum über das schon geschilderte Groß´sche Schulprojekt hinaus. Heckers Verdienst war nach Justin, die Überführung seiner Planungen in die Praxis, wodurch er sie zu einer Dauereinrichtung2923 (mit stetig wachsenden Schülerzahlen) werden ließ, die dann ihrerseits als Vorbild für eine Reihe weiterer Einrichtungen, die dem Realschulgedanken zum Durchbruch verhalfen, dienten.2924 Nach umfassender Beschäftigung mit den Realienschulen (bzw. deren Modellen) eines Semler, Hecker und Groß, in denen die Jugend nicht auf ein Studium, sondern ein Handwerk oder eine Beschäftigung in der Landwirtschaft vorbereitet werden sollte,2925 kommt Justin völlig zu Recht zu der Aussage, dass diese allesamt zu den „pionierhafte(n) Beiträgen dieser Zeit …“ gehörten.2926 Das Groß´sche Schulprojekt und die Hecker’sche Realienschule standen – auch durch den persönlichen und beruflichen Werdegang ihrer Initiatoren – in der Tra-

2920 Hecker (Nachrichten von den Schulanstalten), S. 39 f. Zitat nach Justin (ebd.), S. 63. Ähnlich auch Simon (Fachbildung des Preußischen Gewerbestandes), S. 624. 2921 Vgl. dazu Justin (ebd.), S. 62, der hier auf grundlegende Äußerungen Heckers Bezug nimmt. 2922 Vgl. dazu Justin (ebd.), S. 63. Ähnlich Formulierungen finden sich in „J.J. Reinhardts vermischten Schriften“, Vgl. dazu Hohenthal (Ökonomische Nachrichten 1761), S. 495 f. 2923 Besuchten 1748 insgesamt nur 67 Schüler Heckers „Realklassen“, stieg deren Anteil ein Jahr nach Heckers Tod (1767) auf immerhin 355 von insgesamt 1267 Schülern. Vgl. dazu Simon (Fachbildung des Preußischen Gewerbestandes), S. 631. 2924 Vgl. dazu Justin (Berufsgrundbildung), S. 67, S. 162, Anm. 89. Unter Zugrundelegung einer tatsächlichen Existenz der Großschen Schule – von der Buchinger (Aufklärerische Reformbemühungen), S. 689, ausgeht – wäre diese Einschätzung Justis allerdings zu relativieren. Vgl. zu den späteren Realienschulen (vor allem in Preußen) die Angaben bei Bruchhäuser (Berufsbildung), S. 406, Anm. 24 bis 29. 2925 Vgl. zu dieser Zielstellung Justin (ebd.), S. 24, Schlechte (Staatsreform in Kursachsen), S. 67, sowie Bruns (Bedeutung der Realienkunde), S. 32. 2926 Justin (ebd.), S. 70.

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dition der Francke’schen Erziehungsanstalten,2927 waren aber ungeachtet dessen keine Rezeption derselben, sondern beruhten weitgehend auf eigenen Ideen ihrer Gründer2928 und wiesen sowohl in der Art und Weise der an ihnen praktizierten beruflichen Grundbildung als auch im Hinblick auf die sonstigen Unterrichtsinhalte viel Eigenständiges auf. Eine Wesensverwandtschaft zwischen den Ideen Semlers, Heckers und von Groß hat aber unzweifelhaft bestanden.2929 Buchinger sieht sogar eine direkte Linie von Semlers „Mathematischer Handwerkerschule“ (1708) bzw. „Mathematisch- und Mechanischen Real-Schule“ (1709) in Halle, über das Groß´sche Schulmodell in Erlangen (1739–1747) einerseits zu Creutzbergers „Mechanischer- oder Kunst- und Werckschule“ (1744) in Neustadt,2930 andererseits zu Heckers „Oekonomisch-Mathematischer Real-Schule“ (1747) in Friedrichstadt/ Berlin.2931 Dass auch der schon mehrfach erwähnte spätere Vizepräsident des sächsischen Oberkonsistoriums, Peter von Hohenthal, ein – nach Schlechte – ganz besonders von pietistischem Gedankengut geprägter Mann2932 eine Realschulgründung vorgenommen hatte, ist allgemein kaum bekannt.2933 Der von ihm im kursächsischen Wittenberg 1756 – also nur wenige Jahre nach der Hecker’schen Realienschule in Berlin – eingerichteten Realschule blieb aber nur eine kurze Existenzzeit vergönnt, 2927 Hecker war ein Schüler Franckes und stand mit dessen Sohn in enger Verbindung, der sogar die Patenschaft über ein Kind Heckers übernahm. Vgl. dazu Mentzel (Pietismus und Schule) S. 148. Groß selbst war (wie Hecker) Lehrer an den Francke’schen Anstalten – vgl. dazu die Anm. 2878. 2928 Semlers Realienschule dagegen stand trotz der großen Nähe zu Franckes Waisenhaus nach Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 555 f., bzw. ders. (Niedere Schulen und Realschulen), S. 245, jeweils unter Bezug auf Heubaum (Semlers Realschule), S. 65 f., in keinem direkten inhaltlichen Bezug zu den Francke’sche Anstalten. So auch Endres in (Handwerk und Berufsbildung), S.406 f., der Semler nicht zu den Pädagogen des Pietismus, sondern des „pädagogischen Realismus“ zählt. Nach Bruns (Bedeutung der Realienkunde), S. 32, habe Semler nie Kontakt zu Francke aufgenommen, weil er dessen „anmaßende Persönlichkeit“ ablehnte. 2929 Vgl. dazu wiederum Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 557 f., hier unter Auswertung von Hecker (Fortgang der Realschule), S. 7 ff. 2930 Vgl. zu Creutzbergers Realienschulmodell diesen Abschnitt weiter unten. Zincke hatte im gleichen Jahr (1744) die Einrichtung solcher „Kunst-Werck-und oeconomische(..) Schulen“ ausdrücklich gefordert. Vgl. dazu Zincke (Sendschreiben), S. 258. 2931 Vgl. dazu das überzeugende Konstrukt von Buchinger (Aufklärerische Reformbemühungen), S. 689 f. 2932 Nach Schlechte (Pietismus und Staatsreform), S. 375, war er ein „Fanatiker(..) des praktischen Christentums“, der aber Christentum und „aufklärerisches Wirken“ miteinander verband. Er war selbst im Halleschen Waisenhaus ausgebildet worden. 2933 Einiges Weniges hierzu findet sich bei Schlechte (ebd.), S. 377 f., sowie bei dems. (Staatsreform in Kursachsen), S. 68. Heubaum (Geschichte des deutschen Bildungswesens), S. 320, erwähnt dagegen nur die Anlegung von „Armenschulen“ durch von Hohenthal auf dessen Gütern ab 1756. Vgl. dazu jüngst den Artikel „Hohenthal“ von Eulen, in: NDB, Bd. 9, S. 494 f., hier S. 495.

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denn diese Schule ging „leider!“, wie auch von Fritsch betont hatte,2934 zum Schluss des Siebenjährigen Krieges bereits wieder ein.2935 Seine „Realschule mit Waisenhaus und Lehrerseminar“ war eine „neuartige(..) Institution … nach dem Vorbild und unter Mithilfe der Franckeschen Stiftungen …“2936 Die von Schlechte für von Hohenthal formulierte Zielstellung, „gute evangelische Christen und zugleich bürgerlich brauchbare Menschen“ heranzuziehen,2937 war sicherlich eines der Charakteristika seiner Ausbildungseinrichtungen. In Wittenberg bot von Hohenthal als Unterrichtsfächer Zeichnen, Arithmetik, Geometrie, Mechanik, Naturlehre, Ökonomie, Historie sowie Handwerk und Manufakturwesen an,2938 Beleg für die Ebenbürtigkeit der von Hohenthalschen Schule mit der Realschule Heckers.2939 Im Gegensatz zu den im 18. Jahrhundert umgesetzten Reformkonzepten der Realienschulen mit berufsvorbereitender Grundbildung eines Semler, Groß oder Hecker war die Zahl der tatsächlich in die Praxis überführten berufsbegleitenden Schuleinrichtungen außerordentlich gering. Nur wenige derselben haben in der Literatur ihren Niederschlag gefunden,2940 weswegen an dieser Stelle lediglich darauf hingewiesen werden kann.2941 2934 Vgl. dazu Fritsch (Zufällige Betrachtungen), S. 15, der (ebd.) formulierte: „Die Anlage der leider mit Wittenberg (1760) zerstörten Realschule war ganz gut.“ Dieses Zitat findet sich auch bei Schlechte (Staatsreform in Kursachsen), S. 68. 2935 Wittenberg war während des Siebenjährigen Krieges im Oktober 1760 zum Teil zerstört worden. Groß erwähnte in seiner Zeitung dabei auch die Zerstörung der Wittenberger Realschule. Vgl. dazu Brödel (Erlanger politische Zeitung), S. 199. 2936 So nach Volkmar (Kreishauptleute), S. 257. Nach Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 107, hat von Hohenthal später (1774) in Dresden auch eine Armenschule ins Leben gerufen – vgl. zu dieser Gretschel (Geschichte), S. 283 – an der der dortige „Schulhalter“ J.G. Lehmann Unterricht nach einem „Wittenberger Lehrbuch“ (vermutlich einer Schrift von Hohenthals) und dem einer „Berliner Realschule“ (was nur Heckers Realschule gewesen sein kann) hielt. 2937 So Schlechte (Staatsreform in Kursachsen), S. 69. 2938 Vgl dazu: Von Hohenthal (Nachricht über die Wittenberger Realschule) – [diese Schrift ist in keiner der angeschriebenen Bibliotheken verzeichnet – H.K.]; Angaben nach Schlechte (Staatsreform in Kursachsen), S. 68 f., Anm. 273., dems. (Pietismus und Staatsreform), S. 378, sowie Justin (Berufsgrundbildung), S. 61. 2939 Vgl. dazu Justin (ebd.). 2940 Außer von Marperger war eine weitere berufsbegleitende Ausbildung (von Handwerkslehrlingen) auch durch Freiherrn Johann Adam von Ickstatt (1702-1776) für Kurbayern geplant worden. Vgl. zu von Ickstatts Plänen einer schulbegleitenden Meisterlehre Buchinger (Aufklärerische Reformbewegungen), S. 691–693, sowie Endres (Handwerk und Berufsbildung), S. 413, S. 416. 2941 So schlug z. B. anonym ein „P“ in der Schrift „Von den Lehrjahren und Lehrburschen“ – vgl. zum genauen Titel König (Reform der Lehrlingsausbildung), S. 196, Anm. 5 – im Jahre 1768 einen solchen, von den übrigen Reformmodellen handwerklicher Berufsausbildung abweichenden Unterricht vor. Der auf den Ideen der Sonntagsschule basierende Elementarunterricht sollte in Form einer berufsbegleitenden „Allgemeinen Fortbildungsschule“ geboten werden.

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Den vielleicht engsten Bezug zum späteren Heynitz’schen Bergschulkonzept besaßen die Bildungsreformansätze, die der in Franken geborene Paul Jacob Marperger (1656–1730), Mitglied der Königlich Preußischen Sozietät der Wissenschaften, vor allem in den 20er-Jahren des 18. Jahrhunderts niederlegte.2942 Die von ihm geforderte Einrichtung von „Schreibe- Rechen- und Buchhaltungsschulen“ sollten der Verbesserung des notwendigen theoretischen Wissens des Kaufmannsstandes dienen,2943 die „Mechanischen Werck-Schulen“ dagegen vor allem der Vermittlung berufstheoretischer Kenntnisse zukünftiger Handwerker.2944 In letzteren Anstalten ging es Marperger vor allem darum darzustellen, „warum sie [die Handwerker – H.K.] dieses oder jenes aus mechanischen Principiis herrührendes und zu ihrem Handwerk gehöriges so und nicht anders mache(n)“ würden.2945 Sein Ausbildungsmodell basierte –2946 im Gegensatz zu den fast durchgängig berufsvorbereitend gestalteten Berufsbildungskonzepten der meisten seiner Vorgänger bzw. Zeitgenossen –2947 auf einer „berufsbegleitenden schulischen Unterweisung“.2948 In diesem Punkt ähnelten sich auch das Marperger’sche und das von Heynitz’sche Schulkonzept, ohne dass eine Reflexion des Letzteren auf das Marperger’sche Konzept hätte festgestellt werden können.2949 Ob man allerdings

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Vgl. dazu König (ebd.), insb. S. 198–201. Da dieses Modell insbesondere die für Handwerksberufe Auszubildenden auf ihre spätere Wanderschaft vorbereiten sollte, scheidet es als Vorbild für das Bergschulwesen jedoch ebenfalls aus. Vgl. zu Marperger und dessen Schulmodellen König (Reform der Lehrlingsausbildung), S. 185–196. Vgl. dazu König (Reform der Lehrlingsausbildung), S. 187, hier unter Auswertung von Marpergers (Trifolium Mercantile Aureum). Von ihrem fachlichen Bildungsniveau her betrachtet lassen sich die Freiberger und obererzgebirgischen Bergschulen durchaus mit den „städtischen Kaufmannsschulen“ vergleichen, einem Schultypus, an dem nach Amann (Höhere Schulen), S. 417, „... oft weit über das kleine Einmaleins hinausreichende Kenntnisse im Geschäfts- und Bankenwesen ...“ vermittelt wurden. Vgl. dazu König (ebd.), S. 186–188. Marpergers (Trifolium Mercantile Aureum), S. 96. Zitat nach König (ebd.), S. 188. Nach König (ebd.), S. 196, waren die Schulmodelle Marpergers oder Carls ganz „… im Kontext merkantilistischen Denkens entwickelt …“ worden und basierten auf französischen Vorbildern. König (ebd.), S. 192, nennt hier Comenius, Becher, Weigel und Semler. So bezeichnet es König (ebd.), S. 191. Hervorhebung d.d.A. Vgl. zur Unterscheidung zwischen berufsvorbereitender und berufsbegleitender fachlicher Ausbildung Endres (Handwerk und Berufsbildung), S. 406 f. Von der Semlerschen Realschule unterschied sich Marpergers Modell v. a. auch dadurch, dass an seiner „Mechanischen Werkschule“ kein allgemeinbildender Unterricht geboten wurde. Vgl. dazu König (ebd.), S. 195. Ein Rückgriff von Heynitz’ auf die Marperg’schen Gedanken ist schon deshalb nahezu ausgeschlossen, weil sich das industrieartige organisierte Bergschulsystem doch erheblich von der zunftbezogenen Handwerkerausbildung, die Marpergers Plan zugrunde lag, unterschied. Darum sollte man die Ähnlichkeit des Marperger’schen Reformansatzes mit den von Heynitz’schen Plänen auch nicht überbewerten. Von Heynitz dürften die Marperger’schen Ideen kaum bekannt gewesen sein, die, wie Dauenhauer (Die Begründung der deutschen Berufspädagogik),

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der von Marperger geforderten mechanische Werkschule bereits den Status einer „… prinzipiell duale(n) Struktur der Organisation und … didaktisch-inhaltlichen Konzeption der Lehrlingsausbildung im Handwerk …“ zuerkennen kann, wie von König apostrophiert,2950 mag dahingestellt bleiben. Ungeachtet dessen gilt Marperger als derjenige Schulreformer, der sich erstmals bemühte, die Anforderungen einzelner Handwerksberufe ganz bestimmten Berufsfeldern zuzuweisen – also „berufsordnend“ zu wirken – zugleich aber auch als derjenige, der die „im Verlaufe der Lehre zu vermittelnden Inhalte in berufstheoretische und berufspraktische …“ aufspaltete und Erstere der Schule, Letztere dem „Betrieb“, hier also der Zunft, zuordnete.2951 Marpergers Verdienst bestand darüber hinaus auch darin, in seinem Reformkonzept auch eine verbesserte Bildung für „Chymisten, Metallurgorum und Bergwercks-Verständige(..)“ vorgesehen zu haben.2952 Sein Ausbildungsplan war der erste seiner Zeit überhaupt, der die hier genannten „Berufe“ erwähnte und für diese – „wohl wegen des umfangreicheren theoretischen Berufswissens“, das vermittelt werden musste –2953 sogar einen zeitlich ausgedehnteren Unterricht plante. 6.2.3 Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen den Realienschulen und den Freiberger und obererzgebirgischen Bergschulen

Wie schon erwähnt, unterscheidet man in der jüngeren wissenschaftlichen Literatur2954 den Unterricht zur (vor allem) handwerklichen, zunftgebundenen Berufsausbildung des 18. Jahrhunderts übereinstimmend in zwei grundlegende ReformKonzepte – das des berufsvorbereitenden und das des berufsbegleitenden Unterrichts.2955 Inwieweit waren nun die ihnen zuzuordnenden Realienschulen oder deren Konzepte geeignet, zumindest als ideelle Wegbereiter für das kursächsische Bergschulwesens zu dienen?

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S. 8, feststellte, „schon wenige Jahre nach seinem Tode nicht mehr registriert werden konnten.“ Zitat nach König (ebd.), S. 185, Anm. 2. Marpergers einschlägigen Werke sind auch im Altbestand der UB der TU BAF, der zu Beginn des Untersuchungszeitraumes angelegt worden ist, nicht vorhanden. So König (Reform der Lehrlingsausbildung), S. 191. Ähnlich äußerte sich ders. (ebd.), S. 184– 187, zu weiteren Realschulmodellen der Zeit, so denen Villaumes, Käfers (in München) oder Molitors (in Frankfurt). König (ebd.), S. 195 (Hervorhebungen durch d.d.A.). König (ebd.), S. 191, hier unter Auswertung von Marpergers Schrift „Handels-Gericht“. So sieht es König (ebd.), S. 191. Vgl. hierzu grundsätzlich vor allem Justin (Berufsgrundbildung), König (Reform der Lehrlingsausbildung) sowie Bruns (Bedeutung der Realienkunde). König (ebd.), S. 98, unterscheidet darüber hinaus noch zwischen „systemkonformen“ Vorschlägen und Modellen der „zünftigen Lehrlingsausbildung“; auf diese kann hier aber nicht näher eingegangen werden.

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Trotz einiger Gemeinsamkeiten lassen sich weder die preußischen „Realschulen“ von Semler und Hecker noch das in Erlangen (im Fürstentum Bayreuth) entwickelte Realschulmodell von Groß mit dem kursächsischen Bergschulsystem, speziell dem der Goldberg’schen Zeichen- und Rechenschule in Freiberg bzw. den obererzgebirgischen SRZ-Schulen vergleichen. Zwar handelte es sich bei ersteren Schulformen ebenfalls um solche, bei denen die Schüler auf ihre künftige „Profession“ vorbereitet werden sollten, aber – und das war wohl das wesentlichste Unterscheidungsmerkmal der vorgestellten Realienschulen zu den kursächsischen Bergoder Zeichenschulen – der (berufsgrundbildende) Unterricht an den Realienschulen fand (im Gegensatz zu dem an den kursächsischen Zeichen- oder Bergschulen) zeitlich-organisatorisch am unmittelbaren Ende oder „nach Abschluss“ und dennoch zugleich in Verbindung mit einer solchen Elementarschulbildung statt;2956 im Einzelfall war er auch an eine Lateinschule „angedockt“. Realienschulen wirkten damit berufsvorbereitend – und nicht, wie König dies einmal fehlerhaft in Bezug auf diese formuliert hatte –2957 „praxisbegleitend(..)“.2958 Auch hinsichtlich ihrer jeweiligen Klientel unterschieden sich beide Schul- bzw. Ausbildungsformen voneinander, denn die Schulen von Semler, Groß oder Hecker zielten vor allem auf die Unterrichtung zukünftiger Handwerker, Händler oder Künstler, während in Freiberg Fachpersonal für das Berg- und Hüttenwesen, also einen industrieartig organisierten Wirtschaftszweig, ausgebildet wurde.2959 Unter Auswertung einer Forderung von Mohl2960 aus dem Jahre 1798 formulierte Justin 2956 Vgl. dazu Justin (Berufsgrundbildung), S. 16. Diese frühen Formen der Realienausbildung müssen deshalb noch als ein unmittelbarer Bestandteil des allgemeinen schulischen Bildungssystem (der deutschen Schule oder – im Einzelfall auch der Lateinschule) angesehen werden; vgl. so sinngemäß ders. (ebd.), S. 56. 2957 Mit diese Formulierung von König (Geschichte der Berufsbildung), S. 184, wird die institutionelle Ein- oder Anbindung dieser Schulmodelle in- bzw. an den i. d. R. Elementarschulunterricht verkannt. Richtig dagegen Justin (Berufsgrundbildung), der für die Semler’sche Schule (S. 23), für das Groß’sche Projekt (S. 40 f.), und für die Hecker’sche Schule (S. 56 f )., zu Recht die berufsvorbereitende Funktion der „Realschulen“ hervorhebt. 2958 Auch die großen Reformer dieser Zeit, die Merkantilisten Zincke und Justi, favorisierten diese berufliche Bildung vor der eigentlichen Erlernung bzw. Ausübung eines Berufes in unmittelbarer Verbindung mit dem allgemeinen Elementarschulunterricht. Didaktisch schien dies auch der Erfolg versprechende Weg zu sein, denn je früher nach damaliger Auffassung eine Beschäftigung mit Gegenständen einer zukünftigen Berufausübung erfolgte, umso größer war der dadurch erhoffte Nutzen. Vgl. hierzu König (Reform der Lehrlingsausbildung), S. 167, hier unter Bezug auf Justi (Grundfesten), S. 116 f. 2959 Durch diesen berufsfachlichen Bezug auf das Berg- und Hüttenwesen unterschied sich die Ausbildung an der Freiberger Bergschule nicht nur von den Realienschulen dieser Zeit, sondern auch von den „polyvalent“ angelegten Lehrplänen der (späteren) „Philanthropien“ eines Basedow, an denen weitgehend unabhängig von den später von den Schülern zu ergreifenden Berufen unterrichtet wurde. Vgl. dazu Bruchhäuser (Berufsbildung), S. 407. 2960 Mohl (Beantwortung der Frage), Sp. 1010.

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in diesem Kontext, dass mit den frühen Realschulmodellen eine Umorientierung hin zu einer „institutionalisierten Berufsausbildung“ eingetreten sei: „Die spätere berufliche Praxis ist durch theoretische Belehrungen im Vorweg zu fixieren; die berufliche Grundbildung wird als erste Stufe für den darauf folgenden Ausbildungsgang des Heranwachsenden gesehen.“2961

Nach Zincke waren dabei „’in einem leichten und practischen Unterricht’ Kenntnisse und Fertigkeiten ... (zu vermitteln), die einem künfftigen Arbeiter in seiner Handthierung, derselben Erlernung und Verbesserung höchstnöthig und ersprießlich …“ sein sollten,2962

eine Zielsetzung die faktisch „allen Modellen [hier: Einrichtungen zur Realienvermittlung – H.K.] in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts“ eigen war.2963 Der Unterricht diente zwar ebenfalls der Vermittlung von Fachkenntnissen für ein eventuell später auszuübendes Handwerk, sollte die Schüler aber zunächst nur erst einmal für eine spätere praktische Tätigkeit sensibilisieren, ihr Interesse für den einen oder anderen Beruf wecken.2964 Bei dem kursächsischen Bergschulwesen dagegen handelte es sich um ein zeitlich sehr früh entstandenes außerordentlich komplexes Berufsausbildungskonzept, das in seiner organisatorischen sowie großflächig angelegten Umsetzung weiter ging, als die meisten bis dahin in der Literatur vorgestellten (in der Regel auf das Handwerk bezogenen) Berufbildungskonzepte. Die Goldberg’sche Zeichen- und Rechen- oder Bergschule vermittelte zwar ebenfalls in erster Linie Realien, kann aber dennoch nicht zum Typus dieser Realienschulen gezählt werden. Der Unterricht an ihr erfolgte nicht vor einer beruflichen Ausbildung, sondern die Ausbildung der sie besuchenden, in der Regel noch jugendlichen Bergleute (die „Wäschebzw. Scheidejungen“), fand parallel zur täglichen Bergarbeit statt. Der Goldberg’sche Bergschulunterricht stellte seiner Verfassung nach somit eine berufsbegleitende Ausbildung im Anschluss an einen (i. d. R.) Elementarschul-, im Einzelfall auch gymnasialen Unterricht dar. 2961 Justin (Berufsgrundbildung), S. 17. 2962 Zincke (Sendschreiben), S. 257, Zitat nach Justin (Berufsgrundbildung), S. 16. 2963 Bruns (Bedeutung der Realienkunde), S. 32. Allerdings kann ders. (ebd.), S. 31, die Semlersche Schule nicht „in einen Gesamtzusammenhang der Realschulentwicklung ein(..)ordnen“, da ihr der „allgemeinbildende Charakter“ fehlen würde. 2964 Diese Ansicht teilt auch Bruns (Bedeutung der Realienkunde), S. 31, der in der Vermittlung „berufs- und arbeitsbezogener Inhalte“ an der Semler’schen Schule vor allem eine „Orientierung hinsichtlich späterer Tätigkeiten“ sieht. Nach Bergius (Kameral-Magazin), S. 289, sollten entsprechende Vorstellungen zum Handwerk die Kinder in den Stand versetzen, ihre Zuneigungen zum Handwerk und Fähigkeiten dazu selber besser einschätzen zu können. Vgl. dazu Justin (Berufsgrundbildung), S. 19, unter Bezug auf Bergius.

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Als weiteres wichtiges Unterscheidungsmerkmal bleibt zu konstatieren, dass das gesamte Hecker’sche Schulsystem wie schon das Vorbildmodell von Semler in die vorgefundene Schullandschaft integriert war und die von den christlichen Schulbehörden, den Pfarrern und Konsistorien ausgeübte Schulaufsicht noch lange Zeit beibehalten blieb – die kursächsische Bergschulverfassung stand dazu im klaren Gegensatz.2965 Lediglich das Marperger’sche Schulkonzept mit seinem ebenfalls berufsbegleitend geplanten fachlichen Unterricht hätte Anhaltspunkte für eine Vergleichbarkeit mit der Goldberg’schen Zeichen- und Rechenschule bzw. den obererzgebirgischen SRZ-Schulen und der an diesen auf berg- oder hüttenmännische Tätigkeiten ausgerichteten Berufsausbildung bieten können. Da das Marperger’sche Modell aber nach Bruchhäuser über eine „… literarisch vorgetragene, bildungsökonomische Programmatik“ nicht hinausging2966 und sich vor allem auch in Bezug auf die Klientel der Auszubildenden von derjenigen im industrieartig organisierten kursächsischen Bergbau unterschied, scheidet es ebenfalls als direktes Vorbild für das Freiberger Bergschulwesen aus. Marpergers Schulprojekt reflektierte (wie auch das von Ickstatt) vor allem auf die bildungsmäßige Begleitung einer „zünftigen“ Handwerkeroder (im Einzelfall) auch kaufmännischen Ausbildung.2967 Während nämlich der Lehrling innerhalb der Zunft in der Regel eine Einzelausbildung durchlief, bei der er in das „Haus“ (die Familie) des Handwerkers eingebunden und von Kontakten nach außen nahezu abgeschirmt war,2968 fand die berufliche Ausbildung der Bergund Hüttenarbeiterkinder in Form einer hochgradigen Konzentration und Organisation von Arbeitskräften außerhalb jeglichen Familienverbandes statt.2969 Obwohl die hier vorgestellten Realienschulen durchaus Impulse für das kursächsische Bergschulwesen geliefert haben könnten, sind in den für die Untersu2965 Auf die „Verstaatlichung“ dieser allgemeinen Schulaufsicht im 19. Jahrhundert kann hier nicht eingegangen werden. 2966 Bruchhäuser (Berufsbildung), S. 405. Bruchhäuser bezieht diese Aussage auch auf Konzepte von Justi, Zincke und Lau. Auch Buchinger (Aufklärerische Reformbemühungen), S. 688, verweist auf die nicht erfolgte Umsetzung vieler solcher Schulplanungen. 2967 Auch die von Peter Villaume vorgeschlagene theoretische Lehrlingsbildung in einem „Theoretisch-praktischen(n) Institut(..) für Handwerker“ – vgl. dazu König (Geschichte der Berufsbildung), S. 184 f. – und die von Franz Xaver Kefer für München initiierten Sonn- und Feiertagsschulen für „Handwercksjungen“ – vgl. ebd., S. 186, S. 196 – können schon wegen ihrer zeitlich erst viel später (nach 1790) erfolgten Umsetzung hier nicht als Vorbild für die kursächsische Lösung herhalten. 2968 Vgl. zur Organisation der Ausbildung im (zunftgebundenen) Handwerk grundsätzlich Reith (Arbeitsweise im Handwerk), und zur Einbindung der Lehrlinge in die Familie des Meisters ders. (ebd.), u. a. S. 231 f. 2969 Die Einbindung des Lehrlings in den Familienverband des Handwerkers unterschied sich vollkommen von derjenigen der Berg- und Hüttenarbeiter in das Wirtschaftsgefüge des Berg- und Hüttenwesens.

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chung ausgewerteten Akten keinerlei Belege darüber aufgefunden worden. Ungeachtet dessen bleibt zu konstatieren, dass ohne die Francke’schen Schulanstalten, ohne die Realienschulen eines Semler, Hecker, Groß oder auch eines Peter von Hohenthal oder ohne die Ideen eines Marperger und anderer Schulreformer das 18. Jahrhundert und dessen Bildungslandschaft um Einiges ärmer gewesen, ein Großteil der bildungsfähigen Kinder und Jugendlichen vor allem vom schulischen Unterricht ausgenommen geblieben wäre. Im Folgenden soll dargestellt werden, inwieweit ein weiterer Typus von Bildungseinrichtungen, nämlich der der Zeichenschulen, die im 18. Jahrhundert vor der Herausbildung der Freiberger Bergschule mehr oder weniger erfolgreich existierten, ggf. als Ideengeber für die kursächsischen Bergschulen gedient haben kann. 6.2.4 Die Zeichenschulen des 18. Jahrhunderts

Die Einführung von Zeichenschulen in Deutschland scheint konzeptionell auf französische Vorbilder zurückzugehen. So basiert nach König der Bildungsreformvorschlag des markgräflich-ansbachschen Hofrates Carl zur Errichtung einer „öffentlichen Zeichenschule“ für Ansbach auf dessen in Frankreich „gemachten Beobachtungen“.2970 Allerdings ging es hierbei in erster Linie um einen berufsbegleitenden Unterricht, der den angehenden Handwerkern die Möglichkeit geben sollte, die von ihnen verfertigten Produkte „sowohl in technischer als auch gestalterischer und funktionaler Hinsicht zu vervollkommnen“;2971 die im erzgebirgischen Bergbau eingeführten ZR- bzw. SRZ-Schulen besaßen eine andere Funktion – nämlich die benötigten Fachkräfte für das kursächsische Berg- und Hüttenwesen auszubilden. Die Vorstellung „… zur Ergänzung der Werkstattlehre … öffentliche Zeichenschulen zu errichten“ und diese berufsbegleitend zu organisieren, stammte nach König von dem ebenfalls schon erwähnten Franken Paul Jacob Marperger.2972 Besonders weit fortgeschritten muss – zumindest nach der Vielzahl der vorhandenen Einrichtungen zu urteilen – Ende des 18. Jahrhunderts die theoretische Handwerkerausbildung an Zeichen- oder vergleichbaren Schuleinrichtungen in der Landesherrschaft des Markgrafen Karl Friedrich von Baden-Durlach gewesen sein. Eine der ersten Zeichenschulen in Deutschland überhaupt, die nicht nur als Modell entworfen, sondern tatsächlich auch errichtet wurde (obwohl sie in den 2970 Vgl. dazu König (Reform der Lehrlingsausbildung), S. 181. Inwieweit Benno von Heynitz ebenfalls Anregungen von diesen nach König (Reform der Lehrlingsausbildung), S. 171, bereits im 17. Jahrhundert eingerichteten „Berufsfachschulen“ erhalten haben kann, ist nicht überliefert. 2971 König (ebd.), S. 181. 2972 König (ebd.), S. 184.

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ersten Jahren ihrer Existenz eher ein kümmerliches Dasein führte)2973 war die auf der Grundlage eines 1768 erstellten Gutachtens des Baudirektors und fürstlichen Kammerjunkers von Keßlau in der Stadt Durlach errichtete „Architektonische Zeichenschule“.2974 Deren Hauptzweck bestand darin, vor allem künftigen „Steinhauern“, Maurern und Schreinern mechanische Kenntnisse zu vermitteln, respektive „tüchtige Handwerker heranzubilden“.2975 Die Durlacher Zeichenschule fungierte dabei als zweiter Lernort2976 neben dem eigentlichen Ort der handwerklichen Ausbildung,2977 weswegen sie König auch als frühe Form einer „dualen“ Berufsausbildungsorganisation bezeichnete,2978 ein Begriff, den Hasfeld für diesen Zeitabschnitt sicherlich zu Recht kritisiert: „Zwar erfüllt die 1768 gegründete architektonische Zeichenschule de jure zweifellos die von Thyssen2979 fixierten Kriterien für das Vorliegen einer Berufsschule, de facto existierte zu dieser Zeit in Baden-Durlach [aber] nicht einmal ansatzweise eine dualistische Ausbildungsordnung.“2980 Auch wenn diese Zeichenschule noch vor der Freiberger Einrichtung entstand und verschiedene Faktoren wie ihre strukturelle Einbindung in die Verwaltung und 2973 Vgl. dazu Kuhn (Gewerbeschule Karlsruhe), S. 3–6. Mitte der 1780er Jahre ging sie vorübergehend sogar ganz ein; vgl. dazu Hasfeld (Berufsausbildung in Baden), S. 120–122. Nach König (ebd.), S. 185, war diese Schule jedoch eines der wenigen Beispiele umgesetzter berufsbegleitender Reformkonzepte des 18. Jahrhunderts. Auf die von Kuhn (ebd.), S. 18–27, beschriebenen, ebenfalls 1768 errichteten drei Zeichenschulen in Durlach kann hier nicht näher eingegangen werden, zumal deren Organisationsform gegenüber der Karlsruher Einrichtung nichts grundlegend Neues beinhaltete. Hasfeld (ebd.), S. 65–67, rechnete die „Handzeichenschule für Bauhandwerker“ zu den „innovativen Schulversuche(n)“ jener Zeit. 2974 Vgl. zu dieser grundlegend Kuhn (ebd.), hier insb. S. 1, sowie jüngst dazu und zur wachsenden Bedeutung des Zeichenunterrichts Hasfeld (ebd.), S. 109–129, insbes. S. 119–124 und S. 63, sowie ebd., Anm. 300; Literaturangabe nach Bruchhäuser (Berufsbildung), S. 409. Nach Kämmerer (Technologie), S. 89, war diese Zeichenschule durch Friedrich Weinbrenner errichtet worden und ging später (1825) in der Ingenieurschule Karlsruhe – der späteren Technischen Hochschule – auf. 2975 Vgl. dazu Kuhn (ebd.), S. 2. Nach einem markgräflichen Reskript sollte in Durlach keiner der genannten Handwerkergruppen das Meisterrecht erwerben können, der nicht zuvor eine dieser Schulen besucht hatte; vgl. ders. (ebd.), S. 19. 2976 Räumlich wurde die Schule (zunächst) im Rathaus untergebracht; die materielle und finanzielle Ausstattung erfolgte überwiegend zu Lasten der markgräflichen Kammer. Vgl. dazu Kuhn (ebd.), S. 3. 2977 Vgl. dazu König (ebd.), S. 185, S. 196. 2978 So in einer von König (ebd.), S. 184, gewählten Kapitelüberschrift. Stratmann (Bedeutung der Zeichenschulen), S. 90, sah in der Karlsruher Einrichtung sogar den Beginn der dualen Berufsausbildung bzw. in der Schule selbst die erste wirkliche Berufsschule; vgl. dazu ders. (Krise der Berufserziehung), S. 241. 2979 Vgl. zu den Definitionskriterien Thyssens das folgende Kapitel 7 dieser Arbeit. 2980 Hasfeld (Berufsausbildung in Baden), S. 122. Es wurde schon an anderer Stelle darauf hingewiesen, dass die Übertragung moderner Begrifflichkeit auf historische Vorgänge nicht immer angebracht erscheint, im Einzelfall sogar kontraproduktiv sein dürfte.

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ihre Unterrichtsorganisation auf eine gewissen Ähnlichkeit mit der Goldberg’schen Zeichenschule hindeuten, dürfte auch diese „Gewerbeschule“ vor allem wegen ihrer speziellen Handwerkerklientel als direktes Vorbild für die Freiberger Bergschulen und auch obererzgebirgischen SRZ-Schulen ausscheiden.2981 Der an ihr gehaltene Zeichenunterricht besaß eine überwiegend andere Funktion als der in Freiberg gebotene. In Durlach ging es vor allem darum, das Bildungsbedürfnis der Gewerbetreibenden zu befriedigen2982 und hierbei insbesondere ein gewisses „Schönheitsgefühl“ bei den Schulbesuchern zu vermitteln.2983 Die Ausbildung diente somit fast ausschließlich dem Handwerkerstand,2984 die Freiberger Zeichen- oder Bergschule der von Berg- und Hüttenarbeitern. Dass Letztere zudem noch viel straffer organisiert und dem unmittelbaren Zugriff des Landesherrn ausgesetzt war – dürfte ein weiteres wichtiges Unterscheidungsmerkmal beider Einrichtungen gewesen sein. Den Hauptunterrichtsinhalt an der Durlacher Zeichenschule bildeten die Fächer Arithmetik, Geometrie, Mechanik und Architektur.2985 Interessant ist die im Jahre 1778 an ihr erfolgte Anstellung des „… Leiter(s) der herrschaftlichen Wasserwerke im Brunnenhause, Kunstmeister Fasolt … als Lehrer hauptsächlich für den Unterricht im Modellieren …“.2986 Als Anreiz für den Schulbesuch wurden, vergleichbar zu Freiberg, Prämien ausgelobt, die (vermutlich) auch aus der dortigen Landeskasse finanziert wurden.2987 Hinsichtlich des Schuletats – mit 96 Gulden Ausgaben in den Jahren 1769–1771 –2988 und der Zahl der ausgebildeten Lehrlinge

2981 Zudem ist fraglich, ob das Mitglied des kursächsischen Oberbergamtes, Benno von Heynitz, überhaupt Kenntnis von der Existenz dieser Schule besaß. In den untersuchten Akten konnte nirgendwo ein diesbezüglicher Hinweis dazu gefunden werden. 2982 Es handelte sich bei dieser Schulform im engeren Sinne ja um eine Handwerkerzeichenschule, d. h. eine Einrichtung, die v. a. zukünftige Mauer und Zimmerleute im Rahmen der handwerklichen Ausbildung vor ihrer späteren Wanderschaft besuchten. Vgl. dazu grundlegend Stratmann (Bedeutung der Zeichenschulen), S. 82–95, zur Bedeutung des Zeichenunterrichts für Baugewerke ders. (ebd.), S 87. 2983 Kuhn (Gewerbeschule Karlsruhe), S. 21. 2984 Dies ergibt sich auch daraus, dass die Meister der erwähnten Gewerke aufgefordert wurden, ihre Lehrlinge und Gesellen zum „fleißigen Besuche der Schule anzuhalten.“ Kuhn (ebd.), S. 3. Die Errichtung dieser fast zeitgleich mit der Goldberg’schen ZR-Schule entstandenen Einrichtung erfolgte als Reaktion auf das Versagen der zunftgebundenen Handwerkerlehre. Vgl. dazu Stratmann (Krise der Berufserziehung), S. 90. 2985 Vgl. dazu Kuhn (ebd.), S. 3. Hasfeld (Berufsausbildung in Baden), S. 120, gibt unter Bezug auf Gutmann (Gewerbeschule Badens), S. 29, als Hauptfächer Geometrie und Rechnen an. 2986 Kuhn (ebd.), S. 4. Auch im Erzgebirge finden wir in dieser Zeit die ersten Kunstmeister für den Bergbau. Die als Lehrer an den ZR- und SRZ-Schulen eingesetzten Absolventen der Bergakademie erhielten eine Ausbildung, die sie vermutlich ebenfalls zu Kunstmeistern befähigt hätte. 2987 Vgl. Kuhn (ebd.), S. 3, sowie Hasfeld (Berufsausbildung in Baden), S. 120. 2988 Auch die Höhe der Besoldung des Durlacher Lehrers entsprach in etwa der Goldbergs in Freiberg.

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entsprach sie in etwa der Goldberg’schen Zeichen- und Rechenschule,2989 auch war der Unterricht ähnlich wie in Freiberg, nämlich berufsbegleitend organisiert – an insgesamt fünf Wochentagen wurde abends je eine Stunde Unterricht geboten.2990 Bis 1791 unterstand die Durlacher Schule der Aufsicht des markgräflichen Bauamtes,2991 d. h., auch in dieser Hinsicht ähnelte sie der fast zeitgleich entstandenen Freiberger Einrichtung. Während man aber schon kurz darauf die Durlacher Zeichenschule dem Kirchenratskollegium unterstellte,2992 blieb die Freiberger Zeichen- oder Bergschule Zeit ihrer Existenz immer der Bergverwaltung nachgeordnet, war somit einer direkten Einflussnahme durch kirchliche Schulbehörden entzogen. Trotz dieser scheinbaren Gemeinsamkeiten lässt sich die Durlacher Zeichenschule in ihrer Gesamtkonzeption eher mit dem schon erwähnten Modell Marpergers vergleichen, zumal auch an Letzterer eine berufsbegleitende, theoretische Ausbildung von Zunfthandwerkern stattfand.2993 Ob allerdings die eher abwertende Aussage Hasfelds über die Durlacher Zeichenschule zutreffend ist, wonach diese „… eine berufsbildungspolitische ‚Reißbrettkonstruktion’ (war), ein merkantilistisch angehauchtes Projekt zur Beseitigung einer gesellschaftlichen Problemsituation, das seine Entstehung einer spezifischen Kombination von Fortschritts- und Leistungswillen, naivem Schuleuphorismus und einer ausgesprochenen schulpolitischen Experimentierfreude in Baden-Durlach verdankte“,2994

soll hier nicht beurteilt werden; zumindest lässt sich diese Behauptung keinesfalls auf die Intentionen zur Schaffung des kursächsischen Bergschulkomplexes übertragen. In Freiberg gab es keine Verordnung über die Zeichenschulpflicht, wie sie in Karlsruhe für bestimmte handwerkliche Berufsgruppen existierte,2995 sondern hier fand der Zeichenunterricht im Rahmen der bergmännischen Berufsausbildung statt. Zu dieser wurden im Prinzip nur die Bergmannskinder zugelassen, die für die angestrebte Ausbildung der Bergoffizianten auch befähigt genug erschienen, sodass von einer Art Bestenauswahl gesprochen werden kann. In Kursachsen herrschte außerdem nach dem Siebenjährigen Kriege eine „Qualifikations- und Ausbildungs2989 Zwar hatte die Schule 1777 – dem Jahr also, in dem auch die Unterrichtung von „Bergpurschen“ Lempe in Freiberg begann – insgesamt 27 Besucher, davon waren aber allein 16 Seminaristen des dortigen Lehrerseminars und nur acht (wirkliche) Lehrlinge bzw. Handwerkergesellen – vgl. dazu Kuhn (Gewerbeschule Karlsruhe), S. 4 – d. h. ebenso so viele, wie bei Lempe. 2990 Vgl. zu den Unterrichtszeiten Hasfeld (Berufsausbildung in Baden), S. 120. 2991 Vgl. dazu Kuhn (Gewerbeschule Karlsruhe), S. 6. 2992 Vgl. dazu Kuhn (ebd.). 2993 Vgl. dazu diesen Abschnitt weiter oben. 2994 So Hasfeld (Berufsausbildung in Baden), S. 123. 2995 Vgl. Hasfeld (ebd.), S. 123.

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krise“, die Hasfeld ja gerade für Baden-Durlach verneint.2996 Auch der von Letzterem rekapitulierte nicht vorhandene Bedarf „für einen besonderen Zeichenunterricht außerhalb der Meisterwerkstatt als Teil einer niederen gewerblichen Bildung …“ traf für das sächsische Bergschulwesen nicht zu.2997 Nach 1800 erhielt die Durlacher Zeichenschule die Bezeichnung Bauhandwerkerschule.2998 Eine der Durlacher etwa vergleichbare Ausbildung wurde (später) in Preußen an der der Bauakademie angegliederten Ausbildungsform von Bauhandwerkern organisiert. Dabei ging es nach den vom preußischen König am 27. Juni 1800 erlassenen „Grundsätzen“ um die „… Anziehung geschickter Bauhandwerker …“ Wegen ihrer viel späteren Einführung scheidet auch diese Form der fachlichen Ausbildung als Vorbild für den Freiberger Bergschulkomplex aus.2999 6.2.5 Die Bergschulen im deutschsprachigen Raum

Bislang wurde noch nicht untersucht, ob es in Deutschland Bergschulen gab, die ggf. als Vorbild für das Freiberger Bergschulwesen gedient haben könnten. Dazu ist es erforderlich, zunächst erst einmal festzustellen, inwieweit solche Bildungseinrichtungen überhaupt vor Beginn des Hauptuntersuchungszeitraumes hier existierten.3000 Die Herausbildung eines vom allgemeinen Schulsystem weitgehend unabhängigen Bergschulwesens begann in einer Zeit, in der sich auch in Deutschland das Gedankengut der Aufklärung immer mehr durchsetzte. Technik und deren Beherrschung gewann im Produktionsprozess eine immer größere Bedeutung. Das galt ganz besonders auch für das Montanwesen.3001 Bildung sollte nicht mehr nur das Privileg Einzelner sein, eine Überzeugung, die sich auch auf das kursächsische Bergschulwesen auswirkte.3002 2996 Vgl. dazu Hasfeld (ebd.). 2997 Hasfeld (ebd.), S. 123 f. Vgl. dazu die Ausführungen von Schirndings vom 2. Mai 1794, in: UAF, OBA 10, Bl. 23–38 b., hier Bl. 37 b.–38, der damit die Gegenposition zu Hasfeld faktisch untermauert. 2998 Vgl. dazu Kuhn (Gewerbeschule Karlsruhe), S. 10. 2999 Vgl. dazu Simon (Fachbildung des Preußischen Gewerbestandes), S. 642–690, insbesondere S. 680–690. 3000 In der einschlägigen wissenschaftlichen Literatur findet man i. d. R. lediglich die etwaigen Entstehungsdaten dieser Schulen, nicht aber Angaben darüber, wie lange diese tatsächlich existiert haben. Vgl. zu den Bergschulen des 18. Jahrhunderts die Liste der Bergschulen bei Guntau (Rolle der Wissenschaften), S. 14. 3001 Ungeachtet der gestiegenen Bildungsanforderungen setzte noch keine mit der industriellen Revolution vergleichbare Entwicklung ein, denn nach wie vor blieb „der Hauptarbeitsprozess das Lösen von Erz und Gestein aus dem natürlichen Verband …“, war „Handarbeit mit Schägel und Eisen“ gefordert. Wagenbreth/Wächtler (Freiberger Bergbau), S. 20. 3002 Inwieweit aber die Bergverwaltung z. B. von den Bildungs- und Erziehungsideen eines Rousseau beeinflusst worden war, konnte hier nicht näher untersucht worden; zumindest war aber

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Die vermutlich größte verfassungsmäßige und inhaltliche Übereinstimmung innerhalb der deutschen Schullandschaft dürfte das sächsische Bergschulsystem in seiner Entstehungszeit mit dem preußischen Bergschulsystem aufgewiesen haben. Dabei darf aber nicht verkannt werden, dass das Erstere zugleich das Ältere war und das preußische Bergschulsystem zeitlich fast durchweg dem kursächsischen Bergschulwesen folgte. Auch im Preußen des 18. Jahrhundert war man bemüht, wegen der häufig festgestellten mangelhaften Bildung der Kinder zunächst den elementaren Schulunterricht zu reformieren.3003 Auch hier wurde die Bergverwaltung tätig und es gelang ihr wie in Kursachsen, die allgemeine Schulaufsicht über die Kinder von Berg- und Hüttenleuten in den ihrer Kontrolle unterstehenden fiskalischen Bergwerken, Salinen und Hütten teilweise an sich zu ziehen.3004 Dort, wo die Zahl der im Berg- und Hüttenwesen Beschäftigten vor Ort gering war, besuchten die Kinder in der Regel die örtlichen (Elementarschulunterricht bietenden) Landschulen.3005 Die erste dieser der preußischen Bergverwaltung unterstehenden Schulen war wahrscheinlich die Ende der 70er-Jahre des 18. Jahrhunderts – also fast zeitgleich mit den Knappschaftlichen Schulanstalten in Kursachsen – für die Kinder der Kalksteinarbeiter in Rüdersdorf bei Berlin errichtete Elementarschule. Die erforderlichen Geldmittel dafür waren von der dortigen Knappschaftskasse bzw. dem „Ökonomie-Amt“ aufgebracht worden.3006 In der letzten Dekade des 18. Jahrhunderts, aber auch noch später, entstanden so in den Haupt-Bergbaudistrikten Preußens für die Kinder der dort beschäftigten Berg- und Eisenhüttenarbeiter gesonderte Elementarschulen,3007 die man auch in den Akten des Berliner Oberschulkollegiums häufig als zum „Schulwesen auf den königlichen Berg- und Hüttenwerken“ gehörig auswies.3008 Sogar Schulinstruktionen für Lehrer an diesen Schulen mit darin festgeschriebenen Unterrichtsinhalten erließen die dortigen

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Rousseaus 1771 erschienene Schrift „Rede von dem wechselweisen Einfluss der Naturkunde und Chemie auf die Wohlfahrt eines Staats …“ Bestandteil der ersten „Büchersammlung“ der 1765 gegründeten Bergakademie! Deswegen fehlte es auch in Preußen den künftigen Steigern und Schichtmeistern oft an den grundlegendsten Schulkenntnissen. Vgl. dazu Kelbert (Bildungswesen in Preußens Berg- und Hüttenwesen), S. 73. Vgl. dazu im Einzelnen Kelbert (ebd.), S. 85. Vgl dazu Kelbert (ebd.), S. 86 f., hier unter Bezug auf ein „Pro Memoria“ des schlesischen OBA vom 23. Jan. 1811 an die Generalverwaltung für das Salz-, Berg- und Hüttenwesen. Aus diesem geht hervor, dass die bergmännischen Elementarschulen „… noch nicht völlig von den allgemeinen Landschulen“ getrennt werden konnten. Diese Landschulen entsprachen in etwa den kursächsischen deutschen Stadt- und Dorfschulen. Vgl. Näheres dazu bei Kelbert (ebd.), S. 83 f. Vgl. dazu Kelbert (ebd.), S. 86. Vgl. dazu Kelbert (ebd.), S. 88.

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Bergbehörden.3009 Im Gegensatz allerdings zu Sachsen, wo der elementare Unterricht dieser „bergknappschaftlichen Schulanstalten“ zwar innerhalb der deutschen Dorf- bzw. Stadtschulen stattfand, aber über die Bergverwaltung aus Gewerkschafts-, Knappschafts- oder landesherrlichen Beiträgen finanziert wurde, verlegte man in Preußen die Elementarschulen vielerorts direkt auf die Berg- und Hüttenwerke.3010 Mit dieser Organisationsform sowie mit der Finanzierung dieses Unterrichts über die Berg- und Hüttenverwaltung – in Schlesien vor allem mittels der Beiträge aus den Knappschaftskassen –3011 stellte man sicher, dass auch die Schulaufsicht in erheblichem Umfang von den Konsistorien, Kreisinspektoren bzw. der späteren Oberschulverwaltung auf die preußische Bergverwaltung überging.3012 Aber allein mit der Verbesserung des elementaren Schulwesens konnte der Bedarf an ausreichend bergmännisch gebildeten Fachkräften für die vielen Berg- und Hüttenwerke nicht gedeckt werden. Gerade in den nach dem Siebenjährigen Krieg Preußen zugeschlagenen schlesischen Gebieten herrschte ein akuter Mangel an solchen Fachleuten, reichte die „… Zahl der Steiger, Schichtmeister, Hüttenmeister … [und] Maschinenwärter … nicht mehr aus“,3013 weswegen sich vor allem der Oberberghauptmann beim Generaldirektorium des Bergwerks- und Hüttendepartements (der damals höchste preußische Bergbeamte), Friedrich Anton von Heynitz, um die Anstellung von Fachkräften aus anderen preußischen Provinzen bemühte.3014 Die preußischen Berg- und Hüttenbehörden forderten aus diesem Grunde vor allem einen auf die Anforderungen aus der Praxis ausgerichteten Unterricht. In diesem Zusammenhang formulierte Kelbert:

3009 Vgl. dazu Kelbert (ebd.), S. 81–83. 3010 Vgl. hierzu Kelbert (ebd.), S. 86. Kelbert führt hier (S. 87) sogar die Hauptstandorte dieser Schulen an. 3011 Vgl. Kelbert (ebd.), S. 88. 3012 Auch dabei scheint Friedrich Anton von Heynitz als Minister und Oberberghauptmann federführend gewesen zu sein. Vgl. dazu auch Schellhas (F.A. von Heynitz), der F.A. von Heynitz’ Wirken im Sinne einer verbesserten bergmännischen Ausbildung würdigte. 3013 Dieser Mangel an Fachkräften galt zuallererst für das Aufsichtspersonal in den Gruben und Hütten. 3014 Kelbert (Bildungswesen in Preußens Berg- und Hüttenwesen), S. 69. Ders. (ebd.), S. 78, vermutet sicher zu Recht, dass Friedrich Anton von Heynitz dafür auf seine in Sachsen gewonnenen Erfahrungen zurückgegriffen hatte.

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„Die Verwendung eiserner Maschinenteile, der komplizierte Bau von Hüttenofeneinrichtungen, die Bestrebung, neue technische Erfindungen von eigenen Hüttenarbeitern zu erzielen, zwangen die Berg- und Hüttenämter, auf das Zeichnen, vor allem das technische Zeichnen, besondere Aufmerksamkeit zu legen.“3015

Diese Forderungen zur Verbesserung der bergmännischen Bildung, insbesondere aber der fachlichen Ausbildung von unteren Bergbeamten, führten schließlich auch in Preußen zur Errichtung von Bergschulen. Als älteste deutsche Bergschule neben der in Freiberg wird bislang in der Literatur immer noch die im Jahre 1798(!) errichtete (ursprünglich kursächsische) Eislebener Bergschule genannt.3016 Dabei wird aber die schon 1793 (in dem erst im Januar 1791 zum Preußischen Fürstentum Bayreuth gelangten Bergrevier Naila)3017 erfolgte Einrichtung einer weiteren Bergschule übersehen. Kein Geringerer als Alexander von Humboldt, der im August 1792 zum Oberbergmeister für Ansbach und Bayreuth ernannt worden war, 3018 richtete, nachdem er Freiberg und die Bergakademie verlassen hatte, in Steben im Nailaer Bergrevier auf eigene Kosten3019 eine „freye Bergschule für die gemeine Bergjugend …“ ein.3020

3015 Kelbert (ebd.), S. 83. 3016 Vgl. zur Gründung dieser Bergschule Kelbert (ebd.), Raeck (Eislebener Bergschule), S. 18 f., und Stang (Bergschule in Eisleben), S. 24 f. Erster Leiter dieser Einrichtung war nach Stang (ebd.), S. 25, und Raeck (ebd.), S. 18, ebenfalls ein Absolvent der Bergakademie, Christian Ottiliae (vgl. zu diesem die Matrikelunterlagen des Universitätsarchivs Freiberg). Vgl. zur Bergschule Eisleben jüngst auch Boltz (Ingenieurschule Eisleben). Da Eisleben zu dieser Zeit Teil Kursachsens war, ist es – wie Freiberg – eine kursächsische Gründung. Raeck (ebd.), nennt bereits richtig die älteren Bergschulen im Erzgebirge als Vorbild für diese Bildungseinrichtung innerhalb des „kursächsisch–Mansfelder Bergbaugebiets“ (ebd.), S. 20. 3017 Die fränkischen Fürstentümer Bayreuth und Ansbach waren im Januar 1791 vertraglich an die preußischen Hohenzollern und damit auf König Friedrich Wilhelm II. von Preußen übergegangen. Vgl. dazu Baumgärtel (Konzept Humboldts), S. 1. Neben Naila zählten noch die Bergreviere in Goldkronach und Wunsiedel zum Fürstentum Bayreuth. Vgl. dazu Kühnert (A. von Humboldt), S. 31. 3018 Lt. Baumgärtel (Humboldt und der Bergbau), S. 127, erfolgte die Bestallung Humboldts mündlich am 26. August und (S. 128) offiziell am 6. September 1792. Humboldt war damit Oberbergmeister sämtlicher preußisch-fränkischer Fürstentümer. Vgl. dazu Baumgärtel (ebd.), S. 130, sowie ausführlich zu Humboldts Tätigkeit als Oberbergmeister in Bayreuth Kühnert (A. von Humboldt), S. 50–63. 3019 Die Finanzierung wurde später durch Reskript vom 22. Juni 1794 über die „Königliche freie Bergschule Steben“ vom preußischen Staat übernommen. Vgl. dazu Baumgärtel (Konzept Humboldts), S. 1 f. 3020 Brief A. von Humboldts vom 20. Jan. 1794 an Johann Carl Freiesleben, in: Jahn/Lange (Jugendbriefe A. von Humboldts); Zitat nach Kaden (Vortrag Johann Friedrich Lempe), S. 137. Vgl. zur Errichtung dieser „bergmännischen Freischule“ auch Kühnert (A. von Humboldt), S. 51 f., sowie grundlegend Baumgärtel (Bergschule Steben).

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Da Alexander von Humboldt selbst 1791/92 an der Bergakademie Freiberg studiert hatte3021 und er später auch direkten Bezug zur Freiberger Bergschule nahm, soll etwas näher auf diese von Humboldt’sche Einrichtung eingegangen werden. Insbesondere ist zu prüfen, inwieweit die Goldberg’sche Zeichen- oder Bergschule zum Vorbild für die Bergschule Humboldts gedient hat, ob sich der diesbezügliche Freiberger Innovationsgeist somit auch auf andere Regionen Deutschlands ausgewirkt hat. Als Alexander von Humboldt Ende November 1793 die Freie Königliche Bergschule in Steben gründete,3022 konnte er auf seine Erfahrungen zurückgreifen, die er bei seinem Aufenthalt an der Bergakademie Freiberg,3023 bei dem er auch die Freiberger Bergschulausbildung kennengelernt haben muss,3024 erlangt hatte. In einem Brief an seinen Freiberger Freund Johann Carl Freiesleben3025 nahm Humboldt direkten Bezug zur Freiberger Bergschule, von der sich die von ihm selbst errichtete in Steben allerdings „merklich … unterscheide(n)“ würde.3026 Den damaligen Lehrer dieser Schule, Goldberg, muss Humboldt persönlich gekannt haben, denn schon kurze Zeit nach seiner Ankunft in Freiberg am 5. Juli 1790 war er in die dem Schichtmeister Goldberg unterstehende mit modernster Wasserhebetechnik ausgestattete Freiberger „Neu-Beschert-Glück“ Fundgrube eingefahren.3027 3021 Humboldt hatte vom 14. Juni 1791 bis zum 26. Febr. 1792 die Bergakademie belegt. Vgl. zu Humboldts „Freiberger Zeit“ und dessen Studium die Matrikelunterlagen des Universitätsarchivs sowie die Beiträge von Schellhas (Humboldt und Freiberg), insb. S. 47–83, sowie Baumgärtel (ebd.), S. 120–122. 3022 Vgl. Einzelheiten dazu im Bericht Humboldts vom 13. März 1794, in: Bruhns (A. von Humboldt), S. 292–298, hier S. 294; dieses „Promemoria an das Ober-Berg-Depertement“ Humboldts findet sich auch in: Kelbert (Bildungswesen in Preußens Berg- und Hüttenwesen), Anhang Nr. 18, S. 221–226. 3023 Humboldt hatte an der Bergakademie Vorlesungen bei Werner, Köhler und Lempe gehört. Vgl. hierzu Schellhas (Humboldt und Freiberg), insb. S. 56–70. Er hatte Kontakt zu den wichtigsten Vertretern des Oberbergamtes und der Bergakademie, besaß auch „… Hochachtung für … [Lempes] mechanischen Kenntnisse …“ Brief Humboldts an Karsten vom 25. Aug. 1791. Zitat (gekürzt) nach Schellhas (ebd.), S. 64. 3024 Sonst hätte Humboldt nicht in seinem Bericht vom 13. März 1794 auf diese Bezug genommen. Humboldt hatte in seiner Tätigkeit als Bergbeamter im ansbach-bayreuthischen Bergund Hüttenwesen wiederholt auf das diesem gegenüber vorbildliche Freiberger Bergwesen verwiesen. Vgl. dazu im Einzelnen den Bericht Humboldts vom 22. Sept. 1792 über den Zustand des Bergbaus und Hüttenwesens in den Fürstentümern Bayreuth und Ansbach, in: Kühnert (A. von Humboldt), S. 73–194, insb. S. 142–145. 3025 Freiesleben wurde später, nach dem Tod des Oberberghauptmannes von Herder (1838), zum Berghauptmann ernannt. Vgl. zu diesem Schiffner (Bergstudenten I), S. 128 f. 3026 Brief Humboldts an Freiesleben vom 20. Jan. 1794, in: Jahn/Lange (Jugendbriefe A. von Humboldts), S. 311. 3027 Vgl. dazu die „Fahrt-Beschreibung“ Humboldts (Kopie) in: Wagenbreth (Humboldts Grubenfahrt auf „Neubeschert-Glück“), S. 162 f.

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Humboldt errichtete seine „schlechterdings für den Winter … für gemeine Bergleute …“3028 errichtete Bergschule in Erkenntnis des Wertes, den für ihn Erziehung und Ausbildung des „gemeinen Volkes“ besaßen.3029 Dass der Unterricht im Gegensatz zum Freiberger Vorbild nur im Winter bzw. nur mittwochs und sonnabends nachmittags getrennt für „Bergjungen“ und erwachsene Bergleute stattfinden sollte3030 begründete er damit, den dortigen Einwohnern ihre Kinder nicht der Arbeit entziehen bzw. „mit der Dorfschule in keine Kollission … kommen“ zu wollen.3031 Humboldt selbst schrieb: „So ist die Bergschule eine blosse Winterschule, die am 9. Nov[ember] anfängt und bis in den Mai fortdauert“3032 Als Lehrer für seinen Unterricht hatte Humboldt den Schichtmeister Georg Heinrich Spörl, in dessen „Zimmer“ [vermutlich dessen Wohnung – H.K.] auch der Unterricht zunächst gehalten wurde, gewonnen.3033 Spörl selbst stammte vermutlich aus Naila,3034 denn einen Auswärtigen lehnte Humboldt ab, da eine fremde Mundart[!] „… den Knaben schlechterdings unverständlich …“, also nicht zuzumuten sei.3035 Den „junge(n) Schulmeister“ Spörl selbst sandte Humboldt zweieinhalb Jahre nach Ende seines eigenen Aufenthaltes in Freiberg (1795) aus „nachbarlicher Freundschaft“ und mit einem persönlichen Begleitschreiben ausgestattet3036 zu einem Studienaufenthalt an die Bergakademie Freiberg.3037 Dort sollte sich Spörl über den Bergbau belehren lassen, um die gewonnenen Erfahrungen im Bergbauunterricht auf einem höheren Ausbildungsniveau umsetzen zu können. 3028 3029 3030 3031

3032 3033

3034 3035 3036

3037

Bericht Humboldt vom 13. März 1794, in: Bruhns (A. von Humboldt), S. 293 f. Vgl. dazu den Bericht Humboldts (ebd.), S. 293. Vgl. dazu Baumgärtel (Humboldt und der Bergbau), S. 132. Pro Memoria Humboldts vom 13. März 1794 an das Ober-Berg-Departement, in: Kelbert (Bildungswesen in Preußens Berg- und Hüttenwesen), Anhang Nr. 18, S. 221–226, hier S. 223. Bericht Humboldts vom 13. März 1794, in: Bruhns (A. von Humboldt), S. 295. Vgl. den Bericht Humboldts vom 13. März 1794 (ebd.), S. 297. „Winterschulen“ waren eigentlich die sogenannten Reiheschulen, die von Schulmeistern an verschiedenen Orten (ohne eigene Schule) gehalten wurden. Vgl. dazu (für Preußen) Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 268 f., sowie dort den Hinweis auf Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens in Sachsen), S. 83 f. Vgl. den Bericht Humboldts vom 13. März 1794 (ebd.), S. 294. So Humboldt in seinem Bericht vom 13. März 1794 (ebd.). Vgl. dazu Humboldts Empfehlungsschreiben vom 24. Juni 1795, in welchem er „sämtliche Kurfürst[liche] Sächsischen Herren Berg-Offizianten …“ ersuchte, Spörl „… diejenigen Mittels anzuweisen, mit denen er zu Erfüllung seines Zweckes gelangen kann.“ UAF, OBA 187, Bl. 31. Vgl. dazu auch Humboldts Bericht vom 13. März 1794, in: Bruhns (A. von Humboldt), S. 298. Vgl. dazu das Gesuch Spörls vom 23. Juli 1795, in welchem er um die Erlaubnis zum Besuch der Freiberger und obererzgebirgischen Berg- und Hüttenwerke bittet, in: UAF, OBA 187, Bl. 30 f.

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Als Zweck seiner Stebener Bergschule gab Humboldt an, a) „das junge Bergvolk … zu verständigen und brauchbaren Bergleuten aus(..) bilden“ zu lassen und b) „ihm von Kindheit an [die] Liebe für … [das] Metier und bergmännisches Ehrgefühl ein(..)flössen“ zu wollen.3038 Die Voraussetzungen für die Zulassung auf die Humboldtsche Bergschule glichen denen in Freiberg. Die Bergschüler mussten mindesten 12 Jahre alt sein und den vorherigen Besuch der örtlichen Dorfschule nachweisen;3039 aber auch erwachsene Bergschüler waren Humboldt willkommen. Er formulierte: „Und ich sehe mit Freuden Männer von 24–26 Jahren es [das Institut – H.K.] fleissig besuchen.“3040 Damit glich die Situation in Steben derjenigen in Kursachsen, wo ebenfalls Erwachsene an den verschiedenen ZR- oder SRZ-Schulen für ihre bergmännische Tätigkeit ausgebildet wurden.3041 Auch hinsichtlich der Einteilung in zwei Klassen – „… für die Kleinern … [an den Nachmittagen – H.K.] von 1 bis 4 Uhr, für die Grössern von 6–9 [Uhr]“3042 – existierten Parallelen zu Freiberg.3043 Der von Humboldt konzipierte Unterricht umfasste nach dessen eigenen Ausführungen „a) Schön- und Rechtschreiben“, und zwar „alles, was ein gemeiner Bergmann zu wissen braucht“, „b) Bergmännisches Rechen – alles in angewandten Zahlen und mit Beispielen aus unserer Refier … c) Allgemeine Kenntnis der Erde, besonders Gebirgslehre …, d) Vaterländische Berggesetze …[und] e) Geschichte des Vaterländischen Bergbaus …“3044

Als erste Lehrmittel dienten Humboldt u. a. „Lampe´s[!] Bergmännische(s) Rechenbuch’“3045 und der „Freiberger bergmännische Kalender“ – ein weiterer Hinweis auf die Verbindung der Humboldt’schen Bergschule zur Freiberger Ein3038 3039 3040 3041 3042 3043

3044 3045

Vgl. dazu den Bericht Humboldts vom 13. März 1794, in: Bruhns (A. von Humboldt), S. 294. Vgl. dazu den Bericht Humboldts vom 13. März 1794 (ebd.), S. 295. Bericht Humboldts vom 13. März 1794 (ebd.). So wurde z. B. an der SRZ-Schule in Altenberg zeitweilig ein fast 50-jähriger Bergschüler unterrichtet. Vgl. dazu den Abschnitt 3.3. Vgl. dazu den Bericht Humboldts vom 13. März 1794, in: Bruhns (A. von Humboldt), S. 295. Schon Lempe hatte 1785 für die Goldberg’sche Zeichenschule die Einführung der Zweiklassigkeit gefordert – vgl. dazu das Protokoll der 2. Akademischen Konferenz vom 30. Sept. 1785 (wie Anm. 912), Bl. 9 b. –, die auch umgehend umgesetzt worden war. Bericht Humboldts vom 13. März 1794, in: Bruhns (A. von Humboldt), S. 295 f. Hieraus zitiert auch Baumgärtel (Bergschule Steben), S. 3–5. Gemeint ist hier natürlich das vom Freiberger Mathematikprofessor Lempe verfasste „Lehrbuch der Rechnen-Kunst“, dass 1787 für das gesamte kursächsische Bergschulwesen eingeführt worden war. Vgl. dazu den Unterabschnitt 2.3.2. Vgl. zu den von A. von Humboldt verwendeten Lehrmitteln dessen Pro Memoria vom 13. März 1794, in: Kelbert (Bildungswesen in Preußens Berg- und Hüttenwesen), Anhang Nr. 18, S. 221–226, hier S. 223, bzw. den Bericht Humboldts vom 13. März 1794, in: Bruhns (A. von Humboldt), S. 297.

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richtung. Da Humboldt keine sonstigen geeigneten Lehrbücher zur Verfügung standen, entschloss er sich, „selbst Hand ans Werk zu legen und … fünferlei Anweisungen auszuarbeiten.“3046 Hinsichtlich des Unterrichtsinhaltes bzw. des Anspruchs der Ausbildung führte Humboldts Schule in Steben aber offensichtlich über das Freiberger Vorbild hinaus, denn Humboldt stellte hohe Anforderungen an den Inhalt des vermittelten Fachunterrichts. Dazu formulierte er: „Die Objecte des Unterrichts sind in diesem Institute mannichfaltiger als in andern Bergschulen.“3047 Unter diesen „andern“ Bergschulen dürfte Humboldt v. a. die Freiberger Goldberg-/Erler’sche Zeichen- und Rechenschule, aber auch die zu dieser Zeit auf Initiative Claus Friedrich von Redens 1775 in Clausthal gegründete „Bergschule“, den Vorgänger der späteren Bergakademie gemeint haben;3048 eigentlich kam aber nur die Erstere in Frage.3049 Für die kursächsischen Bergschulen wiederum konnte die Clausthaler „Bergschule“ (wegen ihres „höheren“ Status) ebenfalls kein wirkliches Vorbild darstellen, zumal der in Kursachsen geschaffene Gesamtkomplex bergmännischer Bildungseinrichtungen weit über eine einzelne schulische Einrichtung hinausging. Es deutet tatsächlich einiges darauf hin, dass die von Humboldt gegründete Bergschule hinsichtlich ihres fachlichen Anspruchs zumindest zeitweise führend auf ihrem Gebiet in Deutschland war und sie keinesfalls, wie Treese dies behauptet, nur einer „erweiterten Elementarschule“ geähnelt habe.3050 Als institutionelles Vorbild können wegen ihres jeweils jüngeren Gründungsdatums aber weder die Humboldtsche Einrichtung in Bad Steben noch die (selbst kursächsische) in Eisleben herhalten.

3046 Bericht Humboldts vom 13. März 1794 (ebd.). Die von Humboldt ausgearbeiteten Lehrmaterialien wurden anscheinend zum Vorbild für andere Bergschulen. Vgl. dazu Baumgärtel (Bergschule Steben), S. 5, ders. (Konzept Humboldts), S. 3, sowie Kelbert (ebd.), S. 157–160. 3047 Bericht Humboldts vom 13. März 1794 (ebd.), S. 295. 3048 Vgl. dazu (TU Clausthal), S. 7, sowie Müller (TU Clausthal), S. 1, der für Clausthal 1775 die Schaffung einer gesonderten „Steigerschule“ nennt, ohne weiter auf diese einzugehen. Vgl. zur historischen Entwicklung der Bergakademie Clausthal grundsätzlich Bornhardt (Ursprung und Entwicklung), Müller (ebd.), Valentiner (Geschichte der Bergakademie Clausthal), S. 23– 37, insbes. S. 23–25, sowie (Festschrift Bergakademie Clausthal). Benno von Heynitz dürfte diese „Bergschule“ bekannt gewesen sein, denn als früherer Bergdrost auf dem Harz waren ihm auch nach seinem Weggang Informationen über dieses Bergbaugebiet zugänglich. 3049 Die Clausthaler Bergschule, die ursprünglich aus einem Sonderkursus des Clausthaler Lyzeums hervorgegangen war, muss von ihrem Ausbildungsanspruch nämlich mit der Freiberger Bergakademie gleichgesetzt werden, war also gar keine „Bergschule“ im eigentlichen Wortsinne. Vgl. dazu Valentiner (ebd.), S. 24 f., sowie Festschrift (ebd.), insb. S. 23–25. Auch bei der 1763 in Schemnitz durch Kaiserin Maria Theresia gegründeten „Bergschule“ handelte es sich eher um eine Bergakademie wie die in Freiberg. 3050 Treese hat ganz offensichtlich den Unterschied zwischen dem üblicherweise in dieser Zeit gebotenen elementarem Schulunterricht und der wesentlich anspruchsvolleren bergfachlichen Ausbildung an Humboldts Stebener Bergschule nicht erfasst.

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Inwieweit ältere (deutschsprachige) „europäische“ Einrichtungen der bergmännischen Berufsbildung wie die 1716 im böhmischen Joachimsthal installierte „… erste Bergschule der Habsburger Monarchie …“3051 oder die knapp 20 Jahre später (1735) im (damals) niederungarischen Schemnitz gegründete dortige Bergbauschule (eine eher höhere Bildungsinhalte vermittelnde Einrichtung)3052 Benno von Heynitz’ Planungen oder „Visionen“ einer Bergschullandschaft ggf. beeinflusst haben, konnte aus den relevanten Archivunterlagen nicht ermittelt werden. Erkenntnisfortschritte, insbesondere hinsichtlich des an „höheren“ Bergschulen (Bergakademien) bestehenden Bildungsanspruchs, sind hier aus den schon erwähnten Forschungsvorhaben von Konečný bzw. Schleiff zu erwarten.

6.3. Die enge Verflechtung zwischen pietistisch geprägten Funktionsträgern der Landesregierung und dem kursächsischen Oberbergamt Auf das Wirken pietistischer (bzw. aufgeklärter) Reformkräfte an führender Stelle innerhalb der Landesregierung bzw. den neu geschaffenen Einrichtungen wie der regierungsähnlichen Landesökonomie-, Manufaktur- und Kommerziendeputation3053 oder den ökonomischen Gesellschaften ist in der Literatur wiederholt hingewiesen worden, auch auf die sogar im Ausland erlangte Aufmerksamkeit, die die Konzentration solcher Kräfte unter dem Kurprinzen Friedrich Christian seit 1762 in Dresden hervorrief.3054 Im Rahmen dieser Untersuchung konnte aber festgestellt werden, dass es sich nicht nur bei vielen Vertretern der Landesregierung in Dresden3055 um pietistisch geprägte „Funktionäre“ handelte, sondern auch dort, wo man es bislang gar nicht vermutete – nämlich bei den Verantwortungsträgern innerhalb der kursächsischen Bergverwaltung. Nahezu alle am Kurfürstlichen Oberbergamt in Freiberg in leitender Stellung Beschäftigten kamen nämlich zu Beginn des Untersuchungszeitraumes entweder direkt aus dem Lager der Pietisten bzw. 3051 So jüngst Vozár (Die ersten Fachschulen zur Ausbildung der Montanwissenschaften), S. 305. 3052 Vgl. zum Bildungsanspruch an dieser 1735 auf der Grundlage einer Resolution Kaiser Karl IV. vom 29. Juli 1735 errichteten „Bergschule“ in Schemnitz ders. (ebd.), S. 306, hier unter Verweis auf Prof. Gyulay aus Miscolc [ohne nähere Quellenangabe.] Vgl. zur Bergschule Schemnitz auch Kamenický (Výcova baníckych a hutníckych Odborníkov), insb. S. 143–145. 3053 Die Landesökonomie-, Manufaktur- und Kommerziendeputation überwachte nach Groß (Geschichte Sachsens a), S. 288 f., unter anderem das Erziehungs- und Unterrichtswesen in Sachsen, ohne allerdings eine direkte Verfügungsgewalt über dieses zu besitzen. 3054 Vgl. dazu grundlegend Schlechte (Staatsreform in Kursachsen), S. 25, sowie ders. (Vorgeschichte des Retablissements), S. 339–362. 3055 Das Wirken pietistisch geprägter Mitglieder der Landesregierung hat insbesondere Schlechte (Pietismus und Staatsreform) untersucht.

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Herrnhuter oder standen zumindest in engen persönlichen oder verwandtschaftlichen Beziehungen zu diesen.3056 Wer waren nun diese pietistisch beeinflussten Männer, die in Kursachsen maßgeblichen Einfluss auf das Bildungswesen, insbesondere aber auf die berufliche Ausbildung des Bergmannsstandes gewinnen konnten?3057 Als Erster in dieser Reihe muss unbedingt der schon mehrfach erwähnte Vizepräsident des Dresdner Oberkonsistoriums, Peter von Hohenthal, genannt werden. In dieser Funktion nahm der am Halleschen Waisenhaus ausgebildete „eifrige(..) Pietist“3058 und zugleich Anhänger der Herrnhuter3059 maßgeblichen Einfluss auf das gesamte kursächsische Bildungswesen dieser Zeit, insbesondere auf die Neuordnung des Schulwesens.3060 Peter von Hohenthal stand darüber hinaus mit mehreren der leitenden Mitarbeiter der kursächsischen Bergverwaltung im beruflichen bzw. auch persönlichen Kontakt.3061 Von Hohenthal hatte sich zweifellos besonders um die Reformen des allgemeinen Schulwesens verdient gemacht. So gab er, angeregt von J. J. von Hecker und dessen zwischen 1750 und 1752 heraus3056 In der dazu ausgewerteten Literatur – insbesondere der Verbindung führender Freiberger Bergbeamter – finden sich darüber jedoch kaum Anhaltspunkte. Lediglich Schlechte (Staatsreform in Kursachsen) deutet solche Beziehungen an und verweist auf die vielfältigen Kontakte des Syndikus der Herrnhuter Brüdergemeine, Johann Friedrich Koeber, zu den Männern der Restaurationskommission – von Fritsch, von Wurmb, von Gutschmid und von Hohenthal. Vgl. dazu ders. (ebd), S. 573 f., sowie ders. (Pietismus und Staatsreform), S. 381. 3057 Anscheinend hat es schon frühzeitig eine solche „Personalpolitik“ gegeben, die führende Pietisten veranlasste, „an alle wichtigen Stellen in Deutschland pietistische Leute zu vermitteln.“ So Dittrich-Jacobi (Pietismus und Pädagogik), S. 82. Danach ging aus einem Briefwechsel Franckes mit Graf Heinrich XXIV jüngerer Linie Reuß zu Köstritz hervor, dass Ersterer plante, „auf jede Universitaet einen habilen Menschen zu schicken, der daselbst … Agent wäre, sich befließe [befleißige – H.K.], die besten Subjecta auszuforschen[sic!] ..., welcher uns auch den Statum der Universitaeten und die Interioria hieher berichten könnte“. Brief Franckes Nr. 22 vom 8. März 1714 an den Grafen Heinrich XXIV, in: Schmidt (Franckes Briefe), S. 55–57, hier S. 55 b. Einen weiteren Beleg für diese Bestrebungen Franckes liefert auch Strian (Heinrich XXIV und hallischer Pietismus), Bd. 1, Textteil, S. 112. Eine vergleichbare Personalpolitik hat anscheinend auch Zinzendorf betrieben; vgl. dazu Doerfel (Pietismus und Aufklärung), S. 416 f. 3058 So Schlechte (Pietismus und Staatsreform), S. 368. Vgl. dazu auch ders. (Staatsreform in Kursachsen), S. 68. 3059 Vgl. dazu Schlechte (Pietismus und Staatsreform), S. 376. Auch der erste Direktor der Leipziger Ökonomischen Sozietät, Graf Johann George von Einsiedel, gehörte zur Herrnhuter Brüdergemeine. Vgl. dazu die Bestandsübersicht des SHStA, 12.2 Familiennachlässe, Artikel 12585 – Familiennachlass Grafen von Einsiedel. URL: http://www.archiv.sachsen.de/archive/ dresden/4982_3132353835.htm (28.09.2009). 3060 Vgl. hierzu und zur Gesetzesinitiative (zur Verabschiedung der Erneuerten Schulordnungen) von Hohenthals Schlechte (Staatsreform in Kursachsen), S. 69. 3061 Bei dem 1778 zum Studium in Freiberg zugelassenen Baron Friedrich August von Hohenthal könnte es sich um einen Sohn Peter von Hohenthals gehandelt haben. Vgl. dazu das das Patent des OBA vom 16. Mai 1778, in: UAF, OBA 182, Bl. 185.

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gegebener Schrift „Agenda Scholastica“ 1765 die „Nova Agenda Scholastica“ in fünf Heften heraus, in welcher er dem Titel nach die „Lehrarten und Vorteile, welche sowohl überhaupt zur Einrichtung und Erhaltung guter Schulanstalten, als auch besonders zur Beförderung des Lehrens und Lernens abzielen“, vorstellte.3062 Auch der kursächsische Berghauptmann Carl Wilhelm Benno von Heynitz stammte aus einem solch pietistisch geprägten Umfeld,3063 sein Vater selbst war im pietistischen Glauben erzogen worden.3064 Benno von Heynitz trat – wie Peter von Hohenthal3065 oder Johann George von Einsiedel – später in Beziehungen zur „Herrnhuter Gemeine“.3066 Geradezu markant dafür ist der zwischen den Gebrüdern von Heynitz geführte Briefverkehr, der diese pietistische Gedankenwelt und dabei insbesondere die aus ihrer Sicht bestehende Notwendigkeit zur Führung eines gottgefälligen Lebens unterstreicht.3067 Auch der gebotene Unterrichtsinhalt an der durch Benno von Heynitz auf seinem Gut in Miltitz eingerichteten Elementar-

3062 Zitat nach Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 121, sowie dort, Anm. 2. Diese dürften auch Benno von Heynitz bekannt gewesen sein, zumal Letzterer und von Hohenthal gemeinsam in der Leipziger ökonomischen Sozietät wirkten. Nach Gretschel (Geschichte), S. 159, gründete von Hohenthal in Leipzig das Institut „Intelligenzcomtoir“ mit dem Ziel, „den durch Krieg in Verfall geratenen ländlichen und städtischen Gewerben wieder aufzuhelfen“ und brachte darüber hinaus 1763 das „Leipziger Intelligenzblatt“ mit „Frag- und Anzeigen, für Stadt- und Land-Wirthe, zum Besten des Nahrungsstandes“ heraus. 3063 Benno von Heynitz’ Familie pflegte nachweislich enge Beziehungen zu Pietisten bzw. den Herrnhutern; vgl. dazu Heynitz (Beiträge zur Familie von Heynitz), insb. Bd. IV, in dem Heynitz mindestens ein Dutzend von Nachweisen dazu führt. Dies galt auch für Lehrkräfte der Bergakademie, wie etwa den Mathematikprofessor Johann Friedrich Wilhelm von Charpentier – eine der Töchter Charpentiers, Ernestine, war z. B. mit dem einflussreichen Oberhofprediger Franz Volkmar Reinhard verheiratet; vgl. dazu Gretschel (Geschichte), S. 280, Anm. **) – oder den Lehrer für metallurgische Chemie der Bergakademie, Christlieb Ehregott Gellert. 3064 Benno von Heynitz Vater, Georg Ernst, hatte nach Schule und Universität im Auftrag seines Vaters gemeinsam mit seinem Bruder Johann Friedrich das Francke’sche Waisenhaus in Halle besucht; von Francke persönlich erhielten sie auch „recommandationes“ [Empfehlungsschreiben – H.K.] für ihre Weiterreise nach Leyden und London. Vgl. dazu Heynitz (Familie von Heynitz IV), S. 66 f. 3065 Nach seinem Ausscheiden aus dem Staatsdienst gründete P. von Hohenthal das „pietistische Adelspädagogikum“ in Uhyst; er lebte zurückgezogen auf seinen Gütern in Herrnhut, wo er 1794 starb. Vgl. dazu Schlechte (Staatsreform in Kursachsen), S. 71. 3066 Vgl. Näheres dazu in der Vita B. von Heynitz’ in der Anlage. Vgl. Näheres zum Leben Benno von Heynitz auch bei Trögel (Benno von Heynitz), insbes. S. 8 f., zu dessen religiöser Gesinnung ders. (ebd.), S. 13 f., sowie grundlegend Heynitz (Familie von Heynitz IV), insb. S. 97–104. 3067 Vgl. dazu stellvertretend den Brief, den F. A. von Heynitz am 28. Nov. 1776 (anlässlich seiner Berufung an den Hof des preußischen Königs Friedrich des Großen) an seinen Bruder schrieb, in Heynitz (Familie von Heynitz IV), S. 90 f. Auch Schlechte (Pietismus und Staatsreform), S. 381, hob die engen Verbindungen der Familie von Heynitz zum Pietismus und den Herrnhutern hervor.

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schule dürfte starke Bezüge zum Pietismus bzw. den Herrnhutern aufgewiesen haben.3068 Dass die beiden von Heynitz – genau wie der ebenfalls schon erwähnte Friedrich Wilhelm von Oppel – darüber hinaus auch vom Gedankengut der Aufklärung beeinflusst gewesen sein dürften,3069 lässt sich zumindest aus dem Bibliotheksbestand der jungen Bergakademie ableiten, der die wichtigsten zeitgenössischen Werke von Autoren des Kameralismus und der Aufklärung enthielt.3070 Bei der institutionellen und persönlichen Nähe zur Restaurationskommission unter Thomas von Fritsch, der Landesökonomie-, Manufaktur- und Kommerziendeputation unter Friedrich Ludwig von Wurmb (1723–1800) bzw. Friedrich Wilhelm von Ferber sowie der Landesregierung selbst mit dem Vizekanzler bzw. Konferenzminister Christian Gotthelf von Gutschmid (1721–1798) sind diese Verbindungen zur Aufklärung bzw. dem Pietismus auch nicht verwunderlich. Von Gutschmid z. B., der Erzieher des späteren Kurfürsten Friedrich August III. (ab 1764), Staatsrechtslehrer und Verfasser des „Grundriss(es) der Staatsklugheit“,3071 stammte aus einem pietistischen Elternhaus.3072 Er war Schüler sowohl des bedeutenden Philosophen Christian Wolff als auch des Theologen Siegmund Jacob Baumgarten, von dem er auch beeinflusst wurde.3073 Schlechte bezeichnete den „Konferenzminister und Direktor der Ober-Rechnungs-Deputation“3074 von Gutschmid als einen dem Pietismus „… nahe stehende(n) Vertreter der protestantischen Aufklärung“, der in „geradezu typischer Weise ... jenes ursprünglich religiös bestimmte bürgerliche 3068 Vgl. zu den religiösen Beeinflussungen von Heynitz’ und damit auch seiner Schulgründung Trögel (Benno von Heynitz), insb. S. 13 f., 19–21. 3069 Benno von Heynitz war nachweisbar durch sein Studium an der „Universität der Aufklärung“ in Göttingen mit dem Gedankengut der Aufklärung und des Merkantilismus in Berührung gekommen. Vgl. dazu die Hinweise im Abschnitt 2.1. 3070 Die aus der Oppelschen Bibliothek stammenden ersten Bücherbestände enthielten u. a. Titel zur Polizeiwissenschaft und dem Staatswesen von Justi, Zincke und Bergius, aber auch des französischen Aufklärers Jean-Jacques Rousseau. In der von Heynitzschen Bibliothek dürften nach Trögel (Benno von Heynitz), S. 11, neben den bekanntesten pädagogischen Schriften auch Werke der Aufklärung zu erwarten gewesen sein. 3071 Vgl. dazu Schlechte (Pietismus und Staatsreform) S. 369, sowie Groß (Geschichte Sachsens a), S. 289. 3072 Schon dessen Vater Christian Friedrich Gutschmid (1684–1757) war im Halleschen Waisenhaus erzogen worden und korrespondierte sowohl mit August Hermann Francke als auch mit dessen Nachfolger. Vgl. dazu Schlechte (ebd.). Er selbst war als Lehrer am Halleschen Waisenhaus tätig gewesen. Vgl. dazu ders. (Staatsreform in Kursachsen), S. 35, 59. 3073 Vgl. dazu Schlechte (Pietismus und Staatsreform), S. 368. Später wurde Gutschmid Rechtsberater der „Kolonie der reformierten Kaufleute“ und Bürgermeister (1761) in Leipzig und stieg nach dem Siebenjährigen Krieg zum Vizekanzler der Landesregierung (1766), Geheimen Rat und Konferenzminister (1770) und schließlich zum Kabinettsminister (1790) auf. Vgl. zu diesem auch den betreffenden Artikel in: ADB, Bd. 10, S. 221–222, NDB, Bd. 7, S. 349. 3074 Schlechte (Staatsreform in Kursachsen), S. 59 f.

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Ethos (verkörperte)“.3075 Seinen fünften und jüngsten Sohn, Georg Adolph Freiherr von Gutschmid,3076 ließ der Konferenzminister ab 1779 bei der „löblichen“ Bergakademie in Freiberg studieren.3077 1784, also mit 19 Jahren, wurde der junge von Gutschmid zum Assessor ins Oberbergamt berufen, wobei es wiederum dessen Vater war, der ihm den Weg dazu ebnete.3078 In dieser Behörde stieg von Gutschmid zum Bergkommissionsrat (1784–1792), Bergrat (1792–1806) und schließlich selbst zum Berghauptmann (1806 bis 1821) unter dem Oberberghauptmann Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra und damit zum zweithöchsten Bergbeamten in dieser Behörde auf.3079 August Konstantin Ferber (unbek.–1816), der jüngere Bruder des GutschmidSchülers und (seit 1779) Vizedirektors3080 der Landesökonomie-, Manufaktur- und Kommerziendeputation, Friedrich Wilhelm von Ferber,3081 war zugleich Schwager des Kammer- und Bergrats und (seit 1763) Vizepräsidenten des Kammerkollegiums, Karl Ferdinand Lindemann (1714–1782), ebenfalls eines Pietisten.3082 Fer3075 Schlechte (Pietismus und Staatsreform), S. 369. 3076 Vgl. Genaueres zu Gutschmid in den Matrikelunterlagen des UAF, sowie in Schiffner (Freiberger Bergstudenten II), S. 394 f. 3077 Das Studiengesuch Christian Gotthelf Freiherrn von Gutschmids für seinen Sohn George Adolph datiert vom 9. März 1779 – da war dieser noch nicht einmal 14 ½ Jahre alt; dieser zählt somit zu den jüngsten Bergakademisten in der Geschichte der Bergakademie. Vgl. dazu UAF, OBA 242, Bl. 113. Acht Tage darauf – also ungewöhnlich schnell – erging bereits das landesherrliche Reskript an das Oberbergamt, den jüngsten Sohn des „Conferenz Ministre Freyherrn von Gutschmid“ die Bergakademie in Freiberg „frequentieren“ zu lassen. Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 17. März 1779, in: ebd., Bl. 112. 3078 Das diesbezügliche Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 1. Juli 1784, in: BergA, OBA 3423, o.Bl., nimmt Bezug auf ein vorausgegangenes Gesuch des Konferenzministers und Direktors der Oberrechnungsdeputation, Freiherrn von Gutschmid, für seinen Sohn Georg Adolph. Letzterer musste allerdings zum Beleg für seine bergmännischen Kenntnisse eine Prüfungsarbeit („Spezimen“) einreichen, die vom Oberbergamt begutachtet wurde. Vgl. dazu den Bericht Gutschmids vom 23. Aug. (Eingang) 1784 sowie das Gutachten des OBA vom 27. Aug. 1784, in: ebd. (o.Bl.). 3079 Vgl. dazu Kaden (Bildungsweg von Gutschmids). 3080 Vgl. dazu Schlechte (Staatsreform in Kursachsen), S. 62. Der 1777 geadelte Friedrich Wilhelm von Ferber war nach dems. (ebd.), S. 62, seit 1782 auch Vizedirektor des Geheimen Finanzkollegiums und dessen eigentlicher Leiter. 3081 Vgl. zu ihm und weiteren Mitgliedern dieser Familie Schlechte (Staatsreform in Kursachsen), S. 61 f., sowie Gretschel (Geschichte), S. 270, Anm. ***). Friedrich Wilhelm von Ferber war zudem ein bekannter Freimaurer, der als Geheimer Rat im Jan. 1772 die Loge „Zu den drei Schwertern und wahren Freunden“ gründete, deren Ziele u. a. in einem besseren Bildungswesen bestand und die dazu am 1. Dez. 1772 in Dresden die „Friedrichstädter Kinderanstalt“ eröffnete. Vgl. dazu SLUB (Freimaurerlogen in Dresden). 3082 Vgl. dazu Schlechte (Staatsreform), S. 66, der hier weitere, dem Pietismus nahe stehende Reformkräfte am kursächsischen Hof – von Gutschmid, von Hohenthal, von Einsiedel, von Heynitz und Lindemann – nennt.

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bers Vater, der „Hof- und Justitienrat“ sowie Kabinettsekretär Friedrich Traugott Ferber, stand nach Schlechte – wie die Geschwister von Heynitz – den Herrnhutern nahe.3083 „Nicht weniger als zehn der allernächsten Verwandten Friedrich Wilhelm Ferbers und Lindemanns hatten zwischen 1763 und 1800 führende Stellungen im Geheimen Kammerkollegium, im Geheimen Finanzkollegium, im Geheimen Kabinett und im Oberkonsistorium inne“,3084 so auch ein Sohn Ferbers.3085 Auch die Söhne weiterer maßgeblicher Vertreter des Retablissements – von Fritschs, von Gutschmids, von Ferbers oder Lindemanns – besetzten oft wieder führende Positionen am kursächsischen Hofe.3086 Der Dresdner Legationssekretär3087 August Konstantin Ferber studierte ebenfalls an der Bergakademie, und zwar ab 1771.3088 1775 wurde Ferber als Bergkommissionsrat und Oberbergamtsassessor im Oberbergamt angestellt.3089 Zwei Jahre darauf (1777) erhob man ihn gemeinsam mit seinem Bruder Friedrich Wilhelm in den Adelsstand.3090 Als Bergkommissionsrat war Ferber dem jeweiligen Leiter des Oberbergamtes – ab 1784 Berghauptmann Benno von Heynitz – direkt unterstellt. Bis zu seiner um 1789 beginnenden schweren Erkrankung3091 bereitete Ferber in der Regel die Angelegenheiten des Bergschulwesens für den „Kommissar“ des Bergschulwesens, Benno von Heynitz, vor; ungeachtet dessen behielt Letzterer stets die Oberaufsicht darüber und damit das „Heft des Handelns“ in seinen Händen.3092 Als weiterer Verwandter einflussreicher kursächsischer Funktionsträger studierte Ernst Friedrich Carl von Schirnding, der Sohn des kursächsischen Oberforstmeisters Carl Siegmund von Schirndings aus Bärenfels bei Altenberg, in Freiberg. Von Schirnding hatte bereits von 1773 bis 1774 die Bergakademie belegt. Im 3083 Vgl. dazu Schlechte (Staatsreform in Kursachsen), S. 61, 62 f., Anm. 250. 3084 Schlechte (Staatsreform in Kursachsen), S. 62 f. Ders. (ebd.), S. 75, weist auch auf die engen verwandtschaftlichen Beziehungen von „Persönlichkeiten des Rétablissements“ hin. 3085 Heinrich von Ferber war von 1810 bis 1821 Präsident des Oberkonsistoriums. Vgl. dazu Schlechte (Staatsreform in Kursachsen), S. 62, Anm. 250. 3086 Vgl. Näheres dazu bei Schlechte (ebd.), S. 75 f. 3087 Ferber war seit dem 14. Mai 1770 als Auditor beim Kammerkollegium in Dresden für die Führung des Resolutionsprotokolls zuständig. Vgl. dazu dessen Gesuch vom 5. März 1771, in: UAF, OBA 182, Bl. 85–89. 3088 Vgl. dazu das Gesuch Ferbers vom 5. März 1771 (ebd.), sowie die diesbezüglichen Reskripte Kurfürst Friedrich Augusts vom 17. Aug. 1771, in: ebd., Bl. 102, bzw. vom 10. Juli 1771, in: UAF, OBA 237, Bl. 323 f. 3089 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 20. März 1775 an das Kammer- und Bergkollegium, in: SHStA, 10026, Geh. Kabinett, Loc. 512/1, Bl. 238 f. 3090 Vgl. dazu Gretschel (Geschichte), S. 270, Anm. ***). 3091 Vermutlich litt von Ferber unter neurotischen Depressionen. Vgl. zu den Symptomen Ruppert (Depressionen). In einem Brief des Stadtphysikus´ Biedermann an Benno von Heynitz hieß es, „dass der Zustand … [von Ferbers – H.K.] von dem Zustande und der Stimmung seiner Seele sehr abhängig …“ sei. Brief Biedermanns vom 2. Nov. 1791 an von Heynitz (wie Anm. 641). 3092 Dies belegen auch unzählige Aktenvorgänge.

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Gesuch seines Vaters vom 18. Febr. 17733093 hieß es darüber, dass sich sein jüngster Sohn „… von Jugend auf denen Studiis ergeben“, hätte und er „des nechsten“ die „Academie zu Leipzig“, zuvor aber zur Erlernung der Metallurgie die „Collegia“ an der BAF besuchen solle. Ernst Friedrich Carl würde „… neben andern von ihm zu erlernenden Wissenschaften … ein besonders Genie zur Metallurgie von sich spühren …“ lassen.3094 Zeitgleich mit von Schirnding studierten auch die späteren Lehrer der Bergakademie, Prof. Johann Friedrich Lempe, Johann Benjamin Sieghard und Alexander Wilhelm Köhler an dieser Einrichtung! Vom 4. Mai 1774 bis 10. Januar 1778 weilte von Schirnding auf der Universität Leipzig,3095 kehrte aber im Frühjahr 1779 nochmals an die Bergakademie Freiberg zurück.3096 Ab 9. Okt. 1779 wurde von Schirnding zunächst als Auditor [Zuhörer – H.K.] zu den Sitzungen des Bergamtes Freiberg zugelassen und war dort ab 1780 als Assessor beschäftigt. 1781 ersuchte er den Landesherrn um Anstellung als Bergkommissionsrat und Oberbergamtsassessor „mit Sitz und Stimme“ im Oberbergamt Freiberg.3097 Von Schirnding erhielt zwar diese Stellung, von der er jedoch bis zu seinem Tode am 2. August 1814 nie zum Bergrat aufstieg. Wie sein Vorgänger (von) Ferber hatte sich von Schirnding während seiner Tätigkeit am Oberbergamt vor allem mit Fragen des Bergschulwesens zu beschäftigen, was aus einer Reihe gutachtlicher Stellungnahmen für das Oberbergamt, u. a. aus seinem Gutachten vom 1794 offenbar wird. Dabei scheint er zumindest von pietistischem Gedankengut geprägt gewesen zu sein, wie insbesondere seine Ausführungen in einem Vortrag vom März 1794 vor dem Oberbergamt erkennen lassen.3098 Schließlich studierte auch George Friedrich von Wurmb,3099 der Sohn des Konferenzministers, Mitglieds des Geheimen Konsiliums und Wirklichen Geheimrates 3093 Da von Schirnding am 2. August 1814 im 61. Lebensjahr verstarb, müsste er 1754 geboren worden, d. h. zu Studienbeginn etwa 19 Jahre alt gewesen sein. 3094 Gesuch Carl Siegmund von Schirndings vom 18. Febr. 1773, in: UAF, OBA 239, Bl. 127–130. Vgl. zu Studium von Schirndings auch das diesbezügliche Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 6. März 1773, in: ebd., Bl. 132–135, sowie das Gesuch desselben vom 6. März 1775, in: BergA, OBA 240, Bl. 197–199. 3095 Vgl. dazu Erler (Matrikel der Universität Leipzig), S. 355, mittlere Spalte. Für die diesbezügliche Auskunft danke ich dem Universitätsarchiv Leipzig. Vgl. dazu auch das Gesuch von Schirndings vom 24. Mai 1781, in: BergA, OBA 3423 [o. Bl.], in dem er u. a. über seine Leipziger Studienzeit berichtet. 3096 Von Schirndings zweites Studiengesuch datiert vom 26. März 1779; vgl. dazu UAF, OBA 242, Bl. 103–104. 3097 Vgl. dazu das Gesuch Schirndings vom 24. Mai 1781 (wie Anm. 3095). Vgl. dazu auch Kaden (Bildungsweg von Schirndings). 3098 Vgl. dazu den Vortrag von Schirndings vom 17. März 1794 (wie Anm. 1394), hier insb. Bl. 172 f. 3099 Vgl. dazu das Studiengesuch Friedrich Ludwig von Wurmbs für seinen jüngsten Sohn George Friedrich vom 26. Mai 1786, in: UAF, OBA 246, Bl. 180–182 b., sowie das darauf Bezug nehmende Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 27. Mai 1786, in: ebd., Bl. 179 f.

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Zwischen sächsischer Schulverfassung , pietistischen Schulideen und Realienunterricht

sowie Direktors der Landesökonomie-, Manufaktur und Kommerziendeputation, Friedrich Ludwig von Wurmb,3100 in Freiberg, und zwar ab 1786.3101 Alle aufgeführten Funktionsträger der Landesregierung, die zugleich als „Reformer“ in Erscheinung traten3102 – von Gutschmid, von Ferber bzw. von Schirnding – waren mehr oder weniger von pietistischem Gedankengut geprägt3103 und auch bei deren Kindern, die später im kursächsischen Oberbergamt Karriere machten, müssen pietistische Grundeinstellungen angenommen werden.3104 Innerhalb des Freiberger Oberbergamtes wurden insbesondere von Ferber und von Schirnding durch Benno von Heynitz mit Aufgaben des Unterrichts bzw. der fachlichen Ausbildung der Bergjugend betraut. Welche Stellung das durch die Letztgenannten etablierte kursächsische Bergschulwesen – insbesondere die Freiberger Bergschule sowie die obererzgebirgischen SRZ-Schulen – ausgangs des 18. Jahrhunderts in der deutschen Bildungslandschaft einnahmen, soll im folgenden Kapitel untersucht werden. Dabei wird es vor allem darum gehen festzustellen, ob und wie gegebenenfalls die deutsche Bildungsgeschichtsforschung dazu beiträgt, die Geschichte dieses spezifisch-sächsischen Bildungskomplexes zu erhellen.

3100 Von Wurmb, der aus einer pietistisch geprägten Familie stammte, galt als „einer der fähigsten Köpfe des Retablissements“, so Schlechte (Pietismus und Staatsreform), S. 381. 3101 Auf von Wurmb, der später Kammerjunker und Regierungsassessor wurde, kann hier nicht näher eingegangen werden. Trotzdem ist es bemerkenswert, dass die Söhne der beiden wichtigsten Direktoren der LMKD, Ferber und von Wurmb, wenn auch im Zeitabstand von 15 Jahren, in Freiberg studierten. 3102 Vgl. zu diesen Reformern im „Kreis von Thomas von Fritsch“ grundlegend Schlechte (Staatsreform in Kursachsen), S. 46–75. Schmidt (Staatsreform in Sachsen), S. 76, konstatiert in diesem Kontext die enge Verbindung zwischen den (oft pietistisch gesinnten) sächsischen Reformern von 1763 bzw. 1830: „Auffallend sind schließlich noch die nahen Familien- und Freundschaftsbeziehungen der Verfasser der Reformvorschriften von 1811 zu den Reformern von 1763 und zu den späteren nach 1830.“ Auch nach 1830 spielten die Söhne der schon um 1763 maßgeblichen Familien von Gutschmid, von Hohenthal oder auch von Oppel eine herausragende Rolle. Vgl. ders. (ebd.). 3103 Ernst Friedrich Carl von Schirndings älterer Bruder z. B., der Pietist August Carl, gilt als Gründer der ersten evangelischen Missionsschule in Deutschland; vgl. dazu Raupp (von Schirnding), S. 11, sowie ders., Artikel „von Schirnding“ (Kirchenlexikon), Sp. 227–229. Schlechte (Staatsreform in Kursachsen), bringt (S. 68 f.) eine Reihe von Belegen für diese engen Verbindungen der (pietistisch geprägten) Reformer untereinander. 3104 Im Rahmen dieser Untersuchung konnten eine Reihe solcher Verbindungen zum Pietismus, im Einzelfall auch zu den Herrnhutern nachgewiesen werden. Es bestanden z. T. enge persönliche bzw. familiäre Beziehungen zwischen Vertretern der Bergverwaltung, Lehrkräften an der Bergakademie und den erwähnten Funktionsträgern in Dresden. Der Pietismus spielte – wenn vielleicht auch nicht vordergründig – eine wichtige Rolle in der Herausbildungs- und Entwicklungsphase der Bergakademie. Dies bedarf allerdings noch weitergehender Untersuchungen!

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Die Stellung des kursächsischen Bergschulwesens innerhalb der deutschen Bildungslandschaft des ausgehenden 18. Jahrhunderts

7.1 Die deutsche und sächsische Bildungslandschaft am Ausgang des 18. Jahrhunderts Wie lässt sich das sächsische Bergschulwesens am Ausgang des 18. Jahrhunderts in die deutsche, vor allem aber sächsische Bildungslandschaft einordnen? Bei dem in Sachsen im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts etablierten Bergschulwesen handelte es sich um ein eigenständiges, bisher von der Forschung nicht beachtetes Schul- und Ausbildungssystem mit Elementen sowohl des elementaren Schulunterrichts als auch des berufsgrundbildenden Ausbildungssystems. Es subsumiert in sich das Begriffspaar der Knappschaftlichen (elementaren) Schulanstalten und der Freiberger bzw. obererzgebirgischen ZR- bzw. SRZ-Schulen. Während innerhalb dieses Systems der bergmännischen Bildung der Schulunterricht für die nicht anfahrende Bergjugend an den Knappschaftlichen Schulanstalten dem elementaren Schulwesen zugerechnet werden muss, stellten Unterricht und Ausbildung an den verschiedenen Formen der Bergschulen im eigentlichen Wortsinne eine berufsbegleitende (fachliche) Ausbildungsform dar. Anders allerdings als an den jüngeren („reinen“) Berufsschulen erfolgte für die Schüler der Goldberg’schen ZR-Schule bzw. obererzgebirgischen SRZ-Schulen der angebotene „Realienunterricht“ als Ergänzung zur „täglichen Bergarbeit“.3105 Die hier etablierte Kombination verschiedener Unterrichts- und Ausbildungsformen legt die Vermutung nahe, dass es sich beim kursächsischen Bergschulwesen um etwas völlig Eigenständiges innerhalb der Bildungslandschaft Sachsens gehandelt hat, weswegen dessen Zuordnung zu anderen schulischen, berufsvorbereitenden oder berufsbegleitenden Bildungseinrichtungen auch nicht ohne Weiteres möglich ist. Um überhaupt die Stellung des sächsischen Bergschulwesens innerhalb der deutschen bzw. sächsischen Bildungslandschaft des ausgehenden 18. Jahrhunderts bestimmen zu können, ist es zunächst erst einmal erforderlich, sich der Schullandschaft des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation zu Beginn des Hauptuntersuchungszeitraumes zuzuwenden.3106 Im Ergebnis dessen wird relativ schnell klar: das einheitliche deutsche Schulsystem, die einheitliche deutsche Schulland3105 Wegen der statthabenden Unterrichtszeiten fungierten diese Schuleinrichtungen meist als Abendschule. Vgl. dazu Lundgreen (Sozialgeschichte der deutschen Schule), S. 45. 3106 Hier sei nochmals grundlegend auf den Abschnitt 2.1 dieser Untersuchung verwiesen.

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Die Stellung des kursächsischen Bergschulwesens

schaft hat es in der hier untersuchten Zeitphase nicht gegeben. Das damalige Schulsystem basierte auf einer territorialstaatlichen Gliederung, die neben einigen wenigen großen deutschen Flächenstaaten innerhalb einer Gemengelage kleine und kleinste „territorialstaatliche“ Einheiten enthielt, einen „… Fleckenteppich [Flickenteppich], der jeder Beschreibung spottet(e)“.3107 Entsprechend vielgestaltig zeigte sich denn auch die deutsche Bildungslandschaft,3108 deren Ausprägung im Einzelfall auch von der persönlichen Motivation eines Landesfürsten abhängig sein konnte.3109 Da hierbei auch noch die konfessionellen Unterschiede zwischen den evangelischen und katholischen Landesteilen zu berücksichtigen sind, ist eine einheitliche, gleichartig gestaltete Bildungslandschaft in diesem Zeitabschnitt überhaupt nicht denkbar.3110 Versuche, das gesamte deutsche Schul- bzw. Ausbildungswesen in einer einzigen Gesamtübersicht abbilden zu wollen, können deshalb nur zu einer Annäherung an diese Einrichtungsvielfalt führen, nie jedoch eine korrekte Wiedergabe sämtlicher Elemente dieser Schullandschaft beanspruchen.3111 Die deutsche und auch kursächsische Schullandschaft3112 war im ausgehenden 18. Jahrhundert in der Regel drei- bzw. vierfach gegliedert. Als höhere Schulen innerhalb des evangelischen Kurfürstentums3113 zum Beispiel existierten vor 1815 die sogenannten Landes- oder Fürstenschulen3114 in Meißen, Grimma und Schul3107 So Raumer (Deutschland um 1800). Zitat nach Marquardt (Geschichte der Industrieschule), S. 30. 3108 Die Schulwirklichkeit war stark von regionalen Verhältnissen geprägt und innerhalb eines politischen Territoriums konnten sehr unterschiedliche Schulverhältnisse herrschen. So Töpfer (Bildungsgeschichte), S. 216, unter Bezug auf Bruning (Protestantisches Gelehrtenschulwesen). 3109 Schon Heubaum (Geschichte des deutschen Bildungswesens), S. 42–68, betonte in seiner vergleichenden Analyse der „Kultur- und Unterrichtspolitik der deutschen Territorialfürsten“ diese Vielgestaltigkeit. 3110 Allein das preußische Schulwesen des 17. und 18. Jahrhundert war außerordentlich vielgestaltig und vielgliedrig; vgl. dazu Heubaum (ebd.), hier insbesondere S. 142–169. 3111 Diese Kritik bezieht sich auch auf den Versuch von Lundgreen (Sozialgeschichte der deutschen Schule), S. 24, die deutschen Bildungsinstitutionen von 800–1800 in einem Schaubild darstellen zu wollen. 3112 Zur kursächsischen Schullandschaft zählt man im allgemeinen Schulwesen häufig nur die lateinischen und deutschen Schulen. Vgl. dazu Justin (Berufsgrundbildung), S. 56; Universitäten und wissenschaftliche Akademien werden in der Regel nicht hierzu gerechnet. Auf weitere Schultypen, wie Ritterakademien mit ihrem elitären Status und speziellem Bildungsauftrag kann hier nicht eingegangen werden, zumal diese kaum Bezug zum Untersuchungsgegenstand besaßen; zu diesen sei grundsätzlich auf Rump (Ritterakademien) und die dort auf S. 579 f. aufgeführte Literatur verwiesen. 3113 Aus pragmatischen Gründen werden der Untersuchung vor allem die Schulverhältnisse in den evangelischen Landesteilen zugrundegelegt. 3114 In der Literatur werden Landes- oder Fürstenschulen oft auch als eigenständige Kategorie eingestuft. Vgl. zu den Unterscheidungskriterien dieser Fürstenschulen zu den Gymnasien jüngst Moderow (Sächsische Fürstenschulen), S. 262 f.

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pforta, die im Wesentlichen auf die im 16. Jahrhundert während der Reformation säkularisierten Klöster zurückgingen,3115 „fast wiederum klösterliche … Gelehrtenschulen“ genannt.3116 Die zweite Säule der deutschen, respektive kursächsischen Schullandschaft, die den höheren Schulen zuzurechnen ist, bildeten die überwiegend in den größeren Städten,3117 teilweise aber auch in kleinen Städten3118 angesiedelten Latein- oder Trivialschulen3119 – in Sachsen seit 1773 allgemein als „lateinische Stadtschulen“ bezeichnet –3120 bzw. die sonstigen „Gelehrtenschulen“.3121 An diesen lateinsprachig orientierten Schulen wurden neben den obligatorisch unterrichteten Alten Sprachen in der Regel noch Mathematik, Geschichte und Geografie gelehrt, zum Teil aber auch Gegenstände, die im Allgemeinen den Universitäten vorbehalten 3115 Vgl. dazu grundsätzlich Uhlig (Sächsisches Schulwesen), sowie jüngst die Beiträge von Wollersheim (Sächsische Fürsten- und Landesschulen), bzw. Thomas (Neuordnung der Schulen). Zum höheren Schulwesen vgl. insgesamt Seifert (Höhere Schulwesen), insbes. S. 305–308. 3116 So von Hammerstein (Bildungsgeschichtliche Physiognomie), S. 57–101, hier S. 69. 3117 So z. B. in Leipzig, Dresden, Zwickau oder Chemnitz. 3118 So etwa in Görlitz, Bautzen oder Plauen. 3119 Der aus dem römischen stammende Begriff „trivial“ steht hier für „Trivium“, d. h. die Ausbildung in den an den Universitäten gelehrten „Freien Künsten“ Grammatik, Rhetorik und Dialektik (Dreiheit). Vgl. dazu Fuchs/Raab (Wörterbuch zur Geschichte), S. 811. So auch Hingst (Städtisches Unterrichtswesen), S. 1090 f., für die Freiberger Verhältnisse. „Trivial“ waren sie „im Vergleich zur Vierheit der mathematischen Fächer.“ So Koch (Die Universität), S. 19. König (Reform der Lehrlingsausbildung), S. 22, verwendet den Begriff „Trivialschulwesen“ dagegen im Sinne von Elementar- bzw. Volksschulen, ebenso Müller (Altbayern), S. 659. Für Marquardt (Geschichte der Industrieschule), S. 786, standen Trivialschulen für „untere Stände“ in Verbindung mit dem niederen Schulwesen. Auch nach der von Johann Ignaz Felbiger für Österreich verabschiedeten „Allgemeine(n) Schulordnung für die deutschen Haupt-, Normal- und Trivialschulen in sämmtlichen Kaiserl[ich] Königl[ichen] Erbländern“ vom 4. Dez. 1774 standen die Trivialschulen noch unter den Normalschulen, vermittelten nur den einfachsten Elementarunterricht. Vgl. dazu Hammerstein (Handbuch Bildungsgeschichte II), S. 239. 3120 Die Einschätzung Pätzolds, wonach im 18. Jahrhundert die „eigentliche Stadtschule“ die Lateinschule gewesen sei – vgl. dazu Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens in Sachsen), S. 61 – kann in dieser Eindeutigkeit nicht bestätigt werden. 3121 Unter Gelehrtenschulen verstand man im Allgemeinen die Lateinschulen bzw. Gymnasien, wobei beide Begriffe zum Teil synonym nebeneinander verwendet wurden. Vgl. zur Unterscheidung derselben Lundgreen (Sozialgeschichte der deutschen Schule), S. 40–49, der die „Gelehrtenschulen“ – im Gegensatz zu den „Landschulen“ – unter dem Begriff „Stadtschulen und Gelehrtenschulen“ subsumiert. Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 517, nennt Gymnasien „halbakademische(..) Institute.. zwischen Schule und Universität“, und Jeismann (Das preußische Gymnasium), S. 166, konstatierte im Ergebnis einer Sozialanalyse die Notwendigkeit, „das [preußische] Gymnasium von der gewöhnlichen Stadtschule [hier der deutschen Schule – H.K.] mit Deutlichkeit … unterscheiden“ zu müssen. Vgl. grundlegend zur Problematik der Typisierung der Schulen jüngst Amann (Höhere Schulen), zur „Trennungslinie“ zwischen ihnen ders. (ebd.), insb. S. 412–414.

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Die Stellung des kursächsischen Bergschulwesens

blieben, wie Philosophie, Jurisprudenz oder Medizin.3122 Einen solchen Schultypus verkörperte in Kursachsen z. B. die Freiberger Lateinschule bzw. das Gymnasium.3123 Mit der 1784 in Dresden Friedrichstadt ins Leben gerufenen Realschule, die auf Ideen des Dresdner Oberkonsistorialrats Rädler beruhte, setzte eine neue Entwicklung hin zu einer städtischen Bürgerschule ein.3124 An ihr wurden Deutschunterricht und Realienausbildung unter einem Dach vereint.3125 Neben den erwähnten Bildungseinrichtungen existierten als dritte „Säule“ des allgemeinen Schulwesens innerhalb der deutschen und auch sächsischen Schullandschaft fast überall in den Städten – einschließlich den Bergstädten – und auf dem Lande die deutschen Stadt- und Dorfschulen,3126 Elementarschulen, an denen man Religion und Lesen, oft aber auch Schreiben und Rechnen unterrichtete.3127 Die fast überall in Deutschland in Konkurrenz zu Letzteren entstandenen ungezählten „Winkelschulen“, die natürlich auch in Kursachsen existierten, stellten dagegen keine eigenständige „vierte“ Schulsäule, sondern private Schulunternehmungen mit einem meist eingeschränkten Elementarunterricht dar.3128 Freiberg und alle weiteren Bergstädte mit einem mehr oder weniger umfangreichen Bergbau – wie Schneeberg, Annaberg, Marienberg oder Altenberg – besaßen sowohl Latein-, als auch deutsche Schulen und hatten sicherlich auch jeweils Winkelschulen aufzuweisen. Bei dieser hier dargestellten Unterscheidung verschiedener Schultypen innerhalb der „Säulen“ des allgemeinen Schulwesens darf allerdings der noch viel größere Statusunterschied nicht übersehen werden, wie er –­ anders als man sich das heute allgemein vorstellen wird ­– zu Beginn des Untersuchungszeitraumes zwischen den genannten Schultypen noch bestanden hat. So führt Neugebauer als 3122 Vgl. dazu Heubaum (Geschichte des deutschen Bildungswesens), S. 34. Diese Lateinschulen „alten Typs“ hatten sich nach Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens in Sachsen), S. 117, zu Beginn des 19. Jahrhunderts überlebt. 3123 Das Freiberger Gymnasium ging auf die 1515 in Freiberg errichtete „christliche Lateinschule“ zurück, aus der in der Reformation 1537 die „Stadtschule Freiberg“ unter Johannes Rivius eröffnet wurde, später als Gymnasium bezeichnet. Vgl. dazu das Quellenbuch, S. 3 und 9. Auf die Entwicklung dieser „höheren“ Lehranstalt kann im Rahmen dieser Arbeit nicht eingegangen werden, da sie den Untersuchungsgegenstand nur am Rande berührt. 3124 Vgl. dazu Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens in Sachsen), S. 119. 3125 Die Lateinschule (alten Typs) konnte danach nach Pätzold (ebd.), S. 117, „… lediglich als Gelehrtenschule ihren eigenen Weg der Entwicklung gehen.“ Vgl. dazu auch Bruning (Protestantisches Gelehrtenschulwesen), insb. S. 286–291. 3126 Vgl. zum Typus der deutschen Schule z. B. in Nürnberg Endres (Handwerk und Berufsbildung), S. 377–379. 3127 Noch 1806 wurde an der Freiberger Stadtschule, die ja eher als „Gelehrtenschule“ galt, eine zusätzliche 8. Klasse als „Vorbereitungsklasse“ auf den „gymnasialen“ Unterricht mit einer ebenfalls nur elementaren Wissensvermittlung eingeführt. Vgl. dazu das Quellenbuch, S. 118. 3128 Vgl. zum kursächsischen Winkelschulwesen den Abschnitt 1.1 und die dort genannte Literatur.

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prägnantes Beispiel für die exorbitanten Unterschiede in der Finanzausstattung solcher Einrichtungen das Joachimsthalsche Gymnasium in Berlin – das zugegebenermaßen auch im preußischen Schulsystem eine Sonderstellung einnahm – im Vergleich zu niederen Schulen auf. Danach verfügte dieses Gymnasium, ein „… nicht unbedeutender Grundbesitzer in der Mark Brandenburg“, im Schuljahr 1749/50 über beinahe 32.000 Taler an Finanzeinnahmen, eine Summe, die die landesherrlichen Zuwendungen „… für das ganze niedere Schulwesen noch Jahrzehnte später um ein mehrfaches[!] …“ überstieg.3129 Im Deutschland des späten 18. Jahrhunderts existierten aber nicht nur die erwähnten Institutionen des allgemeinen Bildungswesens, sondern auch solche, die eine „Berufsausbildung“ im weitesten Wortsinne zum Gegenstand hatten. Konkret betraf dies die Lehrausbildung als eine Form „berufsspezifische(r) Qualifikationen“3130 künftiger Handwerksgesellen und Handwerker innerhalb der verschiedenen, meist in Zünften organisierten Handwerksbetriebe.3131 Auf deren Struktur und die kritischen Reformansätze ist schon ausführlich eingegangen worden.3132 Solche zunftgebundenen Formen der handwerklichen Berufsausbildung – im Einzelfall aber auch für Kaufleute oder Künstler – finden sich natürlich auch in Kursachsen. Für die Kinder der überwiegend in der Landwirtschaft tätigen Bevölkerung dagegen musste die allgemeine (elementare) Grundbildung an einer der deutschen Schulen – wenn sie denn überhaupt wahrgenommen werden konnte – ausreichen. Eine darüberhinausführende berufliche Ausbildung fand für Bauern- oder Häuslerkinder im Allgemeinen nicht statt. Gegen wiederholte Versuche, solche vom „Bauernstande“ herkommende Kinder ein Handwerk erlernen zu lassen, wurde mit einer Reihe landesherrlicher Befehle vorgegangen, um den jeweiligen Gerichtsobrigkeiten nicht den Gesindenachwuchs zu entziehen.3133

3129 Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 518. 3130 So nennt dies Reith, (Arbeitsweise im Handwerk), S. 101. Vgl. zur Ausbildung zukünftiger Handwerker in Augsburg ders. (ebd.), insb. S. 101–110, sowie grundlegend König (Reform der Lehrlingsausbildung). 3131 Nach Harney/Zymek (Allgemeinbildung und Berufsbildung), S. 409, geht die „moderne Berufsbildung … aus der Geschichte der Handwerkskorporationen hervor“, die wiederum der „Tradition des Zunftwesens“ entstammten. Reith (ebd.), bringt eine gute Darstellung der zeitgenössischen, zunftgebundenen Berufsausbildung für das städtische Handwerk Augsburgs, zu der sich sicherlich auch Analogien der Handwerkerausbildung in Kursachsen finden lassen würden. 3132 Vgl. dazu den Abschnitt 6.1. 3133 In einem Mandat aus dem Jahre 1766 wurde bestimmt, „dass fuerohin jeder, so vom Bauernstande herkommt, ehe er ein Handwerk erlernen kann, Vier Jahre in hiesigen Landen bey der Landwirthschaft, und zwar vorzueglich Zwey Jahre bei seiner Gerichtsobrigkeit, zu dienen ...“ hat. Mandat vom 6. Nov. 1766, in: C.A., 1. Forts., 1. Abt., Sp. 916. Im „Titulus VII“ der am 16. Nov. 1769 verbesserten Gesindeordnung wurde diese Dienstverpflichtung den Untertanen

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In die sich noch im Umbruch befindende sächsische Schullandschaft trat nun, im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts, der sich etablierende kursächsische Ausbildungskomplex für den berg- und hüttenmännischen Berufsstand auf den Plan. Dieser stellte, legt man die Schullandschaftsdefinition von Kießling zugrunde,3134 in seiner räumlichen Dimension geradezu eine typische Bildungslandschaft dar, die geografisch nicht identisch mit dem landesherrlich-staatlichen Territorium war. Gegenüber den bis dahin existierenden, meist handwerklich gebundenen Berufsbildungsmöglichkeiten stellte das kursächsische Bergschulwesen mit seiner Schulund Ausbildungsvielfalt, seiner Kombination aufeinander abgestimmter schulischer- und beruflicher Ausbildungsformen ein absolutes Novum dar.

7.2. Die Bildungsgeschichtsforschung als Quelle für die Geschichte und die Stellung des kursächsischen Bergschulwesens innerhalb der sächsischen Bildungslandschaft – eine Literaturanalyse Bevor der Versuch einer endgültigen Einordnung des kursächsischen Bergschulwesens in die deutsche bzw. sächsische Bildungslandschaft vorgenommen wird, soll noch einmal rekapituliert werden, inwieweit die bildungsgeschichtliche Literatur dafür Lösungsansätze bietet. Einer der Ausgangspunkte und zugleich hauptsächlicher Anlass für diese Forschungsarbeit war die Erkenntnis, dass in der wissenschaftshistorischen Literatur bis auf die in der Einleitung aufgeführten Beiträge zur Geschichte der Freiberger Bergschule bzw. der obererzgebirgischen SRZ-Schulen keine Untersuchungen existieren, die die Entwicklung des kursächsischen Bergschulwesens in seiner Komplexität und damit zugleich Einmaligkeit darstellen. Folgte man der aktuellen wissenschaftlichen Diskussion über die Herausbildung der „Zweiteilung“ der Bildung im 19. und 20. Jahrhundert in Deutschland, hätte es diesen hier vorgestellten Komplex von Bergschulen gar nicht geben dürfen, vereint doch dieser die beiden „Säulen“ der Bildung – Allgemeinbildung und Berufsbildung –3135 in einer bis jetzt kaum bekannten Art und Weise. Bis heute nämlich wird nach Albers die „bildungstheoretische und bildungspolitische Diskussion“ vor allem von den Unterschieden nochmals eingeschärft. Vgl. dazu die „Neu-erlaeuterte und verbesserte Gesinde-Ordnung ...“ vom 16. Nov. 1769, (ebd.), Sp. 967–984, hier Sp. 981–984. 3134 Vgl. zur Definition einer Schullandschaft Kießling (Schullandschaften), S. 35. 3135 So lautet auch der Titel des Aufsatzes von Harney/Zymek, in welchem sie auf die historische Entstehung beider „Systeme“ eingehen. Vgl. zum Bildungsbegriff Albers (Bildung und Weiterbildung), S. 225, sowie grundlegend zur Begrifflichkeit von Bildung ders. (ebd.), insb. S. 251–253.

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zwischen beiden Bildungsformen beherrscht, ohne bislang allerdings einer befriedigenden Lösung zu deren Unterscheidung nähergerückt zu sein.3136 Mit der vorgelegten Untersuchung dürften die in letzter Zeit aufgekommenen Zweifel an der Richtigkeit dieser bislang postulierten grundlegenden Existenz eines strikt voneinander getrennten Schul- und Berufsbildungssystems (zumindest für den hier interessierten Hauptuntersuchungszeitraum) noch verstärkt werden.3137 In der bildungsgeschichtlichen (deutschsprachigen) Literatur werden Bergschulen, soweit sie überhaupt Erwähnung finden, in der Regel als die institutionellen „Vorstufen“ der (späteren) Bergakademien verstanden3138 oder man verwendet die Begriffe Bergschule bzw. Bergakademie (meist ohne klare Unterscheidungsmerkmale) synonym nebeneinander.3139 In der hier vorliegenden Untersuchung wird „Bergschule“ – im Gegensatz zur Bergakademie, die v. a. zur Nachwuchsgewinnung für höhere Funktionen innerhalb der Bergverwaltung eingerichtet worden war – ausschließlich als eine der der bergmännischen Ausbildung von Bergoffizianten („niederen“ und „mittleren“ Bergbeamten) dienende Einrichtung betrachtet. Wenn allerdings Gretschel für die Zeit unmittelbar nach Gründung der Bergakademie formulieren konnte, dass „der nachhaltige spätere Aufschwung … in jener Zeit theils durch die Bergakademie, theils durch die grossen Verbesserungen, namentlich beim Maschinenwesen und Schmelzhütten … vorbereitet …“ wurde,3140 besaß auch das kursächsische Bergschulwesen hieran einen wichtigen Anteil, wurden doch an seinen Ausbildungseinrichtungen oftmals die bildungsadäquaten Grundlagen für eine spätere erfolgreiche bergmännische bzw. Bergbeamtenlaufbahn und damit für einen Aufschwung des Montanwesens nach dem Siebenjährigen Krieg gelegt. 3136 So Albers (ebd.), S. 251 f. 3137 Es sei hierzu nochmals auf Amman (Höhere Schulen), insb. S. 412 f., 421, auf Hanschmidt (Elementarbildung und Berufsausbildung), S. 41, sowie auf Ehrenpreis (Erziehung und Schulwesen), S. 26, verwiesen. 3138 Vgl. in diesem Sinne jüngst Guntau (Rolle der Wissenschaften), hier insb. S. 19 f. Auch bei dem noch nicht abgeschlossenen DFG-Projekt von Hartmut Schleiff (TU Bergakademie Freiberg) und Peter Konečný (Universität Regensburg) werden die Bergschulen als Vorläufer von Bergakademien betrachtet; vgl. den voraussichtlich dieses Jahr (2012) erscheinenden Tagungsband: Hartmut Schleiff (Hg.) und Peter Konečný (Hg.): Staat, Bergbau und Bergakademie im 18. und frühen 19. Jahrhundert. 3139 Diese übergreifende Bedeutung erfuhr der Begriff „Bergschule“ auf dem 4. Erbesymposium (Traditionen des montanistischen Schulwesens in der Welt) in Banská Štiavnica 1998; ungeachtet dessen bezogen sich die dort vorgestellten Forschungsergebnisse – bis auf die Beiträge von Altmann (Vortrag Berufliche Bildungswege), Kaden (Vortrag Johann Friedrich Lempe), Kamenický (Výchova baníckych a hutníckych Odborníkov), Kavčič (Fachschulwesen im Rahmen des Quecksilberbergwerkes in Indrija) und Vozár (Die ersten Fachschulen zur Ausbildung der Montanwissenschaften im Habsburgischen Reich) – nahezu ausschließlich auf höhere bergmännische Bildungsformen. 3140 Gretschel (Geschichte des Sächsischen Volkes), S. 257.

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In den Jahren der Etablierung des Bergschulwesens wurde die (elementare) Allgemeinbildung an den Knappschaftlichen Schulanstalten und der darüberhinausführende Schreib- und Rechenunterricht durch die „Stuhlschreiber“ an den sogenannten Schreibeschulen mit der berufsfachlichen Ausbildung an den obererzgebirgischen SRZ-Schulen bzw. der Freiberger ZR-Schule unter dem „Dach“ der kursächsischen Bergverwaltung miteinander verzahnt, wobei letztere Einrichtung zugleich die Aufsichtsführung innerhalb derselben übernahm. Dieser spezifische, der Bildung des Bergmanns dienende Bildungskomplex passt somit keineswegs in die heute üblicherweise (auch rückblickend-historisch) vorgenommene „duale“3141 Betrachtung der Bildungslandschaft Deutschlands, gehörte er doch durch seine Komplexität eben nicht nur der einen oder anderen „Säule“ des Bildungssystems an. Um den Bergschulkomplex in die scheinbar vorhandene zweigeteilte Bildungslandschaft integrieren zu können, müsste man ihn zuvor gedanklich in seine einzelnen „Bestandteile“ – seine Schul- bzw. Ausbildungstypen – zerlegen, eine Vorgehensweise, die sich als wissenschaftliche Untersuchungsmethode nur schwer begründen ließe. In der bisherigen Arbeit wurde dargestellt, wie sich unter Federführung des Oberbergamtes in Freiberg in den letzten 25 Jahren des 18. Jahrhunderts innerhalb Kursachsens ein weitgehend autarkes Schul- und Ausbildungswesen etablierte. Dieses umfasste den elementaren Unterricht im Christentum und Lesen (z. T. auch Schreiben und Rechnen) an den Knappschaftlichen Schulanstalten im oberen Erzgebirge genauso wie den gleichartigen (gewerkschaftlichen) Unterricht in Freiberg, die darüberhinausführende Vermittlung von Schreib- bzw. Rechenkenntnissen durch den jeweiligen Freiberger Ratsstuhlschreiber sowie die fachliche Berufsausbildung an den obererzgebirgischen SRZ-Schulen bzw. der („akademischen“) Freiberger Berg- oder auch Zeichen- und Rechenschule. Bestandteil dieses Bergschulkomplexes waren aber auch die hier nur am Rande erwähnten Handarbeits- bzw. Industrieschulen, in denen den Kindern der ärmsten Schichten der (bergmännischen) Bevölkerung in verschiedenen erzgebirgischen Bergrevieren bezahlte Arbeitstätigkeiten – vor allem im Spinnen und Klöppeln – vermittelt wurden, wodurch sich diesen (und deren Familien) zugleich eine geringfügige zusätzliche Einnahmequelle erschloss. Neben der Herausbildung der „Institution“ Bergschule 3141 Der Begriff steht hier deshalb in Anführungszeichen, weil er eigentlich für die (heutige) gleichzeitig durchgeführte berufliche Erstausbildung durch Berufsschule und Betrieb belegt ist. Fingerle/Kell (Berufsausbildung), S. 306 f., weisen in diesem Kontext die Herkunft des 1964 geprägten Begriffs nach, der immer noch umstritten ist. Vgl. zum Begriff auch Albers (Bildung und Weiterbildung), S. 258. Bruchhäuser (Berufsbildung), S. 401, widerspricht in diesem Kontext m.E. zu Recht Stratmann (Krise der Berufserziehung), S. 240 f., der das duale Schulsystem schon im 18. Jahrhundert für ausgebildet hält. Wehrmeister (Fortbildungsschule), S. 331, benutzt den Begriff im Zusammenhang mit der Darstellung der zwei „Arten“ sächsischer Fortbildungsschulen im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert – der (seit 1855) dem Kultusministerium unterstehenden allgemeinen Fortbildungsschule bzw. der (i. d. R.) dem Innenministerium unterstellten gewerblichen Fortbildungsschule.

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spielte auch das Wirken der diesen Prozess initiierenden und ihn maßgeblich begleitenden Verantwortungsträger der kursächsischen Bergverwaltung, vor allem des Oberbergamtes in Freiberg, eine wichtige Rolle. Auf den Einfluss von Ideen des Pietismus bzw. der Aufklärung wurde in diesem Zusammenhang genauso eingegangen wie auf die wesentlichen Determinanten dieser Entwicklung – nämlich die wichtigsten finanziellen und personellen Fragen. Wegen des weitgehenden Fehlens wissenschaftlicher Literatur über den Untersuchungsgegenstand basiert ein Großteil der über ihn gewonnenen Erkenntnisse auf Recherchen in Archivalien, die bislang meist noch nie Gegenstand einer solchen Auswertung waren. Überhaupt musste mit der vorliegenden Untersuchung weitgehend bildungsgeschichtliches Neuland beschritten werden. Es war im Rahmen dieser Forschungsarbeit natürlich nicht möglich, die gesamte (deutschsprachige) historische, vor allem bildungs-, verwaltungs- oder auch bergbaugeschichtliche Literatur auszuwerten, um im Ergebnis dessen ermitteln zu können, inwieweit mit den hier vorgelegten Forschungsergebnissen die Erweiterung des bisherigen Erkenntnisstandes über die Entwicklung des deutschen Bildungswesens im Untersuchungszeitraum ermöglicht wird. Um dennoch zu aussagefähigen und als signifikant einzustufenden Resultaten zu gelangen, wurde nicht nur auf die relevante Forschungsliteratur über die kursächsischen Verhältnisse zurückgegriffen, sondern v. a. auch auf Untersuchungen über die beiden größten benachbarten Flächenstaaten – Preußen und Bayern – reflektiert, zumal in beiden Ländern Werke zur Erforschung der Geschichte der allgemeinen Schul- und der beruflichen Ausbildungsgeschichtsforschung in der Vergangenheit stets einen hervorragenden Stellenwert einnahmen. Ausgehend von der in der wissenschaftsgeschichtlichen Literatur vorgenommenen Aufsplittung von Bildung widmen sich bisherige bildungsgeschichtliche Monografien in der Regel entweder ausschließlich der allgemeinen schulischen Bildung und deren institutionellen Formen –3142 oder ebenso ausschließlich der historischen Entwicklung der beruflichen Ausbildung.3143 In wenigen Ausnahmefällen bzw. in einigen bildungsgeschichtlichen Übersichtswerken bzw. Handbüchern werden zwar beide Teilgebiete der Bildung zugleich abgehandelt,3144 aller3142 So z. B. die jüngeren Arbeiten von Bruns (Bedeutung der Realienkunde), Herrlitz/Hopf/Titze (Deutsche Schulgeschichte), Lundgreen (Sozialgeschichte der deutschen Schule) oder die älteren Untersuchungen von Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule) und Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens in Sachsen). 3143 So z. B. die Untersuchungen von König (Reform der Lehrlingsausbildung), Reith (Arbeitsweise im Handwerk), Simon (Fachbildung des Preußischen Gewerbestandes), Stratmann (Krise der Berufserziehung) und insbesondere Thyssen (Gewerbliche Berufsschule). 3144 So in Hammerstein/Herrmann (Handbuch Bildungsgeschichte II), in Hanschmidt (Elementarbildung und Berufsausbildung); das von Liedtke herausgegebene Handbuch des bayerischen Bildungswesens dagegen widmet sich ausschließlich dem schulischen Part.

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dings wenden sich die darin zu Wort kommenden Autoren wiederum meist nur einem der beiden Gegenstände zu.3145 Diese inhaltlich aufgegliederte Abhandlung spätmittelalterlich-frühneuzeitlicher Bildungsgeschichte lässt sich nicht allein aus den von Prass3146 postulierten unterschiedlichen Forschungsinteressen derjenigen, die sich „vor allem für die Entwicklung des schulischen Unterrichts“ interessieren, und den „Handwerkshistoriker(n)“ erklären.3147 In Anlehnung an Amann, der als einer der wenigen erst jüngst die Richtigkeit sogar der in der wissenschaftlichen Literatur gesetzten Trennungslinie zwischen Elementarschule und Höherer Schule bezweifelte,3148 muss man in Bezug auf die historische Verfassung des hier untersuchten kursächsischen Bergschulkomplexes nicht mehr nur die Grenzziehung zwischen Letzteren, sondern zugleich auch diejenige zwischen schulischer Bildung und fachlicher Berufsausbildung im Untersuchungszeitraum in Frage stellen. Das Bergschulwesen nämlich lässt sich in seiner Komplexität – und auch das kann als Erkenntnisgewinn begriffen werden – nicht in das bislang von der Geschichtsforschung vorgegebene Postulat von elementarer- bzw. höherer Schulbildung einerseits und Berufsausbildung andererseits einordnen. Ganz in diesem Kontext versteht sich die Feststellung Amanns, wonach die „Übertrittsschwellen“ der verschiedenen Schultypen nicht genau zu fixieren seien,3149 insbesondere auch im Hinblick auf den Bergschulkomplex, bei dem ja noch die berufsspezifische Ausbildung hinzukommt. Ziel der Untersuchung war es, alle im einleitenden Kanon formulierten Fragestellungen, insoweit das die ausgewerteten Archivalien zuließen, zu beantworten. Nachdem dies in den vorausgehenden Kapiteln versucht worden ist, soll nun nochmals explizit auf die gleichfalls in der Einleitung aufgeworfene Problematik, „... ob nicht ggf. die Beschäftigung mit der Geschichte des Bergschulwesens – zumal auf der Basis bislang noch nicht ausgewerteter Quellen – zu einem Erkenntnisfortschritt in Bezug auf die sächsische oder selbst deutsche Schul- bzw. Berufsschulgeschichte führen kann?“, eingegangen werden. Um das zu erfahren, muss an dieser Stelle nochmals zusammenfassend eine Analyse der einschlägigen bildungsge3145 So zum Beispiel in Helsper/Böhme (Handbuch der Schulforschung). Dies vorgehensweise ist auch verständlich, existieren doch an den Universitäten und Hochschulen auch heute oft beide Wissenschaftsdisziplinen unabhängig nebeneinander. Auf Einzelheiten der strukturellen Ansiedlung typischer Vertreter beider Sparten an den verschiedenen Universitäten und sonstigen wissenschaftlichen Einrichtungen kann hier nicht eingegangen werden. 3146 Prass (Ausbildung Thüringer Bauhandwerker) S. 147. 3147 Hier scheint es sich eher um einen spezifischen Forschungsansatz zu handeln, der eine „Rückübertragung“ der heutigen Bildungsrealität auf historische Prozesse einschließt, obwohl dies bereits von Neugebauer, Hofmeister oder Hanschmidt/Musolff kritisiert wurde. Vgl. dazu den Unterabschnitt 0.1. 3148 Vgl. dazu Amann (Höhere Schulen), S. 413. 3149 Vgl. dazu Amann (ebd.), S. 421.

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schichtlichen Forschungsliteratur durchgeführt werden, da nur dadurch ein grundlegendes Bild von der deutschen Schulgeschichte bzw. der konkreten Bildungslandschaft im Deutschland des ausgehenden 18. Jahrhunderts zu erstellen ist. Auch wenn eine solche Analyse in Bezug auf die Entwicklung des kursächsischen Bergschulwesens kaum weiterführen kann, da sie sich die Bildungsgeschichtsforschung letzterem Gegenstand bislang gar nicht zugewendet hat, dürfte die Beschäftigung mit ihm zumindest bei dem Versuch weiterhelfen, das kursächsische Bergschulwesen in die Bildungslandschaft des ausgehenden 18. Jahrhunderts einzuordnen. Zunächst wäre unter der bildungsgeschichtlichen Standardliteratur insbesondere das von Berg und anderen herausgegebene mehrbändige Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte zu nennen.3150 Die Autoren dieses Werkes wenden sich jedoch in ihren Einzelbeiträgen allen nur denkbaren Themen der Bildungs- und Erziehungsgeschichte, des allgemeinen (elementaren) und auch höheren Schulwesens, der universitären Bildung, aber auch der Berufsbildung genau in dem hier untersuchten Zeitfenster zu; ungeachtet dessen wird das Bergschulwesen darin an keiner Stelle erwähnt.3151 In keinem einzigen Kapitel des hier besonders relevanten von Hammerstein und Herrmann herausgegebenen 2. Bandes, in dem Angaben über das sächsische Bergschulwesen zu erwarten gewesen wären –3152 so im Kapitel über „Niedere Schulen und Realschulen“, in dem über „Erziehung und Schulbildung für Mädchen“, in denen über „Berufsbildung“, über „Fürsorge und Wohlfahrtwesen“ oder über „Volksbildung im 18. Jahrhundert“ – findet der kursächsische Bergschulkomplex Erwähnung.3153 Zumindest bei der Abhandlung über die deutschen Elementarschulen wäre die Nennung der Knappschaftlichen Schulanstalten in Kursachsen als besonderer Typus dieser Schulen zu erwarten gewesen. Ähnlich sieht es in dem von Helsper und Böhme herausgegebenen Handbuch der Schulforschung aus; auch dort sucht man vergeblich Angaben zur Entwicklung des Bergschulwesens Kursachsens,3154 genauso wie in den meisten jüngeren Monografien zur Bildungsgeschichte.3155 Wenn sich also aus der relevanten Forschungsliteratur die im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts erfolgte Herausbildung des Komplexes kursächsischer Schulan3150 Vgl. dazu Berg (Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte I–VI), München 1987–2005. 3151 Das Sachregister enthält die Begriffe „Bergschule“ bzw. „Bergschulwesen“ ebenfalls nicht. Vgl. dazu Hammerstein/Herrmann (Handbuch Bildungsgeschichte II), Sachregister S. 565–572. 3152 Der Untertitel des 2. Band dieses mehrbändigen Werkes lautet „Vom späten 17. Jahrhundert bis zur Neuordnung Deutschlands um 1800“, betrifft also auch den hier behandelten Hauptuntersuchungszeitraum. 3153 Aber auch die Bergschulen anderer deutscher Schullandschaften werden hierin nicht aufgeführt. 3154 Vgl. dazu Helper/Böhme (Handbuch der Schulforschung). Im Schlagwortregister fehlt auch hier der Begriff „Bergschule“; vgl. (ebd.), Schlagwortregister, S. 989–994. 3155 Zu einzelnen Belegen dafür sei auf die in der Literaturübersicht aufgeführten Werke verwiesen.

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stalten nicht erschließen lässt, bedeuten somit die hier überwiegend aus Archivunterlagen ermittelten Ergebnisse bereits einen erheblichen Erkenntnisgewinn. Welche neuen Ergebnisse bringt nun die vorliegende Untersuchung für die bildungsgeschichtliche-, insbesondere die schul- bzw. berufsschulgeschichtliche Forschung im Einzelnen? Ordnete sich das ausgangs des 18. Jahrhunderts herausgebildete kursächsische Bergschulwesen nahtlos in die Schullandschaft seiner Zeit ein oder stellte es typologisch betrachtet eine neue Kategorie von Bildungseinrichtungen dar? Um diese Fragen beantworten zu können, musste zunächst der schulgeschichtlichen Relevanz des untersuchten Gegenstandes für die deutsche Schul- und Berufsschulgeschichte nachgegangen werden. Da sich jedoch aus den zu Vergleichszwecken herangezogenen Werken der deutschsprachigen Schul- und Berufsschulgeschichtsforschung keinerlei Hinweise auf die Entwicklung des Komplexes kursächsischer Bergschuleinrichtungen ergaben, sollen hier wenigstens diejenigen Erkenntnisse daraus wiedergegeben werden, die allgemeine Rückschlüsse auf die Stellung desselben innerhalb der Bildungslandschaft seiner Zeit erlauben. Das kursächsische Bergschulwesen verband die in der bildungsgeschichtlichen Literatur im Allgemeinen vollkommen getrennt voneinander behandelten Bildungsformen des elementaren Schulunterrichts (und z. T. auch der höheren Schulbildung) mit dem der beruflichen Ausbildung, weswegen der von Zymek für das in kleineren Städten existierende Schulwesen verwendete Begriff von den „multifunktionale(n)“ Einrichtungen auch auf dieses übertragbar wäre3156. Die in jüngster Zeit in diesem Kontext von Hanschmidt getroffene Feststellung, wonach es sich „in der Frühen Neuzeit … bei der Elementarbildung und der Berufsausbildung nicht – wie heute – um getrennte Systeme, sondern um ein vielfältig verflochtenes ‚gemischtes‘ System (handelte)[!]“,3157 trifft (obwohl diese Erkenntnis bislang so gut wie keinen Widerhall in der Bildungsgeschichtsforschung gefunden hat) vermutlich nirgendwo mehr zu als beim Bildungskomplex des kursächsischen Bergschulwesens. Die schon zu Untersuchungsbeginn festgestellte Vielfalt des nachreformatorischen (kursächsischen) Schulwesens3158 konnte durch die vorliegende Untersuchung bestätigt werden. 3156 So Zymek (Geschichte des Schulwesens), S. 210. Zymek verweist (ebd.) auch auf die Namensvielfalt der Schulen. 3157 Hanschmidt (Elementarbildung und Berufsausbildung), S. 41. Dass aber Prass (Ausbildung Thüringer Bauhandwerker) das faktisch vorhandene „aber nicht institutionalisierte Zusammenwirken von parochialen Elementarschulen, Schreib- und Rechenschulen und Handwerkslehre“ bereits skizziert habe, wie dies Hanschmidt/Musolff (Elementarbildung und Berufsausbildung), Einleitung S. 8, behaupten, ist nicht zutreffend, denn von einem solchen Zusammenwirken der verschiedenen Bildungsträger finden sich im zitierten Beitrag von Prass höchstens vage Andeutungen. 3158 Vgl. dazu den Abschnitt 2.1. Vgl. dazu auch Zymek (Geschichte des Schulwesens), S. 210– 214, der in diesem Kontext auf die Vielgestaltigkeit der regionalen Schullandschaften in Mitteleuropa verweist.

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Nicht (zumindest nicht für Kursachsen) bewahrheitet hat sich dagegen im Ergebnis der Aktenauswertung in dieser Untersuchung die resümierende Feststellung Menks, wonach „die Lage des Schulwesens in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts … vielleicht am klarsten erkennen (lässt), daß der frühneuzeitliche Territorialstaat das Ende seines disziplinierenden Zugriffs auf die Breite der Untertanen erreicht hatte … [und] allenthalben … außerhalb des staatlich geförderten Schulsystems jetzt Schulen aller Art (entstanden), die dem Zugriff des Staates entzogen[!] waren, vielmehr auf privater Ebene entstanden und gediehen.“3159

Gerade das Beispiel des kursächsischen Bergschulwesens belegt nämlich das genaue Gegenteil dafür; auch ausgangs des 18. Jahrhunderts überließ der frühneuzeitliche kursächsische „Staat“ das Schulwesen eben nicht allein privaten Initiativen. Nach Aussagen der von der historischen Bildungsforschung untersuchten und bewerteten Reformbemühungen von „Landständen und der landesherrlichen Kirchenund Staatsverwaltung“ in Kursachsen nach Ende des Siebenjährigen Krieges 1763 hätten solche Reformen wenig an der sich auf die „locale Ebene“ verlagernden „Hauptkompetenz und Gestaltungsmacht für das Schulwesen“ geändert.3160 Auch wenn diese Aussage Töpfers einerseits die tatsächliche Schulverfassung realistischer widerspiegelt als die noch vor Jahren für die preußische Volksschule behauptete Stellung derselben als einer „Staatsveranstaltung“,3161 vernachlässigt sie andererseits die Alleinstellungsmerkmale des kursächsischen Bergschulwesen. In keinem der hierzu von Töpfer rezensierten Beiträge des Handbuchs für Bildungsgeschichte ist z. B. des kursächsischen Bergschulkomplexes gedacht worden. Die den Herausbildungsprozess des Bergschulwesens maßgeblich initiierenden und beaufsichtigenden Mitglieder des Oberbergamtes in Freiberg gehörten ja gerade nicht einer lokalen Verwaltungsebene an. Letzteres wäre aber vorauszusetzen, wollte man der Töpfer’schen These ohne jegliche Einschränkungen folgen.3162 Kurfürst und Landesbergverwaltung (Oberbergamt) schufen hier fern jeglicher Privatisierungsansätze einen unter ihrer Hoheitsverwaltung stehenden Komplex unterschiedlichster 3159 Menk (Bildungswesen der deutschen protestantischen Territorien), S. 94, Hervorhebungen d.d.A. Wenn Menk an gleicher Stelle erklärt, dass sich der „bürokratische … Anstaltsstaat“ erst in der „napoleonischen Ära“ insbesondere dem Schulwesen angenommen habe, trifft das somit ebenfalls nicht für Kursachsen und dessen bergmännisches Schulwesen zu. 3160 Diese Aussage formuliert Töpfer (Bildungsgeschichte), S. 221, als Arbeitshypothese für das von ihm geplante Dissertationsvorhaben zur Geschichte des kursächsischen Schulwesens. Vgl. dazu auch ebd., Anm. S. 211. 3161 Diese Aussage ist spätestes seit Neugebauer (Schulwirklichkeit) ad absurdum geführt worden. Vgl. dazu auch Töpfer (ebd.), S. 220. 3162 Ungeachtet dieser Kritik hat Töpfer in seiner Rezension des Handbuches der Bildungsgeschichte wesentliche Entwicklungsschritte auch des sächsischen Schulwesens erkannt und in diesem Kontext die sonst noch existierenden Forschungsdefizite klar benannt.

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Typen von Bildungsinstitutionen. Es spricht im Gegenteil sogar beinahe alles dafür, dass das kursächsische Bergschulwesen nur wegen seiner Einbindung in die „staatlich“-landesherrliche Verfassung und damit zugleich in die Hierarchie der Bergverwaltung überhaupt erst funktionieren konnte. Ganz offenkundig wird die Unkorrektheit der hier erwähnten Aussagen Menks und auch Töpfers, wenn man die Entwicklung derjenigen Teile der Einrichtungen des Bergschulkomplexes betrachtet, die sich der beruflichen Ausbildung der Bergjugend zugewandt hatten. Innerhalb der bildungsgeschichtlichen Forschungsliteratur bietet eine (wenn auch schon ältere) Arbeit eine ausgezeichnete Grundlage dafür, den Standort der kursächsischen Bergschulen im engeren Sinne in der Bildungslandschaft des ausgehenden 18. Jahrhunderts genauer zu bestimmen. Es ist dies die Untersuchung Thyssens über die geschichtliche Entwicklung der gewerblichen Berufsschulen in Deutschland aus dem Jahre 1960.3163 Wegen der darin vorgenommenen historischchronologischen Darstellung der zeitgemäßen Berufsausbildung und der expliziten Bezugnahme auch auf die „Vorläufer“ der (gewerblichen) Berufsschule soll an dieser Stelle etwas näher auf diese Arbeit Thyssens eingegangen werden.3164 Vor allem der Versuch Thyssens, das deutsche Berufsbildungswesen des 19. Jahrhunderts innerhalb eines Gesamtrahmens zu strukturieren, machen seine Forschungsergebnisse für die vorliegende Untersuchung besonders interessant. Thyssen gelangte nach einer speziell von ihm aufgestellten Definition des Begriffs der (modernen) Berufsschule – bei der es sich um eine „Sekundär- und Teilzeitschule“ handeln würde, die „... von ihren Schülern erst nach vorhergehendem Besuch einer Primärschule (in der Regel der Volksschule) und nur in einem Teil der Ausbildungs- oder Arbeitszeit der in einer Berufsausbildung oder im Erwerb stehenden Schüler besucht“

werden dürfte und an der man zudem „berufsbildende Ziele“ verfolgte –3165 schließlich zu einer weiteren Definition, nämlich der über die Vorläufer der heutigen Berufsschulen. Letztere stellten danach „... solche Schulen der Vergangenheit [dar], die von nicht mehr volksschulpflichtigen Jugendlichen während der gleichzeitigen Lehre oder einer sonstigen Tätigkeit im Erwerbsleben besucht …“ würden.3166

Von der schon kritisierten rückwirkenden Verwendung des Begriffs „Volksschule“ einmal abgesehen, bietet die Thyssensche Definition eine gute Grundlage für die 3163 Vgl. dazu Thyssen (Gewerbliche Berufsschule). 3164 Der Name Berufsschule ist nach Thyssen (ebd.), S. 122, aber erst nach dem I. Weltkrieg eingeführt worden. 3165 Thyssen (Gewerbliche Berufsschule), S. 124. 3166 Thyssen (ebd.), S. 125.

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Einordnung der kursächsischen Bergschulen in die Schullandschaft des späten 18. Jahrhunderts und zugleich einen interessanten Ansatz für die Bewertung der vorliegenden Untersuchungsergebnisse hinsichtlich eines möglichen Erkenntnisgewinns. Thyssen hat in seiner erwähnten Schrift insgesamt vier Kategorien sogenannter „Vorläufer“ der heutigen Berufsschule ermittelt, auf die hier jedoch nur überblicksartig eingegangen werden kann:3167 • die „religiöse“ Sonntagsschule3168 oder auch „allgemeine Sonn- und Feiertagsschule“ seit der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts,3169 • die gewerblich orientierte Sonntagsschule,3170 deren Etablierung am Ende des 18. Jahrhunderts begann, • die allgemeine Fortbildungsschule,3171 wie sie vor allem nach dem Volksschulgesetz von 1873 entstand und schließlich • die beruflich gegliederte Fortbildungsschule.3172 Inwieweit lassen sich nun Zusammenhänge zwischen diesen von Thyssen ermittelten Schultypen mit der Freiberger Bergschule3173 konstatieren?

3167 Die nachfolgend aufgeführten vier Typen von „Vorläufern“ der heutigen Berufsschule hat auch König (Geschichte der Berufsbildung), S. 195–203, auf den hier grundlegend verwiesen wird, sinngemäß für Bayern festmachen können. Vgl. hierzu aber auch die älteren Strukturierungsversuche Preuskers, auf die wiederum Wehrmeister (Fortbildungsschule), S. 45, verweist. 3168 So auch König (Geschichte der Berufsbildung), S. 195. Vgl. zur „religiösen“ Sonntagsschule grundlegend auch Hunger (Fortbildungsschulwesen), S. 127, der die „fließende“ Grenzziehung dieser Schulform gegenüber den „gewerblichen“ bzw. „fachlichen“ Anstalten betont. 3169 Bei dieser handelte es sich um eine (vermutlich) zuerst in Württemberg (1739) gegründete Schulform, bei der die Kinder zwischen Konfirmation und Verheiratung an Sonn- und Feiertagen in Religion, Singen, Lesen und Schreiben unterrichtet wurden. Eine sehr frühe Form einer solchen „religiösen“ Sonntagsschule war nach Hasfeld (Berufsausbildung in Baden), S. 65, und ders. (ebd.), Anm. 311, erstmals im Jahre 1755 in der Diözese Pforzheim eingerichtet worden. 3170 Nach Thyssen (Gewerbliche Berufsschule), S. 128, war diese aber nicht im heutigen Sinne „berufsbezogen“. An ihr wurde (im Gegensatz zur „religiösen“ Sonntagsschule) v. a. Zeichenunterricht geboten; im Übrigen war der Unterschied beider hinsichtlich ihres Unterrichtsinhalts nur graduell. Vgl. dazu Näheres auch bei Hunger (Fortbildungsschulwesen), S. 157. Die „religiösen“ Sonntagsschulen blieben auch nach Aufkommen der gewerblich orientierten Sonntagsschulen weiterhin bestehen. Vgl. dazu Thyssen (ebd.), S. 128. 3171 Deren Entwicklung sah Thyssen (Gewerbliche Berufsschule), S. 129, im Kontext mit der Entstehung des „Bismarckschen Reiches“, in Sachsen mit der Verabschiedung des Volksschulgesetzes vom 26. Apr. 1873. 3172 Die Entstehungszeit des als „Nachfolgers“ der Sonntagsschule entstandenen Schultyps setzt Thyssen (Gewerbliche Berufsschule), S. 125, in das ausgehende 19. Jahrhundert. Er sieht die Ursache dafür in der Verlegung des ursprünglichen Sonn- und Feiertagsunterrichts auf die Nachmittage oder Abende der Wochenarbeitstage bzw. die Arbeitszeit der Schüler. 3173 Auf die Freiberger Bergschule wird deshalb reflektiert, weil diese als Einzige nach den Reformen der Berggesetzgebung Mitte des 19. Jahrhunderts übrig blieb.

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Die von Thyssen beschriebene erste dieser Schulkategorien, die religiöse Sonntagsschule, scheidet als Vorläufer einer gewerblichen Berufsschule oder auch „Fachschule“3174 schon allein deshalb aus, da es sich bei ihr lediglich um eine „Wiederholungs- und Ergänzungsschule“ zur Vermittlung des elementaren Schullehrstoffs handelte und an ihr keinerlei berufliche Ausbildung stattfand.3175 Auf den ersten Blick verwandter mit den sächsischen Bergschulen schienen dagegen die von Thyssen so bezeichneten gewerblich orientierten Sonntagsschulen zu sein – unter denen er neben den Realschulen des 18. Jahrhunderts(!)3176 auch die späteren Gewerbeschulen, Sonntagsgewerbeschulen und Handwerkergewerbeschulen3177 verstand – an denen nach Thyssen „nicht mehr religiöse, sondern realistische und berufsbezogene Stoffe ... im Mittelpunkt des Unterrichts (standen)“.3178 Für dieses „gewerbliche“ Sonntagsschulwesen3179 mit „’öffentlichen(n) Industrie-, Handlungs- und Bildungs-Handwerkschulen‘“, die die Lehrlinge nach König

3174 Der Begriff „Fachschule“, der jüngerer Natur ist, umfasst auch die gewerblichen Berufsschulen, wird z. T. synonym neben Letzteren verwendet. Vgl. dazu den Artikel „Fachschulen“ (Brockhaus 6. Bd.), S. 392–394, aber auch Harney (Berufsbildung), S. 328. 3175 Nach Thyssen (Gewerbliche Berufsschule), S. 123, wurde an ihr lediglich ein „katechetischer Unterricht“, bzw. ebd., S. 124, die „... Fortsetzung und Ergänzung des Unterrichts ... für Volksschulentlassene“ geboten, weswegen er (ebd.), S. 126, sie auch als „Wiederholungs- und Ergänzungsschule“ bezeichnet. Ähnlich sieht das auch Wehrmeister (Fortbildungsschule), S. 35, der in ihnen genauso wenig einen Vorläufer der gewerblichen Berufsschule erblickt und sie – unter Bezug auf Preusker – als Einrichtung der „Nacherziehung“ betrachtet. Hunger (Fortbildungsschulwesen), S. 126, formulierte in diesem Kontext: „Es finden sich keinerlei Anzeichen dafür, dass die Fortbildungsschule in Sachsen aus der kirchlichen Katechisation erwachsen ist [sich also von ihr gelöst hätte – H.K.].“ 3176 Vgl. dazu Thyssen (Gewerbliche Berufsschule), S. 128. Hier irrt Thyssen aber ganz offensichtlich, fand doch an den Realienschulen eines Semler oder Hecker der Unterricht i. d. R. wochentags statt! 3177 Vgl. zur unterschiedlichen Begrifflichkeit für diese Schulen Hunger (Fortbildungsschulwesen), S. 127. 3178 Thyssen (Gewerbliche Berufsschule), S. 124. So auch Hunger (ebd.), S. 140. Thyssens Aussage steht hier etwas im Widerspruch zu seiner eigenen (ebd.), S. 128. Hunger (ebd.), S. 157, hier unter Bezug auf die Gruppierungsversuche Preuskers, bezeichnete diejenigen Sonntagsschulen, die Zeichenunterricht boten, als „gewerblich“, solche ohne Zeichenunterricht als „allgemein“. 3179 In Sachsen existierten nach Thyssen (ebd.), S. 128, 1835 bereits 30 solcher gewerblicher Sonntagsschulen, zu denen auch die am 29. März 1818 in Freiberg gegründete Schule der Loge „Zu den drei Bergen“ zu rechnen ist. Vgl. zu Letzterer Hunger (Fortbildungsschulwesen), S. 136, 139, sowie grundlegend zu den Logenschulen ders. (ebd.), S. 145–154, und Wehrmeister (Fortbildungsschule), S. 10. Vgl. zur spezifisch bayerischen Form dieser gewerblich orientierten Sonntagsschule, der „Handwerkerfeiertagsschule“, die sich seit 1833 in fast sämtlichen größeren Städten Bayerns etablierte (auf die hier aber nicht näher eingegangen werden kann) und die zeitweilig fast 50% von Handerkerlehrlingen besuchten, König (Geschichte der Berufsbildung), S. 195–203, insb. S. 203.

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„berufsbegleitend“3180 sonntags besuchen sollten,3181 machte Thyssen zwei Gründungsphasen fest – die erste zwischen 1790 und 1825,3182 die zweite ab 1825.3183 Obwohl die Unterrichtsdurchführung an Sonntagen nicht unumstritten war,3184 gelang es vor allem wegen des Widerstands der Handwerksmeister nur in wenigen Fällen, diesen Unterricht auf einen Wochentag zu verlegen.3185 Demgegenüber fand (bis auf absolute Ausnahmen)3186 weder der Unterricht an der Goldberg’schen ZR-Schule noch der an den obererzgebirgischen SRZ-Schulen an Sonn- und Feiertagen, sondern von ihrer Herausbildung an stets wochentags nach den verfahrenen Schichten, z. T. auch zeitlich in diese hinein verlegt, statt. Deswegen lassen sich die kursächsischen Bergschulen auch nicht als „gewerbliche“ Sonntagsschulen im Sinne der Thyssenschen Definition bezeichnen. Vergleichbar waren vermutlich die Intentionen, die zur Etablierung des kursächsischen Bergschulwesens bzw. zur Gründung von gewerblich orientierten Sonntagsschulen geführt hatten. Gab Benno von Heynitz als Hauptzweck für Erstere die Ausbildung dringend benötigter fachlich gebildeter Steiger und Geschworner an,3187 nennt Wehmeister als Beweggründe für die Einführung Letzterer „die Förderung [einer] aufklärende(n) Volksbildung“ und die „Entfaltung des sächsischen Gewerbefleißes“ und formuliert dazu: 3180 Der von König (Geschichte der Berufsbildung) verwendete Begriff des „berufsbegleitenden“ Unterrichts ist nicht mit dem der wochentäglichen, berufsbegleitenden Ausbildungsform an den kursächsischen Bergschulen identisch. 3181 König (ebd.), S. 197, Teilzitat nach Niethammer (Kritik des Philanthropinismus und Humanismus), S. 97. Der Unterricht an ihr wurde nach König (ebd.), S. 197 f. – anders als der an der Freiberger bzw. den obererzgebirgischen Bergschulen – bis zum Ende des 19. Jahrhunderts immer als Sonntagsunterricht durchgeführt. 3182 Als Gründer für diese erste Herausbildungsphase der gewerblichen Sonntagsschule nennt Thyssen (Gewerbliche Berufsschule), S. 128, vor allem Vereine und Privatpersonen, darunter u. a. Freimaurerlogen. 3183 Vgl. dazu Thyssen (ebd.), der in dieser Phase als Gründer vor allem „... Geistliche, städtische Bau- und Polizeibeamte sowie andere Personen des gehobenen Bürgertums“ nannte. 3184 Viele Geistliche sahen darin nach Hunger (Fortbildungsschulwesen), S. 162 f., eine „Entheiligung der Sonntagsfeier“; auch sonstige „Freunde des Sonntagsschulgedankens“ betrachteten den Sonntag selbst nicht unbedingt als geeigneten Unterrichtstag; vgl. ders. (ebd.), hier Anm. 2. 3185 In Schneeberg, wo sich ja eine SRZ-Schule befand, erklärten sich vielleicht gerade deshalb 20 Meister zur Durchführung eines wochentags gehaltenen Unterrichts bereit. Vgl. dazu Hunger (ebd.), S. 163, Anm. 3. 3186 Versuche der Altenberger Zwitterstockgewerken, den Unterricht auf den Sonntag zu legen, scheiterten am Widerstand des dortigen Bergamtes. Vgl. dazu den Unterabschnitt 4.3.2 dieser Arbeit. 3187 Vgl. dazu den Berichtsentwurf von Heynitz’ vom 16. Mai 1776 (wie Anm. 728) sowie den Unterabschnitt 2.2.2 dieser Arbeit. Auch nach Freiesleben (Sächsische Bergwerksverfassung), S. 223, hatten diese Bergschulen den Zweck der „Heranbildung und Unterrichtung praktischer Aufsichter.. [Aufseher – H.K.] [sowie] Steiger aller Art …“

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„Die Motive zur Sonntagsschulgründung ergaben sich aus der seinerzeit noch unzulänglichen Organisation des Volksschulwesens auf der einen und der mit der Industrialisierung einsetzenden Veränderung des gewerblichen Geschäftsbetriebes, dem die Lehrlingserziehung im Rahmen des Zunftwesens offenbar nicht mehr genügte, auf der anderen Seite.“3188

Ersetzte man in Wehrmeisters Argumentation die Begriffe „Volksschulwesen“ durch „Elementarschulwesen“, „Industrialisierung“ durch die für das Berg- und Hüttenwesen v. a. notwendige „Veränderung der von der Natur vorgegebenen und durch technische Erneuerungen zu beherrschenden Abbaubedingungen“ und schließlich „gewerblichen Geschäftsbetrieb“ durch „Bergbau- und Hüttenwesen“, könnte man von beinahe deckungsgleichen Gründungsintentionen ausgehen. Im Hinblick auf die eingesetzten Lehrkräfte unterschieden sich jedoch beide Schulformen wesentlich. Während an den kursächsischen Bergschulen fast ausschließlich an der Bergakademie Freiberg ausgebildete und überwiegend als „Bergofficianten“ (Schichtmeister; Markscheider, Wardeine etc.) tätige Bergschullehrer zum Einsatz kamen, war die Lehrerklientel der Sonntagsschulen wesentlich heterogener zusammengesetzt und wies „neben Volksschullehrern und Geistlichen … auch Fabrikanten, Handwerker, Gewerbetreibende, Ärzte, Juristen, Techniker ... [und] technische Beamte“ aus.3189 Das bedeutet, dass die gewerblich orientierte Sonntagsschule zwar durchaus als Vorläufer der (modernen) Berufsschule angesehen werden kann, nicht aber gleichermaßen als ein solcher für die sächsischen Bergschulen. Der dritte der von Thyssen vorgestellten Schultypen mit berufsbildender Zielstellung, die allgemeine Fortbildungsschule, kann schon deshalb nicht als Vorbild für das Bergschulwesen, insbesondere die Freiberger Bergschule gewirkt haben, weil diese erst nach Verabschiedung des Gesetzes über das sächsische Volksschulwesen vom 26. April 1873 – und damit beinahe 100 Jahre später als Letztere – ins Leben gerufen wurde.3190 Schon allein deswegen, weil als deren Hauptaufgabe „... die weitere allgemeine Ausbildung der Schüler, insbesondere aber die Befestigung in denjenigen Kenntnissen und Fertigkeiten, welche für das bürgerliche Leben vorzugsweise von Nutzen sind“,3191

3188 3189 3190 3191

Wehrmeister (Fortbildungsschule), S. 35. Hunger (Fortbildungsschulwesen), S. 162. Vgl. dazu Thyssen (Gewerbliche Berufsschule), S. 129. Vgl. dazu das Gesetz vom 26. Apr. 1873, das sächsische Volksschulwesen betreffend, in: Seydewitz (Das Königlich Sächsische Volksschulgesetz), Zitat nach Thyssen (Gewerbliche Berufsschule), S. 129, Hervorhebungen durch d.d.A. An ihr wurden, wie ders. (ebd.), S. 131, feststellt, „... in den meisten Fällen nur Fächer der Volksschule (vor allem Lesen, Schreiben, Rechnen, etwas Naturkunde) berücksichtigt“.

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bestimmt wurde, ist der im Vergleich zur Bergschule Freiberg3192 unterschiedliche Bildungszweck ableitbar. Somit erfüllte auch die allgemeine Fortbildungsschule eher die Funktion einer Wiederholungs- und Ergänzungsschule,3193 als die einer wirklichen Einrichtung zur fachlichen Berufsausbildung. Da der Unterricht an ihr in der Regel in den Gebäuden der Volksschulen stattfand und von Volksschullehrern erteilt wurde, bezeichnete man diese Schulen auch als „Annex“ der Volksschule.3194 Nur die letzte der nach der Thyssenschen Definition in die Kategorie eines „Vorläufers“ der Berufsschulen fallenden Einrichtungen, die er als beruflich gegliederte Fortbildungsschule3195 bezeichnete, besaß wesentliche Gemeinsamkeiten mit der viel älteren Freiberger Bergschule. Bei dieser Fortbildungseinrichtung handelte es sich um eine „... neue Schule für die berufstätige Jugend“,3196 in der der zukünftige oder erlernte Beruf in den Fokus des theoretischen Unterrichts gestellt wurde und sowohl ein Werkstattunterricht als auch „fachtheoretische Belehrungen“ stattfanden.3197 Thyssen erklärte im Hinblick auf deren Entstehung, dass man in Baden und Württemberg „... mit der Gliederung des Unterrichts nach Berufen vorangegangen …“ sei,3198 obwohl doch schon 125 Jahre vorher durch die Einrichtung des kursächsischen Bergschulwesen eine vergleichbare berufliche Fachausbildung innerhalb eines konkreten Berufszweiges umgesetzt worden war. Auch vom Ausbildungsinhalt sowie der Klientel der „Berufsschüler“ aus betrachtet, lassen sich nicht unbeträchtliche Übereinstimmungen zwischen beiden Ausbildungstypen feststellen. So handelte es sich bei den Bergschulen in Kursachsen nicht um Bildungseinrichtungen zur Qualifizierung für „künftige(..) selbstständige(..) Gewerbetreibende(..)“, sondern – wie in der Regel bei der beruflich gegliederten Fortbildungsschule – für „Arbeitnehmer“.3199 Bei beiden Ausbildungsformen lag der zu vermittelnde Ausbildungsinhalt deshalb mehr oder weniger im „Technologischen“.3200 Nach Thyssen waren „die zu bearbeitenden Rohstoffe, die verwendeten Maschinen und Geräte und Arbeitsverfahren … nun mehr als vorher Gegenstände des Unter3192 3193 3194 3195 3196 3197

1873 existierte nur noch diese Einrichtung der bergmännischen Berufsbildung in Freiberg. So Thyssen (Gewerbliche Berufsschule), S. 130. So Thyssen (ebd.). Vgl. zu dieser grundlegend Thyssen (ebd.), hier S. 132–134. Thyssen (ebd.), S. 132, hier unter Verweis auf Kerschensteiner. Vgl. dazu Thyssen (ebd.). Hervorhebung d.d.A. Dieser Werkstattunterricht unterschied sich allerdings von der praktischen Ausbildung der Bergschüler auf den Gruben und in den Hüttenanlagen. 3198 Thyssen (ebd.), S. 133, Hervorhebung d.d.A. Diese Aussage Thyssens spricht dafür, dass ihm das kursächsische Bergschulwesen überhaupt nicht bekannt gewesen war. 3199 Thyssen (ebd.), S. 133, begründet dies mit dem Zurückgang Selbstständiger im Zeitalter der Industrie. Der Begriff Arbeitnehmer ist zwar jüngeren Ursprungs, aber durchaus für die anfahrenden Bergschüler anwendbar. 3200 So Thyssen (ebd.).

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richts …“3201 Das Fachzeichnen, dem man jetzt „… ausgiebig Platz im Lehrplan“ einräumte,3202 gehörte im sächsischen Bergschulwesen schon seit über 100 Jahren zum erfolgreich vermittelten Ausbildungsinhalt, war einer ihrer Schwerpunkte. Als vielleicht abweichendstes Herausstellungsmerkmal des Unterrichts an den beruflich gegliederten Fortbildungsschulen könnte man die „staatsbürgerliche“ oder „nationale“ Erziehung hervorheben, die nach Thyssen seit den 90er-Jahren des 19. Jahrhunderts an erfolgte.3203 Ungeachtet all der hier skizzierten Gemeinsamkeiten lassen sich die Bergschulen Sachsens nur mit Mühe in das von Thyssen erarbeitete Organigramm über die historische Entwicklung der Berufsschule einbinden, da Letzteres einfach zu speziell ist.3204 Auch weil sich die beruflich gegliederte Fortbildungsschule erst an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert etablierte, scheidet sie als Vorbild für die Freiberger Einrichtung von vornherein aus. Als Hauptunterscheidungsmerkmal aller von Thyssen als Vorläufer der späteren Berufs- oder Fachschulen deklarierten Einrichtungen zu den in Sachsen etablierten Bergschulen bleibt festzuhalten, dass an Ersteren eine ganz auf die Bedürfnisse des Handwerker- bzw. Kaufmannsstandes ausgerichtete berufliche Ausbildung erfolgte. An der Freiberger ZR-Schule bzw. den obererzgebirgischen SRZ-Schulen dagegen fand die berufliche Qualifizierung von Berg- und Hüttenleuten statt – selbst wenn dabei auch handwerkliche Fertigkeiten, wie sie ein Zimmermann oder ein Bergschmied benötigte, vermittelt wurden. Unter Berücksichtigung des besonderen Organisationsgrades in ihnen lässt sich Letztere als „frühindustriös“ angelegte Form der Berufsausbildung bezeichnen. Im Unterschied zur “nachbereitend“ organisierten gewerblichen Sonntagsschule erfolgte die Ausbildung an der Bergschule unmittelbar im Anschluss an die tägliche Bergarbeit – also berufsbegleitend an den Wochenarbeitstagen. Die Sonntagsschulen konnten schon aufgrund des viel geringeren Zeitfonds, der ihnen für den Unterricht zur Verfügung stand,3205 nicht die Ausbildungsinhalte wie an den Bergschulen bieten. Mit ihrem wochentäglichen Unterricht war das Bergschulwesen dem an den gewerblichen Berufsausbildungseinrichtungen stattfindenden Sonntagsunterricht3206 voraus. Darüber hinaus standen auch die ersten Lehrpläne der gewerblichen Sonntagsschulen ganz

3201 Thyssen (ebd.). 3202 So Thyssen (ebd.), S. 133 f. 3203 Thyssen (ebd.), S. 134. Im sächsischen Bergschulwesen des ausgehenden 18. Jahrhunderts erfolgte dagegen eher auf die „allgemeine(..) Menschenbildung“ gerichtete Erziehung. Letztere Funktion wies Thyssen (ebd.) der „religiösen“ Sonntagsschule zu. 3204 Vgl. zu diesem Thyssen (ebd.), S. 135. 3205 Vgl. dazu den Unterrichtsplan der Leipziger Logenschule aus dem Jahre 1829, der nach Hunger (Fortbildungsschulwesen), S. 159 f. den „Grundstock“ der Lehrpläne aller Sonntagsschulen gebildet haben dürfte. 3206 Vgl. dazu Thyssen (Gewerbliche Berufsschule), S. 137.

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offensichtlich im Widerspruch zur Schulrealität.3207 Vergleicht man in diesem Zusammenhang einmal die von Heynitz’schen Schulplanungen mit denen, die der Freimaurer Karl Preusker 50 Jahre später(!) für eine von ihm erst geplante allgemeine bzw. gewerbliche Sonntagsschule in Großenhain zu Papier brachte,3208 lässt sich die visionäre Leistung des kursächsischen Berghauptmannes erahnen. Die von ihm mit dem kursächsischen Bergschulkomplex umgesetzten Bildungs- und Ausbildungsinhalte reichten nicht nur über Preuskers Vorstellungen hinaus, sie übertrafen zum Teil sogar die erst im Volksschulgesetz von 1835 verankerten Bildungsziele.3209 Zusammenfassend lässt sich somit die von Thyssen aufgestellte Behauptung, wonach alle Berufsschulen ihren Ursprung in den Sonntagsschulen besessen hätten,3210 unter Berücksichtigung der hier dargestellten Erkenntnisse über die Entwicklung des kursächsischen Bergschulwesens in dieser Eindeutigkeit nicht bestätigen. Die von Thyssen untersuchten „religiösen“ Sonntagsschulen konnten schon allein wegen des weitgehenden Fehlens berufsbildender Zielstellungen keine Vorläufer der späteren Berufsschulen sein,3211 und die spezifischen Typen der bergmännischen Berufsausbildung – die Freiberger ZR-Schule und die obererzgebirgischen SRZ-Schulen – gingen ebenso wenig auf Sonntagsschulen zurück, sondern entstanden in Kursachsen als eigenständige Einrichtungen. Unter Berücksichtigung der Thyssenschen Definition über die „Vorläufer der Berufsschule“ können aber die beiden erwähnten kursächsischen Bergschultypen ihrerseits als frühe und zugleich spezifische Formen (Vorläufer) der von Thyssen sogenannten beruflich gegliederten Fortbildungsschule und damit zugleich als ein sehr zeitig auftretender Typus einer „industriösen“ Berufsschule bezeichnet werden!3212 Mit den an ihnen vermittelten Lehrinhalten gingen die Bergschulen zum Teil über Letztere hin-

3207 Nach Hunger (Fortbildungsschulwesen), S. 159, entsprach „… der tatsächlich erteilte Unterricht keinesfalls dem prunkhaften Lehrplan“. 3208 Preuskers Ideen fanden ihren Niederschlag im Volkschulgesetz von 1835. Vgl. hierzu und zu den Ideen Preuskers Wehrmeister (Fortbildungsschule), S. 39–41. 3209 In einer erst 1836(!) zwischen dem sächsischem Kultus- und dem Innenministerium geschlossenen Vereinbarung sollte an den gewerblichen Sonntagsschulen neben dem Elementarunterricht lediglich noch „… einiger Unterricht im Zeichnen und … der Mathematik erteilt werde(n).“ Zitat (gekürzt) nach Wehrmeister (Fortbildungsschule), S. 42. 3210 Vgl. dazu Thyssen (Gewerbliche Berufsschule), S. 123. 3211 Dies hatte im Prinzip schon Hunger (Fortbildungsschulwesen), S. 140, erkannt und in jüngerer Zeit bestätigte dies auch Wehrmeister (Fortbildungsschule), S. 35. 3212 Dies gilt vom Grundsatz her auch für das Verhältnis der kursächsischen Bergschulen gegenüber denen, die Simon (Fachbildung des Preußischen Gewerbestandes), hier insb. S. 915 f., für Preußen beschrieben hat, da Letztere frühestens erst für das beginnende 19. Jahrhunderts nachgewiesen werden können.

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aus.3213 Der kursächsische Bergschulkomplex würde innerhalb des von Thyssen entworfenen Organigramms, das die historische Entwicklung der Berufsschule darstellt, am Beginn der Einrichtung gewerblicher Fortbildungsschulen stehen.3214 [Abb. VII_2: Schaubild Thyssens (im Anhang)] Das Bergschulwesen besaß darüber hinaus eine Funktion, auf die in der bildungsgeschichtlichen Literatur bisher ebenfalls noch nicht eingegangen worden ist – es erfüllte nämlich den Zweck von „Armenschulen“, wenn man als solche Einrichtungen definiert, die „… mittellosen Kindern eine zeitgemäße Bildung unentgeltlich vermitteln“.3215 Allerdings lässt sich das System bergmännischer Schulanstalten nicht in die bisher übliche Organisationsstruktur von Armenschulen3216 einordnen, die nach der Literatur generell als von Städten, Orden oder auch Einzelpersonen gegründet dargestellt werden.3217. Am ehesten nämlich fungierten die dem Bergschulkomplex zuzurechnenden Klöppel- und Flachsspinnschulen (dem Typus nach Handarbeits- oder Industrieschulen)3218 als Armenschulen im „klassischen“ Sinne, weil an ihnen den Kindern mittelloser Berg- und Hüttenarbeiter unentgeltlich ein Mindestmaß an elementarer Bildung vermittelt wurde. Das es solche Armenschulen allerdings zumeist nur in den größeren Städten gegeben hätte, wie dies Kupser darstellt,3219 wird durch die Existenz des Komplexes kursächsischer Bergschulanstalten widerlegt, denn die (bergmännischen) Klöppel- und Flachsspinnschulen gab es ja gerade nicht in der bedeutendsten kursächsischen Bergstadt, in Freiberg, sondern in den eher ländlich geprägten obererzgebirgischen Bergrevieren. Die in Bezug auf das Armenschulwesen sonst richtigen Ausführungen Marquardts, wonach für die verschiedenen Industrieschulen zwar finanzielle Beihilfen aus Kassen des Landesherrn üblich waren, für die Finanzierung derselben 3213 Vielleicht liegt darin die größte Errungenschaft des von Heynitz’schen Bergschulsystems und macht zugleich die Innovationskraft von dessen Schulplanungen deutlich. 3214 Vgl. dazu Thyssen (Gewerbliche Berufsschule), S. 135 f. 3215 So zumindest charakterisiert Kupser (Schulwesen bis zur Aufklärung), S. 549, den Hauptzweck von Armenschulen, deren Existenz sich nach ihm bis in das 16. Jahrhundert zurück nachweisen lässt. 3216 Schon Leschinsky und Roeder hatten diese Schulen als „Institution einer Pädagogik der Armen“ bezeichnet. Leschinsky/Roeder (Schule), S. 283–294, hier S. 283. Kupser (Schulwesen bis zur Aufklärung), S. 549, betonte sicher zu Recht, dass es keinen einheitlichen Schultypus „Armenschule“ gab und dieser in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in der Volksschule aufgegangen ist. 3217 So Kupser (ebd.), im Ergebnis seiner Untersuchung über die „pietistisch geprägte, städtische Armenschule“. 3218 Vgl. zum Typus der Industrieschule Marquardt (Geschichte der Industrieschule), insb. die Abschnitte über die („ökonomischen“) Spinn-, Näh- und Strickschulen im badischen Raum, hier S. 467–477. Jüngst hat auch Moderow (Volksschule), S. 67–70, auf den Zusammenhang zwischen Armen- und Industrieschule hingewiesen. 3219 So Kupser (Schulwesen bis zur Aufklärung), S. 549.

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aber im Allgemeinen die Kirchen als eigentliche „Schulträger“ aufgekommen seien,3220 muss nach den Erkenntnissen, die nun für die erzgebirgischen Klöppelbzw. Flachsspinnschulen vorliegen, zumindest relativiert werden. Auch die von ihm getroffene Feststellung, dass von „Beamte(n) der Unter- und Mittelbehörden … wenig Eigeninitiative bezüglich der Industrieschulgründungen“ entwickelt worden wäre,3221 ist in Bezug auf die Bergverwaltung nicht zutreffend, denn immerhin organisierte und leitete die Bergverwaltung auch die erwähnten bergmännischen Handarbeits- oder Industrieschulen. Ohne die Ideen und umgesetzten Schulplanungen eines Benno von Heynitz und weiterer Mitarbeiter des Oberbergamtes in Freiberg hätten in vielen Bergstädten selbst die deutschen Elementarschulen kaum aufrechterhalten werden können. Wenn in diesem Kontext Keller resümierend feststellt, 1790 hätten sich „… in ganz Kursachsen kaum 10 Kirchspiele ohne [elementaren Unterricht bietende – H.K.] Schule nachweisen (lassen)“,3222 dann hatte an dieser durchaus positiven Bilanz – selbst wenn die Keller’sche Feststellung noch nichts über den dadurch erreichten Bildungsstand aussagt – die kursächsische Bergverwaltung einen erheblichen Anteil. Den vielleicht komplexesten historischen Überblick über die Entwicklung des (preußischen) Schulwesens nach der Reformation gibt Neugebauer.3223 Mit der von ihm gewählten Methodik, die im Wesentlichen auf der Auswertung originärer Quellen beruht, hat er Maßstäbe für die bildungsgeschichtliche Forschung gesetzt. Aber auch Neugebauer hat sich von seinem Forschungsansatz her betrachtet fast ausschließlich mit nur einer Seite der Bildung beschäftigt, nämlich der der allgemeinen (elementaren) Schulwirklichkeit in Preußen. Die fachliche Berufsausbildung spielt in seinen Untersuchungen nur eine untergeordnete Rolle. Auf die Geschichte der nicht zunftgebundenen bergmännischen Berufsbildung ist er nicht eingegangen, obwohl auch in Preußen eine solche – zeitlich zwar etwas später als in Sachsen entstanden – existierte.3224 Als Quelle zur Feststellung eines Erkenntnisfortschritts gegenüber der in der Fachliteratur abgehandelten Berufsbildungsgeschichte – und um die geht es ja hauptsächlich beim Bergschulwesen – scheidet deshalb auch Neugebauers Werk im Prinzip aus. Die hier vorgelegte Studie bietet zwei „Arten“ solchen Erkenntnisfortschritts. Die erste, grundlegende Erkenntnis ist die, dass sich im letzten Drittel des 18. 3220 3221 3222 3223 3224

Vgl. dazu Marquardt (Geschichte der Industrieschule), S. 768 f., S. 766. So Marquardt (ebd.), S. 765. Keller (Beobachtungen zur Schule), S. 141. Vgl. dazu grundlegend Neugebauer (Schulwirklichkeit). Bei diesen handelte es sich im Regelfall um einen Elementarschulunterricht – vergleichbar in etwa dem an den kursächsischen Knappschaftlichen Schulanstalten gebotenen, der direkt auf die Berg- und Hüttenwerke verlegt und dort in eigenen Schuleinrichtungen geboten wurde. Vgl. dazu den Abschnitt 6 sowie grundlegend Kelbert (Bildungswesen in Preußens Berg- und Hüttenwesen), insbes. S. 86–88.

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Jahrhunderts ein regional-geografisch auf Kursachsen und sachlich/wirtschaftlich auf das Montanwesen begrenzender Komplex verschiedener inhaltlich und ausbildungsdidaktisch aufeinander abgestimmter Schul- und beruflicher Ausbildungsformen etablierte. Dieser fügte sich wegen der in ihm existierenden Typenvielfalt von Bildungseinrichtungen nur schwer in das von der bisherigen Schul- und Berufsbildungsforschung postulierte Bild der Schullandschaft im weitesten Sinne ein.3225 Zur zweiten „Art“ von Erkenntnisfortschritt gehören alle diejenigen Untersuchungsergebnisse, die den Vorgang der Herausbildung des Bergschulkomplexes selbst, dessen innere Struktur und hierarchische Einbindung in die Bergverwaltung sowie seine finanzielle und personelle Absicherung erstmals beschreiben. Erst diese Erkenntnisse ermöglichen es, das kursächsische Bergschulwesen in die deutsche sowie sächsische Bildungslandschaft einzuordnen und daraus schlussfolgernd Auswirkungen auf die bisherige allgemeinhistorische- bzw. spezifisch bildungsgeschichtliche Forschung zu erkennen. Sowohl bei der Frage, zu welcher Unterrichtsform oder – um mit Wilhelm von Humboldt zu sprechen – zu welchem der drei Bildungs-„Stadien“ das Bergschulwesen eigentlich zu rechnen ist,3226 als auch beim Versuch der direkten „Typisierung“ des Bergschulwesens treten erste Zuordnungsprobleme auf. Der an den Knappschaftlichen Schulanstalten gebotene Unterricht lässt sich dabei noch relativ leicht dem ersten dieser „Stadien“ schulischer Bildung, dem Elementarunterricht zuweisen. Da dieser Unterricht de facto an einer deutschen Schule stattfand, der Status und die Stellung der deutschen Schule innerhalb der bildungsgeschichtlichen Forschung aber ausreichend untersucht worden ist, soll auf ihn hier nicht noch einmal näher eingegangen werden. Immerhin hatte Menzel schon 1958 die sächsische Elementarschule „… als eine zwar religiös ausgerichtete und kirchlich organisierte, letzten Endes aber politisch motivierte Institution des territorial-staatlichen Landesherrn“ bezeichnet.3227 Prinzipiell dürfte diese Definition auch nach der jüngeren schulhistorischen Literatur konsensfähig sein. Jedoch auch wenn die Knappschaftlichen Schulanstalten vom Unterrichtsinhalt her betrachtet nur spezifische Ausprägungen der deutschen (elemen3225 Natürlich ließe sich das kursächsische Bergschulwesen zum Zwecke seiner „Typisierung“ in seine einzelnen „Bestandteile“ zerlegen. Dieser Typisierungsversuch geriete aber schon dann an seine Grenzen, wollte man darin auch die organisatorisch mit den Knappschaftsschulen verbundenen SRZ-Schulen einordnen, zumal Unterricht- und Ausbildungsinhalt an Letzteren wesentlich weiter führten, als an Ersteren und zudem noch von einem eigenen Lehrerpersonal mit spezifischer Bildungsentwicklung geleitet wurden. Noch komplizierter wäre – wegen ihrer Unterrichtsvielfalt – die Typisierung der Freiberger Bergschule selbst, der Goldberg’schen ZRSchule. 3226 Vgl. zu den Bildungsstadien im Humboldt’schen Verständnis Amann (Höhere Schulen), S. 414. 3227 Menzel (Anfänge der Volksschule). Zitat nach Leschinsky/Roeder (Schule im historischen Prozess), S. 59, Anm. 20.

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taren) Schulen darstellten,3228 kann die Menzel’sche Definition nicht vollständig auf diesen Schultypus übertragen werden. Zwar war der Unterricht an den Knappschaftlichen Schulanstalten wie an den deutschen Stadt- und Dorfschulen Kursachsens „religiös ausgerichtet“; als „kirchlich organisiert“ kann man ihn jedoch nicht bezeichnen. Die Knappschaftlichen Schulanstalten besaßen vor allem auch deshalb Bedeutung, weil mit ihrer Installation Ideen zur Umverteilung vorhandener finanzieller Mittel so umgesetzt wurden, dass vielen bis dahin nicht mit Elementarschulunterricht versorgten Kindern von Berg- und Hüttenarbeitern die Teilnahme am Schulunterricht erst ermöglicht wurde. Diese Schulen nahmen somit vor allem die Funktion einer Unterrichtsnotversorgung oder ebenfalls einer Armenschule wahr. Daraus folgend muss die noch jüngst von Töpfer vertretene These, wonach sich im 18. Jahrhundert in Kursachsen das Niveau des lokalen Schulwesens nur noch „sehr geringfügig“ verändert habe,3229 insoweit korrigiert werden, als durch die Einrichtung der Knappschaftlichen Schulanstalten Elementarbildung entweder in einem größeren regionalen Bereich überhaupt erst stattfinden konnte, oder zumindest wesentlich ausgebaut worden ist.3230 Auf die Sonderrolle, die die über den elementaren Schulunterricht hinausführenden, ebenfalls für die bergmännische Bildung genutzten Schreibschulen des jeweiligen Freiberger Ratsstuhlschreiber besaßen, soll an dieser Stelle nur noch einmal hingewiesen werden.3231 Komplizierter gestaltet sich die Bewertung des Unterrichts bzw. der Ausbildung an den obererzgebirgischen SRZ-Schulen sowie der Goldberg’schen ZRSchule. Der an diesen Einrichtungen vermittelte Unterricht und dessen organisatorisch-funktionelle Einbindung in den Prozess der bergmännischen Berufsausbildung lassen eine eindeutige Definition ihres Typus kaum zu. Die obererzgebirgischen SRZ-Schulen nahmen hinsichtlich ihres Bildungsauftrages eine Zwitterstellung zwischen allgemeiner (elementarer) Schulbildung und beruflicher Fachausbildung (Berufsausbildung) ein. Die Freiberger Bergschule, deren erfolgreiche Absolvierung oft sogar den Zugang auf die Bergakademie ermög3228 Die von der Bergverwaltung unternommenen Bemühungen, für die Kinder von Berg- und Hüttenleuten in den vorhandenen deutschen Dorf- oder Stadtschulen einen Mindestumfang an elementarer Schulbildung zu vermitteln, lässt sich inhaltlich mit der Rochow’schen Schulreformen in Reckahn vergleichen. Vgl. dazu grundlegend Trögel (Benno von Heynitz). Schon Freiesleben (Sächsische Bergwerksverfassung), S. 223, definierte (im Unterschied zu den eigentlichen Bergschulen) die „bergknappschaftlichen Schulanstalten“ als solche, „in welchen arme Bergmannskinder aus knappschaftlichen und zum Theil fiscalischen Mitteln Elementarunterricht erhalten.“ 3229 Töpfer (Bildungsgeschichte), S. 221, hier unter Bezug auf Schmale (Schule in Deutschland). 3230 In diesem Sinne wiederum besaßen die Knappschaftlichen Schulanstalten durchaus innovativen Charakter. 3231 Der an diesen gebotene Schreibe- und Rechenunterricht diente den begabtesten Freiberger Bergmannskindern vor allem zur Qualifikation für die Goldberg’sche ZR-Schule.

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lichte, bot in erster Linie Berufsausbildung, z. T. aber auch einen „höheren“ Unterricht im Sinne des zweiten „Stadiums“ nach der Humboldt’schen Definition. Die an beiden genannten Schultypen gebotene Ausbildung war auch inhaltlich und nach ihrer verfassungsmäßigen Organisation etwas Besonderes in der Bildungslandschaft ihrer Zeit,3232 fand sie doch berufsbegleitend, in Form einer „industriösen“ Fachbildung statt, wie dies bis dahin in Deutschland kaum praktiziert worden sein dürfte. Berücksichtigt man dazu noch die territoriale Ausdehnung und die Anzahl der an diesen bergmännischen Bildungsanstalten unterrichteten und ausgebildeten Kinder, dürfte es sich um eine der ersten dauerhaft umgesetzten regional übergreifenden Formen beruflicher Ausbildungen außerhalb der sonst meist zunftgebundenen, handwerklich organisierten Berufsausbildung gehandelt haben.3233 Durch diese spezifisch-berufsbegleitende Organisationsform lässt sich die in Kursachsen etablierte bergmännische Berufsausbildung auch nicht der Kategorie der schulischen, berufsvorbereitend organisierten Bildung der Realienschulen des 18. Jahrhunderts zuordnen, zumal Letzteren auch die direkte Einbindung in den Produktionsprozess fehlte. Die deutschsprachige Bildungsgeschichtsforschung kennt eine Reihe modellhafter Darstellungen, die die Schullandschaft im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation auch für den Untersuchungszeitraum dieser Arbeit zeigen. Keines dieser bisher veröffentlichten und (zumindest dem Autoren) bekannten Organigramme zur deutschen- oder auch sächsischen Schulorganisation verzeichnet jedoch die unter organisatorischer Aufsicht der kursächsischen Bergverwaltung stehenden bergmännischen Schulanstalten! Jüngst hat Lundgreen den Versuch unternommen, das gesamte deutsche Schulwesen, wie es sich in den letzten etwa 1000 Jahren entwickelt hat, in einem solchen Schaubild darzustellen. So bemerkenswert dieser Versuch auch sein mag, lassen sich in ihm über einen solch langen historischen Zeitraum nie alle wichtigen Entwicklungsdetails und regionalen Eigenheiten des Schulwesens erfassen. Das noch zwischen den städtischen und ländlichen Schullandschaften unterscheidende Schulmodell Lundgreens zeigt auf dem Lande die schon vor Mitte des 16. Jahrhunderts entstandenen Dorf- bzw. Küster3232 Vgl. zu diesem Begriffspaar und zur Zielstellung der künftigen Erforschung der Schul- bzw. Bildungslandschaft auch Bünz (Mitteldeutsche Bildungslandschaft), S. 43 f. 3233 Innerhalb der kleinteiligen deutschen Schullandschaft ist es durchaus möglich, dass es weitere regionale Beispiele solcher berufsbegleitenden, nicht zunftgebundenen Berufsausbildungsformen gab, aber vermutlich nicht in dieser Komplexität. Im Vergleich zur zunftgebundenen Handwerkerausbildung war die Bergschulausbildung auch wegen der durch das Oberbergamt praktizierten Vereinheitlichungsbemühungen wesentlich weniger von Unwägbarkeiten geprägt, wie sie nach König (Geschichte der Berufsbildung), S. 178, „ausbildungsorts- und zunftspezifische(..) Faktoren“ darstellten. Schon aus diesem Grunde garantierte das Bergschulwesen eine gleichförmigere und zugleich vergleichbarere Ausbildung, als dies im Handwerk im Allgemeinen der Fall war.

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schulen und innerhalb des städtischen Bereichs neben den Landesschulen die schon sehr frühen Stadtschulen (Trivialschulen) sowie die sich im 18. Jahrhundert etablierenden Realschulen. Daneben bildet dieses Modell die hier weniger interessierenden Ritterakademien und die ebenfalls schon älteren Schreib- und Rechenschulen ab.3234 Das in der vorliegenden Arbeit untersuchte, von Komplexität und Vielfalt gekennzeichnete kursächsische Bergschulwesen in dieses Organigramm einzuordnen ist, vor allem weil Lundgreens Schaubild auf diesem konsequenten Stadt/Land-Unterschied basiert, nahezu unmöglich. Der Aufbau des kursächsischen Bergschulsystems geschah in enger personeller, finanzieller und räumlicher Verbindung zur 1765 gegründeten Bergakademie. Diese praktizierte Kooperation stellte zugleich eines der frühesten Beispiele einer solchen Symbiose zwischen niederer und höherer „Beamten“-Ausbildung im deutschsprachigen Raum dar.3235 Bergakademie und Freiberger Bergschule standen von Beginn an in einer besonderen organisatorisch-strukturellen Beziehung zueinander; in dieses Beziehungsgeflecht wurden mit der Zeit auch die obererzgebirgischen SRZ-Schulen eingebunden. Die Bergakademie fungierte dabei zum einen als Ausbildungsstätte für die künftigen Lehrkräfte der Bergschulen, zugleich aber auch als Sitz und Heimstätte der Goldberg’schen ZR-Schule, denn der Unterricht an Letzterer fand viele Jahre ausschließlich in den Räumlichkeiten der Bergakademie – nämlich in dem zunächst einzigen „Auditorium“ des sogenannten Oppel’schen Hauses statt.3236 Erst als die Unterbringung der gewachsenen Anzahl der „Bergakademisten“ zu Raumproblemen an der Bergakademie führte (1786), ließ das Oberbergamt den Unterricht in das Gebäude des Bergamts Freiberg verlegen.3237 Die enge Anbindung der Goldberg-/Erler’schen ZR-Schule an die Bergakademie – eingeschränkt gilt dies auch für die obererzgebirgischen SRZ-Schulen – führte ausgangs des 18. Jahrhunderts schließlich dazu, dass sich die „akademische“ Bergschule für ihre besten Schüler zu einer Vorstudienanstalt der Bergakademie, zu ihrem „Annexum“ entwickelte.3238 3234 Vgl. dazu Lundgreen (Sozialgeschichte der deutschen Schule), S. 24, Schaubild 1: „Bildungsinstitutionen in Deutschland, 800–1800“, das allerdings keine Einrichtungen der Berufsbildung zeigt. 3235 Albrecht (Technische Bildung), S. 41, führte als ein solches frühes Beispiel die erst 1799(!) in Berlin gegründete und mit der Bauakademie verbundene Bauhandwerksschule auf. 3236 Dieser Hörsaal befand sich im Erdgeschoss des Oppel’schen Hauses auf der Futtergasse – heute Akademiestraße 6 – in Freiberg. Auf Einzelheiten der Gebäudenutzung kann an dieser Stelle nicht eingegangen werden. Es wird auf „Wissenschaft vor Ort“, S. 48–51, sowie auf Kaden (Bauliche Entwicklung der Bergakademie) verwiesen. 3237 Auch hierauf kann im Rahmen dieser Untersuchung nicht näher eingegangen werden. Vgl. dazu Kaden (Vortrag Johann Friedrich Lempe), S. 138. 3238 Der Begriff „Annexum der Bergakademie“ trat erstmals in einem landesherrlichen Reskript von 1793 auf. Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 20. Apr. 1794 (wie Anm. 1154), in dem auf

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Zusammenfassend ließe sich als Ergebnis der bisherigen Feststellungen die Einordnung des kursächsischen Bergschulkomplexes in die deutsche bzw. sächsische Schullandschaft wohl am einfachsten durchführen, würde man dessen verschiedene Einrichtungen einer getrennten Bewertung unterziehen. Aber gerade die Komplexität der aufeinander Bezug nehmenden und zugleich voneinander abhängigen Schul- und Ausbildungseinrichtungen stellte eines seiner Wesensmerkmale dar und machte zugleich dessen Besonderheit aus; 3239 gerade darin unterschieden sie sich von anderen Schulmodellen oder Schulprojekten ihrer Zeit. Genauer betrachtet, waren es drei Schultypen, die das sächsische Bergschulsystem repräsentierten und dabei zugleich drei unterschiedliche Hauptfunktionen erfüllten: a) die allgemeine (elementare) Schulbildung der Bergmanns- und Hüttenarbeiterkinder an den Knappschaftlichen Schulanstalten; b) die (z. T. regional voneinander abweichende) berufsbegleitende Bildung und Ausbildung der anfahrenden (männlichen) Bergjugend an den obererzgebirgischen SRZ-Schulen sowie der (unteren) Klasse der Goldberg-/Erler’schen ZRSchule in Freiberg; c) die auf b) aufbauende und vertiefende Ausbildung an der oberen Klasse der Goldberg-/Erler’schen ZR-Schule in Freiberg. Zu diesen drei grundlegenden Typen bergmännischer Bildungseinrichtungen kamen noch die einen erweiterten Schreib- und Rechenunterricht bietenden Schreibeschulen in Freiberg und Brand. Da der unter a) genannte und schon ausführlich dargestellte elementare Unterricht für Bergmannskinder an den unter Bergaufsicht stehenden Stadt- und Dorfschulen mit dem „gewöhnlichen“ Elementarschulunterricht der übrigen deutschen Stadt- und Dorfschulen faktisch identisch war, kann man die an den Knappschaftlichen Schulanstalten gebotene Wissensvermittlung derjenigen an den deutschen Stadt- und Dorfschulen gleichsetzen. Hätte das kursächsische Bergschulwesen nur aus dieser spezifischen Form der elementaren Schulbildung bestanden, fehlte ihm sicherlich das Element des Besonderen, könnte dafür wohl auch kaum der Begriff des Innovativen strapaziert werden. Unter finanziellen Gesichtspunkten betrachtet, müsste man jedoch auch diese Schulform als innovativ bezeichnen, zumal, wenn

das vorausgegangene Schulreskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 13. Dez. 1793 (wie Anm. 1056) Bezug genommen wird. 3239 Selbst der Komplex des Franke’schen Waisenhauses bei Halle erscheint sowohl hinsichtlich der dort vermittelten Lehrinhalte, vor allem aber in Bezug auf dessen territorialer Ausdehnung gegenüber dem kursächsischen Bergschulwesen eingeschränkt.

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man deren aus einer Notlage heraus initiierte Funktion einer Armenschule berücksichtigt.3240 Das, was den elementaren Unterricht an den Knappschaftlichen Schulanstalten von demjenigen an den „gewöhnlichen“ deutschen Stadt- und Dorfschulen unterschied, war – neben der von der Bergverwaltung organisierten Finanzierung – die Aufsichtsführung durch Letztere.3241 Obwohl dies nicht explizit in den Akten hervorgehoben wurde, war mit der Funktion der Organisierung des bergmännischen Unterrichts durch die Behörde auch ein Mindestmaß an schulischer Aufsichts- und damit auch Einflussmöglichkeit verknüpft.3242 Die Wahrnehmung dieser Schulaufsichtsfunktion durch die regionalen Bergämter stand auch kaum zur Disposition und selbst wenn es im Einzelfall Widerstand seitens kirchlicher Schulaufsichtsbehörden gegeben hat, half das Oberbergamt diesem in der Regel auf diplomatische Art und Weise ab.3243 Die unter b) aufgeführten obererzgebirgischen SRZ-Schulen stellten eine auf den Knappschaftlichen Schulanstalten aufbauende, kombinierte Unterrichts- und Berufsausbildungsform dar, die den fähigsten anfahrenden (männlichen) Bergmannskindern einen weiterführenden Unterricht im Schreiben, Rechen und Zeichnen sowie den Grundlagen des Bergbaus vermittelten. Indem die Besten ihrer Schüler auf die Goldberg-/ Erler’sche ZR-Schule in Freiberg delegiert werden konnte, bildeten sie zugleich die Vorstufe für Letztere. Die unter b) und c) genannte Freiberger Bergschule dagegen, die auch unter Namen wie „Lempescher Bergpursche(n)unterricht“, „Goldbergsche Zeichenschule“, „Goldbergsche Zeichen- und Rechenschule“, „Goldbergsche-/Erlersche Rechen- und Zeichenschule“, „Akademische Zeichenschule“ etc. geführt wurde, repräsentierte innerhalb des Gesamtkomplexes „Bergschulwesen“ vom Ausbil3240 In Nürnberg waren schon seit dem 17. Jahrhundert neben den deutschen Schulen dort, wo die Eltern das Schulgeld nicht aufbringen konnten, meist stiftungsfinanzierte Armenschulen gegründet worden. Vgl. hierzu König (Reform der Lehrlingsausbildung), S. 16–17. Die in Kursachsen im 18. Jahrhundert etablierten Armenschulen waren regional sehr unterschiedlich verteilt; solche gab es z. B. in Dresden. Vgl. hierzu Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens in Sachsen), S. 60–71. Oft mangelte es aber auch diesen an den erforderlichen Geldbeiträgen, wie das z. B. im Jahre 1709 in Dresden der Fall war, als der dortige Rat ein Ersuchen des zuständigen Superintendenten zur Errichtung zweier Armenschulen mit dem Hinweis auf das fehlende Kapital ablehnen musste. Vgl. dazu ders. (ebd.), S. 93. 3241 Die generelle Schulaufsicht durch die christlichen Schulbehörden konnte nicht völlig ausgehebelt werden. „Reste“ dieser Schulaufsicht durch kirchliche Behörden bezogen sich, soweit die untersuchten Akten dazu Auskunft geben, v. a. noch auf die Vermittlung christlicher Unterrichtsinhalte. 3242 Die Bergverwaltung wirkte in Bezug auf das von ihr geschaffene Schulsystem beinahe wie ein Stifter (Patron) und nahm wie ein solcher auch entsprechende Aufsichtsfunktionen wahr. Vgl. dazu den Abschnitt 1.1 sowie zur Rolle der Patrone (in Preußen) Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 134–167, insbes. S. 148–157. 3243 Vgl. dazu nochmals die Eingabe vom 19. Dez. 1779 an das OBA (wie Anm. 859).

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dungsniveau her betrachtet die am höchsten einzustufende Bildungseinrichtung des kursächsischen Bergschulwesens. In ihrer ersten (unteren) Klasse entsprach sie in etwa den obererzgebirgischen SRZ-Schulen, in ihrer zweiten (höheren) Klasse aber fungierte sie – vor allem ausgangs des 18. Jahrhunderts – als Vorstufe für ein anschließend mögliches Studium an der Bergakademie. Allerdings bot die Freiberger Bergschule den adäquaten berufsbezogenen Unterricht nicht (wie z. B. in der älteren Realschule) in der Form einer unmittelbar an den Elementarunterricht anschließenden (und noch zur Elementarschule zu rechnenden) berufsvorbereitenden Grundbildung, sondern als berufsbegleitende Ausbildung für anfahrende Bergmannskinder. Deren Zuordnung zu einem der bekannten (historischen) kursächsischen Schultypen ist deshalb nur schwer möglich. Die meisten ihrer „Lehrlinge“, Bergschüler, waren „Berg- und Hüttenknaben“, die an den Wochenarbeitstagen (d. h. auch samstags) nach ihren auf den Berggebäuden verfahrenen Schichten im Rechnen und Zeichen, den „Anfangsgründen“ des Bergbaus sowie weiteren Lehrfächern unterrichtet und auf diesem Wege für niedere und mittlere Funktionen innerhalb der Bergverwaltung des „staatlich-industriös“ organisierten Bergbau- und Hüttenwesens Kursachsens fachlich ausgebildet wurden. Die Bergschule Freiberg entsprach damit weder dem damaligen Typus einer „reinen“ Realienschule,3244 noch dem einer handwerklich organisierten Berufsausbildung. Die Definition dieser Bergschulen als die einer besonderen Form der „Gewerblichen Berufsbildung“ bzw. „Kaufmännischen Berufsbildung“, wie von Bruchhäuser vorgenommen,3245 ist nicht korrekt, hatten diese doch, wie schon mehrfach erwähnt, die Fachbildung im weitgehend industriell organisierten Berg- und Hüttenwesen und nicht die im „zünftigen“ Handwerk zum Gegenstand. Damit entsprachen die kursächsischen Bergschulen aber auch nicht dem Typus der (fast zeitgleich) in Karlsruhe für das produzierende bzw. künstlerische Handwerk geschaffenen „reinen“ Zeichenschule, sondern sie stellten die sehr frühe Form einer

3244 Diese Feststellung gilt selbst wenn, bezogen auf den Unterrichtsinhalt, im Einzelfall durchaus Übereinstimmungen mit den Realienschulen existiert haben. Die vom „geistlichen Rat und Schulkommissär“ Max III. Joseph in Bayern, Heinrich Braun, entworfenen Realschulplanungen, die zur Schulordnung vom 8. Okt. 1774 in Bayern führten, waren eher Modelle eines Übergangs von der Real(ien)schule über die Gymnasien zur Universität und können ebenfalls nicht mit dem kursächsischen Bergschulkomplex verglichen werden. Vgl. zu Brauns Realschulmodellen Buchinger (Aufklärerische Reformbemühungen), S. 694–698, insbes. S. 691. 3245 Vgl. dazu Bruchhäuser (Berufsbildung), S. 402–404. Trotz gewisser Gemeinsamkeiten bedienten die handwerkliche und die bergmännische Berufsausbildung verschiedene Berufsstände, waren die Absolventen dieser voneinander abweichenden Ausbildungsformen auch unter sozialen Gesichtspunkten unterschiedlich in das gesellschaftliche Umfeld eingebunden.

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berufsspezifischen, „fachschulischen“3246 Ausbildung dar, wie sie bereits von Justi 1761 gefordert worden war.3247 Aus all den aufgeführten Gründen muss deshalb das hier vorgestellte kursächsische Bergschulwesen in seiner Gesamtheit als auch hinsichtlich einzelner in ihm zusammengeführter Elemente als etwas Neuartiges, Innovatives begriffen werden. Indem es den elementaren Schulunterricht für Bedürftige mit dem weiterführenden Schreib-, Rechen- und Zeichenunterricht bzw. der berufsbegleitenden Ausbildung an den verschiedenen Schulformen innerhalb eines geschlossenen Komplexes bergmännischer Bildungseinrichtungen zusammenführte und unter dem Dach und der Aufsicht der kursächsischen Bergverwaltung organisierte und lenkte, wich es nicht nur von der bis dahin bekannten hierarchischen Einbindung in die kirchlichen Schulbehörden bzw. Handwerkerzünfte ab, sondern stellte zugleich etwas Bildungssystemübergreifendes dar.3248 Anfänglich ja nur eingerichtet, die unhaltbare Schulsituation in den kleineren, verarmten Bergstädten zu verbessern und den Kindern dort wenigstens ersatzweise einen adäquaten, elementaren Schulunterricht zu bieten, hatte es sich bis zum Ende des 18. Jahrhunderts zu einer nahezu autarken, von den christlichen Funktionsträgern unabhängigen Institution entwickelt. Innerhalb der kursächsischen Bergreviere sah die Schulrealität dabei oftmals besser aus als das elementare Schulwesen außerhalb der Bergaufsicht.

3246 Ob man für die Goldberg’sche Zeichen- und Rechenschule oder die Freiberger Bergschule aber den relativ modernen Begriff einer Fachschule benutzen sollte, wie dies Albrecht (Technische Bildung), S. 41, für die „an die Stelle der „alten“ Realschule … um 1800 …“ getretenen „Bergund Baugewerkenschulen“ als „niedere ‚Fachschulen’“ tut, soll hier nicht kommentiert werden, zumal nach Harney (Berufsbildung), S. 328, eine klare begriffliche Abgrenzung sowieso kaum möglich ist. Hasfeld (Berufsausbildung in Baden), S. 121, schreibt der fast zeitgleich entstandenen „Karlsruher Zeichenschule“ (modern) ebenfalls einen „fachschulischen Charakter“ zu. Eine direkte Bezugnahme auf frühe Formen der im 18. Jahrhundert im deutschsprachigen Raum gegründeten (niederen) Bergschulen muss ebenfalls ausgeschlossen werden. 3247 Vgl. dazu Bruchhäuser (Berufsbildung), S. 405, unter Bezug auf Justi (Die Grundfeste zu der Macht und Glückseeligkeit der Staaten), 2. Bd., S. 117 f. 3248 In dieser Hinsicht gingen die Schulplanungen Benno von Heynitz’ sogar über die Rochow’schen Anregungen hinaus, zumal das von diesem geplante „… Modell eines dreifach gegliederten Bildungswesens … weitgehend Fragment geblieben“ war. Leschinsky/Roeder (Schule), S. 355.

8. Fazit Nachdem in den vorausgegangenen Hauptkapiteln die einzelnen im Fragekanon des Abschnittes 0.2 formulierten Kernfragen z. T. detailliert beantwortet worden sind, geht es in diesem Kapitel darum, die gewonnenen Untersuchungsergebnisse im Überblick darzustellen und sie in prägnanten Hauptthesen zusammenzufassen. Damit soll zugleich der Versuch unternommen werden zu zeigen, dass mit der vorliegenden Arbeit nicht nur eine neue Sicht auf die Geschichte des kursächsischen Schul- bzw. beruflichen Ausbildungswesens möglich wird, sondern unter Berücksichtigung der ausgewerteten Literatur erstmals auch eine Landesbehörde, das kursächsische Oberbergamt, als Ideengeber und Umsetzer von Reformen auf diesem Gebiet ausgemacht werden konnte. Unter Federführung des Letzteren nämlich hatte sich in Kursachsen ausgangs des 18. Jahrhunderts ein spezifisches Bildungssystem etabliert, dass die verschiedenen Formen der bergmännischen (allgemeinen) Schulbildung sowie (fachlichen) Berufsausbildung zu einem Komplex verband, der auch während der Bildungsreformen im Königreich Sachsen (seit 1806) bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts erhalten blieb. Die Entwicklung des kursächsischen Bergschulwesens hatte im Jahre 1776 mit der Unterrichtung von acht(!) anfahrenden „Bergpurschen“ bei einem Bergakademisten, dem späteren Professor für Mathematik und Physik an der Bergakademie, Johann Friedrich Lempe, begonnen. Dem vorausgegangen war ein Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 22. Juni 1776. Die Ideen und maßgeblichen Planungen zu dieser Entwicklung hatte das Mitglied des Oberbergamtes, der spätere Berghauptmann Carl Wilhelm Benno von Heynitz auf den Weg gebracht. Als weitere Ideengeber bzw. Initiatoren fungierten die damaligen Mitglieder des Oberbergamtes, der spätere kursächsische Oberberghauptmann Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra und der Mathematikprofessor und spätere Berghauptmann Johann Friedrich Wilhelm (von) Charpentier. Anlass für die Etablierung eines weitgehend autarken kursächsischen Bergschulwesens war zum einen die Begegnung Kurfürst Friedrich Augusts mit anfahrenden Bergmannskindern, bei der der Landesherr schwerwiegende Bildungsmängel einiger „Bergpursche(n)“ feststellen musste, zum anderen insbesondere durch die von einem Pfarrer und einem Diakon aus Erbisdorf im Jahre 1773 verfasste Eingabe, in welcher beide Petenten auf die Unvollkommenheit des elementaren Schulwesens in ihrem Bergrevier aufmerksam gemacht und Maßnahmen zur Umsetzung der gerade erst verabschiedeten Erneuerten Schulordnung für die deutschen Stadt- und Dorfschulen angeregt hatten. Das Hauptziel des in der Folge von Benno von Heynitz entworfenen Planes zur Etablierung eines Bergschulkomplexes bestand darin, für den kursächsischen Bergbau dringend benötigte fachlich ausreichend gebildete Bergoffizianten (untere und mittlere Bergbeamte) und

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weitere bergmännische Fachkräfte heranzuziehen. Dieses Ziel stand in Übereinstimmung mit den von verschiedenen Institutionen (darunter der vom Generalbergkommissar Friedrich Anton von Heynitz geleiteten kursächsischen Bergbaurevisionskommission) nach dem Siebenjährigen Krieg eingeleiteten Maßnahmen zur ökonomischen Stärkung des Landes, zur Wiederbelebung des Montanwesens und zur Verbesserung des Bildungswesens. Mit dem zu diesem Zweck von Benno von Heynitz beim Kurfürsten eingereichten Schulplan begann eine Phase der Installation eines ganzen Systems verschiedenster aufeinander Bezug nehmender Typen von schulischen- und beruflichen Bildungseinrichtungen. Ein wirkliches institutionelles Vorbild, auf das Benno von Heynitz hätte zurückgreifen können, konnte im Rahmen dieser Untersuchung nicht ausgemacht werden. Etwas dem künftigen kursächsischen Bergschulwesen Vergleichbares – zumindest nicht in seiner in Kursachsen entwickelten, spezifisch-bergmännischen Schul- und Ausbildungsform – hatte die deutsche Schullandschaft des 18. Jahrhunderts bis dahin vermutlich gar nicht aufzuweisen. Eher nahmen die in Freiberg und dem oberen Erzgebirge ins Leben gerufenen bergmännischen Bildungseinrichtungen ihrerseits selbst eine Vorreiterrolle auf dem Gebiet der fachlichen Berufsausbildung ein, kamen in ihrer Organisationsform den (technischen) Fachschulen des späten 19. Jahrhunderts bereits sehr nahe. Geradezu innovativ muss ihre Komplexität anmuten, die in dieser Form tatsächlich ohne Vorbild in Deutschland war. Eine im Jahre 1801 getroffene Feststellung, wonach „die Bildung der vorher gaenzlich vernachlaessigten Bergjugend, und die zu diesem Ende errichteten Bergschulen … ganz sein [Benno von Heynitz’ – H.K.] Werk“ gewesen seien, besitzt unter Berücksichtigung der in dieser Untersuchung gewonnenen Erkenntnisse deshalb einen hohen Wahrheitsgehalt.3249 Die hier untersuchte Goldberg’sche ZR-Schule in Freiberg sowie die obererzgebirgischen SRZ-Schulen unterschieden sich von den frühen Realschulen des 18. Jahrhunderts in zweierlei Hinsicht: a) Während die Realschulen durchweg berufsvorbereitend angelegt und an den Elementarschulunterricht zeitlich „angedockt“ waren, zugleich aber oft nur Modellcharakter besaßen, stellten die kursächsischen Bergschulen ein berufsbegleitend organisiertes System dar, bei dem praktische Arbeit und berufliche (schulische) Ausbildung faktisch zeitlich parallel stattfanden. b) Hatten sich die Realschulen fast ausschließlich auf zukünftige Handwerksberufe ausgerichtet, bestand die Hauptklientel der Bergschulen aus anfahrenden (also i. d. R. über 14-jährigen) Bergmannskindern und zukünftigen niederen Bergbeamten (Steigern und künftigen Geschwornen).

3249 Nachruf auf Benno von Heynitz vom 30. Apr. 1801, in: Freyberger gemeinnuetzige Nachrichten, No. 18, Donnerstag, den 30. Apr. 1801.

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In der vorliegenden Untersuchung konnte darüber hinaus nachgewiesen werden, dass es einen ganz bestimmten Bereich schulischer Bildung gab, in welchem eine Abkehr von der allgemein üblichen Schulaufsicht durch kirchliche Behörden und eine Übertragung derselben an die Bergverwaltung erfolgte. Dem kursächsischen Bergschulwesen ging zwar eine Reihe von Reformprojekten der berufsbezogenen Bildung voraus; diese dienten aber fast ausschließlich der Ausbildung des Handwerkerstandes. Deshalb war der etablierte bergmännische Bildungskomplex ein Novum; selbst eine Bezugnahme auf die im deutschsprachigen Raum im frühen 18. Jahrhundert bereits existierenden „Bergschulen“ – z. B. in Joachimsthal bzw. Schemnitz –­konnte nicht nachgewiesen werden. Bei folgenden Hauptkriterien unterschied sich das kursächsische Bergschulsystem von allen vorausgegangenen (nur geplanten oder bereits in die Praxis überführten) Reformmaßnahmen der allgemeinen Bildung bzw. der beruflichen Ausbildung, so a) in Bezug auf seine organisatorisch-hierarchische sowie standortbezogene Einbindung in die real existierende deutsche bzw. sächsische Bildungslandschaft; b) hinsichtlich des Wirtschaftszweiges, für den es installiert worden war; c) in Bezug auf die dafür entwickelten Finanzierungsmodalitäten; d) hinsichtlich der Art und Weise, in der der Unterricht innerhalb dieses Systems dargeboten wurde; e) durch die Heranbildung und Etablierung eines speziell für diese geschaffenen Lehrerpersonals und schließlich f ) unter dem Aspekt der Kombination verschiedener Schul- und Ausbildungsformen zu einem Komplex und die damit verbundene neuartige Qualität der beruflichen Fachbildung für (i. d. R.) untere Bergbeamte. Zu a) Das gesamte kursächsische Bergschulwesen – diese Aussage gilt mit gewissen Einschränkungen auch für den elementaren Schulunterricht an den Knappschaftlichen Schulanstalten – unterstand nicht den christlichen Schulaufsichtsbehörden, sondern der Bergverwaltung. Letztere bestimmte nicht nur weitgehend den Inhalt des Schulunterrichts, sondern ausschließlich auch den der fachlichen Berufsausbildung. Die Administration des Bergwesens – hier insbesondere das Oberbergamt – spielte die entscheidende Rolle bei der Herausbildung und organisatorisch-/verfassungsmäßigen Gestaltung des kursächsischen Bergschulkomplexes; es erwies sich nicht nur als Ideengeber und Motor für die Entwicklung des bergmännischen Bildungswesens, sondern es „regierte“ den Bergschulkomplex stellvertretend für den Landesherrn.3250 Die Bergverwaltung, vollkommen in das im kursächsischen Mon3250 Damit wird durch die Untersuchung nicht nur die Aussage Kießlings (Schullandschaften), S. 37, hinsichtlich der wichtigen Rolle, die „administrative Gesichtspunkte“ bei der Erforschung der Bildungsgeschichte spielen können, bestätigt, sondern auch die Aussage Neugebauers (Schulwirklichkeit), S. 207), wonach „die Schulen … im 18. Jahrhundert kein Mittel

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tanwesen vorherrschende Direktionsprinzip eingebunden und lediglich den Befehlen des Landesherrn unterworfen, fungierte als autarkes Schulaufsichtsorgan! Zu b) Erstmals wurde innerhalb des Bergstaates für den Wirtschaftszweig des Bergund Hüttenwesens der Versuch unternommen, ein eigenständiges, kombiniertes Schul- und Berufs(aus)bildungssystem zu installieren. Nicht Handwerker, Gewerbetreibende und Händler oder die „Beamtenschaft“ für die sonstigen Verwaltungszweige sollten hier unterrichtet und ausgebildet werden, sondern ausschließlich die unteren und mittleren Bergbeamten, die für das Montanwesen bzw. dessen Bergverwaltung unverzichtbar waren. In diesem Sinne handelte es sich bei den genannten Bergschulen um frühe Formen der sonst erst im 19. Jahrhundert in vielen Teilen Deutschlands etablierten sogenannten Gewerbe- oder Fachschulen bzw. der (in Bayern) vergleichbaren, dort allerdings als Industrieschulen bezeichneten Bildungseinrichtungen.3251 Zu c) Die Bergverwaltung schuf für das kursächsische Bergwesen auch ein eigenes Finanzierungsmodell, mit dem das Oberbergamt zugleich „finanztechnisches Neuland“ betrat. Durch eine Kombination von Finanzbeiträgen der örtlichen Knappschaftskassen, der Freiberger und einiger obererzgebirgischer Gewerkschaften und schließlich von nicht unbedeutenden Finanzbeihilfen aus Kassen des Landesherrn (insbesondere aus der Freiberger Oberzehnten- und weiteren Bergbaukassen) wurde es möglich, die materiellen Voraussetzungen für dieses montanistische Unterrichts- und Ausbildungssystem zu installieren. Konnten zu Beginn nur die bedürftigsten Bergmannskinder bei der Unterrichtsversorgung berücksichtigt werden, gelang es der Bergverwaltung, durch Erschließung zusätzlicher Geldquellen ausgangs des 18. Jahrhunderts ein stabiles Finanzierungsregime zu etablieren. Vor allem mittels der jährlichen kurfürstlichen Beihilfen konnte eine immer bessere Versorgung der bedürftigen Kinder der im Bergbau und Hüttenwesen Beschäftigten mit elementarem Schulunterricht erreicht, andererseits durch eine Berufsausbildung der fähigsten Bergmanns- und Hüttenarbeiterkinder der benötigte Nachwuchs an Bergoffizianten herangezogen werden. Alle nur denkbaren Möglichkeiten der Geldbeschaffung – von der Steuerrückerstattung im Rahmen der „Generalakziserestitution“ über die Umverteilung von Geldfonds bis zu den mehr oder wenilandesherrlicher Regierung (waren), weil der Landesherr die Schule nicht regierte“, zumindest für Kursachsen zu relativieren sein, denn das Oberbergamt setzte den kurfürstlichen Willen durch. Ad absurdum ist die Aussage Fehrmanns (Geschichte der Volksschule), S. 4, zu führen, wonach die Bergämter [respektive das Oberbergamt – H.K.] „… nicht zur Förderung des Volksschulwesens beigetragen (haben)“, sich sogar „… hemmend auf den gesellschaftlichen Fortschritt und damit auf das Bildungswesen“ ausgewirkt hätten. 3251 Bei Letzteren handelte sich gerade nicht um Industrieschulen nach der Marquardt’schen Definition. Vgl. dazu Marquardt (Geschichte der Industrieschulen), S. 43.

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ger unter Druck realisierten Unterstützungen von Knappschaften und Gewerken –3252 wurden dazu im Oberbergamt ergriffen. Das geschaffene Finanzierungsmodell unterschied sich in der Zeit seiner Installation auf Grund regionaler Besonderheiten noch von Bergrevier zu Bergrevier. Während im Freiberger Bergrevier anfänglich – außer den landesherrlichen Beihilfen für die Goldberg’sche Zeichen- und Rechenschule – fast ausschließlich die Gewerken Finanzbeiträge leisteten, waren es im oberen Erzgebirge v. a. die Knappschaften, die den bergmännischen Schulunterricht finanzierten. Nur in einigen wenigen erzgebirgischen Revieren steuerten auch Gewerken Geldmittel zur Unterrichtsversorgung bei. Das Oberbergamt verteilte die eingenommenen Finanzbeiträge- und Beihilfen aus eigener Verantwortung – allerdings ganz in Verwirklichung des Direktionsprinzips nach vorher eingeholter Zustimmung des Landesherrn – auf die einzelnen Bergreviere. Ohne die stetig anwachsenden landesherrlichen Beihilfen hätte das kursächsische Bergschulsystem nicht verwirklicht werden können. Zu d) Während der Elementarschulunterricht, eingebunden in die Knappschaftlichen Schulanstalten, weiterhin an den vorhandenen deutschen Schulen in den Bergstädten bzw. umliegenden Dörfern durch die dort angestellten Dorfschullehrer durchgeführt wurde, stellte der an der Goldberg’schen ZR-Schule bzw. den obererzgebirgischen SRZ-Schulen gebotene berufsbezogene Fachunterricht etwas Neuartiges dar. Im Gegensatz zu den überlieferten Realschulmodellen eines Semler in Halle, eines Hecker in Berlin oder eines Groß in Erlangen erfolgte der fachbezogene Unterricht an der Goldberg’schen ZR-Schule bzw. den obererzgebirgischen SRZ-Schulen nicht in Form einer (berufsvorbereitenden) Berufsgrundbildung im Anschluss an den obligatorischen Schulunterricht, sondern berufsbegleitend. Für die über 14-jährigen Bergmannskinder, die bereits als vollbeschäftigte Arbeitskräfte auf den Scheidebänken und in den Erzwäschen „anfuhren“, fand dieser Unterricht in der Regel wochentags (d. h. auch samstags) im unmittelbaren Anschluss an die Arbeitsschichten statt. Damit ähnelte diese spezifisch bergmännische Ausbildungsform eher derjenigen an den Fach- bzw. gewerblichen Fortbildungsschulen des 19. als der an den Realienschulen des frühen 18. Jahrhunderts. Zu e) Das Oberbergamt ließ die für die Goldberg’sche ZR-Schule Freiberg bzw. die obererzgebirgischen SRZ-Schulen erforderliche Anzahl von Lehrkräften an der ihr direkt nachgeordneten Bergakademie ausbilden und setzte diese dann als Bergschullehrer ein. Die Lehrertätigkeit erfolgte dabei durchweg als ergänzende Be3252 Der auf Initiative und mit Überzeugungskraft der leitenden Vertreter des Oberbergamtes geschaffene Beihilfefonds des Landesherrn, der direkt in die bei den Bergämtern eingerichteten Schulkassen floss, spielte hierbei eine große Rolle in finanzieller, aber auch in psychologischer Hinsicht.

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schäftigung zu deren eigentlicher (hauptberuflichen) Anstellung als Schichtmeister, Markscheider oder einer ähnlichen unteren Bergbeamtentätigkeit. Die Bergakademie fungierte hierbei wie eine höhere berufsfachliche Lehranstalt und nahm – auch wenn an ihr keine pädagogische Bildung erfolgte – für die Ausbildung der Bergschullehrer im weitestgehenden Sinne die Funktion der sich erst ausgangs des 18. Jahrhunderts allmählich etablierenden Lehrerseminare vorweg. Damit schuf sich die Bergverwaltung außerhalb der (allgemeinen) Bildungslandschaft und unabhängig von der Einflussnahme kirchlicher Schulaufsichtsbehörden ihr eigenes Lehrerpotential, einen frühen und spezifischen Typus der späteren Berufsschullehrer.3253 Zu f ) Das sächsische Bergschulwesen stellte die Zusammenführung verschiedener Schul- und Ausbildungsformen mit einem unterschiedlichen und zugleich aufeinander Bezug nehmenden Bildungsanspruch – insbesondere der elementaren Grundbildung an den Knappschaftlichen Schulanstalten sowie der weiterführenden Berufsfachbildung an der Freiberger Bergschule bzw. den obererzgebirgischen SRZ-Schulen – unter dem Dach der Bergverwaltung dar. In dieser Kombination und Verzahnung war sie nicht nur etwas Neuartiges in Kursachsen, sondern allem Anschein nach auch in Deutschland.3254 Benno von Heynitz hat hier innerhalb des kursächsischen „Bergstaates“ in einem regionalen Rahmen ein aufeinander abgestimmtes System der bergmännischen Bildung etabliert. Im Laufe der Zeit entwickelten sich innerhalb desselben die Goldberg’sche ZR-Schule (die spätere „akademische“ Bergschule) sowie die obererzgebirgischen SRZ-Schulen – deren Beginn in das ausgehende 18. Jahrhundert und damit gegenüber bisheriger Auffassung mehrere Jahrzehnte vorverlegt werden konnte – zu „Vorstudienanstalten“ der Bergakademie.3255

3253 Auch diese Lösung war innovativ. Das Oberbergamt vermied damit die Probleme beim Finden geeigneter Lehrkräfte, wie sie u. a. von Marquardt (Geschichte der Industrieschule), S. 781–783, geschildert worden sind. 3254 Die durchgeführten Literaturrecherchen haben keinen Hinweis auf die Existenz eines vergleichbaren Bildungskomplexes in Deutschland erbracht. 3255 Allerdings wurde ab den 20er-Jahren des 19. Jahrhunderts diese Verbindung zwischen der akademischer Bergschule und der Bergakademie durch die Bergverwaltung selbst wieder in Frage gestellt und weitgehend auf die ursprüngliche Zielsetzung der Gründung der Bergschule, nämlich v. a. Steiger und Geschworne auszubilden, zurückgeführt. Die von Amann (Höhere Schulen), S. 421) geäußerte Vermutung, dass „... Höhere Schulen nicht nur in konfessionell geprägten Stadt-, Fürsten- oder Ordensschulen zu finden … (waren), sondern vielleicht auch in zunft- oder kaufmanneigenen Verbänden im Rahmen einer Meisterausbildung eine Heimstatt hatten“, wird durch die Existenz des kursächsischen Bergschulwesens indirekt – wenn auch nicht innerhalb der zunftgebundenen Handwerker- oder der Kaufmannsausbildung – bestätigt.

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Fazit

Indem es einem Teil der bis dahin nahezu von jeglicher Bildung ausgeschlossenen Bevölkerungsschicht einen solchen elementarschulischen Bildungszugang erst ermöglichte, wirkte das Bergschulwesen zugleich sozial regulierend im Sinne einer Armenschule. Entsprechende Fähigkeiten vorausgesetzt, schafften nicht wenige der Bergschulabsolventen die spätere Zulassung auf die Bergakademie. Im Einzelfall gelang es diesen nach Studienabschluss und Übernahme höherer Funktionen im Berg- und Hüttenwesen sogar, aus dem durch Geburt vorbestimmten Stand auszubrechen und in einen höheren gesellschaftlichen Stand aufzusteigen. Bei keinem der hier untersuchten Realschulmodelle oder ähnlicher Schulversuche des 18. Jahrhunderts fand sich eine solche Vielfalt und Komplexität aufeinander abgestimmter und ineinander überführender Schul- bzw. Ausbildungsformen. Mit der heute noch allgemein in der Schulgeschichtsforschung praktizierten Methode, „höhere und niedere Bildung [und auch die zwischen allgemeiner und berufsbildender – H.K.] als völlig getrennte Welten zu beschreiben“, anstatt deren Systemcharakter herauszuarbeiten, wie Ehrenpreis dies fordert,3256 wäre die vorgenommene Untersuchung schon im Forschungsansatz gescheitert. Die hier geschilderten Unterscheidungskriterien des kursächsischen Bergschulkomplexes gegenüber den vorausgegangenen Reformmodellen vor allem der beruflichen Ausbildung des frühen 18. Jahrhunderts machen zugleich ihre Besonderheit und ihr Alleinstellungsmerkmal innerhalb der Bildungslandschaft Kursachsens aus. Zusammenfassende Thesen These 1: Bei dem in Kursachsen im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts etablierten Bergschulwesen handelte es sich um ein eigenständiges, bislang von der Forschung kaum beachtetes System aufeinander Bezug nehmender und sich ergänzender Bildungseinrichtungen, das den allgemeinen (elementaren) Unterricht an den Knappschaftliche Schulanstalten, den darüber hinausgehenden Schreibe- und Rechenunterricht an den sogenannten Schreibeschulen der Freiberger Ratsstuhlschreiber sowie die fachliche (bergmännische) Berufsausbildung an den obererzgebirgischen Schreibe-, Rechen- und Zeichenschulen bzw. der Goldberg-/Erler’schen Rechenund Zeichenschule (Bergschule Freiberg) umfasste. Etwas Vergleichbares hatte die deutsche Schullandschaft des 18. Jahrhunderts nicht aufzuweisen, zumindest nicht in dieser in Kursachsen umgesetzten Komplexität.

3256 Vgl. dazu die von Ehrenpreis (Erziehung und Schulwesen), S. 26, vorgenommene Kritik an der weit verbreiteten Art und Weise (moderner) schulgeschichtlicher Forschungen.

Fazit

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These 2: Neu und damit innovativ gegenüber den umgesetzten Schulmodellen (Realienschulen) des 18. Jahrhunderts war, dass die von Benno von Heynitz initiierte Kombination verschiedener Bildungseinrichtungen innerhalb eines Wirtschaftszweiges – des Montanwesens – unter dem „Dachverband“ der sächsischen Bergverwaltung erfolgte. Letztere hatte unter Leitung des kursächsischen Oberbergamtes in Freiberg von Beginn an die Aufsicht über diesen Bergschulkomplex inne. Die Bergverwaltung zog damit die eigentlich den kirchlichen Schulaufsichtsbehörden zustehende Aufsicht über das elementare Schulwesen genauso an sich, wie sie die Organisation und Leitung eines beruflichen (nicht zunftgebundenen) Ausbildungswesens übernahm, welches bis dahin in dieser (industriell ausgerichteten) Organisationsform noch nicht existiert hatte. Auch wenn die Schulaufsicht in letzter Konsequenz beim Landesherrn lag, stellte das umgesetzte Bergschulmodell einen erheblichen Eingriff in die bis dahin unangefochtene Schulaufsicht durch die kirchlichen Behörden dar. Die Funktion Benno von Heynitz’ als „Kommissar“ über das kursächsische Bergschulwesen war in gewisser Weise ein Vorgriff auf die erst etwa 100 Jahre später erfolgte Übertragung der Schulaufsicht auf (staatliche) Schulbehörden, wenn auch eingeschränkt auf das unter Berghoheit stehende Territorium. Die kursächsische Bergverwaltung fungierte somit lange vor einer vergleichbaren Übertragung von schulischen Aufgaben an nichtkirchliche Behörden als eine fachlich ausgerichtete Schulaufsichtsbehörde. These 3: Zunächst lediglich als „Ersatz“ für den mangelnden elementaren Schulunterricht an den deutschen Schulen bzw. für die Bereitstellung des Nachwuchses von dringend benötigten Fachkräften für das Berg- und Hüttenwesen vorgesehen, entwickelte sich an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert ein autarker schulischer und beruflicher Bildungskomplex innerhalb der unter Bergverwaltung stehenden Bergreviere. Ab Mitte der 90er-Jahre des 18. Jahrhunderts etablierten sich die Goldberg-/Erler’sche Zeichen- und Rechenschule („akademische“ Bergschule) und (eingeschränkt) auch die obererzgebirgischen SRZ-Schulen zu Vorstudienanstalten der Bergakademie. These 4: Da Benno von Heynitz bei seinen Schulplanungen weder auf kursächsische noch auf vergleichbare Vorbilder anderer deutscher Schullandschaften zurückgreifen konnte, muss man in ihm, der die verschiedenen AusbiIdungsideen auch weiterer Vertreter des Oberbergamtes zusammenfasste und zu einem tragfähigen Konzept ausbaute, den Begründer dieses in Deutschland einmaligen Bergschulkomplexes sehen. Ob der kursächsische Berghauptmann im Rahmen seiner Bildungsreise

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Fazit

durch Frankreich, England und Holland oder während seiner Tätigkeit als Bergdrost in dem damals zum Königreich Großbritannien-Hannover gehörenden „Communion-Bergamt“ Zellerfeld gegebenenfalls Inspirationen erhielt, konnte nicht abschließend geklärt werden. In der (internationalen) wissenschaftlichen Literatur über das bergmännische Bildungswesen, deren Forschungsstand sich insbesondere im Symposiumsband über „Traditionen des montanistischen Schulwesens in der Welt“ (Banská Štiavnica 1999) sowie in der Monografie „Europa Mineraria“ von Brianta widerspiegelt, findet sich darüber keine Aussage.3257 Die ausgangs des 18. Jahrhunderts vorgenommene Installation des hier untersuchten Komplexes von Bergschulanstalten aber beruht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit allein auf den Ideen („Visionen“) und Initiativen des Berghauptmannes Carl Wilhelm Benno von Heynitz und einiger weiterer Mitglieder des kursächsischen Oberbergamtes in Freiberg. Weitergehende vergleichende Literaturrecherchen – insbesondere zur Typisierung bergmännischer Bildung – werden zweifelsohne hier zu weiteren Erkenntnisfortschritten führen. These 5: Im umgesetzten Bergschulmodell erfolgte trotz des zeitlichen Nacheinanders beider Stufen der (bergmännischen Bildung) – dem elementarem Unterricht und der berufsfachlichen Ausbildung – keine Trennung zwischen den „allgemeinen und beruflichen Bildungsinstituten“.3258 Auch wenn, vergleichbar der heutigen „dualen“ Berufsausbildung, die bergmännische berufliche Bildung an verschiedenen Lern- oder Ausbildungsorten stattfand, blieb sie doch Teil des Gesamtsystems Bergschulwesen. Die Bergverwaltung war die „Klammer“, die die verschiedenen Elemente bergmännischer Bildung zusammenfasste, sie aus einer „Hand“ heraus organisierte und beaufsichtigte. These 6: Durch seine Schulplanungen reiht sich Benno von Heynitz in die Phalanx der Schulreformer des 18. Jahrhunderts ein. Im Gegensatz aber zu vielen anderen sind 3257 Vgl. dazu die Einzelbeiträge im Symposiumsband „Das kulturelle Erbe in den Montan- und Geowissenschaften“ sowie Brianta (Europa Mineraria). Es ist zwar durchaus möglich, dass Benno von Heynitz bei seinen Planungen zur Errichtung der Bergschule Freiberg von Clausthal inspiriert worden ist (er war mit dem dortigen Berghauptmann Claus Friedrich von Reden befreundet) oder während seiner „Kavaliersreise“ durch mehrere europäische Länder Anregungen insbesondere aus Frankreich erhalten hat – ein aktenkundlicher Beleg dazu konnte jedoch nicht gefunden werden. Heynitz (Geschichte der Familie von Heynitz), S. 143, weist lediglich auf die durch B. von Heynitz bei der Reise gewonnene Erkenntnis der „Bedeutung des Schulund Erziehungswesens“ hin. Eindeutig belegt sind dagegen Inspirationen für Verbesserungen des Bergbaus und dessen Technik. Vgl. dazu die Handakte B. von Heynitz’, SHStA Nr. 10384, GH Miltitz, Nr. 30, Briefe … 3258 So nennt es Albers (Bildung und Weiterbildung), S. 256.

Fazit

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die von ihm entwickelten Ideen zu Verbesserungen des bergmännischen Schulund Ausbildungswesens in die Praxis überführt worden, wodurch tausenden Kindern die dringend notwendige elementare oder auch fachliche (berufliche) Bildung vermittelt werden konnte. Von Heynitz’ Wirken blieb dabei aber nicht auf das Bergwesen beschränkt. Seiner pietistische Grundhaltung entsprechend, nach welcher Bildung Teil der Führung eines „gottgefälligen“ Lebens war, setzte von Heynitz adäquate Reformen des elementaren Schulwesens auch innerhalb seiner Grundherrschaft um.3259 These 7 „Bergschulwesen“ – Versuch einer Definition Beim kursächsischen Bergschulwesen handelte es sich um einen unter dem Dach der Bergverwaltung vereinigten (einmaligen) Komplex hierarchisch aufeinander abgestimmter Schultypen, dessen einzelne „Einrichtungen – (elementare) knappschaftliche Schulanstalten (Typus der deutschen Schule), (weiterführende) Schreibund Rechenschule, (berufsbildende) Zeichen- und Rechen- oder Bergschule (Typus der obererzgebirgischen SRZ- bzw. Goldberg’schen ZR-Schule), aber auch die Klöppel- oder Flachsspinnschulen (sogenannte Hausarbeits- oder Industrieschule = „Armenschule“) – den unterschiedlichen Bildungsansprüchen genügen mussten.3260 Ziel des Schulkomplexes war es, Kindern und Jugendlichen überwiegend mittelloser Berg- und Hüttenarbeiter einerseits diese elementare (allgemeine) Schulbildung (zumindest Christentum und Lesen, teilweise auch Schreiben und Rechnen), andererseits eine bergmännisch-fachliche Berufsausbildung zu vermitteln. Die Fähigsten der Schüler erhielten an der Goldberg’schen Zeichen- und Rechenschule, der frühen Form einer Berufs-, Gewerbe- oder (niederen) Fachschule, eine im Allgemeinen erst an den späteren Gewerbeschulen gebotene Ausbildung. [Abb. VIII: Schaubild des Bergschulwesens (im Anhang)] Das kursächsische Bergschulwesen überwand in seiner Komplexität sogar die in der Literatur postulierte Land-Stadt-Differenzierung und war der wohl einmalige langfristig und zugleich erfolgreich umgesetzte Versuch, in Deutschland elementare Schulbildung, Realienbildung und Berufsausbildung mit der Option des Zugangs zu akademischer Bildung [hier im Sinne von Hochschulbildung – H.K.] bei der Bergakademie zu verbinden. Es war zugleich ein Phänomen seiner Zeit und nahm einen Teil dessen vorweg, was der spätere preußische Minister Julius Wilhelm Ernst von Massow in dem von ihm geplanten „Provinzial-Schul-System“ auf

3259 Einzelheiten zu Letzterem hätten den Rahmen dieser Untersuchung gesprengt. Hier muss immer noch auf Trögel (Benno von Heynitz), insb. S. 19–21, verwiesen werden. 3260 Im Bergschulwesen waren somit wesentliche Merkmale von Elementarschule, Schreib- und Rechenschule, Zeichenschule, Realschule und (der späteren) Berufsschule zu einer neuen Qualität schulischer und vor allem beruflicher Ausbildung vereinigt.

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Fazit

einer höherer Bezugsebene plante – nämlich eine „Stufenleiter“ aufeinander aufbauender Schultypen, die beim elementaren Schulunterricht begann.3261 Es waren eher ökonomisch-pragmatische Motive, die Carl Wilhelm Benno von Heynitz zur Planung und Entwicklung des kursächsischen Bergschulwesens veranlasst hatten. Als führender Vertreter der Berghauptmannschaft des Freiberger Oberbergamtes musste er dafür sorgen, dass zur Erreichung eines Ausbeute bietenden Bergbaus die im Berg- und Hüttenwesen Beschäftigten sowohl über allgemeine (elementare) Schulkenntnisse als auch über ein Mindestmaß an bergbaulichen, v. a. bergbautechnischen Fachkenntnissen verfügten. Ein dementsprechender Bildungsstand ließ sich aber nur erreichen, wenn schon in der Schule bzw. bei der nachfolgenden Berufsausbildung ein über die übliche Erfahrungsweitergabe hinaus zu erzielendes Wissen vermittelt wurde.3262 Die lange Zeit im Bergwesen erfolgreich praktizierte Weitergabe von „Erfahrungswissen“ der Älteren an die nächste Generation reichte offensichtlich im 18. Jahrhundert als Grundlage für eine berufsspezifische Qualifikation der im Bergbau und Hüttenwesen Beschäftigten nicht mehr aus. Es war zum Teil Fachwissen gefragt, welches nur mittels wissenschaftlich determinierter Ausbildung zu erlangen war und das z. T. als „Kunst“ galt.3263 Höhere Bergbeamte wie Carl Wilhelm Benno von Heynitz, Johann Friedrich Wilhelm (von) Charpentier und Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra hatten dies rechtzeitig erkannt. Für das Wiederaufleben des Berg- und Hüttenwesens Kursachsens nach dem Siebenjährigen Krieg, insbesondere für die Bereitstellung der dafür benötigten, ausreichend qualifizierten „Bergoffizianten“ und Maschinentechniker, war die Schaffung eines neuen Berufsausbildungssystems unumgänglich. Die notwendigen materiellen und organisatorischen Voraussetzungen dafür konnten zu diesem Zeitpunkt nur innerhalb der Bergverwaltung geschaffen werden. Das maßgeblich durch Benno von Heynitz entwickelte und letztlich auch durchgesetzte Bergschulsystem stand ganz in der Tradition der von dem Kameralisten Johann Heinrich Gottlob von Justi vertretenen Überzeugung von der Nützlich3261 Vgl. hierzu Neugebauer (Schulwirklichkeit), S. 202, Anm. 151, unter Bezug auf von Massows Schrift „Ideen zur Verbesserung des öffentlichen Schul- und Erziehungswesens“, S. 211. Vgl. zu von Massow selbst Heinemann (Schule im Vorfeld), S. 353–363. 3262 Die Notwendigkeit zur Schaffung eines beruflichen Ausbildungssystems im heutigen Sinne für die damalige Bergjugend lag noch bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts hinein offensichtlich nicht vor, denn sonst wäre es vermutlich schon wesentlich früher zu einer solchen Bildungsform gekommen. 3263 So – bezogen auf die Stipendiatenausbildung vor Gründung der Bergakademie – nach Sennewald (Stipendiatenausbildung), S. 416. Für Tätigkeiten wie die eines Markscheiders oder Probierers z. B. war ein über dem persönlichen Erfahrungsschatz hinausgehender Bildungsprozess, eine intensive auch theoretische Beschäftigung mit dem Arbeitsgegenstand erforderlich. Vgl. dazu auch Baumgärtel (Geschichte der Bergakademie), S. 11–17, Sennewald (ebd.), S. 409–411, sowie jüngst (für den Harzer Bergbau) Bartels (Frühneuzeitliches Montangewerbe), S. 318–322.

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keit menschlichen Tuns, die zugleich im Interesse der „Wohlfahrt“ des Landes (und damit jedes Einzelnen) lag.3264 Justi hatte, wenn auch vor allem auf die höhere wissenschaftliche Bildung bezogen, in diesem Zusammenhang einmal formuliert: „Warum sollte man sich nicht … [im Gegensatz zu den an Universitäten oft betriebenen „spekulativen Wissenschaften“3265 – H.K.] auf solche Wissenschaften, Erkenntnis und Erfindungen legen können, die den Manufacturen, Fabriken, Gewerben und dem gesamten Nahrungsstande … zum wahren Vortheil gereichen?“3266

Die Gründung der Bergakademie als Teil des gesamten kursächsischen Bildungswesens entsprach ebenfalls der Forderung Justis, wonach „der Endzweck der Akademien [hier von Justi im Sinne gelehrter Gesellschaften verwendet – H.K.] von allen unnützen Spielwerken und bloß speculativischen Betrachtungen weit entfernt sein sollte“.3267 Anders aber als bei Justi, bei dem die Erziehung eine primäre Stellung gegenüber dem eigentlichen Unterricht innerhalb der Berufsbildungsidee einnahm,3268 spielte im Bergschulkonzept Benno von Heynitz’ nicht die Erziehung,3269 sondern die berufliche Bildung die entscheidende Rolle.3270 Bruchhäuser führte zum zeitgenössischen beruflichen Bildungswesen aus: „Die deutsche Berufsbildung des 18. Jahrhunderts widersetzt sich jedem Versuch, sie als einheitlich in ihrem Zustand und linear in ihrer Entwicklung interpretieren zu wollen. Sie unterliegt vielmehr einer hochgradigen Fragmentierung, ist sowohl von fortschrittlichen als auch von hemmenden Elementen durchsetzt und zeigt eine geradezu typische Regionalisierung, derer sich die Forschung erst ansatzweise gewidmet hat.“3271

3264 Vgl. dazu Justi (Staatswirtschaft), S. 66. 3265 Vgl. zur (sicherlich zu weit gehenden) Kritik Justis an der „Gelehrsamkeit“ und den „speculativen Wissenschaften“ als bis dahin übliche Form universitärer Bildung Brödel (Beruflicher Bildungsgedanke), S. 325. 3266 Justi (Staatswirtschaft), S. 365 f. Zitat nach Brödel (Beruflicher Bildungsgedanke) S. 325. Das Berg- und Hüttenwesen als produzierender Bereich gehörte im weitesten Sinne ebenfalls zu den „Gewerben“. 3267 Justi (Vorbericht), S. 8. Zitat nach Brödel (Beruflicher Bildungsgedanke), S. 326. 3268 Vgl. zum Primat der Erziehung im „Denken der Aufklärung“ bzw. der damaligen „Erziehungsgläubigkeit“ Brödel (Beruflicher Bildungsgedanke), S. 301, S. 299. 3269 Deswegen handelte es sich beim kursächsischen Bergschulwesen weniger um ein Erziehungsmodell, als vielmehr um ein (umgesetztes) Bildungs- und Ausbildungsmodell. 3270 Im Kontext mit der Betonung der „staatlich-wirtschaftlicher Notwendigkeiten“ bei Justi standen nach Brödel (Beruflicher Bildungsgedanke), S. 321, Forderungen sowohl zur „staatsbürgerlichen“ Erziehung als auch einer „beruflich-gewerblichen Bildung“. 3271 Bruchhäuser (Berufsbildung), S. 401. Hervorhebungen d.d.A.

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Fazit

Das hier untersuchte regional begrenzte kursächsische Bergschulwesen bestätigt durch seine Existenz und Entwicklung geradezu diese Aussage Bruchhäusers.3272 Andererseits ist das Vorhandensein dieses Schul- und Berufsbildungskomplexes ein Beleg dafür, dass die von Leschinsky/Roeder beschriebenen Gründe für das Scheitern der (älteren) Realienschulen des 18. Jahrhunderts, welche sich nicht hätten halten können, weil mit der „… Verbindung von grundlegender Berufsausbildung und allgemeiner Bürgerbildung zu umfassende Ziele gesetzt …“ worden wären und diese Verbindung in der Folge „… zu damals offenbar didaktisch noch nicht zu bewältigenden Problemen“ geführt hätten,3273 zumindest für das Bergschulwesen nicht zutreffend sind. Dem kursächsischen Oberbergamt war es ja gelungen, diesen organisatorischen und bildungspolitischen Spagat zwischen allgemeiner (elementarer) Schulbildung und weiterführender „grundlegender“ Berufsbildung auszuführen. Die in diesem Zusammenhang von denselben Autoren hervorgehobenen didaktischen Probleme, die insbesondere im Fehlen der Voraussetzungen „… einer systematischen Darstellung der Grundlagen und Grundkenntnisse einer Vielzahl gewerblicher Tätigkeiten“ gelegen hätten,3274 waren für die sehr speziellen Anforderungen des Bergschulwesens offensichtlich ebenfalls nicht von Bedeutung. Gerade weil es innerhalb des Bergbau und Hüttenwesens nicht um eine „Vielzahl gewerblicher Tätigkeiten“, sondern um die Vermittlung eines zwar breit angelegten, aber dennoch überschaubaren Spektrums bergmännischen Fachwissens ging, konnte das „Projekt Bergschulwesen“ erfolgreich gestaltet werden. Die an der Bergakademie Freiberg für die verschiedenen kursächsischen Bergschulen ausgebildeten Lehrkräfte waren dabei (auch ohne pädagogische Ausbildung) durchaus in der Lage, das für die untere und mittlere Bergverwaltung und die bergmännischen Fachkräfte dringend benötigte Spezialwissen zu vermitteln. Auch die von Leschinsky/Roeder als Grund für das Scheitern der Realschulen hervorgehobene (angeblich) viel zu heterogene Zusammensetzung der sozialen Schicht der Bildungsempfänger3275 besaß für den Bereich des Bergschulwesens kaum Relevanz. Einer der Schlüssel für die erfolgreiche Umsetzung der von Heynitz’schen Schul- und Berufsausbildungsplanungen dürfte in der verfassungsmäßigen Organisation der Bergverwaltung und dem dort vorherrschenden Direktionsprinzip selbst gelegen haben. Der straff geleitete, auf die Erfüllung kurfürstlicher Befehle fixierte Bergstaat mit seiner unter dem Verwaltungsregime des Freiberger Oberbergamtes stehenden 3272 Bruchhäuser geht auf diese Bergschulen aber lediglich indirekt im Zusammenhang mit der i. d. R. kurzen Existenzdauer von Zeichenschulen für verschiedene Handwerksberufe ein. Er formuliert über diese (ebd.), S. 408: „Die äußere und innere Struktur dieser Schulen [Zeichenschulen – H.K.] war dabei weitgehend von ihrer Trägerschaft abhängig.“ 3273 Leschinsky/Roeder (Schule im historischen Prozess), S. 183. 3274 Leschinsky/Roeder (ebd.). 3275 Vgl. dazu Leschinsky/Roeder (ebd.), S. 184.

Fazit

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Berg- und Hüttenverwaltung bildete die Gewähr dafür, dass innerhalb derselben landesherrliche Intentionen weitestgehend verwirklicht werden konnten. Mit dieser Untersuchung konnte zugleich der Nachweis für die Existenz eines engen Zusammenhangs zwischen der bestehenden Wirtschaftsstruktur eines Territoriums und einer dieser adäquaten Bildungslandschaft, für den Hanschmidt/Musolff noch „… viele weiße Flecken auf der Karte“ konstatiert hatten,3276 erbracht werden. Für Freiberg und das obere Erzgebirge, die über Jahrhunderte in besonderer Weise vom Bergbau, vor allem aber vom Erzbergbau geprägt waren, bedeutete der hier entstandene Bergschulkomplex als Teil der „Kulturlandschaft Erzgebirge“ einen ganz konkreter Ausfluss dieser v. a. geologisch und wirtschaftlich determinierten Besonderheit.3277 Das Bergschulwesen zeigte sich im Vergleich zu den typisch handwerklichen (zunftgebundenen) Formen beruflicher Ausbildung in Deutschland am Ausgang des 18. Jahrhunderts fortschrittlich. Es war regional auf das unter Bergaufsicht stehende kursächsische Territorium begrenzt; ungeachtet dessen nahm es einen erheblichen Flächenanteil Kursachsens ein. Es wird vermutlich ein Phänomen der Bildungs- und Berufsbildungsgeschichte vor allem des ausgehenden 18. Jahrhunderts bleiben.

3276 Hanschmidt/Musolff (Elementarbildung und Berufsausbildung), S. 6. 3277 Welchen konkreten Stellenwert das Montanwesen für die „Kulturlandschaft Erzgebirge“ besaß, spiegelt sich in den z. T. noch heute repräsentativen Werken von Wagenbreth/Wächtler (Freiberger Bergbau) bzw. (Bergbau im Erzgebirge) wider.

9. Epilog: Die weitere Entwicklung der Freiberger Bergschule bis zu deren Schließung im Jahre 1924 Die Abhandlung einer detaillierten Geschichte der Freiberger Bergschule im 19. und dem beginnenden 20. Jahrhundert würde den Rahmen der vorliegenden Arbeit sprengen und muss deshalb einer späteren Untersuchung vorbehalten bleiben.3278 In diesem Epilog ist es lediglich möglich, die wichtigsten Entwicklungsetappen des sächsischen3279 Bergschulwesens, insbesondere der Freiberger (bis 1924) und obererzgebirgischen (bis 1852) Bergschulen abzuhandeln sowie die zwischen 1800 und 1924 stattgehabte Entwicklung überblicksartig zu skizzieren. Als Grundlage dafür dienen vor allem die rechtlichen Regelungen, die das Bergschulwesen im weitesten Sinne zum Gegenstand hatten. Nach dem Tode Benno von Heynitz’ war, wie schon erwähnt, die besondere kommissarische Aufsicht über das gesamte Bergschulwesen beim Oberbergamt verblieben.3280 Unter von Heynitz’ Nachfolger, dem 1801 zum Oberberghauptmann berufenen Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra, übte diese Aufsicht zunächst der Vizeberghauptmann und spätere Berghauptmann Johann Friedrich Wilhelm von Charpentier3281 und nach dessen Tod (1805) dessen Nachfolger als Berghauptmann, Freiherr George Adolph von Gutschmid (1805 bis 1825), aus.3282 „Commissarius“ über die akademische Bergschule soll Bergrat Werner gewesen sein.3283 Das kursächsische Bergschulwesen bestand ein Vierteljahrhundert nahezu unver-

3278 Originales Quellenmaterial dazu ist vor allem im sächsischen Bergarchiv Freiberg aber auch im Universitätsarchiv der TU Bergakademie vorhanden. 3279 Durch die Erhebung Kursachsens 1806 zum Königreich und 1918 zum Freistaat kann man nicht mehr vom „kursächsischen“ Bergschulwesen sprechen, weswegen für diesen Epilog der „neutralere“ Begriff des sächsischen Bergschulwesens verwendet wird. 3280 Vgl. dazu das Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 22. Mai 1801 (wie Anm. 2232). 3281 So entschied dieser schon 1801 verschiedenste, das Bergschulwesen betreffende personelle Fragen. Vgl. dazu die Entscheidung von Charpentiers vom 13. Okt. 1801 auf einen Bericht Höppners, in: BergA, OBA 2288, Bl. 51. Die Berichterstattung über das Freiberger gewerkschaftlich/knappschaftliche Bergschulwesen, die „Zechmeister“ Höppner bis dahin stets an Benno von Heynitz adressiert hatte, wurden ab da an den Berghauptmann von Charpentier gerichtet. Vgl. dazu den Plan Höppners vom 14. Febr. (Eingang) 1802 (wie Anm. 1164). 3282 Dies bestätigt auch Freiesleben in seinem Bericht vom 16. März 1821 (wie Anm. 417), hier Bl. 174 f. Vgl. zum Tod von Charpentiers am 27. Juli 1805 den Nachruf in: StAF, FAV-Hs, Aa 99a., (Nachrufe) 1805. 3283 So zumindest gibt es Freiesleben in seinem Bericht vom 16. März 1821 (ebd.), Bl. 176, an; eine Bestätigung dafür wurde in den Akten nicht gefunden.

Entwicklung des Bergschulwesens bis 1852

597

ändert weiter, auch wenn einige organisatorische Veränderungen v. a. bei der Aufsichtsführung über die Bergakademie und die Bergschulen eintraten.3284

9.1. Die Entwicklung des kursächsisch/königlich sächsischen Bergschulwesens bis 1852 9.1.1. Die knappschaftlichen Schulanstalten als Teil der (elementaren) Volksschulen

An den Knappschaftlichen Bergschulanstalten des Freiberger Reviers änderte sich in den ersten zwei Dezennien des 19. Jahrhunderts im kursächsisch/königlichsächsischen (elementaren) Bergschulwesen gegenüber den 90er-Jahren des vorausgegangenen Jahrhunderts nichts Wesentliches. Dies wird auch aus der Zahl der in dieser Zeit im Freiberger Bergrevier mit Elementarschulunterricht versorgten Bergmannskinder deutlich. 1801, im Todesjahr Benno von Heynitz’, erhielten insgesamt 715 „arme Bergmanns- und Wittben-Knaben, incl[usive] 17 arme Hüttenarbeiters Knaben“ an 46 Schulen Freibergs und der umliegenden „… Land- und Dörferschulen … freyen Schulunterricht im Buchstabieren, Leßen, und Christenthum, auch theils in Schreiben und Rechnen …“,3285 während die Bergmannsmädchen weiterhin lediglich im Lesen und den Lehren des Christentums unterrichtet wurden.3286 Die Einnahmen dafür hatten sich gegenüber den Vorjahren kaum geändert, sie betrugen z. B. 1800/01 von den Freiberger Gewerken knapp 1017 Taler, von der Freiberger Knappschaft weiterhin 150 Taler und von der Hüttenknapp-

3284 Da von Trebra und den übrigen Mitgliedern des Oberbergamtes wegen ihrer „gehäuften Geschäfte“ die Teilnahme an den akademischen Konferenzen nicht immer möglich waren, sollten diese zukünftig von den akademischen Lehrern allein unter Aufsicht des Bergrats Werner (unter wechselndem Vorsitz einer der drei(!) Professoren [zu diesem Zeitpunkt besaßen nur Lampadius und Busse den Professorentitel – H.K.] und Hinzuziehung „… der beiden Lehrer der Bergschule …[Haupt und Garbe – H.K.]“ einmal „Montags vormittags in der letzten Woche jedes Quartals“ erfolgen, wobei über alle akademischen Angelegenheiten einschließlich der der Bergschule beraten werden sollte. Akademisches Protokoll vom 3. Juni 1802, in: UAF, OBA 27, Bl. 129–137 b., hier Bl. 136 f. 3285 Bericht des Zechmeisters Höppner vom 14. (Eingang) Februar 1802 (wie Anm. 1164). 22 dieser 715 Schüler waren nach Höppners Angaben 1801 verstorben, die insgesamt 207 abgegangenen Schüler durch 173 „andere Arme Berg- und Witben Wayßen …“ ersetzt worden – vgl. ebd., Bl. 56. Die Anzeige für das folgende Jahr 1802 reichte der Stollnobersteiger Johann Gottfried Beyer, zugleich Kassenführer der Bergschulkasse, an den neuen Berghauptmann von Charpentier ein. Vgl. dazu den Bericht Beyers (o. D., ebd.) Bl. 58–61. Vgl. dazu auch Beyers Bericht vom 31. Dez. 1803 (ebd.), Bl. 76–83 b. 3286 Vgl. dazu die tabellarische Übersicht der gewerkschaftlichen und knappschaftlichen Schulkasse für 1800/01, in: BergA, BA-F/Cl. A 46/Nr. 3068 a), Vol. II, Bl. 212–217.

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Epilog

schaft 14 Taler.3287 Die Liste der von der Bergverwaltung finanzierten Schullehrer führte der Freiberger Stuhlschreiber Helmert an,3288 der ganz offensichtlich den anspruchsvollsten Unterricht erteilte.3289 Um die besten Bergmannskinder der Ortsschulen für einen erweiterten Schreib- und Rechenunterricht zu gewinnen, sollte der jeweilige Ortsschullehrer zum Zeitpunkt der Schulentlassung „… dem Zechmeister die fähigsten Knaben zur Aufnahme in die Schreibestunden [beim Stuhlschreiber Helmert – H.K.] anzeigen …“3290 20 Jahre später (1820/21) hatte sich die Zahl der im Freiberger Bergrevier mit elementarem Schulunterricht versorgten Bergmanns- und Hüttenarbeiterkindern auf insgesamt 809 Knaben (768 Bergarbeiter- und 41 Hüttenarbeiterkinder) – also um nicht mehr als 5% gegenüber 1800/01 – erhöht,3291 während lediglich 283 Bergmannsmädchen – also nur einem geringen Teil der tatsächlich Bedürftigen – Unterricht im Lesen und Christentum vermittelt wurde.3292 Die Ausgaben an Schulgeld betrugen dafür insgesamt knapp 1190 Taler, also unwesentlich mehr als im Jahre 1801.3293 Wie sich die durchschnittlichen Schülerzahlen in den ersten beiden Dezennien des 19. Jahrhunderts im Freiberger Bergrevier entwickelten, zeigt die folgende Tabelle. Tabelle IX_1_1: Anzahl der im Lesen bzw. Schreiben unterrichteten anfahrenden und nicht anfahrenden Schüler an den Knappschaftlichen Schulanstalten im 10-Jahresdurchschnitt 1801–1810 bzw. 1811–1820

Durchschnittliche Schülerzahl 10-Jahresdurchschnitt 1801–1810

Bergarbeiterknaben nicht anfahrend

Hüttenarbeiterknaben

anfahrend

nicht anfahrend

anfahrend

Lesen

Schreiben

Lesen

Schreiben

Lesen

Schreiben

Lesen

Schreiben

530

90

156

75

27

2

---

1

3287 Vgl. dazu die tabellarische Übersicht der gewerkschaftlichen und knappschaftlichen Schulkasse für 1800/01 (ebd.). 3288 Vgl. dazu den Plan Höppners vom 14. Febr. (Eingang) 1802 (wie Anm. 1164), hier Bl. 52. 3289 Dies ergibt sich schon daraus, dass Helmert insgesamt acht Schüler zum weiterführenden Unterricht aus anderen Schulen zugewiesen wurden. Vgl. dazu den Plan Höppners vom 14. Febr. (Eingang) 1802 (ebd.), insb. Bl. 56. 3290 Bericht Freieslebens vom 16. März 1821 (wie Anm. 417), Bl. 171. 3291 Vgl. dazu den Bericht des Rechnungsführers Pilz vom 25. (Eingang) Febr. 1821 an BHM von Gutschmid, in: BergA, BA-F/Cl. A 46/3068 b), Vol. III, Bl. 157–165 b. Diese Zahlen sind identisch mit denen in der Tabelle vom 23. Febr. 1821, in: BergA, BA-F, C. 46, 3068 b), Vol. III, Bl. 202 f. Zwischenzeitlich (1816), war die Schülerzahl zum Teil schon geringfügig höher gewesen. Vgl. dazu den Bericht des BA Freiberg vom 15. März 1817, in: ebd., Bl. 106 b.–107. 3292 Vgl. dazu die Tabelle vom 23. Febr. 1821 (ebd.). Im Protokoll des OBA, BA und der Knappschaft Freibergs vom 2. Apr. 1821, in: ebd., Bl. 195 f., werden 297 Mädchen genannt. 3293 Vgl. dazu den Bericht Pilz´ vom 25. Febr. (Eingang) 1820 (wie Anm. 3291), Bl. 165 b.

599

Entwicklung des Bergschulwesens bis 1852

Durchschnittliche Schülerzahl

Bergarbeiterknaben nicht anfahrend

Hüttenarbeiterknaben

anfahrend

nicht anfahrend

anfahrend

10-Jahresdurchschnitt 1811–1820

513

62

168

89

30

2

---

2

Vergleich 1. Dekade/ 2. Dekade

– 17

– 28

+ 12

+14

+3

0

0

+1

Gesamt: – 15 Schüler

[Quelle: Tabellarische Übersicht der Einnahmen und Ausgaben der Bergknappschaftlichen Knabenund Mädchenschulen im Freiberger Bergamtsrevier auf die Jahre 1801 bis 1820, gefertigt vom Knappschaftsschreiber Engelschall, in: BergA, BA-F/Cl. A 46/Nr. 3068 b), Vol. III, Bl. 182–184.]

Dass das Bergschulwesen auch in dieser Zeit noch als ein aufeinander abgestimmter Schulkomplex wahrgenommen werden muss, wird aus Einlassungen Freieslebens aus dem Jahre 1821 deutlich: „Da die gemeinen Bergschulanstalten [die Knappschaftlichen Schulanstalten – H.K.] sich endlich an die höhere oder eigentlich hiesige Hauptbergschule anschließen, und dieser letzteren zur Vorbereitung dienen, so hat auch ein gewisses Verhältnis zwischen den Lehrern an beiden Anstalten stattgefunden.“3294

Nach dem am 4. März 1805 verabschiedetem Generale,3295 mit dem die Einteilung der Schulen in zwei Klassen durchgesetzt werden sollte und der Schreib- und Rechenunterricht erneut als verbindlich festgelegt worden war,3296 trat nach Richter eine Zeit relativer Ruhe im Schulwesen ein.3297 Die Knappschaftlichen Schulanstalten standen weiterhin unter der Oberaufsicht des Oberbergamtes; 1820 waren die zu deren Wahrnehmung erforderlichen Revisionen dem Bergrat Freiesleben über-

3294 Bericht Freieslebens vom 16. März 1821 (wie Anm. 417), Bl. 175. Die jeweiligen Lehrer der Freiberger Bergschule waren angewiesen worden, sich deswegen auch von Zeit zu Zeit mit den Lehrern der Ortsschulen ins Benehmen setzen. Vgl. ebd., Bl. 175 b. Vgl. zur verfassungsmäßigen Organisation des bergmännischen Schulwesens zu dieser Zeit auch das Protokoll des OBA, BA und der Knappschaft vom 2. Apr. 1821 (wie Anm. 3292), hier Bl. 189 b.–190. 3295 Vgl. dazu das Generale vom 4. März 1805 (wie Anm. 939). 3296 Dass dies auch diesmal nicht umgesetzt worden ist, zeigt sich darin, dass mit der „Erläuterung“ zu diesem Generale vom 23. Nov. 1811, in: ebd., Sp. 78–83, Ersteres erneut eingeschärft wurde. Vgl. dazu Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 135. 3297 Vgl. dazu Richter (ebd.). Neuerdings ist der Gegenstand des sächsischen Volksschulwesens von Moderow (Volksschule) untersucht worden. Da dieses Kapitel aber zum Zeitpunkt der „Entdeckung“ der Dissertation von Moderow (17.06.09) schon abgeschlossen war, konnte Moderows Arbeit nicht mehr tiefgründig ausgewertet werden.

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Epilog

tragen worden.3298 Unterrichtet wurden die Bergmannskinder nun in etwa 50 Dorf- und Stadtschulen.3299 Trotzdem gab es auch um diese Zeit noch erhebliche Mängel bei der elementaren Bildung von Bergmannskindern, was sich als erstes Anzeichen für eine Stagnation werten lässt. So berichtete der Amtsprediger Samuel Gottlob Frisch3300 (1821) von der Freiberger Eusebienschule, dass von 40 anfahrenden Bergmannsknaben 10(!) noch nicht lesen könnten3301 und manche Schüler Wochen oder sogar Jahre(!) von der Schule fernbleiben würden.3302 Das Schulgenerale vom 23. November 1811 hatte zwar u. a. eine verstärkte Mitbestimmung der „christlichen Behörden“ bei der Besetzung der Lehrerstellen für den Unterricht der Bergmannskinder verfügt,3303 und den seitens der christlichen Verwaltung eingesetzten „Inspektoren“ stand auch die allgemeine Schulaufsicht über die deutschen Schulen zu; aber Letztere war in Bezug auf die „… viele(n) Knaben und Mädchen(,) [die] auf Kosten der Bergknappschaftlichen Schulcasse unterrichtet …“ wurden, eingeschränkt.3304 Die vom Amtsprediger Frisch über den Unterricht der Bergmannskinder an den deutschen Schulen dem Bergrat im Oberbergamt, Johann Carl Freiesleben, erstatteten Anzeige vom Februar 18213305 ist geradezu symbolisch für das eigenartige hierarchische Verhältnis, das hier im Hinblick auf den Unterricht der Berg- und Hüttenarbeiterkinder zwischen den beiden Schulaufsichtsbehörden herrschte.3306

3298 Vgl. dazu das Patent des Oberbergamtes vom 6. Sept. 1860 an das BA Freiberg, in: BergA, BAF/Cl. A 46/Nr. 3068 b), Vol. III, Bl. 138 f. Die Revision der Freiberger Schulanstalten lag nach diesem Patent in den Händen des Obereinfahrers Haupt. Vgl. dazu das Protokoll der Beratung zwischen OBA, BA und Knappschaft vom 2. Apr. 1821 (wie Anm. 3292), hier Bl. 189. 3299 Vgl. dazu den Bericht Freieslebens vom 16. März 1821 (wie Anm. 417), hier Bl. 159. 3300 Der Amtsprediger Samuel Gottlob Frisch war um 1820 für die kirchlichen Behörden als „Spezial-Inspektor“ zur Aufsicht über die Eusebienschule, an der viele Berg- und Hüttenarbeiterkinder unterrichtet wurden, tätig. 3301 Vgl. dazu die Anzeige des Amtspredigers Frisch an Freiesleben vom 26. Febr. 1821, in: BergA, BA-F/Cl. A 46/ Nr. 3068 b), Bd. III, Bl. 185–188 b., hier Bl. 187. 3302 Vgl. dazu die Anzeige des Amtspredigers Frisch vom 26. Febr. 1821 (ebd.), hier Bl. 186. Frisch spricht in diesem Zusammenhang (ebd.) auch von der „Vermietung“ 10-jähriger Bergmannskinder zu Arbeiten. 3303 Vgl. dazu den Bericht Freieslebens vom 16. März 1821 (wie Anm. 417), hier Bl. 159. 3304 Dies belegt letztlich auch die Anzeige des Amtspredigers Frisch an Freiesleben vom 26. Febr. 1821 (wie Anm. 3301), der hier (Bl. 185 b.), die nicht eindeutig geregelte Aufsicht(!) über anfahrende Bergmannsknaben erwähnt. 3305 Vgl. dazu die Anzeige Frischs vom 26. Febr. 1821 (ebd.). 3306 Frisch beantwortete (ebd.), den von Freiesleben gestellten Fragecanon ausführlich und schlug dabei in Bezug auf unterrichtete anfahrende Bergmannskinder gemeinsame Schulbesuche und Prüfungen durch Vertreter des Superintendenten und des Oberbergamtes vor; vgl. ebd., hier Bl. 185 b.

Entwicklung des Bergschulwesens bis 1852

601

Den aktuellen Status der knappschaftlichen Schulanstalten in dieser Zeit (1821) spiegelt der Entwurf eines „Regulativ(s) für das knappschaftliche Bergschulwesen“ wider, in welchem in § 1 Letzterer wie folgt definiert wird: „Zu den Knappschaftlichen Schulanstalten wird der gesamte Unterricht gerechnet, welcher der gemeinen Bergjugend auf Kosten der gewerkschaftlichen(-), landesherrlichen(-) und Knappschaftskassen ertheilt wird.“3307

Danach wurde die offizielle Schulaufsicht über diese Anstalten vom Oberbergamt auf das Bergamt Freiberg übertragen.3308 Den besonderen (privaten) Unterricht an der Schreibe- und Rechenschule [hier beim „Stuhlschreiber“ Helmert – H.K.], deren Status nicht ganz eindeutig formuliert ist, erhielten nach § 30 dieses Regulativs nur die fähigsten anfahrenden Bergmannsknaben (3 x je Woche an zwei Nachmittagsstunden).3309 Auch diese Einrichtung unterlag einer doppelten Aufsicht – einerseits der des jeweiligen Amtspredigers (in Freiberg des mehrfach genannten Samuel Gottlob Frisch), andererseits der des ersten Lehrers der Hauptbergschule, des Prof. für Mathematik an der Bergakademie, Daniel Friedrich Hecht (1777–1833), der auch die Schulrevisionen durchzuführen hatte.3310 Von der Helmert’schen Schreibe- und Rechenschule war ein Übergang zur Freiberger Hauptbergschule möglich, erforderte aber die Bestätigung der entsprechenden Fähigkeiten sowie des Fleißes und der guten (sittlichen) Aufführung des Schülers in einem gesonderten Zeugnis.3311 Unter Bezug auf diese „Schulverordnung“ setzte man seitens der Bergverwaltung zur Assistenz der jeweiligen örtlichen Schulvorsteher in 15 Schuldistrikten Distriktsaufseher ein.3312 Eine wichtige Zäsur innerhalb der Entwicklung im Königreich Sachsen bedeutete die Verfassungsänderung von 1831,3313 die u. a. zur Auflösung des Geheimen Kabinetts sowie des geheimen Rates und zur Bildung von (modernen) „Ministerial-Departements“ (u. a. eines Finanzministeriums) führte.3314 Für die weitere Ent3307 „Regulativ (Entwurf ) für das Knappschaftliche Bergschulwesen“ [Schulregulativ] vom 1. Dez. 1821, in: BergA, BA-F 3068 b), Vol. III, Bl. 226–245, hier Bl. 226. Vgl. dazu das Schulregulativ des OBA vom 1. Dez. 1821 (ebd.), Bl. 220–225 b. 3308 Vgl. dazu das Schulregulativ des OBA vom 1. Dez. 1821 (ebd.). 3309 Schulregulativ des OBA vom 1. Dez. 1821 (ebd.), Bl. 240. 3310 Vgl. dazu das Schulregulativ des OBA vom 1. Dez. 1821 (ebd.), hier Bl. 221 f. 3311 Vgl. § 34 des Schulregulativs des OBA vom 1. Dez. 1821 (ebd.), Bl. 241 f. 3312 Vgl. dazu die Verfügung zum Einsatz von Distriktaufsehern, in: BergA, BA-F 3068 b), Vol. III, Bl. 270–274. 3313 Vgl. dazu grundlegend Schlechte (Staatsreform in Kursachsen). 3314 Für das Berg- und Hüttenwesen war nun das Ministerium der Finanzen zuständig. Vgl. dazu insb. § 41 der „VO, die Einrichtung von Ministerialdepartements …betreffend, vom 7. November 1831 – auszugsweise abgedruckt in Freiesleben (Handbuch der Berggesetzgebung), S. 252. Vgl. zu diesem Vorgang auch die Homepage des Sächsischen Staatsministeriums des Innern, Link „Geschichte“.

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Epilog

wicklung des elementaren- oder Volksschulwesens war die ihr nachfolgende Schulgesetzgebung von großer Bedeutung.3315 Nach Töpfer hatten die „… gesetzlichen Maßnahmen nach 1830 [Hier muss zuerst das Gesetz vom 6. Juni 1835 genannt werden – H.K.] … so etwas wie ein einheitliches sächsisches Schulwesen … erst entstehen (lassen).“3316 Mit der Bildung eines Ministeriums für Kultus und öffentlichen Unterricht,3317 dem nach Richter „… die gesamten Schulangelegenheiten, soweit sie bisher vom Kirchenrat, vom Oberkonsistorium, von der Landesregierung und vom Geheimen Konsistorium zu erledigen waren“, übertragen wurden3318 und das damit zur obersten Schulaufsichtsbehörde avancierte, 3319 und schließlich der Verabschiedung des „Elementar-Volksschulgesetz für die gesamten k[öni]gl[ichen] Sächsischen Lande“ von 18353320 waren wichtige Schritte in Richtung der „Verstaatlichung“ des Schulwesens getan.3321 Allerdings besaß selbst diese Zäsur für das eigentliche Bergschulwesen so gut wie keine Bedeutung, lag dessen Aufsicht doch weiterhin in den Händen der Bergverwaltung. 3315 Vorausgegangen war die Volksbewegung des Jahres 1830, die zu umfassenden Reformen und zum Einsatz einer neuen Regierung führten (Vgl. dazu grundlegend Schmidt (Staatsreform in Sachsen), insb. S. 103–107. Vgl. zur Schulsituation in Sachsen bis zum Erlass des Allgemeinen Schulgesetzes von 1835 v. a. Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens in Sachsen), S. 116–130, sowie die vom Statistischen Verein Dresden 1835 herausgegebene „Übersicht der im Königreich Sachsen bestehenden öffentlichen Gelehrtenanstalten … und Volksschulen … am Schlusse des Jahres 1833“. Zitat nach Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 139. 3316 Töpfer (Bildungsgeschichte), S. 224. 3317 Dieses begann seine Tätigkeit nach Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), S. 357, am 15. Okt. 1831. 3318 Richter (ebd.)., S. 357. Vgl. zur immer noch gemeinsam von Staat und Kirche durchgeführten Schulaufsicht grundlegend auch Löscher, (Kirche und Schule). Der neu ernannte Kultusminister, Dr. Gruner, hatte das Mitglied der Oberamtsregierung Budissin (Bautzen), Dr. Gottlob Lebr. Schulze, in sein Ministerium berufen. Vgl. dazu Schmidt (Staatsreform in Sachsen), S. 119. Vgl. zu Schulzes Wirken grundsätzlich Richter (ebd.), S. 135–139, sowie Schmidt (ebd.), S. 163 f. 3319 Vgl. hierzu Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens in Sachsen), S. 141, sowie Hohendorf (Sächsisches Schulgesetz von 1835), S. 41. Der jeweilige Ortsgeistliche, der unter dem Ephorus als Distrikschulinspektor stand, bildete gemeinsam mit der Patronats- oder Gerichtsobrigkeit die Schulinspektion. (Ebd.). Der Unterschied zwischen den Kinderlehrerschulen und den sogenannten Kirchschulen wurde aufgehoben, jede Schulanstalt bildete nunmehr eine selbstständige Schulgemeinde. Nach Leuschke (Volksschulgesetzgebung), S. 512/513, Zitat (gekürzt) nach Hohendorf (ebd.), S. 39, nahm der Verfassungsstaat zwar „… prinzipiell die Hoheitsrechte über die Schule in Anspruch, … übertrug aber trotzdem … die Aufsicht und Leitung wiederum den kirchlichen Behörden … Die Schule blieb … ein ‚Anhängsel’ der Kirche …“ 3320 Das Schulgesetz vom 6. Juni 1835 war maßgeblich vom Geheimen Kirchen- und Schulrat Dr. Gottlob Lebr. Schulze erarbeitet worden. Vgl. dazu Schmidt (Staatsreform in Sachsen), S. 164 f., Pätzold (ebd.), S. 139, sowie Hohendorf (ebd.), hier insb. S. 40. 3321 Vgl. dazu Richter (Geschichte der sächsischen Volksschule), der S. 357 formuliert: „Damit war die oberste Schulverwaltung aus den Händen der Kirche, die sie im Auftrage des Landesfürsten besorgte, auf eine nichtkirchliche staatliche Stelle übergegangen.“

Entwicklung des Bergschulwesens bis 1852

603

Dieses Gesetz brachte verfassungsmäßige organisatorisch-strukturelle, aber auch finanztechnische und v. a. personelle Verbesserungen des allgemeinen Schulwesens mit sich.3322 Die Lehrer sollten jetzt ein fixes Gehalt erhalten und dadurch nicht mehr direkt auf das Schulgeld der Schulpflichtigen angewiesen sein. Neben den Volksschulen auf dem Lande bildeten die städtischen Volksschulen – in der Folge im Allgemeinen in Bürgerschulen, Bezirksschulen und (weiterhin) Armenschulen unterschieden – den Kern des allgemeinen (elementaren) Schulwesens. Besonders von Bedeutung war die Einrichtung von Schulkassen in jeder Schulgemeinde, aus denen sämtliche Ausgaben für den Erhalt der Schulgebäude, der Lehrmittel und die Besoldung der Lehrer getragen werden sollten. Erstmalig wurde die Erarbeitung von Lehr- und Stundenplänen für alle Schulanstalten durchgesetzt um damit wenigstens einigermaßen vergleichbare Unterrichtsinhalte zu vermitteln. Durch die Ausführungsverordnung vom 9. Juni 1835 zum Schulgesetz war nach der achtjährigen Schulpflicht, die nur in Ausnahmefällen und auf Antrag für über zehnjährige Kinder durch eine vierwöchige Freistellung während der Erntezeit unterbrochen werden durfte,3323 die Einführung von Sonntagsschulen empfohlen worden.3324 Diese dienten der „… Wiederholung, Befestigung und tiefere(n) Einprägung des früher in der Kinderschule [Hierunter ist der Elementarunterricht zu verstehen – H.K.] Erlernten“ als auch zur „… Erweiterung der durch Schulunterricht gewonnenen Kenntnisse und Fertigkeiten“.3325 Deren Durchsetzung als

3322 Das von Schulze 1833 in Leipzig herausgegebenes Buch „Das Volksschulwesen in den K.S. Landen von seiner mangelhaftesten und hilfsbedürftigen Seite dargestellt …“ hatte Zustände z. B. der auf dem Lande verbreiteten Reiheschulen aufgezeigt, in denen die Kinderlehrer Unterricht in den Bauernstuben hielten, die keineswegs besser waren als 60 Jahre früher in vielen kleineren Bergstädten. Sie beweisen aber auch, dass das durch die Bergverwaltung seit den 70er-Jahren des 18. Jahrhunderts allmählich aufgebaute Bergschulwesen sich trotz aller Mängel häufig immer noch wohltuend von dem vernachlässigten Elementarschulwesen vor allem auf dem Lande abhob, und die von Fehrmann (Geschichte der Volksschule), S. 4, dazu aufgestellte Behauptung, die Bergämter hätten nicht zur Entwicklung der „Volksschulen“ beigetragen (vgl. Anm. 418), einfach falsch ist. 3323 Vgl. hierzu im Einzelnen dazu Pätzold (ebd.), S. 139–143. 3324 Während die (allgemeinen) Sonntagsschulen dem Kultusministerium unterstanden, wurden die eigentlichen Gewerbeschulen dem Innenministerium zugeordnet. Vgl. dazu Hunger (Fortbildungsschulwesen), S. 172. Die zur Einführung von Sonntagsschulen in den Bergrevieren angelegte Akte Nr. OBA 2292 „Sonntagsschulen in den Bergstädten“ des BergA Freiberg ist leider für die Benutzung gesperrt. 3325 § 90 der „VO zum Gesetze ueber das Elementar-Volksschulwesen vom 9. Juni 1835“, in: Florey (Elementar-Volkschulgesetz), S. 53, Randnummer 172. Neben Lesen, Rechnen und der Verfassung von Aufsätzen sollte auch den „… Elementen des Zeichnens und Messens…“ und den „… Belehrungen über vaterländische Gesetzgebung und Verfassung, über [den] Wert und Nutzen neuer Erfindungen und Einrichtungen usw.“ Aufmerksamkeit geschenkt werden. (Ebd.) Vgl. dazu auch Hunger (ebd.), S. 169.

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Epilog

Pflichtschulen auf dem Lande konnte aber auch jetzt noch nicht überall realisiert werden.3326 Von Interesse dürfte sein, wie die im Schulgesetz von 1835 verankerte Schulaufsicht durch die „Schulinspektion“3327 innerhalb des Berg- und Hüttenwesens wahrgenommen wurde. Ein späterer, Rückblick nehmender Bericht des Bergamtes an das Oberbergamt zeigt deren verfassungsmäßige Organisation und Wahrnehmung sehr anschaulich.3328 Danach musste man die Bergverwaltung, der ja in etwa ein der Patronats- oder Gerichtsobrigkeit vergleichbarer Status zukam, natürlich auch an der Aufsicht über die innerhalb ihrer Berghoheit liegenden Schuleinrichtungen beteiligen.3329 Die spezielle Kontrolle über die Knappschaftlichen Schulanstalten (bei den jeweiligen Volksschulen) sollte innerhalb der Revierverbände nach Freiberger Vorbild vom regionalen „bergamtlichen Directorium, den Schulcassenund den Schuldirectionsvorstehern“ wahrgenommen werden.3330 Diese hatten ihre Aufsicht nach dem Regulativ auch „... auf den Eifer der Schullehrer ... als [auch] auf den Fleiß und die Aufführung [also die Disziplin – H.K.] der Kinder [und] ihre Aufmerksamkeit ...“ zu erstrecken.3331 Der Vertreter der Bergverwaltung war gehalten, „von Zeit zu Zeit“ die Schulstunden aufzusuchen und sich mit den Lehrern über etwa notwendig zu treffende Veränderungen, soweit dies nicht „die Lehrgegenstände und [die] Lehrmethode“ betraf, ins Benehmen zu setzen.3332 Für die zukünftig wahrzunehmende Schulaufsicht war das Bergamt Annaberg mit einer (vom Oberbergamt vorgesehenen) weitgehenden Reduzierung einverstanden.3333 Das Bergamt formulierte in diesem Sinne zusammenfassend: 3326 Vgl. dazu Hunger (ebd.), S. 164 f., 168. 3327 Vgl. zur Aufsichtsfunktion der nach 1835 neu berufenen (staatlichen) Distrikschulinspektoren auch Löscher (Kirche und Schule). 3328 Vgl. dazu im Einzelnen den Bericht des BA Annaberg vom 11. Juli 1851, in: BergA, OBA 2281, Bl. 74–78. 3329 Einzelheiten dazu regelte ein besonderes Regulativ des Oberbergamtes aus dem Jahre 1838, wie aus dem Bericht des Bergamtes Annaberg vom 11. Juli 1851 (ebd.), hier Bl. 74, hervorgeht. 3330 Bericht des BA Annaberg vom 11. Juli 1851 (ebd.), Bl. 74 b. Im ehemaligen Marienberger Bergrevier war dies jedoch anscheinend entgegen der Regulativregelung lediglich sporadisch vom dortigen Knappschaftsschreiber und Rechnungsführer der bergknappschaftlichen Schulkasse erfolgt; dies zeigte zumindest das BA Annaberg in seinem Bericht rügend an. 3331 Bericht des BA Annaberg vom 11. Juli 1851 (ebd.). 3332 Bericht des BA Annaberg vom 11. Juli 1851 (ebd.), Bl. 74 b., 75. Da die allgemeine und eigentliche Schulaufsicht aber bei den geistlichen- und Ortsobrigkeiten liegen würde – vgl. dazu Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens), S. 141 – hätten sich die Bergbehörden jedoch „... einer unmittelbaren Einmischung in die innern Einrichtungen der Schulen besonders in doctrineller Hinsicht zu enthalten, vielmehr bei wahrgenommenen Unvollkommenheiten mit diesen Behörden zu communicieren ...“ Bericht des BA Annaberg vom 11. Juli 1851 (ebd.), Bl. 75. 3333 Ausgenommen davon sollte aber wegen der damit möglichen Einflussnahme die Verteilung der von Knappschaften und Gewerken bereitgestellten Geldbeiträge sein. Vgl. den Bericht des BA

Entwicklung des Bergschulwesens bis 1852

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„Wollte man nun aber diese Aufsicht der Bergbehörden über die Volksschulen, soweit sie von Bergmannskindern, und namentlich von solchen, welche mit Schulgeld unterstützt werden, ganz aufhören lassen, so würde man wohl eine Controlle über die zweckmäßige Verwendung dieser Unterstützung fast ganz verlieren, die Schulvorstände [die seit 1835 eingesetzten, letztlich dem Kultusministerium unterstehenden – H.K.] würden diese Unterstützung mehr als eine Beihilfe für die Ortsschulcassen, als eine Unterstützung des Bergmannsstandes ... ansehen und dadurch die wohl an Wert und Bedeutung verliehren.“3334 Letztlich sah es das Bergamt jedoch als ausreichend an, wenn die eingesetzten Distriktionsvorsteher möglichst mit der Funktion der Knappschaftsältesten verbunden und diesen „... wenigstens die Befugnis zur Einsicht der Schultabellen [aus der sich die Verwendung der Geldbeiträge ablesen lassen – H.K.] erhalten“ bleiben würde.3335 Bei dieser eingeschränkten Aufsicht der Bergverwaltung über die Knappschaftlichen Schulanstalten blieb es dann auch in der Folge. Die Knappschaftskassen steuerten bis zu den Veränderungen des Knappschaftswesens in den 70er-Jahren des 19. Jahrhunderts jährlich einen festen Beitrag für den Unterricht der Bergmanns- und Hüttenarbeiterkinder bei,3336 der aber nur einen geringen Teil der übrigen Beiträge und (staatlichen) Beihilfen ausmachte.3337 Insgesamt aber änderte sich für die Knappschaftlichen Schulanstalten – es sei denn, die örtlichen Schulen erfuhren wesentliche strukturelle Veränderungen – kaum etwas, denn die Verbesserungen, die eingeführt wurden, erreichten oft erst den Stand, den Erstere bereits längere Zeit bereits besessen hatten – dies galt auch

Annaberg vom 11. Juli 1851 (ebd.), Bl. 75 f. 3334 Bericht des BA Annaberg vom 11. Juli 1851 (ebd.), Bl. 76 f. Das Bergamt wollte zumindest bei Lehren, Eltern und Kindern den Eindruck aufrechterhalten, dass die Verteilung der knappschaftlichen Geldmittel weiterhin in den Händen der Bergverwaltung lag. Vgl. dazu ebd., Bl. 76 b.–77. 3335 Bericht des BA Annaberg vom 11. Juli 1851 (ebd.), Bl. 77 b.–78. Durch die Generalverordnung des OBA vom 19. Apr. 1848, „die Concurrenz der Knappschaftsverordneten bei den knappschaftlichen Schulanstalten betreffend“, sollte dieser Einfluss der Knappschaften auf die Verwendung der Beiträge aus Knappschaftskassen für Schulgeld erhalten bleiben. Diese Generalverordnung ist abgedruckt in: JBfdBuHM (1850), S. 168. 3336 Dieser Beitrag betrug z. B. im Bergamtsrevier Freiberg in den Jahren 1856 und 1866 jeweils 1500 Taler, was etwa 4,3% bzw. 2,2% der Jahresausgaben der Knappschaft ausmachte. Vgl. dazu die JBfdBuHM 1858, S. 68 f., 1868, S. 36. 1872 scheint letztmalig dieser Betrag von der Freiberger Knappschaft gezahlt worden sei; 1873 waren es dann nur noch 375 Taler. Vgl. dazu JBfBuHW 1874, S. 186, JBfBuHW 1875, S. 208. Ab 1883 zahlten auch keine obererzgebirgischen Bergknappschaftskassen mehr in die Schulkassen ein. Vgl. dazu JBfBuHW 1885, S. 176. 3337 1868 machte der Anteil der Knappschaftsbeiträge an den gesamten Unterstützungszahlungen etwa 17% aus. Vgl. dazu das JBfdBuHM 1868 (ebd.). Auf die späteren Zahlungen kann hier nicht eingegangen werden, es sei auf die folgenden Jahrbücher für das Berg- und Hüttenwesen verwiesen.

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Epilog

für die so wichtigen Schulkassen.3338 Die Knappschaftlichen Schulanstalten verblieben innerhalb der Bergreviere in ihrer organisatorischen Anbindung an die Volksschulen.3339 In diesen „bergmännischen“ Volksschulen wurden im Schuljahr 1848 insgesamt 5177 Kinder – davon 2727 Knaben und 2450 Mädchen – unterrichtet.3340 1850 stieg die Zahl der Schüler auf 6794 Kinder – wovon 3433 Knaben und 3362 Mädchen waren –3341 und für das Jahr 1852 rechnete die Bergverwaltung mit insgesamt 7157 Schulkindern.3342 Das Ministerium für Kultus und Unterricht wies dafür dem Oberbergamt jährlich insgesamt 3800 Taler an Unterstützung zu.3343 Bei dieser (gleich bleibenden) staatlichen Unterstützung flossen aus den Berg- und hüttenknappschaftlichen Schulkassen – vor allem aus Beiträgen der Knappschaften und Gewerken – jährlich weitere Geldbeiträge, so 1848 über 2705 Taler, 1850 insgesamt sogar 4910 Taler in diesen Unterricht.3344 Allein für die ebenfalls knappschaftliche Werkschule des Kupferhammers Grünthal standen 1850 reichlich 53 Taler staatlicher Beihilfe sowie über 200 Taler aus der Knappschaftlichen Schulkasse zur Verfügung.3345

3338 Vgl. zu den organisatorischen Änderungen des Schulbetriebes nach 1835 in einzelnen sächsischen Städten und Gemeinden Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens in Sachsen), S. 148–154; leider wird das Freiberger Schulwesen von ihm nicht aufgeführt. 3339 Um die Jahrhundertmitte existierten in den nun nur noch sechs Bergrevieren (1856 waren mehrere westerzgebirgische Bergreviere zum neuen Revier Schwarzenberg vereinigt worden – vgl. dazu Langer (Sächsische Bergamtsreviere), hier S. 112) die Knappschaftlichen Schulanstalten und (in Freiberg) zusätzlich eine gesonderte Hüttenmännische Schulanstalt. Hinzugekommen waren noch eine gesonderte Werkschule der Königlichen Saigerhütte Grünthal sowie eine ebensolche Schule des Königlichen Blaufarbenwerkes Oberschlema. Vgl. dazu den Bericht Friedrich Gotthelf Bärs vom 25. Juni 1848 an das OBA über den Zustand der Berg- und hüttenknappschaftlichen Schulkassen, in: BergA, OBA 2280, Bl. 145–149, hier Bl. 146 b.–147. 3340 Vgl. dazu den Bericht Bärs vom 25. Juni 1848 (ebd.), Bl. 148 b. 3341 Vgl. dazu den Bericht Bärs vom 23. Apr. 1852 an das OBA, in: BergA, OBA 2281, Bl. 51–61, sowie die darin enthaltene „Uibersicht des Zustandes der berg- und hüttenknappschaftlichen Schulkassen auf das Jahr 1850, (ebd.) Bl. 58–61, hier insb. Bl. 58 b.–59. 3342 Vgl. dazu den Bericht des Registrators Carl Friedrich Albrecht vom 18. Mai 1852 an das OBA, in: BergA, OBA 2281, Bl. 153–157, hier Bl. 157. 3343 Vgl. den Bericht Albrechts vom 18. Mai 1852 (ebd.), Bl. 154 b. Vgl. dazu auch das Schreiben des MfKuU vom 8. August 1849 an das OBA Freiberg, in: BergA, OBA 2280, Bl. 155. Die Auszahlung (gegen Quittung) erfolgte an die Oberzehntenkasse Freiberg, die ihrerseits die Geldmittel an die einzelnen Bergreviere bzw. Schulanstalten verteilte. Vgl. dazu auch die diesbezüglichen Auszahlungsbelege vom 31. Mai 1851 bzw. 13. Juni 1851 in: BergA, OBA 2281, Bl. 81–82. 3344 Vgl. dazu den Bericht Bärs vom 23. Apr. 1852 (wie Anm. 3341), hier Bl. 58 b.–59. 3345 Vgl. dazu den Bericht des Verwalters des Königlichen Kupferhammers, Hering, vom 28. März 1851, in: BergA, OBA 2281, Bl. 51–55, hier Bl. 52 b.

Entwicklung des Bergschulwesens bis 1852

607

9.1.2 Die königlich sächsischen Bergschulen

Die Entwicklungsgeschichte der Freiberger Bergschule im 19. Jahrhunderts ist von einem ihrer letzten Lehrer, G. Kaufmann, 1902 in einem kleinen, 20-seitigen Aufsatz abgehandelt worden. Dieser Beitrag enthält allerdings so viele Widersprüche und Fehler, weswegen er als Geschichtsquelle und Forschungsgrundlage nahezu vollkommen ausscheidet. Kaufmanns gesamte Darstellung ist ein Komprimat von Vermutungen – dargestellt in der Möglichkeitsform und voller innerer Widersprüche.3346 Geradezu bezeichnend für Kaufmanns Untersuchung ist es, wenn er behauptet, die Quellen des Oberbergamtes zur Bergschulgeschichte seien „eingestampft“ worden – was sich als frei erfunden herausgestellt hat – und auch die „einzige noch vorhandene Quelle“, die Akten des Bergamtes, würde „… nicht so klar und zusammenhängend (fließen), dass man ein vollständiges Bild …“ aus ihr erhalten würde,3347 „weil das Oberbergamt meist über das Bergamt hinweg verfügte.“3348 Die an Kaufmann anschließende Untersuchung von Weiß aus dem Jahre 1924 enthält auf ca. vier Seiten lediglich einige ergänzende Angaben zur Entwicklung der Freiberger Bergschule in den letzten 20 Jahren ihrer Existenz.3349 Auch diese Schrift kann kaum als Grundlage für eine wissenschaftliche Darstellung der Entwicklung der Freiberger Bergschule herhalten. Im Schul- oder Lehrjahr 1802/03 – d. h. unmittelbar nach dem Ableben Benno von Heynitz’ – unterrichteten insgesamt vier Lehrer an der Freiberger Bergschule: Schichtmeister Haupt – 1. Lehrer und damit „Leiter“ der akademischen Bergschule – Mathematik und Bergbau, Bergschullehrer Gustav Adolph Garbe –3350 später

3346 Auf Einzelheiten kann hier nicht eingegangen werden. Eine typische Satzkonstruktion Kaufmanns (ohne inhaltliche Aussage) ist folgende: „Es scheint übrigens, wie nebenbei bemerkt werden mag, ein eigen Ding gewesen zu sein um Annahme und Zulassung von Schülern zur Bergschule.“ Relativ zuverlässig, wenn auch zeitlich nicht korrekt, gibt Kaufmann lediglich die Namen der wichtigsten Lehrkräfte an der Freiberger Bergschule sowie die von diesen gehaltenen Unterrichtsfächer an. 3347 Einen zusammenhängenderen Aktenbestand über die Freiberger Bergschule als den erwähnten des Bergamtes Freiberg findet man nur selten. 3348 Kaufmann (Geschichtliches über die Freiberger Bergschule), S. A 106. Dass das Oberbergamt über das Bergamt hinweg verfügte, ergibt sich einfach aus der Behördenhierarchie in Sachsen bis 1868. 3349 Vgl. dazu Weiß (Geschichte der Bergschule). 3350 Garbe, der zunächst (ab 1800) nur als Bergschullehrer angestellt worden war, erteilte ab 1802 auch Unterricht in der Zivilbaukunst an der Bergakademie – sicherlich auch ein Beleg für die Sparsamkeit beim Einsatz von Lehrkräften an der Bergakademie. Vgl. Näheres zu Garbes Lehrtätigkeit an der BAF (bis 1812) unter Abschnitt 5.2. Vgl. dazu Reich (Bergakademie Freiberg), S. 11. Für letztere Tätigkeit erhielt Garbe jährlich durchschnittlich 80 Taler an Honorar. So u. a. von Trinitatis 1810 bis Reminiscere 1811. Vgl. dazu den „Extract der Stipendium-GelderRechnung …“ ó Ferals vom 27. Apr. 1811, in: UAF, OBA 270, Bl. 22–25, hier Bl. 23 b.

608

Epilog

stets als Baukondukteur bezeichnet – Arithmetik und Zeichnen,3351 „EdelgesteinInspektor“ Christian August Siegfried Hoffmann3352 Mineralogie sowie „Vesperprediger“ Magister Meiner –3353 ab Ende 1802 ersetzt durch Oberbergamtssekretär Alexander Wilhelm Köhler – deutsche Sprache und die Anfangsgründe des deutschen Stils.3354 Der Unterricht an der Bergschule fand wochentags grundsätzlich erst in den Nachmittagsstunden ab 14.00 Uhr und samstags zwischen 9.00 Uhr und 10.00 Uhr statt.3355 Der Stundenplan an der Freiberger Bergschule dürfte 1802 somit wie folgt ausgesehen haben:3356 Tabelle IX_1_2a: Unterrichtsplan der Freiberger Bergschule im Lehrjahr 1802/03

Name des Lehrers „Edelgestein-Inspektor“ Hoffmann

Unterrichtsfach Mineralogie

Unterrichtstage Unterrichtszeit und Stundenzahl Mo

14.00–15.00

1

Mi

14.00–15.00

1

Sa

9.00–10.00

1

3351 Der Bergfaktor Goldberg kann nach 1800 somit nur wenige Monate als Bergschullehrer tätig gewesen sein. 3352 Hoffmann unterrichtete bis zu seinem Tode 1813. Vgl. dazu Reich (Bergakademie Freiberg), S. 11. 3353 Meiner war 1802 unvorhergesehen zum Pastor nach Lichtenberg berufen worden. Vgl. dazu das Protokoll der Akademischen Konferenz vom 23. Nov. 1802, in: OBA 27, Bl. 139–146, hier insbesondere Bl. 139, 140 b.–141 b. 3354 Vgl. dazu das „Verzeichnis [des OBA] der bey der akademischen Berg-Schule … von Pfingsten 1802 bis Ostern 1803 zu haltenden Lehr-Stunden“ vom 8. Sept. 1802, in: BergA, BA-F/Cl. A 46/Nr. 3273, Bl. 30 f. 3355 Vgl. dazu das Verzeichnis der Lehrstunden 1802 (ebd.). Damit die anfahrenden Bergknaben den Bergschulunterricht auch tatsächlich wahrnehmen konnten, verfügte das Oberbergamt im Februar 1802 gegenüber dem Bergamt, dass allen Bergschülern an Samstagen keine Bergarbeit mehr angewiesen werden dürfe, was natürlich auch für die anfahrenden Bergknaben der Freiberger Bergschule galt. Vgl. dazu das Patent des OBA vom 10. Febr. 1802, in: BergA, BA-F/Cl. A 46/Nr. 3068 a), Vol. II, Bl. 233–233 b. Dem vorausgegangen waren ein Reskript Kurfürst Friedrich Augusts vom 22. Jan. 1802 sowie eine Vereinbarung mit dem Freiberger Superintendenten Brause. Vgl. dazu ebd. Dass es für die anfahrenden Bergschüler nicht immer leicht war, die schwere körperliche Bergarbeit mit der schulischen Ausbildung in Einklang zu bringen, belegt der Antrag des Bergarbeiters Carl Friedrich Kummer auf Lohnerhöhung, den dieser 1804 nur aus dem Grunde stellte, samstags bzw. sonntags nicht mehr anfahren zu müssen und dadurch intensiver Lesen und Schreiben lernen zu können. Vgl. dazu BergA, BA-F/Nr. 3068 (ebd.), Bl. 27. Aus dem „Verzeichnis derer auf Hohenbirckner Zuge ... wohnenden und zur Schule erwachsenen Kinder“ aus dem Jahre 1804 geht aber auch hervor, dass einige „auch der älteren Kinder ... noch nicht zur Schule gegangen …“ waren. Gesiegelte Urkunde für Jonas Freiesleben, in: BergA, BA-F/Cl. A 46/Nr. 3068 a) (ebd.) Bl. 284. 3356 Vgl. dazu auch Kaufmann (Geschichtliches über die Freiberger Bergschule), S. A 110.

609

Entwicklung des Bergschulwesens bis 1852

Name des Lehrers

Unterrichtsfach

Unterrichtstage Unterrichtszeit und Stundenzahl

„Vesperprediger“ Magister Meiner

Grammatik, deutsche Sprache und Stil

Mo

18.00–20.00

2

Fr

18.00–19.00

1

Schichtmeister Haupt [Nachfolger Goldbergs als 1. Lehrer der Bergschule]

Mathematik

Die

14.00–16.00

2

Fr

14.00–16.00

2

Mi

15.00–17.00

2

Arithmetik

Sa

14.00–16.00

2

Zeichenkunst

Do

14.00–16.00

2

Bergschullehrer Garbe

Bergbaukunde

[Quelle: Verzeichnis vom 8. Sept. 1802 über die im Lehrjahr 1802 bis 1803 an der akademischen Bergschule zu haltenden Lehrstunden, in: BergA, BA-F, Cl. A 46, Nr. 3273, Bl. 30 f.]

Neben den weiterhin existierenden „Bergknappschaftsschulen“ bestand das königlich (ab 1806) sächsische Bergschulwesen aus der Hauptbergschule3357 Freiberg und den obererzgebirgischen Bergschulen in Altenberg, Marienberg, Annaberg, Johanngeorgenstadt und Schneeberg.3358 Als Lehrer an der akademischen Bergschule Freiberg, die jährlich durchschnittlich von 30 bis 40 Schülern belegt wurde,3359 unterrichteten 10 Jahre später (1816) der Bergakademieinspektor Breithaupt (Mineralogie), Oberbergamtssekretär Köhler (deutsche Sprache und „gemeinen Stil“), Schichtmeister Hecht, seit 1816 Professor für Mathematik an der Bergakademie (Arithmetik, Geometrie Bergbaukunst und Anfangsgründe der Markscheidekunst) und der „Bauconducteur“ Garbe (Zeichnen). Die Freiberger Hauptbergschule stand zu diesem Zeitpunkt bildungshierarchisch immer noch zwischen der Bergakademie und den obererzgebirgischen Bergschulen, denn an Letzteren erstreckten sich Unterricht und Ausbildung lediglich auf Schreiben, Rechnen, Zeichnen, die Anfangsgründe der Geometrie und den Gebrauch des Kompasses.3360 Bei diesem Ausbildungsinhalt blieb es im Wesentlichen auch in den nächsten Jahrzehnten. Kaufmann erwähnte als Neuerung lediglich die Einführung des Unterrichts in der Zechenregisterführung (1821) und eine geplante Erweiterung 3357 Der Begriff „Hauptbergschule“ konnte erstmals für das Jahr 1807 in den Akten festgemacht werden. Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 1. Juli 1807 an den König über den Abschluss des 41. bergakademischen Lehrjahres, in: OBA 266, Bl. 106–119 b., hier Bl. 116 b. Garbe dagegen verwendete in seinen jährlichen Berichtsanzeigen über die von ihm an der Bergakademie gehaltenen Vorlesungen fast stets nur den Begriff „akademische Bergschule“. Vgl. dazu u. a. den Jahresbericht Garbes vom 6. Apr. 1811 (wie Anm. 2229), hier Bl. 80 b. 3358 Vgl. dazu N.N. (Geschichte und Verfassung der Bergakademie), S. 44. 3359 So die Angabe in: N.N. (ebd.). 3360 Vgl. N.N. (ebd.), S. 44 f.

610

Epilog

des Zeichenunterrichts (ab 1823).3361 Mit der Einstellung des Bürgerschullehrers Johann Wilhelm Pflugbeil bei der Freiberger Bergschule im Jahre 1832 wurde dann auch der Unterricht im (deutschen) Stil und in der Grammatik ausgebaut,3362 sodass der Lehrplan im gleichen Jahr Mineralogie (bei Prof. Breithaupt), Zeichnen (bei Prof. Heuchler), Bergbaukunst, Mathematik und Registerführung (bei Schichtmeister Gustav Adolf Franke – dem Nachfolger Haupts als Bergschullehrer 1828–1846 – und den erwähnten Unterricht bei Pflugbeil umfasst haben dürfte.3363 Hieran hat sich allem Anschein nach auch unter Frankes Nachfolger, Schichtmeister Christian Heinrich Schwamkrug, der die Bergschule zwischen 1846 und 1850 leitete und unter dem diese Einrichtung in das ehemalige Haus von Prof. Lampadius auf der Nonnenquergasse in Freiberg verlegt wurde, nichts geändert.3364 Die von Kaufmann für das Jahr 1842 behauptete, angeblich erstmalig eingeführte Aufnahmeprüfung für Bergschüler, „nachdem man 65 Jahre hindurch die Befähigung der Schüler aus den [bei der Aufnahme einzureichenden – H.K.] Probearbeiten erkennen zu können geglaubt hatte“,3365 erweist sich bei näherer Betrachtung ebenfalls als nicht korrekt, zumal in der vorliegenden Untersuchung nachgewiesen werden konnte, dass das Oberbergamt die Befähigung der Bewerber für den Bergschulunterricht von den Bergämtern, im Einzelfall auch durch gesondert einzuholende Gutachten der Lehrkräfte hat bescheinigen lassen; auf die eingereichten Probearbeiten allein verließ man sich offensichtlich doch nicht. Bei der Funktion der Freiberger und obererzgebirgischen Bergschulen als Vorbereitungsanstalten für die Bergakademie blieb es auch die ersten beiden Dezennien des 19. Jahrhunderts. So konnten beispielsweise von den acht im 41. Studienjahr (1806) abgegangenen bzw. im 42. Studienjahr (1807) noch abgehenden Benefiziaten allein sechs(!) einen vorangehenden Bergschulbesuch nachweisen;3366 3361 Vgl. dazu Kaufmann (Geschichtliches über die Freiberger Bergschule) S. A 113. Ab 1832 soll versuchsweise auch ein Unterricht im „Feldvermessen“ durchgeführt, aber bald danach wieder eingestellt worden sein; vgl. ebd. 3362 Vgl. Kaufmann (ebd.), S. A 116. 3363 Vgl. Kaufmann (ebd.). 3364 Vgl. Kaufmann (ebd.), S. A 118. 3365 Vgl. Kaufmann (ebd.), S. A 117. Tatsächlich finden sich diese Probearbeiten, die den Aufnahmegesuchen der Bergschüler beigefügt waren (bei diesen handelte es sich meist um Zeichnungen von Berggebäuden und deren technischen Anlagen, aber auch um Darstellungen von Gebäuden, Landschaften oder auch solchen eher künstlerischen Inhalts) in den Akten bis 1836. Vgl. dazu im Einzelnen die Akten über die „Aufnahme neuer Bergschüler, Bd. 1 bis 6 (1799–1836), in: BergA, 40010-1, Nr. 1713, 1719, 1720, 1721, 1722 und 1723. Regelrechte Zugangsprüfungen wurden mit dem Bergschulregulativ 1852 eingeführt; vgl. dazu diesen Abschnitt weiter unten. 3366 Vgl. dazu im Einzelnen die Studientabelle I auf das Ostern 1807 eintretende 42. Lehrjahr, UAF, OBA 266, Bl. 125–126

Entwicklung des Bergschulwesens bis 1852

611

von den übrigen insgesamt 25 Studenten („wirkliche(n) Akademisten“, „Expectanten“ und Sonstige) hatten weitere 11 vor ihrem Studium eine der Bergschulen besucht.3367 Bergakademieinspektor Werner nannte im Zusammenhang mit der Zielstellung, „gute(..) Zöglinge(..)“ für die Bergakademie heranzuziehen, die Freiberger Bergschule, „und nach dieser noch vorzüglich die Schneeberger bzw. Johanngeorgenstädter“ Bergschule, die deshalb „… stets in guten und vollen Zustand erhalten werden“ müssten.3368 „Denn nächst den eigentlichen Zweck derselben – die Heranziehung guter Steiger und Geschwornen – dienen sie zu vorzüglichen Pflanz-Schulen für die Bergakademie“, betonte der Inspektor.3369 Wie dieser spezielle Zweck der Bergschulanstalten noch kurz nach der Jahrhundertwende umgesetzt wurde, sollen die folgenden Beispiele belegen: Von den insgesamt 24 „wirklich studierenden Akademisten“, „Expectanten“ bzw. sonstigen unentgeltlich Studierenden, die sich – unabhängig von ihrem Studenten-„Status“ – im Jahre 1803 noch auf der Bergakademie befanden, hatten 12 entweder die Freiberger oder eine der obererzgebirgischen Bergschulen bzw. (einer) die Bergschule in Eisleben absolviert. Drei der im gleichen Jahr neu zum Studium Zugelassenen waren vorher auf eine der obererzgebirgischen Bergschulen und zwei auf die Freiberger Bergschule gegangen, wobei einer der Letzteren zusätzlich noch den Privatunterricht des Bergschullehrers Haupt in Anspruch genommen hatte. Wie die Verbindung zwischen Bergschule und Bergakademie bzw. die berufliche Zukunft ehemaliger Bergschüler aussah, die die Bergakademie zwischen 1804 und 1807 beendeten, zeigt die folgende Tabelle:3370

3367 Vgl. dazu die Studientabellen I, II und III auf das Ostern 1807 eintretende 42. Lehrjahr (ebd.), Bl. 127–132 b. Von den vier um Neuaufnahme und unentgeltlichen Unterricht ersuchenden „Subjekten“ hatte allerdings nur einer eine Bergschule besucht. Vgl. dazu die Studientabelle V auf das Ostern 1807 eintretende 42. Lehrjahr (ebd.), Bl. 133–134 b. 3368 Auf die oft eigentümliche Verwendung des Akkusativs durch Werner wurde schon hingewiesen. 3369 Vgl. dazu den Vortrag Werners vom 15. Juni 1811, in: UAF, OBA 270, Bl. 60–74, hier Bl. 72 b. 3370 Vgl. dazu die Studientabellen I–IV (bzw. V) des 38. (1803) bis 42. (1807) akademischen Lehrjahres, in: UAF, OBA 262, Bl. 106–115 b.; OBA 263, Bl. 100–111 b.; OBA 264, Bl. 121– 130 b.; OBA 265, Bl. 116–125 b, sowie OBA 266, Bl. 125–137 b.

Schneeberg

Eisleben

Dresden

Schneeberg

Freiberg

(Müller, Johann August)

Gubner, Friedrich Gottlob

Röhling, Christian Gottfried

Trauzolt, Gotthelf Friedrich

Schlema

Weiß, Gottlob Fürchtegott

Freystein, Gottlob Friedrich

Freiberg

Saigerhütte Grünthal

Marhold, Karl Ehregott

Müller, Johann Christian Dankegott

Langenau bei Freiberg

Dresden

Hösel, Heinrich Traugott

Franke, Carl Friedrich

Herkunft

Name

besaß „die nöthigsten Schulkenntniße“

8 Jahre bei Garnisionskantor zu Dresden

Privatunterricht bei dem Vater und Gymnasium Eisleben

4 Jahre Gymnasium Freiberg

1801

2 Jahre Bergschule Freiberg

3 Jahre Bergschule Freiberg

2 Jahre Bergschule Schneeberg

3 Jahre Bergschule Johanngeorgenstadt

(2 ½ Jahre Bergschule Eisleben)

3 Jahre Bergschule Schneeberg

1 Jahr Bergschule Schneeberg

1802

1802

1802

1802

1802

1802

1801

2 Jahre Bergschule Freiberg

1799

k. A./Bergschule Freiberg

(Expektanten)

7 Jahre Stadtschule Schneeberg (2. Klasse)

Dorfschule Schlema, Stadtschule Schneeberg (1. Klasse)

8 Jahre Gymnasium Freiberg (2. Klasse)

Schule Grünthal

Dorfschule Langenau

1799

1805

1807

1806

1805

1806

1806

1805

1805

1805

1804

Studien- Studienbeginn ende

2 Jahre Privatunterricht beim Bergmeister Aurich zu Altenberg

Dauer und Ort des Bergschulunterrichts (wirkliche Studierende)

Privatunterricht in Dresden und Altenberg

Schulbesuch

Tab._IX_1_2b: Bergschüler mit Bergakademieabschluss 1804–1807, einschließlich ihrer beruflicher Perspektive

Hüttenschreiber zu Freiberg

Maschinenmeister zu Meißen

Bergverwalter in Kommern

k. A.

Schichtmeister zu Schneeberg

k. A.

Schichtmeister zu Freiberg

Münzwardein zu Dresden

Markscheider und Schichtmeister zu Freiberg

Schichtmeister und Bergschullehrer in Altenberg

Spätere bekannte berufliche Stellung

612 Epilog

Bergmann aus Johanngeorgenstadt

Mühlberg

Freiberg

Wagner, Gustav Traugott

von Engel, Julius Wilhelm

Schaalich, Karl August

Dauer und Ort des Bergschulunterrichts

Privatunterricht in Freiberg

k. A./Bergschule Freiberg

1803

1803

k.A./Bergschule Freiberg, Privatunterricht im Bergbau beim Bergschullehrer Haupt

Gymnasium Coburg

1803

k. A./Johanngeorgenstadt

Privatunterricht beim Rektor bzw. öffentlichen Unterricht in Stadtschule Johanngeorgenstadt

1803

1803

1801

1802

2 Jahre Bergschule Johanngeorgenstadt und Privatunterricht in BBK und MSK bei Bergschullehrer Siegel

k. A./Bergschule Johanngeorgenstadt und Marienberg

3 Jahre Bergschule Freiberg

k. A./Bergschule Freiberg

1808

1804

1807

1807

1806

1805

1807

Studien- Studienbeginn ende

1798 bis 1800 Studium auf Uni Wittenberg

Privatunterricht beim Rektor bzw. öffentl. Unterricht in Stadtschule Johanngeorgenstadt

6 Jahre Privatunterricht

hatte „blos Dorf-Schulunterricht“

(unentgeltliches eingeschränktes Studium, v. a. Bergbau)

Schulbesuch

Oberzehntner in Annaberg

k. A.

Kirchner zu Schneeberg

Prof. an der Bergakademie

k. A.

Zubußbote in Freiberg

Zwitterstocksfaktor in Altenberg

Spätere bekannte berufliche Stellung

[Quelle: Studientabellen des 38. (1803) bis 42. (1807) akademischen Lehrjahres, in: UAF, OBA 262, Bl. 106–115 b.; OBA 263, Bl. 100–111 b.; OBA 264, Bl. 121–130 b.; OBA 265, Bl. 116–125 b, sowie OBA 266, Bl. 125–137 b.]

Sosa

Hecht, Daniel Friedrich

Müller, Christian Gotthold

Bergmann aus Johanngeorgenstadt

Bergmann aus Freiberg

Böhme, Karl Aron

(Neuaufnahmen)

Bergmann aus Kleinschirma

Herkunft

Schmidhuber, Johann Friedrich

Name

Entwicklung des Bergschulwesens bis 1852

613

614

Epilog

Das zahlenmäßige Verhältnis des Besuchs der Freiberger zu einer der obererzgebirgischen Bergschulen betrug im genannten Zeitraum 8:8. Von den insgesamt 23 „wirklichen“ Akademisten und „Expectanten“, die 1803 schon ein Jahr oder länger auf der Bergakademie studierten und auch weiter auf ihr verbleiben wollten, hatten insgesamt sechs vor ihrem Studium die Bergschule Freiberg, drei die Bergschule Schneeberg, sowie jeweils einer die Bergschule in Johanngeorgenstadt bzw. Eisleben besucht.3371 Dass sich unter den Bergakademisten auch einige Bergarbeiter befanden, die allesamt vorher eine der Bergschulen frequentiert hatten, zeigt, welche Bedeutung der Bergschulunterricht in diesem Zeitabschnitt noch für die spätere berufliche Entwicklung im Bergwesen besaß.3372 Der spätere berufliche Einsatz3373 der ehemaligen Bergschüler zeigt zudem um diese Zeit die Möglichkeit auf, innerhalb des Bergwesens im Einzelfall und unter günstigen Umständen auch aus dem durch Geburt „zugewiesenen“ gesellschaftlichen Stand auszubrechen.3374 War dies vor 1800 u. a. bereits dem ersten Bergschullehrer, Lempe, gelungen, schaffte es nach 1800 der aus Sosa stammende Daniel Friedrich Hecht, der vom „Bergpurschen“ zum Professor an der Bergakademie aufstieg.3375 3371 Vgl. dazu im Einzelnen die Studientabellen I–III für das Ostern 1803 eintretende 38. akademische Lehrjahr, in: UAF, OBA 262, Bl. 108–113 b. Einer der Bergakademisten hatte einen vergleichbaren Unterricht beim Bergmeister Aurich in Altenberg, einer bei Prof. Lempe Unterricht in Mathematik, Bergbaukunst bzw. Zeichnen erhalten; zwei weitere gaben ebenfalls einen solchen Unterricht an, ohne den Namen des Lehrers zu nennen. Vgl. dazu ebd. 3372 Diesen ehemaligen Bergschülern wurde dazu auch ein gutes Zeugnis durch ihre Bergschullehrer ausgestellt; auch Lehrer der Bergakademie gaben in ihren Jahresberichten im Einzelfall positive Prognosen zur beruflichen Zukunft ihrer „Zöglinge“ ab; auf Einzelheiten dazu kann an dieser Stelle aber nicht eingegangen werden. 3373 Die Angaben der späteren Stellung wurden entnommen aus der Festschrift 1866 bzw. aus: UAF, Findmittel Inv[entar] Stip[endium]. Der Studienbeginn wurde im Einzelfall nach der Aktenlage berichtigt; vgl. dazu UAF, OBA 261, Studientabellen Bl. 125–136 b.; OBA 262, Bl. 112–123. 3374 Als Motivation der kursächsischen Bergverwaltung dafür dürfte allerdings nicht das hergehalten haben, was später einmal vom preußischen Staatsminister, Reichsfreiherrn vom und zum Stein (dieser hatte von 1782–1783 an der Bergakademie – ohne den Status eines Bergakademisten – studiert; vgl. dazu die Matrikelunterlagen des UAF) für die preußische Agrarreformen formuliert worden war, nämlich „… alles zu Entfernen, was den Einzelnen bisher hinderte, den Wohlstand zu erlangen, den er nach dem Maße seiner Kräfte zu erreichen fähig war“. „Edikt über die Bauernbefreiung“ vom 9. Oktober 1807, auszugsweises Zitat nach König (Geschichte der Berufsbildung), S. 189. 3375 Hecht hatte vor seinem Studium an der Bergakademie in Schneeberg vom 5. bis 14. Lebensjahr Unterricht im Christentum, Rechnen und Schreiben und vom 10. bis 15. Lebensjahr Privatunterricht bei seinem Vater, der Prediger in Schneeberg war, in der lateinischen und griechischen Sprache erhalten. Anschließend besuchte er das Lyzeum in Schneeberg, wo er in diesen Sprachen weitergebildet wurde, aber auch noch Unterricht in der reinen Mathematik erhielt. Ab 1798 hörte Hecht auf der Universität Wittenberg Jurisprudenz, Philosophie, Kameralistik und Mathematik. Wegen des Todes seines Vaters musste er 1800 die Universität verlassen. 1801

Entwicklung des Bergschulwesens bis 1852

615

Erst unter dem 1821 zum Berghauptmann bestallten3376 Siegmund August Wolfgang Freiherrn von Herder (1776–1838),3377 dem späteren (ab 1826) Oberberghauptmann, kam es zu einer „Rückbesinnung“ auf die ursprünglichen Aufgaben vor allem der obererzgebirgischen Bergschulen.3378 Noch im Jahre 1825 hatten 17 der 26 „wirklich recipirten Beneficiaten“ sowie 10 der erfassten 14 „zeitherigen Expectanten“ eine der Bergschulen in Freiberg oder im oberen Erzgebirge besucht.3379 Der größte Teil beider Gruppen besaß zugleich eine höhere Schulausbildung, die ihnen an einem Gymnasium oder einer vergleichbaren Schule vermittelt worden war –3380 so von den 17 Bergschülern der ersten Gruppe (der Benefiziaten) 14,3381 und von den 10 „Expectanten“ mit Bergschulerfahrung sieben das Gymnasium in Freiberg.3382

3376 3377

3378 3379

3380

3381 3382

wurde er auf die Bergschule Johanngeorgenstadt aufgenommen, betrieb aber zugleich praktische Bergarbeit. Beim Bergschullehrer Siegel erhielt er außerdem freien Unterricht in der Bergbaukunst und der Markscheidekunst. 1803 wurde Hecht als „Expectant“ und schließlich 1804 als „wirklicher Akademist“ auf die Bergakademie aufgenommen, wo er Bergbaukunst, Oryktognosie, reine und angewandte Mathematik, Physik, Bergrecht, Bergmännischen Geschäftsstil, Zeichnen, Baukunst, Geognosie, angewandte und höhere Mathematik, Bergmaschinenlehre und Markscheidekunst hörte. Alle Angaben nach OBA 100, Bl. 145 b.–146. Nach seinem Studium setzte man ihn zunächst als Schichtmeister ein. Vgl. dazu die „Studientabelle I auf das mit Ostern 1807 eintretende 42ste akademische Lehrjahr, in: UAF, OBA 266, Bl. 125–126. Nach Kaufmann (Geschichte der Bergschule Freiberg), S. 30, war Hecht zwischen 1813 und 1827 Bergschullehrer der Hauptbergschule Freiberg. Wie schon vor ihm Prof. Lempe und Schichtmeister Erler versuchte sich auch Hecht an der literarischen Umsetzung montanpraktischer Themenstellungen. Während seiner Tätigkeit als Professor für Mathematik gab Hecht mehrere Lehrbücher über Mathematik, mechanische Wissenschaften bzw. Markscheidekunst heraus, so im Jahre 1819 u. a. sein Lehrbuch „Erste Gründe der mechanischen Wissenschaften“. Für die akademische Bergschule erschien sein „Lehrbuch der Arithmetik und Geometrie zum Gebrauch des Unterrichts bey der academischen Bergschule Freyberg“. Vgl. zu diesen Bestallungen Wappler (Oberberghauptmann von Herder), S.103 f. Nach dem Tode des OBHM von Trebra (16. Juli 1819) war dessen Stelle nicht wieder besetzt, sondern – wie schon einmal zwischen 1785 und 1801 unter von Heynitz – durch den damaligen Berghauptmann Freiherrn von Gutschmid mit verwaltet worden – vgl. dazu Wappler (ebd.), S. 98. Vgl. dazu die Studientabelle I auf das Michaelis 1825 beginnende 60. akademische Lehrjahr, in: UAF, OBA 284, Bl. 205–212 b. Einer von ihnen hatte Privatunterricht auf der Bergschule in Schneeberg und zwei weitere den ebenfalls privaten Unterricht in „Bergwerkskenntnissen“ erhalten. Vgl. die Studientabelle II auf das Michaelis 1825 beginnende 60. akademische Lehrjahr, in: ebd., Bl. 213–216 b. Die sogenannten Admissen und Extraneer sind hier nicht mit erfasst worden. Hierzu rechnete der Autor auch den Besuch der Kreuzschule bzw. der Freimaurerschule in Dresden, der Klosterschule in Roßleben, den Besuch des „Lycaeo“ in Annaberg oder – wie beim späteren Berghauptmann von Beust – den offensichtlich höheren Privatunterricht eines Adelssprosses. Vgl. dazu die Studientabelle I (wie Anm. 3378). Vgl. dazu die Studientabelle II, (wie Anm. 3379). Insgesamt existierte damit zwischen dem Besuch einer Bergschule bzw. dem einer (höheren) Schule als Voraussetzung für ein Studium

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Epilog

Freiherr von Herder betrieb jedoch von Beginn seiner Tätigkeit als Oberberghauptmann an das Zurückdrängen der Bergschulen als Vorstudienanstalten für die Bergakademie. Nachdem er in seinem „Directorial-Vortrag“ vom 17. September 1828 die Entwicklung der Bergakademie kritisch betrachtet3383 und auf die Vorbildrolle der „Ecole polytechnique zu Paris“ und weiterer Pariser Bildungseinrichtungen, wie der „Ecole des mines“, verwiesen hatte,3384 brachte er in Bezug auf das notwendige Niveau der Bergschulausbildung das Folgende zum Ausdruck: „Es können daher die Bergschulen auf keine Weise gleichzeitig als Anstalten zur Vorbereitung für die Bergakademie betrachtet werden, weil ihre Lehrgegenstände und die Art ihrer Behandlung nur die Bildung von vorzüglichen Arbeitern, aus welchen nachher Steiger, Werkmeister und Geschworne zu wählen sind, [wie zu Beginn der BergschulAusbildung – H.K.] bezwecken, und ohne wesentlichen Nachtheil von keinem höhern Standpunkte, als es für diese praktischen Bergleute erforderlich ist, ausgehen dürfen, auch bereits praktische Kenntniße voraussetzen, dagegen keineswegs dafür eingerichtet sind, die für die Bergakademie erforderliche Vorbildung zu gewähren, zumal auch das ganze Bergschülerpersonal in der Regel keineswegs durch Erziehung, frühzeitige Schulbildung und äußere resp[ektive] Vermögensverhältnisse[sic!] für gelehrte oder höhere Stellungen berufen ist.“3385

Von Herder bezeichnete die Zulassung von Absolventen einer der Bergschulen in Freiberg oder dem oberen Erzgebirge „nicht nur [als] unzulässig, sondern selbst ohne allen Nutzen“, bzw. als „geradezu schädlich“.3386 Durch eine solche Zulassung würden nämlich die für den praktischen Bergbau bestimmten Bergschüler „… von sich eine Einbildung bekommen, die sie aus ihrem eigentlichen Berufskreise in der Klasse der Arbeiter heraustreten und diesen vernachlässigen …“ ließen. [sic!]3387 Die darin zum Ausdruck kommende Intention von Herders wurde auch bald darauf umgesetzt.3388 In einem späteren Patent des Oberbergamtes, dessen Inhalt maßan der Bergakademie ein relativ ausgeglichenes Verhältnis. 3383 Vgl. dazu den „Direktorial-Vortrag“ von Herders vom 17. Sept. 1828, in: UAF OBA 15, Bl. 1–50 b., insb. Bl. 1 b.–3 b. Von Herder hatte diesen „Vortrag“ bereits vorab an den König gesandt; vgl. dazu ebd., Bl. 1 f. 3384 Direktorialvortrag von Herders vom 17. Sept. 1828 (ebd.), Bl. 4 f. In diesem Zusammenhang formulierte von Herder, dass man in „… Kunst und Wissenschaft … auch gegen das Ausland zurück(geblieben)“ wäre. (Ebd.), Bl. 2 b. 3385 Direktorialvortrag von Herders vom 17. Sept. 1828 (ebd.), Bl. 8 b.–9. Hervorhebungen d.d.A. 3386 Direktorialvortrag von Herders vom 17. Sept. 1828 (ebd.), Bl. 9 f. 3387 Direktorialvortrag von Herders vom 17. Sept. 1828 (ebd.), Bl. 10. Von Herder verfiel somit in alte Denkmuster, die schon in denn 1780er Jahren von der Zwitterstockgewerkschaft in Zinnwald als Argumentation gegen den Bergschulbesuch verwendet worden waren. 3388 Der König hatte in einem Reskript geäußert, die von Herderschen Ideen „mit genädigstem Wohlgefallen aufgenommen“ zu haben. Reskript König Anton I. vom 3. Okt. 1828, in: UAF, OBA 15, Bl. 51 f., hier Bl. 51 b.

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geblich vom Willen des Oberberghauptmannes bestimmt worden war, hieß es, dass man den eigentlichen Zweck der obererzgebirgischen Bergschulen, nämlich „die Heranbildung brauchbarer Subjecte zu Steigern, aus den Augen verloren [habe] und [in der Vergangenheit – H.K.] diese Bergschulen als eine Vorbereitung junger Leute … fuer die Bergacademie angesehen worden …“ seien.3389

Vor allem die obererzgebirgischen Bergschulen sollten deshalb wieder „… jederzeit hauptsaechlich eine Pflanzschule fuer Steiger bleiben und dieser Hauptzweck derselben … nicht andern Ruecksichten aufgeopfert werden …“3390 Mit dieser durch Freiherrn von Herder selbst mit initiierten Entscheidung musste naturgemäß auch ein Zurückführen des Niveaus der Ausbildung an den Bergschuleinrichtungen im oberen Erzgebirge in Kauf genommen werden.3391 Wenn die Bergschulen nicht mehr als „Vorstufe“ für ein Studium an der Bergakademie fungieren durften, reichte naturgemäß ein niedrigeres Ausbildungsniveau als das bis dahin an diesen Ausbildungsstätten gebotene aus, zumal dann bei der Auswahl und Prüfung ihrer Schüler auf die Option eines anschließenden bergakademischen Studiums keine Rücksicht mehr genommen werden musste. Vier Jahre darauf, in dem zu Michaelis 1835 beginnenden Studienjahr, hatten von den insgesamt 13 „… bereits recipirten [hier im Sinne von angenommenen Studierenden – H.K.] und für gedachtes Jahr zu recipirenden wirklichen Akademisten“ gerade einmal vier eine Bergschule, davon kein Einziger die von Freiberg besucht.3392 Bei den „wirklichen Akademisten“ war somit der Anteil ehemaliger Bergschüler von 67,5 % auf nunmehr knapp über 30 % zurückgegangen. Der Besuch einer Bergschule schien somit nur noch im Ausnahmefall eine Zulassung auf die Bergakademie zu rechtfertigen. Der Oberberghauptmann hatte damit sein Ziel, den jahrelang gepflegten Status der Bergschulen als „Pflanzschulen“ der Bergakademie zu beenden, zwar nicht völlig erreicht, war diesem aber sehr nahe gekommen. Einer besonderen Erwähnung bedarf noch die Errichtung der „Mechanischen Baugewerkenschule“ in Freiberg und deren Verhältnis zur Freiberger Hauptberg3389 Patent [des OBA] über die obergebirgischen Bergschulen, 1831, in: JBfdBuHM 1833, S. 148 f. 3390 Patent [des OBA] über die obergebirgischen Bergschulen (ebd.), hier S. 149. 3391 Hierin schien auch eine der Hauptursachen für das später durch von Beust festgestellte niedrige Niveau der Bergschulen überhaupt und die 1852 erfolgte Aufhebung der obererzgebirgischen Bergschulen zu liegen. 3392 Zwei hatten die Bergschule von Annaberg, zwei die von Schneeberg absolviert. Von diesen wiederum hatten zwei unmittelbar vor Aufnahme des Studiums einen nicht näher bezeichneten Privatunterricht erhalten, zwei weitere waren vier Jahre lang (ebenfalls privat) „in den Humanioribus“ unterrichtet worden. Vgl. hierzu die „Studien-Tabelle auf das mit Michaelis 1835 eintretende 70. akademische Lehrjahr, I, für die … wirklichen Akademisten, in: UAF, OBA 294, Bl. 237–242 b, hier insb. Bl. 238 b.–240.

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schule. Nach einem auf Ersuchen des Ministeriums des Innern verfassten Schreiben des Finanzministeriums vom September 1840 sollte eine Begutachtung dahingehend erfolgen, ob es nicht wegen der in Freiberg gegebenen besonderen Bedingungen [Vorhandensein der Bergschule, vielfältiger bergbaulich-technischer Einrichtungen sowie der technischen Sammlungen der Bergakademie – H.K.] möglich sein würde, hier die dringend gebotene fachliche Qualifikation künftiger Brunnen- und Röhrmeister sowie von Mühlgezeugarbeitern durchführen zu lassen.3393 Bereits ein Jahr darauf konnte in Freiberg die „Mechanische Baugewerkenschule“3394 mit zunächst 14 Bewerbern – meist „Mühlpurschen“ und Zimmergesellen, aber auch einem Zeug- und Maschinenarbeiter –3395 eingerichtet werden.3396 An ihr erfolgte die Ausbildung in zwei Halbjahreskursen.3397 Zulassungsvoraussetzung waren der Nachweis entsprechender elementarer Schulkenntnisse und ein längerfristiges Ausüben des jeweiligen Gewerbes.3398 Zwischen dem Oberbergamt und dem jeweiligen Direktor der Baugewerkenschule fand ein regel-

3393 Vgl. dazu das Reskript des Finanzministeriums vom 30. Sept. 1840 an das OBA, in BergA, OBA 2302, o. Bl.; Näheres dazu in der umfangreichen (stark beschädigten) OBA-Akte 2302 des BergA, deren einzelne Blattzahlen nicht mehr zu lesen sind. In diesem Reskript wird auf die „Ständische Schrift über das allerhöchste Decret, die Prüfung der Bauhandwerker betreffend“ sowie eine entsprechende Mitteilung des Ministeriums des Innern, unter dessen Aufsicht ja die Gewerbe- und Bauschulen standen, Bezug genommen. 3394 Bei der mechanischen Baugewerkenschule handelte es sich um eine besondere Form der sonstigen zum damaligen Zeitpunkt in Sachsen bestehenden fünf Baugewerkenschulen, an denen man z. B. Zimmerer, Maurer und Steinhauer ausbildete. Vgl. Näheres zu Letzteren bei Reichelt (Baugewerkenschulen), insb. S. 182–184, der die Freiberger Einrichtung allerdings nicht erwähnt. 3395 Vgl. die Liste der Bewerber in: BergA, OBA 2302 (wie Anm. 3393), o. Bl. 3396 Die Schulorganisation dieser Gewerbeschule selbst basierte auf dem Gesetz für die Schüler der gewerblichen Bildungsanstalten von 1841 bzw. dem gesondert verabschiedeten „Organisationsplan für die mechanische Baugewerkschule zu Freiberg“ aus dem gleichen Jahr. Beide Vorschriften sind abgedruckt in: ebd., Letztere Bl. 91–99 b. 3397 Vgl. dazu sowie zur Eröffnung dieser Schule das Schreiben des Amtshauptmannes ReicheEisenstuck vom 2. Okt. 1841 an das OBA (ebd.), o. Bl. Letzterer, der selbst als Direktor dieser Gewerbeschule fungierte, unterstand wiederum der speziellen Aufsicht der (1835 gebildeten) Kreisdirektion bzw. des diesem übergeordneten Innenministeriums. Vgl. dazu Näheres (ebd.) o. Bl. An den Baugewerkenschulen fanden die Halbjahreskurse jeweils im Winterhalbjahr statt. Vgl. dazu Reichelt (Baugewerkenschulen), S. 178. 3398 Vgl. dazu § 2 des Organisationsplanes für die mechanische Baugewerkenschule von 1841 (ebd.). Die Schule selbst stand zwar zunächst in keiner unmittelbaren Verbindung zur Freiberger Bergschule, für die fachliche Ausbildung jedoch durften vor allem die im Freiberger Bergrevier vorhandenen betrieblichen und technischen Einrichtungen – so das Amalgamierwerk und die königliche Maschinenbauanstalt zu Halsbrücke – zweieinhalb Tage je Ausbildungswoche genutzt werden; Dazu hatten die Bergbehörden entsprechende Gelegenheit zu gewähren. Vgl. dazu und zum konkreten Unterrichtsinhalt § 6 des Organisationsplanes (ebd.), Bl. 97 b.

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mäßiger Austausch über die Nutzung dieser Schule statt.3399 Außerdem standen Bibliothek und Sammlungen der Bergakademie den Auszubildenden zur Verfügung.3400 Der Professor für Bergbaukunst der Bergakademie, Moritz Ferdinand Gätzschmann, sowie Christian Friedrich Brendel als Direktor der Maschinenbaudirektion3401 scheinen die fachliche Aufsicht über den dort gehaltenen Unterricht geführt zu haben.3402 Mehrfach finden sich Aktenhinweise, wonach Angestellte der Maschinenbaudirektion als Lehrkraft für den Unterricht an der Baugewerkenschule gewonnen worden seien.3403 Die „Lehranstalt für Brunnen- und Röhrmeister- sowie Mühlenzeugarbeiter“, wie man die mechanische Baugewerkenschule auch noch nannte,3404 stand bei ihrer Etablierung von ihrer Anlage – also unter dem Blickwinkel ihres Standes in der beruflichen Ausbildungshierarchie her betrachtet – ohne Zweifel unterhalb der Freiberger Bergschule. An ihr waren nicht nur die Zugangsvoraussetzungen niedriger als an Letzterer, auch der Ausbildungszeitraum war mit zwei Halbjahreskursen wesentlich kürzer als an der Bergschule. Selbst der Unterrichtsinhalt dürfte anfangs ein wesentlich geringeres Niveau besessen haben, was schon daraus offensichtlich wird, dass an der Bergschule Freiberg der Unterricht durch Professoren der Bergakademie (um 1840 durch Breithaupt in Mineralogie und Heuchler im Zeichnen) oder bewährte, umfassend gebildete Schichtmeister (z. B. Franke) bzw. den Bürgerschullehrer Pflugbeil erfolgte. An der mechanischen Baugewerkenschule dagegen unterrichteten relativ junge, erst kurzzeitig in der unteren Bergverwaltung stehende, meist selbst nur einen Bergschulabschluss besitzende niedere Bergbeamte.3405 Aber dieses Verhältnis zwischen Letzterer und der Hauptbergschule änderte 3399 Vgl. hierzu die diesbezüglichen Schreiben, so die von Reiche-Eisenstuck bzw. von dessen Nachfolger Dr. Zahn (ebd.), o. Bl. 3400 Vgl. dazu ebd., o. Bl. 3401 Vgl. zum Wirken Brendels sowie den Aufgaben der Maschinenbaudirektion grundlegend (jüngst) Wagenbreth (C.F. Brendel). 3402 Vgl. dazu Gätzschmanns Bericht vom 13. Sept. 1841 an das OBA, (ebd.), o. Bl., der hier formuliert, dass er „sowohl mit der Leitung der Studien an der Baugewerkenschule als auch mit der Ausgabe der Bücher in den öffentlichen Bibliothekstagen zu thun habe.“ Auch Brendel äußert sich in der Akte 2302 wiederholt zu inhaltlichen Fragen der Ausbildung und (insbesondere im Zusammenhang mit den notwendig werdenden Genehmigungen) um seine Mitarbeiter als Lehrkräfte an dieser Schule zuzulassen. 3403 So z. B. der Maschinenbaugehilfen Bornemann; vgl. dazu Näheres ebd. Auch der spätere Lehrer der Bergschule Freiberg, Neubert, beantragte im Febr. 1845, an der mechanischen Baugewerkenschule den Unterricht in der „geometrischen Projektionslehre“ bzw. im Maschinenzeichnen erteilen zu dürfen. Vgl. das Gesuch Neuberts vom 26. Febr. 1845 (ebd.), o. Bl. 3404 So wurde sie auch im Titel der OBA-Akte 2302 bezeichnet. In Grimm (Deutsches Wörterbuch), Bd. 29, Sp. 389, nennt man sie „Mechanische Baugewerkenschule für Mühlenbauer, Brunnenmeister und Röhrmeister“. 3405 So fungierte der Maschinenbausekretär in der Maschinendirektion, Gustav Theodor Fischer, ab 1842 als Lehrer der deskriptiven Geometrie; vgl. dazu die Stellungnahme Brendels vom

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sich ausgangs der 40er-Jahre des 19. Jahrhunderts. Nach einem entsprechenden Auftrag des Oberbergamtes im August 1849 sollte Professor Gätzschmann gutachtlich anzeigen, inwieweit man an der Baugewerkenschule das niedere Maschinenpersonal – vor allem Kunststeiger bei größeren Gruben, Röschensteiger und dergleichen – ausbilden könnte.3406 Die Freiberger Bergschule war nämlich nach Ansicht des Oberbergamtes dafür – „ohne dem eigentlichen Zwecke der Bergschule zu schaden ...“ – nicht geeignet.3407 Das Gutachten Gätzschmanns fiel durchaus positiv für die Baugewerkenschule aus. Der Professor führte darüber aus: „Nach meiner ... Ansicht dürfte sich die mechanische Baugewerkenschule zur Erreichung des von dem Königlichen Oberbergamte beabsichtigten Zweckes [d. h., der Ausbildung des niederen Maschinenpersonals – H.K.] ... vollkommen eignen, indem sie ... [die] für die weitere Ausbildung von Bergschülern zu mechanischen Fächern geeigneteste Vermittlung gewährt.“3408

Die Ausbildung sollte wesentlich spezifischer als an der Bergschule sein und neben Zeichnen, Mathematik und der deutschen Sprache auch die Kenntnis der „Hauptlehren der Hydraulik und Mechanik“ umfassen; darüber hinaus war auch ein „gedrängter“ Physikunterricht geplant.3409 Professor Gätzschmann betonte die vergleichbaren Ausbildungsvoraussetzungen für das untere Bergmaschinenpersonal und das der Mühlen- und Gezeugarbeiter sowie der Brunnenmeister.3410 Nach seiner Ansicht war für Bergschüler, die die Freiberger Bergschule vollständig absolviert hatten, der Besuch des zweiten (fortgeschrittenen) Halbjahreskurses der mechanischen Baugewerkenschule ausreichend. Gätzschmanns Vorschläge setzte man in der Folge auch um. Das Freiberger Bergrevier bekam eine sogenannte Freistelle an der noch jungen Bildungseinrichtung zugewiesen. Nach Zustimmung sämtlicher Freiberger Schichtmeister wurde ein jeweils vom Bergamt vorgeschlagener Schüler der Baugewerkenschule mit einem Halbjahresbeitrag von 34 Talern Unterstützung ausgestattet.3411 Die mechanische Baugewer-

3406 3407 3408 3409 3410 3411

25. Apr. 1842, in: BergA, OBA 2302, o. Bl. Ab 1845 unterrichteten der Maschinenbaugehilfe Bornemann (Zeichnen) – vgl. dazu die Anzeige Brendels vom 8. Aug. 1845 (ebd.), o. Bl. – bzw. der Bergwerkskandidat und spätere Schichtmeister Neubert; vgl. dazu das Gesuch Neuberts vom 26. Febr. 1845 (ebd.), o.Bl. Vgl. dazu das Patent des OBA vom 17. Aug. 1849 (ebd.), o. Bl. Vgl. dazu das Patent des OBA vom 17. Aug. 1849 (ebd.). Gutachten Gätzschmanns vom 7. Sept. 1849 (ebd.), o. Bl. Vgl. dazu das Gutachten Gätzschmanns vom 7. Sept. 1849 (ebd.), o. Bl. Vgl. dazu das Gutachten Gätzschmanns vom 7. Sept. 1849 (ebd.), o. Bl. Vgl. dazu den Bericht des BA Freiberg vom 28. Nov. 1849 und das Protokoll der Beratung mit den Schichtmeistern vom gleichen Tage (ebd.), o. Bl. Als ersten Schüler der Baugewerkenschule schlug das Bergamt Freiberg am 29. Dez. 1849 den ehemaligen Bergschüler Wilhelm Sieber vor. Vgl. ebd.

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kenschule etablierte sich somit als fachlich weiterführende Ausbildungsstätte für den Teil des untersten Bergbaupersonals, der die spezifisch maschinentechnischen Aufgaben im Bergbau- und Hüttenwesen zu bewältigen hatte. Als stellvertretender Leiter der Prüfungskommission setzte man an ihr den Maschinenmeister an der Maschinendirektion und späteren Oberkunstmeister, Friedrich Wilhelm Schwamkrug, ein.3412 Wie schon ausgeführt, war das allgemeine (elementare) Schulwesen mit der Inkraftsetzung des Schulgesetzes von 1835 auf eine neue Stufe gestellt worden. Dagegen schien die Ausbildung an der Freiberger und insbesondere an den obererzgebirgischen Bergschulen in dieser Zeit zu stagnieren. Dazu hatte ganz offensichtlich die unter Oberberghauptmann von Herder erfolgte Zurückdrängung der Funktion der Bergschulen als Vorbereitungsanstalten der Bergakademie beigetragen. Dem neuen Berghauptmann und Nachfolger des im Juni 1842 aus dem Staatsdienst verabschiedeten Berghauptmannes Johann Carl Freieslebens (1774– 1846),3413 – des Nachfolgers von Herders – Friedrich Constantin Freiherrn von Beust, müssen schon relativ zeitig die Mängel und die ungenügenden Bildungsansprüche der Bergschulen aufgefallen sein.3414 Im Dezember 1847 äußerte von Beust deshalb in einem Vortrag vor dem Oberbergamt über den Entwicklungsstand der Freiberger Bergschule, in welchem er auch auf die inzwischen eingetretenen Fortschritte des Volksschulwesens und derjenigen an der mechanischen Gewerbeschule in Freiberg einging: „Man freut sich alle Jahre außerordentlich über die vortrefflichen Leistungen dieser Anstalt [der Freiberger Bergschule – H.K.] und vergißt dabei nur allzu sehr, daß diese schönen Ergebniße wesentlich nur daher rühren, daß man, im Vergleich namentlich zu den großen Fortschritten des elementaren Volksschulwesens, die Anforderungen ganz ungemein niedrig stellt.“3415

Er habe, so führte Beust weiter aus, schon öfters den Prüfungen bei der (mechanischen) Baugewerkenschule teilgenommen und dabei feststellen müssen,

3412 Vgl. dazu das Gutachtens Brendels vom 11. Febr. 1846 bzw. die entsprechende VO des Finanzministeriums (ebd.), o. Bl. 3413 Vgl. zur Entlassung Freieslebens die Information im KfdBuHM auf das Jahr 1843, Dresden (1843), S. 175. Freiesleben leitete (wie einst C.W. Benno von Heynitz) das Oberbergamt, ohne den Titel eines Oberberghauptmannes zu besitzen. 3414 Ungeachtet dessen dürften in Sachsen die schulischen Vorkenntnisse der künftigen Bergschüler immer noch umfassender gewesen sein, als z. B. in Preußen, für das Simon (Fachbildung des Preußischen Gewerbestandes), S. 917, formulierte: „Es ist nicht mehr zu verlangen, als gewöhnlich die Elementarschulen bieten“. 3415 Vortrag von Beusts vom 20. Dez. 1847, in: BergA, OBA 2303, Bl. 1–2 b., hier Bl. 1 f.

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„… daß die Leute auf dieser Anstalt in sehr kurzer Zeit viel weiter gebracht werden, als auf unserer Bergschule(,) obschon sie im Durchschnitt schwerlich mehr Vorkenntniße mitbringen“ würden.3416

Insbesondere kritisierte der Oberberghauptmann das Fehlen von Kenntnissen der „elementarsten Grundsätze der Physik und angewandten Mathematik“.3417 So berechtigt diese Kritik des Berghauptmannes auch gewesen sein mag, darf man nicht die zwei verschiedenen Ausbildungskonzepte bzw. Ausbildungsziele verkennen, nach denen sich die Fachbildung an der Freiberger Bergschule und die der mechanischen Gewerkenschule unterschieden.3418 Wurden an Ersterer vielseitig einsetzbare Bergoffizianten wie Steiger oder Geschworne, die über ein umfangreiches und weitgefächertes Fachwissen verfügen mussten, ausgebildet, ging es bei Letzterer um ausschließlich technische (spezialisierte) Fachkräfte, die vor allem die im Mühlenbau, z. T. aber auch im Bergbau eingesetzten komplizierten technischen Anlagen und Antriebsmaschinen verstehen, warten und ggf. auch selbst zu bauen in der Lage sein sollten. Im August 1849 erteilte das Oberbergamt den Bergakademieprofessoren Breithaupt (der selbst Unterricht an der Freiberger Bergschule erteilte), Reich und Weisbach den Auftrag, sich gutachtlich über die Unterrichtserteilung an der Freiberger Bergschule und dabei möglicherweise zu treffende Veränderungen zu äußern.3419 Deren Gutachten vom 27. Januar 18503420 sowie das des damaligen Interimsschichtmeisters und Bergschullehrers Christian Friedrich Neubert3421 vom 8. März 18503422 bildeten die Grundlage für die Umgestaltung des Bergschulwesens im Königreich Sachsen nach 1850.

3416 Vortrag von Beusts vom 20. Dez. 1847 (ebd.), Bl. 1 b. 3417 Vortrag von Beusts vom 20. Dez. 1847 (ebd.), Bl. 2. 3418 Die zur „mittleren bautechnischen Bildung“ zu zählende mechanische Baugewerkenschule – vgl. dazu Reichelt (Baugewerkenschulen), insb. S. 178 – war wegen ihres fast ausschließlich auf Handwerker ausgerichteten Ausbildungsprofils nur bedingt mit der Freiberger Bergschule vergleichbar. 3419 Vgl. das Patent des OBA vom 1. August 1849 an Breithaupt, Reich und Weisbach, in: BergA, OBA 2303, Bl. 3–4. 3420 Vgl. das Gutachten der Professoren vom 27. Jan. 1850 (ebd.), Bl. 4 b.–8. 3421 Neubert hielt den Unterricht an der Freiberger Bergschule seit Oktober 1849. Seine offizielle Bestallung zum Bergschullehrer (ab 1. Okt. 1850) mit einem Gehalt von (zunächst) 100 Talern erfolgte am 19. Okt. 1850. Vgl. dazu BergA, BA-F/A 46/ Nr. 3846, Bd. 10, Bl. 284, sowie das Bestallungsdekret für den „Markscheider“ Neubert vom 23. Apr. 1859, in: BergA, OBA 2331 (o. Bl.). 3422 Vgl. dazu das Gutachten Neuberts vom 8. März 1850, in: BergA, OBA 2303, Bl. 9 b.–20. Auch die Freiberger Schichtmeister unterbreiteten Verbesserungsvorschläge – vgl. dazu ebd., Bl. 38–43. Vgl. zum Gutachten Neuberts auch BergA, BA-F/Cl. A 46/Nr. 3846, Bd. 10 (wie Anm. 3421), Bl. 105.

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Die genannten Professoren schlugen als erforderliche Maßnahmen die Aufhebung der obererzgebirgischen Bergschulen und die Verwendung der dabei ersparten Geldmittel für die zu verbleibende Freiberger Bergschule, eine Verschärfung der Aufnahmeprüfungen sowie die Nutzung der Weiterbildungsmöglichkeiten zukünftiger Bergschüler (nach Verlassen der Volksschulen im 14. Lebensjahr bis zu deren Aufnahme auf die Freiberger Bergschule) an den örtlichen Sonntagsschulen vor.3423 Die bestehende Unterteilung der Freiberger Bergschule in drei(sic!) – [hier irren die Professoren, denn der Unterricht umfasste bereits zu dieser Zeit vier Klassen – H.K.] – Klassenstufen solle zwar beibehalten, jedoch der bisherige Unterricht in der deutschen Sprache, der Mathematik, der Bergbaukunst und im Zeichnen durch zusätzlichen Unterricht in angewandter Mathematik, Physik, Chemie und Geognosie ergänzt werden.3424 Das Oberbergamt äußerte in einem Patent an das Bergamt Freiberg sein wesentliches Einverständnis mit den Vorschlägen der Akademieprofessoren, forderte aber von der unterstellten Bergbehörde noch die Einholung einer Stellungnahme der Freiberger Schichtmeister, um die zukünftige Organisation des Bergschulunterrichts „von möglichst vielen Seiten betrachtet … zu sehen.“3425 Der Interimsschichtmeister Neubert, der an der Freiberger Bergschule wöchentlich sechs Stunden Arithmetik, Geometrie, Bergbaukunst und Markscheidekunst unterrichtete, berichtete seinerseits über die damalige Verfassung und Organisation der Freiberger Bergschule.3426 Nachdem auch das Bergamt Freiberg ein umfangreiches Gutachten „… über die in Vorschlag gekommene Modifizierung des Bergschulunterrichts“ unter Einbeziehung des Gutachtens der Freiberger Schichtmeister sowie der Vorstellungen Neuberts beim Oberbergamt abgegeben hatte,3427 beschäftigte sich der damalige Bergrat im Oberbergamt, Ernst Rudolph von Warnsdorf, im Juni 1850 in einem Vortrag mit dieser Problematik, wobei er die Ergebnisse sämtlicher eingereichter Gutachten zusammenfasste.3428 Von Warnsdorf bestätigte, dass der an der Hauptbergschule gebotene Unterricht nicht ausreichend sei3429 und hob wie alle Gutachter vor ihm die Notwendigkeit der Einführung eines gesonderten Physikunterrichts hervor, weil die „… Kenntniß 3423 Vgl. Einzelheiten des Gutachtens der Professoren vom 27. Jan. 1850 (wie Anm. 3420). Vgl. zu den Sonntagsschulen im Freiberger Bergrevier auch die OBA-Akte Nr. 2292, Sonntagsschulen in den Bergstädten, 1840. 3424 Vgl. Einzelheiten im Gutachten der Professoren vom 27. Jan. 1850 (ebd.). 3425 Patent des OBA vom 6. Febr. 1850, in: BergA, OBA 2303, Bl. 8 b.– 9. 3426 Vgl. dazu den Bericht Neuberts vom 8. März 1850 (wie Anm. 3422), hier Bl. 9 b.–10. Nach Auffassung des Oberbergamtes enthielt Neuberts Bericht „sehr viel Beachtungswertes“. Vgl. dazu das Patent des OBA vom 13. April 1850, in: BergA, OBA 2303, Bl. 20 b. 3427 Vgl. dazu das Gutachten des BA Freiberg vom 1. Mai 1850, in: BergA, OBA 2303, Bl. 21–37, sowie das Gutachten der Freiberger Schichtmeister vom 20. März 1850, in: ebd., Bl. 38–43. 3428 Vgl. dazu das Gutachten von Warnsdorfs vom 22. Juni 1850, in: ebd., Bl. 44–60 b. 3429 Vgl. dazu das Gutachten von Warnsdorfs vom 22. Juni 1850 (ebd.), Bl. 45.

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Epilog

physikalischer Gesetze für den praktisch gebildeten Bergmann von vielfachem Nutzen …“ wäre.3430 Er wiederholte die übereinstimmende Meinung (fast) aller Gutachter,3431 die obererzgebirgischen Bergschulen aufzuheben und allein die Freiberger Bergschule bestehen zu lassen.3432 Interessant sind in diesem Kontext auch die Bemerkungen des Bergrates zum preußischen Bergschulwesen. Er nennt ausdrücklich das (positive) Beispiel Preußens, in welchem zwar keine Bergakademie, dafür aber gut ausgestattete Gewerbeschulen und technische Bildungsanstalten bestehen würden und diejenigen Bergschüler, die für den „Officianten- und Beamtendienst“ vorgesehen seien, eine der dortigen Universitäten3433 „zu Anhörung einiger phylosophischer, sowie naturwissenschaftlicher und mathematischer Vorlesungen besuchen müssten“.3434 Bei Aufhebung der obererzgebirgischen Bergschulen könnten die dort eingesparten Finanzmittel für Freiberg zur Verfügung gestellt werden, wobei von Warnsdorf anstatt der bisherigen insgesamt 470 Taler jährlicher Mittel für das Bergschulwesen unter Einbeziehung weiterer 130 Taler aus der Freiberger Gnadengroschenkasse einen Gesamtbeitrag von jährlich 600 Talern zum Ausbau des Unterrichts an der Freiberger Bergschule für angemessen hält.3435 Der Bergrat legte einen eigenen Lehrplan vor, der – neben einer Stundenerweiterung (in den Klassen III und IV) in der Bergbaukunst und im Zeichnen – den zusätzlichen Unterricht in Physik, angewandter Mathematik, „Markscheidekunst mit ebener Trigonometrie“ sowie der Buch- und Registerführung vorsah.3436 Das Gutachten von Warnsdorfs bildete die Grundlage des zusammenfassenden Berichts, welchen das Oberbergamt am 11. Sept. 1850 beim Finanzministerium einreichte.3437 Mit dem daraufhin erlassenen Reskript des Finanzministeriums vom 7. Oktober 1850 bewertete dieses die eingereichten Vorschläge des Oberbergamtes als „angemessen“;3438 damit stand der Umsetzung der Reformvorschläge eigentlich nichts mehr im Wege. Ungeachtet dessen sollten bis zu einer verbindlichen Regelung noch weitere zwei Jahre ins Land gehen. Ursache dafür war die gerade durch3430 Gutachten von Warnsdorfs vom 22. Juni 1850 (ebd.), Bl. 48. 3431 Lediglich die Schichtmeister hatten in ihrem Gutachten gegen die Aufhebung der obererzgebirgischen Bergschulen plädiert; vgl. dazu das Gutachten der SM vom 20. März 1850 (wie Anm. 3427), hier Bl. 42 f. 3432 Vgl. dazu das Gutachten von Warnsdorfs vom 22. Juni 1850 (wie Anm. 3428), Bl. 58. 3433 Von Warnsdorf nennt (ebd.), Bl. 54, die Universitäten in Berlin, Bonn, Breslau und Halle. 3434 Gutachten von Warnsdorfs vom 22. Juni 1850 (ebd.), Bl. 53 b. 3435 Vgl. dazu das Gutachten von Warnsdorfs vom 22. Juni 1850 (ebd.), hier Bl. 58–60, 60 A. 3436 Vgl. Einzelheiten dazu im Lehrplan von Warnsdorfs (ebd.), Bl. 60 B–60 C. Für den Ausbau der praktischen Markscheidekunst und Registerführung hatten sich die Freiberger Gewerken eingesetzt; vgl. dazu das Gutachten der der Freiberger Schichtmeister vom 20. März (wie Anm. 3427), Bl. 41. 3437 Vgl. dazu den Bericht des OBA vom 11. Sept. 1850 an das FM, in: BergA, OBA 2303, Bl. 61 f. 3438 Vgl. dazu das Reskript des FM vom 7. Okt. 1850, in: ebd., Bl. 63 f.

Entwicklung des Bergschulwesens bis 1852

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geführte Reform der Berggesetzgebung, die ihren Niederschlag im Regalbergesetz von 1851 fand,3439 mit dem den seit den 30er-Jahren des 19. Jahrhunderts aufgemachten Forderungen von Gewerken und Grubenbesitzern nach einer „freieren Gestaltung der Bergwerksverfassung“3440 nachgegeben und die weitgehend unbeschränkte Benutzung des Bergwerkseigentums durch die „Erzbergbautreibenden“ ermöglicht wurde.3441 Diese Reform war zugleich der Beginn der Aufhebung des Direktionsprinzips, auch wenn sich (zunächst) an der „äußeren“ Bergwerksverfassung, nämlich der Dreistufigkeit der Bergbehörden (Finanzministerium – Oberbergamt – Bergämter) nur wenig änderte. Neben der Abtrennung des Hüttenwesens vom Bergwesen stellte vermutlich der Entzug der Aufsicht über das Kohlebergwesen und dessen Übertragung an das Ministerium des Innern bzw. (in der Oberlausitz) an die Kreisdirektionen und die Oberamtsregierung die wesentlichsten Veränderungen dar.3442 Die Ergebnisse dieser Gesetzesreform sollten sich letztlich auch auf die Organisation des Bergschulwesens auswirken.3443 In diesem Kontext stand auch die Prüfung der Errichtung von ein oder zwei Bergschulen, die auf die Bildungsbedürfnisse der Kohlebergbauunternehmen ausgerichtet werden sollten.3444 Nach einem neuerlichen umfangreichen Gutachten – diesmal des Oberbergrates Heinrich Adolph Stil-

3439 Vgl. dazu das Regalberggesetz vom 22. Mai 1851, abgedruckt bei Freiesleben (Handbuch der Berggesetzgebung), S. 283–363. 3440 Vgl. dazu den Beitrag „Das Bergamt zu Freiberg“ im JBfBuHW 1919, S. A 23 f. In diesem Kontext geht es um die Abkehr von den merkantilistisch geprägten wirtschaftspolitischen Auffassungen hin zur (von staatlicher Einflussnahme weitgehend unabhängiger) freier unternehmerischen Entwicklung. 3441 Vgl. ebd., S. A 24. 3442 Vgl. Näheres dazu ebd., S. A 24 f., 27. 3443 So durfte z. B. das Oberbergamt das Bergamt Freiberg nicht mehr anweisen, den betreffenden Bergschülern aus dem oberen Erzgebirge die mit dem Bergschulunterricht verbundene praktische (und finanziell sich lohnende) Bergarbeit zuzuweisen, weil dies nach dem Regelberggesetz eine zwischen dem jeweiligen Gesuchsteller und dem Bergbauunternehmen selbst auszuhandelnde Sache war bzw. der Entscheidungskompetenz des Freiberger Revierausschusses (der nicht der Weisungsbefugnis der Bergverwaltung unterstand) als Vertretungsorganisation der Bergbauunternehmen oblag. Vgl. dazu den Vortrag Heinrich Adolph Stillers – der zugleich Mitglied der Disziplinarbehörde der Bergakademie war – vom 16. Sept. 1852, in: BergA, OBA 2303, Bl. 112–126, hier Bl. 115 f. Vgl. zum Revierausschuss den Beitrag von Kaden (Revierausschuss). 3444 Das FM hatte durch Reskript das OBA zu einer gutachtlichen Stellungnahme dazu aufgefordert; vgl. dazu das Reskript des FM vom 7. Okt. 1850 (wie Anm. 3438), Bl. 63–64. Eine solche Schule wurde dann auch zunächst in Zwickau eröffnet; von dort hatte der Kohlewerkinspektor Kühn um Zurverfügungstellung der Organisationsunterlagen der Freiberger Bergschule ersucht. Vgl. dazu den Bericht des BA Freiberg vom 11. Febr. 1845, in: BergA, OBA 2302, Bl. 175 f.

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Epilog

ler –3445 und einem Bericht des Oberbergamtes an das Finanzministerium3446 verabschiedete schließlich Letzteres am 6. Oktober 1852 ein Reskript, mit dem es die neue Organisationsform der Freiberger Bergschule sowie deren künftigen Stundenplan – mit einem erweiterten Unterricht in Physik, angewandter Mathematik sowie populärer Maschinenlehre – genehmigte.3447 An die Zulassung der (maximal 50) Bergschüler wurden nun höhere Bildungsvoraussetzungen geknüpft, die durch eine entsprechende „Receptionsprüfung“ vor den Bergschullehrern – unter Vorsitz eines Mitgliedes des Freiberger Bergamtes – nachgewiesen werden sollten.3448 Das Aufnahmealter lag nunmehr bei wenigstens 18, höchsten aber 22 Jahren; im Ausnahmefall durften die zum Militär „ausgehobenen“ Bergarbeiter jedoch 27 Jahre alt sein.3449 Nach § 1 dieses Regulativs besaß die Freiberger Bergschule den Zweck, „gute Subjecte zu Unteraufsehern, Steigern … [und] Werkmeistern für den vaterländischen Regalbergbau auszubilden.“3450 Der Unterricht wurde auf vier Klassenstufen verteilt. Als Bergschullehrer fungierten zu dieser Zeit neben dem Interimsmarkscheider Neubert als „Leiter“ der Bergschule (dieser unterrichtete Bergbaukunst, Arithmetik, Geometrie, Trigonometrie, Markscheidekunst, Buch- und Registerführung, Physik, angewandte Mathematik sowie populäre Maschinenlehre) die Professoren der Bergakademie, Breithaupt (Mineralogie) und Heuchler (Zeichenkunst), sowie der Bürgerschullehrer Tränkner (deutsche Sprache).3451

3445 Vgl. dazu das Gutachten Stillers vom 16. Sept. 1852 (wie Anm. 3443), sowie die dazugehörenden Anlagen (ebd.), Bl. 127–138. 3446 Vgl. dazu den Bericht des OBA an das FM vom 25. Sept. 1852, in: ebd., Bl. 143–149. 3447 Vgl. dazu die Verfügung des FM vom 6. Okt. 1852 (ebd.), Bl. 150–153; vgl. dazu auch das vom OBA eingereichte Regulativ „Bestimmungen, die Freiberger Bergschule betreffend“ (ebd.), Bl. 131–138, auf das das FM – (ebd.), Bl. 150 b. – als offensichtlicher Grundlage seines Reskripts verweist. Das Bergschulregulativ ist abgedruckt im JBfdBuHM auf das Jahr 1853, S. 199–203. Eine Abschrift davon befindet sich in der Akte BergA, OBA 2303, Bl. 131–137 b. 3448 Vgl. dazu §§ 5 und 6 des Bergschulregulativs (ebd.), hier Bl. 132 f. Volksschulwissen war danach genau so gefordert wie eine (mögliche) vorausgegangene Weiterbildung an einer der Sonntagsschulen. Vgl. dazu § 4 der Verfügung des FM vom 6. Okt. 1852 (ebd.), Bl. 150 b.– 151 b. Vermutlich hat Kaufmann (Geschichtliches über die Freiberger Bergschule), S. A 117, der 1842 als Termin der Einführung dieser Prüfungen angibt, hier die Jahreszahl verwechselt. 3449 Vgl. dazu § 4 des Bergschulregulativs (JBfdBuHM 1853), S.200. 3450 § 1 des Bergschulregulativs (ebd.), S. 199. Der Hinweis auf den Regalbergbau war der inzwischen erfolgten Berggesetzgebung über den Regalbergbau geschuldet. Während für die Steigerausbildung nach § 92 des Regalberggesetzes i. d. R. ein Bergschulbesuch ausreichte, forderte das gleiche Gesetz in § 91 für die verantwortungsvollere Position eines Schichtmeisters i. d. R. die Absolvierung eines Studiums an der Bergakademie. Vgl. dazu Freiesleben (Handbuch der Berggesetzgebung), S. 303. 3451 Vgl. dazu im Einzelnen die Verfügung des FM vom 6. Okt. 1852, sowie den Bericht des OBA vom 13. Okt. 1852, in: BergA, OBA 2303, Bl. 158–162, hier Bl. 158 b.–161.

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Entwicklung des Bergschulwesens bis 1852

Tabelle IX_1_2c: Klassen, unterrichtete Fächer und Stundenzahl an der Bergschule Freiberg nach dem Bergschulregulativ von 1852

Klassenstufe

Unterrichtsfächer

wöchentliche Stundenzahl

IV (1. Jahr)

Deutsche Sprache

2

Arithmetik

2

Zeichnen

2

Mineralogie (einschließlich Kurzabriss Geologie)

3

Geometrie und Trigonometrie

2

III (2. Jahr)

II (3. Jahr)

1 (4. Jahr)

Gesamtstundenzahl

Zeichnen

2

Physik, Elemente der angewandten Mathematik und populären Maschinenlehre

2

Bergbaukunst I. Teil (einschließlich Kurzabriss der Bergwerksverfassung und des Bergrechts)

2

Zeichnen

2

Markscheidekunst

2

Bergbaukunst II. Teil

2

Buch- und Registerführung

1

Zeichnen

1 25

[Quelle: § 8 des Bergschulregulativs von 1852, in: BergA, OBA 2303, Bl. 131–138, hier Bl. 133 b.– 134, 138; desgl. im JBfdBuHM 1853, S. 199–203, hier S. 201 f.]

Für das Schuljahr 1852 standen für die Freiberger Bergschule insgesamt knapp 564 Taler Finanzmittel zur Verfügung, wovon Breithaupt 70 Taler, Heuchler 130 Taler, Tränkner 30 Taler und Neubert 240 Taler an Besoldung erhielten.3452 Neubert war erst kurz zuvor durch Reskript des Finanzministeriums zusätzlich der Unterricht in Physik, angewandter Mathematik sowie populärer Maschinenlehre übertragen worden.3453 Die nunmehr der Bergschule ermöglichte Ausbildung von Werkmeistern dürfte die Delegierung einzelner Schüler auf die mechanische Baugewerken-

3452 Vgl. dazu die Anzeige Neuberts vom (Eingang) vom 17. Aug. 1852 an das OBA, in: BergA, OBA 2303, Bl. 102, sowie den „Etat der Ausgaben für die Bergschule zu Freiberg für jedes der Lehrjahre 1852/53 und 1853/54“, in: ebd., Bl. 165 f. 3453 Für den Unterricht der Physik und angewandten Mathematik hatten sich zwar die Professoren Reich bzw. Weisbach angeboten; das OBA aber setzte unter Hinweis auf die geringeren Bildungsanforderungen der Freiberger Bergschule gegenüber der akademischen Ausbildung Neubert durch. Vgl. dazu das Reskript des FM vom 26. Okt. 1852 in: ebd., Bl. 163–164.

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Epilog

schule – die zudem (1853) nach Chemnitz verlegt worden sein muss,3454 überflüssig gemacht haben. Als einschneidendstes Ergebnis der durch von Beust ausgangs der 40er-Jahre des 19. Jahrhunderts eingeleiteten Reform des Bergschulwesens muss die Aufhebung der bis zu diesem Zeitpunkt noch bestehenden obererzgebirgischen Bergschulen in Altenberg, Annaberg, Johanngeorgenstadt und Schneeberg angesehen werden.3455 Die Freiberger Bergschule, die (zunächst) als einzige Bergschule bestehen blieb, sollte noch über 60 Jahre als besondere Einrichtung v. a. zur Ausbildung unterer Bergbeamter dienen. Sie nahm schon allein deshalb eine Sonderrolle innerhalb der gewerblichen Berufsausbildungseinrichtungen ein, als sie – im Gegensatz zu fast alle anderen berufsbildenden (gewerblichen) Ausbildungseinrichtungen, die dem Ministerium des Innern unterstellt waren –3456 weiterhin der Obhut des Finanzministeriums blieb. Mit der Aufgabe des sogenannten Merbach’schen Hauses3457 in Freiberg durch die mechanische Baugewerkenschule ergab sich (zumindest vorübergehend) die Möglichkeit, dieses Gebäude für die Freiberger Bergschule und deren gestiegenem Raumbedarf zu nutzen.3458 Nach Anmietung (1853) bzw. kurzfristiger Nutzung und Ankauf des Gebäudes (1854) wurde schließlich der Sitz der Freiberger Bergschule im Jahre 1857 in ein Doppelgebäude auf die Neugasse (heute Prüferstraße) verlegt.3459 3454 Vgl. dazu den Bericht der Professoren Reich, Breithaupt und Heuchler sowie des Bergschullehrers Neubert an das OBA vom 21. Aug. 1852, in: BergA, OBA 2303, Bl. 103–107, hier insb. Bl. 105 b.–106. Vgl. zur Verlegung dieser Schule das Stichwort „Werkmeisterschule“ in: Grimm (Deutsches Wörterbuch), Bd. 29, Sp. 389. Das Merbach’sche Haus ist von der Baugewerkenschule (vermutlich) zu Johannis [24. Juni] 1853 aufgegeben worden und ab 1. Okt. 1853 durch den Bergakademieinspektor Prof. Reich als „Beauftragte(n) des Königlich Sächsischen Staatsfiskus“ zur Unterbringung der Bergschule angemietet worden. Vgl. dazu den Bericht Prof. Reichs vom 20. Dez. 1852 an das OBA, in: UA, BAI 13, Bl. 151 f., das Patent des OBA vom 21. Sept. 1853 (ebd.), Bl. 199–200, sowie den Mietkontrakt vom 26. Sept. 1853 (ebd.), Bl. 214–215. Vgl. dazu auch den weiteren diesbezüglichen Schriftverkehr in der Akte BAI 13. 3455 Dies ist geregelt in § 3 der Verfügung des FM vom 6. Okt. 1852 (wie Anm. 3447), hier Bl. 150. 3456 Vgl. zur verfassungsmäßigen Anbindung des gewerblichen Ausbildungswesens an das Ministerium des Innern Sachsens Hunger (Fortbildungsschulwesen), S. 172. 3457 Das sogenannte Merbach’sche Haus grenzte vor seinem Abriss (um 1855) unmittelbar an das Bibliotheksgebäude der Bergakademie auf der Nonnengasse an. Vgl. zur Geschichte der von der Freiberger Bergschule genutzten Gebäude auch Jentsch/Kaden (Baugeschichte der Bergakademie), S. 278–280. 3458 Vgl. dazu u. a. den Bericht der Professoren Reich, Breithaupt und Heuchler sowie des Bergschullehrers Neubert (wie Anm. 3455), hier Bl. 105 b.–107, sowie den Vortrag Stillers vom 16. Sept. 1852 (ebd.), Bl. 124 b.–126. 3459 Es handelte sich dabei um das frühere Wohnhaus des 1842 verstorbenen Professors für metallurgische Chemie, Wilhelm August Lampadius, dessen letzter Besitzer der Bergschullehrer Schwamkrug war. Die Bergschule saß bis 1919 in diesem Gebäude. Vgl. dazu Jentsch/Kaden (Baugeschichte der Bergakademie), S. 278–280.

Bergschule Freiberg bis zu ihrer Aufhebung

629

9.2. Die Bergschule Freiberg von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zu ihrer Aufhebung 1924 – ein Ausblick Die weitere Entwicklung des Bergschulwesens, insbesondere ihres wichtigsten Bestandteiles, der Freiberger Bergschule, kann hier nur in einem Überblick dargestellt werden.3460 Die Bergschule in Freiberg war zwar nach wie vor etwas Eigenständiges, besaß aber keineswegs mehr eine solche Pilotfunktion wie zur Zeit ihrer Herausbildung im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts. Im Verlaufe der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde sie zu einer der vielen neugeschaffenen berufsbildenden Ausbildungsstätten, und zum Jahrhundertausgang stand sie in einer Reihe unterschiedlichster „Gewerblicher Unterrichtsanstalten“,3461 die Kunstgewerbeschulen, Baugewerbeschulen, Fachschulen für verschiedene Gewerbe, Gewerbliche Zeichenschulen, Gewerbliche Fortbildungsschulen, Handelschulen, Schifferschulen und andere ähnliche Schultypen umfasste.3462 Ungeachtet dessen geschah jedoch die Entwicklung der Freiberger Bergschule auch in dieser Zeit weitgehend unbeeindruckt von der des sonstigen gewerblichen Fortbildungsschulwesens, und sie blieb – im Gegensatz zu den meisten anderen dieser berufsbildenden Ausbildungsstätten – dem Finanzministerium in Dresden unterstellt. Die Bergschule in Freiberg musste jedoch auf die vor allem wirtschaftlich determinierten Forderungen der Zeit, auf die im Berg- und Hüttenwesen stattfindenden Veränderungen – insbesondere auf die enorm gewachsene Bedeutung des Kohlebergbaus, die Entwicklung des Eisenhüttenwesens und die immer stärkere Nutzung der Elektrotechnik – reagieren und dabei zum Teil auch neue Ausbildungsschwerpunkte setzen, ihr Ausbildungsprofil den Forderungen der Praxis entsprechend anpassen. So gut wie keine Auswirkungen auf die Freiberger Bergschule zog die für die Beschäftigten (v. a.) der Steinkohlenindustrie des Zwickauer und Oelsnitzer Steinkohlenreviers im Jahre 1862 errichtete Bergschule Zwickau nach sich.3463 Die neue Zwickauer Einrichtung, die vollkommen eigenständig und unabhängig von der 3460 Eine ausführlichere Darstellung muss einer späteren Untersuchung vorbehalten bleiben. 3461 Es würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, hier auch noch den komplizierten „Dualismus“ des sächsischen Fortbildungsschulwesens des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts darstellen zu wollen. Hierzu sei grundlegend auf Wehrmeister (Fortbildungsschule) und die dort angeführte Literatur verwiesen. Vgl. zum Fortbildungsschulwesen im gleichen Zeitabschnitt in Preußen grundlegend Harney (Preußische Fortbildungsschule). 3462 Vgl. zur Vielfalt der „Gewerblichen Unterrichtsanstalten“ die aus Anlass der 1898 in Dresden stattfindenden „Ausstellung Gewerblicher Unterrichtsanstalten“ herausgegebene gleichlautende Schrift, in: BergA, 40024–06, LBA–058, Bl. 102–177, hier das Schaubild Bl. 177. 3463 Vgl. zur Errichtung und Entwicklung der Bergschule Zwickau im Einzelnen den 30(!) Akten umfassenden Aktenbestand des Sächsischen Bergarchivs Freiberg, 40024-06, Bergschule Zwickau, der hier nur punktuell berücksichtigt werden konnte.

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Epilog

Freiberger Bergschule war, stand unter der Aufsicht und Kontrolle eines Bergschulkomitees, dem i. d. R. der Zwickauer Berginspektor als Vorsitzender und mehrere Vertreter der Kohlewirtschaft (Betriebsdirektoren und Steinkohlenwerksbesitzer) angehörten. Die Ausbildung von unteren Beamten und technischen Fachleuten für die Kohleindustrie hätte die Freiberger Bergschule zwar sicherlich mit übernehmen können – zumal Inhalt, Dauer und Zielsetzung der Ausbildung weitgehend übereinstimmten –3464 aber das wäre wegen der unterschiedlichen Verfassung von Regalbergbau und Kohlebergbau möglicherweise nicht ohne Konflikte in Bezug auf die Aufsichtsführung3465 und die Schülerauswahl abgegangen. Außerdem lag der Standort Freiberg doch relativ weit entfernt vom Zwickau-Oelsnitzer Steinkohlenbergbaugebiet entfernt und eine örtliche Nähe war schon wegen der notwendigen Verbindung von praktischer Arbeit vor Ort und theoretischer Ausbildung von Bedeutung. Die Oberaufsicht gegenüber der Zwickauer Bildungseinrichtung lag beim Finanzministerium, das über die Anstellung und das Gehalt der Bergschullehrer, den Lehrplan und den Etat letztlich zu entscheiden hatte.3466 Mit Inkraftsetzung des Allgemeinen Berggesetzes von 1868 am 3. Januar 1869 war ein tiefer Einschnitt in die bis dahin vorliegende Bergbauverfassung verbunden.3467 Die bis dahin dreistufig aufgebaute Bergverwaltung wurde in eine zweistufige – bestehend aus dem Finanzministerium in Dresden und dem einzigen noch verbliebenen Bergamt in Freiberg (deshalb auch teilweise als Landesbergamt bezeichnet) – „verschlankt“, wobei man dem Bergamt in den neu zugeschnittenen Bergrevieren lediglich Berginspektoren als ausführende kontrollierende Organe vor Ort zur Seite stellte.3468 Die Aufsichtsfunktionen der Bergverwaltung gegenüber den einzelnen Berggebäuden des Regalbergbaus blieben weitgehend auf ihre bergpolizeiliche Komponente (die Grubensicherheit) beschränkt. Hinsichtlich des Bergschulwesens kam es dagegen aber weder vom Umfang noch vom Inhalt her zu wesentlichen Änderungen bei der Bergaufsicht.3469 3464 Vgl. dazu das Regulativ für die Zwickauer Bergschule vom 29. Nov. 1882, in: BergA, 40024– 06, LBA–057, Bl. 162–165 b., hier § 1 (Bl. 162), sowie § 8 (Bl. 163 f.). 3465 Im Gegensatz zur direkten Unterstellung der Freiberger Bergschule unter das Bergamt Freiberg beschränkte sich die bergamtliche Aufsicht gegenüber der Bergschule in Zwickau nur auf einige ausgewählte Bereiche, v. a. die Kontrolle des Bergschuletats. 3466 Vgl. dazu das Regulativ für die Zwickauer Bergschule vom 29. Nov. 1882 (wie Anm. 3464), hier § 13 (Bl. 165), sowie die Schulstatistik im Königreich Sachsen vom 15. Apr. 1891 (ebd.), Bl. 198–199 b. 3467 Vgl. zum Allgemeinen Berggesetz von 1868/69 die grundlegende Arbeit von Wahle (Allgemeines Berggesetz). 3468 Vgl. dazu den grundlegenden (eigenen) Beitrag des Bergamtes Freiberg (Bergamt zu Freiberg), hier S. A 23–A 25. 3469 Dies belegt die diesbezügliche, beinahe 80 Akten umfassende Aktenserie des Bergamtes Freiberg über Bildungsangelegenheiten. Lediglich der Name der Knappschaftlichen Schulanstalten wurde in dieser Zeit durch den allgemeineren Begriff des „Schulunterrichts“ ersetzt. Vgl. dazu

Bergschule Freiberg bis zu ihrer Aufhebung

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Die Auswirkungen des Allgemeinen Berggesetzes auf die Entwicklung der Freiberger Bergschule waren somit ungeachtet der tiefgreifenden Änderungen in der Bergbauverfassung nur marginaler Natur. Dies zeigt ein Vergleich des am 12. November 1870 verabschiedeten Bergschulregulativs3470 mit dem ihm vorausgegangenen Schulregulativ aus dem Jahre 1852.3471 Die inhaltlichen Unterschiede zwischen beiden betrafen lediglich drei erwähnenswerte Veränderungen. Danach hatte die Freiberger Bergschule a) dem Kohlebergbau dieselbe Geltung beizumessen wie dem Erzbergbau (§ 3); ungeachtet dessen war wegen der von den Erzgruben geleisteten Beiträge ein Arbeiter beim Erzbergbau „bei gleicher Qualification“ einem aus dem Kohlebergbau vorzuziehen (ebd.); b) durften auf der Bergschule Freiberg nun auch Hüttenleute „einige Vorlesungen“ besuchen, ohne jedoch als „wirkliche Bergschüler“ aufgenommen zu werden, und schließlich c) erweiterte man den Unterrichtsumfang in der IV. Klasse (1. Jahr) um eine Stunde im „Nachschreiben von Diktaten“, den der II. Klasse (3. Jahr) um zwei Stunden „Mineralogische(r) Übungen“ und den der I. Klasse (4. Jahr) um zwei Stunden Geognosie. Die im gewerblichen Fortbildungsschulwesen angestrengten Reformmaßnahmen seit Einführung der Gewerbeordnung des Norddeutschen Bundes von 1869 bzw. der ihr 1871 nachfolgenden Reichsgewerbeordnung waren innerhalb des sächsischen Bergwesens oft schon lange Realität, muteten zum Teil geradezu antiquiert an.3472 So strebte Brentano die Errichtung gewerblicher Schulen an, in denen für die Lehrlinge – beinahe wie an der Bergschule Freiberg – neben dem Zeichenunterricht auch ein solcher in der „Geometrie, Mechanik, Physik und Chemie“ sowie „in den Elementen der einzelnen Gewerbe, welche … (sie) erlernen wollen, ertheilt“ bekommen.3473 Interessant – weil 100 Jahre früher im kursächsischen Bergschulwesen zum Teil schon umgesetzt – sind hier vor allem die Vorschläge Garbes

3470 3471 3472

3473

die statistischen Übersichten über die Unterstützungsleistungen für den Schulunterricht der Bergmannskinder in den jeweiligen jährlichen JBfBuHW. Vgl. dazu das „Regulativ für die Freiberger Bergschule“ vom 12. Nov. 1870, in: UAF, Zf. 41 c. Vgl. dazu die „Bestimmungen, die Freiberger Bergschule betr[effend]“ von 1852 (o. D.), in: JBfdBuHM 1853, S. 199–203. Vgl. zur Einführung dieser Gewerbeordnungen Wehrmeister (Fortbildungsschule), hier insbes. S. 22 f., sowie grundlegend König (Geschichte der Berufsbildung), insb. S. 217–227. Vgl. zu diesen Reformvorschlägen – u. a. des Breslauer Professors Lujo Brentano und des Leiters der von der preußischen Eisenbahnverwaltung unterhaltenen Lehrwerkstätten, Robert Garbe – und der folgenden Reformdiskussion in Bezug auf die betriebliche Ausbildung grundlegend König (ebd.). Brentanos Reformvorschläge von 1875, zitiert nach König (ebd.), S. 225. Die Vorschläge Brentanos fanden zu dieser Zeit nach König (ebd.) allerdings keine Zustimmung.

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Epilog

zur Installation eines einheitlichen Lehrlingswesens, mit denen er eine enge Verbindung zwischen Volksschulen, Fortbildungsschulen und praktischer Lehrlingsausbildung anstrebte.3474 Das Volksschulgesetz von 1873 scheint sich ebenso wenig direkt auf das (knappschaftliche) Bergschulwesen ausgewirkt zu haben. Obwohl nun das Volksschulwesen endgültig in die Aufsichtshoheit der staatlichen Bezirksschulinspektoren übertragen wurde3475, berührte dies das Unterstützungswesen für die Berg- und Hüttenarbeiterkinder aus den knappschaftlichen Schulkassen kaum.3476 Die schon vor den Bergschulreformen Mitte des 18. Jahrhunderts vorhandene landesherrlich-/staatliche Unterstützung der Bergarbeiterkinder aus den knappschaftlichen Schulkassen existierte – wenn auch nur noch in dem Bergrevier Freiberg sowie den vier (vereinigten) obererzgebirgischen Bergrevieren und zugleich in einer anderweitigen Zusammensetzung der Zuschüsse –3477 bis zum Jahre 1919 weiter; in diesem Jahr stellte man das Knappschaftliche Schulkassenwesen für den Erzbergbau endgültig ein.3478 Wurde z. B. im Jahre 1851 in sämtlichen Bergrevieren der Schulunterricht von insgesamt 7105 Bergmannskindern männlichen und weiblichen Geschlechts mit einem Betrag von etwas über 7687 Talern unterstützt,3479 waren es im Jahre der Einführung des Volksschulgesetzes (1873) insgesamt 8259 Bergmannskinder, zu deren Schulunterricht etwas über 9272 Taler beigesteuert wurden, was einer jährlichen Unterstützung von rund einem Taler und 12 Groschen je unterrichtetem Bergmannskind entsprach –3480 also nur 10 Groschen mehr als ein dreiviertel Jahrhundert zuvor.3481 In den nächsten 40 Jahren ging die Zahl der zur Wahrnehmung des Volksschulunterrichts zu unterstützenden Bergmannskinder innerhalb der Erzbergbaureviere Freiberg bzw. des oberen Erzgebirges – dieses bestand zu diesem Zeitpunkt ledig3474 Vgl. zu den Vorschlägen Garbes König (ebd.), S. 228. 3475 An Stelle der Superintendenten bildeten nun Bezirksschulinspektoren gemeinsam mit den Amtshauptleuten und – in Städten mit revidierter Städteordnung – dem Stadtrat die Bezirksschulinspektion. Vgl. dazu Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens in Sachsen) S. 186 f. 3476 Vgl. zur Entwicklung des Volksschulwesens nach dem Schulgesetz von 1873 grundlegend Pätzold (ebd.) S. 182–197. 3477 Zum Vergleich sei auf die Zusammensetzung der bergknappschaftlichen Schulkassen im Jahre 1851 – JB 1853, S. 41 f., und späteren Übersichten in den Jahrbüchern bis 1918 verwiesen. 3478 Vgl. dazu den Abschnitt „B. Knappschaftliche Schulkassen beim Erzbergbau im Jahre 1919“. In: JBfBuHW 1920, S. B 88. 3479 Vgl. dazu das JBfdBuHM,1853, S. 41 f. 3480 Vgl. dazu das JBfBuHW 1875, S. 208. In letzterem Ergebnis sind nicht die 152 Hüttenarbeiterkinder enthalten, zu denen die Freiberger Hüttenknappschaftskasse knapp 170 Talern beisteuerte. Vgl. (ebd.), S. 220–222; letztere Kasse rechnete separiert von den Bergknappschaftskassen ab. 3481 Vgl. dazu nochmals den Bericht von Schirndings vom 24. März 1800 (wie Anm. 1168), hier Bl. 94 b.

Bergschule Freiberg bis zu ihrer Aufhebung

633

lich noch aus den drei großen (z. T. vereinigten) Revierabteilungen in Altenberg, Marienberg und Schwarzenberg-3482 kontinuierlich zurück. Betrug z. B. im Jahre 1875 die Anzahl der mit Finanzbeihilfen seitens des Bergwesens zu unterstützender Bergmannskinder noch 7794, sank diese (in 10-Jahresschritten) auf 7063 (1885), 5674 (1895), 3474 (1905) und schließlich auf 817 im Kriegsjahr 1916.3483 Der Unterricht fand nach wie vor an den örtlichen Volksschulen bei einer sich stetig verändernden Zahl von Haupt-, Neben- und Hilfslehrern statt.3484 Im Jahre 1913, das zugleich das Ende des Freiberger Erzbergbaues bedeutete, waren es noch 1199 Bergmannskinder gewesen, die aus den Schulkassen des Erzbergbaues unterstützt wurden,3485 was gegenüber dem Jahr der Verabschiedung des Volksschulgesetzes (1873) einen Rückgang der Schülerzahlen um über 85% bedeutete. Fast parallel dazu minimierte sich auch der finanzielle Aufwand für das knappschaftliche Schulwesen. Wurden noch im Jahre 1775 aus den Schulkassen des Erzbergbaues knapp 25.847 Mark zur Unterrichtsunterstützung von Bergmannskindern aufgewandt,3486 gingen diese Leistungen bis im Jahre 1913 auf fast genau 6500 Mark –3487 also um rund 75% zurück. Im letzten Jahr vor der Einstellung dieser Finanzbeihilfe (1918) betrug diese Unterstützung noch knapp 4800 Mark, die Zahl sämtlicher unterrichteter Bergmannskinder hatte sich auf 826 verringert,3488 was einen Rückgang von ca. 82,75% gegenüber 1773 bedeutete. Dieser in den 70er-Jahren des 19. Jahrhunderts einsetzende und sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch verstärkende Rückgang der zu unterstützenden Bergmannskinder stand dabei im direkten Zusammenhang mit dem (planmäßigen) Rückzug des Staates aus dem Freiberger Erzbergbau und der damit verbundenen Rückführung seiner Belegschaften. Während z. B. im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts das Personal des Zwickauer Steinkohlenbergbaues nahezu kontinuierlich

3482 Auf eine Darstellung der Veränderungen der territorialen „Zuschnitte“ der obererzgebirgischen Bergreviere muss hier verzichtet werden. Es wird deshalb verwiesen auf die jährlichen „Tabellarische Zusammenstellung(en) der bergknappschaftlichen Schulanstalten bei dem Sächsischen Bergbaue …“, stellvertretend auf die des Jahres 1885, in: BergA, 40024–06, LBA 233, Bl. 194 f. 3483 Vgl. dazu die statistischen Erhebungen in den JBdBuHW der Jahre 1877, 1887, 1896, 1906 und 1917 – auf die detaillierten Seitenangaben wurde hier verzichtet. Da für 1915 keine statistischen Zahlen vorlagen, musste hier auf die Zahlen von 1916 zurückgegriffen werden. 3484 So wurden die 7063 Schüler des Jahres 1885 an insgesamt 197 Schulen, die 3474 Schüler des Jahres 1905 an insgesamt 116 örtlichen Volksschulen unterrichtet. Vgl. dazu die „Tabellarischen Zusammenstellungen“ auf das Jahr 1885 bzw. das Jahr 1905, in: BergA, 40024–06, LBA 233, Bl. 194 f., bzw. LBA 063, Bl. 108–121. 3485 Vgl. dazu die statistischen Erhebungen im JBfBuHW des Jahres 1914, S. B 212. 3486 Vgl. dazu die statistischen Erhebungen im JBfBuHW des Jahres 1877, S. 38, 12 f. 3487 Vgl. dazu die statistischen Erhebungen im JBfBuHW des Jahres 1914, S. B 212. 3488 Vgl. dazu die statistischen Erhebungen im JBfBuHW des Jahres 1919, S. B 89.

634

Epilog

anstieg und die Zahl der Beschäftigten im Hüttenwesen etwa konstant blieb,3489 sank die Gesamtbelegschaft (Beamte und Arbeiter) im Freiberger Erzbergbau seit den 80er-Jahren des 19. Jahrhunderts stetig.3490 In diesem Bergrevier ging das Belegschaftspersonals von 6208 Personen im Jahre 1875 auf 597 Personen im Jahre 1913 – also um über 90%(!) zurück.3491 Sie fiel dabei von 6720 Belegschaftsmitgliedern im Jahre 18853492 auf 4739 im Jahre 1895, 1914 im Jahre 1905, auf schließlich 597 im Jahre der Einstellung des Grubenbetriebs bei den staatlichen Erzbergwerken im Freiberger Bergrevier, 1913.3493 Dagegen erfolgte der Rückgang des Belegschaftspersonals in den obererzgebirgischen Erzbergbaubetrieben nicht so gleichmäßig und auch weniger stark. Das Personal sank hier von 1797 Personen (1875) auf 727 Personen (1913) –3494 also um „nur“ rund 60 %. Die Gesamtzahl der die Volksschulen besuchenden und finanziell aus den knappschaftlichen Schulkassen zu unterstützenden Bergarbeiterkinder nahm fast proportional zur Belegschaftsminimierung im Freiberger Bergrevier ab. Tabelle IX_2_1: Anzahl der für den Volksschulunterricht zu unterstützenden Bergmannskinder im Verhältnis zu den im Erzbergbau Beschäftigten 3495

Jahr

Unterrichtete Bergmannskinder sämtlicher Bergreviere

Beihilfe-Leistungen in Tlr. / Gr. / Pf. bzw. Mark / Gr.3495

Knaben

Mädchen

gesamt

Freiberg und oberes Erzgebirge

Freiberg

Oberes Erzgebirge

gesamt

1855

3811

3914

7725

8309 / 26 / 05

8285

3117

11402

1865

4078

4026

8104

8811 / 10 / 07

7963

2159

10122

1868

8201

1872

8535

Anfahrende Mannschaft im Erzbergbau (ohne Hüttenarbeiter)

1873

4156

4103

8259

9272 / 14 / 04

6460

2122

8582

1875

3888

3906

7794

25846 / 73

6208

1797

8005

1885

3472

3591

7063

23612 / 26

6720

1574

8294

1895

2859

2815

5674

19464 / 81

4739

942

5681

3489 3490 3491 3492

Vgl. dazu die Tabelle IX_2_1. Vgl. dazu Meister (Freiberg im Deutschen Reich), Tabelle S. 230. Vgl. dazu die statistischen Erhebungen in den JBfBuHW 1877, S. 128, bzw. 1914, S. B 58. Seit 1893 gab es nach Meister (Freiberg im Deutschen Reich), S. 240, keine Neueinstellung mehr. 3493 Vgl. dazu die statistischen Erhebungen in den JBfBuHW 1896, S. B 71, 1906, S. B 65, und 1914, S. B 58. 3494 Vgl. dazu die statistischen Erhebungen in den JBfBuHW 1877, S. 128, bzw. 1914, S. B 58. 3495 Mit dem Reichsmünzgesetz (vom 4. Dez. 1871) erfolgte die Einführung (1873) der Goldmark zu 100 Pfennigen. Vgl. dazu Kahnt/Knorr (Alte Maßen und Münzen), den Artikel „Goldmark“, S. 106.

635

Bergschule Freiberg bis zu ihrer Aufhebung

Jahr

1905

Unterrichtete Bergmannskinder sämtlicher Bergreviere

Beihilfe-Leistungen in Tlr. / Gr. / Pf. bzw. Mark / Gr.3495

Knaben

Mädchen

gesamt

Freiberg und oberes Erzgebirge

Anfahrende Mannschaft im Erzbergbau (ohne Hüttenarbeiter) Freiberg

Oberes Erzgebirge

gesamt

1777

1697

3474

16906 / 78

1914

892

2806

3496

569

630

1199

6500 / 70

597

727

1324

19163497

398

419

817

4500 / 12

105

733

838

1918

407

419

826

4798 / 67

102

1620

1722

1913

3498

[Quelle: Statistische Übersichten aus den JBfBuHW 1857 (für 1855), 1867 (für 1865), 1875 (für 1873), 1877 (für 1875), 1887 (für 1885), 1896 (für 1895), 1906 (für 1905), 1914 (für 1913), 1917 (für 1916), und 1919 (für 1918); außerdem in: BergA 40024–06, LBA 232, Bl. 26–27 b., 146 f., 174 f., 231 f., LBA 233, Bl. 194 f., und LBA 063, Bl. 108–121, 160–179 b.]3496 3497 3498

Vergleich der unterrichteten Bergmannskinder sämtlicher Bergreviere mit der anfahrenden Mannschaft im Erzbergbau

In Umsetzung des Volksschulgesetzes von 1773 wurde zwar auch das System der Fortbildungsschulen ausgebaut und die berufliche Fortbildung insbesondere in den unter der Aufsicht des Ministeriums des Innern stehenden (größeren) gewerb-

3496 Jahr der Einstellung des Freiberger Erzbergbaues. 3497 Für 1915 liegen keine diesbezüglichen statistischen Angaben vor. 3498 Letztes Jahr der Unterstützung; Auflösung der Knappschaftlichen Schulkassen im Jahre 1919.

636

Epilog

lichen Schulanstalten bzw. gewerblichen Fortbildungsschulen konzentriert;3499 deren Entwicklung holte aber meist nur das nach, was in der weiterhin unter der Aufsicht des Finanzministeriums stehenden Freiberger Bergschule schon längst Bildungsrealität war. Der weitere Fortgang der Königlichen (bis 1918) bzw. Staatlichen (ab 1919) Bergschule Freiberg bis zu ihrer Schließung 1924 lässt sich in den letzten 40 Jahren ihrer Existenz ebenfalls anhand der über sie überlieferten Jahresberichte3500 sowie des hier nur stichpunktartig ausgewerteten (umfangreichen) Aktenbestands des Sächsischen Bergarchivs3501 nachvollziehen. Von ihrem Ausbildungsauftrag her betrachtet, änderte sich bei der Freiberger Bergschule gegenüber den Bestimmungen vorausgegangener Schulregulative kaum etwas. Nach der Schulordnung vom 25. August 1905 war die Bergschule zu Freiberg „… eine Staatsanstalt, welche den Zweck hat, gute Aufseher, Steiger, Werkmeister und sonstige untere Betriebsbeamte für den sächsischen Bergbau auszubilden.“3502 Die Ausbildung von „Oberbeamten“ für den Bergbau blieb danach ausdrücklich der Bergakademie vorbehalten.3503 Diese Entwicklungsetappe der Freiberger Bergschule ist einerseits gekennzeichnet von einem allmählichen Rückgang ihrer Bedeutung für das Berg- und Hüttenwesen überhaupt und andererseits – in den letzten Jahren ihrer Existenz, insbesondere während des I. Weltkrieges – von einem (wenn auch nicht übermäßigem) Rückgang ihrer Schülerzahl. Dies muss letztlich als direkte Folge des Rückganges des Erzbergbaues im Königreich Sachsen ab den 70er-Jahren des 19. Jahrhunderts, verbunden mit der Schließung einiger Freiberger Gruben gesehen werden. Die Weichen dafür aber wurden bereits mit der Gründung des Deutschen Reichs 1871 und insbesondere der Abschaffung der Silberwährung gestellt.3504 Der Verfall des Silberpreises und der massenhafte Import von Silber führten zur Unrentabilität der Freiberger Erzgruben.3505 Der Staat griff zwar auch diesmal ein, vermochte es jedoch trotz Übernahme der drei größten Gruben im Freiberger Bergrevier – der 3499 Vgl. dazu Pätzold (Geschichte des Volksschulwesens in Sachsen), insb. S. 213–216. 3500 Vgl. dazu die in nur wenigen Bibliotheken überlieferten Jahresberichte der Königlichen/Staatlichen Bergschule Freiberg zwischen 1885/86 und 1920/21. 3501 Vgl. dazu den Aktenbestand BergA, 40024–06, LBA, Bildungsangelegenheiten, insbes. die „Tabellen über den Personalbestand der Königlichen Bergakademie … [und] die Königliche Bergschule …“, in: BergA, 40024–06, LBA-232, LBA-233, und LBA-063, „Statistische Übersichten“, bzw. LBA-057 und LBA-058, die „Bergschulen im Allgemeinen“, sowie LBA-082, „Bergschule zu Freiberg“. 3502 „Schulordnung für die Freiberger Bergschule vom 25. Aug. 1905“, in: BergA, 40024–06, LBA–082, o. Bl. 3503 Vgl. dazu die Schulordnung vom 25. Aug. 1905 (ebd.), hier Anm. *) 3504 Vgl. dazu Wächtler/Wagenbreth (Freiberger Bergbau), S. 21. 3505 Vgl. dazu Wächtler/Wagenbreth (ebd.), sowie Wagenbreth (Historische Bergbaureviere), S. 18.

Bergschule Freiberg bis zu ihrer Aufhebung

637

„Himmelfahrt Fundgrube“, der „Himmelsfürst Fundgrube“ und der „Mittelgrube“ mit ihrer Hauptgrube „Beschert Glück Fundgrube“ – im Jahre 18863506 und deren Modernisierung nicht, diese zu konsolidieren. Deshalb beschloss der sächsische Landtag im Jahre 1903 das allmähliche Zurückfahren des Freiberger Erzbergbaus und die Stilllegung der staatlichen Gruben im Jahre 1913.3507 Das Hüttenwesen blieb zwar bestehen, verarbeitete aber ab da fast ausschließlich ausländische Erze.3508 Das bisher von den Freiberger Erzgruben genutzte Wasser wurde ab 1913 innerhalb des großartig angelegten historisch gewachsenen Systems der Revierwasserlaufsanstalt für die Energieerzeugung eingesetzt.3509 Mit Beginn des I. Weltkrieges führte die Freiberger Bergschule eher ein Schattendasein. Die Zahl ihrer Neuzugänge ging gegenüber der Vorkriegszahl (je Jahr 20 Neuaufnahmen) z. T. bis auf ein Viertel zurück, sodass sich die jährliche Gesamtschülerzahl während des Krieges auf ca. 50 „Lehrlinge“ einpegelte.3510 Da jedoch in dieser Zeit viele Bergschüler „im Felde“ waren, musste der Unterricht nach Weiß in einzelnen der (vier) Klassen „jährlich ganz ausfallen“.3511 So hatte man z. B. von den 50 (bzw. 51) Bergschülern am Schluss des Kriegsjahres 1915 „30 (Sachsen) zum Militär beurlaubt“ und sämtliche drei Preußen befanden sich damals „vermutlich … beim Heere“.3512 Ein Jahr darauf, Ende des Schuljahres 1916 waren sogar 36 (Sachsen) der insgesamt 48 Bergschüler beim Militär.3513

3506 Vgl. dazu Wagenbreth (ebd.), sowie Wächtler/Wagenbreth (Freiberger Bergbau), S. 200, 217, 235. Diese drei Berggebäude mit 4760 Beschäftigten bestimmten den Freiberger Erzbergbau bei weitem. Vgl. dazu die „Statistischen Mitteilungen über das Bergwesen“ im Jahre 1886, in: JBfBuHW 1887, II. Teil, S. A 2–A 16. 3507 Vgl. dazu Wächtler/Wagenbreth (ebd.), S. 21, sowie Wagenbreth (ebd.). 3508 Vgl. Wächtler/Wagenbreth (ebd.). 3509 Vgl. dazu grundlegend Kaden (Institutionsgeschichte der Revierwasserlaufsanstalt), unveröff. Manuskript, sowie insb. die §§ 1 des Gesetzes über die RWA vom 3. Juli 1912 bzw. die Satzung der RWA vom 31. Dez. 1912. 3510 Vgl. dazu die Jahresberichte der Königlichen/Staatlichen Bergschule Freiberg zwischen 1914/15 und 1918/19. 3511 Weiß (Geschichte der Bergschule), S. 24. Vgl. hierzu insb. auch die „Übersichten über den Schülerbestand bei der Bergschule Freiberg“ der Jahre 1915 bis 1918, in: BergA, 40024–06, LBA 063, Bl. 162–168. 3512 Vgl. dazu die „Übersichten über den Schülerbestand“ (ebd.), Bl. 162. Im Jahresbericht der Königlichen Bergschule Freiberg 1915/16 werden 51 Schüler angeführt. 3513 Vgl. dazu die „Übersichten über den Schülerbestand“ (ebd.), Bl. 136. Im Jahresbericht der Königlichen Bergschule Freiberg 1915/16 werden 37 von 51 Schülern angeführt.

638

Epilog

Tabelle IX_2_2: Entwicklung der Anzahl der Bergschüler an der Bergschule Freiberg von 1868/69 bis zur Schließung im Jahre 1924

Jahr

Anzahl der Bergschüler

1868/69

64

1872/73

64

1874/75

60

1885/86

62 (+ 6 „Extraneer“)

1895/96

51

1905/06

68

1910/11

68

1911/12

67

1912/13

65

1913/14

62

1914/15

55

1915/16

51 (davon 30 „im Felde)

1916/17

51 (davon 37 „im Heere“)

1917/18

49

1918/19

45

1919/20

41

1920/21

46

1921/22

38

1922/23

29

1923/24

14

1924

00

[Quelle: Statistische Übersichten über die Königliche Bergschule, in: BergA, 40024–06, LBA–232, Bl. 160 f., LBA–233, Bl. 197 b., LBA 062, Bl. 23–23 b., 172–172 b., 229–229 b.; LBA 063, Bl. 126; Übersicht über den Schülerbestand bei der Bergschule Freiberg für die Jahre 1909–1914, in: BergA, 40024–06, LBA 063, Bl. 155–179 b.; (gedruckte) Berichte über die Königliche (bzw. Staatliche) Bergschule 1885/86–1920/20.]

639

Bergschule Freiberg bis zu ihrer Aufhebung

Ungeachtet dieser Entwicklung hatten sich der gebotene Unterricht an der Freiberger Bergschule in den letzten 30 Jahren bis zum Eintritt des I. Weltkrieges nicht allzu viel geändert. Entsprechend der Anforderungen aus der Bergbaupraxis waren solche Fächer wie Elektrotechnik und allgemeine Maschinenlehre, aber auch Erste Hilfeleistungen bei Unfällen eingeführt worden; außerdem war der Umfang des Unterrichts von 30 Wochenstunden im Schuljahr 1885/86 auf 36–40 Wochenstunden erhöht worden. Tabelle IX_2_3: Vergleich der Unterrichtsfächer an der Bergschule Freiberg in den Schuljahren 1885/86 und 1914/15

Klasse

Unterrichtsfächer 1885/86

wöchentliche Stundenzahl

Unterrichtsfächer 1914/15

wöchentliche Stundenzahl

IV (1. Jahr)

deutsche Sprache

3

deutsche Sprache

2

III (2. Jahr)

II (3. Jahr)

Arithmetik

2

Arithmetik

2

Freihandzeichnen

2

Freihandzeichnen

2

Nachschreiben von Diktaten

2

deutsche Sprache (Stil)

1

deutsche Sprache

1

Geometrie (einschl. ebener Trigonometrie)

2

Geometrie (einschl. ebener Trigonometrie und Stereometrie)

2

Mineralogie

2

Mineralogie (allg. und spez. Mineralogie; Mineralienbesprechung; Übungen

2

(geometr.) Zeichnen

2

darst. Geometrie, 1. Teil

2

Arithmetik (Wiederholung aus IV. Klasse

1

Physik

2

Physik

2

Bergbaukunde, 1. Teil

2

Bergbaukunde, 1. Teil

3

Mineralogische Übungen

2

Geologie

2

Zeichnen (Schattenkonstruktion)

2

Plan- und Risszeichnen (von Grubenrissen)

1

darst. Geometrie, 2. Teil

1

Geometrie (Wiederholung aus III. Klasse)

1

Buchführung

1

640 Klasse

I (4. Jahr)

Gesamtstunden

Epilog

Unterrichtsfächer 1885/86

wöchentliche Stundenzahl

Unterrichtsfächer 1914/15

wöchentliche Stundenzahl

Bergbaukunde, 2. Teil

2

Bergbaukunde, 2. Teil

2

Geognosie

2

Allg. Maschinenlehre

3

Markscheidekunde

2

Markscheidekunde

2

Zeichnen (Aufnehmen)

1

Maschinen- und Bauzeichnen

1 +2 (im Winter)

Buch- und Registerführung

1

Elektrotechnik

1

Erste Hilfeleistung bei Unfällen

2 (im Sommer)

30

36–40

[Quelle: Bericht über die Königliche Bergschule zu Freiberg auf das Lehrjahr 1885/86 bzw. das 139. Lehrjahr 1914/15.]

Als nach dem Ende des I. Weltkrieges „… aus der alten Fortbildungsschule die Berufsschule wurde“,3514 hatte das Bergschulwesen seinen Zenit überschritten. Mit der Einstellung des staatlichen Freiberger Silberbergbaus3515 1913 und der damit einhergehenden Nutzung des Systems bergmännischer Wasseranlagen für nicht bergmännische Zwecke fehlte die Notwendigkeit, weiterhin Berg- und Hüttenleute für den Erzbergbau auszubilden. Die Bergschule Freiberg verlor ihre Daseinsberechtigung; der I. Weltkrieg hat diesen Prozess ggf. noch etwas beschleunigt. Die Schließung der Königlichen Bergschule Freiberg jedoch war längerfristig geplant. Dies ergibt sich aus einer entsprechenden Verordnung des Finanzministeriums vom 30. August 1917. Danach sollte das Bergamt Freiberg allen neuaufgenommenen Schülern der IV. (untersten) Klasse zu Unterrichtsbeginn mitteilen, dass „für die nächsten Jahre … die Auflösung der Freiberger Bergschule in Aussicht genommen (sei).3516 Knapp zwei Jahre, nachdem die Freiberger Bergschule ihr Domizil auf der Prüferstraße verlassen und in das Gebäude des ehemaligen Gasthofes „Goldener Adler“ auf die Burgstraße umziehen musste (Sept. 1919), hatte das Finanzministe3514 So Thyssen (Gewerbliche Berufsschule), S. 136. 3515 Für die wenigen verbleibenden Revier-Berggebäude und (unbedeutenden) Privatgruben – vgl. zu diesen die „Mitteilungen über das Berg- und Hüttenwesen 1913“, in: JBfBuHW 1914, hier insb. S. B 28–B32 – war eine Aufrechterhaltung der Freiberger Bergschule nicht zu begründen. 3516 VO des Finanzministeriums vom 30. Aug. 1917, in: BergA, 40024–06, LBA 085, Bl. 173.

Bergschule Freiberg bis zu ihrer Aufhebung

641

rium schließlich im Juni 1921 verfügt, die Freiberger Bergschule nach Ablauf des Schuljahres 1923/24 endgültig zu schließen.3517 Von da ab wurde jährlich nach den Schlussprüfungen der Unterricht der jeweils höchsten Klasse eingestellt. Sicherlich war es vor allem der zurückgegangene Bedarf an niederen Bergbeamten und sonstigen bergmännischen Fachkräften, die zu dieser Entscheidung des Finanzministeriums geführt haben, auch wenn Weiß durchaus noch eine Chance in der Fortführung des Unterrichts sah.3518 Am Jahresende 1921 befanden sich noch 38 Schüler auf der Bergschule, ein Jahr darauf 29 Bergschüler, von denen im Schuljahr 1923 jedoch 15 die Einrichtung verließen.3519 Die letzten 14 verbliebenen Bergschüler gingen nach ihren Abschlussprüfungen und Erhalt ihres Reifezeugnisses am 28. Juni 1924 – dem Tag der Schließung der Freiberger Bergschule – von der Freiberger Bergschule ab.3520 Damit endete die Geschichte dieser einmal innovativen Bildungsanstalt. Die Ausbildung unterer Bergbeamter für den (vor allem) Kohlenbergbau erfolgte ab da allein durch die Bergschule in Zwickau; die fachliche Vorbereitung auf diese wurde durch die eigens dafür 1922/23 gegründeten Bergvorschulen in Zwickau und Borna wahrgenommen.3521 Ausstattungsgegenstände und Lehrmaterial der staatlichen Freiberger Bergschule wurden aufgeteilt und z. T. an die Bergschule in Zwickau, die Bergakademie bzw. das Oberbergamt übergeben, fanden aber auch andere Interessenten.3522 Mit der Schließung der (staatlichen) Bergschule Freiberg fand auch die Entwicklung eines einmaligen Bildungskomplexes unterschiedlichster Bildungseinrichtungen, der zeitweilig das elementare Schul- und das fachliche Berufsbildungswesen in Sachsen maßgeblich geprägt hatte, ihren endgültigen Abschluss.

3517 So Weiß (Geschichte der Bergschule), S. 26. 3518 Vgl. dazu Weiß (ebd.), S. 28. 3519 Vgl. dazu die „Übersichten über den Schülerbestand …“ (wie Anm. 3511), hier Bl. 174, 178, sowie den Bericht des OBA vom 28. Jan. 1924, in: ebd., Bl. 179 b. 3520 Vgl. dazu den Bericht des Bergschuldirektors Weiß vom 11. Juli 1924, in: BergA, 40024–06, LBA 081, Bl. 253–255, sowie den Bericht des OBA vom 10. Jan. 1925 an das Statistische Landesamt Dresden, in: BergA, 40024–06, LBA 063, Bl. 180 b. 3521 Vgl. dazu den Bericht des Direktors der Bergschule Zwickau vom 28. Jan. 1924, in: BergA, 40024–06, LBA 063, Bl. 179–179 b. Danach hatte die Bergschule Zwickau zu diesem Zeitpunkt insgesamt 102 Schüler, die Bergvorschule in Zwickau bzw. Borna weitere 53 bzw. 55 Schüler. Vgl. ebd. 3522 Detaillierte Angaben dazu finden sich in der Akte: BergA, 40024–06, LBA 081.

Anhang

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Anhang

Carl Wilhelm Benno von Heynitz 1738, 1. Juni

[1744–1752] 1752–1754 1755, ab 11. Oktober 1758, 19. April – 1765, 9. September 1763–1765

Geboren in Dresden als dritter Sohn des kursächsischen Justizrates Georg Ernst von Heynitz (1692–1751) und Frau Sophia Dorothea (1705–1773), geborene v. Hardenberg, aus Oberwiederstedt in der Grafschaft Mansfeld Schulbesuch bzw. (offenbar) Privatunterricht Besuch der Fürstenschule Schulpforta bei Naumburg Studium an der 1737 gegründeten Universität Göttingen (zu dieser Zeit – 1755 bis 1757 – hält der als Bergrat und Polizeidirektor angestellte Kameralist Justi Vorlesungen) Hofjunker am Hofe Herzog Carls zu Braunschweig und Lüneburg

Gemeinsam mit dem (zwei Jahre älteren) hannoverschen Bergdrosten (seit 1763) und späteren Kurfürstlich Hannoverschem Berghauptmann Nikolaus (Claus) Friedrich von Reden durchgeführte Bildungsreise nach Frankreich, England und den Niederlanden 1765, 23. September Auditor im Communion-Bergamt Zellerfeld; designierter Drost unter dem Drosten Graf von Reden im Königreich Großbritannien–Hannover; als „wirklicher“ Berg-Drost Mitglied der Bergwerksdirektion auf dem Harz 1766 Übersiedlung nach Kursachsen 1766, 6. Mai/ 1. Ordentlicher Beisitzer bei der Landes-Ökonomie-Manufaktur22. Mai und Kommerzien-Deputation und „wirklicher Accis-Rat“ im General-Accis-Kollegium 1770, etwa April Versetzung zur „Acciskasse“ als „Accisrat“; (kurze Zeit darauf als Kammerherr „begnadet“) 1770, 15. Mai Ordentliches Mitglied der (1764 gegründeten) Ökonomischen Sozietät 1775, 4. Januar Gesuch von Heynitz’ an den Kurfürsten um vergleichbare Anstellung (wie „Berg-Drost und Membrun bey der Bergwerksdirection auf dem Hartz“) in Kursachsen 1775, 21.Januar/ Kurfürst überträgt B. von Heynitz (unter Entlassung als Akzise-Rat) 18.Februar Stelle mit Sitz und Stimme im OBA hinter dem Vize-BHM von Trebra (unter Beibehaltung seines Gehalts als Akzise-Rat und seiner Assessor-Stelle bei der Kommerzien-Deputation); Vorgesetzte sind OBHM von Ponickau, BHM Pabst von Ohain, Vize-BHM von Trebra, BR von Wichmannshausen und BKR Meybach; gemeinsam mit BKR von Charpentier erhält von Heynitz das Freiberger Bergrevier sowie ein eigenes „Departement“ zur Aufsicht übertragen

Anhang

1775, 22. Mai

645

Eheschließung mit Anna Christiane, geb. Dinglinger, verw. Poppe, aus Dresden; Wohnort wird das Gut Miltitz 1776, 16. Februar Geburt des Sohnes Friedrich Gottlob Benno (1776–1862), später Inspektor der Landesschule St. Afra in Meißen 1776 Erwerb des Gutes Groitzsch vom Vetter Christian Gottlob 1779 Übernahme des Gutes Miltitz nach Tod seines Onkels Gottlob Leberecht von Heynitz auf Miltitz (1697–1779) 1779, 6. Februar B. von Heynitz wird durch Kurfürst Friedrich August zum Kommissar über das zu etablierende kursächsische Bergschulwesen ernannt; Gesuch um Berücksichtigung bei der Wiederbesetzung der Stelle 25. September eines Vizeberghauptmannes 1779, 20. November/ Kurfürst Friedrich August bestallt (nach Abgang von Trebras) den bisherigen (ersten) BKR von Heynitz zum Vize-BHM; Verpflich4. Dezember tung durch den Vizekammerpräsidenten von Lindemann 1784, 12. Juni Von Heynitz wird als Nachfolger des am 25. Jan. 1784 verstorbenen Pabst von Ohain als BHM berufen 1785, 16. März Nach dem Tode des OBHMes von Ponickau (8. Febr. 1785) werden dessen Geschäfte an B. von Heynitz (ohne dass dieser jedoch den Titel eines OBHMes erhält) mit übertragen 1788, 12. April B. v. Heynitz wird (zum bisherigem Gehalt von 1800 Talern) eine Zulage in Höhe von 600 Talern gewährt [Von Heynitz führt dazu in einem Bericht vom 18. Jan. 1788 an, dass unter seiner maßgeblichen Mitwirkung seit 1779 der Silberertrag im Freiberger Bergbau von 29953 Mark auf 41444 Mark Silber (1787) angestiegen sei] 1793–1798 Unter Hauptverantwortung B. von Heynitz’ Durchführung von Reformen der bergakademischen und der sonstigen bergmännischen Ausbildung 1801, 21. April Tod des BHM Carl Wilhelm Benno von Heynitz’ in Freiberg; Beisetzung auf dem Kirchhof seines Stammgutes in Miltitz 25. April [Quelle: Auszug aus Kaden (Carl Wilhelm Benno von Heynitz)]

646

Anhang

Abbildung II_1: Kursächsische Bergverwa

Kurfürst Friedrich A

Aufsicht

Geheimes Finanzkol [Ab 1782 zentrale Behörde für Kammer-, Berg[Präsident: George Reinhardt G

Oberbergamt

Berghauptmannsch

►Oberberghauptm ►Berghauptman ►Vizeberghauptm ------------------------------------------------------------------Bergräte, Bergkommiss

Aufsicht

Bergschulwesen

Bergakademie Freiberg

[in Entstehung]

►Johann Friedrich Lempe, Prof. für Mathematik (Nachfolger Charpentiers) ►Abraham Gottlob Werner, Bergakademie-Inspektor ►Alexander Wilhelm Köhler, Lehrer für Bergrecht

OZA Freiberg Oberzehnten- (und Austeileramt)

OZA Annaberg

OZA im Obergebirge (Anna

►Oberzehntner

►Oberzehntner

►Zehntschreiber

►Zehntschreiber

►Vizezehntschreiber

►Christlieb Ehregott Gellert, Lehrer für metallurgische Chemie ►Andreas Heinrich Klotzsch, Lehrer für Probierkunst

Zehntenamt in Schneebe ►Unterzehntner

►Johann Friedrich Freiesleben, Lehrer für Markscheidekunst

1 2

Funktion wird seit 1785 durch Carl Wilhelm Benno von Heynitz mit wahrgenommen BKR August Constantin von Ferber und Ernst Friedrich Carl von Schirnding sind (zeitlich nacheinander) für das bergmännische Bildungswe

[Quellen: Bergkalender 1781 bis 1784, Köhler (Anleitung zur Verfassung beim Bergbau), unter Berücksichtigung von Groß (Geschichte Sach

Abbildung II_1: Kursächsische Bergverwaltung am Ausgang des 18 Jahrhunderts

647

Anhang

erwaltung am Ausgang des 18. Jahrhunderts

drich August

nanzkollegium , Berg-, Akzise- und Kommerziensachen) hardt Graf von Wallwitz]

ergamt

mannschaft

hauptmann1 uptmann hauptmann --------------------------------------------------------ommissionsräte2

fsicht

erg

e (Annaberg)

tner

eiber

hneeberg

tner

kursächsische BÄ (außer Freiberg)

BA Freiberg ►Bergmeister ►Berggeschworne ►Obereinfahrer ►Bergamtsassessor ►Oberstollnfaktor ►Poch- und Wäschegeschworner ►Kunstmeister ►Bergguardein ►Markscheider ►Vizemarkscheider ►Gegenschreiber ►Rezess- und Knappschaftsschreiber ►Bergfaktor ►Bergmechaniker

ungswesen zuständig

e Sachsens b), S. 164; Gestaltung nach Ideen des Verfassers]

obererzgebirgische BÄ (Auswahl) Alten-berg Marienberg

Geyer m. Ehrenfr.

Annaberg

Johanngeorgstd.

Schneeberg

[unterschiedliche Bergbedienstete wie:] ►Bergmeister ►Markscheider ►Berggeschworne ►Berg-, Gegen- und Rezessschreiber ►Knappschaftsschreiber ►Bergguardein ►Hüttenschreiber ►Zehntner (örtlich) ►und weitere …

weitere BÄ …

„Contract“ der Schullehrer mit örtlicher Knappschaft; Beiträge zahlen zunächst Gewerken, später auch Knappschaften und der Landesherr

Beginn: 1779 mit 224 Knaben

gesonderter Unterricht durch Lehrer für nichtanfahrende Bergmannsknaben im - Christentum - Lesen - z.T. auch Rechnen und Schreiben Oberaufsicht durch Benno von Heynitz (OBA) und Beteiligung von Vertretern der Gewerken bzw. Knappschaften

dto. für anfahrende Bergmannsknaben

Knappschaftliche „Bergschulanstalten“

Beginn: 1779 beim „Stuhlschreiber“ Oehlschlägel (in Freiberg) bzw. 1778 beim Bergmeister Schmidt (in Brand),

Unterricht von 26 Knaben im - Rechnen u. - Schreiben

sogenannte Schreibeschulen

Bestenauswahl

6

Abbildung II_2_3: Schulstruktur im Freiberger Bergrevier nach dem Schulplan Benno von Heynitz’ vom 8. Apr. 1779

Unterricht nur gegen Schulgeld der Eltern

wöchentliche Schulvisitationen durch Pfarrer

Unterricht für 5/6 –14jährige Schüler im - Christentum - Lesen - Singen - z.T. auch Rechnen - anderen Wissensgebieten

Stadt- und Dorfschulen

1779 – 1795: Fortsetzung des Unterrichts durch Goldberg im - Rechnen, - Zeichnen, - den „Anfangsgründen“ der Geometrie bzw. - der Bergbaukunst

1777 – 1779: Unterricht beim Akademisten Lempe im „Gebrauch des Zirkels und Lineals“

Auswahl der 8 Besten

Beginn (1776): Unterricht von 24 fähigen anfahrenden Bergknaben im - Christentum - Rechnen u. -Schreiben an der Freiberger Eusebienschule (Saupe) und der Erbisdorfer Schule (Gärtner)

„Bergpursche(n)“-Unterricht / „Goldberg´sche ZR-Schule“

Abb. II_2_3: Schulstruktur im Freiberger Bergrevier nach dem Schulplan Benno von Heynitz’ vom 8. Apr. 1779 648 Anhang

Anhang

Abbildung V_1_4: Bericht des OBA vom 14. Juni 1788 an Kurfürst Friederich August [Auszug], in: BergaA, OBA 2252, Bl. 63.

649

k. A.

k. A.

Bergmann und Steiger in Johanngeorgenstadt

20.(?) Juli 1759 in Freiberg

unbekannt; um 1760, vermutl. in Freiberg Stiefvater Joh. George SCHIFFEL

verm. 27. Jan. k. A. 1754 in Johanngeorgenstadt

Lebrecht Johann Friedrich ERLER

George Friedrich RUDOLPH

Christian Gottlob BECHER

Bergschule FG bestand noch nicht

Bergschule FG bestand noch nicht

k. A.

Schule Freiberg

nein

Bergschule FG bestand noch nicht

keine höhere 1779–1780: Schulbildung Lempe´sche ZR-Schule; 1780–1781: Goldberg’sche ZR-Schule

Vizehüttenk. A. schreiber und Schichtmeister

25. Juni 1759 in Carl Friedrich Freiberg Goldberg

Carl Gottlob Friedrich GOLDBERG

unbekannt

Kuxkränzler k. A. und Zubußbote beim BA Weida, Schichtmeister

1781–1784

1778–1786

1787–1788

1781–1786

1775–1781

1773–1779 1779–1782 (Uni L)

Gestorben als

9. Jan. 1833 als Bergfaktor, Stollnschichtmeister und BergmagazinInspektor in Freiberg

Rezessschreiber; Lehrer der SRZ-Schule Altenberg

1796 als Schichtmeister und Bergschullehrer in Marienberg

unbekannt

Schichtmeister, Leh- 25. Apr. 1800 als rer der Erler’schen Schichtmeister in ZR-Schule (BergFreiberg schule Freiberg)

Schichtmeister, Bergfaktor; Lehrer der Goldberg’schen ZRSchule (Bergschule Freiberg)

„Mathematicus“, 6. Febr. 1801 als Prof. für Ma und Ph Prof. für MA, Ph (ab 1785), Prof. für und BMW Bergmaschinenwesen (ab 1797)

Funktion nach Studienende

Ma, BBK, Z, MarkscheidestipenMSK, Min, diat, Schichtmeister; Ph Lehrer der SRZSchule Marienberg

BBK, Ma, Ph, MSK, Min, PrK?, Ch?, Z

BBK, Ma, Ph, MSK, Min, Z, PrK, BergR

BBK, Ma, MSK, Ph, BWMasch, Z, Min, PrK, Ch, BergR

Ma, BBK, Ph, Z, Ch

Allg.- oder Bergschulunter- Studienzeit Fächer an höhere richt von-bis, Bergakader BergSchulbildung bzw.in/ bei demie und akademie in/bei UNI Leipzig

7. März 1757 in Georg Weida i. V. Gottfried LEMPE

Beruf des Vaters

Johann Friedrich LEMPE

Name des Vaters

Geburtsdatum/ Geburts- oder Herkunftsort*

Name

Tab. V_2a: Schulischer und beruflicher Werdegang der bis 1800 eingesetzten Lehrer der Freiberger Berg- und obererzgebirgischen SRZ-Schulen

650 Anhang

(ehem.) BM zu Eibenstock

k. A.

Obersteiger in Oberschlema

Jonas Gottlieb OEHLSCHLÄGEL

evtl. 15. Nov. k. A. 1749 in Johanngeorgenstadt

Johann Friedrich BILZ (PILZ)

Carl Friedrich GOLDBERG

um 1758, vermutlich in Eibenstock bzw. Voigtsberg

12. Jan. 1760 in Oberschlema

7. Jan. 1764 in Freiberg

Jonas Gotthold OEHLSCHLÄGEL

Christian Gotthilf GERBER

Christian Friedrich PILZ

Theodor Gottlieb Friedrich GOLDBERG

k. A.

k. A.

Schule Freiberg

Chr und Le(?) beim Kantor, Schr und Re beim Stadtschreiber

1783–1788

1783–1784

1775–1777 1777–1779 (Uni L)

1780–1784

BBK, Ma, Ph, Min, MSK, Ch, PrK, Z, Hyd, BR

BBK, Ma, Ph, PrK, Z, Min, Ch?, MSK, Hydr., BergR

Gestorben als

Bergschreiber; Lehrer der SRSchule Schneeberg

Markscheidestipendiat, Schichtmeister; Lehrer der SRZSchule in Johanngeorgenstadt

Markscheidestipendiat, Markscheider; Lehrer der SRZSchule Schneeberg

22. Aug. 1823 als Obereinfahrer in Johanngeorgenstadt

22. März 1837 als Schichtmeister und emeritierter Markscheider zu Schneeberg

unbekannt

1812 als Bergschreiber in Schneeberg

Markscheidestipen- 1812 als Schicht diat, Schichtmeister; meister in Lehrer der SRZAnnaberg Schule zu Annaberg

BBK, Ma, Guardein, GePrK, Z, Min, werkenprobierer; MSK Lehrer der Z-Schule Schneeberg

BBK, Ma, Min, Ph

BBK, Ma, Ph, MSK, PrK, Z, Ph, Min

Funktion nach Studienende

[Quelle: Sach-, Matrikel- und Personalunterlagen des UAF, Schiffner (Freiberger Bergstudenten I–III), Festschrift 1866, Personenauskünfte von den Kirchgemeinden Aue, Freiberg, Johanngeorgenstadt und Schneeberg]

vor 1781: 1781–1787 Re und Schr bei älterem Bruder Carl Gottlob Friedrich

k. A.

nein

nein

nein

Allg.- oder Bergschulunter- Studienzeit Fächer an höhere richt von-bis, Bergakader BergSchulbildung bzw.in/ bei demie und akademie in/bei UNI Leipzig

Hüttenk. A. schreiber und Schichtmeister in Freiberg

Bader und Chirurg in Aue

Johann Gottlieb THANNHÄUSER

10. Mai 1761 in Aue

Georg(e) Friedrich Gottlieb THANNHÄUSSER

Beruf des Vaters

Name des Vaters

Geburtsdatum/ Geburts- oder Herkunftsort*

Name

Anhang

651

Abb. VII_2: Standort der Lempe-/Goldberg’schen Zeichen- und Rechenschule innerhalb der (historischen) Anhang beruflichen Fortbildungsschule

652

Staatsbürgerbildung Berufsschule ab 1921

Allgemeine Menschenbildung Fachbildung

Beruflich gegliederte Fortbildungsschule ab 1900

Staatsbürgerbildung etwa ab 1890

Spezialisierungstendenz Allgemeine Fortbildungsschule etwa ab 1874 Gewerbliche Fortbildungsschule etwa ab 1850 ab 1777/79

Bergschule Freiberg

Neuhumanismus Allgemeinbildung

Lempe’sche-/ Goldberg’sche Zeichen- und Rechenschule

Gewerbliche Sonntagsschule etwa ab 1790

Religiöse Sonntagsschule ab 1739

Aufklärung Merkantilismus

Christliche Ethik

[Quelle: Thyssen (Gewerbliche Berufsschule), S. 135 f.; bearbeitet und ergänzt durch H.K.]

Abbildung VII_2: Standort der Lempe-/Goldberg’schen Zeichen- und Rechenschule innerhalb der (historischen) beruflichen Fortbildungsschule

694

vergleichbarer Privatunterricht

Fürsten- und Landesschule

Knappschaftliche Schulanstalten Fbg., Oberes Erzgebirge

elementare Schulbildung

Deutsche Stadtund Dorfschulen

höhere Schulbildung

Gymnasium / Lateinschule

universitäre Bildung

696

zusätzlicher Privatunterricht bei Lehrern der Bergakademie Fbg.

Schreibe- und Rechenschule Freiberg bei Oehlschlägel, Helmert

Obererzgebirgische SRZSchulen

Goldberg-/Erlersche ZR-Schule (Bergschule Freiberg)

Bergakademie Freiberg

bergmännische Berufsausbildung

Schreibeschule Brand bei Schmidt u.a.

vergleichbarer Privatunterricht durch SRZSchullehrer bzw. Bergbeamte

vergleichbarer Privatunterricht bei Goldberg oder Erler

Steiger, Geschworene u.a.

„Offizianten“ der Bergverwaltung Schichtmeister Markscheider Bergschullehrer

Abbildung VIII: Einbindung des Bergschulwesens in die kursächsische Bildungslandschaft des ausgehenden 18. Jahrhunderts (vereinfachte Darstellung)

Spinn- und Klöppelschulen für Bergmannskinder

Zunftgebundene Handwerkerausbildung

vergleichbarer Privatunterricht

Universität Leipzig

Abb. VIII: Einbindung des Bergschulwesens in die kursächsische Bildungslandschaft des ausgehenden 18. Jahrhunderts (vereinfachte Darstellung)

Anhang

653

Abkürzungen und Siglen Abt. ADB allg. Altbg. Anm. Annbg. BA BÄ BAF BA-F BBK Bd. BergA BHM BKR Bl. BM BR BergR BWMasch Ch C.A. Cl. d.d.A. darst. dems. dergl. ders. f. Fbg. FM Forts. Geh. Kab. GBK HRRdN Hydr

Abteilung Allgemeine deutsche Biographie allgemein Altenberg Anmerkung Annaberg Bergamt Bergämter Bergakademie Freiberg Bergamt Freiberg Bergbaukunde Band Bergarchiv Berghauptmann Bergkommissionsrat Blatt Bergmeister Bergrat Bergrecht Bergwerksmaschinen Chemie Codex Augusteus Classe durch den Autor(en) darstellende demselben dergleichen derselbe folgende Freiberg Finanzministerium Fortsetzung Geheimes Kabinett Generalbergkommissar Heiliges Römisches Reich deutscher Nation Hydraulik

Abkürzungen und Siglen

insbes. insges. IfSGuVK JBfBuHW JBfdBuHM Jhgstdt. k.A. KfdBuHM königl. kurfürstl. LBA Ma Mbg. MFA MfKuU Min MSK NAfSG NAfSG (neu) NbJ Neustd. Krs. NDB OBA OBHM o.Bl. OBM o.D. OHR o.S. OZ OZA OZK HStAD Ph PrK RWA SAdW Schnbg. SM Sp. SR-Schule

insbesondere insgesamt Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde e.V. Jahrbuch für Berg- und Hüttenwesen Jahrbuch für den Berg- und Hüttenmann Johanngeorgenstadt keine Angabe Kalender fuer den Saechsischen Berg- und Huettenmann königlich kurfürstlich Landesbergamt Mathematik Marienberg Mitteilungen des Freiberger Altertumsvereins Ministerium für Kultus und Unterricht Mineralogie Markscheidekunst Neues Archiv für Sächsische Geschichte und Altertumskunde Neues Archiv für Sächsische Geschichte Neues bergmännisches Journal Neustädtischer Kreis Neue deutsche Biographie Oberbergamt Oberberghauptmann ohne Blattangabe Oberbergmeister ohne Datum Oberhüttenraiter ohne Seitenangabe Oberzehntner Oberzehntenamt Oberzehntenkasse Hauptstaatsarchiv Dresden Physik Probierkunst Revierwasserlaufsanstalt Sächsiche Akademie der Wissenschaften Scheeberg Schichtmeister Spalte Schreibe- und Rechenschule

655

656

SRZ-Schule StAF TU TU BAF UAF UBF vermutl. VBHM VO ZR-Schule Z-Schule z. T. Z Ztschr.

Abkürzungen und Siglen

Schreibe-, Rechen- und Zeichenschule Stadtarchiv Freiberg Technische Universität Technische Universität Bergakademie Freiberg Universitätsarchiv Freiberg Universitätsbibliothek Freiberg vermutlich Vizeberghauptmann Verordnung Zeichen- und Rechenschule Zeichenschule zum Teil Zeichnen Zeitschrift

Monatsnamen werden im Zusammenhang mit ihrer Nennung in Reskripten oder Berichten stets in gekürzter Form verwendet.

Tabellen- und Abbildungsverzeichnis Tabelle/Abbildung Tabelle II_3_1

Titel der Abbildung Im Lehrjahr 1802/03 zu haltende Unterrichtsstunden

Tabelle II_3_2a

Verteilung des wöchentlichen Elementarunterrichts an der Schule Erbisdorf (um 1802) Durchschnittliche Anzahl der Schüler im Freiberger Bergrevier 1779-1794 Unterrichtsinhalt und Lehrmittel an einer Deutschen Schule (um1800) Beihilfebedürftigkeit sowie Alters- und Geschlechterzusammensetzung der Bergmannskinder im Freiberger Bergrevier im Schuljahr 1788/89 Von Benno von Heynitz vorgesehene Unterrichtsbeihilfe im Jahre 1784 Beihilfe für den an Deutschen Schulen im Jahre 1788 gehaltenen elementaren Unterricht für Berg- und Hüttenarbeiterkinder Geplante Beihilfeleistungen für das kursächsische Bergschulwesen 1788 Beantragte Beihilfe für die bergmännischen Schulanstalten des oberen Erzgebirges im Jahre 1789 Verhältnis der aus der OZK 1790/92 gezahlten Beihilfe zur Anzahl der in den kursächsischen Bergrevieren 1793 unterrichteten Bergmannskinder Beihilfen für Elementarunterricht 1794/95 Etablierung von SRZ-Schulen bzw. eines separaten SRZ-Unterrichts im oberen Erzgebirge Beihilfen für SRZ-Schulen 1794/95 Entwicklung des Bergschulwesens des oberen Erzgebirges, von Voigtsberg und dem Neustädtischen Kreis von 1788/89­–1794 Früheste Etablierung von SRZ-Schulen im oberen Erzgebirge und Neustädtischen Kreis Bildungswege (I) der „wirklichen“ Akademisten der Freiberger Bergakademie um 1795

Tabelle II_3_2b Tabelle II_3_2c Tabelle II_3_3

Tabelle III_1 Tabelle III_2_1a

Tabelle III_2_1b Tabelle III_2_1c Tabelle III_2_1d

Tabelle III_2_1e Tabelle III_2_2a Tabelle III_2_2b Tabelle III_2_2c

Tabelle III_3 Tabelle IV_3_2a

Seite 195 204 211 217 234

260 263

265 270 272

274 279 283 285

313 361

658

Tabelle/Abbildung Tabelle IV_3_2b Tabelle IV_3_2c Tabelle IV_3_2d

Tabelle IV_3_2e

Tabelle IV_3_2f

Tabelle IV_3_2g Tabelle IV_3_2h

Tabelle V_1_3a

Tabelle V_1_3b

Tabelle V_1_3c Tabelle V_1_5a

Tabelle V_1_5b

Tabelle V_1_5c

Tabelle V_1_5d

Tabellen- und Abbildungsverzeichnis

Titel der Abbildung Bildungswege (II) der „wirklichen“ Akademisten der Freiberger Bergakademie um 1795 Bildungswege (III) der „wirklichen“ Akademisten der Freiberger Bergakademie um 1795 Vorausgegangener Bergschulbesuch oder privater bergmännischer Unterricht „wirklich studierender“ Akademisten der Bergakademie im Jahre 1800 Vorausgegangener Bergschulbesuch oder privater bergmännischer Unterricht sogenannter Expektanten der Bergakademie im Jahre 1800 Vorausgegangener Bergschulbesuch oder privater bergmännischer Unterricht sonstiger unentgeltlich Studierender der Bergakademie im Jahre 1800 Anstieg der Schülerzahl an den Knappschaftlichen Schulanstalten zwischen 1797 und 1799 Anzahl der unterrichteten Bergmannskinder sowie Unterrichtsinhalt des Elementarunterrichts an sämtlichen Knappschaftlichen Schulanstalten kursächsischer Bergreviere (exclusive Suhl) am Jahresende 1800 Übersicht über die Finanzierung sämtlicher Bergschulanstalten (ohne Goldberg’sche ZR-Schule) im Jahre 1786/87 Schulkassenbestand, Einnahmen und Ausgaben sowie Anzahl der mit Elementarunterricht versorgten Bergmannskinder im Freiberger Bergrevier Unterrichtsversorgung und Schulgeldaufwand des elementaren Bergschulwesens im Schuljahr 1793/94 Übersicht über die Einnahmen der Schulkassenbestände der bergknappschaftlichen Schulanstalten (ohne SRZSchule) im Schuljahr 1796 Landesherrliche Beihilfe aus der Freiberger Oberzehntenkasse (1796) für die Knappschaftliche Schulanstalten (einschließlich des Bergmädchenunterrichts in Freiberg) und obererzgebirgischen SRZ-Schulen Kinderzahl nach Geschlechtern, ausgezahltes Schulgeld (1796) sowie beantragte Beihilfe aus der Freiberger Oberzehntenkasse 1797 Einnahmen der Kursächsischen Bergschulkassen am Schuljahresende 1797

Seite 364 367 376

377

378

389 391

413

422

422 441

443

444

453

Tabellen- und Abbildungsverzeichnis

Tabelle/Abbildung Tabelle V_1_5e Tabelle V_1_5f Tabelle V_1_5g

Tabelle V_1_5h Tabelle V_2b Tabelle V_2c Tabelle IX_1_1

Tabelle IX_1_2a Tabelle IX_1_2b Tabelle IX_1_2c

Tabelle IX_2_1

Tabelle IX_2_2 Tabelle IX_2_3 Tabelle Abbildung II_1 Abbildung II_2_3 Abbildung V_1_4

Titel der Abbildung Finanzieller Zustand der Knappschaftlichen Schulanstalten im Jahre 1798 Beihilfezahlungen für die Knappschaftlichen Schulanstalten sowie die ZR-Schule bzw. SRZ-Schulen 1798 Quellen der Geldeinnahmen der Knappschaftlichen Schulkassen sowie Verhältnis von Schulgeldbedarf und kurfürstlicher Beihilfe im Jahre 1800 Finanzausstattung der Knappschaftlichen Schulanstalten im Schuljahr 1800/1801 Überblick über den Beginn der SRZ-Schulen in den 1780er Jahren SRZ-Lehrer, Schüleranzahl und erhaltene Beihilfe aus der Freiberger Oberzehntenkasse im Jahre 1794 Anzahl der im Lesen bzw. Schreiben unterrichteten anfahrenden und nicht anfahrenden Schüler an den Knappschaftlichen Schulanstalten im 10-Jahresdurchschnitt 1801–1810 bzw. 1811–1820 Unterrichtsplan der Freiberger Bergschule im Lehrjahr 1802/03 Bergschüler mit Bergakademieabschluss 1804–1807, einschließlich ihrer beruflichen Perspektive Klassen, unterrichtete Fächer und Stundenzahl an der Bergschule Freiberg nach dem Bergschulregulativ von 1852 Anzahl der für den Volksschulunterricht zu unterstützenden Bergmannskinder im Verhältnis zu den im Erzbergbau Beschäftigten Entwicklung der Anzahl der Bergschüler an der Bergschule Freiberg von 1868/69 bis zur Schließung im Jahr 1924 Vergleich der Unterrichtsfächer an der Bergschule Freiberg in den Schuljahren 1885/86 bis 1914/15 Vita Carl Wilhelm Benno von Heynitz’ Kursächsische Bergverwaltung am Ausgang des 18. Jahrhunderts Schulstruktur im Freiberger Bergrevier nach dem Schulplan Benno von Heynitz’ vom 8. Apr. 1779 Bericht des OBA vom 14. Juni 1788 an Kurfürst Friedrich August über die Entwicklung des Bergschulwesens

659

Seite 454 457 463

465 475 483 598

608 612 627

634

638 639 644 646 648 649

660

Tabelle/Abbildung Tabelle V_2a

Abbildung VII_2

Abbildung VIII

Tabellen- und Abbildungsverzeichnis

Titel der Abbildung Schulischer und beruflicher Werdegang der bis 1800 eingesetzten Lehrer der Freiberger Berg- und obererzgebirgischen SRZ-Schulen Standort der Lempe-/Goldberg’schen Zeichen- und Rechenschule innerhalb der (historischen) beruflichen Fortbildungsschule Einbindung des Bergschulwesens in die kursächsische Bildungslandschaft des ausgehenden 18. Jahrhunderts

Seite 650

652

653

Quellenverzeichnis 1. Ungedruckte Quellen: SÄCHSISCHES HAUPTSTAATSARCHIV, DRESDEN [SHStA]: Bestand: Geheimes Kabinett SHStA Nr. 535, Geh. Kabinett, Loc. 513, Bergwerks-Sachen, insonderheit die zu Unterstützung und weiterer Emporbringung des Bergbaus getroffenen Veranstaltungen…, Vol. I, 1765–1785. SHStA Nr. 535, Geh. Kabinett, Loc. 515, Bergbau hiesiger Lande und dessen Beförderung… 1763–1772. SHStA, Geh. Kabinett, Loc. 514, Acta, die Errichtung einer Bergakademie zu Freiberg betr., 1765. SHStA Nr. 10026, Geh. Kabinett, Loc. 1227/9, Acta, Die dem Geheimen Rath und General-BergCommissario von Heynitz aufgetragene Direction des Berg- und Hüttenwesens in hiesigen Landen … bet[reffend], Anno 1765–1774. SHStA Nr. 10026, Geh. Kabinett, Loc. 512/1, Acta, Die Bestellung der Ober- und Berghauptleute, auch Ober-Berg-Amts-Assessoren und anderer dem Ober-Berg-Amt zu Freyberg gehörigen Personen bet[reffend], ab A[nn]o 1763–1776. SHStA Nr. 10026, Geh. Kabinett, Loc. 512/2, SHStA, 10026 Geheimes Kabinett, Loc.512/1: Acta, Die Bestellung der Ober- und Berghauptleute, auch Ober-BergAmts-Assessoren und anderer dem Ober-Berg-Amt zu Freyberg gehörigen Personen bet[reffend], Vol. II, ab A[nn]o 1777–1779.

Bestand: Grundherrschaften SHStA Nr. 10384, GH Miltitz, Nr. 30, Briefe, meine Reise betreffend. SHStA Nr. 10384, GH Miltitz, Nr. 31, SHStA: [Handakte] Carl Wilhelm Benno von Heynitz’ [1758–1779].

Bestand: Superintendenturen SHStA, Superintendentur Freiberg, Nr. 205, Loc. 10094, Die Einrichtung der EusebienSchule in hiesiger Vorstadt … 1714–1771.

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Quellenverzeichnis

SÄCHSISCHES STAATSARCHIV, BERGARCHIV FREIBERG [BergA]: Bestand: 40001–Oberbergamt BergA, OBA 2250, Acta, Den Unterricht der Berg-Jugend im Christenthum betr[effend], a[nn]o 1769. BergA, OBA 2251, Die Höchsten Orts erforderten Vorschläge: Wie die mehrere Ausbreitung und Vervollkommnung der zu beßerer Unterrichtung der Berg-Jugend getroffenen Einrichtung, aus den Churfürstlichen Bergwerks-Cassen zweckmäßig unterstützet werden könne? betreffend, Ober-Berg-Amt zu Freyberg, Anno 1784. BergA, OBA 2252, Die Höchsten Orts erforderten Vorschläge: Wie die mehrere Ausbreitung und Vervollkommnung der zu beßerer Unterrichtung der Berg-Jugend getroffenen Einrichtung, aus den Churfürstlichen Bergwerks-Caßen zweckmäßig unterstützet werden könne? betreffend, Ober-Berg-Amt zu Freyberg, Anno 1787. BergA, OBA 2253, Die Höchsten Orts erforderten Vorschläge: Wie die mehrere Ausbreitung und Vervollkommnung der zu beßerer Unterrichtung der Berg-Jugend getroffenen Einrichtung, aus den Churfürstlichen Bergwerks-Caßen zweckmäßig unterstützet werden könne? betreffend, Ober-Berg-Amt zu Freyberg, Anno 1789. BergA, OBA 2254, Die Höchsten Orts erforderten Vorschläge: Wie die mehrere Ausbreitung und Vervollkommnung der zu beßerer Unterrichtung der Berg-Jugend getroffenen Einrichtung, aus den Churfürstlichen Bergwerks-Caßen zweckmäßig unterstützet werden könne? betr[effend], Ober BergAmt zu Freyberg, de A[nn]o 1793. BergA, OBA 2255, Den Unterricht der BergJugend im Christenthum, auch Schreiben und Rechnen in sämtlichen Obergebürgschen Bergamts-Revieren betr[effend], [Oberbergamt zu Freyberg 1794]. BergA, OBA 2256, Den Unterricht der Bergjugend im Christenthum, auch Schreiben und Rechnen in sämmtlichen Bergamts-Revieren betr[effend], Oberbergamt zu Freyberg de a[nn]o 1795. BergA, OBA 2257, Die wegen den der Bergjugend zu ertheilenden Schulunterricht von saemtlichen Bergaemtern jährlich einzureichenden Anzeigen s[amt] w[as] d[em] m[ehr] betr[effend], Oberbergamt zu Freyberg 1796. BergA, OBA 2258, Den für sämmtliche Bergschulen sowohl als den besondern knappschaftlichen Schulanstalten in sämmtlichen Bergamts-Revieren errichteten allgemeinen Schul-Fonds betr[effend], Oberbergamt zu Freiberg 1797. BergA, OBA 2259, Die knappschaftlichen Bergschul-Anstalten in sämmtlichen Berg-AmtsRevieren betr[effend], Oberbergamt zu Freyberg, de a[nn]o 1799. BergA, OBA 2278, Die bergknappschaftlichen Schulanstalten in sämmtlichen BergamtsRefieren betreffend, Ober-Berg-Amt zu Freyberg 1841. BergA, OBA 2279, Die bergknappschaftlichen Schulanstalten in sämmtlichen Berg-AmtsRefieren betreffend, Ober-Berg-Amt zu Freyberg 1844.

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BergA, OBA 2280, Die knappschaftlichen Schulanstalten in sämmtlichen Bergamts-Refieren betreffend, Ober-Berg-Amt zu Freyberg 1848. BergA, OBA 2281, Die knappschaftlichen Schulanstalten in sämmtlichen Bergamts-Revieren betr[effend]. Ober-Berg-Amt zu Freiberg 1851. BergA, OBA 2287, Acta Commissionis, Die mir, dem Cammerherrn von Heynitz mittels höchsten Rescripts, gnädigst übertragene Aufsicht über den Schulunterricht der BergJugend, s[amt] w[as] d[ies] a[nlangend] betr[effend], Ergangen de Anno 1779. BergA, OBA 2288, Acta Commissionis, Die mir, dem Cammerherrn von Heynitz mittels höchsten Rescripts, gnädigst übertragene Aufsicht über den Schulunterricht der Berg Jugend im Freyberger BergAmts Refier betr[effend], Ergangen de Anno 1794. BergA, OBA 2289, Acta, Die Revision des bergkanppschaftlichen Schulwesens im Freiberger Bergamts-Revier betr[effend], ingleichen das Regulativ für das bergkanppschaftliche Schulwesen in hiesieger Bergamts-Revier betr[effend], 1821. BergA, OBA-Akte Nr. 2292, Sonntagsschulen in den Bergstädten, 1840. BergA, OBA 2301, Die aus denen Zeichnen- und Rechnen-Schulen derer Bergämter zu Erlernung der practischen Bergwerks-Kenntniße, von Zeit zu Zeit in andere Refiere zu versendenden Subjekte betr[effend]. OberBergAmt zu Freyberg, Anno 1789. BergA, OBA 2302, Die Errichtung einer Lehranstalt für Brunnen- und Röhrmeister sowie für Mühlenzeugarbeiter betr[effend] und deren Benutzung zur Ausbildung des niederen Maschinenpersonals beim Bergbau betr[effend], Ober-Berg-Amt zu Freyberg 1840. BergA, OBA 2303, Die neue Organisi[e]rung der Freiberger Bergschule und die Aufhebung der obergebirgischen Bergschulen betr[effend], Ober-Berg-Amt zu Freiberg 1849. BergA, OBA 2322, Ober- und Berghauptleute, 1755. BergA, OBA 2329, Acta, die Bestallung hoher königlicher und churfürstlicher Ministorum [Minister] und Ersetzung derer Dienste beym Bergwesen betr[effend], 1717–1765. BergA, OBA 2330, Anmerkungen zu Verbesserungen bei der Oberbergamtsexpetition sowie den Oberbergmeistern und anderer, 1780. BergA, OBA 2331, Rang der Bergbeamten im Oberbergamt Freiberg, 1788. BergA, OBA 3423, Anstellungen beim Oberbergamt, 1781–1800. BergA, OBA 3424, Meine [Benno von Heynitz’] DienstAnstellung(..) alhier zu Freyberg belang[end] und was sich bey dem Ableben des O[ber]B[erg]H[auptmanns] von Ponickau und dem vorausgegangenen Tod des B[erg]Hauptmanns Pabst von Ohain ratione Directorii u[nd] sonst zugetragen, [1779–1788] [Handakte B. von Heynitz’]. BergA, OBA 3425, Herrn Roemers Ansuchen um Versetzung ins O[ber]B[erg]Amt; und des O[ber]b[erg]Amts Geschäfts Creys belang[en]d. [Handakte B. von Heynitz’]

Bestand: Bergamt Freiberg BergA, BA-F/Cl.A 46/Nr. 652, Die BergAcademie alhier und was dem anhängig bet[reffend], de a[nn]o 1766.

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BergA, BA-F/Cl.A 46/Nr. 2861, Die Aufzeichnung der armen, Schul-Unterricht bedürfenden Berg-Knaben und Mädgen von 5. bis 14. Jahren, bey mehr allgemein treffenden Schul-Anstalten in hiesiger Bergamts-Refier(,) samt was dem anhängig betr[effend], Vol. I, Berg-Amt Freyberg, de a[nn]o 1788. BergA, BA-F/Cl. A 46/Nr. 3068 a), Aufzeichnung der armen, Schul-Unterricht bedürftigen Bergknaben und Mädchen von fünf bis vierzehen Jahren, ingleichen die Versorgung der Berg-Kinder weiblichen Geschlechts mit freyem Schulunterricht in hiesiger Bergamtsrefier, samt was dem anhängig betreffend, Vol. II, Bergamt Freyberg, 1794. BergA, BA-F/Cl. A 46/Nr. 3068 b), Die bergknappschaftlichen Anstalten s[amt] w[as] d[ies] w[eitere] bet[reffend], Vol. III, 1808. BergA, BA-F/Cl. A 46/Nr. 3273, Die um Unterricht in der hiesigen Bergschule sich gemeldeten Subjekte, sowie die Versorgung derselben mit mehrern und bessern Schülern s[amt] w[as] d[ies] w[eitere] bet[reffend], Vol. I, 1799[–1814]. BergA, BA-F/Cl. A 46/Nr. 3846, Bd. 10, Acta, die Aufnahme neuer Bergschüler, 1850.

Bestand: 40024-06 – Landesbergamt- Bildungsangelegenheiten BergA, LBA–057, Acta, die Bergschulen im Allgemeinen betreffend, Bergamt Freiberg, 1884. BergA, LBA–058, Acten, die Bergschule im Allgemeinen betreffend, Vol. II, Königliches Bergamt 1895/1904. BergA, LBA–062, Acta, Statistische Uebersichten ueber die Bergakademie und die Bergschulen, Vol. III, Königliches Bergamt, 1890. BergA, LBA–063, Acta, Statistische Uebersichten ueber die Bergakademie und die Bergschulen, Vol. IV, Königliches Bergamt, 1900. BergA, 40024–06, LBA–081, Bildung, Bergschule zu Freiberg, Jan. 1922. BergA, LBA–082, Bergschule zu Freiberg [1904] BergA, LBA–085, Aufnahmegesuche für die Bergschule Freiberg, 1919. BergA, LBA–232, Acta, Statistische Uebersichten, die Königliche Bergakademie, die Bergschule und die bergknappschaftlichen Schulanstalten betr[effend], Vol. I, Bergamt Freiberg, 1869. BergA, LBA–233, Acta, Statistische Uebersichten, die Königliche Bergakademie, die Bergschule und die bergknappschaftlichen Schulanstalten betr[effend], Vol. II, Bergamt Freiberg, 1879.

UNIVERSITÄTSARCHIV FREIBERG [UAF]: Bestand: A.1.0.1–Oberbergamt UAF, OBA 1, Acta, Die Stipendiaten-Gelder und deren Distribution betr[effend], OberBergamt zu Freyberg, 1702.

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UAF, OBA 8 R, Relation aus den Oberbergamts-Acten über das Befinden der König[lich] Saechs[ischen] Bergakademie seit der Zeit ihrer Einrichtung [1765–1807]. UAF, OBA 9, Die höchsten Orts erforderten wegen Verbesserung der hiesigen Bergakademie zu tuenden Vorschläge, Ober-Berg-Amt zu Freyberg, Anno 1794. UAF, OBA 10, Separat Fascicul, die dem genädigsten Befehl vom 3-ten Jenner 1794 zu Folge individualiter abgegebenen Gutachten der Oberbergamtlichen Assessoren. UAF, OBA 15, Die Verbesserung hiesiger Bergakademie betreffend, Ober-Berg-Amt zu Freyberg, 1828. UAF, OBA 25, Academische Protocolle, welche bey denen vom Herrn Cammerherrn und Berg-Hauptmann von Heynitz angeordneten monatlichen Zusammenkünften in der Churfürst[lichen] Berg-Academie gehalten worden, vom Monath Junii 1785. UAF, OBA 26, Academische Protokolle, welche bey denen von Herrn Kammerherrn und Berghauptmann von Heynitz angeordneten Zusammenkünfften in der Churfürstlichen Bergakademie gehalten worden, Ober-Berg Amt zu Freyberg, de anno 1793. UAF, OBA 27, Academische Protokolle, welche bey denen von Zeit zu Zeit erfolgenden Zusammenkünfften in der Churfürstlichen Bergakademie gehalten worden, Ober-Berg Amt zu Freyberg, de anno 1800. UAF, OBA 62, Acta, Die Anstellung der Professoren der Mathematik, Physik und Bergmaschinenlehre bei der Bergakademie zu Freiberg betreffend. Oberbergamt zu Freiberg, 1865. UAF, OBA 85, Die Bestallung der Edelstein-Inspectoren betr[effend]. Ober-BergAmt zu Freyberg, 1772 [–1806]. UAF, OBA 100, Fascilulus, der zu dem Stipendiaten-Buche gehörigen Concept-Tabellen, Bergacademie, Anno 1792. UAF, OBA 109, Die auf das Jahr 1800 um Anhörung der Vorlesungen bey der Bergacademie und Ertheilung der Stipendien eingereichten Ansuchungs-Schreiben betr[effend]. Ober-Berg-Amt zu Freyberg, de Anno 1799. UAF, OBA 182, Acta, Die auf eigene Kosten Studierenden der Bergakademie, 1754–1778. UAF, OBA 236, Acta, Die Errichtung einer BergAcademie allhier in Freyberg betr[effend], a[nn]o 1766–1769. UAF, OBA 237, Acta, Die Errichtung einer BergAcademie allhier in Freyberg betr[effend], a[nn]o 1769 bis 1771. UAF, OBA 239, Acta, Die bey der Berg-Academie von denen Stipendiaten und Anhörung deren Vorlesungen aufs 1772 Jahr zu treffende Einrichtung betr[effend], a[nn]o 1772– 1773. Ober-Bergamt zu Freyberg. UAF, OBA 240, Acta, Die bey der Berg-Academie von denen Stipendiaten und Anhörung derer Vorlesungen aufs 1772ste Jahr zu treffende Einrichtung betr[effend], a[nn]o 1773–1775. UAF, OBA 241, Acta, Die bey der Berg-Academie von denen Stipendiaten und Anhörung derer Vorlesungen aufs 1772ste Jahr zu treffende Einrichtung betr[effend], a[nn]o 1775–1778.

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UAF, OBA 242, Acta, Die bey der Berg-Academie wegen derer Stipendiaten und Anhörung derer Vorlesungen aufs 1778ste Jahr zu treffenden Einrichtungen betr[effend], OberBerg-Amt zu Freyberg, a[nn]o 1778. UAF, OBA 243, Acta, Die bey der Berg-Academie wegen derer Stipendiaten und Anhörung derer Vorlesungen aufs 1780ste Jahr zu treffenden Einrichtungen betr[effend], OberBerg-Amt zu Freyberg, de anno 1780. UAF, OBA 244, Acta, Die bey der Berg-Academie wegen derer Stipendiaten und Anhörung derer Vorlesungen aufs 1782ste Jahr zu treffenden Einrichtungen betr[effend], OberBerg-Amt zu Freyberg, [de anno 1782]. UAF, OBA 245, Acta, Die bey der Berg-Academie wegen derer Stipendiaten und Anhörung derer Vorlesungen aufs 1784ste Jahr zu treffenden Einrichtungen betr[effend], OberBerg-Amt zu Freyberg, [de anno 1784]. UAF, OBA 246, Acta, Die bey der Berg-Academie wegen derer Stipendiaten und Anhörung derer Vorlesungen aufs 1786ste Jahr zu treffenden Einrichtungen betr[effend], OberBerg-Amt zu Freyberg, Anno 1786. UAF, OBA 248, Acta, Die bey der Berg-Academie wegen derer Stipendiaten und Anhörung derer Vorlesungen aufs 1789ste Jahr zu treffenden Einrichtungen betr[effend], OberBerg-Amt zu Freyberg, [Anno 1789]. UAF, OBA 249, Acta, Die bey der Berg-Academie wegen derer Stipendiaten und Anhörung derer Vorlesungen aufs 1790ste Jahr zu treffenden Einrichtungen betreffend, Ober-BergAmt zu Freyberg, Anno 1790. UAF, OBA 250, Acta, Die bey der Berg-Academie wegen derer Stipendiaten und Anhörung derer Vorlesungen zu treffenden Einrichtungen, und was dem sonst anhängig betreffend, Ober-Berg-Amt zu Freyberg, Anno 1791. UAF, OBA 251, Acta, Die bey der Berg-Academie wegen derer Stipendiaten und Anhörung derer Vorlesungen zu treffenden Einrichtungen, und was dem sonst anhängig betreffend, Ober-Berg-Amt zu Freyberg, Anno 1792. UAF, OBA 252, Acta, Die bey der Berg-Academie wegen derer Stipendiaten und Anhörung derer Vorlesungen zu treffenden Einrichtungen, s[amt] w[as] d[em] m[ehr] a[nhängig] betr[effend], Ober-Berg-Amt zu Freyberg, Anno 1793. UAF, OBA 253, Acta, Die bey der Berg-Academie wegen derer Stipendiaten und Anhörung derer Vorlesungen zu treffenden Einrichtungen, und was dem sonst anhängig betr[effend], Ober-Berg-Amt zu Freyberg, Anno 1793[/94]. UAF, OBA 254, Die bey der Berg-Akademie wegen der Stipendiaten und Anhörung der Vorlesungen zu treffenden Einrichtungen, s[amt] w[as] d[ies] m[ehr] betr[effend], Oberbergamt zu Freyberg, 1795. UAF, OBA 255, Die bey der BergAcademie wegen der Stipendiaten und Anhörung der Vorlesungen zu treffenden Einrichtungen und dieserhalb zu erstattenden Hauptanzeigen betr[effend], Ober-Berg-Amt zu Freyberg, Anno 1796.

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UAF, OBA 257, Die bey der BergAcademie wegen der Stipendiaten und Anhörung der Vorlesungen zu treffenden Einrichtungen und dieserhalb zu erstattenden Hauptanzeigen betr[effend], Ober-Berg-Amt zu Freyberg, de Anno 1798. UAF, OBA 259, Die bey der BergAcademie wegen der Stipendiaten und Anhörung der Vorlesungen zu treffenden Einrichtungen und dieserhalb zu erstattenden Hauptanzeigen betr[effend], Ober-Berg-Amt zu Freyberg, de Anno 1799. UAF, OBA 260, Die bey der BergAcademie wegen der Stipendiaten und Anhörung der Vorlesungen zu treffenden Einrichtungen und dieserhalb zu erstattenden Hauptanzeigen betr[effend], Ober-Berg-Amt zu Freyberg, de Anno 1801. UAF, OBA 447, Acta, Des allhiesigen Raths geführte Beschwerden über H[errn] Carl Christian von Veltheim, einen hiesigen Berg Akademisten … Anno 1769, ingleichen das Forum privilegiatum der Berg Akademisten betr[effend], Ober Berg-Amt zu Freyberg.

Bestand: A.1.2–Bergakademieinspektor UAF, BAI–13, Acta, das Bergakademiegebäude, Reparaturen darinn [und] Anschaffung von Inventarienstücken und derg[leichen] betr[e]f[fend], Bergakademie 1850 b[is] m[it] 1854.

STADTARCHIV FREIBERG [StAF]: StAF, FAV-HS, Aa 99a. StAF, FAV-HS, AB 80, 1.

2. Gedruckte Quellen: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Theil 1 bis Theil 4, 2. Aufl., Berlin 1794. (ALR) Bericht(e) über die Königliche Bergschule zu Freiberg auf das [110.] Lehrjahr 1885/86 [bis 142. Lehrjahr] 1917/18. Freiberg 1886 bis 1919. (Berichte über die Königliche Bergschule [Jahr]) Bericht(e) über die Staatliche Bergschule zu Freiberg auf das143. Lehrjahr 1918/19 [bis 145. Lehrjahr] 1920/21. Freiberg 1886 bis 1916. (Berichte über die Staatliche Bergschule [Jahr]) Bestimmungen, die Freiberger Bergschule betr[effend] [1852]. In: JBfdBuHM 1853, S. 199–203. (Bergschulregulativ 1852) C.A., oder Neuvermehrtes Corpus Juris Saxonici, Worinnen die in dem Churfürstentum Sachsen und darzu gehoerigen Landen … publicirte(n) und ergangene(n) Constitutiones, Decisiones, Mandate und Verordnungen enthalten …, hrsg. von Johann Christian Luenig, Leipzig 1724. (C.A., 1. Bd.)

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Quellenverzeichnis

C.A., oder Neuvermehrtes Corpus Juris Saxonici, Anderer Band, Leipzig [1724]. (C.A., 2. Bd.) Erneuerte Schul-Ordnung für die deutschen Stadt- und Dorfschulen der Chursaechsischen Lande“ vom 17. März 1773, in: C.A., Oder Neuvermehrtes Corpus Juris Saxonici. Zweyte Fortsetzung, Erste Abtheilung (verlegt bei Johann Samuel Heinsius), Leipzig 1805, Sp. 131 – 166. [zitiert als C.A., 2. Forts., 1. Abt.] (Erneuerte Schulordnung) Fortgesetzter Codex Augusteus, oder neuvermehrtes Corpus iuris Saxonici … Erste Fortsetzung, Erste Abtheilung, Leipzig 1772. (C.A., 1. Forts., 1. Abt.) Fortgesetzter Codex Augusteus, oder neuvermehrtes Corpus iuris Saxonici … Erste Fortsetzung, Zweyte Abtheilung, Leipzig 1772. (C.A., 1. Forts., 1. Abt.) Fortgesetzter Codex Augusteus, oder neuvermehrtes Corpus iuris Saxonici … Zweyte Fortsetzung, Erste Abtheilung, Leipzig 1805. (C.A., 2. Forts., 1. Abt.) Fortgesetzter Codex Augusteus, oder neuvermehrtes Corpus iuris Saxonici … Zweyte Fortsetzung, Zweyte Abtheilung, Leipzig 1806. (C.A., 2. Forts., 2. Abt.) Fortgesetzter Codex Augusteus, oder neuvermehrtes Corpus iuris Saxonici … Dritte Fortsetzung, Erste Abtheilung, Leipzig 1824. (C.A., 3. Forts., 1. Abt.) Gesetz, die Revierwasserlaufsanstalt zu Freiberg betreffend, vom 3. Juli 1912. In: JBfBuHW 1913, S. C 24 f. Kirchenordnung 1580: „Ordnungen Churfuersten Augusti zu Sachsen, wie es in dero Landen bei den Kirchen… auch bey Visitationen, Synodis… gehalten werden soll… den 1. Januar. Anno 1580.“ In: C.A., Erster Bd., Anderer Teil, 1. Buch, I. Kapitel, Leipzig 1724, Sp. 475–716. Patent des Oberbergamtes an die Koenigl. Bergaemter Altenberg, Annaberg, Johanngeorgenstadt, Schneeberg und Marienberg, die obergebirgischen Bergschulen betreffend, vom 27. Aug. 1831. In: KfdBuHM auf das Jahr 1833, Freiberg (o. J., [1833]), S. 148 f. (Patent über die obergebirgischen Bergschulen, 1831) Reglement fuer die Dienstkleidung der bei dem Berg- und Huetten-Wesen im Koenigreiche Sachsen angestellten Bergwerks-, Staats- und Gewerkschaftlichen Diener. In: KfdBuHM auf das Jahr 1843. Hrsg. und verlegt von der Koenigl. Bergakademie zu Freyberg. Freyberg [1843], S. 122–135. (Reglement der Dienstkleidung) Regulativ für die Freiberger Bergschule vom 12. November 1870. In: UAF, Zf 41c. (Bergschulregulativ 1870) Satzung der Revierwasserlaufsanstalt zu Freiberg vom 31. Dezember 1912. In: JBfBuHW 1913, S. C 65–C 67. Bergwercks-Decret- oder Abschied Churf[fuerst] Johann Georgens des II. zu Sachsen, wodurch denen in dem Ertz-Gebuerge bey dem Bergwercks-Bau eingerissenen Mißbraeuchen abgeholffen worden, vom 6. Augusti, anno 1659. In: C.A., anderer Theil, SpezialVerordnungen IV. Buch, I.. Cap. Von Bergwercks-Sachen, Sp. 317–326.

Literaturverzeichnis Albers, Hans-Jürgen: Bildung und Weiterbildung – technischer Fortschritt und Qualifikation. In: May, Hermann/Albers Hans-Jürgen (Hrsg.): Handbuch zur ökonomischen Bildung. 2. Auflage, München und Wien 1992, S. 249–264. (Bildung und Weiterbildung) Albrecht, Helmuth: Technische Bildung zwischen Wissenschaft und Praxis. Die Technische Hochschule Braunschweig 1862–1914. (= Veröffentlichungen der Technischen Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig / Technische Universität Braunschweig, 1), Hildesheim 1987. [Zugl.: Techn. Universität Braunschweig, Dissertation, 1984/85]. (Technische Bildung) Albrecht, Helmuth: Von der montanistischen Lehranstalt zur Technischen Universität. Die Geschichte der Bergakademie Freiberg im Kontext der Entwicklung des deutschen und europäischen Hochschulwesens von 1765 bis 2005. In: Wissenschaft vor Ort. Bilder zu Geschichte und Gegenwart der TU Bergakademie Freiberg, hrsg. vom Rektor der TU Bergakademie Freiberg, 2. Auflage, Freiberg 2007. S. 7–20. (Geschichte der Bergakademie) Allgemeine deutsche Biografie & Neue Deutsche Biographie: Gesamtregister, hrsg. von der Historischen Kommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und der Bayerischen Staatsbibliothek. 3. Ausg. Berlin 2007. [Elektronische Ressource]. URL: www. deutsche-biographie.de/~ndb/adb_index.html. (ADB) Altmann, Götz: Berufliche Bildungswege im sächsisch-erzgebirgischen Berg- und Hüttenwesen an Beispielen – unter Ausgrenzung akademischer Bildungsmöglichkeiten. In: Tradície Banského Školstva vo svete. Traditionen des montanistischen Schulwesens in der Welt. (Das kulturelle Erbe in den Montan- und Geowissenschaften). Bibliotheken – Archive – Museen, 4. Erbe-Symposium vom 7.–11. Sept. 1998), Banská Štiavnica 1999, S. 17–23 (Vortrag Berufliche Bildungswege) Amann, Konrad: Höhere Schulen und Schulbildung im Heiligen Römischen Reich im 17. und 18. Jahrhundert. In: Hartmann, Peter Claus (Hrsg.): Religion und Kultur im Europa des 17. und 18. Jahrhunderts. (= Mainzer Studien zur Neuern Geschichte, hrsg. von Peter C. Hartmann, Walter G. Rödel und Konrad Amann, Bd. 12.), 2. Aufl., Frankfurt a. M. 2006, S. 409–430. (Höhere Schulen) Atlas Saxonicus Novus, enthaltend die Sieben Kreise des Kuhrfuerstenthums Sachsen ingleichen die Marggrafschaft Ober- und Niederlausitz… Amsterdam 1781. (Atlas Saxonicus Novus) Bartels, Christoph: Vom frühneuzeitlichen Montangewerbe zur Bergbauindustrie. Erzbergbau im Oberharz 1635–1866. (= Veröffentlichungen aus dem Deutschen Bergbau-Museum, Bd. 54), Bochum 1992. (Frühneuzeitliches Montangewerbe)

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Personenregister Dieses Register führt nur Namen von „handelnden“ Personen des Untersuchungszeitraumes oder solcher historischer Persönlichkeiten auf, die im Text in Verbindung mit dem Untersuchungsgegenstand erwähnt bzw. in diesem Zusammenhang zitiert werden. Personen dieses Registers werden, soweit ermittelt, durch Nennung ihres gesellschaftlichen Status’ bzw. ihrer Funktion oder durch Angaben ihres Berufs näher beschrieben, wobei sich Letztere meist auf den im Text erfassten Zeitraum beziehen. Bei Persönlichkeiten, die im Verlauf ihrer gesellschaftlichen/beruflichen Karriere verschiedene Funktionen ausübten oder unterschiedliche Titel trugen, werden i. d. R. nur die für den Forschungsstand relevanten Funktionen/Titel genannt bzw. diejenigen, die am Ende ihrer gesellschaftlichen/ beruflichen Karriere standen. Personen gleichen Namens, deren ggf. vorhandene Identität nicht eindeutig zu erkennen war, erscheinen nacheinander; unsichere Angaben sind darüber hinaus durch Fragezeichen(„?“) gekennzeichnet. Namentlich aufgeführte Bergschullehrer bzw. solche von Lehrkräften außerhalb Freibergs erhielten zusätzlich die Angabe ihres Wirkungsortes. Auf die Nennung der Lebendaten von Persönlichkeiten, die maßgeblich das Bergschulwesen prägten, wurde verzichtet, weil sich diese im Text der Arbeit finden lassen.

A Andrae, Jakob, Reformator 50 Aurich, Bergamtsassessor in Johanngeorgenstadt 300, 472 Aurich, Friedrich Gottlieb, BM in Altenberg 376, 459, 485, 614 B Baldauf, Karl Gottfried, Bergakademist, Oberkunstmeister 121, 194 Baldauf, Karl Gottlieb, Bergschüler 219 Barthel, Johann Christian, Glöckner zu St. Johannis und Lehrer an der Hospitalschule 199, 207 Barthel, Samuel Friedrich, Buchdrucker 216

Basedow, Johann Bernhard, Philanthrop, Pädagoge 111, 500, 505, 506, 528 Bauer, Bergschüler 352 Bauer, Johann Heinrich, Bergakademist 373 Baumgarten, Siegmund Jacob, Theologe 546 Becher, Christian Friedrich, Hutmann 303, 304 Becher, Christian Gottlob, SM, Markscheidestipendiat, Bergschullehrer in Marienberg 289, 290, 291, 292, 313, 380, 413, 439, 472, 475, 476, 480, 481, 483, 650 Becher, Johann Joachim, Schulreformer 276, 506, 507, 526

704

Beer, Carl Gottlieb, Bergakademist 363, 364, 373 Beneckendorf, Karl Friedrich von, Kameralist 76 Benedict, Paul Daniel, Kunstmaler, Lehrer der Z-Schule in Johanngeorgenstadt 299, 301, 313, 473, 475 Benkert, Schulmeister in Johannheorgenstadt 299 Bergius, Johann Heinrich Ludwig, Kameralist 491, 546 Beust, Friedrich Constantin Freiherr von, Berghauptmann 29, 615, 617, 621, 628 Beutel, Reviergeschworner 159 Beyer, Carl Christian, Bergakademist 107, 108 Beyer, Johann Gottfried, Stollnobersteiger, Bergschulkassenvorsteher 96, 167, 392, 450, 597 Biedermann, Johann Gottlieb, Stadtphysikus von Freiberg 132, 548 Böhme, Johann Gottlob 22 Böhme, Johann Michael, Bergakademist 361 Böhme, Karl Aron, Bergakademist 613 Bollner, August Friedrich, Verleger 225 Bornemann, Carl Rudolph, Maschinenbaugehilfe, Kunstmeister 619, 620 Born, Ignaz von, Mineraloge 106 Borrmann, Stollnobersteiger und Knappschaftsältester 196 Braun, Heinrich, bayerischer Schulreformer 580 Brause, Superintendent von Freiberg 204 Breithaupt, Friedrich August, Professor für Mineralogie an der Bergakademie 609, 610, 619, 622, 626, 627 Brendel, Christian Friedrich, Bergakademist, Maschinendirektor 121, 377, 619

Personenregister

Brentano, Lujo, Professor der Wirtschaftswissenschaften in Breslau 631 Brühl, Heinrich Graf von, Premierminister 23, 77 Burkhardt, Sprachmeister in Dresden 479 Busse, Friedrich Gottlieb von, Professor für Mathematik an der Bergakademie 215, 597 C Campe, Joachim Heinrich, Pädagoge, Verleger 500 Carl, Ernst Ludwig, Kameralist, Schulreformer 518, 526, 531 Carl I., Herzog zu Braunschweig und Lüneburg 644 Cartheuser, Friedrich August, Kameralist, Bergrat, Professor an der Universität Gießen 502, 503 Charpentier, Ernestine, Tochter von Johann Friedrich Wilhelm von Charpentier 545 Charpentier, Johann Friedrich Wilhelm von, Vizeberghauptmann, Professor an der Bergakademie 96, 106, 128, 131, 132, 133, 135, 151, 152, 153, 171, 174, 175, 176, 179, 180, 190, 194, 197, 339, 340, 341, 348, 372, 448, 478, 482, 502, 545, 582, 592, 596, 597, 644 Christiani, Johann Christian, Bergakademist 376, 379 Christian I., Kurfürst von Sachsen 108 Colditz, Feuerwerker, Privatlehrer 355, 366, 367 Colditz, Gottlob Friedrich, Katechet in Linda 198, 213 Comenius, Johann Amos, Philosoph, Pädagoge 492, 506, 526 Cramer, Johann Andreas, Metallurge 491

Personenregister

Creutzberger, Andreas, Schulreformer 147, 517, 518, 524 D Dammann, Ernst Ludwig, Bergakademist 378 Danckelmann, Carl Ludolph Freiherr von, preußischer Staatsminister 138 Dietrich, Gotthelf August Bergakademist 373 Dinglinger, Anna Christiane, Ehefrau Carl Wilhelm Benno von Heynitz’ 645 Dinter, Direktor des Lehrerseminars Dresden-Friedrichstadt 181 Döhnis, Reviergeschworner 159 Dörfel, Christian Heinrich, Kauf- und Handelsmann 484 Dörfel, Traugott Heinrich, Bergakademist 484 Drechsler, Christian Gottlieb, Bergamtskopist, Lehrer der SR-Schule in Johanngeorgenstadt 299, 300, 301, 302, 303, 313, 361, 473, 475, 484 E Ehrenhauß, Bergschreiber 334 Einsiedel, Detlev Karl Graf von, Kabinettsminister 127 Einsiedel, Johann George Friedrich Graf von, Kabinettsminister 80, 81, 126, 544, 545, 547 Elterlein, Hannß Heinrich von, Bergakademist 353 Elterlein, von, Hammerwerksbesitzerin 353 Engelbrecht, Christian August, Bergakademist 376 Engel, Julius Wilhelm von, Bergakademist 613 Erler, Lebrecht Johann Friedrich, SM, Bergschullehrer in Freiberg 46, 121,

705

149, 151, 172, 187, 188, 189, 190, 192, 193, 195, 196, 335, 345, 348, 363, 365, 366, 367, 373, 375, 376, 377, 378, 408, 448, 451, 455, 471, 473, 615, 650 Ernesti, Johann August, Professor für Rhetorik an der Universität Leipzig, Pädagoge 89 Ernst (der Fromme), Herzog von SachsenGotha 112 Euler, Leonhard, Professor für Mathematik an der Universität St. Petersburg 174 F Ferber, August Constantin von, Bergkommissionsrat 132, 135, 143, 160, 161, 175, 209, 224, 258, 264, 344, 372, 410, 417, 482, 547, 548, 549, 550 Ferber, Friedrich Traugott, Kabinettssekretär 548 Ferber, Friedrich Wilhelm von, Vizedirektor der Landesökonomie-, Manufakturund Kommerziendeputation 77, 78, 81, 127, 175, 546, 547, 548, 550 Ferber, Heinrich von, Präsident des Oberkonsistoriums 548 Fischer, Carl Friedrich, Bergakademist 368 Fischer, Carl Friedrich, Knappschaftsschreiber, Rechnungsführer der Bergakademie, Oberbergamtssekretär 211, 239, 334, 390, 392, 421, 450, 466 Fischer, Christoph, Winkelschullehrer in Freiberg 65 Fischer, Gustav Theodor, Maschinenbausekretär 619 Fischer, Salomo Friedrich, Bergakademist 367, 371 Fischer, Salomo Heinrich, Advokat 369, 371 Francke, August Hermann, Pietist, Schulreformer 23, 167, 431, 487, 488, 489,

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491, 492, 493, 494, 496, 497, 498, 518, 524, 544, 545, 546 Franke, Carl Friedrich, Bergakademist 612 Franke, Gustav Adolf, SM, Bergschullehrer in Freiberg 610, 619 Franke, Johann Gottlob, Bergakademist 378 Franz Xaver, Prinzregent von Kursachsen 74, 89 Freiesleben, Johann Carl, Berghauptmann 117, 168, 198, 215, 219, 221, 225, 316, 600, 621 Freiesleben, Johann Friedrich, Lehrer für praktische Markscheidekunst an der Bergakademie 339, 482 Freiesleben, Jonas, Vizesilberbrenner, Lehrer für Bergmannskinder in Zug 204 Freiesleben, Karl Friedrich, Bergakademist 377, 378 Freystein, Gottlob Friedrich, Bergakademist 612 Friderici, Carl Gottlob, Magister, Diakon in Erbisdorf 70, 136, 141, 142, 143, 144, 145, 166, 170, 399, 400, 403 Friedrich August III., Kurfürst von Sachsen 26, 61, 71, 74, 77, 89, 135, 136, 140, 158, 171, 177, 200, 209, 336, 345, 352, 372, 420, 427, 428, 462, 546, 582, 645 Friedrich August II., König von Polen, Kurfürst von Sachsen 77 Friedrich Christian, Kurfürst von Sachsen 74, 78, 79, 80, 81, 543 Friedrich II. (der Große), König von Preußen, Kurfürst von Brandenburg 61, 410, 545 Friedrich, Johann Conrad, preußischer (?) Mechaniker 126 Friedrich Wilhelm II., König von Preußen, Markgraf von Brandenburg 538

Personenregister

Friedrich Wilhelm I., König von Preußen, Markgraf von Brandenburg 139, 487, 491 Frisch, Samuel Gottlob, Amtsprediger in Freiberg 600, 601 Fritsch, Jacob Friedrich, ältester Sohn Thomas von Fritschs 77 Fritsch, Thomas von, Konferenzminister, Reformer 23, 44, 77, 79, 80, 85, 86, 87, 197, 497, 508, 525, 544, 546, 548, 550 Fröbe, Carl Benjamin, Bergakademist 366, 367, 377 Frommelt, Bergschüler 359 Fuchs, Paul von, preußischer Minister 493 Funk, Christlieb Benedikt, Prof. für Physik an der Universität Leipzig 175 G Garbe, Gustav Adolph, Bergschullehrer in Freiberg, Lehrer an der Bergakademie 134, 192, 193, 194, 196, 362, 392, 466, 477, 478, 479, 480, 597, 607, 609 Garbe, Robert, Lehrwerkstättenleiter der preußischen Eisenbahnverwaltung 631 Gärtner, Johann Michael, Lehrer in Erbisdorf 75, 160, 202, 203, 204, 207, 212, 219, 281 Gätzschmann, Moritz Ferdinand, Professor für Bergbaukunde an der Bergakademie 502, 619, 620 Gedike, Ludwig Friedrich Ernst, Rektor des Gymnasiums Bautzen 505 Geißler, Schulhalter in Dresden 167 Gellert, Christian Fürchtegott, Fabeldichter 252, 339 Gellert, Christlieb Ehregott, Oberhüttenverwalter, Lehrer an der Bergakademie 122, 223, 252, 339, 482, 545 Gerber, Christian Gotthilf, Wardein, Gewerkenprobierer, Lehrer an der Z-

Personenregister

Schule in Schneeberg 121, 306, 307, 313, 414, 472, 475, 480, 651 Gläser, Carl August, Bergakademist 370 Gläser, Friedrich Gottlob, BM im Bergrevier Voigtsberg 309, 370 Gläser, Schulrektor in Ehrenfriedersdorf 298 Glöckner, Christoph, Katechet an der Eusebienschule 97, 159 Goethe, Johann Wolfgang von, Dichter, Minister in Sachsen-Weimar-Eisenach 77 Goldberg, Carl Friedrich, SM und Hüttenschreiber in Freiberg 471, 651 Goldberg, Carl Gottlob Friedrich, SM, Bergschullehrer in Freiberg 46, 107, 149, 151, 157, 162, 166, 172, 174, 175, 176, 177, 178, 179, 180, 181, 182, 183, 184, 187, 188, 189, 192, 193, 194, 195, 196, 207, 213, 220, 221, 222, 247, 260, 281, 300, 353, 361, 378, 393, 406, 408, 412, 415, 420, 448, 471, 473, 476, 608, 650 Goldberg, Friedrich August, Bergakademist 181, 300, 480 Goldberg, Theodor Gottlieb Friedrich, SM, Bergschullehrer in Johanngeorgenstadt 476 Goldberg, Theodor Gottlieb Friedrich, SM, Markscheidestipendiat, Bergschullehrer in Johanngeorgenstadt 184, 280, 300, 301, 302, 303, 313, 353, 361, 363, 388, 439, 473, 475, 480, 481, 484, 651 Göze, Katechet an der Eusebienschule 183, 184 Graff, Johann Jacob, Bergakademist 376 Graukopf, Ehregott Friedrich, Bergakademist 354, 355 Groß, Johann Gottfried, Schulreformer 16, 17, 20, 229, 494, 497, 515, 516,

707

517, 518, 519, 523, 524, 525, 528, 531, 586 Grundig, Christoph Gottlob, Superintendent in Freiberg 141, 218 Gruner, Kultusminister (?) in Sachsen 602 Gubner, Friedrich Gottlob, Bergakademist 612 Gundling, Nikolaus Hieronymus, Philosoph 227 Günther, Christian Michael 223 Günther, Christlieb Leberecht, Bergakademist 222, 223 Gutschmid, Christian Friedrich, Vater des Kabinettsministers Gutschmid 546 Gutschmid, Christian Gotthelf von, Kabinettsminister 77, 78, 79, 81, 544, 546, 547, 548, 550 Gutschmid, Georg Adolph Freiherr von, Berghauptmann 118, 135, 291, 292, 317, 340, 341, 343, 344, 372, 388, 460, 482, 547, 596, 615 H Hähn, Johann Friedrich, Schulreformer 521 Hammer, Johann Gottlieb, Bergakademist 352 Haubold, Bergmann, Lehrer der SR-Schule in Brand 219, 221 Haupt, Friedrich Traugott Michael, SM, Bergschullehrer in Freiberg 195, 367, 376, 478, 479, 597, 609, 610 Haupt, Obereinfahrer 600 Haymann, Ch., Superintendent von Meißen 89 Hecht, Daniel Friedrich, Bergschullehrer, Professor für Mathematik an der Bergakademie 477, 601, 609, 613, 614 Hecker, Andreas Jacob 410 Hecker, Carl Gottlob, Lehrer in Voigtsberg 309, 313, 414, 475, 476

708

Hecker, Johann Julius, Schulreformer 16, 17, 20, 58, 137, 145, 147, 148, 410, 494, 499, 507, 517, 518, 519, 520, 521, 522, 523, 524, 525, 528, 531, 544, 566, 586 Hecker, Lehrer in Gottesberg 285 Heinichen, Friedrich Adolph 57 Heinrich XXIV, Reuß (jüngere Linie) 544 Helbig, Carl Heinrich, Bergschüler 353, 354 Helmert, Johann Christian Gottlieb, Ratsstuhlschreiber in Freiberg 178, 212, 221, 222, 598, 601 Henckel, Johann Friedrich, Bergrat 81, 122 Herder, Siegmund August Wolfgang Freiherr von, Oberberghauptmann 29, 48, 379, 539, 615, 616, 617, 621 Heringen, Hans Heinrich von, Obersteuerdirektor 79 Herttwig, Christoph, Stadtsyndikus von Freiberg 122 Heuchler, Johann Eduard, Professor für Zeichnen und Zivilbaukunst an der Bergakademie 502, 610, 619, 626, 627 Heynitz, Benno von 21, 81, 108, 126, 491 Heynitz, Carl Wilhelm Benno von, Berghauptmann 16, 17, 21, 26, 28, 29, 36, 43, 45, 47, 75, 86, 94, 113, 115, 116, 123, 125, 126, 127, 128, 129, 130, 132, 135, 136, 139, 143, 147, 148, 149, 150, 151, 154, 159, 160, 161, 162, 163, 164, 165, 166, 167, 168, 169, 170, 171, 174, 176, 178, 179, 180, 181, 182, 184, 189, 196, 197, 200, 201, 204, 208, 210, 215, 218, 219, 220, 225, 226, 229, 230, 231, 237, 238, 241, 243, 244, 248, 250, 251, 258, 259, 260, 264, 267, 284, 287, 294, 295, 298, 300, 301, 303, 307, 311, 316, 324, 328, 334, 335,

Personenregister

340, 341, 342, 350, 351, 357, 392, 395, 396, 397, 398, 400, 401, 402, 405, 406, 407, 409, 410, 411, 417, 418, 419, 434, 435, 469, 474, 482, 485, 500, 531, 533, 542, 545, 546, 548, 550, 567, 573, 582, 583, 587, 589, 590, 592, 593, 596, 615, 621, 644, 645 Heynitz, Christian Gottlob von, Vetter Carl Wilhelm Benno von Heynitz’ 645 Heynitz, Friedrich Anton von, Generalbergkommissar 24, 36, 80, 81, 82, 83, 87, 103, 108, 125, 127, 128, 131, 146, 147, 152, 154, 158, 189, 491, 537, 547, 583 Heynitz, Friedrich Gottlob Benno von, Sohn Carl Wilhelm Benno von Heynitz’ 645 Heynitz, Georg Ernst von, Justizrat, Vater Carl Wilhelm Benno von Heynitz’ 545, 644 Heynitz, Gottlob Leberecht von, Onkel Carl Wilhelm Benno von Heynitz’ 645 Hilbert, Bergschüler 373 Hindenburg, Karl Friedrich, PD für Philosophie an der Universität Leipzig 175 Hoffmann, Christian August Siegfried, Edelsteininspektor, Administrator der Stufenverkaufsniederlage 190, 192, 195, 373, 374, 448, 455, 608 Hoffmann, Siegmund Ehrenfried, Oberhüttenverwalter 122 Hofmann, Johann Samuel, Bergakademist 352 Hohenthal, Friedrich August, Baron von, Bergakademist 544 Hohenthal, Peter von, Vizedirektor des Oberkonsistoriums 22, 23, 80, 81, 82, 88, 89, 90, 94, 96, 115, 126, 164, 491, 523, 524, 525, 531, 544, 545, 547

Personenregister

Höppner, Gottfried Benjamin, Stollnobersteiger, Zech(en)meister 189, 205, 210, 211, 213, 427, 596, 597 Hösel, Heinrich Traugott, Bergakademist 377, 484, 612 Hösel, Hofkantor in Dresden 484 Humboldt, Alexander von, Naturforscher 216, 538, 539, 540, 541, 542 Humboldt, Wilhelm von, Universalgelehrter 18, 574 I Ickstatt, Johann Adam von, Freiherr, Professor der Kameralistik in Würzburg u.a., Schulreformer 525 J Jentsch, Magister, Schulrektor in Altenberg 253, 286, 381, 382 Johann Georg II., Kurfürst von Sachsen 57, 136 Joseph II., Kaiser des HRRdN 174 Justi, Johann Heinrich Gottlob von, Oberpolizeikommissar, Professor der Kameralistik in Wien u.a., Reformer 58, 73, 85, 122, 125, 147, 170, 396, 431, 491, 492, 496, 497, 499, 500, 501, 502, 505, 508, 509, 510, 528, 530, 546, 581, 592, 593, 644 K Kaden, Häuer in Altenberg 460 Kant, Immanuel, Philosoph 496 Karl Friedrich, Markgraf von BadenDurlach, Großherzog von Baden 59, 510, 531 Karsten, Wenceslaus Johann Gustav, Professor für Logik an der Universität Rostock u.a. 174

709

Kästner, Abraham Gotthelf, Professor für Mathematik an den Universitäten Leipzig und Göttingen 174 Kaufmann, Gustav A., Bergschullehrer in Freiberg 607, 610 Klemm, Carl Gottlob, Bergschüler 355 Klemm, Christian Gotthelf, Bergakademist 366, 367 Klemm, Johann Gotthold, Bergakademist 352, 353 Klemm, Karl August, Bergakademist 379 Klippgen, Friedrich Wilhelm, Geschworner in Altenberg 355, 459, 460 Klotzsch, Andreas Friedrich, BA Marienberg 288 Klotzsch, Andreas Heinrich, Bergwardein, Lehrer an der Bergakademie 339, 482 Knabe, Bergschüler 187, 351 Köhler, (?) 217 Köhler, Alexander Wilhelm, Lehrer für Bergrecht an der Bergakademie 81, 101, 104, 105, 123, 130, 176, 250, 255, 257, 259, 295, 314, 327, 339, 342, 343, 355, 359, 360, 362, 366, 370, 372, 374, 375, 402, 403, 404, 409, 425, 448, 450, 467, 482, 539, 549, 608, 609 Köhler, Carl Gotthold, Buchbinder 216 Köhler, George Christoph, Lehrer der SR-Schule in Johanngeorgenstadt 299, 313, 473, 475 Kolbe, Studienbewerber 354 Könnern, von, Bergkommissionsrat 388 Körbach, Bergschüler 352 Kraft, Karl Wilhelm, Bergakademist 378 Kramer, Gustav 489 Kühn, Kohlewerksinspektor in Zwickau 625 Kühn, Roland 53, 54 Kummer, Carl Friedrich, Bergarbeiter 608

710

Kürschner, Christian Friedrich, Wardein, Bergschullehrer in Annaberg 255, 292, 293, 313, 472, 475 Kürschner, Geheimer Finanzsekretär 266 L Lampadius, Wilhelm August, Professor für Chemie und Allg. Hüttenkunde an der Bergakademie 597, 610, 628 Langhammer, Salomon Gottlieb, Bergakademist 370 Lattermann, Heinrich Ludwig, Bergakademist 367, 371 Lehmann, Steiger, Lehrer der SR-Schule in Brand 219, 221 Lehmann, Straßeninspektor 479 Leibniz, Gottfried Wilhelm, Philosoph 178, 491, 507, 508 Lempe, Christian Gottlieb, Bergakademist 364 Lempe, Georg Gottfried, Zubußbote beim BA Weida 173 Lempe, Johann Friedrich, Bergschullehrer, Professor für Mathematik, Physik und Bergmaschinenwesen an der Bergakademie 27, 35, 45, 148, 156, 157, 161, 162, 163, 166, 172, 173, 174, 175, 176, 178, 179, 180, 181, 182, 194, 196, 215, 216, 218, 247, 288, 303, 311, 339, 340, 350, 364, 368, 370, 371, 376, 378, 393, 403, 404, 448, 466, 471, 473, 476, 477, 482, 502, 504, 534, 539, 541, 549, 557, 582, 614, 615, 650 Leske, Nathanael Gottfried, ao Prof. für Naturgeschichte an der Universität Leipzig 175 Leupold, Jacob, Mechaniker, Bergwerkskommissar 114, 508 Leyser, Johann Polykarp, Bergrat 103

Personenregister

Lichtwer, Magnus, Berg- und Münzsekretär 103 Lindemann, Heinrich Gottlob, Bergakademist 356, 373 Lindemann, Karl Ferdinand, Kammer- und Bergrat, Vizepräsident des Kammerkollegiums 79, 127, 148, 171, 341, 351, 401, 547, 548, 645 Lindig, Ernst Friedrich Wilhelm, Bergakademist 377 Locke, John, Philosoph 124, 225, 492, 495 Loeben, Otto Ferdinand, Graf von, Kabinettsminister 132 Lohse, Johann Gottlieb, Steiger 153 Lohse, Kantor in Altenberg 253, 286, 381, 382 Lommer, Christian Hieronymus, BM, Bergakademieinspektor, Lehrer an der Bergakademie 132, 259 Löscher, D. Valentin Ernst, Superintendent in Dresden 504 Luther, Martin, Reformator 50, 51 M Magirius, Bergakademist 153 Marhold, Karl Ehregott, Bergakademist 612 Maria Antonia, Kurprinzessin 78 Marperger, Paul Jacob, Merkantilist, Schulreformer 119, 120, 396, 499, 514, 525, 526, 527, 530, 531, 534 Massow, Julius Wilhelm Ernst von, preußischer Minister 591, 592 Maximilian III. Joseph, Kurfürst von Bayern 580 Mehnert, Bergschüler 187, 351 Meiner, M., Magister, Vesperprediger in Freiberg 192, 195, 455, 608, 609 Melanchthon, Philipp, Reformator 51, 52

Personenregister

Mende, Johann Friedrich, Oberkunstmeister 121, 155, 157, 158 Meybach, Johann Gottfried, Bergkommissionsrat 127, 644 Mittelbach, Carl Gottlob, Bergakademist 361 Mohl, Carl Friedrich, Theologe, Schulinspektor 499 Molitor, Joseph Franz, Philosoph und Pädagoge, Schulreformer 527 Moritz, Herzog/Kurfürst des albertinischen Sachsen 61 Müller, August Friedrich, Bergakademist 378 Müller, Bergbote in Johanngeorgenstadt 353 Müller, Christian Gotthold, Bergakademist 613 Müller, Johann August, Bergakademist 612 Müller, Johann August Gotthold(?), Bergakademist 352 Müller, Johann Christian, Bergschüler 353, 354, 484 Müller, Johann Christian Dankegott, Bergakademist 612 Müller, Johann Gottlob(?), Bergakademist 359, 361 Müller, SM, Markscheidergehilfe in Marienberg 292, 476 N Naumann, Bergschüler 373 Neubert, Christian Friedrich, SM, Bergschullehrer in Freiberg 619, 620, 622, 623, 626, 627 Nicolai, Christian Gottfried, Bergakademist 288, 355, 356 Nicolai, Heinrich August, ZwitterstockFaktor in Altenberg 288, 355

711

Nietzsche, Friedrich August Ludwig, Superintendent von Eilenburg 91, 202 Nitzschwitz, Christian Wilhelm von, Hofrat 79 Nostitz, Carl Ernst von, Bergakademist 356 Nostitz, Rudolph Ernst von, Adliger aus Görlitz 356 Nuß, Johann Georg, Lehrer der SR-Schule in Großkamsdorf 311, 313, 475, 476 Nuß, SRZ-Lehrer in Schwarzenberg 414 O Oehlschlägel, August Jonas, SM, Vizemarkscheider, Lehrer an der Bergakademie 218 Oehlschlägel, Johann Friedrich, Ratsstuhlschreiber in Freiberg 163, 166, 172, 175, 178, 201, 204, 206, 207, 212, 213, 218, 219, 220, 221, 222, 248, 306, 476, 477 Oehlschlägel, Jonas Gotthold, Bergschreiber, Lehrer der SR-Schule in Schneeberg 302, 306, 313, 472, 475, 477, 480, 651 Oehlschlägel, Jonas Gottlieb, BM in Eibenstock 651 Oesterreich, Karl Gottlieb, Bergakademist 378 ô Feral, Johann Friedrich, Oberzehntner in Freiberg 188, 263, 271, 419, 447, 449, 450 Oppel, Carl Wilhelm von, Bergkommissionsrat, Sohn Friedrich Wilhelm von Oppels 317, 339, 341, 342, 343, 387 Oppel, Friedrich Wilhelm von, Oberberghauptmann 24, 82, 103, 154, 341, 546 Ottiliae, Christian, Bergakademist 538 Ott, Mädchenschulmeister in Geyer 298 Otto, Werkmeister 121

712

P Pabst von Ohain, Carl Eugen, Berghauptmann 103, 127, 128, 251, 644, 645 Partzsch, Bergschüler 373 Päßler, Kantor in Schönfeld 298 Paulick, Oberhüttenraiter 447, 449 Peterßen, Gustav Erdmann, Kreisamtsstuhlschreiber in Freiberg 221, 222, 476 Pflugbeil, Johann Wilhelm, Bürgerschuloberlehrer, Bergschullehrer in Freiberg 610, 619 Philipp, Christian Gottlieb 366 Philipp, Heinrich Christian Friedrich, Bergakademist 189, 366, 367 Pilz, Christian Friedrich, SM, Markscheider, Bergschullehrer in Schneeberg 121, 184, 308, 313, 473, 475, 480, 481, 483, 484, 651 Pilz, Johann Friedrich, Obersteiger in Oberschlema 651 Plato, K.G., Direktor der Leipziger Ratsfreischule 111 Plattner, Karl Friedrich, Professor für Allg. Hüttenkunde und Lötrohrprobierkunde an der Bergakademie 502 Poigk, Georg von, Hof- und Justitienrat 79 Poller, Christian Friedrich, Leiter einer Klöppelschule in Johanngeorgenstadt 304 Ponickau, Adam Friedrich von, Oberberghauptmann 118, 128, 132, 644, 645 Ponickau, Johann Friedrich von 127 Preisler, Johann Friedrich, Bergakademist 364 Preusker, Karl, Schulreformer 565, 571 Puschmann, Bergschüler 306

Personenregister

R Rabener, Gottlieb Wilhelm, Kabinettssekretär, Satiriker 79 Rädler, Oberkonsistorialrat 554 Ratke, Wolfgang, Pädagoge, Schulreformer 506 Raue, Johann(?), Bibliothekar, Professor am Joachimsthalschen Gymnasium Berlin 507 Reden, Claus Friedrich von, Hannoverscher Berghauptmann 125, 128, 130, 253, 542, 590, 644 Reden, Karl Wilhelm Ernst von, Bergakademist 125 Reiche-Eisenstuck, Carl Friedrich, Amtshauptmann, Direktor der Mechanischen Baugwerkenschule Freiberg 619 Reich, Ferdinand, Bergakademieinspektor, Professor für Physik und theoretische Chemie an der Bergakademie 478, 622, 627, 628 Reinhard, Franz Volkmar, Oberhofprediger 545 Renner, Johann Christian, Lehrer an der Schule St. Jacobi 207 Repmann, Advokat in Schneeberg 371 Repmann, Christian August, Bergakademist 375, 378 Repmann, Christian Ehregott, Bergakademist 365, 366, 367, 369, 375 Richter, Bergschüler 359 Richter, Bergschüler, Untersteiger 295 Richter, Carl August, Obersteiger in Annaberg 297, 313, 475, 483 Richter, Carl Ernst, Markscheider 151 Richter, Carl Friedrich, Bergakademist 352, 357 Richter, Georg Gottlob, Knappschafts- und Rezessschreiber 198, 207 Richter, Gottlob Siegismund, Bergakademist 353

Personenregister

Richter, Johann Conrad, Steiger 153 Richter, Karl Ehregott, Bergakademist 377 Rivius, Johannes, Theologe und Pädagoge 52, 554 Rochlitzer, J.K.G., Gymnasiallehrer in Freiberg 216 Rochow, Friedrich Eberhard von, Schulreformer 92, 113, 141, 500, 505, 575 Roeßler, Balthasar 104, 106, 107, 118, 119, 120, 155, 156 Röhling, Christian Gottfried, Bergakademist 612 Roth, Christian Heinrich, Lehrer der SR-Schule in Johanngeorgenstadt 299, 313, 473, 475 Rothe, Heinrich August, ao. Prof. für Philosophie an der Universität Leipzig 368 Roth, Schulmeister in Johanngeorgenstadt 299 Rousseau, Jean-Jacques, Philosoph 110, 124, 431, 495, 496, 497, 535, 546 Rudolph, George Friedrich, Rezess- und Knappschaftsschreiber, Bergschullehrer in Altenberg 286, 287, 288, 313, 355, 380, 413, 472, 475, 480, 483, 650 Rülke, Carl Friedrich(?), Bergakademist 378 S Saupe, Christoph Salomon, 2. Katechet an der Eusebienschule 160, 169, 199, 202, 205, 207, 213, 219 Schaalich, Karl August, Bergakademist 613 Scheidhauer, Friedrich Wilhelm, Bergakademist 368, 377 Scheidhauer, Oberbergamtssekretär 390 Schenke, Christian Friedrich, Bergakademist 367 Scheuchler, Carl Friedrich, Bergakademist, Geheimer Finanzrat 372

713

Scheuchler, Johann Friedrich, Oberbergmeister 306 Schiffel, Joh. George 650 Schirnding, August Carl von, Bruder Ernst Friedrich Carl von Schirndings 550 Schirnding, Carl Siegmund von, Oberforstmeister 548 Schirnding, Ernst Friedrich Carl von, Bergkommissionsrat 104, 132, 144, 188, 190, 191, 194, 212, 262, 273, 277, 280, 311, 316, 317, 318, 322, 323, 324, 325, 326, 327, 328, 329, 330, 332, 334, 340, 341, 343, 344, 345, 346, 359, 372, 385, 387, 416, 428, 429, 430, 431, 432, 433, 451, 548, 549, 550 Schlesier, Superintendent von Zwickau 305 Schlettwein, Johann August, Kammer- und Polizeirat in Baden-Durlach, Nationalökonom 345, 491, 508, 509, 510 Schmid, Bergakademist 378 Schmid, Christian Wilhelm Friedrich, Oberbergmeister 215, 334, 338, 417, 426, 459, 460 Schmidhuber, Johann Friedrich, Bergakademist 613 Schmidt, Carl Friedrich, Bergmann, Lehrer der SR-Schule in Brand 163, 166, 175, 206, 207, 218, 219, 220, 221, 222, 248 Schmidt, Obersteiger, Vizegeschworner in Annaberg 295, 313 Schneider, Oberbergamtsverwalter 482 Schnorr, Friedrich August, Bergakademist 368, 377 Schönberg, Abraham von, Oberberghauptmann 107, 118, 155, 156, 511 Schönberg, Wolf von, Hauptmann des Erzgebirgischen Kreises 103

714

Schreber, Christian Daniel, Prof. für Naturgeschichte der Universität Leipzig 126 Schröder, Wilhelm von, Kameralist 501 Schulze, Gottlob Lebr., Geheimer Kirchenund Schulrat, Mitglied der Oberamtsregierung Budessin 602, 603 Schütz, BM in Marienberg 288 Schwamkrug, Christian Heinrich, SM, Bergschullehrer in Freiberg 610, 628 Schwamkrug, Friedrich Wilhelm, Maschinenmeister 621 Selbmann, Gottlieb Leberecht, SM 184 Semler, Christoph, Schulreformer 16, 17, 20, 147, 507, 512, 513, 514, 515, 523, 524, 525, 526, 528, 530, 531, 566, 586 Seydel, Schulmeister in Schönfeld 298 Seyffert, Christian Ehrenfried 105 Sieber, Wilhelm, Schüler der Baugewerkenschule 620 Siegel, Bergschullehrer in Johanngeorgenstadt 615 Siegert, Mädchenschulmeister in Ehrenfriedersdorf 298 Sieghard, Johann Simeon Benjamin, Zeichenmeister an der Bergakademie 180, 183, 260, 363, 364, 365, 366, 368, 375, 376, 377, 477 Snethlage, Bernhard Moritz, Pädagoge 499 Spener, Philipp Jakob, Pietist, Theologe 486, 487, 492 Spörl, Georg Heinrich, Lehrer der Bergschule Steben 540 Stange-Gleisberg, ?, Pastor 76 Stecher, Johann Gottfried, Winkelschullehrer in Freiberg 65 Stein, Heinrich Friedrich Karl Reichsfreiherr vom und zum, preußischer Staatsmann 126, 146, 614 Stiller, Heinrich Adolph, Oberbergrat 625, 626

Personenregister

Straube, Johann Gottlieb, BA Marienberg 288 Straube, Samuel Ehregott, Bergakademist 366, 367 Sturz, Friedrich Samuel, Pfarrer in Erbisdorf 141, 142, 143, 144, 145, 400 Süßmilch, Johann Peter, Oberkonsistorialrat in Berlin-Cölln 75 T Täschner, Constantin 56, 405 Taube, Lebrecht Ehregott, Oberbergamtsverwalter 338 Thannhäußer, George Friedrich August, SM, Markscheidestipendiat, Bergschullehrer in Annaberg 293, 297, 313, 413, 472, 473, 475, 476, 480, 481, 483, 651 Thannhäußer, Johann Gottlieb, Bader und Chirurg in Aue 651 Thomasius, Christian, Philosoph 496 Tibel, Magister in Dresden 367, 479 Tindal, Tatthew, engl. Aufklärungstheologe 496 Toland, John, engl. Aufklärungstheologe 496 Tränkner, Moritz, Bürgerschuldirektor, Bergschullehrer in Freiberg 626, 627 Trauzolt, Gotthelf Friedrich, Bergakademist 612 Trebra, Friedrich Wilhelm Heinrich von, Oberberghauptmann 83, 106, 112, 118, 120, 121, 123, 125, 127, 128, 129, 131, 132, 150, 152, 153, 154, 155, 157, 158, 171, 251, 253, 255, 258, 371, 379, 446, 547, 582, 592, 596, 597, 615, 644

Personenregister

U Uhlmann, Christian Friedrich, Lehrer in Brand 207 Uhlmann, Geschworner 168 Uhlmann, Kantor in Brand 184 Ulbricht, Gotthelf Christian, Lehrer an der Mädchenschule 207, 214 Ullmann, Johann Ehrenhold, Bergakademist 376 Ullrich, Carl Friedrich Wilhelm, Bergschüler 354 Unger, Aaron Friedrich, Bergakademist 368, 377 Unger, Christian Wilhelm, Bergschreiber, Lehrer der SR-Schule in Großkamsdorf 312, 313, 475, 476, 484 Unger, Johann Samuel, Geschworner 184 V Veichel, Bergschüler 306 Villaume, Peter, Theologe und Pädagoge, Schulreformer 530 Vitzthum von Eckstädt, Johann Friedrich, Graf 127 Voltaire, François Marie Arouet, Philosoph 496 W Wagner, Gustav Traugott, Bergakademist 613 Walther, Bergschüler 373 Warnsdorf, Ernst Rudolph von, Bergrat 623, 624 Weigel, Erhard, Professor der Mathematik an der Universität Jena, Philosoph 507, 526 Weigel, Georg(?), Theologe 506 Weinbrenner, Friedrich, Leiter der Architektonischen Zeichenschule in Durlach 532

715

Weisbach, Julius Ludwig, Professor für angewandte Mathematik und Bergmaschinenlehre an der Bergakademie 502, 622, 627 Weiß, Gottlob Fürchtegott, Bergakademist 612 Weiß, Johann Adam, Zunftmeister in Speyer 508 Wellner, Bergamtsauditor 123 Wellner, Johann Heinrich, Bergakademist 363, 364, 373 Wellner, Karl Gotthilf, Faktor in Schwemsal 370 Werner, Abraham Gottlob, Bergrat, Bergakademieinspektor 131, 133, 179, 187, 190, 199, 220, 317, 338, 340, 345, 346, 347, 348, 349, 356, 363, 369, 371, 372, 373, 374, 479, 482, 597, 611 Werner, Gottlob, B(?) zu St. Nicolai 199, 207, 213 Wichmannshausen, Johann Georg, Bergrat 127, 132, 140, 644 Willisch, August Benedict, Magister, Lehrer an der Hospitalschule 207, 213 Winterschmid, Georg, Konstrukteur einer Wassersäulenmaschine 158 Wittig, Gotthold Friedrich, Bergakademist 352, 353, 361 Wittig, Johann Gottlob, Oberbergamtsschreiber 266 Wolff, Christian, Philosoph 431, 496, 498, 546 Wurmb, Friedrich Ludwig von, Direktor der Landesökonomie-, Manufakturund Kommerziendeputation, Konferenzminister 44, 79, 81, 127, 544, 546, 549, 550 Wurmb, George Friedrich von, Bergakademist 549, 550

716

Z Zahn, Dr., Kreisamtmann, Direktor der Mechanischen Baugewerkenschule 619 Zedlitz, Karl Abraham Freiherr von, preußischer Minister 61, 141 Zedtwitz, Friedrich von, Bergakademist 378 Zimmermann, Carl Friedrich 114, 134, 148

Personenregister

Zincke, Georg Heinrich, Professor für Kameral- und Polizeiwissenschaften am Collegium Carolinum in Braunschweig 81, 122, 125, 147, 491, 499, 501, 509, 510, 519, 520, 524, 528, 529, 530, 546 Zinzendorf, Nikolaus Ludwig von, Pietist, Stifter der Herrnhuter Brüdergemeine 486, 544

K ATHRIN FRIEDL

SCHULZEIT WIE´S FRÜHER WAR

Bloßfüßig in die Schule, der strenge Lehrer mit dem Rohrstaberl, Schreiben mit Griffel und Schiefertafel, einklassige Volksschulen mit sechzig Kindern … Noch gibt es Menschen, die von ihren wertvollen Erinnerungen an das Schulegehen in alter Zeit erzählen können.

Der lange Schulweg, den die Kinder im Sommer barfuß zurücklegten, Scheitelknien als Strafe, der gusseiserne Schulofen und das gemeinsame Heilkräutersammeln für die Front. Das sind nur einige Schlagworte, die das Bild vom Schulegehen in alter Zeit prägen. Noch gibt es Menschen, die in einklassige Volksschulen gingen, die sich vor dem strengen Herrn Lehrer fürchteten, denen ein Apfel als Jause das Wertvollste war und die als Unterrichtsfach noch Schönschreiben hatten. Die Freizeit war spärlich und die Schule stellte eine Abwechslung vom Arbeitsalltag am Hof dar. Die Erinnerungen jener Personen, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Schüler waren, sind kostbar. Sie sind schön, traurig, lustig und berührend. Ein unsentimentaler Blick zurück zeigt, wie es damals gewesen ist. 2010. 164 S. GB. 43 S/W-ABB. 155 X 235 MM. ISBN 978-3-205-78557-6

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ELISABETH GERGELY UND TOBIAS RICHTER (HG.)

WIENER DIALOGE DER ÖSTERREICHISCHE WEG DER WALDORFPÄDAGOGIK

Das Buch beschreibt die Entwicklung der Waldorfpädagogik in Österreich mit zahlreichen Beiträgen namhafter Autoren, lebendigen biographischen Skizzen, Interviews, Zeitdokumenten und Bildern. Im Zentrum der Betrachtung stehen vielfältige Aspekte einer Pädagogik, die sich um den Dialog mit Wissenschaft, Kunst und Religion bemüht und die im Geburtsland Rudolf Steiners, dem Begründer der Waldorfpädagogik, in sehr spezifischer Weise verwirklicht wurde. Die von Wien ausgehenden, von Elisabeth Gergely wesentlich mitgestalteten Impulse zur Waldorfpädagogik lassen das Bild einer Erziehung zur Freiheit als Antinomie durch Erziehung zum Verbundensein entstehen. Wien als kulturhistorischem Ort der Begegnung von Ost und West kommt dabei eine besondere Bedeutung zu, die als pädagogischer Auftrag zu ergreifen ist. 2011. 273 S. BR. 72 S/W-ABB. 170 X 240 MM. ISBN 978-3-205-78621-4

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Die Zeitschrift untersucht schwerpunktmäßig das Verhältnis von Bildung und Erziehung im gesellschaftlichen und kulturellen Wandel. Dabei gelten folgende Prinzipien: das Verhältnis von Theorie und Praxis in bildungspolitischen Prozessen sowie in der schulischen Wirklichkeit, der multidisziplinäre Ansatz, die historische Fundierung gegenwärtiger Geschehnisse und Entwicklungen; der internationale und interkulturelle Vergleich. JG. 65, HEFT 1 (2012)

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ISSN 0006-2456

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