Das rechtsrheinisch-bayerische Landescivilrecht und Landescivilproceßrecht unter Berücksichtigung der freiwilligen Gerichtsbarkeit: Band 1 [Reprint 2020 ed.] 9783112353868, 9783112353851


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German Pages 1184 [1195] Year 1896

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Das rechtsrheinisch-bayerische Landescivilrecht und Landescivilproceßrecht unter Berücksichtigung der freiwilligen Gerichtsbarkeit: Band 1 [Reprint 2020 ed.]
 9783112353868, 9783112353851

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Das

rechtsrheirrifch-bayerische

LMesmilrecht«. LMdeSMMkjnlht unter Berücksichtigung der

freiwilligen Gerichtsbarkeit systematisch dargestellt von

Dr. AeinkiA VeKer.

Erster Band.

München. I. Schweitzer Verlag (Jos. Eichbichler). 1896

Worwort. Wenn am Lebensabende der Partikularrechte noch eine umfassende Bearbeitung solcher unternommen wird, so möchte das Bedürfnis auf den ersten Blick Zweifeln begegnen. Allein die vielseitige Billigung, die dieses Unternehmen bisher gefunden hat, dürfte jedm Zweifel darüber ausschließen, daß, wie der Verfasser aus seiner eigenen Praxis empfunden hat, eine Be­ arbeitung der für das ganze rechtsrheinische Bayern geltenden Rechtssätze noch „zeitgemäß" ist. Vom Standpunkte des Bedürf­ nisses aus glaube ich daher das Unternehmen nicht weiter rechtfertigen zu brauchen. Eine andere Frage ist die, ob ich mich der gestellten Aufgabe gewachsen fühlen durfte. Ich war mir der großen Schwierigkeiten, denen ein System hier begegnen mußte, wohl bewußt. Wenn ich mich trotzdem an das Unter­ nehmen wagte, so lag der Grund lediglich darin, daß ich in meiner anwaltschaftlichen wie richterlichen Praxis das Be­ dürfnis nach einer solchen systematischen Zusammenstellung immer mehr fühlte und von verschiedenen Seiten zur Ver­ öffentlichung meiner Privatarbeiten angeregt wurde. Nicht wenig trug dazu auch die in der Abhaltung der offiziellen Kurse für die Rechtspraktikanten gewonnene Ueberzeugung bei, daß letztere nur sehr wenig von der Existenz eines bayerischen Landescivilrechtes und Landescivilprozeßrechtes wußten. Das Werk enthält im Kerne die für das ganze rechts­ rheinische Bayern geltenden landesgesetzlichen civilrechtlichen und civilprozeßrechtlichen Rechtsnormen, sowie die Grundzüge der freiwilligen Rechtspflege; im Anschluß hieran auch rein Mstruktionelle Vorschriften, die ich im Interesse der Praxis

VI

Borwort.

unbedingt beifügen zu müssen glaubte. In verschiedenen FUm habe ich auch Reichsrecht und bayerische Partikularrechte embezogen, wo der Zusammenhang mit Landesgesetzen oder instruktionellen Vorschriften dies mir zweckmäßig erschänen ließ; auch hiebei waren für mich vorwiegend praMsche Ge­ sichtspunkte maßgebend. Die Systematik, die im einzelnen ost bedeutenden Schwierig­ keiten begegnete und vielleicht zu manchen Zweifeln Anlaß geben wird, schließt sich, soweit thunlich, an die herrschende Systemattk der Civilrechte an. Besonders die Anfügung eines fünften Buches „Schutz der Rechte" weicht von den bis­ herigen Systemen ab, war aber nicht zu umgehen, da der Versuch einer systematischen Darstellung der „Suhhastaüon" einzustellen war. Es lag mir ferne, in den einzelnen Materien überall neue Systeme ergründen zu wollen, und mancher wird vielleicht gerade in dieser Unterlassung einen Mangel des Werkes erblicken. Allein ich habe die Ueberzeugung, daß es ein wissenschaftliches Unrecht wäre, gute und erprobte Systeme aus Neukonstruktionssucht einfach zu opfern. Insbesondere bin ich im Hypothekenrechte, soweit nach meiner Auffassung angängig, ausschließlich dem ausgezeichneten Systeme Regelsberger's gefolgt. Betonen möchte ich bei dieser Gelegenheit auch, um jeder gegenteiligen Meinung zu begegnen, daß ich für den Inhalt der als „Ergänzung" dieses Werkes angeWndeten und erschienenen Schrift Keidel's: „Hypotheken­ bucheinträge und Vollzugsbestättgungen u. s. w., München 1895" keinerlei Garantie übernehme oder übernommen habe. Die Ausgabe des Werkes begann im April 1894 und zwar in Lieferungen. Im Grunde bin ich den Lieferungs­ ausgaben abhold, weil durch diese vielfach die Systematik leidet; gleichwohl entschloß ich mich zu solchen lediglich deswegen, um noch möglichst frühzeittg, wenn auch successive, dem Mangel abzuhelfen. Die Vollendung des Werkes hat sich gegenüber den stüheren Ankündigungen wesentlich verzögert. Die Gründe hiefür lagen teils im anstrengenden Dienste, dem ich, ohne daß er darunter leiden durste, mühevoll die zu dieser Arbeit nötigen Stunden abringen mußte, teils darin, daß der Stoff mir

unter den Händen wuchs, ich auch von vielen Seiten auf­ gefordert wurde, möglichst eingehend den Stoff zu behandeln und so das Werk schließlich einen bedeutend größeren Umfang annahm, als ursprünglich beabsichtigt war. Um das Werk auf der Höhe der Zeit zu erhalten, sind in Nachträgen die seit dem Beginne des Werkes neu erlassenen Rechtsnormen, instrukttonellen Vorschriften und Ent­ scheidungen, nebst der sonstigen neueren Litteratur angeführt. Desgleichen habe ich alle mir bekannt gewordenen Irrtümer und Druckfehler in diesen Nachträgen berichtigt. Ich bitte daher dringend, vor Gebrauch des Werkes sich der Mühe zu unter­ ziehen, die Nachträge bezw. ihre Ziffern an den ein­ schlägigen Stellen einzusetzen. Leider konnte ich die 2. Auflage von Regelsberger's Hypothekenrecht (1895) erst im 5. Buche und das Werk Rudorff's, „Freiwillige Gerichts­ barkeit und Notariat in Bayern und in Baden (1895)", erst vom 2. Buche an zitieren. Das alphabetische Register hat Herr Sekretär Fritz Keidel am k. Amtsgerichte München I verfaßt. Ich sage ihm für diese mühevolle Arbeit an dieser Stelle meinen auf­ richtigsten Dank. Ich bitte nun, das endlich vollendete Werk unter Berück­ sichtigung aller Schwierigkeiten mit Wohlwollen aufnehmen und die vielen Mängel, die sich vielleicht zeigen werden, mit Rücksicht auf den vorhandenen guten Willen milder beurteilen zu wollen. Sollte ich der Praxis und vielleicht auch sonst der Jurisprudenz mit diesem Werke nützlich geworden sein, so wäre mir dies eine große Befriedigung. Für die bisherige überaus freundliche Aufnahme des Werkes erlaube ich mir herzlichst Dank zu sagen. München, im Mai 1896.

Der Berfaffer.

Inhaltsübersicht. Seite

Worwort.........................................................................................................

V

^Abkürzungen...................................................................................................XXVm .Nachträge und Berichtigungen................................................................ XXIX

«r|te K>ch.

Allgemeiner Teil. Erstes Hauptstück. Lom Rechte. I.

Kapitel. § 1.

Btgriff des tatzerischr» LaadeScivilrechte- «ad LaodeZtivilprozrßrechtre.............................................................................. II.

Kapitel. § 2.

Die «echttquelleu ................... .....................................................

2

I. Das Gesetzesrecht.......................................................... II. DaS Gewohnheitsrechi.................................................... m. Autonomie..................................................................

2 5 7

§ 3. § 4. § 5. III.

Kapitel.

Keuutatt «ab «uweaduag deS Rechtes................................ I. Kenntnis und Auslegung des Rechtes..................... II. Zeitliche Geltung der Gesetze......................................... III. Oertliche Geltung des Rechtes, Lehre von der Statuten­ kollision ....................................................... 15

§ 6. § 7. § 8.

IV.

1

8

8 10

Kapitel.

(Anhang) § 9. Die Lehre vom Wohnsitz......................................................... 28

Zweite» Hauptstück. Lon den Rechtssustjetten. I.

Kapitel. § 10.

Vegriff de» RechtSsubjekteS, der Rechts- und Handlungsfähigkeit II.

32

Kapitel.

Die einzelnen Rechtssubjekte. I.

Abschnitt. Die Physischen Personen. 1.

§ 11. § 12.

Titel. Beginn und Ende der Rechtsfähigkeit.

Beginn der Rechtsfähigkeit......................................................... 33 Ende der Rechtsfähigkeit . 34 Lehre von der Todeserklärung............................ 34

Inhaltsübersicht.

X

Seite 2. Titel. Unterschiede und Sonderstellungen physischer Per­ sonen im Hinblick auf gewiffe Eigenschaften und Berhältniffe.

39

§ 13.

Geburt...............................................................................................

8 U.

Geschlecht.........................................................................................

40

§ 16.

Verwandtschaft.............................................................................

42

§ 16.

Alter.....................................................................................................

45

§ 17.

Krankhafte Zustände

...

60

§ 18.

Staatsangehörigkeit ....

69

§ 19.

Bürgerliche Ehre.............................................................................

63

§ 20.

Konfession-verschiedenheit...........................................................

66

3.

Titel. Unterschiede und Sonderstellungen physischer Per­ sonen insbesondere im Hinblick auf StandeSverhättniffe, gewiffe Auszeichnungen und Stellungen.

8 21.

Der König...................................................................................

8 22.

Die Mitglieder de- kgl.Hauses.................................................

74

8 23.

Der ReichSverweser.......................................................................

82

8 24.

Der Adel.........................................................................................

82

Der Adel im allgemeinen.......................................

82

II.

Der reichsritterschaftliche Adel.................................

85

III.

Der hohe Adel................................................................

87

I.

68

8 25.

Gutsherren.........................................................................................

97

8 26.

Bürger und Bauem.................................................................

98

8 27.

Die Berufsstände.......................................................................

98

4.

Titel. Die öffentlichen Diener, insbesondere die StaatSund Gemeindediener.

8 28.

Allgemeine-....................................................................................

119

8 29.

Die vermögenSrechtlichen Ansprüche der Staats- bezw. Ge­ meindediener und ihrer Hinterbliebenen im allgemeinen

128

8 30.

Die vermögensrechtlichen Ansprüche der pragmatischen StaatSdiener und ihrer Hinterbliebenen im besonderen .

132

8 31.

Die vermögensrechtlichen Ansprüche der nichtpragmalischen StaatSdiener und ihrer Hinterbliebenen im besonderen .

153

A.

Die Notare...........................................................................

153

B.

Die Gerichtsvollzieher..........................................................

158

C.

Die nichtpragmatischenf statuSmäßigen und Nichtstatusmäßigen StaatSdiener..................................................... 162

8 32.

Die vermögenSrechtlichen Ansprüche der Gemeindediener und ihrer Hinterbliebenen im besonderen........................ 172

8 33.

Die versicherungsrechtlichen Ansprüche der StaatS- bezw. Gemeindediener und ihrerHinterbliebenen............ 173

8 34.

A.

Die StaatSdiener...............................................................

173

B.

Die Gemeindediener.........................................................

183

Die zivilrechtliche Haftung der öffentlichen Diener wegen DienstpflichtSverletzung aufSchadenersatz ............ 184

Inhaltsübersicht.

XI

Seite

§ 35.

§ 36.

5.

Die Amtskautionen................................................................ 200 A.

Die Amt-kautionen der Staat-diener.................... 201

B.

Die Amt-kautionen der Gemeindediener............... 209

Die übrige Sonderstellung der öffentlichen Staat-- und Gemeindeoiener........................................................ 210

Die Militärpersonen.

Titel.

§ 37.

Da- Dienstverhältnis und die vermögen-rechtlichen Be­ ziehungen der Militärpersonen 226

§ 38.

Die übrige Sonderstellung der Militärpersonen ...

6.

Titel.

§ 39.

Die Klosterpersonen................................................................ 247

§ 40.

Die geistlichen Personen überhaupt................................... 261

Die juristischen Personen.

n. Abschnitt.

1. 2.

235

Die geistlichen Personen.

Allgemeines. §41..................................................................... 268

Titel.

Titel.

Der Staat.

§ 42.

Allgemeines........................................................................................... 272

§ 43.

DaS Staatseigentum......................................................................... 273

§ 44.

Sonstige besondere Verhältnisse des Fi-ku- auf privatund civilprozeßrechtlichem Gebiete................................... 277

§ 45.

Verfolgung und Sicherung der Ansprüche de- FiskuS und gegen den Fiskus. Vertretung des Fiskus................. 293

3.

§ 46.

Titel.

Die Stiftungen.

Begriff und geschichtliche Entwicklung........................................... 301

§ 47.

Allgemeine Bestimmungen für alle Arten von Stiftungen

308

§ 48.

Die öffentlichen weltlichen Stiftungen im besonderen .

323

§ 49.

Die Kultusstistungen........................................................................ 328 § 50

4.

Titel.

Die ruhende Erbschaft.

5.

Titel.

Die Körperschaften (Korporationen).

.

..................................

343

§ 51.

Allgemeines.......................................................................................... 344

§ 52.

Die speziell normierten Körperschaften...........................................854

§ 53. § 54.

§ 55.

Die anerkannten Vereine.................................................................. 356 Die juristischen Personen des Handelsgesetzbuche-, die Ge­ sellschaften mit beschränkter Haftung und die registrierten Gesellschaften.............................................................................370 Die politischen Gemeinden.

A. Allgemeines

§ 66.

373

...

B.

Die Ort-gemeinden.

C.

Die Distrittsgemeinden

D.

DieKreisgemeinden

Die Kirchengemeinden

6. Titel.

Die Kirche.

§ 57

378

.

............................................... 409 415

.

........................................... 417 '.

432

XII

Inhalt-Übersicht.

Seite

Dritte« Hiuptstück. von -ei» Rechtsovjekten (Sachen). § 58.

Allgemeines.......................................................................................... 438

§ 59.

Bewegliche und unbewegliche Sachen.......................................... 439

§ 60.

Dem Verkehre entzogene Sachen................................................ 443

§ 61.

Zubehörungen (Pertinenzien)...................................................... 445

§ 62.

Organische Erzeugnisse und Früchte.......................................... 453

von den Rechten.

vierte» Huuptstück. L Kapitel.

Begriff und Arten der Netzte. § 63 ......................................................

454

DaS Verfahren bei Kompetenzkonflitten........................................................ 455 II. Kapitel.

Entstehnng, BerLndernng »nd Untergang der Netzte. I.

Abschnitt.

§ 64.

II.

Allgemeines.......................................................................................... 463

Abschnitt. 1.

§ 65.

2.

Die Formen der Rechtshandlungen............................... 463

Titel.

Allgemeine-.......................................................................................... 463

Titel. Die Mitwirkung der öffentlichen Behörden und mit öffentlichem Glauben versehenen Personen.

§ 66.

Allgemeine-.......................................................................................... 470

§ 67.

Die örtliche Zuständigkeit................................................................... 471

§ 68.

§ 69. § 70.

Die sachliche Zuständigkeit................................................................... 472 A.

Streitige Rechtspflege................................................................. 473

B.

Nichtstreitige Rechtspflege........................................................... 474

Besetzung und Bestellung................................................................... 488

Die einzelnen Formen......................................................................... 491

A.

Allgemeine-...................................................................................491

B.

Die öffentliche Beurkundung der Notare............................. 491

C. D.

§ 71.

3.

Die öffentliche Beurkundung der Gerichte

....

516

Prüfungen, Bestätigungen und autachtliche Aeußer­ ungen der Gerichte und sonstigen Behörden, mit Aus­ schluß der hypothekenamtlichen Thätigkeit .... 522

E.

Die Proteste................................................................................... 524

F.

Zustellungen und Benachrichtigungen ................................... 526

G.

Feststellungen de- Datum- einer Privaturkunde

530

.

Bedeutung, Umfang und Wirkung der Formen.... Titel.

§ 72.

532

(Anhang)

Erläuterungen zu Art. 14 des Notariatsgesetzes...................................... 539

m. Abschnitt.

§ 73. § 74.

Der Einfluß der Zeit.

Die Zeilberechnung...................................................................... 548 Die Verjährung .............................................................................. 54tf

IV. Abschnitt.

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

§ 75

.

561

Inhaltsübersicht.

XIII Seite

Zweites Kach. Vermögensrechte. Das Sachenrecht.

Erster Hauptstück. Kapitel.

I.

Der Besitz. 8 76

...

-..............................................................

565

Kapitel.

II.

Das Eigentum. I. Abschnitt.

Allgemeines. § 77 .

.

.

..... ......................................

II.

Abschnitt.

Gesetzliche Eigentumsbeschränkungen.

III.

Abschnitt.

Die Eigentumserwerbsarlen.

§ 78

567

...

569

§ 79.

Allgemeines

§ 80.

Die Aneignung.................................

582

§ 81.

Der Fund...........................................

582

§ 82. § 83.

Erwerb nach Wasserrecht................................................................ 583 Die Tradition..................................................................................... 586

§ 84.

.................................................................................... 580

Die Zwangsenteignung. A, Allgemeines................................................................................ 588

B. C. § 85.

591 608

Die Arrondierung.......................................................................... 610

Schutz des Eigentums. § 86

Abschnitt.

IV.

III.

Zwangsenteignung nach dem Gesetze v. 17. Nov. 1837 Die Zwangsenteignung nach Wasserrecht

..... ...................................... 618

Kapitel.

Die Dieustbarkeiten. I. Abschnitt.

IV.

Allgemeines.

§ 87

620

Abschnitt. Einzelne Dienstbarkeiten. ........................................... § 88. DaS Weiderecht ..................................................................... 622

II.

§ 89.

Wasserdienstbarkeiten.................................................................... 629

§ 90.

Forstdienstbarkeiten...........................................................................630

Kapitel.

Die «eallasten. I. Abschnitt. Allgemeines. § 91..................... II. Abschnitt. Die Ablösungsgesetzgebung. § 92

III.

V.

. . ............................

638 642

Abschnitt. Einzelne Reallasten und reallastähnliche Verhältnisse. § 93 ................................................................................................... 652 Kapitel.

DaS Pfandrecht. I.

Abschnitt. Allgemeines. § 94. Geschichtliche Einleitung..............................................

§ 95.

II.

Allgemeines über Begriff und Atten deS Pfandrechtes

653

.

Abschnitt. Das Pfandrecht an beweglichen körperlichen Sachen. § 96 ........................................... 663

656

XIV

Inhaltsübersicht.

Seite DaS Hypothekenrecht.

in. Abschnitt.

1. Abteilung.

1. Titel. § 97.

DaS formelle Hypothekenrecht.

Die HypothekengerichtSbarkeit.

A. Nichtstreitige Rechtspflege .

.

B. Sachliche Zuständigkeit

.................................................. 669

667

C. Oertliche Zuständigkeit ................ ............................................. 669

2. § 98. § 99.

670

D.

Besetzung deS Hypothekenamtes.....................................

E.

Wirkungen der Zuständigkeit.............................................670

F. G. H.

Beschwerderecht................................................................. 671 Oberaufsicht.............................................................................. 671 Die Haftung der Hypothekenbeamten und deS Staates 672

Titel.

Das Hypothekenbuch.

Allgemeines.................................................................................... 674 Begriff, Bedeutung und System des Hypothekenbuches. Arten der Einschreibungen, Einschreibungszwang.

A. B.

Begriff............................................................................ 678 Rechtliche Bedeutung deSHypothekenbuches....

678

C.

Arten der Einschreibungen—Eintragungszwang

.

683

D.

Das Einbuchsystem .

..... .......................................................686

E.

Das Realfoliensystem

..... ....................................................... 687

F. Das Rubrikensystem............................................... 692 § 100. Die einzelnen Rubriken des HyPothekenfoliumS im be­ sonderen und die hiebei jeweils zu beobachtenden besonderen Formalien. A. Die erste Rubrik — Sachrubrik

3.

§ 101. § 102.

693

B.

Diezweite Rubrik............................................................

703

C.

Diedritte Rubrik............................................................

709

Titel. DaS Verfahren in Hypothekensachen. Allgemeines.................................................................................... 714 Der Antrag im besonderen...............................................

A. B.

717 720

Die AntragSberechtigung.............................................. Die Legitimation des Antragstellers.........................

C. Form und Inhalt der Anträge ............................. Die hypothekenamtliche formale Behandlung der Anträge und Gesuche...................................................................... 725 § 104. Die hypothekenamtliche Prüfung der Anträge und Gesuche (Legalitäts- und Konsensprinzip).

723

§ 103.

A.

Allgemeines

B.

Das Legalitätsprinzip

...................... ....................................

.

. 727

727

........................

§ 105.

C. Das Konsensprinzip .............................................................733 Die Beschlußfassung und der Vollzug........................................ 739

§ 106.

Das hypothekenamtliche Tagebuch..................................... ,

§ 107.

Die Personen- und Sachregister...........................................

750

§ 108.

Die Hypothekenatten

..

751

.........................................

746

A. Die Hypothekenprotokolle......................................................... 752

Inhaltsübersicht.

B.

XV

Seite Die Beilagen zum Hypothekenprotokoll bezw. Hhpothekenbuche........................................................................... 753

C. Die Hypothekenspezialakten ................................................... 754 D.

§ 109. 2.

Verzeichnisse, Sammlungen und statistische Nachweise

755

.

755

Die hypothekenamtlichen Ausfertigungen

Abteilung. Das materielle Hypothekenrecht. 1.

2.

Titel. Die Gmndlagen deS materiellen HypothekenwesenS im allgemeinen. § 110................................................................759

Titel.

Das Oeffentlichkeitsprinzip.

§ 111.

Allgemeines..................................................................................... 760

§ 112.

Das formale Oeffentlichkeitsprinzip........................................ 765

§ 113.

Das materielle Oeffentlichkeitsprinzip im engeren Sinne

A.

§ 114.

§ 115.

3.

766

Der Schutz deS hypothekenrechtlichen Erwerbes im besonderen.......................................................................... 767

B. Die Unkenntnis deS Hypothekenbuchinhaltes ... Der Einfluß der Oeffentlichkeit auf die Verjährung. .

780 782

Die Protestationen.......................................................................... 784

Titel. Das Prinzip der Aceessorität. § 116........................... 792

4.

Titel. Das Prinzip der Spezialität. § 117...........................794

5.

Titel.

§ 118. § 119.

Die Entstehung der Hypothek.

Allgemeines . Die Forderung .

.......................................................................... 797 ......................................................................... 799

§ 120.

Der Hypothekgegenstand.............................................................. 801

§ 121.

EntstehungSgrund der Hypothek. — Hypothekenlitel. A. Allgemeines............................................................................... 804

B. § 122.

Die einzelnen Hypothekentitel............................................. 810

Die Subjekte der Hypothekbestellung. A. Der Hypothekberechtigte........................................................ 817 B. Der Hypothekbesteller (Verpfänder).................................. 817

§

123. Die (definitive und vormerkungsweise) Eintragung der Hypothek........................................................................................... 828

§

124. Die Hypothekerneuerung................................................................ 836

§

125. Der Vorbehalt einer Hypothekstelle.......................................... 832

§

6. Titel. Umfang des Hhpothekrechtes. 126. In Ansehung deS Hypothekgegenstandes.................................... 843

§ 127. In Ansehung der Forderung..................................................... 853

§

7. Titel. Wirkungen des Hypothekrechtes. 128. Allgemeines......................................................................................855

§

129. Verfügungsbeschränkungen desUnterpfandeigentümers .

§ 130.

Recht des Hypothekschuldners auf Minderung der hypo­ thekarischen Last.................................................................858

§ 131.

Rechte des Hypothekgläubigers in Ansehung der Sicherung

§ 132.

Recht deS Hypothekgläubigers auf Beftiedigung. A. Allgemeines. — Rechtliche Natur d. Hypothekanspruches

856

859

863

XVI

Inhaltsübersicht. (Seite

8.

B.

Voraussetzungen des Hypothekanspruches....

C.

Gegenstand des Hypothekanspruches .................... 869

D.

Befreiung des Hypothekschuldners durch Abtretung des Hypothekobjetles........................................... 871

E. F.

Einwendungen gegen den Hypothekanspruch . . . Die prozessuale Verwirklichung des hypothekarischen Befriedigungsanspruches...................................... 875

Titel.

865

872

Uebergang der Hypothek.

§ 133.

Allgemeines............................

880

§ 134. § 135.

Die Cession............................................................. Die hypothekarische Succession (Hypothekablösung)

.

880 887

§ 136. § 137.

Die Verpfändung der Hypothekforderung ..... Die Zuweisung im Bollstreckungsverfahren ....

888 892

§ 138.

Die Abtretung des Vorzugsrechtes....................................... 892

9.



Titel. Die Uebernahme der persönlichen Schuld. § 139

Titel. Rangordnung der Hypotheken unter sich und gegenüber anderen Rechten. Kollidierende Anmeldungen (Anhang). § 140. Die Rangordnung der Hypotheken unter sich ... .

896

10.

§ 141. § 142.

11. § 143. § 144.

12.

Rangordnung der Hypotheken gegenüber anderen Rechten und Rechtsverhältnissen ....... ... Kollidierende Anmeldungen (Anhang)

902 904

............................ 905

Titel. Die Erlöschung der Hypotheken. — Löschung der Hypothekenbucheinträge.

Die Erlöschung der Hypotheken Die Löschung............................................................

906 912

.

Titel. Die Verbandhypothek im besonderen. § 145 .

915

VI. Kapitel.

Das Lehenrecht. 922

§

146. Begriff und Geschichtliches......................................





§

147. Das geltende Lehenrecht...........................................

.

.

925

A.

Errichtung des Lehens....................................

.

.

925

B. C.

Die Lehenerneuerung............................................... . Rechtsstellung des Lehenherrn und Lehenmannes

928 928

D. E.

Die Ansprüche Dritter an das Lehen Absonderung des Lehens vom Allod

930 932

F.

Lehen- und Familienfideikommißverband -

G.

Die Lehenfolge.........................................

H. I.

-

-

-

-

...

• •

933 .

Die Auflösung des Lehenverbandes . Lehenstreitigkeiten................... .....

...

933

934 •

935

VII. Kapitel.

Das Recht der Familienfldeikommiffe. § 148. § 149.

Geschichtliches...............................................................................936 Begriff, Gegenstand, Umfang und Subjekte des Familien­ fideikommisses ............................ 938

XVII

Inhaltsübersicht.

Seite

Die Fideikommißgerichlsbarkeit. ............................................. 942 Errichtung des Familienfideikommisses ................................. 944

§ 150. § 151.

§ 152.

Rechtsverhältnisse derBeteiligten. A. Rechtsstellung des Stifters (Konstituenten) 947 B. Rechtsstellung des Fideikommißbesitzers............................ 948 C. Rechtsstellung derAnwärter................................................ 955 Rechtsstellung dritter Personen

D.

.

Maßregeln zur Erhaltung des Fideikommisses.

§ 154.

Die Familienfideikommißsuccession

§ 155.

Auflösung des Familienfideikommisses.................................. 961

§ 156. VIII.

........................................ 957

§ 153.

.

.

Sonderung des Familienfideikommißverinögens vom Allod.......................................................... - - 963

Kapitel.

§ 157.

Die landwirtschaftlichen Erbgüter.......................................... Kapitel.

IX.

964

§ 158.

..........................................

964

...........................................

968

Abschnitt. Erwerb des Bergwerkseigentumes. § 160. Allgemeines .................................................................

972

Retraktrechte — DerkaufSrecht X.

957

................................. 958

Kapitel.

DaS Bergrecht. I.

II.

III

Abschnitt. Allgemeines. § 159

§ 161.

Die Auffindung des Minerales

........

§ 162.

Die Mutung...............................

976

§ 163.

Die Verleihung.

§ 164.

Vermessung

Abschnitt.

.......•••••••

972 980

981

......................... ...............................

Inhalt des Bergweikseigentums.

Titel 1. Reckte des Gebrauches. § 165. Recht auf Gewinnung der verliehenen Mineralien § 166.

Recht auf nicht verliehene Mineralien

§ 167.

Recht aus Wasserbenützung

.

.

- 982

............................... 984

-................................................. 985

Titel 2. Recht der Verfügung. § 168.

IV

Veränderung der Feldesgrenzen. A. Die Vereinigung (Konsolidation) .

....

B.

Die Feldesteilung .

C. D.

Der Feldesaustausch . .................................. Die Feldesumwandlung .... ........................

§ 169.

Dingliche und obligatorische Belastung

§ 170.

Veräußerung

-.................. .........

.

986

988

. ,............................

989 989

-....................

990

-......................

991

. Abschnitt. Rechtsverhältnisse der Bergbauunlernehmer.

Titel 1. Rechtsverhältnisse der Bergbauunternehmer unter sich. § 171. Der Bergbau ohne Gewerkschaft .... .................................

§ 172.

Die Gewerkschaft............................................ .......................... A. Allgemeines ..................................................

II

993

994

Inhaltsübersicht.

XVIII B.

Seite Die Gewerkschaft des neueren Rechtes............................ 994

C.

Die Gewerkschaft des älteren Rechtes..........................1011

Titel 2. Rechtsverhältnis des Bergwerkseigentümers zu Dritten§ 173.

Zum Grundeigentümer. A.

Recht der Grundabtretung

...... .............................

1013

§ §

174 a. Rechtsverhältnis zu anderen Bergwerken..........................1022

§ §

175. Rechtsverhältnis zur Allgemeinheit............................................. 1022 176. Die Bergwerksschulden ............................................................. 1023

V.

Abschnitt.

Der Bergwerksbetrieb.

VI.

Abschnitt.

Beendigung des Bergwerkseigentums.

VII.

.

B. Recht der Grundentschädigung......................... 1019 174. Rechtsverhältnis zum Erbstollner............................................ 1021

§ 177 ...................................... § 178

.

Abschnitt. Rechtsverhältnis der Bergbauarbetter (Bergleute). § 179

VIII.

Abschnitt.

Die Knappschaftsvereine.

§180 -

IX.

Abschnitt.

Die Bergbehörde. § 181

.

-





-

1023

1025

.

1026

1029

-

.

1034

XL Kapitel.

DaS Jagd- und Fischereirecht.

XII.

§ 182.

Das Jagdrecht

. ................................................................ 1035

§ 183.

Das Fischereirecht

.

.



1044

♦ .

Kapitel.

DaS Wafferrecht. § 184.

Allgemeines........................................................................ -

§ 185.

Oeffentliche Gewässer.

. 1046

A.

Begriff

B.

Rechte des Staates

......................................................... 1048

C.

Rechte der Privaten

..........................................................1050

....................... ........................................................... 1047

§ 186. Privatgewässer. A.

Geschlossene Privatgewässer .

1052

B.

Privatflüsse.......................................................

1054

C.

Die Privatflüsse desStaates im besonderen. .

.

. 1059

§ 187. Die Triftgewässer im besonderen............................................ 1059

§ 188. Triebwerke und andere Stauvorrichtungen........................... 1061 § 189. Bewässerungs- und Entwässerungsanlagen........................... 1063 § 190. Uferschutz..........................................................................................1069

XIII.

Kapitel. § 191.

DaS Wegerecht. XIV.

....................................................

.................... 1072

Kapitel. § 192.

Dingliche Gewerbsrechte........................................................................ 1082 A.

Die Realgewerbeberechttgungen

1083

B.

Die Ehehasten .

1087

Zweiter Hauptstück. Das RkKt -er ZKuldverHältniffe. § 193.

Einleitung...................................................................................... 1090

§ 194.

Allgemeines..................................................................................1090

Inhaltsübersicht.

§ § §

§ §

§ §

§ § § § §

XIX

Seite A. Formen der Rechtsgeschäfte. — B. Entgeltliche Verträge — Verletzung über die Hälfte. — C. Zinsen und Konventionalstrafen. — D. Cession. — E. Aufhebung der Schuldverhältnisse. — F. Jntercession (Uebernahme fremder Schuldverbindlichkeiten. 195. Darlehen — Pfandverlrag —Depositum........................... 1094 196. Die Schenkung............................................... 1095 197. Kauf und Tausch......................................... 1095 A. Bierlieferungsverträge................................................. 1096 B. Gewährleistung bei Viehveräußerungen....................... 1097 C. Zwangsversteigerung und Pfandverkauf....................... 1103 D. Freiwillige Versteigerungen............................................ 1104 E. Verkauf stehender Früchte.............................................1106 198. Wechselverlräge .... .......................................... 1106 199. Versicherengsverträge . .............................................................1107 A. Mobiliarseuerversicherungen.............................................1107 B. Die Jmmobiliarfeuerversicherungen ....................... 1108 C. Hagelversicherungen....................................................... 1112 D. Sonstige Versicherungen................................................. 1113 200. Spielverträge ........................................................................ 1113 201. Dienstverträge — Mietverträge. A. Mietverträge über unbewegliche Sachen - - - - 1114 B. Die Dienstverträge der öffentlichen Diener • • • 1118 C. Die Postverträge....................................... mg D. Eisenbahnverträge über Personen- und Güterbeför­ derung ....................................................................... 1119 202. Die kaufmännischenAnweisungen ........ 1120 202 a. Die Jnhaberpapiere Nachtr. Nr. 223 203. Vergleich . . 1122 204. Schiedsverträge..................................................................... 1126 205. Gesetzliche Schuldverhältnisse................................................... 1127

Dritte» Kuch. Aamitienrecht. I.

Abschnitt. Die Ehe. § 206. § 207.

II.

Abschnitt. Namensänderungen — Adoptionen — Legitimationen — Großjährigkettserklärungen. § 208. A. B. C.

III.

Verlöbnisse............................................................................... 1137 Die Ehe ............................................................................... 1138

Namensänderu......................................................................... 1145 Legitimationen, Adoptionen.................................................... 1147 Großjährigkettserklärungen ................................................... 1149

Abschnitt. Pflegschaften. Titel 1. Einleitung. § 209 ................................................................ Titel 2. Die gemischten Pflegschaften. § 210. Allgemeines.

1149

Inhaltsübersicht.

XX

§ §

§ Titel

Titel

Seite A. Nichtstreitige Rechtspflege..................................................1150 B. Oertliche und sachliche Zuständigkeit ...........................1151 C. Besetzung ............................................................................... 1154 D. Beschwerdeverfahren............................................................. 1154 E. Oberaufsicht............................................................................... 1155 F. Haftung der Pflegschastsbeamten..................................... 1155 211. Die Pflegschaftsbestellung.........................................................1155 212. Führung der Pflegschaft. A. In sachlicher Hinsicht............................................................. 1157 B. In formaler Hinsicht..............................................................1162 213. Beendigung der Pflegschaft........................................................ 1164 3. Die reinen Bermögenspflegschaften. § 214. A. Allgemeines............................................................................... 1166 B. Die Pflegschaft über Verschwender...................................... 1166 C. Die Pflegschaft über Abwesende........................................... 1167 D. Die Bermögenspflegschaft über minderjährige Haustinder (Spezialkuratelen)................................................................ 1170 E. Bermögenspflegschaft über Klosterpersonen .... 1172 F. Die ruhende Erbschaft............................................................. 1173 G. Die Pflegschaft über Ungezeugte............................................ 1173 4. Rein persönliche Pflegschaften. § 215........................................ 1173

Mert« -ich. Erbrecht. I.

Abschnitt. Die landesgesetzlichen materiellen Erbrechtsbestimmungen. § 215. § 216.

Einleitung...................................................................................... 1177 Die erbrechtlichen Bestimmungen, mit Ausnahme der Formen der letztwilligen Verfügungen. A. Vererblichkeit der RechteundVerbindlichkeiten . . 1177 B. Erbfähigkeit.................................................................. 1180 C. Gesetzliche Erbfolge................................................1180 D. Erbfolge aus letztwilligenVerfügungen .... 1180 E. Sonstige Bestimmungen.......................................... 1181 § 217. Die Formen der letztwilligen Verfügungen . . 1183 A. Letztwillige Verträge.................................................. 1183 B. Die öffentlichen letztwilligen Verfügungen .... 1184 C. Die letztwilligen Verfügungen zur Zeit der asiatischen Cholera........................................................................................1193

II.

Abschnitt. Das Verfahren in Verlassenschasten.

Titel 1. Allgemeines. § 218. A. Nichtst'eitige Rechtspflege....................................................... 1194 B. Oertliche und sachliche Zuständigkeit . 1195 C. Besitzung der Berlassenschastsbehörden ................................ 1209 D. Beschwerdeverfahren................................................................... 1209 E. Oberaufsicht..................................................................................... 1209 F. Haftung der Berlassenschastsbehörden................................ 1210

XXI

Inhaltsübersicht.

Seite Titel 2.

Die Berlasienschaftsbehandlung.

Allgemeines................................................................................ 1210

§ 219.

§ 220.

Die rein gerichtliche Berlasienschaftsbehandlung.

A.

in sachlicher Hinsicht

B.

in rein formaler Hinsicht................................................... 1223

.

........................................................ 1212

§ 221.

Die gerichtlich-notarielle Berlasienschaftsbehandlung .

.

1224

§ 222.

Die gerichtlich-private Berlasienschaftsbehandlung . .

.

1229

§ 223.

Beendigung der Verlasienschast............................................ 1230

§ 224.

Wiederaufnahme der Berlasienschaftsverhandlungen .

.

1231

............................................................

1235

Mstrs -ich. Per Mechtsschvtz. Erster Hauptstück. Seiststtzilfe und ReKtsschuh. I. Abschnitt.

Allgemeines.

§ 225

Der Rechtsschutz im besonderen.

n. Abschnitt.

Titel 1.

Die Organe der Rechtspflege im allgemeinen.

Titel 2.

Die Gerichtsorganisation im besonderen.

§ 227.

§ 228.

§ 226

1237

Sachliche und örtliche Zuständigkeit der Gerichte. A.

sachliche Zuständigkeit..............................................................1238

B.

örtliche Zuständigkeit.............................................................. 1239

Die Besetzung der Gerichte.......................................................... 1240

1244

§ 229.

Die Gerichtsschreiber...................................

§ 230.

Die Gerichtsvollzieher...................................................................... 1245

§ 231.

Die Gerichtsdiener............................................................................ 1248

§ 232.

Ausschließung und Ablehnungvon Gerichtspersonen

§ 233.

GerichtSort und Gerichtszeit.......................................................... 1249

§ 234.

Oeffentlichkeit und Sitzungspolizei.............................................. 1250

§ 235.

Beratung und Abstimmung.......................................................... 1250

§ 236.

Oberaufsicht........................................................................................ 1250

§ 237.

Verkehr mit den Justizbehörden und diesen untereinander und mit anderen Behörden. Rechtshilfeverkehr. (Anhang) 1253

Titel 3.

1249

.

Besondere landesgesetzliche Bestimmungen über die streitige Rechtspflege.

§ 238.

Das materielle Civilrecht berührende Besttmmungen

§ 239.

Rein prozeßrechtliche landesgesetzliche Bestimmungen.

.

1255

.

1259

A. Allgemeines.................................................................. 1259

§ 240.

B.

Das Prozeßverfahrenbis zur Zwangsvollstreckung

C.

Die Zwangsvollstreckung........................................................ 1261

1260

D.

Konkurs...................................................................................... 1262

E.

Aufgebotsverfahren.............................................................. 1264

Die Zwangsvollstreckung auS streckungstiteln im besonderen. A.

B.

landesgesetzlichen

Boll-

Allgemeine-................................................................................ 1275

Die Zwangsvollstreckung aus Hypothekurkunden im besonderen............................................................................1276

xxn

Inhaltsübersicht. Seite

C. Die Zwangsvollstreckung auS Ewiggeldbriefen im besonderen................................................................ 1281 Titel 4.

Die nichtstreilige Rechtspflege im besonderen.

§

241. Allgemeines........................................................................... 1281

§

242. DaS Beschwerdeverfahren der nichtstreitigenRechtspflege

§

1282

A.

Beschwerden gegen gerichtliche Entscheidungen.

B.

Beschwerden gegen die Notare................................ 1291

243. DaS Gebührenwesen der nichtstreitigenRechtspflege

.

.

.

.

1282

1292

Zweite« Hauptstück. Vie Zwangsvollstreckung wegen Setdforderungen In -as unvewegliKe vermögen. I.

Kapitel.

Allgemeine-. § 244.

§ 245.

§ 246. § 247.

§ 248.

II.

Geschichtliche Einleitung................................................................ 1297

Verhältnis des Landesrechtes zum ReichSrecht....

1298

Verhältnis der SubhastationSordnung und Novelle zum Civilrecht................................................................................................1303

Anwendung des Gesetzes. A.

in zeitlicher Hinsicht...............................................................1303

B.

in persönlicher Beziehung.................................................... 1305

C.

in sachlicher Beziehung......................................................... 1305

Litteratur — Auslegungsbehelfe — Sprachgebrauch. A.

Litteratur...................................................................................... 1307

B.

Auslegungsbehelfe..................................................................... 1308

C.

Besonderer Sprachgebrauch................................................... 1309

Kapitel.

Allgemeine Grundsätze der JmmobMar-waugSvollftreSuug. § 249.

§ 250.

Gegenstand der Jmmobiliarzwangsvollslreckung

A.

B. § 251. § 252.

§ 253.

§ 254.

.

.

1311

.

Arten der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Ver­ mögen. Arten der Zwangsvollstreckung....................................... 1313

Verhältnis der Arten der Zwangsvollstreckung zu einander.................................................................................. 1314

Rechtliche Natur der Zwangsvollstreckung............................. 1316

Zuständigkeit.

.

A.

Sachliche Zuständigkeit — Bollstreckungsorgane

B.

Oertliche Zuständigkeit.......................................................... 1325

C.

Verhältnis zu anderen Gerichten........................................1327

D.

Mangel der Zuständigkeit................................................... 1327

.

1318

Die Beteiligten der Zwangsvollstreckung. A.

Die einzelnen Arten der Beteiligten................................. 1327

B.

Die rechtliche Bedeutung der Beteiligteneigenschast

.

1333

Allgemeine Rechte der Gläubiger behufS Ermöglichung der Zwangsvollstreckung........................................................................ 1334

XXIII

Inhaltsübersicht.

Seite § 255.

Besondere rechtlich erhebliche Zeilpunkte im ZwangSvollstreckungsversahren durch Zwangsversteigerung, Zwangsverwaltung und ihre Wirkungen ....

1334

A.

Beginn des Zwangsvollstreckungsverfahrens

B.

Beginn der Zwangsvollstreckung........................................1338

C.

Zeitpunkt und Wirkungen der bewirkten Beschlagnahme

.

.

.

1335 1340

D. Erlöschung der Beschlagnahme und ihrer Wirkungen

1347

....

1348

E. Zustellung des Beschlagnahmebeschlusses

F. Beendigung der Zwangsvollstreckung.................................. 1348

G. Beendigung des Zwangsvollstreckungsverfahrens .

§ 256.

.

1360

Einstellung und Unterbrechung deS ZwangsvollstreckungsVerfahrens im besonderen........................................... 1351

§ 257.

Verbindung mehrerer Zwangsvollstreckungen

§ 258.

Beschränkungen der Zwangsvollstreckung.................................. 1354

§ 259. § 260.

....

1353

Berfahrensmaxime........................................................................... 1357

Die das Zwangsvollstreckungsverfahren betreffenden Ein­ wendungen ........................................................................ 1358

§ 261.

Rechtsmittelverfahren...................................................................... 1362

§ 262.

Die Zustellungen insbesondere.................................................... 1362

§ 263

Kosten der Zwangsvollstreckung............................................... 1364

III. Kapitel.

Die zwarr-Svollstreckuug durch Zwangsversteigerung. I.

Allgemeines.

Abschnitt.

§ 264. § 265.

Abschnitte deS Verfahrens.......................................................... 1367

Die beiden tzauptprinzipien der Zwangsvollstreckung durch Zwangsversteigerung.......................................................1368

n. Abschnitt.

Das vollstreckungsrichterliche Verfahren vor dem Zu­ schläge.

1. Titel. § 266.

§ 267.

§ 268.

§ 269.

Das Beschlagnahmeverfahren.

Allgemeines.

Das Beschlagnahmegesuch.......................................................... 1371 A.

Inhalt deS Beschlagnahmegesuches ................................. 1371

B.

Einreichung deS Beschlagnahmegesuches .....

1374

Entscheidung des BollstrcckungSgerichtes.

A.

Prüfung des Beschlagnahmegesuches................................. 1374

B.

Entscheidung des BollstreckungSgerichteS — Beschlagnahmebeschluß — Abänderung desselben .... 1375

C.

Ernennung des Bersteigerungsbeantten........................... 1379

Ueberleitung des BeschlagnahmebeschluffeS an daS Hypo­ thekenamt — Hypothekenamtliche Behandlung deS Be­ schlagnahmebeschlusses — Hypothekenamtliche Mitteil­

ungen. A. Ueberleitung des BescklagnahmebeschlusseS an das Hypothekenantt...................................................................... 1380 B.

C.

Hypothekenamtliche Behandlung deS Beschlagnahme­ deschlusses ............................................................................. 1380 Hypotheken amtliche Mitteilungen.......................................... 1382

XXIV

Inhaltsübersicht.

Seite § 270.

Stellung des Bollstreckungsgerichtes zum Hypothekenamt in Ansehung dessen Beschlusse-..................................... 1383

§ 271.

Zustellung deS BeschlagnahmebeschluffeS. — Benachrichtig­ ungen .....................................................................................1383

§ 272.

Uebermittelung der Bollstreckungsakten an den BersteigerungSbeamten............................................................. 1384

2.

Die weitere Beschlagnahme. § 273

Titel.

......................

1385

3.

Titel. Anordnung gesonderter Bersteigerung von beweg­ lichen Zubehörungen und natürlichen Früchten. § 274 . 1388

4.

Titel. Anordnung waltung.

von

Sicherungsmaßregeln.



Ber-

§ 275.

Anordnung von SicherungSmaßregeln...................................1389

§ 276.

Verwaltung der Beschlagnahmegegenstände............................ 1390

in. Abschnitt. DaS Versteigerungsversahren mit dem hiezu gehörigen vollstteckungSrichterlichen Verfahren.

1.

Titel.

§ 277.

Zeit der Bersteigerung................................................................ 1395

8 278. 2.

Ort und Zeit der Bersteigerung.

Ott der Bersteigerung................................................................ 1394 Bersteigerungsatten. — Umfang der Versteigerung. .......................................................................................... 1396

Titel. 8 279

3. 8 280.

A.

BersteigerungSatten je nach dem Verhältnisse der ein­ zelnen Beschlagnahmegrundstücke zu einander . . . 1397

B.

Bersteigerungsatten nach dem Verhältnis der Hauptsache zur Nebensache........................................................... 1401

Titel.

A.

8 281.

Arten der Versteigerungsbedingungen.................... 1401

B.

Die stillschweigenden BersteigerungSbedingungen. .

1402

C.

Die willkürlichen BersteigerungSbedingungen . .

1404

D.

Unzulässige BersteigerungSbedingungen................... 1405

E.

Verfahren bei Festsetzung der Versteigerungsbeding­ ungen ......................................................................................... 1407

.

Das gesetzliche Mindestgebot (geringste zulässige Gebot)

A.

1409

Umfang des gesetzlichen Mindestgebotes........................... 1409

B.

Ansatz der in das gesetzliche Mindestgebot ein­ zurechnenden Ansprüche..................................................... 1411

C.

Feststellung widersprechender Rechtslage bei Ansätzen im Mindestgebote................................................................. 1417

D.

E. F.

§ 282.

Die BersteigerungSbedingungen.

Allgemeines.

Gewillkürte Festsetzung deS gesetzlichen Mindestgebotes

1419

Verfahren und Zeitpunkt der Festsetzung des gesetz­ lichen Mindestgedotes........................................................... 1421

Rechtliche Bedeutung des gesetzlichen Mindestgebotes

1422

Die Art und Weise der Berichtigung der dem Ansteigerer obliegenden Leistungen. A.

B.

Allgemeines..................................................................................1424

Die Uebernahme der Hypothekforderungen und der Eintritt in die persönliche Haftung derselben als Bersteigerungsbedingung ............................................................1426

Inhaltsübersicht.

XXV Seite

Die Barzahlung des Strichschillings als Bersteigerungsbedingung........................................................................... 1430 D. Uebernahme der Ewiggeldcr........................................... 1432 283. Die Sicherheitsleistung des Bieters........................................ 1432 294. Die Nichtbefreiung des Vollstreckungsgrundstückes von dinglichen Lasten als Versteigerungsbedingung. A. Die dinglichen Lasten mit Ausnahme des Vorbehaltes des Eigentumsrückfalles................................................... 1436 B. Der Eigentumsrückfall als dingliche Last des Beschlag­ nahmegrundstückes ............................................................... 1441 C.

§ §

4.

Titel. Die Bersteigerungsbekanntmachung.

Erlassung der Bersteigerungsbekanntmachung .... 1445 Zustellung und Veröffentlichung der Berstei gerungsbekanntmachung. A. Zustellung der Bersteigerungsbekanntmachung . . 1448 B. Veröffentlichung der Bersteigerungsbekanntmachung. 1449 § 287. Bekanntgabe nachträglicher Aenderungen de- Inhaltes der Bersteigerungsbekanntmachung....................... 1452

§ 285. § 286.

5.

§ 288.

§ 289. § 290.

§ 291.

§ 292.

§ 293.

§ 294. § 295.

Titel. Die Versteigerung. Vorbereitende Termine. — Bersteigerungstermin. A. Vorbereitende Termine......................................... 1453 B. Der Bersteigerungstermin selbst..................................... 1453 Das Bersteigerungsgeschäft im allgemeinen .... 1457 Die Angebote. A. Subjekte des Angebotes. — Stellvertretung . . 1458 B. Zulässigkeit der Angebote.................................................. 1459 C. Form der Angebote............................................................. 1462 D. Rechtliche Wirkung der Angebote..................................... 1462 Der Zuschlag. A. Die rechtliche Natur des Zuschlages................................ 1463 B. Voraussetzungen des Zuschlages...................................... 1463 C. Form des Zuschlages.......................... 1464 D. Perfektion des Zuschlages................................................. 1464 E. Wirkungen des Zuschlages................................................. 1464 F. Aushebung des Zuschlages................................................. 1474 Folgen ergebnisloser Versteigerung. — Neue Versteigerung im Falle einer solchen. A. Folgen ergebnisloser Versteigerung................................ 1480 B. Die neue Versteigerung im Falle ergebnisloser Ver­ steigerung ............................................................. 1481 Wiederholte Versteigerung im Falle einer Aufhebung des Zuschlages aus prozeßrechtlichen oder rein faktischen Gründen.............................................................................1483 Die Wiederversteigerung............................................................... 1484 Die öffentliche Beurkundungder Versteigerung . . . 1494 A. DaS Bersteigerungsprotokoll.............................................. 1494

Inhaltsübersicht.

XXVI

Seite Die öffentliche BeweiSurkunde im Falle ergebnisloser Versteigerung.................................................................. 1495 § 296. Behandlung der Bollstreckungsakten nach Beendigung der Zwangsversteigerung. — Thätigkeit des Bollstreckungs­ gerichtes nach Beendigung der Zwangsversteigerung. B.

A.

Behandlung der BollstreckungSatten............................... 1496

B.

Thätigkeit deS Bollstreckungsgerichts

.......................... 1496

IV. Abschnitt. Verteilung des StricherlöseS. — Außergerichtliches und gerichtliches Berteilungsverfahren. Titel 1. Außergerichtliche Verteilung. — Beschränkte gericht­ liche Berteilung. § 297 ............................

1498

Titel 2. Gerichtliches BerteilungSverfahren. § 298. § 299.

§ 300.

Allgemeines.................................................................................... 1501

Einleitung des Derleilrrngsversahrens................................. 1503 A.

Die Festsetzung deSBerteilungstermins .

B.

Ladungen, MitteilungenundAufforderungen.

C.

Anmeldeverfahren................................................................. 1505

1504

.

.

.

1504

Aufstellung des Derleilungsplanes...................................... 1509 A.

Die Teilungsmasse................................................................. 1510

B.

Die Schuldenmafse................................................................. 1514

C.

Die Verleitung....................................................................... 1525

D.

Ausfall.................................................................................. 1533

§ 301.

Der Berleilungslermin............................................................. 1533

§ 302.

Abschluß deS Berleilungsplanes.............................................1539

§ 303. § 304.

Ausführung deS Berleilungsplanes...................................... 1540 Einfluß der Verteilung auf die civilrechtlichen Verhältnisse 1544

§ 305.

Bereinigung der öffentlichen Bücher und sonstige Thätig­

keit des Bollstreckungsgerichtes................................................... 1545 IV. Kapitel.

Die Zwangsvollstreckung durch ZwangSverwaltung. I.

II.

Abschnitt. Allgemeines. Abschnitt.

§ 307.

C.

D.

IV.

........................................................

1550

A. Allgemeines.............................................................................. 1550

B.

III.

§ 306

Das Beschlagnahmeverfahren............................................ 1550

Das Beschlagnahmcgesuch................................................ 1551

Entscheidung des BollstreckungsgerichtS, hypothekenamtliche Behandlung und Zustellung des Beschlag­ nahmedeschlusses .............................................................. 1551 Weitere Beschlagnahme

.

.

.............................

1552

Abschnitt. Vollzug der Verwaltung.

§ 308.

Der BollzugSternun.................................................................... 1552

§ 309.

Die Rechnungsperioden imbesonderen.................................... 1555

§ 310.

Die Verwaltung im besonderen............................................. 1556

Abschnitt.

Das BerteilungSverfahren.

§ 311.

Abschnitte des Verfahrens........................................................ 1558

§ 312.

Das einleitende Verfahren........................................................ 1558

XXVII

Inhaltsübersicht.

Seite

§ 313.

Der Berteilungsplan. A. Allgemeines.......................................................................... 1560 B. Inhalt des Berteilungsplanes ................................... 1560 § 314. Der Rechnung-, und Verteilungstermin. A. Die Rechnungsabhör desVerwalters............................ 1563 B. Die Verteilung.................................................................... 1564

V. Abschnitt. Beendigung der Zwangsverwaltung. § 315

.

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1564

V. Kapitel.

Die AvaußSvollstrecknug in Anteile an ge»ei»schnstlichen Gache«. Allgemeines.................................... 1565 Die Zwangsvollstreckung bei nicht endgiltig feststehenden Anteilen...................................................................... 1566 § 318. Die Zwangsvollstreckung bei endgiltig feststehenden An­ teilen ............................................................................ 1567

§ 316. § 317.

VI.

Kapitel.

Die znttm-SvollftreSna- in das ««bewegliche Vermögen im Falle eiaeS KaakarfeS. § 319............................................................... 1572 VII.

Kapitel.

AWaagSdollstreS««- i« Bergwerke. — Gerichtliche Versteigerung va« Bergwerken (Anhang). § 320. § 321.

Die Zwangsvollstreckung in Bergwerke.............................. 1577 Gerichtliche Versteigerung (Anhang).................................... 1579

vni. Kapitel.

Die BavstreSungShypothek (Zwangs- und Arresthypothek). § 322. § 323. § 324.

Allgemeines............................................................................... 1581 Die ZwangShypothek.............................................. - . 1582 Die Arresthypothek..................................... ... 1585

^Alphabetisches Register

1588

LQuellenregister...........................................

1683

Abkürzungen. B.U. = bayerische BerfaffunAsurtunde vom 18. Mai 1818. R.C.P.O. — ReichScivilprozeßordnung. E G z. R.C.P.O. = EinfuhrungSqesetz zur Reichscivilprozeßordnung. A G. z. R.C.P.O. — bayerisches Ausführungsgesetz zur ReichScivilprozeßordnung vom 23. Februar 1879. RGB G = ReichsgerichlSverfaffungSgesetz. E G z. R.G.B.G. — Einsührungsgesetz zum ReichsgerichtsverfassungSgesetz. A.G. z. R.G.B G. =- bayerisches Ausführungsgesetz zum ReichSgerichtSverfassungsgesetz vom 23. Februar 1879. R.G. — Reichsgesetz. G.B.Bl. — bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt. R.G.Bl. — Reichsgesetzblatt. J.M.E. — Justizministerialenischließung. J.M.Bek. — Justtzministerialbetanntmachung. J.M.Bl. — Justizministerialblatt. E. d. b. obst. L.G. — Sammlung der Entscheidungen deS obersten LandeSgerichteS für Bayern in Gegenständen des Civilrechtes und Civilprozeffes. E. d. R.G. — Entscheidungen des Reichsgerichtes in Civilsachen. Bl. f. R.A. — Blätter für Rechtsanwendung zunächst in Bayern, gegründet von Johann Adam Seuffert und Christian Karl Glück, nun herausgegeben von Dr. Julius v. Staudinger. Seuff. Arch. — I. A. Seufferts Archiv für Entscheidungen der obersten Gerichte in den deutschen Staaten, zitiert nach der ganzen Reihenfolge. Bl. f. adm. Pr. — Blätter f. administrative Praxis, z. Z. herausgegeben von Professor Dr. Max v. Seydel und Regierungsrat Karl Zkrazeisen. E. d. Berw.Ger.H. — Sammlung von Entscheidungen des k. bayer. BerwaltungSgericktshofes. Roth, d. C R. — Bayerisches Civilrecht von Paul v. Roth, Bd. I zit. in 2 Aust., Bd. II und III zit. in 1. Aust. Roth, d. Pr.R. — System des deutschen Privatrechtes von Paul v. Roth. Pözl, B.R. = Lehrbuch des bayerischen BersassungsrechteS von Dr. Josef Pözl, 5. Aufl. Seydel, b. St.R. = Bayerisches Staatsrecht von Max v. Seydel. Schierlinger — Die auf den Civilprozetz bezüglichen Normen deS bayerischen Landes­ rechtes, im Anschluß an die Reichscivilprozeßordnung dargestellt von Dr. Franz Schierlinger, Freiburg i. B. und Leipzig 1893. Wagner — Handbuch des amtsgerichtlichen Verfahrens in der freiwilligen Rechts­ pflege für das Königreich Bayern r/RH. von Josef Wagner, zit. in 1. Aufl. bis S. 928, von da ab in 2. Aufl. Böhm, A.G. — Das kgl. bayer. Gesetz vom 23. Februar 1879 zur Ausführung der Reichscivilprozeßordnung und Konkursordnung, erläutert von Ferdinand Böhm, k. Oberlandesgerichtsrat in Nürnberg. Erlangen 1889. V — Die fragmentarischen civilrechtlichen Gesetze des Königreiches Bayern diess d. Rheins, zusammengestellt von Albert Bierling, OberlandeSgerichtSrat in München, zit. in 2. Äufl. München 1892. W. — Neue Gesetz- und Verordnungen-Sammlung für das Königreich Bayern mit Einschluß der Reichsgesetzgebung von Karl Weber, Rat des k. Ver» waltungSgerichtshofes.

Nachträge und Berichtigungen. (ES wird ersucht, wenn nicht den Nachtrag bezw. die Berichtigung selbst, so doch die laufende Nummer deS Nachtrages bezw. der Berichtigung an der einschlägigen Stelle jeweils einzu setzend

1. S- 4 Z. 12 v. o. setze statt „de- Aeußern und königlichen HauseS": „deS Innern". 2. S. 6 Nt. 7 a. E. ist anzufügen: „W. Anh.Bd. S. 646". 3. S. 10 zu Nt. 14 ist zu ergänzen: „Petersen, die Benützung der Materialien bei der Gesetzesauslegung in Hauser's Zeitschrift für Reichs- und Landes­ recht Bd. V S. 337—369". 4. S. 13 muß eS in Nt. 13 heißen statt „B. S. 214": „W. S. 214". 5. S. 27 zu Nt. 68 ist anzufügen: „über Rechtskraft ausländischer Urteile: Ztschr. f. deutsch. Civ.Pr. Bd. XVIII S. 453". 6. S. 29 ist zu Nt. 2 zu ergänzen: „Bl. f. R.A. LXI. 47 (domicilium der Dienst­ boten)". 7. S. 33 ist zu Nt. 2 zu ergänzen: „Bl. f. R.A. Erg.Bd. XI. 351; Gruchot, Beitr. z. Erl. d. deutsch. R. XXXV. 987; auch unten § 100 Nt. 34 S. 703, Nt. 64 S. 711 (über die Einschreibung der nondum concepti ins Hypo­ thekenbuch) und § 214 lit. G S. 1173 (Pflegschaft über nondum concepti)". 8. S. 35 ist zu Nr. 10 zu ergänzen: „— Nach Art. 28 Abs. 2 des Erbschastsfteuerges. v. 19. Aug. 1878 sind die Gerichte gehalten, die erlaffenen Urteile auf Todeserklärung oder Einweisung in den Besitz deS Vermögens eines Abwesenden den Rentämtern in beglaubigter Abschrift mitzuteilen". 9. S. 42 Z. 12 v. oben ist statt „Art. 18" zu setzen: „Art. 10". 10. S. 44 inNt. 5 ist nach „betr." zu setzen: „das Alter der Großjährigkeit". 11. S. 44 in Nt. 7 ist anzufügen: „vgl. den Nachtrag auf S. 487 Nt. 95". 12. S. 44 muß es in Nt. 8 heißen statt „1852": „1862". 13. S. 45 inNt. 10 muß es heißen statt „in Not.Ges.": „in Nt. 9". 14. S. 45 in Nt. 14 Z. 7 von oben ist statt „24. Jan. 1864" zu setzen: „24. Juni 1864". 15. S. 46 ist in Nt. 14 Z. 5 v. o. nach der Klammer zu ergänzen: „A. M. Bl. f. R.A. LIX. 242: dagegen wieder offenbar v. Staudinger in den Anm. hiezu". 16. S. 55 in Nt. 24 ist einzuschalten: „M E. v. 2. Nov. 1871, den Art. 48 Not.Ges. betr. (W. IX. S. 145; J.M.Bl. S. 307)". 17. S. 58 Z. 9 v. o. ergänze nach „sind": „landesgesetzlich^. 18. S. 64 Z. 1 von unten ist anzusügen: „Ausschluß von der Wahl zur HandelSund Gewerbekammer 14a)"; dann als Nt. 14a einzuschalten: „tz 4 der Ber. vom 15. Ott. 1889, die Handels- und Gewerbekammem betr." 19. S. 64 Z. 10 v. u. ist einzuschalten nach „Gemeindebürger": „Verlust der Wähl­ barkeit zum Amte eines Feldgeschworenen 7a)" und als Nt. 7 a einzusetzen: „Art. 15 des Bermarkungsgesetzes v. 15. Mai 1868 mit Art. 172 der rechtSrh. Gem Ordn. v. 29. April 1869". 20. S. 64 ist zu Nt. 8 zu ergänzen: „Vgl. auch § 106 R.Gew Ordn. (Arbeit­ gebern ist während des Entzuges der bürgerlichen Ehrenrechte die An­ leitung von Arbeitern unter 18 Jahren untersagt)". 21. S. 67 ist zu Nt. 6 anzusügen: „Metz, Komm. z. Ges. v. 29. Juni 1851 irr DollmannS Gesetzgebung des Kgr. Bayern Tl. I Bd. I S. 455—490". 22. S. 68 zu Nt. 10 ist zu ergänzen: „§ 50 R.G. über die Jnvaliditäts- und Altersversicherung vom 22. Juni 1889". 23. S. 73 ist zu Nt. 24 zu setzen: „— Ueber die Kosten- und Gebührenfrage vgl.

XXX 24.

25. 26.

27.

28. 29. 30. 31.

32.

33. 34.

35.

36.

37.

Nachträge und Berichtigungen.

Art. 3 Biff. 2 des b. Gebührengesetzes in der Textierung von 1892 mit § 98 R.GR.G." S. 76 zu Nt. 15 Z. 3 ist nach „beseitigen" einzusetzen: ^Doch ist die Frage kontrovers; an maßgebender Stelle wird notarielle Beurkundung nicht für erforderlich erachtet". S. 79 ist zu Nt. 27 zu setzen: „Bezüglich der Gebühren vgl. Art. 7 des b. Gebührengesetzes in der Textierung von 1892". S. 80 zu Nt. 29 ist zu ergänzen: In Fällen, wo der Kläger nach gesetz­ licher Vorschrift in seinem eigenen Gerichtsstand zu klagen hat (z. B. §§ 686, 705 Abs. 5 R.C P O), ist dieser maßgebend und kann, obwohl der Be­ klagte ein Mitglied deS kgl. HauseS ist, nicht auf Tit. X § 1 und 2 B.U. Bezug genommen werden. In Fällen deS § 231 R.C P O ist stets der Gerichtsstand des Beklagten maßgebend". S. 80 zu Nt. 31 ist beizusügen: „Gebühren werden nicht erhoben; vgl. die Motive zum b. Gebührengesetze von 1879/1892 S. 82". S. 82 ergänze zu Nt. 1: „Dr. Ludwig Hoffmann, das Recht deS Adels und der Familienfideikommiffe in Bayern, München 1896". S. 87 ergänze zu Nt. 33: „Eine Zusammenstellung der standeSherrlichen Familien f. bei W. Anh.Bd. S. 587 ff." S. 88 zu Nt. 43 ist am Ende anzufügen: „Der Antrag wurde abgelehnt". S. 92 zu Nt. 61 Z. 4 von unten nach Note 33 ist zu setzen: „und Bek. v. 1. Febr. 1894, Abänderung einiger Bestimmungen des Hausgesetzes im Geschlechte der Grasen und Herren von Giech bctr. (G.B.Bl. S. 73)." S. 104 zu Nt. 23 Z. 11 von oben vor dem Gedankenstrich ist zu setzen: „R.G. v. 30. März 1888, die Löschung nicht mehr bestehender Firmen und Prokuren im Handelsregister betr. (R.G Bl. S. 129)". S. 107 ergänze in Nt. 46 nach „X. 78": „XV. 608". S. 107 zu Nt. 50 ist zu setzen: „M.Bek. v. 22. Sept. 1891, die Veröffent­ lichung der Handelsregistereinträge betr. (J.M.Bl. S. 195) nebst M.E. v. 22. Dez. 1891, die bayerische Handelszeitung betr. (J.M.Bl. S. 240). Die Amts- und Landgerichte haben die b. HandelSzeitung aus Regiemitteln zu halten. DaS oberste Landesgericht und die OberlandeSgerichte erhalten Freiexemplare; außerdem wird den Landgerichten zu den einzelnen Ver­ öffentlichungen ein JnsertionSbeleg mit geteilt. Einem jeden Jahrgange der b. HandelSzeitung wird ein alphabetisches NamenSverzeichniS der Firmen, Gesellschaften und Prokuristen beigegeben, bezüglich derer Handelsregistereinträge veröffentlicht worden find". S. 109 ergänze zu Nt. 54: Die Frage, ob der Registerrichter Osfizialberichtigungen vornehmen darf, ist m. E., soweit es sich um „offenbare Unrichtigkeiten" handelt, in Analogie deS § 290 R.C P O. unbedingt, aber auch sonst zu bejahen, und zwar einmal mit Rücksicht darauf, daß daS Register als öffentliches Buch soweit als möglich materielle Wahrheit ent­ halten soll, daß der Registereintrag sich als der Vollzug eines stets ab­ änderlichen Beschlusses im prozeßrechtlichen Sinne darstellt, und materielle Schädigungen und Rechtsverletzungen durch die Offizialberichtigung nicht entstehen können. Vgl. auch Johow, Jahrb. XIII. S. 62. A. M. Staub, Komm. z. Hand.Ges.B., 3. u. 4. Ausl. S. 411". S. 116 Z. 15 v. o. nach „Auftraggeber" ist einzuschallen: „Mangels solcher bemißt sie sich nach Ansicht der Praxis nach der bayerischen Advokaten­ gebührenordnung vom 23. Dez. 1875."»)" und als Nt. 11a emzuschalten: 1,e) W. XI. S. 287. Ein oberstrichterlicher Ausspruch ist allerdings nicht vorhanden. A. M. offenbar Weber a. a. O. S. 287 Nt. 2 a. E., dessen Ansicht ick jedoch keinesfalls teile, soweit die Anwendung der R.Geb.Ordn. v. 7. Juli 1879 in Frage steht, wenngleich auch die An­ wendung der alten Advokatengebührenordnung Zweifeln begegnen kann. S. 159 zu Nt. 36 ist anzufügen: „Vgl. jetzt die unten § 69 S. 489 Nt. 7 erwähnte Aenderung".

Nachträge und Berichtigungen. 388. 389. 440. 441.

442.

443. 444.

445. 446. 447.

XXXI

S. 182 Z. 9 v. u. ist nach „erfolgen," einzusetzen: „entstehenden Ansprüchen". S. 200 ist statt „§ 34" zu sehen „§ 35". S. 210 ist statt „§ 35" zu setzen „§ 36". S. 212 Z. 10 v. o. ist nach „Grundbesitz" einzusetzen: „im eigenen Amts­ bezirke". S. 218 zu Nt. 36 ist nach „R.C.P.O." anzufügen: „Bgl. hiezu aber auch Der. v. 24. März 1815; M E. v. 12. Jan. 1851; v. 21. Oft. 1860; v. 22. Oft. 1866". S. 231 Z 1 v. u. ist anzusügen „und 22. Mai 1893". S. 231 in Nt. 30 Z. 1 nach „S. 310" ist anzusügen: „R.G.Bl. S. 171"; dann auf Z. 4 nach „S. 85": „R.G. v. 10. Mai 1892, die Unterstützung von Familien der zu Frieden-übungen einberufenen Mannschaften bett. (R.G.Bl. S. 661)". S. 286 Z. 4 v. u. setze statt „vereint": „verneint". S. 292 Z. 4 v. u. setze statt „rechtmäßig": „rechtskräftig". S. 298 ergänze zu Nt. 39: Das Angehen der nächst höheren Stelle ge­ nügt, eS ist nicht noch ein weiteres Angehen der weiter nächst höheren Stelle erforderlich: so richtig Bl. f. R.A. LX. 385; s. auch LXI. 145 ff."

448. S. 299 ergänze zu Nt. 41: „Für die im Texte aufgestellte Ansicht sprechen auch E. d. obst. L.G. XV. 382; E. d. R.G. X. 319. Beide sind unrichtig verstanden in Bl. f. R.A. LX. 385 (a. M.)". 448a. S. 299 ergänze zu Nt. 41: „A. M. auch Bl. f. R.A. XLI. 161 ff." 449. S. 309 Z. 5 v. u. ist statt „VIII": „VII" zu setzen. 550. S. 324 tu Nt. 6 ist zu ergänzen: „Bgl. auch M.Bek. v. 14. März 1885, die Aoquittierung und Löschung bezahlter Hypothekforderungen der rc. un­ mittelbaren Stiftungen bett. (W. XVII. S. 76; J.M.Bl. S. 85) mit M.Bek. gleichen Bett. v. 5. Nov. 1886 (W. XVII. S. 77 Nt. 2; J.M.Bl. S. 252); Näheres s. im Hypothefenrechte". 551. S. 332 ist zu Nt. 19 zu ergänzen: „Vgl. auch M.Bef. v. 14. März 1885, die Abquittierung und Löschung bezahlter Hypotheksorderungen der Kirchen-, Pfründe- und unmittelbaren Stiftungen betr. (W. XVII. S. 77; J.M.Bl. S. 85); M.Bek. v. 2. April 1885 gleichen Bett. (W. XVII. S. 76 Nt. 1; J.M.Bl. S. 83); v. 5. Nov. 1886 gleichen Betr. (W. XVII. S. 77 Nt. 2; J.M.Bl. S. 252) und M.Bek. v. 4. Mai 1891 gleichen Betr. (W. XVII. S. 77 Nt. 3; J.M.Bl. S. 90). Näheres s. im Hypothekenrechte".

552. S. 335 ergänze zu Nt. 38: „Permaneder, die kirchliche Baulast, 3. Aufl., bearbeitet von I. Riedle, München 1893 (I. Schweitzer Verlag)." 553. S. 340 Z. 6 v. u. setze statt „5B)": ,,56)". 554. S. 345 setze in Nt. 5 Z. 4 v. u. statt „XL": „XII.". 555. S. 347 setze in Nt. 14 Z. 1 v. u. statt „1150": „150". 556. S. 349 ergänze in Nt. 24 Z. 10 v. u.: „Bezüglich Ausgabe von Inhaberpapieren vgl. nun § 122a in den Nachträgen". !57. S. 356 ergänze zu Nt. 1: „Kommentar zum BereinSges. v. 29. April 1869 mit spezieller Berücksichtigung des sächsischen Gesetzes vom 15. Juni 1868 sowie des künftigen Reichscivilrechts von Dr. Max Rump, München 1895". 558. S. 360 ist aus Z. 7 v. o. nach „geschlossen ist" zu setzen: „18)"; Z. 8 v. o. nach „Wirkung" anstatt ,,18)": ,,19)"; Z. 9 v. o. nach „Gründen" ,,19)" zu streichen; sodann Nt. 18 mit 19 und Nt. 19 mit 18 zu versehen und nun in der jetzigen Nt. 18 statt Art. 33 zu setzen: „Art. 32 Abs. 1". 559. S. 368 in Nt. 57 ist nach „unter" zu setzen: „Ziff. VIII"; in Nt. 61 nach „§ 196": „Abs. 1"; in Nt. 62 statt „§ 214": „§ 196 Abs. 2". 60. S. 369 auf Z. 22 statt „VII": „VIII". °) Roth, b. E R. I. S. 182.

abgelaufen ist, als Todestag anzusehen; insoweit hat das Urteil dekla­ ratorische Bedeutung. Im Urteile muß der jeweilige Todestag an­ gegeben werden; die Ausfertigung des Urteils vertritt die Stelle der Sterbeurkunde.") Die Erbfolge in den Nachlaß der für tot erklärtm Personen ist successio ex nunc; der vermutete Todestag ist entscheidend. Zur etwaigen Berlassenschaftsbehandlung ist das Amtsgericht zuständig, bei welchem das Aufgebotsverfahren stattgefunden hat, abgesehen von den Ausnahmebestimmungen bezüglich der Fürst Thurn und Taxis'schen Dienerschaft und der Mitglieder standesherrlicher Familien. Die sämtlichm Vermutungen sind widerlegbar (praesumtiones iuris); der Gegenbeweis, daß der Verschollene noch am Leben oder zu einer andern als der im Urteile angegebenen Zeit gestorben sei, ist zulässig. Meldet sich der Verschollene selbst nach der Todeserklärung, so steht ihm gegen diejenigen, welche auf Grund der Todeserklärung Bestandteile seines Vermögens erlangt haben, der Anspruch auf Rück­ erstattung nach Maßgabe der einschlägigen bürgerlichen Rechtsgrund­ sätze zu, die für den Anspruch eines Erben gegen Besitzer (gut- und bösgläubige) von Erbschaftsgegenständen gelten; die in Ansehung dieses Vermögens Dritten gegenüber vorgenommenen Rechtshandlungen von Personen, welche auf Grund der Todeserklärung Bermögensbestandteile erlangt haben, werden in ihrer Rechtswirkung nach den jeweils geltenden Grundsätzen beurteilt, die von Rechtshandlungen eines nach Außen legitimierten Erben gelten.18) Die Sachlage ist gerade so, als ob der Verschollene fein eigener richtiger Erbe geworden wäre, der gegen den gut- bezw. bösgläubigen Erbschaftsprätendenten mit der Erbschafts­ klage, gegen Dritte, welche auf Grund eines Singulartitels Erbschafts­ gegenstände besitzen, mit den Singularklagen vorgeht. Eine von dem Ehegatten des Toterklärten eingegangene neue Ehe bleibt rechtsgiltig bestehen. ") § 15 des Pers.St.Ges. v. 6. Febr. 1876; Pemsel, A G S. 398. Vgl. auch dr» numiwhr durch Art. 73 und 119 A G. aufgehobenen Art. 14 Abs. 3 des b. Ges. v. 29. Dej. 1873, betr. die Todeserklärung der in Folge de» Kriege» 1870/71 ver­ mißten Personen (SB. X. 175; B. S. 195). — Die zivilrechtlichen Vermutungen in der Lehre von den Kommorienten sind nicht beseitigt: Pemsel S. 385, 386. — Vgl. auch § 16 Ziff. 1 des E G zur R.C.P.O.: „Unberührt bleiben die Vor­ schriften de» bürgerlichen Rechte», nach welchen unter bestimmten Voraussetzungen eine Thatsache unter Ausschluß des Gegenbeweises oder bis zum Beweise des Gegen­ teils als gewiß anzusehen ist. Jnsofeme der Beweis des Gegenteiles zulässig ist, kann dieser Beweis auch durch EideSzuschiebung nach ^Maßgabe des § 410 ff. R.C.P.O. geführt werden." — Ueber Anfechtung einer irrtümlichen Fixierung des Todestages f. Pemsel, A.G. S. 889. *^) Z. B. einer aus Gmnd eine- fehlerlosen Testaments oder einer gericht­

lichen Erbbescheinigung in den Erbschaftsbesitz getretenen Person; so Böhm, A.G. S. 188 unter Bezugnahme auf die Motive zun« Entwürfe deS A.G. S. 243 ff. Gemeinrechtlich ist der Titel de hereditatis petitione Dig. V, 3 von Wichtigkeit, besonders I. 25 (§ 17).

B. Besondere Bestimmungen gelten noch für die Todeserklärung der infolge der Kriege von 1866 und 1870/71 vermißten Personen.19) Diejenigen, welche an den im Jahre 1866 und 1870/71 geführten Kriegen auf Seite der bayerischen, bezw. deutschen Truppen teil­ genommen haben, sei es, daß sie zum Soldatenstande gehörten oder sich in einem Amts- oder Dienstverhältnisse oder zum Zwecke frei­ williger Hilfeleistung bei der mobilen Armee befanden, können, ohne daß es eines weiteren Zeitablaufes bedarf, durch Richterspruch für tot erklärt werden, wenn sie infolge des Krieges vermißt werden und seit den Friedensschlüssen vom 3. September 1866, bezw. 20. Mai 1871 von ihrem Leben eine Nachricht nicht eingegangen ist. Ist der Ver­ mißte durch Erkenntnis des Todesurteils für tot erklärt, so gilt hier der 1. Oktober 1866, bezw. der 30. Juni 1871 als sein Todestag. Bezüglich Antragsberechtigung, Zuständigkeit und Verfahren gelten im Allgemeinen die gleichen Grundsätze, wie bei der ordent­ lichen Todeserklärung.

II. Titel.

Unterschiede und Sonderstellnagcu physischer Personen im Hindlick ans gewisse Eigenschaften und Uerhiiltnissr. § 13. Geburt.*) Die uneheliche Geburt hat nicht mehr deg Begriff der Bescholtenheit zur Folge. Der Ausschluß unehelich Geborener von der Erlangung von Aemtern und Würden, Eintritt in Innungen rc. ist durch die heutige Gesetzgebung völlig beseitigt. Von der Thronfolge,9) Fideicommiß-9) und Lehensfolge*) sind sie heute noch schlechthin ausgeschlossen; auch andere Benachteiligungen durch die Landesrechte sind nicht auf­ gehoben. Für die Ehehindernisse der Blutsverwandtschaft und Schwäger­ schaft ist eheliche und uneheliche Geburt gleichbedeutend?) Die im Konkubinat erzeugten Kinder haben heute keinen Vorzug mehr vor den anderen unehelichen Kindern; das Konkubinat ist heute verpönt und wird unter gewissen Voraussetzungen sogar strafrechtlich geahndet?) ”) Art. 71—74 des A.G. z. R.C.P.O.; Ges., betr. die Todeserklärung der infolge des Krieges von 1870/71 vermißten Personen, v. 29. XII. 1873 (W. X. 175; B. S. 195: G.V.Bl. S. 27); Ges., betr. die Todeserklärung der infolge des Krieges von 1866 vermißten Personen, v. 27. VII. 1874 (W. X. 175; V. S. 201; G.V.Bl. S. 442); vgl. hieher auch Böhm, A.G. S. 98—101. -) Roth, b. C.R. I. 185—187. 2) B.U. Tit. III. § 3. ') § 77 des b. Fideicommißcdiktes (W. I. 649 ff.). 4) § 55 des b. Lehenediktes v. 7. Juli 1808 (W. I. 176 ff.). 5) § 73 des Pers.St.Ges. v. 6. Febr. 1875. ®) Art. 50a des b. Polizeistrafgesetzbuches v. 26. Dez. 1871 und 20. März 1882

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Zweites Hauptstück.

Bon den Recht-su-jetten. § 14.

Geschlecht.')

Die Frauen sind den Männern hinsichtlich der privatrechtlichen Handlungs- und Geschäftsfähigkeit im Allgemeinen gleichgestellt. Insbesondere sind aufgehoben: 1. Die Geschlechtsvormundschaft, nicht aber die etwa nach einzelnm Statuten bestehmde eheliche Bormnndschaft des Mannes über die Frau oder eine infolge der Ehe eintretende Beschränkung in ihrer Handlungsfähigkeit?) Keinesfalls wird eine Frau infolge der Ehe prozeßunfähig, wie auch schon nach Reichsrecht eine etwaige Geschlechtsvormundschaft auf die Prozeßfähigkeit ohne Einfluß wäre.') Die Prozeßfähigkeit der Ehefrau ermächtigt dieselbe insbesondere auch zur Ablegung wirksamer Anerkenntnisse, zum Abschlusse von Vergleichen im Prozesse, sie gibt ihr aber keine Dispositionsbefugnis über die Substanz ihres Vermögens in dem Sinne, daß dadurch die etwaigen Rechte des Ehemanns beeinträchtigt werden könnten; hier könnte es unter Umständen dazu kommen, daß die Klage einer Ehefrau oder gegen eine Ehefrau Mangels Aktiv-, bezw. Passivlegitimation zur Sache abgewiesen werden müßte?) 2. Die Jnterzessionsprivilegien der Frauen und Ehefrauen ohne Unterschied des Standes; auf die Jnterzessionen der Frauen finden die allgemeinen Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes Anwendung, unbeschadet jedoch solcher Bestimmungen, wonach Ehefrauen zur Ein­ gehung einer Jnterzessionsverbindlichkeit der eheherrlichen Genehmigung bedürfen?) Jnterzessionen der Ehefrauen für ihre Männer, welche vor dem 18. Januar 1871 eingegangen wurden, sind ohne Rücksicht auf abweichende Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes dann giftig, wenn die Frauen nach vorgängiger Belehrung auf die Rechtswohlthat der (W. IX. 192; XV. 645). Schon die Reichspolizeiordnungen versagten dem Konkubinate die rechtliche Anertennnng: Roth, b. C.R. I. S. 186. R.P.O. v. 1577. Tit. XXVI. ') Roth, 6. C.R. I. 183-185. *) Landtagsabschied v. 10. Nov 1861, betr. die Geschlechtsvormundschaft u. s. w. § 28 Zisf. 1 (W. V. 284; B. S. 137). E. d. b. obst. L.G IV. 298. — Die GeschlechtsVormundschaft über die Töchter eines Königs bis zu ihrer Verheiratung besteht noch; s. hierüber später, auch Note 3. •) § 51 Abs. 2 und 3 der R.C.P.O. Bezüglich der unter GeschlechtSvormundschast stehenden Töchter eines Königs vgl. jedoch zu § 51 Abs. 3 R.C.P.O. die Bestimmung der 8 5 d. E.G. z. R.C.P.O. v. 30. Jan. 1877, wonach die besonderen Vorschriften der HauSversassungen und LandeSgesetze für dieselben maßgebend ist. 4) S. insbesondere Gaupp, Kommentar zur R.C.P.O. zu § 51. 5) Ges. betr. die Jnterzessionen v. 14. Jan. 1871 (W. VIII. 699; B. 189 ff.) verkündet am 18. Jan. 1871, Art. 1, 3 und 4. Aufgehoben ist also insbesondere auch das Senatus consultum Velleianum und die Authentica si qua mutier. Bezüglich HandelSsrauen f. Art. 6 Abs. 2 des allg. d. Handelsgesetzbuchs (W. V. 113 ff.), bezüglich Gewerbefrauen: § 11 der Reichsgewerbeordnung in der Fassung vom 1. Juni 1891 (R G Bl. S. 261 ff.).

Authentica si qua mulier in einer öffentlichen Urkunde verzichtet haben, auch wenn dieser Verzicht von ihnen nicht eidlich bekräftigt wurdet) 3. Alle Bestimmungen, welche zur Giltigkeit von gemeinschaftlich eingegangenen Verbindlichkeiten beider Ehegatten oder Personen ver­ schiedenen Geschlechts amtliche Prüfungen, Belehrungen, Ver­ zichtleistungen, Entsagungen oder andere besondere Förmlich­ keiten erfordern.Soweit hienach Rechtsbelehrungen von Frauen noch gütig vorgeschrieben sein können, können sie auch gütig von einem Notar vorgenomnien werden?) Selbstverständlich sind solche Förmlichkeiten nicht beseitigt, welche nicht bloß wegen der Eigenschaft einer Person als Frau aufgestellt sind. 4. Alle Beschränkungen der Frauen in handelsrechtlicherBeziehung.'-') Eine Frau, welche gewerbemäßig Handelsgeschäfte betreibt, (Handelsfrau), hat in dem Handelsbetriebe alle Rechte und Pflichten eines Kaufmannes; sie kann sich in Betreff ihrer Handels­ geschäfte auf die Rechtswohlthaten der Frauen nicht berufen. Gleichgiltig ist, ob sie das Handelsgeschäft allein oder in Gemeinschaft mit Anderen, ob sie dasselbe in eigener Person oder durch einen Prokuristen betreibt. Eine Handelsfrau kann in Handelssachen selbständig vor Gericht auftreten. Eine Ehefrau kann allerdings ohne Einwilligung ihres Ehemannes nicht Handelsfrau sein; es gilt aber als Einwilligung des Mannes, wenn die Frau mit Wissen und ohne Einspruch desselben Handel treibt. Ist sie mit Einwilligung des Ehemannes Handelsfrau, so kann sie sich durch Handelsgeschäfte gütig verpflichten, ohne daß sie zu den einzelnen Geschäften einer besonderen Einwilligung ihres Ehemannes bedarf; auch hastet sie für die Handelsschulden mit ihrem ganzen Vermögen, ohne Rücksicht auf die Verwaltungsrechte und den Nießbrauch oder die sonstigen, an diesem Vermögen durch die Ehe begründeten Rechte des Ehemannes; es haftet sogar das gemein­ schaftliche Vermögen, soweit Gütergemeinschaft besteht; ob jedoch der Ehemann zugleich mit seinem persönlichen Vermögen haftet, bemißt sich nach den Landesgesetzen. 5. Alle Beschränkungen der Frauen in gewerberecht­ licher Beziehung?") Frauen, welche selbständig ein Gewerbe betreiben, können in Angelegenheiten ihres Gewerbes selbständig Rechtsgeschäfte abschließen und vor Gericht auftreten; sie können sich in Betreff der Geschäfte aus ihrem Gewerbebetrieb auf die Rechtswohlthaten der Frauen nicht berufen. Es macht hierbei keinen llnterschied, ob sie das Gewerbe allein oder in Gemeinschaft mit anderen Personen, ob sie dasselbe in eigener Person oder durch einen Stellvertreter betreiben. e) Art. 5 des zit. Ges. v. 14. Jan. 1871. ’) Art. 4 des zit. Ges. v. 1. Jan. 1871. 8) Art. 20 d. b. Rot.Ges.; Bl. f. R.A. XXXVIII. 171. 9) Art. 6—9 des allg. d. Handelsgesetzbuchs. 10) § 11 der Reichsgewerbeordnung in der Fassung v. 1. Juni 1891.

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Zweites Hauptpück.

Bon den Rechtssubjekten.

Dagegen sind die Frauen ausgeschlossen: 1. Bon der SuccessionSfähigkeit in Lehen-") und in Familieufideicommisse"), soferne nicht der Mannsstamm erloschen ist; in gleicher Weise von der Thronfolge"), insolange als in dem könig­ lichen Hause noch ein successionsfähiger, männlicher Sprosse oder ein durch Erbverbrüderung zur Thronfolge berechtigter Prinz vorhanden ist. Auch unterliegen die Prinzessinnen des bayerischen Königshauses auf erbrechtlichem Gebiete wesentlichen Einschränüingen; s. hierüber den Abschnitt über die Mitglieder des königlichen Hauses.") 2. Vom Solennitätszeugnis. Bei Eheschließungen") können sie Zeugen sein, dagegen nicht bei Aufnahme von Notariatsurkunden.'^) Auf dem Gebiete des öffentlichen Rechts sind die Frauen auch heute noch wesentlich beschränkt.

§ 15. Verwandtschaft. *) Unter Verwandtschaft versteht man das auf Zeugung von einem gemeinschaftlichen Stammvater, sohin auf Blutsverwandtschaft beruhende Verhältnis zwischen zwei Personen; unter Schwiegerschaft das durch die Ehe begründete Verhältnis des einen Ehegatten zu den Verwandten des anderen Ehegatten. Für die Berechnung der Grade der Verwandt­ schaft und Schwiegerschaft ist heute allgemein das römische System anerkannt. Hienach bemessen sich die Grade der Verwandtschaft nach der Zahl der Zeugungen, die zwischen dem gemeinschaftlichen Stamm­ vater und den beiden Personen, deren Verwandtschaftsnähe festzustellen ist, gelegen sind. Die Grade der Schwiegcrschaft bemessen sich in der Weise, daß der Ehegatte im gleichen Grade mit den Verwandten des anderen Ehegatten verschwägert ist, als letzterer mit ersteren ver­ wandt ist. Verwandte in gerader Linie sind solche, welche von ein­ ander abstammen, in der Seitenlinie solche, welche gemeinschaftlich von einem Dritten abstammen. 1. Die Blutsverwandtschaft bildet ein Ehehindernis' in der geraden Linie schlechthin, in der Seitenlinie bis zum 3. Grad exkl., ohne Unterschied der vollbürtigen oder halbbürtigen Verwandtschaft; die Schwägerschaft lediglich zwischen Schwiegereltern und Schwiegerkindern und zwischen Stiefeltern und Stiefkindern. Durch Auflösung der die Stief- oder Schwiegerverbindung begründenden Ehe wird das Ehe­ hindernis nicht beseitigt. Wahlverwandtschaft begründet ein Ehe") § 55 des b. Lehenediktes v. 7. Juli 1808 (38. I. 176 ff.); vgl. jedoch auch § 56 1. c. ") ßg 87-91 de» b. FideicvmmißedikteS v. 26. Mai 1818 (38. I. 649 ff.). ") B U. Tit. H. 88 4, 5; Familienslatut vom 5. Aug. 1819, Tit. V. 8 2 (38. n. 19 ff.). * «) Familienstatut v. 5. Aug. 1819, Tit. V. 8 3 und 4; Tit. VIII. 88 3-7. ") 8 63 des Pers.St.Ges. v. 6. Febr. 1873. > •) Art. 53 Abs. 2 de» b. Rot.-Ges. * ) Roth, b. C R. I. 188, 189

II Kapitel.

Die einzelnen Rechtssubjekte.

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Hindernis zwischen Adoptiveltern und Adoptivkindern, solange das Adoptivverhältnis besteht?) 2. Die Verwandtschaft in gerader Linie, die Seitenverwandtschast bis zum dritten Grade, die Schwägerschaft bis zunr zweiten Grade, ohne Rücksicht darauf, ob die Ehe, durch welche die Schwägerschaft begründet ist, noch besteht, endlich das Adoptivverhältnis, begründet im civilprozeßrechtlichen Verfahren den gesetzlichen Ausschluß des Richters von der Ausübung des Richteramtes in Sachen einer Person^ zu welcher er in einem der vorbezeichneten Verhältnisse steht?) Das Gleiche gilt auf dem Gebiete der fteiwilligen Gerichtsbarkeit; die analoge Anwendung der civilprozeßrechtlichen Bestimmungen ist auK Art. 18 Abs. 2 und Art. 21 Abs. 2 des bayerischen Ausführungs­ gesetzes zum Reichsgerichtsverfassungsgesetze abzuleiten.^) Auch für die Gerichtsvollzieherö) und GerichtsschreiberO) gelten auf dem Gebiete der streitigen und nichtstreitigen Gerichtsbarkeit die gleichen Bestimmungen, soferne sic zu einer Partei, in einem jener Verhältnisse stehen. Der Notar darf eine Verhandlung nicht urkundlich aufnehmen, wenn bei derselben eine Person beteiligt ist, welche mit ihm in gerader Linie, oder bis zum dritten Grade der Seitenlinie verwandt oder verschwägert oder durch Adoption verbunden ist, oder wenn die Ver­ handlung irgend eine Verfügung zum Vorteile solcher Personen enthält. Dieses Verbot findet keine Anwendung auf Versteigerungen, bei welchen ein Verwandter oder Verschwägerter des Notars sich als Steigerer beteiligt?)

2) § 33 des Ges, betr. die Beurkundung des Personenstandes und die Ehe­ schließung, v. 6. Febr. 1885. ') § 41 R.C.P.O. Ziss. 3. 4) Ebenso Wagner S. 13—15. — Ein Richter, welcher kraft Gesetzes aus­ geschlossen ist, kann aus diesem Grunde auch abgelehnt werden (§ 42 N.C.P.O.). Das Verfahren bei Ablehnung eines Richters s. §§ 43—48 R.C.P.O. Ist ein Amtsrichter kraft Gesetzes vom Richteramte ausgeschlossen oder mit Erfolg abgelehnt, so greifen Art. 19—22 des b A.G. z. R.G.V.G., für die Landgerichte Art. 32,33 1. c., bei den Oberlandcsgerichten Art. 40 I. c. Platz. Die von einem ausgefchlossenen oder mit Erfolg abgelehnten Richter vorgenommenen Amtshandlungen sind nichtig: § 542 Ziff. 2 und 3 R.C.P.O. Auf dem Gebiete der freiwilligen Gerichtsbarkeit gibt es freilich keine Nichtigkeitsklage; trotzdem rechtfertigt es der Sinn der ein­ schlägigen Vorschriften, daß auch hier solche richterliche Akte die Nichtigkeit in sich tragen. Diese Nichtigkeit kann aber nur eine relative sein, d. h. nur die beteiligten Parteien können sie geltend machen, aber auch auf ihre Geltendmachung verzichten, so daß der nichtige richterliche Akt konvalesziert. Die Fristen des § 549 R.C.P.O. hier analog anzuwenden, erscheint bedenklich. Auf hypothekenrechtlichem Gebiete kann hier die Anwendung der §§ 25, 26, 53 HyP.Ges. von Belang werden. 5) § 156 R.C.P.O.; Art. 67 A.G. z. R.G.V.G. «) § 49 R.C.P.O.; arg. aus Art. 64 A.G. z. R.G.V.G.; Wagner S. 13 Note 1. ’) Art. 47 Not.Ges. Siehe hiezu Rehm, Not.G. z. Art. 47; Art. 73 S.O.; Ortenau S.O. S. 261 Note 1 Abs. 2; Henle S.O. S. 121; Bl. s. N.A. III. E.B. S. 299.

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Zweite- Hauptstück.

Bon den RechtSsubjekte«.

3. Auf eivilprozeßrechtlichem Gebiete begründet die Verwandtschaft, Schwägerschaft und das AdoptivverhSltnis im gewissen Umfange die Zeugnisverweigerungsberechtigung und die Berechtigung zur Verweigerung der Abgabe eines sachverständigen Gutachtens, aber keine -Eidesverweigerungsberechtignng, wohl aber knüpft sich an ein solches Verhältnis im gewissen Umfange die Verpflichtung zur pro­ missorisch-unbeeidigten Einvernahme. Als Sachverständiger kann übrigens eine Person auch abgelehnt werden aus den gleichen Gründen, aus welchen ein Richter kraft Gesetzes von der Ausübung seines Richter­ amtes ausgeschlossen ist?) Auf dem Gebiete der fteiwilligen Gerichtsbarkeit hat die analoge Anwendung dieser Sätze nur eine geringe Bedeutung. 4. Personen, welche zu dem Notar oder zu einem Beteiligten in gerader Linie oder in der Seitenlinie bis, zum dritten Grade ver­ wandt oder verschwägert sind, oder im Adoptivverhältnis stehen, sind unfähig zur Zeugschaft bei der Errichtung einer Notariats­ urkunde?) Ob Personen, welche zu dem hierin mit einem Vorteile Bedachten in einem solchen Verhältnisse stehen, unfähig zur Zeug­ schaft bei der Errichtung einer Notariatsurkunde sind, bemißt sich nach bürgerlichem Rechte?") Wird statt der Zeugen ein zweiter Notar zugezogen, so darf auch dieser weder zu dem beurkundenden Notar noch zu einem Beteiligten in einem solchen Vcrwandtschafts^ oder Schwägerschastsverhältnissc stehen. Der beurkundende Notar ist verpflichtet, sich durch Beftagen der Beteiligten und der Zeuge« nötigenfalls darüber Kenntnis zu verschaffen, ob dem Zeugen oder dem zweiten Notar kein solcher Unfähigkeitsgrund entgegensteht; eine ausdrückliche Bemerkung in der Urkunde, daß dies geschehen, ist jedoch nicht notwendig. Sind solche unfähige Personen als Zeugen zugezogen, so gilt die Urkunde nicht als öffentliche, kann aber als Privaturkunde rechtliche Geltung haben.") °) § 348 Ziff. 3, 349 Ziff. 1 und 2, 350, 358 Ziff. 3 und Abs. 2, 367, 371, 373 R.C.P O. e) Art. 54 Not.Ges.

10) Die Bemerkungen zu E. d. obst. L.G. II. 52 nehmen ebenfalls an, daß nach dem NotariatSgesep solche Personen zur Zeugschaft fähig sein können, das NotariatSgeseh aber abweichende Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes nicht beseitigen wollte. Das Notariatsgesetz enthält jedenfalls eine ausdrückliche Bestimmung über diese Frage nicht. Rehm, Not.Ges. zu Art. 54 Note 2; E. d. b. obst. L.G. II. 52, IX. 724; Bl. f.R.A. XXXII. 248, XXXVI. 106, XXXVII. 98, LII. 149 erachten die Fähigkeit solcher Personen zur Zeugschast für ausgeschlossen und lassen Art. 148 Not.Ges. in Wirksamkeit treten, falls eine solche Person zugezogen ist. Gründe hiegegen enthält Bl. f. R.A. LII. 241; für schlechthin fähig zur Zeugschast erklärt solche Personen Bl. f. R.A. LVI. 24. Nimmt man die Fähigkeit an, so ist keinesfalls Nichtigkeit der ganzen Notariatsurkunde, sondern nur derjenigen Verfügung, deren Bedachter mit dem Zeugen verwandt oder verschwägert ist, vorhanden.

“) Art 148 Not.Ges.; §40 Jnstr. z. Not.Ges.

II. Kapitel.

Die einzelnen Rechtssubjette.

45

§ 16. Alter. >) Der Unterschied zwischen Pupillen und Minderjährigen ist schon durch die Reichspolizeiordnung von 1548 aufgegeben?) Das heutige Recht kennt der Regel nach nur zwei Altersstufen, die Minderjährig­ keit und die Großjährigkeit. Innerhalb des ersteren Zeitraums ist nach Maßgabe der einschlägigen Civilrechte der Mensch entweder ganz handlungsunfähig^) oder handlungsbeschränkt, mit dem Beginn des zweiten Zeitraumes tritt aber volle Handlungsfähigkeit ein, soweit nicht andere Gründe dieselbe beschränken oder aufheben.4)

Die Großjährigkeit beginnt längstens mit dem vollendeten 21. Lebensjahres, oder mit der früher erfolgten Großjührigkeitserklärung?) Diese wird vom König von Bayern Verfügt7); die an den König zu richtenden Großjährigkeitserklärungsgesuche werden an das Amtsgericht des Wohnsitzes der für großjährig zu erklärenden Person eingereicht und von diesem unter Einholung gutachtlicher Aeußerung der Obervormundschaftsbehörde des bevormundeten Pfleglings instruiert?) sodann unter eigener gutachtlicher Aeußerung dem Staatsanwalte am Vorgesetzten Landgerichted), von diesem dem vorgesetzten Oberstaats­ anwälte und vom Letzteren dem Staatsministerium der Justiz jeweils T) Roth, b. C.R. I. S. 189-196; Windscheid, Pand. I. S. 129-130, 173—177; Dernburg, Pand. I. S. 126, 127; Regelsberger, Pand. I. S. 255—257; Beseler, System I. S. 229—231; Stobbe, Handbuch I. S. 320—342. a) R.P.O. von 1548 Til. 31 § 1; R.P.O. von 1577 Tit. XXXII. Roth, a. a. O. S. 191 mit Note 7; Dollmann in Bl. f. R.A. XIV. 97. ’) So der Regel nach bis zum vollendeten 7. Lebensjahre; Ausnahmen sind aber auch hier aus allgemeinen Zweckmäßigkeitsgründen zuzulassen. 4) Wie Geisteskrankheit, Entmündigung wegen Verschwendung u. s. w. 5) R.G. v. 17. Febr. 1875 betr. das Alter der Großjährigkeit (W. X. S. 607). °) Die Großjährigkeit kann auch in Folge Verehelichung nach einzelnen Statuten eintreten: s. Roth, b. C.R. I. S. 192. 7) Formationsverordnungen für die Ministerien v. 15. April 1817, § 41 b (W. I. 518; Reg.Bl. S. 330, 424); v. 9. Dez. 1825, § 53 b (W. II. 368; Reg.Bt. S. 993). 8) Min.-Bek. v. 28. Juni 1852, betr. die Behandlung der Gesuche um Großjährigkeitserklärung u. s. w. (Reg.Bl. S. 1613). Unter dem zuständigen Amts­ gerichte dieser Bekanntmachung kann nur das Amtsgericht des Wohnsitzes verstanden lverden, um so mehr, als auch für die materiellen Voraussetzungen der Großjährigkeitserklärung nach der Lehre von der Stalulenkollision das Recht des Wohn­ sitzes entscheidend ist; die Staatsangehörigkeit ist ohne Einfluß. Dem Kuratelgerichte als solchem kommt keine Jnstruttionsbefugnis und Jnstruktionspflichl, sondern nur gutachtliche Aeußerung zu. y) § 41 der k. Ver. v. 25. Febr. 1862, betr. den Vollzug des Gerichts­ verfassungsgesetzes v. 10. Nov. 1861 (Reg.Bl. S. 369; W. V. 589); § 50 der Dienstes­ vorschriften für die Staatsanwälte v. 20. Juni 1862 (W. VI. S. 13). Findet der Staatsanwalt, daß ein Gesuch nicht gehörig instruiert ist, so kann er die als not­ wendig erachteten weiteren Erhebungen entweder selbst Pflegen, oder bei dem Amtsgerichte beantragen. Das Amtsgericht ist verpflichtet, diesem Ansinnen, soferne nicht gesetzliche Bedenken entgegenstehen, sofort zu entsprechen (§ 50 Abs. 2. 1. c.).

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Zweite- Hauptstück.

Bon den Recht-subjekten.

mit gutachtlicher Aeußerung toorgelcflt.10)* 12 Der * * 1Staatsminister der Justiz stellt Antrag an die Krone. Die materiellen Boraussetzmgen der Großjährigkeitserklärung bemessen sich nach dem einschlägigen bLgerlichen Rechte. Die königlichen Prinzen und Prinzessinen des bayerischen Königs­ hauses werden bereits mit dem vollendeten 18. Lebensjahre groß­ jährig"); die Töchter des Königs oder eines früheren Königs bbiben jedoch bis zu ihrer Verheiratung unter der Geschlechtsvormundfchaft des Königs oder Reichsverwesers.") Im Hinblick auf die Altersunterschiede gelten folgende allgeneine Bestimmungen: 1. Minderjährige können keine Lehen selbst empfangen, fordern müssen sich von einem Lehensträger vertreten lassen. Tritt ein Lchenssall ein, so ist bei minderjährigen Lehensfolgern die Lehensmrtung vom Vormunde unter Beilage des Kuratoriums zu bethätigen?') 2. Die Beurkundung von Verträgen privatrechtlichen Inhalts, bei welchen Minderjährige beteiligt sind, gehört zv dem ausschließlichen Wirkungskreise der Notare, soferne eine öffentliche Urkunde, sei es nach gesetzlicher Vorschrift oder nach dem Willm der Beteiligten, errichtet werden soll.") Soll der Notar einen solchen 10) § 50 Abs. 3 der in Not.Ges. zit. Dienst-Borschr.; Formationsveroldnung für die Ministerien v. 9. Dez. 1825, § 58b (W. II. 268; Reg.Bl. S. 993). ") § 1 Tit. IX des k. Familienstatuts v. 5. Aug. 1815 (W. II. 19). 12) § 5 Tit. IX des t. Familienstatuts v. 5. Aug. 1815 spricht im ersten Satze allgemein von den Prinzessinnen; aus dem Nachsatze: „ohne Untersched, ob sie bei der verwitweten Königin sich befinden oder ein besonderes Hau- für sie gebildet worden ist", geht jedoch hervor, daß nur die Töchter eines verstorbenen Königs, selbstverständlich aber auch deS jeweiligen (soweit nicht schon besser väter­ liche Gewalt besteht) oder abgedankten Königs bis zu ihrer Vermählung utter der Geschlechtsvormundschaft des Königs zu stehen haben. Ebenso Seydel, b. St.R. 1. S. 430 mit Note 2; a. M. Roth, b. C.R I. S. 214. 1S) Lehenedikt v. 7. Juli 1808, § 45, 68, s. auch § 71 (W. I. 170. ") Art. 12, 11 Not Ges.; vgl. hiezu Rehm, Not.Ges. zu Art. 12 Tote 5; Enderlein, Mat. S. 19—22, insbesondere bezüglich Alimentations- und BateychaftSverträge für uneheliche Kinder. Zum Wirkungskreise der Amtsgerichte Clrt 11 Not.Ges.; Art. 18 des b. Gerichtsverfassungsgesetzes v. 10. Nov. 1861; Art. 15, 28, 36, 81 des b. A G. z. R.G.B.G.) gehört allerdings das Bormundschasö- und Kuratelwesen; um deswillen ist aber keineswegs die Beurkundung eines BrtragS, bei welchem ein Minderjähriger beteiligt ist, Kuratelsache (vgl. J.M E. v.24. Im. 1864 [SB. VI. 265; I. M.Bl S. 20], betr. die Beurkundung der Verträge iber die Alimentation außerehelicher Kinder). Immerhin ist es zulässig, daß vor dem Luratelgerichte Verträge über Anerkennung der Vaterschaft und Alimentation abgechlossen und schriftlich gemacht (protokolliert) werden können; solche Urkunden über düse Ver­ träge sind keine öffentlichen, sondern Privaturkunden, und können als solchr rechtSwirksam sein. Art. 12 Not Ges. ist keine Prohibitivnorm in dem Sinne, als ob solche Verträge überhaupt nur in öffentlichen Urkunden niedergelegt werden vnnten: ebenso J.M.E. v. 20. April 1864, betr. die Ersuchschreiben der Vormumschastsbehörden zum Zwecke der Ermittelung der Vaterschaft der Alimentation außer­ ehelicher Kinder (W. VI. 293; I. M.Bl. S. 121-123); J.M.E. v. 4. Sliq. 1866, betr. die Beaufsichtigung deS Pflegschaftswesens (SB. VI. 645; I. M.Bl. S. 224 bis 229); Enderlein a. a. O.; Rehm, Not.Ges. zu Art. 12 Note 3 und 5. Die

II. Kapitel.

Die einzelnen RechtSsubjekte.

47

Vertrag aufnehmen, so kann er noch vor Errichtung der Bertrags­ urkunde die die Minderjährigen betreffenden Vertragsbestimmungen im Entwürfe dem zuständigen Amtsgerichte zur vorläufigen Prüfung vorlegen, oder durch den Vormund bezw. gesetzlichen Vertreter vor­ legen lassen; das Gericht ist verbunden, dem Notar bezw. dem Vor­ munde oder gesetzlichen Vertreter, die der obervormundschastlichen Genehmigung der beabsichtigten Vertragsbestimmungen etwa entgegen­ stehenden Bedenken bekannt zu geben.^) Jedenfalls muß der Notar nach vollzogener Beurkundung in solchen Fällen, wo eine gerichtliche Prüfung und Beschlußfassung erforderlich ist, die Notariatsurkunde dem Gerichte in Urschrift übersenden; letzteres setzt seinen Beschluß auf die Urschrift und sendet diese an den Notar zurück, welcher den Gerichtsbeschluß in alle von ihm zu erteilenden Ausfertigungen und Abschriften aufzunehmen hat ") 3. Ob und unter welchen Verhältnissen Minderjährige zum Betriebe eines Handelsgewerbes, befugt sind, bestimmt das ein­ schlägige bürgerliche Recht; ist jedoch ein Minderjähriger zur selbständigen Zwangsvollstreckung aus solchen gerichtlich errichteten Verträgen ist jedoch selbst dann nicht zulässig, wenn sich der Schuldner im Vertrage der sofortigen Zwangs­ vollstreckung unterworfen hat: § 702 Ziff. 5 R.C.P O.; (arg. verbis: „innerhalb der Grenzen seiner AmtSbefugniffe"): hier ist an öffentliche Urkunden gedacht (s. auch Bl. s. R.A. LVIII. 385; zweifelhaft Böhm, A.G. S. 144). Ein im Prozesse vor dem Prozeßgerichte abgeschlossener Alimentations-Baterschaftsvergleich bedarf im Hinblick aus § 702 Ziff. 1 R C P O. keiner notariellen Beurkundung, damit die Zwangs­ vollstreckung ermöglicht wird. Vgl. hieher auch All. 21 Not.Ges. und Art. 86 des b. A.G. z. R.C.P O., wonach Vergleiche vor einem Notare nur dann errichtet werden können, wenn sie einen bereit- anhängigen Streit betreffen, und die vor Gericht abgeschlossenen oder notariell beurkundeten- Vergleiche als rechtSförmliche Vergleiche im Sinne des cap. XVIII. § 1 der b. Ger.Ordn. v. 1753 gellen. 15) § 81 Jnstr. z. Not.Ges. Sind Minderjährige ohne Vormund oder gesetz­ lichen Vertreter, so darf der Notar nicht selbst einen solchen ausstellen und ver­ pflichten, sondern muß sich zu diesem Behufe an das zuständige Kuratelgericht wenden. Ein vom Notar beigezogener Vertreter hat nur die Eigenschaft eines nicht be­ auftragten Geschäftsführers, nicht eines Vormundes oder gesetzlichen Vertreters: vgl. J.M.E. v. 7. Dez. 1867, das Verfahren der Notare bei Verhandlungen, wenn in denselben Personen beteiligt sind, welche unter Pflegschaft zu stehen haben betr. (W. VII. 164; I. M.Bl. S. 289, 290). Wird der Geschäftsführer nach der Be­ urkundung als Vormund vom Kuratelgerichte aufgestellt, so ist eine nochmalige Beurkundung überflüssig; es genügt, wenn das Pfleaschastsgericht auf der ihm übersendeten Urschrift der Notariatsurkunde (Art. 13 Not.Ges.) der obervormund­ schaftlichen Genehmigung die Bestätigung beifügt, daß und wann der betreffende Vertreter als Vormund verpflichtet wurde und in dieser Eigenschaft die Erteilung Ler obervormundschaftlichen Genehmigung beantragt hat; J.M E. v. 30. Okt. 1871, tetr, das Verfahren der Notare bei Verhandlungen mit Beteiligung von Personen, velche unter Pflegschaft zu stehen haben. (W. IX. 138: J.M Bl.. S. 306, 307). l6) Art. 13 Not.Ges. Die Vorlage des Notars kann mittelst einfacher Note geschehen. Die Rücksendung der Urschrift seitens des Gerichtes kann, wenn zu linem Schreiben nicht besondere Veranlassung gegeben ist, lediglich unter einem nit dem Gerichtssiegel zu verschliehenden Umschläge an den Notar erfolgen: § 62 Jnstr. z. Not.Ges.; vgl. auch J.M.Bek. v. 26. Juli 1864, betr. die Notarials­ irkunden, welche das Hypothekenwesen berühren und den Verkehr der Notare mit Jen Hypothekenämtern (W. VI. 318; 3. M.Bl. S. 210—220).

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Zweites Hauptstück.

Bon den Recht-subjekten.

Führung eines Erwerbsgeschäftes in rechtsgiltiger Weise ermächtigt, so Silt er für fähig, die auf den Betrieb des Erwerbsgeschästes bezüglichen lechtsgeschäste selbständig vorzunehmen; er wird rücksichtlich aller auf den Betrieb eines Handelsgeschäftes bezüglichen Geschäfts- und Rechts­ handlungen für großjährig erachtet?^)

4. Minderjährige haben einen gesetzlichen Titel auf Bestellung einer Hypothek wegen aller aus der geführten Vormundschaft begrün­ deten Forderungen auf den unbeweglichen Sachen ihre Vormünder und deren Bürgen-") Der Vormund ist jedoch bei dem Antritte der Vormundschaft taut für diejenigen Teile des beweglichen Vermögens, welche ihm in Händen gelassen werden, mit einer von der vormund­ schaftlichen Behörde hienach festzusetzenden und auf seine Immobilien einzuttagenden bestimmten Summe Sicherheit zu leisten verbunden.")

Die Einttagung der den Minderjährigen auf dem Vermögen ihrer Vormünder und deren Bürgen, sowie der den minderjährigen Kindern hinsichtlich des Vater- oder Muttergutes und sonst erworbenen Vermögens auf den Immobilien der Eltern zustehenden Hypothek kann nicht nur von bett Minderjährigen, dem Vormund selbst, dem Nebenvormund und der vormundschaftlichen Behörde, auch von jedem Verwandten, sondern selbst von jedem Dritten verlangt werden. Ist aus der Unterlassung ein Schaden für den Minderjährigen entstanden, so kann die Entschädigung von dem Nebenvormund und der vormund­ schaftlichen Behörde gefordert werden.") 5. Die Minderjährigen haben im Konkurse des Vormundes in Ansehung ihres gesetzlich der Verwaltung desselben unterworfenen Vermögens ein Recht auf vorzugsweise Befriedigung; dieses Vorrecht fällt weg, wenn die Forderung nicht binnen zwei Jahren nach Be­ endigung der Vermögensverwaltung gerichtlich geltend gemacht mtb bis zur Eröffnung des Verfahrens verfolgt worden ist.21) 6. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auf Grund der den Minderjährigen als solchen zustehenden Rechte gegen Versäumnisse auf zivilprozeßrechtlichem Gebiete findet nicht mehr statt; auch iusoferue die Aufhebung der Folgen einer unverschuldeten Ver­ säumung zulässig ist, wird eine Versäumung, welche in der Verschuldung des Vormundes, bezw. gesetzlichen Vertreters ihren Grund hat, als eine unverschuldete uicht augesehen.22)

28.

7. Gegen die Verjährung der im Berjährungsgesetze vom Dezember 1831 genannten Forderungen können die Mindcr-

M) Art. 7 des bayr. Einführung-gesetzes zum allg. d. Handelsgesetzbuch v. 10. Nov. 1861 (39. V. 397; G Bl. S. 425). *■) § 12 Zifs. 5 HyP.Ges. *•) § 20 HyP.Ges. “) § 104 mit § 12 Zisf. 7 HyP.Ges. ’*) § 54 Zisf. 5 R.K.O. ") 8 210 R.C.P.O.

jährigen die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begehren^); gegen die Verjährung der im Verjährungsgesetze vom 26. März 1859 genannten Forderungen ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausgeschlossen; haben jedoch die Minderjährigen keinen gesetzlichen Vertreter, so finden bis zur Bestellung eines solchen die kurzen Ver­ jährungsfristen dieses Gesetzes überhaupt keine Anwendung, sondern die Bcrjährungszeit wird vom einschlägigen bürgerlichen Rechte bestimmt.^) Gegen die Verjährung der im Verjährungsgesetze vom 29. September 1861 genannten Forderungen haben die Minderjährigen gleichfalls keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand; auch besteht für sie hier dann keine Ausnahme, wenn sie keinen gesetzlichen Vertreter haben.^)

8. Minderjährige können nicht Zeugen bei Aufnahme von Notariatsurkunden fein,26 * *) * auch * * sollen Minderjährige bei Eheschließungen nicht als Zeugen zugezogen werden.22)

9. Sind bei einer Berlassenschaft minderjährige Personen be­ teiligt, so schließt dieser Umstand die Behandlung der Berlassenschaft durch den vom Erblasser ernannten Notar als Verlassenschaftskommissär oder eine sonstige vom Erblasser mit der Auseinandersetzung des Nachlasses betraute Person nicht aus; jedoch bleibt in einem solchen Falle der Kuratelbehörde vorbehalten, von der Geschäftsführung dieser Personen Kenntnis zu nehmen und zur Wahrung der Interessen der Minder­ jährigen die erforderlichen Verfügungen zu treffen, wenn die Kuratel­ behörde zugleich das Berlassenschaftsgericht ist, entgegengesetzten Falls aber Anträge bei dem Verlaffenschaftsgerichte zu stellen.26) Auch die Erben selbst können trotz Beteiligung Minderjähriger die Auseinandersetzung einer Berlassenschaft einem Notar übertragen; Vormünder minderjähriger Erben bedürfen aber zur Uebertragung der weiteren Behandlung der Verlassenschaft an einen Notar der Zu­ stimmung der Kuratelbehörde. Auch in diesem Falle finden die oben erwähnten Sätze Anwendung.22)

In beiden Fällen hat der Berlassenschastskommissär — Notar, Testamentsexekutor u. s. w. — über das ganze Geschäft eine Berlassenschaftsrechnung an das Amtsgericht zur Prüfung vorzulegen.22)

”) § 33 deS Ges., bett, die Verjährung der Forderungen an die Staatskafie und der StaatSgefälle. 84) Art. 6 des Ges., betr. die Verjährungsfristen. 26) Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 des Ges., betr. die Verjährung der Fordemngen auZ Staatsschuldurkunden der StaatSschuldentilgungSanstalt. 26) Art. 53 Abs. 2 Not.Ges. a7j § 53 des Ges., betr. die Beurt. d. Personenstandes und die Eheschließung, vou 6. Febr. 1875. Die Beiziehuna minderjähriger Zeugen, soferne sie nicht in eimm Alter sich befinden, daS die WahrnehmungSgabe auSschließt, macht jedoch die Ehe nicht ungiltig; ebenso Reger, Komm. z. zit. Ges. zu § 53. as) Art. 31, 34 Not Ges. ae) Art. 35 Not Ges. so) Art. 32 Abs. 1, Art. 34, 35 Not.Ges. Becher, Landescivilrecht und LandeScivilprozeßrecht.

4

50

Zweites Hauptstück.

Bok bot Rechtssubjekten.

10. Zur Eingehung einer Ehe genügt für Frauen das vollendete 16., für Männer das vollendete 20. Lebensjahr. Dispensation ist jedoch zulässig. Frauen bedürfen ferner bis zum vollendeten 24., Männer bis zum vollendeten 25. Lebensjahre der Zustimmung ihres ehelichen Vaters und falls solcher nicht (bet unehelichen Kindern), oder nicht mehr vorhanden ist, der Zustimmung ihrer Mutter, und wenn auch diese nicht mehr am Leben ist, bis zum vollendeten 21. Lebens­ jahre der Zustimmung ihres Vormundes?') Bei angenommenen Kindern tritt an Stelle des Vaters Der­ jenige, welcher an Kindesstatt angenommen hat, vorausgesetzt, daß nach bürgerlichem Rechte durch die Annahme an Kindesstatt die Rechte der väterlichen Gewalt begründet werden sönnen.32) Im Falle der Versagung der erforderlichen Einwilligung zur Eheschließung steht minderjährigen Kindern eine Klage auf richter­ liche Ergänzung nicht, auch nicht gegen den Vormund zu.33) 11. Einer Person, welche das 16. Lebensjahr noch nicht über­ schritten hat, darf, soweit nicht die Reichsgesetze hierüber bestimmen, weder ein Eid, noch eine Versicherung an Eidesstatt von öffentlichen Behörden abgenommen werden.3^) Nach Reichscivilprozeßrecht ist der zugeschobene oder zurückgeschobene und richterliche Eid der Regel nach von dem gesetzlichen Vertreter des Minderjährigen zu leisten; hat letzterer jedoch das 16. Lebensjahr bereits zurückgelegt, so kann über Thatsachen, welche in eigenen Handlungen bestehen oder Gegenstand seiner Wahrnehmung gewesen sind, ihm selbst der Eid zugeschoben, zurückgeschoben oder richterlich auferlegt werden, sofern dies von dem Gerichte auf Antrag des Gegners nach den Umständen des Falls für zulässig erklärt wird.33) Im übrigen beginnt auch reichsrechtlich die Eidesmündigkeit mit dem vollendeten 16. Lebensjahre.33) § 17.

Krankhafte Zustände?)

Der krankhafte Zustand eines Menschen kann entweder seine Handlungsfähigkeit aufheben, beschränken oder an die Erfüllung ") §§ 28-32 des Note 27 zit. Ges. 82) § 31 a. a. O. Nur nach französischem und badischem Rechte kann die väterliche Gewalt nicht begründet werden. 8S) Die den großjährigen Kindern zustehende Ergänzungsklage gehört zur Zuständigkeit der Landgerichte: § 70 R.G.B-G-; Bl. f. R.A. IX. E.Bd. S. 199. *4) Art. 21 A G. zur R.C.P.O. Diese Vorschrift ist insbesondere auch anwendbar auf dem Gebiete der freiwilligen Gerichtsbarkeit: § 16 Abs. 2 Ziff. 3 E G. z. R.C.P.O. mit Art. 85 A.G. z. R.C.P.O. (Offenbarungseid). Vgl. auch Böhm, A.G. S. 36; Pemsel, A.G. S. 353. 35) §§ 435-439 R.C.P.O. 86) Vgl. § 358 Ziff. 1, § 367 R.C.P.O., § 56 Ziff. 1, § 72 Reichsstrafprozeßordnung; dann auch für das verwaltungsrechtliche Verfahren in Bayem: Art. 20 des Ges. v. 8. Aug. 1878, betr. das Verfahren in Verwaltungsrechtssachen u. s. w. (W. VII. 424; G.B.Bl. S. 370). ') Roth, b. C.R. I. S. 196, 197.

erschwerender Vorschriften knüpfen. Im Einzelnen sind hier zu unter­ scheiden: a) körperliche Defekte, nämlich Blindheit, Taubheit, Stumm­ heit, Taubstummheit; b) geistige Erkrankung nnd c) Verschwendungs­ suchtA. Blindheit, Taubheit, Stummheit und Taub­ stummheit. Diese körperlichen Defekte als solche heben die Handlungsfähigkeit nicht vollständig auf, sondern nur gegenüber solchen Geschäften, die nur von Personen abgeschlossen werden können, bei denen der konkrete Defekt nicht vorhanden ist, teilweise bewirken sie die Notwendigkeit der Erfüllung erschivercnder Vorschriften, um hiedurch den vorhan­ denen Mangel zu ersetzen; letzteres ist besonders gegenüber Notariatsnrknnden der Fall.

1. Ist bei der Errichtung einer Notariatsurkunde') ein Blinder, Tanber, Stummer oder Taubstummer beteiligt, so hat der Notar zwei Zeugen oder einen zweiten Notar znznzichen. Die Zeugen oder der zugezogcnc zweite Notar müssen bei der ganzen Verhandlung gegenwärtig sein. Ist ein Stummer oder Taubstummer beteiligt, so ist außer den Zeugen oder einem zweiten Notar immer eine der Zeichensprache des ersteren kundige Vcrtrauensperson bcizuzichen. Kann der Taube lesen, so soll er die Urkunde lesen und dieselbe als gelesen und seinem Willen entsprechend ausdrücklich bestätigen; die Bestätigung ist in der llrkundc vor deren Unterschrift anzuführen. Auch der des Lesens und Schreibens kundige Stumme hat die Urkunde selbst zu lesen und darauf eigenhändig zu schreiben, daß er solche gelesen und seinem Willen entsprechend gefunden habe. Kann der Taube nicht lesen, so ist außer den Zeugen oder dem zweiten Notare noch eine Vertrauensperson beizuziehen, deren Zeichensprache der Taube versteht; ist der Stumme oder Taub­ stumme des Lesens und Schreibens nicht kundig, so sollen im Ganzen zwei seiner Zeichensprache kundige Vertrauenspersonen zugezogen werden. Ueber das Verständnis der Zeichensprache von Seite des Tauben oder Taubstummen hat sich der Notar Ueberzeugung zu verschaffen und dies zu beurkunden. AlsVertrauenspcrsoncn können auchVerwandte oder Verschwägerte der Beteiligten oder solche Personen, welche im Dienste derselben stehen, zugezogen werden, wenn sie nur im Uebrigen die Eigenschaften eines Zeugen besitzen?) Ein des Lesens unkundiger, des Schreibens aber kundiger Taube oder Taubstumme muß die Urkunde unterschreiben?) -) Enderlein, Mat. S. 196—199 3) Art. 57, 58, 59 Not.Ges. 4) Vgl. hiezu Art. 67, 69 Not.Ges.; ferner das bei Enderlein, Mat. S. 199 zitierte und S. 271,272 abgedruckte appellationsgerichtliche Civilurteil v. 7. Febr. 1871 und das ebenda zitierte erstinstanzliche Erkenntnis hiezu, abgedruckt in der Zeitschrit .für Notariat und freiwillige Gerichtsbarkeit in Bayern: VIII. Jahrg. 1871 S. 1—8. —

52

Zweites Hauptstück.

Bon den Recht-subjekten.

Urkunden, welche entgegen diese« Bestimmungen vom Notare ausgenommen sind, gelten nicht als öffentliche Urkunden; inwieferne sie ote Privaturkunden rechtliche Geltung haben, bemißt sich nach dem bürgerlichen Rechte.^)

Indes kommen die erschwerten Förmlichkeiten nur dann zur Anwendung, wenn der Blinde, Taube, Stumme oder Taubstumme bei der Errichtung der Notariatsurkunde selbst beteiligt ist, nicht aber, wenn er zwar bei dem beurkundeten Geschäfte beteiligt ist, bei der Beurkundung aber nicht selbst, sondern sein bevollmächtigter Vertreter mitwirkt.°) Partikularrechtliche Formvorschriften bezüglich der von den Notaren aufzunehmenden öffentlichen Urkunden, bei welchen Blinde, Stumme, Taube oder Taubstumme beteiligt sind, sind aufgehoben. 2. Der Stumme und Taubstumme kann kein Testament in der Form des Art. 60 des bayerischen Notariatsgesetzes (testamentum apud acta et gesta notarii conditum) errichten8), dagegen in der Form des Art. 61 des genannten Gesetzes testieren (testamentum notario oblatum).9) 3. Blinde, Taube und Taubstumme können nicht Zeugen bei Aufnahme von Notariatsurkunden fein10), wohl aber Stumme. 4. Stumme und Taubstumme, welche schreiben können, leisten Eide mittelst Abschreibens und Unterschreibens der die Eidesnorm enthaltenden Eidesformel; können sie nicht schreiben, so leisten sie den Eid mit Hilfe eines Dolmetschers durch Zeichen.11) Blinde leisten den Eid mittelst Nachsprechens19), lesenskundige Taube mittelst Ablesens der die Eidesnorm enthaltenden Eidesformel.19)

Blinde unterzeichnen nicht, selbst wenn sie schreiben können: Enderlein, Mat. S. 198. Hier ist Art. 69 Rot.Ges. zu beachten. 6) Art. 148 Not.Ges. Art. 114 Not.Ges. ist nicht anwendbar: s. Rehm, Rot.Ges. zu Art. 114 Note 3; Bl. f. R.A. LV. S. 288. ’) E. d. b. obst. L.G. XU. 562; Rehm, Rot.Ges. zu Art. 57 Note 2. ’) Art 150 Abs. 2 Rot.Ges.; E. d. b. obst. L.G. IX. 724; Rehm, Rot.Ges. zu Art. 57 Note 1 Abs. 2. *) Art. 60 Rot.Ges.: arg.: „1. der Disponent — also in Person — hat dem Notare seinen letzten Willen mündlich zu erklären; 3. der Notar hat die Urschrift der Verhandlung selbst vorzulesen"; s. auch Rehm, Not.Ges. zu Ari. 60 Note 5; Enderlein, Mat. S. 213; Bl. f. R.A. XXXVII. 106. *) Hiebei sind aber Art. 69, 74—76, 57—59 Rot.Ges. entsprechend zu beobachten: Rehm, Not.Ges. zu Art. 61 Rote 7; Enderlein, Mat. S. 216. Das Nähere hierüber s. Erbrecht. ,0) Art. 53 Abs. 2 Rot.Ges.: arg. „des Lesens und Schreiben- kundig". Selbstverständlich müffen die Zeugen wegen ihrer Eigenschaft al- Bewei-zeugen auch hören und sehen können: Rehm, Rot.Ges. zu Art. 53 Rot. 6; Enderlein, Mat. S. 195; Zink, Not.Ges. S. 224, 226, 295 (Zeugen sollen hören und verstehen). “) § 445 Abs. 1 und 2 R.C.P.O. ’**) § 444 erste Alternative R E P O. ’•) § 444 zweite Alternative R.C.P.O.

II. Kapitel.

Die einzelnen Rechtssubjekte.

63

Jedoch ist in allen Fällen zu beachten, ob sich solche Personen überhaupt verständigen können; ist dies nicht der Fall, so darf ein Eid nicht abgenommen werden.") B. Geistige Erkrankung.^) Eine Person kann nur nach Durchführung des in der Reichscivilprozeßordnung^) geregelten Entmündigungsverfahrens durch Be­ schluß des Amtsgerichtes für geisteskrank erklärt werden. Auf die Bestellung eines Beistandes für einen geistesschwachen, insoferne diese Bestellung nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes erforderlich ist, findet vorgenanntes Verfahren gleichfalls entsprechende Anwendung.^) Die materiellen Voraussetzungen, unter welchen eine Person als geisteskrank erachtet werden kann, bestimmen sich nach bürgerlichem Rechte^^) Die Frage der Handlungsfähigkeit einer Person mit Rück­ sicht auf geistige Erkrankung für die Zeit vor und nach der Ent­ mündigung wegen Geisteskrankheit wird reichsgesetzlich durch die Ent­ mündigung nicht berührt **); an dieselbe ist vielmehr lediglich die Zulässigkeit der Kuratelbestellung geknüpft, soferne eine provisorische Kuratel nach bürgerlichem Rechte nicht schon vorher zulässig war.^) Der Entmündigungsbeschluß tritt mit der Zustellung an die Obervor­ mundschaftsbehörde in Wirksamkeit.^) Ferner steht reichsrechtlich fest, 14) Arg. §§ 442, 443, 358 Ziff. 1, zweite Alternative R.C.P O. Die im Texte genannten Sätze finden entsprechende Anwendung im Falle des § 446 R C.E O., ebenso auf dem Gebiete der freiwilligen Gerichtsbarkeit, z. B. Art. 85 A G. z. R.C.E.O. (Offenbarung-eid). 1S) § 573 ff. R C.P.O ; Daube, das Entmündigungsverfahren gegen Geistes­ kranke, Verschwender und Gebrechliche nach der R.C.P.O. und den deutschen Landes­ gesetzgebungen (Berlin 1882); Utting, auS der Lehre von der Entmündigung in Bl. f. R.A. LIL S. 17, 35, 70, 81, 161, 178, 209, LIII. S. 49, 65, 97, 113, LIV. S. 161, 177,193 ff. Ferner Roth, b. C.R. I. S. 197; Windscheid. Pand. I. S. 173—177; Dernburg, Pand. I. S. 128—130; RegelSberger, Pand. I. S. 258—261. 16) § 10 E G. zur R.C P.O. 1T) Arg. § 593 R.C.P.O. „wahnsinnig, blödsinnig u. s. w." 18) Vorbehaltlich besonderer Bestimmungen deS bürgerlichen Rechtes. A. M. Roth, b. C.R. I. S. 197. Die Schlußfolgerung v. Roths aus § 613 R.C P O. trifft nicht zu. Wenn hienach bei Aufhebung deS EntmündigungsbeschluffeS auf Klage hin die bisherigen Handlungen deS Entmündigten auf Grund der Ent­ mündigung nicht mehr als ungiltig angesehen werden können, so folgt daraus weder, daß seine Handlungen nicht doch wegen Geisteskrankheit für ungiltig angesehen werden können, noch daß während der Dauer der Entmündigung der Entmündigte nicht rechtsgittig handeln kann, falls er in einem geistesgesunden Zustande (lichten Momente) die Handlung vornimmt. Ebenso wie im Texte v. WilmowSki und Levy, Komm. z. R.C.P.O. zu § 593 Note 3, zu § 613 Note 3; Gaupp, Komm. z. R.C.P.O. zu § 603 Note 4 und Anrn. 10; Reincke, Komm. z. R.C.P.O. zu § 603 Note 2. ") Vgl. § 600 R.C P.O. *°) § 603 R.C.P O. Ist Entmündigungs- und Obervonnundschastsrichter eii und dieselbe Person, so muß trotzdem die Mitteilung einer Ausfertigung deS BrschluffeS an letzteren erfolgen, da sonst keine feste Gewähr für die Unabänderlichkeit des Beschlusses, welche mit dem Zeitpunkte deS Erlasses, d. h. bei Beschlüssen, wckche ohne vorgängige mündliche Verhandlung erfolgen, mit einem für die Außenrodt ersichtlichen prozessualen Akte, der Zustellung, eintritt, gegeben wäre. Daß

54

Zweite- Hauptstück.

Bon den Recht-subjekten.

daß im Falle Aufhebung des Entmündigungsbeschlusses auf Klage hin die Giltigkeit der bisherigen Handlungen des Entmündigten auf Grund des Entmündigungsbeschlusses nicht mehr in Frage gestellt, wohl aber auf Grund anderer Thatsachen ihre Ungiltigkeit wegen Geistes­ krankheit des Handelnden angenommen werden kann. Auf die Giltigkeit der bisherigen Handlungen des bestellten oder gesetzlichen Vormundes des Entmündigten hat die Aufhebung der Entmündigung keinen Einfluß; ihre Giltigkeit kann wegen der Geistesgesundheit des Entmündigten nicht angefochten werden?^ Eine Bekanntmachung der Entmündigung wegen Geisteskrankheit oder Wiederaufhebung derselben ist reichsrechtlich nicht vorgeschrieben22 * *), * * * * * * * * * * * * auch bestehen für Bayern keine landesgesetzlichen Vorschriften, welche eine öffentliche, d. h. für das große Publikum bestimmte Bekannt­ machung vorschreiben. Inwieweit eine solche erforderlich, thunlich und zulässig ist, ist mangels gesonderter landesgesetzlicher Vorschrift nach dem bürgerlichen Rechte, schließlich nach Zweckmäßigkeitsgründen zu entscheiden und Kuratelsache.2^) Damit die Notare von solchen das bloße „Kennen" des Entmündigungsbeschlusses seitens des Obervormundschastsrichters keine solche Gewähr bietet, auch keinen solchen vorbezeichneten Akt darstellt, dürfte kaum zu bestreiten sein; a. M. v. Wilmowski und Levy, Komm. z. R.C.P.O. zu § 603 Note 3; Gaupp, Komm. z. R.C.P.O. zu § 603 Note 1, welcher meint, in diesem Falle trete die Wirksamkeit des Beschlusses mit der Erlassung ein. Hiegegen ist eben zu fragen, wann die Erlasiung vorliegt; doch zweifellos erst mit der Zustellung an den Antragsteller oder Staatsanwalt; denn „erlassen" ist der Entmündigungsbeschluß erst in dem Augenblick, wo er in die Außenwelt tritt. Der Annahme jenes Momentes als Anfangstermin steht aber der klare Wortlaut des § 603 Abs. 2 R.C.P.O. entgegen. In der Praxis wird auch meistenteils dem Entmündigungs-Obervormundschastsrichter als Mitteilung gemäß § 603 Abs. 2 R.C.P O. eine Ausfertigung des Beschlusses zugestellt, welche er unter Vermerk des Präsentalionsdalums zu den Pflegschaftsakten nimmt. Im Prinzip ebenso Seufferl, Komm. z. R.C.P.O. zu § 603 Nole 3, welcher jedoch annimmt, daß die Entmündigung von der Ausfertigung an wirksam sei, weit mit der Unterschrift der an die Vormundschastsbehörde gerichteten Ausfertigung das Eintreffen bei der Bormundschaftsbehörde zeitlich zusammenfalle. Diese Ansicht hat jedoch schon vom praktischen Standpunkte aus sehr große Bedenken gegen sich, trifft aber auch das Prinzip über Wirksamkeit der Beschlüsse nicht richtig. Ebenso wie im Texte: Bl. f. R.A. LIV. S. 161—163 (mit völlig zutreffender Begründung); Reincke, Komm, z. R.C.P.O. zu § 603 Note 1 Abs. 3. 81) § 616 R.C.P O. 22) Im Gegensatze zur Entmündigung wegen Verschwendung: § 627 R.C.P.O. 2S) Nach Struckmann und Koch, Komm. z. R.C.P.O. zu § 603 Note 3, wurde in der Reichstagskommission ein Antrag, zu bestimmen, daß bei einer Ent­ mündigung wegen Geisteskrankheit und deren Aufhebung die öffentliche Bekannt­ machung nach dem Ermessen des Gerichtes angeordnet werden könne, abgelehnt, nachdem von ärztlicher Seite hervorgehoben worden war, daß die Veröffentlichung der Entmündigung für den Geisteskranken oft sehr nachteilig wirken könne. Dieser Gesichtspunkt wird daher bei Erwägung der „Zweckmäßigkeitsgründe" besonders berücksichtigt werden müssen. Vgl. hieher auch E. d. b. obst. L.G. VIII. 213. Die Entmündigung wegen Geisteskrankheit und die Kuratelbestellung wird vielfach auch durch Anschlag an die Gerichtstafel bekannt gegeben. (Ein solcher Anschlag (auch eine Veröffentlichung in der Zeitung, im Amtsblatt) ist aber weder lande-gesetzlich,

Personen Kenntnis erlangen, welche wegen geistiger Erkrankung unter Kuratel gestellt sind, haben die Amtsgerichte im einschlägigen Kreis­ amtsblatte oder durch besondere Mitteilungen, welche sie den Notaren ihres Landgerichtssprengels zugehen lassen, die Kuratelbestellung bekannt zu machen; jeder Notar hat ein Verzeichnis der in seinem Land­ gerichtssprengel unter Kuratel gestellten Personen zu führen, in welches die Einträge unmittelbar nach dem ausschreibenden Kreisamtsblatte oder der erhaltenen besonderen Mitteilung zu machen sind, und das­ selbe in seinem Geschäftslokale offen aufzulegen. Alle Atten von Bekanntmachungen und Mitteilungen haben durch den Kuratel-, nicht Entmündigungsrichter zu geschehen. Die geistige Erkrankung hat in der Regel vollständige Willens­ und Handlungsunfähigkeit des Erkrankten zur Folge; derselbe kann Rechtsgeschäfte und sonstige rechtswirksame Handlungen nur durch einen Vertreter vornehmen; von manchen Geschäften ist der Geistes­ kranke überhaupt ausgeschlossen und kann hier auch rechtswirksam nicht vertreten werden. Im Einzelnen gelten folgende besondere Vorschriften:

1. Für die Beurkundung von Verträgen privattechtlichen In­ halts, bei welchen unter gerichtliche Kuratel gestellte Geisteskranke beteiligt sind, gelten die gleichen Bestimmungen, wie für Minder­ jährige^); vergl. oben § 16 Ziff. 2. 2. Unter Kuratel befindliche Geisteskranke haben in gleicher Weise einen gesetzlichen Titel auf Hypothekbestellung, wie die Minderjährigm, auf den unbeweglichen Sachen ihrer Kuratoren und deren Bürgen^); vergl. oben § 16 Ziff. 4.

3. Soferne nach bürgerlichem Rechte der unter Kuratel befind­ liche Geisteskranke unter die Pflegebefohlenen des Kurators gehört, hat er im Konkurse desselben in Ansehung seines gesetzlich der Ver­ waltung desselben unterworfenen Vermögens ein gleiches Recht auf

»och gemeinrechtlich, noch durch das bayerische Landrecht von 1756 für dessen Geltungsgebiet vorgeschrieben; der im bayerischen Landrechte Teil I. cap. VII. § 37 Rr. 2 vorgeschriebene Anschlag „der Sentenz ad Valvas iudicii“ bezieht sich nur auf Verschwender; infoferne geht m. E. das vorzitierte Erkenntnis zu weit, wenn cs, wie es den Anschein hat, diese Vorschrift auf Geisteskranke ausdehnt. Immerhin empfiehlt sich der Anschlag in den meisten Fällen aus Gründen der Billigkeit und Zweckmäßigkeit, insbesondere im Hinblick aus dritte Personen. ") Art. 48 Not.Ges.; § 127 Jnstr. z. Not.Bes.; Allh. Entschl. v. 7. März 1814, betr. die Herausgabe der Kreisintelligenzblätter (Döllinger XIX. 96; W. I. 458); diese Blätter führen seit 1854 den Titel „Kgl. bayerisches Kreisamtsblatt von " laut M E. v. 24. Nov. 1853, betr. die Kreisintelligenzblätter (W. IV. 600). Bgl. ferner J.M.E. v. 2. Novbr. 1871, betr. das Verfahren der Notare bei Verhandlungen mit Beteiligung von Personen, welche unter Pfleg­ schaft zu stehen haben (J.M.Bl. S. 307) und v. 24. Okt. 1884, den Art. 48 des NotGes. betr. (W. IX. 145*; JM.Bl. S. 190); Bl. f. R.A. XXX. 340. ss) Art. 12 Abs. 1 Not.Ges. “) § 12 Ziff. 5, § 20, § 104 Hyp Ges.

ßß

Zweites Hauptstück.

Son den Rechtssubjekten.

vorzugsweise Befriedigung, wie der Minderjährige vergl. oben § 16 Ziff. 5. 4. Bezüglich der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auf civilprozeßrechtlichem Gebiete gelten die aleichm Bestimmungen, wie für Minderjährige vergl. oben § 16 Ziff. 6.

5. Gegen die Verjährung der im Verjährungsgesetze vom 28. Dezbr. 1831 genannten Forderungen kann der Geisteskranke eine Wiederein­ setzung in den vorigen Stand nicht begehren^**), ebensowenig gegen die Verjährung der im Berjäyrungsgesetze vom 26. März 1859 genannten Forderungen, welches Gesetz für Geisteskranke selbst dann Anwendung findet, wenn sie keinen gesetzmäßigen Vertreter Habens, und gegen die Verjährung der im Verjährungsgesetze vom 29. September 1861 genannten Forderungen?') 6. Geisteskranke können nicht Zeugen bei Aufnahme von Notariats­ urkunden fein38); sie werden überhaupt vom Solennitäts-und Beweis­ zeugnis auszuschließen sein und können daher auch nicht als Zeugen bei Eheschließungen auftreten?3) 7. Sind bei einer Verlassenschast unter gerichtliche Kuratel gestellte Geisteskranke beteiligt, so gelten die gleichen Bestimmungen, welche bei Berlassenschasten mit Beteiligung minderjähriger Personen zur Anwendung fommen34); vergl. oben § 16 Ziff. 9. 8. Geisteskranke Personen können eine Ehe rechtswirksam nicht eingehen.33) 9. Die Geisteskranken sind eidesunfähig und zwar sowohl auf dem Gebiete der streitigen, als der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit.33) Der Parteieneid im Civilprozesse ist dem gesetzlichen Vertreter des Geisteskranken zuzuschieben und zurückzuschieben oder aufzuerlegen und werden diese Eide auch von dem gesetzlichen Vertreter geleistet.3') Diese Bestimmungen finden entsprechende Anwendung auf dem Gebiete der freiwilligen Gerichtsbarkeit, soweit hier ein Parteieneid vorkommen kann.33)

”) 8 54 Ziff. 5 R.K.O. * ’) § 210 R.C.P.O. “) § 33 des zit. Ges. “) Art. 6 des zit. Ges. ») Art. 6 und 7 des zit. Ges.

”) Der Zeuge muß „verstehen" können; arg.: Art. 63, 56, 66 Not.Ges Ist eine geisteskranke Person als Zeuge zugezogen, so greift Art. 148 Not.Ges. Platz.

“) Ebenso Reger, Komm. z. Personenstandsgesetz zu § 53. “) Art. 31—35 Not Ges. • 5) § 28 deS Pers.St.Ges.: „Zur Eheschließung ist die Einwilligung bei Erschließenden erforderlich." Ebenso Reger, Komm. z. Pers.St.Ges. zu § 28. "•) § 358 Ziff. 1, 367 R.C.P.O. - ') § 485 Abs. 1, 439 R.C.P.O.; s. auch §§ 391, 711, 769 R.C.P.O. “) § 16 Abs. 2 Ziff. 3 E G. z. R.C.P.O. mit Art. 85 A G. z. R.C.P.O.

C. Verschwendungssucht.^) Unter welchen materiellen Voraussetzungen eine Person als Ver­ schwender erachtet und erklärt werden kann und in welchem Maße eine Beschränkung der Handlungsfähigkeit des Verschwenders eintritt, entscheidet das bürgerliche Rechts") Die Beschränkungen der Hand­ lungsfähigkeit können jedoch erst mit demjenigen Zeitpunkte in Wirk­ samkeit treten, in welchem der Beschluß auf Entmündigung wegen Verschwendung dem Verschwender zugestellt worden ist; der Beschluß ist konstituüver Natur?') Nach Reichsrecht kann eine Person nur durch Beschluß des Amtsgerichts nach Maßgabe des in der Reichs-Civilprozeßordnuna geregelten Entmündigungsverfahrens als Verschwender erklärt werden?^) Jnsofernc nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes für einen Verschwender ein Beistand zu bestellen ist, finden die Bestimmungen der Reichs-Civilprozeßordnung über das Verfahren in Entmündigungs­ sachen entsprechende Anwendung?^ Ein Beweis oder Gegenbeweis, daß der wegen Verschwendung Entmündigte kein Verschwender sei, ist nach erfolgter Entmündigung unzulässig. Es kann jedoch landesrcchtlich die Wirkung des Ent­ mündigungsbeschlusses dritten Personen gegenüber an einen späteren Zeitpuntt, als den der Zustellung des Entmündigungsbeschlusses an dm Verschwender geknüpft werden.") Wird der Entmündigungsbeschluß als zu Unrecht erlassen auf Klage hin durch rechtskräftiges Urteil wieder aufgehoben, so hat die Aufhebung zur Folge, daß die bisherigen Handlungen des Entmün­ digten auf Grund des Entmündigungsbeschlusses, d. h. hier auf Grund der Behauptung und allenfallsigen Beweises der Berschwender­ eigenschast nicht in Frage gestellt werden können. Auf die Giltigkeit der bisherigen Handlungen des bestellten oder gesetzlichen Vormundes hbt aber auch hier die Aufhebung keinen Einfluß.") Die volle Handlungsfähigkeit des Verschwenders tritt erst mit der rechtskräftigen Wiedcraufhebung der Entmündigung ein; der ») 88 621—627 R.C.P.O. und die Citate zu Rote 15; auch Bl. f. R.A. XI.IV. 113. Ferner Windscheid, Pand. I. S. 173—177; Dernburg, Pand. I. S. 130—132; Regelsberger, Pand. I. S. 261, 262. ★°) Der Begriff des Verschwenders ist in 8 621 R.C.P O. nicht näher nwmiert; es ist deshalb aus das bürgerliche Recht zurückzugreisen. Sofern« nach diq'em vorgängige Ermahnungen zu besserem Lebenswandel erforderlich sind, eine Pwbezeit abzuwarten ist, ist durch die R.C.P.O. keine Aenderung geschaffen. Elenfo v. Wilmowski und Levy, Komm. z. R.C.P.O. zu 8 621 Rote 1; E. d. b. obt. L.G. in Seufferts Arch. XXXVIII. Nr. 138 mit zutreffender Begründung: E. d. b. obst. L G. IX. 351; a. M. Gaupp, Komm. z. R.C.P.O. zu 8 621 Rote 1 Ah. 2; Seuffert, Komm. z. R.C.P.O. zu 8 621 Note 1; Bl. f. R.A. LIL 19. ") 8 623 Abs. 2 R.C.P.O. «) 8 621 R.C.P.O. ") 8 10 E G. z. R.C.P.O. “) v. Wilmowski und Levy, Komm. z. R.C.P.O. zu 8 623 Note 2. ") 8 624 Abs. 4, 613 R.C.P.O.

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Zweites Hauptstück.

Bon den Rechtssubjekten.

Beschluß, bezw. das Urteil auf Wiederaufhebnng der Entmündigung ist daher für den Wiedereintritt der vollen Handlungsfähigkeit konstitutiver Natur, und gilt demnach der wegen Verschwendung Entmündigte hin­ sichtlich seiner Person vom Zeitpunkte der Zustellung des Entmündigungs­ beschlusses an ihn bis zum Zeitpunkte der rechtskräftigen Wiederaufhebung der Entmündigung innerhalb der durch das bürgerliche Recht gezogenen Grenzen für handlungsbeschränkt, ohne Rücksicht darauf, ob er im Sinne des bürgerlichen Rechtes wirklich ein Verschwender ist46 * *) Die Entmündigung einer Person wegen Verschwendung, sowie die Wiederaufhebung einer solchen Entmündigung ist von dem Amts­ gerichte als Entmündigungsgerichte öffentlich bekannt zu machen, d. h. zur Kenntnis des Publikums zu bringen.4') Diese Veröffentlichung hat in dem für das Amtsgericht zu Veröffentlichungen bestimmten Blatte zu erfolgen46), ferner hat das Kuratelgericht von der Kuratel­ bestellung über den Verschwender den Notaren des Land^erichtssprengels in gleicher Weise Mitteilung zu machen, wie dies bei unter Kuratel gestellten Geisteskranken vorgeschrieben ist.46) Im Einzelnen gelten hier folgende besondere Bestimmungen: 1. Bezüglich der Beurkundung von Verträgen privatrechtlichen Inhalts, bei welchen unter gerichtliche Kuratel gestellte Verschwender beteiligt sind, bezüglich des gesetzlichen Titels auf Bestellung einer Hypo­ thek auf den unbeweglichen Sachen der Kuratoren und deren Bürgen, bezüglich des Rechtes auf vorzugsweise Befriedigung im Konkurse des Kurators, bezüglich der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auf civilprozeßrechtlichem Gebiete, der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die in den Verjührungsgesetzen vom 28. Dezember 1831, 26. März 1859 und 29. September 1861 genannten Forderungen, bezüglich der Berlassenschaften, bei welchen unter gerichtliche Kuratel gestellte Ver­ schwender beteiligt sind, finden die gleichen Bestimmungen Anwendung, welche für geisteskranke Personen gelten; s. oben lit. ß. Ziff. 1—5. 2. Verschwender sind weder vom Solennitäts-, noch vom Beweis­ zeugnis ausgeschlossen; auch können sie rechtswirksam eine Ehe eingehen. 3. Der Verschwender ist fähig, einen Zeugen- oder Sachver­ ständigeneid zu leisten; der im Civilprozesse zugeschobene oder zurück­ geschobene und der richterlich auferlegte Parteieneid ist zwar der Regel nach dem gesetzlichen Vertreter des Verschwenders zuzuschieben, znrückzuschieben, bezw. aufzuerlegen, und von diesem zu schwören, jedoch kann über Thatsachen, welche in eigenen Handlungen bestehen oder Gegenstand seiner Wahrnehmung gewesen sind, dem Verschwender selbst der Eid zugeschoben, zurückgeschoben oder auferlegt werden, soferne dies von dem Gerichte auf Antrag des Gegners nach den ") v. Wilmowski und Levy a. a. O. zu § 632 Rote 2 Abs. 2. ") 8 627 R C.P.O. 46) J.M.E. v 4. Aug. 1879, bett', die Auswahl der zur Veröffentlichung amtlicher Bekanntmachungeu bestimmten Blätter (J.M.Bl. S. 362; W. XIII. 165). ") Art. 48 Not.Ges.; § 127 Jnstr. z. Not.Ges.; s. Note 24.

Umständen des Falls für zulässig erklärt wird?") Diese Bestimmungen sind auf dem Gebiete der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend anzuwenden?')

§ 18. Staatsangehörigkeit?) 1. Seit dem Erlaß der bayerischen Verfassungsurkunde richtete sich Erwerb und Verlust der Staatsangehörigkeit nach dem Edikte über das Jndigenat vom 26. Mai 1818?) Durch Art. 3 der Reichsver­ fassung vom 16. April 18713) ist für sämtliche Bundesstaaten des deutschen Reiches ein gemeinsames Jndigenat in dem Sinne geschaffen, daß der Erwerb der Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaate die deutsche Rcichsstaatsangehörigkeit, der Verlust eines bundesstaatlichen Jndigenats ohne Besitz oder Erwerb des Jndigenats eines anderen Bundesstaates den Verlust der Reichsstaatsangehörigkeit zur Folge hat. Die Voraussetzungen über Erwerb und Verlust der Staatsangehörigkeit sind durch das Reichsgesetz vom 1. Juui 1870 über den Erwerb und Verlust der Bundes- und Staatsangehörigkeit einheitlich festgesetzt; insoweit ist das bayerische Jndigenatsedikt beseitigt.') Durch § 3 der Reichsversassung sind ferner für das ganze Gebiet des deutschen Reiches die Angehörigen aller Bundesstaaten in privatrcchtlichcr Beziehung einander gleichgestellt?) Für die Ange­ hörigen der nicht zum jetzigen deutschen Reiche, wohl aber zum früheren deutschen Bunde gehörigen Länder (Oesterreich, Luxemburg, Liechten­ stein) greift Gleichstellung insoweit Platz, als Art. 18 der deutschen Bundesakte sie zuläßt.") Für alle übrigen Fremden (Nichtreichsangehörige) gelten folgende verfassungsrechtliche Grundsätze ’): § 435 Abs. 1 und 2, § 439 R.C.P.O.,' §§ 391, 711, 769 1. c. il) Vftl auch hier § 16 Abs. 2 Zisf. 3 E G. z. R.C.P.O. und Art. 85 des b. A.G. z. R.C.P.O. 0 Rath, b. C.R. I. S. 198-201; Seydel, b. St R. I. S. 519 ff.; Stobbe, Handbuch I. S. 347—366. 2) W. I. 598. a) W. VIII. 745 ff. 4) Vgl. hiezu R.G. v. 22. April 1871, betr. die Einführung norddeutscher Bundesgesetze in Bayern, § 9 (W. VIII. 767 ff ). 5) Vgl. auch Vertrag, betr. den Beitritt Bayerns zur Verfassung des deutschen Bundes vom 23. Rovbr. 1870 nebst Schluyprotokoll hiezu vom gleichen Datum (W. VIII. 674 ff.), sowie R.G. vom 26. April 1871, betr. die Verfassung des deutschen Reiches, § 3 (W. VIII. 744). °) Art. 18: „Die verbündeten Fürsten und freien Städte kommen überein, den Unterthanen der deutschen Bundesstaaten folgende Rechte zuzusichern; 1. Grundeigentum außerhalb des Staates, den sie bewohnen, zu erwerben und zu besitzen, ohne deshalb in dem fremden Staate mehreren Abgaben und Lasten unterworfen zu sein, als dessen eigene Unterthanen. 2 ’..................................................................................................................................... 3. Die Freiheit von aller Nachsteuer (jus detractus, gabella emigrationis), insofern das Vermögen in einen andern deutschen Bundesstaat übergeht, und mit diesem nicht besondere Verhältnisse durch Freizügigkeits-Verträge bestehen. (W. I. 473 ff.) ’) Edikt über das Jndigenat §§ 13, 16 und 19.

60

Zweites Hauptstück.

Bon de» Recht-subjekte».

a) Grundeigentum können sie wie bayerische Unterthanen in Bayern besitzen. b) Hinsichtlich privatrechtlicher Verhältnisse sind sie, soferne sie sich mit königlicher tÄlaubnis, d. h. solange ihnen nicht der Zutritt und Aufenthalt versagt ist, im Jnlande aufhalten, den Inländern insoweit gleichgestellt, als nicht die Existenz und Ausübung gewisser Privatrechte an den Besitz der Staatsangehörigkeit ausdrücklich geknüpft ist oder die Gleichstellung nicht durch ausdrückliche gesetzliche Vorschrift ausgeschlossen ist. c) Sonst wird Fremden nur die Ausübung derjenigen bürger­ lichen Privatrechte zugestanden, die der Staat, welchem ein solcher Fremder angehört, den bayerischen Staatsangehörigen zugesteht (mate­ rielle Reziprozität). d) Werden in einem auswärtigen Staate durch Gesetze oder besondere Verfügungen entweder Fremde im Allgemeinen oder bayerische Staatsangehörige insbesondere von den Vorteilen gewisser Privatrechte ausgeschlossen, welche nach den dort geltenden Gesetzen den Einheimischen zustehen, so ist gegen die Angehörigen des auswärtigen Staates der gleiche Grundsatz anzuwenden; zur Ausübung eines solchen Retorsions­ rechtes ist aber könitzliche Genehmigung erforderlich (formelle Rezi­ prozität). Die Retorsion hört mit der Thatsache aus, daß im Auslande der beschränkende Rechtssatz beseitigt ist. Nur bayerische Staatsangehörige können Zeugen bei Auf­ nahme von Notariatsurkunden fein.8) 2. Eine besondere Rechtsstellung ftemder Personen begründet die Exterritorialität.8) Unter Exterritorialität versteht man die auf völkerrechtlicher Grundlage beruhende Ausnahmestellung gewisser Per­ sonen, welche als Fremde im Jnlande sich aufhalten, hinsichtlich ihrer Person und gewisser Sachen gegenüber der Territorialhoheit der in­ ländischen Staatsgewalt. Während Fremde der Regel nach mit ihrem Eintritt in ein anderes Staatsgebiet der Territorialhoheit der Staats­ gewalt dieses Gebietes unterworfen werden, sind einzelne fremde Personen infolge gewisser Verhältnisse, unter welchen sie sich im Jnlande aufhalten, in gewissem Umfange von der Territorialhoheit der inländischen Staatsgewalt ausgenommen. Diese exterritoriale Stellung ruht in erster Linie auf völkerrechtlicher Grundlage, ist aber auch reichs- und landesgesetzlich ausdrücklich anerkannt. Die rein staatsrechtlichen Ausnahmestellungen gehören nicht in gegenwärtige Darstellung. Hieher ist nur Folgendes zu erwähnen: e) Art. 53 Abs. 2 des RotariatSgeseprS ist durch Art. 3 der Reich-verfassung nicht beseitigt; s. auch Rehm, Not.Ges. zu Art. 53 Rote 7. •) Böhm, Handbuch der internationalen Nachlaßbehandlung S. 277—283; Seydel, b. St.SR. I. S. 644; Wagner S. 7 und 8; von Bar, Lehrbuch deS inter­ nationalen Privat- und Strafrechts 1892, S. 340—351; Theorie und Praxis des internationalen Privatrechts 1889 Bd. II. S. 621—659; Zorn in Frh. v. Stengels Wörterbuch deS deutschen BerwaltungSrechteS 1890 Bd. I. S. 371. 372.

1. Die inländische Gerichtsbarkeit in bürgerlichen Rechts­ streitigkeiten'°) erstreckt sich nicht a) auf die Chefs und Mitglieder der bei dem deutschen Reiche beglaubigten Missionen außerdeutscher Staaten innerhalb des ganzen deutschen Reiches; sind aber diese Personen Staatsangehörige eines der deutschen Bundesstaaten, so sind sie nur insoferne von der inländischen Gerichtsbarkeit befreit, als der Bundesstaat, dem sie angehören, sich der Gerichts­ barkeit über sie begeben hat; b) auf die Chefs und Mitglieder der bei einem deutschen Bundes­ staate beglaubigten Missionen außerdeutscher Staaten und anderer deutscher Bundesstaaten innerhalb des Bundesstaates, bei welchem sie beglaubigt sind;

c) auf Mitglieder des deutschen Bundesrates, welche nicht von demjenigen Staate abgeordnet sind, in dessen Gebiete der Bundesrat seinen Sitz hat, innerhalb des Gebietes (zur Zeit Preußen), in welchem der Bundesrat seinen Sitz hat;

d) auf die im deutschen Reiche angestellten Konsuln, soferne in Verträgen des deutschen Reiches mit anderen Mächten Ver­ einbarungen über die Befreiungen der Konsuln von der in­ ländischen Gerichtsbarkeit getroffen sind.") Unter den Bkissionen sind alle Repräsentanten ' auswärtiger Staaten und Regenten (Botschafter, Gesandte, Ministerresidenten, Geschäftsträger, Agenten), auch die Nuntien und Legaten des Papstes inbegriffen.^) Die Exemtion von der inländischen Gerichtsbarkeit erstreckt sich auch auf die Familienglieder, das Geschäftspersonal der unter Lit. a—c genannten Personen und auf solche Bedienstete derselben, welche nicht Deutsche sind. Nur die Vorschriften über den ausschließlichen dinglichen Gerichtsstand sind nicht berührt. Zustellungen an Personen, welchen Exterritorialität zukommt, erfolgen auf diplomatischem Wege, soferne sie in den Wohnungen der­ selben stattzufinden haben.") 10) § 13—21 R.G.V.G.; von Bar, Lehrbuch S. 341 bezieht das Privilegium der Exterritorialität nur auf den Gerichtszwang, nicht aus die Zuständigkeit zur Entscheidung civilprozessualer Streitigkeiten, betont aber, daß nach den amtlichen Motiven zu §§ 18 ff. R G B G die Exemtion sowohl auf den Gerichtszwang wie auf den Gerichtsstand zur Entscheidung einer Streitsache bezogen werden müsse. Ebenso wie die Motive offensichtlich: Böhm a. a. O- S. 278. Im Hinblick auf § 20 R.G.V.G. dürfte nur letztere Meinung als dem Gesetze entsprechend erscheinen. n) Bezüglich solcher Verträge s. Wagner S. 7. 12) Böhm a. a. O. S. 278 Note 5. *•) Vgl. hiezu Böhm a. a. O. S. 279, 280. ") Hiezu § 182 R.C.P.Q; Böhm a. a. O. S. 280, 281; v. Bar, Lehrbuch S. 343.

62

Zweites Hauptstück.

Von den Rechtssubjekten.

2. Auf dem Gebiete der freiwilligen Gerichtsbarkeit war schon in der bayerischen Gerichtsordnung von 1753 (Kap. I. § 11) die exterritoriale Stellung der Missionen fremder Staaten anerkannt.^) Obwohl durch Art. 2 Ziff. 1 des Einführungsgesetzes zur bayerischen Prozeßordnung für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten von 1869 die an­ geführte Stelle der bayerischen Gerichtsordnung aufgehoben wurde, blieb doch der völkerrechtliche Grundsatz stets in Geltung?") Durch Art. 81 des bayerischen Ausführungsgesetzes zur Neichscivilprozeßordnung ist wiederholt jene Stelle der bayerischen Gerichtsordnung als beseitigt bezeichnet. Allein wie gegenüber der bayerischen Prozeßord­ nung für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten der völkerrechtliche Grundsatz der Exterritorialität fortbestand, so besteht er auch jetzt noch, nachdem infolge Art. 8 des bayerischen Ausführungsgesetzes zum Reichsgerichts­ verfassungsgesetze vom 23. Februar 1879 die Gerichtsbarkeit der Ge­ richte älterer Ordnung in den nicht zur ordentlichen streitigen Gerichts­ barkeit gehörenden Angelegenheiten auf die Gerichte neuerer Ordnung nur in dem Umfange übergegangen ist, in welchem sie bisher in den einzelnen bayerischen Landesteilen bestand. Hienach gilt auch gegen­ wärtig auf dem Gebiete der freiwilligen Gerichtsbarkeit der Grundsatz der Exterritorialität der Bcissionen fremder Staaten (außerdeutscher Staaten und anderer deutscher Bundesstaaten) fort; die unter Ziff. 1 angeführten Sätze sind im Allgemeinen auch hier entsprechend anzuwenden?') Im Einzelnen gilt hier noch Folgendes: a) In Vormundschaftssachen ist der Chef der Mission zur Regelllng aller Angelegenheiten seiner Familie und seines Gefolges befugt; die inländischen Gerichte und Behörden haben keine Gerichts­ gewalt. 18 15) 16 * 15) Ueber sonstige Wirkungen der Exterritorialität, z. B. Befreiung von Abgabenpflicht, Aufnahme und Legalisierung der Verträge des Gefolges, eigener letztwilliger Verfügungen und solcher des Gefolges: s. Böhm a. a. O. S. 281, 282; v. Bar, Lehrbuch S. 343, 344. 16) Vgl. Seuffcrt, b. G.O. I. S. 132. n) Vgl. auch Wernz, Komm. z. b. C.P.O. v. 1869 S. 50. 18) Böhm a. a. O. S. 278. Vgl. auch die Motive zu Art. 7 des b. A.G. z. R.G.V.G., Beil.Bd. V. der K. d. Ä. 1878/79 S. 126, abgedruckt bei Böhm a. a. O. Der Wortlaut, soweit hieher von Belang, ist der Wichtigkeit halber auch hier wiederzugeben: „Die Exterritorialität der bei dem deutschen Reiche und den einzelnen Bundesstaaten beglaubigten Missionen ist für die Gegenstände der ordentlichen streitigen Gerichtsbarkeit in den §§ 18 und 19 des R.G V G. ausdrücklich an­ erkannt. Da jedoch diese Befreiung von der Territorialgewalt des Staates auf völkerrechtlicher Grundlage beruht und sich deshalb naturgemäß auch auf die Gegen­ stände der nichtstreitigen Rechtspflege erstreckt, wie dies in Bayern stets anerkannt wurde, obwohl die Gesetze über Gerichtsverfassung einen besonderen Vorbehalt nicht enthielten, da ferner die Gerichtsbarkeit der bisherigen Gerichte auf die neuen in den erwähnten Sachen nur in demselben Umfange übergehen soll, in welchem sie bisher bestand, so ist es selbstverständlich, daß an dem anerkannten Rechte der Exterritorialität der 'fremden Missionen auch durch den gegenwärtigen Entwurf nichts geändert werden soll."

b) In Verlassenschaftssachen der eigenen Familie und seines Gefolges hat der Chef der Mission das ausschließliche Recht zur Sperre und Inventarisierung des Nachlasses und zur Vornahme anderer nichtstreitiger Verlassenschaftsverhandlungen. Die Obsignation und Inventarisierung der Verlassenschaft des Chefs der Mission selbst erfolgt durch einen Beamten derselben oder durch die Mission eines befreundeten Staates derselben. Die Behörden des Empfangsstaates dürfen nur im äußersten Falle und zwar nur auf eine der Achtung gegen den fremden Staat entsprechende Weise die Obsignation vor­ nehmen. Der Nachlaß ist frei von Erbschaftssteuer; der Verabfolgung desselben an die Erben darf kein Hindernis in den Weg gelegt werben.19) c) In Hypothekensachen ist der dingliche Gerichtsstand anerkannt; gegen diesen greift die Exterritorialität nicht Platz99); in Hypotheken­ sachen sind daher die sonst von der inländischen Gerichtsbarkeit eximierten Personen der inländischen Gerichtsbarkeit unterworfen.9')

3. Die Ausnahmestellung greift nicht Platz, soweit die eximierten Personen außerhalb der Lebens- und Interessensphäre ihres Charakters im Jnlande auftreten, d. h. sie ergreift nicht Verhältnisse, welche in gar keinem, nicht einmal äußeren Zusammenhang mit der Stellung der eximierten Person stehen, die ihr vom auswärtigen Staate für das Inland verliehen ist.99) Die Ausnahmestellung erlischt, sobald solche Personen das inländische Staatsgebiet verlassen oder ihre besondere, die Exemtion begründende aktive Stellung verlieren.99) § 19.

Bürgerliche Ehre.') 1. Durch das Reichsstrafrecht sind alle landes- und gemeinrecht­ lichen Bestimmungen über Minderung und Verlust der bürgerlichen Ehre beseitigt.9) Der nach Reichsstrafrecht zulässige Verlust der bürger­ lichen Ehrenrechte oder einzelner bürgerlicher Ehrenrechte hat stets zur Voraussetzung eine rechtskräftige Verurteilung, sei es, daß dieser Verlust nur in Verbindung mit gleichzeitiger Zuerkennung einer Freiheits- oder Lebensstrafe9), oder auch ohne solche ausnahmsweise erkannt werden kann.1) 2. 9!ach Reichsstrafrecht zieht der Verlust der bürgerlichen Ehren­ rechte nach sich9): a_ "y Böhm a a. O. S. 281. -0) Böhm a. a. O. S. 281, 282. -l) Böhm a. a. O. S. 281; auch Scuffert, b. G.O. I. S. 132. “) Böhm a. a. O. S. 281, 282; v. Bar, Lehrbuch S. 342. "') Böhm a. a. O. S. 281. *) Roth, b. C.R. I. S. 201—206; Beseler, System I. S- 232—244; Stobbe, Hcndbuch I. S. 399—420. 2) §§ 32-37 R.St.G.B. y. 15. Mai 1871. ’) Arg. §§ 31, 32, 35, 36 R.St.G.B. 4) § 37 R.St.G.B. *) § 34 Ziss. 3, 5, 6; § 33 R.St.G.B.

Zweite- Hauptstück.

64

Bon dm Rechtssubjekten.

a) Den dauernden Verlust der öffentlichen Aemter, Würden, Titel, Orden und Ehrenzeichen, womit auch Gehalts- und Pensions­ ansprüche und sonstige Ansprüche aus dem Dienstverhältnisse verloren gehen, sofern nicht der Beamte zur Zeit der Verurteilung bereits pensioniert war; ferner die Unfähigkeit, während der Dauer der Ab­ erkennung der bürgerlichen Ehrenrechte öffentliche Aemter, Würden, Titel, Orden und Ehrenzeichen zu erlangen; der Adel geht nicht verloren;

b)

die Unfähigkeit, Zeuge bei Aufnahme von Urkunden zu sein;

cl die Unfähigkeit, Vormund, Nebenvormund, Kurator, gericht­ licher Beistand oder Mitglied eines Familienrates zu sein, es sei denn, daß es sich um Verwandte in absteigender Linie handelt, und die vor­ mundschaftliche Behörde oder der Familienrat die Genehmigung erteilt.

In gewissen Fällen kann an Stelle der Aberkennung aller bürger­ lichen Ehrenrechte auch nur die Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter ausgesprochen werden; als Folge hievon ergibt sich von Rechts­ wegen der Verlust der bekleideten Aemter.^) 3. Abgesehen von all diesen Folgen sind auch in anderen Gesetzen mit dem Verluste der bürgerlichen Ehrenrechte besondere privatrechtliche oder das Privatrecht berührende Wirkungen verknüpft, so: Verlust der Wählbarkeit zu Gemeindeämtern

und der Wahl­

stimmberechtigung als Gemeindebürger^), Ausschluß von der InnungsMitgliedschafts, Möglichkeit des Ausschlusses von der Mitgliedschaft bei Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften **), Ausschluß von der Stimmberechtigung und Mitgliedschaft bei Berufsgenoffenschaften, von dm Arbcitervertretungen der Versicherungsgesetze10), von der Mitglied­ schaft in Generalversammlungen und in der Borstandschaft bei Krankenversicherungen"), Verlust des Stimmrechts in der Generalversamm­ lung einer eingeschriebenen Hilfskasse '**), Möglichkeit des Ausschlusses aus einem anerkannten Vereine"), Unfähigkeit, verantwortlicher Redakteur zu sein.") ") 8 35 R.S1.G.B.: vgl. auch § 81 Abs. 3 R.St.G.B. u. A.

’) Art. 170, 172 der rechtSrhein. b. Gem.Ordn. vom 29. April 1869.

*) § 100 Abs. 6 des R.G O. v. 1. Juni 1891; siehe auch § 83 bez. der Innungen älterer Ordnung. 9) § 66 des R.G. über die Erwerbs- und WirtschaftSgenoffenschaftm vom 1. Mai 1889.

l0) Unfallversicherung-gesetz v. 6. Juli 1884 und 25. Mai 1885 § 24, 34 Abs. 2, 42. “) ReichSkrankenversicherungSgesetz v. 15. Juni 1883 und 10. April 1892 88 34 und 37. **) 8 21 des Ges. über die eingeschriebenen HilfSkaffen v. 7. April 1876 und 1. Juni 1884 (R.G.Bl. 125/54).

") b. Ges. betr. die anerkannten Bereine v. 29. April 1869 Art. 32 Abs. 2;. b. A.G. }. R.E.P.O. Art. 80.

") ReichSpreßgesetz v. 7. Mai 1874 8 8.

II. Kapitel.

Die einzelnen Rechtssubjekte.

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4. Ferner zieht schon die Verurteilung zur Zuchthausstrafe an sich die dauernde Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter von Rechtswegen nach fidj.15) 5. Bei Verurteilung wegen Meineids ist überdies auf die dauernde Unfähigkeit des Verurteilten, als Zeuge oder Sachverständiger eidlich vernommen zu werden, zu erkennen^); solche Personen, denen diese Fähigkeit aberkannt ist, sind als Zeugen unbeeidigt zu vemehmen und können auch nachträglich nicht beeidet werden"); die Zuschiebung, Zurückschiebung und Auferlegung eines Parteieneides im Civilprozesse, sowie das Ausschwören eines solchen, ist zulässig, begründet aber unter gewissen Voraussetzungen das Recht des Gegners, die Zu­ schiebung oder Zurückschiebung zu widerrufen, bezw. das Gericht, auf Antrag des Gegners den richterlichen Eid zurückzunehmen.") 6. Der Begriff der „turpis persona“, wie er in einzelnen bürger­ lichen Rechten, insbesondere bei der Lehre von der Pflichtteilsverletzung von Bedeutung wird, ist von dem Verluste der bürgerlichen Ehrenrechte nicht allein abhängig.'^) 7. Hat jemand infolge rechtskräftiger Verurteilung die bürger­ lichen Ehrenrechte verloren, so kann ihm die Wiedereinsetzung derselben durch königliche Gnade gewährt werden.") “) § 31 R St G.B. *• ) § 161 R.St.G.B. ”) § 358 Ziff. 2 R.C.P.O. ") §§ 432, 439 Abs. 2 R.C.P.O. Tritt Widerruf oder Zurücknahme deS Eides ein, so können beide Parteien in Ansehung der betreffenden Beweis­ führung alle Rechte ausüben, welche ihnen vor der Zuschiebung bezw. Auferlegung des Eides zustanden: § 433 Abs. 2 R.C.P.O. Eine Anwendung dieser Bestim­ mungen auf Offenbarungseide der R.C.P.O. oder deS bürgerlichen Rechtes kommt nicht in Frage, weil der Berechtigte hier stets befugt ist, den Eid nachzulaffen. ie) Roth, b. C.R. I. S. 206; Bl. f. R.A. XLI. 68, XLII. 293; E. d. b. obst. L.G. VI. 909. 20) Ges. v. 10. Juli 1861, betr. die Aufhebung der Straffolgen (W. V. 246, B. S. 29) und Ber. v. 4. Sept. 1861, betr. den Vollzug dieses Gef. (W. V. 261), zunächst aufrechterhallen durch Art. 3 Ziff. 9 des Ges., betr. die Einführung deS Strafgesetzbuches für da- deutsche Reich in Bayern v. 26. Dezbr. 1871 (W. IX. 233), dann durch Att. 3 Ziff. 8 des b. A.G. z. R.St.P.O' v. 18. Aug. 1879 (W. XHI. 194). Vgl. ferner Art. 46-48 des zit. Vollz.Einf.Ges. v. 26. Dez. 1871. Di-se Artikel enthalten Uebergangsbestimmungen, insoferne in Folge vor dem 1. Jan. 1872 ergangener Verurteilungen die Fähigkeit zur Bekleidung gewisser Aemter u. s. w. verloren gegangen war. Besonders wichtig für das civilrechtliche Gebiet sind Art. 47 und 48. Hienach erlangten mit dem 1. Jan. 1872 alle Zuchtharssträflinge, welche nach Maßgabe der bisher gellenden Strafgesetze verurteilt wurden, die Fähigkeit wieder, ihr Vermögen zu verwalten und unter Lebenden imitier zu verfügen. Die für dieselben bestellten Pflegschaften hörten vom gleichen Tcge an aus. Für diejenigen Personen, welche in Folge einer vor dem 1. Jan. 1872 erlittenen Verurteilung die Fähigkeit zur Ableistung eines Eides oder eines Handgelobnisses an Eidesstatt vor einer öffentlichen Behörde verloren haben, wurde diee Fähigkeit mit dem 1. Januar 1872 wieder hergestellt. Ausgenommen sind natürlich die wegen Meineids Verurteilten in Bezug aus die Fähigkeit zur Ableistung eiws Eides als Zeugen und Sachverständige. Becher, Landescivilrecht und Landescivilprozeßrecht. 5

66

Zweites Hauptstück.

Bon den Rcchtssubjekten.

Bon dem Tage der Eröffnung des königlichen Begnadigungs ­ reskriptes an tritt der Verutteilte in alle durch die Verurteilung ver­ lorenen Privattechte wieder ein, soweit nicht das Reskript Beschränk­ ungen verfügt. Mit diesem Wiedereintritte ist aber von Gesetzeswegen ein Rechtsanspruch auf Wiedererlangung der in Folge des Sttafurteils verlorenen Aemter, Dienste, Würden und Auszeichnungen und der von solchen abhängenden (z. B. Gehalts-Pensionsansprüche) oder aus dem früheren Besitze derselben herrührenden Privattechte, ferner auf Wiedererlangung konfiszietter, eingezogener oder zur Vernichtung besttmmter Gegenstände oder eingezogener Gewerbs- und ähnlicher besonderer Rechte nicht verbunden. Ein von dem König abgewiesenes Gesuch um Wiedereinsetzung kann erst nach Ablauf von drei Jahren, vom Tage der abweisenden Entschließung an gerechnet, erneuert werden. Das Verfahren ist Folgendes: Mag der Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte ein dauernder oder zeitlicher sein, so sind die Gesuche um Wiedereinsetzung in die verlorenen, bürgerlichen und politischen Rechte, soferne sie nicht direkt an den König vorgelegt werden wollen, an den Oberstaatsanwalt des Oberlandesgerichts einzureichen, in dessen Bezirk der Verurteilte seinen Wohnsitz hat. Der Oberstaatsanwalt hat sofort die zur Würdigung des Gesuches erforderlichen Erhebungen, insbesondere bezüglich der von dem Gesuchstcller seit seiner Verurteilung an den Tag gelegten Aufführung zu pflegen und hienach über das Gesuch in geheimer Sitzung eines aus fünf Mitgliedern zusammengesetzten Senats des Oberlandes^erichts Antrag zu stellen. Der Senat hat über das Gesuch, nötigenfalls nach vorgängiger Ergänzung der thatsächlichen Erhebungen, ein mit Gründen versehenes Gutachten abzugeben, welches durch den Oberstaatsanwalt dem Staatsminister der Justiz vorzulegcn ist. Auf Vortrag des Staatsministers der Justiz^') wird das Gesuch vom Könige verbeschieden. Ist im Begnadigungsreskripte die ganze oder teilweise Wiedereinsetzung ausgesprochen, so hat der Oberstaats­ anwalt die Eröffnung des Allerhöchsten Resttiptes unter Vermittlung des Staatsanwalts am Landgerichte an den Verurteilten durch das Amtsgericht des Wohnsitzes desselben ungesäumt zu veranlassen und gleichzeitig dem Oberlandesgerichte und der einschlägigen Kreisregierung, Kamnier des Innern, beglaubigte Abschrift zu übersenden. § 20.

Konfessionsvcrschiedenheit. ’) Durch Art. 16 Abs. 1 der deutschen Bundesaste vom 8. Juni 18152) ”) Vgl. auch Formationsverordnung für die Ministerien vom 15. April 1817 § 41 lit. f (W. I. S. 530) und vom 9. Dez. 1825 § 53 lit. f (W. II. S. 268). *) Noth, b. C.R. I. S. 206—210; Windscheid, Pand. I. S. 131; Regelsberger, Pand. I. S. 270, 271; Beseler, System des gemeinen deutschen Privatrechts Bd. I. ®. 244— 247; Stobbe, Handb. des deutschen Privatrechts, 3. Aufl. Bd. I. S. 377 — 398. s) Nebst MH. Dell. v. 18. Juni 1815 (W. 1.474; Reg Bl. 1817 S. 635).

war für den deutschen Bund die Gleichstellung der drei christlichen Konfessionen in privatrcchtlicher Beziehung anerkannt worden. In die bayerische Berfassungsurkunde ist diese Gleichstellung übergegangm: „Die in dem Königreiche bestehenden drei christlichen Kirchengesellschaften genießen gleiche bürgerliche und politische Rechtes*3)4 Den s nicht christ­ lichen Glaubensgenossen war zwar vollkommene Religions- und Ge­ wissensfreiheit zugesichert, aber in den staatsbürgerlichen Rechten sollten sie nur in dem Maße Anteil erhalten, wie ihnen derselbe in den organischen Edikten über ihre Aufnahme in die Staatsgesellschaft zugesichert ist; sie sind in. Beziehung auf Staatsbürgerrecht nach den über ihre bürgerlichen Verhältnisse bestehenden besonderen Gesetzen und Verordnungen zu behandelnd)

Zur Zeit der Erlassung der Verfassungsurkunde bestand über die Verhältnisse der jüdischen Glaubensgenossen im Königreiche Bayern ein Edikt vom 10. Juni 1813°) und waren daher zunächst nach diesem die Rechte der Juden zu beurteilen.

Schon durch das Gesetz vom 29. Juni 1851, betreffend die bürgerlichen Rechte der israelitischen Glaubensgenossen3) wurden aber alle Ausnahmebestimmungen bezüglich der Verhältnisse der israelitischen Glaubensgenossen zu den Christen in Ansehung des bürgerlichen Rechtes, sowie die Bestimmungen der bayerischen Gerichts-Ordnung von 1753 über die Exzeptionsmäßigkeit der Inden als Zeugen in Prozessen ihrer Glaubensgenossen gegen Christen aufgehoben, ebenso alle Spezial­ gesetze, Verordnungen und Gewohnheitsrechte (Ritualgesetze), insoweit sic das bürgerliche Recht, insbesondere das eheliche Güterrecht und das Erbrecht betreffen, bezüglich der israelitischen Glaubensgenossen unter sich; es wurde für sie die Geltung der für die Christeu geltenden Civil- und Prozeßgesetze festgesetzt. Nur in Beziehung auf die Be­ dingungen und die Form der Eingehung der Ehe^), sowie in Beziehung auf Ehehindernisse und Ehescheidung verblieben die israelitischen GlaubensHknossen auch ferner unter denjenigen besonderen Gesetzen, welche mit ihrer Religion unzertrennbar zusammenhingen. Durch das heutige Rcichsrecht, insbesondere durch das Reichs•) Tit. IV. § 9 Abs. 2 der V.U., so ziemlich der gleiche Wortlaut, wie in der Bundesakte. 4) Tit. IV. § 9 Abs. 3 der $.11.; ferner Rel.Ed. §§ 11, 25. In der Bundes•ate Art. 16 Abs. 2 hieß es: „Die Bundesversammlung wird in Beratung ziehen, wie auf eine möglichst übereinstimmende Weise die bürgerliche Berbessemng der jivischen Glaubensgenossen in Deutschland zu bewirken sei und wie insonderheit denselben der Genuß der bürgerlichen Rechte, gegen die Uebernahme aller Bürgerpftchtcn in den Bundesstaaten verschafft und gesichert werden könne. Jedoch wirden den Bekennern dieses Glaubens bis dahin die denselben von den einzelnen Brndesstaaten eingeräumten Rechte erhalten." s) W. I. 417. Siehe hiezu Note 3, Schlußsatz des Art. 16 Abs. 2 der Bmdesakte. °) W. IV. 266; s. auch Bl. s. adm. Pr. I. 233, II. 77. ’) Ob auch für Bcrlöbnisfe? Man luirb es bejahen müssen.

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Zweites Hauptstuck. Bon den RechtSsubjektrn.

Gesetz vom 3. Juli 1869®) und 6. Februar 1875 (Personenstandsgesetz) ist die Gleichstellung aller Konfessionen in bürgerlicher, staatsbürger­ licher und prozeßrechtlicher Beziehung durchgeführt. Hiedurch ist aber insbesondere auch das jüdische Recht hinsichtlich der materiellen Voraus­ setzungen der Ehescheidung nicht beseitigt worden. ®) Von diesen materiellen Voraussetzungen sind jedoch zu unterscheiden gewisse Formen, welche bloß den religiösen Vollzug der Ehescheidung für Israeliten betreffen; diese Formen sind reichsrechtlich beseitigt, wenngleich hiedurch die Frage nicht berührt ist, ob auch von dem Standpunkte der jüdischen Religion ohne Einhaltung jener Formen eine Ehescheidung als vollzogen gilt. Insbesondere tritt reichsrechtlich an die Stelle der Verabreichung des Scheidebriefes das rechtskräftige gerichtliche Erkenntnis?®)

in. Titel.

D»trrschiede irt SirttrJIeliigei phMcher Prrftsk» iiekfirtm m iiibli* •if St«dt«erhAt»isse, gemisst A»s eich»m»ge« iü Sltliign. § 21.

Der König?) „Der König ist das Oberhaupt des Staates, vereinigt in sich alle Rechte der Staatsgewalt und übt sie unter den von Ihm gegebenen, in der Berfassungsurkunde festgeseNtcn Bestimmungen aus. Seine Person ist heilig und unverletzlich."®) Die Ausübung der Staatsgewalt durch den König ist ferner infolge des Beitrittes Bayerns zum Deutschen Reiche durch die Reichs­ verfassung und die deutschen Reichsgcsetze nebst den hiezu gehörigen Verordnungen beschränkt. 8) betr. die Gleichberechtigung der Konfessionen in bürgerlicher und staats­ bürgerlicher Beziehung (W. VIII. 218), in Kraft seit 13. Mai 1871; vgl. auch R.G. v. 22. April 1871, betr. die Eins, nordd. Bundesges. in Bayern § 2 Ziff. 10. 0) §§ 76, 77 Pers.St.Ges.; § 15 Abs. 3 R G.B.G.; 88 568,592 R.Z.P.O. *°) Ebenso E. d. b. obst. L.G. IX, 376; Bl. s. R.A. XLVII. 138, ferner XLII. 49 ff. Harburger in Bl. s. R.A. LU. 104 spricht sich dahin aus, daß das Gericht nur die Scheidung zu gestatten habe und sich die Scheidung durch die Uebergabe des Scheidebriefes vollziehe. Immerhin ist die Frag« sehr zweifelhafter Natur, da insbesondere § 55 Abs. 2 Pers.St.G. eine entsprechende Anwendung finden könnte. Daß eine gerichtliche Scheidung heute erforderlich ist und nicht die blohe Ueberreichung des Scheidebriefes genügt, ist billig nicht zu bezweifeln (Bl. f. R.A. L. 367). Bgl. über das heutige jüdische Eherecht auch den Aussatz in .Bl. f. R.A. Bd. XLVUI. S. 417 sf., insbesondere auch wegen der dort verzeichneten Litteratur; seiner über die israelitische Glaubensgesellschaft: Seydel, b. St.R. VI. S. 326 ff.; Heimberger, staatskirchenrechtlichc Stellung der Israeliten in Bayer», Freiburg 1893. ’) S8.ll. Til. II; Fam.Stat. v. 5. Aug. 1819; Civillistegesetz v. 1. Juli 1834; Brie in Frh. v. Stengels Wörterbuch des deutschen Berwaltungsrechts IL S. 7-10; Roth, b. C.R. I. S. 211-215; Seydel, b. St.R. I. S. 364-386 ’) II. Tit. § 1 B.U.

II.

Kapitel.

Die einzelnen Rechtssubjekte.

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Wenn der König auch in politischer Beziehung einer Verant­ wortung nicht untersteht, im bürgerlichen Rechtsverkehre erscheint er nicht mehr als unverantwortliches Staatsoberhaupt, sondern als verantwortliche Privatperson. In privatrechtlicher Beziehung ist der König der bürgerlichen Gesetzgebung unterworfen, soweit nicht aus­ drückliche Ausnahmen bestehen: er hat sich ihr selbst unterworfen, indem er die Gesetze sanktionierte, aus welcher unzweideutig seine Unterwerfung hervorgeht?) Keinesfalls darf für vermögensrechtliche Ansprüche Dritter die Zulässigkeit des Rechtswegs vyn einer Ein­ willigung des Königs abhängig gemacht werden?) Der König und seine Gemahlin haben nach bayerischem Rechte nicht die Fiskalprivilegien/) Der allgemeine Gerichtsstand der königlichen Civilliste bezw. der privatrechtlichen Person des Königs in allen privatrechtlichen Streitigkeiten ohne Unterschied ist vor den Gerichten des Gerichts­ bezirkes München?) Die besonderen Gerichtsstände der Reichscivilprozeßordnung sind nicht beseitigt?) Im Einzelnen bestehen jedoch auch das privat- und prozeßrecht­ liche Gebiet berührende Besonderheiten, welche teils ihre Grundlage, teils ihren Anlaß in der Herrscherstellung des Königs haben: 1. Dem König steht eine Disposilionsbefugnis über das Staats­ vermögen in seiner Eigenschaft als Privatperson nicht zu; auch das Hausfideikommißvermögen ist seiner freien Dispositionsbefugnis ent­ zogen?) 2. Hinsichtlich desjenigen Vermögens, welches der Monarch weder aus Staatsmitteln, noch durch Staatsverträge, noch in sidei8) Vgl insbesondere Art. 1 A.G. zur R.C.P.O.; die Normierung eineGerichtsstandes der Civilliste für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten hätte sonst keinen Siin. Vgl. Seydel, b. St.R. I. S. 354. 4) § 5 E G. z. R.C.P.O. 5) Weder die Berfassungsnrkünde noch das Familienstatut erwähnt solche. Mindestens fallen sie aus dem Gebiete des Hypothekenwesens, der Subhastation uni deS KonkursrechteS, da hier solche Privilegien nicht eingeräumt sind. Vgl. auch Roth, b. C.R. I. S. 212, 238, 239. A. M. Seufsert, Komm. z. b. G.O. I. S. 22, 126. S. auch Seuff. Arch. XXXII. 13. 6) §5 E.G. z. R.G.B.G.; § 5 E.G. z. R.C.P.O.; Art. 1 A.G. z. R.C.P.O. Wird München in verschiedene Gerichtsbezirke eingeteilt, so wird daS zuständige Gencht durch Verordnung bestimmt. Die gegenwärtige Einteilung des Amtsgerichts Minchen I in eine Abteilung A und B für Civilsachen ist keine Einteilung in verschiedene Genchtsbezirke im vorgedachten Sinne. — Vgl. auch k. Verordn, v. 2. April 1879, die Bestimmung der Gerichtssttze und die Bildung der Gerichtsbezirke betr. (W. XII 759). — Mangels besonderer Bestimmungen ist eine Zuständigkeit der Gerichte in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, welche den König betreffen, nicht gegeben; s. übrigens im Texte unter Ziff. 8 und 9. Auch ein Entmündigungsveryhren gegen den König ist ausgeschlossen. ’) Ebenso Böhm, A.G. S. 3. 8) Tit. VIII § 1 des r. Familienstatuts v. 5. Aug. 1819 (W. II. 21); üud der dritte Titel der 93.11. ergiebt den im Texte ausgestellten Satz, der übrigens schm auf allgemeinen Erwägungen beruht.

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Zweites Hauptstück.

Bon dm RechtSsubjektm.

kommissarischer Eigenschaft zur Vererbung im vorhandenen Manns­ stamme, sondern durch Ersparnis aus den zu seiner Privatdisposition gestellten Einnahmen oder aus sonstigen Privattiteln erworben und dem Vermögen des Staates und der Krone noch nicht einverleibt hat, steht ihm freie Privatdisposition zu; er ist in seinen Dispositionen an die Vorschriften der bürgerlichen Gesetze nicht gebunden?) 3. Der König ist befugt, mittelst jeder Art letztwilliger Verfügung über das seiner freien Disposition unterstellte Vermögen zu verfügen; hat er aber eine solche nicht getroffen, so wird mit seinem Tode das unbe­ wegliche Vermögen Staatsgut und nur das Nutzungsrecht hieran kommt nach Maßgabe der Jntestaterbfolge in den Erbgang des Mannsstammes, während das bewegliche Vermögen nach den gewöhnlichen Grundsätzen der Jntestaterbfolge, aber auch nur im Mannsstamme, sich vererbt. Erst wenn der Mannsstamm erloschen ist, tritt die Jntestaterbfolge zu Gunsten der Cognaten ein.10) Die jeweils eintretende Jntestat­ erbfolge richtet sich nach den bürgerlichen Gesetzen.") Eine Ausnahme besteht hinsichtlich der vom Könige in wissenschaftliche oder Kunst­ sammlungen des Staates verbrachten beweglichen Sachen seines Privat­ vermögens; hat er sie dem Vermögen des Staates oder dem Fideikommißgute nicht ausdrücklich einverleibt, jedoch int Inventare der Sammlung nicht als sein Privateigentum vormerken lassen, so werden sie mit seinem Tode Staatsgut; wurde aber diese Vormerkung bethätigt, so folgen sie der gewöhnlichen Erbfolge zunächst im Mannsstamme und int Falle Erlöschens desselben in der Weiberlinie und können von den Erben Mangels entgegenstehender Bestimmungen aus der Sammlung entnommen werden; werden sie aber von den Erben in der Sammlung belassen, so müssen sie ihr Eigentum hieran im In­ ventare vormerken lassen, widrigenfalls das Eigentum zu Gunsten des Staates erlischt.") 4. Einzelne dem Staate gehörige bewegliche und unbewegliche •) Tit. VIII § 1 und 2 Fam.Stat. Es bedürfen daher z. B. übermäßige Schenkungen des Königs keiner notariellen Verlautbarung zu ihrer Giltigkeit. Ob der im Texte genannte Satz auch für den hypothekenrechtlichen Verkehr Platz hat? Es wird dies zu bejahen fein. '°) Tit. VIII § 3 Fam.Stat.; Tit. III § 1 Abs. 2 B.U; Tit. V § 3 u. 4 Fam.Stat. “) Tit. vni § 4 Fam.Stat. Also wohl nach bayerischem Landrechte, da der König in München seinen letzten maßgebenden Wohnsitz haben wird. lt) Ges. die Bestimmung des § 2 Ziff. 7 des Tit. III der Berf.Urt., oas Staatsgut bctr. vom 9. März 1828 (W. II. 399); hiezu M E , die dem Staatsgute nicht zugedachten, der Privatdisposition Seiner Majestät des Königs voibehaltenen Kunstgegenstände betr. v. 18. Ott. 1836 (W. III. 71). Vgl. hieher ins­ besondere Seydel, b. St R. I. S. 378 Anm. 1 über die Auslegung des Ges. v. 9. März 1828 gegen Pözl, b. B.R. § 142 Anm. 5 S. 377 und § 152 Anm 11 S. 402. — Das Gesetz enthält insofern eine große Ungenauigkeit, als nicht gesagt ist, innerhalb welcher Frist die Erben ihr Eigentum vormerken fassen müssen: eine Ungenauigkeit, die vom Standpunkte einer Gesetzgebung aus nicht recht begreiflich ist.

II. Kapitel. Die einzelnen Rcchtssubjekte.

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Gegenstände sind dem Könige zur Nutzung überlassen^); das Rechts­ verhältnis ist ein gewöhnlicher Nießbrauch ohne Verpflichtung zur Kautionsleistung.") Hieraus") ergibt sich auch die Verpflichtung des Königs zur Vornahme und Bestreitung von Reparaturen an solchen zum Gebrauche des Hofes bestimmten Gebäuden"), es müßte denn sein, daß der König vorübergehend ein solches Gebäude der Benützung zu einem besonderen Staatszweckc überläßt; in diesem Falle steht es ihm frei, auf die Dauer dieser Benützung die Reparatur- und Unterhaltskostcn insolangc auf die Staatskasse zu überweisen.") Sind dem Könige bewegliche Sachen zur Nutznießung überwiesen, so hat er sie aus der Civilliste zu erhalten und hieraus auch alle „erforderlichen" Nachschaffungcn, soweit Gegenstände zu Verlust ginge», zu bethätigen.") 5. Die Ansprüche des Königs an den Staat auf Leistung der Civilliste"), ebenso die im Hinblick auf die Civilliste begründeten-") vermögensrechtlichen Verpflichtungen des Königs sind zwar durch Verfassungsgcsctzc geregelt, schließen sich an ein öffentlich-rechtliches Vcr13) Verzeichnis der für den Dienst des königlichen Hofes bestimmten Ge­ bäude zum Civillistegesetz; Ges., die Erbauung eines der Civilliste einzuverleibenden Palastes in München betr. v. 11. April 1843 (W. III. 488). Das Verzeichnis ist jedoch nicht erschöpfend, schon im Hinblick auf Tit. III § 1 Abs. 2 V.U. Für die Frage, ob ein Grundstück Hofgrundstück ist, ist entscheidend die Thatsache, daß es für Hofzwecke bestimmt und aus Grund irgend eines Nechtstitels der Civilliste überwiesen ist: Seydel, b. St.N. I. S. 371. — Ueber die dem Könige zur Nutzung überlassenen beweglichen Sachen vgl. Tit. III S. 2 Ziff. 4 und 5 V.U.; Art. 6 Civillistegesetz; über diese sind genaue Inventare zu führen, deren Einsicht dem Landtage aus Verlangen zu gestatten ist. — Bezüglich des Hausschatzes vgl. Tit. Ili § 2 Ziff. 6 V.U. und Art. 6 Abs. 3 des Civillisteges. rl) Seydel, b. St.N. I. S. 572: „Der König unterliegt im Allgemeinen und soweit nicht das Gesetz über die Civilliste ausdrückliche Bestimmungen trifft, den Nechtsgrundsätzen, welche für die Nutznießung fremden Vermögens gelten." 15) Der Nießbraucher muß der Regel nach Reparaturen und Lasten selbst bestreiten. lö) Art. 4 mit Art. 5 Abs. 2 Civillisteges. Wenn es dort heißt, daß Hof­ bauten, soweit sie Neubauten sind, gleichfalls aus der Civilliste bestritten werden müssen, so ist dies keine Folge des Nießbrauchs: s. Seydel, b. St.N. I. S. 573 Anm. 1. 17) Art. 5 Abs. 2 Civillisteges. Vgl. hierüber uud über die Baupflichts­ verhältnisse an den königlichen Theatern in München: Seydel, b. St.N. I. S. 379 Anm. 2. 18) Art. 6 Abs' 1 Civillisteges. Nach Tit. III § 7 Abs. 2 V.U. kann der Monarch mit dem unter dem Staatsgute begriffenen beweglichen Vermögen nach Zeit und Umständen auch zweckmäßige Veränderungen und Verbesserungen vor­ nehmen. Hiedurch dürfen aber keine Werlsminderungen des Gesamtinventars herbeigesührt werden. Vgl. hierüber zutreffend Seydel b. St.R. I. S. 375, welcher noch bemerkt: „Jnventarstücke, deren Nachschaffung überflüssig ist, brauchen nicht als solche ersetzt, es muß aber ihr Wert dem Inventare in anderer Weise wieder zugeführt werden." — Der „Hausschatz" soll stets ohne Verminderung seines Wertes fortbestehen: Art. 6 Abs. 3 Civillisteges. 19) Ges., die Festsetzung einer permanenten Civilliste betr., v. 1. Juli 1834 (W. II. 735); § 7 des Finanzgesetzes vom 29. Juli 1876 (W. II. 735). — Vgl. hi eher auch v. Gneist in Frh. v. Stengels Wörterbuch des deutschen Verwaltungs­ rechts I. S. 252—255; Mischler im Handwörterbuch der Staatswissenschaften II. S. 833—837. 20) Civillisteges. Art. IV—VIII; Finanzgesetz v. 28. Dez. 1831 §§ 6-9 (W. II. 568).

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Zweites Hauptslück.

Bon den RechtSsubjetten.

hältnis an, sind aber trotzdem ihrem inneren Wesen nach gesetzliche Berechtigungen und Verpflichtungen privatrechtlicher Natur — letztere, soweit sie nicht lediglich oder in erster Linie im öffentlichen Interesse ihm auferlegt sind — und gehören daher vor die bürgerlichen Gerichte. Die herrschende Meinung erachtet jedoch die Zuständigkeit der bürgerlichen Gerichte nicht für begründet.^) Im Einzelnen

21) Für die herrschende Meinung: Seydel, b. St.R. I. S. 375,376. Wenn Pözl, B.R. S. 399 sagt, der Anspruch auf die Civilliste mit den Nutzungen, welche zu ihr gehören, habe seinen Grund im Staatsrechte, so ist damit allein noch nicht die öffentlichrechtliche Natur der im Texte genannten Ansprüche gegeben. Es gibt eine Reihe Privat­ rechte, welche ihren Ausgangspunkt im Staatsrechte haben. Ebenso wenig vermochten mich die in dem von v. Seydel a. a. O. zitierten Aussatze aufgeführten Gegengriinbe zu überzeugen; denn auch die Thatsache „der verfaffungsrechtlichen Regelung des Staatsauswandes für die Bedürfnisse des Staatsoberhauptes" schließt die privatrechtliche Eigenschaft der Ansprüche nicht aus. Richtig ist, wie v. Seydel selbst bemerkt, kaß die privatrechtliche Natur der Ansprüche nicht um deßwillen schon gegeben ist, weil der König im privatrechtlichen Sinne Eigentümer des erhaltenen Geldes wird; allein ebenso richtig ist, daß mit der „Civilliste" in erster Linie die privatrechtliche Persönlichkeit des Königs ausgestattet werden wollte; denn die ent­ sprechende Ausstattung dieser ermöglicht es nur dem König, auch staatsrechtlich seine Stellung als Staatsoberhaupt zu repräsentieren. Es handelt sich sohin um Beziehungen des Staates zur privatrechtlichen Person des Königs, welche in erster Linie seine privatrechtlichen Berhältniffe betreffen, in erster Linie privatrechtliche 8wecke verfolgen und erst durch diese hindurch die Stellung des Königs als taatsobeiHaupt beeinflussen. Die vermögensrechtlichen Ansprüche des Königs an den Staat und die dem Könige im Hinblick auf die Civilliste auferlegten Lasten, insoweit der gleiche Gesichtspunkt auf Seite der Berechtigten zutrifft, sind daher, wenngleich staatsrechtlich normiert, doch dem inneren Wesen nach — und hierauf allein dürfte es in erster Linie ankommen (vergl. auch § 4 E.G. z. R.C.P.O.) — privatrechtlicher Natur. (S. auch die Ausführungen über das Rechtsverhältnis der öffentlichen Diener im Abschnitte über diese ) Immerhin ist die Gewichtigkeit der Gegengründe in dieser äußerst zweifelhaften Frage nicht zu verkennen und insbesondere ist richtig, daß die „Kronrente und die dazu gehörigen Nutzungen nicht als privatrechtliches Entgelt für die Abtretung des Kammergutes an den Staat" zu erachten sind, daß das Verhältnis des Staatsoberhauptes zum Staate ein an sich öffentlich rechtliches ist und auch die Gewährung der Kronrente seitens des Staates, wenn auch zunächst zu dem Zwecke, um der privatrechtlichen Person des Königs Subsistenz zu verschaffen, doch im schließlichen Effekte im Interesse des Staates und seines Ansehens, sohin im Interesse der Allgemeinheit erfolgt. Vgl. hieher auch Seusf. Arch. XXXVI. 231; E. d. R G. HL 409. Jedenfalls gehören solche An­ sprüche — selbstverständlich zu unterscheiden von Berfassungsstreitigkeiten über die Grundlage dieser Ansprüche — nicht zur Zuständigkeit der Berwaltungsgerichte, bezw. des Verwaltungsgerichtshofcs; Art. 8 und 10 des Verwaltungsgerichtshofes­ gesetzes vom 8. Aug. 1878 nennen sie nicht; es könnte höchstens die Kompetenz der reinen Verwaltung begründet sein, die aber im Hinblick auf ihre Organisation und Stellung bedeutenden Bedenken begegnen dürste. Trotz der Vorbehalte im E.G. z. R.C^P.O. § 5 und im E G. z. R.G.V.G. § 5 enthalten weder die Landes­ gesetze noch Hausgesetze eine besondere Zuständigkeitsvorschrift. Der Wortlaut des Art. 1 A G. z. R.C.P.LX bestätigt mehr die im Texte vertretene Ansicht, wenn­ gleich etwas von besonderem Gewichte hieraus nicht ^u entnehmen ist. Vgl. auch noch § 13 R.G.V.G. Ebenso wie v. Seydel auch Böhm, A.G. S. 2. Gegen die herrschende Ansicht vermutlich v. Moy, Staatsrecht des Königreichs Bayern I. S. 138 ff. und 171 ff., dessen Ausführungen jedoch nicht immer zutreffend sind. — Es wäre aber endlich noch zu erwägen, ob vom Standpunkt der herrschenden Meinung überhaupt von einem öffentlich-rechtlichen „Anspruch" des Königs gesprochen werden kann.

n. Kapitel.

Die einzelnen Rechtssubjekte.

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ist noch zuzusehen, ob die dem Könige auferlegten Verpflichtungen für den Berechtigten einen klagbaren Anspruch erzeugen sollen; nur im bejahen­ den Falle kann der Rechtsweg beschritten werden. Für die Forderung des Königs auf die Civilliste haften in erster Linie die Erträgnisse der Staatsdomänen; eine besondere privatrechtliche Bedeutung ist dieser Haftung jedoch nicht beizulegen.^) 6. Der König übt nicht nur diejenigen Patronatsrechte aus, welche seine Vorfahren in giltiger Weise inne hatten, sondern präsentiert auch zu allen jenen Benefizien, zu welchen nicht mehr bestehende geist­ liche Korporationen ans giltigem Patronatsrechte früher präsentierten?') 7. Der König ist im Civilprozeßverfahren nicht verpflichtet, an der Gerichtsstelle persönlich zu erscheinen; die Anordnung seines persön­ lichen Erscheinens, selbst wenn er Partei ist, ist unzulässig.") Soll der König als Zeuge vernommen werden, so ist er durch ein Mitglied des Prozeßgerichts (beauftragten Richter) oder durch ein anderes Gericht (ersuchten Richter) in seiner Wohnung zu vernehmen?') Eide leistet er gleichfalls in seiner Wühnung vor einem Mitgliede des Prozeßgerichts oder einem ersuchten Richter und zwar mittelst Unterschreibens der die Eidesnorm enthaltenden Eidesformel?') Strafen gegen den König wegen unberechtigter Zeugnis- oder Eidesverweigerung sind unzulässig. 8. Der König als Privatperson kann aus privatrechtlichen Gründen unter Vormundschaft stehen; hievon verschieden ist die Not­ wendigkeit einer Reichsverwesung aus staatsrechtlichen Gründen, wenn­ gleich sie mit privatrechtlichen, zur Vormundschaft führenden Gründen teilweise zusammenfallen?^) Die Vormundschaft über den minderjährigen Nimmt man an, daß der König die Civilliste nicht als Privatperson, sondern nur als „Staatsoberhaupt" bezieht, dann liegt wegen Einheit des Subjektes der Berechtigung und Verpflichtung ein Anspruch im rechtlichen Sinne nicht mehr vor; die Civilliste ist dann in der That nichts anderes, als ein staatlicher Spezialfond, auf welchen bestimmte, im Interesse deS Staates gelegene Ausgaben angewiesen sind. M) Art. 2 des Civillisteges.: „wird hiemit aus die gesamten Staatsdomänen ra-iziert." Man könnte höchstens an eine Verpsändung der Erträgnisse denken, die aber im Hinblick auf § 3 Hyp.Ges. große juristische Bedenken gegen sich hat. ") Art. XI des b. Konkordates vom 5. Juni 1817 (W. I. S. 690). Vgl. hiezu Stingl, Verwaltung des katholischen Pfarramts, 2. Ausl. I. S. 43 über die Auslegung bei Konkordatsstelle („unter den nicht mehr bestehenden geistlichen Korporationen seim nur die durch den Reichsdeputationsreceß von 1803 aufgehobenen Klöster, geistliche Stifter rc. zu verstehen, nicht die im 16., 17. oder 18. Jahrhunderte aufqeiösten geistlichen Körperschaften"); Silbernagl, Lehrb. des kath. Kirchenrechts tz. 236-238. 24) § 196 Abs. 2 R.C.P.O. Von dem Vorbehalte des § 5 des E G. z. R.T.P.O. ist in Bayern hier kein Gebrauch gemacht. — Jene Vorschrift hat in der fwwilligen Gerichtsbarkeit auch für den notariellen Verkehr entsprechende Anwcndung zu finden, z. B. in Verlassenschaften, in welchen der König als Erbe odrr Bermächtnißnehmer in Frage kommt, ferner im hypothekenrcchllichen Verkehr, sals seine Einvernahme vor dem Hypothekenamte in Frage kommen sollte. 25) § 340 Abs. 2 R.C.P.O. 2°) §§ 441, 444 Abs. 3 R.C.P.O. X7) Vgl. hiezu Seydel, b. St.R. I. S. 453, 454.

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Zweites Hauptstück.

Bon den RechtSsubjckten.

oder aus anderen Gründen zu bevormundenden König führt der durch väterliche Disposition Ernannte, welcher, im Falle nicht der frühere König der Vater ist, vom Reichsverweser bestätigt sein muß, und zwar jeweils unter Aufsicht des Reichsverwesers, der das Gutachten des Regentschastsrates einzuholen hat; mangels solcher Ernennung bezw. Bestätigung gebührt im Falle der Minderjährigkeit des Königs die Vormundschaft der Mutter des Königs unter gleicher Aufsicht des Reichsverwesers. Sttrbt die Königin-Mutter vor beendeter Vormundschaft oder kann sie wegen eines gesetzlichm Hindernisses die Vormundschaft nicht führen, oder steht nicht eine Vonnundschaft wegen Minderjährigkeit, sondern aus anderen Gründen in Frage, so hat der Reichsverweser unter Vernehmung des Regentschaftsrates die Vormundschaft anzuordnen. Dem Reichsverweser gebührt die Obervormundschaft. Die Vermögens­ verwaltung erfolgt nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes; an die Stelle des Kuratelgerichtes tritt in allen Beziehungen der Reichsverweser?b) 9. Die auf Ableben des Königs zu pflegenden Verlassenschafts­ verhandlungen erfolgen unter der Leitung des Ministers des königlichen Hauses?^ 10. Der König übt die Gerichtsbarkeit über die Mitglieder des königlichen Hauses aus. (Siehe diese.) § 22.

Die Mitglieder des königlichen Hauses?) Das königliche Haus begreift alle Prinzen und Prinzessinnen, welche vom Könige oder von einem Deszendenten des gemeinschaft­ lichen Stammvaters des königlichen Hauses durch anerkannte, eben­ bürtige, rechtmäßige Ehen in männlicher Linie abstammen, ferner die Gemahlinnen der königlichen Prinzen und ihre Witwen während ihres Witwenstandes, selbstverständlich auch die Gemahlin des Königs, dessen Witwe, sowie den abgedankten König und dessen Gemahlin oder Witwe?) Mit der Verehelichung scheiden die weiblichen Glieder des könig­ lichen Hauses aus demselben aus, soferne sie nicht einen Prinzen des königlichen Hauses heiraten?) In privattechtlicher Beziehung unterliegen die Mitglieder des bayerischen Königshauses zunächst dem gemeinen Reichsrechte, soweit es “) Diese Sätze ergeben sich teils auS dem Wortlaute, teils aus dem Sinne des Tit. IX §§ 2-9 d. Fam.Stat. ”) Fam Stat. Tit. III § 1. *) BU. Tit. II insbesondere § 8; Fam.Stat. v. 5. Aug. 1819; Civillisieaesetz v. 1. Juli 1834; Roth, b. C.R. I. S. 212-215; Seydel, b. St.R. I. S. 412—448; Brie in Frh. v. Stengels Wörterbuch des deutschen Berwaltungsrechts II S. 10—13. ’) Fam Stat. Tit. I § 1; Seydel, b. St.-R. I. S. 425; Roth, b. C.R. I. S. 213. ’) arK- Fam.Stat. Tit. I § 4b Schlußworte; Seydel, b. St.R. I. S. 425.

nicht für sie abweichende Normen oder zu ihren Gunsten Vorbehalte enthält, in zweiter Linie den Bestimmungen der Hausgesetzgebung mit subsidiärer Geltung des gemeinen deutschen Privatfürstenrechtes und schließlich dem Landescivilrechte?) Ihre Sonderrechte äußern sich vor allem und fast ausschließlich auf familien-, erb- und prozeßrechtlichem Gebiete 1. Die Prinzen und Prinzessinnen werden mit dem vollendeten 18. Lebensjahre großjährig; eine vorherige Großjährigkeitserklärung richtet sich in ihren Voraussetzungen nach bürgerlichem Rechte/) 2. Der König hat das Recht, von der Erziehung aller Prinzen und Prinzessinnen, auch wenn sie unter Vormundschaft stehen, Einsicht zu nehmen.^) Die Vormundschaft über die Kinder des Königs kann durch väterliche Dispositionen besonders ungeordnet werden. Mangels solcher gebührt sie der verwitweten Königin, welcher auch in jedem Falle die Erziehung ihrer Kinder gebührt. Stirbt die verwitwete Königin vor beendigter Vormundschaft oder kann sie die Vormundschaft wegen eines gesetzlichen Hindernisses nicht fortführen, so kommt die Anordnung derselben dem nunmehrigen Könige oder dem Reichsvcrweser mit Ver­ nehmung des Regentschaftsrates $u.84) * 6 Die 7 Töchter eines Königs verbleiben unter der Vormundschaft des Monarchen oder des Reichs­ verwesers sogar bis zu ihrer Vermählung, ohne Unterschied, ob sie sich bei der verwitweten Königin befinden oder ein besonderes Haus für sie gebildet worden ist.9) Die Prinzen des königlichen Hauses können für die Verwaltung des Vermögens und die Erziehung ihrer minderjährigen Kinder Vor­ münder ernennen; diese bedürfen aber der Bestätigung durch den König. Hat der Vater keinen Vovmund ernannt oder ist der ernannte 4) Die HauSgesetzgebung ist niedergelegt im t. Familienstalul vom 5. Aug. 1819 mit Art. 4—9 des Familiengesetzes von 1816 und im Civittistegesetz v. 1. Juli 1834. Siehe hiezu insbesondere Seydel, b. St.R. I. S. 412—424. Die Bemerkung in der Brater'schen Handausgabe der b. B.U. auf S. 166, dast vom t. Familien­ statute vom Jahre 1819 nur Tit. VII, VIII § 1 und X verfassungsrechtliche Giltig­ keit haben, ist ohne Grundlage. DaS Familienstatut von 1819 gilt voll und §anz, soweit das Civittistegesetz nicht Abweichungen enthält. Auch Seydel a. a. O. rnd Weber II. S. 19—27 bezeichnen dasselbe nicht als in dem in der Brater'schen Handausgabe bezeichneten Umfange aufgehoben. 6) Art. 2 Reichsverfassung; vgl. hiezu Roth, b. C.R. I. S. 211; Seydel, l. St.R. I. S. 429. — Bgl. noch Formationsverordnung für die Ministerien v. Dez. 1825 (W. II. S. 266) § 40. 6) B.U. Tit. II § 7; Fam.Stat. Tit. IX § 1; § 2 des R.G. betr. das Älter der Großjährigkeit vom 17. Febr. 1875. Die oben S. 45 und 46 erwähnten Zuständigkeiten der Gerichte und Staatsanwälte greifen natürlich hier nicht Platz. 7) Fam.Stat. Tit. IV §§ 1 und 8. ®) Tit. II § 14 B.U.; Fam.Stat. Tit. IX §§ 3. 4. Die Reichsverwesung ist durch diese Vorschriften nicht berührt: arg. Tit. IX §§ 2 und 3, erster Satz. 9) Fam.Stat. Tit. IX §5; ebenso Seydel, b. St.R. I. S. 430; A. M. Roth, l. C.R. I. S. 214. Hiegegen spricht einmal die Stellung der Vorschrift in Tit. IX; Tit. IX § 3 und 4 handelt nur von den Kindern des Königs; erst §§ 6 ff. betifft die Kinder der Prinzen; dann geht der im Text angenommene Satz unzveideutig aus dem Alternativsatze des § 5 hervor.

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Zweite- Hauptstück.

Bon den Rechtssubjekten.

Vormund vom Könige nicht bestätigt worden, so kommt die Bestellung eines solchen dem Könige ju.10)* 12 * * Die Vormünder haben in Ansehung der Verwaltung des Ver­ mögens ihrer Mündel die bürgerlichen Gesetze zu beobachten mit der Maßgabe, daß für Handlungen, welche hienach der gerichtlichen Bestätigung bedürfen, die Bestätigung des Königs erforderlich ist.") Der König führt die Obervormundschaft über alle minderjährigen Glieder des königlichen Hauses ohne Unterschied.") , 3. Kein Mitglied des königlichen Hauses darf ohne vorgängige Einwilligung des Königs eine Ehe eingehen1S); eine wider dieses Verbot abgeschlossene Ehe ist zwar gütig, aber es knüpft sich an die Ueberschreitung des Verbotes die staatsrechtliche Folge, daß Gattin und Kinder nicht die Mitgliedschaft im königlichen Hause erwerben und demnach alle öffentlich- und privatrechtlichen Berechtigungen und Verpflichtungen fallen, welche an jene geknüpft sind. „Die geschlossene Ehe hat in Beziehung auf den Stand, Titel und Wappen des Mit­ gliedes des königlichen Hauses keine rechtliche Wirkung. Ebenso wenig können daraus auf Staats-Erbfolge, Appanage, Aussteuer, Witthum, selbst auf die nach älteren Herkommen und Familienverträgen zustehen­ den Vorteile einer Ehe zur linken Hand Ansprüche gemacht werden. Die aus solcher Ehe erzeugten Kinder oder die zurückgebliebene Witwe haben nur eine Alimentation aus dem eigenen Vermögen des Vaters oder Ehegemahls zu fordern."") Eheverträge der Mitglieder des königlichen Hauses bedürfen in Bayern abgeschlossen notarieller Beurkundung, in allen Fällen zur Giltigkeit auch der Bestätigung des Königs, bezw. Reichsverwesers.") 4. Für die Mitglieder des königlichen Hauses gelten Sonder­ vorschriften in Bezug auf das standesamtliche Verfahren über Geburten, Heiraten und ©terbefäHe.16) 10) Fam.Stat. Tit. IX §§ 6 und 7. n) Fam.Stat. Tit. IX § 9. 12) arg. Fam.Stat. Tit. IX § 3 a. E.; §§ 6, 7, 8 und 9. ,s) Personenstandsges. v. 6. Febr. 1875 § 72 Abs. 3; Fam.Stat. Tit. II § 1. Erteilt der König, bezw. Reichsverweser die Bewilligung, so wird die Ur­ kunde darüber unter eigenhändiger Unterschrift und Siegel des Königs bezw. Reichsverwesers und unter der Kontrastgnatur des Staatsminislers des königlichen Hauses ausgesertigt: Fam.Stat. Tit. II § 2. ") Fam.Stat. Tit. II § 3. Ges. betr. die Formen einiger Rechtsgeschäfte vom 5. Mai 1890 Art. 1; Fam.Stat. Tit. II § 4. Letztere Bestimmung wollte offenbar die Erfordernisse des bürgerlichen Rechtes nicht beseitigen. Mangels königlicher Bestätigung ist Nichtig­ keit des Ehevertrags vorhanden. Für Erbverträge gilt das Ersordernis königlicher Bestätigung nicht; soweit daher in einem nicht bestätigten Ehcvertrag erbrechtlichk Bestimmungen enthalten sind, bleiben letztere giltig, soferne ihr Bestand ohne Giltigkeit deS Ehevertrags möglich und gewollt ist. — Vgl. noch Formationsver­ ordnung für die Ministerien v. 9. Dez. 1825 (SB. II. S. 266) § 40. *•) § 72 Abs. 1 und 2 Personenstandsgesetz vom 6. Febr. 1875; Tit. Ill § 1—4 Fam.Stat.; Ber. die Führung der standesamtlichen Geschäfte im könig­ lichen Hause Betr. vom 18. Juni 1876 (SB. XI. 559). Vgl. hiezu Seydel, b. St.R. I. S. 434-436.

II. Kapitel.

Die einzelnen Rechtssubjekte.

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5. Adoptionen und Arrogationen sind den Mitgliedern des königlichen Houses verboten.^) 6. Die Mitglieder des königlichen Hauses haben gewisse ver­ fassungsmäßig und hausgesetzlich normierte vermögensrechtliche An­ sprüche — auf Apanagen, Unterhalt, Aussteuer, Abfindung, Wittum — an den Staat und gegen einander?^ Diese Ansprüche sind privat­ rechtlicher Natur und unterliegen der gleichen Kompetenz, wie andere privatrechtliche, vermögensrechtliche Ansprüche der Mitglieder des könig­ lichen Hauses. Nach der herrschenden Meinung sind auch diese Ansprüche öffentlich-rechtlicher Natur.^) Die Apanagen kommen auf Ableben des Erstapanagierten nach Maßgabe der gemeinrechtlichen gesetzlichen Erbfolge an die Deszen­ denten des Erstapanagierten, mit Ausschluß der Prinzessinnen; stirbt innerhalb einer Linie oder eines Zweiges einer Linie der Inhaber einer Apanagenquote, so greift innerhalb jeder Linie, wie innerhalb jedes Zweiges einer Linie bevorzugtes Anwachsungsrecht Platz, falls eine Linie oder ein Zweig einer Linie oder ein Zweig eines Zweiges abgeht; schließlich fällt sie kraft Gesetzes ohne Zulässigkeit anderweiter Disposition des letzten Inhabers über sie an den Staat. Mit der anwachsenden Portion gehen auch die darauf liegenden gesetzlichen Lasten über.20 * 18 ) 19 n) Fcun.Stat. Til. II § 5. 18) Tit. VI Fam.Stat.; Art. 7 Civillisteges.; im Hinblick auf § 4 des Tit. VI Fam.Stat. der Apanagialvertrag vom 30. Nov. 1803. Vgl. hiezu Sevdel, b. St.R. I. S. 436-444. 19) Seydel, b. St R. I. S. 436. Hier gilt das Gleiche, was oben § 21 Note 21 bezüglich der Ansprüche des Königs an den Staat bemerkt wurde. 20) Tit. VI § 6; Tit. VIII § 6 Fam.Stat.: „über die ihnen angewiesene Appanage steht ihnen ohne Genehmigung des Königs keine Disposition, selbst in ihrer Linie zu"; Tit. VIII § 7 a. a. O.: „Nach dem Abgänge der männlichen Nachkommenschaft eines nachgeborenen Prinzen fällt die ihm aus seiner direkten Linie angewiesene Appanage mit den darauf ruhenden Lasten des Witthums, sowie des Unterhalts und der Aussteuer der Prinzessinnen, wenn nicht der Tit. VI § 6 angeführte Fall des Zuwachses an die übrigen Zweige einer und der nämlichen Nebenlinie eintntt, an die Krone (d. i. hier offenbar an den Staat) zurück. Vgl. auch Seydel, b. St.R. I. S. 442 Note 3, welcher mit Recht bemerkt, daß die Bewilligung eines Sterbemonats oder Sterbenachmonats hier unbedingt unstaUhaft ist. Ob beim Uebergang der Apanage auf die Descendenten des Erst­ apanagierten eine „Erbfolge" vorliegt, mag zweifelhaft sein; dagegen spricht, daß der Uebergang sich unabhängig von der Erbfolge ins übrige Vermögen des In­ habers der Apanage oder einer Apanagenquote vollziehen kann (§§ 5—7 Tit. VIII Fam.Stat.; im Resultate auch verneinend Seydel b. St.R. I. S. 442 Note 5: „die Söhne haben ihre Apanagenteile nicht vom Vater, sondern kraft ihres eigenen Rechtes gegenüber dem Staate"). Daß der Heimfall der Apanage an den Staat sicher keine „Erbschaft" des Staates ist, sondern Mangels eines gesetzlich zur Apanage Be­ rechtigten infolge des jus recadentiae Untergang der Verpflichtung des Staates eintritt, geht nicht nur aus den Bestimmungen des Familienstatuts, sondern auch aus allgemeinen Grundsätzen hervor; hiegegen spricht auch der Umstand nicht, daß die auf der Apanage ruhenden Lasten der Staat nunmehr zu erfüllen hat: in ihm consolidiert sich eben die Verpflichtung nur insoweit, als nicht Lasten auf der Apanage ruhen. Vgl. auch Seydel b. St.R. I. S. 442 Note 5.

78

Zweites Hauptstück. Bon den Rechtssubjektcn.

7. Ueber die Vererbung des Vermögens des Königs auf Mit­ glieder des königlichen Hauses wurde oben im Abschnitte über den König gesprochen. Die Prinzessinnen sind von der gesetzlichen Erb­ folge bis zum Erlöschen des Mannsstammes ausgeschlossen. 8. Die Mitglieder des königlichen Hauses können über ihr Privatvermögen unter Lebenden und von Todeswegen unter Beob­ achtung der bürgerlichen Gesetze frei verfügen. Nach diesen bestimmt sich auch die Erbfolge fauch Jntestaterbfolge) in ihr Vermögen; die Prinzessinnen sind jedoch von der Jntestaterbfolge alles beweglichen Vermögens des Mannsstammes sowohl in der Hauptlinie als in den Nebenlinien ausgeschlossen, solange noch männliche Sprossen im könig­ lichen Hause vorhanden sind. Bis zur Erlöschung des Mannsstammes bleiben sie auf die ihnen ausgesetzte Aussteuer beschränkt. Sollten sie in Eheverträgen den Verzicht durch irgend einen Zufall nicht geleistet haben, so werden sie zu Gunsten des Mannsstammes „für verzichtet" geachtet?^ Bon allen neuen Erwerbungen aus Privattiteln an unbeweg­ lichen Gütern, mögen sie in der Haupt- und Nebenlinie geschehen, kommt jedoch, wenn der erste Erwerber nicht zu Lebzeiten darüber unter Lebenden oder von Tvdeswegen verfügt hat, nur die Nutz­ nießung in den Erbgang, und zwar nur des Mannsstammes, während das Eigentum.selbst dem Staate zufällt?^) 9. Bei Stcrbcsällen der Prinzen und Prinzessinnen des könig­ lichen erfolgt die Siegelung (Sperre) in ihren Palästen und Häusern durch den Staatsminister des königlichen Hauses und des Aeußern; an dem Orte, wo dieser nicht gegenwärtig ist, hat die Siegelanlcgung der dem Range nach höchste dort wohnende königliche Staatsbeamte als aus „beständigem Aufttage" hierzu ernannte Bevollmächtigte des Ministers zu besorgen. Die Verlassenschaftsverhandlungen selbst sind unter Leitung des Ministers des königlichen Hauses aufzunehmen; ist dieser am betreffenden Orte nicht anwesend, von dem dem Range nach höchsten Staatsbeamten. In allen Fällen sind die Verhandlungen dem Könige vorzulegen?') Streitige Verlassenschaftssachen werden nach den Bestimmungen über die streitigen Angelegenheiten behandelt?^) 10. Die Bestimmungen des Reichsgerichtsverfassungsgesetzes, der Reichs-Civilprozeßordnung und Reichs-Konkursordnung finden nur in­ soweit Anwendung, als nicht besondere Vorschriften der Hausverfassung oder Landesgesetze abweichende Bestimmungen enthalten?^) Für ver") Fam.Stat. Tit. V §§ 2—4; Tit. VIII § 5. ") Tit. III 8 1 Abs. 2 B U. *•) Fam Stat. Tit. III § 1. 8 ME. v. 2. Juni 1827, den Tausch der Herrschaft N. N. betr. (W I. S. 133). In erstgenannter Verordnung ist von einer sechsmonatlichen Ueberlegnngsfrist des Strates die Rede. — Unter diesen Domänen sind aber nur solche vormals reichsstärdische Besitzungen zu verstehen, mit welchen die betreffende Familie unterworfen wiude und welche diese weilerveräußert, nicht solche, welche von der Familie unter Wahrung des Vorkaufsrechtes des Staates an eine standesherrliche Familie weiter-

H4

Zweites Hauptstück.

Bon den RechtSsubjetten.

8. Die Häupter der standesherrlichen Familien haben das 8echt, die Vormundschaften jeder Art für die Mitglieder ihrer Familin zu bestellen und die obervormundschaftsgerichtliche Thätigkeit auszuiben. Sind sie selbst beteiligt, so hat das zuständige Oberlandesgerichi den Vormund oder Kurator zu bestellen. Das zuständige Oberlmdesgericht tritt hier als das Obervormundschaftsgericht auf. Beschverde­ instanz hiegegen ist das oberste Landesgericht. Die Oberaufsicht über standesherrliche Bormundschaftssachen übt in allen Fällen das Saats­ ministerium der Justiz, welches von der angeordneten Bormundchaft in Kenntnis zu setzen ist67 * *) * * * * veräuhert wurden und von letzterer nun abermals weiterveräubert werden; selbst­ verständlich aber nicht Güter, welche gar nicht reichsständische Besitzungen snd. — Die Notare dürfen Beräuberungsgeschäfte, welche diesen Vorschriften zuwideraufen, nicht beurkunden: Art. 45 Abs. 2, Art. 115 Not.Ges. (vgl. auch M.E. v. 4 Mai 1869, den Art. 45 des Not.Ges., hier den Vollzug der Ämortisationsgesetz^ betr.

sW. VIII. 127], welche vielleicht eine analoge Anwendung hier finden tonne).

67) IV. Verf.Beil. § 10 mit Art. 36 Zifs. 1, Art. 42 b. A G. z. R.0.B.G. und Art. 102 b. A.G. z. R.C.P.O.; Art. 76 Abs. 3 letzter Satz des b. tz.B.G. v. 10. Nov. 1861 (W. V. S. 350) ausrechterhallen durch Art. 81 Abs. 2 des b. A.G. z. R.G.B.G. (W. XII. S. 654). Vgl. hiezu Böhm, A.G. S. 170 Die Beschwerde richtet sich nach den Bestimmungen in Art. 56—61, nicht Art. (2—67 des b. A.G. z. R.C.P.O., da hier keine „weitere" Beschwerde in Frage steh; eine solche gegen das oberste Landesgericht ist ausgeschlossen und geht auch ncht an das Justizministerium. — Ob letzteres oder das Oberlandesgericht Ober-Bomundschastsgericht bczw. -Behörde ist, war bestritten. Ein Oberappellationsgrichtserkenntnis v. 29. Ott. 1844 in Bl. f. R.A. X. 188 weist nur die Bestellmg des Vormundes dem Appellationsgerichte, die Obewormundschast selbst abe dem Justizministerium zu. Hiegegen wendete sich Hellmuth: „Ueber die obrigeitliche Zuständigkeit in standesherrlichen Bormundschaftssachen. Als Bedenken geten die Mittheilung in den Bl. s. R.A. Jahrg. 1845 S. 188" und vindizierte die Ober­ vormundschaft dem Appellationsgerichte. Dieser Ansicht schloß sich der oberste Gerichtshof in zwei weiteren Entscheidungen vom 9. Juli 1846 in Bl. : R.A. XI. S. 360—363 an. Eine Nachschrift a. a. O. S. 363 ff. von Joh. Adam Seufsert bekämpft wieder diese Entscheidungen. Der oberste Gerichtshif hielt jedoch an seiner Ansicht fest: Bl. f. R.A. XXIX. 55; XXXI. 86 (vgl. auch XI. 129) und erklärte schließlich in einem Beschlusse vom 3. Nov. 1883 (E. d. >. obst. L.G. X. 216), daß eine vormundschaftsgerichtliche Thätigkeit der Oberlandes^erichte überhaupt nur Platz greift, wenn der Standeshen- selbst beteiligt ist. Ebenso Seydel, b. St R. I. S. 620; Roth, b. C.R. I. S. 634. Nach der Dekl. v. 1L März 1807 A Ziff. 13 mußten zwar alle Vormundschaften und Kuratelen der uediatisierten fürstlichen und gräflichen Häuser bei dem einschlägigen Hofgeriyte be­ stätigt werden. Während aber in streitigen Sachen daS Hofgericht die 6erichts« barkeit erster Instanz völlig ausübte (vgl. Dekl. v. 1807 A Ziff. 9,10,11) wurde in der freiwilligen Gerichtsbarkeit nur die Bestätigung der von den Sandes­ herren selbst bestellten Vormünder den Hofgerichten Vorbehalten. Die Bamundschaften und Kuratelsachen an sich, ebenso wie die nichtstreitigen Berlasseychaftssachen wurden durch die Beamten und durch die Justizkanzlei der mediaisietten Fürsten und Grafen selbst besorgt. (Vgl. Dekl. v. 1807 A Ziff. 10 und E jiff. 6.) Bom Standpunkte der Staatspolizeigewalt kam aber die gesetzgebende Anrdnung über das Kuratelwesen und die obere Aufsicht dem Souverän zu, welcher befugt war, durch die „einschlägige Behörde" den Zustand des Pupillenwesens, sooie des Hypotheken- und Depositenwesensuntersuchenzulassen. (Vgl. Dekl. v. 1807 EZiff.6.) Durch die Formattonsverordnung für die Ministerien vom 15. April 1817 §§36,

n. Kapitel.

Die einzelnen Rechissubjekte.

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9. Die Häupter der standesherrlichen Familien haben das Recht, nichtstreitige Verlassenschaftsverhandlungen, welche Mitglieder ihrer Familien betreffen, ohne Eingreifen der Gerichte durch die eigene 37 (W. I. S. 530) ist dem Justizministerium zwar die oberste Leitung der nicht­ streitigen Gerichtsbarkeit, die Aussicht und Handhabung der in dieser Beziehung erlassenen Gesetze und Rechtsverfassung, aber dann wieder nur eine oberste Auf­ sicht über Justizhöse, Gerichte, Behörden in Hinsicht aus Geschäftsführung in den unstreitigen Rechtssachen, wohin insbesondere auch Vormundschaften gehörten, über­ tragen. Ob diese „oberste Aufsicht" sich auch auf die standesherrlichen Vormund­ schaften erstreckte, kann zweifelhaft sein, ist aber für die spätere Entwickelung gleichgiltig. Durch § 10 der IV. Berf.Beil. wollte jedenfalls den Standesherren die Befugnis zur „Bestellung von Vormundschaften" eingeräumt werden, ob die ganze vormundschaftsgerichtliche Thätigkeit mag zweifelhaft, im Hinblick auf die geschichtliche Entwickelung zu bejahen sein. Die Bestätigung der Vormundschaften durch das Appellationsgericht war beseitigt. Die Befugnis zur „Bestellung der Vormundschaft" siel weg, wenn der Standesherr selbst beteiligt war und ging dann aber nicht blos etwa als eine Bestätigungsbefugnis auf das Appellationsgericht (vgl. hieher auch eine in den Bl. f. R.A. XXXI S. 87 abgedr. J.M.E. v. 23. Sept. 1865) — jetzt Oberlandesgericht — über. Ob damit die ganze obervormundschaftsgerichtliche erstinstanzielle Thätigkeit, mag wieder zweifelhaft, aber gleichfalls im Hinblick auf den Grund und Sinn der Vorschrift zu bejahen sein. Die Bestimmung in § 10 Abs. 2 kann nun nicht anders aufgefaßt werden, als daß dem Justizministerium die durch die Deklaration von 1807 dem Souverän Vorbehalten«, durch die Formationsverordnung von 1817 möglicherweise dem Justizministerium schon übertragene Oberaufsicht nunmehr in allen Fällen zustehen solle, mag der Standesherr den Vormund bestellen und so selbst Obervormund­ schaftsgericht sein, oder das Appellationsgericht. Um diese Oberaufsicht üben zu können, muß ihm mindestens, wenn das Gericht nicht die Obervormundschast führt, Anzeige von der Bormundschaftsbestellung gemacht werden, da es sonst, weil gerichtliche Akten nicht vorhanden sind, keine Kenntnis erhalten kann. Die Ober­ aufsicht des Justizministeriums über die standesherrlichen Vormundschaften ist inhaltlich an sich die gleiche wie gegenüber anderen Vonnundschasten. Bedenken könnte nur erregen die Formationsverordnung für die Ministerien vom 9. Dez. 1825 (W. H. S. 267, 268); hier wird in § 48 und 51 von der Oberaufsicht deS Justiz­ ministeriums in Gegenständen der unstreitigen Gerichtsbarkeit und Bormundschaftssacheil zunächst allgemein gesprochen, dann aber noch besonders erwähnt: „Die Oberaufsicht über standesherrliche Bormundschastssachen nach den besonderen Bestimmungen der Beilage IV der Berfassungsurkunde § 10." Allein bedenkt man, daß in unserem Falle insolange keine gerichtliche Obervonnundschäststhätigkeit Platz greift, alS der Standesherr nicht selbst beteiligt ist, sohin insolange die Ober­ aufsicht des Justizministeriums über die Gerichte in standesherrlichen Vormund­ schaften ohne reale Unterlage ist, sich vielmehr auf die vormundschaftliche Thätigkeit des Standesherrn naturgemäß hinüberwälzt, bedenkt man, daß in standesherrlichen Bormundschastssachen die Oberaufsicht des Ministeriums sich nur ausnahmsweise aus die Gerichte und dann nur bis auf die Appellations-, jetzt Oberlandesgerichte, nicht Land- und Amtsgerichte hinab erstreckt, daß Direktiven seitens des Ministeriums, soweit zulässig, sich hier entweder nur an den Standesherrn direkt oder nur an die Oberlandesgerichte und an das oberste Landgericht wenden können, bedenkt man diese verschiedenen Sonderheiten, die sich hier bei Handhabung der Ober­ aufsicht ergeben können, so kann die oben angeführte Bestimmung der Formationsordnung nicht mehr Bedenken gegen die auch im Texte vertretene Ansicht erregen. Es scheint übrigens, daß auch das Justizministerium gleicher Ansicht ist, weil in Bl. f. R.A. XXXI. S. 89 auf eine höchste Entschließung vöm 20. Sept. 1865, lvelche mit der dort vertretenen, unsere Annahme wiedergebenden Ansicht übereinstmrmen soll, Bezug genommen wird.

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Zweites Hauptstück.

Bo« den Rechtssubjekten.

Kanzlei vornehmen und erledigen zu lassen. Entstehen Rechtsstreite^ so sind die bürgerlichen Gerichte zur Entscheidung zuständig?^ 10. Jedem Standesherrn steht in seinem Gebiete die Ausübung der Patronatsrechte, wo sie hergebracht sind, zu; über die Qualifikation der Kandidaten müssen sie jedoch die bestehenden Gesetze beobachten.^) 11. Die Standesherren und die Mitglieder ihrer Familien haben unbeschränkte Freiheit in einem jeden zum früheren deutschen Bunde gehörigen oder mit dem deutschen Reiche in Friedensstand befindlichen Staate Dienste zu nehmen. Befinden sie sich aber in bayerischen Staatsdiensten oder beziehen sie vom bayerischen Staate eine Pension, so haben sie sich nach dem geltenden Staatsdienstrechte zu verhalten.'") 12. Das Haupt der fürstlichen Familie Thurn und Taxis hat die sieiwillige Gerichtsbarkeit in erster und zweiter Instanz über seine Dienerschaft zu Regensburg und deren Hausgenossen, ferner, ähnlich wie andere standesherrliche Häupter, hinsichtlich der Mitglieder des fürstlichen Hauses bei Sterbefällen das alleinige Recht zur Obsignation und Verlasscnschaftsbehandlung, das Recht auf Bestellung der Vor­ münder und die „dahin einschlägigen Gegenstände".") Zur Ausübung streitiger Gerichtsbarkeit ist das Haupt der Familie nicht mehr be­ rechtigt.'") 13. Endlich genießen die Mitglieder der standesherrlichen Familien auch die Vorrechte der übrigen Adeligen.'") ««) IV. Berf.Beil. § 7; Art. 76 Abs. 3 des b. G.V.G. vom 10. Nov. 1861 (W. V. S. 380), aufrechterhalten durch Art. 81 Abs. 1 b. A.G. z. R.G.B.G. (W. XII. S. 654): „Den Standesherren bleibt die Befugnis, Verlassenschastsverhandlungen, welche Mitglieder der Familie betreffen, solange kein Rechtsstreit darüber entsteht, durch ihre Domänenkanzlei vornehmen und erledigen zu lassen." Einen privilegierten Gerichtsstand für Erbschaftsstreitigkeiten gibt es nicht (Art. 76 Abs. 1 und 2 deS b. G.V.G. vom 10. Nov. 1861). 6e) IV. Berf.Beil. § 48. 70) IV. Berf.Beil. § 5. — Ueber das in dieser Gesetzesstelle und I. Berf.Beil. § 14 genannte gegenstandslos gewordene Recht des freien Aufenthalts vgl. Seydel, b. St.R. I. S. 622; Noth, b. C.N. I. S. 218. 7l) Vgl. k. Deklaration, die dem Herrn Fürsten von Thurn und Taxis und seinem Dienstpersonale bewilligten Rechte und Immunitäten vom 27. März 1812 (Döllinger IV. S. 169) und Art. 76 Abs. 1 und 2 des b. G.V.G vom 10. Nov. 1861 (W. IV. S. 380; R.Bl. 1812 S. 831); dann aber wieder Ges. vom 29. April 1869, die Fürstlich Thurn und Taxis'schen Civilgerichte in Regensburg betr. (W. VIII. S. 68), Art. 102, 120 Abs. 2 b. A.G. z. A.C.P.O.; s. auch Böhm, A.G. z. R.C.P O. S. 164,170, 175,187. Mit den Worten der Deklaration, „die dahin einschlägigen Gegenstände", ist offenbar abgesehen von der Bormundschastsbestellung (s. auch Art. 102 A.G. z. R.C.P.O.), die sonstige obervormundschastsgerichtliche Thätigkeit gemeint; ist der Fürst selbst beteiligt, so ist hier Obervormundschaftsgericht daS .Oberlandesgericht Nürnberg; die Oberaufsicht führt das Staatsministerium LerJustiz. Vgl. oben Note 67. 72) S. das Note 35 zit. Ges. v. 29. April 1869. ’3) Die Bestimmungen der V. Berf.Beil. finden auch auf den hohen A)el entsprechende Anwendung: Noth, b. C.N. I. S. 220.

n. Kopit.'l.

Dir einzelnen Rechtssubjekte.

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§ SS. Gutsherren. *) Schon in der Verfassungsurkunde war der Grundsatz ausgesprochen, „daß sich die Gutsherren in denjenigen Fällen und Geschäften, welche das Eigentum ihrer Güter und dessen Erhaltung, Benützung, Ver­ besserung, Veräußerung oder Verschreibung an Dritte betreffen, nach den bürgerlichen Gesetzen zu richten haben, ebenso bei Ausübung ihrer Eigentumsrechte und insbesondere der Fischerei, des Jagd-, Forst- und Bergrechtes verbunden sind, die hierüber bestehenden Verordnungen und Polizeigesetzc zu beobachten und den Bestimmungen der etwa erforderlichen landesherrlichen Konzession nachzukommeff"?) Weg- und Brückengelder, Zölle standen den Gutsherren nicht mehr zu, auch hatten sie keine Ansprüche auf Heimfallsrechte, Gütcrkonfiskationen, an das erblos gewordene Privateigentum, wo solche nach dem bürgerlichm Rechte bestanden. Durch das Gesetz vom 4. Juni 1848 über die Aufhebung der standes- und gutsherrlichen Gerichtsbarkeit, dann die Aufhebung, Fixierung und Ablösung der Grundlasten ”) sind die meisten Vorrechte der Gutsherren, wie sic in der sechsten Beilage zur Verfassungsurkunde vom 26. Mai 1818 normiert waren, aufgehoben worden. Als noch bestehende Rechte der Gutsherren könnten hieher an­ geführt werdens: 1. Die Errichtung neuer Schulen steht dem Gutsherrn, infoferne das Bedürfnis hiezu ans dem allgemeinen Organismus hervorgeht, *) VI. Verf.Beil. „Edikt über die gutsherrlichen Rechte und über die gutSherrliche Gerichtsbarkeit". (W. I. S. 630 ff.); Pözl, Lehrb. d. b. Berf.-RechtS S. 177—196. s) VI. Verf.Beil. §§ 2 und 3. ’) W. III, 697 ff. Vgl. auch Ges. v. 4. Juni 1848 die Aufhebung des JagdrechteS auf fremdem Grund und Boden rc. betr. (W. m. S. 708.) VI. Verf.Beil. § 116. 4) Eigentliche Vorrechte sind es nicht: Pözl a. a. O. S. 180. Vgl. auch noch VI. Verf.Beil. § 96: Hienach sollte den Gutsherren „die niedere Kuratel und Verwaltung über gewisse bestimmte Stiftungen zustehen, wo sie die Befugnis hiezu auf einen besonderen PrivatrechtStitel stützen konnten". Soweit eS sich um dieBerwaltungSbesugniS handelt, steht eigentlich kein Vorrecht in Frage, da jeder Person aus einem Privatrechtstitel, insbesondere aus der Stiftungsversügung die Stiftungsverwaltung zukommen kann. Soweit die Befugnis zur Ausübung der niideren Kuratel in Frage kommt, ist hier schon zu betonen, daß durch das Gesetz von 4. Juni 1848, die Aufhebung der standes- und grundherrlichen Gerichts­ barkeit rc. betreffend, diese niedere Kuratel jedenfalls schlechtweg nicht aufgehoben ist, daß vielmehr bei einzelnen Kategorien von Stiftungen die Ausübung der niereren Kuratel über Stiftungen durch die Gutsherren — aber auch andere Person!N — kraft besonderen Privatrechtstitels insbesondere Stiftungsversügung auch Herre noch möglich und zulässig ist. Ueber beide Fragen vgl. übrigens das Rätere in dem Abschnitte über die Stiftungen, ferner Brater, Handausgabe der b. 8.11. S. 76; M E. v. 14. Juli 1849, den Fortbestand der von den Gutsherren bistcr ausgeübten niederen Kuratel und Verwaltung der Stiftungen betreffend (W IV. S. 37 und W. IV. S. 37 Anin. •••). Becher, Landescivilrecht und LandeScidilprozebrecht. 7

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Zweites Hauptstück.

Bon den Rechtssubjekten.

mit Einwilligung der Oberschulbehörde zu. Schon bestehende guts» herrliche Schulen können ohne diese Bewilligung weder unterdrückt noch ersetzt werden. Den Gutsherren bleibt die Anstellung der Schul­ lehrer, soweit in dieser Hinsicht ein Herkommen besteht, Vorbehalten mit der Beschränkung, daß der ernannte Kandidat der betreffenden Behörde präsentiert werden muß, welche untersucht, ob derselbe die in der Schulordnung vorgeschriebenen Eigenschaften besitzt und nach dem Erfolge dieser Untersuchung entweder die Bestätigung erteilt oder dem Gutsherrn aufträgt, einen tauglichen Bewerber zu stellen?) 2. Den Gutsherren verbleiben die Patronatsrechte, in deren Besitz sie sich befanden zur Zeit der Erlassung der Berfassungsurkunde, mit Beobachtung der hierüber und insbesondere über die Prüfung und Würdigung der geistlichen Kandidaten bestehenden Verordnungen. Gutsbesitzer, welche als Kirchenpatrone gewisse Ehrenrechte her­ gebracht haben, haben dieselben auch heute noch zu beanspruchen?) § 26.

Bürger und Bauern?) Der Begriff des Staatsbürgerrechtes, welcher schon auf staatsrechtlichem Gebiete nur ganz vereinzelte Wirkungen äußert, hat auf privatrechtlichem Gebiete gar keine Bedeutung.^) An die Eigenschaft eines Bürgers der politischen Orts­ gemeinde knüpfm sich gewisse besondere Befugnisse und Pflichten, welche, soweit sie privatrechtlich von Belang, im Abschnitte über die Gemeindm ihre Erörterung finden. Partikularrechtlich kann für Bürger und Bauern ein Sonderrecht gelten; in den für ganz Bayern geltenden Landesgesetzen, wie in den Reichsgesetzen ist jeder Unterschied in privatrechtlicher Beziehung beseitigt. Soweit in einzelnen Partikularrechten für die Angehörigen des niederen Bürger- und Bauernstandes besondere Formvorschristen bei Eingehung von Bürgschaften bestehen, sind sie durch das Gesetz vom 14. Januar 1871, die Jnterzessionen betreffend, aufgehoben?) § 27.

Die Berufsstände. Während auf dem Gebiete des Privatrechtes die Sonderrechte der Berufsstände im Laufe der Rechtsentwickelung mehr und mehr verschwinden, scheinen sie auf dem Gebiete des öffentlichen Rechtes 6) VI. Berf Beil. § 21. «) VI. Berf.Beil. §§ 22 und 24. *) Roth, b. C.R. I. S. 226; Stobbe, Handbuch des deutschen Privatrechts, 3. «ufl. I. S. 374-376. ') Bgl. Seydel, b. St R. I. S. 574-576. *) Art. 3: „Die Eingehung von Jnterzessionen ist ohne Unterschied des Geschlechte- und Stande- de- Jnterzrdenten an besondere Förmlichkeiten nicht ge­ bunden." (W. VIII. S. 699; ». S. 190); vgl. auch B>. s. R.A. XLVI. 239.

immer größeren Boden zu fassen. Das öffentliche Sonderrecht der Berufsstände, wie es insbesondere in der Gewerbe- und Bersicherungsgesctzgebung niedergelegt ist, ist, abgesehen davon, daß es fast aus­ schließlich reichsrechtlich geregelt ist, nicht Gegenstand der Erörterung eines Privatrechtes, immerhin aber läßt sich die Berührung des öffent­ lichen Rechtes nicht vollständig ausschließen. Aus Zweckmäßigkeits­ gründen ist die Darstellung des Rechtes der öffentlichen Diener in die Titel IV, V und VI verwiesen, während in diesem Paragraphen die besonderen Bestimmungen der sonstigen wichtigeren Berufsstände ihre Erörterung finden; hiebei werden die Verhältnisse der Rechts­ anwälte gesondert unter lit. B behandelt. A. Verschiedene Berufsstände — mit Ausnahme der öffentlichen Diener und der Rechtsanwälte — und besondere Verhältnisse derselben. I. Die Rechtsverhältnisse derGewcrbetreibenden und gewerb­ lichen Arbeiter habm vom Standpunkte des öffentlichen Interesses ihre Regelung in der Reichsgewerbeordnung, in neuer Fassung vom 1. Juni 1891, nebst den hiezu gehörigen Ausführungsvorschriften gefunden. Eine Anzahl Gewerbebetriebe oder Berufsarten, welche zum Gewerbebetriebe im weitesten Sinne gerechnet werden könnten, sind jedoch von den Bestimmungen der Reichsgewerbeordnung aus­ genommen'), so die Fischerei, die Errichtung und Verlegung von Apotheken, die Erziehung von Kindern gegen Entgelt, das Unterrichts­ wesen, die rechtsanwaltschaftlichc und Notariatspraxis, der Gewerbe­ betrieb der Aüswanderungsunternehmer und Auswanderungsagenten, der Versicherungsunternehmer und der Versicherungsagenten und der Eisenbahnunternehmungen, die Befugnis zum Halten öffentlicher Fähren und die Rechtsverhältnisse der Schiffsmannschaften auf den Seeschiffen. Auf das Bergwesen, die Ausübung der Heilkunde, den Verkauf von Arznei­ mitteln, Vertrieb von Lotterieloosen, die Viehzucht findet sie nur insoweit Anwendung, als sie ausdrücklich Bestimmungen hierüber enthält?) Das Dienstbotmwesen ist durch dieReichsgewerbeordnung nicht geregelt?) In all' diesen Beziehungen ist es der Landesgesetzgebung unterstellt, Vorschriften vom Standpunkte des öffentlichen Interesses zu erlaffen und gegebenen Falls in das Rechtsverhältnis bestimmend und zwingend einzugreifen. Inwieweit solche landesrechtliche Normen vorhanden und hicher von Belangt) sind, wird sich im Laufe der Darstellung bei den einzelnen Rechtsinstituten zeigen. Die Verhältnisse der Rechts-anwälte werden am Schluffe dieses Paragraphen, die Verhältnisse der Notare werden im folgenden Titel einer besonderen Erörterung uncerstellt. *) § 6 »ew.Ordn. Abs. 1. ’) § 6 Grw.Ordn. Abs. 2. ’) Vgl. hiezu Seydel, b. St.R. V. S. 656; KraiS, Handbuch der inneren Verwaltung Bd. II. S. 305 ff. *) Vgl. hiezu Landmann, Komm. z. R.Gew.Ordn. zu § 6.

Die Beteiligung deS öffentlichen Interesses an der Regelung solcher Verhältnisse schließt aber im Allgemeinen die etwaige privat­ rechtliche Natur der gewerbegesetzlich geregelten Verhältnisse nicht aus; soweit hier nicht besondere gesetzliche Normen entgegenstehen^ soweit nicht das öffentliche Interesse in das Rechtsverhältnis bestimmend und zwingend eingreift, , kommen für die Beurteilung der einzelnen Verhältnisse, soweit sie privatrechtlicher Natur sind, die Grundsätze des einschlägigen bürgerlichen Rechtes zur Anwendung. In dieser Hinsicht sind besonders die Bestimmungen der Reichsgewerbeordnung über das Verhältnis zwischen dem selbständigen Gewerbetreibenden und dem gewerblichen Arbeiter, über den gewerblichen Arbeitervertrag^ beachtenswert, hier aber nicht weiter darzustellen, weil in erster Linie Reichsrecht, in zweiter Linie Partikularrecht in Frage kommt. Hervorzu­ heben ist nur, daß für gewisse gewerbliche Streitigkeiten zwischen Arbeitern einerseits und ihren Arbeitgebern anderseits, sowie zwischen Arbeitern desselben Arbeitgebers nunmehr seit dem Reichsgesetze betreffend die Gewerbegerichte vom 29. Juli 1890 auch Gewerbegerichte errichtet werden könnens; durch die Zuständigkeit eines Gewerbegerichtes wirddie Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte ausgeschlossen'); letztere haben die Frage, ob für den konkreten Fall die Zuständigkeit einesGcwerbegerichtes, sohin ihre eigene Unzuständigkeit gegeben ist, von Amtswegen zu prüfen und im Falle ihrer Unzuständigkeit die Klage als unzulässig abzuweisen.85) * * Erst im ordentlichen Rechtsmittelversahren tritt wieder allgemein die Zuständigkeit der Civilgerichte ein; soferne der Wert des Streitgegenstandes den Betrag von ein­ hundert Mark übersteigt, geht die Berufung oder Beschwerde gegen die gewerbegerichtlichen Urteile bezw. Beschlüsse an die Landgerichte.8)II. Die privatrechtlichen Verhältnisse des Kaufmannsstandes insbesondere sind vornehmlich durch das allgemeine deutsche Handels­ gesetzbuch geregelt. Soweit hier oder in anderen Gesetzen eine gesetz­ liche Regelung nicht erfolgt ist und nicht etwa handelsrechtliches Ge­ wohnheitsrecht in Frage kommt, ist im Einzelnen das einschlägige 5) Bgl. insbesondere § 105 R Gew.Ordn : „Die Festsetzung der Berhältnisse zwischen den selbständigen Gewerbetreibenden und den gewerblichen Arbeitern ist,, vorbehaltlich der durch Reichsgesetz begründeten Beschränkungen, Gegenstand freier Uc6ereititunst/' LandeSgcsetzliche Vorschriften über notwendigen bezw. unzulässigen Inhalt des Arbeitervertrags abgesehen von den Normen des bürgerlichen Rechtes über die Verträge, sind daher aufgehoben und solche neue Vorschriften dürfen nicht eingesührt werden: Landmann, Komm. z. R.Gew.Ord. zu § 105 Nt 3. *) R G Bl. S. 141; nebst Ausführungsver. v. 16. Aug. 1890 (G B.Bl. S. 571); § 14 Zff. 4 R.G B.G. mit § 80 des Ges. v. 29. Juli 1890. ') 8 5 des Ges. v. 29. Juli 1890. 8) § 247 Abs. 2 Zff. 2 R C P O; Prorogation ist ausgeschlossen: § 40R C P O — Ist kein zuständiges Gewerbcgericht vorhanden, so greift die Zu­ ständigkeit der Amtsgerichte (§ 23 Zff. 2 Abs. 2 R G B G ) Platz. Jede Partei kann aber eine vorläufige Entscheidung durch den Gemeindevorsteher nachsuchen: «gl. hierüber §§ 71 ff. des Ges. v. 29. Juli 1890. •) § 55 des Ges. v. 29. Juli 1890. Richt der Wert des Beschwerdegegenpandes ist maßgebend.

bürgerliche Recht entscheidend.") Allgemeine landesrechtliche Bestimm­ ungen sind nur in geringem Maße vorhanden. In dieser Hinsicht ist folgendes hervorzuheben: 1. Wenn nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes oder -er Landesprozeßgesetze Rechte oder Verpflichtungen davon abhängig gemacht werden, daß eine Person Kaufmann sei, so ist daS Vor­ handensein dieser Eigenschaft nach Artikel 4 und 6 des allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuches zu beurteilen.") 2. Ob und unter welchen Verhältnissen Minderjährige zum Betriebe eines Handelsgewerbes befugt sind, bestimmt das bürgerliche Recht; steht ihnen hienach diese Befugnis zu, so werden sie rücksichtlich aller auf den Betrieb des Handelsgewerbes bezüglichen Geschäfte und Rechtshandlungen für großjährig erachtet.'^) 3. Kaufmännische Anweisungen sind im Allgemeinen den gesetz­ lichen Bestimmungen über gezogene Wechsel unterworfen ; das Nähere hierüber ist im Abschnitte über „das Recht der Schuldverhältniffe- zu erörtern.") 4. Besondere Bestimmungen gelten für den Verkauf des Faust­ pfandes im Falle des Art. 310 und 375 des allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuches; das Nähere hierüber findet sich im Abschnflte über „Faust-Pfandrecht".") 5. In denjenigen Fällen, wo nach dem Handelsgesetzbuche die Zuständigkeit des Handelsgerichtes begründet ist, sind, soweit nicht die ordentliche streitige Gerichtsbarkeit in Frage kommt, die Landgerichte zuständig, und zwar die Kammern für Handelssachen, wo solche bestehen, sonst die Civilkammern.") III. Die Handelsmäkler.") Die Handelsmäller (Sensale) sinamtlich bestellte Vermittler für Handelsgeschäfte. 10) Art. 1 H.G.B. — Ueber da- Dienstverhältnis zwischen Prinzipal und HandlungSdiener vgl. insbesondere Art. 60—65 H G.B. ") Ges. v. 10. Nov. 1861 die Einführung deS allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuches betr. (W. V. S. 397) Art. 6. Vgl. z. B. Art. 3 Ziff. 3 deb Verjährungsgesetzes vom 26. März 1859, wo der Ausdruck Handel-leute jeden­ falls identisch mit „Kaufleute" gebraucht ist. "°) Art. 7 E.G. z. H.G.B.; s. auch oben § 16 Ziff. 3. *•) Art. 47 E G. z. H.G.B.; Art. 300, 301, 303 H.G.B.; Ges. v. 29. Juni 1851 kaufmännische Anweisungen betr. (W. IV. S. 265). ") Art. 48-51 E G z. H.G.B.: Art. 76 Ziff. 4 und 5 b. A G. z. R.C.P.O. ’5) Art. 3 H.G.B.; Art. 63 E.G. z. H.G.B., § 100 R.G.B.G.; Art. 28 Abs. 2 und 3, Art. 29 Abs 1 A G. z. R G V.G. Die Bestimmungen der §§ 61—68 und 77 R.G B.G. finden auch auf die nicht zur ordentlichen streitige« Gerichtsbarkeit gehörenden Geschäfte der Landgerichte entsprechende Anwendung. Autsertigungen der Landgerichte, insoweit hiesür nicht die Bestimmungen der Reichsprozeßordnungen maßgebend sind, unterzeichnet der Präsident, in den Fälle» des § 100 R G V.G. (Art. 63 E.G. z. H.G.B.) der Vorsitzende der Kammer für Haidrlssochen: Art. 30 Abs. 1 und 3 A.G. z. R.G.B.G. — Bezüglich Art. 407 H O B. ist auch eine Zuständigkeit der Amtsgerichte begründet: Art. 28 Abs. 3 A.O. z. R G V.G. mit § 13 Abs. 4 E.G. z. R.C.P.O. ") Art. 66-83 des allgem. d. H.G.B.; Arts 31—36 de» E.G. z. H.G.B-

102

Zweites Hauptpück.

Bon de« Rechtssubjekten.

Die Verhältnisse der Handelsmäkler sind zunächst in Art. 66 bis 83 des allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuches geregelt. Jedoch ist es den Landesgesetzen überlassen, über die Anstellung der Handclsmäkler und über die Bestrafung der von ihnen im Berufe begangenen Pflichtverletzungen das Erforderliche zu bestimmen, die erwähnten handelsgesetzlichen Vorschriften nach Maßgabe der öttlichen Bedürfnisse zu ergänzen, insbesondere den Handelsmäklern das ausschließliche Recht zur Bermittelung von Handelsgeschäften beizulegen, auch den den Handelsmäklern durch obengenannte Bestimmungen zugewiesenen Kreis von Amtsverrichtungen und Befugnissen oder den Umfang ihrer Pflichten zu erweitern oder einzuschränken.

Bon dem Vorbehalte, den Handelsmäklern das ausschließliche Recht zur Vermittelung von Handelsgeschäften beizulegen, hat Bayern in allgemeiner Weise keinen Gebrauch gemacht; solche Vorschriften, welche zur Zeit der Einführung des Handelsgesetzbuches bestanden hatten, wurden sogar aufgehoben. Jedoch kann jenes Recht für einzelne Handelsplätze nach Maßgabe der örtlichen Bedürfnisse allen oder einzelnen Klassen der Handelsmäkler im Wege der Verordnung eingeräumt werden.") Auch die Erweiterung oder Ergänzung der handelsgesetzlich ihnen zugewiesenen Kreise von Ämtsverrichtungcn und Befugnissen und des

Umfanges ihrer Pflichten ist dem Verordnungswege überlassen. All­ gemein ist Handelsmäklern, welche zur Bermittelung von Kaufgeschäften über Waaren oder Handelspapiere bestellt sind, zugleich die Befugnis eingeräumt, öffentliche Versteigerungen von solchen abzuhalten.

Die für das Tagebuch des Handelsmäklers in dem Artikel 71 des allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuches vorgeschricbene Be­ glaubigung geschieht durch den Präsidenten des Landgerichtes oder den Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen am Landgerichte. Das Tagebuch eines verstorbenen oder aus dem Amte geschiedenen Handelsmäklers wird bei dem Landgerichte hinterlegt.") Die von den Handelsmäklern im Berufe begangenen Pflichtverletzungen werden von den Landgerichten mit Geldstrafen bis zu 540 JI. mit zeitweiliger Entfernung vom Amte oder mit Dienstentsetzung beahndet. Letztere kann jedoch nur wegen wiederholter Verletzung ihrer ist den Art. 60 und 71 bis 73 des allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuches bestimmten Obliegenheiten und nach vorheriger dreimaliger Zuerkennung anderer

(W. V. S. 402) v. 10. Nov. 1861; M.Bek v. 30. Juni 1866, betr. daS Verfahren bei Besetzung der Handelsmäkler- und Sensalenstellen (W. VI. S. 638). — Vgl. auch E. d. R.G. XXVIII. 116, wonach landesgesetzliche Beschränkungen in Betreff der Höhe der Provision für Maklergeschäfte als zulässig erklärt sind. n) Art. 32 E G. z. H.G.B. ,8) Art. 33, 34 E G. z. H.G.B.

ie) Art. 36 a. a. O.; hiezu Art. 28-30 A.G. z. R.G.B.G.

Strafen ausgesprochen werden. Die Landgerichte haben hiebei das für Disziplinarsachen bestehende Verfahren in Anwendung zu bringen?") Handelsmäkler werden nur an solchen Orten aufgestellt, an welchen ein Bedürfnis hiefür besteht. Sie werden auf Vorschlag der am Orte ansässigen Kaufleute, bezw. des sie vertretenden Bezirks­ gremiums für Handel und Gewerbe durch den König ernannt.21 * )* Zu diesem Zwecke hat das Bezirksgremium zunächst über die Frage des Bedürfnisses zu beraten und Beschluß zu fassen, den Beschluß dem Magistrate der unmittelbaren Städte, sonst der Distriktsverwaltungs­ behörde zur Begutachtung und durch diese der Kreisregierung zur Genehmigung vorzulegen. Ist hienach die Bedürfnisfrage bejaht, so hat nach erfolgtem öffentlichen Ausschreiben der Handelsmäklerstelle das Bezirksgremium die einzelnen Bewerbungsgesuche in Bezug auf Ruf, Rechtlichkeit und Sittlichkeit, sowie die handlungswissenschaft ­ lichen, Handels- und wechselrechtlichen Kenntnisse und Geschäftsgewandt­ heit des Bewerbers zu prüfen, unter Umständen eine Prüfung anzu­ ordnen und je nach dem Ergebnisse zwei Kandidaten in Vorschlag zu bringen. Ergebnis der Wahl nebst Abstimmnngsprotokoll, sämt­ lichen Verhandlungen und bestimmter Benennung der vorgeschlagcnen Kandidaten ist demjenigen Landgerichte mitzuteilen, zu dessen Bezirk der Ort gehört, in welcher der aufzustellende Handelsmäkler als solcher künftig seinen Wohnsitz haben soll. Das Landgericht hat zu prüfen, ob bezüglich der Vorfrage und des Vorschlages den gesetzlichen Be­ stimmungen genügt ist und im Falle vorgefundenen Mangels die Akten dem Bezirksgremium zur Ergänzung zurückzugeben. Andernfalls oder nach eingekommener Ergänzung sind die sämtlichen Verhandlungen unter Beifügung etwaiger eigener Erfahrungen des Landgerichtes bezüglich der vorgeschlagenen Kandidaten dem Oberlandesgerichte vor­ zulegen. Letzteres hat in gleicher Weise zu verfahren, hierauf die gutachtliche Aeußerung der betreffenden Kreisregierung, Kammer des Innern, zu erholen und sodann die vollständig instruierten Akten dem Staatsministerium der Justiz in Vorlage zu bringen; dieses stellt Antrag an den König.22) 23 IV. Die Handelsregister.2") Verschiedene Verhältnisse des Kaufmannsstandes bedürfen der Eintragung im Handelsregister. 80) Art. 36 E.G. z. H.G.B. Vgl. hieher auch Ges. v. 8. Nov. 1875, betr. die Bestimmung von Geldstrafen nach der Reichswährung (W. XI. S. 179). 21) Art. 31 a. a. O.; hiezu Ber. v. 25. Okt. 1889, die Handels- und Gewerbekammern und die Bezirtsgremien für Handel und Gewerbe betr. (G.B.Bl. S. 559) § 16 Abs. 2. 22) Vgl. über das Verfahren M.Bck. v. 30. Juni 1866; Art. 7 Ziff. 2, Art. 8 A G z. R.G.V.G. — S. noch Frh. v. Pechmann-Brettreich, Wirkungskreis der Distriktsverwaltungsbehörden Bd. II S. 423 M. 8. 23) Art. 12—15 H.G.B.; Ges. v. 10. Nov. 1861, die Einführung des allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuches betr. (W. V. S. 397) Art. 8—24; Art. 7 des Ges. v. 29. April 1869, die Einführung einer Prozeßordnung in bürgerl.

104

Zweites Hauptstück.

Von den Rechtssubjekten.

Die Handelsregister dienen dem Zwecke, gewisse Verhältnisse des Kaufmannsstandks und der Handel- und Gewerbetreibenden öffentlich zu machen.^) Demnach ist auch Jedermann Einsicht in die Handels­ register nebst den dazu gehörigen Akten und Belegen von dem auf­ bewahrenden Beamten während der gewöhnlichen Dienststunden zu gestatten; auch kann von den Eintragungen gegen Erlegung der Kosten eine Abschrift gefordert werden, die auf Verlangen zu be­ glaubigen ist25) Die Handelsregister werden von den Landgerichten geführt; wo Kammern für Handelssachen bestehen, werden die betreffenden Geschäfte von diesen, sonst von den Civilkammern erledigt.2^ In jedem Landgcrichtsbezirk wird nur ein Handelsregister geführt. Das Handels­ register zerfällt in drei Abteilungen, in das Firmen-, das Gesellschafts­ und Zeichenregister.22) Die Sonderbestimmungen über die Führung der Gesellschaftsrcgister werden im Abschnitte über die Korporationen berührt. Rcchtsstreitiqkeilen bett. (W. VIII. S. 68); Alt. 76 Zisf. 1—3, Art. 77, Art. 235 Ziff. 2 b. A.G. z. R.C.P.O.; Min.^'ek. v. 30. April 1862, die Führung der Handelsregister betr. (W. V. S. 621); Min Bek. v. 5. Juli 1879, die Veränder­ ungen in der Zuständigkeit zur Führung der Handelsregister bett. (W. XIII. S. 76); M.E. v 25. Jan. 1879, die Führung der Handelsregister, hier die Anzeigen über den Gewerbebetrieb betr. (W. XII. S. 560); I M.Bek. v. 25. Febr. 1879, die Führung der Handelsregister betr. (J.M.Bl. S. 38; W. XII. S. 560 Nt. *); R.Ges. über den Markenschutz v. 30. Nov. 1874 (W. X S. 508); hiezu Bek. des Reichskanzlers v. 8. Febr. 1875 (W. X. S. 585) u. Min.Bek. v. 21. März 1875, die Führung der Zeichenregister betr. (W. X. S. 667) nebst J.M.E. v. 5. April 1875 (J.M.Bl. S. 95). — Neben dem Handelsregister bestehen noch die Musterregister (R.G. v. 11. Jan. 1876, betr. das Urheberrecht an Mustern und Modellen [$8. XI. S. 320] § 9 ff.; hiezu Bek. des Reichskanzleramtes v. 29. Febr. 1876 s$B. XI. S. 487], v. 23. Febr. 1886 O.B.Bl. 1887 S. 54; W. XV. S. 447 Nt. 1]; M.Bek., die Führung der Musterregister betr., v. 17. März 1876 [2S. XV. S. 466] und 21. März 1876 ^J.M.Bl. S. 168]), die Genossenschaftsregister (R.G. v. 1. Mai 1889 über die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften § 171 M.G.Bl. S. 55], hiezu Bek. des Reichskanzleramtes vom 11. Juli 1889 M.G.Bl. S. 150 ff.]), die Register der vor dem 1. August 1873 eingetragenen registrierten Gesellschaften oder Er­ werbs- und Wirtschaftsg esellschaf len mit beschränkt er Haftpflicht — nicht zu verwechseln mit den Gesellschaften mit beschränkter Haftpflicht des R.G. v. 26. April 1892 — (b. Ges. v. 29. April 1869, die privatrechtliche Stellung der Erwerbs- und Wirlschaftsgesellschaflen betr. ßß. VIII. S. 56]) Art. 70 ff. mit § 2 des R.G. v. 23. Juni 1873, betr. die Einführung des Ges. des nordd. Bundes über die privatrechtliche Stellung der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften v. 4. Juli 1868 im Königreiche Bayern (W. X. S. 44) und § 153 des Erwerbs- und Wirtschastsgenossenschaftsgesetzes vom 1. Mai 1889.) Die einzelnen bayerischen Bestimmungen über die Führung dieser Register werden später an geeigneter Stelle erörtert; vgl. hieher nur bezüglich der Zuständigkeit An. 28 Abs. 2 und 29 Abs. 1 b. A.G. z. R G B G. 24) Vgl. Art. 12 H.G.B. Ueber den Unterschied zwischen Oeffentlichkeit des Handelsregisters und Notorietät vgl. E. d. R.G. XIII. 371; Seuff. Arch. XXXIX. 33. 25) Art. 12 Abs. 2 H.G.B.; § 13 Abs. 2 M.Bek. v. 30. April 1862. Die Einsicht ist aber nur auf Verlangen und unter genügender Aufsicht zu gestatten. 26) Vgl. die Zitate bei Note 15 und Min.Bek. v. 5. Juli 1879. 27) Art. 12 Abs. 1 H.G.B.; §§ 1 und 2 der Min.Bek. v. 30. April 1862; § 1 der Bek. v. 8. Febr. 1875 und 21. März 1875; § 7 Abs. 1 des R.G., betr. die Gesellschaften mit beschränkter Haftung v. 20. April 1892.

1. Das Firmenregister. Allgemein geltende Bestimmungen hierüber enthalten die Ari. 12-15 -es allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuches; soweit hienach Ein­ tragungen zu machen sind, erfolgen sie im Firmenregister. Die hieher für Bayern in Betracht kommenden besonderen Bestimmungen sind folgende: Die örtliche Zuständigkeit zur Führung des Firmenregisters richtet sich nach dem Sitze der Firma, deren Verhältnisse einzutragen finb.28)29 In das Firmenregister werden die Firmen derjenigen Kaufleute einge­ tragen, welche ihr Geschäft entweder ausschließlich für eigene Rechnung betreiben oder lediglich einen oder mehrere stille Gesellschafter haben.22) Für jede Firma wird ein besonderer Abschnitt eröffnet30), in welchen alle Einträge, welche die Firma betreffen3'), zu machen sind.32) Besondere Vor­ schriften über die Art der Eintragung bestehen, wenn ein Kaufmann außer seiner Hauptniederlassung auch noch eine Zweigniederlassung an einem anderen Orte desselben Landgerichtssprengels hat, insbesondere wenn an dem Orte oder in der Gemeinde der Zweigniederlassung bereits eine gleiche Firma besteht, oder die Zweigniederlassung in einem anderen Landgerichtssprengel gelegen ist, ferner wenn zu den früheren Einträgen bezüglich derselben Firma neue Eintragungen oder an ihnen Aender­ ungen vorzunehmen sind33), wenn Konkurs über die Firma eröffnet toirb34),* * wenn * bie Firma eines Einzelkaufmanns auf eine Hanbelsgesellschaft übergeht unb umgekehrt33), wenn eine Zweignieberlassung von ber bisherigen Hauptnieberlassimg abgetrennt38), wenn bie Haupt­ niederlassung in einen anderen Landgerichtsbezirk verlegt wird3'), wenn die Firma erlischt38), wenn der für eine Firma bestimmte Abschnitt erschöpft und ein neuer Abschnitt anzulegen ist.30) Die Einträge sind kurz, aber erschöpfend und in deutlichen Sätzen mit möglichst guter Schrift auszuführen. Die Firmen, Namen ihrer Inhaber, der Pro­ kuristen sind mit einer besonders in die Augen fallenden Schrift zu schreiben.40) Im Handelsregister darf nichts ausgestrichen, nichts radiert oder korrigiert werden; auch sind Zwischenschriften auf das 28) Der Ort der „Hauptniederlassung" ist zunächst maßgebend: Art. 19 H G.B.: §§ 1,10-12 der Min.Bek. v.30. April 1862; M E. v.25. Jan. 1879 Abs. 1. 29) § 2 Abs. 2 M.Bek. v. 30. April 1862. so) § 3 M.Bek. v. 30. April 1862. 31) Art. 21, 25, 45, 46 H.G B. 32) M.Bek. v. 30. April 1862 § 2 Abs. 2, § 5 Abs. 2. ”) §§ 10-12, §§ 14—16 M.Bek. v. 30. April 1862. — Die Löschung einer Firma muß selbst dann angemeldet und eingetragen werden, wenn die Firma selbst nicht angemeldet und eingetragen war: E. d. R.G. XV. 35. 34) § 17, § 21 Abs. 2 a. a. O. 3i) § 20 a. a. O. 86) § 22 a. a. O. ”) § 21 Abs. 1 a. c. O. 38) § 21 Abs. 2 a. a. O. 3°) §§ 18, 19 a. a. O. 40) § 23 a. a. O.

106

' ZwritrS Hauptstück.

Bon bat Recht-subjekten.

Sorgfältigste zu vermeiden; hat sich bei einer Eintragung ein Irrtum eingeschlichen, so ist mit dessen Berichtigung in derselben Weise zu verfahren, wie mit der Eintragung von Abänderungen an den früher eingetragenen Thatsachen.^') Die Eintragungen in das Handelsregister müssen stets sofort ohne Verzug nach ihrer Anordnung ausgeführt »erben44); sie werden entweder von dem mit der Führung derselben betrauten rechtsgelehrten Richter oder durch den Gerichtsschreiber des Landgerichtes oder durch eine vom Präsidenten des Landgerichtes zu bezeichnende Kanzleiperson vollzogen. Im letzteren Falle hat der mit der Führung des Handelsregisters beauftragte rechtskundige Richter den Eintrag vor dessen Ausführung wörtlich zu konzipieren; in allen Fällen, wo er den Eintrag nicht selbst vollzieht, hat er sich jedesmal von dem ordnungsmäßigen Vollzüge desselben zu überzeugen.") Die Registerakten bilden die Grundlage des Handelsregisters und deren Beilagen. Ohne eine entsprechende Vormerkung und Ver­ fügung in den Registerakten darf in das Handelsregister nichts ein­ getragen werden.")

Die Anmeldungen der Einträge zum Handelsregister sind nach den im Handelsgesetzbuche vorgeschriebenen Formen, sonst entweder auch in öffentlich beglaubigten Urkunden schriftlich oder persönlich zu Protokoll des Gerichtsschreibers des Landgerichtes zu bethätigen. Im Falle schriftlicher Eingabe ist vom Einlaufe derselben und ihrer etwaigen Beilagen, sowie von ihrem Inhalte eine kurze, aber er­ schöpfende Vormerkung zu den Registeratten zu machen.") Der Richter hat vor der Eintragung in das Handelsregister nicht nur in formeller, sondern auch in sachlicher Hinsicht die An­ meldung zu prüfen, so insbesondere, ob die Anmeldung in vor­ schriftsmäßiger Weise erfolgt und belegt ist, ob der Anmeldende zu der fraglichen Anmeldung befugt ist, ob die letztere wirklich von derjenigen Person ausgeht, von welcher sie angeblich unterzeichnet ist, dann ob die beantragte Eintragung nach den Bestimmungen des Handelsgesetzbuches als notwendig, bezw. als zulässig sich darstellt, ob die Voraussetzungen gegeben sind, durch deren Vorhandensein der Eintritt der vom Gesetze beabsichtigten rechtlichen Wirkungen des Ein-

«) 88 15, 16, 24 a. a. O. ") § 36 Abs. 1 a. a. O. “) § 25 a. a. O.: Art. S E G. ,. H.G.B. v. 10. Nov. 1861. ") ß 27 M.Bek. v. 30. April 1862. «) 8 30 Abs. 2 letzter Satz, 8 28 a. a. O.; Art. 24 Abs. 1 E. G. z. H.GB. v. 10. Nov. 1861 mit Art. 77 A G. z. R.C.P.O. — In den Fällen, in welchen nach dem Tode eines firmenberechtigten Kaufmannes das HandelSgewerbe für Rechnung der minderjährigen Kinder oder einer ErbschastSturaiel fortbetrieben wird, hat der Bormund oder Kurator die nach Art. 26 H.G.B. erforderliche Anmeldung zum Handelsregister zu bei argen. Die Erfüllung dieser Obliegenleit ist von den zuständigen Behörden (Kuratelgerichten) entsprechend zu überwachen: J.M.B-t. v. 25. Febr. 1879.

träges bedingt ist; ergiebt sich in dieser Hinsicht ein Mangel, so ist die Anmeldung zurückzuweisen.*6) Die Verfügung über Zulassung oder Zurückweisung der Ein­ tragung ist, wenn thunlich, dem über die Anmeldung aufgenommcnen Protokolle oder der hierüber zu den Registerakten gemachten Vor­ merkung beizufügen>^) Trägt der Richter über Zulassung der Ein­ tragung Bedenken, so hat er einen Beschluß des Landgerichtes, dem er entsprechenden Vortrag zu erstatten hat, zu veranlassen; der Beschluß des Landgerichtes ist gleichfalls in die Registerakten einzutragen.48 * *)** * Von ** der auf eine Anmeldung erlassenen Verfügung, bezw. dem Beschlusse ist der Beteiligte entweder sofort zu Protokoll oder durch Zufertigung einer Abschrift in Kenntnis zu setzen; lautet die Verfügung, bezw. der Beschluß auf Abweisung, so sind die Gründe der Abweisung kurz beizufügen.48) Zugleich mit der Verfügung über den Vollzug einer jeden Ein­ tragung ist auch darüber Beschluß zu fassen, ob und inwieweit die betreffende Eintragung in den hiezu bestimmten öffentlichen Blättern bekannt zu machen ist und wie oft dieß in jedem einzelnen Falle zu geschehen hat. Die Veröffentlichung selbst ist hienach unverzüglich zu veranlassen. Der mit der Führung des Handelsregisters beauftragte rechtskundige Richter hat den Vollzug der angeordneten Veröffent­ lichungen zu überwachen und in den Registeraktcn über die erfolgte Veröffentlichung entsprechende Vormerkung zu machen und diese unter­ schriftlich zu bestätigen.50) Das Landgericht hat ferner, sobald es in glaubhafter Weise davon Kenntnis erhält, daß eine die Anmeldung zum Handelsregister

") § 30 Abs. 1 und 2 M.Bek. v. 30. April 1862; Art. 9 E G. z. H.G.B. v. 10. Nov. 1861; E. d. b. obst. L.G. X. 78. Das Gericht hat bei der Prüfung „darauf zu achten, datz der Inhalt des Handelsregisters von großem Einflüsse aus die Privatrechte der Beteiligten ist" und daher Einträge abzulehnen, welche nicht vollständig in Ordnung gehen. 4T) § 29 Abs. i M.Bek. v. 30. April 1862. 48) Art. 9 Abs. 2 E G. z. H.G.B. v. 10. Nov. 1861; §29 Abs. 2 M.Bek. v. 30. April 1862. ") § 31 M.Bek. v. 30. April 1862. Die Zustellung erfolgt auf Anord­ nung des Registerregisters bezw. des Landgerichtspräsidenten — nicht des Gerichts­ schreibers — durch einen Gerichtsvollzieher: Art. 24 Abs. 2 E.G. z. H.G.B. v. 10. Nov. 1861; Art. 77 A G. z. R.C.P.O.; J.M.E. v. 14. Sept. 1879, Dienstvorschristen für die Gerichtsschreiber betr. § 27, und v. 25. Sept. 1879, die Aus­ führung der Zustellungen je. durch die Gerichtsvollzieher betr. § 30 Abs. 1 (I.M.Bl. 1879 S. 779 und 1256). 50) Art. 13, 14 H.G.B.; §§ 37-41 M.Bek. v. 30. April 1862 nebst M.Bek v. 21. Dez. 1870, die Veröffentlichung der Handelsregistereinträge betr. (W. VIII. S. 695): Die Veröffentlichung erfolgt in der in München erscheinenden „Bayerischen Handelszeitung", sowie in einem vom Landgerichte zu bestimmenden Blatte, das im Sprengel des Gerichtes am meisten verbreitet ist. Bon den Blättern, in welchen Bekanntmachungen stehen, sind vollständige Exemplare an das Landgericht abzugeben, welche zu sammeln, am Schluffe des Jahres zu binden und auszubewahren sind.

108

Zweites Hauptstück.

Son den Recht-subjekten.

oder die Zeichnung der Firma oder die Einreichung dieser Zeichnung unter Androhung einer Ordnungsstrafe gebietende gesetzliche Vorschrift^') nicht befolgt worden ist, eine Verfügung an den Beteiligten zu erlassen, durch welche derselbe unter Androhung einer Ordnungsstrafe aufgesordert wird, innerhalb einer bestimmten Frist entweder die gesetzliche Vorschrift zu befolgen oder die Unterlassung mittelst Einspruchs gegen die Verfügung zu rechtferttgen. Der Einspruch kann schriftlich oder mündlich zu Protokoll des Gerichtsschreibers am Landgerichte erfolgen. Wird binnen der vorgesetzten Frist weder die gesetzliche Vorschrift befolgt, noch Einspruch erhoben, so ist die angedrohte Strafe gegen den Beteiligten auszusprechen und zugleich die Verfügung unter An­ drohung einer anderweiten Ordnungssttafe unter abermaliger Vor­ streckung einer Frist zu wiederholen. Wird gegen diese Verfügungen binnen der bestimmten Frist Einspruch erhoben, so hat das Gericht, wenn nicht aus dem Ein? spräche selbst die Rechtfertigung des Beteiligten sich ergibt, eine öffent­ liche Sitzung anzuberaumen, zu welcher der Beteiligte zu laden ist; in der Sitzung ist der Beteiligte zu vernehmen, erforderlichen Falls Beweis zu erheben und über den Einspruch Beschluß zu fassen. Er­ scheint der Beteiligte weder in Person, noch durch einen Bevollmächtigten, so hat das Landgericht nach Aufnahme der etwa schon im Einsprüche bezeichneten und nicht sofort als unerheblich befundenen Beweismittel über den Einspruch zu entscheiden. Ergibt sich aus dem Einsprüche selbst die Rechtfertigung des Beteiligten, so ist ohne mündliche Verhandlung auf Grund der Akten­ lage zu entscheiden. Findet das Gericht, daß der Einspruch unbegründet ist, so ist dem Beteiligten unter Verurteilung in die Kosten des Ver­ fahrens eine neue Frist zur Befolgung der gesetzlichen Vorschrift ohne Vorbehalt und Gestattung eines weiteren Einspruches vorzusetzen. Wird auch innerhalb dieser neuerlichen Frist die gesetzliche Vorschrift

nicht befolgt und ist auch eine Beschwerde nicht erhoben worden, so wird der Beteiligte in die angedrohte Ordnungsstrafe verurteilt und die frühere Auflage unter Androhung einer anderweiten Ordnungs­ strafe wiederholt. Diese Verfügungen und die Verurteilungen in Ordnungsstrafen werden insolange wiederholt, bis die gesetzliche Vor­ schrift befolgt oder ihre Voraussetzung weggefallen ist.51 52)

51) Vgl. Art. 19, 21, 25, 26, 45 Abs. 2. H.G.B. — Damit die LandGerichte Kenntnis von den zu machenden Anmeldungen erhalten, haben die Distrikts­ polizeibehörden über die erfolgten Gewerbsanmeldungen u. -Niederleaungen von Kaufleuten, welche firmenberechtigt sind, am Schluffe eines jeden Bierteljahres durch Zusendung von Auszügen aus den Registern Mitteilungen zu machen: M.E. v. 25. Jan. 1879. 68) Art. 10, 11, 14—17, 22, 24 E G. z. H.G.B. v. 10. Nov. 1861; Art. 76 Zff. 2, Art. 77 A.G. z. R.C.P.O.; hiezu Böhm A G. S. 106: Anwaltszwang besteht nicht. Bezüglich der Fristberechnung vgl. § 198 R.C.P O. — Hinsichtlich der Beweisaufnahme sind hier die Vorschriften der Reichscivilprozeßordnung analog,

Die Ordnungsstrafe besteht in einer Geldbuße, welche den Betrag von 540 JI. nicht übersteigen darf; Umwandlung der Geldbuße in eine Freiheitsstrafe findet nicht statt.53 * *) * Gegen dieVerfügungen des rechtsgelehrten Richters, wie gegen die Beschlüsse des Landgerichtes, wodurch eine Eintragung in das Handelsregister oder die Bekanntmachung einer Eintragung angeordnet oder verweigert wird, ist Beschwerde5^), gegen Beschlüsse, welche im Verfahren über Anordnung der Ordnungsstrafe und Verurteilung in dieselbe ergehen, sofortige Beschwerde mit aufschiebender Wirkung binnen einer Notfrist von zwei Wochen seit Zustellung des Beschlusses zulässig.55)56 57 Die Beschwerde, welche schriftlich oder mündlich zu Protokoll des Gerichtsschreibers des Land- wie Beschwerdegerichtes eingelegt werden kann, geht an das Oberlandesgericht55), die weitere Be­ schwerde an das oberste Landesgericht.M) Die Beschwerdegerichte haben bei Anfechtung von Beschlüssen über Anordnung der Ordnungs­ strafe und Verurteilung in dieselbe das gleiche Verfahren zu beob­ achten, welche das Landgericht hier einzuhalten hat.53) Neben dem Handelsregister, den Negisterakten und der Samm­ lung der öffentlichen Blätter sind auch Beilagenhefte anzulegcn; in diese sind alle Protokolle, Vormerkungen und Verfügungen unter fort­ laufenden Ziffern einzutragen; auch die Eingaben und sonstigen dem Landgerichte bei den Anmeldungen übergebenen Aktenstücke sind zu sammeln, nach der Reihenfolge der betreffenden Protokolle und Vor­ merkungen zu ordnen und mit fortlaufenden Ziffern zu versehen. Auch können sür einzelne Firmen jeweils Spezialakten angelegt werden, wenn die zu sammelnden Belege einen zu großen Umfang annehmen sollten. Endlich ist auch ein Namensregister zum Handelsregister zu führen, in welches die Firmen wie die Namen der Inhaber und

auch unter Gebrauch des Eides, anzuwenden; das Gericht ist aber nicht auf die angebotenen Beweismittel beschränkt, sondern kann auch von Amiswegen Beweis erheben; vgl. auch Böhm a. a. O. S. 106. 53) Art. 18 E G. z. H.G B. v. 10. Nov. 1861 mit Ges. v. 8. Nov. 1875 bett, die Bestimmung von Geldstrafen und einigen Geldsätzen nach der Reichs­ währung (W. XI. S'. 179). — Nach Art. 24 Abs. 3 E.G. z. H.G.B. v. 10. Nov. 1861 und Art. 77 A.G. z. R C,P O. wird die Anweisung der Gebühren der Be­ amten, der Entschädigung von Zeugen, sowie die Einziehung der Geldbußen unb Kosten in gleicher Art wie bei den Landgerichten in den vor sie gehörigen Straf­ sachen bewirkt. 54) Art. 9 Abs. 3 E G. z. H.G.B. v. 10. Nov. 1861 mit Art. 76 Zff. 1 A.G z. R.C.P.O.; vgl. hiezu Böhm, A.G. S. 105. Die Beschwerde richtet sich nach den Bestimmungen in Art. 56 ff. A.G. z. R.C P.O. 55) Art. 76 Zff. 3 A.G. z. R.C.P.O.; Art. 56 ff. A.G. z. R.C.P.O.; ins­ besondere auch Art. 57 Abs. 2 a. a. O.; § 540 Abs. 2 R.C.P.O. 56) § 531 Abs. 1 R.C.P.O.; Art. 36 Zff. 2 A.G. z. R.G.B.G. 57) Art. 62 ff. A.G. z. N C.P.O.; Art. 42 Abs. 2 A.G. z. R.G.B.G. Für die weitere Beschwerde besteht immer eine Frist von einem Monate: Art. 64 a. a. O. b«) ,Art. 21 E.G. z. H.G.B. v. 10. Nov. 1861; Art. 77 A.G. z. R.C.P.Or

HO

Zweites Hauptstück.

Bon den RechtSsubjekten.

Prokuristen alphabetisch geordnet einzutragen sind; neben jedem Ranen ist Abteilung, Band und Ziffer des Handelsregisters anzumerken, wo sich die näheren Angaben 6tfinb«i.59)

Die Handelsregister, Registeraktcn nebst Beilageheften und Spezalakten, sowie die gesammelten öffentlichen Blätter sind vom Gerichsschreiber des Landgerichtes in Verwahrung zu nehmen.9") 2. Das Zeichenregister. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach dem Sitze der Firna, bezw. dem Orte der Hauptniederlassung des Gewerbetreibenden9') Die wesentlichen Bestimmungen über Anmeldungen, Eintragungen mb Bekanntmachungen sind im Reichsgesetze über den Markenschutz wm 30. November 1874 und der Bekanntmachung des Reichskanzlers hezu von« 8. Februar 1875 enthalten. Die Anmeldung der Zeichen erfolgt in den für Anmeldurgen zum Handelsregister vorgeschriebenen Formen.99) Weitere Bekarntmachungen als diejenigen, welche nach gesetzlicher Vorschrift im „Deutschen Reichsanzeiger" zu geschehen haben, finden nicht ftat.93) Außer den fortlaufenden Registerakten und der Beilagensammlung als Grundlagen des Zeichenregisters sind Spezialakten auf Anmeldrng eines Waarenzeichens nur dann anzulegen, wenn die Eintragung zu versagen ist, oder von einer Auflage oder Erhebung abhängig gcnncht wird.99) Wenn die Eintragung in Fällen des § 3 Abs. 2 des Rechsgesetzes über Markenschutz vom 30. November 1874 zu versagen ist, oder wegen eines wesentlichen Erfordernisses der Anmeldung licht vorgenommen werden kann, so steht dem Beteiligten gegen den iiesbezüglichen Gerichtsbeschluß das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen zu; das Gericht ist zur Aenderung seines durch Beschwerde angegriffenen Beschlusses licht befugt.99) Sonst gelten hier hinsichtlich Anmeldung, Beschlußfassrng, Beschwerderecht, Form und Führung der Register int Wesentlichen die gleichen Grundsätze, wie für die Handelsregister überhaupt; nir ist bei entsprechender Anwendung derselben zu beachten, daß „die An­ meldungen zum Zeichenregister nicht wie jene zum Handelsreäster °») 88 32-34, 42 Min Bek. v. 30. April 1862. •°) § 43 Abs. 1 Min.Bek. v. 30. April 1862. — Verlangt ein Betei igtcr eine zu den Belegen der Registerakten gegebene Urkunde zurück, so ist, wenn dem betreffenden Anträge ohne Gefährdung der Zwecke deS Handelsregisters überiaupt stattgegeben werden kany, jedenfalls eine beglaubigte Abschrift bei den B«legen zurückzubehalten: § 44 Abs. 1 a. a. O. ") Markenschupges. v. 30. Nov. 1874 § 1. ") Zff. 2 Abs. 1 der Bek. v. 8. Febr. 1875. ") § 7 M.Bek. v. 21. März 1875. Zu 8 7 Abs. 2 a. °. O. vgl. auch Bek. deS Reichskanzlers v. 22. Dez. 1886 (W. XVIII. S. 250). “)§8 Abs. 1 Min.Bek. v. 21. März 1875. «) 8 3 a. a. O.

auf einer Zwangspflicht, sondern auf freiem Willen der Beteiligten beruhen".^ Die Bestimmungen über die Führung der auf Grund des Markenschutzgesetzes vom 30. November 1874 zu führenden Zeichenregister werden im Hinblick auf das Reichsgesetz zum Schutz der Waarenbezeichnungen vom 12. Mai 18946T) längstens mit dem 1. Oktober 1898 gegenstandslos. Werden bis dorthin die bisher in das Zeichenregister eingetragenen Zeichen nicht zur Eintragung in die nunmehr bei dem Reichsvatentamte zu führende Zeichenrolle angemeldet und eingetragen, so erlischt der dem Waarenzeichen bis dahin gewährte Schutz.^) Vom 1. Oktober 1894 an, dem Tage des Inkrafttretens des Gesetzes vom 12. Mai 1894, dürfen Anmeldungen von Waarevzeichen auf Grund des Markenschutzgesetzes vom 30. November 1874 nicht mehr angenommen werden?") Do die Bestimmungen über die Führung der Zeichenrolle reichsgesetzlich normiert sind, sind sie nicht Gegenstand gegenwärtiger Darstellung?^ V. Im Einzelnen sind hier noch folgende rein privatrechtliche und civilprozeßrechtliche Sonderbestimmungen bezüglich der Gewerbetreibenden und der gewerblichen Arbeiter, insbesondere auch des Kaufmannsstandes und des kaufmännischen Personals, sowie einzelner sonstiger Berufsarten, auch der Dienstboten hervorzuheben: a) Baumeister, Bauunternehmer und andere Arbeiter haben wegen der für Errichtung, Wiederherstellung oder Ausbesserung von Gebäuden, Kanälen oder anderen Werken entstandenen Forderungen, desgleichen diejenigen, welche dazu Materialien geliefert haben, auf diesen Gebäuden oder Werken, Inhaber oder Pächter von Bierbrauereien wegen ihrer Forderungen an Bierwirte für abgegebenes Bier und Branntwein einen gesetzlichen Rechtstitel zur Erwerbung einer Hypothek.") b) Die Ansprüche der Gewerbetreibenden (im weitesten Sinne) wie der gewerblichen Arbeiter auf Grund des Gewerbebetriebs•’) § 11 a. a. O. — 88 2-4 M.Bek. v. 21. Mär» 1875 enthalten einige Vorschriften über die Anlage der Zeichenregister, § 5 insbesondere enthält Vor­ schriften für den Fall, daß die Hauptniederlassung einer Firma in den Sprengel eines anderen Landgerichte- verlegt wird, § 6 für den Fall, daß von einem Firmeninhaber für eine weitere Warengattung nachträglich dasielbe Zeichen be­ stimmt wird: Bezüglich Einfügung von Abbildungen der Warenzeichen in die Akten vgl. auch § 8 Abs. 2 u. 3 a. a. O.: bezüglich de- Namenregisters § 10 a. a. O. 67) R G Bl. S. 441. M) § 2 des R.G. v. 12. Mai 1894. 6e) § 24 a. a. O. 70) § 26 Abs. 1 und 2 a. a. O. Die Annahme darf weder vom Patentamte, noch von den bisher mit der Führung der Zeichenregister betrauten Personen erfolgen. Andere Einträge als Anmeldungen von Waarenzeichen müssen von letzteren Behörden noch angenommen und eingetragen werden. 71) Vgl. hiezu auch § 25 a. a. O. ’2) § 12 Zss. 9 und 10 Hyp.Ges. Das Nähere s. im Abschnitte über Htzpothekenrecht.

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Zweite» Hauptstück.

Lon bm Recht-subjekten.

Verhältnisses unterliegen einer kurzen Verjährung;") vgl. hierüber das Nähere im Abschnitte über die Verjährung. c) Der Pfändung im Wege der Zwangsvollstreckung wie des Arrestes ist nicht unterworfen der Arbeits» und Dienstlohn") nach den Bestimmungen des Reichsgesetzes vom 21. Juni 1869"), betr. die Beschlagnahme des Arbeits- oder Dienstlohnes. Hienach kann die Vergütung für Arbeiten oder Dienste, welche auf Grund eines Arbeits­ oder Dienstverhältnisses geleistet werden, sofern dieses Verhältnis die Erwerbsthätigkeit des Bergütungsberechtigten vollständig ober hauptsächlich in Anspruch nimmt, nur dann gepfändet werden, wenn die Leistung der Arbeiten oder Dienste bereits erfolgt und der Tag, an welchem die Vergütung gesetzlich, Vertrags- oder gewohnheitsmäßig, zu entrichten war, abgelaufen ist, ohne daß der Vergütungsberechtigte dieselbe eingefordert hat. Als Vergütung ist hier jeder dem be­ rechtigten gebührende Vermögensvorteil anzusehen, ohne Unterschied, ob dieselbe nach Zeit oder Stück berechnet wird. Ist die Vergütung, mit dem Preise oder Wert für Material oder mit dem Ersätze anderer Auslagen in ungetrennter Summe bedungen, so gilt als Vergütung, der Betrag, welcher nach Abzug des Preises oder Wertes der Materialien und nach Abzug der Auslagen übrig bleibt. Die Pfändungsbeschränkung, findet keine Anwendung auf die Beitreibung der direkten persönlichen Staatssteuern und Gemeindeabgaben einschließlich der Abgaben an Kreis-, Kirchen-, Schul- und sonstige Kommunalverbände, soferne diese Steuern und Abgaben nicht seit länger als drei Monaten fällig geworden sind; auf die Beitreibung der auf gesetzlicher Vorschrift beruhenden Alimentationsansprüche der Familienglieder;") auf den Gehalt und die Dienstbezüge der im Privatdienste dauernd angestellken Personen, soweit der Gesamtbetrag die Summe von 1500 JL jährlich übersteigt; als dauernd gilt hier jedes Vertragsverhältnis, wenn dasselbe gesetzlich, Vertrags- oder gewohnheitsmäßig mindestens aus ’•) Art. 3 des BerjährungSgesetzeS v. ‘26. März 1859. ’*) 8 749 Zfs. 1, 8 808 R.C.P.O.

'°) W. VIII. S. 169: Hiezu Ges. v. 22. April 1871 betr. die Einführung norddeutscher Bundesgesetze in Bayern (W. VIII. S. 767) § 2 Zfs. 9. Das Gesetz vom 21. Juni 1869 gilt seit 13. Mai 1871 in Bayern. Bgl. hiezu im Allgemeinen: Seuss. Arch. XXXV. 172. Auf den Gehalt und die Dienstbezüge der öffentlichen Beamten hat das Gesetz keine Anwendung (§ 4 Zifs. 1 dies. Ges ), ganz abgesehen davon, daß deren Verhältnisse hier nicht zu erörtern sind. — Bezüglich der Frage, welche Personen als öffentliche Beamte im Sinne dieser Gesetzesstelle zu erachten sind vgl. aus der Praxis: Bl. f. R.A. XL. 107, XI.IV. 293. — Bezüglich der Frage, ob das Gesetz Anwendung hat aus eine Forderung aus einem über streitige Lohnansprüche abgeschlossenen Vergleich s. Seuff. Arch. XLII. 173. ’•) Alimentationsansprüche des außerehelichen Kindes gegen seinen Vater gehören nicht hiehcr: E. d. b. obst. L.G. II. 553; Seuff. Arch. XXXV. 173; wohl aber die gegen die Mutter. Ferner fallen nicht darunter Alimentationsansprüche der geschiedenen Ehefrau gegen den Ehemann: E. d. R.G. III. 15 Bl. f. R.A. III.

ein Jahr bestimmt") oder bei unbestimmter Dauer für die Auflösung eine Kündigungsfrist von mindestens drei Monaten einzuhalten ist.

Die Pfändungsbeschränkung kann nicht mit rechtlicher Wirkung durch Vertrag ausgeschlossen werden. Soweit die Pfändung unzulässig ist, ist auch jede Verfügung durch Zession, Anweisung, Verpfändung oder durch ein anderes Rechtsgeschäft ohne rechtliche Wirkung?^) Auch sind der Pfändung nicht unterworfen: bei Künstlern, Handwerkern, Hand- und Fabrikarbeitern, sowie bei Hebammen die zur persönlichen Ausübung des Berufes unentbehrlichen Gegenstände, bei Personen, welche Landwirtschaft betreiben, das zum Wirtschastsbetriebe unentbehrliche Gerät, Vieh- und Feldinventarium nebst dem nötigen Dünger, sowie die landwirtschaftlichen Erzeugnisse, welche zur Fort­ setzung der Wirtschaft bis zur nächsten Ernte unentbehrlich sind, bei Aerzten die zur Ausübung des Berufes erforderlichen Gegenstände und anständige Kleidung, die zum Betriebe einer Apotheke unentbehr­ lichen Geräte, Gefäße und Waren.") Soweit hienach Sachen der Pfändung nicht unterworfen sind, erstrecken sich auf diese Sachen auch nicht die Rechte, welche nach den Vorschriften des bürgerlichm Rechtes dem Vermieter und dem Verpächter an den eingebrachten Sachen und dem Letzteren an den Früchten des verpachteten Grund­ stückes zustehen; nur Landwirtschaft betreibende Personen genießen hinsichtlich der obengenannten Gegenstände dieses Retentionsprivilegium nicht, b")

d) Im Konkurse stehen den Faustpfandgläubigern gleich:81) Gastwirte wegen ihrer Forderungen für Wohnung und Bewirtung des Gastes in Ansehung der von demselben eingebrachten, von ihnen zurückbehaltenen Sachen; Künstler, Werkmeister, Handwerker und Arbeiter wegen ihrer Forderungen für Arbeit und Auslagen der von ihnen gefertigten oder ausgebesserten, noch in ihrem Gewahrsam befindlichen Sachen; diejenigen, denen nach dem Handelsgesetzbuche an gewissen Gegenständen ein Pfandrecht oder Zurückbehaltungsrecht

”) AlS dauernd gilt ein Dienstverhältnis nur dann, wenn innerhalb des JahreS eine einseitige Aufhebung desselben nicht zulässig ist: E. d. b. obst. L.G. VI. 533; Bl. f. R.A. XLI. 202.

78) In Art. 2 des b. Ges. betr. die der Pfändung nicht unterworfenen Sachen und Forderungen v. 18. Dez. 1887 (W. S. 215. B. XVIII. S. 643) ist ausgesprochen, daß soweit die in § 749 der C.P.O. bezeichneten Forderungen der Pfändung nicht unterworfen sind, vorbehaltlich der Bestimmungen der Reichsgesetze eine Uebertragung oder Verpfändung derselben nicht stattfinde. Art. 2 ist daher mit Rücksicht auf die im Texte angeführten reichsgesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich der in § 749 Zss. 1 R.C P O. genannten Forderungen gegenstandslos. Auf­ rechnung mit diesen Forderungen ist zulässig. Vgl. hieher auch Henle, die Hypothekmgesetznovelle nebst einigen bayerischen Civilgesetzen. Erlangen 1889 S. 65, 66. :9) § 715 Zff. 4-6 R.C P O. w) Art. 1 des Note 73 zit. Ges. 61) § 41 Zff. 5, 6, 8 R.K.O.

Lecher, Landescivilrecht und LandeScivilprozeßrecht.

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Zweites Hauptstück.

Bon dm Rechtssubjekten.

zusteht in Ansehung dieser Gegenstände?^) Auch können die beidm erstgenannten Kategorien von Personen in Ansehung der bezeichneten Ansprüche aus den bezeichneten Sachen vorzugsweise Befriedigung vor den Gläubigern verlangen, welche nach Begründung des Vorzugsrechtes durch Pfändung ein Pfandrecht erlangt haben und gleichfalls int Konkurse den Faustpfandgläubigern gleichstehen?') Innerhalb der für die Beftiedigung der Konkursforderungen geltenden Rangordnung nehmen die erste Rangstelle ein die für das letzte Jahr vor der Eröffnung des Konkursverfahrens oder dem Ableben des Gemeinschuldners rückständigen Forderungen an Lohn, Kostgeld oder anderen Dienstbezügen der Personen, welche sich dem Gemein­ schuldner für dessen Haushalt, Wirtschastsbetrieb oder Erwerbsgeschäft zu dauerndem Dienste verdungen hatten, die vierte Rangstelle die Forderungen der Aerzte, Wundärzte, Apotheker, Hebammen und Krankenpfleger wegen Kur- und Pflegekosten aus dem letzten Jahre vor der Eröffnung des Verfahrens, insoweit der Betrag der Forder­ ungen den Betrag der taxmäßigen Gebührnisse nicht übersteigt. Die Forderungen jeder einzelnen Rangstelle werden unter sich verhältnis­ mäßig befriedigt.^)

e) Im civilprozeßrechtlichen Verfahren steht Personen, welchen kraft ihres Gewerbes Thatsachen anvertraut sind, deren Geheimhaltung durch die Natur derselben oder durch gesetzliche Vorschrift geboten ist, in Betreff der Thatsachen, auf welche die Verpflichtung zur Ver­ schwiegenheit sich bezieht, das Zeugnisverweigerungsrecht zu; wird hievon nicht Gebrauch gemacht, so ist doch die Vernehmung nicht auf Thatsachen zu richten, in Ansehung welcher erhellt, daß ohne Verletzung der Verpflichtung zur Verschwiegenheit ein Zeugnis nicht abgelegt werden kann. Die Berechtigung zur Zeugnisverweigerung entfällt, wenn solche Personen von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbunden sind. Das Zeugnis kann auch verweigert werden über Fragen, welche der Zeuge nicht würde beantworten können, ohne ein Kunst- oder Gewerbegeheimnis zu offenbaren?') Personen, welche die Wissenschaft, die Kunst oder das Gewerbe, deren Kenntnis Voraussetzung der sachverständigen Begutachtung ist, öffentlich zum Erwerbe ausüben, haben der Ernennung zum Sach­ verständigen Folge zu leisten. Die Zeugnisverweigerungsgründe sind auch Gründe zur Verweigerung eines sachverständigen Gutachtens?')

Auf dem Gebiete der freiwilligen Gerichtsbarkeit finden diese Sätze entsprechende Anwendung. ") Bgl. Art. 368 Abs. 2, 374 Abs. 1 und 2, 375, 382, 409, 410-412: Art. 313-315 H.G.B. «) Art. 140 A G. z. R C.P.O. “) § 54 Zfs. 1 und 4 R K.O. “) § 348 Abs. 1 Zfs. 5, Abs. 3; § 349 Zfs. 3; § 350 Abs. 2 RC.P.O. ”) §§ 367, 372, 373 R.C.P O. '

II. Kapitel. Die einzelnen Rechtssubjekte.

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B. Die Rechtsanwälte insbesondere?) I. Die Verhältnisse der Rechtsanwaltschaft sind im Allgemeinen reichsrechtlich geregelt. Matzgebend ist die Rechtsanwaltsordnung vom 1. Juli 1878. Die Rechtsanwaltschaft ist kein Staatsamt; die Be­ stimmungen über Rechte und Pflichten der Staatsbeamten finden auf Rechtsanwälte keine Anwendung. Die Ausübung der Rechtsanwaltschaft ist private, wissenschaftliche, auf Erwerb gerichtete Berufsthätigkeit, aber nicht Gewerbebetrieb im Sinne der Reichsgewerbeordnung; sie wird ausgeübt unter staatlicher Kontrolle, welch' letztere wegen des Interesses der Oeffentlichkeit an geordneter Rechtspflege erforderlich ist. Gleichwohl ist aber der Rechtsanwalt kein öffentlicher Diener im juristisch-technischen Sinne, da die von ihm zu leistenden Dienste nicht öffentliche Interessen unmittelbar zu befriedigen besttmmt sind?) Auf das Verhältnis des Rechtsanwaltes zu seinem Auftraggeber findet, soweit nicht reichsrecht­ liche Bestimmungen entgcgenstehen oder Besonderes festsetzen, das einschlägige bürgerliche Recht Anwendung; die herrschende Ansicht erblickt hierin ein Mandatsverhältnis und beurteilt nach den Grund­ sätzen desselben innerhalb des vorbezeichneten Rahmens die einzelnen Rechte und Pflichten des Rechtsanwaltes und seines Klienten. II. Die vermögensrechtlichen Ansprüche der Rechtsanwälte, welche als Vergütung für ihre Berufsthätigkeit entstehen, sind reichs­ rechtlich durch die Reichsgebührenordnung für Rechtsanwälte vom 7. Juli 1879 geregelt, soweit eine Berufsthätigkeit in einem Verfahren vor den ordentlichen Gerichten, auf welches die Civilprozeßordnung, Strafprozeßordnung oder Konkursordnung Anwendung findet, sowie eine beratende Berufsthätigkeit, welche den Beginn oder die Fortsetzung eines solchen Verfahrens betrifft, in Frage kommt?) Die Reichsgebührenordnung für Rechtsanwälte findet sohin nicht Anwendung auf diejenigen Sachen, auf welche die vorgenannten Prozeßordnungen keine Anwendung finden, und auf die vor anderen Behörden als die ordentlichen Gerichte gehörigen Sachen?) Hier hat Lie Landesgesetzgebung Raum. In dieser Hinsicht ist maßgebend die bayerische Verordnung vom 25. September 1879, die Gebühren der ‘) v. Planck, Lehrb. des deutschen CivilprozeßrechteS Bd. I. S. 146—153; Laband, das Staatsrecht des deutschen Reiches Bd. II. 8 der rechtsrhein. Gemeindeordnung wird „die Hastungsverbmdlichkeit der Gemeindebeamten und Gemeindebediensteten wegen Nichterfüllung oder Ueberschreitung ihrer gesetzlichen Obliegenheiten gegenüber der Gemeinde durch die vorgesetzte Verwaltungsbehörde vorbehaltlich der Beschwerdeführung sestgestellt. Die Betretung des Civilrechtsweges ist durch die Entscheidung der Verwaltungsbehörden nicht ausgeschlossen, hat jedoch keine aufschiebende Wirkung". Gemäß Ziff. 2 und 3 in obiger Darstellung steht fest, daß die Vorschrift des Art. 7 Abs. 2 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes weder dann anwendbar ist, wenn öffentlich-rechtliche Ansprüche des Dienst­ herrn in Frage stehen, noch wenn die Vorfrage der Dienstpflichts­ verletzung, die Haftungsverbindlichkeit gegenüber dem Dienstherrn selbst privatrechtlicher Natur ist. Schon hieraus ergiebt sich aber, daß gegenüber Art 158 der Gemeindeordnung die Zuständigkeit des Berwaltungsgerichtsh ofes zu einer Vorentscheidung in unserem Sinne nach keiner Richtung begründet ist.48) Ob und inwieweit überhaupt eine Zuständigkeit der Civilgerichte für Haftungsansprüche der Gemeinde gegen die Gemeindebeamten und -bediensteten gegeben sein kann, ist bereits oben unter Ziff. II dargelegt worden. Eine Vorentscheidung des Verwaltungsgeri^chtshofes fällt aber auch dann weg, wenn durch pflichtwidrige Handlungen oder Unter­ lassungen innerhalb der Besorgung eigentlicher Gemeindeangelegen­ heiten ein Dritter geschädigt wurde, da hier die Gemeindebeamten keine staatlichen Hoheitsrechte ausüben; gegenüber Gemeindebeamten hat eine Vorentscheidung nur Platz, insoweit sie in Ausübung staatlicher Hoheitsrechte, sohin innerhalb des übertragenen Wirkungskreises inner­ halb der Besorgung uneigentlicher Gemeindeangelegenheiten, Dritten Schaden zufügen. Die Praxis erachtet endlich — wie oben unter Ziff. 8 dar­ gethan — mit Recht den Mangel der positiven Vorentscheidung als prozessualen Einwand der Unzulässigkeit des Rechtsweges, welcher waltungsakten. Im letzten Punkte a. M. Seydel, b. St.R. II. S. 458 Rt. 6. Vgl. auch Hauser a. a. O. S. 296. ,e) Hier gehen die Meinungen verschiedentlich auseinander: vgl. hierüber Krais a. a. O. S. 162; Komm. z. Bcrw Ger.Hofsgesetz S. 301 Sinnt. 13—15; S. 303 Sinnt. 15; Seydel, b. St.R. II. S. 465; Lindner-Hauck, Komm. z. Gem.Ordn. zu Art. 158 Nt. 1; Reger-Dyroff, Komm. z. Verw.Ger.H.Ges. S. 9.

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Zweites Hauptstück.

Bon den Recht-subjekten.

von Amtswegen Berücksichtigung zu finden hatebenso die positive Vorentscheidung als bindend für den Civilrichter, welcher Ansicht gleichfalls im Hinblick auf das Eingangs Erörterte beizupflichten ist50) Ist aber die Vorentscheidung über das Vorhandensein des dienstlichen Verschuldens für den Civilprozeß präjudiziell, der Civilrichter an sie gebunden, so hat er bei Bejahung der Borfrage durch den Berwaltungsgerichtshof nur noch zu prüfen, ob zwischen der dienstlichen Verfehlung unb dem geltend gemachten Vermögensschaden der erforderliche Kausal­ zusammenhang besteht, ob der für die civilrechtliche Haftung erforderliche Grad von Schuld vorhanden ist, ob trotz vorhandener Verfehlung, vorhandenen Kausalzusammenhanges und vorhandener Schuld nicht aus anderen civilrechtlichen Gründen die Haftpflicht des Beamten aus­ geschlossen ist, endlich wie hoch die für den Vermögensschaden zu gewährende Entschädigung festzusetzen ist51)

§ 34. Die Amtskautionen.

Das Interesse des Staates bezw. der Gemeinden erheischt es, daß gewisse Kategorieen öffentlicher Diener, welchen die Besorgung von staatlichen oder gemeindlichen Kassenangelegenheiten obliegt, für „etwaige Dienstgebrechen und Kassenrückstände" dem Dienstherrn Sicher­ heit leisten. Das heutige Amtsbürgschaftswesen der Staatsdicner “) § 247 Abs. 2 Ziff. 2 R.C.P.O.; § 17 Abs. 1 R.G.B.G.; Lippmann a. a. O. S. 469; Krais a. a. O. S. 116; auch Gaupp, Komm. j. R.C.P.O. zu § 247 Nt. IV. Zff. 1; Seusfert, Komm. z. R.C.P.O. zu § 247 92t. 11; Reincke, Komm. z. R.C.P.O. zu § 247 Nt. I Abs. 3; E. d. R.G. II. 63, III. 336; XXII, 4. w) Seydel, b. St.R. II. S. 462; Kahr, Komm. z. Berw.Ger.H.Ges. S. 73, 74; Krais a. a. O. S- 118, 119; Komm. z. Berw.Ger.H.Ges. S- 293; RegerDyroff, Komm. z.-Berw.Ger.H.Ges. S. 9; Lindner-Hauck, Komm. z. Gem.Ordn. zu Art. 158 Anm. 1 Abs. 3; A. M. Lippmann a. a. O. S. 468, 469; v. Mlmowsky und Levy, Komm. z. R.C.P.O. bezw. z. E.G. z. R.G B.G. zu 8 11 92t. 4. Letzterer hebt übrigens richtig hervor, daß insolang« eine positive Vorentscheidung nicht erfolgt ist, der Rechtsweg unzulässig, daher es auch juristisch nicht ganz richtig ist, zu sagen, die negative Vorentscheidung sei für den Civilrichter „bindend"; der Rechtsweg ist nicht eröffnet mit einer negativen Vorentscheidung. Die positive Vorentscheidung hat im rein civilprozeßrechtlichen Sinne weder den Charakter eines Zwischenurteils (§ 473 R.C.P.O ), da es mit der Endentscheidung nicht an­ gefochten werden kann, noch eines Teilurteils, da §§ 273, 274 R.C.P.O. keine entsprechende Anwendung hier zulassen; sie ist ebenso wie die negative Vor­ entscheidung immer Endurteil. Will man aber absolut zwischen Zwischenurteil und Teilurteil wühlen, dann läßt sich am ehesten noch der Begriff des Zwischen­ urteils aufrechterhalten, da § 473 R.C.P.O. in entsprechender Umdeutung der Worte „soferne nicht dieselben nach den Vorschriften dieses Gesetzes unansechtbar sind" eine befriedigende Auslegung erfahren tarnt. Die Frage ist übrigens rein theoretischer Natur. Vgl. hiezu Seydel, b. St.R. II. S. 462; Krais, Komm. z. Berw.Ger.Ges. S. 293; E. d. Verw.Ger.H. IV. 174, XIII. 470 (Teilentscheidung); Reger-Dyross a. a. O. S. 9 (Zwischenurteil). ") Vgl. auch E. d. Verw.Ger.H. IV. 174, XIII. 470; Krais a. a. O. S. 118, 119; Reger-Dyroff, Komm. z. Berw.Ger.H.Ges. S. 9; Kahr, Komm. z. Berw Ger.H Gcs. S. 73.

n. Kapitel.

Die einzelnen Rechtssubjette

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mit Ausnahme der Notare beruht im Wesentlichen auf den königlichen Verordnungen vom 19. Februar 1819, 22. Oktober 1851,16. November 1876 und 21. Dezember 1879, das der Notare auf dem Notariatsgesetze vom 10. November 1861, das der Gemeindediener auf der Gemeinde­ ordnung vom 29. April 1869. A. Die AmtSkautione« der Staatsdiener?)

I. Das Rechtsverhältnis im Allgemeinen. Die Pflicht zur Leistung einer Amtsbürgschaft ist weder eine Staatsdienerpflicht, noch innerhalb des Gemeindedienstes eine Dienst­ oder Bürgerpflicht; ein Rechtsanspruch auf Leistung der Amtsbürg­ schaft, Erhöhung oder Umgestaltung derselben besteht daher nur dann, wenn ein besonderer obligatorischer Vertrag mit dem Staats- oder Gemeindediener hierüber abgeschlossen wird. „Ein rechtsnotwendiger Bestandteil des Dienstvertrages selbst ist die Leistung einer Amtsbürgschaft nicht."2) Wird die Amtsbürgschaft nicht geleistet, oder die Erhöhung bezw. Aenderung der bisher geleisteten Amtsbürg*) Ber. v. 19. Febr. 1819, die Wiedereinführung der Amtsbürgschasten (Kautionen) betr. (W. I. S. 748) nebst Allh. Entschl. v. 17. Sept. 1819 gleichen Betr. (W. I. S. 748 Nt. 1); Allh. Entschl. v. 29. Febr. 1820, die Vollziehung der Ber. v. 19. Febr. 1819, das Amtsbürgschaftswesen betr. (W. II. S. 33), fast vollständig gegenstandslos; Ber. v. 22. Ott. 1851, die Bestellung von Amisbürg­ schaften der Beamten betr. (W. IV. S. 298); M.E. v. 25. Nov. 1851, instruktive Bestimmungen zum Vollzüge der Allh. Ber. v. 22. Ott. 1851 betr. (W. IV. S. 306); M.E v. 25. Aug. 1852 gleichen Betr. (W. IV. S. 538); M.E. v. 10. März 1861, die Rechnungsaufnahme betr. (W. V. S. 229); M.E. vom 29. Aug. 1862, die Diensteskautionen der Beamten der k. Bezirksämter betr. (W. VI. S. 71); M.E. vom 29. Aug. 1862, die Diensteskautionen des Gerichtspersonals betr. (W. VI. S. 72); M.E. vom 14. Jan. 1875 die Behandlung der Amtsbürgschaften der Beamten in Bersetzungsfällen betr. (W. X. S. 558); Ber. v. 16. Nov. 1876, die Bestellung von Amtsbürgschaften der Beamten betr. (W. XL S. 668); M.Bek. v. 28. November 1876, die Bestellung von Amtsbürgschaften der Beamten betr. (W. XI. S. 677); Ber. vom 20. September 1879, die Ausführung deS ReichsgerichtSkostengesetzes und des Gesetzes über das Gebührenwesen betr. (W. XIII. S. 572) § 13; Ber. vom 21. Dezember 1879, die Bestellung von Amtsbürgschaften der Beamten betr. (W. XIV. S. 284); M.Bek. v. 24. Dez. 1879 gleichen Betr. (W. XIV. S. 292); M.Bek. v. 5. Okt. 1880, die Amtsbürgschaften der Beamten betr. (W. XIV. S. 579). Besonders aber doch ähnlich geregelt sind die Kautionen des Postpersonals: vgl. die Allh. Entschl. v. 27. April 1808, die Kaulionsleistungen der Postbediensteten betr. (W. I. S. 159), mit § 26 der Ber. vom 19. Febr. 1819, nebst M E. vom 21. März 1842, die Stellung der Amtsbürgschaften von Postbeamten und Postbediensteten betr. (W. III. S. 452). — S. ferner M.E. vom 30. Mai 1846, die Amtsbürgschaften der Eisenbahnbeamten und Bediensteten betr. (W. III. S. 452 Note *); Bek. der Generaldirektor: der Berkehrsanstalten v. 10. Jan 1877, Be­ stellung von Amtsbürgschaften betr. (W. III. S. 453 Nt. ♦). — Vgl. zum Ganzen hieher: Weber, Gen.Reg. zu Bd. I.—XV. S. 302, 303; Hock, Handbuch der ge­ samten Finanzverwaltung Bd. I. S. 64, 570 ff.; IV. S. 105 ff.; Seydel, b. St.R. Bd. III. S. 360—373; auch Laband, deutsches Reichsstaatsrecht Bd. I. S. 429 ff. 2) Seydel, b. St.R. III. S. 361, 362; Laband d. St.R. I. S. 429, 430. Die IX. Bers.Beil, kennt die Amtsbürgschaftspflicht als Bestandteil des Staatsdienstvertrages nicht.

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Zweites Hauptstück.

Bon den Rechtssubjekten.

schüft nicht bewirkt, so steht dem Dienstherr« nur ein mittelbares Zwangsmittel, die Enthebung vom Dienste überhaupt oder wenigstens von dem betreffenden Amte, zu.') Der Amtsbürgschastsvertrag selbst ist Faustpfandvrrtrag, sohin Realvertrag und wird daher erst mit Leistung des Pfandobjektes an den Pfandnehmer perfest?) Er wird allgemein als ein bürgerlichrechtlicher Vertrag, das hiedurch begründete Rechtsverhältnis als bürgerlich-rechtliches Bertragsverhältnis bezeichnet, so daß die aus dem­ selben entstehenden Ansprüche der Beteiligten zur Zuständigkeit der Civilgerichte gehören. Jnsoferne man annimmt, datz der Dienstherr hier den Weg des privatrcchtlichen Vertrages zur Begründung des Rechtsverhältnisses wählt, mag diese Ansicht einem weiteren Einwande nicht unterliegen, zumal richtig ist, daß die rechtliche Natur des Dienst­ vertrages die der Amtsbürgschaftslcistung als „nicht rechtsnotwendigen Bestandteils desselben" nicht unbedingt bestimmen muß?)

II. Das Rechtsverhältnis im Besonderen. a) Notwendigkeit der Amtsbürgschaftsleistung. Alle Beamten, ohne Rücksicht auf statusmäßige Anstellung oder den Genuß staatsdienerschaftlicher Rechte, welche einen Teil des Staats­ finanzvermögens, mag es in Geld oder Geldeswert bestehen, zunächst und unmittelbar behandeln seinnehmen, ausgeben, verwahren und ver­ walten), haben Amtsbürgschast zu leisten?) Ausgenommen sind jene, welche nur für die höhere Administration, Leitung und Beratung der Finanzen bestellt sind, sohin außer „unmittelbare Berührung mit Geld und Gut" sich befinden?) Die einzelnen hienach bürgschafts­ pflichtigen Beamtenklassen sind verordnungsmäßig näher bezeichnet?) Die Notwendigkeit der Bürgschaftleistung tritt zeitlich mit der Berufung ») §§ 19, 20 der IX. Sers.Seil; Seydel, b. StR. III. S. 363. 4) Ser. v. 21. Dez. 1879 § 1. s) Hieran ändern auch die Worte ber Ser. v. 19. Febr. 1819: „eine SicherheitSmaßregel, welche der Natur deS Dienstvertrages ganz angemeffen fei" nichts. Sgl. Seydel, b. St.-R. III. S. 362: Laband, d. St.R. I. S. 432. °) Ser. v. 19. Febr. 1819 §§ 1, 3, 4. Nur Seamte, welche Staats­ finanzvermögen behandeln, nicht solche, welche Staatsverwaltungsvemrögen behandeln, haben Kaution zu stellen. ’) Ser. v. 19. Febr. 1819 § 2. «) Ser. v. 19. Febr. 1819 §§ 6-13; M E. v. 29. Febr. 1820 §§ 15-23. Für gewisse Klassen von Seamten, welche an sich bürgschastspflichtig sind, gelten gleichfalls wieder Ausnahmebestimmungen oder können Ausnahmen geschaffen werden, so §§ 19—28 der Ser. v. 19. Febr. 1819. Nach § 27 a. a. O. ist „Direk­ toren und Kustoden ic. solcher Sammlungen, deren Kunst- und Seltenheitswert nicht leicht durch Schätzung nachgewiesen werden kann, bei denen der Zweck, sie in Geld umzusetzen, gar nie vorliegt, und welchen vorzustehen, eine ganz eigene selten anzutreffende Bildung, Qualifikation und Erfahrung erforderlich ist, z. B. den Direktoren und Kustoden der königlichen Sibliotheken, Gemäldegalerien, Anti­ quarien, Münzkabinette, Schatzkammern" die Entrichtung von Sürgschasten ganz nachgelassen; hiezu bemerkt v. Seydel, b. St.R. III. S. 363 Nt. 2 richtig, daß hierin eigentlich keine Ausnahme zu finden ist, da hier Staatsverwaltungsnicht Staatsfinanzvermögen in Frage stünde.

II. Kapitel.

Die einzelnen Rechtssubjekte.

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auf das dieselbe fordernde Amt ein, die Notwendigkeit einer Erhöhung der geleisteten Bürgschaft mit der Berufung auf ein solches Amt, welches die höhere Bürgschaftsleistung verlangt?) Bei Versetzungen auf ein gleiches Amt ist die Notwendigung einer Bürgschaftserneuerung nicht vorhanden?") b) Bestellung der Amtsbürgschaft. Die Bestellung der Amtsbürgschaft kann von dem Beamten selbst oder für ihn von jedem Dritten unter der Voraussetzung, daß er sich den nämlichen Beding­ ungen, wie der Kautionspflichtige unterwirft, bewirkt werden (Ver­ pfändung für einen Dritten).") Die Bestellung selbst erfolgt regelgemäß sofort in voller Höhe der Amtsbürgschaft durch Uebergabe geeigneter Staatsobligationen nebst Talons und Coupons zum Faustpfande?^) Zugleich hat der Kautionssteller eine schriftliche Erllärung über die Faustpfanderrichtung auf einem gesonderten Bogen unter genauer Bezeichnung der einzelnen Obligationen nach Gattung, Betrag, Zinsfuß, Datum, Serien- und Katasternummer zu überreichen?') Die einzelnen Obligationen werden sodann von der mit der Regulierung der Amtsbürgschaft befaßten Stelle oder Behörde mit dem Vermerke „Vmkuliert als Amtsbürgschaft" versehen und nebst der schriftlichen Erklärung über die Faustpfanderrichtung der einschlägigen Kasse zur deposital- und kassenmäßigen Verwahrung überwiesen?^) Dem Kautions­ steller ist ein Depositenschein zu behändigen, welcher als Beweismittel über den durch Uebergabe und Annahme der Obligation zustande­ gekommenen Faustpfandvertrag und als Legitimation zur seinerzeitigen Empfangnahme der Amtsbürgschaft dient?') ») Seydel, b. St R. IH. S. 364; Laband, d. St.R. I. S. 430; Allh. Entschl. v. 27. April 1808 Zfs. I; auch M E. v. 10. März 1861 Zff. I: „Die Verpflichtung zur Kautionsentrichtung beginnt mit dem Amtsantritt"; M.Bek. v. 24. Dez. 1879 Zff. 2 Abs. 2. 10) M E. v. 14. Jan. 1875 Zff. 2; Seydel, b. St.R. III. S. 364. Be­ züglich Versetzungen von kautionspflichtigen GerichtSsekretären vgl. auch Hock a. a. O. IV. 106. ll) Ber. v. 21. Dez. 1879 § 2. M E. v. 24. Dez. 1879 Zff. 1 Abs. 4; M.Bek. v. 5. Ott. 1880 (welche speziell durch den Fall der Gewährung eines Kaulionsdarlehens seitens einer Versicherungsgesellschaft veranlaßt wurde; daselbst sind auch noch weitere diesbezügliche Min.Ent'schl. zitiert). .lst) Ver. v. 21. Dez. 1879 § 1. ") Ber. v. 21. Dez. 1879 § 2; M.Bek. v. 24. Dez. 1879 Zff. 1 und 2 (nebst Formular für die Erklärungen). “) Ber. v. 22. Okt. 1851 § 3; M E. v. 14. Jan. 1875 Zff. 3; M.Bek. v. 28. Nov. 1876 Zff. 5 Abs 2; Ber. v. 21. Dez. 1879 § 3; M.Bek. v. 24. Dez. 1879 Zff. 3 und 5. Die einschlägigen Kassen sind die Zentral-Haupt- und Kreiskassen: Ber. v. 22. Ott. 1851 § 3 Abs. 1. Durch die Vinkulierung wird den Rechtswirkungen der Art. 306 und 307 des allgem. deutsch. Handelsgesetzbuches vorgebeugt (vgl. auch Ber. v. 12. März 1817, die aus jeden Inhaber (au porteur) lautenden Staats- oder sonstigen öffentlichen Fondspapiere betr. sB. S. 40]). 16) Ber. v. 21. Dez. 1879 § 2 Abs. 3; Der. v. 22 Okt. 1851 Zff. 3 Abs. 1. Erfolgt die Bestellung durch einen Dritten, so hat dieser die vorgeschriebene Er­ klärung über die Faustpfandbestellung abzugeben und diese Erklärung auch auf das Anerkenntnis zu erweitern, daß alle zwischen ihm und dem Kautionspflichtigen

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Zweites Hauptstück.

Bon den Recht-subjekten.

Eine Ausstellung von Berzichtserklärungen der Ehefrauen kautions­ pflichtiger Beamten und Bediensteter hinsichtlich der heiratlichen An­ sprüche und Dotalforderungen ist nicht mehr erforderlich?^ Ausnahmsweise ist Beamten, deren Mittellosigkeit notorisch oder genügend nachgewiesen ist, die fristenweise Erläge der Obligationen gestattet. In diesem Falle wird mit dem Beamten zunächst ein Ver­ trag abgeschlossen, wonach derselbe verpflichtet ist, einen Sechsteil seiner fixen Geldbesoldung durch die seine Besoldung verrechnende Kasse ohne Anspruch auf Verzinsung sich abziehen, bis die Gehalts­ abzüge jeweils 200 JL erreicht haben, und hieraus die Anschaffung kautionsmäßiger Obligationen von gleichem Nominalwerte anschaffen zu lassen oder selbst zu besorgen. Der Beamte hat die schriftliche Erklärung über die Faustpfandserrichtung einzureichen, sobald die Anschaffung erfolgt ist. Sobald jeweils eine Obligation angeschafft und der die Kaution regulierenden Stelle übergeben ist, ist der Faust­ pfandvertrag über jene zur Existenz gelangt und erhält der Beamte hierüber den Depositenschein. Bis zur Anschaffung einer Obligation haftet dem Staate die abgezogene Summe als irreguläres Faustpfand?^)

c) Höhe und Gegenstand der Amtsbürgschaft. Die Höhe der Amtsbürgschaft bemißt sich, soweit nicht im Einzelnen besondere Normen gelten, nach der Höhe des von dem Beamten zu behandelnden, verwaltenden oder zu verwahrenden Finanz­ vermögens ; hiebei entscheidet der jeweilige Bruttobetrag. Im Ganzen bestehen 11 Klassen; in der höchsten Klasse beträgt die Amtsbürg­ schaft 6000 JL, in der niedersten Klasse 400 getroffenen Bereinbamngen in der Richtung gegen den Staat keine Recht-wirksam­ keit äußern. Eine Berechtigung des Kautionsstellers, die Wertpapiere vor Auf­ lösung des Kautionsverbandes zurückzufordern, weil der StaatSdiener ihm gegen­ über die Leistung der vertragsmäßig übernommenen Verbindlichkeiten nicht be­ wirkt, ist ausgeschloffen. Das Eigentumsrecht deS Kautionsstellers, sowie deffen ZinSbezugsrecht kann entsprechend vorgemerkt werden, damit die schließliche Aus­ händigung der Wertpapiere nur an ihn erfolgt. Geht während der Dauer deS Kautionsverbandes das Eigentum an den Wertpapieren aus den Staatsdiener über, so hat Lehterer nunmehr die vorgeschriebene Erklärung über di« Faustpfand­ bestellung abzugeben. (M.Bek. v. 5. Okt. 1880.) — Die Verhandlungen über die Bestellung von AmtSbürgfchasten sind gebührenfrei: M.Bek. v. 26. Rov 1876 Zff. 13; M.Bek. v. 24. Dez. 1879 Zfs. 7; Art. 151 Zfs. 2 des b. Gebührengesetzes. *•) Ber. v. 21. Dez. 1879 8 4. Vgl. hiezu Seydel, b. St.R. III. S. 367 Anm. 6 zu S. 364 a. E.; dann § 37 R.K.O.; §§ 12, 13 E G. z. R.K.O.; Art. 234 b. A.G. z. R.C.P.O. *’) Ber. v. 19. Febr. 1819 § 32; A. Entschl. v. 29. Febr. 1820 Zff. 4 Abs. 3, Zff. 14 Abs. 2; Ber. v. 16. Nov. 1876 § 4; M E. v. 28. Nov. 1876 Zff. 3—8; M E. v. 24. Dez. 1879 Zff. 4. Aus den monatlich zurückbehaltenen Gehaltsabzügen werden die Staatspapiere selbstver-ständlich nach dem TageSkurSwerte angekauft; der Rest des zurückbehaltenen Geldes ist wieder zu deponieren. — Bezüglich der Unzulässigkeit von Kautionsabzügen an einem Ruhegehalte siehe Seydel, d. St.R. III. S. 368 Nt. 5. ") Ber. v. 19. Febr. 1819 §§ 16—18; Ber. v. 16. Nov. 1876 § 2; M E. v. 28. Nov. 1876 Zff. 1.

II. Kapitel.

Die einzelnen Rechtssubjekte.

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Als Amtsbürgschaft können nur bayerische Staatsobligationen mindestens zu 31/** *%* verzinslich S. * * * * * * *geleistet *** werden; hiebei kommt nur der Nennwert, nicht der Kurswert in Betracht. Die Zinsen bezieht jedoch der Besteller.") Umgewandclte oder gekündete Obligationen sind jeweils entsprechend zu ersetzen?")

d) Haftung und Rückgabe der Amtsbürgschaft. Die Amtsbürgschaft haftet dem Staate „für die Treue der Amtsführung"21), d. h. für alle künftigen Forderungen, welche dem Staate gegen den kautionspflichtigen Beamten aus Dienstgebrechen und Kassenrückständen jeglicher Art, welche von ihm in Ansehung der ihm übertragenen Finanzverwaltung zu vertreten sind, entstehen können. In das Eigentum des Staates gehen die als Kaution bestellten Wert­ papiere nicht über und sind daher die gleichen Wertpapiere vom Staate an den Besteller oder dessen Erben oder sonstigen Rechtsnachfolger zurückzuleisten22), sobald das die Kautionsleistung notwendig machende Dienstverhältnis aus irgend einem Grunde beendet und Amts­ richtigkeit gepflogen ist, d. h. feststeht, daß solche Forderungen des Staates nicht bestehen, für welche die Kaution haftet. Die zurückzu­ erstattenden Wertpapiere sind vor der Rückgabe mit dem Vermerke „devinkuliert nach Lösung des Amtsbürgschaftsverbandes" zu versehen. Nach Rückgabe der Obligationen werden auch die Erflärungen über ie) Ver. v. 22. Okt. 1851 §§ 1, 5 und 8; Ber. v. 16. Nov. 1876 § 1; 83er. v. 21. Dez. 1879 § 1. Zur Kautionsleistung find geeignet sowohl die auf den Kautionssteller lautenden oder im Kataster auf ihn umgeschriebenen Nominal­ obligationen, als auch die mit einer Vinkulierung nicht behafteten au porteurObligationen; auch Landeskulturrentenscheine (M.Bek. v. 17. Juni 1884). Die ZinScoupons für jeweils die nächsten drei Berfalljahre können dem Kautions­ besteller im Voraus eingehändigt werden. Die Zinstermine hat der Kautions­ steller zu beachten, um die rechtzeitige Verabfolgung der Zinscoupons zu ver­ anlassen. (Vgl. hiezu Gesetz vom 29. Sept. 1861 die Verjährung der Forderungen aus Staatsschuldurkunden der Staatsschuldentilgungsanstalt betr. sW. V. 263, B. 132]); ebenso hat er auch für die neuen Couponbögen zu sorgen (vgl. hiezu M.E. v. 4. Jan. 1857 die neuen Coupons zu den als Amtsbürgschasten deponierten Staatsobligationen betr. [®. V. S. 17]). Daß der Kautionssteller Eigentum an den Wertpapieren haben müsse, ist nicht vorgeschrieben; hat er nicht Eigentum hieran, so kommen für den Staat die Art. 306 und 307 des allg. deutsch. Handels­ gesetzbuches zur Anwendung. — Früher waren die Amtsbürgschasten in baarem Gelde zu leisten, später konnten sie wahlweise in baarem Gelde oder in Wert­ papieren geleistet werden; nur im Falle der Mittellosigkeit eines Beamten (s. o. S. 204) sind auch jetzt noch Geldkautionen möglich. ”) Ber. v. 22. Olt. 1851 § 6; M.E. v. 26. Nov. 1876 Zff. 8; M.Bek. v. 24. Dez. 1879 Zss. 2 Abs. 3, Zff. 3 Abs. 2 und 3, Zff. 4. Die Beachtung der Zahlungstermine verlooster Obligationen obliegt dem Kautionssteller; vgl. hiezu das Nt. 19 zitierte Verjährungsgesetz. 81) Ver. v. 19. Febr. 1819 Abs. 1. Seydel, b. St.R. UI. S. 370 im An­ schluffe an den Wortlaut des Reichsgesetzes vom 2. Juni 1869 „für alle von dem Beamten aus seiner Amtsführung zu vertretenden Schäden und Mängel an Kapital und Zinsen, sowie an gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten der Er­ mittelung des Schadens". --) arg. Ber. v. 21. Dez. 1879 §§ 2, 3.

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Zweites Hauptstück.

Bon den Rechtssubjekten.

die Faustpfandserrichtung zurückgegeben. Der Besteller hat den Depo­ sitenschein zurückzuerstatten. Muß die Kaution zur Deckung von Haftungen in Anspruch genommen werden, so werden die Obligationen nach ihrem Nennwerte (nicht Kurswerte) zur Vergütung angerechnet. Sie werden nicht ver­ kauft, sondern in entsprechender Weise durch Einlösung bei der ein­ schlägigen Behörde in Bargeld umgewandelt; aus der Einlösungs­ summe wird der Defekt gedeckt.

Ist teilweise Amtsrichtigkeit gepflogen, so soll die Kaution bezw. der durch Einlösung an deren Stelle getretene Barbetrag nur insoweit zurückbehalten werden, als noch ein ungedeckter Betrag vorhanden ist; eine teilweise Rückerstattung der Wertpapiere selbst ist natürlich nur möglich, wenn die Art der Bestellung der Kaution dies ermöglichte^) e) Rechtliche Natur der Amtskaution im Besonderen. Nach Maßgabe vorstehender Grundsätze ist die Amtsbürgschaft des Staatsdieners ein in Wertpapieren bestimmter Art von dem Staatsdiener selbst oder von einem Dritten für ihn dem Staate für alle künftigen Forderungen desselben aus den von dem Staatsdiener zu vertretenden Kassendefekten und Kassenrückständen bestelltes regu­ läres bürgerlich-rechtliches Faustpfand^); für das hienach zwischen dem Staate und dem Besteller entstandene Rechtsverhältnis entscheiden die bürgerlich-rechtlichen Grundsätze über das Faustpfand^), soweit nicht besondere vertragsmäßige Bestimmungen getroffen sind oder als still­ schweigend getroffen gelten.26)

”) Ber. v. 19. Febr. 1819 § 31; Ber. v. 22. Ott. 1851 Zff. 7; M.E. v. 22. Aug. 1852 (insbesondere' über die Realisierung der Deckung); M.E. v. 14. Jan. 1875 Zff. 1; M.Bck. v. 24. Dez. 1879 Zff. 5 Abs. 2 und 3 Zff. 6. Richt der Rücktritt von einem bestimmten Amte, sondern die Beendigung der die Kautionsleistung fordernden Amtsverwaltung im Allgemeinen macht die Kaution frei: vgl. auch Seydel, b. St.R. III. S. 364, sowie das Formular der FaustPfanderrichtungSertlärung zur M.Bek. v. 24. Dez. 1879. Ein Bertaus der Wert­ papiere an der Börse darf nicht stattfinden. ,4) Ein irreguläres Faustpfand besteht für die Geldkaution der mittellosen Beamten (s. o. S. 204). “) Bgl. auch Seydel, b. St.R. III. S. 370. ’*) Die in den einzelnen Verordnungen und Ministerialentschließungen ge­ troffenen Bestimmungen sind die einzelnen besonderen Vertragsbedingungen, unter welchen der Staat den Faustpfandvertrag eingeht. Dadurch, daß der StaatSdiener, ohne zu widersprechen, daS Faustpfand übergibt, macht er sie zum Inhalt seines BertragSofferteS. DaS Faustpfandrecht gewährt dem Staate im Konkurse des Kautionsbestellers bezw. Eigentümers deS KautionSobjekteS das Recht auf abge­ sonderte Befriedigung wegen der Pfandforderung: § 40 R.K.O.; § 14 E G z. R E O. ß 16 E G. z. R.C.O. hat m. E. hieher keine Bedeutung, da „landesgesetzliche Vorschriften" für besondere oder weitere Erforderniffe der Faustpfandbestellung nicht bestehen. UebrigenS sei noch bemerkt, daß nach bayerischem Rechte (§ 3 des Hyp Ges.) eine Psandbestellung an Wertpapieren nur im Wege deS Faustpfandes möglich ist. — Bgl. hieher noch 88 709, 713, 745 ff., 810 R E P O. (E. d. 6. obst. L.G. IV. 262.)

HI. Die allgemeinen Vorschriften über Amtsbürgschaften finden auch Anwendung auf die königlichen Stiftungsadministratoren und die Kasse- und Verwaltungsbeamten der Universitäten.")

IV. Die Amtsbürgschaften der Notare insbesondere. Soweit nicht im Nachfolgenden Besonderes erwähnt ist, gelten auch hier die gleichen Grundsätze, wie für die Amtsbürgschaften der übrigen Staatsdiener.*8) Die Notwendigkeit der Kautionsleistung ist auch hier mit der Berufung auf das Amt gegeben. Die Kaution ist vor dem Amts­ antritte zu stellen und zwar sofort nach der Ernennung, jedenfalls aber innerhalb einer dreimonatlichen Frist von Empfang der die Er­ nennung kundgebenden Entschließung an oder der auf sein Ansuchen verlängerten bezw. von Amtswegen noch um vierzehn Tage verlängerten Frist. Keinesfalls darf die Verpflichtung des Notars vor Beibringung des Nachweises der KautionserleAung stattfinden. Eine spezielle Auf­ forderung zum Erläge der Kaution erfolgt nicht?8) Tritt im Falle einer Versetzung des Notars eine Kautionserhöhung ein, so muß die Ergänzung der Kaution gleichfalls vor Antritt des neuen Amtes er­ folgen und darf der Notar nicht eher bezüglich des neuen Amtes in Pflicht genommen werden, bis der Nachweis der Kautionsergänzung erbracht ist?8) Die Kaution beläuft sich für einen am Sitze eines Landgerichtes angestellten Notar auf 2000 JL, für jeden anderen Notar auf 1000 JL und ist in bayerischen Staatsobligationen szum Nennwerte) von mindestens 3'/z %igem Zinsfuß zu bestellen?') Die Bestellung erfolgt durch Uebergabe zu Faustpfand an die Regierungsfinanzkammer des künftigen Amtssitzes des Notars; zugleich ist die entsprechende schriftliche Er­ klärung seitens des Kautionsstellers abzugeben, daß die Wertpapiere als Faustpfand gemäß Art. 98 Not.Ges. erlegt werden. Ueber die Uebergabe der als Amtsbürgschaft dienenden Obligationen wird dem Notare von der Regierungsfinanzkammer zunächst eine Jnterimsbescheinigung zum Zwecke des Ausweises der Kautionserlegung vor ”) M E. v. 23. Sept. 1830, die Amtsbürgschaften der königlichen Stiftungs­ administratoren betr. (W. II. S. 542), nebst weiteren bei W. a. a. O. Nt. * zit. M E ; dann M.E. v. 28. Juni 1855, die Amtsbürgschasten der Beamten betr. (W. IV. S. 714). ,s) Not.Ges. Art. 99 Abs. 2 letzter Satz. — Bgl. hieher noch M.E. v. 13. Juni 1862, die Kautionen der t. Notare betr. (W. V. S. 757), welche jedoch ihre Bedeutung gröbtenteilS verloren hat; M.E. v. 6. Jan. 1866, die Behandlung der Dienstkautionen der auf eine andere Stelle versetzten Notar« betr. (SB. VI. S. 560); M.E. v. 25. Jan. 1866, die Behandlung der Dienstkautionen der Notare, hier namentlich für Fälle der Bersetzung betr. (W. VI. S. 572). ”) Not.Ges. Art. 98: „vor dem Antritte deS Amtes"; Art. 119 (bezüglich der Frist) § 9, § 2 Abs. 2 Jnstr. z. Not.Ges. v. 1. Juni 1862. •°) Not.Ges. Art. 119; §§ 12, 8 Jnstr. z. Not.Ges. v. 1. Juni 1862. S1) Ges. betr. die Abänderung einiger Bestimmungen des Not.Ges. vom 29. Juli 1876 (SB. XI. S. 600) Art. 1 (vgl. hier auch bezüglich der früher in baarem Gelde erlegten Kautionen).

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Zweites Hauptstück.

Bon den Rechtssubjekten.

dem verpflichtenden Landgerichtspräsidenten ausgestellt; sobald die Kaution nebst Faustpfandserklärung an die einschlägige Kreiskasse zur Verwahrung gelangt ist, erhält der Kautionssteller einen Depositen­ schein zugestellt, während die Jnterimsbescheinigung vom verpflichten­ den Landgerichtspräsidenten an die Regierungsfinanzkammer zurückzu­ senden ist32) Die Kaution haftet „für Ablieferung der Staatsgebühren, sowie für die Verurteilungen zu Schadensersatz, Strafen und Kosten", sohin nicht bloß für künftige Forderungen des Staates, sondern auch der Privatpersonen wegen eines durch pflichtwidrige Handlungen oder Unterlassungen verursachten Schadens.33) Ist ein Notariatsverweser auf Vorschlag des Notars aufgestellt worden, so haftet die Amts­ kaution des Notars auch für die gegen den Verweser verhängten Geldstrafen und demselben obliegenden Entschädigungen. In gleichem Maße haftet die Amtskaution des Notars in dem Falle, wenn er unterlassen hat, für die Dauer seiner Abwesenheit einen Amtsverweser zu bestellen und infolge dessen ein solcher von dem Staatsminister der Justiz aufgestellt worden ist34) Der Staat hat kein Vorzugs­ recht; es entscheidet der Zeitpunkt, in welchem der Private nach Fest­ stellung der Haftung des Notars die Amtskaution zur Deckung seiner Forderung in Anspruch nimmt. Von diesem Zeitpunkte an verwahrt der Staat die Kaution als Faustpfand auch Namens des Privaten und hat die vorzugsweise Befriedigung des letzteren aus der Kaution zu vollziehen, soferne nicht vor jenem Zeitpunkte die Haftung des Notars dem Staate gegenüber bereits festgestellt und von ihm die “) 88 9—11 Jnstr. z. Not.Ges. v. 1. Juni 1862; § 12 Abs. 2 ebenda bezüglich Versetzungen; auch § 2 Abs. 2 und § 8 1. c. M) Art. 98 Not.Ges.; § 13 Abs. 2, § 14 Jnstr. z. Not.Ges. v. 1. Juni 1862; vgl. auch Seydel, b. St.R. III. S. 370, 371. Die Haftung des Notars dem Staate gegenüber greift sowohl bezüglich erhobener als auch nicht erhobener, aber zu erhebender Gebühren Platz: Seydel, b. St.R. III. S. 371, 372. •*) Vgl. hieher auch Seydel, b. St.R. III. S. 371, 372. Seydel läßt jedoch schlechtweg den Zeitpunkt der Feststellung der Haftung entscheiden. Das Gesetz selbst giebt über unsere Frage keinen Ausschluß; es können daher nur all­ gemeine Gmndsätze in Frage kommen. In dieser Hinsicht könnte man zunächst daran denken, daß die bürgerlichen Rechtsgrundsätze über die Priorität der Pfandrechte zu Gunsten künftiger Forderungen Platz zu greifen haben. Allein die Pfand­ haftung entsteht doch auch dem Privaten gegenüber durch Vertrag, der erst mit der Annahme der Pfandhaftung seitens des Privaten perfekt wird, wenn man auch annehmen will, daß der Staat kraft Vertrages schon für den unbekannten Privaten das Pfand verwahrt. Warum dann aber der Zeitpunkt der Feststellung der Haftung, d. h. in Regelfällen wohl der Zeitpunkt des rechtskräftigen Urteils, entscheiden soll, ist nicht abzusehen. In Wirklichkeit liegt hier ja, soweit Private in Betracht kommen, nicht blos eine Haftung zu Gunsten künftiger Forderungen, sondern auch eine suspensiv bedingte Haftung vor, d. h. die Pfandhaftung zu Gunsten des Privaten tritt erst dann ein, wenn nach ^cistenz seiner Forderung er erklärt, daß er die Pfandhaftung annimmt. Bon diesen Gesichtspunkten aus dürste sich die im Texte aufgestellte Meinung rechtfertigen, wenn man nicht über­ haupt den Zeitpunkt der Entstehung der Forderungen entscheiden lassen will.

Kaution zur Deckung in Anspruch genommen tourbe.35 * *)** Uebrigens hat, sobald ein Notar zu Schadensersatz, Strafe oder Kosten ver­ urteilt ist, und zu deren Deckung in Ermangelung anderweitiger Exe­ kutionsmittel die Kaution angegriffen werden soll, das erkennende Landgericht hierüber der Regierungsfinanzkammer Anzeige zu erstatten; von dieser wird die entsprechende Einziehung der Kaution verfügt und die erforderliche Weisung an die einschlägige 5kreiskasse erlassen. Von der erfolgten Schmälerung oder Erschöpfung der Kaution giebt sie dem Staatsanwalte am Landgerichte Kenntnis, welcher hievon dem Landgerichte Mitteilung zu machen hat. Das Landgericht des Notariats­ sprengels verfügt auf diese Anzeige hin die Suspension des Notars und setzt zur Vervollständigung der Kaution eine Frist vor; nach bereit fruchtlosem Ablaufe kann bie Entlassung bes Notars, bei aber­ maligem fruchtlosen Ablauf einer etwa neu vorgestreckten Frist muß sie verfügt werben.33) Stirbt ein Notar oder wird ein Notar entlassen, so hat das Landgericht des Notariatssprengels der Regierungsfinanzkammer hier­ über Anzeige zu erstatten und zugleich darüber Aufschluß zu geben, „ob dem verstorbenen oder entlassenen Notare nach amtlicher Kenntnis des Gerichtes eine Haftung wegen zu entrichtender Strafen oder Kosten oder wegen einer zu leistenden Entschädigung obliege oder ob wegen eines durch eine Amtshandlung des Notars verursachten Schadens eine Klage gegen ihn anhängig gemacht sei". Die Regierungsfinanz­ kammer hat sodann wegen Heimzahlung der Kaution die entsprechenden Verfügungen zu treffen.37)38 * B. Die Amtskautionen der Gemeindediener.

Die Leistung einer Amtsbürgschaft ist notwendig für die Ver­ walter des Gemeinde- und örtlichen Stiftungsvermögens der Stadtund Landgemeinden33), für die Gemeinde- und Stiftungseinnehmer in den Landgemeinden33) und für die Ortspfleger.40) Die Frage der Verpflichtung zur Kautionsbestellung wurden oben unter A Ziff. I bereits erörtert. Ueber die rechtliche Natur dieser Amtskautionen gilt int Wesentlichen das Gleiche wie für die der Staatsdiener. Ueber die Höhe der von den Verwaltern des Gemeinde- und Stiftungsvermögens zu leistenden Kautionen beschließt in Stadtgemeinden ’5) Art. 123, 41 Not.Ges. — Vgl. hieher überhaupt Art. 39—41 Not.Ges.; §§ 15—37 Jnstr. z. Not. Ges. v. 1. Juni 1862. ’•) Art. 99 Not.Ges.; §§ 13, 14 Jnstr. z. Not.Ges. v. 1. Juni 1862. — Vgl. auch Art. 119 des b. A.G. zur Reichsstrasprozeßordnung v. 18. Aug. 1879 (W. XIII. S. 230). ”) § 13 Abs. 1 Jnstr. z. Not.Ges. v. 1. Juni 1862. 38) Art. 87 Abs. IV, Art. 134 Abs. IV der rechtsrh. Gem.Ordn. v. 29. April 1869. «) Art. 129 Abs. III G.O. ") Art. 153 Abs. V G.O ; Bl. f. adm. Pr. XXXIV. 289 ff.; Seydel, b. «t.R. III S. 372. Becher, Landescivilrecht und Landcscivilprozeürecht.

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210

Zweites Hauptstuck.

Von den Rechtssubjekten.

der Magistrat mit Zustimmung der Gemeindebevollmächtigten “), in Landgemeinden und Ortschastm der Gemeinde-bezw. Ortsausschuß.^") Der Magistrat mit Zustimmung der Gemeindebevollmächtigten, bezw. der Gemeinde- oder Ortsausschuß kann in einzelnen Fällen von An­ forderung einer Kaution dann Umgang nehmen, wenn die Verwalter Magistrats-, bezw. Gemeindeausschußmitglieder, die ortschastlichen Pfleger Ortsausschußmitglieder sind.") Sonstige Bestimmungen über die Art der Kautionsleistung sind Gegenstand des Vertragest") Ob und welche Kaution der Distriktskassier einer Distristsgemeinde zu leisten hat, ist dem Beschlusse des Distriktsrates anheimgegebent")

§ 35. Die übrige Sonderstellung der öffentlichen Staats- und Gemeindediener. I. Die Verpflichtung des öffentlichen Dieners, seine ganze Arbeits­ kraft zur Erfüllung der ihm dienstlich obliegenden Angelegenheiten einzusetzen *), hat eine Anzahl Beschränkungen der öffentlichen Diener zur Folge, welche auch das privatrechtliche Gebiet berühren. Anderseits kann aber der öffentliche Diener auch nur insoweit in der Ausübung der Privatrechte beschränkt sein, als sie mit seinem Dienste unvereinbar ist. Die Verfassungsurkunde selbst spricht dieses Prinzip für die prag­ matischen Staatsdiener unzweideutig aus: „Der in Amtsthätigkeit stehende Staatsdiener bleibt von der Ausübung der streng bürgerlichen Gewerbe, von der Führung einer Bank oder ähnlichen Anstalt und von dem ausschließenden persönlichen Betriebe einer Fabrik ausgeschlossen. Dem äußeren Justiz-, Polizeiund Finanzbeamten ist außerdem noch untersagt, in seinem Amtsbezirke eine Gutsrealität zu erwerben. Alle übrigen zulässigen Privat­ verhältnisse müssen aber auch in jeder Kollision mit den Verhältnissen der Amtsverrichtung weichen und können in Fällen einer Versetzung keinen Grund zu einer Reklamation bilden."^)

) § 686 R.C.P.O. -") arg. § 687 R.C.P.O. ”) § 690 R.C.P.O. ”) 88 758-768 R.C.P.O. ") 8 12 Zff. 1 HyP.Ges. ”) 8 708 Abs. 2 R.C.P.O.; §§ 99, 190 R.K.O. ") 8 760 Abs. 2 R.C.P.O.; Art. 107 der Subh.Ordn.; 88 50, 51 R.K.O. ”) 8 41 Zff. 1 R.K.O.

Ferner hat der Fiskus im Konkurse nach Abzug der Massekosten und Masseschulden ein Recht auf Befriedigung an zweiter Rangstelle wegen der öffentlichen Abgaben, welche im letzten Jahre vor der Er­ öffnung des Verfahrens fällig geworden sind oder gesetzlich als fällig gelten, ohne Unterschied, ob der Steuererheber die Abgabe bereits vorschußweise zur Kasse entrichtet l)at.28)* * 31 * * * 35 6. Im Verfahren über die Zwangsvollstreckung in das unbe­ wegliche Vermögen hat der Fiskus nach Abzug der Massekosten und Masseschulden ein Recht auf Befriedigung in erster Reihe im gleichen Verhältnis mit den übrigen Forderungen dieser Reihe für die auf die beschlagnahmten Gegenstände treffenden Steuern für die Zeit von der Beschlagnahme bis zum Zuschläge, sowie für die etwaigen Rückstände für das bei der Beschlagnahme laufende und die vorhergehenden zwei Kalenderjahre.22) Bei der Zwangsvollstreckung in die dem Betriebe der Bierbrauerei dienendm Brauhäuser, Malzhäuser, Gähr- und Lager­ keller steht der Aerarialmalzaufschlag für oas im letzten Jahre vor der Beschlagnahme steuerbar gewordene Malz den auf die beschlag­ nahmten Gegenstände treffenden Steuern gleich. Dieses Vorzugsrecht erstreckt sich auch auf die Wohn-, Wirtschafts- und sonstigen Gebäude, welche mit den dem Brauereibetriebe dienenden Grundstücken räumlich verbunden sind, und auf die dazu gehörigen Rechte.22)

II. Die Ansprüche gegen den Fiskus. 1. Gerichtsstand des Fiskus. Schon nach der bayerischen Berfassungsurkunde2^) hat der Fiskus in allen streitigen Privatrechts­ verhältnissen vor den Civilgerichten Recht zu nehmen. Reichs­ rechtlich22) ist überdieß ausdrücklich bestimmt, daß für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, für welche nach dem Gegenstände oder der Art des Anspruches der Rechtsweg zulässig ist, aus dem Grunde, weil als Partei der Fiskus beteiligt ist, jedenfalls der Rechtsweg durch die Landesgesetzgebung nicht ausgeschlossen werden darf. Die früheren bevorzugten Gerichtsstände des Fiskus vor den Llppellationsgerichten (Oberlandesgerichten) sind schon durch die bayerische Landesgesetzgebung beseitigt worden.22) Reichsrechtlich ist es jedoch der Landesgesetzgebung überlassen, gewisse Ansprüche des Staates und gegen den Staat ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegen­ standes den Landgerichten als Gerichten erster Instanz ausschließlich zuzuweisen.") Von diesem Vorbehalte hat Bayern Gebrauch gemacht22) 28) § 54 Zff. 2 R.K.O. 2e) Art. 108 Abs. 1 Zff. 1 und Abs. 3 Subh.Ordn. so) Art. 46 Nov. z Subh.Ord. 31) Tit. VIII. § 5 V U. ”) § 4 E G. z. R.C.P.O. 3S) Art. 76 Abs. 2 des b. Gerichlsveifaffungsgescpes vom 10. Nov. 1861 (W. V. S. 380). Bat. auch Seydel, b. St.R. IV. S. 10, 11. «) § 70 Abs. 3 R.G.B.G. 35) Art. 26 A.G. z. R.G.B.G.

298

Zweites Hauptstück.

Bon den Recht-subjekten.

und zwar in folgender zulässiger Weise: Den Landgerichten sind ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes zugewiesen civilrecht­ liche Ansprüche a) der Staatsbeamten des. Civil- und Militärdienstes und ihrer Hinterbliebenen gegen den Staat aus dem Dienstverhältnisse der ersteren36); b) gegen den Staat wegen Verschuldung von Staatsbeamten; c) gegen den Staat wegen Verfügungen der Verwaltungs­ behörden; d) gegen den Staat wegen Aufhebung von Privilegien. In diesen Fällen ist gegen die Berufungsurteile der Oberlandes­ gerichte die Revision ohne Rücksicht auf eine Beschwerdesumme zu­ lässig.3') Der allgemeine (örtliche) Gerichtsstand des Fiskus bestimmt sich durch den Sitz der Behörde, welche den Fiskus im betreffenden Rechtsstreite zu vertreten hat.33) Die besonderen Gerichtsstände der Reichscivilprozeßordnung sind auch für den Fiskus maßgebend. 2. Ansprüche gegen den Fiskus können erst dann gerichtlich verfolgt werden, wenn der Kläger oder Widerkläger sich an die zu­ nächst zuständige höhere Verwaltungsstelle um Abhilfe gewendet und entweder eine abschlägige oder innerhalb sechs Wochen gar keine Ent­ schließung erhalten hat. Die Verwaltungsstellen haben über solche Gesuche den Beteiligten die Empfangsbescheinigung ungesäumt und unentgeltlich auszufertigen.33) Anträge auf Erlassung einstweiliger Verfügungen werden aber durch diese Bestimmungen nicht berührt.^ Die Nichtbeachtung dieser Vorschriften begründet jedoch weder die prozeßhindernde Einrede der Unzuständigkeit des Gerichts noch die der Unzulässigkeit des Rechtsweges; denn die Verwaltungsstellen kommen hier weder als entscheidende Gerichtsstellen noch als entscheidende Verwaltungsstellen in Betracht. Auch eine Prozeßrüge im Sinne des

’•) Vgl. hieher oben §§ 28—33. ") § 509 Zfs. 2 R.C.P.O. “) § 20 R.C.P.O. ”) Art. 2 A G. z. R.C.P.O. Der Zweck dieser Vorschrift ist, unnütze Prozesse zu verhüten; eine maßgebende Negation de- klägerischen Anspruch- seltende- Staates liegt eben erst dann vor, wenn die höhere Verwaltungsstelle den An­ spruch nicht anerkennt. Vgl. auch Böhm, A.G. zu Art. 2 Nt. 1; Seydel, b. St R. IV. S. 11; Bl. f. R.A. XLI. 44, 83. Daß eine solche Bestimmung, wie sie Art. 2 A.G. z. R.C.P.O. enthält, auch trotz § 4 E G. z. R.C.P.O zulässig ist, ist m. E. nicht zu bestreiten; denn weder will hiedurch der Rechtsweg ausgeschloffen werden, noch wird er ausgeschlossen: s. auch E. d. R.G. XVII. 416; Böhm, A.G. zu Art. 2 Nt. 2. — Bezüglich der Widerklage wird man dem Widerkläger jedoch in den meisten Fällen wegen Verzögerung des Prozeffe- die Angehnng der höheren Ver­ waltungsstelle nicht zumuten können. Die herrschende Meinung (s. Böhm, A.G. zu Art. 2 Nt. 2 Abs. 3 und die dortigen Zitate) nimmt übrigens an, daß Art. 2 aus den Widerkläger überhaupt keine Anwendung finde. *») Art. 2 Abs. 3 A.G. z. R.C.P.O.

II. Kapitel. Die einzelnen Recht-subjekte.

299

§ 261 der Reichscivilprozeßordnung ist ausgeschlossen, da die Vor­ schrift keine reichsprozeßrechtliche Norm über das Verfahren im Civilprozesse enthält.41) Die Anwendung der Vorschrift entfällt, wenn im Zwangsent­ eignungsverfahren gegen die administrative Festsetzung der Entschädig­ ungssumme der Rechtsweg zu betreten ist42)* Ein Verzicht des Fiskus auf Beachtung der Vorschrift ist unzu­ lässig.42) 3. Zwangsvollstreckung gegen den Fiskus. Die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen findet ohne Einmischung der Gerichte auf dem Verwaltungswege unter Verant­ wortlichkeit der zuständigen Verwaltungsbehörden und Minister statt.44)45 46 47 Im Uebrigen finden die Bestimmungen der Reichscivilprozeß­ ordnung Anwendung. III. Die Vertretung des Fiskus.42) Die „oberste Leitung und Vertretung des fiskalischen Interesses, soviel es das Staatseigentum und die nutzbaren Rechte des Staates betrifft und soferne es nicht um Differenzen mit auswärtigen Mächten handelt", obliegt dem Staatsministerium der Finanzen.42) Zur Wahr­ nehmung der vermögensrechtlichen Interessen des Staates sind in unmittelbarer Unterordnung unter diesem Ministeriunr zwei Kron­ anwälte aufgestellt; diese haben den Ministern auf Verlangen die erforderlichen Rechtsgutachten abzugeben und in wichtigeren Angelegen­ heiten aus besonderem Auftrage der Minister die fiskalischen Prozesse selbst zu führen, in welchem Falle sie besondere Vollmacht erhalten.4^) 41) Nach den Motiven zu Art. 2 A.G. z. R.C.P.O. (Berh. d. K. d. Abg. 1878/79 Beil.Bd. V. S. 193) soll die aus diesem Artikel hergeleitete Einwendung des Fiskus als Berteidigungsmittel im Sinne des § 251 R.C.P O. zu behandeln sein; im Gesetzgebungsausschusse der Kammer der Abgeordneten (1878/79 Beil.Bd. V. S. 461, Bd. VI. S. 42) war man der Ansicht, datz eS der Rechtsprechung der Gerichte überlassen bleiben solle, ob und in welcher Art allenfalls § 251 R.C.P.O. anzuwenden sei. (Vgl. hierüber auch Böhm, A.G. zu Art. 2 Nt. 5). Die An­ wendung des § 251 R.C P.O. konnte man allerdinas getrost der Rechtsprechung überlassen! M. E. ist die einzige Bestimmung der R.C.P.O., welche im Falle des Unterlassens der Beschreitung des nach Art. 2 vorgezeichneten Weges Bedeutung gewinnen könnte, § 89 R.C.P O. ") Dies geht aus Art. 50 A.G. z. R.C.P.O. hervor. Vgl. auch Böhm, A.G. z. Art. 2 Nt. 8 und zu Art. 50 Nt. 1 Abs. 2. 4S) Böhm, A.G. zu Art. 2 Nt. 9. 44) § 15 Abs. 1 Nr. 4 E G. z. R.C.P.O.; Art. 9 A.G. z. R.C.P.O. Die Unzulänglichkeit der für die einschlägigen Dienstzweige bestimmten Gelder dient nicht zur Rechtfertigung einer Verzögerung. Auf die Verfolgung dinglicher Rechte findet Art. 9 A.G. z. R.C.P.O. keine Anwendung: s. Abs. 3 des zit. Art. 9; § 15 Nr. 4 E.G. z. R.C.P.O. 45) Vgl. hiezu Seydel, 6. St.R. IV. S. 9, 10; Roth, b. C.R. I. S. 246. 46) Ber. v. 9. Dezbr. 1825, die Formation der Ministerien betr. (W. II. S. 261) § 92: „unter den in der besonderen Verordnung wegen Aufhebung des Generalfiskalates unterm 27. Nov. 1825 bestimmten Kompetenzverhältnissen". 47) Ber. v. 27. Nov. 1825, die Auflösung des Generalfiskalates betr. (W. II. S. 255) § 7 Abs. 1 lit. a und b.

300

Zweites Hauptstück.

Bon den RechtSsnbjekten.

Im übrigen besteht bei jeder Kreisregierung, Kammer der Finanzen, ein Fiskalat, dessen Beamten der Regel nach die selbständige Ver­ tretung des Fiskus im gesamten Prozeßverkehr, sowie die Leitung und Führung der fiskalischen Prozesse obliegt.") In der Leitung und Führung der Prozesse unterliegen sie jedoch verschiedenen Beschränkungen"); diese äußern aber nach Außen, d. h. im Verhältnis zur Gegenpartei, keine Wirkung, während ihre Ueberschreitung nach Innen eine Haftung dem Staate gegenüber begründen sann.50 48) 49 Das Kreisfiskalat von Oberbayern ist zugleich Fiskalat der Staatsschuldentilgungsanstalt.5^) Eigene Fiskalate bestehen noch für die Vertretung des Fiskus in Sachen der Staatsverkehrsanstalten bei der Generaldirektion der 48) Ber. v. 17. Dezbr. 1825, die Formation, den Wirkungskreis und den Geschäftsgang der obersten Verwaltungsstellen in den Kreisen betr. (W. II. S. 279) § 120 Abs. 1.

49) § 4 der Ber. v. 27. Nov. 1825. Solche Beschränkungen sind folgende: Die Fiskale dürfen keinen Rechtsstreit beginnen oder sich in einen solchen einlassen, ohne zuvor die Ennächtigung der Kreisregierung erhalten zu haben. Sie haben dieser, im Falle der Fiskus Kläger ist, den ganzen Streitplan, im Falle er der Beklagte ist, den BerteidigungSplan, ebenso etwaige im Laufe des Streites notwendig werdende Erweiterungen des Streit- und Berteidigungsplanes zur Ge­ nehmigung vorzulegen. Sie haben auch die Endurieile vorzulegen und die Ge­ nehmigung für die etwaige Rechtsmitteleinlegung und Rechlsmitlelschriftsätze und für den Verzicht und Abstand auf das Rechtsmittel einzuholen. Vergleiche dürfen sie nur unter dem Vorbehalte der Genehmigung der Kreisregierung abschließen, insofern sie hiezu nicht schon vorher eine besondere nnd genau bemeffene Vollmacht nachgesucht und erhalten haben. Diese Genehmigungen können die Kreisregier-ungen in eigener Zuständigkeit nur dann erteilen, wenn der Wert des Streitgegenstandes 8000 JL nicht übersteigt; bei höherem Streitwerte müssen sie an das Finanzministe­ rium sowohl über den Prozeßplan als über die Gründe des Abstandes von Rechts­ mitteln, auch bei Vergleichen, wenn die Niederschlagung des Prozesses ein Opfer von mindestens 4000 M. erfordern würde, berichten; endlich haben sie dorthin Bericht zu erstatten, wenn die Vermutung nahe liegt, daß es im Rechtsstreite zu einem Plenarerkenntnisse des obersten Gerichtshofes kommen könnte oder wenn der Fiskalbeamte die Erklärung abgiebt, daß er einen Regierungsbeschluß für unbe­ gründet und int Interesse der Krone und des Fiskus nachteilig erachte, soferne der Streitwert mindestens 1000 M. beträgt; vgl. hiezu Ber. v. 27. Nov. 1825 §§ 4—6 mit Ber. v. 27. Dezbr. 1875, die Bestimmung von Geldsätzen nach der Reichs­ währung betr. (W. XI. S. 303). — Der Generalkommissar und Finanzkammer­ direktor haben darüber zu wachen, daß die fiskalischen Prozeßangelegenheiten und insbesondere der Betrieb der Aktivprozesse nicht verzögert werden: § 120 Abs. 3 der Form.Ber. v. 17. Dez. 1825. — Ueber Eidesleistungen Namens des Fiskus durch die Fiskalbeamten vgl. Bl. f. R.A. II. 98, 99, XV. 399; über Entschuldigen mit Nichtwissen: Bl. f. R.A. IV. 154. Für daS heutige Prozeßrecht s. auch §§ 435, 436 mit § 434 R E P O., § 438 a. a. O.

Vgl. hieher § 52 R.C.P.O. 81) § 120 Abs. 3 und 4 der Form.Ber. v. 17. Dez. 1825 mit J.M.Bek. v. 13. April 1878, die Führung der Rechtsstreite der StaatsschuldentilgungSanstalt betr. (J.M.Bl. S. 89). Die Kreisregierung muß sich bei Erteilung der in Nt. 49 erwähnten Genehmigungen mit der Staatsschuldentilgungstommission ins Benehmen setzen: § 6 Abs 3 der Ber. v. 27. Nov, 1825.

n. Kapitel.

Die einzelnen Rechtssubjekte.

ZOI

Eisenbahnen^), in Heeresverwaltungsangelegenheiten bei dem Kriegsminifterium.53) Die Befugnis der Kronanwälte oder Fiskale zur Vertretung des Fiskus in bürgerlichen Prozessen erstreckt sich aber nicht in dem Sinne auf die prozessuale Vertretung vor Gericht, daß da, wo Anwalts­ zwang besteht, solcher entfällt ; vielmehr unterliegt der Fiskus dem Anwaltszwange in gleicher Weise wie eine Privatperson, außer wenn er in gesetzlich zulässiger Weise hievon ausdrücklich entbunden ist.54)

III. Titel.

Die Stiftimgt**1) 2 § 46. Begriff und geschichtliche Entwickelung.

A. Unter einer Stiftung ist eine zu einem erlaubten selbständigen Zwecke gemachte Bermögenszuwendung, welche selbständige Bermögensfähigkeit, selbständige juristische Persönlichkeit erhalten soll, zu verstehen?) Bermögenszuwendungen, bei welchen diese Absicht vom Zuwendenden nicht verfolgt wird, sind Stiftungen im Rechtssinne nicht.3) M) Ber. v. 17. Juli 1886, die Verwaltung und den Betrieb der r. Bertehrsanstatten betr. (W. XVIII. S. 123), § 9: „Der Generaldirektion der StaatSeisenbahnen wird ein Fiskal zugeleilt, welchem die Behandlung der streitigen Rechtsangelegenheilen und die Erstattung von RechtSgutachten übertragen ist. Be­ züglich der Führung der Prozesse findet die Ber. v. 27. Novbr. 1825 analoge Anwendung. Der Fiskal der kgl. bayer. Staatseisenbahnen ist zugleich Fiskal der Direktion der k. Posten und Telegraphen und führt die Benennung: „FiSkal der k. b. Berkehrsanstalten"." 5S) Ber. v. 31. Jan. 1829, die Formation des Kriegsministeriums betr. (W. II. S. 457), § 25 und M.E. v. 14. Nov. 1863, die Vertretung deS Militärfiskus und insbesondere die Ausfertigung an denselben in Parteisachen betr. (W. VI. S 251). Der Militärfistal hat den Fiskus auch in Sachen sämtlicher Militärfonds und Militäranstalten zu vertreten. In letzterer M.E. ist noch auf eine Ber. v. 23. April 1816 (R.Bl. S. 267) und M.E. v. 10. Jan. und 18. Dezbr. 1823 verwiesen. M) § 74 R.C.P.O. Seydel, b. St.R. IV. S. 11. Vgl. oben Ziff. 1,2 S. 294. ') Roth, b. ER. I. S. 310—318; Seydel, b. StR. Bd. IV. S. 617- 642; C Sartorius in Frhr. v. Stengel's Wörterbuch deS deutschen BerwaltungSrechts 2. Erg. Bd. S. 278—312. (Ueber Besteuerung der Stiftungen s. Max v. Heckel im Handwörterbuch der Staatswissenschaften, 29. Liefg. S. 137—139). v. Brinz, Pand. Bd. III. S. 545-552; Dernburg, Pand. IV. Aufl. Bd. I. S. 147, 148; Windscheid, Pand. Bd. I. S. 139—157; Beseler, System des gemeinen deutschen Privatrechles Bd. I. S. 283—287; Slobbe, Handbuch deS deutschen Privalrechls 3. Aufl. Bd. I. S. 574—583; Regelsberger, Pand. I. S. 344—356. — Weber, Gen.Reg. zu Bd. I—X. S. 333, 334. 2) Mit juristischer Persönlichkeit ausgestaltete Anstalten find nichts anderes als Stiftungen: s. hierüber näheres bei Sartorius a. a. O. S. 278, 279, besonders § 2 Ziffer 2. a) Unter den Stiftungen im weitesten Sinne werden freilich auch solche Zuwendungen (z. B. sogen, bloße FundationSzuflüffe zu Stiftungen) verstanden. Regelsberger, Pand. Bd. I. S. 341-344 nennt sie unselbständige Stiftungen und Anstalten im Gegensatze zu den selbständigen Stiftungen und Anstalten. Vgl. auch

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Zweites Hauptstück.

Bon den Recht-subjekten.

Man unterscheidet nach der allgemeinen Art des Zweckes private und öffentliche Stiftungen^), unter letzteren^) insbesondere je nach dem concreteren Zwecke weltliche ^besonders Schul- und wohlthätige) und geistliche oder kirchliche (Kultus-) ©tiftungen6*);* *je4 nach 5 der Be­ ziehung des Zweckes zu einem bestimmten Umkreis von Personen Familien-, Gesellschafts-Stiftungen u. s. w., welche man mit dem gemeinsamen Ausdrucke „personelle Stiftungen", bezeichnen sann7); je nach der räumlichen Begrenzung des Zweckes allgemeine und örtliche Stiftungen und zwar je nachdem der Zweck über die Grenzen einer politischen Ortsgemeinde sich hinaus erstreckt oder nicht. Roth, 6. C.R. I. S. 311; Sartorius a. a. O. S. 278, 279; Bl. s. R.A. XXXII. 284; I. 183, wo auch die M.E. v. 11. Ott. 1835 den Vollzug des § 71 in der Formationsordnung v. 17. Dez. 1825 bezüglich der Bestätigung der für Zwecke des Kultus-Unterrichts und der Wohlthätigkeit rc. gemachten Stiftungen betr. (W. III. S. 38) abgedruckt ist. Es giebt insbesondere viele Anstalten, die nicht juristische Persönlichkeiten besitzen; hier muß zugesehen werden, in wessen Eigentum — einer physischen oder iuristiscken Person — sie steht: vgl. auch E. -d. b. obst. L.G. V. S. 960; Regeisberger, Pand. B. I. S. 341—344. — Gleichgiltig für den Begriff der Stiftung ist, wer die Stiftung in's Leben ruft, ob ein Privater oder der Staat (dieser vielleicht aus gesetzlichem Wege); vgl. z. B. die Bersicherungsanstallen des Jnvaliditäts- und Altersversicherungsgesetzes vom 22. Juni 1889 (R G Bl. S. 97 ff., § 44); die Reichsbank nach dem Reichsbantgesetz vom 14. März 1875 °°) Art. 159 Abs. I Zifs 4 G.O.; vgl. oben S. 384. * ") Art. 159 Abs. I Ziff. 5 G.O.; vgl. oben S. 391, 392. “ ’) Art. 159 Abs. I Zisf. 6 G O. l se) Art. 159 Abs. I Ziff. 7 G.O.; vgl. bezüglich der Höhe oben S. 384 Nt. 68. ' «>) Art. 159 Abs. I Ziff. 8 G.O. ' «') Art. 159 Abs. I Ziff. 9 und Abs. II G.O ; vgl. oben § 32 S. 172,173. "») Art. 159 Abs. I Ziff. 10 G.O. - «) Art. 10 Ziff. 2 des Berw.Ger.H.Ges. v. 8. Aug. 1878. Diese Gesetzes-

3. Aus dem Rechte der Selbstverwaltung folgert sich nicht mit Notwendigkeit das Recht der Selbstgesetzgebung. Die Gemeinden sind daher nur insoweit zur autonomen Ordnung ihrer Verhältnisse, zur Erlassung von Gemeindestatuten berechtigt, als die Gemeindeordnung dies zuläßt. Statutarische Beschlüsse werden in derselben Form gefaßt, wie sonstige Gemeindebeschlüsse?^) Das regelmäßige Organ für die Sclbstgesetzgebung ist die kollegiale Gemeindebehörde?^^ 4. Verwaltung und Vertretung der Gemeinden. a) Die Verwaltung der Gemeindcangelegenheiten gebührt der collegialen Gemeindebehörde, sohin in Stadtgemeinden dem Magistrate, in Landgemeinden dem Gemeindeausschusse?bb) Der Magistrat besteht aus den Bürgermeistern, den rechtskundigen und bürgerlichen Magistrats­ räten, und den mit voller Stimmberechtigung ausgestatteten technischen Mitgliedern; der Gemeindeausschuß aus dem Bürgermeister, einem Beigeordneten und den Gemeindebevollmächtigten?^') Die collegiale Gemeindebehörde führt den Gemeindehaushalt, hat für Erhaltung des Vermögens und Erfüllung der Verbindlichkeiten der Gemeinde zu sorgen; die Mitglieder haften für allen durch die RichterMung ihrer Obliegenheiten entstehenden Schaden.^«) Sie verwaltet das Gemeinde­ vermögen durch die aus ihrer Mitte aufgestellten oder durch die be­ sonderen Verwalter; den Bürgermeistern und den Beigeordneten des Landgemeindeausschusses ist untersagt, eine Verwaltung selbst zu führen. Die Verwalter haften zunächst für die richtige Erhebung der Einkünfte, für die Einhaltung der Voranschläge und für vorschriftsmäßige Ordnung in den Ausgaben, wofür sie regelgemäß Kaution zu leisten haben; auch dürfen sie, bezw. die Einnnehmer, ohne schriftliche Zahlungs­ anweisung des Magistrats, bezw. in Landgemeinden des Bürgermeisters, bei Meidung eigener Haftung keine Zahlung machen.^») Die Grund­ lage des Gemeindehaushaltes bildet der für ein Rechnungsjahr auf­ gestellte Voranschlag, welcher, in Stadtgemeinden nach Prüfung und Genehmigung durch die GemeindebevollmächtiAten, der vorgesetzten Verwaltungsbehörde zur Wahrung ihres Aufsichtsrechtes vorzulegen

stelle hat daher auch dann Anwendung zu finden, wenn die Gemeinde behauptet, daß ein Fall einer StaatSkuratel überhaupt nicht gegeben sei. Vgl. hiezu Seydel, b. St R. IV. S. 493, 494. 1M) Vgl. hieher Art. 84, 130, 147 Abs. I G.O; Seydel, b. St.R. m. S. 42; Lindner-Hauck, Komm. z. G.O. zu Art. 84 Anm. 3; Bl. f. adm. Pr. XX. 231, XXI. 305. Hiemit sind nicht zu verwechseln die ortspolizeilichen Bor­ schristen: Art. 92, 140 G.O. 1,s) Art. 84, 130 G.O. Eine Abweichung s. Art. 147 Abs. I G.O. Vgl. auch Seydel, b. St.R. III. S. 234. iee) Art. 84, 130 G.O. 1M) Art. 71, 124 G O. Die Stadt- oder Marktschreiber haben in den Magistratssitzungen nur Stimmrecht: Art. 72 Abs. III G.O. '") Art. 86, 133 G.O. "") Art. 87, 88 Abs. IX, 134, 135 Abs. VI G.O. Becher, Landescivilrecht und LandeScivilprozetzrecht. 26

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Zweites Hauptstuck.

Bon den Rechtssubjekten.

ist.170) Ebenso müssen nach Ablauf eines Rechnungsjahres die Rech­ nungen über die Verwaltung des Gemeindevermögens — in Stadt­ gemeinden zunächst den Gemeindebevollmächtigten zur Prüfung und Genehmigung — der vorgesetzten Verwaltungsbehörde, und zwar bei unmittelbaren Stadtgemeinden lediglich zur staatsaufsichtlichen, sonst auch zur rechnerischen Prüfung und Verbescheidung vorgelegt werden.171) Ergiebt sich eine Hastungsverbindlichkeit des Rechners, oder sonst überhaupt eine Haftungsverbindlichkeit von Gemeindebeamten oder Gemeindebediensteten wegen Nichterfüllung oder Ueberschreitung ihrer Dienstesobliegenheiten gegenüber den Gemeinden, so wird jene durch die vorgesetzte Verwaltungsbehörde vorbehaltlich der Beschwerdeführung festgestellt; die Betretung des Civilrechtsweges ist durch die Entscheidung der Verwaltungsbehörden nicht ausgeschlossen, hat aber keine auf­ schiebende Wirkung.17^) Die Willensäußerungen der Gemeinden erfolgen durch rechts­ förmlich gefaßten Plenar-Beschluß der collegialen Gemeindebehörde, wozu erforderlich ist die gehörige Ladung aller im Gemeindebezirke anwesenden Mitglieder der collegialen Gemeindebehörde, die Teilnahme von mehr als die Hälfte der gesetzlichen Mitgliederzahl an Beratung und Abstimmung und absolute Stimmenmehrheit der Abstimmenden.170) In Stadtgemeinden von 1000 Seelen und darüber können Angelegen­ heiten, für welche nicht die Zustimmung der Gemeindebevollmächtigten erforderlich ist, durch rechtsförmliche Senatsbeschlüsse erledigt werden, »oozu Ladung sämtlicher im Gemeindebezirke anwesender Senatsmit­ glieder, Teilnahme von mindestens 5 Mitgliedern an Beratung und Absttmmung und absolute Stimmenmehrheit derAbstimmenden gehört.171) In einer Anzahl gesetzlich bestimmter Fälle ist aber die Existenz einer rechtsverbindlichen Willenserklärung der Gemeinde in Stadt­ gemeinden durch die Zustimmung des Collegiums der Gcmeindebcvollmächtigten, in Landgemeinden durch einen zustimmenden Beschluß der Gemeindebürger bedingt. Die rechtliche Bedeutung des Erfordernisses dieser Zustimmung ist die, daß eine rechtlich wirksame Willenserklärung der Gemeinde nur dann vorliegt, wenn die beiden Organe überein­ stimmen; MangelsZustimmung des einen ist das trotzdem vom anderen Organe vorgenommene Geschäft für die Gemeinde unverbindlich.170) no) Art. 88, 135 G.O. m) Art. 89, 136 G.O. "') Att. 89 Abs. VI, 136 Abs. IV mit Art. 158 G.O. Vgl. hiezu über die Betretung deS Civilrechtsweges oben § 34 S. 184—200. "') Art. 102, 145 G.O. '") Art. 102 Abs. IV G.O. ,7S) Zustimmend Seydel, b. St.R. IV. S. 489 und 491 Rt. 2, wo im Hinblick auf den Fall deS Art. 27 Abs. I, unter Zustimmung von Lindner-Hauck, Komm. z. G.O. zu Art. 27 Anm. 5, gegen Bl. f. R.A. XXXV. 390, mit Recht bemerkt ist, es sei auch gleichgiltig, ob die Zustimmung der Gemeindebürger zar nicht oder nicht mit der erforderlichen Mehrheit erfolgt ist: Lindner-Hauck, Komm, z. G.O. zu Art. 112 Anm. 1; Bl. f. R.A. XXXV. 393, 394 (abgesehen von vor-

Einzelne Fälle sind im Laufe der Darstellung bereits angeführt; be­ sonders hieher zu erwähnen sind nur folgende."°) In Stadt- und Landgemeinden ist die Zustimmung erforder­ lich: Bei gewissen Veränderungen bestehender Gemeindebezirke oder abgesonderter Markungen'^), zur Erhebung von Verbrauchssteuern, örtlichen Abgaben und Gemeindeumlagen , Transferierung von GemeindenutzungsrechtenVerteilung von Ueberschüssen aus dem Ertrage des Gcmeindcvermögens, Gewährung von Nutzungen an Bestandteilen desselben""), gänzliche oder teilweise Zurückziehung bisher herkömmlicher Nutzungsrechte am Gemeindevermögen "*), zum Abschlusse eines gütlichen Uebereinkommens über Leistung des bei Aufläufen verursachten Schadens, der infolge Einschreitens der be­ waffneten Macht zur Erhaltung der gesetzlichen Ordnung entstandenen Kosten und zur Verteilung der infolge Ersatzleistung notwendig ge­ wordenen Umlage auf die Beitragspflichtigen"^), zur Vereinigung des Grundstockes des besonderen Gemeindevermögens einer Ortschaft oder sonstigen Gemeindebezirkes mit dem Gemeindevermögen"'); in Stadtgemeinden: bei Feststellung der den Magistratsmit­ gliedern zu gewährenden Besoldungen, Funktionsbezüge und Ent­ schädigungen, bei Festsetzung der Besoldungen des Dienstpersonals der Gemeinde, sodann bei Abschluß von Dienstverträgen und Festsetzung von Dienstkautionen, bei Verleihung von Pensionsrechten und Pensionen an Magistratsmitglieder und höhere Bedienstete der Gemeinde, sowie bei Bewilligung außerordentlicher Remunerationen, Unterstützungen und Nachlässe an solche Personen, endlich bei Verleihung von Pensionsrcchten oder Pensionen an niedere Gemeindebedienstete; bei Gewährung unwiderruflicher Anstellung an solche; bei Erwerbung von Realitäten, freiwilliger Veräußerung oder Verpfändung unbeweglicher Gemeinde­ güter oder nutzbarer Rechte, sowie bei Veränderungen in deren Substanz oder bei Belastung derselben mit ständigen Ausgaben oder sonstigen bleibenden Lasten; bei Kapitalanlagen, wenn sie gegen die durch Ver­ ordnung aufgestellten Normen stattfinden sollen; bei Regulierung der Gebühren für Benützung des Eigentums, der Anstalten oder Unter­ nehmungen der Gemeinde; bei Anordnung bisher nicht bestandener Gemeindcdienste; bei Aufnahme von Passivkapitalien, wodurch der gedachter Ausnahme): E. d. b. obst. L.G. IV. 500; V. 417; VII. 727; Bl. f. R.A. XI.IV. 62 (Darlehensaufnahme). Ueber sonstige Fälle vgl. Lindner-Hauck, Komm. z. G.O. zu Art. 112 Anm I Abs. 2 und Art. 147 Anm. 2. Zum Ganzen s. auch Seydel, b. St.R. IV. S. 489-491. '") Art. 4 G.O. Bgl. oben S. 379. ”") Art. 40, 47 G.O Vgl. oben S. 396, 397. "•) Art. 33 G.O. Bgl. oben S. 386. "») Art. 31 G.O. Vgl. oben S. 384-390. '") Art. 35 G.O. *“) Vgl. oben S. 395. 1M) Art. 153 Abs. IX G.O.

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Zweites Hauptstück.

Bon den Rechtssubjekten.

Schuldenstand vermehrt wird, bei Festsetzung und Abänderung der Schuldentilgungspläne und bei zeitlicher Einstellung der Schulden­ tilgung

in Landgemeinden infolge statutarischer Festsetzung und in Stadtgemeinden schlechthin bei Uebernahme einer Garantie der Ge­ meinde für Anstalten oder sonstige Unternehmungen; bei Verpachtungen und Geldverleihen aus Gemeindemitteln an Mitglieder des Magistrats oder an deren Verwandte in auf- oder absteigender Linie, dann an Seiten­ verwandte oder Verschwägerte des nächsten Grades; bei Gründung neuer Gemeindcanstalten; bei Gemeinde-Neubauten; bei Verwandlung der bisherigen Selbstverwaltung bedeutender Oekonomiegüter oder nutz­ barer Rechte in Verpachtung und dieser in Selbstverwaltung; bei Abschließung von Vergleichen oder bei Erllärung des Streitabstandes, wenn dadurch eine Aenderung an der Substanz des Gemeindever­ mögens herbeigeführt wird; bei Geschenken und freiwilligen Gaben für Zwecke, welche außerhalb der Verpflichtung der Gemeinde Hegen185); in Landgemeinden schlechthin bei Verteilung von Bestandteilen des Grundstockvermögens zu Eigentum gegen Grundzins, Verteilung von Gemeindegründen zur Nutznießung auf Lebensdauer oder unbestimmte Zeit ohne volles Entgelt188), bei Aufnahme von Anlehen, bei Ge­ währung von Vorschüssen.181) Endlich ist zu Rechtsgiltigkeit verschiedener Willensaste der Ge­ meinden staatscuratelamtliche Genehmigung erforderlich; diese Materie nebst den einzelnen Fällen wurde bereits oben Ziff. III, 2 erörtert. b) Vertretung.

a) Die Vertretung der Gemeinde nach innen zur Wahrung der Interessen der Gemeinde der collegialen Gemeindebehörde gegen­ über obliegt in Stadtgemeinden dem Collegium der Gemeindebevoll­ mächtigten, in Landgemeinden der Gemeindeversammlung.188) 1M) Art. 112 Ziff. 3, 7, 8, 10, 11, 13 G.O. — Dir Zustimmung der Ge­ meindebevollmächtigten bei Anlehensaufnahmen ist nicht erforderlich, wenn eine Vermehrung des Schuldenstandes hiedurch nicht eintritt, daher nicht, wenn ein Kapital mit gleichen Bedingungen der Kündigung, Rückzahlung und Verzinsung innerhalb der Grenzen einer bewilligten Schuld mit anderem Gläubiger zur Tilgung eines anderen Anlehens ausgenommen wird: E. d. obst. L G. V. 420. — Ueber Kapitalausleihungen vgl. besonders Ber. v. 31. Juli 1869, die Kapitalausleihungen der Gemeinden und Stiftungen betr (SB. VIII. 241); M E. v. 6. Aug. 1869’ gleichen Betr. (SB. VIII. 249); M.Bek. v. 17. Mai 1886, die verzinsliche Anlage von Geldern der Gemeinden und örtlichen Stiftungen in laufender Rechnung betr. (W. XVIII. S. 1); auch M E. v. 30. März 1886, Spartaffen wesen in Bayern betr. (SB. XVII. 681). Vgl. auch Bl. s. R.A. XXXV. 387. *••) Art. 112 Ziff. 1, 2, 5, 6, 9, 12, 14, 15 mit Art. 147 G.O. '") Art. 27, 28 G.O. Vgl. oben S. 381-383. -") Art. 63, 64 G.O. Vgl. oben S. 390—392. Auch Bl. f. R A. XUV. 62 (Anlehen). "») Art. 111, 123, 146, 147, 149 G.O-; vgl. hiezu Seydel, b. St.R. UL S. 158.

Die Gemeindebevollmächtigten werden aus Gemeindebürgern je auf 9 Jahre gewählt; ihre Zahl soll dreimal so groß sein, als die der bürgerlichen Magistratsmitglieder.m) Die Gemeindeversammlung setzt sich aus den Gemeindebürgern zusammen."") Die Zuständigkeit der Gemeindebevollmächtigten und der Gemeinde­ versammlung äußert sich hauptsächlich darin, daß gewisse Willens­ äußerungen der Gemeinde nur mit ihrer Zustimmung für die Gemeinde rechtlich existent werden"'); in dieser Hinsicht steht ihnen auch das Recht der Initiative ju"2); auf dem Gebiete der Finanzverwaltung haben die Gcmeindebevollmächtigten das Recht der Etats- und Rech­ nungsprüfung."2) Die Willensäußerungen der Gemeindebevollmächtigten und der Gemeindeversammlung erfolgen durch rechtsförmlich gefaßte Beschlüsse. Zu einem rechtsförmlich gefaßten Beschluß der Gemeindebevollmächtigten ist erforderlich die Ladung sämtlicher im Gemeindebezirke anwesender Grmeindebevollmächtigter, soferne die Sitzungstage nicht im Voraus bestimmt sind, die Teilnahme von mehr als der Hälfte der gesetzlichen Mitgliederzahl an Beratung und Abstimmung und absolute Stimmen­ mehrheit."^) Zu einem rechtsförmlich gefaßten Beschluß der Gemeinde­ versammlung ist erforderlich, daß entweder alle Stimmberechtigten anwesend sind, oder die Versammlung in herkömmlicher Weise berufen ist, im letzteren Falle auch Erscheinen von mehr als die Hälfte der Stimmberechtigten oder mehr als die Hälfte der durch die Gemeinde­ bürgerschaft abzugebenden Stimmen, in allen Fällen absolute Stimmen­ mehrheit der Anwesenden, soferne gesetzlich nicht die Zustimmung einer bestimmten Anzahl von Gemeindebürgern oder neben der Stimmen­ mehrheit ein bestimmtes Verhältnis der Steuerzahlung vorgeschrieben ist, endlich schriftliche Abstimmung im letzteren Falle oder wenn die Stimmenzahl sich nach der Größe des Steuerbetrages richtet."2) ß) Die Vertretung der Gemeinde „in ihren Rechten und Ver­ bindlichkeiten nach Außen" erfolgt durch die kollegiale Gemeinde­ behörde."") Dieser Satz hat die Bedeutung, daß in allen jenen Fällen, ,se) Art. 108 G.O. *”) Vgl. Art. 19 Abs. II G O. Stimmberechtigt sind in gewissen Fällen auch Nichtgemeindebürger: vgl. Art. 47 G.O. bezüglich Umlagenerhebung. "") Vgl. oben S. 402, 403. 1M) Art. 115, 147 Abs. II G.O. 1M) Vgl. oben S. 401, 402. 1M) Art. 117 G.O. lto) Art. 149 G.O. Die hier vorgeschriebene Protokollsausnahme ist nicht Essentiale für daS Zustandekommen eines Beschlusses, sondern nur Beweis über die Rechtsförmlichkeiten desselben. ,M) Art. 84, 130 G.O. Vgl. hiezu Seydel, b. St.R. III. S. 234; LindnerHauck, Komm. z. G.O. zu Art. 84 Anm. 1; Bl. s. adm. Pr. XXIX. 119; E. d. obst. L.G. IV. 748 (GemeindeauSschuß); Bl. f. R.A. XU. 7 (Zustellungen Namens einer Landgemeinde); XLII. 100, 154 (Berufung Namens einer Gemeinde). — Nach E. d b. obst. L.G. II. 160 sollen die Gemeinden bezw. deren Organe auch

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Zweites Hauptstuck.

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wo gesetzlich zur Existenz einer Willenserklärung der Gemeinde nicht die Zustimmung der Gemeindebevollmächtigen oder der Gemeinde­ versammlung erforderlich ist, der rcchtsförmliche Beschluß der collegialen Gemeindebehörde als Willenserklärung der Gemeinde gilt. Der Vollzug der gemeindlichen Willenserklärungen obliegt dem ersten oder einzigen Bürgermeister, bezw. seinem gesetzlichen Stell­ vertreter, oder dem von diesen, bezw. von der Gemeinde hiezu Bevoll­ mächtigten demnach hat der Bürgermeister, oder dessen Stell­ vertreter, die Willenserklärungen der Gemeinde Dritten gegenüber, wie auch gegenüber Urkundspersonen — Notaren, Hypothekenämtern, — abzugeben, zu diesem Zwecke aber eine dec Urkunde bcizuheftende Aus­ fertigung des Beschlusses der collegialen Gemeindebehörde, bezw. auch der Gemeindebevollmächtigten oder Gemeindeversammlung der Urkunds­ person zu übergeben ; zur Legitimation bedarf der Bürgermeister nur Ausweis über seine Aufstellung als solcher, sein Vertreter ent­ sprechendes „Commissorium". Die Notare und Hypothekenämter haben die gemeindliche Willenserklärung auf ihre rechtsförmliche Existenz, sowie die Legitimation der Vertreter zu prüfen.199) Ausfertigungen der collegialen Gemeindebehörde werden von dcm geschäftsleitenden Vorstande, Urkunden, welche Verpflichtungen einer Landgemeinde be­ gründen, noch von zwei Ausschußmitgliedern unterzeichnet"9); hiedurch

befugt sein, die sämtlichen Gemeindeglieder, wo diese als solche, nicht die Gemeinde als juristische Person RechtSsubjekt sind, zu vertreten; auf Grund Mandates kann dies keinem Zweisel unterliegen; „fräst Gesetzes" möchte die Frage aber doch zweifelhaft sein; vgl. auch Bl. f. R.A. IV. 2 ff. Ueber den Begriff der Gemeindesachen im weiteren Sinne s. überhaupt Bl. f. R.A. IV. 1 ff.; VII. 264; IX. 224; X. 320; XI. 145, 331 (auch XIX. 240); XV. 13; XVI. 92; XVII. 10; XIX. 415; XXII. 412; XLII. 71; XLVII. 409, wo im Allgemeinen folgender Grundsatz an­ erkannt ist: „Eine Gemeindesache ist auch dann anzunehmen, wenn zwar nicht die moralische Person selbst Rechtssubjekt des Rechtsverhältnisses ist, aber alle Gemeindeglieder als solche oder als Besitzer von Grundstücken in der Markung dieser Ge­ meinde gleichmäßig oder verhältnismäßig und zwar nicht bloß hinsichtlich einer vorübergehenden Leistung, sondern bleibend beteiligt sind." Die Vertretung durch die Gemeinde bezw. deren Organe hört natürlich dann auf, wen» widerstreitende Jntereffen vorhanden sind (vgl. auch Bl. f. R.A. XI. 145 ff ). Auch können die Gemeindeglieder selbständig vorgehen, wenn die Gemeinde nicht will oder verhindert ist (Bl. f. R.A. XLII. 71). — Vgl. auch hieher Bl. f. R.A. XV. 56 über Depositalverträge Namens der Gemeinde; vgl. Bl. f. R.A. III. 49; IV. 8; XVI. 92 (Land­ gemeinden); XXI. 43 über Eidesleistungen Namens der Gemeinden. *") Art. 101 Abs. I und II, Art. 145 Abs. I G.O.; Lindner-Hauck, Komm, z. G.O. zu Art. 145 Sinnt. 3 Abs. 8; M.E. v. 23. Jan. 1874, die Abquittierung und Löschung bezahlter Hypotheksorderungen der Gemeinden und Stiftungen betr. (J.M.B1. S. 29); E. d. obst. L.G. VII. 753; Bl. f. adm. Pr. XX. 300-302. Dem Stadtkämmerer als BermögenSverwalter kommt keine Vollzugs- und BertretungsbesugniS zu; ohne Vollmacht vollzogene Veräußerungen desselben sind nichtig: E. d. b. obst. L.G. IV. 358. '••) Vgl. auch Lindner-Hauck. Komm. z. G.O. zu Art. 84 Sinnt. 1. '") Art. 45 Not.Ges; § 96 ff. Hyp Ges. ,0°) Art. 101 Abs. in, Art. 145 Abs. VII G.O. Die Ausfertigungen sind öffentliche Urkunden (§ 380 R.C.P.O.): Bl. f. adm. Pr. XXII. 248; XXIII. 22.

sind aber die durch andere Gesetze bestimmten Formen für Urkunden nicht beseitigt?"')

Zustellungen an die Gemeinde können rechtswirksam nur an den Bürgermeister, oder im Falle der Verhinderung an dessen gesetzlichen Stellvertreter erfolgen.202)

Für die Frage, ob die Gemeinden aus widerrechtlichen Handlungen ihrer Beamten entschädigungspflichtig sind, gelten in entsprechender Weise die gleichen Grundsätze wie für den Fiskus202); soferne hier durch Akte der öffentlichen Gewalt Schaden zugefügt wird, bietet auch die Gemeindeord­ nung geeignete Grundlage einer civilrechtlichen Haftung der Gemeinde. 5. Verwaltung und Vertretung der Ortschaften.

Ortschaften und sonstige Bestandteile einer Gemeinde, welche eigenes Vermögen besitzen, haben das Recht gesonderter Verwaltung, soferne nicht durch Verträge anderes bestimmt ist.204) Nur die Ver­ tretung der gemeinschaftlichen Angelegenheiten steht immer dem Gemeinde­ ausschusse der Gesammtgemeinde zu.202) Jeder Ortschaft einer Land­ gemeinde steht die Befugnis zu, die Verwaltung ihres gesonderten Vermögens durch Beschluß von mindestens zwei Dritteilen der daselbst wohnenden Gemeindebürger unter Vorbehalt gesonderter Kasse- und Rechnungsführung dem Ausschüsse der Gesamtgemeinde zu übertragen. Erfolgt eine solche Uebertragung nicht, so ist erforderlichenfalls für jede Ortschaft ein Pfleger, und wenn die Mehrheit der im Orte wohnenden wahlstimmberechtigten Bürger es beschließt, ein mit Ein­ schluß des Pflegers aus drei bis fünf Bürgern bestehender Ausschuß auf je sechs Jahre zu wählen.200) Der Pfleger führt die Verwaltung des örtlichen Vermögens nach den Grundsätzen über die Verwaltung des Gemeindevermögens. Die hienach den Gemeindeausschüssen zukommenden Befugnisse werden durch den Ortsausschuß, in Ermangelung eines solchen, durch die Versammlung der im Orte wohnenden Bürger (Ortsversammlung) ausgeübt. Der Bürgermeister der Gesamtgemeinde hat das Recht der Beaufsichtigung und Leitung der Verwaltung jeder einzelnen Ortschaft; er kann in jedem Ortsausschüsse und in jeder

“') Z B. für Notariatsurkunden. G O. z. Art. 145 Anm. 3 Abs. 7.

Vgl. auch Lindner-Hauck, Komm. z.

”*) E. b. Berw.Ger.H. I. 85. so>) Vgl. oben § 44 Ziff. VIII, 2 S. 284—288. Vgl. hiezu auch LindnerHauck, Komm. z. G.O. zu Art. 84 Anm. 1 Abs. 4; E. d. b. obst. L G. VII. 753; VIII. 180; XIII. 432, 602.

”‘) Art. 5 G.O. 205) Art. 153 Abs. I G.O. In Abs. II a. a. O. ist daS Nähere bestimmt, welche Angelegenheiten als gemeinschaftliche zu gelten haben. Die Entscheidung in Streitfällen gebührt den Verwaltungsbehörden. — In gemeinschaftlichen AnÖenheiten (z. B. Prozessen) werden daher auch nach Außen die einzelnen Ort­ en durch den GemeindeauSschuß vertreten: E. d. b. obst. L.G. VI. 241.

8oe) Art. 153 Abs. III und IV G.O.

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Ortsversammlung den Vorsitz sühren und soll die Beratung über die Feststellung der Voranschläge und Rechnungen leiten-207) Befindet sich ein gesondertes Gemeindevermögen im Eigentume einer Ortschaft einer Stadtgemeinde, oder im Eigentume eines Bezirkes einer solchen Gemeinde, so sind die nötigen Anordnungen über die Verwaltung dieses Sondervermögens nach Analogie vorstehender Grundsätze durch die Verwaltungsbehörde zu treffen. Die den Ortschaftsbürgern eingeräumten Befugnisse werden aber, wenn es sich um das gesonderte Vermögen eines städtischen Bezirkes handelt, aus­ schließlich von den an den Nutzungen dieses Vermögens teilnehmenden Gemeindebürgern auSgcubt808) Der kollegialen Gemeindebehörde steht die ihr den Gemeinden gegenüber zukommende vermögensrechtliche Vertretungsbefugnis der Ortschaft oder eines sonstigen Gemeindebestandteiles nur dann zu, wenn ihr die Verwaltung des gesonderten Vermögens übertragen ist209); sonst wird die Ortschaft, bezw. der Gemeindebestandteil hin­ sichtlich der Willenserllärungen durch das eigene Organ — Orts­ ausschuß, Gesamtheit der Ortsbürger, Gesamtheit der Nutzungsberech­ tigten — vertreten.2") Der Vollzug der Beschlüsse steht aber auch hier dem Bürgermeister der Gesamtgemeinde, bezw. seinem Stell­ vertreter, zu; dieser hat die Willensäußerungen in Form rechtsförmlich gefaßter Beschlüsse^“*) Dritten gegenüber abzugeben.2'2) Den Notaren ,0’) Art. 153 Abs. V und VI G.O. «") Art. 153 Abs. VII und VIII G.O. iOT) Bgl. auch Lindner-Hauck, Komm. z. G.O. zu Art. 153 Sinnt. 3; Bl. f. R.A. XLlll. 90, XLVII. 107, L. 136. Zur Legitimation nach Außen muß die Gemeinde­ behörde den UebertragungSbeschluß vorlegen; der Notar hat hierüber die Beteiligten zu belehren (Art. 45 Not.Ges.); daS Hypothekenamt darf ohne Vorlage des Uebertragungsbeschlusses nicht vollziehen, — Ortschaften ohne eigenes Vermögen werden immer vom Gemeindeausschusse vertreten: E. d. obst. L.G. VI. 929. s,e) Bgl. Lindner-Hauck, Komm. z. G.O. zu Art. 153 Sinnt. 3 Abs. 3. -") E. d. obst. L.G. VII. 544, 757, VIII. 362 (Führung von Prozessen seitens der Mitglieder einer Ortschaft Namens dieser); Bl. f. R.A. XLIII. 89, vi TV

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'2l8) arg. Art. 153 Abs. VI G.O.

E. d. obst. L.G. XL 773.

Zustellungen

an die Ortschaft können nur an den Ortsausschuß bezw. die Gemeindeversammlung bezw. für diese an den Bürgermeister der Gemeinde — aber an diesen nicht als Vertreter des Gemeindeausschusses — erfolgen. A. M. Bl. f. R.A. XXVII. 109, wo auch die Zustellung an den Bürgermeister für den Ortsausschuß oder die Orts­ versammlung negiert ist. Wie die Zustellung an den Ortsausschuß bezw. die Ortsversammlung bewerkstelligt werden soll, ist in E. d. Berw.Ger.H. III. 18, Bl. f. R.A. XLVII. 109 und bei Lindner-Hauck, Komm. z. G.O. zu Art. 153 Anm. 3 Abs. 9 nicht näher gesagt. Richtig ist, „daß ein als Gehilfe der örtlichen Polizeiverwaltung und als Kassier der Ortsgemeinde ausgestellter OrtSführer" zur Empfangnahme solcher Zustellungen nicht legitimiert ist. — Durch rechtssörmlichen Beschluß des Ortsausschusses oder der Ortsversammlung kann die Vertretung anderen Personen als dem Bürgermeister übertragen werden; vgl. Bl. s. R A. L. 137. — Besitzen Ortschaften kein eigenes Vermögen, dann sind sie auch keine selbst­ ständige juristtsche Person und kann daher auch eine Zustellung rechtSwirksam ent­ weder nur an sämtliche einzelnen Ortsbürger, falls nur diese in Betracht kommen,

und Hypothekenämtern kommt hier die gleiche Prüfungsbefugnis und Prüfungspflicht wie gegenüber Willenserklärungen der Gemeinden zu?") IV. Bermittelungsamt der Gemeinden?") Den Stadt- und Landgemeinden steht bei Rechtsstreitigkeiten aller Art unter Gemeindeeinwohnern *") die Ausübung des Vermittelungs­ amtes zu. Für den Kläger besteht jedoch keine Verbindlichkeit zur Anrufung des Vermittelungsamtes; der zu Belangende kann im Falle feines Nichterscheinens weder Strafe noch Kostenersatz unterworfen werden. Erscheint der Kläger in dem von ihm beantragten Sühne­ termine nicht, so verwirkt er eine Geldbuße von 90 Pfennigen zum Besten der Gemeindekasse. Den Beteiligten ist es unbenommen, Männer ihres Vertrauens zu benennen, welche zum Sühneversuche beizuziehen sind; die Zulassung von Rechtsanwälten ist ausgeschlossen. Die vermittelungsamtliche Thätigkeit wird Namens der Gemeinde vom Bürgermeister ausgeübt. Derselbe ist jedoch befugt, hiemit und zwar in Stadtgemeinden ein anderes Magistratsmitglied oder einen höheren Gemeindebedimsteten, in Landgemeinden ein anderes Gemeinde­ ausschußmitglied zu beauftragen. Die Gemeindcbeamten handeln in Ausübung des Bermittelungs­ amtes nicht in Gemeindeangelegenheiten, sondern als Organe der Rechtspflege *"), aber immer als öffentliche Behörden. Die Verhandlungen und Ausfertigungen des Vermittelungsamtes sind gebührenftei?") Im Uebrigen gilt das Gleiche wie bei dem Bermittelungsamte der Militärbehörden.^") C. Die Distrikts,tmeindr«.'") I. Begriff, Entstehung und Untergang. Die Distriktsgemeinde ist die mit juristischer Persönlichkeit aus­ gestattete ideale Gesamtheit der Ortsgemeinden und Eigentümer der oder an den Gemeindeausschuß bezw. für diesen an den Bürgermeister der Ge­ meinde erfolgen. 218) E. d. b. obst. L.G. XI. 773; vgl. auch oben S. 406. 2U) Art. 11 A G. z. R.C.P.O.; An. 100, 144 G O. — Bezüglich der VermittelungSthätigkeit der Gemeinden in Strafsachen (Beleidigungen) vgl. § 420 R.Str.Pr.Ordn.; Art. 156 Abs. V G.O., AN. 80 A G. z. R G.B.G. und Min.Bek. v. 5. Aug. 1879 die BergleichSbehörden in Beleidigungssachen betr. (W. XIII. S. 166).Vgl. hieher auch Lindner-Hauck, Komm. z. G.O. z. Art. 100; Böhm, A.G. S. 22-24. 215) d. h. unter Gemeindeeinwohner derselben Gemeinde. 216) Art. 10 Zifs. 2 des Verw Ger.H.Ges. v. 8. Aug. 1878 hat daher hier keine Bedeutung: E. d. Verw.Ger.H. II. 652. 217) AN. 3 Zifs. 3 des b. Gebührenges. der Fassung vom Jahre 1892. 218) Vgl. § 38 Ziff. 9 lit. a S. 244. 2ie) Distriktsratsgesetz vom 28. Mai 1852 (W. IV. S. 404 zit. D.G.); Roth, b. C.R. I. S. 283, 284; Seydel, b. StR. III. S. 236—279; IV. S. 583-600 (Finanzrecht); in Bl. f. adm. Pr. XXXVII. 289 ff.; in Frhr. v. Stengels WöNerbuch des deutschen Berwallungsrechts Bd. I S. 280—284; KraiS, Handbuch der inneren Verwaltung Bd. I S. 167—177; Frhr. v. Pechmann-Brettreich, Wirkungs-

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Zweites Hauptstück.

Bon den RechtSsubjetten.

exemten Markungen des Bezirkes einer Distriktsverwaltungsbehörde.2W) Das Distriktsratsgesetz vom 28. Mai 1852 fand diese räumlichen Bezirke bereits vor und erlangte daher die zu einem solchen Bezirke gehörige Gesamtheit der Ortsgemeinden und ausmärkischen Eigentümer kraft jenes Gesetzes die juristische Persönlichkeit. Neue Distriktsgemeinden können ohne Erweiterungen des Staatsgebietes nicht entstehen.221) Der Untergang einer Distriktsgemeinde fällt mit der Aenderung der Distriktsverwaltungsbezirke zusammen.222)

II. Das Distriktsgemeindevermögen. 1. Das Distriktsgemeindevermögen zerfällt in dieselben Be­ standteile wie das Ortsgemeindevcrmögen, in öffentliche Sachen, Ver­ waltungs- nnb Finanzvermögen. Hinsichtlich der öffentlichen Sachen gilt hier in entsprechender Weise das Gleiche wie für die der Orts­ gemeinden; besonders bemerkenswert ist nur, daß als Distriktsstraßen nur jene Straßen erklärt werden sollen, welche einen über die nach­ barliche Verbindung einzelner Gemeinden erheblich hinausgehenden Verkehr zu vermitteln bestimmt oder geeignet finb.223) 2. Verwaltungsgrunbsätze. Das Grunbstockvermögen soll ungeschmälert erhalten werben22^); kreis der DistriktsverwaNungsbehörden Bd. I S. 160—183; Weber, Gen.Reg. zu Bd. I-X S. 332, 333. 82°) Art 1 Abs. I. D.G. Nach Abs. II a. a. O. kann, wenn in Folge einer Amtsorganisation mehrere AmtSgerichtsbezirke in einen Berwattungsdistrikt ver­ einigt werden, jeder dieser Bezirke als Distriktsgemeinde mit besonderer Vertretung fortbestehen. Der Sinn dieser Ausnahme ist nach Seydel, b. St.R. III. S. 243 der, daß die im Vollzüge des Distriktsratsgesetzes gebildeten Distriktsgemeinden auch dann sollen aufrechterhalten werden können, wenn später größere Verwaltungsdistrikte aus mehreren Landgerichtssprengeln (wohl im Sinrre von Distrikts-Ver­ waltungsbezirken) gebildet würden. — Ueber die Frage, welche Personen die Korporation bilden, herrscht Streit. P. v. Rotb, b. C.R. I. S. 283 nennt als solche die Mitglieder der im Bezirke liegenden Ortsgemeinden und die ausmärkischen Eigentümer; Bl. f. adm. Pr. XXVII. 18 ff. die Ortsgemeinden und deren einzelne Mnglieder; Bl. f. adm. Pr. V. 156 ff. die Ortsgemeinden und die höchstbesteuerten Grundbesiper; ebenso wie im Texte Seydel, b. St.R. III. S. 246, 247, aus dessen zutreffende Begründung ich verweise. Bedenklich erscheint mir aber der Schluß von Seydels a. a. O. wenigstens in privatrechtlicher Beziehung im Hinblick auf das Wesen der Korporation gegenüber der bloßen Gesellschaft, daß, weil die Ortsgemeinden nichts anderes seien, als die Gesamtheit der Gemeindeangehörigen, die Ortsgemeindeangehörigen auch zugleich DistrittSgemeindeangehörige seien. Ist eine Aktiengesellschaft Mitglied einer anderen Korporation, so sind keinesfalls die ein­ zelnen Aktionäre der ersteren Angehörige der letzteren. 121) Seydel, b. St.R. III. S. 245: „Unbedingt ausgeschlossen erscheint nach dem Gesetze, daß aus einer bisherigen Distrittsgemeinde mehrere gebildet werden." — Ueber Aenderungen der Distrittsaemeinden überhaupt vgl. Näheres bei Seydel, b. St.R. III. S. 245, 246; über Bermögensaussonderungen in solchen Fällen: Seydel a. a. O. IV. S. 583, 584 und Art. 11 des Berw.Ger.H.Ges. v. 8. Aug. 1878 über Zuständigkeit. ws) Bgl. Seydel, b. St.R. III. S. 245; aber auch oben Nt. 2. 2M) Art. 28 D.G. mit Art. 48 des Berw.Ger.H.Ges. v. 8. Aug. 1878. M1) Art. 30 Abs. I lit. a mit Art. 27 Abs. I lit. b Zisf. 2 D.G.

n. Kapitel. Die einzelnen Rechtssubjette.

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trotzdem sind Veräußerungen nicht ausgeschlossen22ä); im Falle einer Abminderung bildet die Ergänzung eine gesetzliche Distriktslast.22 * *")* * Der Ertrag des Distriktsgemeindevermögens ist in erster Linie zur Bestreitung der Distriktsbedürfnisse zu verwenden22'); Rentenüber­ schüsse sind nach Ermessen des Distriktsrates entweder zum Grund­ stockvermögen zu schlagen, oder sonst im Interesse der Distriktsgemeinde zu verwenden.222) 3. Die Distriktsgemeindeverbindlichkeiten.

Im Allgemeinen hier das Gleiche wie für die Ortsgemeinden.222) Die Aufnahme von Anlehen kann nur zur Bestreitung außerordent­ licher Bedürfnisse des Distriktes erfolgen; hiefür ist ein genauer Til­ gungsplan festzusctzen.222) Verzinsung und Tilgung solcher Distrikts­ gemeindeschulden ist eine gesetzliche Distriktslast.22') 4. Besondere Verpflichtungen des Distriktsgemeinde­ vermögens. Jede Distriktsgemeinde ist verbunden, alle Leistungen zu bestreiten, welche ihr nach Gesetz, besonderen Rechtstiteln, oder in Folge der Beschlüsse des Distriktsrates obliegen. Als gesetzliche Distriktslasten sind insbesondere erklärt: die Verzinsung und Tilgung der Distrikts­ gemeindeschulden, die Ergänzung abgeminderten Grundstockvermögens, die Unterhaltung bestehender oder künftig neu entstehender Distrikts­ anstalten, die Anlegung und Unterhaltung von Distriktsstraßen, die Beischaffung und Unterhaltung der zum gemeinsamen Gebrauche be­ stimmten Feuerlöschmaschinen, die Kosten des Unterrichtes der Schüler­ innen der Entbindungskunst, die Unterhaltungsbeiträge für die nach Maßgabe der jeweiligen Gesetze und Verordnungen angestellten Tier­ ärzte.222)

5. Bestreitung der Distriktsgemeindeausgaben. Diese hat zunächst aus den Nutzungen des Distriktsgemeinde­ vermögens, aus den auf Gesetz oder besonderen Rechtstiteln beruhenden Leistungen des Staates, der Stiftungen, der Gemeinden oder anderer juristischer oder physischer Personen, aus den freiwilligen Zuschüssen von Staats- oder Kreisfonds, oder von den von der Unternehmung zunächst Vorteil ziehenden Gemeinden und Privaten zu erfolgen; in Ermangelung oder bei Unzureichendheit dieser Quellen sind Distrikts­ umlagen zu erheben.222) Unter gewissen Voraussetzungen ist Anlehens-

22S) 22e) 22') 22°) 22°) "°) »') 2,i) «')

arg. Art. 11 Abs. I lit. c D.G. Art. 27 Abs. I lit. b Zifs. 2 D.G. Art. 30 Abs. I. lit. - D.G. Seydel, b. St R. IV. S. 586. Vgl. oben S. 390. Art. 11 Abs. I lit. d D.G. Art. 27Abs. I lit. b Zisf. 1 D.G. Art. 27D.G. Art. 30D.G.

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Zweites Hauptstück.

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aufnahme möglich?") Die Deckung der gesetzlich begründeten Distriktsgenieindebedürfnisse darf vom Distriktsrate nicht verweigert werden?'^) 6. Besondere Berechtigungen der Distriktsgemeinden in vermögensrechtlicher Beziehung. Solche können sich vor­ züglich in der Weise ergeben, daß Staat, Stiftungen, Gemeinden oder sonstige juristische oder physische Personen kraft Gesetzes oder besonderen Rechtstitels zur Leistung von Mitteln behufs Bestreitung der Distriktsgemeindebedürfnisse verpflichtet ftnb.236) Rechtsstreitigkeiten hierüber gehören je nach der öffentlichen oder privatrechtlichen Natur des Anspruchs zur Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden oder Civilgerichte; soweit öffentlich-rechtliche Ansprüche der Distriktsgemeinven an die Ortsgemeinden in Bezug auf den Bedarf und Unterhalt distriktiver Anstalten bestehen, sind Rechtsstreitigkeiten hierüber eigentliche Verwaltungsrechtssachen?3^) Die Distriktsgemeinden sind unter gewissen Voraussetzungen zur Erhebung von Distriktsumlagen und Naturaldiensten befugt?33) Streitig­ keiten hierüber sind öffentlich-rechtlicher Natur; Streitigkeiten über die Verbindlichkeit zur Teilnahme an Distriktsumlagen eigentliche Berwaltungsrechtssachen?33) III. Verfassung der Distriktsgemeinden. Die Distriktsgemeinden sind öffentliche Körperschaften, aber nur mit beschränktem Selbstverwaltungsrechte?") Im Einzelnen ist hier Folgendes zu erwähnen: 1. Wer als Mitglied der Distriktsgemeinde zu gelten hat, wurde bereits oben in Ziff. I angeführt. 2. Die selbständige Handlungsfähigkeit der Distrittsgemeinden ist eine äußerst beschränkte. Soweit die Zuständigkeit des Distrikts­ rates gegeben ist, sind sie der Staatscuratel und zwar mit gleicher Wirkung wie die Ortsgemeinden unterworfen; denn alle Beschlüsse des Distriktsrates sind von der vorgesetzten Kreisregierung zu verbescheiden und haben bei negativer Berbescheidung für die Distriktsgemeinde keine Wirkung."3) Nur die Thätigkeit des Distriktsausschusses bedarf solcher Bestätigung nicht; seine Beschlüsse unterliegen lediglich einer Staats­ aufsicht der vorgesetzten Kreisregierung im engeren Sinne, welche sich nur darauf erstreckt, ob die Beschlüsse gesetz- oder verordnungswidrig *“) Vgl. oben Ziff. 3. "’) Art. 29 Abs. II D.G. '") Art. 30 Abs. I lit. b D.G. 2”) Art. 8 Ziff. 23 Verw.Ger.H.Ges. v. 8. Aug. 1878; Seydel, b. St.R. IV. S. 586. *") Art. 30-34 D.G.; vgl. Näheres bei Seydel, b. St.R. IV. S. 586-596. Art. 8 Ziff. 24 Verw.Ger.H.Ges. v. 8. Aug. 1878; Seydel, b. St.R. IV. S. 594-596. Vgl. auch Seydel, b. St.R. III. S. 249, 269. “*) Art. 23 D.G. Ueber das Beschwerderecht vgl. Seydel, 6. St.R. III. S. 270-274; IV. S. 594-596; aber auch Art. 10 Ziff. 1 Verw.Ger.H.Ges. v. 8. Aug. 1878.

ftnb.2*2) Hieraus erhellt, daß, insoweit die Zuständigkeit des Distrikts­ ausschusses begründet ist, keine Staatskuratel und damit selbständiges Berwaltungsrecht der Distriktsgemeinde, nur beschränkt durch den Gehorsam gegen das Gesetz, vorhanden ist.

3. Die Verwaltung und Vertretung der Distriktsgcmeinden.

a) Das Organ der laufenden Vermögensverwaltung ist der Distriktsausschuß. Ihm gebührt die Leitung der Vermögensverwaltung, die Aufsicht auf die Distriktsanstalten, die Erlassung der Verrechnungs­ und Zahlungsanweisungen durch den Vorstand an den Distriktskassier, die Vorberatung und vollständige Vorbereitung aller an den Distrikts­ rat zu bringenden Gegenstände; die Revision der Rechnungen des Distriktskassiers und der Distriktsanstalten vor Vorlage an den Distrikts­ rat, die Herstellung des Etats und des vollständigen Rcpartittonscntwurfes der Distriktsumlagcn, die provisorische Aufstellung eines Distriktskassiers im Falle unvorhergesehener Erledigung dieser Stelle."^ Der Distriktsausschuß besteht aus 4 bis 6 aus der Mitte des Distriktsratcs gewählten Mitgliedern. Vorstand derselben ist der Distriktsverwaltungsbeamte oder dessen Stellvertreter.2") Zur Fassung rechtsförmlicher Beschlüsse des Distriktsausschusses ist die Anwesenheit von wenigstens drei oder vier Mitgliedern, je nachdem er aus vier oder mehr Mitgliedern besteht, und relative Stimmenmehrheit erforderlich; der Vorstand hat keine Stimme, sondern nur Stichentscheid bei Stimmengleichheit."^) Neben dem Distriktsausschusse wird vom Distrikts­ rat auch noch ein Distriktskassier Ausgestellt, dem die Erhebung, Ver­ wendung und Verrechnung des Distriktsgemeindeeinkommens obliegt; über seine Kautionspflicht entscheidet der Distriktsrat."°) b) Die Willensäußerungen der Distriktsgemeinde erfolgen prä­ sumtiv durch den Distriktsrat. Der Distriktsausschuß ist nur insoweit zu Willensäußerungen für die Distriktsgemeinde befugt, als ihm dies gesetzlich ausdrücklich zügebilligt ist. In vermögensrechtlicher Beziehung MS) Art. 17 D.G. Dies ist besonders wichtig für die Verwaltung des Distrittsgemeindevermögens, die dem DistriktSauSschuffe unterliegt; hier findet keine Staatskuratel, sondern blos Staatsausficht statt: vgl. Seydel, b. St.R. VI. S. 585. “’) Art. 16 lit. a D.G.; Seydel, b. St.R. III. S. 250, 251; IV. S. 585. Ueber die Befugnis des Distriktsausschusses zu provisorischen Budget-Maßregeln vgl. Art. 25 D.G. und Seydel, b. St.R. III. S. 251; IV. S. 598,599. — Ueber den Distriktsausschuß und die Distriktsgemeindebediensteten s. Nähere- bei Seydel, b. St.R. III. S. 275—279. — Hinsichtlich Streitigkeiten über Ansprüche der Ge­ meinden an distriktive Anstalten vgl. Art. 8 Ziff. 23 Berw.Ger.H Ges. v. 8. Aug. 1878; soweit sie öffentlich-rechtlicher Natur sind, sind sie eigentliche BerwaltungsrechtSsachen. 4M) Art. 15 D.G. Der Vorstand ist aber nicht Mitglied: Seydel, b. St.R. III. S. 276. “») Art. 17 D.G. Me) Art. 20 D.G.

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Zweites Hauptstück.

Bon den Rechtssubjekten.

ist ihm aber die Vertretung der Distriktsgemeinde überall da einge­ räumt, wo nicht ausdrücklich im Gesetze die Zuständigkeit des Distrikts­ rates begründet ist247) Letzteres ist nach dem Distriktsratsgesctze der Fall bei Verteilung der Distriktsumlagen, bei Anerkennung der Rech­ nungen, bei Aufnahme von Anlehen und bei Erwerbung und Ver­ äußerung von Liegenschaften, hinsichtlich Art und Weise der Erfüllung der besonders im Gesetze angeführten gesetzlichen Distriktslasten, bei Uebernahme anderer als der gesetzlichen Distriktslasten. Hieraus ergiebt sich, daß in allen diesen Fällen eine auch privatrechtlich wirksame Willensäußerung der Distriktsgemeinde nur dann vorliegt, wenn ein rechtsförmlicher Beschluß des Distriktsrates242), in allen übrigen Fällen vermögensrechtlicher Geschäfte, wenn ein rechtsförmlicher Beschluß des Distriktsausschusses vorhanden ist. Der Distriktsrat besteht aus den Vertretern der sämtlichen zum Distrikte gehörigen Gemeinden, aus den Eigentümern desjenigen Grund­ besitzes, von welchen die höchste Grundsteuer im Distrikte entrichtet wird, mit einem Achtel der Zahl der Gemeindevertreter; aus den Vertretern des hierunter noch nicht begriffenen größeren Grundbesitzes mit einem Viertel der Zahl der Gemeindevertreter; aus einem Vertreter des Staatsärars, wo dieses bei den Distriktsumlagen beteiligt erscheint.242) Vorstand ist der Distriktsverwaltungsbeamte oder dessen Stellvertreter.222) Zu einem rechtsgiltigen Beschlusse des Distriktsrates ist erforderlich die Anwesenheit von mindestens zwei Dritteilen seiner Mitglieder und regelmäßig relative Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit entscheidet der sonst nicht stimmberechtigte Vorstand.22') Der Vollzug der distriktsgemeindlichen Willensäußerungen geschieht durch den Vorstand oder dessen Stellvertreter; dieser hat sonach Dritten, wie Urkundspersonen — Notaren, Hypotheken beamten — gegenüber die Willensäußerungen der Distriktsgemeinde unter Vorlage der rechts­ förmlich gefaßten Beschlüsse abzugeben222); die Notare und Hypothckenbeamten222) haben Recht und Pflicht zur Prüfung der Rechtsförm­ lichkeit der distriktsgemeindlichen Willensäußerung, sowie der Legitimation

**’) Vgl. hiezu Art. 11, dessen Eingangsworte nicht treffend sind, und Art. 16 D.G. Ueber das Verhältnis dieser beiden Gesetzesstellen zu einander s. Näheres bei Seydel, b. St.R. UI. S. 250 mit Nt. 1 und IV S. 585. In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten wird die Distriktsgemeind« vom Distriktsausschussc bezw. dessen Borstande vertreten: Seydel, b. St.R. IV. S. 585, III. S. 277. ’“) Art. 11 Abs. I lit. b, c, d, e; Art. 27 Abs. II; Art. 29 Abs. I D.N. Hier besteht dann auch StaatSkuratel. “») Art. 2-10 D.G., Seydel, b. St.R. III. S. 255-275. »so) Art. 12 D.G. Der Borstand ist nicht Mitglied des Distriktsrates; vgl. Seydel, b. St.R. III. S. 268. *“) Art. 13 D.G. ’“) Der Vollzug erfolgt aber weder durch das Bezirksamt, noch durch den Vorstand qua Bezirksamtmann, sondern von diesem qua Vorstand; vgl. auch Seydel b. St.R. III. S. 277; E. Berw.Ger.H. III. 383. '") Art. 45 Not.Ges., §§ 96 ff. Hyp.Ges.; vgl. auch oben S. 406.

des Vorstandes und seines Stellvertreters. Zustellungen für die Distrikts­ gemeinde erfolgen rechtswirksam an den Vorstand bezw. dessen Stell­ vertreter?")

D. Die Rreiflßtmeinbtn.255 * *)256 ******** I. Begriff, Entstehung und Untergang. Die Kreisgemeinde ist die mit juristischer Persönlichkeit aus­ gestattete ideale Gesamtheit der Distriktsgemeinden und unmittelbaren Städte eines Regierungsbezirkes. Das Landratsgesetz vom 28. Mai 1852 fand die räumlichen Bezirke bereits vor und erlangte daher die zu einem solchen Bezirke gehörige Gesamtheit der Distriktsgemeinden und unmittelbaren Städte kraft jenes Gesetzes die juristische Persönlichkeit. Die Entstehung neuer Kreisgemeinden fällt mit der Bildung neuer Regierungsbezirke zusammen; ebenso der Untergang mit Aenderungen an biefen.257)

II. Ueber das Kreisgemeindevermögen bestehen keine all­ gemeinen gesetzlichen Bestiminungen.2^2) Hinsichtlich der Veräußerung von Vermögensbestandteilen der Kreisgemeinde gelten Mangels positiver Gesetzesvorschriften lediglich die allgemeinen wirtschaftlichen Grundsätze. Erträgnisse des Kreisgemeindevermögens sind zur Bestreitung der 5creisbedürfnisse zu verwenden.2^2) Als Rechtssubjekte des bürgerlichen Rechtes sind die Kreis­ gemeinden fähig, Verbindlichkeiten einzugehen. Anlehen dürfen nur zur Bestreitung außerordentlicher Bedürfnisse ausgenommen werden.222) Die Kreisgemeinden sind verbunden zu allen Leistungen, die auf Grund Gesetzes oder besonderen Rechtstitels beruhen oder auf Grund rechtsförmlichen Beschlusses übernommen sind.22') Zu den gesetzlichen Kreislasten gehören insbesondere der Aufwand für Erhebung und SM) Die Zustellungen für die Distriktsgemeinde haben nicht an das Bezirks­ amt bezw. an den Bezirksamtmann als Distriktsverwaitnngsbeamten, sondern an ihn als Borstand zu erfolgen. 265) Landratsgesetz vom 28. Mai 1852 (W IV. S. 414 zit. L.G.); Kreislastenausfcheidunasgesetz vom 23. Mai 1846 (W. III. S. 624 zit. K G ); Roth, b. C.R. I. S. 284, 285; Seydel, b. StR. III. S. 279-320; IV. S. 600-616 (Finanz­ recht), in Bl. f. adm. Pr. XXXVII. 369 ff.; in Frhr. v. Stengels Wörterbuch des deutschen Berwaltungsrechts Bd. I. S. 860—863; Krais, Handbuch der inneren Verwaltung Bd. I. S. 177—179; Frh. v. Pechmann-Brettreich, Wirkungskreis der Distriktsverwaltungsbehörden Bd. I. S. 158—160; Weber, Gen.Reg. zu Bd. I—X S. 333. 256) Vgl. Seydel, b. St R. III. S. 295; IV. S. 600. Art. 1 L.G. Ueber Vermögensausscheidungen im Falle von Veränderungen vgl. Art. 11 des Bcrw Ger.H.Ges. v. 8. Aug. 1878 und Seydel, b. St.R IV. S. 600. “’) Vgl. auch Seydel, b. St.R. III. S. 295; Art. 15 lit. k und Art. 33 lit. a L.G. ’“) Vgl. auch Seydel, b. St.R. IV. S. 601. »“) Vgl. auch Seydel, b. St.R. IV. S. 603. ,eo) Art. 15 lit. f L.G. -") Art. 15 lit. d Abs. 2 L.G.; Art. I Zifs. 7 und 8 K.G.

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Zweites Hauptstück.

Bon den Rechtssubjekten.

Verwaltung der Kreisfonds, der Bedarf des Landrats, die Kosten für die Kreisanstalten Werden entbehrliche Staatsgebäude zur unentgeltlichen Benützung für Krcisanstalten überlassen, so gehen die Adaptierungs- und Unter­ haltungskosten auf die Krcisfonds für die Dauer der Benützung über, wogegen aber die Staatskasse bei Zurücknahme solcher Gebäude nicht nur die Meliorationen, sondern auch die auf die Herrichtung für den besonderen Kreiszweck erlaufenen Ausgaben dem Kreisfonds zu er­ setzen fat.263) Die Kreisgemeindeausgaben sind aus den Erträgnissen des Kreisgcmeindevermögens, aus den auf besonderen Rechtstiteln und Bewillig­ ungen beruhenden Fundations- und Dotationsbeiträgen des Staates oder der Gemeinden, aus den budgetmäßig aus der Staatskasse zu entrichtenden Kreisschuldotationen, aus budgetmäßigen Zuschüssen des Staates für Kreiszwccke (Landwirtschaft, Gewerbe u. s. w.), aus sonstigen besonderen Einnahmen zu bestreiten.2^) Unter besonderen Voraussetzungen ist Anlehensaufnahme gestattet.265) Besondere Berechtigungen der Kreisgemeinden können sich dadurch ergeben, daß Staat, Stiftungen, Gemeinden oder andere juristische tote physische Personen kraft Gesetzes oder besonderen Rechtstitels zu Leistungen an die Kreisgemeinde verpflichtet sind.266) Rechtsstreitig­ keiten hierüber gehören je nach ihrer Natur zur Zuständigkeit der Civilgerichte oder Verwaltungsbehörden. Unter gewissen Voraus­ setzungen sind die Kreisgemeinden zur Erhebung von Kreisumlagen befugt262); Streitigkeiten hierüber sind öffentlich-rechtlicher Natur und der Zuständigkeit der Civilgerichte entzogen.266) III. Verfassung der Kreisgemeinden. 1. Die Mitglieder der Kreisgemeinde wurden bereits oben in Ziff. I angeführt. 2. Die Willensäußerungen der Kreisgemeinde erfolgen rechtswirksam nur durch den König; eine Staatsaufsicht oder Staatskuratel ist daher undenkbar. Die Organe der Kreisgemeinde, der Landrat und Landratsausschuß, stehen dem Könige lediglich beratend und beschränkend zur Seite. Die sämtlichen Verhandlungen des Landrates werden daher nach Schluß desselben dem Könige zur Entschließung vorgelegt; die königlichen Entschließungen werden als Landratsabschied im Gesetzund Verordnungsblatte öffentlich bekannt gemacht.266) Beschränkungeu “*) Art. i und iv K G. 2M) Art. IX K.G. 2M) Art. VI K G. 2”) Vgl. oben S. 415. ">") Art. VI Ziff. 1 und 4 K G.; Art. III K.G. '«) Art. VI Abs. 2 St.®.; Art. 16-18 L.G.; hiezu Seydel, b. St.R. IV. S. 603-606. Bal. hierüber Nähere« bei Seydel, b. St.R. IV. S. 605, 606. 16e) Art. 28 L.G.: auch Art. 19, 20, 21, 22 L.G.; Seydel, b. St.R. HL. S. 295-298; 318, 319.

des Königs bestehen besonders bei der Aufnahme von Anlehcn, Er­ werbung und Veräußerung oder Verpfändung von Liegenschaften oder dinglichen Rechten, bei Rechtsstreiten der Kreisgemeinde und Vergleichen, bei Erhebung von Kreisumlagen, bei Verwendung der Kreisfonds zu anderen als auf Gesetz oder besonderem Rechtstitel beruhenden Leist­ ungen.^^) Die zu den gesetzlichen Kreisbcdürfnissen erforderlichen Umlagen kann übrigens der Landrat nicht verweigern?^') Die Aufnahnie von Anlehen, wodurch eine Mehrbelastung der Kreisgemeinden an Kapital oder Zinsen bewirkt wird, kann überdieß nur durch Gesetz erfolgen?") Die Zustimmungsbefugnis in den vorerwähnten Ange­ legenheiten gebührt regelmäßig dem Landrate, nur in dringenden Fällen bei nichtversammeltem Landrate dem Landratsausschusse?'*) Der Landrat besteht aus den Vertretern der Distriktsgemeinden und unmittelbaren Städte, aus Großgrundbesitzern, welche eine be­ stimmte Steuergröße entrichten (Personalisten), aus drei Vertretern der wirklich selbständigen Pfarrer, aus einem Vertreter der im Regier­ ungsbezirke gelegenen Universität. Der Landrat wählt den Vorsitzenden aus seiner SRitte?74) Zur Giltigkeit eines Beschlusses ist die Anwesenheit von mindestens zwei Dritteilen der Mitglieder erforderlich und rela­ tive Stimmenmehrheit; der Präsident hat nur Stichentscheid, sonst keine Stimme?7^ Der Landratsausschuß besteht aus sechs aus der Mitte des Landrates mit absoluter Stimmenmehrheit gewählten Mitgliedern; er wählt aus seiner Mitte den Vorsitzenden?7^) Zur Giltigkeit eines Beschlusses ist erforderlich die Anwesenheit von mindestens zwei Dritteilen seiner Mitglieder und absolute Stimmenmehrheit?77) Die Verwaltung des Kreisgemcindevermögens obliegt der Kreisregierung; ihr gebührt der Vollzug der Willensäußerungen der Kreis­ gemeinde und die Vertretung der Kreisgemeinde nach Außen?7^)

§ 56. Die Kirchengemeinden?) A. Unter einer Kirchengemeinde ist die Gesamtheit aller zum Genusse des Gottesdienstes berechtigten confessionsgleichen und dem2,°) Art. 15 lit. d, f, g, h: Art. 18 D.G. ”') Art. 18 Abs. 2 L.G. m) Art. 15 lit. f Abs. 2 L.G. Ueber die Auslegung dieser Gesepesstclle in dem im Texte bezeichnete» Sinne vgl. Seydel, b. St.R. lng, Kammer des Innern, im Falle des Bedürfnisfes. Die Leitung der Verhandlung und Ab­ stimmung steht dem Kirchenverwaltnngsvorstande zu, der auch bei Stimmengleichheit Stichentscheid hat. Zur Rechtsgiltigkeit eines Be­ schlusses ist erforderlich die besondere Einladung aller im Kirchen­ gemeindebezirke anwesenden Repräsentativnsmitglieder, Teilnahme von mehr als der Hälfte der gesetzlichen Mitgliederzahl an Beratung und

41) Bgl. auch Krals a. a. O. S. 303; E. Mayer, die KirchenhoheitSrechte des Königs von Bayern S. 271; E. d. b. obst. L.G. III. 497 ff.; Bl. s. R.A. I. Erg.Bd. S. 400; Krick, Kirchenvermögen S. 50. «) Seite 329—331. ") Wahlinstruktion vom 25. Aug. 1869/29. Sept. 1875. Art. 1. Bon der Stimmberechtigung sind auch Personen ausgeschlossen, welche aus Grund der früheren bayerischen Strafgesetzgebung wegen gewisser Berbrechen oder Vergehen verurteilt waren, wenn seit Verbüßung der Strafe nicht schon 10 bezw. 5 Jahre abgelausen sind oder früher völlige Rehabilitation eingetreten ist. Diese Bestimmung wird nicht mehr viele praktische Bedeutung haben.

“) Entschl. v. 24. Sept. 1814 §§ 14, 15 Abs. 1 und arg. aus § 23 Ziff I Abs. 5 des Landtagsabschiedes von 1892. «) Entschl. v. 24. Sept. 1818 §§ 1 und 16.

**) § 23 Ziff. I Abs. 1 und 2 des Landtagsabschiedes von 1892.

II. Kapitel. Die einzelnen Rechtssubjette.

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Abstimmung und Mehrheit der Abstimmenden für dieselbe Meinung. Kein Mitglied darf sich der Abstimmung enthalten?^ C. Die Kirchengemeinden der christlichen Privatkirchen­ gesellschaften.") Diese genießen Mangels ausdrücklicher Bestimmung in der Auf­ nahmeurkunde keine Korporationsrechle und sind daher bloße Gesell­ schaften des bürgerlichen Rechtes; ihre Rechtsverhältnisse beurteilen sich nach diesem.") Eine staatliche Aufsicht besteht immer insoweit, als der Staat die verfassungsmäßige Verpflichtung hat, darüber zu wachen, daß ihr Vermögen des konfessionellen Charakters nicht entkleidet toerbe.50 47)51 * 49 * Die freien Gemeinden oder deutschkatholischen Gemeinden sind lediglich nach dem Vereinsrechte zu behandeln?^ D. Die Kirchengemeinden der israelitischen Glaubensgesellschaft.^) I. Geschichtliches. Durch das Edikt vom 10. Juni 181353) wurden die Verhältnisse der jüdischen Glaubensgenossen für das König­ reich Bayern näher festgesetzt. Soferne nicht in dem Edikt Abänderungen oder nähere Erläuterungen getroffen sind, war den Juden der Genuß aller den Privatkirchengesellschaften durch das Religionsedikt vom 24. März 180954) im zweiten Kapitel des zweiten Abschnittes cin47) § 23 Ziff. I Abs. 2 bis 5 des Landtagsabschiedes von 1892 mit Art. 105 (Oeffentlichkeit der Verhandlungen und Sitzungspolizei), 109 (Austritt von Mit­ gliedern), 117 (Beschlußfassung) und 165 G O. (Ordnungsstrafe gegen säumige Mitglieder), welche aus die Repräsentation analoge Anwendung zu finden haben mit der Maßgabe, daß im Falle des Art. 109 Abs. III G O. statt des Magistrats die Kirchenvrrwaltung beschließt. — Ueber die Verhandlungen und Abstimmung ist ein Protokoll zu führen, welches vom Kirchenverwaltungsvorstande, vom Protokollführer und von mindestens 4 Repräsentationsmilgliedern zu unterschreiben ist. Als Protokollführer kann mit Genehmigung der Repräsentation ein ihr nicht angehöriger Schreibkundiger verwendet werden. 4S) Hieher gehören die griechische Kirche, die Mennoniten, Herrenhutcr, Anglikaner, Jrvingianer und Altkatholiken: s. oben § 49 lit. B ©. 341, 342. Vgl. hierher Krais, Handb. d. inneren Verw. Bd. I. S. 331—333; Frh. v. PechmannBreitreich, Wirkungskreis der Distriktsverwaltungsbehörden Bd. I. S. 338, 339. 49) §§ 32, 37, 45 der II. Berf.Beil. und die oben in § 49 Nt. 61 und 62 S. 341. 342 gegebenen Zitate. 50) 8 46 der II. Berf.Beil. Vgl. auch oben § 49 lit. B Ziff. 2 S. 342. 51) Min.Entsch. v. 22. Juni 1867, das Gesuch der Anhänger der Frei­ gemeinden in Nürnberg und Fürth um Rekonstituierung ihrer Genossenschaften als Religionsgesellschasten betr. (W. VII. S. 37); E. d. Berw.Ger.H. XL 18; Krais, Handbuch der inneren Verwaltung Bd. I. S. 333, Frh. v. PechmannBreitreich, Wirkungskreis der Distriktsverwaltungsbehörden Bd. I. S. 339. M) Seydel, b. StR. VI. S. 326-350; Roth, b. C.R. I. S. 292—297; Heimberger, die staatskirchenrechtliche Stellung der Israeliten in Bayern 1893; Krais, Handbuch der inneren Verwaltung, Bd. I S. 333—339; Frhr. v. PechmannBrettreich, Wirkungskreis der Distriktsverwaltungsbehörden Bd. I S. 333—338. 63) Ueber die Verhältnisse der jüdischen Glaubensgenossen im Königreiche Bayern (W. I. S. 417). M) W. I. S. 282.

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Zweites Hauptstück.

Bon den Rechtssubjekten.

geräumten Befugnisse zugesichert?^) Die Bestimmungen des Judenediktcs wurden den jüdischen Glaubensgenossen durch Art. 16 Absatz 2 der deutschen Bundesakte garantiert. Auch die bayerische Verfassungsurfunbc56 * *)57 * *verweist * die Juden hinsichtlich ihrer Verhältnisse auf die besonders für sie bestehenden Gesetze und Verordnungen, soweit sie nicht selbst besondere Vorschriften trifft. An Stelle der im Judencdikte für anwendbar erklärten Bestimmungen des Religionsediktes von 1809 traten die entsprechenden Stellen des zweiten Kapitels des zweiten Abschnittes des Religionsediktes vom Jahre 1818 und damit auch infolge des § 38 dieses Religionsediktes der. dritte Abschnitt desselben, alle Bestimmungen aber doch nur insoweit, als sie ans die jüdischen Verhältnisse passen. Eine neue Regelung der Verhältnisse der jüdischen Glaubens­ genossen ist weder im Gesetz- noch int Verordnungswege seitdem erfolgt; die inzwischen ergangenen Ministerialentschließungen sind lediglich Aus­ legungsbehelfe; neues Recht schaffen konnten sie nicht/^) Sohin bilden die gesetzliche Grundlage des Rechtes der jüdischen Glaubensgenossen die oben erwähnten Bestimmungen der Verfassungsurkunde und des Religionsediktes vom Jahre 1818 im Zusammenhalte mit dem Juden­ edikte von 1813.58) II. Entstehung und Auflösung der jüdischen Kirchen­ gemeinden. 1. Durch das Edikt von 1813 wurden alle Judenkorporationen aufgelöst; das Korporationsvermögen wurde unter jene Distrikte ver­ teilt, welche bisher die Korporation gebildet hatten. Hieraus geht hervor, daß nur solche Verbände aufgelöst wurden, welche über den Bezirk eines politischen Distriktes (Orts^emeinde) hinaus sich erstreckten; die int Bezirke einer politischen Ortsgemcinde wohnhaften Judenfamilicn, welche vorher mit anderen die Korporation gebildet hatten, bildeten nunmehr eine eigene jüdische Kirchengemeinde; das Korporationsver“) § 23 des Jud.Ed. M) Tit. IV § 9 B.U. §§ 32-37 der II. Beil. z. B.U. (Rel.Ed.); dann §§ 38—43 des Rel.Ed.: §§ 45 -49, §§ 50-79 a. a. £>.; auch der IV. Abschnitt des Religionsediktes wird wegen der Allgemeinheit seiner Bestimmungen auf die jüdische Glaubensgesellschaft anwendbar sein. Vgl. hieher besonders Heimberger a. a. O. S. 33 und 34. 57) Als besonders wichtig kommen in Betracht: M.E. v. 6. Dez. 1813, das Edikt über die Verhältnisse der Juden betr., Zifs. 3 (W. I. S. 421 Nt. **♦); M.E. v. 11. Dez. 1826, Einleitung einer Vermögensschätzung zur Ausmittelung der Konkurrenzquvte zur Besoldung des Rabbiners (W. IL S. 366); M.E. vom 12. Dez. 1833, die Organisation der israelitischen Kultusadministration zu München betr. (W. II. S. 707), vom 30. August 1834, die Vorstellung einer Bitte der Israeliten zu Regensburg in Betreff des Gebrauches ihrer Synagoge (W. II. S. 749), vom 29. Juni 1863, betr. die Verhältnisse der israelitischen Kultusgemeinden (W. VI. S. 186), und vom 6. Juli 1875, Erhebung von Umlagen in israelitischen Kultusgemeinden betr. (W. XI. S. 84). *58) Heimberger a. a. O. S. 34. — §§ 1—20 und teilweise § 22 (hin­ sichtlich des Anteilrechtes) des Judenediktes sind veraltet.

mögen ging nach entsprechender Ausscheidung auf diese einzelnen jüdischen Kirchengemeinden über. Ferner wurde den Juden gestattet, in einer politischen Ortsgemeinde, in welcher mindestens 50 jüdische Familien ansässig sind, jeweils eine eigene Kirchengemeinde zu bilden?') 2. Vereinigungen jüdischer Glaubensgenossen, welche bisher zu gemeinsamen Ausübungen ihres Kultus und zur Bestreitung der Kosten desselben sich gebildet haben, sollen als „israelitische Kultusgemeinden" insolange fortbestehen, als sie noch die Mittel zur Bestreitung ihrer Kultusbedürfnisse aufzubringen vermögen und die Anzahl der in der Gemeinde vorhandenen religiös selbständigen männlichen Gemeinde­ angehörigen nicht unter 10 Personen herabsinkt. Sind diese Voraussetzungen bei einer Vereinigung israelitischer Glaubensgenossen eines bestimmten Ortes nicht mehr gegeben, so ist dieselbe nach Vernehmung der Beteiligten mit einer anderen, womöglich demselben Rabbinatsbezirke und nicht über eine Stunde entfernten israelitischen Genossenschaft zu einer israelitischen Kultusgemeinde zu vereinigen, auf welche auch das Vermögen der aufgelösten Kultus­ gemeinde übergeht?") 3. Die Errichtung und Umbildung israelitischer Kultusgemeinden erfolgt durch den ©tcrnt61) III. Das Kirchengemeindevermögen. 1. Die Vermögens- und Eigentumsfähigkeit der jüdischen Kirchen­ gemeinden ist nach den Bestimmungen des Judenediktes von 1813 oder soferne hierin nichts näher bestimmt ist, nach dem Rechte der Privatgesellschaften zu beurteilen. Sie sind als juristische Personen des Privatrechtes wie andere, fähig, Vermögen zu erwerben und zu besitzen, ohne den Beschränkungen der Amortisationsgesetze unterworfen zu sein.62) Insbesondere ist ihnen auch gestattet die Errichtung eigener Gotteshäuser (Synagogen) und Begräbnisstätten, allerdings nur an Orten, wo eine Polizeibehörde besteht. Letztere Beschränkung fällt aber dann, wenn die jüdische Kirchengemeinde bereits vor dem Erlaß des Judenediktes bestanden hat."') Auch ist den jüdischen Kirchen­ gemeinden verfassungsmäßig garantiert, daß ihr Vermögen des kon­ fessionellen Charakters nicht entkleidet tocrbe.64) 6e) § 24 des Ed. v. 1813; M E v. 6. Dez. 1813. Vgl. hiezu Heimberger a. a. O. S. 79—90, insbesondere auch über die Bildung von mehreren Kultus­ gemeinden an einem Orle. 60) M E. v. 29. Juni 1863 Zisf. 1; Heimberger a. a. O. S. 90—92. “) § 76 Abs. II lit. e der II. Bers.Beil.; M.E. v. 29. Juni 1863; Seydel, b. St.R. VI. S. 332, 333; Heimberger a. a. O. S. 93; Keine Zuständigkeit des BerwaltungsgerichtShoss, sondern nur der Kreisregierungen und des Ministeriums des Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten: E. d. Berw.G.H. I. 145; II. 367; III. 124. “) ß 45 der II. Bers.Beil.; § 31 des Jud.Ed. v. 1813; Roth, b. C.R. I. S. 294; Seydel, b. St.R. VI. S. 335; Heimberger a. a. O. S. 133; E. d. Bcrw.Ger.H. IX, 388; XII, 425. Vgl. auch oben § 47 Ziff. 3e S. 316. M) 88 24, 33 des Jud.Ed. v. 1813; M.E. v. 6. Dez. 1813. “) 8 46 der II. Bers.Beil.

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Zweites Hauptstück.

Bon den Rechtssubjekten.

Die jüdischen Kirchengemeinden sind berechtigt, von ihren einzelnen Mitgliedern mindestens nach Maßgabe der einschlägigen Civilrechtssätze Beiträge und sonstige Leistungen zum Zwecke der Erfüllung ihrer Verpflichtungen zu erheben.^) Die Praxis des bayerischen Verwal­ tungsgerichtshofes 66) im Anschluß an die Judikatur des bayerischen Kompetenzkonfliktsgerichtshofes °') erachtet diese Berechtigung hinsichtlich Grund, Art und Umfang schon in analoger Anwendung der für die öffentlich aufgenommenen Kirchengesellschaften geltenden Normen des öffentlichen Rechtes für gegeben und legt insbesondere der Um­ lagenerhebung das Gemeindeumlagengesetz vom 22. Juli 1819 zu Grunde. Oeffentlich-rechtlichc Streitigkeiten über Ansprüche und Reich­ nisse aus dem israelitischen Kultusverbande sind als eigentliche Ver­ waltungsrechtssachen erklärt, bb) IV. Verfassung, Verwaltung und Vertretung. 1. Die jüdische Kirchengemeinde ist die mit juristischer Persön­ lichkeit ausgestattete ideale Gesamtheit der zu einem Kirchengemeinde­ bezirke gehörigen jüdischen Glaubensgenossen.^) Die jüdischen Kirchengemeinden sind gesetzlich notwendige, gattungs­ mäßig normierte Verbände des öffentlichen Rechtes und juristische Per­ sonen des Privatrechtes.'"') Sie besitzen ein lediglich den organisatorischen

•5* )* *Seydel, * b. St R. VI. S. 346. ”) E. d. Berw.Ger.H. II. 357; III. 26; 484, 514; IV. 343, 504; VII. 99; vm. 4, 21; XIII. 203 (auf Grund des Art. 8 Ziff. 36 des Berw.Ger.H.Ges. v. 8. August 1878). — ExekutionSbefugnis kommt den jüdischen Kultusgemeinden selbst nicht zu; die Staatsgewalt hat hier den weltlichen Arm zu leihen: E. d. b. obst. L.G. V. 971; Bl. f. adm. Pr. XXXII. 254; M E. v. 12. Dez. 1833; Heim­ berger a. a. O. S. 132; Böhm, A G. S. 17. ”) Erk. d. Komp.Konfl.Ger.H. vom 19. Juni 1855 (R.Bl. S. 823, 836; W. Anh.Bd. S. 279): v. 4. März 1856 (R.Bl. S. 193; W. Anh.Bd. S. 280). — Ueber die Judikatur der Gerichte vor Errichtung des Verwaltungsgerichtshofes und die in der Umlagensrage ergangenen Ministerialentschließungen, wie überhaupt über die ganz« BesteucrungSsrage und die Litteratur vrrgl. Heimberger a. o. O. S. 132—164, welcher Finanzgewalt und Selbstbesteuerungsrecht bejaht, und Seydel, b. St. R. VI. S. 334—344, welcher beides verneint; hiezu auch Roth, b. C.R. I. S. 296, 297. “) Art. 8 Ziff. 36 deS Berw Ger.H Ges. v. 8. August 1878. Vgl. hiezu E. d. Berw.G.H. III. 484; IX. 136, 199; X. 160; XI. 484; XIV. 125 über ein­ zelne Arten von Ansprüchen. Sonst vgl. hiezu noch Reger-Dyroff, Comm. z. Berw.Ger.H.Ges. S. 40, 41. ee) Die Zugehörigkeit wird hier nur durch den Wohnsitz in der Gemeinde begründet: § 24 des Jud.Ed. v. 1813; M E. v. 29. Juni 1863; Heimberger a. a. O. S. 93—97; Seydel, b. StR. VI. 333; E. d. Berw.Ger.H. I. 486; in. 28, 318, 694; IV. 271; XIII 203. — Durch § 31 des Judenediktes ist nicht, wie P. v. Roth, b. C.R. I. S. 294 annimmt, die Gesamtheit der jüdischen Kirchen­ gemeinden zur juristischen Person und Korporation erklärt, nur die einzelnen Kirchengemeinden sind juristische Personen; vgl. Heimberger a. a. O. S. 46—48; Seydel, b. St R. VI. S. 335. ”) Roth, b. ER. I. S. 293 ff.; Seydel, b. StR. VI. S. 344; Heimberger a. a. O. S. 81; E. d. Berw.Ger.H. XII. 426; Bl. f. R.A. XIX. 124, 125; Erk. d. Komp.Konfl Ger.H. v. 25. Olt. 1858 (R.Bl. S. 1273; W. Anh.Bd. S. 285).

Normen unterworfenes, sonst aber durch Staatsaufsicht und Staats­ kuratel uneingeschränktes Recht der Selbstverwaltung, soweit nicht die Verpflichtung des Staates besteht, darüber zu wachen, daß das israelitische Kultusgemeindevermögen seines konfessionellen Charakters nicht entkleidet werde.") 2. Die juristische Persönlichkeit der jüdischen Kirchengemeinden bringt aber nicht in notwendiger Folge ein Recht der Autonomie mit sich; die Autonomie kommt nur solchen juristischen Personen zu, welchen sie ausdrücklich verliehen ist. Weder die Verfassungsurkunde mit dem Religionsedikte, noch das Judenedikt von 1813 räumen den jüdischen Kirchengemeinden Autonomie ein; sie haben daher keinen Anspruch darauf, sie können nur im Wege des Vertrages (lex contractus) ihre Beziehungen, insbesondere zu den Kirchengemeindegliedern ordnen. Hieran konnten auch Ministerialerlasse, welche bald von Statuten, bald von Autonomie der jüdischen Kirchengemeinden sprechen, nichts ändern; ihre Auslegung beruht auf irriger Auffassung der gesetzlichen Grundlage.^) 3. Die Verwaltung des jüdischen Kirchennemeindevermögens hat nach dem Judenedikte von 1813 durch einen Rabbiner und zwei von der Gemeinde gewählten Mitgliedern zu erfolgen. Diese Bestimmung schließt jedoch nicht aus, daß die jüdische Kirchenverwaltung gegenüber dem im Judenedikte bestimmten Mindestmaße der Zusammensetzung erweitert wird. So erklärt sich auch die Bestimmung eines Ministerial­ erlasses, wonach zur Verwaltung der Einkünfte, sowie zur Besorgung und Beschaffung der den Kultus betreffenden inneren Einrichtungen in jeder Kultusgemeinde ein Vorstand, in größeren Gemeinden außerdem eine angemessene Repräsentation der Gemeinde, deren Mitglieder auf einen bestimmten Zeitraum durch Wahl aller selbständigen Gemeinde­ mitglieder bestimmt werden, bestehen soll; über die Zahl der Mitglieder des Vorstandes und der Gemeinderepräsentation, die Modalitäten der Wahl derselben, sowie ihr Verhältnis zur Gesamtgemeinde soll das Herkommen oder, wo solche bestehen, die Statuten der Kultnsgemeindcn ”) Bergt, oben § 49 lit. B Ziff. II S. 342; Seydel, 6. St R. VI. S. 345; Heimberger a. a. O. S. 165. A. M. M.E. v. 8. April 1877, das Rechnungswesen der israelitischen Kullusgemeinde Fürth belr. (W. XII. S- 46) und E. d. Beno Ger.H. IV. S. 277 unter Bezugnahme auf § 38 Rel.Ed S. hierüber oben S. 342 Nt. 67. — Ein Schutz liegt nur in der Anrufung des Richters, sei es Civil- oder Verwaltungsrichters. Vgl. hieher auch Erk. d. Komp.Konfl.Ger.H. v. 26. Jan. 1869 (R.Bl. S. 226; W. Anh Bd. S. 312); Erk. d. Komp.Konfl.Ger.H. v. 27. Mai 1870 (R.Bl. S. 1169; W. Anh.Bd. S. 316). ”) Ebenso Roth, b. C.R. I. S. 295 gegen Bl. f. adm. Pr. XXII. 138; ferner Komp.Konfl Ger.H.Erk. v. 3. Juni 1862 (RBl. ®. 1967; W. Anh.Bd. S- 296). Seydel, b. St.R. VI S. 344 und Heimberger a. a. O. S. 130—132 beschränken die Autonomie auf die Ausführung der §§ 26 und 31 des Jud.Ed.; Heimberger erstreckt sie noch aus das Besteuerungsrecht. A. M. E. d. Berw Ger.H. IX. 203; vgl. auch I. 265; IX. 198, 315; X. 136, 364. — Ueber die zwangs­ weise Verwirklichung der vertragsmäßigen Normen vgl. E. d. obst. L.G. V. 971.

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Zweites Hauptstück.

Bon den Recht-subjekten.

entscheiden. Wenn nun freilich, insbesondere in kleineren Kultus­ gemeinden, ein nur aus drei Personen zusammengesetzter Kultusvor­ stand, ohne Mitgliedschaft des Rabbiners besteht, so mag dieser Zustand auf örtliche gewohnheitsrechtliche Bildung zurückzuführen sein, deren Zulässigkeit kann aber nur dann behauptet werden, wenn die Be­ stimmungen des Judenediktcs über die Kirchenverwaltung nicht in dem Sinne als zwingend aufzufassen sind, daß örtliche gewohnheitsrechtliche Bildungen ausgeschlossen sind.") 4. Die Willensäußerungen der israelitischen Kultusgemeinde er­ folgen präsumtiv durch die Kultusgcmeindcversammlung; nur dann durch die Repräsentation oder den Vorstand oder andere statutengemäß eingesetzte Organe, wenn ihnen von der Kultusgemeinde Vollmacht hiezu erteilt ist. Die Vertretung nach Außen obliegt regelgemäß dcni Vorstande.") VI. Titel.

Die Kirche?) § 57. I. Die mit ausdrücklicher königlicher Genehmigung aufgenommenen öffentlichen Kirchengesellschaften (Katholiken, Protestanten und Reformierte) genießen die Rechte öffentlicher Korporationen?) Sie sind hicnach Korporationen des öffentlichen Rechtes. Auf privatrechtlichem Gebiete hat die juristische Persönlichkeit der Gesamtlandeskirche jeder Konfession keine weitere Bedeutung, da ein Gesamtlandcskirchenvermögen nicht existiert, vermögensrechtliche Beziehungen der Gesamtlandeskirche jeder Konfession thatsächlich nicht zur Entstehung gelangen; sie knüpft sich vielmehr hier an die einzelnen Ortskirchen an?) In dieser Hin­ sicht kommt aber Folgendes in Betracht?) Den« Prinzipe nach — abgesehen von den Fällen, wo die Kirche im Privateigentume anderer Personen steht — kann das Ortskirchen;”) § 31 des Jud.Ed. v. 1813; M E. v. 29. Juni 1863. Vgl. hiezu oben § 49 11. B Zifs. II Rt. 66 S. 342; Heimberger a. a- O. S. 164—166. ’4* )* *Vgl. Heimberger a a. O. S. 97—100; Seydel, 5. St R. VI. S. 345. Zustellungen für die Kultusgemcinde können an den Vorstand erfolgen: § 157 Z,ff. 2, § 169 R.C.P.O. *) Roth, b. ER. I. S. 253—266; Dernburg, Pand. 4. Aust. Bd. I S. 147, 117; Beselrr, System des gemeinen deutschen Privatrechts Bd. I S. 255; Stobbe, Handbuch des deutschen Privatrechts Bd. I S. 430, 439; Regelsberger, Pand. Bd. I S. 292, 354; Stingl, Verwaltung deS katholischen Pfarramts S. 749, 750. ’) 8 28 der II. Bers.Beil. ') Vgl. oben § 56 Rt. 18. 4) Vgl. zum Folgenden oben § 56, insbesondere Rt. 18. Hinsichtlich der Auffassung der erörterten Sachlage besteht große Verwirrung. Bon einer An­ führung besonderer Zitate wurde hier absichtlich Abstand genommen, da die nötige Litteratur bereits aus dem Abschnitte über die Kirchengemeinden ersichtlich ist. Die hier vertretene Aussassung scheint im Prinzipe das Plcnarerkcnntnis des b. obst. L.G. III. 497 zu teilen.

vermögen, d. h. dasjenige Zweckvermögen, zu dem die Ortskirche, das Ortskirchengebäude gehört, entweder kirchliches Stiftungsvermögen oder kirchengemeindliches Korporationsvermögen sein, je nachdem es eine Stiftungsverfügung unmittelbar dem gottesdienstlichen Zwecke widmet oder von einer Kirchengemeinde für ihre Zwecke geschaffen wird. Un­ zulässig im Hinblick auf die Verschiedenartigkeit der beiden Zweckver­ mögen ist es, ohne positive Norm der Ortskirche, bezw. dem Orts­ kirchenvermögen als Stiftung die Kirchengemeinde, der Ortskirche als Kirchengemeindevermögen ein anderes Subjekt als die Kirchengemeinde als Rechtssubjekt aufzudrängen. Nur wenn das positive Recht erklärt, daß die Ortskirche bezw. das Ortskirchenvermögen stets als selbständiges Zwcckvermögen, als selbständige juristische Person, losgelöst von der sie etwa schaffenden Kirchengemeinde, zu gelten habe, so hat es hiebei sein Bewenden; die Ortskirche tritt dann hier, soferne sie von der Kirchen­ gemeinde nicht schon mittelst besonderen Stiftungsaktes zur selbständigen juristischen Person erhoben ist, unter Fiktion einer Stiftungsverfügung als Anstaltsstiftung, als dem Gottesdienste unmittelbar gewidmetes Zweckvermögen mit selbständiger juristischer Persönlichkeit neben der juristischen Person der Kirchengemeinde auf; unzulässig wäre es aber auch hier wieder, dann die Kirchengemeinde noch als Rechtssubjekt des Ortskirchenvermögens zu erachten. Letzteren Standpunkt nimmt anerkanntermaßen das katholische Kirchenrecht ein. Im Falle das Ortskirchenvermögen als selbständiges StiftungsVermögen auftritt, kommen alle jene Grundsätze zur Anwendung, welche oben § 49 lit. A III über die örtlichen kirchlichen Stiftungen als geltend angeführt wurden?) Im Falle das Ortskirchenvermögen Kirchengemeindevermögen ist, sind die im Abschnitte über die Kirchengemeinden (§ 56) aufgeführten Grundsätze anzuwenden?) II .' Bezüglich der Kirchen der Privatkirchengesellschaften genügt es, auf die im Abschnitte über die Kirchengemeinden hinsichtlich derselben angeführten Rechtssätze zu verweisen. Hier steht die Orts­ kirche, Synagoge im Eigentum der Kirchengemeinde, soferne nicht eine besondere Stiftung errichtet ist, zu deren Vermögen das Kultusgebäude gehört?) Der Gesamtheit der jüdischen Kultusgemeinden kommt juristische Persönlichkeit nicht zu?) III . Kirchliche Simultanverhältnisse?) 1. Unter einem kirchlichen Simultaneum ist das Rechtsverhältnis zu verstehen, welches zwischen den örtlichen Rechtssubjekten verschiedener 5) S. 329 ff. ') S. 417 ff. ’) § 56 lit. C und D S. 427 ff. e) Vgl. oben § 56 S. 430 Nt. 69 und § 52 Nt. 6 S. 355. •) §§ 90-103 der II. Berf.Beil.; Seydel, b. St R. VI. S. 189-202; Krais, kirchliche Simultanverhältnisfe insbesondere nach bayerischem Rechte, Würzburg 1890; Becher, Landescivilrecht und LandeScivilprozeßrecht. 28

434

Zweites Hauptstück.

Bon den Rechtssubjekten.

Glaubensgesellschasten in Ansehung des gemeinschaftlichen Gebrauches des dem Gottesdienste gewidmeten Kultusgebäudes (Kirche, Syna­ goge) oder des Kirchenvermögens besteht. Im Einzelnen ist Folgendes zu bemerken: a) Es müssen die Rechtssubjekte von mindestens zwei ver­ schiedenen Glaubensgesellschasten^) berechtigt sein. Als solche Rechts­ subjekte erscheinen zunächst entweder die Kirchengemeinde oder die Kirchen­ stiftung, im Falle der Beteiligung der katholischen Glaubensgesellschaft auf dieser Seite nach katholischem Kirchenrechte immer nur die Kirchen­ stiftung.") b) Gegenstand des Simultaneums ist in der Regel das Kirchen­ gebäude mit seinen Pertinenzen, oder auch das ganze örtliche Kirchen­ vermögen (Kirchengemeinde-, Kirchenstiftungsvermögen).") c) Jedes Rechtssubjckt muß ein selbständiges, sei es dingliches oder obligatorisches Recht auf Gebrauch oder Nutzung haben"); die Ansprüche müssen sich auf besonderes Gesetz oder einen sonstigen selbständigen Rechtstitel stützen können.") Ein vieljähriger Mitgebrauch allein kann seit Erlaß des Religionsediktes von 1809") als Rechtstitel der erwerbenden Verjährung nicht geltend gemacht toerbcn.16) Kann keines der Rechtssubjekte einen Rcchtstitel nachweisen, so wird angenommen, daß dasjenige, welches zum gegenwärtigen Mitgebrauche am spätesten Meurer in Frhr. v. Stengels Wörterbuch des deutschen Verwaltungsrechts $8b7l S. 740 ff.; Krais, Handbuch der inneren Verwaltung Bd. I S. 345—346; Frhr. von Pechmann-Brettreich, Wirkungskreis der Distriktsverwaltungsbehörden Bd. I. S. 344—345, Bd. n. S. 46. 10) Das Simultaneum beschränkt sich nicht blos aus zwei Rechtssubjekte, wie § 90 der II. Berf.Beil. sich offensichtlich inkorrekt ausdrückt; es können auch mehrere Berechtigte vorhanden sein; vgl. auch Seydel, b. St.R. VI. S. 190. Die Berechtigten müssen aber jeweils verschiedenen Glaubensgesellschasten angehören;

deshalb war vor 1892 ein Simultaneum zwischen Römisch-Katholischen und Altkatholiken, und ist jetzt noch zwischen Angehörigen der protestantischen Landeskirche und Altlutheranern unmöglich; nachdem die Altkatholiken jetzt selbständige Privatkirchengesellschast sind, wäre an sich, wenn noch neue Simultanverhältnisse zur Entstehung gelangen könnten, was nach Krais, Simultanverhältniffe S. 8, 9 nicht mehr möglich ist, ein Simultaneum zwischen ihnen und Römisch-Katholischen denkbar. Vgl. hieher überhaupt Krais, a. a. O. n) Ebenso Krais, Simultanverhältnisse S. 8; teilweise a. M. Seydel, b. St.R. VI. S. 190, 191, weil dieser Kirchengemeinden als Rechtssubjekte nicht kennt (vgl. oben tz 56 S. 419). 18) Seydel, b. St R. VI. S. 190; Krais, Simultanverhältnisse S. 30—32. 18) arg. § 93 II. Berf.Beil. verbis: „wirtlich berechtigt"; Seydel, b. St.R. VI. S. 191; Krais, Simultanverhältnisse S. 8, 9, 18. Es ist daher nicht jeder gemeinschaftliche Gebrauch ein Simultaneum im rechtlichen Sinne, so dann nicht, wenn er bloS auf administrativen oder reglementaren Anordnungen beruht, oder wenn eine Konfession nur auS Gefälligkeit, in vorübergebender oder widerruflicher Weise die Benutzung der Kirche gestattet: Krais, Simultanverhältnisse S. 9. 14) arg. § 90 der II. Berf.Beil. Ueber solche Rechtstitel vgl. Näheres bei Krais, Simultanverhältnisse S. 19—28. ") Reg.Bl. 1809 S. 897 ff. ie) § 95 der II. Berf.Beil.; Seydel, b. St.R. VI. S. 193; KraiS, Simultanverhältnisse S. 26.

gekommen ist, denselben von dem anderen nur als widerrufliche Ge­ fälligkeit erhalten habe, das andere aber das wirllich berechtigte Subjekt fei17); dasjenige Rechtssubjekt, welches den Mitgebrauch nur bittweise hat, muß bei jedesmaliger Ausübung einer bisher nicht gewöhnlichen gottesdienstlichen Handlung die Erlaubnis des berechtigten Subjektes einholen.War aber der Mitgebrauch ein vieljähriger und hat jedes Subjekt zur Unterhaltung des simultanen Gegenstandes Kosten be­ stritten, so wird vermutet, daß auch dem später zum Mitgebrauche gekommenen Subjekte ein Rechtstitel zur Seite steht. d) Auch über Inhalt, Umfang, 'Art und Weise der Aus­ übung der Berechtigung eines jeden Rechtssubjektes im Verhältnis zum anderen entscheiden in erster Linie vorhandene Gesetze und sonstige Rechtstitel; Mangels solcher wird vermutet, daß jedes Rechtssubjekt gleiche Rechte und Pflichten habe?") e) Das Simultaneum erlischt, abgesehen von dem Falle, wo es auf vermuteter, widerruflicher Gefälligkeit beruht?7) jedenfalls durch gegenseitige Uebereinkunft der beteiligten Rechtssubjekte und Vermögens­ abteilung, wozu königliche Genehmigung erforderlich ist?2) Auch kann eine solche Abteilung durch den König aus polizeilichen oder admini­ strativen Erwägungen oder auf Ansuchen eines der Beteiligten er­ folgen?2) Indeß sind auch noch andere Erlöschungsgründe denkbar?^) f) Bei der Verwaltung des Simultankirchenvermögens haben die Pfarrer der sämtlichen beteiligten Glaubensgesellschaften in die Kirchenverwaltung zu treten und bilden zusammen den Vorstand; die Zahl der Kirchenverwaltungsmitglieder ist, wo nichts anderes hergebracht oder festgcsctzt ist, zwischen den verschiedenen Bekenntnissen gleichheitlich zu teilen?2) Dieser Simultankirchenverwaltung kommen hier auch in ”) § 94 der II. Verf.Beil.; Seydel, b. St.R. VI. S. 193. *•) § 97 der II. Bers.Beil. Diese Gesepedstelle ist aber nicht so auszufassen, alS ob das vermutete precariuin selbst unwiderruslich sei; wird daS Rechtsverhältnis des precarium vermutet, so werden auch dessen Inhalt und seine Konsequenzen vermutet; vgl. Seydel, b. St.R. VI. S. 194 mit Note 1 richtig gegen Krais, Simultanverhältnisse S. 15—19. ”) 88 95, 96 der II. Bers.Beil.; Seydel, b. St.R. VI. S. 193. ’°) 88 90, 91 der H. Bers.Beil.; Seydel, 6. St.R. VI. S. 191; Krais, Simultanverhältnisse S. 32—44. “) Bgl. oben lit. c.. ”) § 98 der II. Bers.Beil. Ueber dessen Auslegung im Sinne deS Textes vgl. Seydel, b. StR. VI. S. 197; Krais, Simultanverhältnisse S. 65— 68. Die königliche Genehmigung ist durch daS Staatsministcrium des Innern für Kirchenund Schulangelegenheiten einzuholen. ") 8 99 der n. Bers.Beil. ") Bgl. über solche — für und wider — Krais, Simultanverhältnisse S. 62— 65; hiezu auch Seydel, b. St.R. VI. S. 197. “) Ziss. 138 der Bollzugsvorschristen zum revidierten Gemeindeedikt vom 31. Ott. 1837 (SB. HI. S. 151 mit Rt 109) und die bei W. a. a. O. zitierten M.E.; KraiS, Simultanverhältnifle S. 44; Seydel, b. St R. VI. S. 325 Rt. 6 ist der Ansicht, daß eigentlich soviele Verwaltungen zu bilden wären, alS Recht-subjekte bttheiligt sind.

436

Zweites Hauptstück.

Bon den Rechtssubjekten.

Ansehung der gemeinschaftlichen Angelegenheiten die gleichen Bertretungsbefugnisse zu, wie gegenüber der Kirchcnstistung bezw. Kirchen­ gemeinde?^ Bei Jnteressenkollisionen wird jedes Rechtssubjekt von seinem eigenen Organe vertreten?')

g) Streitigkeiten. Max von Seydel") erachtet die Simultan­ verhältnisse für Rechtsverhältnisse des bürgerlichen Rechtes und daher für Streitigkeiten hierüber die Zuständigkeit der bürgerlichen Gerichte gegeben, soweit nicht durch Gesetz ausdrücklich eine andere Zuständigkeit angeordnet ist. Von anderer Seite wird die rein öffentlich-rechtliche Eigenschaft^^) der Simultanverhältnisse, von Dritten eine öffentlich-privatrechtlich gemischte Statur30) behauptet. Durch die Verfassungsurkunde ist für Bayern diese Streitfrage wenigstens im praktischen Effekte ent­ schieden. „Wird darüber gestritten, ob eine oder die andere Gemeinde zu der Kirche wirklich berechtigt sei, so gehört diese Entscheidung vor den Civilrichter"M); „die Entscheidung der über Ausübung dieser Rechte entstehenden Streitigkeiten gehört dem Staatsministerium des Innern, welches die Sache nach Verhältnis der Umstände vor den Staatsrat bringen wird"?3*)* S. Hieraus ** ergiebt sich, daß alle Streittgkeiten über die Existenz eines Rechtes, über die Berechtigung nach Zeit, Ort und Umfang vor die bürgerlichen Gerichte, dagegen alle Stteitigkeiten über zweckmäßige Ausübung der feststehenden Berechtigungen im gegen­ seitigen Verhältnisse und Interesse der Rechtssubjekte — nunmehr an. Stelle des Ministeriums und Staatsrates — als Verwaltungs­ sachen in erster Instanz vor die Distriktsverwaltungsbehörden, in zweiter Instanz vor die Kreisregierungen, Kammer des Innern33), in letzter Instanz vor den Verwaltungsgerichtshof gehören. Entstehen Vermögensstreitigkeiten zwischen den beteiligten Rechtssubjekten bei Auflösung von Simultanverhältnissen, so gehören auch diese vor die bürgerlichen Gerichte.3^) “) Bgl. hiezu oben § 56 lit. A Ziff. V S. 424 ff.; Krals, Simultanverhältniffe S 44, 45; hinsichtlich bet Legitimation der politischen Gemeinde als etwaiger Eigentümerin der Simultankirche vgl. E. d. Berw.Ger.H. IX. 271 und Krais, Simultanverhültnisse S. 45. 21) Bgl. auch Krais, Simultanverhültnisse S. 44; E. d. Berw Ger.H. IX. 425. *8) b. St R. VI. S. 191, 192. le) Krais, Simultanverhültnisse S. 7 und 50 im Anschlusse an Hinschius. •°) Meurer, a. a. O. ») § 93 II. Berf.Beil. “) § 92 II. Berf.Beil. ") Bgl. Seydel, b. StR. VI. ®. 194—197; Krais, Simultanverhültnisse S. 46—62; M E. v. 13. Febr. 1826, das Kirchengeläute in R. zur Feier des CharfreitagS bett. (88. II. S. 341); auch E. d. Berw.Ger.H. IX. 271, X. 181, XII. 256; Art. 10 Ziff. 11 und Art 45 Abs. IV des Berw.Ger.H.Ges. v. 8. Aug. 1878. — Ueber Provisionalverfügungen bet Verwaltungsbehörden vgl. Entsch. d. Berw.Ger.H. XIII. 63; Krais, Simultanverhültnisse S. 52. — Ueber Anwendbar­ keit brt Art. 13 Abs. I Zifs. 3 des Berw.Ger.H.Ges. f. Seydel, b. StR. VI. S. 196 ff. und Reger-Dyroff, Komm, zu Berw.Ger.H.Ges. S. 62. M) Bgl. Seydel, b. St.R. VI. S. 197; Krais, Simultanverhültnisse S. 67.

n. Kapitel.

Die einzelnen Rechtssubjekte.

437

2) Simultanverhältnisse zwischen den örtlichen Rechtssubjekten der Glaubensgesellschaften können auch lediglich in Ansehung von Begräbnisplätzen bestehen. Besitzt ein Religionsteil keinen eigenen Kirchhof, ist aber ein solcher für die Kirchengemeinde eines anderen Religionsteiles vorhanden, mag er im Kirchengemeindebezirke oder außerhalb desselben gelegen sein, so sind auch die den anderen Glaubens­ gesellschaften angehörigen Einwohner des Kirchengemeindebezirkes zum Begräbnisplatz berechtigt, müssen aber zu dessen Anlage und Unter­ haltung verhältnismäßig beitragen.^) Der Glocken auf den Kirch­ höfen kann jede Kirchengemeinde einer öffentlich aufgenommenen Glaubensgesellschaft, für welche der Kirchhof gemeinschaftlicher Be­ gräbnisplatz ist, bei ihren Leichenfeierlichkeiten gegen Bezahlung der Gebühr sich bcbienen.36) Streitigkeiten in den vorwürfigen Fällen werden von der herrschenden Ansicht als öffentlich-rechtliche behandelt und gehören dann in erster Instanz vor die Distriktsverwaltungs­ behörden, in zweiter Instanz vor die Kreisregierung, Kammer des Innern, in letzter Instanz vor den Verwaltungsgerichtshof.3') IV. Wird in einer letztwilligen Verfügung die arme Seele des Erblassers bedacht, so erscheint im Zweifel dasjenige Rechtssubjekt berechtigt, welchem das dem Gottesdienste gewidmete Kultusgebäude (bte Kirche, Synagoge u. s. w.) gehört.33) 36) § 100 der II. Bers.Beil. Ueber dessen Auslegung im Sinne des Textes allerdings mit abweichender Auffassung, soweit die Kirchengemeindebezirke in Frage kommen, vgl. Seydel, b. St.R. VI. S. 197—202, wo auch Näheres über die Art der Ausübung des Rechts sich findet; dann auch E. d. Verw.Ger.H. IX. 428; Krais, Simultanverbältnisse S. 31, 32. Darüber, daß das Simultaneum der Kirchhöfe auch für Privatkirchengesellschasten gilt, vgl.:. M.E. v. 12. Okt. 1847, die Beerdigung der Mennoniten betr. (W. III. S. 671); v. T. Juni 1851, den Mitgebrauch des Neustadt-Erlanger Kirchhofes von Seite der freien Gemeinde betr. (W. IV. S. 260); v. 7. Nov. 1851, die deutschkatholischen und freien Gemeinden betr. (Döllinger XXIII. S. 480); v. 26. Nov. 1851 gleichen Betr. (Döllinger XXIII. S. 482); v. 28. März 1862, die Verhältnisse der Jrvingianer in Schwaben und Unterfranken betr. (W. VI. S. 129). '°) § 103 der II. Berf.Beil. E. d. Verw.Ger.H. IV. 295; IX. 425, 428. ”) Vgl. Seydel, b. St.R. VI. S. 202; E. d. Verw.Ger.H. IX. 428; Art. 10 Ziff. 11 und Art. 45 Berw.Ger.H.Ges. v. 8. Aug. 1878. M) Ber. v. 18. August 1806, die Erbeinsetzung der armen Seele betr. (R.Bl. S. 313; B. S. 20, 21). Hier ist zwar nur von der Universalerbeinsetzung der armen Seele die Rede; allein mit Rücksicht darauf, daß diese Verordnung doch nichts anderes enthält, als eine präsumtive Willensinterpretation, dürste sich die im Texte gewählte Ausdehnung (auch bezüglich anderer Konfessionen als der öffentlich aufgenommenen Kirchengesellschaften) rechtfertigen.

Drittes HauMiiü. Ko« de« Kechtsodjekte« (Kachen).') § 58. Allgemeines.

Rechtsobjekte können nur Sachen, nicht Personen sein. Der Begriffs) Sache bemißt sich im Allgemeinen nach dem ört­ lichen bürgerlichen Rechte. Im Einzelnen ist jedoch zuzusehen, ob nicht das zur Anwendung kommende Spezialgesetz über den Begriff der Sache ausdrücklich oder nach Sinn und Inhalt Besonderes') enthält, insbesondere ob nicht unter Sache der Begriff lediglich in seiner verkehrsüblichen Auffassung verstanden sein will. Im letzteren Falle versteht man hierunter lediglich die körperlichen Sachen, sohin körperlich greifbare, räumlich begrenzte Stücke der vernunftlosen Natur, nicht auch gedachte Dinge, die vom Rechte wie körperliche Sachen behandelt werden, die sogenannten unkörperlichen Sachen. Die körperlichen Sachen tragen verschiedene Eigenschaften an sich, welche für die rechtliche Behandlung von besonderer Bedeutung sind. Die hienach sich ergebenden Unterscheidungen der körperlichen Sachen werden zum Teil auch auf die unkörperlichen Sachen über­ tragen; der Unterscheidung wird hier dann eine gleiche oder ähnliche rechtliche Bedeutung beigelegt, wie dort. Für die einzelnen zu unter­ scheidenden Arten und die unterscheidenden Merkmale ist das örtliche bürgerliche Recht maßgebend, soweit nicht einzelne Spezialgesetze die Unterscheidung aus sich selbst erklärt wissen wollen.^) Gewöhnlich pflegt man bewegliche und unbewegliche, verbrauchbare und abnützbare, ') Roth, 6. C.R. I. S. 320-343; Brinz, Pand. I. S. 445-467; Dernburg, Pand. I. S-158—164; Windscheid, Pand. I. S. 393—417; Regelsberger, Pand. I. S.357—435; Beseler, System deS gemeinen deutschenPrivatrechteSBd.l S.292—309; Stobbe, Handbuch de- deutschen Privatrechts Bd. I S. 584—623. • ) Roth, b. C.R. I. S. 320, 321. • ) Bgl. z. B. aus der reichSgeseplichen Litteratur § 1 deS R.G. vom 16. Mai 1894 (in Kraft seit 4. Juni 1894; R G Bl. S. 450, 451) belr. die Abzahlungs­ geschäfte ; hiezu Bl. f. R.A. LIX. 278, 279; aus der bayerischen GesepeSlitteratur Art. I und II des Ges. v. 17. Rov. 1837, die Zwangsabtretung des Grundeigen­ tums für öffentliche Zwecke betr. (W. III. S. 210). * ) Bgl. z. B. dir Art. I und n des in Rt. 3 zit. Ges. v. 17. Nov. 1837.

Drittes Hauptstück.

Von den Rechtsobjckten (Sachen).

439

vertretbare und nichtvertretbare, teilbare und unteilbare Sachen, Zubehörungen, organische Erzeugnisse und Früchte zu unterscheiden. Die gegenwärtige Darstellung hat sich nur mit jenen Arten zu befassen, hinsichtlich derer für ganz Bayern geltende Normen vorhanden sind.

§ 59. Bewegliche und unbewegliche Sachen?)

Bewegliche Sachen im Sinne der gewöhnlichen Berkehrsauf­ fassung fint) solche, bei welchen eine Ortsveränderung möglich ist; un­ bewegliche Sachen solche, bei denen eine Ortsveränderung nicht möglich ist, mitsamt dem, was hiemit organisch und dauernd mechanisch ver­ bunden ist. Nach bayerischem Rechte erstreckt sich aber das Eigentum an Grund und Boden nicht auf gewisse Mineralien, nämlich Gold, mit Ausnahme des Waschgoldes, Silber, Quecksilber, Eisen, Blei, Kupfer, Zinn, Zink, Kobalt, Nickel, Arsenik, Mangan, Antimon und Schwefel, gediegen und als Erze, Alaun und Bitriolerze, Stein- und Braunkohle, Steinsalz nebst den mit demselben auf der nämlichen Lagerstätte vorkommenden Salzen und die Solquellen?) Einzelne Arten beweglicher Sachen stellt das Recht hinsichtlich gewisser Rechtsbeziehungen den unbeweglichen Sachen gleich (Prinzip der Immobilisierung). Die Unterscheidung in bewegliche und unbewegliche Sachen pflegt auch auf Rechte übertragen zu werden. So werden insbesondere die realen Gewerbsrechte (Realrechte im engeren Sinne und radizierte Realrechte) als unbewegliche Sachen^ behandelt. Durch das Berggesetz vom 20. März 1860*) sind allgemein das Bergwerkseigentum als unbewegliche Sache, die gewerkschaftlichen Anteile an einem Bergwerke (Kuxe) als beweg­ liche Sachen erklärt. Durch das Gesetz vom 3. April 18755*),* * die 4 Brandversicherungsanstalt für Gebäude betr., sind die Forderungs­ rechte auf Entschädigungsgelder für abgebrannte oder durch Brand *) Roth, b. C.R. I. S. 321-327. *) Art. 1 des Berggesetzes v. 20. März 1869 (W. VII. S. 607). *) Sgl. hiezu Ges. v. 11 Sept. 1825, die Grundbestimmungen über das Gewerbewesen betr. (W. II. S. 244), Art. 4 und 10; b Gewerbeges. v 30. Jan. 1868 (W. VII. S. 174), Art. 7, 11 und 12; Reichsgewerbeordnung in der Fassung von 1892 § 10. Sgl. hiezu auch Näheres im Sachenrechte und unten § 63 Nt. 35 S. 462. 4) Art. 40 und 91 Abs. 3 (W. VII. S. 606). Im früheren Rechte hatten die Kuxe die Eigenschaft unbeweglicher Sachen; vgl. auch Art. 228 Abs. 2 a. a. O. 5) Art. 43 (W. X. S. 682). Auf andere Versicherungsentschädigungen, z. B. auf Früchte auf dem Halm, auch nach dem Gesetze vom 13. Febr. 1884, die Hagelversicherungsanstalt betr. (W. XVI. S. 454), oder bewegliche Zubehörungen erstreckt sich die Immobilisierung nicht: vgl. Ortenau, Komm. z. Subh.Ordn. zu Art. 3 Nt. 4. Hier ist auch unter Anführung der gegenteiligen Ansichten m. E. mit Recht bemerkt, daß auch von anderen SersichemngSanstalten zu leistende Ent­ schädigungen, welche statutengemäß nur zum Wiederaufbau geleistet werden, in Ansehung der Zwangsvollstreckung ebenso wie die im Texte genannten Entschädig­ ungen zu behandeln sind.

440

Drittes Hauptstück.

Bon den Rechtsobjekten (Sachen).

beschädigte Gebäude derart immobilisiert, daß sie ohne die Baustelle weder veräußert werden noch Gegenstand einer Zwangsvollstreckung oder eines Arrestes sein können. Endlich gelten nach bayerischem Rechte auch die lehenbaren Pertinenzien eines Lehens^) und die gesetz­ lichen und gewillkürten Pertinenzien eines adeligen Familienfidei­ kommisses *) als Bestandteile des Grundvermögens für immobilisiert. Innerhalb der beweglichen körperlichen Sachen sind noch die Waaren zu unterscheiden. Während man unter Waaren im weitesten Sinne alle des Umsatzes natürlich und rechtlich fähigen Gegenstände versteht, sind Waaren im engeren und gewöhnlichen, handelsrechtlichen Sinne nur solche körperliche Sachen, welche Gegenstand von Handels­ geschäften sein können?) Geld, wie überhaupt alles, was gesetzlich als Geld erklärt ist, ist nicht Waare, soferne es als gesetzlicher Wertmesser umgesetzt wird?) Die Unterscheidung in bewegliche und unbewegliche Sachen nebst dem Prinzipe der Immobilisierung gewinnt landesrechtlich10 * *)ll*besondere 78* Bedeutung auf dem Gebiete der Zwangsenteignung, der Formen der Rechtsgeschäfte, des Pfandrechtes, der Zwangsvollstreckung, des Arrestes, der einstweiligen Verfügungen und des Konkurses: a) Ueber alle Verträge, welche die Besitzveränderung oder das Eigentum unbeweglicher Sachen oder diesen gleichgeachteter Rechte, sowie über alle Verträge, welche dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen betreffen, sind bei Strafe der Nichtigkeit Notariatsurkunden zu errichten.") Auch Versteigerungen unbeweglicher Sachen können rechtsgiltig nur von einem Notar vorgenommen werden?^) b) Nach dem Gesetze vom 17. November 1837, die Zwangs­ abtretung des Grundeigentums für öffentliche Zwecke betr., können Gegenstand einer Zwangsenteignung, abgesehen von unkörperlichen, •) Also nicht die allodialen: Lehensedikt v. 7. Juli 1808 (W. I. S. 177) §§ 175, 176; Röth, b. C.R. II. S. 509; Ortenau, Komm. z. Subh.Ordn. zu Art. 3 a. E. 7) §§ 6, 8 und 9 der VII. Berf.Beil., Edikt über Familienfideikommisse (W. I. S. 649); Ortenau, Komm. z. Subh.Ordn. zu Art. 3 a. E. 8) Goldschmidt, Handbuch des Handelsrechtes Bd. III S. 1 ff.; Thöl, Handels­ recht § 31; v. Holtzendorff, Enzyklopädie Tl. I S. 426; Regelsberger, Pand. I. S. 396—402. Vgl. hieher z. B. Art. 3 Ziff. 3 des b. Berjährungsges. v. 26. März 1859 (W. V. S. 135) und Frh. v. Bölderndorff, Komm, hiezu S. 39. ®) Bgl. auch Dr. Julius Engelmann, Rechtslexikon für Kaufleute und Ge­ werbetreibende S. 417. Anders, wenn ich ein Geldstück gegen andere einwechsele; hier steht ein Tausch von Waaren in Frage; dann aber wieder nicht, wenn ich ein Geldstück von besonderem Werte um einen besonderen Preis kaufe (z. B. ein Zweimarkstück mit dem Bildnisse des Kaisers Friedrich um 3 Mark): hier ist nur ersteres Waare. 10) Reichsrechtlich wäre besonders herverzuheben, daß unbewegliche Sachen nicht Gegenstand von Handelsgeschäften sein können: Art. 275 des allg. deutschen Hand. Ges. B. ll) Art. 14 Not.Ges. Bgl. Näheres im Abschnitte über die Formen der Rechtshandlungen, insbesondere Anhang hiezu. 18) Art. 18 Not Ges. ; Art. 29 Abs. 1 Subh.Ordn.

Drittes Hauptstück.

Bon den Rechtsobjekten (Sachen).

441

dem Grundeigentume anklebenden Rechten, nur unbewegliche Sachen im Sinne der gewöhnlichen Verkehrsauffassung, niemals bewegliche Sachen, auch nicht vom bürgerlichen Rechte immobilisierte, fein.13) c) Nur an beweglichen Sachen ist Faustpfandrecht, nur an unbeweglichen Sachen Hypothekrecht möglich. Den unbeweglichen Sachen als Gegenstand selbständiger Hypothekbestellung hat hier das bayerische Hypothekengesetz vom 1. Juni 1822 alle selbständigen frucht­ bringenden dinglichen Rechte gleichgestellt, welche nach bürgerlichem Rechte den Immobilien gleichgeachtet sind und mit dem Tode des Berechtigten nicht erlöschen, ferner auch an allen jenen beweglichen Sachen, welche Zugehörungen einer unbeweglichen Sache sind, als Zugehörungen Hypothekbestellung zugelassen..") Die Immobilisierung im letzteren Falle schließt aber nicht aus, daß über die Zugehörungen als geson­ derte Sachen wie über andere bewegliche Sachen rechtswirksame Ver­ fügungen getroffen werden können.") d) Die Zwangsvollstreckung in das bewegliche körperliche und unkörperliche Vermögen ist reichsgesetzlich geregelt1 16);* 18 die Zwangsvoll­ streckung in das unbewegliche körperliche und unkörperliche Vermögen, abgesehen von einigen allgemeinen reichsrechtlichen Normen, der landesgesetzlichen Regelung Vorbehalten.") Nach Landesrecht bestimmt sich auch, welche Gegenstände in Ansehung der Zwangsvollstreckung zum unbeweglichen Vermögen gehören.16). Die bayerische Subhastationsorbnung vom 23. Februar 1879/29. Mai 188619) rechnet hiezu alle 1S) Art. I und II des Nt. 3 näher zit. Ges. v. 17. Nov. 1837: „unbeweg­ liches Eigentum". Vgl. auch Henle, Komm, zu diesem Gesetze zu Art. I Nt. 4 (auch Einleitung Ziff. III lit. c Nt. 3): „Das gegenwärtige Gesetz befaßt sich lediglich mit der Enteignung des unbeweglichen Grund- und Gebäudeeigentums." — Bewegliche Sachen und selbständige unkörperliche Rechte können nur auf Grund von Spezialgesetzen enteignet werden; abgesehen von den bayerischen Ablösungs­ gesetzen vom 4. Juni 1848 und anderen Ablösungsbestimmungen enthaltenden Gesetzen, wie dem b. Jagdgesetz v. 30. März 1850, Weideablösungs-, Forst- und Baulastablösungsgesetze v. 28. Mai 1852, Ehehaftenablösungsgesetz v. 23 Febr. 1868, Grundentlastungsgesetz v. 28. April 1872 sind hier fast ausschließlich ReichsÄ maßgebend: s. Henle, Einleitung a. a. O. Nt. •*. — Weitere Enteignungsmungen hinsichtlich Grundeigentum enthalten die b. Waffergesetze v. 28. Mai 1852, das Flurbereinigungsgesetz v. 29. Mai 1886 und das Berggesetz v. 20. März 1869. Näheres s. in der Lehre von der Zwangsenteignung, im Abschnitte über Wasser- und Bergrecht. u) Art. 124 A G. z. R.C.P.O.; § 3 deS Hyp.Ges. S. Näheres in der Lehre vom Pfandrecht; über fruchtbringende Rechte im obigen Sinne (wozu ins­ besondere auch die selbständigen realen Gewerbsrechte im engeren Sinne, nicht die radizierten Realrechle zu rechnen sind): Ortenau, Komm. z. Subh.Ordn. zu Art. 3 Nt. 1 Abs. III; Gönner, Hyp.R. Tl. I. S. 120; Tl. III. S. 3; Lehner, Hyp.R. I. § 22 gegen Regelsberger, Hyp.R. S. 196—202. 1S) Bgl. Roth, b. C.R. I. S. 322. S. Näheres hierüber in der Lehre vom Pfandrechte. 16) §§ 708-754 R.C.P.O. ") §§ 755-757 R.C.P.O. 18) § 757 Abs. 2 R.C.P O. 19) Art. 2 und 8 Subh.Ordn. Bgl. Näheres in der Lehre von der Subhastation (Buch V).

442

Dritte- Hauptstück.

Bon den RechtSodjetten (Sachen).

körperlichen Sachen, welche nach dem bürgerlichen Rechte als un­ bewegliche Sachen gelten, alle Rechte, welche nach Landesrecht Gegen­ stand einer Hypothekbestellung sein können, und alle beweglichen Sachen, welche im Zeitpunkte der bewirkten Beschlagnahme bewegliche Zubehörungen der Hauptsache oder als Erträgnisse derselben nach der bewirkten Beschlagnahme angefallen sind.

e) Die Vollziehung des Arrestes in das bewegliche Vermögen bestimmt sich nach Reichsrecht *°), die in das unbewegliche Vermögen nach Landesrecht?') Nach bayerischem Rechte geschieht letztere durch Vormerkung einer Hypothek auf dem unbeweglichen Vermögen des Schuldners ”); welche Sachen hier zum unbeweglichen Vermögen gehören, entscheidet das bayerische Hypothekenrecht?') f) Wird in einer einstweiligen Verfügung die Veräußerung, Be­ lastung oder Verpfändung einer unbeweglichen Sache untersagt, so wirkt dieses Verbot nach bayerischem Rechte gegen Dritte erst von dem Zeitpunkte der Eintragung im Hypothekenbuche. Was als un­ bewegliche Sache zu erachten ist, bestimmt sich nach Hypothekenrecht.24 * *)2* 26 *

g) Begreift die Konkursmasse unbewegliches Vermögen des Gemeinschuldners in sich, so muß der Konkurseröffnungsbeschluß, wie Aufhebung, Einstellung und Wiederaufnahme des Konkursverfahrens, im Hypothekenbuche von Amtswegen eingetragen werden; ist ein Hypothekfolium noch nicht eröffnet, so ist die Eröffnung eines solchen vom Konkursverwalter bei dem Hypothekenamte zu veranlassen?') Ueber die Frage, was hier als unbewegliches Vermögen zu erachten ist, entscheidet das Hypothekenrecht?') Auch dienen im Konkurse Gegenstände, welche in Ansehung der Zwangsvollstreckung zum un­ beweglichen Vermögen gehören, insoweit ein dingliches oder sonstiges Recht auf vorzugsweise Befriedigung aus denselben besteht, zur ab­ gesonderten Befriedigung; da den Umfang der Jmmobiliarmaffe das ") 88 796-81.3 R.C.P.O. ") 8 811 mit § 808 R C P O ”) Ari. 44, 45 Abs. 2 der Nov. z. Subh.Ordn. Art. 44 1. c. ist an Stelle deS Art. 25, 28 und 30 A G. z. R.C.P O. getreten. Vgl. Näheres im Buche V über die Ausübung der Rechte. 2S) Vgl. oben unter lit. c mit §§ 808 und 757 Abs. 2 R C P O. 24) § 817 Abs. 2, § 815 mit § 811 R.C.P.O., Art. 32 A G. z. R.C.P O. § 817 Abs. 2 R.C.P O. spricht nur von Grundstücken; Art. 32 A G. z. R.C.P O. von „unbeweglichen Sachen". Im Hinblick auf die vorzitierten reichsgeseplichen Bestimmungen und §§ 808 mit 757 Abs. 2 R.C.P O. erscheint mir die Landesgesetzgebung berechtigt zu sein, hinsichtlich aller jener Sachen Bestimmung zu treffen, welche nach Landesrecht als unbewegliche Sachen gelten, wofür im vorliegenden Fall natürlich das Hypothetenrecht entscheiden muß. Bon diesem Gesichtspunkte aus und in diesem Sinne fasse ich auch die an Stelle des Wortes „Grundstücke" gesetzten Worte „unbewegliche Sachen" auf. Bgl. hiezu oben unter lit. c und im Buche V über Ausübung der Rechte. 2Ö) § 106 R.K.O.; Art. 33 A G. z. R.C.P.O. Bgl. Näheres im Buche V über die Ausübung der Rechte. 26) Bgl. oben unter lit. c.

Drittes Hauptstück.

Don den RechtSobjekten (Sachen).

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Landesrecht bestimmt, so entscheidet hiefür die bayerische Subhastationsordnung vom 23. Februar 1879/29. Mai 1886.27) § 60.

Dem Verkehre entzogene Sachen.7)

Der Regel nach kann jede Sache Gegenstand von Rechten und Rechtsverhältnissen sein, soweit dies nicht hinsichtlich einzelner Arten von Rechten und Rechtsverhältnissen durch Gesetz oder deren Eigenart ausgeschlossen ist.2) Manche Sachen sind aber ihrer Natur nach über­ haupt unfähig, Gegenstand von Rechten und Rechtsverhältnissen zu sein: absolut verkehrsunfähige Sachen; andere Sachen sind nur wegen einer gewissen Zweckbestimmung, insolange diese dauert und insoweit diese entgegensteht2), vom Verkehre ausgeschlossen, können insolange und insoweit nicht Gegenstand freiwilliger oder zwangsweiser Ver­ fügungen sein: relativ verkehrsunfähige Sachen. Welche einzelnen Sachen zu dieser oder jener Kategorie gehören, welche Wirkungen sich an Rechtsgeschäfte über solche Sachen knüpfen, bestimmt sich im Einzelnen nach örtlichem bürgerlichem Rechte. Allgemein kommt für Bayern in Betracht: 1. Ob die fließende Wasserwelle verkehrsunfähig ist, wird von der herrschenden Ansicht auf Grund des bayerischen Wasserrechtes im verneinenden Sinne entschieden. Doch dürfte für diese Frage auch heute noch das örtliche bürgerliche Recht maßgebend sein; denn durch das bayerische Wasserbenützungsgesetz vom 28. Mai 1852 scheint zunächst nur die Eigentumsfrage in Ansehung des Flußbettes der öffentlichen Gewässer und Privat-Flüsse und -Bäche, nicht auch in Ansehung der darüber fließenden Wasserwelle entschieden zu fein.4) ”) § 39 R.K.O.; § 757 R.C.P.O. und oben lit. d. Vgl. auch Sarwey, Komm. z. R.K.O. zu § 39 91t. 1 Ziff. 2 a. * ) Roth, b. CR. I. S. 330-332; v. Brinz. Pand. I. S. 460—464. ’) Vgl. z. B. die Folgen, die sich an die Unterscheidung zwischen beweglichen und unbeweglichen Sachen, zwischen körperlichen und unkörperlichen Sachen anknüpsen. • ) Aehnlich Windscheid, Pand. I. S. 416; auch RegelSberger, Pand. I. S. 424—426. Etwas zu allgemein Roth, b. C.R. I. S. 331. Vgl. auch Bl. f. R.A. XLIII. 22. So können öffentliche Wege hinsichtlich des Nutzungsrechtes an Obstbäumen, an Rasenpflanzungen Gegenstand dinglicher und obligatorischer Rechts­ verhältnisse sein; nur darf mit der Ausübung des Nutzungsrechte- die öffentliche Zweckbestimmung nicht erschwert oder vereitelt werden. Bgl. auch Erk. d.Komp.Konfl.Ger.H. v. 23. März 1863 (R.Bl. S. 530; W. Anh.Bd. S. 298) hinsichtlich Gras aus Friedhöfen. — Ueber Unzulässigkeit von Hypothekenbelastungen s. Erk. d. Komp.Konfl.Ger.H. v. 18. Mai 1868 (R.Bl. S. 853; W. Anh.Bd. S. 310). — Bgl. hieher Näheres im Abschnitte über Wasser- und Wegerecht. * ) A. M. Roth, b. C.R. S. 330, welcher die Frage durch das im Texte genannte Gesetz zu Gunsten des Eigentums am Waffer entschieden erachtet; ähnlich v. Pözl, Komm. z. Wasserbenützungsgesetz S. 38: „das Wasser sei direkt Gegen­ stand der Rechtsnorm und des subjektiven Rechtes." Ich glaube, Paul v. Roth faßt die Bestimmung in Art. 1 Abs. I und Art. 40 Abs. III des bayer. Waffer-

benützungsgesetzeS vom 28. Mai 1852 (W. IV. S. 423), wie auch die sonstigen, welche direkt vom „Waffer" (z. B. Zuteilung des WafferS), „Gewäffer" sprechen, zu sehr beim Worte, wenn er damit ein Eigentum am Waffer selbst entschieden wissen will.

444

Drittes Hauptstück.

Bon den Rechlsobjetten (Sachen).

2. Die relativ verkehrsunfähigen Sachen stehen entweder im Eigentume einer physischen oder juristischen Person; hieher gehören einmal die res sacrae, welche im Eigentume der Kirchenstiftung, der Kirchengemeinde oder auch Privater stehen könnens, die res religiosae, insbesondere Begräbnisplätze, welche entweder im Eigentume der Kirchen­ stiftung, der Kirchengemeinde oder politischen Gemeinde bezw. Ortschaft zu stehen pflegen *), dann die öffentlichen, d. h. dem öffentlichen Ge­ brauche unterstellten Sachen, wie öffentliche Gewässers, Wege, Straßen, Plätze, Märkte, Brunnen und Häfen8), welche entweder im Eigentume des Staates, der Gemeinden oder auch Privatpersonen stehen können. Art. 39 und 40 1. c. sprechen z. B. von Flüssen und Bächen, die im Eigentume stehen. Durch das Wasserbenüpungsgesetz ist m. E. nur soviel gewiß, daß die Flüsse und Bäche sämtlich im Eigentume stehen, nicht aber die Streitfrage entschieden, ob sich das Eigentum nur auf das Flußbett oder auch auf die darüber hinfließende Wasser­ menge erstreckt. Es ist auch nirgends, weder aus den Motiven, noch aus den Kammer­ verhandlungen ersichtlich, daß diese Frage entschieden werden wollte; durch das Gesetz selbst ist sie aber ganz gewiß nicht in unbestreitbarer Weise erledigt worden; im Gegen­ teil, es ließen sich eine Anzahl Bestimmungen anführen, die auf die hier vertretene Ansicht Hinweisen (z. B. Art. 6, 9,10,14, 27; besonders arg. aus Art. 33, 34; dann Art. 100). Das Eigentum am Flußbette allein führt aber nicht notgedrungen zur Annahme eines Eigentums an dem fließenden Wasser, wohl aber zu der Annahme, daß der Eigentümer am Flußbette das darüber fließende Wasser benutzen kann und kraft seines Prohibitionsrechtes berechtigt ist, alle Einwirkungen aus den über sein Grundstück befindlichen Raum und damit auch auf das über sein Flußbett fließende Wafier zu verbieten, soweit nicht Gesetze oder besondere Rechte Dritter entgegenstehen. (Vgl. hiezu noch unten „Vermögensrechte", I. Hauptstück, Kap. Eigentum, Allgemeines.) Eigentum am fließenden Wasser wird wohl in den meisten Civilrechten aus allgemeinen Gründen verneint und ist wie früher, so auch heute noch aus ebendenselben Gründen ausgeschlossen; man hätte denn doch ein etwas zu flüssiges, unsicheres Eigentum und möchte ich daher die absolute Berkehrsunfähigkeit des fließenden Wassers nicht bloß auf Flüsse und Bäche, sondern auch auf alles frei zu- und abfließende Wasser z. B. auch auf frei zuund abfließende Seen erstrecken und nur hinsichtlich des in Art. 33 des b. Wasser­ benützungsgesetzes genannten Wassers eine für ganz Bayern allgemein verbindliche Ausnahme gelten lassen. Art. 33 1. c. aber lautet: „Zum Privateigentume des Grundbesitzers gehören, soweit nicht entgegengesetzte Rechte erworben sind: 1. das Wasser, welches sich in Teichen, Zisternen, Brunnen und anderen Behältern befindet; 2. das aus einem Grundstücke entspringende oder darauf sich natürlich sammelnde Waffer, solange solches von dem Grundstücke nicht aögeflossen ist; 3. die künstlich angelegten Wasserleitungen und Kanäle." Die hier vertretene Auffassung wird geteilt von v. Brinz, Pand. I. S. 461 und 463 und Windscheid, Pand. I. S. 411, 412; vgl. auch Regelsberger, Pand. I. S. 407, 408. — Ueber Diebstahl an in Wasserleitungen befindlichem Wasser s. E. d. R.G. in Strff. XV, 121. 5) Roth, b. E R. I. S. 331; vgl. auch oben § 49 lit. A Ziff. III S. 329 ff.; § 56 S. 417 ff.; Bl. s. R.A. XLIII. 66; Frhr. v. Stengel in dessen Wörterbuch des deutschen Verwaltungsrechts Bd. II S. 183—186. 6) Art. 38 der Gemeindeordnung v. 29. April 1869; § 100 der II. Berf.Beil.; Frhr. v. Pechmann-Brettreich, Wirkungskreis der DisttiktsverwaltungSbehörden Bd. I. S. 45, 46; E. d. Berw.Ger.H. V. 45; vgl. auch oben § 49 lit. A Ziff. III S. 329 ff.; §56 S. 417 ff ; § 55 S. 380 mit Nt. 43. — Die Grabsteine sind auch nicht relativ verkehrsunfähige Sachen: Erk. d. Kvmp.Konfl.Ger.H. v. 9. Dez. 1863 (R.Bl. 1864 S. 25; W. Anh.Bd. S. 301). 7) Art. 1 deS Wasserbenützungsgesetzes v. 28. Mai 1852; vgl. oben § 43 S. 273. *) Art. 38 der Gem.Ordn. v. 29. April 1869; bezüglich der DistrittSstraßen

Drittes Hauptstück.

Bon den RechtSobjetten (Sachen).

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§ 61. Zubehörungen (Pertinenzien)?)

1. Unter Zubehörungen werden in der Regel solche Sachen verstanden, welche, ohne Bestandteil einer anderen Sache zu fein*2),* doch nach der Verkehrsauffassung als zu ihr gehörig erachtet werden und, dem wirtschaftlichen Zwecke dieser zu dienen geeignet, zu ihr in ein solches äußeres Verhältnis gebracht finb4),5 6daß hieraus die Ab­ sicht, sie dem Dienste der Hauptsache dauernd^) zu widmen, erhellt.^) vgl. oben § 55 lit. C Zisf. II, 1 S. 410; der Staatsstraßen wie öffentlichen Wege überhaupt Seydel, b. St R. 93b. V. S. 486—510. Bezüglich öffentlicher Brunnen s. auch Erk. d. Komp.Konfl.Ger.H. v. 23. März 1863 (R.Bl. S. 523; W. Anh.Bd. S. 298). Vgl. hiezu oben § 43 mit Nt. 1 S. 273 und den Abschnitt über daS Wegrecht; auch Bl. s. R A. XLIII. 22. — Im Uebrigen können auch noch andere Sachen als res sacrae, religiosae und publicae Dom Verkehre im gewissen Maße ausgeschlossen sein, z. B. die Festungswerke; vgl. oben § 43 S. 273 Nt. 1. ') Roth, b. C.R. I. S. 333-340. 2) Das bayerische Landrecht von 1756 nennt allerdings auch die Bestand­ teile Pertinenzen: vgl. hierüber E. d. obst. ß.®. VIII. 412; wo aber das bürger­ liche Recht nicht identifiziert, darf Bestandteil und Zubehörung nicht verwechselt werden. Der Bestandteil bedingt die Existenz der Sache, die Zubehörung nicht; der Bestandteil geht in der Sache selbst auf, die Zubehörung nicht, bleibt vielmehr in ihrer thatsächlichen Existenz selbständige Sache; besonders bei Grundstücken, die sich aus mehreren Räumlichkeiten (Haus, Hof rc.) zusammensetzen, ist der Unter­ schied oft wichtig, aber auch teilweise krittsch; vgl. hieher E. d. obst. L-G. VII. 152; VIII. 412. 8) Die Berkehrsausfassung ist zweifellos zunächst das entscheidende Merkmal der Pertinenzeigenschast; so die herrschende Meinung, während Roth, b. C.R. I. S. 334 aus dieses Moment kein Gewicht legt. 4) Das äußere Verhältnis muß bereits hergestellt sein: E. d. obst. L.G. VI. 396. 5) Nur eine Bestimmung zu ständigem Gebrauche, nicht aber zu bloß vorübergehendem kann die Zubehöreigenschaft begründen: E. d. obst. L.G. VI. 396. 6) Einzelne Fäll^ gesetzlicher Perttnenzen sind gleich hieher zu erwähnen: Mühleneinrichtung als Pertinenz (b. L.R.): E. b. obst. L.G. IV. 37; VIII. 635; XII. 422; Bl. f. R.A. LIV. 401; Waldfläche als Surrogat einer abgelösten Weideberechtigung als Pettinenz des Hauptgutes (Preuß. Landrecht): E. d. obst. L.G. V. 76; Kirchenstühle als Pertinenz der Kirche (b. L.R.): E. d. obst. L.G. V. 892: Grabstätten als Perttnenz eines Anwesens: E. d. obst. L.G. VI. 773, IX. 555; Ziegelvorräte sind nicht gesetzliche Perttnenzen deS Ziegelosens: E. d. obst. L.G. VI. 396; ebenso nicht auf einem Bauplatze lagernde Baumaterialien Perttnenzen des Gebäudegrundstückes, für das sie verwendet werden sollen (b. L.R.): E. d. obst. L.G. VII. 799; Wehr als Pertinenz der Mühle: E. d. obst. L.G. X. 342; Mühltanal keine Pertinenz, sondern nur daS Recht auf Zuleitung deS Wassers (franz. Recht): E. d. obst. L.G. XII. 295; Maschinen und Maschinenteile als Pertinenz einer Mühle bejaht: Bl. f. R.A. XXXV. 335, für Fabrikgebäude verneint (gern. R.): Bl. f. R.A. XXXVII. 361; Dampfmaschinen alS gesetzliche Pertinenz einer mit Dampf betriebenen Fabrik (pr. L.R.): Bl. f.R.A. Erg.Bd. VIII. 150; in Bl. f. R.A. XXXV. 365 wird gesagt, es sei bei Maschinen und Maschinenteilen die Pertinenzeigenschaft quaestio facti; eine Schasheerde kann Zubehör sein, wenn sie gehalten wird, um Grundstücke des Gutes durch die Weide ertragbar zu machen, also in Beziehung zur Bewirtschaftung steht: Bl. s. R.A. XXXV. 338; Einrichtung einer Oelmühle alS Pertinenz derselben: Bl. f. R.A. XXXVIII. 266; Hopfenstangen sind gesetzliche Pertinenzen der Hopfen­ gärten; Faßlager (im Gegensatze zu den Fässern) Pertinenzen einer Brauerei: Bl.

446

Dritte- Hauptstück.

Bon den RechtSobjetten (Sachen).

Um Zubehörung zu werden, braucht die Sache nicht im Eigentume des Eigentümers der Hauptsache zu stehens; die bloße Zubehör­ eigenschaft begründet aber auch nicht Eigentum des Eigentümers der Hauptsache an dem Pertinenzstücke?) Sowohl bewegliche wie unbewegliche Sachen, auch Rechte können Zubehörungen haben; zu unbeweglichen Sachen können insbesondere auch wieder unbewegliche Sachen als Zubehörungen gehören; auch Rechte können als Zubehörungen in Betracht kommen?) Mit dauernder Lösung des äußeren Verhältnisses hört die Zubehöreigenschaft auf.10 * *) * 7 * * Die rechtliche Bedeutung der Zubehöreigenschaft liegt darin, daß rechtliche Verfügungen über die Hauptsache von selbst die Zubehörungen ergreifen.11) f. R.A. Erg.Bd. II. 351; Forstberechtigungen: Bl. f. R.A. XLVI. 154; Früchte auf der Wurzel sind mit der Hauptsache ein organisches Ganze und können daher nicht Pertinenzen sein: Bt. s. RA. XLIII. 117. 7) E. d. obst. L.G. VIE. 586 (geliehene Sachen); Bl. f. R.A. XXXVII. 335; XLIV. 55. A. M. Roth, b. C.R. I. S. 335. Hat dagegen der Nichteigentümer der Hauptsache, z. B. der Pächter, eigene Sachen, die an sich Pertinenzen sein könnten, zur Hauptsache gebracht, um das ihm hieran zustehende Recht ausüben zu können, so werden jene Sachen nicht Pertinenzen * Bl. f. R.A. XXXVIII. 183. ®) E. d. obst. L.G. VII. 674; Bl. f. R.A. XLIV. 55. •) Vgl. Roth, b. CR. I. S. 335-339. 10) Aber noch nicht mit einer bloß vorübergehenden Lösung: vgl. Roth, b. C.R. I. S. 335. — Wird in einer Zwangsveräutzerung das Anwesen ausdrücklich ohne Pertinenzen versteigert und zugeschlagen, so hön damit die Pertinenzqualität auf, ohne aber die durch die Beschlagnahme entstandenen Rechte der Gläubiger zu beeinträchtigen; anders wenn zur Zeit der Versteigerung und des Zuschlages die Pertinenzqualität einzelner Objekte noch bestritten war und bei der Versteigerung nicht der Wille herrschte, die Pertinenzobjekte, falls deren Pertinenzeigenschaft festgestellt wird, vom Hauptobjekte zu trennen: E. d. b. obst. L.G. IX. 528. u) Wird daher die Hauptsache veräubert, verpfändet oder über sie letztwillig verfügt, so gilt die Zubehörung als milveräubert, mitverpfändet, mitoerteftiert: Roth, b. C R. I. S. 334. Sehr poetisch: Bl f. R.A. XLVI. 155: „Die Generalwirkung aller PeNinenzen besteht darin, daß sie in der Regel der res principalis gleichsam wie der Schatten dem Körper allenthalben folgt nach dem Satze: >accessorium sequitur principali«." Dies ist insbesondere gegenüber Att. 14 Not.Ges. wichtig; die Zubehörungen brauchen in der Notariatsurkunde über den Jmmobiliarvertrag nicht besonders angefühtt zu werden, um als mitveräußert zu gelten, im Gegenteil, soll die entgegengesetzte Wirkung eintreten, so müssen sie besonders ausgenommen sein; sie gelten daher Mangels besonderer Ausnahme in der beurkundeten Ver­ fügung über die Hauptsache inbegriffen, ohne datz sie z. B. speziell hier als Kaufgegenstände genannt sind und ein Kaufpreis für sie ausgesetzt ist. Bon einer Ver­ letzung des Art. 14 Not.Ges und einer Nichtigkeit deS Kaufgeschäftes, weit etwa nicht daS ganze Geschäft bei solcher Unterlassung verbrieft sei, kann demnach nicht die Rede sein. Der Be, äußerer, welcher die Zubehörungen nicht mitveräußern wollte, und sie in der Urkunde nicht ausdrücklich ausnahm, befindet sich in einem nur aus seiner Seite eine Differenz zwischen Wille und Erklärung bewirkenden unent­ schuldbaren RechtSirttume, den er selbst tragen muß: vgl. E. d. obst. L.G. VIII. 655; Bl. f. R.A. XLVI. 155; ander- wird jedoch zu entscheiden sein, wenn auf Seite deS Veräußerers und Erwerbers der Wille bestand, über die Zubehör nicht mitzuverfügen und ohne besondere Ausnahme der Zubehör der Jmmobiliarvertrag beurkundet wurde; hier liegt Differenz zwischen Wille und Erklärung auf beiden

Dritte- Hauptstuck.

Von den Rechtsobjekten (Sachen).

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Im Einzelnen entscheidet über die Pertinenzverhältnisse das örtliche bürgerliche Recht, soweit nicht im Nachfolgenden allgemein geltende Normen angeführt sind. 2. Einzelne für ganz Bayern geltende Landesgesetze unterscheiden gesetzliche und willkürliche Zubehörungen. a) Nach bayerischem Hypothekenrechte sind gesetzliche Zu­ behörungen jene Sachen, welche schon kraft örtlichen Civilrechtes als Zubehörungen gelten"), sohin regelmäßig alle jene Sachen, welche nach der Verkehrsauffossung als zur Hauptsache gehörig erachtet werden, ohne daß es einer diesbezüglichen Erklärung des Eigentümers der Hauptsache bedarf, deren Zubehöreigenschaft entsprechend der Verkehrs­ auffassung also insolange vermutet wird, als das äußere Verhältnis besteht. Willkürliche Zubehörungen sind solche Sachen, welche nicht schon kraft örtlichen Civilrechtes Zubehörungen sind, sondern diese Eigen­ schaft erst durch Privatdisposition erhalten und soferne sie bewegliche Sachen sind, doch „in einer wesentlichen Verbindung mit der Haupt­ sache oder dem gesetzlich bestehenden Rcalrcchte" stehen.") Eine solche wesentliche Verbindung mit der Hauptsache oder dem Realrechte besteht aber nur dann, wenn die Sache geeignet und bestimmt ist, dauernd dem wirtschaftlichen Zwecke der Hauptsache oder des Realrechtes zu Seilen vor, die Nichtigkeit des Geschäftes mindestens insoweit zur Folge hat, als die Zubehörungen in Frage kommen. — Steht die Zubehöcung nicht im Eigentume des Eigentümers der Hauptsache, so geht natürlich mit dem Eigentumserwerbsakte gegenüber der Hauptsache nicht Eigentum am Pertinenzobjekte auf den Erwerber über; wird diesem das Pertinenzobjekt entwehrt, so hat er nach Mahgabe des Civilrechtes einen Jnteresseanspruch an den Veräußerer (vgl. Bt. s. R A. XI-IV. 56); ähnlich verhält sich die Sachlage beim Pfandrecht, nur daß auf hypothekenrechtlichem Gebiete noch Besonderes in Betracht kommt; vgl. unten den Abschnitt über Pfandrecht. Ob Verpachtungen auch die Zubehörungen ergreifen, darüber vgl. Bl. f. R A. XXXIX. 32. — Alle diese Sätze über die Veräußerung — abgesehen von der Verpfändung, wo hypothekenrechtliche Grundsätze in Frage kommen — gelten aber nur von den gesetzlichen, nicht von den gewillkürten PeNinenzen; diese gellen nur dann als milveräußert, wenn sie im Veräuberungsgeschäsle ausdrücklich als mitveräußerl genannt ober verstanden sind; wollten sie miweränßert werden, wurde aber dies im Vertrage nicht beurkundet, bezw. irgendwie zum Ausdruck gebracht, so liegt Differenz zwischen Wille und Erklärung vor und treten alle jene Wirkungen ein, die das bürgerliche Recht hieran knüpft. 12) § 34 HyP.Ges.; Regelsberger, Hyp.R. S. 204, 205; E. d. obst. L.G. VII. 800; VIII. 88, 93 (nicht scharf genug), 635. Bl. f. R.A. XLVI. 137. An sich sind auch die Bestandteile einer Sache int hypothekenrechtlichen Sinne nicht Zubehörungen, so § 120 Abs. 2, § 130 Nr. 4 und 5 HyP.Ges.; anderseits sind sie aber doch unter dem Ausdrucke Zubehörungen mit inbegriffen, so § 22 Nr. 3, §§ 36, 121, 130 Nr. 6 HyP.Ges. Immerhin wird es sich aber empfehlen, auch vom hypolhekenrechtlichen Standpunkte Bestandteile und Zubehörungen auseinander zu halten, wenngleich § 35 HyP.Ges. auch auf bewegliche Bestandteile Anwendung zu finden hat; vgl. hiezu richtig Regelsberger, Hyp.R. S. 203. AlS bewegliche Bestandteile sind vorzüglich zu erachten die gewöhnlichen Fenster (im Gegensatze zu Borfenstern, Borthüren) und Thüren, daS Bedachungsmaterial (Ziegel, Schiefer, Holzplatten rc.), Zimmerböden, eingebaute Oefen. ”) § 34 Hyp.Ges.

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Drittes Hauptstück.

Von den Rechtsobjetten (Sachen).

dienen und bereits in ein dauerndes, die Erfüllung dieser Bestimmung ermöglichendes äußeres Verhältnis zur Hauptsache oder zum Real­ rechte gebracht ist. Dem wirtschaftlichen Zwecke der Hauptsache bezw. des Realrechtes dient aber eine Sache nicht schon dann, wenn sie einen gleichen wirtschaftlichen Zweck wie die Hauptsache bezw. das Realrecht verfolgt, sondern nur, wenn dadurch, daß sie der Haupt­ sache oder dem Realrechte dient, ermöglicht wird, daß die Haupt­ sache oder das Realrecht ihren bezw. seinen wirtschaftlichen Zweck überhaupt oder besser erreicht?^) 14) Den Begriff der „wesentlichen Verbindung" darf man m. E. nicht aus dem örtlichen Civilrechte, wie dies vermutlich in Bl. f. R.A. XLIV. 249 und E. d. obst. L.G. VII. 799 im Gegensatze zu den anderen Erkenntnissen geschieht, zu erklären versuchen, da alles, was hienach schon Pertinenz ist, im Sinne des § 34 Hyp.Ges. als gesetzlicke Pertinenz gilt. — Im Einzelnen werden bei der Erklärung des Begriffes kurz folgende Gesichtspunkte festzuhallen sein: 1. eine wesentliche Verbindung mit der unbeweglichen Sache oder dem Realrechte heitzt nichts anderes als die Pertinenzsache muß eine Verbindung, einen unmittelbaren Zlisammenhang mit dem Wesen, mit der der unbeweglichen Sache oder dem Realrechte inne­ wohnenden oder beigelegten Eigenschaft haben; 2. ein solcher Zusammenhang kann aber nur dann vorhanden sein, wenn die Pertinenzsache der unbeweglichen Sache oder dem Realrechte es ermöglicht, ihre bezw. seine Eigenschaft zur wirksamen Geltung zu bringen; 3. dies ist aber nur möglich, a) wenn die Pertinenzsache dem Dienste der unbeweglichen Sache, deren Pertinenz sie sein soll, selbst gewidmet, b) wenn sie zu diesem Dienste geeignet und c) das Dienstverhältnis bereits hergestellt ist. — Im Uebrigen seien hier die Ansichten der Theorie und Praxis, die im Wesentlichen mit der im Texte vertretenen Ansicht übereinstimmt, kurz angeführt: 1. Regelsberger, Hyp.R. S. 205, 351: Die Sache muß ihrer natürlichen Beschaffenheit nach für die Benützung des Hauptgegenstandes diensam sein; Gönner, Comm. z. Hyp.Ges. Tl. I. S. 358: „Die Verbindung mufe in einem natürlichen Zusammenhang der beweglichen Sache mit der unbeweglichen sich gründen; Wächter, Erörterungen I. S. 46 Nt. 8: Die mit der Zubehöreigenschaft zu bekleidende Sache mutz in irgend einer Beziehung zur Hauptsache stehen. (?) 2. E. d. obst. L.G. VIII. 92; Bl. f. R.A. XLV. 37 sagen, die wesentliche Verbindung bestehe darin, daß die Sachen ihrer natürlichen Beschaffenheit nach der Bewirtschaftung des Gutes oder dem Betriebe des Gewerbes zum ausschließlichen und beständigen Gebrauche dienen und wenn auch nicht in derselben Spezies, doch mittelst Nachschaffung oder Zurücklegung bei dem Hauptgute zu verbleiben haben; von diesem Gesichtspuntte aus werden hier Futter- und Erntevorräte als will­ kürliche Zubehörungen dann zugelassen, wenn die Pertinenzbestimmung dahin geht, daß von der Getreideernte eigens ausgeschiedene Quantitäten zur Speisung oder Aussaat und dergl. der Bewirtschaftung des Oekonomiegutes wegen zurückgelegt werden und letzterem dienen sollen, weil sich erst hieraus die Destination des Getreides zum ausschließlichen und ständigen Gebrauche des Gutes kundgebe, und erst mit der Zurücklegung des Getreides zur Speisung und Aussaat die Pertinenzbestimmung realisiert werde. E. d. obst. L.G. VIII. 88; Bl. s. R.A. XLV. 40 in teilweiser Abweichung von vorstehender Entscheidung und von E. d. obst. L.G. VI. 397, VII. 800, VIII. 635, IX. 421; Bl. f. R.A. ErgÄd. II. 348; Bl. s. R.A. XLIV. 250, LIL 415, läßt zum Handel angeschaffte Biehstücke schon dann als Pertinenzen erklären, wenn sie während ihres Verbleibens auf dem Gute zur Bewirtschaftung verwendet werden, was ich für unrichtig erachte, da kein dauerndes Verhältnis geschaffen wird; anderseits möchte ich aber die Pertinenzbestimmung dann nicht ausschließen, wenn das Vieh zunächst zum Gebrauche für das Gut angeschafft, dabei aber die Möglichkeit nicht ausgeschlossen wird, es später, wenn notwendig oder eine günstige Gelegenheit sich bietet, zu veräußern; hier ist m. E. der Begriff

Drittes Hauptstück. Bon den Rechtsobjetten (Sachen).

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Auch die selbständigen hypothekfähigen Rechte können als Zubehörungen zu unbeweglichen Sachen erklärt werden^); auch können des dauernden Verhältnisses noch gegeben. — Nach E. d. obst. L G. VII. 799, Bl. s. R.A. XLIV. 249 können aus einem Bauplatze lagernde, zur Verwendung in das hier auszuführende Gebäude bestimmte Baumaterialien nicht als Zubehörungen erklärt werden, weil solche Materialien als Bestandteile des auszusührenden Gebäudes in Betracht zu kommen haben. — In E. d. obst. L.G. XII. 421 werden als willkürliche Pertinenzen nur jene zugelassen, welche, ohne Bestandtheil oder gesetzliche Pertinenz des Immobile zu sein, zu dessen wirtschaftlicher Einrichtung dienen, dessen Gebrauchsfähigkeit erhöhen (ähnlich Bl. f. R.A. LII. 414), nicht aber Stoffe, welche dahin zur Verarbeitung gebracht werden- daher könnten Säcke, welche dem zweckentsprechenden Gebrauche einer Mühle ausschließlich und dauernd dienten und das Bedürfnis der Mühle nicht überschritten, als Pertinenz erklärt werden; unter den gleichen Voraussetzungen wohl auch Bierfässer als Pertinenzen von Brauereien. Bl. f. R.A. Erg.Bd. II. 348: Pertinenzen können sein alle jene Gegenstände, welche der Bewirtschaftung des Gutes zum beständigen Gebrauche dienen und wenn auch nicht in derselben Spezies, doch mittelst Nachschaffung stets in derselben Gattung beim Hauptgute zu verbleiben haben. — Als weitere Beispiele für willkürliche Zubehörungen, vorausgesetzt, daß sie nach Civilrecht nicht schon als gesetzliche Zubehörungen gelten, seien hier noch folgende angeführt: bei landwnlschastlichen Gütern die lebende und tote Baumannsfahrn iS (vgl. hiezu auch d. Not.Zeit. 1881 S. 137), bei Bräuhäusern Schiff und Geschirr, bei Realgerechtigkeiten die dazu dienenden Maschinen und Werkzeuge (§ 34 HyP.Ges ); die zum Bettiebe einer Wirtschaft oder eines GasthofeS dienenden Gerätschaften, wie Möbel, Betten, Geschirr u. s. w., wobei jedoch nach Bl. f. R.A. XLV. 403 Voraussetzung ist, daß das Anwesen selbst dauernd für den Wirtschasts- oder Gasthosbetrieb (ein eingerichteter Gasthof wird zudem wohl meistens dauernd dem Gasthofbetrieb gewidmet sein) bestimmt ist, woraus sich ergibt, daß auch sonstige Gewerbseinrichtungen nur dann als Pertinenzen eines Anwesens erklärt werden können, wenn dieses dauernd für Den fraglichen Gewerbebetrieb bestimmt ist (Jnstruttion z. HyP.Ges. § 13 Abs. III; Gönner, Comm. z. Hyp.G. Tl. I. S. 358; E. d. obst. L.G. IX. 421; Bl. f. R.A. XLV. 403, II. Erg.Bd. S. 348); Maschinen und Maschinenteile eines Fabrikgebäudes: E. d. obst. L.G. VIII. 586; Bl. f. R.A. XXXVII. 335 , 361 und 365; Einrichtung einer Billa als deren Pertinenz: Bl. f. R.A. XLVI. 301; Gas- und Wasserleitung (wohl nun auch elektrische Leitung) als Anwesenspertinenz: Bl. f. R.A. LII. 269; auch Bl. f. R.A. LII. 415, wo insbesondere näher erörtert ist, unter welchen Voraussetzungen Sachen als Pertinenzen eines Wohnhauses erklärt werden können; das entscheidende Merkmal der wesent­ lichen Verbindung sei hier, ob die ftagliche Einrichtung für Zwecke gehöre, welche nur zufällig oder vorübergehend in dem Hause erfüllt werden sollen oder nicht vielmehr für Zwecke, welche durch da- Haus zu erfüllen seien, oder mit anderen Worten, ob sie dem Gebrauche und Zwecke des Wohnhauses an sich diene. EineS kritischeren Falles sei endlich noch Erwähnung gethan: Die lediglich für die Aus­ stattung einer Gasthofdependance angeschafften und dieser Bestimmung zugeführten Ein­ richtungsgegenstände können nicht als Zubehörung des HauptgasthosgebäudeS, sondern nur alS Zubehörung des DependanceobjetteS erklärt werden, da sie weder dem Hauptobjekte zu dienen bestimmt sind, noch diesem selbst dienen und so dadurch, daß sie diesem dienen, diesem auch nicht seinen wirtschaftlichen Zweck überhaupt oder beffer zu erreichen ermöglichen; sie sind lediglich bestimmt, dem Dependanceobjette zu dienen, dienen diesem und ermöglichen eS hiedurch, daß das Dependanceobjett seinen wirt­ schaftlichen Zweck erreicht (vgl. hieher besonders E. d. obst. L.G. XII. 421). Dagegen kann daS Dependanceobjett selbst alS Zubehör des HauptgasthosgebäudeS erklärt werden, ebenso ist dieS möglich bezüglich Pferde und Wagen, welche für den Gasthof bestimmt sind, auch wenn sie anderSwo, z. B. in einem im Dependanceobjette befindlichen Stalle, bezw. einer solchen Remise untergebracht sind. 16) Nur für die realen Gewerbsrechte int engeren Sinne, nicht auch für die radizierten Realrechte trifft dies zu: Roth, b. C.R. I. S. 339; Gönner, Komm. z. Becher, LandeScivilrecht und Lande-civilpro-eßrecht. 29

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Drittes Hauptstück.

Bon den RechtSobjekten (Sachen).

sie selbst Zubehörungen Habens; ob und inwieweit andere Rechte Zubehörungen sein können, ist im Hypothekenrechte zu erörtern. Nach hypothckenrechtlichen Grundsätzen können ferner Sachen mit der Wirkung, daß sie Gegenstand eines Hypothekrechtes sein können, nur dann die Zubehöreigenschast erhalten, wenn sie im Eigentume des Eigentümers der Hauptsache stehen oder der Eigentümer der Zubehörung seine Zustimmung gibt"); wird aber dementgegen trotzdem eine stemde Sache in das Zubehörungsverhältnis gebracht, so wird hiedurch dem in Hypothekensachen geltenden Oeffentlichkeitsprinzipe und seinen Wirkungen kein Abbruch gethan?') Nach Hypothekenrecht müssen ferner die willkürlichen beweglichen und unbeweglichen Zubehörungen eines Grundkomplexes immer in das Hypothekenbuch eingetragen werden, wenn anders die hypothekenrecht­ lichen Wirkungen sich hierauf erstrecken sollen; ebenso alle Veränder­ ungen, welche sich an ihnen ergeben, soweit sie das Hypothekenrecht angehen.") Liegt eine Jmmobiliarzubehörung in einem anderen Hypo­ thekenamtsbezirke, als der Hauptgrundkomplex, so ist sie zwar im Hypothekenbuche ihres Bezirkes unter eigenem Namen und Folium einzutragen, hiebei jedoch die Zubehöreigenschast zu bemerken; Hypo­ theken dürfen aber auf diesem Folium nicht eingetragen werden?") Anderseits ist aber, wenn mit einem Hauptgute ein Grundstück als Zubehör vereinigt wird, welches vorher als selbständige Sache ein besonderes Folium im Hypothekenbuche hatte, auf dem schon Hypotheken eingetragen sind, mit welchen nicht auch der Hauptkomplcx belastet ist, Hyp.Ges. Tl. I. S. 120, 355; auch Ortenau, Comm. z. Subh.Ordn. zu Art. 3 Nt. I Abs. 3; RegelSberger, Hyp.Recht S. 63, 205, 206, 351, 352; vgl. oben § 59 lit. c mit Nt. 14 S. 441, §3 und § 34 Hyp.Ges.; Realrechle als Zubehörungen müssen aber im Hypothekenbuche eingetragen werden; s. unten Nt. 19. 16) arg. § 34 Hyp.Ges n) § 4 Hyp.Ges.: „Auf die Sache eines Dritten kann nur mit dessen Bewilligung und auf einer Sache, worüber der Besitzer zu verfügen nicht befugt ist, nur mir Einwilligung der Beteiligten eine Hypothek erlangt werden"; vgl. hiezu E. d. obst. L.G. VIII. 4, 586. ") § 25 Hyp.Ges.; vgl. auch die in Nt. 17 zit. E. d. obst. L G.; über die Wirkung eines EigentumsvorbehalteS an Zubehörstücken gegenüber dem Oeffentlichkeitsprinzipe s. E. d. obst. L G. VIII. 183; Bl. f. R A. XXXVII. 335, XLIV. 407, XLV. 150, LIV. 401. — Das Nähere ist erst im Hypothekenrechte zu erörtern. 19) Veränderungen unter Berücksichtigung der in §§ 35 — 38 enthaltenen näheren Bestimmungen: §§ 22, 33, 34 Nr. 3 und 4, 130 Zisf. 5, 133 Hyp.Ges.; § 13 und 18 der Jnstr. z. Hyp.Ges.; Bl. f. R.A. XI. 315; RegelSberger, Hyp-R. S. 63. Ob bei Unterlassung der Eintragung von Veränderungen im Hypothekenbuche etwa aus dem Oeffentlichkeitsprinzipe sich besondere Wirkungen ergeben, ebenso die Frage, welche Wirkungen die Eintragung in Ansehung des Öeffentlichkeitsprinzips erzeugt, ist im Hypothekenrechte zu erörtern (vgl. hiezu aber jetzt schon Nt. 23 und die dortigen Citate); ebenda vgl. Näheres über die Form der Eintragungen von Zubehörungen im Hypothekenbuche. — Gesetzliche Pertinenzen brauchen zwar nicht in das Hypotheken buch eingetragen werden, um Pertinenzeigenschast im hypothekmrechtlichen Sinne zu erhalten; immerhin können sie aber eingetragen werden, wenn eS die Interessenten verlangen: Bl. f. R.A. LIL 268. ao) § 121 Hyp.Ges.

Drittes Hauptstück.

Bon den RechtSobjetten (Sachen).

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unter diesem besonderen Folium im Hhpothekenbuche fortzuführen?^ Sonst werden Zubehörungen auf demselben Folium wie der Haupt-grundkomplex vorgetragen, solange nur auf dem ganzen Grundkomplexe Hypotheken eingetragen werden sollen; einigen sich aber die Parteien darüber, daß nur auf den unbeweglichen Zubehörungen oder einzelnen derselben Hypotheken eingetragen werden sollen, so wird für die frag­ liche Zubehörung eine eigene Nummer und ein eigenes Folium im Hypothckenbuche eröffnet, soferne nicht schon auf dem ganzen Grund­ komplexe nebst Zubehörungen Hypotheken bestellt finb.22 * *)*********21 * 29 Gelten bewegliche Sachen nach hypothekenrechtlichen Grundsätzen als Zubehörungen eines Grundstückes, so treten sie, abgesehen vom physischen Untergänge, nur mit ihrer Veräußerung im Sinne von Eigen­ tumsübertragung an Dritte aus dem hypothekenrechtlichen Pertinenzverbande; gegen den dritten gut- oder bösgläubigen Erwerber und Be­ sitzer hat der Hypothekgläubiger keinen hypothekenrechtlichen Anspruch.22) al) § 36 Hyp.Ges.; § 13 Abs. 3 Jnstr. z. Hyp.Ges. fügt noch als Erfordernis der Pertinknzprklälung einer unbeweglichen Sache im Gegensatze zu der im Texte vertretenen Ansicht zu, datz die Nebenliegenschast demselben Hypothekengerichte wie die Hauptliegenschaft angedören müsie, was m. E. dirett gegen § 121 Hyp.Ges. verstößt; soviel mir aus eigener Wissenichaft bekannt, wird auch in der Praxis auf dieses Erfordernis keine Rücksicht genommen; vgl. auch Regelsberger, HyP.R. 205. 21) Im letzteren Falle kommt § 40 Hyp.Ges. zur Anwendung: § 20 Hyp.Ges. S8) §§ 35, 71 Zisf. 3 Hyp Ges. welches übrigens auch auf bewegliche Bestand­ teile Bezug hat: s. oben Nt. 12; E. d. obst. LG. IV. 276, VH 75, IX. 129; Bj. f. R.A. XLVI. 139, 301. Vgl. auch § 78 Hyp.Ges. und Regelsberger S. 351, wonach durch die Trennung eines Peninenzstückes an der Hypothek auf der Hauptsache nichts geändert wird. — Uebrigens wird nur der hypothekenrechtliche Anspruch gegen den dritten Besitzer ausgeschlossen, nicht etwa ein Anspruch auf Grund unerlaubter Handlung: s. die vorzit. Emsch.; Grund der Vorschrift des 8 35 Hyp.Ges. ist, daß „bei den beweglichen Zubehörungen, welche nach 130 Nr. 5 deS Hyp Gef. und § 13 Abs. 3 der Jnstr. hiezu auch nicht speziell, sondern im Allgemeinen in daS Hypothekenbuch einzutragen sind, die neu angeschafften die Stelle der veräußerten haben, und daß die Fortdauer der Ansprüche des Hypothekgläubigers an die verüußerten mit dem täglichen Berkehle und mit dem Betriebe aller Erwerbsarten unvereinbar wäre": Bl. f. R.A. XLVI. 303; Gönner,Komm. z. Hyp.Ges. Tl.I. S. 359 Nr. 6, Tl II. S. 189; Regelsberger, Hyp.R. S. 206, 351. Wie wenn daS Anwesen ohne sämtliche bewegliche Perlmenzstücke weiterveräußert wird; scheiden die beim Veräußerer zurückbleibenden ehemaligen Pettinenzstücke aus dem hypothekenrechtlichen Verbände aus? Als Dritter im kirnte des § 35 Hyp.Ges. kann der Veräußerer freilich nicht erachtet werden; der AnwesenSerwerber wird auch nicht in Ansehung der nichterwvldenen Pertinenzobjette als Veräußerer, d. h. als derjenige, welcher sie an den ehemaligen Anwesensbesitzer veräußert, gelten können; eine Veräußerung beweglicher Pertinenzen im gewöhnlichen Sinne läßt sich also hier nicht konstruieren. § 35 trifft daher seinem Wortlaute nach zwar aus diesen Fall nicht zu, aber der wirtsch istliche Gnrnd der Vorschrift ist der gleiche, weshalb § 35 im Wege der extensiven Interpretation auch auf unseren Fall auszudehnen ist, ebenso wie auf solche Fälle, in denen der Eigentümer Pertinenzaegenstände durch andere ersetzt: vgl. hiezu auch Regelsberger, Hyp.R. S. 351, 338 lit. A, 206. — Mit Borwürfigem ist aber die Frage nicht zu verwechseln, welche Rechte den Hypothek- und Beschlagnahmegläubigern an solchen Zubehörungen zustehen, die .erst nach dem Eintritte der Wirkungen der Beschlagnahme eines Anwesens zum Zwecke der Lwangsvollstreckung zustehen; vgl. hiezu die oben zit. E. d. obst. L.G. und die Lehre 29 •

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Drittes Hauptstück.

Bon ben Rechtsobjekten (Sachen).

Unbewegliche Zubehörungen, wozu auch hypothekfähige Rechte gehören können^), können vom Hauptgrundkomplexe ohne Einwilligung der darauf eingetragenen Hypothekgläubiger nicht getrennt werden: geschieht es dennoch, so kann trotz Erlöschen des Zubehörungsverhältnisses sich jeder Hypothekgläubiger an die abgetrennte Zubehörung halten.^) Der gleiche Grundsatz gilt bei Vertausch von unbeweglichen Zubehörungen. Handelt es sich aber hiebei nur um Berichtigung streitiger Grenzen oder um eine Gemeinheitstcilung, so kann bei mangelnder Zusümmung der beteiligten Gläubiger auf erhobenem Rechtsstreite das Prozetzgericht dieselbe supplieren, wenn es findet, daß durch den Tausch die Sicherheit der Gläubiger nicht gefährdet wird; die auf der ausgetauschten Zubehörung bestehenden Hypotheken gehen auf das eingetau^chte Grundstück über.26) Aehnliches gilt auch bei Ab­ lösung fruchtbringender Realrechte, wenn das dafür hergestellte Surrogat in unbeweglichen Sachen oder in jährlichen Realrenten besteht/^) b) Das bayerische Fideikommißrecht faßt den Begriff der Per­ tinenzen weiter als das Hypotheken- und bürgerliche Recht und zählt schon zu den gesetzlichen Zubehörungen bei Oekonomien das Vieh, die sogenannte Fahrnis, den nötigen Samen und das bis zur nächsten Ernte hinreichende Speisegetreide, bei Brauereien das Braugeschirr jeder Gattung und ein nach dem zur Zeit der Fideikommißfolge sich bezeigenden Betrieb des Braugeschäftes notwendigen halbjährigen Vorrat, bei anderen Jndustrialanstalten die hiezu gehörigen Maschinen und Werkzeuge aller Art. Als willkürliche Zubehörungen können alle Arten von beweglichem und unbeweglichem Vermögen erklärt werden, insbeson­ dere Häuser und Gärten, Geld und Kapitalien, Kleinodien und Samm­ lungen von Gemälden, Kunstsachen, Bücher und die Hauseinrichtung?") c) Rach dem bayerischen Gesetze über die landwirtschaftlichen Erbgüter vom 22. Februar 185529) gelten ähnliche Grundsätze wie nach Hypothekenrecht; als Zubehörungen eines Erbgutes sind nicht nur die gesetzlichen beweglichen oder unbeweglichen Pertinenzen, sondern auch diejenigen Sachen zu betrachten, welche durch ausdrückliche Willenserklärung des Erbgutstisters oder eines nachfolgenden Erbgut­ eigentümers als Zubehörungen des Erbgutes erklärt und als solche in von der Subhaftation im Buche V. — Auch ist nicht hier, sondern in der Lehre vom Pfandrechte die Frage zu eröttern, ob die Pettinenzeigenschast einer beweglichen Sache im BerhLltniS zu einer unbeweglichen Sache ein gesondertes Pfandrecht an der beweglichen Pettinenzsache unmöglich macht und wie im Falle einer Kollision solcher

Pfandrechte mit den Hypothekenrechten zu verfahren ist. “) S. oben Note 15, ferner Rcgelsberger, Hyp.R. S. 351, 352 mit teil­ weise weitergehenden Konsequenzen. ”) § 40 Hyp.Ges; vgl. auch § 39 Hyp.Ges. über Güterzertrümmerungen und hiezu Gönner, Komm. z. Hyp.Ges. Tl. I. S. 374—376. Regel-bergrr, Hyp R. S. 351. ”) tz 37 Hyp.Ges.; Gönner, Komm. z. Hyp.Ges. Tl. I. S. 368—371. ”) 8 38 Hyp.Ges.; Gönner, Komm. z. Hyp.Ges. Tl.l. ®. 371-374. ”) §§ 6, 8 und 9 der VII. Berf.Beil. ,Edikt über die Familienfideikommiffe". ”) Art 2 (W. IV. S. 679) unter Bezugnahme aus § 34 Hyp.Ges.

Drittes Hauptstück. Von den Rechtsobjekten (Sachen).

453

das Hypothekenbuch eingetragen werden, wobei bezüglich der beweg­ lichen Sachen die gleichen Voraussetzungen in Betracht kommen, wie für die willkürlichen Pertinenzen nach Hypothekenrecht. d) Nach dem bayerischen Rechte über dieZwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen gelten in Ansehung dieser bei land­ wirtschaftlichen Gütern auch das zum Wirtschaftsbetriebe unentbehrliche Geräte, Vieh und Dünger, sowie die zur Bewirtschaftung bis zur nächsten Ernte unentbehrlichen landwirtschaftlichen Erzeugnisse als gesetzliche Zubehörungen, auch wenn sie sonst diese Zubehöreigenschast nicht haben?") e) Nach bayerischem Bergrechte kann auch das Bergwerkseigen­ tum bewegliche und unbewegliche Zubehörungen haben?^

§ 62. Organische Erzeugnisse und Früchte.')

Die Früchte sind entweder organische Erzeugnisse oder sonstiger von der Substanz genommener oder auf Grund besonderer Rechts­ verhältnisse gewonnener Ertrag einer Sache. Die organischen Er­ zeugnisse wie der von der Substanz der Sache genommene Ertrag kommen erst mit der Trennung als selbständige Sachen in Betracht; bis dorthin bilden sie mit der Sache ein einziges Ganze. Trotz der Trennung können sic aber zur Hauptsache noch in einem rechtlichen Abhängigkeitsverhältnisse stehen; hierüber entscheidet im Einzelnen das örtliche bürgerliche Recht. Inwieweit abgetrennte Früchte als Zube­ hörungen in Betracht kommen können, wurde bereits im vorstehenden Paragraphen erörtert. Das Hvpothekrecht erstreckt sich auch auf die Früchte der Sache, soweit sie noch nicht abgesondert oder bezogen sind.) Auch die nach der Beschlagnahme eines Anwesens zum Zwecke der Zwangsvollstreckung anfallenden Erträgnisse stehen mit dem Zeit­ punkte der bewirkten Beschlagnahme in Ansehung der Zwangsvoll­ streckung und ihrer Wirkungen der Hauptsache gleich?) Sonst sind für ganz Bayern geltende Bestimmungen nur in Ansehung der Mine­ ralien, worüber das Nähere im Sachenrechte, in Ansehung der Fideikommiß- und Lehenstüchte, worüber das Nähere im Fideikommiß- und Lehenrechte, und in Ansehung der Zinsen, worüber das Nähere im Rechte der Schuldverhältnisse erörtert wird, vorhanden. »») Art. 8 Abs. II. Subh.Ordn. mit § 715 Nr. 5 R C.P.O. • ') Art. 46 u. 48 des Berggesetzes v. 20. März 1869. Roth. b. C.R. I. S. 340. * ) Roth, b C.R. I. S. 340, 341; über Bäume als Früchte vgl. auch Bl. f. R A. XLVII. 117. • ) § 33 Hyp Ges. ’ ) Art. 8 Subh.Ordn.

Viertes Hauptstiick.

Uo« de« Wechte«. I. Kapitel.

Begriff enb Arte« der Rechte?) § 63. Recht im subjektiven Sinne ist die vom Rechte im objektiven Sinne, der Rechtsordnung, zur Befriedigung eines Interesses gewährte Befugnis, etwas zu thun, zu unterlassen oder zu verbieten. Bei der Unterscheidung der einzelnen Arten der subjektiven Rechte ist auf das örtliche bürgerliche Recht zurückzugehen. Im Einzelnen ist jedoch Folgendes besonders hervorzuheben: A. Auf allgemeiner Grundlage beruht die Unterscheidung in öffentliche und private subjektive Rechte; erstere scheiden aus der Dar­ stellung eines Privatrechtes aus. Das unterscheidende Moment zwischen beiden Arten liegt in der Zweckbestimmung des subjektiven Rechtes; je nachdem eine Berechtigung unmittelbar zur Befriedigung eines öffent­ lichen oder privaten Interesses bestimmt ist, ist sie ein öffentliches oder privates subjektives Recht. Was hienach öffentliches Recht sein könnte, kann aber doch aus dem Grunde wieder privates Recht sein, weil der Berechtigte zur Verwirklichung des Inhaltes seiner Berechtigung auf die in der öffentlich-rechtlichen Berechtigung ruhende öffentliche Gewalt, sei es kraft Gesetzes verzichten muff oder, soweit dies gesetzlich zulässig, freiwillig bei Entstehung seines Rechtes verzichtet und sich auf die Ausübung privatrechtlicher Macht beschränkt, in welchem Falle dann das private subjektive Recht in der That nur als Mittel zum Zweck erscheint?) *) Roth, b. C.R. I. S. 343—349; Windscheid, Pand. I. S. 87—99; Dernburg, Pand. I. S. 46—51; Regelsberger, Pand. I. S. 195—212; Stobbe, Handbuch des deutschen Privatrechts I. S. 629—634. *) Vgl. hiezu schon oben § 28 S. 121, 122, 125 und die in § 28 Nt. 16 verzeichnete Litteratur. Zu gleichen Resultaten in der praktischen Anwendung unserer Ansicht dürfte die oben § 28 Nt. 16 zit. Ansicht von v. Vrinz und Regels­ berger führen. Ein in der bayerischen Praxis herrschendes einheitliches Princip über die Unterscheidung zwischen öffentlichem und Privatrecht aus der Summe

Viertes Hauptstück. Bon den Rechten.

I. Kap. Begriff und Arten der Rechte.

455

Die Unterscheidung in öffentliche und private subjektive Rechte ist maßgebend in Ansehung ihrer Geltendmachung vor den Civilgerichten oder Verwaltungsbehörden, soweit nicht die positive Gesetzgebung die Zuständigkeiten in abweichender Weise normiert hat.^) Entstehen Streitigkeiten zwischen den Gerichten und Ver­ waltungsbehörden oder dem Verwaltungsgerichtshofe über die Zu­ lässigkeit des Rechtsweges, so entscheidet hierüber der Gerichtshof für Kompetenzkonflikte?)

Das Verfahren bei Kompetenzkonflikten. I. Gerichtshof, Staatsanwaltschaft und Gerichtsschreiberei.b) Der Gerichtshof besteht aus einem Präsidenten und zehn Räten. Die Mitglieder werden vom Könige ernannt. Der Präsident und fünf Mitglieder werden aus den Mitgliedern des obersten Landes­ gerichtes oder eines Oberlandesgerichtes, die übrigen fünf Räte aus den Mitgliedern des Verwaltungsgerichtshofes berufen. Die Ernennung der Mitglieder erfolgt für die Dauer des zur Zeit der Ernennung von ihnen bekleideten Amtes. Eine Enthebung vom Amte kann nur unter denselben Voraussetzungen wie bei den Mitgliedern des Reichs­ gerichtes stattfinden.b) der Entscheidungen festzustellen, dürste ungemein schwer halten; mir ist es trotz aller Bemühungen bis jetzt nicht gelungen, weshalb ich jeweils bei den einzelnen Fällen die diesbezügliche Judikatur angegeben habe. AlS Konsequenzen unserer Ansicht vgl. bisher die Aeußerungen über das öffentliche Dienstverhältnis oben § 28 S. 119 ff. und § 37 S. 227, über die civilrechtliche Haftung der öffentlichen Diener wegen Dienstpflichtsverletzungen aus Schadenersatz oben § 34 S. 184 ff., wo in Nt. 3 mit 15 ein äußerst kritischer Fall hervorgehoben ist, über Amtseautionen oben § 35 S. 202, über Stiftungsstreitigkeiten oben § 47 Nt. 64 S. 322, über die Kultusbaupflicht oben § 49 S. 337, über Gemeindenuhungen oben § 55 S. 385. — Bgl. hieher auch Seuffert, Komm. z. b. Ger.Ordn. Bd. I. S. 156; Mathäus, die Grenzen der richterlichen und administrativen Zuständigkeit; Schierlinger S. 3—10; Lindner-Hauck, der Berwaltungsgerichtsprozeß in Bayern. 1894 S. 14—20. 8) Vgl. hiezu § 13 R.G.B.G.; oben § 28 S. 124; § 29 S. 1**9, 130; § 34 S. 190; § 37 S. 227. Entscheidend ist immer die rechtliche Natur des behaupteten Anspruches, nicht die behauptete rechtliche Natur des Anspruches: E. d. obst. L.G. I. 113, VI. 647, VIII. 576, XU 376; vgl. auch oben § 55 S. 389 Nt. 91 Ziff. 3. *) § 17 R G B G.; Ges. v. 18. Aug. 1879, die Entscheidung der Kompetenz­ konflikte zwischen den Gerichten und den Verwaltungsbehörden oder dem Berwaltungsgerichtshofe betr. (W. XIII. S. 245). Bgl. hiezu auch Seydel, b. St.R. II. S. 529—563. — Der Art. 29 dieses Gesetzes behandelt die Kompetenzkonflikte zwischen VerwaltungsgerichtShof und reinen Verwaltungsbehörden und weist die Entscheidung derselben einem am Berwaltungsgerichtshofe gebildeten Kompetenzsenate zu; ein näheres Eingehen hierauf ist in dieser Darstellung nicht veranlaßt; vgl. hiezu Seydel, b. St.R. II. S. 564—572. — Hinsichtlich der Kompetenzkonflikte zwischen bürgerlichen und Militärgerichten vgl. Art. 11—14 A.G. z. R.G.V.G. und Seydel, b. St.R. II. S. 563—564. 5) Art. 2-7 des Komp.Konfl.Ger.H.Ges. und § 17 Abs. 2 Ziff. 1 und 2 R.G.V.G. ®) §§ 128 und 130 R.G.V.G. Mit dem Verluste des Hauptamtes tritt

456

Viertes Hauptstück.

Bon den Rechten.

Der Gerichtshof entscheidet in der Besetzung von sieben Mit­ gliedern, von welchen vier dem obersten Landesgerichte oder einem Oberlandesgerichte und drei dem Verwaltungsgerichtshofe angehören. Der Präsident führt den Vorsitz bei sämtlichen Verhandlungen und verteilt die Geschäfte unter die Mitglieder. Im Falle der Ver­ hinderung wird der Präsident durch dasjenige dem obersten Landes­ gerichte angehörige Mitglied vertreten, welches dem Dienstalter nach und bei gleichem Dienstalter der Geburt nach das älteste ist7*)8 * ** *Im 10 ** übrigen wird der Geschäftsgang mit Einschluß der Reihenfolge, in welcher die Mitglieder an den einzelnen Sitzungen teilnehmen, durch eine Geschäftsordnung geregelt, welche das Plenum auszuarbeitcn und dem Gesamtministerium zur Bestätigung vorzulegen hat.^) Das Amt der Staatsanwaltschaft wird durch die Staatsanwalt­ schaft bei dem obersten Landesgerichte ausgeübt?) Die Geschäfte der Gerichtsschreiberei werden durch die Gerichts­ schreiberei des obersten Landesgerichtes besorgt. Die Bestimmungen der Reichs-Civilprozeßordnung über Aus­ schließung und Ablehnung der Gerichtspersonen finden auf die Mitglieder des Gerichtshofes und den Gerichtsschreiber entsprechende Anwendung?")

II. Zulässigkeit des Kompetenzkonfliktes. Der Kompetenzkonflikt kann erhoben werden: 1. als positiver, wenn in einer bei einem Gerichte anhängigen Sache der Rechtsweg von den Verwaltungsbehörden für unzulässig

ipso iure der Verlust der Mitgliedschaft beim Kompetenzkonfliktsgerichtshofe ein; die Voraussetzungen für den Verlust des Hauptamtes bemessen sich nach den hiesür geltenden Grundsätzen, nicht nach § 128 ff. R.G.B.G. Ohne Verlust des Haupt­ amtes, oder in dem Falle, wo ein Hauptamt überhaupt nicht bekleidet wird, kann die Enthebung nur unter den gleichen Voraussetzungen erfolgen, wie bei Mit­ gliedern des Reichsgerichts (§§ 128—130 R G B.G.); die gleichen Wirkungen, z. B. in Bezug auf Gehalt, brauchen nicht einzutreten und treten auch dann nicht ein, wenn sie das Landesrecht nicht festgesetzt hat. Diese Sätze gehen m. E. mit voller Sicherheit aus dem Zusammenhalte der beiden Sätze in § 17 Abs. 2 Zifs. 1, wie aus §§ 128—131 R G B G hervor. In Bayern ist übrigens die Mitglied­ schaft beim Kompetenzkonflittsgerichtshofe immer mit einem Hauptamie verknüpft. Ueber die verschiedenen Auslegungen des § 17 Abs. 2 Zisf. 1 des R.G.B.G. vgl. Seydel, b. St.R. II. S. 540 Nt. 1. Im praktischen Resultate wird Letzterem beizupflichten sein, wenn er die Anwendbarkeit des § 130 R.G B G für Bayern ausschließt, da nicht anzunehmen ist, daß ein Mitglied, das durch ein körperliches Gebrechen oder durch Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte zur Erfüllung seiner Amtspflichten dauernd unfähig ist, zwar zum Nebenamte, aber nicht zum Hauptamte unfähig sein kann. 7) Vgl. hiezu M.Bek. v. 15. Juni 1880, das Dienstatter richterlicher Be­ amten betr. (W. XIV. S. 493). 8) Bgl. die bei Seydel, b. St.R. II. S. 542 Nt. 2 ztt. Geschäftsordnung v. 3. Jan. 1880. e) Sie untersteht auch hier der Dienstaufsicht deS Justizministeriums; § 148 Ziff. 2R.G.V G-; Art. 68, 69 A G. z. R G.V.G., Seydel, b. St.R. II. S. 542 Nt. 3. 10) §§ 41—49 R.C.P.O. mit Ausnahme des § 41 Zifs. 6 R.C P O, in­ soweit eS -sich um Mitglieder des obersten Landcsgericvts oder des Verwaltungs­ gerichtshofes handelt: vgl. Seydel, b. St.R. II. S. 543 mit Nt. 3.

I. Kapitel.

Begriff und Arten der Rechte.

457

erachtet wird, die Zuständigkeit seitens der Gerichte in Anspruch genommen ist, von den Verwaltungsbehörden die Zuständigkeit zur Behandlung der Sache in Anspruch genommen wird und wenn nicht schon die Zulässigkeit des Rechtsweges durch rechtskräftiges Urteil des Gerichtes feststehtn); n) Art. 8 Abs. 1 und 2 des Komp.Konfl.G.H.Ges. und § 17 Abs. 2 Ziff. 4 R G B G Nicht blos die Zuständigkeit zur Entscheidung über eine einzelne Frage des Prozesses, sondern über den ganzen geltendgemachten Anspruch, über die ganze Sache mutz von den Verwaltungsbehörden ausschließlich in Anspruch genommen werden; es ist dies die Consequenz des oben in § 34 Ziff. III S. 192 genannten Prinzipe-: vgl. Erk. d. Komp.Konfl.Ger.H. v. 20. Okt. 1871 (R.Bl. S 1774; W. Anh.Bd. S. 319); auch Seydel, b. St.R. II. S. 543 Nt. 5. — Die Erhebung eines Kompetenzkonflittes zwischen Justiz und Verwaltung blos zu dem Zweck, um den Civilrechtsweg auszuschließen, ohne daß die Verwaltung nichr einmal die Zu­ ständigkeit zur Behandlung der Sache für sich in Anspruch nimmt, ist durch die Praxis für unzulässig erklärt: Erk. d. Komp.Konfl.Ger.H. v. 4. März 1885 (G.V Bl. Beil. I S. 1 ff.; Beil. II S. 25 ff.); weitergehend Seydel, b. St.R. II. S. 544 mit Nt. 3, welcher auch die Inanspruchnahme der Zuständigkeit zur Entscheidung verlangt. Hiegegen ist jedoch Folgendes einzuwenden: Die Verwaltungsbehörde könnte zwar zur Behandlung der Sache zuständig sein, abrr hätte vielleicht in der Behandlung eine entscheidende Thätigkeit nach Maßgabe der hiefür gellenden Bolschriften nicht auszuüben. Hier ist der Begriff des Kompetenzkonflittes noch gegeben: denn auch das widerspricht offenbar den Grundsätzen über Ausscheidung der Zuständigkeit zwischen Justiz und Verwaltung, wenn die Gerichte sich in einer Sache, die Berwaltungssache ist, in der aber diese eine entscheidende Thätigkeit nicht zu entfalten hat, um deßwillen die Kompetenz zur Behandlung und schließlich vielleicht zu einer in dieser Sache gar nicht zulässigen Entscheidung anmaßen würden. Anderseits muß aber unter „Behandlung der Sache" eine wirkliche for­ melle und materielle Behandlung durch die Verwaltungsbehörden verstanden werden; nicht genügt ein bloßes Interesse an der Unzuständigkeit der Civilgerichte, wie dies z. B. durch die kompetenzmäßige Aufsicht des Staatsministeriums des Aeußern über die Beziehungen zu Nachbarstaaten (vgl. die zit. Erk. d. Komp.Konfl.Ger.H.) begründet sein kann. Im letzteren Falle mangelt es an den Voraussetzungen eines Kompetenzkonflittes. — Darüber, daß die Sache nicht blos bei den Gerichten an­ hängig (§§ 230, 235 R.C.P.O.) sein muß, sondern diese auch ihre Zuständigkeit in Anspruch genommen haben müssen, sei es ausdrücklich oder stillschweigend; vgl.: Erk. d. Komp.Konfl.Ger.H. v. 18. März 1880 (G.B.Bl. Beil. II S. 5; W. Anh.Bd. S. 328) und 2. Dez. 1880 (G.B.Bl. Beil VI S. 30; W. Anh.Bd. S. 328); da­ gegen Seydel, b. St.R. II S. 548—556 mit zutreffenden Gründen. — Rechts­ kraft des civilgerichtlichen Urteils — natürlich kann hier auch ein Zwischenurteil über die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges in Frage kommen — liegt. erst vor, wenn es nicht mehr durch ordentliche Rechtsmittel angefochten werden kann: arg. § 19 E G z. N.C.P O. und Z645R.C P.O. Vgl. hieher auch Erk. d. Komp.Konfl.Ger.H. v. 18. Jan. 1853 (R.Bl. S. 169; W. Anh.Bd. S. 278); v. 17. Jan. 1859 (R.Bl. S. 141; W. Anh.Bd. S. 287); v. 14. März 1859 (R.Bl. S. 291; W. Anh.Bd. S. 287); v. 4. Febr. 1861 (R.Bl. S. 217; W. Anh.Bd. S. 293); v. 22. Juni 1868 (R.Bl. S. 1231; W. Anh.Bd. S. 310); v. 23. Juni 1868 (R.Bl. S. 1292; W. Anh.Bd. S. 310): v. 3. Aug. 1869 (R.Bl. S. 1692; W. Anh.Bd. S. 314); v. 20. März 1879 (G.B.Bl. Beil. IS. 1; W. Anh.Bd. S. 327). — Die Praxis in Erk. d. Komp.Konfl.Ger.H. v. 12. Dez. 1871 (R.Bl. 1872 S. 521; W. Anh.Bd. S. 319) nimmt endlich an, daß nach Rücknahme des angeregten Kompetenzkonflittes innerhalb des für die Erhebung gegebenen Zeitraumes der­ selbe nicht neuerdings angeregt werden könne, wogegen sich gleichfalls mit Recht und zutreffender Begründung Seydel, b. St.R. TL S. 556, 557 mit Nt. 1 ausspricht.

458

Viertes Hauptstück.

Bon den Rechten.

2. als negativer, wenn in einer Sache einerseits die Gerichte und andererseits die Verwaltungsbehörden oder der Berwaltungsgerichtshof durch Entscheidungen, welche nicht mehr anfechtbar sind, ihre Unzu­ ständigkeit ausgesprochen haben"), vorausgesetzt, daß nicht das Reichs­ gericht die Unzulässigkeit des Rechtsweges ausgesprochen hat.")

III. Der positive Kompetenzkonflikt. 1. Erhebung des positiven Kompetenzkonfliktes.") Zur Erhebung des Kompetenzkonfliktes sind nur die Kreis­ regierungen und die Zentralverwaltungsstellen befugt.") In den bei dem Berwaltungsgerichtshofe anhängigen Sachen kann auch der bei demselben bestellte Staatsanwalt nach Beschluß des Gerichtshofes oder aus eigener Zuständigkeit den Kompetenzkonflikt erheben. Die unteren Verwaltungsbehörden haben, wenn sie in einer bei einem Gerichte anhängigm Sache den Rechtsweg für unzulässig erachten, der vor­ gesetzten Kreisregierung oder Zentralverwaltungsstelle Anzeige zu er­ statten. Die Erhebung des Kompetenzkonfliktes erfolgt bei dem Gerichte, bei welchem die Sache anhängig ist, durch die schriftliche Erklärung der Verwaltungsbehörde, daß der Rechtsweg für unzulässig erachtet werde. Der Erklärung soll eine Begründung beigefügt werden. 2. Wirkung der Erhebung.") Durch die Erhebung des Kompetenzkonfliktes wird das gericht­ liche Verfahren für die Dauer des den Kompetenzkonflikt betreffenden Verfahrens unterbrochen. Bezüglich der Unterbrechung und deren Wirkungen finden die Vorschriften der Reichs-Civilprozeßordnung entlx ) Haben Gerichte und Verwaltungsbehörden aus materiellen Gründen oder die einen aus solchen, die anderen aus Kompetenzgründen abgewiesen, so liegt ein verneinender Kompetenzkonflikl nicht vor: Erk. d. Komp.Konfl.Ger.H. v. 3. Juli 1852 (R.Bl. S. 841; W. Anh.Bd. S. 275); v. 13. Dez. 1858 (R.Bl. S. 1618; W. Anh.Bd. S. 286); v. 25. Juni 1863 (R Bl. S. 1249; W. Anh Bd. S. 300); v. 4. Febr. 1867 (R.Bl. S. 163; W. Anh.Bd. S. 308); v. 26. März 1867 (R.Bl. S. 403; W. Anh.Bd. S. 308); v. 22. Dez. 1868 (R.Bl. 1869 S. 113; W. Anh.Bd. S. 312); v. 21. März 1870 (R.Bl. S. 553; W. Anh Bd. S. 315); v. 28. Mai 1872 (R.Bl. S. 1445; W. Anh.Bd. S. 320); v. 20. Dez. 1875 (G.B.Bl. 1876 Beil. I S. 1; W. Anh.Bd. S. 324). ") Art. 22 des Komp.Konfl.Ger.H.Ges. Hat nämlich das Reichsgericht die Unzulässigkeit des Rechtsweges ausgesprochen, so haben die Verwaltungs­ behörden oder der Berwaltungsgerichtshof die rechtliche Beurteilung, welche dem Ausspruche zu Grunde gelegt ist, auch ihrer Entscheidung zu Grunde zu legen und zwar ohne Rücksicht darauf, ob die reichsgerichtliche Entscheidung vor oder nach einer bereits rechtskräftigen Entscheidung jener Behörden ergangen ist. Art. 22 Abs. 2 des KomP.Konfl.Ger.H.Ges.; Seydel, b. St.R. II. S. 559. ") Art. 9 und 10 a. a. O. Den Gerichten steht die Erhebi-ng des positiven Kompetenzkonfliktes nicht zu. 1B) Den Fiskalaten kommt hier keine Vertretungsbefugnis zu (vgl. hiezu oben § 45 Ziff. III S. 299—301; s. jedoch unten Zisf. 3 Abs. 4). Die unteren Verwaltungsbehörden können nur im Auftrage der zuständigen Stellen den Kompetenzkonflikt erheben: Seydel, b. St.R. II. S. 548. — Eine Verpflichtung zur Erhebung des Kompetenzkonfliktes besteht nicht. 16) Art. 11-13 a. a. O.

I. Kapitrl.

Begriff und Arten der Rechte.

459

sprechende Anwendung.") Durch die nach dem Schlüsse einer münd­ lichen Verhandlung eintretende Unterbrechung wird auch die Verkündung einer Entscheidung gehindert. Ist zur Zeit der Erhebung des Kom­ petenzkonfliktes ein in dem Rechtsstreite erlassenes Urteil vorläufig vollstreckbar, so hat das Gericht, bei welchem die Sache anhängig ist, die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung von Amtswegen anzuordnen. Gegen die Entscheidung findet kein Rechtsmittel statt. Durch die Erhebung des Kompetenzkonfliktes werden vorsorgliche Verfügungen des Gerichtes wie der Verwaltungsbehörde nicht aus­ geschlossen. '*) 3. Verfahren?") Das Gericht hat die Verwaltungsbehörde von dem Eintreffen der Erklärung und die Parteien von der Erhebung des Kompetenz­ konfliktes von Amtswegen zu benachrichtigen. Den Parteien ist zu­ gleich eine Abschrift der Erklärung mitzuteilen. Ist die Sache bei einem Gerichte höherer Instanz anhängig, so sind die Akten unter Beifügung der Erklärung der Verwaltungsbehörde und der Zustellungs­ urkunden über die Benachrichtigung der Parteien dem Gerichtsschreiber des Gerichtes erster Instanz zurückzusenden. Sowohl die Parteien als die Verwaltungsbehörde, welche den Kompetenzkonflikt erhoben hat, können von den Akten in der Gerichts­ schreiberei des Gerichtes erster Instanz Einsicht nehmen und binnen eines Monates"") Denkschriften über den Kompetenzkonflikt einreichen. Die Denkschriften der Parteien"^ müssen von einem Rechtsanwalte, wenn sie Namens des Staatsärars eingereicht werden, von einem Fiskale unterzeichnet sein. Das Gericht hat die Denkschrift der Partei der Gegenpartei und der Verwaltungsbehörde, die Denkschrift der Verwaltungsbehörde den Parteien mitzuteilen. Die erforderliche An­ zahl von Abschriften ist mit der Erklärung einzureichen. Nach Ein­ treffen der Denkschriften oder Ablauf der oben bezeichneten Frist werden die Akten an den Staatsanwalt beim Gerichtshöfe für Kom­ petenzkonflikte eingesendet. Die Entscheidung des Gerichtshofes über den Kompetenzkonflikt erfolgt in öffentlicher Sitzung. Die Vorschriften der §§ 170 bis 185 des Reichs-Gerichtsverfassungsgesetzes über Oeffentlichkeit und Sitzungs-

") §§ 217, 226 R.C.P.O. 18) Hier werden sich Gerichte und Berwaltunüsbehörden mit einander zu verständigen haben; vgl. Seydel, b. St.R. H. S. 558 mit Nt. 2. So, wie die Bestimmung gefaßt ist, ist sie unzweckmäßig. ie) Art. 14-20 des Komp.Konfl.Ger.H.Ges. und § 17 Abs. 2 Zisf. 3 R.G.B.G. Vgl. auch § 49 Ziff. 3 Abs. 2 der Dienstvorschriften für die Gerichtsschreiber v. 14. Sept. 1879 (W. XIII. S. 546) über Aktenübersendung und § 27 a. a. O. über die vom Gerichte angeordneten Zustellungen durch die Gerichtsschreiber. 20) Vom Tage der Zustellung der Mitteilung an die betr. Partei; die Frist ist übrigens keine Präclusivsrist. 21) Nicht der Verwaltungsbehörde.

460

BiertrS Hauptstück.

Bon den Rechten.

Polizei und der §§ 145 und folgende der Reichs-Civilprozeßordnung über die Aufnahme eines Protokolls finden entsprechende Anwendung. Der Termin für die öffentliche Sitzung wird von dem Präsidenten bestimmt. Die Ladung der Parteien wird durch den Gerichtsschreiber von Amtswegen besorgt. In der öffentlichen Sitzung hält ein Berichterstatter einen Vor­ trag über die bisherigen Verhandlungen. Bei der Berichterstattung können Schriftstücke verlesen werden. Nach beendigtem Vortrage des Berichterstatters werden die Parteien gehört, soferne sie durch Rechts­ anwälte vertreten sind. Das Staatsärar kann sich durch Fiskale vertreten lassen. Hierauf hat der Staatsanwalt seinen Antrag zu stellen und zu begründen. Die Abstimmung erfolgt nach den Vorschriften des sechszehnten Titels des Reichs-Gerichtsverfassungsgesetzes mit der Maßgabe, daß zuerst der jüngste der anwesenden Räte des obersten Landesgerichtes, dann der jüngste Rat des Verwaltungsgerichtshofes seine Stimme abgibt und in dieser Art abwechslungswcise fortgefahren, die Stimme des Vorsitzenden aber zuletzt abgegeben wird. Das Urteil kann nur von denjenigen Richtern gefällt werden, welche der dem Urteile zu Grunde liegenden Verhandlung beigewohnt haben. Die Verkündung des Urteils erfolgt in dem Termine, in welchem die mündliche Verhandlung geschlossen wird, oder in einem sofort anzubcraumenden Termine, welcher nicht über eine Woche hinaus an­ gesetzt werden soll. In dem Urteile sind die Namen der Richter, welche bei der Entscheidung mitgewirkt haben, anzugeben. Die Aus­ fertigungen der Urteile unterzeichnet der Präsident. Eine Ausfertigung des vom Gerichtshöfe erlassenen Urteils ist mit den Akten an das Gericht, bei welchem die Sache anhängig war, zurückzusenden. Das Gericht hat den Parteien und der Verwaltungsbehörde das Urteil von Amtswegen zustellen zu lassen. IV. Der negative Kompetenzkonflikt. 1. Erhebung des negativen Kompetenzkonfliktes.^) Die Erhebung erfolgt nur auf Antrag der Parteien. Der Antrag auf Entscheidung über den Kompetenzkonflikt ist bei dem Gerichte, bei welchem die Sache in erster Instanz anhängig war, schriftlich oder zum Protokolle des Gerichtsschreibers zu stellen. 2. Verfahren.^) Das Gericht hat den Antrag der Gegen­ partei und der Verwaltungsbehörde^) mitzuteilen. Wird der Antrag schriftlich gestellt, so ist die erforderliche Zahl von Abschriften mit dem «) Art. 23 Abs. 1 be8 Komp KonsI Ger.H.Ges. «) Art. 23 Abs. 2-4 des KomP.Konfl.Ger.H.Ges. und § 17 Abs. 2 Ziff. 3 R.G.BG ") Offenbar der in Art. 22 Abs. 1 a. a. O. genannten Verwaltungsbehörde, welche die nicht mehr anfechtbare Entscheidung erlaffen hat. A. M. Seydel, b. St.R. II. S. 554 „der erstinstanziellen Verwaltungsbehörde bezw. dem Staatsanwalie am BerwaltungsgerichtShose"-

Anträge einzureichen. Bezüglich des weiteren Verfahrens finden die gleichen Vorschriften wie für den positiven Kompetenzkonflikt Anwen­ dung. Der Gerichtshof bestimmt in seinem Urteile, ob die Zuständigkeit der Gerichte oder die der Verwaltung begründet ist. V. Wirkungen der Urteile des Kompetenzkonfliktsgcrichtshofes. Gegen die Urteile findet kein Rechtsmittel statt; dieselben sind sofort mit der Verkündung rechtskräftig.^) Die dem im negativen Kompetenzkonflikte ergangenen Urteile entgegenstehenden Entscheidungen sind als nicht erlassen anzusehen?") Wird im positiven Kompetenzkonflikte der Rechtsweg für zulässig erkannt, so ist die Entscheidung über die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung gegenüber einem für vorläufig vollstreckbaren llrteik17) von Amtswegen wieder aufzuheben. Ist im positiven Kompetenzkonflikte der Rechtsweg für unzulässig erklärt, so hat das Prozeßgericht nur noch über die Ver­ pflichtung, die Prozeßkosten zu tragen, zu erkennen.^) VI. Das durch die Erhebung eines Kompetenzkonfliktes veranlaßte Verfahren selbst ist kostenfrei. Eine Erstattung der den Parteien erwachsenen Auslagen findet nicht statt29) VII. Die von dem Gerichtshöfe erlassenen Urteile werden in einem Anhänge zum Gesetz- und Verordnungsblatte öffentlich bekannt gemacht") VIII. Die vorstehenden Bestimmungen finden auf zur nichtstreitigen Gerichtsbarkeit gehörige Angelegenheiten, welche bei einem Gerichte anhängig sind und bezüglich deren die gerichtliche Entscheidung von den Verwaltungsbehörden oder dem Verwaltungsgerichtshofe für unzulässig erachtet wird, entsprechende Anwendung.9') B. Regelgemäß pflegen folgende, insbesondere auch wissenschaftlich allgemein anerkannte Arten privater subjektiver Rechte unterschieden zu werden: 1. Vermögensrechte und Personenrechte und zwar hier Status- und Familienrechte, je nachdem der Zweck des Rechtes die Bestiedigung eines Bermögensinteresses oder eines immateriellen Inter­ esses am Status oder eines aus der Familiengemeinschaft entspringenden idealen Interesses ist92); 2. unter den Vermögensrechten99): “) Art. 24 des Komp.Konfl.Ger.H.Ges. Art. 23 Abs. 4 a. a. O. ") Art. 12 Abs. 2 a. a. O. ”) Art. 21 a. a. O. ~) Art. 25 a. a. O. ~) Art. 26 a. a. O. sl) Art. 27 a. a. O. Hier ist also nur der Positive, nicht der negative Kompetenzkonflikt zulässig: vgl. auch Seydel, b. St.R. n. S. 543. “) Roth, b. C.R. L S. 343, 344 und die Zitate oben in Rt. 1. ”) Roth, b. C.R. I. S. 344-348.

462

Vierte- Hauptstück.

Bon den Rechten.

a) dingliche Rechte, wenn zur Befriedigung des Vermögensinteresses unmittelbar eine Sache ganz oder nur in einzelnen Beziehungm der Gewalt des Berechtigten unterworfen ist. Hieher gehören vor Allem die Hypolhekenrechte des Hypo­ thekengesetzes vom 1. Juni 182234) und die sogenannten realen Gewerbeberechtigungen (im engeren Sinne wie die radizierten)33), das Lehenrecht3®), Bergwerkseigentum 37), die Rechte des Fldeikommiflbesitzers am Fideikommisse33); b) persönliche oder Forderungsrechte, wenn zur Befrie­ digung des Vermögensinteresses unmittelbar ohne Vermittelung durch die Gewalt über eine Sache ein gewisses Verhalten (Thun oder Unterlassen) von einer bestimmten Person oder einer bestimmten Mehrzahl von Personen verlangt werden kann; c) gemischte Rechte, wenn das unter b) genannte Verhalten von einer Person gefordert werden kann, die durch den Besitz einer Sache bestimmt wird; d) Personal- und aktive Realrechte, je nachdem die Be­ rechtigung einer individuellen Person oder einer Person als Eigentümer einer Sache zusteht; passive Realrechte, sofern die Verpflichtung auf einer unbeweglichen Sache ruht; zu beiden letzteren gehören besonders die radizierten realen Ge­ werbeberechtigungen 39); 3. Prinzipale und accessorische Rechte, je nachdem sie für sich allein bestehen können oder von dem Bestand eines anderen Rechtes abhängen49); eine besondere Stellung unter den accessorischen Rechten nehmen die Hypothekenrrchte des bayerischen Hypothekengesetzes vom 1. Juni 1822 ein41); 4. absolute und relative Sache, je nachdem sie gegen jeder­ mann oder nur gegen eine einzelne oder eine begrenzte Mehrheit von Personen wirken. Zu ersteren gehören vorzüglich die dinglichen und Personenrechte.43)

M) § 1 HyP.Ges. ") Unter einer realen Wewerbeberechtigung ist das Recht auf Gewerbebetrieb in einem bestimmten Saufe zu verstehen; sie ist solche im engeren Sinn, wenn sich da- Recht an eine Person knüpft, radiziert, wenn sie dem jeweiligen Eigentümer eines Grundstückes zur Ausübung zusteht; vgl. hierüber Näheres bei Landmann, Komm. z. Reichsgewerbeordnung II. Ausl, zu § 10 Nl. S, auch oben § 59 S. 439, S. 441 lit. c. ”) § 79 Ziff. 1 des Lehenediktes v. 7. Juli 1808 (W I. S. 18?). ”) arg. Art. 40 des Berggesetzes v 20. März 1869 (W. VII. S. 614). ”) § 44 der VII. Bers Beil. (Fideikommibeoikt). •’) Siehe oben Nt. 35. Ueber die Transserierbarkeit solcher Realrechte vg!. Roth, b. C.R. I. S. 348; Landmann a. a. O. (s. Nt. 39); Bl. f. R A IX. 233; Über Realrechte als Pertinenzen von unbeweglichen Sachen vgl. oben § 61 S. 449; Roth, b. C.R. I. S. 348. *°) Roth, b. C.R. I. S. 348. ") § 2 Hyp.Ges. Vgl. hierüber Näheres im Hypothetenrecht. Windscheid, Pand. I. S. 98, 99.

n. Kapitel.

Entstehung, Veränderung und Untergang der Rechte.

463

II. Kapitel. Entstehung, Veränderung nad Untergang der Rechte?) I. Abschnitt.

§ 64. Allgemeines.

Entstehung, Veränderung und Untergang eines Rechtes knüpft sich an eine juristische Thatsache, d. h. an ein thatsächliches Ereignis, dem von der Rechtsordnung die Bewirkung des Seins, Nichtseins oder Andersseins eines Rechtes beigelegt ist. Unter den juristischen Tdatsachen sind, abgesehen von den Willenserklärungen und sonstigen Rechtshandlungen der öffentlichen Behörden und mit öffentlichem Glauben versehenen Personen vorzüglich die Rechtsgeschäfte, d. h. auf Hervor­ bringung rechtlicher Wirkungen gerichtete Privatwillenserklärungen, unerlaubtes Verhalten und der Zeitablauf bemerkenswert. Die für ganz Bayern geltenden allgemeinen Bestimmungen hinsichtlich dieser Arten juristischer Thatsachen erstrecken sich vorzüglich auf die Form der Rechtshandlungen und den Zeitablanf; sie sind im Folgenden dar-

znstellen; hieran haben sich die allgemein geltenden Bestimmungen über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand anzuschließen. Eine für ganz Bayern geltende, hier gleich zu erwähnende Bestimmung besteht noch in Ansehung der Ungiltigkeit der Rechtsgeschäfte; die Heilung derselben durch eidliche Bekräftigung des Rechtsgeschäftes ist ausgeschlossen.^) II. Abschnitt.

Die Formen der Rechtshandlungen. I. Titel.

§ 65. Allgemeines.

A. Die Einkleidung der Rechtshandlungen in gewisse Formen, mag sie zwangsweise vorgeschrieben sein ober von den Beteiligten freiwillig erfolgen, hat regelgemätz den Zweck, Rechtssicherheit zu schaffen.') Der Kreis der Rechtsgeschäfte, für welche solche zwangsweise

Formvorschriften bestehen, ist indes nicht zu weit ausgedehnt, um den *) Roth, b. C.R. I. S. 349—376; Windscheid, Pand. I. S. 157 ff.; Dernburg, Pand. I. S. 184 ff.; Regelsberger, Pand. I. S. 436 ff.; Beseler, System des gemeinen deutschen Privatrechtes Bd. I S. 175—178 (Formalismus der Rechts­ geschäfte). ’) Kap. XIII § 7 der b. Ger.Ordn. v. 1753 mit Art. 81 A G. z. R.C.P.O. *) So vor allem die notarielle und gerichtliche Beurkundung, Schriftlichkeit, Zuziehung von Zeugen u. f. w.

464

Viertes Hauptstück.

Bon den Rechten.

Verkehr nicht übermäßig zu erschweren; schon durch den Landtagsabschied vom 10. November 18612) wurden die in verschiedenen Statutarrechten enthaltenen civilrechtlichen Vorschriften, wonach Darlehensverträge, Cessionen, Quittungen, Verträge über Holzverkäufe außer Landes, Kauf- und Tauschverträge über Pferde und anderes Vieh gerichtlich errichtet oder vor Zeugen abgeschlossen oder vor dem Gemeindevorsteher beschrieben werden mußten, aufgehoben. Zwangsweise vorgeschriebene Formen kommen aber auch zu dem Zwecke vor, um den Abschluß unüberlegter, rechtsungiltiger2), oder mit der Staats- und allgemeinen Ordnung unvereinbarer^) Geschäfte hintanzuhalten; in ersterem Falle trägt die Zwangsvorschrift, sobald sie ein Verbot des Geschäftsabschlusses aus Zweckmäßigkeitsgründen gestattet, den Charakter einer gewissen Bevormundung der Beteiligten, welche im heutigen Rechte größtenteils als nicht mehr zeitgemäß verworfen wird. Auf diesem Gedanken beruht vor Allem und im Wesentlichen das bayerische Gesetz betreffend die Formen einiger Rechtsgeschäfte vom 5. Mai 1890?) Dieses hebt alle in den einzelnen Landesteilen bestehenden Vorschriften, welche für Eheverträge, Äb- und Erbverzichtsverträge, sonstige vermögensrecht­ liche Verfügungen von Todeswegen mit Ausnahme der Schenkungen von Todeswegen b), und für Einkindschaftsverträge besondere Formen, insbesondere gerichtliche Bestätigung, hinsichtlich der Einkindschafts­ verträge auch öffentliche Bekanntmachung, für Gutsübergabs-, Leibgedings-, Altenteils- oder Auszugs-Verträge, für die Veräußerung unbeweglicher Zubehörungen eines Gutes, wie die Belastung von Grundstücken mit Dienstbarkeiten und anderen Rechten, für größere Schenkungen unter Lebenden, für Vergleiche und sonstige Verträge über Ansprüche auf künftige Unterhaltsleistungen gerichtliche Bestätigung verlangen, auf und läßt für letztere Kategorie zwar alle anderen, etwa vorgeschriebenen Formen, für erstere Kategorie nur das etwa vorgeschriebene Erfordernis der notariellen Beurkundung, in allen Fällen aber das Erfordernis der etwaigen obervormundschaftlichen Prüfung und Genehmigung bestehen?) ') § 28 Biff. 3 (GBl. S. 50; W. V. S. 285; V. S. 138). ’) Man denke nur beispielsweise an die gerichtliche Prüfung und Bestätigung bei übermäßigen Schenkungen, ferner an Art. 45 Abs. 1 Rot.Ges.; s. auch unten Nt. 12. * ) z. B. die Prüfungspflicht des NotareS gemäß Art. 45 Abs. 2 Not.Ges. * ) G.B.Bl. 1890 S. 227; B. S. 216. Bgl. hiezu Verhandl. der K. d. Abg. 1889/90 Beil Bd. VII. S. 710 ff., sowie meine Erläuterungen zu diesem Ge­ setz« in der jur. Monatschrist 1894 S. 53, 54; auch b. Not.Zeit. 1889 S. 206 ff. (überhaupt über diese- Gesetz) und 1893 S. 56—61, 202. — Ueber die rückwirkende Kraft des Gesetzes s. oben § 7 lit. e S. 14 und 15. • ) Art. 1 Abs. 3 des Ges. v. 5. Mai 1890. ’ ) Art. 1 Abs. 2, Art. 2 und Art. 3 Abs. 3 a. a. O. — Unter den anderen Formen de- Art. 1 Abs. 2 sind insbesondere zu verstehen: Zuziehung von Zeugen^ Certioration (Art. 20 Not.Ges ), d. i. RechtSdelehrung der Frauen oder anderer der Rechte unverständiger Personen, Einschreibung der Ehevnträge inS GerichtSbuch, Erteilung besiegelter Urkunden, die durch Gesetz v. 1. Juni 1882 geregelten EinkindschastSproklame der sränkischen Landgerichtsordnung, eidliche Bekräftigung.

II. Kapitel.

Entstehung, Veränderung und Untergang der Rechte.

465

B. Die in den für ganz Bayern geltenden Normen anerkannten Formen von Rechtshandlungen sind folgende: I. Zuziehung von Zeugen zwangsweises oder aus freiem Willen der Beteiligten °);

II. schriftliche Vornahme der Rechtshandlung durch die Be­ teiligten zwangsweise") oder aus freiem Willen derselben"); III. Mitwirkung öffentlicher Behörden oder mit öffent­ lichem Glauben versehener Personen.") Diese Mitwirkung selbst kann wieder verschiedener Art sein: 1. Die Rechtshandlung wird von der öffentlichen Behörde oder von der mit öffentlichem Glauben versehenen Person selbst vorgcnommen, sei es, daß nur diese kraft gesetzlicher Vorschrift die Rechtshandlung vomehmen kann oder daß sie aus freiem Auftrag der Beteiligten thätig wird; in allen diesen Fällen ist die Rechts­ handlung der Regel nach von ersteren auch öffentlich zu beurkunden.")

2. Die Rechtshandlung, insbesondere das Rechtsgeschäft, wird zwar von den Beteiligten selbst vorgenommen bezw. abge­ schlossen, aber es findet eine öffentliche Beurkundung hierüber durch eine öffentliche Behörde oder eine mit öffentlichem Glauben versehene Person statt, sei es zwangsweise oder aus freiem Willen der Beteiligten.M) 3. Die Rechtshandlung vollzieht sich in der Weise, daß einer öffentlichen Behörde oder einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person die Beteiligten ihre schriftlich niedergelegten Willenserklärungen (besonders für Erbverzichte), Handgelübde u. s. w. Dagegen wollten durch das Gesetz die bestehenden Formen über öffentliche Bekanntmachung einzelner Geschäfte, z B. des Gütergemeinschaftsausschlusses nicht ausgehoben werden, da sie keine Bertragsform im Sinne dieses Gesetzes sei, was auch daraus hervorgehe, daß nur für den Einkindschastsvertrag die öffentliche Bekanntmachung aufgehoben sei. Auch Art. 48 Not.Ges. ist nicht aufgehoben, ebensowenig Art. 45 und 49. (Berh. d. K. d. Abg. a. a. O. S. 332, 333.) ®) Vgl. unten lit. C Ziff. I S. 467. 9) Vgl. Art. 53 Abs. 1 Not.Ges. und Windscheid, Pand. I. S. 177. 10) Vgl. unten lit. C Ziff. II S. 467, 468. n) Vgl. Windscheid, Pand. I. S. 177, 178; Dernburg, Pand. I. S. 157, 158. 12) z. B. der Gerichte, Gerichtsschreiber, Notare, Gerichtsvollzieher, Handels­ mäkler u. s. w. (der Notar ist auch öffentliche Behörde: vgl. oben § 31 Nt. 2 S. 153; auch d. Not.Zeit. 1879 ©.349; dagegen Anm. hiezu). Auch Mitwirkung anderer Personen kann Formvorschrist sein, z. B. der Rechtsanwälte bei Einlegung der weiteren Beschwerde in Sachen der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit; dieselbe muß von einem Rechtsanwalte unterzeichnet sein: Art. 65 Abs. 2 A.G. z. R.C.P.O. Zweck dieser Formvorschrift ist Garantie für Beachtung der gesetzmäßigen Zulässigkeit der Beschwerde und Hintanhaltung unüberlegter Schritte seitens der Parteien. 18) Hieher gehört außer den unten lit. C Ziff. III, 1 S. 468 angesührten Fällen besonders Art. 17 A.G. z. R.C.P O. (der Gerichtsvollzieher tritt bei Zustellungell civilrechtlich als nuntius, d. i. als Stellvertreter in der Erklärung, nicht im Willen, auf). u) Hieher gehört außer den unten lit. C Ziff. III, 2 S. 468—471 ange­ führten Fällen besonders Art. 17 Not.Ges. Becher, LandeScivilrecht und Landescivilprozetzreckt. 30

466

Viertes Hauptstück.

Bon den Rechten.

übergeben, möglicherweise auch dort hinterlegen und der Vorgang hierüber von ersteren öffentlich beurkundet Wirb.15 * *) * * * * * 4. Die Rechtshandlung, insbesondere das Rechtsgeschäft, wird von den Beteiligten selbst vvrgenommen bezw. abgeschlossen, aber eine öffentliche Behörde oder eine mit öffentlichem Glauben ver­ sehene Person hat die Beteiligten oder einen derselben über Inhalt und Tragweite der Rechtshandlung zu belehren ’6),* oder die Rechts­ handlung selbst auf Zulässigkeit oder sonstige Rechtsgiltigkeit zu prüfen, um je nach dem positiven oder negativen Ergebnisse der Prüfung eine weitere von den Beteiligten verlangte oder gesetzlich erforderliche Thätigkeit, wie Beurkundung, auch Eintragung in öffentliche Register oder Bücher, Bestätigung, Beschlußfassung u. s. w. vorzunehmen oder zu verweigern^), oder um es lediglich bei der Prüfung und Belehrung bewenden zu lassen und trotz negativen Resultats die weiter verlangte Thätigkeit, wenn auch vielleicht in besonderer Form, vornehmen zu muffen.18) IV. In einzelnen Fällen wird die vorgeschriebene Form durch Erfüllung des formlos abgeschlossenen Geschäftes ersetzt.18) C. Wie schon wiederholt angedeutet, kann der Grund zur An­ wendung gewisser Formen für Rechtshandlungen entweder der freie Wille der Beteiligten oder eine gesetzliche Zwangsvorschrift fein. Wo eine Zwangsvorschrift zur Anwendung einer Form nicht besteht, können die Beteiligten der Regel nach beliebig die oder jene Form wählen88); sie sind ausnahmsweise entweder nur infoferne gebunden, als gewisse Formen, insbesondere die Mitwirkung der öffent­ lichen Behörden oder mit öffentlichem Glauben versehenen Personen nur für bestimmte Rechtshandlungen81) bestehen, oder auch infoferne, als bei Wahl einer bestimmten Form für deren Durchführung zwingende Vorschrif­ ten vorhanden sind.88) Das Nähere hierüber ist in §§ 70 ff. zu erörtern. *‘) Vgl. z. B. Art. 22, 25 Satz 2, Art. 26, 61 Not.Ges.: dann unten § 70 lit. B Ziff. II, 7 und im Erbrechte. le) Vgl. z. B. Art. 45 Abs. 1, Art. 49 Not.Ges., dann die Fälle der Ceitiorationen (Art. 20 Not.Ges ), die allerdings durch das Ges. v. 5. Mai 1890 (vgl. oben § 65 S. 464) wesentlich eingeschränkt sind, dann unten § 70 lit. B Ziff. 1—3. *’) Vgl. z. B. Art. 45 Abs. 2 Not.Ges.; dann die Fälle der Eintragungen ins Handelsregister (s. oben § 27 lit. A Ziff. IV $. 103 ff.; tz 54 S. 370 ff.), die Thätigkeit der Bereinsgerichte (s. oben § 3 Ziff. VII S. 368 , 369), die obervormundschastlichc Thätigkeit, die hypothekenamtliche Thätigkeit, soweit nicht einmal Vormerkungen cinzutragen sind; dann unten § 70 lit. B Ziff. 1 und 2. 18) Vgl. z. B. Art. 45 Abs. 1, Art 49 Not.Ges., dann die hypothekenamt­ liche Thätigkeit, soweit an Stelle der definitiven Einträge wenigstens Vormerkungen einzutragen sind, dann unten § 70 lit. B Ziff. 2 und 3. *'•) Vgl. unten lit. C Ziff. IV. !0) Vgl. Windscheid, Pand. I. S. 157. ’1) So kann die Mitwirkung der Gerichte, Gerichtsschreiber, Notare, Gerichts­ vollzieher, Handelsmäkler in dieser ihrer amtlichen Eigenschaft nur in solchen Fällen verlangt werden, die in ihren gesetzlich festgesetzten sachlichen Wirkungskreis ein­ schlagen; eine ziemlich allgemeine Vorschrift enthält in dieser Hinsicht Art. 17 Not.Ges. ”) Vgl. z. B. Art. 11 Abs. 1, Art. 12 Not.Ges., soweit hier nicht „gesctz-

U. Kapitel.

Entstehung, Veränderung und Untergang der Rechte.

467

Beruht die Anwendung einer Form auf Zwangsvorschrift, so sind Verschiedenheiten infoferne denkbar und anerkannt, als für die Rechtshandlung entweder überhaupt nur eine Form angewendet werden kann-'), oder infolge alternativer Formvorschristen den Beteiligten die Wahl zwischen verschiedenen gesetzlich bestimmten Formen gelassen ist, sei es insbesondere, daß an Stelle der Zuziehung von Zeugen öffentliche Beurkundung24 * *). * oder * * * an Stelle der öffentlichen Beurkundung seitens einer öffentlichen Behörde die Mitwirkung, insbesondere öffent­ liche Beurkundung seitens einer bestimmten mit öffentlichem Glauben versehenen Person2^), oder unter verschiedenen mit öffentlichem Glauben versehenen Personen gewählt werden kann2S),* *oder 28 daß ein Minimum an Formen vorgeschrieben ist und jede andere dieses Minimum umfassende Form angewendet werden darf.22) Insoweit die Anwendung bestimmter Formen auf einer für ganz Bayern geltenden landesgesetzlichen Zwangsvorschrift beruht, ist hier vornehmlich folgendes zu erwähnen: I. Zu B I. Die Zuziehung von Zeugen ist nur bei Aufnahme von Notariatsurkunden mit Beteiligung Blinder, Tauber, Stummer und Taubstummer, bei Nichtbekanntsein der Beteiligten, bei Uner­ fahrenheit eines Beteiligten im Schreiben ober Verhinderung desselben seine Unterschrift zu geben, ober wenn ein Beteiligter nicht ber deutschen Sprache mächtig ist und bei notarieller Errichtung und Hinterlegung letztwilliger Verfügungen vorgeschrieben.22) II. Zu B II. Schriftliche Abfassung durch die Beteiligten ist erforderlich für Schiedsverträge22), Vergleiche22), und für die weitere liche Vorschrift" in Frage kommt; Art. 17 Not.Ges. Wird öffentliche Beurkundung gewählt, so muß hier nicht nur ein Notar zugezogen, sondern es müssen von diesem auch alle gesetzlichen Vorschriften über die Errichtung von Notariatsurkunden be­ obachtet werden. Die Parteien können nicht auf Beobachtung solcher Formvor­ schriften verzichten. 28) Vgl. z. B Art. 14 Not.Ges., die Fälle der Gerichtsprotokolle. 24) Vgl. z.B. die Fälle der übermäßigen Schenkung, die gewöhnlich vor fünf Zeugen oder in Form des Art. 16 Not.Ges. errichtet werden kann; ferner die verschiedenen Testamentsformen mit Art. 25, 26, 60, 61 Not.Ges. 25) Vgl. z.B. Att. 11 Abs. 3 Not.Ges., Art. 19 A.G. z. R.C.P.O. 2e) Vgl. z.B. Art. 24 und 76 A G. z. R.C.P.O. ”) So müssen Swiedsverträge und Vergleiche schriftlich gemacht werden; es besteht aber kein Zweifel, daß sie giltig auch notariell beurkundet werden können, bezw. Prozeßvergleiche auch vom Prozetzgerichte: vgl. auch unten Nt. 30; § 68 lit. A Ziff. 3 S. 473 u. Art. 21 Not.Ges Ebenso können bei Errichtung von Notariatsurkunden statt zwei Zeugen gewiß auch drei und mehr zugezogen werden; s. unten § 70 lit. B 3ff. II, 4a. 28) Art. 57, 62, 69, 74 Not.Ges., Art. 60, 61 a. a. O. Alternativ kann an Stelle der Zeugen auch ein zweiter Notar zugezogen werden. 29) Art. 12 A.G. z. R C.P.O. 80) Kap. XVII tz 1 Nr. 11 der b. Ger.Ordn. v. 1753 mit Art. 81 A.G. z. R.C.P O. Alternativ ist hier auch gerichtliche Protokollierung, natürlich nur inso­ weit eine gerichtliche Zuständigkeit in concreto begründet ist, oder notarielle Be­ urkundung (Art. 21 Not Ges.) zugelassen. Bei gerichtlich protokollierten Vergleichen ist Art. 80 Abs. 3 Not.Ges. in gewissen Fällen zu beachten. Der Mangel der schriftlichen Fertigung oder Protokollierung, Beurkundung wird hier durch ganze

468

Viertes Hauptstück.

Bon den Rechte«.

Beschwerde auf dem Gebiete der nichtstreitigm Gerichtsbarkeit.") III. Zu B HI.

1. und zwar zu Ziff. 1: Bon öffentlichen Behörden oder mit öffentlichem Glauben versehenen Personen müssen selbst vorgenommen und öffentlich beurkundet werden: a) die freiwilligen und zwangsweisen Versteigerungen unbeweg­ licher Sachen nebst ihren Zubehörungen32); b) die in den Art. 310 und 375 des allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuches zugelassenen Versteigerungen beweglicher Sachen3^, wie auch die Versteigerungen sonstiger zu Faust­ pfand bestellter Sachen im Auftrage des Faustpfandgläubigers, soferne zur Veräußerung nach den Vorschriften des bürger­ lichen Rechtes ein gerichtlicher Ausspruch oder eine gerichtliche Ermächtigung erforderlich ist"); c) die Errichtung der Vermögensinventare, mögen sie infolge gesetzlicher Bestimmung oder eines richterlichen Beschlusses oder auf Antrag eines Beteiligten erforderlich sein33); d) die Entscheidungen, Zustellungen und Benachrichtigungen auf dem Gebiete der streitigen und nichtstreitigen Gerichtsbarkeit.33) 2. Zu Ziff. 2. In folgenden Fällen ist für Rechtshandlungen, bezw. Rechtsgeschäflx der Beteiligten öffentliche Beurkundung vor­ geschrieben: a) für Verträge, durch welche die Gütervcrhältnisse unter Ehe­ gatten bestimmt werden (Eheverträge)32); oder teilweise Erfüllung ersetzt. Art. 14 Not Ges. ist durch diese Vorschriften nur insoweit eingeschrüntt, als Reichsrecht (Prozeßvergleich vor dem Prozeßgerichte) in Frage kommt. S. unten § 68 Ziff. 3 S. 473. 81) Art. 65 Abs. 2 A G. z. R.C.P.O.; vgl. hiezu oben § 65 S. 465 Nt. 12. 82) Art. 18 Not.Ges.; Art. 29 (auch 36) Subh.Ordn. Soweit die öffentliche Beurkundung in Frage kommt, handelt es sich hier nur um einen Folgesatz des Art. 14 Not.Ges.; denn die Versteigerung und zwar auch die Zwangsversteigerung ist ein Verkauf, bei dem der Bersteigerungsbeamte, soweit die Versteigerung in Betracht kommt (nicht bei der Beurkundung), nur als Vertreter des Subhastaten Auftritt; s. hiezu Rehm, N.G. z. Art. 14 Nt. 4 Abs. 2; unten § 68 Ziff. 3 S. 473. 8S) Art. 24 A G. z. R.C.P.O.; s. Pfandrecht. M) Art. 48 des E.G. z. allg. deutsch. Hand.Ges.Buche v. 10. Nov. 1861 (W. V. S. 397); Art. 76 Ziff. 4 A G. z. R.C.P.O.; s. Pfandrecht. 85) Art. 19 Not.Ges ") Bezüglich Zustellungen vgl. § 152 ff. R.C.P.O., Art. 17—19 Subh.­ Ordn., Art. 60, 67 A G. z. R.C.P.Ö.; vgl. auch oben § 27 Nt. 49 S. 107 unb 8 53 Nt. 67 S. 369: Art. 61 Abs. 3; Art. 67 A.G. z. R.C.P.O.; §§ 27 und 34 Ziff. 3 der Dienstvorschriften für die Gerichtsschreiber v. 14. Sept. 1879 (W. XIII. S. 493); Art. 23, 24 Not.Ges. und § 124 Jnstr. z. Not Ges. 87) Art. 1 des Ges. v. 5. Mai 1890. Hierunter fallen nicht Verträge, welche nur die persönlichen Verhältnisse der Ehegatten unter sich und in Ansehung ihrer Kinder regeln, insbesondere nicht Verträge über religiöse Kindererziehung. Sobald aber hierin Erbfolge gemeinsam verabredet wird, ist der Begriff deS Erbvertrages für diesen Teil des Vertrages gegeben. Vgl. Näheres in meinen Ausführungen in der Jur. Monatschrist, Jhrg. 1894 S. 37, 38; auch hiezu, wie überhaupt zurr, zit. Ges. d. Not.Zeit. 1886 S. 314.

n. Kapitel.

Entstehung, Veränderung und Untergang der Rechte.

469

b) durch Verträge, durch welche jemand den anderen Vertrag­ schließenden oder einen Dritten zum Erben ernennt (Erb­ einsetzungsverträge) oder andere vermögensrechtliche Verfüg­ ungen trifft mit Ausnahme der Schenkungen von Todeswegen^); c) für Verträge, durch welche jemand auf ein ihm gegen den anderen Vertragschließenden kraft Gesetzes oder Vertrages zu­ stehendes Erbrecht verzichtet (Erbverzichtsverträge) 3"); d) für Einkindschaftsverträge"); e) für Rechtsgeschäfte, zu deren Giltigkeit bis zum 1. Juli 1862 zwar keine richterliche Prüfung oder Bestätigung, aber gericht­ liche Aufnahme oder siegelmäßigc Fertigung vorgeschrieben tont41 * *);42 * * ** * * * * * * * * * * * * * 40 f) für alle Verträge, welche die Besitzveränderung oder das Eigentum unbeweglicher Sachen oder diesen gleichgeachteter Rechte, oder dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen be­ treffen4^); g) für Bestellung von Hypotheken auch durch Eintrag in das Hypothekenbuch 4^); h) für die vor den Vermittlungsämtern der Militärbehörden und Gemeinden abgeschlossenen Vergleiche oder sonstigen Vereinbarungen 44)45 ; i) für die in das Handelsregister einzutragenden Thatsachen4^); M) Art. 1 Abs. 1 und 3 des Ges. v. 5. Mai 1890. Unter die Erbein­ setzungsverträge gehören die pacta hereditaria acquisitiva und conservativa, sowohl die einseitigen und wechselseitigen Erbverträge, wie auch die restitutiven, devolu­ tiven oder dispositiven Erbverträge; nicht die pacta de hereditate tertii, nicht Ver­ träge, wodurch sich jemand einem Anderen gegenüber verpflichtet, eine von ihm erworbene Erbschaft eines Dritten als Universalfideitommiß an den Anderen oder eine sonstige Person hinauszugeben. — Unter die Verträge, welche andere ver­ mögensrechtliche Verfügungen von Todeswegen treffen, gehören die Vermächtnisverträge^ Verträge über Zuwendungen condictionis implendae causa, nicht aber Schenkungen von Todeswegen, für welche die partikularrechtlichen Bestimmungen Platz greifen; nicht Verträge nichtvermögensrechtlicher Natur, wie über Bormunds­ ernennungen. Vgl. hieher Näheres in meinen Ausführungen in der Jur. Monatschr. Jhrg. 1894 S. 38, 39; auch b. Not.Zeit. 1893 S. 75—77 über die Form der Erbverträge. 8e) Art. 1 Abs. 1 des Ges. v. 5. Mai 1890. Soweit Erbverzichtsverträge gegenüber testamentarischem Erbrecht möglich sind, werden auch diese einzubegreifen sein: vgl. Näheres hierüber in meinen Ausführungen in der Jurist. Monatschrist, Jhrg. 1894 S. 39, 40. 40) Art. 1 Abs. 1 des Ges. v. 5. Mai 1890. Es sind Verträge, durch welche bei Wiederverehelichung des überlebenden Ehegatten die Kinder verschiedener Ehen gleich gestellt werden. Vgl. auch hieher jur. Monatschrist, Jhrg. 1894 S. 40. — Auch für die vertragsmäßige Aushebuna ober Aenderung der int Texte unter a—d bezeichneten Verträge ist öffentliche Beurkundung erforderlich. Vgl. Jurist. Monatschrift, Jhrg. 1894 S. 40, 41. 41) Art. 16 Not.Ges.; vgl. hiezu unten § 68 lit. B Ziff. IV, lag. 481. 42) Art. 14 Not.Ges. Siehe Näheres Anhang zu diesem Abschnitte. “) 8 9 Ziff. II tzyp.Ges. 44) Vgl. oben § 38 Ziff. 9a S. 244; § 55 S. 409. 45) Vgl. oben § 27 Ziff. IV S. 103 ff.; § 54 S. 370 ff.

470

Viertes HauptstLck.

Bon den Rechten.

k) für die Benachrichtigung der auszahlenden Kasse, von der nach Art. 2 des Gesetzes vom 18. Dezember 1887, die der Pfändung nicht unterworfenen Sachen und Forderungen betreffend, zulässigen Uebertragung oder Verpfändung der Gehälter und Pensionen der Hof-, Staats- und Gemeinde­ beamten, öffentlichen Diener und Geistlichen.^^) 3. Zu Ziff. 4. Hieher kommt insbesondere die obligatorische Prüfungsthätigkeit mit eventueller Bestätigung, Beschlußfassung, Begut­ achtung der Bormundschafts- und Berlassenschaftsgerichte, Hypothekcnfimtcr47), Notare, Fideikommißgerichte, des Registerrichters ^^), Vereins­ gerichtes"), der Behörden bei Arrogationen, Adoptionen, Legitimationen, Großjährigkeitserklärungeno°), Namensänderungen^7), im DepositalverId)rc52) u. s. w. in Betracht. Das Nähere ist hier bei den einschlägigen Materien bereits erwähnt, bezw. noch zu erwähnen; nur einige allge­ meine formale Bestimmungen sind in diesem Abschnitte noch anzuführcn. IV. Zu B IV. Der Mangel der vorgeschriebenen Form wird durch gänzliche oder teilweise Erfüllung des Geschäftes ersetzt bei Vergleichen^2) mit Ausnahme solcher, welche von den Vermittelungs­ ämtern der Militärbehörden und Gemeinden abgeschlossen finb.54) D. Die folgende Darstellung befaßt sich mit den Formen der Mitwirkung der öffentlichen Behörden oder mit öffentlichem Glauben versehenen Personen, soweit nicht schon im Vorhergehenden auf die einschlägigen Materien verwiesen ist. Hiebei werden in der Abhandlung über die Formen der notariellen Beurkundung auch die Fälle der Notwendigkeit von Zeugen näher erörtert.

II. Titel.

Pit IMitmitkieg btt Sfftutliche» Kehirbt« nb «it Hffeutliche» Glaube« »erskhtue« Petsoue«. § 66. Allgemeines. Die vollständige und vollgiltige Erfüllung der Form der Mit­ wirkung einer öffentlichen Behörde oder mit öffentlichem Glauben versehenen Person ist dadurch bedingt, daß **) Vgl. oben § 36 Ziff. V S. 222 (Beamte) und § 40 Ziff. 8 S. 265 (geistliche Personen); s. auch § 38 Ziff. 7 S. 240 (Militärpersonen). ") 88 96 ff. HyP.Ges. ") Bgl. oben § 27 Ziff. IV S. 103-111 und § 54 .164)

aus die Protokolle entsprechende Anwendung zu finden); §§ 11 und 12 über die Gcrichtsprotokolle (vgl. auch Rt. 164). *”) Vgl. hiezu § 11 Zisf. 4 der in Nt. 156 zit. M.Bek. v. 14. Sept. 1879; auch § 12 a. a. O. enthält keine abweichenden Vorschriften; s. hiezu jedoch auch Nt. 164. ’“) Vgl. hieher Art. 78 Abs. 2 A G. z. R.G.V.G. Finden in Angelegen­ heiten der nichtstreitigen Rechtspflege mündliche Verhandlungen nach Vorschrift der R.C.P.O. statt, so erfolgen dieselben öffentlich nach Maßgabe der §§ 170—176 R.G B G. Abgesehen von dem auf Grund des Art. 10 ff. E.G. z. allg. d. Hand.Ges.B. v. 10. Nov. 1861 stattfindenden Verfahren (vgl. oben § 27 S. 108 ff.) finden solche mündliche Verhandlungen in erster Instanz wohl nie statt; können aber stattfinben im Beschwerdeversahren nach Art. 56 A G. z. R.C P.O. 1M) Die Unterschrift der Beteiligten ist nicht erforderlich, aber zweckmäßig. — Im Einzelnen ist auS § 12 der in Nt. 156 zit. M.Bek. v. 14. Sept. 1879 noch Folgendes hieher erwähnenswert. Der Gcrichtsschreiber hat die Weisungen des Borfipenden oder Richters, wonach einzelne Vorgänge im Protokolle fest« zustellcn oder einzelne Aeußerungen ihrem Wortlaute nach in dasselbe auszunehmen sind, zu entsprechen; er ist aber selbständig dafür verantwortlich, daß das Protokoll wahrheitsgetreu ist, daß insbesondere nichts als geschehen angeführt wird, waS nicht geschehen ist, und daß kein Vorgang, dessen Beurkundung geboten ist, weg-

II. Kapitel. Entstehung, Veränderung und Untergang der Rechte.

521

3. Für die formale Abfassung der Gerichtsschreiberprotokolle in der streitigen wie nichtstreitigen Rechtspflege bestehen besondere reichsbezw. landesgesetzliche Normen nicht; im übrigen gelten folgende Vor­ schriften : Der Gerichtsschreiber hat zunächst das Gesuch oder die Er­ klärung auf das Vorhandensein der gesetzlichen Erfordernisse zu prüfen, insbesondere auch für diese, wie für die Bezeichnung der Beweismittel in den Fällen, in welchen sie vorgeschrieben ist, für die Vorlegung der erforderlichen Urkunden und sonstigen Schriftstücke und die Glaub­ haftmachung der Umstände, deren Glaubhaftmachung erforderlich ist, zu sorgen.165 * * )* * *Das * * * *Protokoll * * * * * * * *hat * * *Ort * * * *und Tag der Aufnahme und

gelassen wird. Vgl. hiezu auch Stölzel, Schulung für die civilistische Praxis, Berlin 1894 S. 284 ff., welcher jedoch irrig annimmt, daß durch das Diktieren des Protokolls die Verantwortlichkeit des Protokollführers zerstört werde; dagegen auch Vierhaus, Zeitschr. f. deutschen Civilprozeß Bd. XX. S. 531, welcher richtig bemerkt, daß der Protokollführer, wenn ihm nicht Borgekommenes oder das Borge kommene unrichtig diktiert werden sollte, die Niederschrift zu verweigern habe. — Das Protokoll ist bei den Verhandlungen selbst aufzunehmen. Auch ist 88 184 und 187 R.G.V G. zu beachten, wie überhaupt §§ 177—185 R.G.B.G. gemäß Art. 78 Abs. 1 A.G. z. R.G.B G. auch auf die nichtstreitige Ge­ richtsbarkeit Anwendung finden. — Das Protokoll über die Beeidigung der Richter und der übrigen in § 11 der zit. M.Bek. neben den Richtern genannten. Beamten und Personen muß den Ort und Tag der Verhandlung, die Namen der Richter und des Gerichtsschreibers, den Namen des Beeidigten und die Eidesformel enthalten; das Protokoll wird von dem Beeidigten, dem Richter, welcher die Be­ eidigung vorgenommen hat, und dem Gerichtslchreiber unterschrieben: § 12 letzter Absatz der zit. M.Bek.; vgl. daselbst auch über die Eintragung der Beeidigungen in ein fortlaufendes Register. — Weiterhin gellen auch hier die oben in Nt. 156 bezüglich der Ausfertigungen erwähnten Vorschriften in §§ 2 und 3 der zit. Min.Bek., Vorschriften, die im Hinblick auf K384R.C.P.O. sehr strenge befolgt werden sollten, was aber leider sehr feiten geschieht. Nur darf der Gerichtsschreiber sich hier leicht verständlicher Abkürzungen bedienen. Schriften, welche einem Protokolle als Anlagen beizufügen und als solche in dem Protokolle zu bezeichnen sind, sind mit diesem zusammenzuheften; die Schnur ist mit dem Gerichtssiegel zu befestigen. 165) § 9 Abs. 1 der M.Bek. v. 14. Sept. 1879. Zu diesem Zwecke muß sich der Gerichtsschreiber alle wesentlichen Umstände genau und bestimmt angeben lassen und zur Erlangung der erforderlichen Aufschlüsse geeignete Fragen stellen. Vermag der Antragsteller notwendige Aufschlüsse nicht zu geben ober notwendige Schriftstücke nicht sofort beizubringen, so kann der Gerichtsschreiber ihn veranlassen, sich vorerst die erforderliche Kenntnis oder die erforderlichen Schriftstücke zu ver­ schaffen. Die Aufnahme des Protokolls hat jedoch immer zu geschehen, wenn eine unerstreckliche Frist zu wahren ist, und darf auch in anderen Fällen nicht ver­ weigert werden, wenn der Antragsteller darauf besteht, seine Erklärung sofort ab­ zugeben. — Bei der Aufnahme von Protokollen in bürgerlichen Nechtsstreitigkeiten, im Konkursverfahren und in Sachen der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit hat der Gerichtsschreiber nach Maßgabe der §§ 14, 50 R G K.G. und der Art. 7 und 48 des b. Gebührenges. für die Angabe des Wertes des Gegenstandes des gerichtlichen Verfahrens zu sorgen: § 9 Abs. 2 a. a. O. — Die Gesuche und Erklärungen sind möglichst kurz mit Weglassung aller nicht zur Sache gehörigen Umstände nieder­ zuschreiben: § 9 Abs. 3 a. a. O. — Der Gerichtsschreiber soll auch alle den Um­ ständen des Falls entsprechende Sorgfalt anwenden, um sich vor Täuschungen be­ züglich der Persönlichkeit desjenigen, welcher den Antrag stellt oder bezüglich der Bevollmächtigung eines angeblichen Bevollmächtigten zu bewahren. Zu diesem

522

Viertes Hauptstück.

Von den Rechten.

die Bezeichnung desjenigen, dessen Erklärung beurkundet ist, nach Borund Familiennamen, Stand oder Gewerbe und Wohnort zu enthalten; es ist dem Antragsteller vorzulesen oder zur Durchsicht vorzulegen; im Protokolle ist zu bemerken, daß dies geschehen und die Genehmigung erfolgt ist. Das Protokoll ist von dem Antragsteller und dem Gerichts­ schreiber zu unterschreiben; ist der Antragsteller des Schreibens un­ kundig oder ist er am Schreiben verhindert, so hat er ein Handzeichen beizusetzen, welches der Gerichtsschreiber unter Angabe des Grundes, wegen dessen der Antragsteller sich eines Handzeichens bedient hat, besonders zu beglaubigen hat.'°bj

4. Gerichtliche Protokolle, die über einen Anspruch errichtet sind, welcher die Zahlung einer bestimmten Geldsumme oder die Leistung einer bestimmten Quantität anderer vertretbarer Sachen oder Wert­ papiere zum Gegenstände hat, und in welchen sich der Schuldner der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwirft, müssen, wenn aus ihnen die sofortige Zwangsvollstreckung stattfinden soll, unter Beob­ achtung der in Art. 64 bis 66, 69, 70 bis 72 des bayerischen Nota­ riatsgesetzes vorgeschriebenen Förmlichkeiten errichtet toctben.167 * * )166 168 169 D. Prüfungen, Bestätigungen und gutachtliche Aeoßeruuge« der Gerichte und

saastigeu Behörde«, «it Ausschluß der hypathrkeuamtlichru Thätigkeit.

In allen Fällen, in welchen nach Maßgabe teils allgemein landes­ gesetzlicher Vorschriften, teils Vorschriften des örtlichen bürgerlichen Rechtes, teils instruktioneller Vorschriften Prüfungen, Bestätigungen, bezw. gutachtliche Aeußerungen der Gerichte oder sonstiger Behörden B. Staatsanwaltschaft, Ministerium) erforderlich sind1C8), kommt diesen regelmäßig auch Jnstruktionsbefugnis und Jnstruktionspflicht innerhalb des Rahmens ihrer Prüfungs- und Bestätigungspflicht, bezw. BegutachtungspflichtWi>) zu. Inwieweit jene reicht, ist bei den ein«

Behufe kann er erforderlichen Falls die Vorlage von Legitimationspapieren, die Stellung von Jdentitätszeugen u. s. w. verlangen: tz 4 a. a. O. 166) § 9 Abs. 3 der M.Bet. v. 14. Sept. 1879. Ein Formular ist in An­ lage I dieser M.Bek. beigegeben. — Bezüglich § 124 R.C.P.O. vgl. noch § 10 der zit. M.Bek.; jedoch auch M.Bet. v. 25. Juli 1880 und 22. Juli 1885. — Ueber die Amisstunden der Gerichtsschreibereien f. § 1 der M.Bet. v. 14. Sept. 1879. 167) § 702 Zisf. 5 R.C.P.O. mit Art. 80 Abs. 3 Not.Ges. bezw. Art. 126 Ziff. 4 A G z. R.C.P.O. Dgl. hiezu oben lit. B Zisf. II S. 496 ff. 168) Bgl. oben § 65 S. 470 Ziff. 3; § 68 lit. B Ziff. II, 1 S. 476, 477; Ziff. VII S. 487. 169) Bgl. hieher insbesondere bezüglich Großjährigkeitserklärungen, Adoptionen, Legitimationen, Befteiung von der gerichtlichen Inventur und Subhastation § 50 der Dienstesvorschriften für die Staatsanwälte v. 20. Juni 1862 (W. VI. S. 13), sowie den oben § 16 Nt. 9 S. 45 bereits angeführten Abs. 2 des § 50; auch § 53 der Formationsverordnung für die Ministerien v. 9. Dez. 1825 (W. II. S. 368) ; bezüglich Namensänderungen die oben § 68 Nt. 25 S. 476 zit. M.Bet.; bezüglich der landwirtschaftlichen Erbgüter oben § 68 Nt. 26 S. 477; im übrigen sind auch die einzelnen bürgerlichen Rechte zu beachten.

II. Kapitel.

Entstehung, Veränderung und Untergang der Rechte.

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schlägigen Materien zu erörtern. Die Amtsgerichte können jedoch die diesbezüglichen Verhandlungen mit Zustimmung der Beteiligten ganz oder teilweise einem Notare übertragen""), wie auch die Beteiligten selbst befugt sind, in den zur Zuständigkeit der Gerichte gehörigen Rechtsgeschäften ihre desfallsigen Erklärungen durch einen Notar aufnehmen zu lassen.171) In allen Fällen, in welchen sodann eine Notariatsurkunde dem Gerichte zur Prüfung und Beschlußfassung vorzulegen ist, hat der Notar dem Gerichte die Urschrift zu übersenden; das Gericht setzt seinen Beschluß auf die Urschrift17^) und behält entweder diese bei dem gerichtlichen Akte, insbesondere wenn sie Erklärungen der Beteiligten enthält und diese Erklärungen einen Bestandteil der gerichtlichen Akten zu bilden haben17"), oder sendet sie an den Notar zurück, wenn zwar letztere Voraussetzung gegeben ist, aber die Notariatsurkunde auch noch andere Erklärungen enthält171) oder die Urkunde überhaupt nicht einen Bestandteil gericht­ licher Akten zu bilden hat, in welchen Fällen dem Gerichte lediglich beglaubigter Auszug, bezw. beglaubigte Abschrift der Urschrift zu den Akten zu übersenden ist. Der Gerichtsbeschluß ist in alle Ausfertig­ ungen und Abschriften aufzunehmen.17") Die Form der Gerichts­ beschlüsse unterliegt den gewöhnlichen Grundsätzen.17") Soweit im Einzelnen nicht ausdrückliche Vorschriften bestehen, ist bei der Instruktion vor allem darauf zu sehen, daß dir einschlägigen thatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse genau erhoben und festgestellt und vornehmlich alle jene Personen gehört werden, welche unmittelbar an den Wirkungen des Rechtsaktes beteiligt, insbesondere deren Rechte durch den Vollzug des Rechtsaktes verletzt oder gefährdet sind. In denjenigen Fällen, in welchen lediglich gutachtliche Aeußerung der Gerichte oder sonstiger Behörden erforderlich ist, erfolgt dieselbe in der vorgeschriebenen Berichtsform.177) Die etwa notwendige Be-

17°) Art. 51 Not.Ges.; natürlich nicht die Prüfung, Bestätigung, gutachtliche Aeußerung; vgl. oben § 68 lit. B Ziff. IV, 4 S. 485. m) Art. 11 Abs. 3 Not.Ges.; vgl. hiezu oben § 70 lit. B S. 510 Ziff. 11 a. *”) Art. 13 Abs. lu.2 Not.Ges.; vgl. hiezu oben lit. B Ziff. II, 11 a S. 510 ff. *”) Art. 11 Abs. 3 und Art. 82 Äbs. 1—3 Not.Ges. Bestandteile gericht­ licher Akten haben zu bilden Inventare in Vormundschaften, nicht aber die von dem Notare beurkundeten Verträge mit Beteiligung Minderjähriger (z. B. AlimentationS- und Baterschastsverträge), dann Inventare und Erklärungen in Berlassenschaften, die bei Gericht verhandelt werden, Erklärungen in Adoptionssachen (Arro< gations- und Adoptionsverträge), Legitimationssachen. "*) Art. 11 Abs. 3 Not.Ges.; so wenn z. B. ein Arrogationsvertrag zu­ gleich einen Erbverzicht des Wahlkindes gegenüber dem Wahlvater, also auch einen Erbverzichtsvertrag enthält. *”) Dies gilt nicht blos für die von Notaren zu erteilenden Ausfertigungen und Abschriften (Art. 13 Abs. 2 Not.Ges.), sondern auch für die von den Gerichten zu erteilenden (§ 14 der Dienstvorschriften für die Gerichtsschreiber v. 14. Sept. 1879 [9B. XIII. S. 503]); vgl. auch oben § 70 S. 513 Ziff. 12. l,e) Vgl. oben § 70 lit. C S. 516 ff., insbesondere Nt. 154 bezüglich leser­ licher Unterschrift. *”) Vgl. Näheres im V. Buche.

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BieneS Hauptstück.

Bon den Rechten.

stätigung, Genehmigung oder Reskribierung des Königs erfolgt in der Form der königlichen Entschließung?^) E. Die Proteste.

Die Proteste bei Wechseln und kaufmännischen Anweisungen werden von den Notaren oder Gerichtsvollziehern ausgenommen?") Die Form der durch die Notare aufgenommenen Wechselproteste bemißt sich nicht nach den Vorschriften des Notariatsgesetzes, sondern nach Art. 88—90 der deutschen Wechselordnung?^) Die Proteste bei kauf­ männischen Anweisungen unterliegen denselben Formen, wie die Wechselproteftc?81) Im Einzelnen gelten folgende Vorschriften?8^) 1. Der Protest muß enthalten: a) eine wörtliche Abschrift des Wechsels, bezw. der Anweisung oder der Kopie und aller darauf befindlicher Indossamente und Bemerkungen; b) den Namen oder die Firma der Personen, für welche"8) und gegen welche184 178 )* der * * 181 188 Protest 182 *erhoben wird; c) das an die Person, gegen welche protestiert wird, gestellte 178) Vgl. oben § 68 Ziff. VII S. 487. 17e) Vgl. oben § 68 lit. B Ziff. VI, 7 S. 487. 18°) Art. 79 Not.Ges.; § 125 Abs. 2 der Jnstr. z. Not.Ges. Jedoch ist § 45 Not.Ges. zu beachten: vgl. Rehm zu Art. 79 Not.Ges. Nt. 1 Abs. 1 und die dortigen Zitate.

181) Ges. v. 29. Juni 1851, die kaufmännischen Anweisungen betr. (W. IV. S. 265), Art. 1 mit Art. 47 des E G. z. Hand-Ges.B. v. 10. Nov. 1861 (W. V. S. 397). Eine Protesterhebung Mangels Annahme giebt es aber hier nicht: Art. 3 und 5 des Ges. v. 29. Juni 1851. 182) Art. 87—90, 92 Abs. 2 der deutsch. Wechselordnung: J.M.Bek. vom 3. Juli 1856 Instruktion für die Genchtsbeamlen über die Aufnahme der Proteste bei Wechseln und kaufmännischen Anweisungen (mit Formularen) (W. IV. S. 760); § 91 der M.Bek. v. 30. Sept. 1879, die Ausführung der Zwangsvollstreckungen und einiger anderer Geschäfte durch die Gerichtsvollzieher betr. (W. XIV. S. 122). — Ob der Protest bei Nichtbeachtung der einen oder anderen Formvorschrift ungiltig ist, hängt davon ab, ob die fehlende Formalität im konkreten Falle als wesentlich zu erachten ist; vgl. Näheres bei Frhr. v. Canstein, Wechselrecht S. 343 Nt. 59.

188) Bezüglich des Antrags aus Protesterhebung vgl. besonders § 7 der J.M.Bek. v. 3. Juli 1856: Der Antrag findet statt durch den Inhaber des Wechsels (Art. 18 Abs. 3 und Art. 29 Abs. 3 der Wechs.Ordn.) mittelst dessen Vorlage unter mündlicher Angabe, daß der Bezogene die Deklarierung seines Acceptes ver­ weigern oder daß der Wechsel vom Bezogenen nicht angenommen oder bezahlt werde, oder daß das eine oder das andere nicht für die bezügliche volle Summe oder unter Einschränkungen z. B. Bedingungen geschehe u. s. w., oder wenn es sich um eine Anweisung handelt, daß der Assignat die Anweisung gar nicht oder nicht für die volle Summe oder unter Einschränkungen u. s. w. bezahlen wolle (Art. 20 Abs. 1, Art. 22 Abs. 1 und Art. 38 im Zusammenhalte mit Art. 21 Abs. 2 der Wechs.Ordn., sowie Art. 3 und 4 des Ges. v. 29. Juni 1851). 1M) Bezüglich domizilierter Wechsel s. abgesehen von Art. 35 und 43 der Wechs.Ordn. auch § 13 der J.M.Bek. v. 3. Juli 1856.

H. Kapitel.

Entstehung, Veränderung und Untergang der Rechte.

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Begehren, ihre Antwort oder die Bemerkung, daß sie keine gegeben habe, oder nicht anzutreffen gewesen fd185); d) die Angabe des Ortes, sowie des Kalendertages, Monates und Jahres, an welchem die Aufforderung geschehen oder ohne Erfolg versucht worden ist; e) im Falle einer Ehrenannahme oder einer Ehrenzahlung die Erwähnung, von wem, für wen und wie sie angeboten und geleistet totrb180); f) die Unterschrift des Beamten, welcher den Protest ausgenommen hat, mit Beifügung des Amtssiegels. 2. In dem Proteste, wie in dem etwa - über die Protestation aufzunehmenden Protokolle ist auch ausdrücklich zu bemerken, mit welchem Stempel die protestierte Urkunde versehen oder daß sie mit einem Reichsstempel nicht versehen ist186 187) 3. Wenn von einem Inhaber mehrere Wechsel oder Anweisungen auf ein und denselben Bezogenen mit gleichem Inhalte, d. h. gleichem Aussteller, gleichem Giranten, gleicher Ausstellungs- und Berfallzeit und nur in verschiedenem oder auch gleichem Betrage zur Protest­ erhebung vorgelegt werden, so können dieselben auf Verlangen des Inhabers der Wechsel oder Anweisungen in einen Protest ausge­ nommen werden; der Protesturkunde müssen jedoch in einem solchen Falle vollständige Abschriften sämtlicher Wechsel oder Anweisungen, beigefügt werden. 186) Vgl. besonders §§ 8—11 der J.M.Bek. v. 3. Juli 1856: Der Beamte hat sich sofort in daS Geschäftslokal oder in Ermangelung eines solchen in die Wohnung des Bezogenen zu begeben, diesem den Wechsel bezw. die Anweisung mit der Frage — je nach Antrag — ob er annehme, ob er bezahle? vorzulegen und seine Antwort, ohne nach dem Beweggründe der Entschließung des Befragten sich zu erkundigen, entgegen zu nehmen, oder daß eine Antwort nicht zu erlangen gewesen sei, im Proteste zu erwähnen (Art. 91 Wechs.Ordn ). Ist der Protestat nicht selbst anwesend, so ist zu bemerken, ob ein Teilnehmer seines Geschäftes oder ein Kommis, Diener oder wer sonst anzutreffen gewesen sei und dem Beamten auf sein Befragen eine Antwort und welche gegeben habe. Ist im Geschäftslokale oder der Wohnung des Bezogenen Niemand zu treffen, oder sind dieselben dem Beamten nicht bekannt und durch die desfallS zu befragende Polizeibehörde des Ortes nicht zu ermitteln, so ist das Bezügliche in dem Proteste zu erwähnen (Art. 91 a. a. O.). 1M) Wenn die als Noladreffe benannte Person sich zu einer Ehrenannahme oder Ehrenzahlung nicht versteht oder nicht zu ermitteln ist, so finden die Vor­ schriften der 88 6-9 der J.M.Bek. v. 3. Juli 1856 (vgl. Ziff. 3, Nt. 183 und 185) Anwendung: § 12 Abs. 2 a. a. O. 187) Vgl. hiezu R G. v. 10. Juni 1869, die Wechselstempelsteuer betr. (W. VIII. S. 153) insbesondere § 21 und v. 4. Juni 1879, die Abänderung erst­ genannten Ges. betr. (R.G.Bl. S. 151); Ber. v. 8. Mai 1871, die Wechselstempel­ steuer und das Verfahren bei Zuwiderhandlungen gegen das Wechselstempelsteueraesetz betr. (R.Bl. S. 921; W. IX. S- 2); ferner § 91 Abs. 2 und 3 der zit. M.Bek. v. 30. Sept. 1879, wo die weiter zu beachtenden Bekanntmachungen und M.Entschl. aufgesührt sind. — Bezüglich der Gebühren s. Art. 127 und 154 des b. Gebührenges. in der Textierung von 1892 und § 91 Abs. 1 der M.Bek. Pom 30. Sept. 1879.

526

Viertes Hauptstück.

Bon den Rechten.

4. Muß eine wechselrechtliche Verpflichtung oder eine Verpflichtung aus einer Anweisung von mehreren Personen verlangt werden, so ist über die mehrfache Aufforderung nur eine Protesturkunde erforderlich. 5. Protesturkunden dürfen an Sonn- oder denjenigen Feiertagen nicht ausgenommen werden, welche nach den Gesetzen oder dem Her­ kommen eines jeden Ortes bisher als christliche Feiertage im Wechsel­ geschäfte gegolten haben. 6. Die Zuziehung von Zeugen oder eines Protokollführers ist nicht erforderlich. 7. Die Protesturkunde selbst erhält der Auftraggeber.^») 8. Die aufgenommenen Proteste sind vom Notar, bezw. Gerichts­ vollzieher, nach dem ganzen Inhalte Tag für Tag und nach Ordnung des Datums in ein besonderes Register einzutragen, welches von Blatt zu Blatt mit fortlaufenden Zahlen versehen ist.188 189) Den Beteiligten ist auf Ansuchen von den sie betreffenden Einträgen in Gegenwart des Beamten Einsicht nehmen zu lassen, oder auf Ansuchen beglaubigte Abschrift zu erteilen.190) F. zusteLmrgen und Benachrichtigungen.

I. Für die Zustellungen innerhalb der streitigen Rechtspflege sind reichsrechtliche Normen, die Bestimmungen der Reichs-Cwilprozeßordnung maßgebend.191) 188) Die Aufnahme der Protesturkunde hat sofort zu erfolgen und der Beamte dafür zu sorgen, daß der Requirent dieselbe womöglich noch an dem näm­ lichen oder längstens am anderen Tage Mittags zwölf Uhr am Gerichtssitze in Empfang nehmen kann: § 11 der J.M.Bek. v. 3. Juli 1856 unter Hinweis auf die in Art. 45 Wechs Ordn, statuierte Regreßpflicht. Vgl. hieher Art. 25, 54, 58 Wechs.Ordn.: Art. 82 Not.Ges.; § 125 Abs. 2 der Jnstr. z. Not.Ges. 18e) Art. 90 Wechs.Ordn.; § 14 Abs. 1 der M.Bek. v. 3. Juli 1856; §§ 27 und 35 der M.Bek. v. 22. Sept. 1879, Dienstvorschriften für die Gerichtsvollzieher bett. (W. XIV. S. 723): „Die Zahl der Blätter des zu bindenden Protestregisters der Gerichtsvollzieher wird vom dienstaussichtsührenden Amtsrichter am Schlüsse des Registers unter Beifügung seiner Unterschrift und Beidruikung des Gerichts­ siegels vermerkt; jedes Blatt ist von dem Amtsrichter mit seinem Handzuge zu bezeichnen"; § 125 Abs. 2 der Jnstr. z. Not.Ges. 19°) § 14 Abs. 2 der M.Bek. v. 3. Juli 1856 mit Art. 3 A.G. z. R.C.P.O.; s. auch bezüglich Editionspfiicht im Abschnitte über das Recht der Schuldverhältniffe. 191) §§ 152—190 R.C.P.O.; M.Bek. v. 14. Sept. 1879, Dienstvorschriften für die Gerichtsschreiber bett. (W. XIII. S. 515); §§ 27, 28 (Zustellungen), §§ 29 (Ladungen), 33, 35 (Aushändigung von Entscheidungen), § 36 (Niederlegung von Schriftstücken auf der Gerichtsschreiberei), § 37 (Zustellung durch Nieder­ legung von Schriftstücken auf der Gerichtsschreiberei), auch §§ 38, 39 (Hinter­ legungen, Ueberftndung von Geldbeträgen und Erhebungsanweisungen an die im Verhandlungstermine nicht erschienenen Beteiligten); M.Bek. v. 25. Sept. 1879, die Ausführung der Zustellungen und Anheftungen durch die Gerichtsvollzieher bett. (W. XIV. S. 7 ff.), 88 1-23; M.Bek. v. 16. Juli 1881, den Dienst der Gerichtsschreiber und Gerichtsvollzieher bett. (W. XV. S. 314); M.Bek v. 24. Mai 1888, die durch die Post zu bewirkenden Zustellungen bett. (J.M.Bl. S. 131); v. 8. Ott. 1889 gleichen Betr. (J.M.Bl. S. 191); v. 20. Dez. 1889, den Vollzug

II. Kapitel.

Entstehung, Veränderung und Untergang der Rechte.

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II. Die Zustellungen auf dem Gebiete der nichtstreitigen Rechtspflege^^) sind entweder solche, welche schon kraft gesetzlicher Vor­ schrift nach den Bestimmungen der Reichs-Civilprozeßordnung zu voll­ ziehen finb193) oder solche, für welche wenigstens die analoge Anwendung dieser Bestimmungen instruktionell vorgeschrieben ist194), oder solche, für welche nicht einmal diese analoge Anwendung Platz greift, sondern sogar durch Dienstesvorschrift untersagt ist195) Dies ist der Fall bei Zustellungen von Beschlüssen, Verfügungen und Mitteilungen der Gerichte erster Instanz in Hypotheken-, Vormundschafts- und Verlassen­ schaftssachen, in den übrigen zur Zuständigkeit der Amtsgerichte ge­ hörigen Angelegenheiten der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit und in Familienfideikommißsachen; hier genügt, soferne überhaupt ein Nach­ weis über die erfolgte Zustellung zu den Akten gebracht werden soll, eine Zustellung durch den Gerichtsvollzieher oder das Dienerpersonal des Gerichtes in Form einer Behändigung gegen Empfangsbescheinigung oder in ähnlicher Weise, im Falle der Zustellung durch die Post eine eingeschriebene Sendung gegen Rückschein, sonst einfach die Behändigung seitens des Gerichtsvollziehers oder Gerichtsboten oder Uebersendung durch die Post.'99) Indes kann auch in anderen Sachen der nichtdes § 167 R.C.P.O. betr. (J.M.Bl. S. 248); v. 20. Dez. 1889, die Zustellungen durch die Post und durch Niederleguna betr. (J.M.Bl. S. 249); v. 23. Juni 1890, Zustellung an Gefangene betr. (J.M.Bl. S. 197); über Zustellungen an Militürpersonen und Exterritoriale s. Rt. 196. lM) Ber. v. 6. Sept. 1879, die Geschäftseinrichtung der Gerichtsschreibereien und die Schreibgebühren bei den Gerichten betr. (W. XIII. S. 403) § 1 mit §§ 27, 28, 35 der in Rt. 191 zit. M Bek. v. 14. Sept. 1879; Ber. v. 6. Sept. 1879, die Gerichtsvollzieherordnung betr. (W. XIII. S. 390) § 6 Abs. 1 Ziff. 3 mit J.M.Bek. v. 11. Sept. 1879, die Ausführung der Gerichtsvollzieherordnung betr. (W. XIII. S. 440) § 17; M.Bek. v. 25. Sept. 1879 (s. Rt. 191) §§30-34 und M.Bek. v. 16. Juli 1881 (s. Rt. 191). ”•) Vgl. über solche Fälle § 30 Abs. 1—5 der zit. M.Bek. v. 25. Sept. 1879; besonders hieher erwähnt seien: Zustellungen der auf die Fühmng des Handelsregisters bezüglichen gerichtlichen Beschlüsse und Berfiioungen (vgl. oben § 27 S. 107 Rt. 49), der vom BereinSgerichte erlassenen Beschlüsse und Ver­ fügungen (vgl. oben § 53 S. 369 Rt. 67), der gerichtlichen Entscheidungen über die Verpflichtung zur Leistung der Rechtshilfe (§ 160 R.G.B G; Art. 77 A G. z. R.G.B.G.), im Verfahren vor dem KompetenzkonflittSgerichtShose (vgl. oben § 63 E. 455 ff.), im Falle des Art. 23, 24 Rot.Ges. mit Art. 126 Ziff. 3 A.G. z. R.C.P.O. (vgl. oben § 68 E. 486 Rt. 89). ,M) § 30 Abs. 5 der zit. M.Bek. v. 25. Sept. 1879: Die Gerichtsvollzieher haben überhaupt alle Zustellungen, mit deren Vornahme sie beauftragt werden, mit Ausnahme der in den §§ 31 Abs. 1 und § 33 a. a. O. bezeichneten, soferne ihnen nicht eine andere Anweisung erteilt ist, nach den für Zustellungen in Sachen der streitigen Gerichtsbarkeit geltenden Bestimmungen auszusühren. Vgl. hiezu Rt. 191. 1M) § 30 Abs. 5, § 31 der M.Bek. v. 25. Sept. 1879. *••) „Die Gerichtsvollzieher haben bei diesen Zustellungen, für welche die bisherigen Vorfchriften maßgebend bleiben, in gleicher Weise, wie daS Diener­ personal der Gerichte zu verfahren": § 31 Abs. 1 der M.Bek. v. 25. Sept. 1879 mit § 31 Abs. 2 a. a. O., § 34 der M.Bek. v. 14. Sept. 1879 Ziff. 3 Abs. 2 und 3 und § 15 der Reichspostordnung vom 21. März 1879 (W. XII. S. 668);

528

Viertes Hauptstück.

Lon den Rechten.

streitigen Gerichtsbarkeit die Zustellung in Form der Behändigung gegen Empfangsbescheinigung oder in ähnlicher Weise angeordnet werben.197) III. Wollen Parteien außerhalb desProzesses dieZustellung von Erklärungen, welche sie zur Wahrung ihrer Rechte dienlich erachten, nach den Vorschriften der Reichs-Civilprozeßordnung über Zustellungen bewirken lassen, so findet eine Vermittelung der Zustellung durch den Gerichtsschreiber nicht statt.199) Zur Zustellung von Erklärungen, welche Zugeständnisse, Anerbietungen, Einwilligungen ober Verzichte zum Gegenstände haben, bebarf der Gerichtsvollzieher einer besonderen Ermächtigung, welche durch Notariatsurkunde oder durch eine mit obrigkeitlich oder notariell beglaubigter Unterschrift des Vollmacht­ gebers versehene Privaturkunde zu erteilen ist. Beglaubigte Abschrift der Vollmachtsurkunde muß ebenfalls zugestellt werden, wenn die zugestellte Erklärung rechtlich wirksam sein soll. Die Zustellung erfolgt durch Uebergabe einer beglaubigten Abschrift199) der von dem Auftrag­ geber dem Gerichtsvollzieher übergebenen schriftlichen Erklärung und durch Beurkundung der erfolgten Uebergabe, sei es durch den Gerichts­ vollzieher selbst ober burch bie Post; bic Urschrift ber Erklärung unb

§ 17 der M.Bek. v. 11. Sept. 1879, die Ausführung der Gerichtsvollzieherordnung detr. (W. XIII. S. 445); (vgl. hierüber Näheres oben § 68 lit. B Ziff. VI, 4 mit Nt. 88 S. 486), mit M E. v. 2. Dez. 1862, die Verwendung der Landpostboten im landgerichtlichen Botendienste betr. (W. VI. S. 127; J.M.Bl. 1863 Erg.Hft. S. 16); v. 14. März 1863 gleichen Betreffs (W. VI. S. 155) und Ziff. I der M.Bek. v. 27. Juli 1880, die Zustellungen in Strafsachen betr. (J.M.Bl. S. 282), J.M.Bek. v. 11. Dez. 1880, die Form der Ladungen betr. (J.M.Bl. S. 461) mit MBek v 6. April 1874, die Vereinfachung des dienstlichen schriftlichen Verkehrs betr. (J.M.Bl. S. 108) § 4 Abs. 6 und 7); ferner Ber. v. 23. Aug. 1879 zum Vollzüge des A G. z. R.G.B G. (W. XIII. S. 332) §§ 27—34; insbesondere §31 über die Zustellungsgebühren des Dienerpersonals mit Ber. v. 10. Dez. 1875, die Borlade- und Zustellgebühren in den Landesteilen r/Rh. (W. XI. S. 244) nebst den bei W. a. a. O. Nt. 1 und 2 zit. weiteren gesetzlichen Bestimmungen und M E. Ziff. 62 c des Landtagsabschiedes v. 29. Dez. 1831 (W. II. S. 595); § 4 der Bollz.Borschr. zum früheren Toxregulativ v. 24. Aug. 1852 (W. XI. S. 244 Nt. 1); M Bek. v. 11. Aug. 1877, die Zustellgebühren der Gerichts- und Amtsdiener betr. (W. XII. S. 171); Art. 5 des b. Gebührenges. in der Fassung von 1892, auch § 4 der Ber. v. 6. Sept. 1879, die Gebühren der Gerichtsvollzieher betr. (W. XIII. S. 400) mit M.Bek. v. 16. Juli 1881 Ziff. 1 (s. oben Nt. 191). Ueber Zustellungen an Militärpersonen s. oben § 38 Ziff. 8 S. 241; an Exterri­ toriale s. oben § 18 Ziff. 2 S. 61; an Gefangene s. oben § 68 lit. B Ziff. VI S. 486 Nt. 88 und oben Nt. 191 S. 526.

"») § 31 Abs. 2 der M.Bek. v. 25. Sept. 1879.

*••) Art. 17, 18 A G. z. R.C.P.O.; § 32 der M.Bek. v. 25. Sept. 1879, wo auch einzelne besondere Anwendungsfälle aufgeführt sind. — Vgl. hieher auch d. Not.Zeit. 1881 S. 254. — Diese Vorschriften des Art. 17, 18 A G. z. R.C P.O. finden auch Anwendung, wenn aus Betreiben eines Anwaltes die Zustellung erfolgt: E. d. obst. L.G. XV. 53. Vgl. ebenda und E. d. obst. L.G. XV. 262 über An­ wendung dieser Gesetzesstellen für Zustellungen im Hypothekreinigungsverfahren. 1W) Ueber Fertigung der beglaubigten Abschriften vgl. ß 3 Abs. 2 der M.Bek. v. 25. Sept. 1879 mit § 13 der Dienstvorschriften für die Gerichtsvollzieher vom 22. Sept. 1879 (W. XIII. S. 715) und § 156 R.C P.O.

U. Kapitel.

Entstehung, Veränderung und Untergang der Rechte.

529

Bollmachtsurkunde ist mit der Zustellungsurkunde dem Auftraggeber zurückzugeben. Für die Erlassung der in § 185 der Reichs-Civilprozeßordnung genannten Ersuchschreiben ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirke die Partei, welche die Zustellung machen läßt, oder wenn die Zustellung im Auftrage mehrerer Personen erfolgt, eine derselben ihren Wohnsitz, in Ermangelung eines solchen ihren Aufenthalt hat. Die öffentliche Zustellung erfolgt mittelst einmaliger Einrückung eines Auszugs des Schriftstückes in dasjenige Blatt, welches für den Sitz des Gerichtes zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmach­ ungen bestimmt ist, sowie in den deutschen Reichsanzeiger. Das Gericht kann an ordnen, daß der Auszug noch in andere Blätter und zu mehreren Malen eingerückt werde. Mit der letzten Einrückung gilt die Zustellung als bewirkt. Wo gesetz- oder verordnungsmäßig Proteste, Anerbietungen, Kündigungen oder sonstige Erklärungen gerichtlich gemacht oder ge­ richtlich mitgeteilt werden müssen, hat die im Auftrage der Beteiligten durch einen Gerichtsvollzieher geschehene Zustellung die Wirkung der gerichtlich gemachten oder mitgeteilten Erklärung?"") IV. Die Mitwirkung des Gerichtsvollziehers zu einem Real­ anerbieten — thatsächlichem Anbieten der Erfüllung einer Verbindlich­ keit an den Gläubiger — kann zu dem Behufe in Anspruch genommen werden, um für den Fall, daß der Gläubiger die Annahme verweigert, eine öffentliche Urkunde darüber zu erlangen, daß die Erfüllung that­ sächlich angcboten und von dem Gläubiger zurückgewiesen worden ist. Der mit dem Realanerbieten beauftragte Gerichtsvollzieher hat dem Gläubiger die Erklärung des Auftraggebers, worin dieser die Erfüllung anbietct und den Gläubiger zur Annahme auffordert, zuzustellen und zugleich die Erfüllung thatsächlich anzubieten. Die Zustellung erfolgt nach den für Zustellungen außerhalb des Prozesses geltenden Vor­ schriften (f. Ziff. III). Zur Zustellung bedarf der Gerichtsvollzieher besonderer Ermächtigung. Das Anbieten der Erfüllung geschieht in der Regel dadurch, daß der Gerichtsvollzieher den zu leistenden Gegen­ stand mitbringt, denselben dem Gläubiger vorzeigt und sich bereit erklärt, ihn nach Maßgabe der zugestellten Erklärung zu übergeben. Ist der Gegenstand an dem Orte zu übergeben, an welchem er sich befindet, so hat der Gerichtsvollzieher dem Gläubiger zu erklären, daß er in den Stand gesetzt und bereit sei, die Uebergabe zu bewerkstelligen, und ihn aufzufordern, das von seiner Seite Erforderliche vorzukehren. Der Gerichtsvollzieher hat sodann die Erklärung des Gläubigers entgegcnzunehmen und, wenn dieser zur Annahme bereit ist, die Ueber­ gabe gegen Quittung zu bewerkstelligen. Wird die Annahme verweigert oder eine Antwort nicht abgegeben, so ist der angebotene Gegenstand dem Auftraggeber zurückzugeben. Der ganze Vorgang muß beurkundet

10°) Art. 19 A G. z. R.C.P.O. Becher, Landescivilrecht und LandeScivilprozetzrecht.

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Viertes Hauptstück.

Bon ben Rrchtm.

werden. Die Beurkundung wird mit der Zustellungsurkunde verbunden. In der Urkunde ist anzugeben, daß die Erfüllung angeboten worden ist, und wie das Anerbieten erfolgt ist; es ist ferner die Antwort des Gläubigers oder die Verweigerung einer solchen anzuführen. Kann das Realanerbieten wegen Abwesenheit des Gläubigers nicht erfolgen, so ist dies zu beurkundend^) V. Soweit in einzelnen Fällen der Gerichtsschreiber bloß ein­ fache Mitteilungen oder Benachrichtigungen der Beteiligten kraft gesetzlicher Vorschrift zu bethätigen hat, geschieht dies von Amtswegeu, ohne daß es einer gerichtlichen Anordnung bedarf, in anderen Fällen nur auf Anordnung des Gerichtes, durch Schreiben, welche der Gerichtsschreiber an die zu benachrichtigende Person erläßt. Die Schreiben werden in der Regel in Urschrift hinausgegeben; eine kurze Vormerkung über die erfolgte Benachrichtigung wird zu den Akten gemacht. Die Schreiben werden, wenn die Person, an welche das Schreiben gerichtet ist, sich am Orte des Gerichts befindet, durch das Dienerpersonal oder die Post übermittelt; an Personen, welche sich nicht am Orte des Gerichts befinden, werden sie durch die Post über­ sendet. Ob eine Empfangsbescheinigung zu den Akten zu bringen ist, bleibt dem Ermessen des Gerichtsschreibers bezw. des anordnenden Richters überlassen; in einzelnen Fällen^) ist ihre Beibringung vor­ geschrieben. Wenn das Schreiben, für welches eine Empfangsbescheinigung beizubringen ist, durch die Post überschickt wird, so ist dasselbe als ein­ geschriebene Sendung gegen Rückschein aufzugeben.^)

G. Feststellung veS Datums einer Privatnrku«de?"°) Der Inhaber einer Privaturkunde kann dieselbe sowohl bei dem Gerichtsschreiber eines Amtsgerichts, als bei einem Notare in Vorlage bringen, um durch denselben bezeugen zu lassen, daß die Urkunde zu der Zeit, in welcher sie vorgelegt wurde, vorhanden toor.206) Die ,Gl) § 90 der M Bek. v. 30. Sept. 1879, die Ausführung der Zwangs­ vollstreckung und einiger anderer Geschäfte durch die Gerichtsvollzieher betr. (W. XIV. S. 86). iM) Vgl. hieher und zum Folgenden § 34 der M.Bek. v. 14. Sept. 1879, Dienstvorschriften für die Gerichtsschreiber betr. — Fälle der streitigen Rechtspflege sind: §§ 327,351,367, 669, 703, 705 R.C.P.O.; Art. 130, 136 A.G. z. R.C.P.O.; § 159 Hyp.Ges. mit Art. 123 Ziff. 4 A.G. z. R.C.P.O. (hiezu auch § 32 der MBek. v. 14. Sept. 1879); §§ 104, 105, 151, 175, 184, 191 R.K.O.; Art. 33 A.G. z. R.C.P.O.: § 128 R-KO-; in der nichtstreitigen Rechtspflege: Art. 61, 67, 168 A.G. ,. R C P O-; Art. 49, 53, 151, 152, 158 des Gebührenges. in der Fassung von 1892. ,M) Vgl. die in Rt. 202 erwähnten Fälle der nichtstreitigen Rechtspflege (Art. 61 A.G. z. R.C.P.O.). '«) § 15 der Postordnung v. 21. März 1879 (SB. XU. S. 668). ’05) Art. 88 A.G. z. R.C.P.O.; Ber. v. 8. Sept. 1879, den Vollzug des Art. 88 a. a. O. betr. (SB. XIII. S. 427); § 45 der M.Bek. v. 14. Sept. 1879, Dienstvorschriften für die Gerichtsschreiber betr. (SB. XIII. S. 538). !M) Zweck ist, Streitigkeiten über daS Datum der Urkunde vorzubeugen: § 45 Abs. 1 der M.Bek. v. 14. Sept. 1879.

n. Kapitel.

Entstehung, Veränderung und Untergang der Rechte.

531

vorgelegten Privaturkunden sind von dem Gerichtsschreiber oder Notar sofort ihrem wesentlichen Inhalte nach — das Datum der Vorlage mit Worten geschrieben — in ein dazu bestimmtes, für den Gerichts­ schreiber von dem dienstaufsichtführenden Amtsrichter, für den Notar von dem Präsidenten des Landgerichtes mit Seitenzahl und Handzug versehenes Sud)207) einzutragen. Bei der Eintragung sind zugleich alle Auffälligkeiten, welche die Urkunde darbietet, kurz vorzumerken, insbesondere Ausstreichungen, Radierungen, Ueberschreibungen, Korrek­ turen, Nachträge und Randbemerkungen, welche nicht durch die sämt­ lichen, auf der Urkunde befindlichen Unterschriften besonders genehmigt sind. Am Schlüsse jedes einzelnen Eintrages hat der Gerichtsschreiber bezw. Notar mit seinem Namen und mit Bezeichnung seiner Amts-eigenschast zu unterschreiben und das Siegel beizudrücken. Unterhalb dieser Fertigung ist jeder Eintrag mit einem Querstriche abzuschließen. Spätere Beisätze oder Abänderungen bei einem Einträge sind unzu­ lässig. Die auf die vorgelegte Urkunde erst nach dem Vollzüge des Eintrages in das vorgenannte Buch zu setzende Bescheinigung hat das in Worten zu schreibende Datum der Vorlage, die Behörde, welcher vorgelegt wurde, die Konstatierung der Eintragung in das speziell hiefür bestimmte Buch, die festgesteüten Auffälligkeiten an der Urkunde, die Unterschrift des Beamten und das Amtssiegel zu enthalten. 2o») 207) Vgl. hiezu auch § 1 der Ver. v. 8. Sept. 1879: „Bei jedem Amts­ gerichte, sowie bei jedem Notar des Königreichs ist zum Einträge von Privaturkunden zum Zwecke der Feststellung des Datums ein Buch nach dem beiliegenden Formulare zu führen. Die Führung deS Buches bei den Amtsgerichten liegt dem Gerichtsschreiber ob. Dem Buche ist je nach dem Umfange des Bedürfnisses ent­ sprechende Ausdehnung zu geben, so daß es mehrere Jahre lang seinem Zwecke dient. Das Buch ist mit festem Einbande ... zu versehen". Uebergangsvorschristen bezüglich Führung der Bücher enthalten die §§ 2 und 3 a. a. O. Für jeden Ein­ trag sind 8 Spalten vorgesehen, in welche einzutragen sind: fortlaufende Nummer; Vor- und Familiennamen, Stand oder Gewerbe, Wohn- oder Aufenthaltsort deS Produzenten; der in der Urkunde genannte Ausstellungsort und daS Datum der Ausstellung; Bor- und Familiennamen der Aussteller der Urkunde; wesentlicher Inhalt der Urkunde; wahrgenommene Auffälligkeiten; Jahr, Monat und Tag der erfolgten Vorlage der Urkunde; Erteilung von Abschriften oder sonstige Bemer­ kungen. — Eine Eintragung in daS Geschäftsregister der Notare findet nicht statt: 8 5 a. a. £).

aus) Der Wortlaut der Bescheinigung ist nach § 4 der Ver. v. 8. Sept. 1879 solgender: „Gegenwärtige Urkunde wurde am . . . (Datum der Vorlage). . . auf der Gerichtsschreiberei des kgl. Amtsgerichts . . . (oder: mir dem kgl. Notar N. N. in X) zur Feststellung des Datums vorgelegt und an diesem Tage nach Vorschrift des Art. 88 des Gesetzes zur Ausführung der Reichscivilprozeßordnung und Konkursordnung unter Nr. . . . in das hiefür bestimmte Buch eingetragen. Hiebei wurde folgende Auffallenheil der Urkunde vorschriftsmäßig festgestellt:

1........................................ Zur Bescheinigung: ............... den..................18 . . (Siegel.)

N. N

kgl. Gerichtsschreiber

°^cr*

NN

kgl. Notar.

532

Viertes Hauptstück.

Von den Rechten.

§ 71. Bedeutung, Umfang und Wirkung der Formen.

1. Die rechtlicheBedeutung derZwangsvorschrift einer be­ stimmten Form für eine Rechtshandlung liegt regelmäßig darin, daß die Beobachtung der vorgeschriebenen Form ein essentielles Moment in dem zur rechtsgiltigen Existenz einer Rechtshandlung erforderlichen Gesamtthatbestande ist, daß also bei Nichtbeobachtung der vorgeschriebenen Form die Rechtshandlung rechtlich nicht zur Entstehung gelangen kann — die Form ist hier rechtsbegründender, rechtserzeugender Natur?) *) Solche Formen sind z. B. die bei gewissen Rechtsakten erforderliche gericht­ liche Bestätigung oder königliche Genehmigung oder Bestätigung, die notarielle Beurkundung im Falle des Art. 14 Not.Ges.; des Art. 11 Abs. 2 Ziff. 1 und Art. 12 Abs. 1 und 2 Not.Ges. (vgl. hiezu Brunner in Hauser's Zeitschr. f. Reichs- und Landesrecht II. S. 329—333), Art. 19, soweit hier geseblich vfsentliche Beurkundung vorgeschrieben ist; des Art 16, 18 Not.Ges., die schriftliche Form der Schieds­ verlrüge und Vergleiche, die Einschreibung der Hypotheken in das Hypothekenbuch. Bezüglich Art. 14 Not.Ges. vgl. auch Zink, Not.Ges. Erg.Bd. S. 51; Rehm, N.G. zu Art. 14 Nt. 14; E. d. obst. L.G. XI. 483 auch VI. 879 (bezüglich etwaiger außerkontraktlicher Haftung). — Ist auf Grund eines so nichtigen Nechtsgeschäftes etwas geleistet worden, so kann es mit der Eigentums- oder Bereicherungsklage zurückgefordert werden (E. d. obst. L.G. XI. 51; Bl. f. R A. XLIX. 232; E. d. obst. L.G. XII. 346, XIII. 217); Besitzesübertragung auf Grund solcher nichtiger Rechtsgeschäfte kann nicht Grundlage einer ordentlichen Ersitzung sein (E. d. obst. L.G. VI. 57; VII. 680; deutsche Notariats-Zeitung 1875 S. 190; Brunner in Hauser's Zeitschrift für Reichs- imi) Landesrecht' II. S. 335, 336; Noth, d. Pr.R. III. S. 273 Nt. 44; S. 320 Nt. 38; vgl. auch unten in der Lehre von der Tradition). — Die eintretende Nichtigkeit ist meist eine absolute, d. h. sie muß ohne Geltendmachung seitens eines Beteiligten von Amtswegen berück­ sichtigt werden (E. d. obst. L.G. XIII. 214. 217; b. Not.Zeit. XXVIII. 151; Rehm, N.G. zu Art. 14 Nt. 14 Abs. 3). Eine Ausnahme im gewissen Sinne bildet § 16 Hyp.Ges. (auch § 107), welcher durch Art. 14 des N.G. insoferue nicht berührt ist, als wenigstens die auf Grund nichtigen Nechtstitels mit ordnungs­ mäßiger Zustimmung des Schuldners für eine richtige Fordeiung eingetragene Hypothekbestellung iticht angefochten werden kann; vgl. hiezu E. d. obst. L.G. I. 189; Bl. f. R.A. XXXIII. 147, XXXIII. 348, XXXIV. 161; Gütl, Komm. z. Hyp.Ges. zu § 16 Anm.; Regelsberger, Hyp.N. S. 216 mit Nt. 6; Rehm, N.G. zu Art. 14 Nt. 14 Abs. 3. Dagegen Zink, N.G. S. 96, 97 und Erg.H. S. 70—74; Bl. f. R.A. XXXV. 161, XXXVI. 6, 10; d. Not.Zeit. Jhrg. 1883 S. 280; Noth, b. C.R. II. S. 435 Nt. 47. Vgl. auch Hypothekenrecht. — Die Nichtigkeit umfaßt regelmäßig den ganzen Rechtsakt, mögen auch einzelne Teile als gesonderte Rechts­ akte betrachtet der Form nicht bedurft haben; so kann insbesondere ein in einem nicht notariell verbrieften Vertrage stipuliertes Reugeld, oder eine solche Konventional­ strafe nicht eingeklagt werden; vgl. Zink, N.G. Erg.Hft. S. 46—52; E. d. obst. L.G. IV. 80; Bl. f. R.A. XXVIII. 193, 225, 241, 264; XXIX. 71, 120, 123, 265, XXX. 169. Im Falle der Nichtigkeit eines unwesentlichen Bestandteiles der Rechtshandlung können an sich die formvoll errichteten wesentlichen und sonstigen unwesentlichen Bestandteile bestehen bleiben (vgl. hiezu E. d. obst. L G. XII. 484; Bl. f. -R.A. XXXIII.-283; LV. 119; b. Not.Zeit. XXVII. 167; Rehm, N.G. zu Art. 14 Nt. 14 a. E. gegen Bl. f. R.A. XXXV. 325); jedoch ist bei Rechtsgeschäften jeweils zuzusehen, ob nicht nach Maßgabe des örtlichen bürgerlichen Rechtes die dann etwa vorhandene Differenz zwischen Wille und Erklärung Ungiltigkeit zu er­ zeugen geeignet ist. (Vgl. auch unten Ziff. 4 S. 533 und § 72 Ziff. VI, 3.)

II. Kapitel.

Entstehung, Veränderung und Untergang der Rechte.

533

Indes kann eine Form auch lediglich den Sinn und die Bedeutung eines besonders geeigenschafteten Beweismittels haben; in diesem Falle hat ihr Mangel auf die rechtliche Existenz bet Rechtshandlung keinen Einfluß; die Form ist hier rechtsbezeugender Naturi) 2. Die zur Erfüllung der vorgeschriebenen Form einer Rechts­ handlung gehörigen einzelnen Formalitäten können wesentliche und unwesentliche sein. Die Nichtbeobachtung einer wesentlichen Formalität steht der Nichtbeobachtung der ganzen vorgeschriebenen Form gleich, läßt also die Rechtshandlung rechtlich nicht existent werdens, soferne nicht der Nichtigkeit gesetzlich engere Grenzen gezogen finb.4) Die Nichtbeobachtung einer unwesentlichen Formalität schadet der That­ sache der Erfüllung der vorgeschriebenen Form nicht, kann aber eine Ordnungsstrafe oder disziplinäre Haftung des mit dem Vollzüge der Form betrauten Beamten begründen.'^) Welche einzelnen Formalitäten wesentliche sind, ist bei den einzelnen Formen bereits erwähnt; soweit dort Formalitäten nicht als wesentliche bezeichnet sind, sind sie un­ wesentliche; die in einzelnen Fällen vorgeschriebenen Instruktionen und Begutachtungen sind stets unwesentliche Formvorschriften. 2) Hieher gehören vor Allem die Protokolle und die Pfändungeprotokolle des S 682 R C.P.O. (vgl. hiezu Näheres bei Gaupp, Komnr. z. R.C.P.O. zu § 682 Nt. 1 Abs. 2 mit Nt. 1), nicht aber die Protokolle über Anschlußpfändungen nach § 727 R.C.P.O.; diese gehören zu den in Nt. 1 erwähnten Fällen. Ob die Zustellungsurkunden des § 173 R.C.P.O. zu dieser oder jener Kategorie gehören, ist bestritten; die E. d. b. obst. L.G. in Seuff. Arch. XLII. S. 465 nimmt an, sie seien nur Beweismittel, im Gegensatze zur Judikatur des Reichsgerichts: E. d. R.G. XIX. 423; Näheres hierüber s. bei Gaupp a. a. O. zu § 173 Anm. I mit Nt. 1. Jedenfalls sind die über Zustellungen, Mitteilungen, Benachrichtigungen auszustellenden Empfangsscheine blos Beweismittel. :i) Vgl. z. B. Art. 148 erster Satz Not.Ges. 4) Vgl. z. B. Art. 70-72 Not.Ges, § 384 R.C.P.O. 5) Vgl. z. B. Art. 114 Not.Ges.: „Zuwiderhandlungen gegen solche Vor­ schriften des Notariatsgesetzes, welche lediglich die Förmlichkeiten der Beurkundung und der Geschäftsführung betreffen und deren Außerachtlassung eine gänzliche oder teilweise Nichtigkeit des Notariatsaktes nicht zur Folge hat, werden mit Ordnungs­ strafen beahndet." Art. 115 Not.Ges.: „Andere Zuwiderhandlungen gegen das Not.Ges. werden, insoweit nicht nach den lit. I—III enthaltenen besonderen Be­ stimmungen oder nach den folgenden Artikeln eine höhere Strafe zur Anwendung zu kommen hat, mit Disziplinarstrafen belegt, deren Größe nach der Schwere der Üebertretung zu bemessen ist." Unter Art. 114 Not.Ges. fallen Art. 63, 64, 65, 67 Abs. 1, Art. 68, 73 Not.0 cs., nicht Art. 70-72 Not.Ges. (E. d. obst. L.G. XII. 606; Bl. f. R.A. LV. 240), welche teilweise Nichtigkeit normieren; nicht aber Fälle, in den?n die Urkunden gegen Art. 148 Not.Ges. verstoßen, selbst wenn sie als Privaturkunden Gelturig haben, da auch hier dann teilweise Nichtigkeit vorliegt (Bl. f. N A. LV. 288; Nehm, N.G. zu Art. 114 Nt. 3), ferner nicht Art. 62 und 66 Not.Ges., da sie angeblich nicht blos „die Förmlichkeiten" betreffen (Erk. d. O.A.G H. in J.M.Bl. 1865 S. 122, 162 gegen b. Not.Zeit. XXVII. 141), sondern unter Art. 115 Not.Ges. fallen sollen; hierunter fallen weiter die Verstöße gegen Art. 45, 93 Not.Ges.: vgl. Rehm zu Art. 115 Nt. 2, nickt die gegen Art. 53 Abs. 2 Not.Ges. gegen Nehm a. a. O. — wegen Art. 148 Not.Ges. — Vgl. ferner Art. 1 Ziff. 1 des Disziplinargesetzes für richterllche Beamte v. 26. März 1881 (W. XV. S. 3); § 13 mit § 23 "der Gerichtsvollzieherordnung v. 6. Sept. 1879 (W. XIII. S. 390); Art. 71 und 72 A.G. z. R.G.V.G.

534

Viertes Hauptstück. Bon den Rechten.

3. Sind zwangsweise alternativ verschiedene Formen vor­ geschrieben, so gelten bei Anwendung der einen oder anderen gewählten Form die unten Ziff. 1 und 2 genannten Grundsätze, jedoch auch unter Berücksichtigung der unter Ziff. 4 a und c aufgestellten Grundsätze. 4. Ist für eine Rechtshandlung eine Form nicht zwingend vorgeschrieben, so ist in folgender Weise zu unterscheiden: a) haben die Beteiligten die Existenz der Rechtshandlung von der Erfüllung einer bestimmten Form abhängig gemacht, so kommt bei Nichlbeobachtung dieser Form die Rechtshandlung nicht zur Existenz: hiebei können auch sonst unwesentlichen Formalitäten die Wirkung wesentlicher Formalitäten beigelegt werden; b) haben die Beteiligten der Erfüllung einer Form lediglich die Eigenschaft eines Beweismittels beigelegt, so hat die Nicht­ beobachtung der Form auf die Existenz der Rechtshandlung keinen Einfluß; c) haben die Beteiligten die Erfüllung einer bestimmten Form gewählt, ohne hievon ausdrücklich oder stillschweigend die Existenz der Rechtshandlung abzumachen, oder um sie lediglich als Beweismittel betrachtet zu wissen, so zieht die Nicht­ beachtung dieser Form oder einzelner wesentlicher Formali­ täten derselben nicht notwendig die Nichtigkeit der Rechts­ handlung nach sich; es kommt vielmehr darauf an, ob die gewahrte Form nach Maßgabe der Gesetze noch die Rechts­ handlung zur Entstehung gelangen lassen kann. So kann insbesondere die Nichtbeachtung wesentlicher Formalitäten bei der öffentlichen Beurkundung die errichtete Urkunde doch noch als Privaturkunde erscheinen lassen; ob diese Privaturkunde genügt, um die gewollte Rechtshandlung entstehen zu lassen, bemißt sich nach dem örtlichen bürgerlichen Rechte oder sonst allgemein geltenden Normend) 4. Soferne für Willenserklärungen eine bestimmte Form, ins­ besondere öffentliche Beurkundung vorgeschrieben oder gewählt ist, ist zu beachten, daß lediglich die Erklärung des Willens sich in der betreffenden Form vollzieht, daher nur das, was unter der vorge­ schriebenen oder gewählten Form erklärt ist, rechtlich als erklärt gilt. Ist von den Beteiligten etwas Anderes gewollt als das, was in der vorgeschriebenen Form erklärt wurde, so treten Mangels gegenteiliger Norm alle jene Folgen ein, welche das Civilrecht an die Differenz zwischen Wille und Erklärung knüpft. Ebenso schließt Mangels

e) Vgl. z. B. Art. 148 Not.Ges. — Man spricht hier, soweit RechtsgeschLfte in Frage kommen, von einer Konversion der Rechtsgeschäfte. ’) Mag nun diese Differenz zwischen Wille und Ertlämng nur bei einem oder allen Beteiligten vorliegen, auf Irrtum (sog. unechtem Irrthum) oder Absicht (einseitige — zweiseitige Simulation) beruhen. Ob ein unter einem zweiseitig simulierten Geschäfte verstecktes gewolltes Geschäft (dissimuliertes Geschäft) formell

n. Kapitel.

Entstehung, BerLndemng und Untergang der Rechte.

535

gegenteiliger Norm die formvolle Erklärung des Gewollten, im Falle das Gewollte nicht das eigentlich Gewollte darstellt, d. h. der erklärte gütig ist, hängt natürlich davon ab, ob die für diejes Geschäft vorgeschriebene Form wenigstens gewahrt ist: E. d. obst. L.G. VII. 446; Bl. f. R A. Erg.Bd. n. 409. Im Uebrigen ist wohl nach allgemeinen bürgerlichen Recktsgrundsätzen zu unterscheiden, ob die Differenz sich auf wesentliche oder unwesentliche Punkte des Geschäftes (error in negotio, in persona, in objecto) bezieht; je nachdem wird Nich­ tigkeit oder Anfechtbarkeit oder nicht einmal solche vorhanden sein; ferner ob der die Differenz bewirkende Irrtum auf Seite de- Irrenden ein entschuldbarer oder un­ entschuldbarer ist; möglicherweise kann trotz Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit des Ge­ schäftes eine Haftung wenigstens auf daS negative Vertragsintereffe begründet sein. Daß Differenz zwischen Wille und Erklärung auch gegenüber öffentlicher Be­ urkundung die civilrtthtlichen Wirkungen äußert, ist mit Recht in der Praxis an­ erkannt; vgl. besonders Plen-Erk. d. obst. L.G. IV. 555; Bl. f. R.A. XXX. 360, 400. Die einzelnen Grundsätze haben in der Praxis eine besondere Bedeutung gegen­ über dem Art. 14 Not Ges. erlangt. Im Einzelnen ist folgende- auS der Praxis hieher zu erwähnen: 1. Differenz infolge JrrtumS: Allgemeine Sätze: Bl. f. R.A. XLII.39, LIX. 141 (ob die Differenz durch Versehen deS beurkundenden Beamten entstanden, ist gleichgiltig; vgl. auch E. d. obst. L.G. XV. 341; auch Zeitschr. f. Not. 1864 S. 332 ff.); wesentlicher Irrtum über Identität deS Gegenstandes: E. d. obst. L.G. IX. 400; wesentlicher Irrtum bei völlig verschiedener Bezeichnung der Objekte, so daß Identität nichtmehrerkenntlich: E. d. obst.L.G.VII.721; Bl.f.R.A.XllV.8; unwesentlicher Irrtum bei irrtümlicher Bezeichnung des wirklich gemeinten Kaufobjektes, soferne noch die Identität erkenntlich: E. d. obst. L.G. II. 385, V. 835, VL 591, Vin. 156, 497, XU. 538; Bl. f. R.A. Erg.Bd. II. S. 382, XXXVII. 161, XLV. 341, XLIX. 233, XLII. 155 (nicht ganz zutreffend; dagegen auch Anm. hiezu), XLV. 72 (nicht ganz zutreffend; dagegen Anm. hiezu), LV. 113; wesentlicher Irrtum, wenn irrtümlich mehr Objekte in den Kaufvertrag ausgenommen werden, als gewollt sind: E. d. obst. L.G. VI. 57; Bl. f. R.A. XXXIV. 377, 379, XXXVI. 37 (hier wurde irrtümlicherweise das Inventar eines Immobile als mitverkauft bezeichnet); wenn zu wenig Objekte ausgenommen sind: E. d. obst. L.G. VII. 890; Bl. f. R.A. XXXVIII. 45. Weitere Fälle: Man unterschreibt einen Vertrag anderen Inhalts als man wollte: Bl. f. R.A. Erg.Bd. II. S. 334; man gebraucht bezw. unterschreibt Worte, die einen andern Sinn haben als man wollte: Bl. f. R.A. XXXII. S. 37 mit 40 (richtig); man erklärt etwas, waS irrtümlicherweise nicht in die NotariatsUrkunde ausgenommen wird: Bl. f. R.A. XXXH. 74 mit 76 (richtig). 2. Zweiseitig simulierte Geschäfte: (vgl. zunächst Zink, N.G. Erg.Hft. S. 59, 60, 65—70): a) zweiseitige Simulation über einen wesentlichen Punkt zieht Nichtigkeit des ganzen Jmmobiliawertrages nach sich: E. d. obst. L.G. VII. 299; zweiseitige Simulation über die Person eines Kontrahenten: Bl. f. R.A. XXXIV. 105; zweiseitige Simulation über mehr Objekte als gewollt, begründet nur in An­ sehung der nicht gewollten Objekte Nichtigkeit: E. d. obst. L.G. XI, 220, II. 385; Simulation in Ansehung weniger Objekte als gewollt, begründet Nichtigkeit (In­ ventar weggelassen): Bl. f. R.A. XLI. 85. Bei zweiseitiger Simulation eines niedrigeren Kaufpreise- oder niedrigeren Tauschaufgabe als des bezw. der gewollten ist das Geschäft nichtig: E. d. obst. L.G. IV. 14, 553, XV. 146; Bl. s. R.A. XXXI. 219, XXXII. 139, Erg.Bd. I. S. 127, 244, XXXVII. 275, XXXVIII. 256, 277, XLI. 10; bei zweiseitiger Simulierung eines höheren Kaufpreises als deS gewollten ist nicht daS ganze Geschäft nichtig, sondern nur auf den nicht gewollten Betrag; hier steckt in dem simulierten Kaufvertrag mit der höheren Summe dissimulierter Kaufvertrag mit der gewollten niedrigeren Summe: E. d. obst. L.G. IV. 555. V. 157. Ueber Folgen der Kaufpreissimulation auch d. Not.Zeit. 1884 S. 198 ff. Wird jedoch eine Hypothek für einen höheren Darlehensbetrag verabredet, aber für einen geringeren bestellt, so tritt keine Nichtigkeit der Hypothekbestellung

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Viertes Hauptstück.

Bon den Rechten.

Wille nicht gefaßt worden wäre, wenn nicht gewisse Umstände, wie Furcht, Zwang, mangelnde Voraussetzung, Irrtum, Betrug, den Ent­ schluß beeinflußt hätten, die etwa hier nach bürgerlichem Rechte eintretende Ungiltigkeit der Willenserklärung auf Grund solcher und anderer materieller Ungiltigkeitsgründe nicht aus?) Insoweit in diesen ein, da hier immerhin die Hypothekbestellung auch auf die mindere Summe ge­ wollt erscheint: E. d. obst. L.G. VII. 407; Empfangsbestätigung über eine noch nicht erhaltene Summe erteilt in der Voraussetzung, sie zu erhalten, ist nicht Scheingeschäst: E. d. obst. L.G. IX. 499. b) Anfechtung eines Scheingeschästes kann von jedem rechtlich Interessierten erfolgen: E. d. obst. L.G. II. 455, VII. 157; Ein solch rechtliches Interesse besteht aber der Regel nach nicht für den debitor cessus im Falle der Nichtigkeit einer zum Schein (edierten Forderung: E. d. obst. L.G. VII. 448; XV. 68. Das Scheingeschäft ist, soweit die Nichtigkeit Eintritt, auf beiden Seiten nichtig; ein und dieselbe Partei kann aber nicht aus dem Geschäft, soweit eS nichtiq ist, auf der einen Seite Rechte geltend machen wollen, auf der anderen Seite die'Nichtigkeit behaupten: E. d. obst. L.G. IV. 551, VI. 594, XV. 146; Bl. f. R.A. XXXVI. 36, 37, XXXI. 218, XXXV. 361, XXXII. 139, XXXVII. 355, XXXVIII. 82. Die Nichtigkeit eines Scheingeschäftes wirkt auch gegen DritteE. d. obst. L.G. IV. 555; Bl. f. R.A. XXXVIII. 277. Bei simuliertem höherem Kaufpreis ist nicht das ganze Geschäft nichtig, sondern nur auf den höheren Betrag: E. d. obst. L.G. IV. 555, IV. 560 (Scheineigentumsübertragung); vgl. hier auch über Berechnung des Unlerhändlerlohnes aus dem wirklich gewollten geringeren Kaufpreis. Wird von den Kontrahenten die Nichtigkeit eines notariell verbrieften Scheingeschäftes nicht gellend gemacht, so kann doch nur der verbriefte Inhalt des Vertrages richterlich zum Vollzug gebracht werden, nicht eine mündliche nicht verbriefte Neben­ abrede; die Nichligkeü eines Scheingeschästes ist nicht von Amiswegen zu berück­ sichtigen (wohl aber die Nichtigkeit etwa nicht formell erfolgter Erklärungen): E. d. obst. L.G. V. 429; Bl. s. R A. XXXVI. 37, XXXV. 9, XXXII. 368 (auch XXXVII. 48, doch mit Vorsicht aufzufassen), LIX. 228 (relative Nichtigkeit; auch E. d. obst. L.G. X. 148). Beweisführung über Simulation: E. d. obst. L.G. VII. 157, 163; Bl. f. R.A. XXII. 76; XXXIII. 185. Anfechtung eines Scheingeschästes im Verhältnis zu den Paulianischen Rechtsmitteln: E. d. obst. L.G. III. 190; IX. 672. Scheingeschäft als Berjährungstitel: E. d. obst. L.G. VII. 680. 3. Einseitige Simulation: E. d. obst. L.G. VII. 157: einseitige Simu­ lation wirkt nicht gegen den andern von der Simulation keine Kenntnis habenden Kontrahenten. 4. Mit den Fällen einer Differenz zwischen Wille und Erklärung dürfen aber nicht solche Fälle verwechselt werden, in welchen der richtige Wille protokolliert aber doch unvollständig oder unbestimmt, undeutlich wiedergegeben ist: Bl. s. R.A. XXX. 289; hier handelt es sich nicht um Nichtigkeit, sondern um Bertragsauslegung; freilich kann hier dann Nichtigkeit gegeben sein, wenn selbst mit der Auslegung der Wille nicht erforscht werden kann (Bl. f. R.A. XLIX. 214). 5. Ueber Rechtshilfe bei unrichtig protokollierten Verträgen vgl. insbesondere Bl. f. R.A. XXXIII. 353; XLV. 341. 8) Vgl. hieher zunächst Zink, N.G. Erg.H. S. 60— 65. Anfechtung wegen Irrtum und Arglist (Betrug): E. d. obst. L.G. XII. 538; XV. 307 (Irrtum über die ökonomische Tragweite des Geschäftes); Bl. f. R.A. Erg.Bd. II. 383; XXIX. 183; XXXII. 37, 74; LV. 113; LIX. 358. Ersatzanspruch wegen arg­ listiger Benachteiligung: E. d. obst. L.G. VII. 451; XV. 97; Bl. f. R.A. XL1I. 299. Ueber den Einwand der Arglist vgl. auch Bl. f. R.A. XLII. 284; d. Not.Zeit. 1877 S. 316. Falsche Vorspiegelung von Mieterträgnissen, insbesondere: E. d. obst. L.G. XIII. 41; XIV. 541; XV. 97; b. Not.Zeit. 1891 S. 89. Irrtum bei Ver­ gleichen: Bl. s. R.A. XXIV. 249 Fälschliche Vorspiegelungen über die Beschaffen­ heit der Kaussobjekte: Bl. s. R.A. XXXI. 25; XXXVI. 34 gegen 33. Verschweigen

II. Kapitel.

Entstehung, Veränderung und Untergang der Rechte.

537

Fällen gerichtliche Entscheidungen in Frage kommen, ist noch Folgendes zu beachten: Bei verkündeten Entscheidungen gilt nur das, was verkündet wurde, nicht das, was abweichend hievon in der ausgearbeiteten Ent­ scheidung schriftlich niedergelrgt wurde, als richterliche Willenserklärung; bei nichtverkündeten Entscheidungen gilt das als richterliche Willens­ erklärung, was der Partei als solche zugestellt wurde?) Von dem Augen­ blicke der Verkündung bezw. Zustellung an ist die richterliche Entscheidung für das sie erlassende Gericht unabänderlich, soferne gegen sie entweder gar kein ordentliches Rechtsmittel oder ein an eine Frist geknüpftes Rechtsmittel zulässig ist.10 * *) * *Hieraus **9 ergibt sich, daß das eine unab­ änderliche Entscheidung erlassende Gericht die verkündete bezw. zuge­ stellte gerichtliche Willenserklärung weder im Falle einer Differenz zwischen Wille und Erklärung, noch im Falle einer unzulässigen Be­ einflussung des Entschlusses selbst berichtigen, vielmehr hier nur durch Einlegung von Rechtsmitteln geholfen werden kann.11) Nur Rech­ nungsfehler, Schreibfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten können jederzeit von Amtswegen, Unrichtigkeiten des Thatbestandes einer Ent­ scheidung, welche nicht schon unter vorgestellten Satz fallen, Aus­ lassungen, Dunkelheiten oder Widersprüche auf Antrag der Beteiligten von dem die Entscheidung erlassenden Gerichte berichtigt werden1^); ist ein nach dem ursprünglich festgestellten oder nachträglich berichtigten Thatbestände von einer Partei geltend gemachten Haupt- oder Neben­ anspruch oder der Kostenpunkt bei der Endentscheidung ganz oder

einer eingetretenen Wertserhöhung des Kaufobjektes seitens des Käufers gegenüber dem Verkäufer: Senfs. Arch. L. 4; vgl. auch XL1X. 149. Zwang und Bedrohung: E. d. obst. £.W. XV. 814. — Als sonstige civilrechtliche Ungiltigkeitsgründe können in Betracht kommen: Unmöglichkeit, Unsittlichkeit des Inhaltes u. s. w. — Ueber gegenteilige Normen vgl. b. Ger.Ordn. v. 1753 Kap. XVII § 1 Zisf. 12 hinsichtlich des Vergleiches (Näheres hierüber im Rechte der Schuldverhältnisse). 9) arg. §§ 281-284, 286, 287, 289, 294 R.C P.O. Vgl. hiezu auch v. Plank, Lehrbuch des deutschen Civilprozeßrechtes Bd. I S. 466 ff., 473 ff.; Jurist. Monatschrift Jhrg. 1891 S. 99—101. Erst mit der Verkündung bezw. Zustellung sind die Entscheidungen erlassen, prozeßrechtlich existent. 10) § 289 R.C P.O; auch §§ 294 und 540 Abs. 2 R.C P.O. hinsichtlich Beschlüsse; Art. 56 und 66 des b A G. z. R.C.P O. Hieraus ergibt sich insbe­ sondere, daß Urteile, schlechthin Beschlüsse, welche durch sofortige Beschwerde oder durch weitere Beschwerde im Sinne des Art. 62, 64 A.G. z. R.C.P.O. anfechtbar sind, nicht mehr vom erlassenden Gerichte selbst abgeändert werden können. Nur solange sie nicht erlassen sind, ist eine Abänderung möglich; vgl. Näheres bei v. Plank, Lehrb. d. deutschen Civ.Pr.Rechtes Bd. I S. 473; Gaupp, Komm. z. R.C.P.O. zu § 289 Anm. 1. ") Anderseits sind aber Rechtsmittel auch nur gegen erlassene Entscheid­ ungen denkbar; vgl. Jurist. Monatschrift Jhrg. 1891 S. 104, 105; Gaupp, Komm, z. R.C.P.O. zu § 281 Nt. I und Anm. 1; E. d. R.G. XVI. 331. 1Ä) §§ 290, 291 R C.P.O. Diese Gesetzesstellen finden nur gegenüber er­ lassenen Entscheidungen Anwendung; vgl. Näheres Jurist. Monatschrift Jhrg. 1891 S. 100, 101.

538

BierteS Hauptstück.

Bon den Rechtm.

teilweise übergangen, so ist auf Antrag die Entscheidung durch nach­ trägliche Entscheidung desselben Gerichtes zu ergänzen.") Für die Entscheidungen der streitigen Rechtspflege steht die Giltigkeit dieser Grundsätze kraft ausdrücklicher Vorschrift der ReichsCivilprozeßordnung fest; sie haben aber auch auf Entscheidungen der nichtstreitigen Rechtspflege, soweit möglich, entsprechende Anwendung zu finden.

5. Die vorgeschriebene oder gewählte Form hat sich auf die gesamte Rechtshandlung, insbesondere das ganze Rechtsgeschäft zu erstrecken, für die sie vorgeschricben oder gewählt ist; gleichgiltig ist es daher insbesondere, ob einzelne — wesentliche oder unwesentliche — Teile eines Rechtsgeschäftes für sich betrachtet, der betreffenden Form nicht bedürfen würden, wenn sie nur im konkreten Falle nicht als selbständige Rechtsgeschäfte in Betracht zu kommen haben. Ist bei zusammengesetzten Geschäften für einzelne Teile eine jeweils ver­ schiedene Form vorgeschrieben, so muß auch die für jeden einzelnen Teil vorgeschriebene Form gewahrt werden; im Falle eines Verstoßes hiegegen gilt das nicht formvoll Erklärte als nicht erklärt und können dann wieder alle jene Wirkungen eintreten, welche die Differenz zwischen Wille und Erklärung bei Rechtsgeschäften nach Civilrecht hervormst.") 6. Die Wirkungen der öffentlichen Beurkundung im Be­ sonderen liegen in der den öffentlichen Urkunden nach Maßgabe der ReichsCivilprozeßordnung beigelegten besonderen Beweiskraft"); die Nicht­ beachtung blos instruktionell vorgeschriebener wie unwesentlicher Formen hebt aber weder den Begriff der öffentlichen Urkunde noch deren be­ sondere Beweiskraft ouf.16) Auch den vom Aussteller unterschriebenen oder mittelst gerichtlich oder notariell beglaubigten Handzeichens unter­ zeichneten Privaturkunden ist nach jenem Gesetze eine gewisse besondere Beweiskraft zugebilligt. *7) Da hier im Einzelnen reichsrechtliche Vor­ schriften in Betracht kommen, sind sie nicht weiter Gegenstand dieser Darstellung. 7. Die öffentlichen Urkunden genießen gegenüber Privat­ urkunden einen erhöhten strafrechtlichen Schutz.7^)

*’) §§ 292, 654 RC.P.O.; auch hier wird eine erlassene Entscheidung vorausgesetzt. “) Vgl. hiezu die unten im Anhänge erwähnten Entscheidungen; sie wurden, obwohl an sich hieher gehörig, dort aufgefuhrt, um die Erläuterung und Judikatur über Art. 14 Not.Ges. nicht allzusehr auSeinanderzureißen. “) Bgl. §§ 380 ff. R.E.P.Ö. Bgl. hiezu auch b. Not.Zeit. 1879 S. 363. *•) Bgl. hierüber Gaupp, Comm. z. R.C.P.O. zu § 380 Rt. I; auch oben § 66 S. 470, 471. Sind gar keine Formen oder solche nur instruktionell vor­ geschrieben, so ist die Form der öffentlichen Beurkundung gewahrt, wenn die in § 66 Ziff. 1 und 2 angeführten Erfordernisse erfüllt sind. ,7) Bgl. § 381 R.C.P.O. ") §§ 267 ff. R.St.G B.

n. Kapitel.

Entstehung, Veränderung und Untergang der Rechte.

539

III. Titel. § 72.

(Anhang.) Erläuterungen zu Art. 14 des NotariatSsGesetzeS.

„Ueber alle Verträge, welche die Besitzveränderung oder das Eigentum unbeweglicher Sachen oder diesen gleichgeachteter Rechte, sowie über alle Verträge, welche dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen betreffen, sind bei Sttafe der Nichtigkeit Notariatsurkunden zu errichten." Ueber die geschichtliche Entwickelung und den Zweck dieser Gesetzesstelle vgl. Zink, Not.Ges. S. 90—94; RöSl, Komm. z. Not.Ges. S. 92—96; ferner zum Ganzen Dr. Eugen Brunner, Verträge über Immobilien (bayerisches Recht) in Hauser'S Zeitschrift für Reichs- und Landesrecht Bd. V. S. 295—336: Enderlein, Mat. S. 25-89; Roth, b. E R. n. S. 150-155; d. Pr.R. HI. S. 316—320. Dieselbe bedarf noch näherer Erläuterung unter Anführung der einschlägigen Praxis:

I. Sie umfaßt nur privRtrechtliche vertrage, daher 1. nicht Fälle der gesetzlichen Entstehung, Veränderung re. ohne Vertrag (vgl. hiezu Rösl, Komm. z. N.G. S. 95,96), nicht einseitige Rechts­ geschäfte, wie insbesondere einseitige letztwillige Verfügungen (Rösl, Komm. z. N.G. S. 96), nicht den Fall des Erwerbs oder Verlustes eines HypothekrechteS durch Gestattung und Vollzug des Eintrages und der Löschung nach §§ 16, 112 und 158 Abs. 2 Hyp.Ges. (Bl. f. R.A. XXXVII. 413; XLVI. 343), sondern nur Rechtsgeschäfte, zu deren Existenz nach örtlichem bürgerlichen Rechte die Willenserklärungen mindestens zweier Rechtssubjekte erforderlich sind. Vgl. Zink, Not.G. S. 95 Ziff. 1; E. d. obst. L.G. XIII. 213. — Ein Vertrag liegt auch vor, wenn ein Miteigentümer seinen Anteil oder einen Teil hievon an einen anderen Miteigentümer veräußert, nicht aber, wenn ein Miteigentümer bloß zur Vor­ nahme baulicher Veränderungen an der gemeinschaftlichen Sache seine Zustimmung gibt: E. d. obst. L.G. II. 432; V. 388; Bl. f. R.A. XXXVin. 42; kein Vertrag, wenn die Polizeibehörde die Verwendung einer Gmndfläche für eine Trottoir- oder Straßenanlage verfügt, ohne Eigentum oder ein sonstiges dingliches Recht an jener sich übertragen zu lassen: E. d. obst. L.G. VIII. 481. Bezüglich Errichtung von Familienfideikommissen vgl. Zink, Not.Ges. S. 95 Ziff. 1; E. d. obst. L.G. XI. 189; Bl. f. R.A. LIL 11; Einverleibung von Allodialgütern ins Fideikommiß: Bl. f. R.A. XXXV. 291. — Gemeindegrundleilungen enthalten keine Verträge: s. oben § 55 S. 382 Nt. 59. Die Entschlagung einer angefallenen Erbschaft, zu der Grund­ vermögen gehört, bedarf als einseitiger Rechtsakt nicht notarieller Verbriefung (Bl. f. R.A. XXXVI. 191); ebenso nicht die Auszeigung des Muttergutes unter ge­ wissen Voraussetzungen (Bl. s. R A. XL. 142). Ueber Vater- und Mutterguts­ auszeigungen überhaupt im Hinblick auf Art. 14 N.G. vgl. Rösl, Comm. z. N.G. S. 95, 101, 102; Enderlein, Mat. S. 33 ff. und unten S. 541 lit. b. 2. Nicht Geschäfte bezw. Verträge deS öffentlichen Rechtes und Rechtshandlungen öffentlicher Organe als solcher; sö findet Art. 14 keine Anwendung auf Urteile (Zint, Not.Ges. S. 95 Ziff. 2), auf Gemeindegrund­ leilungen (s. auch oben § 55 S. 381 ff.), auf Gewährung von Gemeindenutzunaen im eigentlichen Sinne (vgl. Bl. f. R.A. XXXI. 388 und oben § 55 S. 385 ff.), auf die Zwangsenteignung (Art. 55 A G. z. R.C.P.O.), auf das FlurbereinigungsVerfahren, auf Adjudikationen, auf die obervormundschastliche Genehmigung, ge­ richtliche Bestätigung, aus das Verfahren nach Art. 75 und 76 des bayer. Wasser­ benützungsgesetzes v. 28. Mai 1852 (W. IV. S. 423): E. d. obst. L.G. II. 293; VI. 663; X. 32; Bl. f. R.A. XLII. 133. Rehm, N.G. zu Art. 14 Nt. 4 a. —

540

Vierte- Hauptstück.

Bon den Rechten.

Anders verhält sich natürlich die Sache, wenn Subjekte des öffentlichen Rechtes als solche des Privatrechles privatrechtliche Jmmobiliarverträge abschließen: Bl. f. R.A. XXXI. 7, 9. II. Sie umfaßt nur Verträge, welche unbewegliche Sachen oder diesen gleichgeachtete Rechte zum Gegenstände haben. Welche Sachen als unbewegliche zu gelten haben, welche Rechte ihnen gleichzuachten sind, entscheidet das örtliche bürgerliche Recht; vgl. hieher Zink, Not.Ges. S. 96 Ziff. 8; Rehm, N G. zu Art. 14 Ri. 11; Ztschr. f. d. Not. 1864 S. 213. — Ueber die für ganz Bayern gellenden Rechlssäpe s. oben § 59 S. 439 ff. Nicht notariell verbrieft werden müssen als Verträge über bewegliche Sachen: der Verkauf eines Waldes ohne Grund und Boden (Bl. f. R.A. XXX. 366; LIV. 95), der Verkauf eines Gebäudes aus Abbruch (Bl. f. R.A. XXX. 94; Ztschr. f. d. Not. 1864 S. 315). III. Sie umfaßt nur Verträge: 1. welche die Vesitzverauderung oder das Eigentum an unbe­ weglichen Sachen oder dieseu gleichgeachteter Rechte oder dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen betreffen. Nicht schlechthin jeder Vertrag in Ansehung einer unbeweglichen Sache u. s. w. ist sonach dem Art. 14 unter­ worfen, sondern es fallen hierunter a) nur solche, welche auf Entstehung (E. d. obst. L.G. IX. 678), Ver­ änderung, Erhaltung (vgl. hiezu bezüglich Verträge über Geltendmachung des Eigentums: Rehm, N.G. zu Art. 14 Nt. 5 lit. c, und Zink, N.G. S. 96 Ziff. 3) und Untergang eines Eigentums- oder Miteigentums-Rechtes (E. d. obst. L.G. VH. 44; XII. 318, 323 ^Verträge über Aenderung des durch die Errichtung einer Kommunmauer in München hervorgerufenen Rechtsbestandes)) oder eines diesem gleichgeachteten oder dinglichen Rechtes abzielen: b) nur solche, welche aus die Uebertragung des juristischen Be­ sitzes unbeweglicher Sachen oder diesen gleichgeachteter Rechte, wenn auch ohne Uebertragung des Rechtes, von einer Person auf die andere gerichtet sind. Darüber, daß es hiebei auf den „Namen" des Vertrages nicht ankommt: vgl. Bl. f. R.A. XXXI. 381. Demnach scheiden von vornherein aus alle jene Verträge, welche nur aus Entstehung, Erhaltung, Veränderung und Untergang per­ sönlicher (obligatorischer) Rechte in Ansehung unbeweglicher Sachen u. s. w. abzielen, obligatorische Verträge über Ausübung des Eigentums oder dinglicher Rechte (E. d. obst. L G. VIII. 457; XI. 760), so Miet- und Pachtverträge (Rösl, Komm. z. N.G. S. 96), Leibverträge, Verträge über Herstellung von Bau­ werken und sonstigen Anlagen auf Immobilien, soserne der Herstellende nicht auch den Grund und Boden zu liefern hat (b. Not.Zeit. 1890 S. 147; Zink, Not.Ges. S. 95 Ziff. 1; Rehm, Not.Ges. zu Art. 14 Nt. 7n); — 2. welche das Eigentumsrecht u. s. w. betreffen. (Vgl. hiezu über einzelne Fälle besonders Zink, Not.Ges. Erg.Bd. S. 70—90, und Enderlein, Mat. S. 56—62.) Das Wort betreffen bedeutet aber nicht jede Beziehung, in welcher ein Vertrag möglicherweise zu jenen Rechten steht: der Vertrag muß diese Rechte treffen (bildlich „betreffen"), d. h. also er muß diese Rechte unmittelbar berühren, auf sie unmittelbar einwirken (so wohl die jetzt herrschende Meinung gegen Bl. f. R.A. XXXI 195 ff., 369 ff.; XL1V. 134). a) Eine solche Beziehung eines Vertrages zu einem solchen Rechte ist jedenfalls immer dann gegeben, wenn schon mit der Existenz des Vertrages ohne weiteren Rechtsakt Entstehung, Veränderung, Untergang des Rechtes gegeben ist, wenn also diese Wirkungen un­ mittelbar und unvermittelt aus dem Vertrage entstehen, wenn auch eine weitere Thätigkeit obrigkeitlicher Organe, wie des Hypothekenamtes oder Obervormundschaftsgerichtes notwendig wird (vgl. auch Rehm, N.G. zu Art. 14 9h. 5 Ziff. IV); hieher gehören die dinglichen Verträge (Traditionsvehrag svgl. hierüber jedoch Näheres in der Lehre von der Tradition

II. Kapitel.

Entstehung, Veränderung und Untergang der Rechte.

541

als Eigentumserwerbsart^, Servitutbestellungsvertrag u. s. w.; s. auch Rehm, Nvt.Ges. zu Art. 14 92t. 51); Sessionen von Hypotheksorderungen, wenn das Hypothekrecht mitübergehen soll; Sessionen von Forderungen, denen ein Hypothektitel zur Seite steht, wenn dieser auf den Cessionar übergehen soll (Bl. f. R.A. XXXI. 195; auch XXXI. 113, 193, 201, 232, XXXIII. 1, 65. 106, 138, 177, 196; XXXII. 340, 369; XL. 167; Zink, N.G. Erq.Hst. S. 75—79; Ztschr. f. Not. 1864 S. 191; 1867 S. 102; 1868 S. 42; 1869 S. 71; d. Not.Zeit. 1883 S. 105); Sessionen von Forderungen, zu deren Gunsten Eigentumsvorbehalt besteht (E. d. obst. L.G. VII. 841; Bl. f. R.A. XLIV. 168); Verträge, wonach eine erloschene, aber nicht gelöschte Hypothekforderung wieder aufleben und das frühere Hypothrecht hiefür fortbestehen sott (E. d. obst. L.G. VI. 797); Einräumung des Ranges einer er­ loschenen, aber nicht gelöschten Hypothek, oder des vorbehaltenen Ranges an eine Hypothekforderung (E. d. obst. L.G. IX. 696); Hypotheksorderungsverpfändungen (E. d. obst. L.G. XIII. 456; d. Not.Zeit. 1882 S. 55); Vertrag, wonach an Stelle einer Servitut eine andere gesetzt wird (E. d. obst. L.G. IV. 470; VI. 779); Vertrag über Ausbeutung eines Grundstückes in Bezug auf Thon-, Porzellanerde, Torf u. s. w. als dingliche Last (Bl. f. R.A. XXIX. 237; XXXIX. 263; LIU. 46, 47; hiezu aber auch d. Not.Zeit. 1891 S. 77; E. d. obst. L.G. IV. 491; V. 394; IX. 216); Vertrag, auf dem nachbarlichen Grundstücke etwas vornehmen zu dürfen, als dingliche Last (E. d. obst. L.G. V. 98); Vertrag über Gestattung eines An­ baues an ein Haus (E. d. obst. L.G. VII. 830); daher genügt auch zu einer ver­ tragsmäßigen Servitutbestellung nicht die bloße Unterschrift des Bauplanes (E. d. obst. L.G. III. 371; XIII. 204). — Ueber die Frage, ob gegenüber Art. 14 N.G. noch stillschweigende Servitutbestellung möglich ist, vgl. E. d. obst. L.G. V. 100; VI. 777, 779, 781; VIII. 207; d. Not Zeit. 1891 S. 209 ff.; Bl. f. R.A. XXXIV: 134. b) Der Regel nach pflegt aber dem dinglichen Vertrag, bezw. dem Rechtsakte, welcher unmittelbar jene Wirkungen erzeugt, ein obligatorischer Vertrag vorauszugehen, aus welchem auf Vornahme jenes Rechtsaktes ein persönlicher (obligatorischer) Anspruch erwächst, welcher sohin den »titulus« im Gegensatz zum »mockus« bildet, nur ein jus ad rem, nicht ein jus in re begründet. Auch diese obligatorischen Verträge, welche einen obligatorischen Anspruch auf die Vornahme des jene Wirkungen unmittelbar und unvermittelt erzeugenden Rechtsaktes gewähren, fallen noch unter Art. 14 Not.Ges., soferne nicht dieser Rechtsakt selbst als dinglicher Vertrag der Beurkundung unterstellt wird, was jedoch meistenteils nicht geschieht, soweit der durch körperliche und symbolische Tradition vollzogene Traditions­ vertrag in Frage kommt, wohl kaum geschehen kann, bezw. nicht zu geschehen pflegt (vgl. hierüber Näheres in der Lehre von der Tradition als Eigentumserwerbsart). Daher bedürfen notarieller Verlautbarung Hypothekbestellungs-, Hypothekvormerkungsverträge (vgl. hiezu besonders Zink, 9c.G. Erg.H.S. 70 bis 74, 75), Kauf- (Rösl, Komm. z. N.G. S. 96—98), Tausch- (Rösl, Komm. z. N.G. S. 99; Enderlein, Mat. S. 26 ff.), Schenkungsverträge (E. d. obst. L.G. VII. 830), Gutsübergabsverträge (Rösl, Komm. z. N.G. S. 99), Teilungsverträge (Rösl st. st. O. S. 101), Vater- und Muttergutsverträge (Rösl a. a. O. S. 101, 102; Enderlein, Mat. S. 34—36 und autogr. J.M.E. v. 4. Mai und 16. Juni 1864); Verträge über Anerkennung des Eigentums oder dinglicher Rechte (E. d. obst. L.G. VI. 405), Verträge auf Übereignung von Liegenschaften an Gesell­ schafter bei Auflösung der Gesellschaft (E. d. obst. L.G. VII. 480; Bl. s. R.A. XLIII. 211), Verträge, wonach zur Tilgung einer Bauakkordsumme Grundstücke an Zahlungsstatt zu übernehmen sind (E. d. öbst. L.G. XI. 80; Bl. f. R.A. L. 284). c) Die Verträge müssen auf die bezeichneten Wirkungen gerichtet fein, die Wirkung muß nach der Absicht der Kontrahenten zum Ver­ tragsgegenstand gemacht sein, nicht blos als Folge der vertrags­ mäßigen Wirkung eintreten (E. d. obst. L.G. XII. 311). — IV. Damit ist das Anwendungsgebiet des Art. 14 Not.Ges. er­ schöpft; eine weitere Ausdehnung ist weder durch den Wortlaut, noch

542

Vierte- Hauptstück.

Bon den Rechten.

durch Sinn und Zweck der Vorschrift gerechtfertigt. nicht unter Art. 14 a. a. £).:

Es fallen daher

1. ad m, 2d. Verträge, welche nur auf Abschluß der unter Ziff. III, 2b genannten obligatorischen Verträge abzielen und nur einen Anspruch auf Abschluß des obligatorischen Vertrages gewähren (vgl. jedoch hiezu zunächst Zint, Not.Ges. Erg.Bd. S. 42—52), z. B. ein Vertrag, wonach sich A verpflichtet, ein von ihm zu kaufendes Anwesen an B zu verkaufen (pac­ tum de vendendo; Zink, Not.Ges. S. 95 Ziff. 1) im Gegensatze zu einem Vertrage, wonach A sich verpflichtet, das von ihm zu kaufende Anwesen dem B zu übereignen, oder das von ihm zu kaufende Anwesen jetzt schon für den Fall des Erwerbs an B verkauft (vgl. E. d. obst. L.G. IX. 640; Bl. f. R.A. XXXI. 373; teilweise a. M. d. Not.Zeit. 1886 S. 165, 166), ein Vertrag, wonach die A sich verpflichtet, ein Anwesen mit in die Ehe zu bringen (E. d. obst. L.G. VII. 637; Bl. f. R.A. XXXI. 282, 369), Vertrag, wonach sich jemand verpflichtet, ein Anwesen einzusteigern (Bl. f. R.A. Erg.B. IX. 8); Verträge über Einräumung und Anerkennung, über Aus­ übung oder Nichtausübung eines Vorkaufsrechtes (E. d. obst. L G. VII. 795, VIII. 261); GesellschastSyerträge über Gutszertrümmerungen, wie Verträge über Auflyiung jener Verträge (E. d. obst. L.G. vn. 87; Bl. f. R.A. XXXVI. 50; XLin. 49; XLVL 70; Erg.Bd. 1.42); Vertrag (Auftrag), für sich ein Anwesen zu erwerben und es dann an den anderen Contrahenten zu verkaufen (E. d. obst. L.G. vn. 292): Vertrag, aus einer Vormerkung im Hypothekenbuche keine Rechte ableiten zu wollen und zur Löschung bereit zu sein (E. d. obst. L.G. IX. 241); Vertrag über Tilgung einer persönlichen Schuld, wenn letztere abhängig gemacht wird von dem Verkaufe von. Immobilien (E. d. obst. L.G. VIII. 26); Verträge, welche nur das Eingehen oder den Eintritt in ein die Speculation mit Immobi­ lien betteffendes Geschäft bezielen (E. d. obst. L.G. VIII. 148; XI. 435); Gesellschaftsverträge zum Zwecke des Abschlusses eines Kaufverttages über Immobilien (Bl. f. R.A. XXX. 80; XXXI. 384); Berttag über eine Geldleistung, damit der Inhaber einer Dispositionsbeschränkung seine Zustimmung zur Veräußerung giebt (Bl. f. R.A. XXXVII. 64). Ein Vertrag, wonach sich jemand verpflichtet, von einem Anderen ein Darlehen zu nehmen, und hiefür Hypothek zu bestellen, bedarf, obwohl nur ein pactum de mutuo dando vorliegt, der notariellen Verlautbamng dann, wenn hierin eine definitive Hypothekbestellung für die künftige Darlehens­ forderung enthalten ist, dann aber nicht, wenn der Vertrag den Sinn hat, daß im Falle der Darlehenshingabe erst ein gesonderter Hypothekbestellungsverlrag ab­ geschlossen werden soll (vgl. einen ähnlichen Fall eines pactum de mutuo sub hypotheca dando in O.A.G Erk. v. 13. April 1867 Mnk, Not.Ges. Erg.Heft S. 45, 46]), nicht deutlich genug E. d. obst. L.G. V. 138; Rehm, Not.Ges. zu Art. 14 Nt. 12 Ziff. 2ba; vgl. auch Bl. f. R.A. XXXII. 337, 339; XL. 71. In Bl. f. R.A. XXXI. 374 wird dann notarielle Verbriefung gefordert, wenn eine Klage gegen den Darlehenspromissar auf Annahme des Darlehens und Er­ füllung aller deshalb gemachten Zusicherungen begründet wird, dann aber nicht, wenn derselbe die Annahme verweigern kann und den Promittenten dann nur wegen Bereithaltung der Gelder, Zinsenentgang u. dsgl. zu entschädigen hat — eine Unterscheidung, die mir nicht das Richtige zu treffen scheint und gegenüber anderen Fällen eines pactum de contrahendo kein richtiges Prinzip enthält. Ebenso erachte ich nicht die Nothwendigkeit notarieller Verbriefung gegeben, wenn A sich dem D verpflichtet, unter einer Konventionalstrafe sein Haus an E um 5000 fl. zu verkaufen, so wenig wie in dem Falle, wenn dem E selbst gegenüber diese Verpflichtung eingegangen wäre (vgl. Bl. f. R.A. Erg.Bd. I S. 328); eine Um­ gehung des Gesetzes, wie Bl. f. R.A. XXXI. 376 annimmt, kann ich hierin nicht erblicken. — Vgl. hiezu über die Form der Vorverträge d. Not.Zeit. 1886 S. 154 ff.; die hierin vertretene Ansicht dürfte heute nicht mehr schlechthin geteilt werden. 2. ad m, 2 c. Verträge über Cession einer Forderung, wenn nicht das hieiür bestellte Hypothettecht mit überttagen werden will, wenngleich das Hypothekrecht erlischt (E. d. obst. L.G. I. 5; V. 715; vgl. hieher auch d. Not.Zeit. 1882 S. 3 ff); Berttäge über Cession von Hypothekzinsen ohne Hypothekrecht (E. d. obst. L.G.

II. Kapitel.

Entstehung, Veränderung und Untergang der Rechte.

543

VII. 719; Bl. f. RA. XLIV. 60); Verträge über Gestattung des Abbruchs eines Gebäudes, wenngleich damit das dem Gestattenden hieran zustehende dingliche Wohnungsrecht erlischt (E- d. obst. L.G. V. 100) im Gegensatz zu einem Vergleiche, in welchem eine Abfindungssumme für alle dem A zustehenden Ansprüche stipuliert wird, wenn hierunter auch die Abfindung für dingliche Ansprüche an Immo­ bilien inbegriffen ist (E. d. obst. L.G. VII. 291); Verträge über Verzicht auf die der Hypothek zu Grunde liegenden Forderung oder über Erlaß derselben (E. d. obst. L.G. XII. 311; Bl. f. R.A. LIV. 266).

3. endlich Verträge, welche nicht einmal einenAnspruch aufAbschluß eines unter Zifs. IV, 1 bezeichneten Vertrags gewähren, wenn­ gleich gewisse Beziehungen zu den genannten Rechten vorhanden sind, so ein Vertrag über Bürgschaftsleistung für eine Hypothekenschuld (E. d. obst. L.G. I. 327), für einen Jmmobilarkausschilling (Bl. f. R.A. XXXVI. 49); Auftrag eines Gläubigers an einen Dritten, eine Hypothekforderung zu künden oder ein­ zuheben, oder an den Schuldner, einem Dritten zu bezahlen (E. d. obst. L.G. n. 13; Bl. f. R.A. XXXVII. 129; E.Bd. 1.108; XXXVIII. 278); daher auch nicht ein Berttag, in welchem A dem B 1000 fl. verspricht, wenn B mit C in Compagnie treten und mit diesem sein, des A HauS kaufen würde (Bl. f. R.A. Erg.Bd. 1.292, gegen ebenda S. 289); Vertrag über Anrechnung des Kaufpreises zu verkaufender Immobilien auf ein Darlehen (Bl. f. R.A. XLV. 8); Berttag zwischen Käufer und Verkäufer über Leistung einer Entschädigungssumme, falls die Kaufsunterhandlungen scheitern sollten (E. d. obst. L.G. V. 427; Bl. f. R.A. XL. 153); Vertrag, in welchem der Eigentümer die Errichtung eines Gebäudes oder einer sonsttgen Anlage auf seinem Grund und Boden gestattet (E. d. obst. L.G. VII. 1019); Vertrag über Vermittelung eineHypothekdarlehens (E. d. obst. L.G. VII. 101); Berttag über Ablösung der Kosten einer Kommunmauer (E. d. obst. L.G. VII. 821); Berttag über Leistung einer Entschädigung, falls ein vom Promissar zu gewährendes Hypothekenkapital nicht angenommen werden sollte (E. d. obst. L.G. XIV. 446); das Versprechen einer Provi­ sion für ein vom Promissar zu gebendes Hypothekdarlehen (E. d. obst. L.G. XU. 267 unter nicht glücklicher Bezugnahme auf E. d. obst. L.G. XI. 612; auch Bl. f. R.A. LIV. 248). — Weder die vertragsmäßige Uebernahme einer Hypothekschuld zur persönlichen Haftung, die vertragsmäßige Wiederaufhebung derselben, noch die Annahme des Schuldübernehmens seitens des Hypothekgläubigers bedarf notarieller Verbriefung (die Annahme wird überhaupt nicht als Vertrag bezeichnet: Bl. f. R.A. LIL 225), jedoch nicht zu verwechseln mit dem Falle der Art. 95, 96 Subh.Ordn., wo Errichtung einer öffentlichen Urkunde vorgeschrieben ist, die aber nicht, wie E. d. obst. L.G. XIV. 738 und Ortenau, Komm. z. Subh.Ordn. S. 326 annehmen, gemäß Art. 14, sondern gemäß Art. 11 Abs. 2 Zifs. 1 Not.Ges. vom Notar auf­ zunehmen ist.

V. Einer besonderen Erwähnung bedürfen noch die vertrags­ mäßigen Anerkenntnisse und vergleiche (hiezu Zink, Not.Ges. S. 98Ziff. 7). Wird ein dinglicher Berttag anerkannt oder sich über diesen verglichen, wird also un­ mittelbar die Existenz, der Untergang, die Veränderung deS Eigentumsrechtes u. s. w. anerkannt, so schlägt unzweifelhaft Art. 14 Not.Ges. ein (s. oben Ziff. III. 2b); wird ein unter III, 2 b genannter obligatorischer Vertrag anerkannt oder zum Ber­ gleichsgegenstande gemacht, so scheint E. d. obst. L.G. XI. 188; Bl. f. R.A. L. 490 wenigstens nach dem Wortlaute der Begründung die Beobachtung des Art. 14 schlechthin nicht zu fordern. Sofern hier nur auf die Anfechtung eines bloß an­ fechtbaren solchen Vertrages verzichtet wird, erscheint auch mir Art. 14 nicht zuzutreffen, da der Berttag hier den unter IV, 1 genannten Verträgen gleichzustellen ist; dagegen möchte ich für Anerkenntnisse solcher nichtiger Berttäge, Verzichte ans Geltendmachung der Nichtigkeit die Notwendigkeit der Beobachtung deS Art. 14 Not.Ges. für gegeben erachten (vgl. E. d. obst. L.G. XI. 483, welche m. E. in Entscheidung und Begründung richtig ist, wo es sich aber ebenso, wie in E. d. obst. L.G. XI. 188, um „Nichtigkeit" handelt) und zwar aus gleichen Gründen, wie unter. Ziff. VI, 1 a entwickelt, und weil solche Verträge den unter Ziff. III 2 b genannten gleichzustellen fein dürften.

544

Viertes Hauptstück.

Von den Rechten.

VI. Alle zur Entstehung des unter Art. 14 Not.Ges. fallenden Vertrages erforderlichen WillenSerklarnuge« müssen notariell be­ urkundet werden, sohin: 1. in subjektiver Hinsicht die Willenserklärungen sämtlicher Parteien, von deren Zusammenstimmen im Einzelfalle die Ent­ stehung des Vertrages abhängig ist; bei Verkauf eines gemeinschaftlichen Immobile daher die Zustimmung sämtlicher Miteigentümer (Bl. f. R.A. XXIX. 298), aber ohne Rücksicht darauf, ob die Erklärungen der Kontrahenten zeitlich mitein­ ander oder unmittelbar aufeinanderfolgend oder vor demselben oder verschiedenen Notaren abgegeben werden (gegen Bl. f. R.A. XXXIV. 193; vgl. jedoch auch ebenda Beilage zu Nr. 16 S. 3 und Rehm, N.G. zu Art. 14 Nt. 15). a) Aus dem Grunde, daß bei der Stellvertretung im Willen wie in der Erklärung die Willenserklärung des Stellvenreters bezw. die Erklärung erst dann als solche des Vertretenen gilt, wenn ersterer zur Vertretung berechtigt ist, daß bei handlungsbeschränkten Personen Willenserklärungen meistens nur vom gesetz­ lichen Vertreter abgegeben werden können, daß nach einzelnen bürgerlichen Rechten die eheherrliche Zustimmung die Willenserklärung der Ehefrau erst rechtlich wirksam werden läßt, ergeben sich als Folgen: auch die Genehmigungsertlärung des gesetzlichen Vertreters, die von den Kontrahenten zum Abschlusse des Vertrages für sie erteilte Vollmacht (Bl. f. R.A. XXIX. 129: XXXI. 197; XLIII. 1'16, 117; b. Not.Zeit. 1886 S. 40 gegen 33; d. Not.Zeit. 1886 S. 165; die Ermächtigung zur Cession einer Hypotheksorderung mit Hypothekrecht soll nach E. d. obst. L.G. VII. 289 und Rehm, N.G. zu Art. 14 Nt 5 Ziff. II b nicht notarieller Beurkundung bedürfen, was mir nicht richtig erscheint), die nachträg­ liche Genehmigung (Ratihabition) oder Bestätigung (Eonfirmation) eines dem Art. 14 unterliegenden nichtigen, nicht blos anfechtbaren Ver­ trages (denn auch hier ist trotz der Rückwirkung erst die Genehmigung oder Bestätigung die eigentliche Willenserklärung: E. d. obst. L.G. VII. 288; IX. 400; Bl. f. R.A. XXXVI. 53 gegen ebenda 51, E d. obst. L.G. XII. 526 und Rehm, N.G. zu Art. 14 Nt. 5 Ziff. III), die Genehmigung des Geschäftsherrn zur Erklärung des unbeauftragten Geschäftsführers (Bl. f. R.A. XXXVI. 50; a. M Bl. f. R.A. XXXIX. 69), die etwa nach bürgerlichem Rechte erforder­ liche eheherrliche Genehmigung (E. d. obst. L.G. II. 40; Bl. s. R.A. XXXVII. 130; II. Erg.Bd. S. 285; selbstredend auch die Zustimmung der Ehefrau, wenn ihre Einwilligung zum Geschäftsabschluß erforderlich ist (E. d. obst. L.G. IV. 451), bedürfen der notariellen Verlautbarung. Hiezu sei jedoch noch Folgendes bemerkt: Der Auftrag zum Abschlusse eines Jmmobiliarvertrages kann den Sinn haben, daß der Beauftragte Namens des Auftraggebers paktieren soll; in diesem Falle muß entweder die Vollmachtserteilung notariell verbrieft sein, oder, wenn dies unterlassen ist, die nachträgliche Genehmigung der Erklärung des Beauftragten — hier im Sinne des Art. 14 Not.Ges. des unbeauftragten Geschäfts­ führers — seitens des Auftraggebers in notarieller Urkunde erfolgen; oder den Sinn, daß der Beauftragte zunächst für sich abschließen und dann erst an den Auf­ traggeber zurückveräußern soll; dann bedarf der Auftrag keiner notariellen Verlaut­ barung, sondern nur der zwischen Auftraggeber und Beauftragenden abzuschließende Beräußerungsvertrag. Schließt in einem Falle, wo der nicht notariell beurkundete Auftrag lautete, Namens des Auftraggebers zu veräußern oder zu erwerben, der Beauftragte für diesen ab, so kann m. E. weder der Beauftragte noch der Auftrag­ geber, noch der Dritte sich auf den Mangel der Form des Auftrages berufen, da im Falle eines solchen nicht verbrieften Auftrages durch notarielle Beurkundung der Genehmigung des für den Auftraggeber abgeschlossenen Geschäftes Rechtsgiltigkeit desselben herbeigeführt werden kann, und weder Auftraggeber noch Beauftragter gegenseitig sich auf den beiderseits gewollten Mangel der Form des Auftrages wegen entgegenstehender exceptio doli generalis berufen können, d. h. hier die gewollte Gerierung des Beauftragten als nicht beauftragten Geschäftsführers gegen sich gelten lasten müssen; der Beauftragte wird hier gegen den Auftraggeber aus formvolle Genehmigung klagen können; a. M. Bl. f. R.A. XLIII. 116; s. jedoch Anm. hiezu.

U. Kapitel.

Entstehung, Veränderung und Untergang der Rechte.

545

b) Auf Grund singulärer Vorschrift, und zwar des eine authentische Aus­ legung des Art. 14 Not.Ges. enthaltenden § 60 des LandtagSabschiedes vom 29. April 1869 (W. VII. S. 689; B. S. 172), welcher demnach auch rückwirkende Kraft äußert (E. d. obst. L G. II. 13; Bl. f.R A. XXXIV. 161), bedarf dieAceeptation des Berechtigten keiner notariellen Verlautbarung: bei Bestellung von Hypotheken, bei Beschränkungen in der Befugnis zur weiteren Verpfändung oder Veräußerung, welcher sich der Besitzer in Be­ ziehung auf eine Schuldverbindlichkeit unterwirft, bei Uebertragung oder Verpfändung einer im Hypothekenbuche eingetragenen For­ derung. (Vgl. hiezu Näheres in Bl. f. R.A. XXXIV. 161, insbesondere über die Frage, ob diese Geschäfte nunmehr noch unter Art. 14 oder unter Art. 11 Abs. 2 Ziff. 1 Not.Ges. fallen; auch XXXIII. 177 (über Hypothekbestellungen; die hierin berührten Fragen dürften jetzt gegenstandslos sein). In diesen Fällen bedarf auch die Bollmachtserteilung und Genehmigungserklärung de- Acceptanten bezw. des gesetzlichen Vertreters desselben keiner notariellen Beurkundung. c) Ob die Willenserklärungen ausdrücklich oder stillschweigend erfolgen können, bemißt sich im Allgemeinen nach dem örtlichen bürgerlichen Rechte; jedoch kann im zweiten Falle im Hinblick auf die Vorschrift deS Att. 14 Not.Ges. der Vertrag nur dann rechtswirksam zu Stande kommen, wenn wenigsten- concludente Handlungen vorliegen und diese notariell verlautbart sind (E. d. b. obst. L.G. XIV. 604). d) Das im simulierten Geschäfte versteckte dissimulierte Geschäft bedarf der notariellen Verlautbarung, soferne es unter Art. 14 Not Ges. fällt (E. d. obst. L.G. VII. 466). 2. In objektiver Hinsicht die Willenserklärungen der Parteien in allen Beziehungen und Punkten des abzuschließenden Geschäftes, sohin sowohl die Essenlialien wie Accidentalien (Zink, Not.Ges. Erg.Bd. S. 52—65, insbesondere vgl. die auf S. 58 ff. unter Ziff. 25 zusammengesteltten Grundsätze; E. d. obst. L.G. VIII. 53; XII. 484, XIV. 357; Bl. f. R.A. XXIX. 282; XXX. 126; XXXIII. 212; XXXV. 365; XXXVII. 355, 378; XXXVIII.29; XLI. 60; XLV.22; XLVIII. 4; L. 145; LII. 167; LV. 119; b. NotZeit. 1890 S. 165 Insbesondere über mündliche Nebenabreden); bezüglich Haftung für die Eindringlichkeit einer Hypothekforderung vgl. Bl. f. R.A. XXXIII. 189, 282, 286, 357, 365; XXXV. 172, 174, 321, 324; über nachträgliche Eingehung dieser Haftung: Bl. f. R.A. XXXII. 322), ohne Rücksicht darauf, ob einzelne Punkte oder Abmachungen — vorhergehende ober gleichzeitige — als selhstständige Geschäfte be­ trachtet, unter Art. 14 Not.Ges. fallen würden, wenn sie nur mit dem Jmmobiliargeschäfte ein einheitliches Ganze- bilden sollen (vgl. hiezu E. d. obst. L.G. II. 178 über Kauf einer teilweise au- Immobilien bestehenden Erbschaft; auch XIV. 387; Zink, Not.Ges. S. 102 Ziff. 10): um die- zu erkennen, ist aber nicht blos aus die äußere Bezeichnung nebenhergehender Abmachungen (z. B. „Nackgange zum. ..") Rücksicht zu nehmen, sondern vielmehr auf die Lußere Beranlaffung und den inneren Zweck und Grund der Abmachung zu sehen (E. d. obst. L.G. III. 382, IV. 579; Bl. f. R.A. XXXIX. 102); gleichgiltig ist auch, ob die nicht notariell verbrieften Abmachungen in einer anderen Form niedergelegt sind (b. Not.Zeit. Jahrgang 1879 S. 245). — Daher bedarf, im Falle sich der Gut-Übergeber ver­ einbarungsgemäß ein Paar Ochsen vorbehält, um diese zu verkaufen und mit dem Erlöse eine Darlehensschuld des UebernehmerS zu decken, zwar der Vorbehalt, nicht aber die übrige Vereinbarung der notariellen Beurkundung (E. d. obst. L.G. III. 392); ebensowenig eine nachträgliche freiwillige Überlassung von Mobilien an den Käufer eines Immobile alS „Dreingabe" (E. d. obst. L.G. V. 659; vgl. auch über einen ähnlichen Fall Bl. f. R.A. XXXII. 274); wohl aber wieder der Vorbehalt einiger Bäume beim Verkaufe deS WaldgrundeS (Bl. f. R.A. XXXI. 14); nicht das nachträgliche Versprechen einer Geldentschädigung für verzögerte Er­ füllung der Verbindlichkeit (Bl. f. R.A. Erg.Bd. I. 197). Es bedürfen ferner der notariellen Verlautbarung insbesondere: beim Kauf die Waare in allen ihren Teilen, der Preis in seiner richtigen gewollten Höhe (E. d. obst. L.G. IV. 14, 553, 555; V. 429, 431, VI. 594, X. 146; XV. 146; Bl. f. R.A. XLI. 10 (niedrigerer Becher, LandeScivilrecht und Lande-civilpro-etzrecht. 35

546

Viertes Hauptstück. Bon den Rechten.

Preis alS der gcmoHte]; V. 157; Bl. f. R A. XXXIX. 361 (höherer als der gewollte: ob hier Anfechtung möglich seitens deS Verkäufers s. die zit. Entsch. und oben § 71 Nt. 7 Ziff. 2 S. 535]; E. d. obst. L.G. VII. 891 (Preis für mehr Grundstücke als ge­ nannt]; über Liegenschastsküufe in Bausch und Bogen und nach Maß, teilweisen Verkauf einer Plannummer vgl. b. Not.Zeit. 1891 S. 8 ff.); die Vereinbarung von Strichkreuzern neben dem Kausschilling (Bl. f. R.A. XXXI. 79); die Vereinbarung einer Draufgabe (Bl. f. R A. XXXV. 271); bei Hypothekbestellungen die Forderung in ihrem vollen Umfang und voller Höhe, die zu verpfändenden Objekte (E. d. obst. L.G. V. 407 (Hypothek für eine größere Forderung al- gewollt]); die Zusicherung der Servitutfreiheil (E. d. obst. L G. 11.435); die Zusicherung der Uebenrahme der Mietverhältnisie über die ortsübliche Kündigungszeit hinaus (E. d. obst. L.G. V. 684); die für die Geschäfte maßgebenden Suspensiv- und Resolutivbedingungen (Bl. f. R.A. XXXI. 372, 373), Zeittermine (Bl. f. R.A. XXXI. 373), Auflagen. Dagegen bedarf aber nicht der notanellen Verbriefung die Thatsache des Eintrittes der Bedingung oder der Auslage, mag sie auch in einer Willenserklärung oder sonstigen Handlung eines Beteiligten bestehen, wenn nur nicht die Bedingung (Suspensiv- oder Resolutivbedingung) lediglich auf das bloße Wollen (si voles) eines Beteiligten gestellt ist. Aehnliches gilt von Vorbehalten (vgl. hiezu einen Fall in E. d. obst. L G. XI. 43). Ebensowenig bedürfen solche an sich nicht unter Art. 14 Not.Ges. fallende Verträge, wie sonstige Thatsachen, welche nur Motive (Voraussetzung, causa) des unter Art. 14 fallenden Vertrages sind, der notariellen Verbriefung (E. d. obst. L. G. Xin. 588; XV. 271; auch Bl. f. R.A. XXVI. 29 gegen 26). Im einzelnen ist aber doch Vorsicht geboten; enthalten solche Verträge die Berpslichtungen zu Leistungen, aus Grund deren der eine Kontrahent sich zum Abschluß des notariellen Vertrages bestimmen läßt, so kann es leicht sein, daß diese Leistungen in Wahrheit ein Teil der im notariellen Vertrage stimulierten Gegen­ leistungen sind; in diesem Falle ist das nicht notariell verbriefte Uebereinkommen nichtig; freilich können dann auch in Ansehung des notariell verbrieften Ge­ schäftes diejenigen Wirkungen eintreten, welche sich an Differenz zwischen Wille und Erklärung knüpfen; s. hierüber oben § 71 Ziff. 4 S. 534. VI. Werden nachträglich Aendernngen an einem dem Art. 14 Not.Ges. unterliegenden Vertrage vorgenommen, so ergeben sich unter Berücksichtigung des in Zisf. V aufgestellten Prinzipes folgende leitende Grundsätze: 1. Aenderungen der Essentialie« müssen notariell verbrieft werden, sofern nicht der ändernde Vertrag ganz selbständiger Natur­ ist (E. d. obst. L.G. II. 175; Bl. f. R.A. XL1II. 281), daher insbesondere Aenderungen der Gegenleistung selbst (E. d. obst. L.G. 1.155 (spätere Uebernahme von Kurrentschulden als weitere Gegenleistung bei Uebergabsverträgen], auch XI. 43); nachträgliche Erhöh­ ungen des Kaufpreises (E. d. obst. L.G. II. 175; Bl. f. R.A. XXXVII. 193); nachträg­ liche Zusicherung, die Mindercoursdifferenz des in Wertpapieren nach ihrem Nominal­ werte vereinbarungsgemäß gezahlten Kaufpreises zu vergüten (E. d. obst. L.G. VIII. 328 Bl. f. R.A. XI.V. 229); nachträgliche Nebenabreden, durch welche der Besitzstand der fraglichen Liegenschaften verändert oder dingliche Rechte an denselben begründet oder aufgehoben werden (E. d. obst. L.G. III. 296; VIII. 53); Aenderungen des Prozentsatzes der Ewiggilten (E. d. obst. L.G. V. 139; Bl. f. R.A. XL. 109); nachträgliche Verabredung einer Tauschausgabe (Bl. f. R.A. XXXII. 245; jedoch nicht ein Vertrag über nachträglichen Erlaß der Gegenverbindlichkeit (Bl. f. R.A. Erg.Bd. I. 327). Kritischer liegt die Sache bei einer nachträglichen Vereinbarung, es dürfe Gläubiger den nach Abtragung eines Teils der Hypothekschuld ver­ bleibenden Rest nicht eher verlangen, als bis er den abbezahlten Teil dieser Hypothek im Hypothekenbuche habe löschen lassen: E. d. obst. L.G. XI. 612 nahm an, daß diese Nebenabrede, weil sie auch die Wirkung haben sollte, über die Kündigungsfrist hinaus die Hypothekenklage selbst in ihrer dinglichen Richtung zeitweise völlig auszuschließen, notariell hätte verlautbart werden müssen. Auf die nicht besonders zutreffende Begründung kann hier nicht näher eingegangen werden. In der That wird regelmäßig mit jeder Stundung einer Hypothekforderung die

n. Kapitel.

Entstehung, Veränderung und Untergang der Rechte.

547

Hypothekentlage in ihrer dinglichen Wirkung zeitweise völlig ausgeschlossen. Jusoferne diese Wirkung zum Bertragswillen der Parteien gemacht ist, ist die Ent­ scheidung unzweifelhaft richtig; soferne sich diese Wirkung lediglich als Folge deS Vertragswillens darstellt, ließen sich an sich begründete Zweifel über die Richtigkeit erheben; allein hier liegt keine Stundung vor, vielmehr die Umwandlung einer betagten Hypothetforderung in eine suspensiv bedingte; für einen solchen Vertrag ist aber m. E. unbedingt notarielle Verbriefung erforderlich.

2. Aenderungen der Aeeidentalieu bedürfen dann notarieller Verbriefung nicht, wenn sie für sich betrachtet nicht unter Art. 14 Not.Ges. fallen, da sie nunmehr als selbständige Geschäfte in Betracht kommen: E. d. obst. L.G. VII. 453; IX. 714; Bl. f. RA. XLIII. 277; so Stundung, Gewährung von Zahlungsfristen bei Hypothekkapitalien entgeltlich oder unentgeltlich (E. d. obst. L.G. VI. 411; X. 101; Bl. f. R.A. XXXIX. 14; Ab­ änderungen bestehender Zahlungsfristen (A. M. Bl. f. R.A. XXXII. 245); Aender­ ungen von Zahlungsmodalitäten (E. d. obst. L.G. V. 139; Bl. f. R.A. XXXIII. 384, 61); Vertrag, daß die von einem Bertragsteile übernommenen Berbriesungskosten von dem Kaufpreise für Mobilien in Abzug kommen sollen (E. d. obst. L.G. X. 527); nachträgliche Uebernahme der Haftung für Güte und Eindringlichkeit einer zedierten Hypothekforderung: O.A.G.Trk. v. 13. Mai 1867 (Zink, R G.Erg.H. S. 57—58).

VII. Ueber Differenz zwischen Lille »nd Erklärung (auch Simu­ lation), über Anfechtung der vertrüge des Art. 14 Not.Ges. aus eivilrechtlichen Gründen, wie Betrug, Irrtum, Furcht, Zwang u. s. w. s. oben § 71 Zifs. 4 S. 534.

VIII. Ueber die räumliche Wirkung des Art. 14Not.Ges. s. oben § 8 Ziff. 10 S. 25, wo in der Lehre von der Statutenkollision der Satz ausgestellt ist, daß bei Verträgen, welche auf den Erwerb dinglicher Rechte gerichtet sind, für daS Mindestmaß an Formen und Solennitäten das Recht der belegenen Sache ent­ scheide. Hieraus ergiebt sich im Hinblick auf Art. 14 Not.Ges.: Werden unter Art. 14 Not.Ges. fallende Verträge innerhalb Bayerns über außerhalb Bayerns gelegene Immobilien errichtet, so muß zur Giltigkeit die für solche Verträge am Orte der belegenen Sache vorgeschriebene Form unbedingt gewahrt sein, weiter aber auch die Form des Art. 14 Not.Ges., da dieser in Ansehung aller in Bayern errichteten, abgeschlossenen Verträge wenigstens für den bayerischen Richter offenbar eine Prohibitivvorschrift ist. Werden unter Art. 14 Not.Ges. fallende Verträge nicht in Bayern über in Bayern gelegene Immobilien abgeschlossen, so muß die Formvorschrift des Art. 14 Not.Ges. gewahrt sein; deren Wahrung genügt aber auch für den bayerischen Richter. Vgl. hieher auch Rehm, N.G. zu Art. 14 Nt. 13; Enderlein, Mat. z. N.G. S. 89. Vgl. auch Art. 124 des b. Gebührendes, in der Fassung von 1892; jedoch kann hieraus der erstaufgestellte Rechtssatz nicht schlechthin gefolgert werden. IX. Ueber das BerhältuiS des Art. 14 Not.Ges. zu audereu GesetzeSstellen und zwar:

1. zu Art. 16 Not.Ges. vgl. Enderlein, Mat. z. N.G. S. 29; die An­ wendung beider Gesetzesstellen kann zusammentreffen, oder wo Art. 16 N.G. noch nicht anwendbar ist, wenigstens Art. 14 N G. anwendbar sein; 2. zu Art. 22 Not.Ges. vgl. oben § 70 lit. B S. 508 Ziff. 7 und Brunner, in Hausers Zeitschrift für Reichs- und Landesrecht Bd. V S. 323—325; 3.

zu § 16 Hhp.Ges. vgl. oben § 71 Nt. 1 S. 532 und Hypothekenrecht;

4. zu § 107 Hyp.Ges. vgl. E. d. obst. L.G. I. 188; Enderlein, Mat. z. N.G. S. 27 und Hypothekenrecht.

X. Ausnahmen. Solche können durch Reichsgesetz, wie Landes­ gesetze, soweit sie nach dem 1. Juli 1862 erlassen sind (Art. 150 Abs. 1 Not.Ges.), begründet sein. 1. L andesgesetzlich ist notarielle Verbriefung nicht erforderlich hinsichtlich ber gütlichen Einigung der Beteiligten über Abtretung eines der Zwangsenteignung

35*

548

Vierte- Hauptstück.

Von den Rechten.

unterliegenden Rechtes vor Feststellung deS Enteignungsfalles und über die Ent­ schädigung; die Protokollierung kann rechtswirksam erfolgen durch die Verwaltungs­ behörde: Art. 55 A.G. z. R.C.P.O.; Seydel, b. St R. HI. S. 627, 645; Rehm, N.G. zu Art. 14 Nt. 4e; Bl. f. RA. LI. 401;

2. reichSrechtlich kommt der Prozeßvergleich in Betracht; s. oben § 68 lit. A Ziff. 3 S. 473 und die durch daS Handelsrecht begründeten Ausnahmen: Art. 275, 317, 85 deS allg. d. Hand.Ges.B.; Enderlein, Mat. S. 42, 43; Brunner in Hauser's Zeitschrift für Reichs- und Landesrecht V. S. 310—313; Ztfchr. f. Not. 1866 S. 343; d. Not.Zeit. 1886 S. 68 ff.

III. Abschnitt. Der Einfluß der Zeit.

§ 73. Die Zcitberechnung.**) Soweit nicht in einzelnen Landesgesetzen oder im örtlichen bürger­ lichen Rechte ausdrücklich Ausnahmen normiert sind oder bei vertrags­ mäßigen Fristen Besonderes vereinbart ist, kommt bei Berechnung der Fristen stets die fortlaufende Zcitberechnung (tempus continuum, nicht utile) und zwar die juristische (Civilkompulation), nicht die natürliche (Naturalkompulation), in Anwendung, ferner gelten folgende einzelne Grundsätze d): Erstreckt sich eine Frist auf Monate oder Jahre, so endet sie mit Ablauf desjenigen Kalendertages, der im letzten Monate oder Jahre der Frist der Zahl nach dem Anfangstage entspricht; ist der betreffende Tag im einschlägigen Monate nicht vorhanden, so gilt der letzte Tag dieses Monats als letzter Tag der Frist. Erstreckt sich eine Frist auf Wochen, so endet sie mit Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche der Frist, der seinem Namen nach dem Anfangslage der Frist entspricht; bei Fristen nach Tagen sind soviele Zeiträume von 24 Stunden in Rechnung zu ziehen, als von der Anfangsmitternacht des ersten Tages an gerechnet der Anzahl der Tage entsprechen. Bei der Berechnung einer Frist, welche nach Tagen bestimmt ist, wird der Tag nicht mitgerechnet, auf welchen der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, nach welchem der Anfang der Frist sich richten soll. *) Roth, b. ER. I. S. 352-354; v. Brinz, Pand. I. S. 389-392; Wind­ scheid, Pand. I. S. 290—298; Dernburg, Pand. I. S. 207—214; RegelSberger, Pand. I. S. 453—460; Beseler, System dei gemeinen deutschen Privatrechts Bd. I. S. 184—189; Stobbe, Handbuch deS deutschen Privatrechts Bd. I S. 644— 647. *) Die in der ReichScivilprozeßordnung anerkannten Gmndsätze werden heute mangels besonderer abweichender Normen auch auf materiellrechtlichem Gebiete und in der nichtstreitigen Rechtspflege allgemein zur Anwendung gebracht; vgl. daher zum Folgenden § 199—200, ebenso Art. 6 des b. Gebührengesetzes in der Fassung von 1892; nur § 201 R.C.P.O. kann auf diesen Gebieten keine Anwendung finden; die GerichtSferien habe» auf die nichtstreitige Rechtspflege keinen Einfluß. — Ueber die Berechnung von Monatsfristen vgl. auch d. Not.Zeit. 1877 S. 76 ff.

II. Kapitel.

Entstehung, Veränderung und Untergang der Rechte.

549

Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag oder gebotenen Feiertag, so endigt die Frist mit Ablauf des nächstfolgenden Werktages. Der Lauf einer richterlichen Frist in der streitigen und nicht­ streitigen Rechtspflege beginnt, soferne nicht bei Festsetzung derselben Anderes bestimmt ist, mit der Zustellung des Schriftstückes, in welchem die Frist festgesetzt ist, und wenn es einer solchen Zustellung nicht bedarf, mit der Verkündung der Frist; der Lauf einer solchen gesetzlichen oder richterlichen Frist, deren Beginn von einer Zustellung abhängig ist, beginnt mit dieser auch gegen diejenige Partei, welche die Zustellung hat bewirken lassen?) § 74.

Die Verjährung?) A. Regelmäßig entscheidet in Ansehung des Berjährungsinstitutes das örtliche Civilrecht. Allgemeine landesgesetzliche Normen enthält nur das Hypothekengesetz und die bayerische Gerichtsordnung von 1753. Für ganz Bayern geltende Spezialgesetze sind das Finanzgesetz vom 28. Dezember 1831, das Gesetz über die Berjährungsftisten vom 26. März 1859, das Gesetz über die Gewährleistung bei Viehver­ äußerungen vom 26. März 1859, das Gesetz über die Verjährung der Forderungen aus Staatsschuldurkunden der Staatsschuldentilgungs­ anstalt vom 29. Dezember 1861 und Art. 10 und 87 des bayerischen Ausführungsgesetzes zur Reiche Civilprozeßordnung. Diese Gesetze, mit Ausnahme des Hypothekengesetzes und der bayerischen Gerichtsordnung von 1753, normieren für gewisse Arten von Forderungen im Wesentlichen kürzere Verjährungsstisten, als nach dem örtlichen Civilrechte bestehen, und verfolgen damit, abgesehen von dem Interesse an geordnetem Staatshaushalte in einzelnen Fällens, vorzüglich den schon in früheren churfürstlich-bayerischen Verordnungens*)6 *** zur Geltung gebrachten Gedanken, auf der einen Seite dem wirtschaft­ lichen Interesse des Gläubigers und Schuldners zu dienen, auf der anderen Seite die in Prozessen über solche Forderungen infolge der verdunkelnden Länge der Zeit sich ergebenden Beweisschwierigkeiten abzuschneiden?) -) § 198 R.C.P O. l) Roth, b C R. I. S. 354—376; Dr. Otto Frhr. v. Völderndorff, Gesetz vom 26. März 1859, die Verjährungsfristen betr., Erlangen 1859 (zit. Bölderndorff S. . . .); die bayerischen BerjährungSgesetze vom 26. März 1859 und vom 29. Sept. 1861 bearbeitet von einem praktischen Juristen. Nördlingen 1886 (zit. b. Verj.Ges. S. ...). — Ferner v. Brinz, Pand. I. S. 392—405; Windscheid, Pand. I. S. 298—324; Dernburg, Pand. I. S. 341—359; Regelsberaer, Pand. I. S. 655—669; Beseler, System des gemeinen deutschen Privatrechtes Bd. I S. 198; Stobbe, Handbuch des deutschen Privatrechts Bd. I. S. 647—661; auch 214. *) Vgl. oben § 44 Ziff. VII Nt. 20 S. 279. 8) Vgl. die Verordnungen vom 12. Juni 1790, 23. November 1791 und 6. August 1798 in Mayr's Gen.Samml. VI. S. 32 und bei Völderndorff S. 5. 4) Vgl. hiezu Völderndorff S. 1—5; b. BerjährungSgesetze S. 1 und 2; Jur. Monatschr. Jhrg. 1893 S. 118.

550

Viertes Hauptstück.

Bon dm Rechten.

Das Hypothekengesetz^) enthält einige, als Folgen der Oeffentlichkeit des Hypothekenbuches zu erachtende, allgemeine Bestimmungen über Lauf und Unterbrechung der Verjährung in Ansehung der int Hypothekenbuche eingetragenen Forderungen, welche zweckmäßig erst im Hypothrkenrechte darzustellen sind. Die Berjährungsbestimmungen der Gesetze vom 28. Dezember 1831 und 29. September 1861, wie des Art. 10 des bayerischen Ausführungsgesetzes zur Reichs-Civilprozeßordnung sind bereits bei den einschlägigen Materien5 6)* erwähnt; 8 die des Viehgewährschaftsgesetzes vom 26. März 1859 werden int einschlägigen Abschnitte über den Kauf, die des Art. 87 des erwähnten bayerischen Ausführungsgesetzes im Erbrechte erörtert. ,B. Die bayerische Gerichtsordnung von 1753 enthält all­ gemein geltende Bestimmungen über die Verjährung der Klagens, der Litispendenz^) und der Einreden?)

I. Für alle Klagen ist, soweit nicht Spezialgesetze cntgegenstehen, eine dreißigjährige Berjährungszeit vorgeschrieben. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkte, „da die Klage hätte angestellt werden können", sohin mit der Nativität der Klage?") Die Wirkung der Verjährung ist, daß mindestens eine klagsweise Verfolgung des Rechtes ausgeschlossen ist"), selbst wenn der andere Teil im bösen Glauben sich befand oder Kläger sein Klagerecht nicht kannte.") Der Lauf der Verjährung ruht während der Zeit, in welcher der Berechtigte^") an der Anstellung der Klage verhindert war"), und wird unterbrochen durch gerichtliche wie außergerichtliche Mahnung.") Ob die Verjährung 5) 88 31, 32 HyP.Ges. •) Bgl. oben 8 44 Ziff. VII S. 279 -283; § 55 S. 393 lit. d und 395 lit. e. ') Kap. IV § 3 mit Art. 81 A G. z. R.C.P.O. 8) Kap. III § 9 Nr. 5 mit Art. 81 A G. z. R.C.P.O. ») Kap. VI § 10 mit Art. 81 A G. z. R.C.P.O. *°) Daher schon ohne Rücksicht auf das bürgerliche Recht bei Darlehen zahlbar auf Kündigung m. E. erst mit dem Tage der Kündigung; bei Darlehen zahlbar eine bestimmte Frist nach Kündigung erst mit Ablauf dieser Frist; bei zinsbaren Darlehen selbst auf Kündigung soll die Verjährung von der letzten Zinszahlung an laufen: Bl. f. R A. V. 46; XLI. 314; E. d. obst. L G. VI. 143; Seuffert, Komm. z. b. Ger.Ordn. Bd. II S. 153; vgl. aber auch Sinnt, z. Bl. s. R.A. XLI. 314. — Ueber die Verjährung bei terminlichen Leistungen vgl. Seuffert, Komm. z. b. Ger.Ordn. Bd. II S. 153, 154; auch Bl. f. R.A. XIV. 416; jedoch auch unten Ziff. II, 1. “) Ob nur der Klageanspruch oder das Recht selbst erlischt, bemitzt sich nach dem örtlichen Civilrccht. ") Bgl. auch Bl. f. R A. XII. 365; E. d. obst. L.G. I. 459. ") Bl. s. R.A. XV. 75, Erg.Bd. I S. 413; Seuffert, Komm. z. b. G.O. Bd. II S. 154; Böhm, A.G. S. 125. Bgl. jedoch auch bei tempus utile hinsichtlich Unkunde der tlagebegründendcn Thatsachen Bl. f. R.A. XIX. 48, Erg.Bd. I S. 413. “) Die Hinderungsgründe bemessen sich nach örtlichem Civilrecht; Seuffert, Komm. z. b. G.O. Bd. II S. 154; vgl. hiezu auch Bl. f. R.A. XV. 75. *6) Das Gesetz spricht lediglich von „mahnen". Rach Plen.Beschl. des O.A.G.H. v. 16. Dezbr. 1858 (R Bl. 1859 S. 9) unterbricht außergerichtliche

II. Kapitel.

Entstehung, Veränderung und Untergang der Rechte.

551

nur auf Einrede hin oder von Amtswegen seitens des Richters zu berücksichtigen ist, bemißt sich nach dem örtlichen bürgerlichen Rechte?^ II. Bleibt ein Prozeß nach der Rechtshängigkeit liegen17 * ),* *so* * * tritt von dem Zeitpunkte der Vornahme des letzten richterlichen Aktes an gerechnet eine vierzigjährige Verjährung der Litispendenz ein, nach deren Ablauf die Klage erloschen ist. Unterbrochen wird die Ver­ jährung durch jeden weiteren veranlaßten gerichtlichen Stft.18) 19 III . Einreden, deren Grund nicht selbständiger Natur ist, sondern nur allein dasjenige Recht zur Grundlage hat, aus dem auch ein Klagsanspruch vorhanden ist, erlöschen mit der Verjährung dieses Klagsanspruches.18) C. Die aus dem Berjährungsgesetze vom 26. März 1859^) sich ergebenden Sätze sind folgende: I. Anwendung und Charakter des Gesetzes. 1. Das Verjährungsgesetz ist ein Ausnahmegesetz; es ist daher nur insoweit ausdehnend auszulegen, als dies logisch notwendig, nicht soweit es logisch möglich ist; insbesondere ist Analogie ausgeschlossen. Das Berjährungsgesetz enthält zwingendes Recht; seine Geltung und Mahnung (s. auch Bierling in Hauser's Zeitschrift für Reichs- und Landesrecht Bd. II S. 348); nach Bl. f. R.A. XII. 365, XIX. 29* nicht; vgl. cbcttta S. 367 auch über Unterbrechung durch Anerkenntnis. Ueber gerichtliche Mahnung vgl. unten Ziff. V. le) Vgl. über diese Frage auch die Zitate unten Nt. 65 und 66. n) Selbstverständliche Voraussetzung ist, daß der Prozeß noch nicht rechts­ kräftig erledigt ist: Bl. f. R.A. XI. 61. Vgl. hreher auch §§ 235, 239 R.C.P.O. l8) Gleichgiltig ist, ob das Gericht^ nur auf Antrag der Partei oder von Amtswegen die richterliche Handlung vorzunehmen hatte. 19) Ueber die Auslegung des Kap. VI § 10 der Ger.Ordn. herrscht Streit. Nach Seusfert, Komm. z. G.O. Bd. II S. 343 und Böhm, A.G. S. 127 bezieht sich die Vorschrift nur aus Rechtsverhältnisse, bezüglich welcher der jetzige Beklagte zu einer und derselben Zeit in der Lage war, als Kläger aufzutreten und auch belangt zu werden (vgl. hiezu Bl. f. R.A. XIV. 6), nicht aber auf solche Fälle, wo der jetzige Verklagte früher einzig in der Lage war, klagen zu können, nun aber kein Klaqerecht mehr, sondern nur noch ein Recht der Einrede hat (vgl. hiezu Bl. f. R.A. V. 318, auch XIX. 39*). Bierling in Hauser's Zeitschrift für Reichs­ und Landesrecht Bd. II S. 354 meint, die Gesetzesstelle mache einzig und allein von der Möglichkeit der klageweisen Geltendmachung eines Anspruchs die Ver­ jährbarkeit der auf denselben gegründeten Einrede abhängig, da Excipient ja auch hätte klagen können. In der E. d. obst L G. V. 703 findet sich endlich der Satz allerdings nicht unter Bezugnahme auf obige Gesetzesstelle: „Ein Berteidigungsmittel, dessen Gebrauch von einer vorausgegangenen Klagestellung des Gegners abhängig ist, unterliegt einer Verjährung nicht". Der im Texte aufgestellte Satz scheint mir im Hinblick auf die gemeinrechtlich über die Verjährung der Einreden bestehende Streitfrage, welche durch die angeführte Gesetzesstelle beseitigt werden wollte, allein dem Sinne dieser zu entsprechen (vgl. hiezu auch v. Brinz, Pand. I. 398; II. 730; Windscheid, Pand. I. S. 319, 320; Dernburg, Pand. I. S. 358; Regelsberger, Pand. I. S. 668, 669). — Ueber Verjährung der Einreden aus dem ädilizischem Edikte vgl. auch Bl. f. R.A. XIV. 6. 80) W. V. S. 135; B. S. 116 ff.; (zit. B.G.).

552

Biene» Hauptstück.

Bon den Siechten.

Anwendung kaun daher weder durch Vertrag, noch durch Verzicht der Parteien ausgeschlossen oder abgeändert werden. Das örtliche bürger­ liche Recht ist gegenüber dem Verjährungsgesetze nur insoweit in Geltung, als dieses nicht selbst Bestimmungen enthält und jenes nicht durch Sinn und Inhalt dls Verjährungsgesetzes beseitigt ist.21) 2. In subjektiver Hinsicht findet das Gesetz innerhalb der bezeichneten Kategorien auf jede Art Personen Anwendung; ob sie unmündig, minde^ährig^ männlichen oder weiblichen Geschlechtes sind, unter Vormundschaft oder Kuratel stehen, ob ihnen die Rechte der Minderjährigen rücksichtlich der Verjährung nach sonstigen Normen verliehen sind, ist gleichgiltig2^); für die Unmündigen und Minder­ jährigen besteht nur eine gewisse Ausnahme, welche unten unter Ziff. V zu erwähnen ist. Guter Glaube ist nicht erforderlich.22) Rechtsirrtum ist einflußlos.21) 3. In objektiver Hinsicht findet das Gesetz nur auf die unter Ziff. II genannten Forderungen25) und Ansprüche Anwendung, jedoch mit folgender Beschränkung: Ist für eine der in Ziff. II, 2 a, c und d—1 genannten Forder­ ungen bei ihrer Entstehung oder vor Ablauf der dort bezeichneten kurzen Berjährungsftist oder für rückständige Beträge einer der in Ziff. II, 1 genannten Forderungen nach dem Verfalltage, jedoch noch vor Ablauf der dort bezeichneten kurzen Verjährungsfrist von dem Zahlungspflichtigen eine schriftliche Anerkennung ausgestellt oder ein Faustpfand hiefür bestellt worden, so ist die Anwendbarkeit des Gesetzes und damit die kurze Verjährungszeit für diese Forderungen bezw. rückständigen Beträge ausgeschlossen und greifen die nach örtlichem Civilrechte hiefür maßgebenden Verjährungsbrstimmungen Platz.22)

*') Vgl. hiezu auch Bölderndorff S. 7—9 § 4; Motive in Bert. -. Kammer d. Abg. Jhrg. 1859 S. 333 ff. zu Art. 7; E. d. obst. L G. IM. 386. **) Art. 6 Abs. 1 B.G. 2S) Das Gesetz erwähnt dieses Erfordernis nicht; es würde dem Geiste des Gesetze- (vgl. hiezu oben Ziff. 1) unbedingt widerstreiten. Vgl. hiezu Bölderndorff S. 10 § 5. *) Hiezu gehört als Mittelpunkt der hypothekenamtlichen Thätigkeit die Führung der Hypothekenbücher'); hiezu wieder im Wesentlichen die Aufnahme der an das Hypothekenamt zu stellenden, das Hypothekenwesen betreffenden Anträge und Gesuche, die Prüfting und Berbescheidung derselben, die Bethätigung der erforder­ lichen Einschreibungen in das Hypothekenbuch, dessen Aufbewahrung, die Gestattung der Hypothekenbuchseinsicht, die Erteilung der Bestätig­ ungen über Einschreibungen, Ausfertigungen und Auszüge aus dem Hypothekenbuche, die Führung der Sach- und Personenregister, des Tagebuchs zum Hypothekenbuche, der Hypothekenprotokolle, die Samm­ lung dieser und der Hypothekenbuchsbeilagen,') der Versuch und die Beurkundung gütlicher Gnigung zwischen den Beteiligten zur Hebung von Anständen und Widersprüchen in den Hypothekengeschäften/) soferne nicht Verträge in Frage kommen, für die entweder allgemein oder unter gewissen Voraussetzungen andere Zwangsformvorschristen bestehen.') 2. Die Verhandlung und Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten, die in Hypothekensachen entstehen, ist der Hypothekengerichtsbarkeit entzogen; hinsichtlich dieser hat das Hypothekenamt eventuell nach Eintrag einer entsprechenden Vormerkung oder Protestation im Hypo­ thekenbuche auf Verlangen der Beteiligten die Parteien auf den Rechts­ weg zu verweisen?) des Entwurfs eines bürgerlichen Gesetzbuches für das deutsche Reich neu bearbeitet" von Konrad Cosack, Jena 1895 S. 245 —279; Alex. Franken, Lehrbuch des deutschen Privatrechts, Leipzig 1894 S. 179—186, 234—259; Dr. Friedrich Weber, deutsches Hypothekenrecht mit besonderer Rücksicht auf dessen Reform im ReichSgesetzbuche; erste Abteilung: geschichtliche Entwickelung deS deutschen Grund­ buchs- und Hypothekenrechts, Nördlingen 1887; Dr. Albert Tröger, die von dem bürgerlichen Gesetzbuche zu erwartenden hauptsächlichsten Aenderungen deS rechts­ rheinischen Hypothekenrechts in b. Not.Zeit. Jahrg. 1892 S. 93 — 138. — Die gewählte Abteilung „formelles" und „materielles" Hypothekenrecht stimmt mit Gönner II. S. 6 überein. ') Roth, b. C.R. II. S. 384—392; RegelSberger §§ 22,23, Lehner H.A.O. S. 4—17. *) Vgl. hiezu besonders Lehner, H.A.O. S. 4 und 5. 4) §92 Hyp.Ges.; ferner arg. auS §§86, 89, 112 Abs. 2; §158 Abs. 4; § 161 Abs. 1; § 165 Hyp.Ges.; Art. 15 A G. z. RG.B.G. 6) Hiedurch unterscheidet sie sich von anderen Sparten der freiwilligen Rechts­ pflege, z. B. Notariat, Vormundschaft, Berlassenschast: Gönner II. S. 17. e) §§ 86,101,105,106 ff., 124 ff., 95 Ziff. 1, §§ 24,116 Abs. 1 Hyp.Ges.; 115, 116 Abs. 2, § 170 ff.; ferner unten §§ 108-110. ') §§ 92, 112 Abs. 1, 158 Abs. 3, § 165 Hyp.Ges. ') z. B. nach Art. 14 und Art. 12 Abs. 2 mit Art. 11 Abs. 2 Zff. 1 Not Ges.; vgl. hiezu oben § 65 S. 463 ff. und Lehner, H.A.O. S. 5. Vgl. übrr die Bedeutung der Befugnis zu Sühneversuchen besonder» Gönner n. S. 17, 18. ") §§ 92, 112 Abs. 2,158 Abs. 4, § 161 Abs. 1, § 165 Hyp Ges. Hiedurch unterscheidet sich die Hypothekengerichtsbarkeit vom eigentlichen Richtrramt: Gönner E.

B. Sachliche SeHieMgteit. Die Hypothekengerichtsbarkeit gehört regelmäßig zur Zuständig­ keit der Amtsgerichte (Hypothekenamt)^°) und zwar nunmehr auch in Ansehung der standesherrlichen Familiensideikommißgüter.n) Gegen­ über den der VII. Verfassungsbeilage unterliegenden Familiensideikommißgütern, deren Behandlung den Öberlandesgerichten zukommt, greift um deswillen keine Hypothekengerichtsbarkeit im eigentlichen Sinne Platz, weil mit Hypotheken belastete Immobilien nicht eher dem Fideikommißverbande einverleibt werden können, als bis die Hypotheken abgelöst oder in Fideikommißschulden umgewandelt sind und aus Fideikommißgütern selbst eigentliche Hypotheken nicht errichtet werden können."°) Für das unbewegliche Vermögen des Königs ist zwangsweise eine Hypo­ thekengerichtsbarkeit nicht gegeben"); die Hypothekengerichtsbarkeit über unbewegliches Vermögen der Mitglieder des königlichen Hauses gehört zur Zuständigkeit der Oberlandesgerichte?^)

C. Oertliche Zustiutzißkeit. Für die Hypothekengerichtsbarkeit ist regelmäßig der einer Pro­ rogation nicht fähige ausschließliche Gerichtsstand der belegenen Sache maßgebend; es übt daher die Hypothekengerichtsbarkeit das­ jenige sachlich zuständige Gericht aus, in dessen Bezirk die einzelne unbewegliche Sache gelegen ist, hinsichtlich derer eine hypothekenamt­

liche Thätigkeit zu entfalten ist15) Ein Gerichtsstand des Sachzusammen­ hanges ist aber begründet, sobald Bestandteile oder gesetzliche oder gewillkürte unbewegliche Pertinenzstücke in einem anderen Hypotheken­ amtsbezirke als die Hauptsache liegen; hier ist der Gerichtsstand der Hauptsache auch Gerichtsstand des Bestandteiles oder der Pertinenz, wenngleich er beim Hypothekenamte der belegenen Sache durch An­ legung eines sogenannten Schutzfoliums kenntlich zu machen ist.") S. 17. S. auch Lrhner, H.A.O. S. 7 und 8: Bl. f. R.A. LIX. 252; Erg.Bd. XII. 375; XHI. 122. -°) § 89 Hyp.Ges.; Art. 7 Abs. 1 Zfs. 4, Art. 8, 15 Abs. 2 Zff. 1 A.G. z. R.G B.G. “) Vgl. hiezu oben §24 Zfs. III, 4 S. 92 mit Rt. 63; Bl. f. R.A. XLIV, 257. •*) Art. 36 Zff. 1 A G z. R.G B G-; VH. Berf.Beil. §§ 54—56 (Fideikommißschulden 1. und II. Klasse) «nd 27; § 8 Hyp.Ges.; § 1 Jnstr. z. Hyp.Ges. mit Jnstr. v. 3. März 1857 über die.Behandlung der Familienfideikommisse (W. V. S. 39), insbesondere § 11; Bl. f. R.A. XX. 253. Es werden daher bei den OberlaadeSgerichten auch keine Hypothekenbücher für Familienfideikommihgüter geführt, sondern lediglich die Fideikommitzmatrikel. Vgl. Regelsberger, HYP.R. § 22 Ziff. n. ") Vgl. oben § 21 S. 69 und 70. *♦) Vgl. oben § 22 Zff. 10 S. 79 mit Nt. 29; Art. 7 Abs. 1 Zff. 2, Art. 8, 36 Zff. 1 A G. z. R.G B.G. “) §§ 86, 89 Hyp.Ges.; Gönner II. S. 9, 10. ie) §§ 120, 121,123 Hyp.Ges. Wagner S. 45. Vgl. auch autogr. J.M.E. v. 15. Aug. 1864 Nr. 13943, wo ausgesprochen ist, daß diese Vorschriften auch bei aus­ wärtigen als Pertinenz erklärten selbständig hypotheksähigen dinglichen Rechten zur Anwendung kommen. — Daß es schon das Zugehörigkeitsverhälmis, nicht etwa erst di« Anlage des Schutzfoliums mit der Bemerkung der Bestandteils- und Pertinenz-

670

Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

DaS Sachenrecht.

D. Besetz»«- deS HtzpOthekenamteS.

Die hypothekenamtlichen Geschäfte der Amtsgerichte werden von Einzelrichtern unter jeweils eigener Haftung und Dienstverantwort­ lichkeit erledigt?^) Die Oberlandesgerichte erledigen ihre Geschäfte in Senaten von fünf Mitgliedern?^) Näheres hierüber s. im V. Buche. L. Birbmge« der A«stL»dr-reU.

Innerhalb seiner sachlichen und örtlichen Zuständiakeit genießt das Hypothekenamt öffentlichen Glauben, ist öffentliche Behörde; die innerhalb dieser Zuständigkeit und in der etwa vorgeschriebenen Form von ihm aufgenommenen Protokolle, errichteten Urkunden und Aus­ fertigungen sind gerichtliche und öffentliche Urkunden?^ Als öffentliche Urkunden genießen daher insbesondere die Hypothekenbuchseinschreibungen im Prozesse vollen Beweis ihres Inhaltes in dem in § 382 der Reichscivilprozeßordnung bezeichneten Sinne20); ander­ seits kommt ihnen aber auch eine besonders geartete und gesteigerte materielle Beweiskraft insoferne zu, als infolge der Wirkungen der Oeffentlichkeit des Hypothekenbuches die in den Einschreibungen nieder­ gelegten Rechtsverhältnisse gegenüber dem im Vertrauen auf die Richtigkeit derselben und im guten Glauben Handelnden unter Ausschluß jedes Gegenbeweises als wahr zu gelten haben. *l) Qualität auf diesem ist, welches dem Gerichte der belegenen Sache die HypoIhekengerichtSbarteit über den Bestandteil, die Pertinenz entzieht, geht klar auS den Schlußworten des § 121 Hyp.Ges. hervor; auch macht § 120 Abs. 2 keinerlei Unterschied, ob die Bestandteile oder Pertinenten deS Hauptgutes in deffen Hypothekenamtsbezirke liegen oder nicht; ohne Rücksicht darauf sind sie im Hypothekenbuche deS Hauptgutes nur möglicherweise auf verschiedenen selbständigen Folien vorzutragen. — Die Anlage deS Schutzfoliums ist nur im Hinblick auf die Oeffentlichkeit deS Hypothekenbuches erforderlich, bedingt aber nicht die Zu­ ständigkeit des Gerichtes deS Hauptgutes. Aehnlich ist die Sache im Falle des § 122 Hyp.Ges. — Der letzte Satz in § 13 Abs. 4 der Jnstr. z. Hyp.Ges. wider­ spricht ohne allem Zweifel dem Gesetze und ist daher nicht zu beachten. — A. M. Lehner, H.A.O. S. 7 und in Zu Rheins Beittägen zur Gesetzgebung und Prattischen Jurisprudenz Bd. II S. 268, welcher von dem im Texte ausgestellten Satz die gewillkürten Zubehörungen ausschließt. 17 ) Art. 18 A G. z. R.G.B.G. 18 DieS wird man wohl im Hinblick auf Art. 37, 38 A.G. z. R.G.B.G. und § 124 R G.B.G. annehmen müssen. Vgl. aber hierzu Ver. v. 3. März 1867 die Instruktion über die Behandlung der Familienfideikommisse betr. (R.Bl. S. 269; W. V. S. 39) § 17, wonach ein Mitglied des Gerichtshofes speziell mit der Führung des HypothekenamteS zu beauftragen ist, alle Beschlüffe aber im Senate gefaßt werden. 10) § 93 Hyp.Ges.; § 382 R.C.P.O. Bgl. hieher auch den Abschnitt über die Formen der Rechtshandlungen S. 463—548. ao) Die Hypothekenbucheinschreibung stellt sich, wenn nicht als die Entscheidung des HypothekenamteS selbst, so doch alS Vollzug seiner Entscheidung dar; als öffentliche Urkunde beweist sie daher vollkräftig, daß die Entscheidung den ein­ geschriebenen Inhalt, bezw. daß der Vollzug inhaltlich so stattgefunden hat, wie die Einschreibung lautet. Weiter reicht aber die besondere formale Beweiskraft der Hypothekenbuchseinschreibung nicht. S1) § 25 Hyp.Ges. S. hierüber daS Nähere unten Abt. II Titel 1 über daS OeffentlichkeitSprinzip.

F. Beschwerderecht. Gegen alle Handlungen des Hypothekenamtes, insbesondere auch Einschreibungen in das Hypothekenbuch, wie abweisende Bescheide, ist einfache Beschwerde an das vorgesetzte Gericht, und zwar gegen das Amtsgericht an das vorgesetzte Landgericht, gegen das Oberlandes­ gericht an das oberste Landesgericht je mit aufschiebender Wirkung zuSM) Die Einlegung der Beschwerde macht die hypothekenamtliche ung nicht unabänderlich.^') Die Entscheidung des Beschwerde­ gerichtes wird erst rechtswirksam, wenn sie nicht mehr mit der weiteren Beschwerde anfechtbar ist; jedoch kann das Beschwerdegericht in seiner Entscheidung die sofortige Rechtswirksamkeit anordnen.'^) Gegen die Entscheidung des Landgerichtes als Beschwerdeinstanz ist unter gewissen Eknschränkungen weitere Beschwerde an das oberste Landesgericht zu­ lässig?') Im übrigen gelten für das Beschwerdeverfahren in Hypotheken­ sachen die allgemeinen Vorschriften über die Beschwerde und weitere Beschwerde in der nichtstreitigen Rechtspflege?')

6. Oteranfsicht. Von dem Beschwerdeverfahren ist zu unterscheiden die Ober­ aufficht in den Hypothekengeschäften. Letztere erstreckt sich lediglich auf den formalen Geschäftsgang und kann bestimmend in die ent­ scheidende Thätigkeit des Hypothekenamtes nicht eingreifen; sie äußert sich vorzüglich in dem Erlasse instruktioneller Weisungen an die Hypothekenämter über die formale Führung der Hypothekmbücher, Hypothekenprotokolle, Tagebücher u. s. w., über den Verkehr der Hypothekenämter mit den Notaren, anderen Behörden und dem Publikum, und in der Entscheidung der Beschwerden der. Beteiligten wegen Justizverzögerung oder Justizverweigerung?^ Ueber die die Oberaufficht handhabenden Stellen s. das Nähere im V. Buche. ") 8 94 Hyp-Ges. mit Art. 1 Hyp.Nov. und Art. 59 A G. z. R.C.P..O; Ark. 27 A G. z. R.G.B.G.; Art. 7 Abs. 1 Zff. 1, Art. 8, Art. 42 Abs. 3 A G. z. R.G.B G. mit Art. 739, 760 der b. Civ.Proz.Ordn. v. 29. April 1869. Vgl. hiezu jedoch auch unten § 107 Ziff. 11. — Die Beschwerde steht jedem Beteiligten zu, deshalb auch demjenigen, gegen bett sich eine Protestation oder Vormerkung richtet, soserne er die Zulässigkeit der provisorischen Einzeichnung selbst bestreitet: Bl. f. R.A. I. 359, 379. Ueber das Beschwerderecht der Notare s. unten § 107 Ziff. 11. — Auf dem Beschwerdewege können streitige RechtSverhältniffe nicht entschieden werden: Bl. f. R.A. Erg.Bd. XII. 375. ’•) Art. 56 A G. z. R.C.P.O. mit § 534 R.C.P.O.; auch arg. auS Art. 66 Abs. 1 A G. z. R.C P.O. Bgl. hiezu auch unten § 107 Ziff. 14. “) § 94 Hyp.Ges. mit Art. 1 Hyp.Nov. im Gegensatze zu § 535 Abs. 1 und § 702 Zff. 3 R.C.P.O. «) Art. 62 A G. z. R.C.P.O. mit §94 Hyp.Ges. bezw. Art. 1 Hyp.Nov.; Art. 42 Abs. 3 A G. z. R.G.B G.; Art. 63- 67 A G. z. R.C.P.O. ") Art. 56-67 A G. z. R.C.P.O. Siehe auch V. Buch. 2’) Art. 68—75 A G. z. R.G.BG.; §ß 49—51 der Formationsverordnung für die Ministerien v. 9. Dez. 1825 (SB. II. S. 267).

672

Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

DaS Sachenrecht.

H. Dir Haft,», »er Htzpatheknitramtr» ut » S StaeteS.") I. Allgemeines. Prüfungspflicht bezw. -Berechtigung und civilrechtliche Haftung im Falle schuldhafter Unterlassung gebotener oder zukommender Prüfung sind regelmäßig Korrelate. Das Hypothekengesetz hat indes die Hastungsfälle singulär normiert und nicht soweit ausgedehnt, als im Einzelnen die Prüftngspflicht und -Berechtigung reicht; abgesehen hievon bestehen aber auch Haftungen hinsichtlich Unterlassungen im rein formalen Geschästsverkehre. Immerhin ist aber auch durch das Hypothekengesetz die Hastungsfrage nicht in allen Teilen erschöpfend geregelt; die ein­ schlägigen Bestimmungen des Hypothekengesetzes fügen sich dem örtlichen bürgerlichen Rechte lediglich die einzelnen Haftungsfälle ausschließlich normierend und präzisierend ein29), so daß im allgemeinen folgende Grundsätze aufzustellen sind: 1. Die Haftung der Hypothekenbeamten bemißt sich nach den Grundsätzen der Syndikatsllage; ob diese nur subsidiär, ob sie bei jedwedem Verschulden oder nur Arglist und grober Nachlässigkeit, ob sie noch bei konkurrierendem Verschulden der Beteiligten begründet ist, entscheidet das örtliche bürgerliche Recht.99) 2. Die Frage, ob ein objektiv „ungerechtes und schuldhaftes" Verfahren des Hypothekenbeamten vorliegt, bemißt sich ausschließlich nach Hypothekenrecht und sind hiebei lediglich die im Hypothekengesetze normierten Hastungsfälle maßgebend.9^) 3. Die Haftung des Hypothekenbeamten ist immer dann aus­ geschlossen, wenn zwar der Hypothekenbeamte die zur Erhaltung von Rechten erforderlichen Handlungen unterläßt, der Beteiligte aber für die Erhaltung seiner Rechte selbst zu sorgen hat92), oder wegen Unter­ lassung solcher Handlungen, welche das Hypothekenamt unaufgefordert lediglich wegen größerer Sicherheit der Beteiligten vorzunehmen hat.99) ") Gönner II. S. 37-47: RegelSberger § 23; Lehner, H.A.O. S. 13-36 und in Zu Rheins Beiträgen zur Gesetzgebung und praktischen Jurisprudenz Bd. I S. 66 ff. ”) Gönner II. S. 37: „Die allgemeinen Bestimmungen sowohl über die Haftung für allen durch bösen Borsatz verursachten Schade», als über die wegen Dienstesvergehen verwirkten Strafen bedurften, als sich von selbst verstehend, keiner Widerholung im Hypothekengesetze, welches sich auf dasjenige, was ihm eigentümlich ist, zu beschränken hatte." “) Cap. XVI, 83 Nr. 1 der 6. Ger.Ordn. v. 1753 mit Art. 81 A.G. z. R.C.P O- Bgl. hierüber das Nähere im Rechte der Schuldverhältnisie. — Natürlich muß die Handlung bezw- Unterlassung dcS Hypothekenbeamten auch wirtlich kausal für den Schaden sein; vgl. hiezu E. d. obst. L.G. IV. 120; Bl. s. R.A. XXXVni. 218; X1.II. 254 (Kenntnis der Unterlassung und Untbätigkeit des Beteiligten); auch E. d. obst. L.G. VI. 875; Bl. f. R.A. XLII. 254 (Bestrittenheit der anwend­ baren Rechtsvorschrift). — Ueber actio nata und Verjährung für den aus schuld­ hafter Hyptheklöschung entstandenen Schadensersatzanspruch: Bl. s. R.A. XLIV. 294. ’* ) Bgl. Lehner, H.A.O. S. 18. *’ ) § 100 Abs. 1 Hyp.Ges. ES soll keine Vormundschaft über die Beteiligt!» ausgeübt werden; vgl. hiezu Gönner n. S. 44, 45. ") § 100 Abs. 1 mit § 97 Hyp.Ges. Bgl. hiezu unten § 101 Ziff. I.

V. Kapitel.

673

Das Pfandrecht.

In anderen Fällen der Zuwiderhandlung gegen seine Pflichten kann nur disziplinäre Dienstverantwortlichkeit des Hypothekenbcawten begründet fein.3*) II. Die einzelnen Fälle civilrcchtlicher Haftung sind folgende: 1. in formaler Hinsicht haftet der Hypothekenbeamte dafür:

a) daß alles, was bei dem Hypothekenamte zur Aufnahme in das Hypothekenbuch angemeldet wird und dazu geeignet ist, in dasselbe auf die gehörige Art richtig und vollständig aus­ genommen werde33); b) oaß keine förmliche sdesinitive) Einschreibung in das Hypothekcnbuch ohne vorgängige Vernehmung desjenigen, gegen welchen dadurch ein Recht erworben werden oder dessen Recht dadurch verloren gehen soll, erfolgt (Verstoß gegen das Konsens­ prinzip)33); c) daß alle Auszüge aus dem Hypothekenbuche und alle nach demselben zu machenden Ausfertigungen damit vollkommen übereinstimmend^ 2. In materieller Hinsicht hastet der Hypothekenbeamte: a) dafür, daß das einzutragende Rechtsgeschäft nicht an einem aus den Daten und Notizen des Hypothekenbuches selbst sich ergebenden Mangel leibet38); ") § 100 Abs. 2 Hyp.Ges.; 8 3 Abs. 1 und 2 Jnstr. z. HyP.Ges.: „Wegen Nachlässigkeit. Unordnung und Unregelmätzigkeit in Führung der Hypothekensachen bleiben die Hypothekenbeamten in jenen Fällen, wo sie dafür privatrechtlich nicht hasten, diensteSverantwortlich." So besonders bei Berstößen gegen § 97 Hyp.Ges.; hiezu auch Gönner II. S. 42, 46, 47; Lehner, H.A.O. S. 19—25. S6) § 98 Zff. 1 Hyp.Ges. Bgl. hiezu Näheres bei Gönner II. S. 38; Lehner, H.A O. S. 31, 32; auch Bl. f. RÄ. XXXVII. 223. ") § 98 Zff. 2 mit 88 109 ff., 158 Hyp.Ges. Bgl. hiezu unten 8 106 lit. C. Auf Vormerkungen und Protestationen hat das Konsensprinzip keinen Bezug; daher keine Haftung, wenn ohne Vernehmung des Benachteiligten Einschreibung erfolgte. Auch ist da für eine Haftung kein Raum, wo sonst kraft positiver Rechts­ vorschrift diese Vernehmung nicht notwendig ist; vgl. Gönner H. S. 38, 39; zum Ganzen s. auch Lehner, H.A.O. S. 30, 31. ") 8 98 Zff 3 Hyp.Ges.; Bl. f. R A. XLV. 332 (unrichtige AnlehenStabellen). S8) 8 96 Satz 2 Hyp.Ges.: „Die Prüfung der Giltigkeit und Richtigkeit eines einzutragenden Rechtsgeschäftes liegt demselben (Hypothekenamie) unter eigener Haftung nur insoweit ob, als hiezu die Daten und Notizen im Hypothetenbuche selbst sich eingetragen finden, wohin besonders nach Maßgabe der an jedem Orte geltenden Gesetze und Gewohnheiten die Einwilligung der Lehen-. .. Herren, dann der in Gütergemeinschaft stehenden Eheleute, bei einer auf Privatwillen beruhenden Hypothek auf lehen- . . . bare oder in der ehelichen Gütergemeinschaft begriffene Güter, überhaupt die Berücksichtigung alles desjenigen gehört, was über die Rechtsverhältniffe eines Gutes oder des zeitigen Besitzers in dem Hypothekenbuche bemerkt ist." 8 9 Zff. 6 Jnstr. z. Hyp Ges.: „Sind endlich einmal die Hypothekenbücher wirklich gefertigt, so sollen die Hypothekenämter bei neuen Anmeldungen und Auf­ nahmen von Protokollen die einschlagenden Bände und Folien, sowie die dort befindlichen Einschreibungen jedesmal nachsehen, um sich zu überzeugen, daß nach Becher, LandeScivilrecht und LandeScivilprozeßrecht.

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Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

DaS Sachenrecht.

b) wenn er an Orten, wo die allgemeine Gütergemeinschaft der gesetzliche Güterstand unter den Eheleuten ist und infolge dessen der eine Ehegatte ohne Zusttmmung des anderen nicht über Liegenschaften verfügen kann, bei Besitzveränderungen oder fteiwilligen Hypothekbestellungen unterläßt, über das eheliche Güterrecht des Veräußerers Nachftage zu halten und nach den Umständen den anderen Eheteil zur Erklärung über das einzutragende Rechtsgeschäft vorzuladen c) wenn er, obwohl aus den vorgelegtm Besitzveränderungs-. Urkunden erhellt, daß der Uebergebende sich das Eigentum oder eine Hypothek für den Kaufschilling oder für seine Person Alimente Vorbehalten hat, oder statt des Kaufschillings bestimmte künftige Hinausbezahlungen oder Leistungen von dem Uebernehmer bedungen wurden, die zur Sicherung dieser Rechte vorgeschriebenen Einschreibungen bei Einschreibung des Besitztitels vornehmen unterläßt.") in. Insoweit eine civilrechtliche Haftung der Hypothekenbeamten begründet ist, reicht auch die civilrechtliche Haftung des Staates. Ob diese primär oder nur subsidiär in Anipruch genommen werden kann, ist bestritten, vom bayerischen obersten Landesgerichte aber erstere Alternative bejaht.")

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2. Titel.

Hypiltzklttsbich. § 98. Allgemeines. I. Das Hypothekenamt hat für ordentliche Aufbewahrung des Hypothekenbuches und der dazu gehörigen Aktenstücke zu sorgen und den Notizen, welche daS Hypothekenbuch enthält, an der Identität der Sache, dem Besitzer, drffen Disposilionsfähigkeit, an der Identität deS Gläubigers bei Cessionen, Löschungen und Berpsändungen einer Hypothek, also im ganzen nichts maugle, waS nach den Einträgen im Hypothekenbuche zur RechtSgiltigkeit deS neu aufzunehmenden Gegenstandes erforderlich ist." — Vgl. hiezu besonders Lehner, H.A.O. 23—26 3e) § 99 Zff. 1 Htrp.Ges.; 89Zff.2 Jnstr. z. Hyp.Ges.: .Die Hypolhetenümter werden jedoch auf die Bestimmungen deS § 99 Hyp.Ges. besonders aufmerksam gemacht und angewiesen, die bei den verschiedenen Anmeldungen vorgelegten anb vorzulegenden Urkunden ihrem ganzen Inhalte nach genau durchzulesen und zu sehen, ob sie nichts enthalten, zu dessen Eintragung oder Vormerkung daS Hypothekenamt nach Verschiedenheit der Fälle entweder unter Selbsthastung oder wenigstens unter besonderer Dienstverantwortlichkeit auch unaufgefordert verbunden ist." — Vgl. auch J.M.E. v. 26. Juli 1864 Zff. II A4b; auch Gönner II. S. 39,40. 40) § 99 Zff. 2 Hyp.Ges.; J.M.E. v. 26. Juli 1864 Zff. III Abs. 2. — Vgl. hiezu auch die vorhergehende Note; ferner bezüglich Alimente Bl. f. R.A. XII. 14; XVIII. 193. — Zum Ganzen s. auch Lehner, H.A.O. S. 27—29; unten § 101 Nt. 6. *l) Vgl. oben § 44 Zff. VIII, 2 a S. 287; hiezu noch Roth, b. C.R. II. S. 392; Lehner, H.A.O. S. 33-36.

insbesondere darauf zu achten, daß an den Einschreibungen von unberech­ tigter Seite nichts verändert oder beschädigt werde') und Unberechtigte leine Einsicht erhalten?) Ueber die verschiedenen Bände des Hypotheken­ buches, die Hypothekenprotokoll-Beilagen und Registerbände ist ein über­ sichtliches Verzeichnis') zu führen. II. Das Hypothekenamt hat den Parteien ohne Verzug Rechts­ hilfe zu leisten, daher insbesondere die Anmeldungen zu jeder Zeit während der Gerichtsstunden an allen Tagen mit Ausnahme der gebotenen Feiertage anzunehmen, die erforderlichen Einschreibungen im Hypothekenbuche sobald als möglich und lediglich nach Ordnung der Anmeldung, insbesondere auch sofort nach gefaßtem Beschlusse vor­ zunehmen?) Wie es zu halten sei im Falle daß die sämtlichen an­ gemeldeten Hypothekforderungen nicht mehr rechtzeitig am Tage der Anmeldung eingetragen werden können, ist in § 105 Zff. III erörtert. III. Das Hypothekenamt hat in Ausführung der hypotheken­ amtlichen Geschäfte, insbesondere bei den Einschreibungen in das Hypo­ thekenbuch, das Tagebuch, sowie bei den Auszügen aus dem Hypo­ thekenbuche und den Ausfertigungen in Hypothewnsachen die größte Genauigkeit zu beobachten?) IV. Allgemeine Formalien für die Führung der Hypo­ thekenbücher. 1. Das Hypothekenbuch ist in dauerhaft gebundenen Foliobänden anzulegen und nach dem vorgeschriebenen Formulare unter Beob­ achtung der gesetzlichen Bestimmungen und vorgeschriebenen Muster­ einträgeb) zu führen. Jeder Band des Hypothekenbuches erhält im ersten Blatte ein besonderes Titelblatt, welches die Stadt, Gemeinde oder Abteilung derselben und hiebei, wenn eine Abteilung durch mehrere Bände fortläust, die Nummer des Bandes ausdrückt; der gleiche Titel ist auf den Rücken des Einbandes mit großen, leicht lesbaren Buch­ staben zu setzen. Jede einzelne Seite eines jeden Bandes ist mit der fortlaufenden Seitenzahl zu versehen. Auf der letzten Seite eines jeden Bandes wird die Gesamtzahl der darin enthaltenen Seiten ') 8 SS Zff. 1,8 102HyP.Ges.; 82 Zff. 4Jnstr.,. HyP.Ges.; 8 12 Zff. 1 M-E. vom 21. April 1881, Beaufsichtigung der Amtsgerichte bete. (J.M.Bl. S. 172). Die Hypothekenbücher sind bei einlretender Gefahr vor allen anderen Amtssachen in Sicherheit zu bringen. (Auch vor den Mündeldepositen?) *) S. Näheres unten in Abt. II Tit. 1 über daS Oeffentlichkeitsprinzip. s) J.M.E. v. 17. Aug. 1867, bete. Geschäfts- und Registraturordnung, hier Bücher und Akten der Hypothekenümter (J.M.Bl. S. 194); § 35 der Reg. u. Gesch.Ordn. v. 20. Sept. 1863. *) § 95 Zff. 3 Hyp Ges.; 8 2 Zff. 1 und 2, 8 35 Zff. 1 Inste, z. HyP.Ges.; Gönner II. S. 31. Die Einschreibepflicht nach Ordnung der Anmeldung bezieht sich natürlich nur aus einschreibreife Anmeldungen: E. d. obst. L G. X. 576. Nicht die Zeit des Einkaufs beim Gerichte schlechthin, sondern beim Hypothekenamte ist maßgebend: d. Not.Zeit. 1883 S. 107. ') § 95 Zff. 2 HyP.Ges.; 8 2 Zff. 3 Inste, z. HyP.Ges. *) 8 119 Abs. 1 HyP.Ges.; 8 4 Abs. 1 und 2 Jnstr. z. HyP.Ges. Ueber den Bezug deS Papiers zum Hypothekenbuche vgl. 8 4 Jnstr. z. HyP.Ges. und Ausschreiben im J.M.Bl. 1884 S. 138, 152.

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Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

Das Sachenrecht.

bemerkt und vom Hypothekengerichte beurkundet. Für jedes Folium soll eine verhältnismäßige Anzahl von Blättern bestimmt werden; reicht dieser Raum nicht für sämtliche Einschreibungen des Foliums aus, so sind diese entweder an anderer Stelle im gleichen Bande fortzusetzen oder die noch geltenden Einschreibungen vollständig aus einem Bande in den anderen zu übertragen und hier fortzusetzen; in allen Fällen ist aber bei jeder zusammengehörigen Stelle auf die andere hinzuweisen.')

2. Alle Einschreibungen in das Hypothekenbuch sind mit guter dauer­ hafter Tinte, mit deutlicher, gedrängter und schöner Schrift, frei von allen der Deutlichkeit schädlichen Künsteleien herzustellen?) Im Hypo­ thekenbuche soll nichts ausgestrichen, radiert und über und zwischen die Zeilen geschrieben werden; geschieht es dennoch, so hat der Hypo­ thekenbeamte wenigstens eine diesen Akt rechtfertigende Seitenbemerkung betzusetzen und zu unterschreiben; Einlage von Blättern ist nicht gestattet. Das Hypothekenbuch ist rein zu halten?)

3. Me Einschreibungen in das Hypothekenbuch müssen voll­ ständig, aber kurz und bündig abgefaßt und an die denselben jeweils zuge­ wiesenen Stellen des Hypothekenbuches eingeschrieben werden. Die an einer Einschreibung etwa zu machenden Aenderungen jauch Offizialberich­ tigungen) sind unter einem neuen Vortrage einzuschreiben; die abge­ änderte Stelle hat auf die abzuändernde und die abzuändernde auf die abändernde zu verweisen. Insbesondere gilt dies auch für Lösch­ ungen von Einschreibungen'"); in dem mit der zu löschenden Ein­ schreibung korrespondierenden Raume der Anmerkungskolumne ist unter Hinweis auf die Nummer der löschenden Einschreibung das Wort „gelöscht" einzuschreiben.") Bei Einträgen des Wertes der Sache, jährlicher Realrenten, Hypothekforderungen, Zessionen und Löschungen, der Brandversicherungs­ summe sind die in Betracht kommenden Summen nicht nur in Zahlen, sondern auch mit Worten einzuschreiben.") ’) §6 Jnstr. z. Hyp.Ges.; §§ 127, 128 Hyp.Ges.; J.M.E. v. 9. Aug. 1869, bett, den Vollzug des §127 Hyp.Ges. (J.M.Bl. S. 179; SB. VIII. 256) v. 7. Juli 1886, den Vollzug des ß 22 Nr. 5 neuer Fassung des Hyp.Ges. bett. (J.M.Bl. S. 87; SB. XVIII S. 87) über eine Ausnahme. Vgl. hieher über FolientraaSferierung besonders d. Not.Zeit. 1882 S. 85. ’) § 35 Zff. 2 Jnstr. z. Hyp.Ges. °) § 126 Abs. 1 Hyp.Ges.; § 35 Zff. 3 und 4 Jnstr. z. Hyp.Ges. '») § 124, § 126 Abs. 2 Hyp.Ges.; § 19 Zff. 8 c, §26 Abs. 3, § 27 Zff. 6-8, § 29, § 31 Abs. 3, § 32 Abs. 3, § 33 Zff. 5, § 34 Zff. 6 Inst. j. Hyp.Ges. Lösch­ ungen sind demnach stets in einer neuen Einschreibung unter Angabe des Löschungs­ grundes vorzutragen; es darf nichts ausgelöscht, ausgestrichen oder durchstrichen werdm. «) § 169 Hyp.Ges.; § 27 Zff. 9, § 34 Zff. 5 Jnstr. z. Hyp.Ges. Vgl. hiezu auch unten bei den Paragraphen über die einzelnen Rubriken jeweils a. E, *’) § 125 Hyp.Ges.; § 19 Zff. 5, § 28 Zff. 3, § 33 Zff. 3 Jnstr. z. Hyp.Ges. Hiezu J.M.E. v. 13. Dez. 1875, bett, die Einfühmna der Reichswährung hier ;n Bezug ans das Hypothekenwesen (J.M.Bl. S. 330; SB. XI. S. 256) und unten § 100 bet den einzelnen Rubriken.

4. Die Einschreibungen in das Hypothekenbuch soll der Hypothekenbeamte womöglich eigenhändig machen; doch ist die Herstellung ein­ zelner Einträge durch verpflichtete Schreiber oder als Gerichtsschreibergchilsen verpflichtete Rechtspraktikanten nicht ausgeschlossen. Die Uebertragung der gesamten hypothekenamtlichen Thätigkeit an solche Gehilfen dagegen ist unzulässig. Die Dienstleistungen der verpflichteten Schreiber find im Uebrigen auf das Aktuariat und das gewöhnliche Schreibwesen beschränkt.") 5. Jeder Einschreibung in das Hypothekenbuch ist in der Text­ kolumne das Datum unter Anführung von Tag, Monat und Jahr, an welchem die Einschreibung erfolgt, nicht die Tageszeit derselben, vorauszusetzen"); in solchen Fällen, in welchen es auf den Moment der Ein­ schreibung ankommt, ist, soferne nicht aus sonstigen Umständen die Priorität zweifellos erhellt, in der Anmerkungskolumne eine Bemerkung beizufügen, daß die neuerliche Einschreibung unter Vorbehalt des Vor­ ranges der am gleichen Tage, aber bereits früher erfolgten Einschreibung erfolgt sei; für Hypotheken gilt jedoch dieser Satz nicht, da die am nämlichen Tage eingeschriebenen Hypotheken regelmäßig kraft Gesetzes gleichen Rang haben"); eine hier vorkommende Ausnahme ist in § 105 Ziff. HI dargelegt. 6. Die in jede Rubrik gehörigen Einschreibungen werden chrono­ logisch untereinander gesetzt.") In der zweiten und dritten Rubrik wird jede Einschreibung mit einer Querlinie abgeschlossen, in der ersten Rubrik nur dann wenn die neue Einschreibung eine neue fortlaufende Nummer erhält.") In der zweiten und dritten Rubrik wird jede neue Ein­ schreibung mit einer fortlaufenden Nummer versehen, in der ersten Rubrik *•) § 1 Jnstr. z. Hyp.Ges. “) § 23 Abs. 1, § 117 Hyp.Ges.; § 20 Zff. 6, § 27 Zff. 2, § 28 Zff. 1, § 34 Zff. 3 Jnstr. z. Hyp.Ges. Freilich wird in der Praxis bei Einschreibungen, die nicht mehr am Tage der Anmeldung erfolgen können, aber einschreibung-reif sind, vielfach nur der Tag der Anmeldung eingeschrieben oder neben dem Tage der Einschreibung auch der Tag der Anmeldung (am 3. Januar 1896 pr. 2. Januar 1896). Erstere Art ist, wenn auch praktisch, doch inkorrekt wenigsten» bei Hypotheken, da diese erst mit dem Tage der Einschreibung entstehen, wenn sie auch früheren Rang vom

Anmeldung-tage (§ 23 Abs. 3 Hyp.Ges.) haben sollten. A. M. Bl. f. R.A. LIU. 369,385, d. Not.Zeit. 1882 S. 30 unter Bezugnahme aus Gönner I. S. 268 lit. f, welcher übrigen- auch im Sinne der zweitaufaeführten Ansicht verstanden werden kann; Dergs, hierüber das Nähere unten im Abschnitte über die Eintragung der Hypotheken (Abt. II); auch Bl. f. R.A. Erg.Bd. XU 364,367. Die zweite Art läßt sich weniger und zwar materiell gar nicht beanstanden, weil hier wenigsten- der Einschreibung-tag ersichtlich ist. Ueber die richtigste Form der Einschreibung bei Hypotheken s. unten § 100 lit. C Ziff. II1 f. Daß aber der Tag der Einschreibung in allen Fällen ersichtlich sein muß und neben dem Anmeldetag seine besondere Bedeutung hat, ergießt sich aus einigen unten im Abschnitte über die Eintragung der Hypotheken angeführten Fällen. l5) Bgl. Gönner U. S. 111 — 115. Vgl. auch unten im Abschnitte über die Rangordnung der Hypotheken. ie) § 19 Zff. 7, § 27 Zff. 3, § 34 Zff. 3 und 5 Jnstr. z. Hyp.Ges. ") § 27 Zff. 5, § 34 Zff. 4, § 19 Zff. 7 Hyp.Ges.

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Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

Da» Sachenrecht.

nur die Zuschreibung eines selbständigen Hypothekgegenstandes auf ein Cumulativfolium, die Zuschreibung jedes Pertinenzgegenstandes, jede eine neue Einschreibung veranlassende Veränderung der Sache oder ihrer Realverhältnisse.") Die zweite Rubrik kann noch auf der Seite der ersten Rubrik angefangen werden, ist aber dann von dieser durch zwei Querlinien zu trennen; die dritte Rubrik ist immer auf einer besonderen unbeschriebenen Seite zu beginnen.")

7. Einschreibungen im Hypothekenbuche, welche auf Grund von Notariatsurkunden gemacht werden, haben eine kurze Bezeichnung dieser Urkunden nach ihrem Gegenstände, Namen und Wohnsitz des Notars und Nummer des Geschästsregisters zu enthalten.") 8. In der Anmerkungskolumne jeder Rubrik ist auf die ein­ schlägige Stelle des Hypothekenprotokolls bezw. der Hypothekenspezial­ akten, des Beilagenbandes, Steuerkatasters bezw. auf das Tagebuch mit Angabe des Jahrganges und der Geschäftsziffer zu verweisen?')

§ 99. Begriff, Bedeutung und System des Hypothekenbuches. Arten der Einschreibungen, Einschreibungszwang.'

A. Begriff. Das Hypothekenbuch ist dasjenige öffentliche Buch, welches für die Offenlegung der Hypothekverhältnisse an Immobilien und daher zur Einschreibung der mit dem Hypothekenwesen in Verbindung stehen­ den Rechte, Rechtsverhältnisse und rechtlichen Thatsachen, insbesondere der Hypothekrechte bestimmt ist?)

B. Rechtliche Bebeutang de» Hypothekeubuche». Das Hypothekenbuch besteht lediglich im Interesse der Erleich­ terung und Sicherung des Realkredites, sohin nur int Interesse der typotheken, ist also Hypothekenbuch im eigentlichsten und strengsten inne. Hieraus folgt: I. Nur für hypothekfähige Gegenstände können Hypothekfolien eröffnet werdens; II. nur dann kann ein Hypothekfolium eröffnet werden, wenn Vgl. Nt. 17. * *) 8 27 Zff. 1, § 34 Zsf. 1 Jnstr. z. Hyp.Ges. Hier findet fich überhaupt Nähere» über die Formalien bei Anlegung der einzelnen Rubriken, dann noch in § 19 Zff 1 a. a. O. hinsichtlich der ersten Rubrik. • °) J.M.Bek. v. 11. April 1872 Zff. VIII Abs. 1. ") 8 « Zff 8; 8 U Zff-1 «bs. 2, Zff. 3 am Ende: 8 19 Zff. 8 - und b, 8 27 Zsf. 10, 8 »4 Zff. 6 Jnstr. z. Hyp.Ges.; J.M.Bek. v. 11. April 1872 Zff. vni Abs. 2. * ) Bal. auch Lehner, H.A.O. S. 37. ') 88 3, 120 Hyp.Ges.

V. Kapitel.

Das Pfandrecht.

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hiezu eine mit dem Hypothekenwesen in Verbindung stehende Veranlassung gegeben ist9); als solche Veranlassungen sind zu erachten: 1. das Verlangen des Eigentümers, für seinen hypothekfähigen Gegenstand ein Hypothekfolium anzulegen4* );* * 2. die Anmeldung von Hypothekrechten zur Vormerkung oder definitiven Eintragung^); 3. der Antrag auf Einschreibung einer die Hypothekbestellung hindernden Verfügungsbeschränkung des Eigentümers oder einer Pro­ testation gegen die Verpfändung des Gegenstandes^); 4. die Anmeldung solcher Rechte, welche nur durch die Ein­ schreibung gegen die Nachteile aus der Oeffentlichkeit des Hypotheken­ buches sicher gestellt werden können') mit Ausnahme der Anmeldung des Lehensverbandes oder einer Reallast fauch Zehentpflichtigkeit); in letzteren Fällen soll zunächst nur eine Adregistrierung zum Hypotheken­ protokolle stattfinden und erst bei einer auf sonstige Veranlassung hin erfolgenden Anlage eines Hypothekfoliums die entsprechende Ein­ schreibung erfolgen?) HI. Der Inhalt des Hypothekenbuches bietet im Hinblick auf die an die Oeffentlichkeit desselben geknüpften Wirkungen unbedingte Gewähr nur für solche Rechtsverhältnisse, für welche die Oeffentlichkeit des Hypothekenbuches von Bedeutung ist, daher nur für Hypotheken­ rechte und solche Rechtsverhältnisse, welche auf diese irgend welchen Einflutz haben und nur insoweit als dies der Fall ist, auch regelmäßig nur zu Gunsten der Hypothekenrechte und der Rechte an diesen; eine Aus­ nahme besteht nur zu Gunsten des Eigentums- und Lastenerwerbes •) § 3 E.G. z. HyP.Ges.; § 120 Abs. 1 Hyp.Ges.; Nov. v. 10. Frbr. 1824 B IV 9k. 1 (Jungermann I. S. 94 Nr. 3 a. E.); § 12 Nr. 1 Zff. I, 1 Jnstr. z. YP.Ges. 4) E. d. obst. L.G. IX. 265; Bl. f. R.A. XLVI. 315; Ztschr. d. Anw.Ber. III. S. 188; Regettberger § 12 Nr. I Zff. 1,1 a; Roth, 6. C.R. II. S. 393; Gönner II. S. 142,143; Min.Entschl. v. 16. Nov. 1848 zit. bei Gönner in. S. 169; Lehner, H.A O. S. 58. — Ebenso kann vom Erwerber die Besitztitelberichtigung verlangt werden, wen» auch keiner der unter Zff. 2—4 genannten Fälle vorliegt: E. d. obst. L.G. IX. 145. •) arg. §§ 9, 10 Hyp.Ges.; Gönner II. S. 142, 143, 172; Lehner, H.A.O. S. 58. Sgl. hiezu auch Art. 40 (Zwangshypothek) und 44 (Arresthypothek) der Nov. z. Subh.Ordn.; hiezu Bl. f. R.A. L. 56, 97 ff. *) Nov. v. 10. Febr. 1824 § IV Nr. 1; Gönner I. S. 306 Nt.*, II. S. 172; Roth, b. C.R. II. S. 393; Jungermann S. 94 Nr. 3; Lehner, H.A.O. S. 58; Regettberger § 12 Nr. I Zff. I, 1 c. Vgl. hieher auch Art. XIV de» ZwangSenteignungsgesetzes vom 17. Rov. 1837 (W. III. S. 210) und oben § 84 lit. B Zff. V, 2 e S. 597 und Zff. VIII, 1 a S. 605; ferner § 106 R.K.O. mit Art. 33 A.G. z. R.C.P.O.; Art. 30, 31 Subh.Ordn. ’) z. B. Personalservituten: Gönner II. S. 172; Lehner, H.A.O S. 58; Regettberger § 12 Nr. I Zff. I, 1 d; Roth, b. C.R. II. S. 393. ') § 12 9k. 1 Zff. I, 2 Jnstr. z. Hyp.Ges.; ME. v. 7. Juli 1886, den Vollzug des tz 22 Nr. 5 neuer Fassung des Hyp.Ges. betr. (J.M.Bl. S. 188; W- XVin. S. 87). ES müßte denn der Eigentümer die Anlage rineS Foliums verlangen: Entschl. v. 16. Nov. 1848 zit. bei Gönner III. S. 169. Bei Anlage de- FoliumS sind dann diese Belastungen ohne weiteren Antrag einzuschreiben.

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Vermögensrechte. — Erste- Hauptstück.

Das Sachenrecht.

gegenüber latenten Hypothekrechten. Im Uebrigen ist der Erwerb anderer dinglicher Rechte als Hypothekrechte, insbesondere auch der Eigentumserwerb, durch Einschreibung in das Hypothekenbuch weder bedingt noch gesichert nur insoferne ist die Einschreibung erforderlich und äußert eine schützende Rückwirkung auch für diese Rechte, als: a) bei Unterlassung der Einschreibung des Eigentumserwerbes unter gewissen Voraussetzungen zu Gunsten eingetragener Hypotheken angenommen wird, der im Hypothekenbuche eingetragene Besitzer sei der wirlliche ^materielle) Eigentümer, nur der Eintrag des Eigentums­ erwerbes also den materiellen Eigentümer unbedingt gegen Bestellung von Hypotheken seitens des Bucheigentümers schützt b) bei Unterlassung der Einschreibung eines sonstigen dinglichen Rechtes an der Sache unter gewissen Voraussetzungen den später ent­ stehenden Hypotheken gegenüber die Nichtexistenz desselben angenommen wird, nur der Eintrag des dinglichen Rechtes also die nachher ein­ getragene Hypothek auf das mit dem dinglichen Rechte behaftete Grund­ stück gelegt erscheinen läßt; eine Ausnahme besteht hier nur für die infolge allgemeiner Rechtsvorschrift auf der Sache haftenden Lasten, für Grunddienstbarkeiten, die Grundgefälle des Staates und der Ablösungs­ kasse und die an deren Stelle getretenen Leistungen.") IV. Nur solche Rechtsverhältnisse werden im Hypotheken­ buche eingeschrieben, deren Einschreibung für das Hypo­ thekenwesen, für den Realkredit überhaupt ein Interesse ge­ währt: daher nicht solche Rechtsverhältnisse, von deren Nichteintragung eine Gefährdung des Realkredites nicht zu beftirchten ist, insbesondere nicht teilt obligatorische Rechtsverhältnisse, soferne mit ihnen nicht Verpfändungsverbote verknüpft sind"), und die passiven Grunddienst­ barkeiten.") Anderseits ist es aber auch überflüssig, das Hypotheken*) Vgl. hieher und zum Folgenden Roth, b. C.R. n. S. 405 , 406, RegelSberger § 12 Rr. I Zff. I, 2. M) Aus einem gegen den Nichtbucheigentümer begründeten Hypothektitel kann daher keine Hypothek eingetragen werden: § 22 Zff. 6, § 138, § 26 Zff. 1 und 3 Hyp.Ges. Das Hypothekenbuch hat also nur die Bestimmung, den Eigentums­ erwerb als Voraussetzung zur hypothekarischen Belastung zu beurkunden und ihn gegen latente Hypothekrechte zu schützen: jeder darüber hinausgehende Zweck liegt außerhalb seiner Aufgabe: so richtig RegelSberger § 12 92t. 5; Roth, b. C.R. II. S. 405, 406; a. M. Zeitschr. d. Anwaltsvereins III. S. 188. Näheres hiezu s. Abt. n Tit. 1 über das OeffentlichkeitSprinzip. ") § 7 Abs. 1 EG. z. Hyp.Ges.; § 22 Zff. 5 und 7 Hyp.Ges. mit Art. 1 Zff. 1 HyP.Nov. Bezüglich der ausgenommenen Lasten entscheidet hinsichtlich des BerhälMiffeS zu den Hypotheken lediglich der gegenseitige Zeitpunkt der Entstehung. Näheres hierüber s. in der Lehre von der Subhastation V. Buch. — Zum Ganzen vgl. das Nähere in Abt. II Tit. 1 über daS OeffentlichkeitSprinzip. “) RegelSberger § 12 Zff. n und § 15 Zff. 1. *• ) tz 22 Nr. 5 Hyp.Ges. (im Gegensatz zu Personalservituten). Bl. s. R.A. xxxvm. 132; LV. 392; Gönner I. E. 262, 393; RegelSberger § 12 Zff. II; § 15 Zff. 3, § 16 lit. C Abs. 2. Den Realdienstbarkeiten wird man aber solche

Personalservituten gleichstellen dürfen, welche nur den Inhalt von Realservituten haben, weil hier die gleiche ratio legis besteht: Bl. f. R.A. XXXII. 129. Ob

V. Kapitel.

Das Pfandrecht.

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buch unnötig zu überlasten; es werden daher auch solche Rechtsver­ hältnisse nicht eingeschrieben, welche zwar für den hypothekenrechtlichen Verkehr von Bedeutung sind oder sein können, deren Bekanntsein aber vorauszusetzen oder auch ohne Einsicht des Hypothekenbuches leicht zu erlangen ist, daher nicht Lasten, insbesondere Reallasten, welche nur für solche Grundstücke wie das eingetragene allgemein oder örtlich hergebracht sind und nicht aus einem besonderen privatrechtlichen Grunde beruhen, mit Ausnahme der Zehentpflicht, bezw. nun stxierten Zehent­ abgabe, die Grundgefälle des Staates und der Ablösungskasse, bezw. die an deren Stelle getretenen Leistungen?^) übrigens die ratio legis an sich eine richtige ist, mag zweifelhaft sein; vgl. hiezu Bl. s. R.A. LI. 49; Ortenau, Komm. z. Suvh.Ordn. ru Art. 67. — Bei Forstrechten ist zu unterscheiden, je nachdem sie Grunddienstbarkenen oder Reallasten sind; im ersteren Falle fällt die Eintragung weg, im zweiten nicht; vgl. hiezu Gönner I. S. 394; RegelSberger § 16 lit. c Abs. 2; § 46 Nt. 10; Roth, b. ER. H S. 355 mit Nt. 11; auch S. 308 und 313; Henle S. 27; oben 8 90 S. 630 ff. — Verboten ist übrigens die Einschreibung von passiven Grunddienstbarkeitm nicht: Henle S. 30 Ziff. 7. ") 8 22 Nr. 5 Hyp.Ges. mit Art. 1 Nr. 1 der Hyp.Nov.; RegelSberger 8 12 Zss. II; 8 15 Zff. 2; Henle S. 3-9, 27, 28; Bl. f. R.A. LVHI. 215. Zu den allgemein rc. hergebrachten Lasten gehören insbesondere die Staats- und Gemeindesteuern. Auch die Zehentpflicht würde an sich hieher gehören, sie ist aber durch 8 22 Nr. 5 Hyp.Ges. und 8 17 der Jnstr. z. Hyp.Ges. ausgenommen; vgl. auch Roth, b. C.R. II. S. 397 mit Nt. 22; RegelSberger § 16 2. Bezüglich Fixierung der Zehnten und der Bodenzinsnatur der fixierten Zehenl­ abgabe vgl. oben 8 92 S. 642 ff. — Unter den Grundgefällen sind lediglich die auS den gutSbäuerlichen Berhältniffen und der Zehentpflichtigkeit herstammenden Leistungen (Grundlastenablösunasgesetz v. 4. Junr 1848 und 28. April 1872) verstanden, daher die fixierte Zehentabgabe (vgl. oben 8 92 Ziff. m S. 646), HandlohnSäquivalente (E. d. obst. L.G. VI. 98), Meierschaftsfristen, die sonstigen Ab­ gaben, welche ursprünglich Gegenleistungen von Grundholden bildeten, die bei der Umwandlung von gemeinen Lehen in bodenpflichtigeS Eigentum bestellten Bodenzinse (88 9, 11—21 des Lehenedittes v. 7. Juli 1808 [$B. I. S. 176] mit Ber.

v. 6. Juni 1815 die Umwandlung der gemeinen Lehen in andere Grundverträge oder in freicd Eigentum betr. fR.Bl. S. 481; W. I. S. 177 Nt. ***]), die gutSherrlichen Grundabgaben, bezw. die an deren Stelle getretenen BodenzinS-, AblösungSkapitalien und Bodenzinse (vgl. oben 8 92 S. 642 ff.). Nicht gehören zu den Grundgefällen die nach 8 204 deS LeheneditteS v. 7. Juli 1808 und Art. 1 deS Ges. v. 4. Juni 1848, die Ablösung deS LehenSverbandeS betr. (W. III. S. 706), begründeten Bodenzinse, die bei der Ablösung von Weide- oder Forstrechten ge­ schaffenen jährlichen Abgaben (vgl. oben 8 88 S. 622 ff.; 8 90 S. 630 ff.), die Kulturrenten nach Art. 8 deS Ges. v. 21. April 1884, die LandeSkulturrentenanstalt betr. (W. XVI. S. 485), der Bautanon (vgl. oben 8 92 Ziff. VIII S. 649 ff.), die BeitragSverbindlichkeiten zu den Unterhaltskosten für BewäfferungS- und Entwäfferungsuntervehmungen zum Zwecke der Bodenkultur (vgl. oben 8 93 Ziff. 6 S. 652; der gemeindliche Grundzins (vgl. oben 8 93 Ziff. 8 S. 653): Gönner III. S. 39; Bl. f. R.A. XLI1. 386. Bgl. zum Ganzen Roth, b. C R. II. S. 395, 396; Gönner II. S. 203—205; RegelSberger 8 15 Ziff. 2; Henle S. 27 Ziff. 5. — Anderseits sind aber nur r>ie Grundgesälle deS StaateS, nicht anderer öffentlicher juristischer Personen oder Privatpersonen von der Einschreibung befreit: Henle S. 29 Zff. 6. Daher sind sämtliche vorangeführte Lasten, deren Berechtigter nicht der Staat ist, sonst einzuschreiben. — Hinsichtlich der nicht befreiten Reallasten deS StaateS und der AblösungSkasse vgl. J.M.E. v. 7. Juli 1886, den Vollzug deS 8 22 Nr. 5 neuer Fassung deS Hyp.Ges. betr. (J.M.Bl. S. 188; W. XVIII. S. 87). — UebrigenS

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Vermögensrechte. — Erste- Hauptstück.

Da» Sachenrecht.

V. Die Einschreibung in das Hypothekenbuch kann begrifflich nur für die Entstehung solcher Rechtsverhältnisse, die mit dem Hypo­ thekenwesen in Verbindung stehen, als eine der Entstehungsthat­ sachen in Betracht kommen; das Hypothekengesetz erhebt aber nicht für alle diese Rechtsverhältnffse die Eintragung in das Hypotheken­ buch zur Enfftehungsthaffache, sondern lediglich^): a) für die Entstehung von Hypothekrechten die Einschreibung des Hypothekrechtcsl6), b) für die Befugnis zur Hypothekbestellung die Einschreibung des Hypothekbestellers als Eigentümers"), c) für die Erstreckung des Hypothekverbandes auf willkürliche Zubehörungen die Einschreibung der Pettinenzobjekte"), d) für die Errichtung eines landwirtschaftlichen Erbgutes die Einschreibung dieses.19) Darüber, daß für die Wirkung des zur Sicherstellung einer Forderung bei Veräußerung einer Sache bedungenen Eigentums­ vorbehaltes, des Rückkaufsrechtes und des vertragsmäßigen Ver­ pfändungsverbotes, die Einschreibung dieser Verhältnisse nicht als Ent­ stehungsthatsache in Betracht kommt, ist das Nähere in lit. C bemerkt. VI. Das Hypothekfolium ist zu schließen, sobald alle auf einem Folium vorgetragenen Hypotheken gelöscht sind; von Amtswegen wird jedoch nur die dritte Rubrik abgeschlossen, in welchem Falle bei späterer Einttagung neuer Hypotheken lediglich mit einer neuen Zahlen­ reihe in der dritten Rubrik begonnen wird99); auf Antrag des Buch­ eigentümers kann auch Abschließung des ganzen Foliums erfolgen; ist dies geschehen, so bedarf es bei späteren Neueinschreibungen der Eröffnung eines neuen Hypothekfoliums.9') ist auch die Einschreibung der allgemein rc. hergebrachten Lasten und der Grundaefälle de» Staate» und der Ablösungskasse nicht verboten: Henle S. 30 Zff. 7. — Vgl. auch dir oben zit. M.E. vom 7. Juli 1886 über die Behandlung der befreiten Lasten bei Umlegung der Folien. “) Für Hypothekforderungsverpfändungen ist die Einschreibung nicht Ent­ stehung-thatsache: Bl. f. R.A. XXVI. 14; E. d. obst. L G. XIU. 456; Regelsberger § 12 Zff. 11 mit Recht gegen Lehner HypR. S. 156 und H.A.O. S- 41 a. E. Die abweichende Ansicht ist wohl auf die etwa- ungenaue Au-druck-weise de- § 53 Abs. 2 Hyp Ges. zurückzuführen. Dieselbe wird aber durch § 53 Abs. 3 Hyp.Ges. sofort klar gestellt: hienach ist die Einschreibung solcher Verpfändungen nur zum Schutz« gegen da» Oeffentlichkeit-prinzip erforderlich. — Vgl. hiezu auch unten § 113 Ziff. II. ") §§ 9, 10 Hyp.Ges. ") § 26 Zff. 1 bi- 3 Hyp.Ges. Bgl. hiezu auch Bl. f. R A. XVI. 406 und oben § 78 Ziff. VH ®. 480. ") 8 22 Zff. 3 Hyp.Ges. *•) Ges. über die Errichtung landwirtschaftlicher Erbgüter vom 22. Febr 1855

(W. HI. S. 679) Art. 3 Zff. 3. ao) § 149 Hyp.Ges. Die zwei übrigen Rubriken de- Folium» bleibm bestehen und werden fortgeführt: Bl. f. R.A. XXXIV. 198; O.A.Ter.Erk. vom 25. Jan. 1869 (J.M.Bl. 1869 S. 151). ’*) Bl. f. R.A. XXXIV. 198; Erg.Bd. IIS. 379; Regelsberger § 14 Zff. H; oberstrichterl. Erk. v. 25. Jan. 1869 (J.M.Bl. S. 151); Gönner II. S. 270.

C. Arte» der Einschreibungen — EintraguugSzwang.

Das bayerische Hypothekengesetz unterscheidet:

1. rechtsbegründende und rechtssichernde Einschreibungen, 2. Eintragungen im engeren Sinne und Löschungen, • 3. definitive Einschreibungen, Vormerkungen und Protestationcn.

I. Rechtsbcgründendc und rechtssichernde Einschreib­ ungen.^) 1. Rechtsbegründend ist die Einschreibung, wenn sie in dem zur Entstehung eines Rechtes erforderlichen Gesamtthatbestande ein notwmdiges Moment bildet. Die Beurkundung ist hier auch im civil­ rechtlichen Sinne zwangsweise vorgeschriebene Form der Entstehung des Rechtes; sie steht neben der etwa für die Willenserklärung der Beteiligten vorgeschriebenen Form, ist daher nie Form der Willens­ erklärung selbst?') Rechtsbegründende Wirkung hat die Einschreibung nur in den oben lit. B Ziff. V erwähnten vier Fällen. Bei Hypo­ thekrechten kommt sie sowohl der definitiven, wie 'vormerkunasweisen Eintragung zu, wenngleich letztere zunächst nur ein auffchiebend be­ dingtes Hypothekrecht gewährt?') 2. Rechtssichernd ist die Einschreibung, wenn sie zu dem Zwecke erfolgt, um von dem einzuschreibenden Rechte die Wirkungen des Oeffentlichkeitsprinzipes abzuwenden. Hier besteht nur ein indirekter Zwang zur Einschreibung insoferne, als die Unterlassung den Folgen des Oeffentlichkeitsprinzipes unterliegt?') Ein solch indirekter Zwang besteht für die Einschreibung des Eigentumserwerbs gegenüber der Verpfändungsbefugnis des bisher als Eigentümer Eingetragenen, der dauernden rechtlichen Gebundenheiten und Lasten des Hypothekgegen­ standes, der persönlichen Grunddienstbarkeiten, der Verfügungsbeschränk­ ungen des Eigentümers, der Veränderungen an den Hypothekrechten in subjektiver und objektiver Beziehung, insbesondere auch der Ver­ fügungsbeschränkungen des Pfandgläubigers, der Einreden gegen die Richtigkeit eines Hypothekrechtes und der Erlöschung einer Hypothek?') 3. Eine dritte Art von Einschreibungen in dem Sinne, daß die Einschreibung eines Rechtes ohne Vorhandensein der Erfordernisse des Schutzes der Oeffentlichkeit dennoch zur hypothekenrechtlichen, wenn auch nicht civilrechtlichen Wirksamkeit des Rechtes notwendig und ge­ nügend sei, besteht nicht. Denn auch der Eigentumsvorbehalt, das Rückkaufsrecht und das vertragsmäßige Verpfändungsverbot, für welche S2) RegelSbrrger, Hyp.R. § 19 Ziff. 2; Bl. f. R-A. XXXVII. 216—218. * ’) Immerhin erscheint sie aber alS Form des RechtSerwerbeS und ist da­ her Form einer Rechtshandlung, wie oben § 65 Ziff. in, 2 g S. 469 angenommen. ") 8 30 HyP.Gcs.

* s) Daher die Eingangsworte de» 8 22 Hyp.Ges.: „In das Hypothekenbuch müssen unter den in 8 25 und 26 bestimmten Rechtsfolgen eingetragen werden." * *) Vgl. hierüber das Nähere unten in der Lehre vom OeffentlichkeitSPrinziPe § 113, 115 und RegelSberger 8 19 Ziff. II, 2.

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Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

Das Sachenrecht.

diese Art von anderer Seite behauptet wirb,27) sind nach der von der Praxis gebilligten Ansicht Rechtsverhältnisse, welche nur bei Meidung der Folgen des Oeffentlichkeitsprinzipes im Hypothekenbuche einzu­ schreiben sind.22) 4*. Weder die rechtsbegründende noch die rechtssichernde Ein­ schreibung hat einen Einfluß auf den rechtlichen Charakter des ein­ geschriebenen Rechtes; es werden daher insbesondere obligatorische Rechte durch die Einschreibung nicht zu dinglichen.22)

II. Eintragungen im engeren Sinne und Löschungen. Eintragungen im engeren Sinne sind alle Einschreibungen, welche die Ausweisung der l^cistenz eines Rechtsverhältnisses enthalten;

ihr Inhalt ist so verschiedenartig, als Rechtsverhältnisse Gegenstand der Einschreibung sein können. Löschungen sind die Gnschreibungen solcher Thatsachen, welche eine frühere Einschreibung aufheben.22) Manche Einschreibungen enthalten zugleich Eintragungen im engeren Sinne und Löschungen, und zwar alle jene, welche die Existenz eines Rechtsverhältnisses , ausweisen, die zugleich Aufhebungsthatsache gegenüber einer früheren Einschreibung ist, so insbesondere die defini­ tive Einschreibung eines neuen Eigentümers, welche zugleich die Löschung des bisherigen Eigentümers enthält.2') III. Definitive Einschreibungen, Vormerkungen Protestatiouen.22) 1. Allgemeines.

und

Im Prinzipe sind die Protestationcn lediglich eine Unterart der *’) Und zwar von Regelsberger, Hyp.R. § 12 Ziff. I, 2 d, § 54 Zisf. 5 und 6, § 66 Ziff. I b unter Bezugnahme auf den Wortlaut der §§ 5 und 44 Abs. 2 Hyp.Ges. und unter Hinweis aus den Mangel einer Verweisung in dieser Gesetzesstelle auf die Folgen deS Oeffentlichkeitsprinzipes. Gleicher Ansicht offenbar auch Bl. f. R.A. UV. 20. ") Bl. f. R.A. XXXV. 137,141, XLVI. 353; Gönner 1.128 ff., 391 mit 91t' Die Frage ist mindesten- zweifelhaft; doch verdient bei der Unklarheit deS Gesetzes mit Rücksicht aus daS allgemeine Prinzip die Ansicht der Praxis den Vorzug. ") Bl. f. R.A. XXXIX, 62, 64, 218; LIV, 20, 21 gegen Seufferis Archiv XXXIX, 100. — Die in Zff. 3 bezeichneten Rechtsverhältnisse erlangen nicht erst durch die Einschreibung „partielle dingliche Wirkung" (in der Richtung gegen die Hypotheken); dieselbe ist ihnen vielmehr an sich schon hypothekenrechtlich zugesprochen (vgl. auch §4 HypGes.); dies muß man annehmen, wenn man der in 91t. 28 erwähnten Praxis folgt. •°) Vgl. hiezu § 85 Hyp.Ges.; Roth, b. C.R. II. S. 387; Gönner I. 582; RegclSberger § 96; Lehner, H.R. S. 37—39. ") Gönner I. 581, 582; Roth, b. C.R. II. S. 387. ”) §§ 27-30, 106, 108, 113, 168 Hyp.Ges.; §§ 26 , 30, 31 Jnstr. z. HyP.Ges.; Gönner I. 299—328, in. 59—67,144—146; Lehner, H.A.O. S. 38-54, 103, 104, 126, 268-280; Jungermann S. 183—186; Roth, b. C.R. II. S. 388 bis 391; RegelSberger, Hyp.R. §§ 63—68; Stobbe, d. Pr.R. II. S. 350—352; Heyne, Erörterungen Abh. II über Bormertungrn.und Protestationen; Prinz, Emflust §§ 13-43; Bl. f. R.A. XU. 81, 97, 113/129 ff. über Protestationen urd Vormerkungen im Hypothekenbuche; Throner in Bl. f. R.A. UV. 1, 17, 33, „die Protestation gegen Veräußerung und Verpfändung nach Hypothekengesetz."

V. Kapitel.

Das Pfandrecht.

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Vormerkungen, infoferne man unter letzteren schlechthin vorläufige Ein­ schreibungen versteht. Das bayerische Hypothekengesetz gebraucht jedoch, im besonderen die Dreiteilung in defrnitive Einschreibungen, Vor­ merkungen und Protestationenan derselben ist daher sefizuhalten; sie hat insoserne einen inneren Grund, als die Vormerkungen, indem sie sich nur aus Hypothekenrechte erstrecken, regelmäßig von den Protestationen sich dadurch unterscheiden, daß ihr Inhalt gegenüber anderen Einschreibungen selbständig ist, während die Protestationen meistens in einem Zugehörigkeitsverhältnis zu einer anderen Ein­ schreibung stehen; anderseits äußern aber die Protestationen nur rechtssichernde Wirkung, während die Vormerkung, beschränkt aus Hypothekrechte, stets auch rechtsbegründende Wirkung hat.^) 2. Die definitiven Einschreibungen. Jede definitive Einschreibung setzt ein fertiges positives oder negatives Rechtsverhältnis^^) voraus, dem es zu seiner Eintragungs­ fähigkeit weder in formaler Hinsicht, insbesondere nach Maßgabe des Konsensprinzipes, noch in materieller Hinsicht nach hypothekenrecht­ lichen und örtlich civilrechtlichen Grundsätzen an einem Mangel ge­ bricht; sie geben einen definitiven Rechtszustand wieder,^o) aber ohne Rücksicht darauf, ob seine Dauer durch Privatwillen oder Gesetz in irgend einer Weise beschränkt ist.37) Die definitive Einschreibung hat 88) Dies geht aus der Ueberschrist der §§ 27 und 30 Hyp.Ges. deutlich hervor; die ganze Dreiteilung kehrt besonders auffällig in § 31 Abs. 1 und § 168 Hyp.Ges. wieder („Eintragung, Protestation oder Vormerkung"); s. auch § 108 („bloße Protestationen oder Vormerkungen"). Anders ist die Ausdrucksweise in § 114,136 Ziff. 4 Hyp.Ges., wo Vormerkung neben und identisch mit Protestation, §§ 73, 106, 113, 115, 124 Hyp.Ges., wo Vormerkung für Vormerkung und Protestation gebraucht ist, während daS Wort „Protestation" nie für Vormerkung einer Hypothekforderung vorkommt. Vgl. hiezu den ähnlichen Sprachgebrauch in §§ 26, 30, 31, 33 Ziff. 5, § 34 Ziff. 2 Jnstr. z. Hyp.Ges. Hieraus ist der Schluß ge­ rechtfertigt, daß das bayerische Hypothekengesetz das Wort Vormerkung, nicht abev daS Wort Protestation auch als GatungSbezeichnung für beide Kategorien erachtet. Die Meinungen hierüber, wie über den inneren Grund der Dreiteilung sind sehr verschiedenartig; eine ausführliche Widerlegung und Anführung derselben hat aber keine besondere prattische Bedeutung. ES empfiehlt sich einfach, an der gesetzlichen Dreiteilung festzuhalten, wobei aber zu bemerken ist, daß im Sprachgebrauch der Praxis das Wort „Vormerkung" häufig auch für Protestation und daS Wort „Vorwerken" häufig auch für Einschreiben einer Protestation gebraucht wird. Vgl. hiezu Näheres Bl. f. R.A. XLI. 81—85, 97, wo auch die verschiedenen An­ sichten aufgefüürt sind, ferner Regelsberger, HyP.R. § 64. 3*) Vgl. hiezu oben Zff. I, 1 und 2 S. 683. 8ö) Daß die definitive Einschreibung stets ein fertiges Rechtsverhältnis int Gegensatze zum unfertigen Rechtsverhältnisse aber fertigem Rechtsgeschäfte voraus­ setzt, hat zuerst Regelsberger, HyP.R. § 65 Ziff. 3 d in dieser Schärfe und über­ zeugend behauptet; vgl. auch Gönner I. 305 Ziff. 5; Lehner, H.A.O. S. 42 Ziff. 2. se) Vgl. hiezu auch oben Zff. I, 1 S. 683. S7) So ist ein definitiver Hypothekeintrag auch dann zulässig, wenn die Hypothekforderung nach Ablauf einer vertragsmäßig bestimmten Zeit erlischt, ebenso der definitive Eintrag eines Nießbrauchs, wenngleich er gesetzlich mit dem Tode des Berechtigten erlischt, ebenso der definitive Eintrag einer Disposilionsbeschränk­ ung, die nach Ablauf einer gewissen Zeit oder mit Eintritt einer Resolutivbedingung

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Vermögensrechte. — Erste- Hauptstück.

Da- Sachenrecht.

daher auch nach Form und Inhalt das fertige positive oder negative Aicchtsverhältnis zum Ausdruck zu bringen. Die Wirkungen der definitiven Gnschreibung sind verschieden, je nachdem sie rechtsbegründender oder rechtssichernder Natur ist.38 * *)** 40 * * 4* * * 3. Die Vormerkungen.33) Die Vormerkungen erstrecken sich nur auf Hypothekrechte; sie enthalten eine aufichiebende bedingte Hypothekeintragung und sind da­ her in der Lehre von der Entstehung der Hypothek zu behandeln.

4. Die Protestationen. Die Protestationen sind Schutzmittel gegen die Wirkungen des Oeffentlichkeitsprinzipes. Sie sind daher in der Lehre von diesem näher darzustellen.

D. Da- Emßachsystem. Jedes Hypothekcngericht führt nur ein Hypothekenbuch.^) An dieser Thatsache ändert auch der Umstand nichts, daß aus Zweck­ mäßigkeitsgründen dieses eine Hypothekenbuch aus einer oder mehreren Abteilungen und diese wieder aus einem oder mehreren Bänden be­ stehen können. Die Trennung nach Abteilungen und Bänden erfolgt nach örtlichen Verhältnissen des Hypothekenamtsbezirkes, bei Land­ gemeindebezirken nach Gemeinden, Steuerdistrikten, Dörfern oder Flur­ markungen, bei Stadtgemeindebezirken nach innerhalb und außerhalb der eigentlichen Stadt liegenden Grundstücken, Stadtvierteln, Straßen u. s. w. Der Bezirk des Hypothekenamtes, für welchen eine besondere Abteilung besteht, heißt Hypothekendistrikt/^) Wegfällen soll. Auch der Eintrag der Konkurseröffnung, der Beschlagnahme, einer einstweiligen richterlichen Verfügung über Nichtbelastung des Anwesens ist m. E. ein definitiver, wenngleich die Dauer deS eingetragenen RechtSzustandeS nur eine vorübergehende ist, da daS die DiSpositionSbeschränkung erzeugende Rechtsver­ hältnis selbst ein definitives ist, mag eS auch späterhin wieder aushören; seine Existenz ist nicht in Frage gestellt und nur das Gegenteil würde die Annahme einer Protestation rechtfertigen. M) Vgl. oben Zff. I S. 683, 684. 89) § 30 Hyp.Ges.; Näheres s. unten Abt. II im Abschnitte über Eintragung der Hypothek. 40) arg. § 120 Hyp.Ges.: „in dem Hypothekenbuche", § 121 a. a. O.I „in das Hypothekenbuch dieses Gerichts"; § 119 a. a. O.; RegelSberger § 12 Zff. II, § 13 Nr. 1; Gönner II. S. 149: „das bayerische Gesetz geht davon auS und hat die Wirkung der Oeffentlichkeit, diese Hauptstütze des ganzen Hypothekenrechts, auf das eine Hypothekenbuch bezogen, deswegen auch sowohl im Begriffe der Hypotheken, als bei den übrigen Bestimmungen, auf welche diese Einheit wirkt, von dem Hypothekenbuch in der einfachen Zahl gesprochen"; s. auch I. S. 253. 4l) § 119 Abs. 2 Hyp.Ges.; § 5 Jnstr. z. Hyp.Ges. Diese Trennteilung unterliegt dem Ermeffen der Hypothekenämter. Meistens werden innerhalb deS Hypothetenamtsbezirkes wieder besondere Hypothekendistritte gebildet und für jeden solchen Distritt wieder mehrere Bände angelegt; alle- dies liegt im Ermeffen deS Hypothekenamies. Vgl. auch RegelSberger § 13 Zff. I und II, nur kann ich nicht zugeben, daß die mehreren Bände eines solchen HypothekendisttitteS als „ein Hypothekenbuch" bezeichnet werden; denn jedes Hypothekenaml führt überhaupt

V. Kapitel.

Das Pfandrecht.

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In diesem einen Hypothekenbnch können nur solche Einschreibungen stattfinden, welche sich auf Grundstücke oder Realrechte, die der örtlichen und sachlichen Hypothekengerichtsbarkeit des dieses Hypothekenbuch führenden Hypothekengerschtes unterliegen, beziehen; eine Modifikation besteht nur für die örtlich in einem anderen Hypothekengerichtsbarkeits­ bezirke gelegenen unbeweglichen Bestandteile und Zubehörungen insofernc, als im Hypothekenbuche dieses Bezirkes ein Schutzfolium zu errichten ist42 * *)** * * *

E. Da» Nralsalira-Syste».") I. In Bayern besteht das System der Realfolien: jeder infolge räumlicher Abgrenzung ein Grundstück darstellende Raum der Erd­ oberfläche, jedes hypothckfähige Realrecht erhält auch im Hypotheken­ buche regelmäßig einen für sich abgeschlossenen Raum, d. h. ein (regel­ mäßig aus mehreren Buchseitcn bestehendes) eigenes Folium mit besonderer Nummer.

II. Aus besonderen Gründen können jedoch auch mehrere solche Grundstücke nur ein Folium erhalten, solange nicht hypotheken­ rechtliche Grundsätze widerstreiten. Diese Gründe sind: 1. solche, welche mehrere Grundstücke zu einander oder ein Grundstück int Verhältnis zu einem anderen (Hauptgut) als unselbst­ ständig, die mehreren Grundstücke nur zusammen als selbst­ ständig („unter einem Rechtstitel besessen") erscheinen lassen44), und zwar: a) wirtschaftliche: die mehreren zu einem Gutskomplexe ge­ hörigen, sohin einem gemeinsamen wirtschaftlichen Betriebe dienenden Grundstücke können auf einem Folium vorgetragen werden; b) rechtliche: mehrere demselben rechtlichen Zwecke dienende, unter demselben rechtlichen Verbände stehende Grundstücke können ein Folium erhalten"); c) ein gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis, wonach das eine Grundstück als Hauptsache, das andere nur als Pertinenz nur ein Hypothekenbuch. S. auch Roth, b. C.R. II. S. 393. — Innerhalb jeden Bandes sollen die Grundstücke möglichst in topographischer Reihensolge vorgetragen werden: Gönner II. S. 144-148. **) §§ 120, 121, 123 Hyp.Ges. Bgl. hiezu oben § 97 lit. C S. 669. *) Bal. zum Folgenden §§ 120—123 Hyp.Ges.; RegelSberger § 14 lit. a; Gönner II. S. 136—139 (besonders über die Gründe der Wahl des RealsoliensystemS). — Näheres über das Verfahren bei Neuanlage von Folien s. bei Lehner, H.A.O. S. 163-179. 44) Bgl. Gönner II. S. 140, 173; autogr. M E. v. 5. Juli 1887 die Ber­ einigung mehrerer Grundstücke auf einem Folium deS Hypothekenbuchs betr. (f. unten Nt. 35). Diese Normen stehen mit dem in § 11 Hyp.Ges. normierten Spezialitätsprinzip im Zusammenhang; vgl. hierüber unten Abt. II Tit. III; GönnerII. S. 173. 4e) So im Falle des Lehensverbandes, Erbgutsverbandes; in letzterer Hinsicht vgl. Art. 1 des Ges. über die landwirtschaftlichen Erbgüter v. 22 Febr. 1855 (W. III. S. 679).

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Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

Das Sachenrecht.

erscheint und wozu nach Hypothenrecht allerdings die bloße Willenserklärung, daß ein Immobile Pertinenz sein solle, hinreicht. Daher werden Pertinenzgrundstücke aus dem Folium des Hauptgrundstückes vorgetragen"); 2. praktische Gründe: mehrere aus ein- und demselben Rechts­ geschäfte erworbene und besessene Grundstücke können auf einem Folium vorgetragen werben.47) III. Diese Ausnahmen vom Prinzipe werden aber aus hypo­ thekenrechtlichen Gründen selbst wieder in zweifacher Weise durch Krochen, und zwar: 1. Aus örtlichen Zuständigkeitsgründen: von mehreren nach Ziff. II zusammengehörigen Grundstücken können nur diejenigen aus einem Folium vorgetragen werden, welche in demselben Hypotheken­ gerichtsbezirke liegen: nur für die außerhalb des Hypothekengerichts­ bezirkes der Hauptsache liegenden unbeweglichen Bestandteile und Pertinenzien ist wieder eine Ausnahme begründet, denn das Hypothekengerjcht der Hauptsache ist hier zugleich das der Bestandteile und Zubehörungen.^b) Daher können jederzeit durch bloße Pertinenzerklärung die Hindernisse aus örtlichen Zuständigkeitsgrenzen beseitigt werden. 2. Aus rein sachlichen Gründen. Hier lassen sich folgende drei Fälle unterscheiden"): a) die sämtlichen zusammengehörigen Grundstücke und Realrechte sind überhaupt noch nicht hypothekarisch belastet und sollen jetzt nach Vereinbarung der Beteiligten nur die einen und die anderen gar nicht, oder die einen in dieser, die anderen in jener Weise belastet werden; hier ist für die jeweils be­ sonders zu belastenden bezw. nur für die zu belastenden jeweils gesondertes Folium anzulegen; 4e) Alles dies folgt m. E. aus § 120 Abs. 2 Hyp.Ges. Eine ähnliche Auf­ fassung findet sich in der autogr. J.M.E. v. 5. Juli 1887 Nr. 10693, betr. die Bereinigung mehrerer Grundstücke auf einem Folium deS Hypothekenbuches: ab­ gedruckt unten Rt. 35. ") § 12 Zff. 3 Jnstr. z. Hyp.Ges.: „Den Hypothekenämtern wird es zwar nicht verwehrt, mehrere unter einem Rcchtstitel erworbene, an sich walzende Grundstücke auf einem Folium zu verbinden, und eS ist, wenn dieses geschieht, zur Vermeidung eines jeden Zweifels über die Identität der Gmndstücke zugleich eine genaue Bezeichnung ihrer Zahl, ihres beiläufigen Umfanges, ihrer Feldlage und ihrer Eintragung in dem Eteuerkataftrr .... jedesmal beizufügen. Indessen haben sich die Hypothekenämter dabei sorgsam zu hüten, daß dadurch die Fort­ führung der Hypothekenbücher für die Zukunft nicht erschwert werde." Bgl. hiezu auch Gönner II. S. 140, 141, 174. — Ein solcher Fall liegt offenbar Bl. s. R.A. Erg.Bd. XII. 357 zu Grunde. 4’) Bgl. hiezu oben § 97 lit. C S. 669. Im Falle der Zff. 2 kann immer ein Kumulativfolium nur dann angelegt werden, wenn die sämtlichen Objekte unter demselben Hypothekenamte liegen; vgl. auch Gönner II. S. 174. ") Bgl. zum Folgenden § 120 Abs. 2, §§ 36, 40 Hyp.Ges.; § 13 Abs. 1, 2, 4 und 5 Jnstr. z. Hyp.Ges. Die für die unbeweglichen Pertinenzen geltenden Bestimmungen gelten natürlich mindestens auch für Bestandteile.

b) die sämtlichen zusammengehörigen Grundstücke und Realrechte sind bereits einheitlich belastet und sollen nun die einen nicht mehr, dagegen die anderen gesondert, oder die einen in dieser, die anderen in jener Weise gesondert weiter belastet werden; hier ist für die jeweils verschieden zu belastenden Objekte unter Wegtrennung (Abschreibung) vom bisherigen gemein­ schaftlichen Folium nunmehr jeweils gesondertes Folium an­ zulegen. Diese Abtrennung kann aber nur mit Zusttmmung der auf dem einheitlichen Folium vorgetragenen Hhpothekgläubiger erfolgen, wenngleich die Unterlassung der Einholung ihrer Zustimmung oder deren Verweigerung den Rechten dieser Gläubiger an den dennoch abgetrennten Objekten nicht schadet^"); c) von den künftig zusammengehörenden Objekten haben alle oder einzelne bereits gesonderte Folien: a) weist hier keines dieser Folien eine hypothekarische Be­ lastung auf, so sind die sämtlichen Einzelfolien zu schließen und ist ein Gesamtfolium anzulegen; ß) weisen alle oder einzelne Folien bereits hypothekarische Belastung auf, so dürfen die gesonderten Folien nicht beseitigt, sondern müssen insolange fortaeführt werden, als die gesonderten hypothekarischen Belastungen bestehen?^) IV. Die Vereinigung mehrerer Immobilien auf einem Folium hat im Wesentlichen folgende Bedeutung: 1. Die sämtlichen auf einem Folium vorgetragenen Objekte sind im Verhältnisse zu einander unselbständig, daher im rechtlichen Sinne eigentlich nur ein Hypothekobjekt; von einer Verbandhypothek kann daher keine Rede sein, solange die sämtlichen auf einem Folium vor­ getragenen Objekte gleichmäßig verpfändet sind (Einheitsfolium); erst wenn eines der darauf vorgetragenen Objekte abgetrennt und mit einem selbständigen Folium versehen wird, entsteht eine Verbandhypothek, so zwar, daß als ein Verbandstück das abgetrennte und als anderes Verbandgrundstück die übrigen auf dem früheren gemeinschaft­ lichen Folium zurückgebliebenen Objekte erscheinen. Infolge dieser nicht bloß sachlichen, sondern auch rechtlichen Veränderung der Hypothek­ verhältnisse ist zu einer solchen die Einholung der Zustimmung der Hypothekgläubiger vorgeschrieben. “) Vgl. hieher besonders § 40 Hyp.Ges.; M E. v. 26. Juli 1864 Zff. n A 4a und die unter Nt. 35 abgedruckte M.E. v. 5. Juli 1887. Die.Abschreibung muß aus dem ehemaligen Gesamtfolium in erster Rubrik entsprechend vermerN werden: § 13 Abs. 1 Jnstr. z. Hyp.Ges. 51) Bgl. hieher besonders § 36 Hyp.Ges.: „Werden mit dem Hauptgute unbewegliche Pertinenzstücke vereinigt, welche vorher als selbständige Sachen ein besonderes Folium im Hypothekenbuche hatten, und woraus schon Hypotheken ein­ getragen sind, so haben die Hypothekgläubiger des Hauptgutes darauf keine Rechte, vielmehr ist in diesem Falle dieses Pertinenzstück unter einem besonderen Folium im Hypothekenbuche sortzuführen." Becher, Landescivilrecht und Landescivilprozeßrecht.

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Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

Das Sachenrecht.

2. Nur im Falle der lediglich aus praktischen Gründen erfolgten Vereinigung mehrerer Objekte auf einem Folium (Zff. II, 2) ist diese lediglich eine rein äußerliche; sie hebt die Selbständigkeit der einzelnen Objekte nicht auf; in Wahrheit enthält das eine Folium soviele Folien, als selbständige Objekte darauf vorgetragen sind; die hierauf eingeschriebenen Hypotheken sind keine Einheits- sondern Verbandhypotheken (Cumulaüvfolium). Bei einer Abtrennung einzelner selbständiger Objekte ist die Einholung der Zustimmung der Gläubiger nicht erforderlich?^) “) A. M. Bl. f. R.A. Erg Bd. XII. 357. Im Wesentlichen übereinstimmend mit dem Texte Bl. f. R.A. XLV. 305, 321; d. Not.Zeit. 1884 S. 125 und die autogr. J.M.E. v. 5. Juli 1887 Nr. 10893 die Bereinigung mehrerer Grundstücke auf einem Folium deS HypothekenbuchS betr., welche ihrer Wichtigkeit halber hier abgedruckt fei: „Ueber die Tragweite der Bestimmungen in den §§ 39, 40 fg. (Hyp.Ges.) be­ stehen bekanntlich verschiedene Ansichten. Bon einem Teil der Gerichte werden dieselben entweder nur auf solche Güter bezogen, die in einem besonderen, die Trennung der einzelnen Grundstücke, aus welchen sie bestehen, hindernden rechtlichen Verbände stehen (Lehen, bäuerliche Erbgüter) oder eS wird doch für ihre Anwendbarkeit dauernde Verbindung der auf einem Folium deS Hyp.BucheS vorgetragenen Grund­ stücke zu einem einheitlichen wirtschaftlichen Betriebe erfordert. Dagegen hat daS unterfertigte K. St.M. im Laufe der letzten 20 Jabre zu wiederholten Malen den Hypothekenämtern gegenüber die jetzt auch von RegelSberger, bay. H.R. II. § 69 gebilligte und von der Mehrzahl der Gerichte angenommene Ansicht vertreten, daß daS Gesetz die Zustimmung des Hyp.-Gläubigers zur Abschreibung eines einzelnen Grundstückes in allen Fällen verlange, in welcher mehrere Grundstücke auf dem nämlichen Folium ver­ pfändet sind. Die große Wichtigkeit, welche der Frage für den Immobiliarkredit und dem Verkehr mit Grundstücken überhaupt zukommt, haben dem unterfertigten K. St.M. Anlaß gegeben, seine Ansicht den abweichenden Auffaffungen gegenüber in einer Entschl. v. heutigen in nachstehender Weise darzulegen. Der vom H.G. angenommenen Einrichtung der Realfolien liegt der Gedanke zu Grunde, daß für jedeS selbständige Hypothekenobjekt ein besonderes Folium bestimmt ist. Diese Einrichtung bietet die Möglichkeit, mehrere Grund­ stücke durch ihre Bereinigung auf einem Folium zu einem einheitlichen Hypothekenobjekt zu machen. Soweit das Gesetz dieS gestattet, sind die an den vereinigten Grundstücken bestellten Hypotheken einheitliche Hypotheken, nicht Korrealhypotheken an den einzelnen Grundstücken. Wird die Bereinigung gelöst, während die hypothekarische Haftung fortbesteht, so verwandelt sich die einheitliche Hypothek in Korrealhypotheken an den einzelnen zu selbständigen Hypothekobjekten gewordenen Grundstücken. Diese Rechtsänderung ist keines­ wegs eine blos formale, sondern sie beeinflußt den Inhalt des Rechtes der Hypothek­ gläubiger. Deswegen kann mangels einer besonderen gesetzlichen Bestimmung nicht angenommen werden, daß der Eigentümer der vereinigten Grundstücke berechtigt sei, sie ohne Zustimmung der Gläubiger herbeizuführen. Zur Ausführung des Gedankens der Realfolien ordnet daS H.G. in § 120 an, daß „jedes unbewegliche Gut, welches unter einem besonderen Rechtstitel besessen wird", ein besonderes Folium erhalten soll und nach den Besttmmungen der §§ 129—130, 147 kann es seinem Zweifel unterliegen, daß jedeS gemäß § 120 auf einem besonderen Folium vorgetragene Gut ein einheitliches Hypothekobjekt ist. Das Gesetz betrachtet aber nicht jedes einzelne Grundstück, jede eine Pl.Nr. tragende Parzelle als ein besonderes Gut, sondern trägt der That­ sache Rechnung, daß häufig eine Mehrheit von Grundstücken zu einem Ganzen vereinigt ist, das wie eine einzige Sache besessen und ver­ äußert wird, indem es solche vereinigte Grundstücke auf einem Folium vor-

zutragen gestattet. DieS gilt zunächst für die zahlreichen auS früherer Zeit über­ nommenen Gutskomplexe, bei deren Verpfändung, weil sie schon thatsächlich ein Ganzes bilden, ohne weiteres angenommen werden darf, daß sie als solches verpfändet sein sollen und deshalb, wenn die Hypothek nur einzelne Bestand­ teile zum Gegenstände haben soll, die Beschränkung besonders ausgesprochen werden muß; § 120 H. Dem Bedürfnis deS Verkehrs entsprechend gestattet daS Gesetz aber auch neue Komplexe zu bilden, indem es in 8 34 die Befugnis gewährt, unbewegliche Sachen durch „Privatwillen" zu Zugehörungen einer anderen unbeweglichen Sache zu erklären und in § 120II als Güter, welche unter einem besonderen RechtStitel, das heißt als selbständige Sachen besesien werden und als solche ein Folium erhalten sollen, neben den „Guterkomplexen" „Güter mit ihren Zubehörungen" nennt, v. Gönner sagt deshalb (Komm. I. 356) mit Recht, daß vermöge der Bestimmungen deS § 34, welche unbewegliche Sachen zu Zubehörungen zu machen gestattet, „mehrere derselben in einen Komplex ver­ einigt werden können". — Die Bereinigung einer Mehrheit von Grundstücken desselben Eigentümers zu einem Hyp.-Objekt liegt nicht schon darin, daß sie mit einander für die nämliche Schuld verpfändet werden, sondern eS bedarf hiezu einer besonderen Willenserklärung, die allerdings nicht mit ausdrücklichen Worten geschehen muß. Einen wichttgen Anhalt für die Annahme, daß Begründung einer einheitlichen Hypothek gewollt sei, bietet die Thatsache, daß die mit einander verpfändeten Grundstücke zu einem einheitlichen wirtschaftlichen Betriebe auf die Dauer verbunden sind und andrerseits läßt der Mangel einer solchen Verbindung darauf schließen, daß die Grundstücke nicht zu einem Hyp.-Objett ver­ einigt werden sollen. Ist aber der Wille, sie zu einem solchen zu machen, erklärt, so kann nicht der Nachweis einer wirtschaftlichen Verbindung verlangt werden. Denn das Gesetz stellt ein solche- Erfordernis, daS wegen seiner Unbesttmmtheit bedenklich wäre, nicht auf, sondern begnügt sich mit dem erklärten „Privat­ willen". — Der Gläubiger, welchem eine Mehrheit von Grundstücken als ein­ heitliches Hypothekenobjett verpfändet ist, hat nach §§ 39, 40 ein Recht darauf, daß die Einheit erhalten bleibt. Die angeführten Bestimmungen gestalten daS Ausscheiden einzelner Grundstücke aus einem Gutskomplexe nur mit seiner Zu­ stimmung und 8 120 n sagt ausdrücklich, daß 8 40 auch bei einem „Gut nebst Zubehörungen" Anwendung findet. Die Meinung, welche die Bestimmungen der -88 39, 40, 120 auf solche Komplexe beschränken will, welche in einem besonderen, die Trennung hindernden rechtlichen Verbände stehen (Lehen, bäuerl. Erbgüter), ist mit 8 120 n unvereinbar. Hievon abgesehen geht aber auch aus dem Zufammenhang der 88 120, 129, 130, 131 klar hervor, daß daS Bestehen eines der in 8 131 genannten Verbände nicht Begriffsmerkmal deS „Gutskomplexes" ist. Die im Vorstehenden dargelegte Aufsaffung liegt der Vorschrift des Art. 49 S.O. zu Grunde und hat für die Zwangsversteigerung nunmehr in Art. 12 deS Gesetzes v. 29. Mai v. I., Aenderungen der Bestimmungen über die Zwangsvollstteckuna in das unbewegliche Vermögen betr., ausdrückliche Anerkennung erhalten. Wird ohne Zustimmung deS Gläubigers eines der vereinigten Grundstücke veräußert, so kann zur Wahrung des Rechtes deS Erwerbers gegen weitere Belastungen deS Grundstückes durch den Veräußerer eine Protestation eingetragen werden. Die Eintragung des Erwerbers als Besitzer aber, welche ihn für das Gebiet deS Hyp.Wesens als Eigentümer kennzeichnet, ist erst statthaft, wenn das abgetretene Grundstück durch die Zustimmung des Gläubigers für dieses Gebiet eine selbständige Sache wird und als solche ein besonderes Folium erhält. Verschieden von der bisher behandelten Vereinigung mehrerer Grundstücke zu einem Hyp.Objekt ist die in 8 12 Abs. 3 der Jnstr. z. Hyp.Ges. über den Voll­ zug des Hyp.Ges. zugelassene Eintragung mehrerer selbständiger Grundstücke des nämlichen Eigentümers aus demselben Folium. Diese Verbindung ist eine rein äußerliche. Die einzelnen Grundstücke bleiben besondere Hyp.Objekte, jedes hat im Sinne des Gesetzes ein besonderes Folium, die mehreren Folien sind aber zum Zweck der Raumersparung im Hyp.-B. mit einander verbunden, so daß

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Vermögensrecht«. — Erste- Hauptstück. Das Sachenrecht. E. D«S Autrikeusystem.")

I. Die einzelnen Einschreibungen werden im Hypothekenbuche nicht chronologisch ohne Ausscheidung nach der Art, sondern im Interesse übersichtlicher Ordnung nach drei Kategorien ausgesondert, jeweils nur innerhalb einer solchen chronologisch geordnet vorgetragen. Nach den drei Arten der Einschreibungen zerfällt jedes Hypothekenfoliurn regel* mäßig in drei aufeinanderfolgende Rubriken; aus gleichen Gründen zerfällt auch jede Rubrik wieder in verschiedene nebeneinander stehende Kolumnen?^) 1. Die einzelnen Rubriken:") a) Die erste Rubrik enthält als Folge des Realfoliensystems die Beschreibung der hypothekfähigen Sachen: Sachrubrik; b) die zweite Rubrik den Eigentümer (Besitzer), den Eigentums­ titel und die Beschränkungen des Eigentümers in der Disposition über den Hypothekenstand: persönliche oder Eigentümerrubrik"); c) die dritte Rubrik die Hypothekrechte und deren Veränder­ ungen: Hypothekenrubrik. 2. Die einzelnen Kolumnen??) Jede Rubrik hat drei Kolumnen. In der ersten Kolumne aller Rubriken werden, soweit vorgeschrieben, die fortlaufenden Nummern der einzelnen Einschreibungm jeder Rubrik eingetragen: Nummernkolumne; die zweite Kolumne enthält überall den eigentlichen materiellen Sach­ vortrag: Textrubrik; die zweite Kolumne der dritten Rubrik hat außer­ dem noch eine Zwischenkolumne zur Einschreibung der Summe der Hypothekforderung in Ziffern; die dritte Kolumne enthält Anmerkungen zu den einzelnen Sachvorträgen teils in Form von Verweisungen auf

fcie zu einem Folium gehörigen Einträge durch solche unterbrochen werden können, die zu einem andern gehören. Solche Grundstücke können deswegen ohne Ber­ einigung zu einem Komplex bei gemeinschaftlicher Verpfändung nicht Gegenstand einer einheitlichen Hypothek sein, sondern nur mit Korrealhypotheken belastet werden, bei deren Eintragung die Vorschrift deS § 147 zu beobachten ist. ES ist nicht unwahrscheinlich, daß in manchen Fällen, in welchen die auf einem Folium stehenden Grundstücke nicht alS einheitliche- Ganze, sondern al- einzelne Hyp.Objekte verpfändet werden wollten, statt einer Mehrzahl von Korreal­ hypotheken eine einheitliche Hypothek eingetragen worden ist. In solchen Fällen ist für das Hypothekenamt der bestehende Eintrag maßgebend, nach welchem die Grundstücke alS einheitliches HyP.Objett erscheinen und muß den Beteiligten über­ lasten werden, dem Eintrag gegenüber da- wahre Rechtsverhältnis erforderlichen Falle- im Rechtswege zur Geltung zu bringen." “) Regelsberger §§ 15—18; Gönner II. S. 153—157, 160, insbesondere über die völlige Verbannung der tabellarischen Form auS dem Hypothekenbuche M) § 129 HyP.Ges.; §§ 19, 27, 34 Jnstr. z. HyP.Ges. Vgl. hiezu Gönner II. S. 160—162. “) § 129 HyP.Ges. “) Das Gesetz spricht von Besitzer, Besitztitel; mit ersterem offenbar den Eigentümer, bezw. juristischen Besitzer meinend. — lieber die juristische Bedeutung deS Eintrages deS Besitzers in daS Hypothekenbuch vgl. Bl. f. R A. XVL 406; auch oben § 78 Ziff. VII S. 580. °') Bgl. zum Folgenden §§ 19, 27, 28 Ziff. 4 und § 34 Jnstr. z. HyP.Ges.

andere Stellen des Hypothekenbuches, auf Hypothekenprotokolle, Beilagen und Tagebuch, teils in Form von Kennzeichnungen der an den Sach­ vorträgen nach Maßgabe eines späteren Eintrages eingetretenen Ver­ änderungen. II. Eine Ausnahme von dem Dreirubriken-Systeme bildet ledig­ lich das ob der Wirkungen der Oeffentlichkeit des Hypothekenbuches an­ zulegende sogenannte Schutzfolium, dasselbe hat jedoch nur zwei Anwendungsfälle: 1. als dasjenige Folium, welches über eine örtlich nicht im Hypo­ thekengerichtsbezirke der Hauptsache gelegene, aber in dessen Hypotheken­ buch dennoch eingetragene unbewegliche Zubehörung bezw. einen solchen Bestandteil im Hypothekenbuche des örtlichm Hypothekengerichtsbezirkes desselben anzulegen ist; dieses Schutzfolium enthält während der Dauer des Pertinenz- oder Bestandteilsverhältnisses nur eine Sachrubrik mit der Bemerkung, daß und zu welchem Objekte das Grundstück oder Realrecht Zubehörung bezw. Bestandteil ist; Einträge der zweiten und dritten Rubrik kommen während jener Zeit nicht auf das Schutz­ folium ^); 2. als dasjenige Folium, welches für ein dem Fideikommißverbande einverleibtes Grundstück bei dem Amtsgerichte der belegenen Sache anzulegen ist; auch dieses Folium enthält während der Dauer des Fideikommißverbandes nur ein Sachfolium mit der Bemerkung über die Zugehörigkeit zum Fideikommißverbande; Einträge der zweiten und dritten Rubrik finden nicht statt.59)

§ 100. Die einzelnen Rubriken des Hypothekfoliums im Besonderen und die hiebei jeweils zu beobachtenden besonderen Formalien.

A. Die erde Stnirif Die erste Rubrik führt als Ueberschrift lediglich die Folien­ nummer. I. In die erste Rubrik gehört die thatsächliche Beschreibung der Hypothekgegenstände, die Bezeichnung der etwaigen rechtlichen Ge­ bundenheit oder sonstigen dauernden Belastung jener, und die Bezeich­ nung der Veränderungen an allen diesen Einträgen. °«) §§ 121, 123 Hyp.Ges.; vgl. hiezu oben § 97 lit. C S. 669 und § 99 lit. D S. 686. ES wird überhaupt keine II. und IIL Rubrik angelegt: Gönner II. S. 176. 6e) § 122 Hyp.Ges.; vgl. hiezu oben § 97 lit. B S. 669. Bgl. hieher auch §§ 26 und 27 der VII. Vers.Beil, mit Ges. vom 11. Sept. 1825, die Anwendung und Vollziehung einiger Bestimmungen des Ediktes über die Familienfideikommisse betr. (W. II. S. 233), § 6. ') §§ 130—135 Hyp.Ges.; §§ 12—19 Jnstr. z. Hyp.Ges.; RegelSberger § 16; Gönner H. S. 183—205; Lehner H.A.O. S. 62—84.

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Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

Das Sachenrecht.

II. Die thatsächliche Beschreibung der Hypothekobjekte hat in einer Weise individualisierend zu geschehen, daß dieselben von anderen hypothekfähigen Gegenständen genau unterschieden werden können; hienach sind einzutragen **): 1. Der Name jedes einzelnen Grundstückes oder hypothekfähigen Realrechtes, soferne es eine besondere Benennung führt; 2. die nähere Angabe der wirtschaftlichen Eigenschaft der einzelnen Hypothekenobjekte, ob es ein Haus, ein walzendes Grundstück, ein Acker, eine Wiese, ein Wald, ein fmchtbares Realrecht sei; 3. die räumlichen Kennzeichen nach Lage') und Größe ins­ besondere unter Anführung der Hausnummer, Plannummer und Flächenbezeichnung nach Maßgabe der für die einzelnen Steuer­ gemeinden von den Rentämtern geführten Grundsteuerkataster ^); 4. nach dem Hypothekengesetze, soferne die mehreren Grundstücke und Realrechte in einem Verbände sich befinden, lediglich die Kenn­ zeichnung des Gutskomplexes als solchen nach Maßgabe derZff. 1—3; von einer Einschreibung der einzelnen Bestandteile aber soll Abstand und dafür auf das den Beteiligten zur Einsicht offenstehende rentamtliche Grundsteuerkataster, in denen sich die einzelnen Bestandteile ausgezeichnet finden, verwiesen werden; eine den Realkredit besonders sichernde Vorschrift ist dies nicht; sie erscheint aber dadurch gemildert, datz heute wenigstei.s die einzelnen Plannummern mit Flächenbe­ zeichnung eingetragen werden'); ') § 130 Zff. 1-6 HyP.Ges. *) Eine Anführung der Adjazenten findet nicht statt: Gönner II. S. 187,188. 4) Vgl. hiezu RcgelSberger § 16 A I. Abs. 2. •) Vgl. auch Wagner S. 66, ferner hieher Folgendes: I. Grundsteuergesetz v. 15. Aug. 1828/19. Mai 1881 (W. II. S. 419; XV. S. 228); J.M.E. v. 14. April 1830, zit. bei Jungermann S. 135 Nr. 9 und Lehner, H.A.O. S. 67. II. Zwischen Hypothekenbuch und Grundsteuerkataster ist möglichst Einklang herzustellen, daher M.Bek. v. 12. Nov. 1863, betr. da» Hypothekenwesen, hier die Fortführung der Sachregister (J.M.Bl. S. 199; W. VI. S. 248) mit M.E. vom 19. Nov. 1863, gleicher Betr. (J.M.Bl. S. 198; W. VI. S. 252); 17. Ott. 1868, das Hypothekenwesen, hier die Fortführung der Sachregister betr. (J.M.Bl. S. 243; W. VII. S. 488), wonach die Rentämter periodisch alle Flächenänderungen, welche fich infolge von Mcsiungen ergeben und in den Gmndsteuerkatastern zur Um­ schreibung gelangen, den Hypothekenämtern durch Mitteilung der MesiungSoPerate selbst oder tabellarischer Zusammenstellungen bekannt zu geben haben; ferner J.M.E. v. 19 Nov. 1863 (J.M.Bl. S. 198; SB. VI. S. 252), wonach auf Grund dieser rentamtlichen Mitteilungen nicht nur jedesmal die nötigen Aenderungen und Nachträge in den Sachregistern bewirtt, sondern anch wegen Evidenthaltung der I. Rubrik der Hypothekenfolien, welche von solchen Flächenänderungen betroffen werden, das Erforderliche einznleiten ist. Ueber Auslegung dieser letzteren J.M.E. vgl. M.Bek. v. 9. Juli 1888, die hypothetenamtliche Behandlung von Ummessungen bett. (J.M.Bl. S. 161; SB. XIX. S. 147), welche ihrer Wichtigkeit halber wörtlich hier angeführt sei: „Da bezüglich der Handhabung dieser letzteren Borschrist große Verschieden­ heit zu herrschen scheint, sieht sich daS K. StaatSministerium der Justiz zu nach­ stehenden Bemerkungen veranlaßt:

5. von den beweglichen Zugehörungen nur die gewillkürten 1. Die Eintragung der Flächenänderungen in das Hypothekenbuch kann nur auf Grund richterlicher Prüfung des der Aenderung zu Gmnde liegenden Thatbestandes erfolgen. Der Richter wird zunächst darauf zu sehen haben, ob die Flachenänderung auf einer Rechtsänderung beruht oder nicht. Hiebei ist zu berücksichtigen, daß bei der Neuvermessung eine-Gmndstückes aus technischen Gründen sich kleinere oder größere Differenzen gegenüber dem seitherigen Flächenmaße zu ergeben pflegen, die sich als Berichtigungen der früheren Messung und Flächenberechnung darstellen. Dem sofortigen Einträge solcher Aenderungen steht kein Bedenken entgegen. DaS Gleiche gilt bezüglich der durch Elementarereignisse bewirkten, nicht mehr rück­ gängig zu machenden Flächenverluste (§ 76 Abs. 1 deS HypothekengesetzeS).

2. Beruht die Flächenänderung auf einer Rechtsänderung, so kann die Eintragung der letzteren nur nach Maßgabe der Borschristen deS HypothekengesetzeS erfolgen. Dabei ergiebt sich nicht selten, daß die von dem Reniamte im Hrund-

steuerkataster vollzogenen Aenderungen vom Hypothekenamte nicht vollzogen werden können. Nach der Vorschrift der §§ 72, 73 des Grundsteuergesetzes vom 15. August 1828/19. Mai 1881 und den hiezu erlassenen AusführungSvorschristen vom 29. Jan. 1882 (Gesetz- und Verordnungsblatt S. 49 ff.) gellen für solche Umschreibungen im Grundsteuertataster die gleichen Erfordernisse wie für die Berichtigung des BesitztitelS im Hypothekenbuche. Thatsächliche Aenderungen, bei welchen die gesetzlichen Vorbedingungen für die Umschreibung nicht vorliegen, sind nach § 11 der Be­ kanntmachung vom 29. Januar 1882 nur im rentamtlichen ^BormerkungSbuche über die bestehenden Umschreibhinderniffe" einzutragen. Zeigt sich, daß entgegen diesen Vorschriften eine Aenderung im Grundsteuerkataster erfolgt ist, so ist auf Wiederherstellung des früheren Eintrages im Grundfteuerkataster Hinzuwirten und aus diesem Wege die Uebereinstimmung zwischen Grundsteuerkataster und Hypothekenbuch wieder herznstellen. Ist dagegen die Aenderung im Grundsteuerkataster mit Recht erfolgt, so darf auf die Erhaltung der Uebereinstimmung der im Grundsteuerkataster und im Hypothekenbuche enthaltenen Flächenbezeichnungen nicht deswegen verzichtet werden, weil dem Einträge der Rechtsänderung ein hypothekenrechtlicheS Hindernis entgegen­ steht, welcheS nicht gehoben werden kann. Die auf das Grundsteuerkataster ver­ weisende Bezeichnung deS Grundstückes mit der Plannummer ist dadurch unrichtig geworden, daß die Fläche, welche den Gegenstand deS Eintrages im Hypothekenbuch ildet, im Grundsteuerkataster nunmehr anders bezeichnet ist, und eS bedarf des­ halb der Berichtigung, die nur in der Weise geschehen kann, daß die thatsächlich eingetretene Aenderung als solche eingetragen wird. Ist z. B. ein Teil deS Grundstückes ohne Zustimmung der Hypothekgläubiger abgelrennt und als besondere Parzelle veräußert, so ist jedenfalls die Teilung deS Grundstückes in zwei mit besonderen Plannummern versehene Parzellen einzutragen; ist das Trennstück mit einem anderen Grundstücke vereinigt, so ist die Abtrennung und die thatsächliche Bereinigung deS Trennstückes mit dem anderen Grundstücke anzusühren. Um keinen Zweifel darüber aufkommen zu lassen, daß der Eintrag nur die Bezeichnung des Grundstückes mit dem Grundsteuerkataster in Einklang zu bringen bezweckt, wird eS sich im letzteren Falle empfehlen, ausdrücklich zu bemerken, daß die Ab­ schreibung deS Trennstückes nicht stattfinden kann. Dem Einträge der Vergrößerung des hastenden Grundstückes steht an sich ein Bedenken nicht entgegen; immer ist aber zu prüfen, ob der neu hinzukommende Bestandteil nicht von einem anderen eingetragenen Grundstücke abgetrennt ist.

In gleicher Weise wäre zu verfahren, wenn die zuständige Finanzbehörde der Anschauung deS Hypothekenamtes, wornach eine Aenderung deS Eintrages im Grundsteuerkataster rückgängig gemacht werden sollte, keine Folge geben würde.

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Das Sachenrecht.

und diese nur in allgemeinen Ausdrücken nach ihrer Gattung, Zahl oder Bon den eingetragenen thatsächlichen Aenderungen, sofern dieselben nicht als unerheblich angesehen werden können, sind die Beteiligten, insbesondere die Hypothekgläubiger, deren Jntereffen durch die Aenderung beeinträchtigt werden können, zu benachrichtigen. 3. Handelt eS sich um Aenderungen, welche lediglich solche Grundstücke bereffen, die nicht in daS Hypothekenbuch eingetragen sind, so kann die Berichtigung deS Sachregisters ohne weiteres erfolgen. Im Falle der BerLrößerung eines solchen Grundstückes muß jedoch geprüft werden, ob nicht der Vergrößerung die Zuteilung einer Fläche, welche zu einem im Hypothekenbuche eingetragenen Grundstücke gehört, zu Grunde liegt. 4. Die Bekanntmachung vom 15. Juni 1877 (Justizministerialblatt S. 131) wird auch auf die an das Rentamt zurückgehenden UmmesiungSoperate erstteckt. Bei den in daS Hypothekenbuch nicht eingetragenen Grundstücken ist in der Spalte V deS Sachregisters auf daS Tagebuch und im Tagbuche in Spalte VII auf daS Sachregister zu verweisen." Ueber die Bek. v. 15. Juni 1877 (W. IX. S. 359) s. unten zu § 107 Ziff. 6. Vgl. ferner M E. v. 23. Jan. 1889, die hypothekenamtliche Behandlung der NeumessungSergebnifle bett. (J.M.Bl. S. 43; W. XIX. S. 401), welche lautet: „Gemäß ß 79 Nr. 1 der Neumeffungs - Jnstruttion vom 25. Juni 1885 (G - und B.O.Bl. S. 393) erfolgt die Uebernahme der MeffungSergebniffe in die Kataster, a) wenn eine Gemeinde nur teilweise bis höchstens zur Hälfte der kataflrierten Parzellen von der Neumessung berührt ist, auf dem Wege der reniamtlichen Umschreibung, b) wenn eine Gemeinde ganz oder doch zu mehr alS der Hälfte der Parzellen von der Neumeffung berührt ist, auf dem Wege der Kataster-Renovation. Im ersteren Falle wird dem Rentamte zum Umschreibvollzuge eine die sämtlichen beteiligten Objette nach ihrer bisherigen und nunmehrigen Gestaltung darstellende NeumeffunaStabelle übermittelt. Diese NeumessungStabelle hat daS Rentamt nach Vollzug der Katasterumschreibung dem Hypotheken­ amte mitzuteilen, von welchem dieselbe nach gemachtem Gebrauche an daS Rentamt zurückgegeben werden wird. Erfolgt gemäß lit. b der oben erwähnten Vorschrift die Uebernahme der NeumesiungSeraebnisse in das Kataster auf dem Wege der beim Katasterbureau zu vollziehenden Kataster-Renovation, dann wird in allen Fällen, wo nicht ganze Gemeindebezirke von der Neumessung berührt sind, zur Benützung bei der KatasterRenovation ein NeumessungSoperat gefertiget, welches nach Abschluß der Re­ novation dem Hypothekenamte durch das K. Katasterbureau zur Verfügung zu stellen ist, und nach gemachtem Gebrauche seitens deS Hypothekenamtes an daS Katasterbureau zurückgesendet werden wird. In jenen Fällen endlich, in welchen ganze Gemeindebezirke von der Neu­ meffung berührt sind und die Neukatastrierung bezw. Kataster-Renovation wie bei der ersten Landesvermessung in der Weise erfolgt, daß auS den Flächenverzeichnissen — § 77 der NeumeffungS-Jnflruttion — das Flächenrepertorium und auS diesem daS Kataster hergestellt wird, hat das Katasterbureau den beteiligten Hypothekenämtern eine Abschrift des Flächenverzeichnisses und dessen Ergänzung bezüglich der TagwerkSflächen und der Steuerverhältnis­ zahlen zu übermitteln. Ist in solchen Fällen mit der Neumeffung zugleich eine Neunummerierung verbunden, dann sind den Hypothekenämtern (gleich den übrigen Behörden) durch daS Katasterbureau sogenannte Identitäts-Tabellen hinauszugeben, in welchen daS Verhältnis der neuen zur alten Nummerierung bezüglich jeder einzelnen Parzelle ausgewiesen erscheint." — Vgl. ferner autogr. J.M.E. v. 28. Febr 1891, Nr. 2710, deren wesent­ licher Inhalt folgender ist: Ist in einem einlaufenden Ummeffungsoperate einem dinglich belasteten Grundstücke ein anderes gleichfalls belastetes Grundstück zugemeffen und steht daher der rechtlichen Bereinigung ein rechtliches Hindernis aus §§ 36, 120 HyP.Ges. entgegen, so soll das Hypothekenamt auf Uebereinstim-

V. Kapitel.

Das Pfandrecht.

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Beschaffenheit; immerhin darf aber diese Bezeichnung nicht der gehörigen mung deS Grundsteuerkatasters und Hypothekenbuches durch geeignete Verständigung und Aufforderung an die Beteiligten hinwirken, unbeschadet der Befugnis, sich durch entsprechenden Eintrag der thatsächlichen Berhältniffe in die erste Rubrik vor Schaden zu bewahren (s. hiezu auch E. v. 6. Mai 1871 mit instruktionellen Be­ stimmungen für die Organe der Katasterführung). Wird aber eine nicht belastete Fläche mit einer belasteten verbunden, so ist anzunehmen, daß die thatsächlich verbundenen Flächen auch rechtlich eine Fläche bilden sollen, und soll hier dem Eigentümer lediglich eine Frist zu etwaigem Widerspruch gegen die rechtliche Ber­ einigung gesetzt werden. Kann eine Verschiedenheit zwischen Grundsteuerkataster und Hhpothekenbuch nicht auf dem in Nr. 2 der ooenangeführten Bek. v. 9. Juli 1888 gehoben werden, so ist folgender Vermerk einzutragen: „Im Grundsteuerkataster ist die Pl.Nr. ... mit einer von der bisherigen Pl.Nr. . . . abgettennten Fläche von ... ba zu einer die Pl.Nr.... führenden Parzelle von .. .ha vereinigt". — Vgl. weiter auch M.E. v. 23. Juni 1877, die neuen Katastervermessungen, hier die dadurch gebotenen Besitzrecherchen bete. (J.M.Bl. S. 133), wonach die Amtsgerichte angewiesen wurden, den Kommissionen der Katasterbureaux zum Zwecke der Herstellung von Uebereinstimmung zwischen dem kataflermäßigen und rechtlichen Besitzstände Einsicht in die öffentlichen Bücher zu gewähren. — Ueber die hypothekenamtliche Behandlung von Ummeflungen s. auch Bl. f. R A. LIU 280. — Vgl. zum Ganzen auch Ztschr. d. AnwaltSvereinS in Bd. IV S. 7 ff.; Ztschr, f. d. Not. 1864 S. 59 ff. bezüglich Uebereinstimmung zwischen Hypothekenbuch und Kataster; 1866 S. 97 ff. über UmmeffungSoperate; 1868 S. 64 ff. über Fort­ führung der Grundsteuerkataster und der Grundsteuerkaiasterauszüge; d. Not.Zeit. 1878 S. 8 ff. über Revision der MeffungSurkunden; besonder- 1877 S. 269 ff. über Behandlung der Bermeffungen mit das. abgedr. autogr. J.M E. v. 10. Aug. 1869 Nr. 9299 das Hypothekenwesen betr. über die Frage der Verweigerung der Folieneröffnung, falls es nicht möglich ist, die Objekte in der ersten Rubrik katastermäßig vollständig richtig zu beschreiben; hiezu auch d. Not.Zeit. 1877 S. 298 ff. im Falle der Veräußerung von Trennstücken. S. schließlich auch noch die oben § 70 Nt. 18 S. 496 zit. M E. in. Zu beachten sind ferner: M.Bek. v. 16. Dez. 1877, die Einführung deS MeterfeldmaßeS in Bayern betr. (W. XII. S. 196 Zfst III). M.Bek. v. 23. Dez. 1877, die Einführung des MeterflächenmaßeS bete. (W. XII. S. 202), mit Maßund Gewichtsordnung für den norddeutschen Bund vom 17. Aug. 1868 mit § 2 R.G. v. 26. Nov. 1871, die Einführung dieser Maß- und Gewichtsordnung betr. (Ges.Bl. 1871 Beil. S. 22; W. IX. S. 159); auch die oben schon zit. F.M.Bek. v. 25. Juni 1886 (G.B.Bl. S. 335), Instruktion für neue Katastermeffungen in Bayern betr. Hienach haben schon die Notare bei Aufnahme von LiegenschaftsVerträgen nach Maßgabe der von den Rentämtern erholten KatafterauSzügen oder der ihnen nach amtlichen Tabellen vorgenommenen Umrechnungen und Berechnungen der Flächen oder einer vom Bezirtsgeometer neu gefertigten MeffungStabelle (Ab­ schrift, MessungSoperate) für die Feststellung des Flächenmaßes nach dem neuen Maße zu sorgen; Katasterauszug bezw. Abschrift der MeffungStabelle sind dem Hypothekenamte gegen Rückgabe nebst der Urkunde zu übermitteln. Den Hypo­ thetenämtern ist die jederzeitige Einsichtnahme der rentamtlichen Flächenrepertorien, Ur- und Umschreibkaiaster in den rentamtlichen Bureaulokalitäten freigestellt. Das­ selbe wie für die Notare gilt für alle eine Besitzveränderung von Liegenschaften beschließenden Behörden. — Das neue Maß kann, wo es der Deutlichkeit nicht schadet, neben dem bisherigen Feldmaße oder in Bruchsorm unter demselben im Hypothekenbuche und zwar mit roter Tinte eingeschrieben werden. Dann M.Bek. v. 10. Nov. 1877, die Feststellung abgekürzter Maß- und Gewichtsbezeichnungen betr. (G.B.Bl. S. 527), nebst M.Bek. v. 25. Jan. 1884, Flächenbezeichnung in Meter­ maßen betr. (W. XVI. S. 438; J.M.Bl. S. 35); hienach ist z. B. einzutragen 7,411 ha, nicht 7,41,1 ha. Ueber Bezeichnung des Flächenmaßes s. auch d. Not.Zeit. 1882 S. 197 ff.; 238 ff. Bgl. auch noch J.M.Bek. v. 24. Jan. 1878,

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Vermögensrechte. — Erste- Hauptstück.

Das Sachenrecht.

Bestimmtheit ermangeln6*);*7 *8*im * übrigen sann ein Verzeichnis zu den Hypothekenbuchsbeilagen übergeben werden, auf welches im Hypotheken­ buche verwiesen werden kann; eine Anführung der gesetzlichen beweg­ lichen Pertinenzen ist überflüssig, jedoch nicht verboten und auf beson­ deren Antrag des Eigentümers zu vollziehens; 6. die unbeweglichen Bestandteile, gesetzlichen wie ge­ willkürten Zugehörungen nunmehr mindestens nach Plannummer und Flächenbezeichnung; Bestandteile und Pertinenzgrundstücke, welche

im Hypothekenbuche des Gerichtes der Hauptsache ausnahmsweise ein eigenes Folium haben oder unter anderer Gerichtsbarkeit als die Hauptsache liegen, sind immer besonders unter entsprechender Angabe dieser Thatsachen und Bezeichnung des Pertinenzverhältnisses auf dem Folium der Hauptsache anzumerken; ebenso ist das Perünenz- bezw. Bestandteilsverhältnis auf dem gesonderten Folium einzuschreiben;6) die Richtigstellung der Hypothetenbücher und Sachregister nach dem Metermaße betr. (W. XU. S. 202 Nt. 2). IV. M.E. v. 16. Mai 1879 die Nummerierung der Gebäude betr. (J.M.Bl. S. 231; W. XIII. S. 23). Die Ort-Polizeibehörden haben bei veranlaßten Aender­ ungen der bestehenden Nummerierung der Gebäude rc. die Hypothetenämter zur Ermöglichung der Geltendmachung der Verwaltung-interessen über da- Vorhaben vor der Beschlußfassung einzuvernehmen und die gefaßten Beschlüffe denselben behuf- Ermöglichung der Anrufung der den Gemeinden vorgesetzten Verwaltungs­ behörden mitzuteilen» Die betr. Beschlüffe dürfen nicht vor Ablauf einer 14tägigen Frist, vom Tage der Zustellung de^elben an gerechnet, bezw. vor endgiltiger Be­ scheidung der etwa erhobenen Beschwerden in Vollzug gesetzt werden. Alle Aender­ ungen der polizeilichen Gebäudenummerierung, einschließlich der Nummerierung neu entstehender Gebäude, sind unter Angabe der Gebäubebesitzer, dann der Ort­ schaften, Distritten und Straßen, ferner der alten und neuen Nummer, alsbald den betreffenden Hypothekenämtern zur Anzeige zu bringen. V. Nach E. d. obst. L.G. XI. 493, Bl. f. R A. LI. 346 ist der Inhalt des Gmndsteuerkatasters für die Einträge im Hypothekenbuche nicht ohne weiteres maß­ gebend. Vgl. daselbst überhaupt über von Amtswegen zu bethätigende Eintragung von Offizialberichtigungen des Grundsteuerkatasters bezüglich Flächenänderungen im Hypothekenbuche; dazu aber auch b. Not.Zeit. 1887 S. 161; 1888 S. 21, 31, 56. VI. Bei Neuanlage eines FoliumS ist immer ein richtig gestellter beglaubigter Auszug aus dem Grundsteuerkataster deS Rentamtes vorzulegen. Ueber Folienanlage, wenn die erste Rubrik mit dem Grundsteuerkaiaster noch nicht in Uebereinstimmung gebracht ist, vgl. Bl. f. R.A. LV. 361. — Ueber Zurückweisung einer NotariatsUrkunde über folienfreie Objekte, wenn die Pl.Nr. nicht mit dem Sachregister über­ einstimmen vgl. einen Beschl. des k. Landgerichts München I vom 12. April 1887 Nr. 34/1887. 6) E. d. obst. L.G. IV. 276; IX. 528 (Rückgriff auf die Hypothekenbuchsbeilagen zur Auslegung deS Hypothekenbucheintrages); vm. 586 (eine Spezifikation im Hypothekenbuche kann nicht verlangt werden). Der Ausdruck: „daß Zubehörung die lebende und tote fahrende Habe sei", ist nicht genügend, wohl aber der Aus­ druck „die lebende und tote BaumannsfahrniS": Bl. f. R.A. XI. 315. — Ueber die Begriffe „lebende und tote Mobiliarschaft" und „lebende und tote BaumannSfahrnis" vgl. Gönner I. 358, d. Not.Zeit. 1881 S. 137. 7) § 136 Ziff. 6 Hyp.Ges.; § 13 Abs. 3 Jnstr. z. HyP.Ges.; E. d. obst. L.G. XI. 692 (Einschreibung gesetzlicher Pertinenzen). — DaS PertinenzverzeichniS ist nicht absolut notwendig: Bl. f. R.A. XXXVI. 366. 8) § 136 Zff. 5 und 6 Hyp.Ges.; § 13 Abs. 1, 4 und 5 Jnstr. z. Hyp.Ges. Vgl. hiezu oben § 97 lit. C S. 669 und § 99 lit. E Ziff. II—IV. Die Bor-

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Das Pfandrecht.

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7. die aktiven Realrechte;^ 8. der Wert der Sache und zwar unter Angabe zu welcher Zeit und auf welche Art der Wert ausqemittelt worden sei, jedoch nur auf Verlangen eines Beteiligten und zwar a) solange Hypotheken blos durch erklärten Privatwillen bestellt werden, nur auf Verlangen des Eigentümers oder des Hypothek­ gläubigers mit Zustimmung des Eigentümers, b) wenn Hypotheken aus gesetzlichem Rechtstitel eingetragen werden sollen, auf Verlangen des Eigentümers oder Gläubigers der auf gesetzlichem Rechtstitel beruhenden Hypothek. Der Wert ist entweder nach dem Steuerbetrage in Kapital, sonst nach unverdächtigen Kauf- oder Pachtverträgen, nach mehrjährigen Wirtschasts- oder Gutsrechnungen oder nach beglaubigten Guts-An­ schlägen zu ermitteln, in Ermanglung all' dessen mittels gerichtlicher Schätzung durch verpflichtete Sachverständige festzustellen?o) schrist des § 130 Ziff. 6 Hyp.Ges. gilt auch für den in autogr. J.M.E. v. 15. Aug. 1864 Nr. 13943 erwähnten Fall (s. oben § 97 lit. C Nt. 16 S. 669). 9) Mag man sie als Zubehörungen oder sonstige Accessiouen erachten: vgl. hierüber RegelSberger § 16 A 3 mit Nt. 8. 10) § 132 Hyp.Ges. Vgl. hiezu besonders Gönner n. S. 193 — 203 über dm Zweck der Wertseinschreibung; Lehner, H.A.O. S. 68—72,1895—193. Ferner § 14 Jnstr. z. Hyp.Ges.; Beil. V z. Jnstr. z. Hyp.Ges. (Schätzerinstruktion). (W. IL S. 199); J.M.E. v. 18. März 1848 (Jnt.Bl. f. Obb. 1848 S. 647); J.M.E. v. 24. Aug. 1857, die Schätzungen in Hypothetensachen betr. (Zeitschr. f. Ges.Geb. u. RechtSpfl. IV. S. 348); J.M.E. v. 10. Ott. 1862, betr. den Vollzug des Not.Ges., hier die Aufnahme von Hypothekschätzungen (J.M.Bl. 1863 S. 4Oe). Die Schätzmänner sollen nur vom Hypothekenamte bestimmt und gewählt werden; es sollen niemals mehr als zwei, äußersten Falles drei zu einer Schätzung zugezogen werden. Die Schätzmänner haben nach § 11 der Schätzerinstruktion mit J.M.E. v. 28. Jan. 1871, die Beeidigung der Schätzmänner für Hypothekensachen betr. (J.M.Bl. S. 33; W. VIII. S. 704), in öffentlicher Sitzung deS Amtsgerichtes den in zit. § 11 vorgeschriebenen Eid zu leisten; die Zulässigkeit dieser Beeidigung stützt sich auf singuläre gesetzliche Norm, nämlich § 132 Hyp.Ges. (verbis „gerichtlich ver­ pflichteter Sachverständiger"); vgl. hiezu besonders auch § 18 a. a. O. Die Schützerinstruttion enthält ferner Anweisungen, in welcher Weise, nach welchen Merkmalen die Schätzungen vorzunehmen sind; unter Umständen hat sich gemäß § 17 a. a. O. eine hypothekenamtliche Kommission an Ort und Stelle zu begeben (vgl. hiezu die zit. M.E. v. 18. März 1848). Die Schätzungen sind entweder zu Protokoll zu nehmen oder Falls sie schriftlich eingebracht werden, daS Schriftstück im Protokolle zu adregistrieren und unter die Beilagen aufzunehmen. Im Falle die Schätzmänner über den Wert der Sache verschiedener Meinung sind, hat daS Hypothekenamt ev. nach Anhörung anderer Sachverständiger den Schätzungswert festzustellen; sind die Be­ teiligten hiemit nicht einverstanden, so wird — abgesehen vom Beschwerdeweg — nichts anderes übrig bleiben, als den Prozeßweg zu beschreiten; formell ist § 22 der zit. M.E. mit der hierin in Bezug genommenen Stelle der b. Ger.Ordn. von 1753 Cap. XU tz 3 Nr. 2 durch Art. 81 A G. z. R.C.P.O. beseitigt. — Ueber Wertschätzungen bei Kapitalausleihungen der Gemeinden und Stiftungen vgl. M.E. v. 6. Aug. 1869, die Kapitalausleihungen der Gemeinden und Stiftungen betr. (W. VIII. S. 251), Zff. II, 7 und 8 und M.Bek. v. 12. März 1885 gleichen Betr. (W. XVII. S. 75: J.M Bl. S. 84) Zff. 3. Dgl. hieher ferner bezüglich der Ge­ bühren der Schätzleute Art. 5 der b. Gebührenordnung v. 1879 in der Fassung von 1892 mit Der. v. 22. Sept. 1879, Gebühren der Zeugen und Sachverständigen

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9) bei Gebäuden die etwaige Brandversicherung nach Nummer und Jahr der Versicherung.") III. Unter den Verhältnissen, welche eine rechtliche Gebunden­ heit oder Belastung der Hypothekobjekte enthalten, werden in die erste Rubrik nur solche eingetragen, welche dauernder Natur, nicht stetigem Wechsel unterworfen sind, deshalb vor allem nicht die blos obligatori­ schen Gebundenheiten und Belastungen, persönliche Dienstbarkeiten, fidei­ kommissarische Substitutionen, Eigentumserwerb unter aufschiebenden und auflösenden Bedingungen, gerichtliche Veräußerungsverbote, son­ dern lediglich,") 1. der Lehen-, Familienfideikommiß- und Erbgutsver­ band. Die Hypothekenämter sind verbunden, über die Lehen- und Familienfideikommißeigenschaft durch Befragen des Besitzers, durch Ein­ sicht der über seinen Besitztitel vorhandenen Urkunden, allenfalls auch durch weitere Nachfragen sich Kenntnis zu verschaffen, auch die Lehens­ eigenschast von Amtswegen einzutraaen. Auch sind die Lehensherren be­ fugt, Nicht nur die Eintragung der Lehenseiaenschast, sondern auch der damit verbundenen Lasten nach Art und Größe zu verlangen, ander­ seits die Hypothekenämter verpflichtet, vor dem Einträge eines lehen­ baren Gutes die Lehensherrn behufs Wahrung jener Befugnisse zu benachrichtigenw). Ueber Anlage eines bloßen Schutzfoliums bei Familienfideikommißgütern s. oben § 99 lit. E Ziff. II S. 692, 693; betr. (W, XIII. S. 710; G.BBl. S. 1283) und J.M.E. v. 29. Juli 1864, die Schiipergebühren in Hypothekensachen betr. (J.M.Bl. S. 222.) — Vgl. zu §§ 9 und 11 der Schäper-Jnstr. Bl. f. R A. XXXvn. 369. — Ueber die civilrechtliche Hafwng der Schäpleute für Richtigkeit der Schätzung bezw. aus Schadensersatz wegen Unrichtigkeiten hiebei s. E. d. obst. L.G. IV. 654; V. 872; XII. 6; Bl. f. R.A. XXXII. 413; XXXV. 259; LH. 402; LUI. 135 (Umfang der Haftung); Bl. f. R.A. XXXII. 336 (BorauSklage); Bl. f. R.A. XXXIX. 291 (Bemessung der Haftung im Falle einer Bersteigemng); E. d. obst. L.G. XI. 730 (Beseitigung der Haftpflicht); Bl. f. R.A. Erg.Bd. Xin, 124 (Rechtsgrund und Haftung); Ztschr. f. d. Rot. 1868 S. 6. ll) § 132 Hyp.Ges.; J.M.E. v. 12. Ott. 1836, die Assekuranz der mit Hypo­ theken belasteten Gebäude betr. (Jntell.Bl. f. Obb. 1836 S. 1467; Jungermann S. 37); Brandversicherungsgesetz v. 3. April 1875 (W. X. S. 672). Vgl. hieher auch «inen in Ztschr. f. Not. 1871 S. 262 abgedruckten BisitationSbescheid vom 1. Nov. 1871 über das Verhältnis der Notare zur Beurkundung einer Konstatierung der BrandversichemngSsumme. u) §§ 131, 135 Hyp.Ges.; §§ 15—17 Jnstr. z. Hyp.Ges. AIS wirkliche Eigenschaften der Sache und damit in die erste Rubrik gehörend, erscheinen eben nur die dauernden Belastungen; vgl. hierüber Näheres RegelSberger § 16 Rt. 12. S. hieher auch den in Nt. 11 erwähnten BisitationSbescheid v. 1. Nvv. 1871 über das Verhältnis deS Notars zu Grundlastenkonstatierungen. u) § 131 Hyp.Ges. Der Lehensverband ist noch nicht vollständig beseitigt; vgl. hierüber Lehenseditt v. 7. Juli 1808 (W. I. S. 176) mit Ges. v. 4. Juni 1848, über Ablösung des Lehensverbandes (W. Hl. S. 706) und unten im LehenSrechte; dagegen aber der in § 131 Hyp.Ges. noch genannte GrundbarkeitS.verband; vgl. hiezu oben § 99. — Hieher bemerkt § 15 Jnstr. z. Hyp.Ges. noch, daß wenn der Lehensherr die Eintragung der Art und Größen der Lasten verlangt, hievon ein Verzeichnis samt dem Verzeichnisse der Gegenleistungen, welche dem Vasallen gebühren, zu verlangen sei; seien dann die spezifizierten Lasten und Reich-

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2. die Reallasten, soweit sie überhaupt in das Hypotheken­ buch ausgenommen werden, nach ihrem jährlichen Betrage"); jenes ist aber nur der Fall für diejenigen, welche auf einem besonderen Rechtstitel beruhen, nicht für solche, welche für Grundstücke derselben Art wie das eingetragene allgemein oder örtlich hergebracht sind, mit Ausnahme der Zehentpflichtigkeit^^), welche immer vorzutragen ist, nicht für die Grundgefälle des Staates und der Ablösungskasse und die an deren Stelle getretenen Leistungen, wohl aber wieder für die fixen und fixierten Grundgefälle, Bodenzinfe und Bodenzins­ kapitalien anderer Berechtigter16 * *).17 * Reallastnatur haben insbesondere auch die zur Ablösung eines Forst- oder Weiderechtes begründeten jährlichen Leistungen"), die auf Grundbesitz radizierte Zehntbaupflicht und der Zehntbaukanon18), die Beitragspflicht des Teilnehmers an einem Bewässerungs- und Entwässerungsunternehmen zu denUnterhaltungskosten19), der gemeindliche Grundzins"), die als ablösbare Realrente übernommenen Kulturrenten8') und die Ewigailten.88) Ruhen Ewiggeldkapitalien auf einem Hypothekobjekte, so ist sowohl der Gesamtbetrag des Kapitales als der jährlich zu entrichtenden Ewigailten einzutragen.88) Die Zehentpflichtigkeit kann in allgemeinen Ausdrücken wie „zehcntpflichtig", „liegt im zehentpflichtigen Distrikte", „teils zehentpflichütz, teils zehent­ frei" ohne Angabe der Art und Größe der Zehentpflichtigkeit und der Name der Zehentberechtigten eingetragen werden"); 3. das Platzrecht88); nisse durch Anerkenntnis beider Teile oder durch rechtskräftiges Urteil außer Zweifel gesetzt, so sei dann der Eintrag vorzunehmen. — Bal. Hieber auch oben 8 SS lit. L Ziff.ll4 S.67S. ") § 135 Abs. 1, § 22 Nr. 5 HyP.Gcs. mit Art. 1 der Hyp.Nov.; §§ 16, 17 Jnstr. z. Hyp.Ges.; an ersterer Stelle sind auch Beispiele von Leistungen mit und ohne Reallastnatur aufgezählt. Bgl. hieher oben § 91 über die Reallasten im allgemeinen, § 92 über die Ablösungsgesetzgebung, und § 93 über einzelne Arten der Reallasten. Bezüglich standeSherrlicher Besoldungen der Dominikalbeamten vgl. Bl. f. R.A. XXVII. 300. — Näheres über das Verfahren bei Eintragung der Reallasten s. bei Lehner, H.A.O. 6. 179—185; Wagner S. 57, 59, 60; vgl. hieher auch oben § 99 lit. B Ziff. II 4 S. 679. “) 8 17 Jnstr. z. Hyp.Ges. '«) Bgl. hiezu Näheres oben § 99 lit. B Ziff. IV. S. 680 ff. mit Nt. 14; dann § 88 Zff. Il 1 b S. 624 und 2d S. 628 (Weiderechte); § 90 Zff. mb®. 634 (Forstrechte); § 92 S. 642 ff. (Ablösungsgesetzgebung). ") Bgl. oben tz 88 Zff. II1 d S. 624 und 2 b®. 628, 8 93 Zff. 3 S. 652 (Weiderechte); 8 90 Zff. n ®. 632, 633, 8 93 Zff. 4 ®. 652 (Forstrechte). ") Bgl. oben 8 92 Zff. VIII S. 651, 8 93 Zff. 5 S. 652. ") Bgl. oben 8 93 Zff. 6 S. 652. so) Bgl. oben 8 93 Zff. 7 S. 652, 653. “) Bgl. oben 8 93 Zff. 8 S. 653. ”) Bgl. oben 8 91 S. 646. '») 8 135 Abs. 2 Hyp.Ges. *‘) 8 17 Jnstr. z. Hyp.Ges. Ist die Zehentpflichtigkeit vom Besitzer wider­ sprochen, so ist einzutragen: „Die Zehentpflichtigkeit mit ... . wird behauptet, ist aber ganz.... zum Teil.... widersprochen." ”) RegelSberger 8 16 C.

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Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

Das Sachenrecht.

4. an sich würden auch die passiven Grunddienstbarkeiten in die erste Rubrik gehören; dieselben werden aber in das Hypotheken­ buch überhaupt nicht ausgenommen?^

IV. In die erste Rubrik gehören Protestationen gegen Einträge der ersten Rubrik^), auch alle Einschreibungen, welche Veränderungen an den Einträgen der ersten Rubrik kennzeichnen sotten28 26);27daher ins­ besondere Veränderungen, welche sich an den einzelnen Hypothek­ objekten nebst Zubchörungen ergeben, sei es durch Neuvermessung28), durch Zuschreibung oder Abschreibung (Pfandverbandsentlassung) ein­ zelner Gegenstände infolge von Sems, Tausch, Gutszertrümmerungen u. s. w., Veränderungen an den Eigenschaften, am Werte oder an der Brandversicherung, an der Gebundenheit oder Belastung der Hypothek­ objekte?8)

V. In der ersten Kolumne stehen die etwa einzutragenden fort­ laufenden Ziffern der Einträge (vgl. hiezu oben § 99 lit. E Ziff. 2), in der zweiten (Textkolumne) die Hypothekobjekte, der Wert, das Brand­ versicherungskapital, die Belastungsverhültnisse und die Veränderungen 26) § 22 Zff. 5 Hyp.Ges.; Art. 1 Hyp.Nov.; vgl. hiezu oben § 99 lit. E Ziff. IV. S. 680. 27) § 114 Hyp.Ges. 28) § 18 Abs. 1 Jnstr. z. Hyp.Ges. 2e) Vgl. hiezu oben S. 694 Nt. 5. 80) § 22 Nr. 4 Hyp.Ges.: „es müssen eingetragen werden die Veränderungen, welche sich an den Bestandteilen oder Zugehörungen der Sache ergeben, soweit diese das Hypothekenrecht angehen, und mit Rücksicht auf die in §§ 35—38 ent­ haltenden näheren Bestimmungen"; § 37 Hyp.Ges.: „. . . der Tausch von Grund­ stücken muß dem Hypothekenamte angezeigt und von demselben unverzüglich in das Hypothekenbuch eingetragen werden"; § 133 Hyp.Ges.: „Wenn Teile des Hauptgutes oder Pertinenzstücke von der Sache getrennt oder zu derselben erworben werden, so ist dieses zu bemerken und hiernach der Wert der Sache, soferne ein solcher eingetragen war, nach Maßgabe des § 132 Hyp.Ges. zu berichtigen"; § 134 Hyp.Ges.: „Gutszertrümmerungen werden an der Stelle, wo der Gutskomplex ein­ getragen war, bemerkt, sodann alle Grundstücke, welche nach der Zertrümmerung einzeln besessen werden, unter besonderen Nummern und Folien in das Hypothekenbuch eingetragen, diejenigen aber, welche zu einem anderen Gute als Pertinenz­ stücke übergehen, als solche bei diesem Hauptgute angemerkt." § 18 Abs. 2 Jnstr. z. Hyp.Ges.: „Wird daher ein Teil der Sache, ein Bestandteil eines Komplexes, eine Zugehörung durch Tausch, Verkauf re. mit Bewilligung der Hypotheken­ gläubiger von der Sache getrennt, kommt ein anderer Teil hinzu, wird die Zehentpflichligkeit, werden Reallasten reluiert, so haben die Hypothekenämter, sobald sie davon glaubhaft Kenntnis erlangen, in gesetzlicher Art den Eintrag zu bewirken"; f. daselbst auch Beispiele. — Bezüglich der Brandversicherung vgl. Ges. v. 3. April 1875 über die Brandversicherungsanstalt (W. X. S. 674) Art. 15 (Minderung), Art. 76—79 (Austritt). — Der § 38 Hyp.Ges. ist nunmehr gegenstandslos; vgl. auch Motive zu Art. 122 A.G. z. R.C.P.O. in Verh. d. K. d. Abg. 1878/79 Beil.Bd. V S. 244. — Ueber das Verfahren bei Veränderungen an der Sache siehe Näheres bei Lehner, H.A.O. S. 193—198. Ueber das Verfahren bei Aenderungen an der Grundbelastung s. auch J.M.E. v. 16. Okt. 1852, das hypothekenamtliche Verfahren bei Anmeldungen von Veränderung der Grundbelastung von Hypothekobjekten (Zeitschr. f. Ges.Geb. u. Rechtspfl. I. S. 22); F.M.E. gleichen Betr. vom 31. Dez. 1853 (Zeitschr. f. Ges.Geb. u. Rechtspfl. I. S. 25).

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hieran; bezüglich der dritten Kolumne vgl. oben § 99 lit. E Ziff. 2; sofcrne in die zweite Kolumne eingetragene Belastungskapitalien sAblvsungs-, Ewiggeltkapitalien) zu löschen sind, ist in dem korrespon­ dierenden Raume der dritten Kolumne des betreffenden Eintrages das Wort „gelöscht" cinzuschreiben und zweimal zu unterstreichen/') B. Die zweite Änltil.31)

Die zweite Rubrik führt die Ueberschrift: „Besitzer, Besitztitel und Beschränkungen der Disposition".

I. In die zweite Rubrik wird die individualisierende Beschreibung der nach dem bürgerlichen Rechte oder Sondergesetzen als Eigentümer juristischer Besitzer) der Hypothekobjekte zu erachtenden Person, der Erwerbsgrund, auf welchen hin er zu dem ihm nach Maßgabe der Gesetze zugeschriebenen Eigentum (juristischen Besitz) der Sache berechtigt ist, die Beschränkungen des Eigentümers in der Verfügung über die Sachen im weitesten Sinne, soweit sie nicht unter die in der ersten Rubrik schon vorzutragenden Belastungen gehören, verzeichnet.

II.

Daher werden in die zweite Rubrik eingeschrieben:

1. Der Eigentümer^) und zwar zur Individualisierung desselben: a) als natürlicher Person: Geschlechts- und Vorname, Stand oder Gewerbe, Wohnort, möglicherweise auch noch andere Merkmale, wenn die vorbezeichneten noch nicht ausreichend, •') § 20 Jnstr. z. HyP.Ges.; Gütl S. 105. ") 8 22 Zff. 6, 7; 136-143 HyP.Ges.; §§ 20-27 Jnstr. z. HyP.Ges.; RegelSberger § 17; Gönner II. S. 205-250; Lehner H.A.O. S. 84—105. ••) Vgl. hierüber oben § 99 lit. E Nt. 55 S. 692. Im Falle eines LehenS-ErbguwerhältnisseS ist der LehenSträger bezw. nutznießende Eigentümer in der zweiten Rubrik einzutragen; der Lehens- bezw. Erbgutsverband erhellt aus der ersten Rubrik. Vgl. hiezu Lehensedikt v. 7. Juli 1807 (SB. I. S. 176), §§ 79, 87; Ges. v. 22. Febr. 1855 über die landwirtschaftlichen Erbgüter (SB. IV. S. 679) Art. 5 und 6 und oben § 100 Ziff. IIIS. 698; RegelSberger §17 A4. — Auf den „Schutzfolien" (vgl. oben § 99 lit. E Ziff. in S. 692, 693) findet ein Eintrag in der zweiten Rubrik überhaupt nicht statt. — Im Falle der Reuanlage eine- FoliumS ist der­ jenige, welcher zur Zeit der Anmeldung Eigentümer des HypothekobjetteS ist, mit dem angegebenen oder nachgewiesenen Besitztitel als Eigentümer einzutragen. Das Hypothekenamt soll denselben zwar über seinen Borgänger und dessen Besitztitel befragen und dasjenige, was hierüber vorgelegt ist, in das Hypothekenbuch auf­ nehmen, aber aller anderen Nachforschungen des Besitztitels oder Vorgängers sich enthalten: arg. § 4 E G. z. HyP.Ges.; ß 140 des HyP.Ges. findet nach Ansicht der Praxis bei Neuanlage von Hypothekfolien keine Anwendung; vgl. hierüber unten § 106 Nt. 7. — Ueber das Verfahren bei Eintragung deS Eigentümers s. Näheres bei Lehner, H.A.O. S. 199—213. ") § 136 Zff. 1 HyP.Ges.; § 20 Zff. 1 Jnstr. z. HyP.Ges. Der Geschlechts­ name ist voranzusetzen und durch größere Schrift und Unterstreichen auszuzeichnen. Der Wohnort kann bei jenen Eigentümern, welche an dem Orte wohnen, für welchen der betreffende Band des Hypothekenbuches angelegt ist, ausgelaffen werden. — Bezüglich der nondum concepti vgl. Bl. s. R.A. XLIX. 166 ff.; d. Not.Zeit. 1882 S. 190, wo nur die Zulässigkeit einer Dispositionsbeschränkung, nicht einer Einschreibung als Eigentümer zugegeben wird.

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Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

DaS Sachenrecht.

b) als juristischer Person oder nach außen hin als Ganzes auftretenden Gesellschaft: der etwaige Gesamt-Name oder die Firma, das von ihr betriebene Gewerbe, der Ort, an dem sie ihren Sitz hat; im Falle die Sache zur Zweignieder­ lassung einer Handelsgesellschaft gehört, auch der Ort, wo die Zweigniederlassung ihren Sitz hat; überhaupt eine mög­ lichst genaue Beschreibung. Die Namen der einzelnen Gesell­ schafter sind in keinem Falle einjutragen35); c) bei Miteigentümern für jeden einzelnen dieselben Kennzeichen wie in Zff. 1 und 2 angeführt; auch die einzelnen Anteils­ berechtigungen, soferne sie unter sich verschieden sind oder der ein­ zelne Miteigentümer seinen Anteil gesondert verpfänden will.33) 2. Der Rechtstitel, kraft dessen der Eigentümer das Eigentum erlangt hat, d. h. entweder der dingliche Rechtsakt, der unmittelbar das Eigentum gewährt, oder der obligatorische Rechtsgrund, aus welchen der jetzige Eigentümer sein jetziges Eigentum zu erlangen berechtigt toor.”) 3. Die nicht in die erste Rubrik gehörenden Verfügungsbeschränkungen des Eigentümers33), sohin: ,s ) tz 20 Zff. 2 Abs. 2 Jnstr. z. Hyp.Ges.: „bei Körperschaften, Stiftungen, öffentlich anerkannten Gesellschaften tritt deren genaue Bezeichnung an die Stelle des Namens". DaS Gesetz selbst nennt juristische Personen als Eigentümer nicht. Vgl. hieher RegelSberger § 17 A 2 und 3 und oben §§ 41—57; besonders § 51 S. 346 mit Nt. 13 und 14. ") § 20 Zff. 2 Abs. 1 Jnstr. z. Hyp.Ges.; RegelSberger § 17 A 5. -- Be­ züglich Ehegatten s. unter Ziff. III. ") § 136 Zff. 2 Hyp.Ges.; § 21 Jnstr. z. Hyp.Ges. AlS solche Rechtstitel kommen vorzüglich in Betracht: NotariatSurkunden nach Art. 14 Not.Ges.; rechts­ kräftige bezw. vorläufig vollstreckbare Urteile, Prozeßvergleiche, ErbschastSzeugniffe, Verfügungen deS Bollstreckungsgerichts im Subhastationsverfahren; über Gemeinde­ grundteilungen vgl. oben § 55 lit. B. Ziff. II, 2 a a (§. 381; über Flurbereinigung oben 8 85 S. 610 ff.; über Zwangsenteignung oben 8 84 ff. 588 ff. Bezüglich Auslösung der Gütergemeinschaft vgl. Roth, b. C.R. II. S. 399, 400. Die Ein­ träge des BesitztitelS sollen so kurz als möglich geschehen. — Vgl. hiem bei Neu­ anlage eines Foliums oben Nt. 33. — Bei der Einschreibung von Pertinenzen ist die Angabe eineS Erwerbstitels nicht vorgeschrieben: E. d. obst. L.G. Vin. 588. — S. hieher auch unten 8 106 lit. B Ziff. 3 (Legalitätsprinzip). ’8 ) § 136 Zff. 4 Hyp.Ges.; 8 22 Jnstr. z. Hyp.Ges. Ueber daS Verfahren s. bei Näheres Lehner, H.A.O. S. 214—218. — Begründen gewisse Verhältnisse Dispositionsbeschränkungen oder sind zu Gunsten gewisser Verhältnisse DiSpositionSbeschränkungen in der zweiten Rubrik einzutragen, so ist klar, daß, falls für etwaige aus diesen Verhältnissen vorhandene Forderungen Hypothek bestellt werden will, diese qua Hypothekforderung nicht in die zweite, sondern in die dritte Rubrik ein­ getragen werden müssen; dabei kann zu Gunsten jeder in der dritten Rubrik ein­ getragenen Hypothekforderung, wie auch jeder sonstigen obligatorischen Leistung, für die nicht Hypothek bestellt wird, auf entsprechenden Titel hin in zweiter Rubrik eine DiSpositionsbeschräntung, im ersteren Falle unter Verweisung auf die in dritter Rubrik eingeschriebene Hypothekforderung, im zweiten Falle unter näherer Bezeichnung der Leistungen eingeschrieben werden: 8 137 Hyp.Ges.; 8 24 Zff. 2 Jnstr. z. Hyp.Ges.; Gönner II. S. 230, 237; Bl. f. R.A. XII. 14 (Alimente). — Ueber Eintrag von Dispositionsbeschränkungen aus fremdländischem Rechte vgl. Ztschr. f. Not. 1868 S. 295.

V. Kapitel.

Das Pfandrecht.

705

a) die persönlichen Dienstbarkeiten'*), b) diejenigen Thatsachen, welche den Eigentümer in der recht­ lichen Verfügung aus die Sache selbst betreffenden, nicht rein persönlichen Gründen beschränken, soferne nicht diese Be­ schränkungen nach dem Rechte der belegenen Sache kraft Gesetzes oder Gewohnheitsrechts für alle Grundstücke derselben Art wie das eingetragene bestehen, sondern auf einem nur das in Frage stehende Hypothekobjekt ergreifenden Rechts­ grunde beruhen^), so a) die gemeine fideikommissarische Subsütution) Universalober Erbschaftsvermächtnis)"), 89) Nießbrauch, Gebrauchsrecht, Wohnungsrecht. Bgl. hierüber oben § 90 Nt. 19; RegelSberger § 17 D mit Nt. 20; Gönner IL S. 236, 236. Bezüglich des bei Gutsübergaben vorbehaltenen AuSgedingS (Altenteil-), welches den Uebernehmer -ualeich zu positiven Leistungen verpflichtet, ist Streit darüber, ob diese einzelnen Leistungen nur obligatorischer Natur und nur durch Eintragung in der dritten Rubrik gesichert werden könnten (so RegelSberger § 17 A D mit Nt. 22; Bl. f. R.A. IX. 191; XII. 14; XXV. 397; XXIX. 336; XXXVL 261 (Nachschrift^) oder ob daS gesamte AuSgeding als Personalservitut in die zweite Rubrik einzuttagen sei (so Bl.if. R.A. XXXVI. 248; auch XVIII. 198 für den Ball, daß auSbedungen ist, eS seien die pofittven Leistungen von dem jedesmaligen igentümer zu entrichten). M. E. ist eS außer Zweifel, daß, soweit nicht die positiven Leistungen in Frage kommen, daS AuSgedingSverhältniS, soferne es nach bürgerlichem Rechte Personalservitut ist, in die -weite Rubrik einzuschreiben ist, daß im Falle für positive Leistungen Hypothek bestellt werden soll, diese Hypothekforderungen in die dritte Rubrik gehören, daß aber zu Gunsten dieser in der zweiten Rubrik wieder eine DiSposittonSbeschränkung eingeschrieben werden kann. Hiebei ist immer § 22 3g. 7 HyP.Ges. zu beachten; vgl. schon oben Nt. 38. — Zum Ganzen vgl. auch Roth, b. C.R. II. S. 401 und 426 Nt. 44; Bl. f. R.A. XXV. 385; XXXII. 241 (über Wohnungsrechte im Verhältnis zu Hypotheken). 40) RegelSberger § 17 E; Roth, b. C.R. II. S. 400. Nicht einzutragen sind im Hinblick auf die im Texte gegebene Erläuterung die Handlungsunfähigkeit wegen Minderjährigkeit, Geisteskrankheit, Verschwendung, die HauSunterthänigkeit; ebenso RegelSberger § 17 Nt. 24; Roth, b. C.R. n. S. 400 Nt. 61, S. 418 Nt. 5; Gönner HI. S. 44; Jungermann S. 54 Nr. 5, Bl. f. R.A. VIII. 92; Ztschr. f. Rot. 1868 S. 296; teilweise a. M. Gönner I. S. 303, 306,316, 320,321, welcher im Falle eingeleiteten Entmündigungsverfahren- eine Vormerkung der DiSpositionSunfähigkeit, im Falle erfolgter Entmündigung definitiven Eintrag derselben für zu­ lässig und erforderlich erklärt. Die Praxis pflichtet, soviel mir bekannt, dieser Ansicht nicht bei. Keinesfalls scheint mir die Entmündigung ein gerichtliches Ver­ äußerung-verbot zu enthalten; eine solche Annahme erscheint bei der Geisteskrankheit wegen der lucida intervalla geradezu undenkbar (vgl. oben § 17 lit. B mit Nt. 18). — Ueber den Einttag einer Stipulation, daß Käufer und Besipnachfolger keine Entschädigungsansprüche auS Beschädigungen durch Bahnbettieb erheben können vgl. d. Not.Zeit. 1882 S. 155, 169. 41) Der Fiduziar ist als Eigentümer einzutragen mit der Bemerkung, daß und unter welchen Voraussetzungen daS Eigentum aus den Fideikommissar über­ gehe: RegelSberger § 17 E 1 und Gönner n. S. 207, 233, 234; (bemerkenswert ist hieher auch § 109 der VII. Verf.Beil.). — Ueber Eintrag und Löschung fideikommissarischer Substitutionen s. auch Bl. f. R.A. LVIII. 240, E. d. obst. L-G. XV. 313. — Der bedingte bezw. befristete Singularvermächtniserwerb bezw. die Auflage eines SingularvermächtnisseS auf ein solches oder Universalfideikommiß fällt wohl unter lit. ß (hiezu s. einen besonderen Fall bei Gönner II. S. 207 Zff. 8). — Da Becher, LandeScivilrecht und LandeScivilprozetzreckt.

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Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

Das Sachenrecht.

ß) die auflösenden und aufichiebenden Bedingungen, unter denen Eigentum am Hypothekobjekte erworben oder ver­ äußert wirb,4*) Y) die gerichtlichen Veräußerungsverbote,") d) gesetzliche Beräußerungsverbote nur dann, wenn die solche begründenden Thatsachen nicht aus anderen Hypotheken­ buchseinträgen ersichtlich sind und das Veräußerungs­ verbot sich nicht an eine jedermann erkennbare äußere Eigenschaft der Sache knüpft,44) e) die mit Verpfändungsverboten verknüpften obligatorischen Veräußerungsbeschränkungen wie das Mckkaufsrecht 4^), das Vorkaufsrecht4^, aber regelmäßig in allen diesen Fällen für den Belasteten nach Civilrecht ein gesetz­ liche- Veräußerung-verbot besteht, wäre die Subsumtion unter lit. d nicht zu bean­ standen. — Bei einem fideicommissum eins quod superfuturum erit wird sich der Eintrag einer Di-pofition-beschränkung, wenn überhaupt möglich, nur insoweit denken laffen, al- der ererbte Immobiliarbesitz zur Deckung de- unantastbaren Viertel- herangezogen werden muß. — Wienach Lehner, H A O. S. 99, 100, wie Regel-berger a. a. O. annimmt, das Wesen der gemeinen fideikommiffarischen Substution „gründlich verkennt", vermag ich nicht abzusehen. **) Bel resolutivbedingtem Eigentum-erwerb wird der Erwerber al- Eigen­ tümer vorgetragen aber unter Anfügung der Bedingung, bei deren Eintritt daEigentum an den Veräußerer zurückfällt. Bei suspensivbedingtem Eigentum-erwerb wird regelmäßig, soferne die Beteiligten nicht Abweichende- vereinbaren (vgl. hiezu Art. 15 Abs. 1 Nov. z. Subh.Ordn.), der Besitztitel auf den Erwerber vor Eintritt der Bedingung gar nicht berichtigt. Der Hauptfall de- bedingten Eigentum-erwerbeist die Veräußerung unter Eigentumsvorbehalt; vgl. hierüber unten Abt. n im Abschnitte über Entstehung der Hypothek unter „Verpfändung-beschränkungen"; ebenda s. auch über die Zulässigkeit der Einschreibung eine- Eigentumsvorbehaltes neben Hypothekbestellung. Gemäß § 24 Jnstr. z. Hyp.Ges., ist der Eigentums­ vorbehalt nur auf besonderes Verlangen des Veräußerer- in der zweiten Rubrik einzuttagen; über die Form de- Eintrages de- Eigentum-vorbehalte- vgl. außer § 24 Jnstr. z. Hyp.Ges. noch J.M.E. v. 26. Juli 1864 Zff. HI und J.M.Bek. v. 20. Nov. 1863 den Vollzug de- § 99 Ziff. 2 Hyp.Ges. bett. (J.M.Bl. S. 203; W. VI. S. 254). — Vgl. hieher auch gegenüber dem bei Regel-berger § 17 E 2 erwähnten früheren Rechte nunmehr Art. 94 und 122 Subh.Ordn., wonach in der Subhastation vor Erfüllung der vom Ansteigerer bei der Versteigerung übernom­ menen Bedingungen der Besitztttel auf ihn überhaupt nicht berichtigt wird. Näherehierüber s. im V. Buche. ") 8 22 Ziff. 7, § 136 Ziff. 4 Hyp.Ges. Vgl. hieher Gönner II. S. 234, 235; Lehner, H.A.O. S. 100-102; dann besonder- §§ 8,17 Abs. 2 R.C.P.O. mit Art. 32 A.G. z. R.C.P.O. (einstweilige Verfügung bezüglich Veräußerung, Be­ lastung und Verpfändung eines Grundstücke-, hierüber s. nähere- unter „Ver­ pfändung-beschränkungen" in Abt. H). ") § 22 Ziff. 7, § 136 Ziff. 4 Hyp.Ges.; Lehner, H.A.O. S. 103. Vgl. hierüber da- einschlägige örtliche bürgerliche Recht; ferner Art. 30,33 Subh.Ordn. (Beschlagnahme zum Zwecke der Zwangsvollstreckung); §§ 6, 6, 106 R.K.O.; Art. 33 A.G. z. R.C.P.O. (Konkurs). “) § 25 Jnstr. z. Hyp.Ges.; Gönner H. S. 232, 233. Die Einschreibung soll nur dann erfolgen, „wenn der Käufer schon bei Abschließung de- Konttattedarüber, daß diese Bermerkung geschehen soll, seine besondere Zusttmmung gegeben oder noch nachher darein eingewilligt hat". “) Vgl. hiezu oben § 99 lit. B Zff. IV; Lehner H.A.O. S. 96, 97 und

H das vertragsmäßige Verpfändungsverbot (im engeren Sinne).47 * *) 4. Die eheliche Gütergemeinschaft unter folgenden Voraus­ setzungen4^: a) wenn nach dem bürgerlichen Rechte (Gesetz- oder Gewohn­ heitsrechte) der belegenen Sache die Einschreibung geboten ist, b) wenn nicht das am Orte der belegenen Sache geltende ehe­ liche Güterrecht das konkrete eheliche Güterrecht ist, nach dem gesetzlichen (gewohnheitsrechtlichen) oder vertragsmäßigen Güterrechte der Eheleute aber schlechthin oder nur in An­ sehung der konkreten Hypothekobjekte Gütergemeinschaft (all­ gemeine oder besondere) begründet und nicht das gleiche Gütergemeinschaftsverhältnis auch nach dem am Orte der belegenen Sache geltenden ehelichen Güterrechte gegeben ist, c) wenn zwar das am Orte der belegenen Sache geltende ehe­ liche Güterrecht das konkrete eheliche Güterrecht ist, nicht durch dieses aber, sondem durch besonderen Vertrag die Gütergemeinschaft auf die konkreten Hypothekobjekte erstreckt wird, d) wenn nach dem zur Anwendung kommenden ehelichen Güter­ rechte, mag das am Orte der belegenen Sache geltende oder ein mit ihm in der ftaglichen Hinsicht übereinstimmendes oder ein von ihm abweichendes anderes eheliche Güterrecht das konkrete eheliche Güterrecht sein, für die beiden Eheleute Miteigentum im gewöhnlichen Sinne an den konkreten Hypo­ thekobjekten begründet ist, e) daß nicht in den Fällen b und c nach der konkreten ehelichen Gütergemeinschaft der im Hypothekenbuche als Eigentümer vorgetragene Ehegatte doch völlig frei über das Hypothek­ objekt verfügen kann. näheres hierüber wie über weitere Fälle unten in Abt. sl unter „Verpfändung-beschränkungen". 47) § 44 Abs. 2 Hyp.Ges.; § 23 Jnstr. ,. Hyp.Ges.; Gönner n. S. 235; Lehner, H A O. S. 100, 102. Näheres s. unten in Abt. n unter „Verpfändung?' beschränkungen".

“) 8136 Zisf. 1, 88 96, 99 Ziff. 1 Hyp.Ges.; 8 20 Ziff. 3 Jnstr. z. Hyp.Ges. mit J.M.E. v. 26. Juli 1864, n. B Ziss. 8, besonders über die Formen der Ein­ träge; Gönner II. S. 207—226; III. S. 171—173 (über Gutsanheiratungen); Lehner, H.A.O. S. 89—93; RegelSberger § 17 A 6. Die gesetzlichen und instruktionSmäßigen Bestimmungen enthalten nichts weniger als klare Borschristen; der Sin» derselben ist aber offenbar der in den einzelnen Sätzen deS Textes wiederaegebene. — Die einzelnen örtlichen GüterrechtSsysteme zu berückstchttgen, bestand in dieser Darstellung keine Beranlaffung. —Aus der Rechtssprechung vgl. auch hieher: Bl. f. R.A. LV. 232. (Beanstandung einer Besitztitelberichtigung wegen mangelnder Berbeistandung der vom Ehemanne kaufenden Ehesta« nach Preuß. Landrecht oder auS Gründen deS ehelichen Güterstandes nach Bayreuther Recht); Vann unten Nt. 49 und im Abschnitte über die Entstehung der Hypothek (Abt. II) unter „Verpfändungs­ beschränkungen".

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Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

DaS Sachenrecht.

In allen sonstigen Fällen ist eine Einslhreibung der Güter­ gemeinschaft nicht erforderlich, weil der in diesen Fällen geltende gesetzliche Güterstand des Rechtes der belegenen Sache dem Interessenten keinen Zweifel über die Wirkungen dieses Güterstandes lassen kann,

ganz abgesehen davon, daß an solchen Orten, wo die allgemeine Gütergemeinschaft der gesetzliche Güterstand ist, das Hypothekenamt zur Nachfrage nach den bestehenden güterrechtlichen Verhältnissen der Eheleute verpflichtet und so eine Garantie für die Geltung jenes Güterstandcs gegeben ist, wenn das Hypothekenbuch keinen abweichendm Eintrag austoeist. Ist der in Betracht kommende Güterstand der am Orte der belegenen Sache herrschende, so soll der Eintrag lauten „N. in ehe­ licher Gütergemeinschaft mit N. 91“; ist ein anderes die Gütergemein­ schaft bedingendes Recht maßgebend: „91. in ehelicher Gütergemein­ schaft nach Recht mit N. 91.“ oder „N. in ehelicher Gütergemein­ schaft mit N. N. nach Ehevertrag vom ....“; im Falle wahren Mit­ eigentums ist der für Miteigentümer maßgebende Bortrag zu wählen fR. und dessen Eheftau R. N.)«) 5. Der Ausschluß der ehelichen Gütergemeinschaft schlecht­ hin oder nur in Ansehung der Hypothekobjefte ist immer dann, wenn diese Wirkung nicht mit dem am Orte der belegenen Sache geltenden ehelichen Güterrechte übereinstimmt?") 6. Die gegen Einschreibungen der zweiten Rubrik möglichen Protestationen?') 7. Die Veränderungen, welche sich später an Einträgen der zweiten Rubrik ergeben, insbesondere jede Besitzveränderung unter Angabe der Zeit, wann sie erfolgte53), alle Löschungen der hier stehen­ den definitiven Einschreibungen und Protestationen?3) III. In der ersten Kolumne findet sich für jeden neuen Vortrag die fortlaufende arabische Ziffer; außerdem erhält aber der erste ein­ zutragende Eigentümer, wie jede Besitzveränderung eine fortlaufende ") J.M.E. v. 26. Juli 1864, Zisf. H B 8; d. obst. L.G. XIV, 711 (wahres Miteigentum nach Eichstädter Recht). — Der im Texte genannte Bortrag tin Falle wahren Miteigentum- wird dann nicht genügen, wenn trotz dieses der eine oder andere Ehegatte über seine Anteil-Hälfte infolge deS maßgebenden Güter­ rechtes nicht frei verfugen kann. Hier wird, wenn nicht da- am Orte der belegenen Sache geltende Güterrecht da» konkrete eheliche Güterrecht ist, ein Zusatz der Art erforderlich sein: „N. und besten Eheftau N. R. Miteigentümer auf Grund Güter­ gemeinschaft nach 3E« Recht" oder „aus Grund EhevertragS vom............... . nach welchem die Ehefrau nicht ohne Zustimmung deS Ehemannes recht-wirksam ver­ fügen kann". •°) Gönner U. S. 224: RegelSberger § 17 lit. B Ziff. 6, ec. «) § 114 Hyp.Ges.; § 26 Ziff. 1 Jnstr. z. Hyp.Ges.; Gönner II. S. 236; Lehner, H.A.O. S. 103,104. Die Einträge find mit möglichst kurzen Worten und enter den erforderlichen Berweisungen auf die betreffenden Einträge zu machen. “) § 22 Ziff. 6, § 136 Ziff. 3, § 138 Hyp.Ges. Bgl. hiezu auch oben

8 83 S. 587. “) § 26 Ziff. 2 Jnstr. z. Hyp.Ges.; Lehner, H.A.O. S. 104, 105.

römische Ziffer. In der zweiten (Text-) Kolumne werden der Eigen­ tümer, jede Besitzveränderung, der Besitztitel, die Dispositionsbeschrank­ ungen, Protestationen, Löschungen jeweils mit dem Einschreibungs­ datum voran eingeschrieben. In der Anmerkungskolumne ist abgesehen von den Allegationen, besonders bei Dispositionsbeschränkungen, Protesta­ tionen und Löschungen auf die korrespondierenden Einschreibungen gegen­ seitig zu verweisen; bei Löschungen ist im korrespondierenden Raume der Anmerkungskolumne der gelöschten Einschreibung das Wort „ge­ löscht", einfach unterstrichen, beizusetzen.^) C. Die dritte Rubrik.55)

Die dritte Rubrik fuhrt die Ueberschrift „Hypothekeu, deren Cessionen und Löschungen". I. Die dritte Rubrik dient der Einschreibung der einzelnen Hypo­ thekeu unter entsprechender Individualisierung ihrer einzelnen wesent­ lichen Merkmale und der hieran sich ergebenden Veränderungen, sei es an dem Inhalte oder an den Subjekten der Hypothekforderung und des Hypothekrechtes. II. Demnach werden in die dritte Rubrik eingeschriebeu: 1. Die Hypothekforderung und zwar a) ihr Betrag in Reichswährung, in der zweiten Kolumne in Worten, in der Zwischenkolumne in Zahlen ausgedrückt; bei Forderuugen vou unbestimmter Höhe ist der Höchstbetrag anzuführen; bei terminlichen Leistungen genügt die genaue Beschreibung der einzelnen terminlichen Geld- oder Natural­ leistungen unter Anfügung der Dauer der Verpflichtung, eventuell die Angabe der Summe der Jahresleistungen-^), '

M) § 27 Jnstr. z. Hyp.Ges.

55) § 22 Ziff. 8, §§ 9, 10, 144-167 Hyp.Ges.; §§ 28-34 Hyp.Ges.; Regelsberger § 18; Gönner II. S. 250—311; Lehner, H.A.O. S. 105—126. 56) Ueber das Verfahren bei Eintragung von Hypothekforderungen s. Näheres bei Lehner, H.A.O. S. 219—236. 57) § 145 Ziff. 1 mit 88 11 und 19 Hyp.Ges.; § 28 Ziff. 2-6 Jnstr. z. Hyp.Ges.; J.M.E. v. 1. März 1855, die Aufsicht über den Vollzug des Hyp.Ges. betr. (Ztschr. f. Ges.Geb. u. Rechtspfl. II. S. 2); J.M.E. v. 13. 'Dez. 1875, die Einführung der neuen Reichswährung betr. (J.M.Bl. S. 330; W. XI. S. 256): „Da seit 1. Jan. 1876 neue Schuldbelastungen nur in Reichswährung eingetragen und ebenso in der Nebenspalte der dritten Rubrik zisfermäßig ausgeworfen werden können, so ist, um dies bemerklich zu machen, in dieser Nebenspalte, da, wo die Ziffervorträge mit der Reichswährung beginnen, ein für allemal mit roter Tinte das Markzeichen zweimal unterstrichen einzusetzen. In jeder Urkunde, in welcher über einen bereits bestehenden auf den Guldensuß lautenden Vortrag teilweise verfügt wird, ist der betreffende Teilbetrag zwar in Mark auszudrücken, daneben aber auch der gleichwertige Betrag in Gulden anzugeben." Fremde Münzsorten müssen daher umgerechnet werden; in der zweiten Kolumne ist aber auch die fremde Münzsorte anzuführen. — Bezüglich der Forderungen von unbestimmter Höhe vgl. auch unten den Abschnitt über „Spezialitätsprinzip" in Abt. II. Bezüglich termin­ licher Naturalleistungen vgl. auch E. d. obst. L.G. IV. 450; VI. 566; VIII. 528; XI. 602; Bl. f. R.Ä. XXXIX. 158; XLVI. 20 (hiezu unten den Abschnitt über „Spezialitätsprinzip" in Abt. II). — Die Angabe der Forderungssumme bezw. die

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Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

Das Sachenrecht.

b) der Forderungsgrund und die Entstehungszeit der Forderung (Rechtstitel nach Art und Zeit) unter Bezeichnung der etwaigen Schuldurkunde; eine Angabe des Hypotheken­ titels unterbleibt68), . c) bei verzinslichen Forderungen der Zinsfuß, andernfalls das Hypothekrecht nicht die Zinsforderung umfaßt68), d) die Art der Rückzahlung und Aufkündbarkeit auf Ver­ langen des Gläubigers oder Schuldners88), e) die Jnvidualisierung des Gläubigers, derart, daß er von jeder anderen Person leicht unterschieden werden sonn61), daher a) bei natürlichen Personen Bor- und Geschlechtsname, Stand und Wohnort, bei juristischen Personen und nach außen als Gesamtheit austretenden Gesellschaften der Gesamtname, bezw. die Firma, Geschäftsbetrieb und der Sitz bezw. Ort der Niederlassung, ß) bei mehreren Gläubigern die Individualisierung jedes ein­ zelnen Gläubigers nach Maßgabe der lit. a und Beifügung des etwaigen Correal- oder Solidarverhältnisses oder der Forderungsanteile, falls diese unter sich verschieden finb62), y) bei Forderungen auf den Inhaber, die genaue Bezeichnung derjenigen Merkmale, welche den Inhaber der einzutragenaenaue Beschreibung der einzelnen Leistungen u. s. w. ist wesentlicher Natur: Gönner IL S. 261, 262. °°) § 145 Ziff. 2 Hyp.Ges.; § 28 Ziff. 2 Jnstr. z. Hyp.Ges. Der Forderungs­ grund ist zwar kurz, aber doch so deutlich zu bezeichnen, daß seine rechtliche Natur erkennbar ist; das Wort „Kapital" allein genügt nicht: RegelSberger § 18 A 2; Gönner in. 179; d. Not.Zeit. 1873 S. 130; a. M. Gönner II. S. 252, welcher unter dem technischen Ausdruck „Kapital" ein Darlehen versteht. Im Falle ab­ strakten Schuldversprechens ist dieses anzugeben, z. B. „auf Grund bloßen Ver­ sprechens vom....", oder „auf Gmnd Wechsels de dato": RegelSberger § 18 A 2. — Ob zur Wesenheit der Einschreibung die Angabe der causa debendi gehört, ist strittig; verneinend die Praxis in Bl. f. R.A. XIII. 105: XLII. 215; E. d. obst. L.G. VI. 794; bejahend Bl. f. R.A. Era.Bd. II 302; Gönner II. S. 252, 261; Lehner, H.A.O. S. 110, 111; mit Rücksicht auf das Spezialitätsprinzip würde letztere Ansicht den Vorzug verdienen. Vgl. hiezu Näheres in d. Not.Zeit. 1873 S. 129 ff. und hierüber unten im Abschnitte über daS Spezialitätsprinzip (Abt. II). — Nach ersterer Ansicht ist dann auch die Einschreibung der Zeit der Entstehung der Forderung und der Urkunden nebst Datum, welche die causa debendi enthalten, unwesentlich: a. M. Gönner III. S. 180 gegen II. S. 261, nach letzterer Ansicht insoweit wesentlich, als sie mit Rücksicht auf daS Spezialitätsprinzip zur Bestimmt­ heit der Forderung nötig ist. 6e) 8 145 Ziff. 2, § 22 Ziff. 8 Hyp.Ges.; § 28 Ziff. 7 Jnstr. z. Hyp.Ges.; Gönner II. S. 262. Für die Zinsforderung kann auch als selbständige Forderung Hypothek bestellt werden: E. d. obst. L.G. VI. 794. M) § 28 Ziff. 8 Jnstr. z. Hyp.Ges. Ueber die Frage ob Forderungseigen­ schaften (Zahlungsmodalitäten) bei Meidung deS OeffentlichkettSprinzipes einzutragen sind, s. unten Abt. n im Abschnitte über das materielle OeffentlichkeitSprinzip im engeren Sinne. 61) § 145 Ziff. 3 Hyp.Ges.; § 28 Ziff. 2 Jnstr. z. Hyp.Ges. - Nur der Name des Gläubigers ist wesentlicher Natur: Gönner II. S. 253, 261. **) Vgl. auch RegelSberger § 18 A 3 a. Mangel- eineS besonderen Ein­ trages gilt der Satz »nomina ipso iure divisa sunt«.

V. Kapitel.

Das Pfandrecht.

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den Forderung erkennen lassen und die Angabe, daß der Inhaber auf die Forderung berechtigt fci6S), bei Forderungen künftiger Personen die genauen Angabe der Art der berechtigten künftigen Personen, die genauere Bezeichnung der einzelnen berechtigten künftigen Personen dieser Art, eventuell des Abstammungsverhältnisses f) das Rangverhältnis der Hypotheken durch Bezeichnung des Datums des Eintrages in der zweiten Kolumne oder einen entsprechenden Vermerk in der Anmerkungskolumne, welcher das von dem Eintragsdatum abweichende Pangverhältnis zum Ausdruck bringt^); bei den am gleichen Tage eingetragenen Hypotheken ist die Bemerkung des Gleichrangverhältnisses in der Anmerkungskolumne nicht notwendig, aber rätlM)66), g) bei Verbandhypotheken die Mithaftung der auf den anderen Folien vorgetragenen Hypothekobjekte, womöglich durch Ver­ weisung auf die einschlägigen Stellen des Hypothekenbuches67), h) beim Vorbehalte einer Hypothekstelle die Einschreibung des Forderungsbetrages unter Angabe des Vorzuges und dem Beisatze in der letzten Kolumne, daß die Benennung des Gläubigers noch Vorbehalten sei; erfolgt diese, so ist unter Angabe des Rechtstitels der Forderung und Bezeichnung der Schuldurkunde der Name des Gläubigers in einem besonderen Bortrage nachzutragen?b) Nicht eingeschrieben wird die Person des Hypothekbestellers und des persönlichen Schuldners, außer wenn dieser nicht zugleich Hypothek­ besteller ist.69) “) RegelSbergrr § 18 A 3 b. M) Bgl. hiezu über die Eintragung-fähigkeit der nondum concepti — die sich nach örtlichem Civilrecht bemißt — Bl. f. R.A. XLIX. 166 ff. Negiert man ihre Eintragung-fähigkeit al- Gläubiger, so könnte auch hier wieder auf dem Wege der Di-vositionSbeschränk«ng geholfen werden; vgl. oben § 100 Nt. 34 ®. 704. e‘) Sei es, daß einer Hypothek im Vorau- ein bestimmter Rang durch Vertrag angewiesen wurde (§ 23 Abs. 2 Hyp.Ges.), oder daß eilt Gläubiger dem anderen den Vorrang einräumte (§ 62 Hyp.Ges; Bl. f. R.A. XXVI. 87, auch über die Form de» Einträge-; ebenso Gönner II. 274), oder daß die in § 23 Abs. 2 und 3 Hyp.Ges. gemachte Ausnahme zutrifft, wonach der Anmeldetag für den Rang ent­ scheidend ist (hier ist nicht etwa bloß daS Anmeldedatum statt des Eintragsdatums in die zweite Kolumne einzusepen; vgl. oben 8 98 Nt. 14 S. 677 und unten 8 103 Biff, m Abs. 2 S. 726); § 23 Abs. 2, §§ 62,151 Hyp.Ges.; § 28 Ziff. 9—11 Jnstr. z. Hyv-Ges.; siehe auch RegelSberger § 18 A 4d; Gönner II. S. 271—275; Lehner, H.A.O. S. 112. — Bezüglich Prioritätsstreitigkeiten vgl. Lehner, H.A.O. S. 114. «) § 28 Ziff. 9 Jnstr. z. Hyp.Ges.; Gönner II. S. 269. •’) § 147 Hyp.Ges.; § 28 Nr. 15 Jnstr. z. Hyp Ges. Bgl. hiezu besonders Gönner II. S. 264—268, vornehmlich auch über den Fall, wenn die Verbandobjekte in verschiedenen Hypothekenamtsbezirken liegen; «S soll hier die gegenseitige Aus­ fertigung von RekognitionSscheinen (Bestätigungen über die Hypothekeinträge) helfen. “) § 150 Hyp.Ges.; vgl. hiezu RegelSberger § 18 A 3 c, aa; über die Form auch d. Not. Zeit. 1874 S. 184. *•) Er ist sonst auS der zweiten Rubrik ersichtlich. Bgl. RegelSberger § 18 A 3 letzter Absatz; Gönner II. S. 253, 254.

712

Vermögensrechte. — Erste« Hauptstiük.

Das Sachenrecht.

2. Alle Veränderungen, welche sich an der eingeschriebenen Hypothekforderung ergeben70) und zwar:

n) alle Veränderungen in objektiver Beziehung, däher et) das gänzliche oder teilweise Erlöschen des Hypothekrechtes, sei es infolge von Aenderungen an der der Hypothek zu Grunde liegenden Forderung7') oder lediglich an dem Hypothckrechte, in letzterer Beziehung insbesondere durch Pfandfreigabe der bei einer Verbandhypothek mithaftenden Objekte, ß) die bei beiden Hypotheken zu bemerkende Abtretung eines Vorzugsrechtes70); b) alle Veränderungen in subjektiver Beziehung, daher a) bei dem Uebergang der Hypothekforderung vom bisherigen Gläubiger auf einen anderen die individuelle Bezeichnung des neuen Gläubigers nach Maßgabe der Zff. 1 lit. e unter Angabe des Erwerbsgrundes70), ß) bei Verpfändung der Hypothekforderung die individuelle Bezeichnung des Forderungspfandgläubigers unter Angabe des Verpfändungstitels ™), Y) die Beschränkungen des Hypothekgläubigers in der Ver­ fügung über die Hypothekforderung, sei es auf Grund Rechtsgeschäftes oder richterlicher Verfügung.70) c) bei der Hypothekerneuerung die Angabe des Erlöschens der bisherigen Hypothekforderung, die individuelle Bezeichnung des neuen Gläubigers nach Maßgabe der Zff. 1 lit. e, die Bezeichnung der neuen Hypothekforderung nach Maßgabe der Ziff. 1 und die Bemerkung, daß dieser neuen Hypothek der bisherige Rang der erloschenen aber nicht gelöschten Hypothek zukomme?0) 70) Vgl. hiezu Gönner II. S. 278—286. Ueber da« Verfahre» hiebei siehe Näheres bei Lehner, H.A.O. S. 236—247. ’*) § 145 Ziff. 5 und 6 Hyp.Ges.; vgl. hieher auch § 19 tzyp.Ges. ") 88 62, 151 Hyp Ges.; 8 28 Ziff. 11 Jnstr. z. Hyp.Ges. ’•) 8 145 Ziff. 4 Hyp.Ges.; § 29 Ziff. 1 und 3 Jnstr. z. Hyp.Ges. Ueber Eession von Hypothrlforderungm „an jeden Inhaber" vgl. unten im Abschnitte über die Hypothekencession (Abt. II). ’4) 8 58 Abs. 2, § 155 Hyp.Ges.; § 32 Jnstr. z. Hyp.Ges. ”) 8 731 R C.P.O. mit Art. 125 A G. z. R.C.P.O.: „Wird eine Hypothek­ forderung gepfändet, so hat daS Vollstreckungsgericht die Eintragung der Pfändung im Hypothekenbuche von ArntSwegen zu veranlassen." Nicht eingetragen werden allgemeine DiSpositionSbeschränkungen wie Minderjährigkeit u. s. vgl. Junger­ mann @. 55 Ziff. 11; Bl. f. R A. in. 240 und oben Nt. 40 S. 705. — Ueber Eintragung militärischer Heiratskautionen s. oben § 38 Nt. 16 E. 238 und M E. v. 8. Febr. 1835 (zit. bei Jungermann S. 78 Ziff. 18). ’•) 8 84 Hyp.Ges.; § 29 Ziff. 2 Jnstr. z. Hyp.Ges. Der für die Hypothekerneuerung hier vorgeschlagene CessionSvortrag ist nicht« weniger alS glücklich; er bringt in daS Hypothekenbuch ein Rechtsverhältnis, daS nicht im entferntesten besteht, und dies ist in einem öffentlichen Buche, wie daS Hypothekenbuch, unbedingt

V. Kapitel.

Das Pfandrecht.

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3. Die Vormerkung einer Hypothek^), wie alle Protesta­ tionen, welche sich auf Einschreibungen der dritten Rubrik beziehen.^) 4. Alle Veränderungen, welche sich an Einschreibungen der dritten Rubrik ergeben.'^) III. In der ersten Kolumne stehen die fortlaufenden arabischen Ziffern der einzelnen Einschreibungen; jede Einschreibung einer neuen definitiven oder vorzumerkenden Hypothek erhält außerdem eine fort­ laufende römische Ziffer.'") In der zweiten Kolumne sTextkolumnc) stehen jeweils unter Voransetzung des Einschreibungsdatums die Sachvorttäge über die Hypotheken, Cessionen, Verpfändungen, Protesta­ tionen, Löschungen u. s. w.; in der Zwischenkolumne der zweiten Kolumne der Bettag der Hypotheffordcrungen in Ziffern ausgedrückt.") In der dritten Kolumne ist bei vorgemerkten Hypotheken das Wort „vorgemerkt" einmal unterstrichen"), bei völlig gelöschten Hypotheken das Wort „gelöscht" zweimal untersttichen, sowohl in die erste als in die dritte Kolumne einzuschreiben und die arabische Ziffer in der Zwischenkolumne doppelt zu Unterstteichen"); bei nur ttilweise ge­ löschten Hypotheken ist lediglich in die Anmerkungskolumne zu setzen: „hievon gelöscht .... Mark" und das Wort „gelöscht" nur einmal zu Unterstteichen.") Bei Löschungen sonstiger Einschreibungen ist gleich­ falls das Wort „gelöscht" einmal untersttichen in die dritte Kolumne zu setzen.") Gerade in der dritten Kolumne der dritten Rubrik sind endlich, abgesehen von den erforderlichen Allegattonen, die gegenseitigen Verweisungen bei zusammengehörigen Einschreibungen der leichteren Uebersicht halber von besonderer Wichtigkeit.")

zu vermeiden; darüber, daß er zur Giltigkeit der Rangeinräumung nicht wesentlich ist, vgl. Bl. f. R.A. XXIII. 327. ”) §§ 114,148 HyP.Ges.; § 31 Jnstr. z. Hyp.Ges. Der Unterschied zwischen dem Bottrag einer definitiv und bloß vormerkungSweise eingetragene» Hypothek besteht lediglich dann, daß bei letzterer daS Wort „vorgemerkt" einmal unterstrichen in die AnmerkunaSkolumne geschrieben wird. — Ist bei einer vorgemerkten Hypothek der Betrag der Forderung noch nicht festgestellt, so bleibt dieser einstweilen außer

Ansatz: § 42 Ziff. 6 Jnstr. z. Hyp.Ges.; RegelSberger § 18 C mit Nt. 21.

") 8 114 Hyp Ges.; § 30 Jnstr. j. Hyp.Ges.

’•) Sei es an definitiven Einschreibungen oder an Protestationcn und Bor­ merkungen, hier wieder durch Löschung oder Umwandlung in eine definitive Ein­ schreibung. Bgl- hiezu besonders § 33 Jnstr. z. Hyp.Ges über Löschungen. ,0) § 34 Ziff. 5 Jnstr. z. Hyp.Ges. 61) § 34 Ziff. 2 und 3, § 28 Ziff. 4 Jnstr. z. Hyp.Ges.

”) § 148 Hyp.Ges.; § 31 Abs. 1 Jnstr. z. Hyp.Ges. '») § 169 Hyp.Ges.; § 33 Ziff. 1 und 2, § 34 Ziff. 5 Jnstr. z.Hyp.Ges. M) § 33 Ziff. 3 Jnstr. z. Hyp.Ges. An den eingetragenenZahlen selbst dürfen in allen Fällen von Löschungen keine Veränderungen vorgenommen werden: § 148 Abs. 2 Hyp.Ges. Vgl. hiezu oben § 98 Ziff. 3 S- 676.

«) § 33 Ziff. 5 Jnstr. z. Hyp.Ges.

6e) Bgl. hiezu oben § 98 Ziff. 8 S. 678.

714

Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

Das Sachenrecht.

3. Titel.

|w -rrsttzre» ii KHPittzkkrissche». § 101. Allgemeines.

I. Das Verfahren vor dem Hypothekenamte ist im Grunde und Allgemeinen vom Dispositionsprinzipe beherrscht; im Interesse der materiellen Richtigkeit des Hypothekenbuchinhaltes ist es indeß vielfach von Offizialmaximen durchbrochen. Das Hypothekenamt handelt regelmäßig nicht unaufgefordert, sondern nur, wenn es von einem Gerichte oder Beteiligten (auch durch den Notar) veranlaßt ist1) Es genügt aber der bloße Anstoß von außen. Ist auch ohne ausdrücklichen Antrag auf Einschreibung in das Hypothekenbuch eine Veranlassung hiezu durch eine Vorlage seitens eines Gerichtes, Notars oder Beteiligten gegeben, so hat das Hypo­ thekenamt einmal zur Giltigkeit der einzuschreibenden Rechtsgeschäfte teils durch Erinnerung der Beteiligten, teils durch Vorladung derjenigen, deren Einwilligung zur Giltigkeit des Rechtsgeschäftes erforderlich erscheint, und zur Erhaltung der Rechte der Beteiligten mitzuwirken, anderseits auch von Amtswegen alle Einleitungen zu treffen, welche zur Herbeiführung der Richtigstellung des Hypothekenbuches erforderlich sind?) Diese Pfllcht erstreckt sich regelmäßig auch auf die Vornahme von Einschreibungen selbst, vorausgesetzt, daß dem Legalitäts- und *) §96 Hyp.Ges.; Gönner n. S. 32, 35 Ziff. 2; RegelSbcrger § 24 Ziff. I. — Wenn das Hypothekenamt auch staatliches Oraan ist, so hat eS als solches doch nicht schlechtweg die Aufgabe, von AmtSwegen Privatrechte des StaateS durch die

entsprechend« Einschreibung im Hypothekenbuche zu sichern, wie überhaupt in deffen Privatintereffe hypothckenamtliche Handlungen von Amtswegea vorzunehmen; vgl. hiezu einen Fall in b. Rot.Zeit. 1893 S. 38. *) § 97 Hyp.Ges. mit § 3 Abs. 2 Jnstr. z. Hyp Ges. (Dienstverantwortlichkeit); s. auch § 9 Ziff. 2 Jnstr. z. Hyp.Ges. (hiezu oben § 97 Nt. 39 S. 674). — Diese Ver­ pflichtung der Hhpothekenbeamten besteht auch noch gegenüber dem Notariatsgesetze; insbesondere Art. 12 Abs. 2, fort: vgl. J.M.E. v. 26. Juli 1864 Ziff. II B Ziff 6, J.M.E. v. 6. April 1869, Beschwerde des kgl. Notars N. gegen den Beschluß

deS kgl. Bezirksgerichts W. v. 1. Ott. 1868 betr. (W. VII. S. 658; J.M.Bl. S. 80 mit J.M.E. v. 6. April 1869, den Art. 12 Abs. 3, Art. 15 Abs. 2—4 Not.Ges., §8 69-71 Jnstr. z. Not.Ges. und 8 40 Hyp.Ges. betr. (J.M.Bl. S. 77; W. VII. S. 658 Nt. **); § 73 Jnstr. z. Not.Ges.: „Jnwieserne das Hypothekenamt, wenn eS aus den vom Notar vorgelegten Urkunden in Erfahrung bringt, daß Einträge oder Löschungen im Hypothekenbuche, zu welchen schon früher Beranlaffung gegeben gewesen wäre, bisher unterblieben seien, berechtigt oder verpflichtet ist, ist nach den Bestimmungen des Hyp.Ges. (insbesondere §§ 97 und 139) zu bemessen"; s. ferner 8 71 Abs. 2 Jnstr. z. Not.Ges. (über Offizialberichtigungen in der ersten Rubrik). S. auch M.E. v. 21. Febr. 1863, die Beaufsichtigung der Stadt- und Landgerichte bezüglich deS Hypothekenwesens (Zeitschr. s. Ges.Geb. u. RechtSPfl. X. S. 137—139), und 29. April 1881, die Beaufsichtigung der Amtsgerichte betr. (J.M.Bl. S. 171) 8 10 Ziff 4, bezüglich Löschungen gegenstandsloser Einträge. Bgl. hieher auch Bl. f. R.A. Lin. 241, 33, 396, über Offizialberichtigungen bei Aenderungen deS Objektes behufs Uebereinstimmung der ersten Rubrik mit dem Grundsteuerkataster, und § 10 Ziff. 2 der zit. M.E. v. 29. April 1881; auch oben 8 100 Nt. 5 S. 694 ff.

V. Kapitel.

Das Pfandrecht.

715

Konsenzprinzipe genügt ist3*),* *in* 7einzelnen 89 Fällen sogar unter Haftung des Hypothekenbeamten ^); in keinem Falle aber auf die Einschreibung von Hypotheken3), mit Ausnahme des oben § 97 Ziff. II 2 c erwähnten Falles3), und auf Fälle, in welchen bte Beteiligten ausdrücklich die Ein­ schreibung nicht wollen?) Hieher ist auch die Befugnis bezw. Ver­ pflichtung des Hypothekenamtes zu nennen, von Amtswegen solche Ein­ schreibungen in das Hypothekenbuch zu machen, welche dazu dienen, von ihm verschuldete, unrichtige Einschreibungen richtig zu stellen?) Damit das Hypothekenamt seiner Pflicht zur Richtigstellung des Hypo­ thekenbuches nachkommen kann, haben die Notare selbst dann die Ur­ schriften der von ihnen beurkundeten Besitzveränderungsurkunden dem Hypothekenamte vorzulegen, wenn Folienfreiheit besteht; erweist sich dies als richtig, so hat das Hypothekenamt diese Urkunde lediglich zur Kenntnis zu nehmen und mit kurzer Bestätigung hierüber dem Notare zurüchugeben?) •) So bezüglich Bcsitzveränderuugen vgl. Gönner II. S. 32 und 41; M E. v. 26. Juli 1864 Ziff. II B 4 Abs. 2; bezüglich Beschränkungen und Belastungen von Hypothekforderungen vgl. Gönner n. S. 285. Zum Ganzen s. auch RegelSberger § 24 Ziff. I. *) § SS Ziff. 2, § 137 Hyp Ges.; § 24 Jnstr. z. Hyp.Ges.; s. oben § 97

Ziff. H 2 S. 672,673. Die Bemerkungen Gönner- n. S. 286 bezüglich der Hafwng scheinen mir mit denen auf S. 41, wo er Haftung bei Unterlassung nit^t beantragter Einschreibungen von BesitzverLnderungen annimmt (s. auch U. S. 343, 344), im Widerspruch zu stehen; auch in diesem Falle sieht da- Hypothetengesetz keine Haftung vor; § 99 Ziff. 2 Hyp.Ges. paßt trotz der Motive und Geschichte dieser GesetzeSstelle nicht. *) Bgl. Gönner II. S. 32: ^DaS Gericht hat in sich selbst die Beranlaffung, von diesen Handlungen, die es alS Erbschaftsbehörde, Vormundsamt vorgenommen hat, auch in seiner Eigenschaft alS Hypothekenamt sogleich die erforderlichen Ein­ schreibungen zu machen oder dazu die Einleitungen zu treffen oder in Ansehung der Hypotheken die Beteiligten, wenn sie großjährig sind und über daS Ihrige zu verfugen fähig sind, mit Belehrung über die Folgen zu fragen, ob sie die Einschreioung in das Hypothekenbuch haben wollen oder nicht"; ferner S. 42, 43. *) 8 $9 Ziff. 2, § 137 Hyp.Ges. Voraussetzung ist aber hiezu, daß die Beteiligten ausdrücklich oder stillschweigend eine Hypothek bestellt haben: Bl. f. R.A. XVIII. 193, 198 (Eintragung deS Altenteils). — Ueber die Frage, ob Eigentumsvorbehalt und Hypothekbestellung neben einander eingsstragen werden können, s. unten im Abschnitte über die Entstehung der Hypotheken unter „BerpfändungSbeschräntungen" (Abt. II). — Vgl. hieher M E. v. 20. Nov. 1863, den Vollzug des § 99 Ziff. 2 Hyp.Ges. betr. (J.M.Bl. S. 203; W. VI. S. 254), im Hinblick auf Art. 45 Not.Ges. mit Instruktionen für die Notare, mit M.E. v. 6. Ott. 1845 (abgedr. J.M.Bl. 1863 S. 204. 7) Gönner II. S. 42, 43: „Rechtswohlthaten werden Niemandem aufgedmngen". 8) Hier ist immer ein neuer Eintrag erforderlich; auch sind gegenseitige Verweisungen bei den zusammengehörigen Einträgen zu machen; bei Löschungen sind die sonst geltenden Formvorschriften anzuwenden; der berichtigende Eintrag soll thunlichst den Grund der Berichtigung kurz angeben. — Ueber die Zulässigkeit

solcher Offizialberichtigungen, die zunächst schon auS §§ 97 und 98 Ziff. 1 Hyp.Ges. folgt, s. auch unten § 104 Ziff. 6 mit Nt. 20 S. 731; dann § 9 Ziff. 4 Jnstr. z. Hyp.Ges.; § 71 Abs. 2 Jnstr. z. Not.Ges. 9) Art. 15 Not.Ges.; § 67 Jnstr. z. Not.Ges.; J.M.E. v. 6. April 1869 (zit. in Nt. 2); J.M.E. v. 24. Ott. 1884, Besitzveränderungsanzeigen nach Art. 15

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Vermögensrechte. — Erste- Hauptstück.

DaS Sachenrecht.

II. Weitere besondere Falle, in welchen das Hypothekenami auf gegebene Veranlassung hin von amtswegen eine Thätigkeit zu entfalten hat, sind folgende: 1. Das Hypothekenamt hat sich über den Lehens- oder Fideikommißverband eines Hypothekobjektes Kenntnis zu verschaffen und sobald es hievon Kenntnis erlangt hat, die Lehens- oder Fideikommißeigenschast von amtswegen einzuschreiben *°); 2. das Hypothekenamt hat die einzuschreibenden Reallasten, sobald es von solchen Kenntnis erhält, insbesondere auch Ewiggelder nach Maßgabe des Grundbuches, von amtswegen in das Hypotheken­ buch einzuschreiben.") 3. Bei dem Gesuche um Einschreibung einer durch Cession oder sonst an der Person des Gläubigers entstandenen Veränderung oder einer Löschung der Hypothek, soll das Hypothekenamt den Ansuchen­ den, wenn er nicht selbst die Originalurkunde vorlegt, an deren Bei­ bringung zu dem Ende erinnern, damit, um künftigem Mißbrauch der Urkunde vorzubeugen, auf diese selbst die geschehene Cession oder Veränderung des Gläubigers oder die geleistete Zahlung eingeschrieben werde.12) 4. Das Hypothekenamt hat im Falle des Vollzuges eines Arrestes in das unbewegliche Vermögen durch Vormerkung einer Hypothek den Gegnern des Antragstellers, sohin dem Schuldner, und falls der Besitztitel noch auf einen anderen lautet, oder im Grundsteuerkataster ein anderer als Eigentümer eingetragen ist, auch diesen Personen von der etwaigen Vormerkung des Eigentumsüberganges und der Arrest­ hypothek Nachricht zu geben"); 5. Das Hypothekenamt hat von allen Einschreibungen und Vor­ merkungen, welche int Laufe eines Zwangsvollstreckungs-Verfahrens über ein im Hypothekenbuche eingetragenes Grundstück erfolgen, dem Vollstreckungsgerichte ohne Verzug von Amtswegen Nachricht zu geben.") 6. Im Falle an der einer Verbandhypothek zu Grunde liegenden Forderung sich Veränderungen ergeben, soll das Hypothekenamt den Beteiligten erinnern, daß er zur Wahrung seiner Rechte sich eines Abs. 1 Not.Ges. betr. (J.M.Bl. S. 189); 17. Mai 1886, gleichen Betr. (J.M.«l. S. 114); RegelSberger § 17 C. Vgl. Näheres noch oben § 70 Ziff. II11 b S. 611. *») § 131 Hyp.Ges.; § 6 E G. z. HyP.Ges. ") § 7 Abs. 2 und 3 E G. z. Hyp.Ges. **) § 167 Hyp.Ges.; M E. v. 26. Juli 1864, Ziff. II A Ziff. 3 Abs. 2. Vgl. hiezu auch unten im Abschnitt über Hypothekcession. Die Unterlassung der Vorlage ändert selbstredend die Wirkungen nicht, welche auS der Einschreibung in daS Hypothekenbuch gemäß dem OeffentlichkeitSprinzipe entstehen. *•) Art. 29,31 A.G. z. R.C.P.O. mit Art. 21 Abs. 3, 30 Abs. 2, 34 Abs. 1 Subh.Ordn. und Art. 44 und 45 Abs. 2 Nov. z. Subh.Ordn.; J.M.E. v. 13. Juli 1891, GeschäftSbehandlung bei den Hypothekenämtern, hier die Benachrichtigung der Schuldner über die Vormerkung von Arresthypotheken betr. (J.M.Bl. S. 161).

") Art. 31 Abs. 3 Subh.Ordn. Bezüglich Uebermittelnng eine- beglaubigten oder ergänzten Hypothekenauszuges an da» BollstreckungSgericht f. Art. 30 Abs. 1 SubhOrdn.

V. Kapitel.

Dar Pfandrecht.

717

gleichen Eintrages wegen auch an die anderen Hypothekenämter, bei denen Folien über Verbandobjekte bestehen, zu wenden habe.") 7. Das Hypothekenamt muß von der Einschreibung jeder an der Person des Gläubigers vorgegangenen Veränderung dem Hypothek­ schuldner Nachricht geben, damit dieser sich in seinen Zahlungen hienach richte"), ebenso von jeder Protestation oder Vormerkung dem Eigen­ tümer und demjenigen, gegen dessen Rechtsphäre sich dieselbe richtet.^')

§ 102. Der Antrag int Besonderen.

A. Dir «atra^terrchti,»»».') Die Berechtigung, Anträge an das Hypothekenamt zu stellen, kommt regelmäßig nur den an der Einschreibung beteiligten Privat­ personen, aüsnahmsweise jedoch auch öffentlichen Behörden oder gewissen amtlichen Personen zu. In Ansehung der erstgenannten Personen besteht keine Antragspflicht, in Ansehung der letztgenannten Personen steht regelmäßig der Antragsberechtigung auch die Antrags­ pflicht gegenüber. I. Die antragsberechtigten und-pflichtigen öffentlichen Behörden und amtlichen Personen: 1. Ist der Rechtsakt, auf welchem sich eine Besitzveränderung gründet, bei demselben Gerichte erfolgt, welches das zuständige Hypo­ thekenamt ist, so hat derjenige Richter, vor welchem sich dieser Rechts­ akt vollzog, von Amtswegen bei dem Hypothekenamte die Einschreibung der Besitzänderung im Hypothekenbuche zu veranlassen.^) “) 8 147 Hyp Ses. * *) § 157 HyP.Ges. Diese Vorschrift erstreckt sich auch auf Pfändungen (soferne nicht wegen § 730 Abs. 2 R.C.P.O. ihre Befolgung überflüssig erscheinen mag) und Berpfändungen von Hypothekforderungen: Bl. f. R.A. XLIV. 312. Bgl. ferner J.M.E. v. 22. Nov. 1871, den Vollzug des § 157 HyP.Ges. betr. (J.M.Bl. S. 319; SB. IX. S. 157), wonach die Benachrichtigung des Schuldners durch das Hhpothekenamt dann unterbleiben kann, wenn derselbe bei Beurkundung des TesstonS-

vertrageS anwesend war und in der Urkunde erklärt hat, daß et von dieser Cession Kenntnis nehme, also alS Beteiligter im Sinne deS Art. 15 Abs. 5 Rot Ges. an­ zusehen ist; dagegen enthebt ein Verzicht deS Ledenten oder CessionarS auf Be­ nachrichtigung deS Schuldners von der vollzogenen Cession das Hypothekenamt seiner Verpflichtung nicht; ebensowenig die Zusicherung der Beteiligten, den Schuldner selbst benachrichtigen zu wollen oder ein in die Notariat-urkunde aufaenommener Antrag wegen Benachrichtigung deS Schuldners durch den Notar. — Die Nachricht­ erteilungen darf daS Hypothekenamt nicht dem Notar auftragen, sondern muß sie selbst vornehmen: J.M.E. v. 26. Juli 1864 II. B Ziff. 7. 1 T) § 108 HyP.Ges.; Gönner II. S. 82. * ) Regelsberger § 24 Zisf. I und II. * ) Bezw. falls er selbst Hypothekenrichter ist, von AmtSwegen vorzunehmen,

indes wohl nicht gegen den Willen der Beteiligten: Bl. f. R A. XLVIII. 377; § 139 HyP.Ges.; J.M.C. v. 2. Juni 1855, die Brsitzveränderungen bei dem Absterbm von Eheleuten betr. (Zritschr. f. Ges.Geb. u. RechtSpfl. II. @. 131): J.M.E. v. 20. Juni 1869, der § 98 Abs. 1, §§ 136, 139 HyP.Ges. betr. mit oberstrichter­ licher Erk. v. 25. Jan. 1869 (J.M.Äl. S. 150). Zum Ganzen s. auch Gönner II. S. 243 und Ztschr. f. Rot. 1869 S. 201 über Haftung des Richters im Falle einer Unterlaffung.

Vermögensrechte. — Erstes Hauptftück.

718

DaS Sachenrecht.

2. Die Einschreibung sowohl der den kuratelmäßigen Personen auf den Immobilien ihrer Vormünder und deren Bürgen, bezw. ihrer Eltern, als der einer minderjährigen Braut auf den Immobilien ihres Bräutigams gesetzlich zustehenden Hypothek, hat die Bormundschastsbehörde bei Meidung eigener Haftung zu beantragen?)

3. Das Vollstreckungsgericht hat in der Zwangsvollstreckung über das unbewegliche Vermögen von Amtswegen die Eintragung bezw. Vormerkung der Beschlagnahme eventuell auch des auf den Schuldner noch nicht berichtigten Befttztitels, sowie nach Beendigung dieser Zwangs­ vollstreckung die zur Bereinigung des Hypothekenbuchs erforderlichen Einschreibungen in dasselbe, insbesondere die etwa erforderliche Löschung der Beschlagnahme zu veranlassen?) 4. Im Falle die Konkursmasse unbewegliches Vermögen des Gemeinschuldners in sich begreift, hat der Gerichtsschreiber des Konkursgerichtes die Eintragung des Konkurseröffnungsbeschlusses, ebenso des Beschlusses auf Aufhebung, Einstellung oder Wiederaufnahme des Konkurses von Amtswegen bei dem Hypothekenamte zu veranlassen; im Falle das zur Konkursmasse gehörende unbewegliche Vermögen oder ein Teil desselben im Hypothekenbuche noch nicht eingetragen ist, hat der Konkursverwalter die Gntragung bei dem Hypothekenamte zu veranlassen?) 5. Sind nach dem Einträge des Konkurseröffnungsbeschlusses in das Hypothekenbuch noch weitere Verfügungen des Objektbesitzers oder bei überschuldeter Erbschaft nach Antritt derselben mit der Rechtswohlthat des Inventars wegen Erbschaftsschulden noch Hypo­ theken auf den zur Erbschaft gehörigen Immobilien zum Nachteile der übrigen Erbschaftsgläubiger dortselbst jeweils in unzulässiger Weise eingetragen worden, so kann die Löschung solcher verspäteter Einträge vom Konkursverwalter oder dem Gerichte, welches in Behandlung der überschuldeten Erbmasse zuständig ist, verlangt werden?) 6.

Im Falle der zwangsweisen Pfändung einer Hypothekforderung

-) 8 12 Biff. 5-7; § 104 Biff. 4 und 6 Hyp.Ges. - In 8 104 Bff. 5 Hyp-Grs. ist auch dem Gerichte, welche- die Ehepakten ausgenommen hat, ein Recht zum Antrag aas Einschreibung der Hypothek der Ehesrau eingeräumt. Ob dieses Antragsrecht nunmehr aus die Notare übergegangen ist, nachdem die Eheverträge jetzt notariell beurkundet werden müssen, ist zwetselhaft und m. E. zu verneinen, da gerade daS einschlägige Ges. v. 6. Mai 1890 betr. die Formen einiger Rechts­ geschäfte jede Bevormundung der Beteiligten ausschließen will. Ebenso Gütl, Hyp. Ges. Änm. zu 8 104. A. M. Roth, b. C.R. II. S. 439 Nt. 20, dessen dortige Annahme für die damalige Zeit völlig unzutreffend ist. 4) 8 104 Biff. 6 Hyp.Ges.; Ari. 30, 94,122, 130 Abs. 2, 156 Subh.Ordn.; auch Art. 12 und 71 Subh.Ordn. •) 8 104 Biff. 6 Hyp.Ges.; § 106 R.K.O.; Art. 33 A.G. z. R.C.P.O. •) 8 104 Biff. 6 Hyp.Ges.: 88 73— 75 Hyp.Ges.; 8 iev a. a. O. mit Art. 123 Biss 5. A.G. z. R C.P.O. — Bezüglich der Beschlagnahme zum Zwecke der Zwangsvollstreckung vgl. jetzt Art. 33 Abs. 2 Subh.Ordn.; für diese hat 8 73 Hyp.Ges. keine Bedeutung.

hat das Vollstreckungsgericht die Eintragung der Pfändung im Hypo­ thekenbuche von Amtswegen zu veranlassen?)

7. Die Löschung einer amortisierten Hypothek hat das Gericht, welches das Ausschlußurteil erlassen hat, von Amtswegen zu ver­ anlassen?)

8. Die Notare haben in allen Fällen, in denen nach Maßgabe der von ihnen aufgenommenen Urkunden eine Einschreibung in das Hypothekenbuch erforderlich ist, jene zum Zwecke des Vollzuges dem Hypothekenamte vorzulegen, überdies bei allen von ihnen beurmndeten Besitzveränderungen an unbeweglichem Vermögen schlechthin dem Hypothekenamte durch Uebersendung der Urschrift der betreffenden Urkunde Kenntnis zu geben?) II. Die antragsberechtigten Privatpersonen: 1. Jede Person, welche aus der im Hypothekenbuche zu machen­ den Einschreibung unmittelbar berechtigt oder verpflichtet wird, kann Anträge auf Vornahme dieser stellen, soferne sie nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zur Vornahme des konkreten Geschäftes be­ fähigt ist?) Nur Minderjährige können die Einschreibung der ihnen auf den Immobilien ihrer Vormünder und deren Bürgen bezw. ihrer Eltern gesetzlich zustehenden Hypothek selbst beantragen?) An Stelle der handlungsunfähigen Personen besitzen sonst deren gesetzliche Ver­ treter die Antragsberechtigung. 2. Jede Privatperson, welche an der Einschreibung einer That­ sache zu Gunsten eines Anderen ein rechtliches Interesse hat, ist für die Einschreibung, auf welche sich ihr rechtliches Interesse bezieht, antrags­ berechtigt, daher kann insbesondere^):! ___ a) der Gläubiger eines Schuldners, dem eine zur Hypothek berechtigte Forderung zusteht, wenn er aus deren Unter­ lassung an ihren Forderungen einen Schaden zu befürchten hat und diesen glaubhaft machen kann"), die Einschreibung der Hypothek seines Schuldners verlangen; ’) 8 104 Biff. 6 Hyp.Ges.; § 731 R-C-P O.; Art. 124 A G. R.C.P.O. ') 8 104 Biff. 6 Hyp.Ges; 8 82, 166 Hyp.Ges. mit Art. 123 Biff. 3 und 6 A G. z. R.C P.O.; vgl. hiezu unten im Abschnitte über Erlöschen der Hypotheken (Abt. n). ’) Art. 12 Abs. 2, Art. 15 Not.Ges. und die oben 8 101 Nt. 9 S. 715 gegebenen Zitate. Um ein Antragsrecht und eine Antrag-pflicht im eigentlichen Sinne handelt e- sich hier nicht; denn fall- die Beteiligten in bett Urkunden den hypothekenamtlichen Vollzug nicht beantragt bezw. nicht gewollt haben, hat die Antragstellung des Notar- keine weitere Bedeutung. •) Gönner II. S. 57; Regelsberger 8 24 Biff- HL ») 8 12 B'ff. 5, 8 104 Biff. 4 Hyp.Ges. *’) 8 104 Ziff. 1-3 Hyp.Ges. will die hieher gehörigen Fälle nicht er­ schöpfend aufzählen (verbis: „insonderheit"); vgl. Gönner IL S. 57, 58, welcher noch einige weitere Beispiele giebt. “) 8 104 Biff. 1 Hyp.Ges; Regelsberger 8 24 Biff. m. 3a.

720

Vermögensrechte. — Erste- Hauptstück.

Das Sachenrecht.

b) ebenso der Bürge des Schuldners, wenn der Gläubiger sein Recht auf Erwerbung einer Hypothek nicht au8ü6t18); c) unter mehreren Mitgläubigern einer Forderung jeder einzelne die Einschreibung einer Hypothek auf die ganze Forderung im Namen aller Mitgläubiger verlangen"); d) die Einschreibung der einer Ehefrau auf den Immobilien . ihres Ehemannes zustehenden gesetzlichen Hypothek jeder Verwandte der Ehefrau beantragen.") 3. Die Einschreibung der den kuratelmäßigen Personen auf den Immobilien ihrer Vormünder und derer Bürgen, sowie der den Minder­ jährigen auf den Immobilien ihrer Eltern gesetzlich zustehenden Hypo­ theken kann wegen des den kuratelmäßigen Personen gebührenden öffent­ lichen Schutzes jeder Verwandte und sonstiger Dritte beantragen.") 4. Jede antragsberechtigte Privatperson kann die Anträge vor dem Hypothekenamte durch Bevollmächtigte stellen lassen, soweit sie nach bürgerlichem Rechte zur Erteilung einer Vollmacht befähigt ist")

B. Die 8tgttiM«tien M Autragstellrr». Jeder Antragsteller muß sich vor dem Hypothekenamte in ent­ sprechender Weise legitimieren, d. h. über seine eigene Person und eventuell über seine Vertretungsbefugnis ausweisen. 1. Allgemeiner Grundsatz ist, daß dem Gerichte unbekannte Personen ihre Identität durch obrigkeitliche Zeugnisse oder auf andere Art und Weise glaubhaft machen müssen.") 2. Die gesetzlichen Vertreter handlungsunfähiger Personen müssen sich über ihre gesetzliche Vertretungsbefugnis entsprechend den Bestimmungen der für sie geltenden Gesetze ausweisen, soferne nicht ihre Vertretungsbesugnis schon in der etwa vorgelegten Notariats­ oder gerichtlichen Urkunde bestätigt ist oder auf Grund der bestehenden Rechtsnormen sich ohne weiteres ergiebt.") ") § 104 Zisf. 2 HyP.Ges. 1S) § 104 Ziff. 3 Hyp.Ges.; vgl. auch § 154 HyP.Ges., welcher den Fall betrifft, daß eine bereits eingetragene Hypothekforderung an mehrere Gläubiger fällt. ") § 12 Ziff. 6; § 104 Ziff. 5 Hyp.Ges. ") § 12 Ziff. 5 und 7; tz 104 Ziff. 4 Hyp.Ges. Bgl. hiezu Gönner II. S. 59. '") § 103 Hyp.Ges. n) z. B. durch dem Gerichte bekannte und glaubwürdige Leute (Gönner II. S. 56). § 103 Abs. 2 Hyp.Ges. Diese Vorschrift ist völlig unabhängig von der in Art. 62 Not.Ges. gegebenen: Gönner III. S. 143, vgl. oben § 70 lit. L Ziff. II, 3 d @. 501. **) So z. B : Die Vertreter der Handelsgesellschaften legitimieren fich durch einen beglaubigten Auszug aus dem Handelsregister über ihre Bertretungsbesugnis (Art. 42 E.G. z. H.G.B. v. 10. Nov. 1861 [®. V S. 397; B. S. 155] mit M E. v. 29. März 1863, die Benützung der HandelSregisterextratte alS Nachweis der Aktivlegitimation bei Hypothekforderungen betr. fJ.M.Bl. S. 581], die Ver­ treter anerkannter Vereine durch ein Zeugnis des BereinsgerichteS, daß sie alS Vertreter des betreffenden Vereines vorschriftsmäßig angemeldet sind (Art. 15 des Ges. betr. die Privatrechtliche Stellung der Vereine vom 29. April 1869 kW. vm S. 60], vgl. oben § 53 Ziff. IV b Abs. 4 S. 362), die Vertreter der

Erwerbs-und Wirtschaft-genossenschaften durch Borlage einer Bescheinigung deS RegistergerichteS, daß sie al- Mitglieder deS Vorstandes in da- GenoffenschastSregister eingetragen sind (§ 26 deS R G. betr. die Erwerbs- und WirtfchaftSgenosienschasten vom 1. Mai 1889 [ö. XIX S. 666]; auch ein diesbezüglicher ÄuSzug aus dem GenoffenschaftSregister wird als „Bescheinigung deS Gerichtes" gelten können: Pröbst, Komm. z. Ges. v. 1. Mai 1889 zu tz 26 Nt. 4 a. E.; bezüglich der Geschäftsführer der Gesellschaften mit beschränkter Haftung vgl. § 35, § 8 Ziff. 2, § 39 deS R G. über die Gesellschaften mit beschräntter Haftung vom 20. April 1892 (R GBl. S. 477); die Vertreter der Innungen durch Borlage einer Bescheinigung der Gemeinde- bezw. Aufsichtsbehörde (§ 88 Abs. 2, § 101 Abs. 3 R.Gew Ordn. in der Faffung v. 1. Juni 1891); über die Legitimation der Ver­ treter solcher Vereine, die nicht juristische Personen sind, vgl. besonders Bl. f. R.A. LIV, 26 und oben § 51 Zff. 2 mit Nt. 19 S. 346, 347. Bezüglich der land- und forstwirtschaftlichen BerufSgenoffenschasten vgl. Art. 8 des b. A.G. v. 5. April 1888 (W. XIX S. 13) zum R.G., betr. die Unfall- und Krankenversicherung der in landund forstwirtschaftlichen Betrieben versicherten Personen v. 5. Mai 1886 (W. VII S. 721). Bezüglich der sonstigen BemfSgenoffenschasten vgl. Art. 23 Abs. 3 deS UnsallversicherungSgesetzeS v. 6. Juli 1884 (W. XVIS. 568); § 3 deS AuSdehnungSgesetzeS hiezu v. 28. Mai 1885 (W. XVII. S. 264); § 12 und 16 deS BauunfallversicherungSgesetzeS v. 11. Juli 1887 (W. XVUI. S. 435). S. ferner § 47 Abs. 3 deS JnvaliditätS- und Altersversicherungsgesetzes v. 22. Juni 1889 (XIX. S. 616); § 36 Abs. 2, §§ 64, 72 deS ReichSkrankenversicherungSgesetzeS v. 16. Juni 1883/10. April 1892 (R G Bl. S. 417); § 17 Abs. 2 deS ReichShilfSkaffengesetzeS v. 7. April 1876 (W. XI. S. 506), Art. 108, 109 mit 103, Art. 184 deS Berggesetzes v. 20. März 1869 (W. VII. S. 606). Nach Art. 18 deS Ges. v. 21. April 1884 die LandeSkutturrentenanstalt betr. (W. XVI. S. 490) wird die Bewilligung zur Löschung der für die Dar­ lehen und Kulturrenten eingetragenen Hypotheken von der AnstaltSverwaltung durch schriftliche Erklärung erteilt. Bezüglich FiSkuS f. oben § 45 Ziff. III S. 299, 300; OrtSgemeinden s. oben 8 55 S. 406; DistriktSgemeinden oben 8 55 S. 414; KreiSgemeinden oben 8 55 S. 407; Kirchengemeinden 8 56 S. 425, 432; Kirche 8 57 S. 433,435, 436; Stiftungen 8 47 Ziff. 2 S. 309; 8 48 Ziff. I, 2 S. 323, Ziff. II S. 324; Ziff. IN, 2 S. 325 ff. (weltliche Stiftungen); 8 49 A. Ziff. I S. 328, Ziff. II S. 329; Ziff. III S. 329 ff.; B. Ziff. I—IN S. 341, 342 (KuttuSstiftungen). Hiezu sei, wenngleich nicht ausschließlich hieher gehörig, hin­ sichtlich der Abquittierung und Löschung heimgezahlter Hypothekenund BodenzinSkapitalien der Gemeinden, örtlichen Stiftungen, Kirchen-, Pfründe- und unmittelbaren Stiftungen gleich folgendes er­ wähnt: 1. Die Erteilung der Bewilligung zur Löschung von Hypothekforderungen und BodenzinSkapitalien der Gemeinden und örtlichen Stiftungen im Hypothekenbuche darf nur auf Grund eines nach Maßgabe der Gemeinkeordnung giltiaen Be­ schlusses der betreffenden Verwaltung erfolgen. Die auf Gmnd dieses BeschluffeS unter Verzicht auf nochmalige Vernehmung zum Hypothekenprotokolle abzugebende schriftliche LöschungSbewilliaung ist in Gemeinden mit städtischer Berfaffung von dem Gemeindevorstande und Kassier, in den übrigen Gemeinden von dem Gemeinde­ vorstande (Bürgermeister oder Beigeordneten) und zwei Ausschußmitgliedern zu unterzeichnen und mit dem Gemeindefiegel zu versehen. Hiebei ist auf den vorausgeaangenen BerwaltungSbeschluß unter Angabe des Datums desselben Bezug zu nehmen. Den Gemeinden und StistungSverwaltungen ist zur Pflicht gemacht, Bei Erteilung von Löschungsbewilligungen dem Hypothekenamte die betreffende Ur­ kunde zum Zwecke der Kassierung oder, wenn nur eine teilweise Abzahlung in Frage steht, behufS Berichtigung vorzulegen: M.Bek. v. 12. März 1883 die KapitalSausleihungen der Gemeinden und Stiftungen betr. (W. XVII. S. 75; J.M.Bl. S. 84). 2. Die Abquittierung bei Kirchen-, Pfründe- und unmittelbaren Stiftungen halt durch die betreffende StistungSverwaltung zu geschehen; in diese Quittung ist aufzunehmen, daß die Löschung deS heimgezahlten Kapitals im Hypothetenbuche bewilligt und auf nochmalige Vernehmung zum Hypothekenprotokolle verzichtet werde. Bei den der Fürsorge der Kirchenverwaltungen anvertrauten Kultusstiftungen erfolgt Becher, LandeScivilrecht und LandeScivilprozeßrecht.

46

722

Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

Da» Sachenrecht.

3. Handeln Bevollmächtigte für die Beteiligten oder ihre gesetzlichen Vertreter vor dein Hypothekenamte, so ist1’*) * 4 S.

a) eine vermutete, selbst mangelhafte Vollmacht genügend, soferne die Handlung des Bevollmächtigten die Erwerbung oder Erhaltung eines Rechtes für den vertretenen Beteiligten zum Zwecke hat”), b) eine rechtsförmliche (die Handlung bestimmt ausdrückende) Spezialvollmacht erforderlich, f»ferne durch die Handlung des Bevollmächtigten der vertretene Beteiligte verpflichtet oder ein Recht desselben aufgegeben oder beschränkt werden soll. Zur Rechtsförmlichkeit der Vollmacht gehört regelmäßig notarielle Beurkundung derselben’1); der Fiskus, öffentliche Korporationen und Stiftungen können jedoch rechtsförmliche Vollmachten ohne notarielle Beurkundung lediglich mit ihrem Siegel und der Unterschrift ihres Vorstandes ausstellen.”) c) die ungenügende Vollmacht hindert nicht die Einschreibung einer Vormerkung oder Protestation, wohl aber die defini­ tive Einschreibung”) und kann durch eine noch vor der definibie Abquittierung und die Löschung-bewilligung auf Grund eine» Beschlusses der Kirchenverwaltung, dessen AuSfettigung nur die Unteffchnft de» VerwaltungsVorstandes bedarf. Die Quittungen und Löschungsbewilligungen der erstgenannten Stiftungen sind mit dem amtlichen Siegel der betreffenden Verwaltung, (»ferne diese ein solche» führt, zu versehen und bedürfen zu ihrer Giltigkeit der Kuratelgenehmigung. Den Verwaltungsorganen der erstgenannten Stiftungen ist zur Pflicht gemacht, bei Etteilung von Löschung-bewilligungen dem Hypothekenamte die betreffende Urkunde zum Zwecke der Kassierung oder, wenn eine teilweise Ab­ zahlung in Frage steht, behuf» Berichtigung vorzulegen: M.Bek. v. 14. März 1885, die Abquittierung bezahlter Hypothekforderungen der Kirchen-, Pfründe- und unmittelbaren Stiftungen bett. (W. XVII. S. 76; J.M.Bl. S. 85). Bei pro­ testantischen Psarrstistungen erfolgt die Genehmigung der Abquittiemng und Löschung-bewilligung durch da- einschlägige protestantische Konsistorium, im Dekanat-bezirke München durch da- protestantische Oberkonststorium: M Bek. vom 4. Mai 1891 gleichen Lett. (W. XVII. S. 77 Nt. 3; J.M.Bl. S. 90). 3. endlich vgl. noch zu Ziff. 1 u. 2: M.E. v. 2. April 1885 gleichen Bett. (W. XVII. S. 76 Nt. 1; J.M.Bl. S. 83) und 5. Nov. 1886 gleichen Bett. (W. XVII. Nt. 2; J.M.Bl. S. 252). ") § 103 Abs. 1 Hyp Ges. so) Grund ist, „weil die künftige Genehmigung von Seite desjenigen, dem die Handlung zum Votteil gereicht, vorausgesetzt werden tarnt, und eS von ihm abhängt, durch Verzicht auf den erlangten Votteil die Handlung ungeschehen zu machen": Gönner II. ®. 54. ’*) Art. 16 Not Ges. mit Kap. VII ß 2 Nr. 4 und 5 der b. Ger.Ordn.; RegelSberger § 24 Ziff. III, 1. Aus Art. 14 Not Ges. kann nt. E. die Notwendig­ keit notarieller Vollmacht hier nicht abgeleitet werden, da es sich nicht um eine Vollmacht zum Abschlusse deS Bettrages, sondern außerhalb deS Bettrages zur Antragstellung vor dem Hypothekenamt handelt; a. M. vermutlich Gönner III. S. 142, 143. Vgl. hieher auch J.M.E. v. 30. Nov. 1863, die Errichtung der Prozeßvollmachten bett. (J.M.Bl. S. 215). ”) RegelSberger § 24 Ziff. III, 1 Abs. 2; Gönner III. S. 142; Ztschr. f. Rot. I S. 342. **) Vgl. unten § 105.

V, Kapitel.

Das Pfandrecht.

723

tiven Einschreibung in das Hypothekenbuch erfolgende Ge­ nehmigung des vertretenen Beteiligten ersetzt werden^), d) Notare und Gerichte bedürfen für ihre Vorlagen an das Hypothekenamt keiner weiteren Legitimation als die Anführung ihres Amtscharakters in der Vorlage. C. Form und Inhalt der Anträge.

I. Die Anträge und Gesuche an das Hypothekenamt können mündlich oder schriftlich gestellt werden; mündliche Anträge sind zu Protokoll zu nehmen.^) Regelmäßig pflegen indes die an das Hypo­ thekenamt zu stellenden Anträge schon in die diesem etwa vorzulegende Notariatsurkunde ausgenommen werden?o) Eine sonstige Form ist für Anträge und Gesuche nicht vorgeschrieben. II. Die notariellen Vorlagen an das Hypotheken am t insbesondere. Bei Aufnahme solcher Urkunden, auf Grund derer eine Ein­ schreibung im Hypothekenbuch stattfinden soll, hat der Notar besonders dar­ auf Bedacht zu nehmen, daß alle Verhältnisse, aus denen sich Hindernisse des hypothekenamtlichen Vollzugs der Notariatsurkunde ergeben könnten, berichtigt sind, daß die hypothekenamtlichen Geschäfte vhlle wiederholte Vernehmungen oder sonstiger Zwischenhandlungen vollzogen werden können, daher insbesondere die in die Urkunde aufzunehmenden Er­ klärungen der Beteiligten, welche die Stelle der in das Hypotheken­ protokoll aufzunehmenden Erklärungen vertreten sollen, auf eine den Vorschriften des Hypothekengesetzes entsprechende Weise gefaßt fmi)27 24);25 26 24) D. h. sofort nach dieser Genehmigung kann die definitive Einschreibung vollzogen werden. Vgl. hiezu auch Negelsberger § 24 Ziff. III, 1 Abs. 3, Gönner II. S. 55, 56. Ist die definitive Einschreibung bereits vor der Genehmigung geschehen, so bemißt sich die Frage der rückwirkenden Kraft derselben nach bürgerlichem Rechte: Gönner I. S. 221; II. S. 56 25) § 101 Hyp.Ges. Schriftliche Anträge werden zum Hypothekenprotokolle registriert: § 9 Ziff. 3 Jnstr. z. Hyp.Ges.; s. unten § 107. Bezüglich Osfizialanmeldungen s. auch § 47 Jnstr. z. Hyp.Ges. — Ueber Verbindung mehrerer An­ meldungen in einer Eingabe s. M.E. v. 25. Juli 1824 (Jnt.Bl. f. Oberbayern 1824 S. 607; bei Jungermann S. 11 Zisf. 11); über Anmeldung von Ver­ änderungen der Grundbelastung s. M.E. vom 28. Ott. 1852 (zit. bei Jungermann S. 11 Ziff. 13); bezüglich Anmeldung von Hypothekforderungen s. § 50 Jnstr. z. Hyp.Ges.; Anmeldung des Besitztitels bei Neuanlage eines Foliums § 51 Jnstr. z. Hyp Ges. 26) Vgl. hiezu Art. 11 Abs. 3 Not.Ges.; J.M.Bek. v. 7. Nov. 1864, die Anwendung des Art. 11 Abs. 3 Not.Ges. betr. (J.M.Bl. S. 258; W. VI. S. 381). 2'). Vgl. hiezu Art. 15 Abs. 3 Not.Ges.; § 69 Abs. 2 Jnstr. z. Not.Ges. J.M.E. v. 26. Juli 1864 Ziff. II A 3 und 4. Hier ist insbesondere noch her­ vorgehoben, daß die Notare die Beteiligten vorzüglich über die Bestimmungen der §§ 39, 40, 120 (Gutszertrümmerung, Abtrennung einzelner Objekte vom Folium), dann 99 (eheliches Güterrecht) Hyp.Ges. zu belehren hätten; auch Ziff. III Abs. 5 bezüglich ausdrücklichen Antrages auf Einschreibung einer Dispositions­ beschränkung im Falle eines Eigentumsvorbehaltes. — Die genaueste Befolgung aller dieser Bestimmungen ist im Interesse schleunigster Rechtshilfe von größter Wichtigkeit. — Ueber Vorlage der Katasterauszüge und Ummessungsoperate vgl. M.E. v. 23. Dez. 1877, die Einführung des Meterflächenmaßes betr. (W. XII. S. 202) Ziff. II und oben § 100 Nt. 5 S. 694 ff.

724

Vermögensrechte. —Erste? Hauptstück.

DaS Sachenrecht.

daß ferner alle erforderlichen Belege von den Beteiligten zum Zwecke der Mitvorlage an das Hypothekenamt beigebracht werden. Ebenso ist der Notariatsurkunde beizufügen, ob die für die Beurkundung ange­ fallenen Staatsgebühren bezahlt ftnb.28) Der Notar hat die dem Hypothekenamt, sei es zur bloßen Kenntnis oder zum Zwecke des Vollzuges, vorzulegenden Urkunden diesem in Urschrift zu übersenden.22) Die Uebersendung erfolgt regelmäßig mittels einfacher Begleit-Note2"); enthält eine Urkunde Mklärungen, deren Aufnahme eigentlich in den Wirkungskreis des Hypothekenamtes, und keine weiteren Erklärungen, deren Aufnahme zum ausschließlichen Wirkungskreise des Notars oder anderer öffentlicher Behörden oder Personen gehört, so kann die Urschrift dem betreffenden Hypothekcnamte, bei dem sie zu verbleiben hat, auch ohne besonderes Schreiben oder Note übersendet werden; jedoch ist hier auf der Urschrift selbst entsprechende Vormerkung zu machen.2') III. Alle für das Hypothekenamt bestimmten Schriftstücke sind ausdrücklich als Hypothekensache zu bezeichnen.22) IV. Der Inhalt der einzelnen Anträge und Gesuche kann je nach der Art der zulässigen Einschreibungen verschieden sein. Mit dem Anträge oder Gesuche müssen die Belege über alle jene Thatsachen eingereicht werden, auf deren Vorhandensein das Prüfungsrecht des Hypothekenamtes sich erstreckt, daher insbesondere dann, wenn die Existenz eines einzutragenden Geschäftes von der Erfüllung gewisser ’“) ß 69 Abs. 2 Jnstr. ,. Hyp.Ges.; Art. 261 deS Gebührengesetzes in der Fassung von 1892. ”) Ärt. 12 Abs. 3, Art. 15 Abs. 1 und 2 Not.Ges.; § 67 Jnstr. z. Not.Ges. mit J.M.E. v. 24. Ott. 1884, Besitzveränderungsanzeigen nach Art. 15 Abs. 1 Not.Ges. betr. (J.M.Bl. S. 189). — Eine Ansammlung der dem Hypothekenamte vorzulegenden Urschriften und periodische Uebersendung in größeren Masten von Seite der Notare ist unstatthaft; nur insolange darf die Vorlage verzögert werden, als noch Hindernisse dem hypothrkenamtlichen Vollzüge entgegenstehen und deren Beseitigung in nächster Zeit zu erwarten ist: J.M.E. v. 26. Juli 1864 Ziff. IIA 1. Hiebei ist jedoch die Bestimmung in Nr. 5 dieser M E. zu beachten, welche lautet: „Erfordert eine Notariatsverhandlung noch Ergänzungen, sind aber die gesetzlichen Voraussetzungen für den Eintrag einer Vormerkung oder Protestation im Hypothekenbuche bereits gegeben und erscheint solcher Eintrag nach den im einzelnen Falle obwaltenden Verhältnissen zur Sicherung der Beteiligten notwendig,

so hat der Notar diese hierauf aufmerksam zu machen und sich der Beurkundung und Uebermittelung deSfallsiger Anträge an daS Hypothekenamt auf Verlangen zu uutrrziehen, wobei eS keinem Bedenkm unterliegen kann, in der Hauptverhandlung den Anträgen der Beteiligten auf Besitztitelberichtigung, Hypothekeintrag, Löschung u. s. w. die vorsorglichen Anträge aus Eintragung einer Pro­ testation oder Vormerkung anzureihen und die Urschrift sodann mit Vorbehalt nachträglicher Beibringung deS zur förmlichen Eintragung noch Fehlendm, dem Hypothekenamte zur entsprechenden Amtshandlung vorzulegen." 8°) Diese Noten dürfen nicht auf die Urschriften gesetzt werden. 26. Juli 1864 Ziff. II A, 2.

J.M.E fr.

-») §§64, 75 Jnstr. z. Not.Ges.; J.M.E. v. 26. Juli 1864 Ziff. H A, 2.

”) J.M.E. v. 11. April 1872 Ziff. I Abs. 2.

V. Kapitel.

Das Pfandrecht.

725

Formen abhängig ist, der Nachweis der Erfüllung der vorgeschriebenen formen.33) Jeder Antrag auf definitive Einschreibung in das Hypothekenbuch enthält endlich kraft gesetzlicher Vermutung den Antrag auf Ein­ schreibung einer Vormerkung bezw. Protestation, soweit solche gesetzlich zulässig.3^

§ 103. Die hypothekenamtliche formale Behandlung der Anträge und Gesuche. I. Mündliche Gesuche, Anträge, wie alle Verhandlungen vor dem Hypothekenamte sind von diesem zu Protokoll zu nehmen?) II. Schriftliche Anträge und Gesuche werden kurz zum Protokolle adregistriert und mit der korrespondierenden Nummer des Protokolles versehen zu den Beilagen des Hypothekenbuches genommen*2). Nur bei den znrn Vollzüge übersendeten Notariatsnrkunden unterbleibt regel­ mäßig die Aufnahme einer Registratur; zu deu Beilagen werden sie nur dann genommen, wenn sie Bestandteile gerichtlicher Akten zu bilden haben?) III. Alle bei Gericht einlaufenden, vom Hypothekenamte zu er­ ledigendem Aktenstücke sind nnverzüglich und unmittelbar dem Hypo­ thekenbeamten vorzulegen, von diesem mit dem Tage des Einlaufes, in Fällen, wo es nach der Natur des Gegenstandes auf eine genauere Feststellung der Einlaufszeit ankommt, auch mit der Tageszeit, Stunde, Viertelstunde, Minute u. s. w. zu versehen, und unter Angabe der Einlaufszeit in das von ihm zu führende Tagebuch einzutragen, 3S) Vgl. schon oben Ziff. II; Regelsberger § 24 Ziff. IV a. E. Bei Antrag auf definitive Einschreibung einer Hypothek muß zwar die ihr zu Grunde liegende Forderung nicht belegt, wohl aber behauptet sein; das Erfordernis der Bescheinig­ ung kann hier nicht daraus abgeleitet werden, daß das Hyp.Ges. in § 30 Abs. 1 dies für die Vormerkung der Hypotheken verlangt. Ebenso Regelsberger a. a. O., welcher einen Beleg der Forderung nur bei Vormerkung von Hypotheken verlangt. Anderseits würde aber m. E. stets als Beleg die Hypothekbestellungsurkunde, soferne in ihr der Schuldner die Forderung erkennbar bezeichnet hat, genügen; s. hierüber auch unten über „Eintragung der Hypothek" in Abt. II. 34) § 106 Hyp.Ges.; J.M.E. v. 26. Juli 1864 Ziff. II B, 5. ') § 101 Hyp.Ges.; § 54 Abs. 2 Jnstr. z. Hyp.Ges. Jedoch sind schrift­ liche Verhandlungen soviel als möglich zu vermeiden (die mündlichen Verhand­ lungen sollen die Regel sein). Vgl hiezu Gönner II. S. 48, 49 oben § 103 lit. C S. 722. 2) § 9 Ziff. 3 Jnstr. z. Hyp.Ges. 8) J.M.Bek. v. 11. April 1872 (J.M.Bl. S. 126) Ziff. IV; Art. 11 Abs. 3, Art. 82 Abs. 2 und 3 Not.Ges.; § 75 Jnstr. z. Not.Ges. (einseitige Erklärung, durch welche die Bewilligung zur Löschung einer Hypothek erteilt oder einer jüngeren Hypothek der Vorrang eingeräumt wird, Anträge auf Einschreibung einer Vor­ merkung); autogr. J.M.E.' v. 30. Juli 1868 (zit. bei Enderlein, Mat. z. N.G. S. 331, nicht Erklärungen, durch welche der Gläubiger Grundstücke unter der Be­ dingung der Verpfändung anderer von dem Pfandverband befreit). Vgl. hiezu oben § 70 lit. B Ziff. II 11 c S. 511 und lit. D S. 523 und unten § 108.

726

Vermögensrecht«. — Erste- Hauptstück.

DaS Sachenrecht.

worauf auch die Tagebuchsnummer neben dem Präsentatum auf dem Schriftstücke zu vermerken ist. Für den Fall der Verhinderung des betreffenden Hypothekenbeamten muß dafür Sorge getroffen sein, daß trotzdem die Präsentation der Einläufe für das Hypothekenamt und deren Eintragung in das Tagebuch ungesäumt bewirkt werde, ferner, daß in Fällen, wo Einläufe, deren Erledigung bei dem Hypotheken­ amte eine obervormundschastliche oder sonstige gerichtliche Beschluß­ fassung vorauszugehen hat, in dieser Beziehung unverzüglich erledigt, und wenn dies nach Lage der Sache nicht möglich ist, dem Hypo­ thekenamte wegen allenfallsiger Wahrung der Priorität, vormerkungs­ weisen Einschreibung im Hypothekenbuche oder sonst veranlaßter vor­ läufiger Verfügung vorgelegt werden?) Für die Anmeldungen von Hypothekforderungen ist überdies durch das Hypothekengesetz vorgeschrieben, daß im Falle der Zusammen­ fluß der Anmeldungen so groß sein sollte, daß das Hypothekenamt diese an einem Tage nicht erledigen kann, dasselbe für die unerledigten Anmeldungen sogleich ein besonderes Protokoll anzulegen und hierin die sämtlichen Forderungen nach der Ordnung ihrer Anmeldung zu bemerken habe, um hiedurch den angemeldeten Forderungen den Vorzug nach dem Anmeldungstage zu erhalten?) Ob diese Protokollanlegung noch nach Einführung des Tagebuches zum Hypothekenbuche erforderlich sei, ist bestritten, durch oberstrichterliches Erkenntnis aber mit Recht verneint?) *) J.M.Bek. v. 11. April 1872 Ziff. I—III. „Die Präsentation des Ein­ lauf- geschieht durch Beisetzung des TageS, an welchem die Sache gelangte und hat beispielsweise zu lauten: „pr. 1. Oktober 1863". Diese Worte sind auf dem Einlaufstücke, und soferne dasselbe in mehrfacher Ausfertigung einkam, auch auf jeder weiteren Ausfertigung (dem Duplikate, Triplikate) oben rechts und zwar, wenn der Einlauf mittelst ProtokollarbefchlusfeS oder Randbemerkung einlangte, unmittelbar oberhalb deS Beschlusses bezw. dieser Randbemerkung mit Tinte beizusügen: § 2 Abs. n der Registratur- und Geschäftsordnung vom 20. Sept. 1863. Das Präsentatum ist auch nicht bloß aus die Begleitnoten der Notariatsurkunden, sondern auch auf diese selbst zu setzen: J.M.E. v 23. Juli 1869 (J.M.Bl. S. 170). — Ueber das Tagebuch s. unten § 106. 6) § 23 Abs. 3 und 4 Hyp.Ges. Bgl. hiezu unten im Abschnitt über Ent­ stehung der Hypothek unter „Eintragung der Hypothek" (Abt. II). *) Oberstrichterliches Erkenntnis v. 24. April 1866 (J.M.Bl. S. 102; Bl. f. R.A. XXXI. 336) und wohl die ganze Praxis. Zeitschr. s. d. Not. 1866 S. 273; 1871 S. 14; d. Not.Zeit. 1874 S. 166; 1878 S. 141; 1882 S. 30; Ortmau, Komm. z. Subh.Ordn. S. 60 Nt. 2, S. 64; Bl. f. R.A LUI. 369, 385; Erg.Bd. XII. 367. A. M. Regelsberger § 24 Ziff. IV Abs. 3; Ztschr. d. Anw.Ber. f. B. VI. 185; Hellmann, Komm. z. Subh.Ordn. S. 10; Bl. f. R.A. XLVII. 295,305; Lin. 177. In b. Not.Zeit. 1888 S. 93 wird vorgeschlagen, in solchen Fällen Vermerk in das Tagebuch dahin einzuschreiben: „Erledigung nach § 23 Abs. 3 Hyp.Ges. vertagt." Unrichtig ist es aber m. E., in daS Hypothekenbuch lediglich den Anmeldetag — wie Regelsberger a. a. O. billigt — nicht den Tag des Eintrags einzuschreiben; § 23 Hyp.Ges. läßt eine solche Abweichung von der Regel nicht zu und gleichgiltig ist sie mit Rücksicht auf daS Oeffentlichkeitspriuzip auch nicht (vgl. hierüber schon oben § 98 Ziff. 5 S. 677; § 100 Ut. C Ziff. II, 1 und unten im Abschnitte über die Eintragung der Hypotheken [96t. Uj); wohl aber ist in der

§ 104. Die hypothekenamtliche Prüfung der Anträge und Gesuche.

(Legalitäts- und Konsensprinzip)?) A. >llße»eiueS.

Die Prüfungsthätigkeit des Hypothekenamtes gegenüber den ein­ laufenden Anträgen und Gesuchen kommt in den beiden Prinzipien „Legalitäts- und Konsensprinzip" zum Ausdruck. Das Hhpothekenbuch als öffentliches Buch dient seinem Zwecke, für die materielle Richtigkeit der eingeschriebenen Thatsachen und Verhältnisse eine gewisse Gewähr zu bieten, nur dann, wenn dafür Sorge getragen ist, daß soweit als möglich nur materiell richtige Thaffachen und Verhältnisse zur Einschreibung gelangen. Anderseits läßt es sich wohl im Interesse der Rechtssicherheit kaum denken, daß einem öffentlichen Buche eine so weittragende Bedeutung überhaupt beigemessen werden könnte, wenn nicht durch solche Fürsorge eine gewisse Gewähr für die materielle Richtigkeit des Inhaltes der Einschreibungen geschaffen toäre. Dabei muß aber immer daran festgehalten werden, daß diese Fürsorge nicht in eine Art Bevormundung der Beteiligten, in eine Prüfung der Zweckmäßigkeit der einzuschreibenden Geschäfte ausarten darf, ander­ seits darf die auf die Prüfung der materiellen Giltigkeit der einzu­ schreibenden Geschäfte zu beschränkende Fürsorge auch den Verkehr selbst nicht zu sehr erschweren. Das bayerische Hypothekenrecht hat die dem Hypothekenbeamtcn auferlegte Prüfungsbefugnis und Prüfungs­ pflicht ohne allen Zweifel nicht auf eine Prüfung der Zweckmäßigkeit der Geschäfte ausgedehnt, wohl aber Prüfungsrecht und Prüfungspflicht des Hypothekenbeamten in Ansehung der materiellen Richtigkeit der einzuschreibenden Geschäfte anerkannt, im Prinzipe freilich die Grenzen hier gesetzlich nicht genügend festgelegt, so daß diese teilweise unter Zuhilfe­ nahme allgemeiner civilrechtlicher und prozeßrechtlicher Grundsätze ge­ zogen werden müssen. Dieses System, die einzuschreibenden Thatsachen und Verhältnisse auf ihre gesetzliche Giltigkeit, ihre Gesetzmäßigkeit (Legalität) der hypothekenamtlichen Prüfung zu unterstellen, nennt man das Legalitätsprinzip. Eine weitere formelle Garantie für die mate­ rielle Richtigkeit der Einträge, eine Unterstützung des Legalitätsprinzipes bildet noch das Konsensprinzip; es hat den formalen Zweck, wenig­ stens das Recht auf die definitive Einschreibung außer allen Zweifel zu stellen?) B. DaS LkgalitätSpriazip.

Das Lcgalitätsprinzip hat im bayerischen Hypothekenrechtc vor allem in den allgemeinen Gesetzesworten Ausdruck gefunden: „Der Anmerkungskolumne daS von der Regel abweichende Rangverhältnis entsprechend auszudrücken; vgl. oben § 100 91t. 65 S. 710. ') RegelSberger §§ 25, 26. *) RegelSberger § 26 Ziff. I.

728

Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

Das Sachenrecht.

Hypothekenbeamte hat jedes bei dem Hypothekenamte angebrachte Gesuch sorgfältig zu prüfen, ganz unstatthafte Gesuche sogleich ab­ zuweisen. Im einzelnen ergeben sich hiezu folgende Sätze.

1. Prüfungsrecht und Prüfungspflicht haben sich darauf zu er­ strecken, ob nach hypothekenrechtlichen Grundsätzen der Antrag formal in Ordnung, insbesondere ob das angegangene Gericht örtlich und sachlich zuständig ist, ob Identität der Sache, des Antragstellers gegeben, ob der Antragsteller antragsberechtigt und der Vertreter ge­ hörig legitimiert bezw. bevollmächtigt, ob der Antrag entsprechend belegt ist, ob etwa eine genügende und die behauptete Veranlassung zur Anlage eines Foliums besteht/)

2. Prüfungsrecht und Prüfungspflicht haben sich ferner darauf zu erstrecken, ob der Inhalt des Antrages im Hinblick auf seine Art nach hypothekenrechtlichen Grundsätzen sich überhaupt zur Einschreibung eignet, ob also überhaupt eine eintragungsfähige juristische Thatsache, ein eintragsfähiges Rechtsverhältnis vorliegt/) Nur insoweit eine solche juristische Thatsache, ein solches Rechtsverhältnis den Inhalt des Antrages bildet, ist noch eine weitere Prüfungsthätigkeit veranlaßt. In diesem Falle erstreckt sich dann die Prüfungsthätigkeit aber nicht bloß auf das im Hinblick auf Form und Inhalt giltige Entstehen der juristischen Thatsache bezw. des Rechtsverhältnisses, sondern auch auf die Frage der zur Einschreibung erforderlichen Wirksamkeit derselben?) 3. Prüfungsrecht und Prüfnngspflicht haben sich nicht bloß auf die giltige Entstehung und die Wirksamkeit der c i n z u schreibenden juristischen Thatsache, des einzuschrcibenden Rechts­ verhältnisses, sondern kraft positiver Rechtsvorschrift auch auf solche juristische Thatsachen und Rechtsverhältnisse, durch deren giltige Entstehung und Wirksamkeit die Giltigkeit und Wirk•) § 105 Hyp.Ges. Weitere Anhaltspunkte bieten insbesondere die §§ 30, 96, 97, 99 Ziff. 1, § 106, §§ 140—142, 146 Hyp.Ges. *) Vgl. hiezu § 97 lit. B und C S. 669 (Zuständigkeit), § 102 S. 717 (Antragsteller); § 99 lit. B Ziff. II S. 678 (Folienanlage),- Gönner II. S. 33, 34, 346. Siehe besonders bezüglich „Belege" § 140 Hyp.Ges. (Vorlage der Besitz­ titel in Urschrift), §§ 141,142,161 Abs. 2,153 Hyp.Ges.; Lehner, H-A.O- S. 150. 5) Vgl. hiezu auch RegelSberger § 25 Ziff. 1; Lehner, H-A.O. S. 150 und oben § 99 Ziff. IV S. 681. *) Vgl. hiezu auch Gönner III. S. 135; Lehner, H.A.O. S. 150. Das Hypothekenamt hat daher nicht bloß die Giltigkeit des BerpfändungSvertrages zu prüfen, sondern auch die Frage, ob hiezu nicht die Zustimmung eines Dritten, z- B. des Lehensherrn, deS Ehegatten, erforderlich und vorhanden ist; vgl. hiezu besonder» § 97, § 99 Ziff. 1, § 106 Hyp.Ges.; § 15 Ziff. 2 Jnstr. z. Hyp.Ges. Bezüglich der Formen der Rechtsgeschäfte ist heute besonders Art. 14 Not.Ges. von Bedeutung (s. oben § 72 S. 539 ff.); vgl. hieher auch § 140 Hyp.Ges. und hiezu Gönner II. S. 245, welcher die Worte „die Urkunde müsse so beschaffen sein, daß auf den Grund derselben daS Eigentum übertragen werden kann", speziell von der Förmlichkeit der Urkunde versteht.

V. Kapitel.

Das Pfandrecht.

729

samkeit jener bedingt ist, zu erstrecken. Daher umfaßt insbesondere bei einzuschreibenden dinglichen Rechtsvorgängen, wie Eigentumsüber­ gang und Hypothekbestellung, die Prüfungsthätigkeit auch das zu Grunde liegende obligatorische Rechtsgeschäft, die zu Grunde liegende obligato­ rische juristische Thatsache (Kauf-, Tausch-, Schenkungsgeschäft, Hypothektitel)^), bei Hypothekbestellungen wegen der accessorischen Natur der Hypothek auch die ihr zu Grunde liegende Forderung?) 4. Diese Prüfungsthätigkeit kann aber innerhalb des bezeichneten Rahmens nie so weit gehen, daß sie in die nach bürgerlichem Rechte zulässige und nach Hypothekenrecht nicht versagte freie Vispositions­ befugnis der Beteiligten einareift. Die Prüfung des Hypotheken­ amtes darf daher nie solche Gründe in ihren Bereich ziehen, welche den zu prüfenden Rechtsakt nur auf Geltendmachung des Ungiltigkeits­ grundes seitens der Beteiligten hin für ungiftig erscheinen lassen, da­ her nicht Gründe der bloßen Anfechtbarkeit oder relativen Nichtigkeit, wie Betrug, psychischer Zwang, Furcht, Irrtum im Motiv, Simula­ tion u. s. w., sondern nur Gründe der absoluten Nichtigkeit eines Rechts­ aktes, so insbesondere Mangel wesentlicher Formen und Essentialien des Rechtsaktes, Verstoß gegen die öffentliche Ordnung und Sittlich­ keit, absolute Unmöglichkeit des Rechtsgeschästes, Mangel der Rechts-, Handlungs-und Dispositionsfähigkeit der Zustimmung des gesetzlichen 7) Bgl. hiezu besonders § 140 Hyp.Ges.: „Außer diesem Falle (§ 139 Hhp.Ges.) darf das Hypothekenamt die Eintragung (des neuen Eigentümers) nur dann vollziehen, wenn demselben über die Besitztitel die Urkunden m Urschrift vor­ gelegt werden und diese so beschaffen sind, daß auf den Grund derselben daS Eigen­ tum von dem einen auf den anderen übergehen kann". Diese GesetzeSstelle beS sich aber nach E. d. obst. L.G. XII. 63, XIV. 238, XV. 345 nicht auf die mlage von Folien (unter Bezugnahme auf § 4 E G. z. Hyp.Ges., welcher sich nicht bloß auf die erstmalige Anlage von Folien überhaupt, sondern auf jede Neuanlage eines FoliumS bezieht); a. M. Bl. f. R.A. LV. 369; b. Not.Zell. 1891 S. 54; s. auch oben § 100 Nt. 330. Ueber die Bedeutung dieser Erwerbsnachweise vgl. d. Not.Zeit. 1881 S. 104. Ueber § 140 Hyp.Ges. und Art. 21 Subh.Ordn. vgl. d. Not.Zeit. 1881 S. 168, 204, 285 und 378-703. — Ferner § 141 Hyp.Ges.: „Bei Erbschaften wird entweder ein gerichtlicher Teilungsbrief oder ein Zeugnis des über die Berlassenschaft zuständigen Gerichtes darüber erfordert, daß die Sache durch Erbrecht oder letztwillige Verfügung an den neuen Besitzer gekommen ist"; § 142 Hyp.Ges.: »Mrd die Eintragung des Besitzlitels vermöge eines richterlichen Urteils verlangt, so ist mit deffen Borlage nachzuweisen, daß es rechtskräftig sei". § 146 Hyp.Ges.: „Bei jedem Gesuche um Eintragung oder Vormerkung einer Hypothek muß das Hypothekenamt sorgfältig prüfen, ob der Gläubiger für die Forderung einen Rechtstitel zur Hypothek habe". — Zum Ganzen vgl. auch Regelsberger § 26 Ziff. II 4. Es ist nicht zu leugnen, daß die Einbeziehung des einem ding­ lichen Rechtsakte zu Grunde liegenden obligatorischen Rechtsgeschästes (abgesehen von dem Verhältnis des Pfandrecht- zur Forderung), das nur die causa des ding­ lichen Rechtsaktes ist, in den Rahmen der Prüfung den oben in Ziff. 4 aufgestellten Grundsätzen widerspricht; denn die Ungiltigkeit solcher obligatorischer Rechtsgeschäfte begründet lediglich Anfechtbarkeit des dinglichen Rechtsaktes; deren Geltendmachung liegt aber in der freien Disposition der Beteiligten. Allein hier liegt eine positiv gesetzliche Ausnahme vor. 8) § 2 Hyp.Ges.; Regelsberger § 26 Ziff. II 4. d) Bezüglich Form, Handlungs- und Disposilionsfähigkeit vgl. Bl. f. R.A.

730

Vermögensrechte» — Erste- Hauptstück.

DaS Sachenrecht.

Vertreters, insbesondere der vor- und obervormundschaftlichen oder sonstigen krratelamtlichen Genehmigung. 5) Auch aus der Eigenschaft der Hypothekengerichtsbarkeit als sreiwilliger Rechtspflege^ergiebt sich noch eine weitere Einschränkung dieses Rahmens der Prüfungsthätigkeit, und zwar in der Richtung, daß das Hypothekenamt mangels gegenteiliger Norm weder berechtigt noch verpflichtet ist, durch ein förmliches Beweisverfahren im Sinne des Prozeßrechtes sich die Ueberzeugung von der Richtigkeit der einzuschreibenden Rechtsakte zu verschaffen.") Es ist, soweit ihm nicht Thatsachen schon unmittelbar vorliegen, ledig­ lich auf bloße Glaubhaftmachung der Richtigkeit des Rechtsaktes ver­ wiesen"), braucht und muß daher diese jedenfalls nur nach Maßgabe der bereits im fraglichen Folium des Hypothekenbuches") vorhandenen Einschreibungen sowie nach Maßgabe des Inhaltes der konkreten Vor­ lage selbst und nach Maßgabe der Notorietät14 * )***prüfen, 16 * * * * * wenngleich ll * * ihm auch die Benützung anderer Auskunftsmittel nicht versagt ist; aber allzu ängstliche Nachforschungen würden mit den Interessen des Ver­ kehres nicht in Einklang zu bringen sein.") LVin. 232 E. d. obst. L.G. XIV. und oben § 10 S. 33. Was Gründe der An­ fechtbarkeit, relativen und absoluten Nullität sind, bemißt sich nach bürgerlichem Rechte; dies ist insbesondere wichtig in Ansehung der Wirkungen einer unbeab­ sichtigten Differenz zwischen Wille und Erklärung (sog. unächter Irrtum), da hier je nach Maßgabe der einschlägigen örtlichen Civilrechte bald absolute, bald relative Nullität, bald nur Anfechtbarkeit begründet sein kann. — Vgl. zum Ganzen auch Regelsberger § 26 Ziff. II 1. ,0) Vgl. hierüber oben § 97 lit A S. 667 ff. ll) Das Hypothekenamt kann daher nicht Zeugen und Sachverständige eidlich einvenrehmen (bezüglich der Schätzmänner vgl. jedoch oben § 100 Nt. 10 S. 699), den Beteiligten nicht Eide auflegen, Parteieneide abnehmen u. s. w. ”) DaS Hypothekengesetz nennt an einer Stelle nur Bescheinigung durch unverdächtige Urkunden: § 30 Hyp.Ges. 18) Diese Prüfung obliegt dem Hypothekenamte sogar bei eigener Haftung, anderseits hat aber auch hierin die Haftung in Ansehung unterlassener Prüfung ihre Grenze; vgl. hiezu § 96 Hyp.Ges. und oben § 97 Ziff. II 2a 6. 673; § 9 Ziff. 6 Jnstr. z. Hyp Ges. und oben § 97 Ziff. II a Nt. 38 S. 673. Vgl. auch Roth, b. E R. II. S. 387, 388; Gönner II. S. 33—35. ") Dies ergiebt sich aus § 97 Hyp.Ges.: „Das Hypothekenamt soll jedoch zur Giltigkeit der einzutragenden Rechtsgeschäfte teils durch Erinnerung der Beteiligten, teils durch Vorladung Derjenigen, deren Einwilligung zur Giltig­ keit des RechtsgeschästeS notwendig scheint und zur Erhaltung der Rechte eines Beteiligten mitzuwirken suchen": aus § 105 Hyp.Ges., welcher von „entdeckten Mängeln" schlechthin, auS § 106 Hyp.Ges., der von „noch anderen Vorlagen oder Vernehmungen" spricht; auch § 70 Jnstr. z. Not.Ges.: „nach Maßgabe der in der Ur­ kunde niedergelegten Erklärungen und mit Rücksicht auf den Inhalt des Hypothekenbuches". Vgl. hieher auch J.M.E. v. 26. Juli 1864 Ziff. II A 6 und schon oben § 10 S. 33. — Unter Notorietät fällt m. E. auch der Fall des § 99 Ziff. 1 Hyp.Ges.; vgl. hiezu oben § 97 Ziff. II 2b & 674; über den Begriff der Notorietät vgl. besonders v. Planck, Lehrbuch deS deutschen Civilprozeffes Bd. I S. 446, 447. 16) Vgl. hiezu § 4 E.G z. Hyp Ges. und § 21 Abs. 1 Jnstr. z. Hyp.Ges., wo dies wenigstens bezüglich der Eintragung eines neuen Eigentümers aus­ gesprochen ist (s. Bl. f. R.A. LIII. 255). Vgl. auch Bl. f. R.A. XXXVIII. 126, wo sogar eine gesetzliche Veranlassung nur zur Prüfung nach Maßgabe des

V. Kapitel. Das Pfandrecht.

731

6. Die Prüfungsthätigkeit des Hhpothekenamtes führt schließlich zu einer Entscheidung desselben im prozetzrechtlichen Sinne (Beschluß)16); aus allgemeinen Rechtsgründen ergiebt sich daher, daß der Zeitpunkt der Erlassung des Beschlusses") maßgebend ist für die Frage, ob die juristische Thatsache, das Rechtsverhältnis gesetzmäßig und einschreibungs­ fähig ist. Weist die einzuschreibende Thatsache, das cinzuschreibende Rechtsverhältnis zur Zeit der Entstehung Mängel an der Gesetzmäßig­ keit auf, die zur Zeit der Beschlußfassung behoben sind, so kann die Einschreibung ftattfinben18); ist die einzuschreibende Thatsache, das ein­ zuschreibende Rechtsverhältnis zwar rechtsgiltig entstanden, sind aber bis zur Zeit der Beschlußfassung Thatsachen eingetreten, welche nach civil- oder hypothekenrechtlichen Grundsätzen jenen die Wirksamkeit zu versagen geeignet sind, so kann die Einschreibung nicht mehr stattfinden.") Wurden dem Hypothekenbeamten erst nach der Einschreibung Thatsachen bekannt, sei es, daß sie ihm zur Zeit der Beschlußfassung zwar objekiv Vorlagen, er aber subjettiv aus irgend welchen Gründen sie nicht kannte, oder daß sie ihm auch objektiv nicht Vorlagen, er also sie subjektiv nicht kennen konnte, so wird aus allgemeinen prozetzrechtlichen Grund­ sätzen über die Abänderlichkeit der mit einfacher Beschwerde anfechtbaren Entscheidungen im Zusammenhalte mit der öffentlichen Natur des Hypothekenbuches zu folgern sein, daß der Hypothekenbeamte zur nach­ träglichen Löschung oder Berichtigung der unrichtigen Einschreibung oder mindestens zur Offizialkonstatierung der ihm bekannt gewordenen Thatsache im Hypothekenbuche berechtigt und verpflichtet ist, freilich unbeschadet aller jener rechtskraftähnlichen Wirkungen, welche die un­ richtige Einschreibung im Hinblick auf das Oeffentlichkeitsprinzip bereits erzeugt hat.")

HypothekenbuchinhaNeS als vorhanden angenommen wird, waS mir zu eng zu sein scheint. ") Bgl. hierüber unten § 105. 17) Bgl. Dernburg, Pand. § 154, Windscheid, Pand. § 128. ie) Ist z. B. der Hypothekbesteller zur Zeit der Hypothekbestellung noch nicht Eigentümer oder noch nicht Bucheigentümer deS HypothekobjekteS, wohl aber beides zur Zeit der hypothekenamtlichen Beschlußfassung, so ist die Hypothek einzutragen. ie) Ist z. B. der Hypothekbesteller zur Zeit der Hypothekbestellung materieller Eigentümer und Bucheigentümer, aber eines von beiden nicht mehr zur Zeit der hypothekenamtlichen Äeschlußsaflung, so muß die Eintragung der Hypothek ver­ weigert werden. Wohl aber muß die Hypothek eingetragen werden, wenn der Hnpothekbesteller zur Zeit der Hypothekbestellung handlungsfähig war, vor der hypothekenamtlichen Beschlußfassung aber handlungsunfähig wurde; denn weder nach Civil- noch nach Hypothekenrecht vermag die nach dem Abschluß eines RechtsgeschästeS eintretende Handlungsunfähigkeit der Beteiligten die Rechtswirksamkeit desselben zu zerstören; die Eintragung der Hypothek ist keine Form, in der sich die zum Abschlusse des Rechtsgeschäftes erforderliche Willenserklärung der Beteiligten vollzieht (vgl. hierüber auch oben § 99 lit. C Ziff. 1 1 6. 683). ”) Bgl. hierüber auch oben § 101 S. 715 und unten § 105. — Bei diesen Osfizialberichtigungen ist m. E. das KonsenSprinzip bedeutungslos; und zwar bei solchen Osstzialderichtigungen, die an Stelle der unrichtigen von den Beteiligten nicht gewollten Einschreibung die von den Beteiligten gewollte setzen, schon deshalb nicht, weil in Ansehung der gewollten Einschreibung dem Konsens-

732

Vermögensrechte. — Erste- Hauptstück.

4)aS Sachenrecht.

7. Eine auf positiver Gesetzesvorschrift beruhende Einschränkung der Prüfungsthätigkeit besteht in Ansehung derLöschung von Hypotheken­ buchseinträgen (auch Hypotheken). Hier hat das Hypothekenamt den Antrag auf definitive Löschung zunächst nur im Hinblick auf den Hypothekenbuchsinhalt und das Konsensprinzip seiner Prüfung zu unterstellen; ist in diesen Beziehungen genügt, so findet eine weitere Prüfung der Gesetzmäßigkeit des Erlöschungsgrundes nicht statt.21 * *) * * * * Nur wenn dem Konsensprinzipe nicht genügt ist, ist eine weitere Prüfung der Gesetzmäßigkeit der beantragten Löschung wenigstens in der Richtung veranlaßt, ob überhaupt ein hypothekenrechtlicher Er­ löschungsgrund behauptet ist, um je nach dem Ergebnis entweder die Einschreibung überhaupt als unstatthaft abzulehnen oder nur eine Protestation im Hypothekenbuche einzuschreiben.22) Wird eine Löschung auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung verlangt, so hat das Hypothekenamt nur noch die formale Wirksamkeit dieser Entscheidung zu prüfen, um dann sogar ohne Rücksicht auf das Konsensprinzip die Löschung vorzunehmen.22) Nach Ansicht der Praxis besteht endlich Prinzipe bereit- genügt ist, in allen Fällen aber de-halb nicht, weil die Beteiligten auch kein formales Recht auf die Existenz der unrichtigen bezw. ungesetzmäßigen Ein­ schreibung haben, auch dann nicht, wenn die Einschreibung bereits vollzogen ist; ein Recht auf die Existenz dieser Einschreibung gewinnt nur der, welcher sich auf die Oeffentlichkeit des HypothetenbucheS berufen kann: denn nur diesem gegen­ über äußert die Einschreibung rechtSkrastähnliche Wirkung. 2l) § 85 Hyp.Ges.: ^Außer dem was wegen Erlöschung der Hypotheken in den vorstehenden §§ 74—82 bestimmt ist (hier sind die einzelnen Erlöschungs­ gründe aufgeführt), kann die Löschung eines jeden Eintrages oder die Minderung der eingetragenen Summe im Hypothekenbuche verlangt werden, entweder auf den Grund der Einwilligung dessen, zu dessen Vorteil der Eintrag geschehen, oder auf den Grund eines rechtskräftigen UrteileS". Diese Gesetzesstelle steht, was wohl zu beachten ist, im materiellen Teile deS Hypothetenrechtes. ES ist deshalb m. E. auch richtig, wenn die Praxis auf einseitigem Antrag deS Hypothekgläubigers die Hypothek wegen Verzichts auf das Hypothekrecht löscht, ohne die Vorlage einer notariellen Berzichtserklärung zu verlangen, wenngleich nach bürgerlichem Rechte der Verzicht nur als Vertrag wirksam ist und daher gemäß Art. 14 Not. Ges. wenigstens die Erklärung des Verzichtenden der notariellen Verlautbarung bedarf. Vgl. hierüber noch Näheres unten im Abschnitte über Erlöschung der Hypotheken ; Nähere» im Abschnitte über Pflegschaften. 48) Insbesondere weil vielleicht die Voraussetzungen einer Abwesenheitskuratel nicht gegeben sind. *e) § 169 Abs. 1 Hyp.Ges. mit Art. 123 Ziff. 4 AG. z. R-E-P.O. Die GesetzeSstelle spricht zwar nur von Löschung der Hypotheken, ist aber auf die Löschung aller Arten von EinttLgen auSzudehneu: Böhm, AG. ') § 36 Ziff. 4 Jnstr. z. Hyp.Ges. M) § 117 Hyp.Gel; § 37 Jnstr. z. Hyp.Ges.; vgl. hiezu Gönner II. S-119,120. ") 88 US, 154 Hyp.Ges. ”) 8 36 Ziff. 1 Jnstr. z. Hyp.Ges. Die sog. „AnlehenStabellen" sind be­ sondere Auszüge: Bl. f. R A. XLV. 332, vgl. über dieselben auch Ber. v. 9. Jan. 1804, 17. Febr. 1804 (R.Bl. S. 15, 92); 21. Mai 1807 (R.Bl. S. 891). — S. hieher auch oben 8 97 lit. H Ziff. II, leg. 673 über Haftung. ■’) 8 117 Abs. 1 Hyp.Ges.; 8 36 Ziff. 5 Abs. 1 Jnstr. z. Hyp.Ges.; der Abs. 2 enthält etwa- ganz Selbstverständliches. "l 8 117 Abs. 2 Hyp.Ges.; 837 Jnstr. z. Hyp.Ges. Vgl. hiezu Gönner II. S. 115—119. *•) 8116 Abs. 2,824 Hyp.Ges.; Art. 13 Subh.Ordn.; vgl.unten 8112 S. 765.

III. Die rechtliche Bedeutung der hypothekenamtlichen Aus­ fertigungen ist lediglich die einer öffentlichen Zeugnisurkunde; andere Wirkungen, insbesondere des .Oeffentlichkeitsprinzipes knüpfen sich hieran nicht. Wer daher nur im Vertrauen auf die Richtigkeit einer hypothekenamtlichen Ausfertigung mit dem Hypothckenwesen in Ver­ bindung stehende Handlungen vorgenommen hat, kann, im Falle die Ausfertigung mit den Hypothekenbuchseinschreibungen nicht überein­ stimmt, auf den.Schutz der Oeffentlichkeit des Hypothekenbuches sich nicht berufen, sondern hat nur Schadenersatzanspruch gegen den Hypo­ thekenbeamten, der die unrichtige Ausfertigung erteilt hat?")

S" -ie

2. Abteilung.

1. Titel. >« eiitritln HIprttztdnmchtrs m Alzrmiie»?) § 110.

Nach dem bayerischen Hypothekengesetze gelten für das materielle Hypothekenrecht folgende allgemeine Grundsätze: I. Nur an unbeweglichen Sachen und diesen gleichgeachteten Rechten (jedoch mit Einschränkungen) kann eine Hypothek bestellt werden: Grundsatz des Jmmobiliarhypothekenrechts. II. Nur durch Einschreibung in das Hypothekenbuch kann eine Hypothek begründet werden: Grundsatz des hypothekarischen Eintragungszwanges.' III. Die Einschreibung einer Hypothek kann jeweils nur auf einzeln und bestimmt bezeichnete Liegenschaften und nur für eine der Summe nach bestimmte Forderung erfolgen: Grundsatz der Spezia­ lität (Spezialitätsprinzip). IV. Die Hypothek ist im Grunde ein acccssorisches Recht ihrer Forderung: die Accessorität ist aber durch den Grundsatz der Oeffent­ lichkeit des Hypothekenbuches durchbrochen: Grundsatz der be­ schränkten Accessorität (Accessoritätsprinzip). V. Das Hypothekenbuch ist ein öffentliches Buch; der Hypo­ thekenbuchsinhalt in positiver und negativer Richtung bildet eine un­ widerlegbare Grundlage des gutgläubigen hypothekarischen Erwerbes; die Einschreibung in das Hypothekenbuch hat auf die Verjährung Einfluß: Grundsatz der Oeffentlichkeit (Publizitätsprinzip). VI. Die Rangordnung unter mehreren Hypotheken und anderen eintragungsfähigen dinglichen Rechten wird ausschließlich durch das Alter der Einträge bestimmt: Grundsatz der Priorität. *°) Bgl. hieher §§ 24, 25, 98 ZIff. 3 Hyp.Ges.; §§ 383, 384 R.C.P.O.; RegelSberger § 21 Ziff. H, oben § 97 lit. H Ziff. II, 1 c S. 673. *) Roth, b. C.R. II. S. 404, 405; d. Pr.R. III. S. 532, 533; Regelsberger, HyP.R. § 27.

760

Vermögensrechte. — Erstes HanPtstüL

Das Sachenrecht»

Damit steht auch in Zusammenhang, daß mit Erlöschen und Löschung einer Hypothek die nachfolgenden Hypothekgläubiger vorrücken: Grundsatz der Vorrückung nachstehender Hypotheken. VII. Jeder Teil des Hypothekengegenstandes hastet für jeden Teil der Forderung und jeder von mehreren für dieselbe Forderung verpfändeten Gegenständen mit allen seinen Teilen für die ganze Forderung: Grundsatz der Ungeteiltheit der Pfandhaftung. VIII. Die Verwirklichung des Hypothekrechtes kann nur im Wege der Zwangsvollstreckung (Subhastation) erfolgen. Die unter Ziff. I und II erwähnten Grundsätze sind in der Lehre von der Entstehung der Hypothek zu berücksichtigen; der unter Ziff. II erwähnte Grundsatz hat bereits oben § 99 lit. B Ziff. V teil­ weise Berücksichtigung gefunden; seine besondere Darlegung erfolgt im V. Titel; die unter Ziff. in unb’IV angeführten Grundsätze finden teils in der Lehre vom Oeffentlichkeitsprinzipe, teils in der Lehre von Entstehung der Hypotheken, teils noch in gesonderten Abschnitten der (f. unten) Erörterung; der unter Ziff. VII genannte Grundsatz be­ darf einer besonderen Erörterung nicht; der unter Ziff. VIII bezeichnete Grundsatz ist Gegenstand der Lehre von der Subhastation (V. Buch); die unter Ziff. III, IV und V aufgeführten Grundsätze sind in den folgenden Titeln II—IV zu behandeln. 2. Titel.

-IS SrffrMchKritßstNiris?) § HL Allgemeines. I. Das Hypothekenbuch ist ein öffentliches Buch. Diese Eigen­ schaft kommt in zweifacher Richtung zur Geltung?) 1. in formaler Hinsicht insoferne, als das Hypothekenbuch als offenes Buch, soweit notwendig, der Einsicht des Publikums zugäng­ lich ist;-) 2. in materieller Hinsicht insoferne, als a) gewisse Rechtsverhältnisse ohne Einschreibung in das Hypo­ thekenbuch rechtlich überhaupt nicht entstehen könnens; *) §§ 24-26, § 46 Abs. 2, § 53 Abs. 3, § 83, § 111 Abs. 2, § 116, §§ 22 und 138 Hyp.Ges.; Gönner I. S. 270-298; Ul. 51—55; Roth, b. C.R. II. S. 405—412; d. PrR. UI. S. 534, 535; RegelSberger in Bl. f. RA. XXXVII. S. 2 ff.; Hyp.R. §§ 29-38; Lehner, HyP.R. S. 8—12; H.A.O. S. 127—144; Jungermann S. 169—171; Stobbe, Handbuch des deutschen Privatrechts Bd. II. S. 342-352. ') RegelSberger, § 29, 30; Bl. f. R.A. XXXVll. S. 16—20. ') §§ 24, 116 Hyp.Ges. und unten § 111. 4) Vgl. hiezu oben § 99 lit. B Ziff V und lit. C Ziff. I S. 682—684. Auch die Wirksamkeit prozeßrechtlicher Entscheidungen ist in einem Falle überhaupt (Art. 7 Abs. 2 Subh.Ordn.: Beschlagnahmebeschluß) und in einem Falle in der Richtung gegen Dritte (Art. 32 A.G. z. R.C.P.O.: Veräußerungs-, VerpsändungS- und MlafiungSverbot durch einstweilige Beifügung) an die Einschreibung in daS Hypo-

V. Kapitel.

Das Pfandrecht.

761

b) der Inhalt des Hypothekenbuches in positiver und negativer Beziehung, mag er das Sein, Nichtsein oder Anderssein eines Rechtsverhältnisses ausweisen, zu Gunsten hypotheka­ rischen Erwerbes in Ansehung der Existenz, Art und des Umfanges desselben von bestimmendem Einfluß ist?) . c) die Öffentlichkeit des Hypothekenbuches auch der Verjährung gegenüber Wirkungen äußert?) Beide Richtungen kennzeichnen den Inhalt des in Hypotheken­ sachen geltenden Oeffentlichkeitsprinzipes im weitesten Sinne. Die erste Richtung ist die formale, die zweite die materielle Seite dieses Oeffentlichkeitsprinzipes; djx zweite Richtung hat die erste zur not­ wendigen Voraussetzung. Das Oeffentlichkeitsprinzip im engsten und eigentlichen Sinne enthält nur die zweite Seite des Oeffentlichkeits­ prinzipes im materiellen Sinne?) II. Die unklare Wiedergabe der leitenden Grundsätze des materiellen Oeffentlichkeitsprinzipes im Gesetze erheischt, zur Be­ stimmung jenes auf Zweck und Inhalt des Hypothekensystems zurück­ zugreifen. Gesetzlich ausgesprochener Zweck des bayerischen Hypothekensystems ist „die Erleichteruyg und Sicher.stellung des Privatkredites jRealkredites)";8) inhaltlich erscheint „als die wichtigste und wohlthätigste Seite des Hypothekenbuches, daß es jedem Interessenten den ganzen Zustand des Hypo­ thekenwesens vor Augen legt und ihm möglich macht, dar­ nach seine Handlungen und Rechtsgeschäfte einzurichten"?) Diese Grundsätze sind offenbar bestimmend für die Grenzen der mate­ riellen Seite des Oeffentlichkeitsprinzipes und beherrschen somit auch thetenbuch geknüpft. AIS dem Prozeßrechte angehörig wurden diese beiden Fälle oben in § SS a. a. O. nicht aufgesührt. 6) Bgl hiezu unten § 112. Unrichtig wäre es zu sagen, der HypothekenbuchSinhalt in positiver und negativer Hinsicht sei zu Gunsten hypothekarischen Erwerbe- sür daS Sein, Nichtsein oder Anderssein der durch daS Hypothekenbuch positiv oder negativ ausgewiesenen Rechtsverhältniffe bestimmend. Mit diesem Satze käme man schließlich zu einer Loslösung dieser von ihrer causa debendi, zur sog. abstrakten Natur der Bucheinträge, die sich auS dem Hypothekengesetze nicht nach­ weisen läßt, vielmehr durch die Wortfassung deS § 25 Hyp.Ges. geradezu ausgeschlossen ist. Man käme damit beispielsweise auch zu dem offenbar unrichtigen Resultate, daß der den Schutz deS Oeffentlichkeitsprinzipes genießende HyPothekglSubiger dem buch­

mäßigen Nichteigentümer selbst dann noch die Hypothekenschuld recht-wirksam künden könnte, wenn ihm längst der wirkliche Eigentümer bekannt und dieser auch später im Hypothetenbuche eingetragen worden wäre. Gegen die abstrakte Natur der Bucheinträge auch RegelSberger § 38 mit näherer Begründung; vgl. auch Bl. f. R A. Erg.Bd. II. 209 und unten § 113 Ziff. 1 S. 766. * ) Bgl. oben § 74 S. 550 und unten § 113. ') RegelSberger in Bl. f. R.A. XXXVII. 54 und HyP.R. § 31 Nt. 14; § 40. °) Vgl. die Eingangsworte des Hyp.Ges.: „Wir haben uns von der Not­ wendigkeit überzeugt, den Privatkredit durch ein nach richtigen und in der Er­ fahrung bewährten Grundsätzen abgemeffenes Hypothekensystem zu erleichtern und sicher zu stellen." Bgl. hiezu auch RegelSberger § 32 Abs. 4. * ) Gönner I. S. 280 Ziff. 6. * °) Vgl. auch RegelSberger § 32 Abs. 3.

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Vermögensrechte. — Erste- Hauptftück.

Das Sachenrecht.

von vornherein den Umkreis derjenigen Handlungen, „welche mit dem Hypothekenwesen in Verbindung stehen".Im einzelnen erscheint das Prinzip mit Rücksicht hierauf in folgender Weise durchgeführt: 1. Im Prinzip ist nur zur Entstehung der Hypothekrechte, aber auch nur'zur Entstehung, nicht für Veränderungen und Er­ löschen derselben, nicht zur Entstehung anderer dinglicher Rechte, insbesondere des Eigentums, geschweige denn obligatorischer Rechte, Einschreibung in das Hypothekenbuch erforderlich?^ Die übrigen Rechtsverhältnisse, für welche die Einschreibung in das Hypotheken­ buch gleichfalls Entstehungsthatsache ist, sind bereits oben § 99 Ziff. V angeführt.") Andere Rechtsverhältnisse,, soweit sie'.überhaupt sintragungsfähig sind,") müssen in das Hypothekenbuch nur. zu dem Zwecke eingeschrieben werden, um gegen den aus der Unterlassung der Eintragung den mit dem Hypothekenwesen in Verbindung stehenden Handlungen zukommenden Schutz des Oeffentlichkeitsprinzipes gesichert zu sein; im übrigen ist ihr Sein, Anderssein oder Nichtsein- vom Einträge in das Hypothekenbuch nicht abhängig.") 2. Das Oeffentlichkeitsprinzip äußert seine Wirkungen nur gegen­ über denjenigen Rechtsverhältnissen, in Ansehung derer die Beziehung der Handlung zum Hypothekenwesen begründet ist, und selbst gegenüber diesen Rechtsverhältnissen nur in derjenigen Richtung, in welcher im Einzelfalle die Beziehung zum Hypothekenwesen besteht. In abstracto muß die Handlung einer Verbindung mit dem Hypothekenwesen fähig sein, in concreto muß diejenige Seite der Handlung, auf welcher diese Verbindung besteht, in Frage sein. Hieraus ergiebt sich, daß ein und derselben Handlung nach einer Richtung hin der Schutz des Oeffentlichkeitsprinzipes zilkommen kann, nach der anderen nicht.") “) arg. §§ 19 Ziff. n. § 21,22 Nr. 6, § 138 HyP.Ges.; E. d. obst. L.G. VII. 81. Vgl. hiezu Näheres unten § 112. ») S. 682. Vgl. auch § 99 lit. C Ziff. I S. 683, 684 und oben Nt. 4 über Prozeßrechtliche Fälle. ") Vgl. biezu oben § 99 lit. B Ziff. IV S. 680, 681. u) Vgl. § 22 HyP.Ges. und die daselbst aufgeführten Fälle: „In daS Hypothetenbuch müffen unter den im § 25 und 26 bestimmten Rechtsfolgen eingetragen werden"; § 138 Hyp.Gef.: „Der neue Besitzer muß die Beränderungeu des Eigentümers ... bei Vermeidung der im Titel I ßß 25 und 26 bestimmten Rechtsfolgen in daS Hypothekenbuch eintragen lasten"; § 53 Abs.3 hinsichtlich der Verpfändung einer Hypothekforderung (vgl hiezu auch oben § 99 Nt. 15 S. 682 und unten § 112 lit. A Ziff. I, 2); § 26 Ziff. 6 Hyp.Gef. hinsichtlich Sessionen der Hypothekforderungen (vgl. hiezu auch unten § 112 lit. A Ziff. I, 1). S. auch Regelsberger in Bl. f. RA. XXXVII. 50 ff.; Hyp.R. § 19 Ziff. II, § 32 lit. B; Gönner I. S. 279; E. d. obst. L.G. VII. 81; Bl. s. R.A. XXXH. 133; XXXVI. 20 (Servituten); Erg.Bd. I. 280; LIX. 343 (Reallasten); XXXII. 117 (Verpfändungen von Hypothekforderungen), 374; XI. 8 (Cession von Hypothek­ forderungen); Bl. f. R.A. XXXIX. 183; LIV. 3; LV. 30 (Erwerb und Verlust deS Eigentums ist von der Eintragung bezw. Löschung im Hypothekenbuche un­ abhängig). ") Vgl. auch Regelsberger § 32 lit B a. E.

V. Kapitel.

Das Pfandrecht.

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Im wesentlichen wirkt hienach das Oeffentlichkeitsprinzip zu Gunsten der Hypothekrechte und der an diesen begründeten Rechte im Verhältnis zum Eigentum und anderen dinglichen Rechten, ins­ besondere auch wieder Hypothekrechten. Es kann aber auch zu Uugunsteu der Hypothekrechte und der an ihnen begründeten Rechte wirken, insoferne der Eigentumserwerb gegenüber versteckten, d. h. aus dem Hypothekenbuche trotz Eintrages in ihrem Rechtsbestande nicht ersichtlichen Hypotheken (sog- latenten Hypothekrechten) oder wesent­ lichen Eigenschaften derselben in Frage kommt. Wenn auch hier der gesetzlich ausgesprocheue Zweck des Hypothekensystems nicht zutrifft, so muß dennoch der Eigentumserwerb in dieser Beziehung zum Hypo­ thekenwesen dem Oeffentlichkeitsprinzipe unterstellt sein, da ja das Hypothekenbuch auch zu dem Zwecke vorhanden ist, damit „der Er­ werber der Sache wissen kann, ob er die Sache mit Sicherheit au sich bringen könne, dann welche Hypotheken auf derselben haften" Das Gleiche gilt für den Erwerb solcher dinglicher Berechtigungeil, deren Eintrag bei Meidung der Folgen des Oeffentlichkeitsprinzipes vorgeschrieben ist.16 17) Anderseits steht aber ebenso fest, daß der Eigen16) Dieser Satz findet sich bei Gönner, dem geistigen Vater des Hypotheken­ gesetzes, in den verschiedensten Wendungen äußerst häufig und bestimmt aus­ gesprochen, so daß ich trotz der sonstigen Bedenklichkeit dieser Ausdehnung des Oeffent­ lichkeitsprinzipes mich der herrschenden Ansicht anschloß. Für mich war aber schließlich nur und allein doch diese häufige Wiederkehr des zweitgenannten Prin­ zipes bei Gönner maßgebend, woraus ich schloß, daß dem Gesetze- der angeblich inhaltlich durchleuchtende Gedanke wirklich zu Grunde liegt, wenngleich ich nicht verkenne, daß damit in das erstgenannte Prinzip wesentlich eingegriffen wird. Könnte übrigens der Satz im Texte nicht auch aus der Bestimmung des § 22 Zisf. 8 Hyp.Ges. gefolgert werden? Vgl. hieher besonders Gönner I. S. 11, 58, 72 Ziff. 4 und 5, 85 Ziff. 4, 280 Ziff. 6, 387 Ziff. 3, II. S. 159 § XI Ziff. 1. Ferner E. d. obst. L G. XII. 255; Bl. f. R.A. LIV. 264; auch XXXVII. 360; nunmehr auch Regelsberger Hyp.R. § 32 lit. A ebenfalls unter Bezugnahme auf Gönner, gegen früher in Bl. f. R.A. XXXVII. 66 bis 69; ferner Roth, d. Pr.R. III. S. 535 Ziff. V mit Nt. 8, allerdings ohne ausdrückliche Bezugnahme auf bayerisches Recht; vermutlich auch Lehner S. 9 tz 8 Ziff. 2; dann Bl. f. R.A. XXXVIII. 58. Stellt man den Eigentumserwerb in der obengedachten Beziehung unter den Schutz der Oeffentlichkeit, so wird man auch zugeben müssen, daß dem gutgläubigen Eigentumser Werber gegenüber auch wesentliche Eigenschaften einer Hypothekforderung, welche im Hypothekenbuche nicht eingetragen sind und nicht zu den naturalia negotii nach Recht oder Verkehrsauffassung gehören, falls man aus sie überhaupt die Oeffentlichkeit des Hypothekenbuches erstreckt, nicht aufrecht erhalten werden können, daher richtig Bl. f. R.A. XXXIX. 62, 64; vgl. auch unten § 113. 17) Vgl. § 22 Ziff. 5 Hyp.Ges. mit Art. 1 der Hyp.Nov. Man wird hier freilich in unanfechtbarer Weise einwenden können, daß der Erwerb solcher Be­ rechtigungen mit dem Realkredite gar nichts zu thun habe. Trotzdem kann ich keinen stichhaltigen Grund einsehen, warum nicht auch solche Berechtigungen gegen­ über latenten Hypothekrechten geschützt sein sollen, wenn man den Eigentumserwerb aus den von v. Gönner angeführten Gründen dem Schutze unterstellt; denn auch der Erwerber einer solchen Berechtigung muß aus dem Hypothekenbuche erkennen können, ob er die Berechtigung mit Sicherheit — im Verhältnis zu den Hypothekrechten — an sich bringen könne. Gleichgiltig ist auch, ob die Lasten in der ersten Rubrik oder in der zweiten als Disposilionsbeschränkungen eingeschrieben sind. Wichtig ist hier Art. 57 Subh.Ordn. Vgl. auch unten § 112 lit. A Ziff. I 4.

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Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

Das Sachenrecht.

tumserwerb dann nicht die Wirkungen des Oeffentlichkeitsprinzipes zu seinen Gunsten in Anspruch nehmen kann, wenn seine eigene Rechtsgiltigkeit oder sein Verhältnis zu anderen Rechten als Hypothekrechten, wie Dienstbarkeiten, Reallasten u. s. w. in Frage kommt; denn hier handelt es sich, wenngleich der Eigentumserwerb an sich eine mit dem Hypothekenwesen in Verbindung stehende Handlung bleibt, nicht um jene Richtung, in welcher die Beziehung zum Hypothekenwesen besteht.") Endlich bleiben von dem Schutze des Oeffentlichkeits­ prinzipes auch alle jene zwar objektiv mit dem Hypothekenwesen in Verbindung stehenden Handlungen und die durch sie geschaffenen Rechtsverhältnisse ausgeschlossen, bei denen keine der oben ge­ nannten Grundlagen des Oeffentlichkeitsprinzipes eine Rolle spielt, wie der Erwerb durch Erbschaft, Vermächtnis, eheliche Gütergemeinschaft, der Enverb solcher dinglicher Berechtigungen, deren Eintrag im Hypothekenbuche bei Meidung der Folgen des Oeffent­ lichkeitsprinzipes nicht vorgeschrieben ist19) u. s. w. Auch die Beschlag­ nahme eines Grundstückes zum Zwecke der Zwangsvollstreckung ist für sich kein Akt, der dem Schutze der Oeffentlichkeit untersteht?9) III. Nur die formale Seite des Oeffentlichkeitsprinzipes und von der materiellen Seite nur das Oeffentlichkeitsprinzip im eigentlichen Sinne und der Einfluß der Oeffentlichkeit des Hypothekenbuches auf die Verjährung sind in diesem Titel in den folgenden Paragraphen ») E. d. obst. S.®. I. 53 (Servituten); III. 196 (Reallast); IIL 383 (Nieß­ brauch); IV. 386 (Lehenseigenschaft); VI. 77, 564; VII. 622, 705 (Wohnungsrccht); VI. 101 (dingliche Lasten im allgemeinen); E. d. obst. L G. IV. 483; VI. 60; XII. 374 (der vom buchmäßigen Nichteigentümer Erwerbende kann für seinen EigentumS«rwerb sich nicht auf den Eintrag jene- im Hypothekenbuche berufen), auch VII. 81 (Verfügung-beschränkungen); Bl. s. R.A. XXXII. 133; XXXVI. 20; XXXVIII. 58, 284; Regel-berger in Bl. f. R.A. XXXVII. 58—60; HyP.R. 8 32 B; Gönner I. 281. — Die» gilt auch entsprechend von den im Texte genannten dinglichen Berechtigungen. *’) Vgl. hiezu Regel-berger § 82 lit. A mit Nt. 6, woselbst noch weitere Beispiele angeführt sind. Bezüglich der erwähnten dinglichen Lasten vgl. obm 8 99 lit. B Zisf. IV. S. 680. Db gegenüber diesen überhaupt eine lastenfreie Versteigerung gemäß Art. 57 Subh.Ordn. zulässig ist, ist bestritten, aber zu bejahen.

(Nähere- hierüber s. unten im Abschnitte über Rangordnung der Hypotheken und V. Buch). *°) E. d. obst. L.G. IX. 486. Der die Beschlagnahme erwirkende Gläubiger erwirbt durch diese kein Pfandrecht am Grundstücke; arg. Art. 9—11 Subh.Ordn. und oben 8 95 Ziff. VI, 2 S. 663; die Vollstreckung ist nur dann recht-wirksam möglich, wenn der buchmäßige Eigentümer, gegen den sie sich richtet, auch mate­ rieller Eigentümer ist; die Nichteintragung de- letzteren schadet seiner WidersPruchSklage au- 8 690 R.C.P.O. nicht. Ander- steht die Sache, wenn ein Hypothek­ gläubiger auf Grund feine- dem Schutz der Oeffentlichkeit unterstellten Hypothrkrechtk- wegen der Hypothekschuld die Beschlagnahme erwirbt; hier ist die Beschlag­ nahme wirksam, auch wenn der buchmäßige Eigentümer nicht materieller Eigen­ tümer ist, aber nicht etwa um deswillen, weil vielleicht der Beschlagnahme selbst der Schutz der Oeffentlichkeit zukäme, was nicht der Fall, sondern weil da- geschützte Hypothekrrcht den nichtbuchmäßigen materiellen Eigentümer auf die Hypolhekschuld dinglich verhaftet. In folchem Falle kann auch der Zuschlag von letzterem nicht angefochten werden: E. d. obst. L.G. IV. 371; IV. 479; VII. 82.

näher zu behandeln; die erste Seite des materiellen Oeffentlichkeitsprinzipes wird in dem Titel über die Entstehung der Hypothekrechte erörtert.

§ 112. Das formale Oeffentlichkeitsprinzip. Eine allgemeine Oeffentlichkeit des Hypothekenbuches in dem Sinne, daß jeder beliebige Dritte davon Einsicht nehmen kann, ist durch den Zweck des inateriellen Oeffentlichkeitsprinzipes nicht geboten. Das Hypo­ thekenbuch ist daher nur in beschränkter Weise dem Publikum offen?) 1. Nur der Eigentümer des Hypothekgegenstandes, jeder ein­ getragene Hypothekgläubiger, jeder andere, welcher wegen eines mit diesem oder jenem bestehenden Rechtsverhältnisses dem Hypothekenamte ein Interesse glaubhaft macht, kann von dem Hypothekenbuche Einsicht nehmen?) 2. Die Einsicht ist nur zulässig bezüglich solcher Folien und Stellen des einschlägigen Foliums, auf welche sich das Interesse bezieht. 3. Eine über diese Schranken in subjektiver wie objektiver Hinsicht hinausgehende Einsicht ist nur mit Einwilligung des Eigen­ tümers des Hypothekgegenstandes zulässig. 4. Nur Gerichte und Notare können in amtlicher Eigenschaft schlechthin Einsicht des Hypothekenlnlches verlangen?) 5. Im gleichen Umfange besteht auch die Befugnis, Auszüge aus dem Hypothekenbuche zu verlangen?) 6. Diese Oeffentlichkeit des Hypothekenbuches und damit die jeweilige Einsichtsbefugnis erstreckt sich auch auf die Grundlagen des betreffenden Hypothekeintrages, so insbesondere auch auf das Tage­ buch, die Hypothekenprotokolle und -Beilagen, die Hypothekenspezial­ akten und die Notariatsurkunden und Gerichtsprotokolle, welche die dem Einträge zu Gruude liegende Thatsache ausweisen?) T) § 24, 416 Hyp.Ges. Vgl. hiezu auch oben § 110 Ziff. I, 1. Es ist Har; daß allen Personen, die Auszüge aus dem Hypothekenbuche verlangen können, auch die Einsicht zu gestatten ist; vgl. hiezu Gönner I. S. 272 Nt. *; oben § 100 Ziff. II, 3 S. 758. 2) Das Interesse ist dadurch bedingt, daß in Ansehung des Einsichtnehmers ein Verhältnis vorliegt, das Gegenstand der Einschreibung sein kann: E. d. obst. L.G. XII. 130; Bl. f. R.A. Lill. 316 Vgl. auch über den Begriff des rechtlichen Interesses E. d. obst. L.G. XIV. 622 (hienach genügt die Anfechtbarkeit des Rechtsgeschäftes, auf Grund dessen der Bucheigentümer eingeschrieben ist, nicht damit -der Anfechtende einen Hypothekenbuchsauszug verlangen kann). — Derjenige, dem eine Hypothekfordernng verpfändet werden soll, kann wohl nur mit Zustimmung des Gläubigers Einsicht verlangen; vgl. hiezu Gönner I. S. 272 Nt. *. — Ueber einen Fall unzulässiger Hypothekenbuchseinsicht vgl. Bl. f. R.A. LVIII. 245 (be­ züglich des Gläubigers eines Hausvaters in Ansehung der Immobilien der Kinder). 3) Nicht andere Behörden, z. B. Verwaltungsbehörden: Regelsberger § 29. — Bezüglich der Notare und Notariatsgehilfen vgl. noch oben § 70 lit B Ziff. I, 4 S. 495 und § 69 S. 489 mit Nt. 11. 4) Vgl. auch E. d. obst. L.G. XIV. 622; oben § 109 Ziff. II, 3 S. 758. 5) Gönner III. S. 54; Regelsberger § 29 Abs. 3.

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Vermögensrechte. — Erste- Hauptstück.

DaS Sachenrecht.

§ HS.

Das materielle Oeffentlichkeitsprinzip im engeren Sinne.

Die einschlägigen Besümmungen des HypothekengesetzesT) lauten: „Aus dieser (formalen) Oeffentlichkeit des Hypothekenbuches ent­ steht die Folge, daß jede im Vertrauen aus dasselbe vorgenommene Handlung, soweit sie mit dem Hypothekenwesen in Verbindung steht, in Ansehung 'desjenigen, welcher nach den im Hypothekenbuche befind­ lichen Einträgen und im guten Glauben gehandelt hat, alle jene rechtlichen Wirkungen hervorbringt, welche der Handlung nach jenen Einträgen angemessen sind. Auch kann niemand die Unwissenheit dessen, was im Hypothekcnbuche steht, zu seinem Vorteil anführen." Hieraus erhellen sofort zwei Prinzipien: 1. Zu Gunsten des hypothekarischen Erwerbes gilt das, was im Hypothenbuche steht, kraft Gesetzes als wahr, auch wenn es der Wirllichkeit nicht entspricht, und das, was im Hypothekenbuche nicht steht, aber darin stehen sollte, kraft Gesetzes als nicht wahr, auch wenn es der Wirklichkeit entspricht; der Hypothekenbuchsinhalt ist sohin zu Gunsten des hypothekarischen Erwerbes in positiver und negativer Hinsicht mit formeller Wahrheit ausgestattet, so zwar, daß ein Gegen­ beweis in jeder Hinsicht ausgeschlossen ist, genießt öffentlichen Glauben, freilich beschränkt in subjektiver Beziehung, da diese Wahrheit nur Dritten gegenüber wirkt;") insoweit diese formelle Wahrheit zur Gel­ tung kommt, wird das Grundprinzip des Civilrechtes, daß niemand mehr Rechte auf einen anderen übertragen kann, als er selbst hat, durch­ brochen?) Prinzip desSchutzes hypothekenrechtlichenErwerbes. 2. Das, was durch das Hypothekenbuch als wahr ausgewiesen wird, muß auch derjenige gegen sich gelten lassen, der den Hypo*) § 25 Hyp.Gcs. •) In dieser Hinsicht hat da- Oeffentlichkeitsprinzip Aehnlichkeit mit der aing und Rechtskraft eines Urteils; unterscheidet sich aber von ersterer in den ngm darin, daß eS subjektiv nicht absolut, sondern nur relativ wirkt, von der Rechtskraft deS Urteils dadurch, daß diese jus facit inter • partes«, während in

der Negation dieser Wirkung gerade die subjektive Beschränkung deS OesftntlichkeitSprinzipes liegt, dasselbe vielmehr nur da wirkt, wo »res inter atios acta« vorliegt, und die Wirkung der formellen Wahrheit deS Hypothekcnbuchsinhaltes im Gegen­ satze zur Wiederaufnahme deS Verfahrens gegenüber rechtskräftigen Urteilen keiner Aufhebung fähig ist; vgl. hiezu RegelSberger § 30. Bon einer Fiktion zu sprechen, halte ich mit Regeisberger 8 30 Rt. 5 im Gegensatze zu meiner früheren Ansicht in jur. Monatschrist 1891 @. 20, 21 nicht für zulässig; niemals kann aber von einer bloßen praesumtio iuris die Rede sein. — Gegen die sog. abstrakte Ratur» der Bucheinträge vgl. oben § 111 Rt. 5. ’) Nicht aber in dem Sinne, alS ob nun jemand Rechte übertragen könnte, die er nicht hat, sondern in dem Sinne, daß die Nichtexistenz d«S Rechtes deS Uebertragendm für den geschützten Erwerber als gleichailtig erscheint; eS liegt kein derivativer RechtSerwerb vor, in der Person deS Erwerbers erscheint daS Recht selbst vielmehr originär konstttutert, wenngleich ein derivativer Erwerbsakt erforderlich ist. ES verhält sich die Sache ähnlich wie im Falle deS Art. 306,307 H.G.B. und wie bei der Ersitzung. Ebenso Regeisberger § 30 Ziff. 2. A. M. ver­

mutlich Stobbe, d. Pr.R. II. S. 334, 335.

V. Kapitel.

Das Pfandrecht.

767

thekenbuchsinhalt nicht kannte: Prinzip der Unwirksamkeit der Unkenntnis des Hypothckenbuchinhaltes.

A. Der Schatz lei htzpathekearechtlichr» Crmerlel im Itfoeltttn. I. Gegenstand des Schutzes.

Der Hchutz des Oeffentlichkeitsprinzipcs kommt nur solchen Handlungen zu, „welche in Verbindung mit dem thekenwesen stehen" und nur insoweit, als dies im Einzelfalle zutrifft. Die allgemeinen Grundsätze, welche die Anwendung dieses Satzes beherrschen, sind bereits oben- in § 111 Ziff. II, 2 angeführt. Als in Verbindung mit dem Hypothekenwesen stehend im Sinne des Gesetzes kann aber nicht jede Handlung erachtet werden, die eine auch nur äußerliche Beziehung zum Hypothekenwesen äußert, es muß vielmehr eine Handlung sein, die ihrer Natur nach geeignet ist, auf den'Bestand oder Inhalt der Hypothekrechte einzüwirken, bezw. ein durch eine solche Handlung geschaffenes Verhältnis, für das diese Eigenschaft zutrifft. Hienach ist Gegenstand des Schutzes: 1. Der Erwerb einer Hypothek, sei es im Wege ursprüng­ licher Begründung mittels Eintragung in das Hypothekenbuck Konsti­ tutivem Sßcge)4)5 oder der Hypothekerneuerung (§ 84 Abs. 1 Hyp.Ges.) oder durch derivativen Erwerbsakt

2. der Erwerb eintragungsfähiger Rechte an Hypothek­ rechten, wie der Erwerb eines Pfandrechtes an einer Hypo­ thekforderungb) durch Verpfändung oder zwangsweise Pfändung derselben und die Abtretung eines Vorzugsrechtes^); 3.

der Erwerb der Befreiung von einer Hypothek und

4) So § 26 Ziff. I Hyp.Ges.: „Für Forderungen an denjenigen, welchen das Hypothekenbuch als dermaligen Eigentümer benennt, kann eine Hypothek e eingetragen werden, wenn er auch die Sache veräußert oder einem andern ^eben hatte. Der neue Eigentümer, welcher seinen Besitztitel nicht eintragen ließ, muß diese Hypotheken gegen sich anerkennen, und ihm bleibt bloß der Regreß gegen den Schuldner Vorbehalten"; § 26 Ztss. 2 Hyp.Ges.: „die eingetragenen Hypotheken sind wirksam auch gegen denjenigen, wrlcher nachher aus einem im Hypothekenbuche weder eingetragenen noch vorgemerkten RechtStitel für den Eigen­

tümer der Sache erklärt wird, wenn auch schon vor Eintragung der Hypothek dieser vorhanden oder über das Eigentum der Streit vor Gericht anhängig war." 5) § 26 Ziff. 4 Hyp.Ges.: „Der Schuldner kann die Einreden, welche er dem Gläubiger über di« Richtigkeit einer eingetragenen Hypothekforderung entgegen­ setzen konnte, wider den Dritten, der die eingetragene Hypothek durch lästigen Titel und im guten Glauben an sich klkächte, nur alsdann gebrauchen, wenn sein Widerspruch gegen die Forderung im Hypothekenbuche vorgemerkt ist."

•) § 53 Abs. 2 und 3 Hyp.Ges.: „Der Gläubiger kann eine durch Hypothek versicherte Forderung einem anderen in dem Hypothekenbuche verpfänden. Di« Verpfändung erlangt dadurch alle rechtlichen Wirkungen, welche nach den §§ 25 und 26 auS der Oeffentlichkeit des HypothekenbucheS entstehen." E- d. obst. L.G.

VII. 81. — Bezüglich der zwangsweisen Pfändung s. Näheres unten Nt. 52 S- 777.

’) §§ 62, 151 Hyp.Ges.; E. d. obst. L.G. VH. 81; Bl- f. R.A. XVI. 82; Regelsberger in Bl. f. R.A. XXXVI. 207 ff.; XXXVII. 57; Hyp.R. § 82 Ziff. 2b.

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Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

DaS Sachenrecht.

eintragungsfähiger Rechte an Hypothekrechten aus einem darauf ge­ richteten Rechtsgeschäfte^); 4. der Erwerb des Eigentums oder einer bei Meidung der Folgen. des Oeffentlichkeitsprinzipes einzutragenden Last, soferne cs sich um Befreiung von einer Hypothek oder ungünstigen wesentlichen Eigenschaft derselben bezw. um den Vorrang vor einer solchen handelt.^ Beim Erwerbe von Hypothekrechten durch Eintragung in das Hypothekenbuch besteht der Schutz der.Oeffentlichkeit nicht bloß gegenüber definitiven Eintragungen, sondern auch gegenüber Vormerkungen, in letzterer Hinsicht aber mit der Einschränkung, daß durch die Unterlassung der Einschreibung einer Protestation gegen eine im Hypothekenbuche bloß vorgemerkte Hypothekforderung die Folgen des Oeffentlichkeitsprinzipes zu Ungunsten des Hypothekschuldners noch ^icht herbeigeführt werden?") Bloße Protesta­ tionen sind begrifflich vom Schutze der Oeffentlichkeit ausgeschlossen.") II. Bedingungen des Schutzes: 1 . Derjenige, welcher den Schutz für sich in Anspruch nimmt, muß „nach den Einträgen des Hypothekenbuches" gehandelt haben, d. h. er muß bei' seiner Erwerbshandlung diejenige Sach- und Rechtslage zu Grund gelegt haben, welche zu dieser Zeit durch das Hypothekenbuch positiv oder negativ ausgewiesen fotrb; hiebei ist es aber Aeichgiltig, ob er das Hypothekenbuch selbst eingesehen, ob er diese

Sach- und Rechtslage aus dem Hypothekenbuche selbst gekannt oder aus anderen Gründen als wahr angenommen hat.") Maßgebend ist * ) E. d. obst. L.G. VII. 81,1031; Regelsberger in Bl. f. R.A. XXXVII. 57; Hyp.R. § 32 Zisf. 3; ferner Bl. f. R.A. XLV. 310. Man kann die Annahme im Texte auf § 26 Hyp.Ges. stützen. Diese Erstreckung bes Oeffentlichkeitsprinzipes hat plastisch nur insoferne eine besondere Bedeutung, als nach Civilrecht der Hypothekschuldner durch ein mit dem vermeintlichen Gläubiger abgeschlossenes, auf Befreiung abzielendeS Rechtsgeschäft nicht liberiert wird. * ) Vgl. hiezu oben § 112 Ziff. II, 2 mit Nt. 16. Die Verbindung mit dem Hypothekenwesen besteht im FyLe deS EigentumSerwerbS darin, daß gegenüber der passiv-subjektiven Seite deS Hypothekrechtes, im Falle des LastenerwerdS, daß gegenüber dem objektiven Inhalte deS Hypothekrechtes eine Berändemng eintritt, somit in beiden Fällen die Einwirkung aus Hypothekrechte gegeben ist. * °) 88 30,48 Hyp.Ges.; E. d. obst. L.G. IX. 718. Bgl. unten § 121 Ziff. III. Auch der Vormerkung einer ZwangS- oder Arresthypothek (Art. 40 und 44 Nov. z. Subh.Ordn.) kommt der Schutz der Oeffentlichkeit zu; der materielle Eigentümer muß sie daher gegen sich gelten lassen, wenn sie als gegen den buchmäßigen Nicht­ eigentümer gerichtet eingetragen wurde. Doch ist die Frage bestritten. Bgl. Näheres bei Stobbe, d. Pr.R. II. S. 348 Nt. 25 Abs. 2, welcher selbst a. M. ist gegen E. d. R.G. n. 127. “ ) Sie bezweckt nicht den Erwerb eines Rechtes: Bl. f. R.A. XXII. 221: Regelsberger § 32 lit. C. * ’) Bgl. auch Regelsberger § 33 Ziff. 2; »(.•+ R.A. XXXVII. 71. Aber nur und allein daS Hypothekenbuch ist maßgebend, nicht etwa sonstige, öffentliche

Urkunden, wenngleich sie vom Hypothekenamte gefertigt sind, auch nicht schlechtweg daS Tagebuch (vgl. hiezu oben § 106 Ziff. I und unten lit. B); verbis § 25 Abs. 1 Hyp.Ges.: „im Vertrauen aus dasselbe" (Hypothekenbuch); „nach den im Hypo-

V. Kapitel.

Das Pfandrecht.

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die zur Zeit der letzten Erwerbshandlung des Erwerbenden, bei Neu­ begründung von Hypothekrechten immer einzig und allein die zur Zeit der Eintragung der Hypothek bestehende Sage13); die ktzte Erwerbshandlung muß zeitlich nach der Einschreibung der die zu Grunde gelegte Sach- und Rechtslage ausweisenden Thatsachen erfolgt sein. Gleichgiltig ist, welcher Zeitraum zwischen der Einschreibung dieser Thatsache und dem wegen dieser Einschreibung den Schutz bean­ spruchenden Erwerbe liegt, wenn dieser nur zeitlich jener Einschreibung nachfolgt"), gleichgiltig ferner, ob diese Einschreibung zeitlich nach der geschützten Erwerbshandlung im Hypothekenbuche berichtigt wird. Hienach ist auch die strittige Frage, ob den Schutz der Oeffentlichkeit der Hypothekgläubiger auch dann genieße, wenn aus Anlaß der Bestellung seiner Hypothek erst das Hypothekfolium eröffnet wurde oder Hypo­ thekobjette zugeschrieben wurden, durch Plenarerkenntnis des bayerischen obersten Landesgerichtes vom 6. Ottober 1884 mit Recht bejahend beantwortet.13) Daraus ergiebt sich auch, daß der Schutz rückwärts thekenbuche befindlichen Einträgen"; RegelSberger in Bl. f. B.A. XXXVII. 84; Hyp R. 8 33 Aiff. 3 c. ") Bl. f. R.A. XLVI. 309; E. d. obst. L.G. IX. 137 (Neubegründung von Hypotheken) und unten Ziff. 2 lit. e S. 772. Aber auch nur bei Neubegründung von Hypothekenrechten ist der Zeitpunkt der Einttagung maßgebend und zwar regel­ mäßig nur der Zeitpunkt der Eintragung, nicht der Zeitpunkt der Anmeldung (vgl. hierüber oben § 106 Ziff. I S. 746, 747 und unten lit. B); sonst derjenige letzte Akt des Erwerbes, der nach Civilrecht den Erwerb vollendet;.daher wird der gut­ gläubige Schuldner befreit, wenn er an den Gläubiger bezahlt zu einer Zeit, wo oeffen Hypothekforderung bereits verpfändet, aber die Verpfändung im Hypotheken­ buche noch nicht eingeschrieben war: E. d. obst. L.G. VII. 1031. Ueber den Erwerbsalt bei Cessionen f E. d. obst. L.G. XI. 422. Unrichtig E. d. obst. L.G. IX. 263, wo auf die Zeit der Eintragung der Cession im Hypothetenbuche schlechthin Gewicht gelegt ist. “) Denn nur dann kann nach den Einträgen im Hypothekenbuche ge­ handelt sein. Ebenso RegelSberger § 31 lit. B. Unverständlich und a. M. d. Not.Zeit. 1874 S. 183 Ziff. 3. 15) Vgl. E. d. obst. L.G. IX, 137; Bl. f. R.A. XLVI. 309; ebenso schon früher Bl. f. R.A. XXXVII. 40; E. d. obst. L.G. I. 447, VIII. 72, VIII. 183 (Eintrag von Pertinenzen und Verpfändung unmittelbar nach einander), VIII. 347; Bl. f. R.A. XLV. 27, 248, XLVI. 248, 249; dann RegelSberger § 31 Nt. 4. A. M. E. d. obst. L.G. VIII. 4; Bl. f. R.A. XLVI. 211, 225, 229. Die Ansicht deS PlenarerkenntniffeS hat daS Formale für sich; von einer Gleichzeitigkeit der Einträge im strengsten Sinne kann nicht mehr gesprochen werden, wenn die Einschreibung des Besitztitels zeitlich der Hypothekeinschreibung vorauszugehen hat, da ja nur der bereits ein­ geschriebene Bucheigentümer Hypothek bestellen kann. Anderseits ist zwar die Gewichtig­ keit der Gründe der gegenteiligen Ansicht nicht zu verkennen; sie schwächt sich aber dann ab, wenn man bedenkt, daß wenn" auch die von dem eingetragenen Nicht­ eigentümer erstbestellte Hypothek nicht den Anspmch auf den Schutz der Oeffentlichkeit hätte, dieser doch allen folgenden später hestellten Hypotheken zukäme und so die Thatsache doch nicht verhindert werden könnte, „daß ein Schwindler den reichsten Gutsbesitzer binnen kurzer Zeit zum Bettler machen kann"; denn diese Hypothekbestellungen können, ohne den Schutz zu verlieren, so rasch aufeinander folgen, daß der wirkliche Eigentümer doch erst post festum von der ganzen Manipulation Kenntnis erhält. Man mag daraus ersehen, wie wichtig eS eigentlich wäre, wenn daS Hypothekenamt ängstliche Nachforschungen nach dem Besitztitel zu pflegen hätte, Becher, Landescivilrecht und LandeScivilprozeßrecht.

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Vermögensrechte. — Erste? Hauptstück.

Das Sachenrecht.

nicht für solche Erwerbshandlungen angesprochen werden kann, welche zeitlich schon vor jener Thatsache eingeschrieben toarcn.16 * *)** ** ** * * 2. er muß bei seinem Erwerbe, „im Vertrauen auf das Hypothekenbuch", d. h. vertrauend darauf, daß die von ihm als wahr angenommene, durch das Hypothekenbuch ausgewiesene Sach- und Rechtslage der Wirklichkeit entspricht, gehandelt haben. Ein wirksames Vertrauen hat aber notwendig den guten Glauben des Erwerbers zur Voraussetzung^): a) der gute Glaube im hypothekenrechtlichen Sinne ist ein negativer Begriff'"); er besteht in dem Nichtwissen jener Thatsachen, welche den wahren Sach- und Rcchtszustand begründen, und die Rechtswirksamkeit des Erwerbes nach Civilrecht ausschließen oder beschränken würden. Ob das Wissen eines bloß in einer obligatorischen Gebundenheit des Veräußerers liegenden Hindernisses den guten Glauben auszuschließen vermag, ist in der Praxis zwar wiederholt bejaht worden, richtig aber zu verneinen für den Fall, daß nach Civilrecht dieses Hindernis den fraglichen Erwerb nicht ausschließt.") Dem Nichtwissen steht im Falle früherer Kennt­ nis die später gewonnene positive Ueberzeugung von der Richtigkeit der als wahr angenommenen Sach- und Rechts­ lage gleich20); wie wichtig es ist, daß jeder Eigentümer auch ohne weitere Beranlaffuna sofort ein Folium anlegen läßt. — Wird am Tage der FoliumSeröffnung auch gleich eine mit einer Einrede behaftete oder nichtige Hypothekforderung eingetragen und noch an diesem Tage cediert, so kommt dem Cessionar der Schutz der Oeffentlichkeit zu; der Eigentümer muß, um dies zu vermeiden, sofort bei der Folieneröffnung gegen den Bestand der einzutragenden Hypothek (nicht gegen die Cession) eine Protestation einschreiben lassen: E. d. obst. L.G. IX. 255, 367, XV. 137. 16) Wurden daher je am 1. Januar, 1. Februar, 1. März und 1. April Hypotheken eingetragen, am 15. März die erste Hypothek zu Unrecht gelöscht und erst am 15. April wiederhergestellt, so kann, wenn die erste wiederhergestellt wird, den Schutz der Oeffentlichkeit nur die letzte, nicht die zweite und dritte Hypothek ansprechen; d. h. nur die vierte, nicht aber die zweite und dritte, kann Befriedigung vor der ersten verlangen. Vgl. auch Stobbe, d. Pr.R. II. S. 346,347. ”) Vgl. auch Regelsberger § 33 giss. 1 und § 34.

") Regelsberger in Bl. f. R.A. XXXVII. 92 ff.; Hyp.R. § 34 Ziff. 1; Stobbe, d. Pr.R. H. S. 348, 349. ") Hat das obligatorische Verhältnis civil- oder hypothekenrechtlich ding­ liche Mrkung, so schadet die Kenntnis, fteilich aber nur dann, wenn der hypotheka­ rische Erwerber die etwa nur verttagSmäßig beigelegte dingliche Wirkung kennt. (Vgl. über solche Fälle unten § 122 lit. B Ziff. IV unter den Verpfändung-beschränk­ ungen). — Ueber die Praxis vergl. Bl. 's. R.A. Erg.Bd. II. 257 (die Kenntnis deHypothekerwerbeS vor dem Abschluß eines Tauschvertrage- begründet Schlecht­ gläubigkeit); Bl. f. R.A. XXXVI. 22J. (der Hypothekerwerber, der von einem älteren Hypothettitel Kenntnis hat, befindet sich im schlechten Glauben). Gegen diese Ansicht, im wesentlichen übereinstimmend mit dem Texte, vgl. Regelsberger 8 34 Ziff. 1 Abs. 2 mit Nt. 5 unter zutreffenden Gründen, auf welche hieher Bezug genommen wird. S. hiezu auch Stobbe, d. Pr.R. II. S. 849; Exner, Publ. S. 106. *) Ebenso Regelsberger § 34 Ziff. 1. Auch wird der gute Glaube nicht dadurch auSgeschloffen, daß der Erwerber zwar da- wirklich vorhandene Hindernis

V. Kapitel.

Da» Pfandrecht.

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b) dieses Nichtwissen muß entschuldbar, darf nicht durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt fein81); eine allgemeine etzlichen (auch Zwangs- und Arrest-)Hypotheken.b) Im einzelnen ist hiezu folgendes zu erwähnen: • I. Derjenige, welcher zu einer Hypothek berechtigt ist, kann regelmäßig verlangen, daß alle hypothekfähigen Sachen seines Schuldners seinem Hypothekrechte unterworfen werden. Ausnahmen bestehen nur infoferne, als ** ) § 46 Hyp.Ges: „Durch die ausdrückliche oder stillschweigende Einwilligung in die Eintragung einer Hypothek verliert der Schuldner im Verhältnis zu dem ursprünglichen Gläubiger die Einreden nicht, welche ihm gegen die Richtigkeit der Forderungen zustehen. Ob und inwieferne der Schuldner diese Einreden dritten Inhabern der Hypothek entgegensetzen könne, ist nach den §§ 25—29 (Hyp.Ges.) gegebenen Bestimmungen zu bemessen." Vgl. auch Gönner I. S. 114—116. ** ) Vgl. hierüber unten § 124. ') 88 11, 19 HypGes.; §13 EG. z. Hyp.Ges.: GönnerI. 164—179, 241 bis 247; III. 11—17; Lehner, HyP.R. S. 8; Roth, b. C.R. II. S. 412, 413; d. Pr.R. III. 536—539; Regelsberger, HyP.R. § 28; Stobbe, d. Pr.R. II. S. 366 bis 379. ') ß 11 Abs. 2 Hyp.Ges. •) Art. 40 und 44 Rov. z. Subh.Ordn.

a) ein besonderer Rechtsgrund heji Gläubiger auf bestimmte Lbjekte beschränkt, b) bei gesetzlichen Hypotheken auf Verlangen des Eigentümers die Eintragung auf einen solchen freien Güterwert beschränkt werden muß, welcher nach Abzug der vorstehenden Posten den Betrag der Forderung um ein Dritteil nicht übersteigt?) II. Den Hypotheken titel läßt das Spezialitätsprinzip un­ berührt; das Hypothekengcsetz selbst normiert eine größere Anzahl gesetzlicher genereller Hypothckentitcl und anerkennt auch wortwörtlich folche vertragsmäßige Hhpothckeutitel?) III. Die hypothekenrechtliche Haftung derjenigen Sachen, welche hienach dem hypothekenrechtlichen Verbände unterworfen werden können, wird aber in allen diesen Fällen erst dadurch hergestellt, daß auf jeder einzelnen, ein eigenes Hypothekfolium besitzenden Sache jeweils gesondert die Hypothek eingetragen wird. Wikd auf mehrere je ein eigenes Folium oder ein Kumulativ-FoliuiN besitzenden Sachen die Hypothek jeweils mit ganzer Summe eingetragen, so entsteht eine Verbandhypothck°); wird dagegen auf den einzelnen Sachen jeweils nur für einen bestimmten Teil der Forderungssumme Hypothek eingetragen, so sind die einzelnen Hypotheken von einander völlig unabhängig?) Abgesehen von der Pfandbestellung an anderen Sachen kann hienach gegenüber mehreren selbständigen, unbeweglichen Sachen eines Schuldners die Wirkung eines Generalpfandrechtes nur dadurch herbeigeführt werden, daß alle selbständigen hypothekfähigen Gegenstände des Schuldners durch jeweils gesonderte Eintragung einer Hypothek dem hypothekenrechtlichen Verbände mit der Wirkung der Verbandhypothek unterworfen werden?) Alle diese Sätze gelten auch 4 ) § 11 Abs. 1 Htzp.Gts.: „Das Recht, eine Hypothek durch die (Eintragung der Forderung zu erlangen, foferne es nicht durch Gesetz oder Vertrag auf bestimmte Immobilien beschränkt ist, erstreckt sich auf das ganze unbewegliche Vermögen des Schuldner-; doch soll auf Verlangen des Eigentümers bei den auf einem gesetz­ lichen RechtStitel beruhenden Hypotheken die (Eintragung nur auf einen solchen freien Güterwert beschränkt werden, welcher nach Abzug der vorstehenden Posten den Betrag der Fordemng um ein Dritteil übersteigt." Gönner I. 165 —167, 176—179. Ueber die Berechnungsweise s. unten § 121 Rt. 14 S. 807. * ) Sgl. hiezu § 12 Hyp.Ges. und unten § 121 lit. A Ziff. 3 S. 806 ff.; auch Gönner I. 165, 166, 170 („das Prinzip der Spezialität hat demnach zwar auf den Rechtstitel zur Hypothek keinen Einfluß"): RcgelSberger § 28 Abs. 5. • ) Sgl. hierüber oben § 99 lit. E Ziff. IV, 2 S. 690, unten im besonderen Abschnitte über die Verbandhypothek. ; Regeisberger § 28 Ziff. I, 1 und 2. * ) Ein gesetzlicher Zwang, die Forderung geteilt auf verschiedenen Objekten vortragen zu lassen, besteht für den Gläubiger nicht; vgl. hierüber Gönner I. 172—176. • ) Sgl. hiezu Gönner I. 167-169; RegelSberger § 28 Ziff. n. 1; auch § 13 EG z. Hyp.Ges.: „Die bisherigen Generalhypotheken müssen dem Hyp.Ges. § 11 gemäß auf bestimmte Objekte eingetragen werden. . . Kann dieses (die (Eintragung auf ein einziges Objekt) mit Sicherheit der Forderung nicht geschehen, so muß die Forderung auf mehrere oder auch auf alle Immobilien deS Schuldners, jedoch auf jede- mit einem eigenen Folium versehene, besonders nach Vorschrift

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Vermögensrechte. — Erstes HauptstüL.. Das Sachenrecht.

in entsprechender Weise, wenn nicht der persönliche Schuldner selbst Verpfänder ist, sondern hypothekfähige Sachen eines Dritten hypo­ thekarisch belastet werden sollen. IV. Nur für eine dem Entstehungsgrunde nach bestimmte und in einer'festbestimmten Geldsumme ausgedrückte For­ derung kann Hypothek eingetragen und bestellt werden. 1. Der Satz, daß nur für eine Forderung aus existentem und bestimmtem Entstehungsgrunde -Hypothek eingetragen werden kann, ergiebt sich nicht bloß aus dem Prinzipe der Spezialität, sondern auch aus dem der Accesforität.') Eine scheinbare Ausnahme hievon besteht in Ansehung des Vorbehaltes einer Hypothekstelle; eine wahre Ausnahme um deswillen nicht, weil das Hypothekrecht selbst erst dann entsteht, wenn die begünstigte Forderung ihrem Entstehungsarunde nach in das Hypothekenbuch eingetragen wird10); eine wirkliche Ausnahme nur für Kautionshypotheken, soweit sie für Forderungen aus nocb nicht vorhandenem Entstehungsgrunde bestellt werden"); immerhin muß aber doch wenigstens die Art des Entstshungsgrundes hier feststehen. 2. Daraus, daß die Forderung nur mit Angabe einer bestimmten Geldsumme") im Hypothekenbuche eingetragen werden kann, folgt: a) daß Forderungen, welche nicht auf eine Geldleistung gerichtet sind, in einer bestimmten Geldsumme angeschlagen werden müssen, b) daß Forderungen, deren Höchstbetrag noch nicht feststeht des § 147 Hyp.Ges. eingetragen werden." Der Begriff der Generalhypothek selbst ist aber für diese. Brrbandverpsändung nicht branchbar; Näheres s. bei Gönner I. 176—179; auch Lehner, H R. S. 8. Zum Ganzen -^ auch schon oben § 95 Ziff. II S. 656. •) Bl. f. R.A. Erg.Bd. H, 410 (die für eine Darlehensforderung bestellte Hypothek kann nicht zur Sicherheit für eine SchenkungSforderung benützt werden); Gönner I. 171, 172; RegelSberger § 28 Ziff. n, 1. Hienach bildet auch die Be­ zeichnung des EntstrhungSgrundeS der Forderung ein wesrntlicheS Moment zur formellen Giltigkeit eines Hypothckeinträges; freilich ist gleichgiltig, ob in der Hypothekbestellungsurkunde der ursprüngliche oder ein anderer EntstehungSgrund der Hypythekforderung genannt ist und so in daS Hypothekenbuch dann dieser oder jener eingetragen Wirtz. Im ersteren Falle bestehen überhaupt keine weiteren Be­ denken; aber auch nicht im zweiten Falle; denn nennen die Parteien an Stelle deS ursprünglichen EntstehungSgrundeS einen anderen, so erklären sie damit eine Novation; immer steht fest, daß nur für eine dem Entstehungsgrunde nach bestimmte Forderung Hypothek bestellt und deren richtiger EntstehungSgrund Im Hypotheken­ buche eingetragen ist. Dessen Eintragung ist aber zur Erkennung der Identität der Fordemng erforderlich. Bemerkenswert ist hiezu d. Rot.Zeit 1879 S. 129 ff.: „der Einfluß des Schuldgrundes auf die Giltigkeit der Hypothek". Bgl. hiezu oben § 100 lit. C Ziff. II, 1 b Rt. 58 S. 710. ") RegelSberger § 28 Ziff. II, 1.

") Bgl. hiezu unten § 119 Ziff. in S. 799, 800. ** ) Darüber, daß mit der „bestimmten Summe" nur eine bestimmte Geld­ summe gemeint sein kann, s. Näheres Zettschr. f. d. Not. 1868 S. 70 ff.

(Kautionshypotheken), mit einem bestimmten Höchstbetrage in Geld festzusetzen finb,13) c) daß im Falle eines als verzinslich eingetragenen Hypothekkapitales die Hypothek sich nur auf die Zinsen des laufenden und unmittelbar vorausgegangenen Jahres erstreckt, auf andere vertragsmäßige und Verzugs-Zinsen, Schadensersatz, Kostenforderungen aber regelmäßig nur dann, wenn hiefur eine besondere Kautionshypothek mit bestimmter Höchst­ summe eingetragen ist.") Eine Ausnahme besteht nur insoferne, als bei Forderungen auf terminliche Leistungen die einzelnen'Leistungen, sei es kn Geld oder Naturalien u. s. w., selbst eingetragen werden können, ohne daß die Angabe einer Gesamtsumme bezw. ein Anschlag in Geld erforderlich wäre?3) V. Das Spezialitätsprinzip in Ansehung der Hypotheken hat zur natürlichen Folge, daß auch in Ansehung der sonstigen Hypo­ thekenbucheinträge das Spezialitätsprinzip Platz greift; soll die gleiche Einschreibung auf sämtlichen oder mehreren bereits mit eigenem Folium versehenen oder zu versehenden Hypothekgegenstäuden gemacht werden, so ist auf jedem einzelnen Folium die Einschreibung vorznnehmen, widrigenfalls sie nur diejenigen Gegenstände ergreift, auf bereit Folium sie sich finbetls 16)

5. Titel.

Pik ritßkh», der AyPothek. § US. Allgemeines. Zur Entstehung einer Hypothek finb eine Forberung, ein hypothek­ fähiger Gegenstand, ein Hypothektitel, taugliche Subjekte und Ein­ schreibung in das Hypothekenbuch erforderlich. Welche Wirkungen der Mangel des einen oder anderen Erfordernisses äußert, ist bei der Erörterung jedes einzelnen bemerkt. Im Anschlusse hieran' sind unter diesem Titel auch die Hypothekerneuerung und der Vorbehalt einer Hypothekstelle zu behandeln. ls) § 19 Hyp Ges.: „Jede Fordemng kann nur auf eine bestimmte Summe eingetragen werden, daher sollen Rechte und Forderungen, deren Betrag nicht an sich genau bestimmt ist, nach ihrem beiläufigen Betrage entweder durch Ueberein­ kunst zwischen Schuldner und Gläubiger oder, in deren Ermangelung durch richter­ liche- Urteil auf eine bestimmte Summe festgesetzt werden." Bgl. auch unten § ri9 Ziff. III S. 799, 800; § 121 lit. A Zisf. I, 3 c S. 807. Ueber Hypothek­ vormerkung f. unten § 123 Ziff. III, 2e S- 832. “) §§ 42, 43 Hyp.Ges.; s. auch unten § 127. ,s) § 28 Ziff. 5 Jnstr. z. Hyp.Ges. Bgl. hierüber oben § 100 lit. C Ziff. II, la®. 709 und Gönner I. 244, 246. ") Bgl. Gönner I. 306, 307; RegelSberger § 28 Abs. 6.

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Vermögensrechte. — Erstes Hauptstrick.

Das Sachenrecht.

§ 11». Die Forderung?) I. Die Entstehung der Hypothek setzt nach dem Grundsätze der Accessorität eine Forderung voraus, zu deren Sicherheit der Hypo­ thekgegenstand dienen soll?) Bon der Existenz und Fortdauer der Forderung ist Existenz und Fortdauer des Hypothekrechtes abhängig. Ein Hypothekrecht, dem eine Forderung nicht zu Grunde liegt, darf nicht eingetragen werden; ist es dennoch geschehen, so kann die Lösch­ ung der nichtigen Hypothek verlangt werden; ist das zu Grunde liegende Forderungsrecht nichtig Ober anfechtbar, so erstreckt sich die Nichtigkeit bezw. Anfechtbarkeit auch auf das Hypothekrecht. Soweit nach Civilrecht durch die Hypothekbestellung oder aus einem späteren Grunde das ungiltige Forderungsrecht konvalesciert, kommt auch ein wirksames Hypothekrccht mit Giltigkeit vom Tage der Einschreibung^) zu stände. Wie sich die angeführten Sätze dem Oeffentlichkeitsprinzipe gegenüber verhalten, ist bereits oben § 116 dargelegt. II. Für jede Art von Forderung (vermögensrechtlicher An­ sprüche) kann Hypothek bestellt werde«; gleichgiltig ist daher Entstehungsgründ und Inhalt der Forderung^), gleichgiltig ob sie bedingt oder betagt/) ob sie eine zukünstige, nur eine natürliche Verbindlich­ keit, wenn sie nur wenigstens der Art des Entstehungsgrundes nach bestimmt ist; gleichgiltig ist, ob der Hypothekbesteller oder ein Dritter der persönlich haftende Schuldner ist.6) Für Forderungen auf den Inhaber können nach Ansicht des bayerischen obersten Landesgerichtes Hypotheken nicht bestellt werden, nach richtiger Ansicht ist aber diese Frage zu bejahen?) * ) Hyp.Ges. §§ 2, 19; Gönner I. 241 — 247: Regelsberger §§ 42, 43; Roth, d. Pr.R. IU. S. 561—567. * ) Vgl. hieher und zum folgenden oben § 116 S. 792 ff. ’ ) Bgl. auch Regelsberger § 42 Ziff. II. Die rückwirkende Kraft der KonvaleScenz auf den Tag der Einschreibung bemht auf § 59 Hyp.Ges. S. auch Gönner I. 220 Ziff. 6. — Näheres f. auch oben § 106 Ziff. I. S. 746. * ) Nyr muß sie immer in bestimmter Geldsumme ausgedruckt werden. Näheres hierüber f. oben § 117 Ziff. IV, 2 S. 796. — Auch für eine Alternativ­ obligation ist Hypothekbestellung zulässig: Roth, d. Pr.R. III. S. 562. e) E. d. obst. L.G. II. 228; Bl. f. R.A. XXXVIII. 484. •) Bgl. hiezu § 4 Hyp.Ges. ') Verneinend neuerdings Beschl. d. obst. L.G. v. 30. Jan. 1894 in E. d. obst. L.G. XV. 42 und in Bl. f. R.A. Erg.Bd. XU. 369; ferner Gönner II. 282 Nt. •; Roth, b. ER. U. S. 402 mit 78; d. Pr.R. III. S. 563 mit Nt. 14; Stobbe, d. Pr.R. II. S. 359. A. M. Jungermann S. 118 Nr. 13; Gönner UI. 45 ff.; Reg-lSberger §42 Ziff. 6; Lotz in Bl. f. R.A. XIII. 321; Senffert in Bl. f. R.A. XXI. 417ff.; Zeitschr. f. d. Rot. 1865 S. 315; b. NotZeit. 1890 S. 71; Kgber in Bl. f. R.A. Erg.Bd. XII. 385 ff., 40t ff. Die verneinende Ansicht stützt sich vorzüglich darauf, daß nach § 22 Ziff. 8 Hyp.Ges. (f. auch § 145 Ziff. 3 Hyp.Ges.) der Name de» Gläubiger» unter Androhung bestimmter RechtSnachteile eiigetragen werden müsse, und unter dem Namm bei physischen Personm derBorund GeschlechtSname, bei juristischen Personen deren Benennung u. s. w. zu ver­ stehen sei, diesen Erfordemiffen aber bei Jnhaberobligationen nicht gmügt werdm

V. Kapitel.

Tas Pfandrecht.

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III. Die Hypothekbestellung für künftige Forderungen (Kautionshypothek) im besonderen/) Für künftige Forderungen kann Hypothek hestellt werden, wenn ihr Entftehungsgrund wenigstens den Art nach bestimmt ist8) Die könne. Auch sei dem Gesetzgeber das Bestehen von Jnhaberobligationen nicht fremd gewesen und dennoch habe er auf diese im Gesetze keine entsprechende Rück­ sicht genommen. Hiegegen ist aber einzuwenden, daß diese Gründe äußerst forma­ listischer Natur sind. Freilich muß nach § 22 Ziff. 8 Hyp.Ges. der Name de- Gläu­ bigers eingetragen werden; Zweck der Vorschrift ist, ihn derartig zu individualisieren, daß er von jedem Dritten unterschieden werden kann; ist dies aber der Zweck deS Gesetzes, so ist kein Grund abzusehen, warum nicht Gläubiger eintragungsfähig sein sollen, die zwar keinen Namen haben, die aber ebenso genau, wie andere Gläubiger, ja womöglich noch genauer als diese, individualisiert werden können; dem Zweck des Gesetze- ist dann sogar mehr als erforderlich genügt Auf § 28 Jnstr. z. Hyp.Ges. kann eher von der bejahenden Meinung BezLg genommen werden, da er lediglich „eine genaue Bezeichnung dec Person deS Gläubigers" verlangt. Anderseits muß aber nicht bloß der urspÄngliche Gläubiger, sondern auch

jeder Cessionar entsprechend individualisiert werden; der Grund für entsprechende Individualisierung des letzteren ist gan» derselbe, wie für die des ersteren: § 22 Ziff 8 Hyp.Ges. verlangt jene ebenso bestimmt, wie diese, widrigenfalls bte dorr bezeichneten Rechtsnachteile eintreten. Ja § 22 Ziff. 8 Hyp.Ges. hat in der That eine größere Bedeutung für die Cession einer Hypothekforderung, als für die ursprüng­ liche Bestellung, da der Eintrag einer Hypothek ohne jede Gläubigerbezeichnung überhaupt formell nichtig ist, und hieran sich Wirkungen der Oeffentlichkeit überhaupt nicht knüpfen können, und nur der Eintrag ohne genügend individualisierende Gläubigerbezeichnuna schließlich wegen der hier möglichen Verwechselung der Gläubiger in Ausübuvg der Verfügung über die Forderung Bedeutung für das Oeffentlichkeitsprinzip gewinnt. Erkennt man nun aber die Cession einer Hypothekforderung an den Inhaber als zulässig an, wie dieS sowohl von Gönner II. S. 282, alS auch vo» anderer Seite (Bl. f. R A. XI. 1; XVI. 368) geschieht, so muß konsequenter Weise auch die ursprüngliche Bestellung einer Hypothek aus den Inhaber für zulässig erachtet werden, soferne dieser nur genügend individualisiert wird. Endlich ist aber ein bestimmter Anhaltspunkt dafür, daß die Hypothek­ bestellungen auf den Inhaber schlechtweg ausgeschloffen sein sollen, weder auS anderen Bestimmungen noch auS dem Gelste des Gesetzes^zu entnehmen; eS hätte hier um so eher einer ausdrücklichen ausschließenden Nonn bedurft, als ein Institut in Frage kommt, daS schon zur Zeit der Entstehung des Gesetzes im Aufblühen begriffen und von dem vorauSzusehen war, daß, als ein dringendes BedürstliS deS Handel- und Verkehrs, eS immer weiter um sich greifen wird. Ganz außer allem Zweifel aber ist, daß für die bejahende Airsicht sich mindestens ebenfoviele Gründe verbringen lassen, alS für die verneinende; mit Recht erhebt daher Kober, Bl. f. R.A. Erg.Bd. XII. 404, die Frage, ob eS nicht richtiger wäre, wenn die Praxis in einem solchen Falle für die Ansicht entscheiden würde, die dem allgemeinen Besten am meisten fromme. Daß diese Ansicht die bejahende ist, darüber dürste heute ein Zweifel wohl kaum bestehen. Die Frage» soll übrigens demnächst einer gesetz­ lichen Regelung unterstellt werden. 7) Heyne, Erörterungen Abh. IV; RegelSberger in Bl. f. R.A. XXXVI. 129 ff.; HYP.R. § 43; Roth, d. PrR. S. 56^-565. 8) Hier liegt dann eine sogenannte Kaution-- (Ultima-) .Hypothek vor. Der Ansdruck „SicherheitShypothek" (RegelSberger in Bl. f. R.A. XXXVI. 129; Hyp R. § 43) trifft nicht daS Richtige und wird auch wenig in der Praxis gebraucht. — Man kann hier zwei Arten unterscheiden: 1. solche Kautionshypotheken, denen ein bereits vorhandenes Rechtsverhältnis als Quelle künftiger Forderungsrechte zu Grunde liegt (Pacht, Miete, Krediteröffnung, vormundschaftliche Verwaltung, Nieß^ br-auch, DotalverhältniS u. f. w.); 2. solche, denen nur ein künftig mögliches

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Vermögensrechte. — Erstes Hcmptstück.

DaS Sachenrecht.

mit Rücksicht hierauf für die Kautionshhpothek geltenden Besonder­ heiten sind folgende: 1. Das Hypothekrecht kommt fortschreitend je erst mit Entsteh­ ung der aus dem zu Grunde gelegten Rechtsverhältnisse entstehenden Forderungen ohne nochmalige Einschreibung zur Entstehung. Sind aber Forderungen entstanden, so hat das hiefür bestellte Hhpothekrecht Rang vom Tage der Einschreibung?) 2. Die Kautionshypothek als solche genießt nicht die Vorteile des Oeffentlichkeitsprinzipes; die Einschreibung in das Hypothekenbuch hat auf die Verjährung keinen Einfluß.^) Erst mit der Entstehung einer Forderung aus dem zu Grunde gelegten Rechtsverhältnisse sind, insoweit Forderungen entstanden sind, auch dem nun entstandenen Hypothekrechte jene Vorteile eröffnet, vorausgesetzt, daß der Uebergang der Kautionshypothek in eine volle Hypothek im Hypotheken­ buche eingeschrieben wird.") 3. Zur Einschreibung jedweden Ueberganges einer Kautions­ hypothek in eine volle Hypothek ist vom Standpunkte des Konsensprinzipes die Zustimmung sowohl des gegenwärtigen Unterpfandeigen­ tümers als der nachfolgenden Hypothekgläubiger erforderlich?^) Rechtsverhältnis zu Grunde gelegt wird, wo also nur die Art des EntstehungSgrundeS bestimmt, dieser aber noch nicht vorhanden ist, sondern erst erwartet wird (Hypothek für ein künftig zu gebendes Darlehen). Die Zulässigkeit der Hypothek bestellung auch für solche künftige Forderungen ist in Bayers anerkannt. Gönner I. 113,114, 192 mit Nt. •, 198, 234, 486, 487 mit Nt. *♦, 496, 580; Lehner, H.R. S. 12, 13; H.A.O. S. 180, 181; RegelSberger § 43 Ziff. 3. - Mit Rücksicht auf daS Prinzip der Aceefforität wirkt die KautionShypothek^auch nur für die aus dem zu Gmnde gelegten Rechtsverhältnisse entstehenden Forderungen, nicht für andere: Bl. s. R.A. XLIV. 217; E. d. obst. L.G. VII. 860; auch oben § 116 S. 792 ff. — Ueber die Form der Eintragung der KautionShypothek vgl. E. d. obst. L.G. XIV. 89 (Kaution ist zu .... Mk. der .... Bank zu H. bestellt zur Sicherung der auf Rechnung des Kredites zu entnehmenden Borschüffe und Kapitalsforderungen auS dem Ver­ kehre der KautionSsteller, ihrer Besitz- und sonstigen Rechtsnachfolger mit der genannten Bank laut Urk. des....). ®) Bezw. Anmeldung § 59, § 23 Abs. 2 und 3 Hyp.Ges.; RegelSberger § 43 Ziff. 4; Roth, d. Pr.R. IH. S. 566; auch Bl. f. R.A. LV1II. 219. DaS Entstandensein einer Forderung hat im Bestreitungsfalle der Hypothekgläubiger zu beweisen. 10) Grund ist, daß auS der Thatsache der Einschreibung einer Hyvothek als Kautionshhpothek die Existenz einer Forderung nicht ersichtlich ist. Bal. hiezu RegelSberger § 43 Ziff. 5; in Bl. f. R.A. XXXVI. S. 161 ff. und in Ztschr. d. Anw.Ber. f. Bayern XV. S. 49 ff. n) Vgl. auch RegelSberger §*43 Ziff.^ 5. Freilich kann von einer eigent­ lichen „Umwandlung" der KautionShypothek eine Bollhypothek nicht die Rede sein, da mit der Entstehung der Forderung auch die Bollhypothek bereits entstanden ist; vgl. Bl. f. R.A. LVIII. 219; eS ist daher nur eine Konftatiemng in dem Sinne möglich, dgß die Kautionshypothek unter Ziff. . . zum Betrage von . . . . Mark in eine Bollhypothek übergegangen ist, nachdem Fordemngen im Betrage von .... Mark auS dem zu Grunde liegenden RechtSverhältniffe entstanden sind. Hierüber spricht sich Bl. f. R.A. LVin. 219 nicht auS. Die^Einsetzung einer Summe in die Zwischenkolumne der zweiten Kolumne dürste zu vermeiden sein. 1S) § 109 Hyp.Ges. DieS ist bestritten, indem von manchen die Zustimmung der nachfolgenden Hypothekgläubiger nicht für erforderlich erachtet wird. Bgl.

V. Kapitel.

Das Pfandrecht.

801

§ 120.

Der Hypothekgegenstand?) I. Als hypothekfähige Gegenstände sind nach bayerischem Hypo­ thekenrechte nur anerkannt und zwar 1. als selbständig hypotheksähige^) unter der formalen Voraus­ setzung der Anlage eines besonderen Foliumsb): a) unbewegliche Sachen; welche Sachen als unbeweglich zu erachten sind, bemißt sich nach dem örtlichen bürgerlichen Rechtes; b) dingliches, fruchtbringende«), vererbliche?), selbständigveräußerüber die Meinungen für und wider Roth, d. Pr.R. m. S. 567 Nt. 12 u. 14. Wie im Texte besonder- RegelSberger § 43 Ziff. 5 und Roth, d. PrLt. HL S. 567,568. ') Gönner 1.117-121; in. 2-4; Lehner, H R. S. 20-29; Roth, b. C.R. II. S. 413-416; d. PrR. HI. S. 539-549; RegelSberger § 44—47; Stobbe, d. Pr.R. n. S. 366-369. § 3 Hyp.Ges. 8) Roth, b. C.R. H. S. 415; RegelSberger § 44 Abs. 3. Bgl. hiezu Nähere- über die Zulässigkeit der Verbindung mehrerer Hypothekgegenstände auf einem Folium oben § 99 lit. E Ziff. n—IV S. 687—690. *) Gönner L 117; Roth, b. CR. II. S. 414; RegelSberger § 45 Abs. 1; Ortenau, Komm. z. Subh.Ordn. zu Art. 2 Nt. 1 Abs. 3. — Ueber den Begriff der unbeweglichen Sache vgl. oben § 59 S. 439. — Berkehrsunsähige Sachen können während der Zeit der BerkehrSunfähigkeit nicht mit Hypotheken belastet werden: vgl. hiezu oben § 60 S. 443; RegelSberger §45 Abs. 2. — Eisenbahnen älS Liegenschaften sind hypothekfähig: vgl. über diese Frage Nähere- bei RegelS­ berger § 45 Abs. 3 und 4 und d. Not.Zeit. 1874 S. 183; Stobbe, d. Pr.R. H S. 366; hienach erfolgt hier bei Verpfändung der Gesamtbahn die Anlage deFoliumS bei dem Gerichte deS OtteS, wo der Sitz der Generaldirektion, bet Ver­ pfändung einzelner Linien bei dem Gerichte deS Ortes, wo die spezielle Direktion dieser Linie sich befindet. In dem Hypothekenbuche der übrigen Amtsgerichte, in welchen der Bahnkörper liegt, wird nur ein Schutzsolium angelegt; vgl. hiezu oben § 99 lit. F Ziff. H, 1 S. 693. — Schiffswerften, Badehutten und Marktstände können für sich nicht Gegenstand einer Hypothekbestellung kein, sondern nur entweder al- Bestandteile deS Grund und Bodens, wenn sie eingebaut sind, oder als Pertinenzen, soferne die erforderliche Verbindung besteht: Zeitschr. f. Ges.Geb. u. Rechts­ pflege vni. 73; Jungermann, Nachtr. S. 31 Nr. 2, 3; Gönner Hl, 2. Ueber Markedenierhütten vgl. Sammt, v. Entsch. in Gegenständen deS Handelsrechts III. 858. 8) Daher nicht ForderungSrechte, auch nicht Hypothekforderungen; sie können nur Gegenstand eines gewöhnlichen Pfandrechte- an Forderungen sein, da- aber mit Rücksicht auf die Wirkungen des OeffentlichkeitsprinzipeS im Hypothekenbuche einzuschreiben ist (§ 53 Abs. 2 Hyp.Ges.); vgl. hiezu oben § 95 Ziff. V S. 660, § 99 lit. B Nt. 15 S. 682 und Gönner I. S. 118; RegelSberger §46 Ziff. I, 1. — DaS Jagdrecht kann schon aus dem Grunde der mangelnden Dinglichkeit nicht Gegenstand einer Hypothekbestellung sein: arg. Art. 1 deS Ges., die Ausübung der Jagd betr., v. 30. März 1850 (W. IV. S. 104). 6) Fruchtbringend ist gleichbedeutend mit (unmittelbarer und mittelbarer) Ertragsfähigkeit: Gönner I. 120; RegelSberger § 46 Ziff. I, 3. 7) Vererblich sind nicht die Personalservituten; sie erlöschen mit dem Tode des Berechtigten; ebenso nicht Leibrenten, Wittum, wenn sie auch dingliche Rechte (Reallasten) sein sollten: Gönner I. 120. Bezüglich Reallasten, welche mit dem Tode des Berechtigten erlöschen, vgl. oben § 91 Ziff. I mit Nt. 2 und Roth, b. C.R. II. S. 330 mit Nt. 4, S. 346 mit Nt. 25; 337, 338 mit Nt. 35-37 (Altenteil). — Die Ablösbarkeit steht der Hypotheksähigkeit nicht entgegen: RegelS­ berger § 46 Ziff. I, 4; vgl. hiezu auch oben § 92 S. 642 ff. Becher, LandeScivilrecht und LandeScivilprozetzrecht.

51

802

Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

DaS Sachenrecht.

lidje8),* bereits bestehendes und nach örtlichem bürgerlichem Rechte den Immobilien gleichgeachtete Rechte10);* * * * * * * 18 2. als unselbständig hypothekfähige, d. h. in Zugehör- oder Bestandteilseigenschast n) a) wieder die in Ziff. 1 a und b bezeichneten Gegenstände, b) bewegliche Sachen, sowohl körperliche wie unkörperliche;") welche Sachen als bewegliche zu erachten sind, bemißt sich nach örtlichem Civilrecht; c) auch andere als die in Ziff. 1 b bezeichneten dinglichen und als unbewegliche Sachen geltenden Rechte; 3. im Falle bestehenden Miteigentums für jeden Miteigen­ tümer sein ideeller Anteil an den unter Ziff. 1 und 2 genannten Gegenständen, sowohl selbständig als unselbständig hypothekfähig?8) 8) Zu den selbständig veräußerlichen Rechten gehören nicht Lie Grunddienst­ barkeiten, die Hypotheken, die Ewiggeldgelder; auch hinsichtlich letzterer zustimmend Gönner I. 118; Roth, b. CR. H. S. 415 Nt. 18; d. Pr.R. III. S. 541 Nt. 15; d. Not.Zeit. 1874 S. 183; Ortenau, Komm. z. Subh.Ordn. zu Art. 2 Nt. 1 Abs. 2 ,(L E. und die Praxis; a. M. Regelsberger § 46 Ziff. 5; vom rein theoretischen Standpunkte auS wird die letztere Ansicht schwer zu widerlegen sein; — ferner nicht das BorkaufS-, Näherrechl und dingliche Wiederkaufsrecht des preußischen LandrechiS: Regelsberger § 46 Ziff. 5 — nach herrschender Ansicht auch nicht die radizierten dinglichen Gewerbsrechte (vgl. hiezu oben § 63 lit. B Ziff. 2d): Gönner I. 120, 121; IN. 3; Lehner, H.R. S. 25; Jungermann S. 101 Nt. 2; Ortenau, Komm. z. Subh.Ord. zu Art. 2 Nt. 2 Abs. 2; a. M. Regelsberger § 46 Nt. 1 und Ziff. 5; praktisch wird eine Verpfändung realer Gewerbsrechte wohl überhaupt kaum mehr vorkommen; s. auch Roth, b. C.R. H. S. 414 Nt. 13 — nicht auf den Gemeindeverband sich gründende Gemeinderechle: Art. 33 Gem.Ordn.; vgl. oben § 55 lit. B Ziff. II. 2 b y S. 386; Bl. f. R.A. L. 13; b. Not.Zeit. 1885 S 71. — Dem Rechte nach sind überhaupt nicht veräußerlich die Personalservituten, die Nutzungsrechte des FideikommißbesitzerS am Familienfideikommisse, daS Lehensrecht, daher auch nicht hypothekfähig. e) Regelsberger § 46 Ziff. I, 6. Erst zu begründende Rechte können daher nicht Gegenstand einer Hypothekbestellung sein. l0) Demnach sind hypothekfähig unter Berücksichtigung der AblösungSgesetzgebung (vgl. oben § 92 S. 642 ff.) insbesondere: das Bodenzinsrecht, das Fischereirecht in stemden Gewässern, die mit Reallastnatur bekleideten Forstberechtigungen, sofern sie nicht mit dem Besitze von Grundstücken verbunden sind: E. d. obst. L.G. I. 299; Bl. f. R A. XLVI. 154 (vgl. hiezu oben § 59 S. 439, § 63 lit. B Ziff. 2 a), die realen Gewerbsrechte im engeren Sinne, das Platz(Superficiar-)recht (vgl. hierüber Näheres bei Regelsberger § 46 Ziff. II, 1), das BergwerkSeigentum (vgl. hiezu oben § 59 S. 439; § 63 lit. B Ziff. 2 a und Näheres bei Regelsberger § 46 Ziff. II, 2). Die Kuxe des neueren Rechtes sind nicht den unbeweglichen Sachen gleichgeachtet und daher auch nicht hypothekfähig; vgl. hiezu oben § 59 S. 439; Regelsberger § 46 Ziff. II, 2. n) § 34 Hyp.Ges. ") Daher auch dingliche Rechte, welche nicht unter Ziff 1 b fallen. Ob auch obligatorische Rechte im Prinzipe Pertinenzen fein können, sofern alle übrigen Erforderniffe zutreffen, möchte im Hinblick auf Gönner I. 358 zu bejahen sein; gleichwohl werden solche Zubehörungen kaum vorkommen. 18) Für die Zulässigkeit der Hypothekbestellung an ideellen Anteilen im Falle wahren Miteigentums (condominium pro indiviso) auch Gönner I. 125; II. 40; Lehner, H.R. S. 34, 249; Jungermann S. 167; Regelsberger, Bl. f. R.A. XXXVIH. 241 ff., 257 ff.; Hyp.R. § 44 Abs. 4; d. Not.Zeit. 1873 S. 1; 1875

V. Kapitel.

Das Pfandrecht.

603

II. Die Zubehörungen insbesondere.") Das bayerische Hypothekrecht unterscheidet in teilweiser Ab­ weichung von den örtlichen Civilrechten gesetzliche und gewillkürte Zubehörungen und dehnt diese Unterscheidung sowohl auf bewegliche wie unbewegliche Sachen aus. 1. Die gesetzlichen Zubehörungen: Unter gesetzlichen Zubehörungen sind jene verstanden, welche schon nach den Grundsätzen des örtlichen Civilrechtes als Zubehör­ ungen gelten. Soferne nicht das örtliche Civilrecht die Bestandteile einer Sache ausdrücklich als Zubehörungen erklärt, sind diese unter den gesetzlichen Zubehörungen nicht inbegriffen; gleichwohl finden aber einzelne Bestimmungen des Hypothekengesetzes gleichmäßig auf die Bestandteile wie Zubehörungen Anwendung.^) Eine Eintragung der Bestandtelle und gesetzlichen beweglichen Zubehörungen in das Hypo­ thekenbuch ist regelmäßig nicht erforderlich. Eine Eintragung der unbeweglichen Bestandteile und gesetzlichen Zubehörungen dagegen S. 101; 1882 S. 47; Bl. f. R.A. VI, 270; XXXV. 163; XLVI. 273; E. d. obst. L G. I. 294; auch II. 1 und IV. 451 (speziell über Unzulässigkeit bei condominium in solidum); IX. 103 mit eingehender Begründung, auf welche hieher Bezug ge­ nommen wird. Hienach kann der ideelle Anteil ohne Zustimmung der übrigen Miteigentümer hypothekarisch belastet werden. A. M. Roth, b. C.R. II. S. 423, 424; zweifelhaft" d. Pr.R. III. S. 544; Arends, Sammlung interessanter Erkennt­ nisse V. 184. — Will ein ideeller Anteil gesondert verpfändet werden, so ist BorauSsepung, daß er hiebei im Hypothekenbuche gehörig bezeichnet, ev. je nach La^e der Sache für ihn ein eigenes Folium angelegt wird; unbedingt erforderlich ist letzteres nicht, wenn auch manchmal zweckmäßig, so E. d. obst. L.G. IX. 103; Bl. f. R.A. VI. 270; Regelsberger § 44 Abs. 4; d. Not.Zeit. 1875 S. 101 gegen Bl. f. R.A. XXXVIII. 261 Nt. •; d. Not.Zeit. 1873 S. 1, wo die Verpfändung nur für zulässig erklärt wird, wenn der Anteil talastermäßig bezeichnet und für ihn ein besonderes Folium angelegt wird. Sind für Anteile gesonderte Folien errichtet und dann Hypotheken noch auf sämtlichen Anteilen bestellt worden, so liegen Berbandhypotheken vor; vgl. auch Ortenau, Komm. z. Subh.Ordn. zu Art. 158 Nt. 6. Vgl. hieher überhaupt auch Art. 157—163 Subh.Ordn. bezüglich der Zwangsvollstreckung in Anteile an Immobilien. — Dagegen ist es unzulässig, daß ein Alleineigentümer nur einen Bruchteil seiner Liegenschaft verpfändet; dem steht § 33 HyP.Ges. entgegen; vgl. auch Roth, d. Pr.R. III. S. 544 mit Nt. 34, welcher m. E. zu Unrecht Regelsberger § 44 Abs. 4 und E. d. obst. L.G. IX. 103 als a. M. bezeichnet, da beide nur vom Falle des Miteigentums sprechen. Nicht zu verwechseln hiemit ist wieder der Fall, daß von einem Gmndstücke ein bestimmter Bruchteil getrennt und weggemessen, oder ein Haus horizontal abgeleilt und jeder Teil zum selbständigen Hypothekobjekle erhoben und selbständig verpfändet wird (vgl. auch Bl. f. R.A. XLV. 133). ") §§ 3, 33, 34 HyP.Ges.; § 13 Jnstr. z. HyP.Ges.; das Nähere siehe schon oben § 61 S. 445—453 mit besonderen Litteraturangaben und § 108 lit A Ziff. II, 5 und 6 S. 695—699; Gönner I. 354—360; III. 70—73; Jungermann S. 255 bis 258; Nachtr. S. 92, 93; Lehner, H R. S. 26-29; Regelsberger § 47; Roth, b- C.R. II. S. 417; d. Pr.R. III. S. 545—546. 15) z. B. § 36 (s. oben § 99 lit. E Ziff. III, 2 mit Nt. 49 S. 688 ff.); § 121 (s. oben § 99 lit. D S. 687); § 130 Nr. 6 (s. oben § 100 lit. A Ziff. II, 6 S. 698) HyP.Ges.; § 13 Abs. 1 Jnstr. z. HyP.Ges. Vgl. hiezu auch Regels­ berger § 47 Ziff. I, 1. Unterschieden zwischen Bestandteilen und Pertinenzen ist in § 120 Abs. 2 und § 130 Ziff. 4 und 5 HyP.Ges.

804

Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

DaS Sachenrecht.

immer dann, wenn sie eine eigene Plannummer besitzen16) oder in einer anderen Hypothekengerichtsbarkeit als der des Hauptobjektes liegen.17) 2. Die gewillkürten Zubehörungen: Um gewillkürte Zubehörung zu werden, ist a) allgemein erforderlich: a) eine dahingehende Willenserklärung des Eigentümers18), ß) die Eintragung der Zubehöreigenschast in das Hypothekenbuch, b) bei beweglichen Sachen außerdem erforderlich, daß sie in einer wesentlichen Verbindung mit der Hauptsache stehen1^c) bei unbeweglichen Sachen weder erforderlich, daß sie im Hypothekengerichtsbarkeitsbezirke der Hauptsache liegen, noch daß sie zu dem Hauptobjekte und den anderen hiezu ge­ hörigen Hypothekobjekten in irgend einer Beziehung stehen; die weiteste räumliche Entfernung hindert daher die Erklärung einer unbeweglichen Sache als Zubehörung nicht. § 181.

Entstehungsgrund der Hypothek. — Hypothekentitel.1) A. Allgemeines.

Die Rechtsgründe, welche nach örtlichem bürgerlichem Rechte unmittelbar das Pfandrecht erzeugen, sind nach Hypothekenrecht nicht geeignet, die Hypothek unmittelbar zur Entstehung zu bringen. Sie gewähren dem hienach zur Hypothek Berechtigten nur einen persönliches Anspruch- auf Bestellung einer Hypothek, das Hypothekrecht selbst ent­ steht erst durch Eintragung in das Hypothekenbuch?) ") Vgl. hiezu oben §.100 lit. A Ziff. II, 6 S. 698. ") § 121 Hyp.Ges. und oben § 100 lit. A Ziff. II, 6 S. 698. ie) Bezüglich der Wirkungen der Oeffentlichkeit des Hypothekenbuches, falls die Erklämng von einem Nichteigentümer auSgeht; s. oben § 61 S. 450 mit Nt. 18 und § 113 Ziff. IV, 3 a ß S. 776. * *) Vgl über dieses Erfordernis besonders oben ß 61 Ziff. 2a S. 447,448 und Kober in jur. Mon.Schr. 1895 S. 138, übereinstimmend mit der in § 61 Nt. 14 o. E. S- 449 getroffenen Entscheidung. ”) Selbst außerhalb Bayerns gelegene Immobilien werden als Zubehömngen erklärt werden können, soserne hiefür nach dem Rechte der Haupt- und Nebensache die einzelnen Voraussetzungen gegeben sind. Vgl. hieher besonders oben § 61 S- 451 mit 21. * ) Gönner I. 139—163, 180-227; III. 10, 17-28; Lehner, H.R. S. 69 bis 112; RegelSberger §§ 48-51; Roth, b. ER. n. S. 429—435; d. Pr. III. S. 570—585; Stobbe, d. Pr.R. II. S. 353. * ) § 9 Hyp.Ges.: „Zu einer Hypothek werden erfordert: I. ein Rechtstitel zu deren Erwerbung, welcher entweder 1. in einer Bestimmung des Gesetzes selbst, 2. in dem erklärten Privatwillen liegen kann; II. die Eintragung der Forderung in daS Hypothekenbuch; ß 10 Hyp.Ges.: „Der Rechtstitel allein bewirtt die Hypothek nicht, sondern nur daS Recht, diese durch Eintragung in daS Hypothekenbuch zu erwerben". § 21 Hyp.Ges.: „Die Hypothek als dingliches Recht wird durch die förmliche Eintragung in daS öffentliche und unter amtlichem Glauben geführte

V. Kapitel.

Das Pfandrecht-

805

I. Hypothektitel ist der durch Privatwillenserklärung oder Gesetz geschaffene Grund, aus welchem einem Gläubiger das Recht erwächst, für eine bestimmte Forderung die Bestellung einer Hypothek auf eine bestimmte Sache durch die vom Eigentümer zu gestattende Ein­ tragung in das Hypothekenbuch zu verlangen?) Der aus diesem Rechte entspringende privatrechtliche Anspruch des Gläubigers richtet sich nicht gegen das Hypothekenamt, sondern gegen den Unterpfand­ eigentümer und zwar infolge seiner obligatorischen Natur immer nur gegen denjenigen, in dessen Person der Hypothekentitel begründet ist, und seine Erben, soferne sie nicht vom Eigentume am zu belastenden Gegenstände rechtswirksam ausgeschlossen finb.4* )* * Der Anspruch er­ lischt daher, sobald dieser Unterpfandeigentümer oder sein Erbe aufhört, Eigentümer des zu belastenden Hypothekgegenstandes zu fein.5)6 Wird der Unterpfandeigentümer in Ansehung der Sache Berfiigungsbeschränkungen unterworfen, so hindert dies zwar die definitive Eintragung, nicht aber die Vormerkung der Hypothek^); persönliche Verfügungs­ beschränkungen beseitigen den Anspruch auf Eintragung nicht. 1. Die Hypothekentitel können entweder in einer Bestimmung des Hypothekengesetzes oder eines späteren Gesetzes oder in einer PrivatHypothekenbuch erworben und erst von der Zeit dieser Eintragung an erhält eine Forderung die Rechte der Hypotheken ohne Unterschied, ob daS Recht, sie zu er­ werben, auf dem Gesetze oder auf dem Privatwillen beruht — Vgl. hiezu Gönner I. 182; Lehner, Hyp R. S. 72, 73; auch oben § 99 lit. B Zisf. V S. 682 und lit. C Ziff. II, 1 S. 683. *) Bgl. auch RegelSberger § 48 Ziff. 1. Der Hypothektitel ist daher nicht etwa die der Hypothek zu Grunde liegende Forderung. 4) Ebenso RegelSberger § 48 Ziff. 3. A. M. Bl. f. R.A. XXXI. 160 unter Bezugnahme aus § 26 Ziff. 3 Hyp.Ges., welche Gesetzesstelle aber offenbar nicht die Gesamtnachfolge im Auge hat. Dem Erben ist der Universalfideikommiffar gleichzustellen und zwar mit der gleichen Beschränkung. Ein Ausschluß vom Eigen­ tum liegt in der Anordnung eines Singularvermächtnisses bezüglich deS Hypothek­ gegenstandes. 6) § 26 Ziff. 3 Hyp.Ges.; RegelSberger § 32 Nt. 1, § 48 Ziff 3; Stobbe, d. Pr.R. II S. 353; Bl. f. R.A. LVIII. 228; E. d. obst. L.G. VII. 1035. Ob gegen den auS dem Hypothektitel Verpflichteten ein Schadensersatzanspruch zulässia ist, hemißt sich nach örtlichem Civilrecht; h'ebei wird zwischen freiwilligem und gesetzlichem

Hypothektitel zu unterscheiden sein: RegelSberger § 48 Ziff. 3. — Treten neben den Alleineigentümer Miteigentümer, so wirkt der Hypothektitel nur mehr in Ansehung des ideellen Anteils des ersteren. Zweifelhaft ist die Frage, wenn das Objekt in eine Gesellschaft eingebracht wird, die nicht juristische Person ist: hier ist wohl der Umstand entscheidend, ob durch daS Gesellschastsverhältnis eine Verfügungsbeschränkung der einzelnen Gesellschafter begründet wird und diese aus dem Hypothekenbuche er­ sichtlich ist, soferne man nicht, wie dies z. B. bei der offenen Handelsgesellschaft (Art. 91 Hand.Ges.B.: vgl. hiezu Staub, Komm. z. Hand.Ges.B. 3. Aust. S. 155 bis 157) geschieht, daS Quoteneigentum der einzelnen Gesellschafter überhaupt aufgiebt, in welchem Falle dann völlige Entäußerung deS Objektes vorliegt. Bgl. auch RegelSberger § 48 Nt. 8. e) Vgl. besonders Art. 33 Abs. 2 Subh.Ordn. (Beschlagnahme). i) Hier hat der gesetzliche Vertreter nunmehr für Eintragung der Hypothek zu sorgen. Vgl. auch RegelSberger § 48 Ziff. 3 a. E. und oben § 104 lit B Ziff. 6 mit Nt. 19 S. 731, unten 8 122 lit. A S. 817.

806

Vermögensrecht«, — Erste- Hauptstkch. DaS Sachenrecht.

Willenserklärung begründet sein; hienach unterscheidet man gesetzliche und freiwillige Hypothektitel?) 2, Der Hypothekentitel ist ein Accessorium zur For­ derung, zu deren Gunsten er einen Anspruch auf Hypothekbestellung gewährt; er kann daher nur mit dieser Forderung übertragen werden und erlischt, wenn das Forderungstecht ohne ihm übertragen wird?) Ob er im einzelnen mit dem Forderungsrechte übertragen werden kann, hängt davon ab, daß er nicht kraft besonderer gesetzlicher Bestimmung oder seinem Inhalte nach oder kraft wirksamer Privatwillenserklärung höchst persönliche Eigenschaft besitzt?") 3, Das Spezialitätsprinzip gilt in Ansehung des Hypo­ thektitels nicht"); im Einzelnen ist zu unterscheiden: a) der Hypothektitel kann bestimmte Objekte, welche Gegenstand der Hypothek sein sollen, bezeichnen; in diesem Falle kann die Einschreibung der Hypothek auch nur -auf diese Objekte verlangt werden. (Spezieller Hypothekentitel)"); b) im Falle der Hypothektitel nicht bestimmte Objekte des Eigentümers bezeichnet (allgemeiner Hypothektitel), kann der Gmubiger die Einschreibung der Hypothek auf alle hypothek’) § 9 HYP-G-s. •) § 17 HtlP.Gcs. Bgl. auch Gönner I. 234; Regelsberger, § 48 Zifs. 4; Roth, b. Pr.R. in. S. 586. Im Zweifel wird anzunehmen fein, daß mit dem KorderungSrechte auch die Accefforien, sohin auch der Hypothektitel übertragen sein soll. — Für eine andere Forderung desselben oder eines anderen Gläubigerkann der Hypothektitel nicht geltend gemacht werden; doch kann auf dem Wege des § 84 Hyp Ges. in gewisser Weis« geholfen werden; vgl. auch Gönner III. 29. 30. *") Aehnlich Roth, d. Pr.R. III. S. 668, 669. ES handelt sich also darum, ob der Hypothektitel ein privilegium personae oder rei ist. Bei freiwilligen RechtStiteln wird immer der Vertrag entscheidend und im Zweifel die Uebertragbarkeit anzunehmen sein. Schwieriger ist die Frage gegenüber den gesetzlichen Hypothek­ titeln, da daS Hhpothekengesetz keine besondere Vorschrift enthält und ein Zurück­ gehen auf daS örtliche Civilrecht seine gewichtigen Bedenken hat. Die Unzulässig­ keit der Uebertragung deS gesetzlichen Hypothektitels nach seinem Inhalte wird sich

höchsten- bezüglich § 12 Zifs. 6 Hyp.Tes. (so Bl. f. R.A. XXXI. 160; Roth, b. C R. II. S. 432) behaupten tofieit, im übrigen aber gegen Lehner, H.R. S. 74 Ziff. 4, S. 76 Zisf. 2, S. 79 Ziff. 2, S. 80 Ziff. 1, S. 83 Zisf. 1, S. 86 Ziff. 1, S. 90 Ziff. 1 (§ 66 und 67), welcher nur bezüglich § 12 Ziff. 1, 4, ver­ mutlich auch Ziff. 8 und 12 Hyp.Ges. Uebertragbarkeit annimmt, zu verneinen sein. Bgl. auch RegelSberger in Bl. f. R.A. XXXVI. 193 ff. und Hyp.R. § 48 Ziff. 4; Gönner I. 188 Ziff. 3; Bl. f. R.A. XXXIV. 114; Erg.Bd. VII. 113; d. Not Zeit. 1883 S. 106. Die Bemerkung Gönners L 190, daß der im § 12 Ziff. 1 genannte Rechtstitel auch demjenigen zustehe, der infolge Zahlung an den Staat an Stelle deS Schuldner- die der Forderung deS StaateS anhängenden Rechte an sich gebracht habe, verstehe ich nicht in dem Sinne, daß der Uebergang de- RechtStitelS durch die Zahlung bedingt fei (so Regelsberger § 48 Rt. 12; Roth, b. 6.8t. II. S. 189 Ziff. 1); Gönner will m. @. exemplifizierend lediglich hervor­ heben, daß derjenige, welcher dem Schuldner Geld zur Zahlung der Staats­ abgaben leihe, den RechtStttel nicht schlechthin erhalte, sondern nur derjenige, welcher die Fordemng deS StaateS von diesem übertragen erhält.

") R-gelSberger, § 48 Ziff. 6; Roth, d. Pr.R. III. S. 669. ") § 17 Hyp.Ges. Vgl. auch Gönner; 236.

V. Kapitel.

Das Pfandrecht.

807

fähigen Sachen desselben verlangen.") Nur bei gesetzlichen Hypothektiteln besteht eine Ausnahme dahin, daß auf Ver­ langen des Eigentümers die Einschreibung auf einen solchen freien Güterwert beschränkt werden muß, welcher nach Abzug der vorstehenden Posten den Betrag der zu sichernden Posten um ein Dritteil übersteigt"); diese Vorschrift findet auch überall da entsprechende Anwendung, wo das Hypothekengesetz sonst von hinreichender oder angemessener Sicherheit spricht.") Ob der allgemeine freiwillige Hypothektitel sich nur auf die im Augenblicke der Begründung im Eigentume des Ver­ pflichteten befindlichen Objekte oder auch auf die künftig von ihm zu erwerbenden erstreckt, ist Thatfrage"); für den all­ gemeinen gesetzlichen Hypothektitel ist mangels positiver gesetzlicher Einschränkung die letztgenannte Ausdehnung anzu­ nehmen");

c) ist die Forderung, zu deren Gunsten der Hypothektitel besteht, der Summe oder dem Rechtsgrunde nach nicht bestimmt bezeichnet, so hat mangels gütlicher Einigung der Parteien hierüber das Gericht urteilsmäßig zu ernennen.18) ") § 11 Hyp.Brs.: „Das Recht, eine Hypothek durch die Eintragung der Forderung zu erlangen, soferne es nicht durch Gesetz oder Bertrag beschränkt ist, erstreckt sich aus das ganze unbewegliche BermSgen des Schuldners"; vgl. auch oben 8 117 Ziff. I S. 794, 795. “) § 11 HyP.Ges. Dieser Satz soll nach Gönner L 214—217 folgendes alS dem Geiste deS Gesetzes entsprechend bedeuten: „Wenn der Wert der Güter, auf welchen die mit gesetzlichem Rechtstitel versehene Forderung eingetragen ist, im ganzen soviel betrügt, daß derselbe sämtliche darauf eingetragen« Forderungen mit Einschluß der jetzt infolge deS gesetzlichen RechtStitelS eingetragenen oder ein­ zutragenden Forderung um ein Dritteil übersteigt, kann Beschränkung auf diese Güter verlangt werden". Zustimmend RegelSberger § 48 Nt. 14 gegen Jnstr. z. HyP.Ges. § 28 Nr. 14 Abs. 4. Eine eingehende Abhandlung über die ganze Frage nebst erschöpfenden Litteraturangaben giebt Kober in Bl. f. R.A. Erg.Bd. XII. 209 ff., welcher schließlich der „wörtlichen" Auslegung der Gesetzesstelle den Borzug giebt. Der Unterschied zwischen beiden Ansichten ist ein sehr bedeutender. Gehen, um daS Beispiel Kober'S zu gebrauchen, 6000 Mk. an Hypotheken vor und die neue gesetzliche Hypothek beträgt 300 Mk., so muß der Schuldner nach Ansicht Gönner'» 6000 + 300 9RL + 6000 + 300 = 3i6o = 9460 Mk. Güterwert, nach Ansicht

300

Kober'S nur 6000 + 300 + -g- — 6400 Mk. Güterwert zur Verfügung stellen.

Ich schließe mich den gründlichen Ausführungen Kober'S umsomehr vollinhaltlich an, alS die Wahl deS Ausdruckes für den Gesetzgeber durchaus keine schwierige gewesen wäre, wenn er der Ansicht Gönner's beigepflichtet hätte. — Bezüglich der Zwangs- und Arresthypothek ist in Art. 40 und 44 Nov. zur Subh.Ordn. § 11 HyP.Ges. ausdrücklich für anwendbar erklärt. 16) §§ 18, 19, HyP.Ges.; RegelSberger § 48 Ziff. 5a Abs. 1 a. E. 16) Zweifel aber wohl zu bejahen. Vgl. auch RegelSberger § 48 Ziff. 5 Abs. 2. Gönner I. 165 spricht sich schlechthin bejahend aus. n) Ebenso RegelSberger § 48 Ziff. 5 Abs. 2. ") § 19 HyP.Ges. Vgl. oben § 117 Ziff. IV, 2 b®. 796, 797; über Hypothekvormertung s. unten § 123 Ziff. III, 2 e S. 832.

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Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

DaS Sachenrecht.

4. Die Wirkung des Hypothektitels erlischt erst bann, wenn die Sicherheit, welche der Gläubiger nach demselben verlangen kann, erschöpfend hergestellt ist.19) 5. Mangels gegenteiliger Bestimmung kann der aus dem Hypothek­ titel Berechtigte die Gntragung der Hypothek an der im Hypothekenbuche zur Zeit der Eintragung nächstosfenen Rangstelle verlangen.99)

II. Regelmäßig ist die Eintragung einer Hypothek nur rechtsgiltig, wenn sie auf einem rechtswirksamen Hypothektitel beruht91); sie kann daher mangels solchen als ungiftig angefochten werden. Indes hat hier das Hypothekengesetz eine Ausnahme aufgestellt: „hat der Schuldner für eine an sich richtige Forderung die Ein­ tragung der Hypothek, zu deren Vornahme er gehörig geladen worden, vor sich gehen lassen, so kann die ein­ getragene Hypothek aus dem Grunde, daß für diese kein Rechtstitel vorhanden gewesen sei, nicht angefochten wer­ den".99) Im einzelnen ist zu dieser Ausnahme folgendes zu bemerken: 1. Die einzelnen Voraussetzungen der Ausnahme.

a) Unter dem „Schuldner" ist hier der Eigentümer des Hypo­ thekobjektes zu verstehen; derselbe muß zur Hypothekbestellung persönlich fähig und zur Handlung berechtigt sein99);

b) unter der Vorladung zur Vornahme der Eintragung ist die nach Maßgabe des Konsensprinzipes erforderliche Vorladung zur Aeußerung über das Eiutragungsgesuch zu verstehen. Hienach ist Voraussetzung der Ausnahme, daß der Eigentümer entweder nach Maßgabe des Konsensprinzipes vor dem Hypothekenamte seine Zustimmung zum Einträge erklärt, ”) Dies geht aus dem Schlußsätze des § 19 Hyp Ges. zu genügender Deutlichkeit hervor. Eine Besonderheit enthält § 18 Hyp Ges., die aber nicht als eine Fortwirkung des Hypothektitels zu erachten ist; vgl. unten § 131 Ziff. II; RegelSberger § 48 Rt. 16 gegen Gönner I. 236. *•) arg. §§ 150, 151, 23, 59 HyP.Grs.; RegelSberger § 48 Ziff. 7 Hyp Ges.; Roth, d. Pr.R. III. S. 569. ») § 15 Abs. 1 Hyp.Ges. “) § 16 Hyp.Ges. Vgl. hiezu schon oben § 104 lit. C ©. 734. — § 16 Hyp.Ges. hat eine weitgehende Bedeutung nur für die gesetzlichen Hypotheken; bei vertragsmäßig bestellten Hypotheken ist sie mit Rücksicht auf daS Erfordernis nota­ rieller Beurkundung deS Vertrages, bezw. wenigstens der Erklärung des Hypothek­ bestellers (vgl. unten lit. B Ziff. II, 2 S. 815) untergeordneter Natur, doch kann die Gesetzesstelle auch hier einschlagen. Man nehme an: DaS BerlaffenschastSgericht

protokolliert einen Erbvergleich, in welchem für einen Miterben eine Hypothek konstituiert wird; mit Rücksicht auf Art. 86 Abs. 1 A G. z. R.C.P.O. ist daS Ver­ laffenschaftsgericht der Ansicht, daß notarielle Beurkundung hier nicht erforderlich sei (die Frage ist in der That bestritten: vgl. im Abschnitt über den Vergleich);

der Hypothekenbeamte pflichtet seiner Ansicht bei und jene Hypothek, für die dem KonsenSprinzipe genügt Hyp.Ges. Platz, wenngleich die Hypothekbestellung nach notarieller Beurkundung bedurft hätte. ”) Gönner I. 229; RegelSberger 8 49 Ziff. 7;

trägt auf Requisition hüt ist, ein; hier greift § 16 richtiger Ansicht auch hier Bl. f. R.A. XXXV. 164,

V. Kapitel.

Das Pfandrecht.

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oder selbst den Antrag aus Eintragung gestellt hat/ oder seine Zustimmung gesetzlich als erfolgt gift24); c) nur wirklich eingetragenen — und zwar nur den definitiv eingetragenen, nicht den blos vorgemerkten25)—Hypotheken kommt die Ausnahme zu gute; es ist unzulässig, dem Hypo­ thekenamte unter Berufung auf diese Ausnahme eine Ein­ tragung anzusinnen; das Hypothekenamt hat vielmehr das Eintragungsgesuch als völlig uikstatthaft abzuweisen, wenn der Hypothektitel fehlt oder sich nach Maßgabe zulässiger Prüfung als ungiftig erweist24); d) guter Glaube des Hypothekerwerbers ist nicht erforderlich2'). 2. Rechtliche Bedeutung der Ausnahme. Der Ausnahme liegt weder eine ausdrückliche, noch stillschweigende, insbesondere keine ver­ tragsmäßige gesonderte Hypothekbestellung zu Grunde; durch sie ist daher auch die Vorschrift des Art. 14 des bayerischen Notariats­ gesetzes weder beschränkt, noch aufgehoben; sie ist Gründen der Sicher­ heit des hypothekenrechtlichen Verkehrs entsprungen und statuiert lediglich eine gesetzlich fingierte, einseitig wirksame Bestätigung des Vorhanden­ seins eines Rechtstitels, bezw. einen gesetzlich fingierten, einseitigen Verzicht auf die Anfechtbarkeit der eingetragenen Hypothek wegen mangelnden Rechtstitels.22) “) «gl. hiezu oben § 104 lit. C S. 734 ff.; RegelSberger § 49 Ziff. 4; Bl. f. R.A. XXV. 188. “) E. d. obst. L.G. I. 188; RegelSberger § 49 Ziff. 2. ”) RegelSberger § 49 Ziff. 2; oben § 104 lit. B Ziff. 3 S. 729 mit Nt. 7 und § 105 Ziff. 3 a S. 740 mit Nt. 4; auch § 146 Hyp.Ges. ”) RegelSberger § 49 Ziff. 8; Immerhin wird aber die actio doli nicht ausgeschlossen, dagegen eine Bereicherungsklage nie statthaft sein. Auch wird der Eigentümer die Anerkennung einer solchen Hypothek dann nicht versagen können, wenn er im entschuldbaren Irrtum über den Mangel eines RechtStitelS, also in der irrigen Meinung, eS sei ein solcher vorhanden, den Widerspmch gegen lye Eintragung unterließ: Gönner I. 228 Ziff. 1; RegelSberger a. a. O. Wieder­ einsetzung in den vorigen Stand ist auSgeschloffen. *•) § 16 Hyp.Ges. enthält eine Modifikation des § 111 Abs. 2 Hyp.Ges. Dem formellen Rechte auf Eintragung mißt daS Gesetz, wenn dem KonsenSprinziPe genügt ist, hier ausnahmsweise aus Gründen der Rechtssicherheit deS hypothe­ karischen BerkehrS, materielle Wirkung bei. Vgl. schon oben § 104 lit. C ö. 734.

Eine stillschweigende vertragsmäßige Hypothekbestellung enthält § 16 Hyp.Ges. nicht (gegen Gönner!. 229; Roth, b. C-R. II. 6. 435 Nt. 47), widrigenfalls alle gesetzlichen Hypotheken schließlich vertragsmäßige Hypothekm wären, weshalb auch § 16 Hyp.Ges. neben Art. 14 Not.Ges. fortbestehen kann (vgl. hiezu oben ein Bei­ spiel in Nt. 22). Die Annahme einer stillschweigenden vertragsmäßigen Hypothek­ bestellung im Falle des § 16 Hyp.Ges. kann auch nicht auS § 46 Hyp.Ges. ab­ geleitet werden, da diese nur von der stillschweigenden Zustimmung zur Eintragung der Hypothek im Sinne des KonsenSPrinzipeS spricht und lediglich daS Resultat des § 111 Abs. 2 und § 16 Hyp.Ges. in Ansehung der Hypotheken enthält. Im Resultate übereinstimmend die Praxis: Bl. f. R.A. XXXIII. 348 ff.; XXXV. 164; XXXVI. 6, 10; E. d. obst L.G. I. 189; — die Theorie: Bl. f. R.A. XXXIII. 148, 181, 182; XXXIV. 161; Ztschr. f. Ges. Geb. und Rechtspfl. Tl. II Bd. in S. 442; Gönner III. 28; RegelSberger § 49 Ziff. 7^. Hauser, Ztschr. f. ReichSund Landesrecht V. 309; Stenglein, Ztschr. II. 33. A. M. Roth, b. C.R. H.

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Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

Das Sachenrecht.

3. Wirkung der Ausnahme. a) Dadurch, daß der Eigentümer die definitive Eintragung der Hypothek in der in Ziff. 1 b bezeichneten Weise vor sich gehen läßt, ohne auf Grund des Mangels oder der Un­ giltigkeit des behaupteten Hypothektitels der Eintragung zu widersprechen, wird die Ungiltigkeit der eingetretenen Hypothek doch nur in beschränkter Weise geheilt. Der unter die Ausnahme fallende Hypothekemtrag kann nur aus dem Grunde, daß über­ haupt oder kein giltiger Hypothektitel vorhanden sei, nicht angefochten werden. Andere Gründe der Ungiltigkeit der Hypothek find mit dieser Ausnahme nicht getroffen und daher von wirksamer Geltendmachung nicht ausgeschlossen?') b) Die sonach vorhandene Unanfechtbarkeit besteht zu Ungunsten des Eigentümers, der nachfolgenden Hypothekgläubiger und derjenigen Personen, denen Rechte an den Hypothekforderungen dieser zustehen, sowie zu Ungunsten der Rechtsnachfolger aller dieser Personen, zu Gunsten des Hypothekerwerbers und aller derer, die Rechte von ihm ableiten?") B. Dir ri*|tle«* HypMtzekentitel?')

I. Die gesetzlichen Hypothekentitel. Die gesetzlichen Hypothekentitel sind im Hypothekengesetze in dem Sinne erschöpfend aufgezählt, als aus früheren Rechten stammende damit beseitigt sind; indes ist weder eine ausdehnende Auslegung der geltenden gesetzlichen Hypothekentitel (int Gegensatze zur Analogie)"), S. 435 Rt. 47; d. Not.Zeit. 1883 S. 280; einen Milteistandpunkt nimmt ein Ztschr. d. Anw.Ver. VIIL Nr. 6-8, dagegen Bl. f. R.A. XXXIII. 181. — § 16 Hyp.Gff. wird vorzüglich dann zur Anwendung kommen, wenn das Hypotheken­ amt die Existenz eine- nicht vorhandenen gesetzlichen Rechtstitels oder die nicht gtzvahrte Form deS freiwilligen Rechtstitels als vorhanden annahm oder sonst einen Mangel in der freiwilligen Hypothekbestellung übersah. Auch wird daS Hypothekenamt mit Rücksicht auf tz 60 deS Landtagsabschiedes v. 29. April 1869 (W. VII. ®. 689; B. ®. 172, vgl. oben § 72 Ziff. VI, 1 b ©. 545) nicht ver­ pflichtet sein, die Acceptation dcS Berechtigten nachznprüsen (tz 107 Hyp.Ges ), so daß besonder- wegen fehlender Acceptation dieser tz 16 Hyp.Ges. von Bedeutung werden kann; vgl. auch RegelSberger § 49 Ziff. 9. ”) Schon tz 16 Hyp.Ges. bemerkt: „für eine an sich richtige Forderung"; wegen Mangels einer Forderung bezw. gütigen Forderung ist daher stets An­ fechtung möglich, soweit nicht da« OeffentlichkeitSprinzip im Wege steht (vgl. auch Bl. f. R.A. XXXV. 164), ebenso wegen Mangel der DiSpositionSsühigkeit und der Berechtigung zur Hypothekbestellung. Vgl. auch Gönner I. 228; RegelSberger § 49 Ziff. S. ”) Vgl. auch Bl. s. R.A. XXXV. 163; RegelSberger tz 49 Ziff. 8. ") Hyp.Ges. tz 12; Gönner I. S. 180-217; III. 17—24; Lehner, H.R. S. 72-95; Roth, b. C.R. II. S. 429—434; d. Pr.R. III. S. 570-582; Rege», berge» tz 50. “) Ebenso RegelSberger § 50 Abs. 1; Gönner l. 188: „Jeder gesetzliche RechtStitel ist eine besondere gesetzliche Begünstigung, daher ohne Ausdehnung ans andere Personen, Forderungen oder Immobilien, streng nach den bei jeder Nummer vor kommenden Bestimmungen zu bemessen, und überall genau daraus zu sehe»,

V« Kapitel.

Das Pfandrecht.

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noch die gesetzliche Konstituierung neuer solcher Hypothekentitel aus­ geschlossen, vielmehr sind in verschiedenen neueren Gesetzen neue gesetzliche Hypothekentitel geschaffen worden. Im einzelnen sind folgende anzuführen^): 1. Einen allgemeinen gesetzlichen Hypothekentitcl haben: a) der Staat wegen der rückständigen ordentlichen und außer­ ordentlichen Staatsabgaben gegenüber dem Immobiliar­ vermögen seines Schuldners^); b) die Gemeinden und Stiftungen wegen aller aus der Ver­ waltung ihres Vermögens gegen die Verwalter entstehenden Forderungen gegenüber dem Immobiliarvermögen dieser und ihrer Bürgen, sofcrne nicht der Beamte und dessen Bürge bereits auf andere Weise mit Zustimmung der Gemeinde oder Stiftung und mit Genehmigung der dieser vorgesetzten Behörde genügende Sicherheit bestellt Habens; c) minderjährige und sonstige kuratelmäßige Personen wegen aller aus der Führung der Vormundschaft bezw. Kuratel gegen ihre Vormünder bezw. Kuratoren begründeten Forder­ ungen gegenüber dem Immobiliarvermögen der Vormünder bezw. Kuratoren und ihrer Bürgen36); wem, gegen wen, für welche Forderung, unter welchen Voraussetzungen und auf welche Immobilien da- Gesetz den RechtStitel verliehen habe"; ähnlich Lehner, Hyp-R- 6. 73. Ob beide damit eine Ausdehnung, soweit sie logisch nothwendig ist, verneinen wollen, scheint mir zwtifelhast. ”) § 12 Ziff. 3 und 12 Hyp.Ges. sind nunmehr gegenstandslos. ’* ) 8 12 Ziff 1 Hyp.Ges.; vgl. hiezu oben § 46 Ziff. I, 3 6. 296. Hieher gehören aber nur die öffentlichen Abgaben des Staates, nicht dessen Forderungen privatrechtlicher Natur: Gönner 1.190; Lehner, Hvp.R. S. 74; ReaelSberger §60 Ziff. 1; Zeitschr. des Anw.Ber. f. Bayern V. 380. Als Minimum fnr den Eintrag gellen 5 fl. Rückstand: M E. v. 22. Nov. 1824 (Jnt.Bl. f. Niederbayern 1824 S. 629, für die Oberpfalz 1824 S. 1421, 1462); Jungermann S. 214 Ziff. 6; Gönner in. 19. — Art. 108 Ziff. 1 Subh.Ordn. und § 12 Ziff. 1 Hyy Gef. sind von einander völlig unabhängig; so bezüglich des früheren Rechtes nach ß 12 Nr. 6 Prior.Ordn.; Roth, b. C.R. II. S. 429 Nt. 8; Regelsberger § 50 Ziff. 1 mit Recht gegen Gönner I. 190 und Lehner, H R. S. 74 Ziff. 2. — Vgl. hieher auch noch § 32 de» Fin.Ges. v. 28. Dez. 1831 (W. II. S. 671); hiezu oben § 44 Ziff. VII, 1 und 5 S. 279, 280, 282. “) 8 12 Ziff- 2 Hyp.Ges. Unter „Stiftungen" sind wohl nur die öffentlichen Stiftungen zu verstehen; vgl. hiezu oben § 47 Ziff. 6 S. 319 (zu weitgehend); unter Gemeinden die OrtS-, Distrikts-, KreiSgemeinden auch Ortschaften. Bgl hiezu oben § 65 lit. A Ziff. IV ®. 376. Der Staat hat diesen Hypothektitel nicht: Gönner I. 185, 191. — Der Hypothektitel geht auch auf Kautionshypothek: Gönner I. 192. “) § 12 Ziff. 5 Hyp.Ges.. Bgl. hiezu auch §§ 20 und 104 Ziff. 4 Hyp.Ges., welche Gesetzesstellen fast nur rein vormundschaftliche Bestimmungen enthalten und daher noch in den Abschnitten über die Pflegschaften besonders zu berücksichtigen sind (vgl. auch Gönnerin. S. 19; Regelsberger §50 Ziff.3d). Der Abf. 1 des §20 Hyp.Ges. enthält eine KaütionShypothek (vgl. hiezu Gönner I. 198), der Abs. 4 und 5 eine Vollhypothek. — Ueber die Antragsberechtigung vgl. schon oben § 102 A Ziff. I, 2; II, 1, 3 S. 718—720. — Personen, die sich freiwillig unter Bormundschast begeben, soweit dies überhaupt zulässig ist, bezw. ihr Vermögen

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Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

Pas Sachenrecht.

d) die Ehefrau wegen ihres bei Eingehung der Ehe oder während derselben eingebrachten Vermögens, wegen der aus dem Ehevertraste ihr zustehenden Vermögensrechte, wegen ihrer Entschädigungsansprüche rücksichtlich der mit ihrem Ehemanne übernommenen Verbindlichkeiten und weg?n Ver­ wendung ihrer vom Ehemanne veräußerten Güter gegenüber dem Immobiliarvermögen ihres Ehemannes'^); e) die Kinder wegen des zu fordernden Vater- oder Mutter­ gutes, wegen des auf Grund elterlichen Rechtes in den Händen der Eltern befindlichen Vernrögens, wegen desjenigen Vermögens, das sie als Voraus bei Einkindschastungen zu fordern haben, gegenüber dem Immobiliarvermögen ihrer Eltern M); f) Inhaber oder Pächter von Bierbrauereien wegen ihrer Forder­ ungen an Schenkwirte für abgegebenes Bier und Branntwein gegenüber dem Immobiliarvermögen dieser Schenkwirte **); g) die Brandversicherungskammer wegen der von ihr zum Besten der Hypothekgläubiger oder Miteigentümer eines vom Ver­ sicherten vorsätzlich oder fahrlässig in Brand gesetzten Gebäudes gegen seinerzeitige" Rückvergütung aus dem Vermögen des Schuldigen vorgeschossenen Entschädigung gegenüber dem Immobiliarvermögen des Schuldigen^"); freiwillig unter Verwaltung geben, genießen diesen gesetzlichen Hypothektitel nicht: Gönner L S. 197; Regelsoerger § 50 Zisf. 3 a; auch auf den Fall der AbweseuheitSkuratel im Sinne des Art. 96 ff. A G. z. R.C.P.O. wird er nicht anwendbar sein, da man hier von einer „unter Kuratel gesetzten Person" nicht sprechen kaun (vgl. hiezu im Abschnitt über Pflegschaften; auch Regelsberger § 50 Ziff. 3 a). — Vgl. hieher auch d. Not.Zeit. 1881 S. 188. ”) § 12 Ziff. 6 Hyp Ges. Vgl. hiezu auch § 104 Ziff. 5 Hyp.Ges. und oben § 102 Ziff. I, 2; II, 2d®. 718, 720 über Antragsberechtigung. — Wegen vertragsmäßigen Erbrechtes am Vermögen des Mannes, wie aus gesetzlichen Alimen« tationsansprüchen kann der Hypothettitel nicht geltend gemacht werden: Bl. f. R.A. VIII. 93; Roth b. C.R. IL S. 432 Nt. 23, Regelsberger § 50 Ziff. 4. Dieser Hypothektitel kann auch schon vor der Ehe geltend gemacht werden, was sich an­ der Schlußbestimuvtng deS § 104 Ziff. 5 Hyp.Ges. erqiebt; Gönner' I. S. 199; a. M. Lehner, HypR. S. 83; Regelsberger § 50 Ziff. 4. Mit Auflösung der Ehe -fällt er hinweg: Gönner III. 20-.Lehner, Hyp.R. S. 83; Regelsberger § 50 Ziff. 4. Er steht also nur der Ehefrau, nicht der Witwe, und nur gegen den Ehe­ mann, nicht gegen dessen Rechtsnachfolger und Dritte zu: Bl. f. R.A. XXXI. 160; auch XI. 182; Zeitschr. f. Not. 1866 S. 224; Gönner I. 200; III. 20. “) 8 12 Ziff. 7 Hyp.Ges. Vgl. hiezu § 104 Ziff, 4 Hyp.Ges. und oben § 102 Ziff. II, 2; II, 1, 3 S. 718—720 über Antragsberechtigung. Der Hypothektitel steht auch weiteren Descmdenten zu, wenn die Großeltern u. s. w. Vater- oder Muttergut in Händen haben: Bl. f. R.A. XXIII. 71; Lehner, Hyp.R. S. 35: Regelsberger § 50 Ziff. 5; Gönner III. 21; Jungermann S. 147; Nachtr. S. 35; auch d. Not.Zeit. 1881 S. 188. ”) § 12 Ziff. 10 Hyp.Ges. Unter den Schenkwirten sind natürlich auch Bräuer verstanden, welche von anderen Bräuern Bier zum AuSschenken beziehen: Bl. f. R.A. XXXIV. 415. 40 ) Art. 46 Abs. 2 des Ges. v. 3. April 1875 über die Brandversicherungs­ anstalt (SB. X. S. 682).

V. Kapitel.

Das Pfandrecht.

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h) jeder für eine Geldforderung einen vollstreckbaren Titel befitzende Gläubiger wegen dieser auf Vormerkung einer Hypothek auf dem unbeweglichen Vermögen seines Schuldners41);* * i) jeder mit einer den Arrest ins unbewegliche Vermögen an­ ordnenden Entscheidung versehene Gläubiger auf dem unbeweg­ lichen Vermögen^des Arrestschuldners.4^) 2. Einen beschränkten gesetzlichen Hypothektitel haben:

a) diejenigen, welche aus einer unbeweglichen Sache eine Rente zu fordern haben, wegen der Rückstände an den jährlichen Leistungen gegenüber den damit belasteten Sachen und wegen der Zinsen aus den an Stelle der Renten etwa getretenen Ablösungskapitalien"); . b) Vermächtnisnehmer wegen ihrer Vermächtnisansprüche und Erbschaftsgläubiger wegen ihrer Erbschastsforderunaen, Mit­ erben wegen der in den Erbtellungen für sie konstttuierten obligatorischen Ansprüche und wegen Entwehrung der ihnen zugeteilten Sachen gegenüber den zur Erbschaft gehörigen Immobilien bezw. den den anderen Miterben bei der Erb­ teilung zugedachten Immobilien der Erbschaft44);

c) Baumeister, Bauunternehmer, Arbeiter und Materiallieferanten wegen der für Errichtung, Wiederherstellung oder Ausbesserung von Gebäuden, Kanälen oder anderen Bauwerken bezw. 41) § 757 R.C.P.O.; Art. 40 Nov. z. Subh.Ordn.; Bl. f. R.A. LVHI. 238. Nähere- s. im V. Buche. °) § 811 R.C.P.O.; Art. 44 Nov. z. Subh.Ordn.. Näheres s. im V. Buche. ") § 12 Ziff. 4 Hyp.Ges. Ob gegen den Sonderrechtsnachfolger wegen der aus der Zeit seines Borgängers noch rückständigen Leistungen Hypothek ver­ langt werden kann, hängt davon ab, ob jener auch in die Haftung für diese Leistungen eintritt; vgl. hiezu oben § 91 Ziff. II. S. 638, 639. — Dieser Hypothektitel erstreckt sich insbesondere auch auf die verfallenen Reichniffe einer AuStragShypoihek: Bl. f. R.A. Erg.Bd. VIII, 330; Gönner I, 352, wenn man die dingliche Haftung deS GrundstückerwerberS für rückständige Leistungen verneint (vgl. hier­ über unten § 127). ") § 12 Ziff. 8 Hyp.Ges. Gegen die Singularsuccessoren der Erben ist der Hypothektitel nicht wirksam: Regelsberger § 50 B Ziff. 2. — Vgl. hiezu auch § 75 Hyp.Ges. und hierüber unten § 122 lit. B Ziff. IV, 1 b y S. 823. — Nur auf Immobilien aus der Erbschaft, nicht auf solche, welche der Erbe schon früher besessen oder aus anderem RechtSaimnde erlangt hat, erstreckt sich der RechtStitel: Bl. f. R.A. XI. 182. — Es ist nicht Sache des Berlassenschastsgerichtes, das Hypothekenamt um Eintragung der gesetzlichen Hypothek des Vermächtnisnehmers zu ersuchen, da dieses Ersuchen nicht in das Gebiet der Nachlaßauseinandersetzung fällt, auch ist der Hypothekenbeamte nicht schlechthin verpflichtet, solche Ersuchen zu vollziehen: E. d. obst. L.G. XIV. 130. Hienach wäre aber anzunehmen, daß der Berlassenschastsrichter schlechthin zum Ersuchen deS Hypothekenamies um Eintragung einer gesetzlichen Hypo­ thek des Erben zuständig wäre. Allein in beiden Fällen liegt m. E. die Sache so, daß die Hypothekberechtigten vor dem Berlassenjchaftsrichter Antrag auf Einschreibung der Hypothek stellen können, und im Falle dieS geschehen ist, der Berlassenschasts­ richter das Hypothekenamt um Vollzug des Antrages zu ersuchen hat, welchem An­ trag das Hypothekenamt auch, falls sonst alles in Ordnung ist, zu entsprechen hat.

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Vermögensrechte. — Erste« HauMück,

Pas Sachenrecht.

Materiallieferulwen entstandenen Fordemngen gegenüber diesen Gebäuden oder Werken"); d) Hypothekgläubiger wegen der nicht über zwei Jahre rück­ ständigen Hypothekzinsen und wegen der auf Ausklagung und Eintreibung der Hypothekschulden entstandenen Streit­ kosten gegenüber denjenigen Hypothekobjekten, auf welchen die Hypothek eingetragen ist; erstreckt sich die für die Hauptforderung bestellte Hypothek auf die Zinsforderung46), so besteht dieser gesetzliche Hypothektitel zu Gunsten der auf das dritte und vierte Jahr rückwärts rückständigen Zinsen; e) der Vorgänger in einem landwirtschaftlichen Erbgute für die Summe, welche er sich bei der Uebergabe als Eigentum Vorbehalten hat, die Anerben für ihre Abfindungssummen und alle nach Art. 20 und 24 des Erbgütergesetzes vom 22. Februar 1855 alimentationsberechtigten Personen gegen­ über dem Erbgute.4* ') ** II. Die freiwilligen Hypothekentitel.") Der freiwillige Hypothekentitel setzt immer eine Privatwillenserllärung des Eigentümers des Hypothekgegenstandes voraus, uuf Grund derer der Gläubiger unmittelbar befugt sein soll, die Bestellung einer Hypothek hierauf zu verlangen.4") Er kann allgemeiner und beschränkter Natur sein. Als freiwillige Hypothektitel kommen ledig­ lich in Betracht: 1. letztwillige Verfügung, d. h. Vermächtnis^"); der Testator 4B) § 12 Ziff. 9 Hyp.Ges. Gegen dritte Erwerber des Bauwerkes wirkt der Hypothektitel nicht: Reaelsberger § 50 B Ziff. 3. — Nur Forderungen gegen den Eigentümer, nicht Mieter oder Pächter des Werkes (HauseS) begründen den Hypothektitel: Bl. f. R A. XLIV. 309; E. d. oberst. L G. VII. 1035. Der Anspruch auf Ablösung einer Kommunmauer in München begründet nicht den Rechtstitel: E. d. obst. L.G. XII. 120; Bl. f. R.A. LIII. 212. **) § 12 Ziff. 11 und § 43 Hyp.Ges. Der am Schluffe gemachte Beisatz «giebt sich aus § 42 Hyp.Ges.: Gönner I. 205; HI. 22; Lehner, Hyp.R. S. 92; RegelSberg« § 50 B lit. a, b b mit Nt. 29. Bgl. hieh« Bl. f. R.A. IX. 61. — Der Hypothektitel richtet sich nur gegen den persönlichen Schuldner der Zinsen: arg. §§ 4, 43 Hyp.Ges; Regrlsberger § 50 B Ziff. 2 b. ") Art. 27 des Ges. vom 22. Febr. 1855 über die Errichtung landwirt­ schaftlicher Erbgüter (W. IV. S. 685). “) Gönner I S. 217—227; HI. S. 24—28; Lehner, Hyp.R. S. 95-J03; Roth. b. E R. II. S. 434, 435; d. Pr. R. in. S. 582-585; Regelsberger § 51. 4°) § 13 Hyp.Ges.: „Durch erklärten Privatwillen kann eine Hypothek entweder in einer letztwilligrn Verfügung oder in einem Vertrage entweder vom Schuldner selbst oder von einem Dritten für den Schuldner zugestanden werden." Bgl. hiezu auch § 4 Hyp.Ges. “) Die Bermächtnisverfügung, das einseitige Rechtsgeschäft, ist hier der Hypothektitel; auf Grund desselben kann die sofortige Einschreibung der Hypothek natürlich nur unter Wahrung deS KonsensprinzipeS verlangt werden; ebenso Gönner I. 218; Lehn«, H.R. S. 102; Roth, d. Pr.R. HI. S. 583 jedoch mit Unrecht gegen Reaelsb«ger § 51 Ziff. 1, welcher hier nur eine obligatorische B«psiichtung des Erben zur EintragSbewilligung, d. h. wohl zur Gestattung ter Einschreibung nach Maßgabe deS KonsensprinzipeS, nicht etwa zur vertragsmSßigm

V. Kapitel.

Da- Pfandrecht.

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kenn sowohl gegenüber eigenen als Liegenschaften des beschwerten Erben einen Hypothekentitel schaffen51 * *);** * * * * * *

2. Vertrag.

a) Ausdrückliche vertragsmäßige Hypothekbestellung. Während früher der Vertrag lediglich schriftlich gemacht sein mußte und öffentliche Beurkundung nicht erforderlich war, außer wo es gesetzlich besonders vorgeschrieben, ist durch Art. 14 des bayerischen Notariatsgesetzes notarielle Beurkundung für alle privatrechtlichen Verträge über Hypothekbestellung ohne Aus­ nahme zur Giltigkeit zwangsweise erforderlich^^); jedoch ist durch § 60 des Landtagsabschiedes vom 29. April 1809 die notarielle Beurkundung der Annahmeerklärung des Gläubigers erlassen; dieser Erlaß hat auf alle unter der Herrschaft des Notariatsgesetzes entstandenen vertragsmäßigen Hhpothekbestellungen rückwirkende Äraft.53)* * * * * * * 61 b) Stillschweigende vertragsmäßige Hypothekbestellung.^) Auch Hypothetbestellung, wie Roth die Worte RegelSbergers zu verstehen scheint, an­ nimmt. Roth, a. a. O. nimmt ferner an, daß, im Falle Immobilien deS belasteteten Erben in Frage kommen, dieser nur eine obligatorische Verpflichtung zur Hypothekbestellung habe; allein auch hier pflichte ich RegelSberger a. a. O. bei, welcher auch hier sogleich eine obligatorische Verpflichtung des Erben zur Gestaltung der Einschreibung nach Maßgabe des Konsensprinzipes annimmt. — Hat der Erblaffer eine auf dem Anwesen eines Dritten zu bestellende Hypothek vermacht, so ist der Erbe verpflichtet, dem Legatar diese Hypothek zu verschaffen: RegelSberger a. a. O. Die Giltigkeit des Bermächtniffes bemißt sich nach örtlichem Civilrecht.

51) Liegenschaften anderer, als der im Texte genannten Personen, find aus­ geschlossen. Vgl. RegelSberger § 51 Ziff. 1. M) § 15 Hyp.Ges., welcher sich dem Art. 14 Not.Ges. ganz gut anfügt.

53) Vgl. hiezu oben § 72 Ziff. in, 2 b und Ziff. VI, 1 d S. 541 und 545. — Nicht notarielle Beurkundung erforderlich erachtet iu völlig unzutreffender Weise Bl. f. R.A. XXXIV. 164; dagegen Roth, b. C.R. II. S. 435; RegelSberger § 51 Ziff. 2 unb wohl die ganze Praxis. Der bloße Antrag des Eigentümers beim Hypothekenamte, für eine Schuld eine Hypothek einzuschreiben (§ 107 Hyp.Ges ), erzeugt keinen Hypothektitel; § 107 Hyp.Ges. betrifft nur das Verfahren in Hypo­ thekensachen, im besonderen das Konsensprinzip und hebt daher §§ 13 und 15 Hyp.Ges. bezw. Art. 14 Not.Ges. nicht aus; vgl. schon oben § 104 lit. C Nt. 31 S. 735 (wo auch eine gegenteilige Ansicht aufgeführt ist); E. d. obst. L.G. I. 188; Zink, Not.Ges. S. 433, Äachtr. S. 70; Gönner III. 28; Roth, b. C.R. II. S. 435; Stobbe, d. Pr.R. II. S. 355 Nt. 7; Zeitschr. d. Anw.Ber. f. Bayern in. 337; Bl. f. R.A. XXXI. 197, 232; XXXII. 369; XXXIII, 145; XXXIV, 162. — Bei Hypothekbestellungen für Forderungen auf den Inhaber (vgl. oben § 119 Ziff. II S. 798) ist mit demjenigen der Vertrag abzuschließen, der sich als Inhaber der Forderung und somit als Gläubiger ausweist. 61) § 16 Hyp.Ges. enthält keine stillschweigende vertragsmäßige Hypothek­ bestellung; vgl. hierüber oben lit. A Ziff. II, 2 S. 809. Zum folgenden s. RegelSberger § 51 lit. B. — Auch in den im folgenden angeführten Fällen muß zur definitiven Einschreibung dem KonsenSprinzipe genügt sein. — Vgl. hieher besonders auch M.E. v. 20. Nov. 1863, den Vollzug des § 99 Ziff. 2 Hyp.Ges. betr. (J.M.Bl. S. 202; W. VI. S. 254), wo den Notaren aufgelragen ist, den Uebergeber eines Grundstückes jeweils ausdrücklich zu befragen, ob und auf welche Weise er seine

816

Vermögensrechte — Erstes tzauptstück. , DaS Sachenrecht.

hier sind die Formen der ausdrücklichen vertragsmäßigen Hypothekbestellung zu wahren. Die einzelnen Fälle sind:

a) Der bei Veräußerung einer unbeweglichen Sache zur Sicherstellung des rückständigen Kaufpreises bedungenen Eigentumsvorbehalt berechtigt im Zweifel den Gläubiger wegen der Kaufspreisforderung eine Hypothek auf die verkaufte Sache einschreiben zu lassen. Das Hhpothekenamt ist sogar bei Meidung eigener Haftung verpflichtet, diese Hypothek von Amtswegen einzuschreiben, wenn sich aus den vorgclegten Besitzveränderungsurkunden ein solcher Eigentumsvorbehalt ergic6t.55)

ß) Ergiebt sich aus den dem Hypothekenamte vorgelegten Besitzveränderungsurkunden, daß der Uebergeber einer un­ beweglichen Sache sich für seine Person Alimente Vorbe­ halten oder statt des Kauffchillings bestimmte künftige Hinausbezahlungen oder andere Leistungen von dem Uebernehmer Vorbehalten hat, so ist im Zweifel als Vertrags­ wille anzunehmen, daß diese Forderungen auf das Uebergabsobjekt als Sicherheit angewiesen sein sollen, und hat das Hypothekenamt sogar ohne besonders hierauf ge­ richteten Antrag bei Meidung eigener Haftung Hypothek auf dem Uebergabsobjekte für diese Forderungen von Amts­ wegen einzuschreiben, sobald sonst die genügende Unter­ lage für eine Einschreibung vorhanden ist.56) Y) Nach der Praxis enthält jede Anweisung einer Forderung auf eine bestimmte unbewegliche Sache eine stillschweigende Hypothekbestellung.5') Rechte sicher zu stellen beabsichtige, und die deSfallsigen Erklärungen in die Urkunde aufzunehmen, damit weitere Vernehmungen der Beteiligten vor dem Hypotheken­ amte überflüssig werden. Vgl. dazu auch Bl. f. R.A. XII. 12; XVIII. 197. “) § 15 Abs. 2 und § 99 Ziff. 2 Hyp.Ges.; bezüglich des Eigentums-

vorbehalteS s. Näheres unten § 122 lit. B Ziff. IV, 1 d a ®. 824; vgl. ferner auch oben § 97 lit. H Ziff. II, 2c®. 674 und § 101 Ziff. I S. 714, 715. — ES wäre irrig, einen gesetzlichen Hypothektitel hier anzunehmen, wie sich auS der Stellung deS § 15 Abs. 2 Hyp.Ges. im Gesetze ergiebt; vgl. auch RegelSberger § 51 lit. B Ziff. 1. “) § SS Ziff. 2, § 137 Hyp.Ges. Vgl. hiezu auch oben § 97 lit. H Ziff. II, 2c S. 674 und § 101 Ziff. I S. 714, 715. •') Gönner I. 224, 225; Bl. f. R.A. XVIII. 192; zu weitgehend Bl. f. R.A. XVIII. 198, wonach in jedem Vorbehalte von Alimenten u. s. w. eine An­ weisung auf daS Gut erblickt werden soll; XXVI. 302 (wo die Anweisung, es solle ein Gehalt aus den Einkünften eines bestimmten Gutes bezahlt werden, schlechthin als stillschweigende Hypothekbestellung ausgefaßt wird); indeß der Wille, wenigstens Sicherheit durch daS Gut gewähren zu wollen, muß, damit int Zweifel die Absicht eine Hypothek bestellen zu wollen, angenommen werden kann, immerhin klar und deutlich auS den Erklärungen hervorgehen; mit Recht daher gegen obige Annahme Bl. f. R.A. XXVI. 302 (Nachschrift). Vgl. hieher auch RegelSberger

§ 51 lit. B Ziff. 2, im wesentlichen mit der hier vertretenen Ausfassung übereutstimmend.

V. Kapitel.

Das Pfandrecht.

817

§ 122.

Die Subjekte der Hypothekbestellung?) A. Der Hypothekberechtiztr.

Zur Erwerbung der Hypothek aus dem Hypothektitel ist nur der hienach berechtigte Gläubiger bezw. dessen Rechtsnachfolger, auf welchen das Recht auf Hypothekbestellung in zulässiger Weise über­ gegangen ist, befugt?) Die persönliche Fähigkeit zum Erwerbe einer Hypothek bemißt sich ebenso wie die persönliche Fähigkeit zum Erwerbe eines Rechtes auf eine Hypothek nach den örtlichen bürgerlichen Rechtsgrundsätzen über die Erwerbsfähigkeit"); sie muß sowohl zur Zeit der Begründung des Hypothektitels als zur Zeit der Einschreibung der Hypothek vorhanden sein. B. Der Hypothektesteller (Verpfänder).

I. Die freiwillige Hypothekbestellung ist ein auf dem Willen des Verpfänders beruhendes Veräußerungsgeschäst; er muß daher zur Vornahme desselben persönlich fähig sein; die persönliche Fähigkeit bemißt sich nach den diesbezüglichen Grundsätzen des örtlichen bürger­ lichen Rechtes?) Sie muß lediglich.zur Zeit der Begründung des Hypothektitels vorhanden sein; nachher eintretende Unfähigkeit schadet der gütigen Begründung des Hypothektitels und der Entstehung des Hypothekrechtes auf Grund desselben nicht?) II. Nur der materielle Eigentümer oder sein berechtigter Stellvertreter können die Sache mit Hypotheken belasten. Ist daher der Bucheigentümer nicht wenigstens zur Zeit der Einschreibung der Hypo­ thek auch materieller Eigentümer, so hat das Hypothekenamt den definitiven Eintrag") einer nur vom Bucheigentümer vorgenommenen x) Roth, b. C.R. II. S. 417—428; d. Pr.R. III. S. 549-561; Regelsberger §§ 52-56. -) vgl. hiezu oben § 120 lit. A Ziff. I, 1 und 2 S. 805, 806. ') Bgl. hieher auch die für ganz Bayern geltenden Rechtssätze über die Erwerbsfähigkeit der einzelnen Rechtssubjekte oben im allgemeinen Teil; auch Regelsberger § 52 Ziff. I. *) § 14 Hyp.Ges.: „Hiezu wird von Seite desjenigen, welcher die Hypothek bewilligt, das Recht und die Fähigkeit erfordert, über die Sache zu verfügen, wo­ mit er durch Hypothek Sicherheit stellen will." 6) Bgl. hiezu oben § 104 lit B Ziff. 6 S. 731 mit Nt. 19 und § 121 Ziff. I S. 805. °) Dies folgt aus § 4 Hyp.Ges.: „Auf die Sache eines Dritten kann nur mit dessen Bewilligung.... eine Hypothek erlangt werden", auS § 21 Hyp.Ges.: „Jedoch kann keine Hypothek, auf welchem RechtStitel dieselbe beruhe, ohne Borwiffen deS Besitzers der zu verhypothezierenden Sache eingetragen werden" und aus den Grundsätzen des Legalitätsprinzipes (oben § 104 lit. B Ziff. 6 mit Nt. 19 S. 731 und § 105 Ziff. 3 mit Nt. 4 S. 740). Bgl. auch Regeisberger § 52 Ziff. II Abs. 4. A. M. Bl. f. R.A. XVI. 406. — Darüber, daß der in § 4 aufgestellte Grundsatz für alle Hypothektitel, gesetzliche und freiwillige, spezielle und generelle gilt, vgl. E. d. obst. L G. VII. 1035. — Der int Texte ausgestellte Satz gilt auch für Mobilien als Pertinenzen: E. d. obst. L.G. Vin. 4 und die oben § 61 Nt. 17 S. 450 und § 120 Nt. 18 S. 804 angeführten Zitate. Becher, LandeScivilrecht und LandeScivilprozeßrecht. 52

818

Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

DaS Sachenrecht.

Hypothekbestellung zurückzuweisen. Ist trotzdem der definitive Ein­ trag erfolgt, so ist zwar das Hypothekrecht nicht gütig, aber es unter­ liegt den Wirkungen des Oeffentlichkeitsprinzipes?) HI. Nur der materielle Eigentümer, der zur Zeit der Einschreib­ ung der Hypothek auch Bucheigentümer ist, kann die Sache mit Hypotheken belasten; selbst die Vormerkung einer vom Nichtbucheigen­ tümer, wenn auch materiellen Eigentümer, bestellten Hypothek ist un­ zulässig.^) Ist trotzdem eine vom materiellen Nichtbucheigentümer bestellte Hypothek eingeschrieben worden, so heilt die Ungiltigkeit durch nachträgliche Umschreibung des Hypothekobjektes auf ihn, vorausgesetzt, daß er im Zeitpunkte der Begründung des Hypothektitels schon materieller Eigentümer toar9), sowie unbeschadet aller Vorrechte, welche für die zwischen der Einschreibung der ungiftigen Hypothek und der Einschreibung des materiellen Eigentümers als Bucheigentümer ein­ geschriebenen giftigen Hypotheken begründet sind, soferne nicht hier wieder Wirkungen des Oeffentlichkeitsprinzipes entgegenstehen?9) IV. Die sachlichen Verpfändungsbeschränkungen.

Die Befugnis zur hypothekarischen Belastung kann dem Unterpfandeigcntümer aus persönlichen und sachlichen Gründen entzogen sein. Die rein persönliche Unfähigkeit zur Hypothekbestellung wegen Minderjährigkeit, Geisteskrankheit, Verschwendung u. s. w. scheidet aus der im folgenden erörterten Art der „sachlichen Verpfändungs­ beschränkungen" aus.") Die Gründe für sachliche Verpfändungsbeschränkungen können liegen in Rechten dritter Personen, welche ihnen in Aniehung der Sache zustehen, in Eigenschaften der Sache, in besonderen Rechts­ stellungen des Unterpfandeigentümers. Sie können beruhen auf Gesetz, Vertrag und richterliche Ver­ fügung. Ihrer Wirkung nach können sie bald das ganze Vermögen (Immo­ biliarvermögen), bald nur einzelne Sachen einer Person (einzelne Jmmo’) § 26 Ziff. 1 und 2 Hyp.Gks.; E. d. obst. L.G. VH. 85. oben § 113 lit. A Ziff. IV, 3 a ß S. 776.

’) "g-

Vgl. hiezu

8 26 Ziff. 3; § 138, 96 (Widerspruch mit den Einträgen im Hypo­ thekenbuch) Hyp.Ges.; Regelsberger § 52 Abs. 3; Roth, 6. C.R. II. S. 417; d. Pr R. III. S. 549 und oben § 99 lit. B Ziff. V S 682. •) Regelsberger § 52 Abs. 6; Roth, d. Pr.R. III. S. 550 mit 92t. 4. Ein diesbezüglicher Zusatz de« Regierungsentwurfes zu § 14 Hyp.Ges. wurde allerdings von den Ständen gestrichen und ist daher Gönner I. 220 der Ansicht, daß für die vorliegende Frag« daS örtliche Civilrecht entscheidet; die Ansicht Regelsbergers a. a. £>., welcher die Frage in dem im Texte bezeichneten Sinne aus den Be­ stimmungen des Hyp Ges. selbst löst, scheint mir jedoch im Hinblick auf die von ihm entwickelten Gründe den Vorzug zu verdienen. le) Ebenso Regelsberger § 52 Abs. 6 unter näherer Begründung mit Recht gegen Gönner I. 221—223. “) Ueber die persönlichen UnfähigkeitSgründe vgl. auch oben § 100 lit. B Ziff. II, 3 b 9lt. 40 S. 706. Solche Persönliche Unfähigkeitsgründe werden im Hypothekenbuche überhaupt nicht vorgetragen.

feilten) ergreifen, bald jeder Art hypothekarischer Belastung — auf Grund gesetzlichen wie freiwilligen Rechtstitels — bald nur der hypothekarischen Belastung auf Grund freiwilligen Rechtstitels entgegenstehen. Die ersteren pflegen allgemeine, die letzteren besondere Verpfändungs­ beschränkungen genannt zu werden^); diese Unterscheidung wird auch der folgenden Darstellung zu Grunde gelegt. Alle Arten sachlicher Verpfändungsbeschränkungen pflegen unter dem Ausdrucke „Dispositionsbeschränkungen" begriffen zu werden. Die sachlichen Verpfändungsbeschränkungen müssen, soweit nicht im dkachstehenden Besonderes bemerkt ist, bei Meidung der Folgen des Oeffentlichkeitsprinzipes aus dem Hypothekenbuche ersichtlich feilt12 13);14 sie sind dann bald aus der ersten, bald aus der zweiten Rubrik er­ kennbar. u) Hieraus ergiebt sich in Ansehung der Wirkung der Verpfündungsbeschrünknngen, daß im Falle der Einschreibung immer, im Falle der Nichteinschreibung nur dann, wenn der Hypothekerwerber die Voraussetzungen des Schutzes der Oeffentlichkeit für sich hat, die ohne Zustimmung des aus der Verpfändungsbeschrünkung Berechtigten eingeschriebene Hypothek diesem gegenüber unwirksam ist.15) 16Abgesehen davon ist mindestens die desinitive, manchmal selbst vormerkungsweise Einschreibung einer Hypothek unzulässig und unwirksam, wenn eine Verpfändungsbeschränkung im Hypothekenbuche eingeschrieben ist und der hieraus Berechtigte seine Zustimmung zur Hypothekbestellung nicht erteilt hat?o) Weiter haben Verpfändungsbeschrünkungen auch nur Wirksam­ keit, wenn sie gegen denjenigen gerichtet sind, der zur Zeit der Ein­ schreibung materieller Eigentümer ist; eine gegen den eingetragenen Nichteigentümer gerichtete und eingeschriebene Verpfändungsbeschränkung ist wirkungslos.^) Endlich werden obligatorische Verpfändungsbeschränkungen durch die Einschreibung in das Hypothekenbuch nicht schlechthin dingliche Rechte, wenngleich sie mindestens hiedurch mit partieller dinglicher Wirkung gegen Dritte ausgestattet werden; allein auch letztere Wirkung kommt ihnen, abgesehen von zwei prozeßrechtlichen Fällen, 12) Roth, b. C.R. II. S. 417, 418; d. Pr.R. III. S. 451; Regelsberger § 53. 13) § 22 Ziff. 7 Hyp.Ges.; vgl. hiezu auch oben § 99 lit. B Ziff. IV S. 680. 14) Vgl. hiezu oben § 100 lit. A Zisf. III S. 700 und lit. B Ziff. II, 3 und 4 S. 704—708. 15) Vgl. hiezu oben § 99 lit. C Ziff. I, 3 und hiezu ergänzend Bl. f. R.A. XXXIV. 404 und E. d. obst. L.G. IX. 193 (Eigentumsvorbehalt). Siehe ferner auch oben § 113 Nt. 19 S. 770, insbesondere darüber, unter welchen Voraus­ setzungen hier nur der böse Glaube schadet; über die teilweise abweichende Meinung Regelsbergers § 99 a. a. O. Ueber die beiden prozeßrechtlichen Fälle, welche eine Ausnahme bilden, vgl. Art. 32 A G. z. R.C.P.O. und Art. 7 Abs. 2 Subh.Ordn.; hiezu oben § 111 S. 760 Nt. 4. 16) Vgl. hiezu oben § 105 Ziff. 3 S. 740 ff. und unten § 123 Ziff. III S. 830 ff.; nicht einmal Vormerkung ist zulässig im Falle der Ziff. 1 b ß; E. d. Obst. L.G. VIII. 77. n) E. d. obst. L.G. VII. 79; IX. 486.

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Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

Das Sachenrecht.

nicht immer erst durch die Einschreibung zu; sie kann ihnen vielmehr schon kraft Gesetzes oder Vertrages beigelegt fein, in welchem Falle, wie schon früher erwähnt, die Unterlassung der Einschreibung die partielle dingliche Wirkung gegen denjenigen Dritten nicht ausschließt, welchem die Voraussetzungen des Schutzes 'der Oeffentlichkeit ermangeln.^) 1. Die allgemeinen Verpfändungsbeschränkungen: a) aus der rechtlichen Beschaffenheit der Sache: dieLehens-, Fideikommiß- und Erbguteigenschaft.") Zur Verpfändung eines Lehens ist Genehmigung des Lehensherrn bezw. auch der Lehensfolger erforderlich; die Genehmigung des Lehensherrn kann nur auf bestimmte Zeit und nur auf die Hälfte des Guts­ wertes erteilt werden?") Fideikommißgüter können mit eigent­ lichen Hypotheken überhaupt nicht belastet werden?') Zur Ver­ pfändung landwirtschaftlicher Erbgüter ist Zustimmung der vor­ handenen Anerben erforderlich, soserne die Verfügung einen gesetzlich bestimmten Wertbetrag überschreitet;^^) b) aus besonderer Rechtsstellung des Verpfänders: a) Die Beschlagnahme des Hypothekgegenstandes zum Zwecke der Zwangsvollstreckung. Alle nach Einschreibung der Beschlag­ nahme^") von dem Bucheigentümer oder dem Drittbesitzer vor­ genommenen Verfügungen über den Hypothekgegenstand, daher auch hypothekarische Belastungen sind, soserne sie die Gläu­ biger beeinträchtigen, nichtig. Hiebei hat die vorgemerkte Beschlagnahme die gleiche Wirkung, wie die definitiv ein­ getragene?^) Immerhin hindert aber die Beschlagnahme nur die definitive, nicht die vormerkungsweise Eintragung einer Hypothek""); die hienach vorgemerkten Hypotheken haben zwar le) Vgl. hiezu schon oben § 99 lit. B Ziff. II, 4 und ergänzend hiezu noch E. d. obst. L.G. IV. 607; V. 822; X. 182; Seuss. Arch. XXXII, 43. Ueber die beiden prozeßrechtlichen Fälle s. Nt. 15. ”) §§ 8, 22 Ziff. 2; § 131 HyP.Ges.; vgl. oben § 100 lit. A Ziff. III, 1 S. 700. ‘°) §§ 86, 87, 89, 91, 98, 99, 100, 105, 111 des Lehensediktes v. 7. Juli 1808 (W. I. S. 176); vgl. hiezu auch Ges. vom 4. Juni 1848, die Ablösung des Lehensverbandes betr. (W. III. S. 706), besonders Art. 4. Näheres s. noch unten im Lehenrechte. **) Vgl. hiezu schon oben § 97 lit. B S. 669; Regclsberger § 54 Ziff. lb; Gönner III. 8. Näheres s. unten im Familienfideikommißrechte. 82) Ges. über die Errichtung landwirtschaftlicher Erbgüter v. 22. Febr. 1855 (W. IV. S. 679) Art. 5, 6 und 8. Vgl. auch unten den Abschnitt über die landwirtschaftlichen Erbgüter. 2S) Art 30, Art. 130 mit Art. 7 Abs. 2 Subh.Ordn. Diese Gesetzesstelle enthält eine prozeßrechtliche Ausnahme von dem oben § 99 lit. C Ziff. II, 3 auf­ gestellten Satze. Der Beschlagnahmebeschluß tritt mit der Eintragung (nicht An­ meldung; vgl. oben § 106 Ziff. I S. 746) in das Hypothekenbuch überhaupt erst prozeßrechtlich in Wirksamkeit. Vorher wirkt er gegen Niemand. Die Unkenntnis der eingeschriebenen Beschlagnahme schadet. Vgl. hierüber schon oben § 113 lit. B S. 780 und unten im V. Buche. 24) Art. 33 Abs. 1, Art. 130 Subh.Ordn. 25) Art. 33 Abs. 2 Subh.Ordn. — Die Vorschrift gilt nicht bloß für frei­ willige, sondern auch gesetzliche, insbesondere auch Zwangs- und Arresthypotheken.

V. Kapitel.

Das Pfandrecht.

821

keinen Bestand für den Fall, daß die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden sollte, anderseits sind sie aber auch nur für diesen Fall und nur gegenüber derjenigen Zwangs­ vollstreckung unwirksam, welche durch die den definitiven Eintrag verhindernde Beschlagnahme herbeigeführt wurde. Gleiches gilt auch für alle sonstigen, nach Eintragung der Beschlagnahme vorgenommenen Verfügungen des Unterpfand­ eigentümers. ß) Die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Unterpfandeigentümers.28 * *) * *Reichsrechtlich * * * * * * * * * * * * * * *können * * * * * * *nach * der Konkurseröffnung Hhpothekenrechte an den zur Konkursmasse gehörigen Immobilien mit verbindlicher Äroft gegen die Konkursgläubiger nicht mehr erworben (eingeschrieben) werden, wenngleich der Anspruch auf den Erwerb schon vor der Er­ öffnung des Verfahrens begründet gewesen ist.28) Das hypoBgl. auch Ortenau. Komm. z. Subh.Ordn. zu Art. 33 Nt. 3 a. E. — Aus ihr folgt auch, daß nach Eintragung der Beschlagnahme vorgemertte Hypotheken niHt mehr in definitive umgewandelt werden können und zwar gilt dies auch für ZwangShypotheken: Bl. f. R.A. LVin. 235; E. d. obst. L.G. XIV. 556; d. Not.Zeit. 1886 S. 226; a. M. Bl. f. R.A. XXXII. 179; XLIV. 133; zweifelhaft Ottenau, Komm. z. Subh.Ordn. zu Art. 33 Nt. 3 a. E. Für die schon vor Ein­ tragung der Beschlagnahme vorgemerkten Hypotheken hat dieser Say allerdings nur eine formale Bedeutung, falls in der Subhastation das Recht auf die Hypothek dargethan wird. 8e) Daher nicht gegenüber einer Zwangsvollstreckung, die infolge einer späteren nach der Vormerkung erfolgten Beschlagnahme betrieben wird; vgl. hier­ über zutreffend d. Not.Zeit. 1882 S. 25; Ortenau, Komm. z. Subh.Ordn. 2. Ausl, zu Art. 33 Nt. 3 gegen 1. Aust, ebenda. *7) § 73 Hyp.Ges. bezieht sich nur auf den Konkurs: afg. § 74 Hyp.Ges. ; Bl. f. R.A. XLI. 179; d. Not.Zeit. 1882 S. 262; 1884 S. 128. Aehnliches, wie in Nt. 33 angeführt, kann also gegen den im Texte aufgestellten Satz von vorn­ herein nicht verwertet werden. Dieser folgt vielmehr daraus, daß die Beschlag­ nahme nur eine relative Wirkung auf die Verfügungen deS UnterpsandeigentümerS ausübt; sie sind nur den benachteiligten Gläubigern gegenüber unwirksam (Att. 33 Abs. 1 Subh.Ordn.): es besteht daher kein Grund, nicht auch hier trotz der Beschlag­ nahme solche Verfügungen vorzumerken bezw. im Hinblick auf dieselben Protestationen zu Gunsten dritter Personen einzuschreiben, um bereit Rechte sicher­ zustellen, falls die Zwangsvollstreckung nicht durchgeführt wird. Vgl. hierüber Ortenau, Komm. z. Subh.Ordn. ru Att. 33 Nt. 1. — Noch weniger besteht ein Grund, Verfügungen anderer Personen als des Unlerpfandeigentümers, z. B. der Hypothekgläubiger (s. auch Nt. 33 a. E.), von der Einschreibung auszuschließen; vgl. auch Ottenau a. a. O. 2B) 88 5, 6, 106 RK.O.; Art. 33 A.G. z. R.C.P O. M) §§ 11 und 12 R.K.O. Damit ist weder definitive noch vormerkungSweise Einschreibung von Hypothekrechten für unzulässig erklärt; die eingeschriebenen sind lediglich den Konkursgläubigern gegenüber unwirksam; vgl. v. WilmowSki, Komm. z. R.K.O. zu 8 12 Nt. 6; Peterjen-Kleinfeller, Komm. z. R.K.O. zu 8 12 Nt. 3. — Maßgebend ist der Tag. an welchem der daS Hypothekrecht erwerbende Akt erfolgte, d. h. also der Tag der Einschreibung, nicht der Tag der Anmeldung der Hypothek, auch wenn 8 23 Abs. 2 und 3 Hyp.Ges. zutreffen sollte; vgl. hierüber oben § 106 Ziff. I S. 746 und unten 8 123 S. 828, auch PeterseuKleinseller a. a. O. mit Nt. 2.

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Vermögensrechte. — Erste- Hauptstück.

Da- Sachenrecht.

thekenrechtliche Oeffentlichkeitsprinzip hat hiegegen keine Be­ deutung.^) Ist schon vor der Konkurseröffnung ein all­ gemeines Beräußerungsverbot an den Schuldner erlassen und öffentlich bekannt gemacht worden, so findet vorstehende Be­ stimmung auch auf solche Hypothekrechte Anwendung, welche nach der Bekanntmachung des Verbotes im Wege der Zwangs­ vollstreckung oder deS Arrestes erworben (eingetragen) worden finb.31) Ob die nach jenem Zeitpunkte und vor der Konkurs­ eröffnung erworbenen sonstigen Hypothekrechte im Interesse der Konkursmasse angefochten werden können, hängt einmal davon ab, ob nicht das hypothekenrechtliche Oeffentlichkeits­ prinzip im Wege steht, dann davon, daß überhaupt ein konkursrechtlicher Anfechtungsgrund vorhanden ist.33) Landesgesetzlich können ferner vom Zeitpunkte der Ein­ schreibung des Konkurseröffnungsbeschlusses in das Hypotheken­ buch Einschreibungen, welche Verfügungen des Gemein­ schuldners enthalten (Hypothekbestellungen), weder definitiv noch vormerkungsweise vorgenommen werden; mit jenem Zeit­ punkte tritt landesgesetzlich vollständige Foliensperre ein.33) 80) Die- erhellt auS der Unbedingtheit der Vorschrift des § 12 R.K.O. Vgl. auch v. WilmowSti, Komm. z. R.K.O. zu § 12 Nt. 1 Abs. 1 a. E. 8l) § 98 R.K.O. M) Vgl. hiezu WilmowSti, Komm. z. R.K.O. zu § 98 Nt. 3 und 2; PetersenKleinfeller, Komm. z. R.K.O. zu § 98 Nt. 2. ie) § 73 Hyp.Ges. Diese Vorschrift ist durch die R.K.O. nicht beseitigt, wie überhaupt die Frage, ob und unter welchen Umständen eine nach der Konkurs­ eröffnung erfolgende Einschreibung über die Vorschrift deS § 12 R.K.O. hinaus wirk­ sam sei, „nach den bürgerlichen und Hypothekengesetzen eines jeden RechtSgebieteS" zu beurteilen ist. Bgl. v. WilmowSti, Komm. z. R.K.O. zu § 12 Nt. 6. Indes könnte man der Ansicht sein, daß sie mit Rücksicht auf die relative Wirkung der Ver­ fügungen deS Gemeinschuldners (vgl. §§ 6, 6 R.K.O. und v. Wilmowski, Komm, z. R.K.O. zu § 5 Nt. 2 Abs. 2) für daS heutige Recht modifiziert sei, so zwar, daß nach dem im Texte bezeichneten Zeitpunkte nicht etwa überhaupt keine Einschreibungen, welche Verfügungen deS Gemeinschuldners enthalten, sondern nur keine definitiven vorgenommen werden könnten und die Verfügung wohl den Gegen­ stand einer Vormerkung oder Protestation (z. B. bei Veräußerung des Hypothekobjekte- seitens deS Gemeinschuldners zu Gunsten deS Erwerbers) bilden könnte, um die Rechte Dritter, die auS solchen Verfügungen berechtigt sind, für den Fall sicher zu stellen, daß in Ansehung deS Hypothekobjektes daS Konkursverfahren nicht zur Durchführung gelangt. Allein der § 73 Hyp.Ges. ist unter der Herrschaft der b. Ger.Ordn. von 1763 entstanden, welche bereits die relative Wirkung der Gant­ eröffnung kannte; auch wurde § 73 a. a. O. in dem im Texte bezeichneten Sinne unter der Herrschaft der früheren bayr. Civ.Pr.Ordn. v. 29. April 1869 (Art. 1210) verstanden (vgl. RegelSberger § 54 Biff. 2 a). Bgl. auch Ortenau, Komm. z. Subh Ordn. zu Art. 33 Nt. 1 Anm. 4; Bl. f. R.A. LIL 11. Daraus ergiebt sich auch, daß bereits vorgemertte Hypotheken nach dem im Texte bezeichneten Zeitpunkte nicht mehr in definitive umgewandelt werden können: Bl. f. R.A. XL. 493. Jeden­ falls bezieht sich aber daS Verbot deS § 73 Hyp.Ges. nur aus Verfügungen des Gemeinschuldners, nicht aus Einschreibungen, die Berstgungen Anderer enthalten, wie Löschungen, Sessionen, Verpfändungen von Hypothekforderungen, Rangänderunaen: Bl. f. R.A. XLI. 180; Ztschr. f. d. Not. 1866 S. 381, 1867 S. 46; d. Not Zeit. 1882 S. 262; 1884 S. 128; Gönner III. S. 105; Ortenau, Komm.

V. Kapitel.

Das Pfandrecht.

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Vor diesem Zeitpunkte rechtsgiltig vorgemerkte Hypotheken behalten dem Konkurse gegenüber ihre Giltigkeit.") y) Der Erbschaftsantritt mit der Rechtswohlthat des Inventars. Nach dem Antritte einer Erbschaft mit der Rechtswohlthat des Inventars kann weder wegen Erbschastsschulden noch wegen eigener Schulden des Benefizialerben auf die zur Erbschaft gehörigen Immobilien Hypothek zum Nachteile der übrigen Erbschaftsgläubiger definiüv eingetragen werden. Geschieht dies dennoch, so hat die Hypothek in Ansehung derjenigen Erbschaftsgläubiger keine Wirkung, welche aus der Erbschaftsmasse keine oder nicht vollständige Be­ friedigung erhalten.") Jedoch muß bei Umschreibung des Hypothekgegenstandes auf die Erben der Erbschaftsantritt • mit der Rechtswohlthat des Inventars int Hypothekenbuche bei Meidung der Folgen des Oeffentlichkeitsprinzipes ein­ geschrieben werden.^ c) das auf prozeßrechtlicher einstweiliger Verfügung beruhende richterliche Berpfändungsverbot?i) z. Subh.Ordn. zu Art. 33 Nt. 1 a. E. mit Anm. 1. Bgl. auch einen Fall unten § 126 Rt. 39 Ziff. 3. — Ueber die Benachrichtigung deS Hypothekenamtes und die Eintrag­ ung des Konkurseröffnungsbeschlustes in daS Hypothekenbuch vgl. Art. 33 A G. z. R.C.P.O. und oben § 102 Ziff. I, 4 S. 718. — Ueber ColliflonSfSlle vgl. näheres unten im Abschnitte über „Rangordnung der Hypotheken u. s. w." M) § 74 Hyp.Ges. Hievei ist eS gleichgiltig, aus welchem Grunde die Hypothek nur vorgemerkt wurde: Bl. f. R.A. XXXVIII. 45. Bgl. zum Ganzen auch Bl. f. R.A. XVII. 139; XXIV. 271; XXVII. 10 und unten § 123 Ziff. m S. 830 ff.; § 74 Hyp.Ges. ist nunmehr durch §§ 12 und 98 R.K.O. modifiziert. 86) § 75 Hyp.Ges. Diese Gesetzesstelle spricht zwar nur von Unzulässigkeit der Hypothekeintragung zu Gunsten der Erbschaftsgläubiger, ist aber zweifellos nach dem arg. a maiore ad minus auch auf Hypothekbestellungen zu Gunsten eigener Gläubiger deS Benefizialerben auszudehnen; Lehner, Hyp R. S. 255 Ziff. 2; Roth, b. E R. II. S. 420; Regelsberger § 54 Ziff. 2 b, cc. — DaS Verbot steht gesetzlichen wie fteiwilligen Hypotheken entgegen (§ 14 Abs. 2 Hyp.Ges. I. schließt die ersteren nicht auS): Gönner I. 202; RegelSberaer § 54 Ziff. 2b, dd. — DaS Verbot bezieht sich nur auf die Zeit nach dem Erbschaftsantritt. Ob die ruhende Erbschaft mit Hypotheken belastet werden kann, bemißt sich nach örtlichem Civil­ recht. Schlechthin bejaht wird diese Frage von RegelSberger § 54 Ziff. 2 b, aa, schlechthin verneint von Gönner I. 559 und 560 und Lehner, Hyp.R. S. 255 Ziff. 1, jeweils mit verschiedenen Gründen. — DaS Verbot endigt mit dem nachträglichen Erbschaftsantritt ohne die Rechtswohlthat deS Inventars oder mit Befriedigung der Erbschastsgläubiger oder mit Einwilligung derselben in die Weiterverpsändung: Regelsberger § 54 Ziff. 2 b ee. — Der Umwandlung einer zur Zeit deS ErbschaftSantritteS mit der RechtSwohlthat des Inventars, bezw. zur Zeit der Einschreibung desselben bereits vorgemerkten Hypothek in eine definitive steht daS Verbot nicht entgegen: Lehner, Hyp.R. S. 256 Ziff. 2 b 6, 256; Roth, b. C.R. II. S. 419 Rt. 17; Regelsberger § 64 Ziff. 2b ff. — Die gegen daS Verbot vorgenommene Eintragung ist nur relativ unwirksam, nicht absolut nichtig: Roth, v. C.R. II. S. 420; Regelsberger § 54 Ziff. 2 gg. — Ueber die Wirkung der Rechtswohlthat gegenüber Hypothekgläuvigern überhaupt vgl. jur. Mon.Schrift 1891 S. 9 ff., jedoch nicht ohne gewichtige Bedenken. M) Dies folgt aus822Ziff. 7 Hyp.Ges. Bgl. auchRegelsberger8 54Ziff. 2b, cc. 87) 88 815, 811 R.C.P O.; Art. 32 A.G. z. R.C.P.O. „Ein in einer einst-

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Vermögensrechte. — Erste- Hauptstück.

Da- Sachenrecht.

d) aus entgegenstehenden Rechten Dritter:

a) Der Eigentumsvorbehalt.^) Der bei Veräußerung einer Sache bedungene Eigentums­ vorbehalt kann als aufschiebende (Eigentumsvorbehalt i. e. S ) und auflösende Bedingung (Vorbehalt des EigentumSrückfalles) in Betracht fommen89); welche Eigenschaft er, im Falle der Parteiwille nicht diese oder jene erkennen läßt, im Zweifel habe, ist bestritten.") Ist er aufschiebende Bedingung, so kann eine definitive Umschreibung deS veräußerten Hypothekobiektes auf den Erwerber vor Eintritt der Bedingung nicht stattfinden; eine nach dem Willen der Parteien etwa sofort stattfindende Besitztitelberichtigung kann lediglich in Form einer Protesta­ tion zu Gunsten des Erwerbers erfolgen; oder sie stempelt den Eigentumsvorbehalt zu einer auflösenden Bedingung, in welchem Falle die für den Vorbehalt des Rückfalls des Eigentums geltenden Grundsätze zur Anwendung fonuncn;41 * *) * * * * * * * * * * * * * * andernfalls aber kommt der Eigentumsvorbehalt nicht als weiligen Verfügung enthaltene- Verbot der Veräußerung, Belastung oder Ver­ pfändung einer unbeweglichen Sache wirkt gegen Dritte von dem Zeitpunkte der Eintragung (nicht Anmeldung; vgl. oben § 106 Ziff. I S. 746) im Hypotheken­ buche an". Erst mit Eintragung de- Verpfändung-verbote- im Hypothekenbuche ist dasselbe auch gegen Dritte wirksam, erlangt also erst damit partielle dingliche Wirkung, während e- vordem nur zwischen den Beteiligten wirkt. Die KenntniS deS richterlichen Verpfändung-verbote- vor Eintragung in das Hypothekenbuch schadet dem Dritten nicht. Hier besteht eine prozeßrechtliche Ausnahme von dem oben § 99 lit. C Ziff. II, 3 ausgestellten Satze, welche über die gewöhnliche Be­ deutung deS Hypothekenbuches hinausgreift und ihm Grundbucheigenschaft verleiht. Solche im Hypothekenbuche eingetragene gerichtliche Beräußerungs- und Belastungs­ verbote wirken auch gegen den Dritten, wenn auch in concreto gar keine Verbindung mit dem Hypothekenwesen besteht, ohne Rücksicht darauf, ob er die Einttagung kennt oder nicht. Vgl. hiezu schon oben § 111 Nt. 4 S. 760 und unten im V. Buche. — Art. 32 A G. zur R.C.P.O. schließt nur definitive Einschreibungen, nicht Vor­ merkungen und Protestationen aus; eS tritt keine allgemeine Foliensperre ein. 8®) Gönner III. S. 4—8; Roth, b. C R. II. S. 421—423; d. Pr.R. III. S. 553; Regelsberger, H R. § 54 Ziff. 5. Natürlich kann der Reservant auf die Verpfändung-beschränkung verzichten bezw. seine Einwilligung zur Verpfändung schon im Vorau- erteilen: Gönner I. 132. ®9) Ueber diese technische Bezeichnung vgl. Art. 15 Nov. z. Subh.Ordn. ") Vgl. hiezu für da- gemeine Recht Windscheid, Pand. I, § 172 Ziff. 7, auch II, § 323; Dernburg, Pand. I, § 215 a. E. für da- bayerische Landrecht Tl. IV Cap. 3 § 10 Nr. 6. 41) Vgl. hiezu auch Art. 15 Nov. z. Subh.Ordn., wo der Eigentums­ vorbehalt i. e. S. mit sofortiger endgiltiger Berichtigung deS Besitzlitels aus den Erwerber auch im SubhastationSverfahren dem Vorbehalte des Rückfalls des Eigentums gleichgestellt ist. Vgl. hiezu auch Ortenau, Komm. z. Subh.Ordn. zr Art. 15 Nov. Nt. 6 Anm. 2. Auf diesen Unterschied zwischen suspensiv und resolutiv bedingtem Eigentumsvorbehalt wird nicht immer genügend Rücksicht ge­ nommen; daher die unklaren Auffassungen hinsichtlich der Frage, ob neben den oder jenem EigentumSvorbehalte als „Disposition-beschränkung" noch „Hypothekbestellung", oder nur da- eine oder andere möglich sei (vgl. z. B. Bl. f. R.A XXXI. 343).

V. Kapitel.

Das Pfandrecht.

825

eine in das Hypothekenbuch einzuschreibende Verpfändungs­ beschränkung des Erwerbers in Betracht, zumal im Falle einer Protestationsweisen Besitztitelberichtigung der Protestationsberechtigte von vornherein nicht verpfändungsberechtigt ist42) Nur als auflösende Bedingung, als Vorbehalt des Rückfalls des Eigentums kann der Eigentumsvorbehalt Grundlage einer Berpfändungsbeschränkung sein, mag er nun zur Sicherheit einer in der dritten Rubrik eingetragenen Hypothekforderung des Veräußerers oder zur Sicherheit einer nicht eingetragenen Forderung, wie zu anderen Zwecken be­ gründet sein. In allen Fällen ist er aber nur bei Meidung der Folgen des Oeffentlichkeitsprinzipes in der zweiten Rubrik des Hypothekenbuches einzutragen, nicht etwa um erst durch die Eintragung überhaupt Wirksamkeit gegen Dritte zu er langen.4') ß) Der Eigentumsrückfall. Hieher gehören nur diejenigen 41) Uebereinstimmend in diesem Puntte die oben Nt. 38 zit. Autoren. — Ist der Eigentumsvorbehalt als aufschiebende Bedingung zu erachten, so kann natürlich zu Gunsten deS BeräußererS vor definitiver Berichtigung deS BesitztitelS auf den Erwerber keine Hypothek eingetragen werden: arg. §§ 1 und 4 Hyp.Ges.; Gönner in. 4; Bl. f. R A. XIU. 222; XVIH. 153 (unklar); XXXIII. 413; mit anderen Worten: Hypothekvorbehalt und aufschiebend bedingter Eigentumsvorbehalt können neben einander nicht bestehen, da eS ein Hypothekrecht an eigner Sache nicht giebt. 41) § 5 Abs. 1 Hyp.Ges.: „Hat sich jemand bei Veräußerung einer Sache zur Sicherstellung einer Fordemng das Eigentum Vorbehalten, so ist dessen Ein­ willigung bei Bestellung nachfolgender Hypotheken nur dann notwendig, wenn er den Vorbehalt deS Eigentums im Hypothekenbuche hat eintragen lassen". Mit Rücksicht auf den Wortlaut dieser Gesetzesstelle wird daS Erfordernis der Ein­ tragung als Entstehungselement für den Vorbehalt deS Rückfalls deS Eigentumes zur Sicherstellung einer Forderung seiner Wirksamkeit gegen Dritte von RegelSberger § 54 Ziff. 5 behauptet. S. dagegen schon oben § 99 lit. C Zisf. 1,3 S. 683,684. Vgl. hieher auch über die Einschreibung der Hypothekforderung, zu deren Gunsten der Vorbehalt gemacht ist: § 15 Abs. 2, § 99 Ziff. 2, § 137 Hyp.Ges. und oben § 97 lit. H Ziff. II, 2c S. 674; § 101 Ziff. I S. 714, 715; über die Form der Einschreibung § 24 Jnstr. z. Hyp.Ges.; J.M.E. v. 26. Juli 1864 lit. B Ziff. HI und oben § 100 lit. B Ziff. II, 3 lit. b, ß mit Nt. 42 S. 706. Ist der Eigen­ tumsvorbehalt auflösend bedingt, so kann er ein Hindernis des EigentumsÜberganges nicht bilden und kann er sonach nur zunächst als DiSpositionsbeschränkung in Betracht kommen (E. d. obst L.G. IX. 484). Neben dem resolutiv bedingten Eigentumsvorbehalt als Dispositionsbeschränkung kann aber auch Hypothek für die Forderung, zu deren Gunsten jener besteht, eingetragen werden, da Unler­ pfandeigentümer und Hypothe^kgläubiger hier verschiedene Personen sind; ist Hypothek einzutragen, so wird man im Zweifel annehmen müssen, daß Eigentumsvorbehalt Resolutivbedingung und daher als Dispositionsbeschränkung aufzufassen sei. Jedoch kann der Veräußerer auch nur Hypothek oder nur DispositionSbeschränkung ein­ tragen lassen: er muß nicht kumulieren: Bl. f. R.A. XVIII. 154 Nt. 2; XXXIII. 412; XXXIV. 385, 401, 409; Regelsberger § 54 Ziff. 5 lit. d; Roth, b. C.R. II. S. 422, 423; J.M.E. v. 26. Juli 1864 lit. B Ziff. III. Unklar Gönner I. 132, 226; II. 231, 238. Vgl. auch Ztschr. s. Not. 1866 S. 357. — Das, was vom Eigentumsvorbehalte beim Verkauf gilt, findet auch bei Veräußerungen aus anderen Gründen Anwendung: J.M.E. v. 26. Juli 1864 lit. B Ziff. III Abs. 4. — Ueber Abtretung des Eigentumsvorbehaltes durch Session der Forderung, zu deren Gunsten

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Vermögensrechte. — Erstes Hanptstück.

Da» Sachenrecht.

Fälle, in denen kraft besonderer Verfügung mittelst fidei­ kommissarischer Substitution, Resolutivbedingung oder End­ termin das Eigentum des Erwerbers auf einen anderen, als den unmittelbar vorhergehenden Veräußerer, sohin auf einen Dritten übergehen soll; diese Verhältnisse begründen eine Verpfändung-beschränkung und müssen in der zweiten Rubrik deS HypothekenbucheS eingetragen werden, wenn nicht die Wirkungen des Oeffentlichkeitsprinzipes eintreten sollen.") t) Die mit Berpfändungsbeschränkungen ausgestatteten obligatorischen Beräußerungsbeschränkungen, wie das Rückkaufsrecht,") Vorkaufsrecht,") das Recht eines Dritten, nach Ablauf einer bestimmten Zeit oder mit Eintritt einer Bedingung, die Ueberlassung des Anwesens vom Eigentümer zu verlangen. *7) Diese Rechte haben an sich nur obligatorische Wirkung, können aber sowohl civilrechtlich wie besonders für bett hypothekenrechtlichen Verkehr kraft Gesetzes oder Ver­ trages mit partteller dinglicher Wirkung ausgestattet sein und sind dann als Berpfändungsbeschränkungen bei Meidung der Wftkungen des Oeffentlichkeitsprinzipes in die zweite Rubrik des Hypothekenbuches einjutrogcn.48) er besteht s. Bl. f. R.A. XLH. 103. — Ueber die Behandlung des Vorbehalte» de» Rückfall» de» Eigentum» nebst Hypothek im SubhastationSverfahren vgl. Art. 15, 16 Rov. }. Subh.Ordn. mit Art. 57 Subh.Ordn. und unten im V. Buche. — Im Konkurse des Erwerber» begründet der Vorbehalt de» Rückfall» de» Eigen­ tümer» ein Aussonderungsrecht nach § 35 R K.O , wenn die Resolutivbedingung noch während de» Konkurse» eintritt; ein AbsondemngSrecht nach § 39 R.K.O., wenn zugleich Hypothek bestellt ist; letztere» wird aber sofort gegenstandslos, sobald mit Erfüllung der Resolutivbedingung daS AuSsonderungSrecht Platz greift. In dieser Hinsicht sind früher die verschiedensten Meinungen aufgestellt worden; vgl. hieiÄber RrgelSberger § 54 Ziff. 5 lit. a—d und besonder» die obigen Zitate in Bl. f. R.A. xvni. 153; XXI. 343 und XXXIII. 412. — Nach E. d. obst. L.G. VUI. 4 kann zwar ein Vorbehalt deS Eigentum» an Mobilien im Hypotheken­ buche nicht eingetragen werden, d. h. sie können unter Vorbehalt de» Eigentums nicht al» Pertinenzen eingeschrieben werden; dagegen ist e» aber zulässig, gegen die Pertinenzerklärung eine Protestation einschreiben zu lassen. ") § 22 Ziff. 7, § 136 Ziff. 4 Hyp.Ges.; Roth, 6. C.R. H. S. 423; d. PrR. m. S. 554; RegelSberger § 54 Ziff. 4. ") arg. § 5 Abs. 2 Hyp.Ges.: „Bei dem Vorbehalte eine» Rückkaufsrechtes, soserne solches nicht unter den Beschränkungen der Disposition deS Besitzers im Hypothekenbuche vorgemerkt ist, wird die Einwilligung deS RückkaufSberechtigten zur Bestellung nachfolgender Hypotheken nicht erfordert"; § 25 Jnftr. z. Hyp.Ges.: „Der Vorbehalt eines RückkaufSrechte» mit der int Hyp.Ges. § 5 Abs. 2 vor­ geschriebenen Wirkung ist unter den Beschränkungen der Disposition des Besitzers tn der zweiten Rubrik deS HypothekenbucheS nur alsdann vorzumerken, wenn der Käufer schon bei Abschließung des Kontraste» darüber, daß diese Vormerkung ge­ schehen soll, seine besondere Zustimmung gegeben oder noch nachher darin ein­ gewilligt hat". Vgl. auch Roth, b. C.R. II. S. 425; d. Pr.R. III. S. 554; RegelSberger § 54 Ziff. 6 und Bl. f. R.A. LIV. 18 ff. ") E. d. obst. L.G. IV. 607; V. 827; VIII. 21; X 182; Bl. f. R.A. XLI. 220; Senff. Arch. XXXII, 43; Roth, d. Pr.R. in. S. 554 Rt. 30; Gönner II. S. 230. «) E. d. obst. L G. VIII. 17. — Vgl. auch E. d. obst. L.G. IX. 173. ") Vgl. hiezu oben lit. B Ziff. IV S. 819, 820 und § 99 lit. C Ziff. I, 3

V. Kapitel.

Das Pfandrecht.

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d) In wie weit die Eigenschaft des Kindesvermögens eine Berpfändungsbeschränkung für Hauskind oder Eltern enthält, bemißt sich nach dem örtlichen bürgerlichen Rechte.") e) Eine auf dem Hypothekobjekte haftende Personalservitut ist nicht in dem Sinne eine Berpfändungsbeschränkung, daß ohne Zustimmung des Nießbrauchsberechtigten das Grundstück über­ haupt nicht verpfändet werden dürste, sondern nur mit der Maß­ gabe, daß, falls sie in der zweiten Rubrik des Hypothekenbuches eingetragen ist oder der Hypothekgläubiger sich nicht auf die Oeffentlichkeit des Hypothekenbuches berufen kann, eine nach­ folgende Hypothekbestellung das Hypothekobjekt nur mit der darauf lastenden Personalservitut ergreift; insoferne steht aber der Nießbrauch mit anderen eintragungsfähigen ding­ lichen Rechten, wie Reallasten, auf gleicher Stufe und kann daher als eigentliche Berpfändungsbeschränkung nicht erachtet werden.^) 2. Die besonderen Verpfändungsbeschränkungen. a) Das vertragsmäßige Berpfändungsverbot (int engeren Sinne)?*) Dieses hat nur Wirkung gegenüber der Belastung mit freiwilligen, nicht mit gesetzlichen Hypotheken, und nur, wenn es zu Gunsten einer bestimmten Hypothekforderung begründet S. 683 , 684 mit abweichender Meinung Regelsberger's § 54 Ziff. 6 und Bl. f. R.A. LIV. 18 ff., welche unrichtigerweise nur dann eine Wirkung dieser BerpfändungSbeschränkungen gegen Dritte annehmen, wenn sie im Hypothekenbuche eingetragen sind. 49) Bgl. hiezu auch RegelSberger § 54 Ziff. 7. 60) Dre Personalservitut enthält also nicht eine Berpfändungsbeschränkung schlechthin, sondern nur gegenüber dem objektiven WirtungSumfange der nachfolgenden Hypothek. Vgl. § 5 Abs. 3 Hyp.Ges.: „Auch wird die Einwilligung dessen, welchem die Nutznießung einer Sache auf bestimmte Jahre oder auf Lebenszeit zusteht, zu einer Hypothek auf die Substanz der Sache nicht erfordert, sie erstreckt sich jedoch, solange die Nutznießung dauert, auf die Früchte nicht"; § 22 Ziff. 7, § 136 Ziff. 4 Hyp.Ges.; vgl. hiezu auch oben § 100 lit. B Ziff. II, 3 a @. 705 über den Ein­ trag in 2. Rubrik; ferner RegelSberger § 54 a. E. “) Roth, b. C.R. II. S. 428; d. Pr.R. III. S. 557; RegelSberger § 55. — § 44 Hyp.Ges.: „Die Eintragung einer Hypothek entzieht dem Schuldner die Befugnis nicht, einem anderen Gläubiger eine Hypothek auf die Sache einzuräumen. Selbst ein Vertrag, daß aus die Sache keine Hypothek mehr eingeräumt werden soll, hat auf die gesetzlichen RechtStitel zur Erwerbung einer Hypothek keine Wirkung; hinsichtlich der auf Privatwillen beruhenden Hypotheken ist er nur dann wirksam, wenn er im Hypothekenbuche am geeigneten One eingetragen ist". Vgl. auch § 23 Jnstr. z. Hyp.Ges. und oben § 100 lit. B Ziff. II, 3 b S. 707 über den Eintrag in 2. Rubrik. — Darüber, daß die Eintragung nicht Entstehungs­ element der Wirkung des vertragsmäßigen BerpfändungSverbotes ist, sondern das­ selbe dem OeffentlichkeitSprinzipe unterliegt, vgl. oben tz 99 lit. C Ziff. I, 3 S. 683; a. M. RegelSberger § 56 Ziff. 2; Bl. f. R.A. LIV. 18 ff. — Letztwillige BerpfSndungSverbote haben keine Bedeutung: RegelSberger § 55 Ziff. 1 a. E. — Der Vertrag über Verzicht auf weitere Verpfändung bedarf zur Giltigkeit notarieller Beurkundung wenigstens der Erklärung deS Verzichtenden: vgl. oben § 72 Ziff. VI, 1b S. 545. — Da das vertragsmäßige Berpfändungsverbot i. e. S. nur die Be­ stellung steiwilliger Hypotheken hindert, so steht eS der Einschreibung einer ZwangShypothek nicht entgegen: b. Not.Zeit. 1888 S. 45.

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Vermögensrechte. — Erste» Hauptstück.

DaS Sachenrecht.

tourbe.52) ES wirkt nur zu Guusten des Gläubigers dieser Forderung22) und seiner Rechtsnachfolger in dieselbe und kann daher von anderen Gläubigem nicht geltend gemacht werden;2^) es wirkt gegen den Eigentümer und seine Rechtsnachfolger.22) b) Der gesetzliche und vertragsmäßige Güterstand. In wie weit der gesetzliche oder vertragsmäßige Güterstand eine Ver­ pfändungsbeschränkung deS einen oder des anderen Ehegatten bewirkt, bemißt sich nach dem einschlägigen örtlichen bürger­ lichen Rechte bezw. dem Inhalte des Berttages.22) Jedoch ist zuzusehm. ob die beiden Ehegatten nach Maßgabe der in An­ wendung kommenden Rechtsgrundsätze nicht schon als wahre Mtteigentümer zu gelten haben.2^ § 123.

Die Eintragung der Hypothek?)

Erst mit der Einschreibung in das Hypothekenbuch, nicht schon mit der Anmeldung kommt das Hypothekrecht zur Entstehung?) Die Einschreibung kann definitiv oder vormerkungsweise und regelmäßig nur auf Anttag2) erfolgen. I. Das Eintragungsgesuch. Dieses muß enthalten: 1. Die genaue individualisierende Bezeichnung der einzelnen Gegenstände, auf welchen die Hypothek eingetragen werden soll?) int Falle noch kein Hypothekfolium eröffnet ist, hat der Verpfänder auch seinen Erwerbstitel anzugeben.2) “) Bal. hierüber Bl. f. R «. XXV. 241; XXXIV. 165; Regelsberger §55 Ziff. 1; Roth, d. Pr.R. III. S. 557 Nt. 47. M) Bon anderen Gläubigern kann daher eine Umgehung des Verbotes nicht gellend gemacht werden: Bl. f. R.A. XXVII. 14; RegelSberger § 51 Ziff. 3. M) Regelsberger § 51 Ziff. 3. ") Regelsberger § 51 Ziff. 4; Lehner, Hvp.R. S. 61; Gönner III. 79; Roth, b. C.R. II. S. 428 Nt. 66; Bl. f. R A. XXV, 243. A. M. Gönner I. 392. M) Roth, b. CR. U. S. 426-428; d. Pr.R. in. S. 555-557; Regels­ berger, Hyp.R. § 56; Gönner II. S. 207—226; Lehner, Hyp R. S. 36—51; oben § 100 lit. B Ziff. II, 4 S. 707, 708. Es ist nicht Sache dieser Darstellung, die einzelnen Güterrechte selbst zur Erörterung zu bringen; man vgl. in dieser Hin­ sicht die vorigen Zitate, ferner Ztschr. f. d. Not. 1870 S. 325 über einige Wirkungen der allgemeinen ehelichen Gütergemeinschaft auf das Hypothekenwesen: b. Nol.Kit. 1894 S. 149 über Beiziehung der Ehefrau bei Jmmobiliarveräußerungen des Ehemanns im Falle allgemeiner Gütergemeinschaft nach bayr. L.R.; Bl. f. RA. XXXIV. 1, 22, 33, 49; XXXV. 193 über eheliche BerpsändungSbeschränkunzen nach Mainzer Landrecht. 67) Bgl. hierüber schon oben § 100 lit. B Ziff. H, 4 S. 707, 708. *) Lehner, Hyp.R. S. 118, 119; Regelsberger § 57; Roth, b. Ot II. S. 436-444; d. Pr.R. III. S. 586-605; Stobbe, d. Pr.R. II S. 352—366. *) 88 1, 9, 10, 21 Hyp.Ges. Bgl. bezüglich der Anmeldung oben § 106 Ziff. I S. 746 und übereinstimmend mit dem Texte Stobbe, d. Pr.R. II S. 3>6. ’) Bgl. hierüber daS Nähere oben § 101 S. 714 ff. 4) Bgl. hiezu oben 8 117 S. 794 ff. (Spezialitätsprinzip). 6) arg. § 4 E G. z. Hyp.Ges. § 140 Hyp.Ges. findet bei Neuanlage eneS FoliumS keine Anwendung; vgl. hierüber schon oben § 104 lit B Ziff. 3 Nt 7 S. 729; auch § 100 Nt. 33 S. 703.

2. Die Bezeichnung der Forderung nach Maßgabe des Speziali­ tätsprinzipes unter Hervorhebung aller sonstigen Punkte, welche noch eingetragen werden sollen?) Die Forderung bedarf der Bescheinigung und zwar durch „unverdächtige Urkunden" nur dann, wenn bei Un­ zulässigkeit der definitiven Einschreibung wenigstens die Einschreibung einer Vormerkung erreicht werden will?) 3. Die Bezeichnung des Hypothektitels. Der gesetzliche Hypothek­ titel bedarf, soweit er schon aus der Beschreibung der Forderung und ihres Entstehungsgrundes erhellt, weiterer Belege nicht. Im Falle freiwilliger Hypothekbestellung muß die Urkunde über das Bestellungsgeschäst — Notariatsurkunde, letztwillige Verfügung — vorgelegt werden?) n. Die hypothekenamtliche Behandlung des Gesuches. 1. Jede Hypothekanmeldung ist sofort in das Tagebuch unter Bezeichnung des Anmeldetages einzuschreiben, um ihr, falls überhaupt einschreibungsreif, den Vorzug vom Anmeldetage gegenüber später angemeldeten Hypothekm zu erhalten?) Das im Hinblick auf das Legalitäts- und Konsensprinzip vorgeschriebene Verfahren ist bereits oben tz 104 sS. 727—739) dargelegt. Nach Maßgabe des Konsensprinzipes darf aber keine Hypothek ohne Borwiffen des Bucheigentümers definitiv eingetragen werden;^) ein Verstoß hiegegen begründet zwar nicht schlechthin die Ungiltigkeit der eingetragenen Hypothek, wahrt aber dem Eigentümer das Recht, die Hypothek auch aus dem Mangel des Hypothektitels'") anzufechten; anderseits unterliegt aber auch eine solche Hypothek doch den Wirkungen des Oeffentlichkeitsprinzipes. 2. Je nach dem Ergebnisse der hypothekenamtlichen Prüfung im Hinblick auf Legalitäts- und Konsensprinzip sind drei Möglichkeiten denkbar: a) entweder wird das Eintragungsgesuch als völlig unstatthaft abgewiesen; das Nähere hierüber s. oben § 105 Ziff. 3 S. 740 ff.; oder b) es wird die Hypothek zunächst im Hypothekenbuche nur vor­ gemerkt (praenotatio) und hiedurch vorerst nur ein provisorischer Rechtszustand geschaffen; das Nähere hierüber s. Ziff. III; oder c) es wird die Hypothek definitiv eingetragen (intabulatio). Da8) Vgl. hiezu oben § 117 S. 794 ff. Behauptet muß also eine Forderung warben und zwar wegen deS AccessoritLtsPrinziPeS (oben § 116 S. 792 ff.). * ) Vgl. hiezu unten Ziff. III, 2 a®. 830 und RegelSberger § 57 zu Ziff. 2, welcher gleichfalls Bescheinigung nur für zweckmäßig erachtet. ’) Vgl. auch RegelSberger § 57 zu Ziff. 3. • ) Bal. hiezu oben § 103 Ziff. III Abs. 2 S. 726. Aber auch nur diese materielle Wirkung kommt der Anmeldung zu: s. Nt. 2. • ) § 21 mit §§ 108, 109 Hyp.Ges. 10) Ist dem Konsensprinzipe genügt, so greift § 16 Hyp.Ges. Platz und fäillt die Anfechtung wegen mangelnden Hypothektitels weg; dagegen nicht die Anfeichtung aus anderen Gründen: ß 46 Hyp.Ges. Vgl. hiezu auch RegelSberger §57 lit. B mit Recht gegen Gönner I. 230 und Roth, b. C.R. II. S. 477; oben § 121 Ziiff. II S. 808—810.

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Vermögensrechte. — Erste» Hauptstück.

Da» Sachenrecht.

mit treten alle jene Wirkungen ein, welche da- Gesetz dm Hypothekm beilegt. HI. Die Hypothekvormerkung.")

1. Die Vormerkungen beschränken sich auf die Hypothekrechte, erstrecken sich aber sowohl auf die freiwilligen wie gesetzlichen Hypo­ theken.") Sie sind, abgesehm von dem Fall, daß der Verpfänder überhaupt nur eine Hypothekvormerkung bewilligt, nur dann zulässig, wenn der definitive Eintrag noch nicht möglich ist,") wenngleich auch unter dieser Voraussetzung nicht immer zulässig. Sie haben den Zweck, dem materiellen Oeffentlichkeitsprinzipe im weiteren Sinne insoferne Rechnung zu tragen, als schon durch die bloße Vormerkung des Hypothekrechte- unter der Bedingung, daß es später eingetragen wird, diesem Existenz und Rang gegmüber anderm Hypothekrechten gesichert wird. 2. Die Voraussetzungen der Vormerkung eines Hypothekrechtes sind folgende: a) Eine giltige Forderung ") Die der Hypothek zu Grunde liegende Forderung muß durch „unverdächtige Urkunden" bescheinigt sein;") die Bescheinigung ist aber dann überflüssig, wenn der Unterpfandeigentümer in die Vormerkung ein­ willigt;") b) ein gütiger, wenn auch bedingter Hypothektitel; auch dieser ") § 30 Hyp.Ges.; Gönner I. S. 323-328; m. S. 64-67; Lehner, HYP.R. S. 112 — 117; H.A.O. S. 60 - 54; Roth, b. C.R. II. S. 439 - 442; d- Dr.R. m. S. 591—594; Regelsberaer §§ 67, 68 und oben § 99 Nt. 32 S- Ö84. Darüber, daß durch die prozessualen Schutzmittel der R.C.P.O. die be­ sonderen hypothekrechtlichen Schutzmittel, wie Protestation und Vormerkung nicht beseitigt sind, vgl. schon oben § 115 Nt. 6 a. E. S- 785. ll) Dies ist wohl nun allgemein anerkannt. A. M. Wegler in Zu Rheins Beiträgen zur Gesetzgebung und praktischen Jurisprudenz Bd. II S. 293, welcher die Vormerkung nur für gesetzliche Hypotheken zuläßt; dagegen s. Lehner, Hyp.R. S. 116 Nt. *. ") Bl. f. R.A. XXXVI. 299; RegelSberger § 67 Abs. 1. ") Für die Beschaffenheit der Forderung gelten die gleichen Gmndsätze, wie bei definitiv eingeschriebene Hypotheken; vgl oben § 119 S. 798 ff. “) Unter „unverdächtigen Urkunden" sind nicht nur öffentliche, sondern auch Privaturkunden, aber stets nur solche Urkunden zu verstehen, welche die eigene Erklärung der Jnteresienten oder ihrer Rechtsvorsahren enthalten, im Gegensatze zu solchen Urkunden, welche nur die Erklärungen Dritter über Rechtsverhältnisse der Jnteresienten enthalten, z. B. Zeugenaussagen: Bl. f. R.A. X1.IV. 130 unter Bezugnahme auf Gönner I. 325. Daher genügt bei Hypothekvormerkungeu auch weder Bescheinigung durch Zeugen selbst, noch durch andere Mittel als unverdächtige Urkunden: Bl. f. R.A. VIII. 95. — Zum Ganzen vgl. Gönner I. 324; RegelS­ berger § 67 A 1; Lehner, Hyp.R. S. 115 Ziff. 2; H.A.O. S. 52; E. d. obst. L.G. HI. 29; Roth, b. ER. U. S. 440; Bl. f. R.A. XLIV. 129; I. 223. — Als un­ verdächtige Urkunden gelten auch Handelsbücher, ordnungSmähige geführte Bücher von Gewerbetreibenden (Bl. f. R.A. XLIV. 131) wie Bierbücher oder notariell beglaubigte Auszüge auS denselben für die gesetzliche Hypothek auS § 12 Ziff. 10 Hyp.Ges. (E. d. obst. L.G. XI. 741; Bl. f. R.A LUI. 15), eine Kostenzusammmstellung für die gesetzliche Hypothek auS § 12 Ziff. 9 Hyp.Ges. (E. d. obst. L G. xm. 369). ie) Gönner I. 326. Hier genügt die bloße Behauptung einer Forderung.

V. Kapitel.

Das Pfandrecht.

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muß durch unverdächtige Urkunden bescheinigt fein.17 * *) *Bewilligt ******* der Verpfänder überhaupt nur die Vormerkung einer Hypothek, so ist die Vorlage, bezw. Bescheinigung des VormÄungstitels erforderlich;1^) c) derjenige, gegen welchen der Hypothektitel begründet ist, muß materieller Eigentümer des Hypothekengegenstandes19) und n) Gönner I. 324, Roth, b. C.R. S. 439; RegelSberger § 67 A 2; Lehner, HypR. S. 114, 115; H.A.O. S. 51; Bl. f. R.A. I. 223; E. d. obst. L.G. in. 29. Bei freiwilligen Hypothektiteln wird am zweckmäßigsten die letztwillige Verfügung (Gönnerin. S. 64) bezw. die notarielle HyPothekbestellungSurkunde, die zu einer Vor­ merkung giltig vorhanden sein muß (Roth, b. C.R. II. S. 441; Gönner III. S. 64; RegelSberger § 67 A 2; Zeitschr. f. Not. 1864 S. 378, 1865 S. 31), selbst vor­ gelegt werden, wenngleich eine Bescheinigung der Existenz deS HypothektitelS nicht auSaeschloffen ist; der gesetzliche Hypothektitel wird regelmäßig auS der bescheinigten Forderung selbst erkenntlich und damit bescheinigt sein, sonst müffen noch die weiter erforderlichen Angaben, auS welchen er ersichüich, gemacht und bescheinigt werden. 18) Die Bewilligung nur einer Vormerkung kann verschiedenen Sinn haben: entweder ist der definitive Eintrag noch nicht möglich oder die Beteiligten halten ihn irrtümlicher Weise für nicht möglich, der Unterpfandeigentümer ist aber, um der Hypothek wenigstens den Vorrang zu wahren, mit einer Vormerkung ein­ verstanden, oder der Unlerpfandeigentümer bewilligt ausgesprochener Maßen um deswillen nicht den definitiven, sondern nur den vormerkungsweisen Eintrag, um von vornherein den Wirkungen des Oeffentlichkeitsprinzipes in gewissem Maße vorzubeugen (§ 48 Hyp.Ges.), anderseits aber doch auch zu dem Zwecke, um, im Falle er den definitiven Eintrag noch bewilligen wollte, der Hypothek einen gewissen Vorrang zu wahren, mag hier nun der definitive Eintrag möglich sein oder nicht. Eine solche BormerkungSbewilligung enthält die Einräumung einer zu Gunsten des Verpfänders auf die Suspensivbedingung >si voles« gestellten Hypothek (über notarielle Beurkundung dieser die Bedingung erfüllenden Willenserklärung s. oben § 72 Zifs. VI, 2 a. E. S. 546); ähnlich Bl. f. R.A. XXXI. 397. In diesem Fall kann dann auch in dem Bormerkungstitel kein Titel auf Gestaltung der definitiven Eintragung erblickt werden, während für die erstgenannten Fälle im Zweifel anzunehmen ist, daß nur um deswillen lediglich die Vormerkung bewilligt wurde, weil die definitive Eintragung nicht möglich war, bezw. noch nicht für möglich gehalten wurde und deshalb die definitive Eintragung bewilligt sein soll, wenn die Hindernisse behoben sind. — Die Ansichten über die HypothekvormerktrngSbewilligung sind sehr geteilt. Gegen die BormerkungSbewilligung erklärt sich über­ haupt RegelSberger § 67 lit. A Ziff. 2; Lehner, Hyp.R. S. 113; H.A.O. S. 50, 51 läßt Vormerkungen zu, wenn entweder die Vormerkung einer Forderung durch eine selbständige Anmeldung — principaliter — nachgesucht wird, oder incidenter, wenn die Anmeldung um förmliche Eintragung geschieht, diese aber wegen irgend eines Mangels nicht bewilligt werden kann. Roth, b. C.R. II. S. 441; Gönner III. S- 65; Bl. f. R.A. XXni. 383 nehmen an, daß eine auf die Vormerkung sich beschränkende Vereinbarung gar nicht denkbar sei, da eine Fordemng sich nur dann zmr Vormerkung eigne, wenn durch sie der Rechtslitel zur Hypothekerwerbung an sich begründet würde, in dem Zugeständnis der Vormerkung von Seite des Schuldners dcaher zugleich das Zugeständnis der seinerzeitigen Eintragung der Hypothek enthalten seü. M. E. wird übersehen, daß jeder eine bloße Bormerkuna bewilligende Titel eime suspensiv bedingte Hypolhekbestellung enthält, also ein bedingter Hypothektirtd ist; bedingte Hypothektitel lassen aber eine Vormerkung der Hypotheksorderung zm (vgl. oben § 105 Nt. 6 S. 747). Vgl. ferner Ortenau, Komm. z. Subh.Ordn. S. 366 Nt. 2, welcher im allgemeinen Bormertungsbewilligungen zuzulassen scheint. ie) DieS folgt auS § 4 Hyp.Ges.; RegelSberger § 67 A Ziff. 3.

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BmnSgrnSrechtk. — Erste» Hauptstück.

DaS Sachenrecht.

darf in der BerpfSndungsbefuaniS persönlich wie sachlich nicht in einer, den Beräußerungsart überhaupt ungiltig machenden Weise beschränkt sein;*°) eine gegen den Bucheigentümer ge­ richtete Hypothekvormerkung ist vorbehaltlich der Wirkungen des OeffentlichkeitSprinzipes gegen den materiellen Eigentümer unwirksam. Anderseits gewährt aber auch eine gegen das Eigentum des Bucheigentümers zu Gunsten des Verpfänders eingetragene Protestation, bezw. Protestationsweise Vormerkung seines Besitztitels noch nicht die Befugnis, auf Grund eines gegen den Verpfänder gerichteten Hypothektitels eine Hypothek­ vormerkung eintragen zu (affen;21) d) ist den vorgenannten Erfordernissen genügt, so hindert das Nichtvorhandenfein anderer zum definitiven Einträge gehöriger Voraussetzungen, wie insbesondere die Unfertigkeit deS Rechts­ verhältnisses und Verletzung des Konsensprinzipes die Ein­ schreibung einer Vormerkung nicht,22) soserne nur nicht eine über­ haupt jeden Erwerb verhindernde Thatsache in Frage steht;22) e) auch für die Vormerkung einer Hypothek gilt das Spezialitäts­ prinzip;22) nur kann der Ansatz einer Summe unterbleiben, wenn derselbe noch bestritten ist;25)

f) infolge des unter lit. d Bemerkten genügt ein einseitiger Antrag des Gläubigers, schadet ein Widerspruch des UnterpfandEigentümers nicht;25) auch braucht der Antrag auf Ein­ schreibung einer Vormerkung nicht ausdrücklich gestellt zu sein; in jedem Anträge auf definitiven Eintrag einer Hypothek ist der Antrag auf Vormerkung enthalten;2*)

’°) Ueber eine besondere Unterscheidung Gönners vgl. schon oben § 115 Nt. 17 S. 788 und § 105 Nt. 4 S. 740, 741. Gegen diese und im Einklänge mit dem Texte RegelSberger § 67 lit. A Ziff. 3 und lit. B Ziff. 2 a, § 66 Zisf. II, welcher gleichfalls in allen Fällen des Vorhandenseins von Dispositionsbeschränk­ ungen oder Protestationen gegen daS Recht deS Verpfänders nur die Zulässigkeit einer Vormerkung annimmt. Bl. f. R.A. XL1V. 129. S. auch § 28 Hyp.Ges. S1) Vgl. hiezu schon oben § 122 lit. B Ziff. HI S. 818 und § 115 Ziff. III Nt. 14 S. 787 und RegelSberger § 66 Ziff. I und §67 B Ziff. 2 a; Bl. f. R.A. XUV. 129, 130; s. hiezu jedoch auch E. d. obst. L.G. IX. 241 (zweifelhaft). “) Daher ist insbesondere zwar nicht definitiver Eintrag, aber doch Vormerkung möglich: bei bedingten Hypothekbestellungen (auch für den Fall, daß eine Dis­ positionsbeschränkung wegfallen sollte: E. d. obst. L.G. Vin. 543; Bl. f. R A. XLVI. 11); bei entgegenstehenden DiSpositionSbeschränbrngen oder der BerpsändungSbefugniS entgegenstehenden Protestationen: vgl. hiezu Näheres schon oben § 105 Ziff. III S. 740 ff.; Gönner I. S. 324, 325 Ziff. II; RegelSberger § 67 B 2. ”) Wie z. B. mangelnde Erwerbsfähigkeit des Hypothekgläubigers infolge Klosterzugehörigkeit. “) RegelSberger § 67 lit. A Ziff. 4. ") § 42 Nr. 6 Jnstr. z. Hyp.Ges.;Gönner HI. 31; RegelSberger § 18 lit. C; § 67 lit. A Ziff. 4; vgl auch oben § 105 Nt. 6 a. E. S. 742. ") § 108 Hyp.Ges.; vgl. hiezu oben § 104Ziff. I S. 734, 735. '') § 106 Hyp.Ges.; vgl. hiezu oben § 102 lit. B Ziff. IV Abs. 2S. 725.

V. Kapitel.

Das Pfandrecht.

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•g) besonderes gilt noch für die Vormerkung der Zwangs- und Arresthypotheken; hierüber ist das Nähere im V. Buche zu erwähnen.^)

3. Wirkungen der Vormerkung. Die Vormerkung einer Hypothek gewährt ein auffchiebend bedingtes Hypothekrecht und zwar bedingt durch den Wegfall der­ jenigen Hindernisse, welche dem definitiven Einträge entgegenstehen; die Bedingung ist mit rückwirkender Kraft ausgestattet. Mit Eintritt der Bedingung ist nicht nur endgiltig das Hypothekrecht entstanden, sondern nach Rang und Inhalt rückwärts wirksam vom Tage der Vormerkung an89), soweit nicht die unter lit. c genannte Ausnahme in Frage kommt; mit Ausfall der Bedingung steht fest, daß ein Hypothekrecht nie* vorhanden war.99) Der Eintritt der Bedingung erzeugt die obligatorische Verpflichtung des jeweiligen Unterpfand­ eigentümers, die definitive Eintragung zu gestatten, soferne nicht gesetz­ liche Hindernisse, wie Beschlagnahme, Konkurseröffnung, der Um­ schreibung entgegenstehen.98) Im einzelnen zeigen sich diese Wirkungen im folgenden: a) durch die Vormerkung wird dem Gläubiger sein begründetes Hypothekrecht gegenüber jedem künftigen Ggentümer und '* jeder künftigen Verpfändungsbeschränkung gewahrt98); b) durch die Vormerkung erhält die Hypothek gegenüber nach­ folgenden Hypotheken den Rang vom Datum ihrer Eintragung in das Hypotheken- bezw. Tagebuch, soferne nicht für sie ein hievon abweichender Rang vertragsmäßig festgesetzt ist99); c) für die Wirkungen des Oeffentlichkeitsprinzipes ist der Zeit*') Art. 40 und 44 Nov. z. Subh.Ordn. ,e) § 30 Abs. 3 HyP.Ges.; „Ucbrigens gilt von derselben (Vormerkung) alles dasjenige, waS im vorgehenden § 28 und 29 über Protestationen bestimmt ist. Werden die Anstünde oder Mängel gehoben, so wird die Hypothek so angesehen, alS ob sie schon am Tage ihrer Vormerkung ganz rechtSbestündig und förmlich eingetragen worden wäre." Vgl. auch §§ 66 und 74 HyP.Ges.; Bl. f. R.A. XLIV." 133, 134; XLVI. 11; Erg.Bd. XII. 376; ferner E. d. obst. L.G. HI. 8; VI. 41; VIII. 38, 95; IX. 72, 241, 246; Lehner, Hyp.R. S. 116,117; RegelSberger § 68 Biff. 2 mit Rt. 3; Gönner I. 327, 328; Roth, b. C.R. II. S. 441, 442; Ortenau, Komm. z. Subh.Ordn. S. 160 lit. d. -») § 30 Abs. 3 mit ß 29 Abs. 2 HyP.Ges. ’*) Bl. f. R.A. XVIII. 413; XXIII. 366; Roth, 6. C.R. II. S. 441; Regelsberger § 68 lit. C. Die Obligation ist eine obligatio in rem scripta. ") § 30 Abs. 2 HyP.Ges.: „Die Vormerkung hat die rechtlichen Wirkungen einer eingetragenen Hypothek nicht, sondern dient bloß zur Verwahrung des Rechts aus Erwerbung der Hypothek an der Stelle, wo die Forderung vorgemertt ist." Dann Bl. f. R.A. XXVII. 13: „Die Eintragung eines vertragsmäßigen Berpsändungsverbotes entzieht dem Gläubiger die durch die ältere Vormerkung einer Hypothek begründeten Rechte nicht." Lehner, Hyp.R. S. 117 Zifs. 4 a; Regrlsberger § 68 lit. A Ziff. 1; Roth, b. C.R. II. E. 441; Bl. f. R.A. XXVII. 13. M) Bezüglich des Tagebuches vgl. § 23 Abs. 2 und 3 HyP.Ges. und oben § 106 Zifs. I. 'S. 746. — Lehner, Hyp.R. S. 117.Ziff. 4 ß; RegelSberger § 68 lit. A Zisf. 2. Becher Landercidilrecht und Landercivilprozebrecht. 53

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Vermögensrechte. — Erste- Hauptstück.

Das Sachenrecht.

punkt der Einschreibung der Vormerkung in das Hypothekenbuch entscheidend"), jedoch mit der Einschränkung, daß die civil­ rechtlichen Einreden gegen das Hypothekrecht auch ohne ent­ sprechende Einschreibung einer Protestation in das HhPothekenbuch selbst demjenigen, der sich sonst auf die Oeffentlichkeit des Hypothekenbuches zu berufen vermag, wirksam entgegengesetzt werden können.") Letztere Einschränkung wird nur dadurch beseitigt, daß die Vormerkung nach Wegfall der Hindernisse in einen definitiven Eintrag umgeschrieben wird.") Auch sind voraemerkte Hypotheken gegen Anfechtung wegen mangelnden Rechtstitels nicht gesichert"); d) die Vormerkung steht in Ansehung der Verjährungsbestimm­ ungen dem definitiven Einträge gleich"); e) das vorgemerkte Hypothekrecht kann, insolange dds Hindernis des definitiven Eintrages nicht beseitigt ist, wirksam nicht aus­ geübt"), daher auch insolange weder in der Subhastation"), noch im Konkurse **) geltend gemacht werden. Sind die Hindernisse beseitigt, so ist die wirksame Ausübung des Hypothekrechtes von einer Umschreibung der Vormerkung in einen Definitiveintrag nicht abhängig.^^)

4. Erlöschen der Vormerkung. Die Vormerkung erlischt: M) E. d. obst. L.Ä. IX. 718; Regelsberger § 68 Ziff. 3, vgl. hiezu aber auch die folgende Rote. “) § 48 Hyp.Ges.: „Gegen die bloß« Vormerkung einer Forderung steht zwar dem Schuldner frei, eine Protestation im Hypothetenbuche vormerken zu lassen, die Unterlassung derselben aber hat für den Schuldner die im vorhergehenden angeführten Folgen nicht " S. hiezu fchon oben § 113 lit. A Ziff. I Abs. 2 S. 768. Mit Rücksicht aus den öffentlichen Glauben deS Hypothekenbuches hat daher der Zeitpunkt der Einschreibung lediglich für die BerpfändungSbesugniS und den Um­ fang deS Hypothekrechtes in Ansehung der Hypothekgegensiände Bedeutung. Vgl. auch Regelsberger § 68 lit. A Ziff. 3 und lit. B Ziff. 2; Lehner, Hyp R. S. 117 Ziff. 3; Gönner I. 327. ”) Vgl. auch Gönner I. 407, 409 und Regelsberger § 68 lit. B a. E. ”) Bgl. Näheres oben § 121 Ziff. II, 1 c S. 809. “) §§ 31, 32 Hyp.Ges. Bgl. hiezu oben § 114 S. 782 ff. 3e) Bgl. § 55 Hyp.Ges.: „Für die im Hypothetenbuche vorgemerkten Forder­ ungen haftet der dritte Besitzer wie für eingetragene Forderungen; die Forderung

kann aber gegen denselben erst dann geltend gemacht werden, wenn daS Recht deS Gläubigers auf die Hypothek außer Zweifel gesetzt ist und deren wirklicher Ein­ tragung kein rechtliches Hindernis mehr im Wege steht." E. d. obst. L.G. III. 29; Bl. f. R.A. XXXI. 397; Gönner I. 327, 417; III. 66; Lehner, Hyp R. S. 117 Ziff. 2; S. 130 Ziff. 2. 4e) Bgl. auch Ortenau, Komm. z. Subh.Ordn. S. 366 Ziff. 1 b; Regels­ berger § 68 lit. B Ziff. 1. “) Für eine vorgemerkte Hypothek kann daher, insolange nicht daS Hindernis deS definitiven Eintrages gefallet ist, daS AbfondcrungSrecht (§ 39 R.K.O.) nicht in Anspmch genommen werden. “) Die Umschreibung ist nach Eintragung der Beschlagnahme, bezw. des Konkurseröffnungsbeschlusses im Hypothekenbuche überhaupt nicht mehr znlLssig;

V. Kapitel.

Das Pfandrecht.

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a) dadurch, daß sie in einen definitiven Eintrag übergeht, sobald alle Hindernisse desselben beseitigt sind; Näheres s. bereits oben unter Ziff. 3, lit. c und e;43 * *) * * * * * * * * * * * * * * * * * * * 4 * b) dadurch, daß sie auf einseitigen Antrag des Gläubigers oder mit Zustimmung aller Beteiligten oder auf Grund richter­ lichen Urteils im Hypothekenbuche gelöscht wird;44)* 46 c) infolge des Purifikationsverfahrens, soferne nicht die Herbei­ führung der Vollwirksamkeit des Hypothekrechts außer der Macht des vormerkenden Gläubigers liegt; sonst kann nämlich sowohl der Eigentümer als jeder der vorgemerkten Hypothek gleichstehender oder nachfolgender Hypothekgläubiger verlangen, daß derjenige, welcher die Vormerkung bewirkt hat, vom Hypothekenamte zur Beseitigung der Hindernisse des defini­ tiven Eintrages innerhalb einer Frist von 30 Tagen unter dem Rechtsnachteile angewiesen werde, daß nach deren Ablauf im Falle Unterlassung der Beseitigung der Hindernisse die Vormerkung gelöscht^werden solle. Werden die Hindernisse innerhalb dieser Frist nicht beseitigt, und werden nicht gesetz­ liche Verhinderungsursachen nachgewiesen, so ist auf weiteren Antrag des Beteiligten die Vormerkung im Hypothekenbuche zu löschen.43) vgl. hiezu oben § 122 Ziff. IV, 1 lit. b a und ß Nt. 25 und 33 S. 820, 822. — § 74 Hyp.Ges.: „Würde aber eine Forderung unter den Hypotheken erst nach der im § 73 bestimmten Zeit vorgemerkt, so behält (? erhält) sie alle rechtlichen Wirkungen, wenn nachher, wäre es auch erst im Konkursverfahren, das Recht auf die Hypothek dargethan wird;" s. auch § 55 Hyp.Ges. — Der Gläubiger muß in der Subhastation, bezw. im Konkurse den Wegfall der Hindernisse nachweisen, wenn er daS Hypothekrecht gellend machen will. — Wurde von Anfang an seitens deS Unterpfandeigentümers nur eine Vormerkung bewilligt, in dem Sinne, daß die Umwandlung in einen definitiven Eintrag lediglich von seinem Wollen abhängig sein soll (s. oben Nt. 18 S. 31), so steht die während der Subhastation oder deS Konkurses bewilligte Desinitivhypothek vollkommen einer Neubelastung gleich, die gegenüber der Subhastation, bezw. dem Konkurse unwirksam ist. Vgl. hiezu auch Ortenau, Komm. z. Subh.Ordn. S. 366 Nt. 2. —- Vgl. zum Ganzen die in Nt. 40 angeführten Zitate; auch E. d. obst. L.G. Vin. 95; ferner: bezüglich der Subhastation: E. d. obst. L.G. III. 29; Bl. f. R.A. XXXVIII. 45; XLIV. 133; XLV. 40, 41; bezüglich des Konkurses: Bl. s. R.A. XVII. 139; XXIV.271; XXVII. 10; XXXVI. 299, 201; XLIV. 133 Für die Subhastation sind jedoch zu be­ achten die Art. 2 Abs. 2, Art. 6, 7, 8, 35 Abs. 3 Nov. z. Subh.Ordn., wonach in Ansehung der Festsetzung des Mindestgebotes vorgemerkte Hypothekforderungen den bedingten Hypothekforderungen gleichgestellt sind und zur Uebernahme bestimmt werben, unter dem Vorbehalte, daß der die Eintragung hindernde Mangel wegsällt.

4I) Ueber die Form des definitiven Eintrages s. § 31 Abs. 3 Jnstr. z. Hyp.Ges.

44) Der Gläubiger einer vorgemerkten Hypothek kann aber mangels besonderer Abmachung nicht gezwungen werden, die Vormerkung löschen zu löffen, wenn er für die vorgemerkte Förderung genügende anderweitige Sicherheit erhält; Bl. f. R A. XLV. 56. Dagegen kann die Löschung immer dann verlangt werden, wenn die Bedingung aussällt, d. h. wenn feststeht, daß das Hindernis deS definitiven Eintrages nicht beseitigt werden kann: E. d. obst. L.G. IX. 241.

46) § 113 Hyp.Ges.

Vgl. hiezu Näheres oben § 115 Ziff. IV, 3 S. 790.

53*

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Vermögensrechte. — LrfteS Hauptpück.

Das Sachenrecht.

5. Die Hypothekvormerkung kann nur in der dritten Rubrik erfolgen; sie ist in einer Form zu bethätigen, daß hieraus die vor­ merkungsweise Einschreibung erhellt; und zwar erfolgt dies in der Weise, daß wenigstens in der Anmerkungskolumne das Wort „vor­ gemerkt" gesetzt und einfach unterstrichen wird; im übrigen gelten in Ansehung von Form und Inhalt des Eintrages das Gleiche wie bei definitiven Hypothekeinträgen.^b)

§ 124. Die Hypothekerneuerung.**) „Nach erloschener, aber im Hypothekenbuche noch nicht gelöschter Hypothek kann der Eigentümer den Rang dieser Hypothek einem anderen Gläubiger, auch einem neueren Gläubiger, jedoch für keine größere Summe einräumen." *) I. Rechtliche Natur.

Die Hypothekerneuerung ist nicht Vergebung eines bestehenden Hypothekrechtes, nicht derivative Uebertragung einer bestehenden Hypothekforderung mit deren Hypothekrecht an einen anderen Gläubiger, auch nicht Novation der bestehenden Hypothekforderung in eine andere mit dem Range der ersteren; es handelt sich vielmehr lediglich um eine singuläre Rechtsvorschrift, kraft derer einem, sei es bereits an anderer Stelle 'eingetragenen, oder erst einzutragenden Hypothekrechte, der Rang eines anderen, erloschenen Hypothekechtes eingeräumt, erneuert werden kann, ohne daß zwischen jenem und diesem, oder zwischen den einzelnen zu Grunde liegenden Forderungen irgend eine Beziehung besteht.') Die Hypothekerneuerung ist ein aus dem Eigentumsrechte fließendes formales Verfügungsrecht über den Darüber, daß die Befugnis aus § 113 HyP.Ges. auch dem glrichstrhenden Hypothek­ gläubiger zukommt, vgl. Bl. f. R.A. XVII. 215.

«) § 148 Abs. 1 HyP.Ges.; § 31 Jnstr. z. HyP.Ges. ») tz 84 Hyp-Ges.; Gönner I. 575-581; II. 274; III. 111—113; Lehner, HYP.R. S. 205-207; Roth, b. C.R. II. S. 465, 466; d. Pr.R. HI. S. 698, 699; RegelSberger in Bl. s. R.A. XXXVI. 225 ff.; Hyp.R. §§ 60. 61; Roth, hypo­ thekarische Succession S. 125—130; Wiedenbauer in Bl. f. R.A. LVII. 33, 49: „das Eigentum und der Hypothekrang". *) Denn erst nach Einschreibung der Löschung einer Hypothek im Hypotheken­ buche rücken die folgenden Gläubiger nach Ordnung ihrer Eintragung vor: § 84 Abs. 2 HyP.Ges.; vgl. auch unten § 141 Ziff. V. •) Uebereinstimmend mit dem Texte Regelsberger § 60. Ueber die teilweise abweichenden Begründungen der Hypothekerneuerung vgl. auch Gönner I. 576 bis 579; Bl. f. R.A. XXIII. 329; Lehner, Hyp.R. S- 206 Ziff. 1. — Die Jnstr. z. HyP.Ges. (§ 29 Ziff. 2) schreibt für die Hypothekerneuernng den Cessionsvortrag vor (s. auch Gönner I. 557; Bl. f. R.A. XXVIII. 326 [roo die Hypothekerneuerung für eine Art Cession erklärt roirb]), waS völlig unrichtig ist; dagegen auch Gönner I. 271 Ziff. 4; Regelsberger § 60 o. E.; vgl. hiezu oben § 100 lit. C Ziff. II, 2 c S- 712 und unten Nt. 19 S. 839.

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Das Pfandrecht.

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Kang einer materiell nicht mehr bestehenden Hypothek zu Gunsten einer anderen Hypothek/) Hieraus ergiebt sich im einzelnen folgendes: 1. Der Eigentümer erlangt mit dem Erlöschen eines Hypothek­ rechtes nicht ein eigenes Hypothekrecht an eigener Sache mit dem Range und auf den Betrag des erloschenen °), er kann die erloschene, aber richt gelöschte Hypothek nicht auf seinen Namen eintragen lassen °), und kann die freigewordene Post in der Zwangsvollstreckung und im Konkurse nicht für sich geltend machen; ist der offene Rang einer anderen Forderung bis zur Eintragung der Beschlagnahme in das Hypothekenbuch oder bis zur Konkurseröffnung nicht eingeräumt, so kann auf ihn kein Betrag ausgeschlagen, kein Absonoerungsrecht geltend gemacht werden?) 2. Dem neuen Hypothekgläubiger können Einreden aus dem früheren Hypothekrechte nur insoferne entgegengestellt werden, als sie die Entstehung dieses Hypothekrechtes mit dem diesem zugewiesenen Range angreifen (rechtsverhindernde Einreden), da die Wirksamkeit der Hypothekerneuerung-auf der rechtsgiltigen Entstehung des früheren Hypothekrechtes beruht; jedoch sind hiebei die Grundsätze des Oeffentlichkeitsprinzipes zu beachten?) Im Falle die Hypothekerneuerung aus jenen Gründen nicht Bestand haben sollte, gilt die neueingetragene Hypothekforderung als an sonst nächstoffener Rangstelle (mit Rang vom Tage ihrer Einschreibung bezw. Anmeldung) eingeschrieben?) 3. Dem neuen Hypothekrechte können keine Einreden entgegen­ gesetzt werden, welche geeignet sind, das existent gewordene frühere 4) Vgl. Bl. f. R.A. XXVI. 15; Dürrschmidt, Berbandhypothrken S. 55; auch Regeisberger § 61 Ziff. 1; Bl. f. R.A. LVII. 33 ff. — Immerhin wird aber dieses aus dem Eigentumsrechte stiebende formale BersügungSrecht zu Gunsten der Erneuerungshypothek vom OeffentlichkeitSprinziPe beherrscht, so zwar, dah im Falle dessen Voraussetzungen gegeben sind, die Hypothekerneuerung rechtSwirksam ist, wenn auch der nichtmatrrielle Bucheigentümer sie vornahm. S. hiezu unten Ziff. II, 4 und Bl. f. RA. LVII. 38 «nm. °) Hat daher ein Hypothekgläubiger seine Hypothekforderung außerbücherlich verpfändet und wird er dann Eigentümer deS Hypothekgegenstandes, so kann die Berpfändung des durch Konsolidation erloschenen HyPothekenrechtS nicht mehr im Hypothekenbuche eingeschrieben werden, da er kein Hypothekrecht mehr zum Ver­ pfänden hat. A. M. Bl. f. R.A. XXVI. 14; dagegen auch RegelSberger § 60 91t. 9. «) RegelSberger § 60 Ziff. 3. ’) RegelSberger § 60 Ziff. 2. Vgl. hiezu auch Art. 4 und 11 Nov. z. Subh.Ordn. — Zwar kann die erloschene, aber nicht gelöschte Hypothek insoferne Gegenstand einer Zwangsvollstreckung sein, als zu Gunsten des PsändungSPfandgläubigerS die Wirkungen des Oeffentlichkeitsprinzipes Platz greifen (vgl. "oben § 113 lit. A Ziff. IV, 3 91t. 51 S. 776, 777), aber der offene Rang selbst kann nicht in dem Sinne BollstreckungSobjekt sein, daß er zu Gunsten einer Zwangs- oder Arresthypothek oder einer sonstigen Forderung im Zwangswege ohne Wissen deS Unterpfandeigentümers in Anjpmch genommen wird: f. auch E. d. obst. L.G. XIV. 368 allerdings bezüglich 8 150 Hyp.Ges. und unten 91t. 13. •) RegelSberger § 60 Ziff. 5; s. auch oben § 113 lit. A Ziff. I, 1 S. 767 und Ziff. IV, 3 a®. 776. •) RegelSberger § 60 Ziff. 6.

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Vermögensrechts. — Erstes Hauptstück.

Das Sachenrecht.

Hypothekrecht wieder aufzuheben (rechtsaufhebende Einreden); ander­ seits aber alle rechtsverhindernden und rechtsaufhebenden Einreden ans der Person des neuen Hhpothekgläubigers?") 4. Die Hypothekerneuerung steht unter dem Schutze der Oeffentlichkeit des Hypothekenbuches, jedoch mit der Einschränkung, daß das Erlöschen des bisherigen Hypothekrechtes hier nicht durch das Hypo­ thekenbuch ausgewiesen wird und daher insoweit auch der Schutz entfallen mufc.11 * *)12 * **** III. Voraussetzungen. 1. Zur Hypothekerneuerung ist nur der jeweilige Unterpfandeigentümer^), nicht der persönlich haftende Schuldner als solcher, nicht der Besteller, nicht der Gläubiger der untergegangenen Hypothek berechtigt.") Die Ausübung ist nicht durch einen Eintrag des Rechtes auf Hypothekerneuerung im Hypothekenbuche bedingt.") Der Eigen­ tümer kann auf dieses Recht zu Gunsten einer oder aller Nachhypotheken verzichten; dieser Verzicht steht unter den Grundsätzen des vertragsmäßigen Berpfändungsverbotes.15) 2. Voraussetzung der Hypothekerneuerung ist das vom Unter­ pfandeigentümer dem Hypothekenamte zu erweisende materielle Er­ löschen des früheren Hypothekrechtes ohne formelle Löschung desselben im Hypothekenbuche; gleichgiltig ist, auf welche Art und Weise das Erlöschm stattfindet; nur das Erlöschen einer Hypothekforderung in­ folge Zwangsvollstreckungsverfahrens oder Konkurses bildet für eine Hypothekerneuerung keine Grundlage.") Im Falle teilweisen Er”) RegelSberger § 60 Zifs. 4. “) Ebenso RegelSberger § 61 Ziff. 6 und oben 92t 4. Dem Hypothekgläubiger der angeblich erloschenen Hypothek muß daher der an seine Stelle getretene Hypo­ thekgläubiger stets »veichen, wenn sich ergiebt, daß deS ersteren Hypothek nicht er­ loschen ist, soferne nicht auf dessen Widerspmchsunterlassung bei seiner Einvernahme die exceptio doli gegründet werden kann. 12) Dies ist die Folge davon, daß die Hypothekerneuerung ein aus dem Eigentumsrechte fließendes BersügungSrecht ist; eS geht daher auf jeden Rechts­ nachfolger in die Liegenschaft über. Vgl. auch RegelSberger § 60 Ziff. 1 und die übrigen Zitate oben in 92t. 3; ferner aber auch Zifs. II, 4 und 92t. 4. ") Es können daher gesetzliche Hypotheken (auch Zwangs- und Arresthypo­ theken) nicht auf den offenen Rang vorgemerkt (bei Zwangs- und Arresthypotheken auch keine Vonnerkung vorgemerkt) bezw. definitiv eingeschrieben werden, wenn nicht die Einwilligung des Unterpsandeigentümers vorliegt. S. auch oben 92t. 7 a. E. M) Doch ist, wenn nicht die sofortige Vergebung des offenen Ranges erfolgt (vgl. hiezu Gönner in. 112), die Einschreibung einer Protestation gegen das Be­ stehen des bisherigen Hypothekrechtes und dessen Löschung nicht nur im Hinblick auf die Oeffentlichkeit deS Hypothekenbuches, sondern auch mit Rücksicht darauf tätlich, daß auf einseitigem Anträge des Gläubigers die Hypothek gelöscht wird (vgl. oben 104 lit. B Ziff. 7 S. 732 und lit. C Ziff. II S. 735); vgl. auch Regelsberger § 61 Ziff. 1 und 4. 1S) Lehner, Hyp.R. S. 206; RegelSberger § 61 Ziff. 1; vgl. hiezu oben § 122 lit. B Ziff. IV, 2 a©. 827. ie) RegelSberger § 61 Ziff. 4 Abs. 1 und 2. — Es ist daher nicht zulässig, auf die Stelle einer noch bestehenden Voll- oder Kautionshypothek zu Gunsten der gleichen Forderung eine Zwangshypothet einzuschreiben und zwar einmal um des-

V. Kapitel.

Das Pfandrecht.

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löschens ist eine entsprechende teilweise Hypothekerneuerung zulässig;^) die erneuerte Hypothek hat Nachrang nach dem noch bestehenden Reste der teilweise erloschenen Hypothek.w) Erweist sich nach erfolgter Hypothekerneuerung, daß das frühere Hypothekrecht in Wirklichkeit nicht erloschen ist, so hat die neue Hypothek lediglich den Rang der nächstoffkncn Stelle. 3. Die Hypothekerneuerung ist ferner nur unter denselben sub­ jektiven und objektiven Voraussetzungen möglich, wie die gewöhnliche Hypothekbegründung; es ist daher insbesondere im gleichen Maße wie hier Handlungsfähigkeit des Unterpfandeigentümers und Erwerbs­ fähigkeit des Hypothekberechtigten erforderlich; sie unterliegt den Formen einer' gewöhnlichen Hypothekbestellung und wird erst mit der Einschreibung in das Hypothekenbuch wirksam; diese ist auch hier rechts-' begründender Akt.") Lediglich in Ansehung der sachlichen Verpfändungs­ beschränkungen besteht insoferne eine Abweichung, als diese der Hypotheke^neuerung nur dann entgegenstehen, wenn sie sich vertragsmäßig ausdrücklich auf das Verbot der Hypothrkernenerung erstrecken oder nicht auf besonderen Rechten Dritter beruhen?") 4. Durch die Hypothekerneuerung darf im Verhältnis zum bis­ herigen Stande eine Benachteiligung der zur Zeit der Hypothek­ erneuerung bereits vormerkungsweise oder definitiv eingeschriebenen nachfolgenden Hypotheken nicht herbeigeführt werden. Demnach kann die Hypothekerneuerung nicht für eine größere Summe, als die der früheren Hypothek, wohl aber für eine geringere21 * *)*, * an * 18Stelle * 20 einer nieder verzinslichen nicht für eine höher verzinsliche22), an Stelle einer willen nicht, weil die 'bisherige Hypothek nicht erloschen ist und dann weil die Hypothekerneuerung nur für eine andere, als die bisherige Hypothekforderung er­ folgen kann; vgl. hiezu E. d. obst. L.G. XIV. 70. ") Bl. s. R.A. XXIII. 327; Regelsberger § 61 Ziff. 4 Abs. 3; Roth, b. C.R. II. S. 466; Gönner III. 112. 18) Gönner I. 580; Regelsberger § 61 Ziff. 4 Abs. 2. Natürlich können die Beteiligten andere Rangverhä'ltnisse vereinbaren. ie) Hiedurch unterscheidet sich die Hypothekerneuerung wesentlich von der Cession. 20) Vgl. oben § 122 lit. B Ziff. IV S. 818 ff. Ebenso im wesentlichen Regelsberger § 61 Ziff. 2 und 3; bezüglich des Konkurses vgl. auch Bl. f. R.A. XXXII. 218; Roth, b. C.R. II. S. 466; d. Pr.R' III. 699. Doch erachte ich Bl. f. R.A. XXVIII. 326 im Hinblick aus Art. 33 Abs. 2 Subh.Ordn. für das heutige Recht nicht mehr als zutreffend. Gönner III. 112 spricht jeder BerpfündungsLeschränkung Wirkung gegenüber der Hypothekerneuerung ab. 21) Regelsberger § 61 Ziff. 5 a. Vgl. hieher auch J.M.E. v. 13. Dez. 1875, dne Einführung der Reichswährung, hier in Bezug auf das Hypothekenwesen betr. (W. XI. S. 256; J.M.Bl. ö. 33Ö), Abs. III: „Wenn über einen nach bisheriger Währung eingetragenen Posten gemäß § 84 Hyp.Ges. Verfügung nach Reichsuvährung erfolgt, werden sich die beiden Summen selten vollständig decken. Um mun die verbleibenden kleineren Reste nicht zwecklos im Hypothekenbuche fortführen z,u müssen, wird es sich empfehlen, die Beteiligten womöglichst zur Löschungsenklärung zu veranlassen." — In Bl. f. R.A. LVII. 33, 49 wird überhaupt nur wiese Beschränkung für die Hypothekerneuerung zugelassen. 22) Gönner I. 580 lit. a; III. 112.

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Vermögensrechte. — Erstes Hanptstück.

DaS Sachenrecht.

unverzinslichen nicht für eine, verzinsliche, jedoch nur bei Meidung der Nichterstreckung des Ranges des Hypothekrechtes auf die Zinsforderung^'), wohl aber an Stelle einer höher verzinslichen für eine nieder verzinsliche, an Stelle einer verzinslichen für eine unver­ zinsliche; an Stelle einer bedingten nicht für eine unbedingte"), wohl aber an Stelle einer unbedingten für eine bedingte; an Stelle einer Kautionshypothek nicht für eine andere Kautionshypothek") oder für eine Vollhypothek, soweit nicht erstere erschöpft ist26), wohl aber an Stelle einer Bollhypothek für eine Kautionshypothrk2') erfolgen. Nach herrschender Ansicht ist es unzulässig, bei Verband­ hypotheken die Hypothekerncuerung unter Freilassung einzelner bis­ heriger Verbandgrundstücke zu vollziehen26); jedoch ist'dieser Ansicht nicht beizupflichten. Auch soll an Stelle einer erloschenen Hypothek nie eine mit ungünstigeren Zahlungsbedingungen versehene gesetzt werden können26), insbesondere ist es auch nach — nicht zu billigender — oberstrichterlicher Praxis unzulässig, an Stelle einer in Fristen pbzu”) Bl. f. R.A. Erg.Bd. II223; Gönner I. 580 lit. a; m. 112; Regelsberger 8 61 Ziff. 5 lit. b; Roth, b. L.R. II. S. 465, 466. “) Regelsberger in Bl. f. R.A. XXXVI. 233,234 und Hyp R. § 61 Ziff. 5 B. Not.Zeit. 1890 S. 179 erklärt dies unter gewiffen Voraussetzungen für zulässig. “) Regelsberger § 61 Ziff. 5 c. A. M. Bl. f. R.A. LVH. 51 ff. “) Regelsberger in Bl. f. R.A. XXXVI. 233; Ztschr. f. Rot. 1870 S. 93. A. M. Bl. f. R.A. LVH. 51 ff. ") Ebenso E. d. obst. L.G. IX. 70; Bl. s. R.A. XLVII. 406; hienach ist Hypothekerneuerung auf den bei Lösung des Kreditverhältnifles ungedeckt gebliebenen und dann erloschenen Betrag zulässig; Regelsberger in Bl. f. R.A. XXXVI. 234: „Wenn dagegen eine auS dem Grundverhältniffe bereits entstandene Forderung auf Grund der Sicherheitshypothek im Hypothekenbuche eingetragen wurde, so liegt aus diesen Betrag ein vollkommenes Hypothekrecht vor, das auch der Anwendung des § 84 Abs. 1 kein Hindernis bildet." An Stelle einer Kautionshypothek kann keine Bollhypothek eingetragen werden: E. d. obst. L.G. VI. 876; Bl. f. R.A. XVIII. 413; XXIX. 234; Gönner I. 580 lit. b; III. 112; Roth, b. CR. II. S. 465; Regelsberger in Bl. f. R.A. XXXVI. 233; § 61 Ziff. 5 c. A. M. Bl. f. R.A. XVIII. 415; LVII. 51; Erg.Bd. II 224, 349. *•) Regelsberger § 61 Ziff. 5 lit. d; Roth, 6. E R. II. S. 465; Gönner I. 580 lit. d; III. 112. Hiegegen ist jedoch einzuwenden, daß jedes Berbandobjekt an sich für die ganze Forderung hastet und die Möglichkeit der Realisierung dieser vollen und ganzen Haftung bejn Nachhypothekar bekannt sein muß, er also auch nicht geschädigt ist, wenn in irgend einer Weise die volle Haftung realisiert wird und er so in seinem etwaigen Glauben sich getäuscht fühlt (ipse de se queri debeti. Bgl. hierüber Näheres unten § 145. ”) So wohl die Praxis mit Rücksicht auf die Zitate in Nt. 30. A. M. mit Recht Regelsberger § 61 Ziff. 5 lit. c; Bl. f. R.A. LVH. 51. ”) § 84 Hyp.Ges. finde keine Anwendung, wenn bestimmte Abtragungs­ fristen und damit die allmähliche Bermindemng der Pfandschuld vertragsmäßig ausbedungen sei, weil hier die Absicht deS Gläubigers auf einen fortwährew steigenden Zuwachs der ihm dargebotenen reellen Sicherheit gerichtet sein könne (!); daher auch nicht bei Annuitätenkapitalien weder in Ansehung des gesamten Kapital;, noch in Ansehung der rückgezahlten Annuitäten: so E. d. obst. L.G. V. 652; XL 68; XII. 401; Bl. f. RA. XX. 253; XXXII. 218; XLI. 73; L. 282; Rott, b. E R II. S. 466; Gönner III. 113; a. M. aber mit Recht Regelsberger n Bl. f. R.A. XXXVI. 242; Hyp.R. § 61 Ziff. 5 lit. e; Gönner II. 580 lit. e;

tragenden Hypothek irgend einet anderen Hypothek den Rang der ersteren einzuräumen?") Alle diese Hindernisse der Hypothekerneuerung können aber ganz oder teilweise dadurch behoben tocrbett, daß der Unterpfand­ eigentümer sich bei der Bestellung der nunmehr erloschenen Hypothek oder mindestens vor Bestellung einer weiteren Hypothek das Recht auf Hypothekerneuerung allgemein oder in bestimmter Art vorbehält und im Hypothekenbuche einschreiben lafctS1 * *)2*oder * * * *dadurch, * daß die sämtlichen durch die Hypothekerneuerung Benachteiligten gelegentlich derselben ihre Zustimmung erklären. Insoweit nach vorstehenden Grundsätzen die Hypothekerneuerung nicht bestehen kann, gilt die neue-Hypothek an jeweiü nächstoffener Rangstelle eingetragen. 5. Bei jeder Hypothekerneuerung müssen in Verfolgung des KonsenSprinzipes die nachfolgenden in ihrer Rechtssphäre beeinträchtigten Hypothekgläubiger über ihre Zustimmung vernommen werden; eine Einvemahme des Gläubigers der erloschenm Hypothek ist nur darüber erforderlich, ob sein Hypothekrecht wirklich erloschen fei.82) IV. Gne Ausnahme von der Zulässigkeit der Hypothekerneuerung enthält das Flurbereinigungsgesetz vom 29. Mai 1886; dieselbe ist bereits oben § 85 Ziff. IV 3 S. 617 erwähnt; sie wird auch nicht durch das Oeffentlichkeitsprinzip durchbrochen. § 126.

Der Vorbehalt einer Hypothekstelle?) Der Unterpfandeigentümer hat bei freiwilliger Hypothekbestellung auch die Befugnis, sich die Errichtung einer anderen Hypothek im Borrange vpr der neu zu errichtenden vorzubehalten. I. Rechtliche Natur. Auch dieser Vorbehalt giebt dem Eigentümer kein eigenes Hypothekrecht an eigener Sache, sondern nur eine formale, aus dem Eigentumsrechte fließende Berfügungsberechtigung des jeweiligen Eigen­ tümers über den offenen Rang2); eine Geltendmachung dieser offenen Post seitens des Eigentümers im Zwangsvollstreckungsverfahren oder Ztschr. f. Not. 1869 S. 177; d. Not.Zeit. 1874 S. 184 Ziff. 7; d. NotZeit. 1877 S- 81, 97, 113, 129: Bl. f. R.A. LVII. 51; LIV. 336 (Thronet, das Annuitätenkapital und der § 84 deS Hyp.Ges ), denn der nachfolgende Hypothekgläubiger muß stets damit rechnen, daß ihm die ganze Annuitätenhypothek vorgehen kann; er hat kein rechtliches, sondern nur ein thatsächliches Interesse an der Abminderung der Borhypothek; auf §§ 25 und 45 Hyp.Ges. kann die gegenteilige Ansicht um­ soweniger gestützt werden, als derartige Zahlungsmodalitäten gar nicht Gegenstand des Oeffentlichkeitsprinzipes sind (vgl. oben § 113 Nt. 53 S. 778). S1) E. d. obst. L.G. V. 657; XI. 68; Bl. f. R.A. L. 283. S2) Bl. f. R.A. XIV. 271; vgl. oben § 104 lit. C S. 733 ff., besonders Nt. 36 S. 736. *) § 150 Hyp.Ges.; Lehner, Hyp.R. S. 206, 207; Gönner III. 182; Roth b. C.R. II. S. 465; d. Pr.R. III. 698; Regelsberger § 62. *) Hier gilt aber entsprechend dasselbe, was oben in § 123 Nt. 4 S. 837 von der Hypothekerneuerung gesagt wurde.

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Vermögensrechte. — Erstes Hauptstrick.

Das Sachenrecht.

im Konkurse ist daher ausgeschlossen. Wrd späterhin die offene Rangstelle vergeben, so genießt die hierauf im zulässigen Maße eingetragene Hypothek dm Borrang vor allm dieser Rangstelle nachfolgenden frei­ willigen^) und gesetzlichen Hypothekm.

II. Voraussetzungen des Rechtes auf Offenhaltung der Rangstelle. 1. Der Vorbehalt ist nur zulässig, wenn zugleich eine andere wirkliche Hhpothekbestellung erfolgt.^) 2. Er ist nur zulässig bei Gelegenheit einer freiwilligen Hypo­ thekbestellung, nicht anläßlich der Belastung mit einer gesetzlichen Hypothek'(auch Zwangs- oder Arresthypothek). *) 3. Der Vorbehalt muß auch bei der freiwilligen Hypothek schon bei Begründung des Hypothektitels bedungen fein.6*)4 * 8* * 4. Nur der handlungsfähige Eigentümer ist zu einem solchen Vorbehalt berechtigt; die Verpfändungsbeschränkungen stehen auch dem Vorbehalte entgegen^) 5. Der Vorbehalt ist nur auf eine bestimmte Summe zulässig. III. Voraussetzungen des Rechtes auf Vergebung der vorbehaltenen Rangstelle. 1. Der Vorbehalt muß im Hypothekenbuche eingetragen sein?) 2. Berechtigt zur Vergebung ist nur der jeweilige handlungs­ fähige Eigentümer des Hypothekgegenstandes6); die Verpfändungs­ beschränkungen mit Ausnahme der Beschlagnahme und der Konkurs­ eröffnung stehen der Vergebung der offenen Rangstelle nicht entgegen.10) 3. Ein Vertrag über Vergebung des offenen Ranges muß zu seiner Giltigkeit notariell verbrieft fein.11) 4. Die Vergebung kann' nur auf die vorbehaltene oder eine geringere Summe erfolgen; die hierauf einzutragende Hypothek muß 8) Vgl. hiezu Regelsberger § 62 Abs. 2. 4) Regelsberger § 62 Ziff. I, 1. 6) Regelsberger § 62 Zisf. I, 2. •) Regelsberger § 62 Ziff. I, 2. ’) Regelsberger § 62 Ziff. I, 3. 8) Regelsberger § 62 Ziff. II, 1; vgl. hiezu oben § 100 lit. C Ziff. II, 1 h S. 711. 9) Daher kann auch eine nach Eintragung des Rangvorbehaltcs einzuschreibende gesetzliche Hypothek (auch Zwangs- und Arresthypothek) ohne Willen deS Eigen­ tümers nicht aus den offenen Rang eingeschrieben werden, ganz abgesehen davon, daß der offene, nicht vergebene Rang Mangels realen Inhaltes überhaupt nicht Exetutionsgegenstand sein kann; vgl. hiezu schon oben § 123 Rt. 7 und 13 S. 837, 838 und insbesondere E. d. obst. L G. XIV. 368. — Die Vergebung seitens des nichlmateriellen Bucheigentümers ist aber dann wirksam, wenn der Hypothekgläubiger sich auf die Öeffentlichkeit des Hypothekenbuches berufen kann; vgl. hiezu oben Rt. 2 und § 123 Rt. 4 S. 837. ,0) Vgl. hierüber Näheres bei Regelsberger § 62 Ziff. II, 2; bezüglich Beschlagnahme und Konkurseröffnung vgl. oben § 122 lit. B Ziff. IV. 1 b a und ß S. 820—822 und E. d. obst. L.G. XIV. 370. “) Art. 14 Not.Ges.; Regelsberger § 62 Ziff. II, 3 und oben § 72 Ziff. in, 2 a S. 541.

V. Kapitel.

Das Pfandrecht.

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allen Anforderungen einer sonstigen Hypothekbestellung genügen. Die Bergebung kann insbesondere nur durch Eintragung der Hypothek im Hhpothekenbuche auf die offene Rangstelle erfolgen.12) 5. Die Vergebung steht unter dem Prinzipe der Oeffentlichkeit chcs Hypothekenbuches.12) 6.

Titel.

N»st»z dks Kifpithklrkirkchtks. § 126. In Ansehung des Hypothckgegenstandes.') „Die Hypothek als dingliches Recht erstreckt sich auf die ganze Sache und auf alle Teile, sowie auf Zuwachs und Zugehörungen derselben, folglich auch auf die Früchte, solange sie noch nicht abgesondert oder bezogen sind."2*)l* * * 6 Im einzelnen ist hiezu folgendes zu bemerken: I. Das Hypothekrecht ergreift „die ganze Sache", sohin alle ihre Bestandteile;2) jedoch immer nur diejenigen Hypothekgegen­ stände und ihre Bestandteile, welche in der ersten Rubrik des Hypothekenbuches vorgetragen sind; den nicht eingetragenen Gegenständen gegenüber ist die Hypothek nicht durch Eintragung entstanden.^) Ander­ seits ergreift cs aber auch die in der ersten Rubrik eingetragenen Gegenstände doch nur insoweit, als in der Person des Hypothekgläubigers die Voraussetzungen für den Schutz der Oeffentlichkeit vorhanden sind?) ») Regeisberger § 62 Ziff. II, 4. “) Ebenso ifcie die Neubegründung einer Hypothek. Vgl. schon oben Nt. 2 und 9 und § 113 lit. A Zisf. I, 1 und Ziff. IV, 3 a®. 767 und 776. ') §§ 33-44, 76—78 Hyp.Ges.; Gönner I. S. 348-382; III. S. 69—77; Lehner, Hyp.R. S. 123-125; Roth, b. C.R. II. S. 444-448; d. Pr.R. III. S. 609-615; Regelsberger §§ 69-72. l) § 33 Hyp.Ges. ’) Die Hypothek erstreckt sich demnach aus alles, was zur Zeit der Ein­ schreibung der Hypothek (nicht zur Zeit der Anmeldung) mit dem Grund und Boden organisch und dauernd mechanisch verbunden ist (vgl. hiezu oben § 59 Abs. 1 S. 439), sohin aus die natürlichen noch nicht abgetrrnnten Früchte (s. oben § 61 Nt. 6 a. E. S. 446), auf Gebäude und sonstige Tief- und Hochbauten; auf die Bestandteile eines Gebäudes, wie die gewöhnlichen Fenster, Thüren, ein­ gebaute Gefeit u. s. w. (s. oben § 61 Nt. 12 S. 447). Gleichgiltig ist, von wem, ob vom Eigentümer des Grund und Bodens oder einem Dritten der Bestandteil eingefügt, ob er jenem oder einem Dritten eigentümlich gehört (hierüber ist aber besonders das örtliche Civilrecht — s. auch unten Zifs. II — zu beachten), wenn nur im letzteren Falle dem Hypothekgläubiger der öffentliche Glaube deS Hypothekenbuches zu statten kommt. Der Dritte sann auch für die Einfügung eines Bestandteiles von dem Hypothekgläubiger keinen Ersatz der Werterhöbung verlangen: Lehner, HYP.R. S. 222 Nt. *; Gönner III. 69; Roth, b. C.R. II. S. 445 Nt. 4; Bl. f. R A. XXXII. 163; Regelsberger § 70 Nt. 1; a. M. Gönner I. 351. — Bezüglich Kommunmauern vgl. E. d. obst. L-G. II. 5. ') Vgl. hiezu oben § 123 Ziff. I S. 828; Regelsberger § 69 Abs. 2. 6) Vgl. hiezu oben § 113 lit. A Ziff. IV, 3 a a ®. 776; Regelsberger § 69 Abs. 2.

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Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

Das Sachenrecht.

Im Falle eintretender Veränderungen ist zu unterscheiden: 1. Zugang neuer Bestandteile. Werden nach Anlage des Hypothekfoliums dem Hypothekgegenstande neue bewegliche oder un­ bewegliche Bestandteile einverleibt, so treten sie damit ohne weiteres in den Pfandverband, unbewegliche Bestandteile allerdings nur durch. Zuschreibung auf das Folium des Hauptgutes, sofern nicht schon eine tein äußerliche Verbindung besteht, und zwar jeweils auch zu Gunsten der bereits bestehenden Hypothekrechte?) Bei unbeweglichen Sachen kann aber diese Einverleibung in den Pfandverband einer anderen Sache nur dann stattfinden, wenn für die einzuverleibende Sache kein eigenes bereits mit Hypotheken belastetes Folium besteht. Die etwaige thatsächliche oder rechtliche Verbindung dieser Sache mit dem Hauptgute bringt hier an den bestehenden hypothekenrechtlichen Verhältnissen keine Veränderung hervor, die einzuverleibende Sache wird vielmehr unter besonderem Hypothekfolium fortgeführt, bis sämtliche darauf eingetragene Hypotheken gelöscht sind?) Werden dann beide je auf verschiedenen Folien eingetragenen Sachen für die ganze Summe einer Forderung weiterverpfändet, so entsteht eine Verband­ hypothek?) Besonderes gilt für die Vereinigung mehrerer Bergwerke zu einem Ganzen?) 2. Abgang von Bestandteilen. Hier gelten hypothekenrechtlich folgende Grundsätze: a) Wird durch die Ausscheidung der abgetrennte Bestandteil zur beweglichen Sache, jo erlischt hieran mit der Abtrennung das Hypothekrecht;'") im Falle durch die Abtrennung eine Ver­ schlechterung der noch bleibenden Hypothekobjekte eintritt, stehen dem Hypothekgläubiger die unten § 130 Ziff. III genannten Befugnisse zu. b) Bleibt dem abgetrennten Bestandteile trotz der Abtrennung die Eigenschaft als unbewegliche Sache erhalten, so besteht im Prinzipe die Pfandhaftung fort, wenn nicht der Hypothekgläubiger die Pfandfrcigabe erklärt. Durch die Zerstücklung des einheitlichen e) arg. § 33 HyP.Ges.: „auf alle Teile". Wird daher zu einem Hause ein Stück Grund und Boden als unmittelbar angrenzender, mit dem Hause dann schon Äußerlich ein Ganzes bildender Hofraum neu erworben, so wird dasselbe auch ohne besondere Zuschreibung sofort in den Pfandverband eintreten; dem steht nicht entgegen, daß die Flächen- oder Plannummernverhältnisse in der I. Rubrik entsprechend berichtigt werden müssen. — Vgl. hiezu auch RegelSberger § 69 Ziff. I Abs. 1 und 2. ’) arg. § 36 Hyp.Ges.; vgl. hiezu auch oben § 99 lit. E Ziff. III 2; S. 688 ff.; §100 lit. A. Ziff. II. 6 S. 698; RegelSberger § 69 Ziff. I Abs. 1 u. 2. •) Vgl. hiezu oben ß 99 lit. E. Ziff. IV. 2 S. 690 und unten § 145. d) Art. 55—61 des Berggesetzes vom 20. März 1869 (SB. VII. S. 606). 10) arg. § 35 Hyp.Ges.: „Sind bewegliche Zubehörungen veräußert worden, so hat der Hypothekgläubiger gegen den dritten Besitzer derselben keinen Anspruch". Vgl. hiezu oben § 61 S. 451 mit Nt. 23; RegelSberger § 69 lit. A; Stobbe, d. Pr.R. II S. 374 (die Hypothek erstreckt sich nicht aus die Baumaterialien ein«S abgebrochenen Gebäudes); f. daselbst auch eine gegenteilige Meinung.

V. Kapitel.

Das Pfandrecht.

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Hypothekobjektes in mehrere gesonderte, je mit besonderem Folium zu versehende Objekte werden aber die auf dem ehemals ein­ heitlichen Hypothekobjekte eingetragenen Hypotheken einmal insoferne berührt, als im Falle einer Uebertragung dieser Hypo­ theken auch auf die Sonderfolien der abgetrennten Stücke an Stelle der Einheitshypotheken nunmehr Verbandhypotheken treten, anderseits insoferne, als die Abtrennung eine Verschlechterung der Pfandobjekte oder eine Minderung der Pfandsicherheit -zur Folge haben kann. Wenn nun auch zwar dem Ggcntümer die Zerstückelung des einheitlichen Hypothekgegenstandes in mehrere selbständige Hypothekobjekte nicht verboten ist,*11) so sind doch folgende Maßnahmen gegeben, um den Hypothekgläubiger vor Schaden zu bewahren: a) Das Hypothekenamt darf das abgetrennte Objekt nicht eher von dem einheitlichen Hypothekfolium abschreiben, und für jenes nicht eher ein selbständiges Hypothekfolium eröffnen, bevor nicht der Hypothekgläubiger hiezu seine Einwilligung erteilt hat;") immerhin steht aber einer vormerkungsweisen Besitz­ titelberechtigung auf den Erwerber des abgetrennten Objektes auf dem einheitlichen Folium nicht nur nichts im Wege, sondern es erscheint die Einschreibung einer Verpfändungs­ beschränkung im Interesse des Erwerbers des abgetrennten Objektes sogar geboten, um den Wirkungen des Oeffentlichkeitsprinzipes zu begegnen.") ”) § 45 Hyp.Ges. Vgl. RegeMerger § 69 Ziff. II mit Nt. 4; Zeitschr. f. d. Not. 1869 S. 58. ll) § 40 Hyp.Ges.: „Bon einem Gutskomplexe soll ohne Einwilligung der darauf eingetragenen Gläubiger kein einzelnes Grundstück oder Realrecht getrennt werden". Das entgegen dieser Vorschrift handelnde Hypothekenamt würde sich den Geschädigten civilrechtlich verantwortlich machen; vgl. Gönner 1.377; Regelsberger 8 14 Ziff. I, b. — Nach d. Not.Zeit. 1876 S. 189 soll die Anlage eines SonderfoliumS für das Trennstück nicht verboten sein; e» müßten nur die Hypotheken, deren Inhaber nicht die Pfandfreigabe erklärt, auf dem Sonderfolium durch Ver­ weisung auf die 3. Rubrik des HauptfoliumS (oder durch Uebertragung als Berbandhypotheken: d. Not.Zeit. 1884 S. 11) entsprechend ersichtlich gemacht sein. Allein auch zu einer solchen Maßregel würde wieder die Zustimmung deS Gläubigers erforderlich sein, da auS der Einheitshypothek eine Berbandhypothek entsteht, wenngleich nicht zu verkennen ist, daß jener Weg die geringeren Bedenken gegen sich hat. Dagegen Gönner I. 377; Regelsberger § 69 Nt. 6; d. Not.Zeit. 1874 S. 4, d. Not Zeit. 1884 S. 124. — Ueber GutSzertrümmerungen im Falle auf dem Gutskomplexe Reallasten hasten vgl. E. d. obst. L.G. XIII. 503, wo der eigentlich selbstverständliche Satz ausgesprochen ist, daß § 40 Hyp.Ges. auf die Reallastberechtigten nicht anwendbar ist. *•) Gönner I. 377 Nt. *. A. M. Regelsberger § 69 lit. B Abs. 4, welcher sogar eine endgiltige Besiplitelberichtigung zuläßt, der mir das Einheitssolium entgegenzustehen scheint, und J.M.E. v. 6. April 1869, Beschwerde des k. Notars N. gegen den Beschluß des t. Bezirksgerichtes W. vom 1. Ott. 1868 betr. (J.M.Bl. S. 78; W. VII. S. 658), welche auch die Zulässigkeit einer Protestation verwirft. Vgl. hiegegen Zeitschr. f. d. Not. 1868 S. 124 ff., 128; 1869 S. 58; Regelsberger a. a. Dr Nt. 7.

846

Vermögensrechte. — Erste- Hauptstück.

Da- Sachenrecht.

ß) Erfolgt ohne Einwilligung der Hypothekgläubiger die Ab­ trennung, so bleiben zwar die Hypothekrechte sowohl der nicht cinwilligenden Gläubiger, wie der noch nach der Abtrennung auf dem Einheitsfolium vorgetragenen Gläubiger, soferne letztere sich auf die Oeffentlichkeit des Hypothekenbuches be­ rufen können, auf dem ganzen Hypothekobjekte fortbestehen.") Erfolgt aber die formell korrekte Abschreibung des Trenn­ stückes, so treten alle jene Wirkungen ein, welche sich an die formell korrekte Löschung einer Hypothek knüpfen; es erlischt daher das Pfandrecht aller jener Gläubiger am abgetrennten Stücke insoweit, als ihm gegenüber die Wirkungen des Oeffentlichkeitsprinzipes Platz greifen.15) x) Die Zertrümmerung eines auf einem Folium vorgetragenen Hypothekobjektes giebt dem Hypothekgläubiger die Befugnis, vor der Verfallzeit die Zahlung seiner Hypothekforderung zu verlangen; er ist mangels entgegenstehenden Vertrages nicht verpflichtet, sich mit seiner Hypothek auf einzelne Teile des Hypothekobjektes anweisen zu lassen.") u) § 40 Hyp.Ges.: . Ist es aber dennoch geschehen, so kann sich jeder Hypothekgläubiger an das getrennte Grundstück oder Realrecht hallen". Gönner I. 377 Ziff. 4; Regelsberger § 69 lit. B 15 Abs. 5 gegen J.M.E. v. 6. April 1869 (s. Nt. 13). ") Ebenso Regelsberger § 69 lit. B Abs. 2, welcher richtig bemerkt: „Freilich — und hqs scheint der Gesetzgeber nicht erwogen zu haben — scheitert seine Für­ sorge, wenn für daS Trennstück ein selbständiges Folium gebildet und auf dem­ selben eine Hypothek für einen Gläubiger eingetragen wurde, welcher zu dieser Zeit über die Unrechtmäßigkeit der Aussonderung in der entschuldbaren Unkenntnis war; denn sein Erwerb wird durch den öffentlichen Glauben de- Hypothekenbuches auch gegenüber den älteren Hypothekgläubigern gedeckt. Das Gleiche gilt auch für den­ jenigen, der gutgläubig im Hinblick auf daS neuangelegte Folium das Eigentum

am Hypothektrennstücke erwirbt." Vgl. auch oben § 99 lit. E Ziff. III, 2 b©. 689. A. M. vermutlich E.-d. obst. L.G. XII. 38; Bl. f. R.A. LIII. 133 unter Bezug­ nahme aus daS arg. e contr. aus § 1 Hyp.Ges., wo schlechthin mit der formell korrekten Abschreibung das Erlöschen der Haftung des Trennstückes für die bisher auf dem Gute eingetragenen Hypotheken angenommen wird, ohne deS OeffentlichkeitSprinzipes zu gedenken. Wegen einer solchen unzulässigen Abschreibung kann die schon oben Nt. 12 erwähnte Haftung eintreten. 16) 8 39 Abs. 1 Hyp.Ges. „Wird ein Gutskomplex zertrümmert, so ist kein Hypothekgläubiger schuldig, sich mit seiner Hypothek auf einzelne Grundstücke an­ weisen zu laffen, sondern er kann die Zahlung fordern, wenn auch die Berfallzeit noch nicht eingetreten ist". ES ist wohl selbstverständlich: daß „vor erfolgter voll­ ständiger Befriedigung der auf daS zertrümmerte Gut eingetragenen Hypothek­ gläubiger die aus dem ganzen Gute eingetragenen Hypotheken nicht gelöscht werden dürfen." 8 39 Abs. 2 Hyp.Ges. — Diese Vorschrift gilt nicht etwa bloß dann, wenn nur ein einziges Grundstück auf dem Folium vorgetragen ist, sondem vor­ züglich auch dann, wenn mehrere Grundstücke hierauf vorgelragen sind, daS Folium aber ein Einheitsfolium ist (vgl. oben 8 99 lit. E Ziff. III und IV ©. 688 bis 690; unten S. 847 a. E., 848). Dagegen findet sie aber dann keine An­ wendung, wenn die Hypothek auf einzelnen ideellen Anteilen der Miteigentümer als einzelnen Hypothekobjekten eingetragen ist und nun unter den Miteigentümern Raturalteilung vorgenommen wird; hier kommt 8 37 Hyp.Ges. zur Anwendung:

Die Einwilligung des Hypothekgläu.bigers in die Ab­ trennung einzelner Stücke kann regelmäßig weder erzwungen noch ergänzt werden. Ausnahmen bestehen in folgenden Fällen: a) Handelt es sich bei einem Austausch von Grundstücken lediglich um Berichtigung streitiger Grenzen oder um Durchführung einer Gemeinheitsteilung, so kann das Gericht, wenn die Hypothekgläubiger die Einwilligung verweigern, auf erhobene Klage des Eigentümers jene ergänzen, wenn cs findet, daß die Sicherheit der Hypothekgläubiger durch den Tausch nicht gefährdet werde. Auf Grund des Urteiles hat das Hypotheken­ amt entweder das voni Hypothekobjekte weggetauschte Stück ab- und das hiefür cingetauschte Stück zuzuschreiben, oder es werden,' im Falle das Tauschobjekt ein eigenes Folium besitzt, die auf diesem vorgetragenen Hypotheken gelöscht und auf dem Folium des eingetaüschten Grundstückes vorgetragen.17 * *) ß) im Falle der Zwangsenteignung;18)* *siehe oben § 84 lit. B Ziff. VIII, 1 d (S. 607); y) im Falle der Flurbereinigung;78) siehe oben § 85 Ziff. IV, 2 S. 616; b) im Falle der Grundlastenablösung;88) siehe oben § 92 Ziff. VIII S. 649. e) im Falle der Ablösung einer Ehehaftgerechtigkeit;21) s. unten im» Abschnitte über diese;

Q im Falle der realen Teilung des Feldes eines Bergwerkes oder des Austausches von Feldesteilen, im Falle der Belastung eines Hypothekobjektes mit einem bergbaulichen Nutzungs­ rechte; 2 Hiebei ist zu beachten, daß nach den Grundsätzen der N.C.P O. auS einem vollstreckbaren Schuldtitel nur immer gegen denjenigen vollstreckt werden sann, welcher in dem Bollstreckungstitel als Bollstreckungsschuldner bezeichnet ist: §§t 665, 671, 703 R.C.P.O.; auch Art. 136 A.G. z. R.C.P.O. hinsichtlich Hypothekurlkunden. Vgl. hieher auch Ortenau, Komm. z. Subh.Ordn. zu Art. 23 Nt. 1. ’2 ) Darüber kann weder nach Reichscivilprozesirecht, noch nach bayer. Sudhasiationsrecht ein Zweifel sein; dem Gläubiger einer Geldsorderung steht nach Wahl sowohl die Zwangsvollstreckung ins bewegliche wie unbewegliche Vermögen offen, soferne diese Wahl nicht in zulässiger vertragsmäßiger Weise beschränkt ist; vgl. die Stellung der beiden Arten der Zwangsvollstreckung im gemeinsamen II. Abschnitte „Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen" des VIII. Buches der R.C.P.O.; auch Art. 1, 5, Art. 13, 21 Abs. 2, Art. 24 Ziff. 2 Subh.Ordn. 7a ) Vgl. hierüber oben lit. 15 Ziff. II S. 866. ") Vgl. § 702 Ziff. 5, § 706 R.C.P.O. mit Art. 127 und 129 Abs. 1 A. G. z. R.C.P O. '°) Vgl. die Zitate der vorhergehenden Note mit Art. 129 Abs. 2 A.G. z.

376

Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

Das Sachenrecht.

4. soll aus einem anderen zugelassenen vollstreckbaren Schuld­ titel die Vollstreckung stattfinden, so kommt es auch hier wieder darauf an, ob er den persönlichen Forderungs- oder den Hypothekanspruch betrifft, ob er die Haftung auf das gesamte Vermögen und damit das Hypothekobjekt oder nur auf letzteres feststellt. Alle diese vier Fälle setzen aber voraus, daß das Hypothekobjekt zur Zeit des Vollstreckungsbeginnes^) noch im Eigentume desjenigen sich befindet, welchen der voll­ streckbare Schuldtitel als Schuldner bezeichnet. Ist das Hypothekobjekt zur Zeit des Vollstreckungsdeginnes nicht mehr im Eigentume desjenigen, den der voll­ streckbare Schuldtitel als Schuldner ausweist, ist sohin in der Zwischenzeit Rechtsnachfolge in das Hypothekobjekt ein­ getreten, so ist folgendermaßen zu unterscheiden: 1. Gegen die allgemeinen Rechtsnachfolger des persönlich wie nicht persönlich haftenden Unterpfandeigentümers kann der gegen den Rechtsvorgänger «über die Forderung oder über den Hypothek­ anspruch vorhandene vollstreckbare Schuldtitel vollstreckbar erklärt und dann die Zwangsvollstreckung in das im Eigentume der allgemeinen Rechtsnachfolger befindliche Hypothekobjekt betrieben werden?^ 2. Hinsichtlich der Sonderrechtsnachfolge auf der Schuldner­ seite ist folgendes zu bemerken: Bezieht sich der gegen den Rechtsvor­ gänger gerichtete Schuldtitel auf die persönliche Forderung, so ist nach Reichsrecht gegen den Sonderrechtsnachfolger in das Hypothekobjelt schon aus dem Grunde die Vollstreckung unzulässig, weil letzteres nicht „die in Streit befangene Sache ist"79) Bezieht sich der bezeichnete Schuldtitel aus den hypothekarischen Anspruch, so ist reichsrechtlich, soweit eine auf ein Klageverfahren hin erlassene vollstreckbare gericht­ liche Entscheidung in Frage steht, die Vollstreckung gegen den Sonder­ rechtsnachfolger in das Hypothekobjekt, mag dasselbe während des Rechtsstreites oder nach Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung weiter veräußert worden sein, Zulässig, da hier das Hypothekobjekt R.C.P.O. und §§ 54—58 Hyp.Ges.; hierüber s. schon oben lit. A S. 863 und unten § 139 S. 896 ff. ’“ ) Vgl. hiezu § 702 R.C.P.O. Regelt daher ein gerichtlicher Vergleich den persönlichen ForderungSanspruch, so greift Zisf. 1 Platz; regelt er den Hypothckanfpmch, so greift Ziff. 2 Platz; es müßte denn sein, daß im Vergleiche die oder jene Art der Zwangsvollstreckung in zulässiger Weise ausgeschlossen worden wäre. (Vgl. hiezu oben 92t. 44 S. 871.) ”) § 757 R.C.P.O. mit Art. 7 Subh.Ordn.: Die Zwangsvollstreckung ins unbewegliche Vermögen beginnt mit dem Beschlagnahmebeschlusse bezw. mit der Eintragung desselben ins Hypothekenbuch. Vgl. hiezu Ortenau, Komm. z. Subh.Ocdn. zu Art. 7 92t. 1. ”) §§ 665 — 667, 703, 706 R.C.P.O.; Art. 136 A G. z. R.C.P.O. und arg. aus Art. 128 A G. z. R.C.P.O. (verbis: „findet auch statt). 7e ) § 665 mit §§ 236—238 R.C.P.O. Nach Reichsrecht müßte hier gezen den Sonderrechtsnachfolger des Schuldners (Schuldübernehmer) ein neues Klageversahren eingeleitet und durchgesührt werden, um gegen ihn BollstreckungSttel

V. Kapitel.

Das Pfandrecht.

877

selbst als die im Streite befangene Sache gilt80 * *)81 Ob * * * 8aber 86 87dieser Satz auf andere vollstreckbare Lchuldtitel entsprechende Anwenduna finden könne, ist nach den Motiven zur Reichscivilprozeßordnung8^> verneint und in der Theorie bestritten.8^) Nach Maßgabe der baye­ rischen Landesgesetzgebung ist diese Streitfrage jedoch gegenstandslos. Aus Grund der Möglichkeit, landesgesetzlich einmal für das^ Zwangsvollstreckungsverfahren über das unbewegliche Vermögen über­ haupt besondere, anderseits vornehmlich für die Zwangsvollstreckung aus Hypothekurkunden schlechthin von den reichsrechtlichen Normen abweichende Vorschriften zu treffen88), hat die bayerische Landesgesetz­ gebung im Interesse der Erleichterung und Sicherung des Realkredites, um nicht nur eine rasch zu verwirklichende Zwangsvollstreckung gegen die allgemeinen, sondern auch gegen die Sonderrechtsnachfolger desUnterpfandeigentümers zu ermöglichen, von dem reichsrechtlichen Vor­ behalte Gebrauch machend, folgende besondere Bestimmungen getroffen: a)M) Gegen jeden zweiten und weiteren Erwerber des Hypothek­ objektes ist aus einer Hypothekurkunde8^) stets die Zwangs­ vollstreckung in das Hypothekobjekt, solcknge sich dieses nochin seinem Eigentume befindet88), und soferne er jeweils die Schuld zur persönlichen Haftung übernommen hat, auch die Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen8^ zuzu erlangen. Vgl. auch v. WilmowSki und Levy, Komm. z. R.C.P.O. zu § 23& Nt. 1 Abs. 5. 80) § 665 mit §§ 236—238 R.C.P.O. Vgl. hiezu v. WilmowSki und Levy, Komm, z.' R.C.P.O. zu § 236 Nt. 2 Abs. 3; Seufsert, Komm. z. R.C.P.O. zu § 236 Nt. 3 a; Gaupp, Komm. z. R.C.P.O. zu § 236 Nt. IV Abs. 1. — Voraussetzung ist natürlich, daß das Hypothekobjekt erst während des Rechtsstreites oder nach Rechtskraft der Entscheidung veräußert wurde. War das Hypothekobjekt schon während des Rechtsstreites nicht mehr im Eigentume des Beklagten, dann finden obige Bestimmungen keine Anwendung; hier wäre gegen den Erwerber neue Klage erforderlich. Vgl. auch E. d. obst. L.G. VIII. 217. 81) Drucksachen des Reichstages 2. Legislaturperiode, 2. Session 1874—75Nr. 6 S. 417, 419. M) Dafür u. A. insbesondere v. WilmowSki und Levy, Komm. z. R.C.P.O. zu § 703 Nt. 1, § 665 Nt. 5; Seuffert, Komm. z. R.C.P.O. zu § 703 Nt. 1; Gaupp, Komm. z. R.C.P.O. zu § 703 Nt. I. Dagegen insbesondere Petersen, Komm. z. R.C.P.O. S. 679; Struckmann und Koch, Komm. z. R.C.P.O. zu § 703 Nt. 1; vermutlich auch Ortenau, Komm. z. Subh.Ordn. zu Art. 23 Nt. 1. 8S) §§ 757, 706 Abs. 2 R.C.P.O. M) Art. 127—136 A G. z. R.C.P.O. Näheres s. im V. Buch und besonders Ztschr. d. AnwaltSvereins für Bayern XXIII. 1 ff. 85) Art. 128 AG. z. R.C.P.O. (verbis: „gegen den dritten Besitzer der Sache"). 86) Hypothekurkunde in dem hier gebrauchten Sinne ist nur eine solche Urkunde, in welcher Hypothek vertragsmäßig für einen Anspruch bestellt ist, welcher die Zahlung einer bestimmten Geldsumme zum Gegenstände hat und durch die Urkunde festgestellt ist. Eine Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung ist nicht erforderlich. Art. 127 A.G. z. R.C.P.O. 87) Art. 129 A.G. z. R.C.P.O. Natürlich ist die Zwangsvollstreckung in das gesamte Vermögen dann nicht mehr zulässig, wenn er wieder aufgehört hat,, persönlich haftender Schuldner zu sein; anderseits aber ihre Zulässigkeit nicht vow

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Bermöge»S«chte. — Erstes Hauptstück. DtlS Sachenrecht.

lässig; in beiden Fällen ist weitere formale Voraussetzung nur, daß die Vollstreckungsklausel auf den Rechtsnachfolger umgestellt toirb88 * *) 89 *(selbständiges *90 * 91 Vollstreckungsvcrfahren gegen den Rechtsnachfolger)88); b)80) aber auch ohne Umstellung der Vollstreckungsklausel kann auf Grund jeder gegen den ehemaligen Unterpfandeigentümer vollstreckbaren Urkunde das in dritter Hand befindliche HypothÄobjekt wegen einer auf demselben haftenden Hypothek­ schuld beschlagnahmt werden. Es genügt hier, daß der Hypothekgläubiger dem Drittbesitzer beglaubigte Abschrift von der vollstreckbaren Urkunde mit der Erklärung zustellen läßt, es werde die Beschlagnahme beantragt, wenn nicht innerhalb eines Monates Zahlung erfolge; die Erklärung hat das Grund­ stück, welches in Beschlag genommen werden soll, und die Forderung des Hypothekgläubigers in Haupt- und Neben­ sache zu bezeichnen. Wenn innerhalb der Monatsfrist nicht Zahlung erfolgt, so kann die Beschlagnahme des Hypothekobjektes beantragt werden. Freilich erscheint hier der Dritt­ besitzer weniger als eigentlicher Vollstreckungsgegner, als viel­ mehr nur als mittelbarer Interessent des Vollstreckungsver­ fahrens 8*) (fortgesetztes Vollstreckungsverfahren gegen den Rechtsnachfolger). der Fortdauer des Eigentums in der Person des auch persönlich haftenden Schuldners abhängig. Bgl. hiezu §§ 54'—58, besonders § 56 Hyp.Ges. und unten § 139 S. 896 ff. Auch ist sie nach E. d. obst. L.G. XV. 152 nur insolange zulässig, als die Urkunde noch eine Hypothekurkunde ist, d. h. dann nicht mehr, wenn die Hypothek gelöscht (nicht bloß erloschen) ist. 88) Art. 136 A G. z. R.C.P O. mit §§ 665 — 667 R.C.P.O. Vgl. auch Böhm, A.G. S. 222, 223. 89) Hier ist der Rechtsnachfolger in Ansehung der Zwangsvollstreckung in allen Beziehungen der „Schuldner". Vgl. hiezu Art. 23 Abs. 4 Subh.Ordn.: „An der Befugnis des Hypothekgläubigers, gegen den Drittbesitzer auf Befriedigung durch den Verkauf der Hypothekobjekte selbständig zu verfahren, wird durch die vorstehenden Bestimmungen nichts geändert. Gegen den selbständig verfolgten Dritt­ besitzer ist in Ansehung der Zwangsvollstreckung nach Maßgabe der den Schuldner betreffenden Vorschriften zu verfahren." 90) Art. 23 Abs. 1 und 3 Subh.Ordn. Nach Art. 23 Abs. 4 a. a. L. ist an den Sätzen der lit. a durch diese Vorschriften nichts geändert: vgl. Nt. 112. Diese Vorschriften haben insbesondere da besondere Bedeutung, wo eine Hypothekurkunde des Art. 127 A.G. z. R.C.P O. (s. oben Nt. 86) nicht vorhanden ist, daher ist sie von Wichtigkeit insbesondere für die Gläubiger von Hypotheken über nicht in Geld angeschlagene terminliche Naturalleistungen, für die Gläubiger von Kaulionshypotheken, die erst die Festsetzung ihres Guthabens gegen dm persönlichen Schuldner in einer eigenen vollstreckbaren Urkunde (Urteil, vergleich, Notariatsurkunde) erwirken müssen, für die Gläubiger, deren Hypothektitel auf letzt­ williger Verfügung oder gesetzlichem Rechtstitel beruht, ganz abgesehen davon, düß auch im Falle einer „Hypothekurkunde" durch Art. 23 Subh.Ordn. ein beschleunigteres Verfahren erzielt werden kann. Bgl. hiezu Ortenau, Komm. z. Subh.Ordn. ;u Art. 23 Nt. 1. 91) Nach den Motiven zu Art. 23 in Berh. d. K. d. Abg. 1878/79 Beil.Bd. V S. 81 wird der Drittbesitzer hier lediglich zur Wahrung seiner Interessen zu dmr

Die Durchführung des Zwangsvollstreckungsverfahrens im Falle a wie b ist dieselbe. Die einzelnen in Ansehung des BollstreckungsverfahrenS in das unbewegliche Vermögen geltenden Normen (bayerische Subhastationsordnung vom 23. Febr. 1879/29. Mai 1886), insbesondere auch bezüglich der Zwangsvollstreckung aus Hypothekurkunden, sind des Näheren im V. Buch darzustellen. Die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen ist infolge ihrer reichsrechtlichen Regelung über­ haupt nicht Gegenstand dieser Darstellung. II. Im Konkurse des Untcrpfandeigentümers dienen die Gegen­ stände, welche in Ansehung der Zwangsvollstreckung zum unbeweg­ lichen Vermögen gehören, insoweit ein dingliches (Hypothekrecht) oder sonstiges Recht auf vorzugsweise Befriedigung aus denselben besteht, .zur abgesonderten Befriedigung. Den Umfang der Jmmobiliarmässe, sowie den Umfang und die Rangordnung der aus derselben zu be­ richtigenden Ansprüche bestimmt die Landesgesetzgebung.M) Hienach lammen auch hiefür wieder die Bestimmungen der bayerischen Subhastationsordnung in Betracht.b') Diese trifft auch noch besondere Vorschriften für den Fall, daß ein Zwangsvollstreckungsverfahren in das Hypothekobjekt zur Zeit der Konkurseröffnung bereits oder noch nicht anhängig war, für den Fall, daß die Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung vom Konkursverwalter selbst betrieben, daß von dem Konkursverwalter die Freigabe unbeweglichen Vermögens aus der Konkursmasse, erklärt roirö.94) Alle hieher in Betracht kommenden Bestimmungen sind im V. Buche darzulegen. III. Erhält der Gläubiger aus dem Hypothekobjekte für seine Hypothekforderung keine volle Bsftiedigung, so ist trotzdem der Hypothckanspruch auf Zahlung der Hypothekschuld erloschen; aber auch nur dieser. Auf den nicht zur Befriedigung gelangten Restbetrag ist dem Gläubiger gegen den persönlich haftenden Schuldner oder sonstige im Falle der Nichtbefriedigung ihm haftende Personen der Anspruch aus den diese verpflichtenden Rechtsverhältnissen unbenommen,99) soferne Verfahren beigezogen und nimmt in demselben eine Stellung ein, welche in gewissem Sinne mit der eines als Streitgenossen der Hauptpartei geltenden Neben­ intervenienten im Falle deS § 66 R C.P.O. verglichen werden kann. Ueber eine Konsequenz dieser Ansicht s. Ortenau, Komm. z. Subh.Ordn. zu Art. 23 Sinnt. 5. ’2) § 39 R K.O. '") Vgl. oben § 59 lit. g S. 442, 443.

”*) Art. 169-173 Subh.Ordn °5) § 50 Hyp.Ges. — Vgl. hiezu Bl. s. R.A. XXXIV. 345 (Haftung des persönlichen Schuldners für Annuitätenrückstände); E. d. obst. L.G. I. 58 (Un­ zulässigkeit der Geltendmachung einer persönlichen Haftung, wenn der Hypothek­ gläubiger durch eine Rangausweichung die Nichtbcsriedigung aus dem Hypothekobjekte selbst verschuldete); E. d. obst. L.G. X. 454; Bl. s. R.A. XLIX. 280 (Rechtsverhältnisse des Hypothckgläubigers im Falle der Selbsteinsteigerung des Anwesens, wenn er bei Weiterveräußerung einen den in der Subhastation nicht­ gedeckten Betrag seiner Hypothekforderung deckenden Erlös erzielt; keine ungerecht-

880

Vermögensrechte. — Erste- Hauptstück.

Das Sachenrecht.

nicht andere auch diese Ansprüche aufhebende Rechtsverhältnisse in Mitte liegen. Auch ist die Haftung des Unterpfandeigentümers wegen Wertminderungen nicht berührt.

8. Titel.

der tMthek. § 133. Allgemeines.

Der Uebergang eines Hypothekrechtes vom bisherigen Inhaber auf einen anderen findet durch Erbfolge, Vermächtnis'), Gütergemein­ schaft^), Vertrag, richterliche Zuweisung im Teilungsprozesse oder Vollstreckungsversahren und durch Gesetz statt. Aus der accessorischen Natur des Hypothekrechtes folgt allgemein, daß in allen diesen Fällen das Hypothekrecht ohne Forderungsrecht nicht übertragen werden kann. Nur hypothekenrechtliche Durchbrech­ ungen erleidet dieser Satz infolge des Oeffentlichkeitsprinzipes, jedoch nicht in allen diesen Fällen, sondern nur in jenen, welche einen durch die Oeffentlichkeit des Hypothekenbuches geschützten Erwerb enthaltens. Dahin gehört besonders die vertragsmäßige Cession.

§ 134. Die Cession.')

Für diese gelten folgende Grundsätze: I. Allgemeines.

Voraussetzungen der Cession.

1. Die Uebertragung des Hypothekrechtes ist nur unter gleich­ zeitiger Uebertragung des ihm zu Grunde liegenden Forderungsrechtes ^) zulässig; Uebertragung der Hypothek ist daher nur dann möglich. fertigte Bereicherung, daher der Rückanspruch nach § 50 Hyp.Ges. nicht aus­ geschlossen); E. d. obst. L.G. XI. 347 (Haftung einer Ehefrau nach bayer. Land­ recht v. 1756). ') Vgl. hiezu auch § 153, 154 Hyp.Ges. über das Verfahren; auch oben § 111 Biff- II Abs. 2 S. 764. •) Hier gilt in entsprechender Anwendung ähnliches wie oben § 100 lit. B Biff. II, 4 S. 707 angeführt. •) Vgl. hierüber oben § 111 Ziss. II S- 761 ff.; § 113 Ziff. I S. 767 ff. ') §§ 53, 154, 167 Hyp.Ges.; § 29 Jnstr. z. Hyp.Ges.; Gönner I. 435 biS 440; Lehner Hyp R. S. 158-160; Roth, b. C R. II. S. 452-455; d. Pr.R. lll. S. 667-675; Regelsberger in Bl. s. R.A. XXXVI. S. 177—187: HypR. §§ 87, 88. — Ueber Cession des Hypothektitels s. oben § 121 lit. A Ziff. 1, 2 S. 806. 2) § 53 Abs. 1 Hyp.Ges.: „Der Gläubiger kann eine durch Hypothek ver­ sicherte Forderung mit dem Hypothekrechte einem anderen ganz oder teilweise abtreten...."; auch § 2 Hyp.Ges.; Regelsberger § 87 Abs. 1; Roth, b. C.R. II. S. 452, 453; d. Pr.R. III. S. 668.

V. Kapitel.

881

Das Pfandrecht.

wenn das Forderungsrecht cedierbar ist; für letztere Frage entscheidet das örtliche bürgerliche Recht?) C6 ein vertragsmäßiges Ccssionsvcrbot der Giltigkeit der Cession entgegensteht, bemißt sich gleichfalls nach örtlichem bürgerlichem Rechtes; ist es im Hypothekenbuche nicht eingetragen, so kommt zu Gunsten des Cessionars das Oefsentlichkeitsprinzip in Betracht?) Gleiches gilt für sonstige sachliche Dispositionsbeschränkungen des Gläubigers?) Die Verpfändung einer Hypvthekfvrderung hindert bereit Cession nicht; die Nichteintragung der ersteren im Hypothekenbuch hat zu Gunsten des Cessioyars die Wirkungen des Oeffentlichkeitsprinzipes zur Folge?) Soll die Cession im Hypothekenbuche eingetragen werden, so muß die Gläubigereigenschast des Cedenten aus jenem ersichtlich sein. 2. Wird das Forderungsrecht cediert, so geht im Zweifel auch das zu seiner Sicherung bestehende Hypothekrecht aus den Cessionar über?) Soll das Hypothekrecht mit übergehen, so bedarf der Cessionsvertrag zur Giltigkeit der notariellen Beurkundung?) 3. Wird das Forderungsrecht, wie zulässig, ohne Hypothekrecht cediert, so erlischt das Hypothekrecht?") ’) Es kommen hier die gesetzlichen CessionSverbote in Betracht. Schon nach § 53 Abs. 2 Hyp.Ges. sind hier »die in den verschiedenen Gebietsteilen bisher bestandenen Verbote oder Beschränkungen der Cession der Forderung eine- Juden an einen Christen hinsichtlich der eingetragenen Hypotheken aufgehoben"; vgl. hiezu weiter Gesetz vom 29. Juni 1851, die bürgerlichen Rechte der israelitische»

GlaubenSgenoffen betr. (SB: IV. S. 266) und hiezu oben § 20 S. 67. — Ueber Aufhebung der lex Anastasiana s. Ges. v. 22. Febr. 1855, die Aufhebung der lex Anastasiana betr. und hierüber auch schon oben § 78 lit. A Ziff. 2 S. 569 mit Nt. 4 und weiteres im Rechte der Schuldverhältnisse (Buch III). — Roth, d. Pr R III. S. 668 mit Nt. 5; RegelSberger § 87 Abs. 2 und Ziff. 3 Abs. 1. 4) RegelSberger § 87 Ziff. 3 Abs. 2. Bgl. hiezu oben § 100 lit. C Ziff. II, 2 b f @. 712. ») tztz 25, 26 Ziff. 4 Hyp.Ges.; oben § 113 lit. A Ziff. IV, 3 b ß S. 778; Roth, d. Pr.R. HI. S. 668; RegelSberger § 87 Ziff. 3 Abs. 2. •) Roth, d. PrR. in. S. 668. ’) §53 Abs. 3 Hyp.Ges.; E. d. obst. L.G. 1.5; VI. 799; Roth, d, Pr.R. UI. S. 668; RegelSberger § 87 Ziff. 3 Abs. 2. ') Gönner I. 188, 438; Roth, b. C.R. II. 452, 453; RegelSberger § 87 Ziff. 1. Man wird mit Rücksicht auf das heutige Recht noch beifügen dürfen, daß, wenn die Cession notariell beurkundet wurde, im Zweifel das Hypothekrecht mit­ übergeht, im Falle der Unterlaffung notarieller Beurkundung aber im Zweifel nur das Forderungsrecht ohne Hypothekrecht cediert sein soll; vgl. auch Roth, d. Pr.R. III. ®. 668. •) d. h. wenigstens die Erklämng deS Cedenten; Art. 14 Not.Ges. mit § 60 deS LandtagSabschiedeS v. 29. April 1869 (W. VII. S. 689); vql. hiezu oben § 72 Ziff. VI, 1b ®. 545; Gönner III. 87; Roth, b. CR. II. S. 453 , 454; d. Pr.R in. S. 670; RegelSberger § 87 Ziff. 2 Abs. 3. Die Frage war früher bestritten, ist eS aber wohl heute nicht mehr. — Die Ermächtigung zur Cession einer Hypothekforderung bedarf, wenn das Hypothekrecht mitübergehen soll, gleich­ falls notarieller Beurkundung; doch ist die« in der Praxis nicht anerkannt: E. d. obst. L.G. VH. 249; s. oben § 72 Ziff. VI, 1 a ®. 544. *°) E. d. obst. LG. I. 5; V. 715; VII. 719 (Hypothekkapitalszinsen); Bl. f. R.A. XL. 167; RegelSberger § 87 Ziff. 1; Roth, d. Pr.R. III. ®. 668. Gegen Becher, LandeScivilrecht und LandeScivilprozetzrecbt.



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Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

Das Sachenrecht.

4. Session des Hypothekrechtes allein ist nichtig"), soweit nicht das Oeffentlichkeitsprinzip entgegensteht. Dem Cessionar einer nicht bestehenden oder dem Cedenten nicht mehr zustehenden Hypothcksorderung, welcher sich aus die Leffentlichkeit des Hypothekenbuchcs berufen kann, kann jener Mangel aus dem Forderungsrechte für den Bestand des mitcedierten Hypothekrechtcs wirksam nicht entgegengesetzt werden.") 5. Kautionshypotheken können schlechthin mit dem zu Grunde liegenden Rechtsverhältnisse, soferne dieses überhaupt übertragbar ist, übertragen werden"); auch ist die Cession der einzelnen aus dem gesicherten Rechtsverhältnisse entspringenden Forderungen mit dein entsprechenden Hypothekrechte zulässig.") Werden einzelne Forderungen mit dem zu Grunde liegenden Rechtsverhältnis ohne Hypothekrecht cediert, so erlischt hier doch nicht das Hypothekrecht im entsprechenden Verhältnis. Im übrigen gelten die gleichen Grundsätze wie unter Biff- 1—4. 7. Die Cession der Hypotheksorderung mit Hypothekrecht sowohl an den persönlich"), wie nicht persönlich haftenden Unterpfandcigeutümer, auch an den rein persönlich haftenden Schuldner ist zulässig; die Zulässigkeit der Cession ohne Hypothekrecht: d. Not.Zeit. 1882 S. 3. — Ein solcher Cessionsvertrag bedarf nicht der notariellen Beurkundung; vgl. oben § 72 Ziff. IV, 2 6. 542; Regelsberger § 87 Nt. 3 **) E. d. obst. L.G. I. 5; Roth, d. Pr.R. III. S. 668; Regelsberger § 87 Ziff. 1 Abs. 2; Bl. s. R.A. XXVI. 66. Hiebei ist aber zu beachten, daß gewöhnlich von Cession einer Hypothek gesprochen, damit aber Cession der Hypotheksorderung mit Hypothekrecht gemeint ist; der Berkehr legt eben das Gewicht auf die reale Sicherheit. — Der hypothekarische Anspruch ist selbständiger Abtretung sähig: Regelsberger a. a. O. ") Bgl. 88 25, 26 Ziff. 4—6 Hyp.Ges. und hiezu oben § 113 lit. A Ziff. IV, 3d S. 777 ff.; § 116 S. 792—794; Regelsberger § 87 Ziff. 1 Abs. 2. Hier geht also das Hypothekrecht ohne Forderungsrecht über: der Cessionar kann nur das dingliche Hypothetrecht, nicht das persönlich« Forderungsrecht geltend machen (vgl. oben 8 113 lit. A Ziff. IV, 2 S. 776). Im Falle dann das Forderungs­ recht einem anderen zusteht als daS Hypothekrecht, besteht zwischen Forderungs­ gläubiger ünd Hypothekgläubiger eine Art Solidarverhältnis zu Ungunsten des Forderungsgläubigers, d. h. wenn der Hypothekgläubiger befriedigt wird, so er­ lischt damit auch das Forderungsrecht, nicht aber, wenn der Forderungsgläubiger befriedigt wird, daS Hypothekrecht, und zwar wegen der Wirkungen des OeffentlichkeitsprinzipeS. Bgl. hiezu Näheres bei Regelsberger, Hyp.R. 8 87 Nt. 7 und in Bl. f. R.A. XXXVII. S. 266—268. ") E. d. obst. L G. IX. 133; XI. 349 (die Uebertragung ist zulässig, auch nach Tilgung der entstandenen Forderungen, solange nur noch daS zu Gmnde liegende Verpflichtungsverhältnis besteht); Bl. f. R.A. XLVI. 329 (die Wirksamkeit einer solchen Uebertragung ist durch die Zustimmung aller Beteiligten bedingt); LI. 200; Regelsberger in Bl. f. R.A. XXXVI. 179 ff.; Hyp.R. 8 87 Ziff. 1 Abs. 3, Roth, d. Pr.R: III. S. 668 Nt. 5. “) E. d. obst. L.G. IX. 133; Bl. s. R.A. XLVI. 329; Regelsberger in Bl. s. R.A. XXXVI. 182-184; Hyp.R. 8 87 Ziff. 1 Abs. 3. le) Regelsberger 8 87 Ziff. 3 Abs. 3 läßt die Cession der Hypothekforderung nur an den nicht persönlich haftenden Unterpsandeigentümer zu. Allein ich sehe keinen stichhaltigen Grund, welcher gegen die im Texte vorgekommene Ausdehnung spricht.

V. Kapitel.

Das Pfandrecht-

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im ersten Falle tritt aber sowohl Erlöschung der Forderung wegen Konfusion, als Erlöschung des Hypothekrechtes aus jenem Grunde, wie aus dem Grunde der Konsolidation, im zweiten Falle Erlöschung des Hypothekrechtes wegen Konsolidation, im dritten Falle Erlöschung der Forderung wegen Konfusion und deshalb auch Erlöschen des Hypothekrechtes ein. 8. Die Zulässigkeit der Cession einer Hypothekforderung an jeden Inhaber des Schuld- und Hypothekenbriefes bemißt sich nach örtlichem bürgerlichem Recht?b) $cr ^-ste Cessionsvertrag bedarf der notariellen Verbriefung, nicht aber die Uebertragung vom Cessionar auf jeden weiteren Dritten. Letzteres gilt auch für die Uebertragung einer von Anfang an auf den Inhaber gestellten Hypothekforderung; denn in beiden Fällen ist dem Hypothekrechte gegenüber ohne Rück­ sicht auf die Uebertragung der Inhaber Gläubiger; für das dingliche Recht ist der thatsächliche Wechsel der Personen völlig bedeutungslos, da Hypothekberechtigter immer der „Inhaber" ist.16 17)18 9. Die Cession der Hypothekforderung mit oder ohne Hypothekrecht bedarf zu ihrer Giltigkeit nicht des Eintrages im Hypotheken­ buche; die Unterlassung der Eintragung unterliegt aber den Wirkungen des Leffentlichkeitsprinzipes.1^ Im Falle eine Hypothekforderung auf 16) Das Hypothekengesetz steht nicht entgegen: vgl. hierüber schon oben § 119 Nt. 7 S. 798; Gönner H. 282—284; Regelsberger § 438 Ziff. 5; Roth, d. Pr.R. III. S. 673; Bl. f. R A. XL 1 ff.; XVI. 367 (über die Rechtsverhältnisse aus der Emission von auf den Inhaber lautenden Partialobligationen). — Bgl. über die Form der Einträge im Hypolhetenbuche Bl. s. R.A. XIII. 321, Gönner HI. 184: „Sechstausend Mark zu vier Prozent verzinsliches Darlehen an die Inhaber der hierüber ausgestellten Schuldurkunden als Gläubiger. Für dieses Darlehen sind am 1. Oktober l. I. von dem k. Notare 3E. acht auf jeden Inhaber lautende Schuld« und Hypothekenbriefe ausgefertigt worden und zwar vier Stück zu 1000 Mk. Lit. A Nr. 1—4 Reg.Nr. 2410—13; vier Stück zu 500 Mk. Lit. B Nr. 1—4 Reg.Nr. 2414—17." n) Der erste Inhaber ist gewissermaßen gesetzlich der Vertreter aller späteren Inhaber; durch die Cession an jenen ist bereits allen späteren Inhabern cediert; deren Jnhabereigenschast wird durch daS mittelst Uebertragung deS JnhaberpapiereS als Sache (§ 307 Hand.Ges.Buch) bewirkte Jnhaben bestimmt; dieser Uebertragungsvertrag ist aber nicht ein Vertrag über ein dingliches Recht an einer unbeweglichen Sache, sondern lediglich ein Vertrag über eine bewegliche Sache, der dem Gebote des Art. 14 Not.Ges. nicht untersteht. Das Hypothekrecht ist hier ein Accessorium zum Jnhaberpapier als Sache; mit letzterem steht es kraft Gesetzes jedem Inhaber der Sache zu. Daher werden im Hypothekenbuche auch Veränderungen in der Person des Inhabers nicht eingeschrieben, auch nicht Verpfändungen (Gönner II. 282). — Bgl. hieher auch Regelsberger § 88 Ziff. 5, welcher richtig die Blankocession der Cession auf jeden Inhaber gleichstellt; doch ist dies bestritten: vgl. hierüber Regelsberger a. a. O. Nt. 14. 18) §§ 25, 26 Ziff. 4 und 6 Hyp.Ges. Bgl. hiezu oben § 113 lit. A Ziff IV, 3d st S. 778. Bl. f. R.A. XI. 8; Regelsberger 8 87 Ziff. 4; d. Pr.R. III. S. 670. A. M. Roth, b. C R. II. S. 454. Die Wirkungen können in der Richtung gegen einen weiteren Cessionar, wie in der Richtung gegen den Hypothekschuldner eintreten. In letzterer Hinsicht ist bemerkenswerl: Der Hypothekschuldner kann sich durch Zahlung an den Cedenten befreien, solange die Cession im Hypothekenbuche nicht eingeschrieben ist und er sich auf die Oessentlichkeil des HypothekenbucheS berufen 56*

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Vermögensrecht. — Erstes Hauptstück.

Pas Sachenrecht.

mehrere Personen als Gläubiger übergeaangen ist, kann jeder für seinen Anteil die Eintragung verlangen.") Die Eintragung der Cession im Hypothekenbuche setzt den Nach­ weis des Cessionsaktes durch Vorlage der notariellen Cessionsurkunde, eines Erbschastszeugnisses bezw. einer Erbteilungsurkunde voraus: der Antrag des Cedenten beim Hypothekenamte auf Umschreibung der Hypothekforderung allein genügt nach den Regeln des Legalitäts­ prinzipes nicht?") Anderseits muß aber der Cedent nach Maßgabe des Konsensprinzipes über die Cession gehört werden; eine Zustimmung des' Schuldners ist weder nach Legalitäts- noch Konsensprinzip erforderlich?') Der Hypothekschuldner ist jedoch von Amtswegen von der Einschreibung der Cession zu benachrichtigen^^); ist nach bürgerlichem Rechte die Wirkung der Cession dem Schuldner gegenüber erst von der Benachrichtigung desselben abhängig, so schadet ihm, insolange diese nicht erfolgt ist, die Oeffentlichkeit des Hypothekenbuches nicht; erst von der Benachrichttgung an, mag diese durch das Hypotheken­ amt von Amtswegen oder sonst nach Maßgabe des Civilrechtes ordnungsgemäß erfolgt sein, darf der Schuldner nur mehr an den Cessionar bezahlen.2S) kann. Unter gleicher Voraussetzung muß der Cessionar die dem Cedenten gegenüber bewirkte Kapitalskündigung gegen sich gelten lassen: Lehner, Hyp.R. S. 159 Ziff. 3; Roth, b. C.R. IL S. 455; d. Pr.R. III. S. 670 Nt. 23; RegelSberger § 88 Ziff. 2; s. aber auch unten Nt. 23. ie) § 154 HyP.Ges.; s. hiezu auch oben § 102 Nt. 13 S. 720; Gönner II. 279; in. 183, 184. “) Vgl. zum Folgenden § 153 HyP.Ges.: „Das Verfahren bei dem Einträge der BerLnderungen, welche sich an der Person des Gläubigers durch Todesfälle oder Cessionen ergeben können, ist nach Verschiedenheit der Fälle und nach den in §§ 107,109,110 und 141 enthaltenen Vorschriften zu bemessen." — § 107 HyP.Ges. beseitigt nicht daS LegalitätSprinzip; Art. 14Not.Ges. ist hiedurch unberührt; vgl. hierüber schon oben § 104 Nt. 31 S. 735 besonders gegen Bl. f. R A. Erg.Bd. I, 209 ff. und Nachschrift S. 214. Ebenso wie im Texte RegelSberger § 87 Ziff. 4 Abs. 2. **) Vgl. hierüber oben § 104 lit. C Ziff. IV S. 736 mit Nt. 36; Gönner I. 435; III. 183; Lehner Hyp.R. S. 158; Roth, b. CR. II 454; Bl. f. RA XIV. 183; RegelSberger in Bl. f. R.A. XXXVI. 185; Hyp.R. § 87 Ziff. 4 Abs. 2. In Bl. f. R.A. XXXVI. 185 führt jedoch RegelSberger einen AuSnahmesall an: wenn die Einschreibung beantragt werde für die Abtretung einer auS dem GrundverhälMisse einer Kautionshypothek bereits entstandenen Forderung, welche selbst auf den Ramen deS Cedenten noch nicht eingetragen sei, so müsse der Hypothekjchuldner vor der Einschreibung der Cession gehört werden. — Der Hypothekschuldner kann auch nicht gegen die Cession, sondern nur gegen den Rechtsbestand der cebierten Hypothek bezw. Forderung protestieren: vgl. auch hierüber schon oben § 115 Nt. 20. S. 789. A. M. RegelSberger § 87 Ziff. 4 Abs. 2. »*) tz 157 HyP.Ges.; vgl. hiezu oben § 101 Ziff. 7; Gönner II. 278—286. “) Ebenso Roth, b. C.R. II. E. 454; E. d. obst. L.G. VIII. 1031, welche erst an die Benachrichtigung de» Hypothekschuldner» nach Maßgabe de» § 157 HyP.Ges. die Verpflichtung de» Schuldner», an den Cessionar zu zahlen, knüpfen und insolange diese nicht erfolgt ist, der Oeffentlichkeit be» Hypothekenbuches alle Wirkung absprechen. Doch bürste bie im Texte gewählte AuSbehnung dem Sinne beS § 157 HyP.Ges. mehr entsprechen. Derselbe wollte gewiß beut bürgerlichen

V. Kapitel.

Das Pfandrecht.

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Der Uebergang des Hypothekrechtes ist auf dem Hypothekenbrief, zu vermerken^): jedoch knüpfen sich an die Unterlassung materielle Wirkungen nicht.^)

Ter Cessionar kann vom Cedenten Einwilligung in die Um­ schreibung und Aushändigung des Hypothekenbrieses ticrtangen.26)

II. Die Wirkungen der Cession im besonderen. Die Wirkungen der Cession unterliegen im wesentlichen dem örtlichen bürgerlichen Rechte vorbehaltlich der durch das Oeffentlichkeitsprinzip bedingten Folgen. Im einzelnen ist zu erwähnen: Rechte nicht schlechthin derogieren, insbesondere nicht der Benachrichtigung durch den Cessionar die an die Benachrichtigung durch daS Hypothekenamt geknüpfte, dem Civilrechte entnommene Wirkung absprechen. A. M. ist RegelSberger § 87 Ziff. 4 Abs. 2, welcher die Vorschrift deS § 157 Hyp.Ges. für rein instruttioneller Natur erachtet. Nach ihm kann der debitor cessus sich trotz unterlassener Benachrichtigung durch Zahlung an den Cedenten nicht mehr befreien, wenn die Cession im Hypothekenbuche eingeschrieben ist, da er sich auf die Unkenntnis deS Hypothekenbuches nicht berufen tarnt; ebenso sei die m solcher Unkenntnis bethätigte KapitatSkündung an den Cedenten dem eingeschriebenen Cessionar gegenüber unverbindlich. — Richtig ist fteilich, daß § 157 Hyp.Ges. zunächst nur eine instruttionelle Vor­ schrift für das Hypothekenamt enthält; er steht im Abschnitte über daS Verfahren. Die Unterlaffung der Benachrichtigung begründet auch keine Haftung deS Hypo­ thekenbeamten (Gönner I. 281). Allein an die Befolgung dieser instruktionellen Vorschrift ist die gleiche materielle Wirkung geknüpft, die civilrechtlich der Benach­ richtigung des debitor cessus durch den Cessionar zukommt, ohne diese überhaupt zu beseitigen. So wenig aber die Oeffentlichkeit deS Hypothekenbuches daS Er­ fordernis letzterer Benachrichtigung zur Wirkung der Cession gegenüber dem debitor cessus beseitigt hat (vgl. hiezu oben § 115 lit. A Ziff. IV, 1 b mit Nt. 43 S. 775), so wenig ist dies der Fall in Ansehung der Benachrichtigung durch daS Hypotheken­ amt, wenn diese jene Benachrichtigung ersetzen soll. Hienach kann der debitor cessus trotz Eintragung der Cession im Hypothekenbuche, ttotz Kenntnis derselben noch rechtSwirksam an den Cedenten bezahlen, wenn er von der Cession noch nicht ver­ ständigt ist. Ist dagegen der Hypothekschuldner von der Cession benachrichtigt, so darf er an den Cedenten nicht mehr bezahlen, selbst für den Fall, daß die Be­ nachrichtigung durch das Hypothekenamt in inkorretter Weise vor der Einschreibung der Cession im Hypothekenbuche erfolgt wäre; denn einmal ist hier dem Civilrechte genützt, anderseits steht dem Schuldner hier nicht mehr guter Glaube zur Seite, um sich auf die Oeffentlichkeit des Hypothekenbuches berufen zu können. (Bgl. auch Lehner, Hyp.R. S. 159 Ziff. 3 und 4; Roth, b. C.R. II. S. 455.) 84) § 167 Hyp.Ges.; vgl. hiezu oben § 101 Ziff. II, 3 S. 716. ’6) Bgl. Gönner I. 280, 281, Roth, d. Pr.R. III. S. 671 Nt. 26. ") RegelSberger § 87 Ziff. 4 Abs. 3; Roth, d. Pr.R. HI. S. 670. Die hierauf erwachsenden Kosten hat im Zweifel der Cessionar zu tragen: RegelS­ berger a. a. O. mit Nt. 23. ”) So tritt der Cessionar völlig an die Stelle deS Cedenten; er wird an dessen Stelle Hypothekgläubiger; nur er kann die Rechte eines solchen ausschließlich geltend machen und ist Sondernachfolger des ersteren; soweit die Wirkungen der Cession sich nach bürgerlichem Rechte an die Benachrichttgung des Schuldners knüpfen. hat eS hiebei sein Bewenden (vgl. oben Nt. 23); die Haftung deS Cedenten für Existenz und Eindringlichkeit der Fordemng bemißt sich nach bürger­ lichem Rechte; ebenso die Frage, welche Nebenrechte der Forderung — abgesehen vom Hypothekrechte — noch auf den Cessionar übergehen und von ihm geltend gemacht werden können. Bgl. hiezu Roth, d. Pr.R. III. S. 673; RegelSberger § 88; dann E. d. obst. LG. XII. 38 über die Frage der Haftung deS Cedenten,

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Vermögensrechte. — Erste- Hauptstück.

.Da- Sachenrecht.

1. Durch die Session verliert das Hypothekrecht nicht seinen bisherigen 9?ang.28) Der Cessionar erwirbt ein wirksames Hypothekrecht, wenn auch nur er, nicht sein Rechtsvorgänger, oder wenn zwar sein Rechtsvorgänger, nicht aber er sich aus die Oeffentlichkeit des Hypothekenbnches berufen sann.29) Diese Wirkungen treten bereits mit dem Cessionsvertrage ein; im Falle der Forderungsübergang auf­ schiebend 'bedingt ist, erst mit Eintritt der Bedingung.99) 2. Im Alle eine Hypothekforderung von demselben Cedenten verschiedenen Personen nacheinander cediert und die zeitlich frühere Ccssion nicht im Hypothekenbuchc eingetragen wird, erwirbt der spätere Cessionar, der sich auf die Oeffentlichkeit des Hypothekenbuches wirksam berufen kann, wenn auch kein Forderungsrecht, so doch ein wirksames Hypothekrecht. Diese Wirksamkeit des Hypothekrechtes bleibt auch bestehen, wenn nach dem späteren Cessionsvertrag die Cession an den zeitlich früheren Cessionar noch vor der Eintragung der zeitlich späteren Cession in das Hypothekenbuch eingeschrieben wird. Der 'spätere Cessionar kann die Löschung dieses Eintrages verlangen. Indes unterliegt auch er wieder den Folgen des Oeffentlichkeitsprinzipes, wenn er gegen den Eintrag der früheren Cession nicht einmal eine in das Hypotheken­ buch eingeschriebene Protestation, geschweige den Eintrag der späteren Cession erwirkt hat, und der zeitlich frühere Cessionar Hypothek­ forderung und Hypothekrecht an eine Person weiterveräußert, die sich ihrerseits wieder auf die Oeffentlichkeit des Hypothekenbuches berufen kann.9') 3. Wird eine Hypothekforderung ganz oder teilweise an eine oder mehrere Personen abgetreten,92) so haben die hienach geschaffenen Teilforderungen mitdem entsprechenden Hypothekrecht mangels besonderer Vereinbarung gleichen Rang.99) fall- er eine Forderung als Hypothekforderung an Zahlungsstatt cediert und hiefür kein Hypothekrecht besteht (daher. Landrecht von 1756). ") arg. § 154 Hyp.Ges. Regelsberger § 88 Ziff. 1 Abs. 1. ") Vgl. hiezu schon oben § 113 lit. A Ziff. III, 2 und 3 S. 774. Auf das persönliche FordemngSrecht erstrecken stch diese Wirkungen nicht. Regelsberger § 88 Ziff. 1 Abs. 2. — Ist schon vor der Cession daS ForverungS- bezw. Hypothekrecht erloschen, aber vom Hypothekschuldner Unterlasten worden, Protestation einschreiben zu lasten, so kann zwar dem gutgläubigen rechtserwerbenden Cessionar jener Ibn* stand nicht entgegengehalten werden, aber der Hypothekschuldner kann den Cedenten auf Löschung der Hypothek, bezw. auf Befreiung von der hypothekarischen Last belangen: Bl. f. R.A. Erg.Bd. II. 255. -» ) Regelsberger § 88 Ziff. 2 Abs. 1 und oben § 113 lit. A Ziff. II, 1 E. 768, 769 mit Nt. 13. •* ) Zum ganzen s. nähere- bei Regelsberger § 88 . Ziff. 3. '- ) Dies ist zulässig: Gönner I. 435,436; Regelsberger § 88 Ziff. 4 Abs. 3; Roth, d. Pr.R. III. S. 672,673; vgl. hiezu oben § 102 lit. A Ziff. II, 2 c®. 720. ** ) Gönner I. 436 mit arg. auS § 60 Hyp.Ges.; II. 274 Ziff. 3; Lehner, HYP.R. ®. 159 Ziff. 2; Roth, b. C.R. II. S. 454; d. Pr.R. III. ®; 673; Regels-

V. Kapitel.

Das Pfandrecht.

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§ 135. Die hypothekarische Succession (Hypothckablösung).

I. Wird an Stelle einer Hypotyeksorderung eine andere For­ derung mittelst Novation gesetzt, so kann nach bayerischem Hypothekenrccht der Effekt einer hypothekarischen Succession nur auf dem Wege der Neubestellung einer Hypothek für die neue Forderung oder der Hypothekerneuerung hergestellt werden?) II. Gewährt ein Dritter dem Hypothekschuldner die Mittel zur Befriedigung eines Hypothekgläubigcrs, so kann er nach bayerischem Rechte nur im Wege der Hypothekerneuerung an die Stelle des abgefundenen Hypothekgläubigers gelangen.*2) . III. Jeder Hypothekgläubiger hat das Recht, einen vor- oder nachstehenden Hypothekgläubiger desselben Hypothekobjektes unter folgenden Voraussetzungen abzulösen (ius offerendi)3):4 * 6 1. Nur Hypothekgläubiger des nämlichen Hypothekobjektes haben das Ablösungsrecht3), nicht sonstige Gläubiger, nicht Hyffothekgläubiger eines anderen Hypothekobjektes desselben Eigentümers3), nicht sonstige den Hypothekgläubiger befriedigende Dritte, nicht der Eigentümer selbst.3) 2. Das Ablösungsrecht kann sowohl gegen vor- als nachstehende Hypothekgläubiger ausgeübt werden?) >3. Die Ablösung ist nur zulässig, wenn entweder der Hypothek­ schuldner3) mit der Ablösung einverstanden ist oder der abzulösende Hypothekgläubiger das Forderungs- oder Hypothekrecht bereits gerichtlich geltend gemacht hat?) berget § 88 Ziff. 4 Abs. 3. Die Eintragung eiltet abweichenden Vereinbarung ist zwar nicht im Verhältnis vom Cedenten zum Cessionar, wohl aber im Ver­ hältnis zu einem Dritten, dem der abgetretene, Teil später wieder cebiert wurde, wegen der Oeffentlichkeit des Hypothekenbuches erforderlich; Gönner I. 436. *) Vgl. hiezu Roth, d. Pr.R. in. S. 676. *) Roth, d. Pr.R. HI. S. 678, 679; RegelSberger § 89 Ziff. 1. ’) § 63 Hyp.Ges.: „Die Ablösung der Forderung eines HypothekgläubigerS durch einen anderen Hypothekgläubiger findet nur dann statt, wenn entweder der Schuldner einwiüigt oder der abzulösende Gläubiger seine Forderung gerichtlich eingeklagt hat. Zu dieser Ablösung wird die Zahlung der bis zum Ablauf der bedungenen Auskündigungszeit verfallenen Zinsen, oder wenn der Gläubiger die angebotene Zahlung nicht annehmrn will, die Hinterlegung des Geldes bei Gericht erfordert." — Gönner I. 508—513; Lehner, Hyp.R. S. 162—165; Roth, b. C.R. II. S. 455; d. Pr.R. S. 680; RegelSberger § 89. 4) Gönner I. S. 513 Ziff. 7; RegelSberger § 89 Ziff. 1. 6) Für diese Personen besteht nur der Weg der sreiwilligen Session der abzufindendxn Hypothekforderung oder der Hypothekerneuedung. Vgl. auch RegelS­ berger § 89 Ziff. 1 Abs. 1. *) ES gibt in Bayern keine Eigentümerhypothek; der Eigentümer hat aber das Recht der Hypothekerneuerung (vgl. oben § 123 S. 836 ff.). ’) RegelSberger § 89 Ziff. 1 Abs. 2. 6) RegelSberger § 89 Ziff. 2. e) Sei eS durch Klage, oder int Mahnverfahren, oder durch Antrag auf Zwangsvollstreckung, nicht aber im Falle der Anmeldung im Konkurse. — Gleichgiltig ist, ob die Kapitals- oder Zinssorderungen gerichtlich geltend gemacht wurden,

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Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

Das Sachenrecht.

4. Der abzulösende Hypothekgläubiger kann die Ablösung zurückweisen, wenn nicht seine ganze Schuld in Haupt- und Nebensache, soweit hiefür die Hypothek haftet, befriedigt wird; anderseits steht aber Nichtfälligkeit der Schuld nicht entgegen, nur muß in diesem Falle der Ablösende die Zinsen bis zum Verfalltage sofort mit­ berichtigen. Nimmt der Gläubiger die angebotene ordnungsmäßige Zahlung nicht an, so wirkt die gerichtliche Hinterlegung der voll­ ständigen Summe wie die Annahme der Zahlung. b. Unter mehreren zur Ablösung Berechtigten entscheidet die Prävention der Erklärung auf Ausübung des Ablösungsrechtes.") 6. Durch Vertrag zwischen dem Unterpfandeigentümer und dem abzulösenden Hypothekgläubiger kann das Ablösungsrecht dem Hypothek­ gläubiger nicht entzogen werden; der Ablösungsberechtigte kann auf das Ablöfungsrecht rechtswirksam verzichten.") Die Ablösung bewirkt, daß das Forderungs- und Hypothek­ recht des abgelösten Gläubigers' mit allen Nebenrechten auf den ab­ lösenden Gläübiger kraft Gesetzes übergeht; der Rang des abgelösten Hypothekrechtes wird nicht verändert;'^) der Erwerb hat auch die Wirkung einer Cession und steht daher unter dem Oeffentlichkeitsprinzipe.'b) Dem abgelösten Hypothekgläubiger fehlt für das weitere Prozeßverfahren die Aktivlegitimation.") § 136.

Die Verpfändung der Hypothekforderung?)

I. Nach bayerischem Rechte ist sowohl die Verpfändung der Hypothekforderung mit Hypothekrecht, als die selbständige Verpfändung des Hypothek- oder Forderungsrechtes zulässig. Den beiden letzteren Verpfändungsarten ist aber, das Hypothekenbuch nicht eröffnet und wenn sich nur hieraus das Hypothekrecht erstreckt; ebenso RearlSberger § 89 Zifs. 2 Abs. 2 Nt. 5 mit Recht gegen Gönner I. 612 Nt. 5 a. E.; Roth, b. C.R. II. S. 466 Nt. 88. lu) Gönner I. 512; Roth, b. C.R. II. S. 466; RegelSberger § 89 Zifs. 3. ") RegelSberger § 89 Zifs. 1 Abs. 2. ") Lehner, Hyp.R. S. 164 Ziff. 1; RegelSberger § 89 Ziff. 5; Roth, d. Pr.R. III. S. 680. > ') Gönner I. 512 Ziff. 9; Roth, b. C.R. II. S. 455. * *) § 236 R E P O, findet hier keine Anwendung, da der im Texte auf­ gestellte Satz mit der „Sitigiofität" der Streitsache nichts zu thun hat. Nimmt der abgelöste Gläubiger die Klage nicht freiwillig zurück, so ist dieselbe abzuwrise»; dem ablösenden Hypothekalünbiger stehen die Rechte auS § 61 R.C.P.O. zu; er hat die Stellung eines «Hauptintervenienten. Im ZwangSvollstreckungSversahren steht ihm ß 690 R C.P.O. zu Gebote, dem Hypothekschuldner ß 686 R.C.P.O. (insbesondere mit §§ 703 , 706 R.^C.P O und Art. 136 A G. z. R.C.P.O). Bal. auch Lehner, Hyp.R. S. 164 Ziff. 5 und Roth, b. C.R. n. S. 155 bezüg­ lich der Subhastation. * ) § 53 Abs. 2 und 3, § 165 Hyp.Ges.; § 32 Jnstr. z. Hyp.Ges.; Gönner I. 440-442; II. 284-286; Lehner, Hyp.R. S. 155—167; Roth, b. C.R. n. H. 451, 452; d. Pr.R. III. S. 692—694; RegelSberger in Bl. f. R.A. XXXVI. 197 —202; Hyp R. § 90.

knüpfen sich daher an diese alle jene Wirkungen nicht, welche das Hypothekengesetz der Eintragung der Hypothekforderungsverpfändung zumeist?) Die Verpfändung der Forderung allein steht völlig unter der Herrschaft des örtlichen bürgerlichen Rechtes: soferne sie schließlich zu einer Veräußerung des Forderungsrechtcs ohne Hypothekrecht führt, erlischt letzteres nach den Grundsätzen des Accessoritätsprinzipes, jedoch unbeschadet der Wirkungen des Oeffentlichkeitsprinzipes. II. Voraussetzungen der Hypothekforderungs-Ver­ pfändung. 1. Nur der Hypothekgläubiger ist zur Verpfändung seines Rechtes besugt, soferne er nicht in der Disposition aus persönlichen oder sachlichen Gründen beschränkt ist;3) sind letztere aus dem Hypotheken' buche nicht ersichtlich, so greifen zu Gunsten des Pfandnehmers die Wirkungen des Oeffenllichkeitsprinzipes Platz?) Soll die Verpfändung im Hypothekenbuche eingetragen werden, so muß die Gläubigereigen­ schaft des Verpfänders aus jenem ersichtlich sein?) Zustimmung des persönlichen odxr hypothekarischen Schuldners ist weder nach Maß­ gabe des Legalitäts- noch Konsensprinzipes erforderlich.3) 2. Der Verpfändungsvertrag bedarf zur Giltigkeit der notariellen Beurkundung, soferne das Hypothekrecht verpfändet werden will;') ist diese Form gewahrt, so ist im Zweifel auch Verpfändung des. Hypothekrechtes, nicht bloß der Forderung anzunehmen. 3. Ob die Uebergabe des Schuld- und Hypothekenbriefes zur Rechtsgiltigkeit der Verpfändung erforderlich ist, bemißt sich nach ört­ lichem bürgerlichem Rechte;3) wo bie§. nicht der Fall, ist eine mehr­ fache Verpfändung derselben Hypothekforderung bezw. desselben Hypothekrechtes zulässig?) Der Hypothekforderungspfandgläubigcr kann auch sein Pfandrecht wieder verpfänden;'3) für die Behandlung eines solchen *) Regelsberger § 90 Abs. 1, welcher nunmehr gegen früher in Bl. f. R.A. XXXVI. 198 selbständige Verpfändung de- Hypothekrechtes zuläßt; ebenso auch die Zulässigkeit selbständiger Verpfändung des FordrrungsrechteS: § 90 Ziff. 1 Abs. 2. •) z. B. infolge Pfändung der Hypotdeksorderung; vgl. hiezu §§ 730, 731 R.C P O ; Art. 125 A G. z. R C.P.O.; vgl. hiezu oben § 113 lit. A Ziff. IV, 2 b Rt. 52 S. 777. 4) Vgl. hiezu oben § 113 lit. A Ziff. IV, 3 b, ß S. 778. ‘) Regelsberger § 90 Ziff. 1. • ) Lehner, Hyp.R. S. 156 § 110 a. E.; Regelsberger § 90 Ziff. 1; auch oben § 104 lit. B S. 727 ff.; lit. C Ziff. IV M. 36 S. 736. ’) Doch genügt die notarielle Verlautbarung der Erklärung deS Verpfänders: Art. 14 Not.Ges. mit § 60 des LandtagSabschiedeS vom 29. Juli 1869 (SB. VII. S. 689); oben § 72 Ziff. XI, 1 b ®. 545; Regelsberger § 90 Ziff. 1; Gönner II. 87; Roth, d. Pr.R. HL S. 693. • ) Vgl. hierüber oben § 95 Ziff. V Nt. 24 S. 661; d. Not.Zeit. 1881 S. 55; Gütl, Hyp.Ges. zu § 53 a. E.; § 155 Hpp.Ges. und § 32 Jnstr. z. Hyp.Ges. stehen nicht entgegen. A. M. Regelsberger § 90 Abs. 1 und Ziff. 1 Abs. 3, und Roth, d. Pr.R. III. S. 693, die zur Giltigkeit der HypotheksorderungSverpfändung Uebergabe des Schuld- und Hypothekenbrieses fordern. • ) A. M. Regelsberger § 90 Ziff. 1 Abs. 3 in Konsequenz seiner in M. 8 erwähnten Ansicht. * °) Ebenso Gönner II. 279; Regelsberger § 90 Ziff. 1 Abs. 3.

890

Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

DaS Sachenrecht.

Astetpfandrechtes gelten die gleichen Grundsätze, wie für die gewöhn­ lichen Hypothekforderungsverpfändungen.") 4. Die Rechtsgiltigkeit der Verpfändung ist in keinem Falle durch die Eintragung in das Hypothekenbuch bedingt.") Die Ein­ tragung verschafft ihr aber einmal die Vorteile des Oeffentlichkeitsprinzipes, so zwar, daß weder ein späterer Cessionar oder Hypothekforderungspfandgläubiger noch der Hypotheffchuldner sich auf die Unkenntnis der Verpfändung berufen kann; anderseits bewirkt sic, daß nunmehr eine Löschung der Hypothek ohne Zustimmung des Pfand­ nehmers nicht mehr möglich ist;") endlich kommt noch eine unten in Ziff. in, 1 erwähnte konkursrechtliche Wirkung in Betracht. Auch ist der Hypothekschuldner von der Verpfändung der Hypothekforderung durch das Hypothekenamt zu benachrichtigen.") Zur Rechtsgiltigkeit der Ver­ pfändung ist aber diese Benachrichtigung nicht erforderlich. Ob sich an die Unterlassung der Benachrichtigung sonst materielle Wirkungen knüpfen, bemißt sich in entsprechender Weise nach den oben für die Session auf­ gestellten Grundsätzen.") Hienach ist auch zu beurteiley, unter welchen Voraussetzungen eine Befriedigung des Pfandgebers ohne Zusümmung des Pfandnehmers dessen Anspruch ausschließt. 5. Für die Verpfändung von Kautionshypotheken gilt ent­ sprechend das oben § 134 Ziff. 5 Gesagte.") III. Wirkungen der Hypothekforderungs-Verpfändung. 1. Durch die Verpfändung der Hypothekforderung erlangt der Pfandnehmer keine Asterhypothek an der verpfändeten Liegenschaft, sondern lediglich ein Forderungspfandrecht.") Trotzdem ist aber der Pfandnehmer befugt, im Falle seiner Nichtbefriedigung alle Rechte seines Pfandgebers nach Maßgabe des Inhaltes der Verpfändung und des örtlichen bürgerlichen Rechtes auszuüben;") nach letzterem bemißt * *) Ebenso Gönner DL 279; Arnold, Einklagung der Hypothekzinsen S. 17. A. M. RegelSberger § 90 Ziff. 1 Abs. 3. * ’) Vgl. hierüber schon oben § 99 lit. B Ziff. V Nt. 15 S. 682; Regelsberger § 90 Ziff. 2. Wird die Verpfändung eingetragen, so geschieht dies in der 3. Rubrik; vgl. hiezu §166 Hyp.Ges. und § 32 Jnstr. z. Hyp.Ges.; oben § 100 lit C Ziff. II, 2 b, ß s aus öffentlichen Gewässern betr. (W. XI. S. 337); ferner M.E. v. 3. Aug. 1876, die Verpachtung des Weidenschnittes in den Alluvionen öffentlicher Flüsse und die Verrechnung der deSfallfigen, sowie der auS der Eisgewinnung erzielten Erlöse betr. (W. XL S. 605). ”) Vgl. oben Nt. 16 S. 1049. ’4) Vgl. hieher Seydel, b. St.R. V. S. 410; Erk. d. Komp Konfl Ger.H. v. 12. Dez. 1871 (R.Bl. 1872 S. 425; W. Anh.Bd. S. 319; Mühlenberechtigungen ; Provisorien des Civilrichters und der Verwaltungsbehörde; hiezu aber auch Erk. d. Komp.Konfl.Ger.H. v. 1. Juni 1867 sR.Bl. 1867 S. 852; W. Anh.Bd S. 309]); auch E d. Berw.Ger.H. VIII. 217 (kein im öffentlichen Rechte begründetes Ein­ spruchsrecht der Besitzer bereits bestehender Anlagen gegen die Erteilung neuer Bewilligungen). ?s) Art. 18 Abs. 1 W.B.G.

“) Art. 19 W.B.G. *’) «gl. Art. 18 Abs. 2-4 W.B.G. (hiezu oben § 78 lit. B Ziff. II, 2a S. 572); Art. 20 W.B.G. (Leinpfad; hiezu oben § 78 lit. B Ziff. II, 2d S. 573; für Beschädigungen, welche keine notwendige Folge der Benützung deS Leinpfades sind, sondern durch Mißbrauch oder Nachlässigkeit der bei der Schiff- oder Floßsahrt beschäftigten Personen verursacht werden, sind di« Urheber und ihre Dienstherren solidarisch ersatzpflichtig; Streitigkeiten hierüber gehören vor die bürgerlichen Gerichte vgl. auch E. d. Berw.Ger.H. III. 282, über Unterhaltung eines als Gemeindeweg benützten Leinpfades); Art. 22 W.B.G. mit Art. 8 Abs. 2 und 3 des U.G. (hiezu unten § 78 lit. B Ziff. II, 7a S. 577).

Dritten das Recht hierauf eingeräumt ist.28) Unter gewissen Voraus­ setzungen können Alluvionen vom Staate enteignet werden.28) 3. Ueber Avulsionen ist das Nähere bereits oben § 82 Zisf. 4 (S. 585) bemerkt.88) II. Die Wasserbenützung durch Tritte. Die allgemeinen Grundsätze hierüber sind bereits oben lit. UZiff. 1,4 und 5, Ziff. II und III erwähnt. Besondere Rechte Einzelner aus eine bestimmte Art der Wasserbenützung entstehen durch die staatlicheVerleihling derselben.8') Ist zur Errichtung von Anlagen, welche auf den Wasserlauf oder die Höhe des Wasserstandes Einfluß haben oder den freien Wasser­ lauf stören, die staatliche Erlaubnis erteilt, so kann sic nur mehr im Wege der Zwangsabtretung nach den Bestimmungen über Zwangs­ enteignung zurückgenommen werden.82) Das Gleiche gilt, wenn der bereits eingeräumte oder nach der Beschaffenheit der bewilligten Ein­ richtungen erforderliche Wasiergebrauch durch neue Anlagen, welche ihrer überwiegenden Gemeinnützigkeit wegen bewilligt werden können, vermindert oder beeinträchtigt werden soll, oder wenn der Wassergebrauch durch Flußkorrektionen oder durch vom Staate angeordnetc künstliche Anlagen in dem Flusse bleibend entzogen oder in dem vorbezeichneten Maße verändert oder beeinträchtigt wird. Jedoch begründet der zeitweise Stillstand des Waffergebrauches, welcher durch die zur Erhaltung oder Herstellung des normalen Zustandes des Flusses oder im allgemeinen Interesse der Flußbenützung vorzunehmende Wasserbauten, Reinigung und dergleichen veranlaßt wird, keinen Anspruch aufEntschädigung, soferne nicht erworbene Privatrechte entgegenstehen. Auch können bei Erteilung der staatlichen Erlaubnis abweichende Festsetzungen getroffen werden.88) III. Verlandungen, welche sich infolge künstlicher Anlagen, die zur Regulierung des Flußlaufes oder zum Zwecke des Uferschutzes unternommen werden, im Bereiche dieser Anlagen bilden, oder infolge von Durchstichen in dem alten Flußbette gebildet werden, sind Eigentum der Unternehmer.8^) “) Art. 23 W.B.G.; vgl. hiezu Näheres oben § 82 Zifs. 3 S. 584, 585. E d. obst. L-G. IV. 51 (Zeitpunkt des Eigentumserwerbs, Ersitzung als Erwerbs­ grund)! IV. 364 (Veranlassung der Alluvien ist gleichgiltig). Streitigkeiten sind privatrechtlicher Natur und gehören vor die bürgerlichen Gerichte. ”) Art. 24 W.B.G.; vgl. hiezu oben § 84 lit. C Ziff. 2 S. 609. •°) Streitigkeiten über die Eigentumsverhältnisse sind privatrechtlicher Natur und gehören vor die bürgerlichen Gerichte. ’*) Vgl. hiezu oben Nt. 16 S. 1049. — Die Verwaltungsbehörde bestimmt bei Erteilung der Erlaubnis zu Anlagen nach Art. 10 W.B.G. ({■ oben Nt. 16) das Maß und die Benützung des Wassers, sie ist zu jeder Zeit befugt, auf Kosten des Benützenden die Ueberschreitungen der erteilten Erlaubnis unterdrücken und die versäumten Leistungen vornehmen zu lassen: Ari. 12 W.B G. •*) Art. 13 Abs. 1 W.B.G. mit Zwangsenteignungsgesetz v. 17. Nov. 1837 (hierüber s. oben § 84 lit. B S. 591 ff.) --) Art. 13 Abs. 2 und 3, Art. 14 W.B.G. M) Art. 25 W.B.G. Vgl. auch oben § 82 Ziff. 3 S. 584, 585; und Bl. s. R.A. XXXIX. 136. — Hinsichtlich der dem Aerar hienach erworbenen Verland­ ungen bestimmt Art. 26 W.B.G.: „Die Staatsregierung ist ermächtigt, über diese

1052

Vermögensrechte. — Erste- Hauptstück.

DaS Sachenrecht.

§ 186. Privatgewässer.

A. Geschlsflene Privatgewasier. I. Geschlossene Privatgewässer sind diejenigen, aus welche dem Eigentümer ein ausschließliches Recht der Verfügung zukommt?) Hiezu gehörens: 1. das Wasser, welches sich in Teichen, Cisternen, Brunnen und anderen Behältern befindet'); 2. das auf einem Grundstücke entspringende oder darauf sich natürlich sammelnde Wasser, solange es von dem Grund­ stücke nicht abgeflosfen ist4*);*s *6 3. die künstlich angelegten Wasserleitungen und Kanäle?) Verlandungen, insoweit nicht die Beibehaltung derselben alS Staatsgut für die Zwecke der Anlagen oder auS anderen Rücksichten des öffentlichen WohleS not­ wendig erscheint, zum Vorteile derjenigen Grundeigentümer zu verfügen, welche durch die Waffergewalt Nachteil an ihrem Eigentum erlitten haben oder damit für die Zukunft bedroht sind. Solche Verfügung darf jedoch nicht eher stattfinden, alS nachdem die Verlandung zu vollkommen festem Bestände gelangt ist, und nur unter Festsetzung der Bedingungen, welche hinsichtlich der künftigen Benützung deS Landes zur Sicherung deS Erfolges Ler Anlage nötig erscheinen." Hiezu s. noch oben § 82 ctiff. 3 Nt. 9 S. 585. ') Vgl. Art. 34W.B.G.; Bl. f. R.A. XXVIII. 152; Roth, b. C.R. M. S. 160. 8) Art. 33 W.B.G s) Hieher gehören auch Seen, welche nicht zu den öffentlichen Gewässern gehören: Pözl a. a. O. S. 98 Nt. *; Roth, b. C.R. III. S. 160; auch Gräben, die nur bei Schneeschmelzen, heftigem Regen sich anfüllen: Bl. f. R.A. XXVIII. 152. 4) Wie Regenwaffer (vgl. Bl. f. R.A. XXVIII. 153); Quellen, auch Mineral­ quellen. Nur bezüglich der Salzquellen „verbleibt eS bei dem bestehenden Rechte"; hienach waren sie regal: Pözl a. o. O. S. 109, 110; Roth, b. C.R. III. S. 160 Nt. 7. Die Salzquellen sind jetzt Gegenstand deS BergwerkeigentumS außer im Gebiete deS Bezirksamts Berchtesgaden, wo sie der Staat sich Vorbehalten hat. Vgl. hierüber Art. 2, 222 deS Berggesetzes vom 20. März 1869 (W.V1I.S. 607) und oben § 159 Nt. 12 S. 970. — Quelle und daraus abfließender Bach als Privatfluß sind hinsichtlich der Eigentumsund Besitzesverhältniffe vollständig verschiedene Gegenstände: E. d. obst. L G. IV. 40, VII. 385, Bl. f. R A. XLIII. 229, das Quellwasser bildet mit dem Grund und Boden, wo die Quelle entspringt, ein unausgeschiedeneS Ganze: Bl. f. R.A. XLII. 390 auch Erg.Bd. II. 238. Ueber Abgrabung des Quellwassers durch die Nachbarn vgl. E. d. obst. L.G. VII. 47; Bl. f. R.A. XLII. 386; auch E. d. obst. L.G. VII. 47 (Entziehung des Wassers durch einen Bahneinschnitt). Bezüglich einer Wafferbezugsservitut beim Vorhandensein mehrerer Quellen auf demselben Grundstücke vgl. Bl. f. R.A. XXXIX. 42. — Ueber das Verhältnis bergbaulichen Nutzungsrechtes an einer Quelle zu Privateigentum hieran, s. E. d. Berw.Ger.H. XII. 306. 6) Im Einzelnen ist aber zu unterscheiden, ob sie aus Privatgewässern oder öffentlichen Gewässern geführt sind; immerhin sind aber beide geschloffene Privatgewäffer, wenngleich im zweiten Falle Kollision mit den Bestimmungen über die öffentlichen Gewäffer entsteht; für die der zweiten Art ist zunächst Art. 10 W B.G. maßgebend, im übrigen unterliegen auch sie den Bestimmungen über die geschlossenen Privatgewässer. Bezüglich der vom Staate errichteten Kanäle s. oben § 185 S. 1047, 1048. Teilweise a. M. Roth, b. C.R. III. S. 161 Nt. 11. — Hinsichtlich Kanäle vgl. auch Bl. f. adm. Pr. XVI. 193, XVII. 13, XXL 201, XXVII. 294; auch M E. v. 18. Mai 1874, die Bewilligung zur Benützung der Stadtbäche in München betr.

XII. Kapitel.

Das Wasserrecht.

1053

II. Die geschlossenen Gewässer stehen im Eigentume des Grund­ besitzers?) In der Ausübung seines Eigentumsrechtes hieran ist er regelmäßig nicht weiter beschränkt, als er sich selbst dingliche oder obligatorische Beschränkungen auferlegt.') Ausnahmsweise ist er gesetz­ lichen Beschränkungen im nachbarlichen^) und öffentlichen Interesse unterworfen; dieselben sind bereits oben § 78 lit. B Ziff. 3a und b, Ziff. 4 (S. 573) angeführt?) Quellwasser ist auch der Enteignung fähig?«) (W. X. S. 351). Ueber den Unterschied zwischen künstlich angelegten Kanälen und Wasserleitungen einerseits und Privatslüffen anderseits (für letztere Eigenschaft spricht keine Vermutung) s. E. d. obst. L G. XIV. 775; Bl. f. R.A. LIX. 204. - DaS in einem künstlichen Graben auS einem an dem Grundstücke vorbeifließenden Privat­ puffe auf dasselbe vom Grundeigentümer abgeleitete Wasser ist geschloffene- Privatgewäffer: E. d. obst. L.G. II. 238. Verneint ist aber diese Eigenschaft für eine durch dauernde Ueberschwemmung eines Landstrichs entstandene Wasserfläche trotz Einbaue- einer Buhne, falls diese nach einer Seite hin noch die Verbindung mit dem Flusse offen läßt: E. d. obst. L.G. VHI. 49. *) Art. 33 W.B.G.; s- auch Bl. f. adm. Pr. XXX. 257. 7) Bal. auch Roth, b. C.R. III. S. 161. Ueber Grundwasser als Gegenstand einer Dienstbarkeit s. E. d. obst. L-G. VIII. 154. — Streitigkeiten über die Besitz-, Eigentum--, (Miteigentum--) und Benutzungsrechte (auch Umfang und Art der Benützung) sind privatrechtlicher Natur und gehören vor die bürgerlichen Gerichte; vgl. hieher E. d. Komp.Konfl.Ger.H. v. 6. Mai 1861 (R Bl. 1861 S. 467; W. Anh.Bd. S. 294); v. 13. Nov. 1865 (R.Bl. 1865 S. 1357; W. Anh.Bd. S. 305); v. 8. Nov. 1869 (R.Bl. 1869, S. 2099; W. Anh.Bd. S. 315); v. 27. Juni 1871 (R Bl. 1871 S. 1137; W. Anh.Bd. S. 318); v. 7. Februar 1872 (R.Bl. 1872 S. 858; W. Anh.Bd. S- 319); v. 28. Mai 1872 (RBl. 1428, W. Anh.Bd. S. 320); v. 23. April 1873 (R.Bl. S. 978; W. Anh.Bd. S. 323); E. d. obst. L.G. X. 307 (Miteigentum an künstlichen aus einem öffentlichen Fluß geleiteten Kanälen) XI. 453 (Recht-besitz de- Wasserbezugs). Ueber Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden gegenüber Streitigkeiten über Benützung von Gemeindebrunnen vgl. E. d. Komp.Konfl.Ger.H. v. 23. März 1863 (R.Bl. S. 523; W. Anh.Bd. S. 298); v. 7. Juni 1862 (R.Bl. S. 1983; W. Anh.Bd. S. 297); v. 26. März 1867 (R.Bl. S. 409; W. Anh.Bd. S. 308); Bl. f. R.A. XXXVII. 209; E. d. obst. L.G. XL 511; Bl. f. R.A. LX. 241 (Begründung eine- privat­ rechtlichen Wasserbezugsrechtes, insbesondere aus einer gemeindlichen Wafferleitung; Erhebung von Wasserzinsen); E. d. Berw.Ger.H. V. 15.

®) Hier gilt ebenfalls da- in Nt. 7 Gesagte.

9) Art. 34, 37 W.B.G. Hier entsteht kein eigentliches DienstbarkeitsverhältniS: E. d. obst. L G. IV. 470, doch können besondere abweichende Gmndgerechtigkeiten bestellt werden: E. d. obst. L.G. VIII. 399. — Vgl. zu Art. 34 W.B.G. noch E. d. obst. L G. V. 121 (Errichtung eines gemeinschaftlichen EntwäfferungSgrabenS); IV. 355; Bl. f. R.A. XXXVIII. 405 (Ableitung des Wassers durch einen Bahn­ einschnitt in den Keller deS Angrenzenden); zu Art. 35 W.B.G.: E. d. obst. L.G. IV. 61 (Abänderung einer Vorrichtung zum Zwecke besserer oder bequemerer Aus­ nützung einer entgegenstehenden Dienstbarkeit); IV. 470 (Besitzesschutz gegen Störung); XI. 453 (Zuleitung deS von einem anderen Grundstücke natürlich abfließenden Wassers); IX. 62 (Aenderung deS Wasserlaufes mittels künstlicher Anlage); IX. 182; Bl. f. R.A. XLVI. 348 (mittels Ziehung von Ackerfurchen): Bl. f. R.A. XXXIX. 246 (Begründung eines Rechtes auf Wasserzulauf); XXXIX. 11 (Verbindlichkeit des tieferliegenden Eigentümers, das herabfließende Wasser aufzunehmen, keine Sewitut); XL. 47 (Voraussetzungen eines Rechtes auf Wasserzuleitung); zu Art. 37 W.B.G.: E. d. obst. L.G. V. 118 (Anschluß eines Grabens an die Grenzlinie des

1054

Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

DaS Sachenrecht.

B. Vrivrlflüffe. I. Begriff und Eigentumsrecht. 1. Privatflüsse sind diejenigen Flüsse und Bäche, welche weder unter die in lit. A genannten Privatgewässer fallen, noch zur Schiff­ fahrt oder zur Floßfahrt mit verbundenen Hölzern dienen.^) 2. Die Privatflüsse einschließlich des bestehenden Gefälls sind Zubehör der anliegenden Grundstücke und stehen daher nach Maß­ gabe der Uferlänge eines jeden Grundstückes im Eigentume der Adjazenten; gehören die gegenüberliegenden Ufer verschiedenen Eigentümern, so bildet die durch die Mitte des Flusses nach Maßgabe des mittleren Wasserstandes gezogene Linie die Eigentumsgrenze, soweit sie nicht bereits in anderer Weise festgesetzt ist.12 * *) * * Ausnahmsweise * * * * * 10 * können aber Privatflüsse auch im Eigentume des Staates oder Dritter stehen, nachbarlichen Grundstückes keine Anlage auf diesem): 121 (Errichtung gemeinschaft­ licher Entwässerungsgräben); IV. 355 (Haftung deS Eigentümers auf Ersatz deS durch Veränderung deS natürlichen Wasserlaufes verursachten Schadens); IV. 414 (Erwerb eines Bewäflerungsrechtes); XI. 509 (Verjährungserwerb bei dem in einer Brunnenstube befindlichen Waffer); Bl. f. R.A. XXXVII. 289; XLIH. 199, 393; XLIV. 248; LI. 411; E. d. obst. L.G. II. 238; III. 368; XI. 509, 571 (Voraus­ setzungen der Verjährung vor und nach dem Inkrafttreten des W.B G.); Bl. f. R.A. XXXVII. 361 (Zwang zum Umbau bestehender Wasserleitungen); XXXI. 331; XL. 47 (Begriff der VicinitaS; Voraussetzungen einer Servitutbegründung); E. d. obst. L.G. VII. 57 (Klage wegen Störung eines Wasserbezugsrechtes bei drohender Gefahr). — Die Eisgewinnung ist eine natürliche Benützung des Wassers: Bl. f. R.A. XLIII. 87. — E. d. obst. L.G. X. 141 (Umfang und Wirkung eines Privatwaffers gegenüber Dritter im Falle einer mit Dritten gemeinschaftlichen Wafferleitung). Vgl. hiezu E. d obst. L.G. IV. 411 über die Eigentumsgrenze und deren Wirkung bei abfließendem Waffer. — Ueber die privatrechtliche Natur etwaiger Streitigkeiten, so­ weit nicht öffentlich-rechtliche Beschränkungen in Frage kommen, vgl. E. d. Komp. Konfl.Ger.H. v. 8. März 1874 (G.B.Bl. 1874 Beil. IV. S. 27; W. Anh.Bd. S. 325); E. d. obst. L.G. IV. 470; V. 118; Bl. f. RA. XLIV. 245. 10) Art. 38 W.B.G. Vgl. das Nähere oben § 84 lit. C Zjff. 4 S. 609. Vgl. hiezu E. d. Berw.Ger H. I. 395; IV. 190; V. 15, 331.

u) Art. 39 Abs. 1 W.B.G. Vgl. hiezu über den Begriff eines PrivatflusseS auch Bl. f. R.A. XXVIII. 152; dann E. d. obst. L.G. III. 103 bezüglich der Eigenschaft als Privatflutz eines im Miteigentume des Staates stehenden Neben­ armes eines öffentlichen Flusses — offenbar liegt hier die Ausnahme des Art. 2 Abs. 2 W.B.G. vor.

12) Art. 39 Abs. 1 und 3 W B.G. Dab diese Gesetzesstellen nur das Eigentum am Flutzbette betreffen, gibt auch Roth, b. C.R III. S 165 zu und schließt daher ein Miteigentum der Adjazenten am Flußbette aus. Dagegen soll aber offenbar das Wasser des Privatflusses im Miteigentume der Adjazenten stehen: Roth, b. C.R. in. S. 164 (jedoch auch S. 167 mit Nt. 1 ?); Bl. f. R A. XXV. 107; XXXI. 330; Pözl a. a. O. S. 150. Warum, falls man Eigentum am Waffer annimmt, dieses anders behandelt werden soll als das Flußbett, und wie jene Ansicht sich mit Art. 54 und 55 W.B.G. absindet, ist mir nicht erfindlich; m. E. ist das Wasser der Privatflüffe überhaupt nicht Gegenstand des Eigentumsrechtes; s. hierüber bereits oben tz 60 S. 443 Nt. 4 und § 77 Nt. 3 S. 567. Zustimmend auch v. Gerber, System deS deutschen PrivatrechtS 17. Auf!. S. 9; Regelsberger, Pand. I. S. 408; auch E. d. Berw.Ger.H. XII. 23. — Besitz- und EigentumSstreitigkeiten sind privatrechtlicher Natur und gehören vor die bürgerlichen Gerichte.

XII. Kapitel.

Das Wasserrecht.

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soferne diese Eigentumsverhältnisse zur Zeit des Erlasses des Wasserbenützungsgesetzes bereits bestanden haben.") 3. Eine besondere Stellung unter den Privatflüssen nehmen die dem Staate gehörigen Privatflüsse ein — hierüber s. das Nähere unter lit. C — und die dritten Personen gehörigen Gewässer; letzteren ver­ bleiben die ihnen zur Zeit des Erlasses des Wasserbenützungsgesetzcs zustehenden Benützungsrechte.")

II. Rechte der Eigentümer. 1. Verläßt der Fluß sein Bett, so bleibt dasselbe im Eigeutume der Adjazenten^') 2. Allusionen wachsen dem Eigentümer des Ufers zu.") 3. Bezüglich Avulsionen s. das Nähere oben § 82 Ziff. 4 S. 585.") 4. Bezüglich der im Flusse sich bildenden Inseln s. das Nähere oben § 82 Ziff. 2 S. 584.") 5. Die Anlage von Brücken, Stegen, Ueberfahrten steht den Ufereigentümern vom wasfergesetzlichen Standpunkte aus frei.19) 6. Der Ufereigentümer hat vorbehaltlich der Rechte Dritter die Befugnis, Pflanzen, Schlamm, Sand, Erde und Steine aus dem ihm gehörigen Flußbette zu nehmen, soweit dies ohne Nachteil für andere, besonders in Beziehung auf die Tiefe des Flusses und die Sicherheit der Ufer, geschehen kann.99) Auch die Fischerei steht dem Ufereigen­ tümer innerhalb seiner Wasserstrecke zu, nur die Perlfischerei ist dem Staate Vorbehalten.91)

III. Die Wasserbenützung im besonderen. Der Ufereigentümer hat das Recht der freien Benützung des über sein Flußbetteigentum fließenden Wassers, soferne er sich nicht *•) Art. 40 Abs. 1 W.B.G. Eigentumserwerb kann auch auf Grund unvor­ denklicher Verjährung geltend gemacht werden: E. d. obst. L.G. VII. 385. ") Art. 40 Abs. 2 und 3 W.B.G. Streitigkeiten über diese Rechte Dritter gehören als privatrechtliche vor die Civilgerichte: Reuß a. a. O. S. 68. ") Art. 41, 45 W.B.G. Vgl. das Nähere oben § 82 Ziff. 1 S. 583, 584. ,e) Art. 42 W.B.G. Vgl. hiezu oben § 82 Ziff. 3 S. 584, 585. ") Art. 43 W.B.G. 1 •) Art. 44, 45 W.B.G. Besitz- und Eigentumsfragen gehören in den Fällen der Ziff. 1—4 vor die Civilgerichte. E. d. Komp.Konfl.Ger.H. v. 8. März 1876 (G.«.Bl. 1876 Beil. IV S. 21; W. Anh.Bd. S. 325). Bezüglich Art. 41 W.B.G. ist gemäß Art. 8 Ziff. 14 des Berw.Ger.H.Ges. v. 8. Arm. 1878 eine verwaltungs­ richterliche Zuständigkeit gegeben: vgl. Reuß a. a. O. S. 70; Seydel, b. St R. V. S. 424; oben § 82 Nt. 4 S. 584. ,e) Vgl. auch Roth, b. C.R. III. S. 166. ”) Art. 46 Abs. 1 W.B.G. :1) Art. 46 Abs 2 W.B.G.; oben § 183 S. 1044. Hier ist auch die Goldwäscherei dem Staate Vorbehalten, durch Art. 240 Ziff. 6 des Berggesetzes vom 20. März 1869 (W. VII. S. 607) ist jedoch dieser Vorbehalt beseittgt. Nachdem Art. 1 des zit. Ges. daS Waschgold von den Mineralien ausnimmt, auf welche daS Berggesetz An­ wendung findet, so steht die Gewinnung des Waschgoldes dem Eigentümer des Flußbettes zu; irrtümlicherweise ist oben § 78 lit. B Zisf II. 7 e das Gegenteil angenommen. Vgl. hieher Reuß a. a. O. S. 72; Stupp, Kommentar z. Berg­ gesetz S. 30 Ziff. 3.

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Vermögensrechte. — Erste- Hauptstück.

DaS Sachenrecht.

selbst obligatorisch oder dinglich hierin beschränkt hat oder hierin gesetzlich, sei es mit Rücksicht auf die Rechte der übrigen Ufereigentümer oder der sonstigen Wasserberechtigten, sei es aus Gründen des öffent­ lichen Interesses, beschränkt ist; durch Lokalverordnung, Herkommen, besondere Rechtstitel oder Verjährung können gegenüber der gesetzlichen Verteilung des Wassers und seiner Benützung Ausnahmen begründet fein.2*) Solche festgesetzte Verteilungen des Wassers dürfen regel”) Art. 39 Abs. 2, Art. 54, 55 (hiezu s. oben § 78 Nt. 49 S. 574). Unter der gleichheitlichen Benützung ist, wenn die Ufer verschiedenen Eigentümern gehören, offenbar primär gleichzeitige und gleichseitige Benützung zu verstehen,- so auch E. d. Berw.Eer.H. XII. 23; Reuß a. a. O. S. 92; jedoch kann -wischen den Beteiligten auch eine andere Art der Verteilung der Benützung vereinbart werden (z. B. reden x]% Tag die ganze Waffermaffe). Teilweise a. M. Pözl a. a. O. S. 150: „DaS Gesetz habe unbestimmt gelaffen, in welcher Weise jedem seine Hälfte adgegrenzt werde." Dies ist m. E. nicht richtig; primär ist gesetzliche Abgrenzung vor­ handen; fie ist aber diSpofitiver, nicht zwingender Natur. — Bal. ferner E. d. obst. L G. n. 241 (über Nichtausübung des WafferbenützungSrechteS); Bl. f. R.A. LIL 124 (über unvordenkliche Verjährung); XXIX (über Umfang der Wafferbenützung). — Bezüglich der Zulässigkeit polizeilicher Beschränkungen vgl. Bl. f. adm. Pr. XV. 284; XIX. 44; Roth, b. E R. UL S. 169 Nt. 11. — Ueber Verkauf eines WafferbenützungS­ rechteS und gemeindliche Einsprache s. E. d. obst. L.G. L 169. — Polizeilich zeit­ weilig gestattete Aenderung des Wasserlaufes zum Zwecke der Ausbefferung einer Ufermauer, enthält keine Wafferbenützung und begründet daher auch keinen Ent­ schädigungsanspruch der beteiligten Adjazenten: E. d. obst. L.G. V. 128. — Ueber die privattechtliche Natur deS Art. 55 mit Recht Seydel, b. St.R. V. 428 Nt. 7 gegen Pözl a. a. O. S. 153 W.B.G. — Streitigkeiten über die Benützung der Privatpüffe sind im Prinzipe civilrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Natur, je nachdem die behauptete oder negierte Beschränkung deS Benützungsrechles deS Eigentümers im privatrecht­ lichen oder gesetzlich anerkannten öffentlichen Jntereffe besteht. Vgl. Reuß a. a. O. S. 67; E. d. Berw Ger.H. IU. 583; XI. 38 (Streitigkeiten über den Vollzug einer auf privatrechtlichem Titel beruhenden Wäfferungsordnung und über den Inhalt und Umfang der für die Wäsierungsberechtigten hieraus sich ergebenden Benützungs­ rechle sind privatrechtlicher Natur); XV. 28; Bl. f. R.A. XXV. 104; XXX. 300; XLIU. 5. Zu allgemein nimmt die civilrichterliche Zuständigkeit an E. d. obst. L.G. VIII. 679. Jedoch ist in der Praxis die civilrichterliche Zuständigkeit auch anerkannt, wenn gegenüber öffentlich-rechtlichen Beschränkungen ein „privattechtlicher BesreiungSgrund" gellend gemacht wird. DieS ist besonders wichtig für die An­ wendung des Art. 47 W.B G. Vgl. hiezu E. d. Komp.Konfl.Ger.H. v. 7. Mai 1866 (R.Bl. S. 557; W. Anh.Bd. S. 306); v. 15. Sept. 1868 (R.Bl. S. 2119; W. Anh.Bd. S. 310); v. 13. Mai 1869 (R.Bl. S. 1055,1119; W. Anh.Bd. S. 313); v. 15. März 1869 (R.Bl. S. 605; W. Anh.Bd. S. 313); v. 17. Dez. 1872 (R.Bl. 1873 S. 74; W. Anh.Bd. S. 322); v. 15. Dez. 1851 (R.Bl. 1852 S. 9; W. Anh.Bd. S. 273). E. d. Berw.Ger.H. V. 176 (Verjährung und Herkommen sind privattechtliche Befreiungsgründe); dagegen bezüglich deS Herkommens nicht mit Unrecht Seydel, b. St.R. V. S. 425 Nt. 4. Vgl. auch Art. 59 Abs. 2 W.B.G., wonach über Streitigkeiten, welche sich hinsichtlich der bestehenden Rechte über Wafferverteilung erheben, die Civilgerichte entscheiden. Siehe hiezu ferner über civilrichterliche Kompetenzen die E. d. Komp.Konfl.Ger.H. vom 20. Juni 1864 (R.Bl. S. 876; W. Anh.Bd. S. 303: Vergleich und Verjährung als PrivattechtStitel); v. 30. März 1857 (R.Bl. S. 354, 365; W. Anh.Bd. S. 203); v. 12. MLrz 1860 (R.Bl. S. 301; W. Anh Bd. S. 291); v. 13. März 1860 (R.Bl. S. 314; W. Anh Bd. S. 290); v. 8. Mai 1865 (R.Bl. S. 559; W. Anh.Bd. S. 304: Schadmersatz wegen unberechtigter Aenderungen); E. d. obst. L.G. VIII. 679. — Bezüglich Lokalverordnungen und Herkommen vgl. allgemein Art. 103 W.B.G.: „Wo im gegenwärtigen Gesetze Herkommen und Lokalverordnungen als maßgebend bezeichret

XII. Kapitel.

Das Wasserrecht.

1057

mäßig ohne Zustimmung aller Beteiligten nicht abgeändert werden?^) Die wassergesetzlichen Beschränkungen des Usereigentümers in ihrer positiven und negativen Wirkung gegenüber dem Eigentumsrechte sind im wesentlichen bereits oben § 78 lit. B Ziff. II, 5—7 (S. 573 ff.) unter den gesetzlichen Eigentumsbcschränkungen aufgeführt; einer Wieder­ holung derselben bedarf es hier nicht?^) Hiezu kommt noch als gemein­ schaftliche Last der Ufereigentümer und der zur Benützung des Wassers berechtigten Triebwerke und Wasserleitungen die Reinigung, Erhaltung und Wiederherstellung des Flußbettes; nur bett Eigentümern von Trieb­ werken und Stauvorrichtungen unterliegt regelmäßig die Reinigung ausschließlich, soweit ihr Aufstau reicht; zu diesem Behufe ist ihnen auch das Betreten der Ufergrundstücke gestaltet; jedoch steht dem Ufer­ eigentümer das Recht zu, die Reinigung selbst zu übernehmen. Durch lokale Verordnungen, Herkommen, besondere Rechtstitel und Ver­ jährung können diese Verpflichtungen anders festgesetzt fein.25) Er­ find, äußern dieselbe eine rechtliche Wirkung nur, insoweit sie nach den in den ver­ schiedenen Gebietsteilen geltenden Gesetzen eine RechtSquelle bilden, bezw. rechtSgiltig find." Hiezu s. besonders Bl. f. adm. Pr. XXXV. 133 ff.; 321 ff. “) Art. 59 W.B.G. Ausnahmen normieren Art. 62 und 63 W.B.G. (auch Art. 64 und 65 W.B.G); über diese s. bereits oben § 78 lit. B Ziff. 6 d und e 6. 576: zu Art. 63 W.B.G. auch Bl. f. R.A. XI.II. 176. “) In Betracht kommen folgend« Art. des W.B.G.: Art.47 Abs. 1 ({. oben 8 78 lit. B Ziff. 5a S. 573); Art. 52 «lf. 1 (f. 8 78 lit. B Ziff. 5 d S. 574 und unten S. 1059 mit Nt. 31); Art. 89 Uf. 2, Art. 54 (s. 8 78 lit. B Ziff. 5 c S. 574; über unvordenkliche Verjährung gegenüber Art. 54 W.B G. vgl. Bl. f. R.A. LIL 125 Nach Art. 54 Abs. 2 W.B.G. kann zu einer Abweichung von der Bestimmung deS Art. 54 Abs. 1 W.B.G von der Verwaltungsbehörde dann die Ermächtigung erteilt werden, wenn durch die Ableitung deS Wassers anderen Be­ nachteiligten kein Schaden verursacht wird (vgl. oben 8 78 Rt. 49 S. 574]; über die Auffassung dieser Gesetzesstelle besteht Streit, vgl. E. d. obst. L G. VII. 130; Seydel, b. St.R. IV. S. 428 gegen E. b. Berw.Ger.H. III. 589; XII. 23. Vgl. hiezu ferner E. d. Komp.Konfl.Ger.H. vom 15. Sept. 1868 jR.Bl. S. 2119; W. Anh.Bd. S. 311]; vom 15. März 1869 (RBl. S. 605; W. Anh.Bd. S. 313]; v. 17. Dez. 1872 sR.Bl. 1873 S. 74; W. Anh.Bd. S. 322]. E d. Berw. Ser.H. III. 583; XI. 38; E. d. obst. L.G. V. 128; X. 106. Vgl. hiezu E d. Berw.Ger.H. XII. 292 [über Quantum des zurückzuleitenden Wassers]; XII. 23 [civil- und verwaltungsrichterliche Zuständigkeit, erstere ist nur bei privatrechtlichen AuSnahmsverhältniffen gegeben]; E. d. obst. L.G. VII. 130 [civilrichterliche Kompetenz]; X. 106 Bl. s. R.A XLvni 276 [unzulässiger Rückstau ist von der Boraussetzung mittlcren Wasserstandes unabhängig]; E. d. obst. L.G. XII. 27 [über Zuleitung wirtschaft­ lich unbrauchbaren Wassers zum unterhalb liegenden Ufereigentümer]); Art. 56(s. 8 78 lit. B Ziff. 5dS. 574; vgl. hiezu E. d. Berw.Ger.H. II. 558); «rt. 58 (s. 8 78 lit. B Ziff. 5 e S. 574; Entschädigungsansprüche Dritter sins vorbehalten, dieselben sind privatrechtlicher Natur; vgl. hieher E. d. obst. L.G. VIII. 446; E. d. Berw.Ger.H. V. 47; Bl. f. adm. Pr. XVI. 185; XXV. 47); Art. 60 (s. oben 8 78 lit. B Ziff. 5 f. S. 574; hiezu E. d. obst. L.G. V. 650); «rt. 61 (s. 8 78 lit. B Ziff. 5 g ®. 575; vgl. hiezu E. d. Berw.Ger.H. XIV. 66 über verwaltungsrechtlichen Schutz der durch eine Anlage Benachteiligten); «rt. 64 «bs. 2 (s. 8 78 lit. B Ziff. 5 h©. 575); Art. 4 (s. 8 78 lit. B Ziff. 6a S. 575); «rt. 47 «bs. 2, «rt. 51 (s. 8 78 lit. B Ziff. 6 b©. 575; auch unten Nt. 25 ff.); «rt. 53 (s. 8 78 lit. B Ziff. 6 c); Art. 62, 63 «bs. 4 (s. 8 78 lit. B Ziff. 6 d; vgl. hieher Bl. f. adm. Pr. XVI. 241; XVII. 393; XVIII. 317; E. d. Berw.Ger.H. II. 556). ,s) Art. 47 Abs. 2 W.B.G. Vgl. hiezu Bl. f. adm. Pr. XVI. 285, 390; Becher, Landescivilrecht und LandeScivilprozeßrecht. 67

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Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

Das Sachenrecht.

forderlichenfalles hält die Verwaltungsbehörde auf Antrag eines Be­ teiligten oder der Gemeinde oder selbst von Amtswegen die Ver­ pflichteten zur Reinigung der Ufer und Ausräumung des Flußbettes an; im Falle der Saumseligkeit kann sie solche Arbeiten unmittelbar auf Kosten der Säumigen vornehmen lassen. Soweit die Verteilung dieser Last nicht rechtlich festgesetzt ist, hat die Verwaltungsbehörde diese festzusetzen und vollziehen zu lassen?") Wird die Verpflichtung auf dem Grund civilrechtlicher Verhältnisse bestritten, so haben hier­ über die bürgerlichen Gerichte zu entscheiden, unbeschadet der Befugnis der Verwaltungsbehörde, in dringenden Fällen ihre Anordnungen vorläufig vollstrecken zu lassen?') Auch bestimmt die Verwaltungs­ behörde ersorderlichenfalles die Plätze, an welche das bei der Aus­ räumung des Flusses ausgeworfene Material gebracht werden soll, die Zeit der Ausräumung und die Frist zur Wegführung des ausgeworfencn Materials; die vorläufige Niederlegung desselben auf den Ufern, und zwar in der Regel auf jeder Seite zur Hälfte, sowie das Betreten der Grundstücke zum Zwecke der Ausräumung haben die Eigentümer unentgeltlich zu gestatten; bei den zu Triebwerken und Stauanlagen besonders dienenden Gerinnen und Kanälen haben die Ufereigentümcr für diese Benützung ihrer Grundstücke eine vom Civilrichter festzusetzcnde Entschädigung zu beanspruchen, soferne nicht durch Lokalverordnung, Herkommen, besondere Rechtstitel oder Verjährung anderes bestimmt ist?8) Die bei einem Privatflussc oder Bache Be­ teiligten sind ferner insgesamt oder auch einzeln befugt, auf ihre Kosten an und in den Nebenzuflüssen diejenigen Vorrichtungen zu treffen, welche zur Erhaltung des normalen Wasserstandes des Flusses erforderlich sind; zu diesem Zwecke haben sie auch das EnteignungsXVIII. 194, 367, 383; XXVII. 276 , 284, 289; XXXIX. 123, 381, 384; XXX. 77, 103, 125; E. d. Verw.Ger.H. II. 390; Reuß a. a. O. S. 73; Seydel, b. St.R. V. S. 425. ie) Die von der Verwaltungsbehörde bestimmten Beiträge werden nach den über die Zwangsvollstreckung der kgl. Rentämter bestehenden Vorschriften durch diese erhoben: Art. 49 Abs. 4 W.B.G. Vgl. hiezu Komp.Konfl.Ger.H. E. v. 7. Mai 1866 (R.Bl. S. 557; W. Anh.Bd. S. 306). E. d. Verw.Ger.H. H. 230; Bl. f. adm. Pr. XXXI. 309 Anm.; Seydel, b. St.R. V. S. 426 Nt. 2; Reuß a. a. O. S. 79. — Bezüglich der Zeit der Flußreinigung s. E. d. Verw.Ger.H. II. 390. 2T) Vgl. hiezu die in Nt. 22 zit. E. d. Komp.Konfl.Ger.H., E. d. Ger.H. V. 176 und Bl. f. adm. Pr. XXIX. 251.

Berw.

”) Art. 47 Abs. 2, Art. 49-51 W.B.G. Die Anwendung der Art. 47-51 wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß ein Privatfluß die Eigenschaft eines sog. Wildbaches hat: E. d. Verw.Ger.H. V. 176. — Die dem Usereigentümer obliegmde öffentlich-rechtliche Reinigungspflicht ist als eine auf dem betreffenden Grundeigeiitume ruhende Verbindlichkeit aufzufassen, deren Erfüllung dem jeweiligen Eigentümer obliegt: E. d. Verw.Ger.H. X. 266 (Rechtskraft gegen die Besitznachfolger); auch XIV. 251 (Wegfall der Reinigungspflicht bei außerordentlichen, nicht im Aufstau liegenden Berhältniffen); Bl. f. adm. Pr. XLI. 348 (Inhalt einer BachreinigungSversügung); 345 (Unterschied zwischen Flußreinigung und Uferschutz); XLII. 75 (provisorische Nachreinigung gegenüber privatrechtlichem Widerspruch).

XII. Kapitel.

Das Wasserrecht.

1059

recht?'-') Dem Fischereiberechtigten steht kein Widerspruch gegen An­ lagen zur Wasserbenützung zu; jedoch sind ihm etwa zustehende Ent­ schädigungsansprüche Vorbehalten?") Die Verwaltungsbehörden haben Pflicht und Recht, den Gebrauch der Privatslüssc zu überwachen; sie können im allgemeinen Interesse allgemeine und Einzelanordnungcn polizeilicher Natur erlassen: sie haben die Aussicht über die zum Schutze der Ländereien mehrerer Eigentümer dienenden Deiche und anderen Schutzbauten?')

C. Die Privatflüffe des Staate» im tesaaderea. Aus die Staatsprivatflüsse finden im wesentlichen die Bestimm­ ungen über die öffentlichen Flüsse Anwendung, soweit sie ihrem Inhalte nach auf dieselben paffen?2) § 187. Die Tristgewässer im besonderen.

I. Tristgewässer sind diejenigen Flüsse — öffentliche') wie private —, welche der Flößerei mit Bloch- und Scheitholz dienen. Durch die Eigenschaft als Tristgewässer verliert ein Fluß oder Bach seine Eigenschaft als Privatfluß nicht?) Jeder Fluß oder Bach kann durch die Staatsregierung oder mit ihrer Bewilligung durch Dritte zur Flößerei mit Bloch- und Scheitholz neu bestimmt und eingerichtet werden; zu diesem Zwecke kann Enteignungsrecht ausgeübt werden?) Insoweit nicht im nachstehenden Besonderes erwähnt ist, gelten für Art. 48 W.B.G. ao) Art. 57 W.B.G.; oben § 183 S 1045. Bgl. hiezu Bl. s. adm. Pr. XVI. 264; XIX. 16; E. d. obst. L.G. IV. 400; VI. 66; VIII. 49, 446; IX. 98; X. 172, 394; XI. 315; Bl. s. R.A. XXXIV. 394; XXXIX. 70; L. 184. ’*) Art. 52 W.B.G. Diesbezügliche Streitigkeiten sind öffentlich-rechtlicher Natur und gehören vor die Verwaltungsbehörden; vgl. hiezu E. d. Berw.Ger.H. V. 62. — Bgl. hieher auch Bl. f. adm. Pr. XXVII. 346; Bl. f. R.A. XLII. 362; XLVIII. 136; E. d. O L G. München in Strss. I. 464; E. d. Komp Konfl. Ger.H. vom 15. Sept. 1868 (R Bl. S. 2119; W. Anh.Bd. S. 311); E. d. Berw.Ger.H. in. 434; V. 62; XI. 377; Bl. f. adm. Pr. XV. 284; XXV. 407; XXIX. 259; Seydel, b. St.R. V. S. 427; Reuß a. a. O. S. 83 ff. Privatrechtliche .Verpflichtungen, z. B. Ueberschwemmungen zu verhüten, gehören natürlich vor die bürgerlichen Gerichte: vgl. E. d. Komp.Konfl.Ger.H. v. 13. März 1860 (R Bl. S. 314; W. Anh Bd. S. 291). ”) Art. 40 Abs. 2 W.B.G. Als anwendbar sind erklärt die Art. 1 Abs. 2, Art 4, 9—17, 18 Abs. 1, Art. 19, 23—29 W.B.G. Ihrem Inhalte nach sind unamvendbar die Art. 1 Abs. 1, Art. 2, 3, 7, 8, 20, 21; auch teilweise Art. 18 Abs. 2 W.B.G.; bezüglich der übrigen unanwendbaren Artikel vgl. Seydel, b. St.R. V. S. 424 Rt. 4. Bgl. E. d. Berw.Ger.H. II. 591 (Pflicht zur Reinigung deS Flußbettes und Beseitigung der Hinderniffe des WafferlauseS); XI. 190 (Zuständig­ keiten wie bei öffentlichen Flüssen); 295 (Aichpfahlsepung); E. d. obst. L.G. VII. 210 (Beschränkung des Berfügungsrechtes über staatliche Privatflüffe). ') Bl. f. R.A. XXXVII. 222. 8) Art. 66 W.B.G. •) Art. 70 W B.G. Art. 5 W.B.G. ist für anwendbar erklärt.

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Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

Das Sacheurecht.

die Tristgewässer die gleichen Vorschriften, wie für die übrigen öffentlichen bezw. Privatflüsse. II. Die Ausübung der Flößerei auf den Tristgewässern ist unter Beobachtung der zur Regulierung des Gebrauches zur Zeit des Er­ lasses des Wasserbenützungsgesetzes bereits bestehenden oder von der Staatsregierung seitdem erlassenen Anordnungen jedermann gestattet, soferne nicht durch Lokalverordnungen, Herkommen, besondere Rechts­ titel oder Verjährung ausschließende Rechte zur Benützung der Triftgewässer oder bestimmte Beschränkungen in der Ausübung der Flößerei bestehen. Soweit nicht erworbene Rechte entgegenstehen, können für die Benützung der zur Flößerei dienenden Vorrichtungen auch ent­ sprechende Gebühren erhoben werden/) Auch ist es der Staatsregierung Vorbehalten, zur Regelung und Leitung der Flößerei Triftordnungen zu erlassen und insbesondere die Entschädigungen und Gebühren für den Stillstand der Triebwerke und die bei dem Flößereibetriebe zu leistende Beihilfe, sowie für die Benützung der bestehenden besonderen Vorrichtungen für die Flößerei festzusetzen. Den Beteiligten steht der Civilrechtsweg offen gegen den die Flößerei Betreibenden, wenn er eine höhere Vergütung ansprechen zu können glaubt?) Bei allen Triftgewässern sind die Ufereigentümer verpflichtet, sich jeden Gebrauches des Wassers zu enthalten, welcher die Flößerei gefährdet, sowie die zur Beförderung der Floßhölzer nötige Betretung des Ufers und den Flößerpfad in der üblichen Breite ohne Ent­ schädigung zu dulden, insoferne ein Anspruch hierauf nicht durch ein zur Zeit des Erlasses des Wasserbenützungsgesetzes bereits erworbenes Recht begründet ist64) * Für Beschädigungen, welche den Ufereigentümern, den Besitzern von Triebwerken und anderen Beteiligten durch die Ausübung der Flößerei unmittelbar verursacht werden, sind, insoweit bereits erworbene Rechte nicht entgegenstehen oder die Beschädigungen nicht als eine natürliche Folge versäumter Unterhaltung der User oder Triebwerke u. ]. w. erscheinen, diejenigen ersatzpflichtig, welche die Flößerei aus­ üben. Die Festsetzung der Entschädigung geschieht, in Ermangelung gütlicher Uebereinkunft, durch die Gerichte.') 4) Art. 68 W.B.G. Vgl. hiezu Bl. s. adm. Pr. XXV. 11; XXVII. 365, 375; XXX. 29, 279; E d. O L G. München in Strss. III. 375. *) Art. 72 W.B G. Bgl. hiezu E. b. obst. L.G. V. 125; Bl. s. R.A. XXXIX. 874; E. b. obst. L.G V. 885 (civilrichterliche Zuständigkeit für bit Entscheidung über einen aus Herkommen ober Verjährung beruhenden Anspruch auf Triftgebühren); VI. 757 (Verpflichtung eines Mühlbesitzers zur Anwendung aller nach seinem Trieb­ werke zulässigen Mittel behuss Vermeidung einer Ueberschwemmung fremder Grund­

stücke); X. 115 (BerzichtSerklärung eines Triebwerkbesitzers vor der Verwaltungs­ behörde auf Entschädigung für Stillstand des Triebwerkes während der Flößereiausübung); VI. 62; Bl. f. R.A. XLI. 66. — Bezüglich des Ersatzes des Wortes „denselben" durch „bei dem Flößereibetriebe" s. Seydel, b. St.R. V. 432 92t. 7. •) Art. 67 W.B.G. Bgl. hiezu E. d. obst. L.G. VII. 505 (Begriff drS FlößerpfadeS). ’) Art. 69 W.B.G. Streitigkeiten sind privatrechtlicher Natur: Seydel, b.

XII. Kapitel.

Das Wasserrecht.

1061

III. Wird die Flößerei auf einem Privatflusse wieder aufgehoben, so sind die bei dem Flusse Beteiligten berechtigt, die Wegräumung der zur Flößerei getroffenen, den freien Lauf des Wassers hindernden Einrichtungen auf Kosten des Staates bezw. desjenigen, welchem die Einrichtung der Flößerei bewilligt wurde, zu verlangen. Die Ver­ waltungsbehörde hat hierüber auf Antrag der Beteiligten zu verfügen, kann im Falle der Saumseligkeit die erforderlichen Arbeiten unmittelbar auf Kosten der Säumigen anordnen, jedoch stets nur vorbehaltlich des Rechtsweges, soweit hiebei Privatrechte berührt werden?)

§ IBS. Triebwerke und andere Stauvorrichtuugen.

Die nachstehenden Grundsätze haben sowohl für öffentliche als Privatflüsse Geltung.') I. Die Errichtung einer Stauvorrichtung an einem öffentlichen oder Privatflusse, an welchem sich Triebwerke befinden, oder die Errichtung eines Triebwerkes mit gespannter Wasserkraft an einem öffentlichen oder Privatflusse, sowie die Vornahme von Abänderungen hieran, welche auf den Verbrauch des Wassers oder die Höhe des Oberwassers Einfluß haben, setzt ein Verfahren vor der Verwaltungs­ behörde voraus, das die Prüfung und Entscheidung der Frage zum Gegenstände hat, ob das Unternehmen vom Standpunkte des öffent­ lichen Interesses keinem Anstande unterliegt. Einsprüche, die auf Grund bestehender Privatrechtsverhältnisse erhoben werden, bleiben der civilgerichtlichen Entscheidung überlassen?) Auch ist zu jeder St R. V. S. 433 9h. 6. Vgl. hieher E. b. obst. L.G. D. 188; Bl. f. R.A. XXVII. 222 (solidarische Haftung); E b. obst. L.G. IV. 645; Bl. s. RA. XXXIX. 73; E. b. obst. L.G. VII. 505 (civilrichterliche Zuständigkeit für Klagen wegen lkigentumScingriffS bei Ausübung bet Triftfiößerei); IX. 491 (konkurrierende Verschuldung beS UsereigentümerS). Eine gütliche Uebereinkunft kann auch vor ben Verwaltungs­ behörden gilttg abgeschlossen werben: Reuß a. a. O. S. 112,113. — S. auch Bl. f. abm. Pr. XXVII. 275. •) Art. 71 W.B.G. *) Dies geht sofort auS Art. 73 W.B.G. hervor. — S. ferner Art. 78—80 W.B.G. über bie Ausführung eines Wasserwerkes; hiezu E. d. Verw.Ger.H. II. 626, 348; bezüglich ber zu GewerbSunternehwungen erforderlichen polizeilichen Bewilligung s. Art. 81 W.B.G.; § 23 Abs. 1 R.Gew.Ordn, in ber Fassung vom 1. Juni 1891 und Näheres bei Seybel, b. St.R. V. S. 434 mit Rt. 7; auch E. b. obst. L.G. VIII. 679. ’) Näheres insbesondere über bas Berfahren vor ber Verwaltungsbehörde s. Art. 73—76 W.B.G.; ferner über Zuständigkeit unb Berfahren berselben im allgemeinen Art. 92—95 W.B.G.; hiezu s. Seybel b. St.R. V. S. 438 , 439; Bl. s. abm. Pr. XL. 102 ff. Ein zum administrativen Jnstruktionstermine ord­ nungsmäßig geladener privatrechtlich Beteiligter, der aus Grund seine» Privatrechtes nicht Widerspruch erhoben hat, muß stch die Ausführung des Werkes gefallen lassen: E. b. obst. L.G. X. 32; Bl. f. R.A. XLVHI. 191. — Vgl. hiezu E. b. Komp. Konst.Ger.H. v. 1. Juli 1867 (R.Bl. 1867 S. 852; W. Anh.Bd. S. 309); vom 27. Juni 1871 (R.Bl. S. 1137; W. Anh.Bd. S. 318); vom 12. Dez. 1871

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Vermögensrechte. — Erstes Hanptstück.

Das Sachenrecht.

Abänderung oder Auswechselung von Hauptteilen an dem Wasserbau bestehender Triebwerke und Stanvorrichtungen die vorgängige Ge­ nehmigung der Verwaltungsbehörde erforderlich?) Jeder Ufereigentümer, welcher zur Benützung des ihm zustehcnden Wassers für die Bewässerung seiner Grundstücke ein Stauwerk errichten will, ist befugt, gegen vorgängige volle Entschädigung von dem Eigen­ tümer des jenseitigen Ufers die Benützung desselben zum Anschlusse des Werkes in Anspruch zu nehmen; Triebwerke, Gebäulichkeiten und die dazu gehörigen Höfe und Gärten sind aber von diesem Ansprüche befreit, auch kann ein solcher zu gewerblichen Zwecken nicht geltend gemacht werden. Der Eigentümer des für den Anschluß eines Stau­ werkes in Anspruch genommenen Ufers kann zu jeder Zeit die Mit­ benützung des Stauwerkes verlangen gegen Teilnahme an den Kosten der Errichtung und des künftigen Unterhaltes des Werkes im Ver­ hältnis der angesprochencn Mitbenützung; in diesem Falle ist jedoch keine Entschädigung für den Anschluß zu leisten und sind die dafür bezahlten Summen zurückzugeben. Wird die Mitbenützung erst nach dem Beginne oder der Vollendung des Werkes verlangt, so hat der­ jenige, welcher sie anspricht, außerdem den Mehrbetrag der Kosten allein zu tragen, welcher durch die für die Mitbenützung erforderlichen Abänderungen veranlaßt wird. Streitigkeiten sind privatrechtlicher Natur und gehören vor die bürgerlichen Gerichte?)

II. Wird infolge der Höhe des Wehres, wozu eine Stau­ vorrichtung berechtigt ist, fremdes Eigentum durch das Wasser be­ schädigt, so muß der Besitzer jener Vorrichtung die Tieferlegung des (R.Bl. 1872 S. 425; W. Anh.Bd. S. 319); E b. Bern» Ger.H. II. 94 (Gefährdung deS öffentlichen Interesses), 390, 556; IV. 177 (Begriff der Stauvorrichtungen und Triebwerke); V. 62 (Vorschriften über Wasserführung); VIII. 251 (Zusammenhang mit Bewässerungsunternehmen); XI. 262 (erste Voraussetzung für die Ausführung einer Stauvorrichtung ist die privatrechtlich« Möglichkeit über baS Wasser frei zu verfüge»; ist biese strittig, so entscheiben hierüber bie bürgerlichen Gerichte); XII. 404 (Wirkung rechtskräftiger Entscheidungen); auch Bl. f. abm. Pr. XVI. 193, 209; XXV. 241; XXVII. 242; XXVIII. 351; Seybel, 6. St R. V. S. 435; E. b. obst L.G. II. 291 (Nichterforbernis notarieller Beurkundung für bie Zustimmungs­ erklärung eines Ufereigentümers zu einer Aenberung); VI. 658 (rechtliche Wirk­ samkeit eines vor ber Verwaltungsbehörde abgeschlossenen Vergleichs selbst über dingliche Rechte); VIII. 679; Bl. f. R.A. XLII. 133 (civilrichterliche Zuständigkeit auf Grund eines vor der Verwaltungsbehörde abgeschloffenen Vergleiches). — Ueber Aichpfahlsetzung s. Art. 77 W.B.G. Streitigkeiten über die Verpflichtung hiezu sind BerwaltungsrechtSsachen. Art. 8 Ziff. 14 Berw.Ger.H.Ges.; E. d. Berw. G«r.H. II. 348; IV. 330; XI. 213, 294. S. auch Reger, Entsch. II. 93. Besteht über die zuständige Wafferhöhe Streit, so entscheiben hierüber die Civilgerichte: E. b. Berw.Ger.H. XVI. 85. — Art. 77 W.B.G. enthält zwingenbes unb öffent­ liches Recht: E. b. Berw.Ger.H. XI. 213. Er findet auch aus Triebwerke, welche sich an einem im Eigemume eines einzelnen befindlichen Privatflusse befinden, An­ wendung: E. d. Berw Ger.H. XVI. 100. •) Art. 82 W.B.G. 4) Art. 86—88 W B G. Vgl. hiezu auch Bl. f. abm. Pr. XVI. 210 unb oben § 78 lit. B Ziff. 6b S. 577.

Wehres gegen entsprechende Schadloshaltung gestatten, soscrne ihm selbst nicht dadurch ein überwiegender Nachteil verursacht würde. Ueber die Zulässigkeit eines solchen Begehrens und über die zu treffende Einrichtung entscheidet die Verwaltungsbehörde; die Ent­ schädigungsfrage gehört vor die bürgerlichen Gerichte?) Entstehen infolge der Errichtung eines den bestehenden Be­ rechtigungen entsprechenden Stauwerkes Ueberschwemmungen, Rück­ stauungen, Versumpfungen oder andere Beschädigungen und können diese Uebelstände durch Abänderung der Vorrichtung, ohne die Trieb­ kraft zu schmälern, beseitigt werden, so müssen die Eigentümer solcher Werke die Abänderung aus Kosten der Beschädigten gestatten. Ueber die dem Eigentümer etlva zukommende Entschädigung, bei welcher auf das Verhältnis der künftigen zu den bisherigen Unterhalts­ kosten Rücksicht zu nehmen ist, entscheiden die bürgerlichen Gerichte?) III. Sind in einer Gemeinde zum Vorteile mehrerer Triebwerke oder anderer Stauvorrichtungen auf Kosten der Gemeinde Wasser­ bauten errichtet worden, so bleiben die hinsichtlich der Benützung des Wassers und der dazu dienenden Anstalten, sowie hinsichtlich der dafür von den Einzelnen zu leistenden Beiträge und Gebühren be­ stehenden Anordnungen in Kraft?)

§ 189. Bewässerungs- und Entwässerungsanlagen.

I. Kleinere Unternehmungen. Behufs der Bewässerung und Entwässerung zum Zwecke der Bodenkultur kann der Eigentümer eines fremden Grundstückes gezwungen werden, die ober- und unterirdische Zuleitung und Ableitung des Wassers über dasselbe zu gestatten, wenn die Anlage einen wesent­ lichen landwirtschaftlichen Nutzen gewährt, wenn dieselbe nicht auf andere im Verhältnis zur Größe und zum Nutzen der Unternehmung stehende, einem Dritten keine oder eine geringere Belästigung zufügende Weise ausgeführt werden kann, dem Besitzer des in Anspruch genommenen Grundstückes ein wesentlicher Nachteil bezüglich der besonderen Be­ nützung desselben oder seines Wirtschaftsbetriebes überhaupt nicht zugeht, die Zuleitung oder Ableitung des Wassers nicht durch Gebäude oder einen Gebäudekomplex oder durch zum Umfange derselben gehörige Hoireiten oder Gärten gerichtet werden will und für die Belastung vorausgehcnde Entschädigung geleistet wird?) Die Verhandlung und e) Art. 83 W B G. — Vgl. hiezu E. d. Berw.Ger.H. II. 558; Reuß S. 133; Seydel, b. St R. V. S. 436. •) Art. 84 W.B.G. Vgl. hieher oben § 78 lit. B Zifs. 6 g @. 576, 577. ') Art. 85 W.B G. Hiezu Art. 56 der rechtsrh. Gem.Oron. v. 29. April 1869 (für Privatgewäffer geltend), welcher neben Art. 85 W.B.G. Geltung hat; s. Seydel, b. St.R. V. S. 437. Vgl. hieher Erk. d. Komp.Konfl.Ger.H. vom 6. Mai 1861 (R.»l. S. 467; W. Anh.Bd. S. 294). *) Art. 89 Abs. 1 W.B.G., Ges. v. 15. April 1875, die Bestimmung des Art. 89 deS W.B.G. betr. (W. X. S. 708). Vgl. oben § 78 lit. B Zifs. 7 c S. 577;

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Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

Das Sachenrecht.

Entscheidung über die Zulassung und die Art und Weise der Aus­ führung steht der Verwaltungsbehörde zu, die Feststellung der Ent­ schädigung erfolgt unter Beobachtung des Enteignungsverfahrens durch die bürgerlichen Gerichte.^) Kann der Eigentümer der mit Dienstbarkeit belasteten Grundstücke wahrscheinlich machen, daß aus der Unter­ nehmung künftige erhebliche Benachteiligung für sein Eigentum oder seine Berechtigungen zu befürchten steht, so kann er verlangen, daß den Unternehmern durch das Gericht eine entsprechende Sicherheits­ leistung auf eine bestimmte Zeit auferlegt werde?) II. Größere Unternehmungen. Bewässerungs- und Entwässerungsunternehmungen zum Zwecke der Bodenkultur, welche einen unzweifelhaften überwiegenden land­ wirtschaftlichen Nutzen gewähren, sich auf eine bedeutende Grund­ fläche erstrecken und ohne Ausdehnung auf fremde Grundstücke oder zwangsweise Entwehrung unbeweglichen Eigentums nicht ausführbar sind, können als Unternehmungen für öffentliche Zwecke erklärt werden?) 1. Vereinigen sich zum Zwecke der Herstellung einer gemeinschaft­ lichen Bewässerungs- oder Entwässerungsanlage mehr als drei Grund­ eigentümer, so bilden dieselben eine Genossenschaft^), für die folgende Grundsätze gelten: a) Die Bildung der Genossenschaft kann freiwillig erfolgen, indem die Beteiligten die Genossenschaftsbildung beantragen oder bei Vorhandensein der gesetzlichen Voraussetzungen selbst zur Genossenschafts­ bildung schreiten b); sie kann aber auch zwangsweise geschehen, wenn

ein Bewässerungs- oder Entwässerungsunternehmen der obenbezeichneten Art zweckmäßig nur durch Ausdehnung auf eine mehreren Eigentümern gehörige Grundfläche ausgeführt werden kann; hier können die wider­ sprechenden Grundbesitzer zur Teilnahme an der gemeinschaftlichen Anlage in Ansehung des benötigten Areals und zur Tragung der treffenden Herstellungs- und Unterhaltungskosten gezwungen werden, wenn die Eigentümer von wenigstens zwei Dritteilen der ganzen bei der Anlage beteiligten Grundfläche sich für das Unternehmen erklären?) auch Bl. f. adm. Pr. XXVII. 302; E. b. Verw.Ger.H. IN. 356, 535 (Drainagen). Hier handelt cs sich um kleinere Unternehmungen, für größere ist das B.E.G. maßgebend; Seydel b. St R. V S. 441. ‘) Art. 89 Abs. 2 und 3 W.B G. Vgl. hiezu Zwangsenteignungsgesetz vom 17. Nov. 1837 und hierüber oben § 84 lit. B S. 591 ff.; ferner E. d. Berw.Ger.H. XIV. 178 (Ausspruch über die Entschädigungspflicht). Art. 90 W.B G. Neben Sicherheitsleistung kann das Gericht auch einst­ weilige Bersügungen erlassen: § 814 ff. R.C P.O. mit § 16 Ziff. 4 E.G. z. R.C.P.O ; Reuß a. a. O. S. 142. 4) Art. 1 B.E.G. Vgl. hiezu E. d. Verw.Ger.H. III. 535,542 (Drainagen); Bl. f. adm. Pr. XVI. 273 (Bodenkultur); XVI. 282 (überwiegender Nutzen). 6) Art. 2 Abs. 1 B.E.G. Doch können auch privatrechtlicke Vereine oder Einzelne solche Unternehmungen durchführen, foferne nicht die Voraussetzungen der öffentlich-rechtlichen Genoffenschaft gegeben sind: Seydel, b. St.R. V. S. 442. e) Art. 2 Abs. 1 B.E.G. ’) Art. 16 B E G Vgl. hiezu Bl. s. adm. Pr. XXVI. 81; E. d. BerwGer.H. XI. 282; Seydel, b. St.R. IV. S. 444.

Die hienach zur Teilnahme gezwungenen Personen können sich aber der Annahme des ihnen im Falle der Unvermögenheit etwa gewährten Kostenvorschusses und damit der Teilnahme an dem Unternehmen durch Abtretung der betreffenden Grundfläche an die beteiligten Eigen­ tümer entziehen: die Feststellung der Entschädigung erfolgt nach den Vorschriften des Enteignungsverfahrens schließlich durch die bürgerlichen Gerichte?) Die Eigentümer von Grundstücken, welche ihrer Gattung nach nicht zu jenen gehören, bezüglich welcher das Unternehmen höhere Ertragsfähigkeit bezweckt, oder deren besondere Benützungsweisc für den Eigentümer von größerem winschaftlichen Interesse ist, als die durch die Anlage beabsichtigte Verbesserung, können überhaupt nicht zur Teilnahme gezwungen werden; ist jedoch das Unternehmen ohne Ausdehnung auch auf solche Grundstücke nicht ausführbar, so kann den beteiligten Grundeigentümern das Recht auf Entwehrung nach Maßgabe des Enteignungsgesetzes vom 17. November 1837 erteilt werden?) Soweit nicht über Entschädigungsftagen die bürgerlichen Gerichte zu entscheiden haben, sind Streitigkeiten über die Verpflichtung zum Beitritt und über das Fortbestehen der Mitgliedschaft öffentlichrechtlicher Natur und gehören vor die Verwaltungsbehörden.^) b) Die Genossenschaft ist Korporation des öffentlichen Rechtes und juristische Person des Privatrechtes.") Die Mitgliedschaft wird durch das Eigentum oder den juristischen Besitz des GenossenschaftsPflichtigen Grundstückes bestimmt.") Sie hat die auf das Unternehmen bezüglichen Rechte und Verbindlichkeiten ihrer Mitglieder, sowie ihre gesamte innere Verwaltung durch Statuten zu regeln; diese, sowie jede Abänderung derselben unterliegen der Genehmigung der Kreis­ regierung.") Streitigkeiten unter den Genossen über innere Ver­ hältnisse sind öffentlich-rechtlicher Natur und gehören vor die Ver­ waltungsbehörden.") Beträgt die Zahl der Genossen mehr als sechs, so haben sie aus ihrer Mitte einen Ausschuß zu wählen, welcher berechtigt ist, die Genossenschaft in allen das Unternehmen betreffenden Angelegenheiten zu vertreten, und zur Leitung der Geschäfte, sowie •) Art. 17 B.E.G. •) Art. 20 B E G. Bal. hiezu oben § 84 lit. B S. 591 ff. *• ) Vgl. Reuß a. a. O. 186, 187. ** ) Vgl. hiezu oben § 51 Zifs. 1 S. 345; auch Bl. f. R.A. LIV. 391; a. M. Seydel, b. St.R. V. S. 443; ferner oben § 51 S. 345 Nt. 5 über die Frage, wann die juristische Person zur Entstehung gelangt ist; a. M. hierüber Seydel, b. St.R. V. S. 442, 443 mit Rt. 6 (die Rechtskraft des Bescheide- der KreiSregierung, bezw. die Genehmigung der Statuten, hat m. E. nur deklaratorische nicht konstitutive Wirkung); ähnlich E. d. Berw.Ger.H. XII. 282; XIII. 376, wo aber immer wieder zugegeben wird, daß die Genossenschaft-bildung schon im Lause der Vorverhandlungen erfolgen könne. ** ) Das Gesetz spricht manchmal geradezu von einer Mitgliedschaft der Grundstücke; vgl. Art. 4. 5, 6 B E G.; besonder- aber s. Art. 14 B.E.G.; über diesen s. unten- Nt. 26 S. 1067. Vgl. auch Seydel, b. St R. V. S. 443. *• ) Art. 3 B.E.G. Vgl. hiezu Bl. f. adm. Pr. XVIII. 188. “) E. d. obst. L G. VII. 964; Bl. f. R.A. XLIV. 165.

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Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

Das Sachenrecht.

zum unmittelbaren, Verkehre mit Behörden und Dritten aus seiner ■Stifte einen Vorstand wählt. Uebersteigt die Genossenschaft die Zahl von sechs Teilnehmern nicht, so ist an Stelle des Ausschusses und Vorstandes zu gleichem Zwecke ein Geschäftsführer zu wählen.'^) Bei den Genossenschaften, welche die gemeinschaftliche Bewässerung oder Entwässerung von Wiesen zum Zwecke haben, bildet der Ausschuß zugleich die Wiesenvorstandschaft in Ansehung der betreffenden Grund­ stücke;. dieser obliegen noch besondere gesetzlich bestimmte Pflichten.^) c) Die Genossenschaft ist verpflichtet, jedes benachbarte Grundstück auf Verlangen des Eigentümers in den Verband aufzunehmen, wenn dasselbe seine Bewässerung oder Entwässerung aus die zweckmäßigste Weise hiedurch erhalten kann und die Anlage hinreicht, um ohne Nachteil für die bereits vorhandenen Mitglieder dem gemeinsamen Bedürfnisse zu entsprechen^); jedoch ist von jenem ein angemessener Anteil an den Anlagekosten zu ersetzen; kann die Aufnahme nur mittelst besonderer Einrichtungen oder Abänderungen an der Anlage bewirkt werden, so ist der Beitritt durch die vorgängige Entrichtung der hiezu erforderlichen Kosten von Seite der Hinzutretenden bedingt; die Festsetzung der Kosten erfolgt durch die Verwaltungsbehörde.^'”) Die Trennung einzelner zur Genossenschaft gehöriger Grund­ stücke wider Willen der Mehrheit ist nur dann zulässig, wenn das ausscheidende Grundstück aus der Anlage die unumgänglich erforderliche Bewässerung öder Entwässerung auf die Dauer nicht erhält oder diese durch die Aufnahme in eine benachbarte Genossenschaft oder durch eigene Anlage ohne Gefährdung der zu verlassenden Genossen­ schaft bewirkt werden kann; der Austretende haftet aber der Genossen­ schaft für seinen Anteil an der entstandenen Anlage und den Unterhalts­ kosten. '*) Ist das Ausscheiden einzelner Grundstücke aus der Genossen­ schaft im Interesse der Gesamtanlage notwendig, so kann dasselbe zwar von der Mehrheit verlangt werden, aber die beantragende Genossenschaft hat dem Ausscheidenden eine von der Verwaltungs­ behörde festzusetzende Entschädigung zu leisten.20) Streitigkeiten hierüber sind öffentlich-rechtlicher Natur.2') Die zwangsweise beigezogenen Grundeigentümer können ferner, wenn sich nach Ablauf von frühestens fünf und spätestens zehn Jahren feit Vollendung der Anlage ergibt, daß diese ohne ihr Verschulden die Ertragsfähigkeit ihrer Grundstücke entweder in gar keiner Weiie

le) Art. 2 Abs. 2—6 B.E.G. Ueber negotiorum gestio für die Genossen­ schaft s. Bl. f. R.A. LIV. 387. ") Art. 10 B.E.G. Vgl. hiezu Seydel, b. St.R. V. S. 447 mit Nt. 2. Ueber die besonderen Pflichten vgl. Art. 11 B.E.G ,' bezüglich Herstellung einer Wiesenordnung s. Art. 11 Ziff. 2—4 und Art. 12 B.E.G. »-) Art. 4 B.E.G. ") Art. 5 B.E.G. '») Art. 7 B E G. Vgl. hiezu E. d. Berw.Ger.H. III. 535. '») Art. 8 B.E.G. «) S. auch Reuß a. a. O. S. 176, 177.

XII. Kapitel.

Das Wasserrecht.

1067

oder doch nicht in entsprechendem Maße erhöht, oder einen bleibenden Nachteil für letztere zur Folge gehabt hat, von den veranlassenden Unternehmern im ersteren Falle den verhältnismäßigen Rückersatz des geleisteten Kostenbeitrages sowie der bezahlten Zinsen, bezw. Aufhebung ihrer Schuld, und im letzteren Falle auch den Ersatz des erwiesenen Schadens in Anspruch nehmen. Streitigkeiten hierüber gehören zur Zuständigkeit der bürgerlichen Gerichte?'^) d) Abgesehen von den bereits genannten Fällen einer Enteignungs­ befugnis der Genossenschaft, kann ihr dieselbe immer dann zugestanden werden, wenn die Entwehrung unbeweglichen Eigentums namentlich auch von Triebwerken zur Ausführung des Unternehmens notwendig ist; hiebei kommt im wesentlichen das Zwangsenteignungsgesetz vom 17. November 1837 zur Anwendung.^) Auch sind der Genossenschaft eine Anzahl der im Wasserbenützungsgesetze genannten Zwangsrechte eingeräumt. e) Die sämtlichen Kosten der Herstellung und Unterhaltung der Anlage sind von den beteiligten Grundeigentümern mangels Ueber­ einkommens verhältnismäßig zu trogen.25 * *)26 * *Die * * *Beitragsverbindlichkeit * * * * * * * * * * * * 24 zu den Unterhaltungskosten ist zwar Reallast der verpflichteten Grund­ stücke, immerhin aber öffentlich-rechtliche Abgabe; sie erlischt mit dem vorschriftsmäßigen Ausscheiden des Grundstückes aus der Genossen­ schaft oder mit deren Auflösung.2«) Streitigkeiten hierüber sind

,2) Art. 18, 19 B.E.G. Die Widersprechenden können zu diesem Zwecke verlangen, daß die ErtragSfähiAkeit ihrer Grundstücke unmittelbar vor der Ausfuhrung und sodann frühestens fünf oder spätestens 10 Jahre nach deren Vollendung durch verpflichtete Sachverständige geschätzt werde. Die Wahl dieser Sachverständigen, wobei die Zahl von dreien nicht überschritten werden darf, ist der Uebereinkunft der Beteiligten zu überlaffen. «Kommt eine solche innerhalb einer den Beteiligten vom Gerichte festzusetzenden Frist nicht zu stayde, so. werden die Sachverständigen von AmtSwegen ernannt. Nach Seydel, b. St.R. V. S. 448 Nt. 7 ist diese Schätzung Voraussetzung der Ansprüche nach Art. 18 B E G. Dies scheint mir mit Pözl a. a. O. S. 317 unrichtig zu sein. Der Wortlaut deS Art. 18 und 19 B.E.G. steht ersterer Auffassung ganz entschieden entgegen, insbesondere weist das Wort „können" unbedingt auf die gegenteilige Meinung hin; Art. 19 a. a. O. will lediglich den schwierigen Beweis der Schadensersatzhöhe erleichtern. Seydel, b. St.R. V. S. 449 Nt. 3 erachtet ferner die hier gegebene Zuständigkeit als eine Aus­ nahme von der Regel des Gesetzes, was mir nicht zutreffend erscheint; das Gesetz hat hier richtig die Konsequenz der privatrechtlichen Natur dieser Ansprüche gezogen. 8S) Art. 21, 38 B E G. Vgl. hiezu oben § 84 lit. B S. 591 ff. Mit Ausnähme der Artikel XIII—XV, XVII und XVIII, an deren Stelle die Bestimmungen deS B.E.G. treten. 24) Art. 22 B.E.G. mit Art. 62—65, 86 und 89 W.B.G.; über diese siehe oben § 186 Nt. 24 S. 1057; § 188 Ziff. II S. 1062; § 189 Ziff. I S. 1063. *5) Art. 13 B.E.G. Bezüglich der Bewässerungs' und Entwässerungsgenossen ­ schaften, welche sich schon vor Erlaß deS B.E.G. gebildet haben, richtet sich die Unterhaltspflicht, vorbehaltlich eines anderweiten Uebereinkommens, nach den desfalls bestehenden rechtsverbindlichen Bestimmungen. 26) Art. 14 B E G. Vgl. hierüber Näheres schon oben § 91 Ziff. I S. 638 mit Nt. 3 und 4 und § 93 Ziff. 6 S. 652, 653; dann noch E. d. obst. L.G. VII. 964; Bl. f. adm. Pr. XXIX. 253; XXX. 286; Seydel, b. St.R. V. S. 447.

1068

Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

öffentlich - rechtlicher behörden.^) aller zwei über und

Natur

und

gehören

Das Sachenrecht.

vor

die

Verwaltungs­

f) Die Auflösung der Genossenschaft kann nur nach Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten gegen Dritte durch die Mehrheit von Dritteilen der Teilnehmer beschlossen werden?^) Streitigkeiten Verbindlichkeiten gegenüber Dritten sind privatrechtlicher Natur gehören vor die bürgerlichen Gerichte?')

g) Alle Rechte und Verbindlichkeiten, welche hienach den Eigen­ tümern von Grundstücken, Wasserrechten, Werken u. s. w. zukommen, gelten auch für Personen, welche solche vermöge eines nutzbaren dinglichen Rechtes besitzen. Die hieraus hervorgehenden Rechts­ verhältnisse und Ansprüche zwischen diesen und den Eigentümern richten sich nach den einschlägigen Bestimmungen des Civilrechtes und sind privatrechtlicher Natur.")

2. Der Herstellung einer Bewässerungs- oder Entwässerungs­ anlage hat ein Verfahren vor den Verwaltungsbehörden voranzugehen, um die gesetzlichen Voraussetzungen derselben festzustellen?^ Ist die Ausführbarkeit des Bewässerungs- oder Entwässerungsunternehmens durch die vorgängige Entscheidung einer streitigen Rechtsftage bedingt und unter Berufung hierauf Einspruch erhoben worden, welcher durch gütliche Verständigung nicht beseitigt werden konnte, so darf der civilgerichtlichen Entscheidung der privatrechtlichen Verhältnisse nicht vorgegriffen werden.")

«) Art. 14 Abs. 3 BEG.; E. d. obst. L.G. VH. 128, 964; Bl. f. RA. XLU. 386; XLIV. 165.

“) Art. 9 B.E.G.

Bgl. hiezu E. d. Bcrw.Ger.H. III. 535.

’•) Bgl. auch Reust a. a. O. S. 178. M) Art. 51 B.E G.

•*) Bezüglich Zuständigkeit und Berfahren vgl. Art. 23—46, über die Kosten deS Verfahrens Art. 47 — 50 B E G. Bemerkenswert für die hypothekenamtliche Thätigkeit find hieraus die Art. 31 Abf. 3 B.E.G., wonach daS Hypothetenamt zur Ermittelung der Beteiligten mitzuwirken hat, und Art. 32 Abf. 2 B E G . wonach die Bescheinigung der Borladung der Beteiligten zur Tagsahrt gemäß Art. XVI des ZwangSenteignungSgesetzeS v. 17. Nov. 1837 dem einschlägigen Hypothekenamte ungesäumt mitzuteilen ist, damit im Hypothetenbuche die DiSpositionSbeschränkung bezüglich der zu enteignenden Grundstücke eingetragen werde; vgl. hiezu oben § 84 lit. B Ziff. V, 2 c S. 597 mit Nt. 57. Ferner ist zu erwähnen Art. 38 B.E.G, wonach in Ansehung der ZwangSabtretung von Gmndeigentum die Bestim­ mungen deS zit. Ges. vom 17. Nov. 1837 (vgl. oben § 84 lit. B S. 591 ff.) mit Ausnahme der da» Berfahren betreffenden Art. XIII—XV, XVII-XVIH desselben, an deren Stelle die Borschristen des B.E.G. treten, maßgebend sind. — Ueber subjektive Rechtskraft der verwaltungsrichterlichen Bescheide vgl. E. d. Berw.Ger.H. XIII. 306. — Ueber Konkurrenz mehrerer BewäfferungS- und Entwässerungs­ unternehmungen siehe besonders die Art. 40 und 41 B.E.G.; Streitigkeiten sind öffentlich-rechtlicher Natur; vgl. Reuß a. a. O. S. 210, 211. Zu Art. 32 und 37 B E.G. s. auch Bl. f. R.A. XXXVIII. 62.

») Art. 39 B.E.G.

§ 190. Userschutz. 1. Im Allgemeinen ist die Herstellung und Unterhaltung der­ jenigen Vorrichtungen, welche an fließenden Gewässern, insbesondere Privatflüssen, zum Schutze der angrenzenden Ländereien, Gebäude oder Anlagen gegen Abriß oder Beschädigung notwendig sind, Sache der Eigentümer der bedrohten Grundstücke, Gebäude, Triebwerke und Anlagen, soferne nicht durch privatrechtliche Verhältnisse oder Her­ kommen eine besondere Verpflichtung besteht oder gesetzlich anderes bestimmt ist.1)* * Streitigkeiten 4 in dieser Hinsicht sind privatrechtlicher Natur, soferne nicht ein öffentlich-rechtliches Herkommen in Frage steht?) Vereinigen sich mehr als drei Beteiligte znr gemeinschaftlichen Ausführung des Uferschutzes, so bilden sie eine Uferschutzgenossenschaft?) Diese ist Gesellschaft des öffentlichen Rechtes, nicht juristische Person, wenngleich auch privatrechtliche Beziehungen derselben als privatrechtliche Gesellschaft außerhalb ihrer unmittelbaren öffentlich-recht­ lichen Thätigkeit möglich sind?) Sie hat, wenn die Zahl ihrer Mitglieder mehr als sechs beträgt, einen Ausschuß, sonst5)* *einen Bevollmächtigten zu ihrer Vertretung zu bestellen und Satzungen aufzustellen, welche der Genehmigung der unmittelbar vorgesetzten Verwaltungsbehörde, bei Erstreckung über mehrere Distrikte der Ge­ nehmigung der vorgesetzten Kreisregierung unterliegen?) Streitigkeiten der Genossen auf Grund der Satzungen sind öffentlich-rechtlicher Natur?) Im Falle eine solche Vereinigung zu stände kommt, sind die dazwischen liegenden Ufereigentümer, welche sich dem gemeinschaft­ lichen Unternehmen nicht anschließen, gehalten, sich diejenigen Vor­ richtungen an und auf ihrem Ufereigentunte auf Kosten der Unter­ nehmer gefallen zu lassen, welche zur Erreichung des Zweckes des gemeinschaftlichen Uferschutzes notwendig finb8); auch Streitigkeiten l) Art. 1,13 U.G.; vorbehaltlich dessen, waS das W.B.G. bezüglich Erhaltung und Reinigung der Ufer bestimmt. — Ueber den Begriff Herkommen und Lokal­ verordnungen im ll.G. der noch in Art. 2 und 18 U G. vorkommt, s. Art. 29 U G. und oben § 186 Nt. 22 a. E S. 1056; auch Bl. f. adm. Pr. XXII. 220. Das Wort „Sache" drückt aus, daß es sich nicht um eine Pflicht, sondern nur um eine Befugnis handelt; vgl. Reuß a. a. O. S. 221, 235; Seydel, b. St R. V. @.452; Bl. f. adm. Pr. XVI. 267; XVIII. 194; XXIX. 237; E. d. obst. L.G. XI. 77. ’) Bgl. Seydel, b. St.R. V. S. 452. ') Art. 14 U.G 4) Vgl. hierüber schon oben §51 Nt. 5 a. E. S. 345; Seydel, b. StR. V. S. 453; E. d. obst. L.G. VII. 510. •) So richtig Seydel, b. St.R. V. S. 453 gegen Reuß a. a. O. S. 237. •) Art. 15. U.G. ’) Bgl. E. d. obst. L G. X. 512; Bl. s. R A. XLIII. 88; Seydel, b. St.R. V. S. 453, 454; Art. 8 Ziff. 15 des Bern, Ger.H.Ges. v. 8. Aug. 1878. 8) Art. 14 U.G. Bgl. hiezu oben § 78 lit. B Ziff. b S. 577. Streitigkeiten über die Konkurrenzpflicht sind öffentlich-rechtlicher Natur und gehören vor die BenvaltungSbehörden: E. d. obst. L.G. VII. 510; X. 512; Bl. f. R A. XLIII. 88; Bl. f. adm. Pr. XXX. 294; Art. 8 Ziff. 15 des Bern, Ger.H.Ges. v. 8. Aug. 1878.

1070

Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

Das Sachenrecht.

hierüber sind öffentlich-rechtlicher Naklr?) 2. Bei öffentlichen Flüssen bildet der Uferschutz vorbehaltlich der nach besonderen Rechtsverhältnissen oder Herkommen bestehenden Verpflichtungen eine Kreislast.Immerhin ist es aber den Eigen­ tümern bedrohter Grundstücke, lvclche durch den von der Kreisgemeinde vorzunehmenden Ufcrschutz nicht oder nicht vollständig gesichert sind, überlassen, die nötige Versicherung auf eigene Kosten vornehmen zu lassen.") Flußkorrektionen und alle Vorrichtungen und Arbeiten, welche in öffentlichen Flüssen zur Beförderung der Schiff- und Floß­ fahrt und zur Beseitigung der Hindernisse derselben notwendig werden, mögen sie auch zugleich zum Uferschutz dienen, sind allgemeine Staats­ last. 12) Die zum Schutze der an den Ufern hinziehenden Straßen und Eisenbahnen erforderlichen Vorrichtungen sind stets von denjenigen herzustellen und zu unterhalten, welche die Straßen oder Eisenbahnen zu unterhalten haben.") Ebenso liegt der Schutz von Anlagen oder Gebäuden, welche einem Triebwerke oder einer Bewässerungs- und Entwüsserungsanstalt dienen, den Eigentümern derselben ob"); sie können von der Verwaltungsbehörde zum Uferschutz gezwungen werden, wenn aus der Unterlassung für andere oder für die Flußbenützung Schaden entsteht. Bezüglich der inmitten liegenden Privatrechts­ verhältnisse bleibt aber der Civilrechtsweg Vorbehalten, wenngleich der Vollzug der Verwaltungsverordnungen hiedurch nicht aufgehalten werden kann.") 3. 'Zu Gunsten der Uferschutzbauten, welche an öffentlichen Flüssen ober von Uferschutzgenossenschaften vorgenommen werden"), e) Vgl. Seydel, b. St.R. V. S. 454; Art. 8 Ziff. 15 des Verw.Ger.H.Ges. v. 8. Aug. 1878. l0) Art. 2. U G. Vgl. hiezu auch Art. 3 und 4 B.E.G. — Erk. d. Komp Konfl.Ger.H. v. 7. Dez. 1869 (R Bl. 1870 S. 172; W. Anh.Bd. S. 315). ") Art. 5 U.G. *’) Art. 11 U.G. Vgl. hiezu Bl. s. adm. Pr. XXX. 113, über Verrichtungen. ") Art. 6 U.G. u) Ein Privatrechtsanspruch entsteht aus diesen Bestimmungen nicht: E. d. obst. L.G. XI. 77. *8) Art. 7 Abs. 2 und 3 U.G. Vgl. hiezu Bl. f. adm. Pr. XXIX. 237; XXX. 110; XXXVII. 44. Bestreitet derjenige, an welchen die Verwaltungsverordnung ergangen ist, seine Verpflichtung zum Userschutze, so ist dies eine öfsentlich-rechtlche Angelegenheit; der Dritte aber, welcher mit Schaden bedroht ist, hat keinen öffentlichrechtlichen, sondern nur privatrechtlichen Anspruch: E. d. Berw.Ger.H. VIII. 262; auch XIV. 64; Seydel, b. StR. V. 453. *•) Vgl. zum folgenden die Art. 8—10 und 16 U.G. S. hieher auch H.M.E. v. 20. April 1853 (W. IV. S. 453 Nt. 3); Erk. d. Komp.Konfl.Ger.H. v. 15. Febr. 1864 (R.Bl. S. 201; W. Anh Bd. S. 302). Ueber civilrichterliche Zuständigkit, im Falle Entschädigungsansprüche von der Genossenschaft aus GeschästSsühnmg ohne Auftrag erhoben werden, vgl. E. d. Komp.Konfl.Ger.H. v. 15. Febr. 1864 (R.Bl. S. 201; W. Anh.Bd. S. 302). — Weitere Entschädigungen für Nachteile aus Uferschutzbauten, als die in diesen Gesetzesstellen genannten, gewährt das U.G. nicht; vgl. Bl. s. R A. XXXI. 122; E. d. obst. L.G. X. S. 172 (Fischereiberechtigtr); über Fischereiberechtigungrn im Verhältnis zum Uferschutz vgl. auch Bl. f. adm. $r. XVI. 264; XIX. 15; XXIX. 411; XU. 33; oben § 183 S. 1044. Im Falle

bestehen auch Enteignungsrechte. So sind die Ufereigentümer ver­ pflichtet, die zum Schutze ihres Eigentumes nötigen Bauten an und auf ihrem Grundeigentumc ohne Entschädigungsanspruch vornehmen zu lassen; auch haben sie die zu diesem Uferschutze erforderlichen, auf den zu schützenden Grundstücken vorhandenen Materialien gegen Ersatz des durch die Fortnahme derselben etwa entstehenden Schadens ab­ zulassen; über die Entschädigungssiage entscheiden die bürgerlichen Gerichte?') Die zur Ausführung solcher Userschutzbauten etwa erforder­ liche Entwehrling unbeweglichen Eigentums erfolgt nach den Bestiinniungen des Zwangsenteignungsgesetzes vom 17. November 183718 * *);* * das gleiche Gesetz findet Anwendung, wenn Wasserbenützungsanstalten durch Uferschutzbauten der berechtigte Wassergebrauch gänzlich entzogen oder unter das erforderliche Maß bleibend vermindert wird; dagegen begründet der hiedurch veranlaßte bloße zeitweise Stillstand einer solchen Anstalt nur dann einen Anspruch auf Entschädigung, wenn besondere Privatrechte hierauf bestehen.

4. Im Falle außerordentlicher Wassergefahr sind alle benach­ barten Besitzer und Gemeinden zu Hand- und Spanndiensten, ohne Rücksicht darauf, ob sie innerhalb des vom Wasser bedrohten Gebietes liegen oder nicht, verbunden; Einsprache gegen die diesbezüglichen Borkehrungen der Polizei, der die Gemeindebehörden zur Hilfeleistung verpflichtet sind, ist unzulässig, nur nachträgliche Beschwerde ist statthaft?8) Damm- oder Deichbauten zum Schutze von Ortsfluren oder Ortschaften gegen Ueberschwemmungen obliegen den betreffenden Ge­ meinden, soferne nicht nach Gesetz, besonderen Rechtsverhältnissen oder Herkommen anderes bestimmt ist. Die Verpflichteten können bei nachgcwieienem Bedürfnisse zu deren Herstellung und Unterhaltung von der Verwaltungsbehörde angehalten werden. Diese Verpflichtungen sind öffentlich-rechtlicher Natur.88) Im übrigen ist den beteiligten Grundeigentümern überlassen, die nötigen Vorrichtungen gegen Ueberschwcmmungen allein oder in Gemeinschaft herzustellen und zu unter­ halten; sie können zu diesem Zwecke Uferschutzgenossenschaften bilden, für welche die unter Ziff. 1 genannten Grundsätze gelten?') des Art. 18 U.G. sind für die Festsetzung der Entschädigung nicht die Bestimm­ ungen des Enteignungsgcsetzes v. 17. Nov. 1837 maßgebend; so richtig Seydel, 6. St R. V. S. 455 Nt. 4 gegen Reuß a. a. O. S. 231. *’) Bgl. hiezu oben § 78 lit. B Ziff 7 a®. 577. 18 Vgl. hierüber oben § 84 lit. B S. 591 ff. ”) Art. 17 U.G. Entschädigungsansprüche für angeordnete Dienste und Leistungen werden nur insoweit begründet sein, als dies nach dem Enteignungs­ gesetz vom 17. Nov. 1837 Art. I B und VII (s. oben § 84 lit. B S. 591 ff.) der Fall ist: Seydel, b. St.R. V. S. 457 mit Recht gegen Pözl a. a. O. S. 410 und Reuß a. a. O. S. 240. ”) Bgl. Bl. f. adm. Pr. XXVI. 103; XXVII. 318; E. d. obst. L.G. VII. 510; Reuß a. a. O. S. 240; Seydel, b St.R. V. S. 458. !1) Art. 18, 19 U.G. Bgl. hiezu Bl. f. adm. Pr. XXVI. 106; E. d. Berw.Ger.H. XIV. 240.

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Vermögensrechte. — Erstes HauptMck.

Das Sachenrecht.

5. Zu allen Uferschutz-, Damm- oder Deichbauten, welche von Gemeinden, Privaten oder Genossenschaften ausgeführt werden wollen, ist vorherige polizeiliche Genehmigung erforderlich?^) Etwa auf Grund von Privatrechtsverhältnissen erhobene Einsprüche sind jedoch der Entscheidung der bürgerlichen Gerichte zu überlassen?^

XIII. Kapitel.

Das Wegerecht.')

§ 19L I. Geschichtliches?) Die privatrechtlichen Verhältnisse der Wege blieben im großen und ganzen bis in die neueste Zeit dem örtlichen bürgerlichen Rechte unterworfen. Allgemeine landesgesetzliche Regelungen, die teilweise modifizierend und oft derogierend in das Privatrecht eingreifen, finden sich überwiegend auf dem Gebiete des öffentlichen Rechtes, und zwar schon seit Mitte des sechzehnten Jahrhunderts^); insbesondere *) Bal. hiezu über Zuständigkeit und Verfahren die Art. 20 — 28 U.G.; E. d. Berw.Ger.H. IV. 177, 409; Bl. ,f. adm. Pr. XLIV. 337, 356. “) Art. 22 U.G. Vgl. hiezu die oben Nt. 16 S. 1070 zit. E. d. obst. L.G. X. 172. x) v. Kahr, Komm, zur rechtsrh. b. Gem.Ordn. 1895 S. 338—403, eine sehr ausführliche hervorragende Darstellung mit erschöpfender Litteraturanaabe für alle einzelnen Fragen; Seydel, b. Sr.R. V. S. 486—510; v. Gerber, System deS deutschen PrivatrechtS, 17. Ausl., S. 89, 90; Dernburg, Pand. Bd. I S. 168—170; RegelSberger, Pand. Bd. I S. 430, 431; Gengler, das gemeine deutsche Privatrecht S. 319—322; v. Hauck in der bayerischen Gemeindezeitung (Verlag von I. Schweitzer Verlag, München), Jahrgang 1891 Bd. IS. 605 ff.; 1893 Bd. III. S. 537 ff., 699 ff.; 1895 Bd. V S. 3 ff., 22 ff., 34 ff., 53 ff., 305 ff.; Luthardt in Bl. s. adm. Pr. XX. 321 ff., 337—410; Krais, Handbuch der inneren Verwaltung Bd. I S. 55, 171; II. 191 ff.; III. S. 99—117; Frhr. v. Pechmann - Breitreich, Wirkungskreis der Distriktsverwaltungsbehörden Bd. II. S. 503 — 520; v. Reitzenstein in Frhr. v. Stengels Wörterbuch des deutschen Berwaltungsrechts Bd. n S. 875—888 über Wege und Straßen, S. 888—913 über Wegebau und Wegebaupflicht, S. 913—915 über Wegepolizei, S. 915—917 Litteraturangaben; Lindner-V. Hauck, Kommentar zur rechtsrh. bayer. Gemeindeordnung, 2. Ausl., zu Art. 38 Anm. 8 S. 134—154; Bl. f. adm. Praxis XLIII. 321 — 393 über verwaltungsrechtliche Streitigkeiten in betreff der öffentlichen Eigenschaft der Wege nach rechtsrheinisch-bayerischem Recht; Dr. Josef Löhr in Bl. f. adm. Pr. XLV. 193—221, 225-242 über das Eisenbahnwegerecht im rechtsrheinischen Bayern (Bahnhofzufuhrstraßen und Eisenbahnprivat­ wege; Abänderung, Beseitigung und Benützung von Wegen und Straßen aus Anlaß deS EisenbahnbaueS und -Betriebes). *) Ueber die geschichtliche Entwickelung vgl. besonders v. Kahr a. a. O. S. 339—344; Lindner-V. Hauck a. a. O. S. 135; v. Reitzenstein a. a. O. S. 875—877.

•) Bal. besonders die bayr. Landesordnung von 1553 (Buch 4 Titel 14 Art. 1 und 2), „die Lands- und Polizeyordnung in den Fürstenthumben Obernund Niedern Bayrn" von 1616 (Buch 3 Til. 13 Art. 1—3); Landesherr!. Mandat v. 1. Febr. 1766 von Herstellung der Bizinalwege und gemeinsamen Konkurrenz hiezu (Mayrs Gen.Samml. Bd. II. S. 806); hiezu v. Kahr a. a. O. S. 340, 341.

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Vermögensrechte. — Erstes HauptMck.

Das Sachenrecht.

5. Zu allen Uferschutz-, Damm- oder Deichbauten, welche von Gemeinden, Privaten oder Genossenschaften ausgeführt werden wollen, ist vorherige polizeiliche Genehmigung erforderlich?^) Etwa auf Grund von Privatrechtsverhältnissen erhobene Einsprüche sind jedoch der Entscheidung der bürgerlichen Gerichte zu überlassen?^

XIII. Kapitel.

Das Wegerecht.')

§ 19L I. Geschichtliches?) Die privatrechtlichen Verhältnisse der Wege blieben im großen und ganzen bis in die neueste Zeit dem örtlichen bürgerlichen Rechte unterworfen. Allgemeine landesgesetzliche Regelungen, die teilweise modifizierend und oft derogierend in das Privatrecht eingreifen, finden sich überwiegend auf dem Gebiete des öffentlichen Rechtes, und zwar schon seit Mitte des sechzehnten Jahrhunderts^); insbesondere *) Bal. hiezu über Zuständigkeit und Verfahren die Art. 20 — 28 U.G.; E. d. Berw.Ger.H. IV. 177, 409; Bl. ,f. adm. Pr. XLIV. 337, 356. “) Art. 22 U.G. Vgl. hiezu die oben Nt. 16 S. 1070 zit. E. d. obst. L.G. X. 172. x) v. Kahr, Komm, zur rechtsrh. b. Gem.Ordn. 1895 S. 338—403, eine sehr ausführliche hervorragende Darstellung mit erschöpfender Litteraturanaabe für alle einzelnen Fragen; Seydel, b. Sr.R. V. S. 486—510; v. Gerber, System deS deutschen PrivatrechtS, 17. Ausl., S. 89, 90; Dernburg, Pand. Bd. I S. 168—170; RegelSberger, Pand. Bd. I S. 430, 431; Gengler, das gemeine deutsche Privatrecht S. 319—322; v. Hauck in der bayerischen Gemeindezeitung (Verlag von I. Schweitzer Verlag, München), Jahrgang 1891 Bd. IS. 605 ff.; 1893 Bd. III. S. 537 ff., 699 ff.; 1895 Bd. V S. 3 ff., 22 ff., 34 ff., 53 ff., 305 ff.; Luthardt in Bl. s. adm. Pr. XX. 321 ff., 337—410; Krais, Handbuch der inneren Verwaltung Bd. I S. 55, 171; II. 191 ff.; III. S. 99—117; Frhr. v. Pechmann - Breitreich, Wirkungskreis der Distriktsverwaltungsbehörden Bd. II. S. 503 — 520; v. Reitzenstein in Frhr. v. Stengels Wörterbuch des deutschen Berwaltungsrechts Bd. n S. 875—888 über Wege und Straßen, S. 888—913 über Wegebau und Wegebaupflicht, S. 913—915 über Wegepolizei, S. 915—917 Litteraturangaben; Lindner-V. Hauck, Kommentar zur rechtsrh. bayer. Gemeindeordnung, 2. Ausl., zu Art. 38 Anm. 8 S. 134—154; Bl. f. adm. Praxis XLIII. 321 — 393 über verwaltungsrechtliche Streitigkeiten in betreff der öffentlichen Eigenschaft der Wege nach rechtsrheinisch-bayerischem Recht; Dr. Josef Löhr in Bl. f. adm. Pr. XLV. 193—221, 225-242 über das Eisenbahnwegerecht im rechtsrheinischen Bayern (Bahnhofzufuhrstraßen und Eisenbahnprivat­ wege; Abänderung, Beseitigung und Benützung von Wegen und Straßen aus Anlaß deS EisenbahnbaueS und -Betriebes). *) Ueber die geschichtliche Entwickelung vgl. besonders v. Kahr a. a. O. S. 339—344; Lindner-V. Hauck a. a. O. S. 135; v. Reitzenstein a. a. O. S. 875—877.

•) Bal. besonders die bayr. Landesordnung von 1553 (Buch 4 Titel 14 Art. 1 und 2), „die Lands- und Polizeyordnung in den Fürstenthumben Obernund Niedern Bayrn" von 1616 (Buch 3 Til. 13 Art. 1—3); Landesherr!. Mandat v. 1. Febr. 1766 von Herstellung der Bizinalwege und gemeinsamen Konkurrenz hiezu (Mayrs Gen.Samml. Bd. II. S. 806); hiezu v. Kahr a. a. O. S. 340, 341.

Xin. Kapitel.

DaS Wegerecht.

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war es dann später die gemeindliche Gesetzgebung, welche sich mit dem öffentlichen Wegerechte eingehender befaßte?)

II. Arten der Wege. Man unterscheidet öffentliche und Privatwege; das unter­ scheidende Merkmal ist lediglich die Zweckbestimmung des Weges, nicht etwa die Eigentumsfrage. Das Eigentum an einem öffentlichen Wege kann ebensowohl einem Subjekte des öffentlichen Rechtes — dem Staate, einer Distrikts- oder Ortsgemeinde — wie einer Privatperson zustehen; denn die öffentliche Zweckbestimmirng kann auch mittelst Bestellung einer Dienstbarkeit an einem Privateigentum, auch mittelst obligatorischer Rechtsgeschäfte erreicht werden?) Daraus erhellt auch, daß diese an sich civilrechtlichen Rechtsverhältnisse nur Mittel zur Erreichung des öffentlichen Zweckes sind und um deswillen auch ihrer privatrechtlichen Natur nicht entkleidet werden?) Dieser Satz bildet auch die Grundlage der Scheidung zwischen privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Wegestreitigkeiten, zwischen Zuständigkeit der bürger­ lichen Gerichte und Verwaltungsbehörden. Die öffentlichen Wege werden mit Rücksicht auf ihre räumliche Zweckbestimmung und damit auch im Hinblick auf die Wegebaulast in Staats-, Distrikts- und

Gemeindestraßen — letztere wieder in Gemeindeverbindungswege, 4) Vgl. §§ 14, 15, 17, 18, 35, 48 des Gem.Ed. v. 24. Sept. 1808 (R.Bl. S. 2405; Döllinger XI. 71); Ber. v. 6. Febr. 1812, die besonderen Umlagen für die Gemeindebedurfnifle betr. (Döllinger Bd. XI. S. 1100); GemEd. v. 17. Mai 1818/1. Juli 1834 (W. I. S. 555; II. S. 747); Umlagenges. v. 22. Juli 1819 (W. II. S. 9); Distrittsumlagengesetz v. 11. Sept. 1825 (G Bl. S. 87; Döllinger XI. 1142), dann die in Nt. 7 zit. Gesetze und Verordnungen. Hiezu s. v. Kahr a. a. O. S. 341—344 5) Bgl. auch Seydel, b. St.R. V. S. 489; v. Kahr a. a. O. (5.34 7; Bl. f. adm. Pr. XX. 327; XXVI. 141; XLIII. 330, 331; v. Hauck a. a. O. 1891 S. 607; E. d. obst. L.G. IV. 421 und die unten Nt. 36 Ziff. 3 S. 1080 zit. Erk. d. Komp.Konfl.Ger.H. Sewitutberechtigt ist der Vertreter deS Publikums, d. i. der Staat, die Gemeinde, nicht der Einzelne aus dem Publikum, ihm fehlt auch zur actio con­ fessoria die Attivlegitimation; vgl. auch unten Nt. 36 S. 1079 und Bl. f. adm. Pr. XLV. 230 Nt. 1; v. Kahr a. a. O. S. 350—353. — Daß auch obligatorische Rechts­ geschäfte, wie vorzüglich ein precarium, eine genügende zivilrechtliche Grundlage für einen öffentlichen Weg bilden könnten, war bislang nicht die gemeine Meinung; nan fordert ein dingliches, zeitlich unbeschränktes Recht aus dem Gmnde, daß ein öffentlicher Weg dauernden Bestand haben sollt. Allein dem öffentlichen Interesse ist oft schon dann genügt, wenn auch nur vorübergehend ein Weg als öffentlicher benützt werden kann. Nur kann man freilich noch einwenden, daß es drs öffentliche Interesse erfordere, ein gegen jedermann, nicht bloß gegen eine bestimmte Person wirkendes Recht zu haben ; allein dieser Grund dürste, da es hier doch weniger auf juristische als Zweckmäßiakeitsgründe ankommt, in seiner Be­ deutung hinter den ersteren zurücktreten. Läßt man aber obligatorische Rechtsverhältniffe zu, so besteht in. E. kein genügender Grund, die in Bl. f. adm. Pr. XLV. 235, 236 Nt. 1 gemachte Einschränkung — der Grundeigentümer müsse ein öffentliches Rechtssubjett sein — aufrecht zu erhalten. Bgl. hieher auch Bl. f. cüm. Pr XXV. 144 ff.; XXX. 392-397, 407; auch E. d. Berw.Ger.H. V. 127; XII. 144; Eger, Samml. eisenbahnrechtl. Entsch. III. 300. 6) Bgl. hiezu auch Seydel, b. St.R. V. S. 489. Becher, LandeScivilrecht und LandeScivilprozetzrecht.

tzg

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Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

Das Sachenrecht.

Ortsstraßen und Feldwege — unterschieden?) Diese Unterscheidung hat keine privatrechtliche, sondern nnr öffentlich-rechtliche Bedeutung und ist daher hier nicht weiter zu berücksichtigen. Je nach dem Umfange der zulässigen Benützung gibt es un­ beschränkt und beschränkt öffentliche Wege?) Für die Privatwege sind ausschließlich die Normen des örtlichen bürgerlichen Rechtes maßgebend; ihre Rechtsverhältnisse sind aus­ nahmslos privatrechtlicher Natur und daher der Zuständigkeit der bürgerlichen Gerichte unterstellt?) Die folgende Darstellung befaßt sich nur mit der privatrechtlicheu Seite der öffentlichen Wege und nur insoweit, als allgemein geltende eivilrechtliche Grundsätze in Frage kommen.

III. Die öffentlichen Wege im besonderen. 1. Ihrer Zweckbestimmung nach sind öffentliche Wege „Berwaltungseinrichtungen, welche Staat oder Gemeindeverbünde dem öffentlichen Berkehre darbieten".10 7 )8 9Die öffentlichen Wege sind öffent­ liche Sachen, ohne damit notwendig im Eigentume des Staates oder 7) Bezüglich der Staatsstraßen vgl. Ver. v. 18. Febr. 1835, die Aus­ scheidung der Straßenzüge betr. (W. III. S. 11); bezüglich Distriktsstraßen das Distriktsratsgesetz v. 28. Mai 1852 (W. IV. S. 404) und E. d. Berw.Ger.H. XII. 225; über Gemeindewege Art. 38 der rechtsrh. Gem.Ordn. Ferner Näheres hier­ über bei Seydel, b. St.R. V. S. 492 ff.; v. Kahr a. a. O. S. 348—350, dann S. 365 — 381 Näheres über Gemeindewege, S. 381 — 386 über Ortsstraßen, S. 386—388 über Feldwege; v. Hauck a. a.' O. 1891 S. 608 ff. über die Staats­ straßen, S. 699 ff. über Distrittsstraßen und Jahrg. 1893 S. 537 ff. über Gemeinde­ wege; Lindner-v. Hauck a. a. O. S. 135—140. 8) Die Beschränkung kann eine objektive und eine subjektive sein (Geh- und Fahrstraßen — Fußweg; Ortsstraßen nur für den inneren Verkehr der Ortsbewohner): Bl. f. adm. Pr. XLIII. 345 ff.; v. Kahr a. a. O. S. 346 Nt. 12, S. 353, 354. Beschränkungen können insbesondere aus wegepolizeilichen Gründen gegeben sein: vgl. hierüber besonders v. Kahr a. a. O. S. 355—357; Seydel, b. St.R. V. S. 500-502. 9) Dahin gehören Wege, welche ein Privateigentümer lediglich zur Benützung seines Privateigentums angelegt hat und auf Felddienstbarkeiten beruhende Wege. Doch können auch hier wegpolizeiliche Vorschriften erlassen werden. Vgl. hiezu v. Hauck a. a. O. 1891 S. 60; Lindner-V. Hauck a. a. O. S. 141 a. E. 10) Seydel, b. St.R. V. S. 486; v. Kahr a. a. O. S. 344, 345; hiezu siehe Bl. f. adm. Pr. XLIII. 325—330. Bestandteil oder Zubehörung der öffentlichen Wege sind auch die Verbindungsbrücken, Viadukte, Gräben, Böschungen, Kanäle; vgl. besonders v. Kahr a. a. O. S. 363—365, dann Reger, Entsch. II. 97; E. d. Berw.Ger.H. VII. 227; Erk. d. Komp.Konfl.Ger.H. vom 11. Mai 1869 (R.Bl. S. 939; W. Anh.Bd. S. 313); Art. 8 Ziff. 34 Berw.Ger.H. Ges. v. 8. Aug. 1878; Seydel, b. St.R. V. S. 486; Lindner-v. Hauck a. a. O. S. 140 Abs. 3. — Bon diesen öffentlichen Wegen im eigentlichen Sinne sind aber diejenigen Wege des Staates oder einer Gemeinde zu unterscheiden, welche einem bestimmten Verwaltungszwecke dienen, wie Festungswege u. s. w. Diese sind in ihrer rechtlichen Qualität Privatwege und regelmäßig nach den Normen für diese zu behandeln; vgl. auch Lindner-v. Hauck a. a. O. S. 141 Abs. 1; auch oben § 43 Nt. 1 S. 273. — Ueber den Leinpfad vgl. oben § 78 lit. B Ziff. II b S. 573 und § 185 Nt. 27 S. 1050. — Die Eisenbahnen sind keine öffentlichen Wege; vgl. Seydel, b. St.R. V. S. 549; v. Kahr a. a. O. S. 350 mit weiterer Litteratur.

XIII. Kapitel.

Tas Wegerecht.

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eines Gemeindeverbandes stehen zu müssen.") Anderseits sind sie aber doch Gegenstand des Eigentumes.") Während der Dauer ihrer Zweckbestimmung ist lediglich eine solche Ausübung der Eigentums­ rechte unzulässig, welche sich mit jener Zweckbestimmung nicht verträgt; die öffentlichen Wege sind relativ verkehrsunfähige Sachen.") Damit steht auch fest, daß öffentliche Wege nicht schlechthin unveräußerlich sind") und Gegenstand dinglicher ivie obligatorischer Rechte sein können"), solche Verfügungen freilich aber nur insoweit rechtsbeständig sind, als sie nicht der öffentlichen Zweckbestimmung, insbesondere auch wegepolizeilichen Anordnungen zuwiderlaufen") oder vom örtlichen bürgerlichen Rechte ausdrücklich negiert werden. Auch greifen hier zu Ungunsten wie zu Gunsten der öffentlichen Wege im allgemeinen die­ selben Beschränkungen Platz, welche das Privatrecht im Interesse Dritter der Ausübung des Eigentums oder eines dinglichen Rechtes an fremder Sache ouferlegt.17) Insoweit privatrechtliche Verhältnisse in Betracht kommen, sind die Grundsätze des örtlichen bürgerlichen Rechtes zur Anwendung zu bringen.

2. Voraussetzung der Bestimmung eines Weges zum öffent­ lichen Wege ist ein Privatrecht auf Benützung desselben.") Für die ,l) Hierüber s. schon oben § 60 Ziff. 2 S. 444. ll) Sei e8, daß sie im Eigentum« des StaateS ober einer Gemeinde oder einer Privatperson stehen; in irgend jemandes Eigentum müssen sie stehen. In diesen Puntten besteht in der bayerischen Praxis kein Zweifel. *•) Val. hierüber schon oben § 60 ®. 443; dazu noch Seydel, b. St.R. V. S. 488 ff.; Bl. f. adm. Pr. XX 320 ff.; Lindner-v. Hauck a. a. O. S. 142 Ziff. 3 Abs. 3: v. Kahr a. a. O. S. 357—363. ") Vgl. oben ß 60 S. 443; Bl. s. adm. Pr. XX. 326; Seydel, b. St.R. V. S. 491; v. Kahr a. a. O. S. 358. Stehen die Wege im Staats- oder Gemeinde­ eigentum, so gelten für die Veräußerung diejenigen Grundsätze, welche für Ver­ äußerungen von Staats- oder Gemeindeeigenlum ausgestellt sind. Bal. hierüber oben § 43 S. 273 ff. (Staatseigentum); § 55 lit. B Ziff. n, 2 S. 381 ff.; Ziff. III, 2,4 S. 898 ff. (Ortsgemeinden); lit. C Ziff. II, 2 S. 410; Ziff. HI S. 412 ff. (Distriktsgemrinden); lit. D S. 415 ff. (Kreisgemeinden) ; hiezu noch v. Kahr a. a. O. S. 360 —363. Die Ersitzung ist während der öffentlichen Zweckbestimmung wohl im Prinzipe mindestens insoweit und insolange ausgeschlossen, als nicht zugleich auf der anderen Sette eine öffentliche Wegdienstbarkeit ersessen wird Jedoch kommt eS auch hiebei zunächst auf daS örtliche bürgerliche Recht an. Völlig ausgeschlossen erachten sie E. d. Berw.Ger.H. IV. 603; XII. 179; Lindner-v. Hauck a a. O. S. 143. Mit der Veräußerung eines WegeS kann auch derselbe seiner öffentlichen Zweckbestimmung entkleidet werden; es muß dies aber nicht der Fall sein; der Veräußerer kann jene durch Bestellung einer Dienstbarkeit erhalten. “) Bl. f. adm. Pr. XX. 339, 396; XXIV. 337; Bl. f. R A. XXVI. 121; Reger, Erttsch. III. 346; Seydel, b. St.R. V. S. 491; v. Kahr a. a. O. S. 359; oben 8 «0 Nt. 3 S. 443; a. M. E. d. obst. L.G. VII. 53 (für b. Landrecht v. 1756). *•) Vgl. oben 8 60 Nt. 3 S. 443 und außer den dort zit. Erk. d. Komp Konfl.Ger.H. noch daS v. 30. März 1857 (R.Bl. S. 377; W. Anh.Bd. S. 283); v. 15. März 1876 (G B Bl. Beil. VII. S. 37; W. Anh.Bd. S. 325); Bl. f. adm. Pr. XXVI. 129, 328; Seydel, b. St.R. V. ®. 491; E. d. obst. L.G. VIII. 625; IX. 81; X. 200. *’) Ebenso Seydel, b. St.R. V. S. 489, 490; Bl. f. adm. Pr. XXVI. 175. ”) Vgl. hierüber auch Seydel, b. St.R. V. S. 488; v. Kahr a. a. O. S. 347;

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Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

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Erwerbung solcher Privatrechte — insbesondere Eigentum, Dienst­ barkeit — sind die Grundsätze des örtlichen bürgerlichen Rechtes maßgebend; es kann daher durch jeden zulässigen bürgerlichen Rechts­ titel, aber auch regelmäßig nur durch einen solchen, dieses Privatrecht geschaffen werden.") Keinesfalls begründet schon die Bestimmung eines Weges zum öffentlichen ein solches Privatrecht?") Ist dieses Privatrecht vorhanden, so ist dann die Zweckbestimmung, Schaffung wie Auflassung des öffentlichen Weges Gegenstand eines die öffent­ liche Eigenschaft rechtlich begründenden bezw. aufhebenden Verwaltungs­ aktes. Die Schaffung, Auflassung und Unterhaltung des öffentlichen Weges, insbesondere die Wegbaulast — vorbehaltlich der durch bürger­ liche Rechtstitel geschaffenen Privatrechtsverhältnisse21 * *) 19 —* gehört dem öffentlichen Rechte an?2) Zum Zwecke der Schaffung und Erhaltung der öffentlichen Wege bestehen aber auch Enteignungsrechte und öffent­ lich-rechtliche Eigentumsbeschränkungen: a) Die im Enteignungsgesetze vom 17. November 1837 genannten Fälle sind bereits oben § 84 lit. B Ziff. IV S. 593, 594 aufgesührt, die baurechtlichen Enteignungsbefugnisse durch Feststellung der Bau­ fluchten und Straßenzüge sind oben § 78 lit. B S. 569 genannt. b) Rach Maßgabe einer Verordnung vom 3. Juli 181223)* ist 2 die Enteignung von Grundstücken zum Zwecke der Anlage von Kies­ gruben und Steinbrüchen zugelassen, jedoch gilt diese Verordnung nicht im ganzen rechtsrheinischen Bayern2^) und nur zu Gunsten der Bl. f. adm. Pr. XX. 344; XLHI. 332; Bl. f. R.A. XLIH. 92; E. d. Berw.GnH. IV. 565; V. 170 und besonders unten Nt. 37 S. 1080. 19) E. d. obst. L.G. V. 392 (Art. 14 Not.Ges ); auch durch erwerbende Ver­ jährung als privatrechtlichen Titel: E. d. obst. L.G. IX. 700; Seydel, b. St.R. V. S. 489. 80) Vgl. hiezu Tit. IV § 8 Abs. 4 Berf.Urk.; E. d. obst. LG. 1. 118; IX. 81; Seydel, b. St.R. V. S. 488 Nt. 6. Daher schließt auch die Berwendang eines von einer Gemeinde durch einen nichtigen RechtStitel erlangten Grundstückes zu einem öffentlichen Wege den Anspruch auf Zurückgabe nicht auS: E. d. obst. L G. IV. 375, 708. ai) Bgl. hiezu Art. 38 Abs. 2 der rechtsrh. Gem.Ordn. (hierüber oben §55 lit. B Ziff. II, 4b S. 392); Bl. f. adm. Pr. XX. 343, 344. ") Bgl. hierüber Seydel, b. St.R. V. S. 491 ff.; v. Kahr a.a. O. S. 347, 348; auch E. d. obst. L.G. IX. 83; Bl. f. adm. Pr. XLHI. 332. DieS ist bei Staatsstraßen die von der zuständigen Staatsbauverwaltung ausgehende, bei Distriktsstraßen die durch die Distriktsverwaltungsbehörde erfolgende, bei Gemeindewegen die von der Gemeindeverwaltung zu bethätigende Eröffnung und Widmmg, bezw. Uebergabe der Straße für den öffentlichen Verkehr, bezw. die von diisen Organen ausgehende, bezw. zu bethätigende Entziehung aus dem öffentlichen Verkehr: Bl. für adm. Pr. XLHI. 339; Seydel, b. St.R. V. a. a. O. 2S) Die Entschädigung der Unterthanen für die zu Kiesgruben oder Stünbrüchen abgetretenen Gründe betr. (R.Bl. S. 1353; W. I. S. 395); weitere dies­ bezügliche Generale, Reskripte und Min.Entschl. s. bei Henle, die ZwangSenteignrng von Grundeigentum in Bayern, München 1890 S. 42 Nt. 6; über die GeltMA der im Texte zit. Ber. auch E. d. Berw.Ger.H. VIII. 316; Bl. f. adm. Pr. XXXVIII. 127. **) Bgl. hierüber Henle a. a. O. S. 42 Nt. 6; Seydel, b. StR. V. S. *99 mit M E. v. 2. Jan. 1840 (W. I. S. 395 Nt. eee); auch E. d. Berw.Ger.H. VUL 316 mit Art. 8 Ziff. 10 des Berw.Ger.H.Ges. v. 8. Aug. 1878.

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Staatsstraßen.^) Die Festsetzung der Entschädigung erfolgt hier im Verwaltungswege unter Ausschluß des Civilrechtsweges?b) c) Eine Verordnung vom 16. August 1805") enthält Eigen­ tumsbeschränkungen und sonstige Verpflichtungen zum Zwecke der Erhaltung und Verbesserung der Staatsstraßen.'^) Eine Anzahl von Vorschriften verpflichten insbesondere die Eigentümer der an Staats­ straßen angrenzenden Waldungen zur entsprechenden Auslichtung derselben?b) Entschädigungsansprüche sind gesetzlich nicht begründet.^) d) Bezüglich der Zwangsenteignung zum Zwecke der Regelmig von Feldwegen in der Flurbereinigung s. oben § 85 S. 610 ff. 3. Es gibt weder ein allgemeines bürgerliches noch allgemeines öffentliches Recht auf den SBeftanb31) oder einen bestimmten Zustand33) M) Nicht Distrittsstraben; so Henle a. a. O. S. 43 Nt. 6; Seydel, b. St.R. V. S. 499; KraiS a. a. O. III. S. 105; Hauck a. a. 0.1891 S. 610 mit Recht gegen Bl. f. adm. Pr. XVI. 151; Frhr. v. Pechmann-Brettreich a. a. O. S. 190. **) Bl. f. adm. Pr. XIV. 157; Henle a. a. O. S. 42 Nt. 6. Bgl. aber dazu auch M.Bek. v. 6. Juni 1876, das AuSlichten der Gehölze läng- der StaatSsttaßen berr. (W. XI. S. 557) mit M E. v. 26. Ott. 1876 gleichen Bett. (W. XI. S. 659), wo eine Entschädigung nach Matzgabe de- Zwangsenteignung-ges. v. 17. Nov. 1837 in Aussicht gestellt ist, gegen M.E. v. 19. Juni 1830, ,daS AuSlichten der Waldungen an Hochstraßen bett. (Döllinger XVI. 717). Sollte eine EittschädigungSklage erhoben werden wollen, so wären die Zivilgerichte zuständig: s. auch Bl. f. adm. Pr. XX. 849. — Ueber Zuständigkeit der Civilgerichte bei Entschädigungen für widerrechtliche Kiesentnahme oder für eine vertragsmäßig gestattete KieSentnahme s. E. d. obst. L.G. XII. 488. *7) Die Verbesserung der Sttaßen betr. (R.Bl. S. 897; W. I. S. 106). Ueber deren Geltung überhaupt und ihren zeitlichen und räumlichen Geltungs­ bezirk s. Näheres bei Henle a. a. O. S. 43 Nt. 7 a und Seydel, b. St.R. V S. 500 Nt. 3 und 4. •8) Nicht Distrikt-straßen: hierüber s. Henle a. a. O. S. 44 lit. a und S. 49; Seydel, b. St.R. V. S. 500. ,e) Bgl. hierüber Nähere- bei Henle a. a. O. S. 44 Nt. b und Seydel, b. St.R. V. S. 500 mit Nt. 5. Die einzelnen Erlasse, Verordnungen u. s. w. auf­ zuzählen, besteht hier keine Veranlassung, da ihr Inhalt ausschließlich dem öffent­ lichen Rechte angehört. •°) Bgl. hierüber die gründlichen und zutreffenden Ausführungen bei Henle, a. a. O. S. 45—49. Eine Ausnahme besteht nach Ziff. IV. Abs. 3 und 4 der Ber. vom 16. Aug. 1805, wenn fremde Grundstücke zur Straße gezogen werden sollen; hier sind die Vorschriften des ZwangSenteignungsges. v.17. Nov. 1837 (vgl. oben § 84 lit. B S. 591 ff.) maßgebend, für die schließttche Entscheidung über die Entschädigung also die Civilgerichte zuständig: Henle a. a. O. S. 44 lit. a; Bl. s. adm. Pr. XX. 354; W I. S. 108 Nt. **. — Alle Anordnungen und Streitigkeiten, die sich aus diese öffenttich-rechtlichen Eigentum-beschränkungen beziehen, gehören natürlich zur Zuständigkeit der BerwaltungSbehöiden: Bl. f. adm. Pr. XX. 348; Henle a. a. O. S. 44; auch Erk. d. Komp.Konfl.Ger.H. v. 25. Juli 1854 (R.Bl. S. 649; W. Anh.Bd. S. 279); hiezu Bl. f. adm. Pr. XIII. 116, auch XV. 141. 8l) E. d. obst. L G. VI. 881; VII. 50,842; VIII. 611; Bl. f. R.A. XLIV. 234; Erk. d. Komp.Konfl.Ger.H. v. 30. Nov. 1882 (G.B.Bl. 1883 Beil. I S. 1; W. AnhBd. S. 329); Bl. s. adm. Pr. XX. 336; XXVI. 157; XXVII. 238; Seydel, b. St.R. V. S. 487; Lindner-v. Hauck a. a. O. S. 137 a. E., 142 Ziff. 3 Abs. 2. M) Vgl. hieher Seydel, b. St.R. V. S. 487 Nt. 3, mit Recht gegen E. d. obst. L.G- XL 379; XIII. 602. Im einzelnen ist aber m. E. wohl zu unter-

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Das Sachenrecht.

eines öffentlichen Weges, soferne nicht civil- oder öffentlich-rechtliche Normen ausdrücklich anderes bestimmen; wohl aber ein allgemeines öffentliches Recht aus Gestattung der Benützung des öffentlichen Weges, so wie er jeweils und wozu er jeweils besteht33), wie insbesondere darauf, daß Dritte die rechtmäßige Benützung nicht beeinträchtigen oder verhindern.3^) Anderseits ist aber nicht ausgeschlossen, daß durch besonderen Rechtstitel ein besonderes bürgerliches Recht eines Einzelnen auf eine bestimmte Benützungsart eines öffentlichen Weges begründet iuirb.30) 4. Streitigkeiten. Die Grundlage für die Scheidung der Zuständigkeiten zwischen den bürgerlichen Gerichten und Berwaltungsbehörden wllrde bereits oben § 63 S. 454 ausgestellt.3^) Im einzelnen ergeben sich hiezu folgende Resultate: scheiden zwischen Beschädigungen, die durch die Anlage eines öffentlichen Weges oder eine Anlage auf dem öffentlichen Wege, und solchen Beschädigungen, die durch die Art der Benützung einer solchen Anlage entstehen. Ansprüche gegen dritte Personen aus rechtswidrigem Verhallen derselben in Benützung oder bei Herstellung der Anlagen sind m. E. nicht ausgeschlossen, z. B. gegen einen Gewerbsmann, der beauftragt ist, in der Straße die Gasleitung zu legen und die aufgegrabene Stelle des Nachts über nicht versichert, so daß dieselbe bei der Dunkelheit nicht erkannt werden kann und hiedurch eine Beschädigung entsteht. 83) E. d. Verw.Ger.H. III. 38, 488; VII. 238, 242; VIII. 226; Bl. f. adm. Pr. XX. 338; XXII. 174; XXXIII. 378; XXXV. 49; Reger, Entsch. I. 337; III. 93; Erg.Bd. I. 202; Seydel, b. St R. V. S. 487; Lindner-v. Hauck a. a. O. S. 137 a. E., S. 143 3ist 3 Abs. 4. — Besteht ein allgemeines Recht auf Be­ nützung eines öffentlichen Weges, so ist klar, daß durch Handlungen, welche lediglich die allgemein zulässige Art der Benützung verwirklichen, auf dem Wege der Ver­ jährung ein Sonderrecht nicht erworben werden kann: Bl. f. adm. Pr. XX. 338; E. d. obst. L.G. VIII. 625: Bl. f. R.A. XXXI. 236; XLII. 408; XLVI. 121; Erk. d. Komp.Konfl.Ger.H. v. 22. April 1861 (R.Bl. S. 393; W. Anh.Bd. S. 393); Erk. d. Komp.Konfl.Ger.H. v. 20. Juni 1854 (R.Bl. S. 504; W. Anh.Bd. S. 278); v. 28. Dez. 1864 (R.Bl. 1865 S. 105; W. Anh.Bd. S. 304); v. 18. Dez. 1865 (R.Bl 1866 S. 37; W. Anh.Bd. S. 306). Hiedurch ist aber weder ausgeschlossen, daß durch besonderes Rechtsgeschäft ein Sonderrecht gleichen Inhaltes begründet werden kann, dessen Wirkung sich freilich erst dann zeigt, wenn entweder die öffent­ liche Zweckbestimmung des Weges ganz wegsällt oder wenigstens die betreffende allgemeine Benützungsart, welche bisher den Inhalt des Sonderrechtes umfaßte, nicht mehr zulässig ist, noch daß sowohl durch Verjährung wie andere Rechtstitel ein in der allgemein zulässigen Benützungsart nicht enthaltenes Sonderrecht ge­ schaffen werden kann, soferne es nicht der öffentlichen Zweckbestimmung zuwider­ läuft. Vgl. auch Bl. f. adm. Pr. XX. 339—341; Lindner-v. Hauck a. a. O. S. 142, 143, 150; v. Kahr a. a. O. S. 359; Krais a. a. O. III. S. 101; Entsch. d. obst. L.G. X. 200; Bl. f. R.A. XLVIII. 814; Bl. f. adm. Pr. XLII. 63. Daraus ergibt sich auch, daß derjenige, welcher einen Weg begeht, weil er ihn irrtümlich für einen öffentlichen hält, durch diesen fortgesetzten Gebrauch noch keine Servitut erwirbt: E. d. obst. L.G. III. 6; IX. 81; XII. 178; Bl. f. R.A. XLVI. 260. 84) E. d. obst. L.G. IX. 49; Bl. f. R A. XLVI. 249; Seydel, b. StR. V. S 391. 35) Vgl. hiezu Nt. 33. 86) Im allgemeinen ist hiehec gleich folgendes zu bemerken: Maßgebend für die Zuständigkeit ist stets der Inhalt der Behauptung der Klage d. h. die rechtliche Natur der Klagsbegründung (im Gegensatze zur behaupteten rechtlichen Natur derselben), nicht aber der Einwand des Beklagten (s. besonders Erk. d. Komp.Konfl.Ger.H. v. 30. Nov. 1882

a) Civilrechtlichc Streitigkeiten: a) Streitigkeiten über die Besitzes- und Eigentumsverhältnisse, über die der Eigenschaft des öffentlichen Weges zu Grunde Beil. I, S. 1; W. Anh.Bd. S. 329; auch Bl. f. adm. Pr. XLIII. 365, 366; (i. b. obst. L G- I. 113j). Daher kann insbesondere die civilrichterliche Zuständigkeit nicht dadurch ausgeschlossen werden, daß einer negatorischen Klage des Privateigen­ tümer- der Einwand „der Weg sei ein öffentlicher" entgegengestellt wird. Der Civilrichter hat hier je nach den Behauptungen der Streitsteile zu untersuchen, ob der Weg im Eigentume des Klägers oder im Staats- oder Gemeindeeigentum stehe, oder mit einer öffentlichen Wegdienstbarkeil belastet sei (vgl. auch E. d. obst. L G. VII. 233; XIV. 859; Bl. f. R A. XLIII. 92; Bl. f. adm. Pr. XLIII. 364 ff ). Denn die Behauptung: „der Weg sei ein öffentlicher", kann nur dann eine rechtlich relevante Bedeutung haben, wenn ein die öffentliche Zweckbestimmung ermög­ lichendes Privatrecht auf den Weg vorhanden ist. Die Austragung dieser civilrechUichen Frage ist also immer Präjudizialpunkt, wenn die Entscheidung über die öffentliche Eigenschaft des Weges nicht ein Sprung ins Dunkle sein soll. Primäre Frage ist daher stets: ob der Weg überhaupt rechtmäßig der öffentlichen Zwöckbeftimmung zugesübrt werden kann? Diese Frage ist Civilrechtssache; wenn ja, so

kommt die Frage: ist der Weg in der That ein öffentlicher und in welchem Umfange in An­ sehung der Benüpuugsart ist er dies? DieS ist Berwaltungssache. Bal. hiezu besonders Erk. d. Komp.Konfl.Ger.H. v. 28. Juni 1851 (R.Bl. S. 937; W. Anh.Bd. S. 273); v. 26. Juni 1872 (R.Bl. S. 1560; W. Anh.Bd. S. 320); v. 17. Dez. 1872 (R.Bl. 1873 S. 63; W. Anh.Bd. S. 322); v. 23 April 1873 (R.Bl. S. 913; W. Anh.Bd. S. 323); Seydel, b. St.R. V. S. 488, und unten Nt. 37 und 46. Vgl. zum folgenden besonders Bl. f. adm. Pr. XX. 321, 337—410 mit eingehender Kritik der oberst­ richterlichen Urteile bis «int Jahre 1871, welche die maßgebenden Gesichtspunkte für die Scheidung der Zuständigkeiten nicht richtig auSeinanderhielten; v. Kahr a. a. O. S. 389—403; auch C. H. L. Mathäus, die Grenzen der civilgerichtlichen und administrativen Zuständigkeit, Nördlingen 1887 S. 136 ff. — Bezüglich oben­ genannter actio negatoria des Privateigentümers sei noch im besonderen bemerkt: Der actio negatoria ist stattzugeben, wenn dem Kläger der Beweis seines Eigen­ tum- gelingt und dem Beklagten der Beweis des Staats- oder GemeindeeigentumS bezw. einer öffentlichen oder privaten Wegdienstbarkeil mißlingt. Ein weiterer Beweis, daß der Weg zum öffentlichen bestimmt ist, falls letzterer Beweis des Beklagten gelungen ist, ist nicht erforderlich; hier ist dann die actio negatoria zurückzuweisen. Die Frage, ob der Beklagte den Weg benutzen durste, ist zwischen dem Staate bezw. der Gemeinde und dem Beklagten auszutragen. Anderseits ist aber m. E. die actio negatoria nicht schon wegen mangelnder Pasflvlegitimation dann abzuweisen, wenn Beklagter seine Befugnis auf ein der Gemeinde zustehendes Recht stützt; denn in der Ausübung ihres öffentlichen WegerechteS (Bl. f. RA. XVI. 219) wird die Gemeinde von dem Publikum vertreten und wer eine solche Vertretung übt, muß sich vorsehen, daß der Vertretene auch wirklich das betreffende Recht habe, widrigenfalls er, wenn das Recht nicht besteht, rechtswidrig stört; daher richtig E. d. obst. L.G. I. 113; IV. 383, 703; VI. 556; VII. 233; v. Kahr a. a. O. S. 352 Nt. 32; unrichtig E. d. obst. L.G. VII. 230. Der Staat bez. die Gemeinde haben für solche Prozesse die Stelle eines Nebenintervenienten. Dagegen sind freilich einzelne Personen aus dem Publikum zur klagsweisen Verfolgung eines Rechtes der Gemeinde nicht aktiv legitimiert (keine Popularklage mehr): Bl. s. R.A. XLI. 121, 219; XLII. 176; v. Kahr a. a. O. S. 350—353. Als bloße Jncidentpunkte (im Gegensatze zu selbständigen Rechtssachen; s. hiezu Art. 13 Ziff. 1 des Berw.Ger.H.Ges. v. 18. Aug. 1878) können aber auch civilrechtliche Fragen Gegenstand einer Würdigung der Verwaltungsbehörden und öffentlich-rechtliche Fragen Gegenstand einer Würdigung des Civilrichters sein, soweit dies hier nach Lage der Sache überhaupt möglich ist. Vgl. hiezu Bl. f. adm. Pr. XLIII. 356, v. Kahr a. a. O. S. 391 und oben § 34 Ziff. III S. 192.

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Vermögensrechte. — Erstes Hanptstück.

Das Sachenrecht.

liegenden Dienstbarkeits- oder obligatorischen Rechtsver­ hältnisse, über dingliche und obligatorische Rechte an öffent­ lichen ÜBegen37), über sonstige privatrechtliche Eigentums”) Die Zuständigkeit der bürgerlichen Gerichte ist daher gegeben: 1. Bei Streit über die Frage, ob eine Wegfläche oder ein als Wegfläche bestimmtes Grundstück Eigentum oder im Besitze des Staates, deS Gemeindeverbandes oder einer andere» Person sei, wo die EigentumSgrenze lause: Erk. d. Komp Aonfl.Ger.H. v. 26. Juli 1852 (R.Bl. S.867; W. Anh.Bd. S. 275); v. 18. Jan. 1863 (R.Bl. S. 126; W. Anh Bd. S. 275); v. 10. April 1865 (R.Bl. S. 443,451; W. Anh.Bd. @. 304); D. 18. Mai 1868 (R.Bl. S. 853; W. Anh Bd. S. 310: Hypothekbestellung); v. 10. Nov. 1868 (R Bl. S. 2411; W. Anh.Bd. S. 311); v. 2. Aug. 1869 (R.Bl. S. 1633; 83. Anh.Bd. S. 314); v. 17. Dez. 1872 (R.Bl. 1873 S. 63; W. Anh.Bd. S. 322); v. 23. April 1873 (R.Bl. S. 913; 83. Anh.Bd. S. 323); v. 11. April 1889 (G.B.Bl. Beil. 10 S. 17; 88. Anh.Bd. S. 332). Bl. s. adm. Pr. XX. S. 342, 352; XLIII. 361 ff.; E. d. Berw.Ger.H. I. 406; IV. 235; V. 170; VH. 133; XV. 7; E. d. obst. L.G. VII. 133; Bl. f. R A. XLI. 203; Seydel, b. St.R. V. S. 489; v. Kahr a. a. O. S. 390, 391; Lindner-V. Hauck a. a. O. S. 149; KraiS a. a. O. in. S. 101. Klage auf Rückerstattung eines zu einem öffentlichen 88eg ver­ wendeten Grundstückes wegen Nichtigkeit des Erwerbstitels gehört vor die Civilgerichte: Bl. f. R.A. XXXIX. 12. A. M. und ganz oder zum Teil unrichtig Komp.« Konfl.Ger.H.Erk. v. 24. April 1865 (R.Bl. S. 492; W. Anh.Bd. S. 304); v. 3. Mai 1869 (R.Bl. S. 881; W. Anh.Bd. S. 313); v. 2. Aug. 1869 (R.Bl. S. 1633 ; 83. Anh.Bd. S. 314). — Widerspruchsrechte gegen Straßenänderungen gehören nur dann vor die Civilgerichte, wenn ein besonderer Privatrechtstitel behauptet wird: Stuss. Arch. XVH. 121. 2. Bei Streitigkeiten zwischen Privatpersonen über die Existenz einer behaupteten öffentlichen Dienstbarkeit (Fahrtrecht, Gehrecht u. s. w. — actio confessoria, negatoria) und Besitzesschutz hierin: Erk. d. Komp.Konfl.Ger.H. v. 29. Okt. 1860 (R.Bl. S. 975; W. Anh.Bd. S. 292); v. 15. März 1869 (R.Bl. S. 521; SB. Anh.Bd. S. 312); v. 23. Jan. 1871 tR.Bl. S. 243; SB. Anh.Bd. S. 317); v. 27. Juni 1872 (R.Bl. S. 1968; SB. Anh Bd. S. 321); v. 7. F-br. 1878 (G.B.Bl. Beil. I S. 1); Bl. f. adm. Pr. XX. S. 362; Seydel, b. St.R. V. S. 489. A. M. E. d. Komp.Konfl.Ger.H. v. 7. Mai 1861 (R Bl. S. 489; SB. Anh.Bd. S. 294); v. 10. Nov. 1868 (R.Bl. S. 2411; SB. Anh.Bd. S. 311); v. 12. Juli 1869 (R.Bl. S. 1379; SB. Anh.Bd. S. 314). 3. Bei Streitigkeiten zwischen Staat oder Gemeinde und dem Eigentümer oder einem Dritten über eine von dem Staate oder der Gemeinde angesprochme öffentliche Dienstbarkeit (actio confessoria, actio negatoria): Bl f. R.A. XXXIX. 228; v. Hauck a. a. 0.1891 S. 607; v. Kahr a. a. O. S. 390; Lindner-V. Hauck a. a. 0. S. 149, 150; KraiS a. a. O. III. S. 100; E. d. Komp.Konfl.Ger.H. v. 8. Jan. 1874 (G.BBl. Beil. IIS. 5; SB. Anh.Bd. S. 430); E. d. obst. L.G. V. 84; E. d. Bero.Ger.H. XV. 7; Bl. f. adm. Pr. XXin. 125; XXIX. 248; XLIH. 364. A. M. E d. Komp.Konfl.Ger.H. v. 15. Febr. 1864 (R.Bl. S. 305; W. Anh.Bd. S. 302); v. 24. April 1865 (R.Bl. S. 483; SB. Anh.Bd. S. 304; hiezu s. jedoch auch Bl f. adm. Pr. XX. 388, 389); v. 9. Nov. 1868 (R.Bl. S. 2398; W. Anh.Bd. S. 311). Actio confessoria der Gemeinde: E. d. Komp.Konfl.Ger.H. v. 18. Jan. 1853 (R.Al. S. 126; SB. Anh.Bd. S. 275); v. Kahr a. o. O. S. 390. 4. Insbesondere auch bei Streitigkeiten über ein auf einen besondern RechtStitel gestütztes Recht zu einer besonderen Art der Wegbenützung: Bl. f. adn. Pr. XX. 398; v. Kahr a. a. O. S. 390; KraiS a. a. O. III. S. 100. A. M. Dk. d. Komp.Konfl.Ger.H. vom 20. Juni 1854 (R.Bl. S. 504,512; SB. Anh.Bd. S. 273; hiezu auch Bl. f. R.A. XX. 91; Bl. f. adm. Pr. V. 182; XX. 398); v. 30. Mctz 1857 (R.Bl. S. 377; SB. Anh.Bd. S. 283; s. dazu Bl. f. adm. Pr. XX. 403; v. 28. Dez. 1864 (R.Bl. 1865 S. 105; SB. Anh.Bd. S. 304; dazu Bl. f. adm. P. XX. 405); v. 18. Dez. 1865 (R.Bl. 1866 S. 37; SB. Anh.Bd. S. 306; dazu Bl. f.

Xin. Kapitel.

Das Wegerecht.

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beschränkungen zu Gunsten Dritter^) sind stets privat­ rechtlicher Natur und gehören zur Zuständigkeit der bürger­ lichen Gerichte. Nach herrschender Ansicht sollen zwar bei solchen Streitfällen „administrative Provisorien" zulässig fein39); allein mangels ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift kann die Zuständigkeit zu provisorischen Verfügungen den Verwaltungsbehörden nicht zugebilligt werden, da auch diese Entscheidungsthätigkeit ein Teil der bürgerlichen Ge­ richtsbarkeit ist.40) ß) Streitigkeiten über die Wegbaupflicht, soweit sie durch privat­ rechtliche Titel begründet wird.4') y) Entschädigungsansprüche wegen Beschädigung oder Wert­ minderung eines Grundstückes durch Anlage oder Verlegung öffentlicher Wege49), wegen Beschädigung oder Eigentums­ beeinträchtigung durch die Art der Anlage eines öffent­ lichen Weges43) oder wegen Beeinträchtigung durch Dritte in der Benützung des öffentlichen Weges.44) b) Oeffentlich-rechtliche Streitigkeiten43):

a) Streitigkeiten über die öffentliche Eigenschaft eines Weges mit Zubehörungen, einer Brücke oder eines Abzugskanals, über Anlegung, Ausdehnung, Benützung oder Beseitigung öffentlicher Wege, soweit nicht privatrechtliche Titel in adm. Pr. XX. 407); vom 21. Dez. 1868 (R.Bl. 1869 S. 67; W. Anh.Bd. S. 312; dazu Bl. f. adm. Pr. XX. 409). ") E. d. obst. L.G. 1.113; V. 82; VH. 132; Seydel, b. St.R. V. S. 490; Bl. f. adm. Pr. XX. 344; XXIX. 96, 248. ") Erk. d. KomP.Konsl.Ger.H. v. 24. April 1866 (R.Bl. S. 492; W. Anh.­ Bd. S. 304); v. 25. Juni 1872 (R.Bl. S. 1550; W. Anh.Bd. S. 320); E. d. «erw.Ger.H 1.405; II. 189; IV. 569; V. 175; XI.57, Bl. f. adm. Pr. XX. 356ff.; XXVIII. 28; Seuffert, Komm. z. b. Ger.Ordn. v. 1753 Bd I. S. 228 ff.; LindnerV. Hauck a. a. O. S. 149; Krais a. a. O. Bd. I. S. 86; III. S. 100; v. Kahr a. a. O. S- 392, 393, mit weiteren Litteraturangaben; M.E. v. 22. April 1835, die Herstellung eines Abzugskanals, modo den Kompetenzkonflikt u. f. w. betr. (SB. HI. S. 22); v. 26. Okt. 1840, die Beschwerde der E. R- zu N. wegen Her­ stellung und Unterhaltung eines Weges und UferbaueS betr. (Döllinger XXXI. S. 225). iv) Ebenso Seydel, b. St.R. V. S. 490; Bl. f. adm. Pr. XLIII. 372 ff., mit näherer zutreffender Begründung, auf welch« hieher Bezug genommen wird. ") Erk. d. Komp Konfl.Ger.H. v. 20. Dez. 1864 (R.Bl. 1865 S. 22; W. Anh Bd. S- 303); Bl. f. adm. Pr. XX. 343, 344; Lindner-v. Hauck a. a. O. S. 150; v. Kahr a. a. O. S. 391; E. d. obst. L.G. V. 585, 587; IX. 202; X. 337; Bl. f. R.A. XLIII. 360. «) E. d. Komp.Konfl.Ger.H. v. 8. Juni 1857 (R.Bl. S. 741; W. Anh.Bd. S. 283); v. 17. Dez. 1881 (G.B.Bl. 1882 Beil. III S. 33; SB. Anh.Bd. S. 329). ") E. d. Komp.Konfl.Ger H. v. 31. Mai 1884 (G.B.Bl. Beil. III S. 19; SB. Anh.Bd. S. 330); E. d. obst. L.G. V. 82; VI. 881; XI. 379; Bl. f. adm. Pr. XX. 344 ff. ") E. d. obst. L.G. IX. 49. 45) Bgl. zum folgenden Näheres besonders bei v. Kahr a. a. O. S. 393—403.

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Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

Das Sachenrecht.

Frage kommen, über öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränk­ ungen, welche zu Gunsten der öffentlichen Wege, insbesondere der Staatsstraßen, aufgestellt finb46), über die Verbind­ lichkeit in Bezug auf Herstellung und Unterhaltung der Distriktsstraßen und Gemeindewege, Brücken, Fähren, Stege und Abzugskanäle4') sind, soweit nicht privatrechtliche Ver­ pflichtungen in Frage kommen, öffentlich-rechtlicher Natur und bald reine Verwaltungs-, bald Berwaltungsrechtssachen.") ß) Streitigkeiten über wegpolizeiliche Fragen sind öffentlichrechtlicher Natur und reine Verwaltungssachen.4")

XIV. Kapitel.

Dingliche Gewerbsrechte.) § 192. Das bayerische Recht kennt als dingliche Gewerbsrechte nur die Realgewerbeberechtigungen und die Ehehaften als eine besondere Art der ersteren. ") E. d. Komp.Konfl.Ger.H. v. 22. April 1861 (R.Bl. S. 409; W. Anh.Bd. S. 293); v. 18. Dez. 1865 (R.Bl. 1866 S. 37; W. Anh.Bd. S. 306 über Ver­ pflichtung zur Anlage von Abzugsgräben oder Ueberwölbung eines Stratzengrabens); v. 26. Juni 1866 (R.Bl. S. 99l, 1100; W. Anh.Bd. S. 307); v. 21. Dez. 1868 (R.Bl. 1869 S. 67; W. Anh.Bd S. 312); v. 11. Mai 1869 (R.Bl. S. 939; W. Anh.Bd. S. 313); v. 1. Auq. 1870 (R.Bl. S. 1617; W. Anh.Bd. S. 316 [?]); v. 30. Nov. 1882 (G.B.Bl. 1883 Beil. I. S. 1; W. Anh.Bd. S. 329); E. d. obst. L G. Vin. 576; E. d. Berw.Ger.H. III. 521, 654; VII. 238; XI. 325, 585; v. Kahr a. a. O. S. 391; Seydel, b. St.R. V. S. 503; Lindner-v. Hauck a. a. O. S. 147 bis 149; Bl. f. adm. Pr. XLIII. 369, 370. — Bezüglich der Benützung ist aber in folgender Weise zu unterscheiden -. Ist streitig, ob eine öffentliche Wegdienstbarkeit eine Fahrt- oder Fubsteiggerechtigkeit sei, so ist das Dienstbarkeitsverhältnis be­ stritten und haben hierüber die Civilgerichte zu entscheiden; ist dagegen streitig, ob für den öffentlichen Weg innerhalb deS dem Staate oder der Gemeinde rechtlich zustehenden Umfanges der Benützung die oder jene Benützungsart erlaubt sei, so ist dies eine Berwaltungssache. 47) E. d. Komp.Konfl Ger.H. v. 27. Dez. 1860 (R.Bl. 1861 S. 129, W. Anh.Bd. S. 292; Gemeindebrücke): v. 13. Mai 1869 (R.Bl. S. 1055, 1119; W. Anh.Bd. S. 314); v. 1. April 1875 (G.B.Bl. Beil. II. 7; W. Anh.Bd. S. 324; auch wenn es sich um Rückersatz für ausgelegte Beträge handelt); v. 7. Oft. 1892 (G.B.Bl. Beil. II. S. 7; W. Anh.Bd. S. 333; eine Anerkenntnis der Wegbau­ pflicht begründet nicht die privatrechtliche Natur des Anspruches); Seydel, b.St.R. V. S. 503. ") Art. 8 Ziff. 34 des Berw.Ger.H.Ges. v. 8. Aug. 1878. Vgl. auch noch Art. 10 Ziff. 1 und 2 a. a. O. Hiezu s. E. d. Ber.o.Ger.H. I. 95, 221; II. 710; III. 619, 654, 704; IV. 108; VII. 238; XII. 141. ") Bgl. hiezu Seydel, b. St.R. V. 500—502; auch Erk. d. Komp.Konfl^ Ger.H. v. 15. März 1876 (G.B.Bl Beil. VII. S. 37; W. Anh.Bd. S. 325). ') Roth, b. C.R. III. S. 182-193; Seydel, b. St.R. V. S. 662, 663; da- Gewerbepolizeirecht des deutschen Reiches in HirthS Annalen deS deutscher

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Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

Das Sachenrecht.

Frage kommen, über öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränk­ ungen, welche zu Gunsten der öffentlichen Wege, insbesondere der Staatsstraßen, aufgestellt finb46), über die Verbind­ lichkeit in Bezug auf Herstellung und Unterhaltung der Distriktsstraßen und Gemeindewege, Brücken, Fähren, Stege und Abzugskanäle4') sind, soweit nicht privatrechtliche Ver­ pflichtungen in Frage kommen, öffentlich-rechtlicher Natur und bald reine Verwaltungs-, bald Berwaltungsrechtssachen.") ß) Streitigkeiten über wegpolizeiliche Fragen sind öffentlichrechtlicher Natur und reine Verwaltungssachen.4")

XIV. Kapitel.

Dingliche Gewerbsrechte.) § 192. Das bayerische Recht kennt als dingliche Gewerbsrechte nur die Realgewerbeberechtigungen und die Ehehaften als eine besondere Art der ersteren. ") E. d. Komp.Konfl.Ger.H. v. 22. April 1861 (R.Bl. S. 409; W. Anh.Bd. S. 293); v. 18. Dez. 1865 (R.Bl. 1866 S. 37; W. Anh.Bd. S. 306 über Ver­ pflichtung zur Anlage von Abzugsgräben oder Ueberwölbung eines Stratzengrabens); v. 26. Juni 1866 (R.Bl. S. 99l, 1100; W. Anh.Bd. S. 307); v. 21. Dez. 1868 (R.Bl. 1869 S. 67; W. Anh.Bd S. 312); v. 11. Mai 1869 (R.Bl. S. 939; W. Anh.Bd. S. 313); v. 1. Auq. 1870 (R.Bl. S. 1617; W. Anh.Bd. S. 316 [?]); v. 30. Nov. 1882 (G.B.Bl. 1883 Beil. I. S. 1; W. Anh.Bd. S. 329); E. d. obst. L G. Vin. 576; E. d. Berw.Ger.H. III. 521, 654; VII. 238; XI. 325, 585; v. Kahr a. a. O. S. 391; Seydel, b. St.R. V. S. 503; Lindner-v. Hauck a. a. O. S. 147 bis 149; Bl. f. adm. Pr. XLIII. 369, 370. — Bezüglich der Benützung ist aber in folgender Weise zu unterscheiden -. Ist streitig, ob eine öffentliche Wegdienstbarkeit eine Fahrt- oder Fubsteiggerechtigkeit sei, so ist das Dienstbarkeitsverhältnis be­ stritten und haben hierüber die Civilgerichte zu entscheiden; ist dagegen streitig, ob für den öffentlichen Weg innerhalb deS dem Staate oder der Gemeinde rechtlich zustehenden Umfanges der Benützung die oder jene Benützungsart erlaubt sei, so ist dies eine Berwaltungssache. 47) E. d. Komp.Konfl Ger.H. v. 27. Dez. 1860 (R.Bl. 1861 S. 129, W. Anh.Bd. S. 292; Gemeindebrücke): v. 13. Mai 1869 (R.Bl. S. 1055, 1119; W. Anh.Bd. S. 314); v. 1. April 1875 (G.B.Bl. Beil. II. 7; W. Anh.Bd. S. 324; auch wenn es sich um Rückersatz für ausgelegte Beträge handelt); v. 7. Oft. 1892 (G.B.Bl. Beil. II. S. 7; W. Anh.Bd. S. 333; eine Anerkenntnis der Wegbau­ pflicht begründet nicht die privatrechtliche Natur des Anspruches); Seydel, b.St.R. V. S. 503. ") Art. 8 Ziff. 34 des Berw.Ger.H.Ges. v. 8. Aug. 1878. Vgl. auch noch Art. 10 Ziff. 1 und 2 a. a. O. Hiezu s. E. d. Ber.o.Ger.H. I. 95, 221; II. 710; III. 619, 654, 704; IV. 108; VII. 238; XII. 141. ") Bgl. hiezu Seydel, b. St.R. V. 500—502; auch Erk. d. Komp.Konfl^ Ger.H. v. 15. März 1876 (G.B.Bl Beil. VII. S. 37; W. Anh.Bd. S. 325). ') Roth, b. C.R. III. S. 182-193; Seydel, b. St.R. V. S. 662, 663; da- Gewerbepolizeirecht des deutschen Reiches in HirthS Annalen deS deutscher

XIV. Kapitel.

Dingliche Gewerbsrechle.

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A. Die Realgewerbeßerechtigimßerl. I. Tie in Bayern herrschende Auffassung versteht unter einer realen Gewerbeberechtigung das dingliche Rechtauf den Betrieb eines bestimmten Gewerbes und nennt sie reale Gewerbeberechtigung im engeren Sinn, wenn sich das Recht an eine Person knüpft und von dieser aus vererblich und veräußerlich, also nicht höchstpersönlich ist: radiziert dagegen, wenn die Befugnis zum Betriebe eines bestimmten Gewerbes an ein bestimmtes Grundstück geknüpft ist.3*)* Seit der Verordnung vom 1. Dezember 18044) konnten reale Gewerbeberechtigungen im engeren Sinne, seit dem Gewerbegesetz vom 30. Januar 18685) radizierte Gewerbeberechtigungen nicht mehr Reiches 1881 S. 688 ff.; Krais, Handbuch der inneren Verwaltung Bd. III. S. 37, 38; Frhr. v. Pechmann-Breitreich, Wirkungskreis der DistriktSverwaltungSbehörden Bd. II S. 403, 404; v. Landmann, Kommentar zur ReichSgewerbeordnung 1895, 2. Aufl., S. 94—97; 393—396; Gengler, daS gemeine deutsche Privatrecht S. 297—299. *) Die realen Gewerbsrechte gewähren dem Inhaber kein Berbietungsrecht; trotzdem sind sie aber dingliche Rechte; vgl. Roth, b. C.R. III. S. 185; E. d. obst. L.G. XIV. 201, 218, 759; Plen.Beschl. v. 26. Ott. 1842 (R.Bl. S. 1333). ’) Vgl. hierüber jedoch auch oben § 59 S. 439, 441 lit. c und § 63 lit. B Biff. 2 d mit Nt. 35; Roth, b. C.R. III. S. 182; Seydel, b. St R. V. S. 662; v. Landmann a. a. O. S. 94; Bl. f. adm Pr. XLIII. 46 (Realrechle i. e. S. würden nur aus einem Hause auSgeübl und entbehrten jeder dinglichen Unterlage, radizierte dagegen ruhten auf einem Hause; nur bei letzteren könne man von Ab­ trennungen und TranSferiernngen sprechen); E. d. Berw.Ger.H. HI. 7; Reger, Gntsch. II. 121. Ueber den Begriff der radizierten GewerbSrechte s. besonder- auch Bl. f. R.A. IX. 193 ff.; XIII. 145 ff.; LVIL 280. Begriff und Unterschied ist nichts weniger als allgemein einheitlich sestgestellt und anerkannt, auch in den bayerischen Gesetzen nicht weiter definiert. Doch hat ein näheres Eingehen auf diese Frage keine weitere Bedeutung, da die Realgewerbeberechtigungen infolge ihreheutigen geringen praktischen Wertes sehr in der Abnahme begriffen sind. Jeden­ falls sind die Realgewerbeberechtigungen i. e. S. selbständige dingliche Rechte, die nicht nur auf Seile deS Berechtigten vererblich und veräutzerlich sind, sondern auch jederzeit vom Anwesen losgelöst bezw. in einem anderen Anwesen ausgeübt werden können; die Dinglichkeit liegt m. E. darin, datz sie trotz dieser Mobilität doch auf der unbeweglichen Sache lasten und daher als dingliches Recht an dieser zu erachten sind, die radizierten Realrechte dagegen unselbständiger Natur, mit dem Anwesen, auf dem sie ruhen, geradezu als Perlinenz verknüpft (Bl. f. R A. LVII. 280; E. d. obst. L.G. XIII. 435), daher an sich von demselben untrennbar sind und eine Ver­ legung (Transferierung) derselben in ein anderes Anwesen (derselben Gemeinde: § 32 der Ber. v. 21. April 1862, den Vollzug der gesetzlichen Grundbestimmungen für daS Gewerbswesen in den sieben älteren Kreisen des Königreichs betr. M. V. S. 614; R.Bl. S. 713]) vom gewerbepolizeilichen Standpunkte denselben Grund­ sätzen unterliegen muß, wie eine Neuerrichtung des Gewerbebetriebes in diesem anderen Anwesen, weshalb hier stets gewerbepolizeiliche Bewilligung erforderlich, sohin auch die Bedürfnisfrage zu würdigen ist; vgl. Plen.Erk. d. Berw.Ger.H. XI. 1 ff. gegen VIII. 72; ferner Bl. f. R.A. LVII. 278. 4) die Handwerksbesugniffe betr. Nr. 7 (R.Bl. 1805 S. 47). Diese (Nr. 17) beschränkte aber die Radizierung von Gewerben auf Brauereien und Mühlen; Art. 4 Ziff. 5 des b. GewerbSges. vom 11. Sept. 1825 (W. II. S. 245) erklärte auch alle Tafernen und die denselben gleichgeachteten Gasthäuser als radiziert; vgl. hiezu Bl. f. R.A. IX. 193 ff., 216 ff. 5) W. VN. 178 ff.; Ges.Bl. 1866/69 S. 309 ff.

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Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

Das Sachenrecht.

begründet werden; die dingliche Eigenschaft der bestehenden Realgewerbe­ berechtigungen wurde aber ausrechterhaltenG): auch durch die Reichs­ gewerbeordnung sind die in den angeführten Zeitpunkten bereits be­ gründeten Gewerbeberechtigungen in ihrem Bestände nicht berührt worden; insbesondere ist auch deren Uebertragung auf Dritte, wie deren Transferierung auf andere Anwesen nicht ausgeschlossen. Das Verbot der Neubegründung realer Gewerbeberechtigungen wurde auf­ rechterhalten?) II. Für Entstehung und Erlöschen der realen Gewerbeberechtig­ ungen ist im wesentlichen das örtliche bürgerliche Recht maßgebend?) Im öffentlichen Interesse sind gewerbepolizeiliche Beschränkungen zu­ lässig, soweit sie nicht den Bestand des Realrechtes angreifen.-') 6) Art. 7 des zit. Gew.Ges. Vgl. hiezu auch Erk. d. Komp.Konfl.Ger.H. v. 18. Jan. 1853 (R.Bl. S. 155; W. Änh.Bd. S. 276). 7) § 10 Abs. 2 der Reichsgemerbeordnung in der Fassung v. 1. Juni 1891. 8) Vgl. hiezu das Nähere bei Roth, b. C.R. III. S. 183—188; auch Bl. f. R.A. V. 1 ff. (Anwendung der Rechlsgrundsätze über Privilegien; auch § 33 Abs. V der Nt. 3 zit. Ber. vom 21. April 1862); IX. 202 (Einstandsrecht bei Realgewerben). — Bezüglich „Transferierung" s. besonders Roth, b. C.R. III. S. 185; v. Landmann a. a. O. S. 95, 395—396; Seydel, b. St.R. V. S. 662 mit Nt. 7; Bl. f. R.A. IX. 233; LVII. 278; E. d. obst. L.G. XIII. 435 mit b. Not.Ztg. 1892 S. 178; E. d. Verw.Ger H. I. 217; VIII. 72; XI. 1 (Plen.Erk.); Bl. f. adm. Pr. IX. 180; XXV. 353, 356; XXXVII. 69, 81; XXXVIII. 92,286; XL. 257; § 12 Ziff. 1 der Vollz.Jnstr. v. 28. Dez. 1825 (R.Bl. S. 98) mit Ver. v. 1. Juli 1834, über den Vollzug der das Gewerbswesen betr. Stelle des Land­ tagsabschiedes (R.Bl. S. 873); Reskripte vom 10. Mai 1812; 16. Juni 1817; 6. Nov. 1830; 10. Nov. 1832; 22. April und 4. Juli 1836; 27. Aug. 1849; 21. Sept. 1851 (Döllinger XIV. 1049, 1051, 1055; XXVII. 492, 494); §32 der oben Nt. 3 zit. Ver. vom 21. April 1862. Hinsichtlich der Uebertragung von Realgewerbeberechtigungen überhaupt vgl. Bl. f. R-A. V. 187; IX. 202; dann § 48 der Reichsgew.Ordn.: „Realgewerbeberechtigungen können auf jede nach den Vorschriften dieses Gesetzes zum Betriebe des Gewerbes befähigte Person in der Art übertragen werden, daß der Erwerber die Gewerbeberechtigung für eigene Rechnung ausüben darf", und hiezu H. Rehm, die rechtliche Natur der Gewerbs­ konzession, München 1889, S. 37 ff, 49 ff.; E. d. Verw.Ger.H. III. 77; V. 49; VIII. 62, 72. Ueber Ausübung und Verpachtung der Gewerbeberechtigungen s. auch §§ 31, 33 der Ver. v. 21. April 1862, den Vollzug der gesetzlichen Grund­ bestimmungen für das Gewerbswesen 2C. betr. (W. VI. 615). Zum Ganzen s. auch oben Nt. 2. — Ueber Unzulässigkeit der Teilung einer Realgewerbeberechtigung s. § 30 der Gewerbeinstruktion v. 21. April 1862 (zit. in Nt. 3) mit §§ 83, 84 der Gewerbsinstruktion v. 17. Dez. 1853 (W. V. S. 226 Nt. *) und M E. v. 11. Jan. 1861, den Vollzug derselben betr. (W. V. S. 226). — Bezüglich Erlöschens der Realgewerbeberechtigungen s. besonders v. Landmann a. a. O. S. 95—97; dann Bl. s. R.A. II. 128; V. 2, 187; X. 49; XIII. 183; XV. 141; XXL 332; XXII. 388 (Anwendung des örtlichen bürgerlichen Rechtes); XII. 43 * (Beseitigung der Vor- und Einrichtungen bei Veräußerung des Anwesens); II. 128; V. 187; X. 49, 65; XIII. 182; XV. 141, 144; XVI. 172; XXL 332, 336; XXII. 388; XXIII. 400 (Jmmemorial- und erlöschende Verjährung); VIII. 147 ff.; XI. 87, 93, 111; XIX. 254; XX. 81; XXII. 279 (unvordenkliche Zeit); auch § 33 Abs. 5 der Nt. 3 zit. Ver. v. 21. April 1862. 9) Vgl. hierüber Seydel, b. St.R. V. S. 662, 663 mit Nt. 1; v. Land­ mann a. a. O. S. 393—396 mit weiteren Litteraturangaben: E. d. Verw.Ger.H. I. 217; III. 7, 555; VIII. 62, 72; IX. 1 (Plen.Erk.)r XII. 169 (die Prüfung der

XIV. Kapitel.

Dingliche Gewerbsrechte.

1085

III. Die realen Gewerbeberechtigungen im engeren Sinn sind selbständige Hypothekobjekte; radizierte Gewerbeberechtigungen können nur als Pertinenzen eines Anwesens mit diesem Gegenstand einer Hypothekbestellung feilt.10 * *) * * * IV. Lediglich um Rechtsstreitigkeiten über die Eigenschaft eines Rechtes auf einen bestimmten Gewerbebetrieb als realer Gewerbe­ berechtigung vorzubeugen, ist ein amtsgerichtliches Konstatierungsver­ fahren der freiwilligen Rechtspflege zulässig11); ergeben sich auf Lotalfrage durch die Gewerbepolizeibehörde erstreckt sich bei radizietten Bewerberrechten lediglich auf die Beschaffenheit des Lokals, bei realen Gewerberechten auch noch auf die Lage desselben, die Bedürsnissrage kann bei keinem aufgeworfen werden); dagegen aber nun Plen.E. d. Berw.Ger.H. XI, 1 ff. (Bgl. auch oben Nt. 3 a. E ); s. ferner Bl. f. adm. Pr. XXV. 355; XXXVin. 13, 286. 10) Bgl. hierüber oben § 120 Ziff. I, 1 b und 2 c mit Nt. 8 S. 801, 802. Bgl. hiezu noch eine bei Wagner, 2. Aufl. 1895 S. 65 Nt. 8 zit. autogr. M.E. v. 3. März 1888 Nr. 3415, welche auf M E. v. 28. Aug. 1835 (zit. Nt. 11) und 31. Aug. 1854, das Verfahren bei Konstatierung der Realität der Gewerbe betr. (W. IV. S. 646) — hiezu s. H.M.E. v. 14. Sept. 1864 gleichen Betr. (Ztschr. f. Ges.Geb. u. RechtSpfl. I. 314; W. IV. S. 466 Nt. 1) und 10. Nov. 1855 (W. IV. S. 646 Nt. 1 a. E. — verweist und daran erinnert, daß vor der Beurkundung der realen Eigenschaft eines Gewerbes die etwaigen Erinnemngen der Lokalpolizeibehörde zu erholen sind. ll) Bgl. hieher Art. 4 und 10 Ziff. 2, 3 des b. Gew.Ges. v. 11. Sept. 1825; Ber. v. 1. Dez. 1804, die HandwerkSbefugniffe betr. (Döllinger XIV. 1032; R.Bl. 1805 S. 43); Ber. v. 10. und 26. Juni 1805, die Wirtschaften betr. (R.Bl. 1805 S. 43, 732; Döllinger XIV. 1496); Ber. v. 2. Dez. 1809, die Berlaudemisterung der Realgewerbe betr. (R.Bl. S. 1947); Ber. v. 28. Dez. 1825, die Vollziehung der gesetzlichen Grundbestimmungen über das Gewerbswesen betr. (R.Bl. 1826 S. 81); Ber. v. 28. Dez. 1828 gleichen Betr. (Döllinger XIV. 1041); J.M.E. v. 28. Aug. 1835, den Vollzug des Art. 10 Ziff. 2 deS zit. Ges., hier namentlich die Kompetenzverhältniffe und das Verfahren bei Konstituierung der Realität der Gewerbe betr. (Döllinger XIV. S. 1524; W. III. S. 43); M.E. v. 30. Oft. 1835 gleichen Betr. (W. IV. S. 646); J.M.E. v. 31. Aug. 1854 (zit. Nt. 10) §§83,84 der Gewerbsinstruktion v. 17. Dez. 1853 (W. V. S. 226 Nt. *); v. 14. Sept. 1855 (Kr.A.Bl. v. Oberbayern S. 1287 ff.); v. 11. Jan. 1861, den Vollzug der §§ 83,84 der Gewerbs­ instruktion v. 17. Dez. 1853 betr. (W. V. S. 226); §30 der Nt. 3 zit. Ber. v. 21. April 1862; vom 17. Dez. 1863 und 2. Jan. 1864, Mitteilungen der Kataster über die realen und radizierten Gewerbe an die Stadt- und Landgerichte betr. (J.M Bl. S. 4); Art. 1 deS Ges. v. 27. Mai 1852, einige Bestimmungen über die Gerichtsverfassung in den Landesteilen r./RH. betr. (G.Bl. 1851/52 S. 713); Art. 18 des Ges. v. I.Juli 1856 gleichen Betr. (G Bl. 1855/56 S. 339); Art. 18 Ziff. 4 des Gerichtsverfaffungsges. v. 10. Nov. 1861 (G.Bl. 1861/62 S. 209); Art. 15 A G. z. R.G.B.G.; ferner Seuffert, Komm. z. b. Ger.Ordn. I. 219, 230; Bl. f. R A. III. 206 (Erstreckung der Konstatierung auf den Umfang der Berechtigung); V. 10; IX. 229; XII. 345; XIII. 183; XVII. 183 ff.; XLV1I. 278; XLVIII. 273; LVIII. 373; v. Landmann a. a. O. S. 97; Roth, b. E R. III. S. 184; Wagner, 2. Aufl. 1895 S. 246, 247; Bl. s. adm. Pr. XLI. 289, woselbst auch ein die amtsgerichtliche Zuständigkeit ein­ gehend behandelnder Beschluß des kgl. Landgerichts Memmingen vom 10. April 1891 mitgeteilt ist. Bgl. auch E. d. Komp Konfl.Ger.H. v. 17. Okt. 1859 (R Bl. S. 1033; W. Anh.Bd. S. 288) und die in Nt. 8 und 9 zit. Erk. v. 29. Dez. 1886 und 17. Dez. 1887. — Bezüglich Konstatierung der radizierten Eigenschaft von Täfernrechten s. Bl. f. R.A. XXI. 317; XXII. 335; E. d. Komp.Konfl.Ger.H. v. 18. Jan. 1853 (R.Bl. 1853 S. 155 ff.; W. Anh.Bd. S. 276 gegen Bl. f. R.A. IX. S. 228; autogr. J.M.E. v. 15. März 1888 Nr. 3620. — Ueber Beweis der realen Eigen-

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Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

Das Sachenrecht.

gütlichem Wege nicht beizulegende Rechtsstreitigkeitcn anläßlich desselben, so sind die Beteiligten auf den Rechtsweg zu verweisen. Das Kon­ statierungsverfahren ist nur zulässig, wenn die reale Gewerbeberechtigung als ein selbständiges") radiziertes oder reales Gewerbsrecht in Anspruch genommen wird. Zuständig ist dasjenige Amtsgericht, in dessen Bezirk das mit der behaupteten Realgewerbeberechtigung belastete Anwesen belegen ist. Der Antragsteller hat die behauptete Rcaleigenschaft mittelst der in der freiwilligen Rechtspflege zulässigen Beweismittel nachzuweisen. Das Gericht hat von amtswegen die erforderlichen Nachforschungen zu pflegen, die Polizeibehörden zur Erinnerungsabtzabe in Kenntnis zu setze» und schließlich unbeschadet der Bestreitung aus dem Rechtswege beschlußmäßig das Vorhandensein oder Nicht­ vorhandensein der Realeigenschast scstzustellen.")

V. Streitigkeiten. 1. Die Zuständigkeit der bürgerlichen Gerichte ist in folgenden privatrechtlichen Streitigkeiten begründet: a) wenn der Bestand — Entstehung oder Untergang — einer realen Gewerbeberechtigung überhaupt bestritten ist"); b) wenn die Eigenschaft einer Gewerbeberechtigung als solche im engeren Sinn oder als radizierter in Frage steht"); c) wenn bestritten wird, daß nach Maßgabe des civilrechtlichen Erwerbsgrundes die Realgewerbeberechtigung den oder jenen Inhalt und Umfang habe'^); d) wenn bestritten ist, wem und unter welchen Bedingungen nach Maßgabe civilrcchtlicher Erwerbsgründe die Realgewerbcberechtigung zur Ausübung zusteht; ,'chast: Bl. s. R.A. XIII. 53; XIV. 110; XVII. 218; XIX. 143 (Grundsteuertataster'; XXI. 285, 303. **) d. h. nicht als der Ausfluß eines anderen Rechtes: Wagner, 2. Aufl. S. 246. ") Bl. s. R.A. V. 9, 189; X. 68; XI. 55; XII. 31, 344; XV. 141, 273; XIX. 270 (Einfluß aus die Beweislast); J.M.E. v. 14. Sept. 1854 (Ztschr. f. GesGeb. u. RechtSpfl. I. 315). Gegen einen bejahenden KonstatierungSbeschluß gibt es keine Beschwerde, insbesondere auch nicht der Gewerbskonkurrenten, sondern ist nur der Rechtsstreit möglich, wohl aber gegen den verneinenden Konstatierunqtbeschluß nach Maßgabe des Art. 56 ff. A G. z. R.C P.O.; Bl. f. adm. Pr. XU. 289; auch Bl. f. R.A III. 205; V. 10 Rt. 26; VII. 315; XVII. 185; XI. 54; LVIII. 373.. ") Seuffert, Komm. z. b. Ger.Ordn. I. 217, 225; Bl. f. R.A. UI. 205; VH. 413; XVII. 344; XXI. 285, 303; E. d. obst. L.G. XIV. 760; E. d. BerwGer.H. in. 555; XI. 279 (Plen.Erk.); Bl. s. adm. Pr. XLUI. 39; E. d. KompKonfl.Ger.H. v. 17. Okt. 1859 (R.Bl. S. 1033; W. Anh.Bd. S. 288); v. 17. De;. 1887 (G.VBl. 1888 Beil. I S. 1; W. Anh.Bd. S. 332); Seydel, b. St.R. V. S. 663; v. Landmann a. a. O. S. 97; auch Art. 10 Ziff. 3 des b. Gew.Ges. >. 11. Sept. 1825 und § 11 Ziff. 3 der Ber. v. 28. Dez. 1825 (Döllinger XIV. 1041); Bl. s. adm. Pr. XLI. 297. *5*)* Bl. * * * f.* 11 R.A. XIII. 180. Bezüglich Feststellung der Eigenschaft radizierte Taserngerechtigteiten s. aber auch die diesbezüglichen unter Rt. 11 gegebenen Zitat«. '•) Bl. f. R.A. V. 9 mit Rt. 24; VU. 413; VIII. 148; XXVIII. 282.

XIV. Kapitel.

Dingliche Gewerbsrechte.

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e) ob eine Realgewerbeberechtigung nach civilrechtlichen Grund­ sätzen übertragbar bezw. transferierbar und die erfolgte Ueber« tragung bezw. Transferierung gültig sei?') 2. Als öffentlich-rechtliche Streitigkeiten gehören vor die Verwaltungsbehörden: a) Streitigkeiten über die Zulässigkeit und Anwendung der gewerbepolizeilichen Beschränkungen18); b) Streitigkeiten über Umfang und Inhalt einer Realgewerbe­ berechtigung, soferne es sich darum handelt, ob eine nach dem civilrechtlichen Erwerbsgrunde feststehende Realgewerbe­ berechtigung vom gewerbepolizeilichen Standpunkte die ober jene Befugnisse gewähre?8)

B. Lie «hehaste».") I. Die vorzüglich im Gebiete des bayerischen Landrechtes von 175621) vorkommenden Ehehaften sind radizierte oder reale Gewerbe­ berechtigungen im engeren Sinne, mit welchen der Anspruch auf bestimmte Leistungen von Seite der Ehehaftsverwandten, d. h. der Eiaentümer der den Ehehaftsverband bildenden Grundstücke verbunden ist82), ohne daß aber ein Bannrecht damit verknüpft wäre?8) Für ihre Rechtsverhältnisse sind im wesentlichen die Bestimmungen des örtlichen bürgerlichen Rechtes maßgebend2^); allgemein landesgesetzlich geregelt ist nur die Ablösungsfrage. ") Bl. f. R.A. xiii. 180. *•) Bal. hierüber die Zitate in Nt. 9. ") Bl. f. R.A. VH. 413; Erk. d. Komp.Konsl.Ger.H. v. 16. Dez. 1851 (R.BI. S. 61; SB. Anh.Bd. S. 273); v. 18. Jan. 1853 (R.Bl. S. 155; W. Anh.Bd. S. 276); v. 19. Juni 1854 (R.Bl. S. 497; W. Anh.Bd. S. 278); v. 19. Juni 1855 (R Bl. S. 865; W. Anh.Bd. S. 280); v. 27. Rav. 1860 (R.Bl. S. 1141; W. Anh.Bd. S. 292); v. 25. April 1862 (R.Bl. S. 1953; SB. Anh.Bd. S. 296); v. 30. März 1863 (R.Bl. S. 581; SB. Anh.Bd. S. 299); v. 28. Dez. 1864 (R.Bl. 1865 S. 153; SB. Anh.Bd. S. 304); v. 26. Juni 1866 (R Bl. S. 999; SB. Anh.Bd. S. 307); v. 19. Mai 1868 (R.Bl. S. 919; SB. Anh Bd. S. 310); v. 14. Jan. 1871 (R.Bl. S. 313; SB. Anh.Bd. S. 317); v. 29. Dez. 1886 (G.BBl. 1887 Beil. II S. 9; SB. Anh Bd. S. 331); auch Bl. f. adm. Pr. XLI. 297; E. d. Berw.Ger.tz. V. 285; VI. 245 (Plen.Erk.); XI. 463; Ber. v. 28. Dez. 1825 (Döllinger XIV. 1041) § 11 Ziff. 3; Frh. v. Pechmann-Brettreich a. a. O. S. 405. “) Roth, b. C R III. S. 188—193, mit Litteraturangaben in Nt. 36—40. *') Bayer. Landrecht Tl. II Kap. 8 § 17; Mandat vom 3. Mai 1779 (Mayr, Gen.Samml. Bd. I S. 384); vom 19. Mai 1784 § 17 (Mayr a. a. O. Bd. II S. 1477). ") Roth, b. C.R. III. S. 189-191; Bl. s. R.A. XXXIII. 79. Besonders genannt werden Schmiede, Bäckerei, Mühlen und Tasernen; bezüglich Wasenmeistereien s. auch E. d. obst. L.G. VI. 109; Bl. s. R.A XLI. 204. Bezüglich landesherrlicher Genehmigung zur vertragsmäßigen Entstehung vgl. auch Bl. f. R.A. XVII. 264; bezüglich unvordenklicher Verjährung auch Bl. f. R.A. IX. 334; erlöschende Verjährung XXXIII. 78. ”) Roth, b. CR. in. S. 189, 190; Bl. s. R A. XVII. 362. M) Vgl. hierüber Näheres bei Roth, b. C.R. III. S. 190—192. Die Leistungen der Ehehastsverwandten haben die rechtliche Natur der Reallasten: Bl. f. R.A. VII. 109; IX. 324; XVI. 255; XVII. 363; XXXIH. 78.

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Vermögensrechte. — Erstes Hauptstück.

Das Sachenrecht.

II. Ablösung.")

Durch das Gesetz vom 23. Februar 186826) wurden alle auf Grund und Boden hastenden oder mit einer Gewerbsrealität ver­ bundenen Ehehastsverhältnisse sowohl auf Verlangen des Berechtigten als des Pflichtigen für ablösbar erklärt.2^) Entweder kommt zwischen den Beteiligten ein gütliches Uebereinkommen über Art und Betrag der Entschädigung zu Stande; dieses ist mit der Protokollierung von der Distriktsverwaltungsbehörde rechtswirksam und maßgebend.") Andern­ falls findet vor dieser unter Ausschluß der Berufung auf den Civilrechtsweg ein Verfahren zur Feststellung der Art und Größe der Entschädigung statt.22) Ist der Bestand des Rechtes, dessen Natur oder der Umfang der Reichnisse oder Gegenleistungen bestritten, so entscheiden hierüber die bürgerlichen Gerichte; das Verfahren vor der Verwaltungsbehörde ist dann von der rechtskräftigen Entscheidung vorgenannter Streitigkeiten abhängig.") Die Ablösungssumme beträgt das Zwanzigfache der Differenzsumme zwischen dem Schätzungswert der Reichnisse und dem der Gegenreichnisse.2') Sie ist mangels abweichenden Uebereinkommens unter den Beteiligten mit dem Schluffe des Jahres, in welchem der die Ablösung feststellende Beschluß rechtskräftig geworden ist, oder ein über dieselbe zu stände gekommenes gütliches Ueberein­ kommen protokolliert wurde, bar zu bezahlen und von da an im Falle des Verzuges mit 5% ju verzinsen. Mit demselben Zeitpunkte erlöschen auch alle aus dem abgelösten Ehehastsverhältnisse entspringen­ den Reichnisse und Gegenleistungen22) und erlischt damit das Ehehafts­ verhältnis.22) Das Ablösungskapital genießt die gesetzlichen Vorzüge der Real­ lasten; nach fruchtlosem Ablauf der Zahlungsfrist ist es auf Verlangen des Bezuasberechtiaten als Reallast des belasteten Gutes im Hypothewnbuche einzutragen. ) ") Roth, 6. C.R. III. S. 192, 193; Seydel, b. St R. V. S. 674 Nt. 5; Bl. f. adm. Pr. XX. 49, 259 ff. “) die Ablösbarkeit der auf Grund und Boden haftenden oder mit einer GewerbSrealitLt verbundenen EhehaftSverhSltnifle betr. (W. VII. S. 194; zit. E.Abl.Gef.). Kommentar hiezu von Stenglein in Dollmanns Gesetzgebung des Kgr. Bayern Bd. I Tl. IV S. 327 ff. ”) Art. 1 EAbl.Gef. ”) Art. 2 E Abl.Gef. «) Art. 3—9 E Abl.Gef. Vgl. hiezu Art. 8 Ziff. 11 und Art. 9 d-s Berto Ger H.Ges. v. 8. Aug. 1878, wonach alle bestrittenen Rechtsansprüche und Verbindlichkeiten in Bezug aus Fixierung, Sicherung, Veränderung und Ablösung von EhehastSreichniffen als BerwaltungSrechtSsachen erklärt sind; s. auch Art. 92 und 31 des zit. Ges. •°) Art. 10 E Abl.Ges. “) Art. 7 Abs. 2 und 3 E.Abl.Gef. ") Art. 11 Abs. 1 E Abl.Ges. ••) E. d. obst. L G. V. 141; Bl. f. R.A. XL. 67. “) Art. 12 E Abl.Ges. Gleichgültig ist, ob die Feststellung der Entschädigurg amtlich oder durch gütliche- Uebereinkommen erfolgte. Vgl. hieher § 54 R.K.O. und Art. 108 Subh Ordn.

XIV. Kapitel.

Dingliche Gewerbsrechte.

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Ruhen auf der Ehehaftgerechtigkeit Hypotheken, so gelten folgende besondere Bestimmungen. Eine Beiziehung der Hypothekgläubiger zu der Ablösungsverhandlung erfolgt nicht; auch ist deren Zustimmung nicht erforderlich; sie sind lediglich von dem etwa protokollierten Uebereinkommen oder dem Ergebnisse der sonstigen Ablösungsverhand­ lungen in Kenntnis zu setzen?') Die Hypothek geht auf die Ablösungs­ summe 36) über; der Hypothekgläubiger kann nach Ablauf der oben­ genannten Zahlungsfrist verlangen, daß seine Forderung an derselben Stelle, an welcher die Ablösungssumme als Reallast im Hypotheken­ buche eingetragen ist, eingeschrieben toerbc.37) Jeder Hypothekgläubiger ist aber auch berechtigt, innerhalb einer dreißigtägigen Frist seit Bekanntgabe des Ergebnisses der Ablösungsverhandlungen seine Be­ friedigung aus der Ablösungssumme zu verlangen, auch wenn seine Forderung noch nicht fällig ist33); bis zum Austrage der Ansprüche der Hypothekgläubiger ist die Ablösungssumme in amtsgerichtliche Verwahrung zu nehmen.33) Vor Ablauf dieser Frist kann eine Zahlung der Ablösungssumme an den Bezugsberechtigten rechtswirksam nicht erfolgen?") Dauernde Lasten, welche auf Ehehaftsreichnissen ruhen, sind nach den gleichen Grundsätzen wie Hypotheken zu behandeln?7) Streitigkeiten, welche sich über Bereinigung und Verwendung der Ablösungssumme ergeben, sind privatrechtlicher Natur und gehören vor die bürgerlichen Gerichte?3) -») Art. 13 Abs. 2 E.Abl.Grs. ••) Art. 13 Abs. 1 E.Abl.Ges. -») Art. 13 Abs. 5 E.Abl Ges. E» soll hier die Analogie des § 53 Abs. 2 und 3 und § 155 Hyp.Ges. gelten. ") Art. 13 Abs. 3 E.Abl.Ges.; § 38 Hyp.Ges. »’) Art. 13 Abs. 3 E.Abl.Ges. *») Art. 13 Abs. 4 E.Abl.Ges. 41) Art. 14 E.Abl.Ges. 41) Vgl. auch Art. 11 Abs. 2 E.Abl.Ges.: „Die Flüssigmachung der Ab­ lösungssumme geschieht vor den Gerichten." Dagegen gehört die Frage, ob für die Ablösung einer Ehehaft und in welcher Größe eine Entschädigung zu zahlen sei, nicht zur Zuständigkeit der bürgerlichen Gerichte, selbst dann nicht, wenn ne in Form der Rückforderung einer bereits gezahlten Ablösungssumme auftaucht: E. d. obst. L.G. I. 292.

Becher, LandeScivilrecht und Landercivilprozeßrecht.

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Ivettes jti-Wü. Das Kechl Ler Schnldverh altar$e. § 193. Einleitung. Im Gegensatze zum Sachenrecht finden sich im Rechte der Schuld­ verhältnisse nur wenige landesgesetzlich geregelte Materien. In den meisten Fällen, wo landesgesetzliche Normen vorhanden sind, ergreifen dieselben auch gar nicht einmal die ganze Materie, sondern beschränken sich nur auf die Aufstellung neuer oder Modifizierung und Verneinung bestehender, meistens veralteter Rechtssätze. Das Landesrecht stellt sohin nur ein höchst unvollkommenes Bruchstück im Rechte der Schuldverhältnisse dar; das örtliche bürger­ liche Recht, soweit nicht wieder vereinzelte reichsrechtli^e Vorschriften bestehen, hat auf diesem Gebiete weitaus die Oberherrschaft behalten; es greift überall ergänzend ein, wo es nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. Aus diesen Umständen erklärt es sich auch, daß hier eine systematische Darstellung des Landesrechtes in der That nichts anderes sein kann, als eine nach dem üblichen System durchgeführte Aneinanderreihung der einzelnen landesgesetzlichen. Rechtssätze, die einen Anspruch auf rechtswissenschaftliche Bedeutung nicht erheben kann, sondern nur dazu dient, die landesqesetzlichen Bestimmungen gesammelt und geordnet vor Augen zu führen.

§ 19*. Allgemeines.

A. Die für die obligatorischen Rechtsgeschäfte etwa vorgcschriebcnen Formen sind bereits oben in § 65 (S. 463 ff.) und insbesondere § 72 (S. 539 ff.) in Ansehung des Art. 14 des bayerischen Notariats­ gesetzes erwähnt. B. Entgeltliche Verträge — Verletzung über die Hälfte. Bei allen entgeltlichen Verträgen, mit Ausnahme der Teilungen, können aus dem Mißverhältnisse, welches zwischen dem Werte der Leistung und dem der Gegenleistung stattfindet, für sich allein weder ein

DaS Recht der Schuldverhältniffe.

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Anfechtungsgrund, noch sonstige Ansprüche abgeleitet werden; die An­ fechtung aus sonstigen Gründen ist nicht ausgeschlossen.^ Selbst für Teilungen fällt jener Anfechtungsgrund hinweg, wenn Gegenstand derselben das Bergwerkseigentum, Kuxe oder andere Anteilsberechtig­ ungen an einem Bergwerke sind?) C. Zinsen und Konventionalstrafen. Für diese enthält das Gesetz vom 5. Dezember 18673) folgende allgemeine landesgesetzliche Normen. 1. Alle Beschränkungen des vertragsmäßigen Zinsfußes^) und der Höhe der Konventionalstrafen, welche statt der Zinsen für den Fall der zur bestimmten Zeit nicht erfolgenden Leistungen bedungen werden, ebenso die in Beziehung auf vertragsmäßige Festsetzung der Verzinslichkeit verfallener Zinsen3) bestehenden Verbote und Beschränk­ ungen sind aufgehoben. 2. RüMändige Zinsen können in ihrem Gesamtbeträge auch dann gefordert werden, wenn sie das Kapital übersteigen. 3. Vertragsmäßig können vorbehaltlich der reichsrechtlichen Wucher­ gesetze Zinsen in beliebiger Höhe bedungen werden. Die Höhe der x) § 24 Ziff. 4 des Landtagsabschiedes vom 10. Novbr. 1861, betr. die Geschlechtsvormundschaft, die EinstandSrechte, die Form einzelner Rechtsgeschäfte und die Verletzung über die Hälfte (GBl. 1861/62 S. 78; W. V. S. 285; B S. 137). Alle hiemit in Widerspruch stehenden gesetzlichen Bestimmungen sind aufgehoben. Rückwirkende Kraft wurde der Bestimmung auf die vor dem 18. Nov. 1861 abgeschlossenen Rechtsgeschäfte nicht beigelegt. ’) Art. 41 Abs. 2 deS Berggesetzes vom 20. März 1869 (W. VII. S. 614); vgl. auch oben § 170 Nt. 3 S. 991. 8) Die Abänderung der gesetzlichen Bestimmungen über die Zinsen betr. (G.Bl. 1866/69 S. 249; W. VII. S. 159; B. S. 164) in Kraft feit 9. Dez. 1867, ohne rückwirkende Kraft; s. aber oben § 7 Ziff. 1 S. 11 mit Nt. 2 und Bl. f. R.A. XXXIV. 369. Doch konnten nach E. d. obst. L G. III. 169; IV. 505 frühere ungesetzliche Zinsüberschreitungen durch genehmigende Erklärung unter der Herr­ schaft des neuen Gesetzes aufrechterhalten werden. — Hiezu v. Zink, Komm, in Dollmanns Gesetzgebung des Kgr. Bayern Tl. I. Bd. IV. S. 237; Henle, die Wuchergesetze nebst den Reichs- und Landesgesetzen über die vertragsmäßigen Zinsen und den Vorschriften des preußischen und bayerischen Rechts über den Gewerbe­ betrieb der Pfandleiher und Rückkaufshändler, München 1894. — Vgl. hieher auch Art. 291—293 deS allg. D. Hand.Ges.Buches und daS norddeutsche Bundes- und Reichsgesetz vom 14 Nov. 1867, die vertragsmäßigen Zinsen betr. (W. VII. S. 141), welches aber bis jetzt in Bayern nicht eingeführt worden ist (s. besonders R.G. vom 22. April 1871, die Einführung norddeutscher Bundesgesetze in Bayern betr. sW. VIII. S. 767]); dann die Reichswuchergesetze vom 24. Mai 1880 und 19. Juni 1893. *) Daher gehören alle früher unter Verbot gestellten Stipulationen, deren sich die vertragsschließenden Teile bedienten, um das Maß des gesetzlich erlaubten Zinsfußes zu überschreiten, wie alle jene verkleideten Geschäfte, welche zur Umgehung der Zinsverbote in mannigfaltigster Gestalt eingegangen wurden, z. B. auch in Provisionsberedungen verkleidete übermäßige Zinsversprechungen: E. d. obst. L.G. VIII. 600; Bl. s. R.A. XLVI. 54. 5) Zinsen aus Zinsen können daher zwar vertragsmäßig festgesetzt werden, aber gesetzliche Zinseszinsen sind nach Maßgabe des örtlichen bürgerlichen Rechte(z. B. gem. Recht) unzulässig: E. d. obst. L.G. I. 320.

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Vermögensrechte. — Zweites Hauptstück.

.gesetzlichen" und „landesüblichen" Zinsen (auch der Verzugszinsen) beträgt bei Verbindlichkeiten aus Handelsgeschäften sechs, bei allen übrigen Verbindlichkeiten fünf vom Hundert jährlich. Das Gleiche gilt, wenn zwar die Schuld als verzinslich, aber nicht die Höhe der Zinsen festgesetzt ist. Sind vertragsmäßig rechtsailtig höhere Zinsen bedungen, so ist dieser höhere Zins auch für die Verzugszinsm maß­ gebend.

Session. Durch Gesetz vom 22. Februar 18556) sind folgende landes­ Bestimmungen getroffen worden: Die Anhängigkeit eines Rechtsstreites hindert die rechtsgiltige Abtretung einer ihrer Natur nach abtretbaren Forderung nicht. Dies steht nunmehr auch reichsgesetzlich außer Zweifel^). Nur die Abtretung streitig gewordener Forderungen an die in dem betreffenden Verfahren aufgestellten Rechtsanwälte, sowie an die Mitglieder des Gerichtes, bei welchem der Streit anhängig ist, ist nichtig?) b) Der Cessionar kann die Bezahlung des vollen Betrages der abgetretenen Forderung von dem Schuldner verlangen, auch wenn dieser Betrag die Summe des für die Abtretung der Forderung bezahlten Preises übersteigt (Aufhebung der lex Anastasiana). c) Die Einrede, daß die Abtretung an eine mächtigere Person geschehen sei, ist nicht mehr zulässig. 2. Soweit die in § 749 der Reichscivilprozeßordnung bezeich­ neten Forderungen der Pfändung nicht unterworfen sind, ist auch vorbehaltlich der Bestimmungen etwaiger Reichsgesetze jede Uebertragung derselben rechtsunwirksam. Die Bezüge der Witwen und Waisen der Hof-, Staats- und Gemeindebeamten, der öffentlichen Diener und Geistlichen sind schlechthin unübertragbar?) 3. Die nach bürgerlichem Rechte erforderliche Benachrichtigung der auszahlenden Kasse von der Uebertragung der Gehälter oder

D. 1. gesetzliche a)

* ) Die Aushebung der lex Anastasiana und anderer bezüglich der Abtretung, von Rechten vorgeschriebenen Beschränkungen betr. (G.Bl. 1855 S. 45; W. IV. S. 679; V S. 113) in Kraft seit 25. März 1855; auf die vor diesem Tage bethätigten Abtretungen hat daS Gesetz keine Anwendung. — Hiezu v. Zink, Komm, in DollmannS Gesetzgebung deS Kar. Bayern Tl. I. 8b. III. S. 133. ’) §§ 236—238 R C.P.O. * ) Vgl. auch oben § 78 lit. A Zisf. 2 S. 569 und daS dortselbst über daS Verhältnis dieser Bestimmung zu §§ 236—238 R.C P.O. Gesagte. • ) Art. 2 deS Gesetzes vom 18. Dez. 1887, die der Pfändung nicht unter» worfenen Sachen betr. (G.B.Bl. S. 695; W. XVIII. S. 643; B. S. 214) in Kraft seit 18. Dez. 1887. Hiezu Henle, Komm, in DollmannS Gesetzgebung deS Kgr. Bayern Tl. I. Bd. IX. S. 64; auch Sonderabdruck Erlangen 1889 S. 64. —

Bgl. hieher besonders auch daS R.G v. 21. Juni 1869 (§ 2), die Beschlagnahme de» Arbeit»- und Dienstlohne» betr. (W. XVIII. S. 169) und die weiteren bei Henle a. a. O. Nt. 3 zit. reichsgesetzlichen Bestimmungen, wozu besonder» noch § 40 de» R Jnvalidität»- und Altersversicherungsges. v. 22. Juni 1889 zu ergänzen wäre.

Pensionen der Hof-, Staats- und Gemeindebeamten, öffentlicher Diener und Geistlichen kann rechtswirksam nur durch eine der Kasse auszu­ händigende öffentliche Urkunde erfolgen.")

E. Aufhebung der Schuldverhältnisse. Hier finden sich nur einige landesgesetzliche Vorschriften über die Hingabe an Zahlungs­ statt und Kompensation. 1. Hingabe an Zahlungsstatt. Alle gesetzlichen Bestimm­ ungen, wonach der Gläubiger verpflichtet ist, statt bar Geld sich mit Hingabe anderer Sachen befriedigen zu lassen, sind aufgehoben. Ist der Gläubiger vertragsmäßig zur Annahme solcher anderer Sachen an Zahlungsstatt verpflichtet, oder nimmt er sie freiwillig an Zahlungs­ statt an, so kommen für die Hingabe an Zahlungsstatt die Grundsätze des Kaufes zur Anwendung?') Die Bestimmungen der §§ 54 und 56 des bayerischen Hypothekengesetzes vom 1. Juni 1822 sind hiedurch nicht berührt.") 2. Kompensation. Landesgesetzlich sind einzelne Kompensations­ verbote aufgestellt und zwar vorbehaltlich der Bestimmungen etwaiger Reichsgesetze für die auf gesetzlicher Vorschrift beruhenden Alimenten­ forderungen und für die aus Kranken-, Hilfs- oder Sterbekaffen, insbesondere aus Knappschaftskassen und Kassen der Knappschastsvereine zu beziehenden Hebungen; letztere Forderungen können jedoch auf ge­ schuldete Beiträge aufgerechnet werden.") F. Jntercession(UebernahmefremderVerbindlichkeiten). Das Gesetz vom 14. Januar 1871") hob das Senatus consultum Vellejanutn und die Authentica si qua tnulier, sowie alle ihm widerstreitenden gesetzlichen Bestimmungen auf, namentlich aber alle Be­ stimmungen, welche zur Giltigkeit von Jntercessionen der Angehörigen bestimmter Stände oder der Frauenspersonen, insbesondere der Ehe­ frauen, oder zur gemeinschaftlichen Eingehung einer Verbindlichkeit durch beide Ehegatten oder Personen verschiedenen Geschlechts über­ haupt amtliche Prüfungen, Belehnungen, Verzichtleistungen, Ent­ sagungen oder anderweite besondere Förmlichkeiten erfordern.") Soweit Jntercessionen der Ehefrauen für ihre Männer vor dem 18. Januar 1871 10) Art. 2 de» in Rt. 9 zit. Grs. v. 18. Dez. 1887; Art. 11 Abs. 2 Ziff. 1 Not.Ges.; vgl. hirzu oben § 68 Not. 63 S. 481. **) Kap. XVm § 11 der b. Ger.Ordn. v. 1763 mit «rt. 81 A G. z. R.C.P.O. (B. S. 14; Böhm, A.S. S. 138, 189); Bl. s. R.A. XXXIV. 868; XXXIX 291; LVUI. 264; Erg.Bd. H. 157 (?). ") Vgl. hierüber oben § 132 lit. D S. 871,872; auch Böhm, A G. S. 139. *•) Art. 2 des in Nt. 9 zit. Ges. v. 18. Dez. 1887. Bezüglich der Reich«gesepe s. Nt. 9; auch Art. 175 des Berggesetze» v. 20. März 1869 (38. VII. S. 640) und hiezu oben § 180 Ziff. III, 4 d S. 1034. ») Die Jntercessionen betr. (GBl. S. 133; W. VIII. S. 699; B. S. 189) in Kraft seit 18. Jan. 1871. An den Bestimmungen de» Hypothekrngesetze» (§ 96, 97, 98 Ziff. 1, § 104, 136), Art. 12 Abs. 2, «rt. 14 Not.Ges. wurde durch diese» Gesetz nicht» geändert: Art. 6 des zit. Ges. — Zum Ganzen s. Ztschr. f. Rot. 1871S. 33,48,65. Art. 4 des zit. Grs Bgl. hiezu oben § 14 Ziff. 3 S. 41.

eingegangen wurden, wurden sie für giltig erklärt, wenn die Frauen nach vorgängiger Belehnung auf die Rechtswohlthat der Authentica si qua mutier in einer öffentlichen Urkunde verzichtet hatten, auch wenn dieser Verzicht von ihnen nicht eidlich bekräftigt worden war?b) Sodann hat das Gesetz hinsichtlich der Jntercessionen folgende all­ gemein geltende Normen geschaffen: 1. Die Fähigkeit zur Uebernahme einer fremden Verbindlichkeit ist von der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Geschlechte oder Stande nicht bedingt; es kommen lediglich die allgemeinen Rechtsgrundsütze über Rechts- und Handlungsfähigkeit zur Anwendung.^) Insoweit ein Ehegatte nach Maßgabe eines örtlich bürgerlichen Rechtssatzes, der am 18. Januar 1871 bereits Geltung hatte, zur Eingehung einer Jntercession die Genehmigung des anderen Ehegatten bedarf, hat es hiebei sein Bewenden?^) 2. Die Uebernahme fremder Schuldverbindlichkeiten ist in An­ betracht des Geschlechtes oder Standes besonderen Förmlichkeiten nicht unterworfen.^) 3. Verbindlichkeiten aus Jntercessionen gehen wie andere Ver­ bindlichkeiten auf die Erben über.20 18) 19

§ 195. Darlehen. — Pfandvertrag. — Depositum. A. Darlehen. Landesgesetzliche Vorschriften bestehen nur hin­ sichtlich der von der Landeskulturrentenanstalt zur Ausführung be­ stimmter Kulturunternehmungen gewährten Darlehen ; in dieser Hinsicht ist das Gesetz vom 21. April 1884, die Landeskulturrentenanstalt be­ treffend i), maßgebend. Sein Inhalt gehört dem öffentlichen Rechte an und scheidet daher aus dieser privatrechtlichen Darstellung aus.2) B. Pfandvertrag. Die für das Pfandrecht an körperlichen Sachen und dinglichen Rechten und den Pfandvertrag hierüber in Be­ tracht kommenden landesgesetzlichen Bestimmungen sind bereits im V. Kapitel des ersten Hauptstückes des 2. Bnches über das Pfandrecht zur Darstellung gelangt. Dortselbst (§ 95 Ziff. V, 1) ist auch fest­ gestellt , daß das Pfandrecht an Forderungen durch das bayerische Hypothekengesetz vom 1. Juni 1822 nicht beseitigt, seine Regelung 18) Art. 5 des zit. Ges.; hiezu Bl. f. R.A. XXXIV. 380 (die hierin abgedruckle Entscheidung war die nächste Veranlassung des Gesetzes); XXXIX. 360. n) Art. 1 Abs. 1 des zit. Ges. Vgl. hiezu oben § 14 Ziff. 2 S. 40, 41. 18) Art. 1 Abs. 2 des zit. Ges. Vgl. hiezu E. d. obst. L.G. IV. 525 (Bam­ berger Recht); Bl. f. R.A. XLVI. 381 (Ansbacher Recht). 19) Art. 3 des zit. Ges.; Bl. f. R.A. XLVI. 239. 20) Art. 2 des zit. Ges. ^'G.V.Bl. S. 113; W. XVI. S. 485; hiezu Ver. v. 4. Juni 1884, den Vollzug dieses Ges. ßetr. (W. XVI. S. 539). 2) Vgl. über den Inhalt des Gesetzes Seydel, b. St.R. V. S. 594-597 und in Frhr. v. Stengels Wörterbuch des deutschen Verwaltungsrechts Bd. II. S. 13—15 nebst weiteren Lilleraturangaben.

vielmehr dem örtlichen bürgerlichen Rechte überlassen ist. Landes­ gesetzliche Vorschriften bestehen für das Pfandrecht an Forderungen nur hinsichtlich der Verpfändungsbeschränkungen; insoweit Forderungen nach landesgesetzlicher Vorschrift nicht übertragbar sind (vgl. oben § 194 lit. D Ziff. 2 S. 1092), sind sie auch nicht verpfändbar. C. Depositum. Hier bestehen landesgesetzliche Vorschriften nur für die amtliche Annahme von Depositen seitens des Staates; hierüber ist das Nähere bereits oben § 44 Ziff. VIII, 3 (S. 288—292) dargestellt worden.

§ IW. Die Schenkung.

Partikularrechtlich ist zur Rechtsgiltigkeit übermäßiger Schenk­ ungen teils gerichtliche Erklärung (Insinuation) und Bestätigung, teils nur gerichtliche Erklärung derselben erforderlich?) Durch Art. 16 des bayerischen Notariatsgesetzes*2) wurde an Stelle der gerichtlichen Er­ klärung (Aufnahme) das Erfordernis notarieller BeurkundunH gesetzt, durch Gesetz vom 5. Mai 18903)* sdas 6 Erfordernis der gerichtlichen Bestätigung beseitigt. Hienach ergibt sich, daß übermäßige Schenkungen, für welche partikularrechtlich das Erfordernis gerichtlicher Erklärung besteht (allein oder neben gerichtlicher Bestätigung), auch heute noch bei Meidung der Nichtigkeit auf den übermäßigen Betrag notariell zu beur­ kunden sind?) Soweit partikularrechtlich Ausnahmen von diesem Er­ fordernisse der gerichtlichen Erklärung bestehen, haben sie auch gegen­ über dem Erfordernisse der notariellen Beurkundung Bestand?) Das in einzelnen Landesteilen bestehende Recht auf Abzug der Armen- und Schuldquart von Schenkungen ist aufgehoben?)

§ 197. Kauf und Tausch.

Die landesgesetzlichen Bestimmungen beschränken sich hier im wesentlichen auf die Bierlieferungsverträge, Gewährleistung bei Vieh­ veräußerungen, aus die Versteigerungen und den Pfandverkauf beweg­ licher Sachen. *) Letzteres trifft für das gemeine Recht (Windscheid, Pand. II § 367 Ziff. 2; Dernburg, Pand. II § 187 Ziff. 1), ersteres für das bayr. Landrecht von 1756 (Tl. III Kap. VIII § 7) zu. ') Vgl. oben § 65 lit. C Ziff. III. 2c S. 469; § 68 lit. B Ziff. la mit Nt. 68 S. 481. s) Betr. die Formen einiger Rechtsgeschäfte (G.B.Bl. S. 227); vgl. oben § 65 lit. A S. 464; § 68 lit B Nt. 68 S. 481. 4) Vgl. über diese Frage nähere Litteraturangaben oben § 68 Nt. 68 S. 481; auch § 7 Nt. 16 S. 14; Rudorf, freiw. Gerichtsbarkeit und Notariat in Bayern und Baden S. 15. 6) Bgl. schon oben § 68 Nt. 68 S. 481; Rösl, Komm. z. Not.Ges. S. 105. «) Ziff. III lit. B, I des Landtagsabschiedes vom 15. April 1840 (G Bl. S. 21; W. III. S. 337; B. S. 76).

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Brrm-gen-rechtr. — Zweite» Hauptstück.

A. Steriieftmenerttiie.1) Die Bierlieferungsverträge bemessen sich in erster Linie nach den einschlägigen Bestimmungen des allgemeinen deutschen Handelsgesetz­ buches, im übrigen nach den Regeln des örtlichen bürgerlichen Rechts über den Kauf, soweit nicht im nachstehenden Besonderes aw für ganz Bayern geltend bemerkt ist. 1. Der Bierlieferungsvertrag zwischen Bräuer und Wirt kann entweder nur eine einmalige Bierlieferung zum Gegenstände haben, oder er kann auch auf bestimmte Zeit, insbesondere auch auf eine beliebige Anzahl von Jahren abgeschlossen werden, so zwar, dah der Bräuer innerhalb dieser Zeit entweder den sämtlichen Bierbedars oder den Bedarf einer bestimmten Sorte unter mehreren oder nur bestimmte Quantitäten zu liefern hat?) Enthält ein Bierlieferungsvertrag der letzteren Art keine Zeitbestimmung, so gilt er auf ein Jahr abgeschlossen; wird er bis zum Ablauf dieses Jahres weder ausdrücklich erneuert noch aufgehoben, so gilt er stillschweigend für ein weiteres Jahr ver­ längert. Der Wirt ist verpflichtet, das nach Maßgabe des Vertrages bestellte Bier abzunehmen und darf mangels Festsetzung einer bestimmten Lieferungsquantität ober bestimmten Lieferungssorte unter mehreren von keinem anderen Bräuer Bier beziehen. Kommt der Bräuer seiner Lieferungsverpflichtung oder der Wirt seiner Annahme- oder Zahlungs­ verpflichtung nicht oder nicht rechtzeitig nach, so kommen, unbeschadet der unter Ziff. 3 erwähnten Sätze, die handelsrechtlichen Grundsätze über Nicht- oder nicht rechtzeitige Vertragserfüllung zur Anwendung?) 2. Die mindestens einjährigen Bierlieferungsverträge sind auf ein Sudjahr, d. i. von Michaelis jeden Jahres bis Michaelis des nächsten Jahres u. s. w., abzuschließen. 3. Solange der Wirt seinem Bräuer etwas schuldet, darf er von demselben nicht austreten; er muß vielmehr, soferne er die Bier*) Art. 338 mit 337-359, Art. 271 Ziff. 1 und 2, Art. 1 und 4 des allg. d. Hand.Grs.B.; Art. 23—27 der Bcr. v. 25. April 1811, die künftige Regulierung de» Biersatze» im Königreiche Bayern und die BerhLltniffe der Bräuer zu den Wirten, sowohl unter sich al» zu dem Publikum betr. (R.Bl. S. 617; B. S. 32) und §§ 11, 12 de» Ges. v. 23. Mai 1846 gleichen Betr. (GBl. S. 81; B. S. 77), auf­ recht erhalten durch § 26 Ziff. 2 Abs. 5 des LandtagSabschiedeS vom 10. Nov. 1861 (W. V. S. 284) und nicht ausgehoben durch die Ber. v. 19. Mai 1865, die ver­ suchsweise Aufhebung de» BiertarifS betr. (W. VI. ®. 455). Bal. hiezu v. May, Komm. z. MalzaufschlagSges. v. 16. Mai 1868 (Erlangen 1884) S. 68 und Bierling S. 32 Nt. 1. A. M. Weber I. S. 346, 347. *) Bgl. hiezu besonders auch § 26 Ziff. 2 Abs. 5 des zit. Landtags­ abschiede» vom 10. Nov. 1861, wonach vorbehaltlich der in Nt. 1 zit. sonstigen gesetzlichen Bestimmungen die RechtSverhältniffe zwischen Wirten und Bräuern nach den in Mitte liegenden Betträgen und den einschlägigen Civilaesetzen zu beutteilen sind. — Ueber die Frage der BerttagSauslösung, wenn der Bräuer schlechte» Bier liefert s. Bl. f. R.A. Erg.Bd. XI. 120. s) Art. 343, 353-359 des allg. d. Hand.Grs.B. - Gegen § 10 R.Gew.Ordn. verstößt nur ein für alle Bcsitznachsolger verbindlicher, eine dauernde Last begründender Berttag; vgl. hierüber E. d. obst. L.G. X. 185; XIV. 728; Bl. f. R.A. XUX. 6; LIX. 162; Erg.Bd. VIII. 29.

wirtschaft weiter betreibt, den Bierlieferungsvertrag auf ein weiteres Sudjahr abgeschlossen anerkennen, wenn er seinen Zahlungsverbindlich­ keiten aus dem Bierlieferungsvertrage nicht nachkommt; zur Erfüllung dieser genügt es aber, daß er, abgesehen von der rechtzeitigen Austrittserklärung, bis zur kommenden Weihnachten vollständige Zahlung geleistet hat. Diese Bestimmungen gelten nur für die mindestens ein­ jährigen Bierlieferungsvertrage. 4. Veränderungen in der Person des Besitzers einer Wirtschaft oder eines Bräuhauses begründen nicht das Recht, den mindestens einjährigen Bierlieferungsvertrag vor Ablauf des Sudjahres, oder bei realen Wirtschaften vor Ablauf des vertragsmäßigen Termines, zu verlassen oder die bedungene Bierabgabe zu verweigern, wenn von Seite des Wirtes die vertragsmäßigen Verpflichtungen eingehalten werden; unter dieser Voraussetzung muß der mit dem früheren Wirte oder Bräuer abgeschlossene Bierlieferungsvertrag von dem neuen Wirte oder Bräuer ausgehalten werden.

B.

Bei 8ie|btriijeriigtH.

Durch das Gesetz vom 26. März 18594) wurde die Haftung des Veräußerers bei Viehveräußerungen für Mängel der Ware in dem Sinne erschöpfend geregelt, als für Veräußerungen, welche die in diesem Gesetze genannten Tiere als lebende und soweit sie solche Tiere zum Gegenstände haben, nur die Bestimmungen dieses Gesetzes, nicht sonstige gesetzliche Bestimmungen und zwar auch nicht ergänzend Platz greifen?) Das Gesetz ist aber nicht zwingender Natur; durch Vertrag können Aenderungen geschaffen werden. Hienach ist eine gesetzliche und vertragsmäßige Gewährleistungspflicht des Viehgewährschastsgesetzes zu unterscheiden. I. Die gesetzliche Gewährlcistungspflicht. 1. Das Gesetz findet bei jeder Art entgeltlicher Veräußerungen 4) Die Gewährleistung bei Biehveräutzerungen betr. (G.Bl. 1859 S. 33; W. V. S. 138; B. S. 122; zit. B.Gew.Ges.) Mit dem 9. April 1859 erlosch die Wirkung aller dem Gesetze entgegenstehenden Bestimmungen; auf die vor diesem Tage abgeschlossenen BiehverSutzerungSverträge findet eS keine Anwendung (Art. 12 des B.Gew.Ges ). — Hiezu I. Lauck, Komm, in DollmannS Gesetzgebung deS Kgr. Bayern Tl. I. Bd. II. S. 1 ff.; Frhr. v. Bölderndorsf, Erläuterung deS Ges. über die Gewährleistung bei Biehveräußerungen, 1882; F. Kuby, Gesetz über die Gewährleistung bei Biehveräußerungen, 4. Ausl. München 1892. — Bezüglich der amtSgerichtlichen Zuständigkeit bei Streitigkeiten wegen Biehmängel s. § 23 R.G B G. — Vgl. hieher auch das R.G. v. 23. Juni 1880, die Abwehr und Unter­ drückung von Viehseuchen betr. (W. IV. S. 498), nebst bayer. A.G. hiezu vom 21. März 1881 (W. XIV. S. 734); ferner b. Ges. vom 26. Mai 1892, die Ent­ schädigung für Biehverluste infolge von Milzbrand betr. (G.B.Bl. S. 142). Die Entscheidung über Ansprüche auf Grund dieser Gesetze ist den Verwaltungsbehörden zugewiesen. ») E. d. obst. L.G. IV. 102 (Plen.Erk); VI. 610; 823. — Auf Rechts­ geschäfte über tote, auch geschlachtete Tiere find die gewöhnlichen RechtSgmndfätze anzuwenden: Kuby a. a. O. S. 6.

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Vermögensrechte. — Zweites Hauptstück.

int Sinne von Eigentumsübertragung, aber auch nur bei solchen Anwendung?) 2. Es erstreckt sich nur auf Pferde, Esel, Maultiere, Rindvieh, Schafe und Schweine'); für andere Tiere sind die allgemeinen gesetz­ lichen Bestimmungen maßgebend. 3. Nur für folgende Fehler und nur innerhalb nachbenannter Zeit besteht eine gesetzliche Pflicht zur Gewährleistung^): a) Bei Pferden, Eseln und Maultieren: a) für Schönblindheit und Koppen acht Tage lang; ß) für Rotz, Hautwurm, Dampf — gleichviel ob letzterer in Krankheiten der Respirationsorgane innerhalb oder außer­ halb der Brusthöhle oder des Herzens seinen Grund hat — vierzehn Tage lang; Y) für Koller einundzwanzig Tage lang; d) für fallende Sucht und periodische Augenentzündung vierzig Tage lang; b) beim Rindvieh: a) für Tragsack- oder Scheidevorfall**), soferne er nicht un­ mittelbar nach einer Geburt vorkommt, und für Lungen­ seuche vierzehn Tage lang; ß) für Perlsucht vierzehn Tage lang; y) für fallende Sucht und Lungenseuche vierzig Tage lang; c) bei Schafen für Milbenräude, Fäule und bösartige Klauen­ seuche vierzehn Tage lang; d) bei Schweinen für Finnen acht Tage lang. Für andere Fehler der bezeichneten Tiere haftet der Veräußerer gesetzlich selbst dann nicht, wenn er dieselben beimVertragsabschluß gekannt und wider besseres Wissen das Tier als fehlerlos angepriesen hat."') 4. Die Gewährleistung tritt für die unter Ziff. 3 genannten Fehler nur dann ein, wenn sie int Zeitpunkte des endgiltigen Zustande­ kommens des Veräußerungsvertrages bereits vorhanden waren. Hiebei wird vermutet, daß die Fehler in diesem Zeitpunkte vorhanden waren, wenn sie innerhalb den in Ziff. 3 bezeichneten Fristen sich offenbarten; Gegenbeweis ist zulässig.") 5. Die in Ziff. 3 genannten Fristen werden vom Tage der Uebergabe der einzelnen Tiere an gerechnet; dieser Tag wird jedoch •) Art. 1 Abs. 1 V.Gew.Ges. Daher nicht auf Schenkungen, wohl aber wieder dann auf diese, wenn sie gemischt entgeltlicher Natur sind und die unter­ lausende Schenkung sich auf ausscheidbare Stücke bezieht, nicht auf Miete oder Pacht, Eheeinbringen; s. auch Kuby a. a. O. S. 7. ’) Art. 1 Ziff. I., IL, III., IV. V.Gew.Ges. ') Art. 1 Abs. 1 V.Gew.Ges. •) Im Gesetze steht „und"; für die Alternative auch E. d. obst. L.G. VI. 159; Bl. f. R.A. XU. 347. ”) E. d. obst. L.G. VI. 823; Bl. f. R.A. XLII. 217. Jedoch können be­ sondere vertragSmäsiige Abmachungen gegenteiliger Natur getroffen werden; s. unten Ziff. II S. 1102. ") Art. 2 V.Gew.Ges.

TaS Recht der Schuldverhältnisse.

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nicht mitgezählt. Befindet sich der Erwerber bezüglich der Empfang­ nahme in Verzug, so wird die Frist vom Tage des Verzuges an gerechnet, dieser aber für die Berechnung der Frist mitgezählt.")

6. Die gesetzliche Gewährleistungspflicht wird weder berührt noch verändert dadurch, daß dem Veräußerer der Fehler bekannt war, daß er den Fehler gut- oder bösgläubig verschwieg"), daß er die Abwesenheit des Fehlers ausdrücklich versprach. War ihm der Fehler zur Zeit des Zustandekommens des Vertrages bekannt und verschwieg er ihn trotzdem, so ist seine Haftung zwar gesetzlich eine erweiterte, aber auch damit zugleich wieder gesetzlich begrenzt (vgl. unten Ziff. 7, c). Gleichgiltig für die Gewährleistungspflicht ist auch, ob der Erwerber das fehlerhafte Tier wieder weiterveräußert hat, ob er mit seinem Erwerber über die Fehlerhaftigkeit des Tieres einen Rechtsstreit geführt und diesen gewonnen oder verloren hat.") 7. Der Gewährleistungspflicht wird genügt entweder durch Leistung von Schadenersatz oder durch Vertragsaufhebung") und zwar: a) lediglich durch Leistung von Schadenersatz dann, wenn das fehlerhafte Tier zum Zwecke des Schlachtens erworben") und auch wirklich geschlachtet wurde"); hier kann der Erwerber nur Ersatz desjenigen Schadens verlangen, welcher ihm wegen der durch den Fehler herbeigeführten Unverkäuflichkeit oder Minderwertgiltigkeit des Fleisches oder anderer Teile des Tieres zugeht"); **) Art. 1 Abs. 2 B.Gew.Ges. *•) E. d. obst. L G. IV. 605; IX. 368; Bl. f. R.A. XXXVnL 356. Dirs gilt auch, wenn gemäb Art. 10 B.Gew.Ges. dieses zur Anwendung zn kommen hat. — S. auch Bl. f. R A. LIV. 49 über Betrug im Bereiche der Biehgewührschaft. “) E. d. obst. L.G. VI. 610; VII. 93; Kuby a. a. O. S. 42, 43; daselbst s. auch eine abweichende Meinung. Es wird deshalb aych im Gesetze nicht ver­ langt, daß das fehlerhafte Tier dem GewährschaftSpslichtigen zur Disposition grstellt werde. — Ueber die Hastungsverbindlichkeit für die Kosten eines GewührschastsslreiteS infolge einer unrichtigen Angabe über die Fehlerhaftigkeit des TiereS seitens deS Erwerbers in zweiter Hand, f. E. d. obst. L.G. VIII. 367. ,e) Eine eigentliche Klage auf Minderung deS Erwerbspreises (actio quanti minoris) gibt eS nicht; «s kann der Schadensersatzanspruch mit dem Ansprüche auf den Erwerbspreis kompensiert und daS den Kaufpreis etwa Uebersteigende deS

Schadensersatzes herausverlangt werden; eine solche Klage ist aber nicht die actio quanti minoris, sondern die actio emti. Trotzdem wird die Klage als Minderungs­ klage sowohl in Art. 4 B.Gew.Ges. als in E. d. obst. L.G. II. 30 bezeichnet. ld) Gleichgiltig ist, ob der Veräußerer von diesem Zwecke Kenntnis hatte: Bölderndorff a. a. O. S. 53, 54; Lauck a. a. O. S. 31; E. d. obst. L G. VI. 33. ”) Ist das Tier geschlachtet worden und hat sich danach ein GewährschastSsehler gezeigt, so ist überhaupt nur mehr die Schadensersatzklage zulässig und zwar nicht sowohl für den letzten schlachtenden Erwerber, als auch für alle fmheren Er­ werber (E. d. obst. L.G. II. 29 unter eingehender Begründung; VII. 95; Bl. f. R.A. XXXVII. 129; XXXVIII. 1 ff., 8 ff; XLII 411), soweit sie nicht bereit» ein rechtskräftiges Urteil über Vertragsaufhebung in Händen haben (es wäre nämlich denkbar, daß sie während deS Streites oder selbst nach dem Urteil noch weiterveräußerten). Vgl. auch Kuby a. a. O. S. 38, 39. ") Art. 4 B.Gew.Ges.

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Vermögensrechte. — Zweites Hauptstück.

b) sonst immer nur durch Aufhebung des Veräußerungs­ vertrages.'d) Regelmäßig kann die Aufhebung des Vertrages nur in Ansehung des fehlerhaften Tieres verlangt werben10); nur drei Ausnahmen bestehen: a) sind mehrere Stücke Rindvieh, von denen eines oder mehrere mit der Lungenseuche behaftet sind, durch ein und dasselbe Rechtsgeschäft veräußert worden, so kann die Aufhebung des Vertrages in Ansehung des ganzen Rind­ viehs verlangt werden1'); ß) sind mehrere Stücke Schafe, von denen eines oder mehrere mit zu gewährleistenden Fehlern behaftet sind, durch ein und dasselbe Rechtsgeschäft veräußert worden, so kann die Aufhebung des Vertrages in Ansehung aller Schafe verlangt werden11); y) sind Zugtiere als Paare, Gespanne oder Züge um einen Gesamtpreis veräußert worden, so kann wegen Fehler­ haftigkeit eines einzelnen Stückes die Aufhebung des Ver­ trages nur bezüglich des ganzen Paares, Gespannes oder Zuges, nicht aber bezüglich des einzelnen Stückes, verlangt werden.11) c) Neben der in lit. a genannten Schadenersatzpflicht und der in lit. b genannten Verpflichtung zur Vertragsauflösung ist der Veräußerer dem Erwerber zum Ersätze allen Schadens und Gewinnentganges, der ihm infolge des Fehlers eines Tieres zugegangen ist, (also des vollen Interesses) nur dann verpflichtet, wenn dem Veräußerer dieser Fehler des Tieres im Zeichunkte des Zustandekommens des Vertrages bekannt war.14) Im Falle der Aufhebung des Vertrages bestehen folgende Verpflichtungen:

a) des Veräußerers: et) zur Rückgabe dessen, was er aus dem Vertrage empfangen hat.11) Findet die Aufhebung des Vertrages nur in Än*•) Art. 4 V.Gew.Ges. Der Vertrag ist also nicht etwa als nichtig, sonderi nur als anfechtbar bezeichnet. ”) Art. 4 B.Gew.Ges. *') Art. 8 B.Gew.Ges. “) Art. 8 B.Gew.Ges. ") Art. 7 V Gew. Ges. “) Art. 6 B Gew.Gej.; E. d. obst. L.G. VI. 613. Eine writergehendr Haftung besteht aber für den BerLußerer gesetzlich nicht. Ist durch einen Dritter mittelst arglistiger Veranlassung deS BerüutzerungSvertrageS der Schaden herbeigrfühtt worden, so kommen in der Richtung gegen diesen Dritten überhaupt dii allgemeinen RechtSgrundsätze, nicht da» B.Gew.Ges. zur Anwendung: E- d. obst 8.6. IX. 368; Bl. f. R.A. XLVII. 125 (aber nicht im Sinne von Stelloertret« de» BcräußererS). '«) Art. 5 Abs. 1 Ziff. 1 B.Gew.Ges.

sehung einzelner Stücke statt, so wird, wenn der Preis der einzelnen Stücke im Vertrage nicht ausgeschieden ist, der Rückerstattungsbetrag nach dem Verhältnisse berechnet, in welchem der Wert der fehlerhaften Tiere, wenn sie fehlerfrei wären, zu dem Werte der sämtlichen Tiere steht. Läßt sich dieses Verhältnis nicht ermitteln, so wird der Gesamtpreis verhältnismäßig auf die Kopfzahl verteilt und hienach der Mckerstattungsbetrag berechnet?') Ist die Rückgabe des Empfangenen dem Veräußerer unmöglich, so hat er hiefür das Interesse zu leisten"); ß) zur Erstattung aller infolge des Vertrages oder der Krankheit des Tieres von dem Erwerber bestrittenen notwendigen Auslagen, insbesondere für Vertra^kosten, für tierärztliche Behandlung, für Besichtigung und Wegschaffung des Tieres^), sohin zurErstattung des positiven Schadens"); y) zum Ersätze der von dem Erwerber bestrittenen Fütterungs­ und Berpflegungskosten, jedoch unter Aufrechnung der unter lit b, y genannten Nutzungen.") Sämtliche Schulden sind Bringschulden.") b) Des Erwerbers: a) zur Gestattung der Zurücknahme des lebenden oder toten Tieres (Holschuld)"); ß) zur Rückgabe des etwa noch außerdem aus dem Vertrage Enthaltenen; y) zur Gestattung der Auftechnung mit den aus dem Tiere gezogenen Nutzungen gegenüber den unter lit.ay genannten Kosten.") 8. Der Anspruch auf Gewährleistung verjährt"): a) zwischen Erwerber und Veräußerer innerhalb zweier Wochen nach Ablauf der Gewährsfrist.") Die Verjährung wird nur ") Art. 8 B.Gew.Ges. ”) Bl. f. R.A. XLIII. 40; E. d. obst. L.G. VI. 609; VII. 93. “) Art. 5 Abs. 1 Ziff. 2 B.Gew.Ges. **) Nicht des vollen Interesses wie im Falle des Art. 6 B.Gew.Ges.: Lauck a. a. O. S. 32; E. b. obst. L.G. VI. 613. ") Art. 5 Abs. 1 Ziff. 3 mit Art. 6 Abs. 2 B Gew.Ges. S1) arg. verbis Art. 5 Abs. 1 B.Gew.Ges.: „zur Rückgabe", „zur Erstattung", „zrm Ersätze". — Auch sind alle brti Ansprüche unter sich koorbiniert unb steht keiner zum anderen im BerhältniS von Haupt- zur Nebensache (E. d. obst. L.G. IV. 811); wichtig für § 4 R.C.P.O. ”) Art. 5 Abs. 2 B.Gew.Ges. ••) Art. 5 Abs. 2 mit Art. 6 Abs. 1 Ziff. 3 B.Gew.Ges. Nur ein Recht aw Aufrechnung, nicht einen selbständigen Gegenanspruch hat hier der Veräußerer: E. d. obst. L.G. II. 193; Bl. f. R.A. XXXVII. 225; er kann also nicht da» nach volzozener Aufrechnung noch übrige Mehr an Nutzungen vom Käufer verlangen. M) Art. 9 B Gew.Ges. mit Art. 75 de» A.G. z. R.C.P O. Also nicht der Arspruch auf Lieferung der Tiere ; deffen Verjährung richtet sich nach den allgemäneu Grundsätzen: E. d. obst. L.G. III. 42; Bl. f. R.A. XXXVII. 414. ") Da die Gewähr-frist nach Art. 1 Abs. 2 B.Gew.Ges. erst vom Tage der

Vermögensrecht«. — Zweite- Hauptstück.

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durch Erhebung der Klage (Zustellung) oder Widerklage unter­ brochen^); b) zwischen Veräußerer und dessen Rechtsvorgänger gleichfalls innerhalb der in lit. a bezeichneten Frist; diese wird aber nicht bloß durch Erhebung der Klage oder Widerklage, sondern auch durch Streitverkündung an den Rechtsvorgänger'') unter­ brochen. Ist die Verjährung durch Streiwerkündung unter­ brochen worden, so beginnt vom Tage der Rechtskraft des im Borprozesse erlassenen Urtells wieder eine zweiwöchentliche Verjährung des Rückgriffsanspruchs zu laufen, welche ihrer­ seits nur durch Erhebung der Klage oder Widerklage unter­ brochen werden kann. 9. Entsteht wegen der Gewährleistung für ein veräußertes Tier ein Rechtsstreit, so kann jede Partei, sobald die Besichtigung des Tieres nicht mehr erforderlich ist, die Versteigerung desselben und Hinterlegung des Erlöses verlangen?^) 10. Jede Gewährleistungspflicht fällt roeg3a): a) bei allen richterlich angeordneten Versteigerungen, insbesondere Zwangsversteigerungen; b) wenn der Veräußerer nachweist, daß dem Erwerber im Zeit­ punkte des Zustandekommens des Vertrages der Fehler des Tieres bekannt war; c) wenn das fehlerhafte Tier in einer Gesamtheit verschieden­ artiger Sachen, wie in einem Gutsinventare oder einer ganzen Vermögensmasse ohne Ausscheidung eines besonderen Preises veräußert wurde. II.

Die vertragsmäßige Gewährleistungspflicht.")

1. Sind bezüglich der Zeit, Art oder Wirkung der Gewähr­ leistung für Tiere der in Ziff. I, 2 bezeichneten Art zwischen den Uebergabe de- Tiere- an läuft, so ist auch der Beginn der Verjährung durch die bereits erfolgte Uebergabe des Tieres bedingt: E. d. obst. L.G. III 43. — Eine zweifel­ hafte Entscheidung enthält Bl. f. R A. XXXVII. 224 (die Anspruchsverjährung läuft hier m. E. von dem Tage an, an welchem die Kuh hätte kalben sollen; wird der Anspmch nicht binnen 14 Tagen von da ab erhoben, so ist er verjährt; vgl. auch Bem. d. Red. in Rt. 1 hiezu; a. M. jedoch wieder Kuby a. a. O. S. 66, welcher als Gewährsfrist die Frist bezeichnet, nach deren Ablaus die Kuh hätte kalben sollen). ••) Nach E. d. obst. L.G. V. 162 nur durch Anstellung der Klage vor den an sich zuständigen oder durch Vereinbarung zuständig gewordenen Gerichte. Vgl. hiezu oben § 74 Nt. 54 und 63 S. 559, 560. Andere Gründe wie außergericht­ liche Mahnung, Vorschüßen einer Einrede im Prozesse u. s. w. bewirken die Unter­ brechung nicht: E. d. obst. L.G. I. 208; V. 162. Auch ein Ruhen der Verjährung kennt daS Berw.Ges. nicht. — Ueber die Wirkung eines vertragsmäßigen Anerkenntnisses auf den Ausschluß der kurzen Gewährschaftsfristen vgl. E- d. obst. L G. III. 188 •’) Bezüglich der Streitverkündung und der Folgen der Unterlassung i« Falle der Verpflichtung vgl. Art. 15 A.G- z. R C.P O. und E. d. obst. L-G. VI. 610 ") Art. 11 B.Gew.Ges. '") «rt. 3 B.Gew.Ges. «) Art. 10 V.Gew-Ges.

DaS Recht der Schuldverhältniffe.

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Beteiligten in einem rechtsgiltigen Vertrage besondere Bestimmungen getroffen, so sind diese mafcgebenb.41) Ein allgemeines Versprechen, wegen aller Fehler zu haften, wird nur auf die im Gesetze benannten Fehler bezogen.4^)

2. Die Bestimmungen des Gesetzes kommen nur ergänzend, insoweit als der Vertrag nicht anderes enthält, zur Anwendung4^ und zwar greifen selbst die unter Ziff. 4 und 8 genannten Gesetzes­ bestimmungen hier nur dann Platz, wenn der Vertrag nicht aus­ drücklich anderes festsetzt.44)

3. Für bedungene Eigenschaften, welche nicht zu den gesetzlich bezeichneten Fehlern gehören, besteht, wenn der Vertrag nicht eine andere Gewährleistungsfrist festsetzt, eine solche von vierzig Tagen. 0. zvrngSverstei-eraa- ««d Pfaudverkauf. I. Für die Zwangsversteigerung unbeweglichen Vermögens aelten die Bestimmungen der bayer. Subhastationsordnung vom 23. Februar 1879/29. Mai 1886. Dieselben sind im V. Buche darzustellen. ") Es ist insbesondere zulässig, die Existenz deS Vertrages von dem Nicht­ vorhandensein gewisser Fehler abhängig zu machen, so datz derselbe entweder erst dann entsteht, wenn feststeht, daß die fraglichen Fehler nicht vorhanden sind (auf­ schiebende Bedingung), oder alS nicht geschloffen zu erachten ist, wenn sich der Fehler zeigt (auflösende Bedingung). ES ist auch zulässig, die ganze oder teilweise Erfüllung deS Vertrages seitens deS einen Teiles von der Bedingung, daß die oder jener Fehler nicht vorhanden seien, sei eS ausschiebend oder auflösend bedingt, abhängig zu machen. (E. d. obst. L G. V. 701; VI. 161; Bl. f. R.A. XL. 30, 301). Zn solchen Fällen kommt dem Viehgew.Ges. überhaupt keine weitere Be­ deutung bei; möglich wäre lediglich die Anwendbarkeit deS Art. 10 Abs. 3. — Ebenso kann vertragsmäßig bedungen werden, daß der Veräußerer für gar keinen Fehler haste, also jede Gewährleistungspflicht ausgeschloffen werden; dieselbe tritt hier aber auch dann nicht ein, wenn Fehler dolos verschwiegen waren (E. d. obst. L G. VI. 824); es müßte denn sein, daß die BertragSbestimmung selbst dolos erschlichen war. — Es kann bedungen werden, daß nur Vertragsaufhebung oder eine Entschädigungspsiicht oder nur Kaufpreisminderung u. s. w. bestehe (E. d. obst. L.G. II. 29; Bl. f. R.A. XL. 29). Für diese Ansprüche kommen aber mangels anderer Verabredung die im Gesetze bestimmten Gewährschaftsfristen zur Anwendung (E. d. obst. L.G. III. 188). — Abreden über die Gewährschaft sind ein Bestandteil des Veräußerung-vertrages und bedürfen daher zur Giltigkeit derselben Form, welcher der Hauptverlrag unterliegt: E. d. obst. L.G. VI. 615.

") Ein solches allgemeines Versprechen wird aber wohl auch dann noch vorliegen, wenn bedungen wird, sowohl für alle gesetzlichen, als alle sonstigen Fehler zu haften. Vgl. auch Kuby a. a. O. S. 67.

4S) Und zwar auch bezüglich der Verjährungsfrist, wenn nichts anderes bedungen ist; diese beginnt dann nach Ablauf der vertragsmäßigen oder mangels solcher nach Ablauf der gesetzlichen Gewährssrist zu lausen: E. d. obst. L.G. IV. 98. ") Art. 1 Abs. 1; Art. 10 V.Gew.Ges. Und zwar auch dann, wenn es sich nicht um Krankheiten, sondern irgendwelche sonstige Eigenschaften eines TiereS handelt; in diesem Sinne ist das Wort Fehler in Art. 10 Abs. 2 B Gew.Ges. zu verstehen: E. d. obst. L.G. I. 208; II. 27; IV. 98, 101 (Plen.Erk); Bl. f. R.A. XL. 29; XXXVII. 130, 224; XXXVIII. 217, 272, 354, 355; XXXIX. 126; XLII. 237; Lauck a. a. O. S. 17, 37; Bölderndorff a. a. O. S. 8, 83.

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Vermögensrechte. — Zweites Hauptstück.

II. Die Bestimmungen, welche für den eine gerichtliche Auf­ forderung oder Ermächtigung erfordernden Pfandverkauf, sowie den Pfandverkauf beweglicher Sachen in den Fällen des Art. 310 und 375 des allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuches gelten, sind bereits oben § 96 Biff. III (S. 664—666) dargestellt. v. Freiwillige Versteigerungen.

Freiwillige Versteigerungen von Immobilien können rechtsgiltig nur von einem Notar vorgenommen toetbcn.*45) Dies gilt auch für solche Jmmobiliarversteigerungen, welche vor Einführung des Notariatsgefetzes von den Gerichten vorgenommen werden sonnte«.46) * 48 Im übrigen sollen anch alle Versteigernngen von beweglichen Sachen, welche bis dorchin von den Gerichten selbst bethätigt werden konnten, den Notaren übertragen werden.4') Ein Zwang für Privatpersonen, Versteigernngen beweglicher Sachen einem Notar zu übertragen, besteht nicht. Im einzelnen gelten für die von den Notaren vorzunehmenden Mobiliar- nnd Jmmobiliarversteigerungen verschiedene, teils an die Grundsätze des Civilrcchtes sich anschließende iustrnktionclle Weisungen. 1. Allgemeines. Bei allen Versteigerungen, wo cs gesetzlich vorgeschrieben oder von dem die Versteigerung übertragenden Gerichte ungeordnet ist, hat der Notar den Wert des Verstcigerungsobjektes zu erheben; den Beteiligten bezw. dem Gerichte ist die Wahl der beiznziehenden Sachverständigen Vorbehalten. Der Notar hat Crt und Zeit der Versteigerung festzusetzen und die Bekanntmachnngen in den vom Gerichte zu bezeichnenden Blättern zn besorgen.4^) Bei der Aus­ nahme einer Notariatsnrkunde über die Versteigerung sind die für ") Art. 18 Not.Ges. Vql. hiezu oben § 65 lit. C Ziff. III. la S. 469; § 68 lit. B Zisf. IV. 2b S. 484. 46) Art. 52 Not.Ges. spricht zwar nur davon, daß Versteigerungen, welche früher von den Gerichten vorgenommen wurden, den Notaren zu übertragen „sind", aber der im Texte aufgestellte Satz folgert sich mit Notwendigkeit aus der rechtlichen Natur der auch auf Art. 14 Not.Ges. beruhenden Vorschrift des Art. 18 Not.Ges. Vgl. oben § 68 lit. B Ziff. IV, 2 b S. 484. 41) Art. 52 Abs. 1 Not.Ges. Die Vorschrift ist nur instruktionell und wendet sich insbesondere an die Verlasfenschasts- und Pflegschaftsgerichte, falls Nachlaßbestandteile oder Bestandteile des Pflegschaftsvermögens versteigert werden sollen; vgl. hiezu § 106 Jnstr. z. Not.Ges.; ferner oben § 70 lit. B Ziff. V. 6 S. 487. Auf Versteigerungen, welche zum Zwecke der Vollstreckung von Urteilen oder sonstigen vollstreckbaren Urkunden vorzunehmen sind, hat Art. 52 Not.Ges. keine Anwendung; hier sind die einschlägigen prozeßrechtlichen Vorschriften der N.C.P.O. und des b. A.G. z. R.C.P.O. sowie der Subh.Ordn. maßgebend; vgl. auch Rehm, Komm. z. Not.Ges. S. 79 Nt. 1. — Siehe hieher besonders oben § 70 lit. B Ziff. I. la mit Nt. 3 S. 491 I. und lit. c Abs. 2 S. 492; dann M.E. v. 9. Febr. 1867, die Versteigerung von Fahrnissen durch die Notare betr. (J.M.Bl. S. 52*; W. VI. S. 756); M.Bek. vom 25 Sept. 1879, die Gebühren für öffent­ liche Mobiliarversteigerungen betr. (G.V.Bl. S. 1270; W XIII. S. 769), mit Art. 224 Ziff. 6, Art. 225 Abs. 3 des b. Gebührengesetzes in der Fassung von 1892 und F.M.Bek. v. 11. März 1887 (F.M.Bl. S. 84). 48) Art. 52 Abs. 2 Not.Ges.

DaS Recht der Schuldverhältniffe.

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Notariatsurkunden im allgemeinen bestehenden Vorschriften") einzu­ hatten, soweit nicht int nachstehenden besonderes bemerkt ist.50) Im Falle eine Versteigerung nach Maßgabe der bestehenden gesetzlichen Normen zur Rechtsgiltigkeit der obervormundschaftlichen Genehmigung bedarf oder diese Vorbehalten wurde, ist die Versteigerungsurkunde der Vormundschaftsbehörde zur Genehmigung vorzulegen, welche ihren Beschluß aus die Urschrift der Urkunde selbst zu setzen hat.5') Die Berstcigerungsurkunde wird in allen Fällen vom Notar aufbewahrt.5^)

2. Versteigerungen von Liegenschaften. Werden gleich­ zeitig mehrere Liegenschaften eines und desselben Verkäufers unter den nämlichen Kaufsbedingungen im Wege der Versteigerung verkauft, so ist über die Versteigerung nur eine Urkunde auszunehmen.55) Die Versteigerungsurkunde ist nicht von allen als Steigerer Beteiligten, sondern nur von den Meistbietenden auf Vorlesen zu unterschreiben und ist nur bezüglich dieser die Feststellung der Identität in der Notariatsurkunde zu konstatieren; denn nur der Meistbieter kommt schließlich als Vertragsteil in Betracht.50) Durch die Versteigcrungs? urkunde, in welcher die Person des Verkäufers und Käufers, der Gegenstand des Kaufs und der Kaufpreis bezeichnet und die sonstigen Kaufsbedingungen angegeben sein müssen, ist der Zwangsvorschrift des Art. 14 Not.Ges.55) genügt; die Errichtung einer besonderen Kauf­ vertragsurkunde neben der Versteigerungsurkunde ist nicht erforderlich.50) ") Vgl. über diese oben § 70 lit. 8 S. 491 ff; ß 77 Abs. 1 Jnstr. z. Not.Ges. Sind wesentliche Formvorschristen übersehen, so ist die BersteigerungSurkunde keine öffentliche Urkunde: Art. 148 Not.Ges.; vgl. hiezu besonders E. d. obst. L.G. XI. 250; Bl. f. R A. LII. 62; b. Not.Zeit. 1888 S. 55; 1891 S. 60. *°) § 106 Jnstr. z. Not Ges bemerkt noch, daß» wenn in einer bei Gericht anhängigen Berlaffenschast die Versteigerung de» Rücklaffe» oder einzelner Bestand­ teile desselben, oder in einer BormundschastS- oder Kuratelsache die Bersteigerung von Gegenständen, welche zum Vermögen de» Pfleglings gehören, vom BerlaffenschaftS- bezw. BormundschaftSgerichte einem Notare übertragen werde, bei einer solchen Bersteigcmng daS nämliche Verfahren, wie bei freiwilligen Ver­ steigerungen (§§ 77—80 Jnstr. z. Not.Ges.) stattfinde. ") § 107 Abs. 2 Jnstr. z. Not.Ges. mit Art. 13 Abs. 2 Not.Ges.; vgl. hiezu oben § 70 lit. B Ziff. II. Ila; lit. D S. 521—523. M) Vgl. hierüber oben § 70 lit. B Ziff. II. 11, lit. c S. 511; lit. D S. 523; § 108 Abs. 1 Jnstr. z. Not.Ges. M) § 80 Jnstr. z. Not.Ges. Die Beteiligten sind in einem solchen Falle

nach Art. 87 Not.Ges. (vgl. oben § 70 lit. B Ziff. II, 12 d S. 515) befugt, statt einer vollständigen Abschrift der BersteigemngSurkunde einen Auszug aus derselben sich erteilen zu fassen, welcher den Eingang und den Schluß der Urkunde mit den sür alle Einzelkäufe gemeinschaftlichen Bestimmungen und Erklärungen der Beteiligten und dir aus die betreffende Liegenschaft bezügliche Stelle der Urkunde (die genaue katastermäßige Bezeichnung des Objektes, die Bezeichnung deS Käufer» und Angabe des Meiftgebot») zu enthalten hat. M) § 77 Abs. 1 Jnstr. z. Not.Ges. Die» gilt auch bei der Verpachtung an Meistbietende und Verdingung der Arbeiten und Lieferungen an Wenigstnehmende. Bgl. hiezu oben § 70 lit. B Ziff. II. 3, lit. d und m S. 501, 503. ") Bgl. oben § 72 S. 539 ff. “) 8 78 Abs. 1 Jnstr. z. Not.Ges.

Bcchki, 8anbt*d6ilr«6t und Landeicivilprozkbrechl.

70

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Vermögensrechte. — Zweites Hauptstück.

Vorausgesetzt ist aber hiebei, daß der Verkäufer bei der Versteigerung selbst oder durch einen Bevollmächtigten mitgewirkt hat und nicht durch den Notar hiebei vertreten war?') Hat der Verkäufer nicht selbst oder durch einen Bevollmächtigten mitgewirkt oder sich über die Ge­ nehmigung des Meistgebotes die Erklärung Vorbehalten, so ist über seine nachträgliche Erllärung eine Notariatsurkunde58) aufzunehmen und bilden im Falle der Genehmigung die Versteigerungs- und die Genehmigungsurkunde vereint die Notariatsurkunde über den Kauf­ vertrag?8* )* * *Die * Notariatsurkunde ist dann an das Hypothekenamt zum etwaigen Vollzug abzugeben?") 3. Bei Versteigerungen beweglicher Sachen, bei welchen der Kaufpreis für die versteigerten Gegenstände sofort gegen deren Aus­ händigung zu bezahlen ist, kann von Bescheinigung der Identität der dem Notar in der Urkunde nicht bekannten Meistbieter, sowie von Unterschrift der Urkunde durch dieselben Umgang genommen werden?') E. Verlauf stehender Fruchte

Alle civilrechtlichen Bestimmungen, welche den Verkauf auf dem Felde stehender Bodenerzeugnisse vor der Aberntung verbieten oder beschränken, sind aufgehoben?8) § 198.

Wechselverträge.

. Für diese sind im allgemeinen die Bestimmungen der Allgemeiner deutschen Wechselordnung maßgebend. Besondere landesgesetzliche Normer sind lediglich folgende: ”) § 78 Abs. 2 und 3 Jnstr. z. Not.Ges. Bei Versteigerungen von Liegen­ schaften aus Auftrag beS BerlassenschastS- ober BormunbschaftSgerichtS müssen bahn die Erben bejw. der Vormund oder Kurator namens des Pfleglings, welche hin als die Verkäufer erscheinen, bei der Versteigerung alS Beteiligte mitmirken ober dieselbe in einer besonders aufzunehmenden Notariatsurkunde nachträglich genehmigens 8 107 Abs. 1 Jnstr. z. Not.Ges. «) Vgl. hiezu oben § 72 Zisf. VI. la S. 544. «) § 78 Abs. 2 unb 3 Jnstr. z. Not.Ges. •°) § 79 Jnstr. z. Not.Ges. Art. 15 Not.Ges.,- vgl. oben § 70 lit. I Ziff. II. 11, lit. b S. 511 unb § 101 Ziff. I. S. 715; § 105 Ziff. 7 S. 743. •*) § 77 Abs. 2 Jnstr. z. Not.Ges. — UebrigenS ist über jebegebühren­ pflichtige Versteigerung, ob sie vom Notar ober einem anberen vorgenommen ist eine schriftliche Urtunbe im fiskalischen Interesse auizunehmen; vgl. hierübe: Art. 226 beS b. Gebührenges in bet Fassung von 1892 mit § 5 ber in Nt. 4' zit. M.Bek. v. 25. Sept. 1879; vgl. letztere überhaupt hinsichtlich sonstiger Maß­ nahmen, bie im fiskalische» Interesse bei Versteigerungen zu treffen finb. — Durä bte in Nt. 47 zit. M E. v. 9. Febr. 1867 ist für Orte, wo Mobiliar-Bersteigerunge» ber Notare häufiger vorkommen, bie Abhaltung von Versteigerungstagfahrten an geoebnet, welche von ben Notaren in bestimmter Reihenfolge abgehalten Werber sollen; baS Nähere ist ber Uebereinhinft zwischen ben Gerichtsvorständen und Notaren überlassen. •*) Damit auch bte Ber. v. 13. Juni 1817, ben Verkauf des Getreides au beut Halme ober ber Wurzel betr. (R.Bl. S. 587; Döllinger XIV. 1561); § A

DaS Recht der SchuldverhSltniffe.

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a) Bei den vom Auslande eingehenden Usowechseln beträgt die Verfallzeit vierzehn Tage vom Tage der Präsentation des Wechsels an'): b) alle allgemeinen Zahl-(Kassier-)tage sind aufgehoben^); c) als allgemeine Feiertage int Sinne des Art. 92 der all­ gemeinen Wechselordnung gelten jene Tage, welche nach den Gesetzen oder dem Herkommen eines jeden Ortes bisher als christliche Feiertage im Wcchselgeschäft gegolten haben?)

§ 199Versicherungsverträge. Hier sind zu unterscheiden die Mobiliarfeuerversicherungen, Jmmobiliarfeuerversicherungen, die Hagelversicherungen und die übrigen Versicherungen.

A. M»dili«rse«erverficheru»ßr».') Die landesgesetzlichen Bestimmnngen der maßgebenden Verordnung vom 11. September 18722) sind im wesentlichen polizeilicher Natur; hinsichtlich ihrer privaten Rechtssphäre unterliegen die Mobiliarfeuer­ versicherungsanstalten fast ausschließlich dem örtlichen bürgerlichen Rechte, bezw. dem hienach zulässigen Vertragsrechte; nur folgende Grundsätze lassen sich in privat- und prozeßrechtlicher Hinsicht aus jener Verordnung ableiten: 1. Von einer ohne königliche Genehmigung bestehenden Mobiliarseuerversicherungsanstalt können rechtswirksame Versicherungsverträge nicht abgeschlossen werden; denn die rechtliche Existenz der Anstalt ist durch königliche Genehmigung und deren Fortdauer bedingt. Werden deS Landtagsabschiedes v. 18. Febr. 1871, betr. den Kauf der Früchte auf der Wurzel u. f. w. (R.Bl. S. 309; W. XIII. S. 712, B S. 192). Hiezu v. PSzl in DollmannS Gesetzgebung deS Kgr. Bayern Tl. I. Bd. IV. S. 457. * ) Art. 3 des Einf.Ges. zur avg. d. Wcchs.Ordn. v. 25. Juli 1850 (G.Bl. 1849/50 S. 353; W. IV. S. 163; B. S. 101); Art. 85 der allg. d. Wechs.Ordn.; hiezu Staub, Komm. z. Wechs.Ordn. S. 18 § 20. * ) Art. 6 des zit. Einf.Ges. mit Ges. v. 13. März 1876, die Aushebung der Bestimmung über allgemeine Zahltage für die Stadt Augsburg in Art. 6 deS zit. E G. (G B.Bl. S. 281; W. IV. S. 163 Nt. 7; B- S. 203); Art. 93 der allg. d. Wechs.Ordn.; hiezu Staub a. a. O. S. 223. * ) Art. 5 des zit. Einf.Ges. DaS hierin angekündigte allgemeine Gesetz über die Feiertage ist bis jetzt nicht erschienen. Die in Bayern hienach bestehenden Feiertage sind aufgezählt bei Staub a. a. O. S. 222 § 3. * ) Bgl. Seydel, b. St.R. V. S. 462, 463. * ) Die Mobiliar-Feuer-Versicherungen betr. (W. IX. S. 537); M Bek v. 5. Febr. 1886, die Versicherung von Mobilien gegen Feuersgesahr betr. (W. XVII. S. 641) über die Nebenkosten bei Versicherungen bis zu 2000 Mk. einschließlich, die Mitversicherung deS Viehs, die sog. Kündigungsklausel und die Freizügigkeit bei landwirtschaftlichen Versicherungen: hiezuZllÄ) Ziff. 9R.St.G.B.; Art. 2Ziff. 2; Art. 100, 134 des b. Pol.Strf.G B ; dann § 6 der R.Gem.Ordn, in der Fassung vom 1. Juni 1891.

von einer nach anzuerkennenden ausländischen Rcchtsgrundsätzen rcchtsgiltig errichteten nichtbayerischen Anstalt, welche nicht die königliche Genehmigung zur Ausdehnung des Geschäftsbetriebes auf Bayern besitzt"), Versicherungsverträge für Bayern abgeschlossen, so sind diese Versicherungsverträge bloß wegen des polizeilichen Verbotes civil­ rechtlich nicht ungiltig/) 2. Die Mobiliarfeuerversicherungsanstalten können rechtswirksamc Versicherungsverträge regelmäßig nicht bezüglich Gebäude uiib deren Zubehörungen obschließen?) 3. Kein Gegenstand darf höher versichert werden, als nach bent wirklichen Werte zur Zeit ber Versicherungsnahme. Bei Warenlagern unb anberen zum Verkaufe ober Verbrauche bestimmten größeren Vorräten, bereit Bestaub nach Größe unb Wert zu wechseln pflegt, kann ber Versicherungswert nach Maßgabe bes Umfanges bes Geschäftes ober ber Probuktion bemessen werben. Doch hat bieses Verbot ber Ueberversicherung auf bie civilrechtliche Giltigkeit bes Versicherungs­ vertrages keinen Einfluß. 4. Die nochmalige Versicherung eines unb besselben, nach seinem wirklichen Werte bereits versicherten Gegenstanbes bei einer weiteren Versicherungsanstalt ist verboten. Jeboch hat auch bas Verbot ber Doppelversicherung auf bie civilrechtliche Giltigkeit bes Versicherungs­ vertrages keinen Einfluß.

5. Die auswärtigen Versicherungsanstalten sinb verpflichtet, in Ansehung aller zwischen ihnen unb ben versicherten bayerischen Staats­ angehörigen entstehenben Streitigkeiten, soweit bereit Austragung nicht satzungsgemäß burch schiedsrichterliche Entscheidung erfolgt, bei dem Gerichte des Wohnorts des Generalbevollmächtigten oder des die Versicherung vermittelnden Agenten Recht zu nehmen und diese Ver­ pflichtung in den Versicherungsurkunden ausdrücklich anzuerkennen. Ist für diese Streitigkeiten eine schiedsrichterliche Entscheidung satzungsgemäß bestimmt, so dürfen hiebei ausschließend nur bayerische Staats­ angehörige als Schiedsrichter verwendet werden. Zur Sicherung der desfallsigen Ansprüche der Versicherten kann von derjenigen Ver^ sicherungsanstalt, bereit Sitz sich außerhalb bcs beutschen Reiches bcfinbet, eine hinsichtlich ber Art unb des Betrages vom Staatsministerium bes Innern festzusetzenbe Kaution geforbert werben.

B. Die J«m»biliarfe«erverficher>nzen.°) Die Rechtsverhältnisse ber Jmmobiliarfeuerversichernng sind für ganz Bayern einheitlich durch Gesetz vom 3. April 1875^) geregelt. Hienach •) 4) ») •) 7)

Vgl. hiezu auch oben § 61 Rt. 24 S. 348, 349. Ebenso Bl. f. R.A. Erg.Bd. in. 397. «rt. 2 de» Rt. 7 zit. Br.18ers.Ses. «gl. Seydel, b. St.R. V. S. 463-480. Die Brandversicherungsanstalt für Gebäude in den Laude Heilen rech!»

besteht eine unter Leitung des Staates stehende Brandversicherungsanstalt auf Gegenseitigkeit mit der Eigenschaft einer juristischen Person, deren Verwaltung und Vertretung der Brandversicherungskammer als staat­ licher Behörde zukommt, mit den Rechten und Freiheiten der milden Stiftungen und dem Gerichtsstände am Sitze der Brandversicherungs­ kammer (München)?) Ein Zwang zur Versicherung bei dieser Anstalt besteht regelmäßig nicht, aber alle mit anderen Brandversicherungs­ anstalten und Gesellschaften über die znr Aufnahme geeigneten Gebäude abgeschlossenen Versicherungsverträge sind eivilrechtlich nichtig?) Der Inhalt der mit der Brandversicherungsanstalt abzuschließenden Ver­ sicherungsverträge ist im allgemeinen gesetzlich festgelegt; nur hinsichtlich der Größe der Versicherungssumme besteht regelmäßig Vertragssreiheit?") Die Eirtscheidung von Streitigkeiten ist in den meisten Fällen den Verwaltungsbehörden zugewiesen.") Damit sind die meisten Verhältnisse wenigstens im praktischen Resultate dem öffentlichen Rechte zugewiesen und scheiden insoweit auch aus gegenwärtiger Darstellung aus; eine erschöpfende Darstellung des Jmmobiliarbrandversicherungsrechtes ist daher auch nicht Gegenstand derselben. Es genügt, im folgenden die civilrechtlichen Rechts- und Streitverhältnisse hervorzuheben. 1. Civilrechtliche Streitverhältnisse sind: a) Streitigkeiten zwischen den Miteigentümern eines Gebäudes, ob dieses, bezw. welche Gegenstände überhaupt, zu versichern sind, über ein diesbezügliches Uebereinkommen unter ihnen, in welcher Höhe die Versicherungssumme zu nehmen oder ob und in wieweit12) die bisherige Versicherungssumme zu mindern ist, in welchem Maße jeder einzelne für die Ver­ sicherungsbeiträge haftbar bezw. regreßpflichtig ist, ob ans der Anstalt ausgetreten werden soll, ob das abgebrannte Gebäude an anderer Stelle wieder aufgebaut oder die Ent­ schädigungssumme zu anderem Zwecke als zum Wiederaufbau des Gebäudes verwendet werden soll.12) b) Streitigkeiten zwischen den Hypothekgläubigern und dem Gebäudebesitzer, ob letzterer versicherungspflichtig (eintrittsdeS Rheins betr. (G B.Bl. S. 269; W. X. S. 672); hiezu Komm. v. Hauck, 2. Aufl. München 1890. •) Art. 1, 65, 68, 95 Br.Bers.Ges. Hauck a. a. O. S. 9 Nt. 1; Seydel, b. St.R. V. S. 466; vgl. auch oben § 46 Nt. 3 S. 302. •) Art. 2 Br.Bers.Ges. '") Art. 13-15 Br.Bers.Ges. ** ) Das Br.Bers.Ges. sagt in Art. 94 Abs. 1: „Streitige Fälle, in welchen daS gegenwärtige Gesetz die Verwaltungsbehörden für zuständig erklärt, sind vor diesen, die anderen vor den Gerichten auszutragen. Die ersteren sind aber weitaus die meisten." Sgl. auch Seydel, b. StR. V. S. 480; Art. 8 Zifs. 40, Art. 9 Abs. 1 des Berw.Ger.H.Ges. v. 8. Aug. 1878. *• ) Art. 3 Abs. 1 Zifs. 5, Art. 8, Art. 14 Ziff. 1, Art. 15 Abs. 3, Art. 71, Art. 76, 77 und Art. 3 Abs. 2 Br.Bers.Ges. Hauck a. a. O. S. 17-20 Ziff. 5, S. 42 Nt. 3, S. 135 Nt. 1, S. 139 Nt. 1 und S. 21 Nt. 1 d. ") Art. 39 Abs. 3 Br.Bers.Ges.

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Vermögensrechte. — Zweites Hauptstück.

pflichtig — austrittsberechtigt) ist, über die Rechtsbeständigkeit eines Uebereinkommens in Ansehung der Höhe der Ver­ sicherungssumme^), ob das abgebrannte Gebäude an anderer Stelle wieder aufgebaut oder die Entschädigungssumme zu anderem Zwecke als dem Wiederaufbau des Gebäudes ver­ wendet werden bars.14 15)16 c) Streitigkeiten zwischen dem Versicherten und Dritten, welche die Versicherungsbeiträge, sei es freiwillig oder infolge einer gesetzlichen Verpflichtung, für ihn ausgelegt haben, über Rückvergütung oder Aufrechnung derselben.^) d) Streitigkeiten zwischen der Brandversicherungsanstalt und dem Versicherten, ob überhaupt eine Entschädigung zu leisten fei17), ob die an die Leistung der Entschädigungssumme geknüpften Bedingungen eingetreten feien18), wie Streitigkeiten über die Art der Auszahlung der Entschädigungssumme.1'') Entschädigung ist zu leisten für den eigentlichen Brandschaden, für den durch Löschung des Brandes entstandenen Tchadell, für Beschädigungen durch Blitz, auch wenn er nicht gezündet hat. Dieser Rechtsanspruch auf Entschädigung füllt aber für denjenigen vollständig weg, der wegen vorsätzlicher oder fahrlässiger Brandstiftung in Ansehung des erlittenen Brand­ schadens verurteilt worden ist20) Tie Entschädigung für ein Gebäude kann regelmäßig nur unter der Bedingung geleistet werden, daß dasselbe auf der alten Stelle bauordnungsmäßig wieder aufgebaut und die Entschädigung lediglich zu diesem Zwecke verwendet wird; für Zubehörungen nur unter der Bedingung, daß dieselben in einer ihrem bisherigen Zwecke entsprechenden Weise in dem noch bestehenden oder wieder errichteten Gebäude wieder hergestellt werden. Nur bei besonderen Umständen kann der Wiederaufbau an eineranderen Stelle und nur bei außerordentlichen Verhältnissen die Verwendung der Entschädigungssumme zu anderen Zwecken von der Distriktsverwaltungsbehörde bezw. bei Zubehörungen von der Kreisregierung, Kammer des Innern, gestattet 14) Art. 3 Abs. 1 Ziff. 6, Art. 14 Zisf. 1, Art. 15 Abs. 3, Art. 77 Br.Vers.Ges.; Hauck a. a. O. S. 17, 20, 21 Nt. 1; S. 42 Nt. 3; S. 139 Nt. 1 und S. 21 Nt. 16. Vgl. hiezu auch oben § 131 Ziff. I. S. 859, 860; § 100 lit. A Ziff. II. 9, S. 700. 15) Art. 39 Abs. 3 Br.Vers.Ges. 16) Art. 70-75 Br.Vers.Ges.; Hauck a. a. O. S. 135-137; hiezu E. d. obst. L.G. V. 142, 145; VI. 417; Bl. f. R A. XXXIII. 321; XXXVIII. 508; XLI. 478, 489; XIAI. 371 (bezüglich Kultusgebäude). n) Vgl. Hauck a. a. O. S. 69 Ziff. 3 a. E. 18) Vgl. auch Seydel, b. St.R. V. S. 478. 19) Vgl. auch Hauck a. a. O. S. 90 Nt. 1 und 12; Seydel, b. St.N. V. S. 478. 20) Art. 34-36 Br.Vers.Ges.

werden?') Die Auszahlung der Entschädigungssumme erfolgt bei größeren Brandschäden regelmäßig in drei, bei kleineren Brandschäden regelmäßig in zwei Fristen, bei kleineren Re­ paraturen überhaupt erst nach Vollendung derselben, soferne nicht jeweils schon ein größerer Kostenaufwand nachgewiesen werden kann. Ist der auf Wiederherstellung der Versicherungs­ objekte erwachsene Kostenaufwand erwiesenermaßen geringer als die Entschädigungssumme, so fällt deren Mehrbetrag der Anstalt anheim?^) Die ganze Entschädigungssumme fällt der Anstalt anheim, wenn nicht längstens innerhalb fünf Jahren vom Tage der Brandentschädigung an oder innerhalb der etwa verlängerten Frist die Entschädigungssumme entsprechend verwendet worden ist.23) e) Die Regrcßansprüchc der Brandversicherungsanstalt für die geleistete oder zur Leistung anerkannte Brandentschädigung gegen die nach bürgerlichem Rechte für den Brand haftbaren Personen; hiebei ist die Geltendmachung des Regreßanspruches durch Einleitung eines Strafverfahrens wegen vorsätzlicher oder fahrlässiger Brandstiftung, Einstellung des Strafverfahrens oder Freisprechung des Angeschuldigten weder aufgeschoben noch ausgeschlossen.2^) f) Streitigkeiten zwischen Brandversicherungsanstalt und Ver­ sicherten über Rückzahlung zu viel empfangener Entschädigung, im Falle der Schaden, welcher durch einen in Kriegszeiten durch strategische Anordnungen oder militärische Operationen verursachten Brand erlitten wurde, aus anderen Kassen ganz oder wenigstens mit mehr als zwei Dritteile ersetzt wurde, mit Ausnahme der Entscheidung, ob der betreffende Brand ein solcher vorbezeichneter 5kriegsbrand ist. Die Brandversicherungsanstalt ist hier berechtigt, die aus anderen Kassen anfallenden Summen bei diesen Kassen mit Beschlag zu belegen.23) g) Streitigkeiten zwischen dem durch Brand Beschädigten und Dritten, mit denen sie Akkorde über Wiederherstellung der Entschädigungsobjekte auf die Entschädigungssumme abge*') Art. 38-40 Br.Bers.Ges.

**) Art. 41 Br.Bers.Ges.

«*) Art. 42 Br.Bers.Ges. “) Art. 47 Br.Bers.Ges. Stirbt der Brandstisler vor seiner rechtskräftigen Verurteilung, so würde zwar für seine Erben die Entschädigung gemäß Art. 36 Br.Bers.Ges. an sich nicht verloren gehen, wenn nicht nach Maßgabe des örtlichen CivilrechteS die Erben für die Folgen der strafbaren Handlung haftbar sind; denn ist dies der Fall, so könnte die Anstalt gemäß Art. 47 Br.Bers.Ges. ihren Regreßansvruch mit dem Entschädigungsanspruch kompensieren. Bgl. auch Hauck a. a. O. S. 74 Rt. 2. “) Art. 37 Br.Bers.Ges; Hauck a. a. O. S. 76 Nt. 3.

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BermSgrnSrrchtr. — ZwritrS Hauptstück.

schlossen haben, über Anweisung und Verteilung der Ent-schädigungssumme?b) 2. Sonstige das Privat- bezw. Civilprozeßrecht berührende. Bestimmungen sind folgende: a) Entschädigungsgelder können zu Gunsten eines Gläubigers? des Beschädigten weder mit Arrest belegt werden, noch sonst: Gegenstand einer Zwangsvollstreckung sein; eine Ausnahme: hievon besteht nur zu Gunsten der aus Akkorden über die: Wiederherstellung des Entschädigungsobjektes auf die Ent­ schädigungssumme angewiesenen Akkordsummcn. Jedoch können: die Entschädigungsforderungen mit der Baustelle als ein mit derselben verbundenes und den Wert des Gebäudes vertretendes Recht unter der Bedingung des Wiederaufbaues frei oder im Wege der Zwangsvollstreckung veräußert werden. Der Erwerber erhält die Entschädigungsgelder in einem solchen Falle in dem Maße ausgezahlt, als sie der vorige Eigentümer erhalten haben würde?') b) In wieweit die Brandversicherungsanstalt einen gesetzlichen Hypothekentitel gegenüber dem beschädigten Gebäude hat, wurde bereits oben § 121 lit. B Ziff. 1 g S. 812 erwähnt. c) Ueber die Befugnis der Hypothekgläubiger auf Versicherung der Hypothckobjekte gegen Brand s. oben § 131 Ziff. IS. 859. d) Die Brandversicherungsbeiträge haben reallastähnliche Statur28), genießen ein Recht auf vorzugsweise Befriedigung und zwar in der Subhastation nach Abzug der Massekosten und -Schulden in erster Reihe28), im Konkurse in dritter Reihe.88)

C. H«ßrlderfichermi>t«.") Das Gesetz vom 13. Februar 188432) ist maßgebend für Ver­ sicherungen bei der staatlich geleiteten, durch die Brandversicherungs­ kammer vertretenen Hagelversicherungsanstalt. Dieselbe ist auf Gegen­ seitigkeit errichtet, juristische Person, genießt die Rechte der milden Stiftungen und hat ihren Sitz in München.88) Ein Zwang zur *•) Art. 41 Abs. 2 Br.Bers.Ges.; Hauck a. a. O. S. 89 Rt. 9. ”) Art. 43 Br.Bers.Ges.: durch die R.C.P.O. nicht beseitigt, da die Entschädigungsforderungen als immobilisiert gelten (§ 767 R.C.P.O); vgl. hierüber oben § 59 S. 439, 440. ”) «rt. 76 Br.Bers.Ges. Vgl. oben § 91 Ziff. II. S. 639; § 93 Ziff. 9 ©. 653. ") Art. 108 Abs. 1 Ziff. 1 und Abs. 3, Art. 151 Abs. 1 Ziff. 1, Abs. 2 Subh.Ordn. ”) 8 54 Ziff. 3 R.K.O. ’•) Vgl. Seydel, b. St R. V. S. 480—486. u) Die Hagelversicherung-anstalt betr. (G.B.Bl. S. 61; W. XVI. S. 454) nebst BollzugSvorschristen v. 23. Juli 1884 (W. XVI. S. 670). ”) Art. 1 deS Ges. v. 13. Febr. 1884. ”) A. M. Seydel, 6. St R. V. S. 484, welcher alle Streitigkeiten dem öffent­ lichen Rechte zuweist. Bgl. hiezu Art. 5, 18, 9 des Ges. v. 13. Febr. 1884. Für

Das Recht der Schuldverhältnisse.

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Versicherung bestellt auf keiner Seite. Tie Versicherungsverhältnisse zu dieser Hagelversicherungsanstalt sind im wesentlichen dem öffentlichen Rechte zugewiesen. Nur Streitigkeiteu darüber, ob eiu Entschädigungs­ anspruch überhaupt besteht, gehören vor die bürgerlichen Gerichteim übrigen ist die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden gegeben.^) Der Hagelentschüdigungsanspruch sann von Seite des Versicherungs uehmers an einen Dritten weder übertragen, noch verpfändet werden?'') Für die Hagelversichernngsbeiträge gilt dasselbe, was oben lit. BZiff. 2d für die Brandversicherungsbeiträge gesagt wurde.3C) Soweit Hagel Versicherungen bei aitderen Anstalten genommen sind, kommen die unter lit. D aufgeführten Sätze zur Anwendung. v. Sonstige Versicherungen?^

Für diese ist die Ministerialbekanntmachung vom 3. Oktober 18 7 2 37) maßgebend. Der Inhalt derselben ist im lvesentkichen rein polizeilicher Natlir. Auch hier sind Versichernngsverträge nur daun rechtswirksam, wenn sie von einer mit Genehmigung des Staats­ ministeriums des Innern bestehenden Anstalt abgeschlossen sind. Auch gelten für diese Versicherungen gleichfalls die oben unter lit. A Ziff. 5 erwähnten Bestimmungen?") § 200.

Spielverträge.

Durch mehrere churfürstliche Mandate *) waren schon gegen Ende des 17. Jahrhunderts für das damalige Bayern mehrere Spielver­ bote erlassen und schließlich durch Verordnung vom 7. Juni 1808 die im Texte den bürgerlichen Gerichten zugewiesenen Streitigkeiten ist die Ver­ waltungskompetenz nicht ausdrücklich bestimmt und daher nach allgemeinen Grundsätzen die Zuständigkeit der bürgerlichen Gerichte gegeben. S4) Art. 10 des Ges. v. 13. Febr. 1884. 85) Art. 4 des Ges. v. 13. Febr. 1884; Art. 108 Abs. 1 Ziff. 1; Art. 151 Abs. 1 Ziff. 1 Subh.Ordn.; § 54 Ziff. 3 N.K.O. 3Ö) Vgl. Seydel, b. St.R. V. S. 461-463. 37) Die Errichtung und den Betrieb der Versicherungsanstalten mit Ausnahme der Feuerversicherungsanstalten betr. (W. IX. S. 548); § 360 Ziff. 9 R.St.G B, Art. 2 Ziff. 2 des b. Pol.Strf.G.B.; § 6 R.Gew.Ordn. 39) Ziff. II. 2 der M.Bek. v. 3. Okt. 1872. T) Das Mandat vom 28. August 1747 (Mayrs Gen.Sammlg. Bd. II. S. 727) verbot das Banko, das Mandat v. 2. Sept. 1765 (Mayr a. a. O. Bd. II. S. 803) das Würfeln, Pharaon, Passette (Bassette), Landsknecht, Häufeln, Makao, lreize, quindeci, trehte und quarente und bestimmte, daß der Gewinn nicht gefordert werden könne und das Empfangene restituiert werden müsse; das Gleiche wurde für Falschspielen bei „Kunst- und gemischten Spielen" verordnet; das Mandat v. 7. Jan. 1772 (Mayr a. a. O. Bd. II. S. 861) verbot insbesondere das Riemenstechen; das Mandat v. 13. Febr. 1776 (Mayr a. a. O. Bd. I. S. 291. wiederholte die früheren Verbote und hob einige hier nicht mehr angeführte frühere Verbote auf. Das Mandat v. 9. Febr. 1779 (Mayr a. a. O. Bd. IV) S. 639) verbot „alle Spiele, wo man Gefahr läuft, einen den Bermögensstand der Spielenden überwägenden Verlust zu machen"; dieses Verbot wurde durch

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BrrmSgenSrrchtk. — Zweites Hauptstück.

auf alle Gebietsteile Bayerns ausgedehnt?) Hienach sind alle eigent­ lichen Glücks- und Hazardspiele (im Gegensatze zu „Kunst- und ge­ mischten Spielen") gesetzlich verboten; der Spielvertrag ist nichtig^); das in solchen Spielen Gewonnene kann nicht klagbar verfolgt und das im Spiele Verlorene und Bezahlte kann vom Verlierenden wieder zurückgefordert werden. Die verschiedentlich angedrohten Strafen, insbesondere Konfiskation, sind veraltet.

§ 201. Dienstvertäge — Mietverträge.

A. Mietverträge fiter uuäeargliche Sache». I. Durch §21 des Landtagsabschiedes vom 18. Februar 1871') sind in Ansehung der Mietverhältnissc für das Gebiet des rechts­ rheinischen Bayern mit Ausnahme des Gebietes des preußischen Land­ rechtes einheitliche Bestimmungen, die auch auf die am 23. Februar 1871 noch in Kraft gewesenen Mietverträge Anwendung fanden, getroffen worden. Auf Grund dieser ergiebt sich folgendes: 1. Die Bestimmungen des Landtagsabschicdes beziehen sich nur auf die Sonderrcchtsnachfolge, nicht auf die Gesamtrcchtsnachfolge in eine vermietete Liegenschaft; für die Gesamtrechtsnachfolge verbleibt cs bei den Grundsätzen des örtlichen bürgerlichen Rechtes. 2. Sie beziehen sich auf die Sonderrechtsnachfolge jeder Art, insbesondere auch auf die Zwangsveräußerung^), nicht aber auf die Zwangsenteignung?) 3. Sie beziehen sich nur auf Miet- nicht Pachtverhältnisse^), und nur auf die Mietverhältnisse bezüglich Liegenschaften, nicht auf Mandat v. 10. April 1782 (Mayr. a. a. O. Bd. II. S. 989) wiederholt eingeschärft. Durch Mandat v. 20. März 1779 (Mayr a. a. O. Bd. II. S. 946) wurden die „Schilderspiele mit Reitern, Drehbrett, Blind- oder anderen Päschen" verboten. Durch Mandat v. 20. Jan. 1789 (Mayr a. a. O. Bd. II. S. 170) endlich wurde allgemein das eigentliche Glücks- und Hazardspiel (im Gegensatz zum „Kunst- und gemischten Spiel") verboten. *) E. d. obst. L.G. V. 207. •) Ebenso alle jene Verträge, welche mit den Spielern von Dritten zum Zwecke der Beförderung des unerlaubten Spiels, wie Bürgschaften, eingegangen

werden: E. d. obst. L G. V. 207. •) Die Rechtsverhältnisse der Mieter und Pächter von Liegenschaften gegen­ über den neuen Erwerbern betr. (G.Bl. S. 310; SB. VIII. S. 713; V. S. 193); Arnold, das Mietwesen in Bezug auf Wohnungen und andere Räume nach dem bayerischen Lendrechte mit besonderer Rücksicht aus München; 4. Ausl. München 1892, S. 118-131. ’) arg. Abs. 3 des Landt. Ab sch. Art 78 Zifs. 8 Subh.Ordn. bezieht sich nicht auf den Mieter. Vgl. auch Ortenau, Komm. z. Subh.Ordn. S. 274, 275; 142, 143; Arnold a. a. O. S. 121 Nt. 8; E. d. obst. L G. VIII. 246; a. M. Henle, Komm. z. Subh.Ordn. S. 48. ’) Arnold a. a. O. S. 131. *) Trotz der Ueberschrist „Mieter und Pächter", die sich als RedaktionsVersehen erklärt. Vgl. hiezu Berh. d. K. d. Abg. 1870 Beil. Bd. III S. 189 ff.;

die Miete beweglicher und unkörperlicher unbeweglicher Sachen, nicht auf die Aftermiete?) 4. Geht im Wege der Sondcrrechtsnachfolge eine gemietete Liegenschaft in das Eigentum eines Dritten über, so ist dreierlei möglich: a) Der neue Erwerber tritt durch Vertrag mit dem Mieter in den bisherigen Mietvertrag ein, dann löst sich das Vertragsverhältnis zwischen dem bisherigen Vermieter und dem Mieter und beginnt ein neues Vertragsverhältnis zwischen dem Mieter und dem neuen Erwerber als nun­ mehrigen Vermieter nach Matzgabe des alten Mietvertrages, möglicherweise auch nach Maßgabe getroffener Abänderungen fort. Dasselbe gilt, wenn Mieter und Erwerber an Stelle des alten Mietvertrages überhaupt einen neuen Mietvertrag setzen. Aber weder Mieter noch Vermieter können zu einer solchen Vertragserneuerung gezwungen werden. b) Der neue Erwerber kann sich dem Vermieter gegenüber durch Vertrag zur Fortsetzung der Miete während der übrigen Vertragszeit verpflichten?) In diesem Falle ist zwar der Mieter nicht an die Fortsetzung der Miete gebunden, sondern kann unter Einhaltung der ortsüblichen Aufkündungsfrist, falls nicht eine kürzere vereinbart ist, aufkünden, verliert aber dann alle Ansprüche gegen den Vermieter wegen der vorzeitigen Beendigung des Mietsverhältnisses, während er seinerseits diesem schadenersatzpflichtig werden kann'); aber er kann den Vermieter nötigenfalls im Klagewege zur Fort­ setzung der Miete nach Maßgabe des Mietvertrages zwingen, da ihm kraft gesetzlicher Ccssion alle diesbezüglichen Rechte des Vermieters aus dem obengenannten Vertrage gegen den neuen Erwerber zustehen?) c) Der neue Erwerber oder der Mieter will den Mietvertrag nicht aushaltcn; in diesem Fall ist zu Gunsten des einen wie des anderen der Grundsatz „Kauf bricht Miete" in beschränktem Maße aufgehoben. Jni Einzelnen gelten hier folgende Sätze: stenogr. Brr. Bd. IV. S. 3 ff.; Verh. d. K. b. Reich-räte Beil. Bb. II. S. 291; HauserS Ztschr. f. Reichs- unb Landesrecht II. 189; E. b. obst. L G. VII. 326; Arnolb a. a. O. S. 121 92t. 8a; Ortenau, Komm. z. Subh.Orbn. S. 142. Unter Pacht ist bie Miete sruchtbringenber Sachen unb diesen gleichgeachteter Rechte zum Zwecke bet Fruchtgewinnung zu verstehen. °) E. b. obst. L.G. V. 686; Bl. f. R.A. XL. 123; Arnolb a. a. O. S. 127. ®) Ein solcher Vertrag ist, sofern er Bestandteil be8 Veräußerungsvertrages ist, notariell zu bcurhmben: Art. 14 Not.Ges.; vgl. oben § 72 S. 546; Arnolb a. a. O. S. 120; E. b. obst. L.G. V. 684; Bl. f. R.A. XLIII. 279. ’) Vgl. hierüber Näheres bei Arnold a. a. O. S. 130. ’) Vgl. hiezu auch Seufferts Arch. XXV. 102; XXVIII. 22; Arnolb a. a. O. S. 120

a) An Stelle des bisherigen Vermieters tritt der neue Er­ werber im Zeitpunkte der Sonderrechtsnachfolge in die Liegenschaft als Vermieter in den Mietvertrag ein,8 9) Der neue Erwerber, wie der Mieter sind aber berechtigt, beii Vertrag noch vor Ablauf der festgesetzten Mietzeit aufzukünden, müssen jedoch hiebei die ortsübliche Aufkündungszeit einhalten, falls nicht eine kürzere Aufkündungsfrist im Vertrage bedungen ist10)ll ß) Wird von diesem Auskündungsrechte nicht sofort bei dem erstmöglichen Aufkündungstage Gebrauch gemacht, so setzt sich der ftühere Mietvertrag nunmehr zwischen dem Mieter und dem neuen Erwerber als Vermieter fort, der bisherige Vermieter scheidet ohne weitere Haftung vollständig aus dem Mietverträge aus.") Y) Letztere Wirkung tritt auch dann ein, wenn der Mieter von seinem Aufkündungsrecht Gebrauch macht?9) d) Macht der neue Erwerber von seinem Aufkündungsrechtc Gebrauch, so bleibt der bisherige Vermieter aus dem Mietverträge auf Erfüllung desselben verhaftet, er hat sohin, wenn ihm dies unmöglich ist, dem Mieter allen Schaden zu ersetzen, welcher diesem aus der vorzeitigen Auflösung des Vertrages zugeht. Das Rechtsverhältnis unter den drei Personen gestaltet sich hier derart, daß die Aufhebung des Vertrages zwischen erstem Vermieter und Mieter zwar mit der Sonderrechtsnachfolge in die Liegenschaft eintritt, aber durch den völligen Eintritt des neuen Erwerbers in den Mietvertrag auflösend bedingt ist?9) e) Vorauszahlungen auf den Mietzins sind gegenüber dem neuen Erwerber nur für die Zeit bis zu dem auf der Sonderrechtsnachfolge kommenden Ziele, bei der ZwangSveräußerung nur für die Zeit bis zu dem auf den zweit­ nächsten Uebergang folgenden Ziele rechtswirksam. Tie 8) Es genügt hiebei, daß der Mietvertrag abgeschlossen ist; in Vollzug gesetzt ist, ist belanglos; vgl. Arnold S. 122, 123.

ob er bereits

*°) Besteht eine ortsübliche Kündigungsfrist und ist keine vertragsmäßige bedungen, so entscheidet daS örtliche bürgerliche Recht, bezw. daS richterliche Er­ messen ; ähnlich Arnold a. a. O. S. 125 Rt. 16.

ll) Ebenso Arnold a. a. O. S. 125, 126 mit ausführlicher, zutreffender Begründung in Nt. 17 gegen Bl. f. R.A. Erg.Bd. VII. 273 ff. ") Ebenso Arnold S. 130. *•) Diese RechtSkonstruklion hat zwar Arnold a. a. O. S. 124 —127 nicht ausdrücklich ausgesprochen, aber all« Konsequenzen derselben richtig gezogen. Jisbcsondere ist daher das Kündigungsrecht als ausgeschlosien zu erachten, wenn ter ursprüngliche Vermieter von Zwikchenbesitzern die Liegenschaft wieder zurückerwcrbm sollte.

Haftungsansprüche gegen den Vermieter aus solchen rechts­ unwirksamen Vorauszahlungen sind hiedurch uicht berührt. 5. Auf das außerordentliche Kündigungsrecht hat die Sonder­ rechtsnachfolge keinen Einfluß.^) II. Besondere reichsgesetzliche Bestimmungen in Ansehung der Kündigung und Fortsetzung der Mietverträge gelten, wenn Mieter oder Vermieter in Konkurs geraten.lö) Diesen gegenüber hat der ^andtagsabschied vom 18. Februar 1871 keine Bedeutung. III. Landesgesetzlich erstrecken sich die Rechte, welche nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes dem Vermieter oder Verpächter an den eingebrachten Sachen und dem letzteren an den Früchten des verpachteten Grundstückes zusteheil, nicht auf folgende Gegenstände^): 1. die Kleidungsstücke, die Betten, das Haus- und Küchengerät, insbesondere die Heiz- und Kochofen, soweit diese Gegen­ stände für den Schuldiler, seine Familie und sein Gesinde unentbehrlich sind: 2. die für den Schuldner, seine Familie und sein Gesinde auf zwei Wochen erforderlichen Nahrungs- und Feuerungsmittel: 3. eine Milchkuh oder nach der Wahl des Schuldners statt einer solchen zwei Ziegen oder zwei Schafe nebst dem zum Unter­ halt und zur Streu für dieselben auf zwei Wocheu erforder­ liches Futter und Stroh, sofern die bezeichneten Tiere für die Ernährllng des Schuldners, seiner Familie imi) seines Gesindes unentbehrlich sind;

4. bei Künstlern, Handwerkern, Hand- und Fabrikarbeitern, sowie bei Hebammen die zur persöulichen Ausübung des Berufs uuentbehrlichen Gegenstände; 5. bei Offizieren, Deckoffizieren, Beamten, Geistlichen, Lehrern an öffentlichen Unterrichtsanstallen, Rechtsanwälten, Notaren und Aerzten die zur Verwaltung des Dienstes oder Aus­ übung des Berufs erforderlichen Gegenstände, sowie anständige Kleidung; 14) Ebenso Arnold S. 127, 130. Hier fallen natürlich auch alle SchadenSersatzansprüche gegen den früheren Vermieter weg. Ueber Geltendmachung von außerordentlichen Kündigungsgründen, die unter dem ersten Vermieter entstanden, seitens des neuen Erwerbers, s. E. d. obst. L G. VI. 171; Arnold a. a. O. S. 127. 15) §§ 17, 18, 15 R.K.O. S. 108-110.

Vgl. hierüber Näheres bei Arnold a. a. O.

16) Art. 1 des Ges. v. 18. Dez. 1871, die der Pfändung nicht unter­ worfenen Sachen und Forderungen betr. (G.V.Bl. S. 695; W. XVIII. S. 643; V. S. 215), mit § 715 Ziff. 1, 2, 3, 4, 6, 7, 9, 10 R.C.P.O. und über deren Auslegung die einzelnen Kommentare zur R.C.P.O. von Wilmowski und Levy, Seuffert, Gaupp, Reincke, Struckmann und Koch; ferner Henle in Dollmanns Gesetzgebung des Kgr. Bayern Tl. I. Bd. 9 S. 60 — 62; auch Sonderabdruck Erlangen 1*889 S. 60—62.

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Vermögensrechte. — Zweites Hauptstück.

6. bei Offizieren, Militärärzten, Deckoffizieren, Beamten, Geist­ lichen und Lehrern an öffentlichen Unterrichtsanstalten ein Geldbetrag, welcher dem der Pfändung nicht unterworfenen Teile des Diensteinkommens oder der Pension für die Zeit von der Pfändung bis zum nächsten Termine der Gehalts­ oder Pensionszahlung gleichkommt: 7. Orden und Ehrenzeichen; 8. die Bücher, welche zum Gebrauche des Schuldners und seiner Familie in der Kirche oder Schule bestimmt sind.

IV. Ueber die Behandlung der Miet- und Pachtverträge in der Subhastation vgl. das Aiähere im V. Buch. B. Die Dienstverträge der öffentlichen Diener.

Die Dienstvertrüge der öffentlichen Diener sind bereits oben im IV. und VI. Titel des II. Kapitels im zweiten Hauptstücke des all­ gemeinen Teiles Gegenstand der Darstellung gewesen. 0. Postverträge.")

I. Für den Postverkehr zwischen Bayern einerseits, dann dem Reichspostgebiete und Württemberg anderseits ist die auf Grund i)ev Reichspostgesetzes vom 28. Oktober 187117 18) * erlassene Postordnung für das Deutsche Reich vom 11. Juni 18921S)) maßgebend. II. Für den Postverkehr innerhalb Bayerns gilt die Postordnung für das Königreich Bayern vom 1. Mai 1889.20)

III. Die im Reichspostgesetze, sowie die in diesen Postordnungen enthaltenen Bestimmungen gelten als Bestandteil des zwischen dem 17) R. Sydow in Frhr. v. Stengls Wörterbuch des deutschen Verwaltungs­ rechts Bd. II S. 289 ff. und 2. Erg.Bd. S. 173. — Vgl. hieher auch Dr. Gareis in Bl. f. R.A. LIV. 209 über die Postanweisung; Ernst Rutz in Bl. f. R.A. LX. 33, 49, 65, 81 über Arretierung und Pfändung von Postsendungen, insbesondere von Post­ anweisungen und Unverletzlichkeit des Briefgeheimnisses, ferner LX. 225 über Arrestierung und Pfändung von Postsendungen, insbesondere von Postanweisungen. 18) § 50 (W. IX. S. 122). — Vgl. hiezu Art. 4 Ziff. 10, Art. 52 der Reichsverfassung; § 4 des Bündnisvertrages mit Bayern vom 23. Nov. 1870 (W. VIII. S. 681) und Ziff. XI des Schlußprotokolls hiezu. Vgl. auch § 5 R.Gew.Ordn. ie) W. XXL S. 418. Und zwar für Bayern auf Grund der M.Bek. vom 21. Juni 1892, die Postordnung für das deutsche Reich vom 21. Juni 1892 betr. (G.B.Bl. S. 279). Abänderungen hiezu sind in der Bek. des Reichskanzlers vom 30. Jan. 1895 (G.V.Bl. S. 71) enthalten. Ueber die rechtliche Natur der Post­ ordnungen vgl. Laband, das Staatsrecht des deutschen Reiches Bd. II. S. 42 ff.; Arndt, Komm. z. Reichsverfassung, Berlin 1895 S. 213, 214. 20) W. XIX. S. 460 mit § 4 des Bündnisvertrages mit Bayern vorn 23. Nov. 1870 und § 50 Abs. 4 des Reichspostgesetzes vorn 28. Ott. 1871. — Aenderungen enthalten die M.Bek. v. 1. Juni 1890 (G.V.Bl. S. 418); v. 3. Juni 1890 (G.V Bl. S. 421); v. 20. Aug. 1890 (G.B.Bl. S. 575); v. 15. Febr. 1891