Das Kooperationsprinzip im deutschen und europäischen Umweltrecht [1 ed.] 9783428518470, 9783428118472

Das Staats- und Verwaltungsrecht und die Verwaltungswissenschaft haben sich seit geraumer Zeit vom rein subordinationsre

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German Pages 389 Year 2005

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Das Kooperationsprinzip im deutschen und europäischen Umweltrecht [1 ed.]
 9783428518470, 9783428118472

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Schriften zum Umweltrecht Band 142

Das Kooperationsprinzip im deutschen und europäischen Umweltrecht Von

Foroud Shirvani

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

FOROUD SHIRVANI

Das Kooperationsprinzip im deutschen und europäischen Umweltrecht

Schriften zum Umweltrecht Herausgegeben von Prof. Dr. Michael Kloepfer, Berlin

Band 142

Das Kooperationsprinzip im deutschen und europäischen Umweltrecht

Von

Foroud Shirvani

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München hat diese Arbeit im Wintersemester 2004 / 2005 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

D 19 Alle Rechte vorbehalten # 2005 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0935-4247 ISBN 3-428-11847-2 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Die vielfältigen Aufgabenfelder des modernen Staates stellen diesen vor besondere Herausforderungen. Der Nationalstaat befindet sich in einer Epoche, in der er einerseits auf eine komplexe Gesellschaft mit ihren spezifischen Problemen trifft, andererseits Teil des europäischen Staatenverbundes ist, Hoheitsrechte auf die supranationale Ebene überträgt und daher an Souveränität einbüßt. Daneben hat der moderne Staat mit Symptomen zu kämpfen, die landläufig unter den Stichwörtern „mangelnde Steuerungsfähigkeit des politischen Systems“, „ausufernde Bürokratie“ oder „Krise regulativer Politik“ diskutiert werden. Diese Symptome sind den politischen Akteuren zwar seit langem bekannt. Der richtige Weg zur Bewältigung der damit zusammenhängenden Gegenwartsprobleme ist aber oft umstritten. Trotz diverser Meinungsverschiedenheiten und Auseinandersetzungen haben sich im Laufe der Zeit allerdings einige Grundkonzepte herausdestilliert, durch die neue Handlungsspielräume für den Staat entstehen könnten. Eines dieser politischen Konzepte besteht darin, die gesellschaftlichen Selbststeuerungskräfte zu mobilisieren und den Privaten als einen mit dem Staat kooperierenden Partner zu gewinnen. Diese Idee der Kooperation fand insbesondere in der Umweltpolitik und später auch im Umweltrecht einen fruchtbaren Boden. Obwohl relativ frühzeitig Konsens darüber herrschte, dass die Kooperation zwischen Staat und Privaten eine der tragenden Säulen der Umweltpolitik darstellt, ist man sich in der Rechtswissenschaft bis heute aber noch nicht darüber einig, ob auch ein umweltrechtliches Kooperationsprinzip mit juristischem Gehalt existiert, und – wenn ja – welche Schlussfolgerungen hieraus für die Auslegung und Anwendung des geltenden Umweltrechts zu ziehen sind. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es u. a., diese und weitere Fragestellungen mit den jeweiligen europarechtlichen, verfassungsrechtlichen und verwaltungswissenschaftlichen Bezügen näher zu untersuchen. Die Arbeit wurde im Wintersemester 2004 / 2005 von der Juristischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München als Dissertation angenommen. Herrn RiBVerfG Prof. Dr. Dr. Udo Di Fabio habe ich für die Betreuung der Arbeit und die Erstellung des Erstgutachtens zu danken. Mein Dank gilt des Weiteren Herrn PrBVerfG Prof. Dr. Dr. h.c. Hans-Jürgen Papier für die zügige Anfertigung des Zweitgutachtens. Prof. Papier, an dessen Lehrstuhl ich seit 2001 als wissenschaftlicher Mitarbeiter bzw. Assistent arbeiten durfte, gewährte stets den notwendigen Freiraum zur eigenständigen wissenschaftlichen Tätigkeit und zum Engagement in der Lehre. Zu danken habe ich ferner Herrn Prof. Dr. Michael Kloepfer, der sich rasch dafür aussprach, die Dissertation in die Reihe der „Schriften zum Umweltrecht“ aufzunehmen.

8

Vorwort

Nicht zuletzt gebührt mein Dank auch den Mitarbeitern am Lehrstuhl für Deutsches und Bayerisches Staats- und Verwaltungsrecht sowie für Öffentliches Sozialrecht der Ludwig-Maximilians-Universität München, die mich nicht nur beim Korrekturlesen und bei den technischen Fragen der Dissertation unterstützten, sondern maßgeblich dazu beitrugen, dass stets eine kollegiale und freundschaftliche Arbeitsatmosphäre herrschte. Die vorliegende Arbeit möchte ich meinen Eltern widmen. München, im März 2005

Foroud Shirvani

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

Rechtliche und rechtspolitische Beschreibungen des Kooperationsprinzips . . .

29

I. Gesetzliche Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

II. Gesetzentwürfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

30

1. Das Kooperationsprinzip im Professorenentwurf des Umweltgesetzbuchs

30

2. Das Kooperationsprinzip im Entwurf der Sachverständigenkommission

32

§1

§2

III. Politische Programme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

1. Das Umweltprogramm der Bundesregierung von 1971 . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

2. Der Umweltbericht 1976 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

3. Die Bodenschutzkonzeption der Bundesregierung von 1985 . . . . . . . . . . . . .

35

4. Leitlinien der Bundesregierung zur Umweltvorsorge 1986 und Umweltbericht 1990 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36

5. Das Konzept der gemeinsamen Verantwortung, insbesondere im fünften Umweltprogramm der EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36

6. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

Kooperation als Paradigmenwechsel in der Staats- und Verwaltungsrechtslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41

I. Vom hoheitlich strukturierten Staat zum kooperativen Staat . . . . . . . . . . . . . . . . .

41

1. Das traditionelle hierarchische Staatshandeln und seine Modifikation . . . .

41

2. Die Krise des regulierenden Staates und kooperative Lösungsansätze . . . .

43

3. Die Unterscheidung von Staat und Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

a) Der Dualismus von Staat und Gesellschaft aus verfassungsgeschichtlicher Sicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

b) Staat und bürgerliche Gesellschaft bei Hegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

c) Begründung für die Unterscheidung von Staat und Gesellschaft . . . . . .

49

d) Dualistisches Modell und kooperatives Staatsverständnis . . . . . . . . . . . . .

51

10

§3

Inhaltsverzeichnis II. Kooperation und die Herausbildung komplexer Verwaltungsstrukturen . . . . . .

52

1. Die Einheit der staatlichen Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

a) Die Binnendifferenzierung der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

b) Beteiligung von Privaten an Verwaltungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

54

aa) Beleihung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

54

bb) Gesetzliche Indienstnahme Privater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

cc) Einsatz privater Sachverständiger, Gutachter und Beauftragter . .

56

dd) Kondominale Verwaltungseinheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61

2. Multipolare Interessenkonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

a) Komplexe Verwaltungsentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

b) Komplexitätsminderung durch Kooperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

3. Rechtsverhältnislehre und kooperative Rechtsbeziehungen . . . . . . . . . . . . . .

69

III. Verbändesystem und kooperativer Staat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

1. Verbändemacht und Gewaltenteilungsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

2. Pluralismus- und Neokorporatismustheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73

3. Schwierigkeiten bei der Einschränkung von Verbändemacht . . . . . . . . . . . . .

76

Kooperation im Lichte verwaltungsrechtlicher Schlüsselbegriffe . . . . . . . . . . . . . .

79

I. Kooperation und das Recht als gesellschaftliches Steuerungsmedium . . . . . . .

80

1. Die Grundkonzeption der Steuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

80

a) Die Elemente des sozialwissenschaftlich-handlungstheoretischen Steuerungsbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

80

b) Das Recht als Steuerungsmedium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82

c) Direkte und indirekte Steuerung und Mischformen im Umweltrecht . .

85

2. Systemtheorie und Selbststeuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88

a) Steuerungsresistenz gesellschaftlicher Teilsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89

b) Die Theorie der autopoietischen Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

90

c) Dezentrale Kontextsteuerung und reflexives Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92

d) Die Kritik an der autopoietischen Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

93

e) Regulierte Selbststeuerung als umweltrechtliches Steuerungskonzept

95

II. Kooperation und Verwaltungsverantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

98

1. Verantwortung im Rechtssinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

98

Inhaltsverzeichnis

11

2. Staatliche und gesellschaftliche Umweltverantwortung als kooperative Verantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 a) Duale Umweltverantwortung als gegenseitige Verzahnung von öffentlichem Recht und Privatrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 b) Anwendungsbereiche dualer Umweltverantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 3. Die Verantwortungsstufen und ihre Ausprägung im Umweltrecht . . . . . . . . 106 a) Das Konzept der abgestuften Verantwortungsteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 b) Rahmenverantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 c) Kontrollverantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 III. Kooperation und Privatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 1. Privatisierung und die Diskussion über Staatsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 a) Staatsaufgaben und Kooperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 b) Originäre, obligatorische Staatsaufgaben und Verfassungsaufgaben . . 111 2. Verfassungsrechtliche Privatisierungsschranken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 a) Der Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 b) Gesetzesvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 c) Demokratieprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 d) Verwaltungskompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 3. Ausgewählte Privatisierungsstrategien im Umweltrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 a) Aufgabenprivatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 b) Funktionelle Privatisierung und Verwaltungshilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 c) Verfahrensprivatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 §4

Umweltrechtliche Kooperationsformen: Systembildung und Kategorisierung

132

I. Horizontale und vertikale Kooperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 1. Föderative Kooperation und ihre Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 2. Kooperationsnetz zwischen Staat und Privaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 II. Unvollkommen zweiseitige und vollkommen zweiseitige Kooperation . . . . . . 136 III. Verfahrens- und kompetenzbezogene Kooperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 IV. Idealtypische Kooperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 V. Kooperation als Kombination unterschiedlicher regulativer Entlastungsstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 1. Institutionalisierte und nicht institutionalisierte Kooperationsformen . . . . 141

12

Inhaltsverzeichnis 2. Selbstregulative Kooperationssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 3. Kooperation als Verantwortungsteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 4. Kooperation als Delegationskonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 VI. Kooperationspartner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 VII. Kooperationsbeiträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151

§5

Kooperation als hoheitliche Regelung mit selbstregulativen Elementen . . . . . . . 154 I. Kooperative Verantwortungsteilung im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 1. Behördliche Amtsermittlung und Verfahrensverantwortung des Projektträgers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 2. Nachvollziehende Amtsermittlung als hoheitliche Gewährleistungsverantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 II. Betrieblicher Umweltschutz als institutionalisierte Kooperation . . . . . . . . . . . . . 159 1. Administrative Anlagenüberwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 2. Staatlich verfügte Eigenüberwachung und private Eigenkonzeption . . . . . . 160 3. Der Betriebsbeauftragte für Umweltschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 III. Private Konfliktmittlung in Verwaltungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 1. Erscheinungsformen und Funktionen des Mediators . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 2. Einsatzmöglichkeiten von Konfliktmittlern und Kodifikationsüberlegungen de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171

§6

Kooperation als Beteiligung sachverständiger Stellen an staatlichen Normsetzungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 I. Technische Regelwerke privater Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 1. Funktion privater Normwerke und Rezeptionsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 2. Der kooperative Charakter privater Normsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 3. Rechtsstaatliche Anforderungen an private Normungsverfahren . . . . . . . . . 183 II. Die Anhörung beteiligter Kreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 III. Beteiligung verwaltungsangegliederter Expertengremien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188

§7

Kooperation im Rahmen dualer Entsorgungssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 I. Die Verpackungsverordnung und das Duale System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191

Inhaltsverzeichnis

13

1. Konzept und inhaltliche Ausformung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 2. Die abfallrechtlichen Zielfestlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 3. Die Verbindung von ordnungsrechtlichen Grundpflichten und kollektiver Selbstorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 II. Die Altfahrzeug-Verordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 III. Die Batterieverordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 §8

Kooperation und informales Verwaltungshandeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 I. Begriff des informalen Verwaltungshandelns und Abgrenzungsfragen . . . . . . . 207 II. Typisierung informal-kooperativen Verwaltungshandelns und dessen Vorund Nachteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 III. Einfachrechtliche Grenzen informeller projektbezogener Absprachen . . . . . . . 214 IV. Drittbeteiligung an Vorbereitungsabsprachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 V. Kooperative Normsubstitution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 1. Beispiele für Selbstverpflichtungen und kartellrechtliche Fragen . . . . . . . . 219 2. Der Gesetzesvorbehalt und seine Anwendung auf Selbstverpflichtungen

223

3. Kompetenz- und Verfahrensfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 §9

Rechtsnatur des Kooperationsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 I. Das Kooperationsprinzip als politische Handlungsmaxime . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 II. Das Kooperationsprinzip als Verfahrensprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 III. Das Kooperationsprinzip als Organisationsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 IV. Ist das Kooperationsprinzip ein Rechtsprinzip? – Einblick in eine Grundsatzdebatte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 1. Rechtsprinzipien und Rechtsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 2. Rechtssatzförmige Prinzipien und normative Leitprinzipien . . . . . . . . . . . . . 237 3. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Kooperationsprinzip – kritische Würdigung und Lösungsansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241

§ 10 Verfassungsrechtliche Verankerung und Begrenzung des Kooperationsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 I. Kooperation als Verfassungsgebot? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245

14

Inhaltsverzeichnis II. Subsidiaritätsprinzip und Kooperationsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 III. Der Umweltschutzauftrag nach Art. 20a GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 IV. Rechtsstaatliche Anforderungen an das Kooperationsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . 253 1. Untersuchungsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 2. Gebot des fairen Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 3. Vertrauensschutz und Selbstbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 V. Demokratische Legitimationsanforderungen an Kooperationen . . . . . . . . . . . . . 262 1. Legitimationsbedürftige Kooperationshandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 2. Separierungsgebot und hoheitliche Legitimationsverantwortung . . . . . . . . . 264 VI. Kooperationsprinzip und Grundrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 1. Unterschiedliche Grundrechtsperspektiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 2. Spezifische Eingriffskonstellationen in den Kooperationsbeziehungen . . . 268 3. Grundrechtsverzicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 4. Grundrechtliche Schutzpflichten und hoheitliche Gewährleistungsverantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276

§ 11 Das Kooperationsprinzip im europäischen Umweltrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 I. Der kooperierende Verfassungsstaat im europäischen Verfassungsverbund . . 280 1. Europäischer Kooperationsprozess und die Idee offener Staatlichkeit . . . . 280 2. Judizielle Kooperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 II. Die europäischen Kooperationskonzepte im Umweltrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 1. Verwaltungskooperation in der EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 a) Direkter und indirekter Verwaltungsvollzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 b) Kooperation bei Verwaltungsverfahren mit grenzüberschreitendem Charakter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 2. Das Kooperationsprinzip und das Konzept der gemeinsamen Verantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 3. Kooperationsstrategien im europäischen Sekundärrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 III. Informationelle Kooperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 1. Verfahrensöffentlichkeit und Partizipation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 2. Das Informationszugangsrecht nach der UI-RL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298

Inhaltsverzeichnis

15

IV. Kooperation durch Selbstkontrolle und Selbstnormierung im Gemeinschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 1. Die EMAS-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 a) Grundstruktur der EMAS-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 b) Verzahnung von privater Eigenverantwortung und staatlicher Überwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 c) Ordnungsrechtliche Erleichterungen für auditierte Organisationen . . . 307 2. Private Normung und europäisches Umweltrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 a) Die „Neue Konzeption“ der Gemeinschaft und die Harmonisierungsrichtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 b) Bindungswirkung europäischer Techniknormen nach der Modellrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 c) Kooperationsebenen in der europäischen Umweltnormung . . . . . . . . . . . 315 V. Umweltvereinbarungen im Gemeinschaftsraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 1. Verbindliche und unverbindliche Umweltvereinbarungen zur Richtlinientransformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 2. Umweltabsprachen auf Gemeinschaftsebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 3. Vereinbarkeit von Umweltabsprachen mit europäischem Wettbewerbsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324

Zusammenfassung in Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384

Abkürzungsverzeichnis a.A.

andere(r) Ansicht

a. a. O.

am angegebenen Ort

AbfG

Abfallgesetz

ABl.

Amtsblatt

Abs.

Absatz

Abschn.

Abschnitt

a.F.

alte Fassung

AG

Aktiengesellschaft

AltautoV

Altauto-Verordnung

AltfahrzeugV

Altfahrzeug-Verordnung

AMG

Arzneimittelgesetz

AO

Abgabenordnung

AöR

Archiv des öffentlichen Rechts (Zeitschrift)

APuZ

Aus Politik und Zeitgeschichte (Zeitschrift)

ArchPT

Archiv für Post und Telekommunikation (Zeitschrift)

ARSP

Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie (Zeitschrift)

Art.

Artikel

AtG

Atomgesetz

AtVfV

Atomrechtliche Verfahrensverordnung

Aufl.

Auflage

BAnz.

Bundesanzeiger

BattV

Batterieverordnung

BauGB

Baugesetzbuch

BayBO

Bayerische Bauordnung

BayPAG

Bayerisches Polizeiaufgabengesetz

BayRS

Bayerische Rechtssammlung

BayVBl.

Bayerische Verwaltungsblätter (Zeitschrift)

BayVerf

Verfassung des Freistaates Bayern

BayVGH

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

BB

Der Betriebs-Berater (Zeitschrift)

BBodSchG

Bundes-Bodenschutzgesetz

Bd.

Band

ber.

berichtigt

Abkürzungsverzeichnis

17

BFH

Bundesfinanzhof

BFH / NV

Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGBl.

Bundesgesetzblatt

BGHZ

Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen

BHO

Bundeshaushaltsordnung

BImSchG

Bundes-Immissionsschutzgesetz

BImSchV

Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes

BK

Bonner Kommentar zum Grundgesetz

BNatSchG

Bundesnaturschutzgesetz

BR-Drucks.

Bundesratsdrucksache

BReg

Bundesregierung

BStBl.

Bundessteuerblatt

BT

Bundestag

BT-Drucks.

Bundestagsdrucksache

BVerfG

Bundesverfassungsgericht

BVerfGE

Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

BVerwG

Bundesverwaltungsgericht

BVerwGE

Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts

bzw.

Beziehungsweise

CE

Communautés Européennes

CEN

Comité Européen de Normalisation

CENELEC

Comité Européen de Normalisation Electrotechnique

ChemG

Chemikaliengesetz

CO2

Kohlendioxid

DAU

Deutsche Akkreditierungs- und Zulassungsgesellschaft für Umweltgutachter

DB

Der Betrieb (Zeitschrift)

DEGES

Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und Baugesellschaft

dens.

denselben

ders.

derselbe

d. h.

das heißt

dies.

dieselbe(n)

DIN

Deutsches Institut für Normung

DIN-Mitt.

DIN-Mitteilung (Zeitschrift)

Diss.

Dissertation

DKE

Deutsche Elektrotechnische Kommission

2 Shirvani

18

Abkürzungsverzeichnis

DÖV

Die Öffentliche Verwaltung (Zeitschrift)

DS

Duales System

DSD-AG

Duales System Deutschland Aktiengesellschaft

DSD-GmbH

Duales System Deutschland Gesellschaft für Abfallvermeidung und Sekundärrohstoffgewinnung mbH

DV

Die Verwaltung (Zeitschrift)

DVBl.

Deutsches Verwaltungsblatt (Zeitschrift)

DVGW

Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches

DWA

Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall

ebd.

ebenda

EG

Europäische Gemeinschaft

EG

Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft

EGV a.F.

Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft in seiner durch den Vertrag von Maastricht geänderten Fassung

EMAS

Eco Management and Audit Scheme

EMAS-VO

EG-Verordnung über die freiwillige Beteiligung von Organisationen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung

EN

Europäische Norm

endg.

endgültige Fassung

ETSI

European Telecommunications Standards Institute

EU

Europäische Union

EU

Vertrag über die Europäische Union

EUDUR

Handbuch zum europäischen und deutschen Umweltrecht

EuG

Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften

EuGH

Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften

EuGRZ

Europäische Grundrechte-Zeitschrift

EuR

Europarecht (Zeitschrift)

EUV

Vertrag über die Europäische Union

EuZW

Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

e.V.

eingetragener Verein

EV

Einigungsvertrag

EvStL

Evangelisches Staatslexikon

EWG

Europäische Wirtschaftsgemeinschaft

f.

folgende

FCKW

Fluorchlorkohlenwasserstoff

ff.

Fortfolgende

FFH-RL

Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie

Fn.

Fußnote

Abkürzungsverzeichnis

19

Freisetzungs-RL

EG-Richtlinie über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Mechanismen in die Umwelt

FS

Festschrift

GbV

Gefahrgutbeauftragtenverordnung

gem.

Gemäß

GenTG

Gentechnikgesetz

GewArch

Gewerbearchiv (Zeitschrift)

GG

Grundgesetz

GGBefG

Gefahrgutbeförderungsgesetz

GK-BImSchG

Gemeinschaftskommentar zum Bundes-Immissionsschutzgesetz

GmbH

Gesellschaft mit beschränkter Haftung

GMBl.

Gemeinsames Ministerialblatt

GO BReg

Geschäftsordnung der Bundesregierung

GO BT

Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages

GPSG

Geräte- und Produktsicherheitsgesetz

grds.

grundsätzlich

GS

Gedächtnisschrift

GVBl.

Gesetz- und Verordnungsblatt

GVO

genetisch veränderter Organismus

GWB

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen

HbStR

Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland

HbVerfR

Handbuch des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland

h.M.

herrschende Meinung

Hrsg.

Herausgeber

i.d.F.

in der Fassung

ISO

International Organization for Standardization

i.V.m.

in Verbindung mit

IVU-RL

EG-Richtlinie über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung

JA

Juristische Arbeitsblätter (Zeitschrift)

JbNPÖ

Jahrbuch für Neue Politische Ökonomie

JbRSoz

Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie

JbStVwW

Jahrbuch zur Staats- und Verwaltungswissenschaft

JöR

Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart, Neue Folge

Jura

Juristische Ausbildung (Zeitschrift)

JuS

Juristische Schulung (Zeitschrift)

JuSchG

Jungendschutzgesetz

JZ

Juristenzeitung

KJ

Kritische Justiz (Zeitschrift)

KOM

EG-Kommission

2*

20

Abkürzungsverzeichnis

KrW- / AbfG

Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz

KTA

Kerntechnischer Ausschuss

LE

Letzte Ergänzungslieferung

lit.

littera (Buchstabe)

LuftVG

Luftverkehrsgesetz

m. w. N.

mit weiteren Nachweisen

NAGUS

Normenausschuss Grundlagen des Umweltschutzes

NJ

Neue Justiz (Zeitschrift)

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

Nr.

Nummer

NStZ

Neue Zeitschrift für Strafrecht

NuR

Natur und Recht (Zeitschrift)

NVwZ

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht

NVwZ-RR

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht, Rechtsprechungsreport

PVS

Politische Vierteljahresschrift

RdE

Recht der Energiewirtschaft (Zeitschrift)

resp.

respektive

RL

Richtlinie

Rn.

Randnummer

ROG

Raumordnungsgesetz

Rs.

Rechtssache

RSK

Reaktor-Sicherheitskommission

Rspr.

Rechtsprechung

s.

Siehe

S.

Satz

S.

Seite

SGB

Sozialgesetzbuch

Slg.

Sammlung

sog.

sogenannte(s)

Sp.

Spalte

Spgstr.

Spiegelstrich

SRU

Rat von Sachverständigen für Umweltfragen

SSK

Strahlenschutzkommission

StrlSchV

Strahlenschutzverordnung

StuW

Steuer und Wirtschaft (Zeitschrift)

StWStP

Staatswissenschaften und Staatspraxis

SV

Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der BRD und der DDR

Tz.

Textziffer

u. a.

unter anderem

Abkürzungsverzeichnis

21

UAbs.

Unterabsatz

UAG

Umweltauditgesetz

UAGBV

Verordnung über die Beleihung der Zulassungsstelle nach dem Umweltauditgesetz

UA-VO

EG-Verordnung über die freiwillige Beteiligung gewerblicher Unternehmen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung

UGB

Umweltgesetzbuch

UGB-KomE

Entwurf der Unabhängigen Sachverständigenkommission zum Umweltgesetzbuch

UGB-ProfE

Professorenentwurf des Umweltgesetzbuches, Allgemeiner Teil

UIG

Umweltinformationsgesetz

UI-RL

EG-Richtlinie über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt

UPR

Umwelt- und Planungsrecht (Zeitschrift)

UTR

Schriftenreihe des Instituts für Umwelt- und Technikrecht der Universität Trier

UVP

Umweltverträglichkeitsprüfung

UVPG

Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung

UVP-RL

Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten

UVPVwV

Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Ausführung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung

v.

von

VBlBW

Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg (Zeitschrift)

VDE

Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik

VDI

Verein Deutscher Ingenieure

verb.

verbundene

VerpackV

Verpackungsverordnung

VerwArch

Verwaltungsarchiv (Zeitschrift)

vgl.

vergleiche

VO

Verordnung

Vorb.

Vorbemerkung

VVDStRL

Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

VwGO

Verwaltungsgerichtsordnung

VwVfG

Verwaltungsverfahrensgesetz

WHG

Wasserhaushaltsgesetz

WiR

Wirtschaftsrecht (Zeitschrift)

WRMG

Wasch- und Reinigungsmittelgesetz

WVG

Wasserverbandsgesetz

ZAU

Zeitschrift für angewandte Umweltforschung

22 z. B.

Abkürzungsverzeichnis zum Beispiel

ZBR

Zeitschrift für Beamtenrecht

ZfRSoz

Zeitschrift für Rechtssoziologie

ZFSH / SGB

Sozialrecht in Deutschland und Europa

ZfU

Zeitschrift für Umweltpolitik und Umweltrecht

ZG

Zeitschrift für Gesetzgebung

ZGR

Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht

Ziff.

Ziffer

zit.

zitiert

ZLR

Zeitschrift für Lebensmittelrecht

ZParl

Zeitschrift für Parlamentsfragen

ZRP

Zeitschrift für Rechtspolitik

ZUR

Zeitschrift für Umweltrecht

Einleitung „Kooperation“ zwischen Staat und Privaten ist kein juristisches Novum mehr. Mittlerweile zählt „Kooperation“ zu einem der Schlüsselbegriffe des deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Die Ursprünge kooperativen Verwaltungshandelns lassen sich zwar bis in das 19. Jahrhundert zurückverfolgen.1 Allerdings machte erst im 20. Jahrhundert in besonderer Weise Krüger auf die Notwendigkeit der Zusammenarbeit von Staat und Wirtschaft aufmerksam und betonte, dass deren Verhältnis zunehmend von den Merkmalen der Zweiseitigkeit und Verständigung bestimmt werde.2 Dies war insofern bemerkenswert, als man traditionell die Einheit des Staates, dessen innere Souveränität und damit korrelierend das Subordinationsverhältnis zwischen dem Hoheitsträger und den Bürgern zum essentiellen Bestandteil des öffentlichen Rechts zählte.3 Das war mit ein Grund dafür, warum der öffentlich-rechtliche Vertrag lange Zeit „stiefmütterlich“ behandelt wurde und erst spät Anerkennung fand. Es galt nämlich die Devise, dass der Staat mit dem Bürger nicht paktieren dürfe, da eine Rechtsgleichheit zwischen beiden nicht bestehe.4 Indessen veranlassten die komplexen gesellschaftlichen Verhältnisse auf politischer Ebene frühzeitig ein Umdenken. Die durch die Große Koalition in den 1960er Jahren kreierten „Konzertierten Aktionen“ in der Wirtschaftspolitik, der wachsende Einfluss von Verbänden auf das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren, „Korporatismus“, „Politikverflechtung“ und Forderungen nach partizipativer Teilnahme des Bürgers an Verwaltungsverfahren sind nur einige Schlagwörter, die diesen Prozess beschreiben. Von der politischen Entwicklung blieb auch die Staatsrechtslehre nicht unberührt. Ritter sprach als einer der ersten vom „kooperativen Staat“, der sich mit den gesellschaftlichen Gruppen in Zusammenarbeit verbinde, den Großunternehmen und Oligopolen Zugang zu seinen Entscheidungsvorgängen gewähre und im Verhältnis zur Gesellschaft sich nicht im Zustand der Distanz, sondern der gegenseitigen Durchdringung befinde.5

Vgl. Ellwein, in: Dose / Voigt (Hrsg.), Kooperatives Recht, S. 43 (56 ff.). Krüger, Von der Notwendigkeit einer freien und auf lange Sicht angelegten Zusammenarbeit zwischen Staat und Wirtschaft, S. 19 ff.; ders., Allgemeine Staatslehre, S. 612 ff.; ders., Das Wirtschaftspolitische Mitwirkungsverhältnis, S. 11 ff., 13. 3 Vgl. auch Schulze-Fielitz, in: Voigt (Hrsg.), Abschied vom Staat – Rückkehr zum Staat?, S. 95 (96). 4 Maßgeblicher Vertreter dieser Sichtweise war O. Mayer, nach dem „wahre Verträge des Staates auf dem Gebiete des öffentlichen Rechtes überhaupt nicht denkbar“ seien, AöR 3 (1888), 3 (37 ff., 42); vgl. ferner im Rückblick z. B. Maurer, DVBl. 1989, 798 (799 ff.); Bauer, DV 25 (1992), 301 (303); Henke, JZ 1984, 441 f. 1 2

24

Einleitung

Insbesondere in der öffentlichen Verwaltung gibt es mittlerweile unzählbare Formen kooperativer Aufgabenerfüllung. Nicht der hoheitliche Staat als einheitlicher Block, sondern die Verzahnung von öffentlichem und privatem Sektor resp. die Funktionsveränderung von Staat und Verwaltung ist heute Verwaltungsrealität.6 So ist das Sozialrecht vom Prinzip solidarischer Kooperation geprägt; der Sozialstaat tritt nicht stets selbst leistend in die soziale Verantwortung für die Bedürfnisse der Bürger ein, sondern stimuliert den sozialen Ausgleich zwischen diesen.7 Die öffentliche Jugendhilfe soll z. B. mit der freien Jugendhilfe partnerschaftlich zusammenarbeiten und von eigenen Maßnahmen absehen, falls geeignete Einrichtungen und Dienste von der freien Jugendhilfe zur Verfügung gestellt werden.8 Im Bauplanungsrecht kann die Gemeinde städtebauliche Verträge schließen, die die Vorbereitung oder Durchführung städtebaulicher Maßnahmen durch den privaten Vertragspartner betreffen.9 Der private Vorhabenträger kann ferner auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Vorhaben- und Erschließungsplans sich zur Durchführung des Plans und zur Übernahme der Planungs- und Erschließungskosten verpflichten.10 Damit können die finanziellen und planerischen Kapazitäten des Vorhabenträgers genutzt werden. Daneben kann die Erschließung eines Baugebiets durch einen Vertrag von der Gemeinde auf einen Dritten übertragen werden.11 Im Bauordnungsrecht vereinbart des Weiteren die Bauaufsichtsbehörde häufig mit dem Eigentümer einer rechtswidrig errichteten baulichen Anlage verschiedene Auflagen, um dem Privaten die weitere Nutzung des Grundstücks zu ermöglichen und eine Beseitigungsanordnung zu vermeiden.12 Im Wissenschaftsrecht 5 Ritter, AöR 104 (1979), 389 (408 f.); vgl. in Bezug auf die Umweltpolitik ders., NVwZ 1987, 929 (936 f.). 6 Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 277. 7 Vgl. Simons, Verfahren und verfahrensäquivalente Rechtsformen im Sozialrecht, S. 70 ff., 72, 76 f.; s. auch Treutner, Kooperativer Rechtsstaat, S. 117 ff., 153 ff., 188 ff. et passim; ferner Pitschas, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht als Steuerungsressource, S. 151 (169 ff.); ders., Verwaltungsverantwortung und Verwaltungsverfahren, S. 275 ff., der von partnerschaftlicher Sozialverwaltung bzw. kooperativer Sozialverantwortung spricht. 8 Vgl. § 4 Abs. 1 und 2 SGB VIII (Sozialgesetzbuch (SGB) Achtes Buch (VIII) – Kinderund Jugendhilfe – i.d.F. der Bekanntmachung vom 8. Dezember 1998 (BGBl. I S. 3546), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. 3. 2005 (BGBl. I S. 818)); s. auch § 74 Abs. 1 SGB VIII. 9 § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BauGB (Baugesetzbuch (BauGB) i.d.F. der Bekanntmachung vom 23. September 2004 (BGBl. I S. 2414)). 10 § 12 Abs. 1 BauGB. 11 § 124 Abs. 1 BauGB; vgl. auch Kahl, DÖV 2000, 793 (795 ff.); Krebs, DÖV 1989, 969 ff.; Schneider, VerwArch 87 (1996), 38 (41 ff.); Busse, BayVBl. 1994, 353 ff.; Döring, NVwZ 1994, 853 ff.; Ritter, in: Grimm (Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben – sinkende Steuerungsfähigkeit des Rechts, S. 69 (92 ff.); zu den Verhandlungsprozessen in den baurechtlichen Planaufstellungs- und Genehmigungsverfahren vgl. ferner Bachmann, Verhandlungen (mit) der Bauverwaltung, S. 204 ff. 12 Vgl. z. B. Arnold, VerwArch 80 (1989), 125 (132 ff.); Dauber, in: Becker-Schwarze u. a. (Hrsg.), Wandel der Handlungsformen im Öffentlichen Recht, S. 67 (73 ff.).

Einleitung

25

wird Kooperation als ein Strukturprinzip bezeichnet, insbesondere da die Ausarbeitung staatlicher Programme, die Förderung wissenschaftlicher Institutionen und die Überantwortung staatlicher Finanzmittel an intermediäre Organisationen der ständigen Kommunikation und des Informationsaustausches zwischen Staat und Wissenschaft bedürfen.13 Auf dem Gebiet der inneren Sicherheit haben die privaten Sicherheitsunternehmen einen wichtigen Anteil an der Gefahrenabwehr. Insofern wird seit längerem über neue Kooperationsmöglichkeiten zwischen Polizei und privaten Sicherheitsunternehmen im Sinne einer „Police-Private-Partnership“ oder einer „Sicherheitspartnerschaft“ nachgedacht.14 Im Steuerrechtsverhältnis sind Verständigungen zwischen dem Steuerpflichtigen und der Finanzbehörde über schwierig zu ermittelnde tatsächliche Umstände weitgehend anerkannt.15 Schließlich gibt es auch im Strafprozessrecht eine Vielzahl von Absprachen, bei denen sich die Verfahrensbeteiligten über den Strafrahmen einigen und der Angeklagte, der ein umfassendes Geständnis ablegt, mit einer milderen Strafe rechnen kann.16 Das Umweltrecht stellt in diesem fortschreitenden Prozess der Kooperationalisierung ein „Referenzgebiet“ für das Zusammenwirken von Staat und Privaten dar. Den Anstoß für die Diskussion über kooperative Handlungsformen gab hierbei Bohne, der die informellen Verfahrenshandlungen und Absprachen insbesondere im Immissionsschutzrecht untersuchte und deren verwaltungs- und verfassungsrechtlichen Probleme aufzeigte.17 Das Besondere an diesen „neuen“ Instrumenten des Umweltrechts18 waren ihre mangelnde rechtliche Kodifikation resp. Unverbindlichkeit und damit die Möglichkeit ihres flexiblen Einsatzes in konfliktträchtigen umweltrechtlichen Genehmigungsverfahren. Dadurch beherrschte lange Zeit das informal-kooperative Verwaltungshandeln die umweltrechtliche Diskussion, weniger das Kooperationsprinzip als solches, obwohl dieses Prinzip seit Mitte der 1970er Jahre als eines der wichtigsten Prinzipien der Umweltpolitik genannt wurde. 13 Vgl. Trute, Die Forschung zwischen grundrechtlicher Freiheit und staatlicher Institutionalisierung, S. 312 ff.; ders., in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, S. 167 (204 ff.); Röhl, DV 1996, 487 ff.; Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 130 ff.; Braun, Die politische Steuerung der Wissenschaft, S. 370 ff. 14 Vgl. z. B. Stober, NJW 1997, 889 ff.; Pitschas, DÖV 1997, 393 ff.; ders., in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem“ Staat, S. 135 ff.; Gusy, ebd., S. 115 ff. 15 Vgl. BFH, BStBl. II 1985, 354 ff.; BFH / NV 1998, 188; Knepper, BB 1986, 168 ff.; v. Wedelstädt, DB 1991, 515 ff.; Dannecker, in: FS Schmitt Glaeser, S. 371 ff.; Bauer, DV 25 (1992), 301 (322 f.); Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 222 f. 16 Vgl. z. B. Roxin, Strafverfahrensrecht, § 15 Rn. 6 ff.; Schünemann, NJW 1989, 1895 ff.; Schmidt-Hieber, NJW 1990, 1884 ff.; Wolfslast, NStZ 1990, 409 ff. 17 Vgl. Bohne, Der informale Rechtsstaat, S. 49 ff., 131 ff., 199 ff. et passim; ders., JbRSoz 8 (1982), 266 ff.; ders., VerwArch 75 (1984), 343 ff.; Hartkopf / Bohne, Umweltpolitik, Bd. 1, S. 220 ff. 18 Vgl. hierzu insbesondere Kloepfer, JZ 1991, 737 ff.; ders., in: König / Dose (Hrsg.), Instrumente und Formen staatlichen Handelns, S. 329 ff.

26

Einleitung

Auch Rengeling, der die erste umfangreichere Monographie über dieses Prinzip verfasste, beschäftigte sich schwerpunktmäßig mit der Kooperation im Gesetzesvollzug und der Kooperation anstelle hoheitlicher Regelungen.19 Allerdings lief parallel zu der Auseinandersetzung über das kooperative Verwaltungsverfahren eine Debatte über die Steuerungs- und Regierungsfähigkeit des Staates, Privatisierung von Staatsaufgaben, Deregulierung, Modernisierung, Verfahrensbeschleunigung und Verwaltungsrechtsreform. Daraus folgten unterschiedliche Konzepte zur Überwindung der Krise des Staates, der sich in einigen Bereichen eine Unmenge von Aufgaben aufgebürdet hat und zu deren effektiver Bewältigung nicht mehr in der Lage ist. Diese Debatte gilt noch nicht als abgeschlossen. Der Gesetzgeber wurde als Reaktion auf diesen Befund in einigen Gebieten tätig und erließ Beschleunigungs- bzw. Vereinfachungsnovellen20 oder lagerte manche ursprünglich von den staatlichen Behörden wahrgenommenen Aufgabenkomplexe ganz oder teilweise in den halb- oder außerstaatlichen Sektor aus.21 Die verschiedenen Arten der Privatisierung, angefangen von der Vermögensprivatisierung über die Organisationsprivatisierung bis hin zur materiellen und funktionellen Privatisierung, sind signifikante Beispiele für den partiellen Rückzug des Staates. Allerdings musste der Hoheitsträger bei der Implementation dieser Entlastungsstrategien den Anforderungen und Kautelen des Verfassungsrechts gerecht werden. Eine willkürliche Loslösung von wesentlichen Staatsaufgaben würde nämlich einer verfassungsrechtlichen Kontrolle nicht standhalten. Deswegen hat der Staat bei allen Maßnahmen, die den Funktionswandel der Verwaltung herbeiführen sollen, die notwendige Balance zu finden und darf vor allen Dingen seine Gemeinwohlverantwortung nicht außer Acht lassen. Darüber hinaus gab es verschiedene Rechtsakte auf europäischer Ebene, die den nationalen Gesetzgeber zum Handeln bewegten und im Umweltrecht mitunter tiefgreifende Veränderungen herbeiführten. Genannt seien insbesondere die wichtigen Richtlinien bzw. Verordnungen der EG im europäischen Umweltrecht, z. B. die UVP-RL22, die UI-RL23 oder die EMAS-VO24.

19 Vgl. Rengeling, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 112 ff.; 160 ff., 186 ff.; vgl. auch ders., in: Kimminich / v. Lersner / Storm (Hrsg.), HdUR Bd. 1, Sp. 1284 ff. 20 Vgl. z. B. das Gesetz zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren (GenBeschlG) vom 19. 12. 1996 (BGBl. I S. 1626); Gesetz zur Beschleunigung und Vereinfachung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren vom 9. 10. 1996 (BGBl. I S. 1498); s. auch die Überblicke bei Stüer, DVBl. 1997, 326 ff.; Bonk, NVwZ 1997, 320 ff. 21 Vgl. zu den Privatisierungstypen im Umweltrecht § 3 III 3. 22 Richtlinie 85 / 337 / EWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten vom 27. Juni 1985, ABl. 1985, Nr. L 175, S. 40, zuletzt geändert durch Richtlinie 2003 / 35 / EG vom 26. Mai 2003, ABl. 2003, Nr. L 156, S. 17. 23 Richtlinie 90 / 313 / EWG des Rates vom 7. Juni 1990 über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt, ABl. 1990, Nr. L 158, S. 56; diese wurde ersetzt durch Richtlinie 2003 / 4 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90 / 313 / EWG des Rates, ABl. 2003, Nr. L 41, S. 26.

Einleitung

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Jene oben angesprochenen Konzepte als Ausprägungen eines veränderten staatlichen Steuerungsansatzes ermöglichen eine inhaltliche Analyse des Kooperationsprinzips aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Die vertikale Kooperation, also die Kooperation von Staat und privaten Kräften, die den Schwerpunkt der vorliegenden Untersuchung bilden soll,25 ist längst nicht mehr auf das kooperative Verwaltungsverfahren beschränkt, obwohl dieser Bereich auch heute eine wichtige Kooperationsebene darstellt. Dies zeigen nicht zuletzt die umstrittenen Entscheidungen des BVerfG zu den kommunalen Verpackungsteuern26 und den Landesabfallabgaben27. Das BVerfG bescheinigte in den Entscheidungen dem Kooperationsprinzip eine weitreichende Wirkung und leitete aus diesem Prinzip und dem „Gebot der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung“ eine Art Sperrwirkung für Umweltabgaben als Instrumente indirekter Verhaltenssteuerung her. Allerdings hat die Kritik am Aussagegehalt des Kooperationsprinzips nach den Urteilen des BVerfG zugenommen:28 Das umweltrechtliche Kooperationsprinzip zeichne sich durch Unschärfe aus, sein rechtlicher Inhalt sei diffus;29 Kooperation tauge kaum als richtungsweisende Leitvorstellung, geschweige denn als Rechtsprinzip;30 das Schlagwort „Kooperationsprinzip“ solle begraben werden.31 Auch die Vorschläge für eine explizite Normierung des Kooperationsprinzips werden kritisiert.32 Um zu überprüfen, inwieweit diese in der Literatur geäußerte Kritik gerechtfertigt ist bzw. ob das Kooperationsprinzip mehr bedeutet als „nur eine beschreibende, abkürzende Verlegenheits-Chiffre für eine kaum noch konturierbare Erscheinungsvielfalt“,33 werden die verschiedenen, insbesondere umweltpolitischen Beschreibungen des Kooperationsprinzips (§ 1) und der Paradigmenwechsel in der Staatsrechtslehre (§ 2) dargestellt. Sodann wird auf sechs Schlüsselbegriffe des modernen Verwaltungsrechts eingegangen (§ 3). Um die Grundidee umweltrechtlicher Kooperation zu konkretisieren und inhaltlich zu erfassen, werden in einem weiteren Schritt die unterschiedlichen Kooperationsformen kategorisiert und typi24 Verordnung (EG) Nr. 761 / 2001 des Europäischen Parlaments und des Rates über die freiwillige Beteiligung von Organisationen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung (EMAS) vom 19. März 2001, ABl. 2001 Nr. L 114, S. 1, zuletzt geändert durch die EU-eitrittsakte 2003 vom 16. 4. 2003, ABl. 2003, Nr. L 236, S. 706. 25 Zur Kooperation innerhalb des Bundesstaates vgl. § 4 I 1; zum europäischen Kooperationsverbund vgl. § 11 I. 26 BVerfGE 98, 106 ff. 27 BVerfGE 98, 83 ff. 28 Vgl. zur Kritik ausführlich § 7 I 3 und § 9 IV 3. 29 Franzius, AöR 126 (2001), 403 (422); vgl. auch Jarass, UPR 2001, 5 (8); Sendler, NJ 1998, 365. 30 Voßkuhle, ZUR 2001, 23 (25); vgl. auch ders., in: Bauer / Czybulka / Kahl / Voßkuhle (Hrsg.), Umwelt, Wirtschaft und Recht, 2002, S. 171 (187 f.). 31 Murswiek, ZUR 2001, 7 (13); s. auch Jaeschke, NVwZ 2003, 563 ff. 32 Koch, NuR 2001, 541 (549 ff.). 33 Denninger, Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Normsetzung im Umwelt- und Technikrecht, S. 13 f.

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Einleitung

siert (§ 4). Diese Systembildung soll dann anhand der Kooperationsverhältnisse im Umweltrecht näher erläutert werden (§ 5 – § 8). Die „Gretchenfrage“, die Anlass für die oben erwähnten Auseinandersetzungen zwischen der Literatur dem BVerfG war, betrifft aber nach wie vor die Rechtsnatur des Kooperationsprinzips (§ 9). Nicht minder wichtig ist indessen die verfassungsrechtliche Einordnung und Begrenzung dieses Prinzips (§ 10), da hiervon seine Direktionskraft und Steuerungswirkung im Umweltrecht abhängt. Im letzten Abschnitt sollen schließlich die immer bedeutsamer werdenden europarechtlichen Determinanten für den kooperativen Umweltschutz und die Konsequenzen für das deutsche Umweltrecht behandelt werden (§ 11).

§ 1 Rechtliche und rechtspolitische Beschreibungen des Kooperationsprinzips Das Kooperationsprinzip wird nicht allein in der umweltrechtlichen Literatur vielfältig beschrieben. In den 1970er und 1980er Jahren wurde das Kooperationsprinzip vor allem in den Umweltprogrammen und Umweltberichten der Bundesregierung propagiert. Das verdeutlicht den politischen Charakter dieses Prinzips in seinen Anfängen. Später wurde das Prinzip in den Einigungsvertrag zwischen den beiden deutschen Staaten aufgenommen und zum ersten Mal gesetzlich erwähnt. Aber auch in den Professorenentwurf zum Umweltgesetzbuch Allgemeiner Teil, in den Entwurf der Unabhängigen Sachverständigenkommission zum Umweltgesetzbuch und in das fünfte Umweltaktionsprogramm der EG fand das Kooperationsprinzip Eingang. Dies alles sind wichtige Quellen zur Beschreibung der Grundidee umweltrechtlicher Kooperation zwischen Staat und Gesellschaft. Deswegen sollen sie einleitend im Zusammenhang dargestellt und im Anschluss bewertet werden.

I. Gesetzliche Quellen Als gesetzliche Primärquelle für das Kooperationsprinzip ist in erster Linie Art. 34 Abs. 1 EV1 zu nennen. Diese Vorschrift geht auf Art. 16 Abs. 1 SV2 zurück, der den Schutz von Menschen, Tieren und Pflanzen vor schädlichen Umwelteinwirkungen als besonderes Anliegen der beiden Vertragsparteien, nämlich der damaligen BRD und der DDR, bezeichnet. Nach Art. 16 Abs. 1 S. 2 SV sollen sich die Vertragsparteien dabei vom Vorsorge-, Verursacher- und Kooperationsprinzip leiten lassen. Entsprechend dieser vertraglichen Regelung sieht auch Art. 34 Abs. 1 EV die Aufgabe der Gesetzgeber darin, die natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen unter Beachtung dieser Grundsätze zu schützen und die Einheitlichkeit der ökologischen Lebensverhältnisse auf hohem Niveau zu fördern. Aus Art. 34 Abs. 1 EV ergibt sich für den Gesetzgeber also der Auftrag, im Rahmen seiner Gesetzgebungskompetenz und im Hinblick auf die zu schützenden 1 Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands – Einigungsvertrag – (BGBl. 1990 II S. 889). 2 Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vom 18. Mai 1989 (BGBl. 1990 II S. 537).

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§ 1 Beschreibung des Kooperationsprinzips

Umweltgüter legislativ tätig zu werden. Darüber hinaus werden die genannten Prinzipien zur „fundamentalen Prinzipientrias“ des deutschen Umweltrechts erklärt.3 Rein formal lässt sich somit aus diesen Regelungen folgern, dass die umweltrechtlichen Prinzipien unmittelbar geltendes Bundesrecht geworden sind.4 Allerdings dürfen aus dieser Feststellung keine voreiligen Schlüsse gezogen werden.5 Die gesetzliche Fixierung des Kooperationsprinzips wie auch der anderen Prinzipien wird nämlich nicht dazu führen können, unter Berufung auf eines dieser Prinzipien bestehendes Gesetzesrecht zu derogieren oder rechtlich nicht vorgesehene Eingriffe durchzuführen.6 Mit dem bloßen Hinweis auf Art. 34 Abs. 1 EV darf man insbesondere diese Prinzipien nicht als allgemeine Rechtsprinzipien deklarieren.7 Die Benennung des Kooperationsprinzips als eines der grundlegenden Umweltprinzipien kann aber einen Anhaltspunkt zur Beantwortung der Frage bieten, welche Rechtsnatur und Geltungskraft dieses Prinzip aufweist. Ein Prinzip erhält nämlich erst dann rechtliche Geltungskraft, wenn sein Leitgedanke durch den Gesetzgeber normativ umgesetzt wurde oder sich in einzelnen Regelungen verwirklicht hat. Hierzu bedarf es aber der Klärung der Grundidee eines Prinzips und der Auslegung der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften.8 Immerhin zeigt Art. 34 Abs. 1 EV aber, dass der Gesetzgeber das Kooperationsprinzip auch juristisch aufwerten wollte.

II. Gesetzentwürfe 1. Das Kooperationsprinzip im Professorenentwurf des Umweltgesetzbuchs Nach § 6 Abs. 1 S. 1 UGB-ProfE9 ist der Schutz der Umwelt Bürgern und Staat anvertraut. Dabei wird das Kooperationsprinzip als „Zusammenwirken von Staat und Gesellschaft beim Schutz der Umwelt und insbesondere in der Beteiligung der 3 Vgl. Kloepfer, Umweltrecht, § 4 Rn. 1; zum Integrationsprinzip als einem weiteren wichtigen umweltrechtlichen Prinzip, das vor allem durch das EG-Recht Eingang ins deutsche Umweltrecht gefunden hat, vgl. Kloepfer, ebd., § 4 Rn. 69 ff.; Schröder, NuR 2000, 481 ff.; Kracht / Wasielewski, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR Bd. I, § 35 Rn. 1 ff. 4 Vgl. das Gesetz zu dem Vertrag vom 31. August 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands – Einigungsvertragsgesetz – und der Vereinbarung vom 18. September 1990 vom 23. September 1990 (BGBl. II S. 885); vgl. Kloepfer, Das Umweltrecht in der deutschen Einigung, S. 25; ders., DVBl. 1991, 1 (3 f.); Rengeling, in: Huber (Hrsg.), Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 53 (80). 5 Vgl. auch Murswiek, ZUR 2001, 7 (12). 6 Kloepfer, Umweltrecht, § 4 Rn. 6. 7 So aber Rehbinder, in: FS Sendler, S. 269 (272) in Bezug auf das Vorsorgeprinzip. 8 Vgl. hierzu unten § 9 IV. 9 Kloepfer / Rehbinder / Schmidt-Aßmann / Kunig, Umweltgesetzbuch – Allgemeiner Teil –.

II. Gesetzentwürfe

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gesellschaftlichen Kräfte am umweltpolitischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozess unter grundsätzlicher Beachtung der staatlichen und insbesondere der exekutivischen Verantwortlichkeit für den Umweltschutz“ verstanden.10 Dieser Auffassung liegt ein relativ weites Verständnis des Kooperationsprinzips zugrunde: So sollen die staatlichen Behörden nur tätig werden, soweit ein hinreichender Schutz durch die Bürger nicht erfolgen kann (§ 6 Abs. 1 S. 3 UGB-ProfE). Damit will der Entwurf den Grundsatz der Subsidiarität staatlichen Umweltschutzes gegenüber privaten Umweltaktivitäten normieren. Zwar sollen, wie aus der Entwurfbegründung hervorgeht, nichtstaatliche Aktivitäten staatliche Maßnahmen nur ausschließen, wenn sie einen hinreichenden Umweltschutz garantieren. Die Beweislast für das Versagen nichtstaatlichen Umweltschutzes würde aber bei der Behörde liegen, die anstelle des Privaten handeln wollte.11 In die gleiche Richtung geht § 6 Abs. 3 UGB-ProfE, der einen Vorrang flexibler Instrumente (s. §§ 87 ff. UGBProfE) gegenüber hoheitlichen Geboten und Verboten vorschreibt, soweit dadurch ein gleichwertiger Umweltschutz erreicht und der Betroffene nicht stärker belastet wird. § 6 Abs. 4 S. 1 UGB-ProfE, der die Voraussetzungen der Aufgabenübertragung auf nichtstaatliche Träger normieren will, bezweckt ebenfalls eine Erweiterung des privaten Aktionskreises. Der Private hat nach diesem Regelungsvorschlag einen Anspruch auf Aufgabenübertragung, wenn dies durch Gesetz angeordnet ist oder die staatliche Aufgabenerfüllung den Privaten unverhältnismäßig belasten würde und dabei sichergestellt ist, dass der nichtstaatliche Träger die Aufgabe zuverlässig erfüllen kann. Den Staat trifft dabei die Pflicht zur Überwachung der Aufgabenerfüllung (§ 6 Abs. 4 S. 3 UGB-ProfE). Wird der Private aktiv, so hat er die übertragene Aufgabe eigenverantwortlich zu erfüllen (§ 6 Abs. 4 S. 2 UGB-ProfE). Dadurch kann sich also im Einzelfall eine Pflicht zum Einsatz kooperativer Instrumente ergeben. Kooperation wird in diesem Zusammenhang nicht nur als bloße Beteiligung des Privaten an staatlichen Entscheidungsprozessen angesehen, sondern auch als Verlagerung von Verantwortung auf den Bürger. Der Staat wird indessen nicht aus der Verantwortung entlassen, weil er eine Kontrollfunktion innehat. Vielmehr bleibt der Hoheitsträger auch außerhalb des Kernbereichs staatlichen Umweltschutzes zur Überwachung der Umweltrisiken verpflichtet.12 Damit wird beabsichtigt, das Prinzip der kontrollierten Eigenverantwortlichkeit, also private Eigenverantwortung begleitet von staatlicher Kontrolle, als eine besondere Erscheinungsform des Kooperationsprinzips zu statuieren.13

10 Kloepfer / Rehbinder / Schmidt-Aßmann / Kunig, Umweltgesetzbuch – Allgemeiner Teil –, S. 155. 11 Kloepfer / Rehbinder / Schmidt-Aßmann / Kunig, Umweltgesetzbuch – Allgemeiner Teil –, S. 159 f. 12 Kloepfer / Rehbinder / Schmidt-Aßmann / Kunig, Umweltgesetzbuch – Allgemeiner Teil –, S. 165.

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§ 1 Beschreibung des Kooperationsprinzips

2. Das Kooperationsprinzip im Entwurf der Sachverständigenkommission Auch nach § 7 Abs. 1 S. 1 UGB-KomE14 ist der Schutz der Umwelt Bürgern und Staat gemeinsam anvertraut. Neu gegenüber § 6 UGB-ProfE ist jedoch die Tatsache, dass die Vorschriften über den Zugang zu Umweltinformationen der Kooperation zwischen Behörden und Betroffenen dienen sollen (§ 7 Abs. 1 S. 3 UGBKomE).15 Als Ausprägungen des Kooperationsprinzips gelten nach der Entwurfsbegründung die Übertragung staatlicher Aufgaben auf Private, der Betriebsbeauftragte für Umweltschutz, vertragliche Absprachen, Anhörungsrechte gesellschaftlicher Kräfte im Rahmen der Rechtsetzung und die Tätigkeit privater Vereinigungen auf dem Gebiet der technischen Regelsetzung.16 § 7 Abs. 2 UGB-KomE sieht darüber hinaus die prinzipielle Zulässigkeit von Vereinbarungen und Absprachen im Umweltbereich vor; Beispiele für derartige Handlungsformen sind die Selbstverpflichtungen und normersetzenden Verträge, für die die §§ 35, 36 UGB-KomE weitere rechtliche Anforderungen vorschreiben.17 Ein besonderer Unterschied dieses Entwurfs zum UGB-ProfE besteht darin, dass die Subsidiaritätsklausel des § 6 Abs. 1 S. 3 UGB-ProfE in § 7 UGBKomE nicht aufgenommen wurde. Dies wird damit begründet, dass ansonsten der staatliche Aufgabenbereich über das gebotene Maß eingeschränkt werde, ohne dass hierfür ein überzeugender Grund erkennbar sei. Die Anwendung kooperativer Instrumente soll deswegen nicht mit einem rechtlichen Imperativ verbunden werden.18 Auch § 7 Abs. 3 UGB-KomE beinhaltet im Gegensatz zu § 6 Abs. 4 UGB-ProfE nur die Option für den Gesetzgeber, die staatlichen Umweltschutzaufgaben auf nichtstaatliche Träger zu übertragen. Der Private hat, wenn der Gesetzgeber von dieser Option Gebrauch gemacht hat, in seinem Aufgabenbereich die übertragenen Aufgaben eigenverantwortlich zu erfüllen; der Staat hat als Korrektiv hierzu die Pflicht zur Überwachung der privaten Tätigkeiten. Für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Erfüllung soll die Behörde die Rückübertragung der Aufgabe anordnen (§ 7 Abs. 3 S. 2 und 3 UGB-KomE). Eine solche Rückübertragung kommt z. B. dann in Betracht, wenn der Private auf-

13 Kloepfer / Rehbinder / Schmidt-Aßmann / Kunig, Umweltgesetzbuch – Allgemeiner Teil –, S. 164. 14 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.), Umweltgesetzbuch (UGB-KomE), Entwurf der Unabhängigen Sachverständigenkommission zum Umweltgesetzbuch beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. 15 Vgl. hierzu § 4 VII und § 11 III 2. 16 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.), UGBKomE, S. 458. 17 Näher hierzu Schröder, NVwZ 1998, 1011 (1012 f.). 18 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.),UGBKomE, S. 459 f.; vgl. hierzu auch § 10 II.

III. Politische Programme

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grund unzureichender technischer Ausstattung die Aufgabe nicht bewältigen kann.19

III. Politische Programme 1. Das Umweltprogramm der Bundesregierung von 1971 Bereits das Umweltprogramm der Bundesregierung vom 14. 10. 197120 spricht von der Zusammenarbeit der Bundesregierung mit Ländern, Gemeinden und der Wirtschaft.21 Das Hauptaugenmerk richtet die Bundesregierung auf ein abgestimmtes Vorgehen von Bund und Ländern. So wird etwa auf die Zusammenarbeit im Ausschuss für Umweltfragen der Ministerkonferenz für Raumordnung, in der Arbeitsgemeinschaft leitender Medizinal- und Veterinärbeamter oder in der Arbeitsgruppe Lebensmittelüberwachung hingewiesen. Doch will die Bundesregierung auch die praktischen Erfahrungen der Wirtschaft und der Wissenschaft intensiv nutzen.22 Im Gegensatz zum Umweltbericht von 197623 kennt das Umweltprogramm von 1971 lediglich das Verursacherprinzip,24 nicht aber das Kooperationsprinzip. Allerdings betont das Umweltprogramm das Prinzip der Selbstverantwortlichkeit der Unternehmen innerhalb der sozialen Marktwirtschaft. Diese blieben auch weiterhin dafür zuständig, neue umweltfreundliche Produkte und Verfahren zu entwickeln.25 Fernerhin wird die Beteiligung des Bürgers in Umweltschutzfragen gefordert; alle gesellschaftlichen Gruppen sollen tatkräftig an der Gestaltung und dem Schutz der Umwelt mitwirken. Pflicht jedes Bürgers sei es, seine umweltschädlichen Gewohnheiten zu ändern.26 Dafür sei aber ein neues Umweltbewusstsein bei jedem Einzelnen erforderlich. Die Bundesregierung setzt zur Schaffung dieses neuen Bewusstseins auf eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit. 27 Auch wenn das Kooperationsprinzip als umweltpolitisches oder umweltrechtliches Prinzip nicht expressis verbis genannt wird, zeigt das Programm, dass der Bürger und die Wirtschaft einen wesentlichen Beitrag zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen leisten können. Dies sind erste Ansätze für ein partnerschaftliches Umweltverständnis, das den Umweltschutz nicht als alleinige Angelegenheit 19 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.),UGBKomE, S. 460. 20 BT-Drucks. VI / 2710, S. 4. 21 BT-Drucks. VI / 2710, S. 8. 22 BT-Drucks. VI / 2710, S. 8. 23 Vgl. hierzu § 1 III 2. 24 BT-Drucks. VI / 2710, S. 9. 25 BT-Drucks. VI / 2710, S. 11. 26 BT-Drucks. VI / 2710, S. 21. 27 BT-Drucks. VI / 2710, S. 21.

3 Shirvani

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§ 1 Beschreibung des Kooperationsprinzips

des Staates ansieht, sondern die wirksame Einbeziehung der privaten Seite bezweckt.28

2. Der Umweltbericht 1976 Im Umweltbericht ’76 der Bundesregierung29 wird neben dem Verursacher- und Vorsorgeprinzip ausdrücklich das Kooperationsprinzip genannt.30 Umweltpolitik ist danach eine gesellschaftspolitische Aufgabe hohen Ranges, weswegen auf die Mitverantwortung und Mitwirkung der Betroffenen besonderer Wert gelegt.31 Erstmals ist von der „frühzeitige(n) Beteiligung der gesellschaftlichen Kräfte am umweltpolitischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozess“ die Rede,32 eine Formulierung, die in der Literatur und in den Gesetzentwürfen verschiedentlich zur Beschreibung des Kooperationsprinzips verwendet wird.33 Dabei dürfe der Grundsatz der Regierungsverantwortlichkeit aber nicht in Frage gestellt werden.34 Die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit allen Beteiligten im Umweltschutz solle vielmehr durch eindeutige Zielvorgaben und operationalisierte Programme, die den Weg für ein umweltschonendes Verhalten von Wirtschaft und Verbrauchern weisen würden, vertieft werden.35 Auch wird eine Verstärkung der Beteiligung des Bürgers an der Willensbildung staatlicher Organe angestrebt, z. B. bei der Vorbereitung von Bauleitplänen. Als eine qualifizierte Form der Bürgerbeteiligung gilt dabei die „Anhörung der beteiligten Kreise“ beim Erlass von Rechtsverordnungen.36 Eine weitere Kooperationsmöglichkeit sieht der Umweltbericht in der Einbeziehung von privaten Expertengremien in die staatliche Aufgabenerfüllung. Die Bundesregierung könne mit den privatrechtlich organisierten Normungsgremien DIN e.V.37 und VDI38 zusammenarbeiten. 39 Die Zusammenarbeit wird nach dem Be28 Vgl. auch Grüter, Umweltrecht und Kooperationsprinzip in der Bundesrepublik Deutschland, S. 8. 29 Umweltbericht ’76 – Fortschreibung des Umweltprogramms der Bundesregierung – vom 14. Juli 1976, BT-Drucks. 7 / 5684, S. 1. 30 BT-Drucks. 7 / 5684, S. 9; vgl. auch Rengeling, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 3 ff.; Grüter, Umweltrecht und Kooperationsprinzip in der Bundesrepublik Deutschland, S. 8 f. 31 BT-Drucks. 7 / 5684, S. 9. 32 BT-Drucks. 7 / 5684, S. 9. 33 Rehbinder, in: Arbeitskreis für Umweltrecht (Hrsg.), Grundzüge des Umweltrechts, Rn. 116, spricht vom Teilhabeprinzip; vgl. ferner Storm, Umweltrecht, S. 22; Hoppe / Beckmann / Kauch, Umweltrecht, § 1 Rn. 151; Kloepfer, Umweltrecht, § 4 Rn. 58; Faber, Gesellschaftliche Selbstregulierungssysteme im Umweltrecht, S. 181; Kloepfer / Rehbinder / Schmidt-Aßmann / Kunig, Umweltgesetzbuch – Allgemeiner Teil –, S. 155. 34 BT-Drucks. 7 / 5684, S. 9. 35 BT-Drucks. 7 / 5684, S. 14. 36 BT-Drucks. 7 / 5684, S. 19 f. 37 Deutsches Institut für Normung e.V.

III. Politische Programme

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richt z. B. dadurch bewirkt, dass in immissionsschutzrechtlichen Rechtsverordnungen auf die Regelwerke des DIN und des VDI verwiesen werde. Ferner macht der Bericht auf den Kerntechnischen Ausschuss aufmerksam, der die Vertreter aller am atomrechtlichen Genehmigungsverfahren beteiligten Kreise umfasse und für die Aufstellung kerntechnischer Regelwerke zuständig sei.40 Schließlich wird der Betriebsbeauftragte für Immissionsschutz, Gewässerschutz und Abfall genannt, der eine „als Kooperationsmodell konzipierte Institution“ mit besonderen gesetzlichen Aufgaben darstelle, die im Interesse einer Verbesserung des umweltrechtlichen Gesetzesvollzugs geschaffen worden sei.41

3. Die Bodenschutzkonzeption der Bundesregierung von 1985 In der Bodenschutzkonzeption der Bundesregierung aus dem Jahre 198542 wird herausgestellt, dass die durch Umweltauswirkungen Betroffenen ein natürliches Interesse an der Mitwirkung beim Umweltschutz haben und dass die Bundesregierung deswegen alle gesellschaftlichen Kräfte zur Beteiligung ermutigt.43 Instrumente zur besseren Kooperation seien insbesondere die Verfahrensbeteiligung in den Planfeststellungsverfahren und den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren, ferner die Mitwirkungsrechte von anerkannten Verbänden nach dem BNatSchG44, aber auch die Anhörung von Fachkreisen und Verbänden bei der Vorbereitung von Gesetzen, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften.45 Darüber hinaus werden die Branchenvereinbarungen mit der Wirtschaft als Ausprägung des Kooperationsprinzips angesehen, wenn die Wirtschaft mehr als nur ihre ökonomischen Interessen einbringe. Kooperation von Staat und Wirtschaft wird in der Bodenschutzkonzeption als „Verzicht auf enge staatliche Reglementierungen zugunsten größerer Freiheit für wirtschaftliches Handeln“ definiert.46

Verein Deutscher Ingenieure. BT-Drucks. 7 / 5684, S. 20. 40 BT-Drucks. 7 / 5684, S. 20. 41 BT-Drucks. 7 / 5684, S. 20. 42 BT-Drucks. 10 / 2977, S. 1. 43 BT-Drucks. 10 / 2977, S. 10. 44 Vgl. jetzt §§ 58 ff. BNatSchG (Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 25. März 2002 (BGBl. I S. 1193), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. 12. 2004 (BGBl. 2005 I S. 186)). 45 BT-Drucks. 10 / 2977, S. 10. 46 BT-Drucks. 10 / 2977, S. 10. 38 39

3*

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§ 1 Beschreibung des Kooperationsprinzips

4. Leitlinien der Bundesregierung zur Umweltvorsorge 1986 und Umweltbericht 1990 In den Leitlinien zur Umweltvorsorge47 wird das Kooperationsprinzip als ein politisches Verfahrensprinzip angesehen, das der Verbesserung der Informationslage der Beteiligten und der Akzeptanz bzw. Wirksamkeit umweltpolitischer Entscheidungen dienen soll. Die Grenzen der Kooperation zwischen staatlichen und gesellschaftlichen Stellen würden sich aus der Verfassung und aus den Gesetzen ergeben. Der Staat könne nicht auf seine ihm durch Gesetz zugewiesenen Kompetenzen verzichten, er könne aber die Bürger mitverantwortlich an der Umweltgestaltung beteiligen.48 Der verstärkten Kooperation soll eine ebenfalls verstärkte Informationstätigkeit der Bundesregierung dienen, beispielsweise durch Veröffentlichungen über Umweltschutzmaßnahmen und umweltbelastende Stoffe. Auch eine Beteiligung der Gewerkschaften und der Wirtschaft am politischen Willensbildungsprozess sei ein Ziel der Kooperation.49 Herausgestellt wird weiterhin die Erforderlichkeit des Zusammenwirkens von Bund und Ländern beim Umweltschutz; deshalb sollen die Länder ihre Erfahrungen aus dem Gesetzesvollzug bei der Formulierung wirksamer umweltrechtlicher Regelungen einbringen. Darüber hinaus wird auch die Unverzichtbarkeit internationaler Zusammenarbeit zur Lösung grenzüberschreitender, globaler Umweltprobleme betont.50 Schließlich wird auch im Umweltbericht 199051 das Kooperationsprinzip als ein besonderes umweltrechtliches Prinzip verstanden. Kooperation bedeutet demnach das Einfordern der Umweltverantwortung der Bürger, der Umweltorganisationen, der Wissenschaft und nicht zuletzt der Wirtschaft. Nachhaltiger Umweltschutz könne nur erzielt werden, wenn jeder in seinem Bereich einen Beitrag zum Umweltschutz leiste.52

5. Das Konzept der gemeinsamen Verantwortung, insbesondere im fünften Umweltprogramm der EG Das fünfte Umweltaktionsprogramm der EG53 spricht zwar nicht ausdrücklich vom Kooperationsprinzip, verlangt aber zur Realisierung des Gleichgewichts zwi47 Leitlininien der Bundesregierung zur Umweltvorsorge durch Vermeidung und stufenweise Verminderung von Schadstoffen (Leitlinien Umweltvorsorge), BT-Drucks. 10 / 6028, S. 1. 48 BT-Drucks. 10 / 6028, S. 11. 49 BT-Drucks. 10 / 6028, S. 11. 50 BT-Drucks. 10 / 6028, S. 12. 51 Umweltbericht 1990 des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, BT-Drucks. 11 / 7168, S. 17. 52 BT-Drucks. 11 / 7168, S. 27. 53 Entschließung des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 1. Februar 1993 über ein Gemeinschaftsprogramm für Umweltpolitik und

III. Politische Programme

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schen Fortschritt und Umweltschutz eine Verantwortungsteilung zwischen Behörden, Unternehmen und einzelnen Bürgern.54 Darüber hinaus wird eine weltweite Zusammenarbeit mit Drittländern und die Behandlung globaler Umweltthemen in internationalen Organisationen angestrebt.55 Dabei stellt das Programm das „Konzept der gemeinsamen Verantwortung“56 in den Vordergrund, nach dem alle Bereiche der Gesellschaft auf optimale Weise in den Umweltschutz eingebunden werden sollen.57 Das hierarchische Konzept („top-down“), das im Wesentlichen auf dem Erlass von Rechtsvorschriften basiere, solle durch ein partizipatorisches Konzept („bottom-down“) ergänzt werden.58 Die Zielsetzung des Konzepts wird darin gesehen, die kurzfristigen Vorteile für den Einzelnen gegen den langfristigen Nutzen für die gesamte Gesellschaft von Grund auf neu abzuwägen.59 Die EG-Kommission legte etwas später in ihrem Vorschlag für einen Beschluss zur Überprüfung des fünften Umweltaktionsprogramms60 einige Punkte zum Ausbau des genannten Konzepts dar, die weitgehend vom Europäischen Parlament und vom Rat übernommen wurden.61 In dem von beiden Organen gefassten Beschluss Nr. 2179 / 98 / EG will die Gemeinschaft praktische Maßnahmen zur Weiterentwicklung des Konzepts der gemeinsamen Verantwortung und Partnerschaft fördern.62 Das Spektrum der umweltrechtlichen Instrumente soll z. B. um freiwillige Vereinbarungen, die Umweltschutzziele verfolgen und mit Wettbewerbsregeln in Einklang stehen, erweitert werden.63 Zu den einzusetzenden „horizontalen Instrumenten“ zählt die Gemeinschaft die Umweltverträglichkeitsprüfung, UmweltMaßnahmen im Hinblick auf eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung – Ein Programm der Europäischen Gemeinschaft für Umweltpolitik und Maßnahmen im Hinblick auf eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung, ABl. 1993, Nr. C 138, S. 1; vgl. dazu Krämer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR Bd. I, § 14 Rn. 30 ff.; Rengeling, in: Huber (Hrsg.), Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 53 (54 f.); Faber, Gesellschaftliche Selbstregulierungssysteme im Umweltrecht, S. 186 ff. 54 ABl. 1993, Nr. C 138, S. 11, 13. 55 ABl. 1993, Nr. C 138, S. 12. 56 Vgl. hierzu ausführlich § 11 II 2; s. auch Heselhaus, in: Lange (Hrsg.), Gesamtverantwortung statt Verantwortungsparzellierung im Umweltrecht, S. 93 ff. 57 ABl. 1993, Nr. C 138, S. 13. 58 ABl. 1993, Nr. C 138, S. 17 und 78 f. 59 ABl. 1993, Nr. C 138, S. 26. 60 Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über die Überprüfung des Programms der Europäischen Gemeinschaft für Umweltpolitik und Maßnahmen im Hinblick auf eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung – „Für eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung“, KOM (95) 647 endg. vom 24. 01. 1996, S. 1. 61 Beschluss Nr. 2179 / 98 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. September 1998 über die Überprüfung des Programms der Europäischen Gemeinschaft für Umweltpolitik und Maßnahmen im Hinblick auf eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung „Für eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung“, ABl. 1998, Nr. L 275, S. 1; vgl. auch Rengeling, in: Huber (Hrsg.), Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 53 (55). 62 Art. 9 des Beschlusses Nr. 2179 / 98 / EG; s. auch S. 3 des Beschlusses. 63 Art. 3 Ziff. 1 lit. f) des Beschlusses Nr. 2179 / 98 / EG.

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§ 1 Beschreibung des Kooperationsprinzips

managementsysteme und die Förderung der umweltbezogenen Normung.64 Zusätzlich wird auf eine engere Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten hingearbeitet, wobei bereits bestehende „Kooperationsinitiativen“ genutzt werden sollen.65

6. Bewertung In den Umweltprogrammen der Bundesregierung und der EG wird zwar auch die Kooperation zwischen den Hoheitsträgern, also zwischen Bund und Ländern oder zwischen den Organen der EG und den Mitgliedstaaten, betont. Der Kerngedanke des umweltrechtlichen Kooperationsprinzips ist aber das Zusammenwirken von staatlichen und privaten Kräften zur Lösung umweltspezifischer Probleme und Realisierung bestimmter Zielsetzungen66 unter Beachtung staatlicher Umweltverantwortung.67 Dass eine solche Zusammenarbeit stattzufinden hat, ist allgemeiner Konsens. Streit besteht aber häufig darüber, welche Formen der Zusammenarbeit als Ausprägungen des Kooperationsprinzips anzusehen sind. Allein die umweltpolitischen Aussagen zeigen die divergierenden Auffassungen zu diesem Grundsatz. Während im Umweltbericht 1976 das partizipatorische Element der Kooperation herausgestellt wird und zudem auf umweltrechtliche kooperationsfördernde Instrumente wie den Betriebsbeauftragten für Umweltschutz68 oder staatliche Zielvorgaben69 für privates Handeln Wert gelegt wird, verfolgt die Bodenschutzkonzeption 1985 einen weitergehenden Kooperationsansatz. Kooperation wird darin nicht nur als ein Beteiligungs- und Partizipationsmodell betrachtet, sondern als ein Konzept, nach dem Private zur Förderung des Umweltschutzes tätig werden sollen und der Staat sich mit gesetzgeberischen Aktivitäten zurückhält. Darin spiegelt sich die Idee wider, die den inforArt. 3 Ziff. 2 des Beschlusses Nr. 2179 / 98 / EG. Art. 5 lit. g) des Beschlusses Nr. 2179 / 98 / EG. 66 Vgl. z. B. Rengeling, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 1; Hartkopf / Bohne, Umweltpolitik, Bd. 1, S. 114; Sparwasser / Engel / Voßkuhle, Umweltrecht, § 2 Rn. 49; Schmidt / Müller, Einführung in das Umweltrecht, § 1 Rn. 13; Hansjürgens, in: Zimmermann / Hansjürgens (Hrsg.), Prinzipien der Umweltpolitik in ökonomischer Sicht, S. 68 (71 f.); Rehbinder, in: Arbeitskreis für Umweltrecht (Hrsg.), Grundzüge des Umweltrechts, Rn. 116; Franzius, Die Herausbildung der Instrumente indirekter Verhaltenssteuerung im Umweltrecht der Bundesrepublik Deutschland, S. 165 f.; Breuer, in: Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 5. Kapitel Rn. 18; Hoppe / Beckmann / Kauch, Umweltrecht, § 1 Rn. 151; Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.), UGB-KomE, S. 457; Kloepfer / Rehbinder / Schmidt-Aßmann / Kunig, Umweltgesetzbuch – Allgemeiner Teil –, S. 155; Lübbe-Wolff, NuR 1989, 295; Müggenborg, NVwZ 1990, 909; Murswiek, ZUR 2001, 7 (8); Schneider, VerwArch 87 (1996), 38 (39); Voßkuhle, ZUR 2001, 23 (25); ders., VerwArch 92 (2001), 184 (204). 67 Vgl. Trute, UTR Bd. 48 (1999), S. 13 (16); Kloepfer, Umweltrecht, § 4 Rn. 58. 68 Vgl. hierzu § 5 II 3. 69 Vgl. hierzu § 7 I 2. 64 65

III. Politische Programme

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mellen Umweltabsprachen, insbesondere den Selbstbeschränkungsabkommen immanent ist.70 Des Weiteren sind auch in den beiden Entwürfen zu einem Umweltgesetzbuch unterschiedliche Kooperationsverständnisse erkennbar. Die Meinungsverschiedenheit, die in den Entwürfen zum Ausdruck kommt, betrifft insbesondere die Frage, welches Verhältnis zwischen dem Kooperationsprinzip und dem Subsidiaritätsprinzip besteht. Denn auch das Subsidiaritätsprinzip beschreibt das Verhältnis zwischen Staat und Privaten, will eine staatliche Aufgabenübernahme jedoch nur dann zulassen, wenn die private Aufgabenerfüllung nicht in gleicher Weise erfolgversprechend ist. Insoweit verlangt dieses Prinzip einen Vorrang privater Freiheit und Autonomie gegenüber staatlicher Intervention.71 Darüber hinaus stellt sich in diesem Zusammenhang die verfassungsrechtlich relevante Frage, ob der Staat im Einzelfall nur durch kooperatives Handeln dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gerecht werden kann.72 Ein Wandel im Verständnis des Kooperationsprinzips zeigt sich ferner im fünften Umweltaktionsprogramm der EG und im Professorenentwurf zum Umweltgesetzbuch,73 da nach deren Leitidee der Grundsatz privater Eigenverantwortlichkeit resp. das Konzept gemeinsamer Verantwortung besondere Bedeutung erlangen. Der Private soll künftig umweltrelevante Aufgaben eigenständig ausüben. Er ist nicht nur mit Anhörungs- und Beteiligungsrechten in Verwaltungsverfahren ausgestattet, sondern durch Begründung privater Eigenverantwortung in die ursprünglich allein hoheitlich erledigten Umweltschutzaufgaben eingebunden. Der Staat schafft dadurch zum einen ein neues Instrument staatlicher Steuerung,74 um seine Ressourcen zu schonen und sich zu entlasten, andererseits kommt er aber seiner verfassungsrechtlichen Pflicht zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen nach (Art. 20a GG75) und kontrolliert den privaten Kooperationsbeitrag. Die Ergänzung staatlicher Verantwortung durch private Eigenverantwortung ist damit ein wesentliches Element umweltrechtlicher Kooperation.76 Vgl. hierzu § 8 V. Vgl. zu diesem Verhältnis § 10 II; vgl. ferner Herzog, Der Staat 2 (1963), 399 ff.; Oppermann, JuS 1996, 569 ff.; Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, S. 71 ff.; im Zusammenhang mit dem Gemeinschaftsrecht Scholz, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 23 Rn. 66 ff. 72 Vgl. hierzu § 10 I; vgl. ferner einerseits Kunig / Rublack, Jura 1990, 1 (11); Dreier, StWStP 1993, 647 (664); Helberg, Normabwendende Selbstverpflichtungen als Instrumente des Umweltrechts, S. 116 f.; andererseits v. Lersner, Verwaltungsrechtliche Instrumente des Umweltschutzes, S. 10. 73 Vgl. auch Kloepfer / Rehbinder / Schmidt-Aßmann / Kunig, Umweltgesetzbuch – Allgemeiner Teil –, S. 164. 74 Zur Steuerung durch Kooperation vgl. auch Schuppert, DV 31 (1998), 415 (435 ff.). 75 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (BGBl. S. 1), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. 7. 2002 (BGBl. I S. 2863). 76 Vgl. hierzu § 3 II und § 4 V 3; vgl. ferner BVerfGE 98, 106 (121 f.) – „Kommunale Verpackungsteuer“; Trute, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht 70 71

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§ 1 Beschreibung des Kooperationsprinzips

Von diesen Grundgedanken ausgehend wird die Systembildung eine wesentliche Aufgabe darstellen. Denn nur ein „systematisch entwickeltes Recht kann jene rechtsdogmatischen, rechtspraktischen, rezeptionsleitenden und rechtspolitischen Aufgaben erfüllen, die notwendig sind, um die Steuerungsleistungen zu erbringen, die von einem modernen Verwaltungsrecht erwartet werden.“77 Diese Feststellung gilt auch für die Herausarbeitung des rechtlichen Aussagegehalts des Kooperationsprinzips, soll dieses Prinzip mehr sein als nur ein politisch-programmatischer Allgemeinplatz. Bevor jedoch dieser Aufgabenstellung nachgegangen wird, sind die staats- und verwaltungsrechtlichen Grundlagen der Kooperation zu untersuchen.

und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, S. 167 (197); ders., UTR Bd. 48 (1999), S. 13 (17 f.); Paefgen, GewArch 1991, 161 (162). 77 Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Schuppert (Hrsg.), Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, S. 11 (13); vgl. auch ders., Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 1 ff.

§ 2 Kooperation als Paradigmenwechsel in der Staats- und Verwaltungsrechtslehre Das Staats- und Verwaltungsrecht und die Verwaltungswissenschaft haben sich seit geraumer Zeit vom rein subordinationsrechtlichen Denken verabschiedet und den Weg in den „kooperativen Staat“ beschritten. Eine der wichtigsten Ursachen hierfür waren die Unzulänglichkeiten und Missstände im regulierenden Staat, der an die Grenzen seiner Steuerungs- und Regierungsfähigkeit gelangt ist – eine Problematik, die (leider) nicht an Aktualität und Brisanz verloren hat. In den folgenden drei Abschnitten sollen u. a. diese und weitere Gründe für den Wandel im Staatsverständnis näher aufgezeigt1 und das kooperative Verwaltungshandeln als ein Instrument zur Bewältigung komplexer Verwaltungsstrukturen resp. mulitpolarer Interessenkonstellationen dargestellt werden.2 Da während der Anfangsphase, in der „Kooperation“ als neues Phänomen der Staatspraxis registriert und verstärkt diskutiert wurde, die Kooperationspartner vor allem der Staat und die Verbände waren, soll ferner der Komplex „Verbändesystem und kooperativer Staat“ mit den dazu gehörigen politikwissenschaftlichen Implikationen erörtert werden.3

I. Vom hoheitlich strukturierten Staat zum kooperativen Staat 1. Das traditionelle hierarchische Staatshandeln und seine Modifikation Das traditionelle Staats- und Verwaltungshandeln folgt einem hierarchischen Regelungsmuster. Durch allgemeine Wahlen werden in diesem Modell parlamentarische Mehrheiten geschaffen, die die maßgeblichen politischen Entscheidungen treffen. Die politische Mehrheit setzt hierbei die Exekutive ein, die diese Entscheidungen mit einseitig-hoheitlichen Mitteln durchsetzt.4 Das Gebot der Gesetzesbindung der Verwaltung und die Aufsicht des Ministers über den Verwaltungsunterbau sorgen dafür, dass das Gesetz zu einem Steuerungsinstrument wird, das den Mehr§ 2 I. § 2 II. 3 § 2 III. 4 Brennecke, Normsetzung durch private Verbände, S. 19; vgl. auch Ritter, AöR 104 (1979), 389 (390). 1 2

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§ 2 Kooperation als Paradigmenwechsel im Staatsrecht

heitswillen zur Geltung bringt.5 Dieser Mechanismus führt unweigerlich zu einer Wechselbeziehung von Regierung und Parlament: Die Handlungsimpulse, die die Regierung zur Realisierung nach unten sendet, folgen aus einer von der Parlamentsmehrheit mitgetragenen Regierungspolitik.6 Um den Willen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers zu verwirklichen, wird deswegen das auf Weisungsrecht und Berufsbeamtentum beruhende hierarchische Modell üblicherweise für sinnvoll gehalten.7 Die Tätigkeit jeder Stufe wird nämlich von der Spitze legitimiert und über die Zwischenstufen durchlaufend gesteuert.8 Dadurch, dass die sachlichen und personellen Entscheidungen bis zur untersten Stufe demokratisch legitimiert sind, ist die Regierung einerseits für den Gang der gesamten Verwaltung dem Volk und dem Parlament Rechenschaft schuldig. Andererseits wird die Exekutive zu besonderer Transparenz innerhalb ihres Apparates gedrängt, um durch Steuerung und Kontrolle ihrer Verantwortung gerecht zu werden.9 Dies führt zwar zu einem fortschreitenden Prozess der Reglementierung behördlichen Handelns. Allerdings entspricht es auch dem Konzept hierarchischer Steuerung, der Verwaltung Handlungsalternativen anzubieten, da diese die Detailfragen in der Regel effizienter und mit größerer Sachnähe lösen kann.10 Dieses Prinzip hierarchischer Steuerung wird jedoch aus verschiedenen Gründen kritisiert.11 Die Rechtsanwendung durch die Verwaltung ist nämlich nicht nur ein bloßer Subsumtionsvorgang, sondern ein Akt der Konkretisierung und Normausfüllung, bei dem die Verwaltung ein besonders Maß am Eigenständigkeit hat.12 Zudem gibt es gerade in den neueren Gesetzen einen großen Bestand an offenen, unbestimmten Rechtsbegriffen, die nicht nur interpretationsfähig, sondern auch ergänzungsbedürftig sind. Die Vielzahl von Generalklauseln und Ermessensvorschriften, die aufgrund des breiten Spektrums der regulierungsbedürftigen Lebenssachverhalte mitunter unvermeidlich sind, geben der Exekutive einen von der Legislative unabhängigen Entscheidungsspielraum.13 Die Verwaltung ist deshalb heute mehr denn je eine gestaltende und planende Verwaltung, das Gesetz ist für die Verwaltung nicht nur Ermächtigung und Schranke, sondern auch Auftrag zum gemeinwohlorientierten Handeln.14 Die Gesetze fungieren sehr oft lediglich als 5 Vgl. Schuppert, Der Staat 32 (1993), 581 (602 f.); Hoffmann-Riem, DÖV 1997, 433 (440). 6 Loschelder, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. III, § 68 Rn. 41. 7 Vgl. Dreier, Hierarchische Verwaltung im demokratischen Staat, S. 126. 8 Loschelder, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. III, § 68 Rn. 3. 9 Loschelder, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. III, § 68 Rn. 20 und 11. 10 Vgl. Loschelder, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. III, § 68 Rn. 33. 11 Vgl. z. B. Schneider, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht als Steuerungsressource, S. 103 (106 f.); Schuppert, Der Staat 32 (1993), 581 (597 ff.). 12 S. Dreier, Hierarchische Verwaltung im demokratischen Staat, S. 167. 13 Vgl. Dreier, Hierarchische Verwaltung im demokratischen Staat, S. 169. 14 Vgl. Schuppert, Der Staat 32 (1993), 581 (598).

I. Vom hoheitlich strukturierten Staat zum kooperativen Staat

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Finalprogramme, die der Verwaltung nicht so sehr detaillierte Direktiven für ihre Tätigkeit erteilen, sondern Ziele formulieren, welche die Behörden mit den ihnen zur Verfügung stehenden Instrumentarien zu bewältigen haben. Auch die vielseitigen Stufen der Verwaltungsverantwortung,15 angefangen von der Erfüllungsverantwortung bis zur subsidiären Gewährleistungsverantwortung, zeigen, dass die Vollzugsverwaltung nur einen Bereich modernen Verwaltungshandelns ausmacht und dass das reine hierarchische Konzept in der Verwaltungswirklichkeit zahlreiche Modifikationen erfahren hat.16 2. Die Krise des regulierenden Staates und kooperative Lösungsansätze Der steuernde Staat im tradierten Sinne ging von bestimmten Prämissen aus, die aufgrund der Komplexität der Umweltbedingungen und der Lebensumstände heute nicht mehr gegeben sind.17 Das überkommene Staatshandeln setzte nämlich häufig ein einfach strukturiertes gesellschaftliches Umfeld voraus, in dem es wenige Aufgaben gab, die sich durch allgemein geltende Tatbestände regeln ließen. Zudem standen einfache Wirkungsketten und konstante Umweltverhältnisse, die keinen äußeren und inneren Einflüssen unterlagen, im Vordergrund. Auch wurde angenommen, dass der Staat über sämtliche umweltrelevanten Informationen verfügen würde und seine Ziele ohne Zusammenwirken mit dem Adressaten der staatlichen Maßnahme erreichen könnte.18 In der Gegenwart trifft aber der Staat auf ein ausdifferenziertes gesellschaftliches System, das vielfach untergliedert ist.19 Das Verhalten der Adressaten staatlicher Maßnahmen ist zwar häufig Folge staatlichen, aber nicht unbedingt zielgerichteten hoheitlichen Handelns. Die dynamischen Entwicklungen lassen die langfristige Wirkung staatlicher Maßnahmen fraglich erscheinen. Zwar ist ein einseitiges Gebot leicht zu erlassen, seine Befolgung hängt aber auch davon ab, ob das notwendige Verständnis für die Entscheidung beim Rechtsunterworfenen vorhanden ist.20 Ferner wird ein immer größerer Kreis an gesellschaftlichen Problemen, die oft miteinander vernetzt sind, zum Gegenstand hoheitlicher Regulierung, was zu einem Dazu § 3 II. Vgl. Schuppert, Der Staat 32 (1993), 581 (598 f.); zum Gewährleistungsstaat als einem möglichen Leitbild moderner Staatlichkeit vgl. Franzius, Der Staat 42 (2003), 493 ff.; vgl. ferner auch Trute, in: Schuppert / Neidhardt (Hrsg.), Gemeinwohl – Auf der Suche nach Substanz, S. 329 ff. 17 Vgl. dazu Ritter, AöR 104 (1979), 389 (390 f.); ders., in: Grimm (Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben – sinkende Steuerungsfähigkeit des Rechts, S. 69 (70 ff.); Hill, DVBl. 1989, 321 (326); Schneider, VerwArch 87 (1996), 38 (46); Benz, Kooperative Verwaltung, S. 43 ff.; 54 ff. 18 Vgl. Ritter, in: Grimm (Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben – sinkende Steuerungsfähigkeit des Rechts, S. 69 (70). 19 Schneider, VerwArch 87 (1996), 38 (46). 20 Vgl. Hill, DVBl. 1989, 321 (326). 15 16

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§ 2 Kooperation als Paradigmenwechsel im Staatsrecht

Anwachsen der Staatsaufgaben führt.21 Die zahlreichen Aufgabenfelder des modernen Staates konfrontieren den Gesetzgeber daher mit vielfach inkompatiblen Ansprüchen, die sich nicht allein durch abstrakt-generelle Rechtsnormen regeln lassen. Da der Staat diese Aufgaben nicht aus eigener Kraft bewältigen kann, befindet er sich in einem Zustand regulatorischer Überforderung, der mit den Begriffen „Staatsversagen“ oder „Krise der regulativen Politik“ charakterisiert wird.22 Diese Fülle an Staatsaufgaben hat zu einer weiteren „Politisierung“ staatlichen Handelns geführt, die durch ein steigendes Konfliktniveau bei der Bewältigung gesellschaftlicher Probleme und öffentlicher Aufgaben gekennzeichnet ist.23 Dabei bedarf es intensiver staatlicher Bemühungen, um die gegensätzlichen privaten und öffentlichen Belange zum Ausgleich zu bringen. Diese Problemverarbeitung erfolgt allerdings nicht immer im parlamentarischen Willensbildungsprozess. Die Konfliktfelder brechen meist erst im dezentralen Vollzug auf; die gesetzlichen Programmvorgaben müssen durch die Verwaltung an differenzierte Situationen angepasst, rasche Veränderungen müssen durch flexible Umsetzungsmaßnahmen aufgefangen und unbeabsichtigte Nebenfolgen durch Folgemaßnahmen kompensiert werden.24 Daher verwundert es nicht, dass der Gesetzgeber immer weniger im Stande ist, den Ansprüchen einer komplexen gesellschaftlichen Wirklichkeit gerecht zu werden, und dass er die Aufgabe der Gemeinwohlkonkretisierung an die Träger öffentlicher Verwaltung delegiert.25 Das kooperative Staats- und Verwaltungshandeln kann in dieser Lage Wege zur Überwindung der beschriebenen Krise aufzeigen, insbesondere im Rahmen konfliktträchtiger exekutivischer Tätigkeit.26 Dabei geht es nicht darum, die hoheitlichen Steuerungsinstrumente durch die kooperativen zu ersetzen. Vielmehr sollen die privaten Akteure in den Entscheidungsprozess eingebunden werden, um einen sachgerechteren Interessenausgleich herbeizuführen. Durch Kommunikation mit dem Privaten können Unsicherheiten, die infolge der Verwendung von unbestimmten Rechtsbegriffen und Generalklauseln entstehen, abgebaut werden. Der Private erhält durch den Dialog mit der Verwaltung einen Gesamtüberblick über die behördliche Beurteilung der Sach- und Rechtslage und kann deren Standpunkt besser einschätzen. Damit werden die Risiken wirtschaftlicher privater Tätigkeit, z. B. Investitionsrisiken, und spätere potentielle Konflikte mit der Behörde verringert.27 Die Verwaltung ist ihrerseits auf die Kooperation mit dem Bürger angewiesen, da Schneider, VerwArch 87 (1996), 38 (46). Vgl. Benz, Kooperative Verwaltung, S. 54; Hoffmann-Riem, in: ders. / Schmidt-Aßmann / Schuppert (Hrsg.), Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, S. 115 (136 f.); ders., ZAU 1990, 19 (20); als Konsequenz dieser Überforderung wird mitunter der Rückzug des Staates im Sinne von Modernisierung und Straffung gefordert, vgl. Schuppert, DÖV 1995, 761 ff. 23 Vgl. Benz, Kooperative Verwaltung, S. 43, 46. 24 Benz, Kooperative Verwaltung, S. 48. 25 Bryde, VVDStRL 46 (1988), 181 (183). 26 Vgl. hierzu auch § 8 II. 21 22

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sie oft nicht in der Lage ist, den zugrunde liegenden Sachverhalt ohne die Information und den Kenntnisstand des Privaten herauszufinden und zu bewerten. Wird die Interessenlage vorab geklärt, kann das Verwaltungsverfahren zügig und intensiv durchgeführt werden. Dies bewirkt erstens eine Effektivitätssteigerung, zweitens werden spätere gerichtliche Auseinandersetzungen vermieden. Schließlich findet sich der Bürger, wenn er in den Entscheidungsfindungsprozess involviert ist, mit dem Entscheidungsergebnis eher ab und kann dieses ggf. akzeptieren. Das kooperative Verwaltungshandeln hat somit auch eine Befriedungswirkung.28

3. Die Unterscheidung von Staat und Gesellschaft Der partielle Wandel vom hoheitlich agierenden zum kooperierenden Staat hat auch Auswirkung auf den Grundsatz der Unterscheidung von Staat und Gesellschaft. Diese Differenzierung stellt nach herrschendem Staatsverständnis einen Grundpfeiler zur Gewährleistung bürgerlicher Freiheitsrechte dar. Die verschiedenen kooperativen Handlungs- und Organisationsformen zeigen aber, dass auch dieses Prinzip Veränderungen ausgesetzt ist.

a) Der Dualismus von Staat und Gesellschaft aus verfassungsgeschichtlicher Sicht Die Unterscheidung zwischen Staat und Gesellschaft ist aus historischer Sicht ein Phänomen der Neuzeit. In der politischen Ordnung des Mittelalters war diese Unterscheidung kaum vorhanden, da in jener Epoche die Herrschaftsbefugnisse vielfach zerstreut waren und eine letztentscheidende Herrschaftsgewalt nicht existierte. Dieser Zustand wandelte sich aber allmählich im Zeitalter der Aufklärung und des Absolutismus.29 Im absolutistischen Staat stand nämlich auf der einen Seite der durch den Staatsapparat, insbesondere durch die Armee und das Beamtentum, gestützte absolutistische Monarch, der die staatliche Zentralgewalt darstellte. Auf der anderen Seite stand das Bürgertum, das vor allem auf wirtschaftlichem Gebiet Erfolge verbuchte und der merkantilistischen Staatswirtschaft das Modell der liberalen Privatwirtschaft gegenüberstellte. Dabei kam es zu einer Verselbständigung der Staatsgewalt gegenüber den ursprünglichen Herrschaftsständen, 27 Vgl. Hill, UTR Bd. 27 (1994), S. 91 (112); Hoffmann-Riem, ZAU 1990, 19 (24 ff.); Eberle, DV 17 (1984), 439 (441); Bauer, VerwArch 78 (1987), 241 (250 f.); Schröder, NVwZ 1998, 1011. 28 Vgl. Henneke, NuR 1991, 267 (272 f.); Bulling, DÖV 1989, 277 (288); Eberle, DV 17 (1984), 439 (442). 29 Vgl. Zippelius, Allgemeine Staatslehre, S. 265 ff., 267; Herzog, Allgemeine Staatslehre, S. 51 ff.; Böckenförde, in: ders. (Hrsg.), Staat und Gesellschaft, S. 395 (397 f.); ders., Die verfassungstheoretische Unterscheidung von Staat und Gesellschaft, S. 10 ff.; s. ferner Heller, Staatslehre, S. 153 ff.

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§ 2 Kooperation als Paradigmenwechsel im Staatsrecht

die einst selbst politische Macht ausgeübt hatten und nun zu sozialen Schichten mutierten.30 Das Bürgertum versuchte sich in diesem Gefüge gegen staatliche Eingriffe in Bürgerrechte abzusichern und wurde von einem Staat regiert, der nicht durch das Volk legitimiert wurde, sondern durch das monarchische Prinzip und das Gottesgnadentum.31 Allerdings erlangte auch der Staat gegenüber dem Herrscher zunehmend eine autonome Stellung. Der Monarch wurde im aufgeklärten Absolutismus zum ersten Diener des Staates erklärt, welcher mit seiner Hoheitsgewalt dem Gemeinwohl zu dienen verpflichtet war und nach diesem Grundprinzip die Behörden und den Beamtenapparat einzurichten hatte.32 Dieser Dualismus zwischen Staat und Gesellschaft dauerte auch während der konstitutionellen Monarchie des 19. Jahrhunderts fort. Mit der Verfassungsgebung wurde der Monarch nicht etwa im Sinne abgeleiteter Staatsgewalt vom Volk legitimiert; die Verfassung war lediglich ein Instrument monarchischer Selbstbeschränkung.33 Konträr hierzu war indessen das marxistische System, das die Zusammengehörigkeit von Staat und Gesellschaft betonte: Die Gesellschaft stellt im Marxismus die Basis der Produktionsverhältnisse dar, den Überbau bilden das Recht, die Politik und vor allem der Staat selbst.34

b) Staat und bürgerliche Gesellschaft bei Hegel Aus philosophischer und staatswissenschaftlicher Sicht wurden die entscheidenden literarischen Weichen für die Unterscheidung von Staat und Gesellschaft in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gesetzt. In der politischen Philosophie, von Aristoteles über Hobbes bis Kant, wurden bis dahin zur Definition des Begriffes „Staat“ („res publica“) die Begriffe „civitas“, „societas civium“ oder „societas civilis“ verwendet, ohne den Staat als organisierte Einheit oder gar als Rechtsperson zu begreifen. Staat und Gesellschaft waren vielmehr ein homogenes Herrschaftsgefüge, wobei der Staat mit der Gesellschaft im politischen Sinne identisch war.35 Noch Kant, der den Staat als rechtlich verfasste Gemeinschaft zur Sicherung 30 Vgl. Böckenförde, Die verfassungstheoretische Unterscheidung von Staat und Gesellschaft, S. 11; Nach Heller, Staatslehre, S. 153, mussten sich die Stände eine formale Nivellierung mit anderen Untertanen gefallen lassen. 31 Danach geht alle Staatsgewalt von der Krone aus und steht allein dieser zu, der Träger der Krone ist von Gott legitimiert; vgl. Rupp, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. II, § 31 Rn. 5, 9. 32 Böckenförde, Die verfassungstheoretische Unterscheidung von Staat und Gesellschaft, S. 13 f. 33 Rupp, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. II, § 31 Rn. 9. 34 Vgl. Zippelius, Allgemeine Staatslehre, S. 266; Rupp, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. II, § 31 Rn. 10. 35 Vgl. Riedel, in: ders., Zwischen Tradition und Revolution, S. 139 (145 ff.); ders., Bürgerliche Gesellschaft und Staat bei Hegel, S. 9; Böckenförde, in: ders., Staat, Nation, Europa, S. 11; Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 84 ff.; Hofmann, Repräsentation, S. 422 ff.

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der Freiheit des Einzelnen sowie der Gleichheit zwischen den Bürgern deutete und den Gedanken des aktiven Staatsbürgers formulierte, sah in seiner „Metaphysik der Sitten“ die Bürger als Mitglieder der „societas civilis“ an und setzte Letztere mit dem Staat gleich.36 Ein erster Ansatz, der die Verschiedenheit der staatlichen und sozialen Sphäre behandelt, findet sich in der englischsprachigen Literatur, namentlich in einer Monographie von Adam Ferguson über die „Civil Society“.37 Im deutschsprachigen Raum beschrieb etwas später im Jahre 1793 der Staatsrechtslehrer August Ludwig Schlözer die „bürgerliche Gesellschaft“ als eine Vereinigung von Familien, die sich zur Sicherung ihrer Existenz und Elementarbedürfnisse zusammenschließen und ein „pactum unionis virium“ eingehen.38 Demgegenüber entstand für ihn der Staat – in Anknüpfung an die Vertragslehre im Zeitalter der Aufklärung – durch ein „pactum subiectionis“, in dem sich der Bürger einem Herrscher unterwirft, um sich größtmögliche Freiheit zu sichern. Dennoch spricht auch Schlözer von einer „Staatsgesellschaft“, die aus der bürgerlichen Gesellschaft geformt werde, ohne beide klar zu separieren.39 Den entscheidenden Wendepunkt in der Diskussion über den Dualismus von Staat und Gesellschaft hat erst G. W. F. Hegel markiert. In seiner Schrift über die Verhandlungen der württembergischen Ständeversammlung aus dem Jahre 1817 sind einige Indizien sichtbar, die darauf hindeuten, den Staat als eine von der gesellschaftlichen Sphäre sich loslösende Macht anzusehen. In diesem Traktat beschreibt er, von der Theorie des organischen, ständisch repräsentierten Staates inspiriert, die Entstehung der staatlichen Gewalt, die sich von den untergeordneten Zünften absetze, den Ständen aber die Möglichkeit biete, sich in das organische Ganze wieder einzufügen.40 Diese Gedanken führt Hegel 1821 präziser in einem seiner Hauptwerke, nämlich in seiner Rechtsphilosophie aus.41 Im dritten Teil dieses Werkes behandelt er die Trias „Familie – bürgerliche Gesellschaft – Staat“42 und bezeichnet die bürgerliche Gesellschaft als „Differenz, welche zwischen die 36 Vgl. Kant, Metaphysische Anfangsgründe der Rechtslehre, § 47; vgl. auch Kant, ebd., § 45: „Ein Staat (civitas) ist die Vereinigung einer Menge von Menschen unter Rechtsgesetzen.“ 37 Ferguson, An Essay on the History of Civil Society (Erstdruck 1767); vgl. hierzu Angermann, in: Böckenförde (Hrsg.), Staat und Gesellschaft, S. 109 (120 f.). 38 Schlözer, Allgemeines StatsRecht und StatsVerfassungsLere, S. 63 ff., 65. 39 Schlözer, ebd., S. 93 ff. 40 Hegel, Verhandlungen in der Versammlung der Landstände, S. 462 (483); Durner, Antiparlamentarismus in Deutschland, S. 22 ff.; Hocˇevar, Stände und Repräsentation beim jungen Hegel, S. 8 f. 41 Vgl. hierzu auch Riedel, Bürgerliche Gesellschaft und Staat bei Hegel, S. 39 ff.; Rosenzweig, Hegel und der Staat, 2. Bd., S. 118 ff.; Vogel, Hegels Gesellschaftsbegriff, S. 6 ff.; v. Bogdandy, Hegels Theorie des Gesetzes, S. 63 ff.; Stetz, Die gesellschaftstheoretischen Prämissen der Hegelschen Rechtsphilosophie, S. 69 ff.; Nagl, Gesellschaft und Autonomie, S. 28 ff. 42 Zum Zusammenhang zwischen dieser Trias und der katholischen Trias „consilia evangelica“ (Armut, Keuschheit und Gehorsam) vgl. Lübbe-Wolff, ARSP 68 (1982), 223 ff.

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Familie und den Staat tritt“, welche also eine Art Zwischenstufe bildet.43 Hegel charakterisiert die bürgerliche Gesellschaft durch zwei Elemente: Die Gesellschaft setzt sich aus Personen zusammen, deren Handeln zunächst ganz profaner Art ist, nämlich auf die Befriedigung der natürlichen Bedürfnisse zielt und von Selbstsucht getragen ist.44 Da der Einzelne mit anderen in ökonomischen Kontakt tritt, Güter erwirbt oder tauscht, um eben diese Bedürfnisse zu decken, entsteht ein System allseitiger Abhängigkeit.45 Doch darauf beschränkt sich das Wesen der bürgerlichen Gesellschaft nicht. Diese ist für Hegel eine allgemeine geistige und sittliche Entwicklung, in der neben die selbstsüchtigen Aktivitäten des Einzelnen, neben die „Besonderheit“, die „Allgemeinheit“, das Allgemeingültige tritt.46 Das Individuum handelt zwar nicht altruistisch, wird aber vom Gemeinwohl instrumentalisiert. Da das Wohl der Einzelnen miteinander verflochten ist, wird das Individuum für das Gemeinwohl aktiv und reiht sich naturnotwendig zu einem „Gliede der Kette“ ein.47 Die bürgerliche Gesellschaft ist nach Hegel allerdings vom Staat als der höchsten Entwicklungsstufe zu scheiden. Die Aufgabe des Staates darf hierbei nicht auf den Schutz des Eigentums und der persönlichen Freiheit des Individuums reduziert werden. Der Staat ist in Hegels dialektischem Ansatz vielmehr das „an und für sich Vernünftige“, in dem Subjektivität und Allgemeinheit, Individuum und substantieller Wille sich gegenseitig durchdringen.48 Während die Gesellschaft für Hegel sich in einem stetigen Prozess zur Verwirklichung des Sittlichen befindet, ist der Staat die „Wirklichkeit der sittlichen Idee“ und die „Wirklichkeit der konkreten Freiheit“ schlechthin.49 Die konkrete Freiheit wird dadurch gewonnen, dass das Gemeinwohl mit der individuellen Freiheit in Verbindung gebracht wird, dass also die Interessen der Familie und der bürgerlichen Gesellschaft sich im Staat zusammenfügen.50 Dabei lehnt Hegel die von namhaften Aufklärungsphilosophen vertretene Vertragslehre ab, weil er die Konstitution des Staates nicht dem Willen des Bürgers überlassen will, der insofern Vertragspartner wäre. Der Staat wird vielmehr als ein Organismus angesehen, der der institutionellen Gliederung der Gesellschaft zeitlich vorangeht, also a priori existiert und dessen Mitglied der Einzelne von sich aus ist.51 43 Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 182 Zusatz; vgl. ferner zum Begriff „bürgerliche Gesellschaft“ Hegel, ebd., §§ 157, 188. 44 Vgl. Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, §§ 182, 187. 45 Vgl. Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 183. 46 Vgl. Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 189; s. ferner Vogel, Hegels Gesellschaftsbegriff, S. 11, v. Bogdandy, Hegels Theorie des Gesetzes, S. 63 ff., 65. 47 Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 187; vgl. auch Hegel, ebd., § 189. 48 Vgl. Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 258. 49 Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, §§ 257, 260. 50 Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, §§ 260 Zusatz. 51 Vgl. Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 75 Zusatz; vgl. auch Wolff, Hegel-Studien 19 (1984), 147 (153); Scheuner, in: ders., Staatstheorie und Staatsrecht, S. 81 (88 f.); v. Bogdandy, Hegels Theorie des Gesetzes, S. 121.

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Der politische Staat ist für Hegel ein Verfassungsstaat,52 der prinzipiell auf der Idee der Gewaltenteilung beruht, wobei jedoch die gegenseitige Beschränkung, aber auch Verselbständigung der Gewalten von Hegel kritisiert wird. Jede Gewalt hat die Elemente der anderen Gewalten in sich zu enthalten, so dass – und hier wird der Gedanke der Einheit wieder deutlich – die Gewalten ein individuelles Ganzes bilden.53 Den politischen Staat unterteilt Hegel in die Triade gesetzgebende, Regierungs- und fürstliche Gewalt. An der Spitze der als konstitutionelle Monarchie konzipierten Staatsform steht der Regent, der nicht nur das Letztentscheidungsrecht innehat, sondern den Staatswillen darstellt und die Persönlichkeit des Staates ausmacht.54 Zur Regierungsgewalt zählt Hegel die Exekutive, der die Ausführung und Anwendung der monarchischen Entscheidungen obliegen, aber auch – aus heutiger Sicht erstaunlich – die Judikative, die lediglich das „Geschäft der Subsumtion“ zu betreiben habe.55 Das repräsentative Element bilden die Stände, die zwischen der Regierung einerseits und dem Volk anderseits stehen und eine Vermittlungsfunktion ausüben. Über die Stände nimmt der Einzelne am politischen Prozess teil, wobei Hegel ein Zweikammernsystem präferiert.56 Diese Stände haben vor allem eine beratende Funktion, freie Wahlen, aus denen die Abgeordneten der Stände hervorgehen würden, hält er für überflüssig.57 Damit erteilt Hegel basisdemokratischen Konzepten eine Absage und folgt dem von ihm favorisierten organischen Staatsmodell, wobei er zwischen radikal-liberalen und restaurativen Auffassungen zu vermitteln sucht.58

c) Begründung für die Unterscheidung von Staat und Gesellschaft Zwar hat die parlamentarische Demokratie im Gegensatz zu der von Hegel bevorzugten Staatsform die Volkssouveränität, also die vom Volk abgeleitete Staatsgewalt, als Verfassungsprinzip konstituiert. Dennoch bleibt die Unterscheidung von Staat und Gesellschaft auch für die Demokratie als Staatsform maßgeblich und zwar im Hinblick auf die individuellen Freiheitsgarantien. Die Grundrechte setzen nämlich als Abwehrrechte auf die Unterscheidung zwischen Rechtsträger 52 Vgl. hierzu auch Hösle, in: Jermann (Hrsg.), Anspruch und Leistung von Hegels Rechtsphilosophie, S. 183 (195 ff.); Hocˇevar, Hegel und der Preußische Staat, S. 41 ff.; Siep, in: Lucas / Pöggeler (Hrsg.), Hegels Rechtsphilosophie im Zusammenhang der europäischen Verfassungsgeschichte, S. 387 ff.; Wolff, Hegel-Studien 19 (1984), 147 (169 ff.); Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland, 2. Bd., S. 135 ff.; Hofmann, Einführung in die Rechts- und Staatsphilosophie, S. 179 ff. 53 Vgl. Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 272. 54 Vgl. Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 279, 280. 55 Vgl. Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 287. 56 Vgl. Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 312. 57 Vgl. Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, § 311. 58 Vgl. auch Dreier, in: ders., Recht – Moral – Ideologie, S. 316 (320); Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland, 2. Bd., S. 136.

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und Rechtsverpflichtetem.59 Rechtsträgerin ist die Gesamtheit der Bürger, also die Gesellschaft, Rechtsverpflichteter ist der Staat als Inhaber öffentlicher Gewalt. Es gilt in diesem Zusammenhang das „rechtsstaatliche Verteilungsprinzip“: Dort, wo es keine staatliche Regelungskompetenz gibt, kann sich der Einzelne frei entfalten. Die Grundrechte dienen hierbei der Beschränkung staatlicher Eingriffs- und Regulierungsmacht, die Gewaltenteilung stellt als Idee der Ausbalancierung der Staatsgewalt das freiheitssichernde Organisationsprinzip dar.60 Der Dualismus zwischen Staat und Gesellschaft folgt aber auch aus der besonderen Verantwortung des Staates gegenüber der Gesellschaft. Dieser nimmt eine Erhaltungs- und Sicherungsfunktion für die Gesellschaft wahr.61 Die Gesellschaft ist im demokratischen Rechtsstaat nicht selbstregulativ in dem Sinne, dass sie die individuellen Bedürfnisse und Sonderinteressen selbst ordnet.62 Notwendig ist eine andere letztentscheidende Organisation, die die divergierenden Interessen zu einem gerechten Ausgleich bringt und auch die Interessen von Minderheiten und nicht organisierten Gruppen wahrnehmen muss. Der Staat hat sich also – trotz der beschriebenen regulatorischen Krise63 – als politische Ordnungsmacht insbesondere gegenüber mächtigen sozialen Gruppen durchzusetzen, die als Interessenvertretungen auf den politischen Prozess einwirken. Dies setzt aber die grundsätzliche Unterscheidung der staatlichen Sphäre von der gesellschaftlichen voraus.64 Aber auch dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) ist die beschriebene Differenzierung inhärent.65 Die Gesellschaft ist durch die Prinzipien der Heterogenität, Pluralität und des Wettbewerbs gekennzeichnet. Die einzelnen Mitglieder entwickeln sich entsprechend ihrer Begabung, Bildung oder erworbenen Eigentums in unterschiedlicher Weise. Die Eigentumsgarantie führt notwendigerweise zu sozialen Unterschieden. Verfestigen sich diese Unterschiede, ist soziale Unfreiheit die Folge. Der Sozialstaat des Grundgesetzes hat aber zum Ziel, bestehende soziale Ungleichheiten auszugleichen. Deswegen ist er verpflichtet, darauf zu achten, dass 59 Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, S. 153; Karpen, JA 1986, 299 (302 ff.); hierzu und zu den verschiedenen weiteren Theorien vgl. auch Kahl, Jura 2002, 721 (722 f.). 60 Karpen, JA 1986, 299 (304); Böckenförde, Die verfassungstheoretische Unterscheidung von Staat und Gesellschaft, S. 18; vgl. auch Hesse, DÖV 1975, 437 (438); Klein, APuZ 1974, B 50, 3 (9): Durch die Gewaltenteilung werde Macht zum Zwecke der Kontrolle im Dienste individueller Freiheit aufgeteilt. 61 Böckenförde, Die verfassungstheoretische Unterscheidung von Staat und Gesellschaft, S. 27. 62 Vgl. Zippelius, Allgemeine Staatslehre, S. 267; Herzog, Allgemeine Staatslehre, S. 53; Böckenförde, Die verfassungstheoretische Unterscheidung von Staat und Gesellschaft, S. 27. 63 Vgl. § 2 I 2. 64 Vgl. auch Zippelius, Allgemeine Staatslehre, S. 269; Böckenförde, Die verfassungstheoretische Unterscheidung von Staat und Gesellschaft, S. 27; Heintzen, VVDStRL 62 (2003), 220 (235 f.); vgl. ferner Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 26. 65 Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, S. 153; Böckenförde, Die verfassungstheoretische Unterscheidung von Staat und Gesellschaft, S. 37 f.; Karpen, JA 1986, 299 (302 f.); Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, S. 22.

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die von ihm gewährleistete Freiheit aufgrund extremer sozialer Unterschiede nicht ausgehöhlt wird. Der Staat hat somit eine soziale Verantwortung für sein „Gegenüber“, das die Gesellschaft darstellt. d) Dualistisches Modell und kooperatives Staatsverständnis Teilweise wird aber die Unterscheidung von Staat und Gesellschaft als nicht weiterführend angesehen.66 Staat und Gesellschaft seien beide menschliche Verbände, so dass es sich bei der Gegenüberstellung von Staat und Gesellschaft um ein und denselben Verband handele. Wenn der Staat in die wirtschaftlichen Prozesse interveniere, dann intervenierten alle Staatsangehörigen und alle diejenigen, die in der Wirtschaft stünden, in sich selbst.67 Staat und Gesellschaft seien politische Gemeinwesen; der Staatsapparat („government“), der Führungs-, Koordinierungs- und Lenkungsaufgaben wahrnehme, sei integrierender Bestandteil des politischen Gemeinwesens („political society“), er stehe nicht über dem Gemeinwesen. Die Verfassung sei die Verfassung des politischen Gemeinwesens.68 Gegen diese Vorstellung spricht zunächst, dass sich ein Gemeinwesen durch die Verschiedenheit der Individuen und Gruppierungen als Folge der grundrechtlich verbürgten Freiheiten auszeichnet. Die demokratische Verfassung des Gemeinwesens macht es erforderlich, den Begriff des Staatsverbandes mit einem Gegenbegriff, nämlich dem der Gesellschaft zu ergänzen.69 Erst in einem totalitären System fallen der individuelle Verhaltensbereich und der herrschaftlich-politische Bereich zusammen. Dem staatlichen Zugriff auf die Individualsphäre sind dann keine Grenzen gesetzt, die Individualfreiheiten werden nach und nach beseitigt.70 Allerdings hat die Kooperationsidee zu einer teilweisen Veränderung des dualistischen Modells geführt. Der kooperative Staat bedient sich der Träger sozialer und ökonomischer Macht zur Umsetzung seiner Ziele und erledigt mit diesen gemeinsam öffentliche Aufgaben. Staatliche und private Aktivitäten vermischen sich häufig, wenn Private in einst originär staatliche Zuständigkeitsbereiche eingebunden werden. Damit kommt es zu einer Vermengung der staatlich institutionalisierten und der gesellschaftlichen Sphäre.71 Deswegen ist auch der paktierende Staat von der Vorstellung abgerückt, dass das Staat-Bürger-Verhältnis in jedem Fall ein Subordinationsverhältnis darstellen müsse. Mitunter begibt sich der Staat, wie beim öffentlich-rechtlichen Vertrag, in ein Gleichordnungsverhältnis mit dem Bür66 Ehmke, in: Festgabe für Smend, S. 23 ff.; Hesse, DÖV 1975, 437 ff.; Zippelius, Allgemeine Staatslehre, 1. Aufl., S. 138 ff. 67 Ehmke, in: Festgabe für Smend, S. 23 (44). 68 Ehmke, in: Festgabe für Smend, S. 23 (45). 69 Vgl. Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, S. 151; vgl. auch Klein, APuZ 1974, B 50, 3 (9). 70 Böckenförde, in: ders. (Hrsg.), Staat und Gesellschaft, S. 395 (407). 71 Vgl. Ritter, AöR 104 (1979), 389 (408 f.); Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), 137 (150).

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ger als Teil der Gesellschaft. Die kooperativen Handlungsformen sind also mehr von der Idee des Miteinanders als der Idee der Trennung geprägt, auch wenn die staatliche Letztverantwortlichkeit nicht in Frage gestellt werden darf.72 Obgleich also die Grenze zwischen Staat und Gesellschaf partiell verschwimmt, darf einer gänzlichen Entdifferenzierung nicht das Wort geredet werden.73 Nach wie vor ist das dualistische Modell zur Sicherung individueller Freiheitsrechte gegenüber der öffentlichen Gewalt erforderlich. Für ein Kooperationsverhältnis sind in der Regel ein staatlicher und ein privater Kooperationspartner notwendig.74 Eine vollständige Entdifferenzierung würde eine solche Kooperationsbeziehung unmöglich machen. Auch eine Kooperation, die eine kompetenzauflösende Wirkung hätte,75 würde den rechtsstaatlichen Anforderungen an das hoheitliche Handeln nicht gerecht werden.

II. Kooperation und die Herausbildung komplexer Verwaltungsstrukturen 1. Die Einheit der staatlichen Verwaltung a) Die Binnendifferenzierung der Verwaltung Im 19. Jahrhundert war die Auffassung vorherrschend, dass die öffentliche Verwaltung eine Einheit bilde, die sich insbesondere durch Hierarchie, Staatsaufsicht und einen von privaten Kräften nicht durchdrungenen Verwaltungsapparat auszeichne.76 Der Verwaltungsaufbau des modernen Staates unterscheidet sich hingegen gänzlich von dieser Vorstellung. Sowohl die staatliche Gliederung in Bund, Länder und Gemeinden als auch die Binnenstruktur der staatlichen Verwaltungsträger zeigen die Ausdifferenzierung der öffentlichen Verwaltung.77 Daher entspricht das Postulat der „Einheit der Verwaltung“, soweit es die Konzentration 72 Vgl. weiterhin Benz, DV 23 (1990), 83 (88 f.); Braun, Abfallverminderung durch Kooperation von Staat und Wirtschaft, S. 109 f. 73 So auch Di Fabio, VVDStRL 56 (1997), 235 (276 f.); vgl. ferner Michael, Rechtsetzende Gewalt im kooperierenden Verfassungsstaat, 250 f.; Weiß, Privatisierung und Staatsaufgaben, S. 18 f. 74 Vgl. hierzu und zu den Ausnahmen § 4 VI. 75 Nach Depenheuer, in: Huber (Hrsg.), Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 17 (23) „zielt Kooperation begriffsnotwendig auf kompetenzübergreifende und damit tendenziell kompetenzauflösende Aufgabenerfüllung“; festzuhalten ist aber, dass Kooperation, will sie als staatliche Handlungsform akzeptiert werden, dem Rechtsstaatsprinzip und der Zuständigkeitsordnung des Grundgesetzes entsprechen muss. 76 Haverkate, VVDStRL 46 (1988), 217 (219). 77 Vgl. Bryde, VVDStRL 46 (1988), 181 ff.; Haverkate, VVDStRL 46 (1988), 217 ff.; Schuppert, DÖV 1987, 757 ff.; Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 256 ff.; Oebbecke, DVBl. 1987, 866 ff.; Mögele, BayVBl. 1987, 545 ff.

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möglichst vieler Aufgaben bei einer Behörde im Gegensatz zur Aufgabenerledigung durch verschiedene Sonderbehörden verlangt, nicht der verwaltungsrechtlichen Realität.78 Die Verwaltungen des Bundes und der Länder sind pluralistisch geprägt und durch fachliche „Multidisziplinarität“ 79 gekennzeichnet. Diese Binnendifferenzierung wird verstärkt durch die Verflechtung der verschiedenen Verwaltungsstrukturen mit ihrer Umwelt. Die Gliederung der Verwaltung orientiert sich nämlich häufig an dem Adressatenkreis, mit dem die Verwaltung ständig in Kontakt steht. Da der Adressatenkreis aber breit gefächert ist, kommt es zu einer ebenfalls breiten Binnenpluralisierung der Verwaltung.80 Zudem ist der Staat häufig auf die Unterstützung der Adressaten der hoheitlichen Maßnahme angewiesen. Die gegliederte Verwaltung macht sich deshalb den gesellschaftlichen Sachverstand zu eigen, so dass verschiedene Formen der Kooperation mit den privaten Akteuren außerhalb der Verwaltung entstehen.81 Ein Beispiel dafür bildet das kooperative Verwaltungshandeln zwischen der Fachbehörde und dem Anlagenbetreiber bei der Genehmigung umweltrelevanter Vorhaben.82 Das oben genannte Prinzip der „Einheit der Verwaltung“ kann allerdings unter einem anderen Gesichtspunkt Bedeutung erlangen: Das Demokratieprinzip des Grundgesetzes (Art. 20 Abs. 2 GG) verlangt, dass die demokratische Wahlentscheidung des Bürgers auf die Verwaltungstätigkeit der Behörden Auswirkungen hat. Von jedem Amtswalter muss eine Kette von Berufungsakten bis auf das Volk als Träger der Staatsgewalt zurückzuführen sein.83 Ferner müssen sich die Entscheidungen parlamentarischer Organe bis in die unteren Verwaltungsstufen auswirken. Die politische Leitungsbefugnis der Regierung darf insbesondere aufgrund unkontrollierbarer Verwaltungsstellen nicht leerlaufen.84 Aus dem Demokratieprinzip folgt zwar nicht die Einheit der Verwaltung als „Verwaltung eines Gebietes von einer einzigen Behörde oder mehreren unter einer Leitung stehenden Behörden“85, jedoch das Postulat der staatlichen Entscheidungs- und Handlungseinheit. Demzufolge müssen die Entscheidungen der Verwaltung dem Staat als solchem einheitlich zugerechnet werden können.86 Diese Einheit wird sowohl durch die Kompetenzordnung des Grundgesetzes in den Art. 83 ff., die die Länderverwaltung an eine überwiegend bundeseinheitliche 78 Schuppert, DÖV 1987, 757 f.; vgl. auch Oebbecke, DVBl. 1987, 866 mit den Definitionen von Wolff und Forsthoff. 79 Bryde, VVDStRL 46 (1988), 181 (184). 80 Schuppert, DÖV 1987, 757 (758); Bryde, VVDStRL 46 (1988), 181 (184). 81 Vgl. auch Schuppert, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch verselbständigte Verwaltungseinheiten, S. 281 ff. 82 Vgl. hierzu ausführlich § 8 II. 83 Haverkate, VVDStRL 46 (1988), 217 (222); Mögele, BayVBl. 1987, 545 (547). 84 Mögele, BayVBl. 1987, 545 (547). 85 Sog. organisatorische Einheit, Oebbecke, DVBl. 1987, 866. 86 Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 258.

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Gesetzgebung binden, als auch durch die Aufsichtsrechte des Bundes beim Verwaltungsvollzug gesichert.87 In der Verwaltungsentscheidung, die den Endpunkt des Verfahrens bildet, müssen daher die Beiträge der unterschiedlichen Verwaltungsträger zusammengefasst werden. Bis zu diesem Stadium gibt es aber für die einzelnen Behörden genügend Raum, die Sachaufgaben mit Hilfe anderer Behörden wahrzunehmen. Damit ist auch der Rückgriff auf die verwaltungsinternen Ressourcen zur zweckmäßigen Aufgabenerfüllung gewährleistet.88 b) Beteiligung von Privaten an Verwaltungsaufgaben Dass die Verwaltung nicht als monolithischer Block dem Bürger gegenübersteht, zeigt die Beteiligung gesellschaftlicher Akteure an öffentlichen Aufgaben.89 Neben Verwaltungseinheiten, denen durch organisationsrechtlichen Rechtssatz Verwaltungsaufgaben zugewiesen werden,90 wie z. B. den Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, erfüllen vor allem auch Private in erheblichem Maße öffentliche Aufgaben. Von diesen ist zwar der Beliehene die prominenteste, nicht aber die einzige Erscheinungsform. So ist etwa der Einsatz von Sachverständigen und Beauftragten im Umweltrecht besonders verbreitet. aa) Beleihung Die Beleihung stellt eine weitreichende Form der Übertragung von Hoheitsaufgaben auf Private dar.91 Der Beliehene wird durch Gesetz mit der Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben in eigenem Namen betraut.92 Soweit der Beliehene Zurechnungssubjekt der ausgeübten Verwaltungstätigkeit ist, hat er den Status eines Trägers öffentlicher Verwaltung.93 Allerdings ist der Gegenstand der Beleihung seit längerem streitig. Nach der sog. Aufgabentheorie wird durch die Beleihung ein Privater zu materiell-staatlicher 87 Vgl. z. B. Art. 85 Abs. 3 GG für den Fall der Bundesauftragsverwaltung; Bryde, VVDStRL 46 (1988), 181 (190). 88 Bryde, VVDStRL 46 (1988), 181 (198 ff.). 89 Vgl. etwa Heintzen, VVDStRL 62 (2003), 220 (239 ff.); Voßkuhle, VVDStRL 62 (2003), 266 (275 ff.). 90 Krebs, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. III, § 69 Rn. 30; die mittelbare Staatsverwaltung ist aber von der vertikalen Kooperation zu unterscheiden, vgl. § 4 VI. 91 Sie ist aber keine kooperative Erscheinungsform, vgl. § 4 VI. 92 v. Heimburg, Verwaltungsaufgaben und Private, S. 30 ff.; Dreier, Hierarchische Verwaltung im demokratischen Rechtsstaat, S. 248 ff.; Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), 137 (138 ff.); Heintzen, VVDStRL 62 (2003), 220 (240 ff.); Burgi, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 54 Rn. 23 ff.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 23 Rn. 56 ff.; Steiner, DÖV 1970, 526 ff.; Vogel, Öffentliche Wirtschaftseinheiten in privater Hand, S. 46 ff. 93 Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 12 Rn. 18.

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Tätigkeit berechtigt und verpflichtet.94 Diese materiell-staatlichen Aufgaben müssten aber gegenüber Aufgaben, von deren Ausübung Private ausgeschlossen sind, abgrenzbar sein. Da es jedoch keinen abgeschlossenen materiell-rechtlichen Kanon an Staatsaufgaben gibt, der Staat vielmehr aufgrund seiner „Kompetenz-Kompetenz“ befugt ist, sich in einem Bereich für zuständig zu erklären und diesen zum staatlichen Betätigungsfeld zu machen, ist diese Theorie abzulehnen.95 Demgegenüber verlangt die insoweit vorzugswürdigere Rechtsstellungstheorie, dass dem Privaten echte Hoheitsbefugnisse verliehen werden, insbesondere die Kompetenz zur Vornahme hoheitlicher Maßnahmen.96 Durch die Übertragung hoheitlicher Kompetenzen wird der Beliehene demnach dem staatlichen Bereich zugeordnet. Die Beleihung wäre insofern kein Verzicht des Staates auf die Erfüllung einer Aufgabe, sondern ein punktueller Verzicht auf die Erledigung durch eigene Behörden.97 Die Rechtsstellungstheorie unterscheidet sich allerdings von dem Ansatz Steiners, dem es nicht darauf ankommt, ob der Private ermächtigt wird, öffentlichrechtliche Befugnisse gegenüber Dritten auszuüben.98 Die Beleihung sei, so Steiner, durch die Übertragung staatlicher Kompetenzen auf Private bestimmt; Inhalt des Beleihungsaktes seien nicht nur Hoheitskompetenzen, sondern auch verwaltungsprivatrechtlich zu vollziehende Kompetenzen.99 Dagegen spricht jedoch, dass die bloße Aufgabenübertragung keine Erweiterung der rechtlichen Handlungsmöglichkeiten des Privaten zur Folge hat. Es wird lediglich der Aufgabenbereich, also das rechtliche Dürfen, nicht jedoch das rechtliche Können erweitert. Zudem könnte der Staat mit der Erweiterung der Staatsaufgaben ganze Gruppen von Privaten zu Beliehenen machen, so dass der Anwendungsbereich dieses Rechtsinstituts unvorhersehbar wäre.100 Deswegen wird überwiegend als Beliehener nur derjenige Private angesehen, der die Befugnis erhält, selbständig Verwaltungsakte zu erlassen.101 Allerdings bestehen auch unter Zugrundelegung dieser griffigen Abgrenzungsformel fließende Übergänge zu der Rechtsfigur des Beauftragten.102

94 v. Heimburg, Verwaltungsaufgaben und Private, S. 31; Vogel, Öffentliche Wirtschaftseinheiten in privater Hand, S. 60. 95 Vgl. v. Heimburg, Verwaltungsaufgaben und Private, S. 32; Frenz, Die Staatshaftung in den Beleihungstatbeständen, S. 28. 96 v. Heimburg, Verwaltungsaufgaben und Private, S. 34; Vogel, Öffentliche Wirtschaftseinheiten in privater Hand, S. 81. 97 Vgl. Steiner, JuS 1969, 69 (71). 98 Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 46. 99 Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 47 f., 55 f. 100 Vgl. Frenz, Die Staatshaftung in den Beleihungstatbeständen, S. 29. 101 Vgl. Di Fabio, VVDStRL 56 (1997), 235 (271). 102 Vgl. dazu § 2 II 1 b) cc).

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bb) Gesetzliche Indienstnahme Privater Diese von H. P. Ipsen103 in die wissenschaftliche Literatur eingeführte Rechtsfigur bezeichnet einen Vorgang, in dem der Staat zur Schonung eigener Ressourcen die persönlichen und materiellen Kräfte Privater kraft Gesetzes in Anspruch nimmt, um dadurch öffentliche Aufgaben erledigen zu lassen.104 Beispiele hierfür gibt es im Sozialversicherungs- oder Abgabenrecht. Der Arbeitgeber ist etwa verpflichtet, für seine Arbeitnehmer Lohnsteuer abzuführen (§§ 38, 41a EStG105); oder er ist verpflichtet, die Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung einzubehalten und an die Krankenkasse abzuführen (§§ 28e, 28h SGB IV106).107 In diese Rubrik sind allerdings nicht die Fälle einzuordnen, in denen die Dienste des Einzelnen auf gesetzlicher Grundlage durch Verwaltungsakt in Anspruch genommen werden, wie z. B. bei der Schul-, Wegereinigungs- oder der Wehrpflicht.108 Bei der gesetzlichen Indienstnahme steht der Betroffene vielmehr in einem normativ begründeten öffentlich-rechtlichen Leistungsverhältnis, kraft dessen er zur Erfüllung von Verwaltungsaufgaben verpflichtet ist. Er übt keine hoheitlichen Befugnisse aus wie der Beliehene, sondern ist Teil der Zivilrechtsordnung. Gegenüber dem in Dienst genommenen Privaten hat der Staat die Mittel der Aufsicht und des Zwangs, um die angeordnete Aufgabenerfüllung sicherzustellen.109 cc) Einsatz privater Sachverständiger, Gutachter und Beauftragter Ein weiteres Gebiet für die Beteiligung von Privaten an öffentlichen Aufgaben bildet der Einsatz von Sachverständigen in den verschiedenen Bereichen des Umweltschutzes.110 Dabei ist die Verwendung privaten Sachverstandes durch die Verwaltung kein neues Phänomen. Mangels ausreichender eigener Spezialkenntnisse 103 In: Festgabe für E. Kaufmann, S. 141 ff.; vgl. auch Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 184 ff., der allerdings aufgrund seines weitgefassten Beleihungsverständnisses die selbständige Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben in den Vordergrund stellt und die Indienstnahme Privater als eine Sonderform der Beleihung ansieht (S. 186 f.); Dreier, Hierarchische Verwaltung im demokratischen Rechtsstaat, S. 248; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 3, § 90a Rn. 61 ff.; Voßkuhle, VVDStRL 62 (2003), 266 (277). 104 Ipsen, in: Festgabe für E. Kaufmann, S. 141. 105 Einkommensteuergesetz 2002 (EStG 2002) i.d.F. der Bekanntmachung vom 19. Oktober 2002 (BGBl. I S. 4210, ber. BGBl. 2003 I S. 179), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. 12. 2004 (BGBl. II S. 1653). 106 Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – vom 23. Dezember 1976 (BGBl. I S. 3845), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. 3. 2005 (BGBl. I S. 818). 107 v. Heimburg, Verwaltungsaufgaben und Private, S. 38 f. 108 Ipsen, in: Festgabe für E. Kaufmann, S. 143 f. 109 Ipsen, in: Festgabe für E. Kaufmann, S. 151. 110 Ausführlich zum Sachverständigeneinsatz im Immissionsschutzrecht Ludwig, Privatisierung staatlicher Aufgaben im Umweltschutz, S. 174 ff.

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sind die Behörden seit langem auf Beratung durch Sachverständige angewiesen. Grund dafür ist die gesteigerte Spezialisierung in den verschiedenen technischen Bereichen, der zunehmende wissenschaftliche Fortschritt und die Komplexität der behördlich zu regelnden Materien, mit deren Bewältigung die Verwaltung nicht selten überfordert ist.111 Zudem definiert der Gesetzgeber im Umweltrecht häufig bestimmte technische Rechtsbegriffe,112 überlässt aber den eigentlichen Konkretisierungsvorgang der Exekutive, die in den meisten Fällen externen Sachverstand zu Rate ziehen muss. Allgemein gesprochen vermittelt der Sachverständige der Behörde fachspezifisches Wissen, welche dann aufgrund des vom Sachverständigen beigebrachten Tatsachenmaterials die Entscheidung trifft.113 In der Verwaltungspraxis werden die Sachverständigen vielfach für die eben beschriebene Tätigkeit eingesetzt; allerdings ist ihr Aufgabenfeld in einigen Bereichen erweitert worden.114 Die Sachverständigen werden nämlich oft als Beauftragte der Behörde bei administrativen Überwachungsaufgaben eingesetzt. In § 20 AtG115 ist der Einsatz von Sachverständigen im atomrechtlichen Aufsichtsverfahren ausdrücklich normiert, in den §§ 52 Abs. 2 BImSchG, 40 Abs. 2 KrW- / AbfG116 oder 21 Abs. 4 ChemG117 wird der Einsatz von Beauftragten in der Weise als zulässig vorausgesetzt, dass diesen bestimmte Rechte eingeräumt werden. Die Beauftragten haben demnach wie die Angehörigen der Behörden Zutrittsrechte zu den Grundstücken, können Einsicht in die Unterlagen des Betreibers verlangen und technische Messungen vornehmen, z. B. Emissionen und Immissionen ermitteln.118 Problematisch 111 Vgl. Brohm, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. II, 1. Aufl., § 36 Rn. 1; Di Fabio, VerwArch 81 (1990), 193 ff. 112 Vgl. z. B. § 3 Abs. 6 BImSchG (Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-Immissionsschutzgesetz – BImSchG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 26. September 2002 (BGBl. I S. 3830), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. 12. 2004 (BGBl. I S. 3704) mit einer Legaldefinition für den Begriff „Stand der Technik“, welche aber wiederum weitere technische Umschreibungen wie „Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren“ oder „praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen“ enthält. 113 P. Stelkens / Kallerhoff, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 26 Rn. 68. 114 Vgl. zum Einsatz von Sachverständigen im Rahmen komplexer Verwaltungsverfahren § 2 II 2 b). 115 Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz) i.d.F. der Bekanntmachung vom 15. Juli 1985 (BGBl. I S. 1565), zuletzt geändert durch Gesetz vom 6. 1. 2004 (BGBl. I S. 2). 116 Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen (Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz – KrW- / AbfG) vom 27. September 1994 (BGBl. I S. 2705), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. 12. 2004 (BGBl. I S. 3704). 117 Gesetz zum Schutz vor gefährlichen Stoffen (Chemikaliengesetz – ChemG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 20. Juni 2002 (BGBl. I S. 2090), zuletzt geändert durch Gesetz vom 13. 5. 2004 (BGBl. I S. 934). 118 S. § 52 Abs. 2 S. 1 BImSchG.

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wird jedoch in diesen Fällen die Beurteilung der Frage, ob eine bloß sachverständige Ermittlung der tatsächlichen Umstände und Beratung der Behörde im Rahmen der dieser obliegenden Überwachungsaufgaben vorliegt oder ob durch Übertragung von hoheitlichen Befugnissen die Grenze zur Beleihung überschritten worden ist. Im Rahmen der §§ 19 Abs. 2, 20 AtG wird eine Beleihung von der h.M. abgelehnt. Der VGH Kassel119 argumentiert, dass die in § 19 Abs. 2 AtG normierten Zutritts-, Unterstützungs- und Informationsrechte allein der Aufsichtsbehörde zustünden und die Sachverständigen durch ihre Beauftragung lediglich in den Kreis der Personen einbezogen würden, welche diese behördlichen Befugnisse kraft Gesetzes für die Behörde wahrnähmen. Demgegenüber sind die Ansichten im Rahmen der anderen sich strukturell von dieser Vorschrift nicht sonderlich unterscheidenden Normen, in denen der Einsatz von Beauftragten gestattet wird, uneinheitlich. Die Beauftragten könnten nämlich als Privatpersonen angesehen werden, die durch zivilrechtlichen Werkvertrag eingesetzt würden und deren Rechtsbeziehungen zur Behörde privatrechtlicher Natur wären; ihre Aufgabe würde dann in der Erbringung von Teilleistungen im Rahmen der behördlichen Überwachungstätigkeit bestehen. Sofern sie hoheitliche Befugnisse wahrnehmen müssten, bedürfte es einer Beleihung durch ausdrücklichen Verwaltungsakt.120 Stellt man allerdings darauf ab, dass der Beauftragte im Verhältnis zum Bürger selbständig hoheitlich tätig werden darf und nach Absprache mit der Behörde bestimmte Grundrechtseinwirkungen zu Lasten des Anlagenbetreibers vornehmen darf, dann wäre die Grenze zur Beleihung bereits überschritten; der Zutritt durch den Beauftragten z. B. wäre ein auf Duldung gerichteter Verwaltungsakt.121 Dieser Streit zeigt, dass ursprüngliche Differenzierungen, wonach sich die Mitwirkung des sachverständigen Beraters auf das Innenverhältnis zur Behörde beschränkt, die Tätigkeit des Beliehenen hingegen durch seine Rechtshandlungen im Außenverhältnis zum Bürger bestimmt wird,122 nicht ohne weiteres aufrechterhalten werden können. Die angeführten Überlegungen verdeutlichen nämlich, dass immer mehr Entscheidungskompetenzen auf den Privaten übertragen werden. Der 119 NVwZ-RR 1997, 75 (76); vgl. auch Seidel, Privater Sachverstand und staatliche Garantenstellung im Verwaltungsrecht, S. 210. 120 Vgl. Lechelt, in: Koch / Scheuing / Pache (Hrsg.), GK-BImSchG, § 52 Rn. 87 f.; Paetow, in: Kunig / Paetow / Versteyl, KrW- / AbfG, § 40 Rn. 10; Koch / Borchardt / Haag / Laskowski, Anlagenüberwachung im Umweltrecht, S. 16; von bloßer Verwaltungshilfe gehen Lübbe-Wolff / Steenken, ZUR 1993, 263 (265) aus; nach Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, S. 142 soll der Beauftragte, wenn er auf Widerstand stößt, diesen nicht selbst überwinden, sondern darauf warten, dass die Behörde den Widerstand überwindet. 121 Vgl. Di Fabio, DB 1996, Beilage Nr. 16, 1 (8); Seidel, Privater Sachverstand und staatliche Garantenstellung im Verwaltungsrecht, S. 211 ff.; Jarass, BImSchG, § 52 Rn. 27. 122 Brohm, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. II, 1. Aufl., § 36 Rn. 39 f.; nach Skouris, AöR 107 (1982), 215 (224 f.) hat die Aufklärungs- und Beratungstätigkeit des Sachverständigen mit der Tätigkeit des Beliehenen nichts gemeinsam; dabei stellt Skouris maßgeblich auf die Funktion des Sachverständigenbeweises ab.

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private Sachverständige wird vielfach beauftragt, grundrechtsrelevante Maßnahmen mit Eingriffscharakter durchzuführen. Darüber hinaus zeigt sich, dass die herkömmlichen Figuren des Verwaltungshelfers, der als unselbständiger und weisungsabhängiger Gehilfe der Behörde beschrieben wird, und des Beliehenen, der hoheitliche Aufgaben in eigenem Namen wahrnimmt, für die Qualifizierung derartiger Beauftragter nicht hilfreich sind. Faktisch handeln die Beauftragten selbstverantwortlich und weisungsfrei, so dass die Figur des Verwaltungshelfers nicht passt. Die Behörde hat zwar de jure die rechtliche Entscheidungskompetenz inne, mangels eigener ausreichender Sachkenntnis setzt sie sich aber mit den inhaltlichen Fragen der zu regelnden Materie oft nur unzureichend auseinander. Sie beglaubigt lediglich das ihr vorgelegte Ergebnis und vermag die ihr obliegende Überwachungsaufgabe allein nicht hinreichend zu erfüllen.123 Ähnliche Schwierigkeiten ergeben sich bei der Beurteilung der Frage, wie der Einsatz von Umweltgutachtern zu qualifizieren ist.124 Der zugelassene Umweltgutachter ist eine von der zu begutachtenden Organisation unabhängige Privatperson (Art. 2 lit. q) EMAS-VO, § 2 Abs. 2 UAG125), die aufgrund besonderer Fähigkeiten und Eigenschaften zur Wahrnehmung der von der EMAS-VO vorgeschriebenen Aufgaben zugelassen wird. Zu den Anforderungen, die an den Umweltgutachter gestellt werden, zählen Zuverlässigkeit (§ 5 UAG), Unabhängigkeit (§ 6 UAG) und Fachkunde (§ 7 UAG). Er wird zwar auf der Grundlage einer privatrechtlichen Vereinbarung mit der Organisation tätig,126 so dass sein Handeln grds. privatrechtlicher Natur ist. Der Inhalt der Vereinbarung steht jedoch nicht völlig zur freien Disposition der Parteien, sondern ist durch die EMAS-VO determiniert.127 Regelungsvorbild für den Bundesgesetzgeber war im Hinblick auf die Funktion und die Stellung des Umweltgutachters der Betriebsbeauftragte für Umweltschutz. Aller123 Vgl. Di Fabio, DB 1996, Beilage Nr. 16, 1 (8); Osterloh, VVDStRL 54 (1995), 204 (235 f.); vgl. auch Di Fabio, JZ 1999, 585 (589 f.), der den „Beauftragten“ oder „selbständigen Verwaltungshelfer“ als eigene Kategorie ansieht, allerdings konstatiert, dass die Grenzen zwischen Beauftragung und anderen Formen des Einsatzes Privater fließend sind. 124 Vgl. zum Umweltgutachter auch § 11 IV 1 b); zur Aufgabe und Stellung des Umweltgutachters s. Köck, VerwArch 87 (1996), 644 (662 f.); Schottelius, BB 1996, 1235 ff.; Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, S. 170 f.; Kothe, Das neue Umweltauditrecht, Rn. 278 ff.; Groß, Die Privatisierung ordnungsrechtlicher Genehmigungs- und Aufsichtsverfahren auf der Grundlage des Öko-Audit-Systems, S. 45; Falk / Frey, UPR 1996, 58 ff.; zum Umweltaudit als fakultativem Zertifizierungssystem Seidel, Privater Sachverstand und staatliche Garantenstellung im Verwaltungsrecht, S. 273 ff. 125 Gesetz zur Ausführung der Verordnung (EG) Nr. 761 / 2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. März 2001 über die freiwillige Beteiligung von Organisationen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung (EMAS) (Umweltauditgesetz – UAG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 4. September 2002 (BGBl. I S. 3490), zuletzt geändert durch Gesetz vom 4. 12. 2004 (BGBl. I S. 3166). 126 Vgl. Art. 4 Abs. 4 i.V.m. Anhang V Abschn. 5.5.1. EMAS-VO. 127 Anhang V Abschn. 5.5.1. S. 2 und 3 EMAS-VO; zu weiteren Pflichten des Umweltgutachters s. Anhang V Abschn. 5.5.2., 5.5.3 und 5.5.4; zum Inhalt der Vereinbarung vgl. auch Schottelius, BB 1996, 1235 (1236); Kothe, Das neue Umweltauditrecht, Rn. 280.

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dings sollten die Prüfungsaufgaben des Umweltgutachters nach der Vorstellung des Gesetzgebers umfangreicher sein als die des Umweltbeauftragten, auch sollte er über besondere Managementkenntnisse verfügen.128 Doch ist dies nicht der einzige Unterschied zum Betriebsbeauftragten. Dieser ist nämlich in das Unternehmen eingebunden und wird vom Anlagenbetreiber ernannt,129 während der Umweltgutachter in keiner gesellschafts- oder arbeitsrechtlichen Rechtsbeziehung zu der zu begutachtenden Organisation stehen darf (vgl. § 6 Abs. 2 Nr. 1 lit. a) und b) UAG). Ferner übt der Umweltgutachter keine gewerbsmäßige Tätigkeit aus (§ 4 Abs. 2 UAG) und wird staatlich beaufsichtigt (vgl. §§ 15 ff. UAG).130 Die Stellung des Umweltgutachters weist des Weiteren auch deswegen Besonderheiten auf, weil die sog. „Validierung“ (Art. 3 Abs. 2 lit. d) EMAS-VO) sich von einem Sachverständigengutachten im Sinne von § 26 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 VwVfG131 unterscheidet: Nachdem der Umweltgutachter die Umweltprüfung, das Umweltmanagementsystem, die Umweltbetriebsprüfung und die Umwelterklärung überprüft und die Umwelterklärung für gültig erklärt (validiert) hat, nimmt die Registerstelle die EMAS-Eintragung vor,132 wenn u. a. die für gültig befundene Umwelterklärung vorgelegt wird und die Registerstelle aufgrund ihrer Erkundigungen bei der zuständigen Umweltbehörde davon ausgehen kann, dass die Organisation alle Anforderungen der EMAS-VO erfüllt (vgl. Art. 6 Nr. 1 EMAS-VO). Während der Sachverständige im Rahmen des § 26 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 VwVfG einen von der Behörde abschließend festzustellenden und zu würdigenden Sachverhalt begutachtet,133 ist der Umweltgutachter durch seine selbständige Prüftätigkeit und die Validierung besonders intensiv in einen öffentlich-rechtlichen Entscheidungsprozess, nämlich die Standortregistereintragung, eingebunden. Er fungiert auch nicht lediglich als Beweismittel, wie dies § 26 Abs. 1 S. 2 VwVfG vorsieht. Die Validierung ist ein wesentliches und notwendiges Element, auf das die Registerstelle die EMAS-Eintragung stützt. Dies zeigt einerseits, dass der Umweltgutachter qualitativ eine andere Stellung als ein Betriebsbeauftragter oder ein im Verwaltungsverfahren gem. § 26 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 VwVfG hinzugezogener Sachverständiger hat; andererseits ist er aber kein Beliehener. Darüber hinaus macht gerade das Beispiel des Umweltgutachters nochmals deutlich, dass die Beteiligung Privater an öffentlichen Aufgaben sich immer weniger nach herkömmlichen Kriterien kategorisieren lässt. BT-Drucks. 13 / 1192, S. 19. Vgl. z. B. § 53 Abs. 1 BImSchG; s. ausführlich zum Betriebsbeauftragten § 5 II 3. 130 Im Gegensatz dazu wird der Betriebsbeauftragte auf behördliches Verlangen hin vom Betreiber von seinen Aufgaben entbunden, vgl. z. B. § 55 Abs. 2 S. 2 BImSchG und Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, S. 170. 131 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102), zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. 5. 2004 (BGBl. I S. 718). 132 Vgl. §§ 32 f. UAG; die Standortregistereintragung ist ein Verwaltungsakt im Sinne von § 35 S. 1 VwVfG. 133 P. Stelkens / Kallerhoff, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 26 Rn. 68. 128 129

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Angesichts der teils weitreichenden Kompetenzen von Sachverständigen und Gutachtern ist es notwendig, dass deren besondere fachliche und persönliche Eigenschaften genauer geregelt werden. Die Anforderungen sind nämlich bislang nur bruchstückhaft gesetzlich kodifiziert.134 Dazu zählen vor allem die Objektivität und Neutralität des Sachverständigen. Um diese zu sichern, sollten einheitliche Befangenheitsvorschriften geschaffen werden, da die Anwendbarkeit der §§ 20, 21 VwVfG divergierend beurteilt wird.135 Auch müssten institutionelle Voraussetzungen aufgestellt werden, um die Unabhängigkeit des Sachverständigen von seinem Auftraggeber zu gewährleisten. Weiterhin ist es erforderlich, Richtlinien für dessen Qualifikation zu schaffen und die Fortbildungsmaßnahmen zu regeln. Schließlich sollten auch die Modalitäten der staatlichen Aufsicht normiert werden.136 Durch derartige gesetzliche Vorkehrungen könnten die Vorteile der Einbeziehung Sachverständiger genutzt werden, ohne dass die staatliche Verantwortung für das Verfahrensergebnis preisgegeben wird. dd) Kondominale Verwaltungseinheiten Die kondominalen Verwaltungseinheiten137 sind pluralistisch geprägte Verwaltungseinheiten mit Entscheidungsfunktion. Sie sind dadurch gekennzeichnet, dass in Kollegialgremien nichtstaatliche Experten und Angehörige der Verwaltung zusammengefasst werden. Damit werden „privater Sachverstand und gesellschaftliche Partikularinteressen staatlicherseits inkorporiert“.138 Die privaten Akteure erhalten nicht nur ein Forum, um ihre Anliegen gegenüber den staatlichen Entscheidungsträgern vorzutragen, wie dies bei den Anhörungen im Rahmen des parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens sonst der Fall ist. Sie werden vielmehr an der Entscheidungsfindung beteiligt. Zu erwähnen sind insbesondere Bewertungsgremien wie die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, die sich aus einem vom Bundesfamilienministerium ernannten Vorsitzenden, Beisitzern, die von den Landesregierungen ernannt werden, und weiteren Beisitzern aus den Kreisen der Kunst, der Literatur, des Buchhandels, der Verlegerschaft, der Anbieter von Bild134 Vgl. z. B. § 36 GewO (Gewerbeordnung i.d.F. der Bekanntmachung vom 22. Februar 1999 (BGBl. I S. 202), zuletzt geändert durch Gesetz vom 30. 7. 2004 (BGBl. I S. 2014)) für die öffentlich bestellten Sachverständigen. 135 Vgl. Lübbe-Wolff, Modernisierung des Umweltordnungsrechts, S. 48 f.; Ritter, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht als Steuerungsressource, S. 207 (237); Lukes, in: ders. / Bischof / Pelzer, Sachverständigentätigkeit im atomrechtlichen Genehmigungs- und Aufsichtsverfahren, S. 13 (15); Bonk / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 20 Rn. 25. 136 Vgl. Steenken, in: Gusy (Hrsg.), Privatisierung von Staatsaufgaben, S. 298 (310), dort auch zu weiteren Vorschlägen. 137 Vgl. hierzu Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominalverwaltung, S. 120 ff.; Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 264 ff.; Heintzen, VVDStRL 62 (2003), 220 (244 f.); Horn, DV 26 (1993), 545 (561 ff.). 138 Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominalverwaltung, S. 120.

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trägern und Telemedien, der Jugendhilfe, Lehrerschaft und Kirchen zusammensetzt.139 Die Bundesprüfstelle entscheidet über die Aufnahme von Medien, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen zu gefährden, in eine eigens dafür geschaffene Liste.140 Anzuführen ist ferner der beim Bundesumweltministerium gebildete Umweltgutachterausschuss, der sich aus weisungsfreien Vertretern der Unternehmen, der Umweltgutachter, der Umwelt- und Wirtschaftsverwaltungen des Bundes und der Länder, der Gewerkschaften und Umweltverbände zusammensetzt und vor allem Richtlinien für die Auslegung und Anwendung wesentlicher Vorschriften des UAG erlässt.141 Mitunter werden allerdings bestimmte Gefahrenlagen aufgrund der „Verselbständigung der Verwaltungseinheiten“ 142 gesehen und vor einem Abgleiten in den „neokorporatistischen Verbändestaat“ gewarnt.143 Zudem wird eine Aufspaltung der Verwaltung in eine unüberschaubare Vielzahl von Nebeneinheiten und eine Schwächung des demokratischen Gemeinwillens befürchtet. Ferner werden Defizite aufgrund einer nicht notwendigen Segmentierung von Entscheidungsvorgängen konstatiert.144 Nichtsdestotrotz hat der Einsatz derartiger Verwaltungseinheiten auch einige Vorteile:145 Der Staat macht sich nämlich die Sachkunde der privaten Gruppierungen und deren organisatorisch verfestigte Spezialisierung zunutze und entlastet sich dadurch selbst. Die Beteiligung pluraler Verwaltungseinheiten führt ferner zu einer Akzeptanzsteigerung bei den Entscheidungsbetroffenen.146 In Bezug auf die oben genannte Bundesprüfstelle betont das BVerfG, dass diese zeitlich begrenzte öffentliche Aufgaben wahrnehme und dass die Beteiligung der verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen gerechtfertigt sei, da Entscheidungen hinsichtlich der Presse- und Kunstfreiheit möglichst in einer gewissen Distanz zum Staat ergehen sollten.147 Die Bildung derartiger Verwaltungseinheiten ist darüber hinaus Ausfluss 139 S. § 19 Abs. 1 und 2 JuSchG (Jugendschutzgesetz (JuSchG) vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2730), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. 7. 2004 (BGBl. I S. 1857)); die Mitglieder sind nicht an Weisungen gebunden, § 19 Abs. 4 JuSchG. 140 Vgl. §§ 17 Abs. 2, 18 Abs. 1 JuSchG. 141 Vgl. §§ 21, 22 Abs. 1 UAG. 142 Vgl. dazu Schuppert, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch verselbständigte Verwaltungseinheiten, passim. 143 Vgl. hierzu ausführlich § 2 III. 144 Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 265; Dreier, Hierarchische Verwaltung im demokratischen Staat, S. 283 ff. 145 Dreier, Hierarchische Verwaltung im demokratischen Staat, S. 270 ff.; Kirchhof, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. III, § 59 Rn. 96 ff.; Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominalverwaltung, S. 131 ff.; Krebs, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. III, § 69 Rn. 18. 146 Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominalverwaltung, S. 135 f.; Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 264 f. 147 Vgl. BVerfGE 83, 130 (150).

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einer zunehmenden Komplexität staatlicher Verfahrensabläufe, bei denen es sich der Staat nicht leisten kann, die gesellschaftlich Betroffenen außen vor zu lassen. Durch Schaffung solcher Verwaltungseinheiten kommt es zu einem „Handlungsverbund“ zwischen öffentlicher Verwaltung und pluralistischen Kräften. Damit werden Elemente gesellschaftlicher Selbststeuerung148 mit den tradierten Formen der Staatsverwaltung verknüpft, es entsteht eine Zwischenform aus Staats- und Selbstverwaltung.149 Allerdings verlangt die staatliche Gemeinwohlverantwortung, dass der Hoheitsträger die privaten Entscheidungshilfen im Rahmen eines gesetzlich vorgegebenen Verfahrens koordiniert.150 Der Gesetzgeber muss sowohl die pluralistische Interessenrepräsentanz als auch das Verfahren der Entscheidungsfindung gesetzlich regeln, um die demokratische Legitimität der Verwaltungseinheiten zu gewährleisten.151 Der Staat hat zudem durch Aufsichtsmaßnahmen in Form der Rechtsaufsicht sicherzustellen, dass die Verwaltungseinheiten die Grundsätze des Gesetzesvorrangs und des Gesetzesvorbehalts beachten.152 Die prinzipiell zulässige Einbindung dieser Gremien und deren Expertenwissen bedingen aber auch, dass der Hoheitsträger sich nicht durch singuläre Zweckmäßigkeitsentscheidungen in jede Tätigkeit der Verwaltungseinheit einmischt. Denn sonst würden die Vorteile der Aufgabenauslagerung durch eine restriktive Staatsaufsicht zunichte gemacht.153

2. Multipolare Interessenkonstellationen a) Komplexe Verwaltungsentscheidungen Für das klassische Verwaltungsrecht war das bipolare Verhältnis zwischen gesetzesvollziehender Verwaltung und gesetzesunterworfenem Bürger charakteristisch. Insbesondere im Hinblick auf das Polizei- und Ordnungsrecht wurden die allgemeinen Kategorien des Verwaltungsrechts wie die Lehre vom Verwaltungsakt, die Prinzipien des Vorrangs und des Vorbehalts des Gesetzes oder die Lehre vom Verwaltungsermessen entwickelt. Spiegelbildlich wurde auf der Rechtsschutzebene der Individualrechtsschutz etabliert. Demnach kann der Einzelne durch Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt vorgehen, wenn er die Verletzung eigener subjektiver Rechtspositionen geltend machen kann.154 Der Kernbestand des Vgl. hierzu ausführlich § 3 I 2. Dreier, Hierarchische Verwaltung im demokratischen Staat, S. 278; Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominalverwaltung, S. 120 f. 150 Kirchhof, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. III, § 59 Rn. 51 f. 151 Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 265 spricht insoweit vom institutionellen Gesetzesvorbehalt. 152 Dreier, Hierarchische Verwaltung im demokratischen Staat, S. 287 ff.; vgl. auch Schuppert, DÖV 1987, 757 (762). 153 Vgl. Dreier, Hierarchische Verwaltung im demokratischen Staat, S. 288 f. 148 149

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polizeirechtlichen Verwaltungsrechts war demnach auf eine exakt bestimmbare Gefahrenlage zugeschnitten, die individuell zurechenbar war und durch im bipolaren Verhältnis ergehende Verfügungen beseitigt werden konnte.155 Die Verwaltungsrechtsdogmatik hat allerdings insbesondere durch das Planungsund Umweltrecht Veränderungen erfahren. Die Verwaltung hat seit längerem ein Beziehungsgeflecht unterschiedlicher konkurrierender und kollidierender Interessen zu regeln. Dabei sind zahlreiche Behörden beteiligt, welche unterschiedliche Funktionen ausüben, verschiedene Belange, deren Verhältnis zueinander gesetzlich oft nicht geklärt ist, berücksichtigen müssen und aufgrund unterschiedlicher Rechtsgrundlagen operieren.156 Auf Seiten der Bürger sind im Rahmen von Planungs- und Genehmigungsverfahren die Betroffenen, die häufig gegenläufige Interessen haben, anzuhören, verschiedene Einwendungen entgegenzunehmen und Erörterungstermine abzuhalten;157 teilweise müssen auch Verbände beteiligt werden.158 Die Gesamtheit dieser Phänomene zeigt demnach eines deutlich: den Wandel vom bipolaren zum multipolaren Rechtsverhältnis.159 Mit diesem Wandel korreliert aber zum einen die Tatsache, dass die der behördlichen Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalte häufig komplexer geworden sind. Zum anderen sind Verweisungen auf außerrechtliche, naturwissenschaftliche Begriffe, wie „Stand der Technik“ (§ 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BImSchG) oder „Stand von Wissenschaft und Technik“ (§ 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG), die der Verwaltung die technische Prognose innerhalb unübersichtlicher Sachverhalte auferlegen, nichts Ungewöhnliches mehr.160 Die Verwaltung hat daher häufig komplexe Verwaltungsentscheidungen zu treffen, die sich durch Interdependenz von Verwaltungshandeln auszeichnen und „Ausdruck administrativer Gestaltungs- und Verteilungsaufgaben sind“.161

154 Vgl. § 42 Abs. 2 VwGO (Verwaltungsgerichtsordnung i.d.F. der Bekanntmachung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. 3. 2005 (BGBl. I S. 837)) und Di Fabio, in: Lorz u. a. (Hrsg.), Umwelt und Recht, S. 9 (15 ff.). 155 Di Fabio, in: Lorz u. a. (Hrsg.), Umwelt und Recht, S. 9 (19). 156 Vgl. Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 168. 157 Vgl. z. B. die §§ 73 VwVfG, 10 BImSchG. 158 Vgl. z. B. § 58 BNatSchG; hierzu unten § 9 II. 159 Hierzu Wahl / Hermes / Sach, in: Wahl (Hrsg.), Prävention und Vorsorge, S. 217 (221 ff.); Hoffmann-Riem, AöR 119 (1994), 590 (593 ff.). 160 Dies ist auch ein Grund für die häufige Zuhilfenahme von Sachverständigen, vgl. oben § 2 II 1 b) cc) und Di Fabio, VerwArch 81 (1990), 193 (195). 161 Schmidt-Aßmann, VVDStRL 34 (1976), 221 (224); vgl. hierzu des Weiteren SchmidtAßmann, in: Festgabe aus Anlaß des 25jährigen Bestehens des Bundesverwaltungsgerichts, S. 569 ff.; ders., Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 152 f.; Scholz, VVDStRL 34 (1976), 145 (152 f.); Burmeister, UTR Bd. 5 (1988), S. 121 ff.; Di Fabio, in: Lorz u. a. (Hrsg.), Umwelt und Recht, S. 9 (22 ff.); ders., Risikoentscheidungen im Rechtsstaat, S. 58 ff.; Steinberg, DÖV 1982, 619 ff.

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Dabei ist „Komplexität“ ein aus der Soziologie stammender Begriff und wird insbesondere in der Systemtheorie verwendet.162 Er kennzeichnet das Problem, dass aufgrund bestimmter Entwicklungsbedingungen moderner Gesellschaften soziale Verhältnisse vielschichtig geworden sind.163 Zur Beschreibung des Begriffs „Komplexität“ geht man in der Systemtheorie von der Differenz von Element und Relation aus. Bei der Zunahme der Zahl der Elemente, die in einem System zusammengehalten werden müssten, gebe es eine Grenze, von der an nicht jedes Element zu jedem anderen in Beziehung gesetzt werden könne. Eine Menge von Elementen sei komplex, wenn aufgrund immanenter Beschränkungen der Verknüpfungskapazität nicht mehr jedes Element mit jedem anderen verknüpft werden könne.164 Komplexität bezeichnet also „den Grad der Vielschichtigkeit, Vernetzung und Folgelastigkeit eines Entscheidungsfeldes“.165 „Vernetzung“ bedeutet in diesem Zusammenhang die wechselseitige Abhängigkeit der einzelnen Elemente und „Folgelastigkeit“ die Zahl und das Gewicht der durch eine bestimmte Entscheidung in Gang gesetzten Kausalketten.166 Viele Sachverhalte aus dem Umwelt-, Raumordnungs- und Entwicklungsplanungsrecht zeichnen sich durch eine derartige Vernetzung und gegenseitige Verknüpfung aus. So ist die Aufgabe der Verwaltung nicht in erster Linie Subsumtion, sondern Selektion des entscheidungserheblichen Tatsachenmaterials. 167 Die Entscheidungen haben zudem eine besondere Breiten- und Tiefenwirkung erreicht, da sie naturwissenschaftliche, technische, ökologische und ökonomische Prozesse in Gang setzen, die über das Entscheidungsfeld hinaus auf andere Bereiche Auswirkungen haben.168 Trotz der Unüberschaubarkeit des Sachverhaltes und mangelnden Vorhersehbarkeit der Folgewirkungen administrativer Maßnahmen sind die gesetzlichen Grundlagen allerdings oft nur „grobmaschig“169. Die Verwaltung muss daher ein Bündel an Planungsgrundsätzen und Abwägungsgesichtspunkten berücksichtigen,170 wie z. B. im Rahmen der §§ 2 Abs. 1 BNatSchG, 2 Abs. 2 Zur Systemtheorie vgl. § 3 I 2. Willke, Systemtheorie I: Grundlagen, S. 18. 164 Luhmann, Soziale Systeme, S. 46; vgl. auch Di Fabio, Risikoentscheidungen im Rechtsstaat, S. 59: Es bestehe eine Komplexitätsdifferenz zwischen dem System und seiner Umwelt, ein System könne nicht auf alle Ereignisse in seiner Umwelt reagieren, sondern müsse selektiv vorgehen und ordnen; Luhmann, Soziale Systeme, S. 50 f. bezeichnet in einem weiteren Sinne Komplexität als Mangel eines Systems an Informationen, welche das System haben müsste, um seine Umwelt vollständig erfassen und beschreiben zu können. 165 Willke, Systemtheorie I: Grundlagen, S. 22. 166 Willke, Systemtheorie I: Grundlagen, S. 22. 167 Hoppe, in: Festgabe aus Anlaß des 25jährigen Bestehens des Bundesverwaltungsgerichts, S. 295 (298). 168 Steinberg, DÖV 1982, 619; Hoppe, in: Festgabe aus Anlaß des 25jährigen Bestehens des Bundesverwaltungsgerichts, S. 295 (298). 169 Schmidt-Aßmann, VVDStRL 34 (1976), 221 (226). 170 Di Fabio, in: Lorz u. a. (Hrsg.), Umwelt und Recht, S. 9 (28 f.). 162 163

5 Shirvani

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ROG171. Die hierbei getroffenen Entscheidungen haben ein hohes Maß an Gestaltungs-, Planungs- und Direktionspotential und können eine Vielzahl von Belangen – individuelle oder öffentliche, lokale oder regionale – betreffen.172

b) Komplexitätsminderung durch Kooperation Um den beschriebenen Komplexitätsproblemen des Verwaltungsverfahrens gerecht zu werden, können verschiedene Wege eingeschlagen werden.173 Dabei kann die Beteiligung Privater naturgemäß nicht sämtliche Probleme komplexer Verfahren lösen,174 sondern nur zum Komplexitätsabbau innerhalb von Teilbereichen beitragen. Ein Ansatz hierzu ist die als „administrative Pluralisierung“ bezeichnete Verstärkung des Sachverstandes der öffentlichen Verwaltung. Dies bedeutet verwaltungsintern eine Spezialisierung des Verwaltungshandelns im öffentlichen Dienst und verwaltungsextern die Öffnung des Entscheidungsprozesses für die privaten Akteure.175 In diesem Konzept sind die bereits erwähnten Beteiligungen von Sachverständigengremien,176 aber auch kooperative Handlungsformen zur Reduzierung der Komplexität von Verwaltungsverfahren bedeutsam. So ist im arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahren,177 das mit seiner Zweckprogrammierung in § 1 AMG178 oder der Verweisung auf Wissenschaftsstandards 171 Raumordnungsgesetz (ROG) vom 18. August 1997 (BGBl. I S. 2081), zuletzt geändert durch Gesetz vom 24. 6. 2004 (BGBl. I S. 1359). 172 Hoppe, in: Festgabe aus Anlaß des 25jährigen Bestehens des Bundesverwaltungsgerichts, S. 295 (299). 173 Hoffmann-Riem, AöR 119 (1994), 590 (603 f.) nennt als einen Weg zur Komplexitätsminderung die Entscheidungsfragmentierung durch Aufspaltung eines Entscheidungskomplexes in verschiedene Teilelemente, was z. B. bei Verwaltungsentscheidungen in Form von Vorbescheiden oder Teilgenehmigungen der Fall wäre; vgl. zu den „Techniken der Stufung“ in Planungs- und Genehmigungsverfahren Schmidt-Aßmann, in: Festgabe aus Anlaß des 25jährigen Bestehens des Bundesverwaltungsgerichts, S. 569 ff. 174 Vgl. auch Voßkuhle, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem“ Staat, S. 47 (86 ff.), der eine „Parzellierung von Verantwortungsbereichen“, wie die Stärkung der Verantwortlichkeit von Unternehmen (z. B. § 52a BImSchG), oder die Entwicklung „konfektionellen Rechts“ in Form der Ausarbeitung eines eigenständigen Sachverständigenrechts vorschlägt. 175 Vgl. Pitschas, in: Konrad (Hrsg.), Grundrechtsschutz und Verwaltungsverfahren, S. 23 (60); vgl. auch Trute, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem“ Staat, S. 13 (29); Burmeister, UTR Bd. 5 (1988), S. 121 (158). 176 Vgl. zu anderen Formen der Sachverständigenbeteiligung § 2 II 1 b) cc) und dd). 177 Hierzu Di Fabio, VerwArch 81 (1990), 193 ff.; ders., Risikoentscheidungen im Rechtsstaat, S. 192 ff.; zur Kooperation bei der Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe im Arzneimittelzulassungsverfahren vgl. Schneider, Das Kooperationsprinzip im Vorfeld der Arzneimittelzulassung, S. 20, 93 ff. 178 Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz) i.d.F. der Bekanntmachung vom 11. Dezember 1998 (BGBl. I S. 3586), zuletzt geändert durch Gesetz vom 10. 2. 2005 (BGBl. I S. 234); nach § 1 AMG ist Zweck des Gesetzes, im Interesse einer

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in § 5 Abs. 2 AMG als komplexes Verwaltungsverfahren anzusehen ist, vor der Zulassung eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels179 eine Zulassungskommission zu hören (§ 25 Abs. 6 S. 1 AMG). Die Mitglieder der Zulassungskommission werden dabei u. a. von den Kammern der Heilberufe, den Fachgesellschaften der Ärzte und den pharmazeutischen Unternehmen vorgeschlagen und vom Bundesgesundheitsministerium ernannt (§ 25 Abs. 6 S. 4 AMG). Das Besondere an diesem Verfahren ist, dass eine Abweichung vom Votum der Zulassungskommission der besonderen Begründung auf Seiten der Verwaltung bedarf (§ 25 Abs. 6 S. 3 AMG). Deswegen geht das Votum der Zulassungskommission über eine unverbindliche Anhörung hinaus; es tritt eine „faktische Regelbindung“ des zuständigen Bundesgesundheitsamtes ein. Insofern wird zum einen externer Sachverstand inkorporiert, zum anderen findet eine organisatorische Kooperation zwischen unabhängigem Sachverstand und staatlichen Behörden statt.180 Eine weitere Form der Hinzuziehung von Sachverständigen im Arzneimittelrecht ist die obligatorische Beteiligung externer Sachverständiger gem. § 25 Abs. 5 S. 1 AMG. Bei nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ist zwar keine Beteiligung der oben genannten Zulassungskommission vorgesehen. Stattdessen werden aber der Zulassungsentscheidung die vom Hersteller der Arzneimittel gem. § 24 AMG beigebrachten Sachverständigengutachten, die die Kontrollmethoden und Prüfungsergebnisse zusammenfassen und auch bewerten, zugrunde gelegt. Die Zulassungsbehörde kann zwar die Beurteilung von Gegensachverständigen einholen und diese bei der Zulassungsentscheidung berücksichtigen (vgl. § 25 Abs. 5 S. 2 AMG). Allerdings bleibt dies aufgrund des quantitativen Zulassungsdrucks zumeist die Ausnahme.181 Die dadurch bewirkte „administrative Pluralisierung“ des Zulassungsverfahrens führt also einerseits zu einer Entlastung der Behörden im Rahmen ihrer Verwaltungstätigkeit, andererseits wird Verantwortung auf Private verlagert, um die Komplexität des Verfahrens zu reduzieren und dessen Effizienz zu steigern.182 Trotz dieser Vorteile darf aber nicht vergessen werden, dass auch der Einfluss von demokratisch nicht legitimierten Funktionsträgern ausgeweitet wird. Die Zunahme derartiger komplexer Verwaltungsentscheidungen hat für die Funktion des Verwaltungsverfahrens eine wichtige Konsequenz: Es muss dem Ausgleich involvierter Interessen und Rechtspositionen dienen.183 Das Verwaltungsverfahren mit seiner finalen Programmierung hat dafür zu sorgen, dass bei der Abwägung und Konkretisierung eine Optimierung der Interessenverarbeitung ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung von Mensch und Tier für die Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln zu sorgen. 179 Vgl. § 49 AMG. 180 Di Fabio, Risikoentscheidungen im Rechtsstaat, S. 452 f. 181 Di Fabio, VerwArch 81 (1990), 193 (204 f.). 182 Hierzu Steinberg, DÖV 1982, 619 (620 f.). 183 BVerfGE 61, 82 (115). 5*

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angestrebt wird. Die Optimierung gelingt am besten, wenn durch Kooperation ein größtmögliches Maß an Konkordanz bei der Befriedigung der verschiedenen Interessen erreicht wird.184 Bedingung für den Ausgleich der Interessen ist aber, dass Vertrauen, Akzeptanz und Konsens geschaffen werden. Das administrative Verfahren muss dazu beitragen, eine angemessene Konfliktbewältigung zu organisieren und Verfahrenschancengleichheit zu sichern. Der Private muss ferner über den Verfahrensgegenstand aufgeklärt werden, ihm müssen die Chancen und Risiken, die Vorteile und Nachteile des Verfahrens aufgezeigt werden.185 Bei der Sachverhaltsermittlung und der Implementation des Entscheidungsergebnisses gibt es zahlreiche Formen der kooperativen Wahrnehmung von Aufgaben durch Staat und Private, sei es auf formeller oder informeller Ebene. Auf formeller Ebene kann der Staat durch öffentlich-rechtlichen Vertrag (§§ 54 ff. VwVfG) sich verbindlich mit dem betroffenen Bürger über den Verfahrensgegenstand einigen, nachdem gemeinsam ein Lösungsweg gesucht wurde.186 In umweltrechtlichen Genehmigungsverfahren, z. B. in immissionsschutzrechtlichen oder wasserrechtlichen Verfahren, werden häufig informelle Vorabklärungen, insbesondere in Form von Vorverhandlungen durchgeführt,187 in denen die Weichen für den offiziellen Entscheidungsprozess gestellt werden. In den Vorgesprächen werden die maßgeblichen Rechtsfragen erörtert, Anregungen und Hinweise durch die Behörde gegeben und Änderungswünsche des Betreibers entgegengenommen. Sehr oft stimmt später die zu treffende formelle Entscheidung mit dem Ergebnis der Vorverhandlungen überein.188 Da bei diesen informellen Vorabklärungen ein genereller Anspruch Drittbetroffener oder der Öffentlichkeit auf Beteiligung nicht besteht, ist es Aufgabe der Behörde, die Belange der Nichtbeteiligten in die Vorverhandlungen einzubeziehen und schon im Vorfeld für einen Interessenausgleich zu sorgen. Daneben kommt auch eine Repräsentantenbeteiligung in Betracht.189 Kooperative Handlungsformen können also dazu beitragen, die sachliche Komplexität der Verfahren zu reduzieren, indem die privaten Informationen für die Sachverhaltsaufklärung genutzt, Konflikte frühzeitig verringert resp. ausgeräumt werden und die Legitimität der Entscheidung gesteigert wird. Damit kann zugleich der Widerstand gegen belastende, aber notwendige Verwaltungsmaßnahmen minimiert werden.190

184 Vgl. Pitschas, in: Konrad (Hrsg.), Grundrechtsschutz und Verwaltungsverfahren, S. 23 (59); Hoffmann-Riem, AöR 119 (1994), 590 (599). 185 Für das atomrechtliche Verfahren Hoffmann-Riem / Rubbert, Atomrechtlicher Erörterungstermin und Öffentlichkeit, S. 28. 186 Vgl. Hoffmann-Riem, AöR 119 (1994), 590 (607 f.). 187 Vgl. hierzu § 8 II. 188 Hoffmann-Riem, VVDStRL 40 (1982), 187 (192 f.). 189 Vgl. hierzu § 8 IV. 190 Vgl. Hoffmann-Riem / Rubbert, Atomrechtlicher Erörterungstermin und Öffentlichkeit, S. 29.

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3. Rechtsverhältnislehre und kooperative Rechtsbeziehungen Das tradierte Verwaltungsverständnis ist stark geprägt von der Lehre der Handlungsformen der Verwaltung. Handlung bezeichnet in diesem Zusammenhang jedes der Exekutive zurechenbare Verhalten, das in einem Tun, Dulden oder Unterlassen besteht. Die Handlungsformenlehre typisiert die Handlungsalternativen der Verwaltung, indem sie z. B. zwischen Verwaltungsakt, öffentlich-rechtlichem Vertrag, Rechtsverordnung und Satzung unterscheidet, und unterstellt diese Rechtshandlungen spezifischen standardisierten Anforderungen.191 Sie umfasst aber auch das Verwaltungstathandeln, nämlich das schlichte Hoheitshandeln, das primär auf die Herbeiführung eines tatsächlichen Erfolges gerichtet ist.192 Die verwaltungsrechtliche Systembildung nach Handlungsformen hat dabei mehrere Funktionen. Sie dient der Rechtssicherheit, da Verwaltung und Bürger auf einen vorgefertigten Rechtsrahmen zurückgreifen können. Sie rationalisiert bzw. effektuiert hoheitliches Handeln, weil nicht bei jedem Verwaltungshandeln bestimmte Grundsatzfragen neu gestellt werden müssen. Darüber hinaus hat sie auch eine „Speicherfunktion“, da die Qualifizierung einer bestimmten Handlung das Auffinden konkreter Lösungen für die Verfahrens- und prozessualen Fragen erleichtert.193 So wichtig diese Funktionen der Handlungsformenlehre sind – sie können einige Defizite nicht kaschieren. Diese folgen nicht zuletzt aus der zentralen Stellung des Verwaltungsaktes in der Handlungsformenlehre. Bereits in den 1970er Jahren wurde konstatiert, dass der Verwaltungsakt nur eine „Momentaufnahme“ innerhalb einer sich stetig fort entwickelnden Rechtsbeziehung darstelle, das Rechtsverhältnis hingegen für eine materiellrechtliche Betrachtungsweise viel wichtiger sei.194 Die Rechtsverhältnislehre kann dadurch, dass sie die Gesamtbetrachtung des erfassten Lebenssachverhaltes zulässt, leichter die den Rechtsnormen zugrunde liegenden Sachverhaltsstrukturen in den Vordergrund stellen.195 Für die Kooperation von Staat und Bürger ist darüber hinausgehend bedeutsam, dass die Handlungsformenlehre auf die Verwaltungstätigkeit fixiert ist und den Bürger dabei nicht ausreichend berücksichtigt. Demgegenüber könnte die Erfassung der Rechte und Pflichten des Bürgers durch die Bewertung des gesamten Rechtsverhältnisses sachgerechter erfolgen.196 Schließlich konzentriert sich die Lehre von den Handlungsfor191 Vgl. z. B. Schmidt-Aßmann, DVBl. 1989, 533 ff.; Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 11 Rn. 1 f.; v. Danwitz, Verwaltungsrechtliches System und Europäische Integration, S. 67 ff.; Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 21 Rn. 1 ff.; Bauer, DV 25 (1992), 301 (308 ff.). 192 Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 32 ff., 35. 193 Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 2, § 44 Rn. 2 f.; Schmidt-Aßmann, DVBl. 1989, 533; Burmeister, VVDStRL 52 (1993), 190 (232 f.). 194 Bachof, VVDStRL 30 (1972), 193 (231). 195 Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Schuppert (Hrsg.), Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, S. 11 (44). 196 Vgl. Ehlers, DVBl. 1986, 912 (915); v. Wedemeyer, Kooperationen beim Vollzug des Umweltrechts, S. 182.

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men – von machen Rechtsfiguren, wie der des Verwaltungsakts mit Dritt- oder Doppelwirkung abgesehen – zu sehr auf das bilaterale Staat-Bürger-Verhältnis. Die kooperativen Rechtsbeziehungen sind aber häufig drei- oder mehrseitig. Bei einem Genehmigungsverfahren sind beispielsweise neben der zuständigen Genehmigungsbehörde und dem Antragsteller häufig Dritte, etwa unmittelbar betroffene Nachbarn, aber auch sonstige Anwohner und Bürgerinitiativen, weitere Fachbehörden, bei Genehmigungen mit grenzüberschreitendem Charakter auch ausländische Behörden197 involviert. Dieses konfliktträchtige Beziehungsgeflecht könnte mit der Rechtsverhältnislehre besser beleuchtet werden.198 Betrachtet man das Rechtsverhältnis als „rechtsnormgestaltete Beziehung zwischen zwei oder mehreren Subjekten“,199 kann man zwischen verschiedenen Arten von Rechtsverhältnissen differenzieren. Rechtsverhältnisse können nach der Art ihrer Entstehung unterschieden werden, je nachdem, ob sie aufgrund eines Gesetzes, Verwaltungsaktes oder Vertrages zustande gekommen sind. Auch kann nach der Dauer eines Rechtsverhältnisses typisiert werden; sog. Momentverhältnisse entstehen aus einem konkreten Anlass und erschöpfen sich in einem einzigen Vollzug (z. B. ordnungsrechtliche Verfügung), während in den sog. Dauerverhältnissen die Berechtigungen und Verpflichtungen sich wiederholen (z. B. Mitgliedschaft in einem Beamtenverhältnis).200 Daneben wird das Verfahrensrechtsverhältnis als eigene Kategorie angesehen, welches die im Gesetz abstrakt angelegte Rechtsbeziehung zwischen Verwaltung und Bürger konkretisiert und eine funktionale Beziehung zum materiellen Rechtsverhältnis aufweist.201 Soweit der Gesetzgeber in den Vorschriften des besonderen Verwaltungsrechts die Rechte und Pflichten des Bürgers gegenüber dem Verwaltungsträger, z. B. als Steuerschuldverhältnis in den §§ 37 ff. AO202 oder als Sozialrechtsverhältnis in den §§ 30 ff., 38 ff. SGB I203 geregelt hat, ist das Denken in Rechtsverhältnissen zur Auslegung dieser Bestimmungen, als Handlungsrahmen für die Verwaltung und als Kontrollmaßstab für die Gerichte bedeutsam. Dennoch hat das „Rechtsverhältnis“ eine lediglich komplementäre Funktion und kann die konkretisierende und 197 Vgl. z. B. § 8 UVPG (Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 5. September 2001 (BGBl. I S. 2351), zuletzt geändert durch Gesetz vom 24. 6. 2004 (BGBl. I S. 1359)). 198 Vgl. Ehlers, DVBl. 1986, 912 (915); Henneke, NuR 1991, 267 (274 f.); Bauer, DV 25 (1992), 301 (314 f.). 199 Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 20 Rn. 14. 200 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 8 Rn. 18 ff.; Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 20 Rn. 25 ff. 201 Hill, Das fehlerhafte Verfahren und seine Folgen im Verwaltungsrecht, S. 275 f.; P. Stelkens / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 9 Rn. 5 ff. 202 Abgabenordnung (AO 1977) i.d.F. der Bekanntmachung vom 1. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3866, ber. 2003 S. 61), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. 3. 2005 (BGBl. I S. 837). 203 Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) – Allgemeiner Teil – vom 11. Dezember 1975 (BGBl. I S. 3015), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. 3. 2005 (BGBl. I S. 818).

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stabilisierende Funktion des Verwaltungsakts nicht ersetzen.204 Auch ist klarzustellen, dass das Rechtsverhältnis primär eine heuristische Funktion zur Analyse typischer Kommunikationsvorgänge zwischen Bürger und Verwaltung hat.205 Aus dem allgemeinen Rechtsverhältnis lassen sich konkrete Rechte und Pflichten des Einzelnen nicht herleiten, sondern nur aus den durch Gesetz oder Verwaltungshandeln begründeten besonderen Rechtsverhältnissen.206 Ein derartiges Verwaltungshandeln kann aber auch das informal-kooperative Verwaltungshandeln darstellen. Bevor ein Verwaltungsverfahren beginnt, kann es zu intensiven Vorverhandlungen zwischen Behörde und Privaten und zu einer besonderen Nähebeziehung zwischen beiden kommen.207 Durch diese Verhandlungen wird der einzelne Bürger aus dem Kreis der Normadressaten individualisiert, es entsteht durch den intensiven Verfahrenskontakt ein Verfahrensrechtsverhältnis.208 Dieses Rechtsverhältnis kann wiederum selbst Grundlage für bestimmte nicht kodifizierte Nebenpflichten sein. Die Verwaltung hat z. B. Beratungs-, Auskunfts-, Erörterungs-, und Hinweispflichten gegenüber dem Bürger. Auch hat sie das Gebot der Verfahrensfairness zu beachten und sich unparteiisch zu verhalten.209 Verwaltung und Bürger haben ferner die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Aufgaben bzw. die Verfahrensinteressen der jeweils anderen Seite.210 Aus der Verletzung bestimmter Nebenpflichten können schließlich auch Ansprüche aus culpa in contrahendo bzw. aus Amtshaftung gem. § 839 BGB211 i.V.m. Art. 34 GG resultieren.212 Dies zeigt insgesamt, dass die Rechtsverhältnislehre über ihre heuristische Funktion hinaus ein Erklärungsmuster für Nebenpflichten in Kooperationsverhältnissen sein kann.

v. Danwitz, DV 30 (1997), 339 (344); Ehlers, DVBl. 1986, 912 (915). Vgl. Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 302; ders., DVBl. 1989, 533 (540); v. Danwitz, DV 30 (1997), 339 (347 ff.). 206 Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 205. 207 Vgl. hierzu § 8 I und II. 208 Vgl. Bauer, VerwArch 78 (1987), 241 (263 ff.); ders., DV 25 (1992), 301 (320 f.); Hill, Das fehlerhafte Verfahren und seine Folgen im Verwaltungsrecht, S. 281; Beyerlein, NJW 1987, 2713 (2718); Henneke, NuR 1991, 267 (275). 209 Näheres hierzu unter § 10 IV 2. 210 Vgl. P. Stelkens / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 9 Rn. 30 ff., 35 f.; Schoch, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Innovation und Flexibilität des Verwaltungshandelns, S. 199 (213); Bauer, DV 25 (1992), 301 (321 ff.); Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 364 f.; Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 219 f.; skeptisch v. Danwitz, DV 30 (1997), 339 (350 ff.). 211 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.d.F. der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, ber. S. 2909 und BGBl. 2003 I S. 738), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. 12. 2004 (BGBl. I S. 3396). 212 Näheres hierzu unter § 10 IV 3. 204 205

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III. Verbändesystem und kooperativer Staat Interessenvertretungen, Verbände und „pressure groups“ sind eine feste Größe im parlamentarischen Regierungssystem der Bundesrepublik. Die direkte und indirekte Einflussnahme der Verbände auf die Staatstätigkeit und die damit verbundenen verfassungstheoretischen, politischen und soziologischen Implikationen stellen hierbei eine interdisziplinär erörterte Thematik dar. Im Problemkomplex „Kooperation von Staat und Verbänden“ sollen daher einige wesentliche Aspekte in diesem Kontext beleuchtet werden.

1. Verbändemacht und Gewaltenteilungsgrundsatz Der Aktionsradius von Verbänden hat seit der Entstehung der BRD stetig zugenommen. Insbesondere die zur „Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen“ (Art. 9 Abs. 3 GG) gegründeten Arbeitgebervereinigungen und Gewerkschaften haben sich seit geraumer Zeit zu mächtigen politischen Akteuren entwickelt, die kraft Tarifautonomie, professioneller Organisation und Mitgliederzahl die deutsche Wirtschafts- und Sozialpolitik maßgeblich mitgestalten. Eines der klassischen Tätigkeitsfelder der Verbände ist dabei nach wie vor in ihrer Einflussnahme auf den legislativen Willensbildungs- und Entscheidungsprozess zu sehen. Während die Aktivitäten der Verbände im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren in Form von Anhörungen und gutachtlichen Stellungnahmen sinnvoll sind und der sachverständigen Information und Beratung des Gesetzgebers dienen, hat sich inzwischen jedoch ein Beziehungsgeflecht zwischen den Mitgliedern der Legislative und den organisierten Interessengruppen entwickelt, das nur schwer zu durchschauen ist. Dieses Beziehungsgeflecht beinhaltet informelle Kontakte der Verbände mit den Abgeordneten genauso wie die Mitgliedschaft von Verbandsfunktionären in den jeweiligen Bundestagsausschüssen.213 Doch beschränkt sich das Engagement der Verbände nicht auf diese Bereiche. Vor allem die großen Interessenvertretungen und ihre Dachverbände, die ein dichtes Netz an institutionalisierten und semiinstitutionellen Verbindungen zu den Parteien und der Politik geknüpft haben, üben durch ihre Mitglieder und Funktionäre, aber auch über die Medien politischen Druck auf die staatlichen Verantwortungsträger aus und können politische Entscheidungen mittelbar steuern. Dieser Zustand ist 213 Vgl. hierzu auch v. Arnim, Staatslehre der Bundesrepublik Deutschland, S. 284 ff., 291 ff.; Sontheimer / Bleek, Grundzüge des politischen Systems Deutschlands, S. 195 ff.; Herzog, in: ders., Staat und Recht im Wandel, S. 1 ff.; Steinberg, in: ders. (Hrsg.), Staat und Verbände, S. 228 (245 ff.); Schütt-Wetschky, Interessenverbände und Staat, S. 9 ff.; zu den unterschiedlichen Mechanismen der Kooperation zwischen Staat und Verbänden s. auch Gusy, Vom Verbändestaat zum Neokorporatismus?, S. 18 ff.; der Einfluss der Verbände führt zur Entstehung von Verhandlungsbeziehungen und innergesellschaftlichen Abhängigkeiten, aber auch zur Erosion innstaatlicher Souveränität, vgl. hierzu aus politikwissenschaftlicher Sicht Scharpf, PVS 1991, 621 ff., 623.

III. Verbändesystem und kooperativer Staat

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nicht nur politisch bedenklich, sondern könnte zur Paralyse des parlamentarischpluralistischen Systems führen, wenn die gesellschaftlichen Interessenorganisationen genügend Macht aggregieren und an einem Strang ziehen würden. Darüber hinaus könnte aber auch eine verfassungsrechtliche Schieflage eintreten. Neben den originären verfassungsrechtlichen Gewalten, also der Exekutive, Legislative und Judikative, würde, wenn sich die Interessenvertretungen nachhaltig etablieren, eine weitere Gewalt existieren, die zwar verfassungsrechtlich nicht vorgesehen ist, aber faktisch an politischen Entscheidungen mit weitreichender Wirkung für die gesamte Bevölkerung teilnimmt. Damit würde das System der Gewaltenteilung, dem die gegenseitige Beschränkung und Kontrolle der staatlichen Gewalten inhärent ist, beeinträchtigt. 214

2. Pluralismus- und Neokorporatismustheorie Doch ist dies nur die eine Seite der Medaille. Die Verbände werden nämlich seit jeher zugleich als unverzichtbare Bestandteile einer „offenen Gesellschaft“ (K. R. Popper) angesehen, die gesellschaftliche Interessen bündeln, diese gegenüber den politischen Entscheidungsträgern artikulieren, nach außen hin eine Vermittlungsfunktion und nach innen (gegenüber ihren Mitgliedern) eine Integrationsfunktion wahrnehmen. Damit wirken sie für den Einzelnen freiheitssichernd und entlasten durch ihre Sachkompetenz den Staat bei der Erfüllung seiner Aufgaben.215 Die für eine freiheitliche Gesellschaft konstitutive Rolle der Verbände wird vor allem von der Pluralismustheorie betont, deren geistesgeschichtliche Wurzeln im Zeitalter der Aufklärung zu finden sind. Frühe theoretische Ansätze pluralistischen Denkens, die den durch die gesellschaftlichen Gruppen im Wettbewerb zustande gebrachten Interessenausgleich als das Regulativ des politischen Prozesses bewerteten, gab es in den Vereinigten Staaten von Amerika.216 Die Grundgedanken 214 Vgl. hierzu bereits Böckenförde, Der Staat 15 (1976), 457 (466, 474 f.); legitimatorische Defizite aufzeigend: Streit, in: Gäfgen (Hrsg.), Neokorporatismus und Gesundheitswesen, S. 33 (40 ff.). 215 Vgl. Reutter, ZParl 2002, 501 ff.; ders., APuZ 2000, B 26 – 27, 7, 12 ff.; Grande, in: Bührer / Grande (Hrsg.), Unternehmerverbände und Staat in Deutschland, S. 15 ff.; Streeck, ebd., S. 53 (55 f.); vgl. auch ders. / Schmitter, in: ders., Korporatismus in Deutschland, S. 191 (215 ff.), wo er die Vorteile „privater Interessenregierungen“ darstellt; s. aus verfassungsrechtlicher Sicht des Weiteren Steinberg, in: ders. (Hrsg.), Staat und Verbände, S. 228 (232 ff.). 216 Zu nennen ist insbesondere James Madison, der sich mit dem Gruppenpluralismus in der Zeit der Entstehung der amerikanischen Verfassung auseinandersetzte; im letzten Jahrhundert profilierten sich vor allem Arthur Bentley und David Truman als Apologeten des amerikanischen Pluralismus, vgl. zu den unterschiedlichen konzeptionellen Ausprägungen in den USA und der Rolle des Staates in diesen Ansätzen Steffani, Pluralistische Demokratie, S. 21 ff.; ders., in: Oberreuter (Hrsg.), Pluralismus, S. 37 (41 ff.); s. ferner den Überblick bei v. Arnim, Gemeinwohl und Gruppeninteressen, S. 148 ff., der von der „Pluralistischen Harmonielehre“ spricht; Reutter, Korporatismustheorien, S. 29 ff.; Sebaldt, Organisierter Plura-

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dieser Lehre wurden in Deutschland insbesondere durch O. von Gierke in seiner Verbandsrechtslehre aufgegriffen, wo er sich mit der Vielzahl gesellschaftlicher Verbandseinheiten und deren Integration in das staatliche Gemeinwesen beschäftigte.217 Als einer der einflussreichsten deutschen Pluralismustheoretiker des 20. Jahrhunderts hat sich darüber hinaus E. Fraenkel erwiesen, der frühzeitig den Pluralismus als das Strukturelement der freiheitlichen Demokratie bezeichnete. Wesensmerkmal eines pluralistischen Staates ist nach Fraenkel die Existenz autonomer Verbände, deren Gründung frei sei und in denen sich die Bürger organisieren könnten, ohne dass die Verbände – wie in totalitären Staaten – gleichgeschaltet würden.218 Dabei vertritt Fraenkel die Auffassung, dass in einer differenzierten Gesellschaft das Gemeinwohl nicht a priori feststehe, sondern Ergebnis eines „delikaten Prozesses der divergierenden Ideen und Interessen“ sei, wobei in der Auseinandersetzung zwischen den Ideen rechtlich normierte Verfahrensvorschriften sowie die gesellschaftlichen Spielregeln eines fair play beachtet werden müssten.219 Damit wollte sich Fraenkel bewusst von der Idee eines einheitlichen Gemeinwohls absetzen, wie ihn vor allem Rousseau begründet hatte. Nach Rousseau setzt nämlich Demokratie im Sinne von Volksherrschaft eine ausreichende Homogenität der Bevölkerung voraus, in der der „volonté générale“ regiert. Eine solche Gesellschaft könnte aber nicht ausdifferenziert sein und Sonderinteressen („volontés particulières“) enthalten, welche in Entscheidungsprozessen durch Verbände repräsentiert würden.220 Allerdings lassen sich mit der Pluralismustheorie bestimmte Dysfunktionalitäten nicht deuten. Ein Defizit dieser Theorie ist ihre Grundannahme, wonach der Wettbewerb der betroffenen Interessen die „richtige“ Entscheidung hervorbringen werde und die Bürger sich automatisch organisieren würden, wenn ihre Interessen tangiert seien oder gar auf dem Spiel stünden. Wie die Lehre von der „Logik kollektiven Handelns“ gezeigt hat, kann nämlich der Einzelne bei kollektiven Gütern mit Bezug für die Allgemeinheit an den Vorteilen, die durch die Gruppe bzw. den Verband erzielt werden, auch dann partizipieren, wenn er in der Gruppe nicht Mitglied ist.221 Deswegen haben Gruppen, die Allgemeininteressen repräsentieren, lismus, S. 46 f.; zur Geschichte des Pluralismus in Großbritannien vgl. Quaritsch, Der Staat 19 (1980), 29 ff. 217 Vgl. dazu Gierke, Das Wesen der menschlichen Verbände, S. 23 ff., 32 ff.; Kremendahl, Pluralismustheorie in Deutschland, S. 84 ff. 218 Vgl. Fraenkel, in: ders., Deutschland und die westlichen Demokratien, S. 297 (298 f.). 219 Fraenkel, in: ders., Deutschland und die westlichen Demokratien, S. 297 (300). 220 Vgl. Fraenkel, in: ders., Deutschland und die westlichen Demokratien, S. 277 (279 ff.). 221 Begründet wurde diese Lehre von Olson, Die Logik des kollektiven Handelns; vgl. Olson, ebd., S. 124 ff., wo er sich mit den Hypothesen der „analytischen Pluralisten“ bzw. „Gruppentheoretiker“ kritisch befasst; vgl. zur Auseinandersetzung mit Olsons Lehre Schubert (Hrsg.), Leistungen und Grenzen politisch-ökonomischer Theorie; s. ferner Sebaldt, Organisierter Pluralismus, S. 47 ff.; v. Arnim, Staatslehre der Bundesrepublik Deutschland, S. 295 ff.; zur Kritik an den Pluralismustheorien s. weiterhin v. Alemann / Heinze, in: dies.

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häufig eine geringere Anzahl an sich für diese einsetzenden Mitglieder und damit weniger Einfluss, als dies der Zahl der Betroffenen und dem Gewicht der vertretenen Belange entspräche; ein Beispiel bildet nach wie vor der mäßige Einfluss der Verbraucherverbände auf die Politik. Demgegenüber verstehen sich kleine Interessengruppen häufig besser zu organisieren und ihre Interessen konsequenter durchzusetzen. Daher kann von einer sich im Wettbewerb einstellenden Balance zwischen den Interessengruppen nicht ausgegangen werden. Vielmehr existieren in der Praxis sehr oft Interessensasymmetrien. Diese Systemschwächen betonend entwickelte sich in den 1970er Jahren ein Gegenmodell zur Pluralismustheorie, das nicht auf den Interessenwettbewerb, sondern – von empirischen Untersuchungen insbesondere aus dem Bereich der Wirtschaftspolitik ausgehend – auf die Instrumentalisierung der Verbände durch den Staat und konzertierte Aktionen zwischen Staat und Wirtschaft abstellte. Diese als „Neokorporatismus“ bezeichnete Lehre, die insbesondere auf den amerikanischen Wissenschaftler P. C. Schmitter zurückzuführen ist,222 geht von einem Interessenvermittlungssystem zwischen dem Staat und einer begrenzten Anzahl von Verbänden aus, die hierarchisch organisiert und nach funktionalen Kriterien abgegrenzt sind, wobei die Gründung der Verbände meist hoheitlich initiiert ist.223 Der Staat gibt den Verbänden ein Repräsentationsmonopol, verlangt aber deren Unterstützung bei der Politikimplementation. In einem solchen Modell sind die zahlenmäßig geringen Organisationen die natürlichen Kooperationspartner des Staates und arbeiten mit diesem zur Regulierung der Verteilungskonflikte im Bereich der Sozialund Wirtschaftspolitik zusammen. Der Korporatismus stellt dabei als Steuerungsmodell eine Alternative zur direkten staatlichen Regulierung, aber auch zu antibürokratischen neoliberalen Marktvorstellungen dar. Im Vordergrund stehen nämlich die Organisation kollektiver privater Interessen und die Delegation öffentlicher Verantwortung auf die Verbände. Im Gegensatz zu pluralistischen Auffassungen sind die Verbände nicht lediglich Interessenvertretungen, sondern werden zu „Interessenunternehmungen“ bzw. „-regierungen“, die Gruppeninteressen kreieren und vermitteln („interest intermediation“).224

(Hrsg.), Verbände und Staat, S. 12 (18 ff.); v. Arnim, Gemeinwohl und Gruppeninteressen, S. 151 ff.; Grimm, in: ders., Die Zukunft der Verfassung, S. 241 (245 f.). 222 Vgl. z. B. Schmitter, The Review of Politics 1974, 85 ff.; ders., in: v. Alemann / Heinze (Hrsg.), Verbände und Staat, S. 92 ff.; hierzu Reutter, Korporatismustheorien, S. 66 ff., 100 ff.; Gusy, Vom Verbändestaat zum Neokorporatismus?, S. 54 ff. 223 Zum Verhältnis von „Neokorporatismus“ und „korporativer Staatsgewalt“ vgl. Dederer, Korporative Staatsgewalt, S. 93 ff. 224 Vgl. zu den unterschiedlichen Korporatismuskonzepten Lehmbruch, in: v. Alemann / Heinze (Hrsg.), Verbände und Staat, S. 50 ff.; ders., in: Gäfgen (Hrsg.), Neokorporatismus und Gesundheitswesen, S. 11 ff.; v. Alemann / Heinze, in: dies. (Hrsg.), Verbände und Staat, S. 38 ff.; Streeck, PVS 1994, Sonderheft 25, 7 ff.; ders. / Schmitter, in: Streeck, Korporatismus in Deutschland, S. 191 (206 ff.); Schütt-Wetschky, Interessenverbände und Staat, S. 46 ff.; Czada, PVS 1994, Sonderheft 25, 37 ff.

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§ 2 Kooperation als Paradigmenwechsel im Staatsrecht

3. Schwierigkeiten bei der Einschränkung von Verbändemacht Allerdings ist auch das korporatistische System vor einseitiger Interessendurchsetzung nicht gefeit. Dies hängt damit zusammen, dass nach diesem Modell lediglich relativ große Organisationen öffentliche Aufgaben übernehmen und politische Macht ausüben sollen, diese aber meist nur bestimmte Interessensegemente abdecken. Oft haben die großen Konzerne, die sich als „global player“ betätigen und die Steigerung des Unternehmenswertes im Auge haben, andere Interessen als der Nationalstaat, der sich um den heimischen Arbeitsmarkt und einen hohen Beschäftigungsgrad zu kümmern hat. Auch etwaige staatliche Ingerenz- resp. Aufsichtsrechte können die Durchsetzung von Gemeinwohlinteressen nicht garantieren. Daher ist die seit langem erörterte Frage über Mechanismen zur Begrenzung des Einflusses von Verbänden nach wie vor aktuell, auch wenn die Vorschläge der Wissenschaft selten durch konkrete politische Maßnahmen umgesetzt wurden. Dies betrifft insbesondere die Idee der Demokratisierung der innerverbandlichen Organisation und Willensbildung.225 Demnach sollten die Rechte des Mitgliedes gegenüber dem Verband dadurch gestärkt werden, dass Organisationen, die nach Funktion und Stellung öffentlich-relevante Aufgaben wahrnähmen, den Anforderungen demokratischer Willensbildung zu entsprechen hätten. Insoweit dürfe die Rechtsstellung des Bürgers gegenüber der Organisation nicht schwächer sein als diejenige gegenüber staatlicher Macht. Für Organisationen, die an der Willensbildung des Staates unmittelbar beteiligt seien, würde dies aus der analogen Anwendung des Art. 21 Abs. 1 S. 3 GG folgen.226 Allerdings ist fraglich, ob die Handlungen eines Verbandes durch die Stärkung der Mitgliederrechte eine höhere Dignität oder Legitimität erlangen würden. Eine stärkere Legitimation durch das Votum der Verbandsmitglieder darf nämlich nicht mit der demokratischen, durch Wahlen begründeten Legitimität verwechselt werden. Diese wird durch das Wohlvolk als Ganzes vermittelt und zeichnet sich durch das Erfordernis der Allgemeinheit der Wahl aus.227 Demgegenüber wollen die Mitglieder, die an verbandsinternen Abstimmungen teilnehmen, ihre spezifischen Interessen durch die Verbandsführung repräsentiert sehen. Zudem hätte eine Stärkung von Mitgliedsrechten oder die Einführung plebiszitärer Mitgliedsrechte negative Implikationen. Sie würde einerseits bei Verbänden, die eine große Anzahl von Mitgliedern aufweisen und politische Forderungen erheben, den Anschein höherer de225 Vgl. hierzu v. Arnim, Staatslehre der Bundesrepublik Deutschland, S. 299 ff.; Böckenförde, Der Staat 15 (1976), 457 (477 f.); Grimm, in: ders., Die Zukunft der Verfassung, S. 241 (253 ff.); Schmidt, Der Staat 17 (1978), 244 (261 ff.). 226 Biedenkopf, in: FS Ballerstedt, S. 13 (26 f.); Schelter, Demokratisierung der Verbände?, S. 58; Teubner, Organisationsdemokratie und Verbandsverfassung, S. 178 ff.; s. auch Mann, Macht und Ohnmacht der Verbände, S. 62 ff., 338; Gusy, Vom Verbändestaat zum Neokorporatismus?, S. 65 ff.; Sontheimer / Bleek, Grundzüge des politischen Systems Deutschlands, S. 215. 227 Vgl. Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG.

III. Verbändesystem und kooperativer Staat

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mokratischer Legitimität erwecken. Andererseits würde die Verbandsführung, wenn sie aufgrund der verbindlichen Vorgaben der Basis in ihrem Aktionsradius eingeschränkt würde, die Fähigkeit zur strategischen Flexibilität, die sie in der Auseinandersetzung mit anderen Interessengruppierungen braucht, verlieren.228 Nicht zuletzt deswegen sind auch die Vorschläge zur Verabschiedung eines Verbändegesetzes, das u. a. diese Fragen regeln sollte, gescheitert. Aber auch die Forderungen nach einer weitergehenden verfassungsrechtlichen Institutionalisierung des Verbandseinflusses fanden bislang keine ausreichende Unterstützung. Insbesondere ist die Einrichtung eines Wirtschafts- und Sozialrates, der sich aus Vertretern der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberorganisationen sowie weiteren Experten zusammensetzen und den Gesetzgeber in wirtschafts- und sozialpolitischen Fragen beraten würde, nicht erfolgt. Ein Problem einer derartigen Institutionalisierung würde z. B. darin liegen festzusetzen, welche Verbände Mitglieder in den Wirtschafts- und Sozialrat entsenden dürften und welche Rechte kompensatorisch für die nicht vertretenen Verbände und Interessengruppierungen geschaffen würden. Auch wäre zweifelhaft, ob mit der Einrichtung eines solchen Gremiums eine Kanalisierung des Einflusses der Verbände gelingen würde oder ob nicht vielmehr die Verbände den Rat als zusätzliche Tribüne zur Durchsetzung ihrer Interessen ansehen würden, ohne dabei auf die bereits existierenden Instrumente der Einflussnahme zu verzichten.229 Ein Generalrezept zur Begrenzung des Einflusses von Verbänden oder diesen vergleichbaren großen Organisationen gibt es nicht.230 Eine Strategie, die hierfür förderlich sein könnte, besteht darin, die Öffentlichkeit für die Gefahren einseitiger Interessendurchsetzung in den Parteien und staatlichen Organen zu sensibilisieren. Werden bestimmte Themen vor einer kritischen Öffentlichkeit präsentiert, dann werden die Funktionsträger in aller Regel darauf achten, dass nicht Sonderinteressen privilegiert werden. Ein weiterer Ansatzpunkt wäre in einer Einschränkung, jedenfalls aber größeren Transparenz der nebenamtlichen Tätigkeiten von Abgeordneten zu erblicken, wenn diese mit finanzieller Vergütung verbunden sind. Zu denken ist an Beraterverträge, die die Weitergabe von in der politischen Tätigkeit erworbenem Wissen an einen Verband zum Gegenstand haben und die Möglichkeit eines Zusatzverdienstes für Abgeordnete eröffnen. Problematisch ist hierbei, dass 228 Vgl. hierzu Scharpf, Autonome Gewerkschaften und staatliche Wirtschaftspolitik: Probleme einer Verbändegesetzgebung, S. 24 ff. 229 Vgl. ausführlich Schröder, Gesetzgebung und Verbände, S. 155 ff.; v. Arnim, Gemeinwohl und Gruppeninteressen, S. 384 ff.; Enquête-Kommission Verfassungsreform des Deutschen Bundestages, in: Steinberg (Hrsg.), Staat und Verbände, S. 284 ff. 230 Vgl. zu entsprechenden Vorschlägen und deren Bewertung z. B. Schütt-Wetschky, Interessenverbände und Staat, S. 80 ff.; Zippelius, Allgemeine Staatslehre, S. 258 ff.; v. Arnim, Gemeinwohl und Gruppeninteressen, S. 183 ff.; Biedenkopf, in: Mayntz (Hrsg.), Verbände zwischen Mitgliederinteressen und Gemeinwohl, S. 273 ff.; zu älteren Vorschlägen, die auf die Stärkung der staatlichen Souveränität im Verhältnis zu den Interessengruppierungen setzten, vgl. Weber, in: ders., Spannungen und Kräfte im westdeutschen Verfassungssystem, S. 121 (136 ff.); ders., in: Steinberg (Hrsg.), Staat und Verbände, S. 64 (73 ff.).

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§ 2 Kooperation als Paradigmenwechsel im Staatsrecht

die Adäquanz von Leistung und Gegenleistung bzw. die Grenzziehung zu „unechten“ Beraterverträgen, bei denen keine Gegenleistung durch den Abgeordneten erbracht wird, nicht immer deutlich ist. Zwar formulieren die „Verhaltensregeln“ der GO BT231 für die Abgeordneten Anzeige- und Publikationspflichten, und zwar auch hinsichtlich der Höhe der aufgrund dieser Tätigkeiten erzielten Einkünfte.232 Dennoch bieten sie kein ausreichendes Instrumentarium zur Vermeidung von Interessenkonflikten.233 Am effektivsten dürfte es daher sein, wenn im Parlament als dem zentralen Entscheidungsorgan wieder mehr autonomer, allein dem Gemeinwohl verpflichteter Sachverstand regieren würde, der durch selbstbewusste Parlamentarier verkörpert würde. Dies könnte insbesondere durch eine Reform des Wahlrechts gelingen, in der die Elemente der Persönlichkeitswahl gestärkt würden. Damit könnte der Einfluss von Verbänden, aber auch von Parteien auf die Abgeordneten verringert werden, welche dann – gestützt auf das Mandat des Wahlvolkes – im politischen Geschehen unabhängiger agieren könnten.234

231 Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages i.d.F. der Bekanntmachung vom 2. Juli 1980 (BGBl. I S. 1237), zuletzt geändert durch Bekanntmachung v. 28. 2. 2005 (BGBl. I S. 668). 232 S. Anlage 1 § 1 Abs. 2 und 3 GO BT. 233 Zu den verfassungsrechtlichen Grenzen für Beraterverträge, die aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 i.V.m. 48 Abs. 3 S. 1 GG folgen, vgl. BVerfGE 40, 296 (318 f.); zu den Offenlegungspflichten der Abgeordneten vgl. Welti, Die soziale Sicherung der Abgeordneten, S. 286 ff.; SchulzeFielitz, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 48 Rn. 28; einen besonders auffälligen Fall der Verquickung von Abgeordneten- und Verbandstätigkeit schildert v. Arnim, Diener vieler Herren, S. 39 ff. 234 Vgl. zu diesem Vorschlag Papier, ZFSH / SGB 2003, 67 (72).

§ 3 Kooperation im Lichte verwaltungsrechtlicher Schlüsselbegriffe Das Verwaltungsrecht kann als Teilgebiet der Rechtswissenschaft nicht isoliert analysiert werden. Als Impulsgeber für die Weiterentwicklung und „Reform des Verwaltungsrechts“1 dienen auch andere Disziplinen, nicht zuletzt solche außerhalb der Rechtswissenschaft. In die Diskussion der vergangenen Jahre fanden dabei einige Begriffe Eingang, die als „interdisziplinäre Verbundbegriffe“2 oder „Schlüsselbegriffe“ bezeichnet werden. Diese haben die Funktion, „übergreifende Ordnungsideen für bestimmte Argumentationszusammenhänge fruchtbar zu machen, indem sie eine Fülle von Informationen und Gedanken in einem Wortspeicher bündeln.“3 Zudem verkoppeln sie disziplinäre Fachdiskurse und ihre Ergebnisse miteinander und machen damit komplexe Vorgänge und Konfliktlagen umfassender begreifbar.4 Zu diesen Schlüsselbegriffen zählen u. a. die Termini technici „Steuerung“, „Innovation“, „Effizienz“, „Kommunikation“ oder „Verantwortung“.5 Um sich mit „Kooperation“ als Strategie zur Bewältigung der Gegenwartsaufgaben des Staates, insbesondere der Umweltschutzaufgaben auseinander zusetzen, bedarf es der Darstellung einiger dieser Schlüsselbegriffe und der Beantwortung der Frage, inwiefern deren Aussagegehalt für ein modernes Kooperationsverständnis von Bedeutung ist. Deswegen sollen im Folgenden die Begriffe „Steuerung und Selbststeuerung“, „Verantwortungsteilung und Verantwortungsstufen“ und „Staatsaufgaben und Privatisierung“ näher analysiert werden.

1 Vgl. hierzu z. B. die Beiträge in Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Schuppert (Hrsg.), Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts; Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Innovation und Flexibilität des Verwaltungshandelns; Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Strukturen des Europäischen Verwaltungsrechts. 2 Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 46. 3 Voßkuhle, DV 2001, Beiheft 4, 197 (198); vgl. auch ders., in: Bauer / Czybulka / Kahl / Voßkuhle (Hrsg.), Umwelt, Wirtschaft und Recht, 2002, S. 171 (186 f.). 4 Vgl. Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 46; Hoffmann-Riem, DÖV 1997, 433 (438). 5 Diese Aufzählung ist nicht abschließend; vgl. auch Hoffmann-Riem, in: ders. / SchmidtAßmann (Hrsg.), Innovation und Flexibilität des Verwaltungshandelns, S. 9 (19 ff.); ders., DÖV 1997, 433 (438 ff.); Schmidt, VerwArch 91 (2000), 149 (154 ff.); Voßkuhle, VerwArch 92 (2001), 184 (196 ff.); zur „Regulierten Selbstregulierung“ als Schlüsselbegriff vgl. ders., DV 2001, Beiheft 4, 197 ff.

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§ 3 Kooperation im Lichte verwaltungsrechtlicher Schlüsselbegriffe

I. Kooperation und das Recht als gesellschaftliches Steuerungsmedium 1. Die Grundkonzeption der Steuerung a) Die Elemente des sozialwissenschaftlich-handlungstheoretischen Steuerungsbegriffs Der Begriff „Steuerung“ ist in verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen gebräuchlich. Der sozialwissenschaftliche Begriff „Steuerung“ hat vermutlich seinen Ursprung im englischen Wort „control“ und wurde nach seiner Übersetzung aus dem Englischen in die deutsche Sozialwissenschaft eingeführt.6 Daneben werden im Englischen die Begriffe „social regulation“ oder „social intervention“ verwendet. In der Debatte über „politische Steuerung“ wird vielfach auch das Wort „Intervention“ benutzt, das diejenigen Maßnahmen bezeichnet, die darauf gerichtet sind, die Gegebenheiten außerhalb des politischen Systems zu verändern.7 In der Verwaltungsrechtswissenschaft wird vorgeschlagen, den Terminus „staatliche Steuerung“ als „operative – in der Regel administrative, bisweilen gouvernementale – Beeinflussung des Verhaltens Privater zur Durchsetzung von Gemeinwohlzielen“ zu definieren.8 Insgesamt herrscht allerdings keine Einigkeit über den genauen Aussagegehalt des Begriffes „Steuerung“. Diese Problemlage könnte aber entschärft werden, wenn es gelänge, dessen Teilelemente näher zu beschreiben. Nach dem handlungstheoretischen Steuerungsbegriff9 besteht das Wesensmerkmal der Steuerung darin, ein System von einem Ort oder Zustand zu einem bestimmten anderen zu bringen.10 Dieser Steuerungsbegriff setzt ein Steuerungssubjekt, also einen Steuerungsakteur voraus, der entweder eine Person oder ein soziales Kollektiv sein kann. Wenn ein soziales Kollektiv als Steuerungssubjekt handelt, sind an der Steuerung mehrere beteiligt, die Steuerung ist von vornherein arbeitsteilig. Als Pendant zum Steuerungsakteur gibt es das Steuerungsobjekt. Dieses muss eine autonome Existenz haben, sich also ohne den Steuerungseingriff selbsttätig weiter entwickeln können. Mit der Steuerung soll dessen Entwicklungsrich6 Mayntz, JbStVwW 1 (1987), 89 (91); dies., Steuerung, Steuerungsakteure und Steuerungsinstrumente: Zur Präzisierung des Problems, S. 5; Voigt, in: König / Dose (Hrsg.), Instrumente und Formen staatlichen Handelns, S. 289 (296 f.). 7 Nach Scharpf, PVS Sonderheft 19 / 1988, 61 (63) ist politische Steuerung die intentionale Handlungskoordination zur gemeinwohlorientierten Gestaltung der gesellschaftlichen Verhältnisse und schließt auch Fehlsteuerung und Steuerungsversagen ein. 8 Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (163) nennt dies staatliche Steuerung im engeren Sinne; staatliche Steuerung im weiteren Sinne soll jede Gestaltung der Lebensverhältnisse durch einen Träger öffentlicher Gewalt sein. 9 Zur Steuerung aus der Sicht der Systemtheorie vgl. § 3 I 2. 10 Mayntz, Steuerung, Steuerungsakteure und Steuerungsinstrumente: Zur Präzisierung des Problems, S. 6.

I. Das Recht als gesellschaftliches Steuerungsmedium

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tung verändert werden,11 um ein Steuerungsziel zu erreichen. Nicht erforderlich ist hierbei das tatsächliche Erreichen des Steuerungsziels, selbst Steuerungsversuche, die keinerlei Wirkung auf den Zielzustand haben, würden damit unter den Begriff Steuerung fallen.12 Weiterhin werden die Steuerungsbedürftigkeit, Steuerbarkeit und Steuerungsfähigkeit als Elemente des Steuerungsbegriffs genannt.13 Dabei problematisiert Steuerungsbedürftigkeit die Frage, ob nicht durch Selbststeuerung eines gesellschaftlichen Teilsystems das gewünschte Ziel erreichbar ist, ob also der Steuerungseingriff nicht genauso gut unterbleiben kann. So bestimmen beispielsweise in der sozialen Marktwirtschaft das Angebot und die Nachfrage den Markt, der Markt ist ein sich selbst steuerndes System. Dennoch ist aber das Teilsystem „Markt“ steuerungsbedürftig, denn auch dieser bedarf staatlicher Kontrolle und Aufsicht, insbesondere müssen die Rahmenbedingungen für einen freien Wettbewerb gesetzt und Fehlentwicklungen staatlicherseits korrigiert werden.14 Steuerbarkeit betrifft ferner die Frage, ob mit den dem Steuerungssubjekt zur Verfügung stehenden Mitteln in bestimmte Systemprozesse eingegriffen werden kann. Die Beantwortung dieser Frage hängt von den spezifischen Steuerungsbedingungen, dem Steuerungsumfeld sowie den Steuerungsinstrumenten und -medien ab. Private Bereiche wie Ehe und Familie folgen stärker ihrer eigenen Funktionslogik und sind weniger staatlichen Steuerungsabsichten zugänglich als innerstaatliche Bereiche, wie die staatliche Verwaltung. Der Staat kann etwa mit hoheitlichen Maßnahmen den Behördenapparat leichter verändern als bestimmte Rollenverteilungen in der Familie. Jedenfalls sollte der Staat wie jeder andere Steuerungsakteur steuerungsfähig sein. Dies bezeichnet die Macht des Steuerungsakteurs, die gesellschaftliche Umwelt konzeptionell zu formen, also Steuerungseingriffe wirksam vorzunehmen. Die Steuerungsfähigkeit des politischen Systems hängt dabei zum einen vom Willen des Steuerungssubjekts zu steuerndem Eingreifen ab, zum anderen von dessen Steuerungswissen. Der Staat muss beispielsweise Kenntnis vom Ausgangs- und Endzustand der Steuerung haben, eine Steuerungsstrategie entwickeln sowie zur politisch-administrativen Umsetzung der Strategie in der Lage sein.15 11 Mayntz, Steuerung, Steuerungsakteure und Steuerungsinstrumente: Zur Präzisierung des Problems, S. 6 ff.; vgl. auch Schuppert, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Schuppert (Hrsg.), Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, S. 65 (68); zur Steuerbarkeit und Steuerungsfähigkeit von Teilsystemen vgl. Scharpf , PVS Sonderheft 19 / 1988, 61 (64 ff.). 12 Mayntz, JbStVwW 1 (1987), 89 (94). 13 Voigt, in: König / Dose (Hrsg.), Instrumente und Formen staatlichen Handelns, S. 289 (300 ff.); Schuppert, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Schuppert (Hrsg.), Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, S. 65 (68 f.). 14 Voigt, in: König / Dose (Hrsg.), Instrumente und Formen staatlichen Handelns, S. 289 (300 f.). 15 Voigt, in: König / Dose (Hrsg.), Instrumente und Formen staatlichen Handelns, S. 289 (302 f.).

6 Shirvani

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§ 3 Kooperation im Lichte verwaltungsrechtlicher Schlüsselbegriffe

b) Das Recht als Steuerungsmedium Unter den vielfältigen Steuerungstypologien, die in den Wirtschafts-, Politik-, Sozial-, und Rechtswissenschaften diskutiert werden,16 haben die Steuerungsmedien einen besonderen Stellenwert. Sie kennzeichnen die Art, wie die Kommunikation zwischen den am Steuerungsvorgang beteiligten Akteuren beschaffen ist, wobei als entsprechende Instrumente vor allem „Macht“, „Moral“, „Information“ und „Recht“ in Betracht kommen.17 Da nach der verfassungsrechtlichen Grundordnung primär durch die Gesetzgebung auf die gesellschaftlichen Prozesse Einfluss genommen wird, ist das Gesetz das zentrale Steuerungsinstrument des Rechtsstaates.18 Das klassische Instrument staatlicher Steuerung ist dabei die „Regulierung“, die durch Fixierung unpersönlich formulierter verbindlicher Verhaltensnormen erfolgt. Das politische System steuert als Normgeber das administrative System durch Festlegung von Verfahrensregeln, während die Verwaltung als Vollzugsinstanz die Normadressaten steuert.19 In diesem Kontext schlägt Schuppert folgende Typen der Steuerung durch Recht vor:20 die regulierende Steuerung durch Recht, die in den traditionellen Formen des Ge- und Verbots erfolgt und auf eine direkte Verhaltenssteuerung zielt; die personelle Steuerung im öffentlichen Dienst, die durch die Gehorsamspflicht des Verwaltungspersonals, das besondere Dienst- und Treueverhältnis und das beamtenrechtliche Streikverbot erfolgt; die prozedurale Steuerung über Verfahren der Entscheidungs- und Konsensfindung; die strukturelle Steuerung durch verwaltungsorganisatorische Maßnahmen und die finanzielle Steuerung durch monetäre Anreizprogramme und Haushaltsrecht.

16 Vgl. dazu König / Dose, Klassifizierungsansätze staatlicher Handlungsformen; eine wichtige Rolle im Umweltrecht spielt die Klassifizierung nach Steuerungsprogrammen: Es gibt zum einen die klassischen regulativen Programme, die mit Ge- und Verboten, Anzeigeund Genehmigungspflichten operieren und Verhaltensvorschriften formulieren. Der Staat ergänzt aber häufig regulative Programme durch Anreizprogramme, die positive und negative finanzielle Anreize bieten. Beispiele dafür sind die Subventionierung von umweltfreundlichen Produkten (positive Anreize) oder Abwasserabgaben (negative Anreize). Mit Leistungsprogrammen werden demgegenüber unmittelbar staatliche Güter und Dienstleistungen bereitgestellt, wie z. B. durch Transfer- und Infrastrukturprogramme. In der Umweltpolitik und beim Verbraucherschutz klärt der Staat ferner durch persuasive Programme, also Informations- und Überzeugungsprogramme, die Bevölkerung über bestimmte Risiken auf oder warnt diese, um dadurch eine Verhaltensänderung herbeizuführen. Da schließlich der Variationsraum von Problemerzeugungsprozessen häufig über den Handlungsraum von Entscheidungssystemen hinausreicht, wollen prozedurale Programme unverbundene Bereiche miteinander verbinden und so zu einer Optionserweiterung gelangen, vgl. König / Dose, ebd., S. 121 ff. 17 Voigt, in: König / Dose (Hrsg.), Instrumente und Formen staatlichen Handelns, S. 289 (309). 18 Vgl. Schuppert, DV 1999, Beiheft 2, 103 (110). 19 Voigt, in: König / Dose (Hrsg.), Instrumente und Formen staatlichen Handelns, S. 289 (308). 20 Schuppert, in: Grimm (Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben – sinkende Steuerungsfähigkeit des Rechts, S. 217 (232 f.).

I. Das Recht als gesellschaftliches Steuerungsmedium

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In der modernen Gesetzgebung und in der Verwaltungspraxis haben die Funktionsweise und das Steuerungspotential des Rechts als Steuerungsmedium allerdings Veränderungen erfahren: Das Gesetz hat sich nämlich in manchen Bereichen vom „starren“ zum „weichen“ Recht entwickelt, wobei das rigide Recht mit vollem Sanktionsmechanismus durch sanktionsloses Recht mit Abwägungsregeln ersetzt worden ist. Die rechtliche „Vollsteuerung“ wird bisweilen durch normative „Teilsteuerung“, z. B. durch marktwirtschaftliche Instrumente in der Umweltpolitik oder durch Zielfestlegungen (z. B. § 25 Abs. 1 KrW- / AbfG)21, substituiert. Die Umsetzung des Rechts erfolgt des Öfteren nicht mit hoheitlichem Machteinsatz, sondern durch Aushandeln, Verhandeln und „Bargaining“;22 das sektorale Recht wurde teilweise durch das medienübergreifende, integrierte Recht ersetzt (vgl. z. B. §§ 11 f. UVPG und Art. 7 IVU-RL23); in der Hierarchie der Rechtsquellen verlagern sich die wesentlichen Entscheidungen häufig von oben nach unten, so dass der Gesetzesvollzug zur „normnachschöpferischen Phase“ wird.24 Diese Entwicklung hat sich teils in den klassischen Handlungsformen des Verwaltungsrechts (z. B. Abschluss öffentlich-rechtlicher Verträge), teils im Rahmen neuer rechtlich nicht geregelter Handlungsformen (informal-kooperatives Verwaltungshandeln) vollzogen. Mitunter kommt sie auch in der Ausweitung der Öffentlichkeits- und Betroffenenbeteiligung oder der Rechtsschutzmöglichkeiten gesellschaftlicher Verbände (insbesondere in Form der Verbandsklage) zum Ausdruck.25 Darüber hinaus sind Rechtsbeziehungen entstanden, die auf Kooperation basieren, etwa im Bereich der regionalen Strukturpolitik (z. B. Regionalkonferenzen),26 bei städtebaulichen Großprojekten oder im Umweltschutz (Anhörung beteiligter Kreise27 oder Bildung sachverständiger Beratungsgremien28). Das diese Prozesse begleitende Konzept ist klar: Es ist dasjenige der „kondominalen“ und der „korporatistischen“29 Steuerung30 und verwirklicht das Modell des kooperativen Staates, Vgl. zu den Zielfestlegungen § 7 I 2. Ritter, in: Grimm (Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben – sinkende Steuerungsfähigkeit des Rechts, S. 69 (82 f.). 23 Richtlinie 96 / 61 / EG des Rates über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung vom 24. September 1996, ABl. 1996, Nr. L 257, S. 26, zuletzt geändert durch Verordnung (EG) Nr. 1882 / 2003 vom 29. September 2003, ABl. 2003, Nr. L 284, S. 1. 24 Ritter, DÖV 1992, 641 (645 f.). 25 Ritter, DÖV 1992, 641 (645); vgl. zur Betroffenenbeteiligung und Verbandsklage § 9 II. 26 Zur regionalisierten Strukturpolitik vgl. Eichener / Heinze / Voelzkow, in: Voigt (Hrsg.), Der kooperative Staat, S. 217 ff.; zur kooperativen Steuerung auf dem Gebiet der Technologiepolitik vgl. Sturm, in: Voigt (Hrsg.), Der kooperative Staat, S. 257 ff. 27 Vgl. hierzu § 6 II. 28 Vgl. hierzu § 6 III. 29 Hierbei wird die Selbstorganisation von Gruppierungen forciert bzw. gefördert. 30 Vgl. hierzu insbesondere Schuppert, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Schuppert (Hrsg.), Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, S. 65 (88 ff.); Ritter, in: Grimm (Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben – sinkende Steuerungsfähigkeit des Rechts, S. 69 (89 ff.). 21 22

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§ 3 Kooperation im Lichte verwaltungsrechtlicher Schlüsselbegriffe

der auf partnerschaftliche Übereinkunft setzt, multilaterale Prozesse organisiert und dezentral koordiniert.31 Dennoch bleibt gerade das Recht ein notwendiges Steuerungsmedium in diesem Staatsmodell, da es als Ordnungs- und Verfahrensrahmen für kooperative Vorgänge fungiert. Das Recht hat nämlich die Organisation und Konstitution der Akteure festzulegen, damit die Beteiligten ein Mindestmaß juristischer Subjektsqualität erlangen.32 Es muss zudem die Zuständigkeit der Beteiligten klären und Zielvorgaben machen, die den Entscheidungsrahmen für Kooperationsvorgänge abstecken. Zu den Funktionsbedingungen kooperativer Rechtsbeziehungen gehören mitunter auch eine glaubwürdige Regelungsandrohung des Hoheitsträgers (z. B. bei den Selbstbeschränkungsabkommen)33 und ordnungsrechtliche Instrumentarien für den Fall, dass die Zielvorgaben nicht erfüllt werden (vgl. z. B. § 6 Abs. 4 S. 1 VerpackV34).35 Die Selbststeuerungsfähigkeit der gesellschaftlichen Akteure kann nach dem Grundkonzept der Aufgabenentlastung durch folgende drei Prinzipien gefördert werden.36 Der Staat kann zum einen nach dem Subsidiaritätsgrundsatz handeln.37 Im Recht der Sozialhilfe erbringt der Staat z. B. keine sozialen Leistungen, wenn sie von anderen Einrichtungen, wie z. B. freien Wohlfahrtsverbänden, zur Verfügung gestellt werden (§§ 2 Abs. 1, 93 BSHG38). Sozialstaatliche Intervention erfolgt also dann, wenn die gesellschaftliche Selbstregulierung den Erfordernissen sozialer Gerechtigkeit nicht entspricht.39 Der Staat kann zweitens auf Einzelpersonen oder sich selbst organisierenden Verbänden öffentliche Aufgaben zur selbständigen Wahrnehmung übertragen. Die Standortregistereintragung beim Umweltaudit wird z. B. nach den §§ 32 ff. UAG von den Industrie- und Handelskammern bzw. den Handwerkskammern wahrgenommen, die in Bezug auf das RegistrieRitter, DÖV 1992, 641 (645). Vgl. hierzu und zum Folgenden Ritter, in: Grimm (Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben – sinkende Steuerungsfähigkeit des Rechts, S. 69 (87 ff.); Schuppert, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Schuppert (Hrsg.), Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, S. 65 (95 f.). 33 Vgl. hierzu § 8 V. 34 Verordnung über die Vermeidung und Verwertung von Verpackungsabfällen (Verpackungsverordnung –VerpackV) vom 21. August 1998 (BGBl. I S. 2379), zuletzt geändert durch Verordnung vom 24. 5. 2005 (BGBl. I S. 1407). 35 Vgl. auch Schuppert, in: Grimm (Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben – sinkende Steuerungsfähigkeit des Rechts, S. 217 (238). 36 Schuppert, in: Grimm (Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben – sinkende Steuerungsfähigkeit des Rechts, S. 217 (235). 37 Vgl. zum Subsidiaritätsprinzip ausführlich § 10 II. 38 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 23. März 1994 (BGBl. I S. 646, ber. S. 2975), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. 3. 2005 (BGBl. I S. 818). 39 Vgl. Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 126. 31 32

I. Das Recht als gesellschaftliches Steuerungsmedium

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rungsverfahren auch über Satzungsautonomie verfügen (vgl. § 35 UAG). Damit wird vor allem die sektorale Selbststeuerungsfähigkeit der Verbände gestärkt. Drittens gibt es nicht nur die Beeinflussung des Staates durch die Verbände, sondern – wie bereits besprochen –40 die wechselseitige Beziehung Verbände-Staat (Korporatismus). Die Verbände benutzen nicht nur den Staat, um ihre Interessen durchzusetzen. Auch der Staat verwendet den Informationsvorsprung der Verbände oder die innerverbandlichen Kommunikationsstrukturen und setzt beides für das eigene Steuerungsvorhaben ein. Großverbände erhalten damit eine Mittlerposition zwischen den Partikularinteressen der Verbandsmitglieder und den Interessen der öffentlichen Hand. Prototypen für eine derartige Zusammenarbeit sind die Konzertierten Aktionen, die als Steuerungsinstrument in der Wirtschaftspolitik fungierten, oder das Kammerwesen, das die berufsständische Selbstverwaltung etabliert hat.41 In der Umweltpolitik sind die Selbstverpflichtungen der Wirtschaft zu nennen, bei denen die Unternehmensverbände als Verhandlungspartner des Staates auftreten und für die Verwirklichung der mit dem Hoheitsträger vereinbarten Ziele durch ihre Mitgliedsunternehmen sorgen müssen.42

c) Direkte und indirekte Steuerung und Mischformen im Umweltrecht Durch direkte Verhaltenssteuerung versucht der Staat mit hoheitlichen Maßnahmen das Verhalten des Steuerungsadressaten unmittelbar zu lenken.43 Im Umweltrecht werden zum Zwecke unmittelbarer Verhaltenssteuerung traditionelle ordnungsrechtliche Instrumente der Eingriffs- und Lenkungsverwaltung eingesetzt, wie z. B. gesetzliche Ge- und Verbote, oder es werden individuelle Pflichten statuiert.44 So sind im Rahmen der Eröffnungskontrolle Anzeige-, Anmelde- und Gestattungsverfahren vorgesehen, in denen geprüft wird, ob das beantragte Vorhaben mit den materiell-rechtlichen Vorgaben des Umweltrechts zu vereinbaren ist.45 Daneben gibt es repressive Verbote umweltschädlicher Tätigkeiten; bei diesen kann, wenn bestimmte Ausnahmetatbestände vorliegen, eine Befreiung erteilt werden, wobei diese im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde liegt.46 Ferner können aufgrund allgemeiner polizeilicher oder spezieller umweltrechtlicher Bestimmungen repressive Verfügungen und Verbote erlassen werS. § 2 III 2. Voigt, in: ders. (Hrsg.), Der kooperative Staat, S. 33 (45 ff.). 42 Vgl. hierzu § 4 VI. 43 Vgl. Hoppe / Beckmann / Kauch, Umweltrecht, § 8 Rn. 1 ff.; Sparwasser / Engel / Voßkuhle, Umweltrecht, § 2 Rn. 58 ff.; Schmidt / Müller, Einführung in das Umweltrecht, § 1 Rn. 19 ff. 44 Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 36. 45 Hoppe / Beckmann / Kauch, Umweltrecht, § 8 Rn. 33. 46 Schmidt / Müller, Einführung in das Umweltrecht, § 1 Rn. 23. 40 41

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den, um gegen Schädigungen, Gefährdungen und Belastungen der Umwelt vorzugehen.47 Die Vorteile dieser Instrumente liegen insbesondere in ihrer rechtsstaatlichen Bestimmtheit und Eindeutigkeit. Der Verhaltensadressat weiß, was von ihm verlangt wird und kann sein Umweltverhalten dementsprechend darauf einstellen.48 Auch der verwaltungsprozessuale Rechtsschutz ist auf die Instrumente direkter Steuerung besser zugeschnitten als auf die Instrumente indirekter Verhaltenslenkung. Beim Einsatz ökonomischer Instrumente, wie z. B. Umweltabgaben, ist nämlich der Rechtsschutz grds. schwächer ausgeprägt als dies bei Klagen gegen belastende Einzelakte der Verwaltung der Fall ist. Selbiges gilt für die Sicherung der Rechte Dritter. Während bei Genehmigungs- und Planfeststellungsverfahren der Drittbetroffene Anhörungs-, Einwendungs- und Klagrechte hat, können bei informellen Absprachen die Beteiligungsrechte Dritter nicht in jedem Fall verwirklicht werden.49 Die Nachteile der Instrumente der direkten Verhaltenssteuerung liegen aber auch auf der Hand. Diese erfassen nur unzulässige Umweltbeeinträchtigungen und schaffen keinen Anreiz zu einer überobligatorischen Normerfüllung. Umgekehrt tolerieren sie Umweltbeeinträchtigungen unterhalb der Schädlichkeitsschwelle und motivieren nicht zum schonenden Gebrauch endlicher Umweltressourcen.50 Ferner gehen sie von einem hohen Informationsstand der Verwaltung aus, den diese mangels ausreichender personeller und sachlicher Ausstattung häufig nicht haben kann. Über diese Gesichtspunkte hinaus wurden einige Probleme regulativer Steuerung vor allem durch die sozialwissenschaftliche Implementationsforschung aufgezeigt.51 Diese hat insbesondere ein Vollzugsdefizit52 bei der Umsetzung geltender Umweltvorschriften festgestellt. Anlagenbetreiber nutzen nämlich häufig ihre wirtschaftliche Position, um den Vollzug umweltrechtlicher Auflagen und Verfügungen zu verzögern oder gar zunichte zu machen. Auch wurden erhebliche Mängel im Kontrollbereich und bei der Sanierung bestehender Anlagen registriert. Als Reaktion auf die beschriebenen Nachteile direkter Steuerung setzt der Staat seit geraumer Zeit deshalb verstärkt auf die Instrumente mittelbarer VerhaltenslenBreuer, in: Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 5. Kapitel Rn. 77. Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 38. 49 Vgl. auch Kloepfer, in: König / Dose (Hrsg.), Instrumente und Formen staatlichen Handelns, S. 329 (350 ff.); ders., JZ 1991, 737 (743); vgl. zu den Beteiligungsrechten Dritter ausführlich § 8 IV. 50 Hoppe / Beckmann / Kauch, Umweltrecht, § 9 Rn. 2; Sparwasser / Engel / Voßkuhle, Umweltrecht, § 2 Rn. 114. 51 Vgl. insbesondere Mayntz u. a., Vollzugsprobleme in der Umweltpolitik; Hucke / Ullmann, in: Mayntz (Hrsg.), Implementation politischer Programme, S. 105 ff.; Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 172. 52 Vgl. Schuppert, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Schuppert (Hrsg.), Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, S. 65 (83). 47 48

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kung. Er versucht auf die Willensbildung der Bürger dadurch einzuwirken, dass der Bürger auch ohne eine Rechtspflicht sein Tun oder Unterlassen den Verhaltenserwartungen des Staates anpasst. Für das erwünschte Verhalten werden vorteilhafte, für das unerwünschte nachteilige Wirkungen in Aussicht gestellt.53 Der Staat induziert ein bestimmtes Umweltverhalten des Bürgers oder setzt auf Kooperation und Partizipation. Durch den Einsatz indirekter Steuerungsformen sollen zudem differenzierte resp. kostengünstige Umweltschutzmaßnahmen entstehen und einen Modernisierungsschub erzeugen. Die Sozialkosten, die aus dem Verbrauch der Umweltressourcen resultieren, werden dabei den Verursachern entsprechend ihrem Verursachungsbeitrag auferlegt (sog. Internalisierung externer Kosten).54 Zum Instrumentenarsenal der mittelbaren Steuerung55 gehören daher ökonomische Instrumente, wie z. B. Kompensationsmodelle, 56 Emissionszertifikatssysteme,57 Subventionen oder Umweltabgaben. Weiterhin zählen das Umweltaudit, die abfallrechtlichen Zielfestlegungen, das informationelle Verwaltungshandeln durch Warnungen und Empfehlungen und das informale Verwaltungshandeln durch Absprachen zu den indirekten Steuerungsinstrumenten im Umweltrecht.58 Allerdings haben auch die genannten flexiblen Instrumente ihre Defizite. Aufgrund ihres induzierenden Charakters können sie die Zielverwirklichung nicht garantieren, da die Befolgung der staatlichen Impulse vom Willen der Verhaltensadressaten abhängt.59 Sie zeichnen sich durch eine Steuerungsunschärfe und Wirkungsunsicherheit ab, die der Staat bei der Einhaltung bestimmter Umweltschutzstandards nicht hinnehmen kann.60 Deshalb erfolgt die Abwehr unmittelbarer Umweltgefahren grds. durch administrative, den Adressaten bindende Maßnahmen.61

53 Kloepfer, in: König / Dose (Hrsg.), Instrumente und Formen staatlichen Handelns, S. 329 (330); Kirchhof, Verwalten durch „mittelbares“ Einwirken, S. 39. 54 Sparwasser / Engel / Voßkuhle, Umweltrecht, § 2 Rn. 116; Kloepfer, JZ 1991, 737 (738). 55 Zu den Instrumenten indirekter Steuerung im UGB-Professorenentwurf, v.a. zu Umweltabgaben, zum Umweltschutzbeauftragten und Umweltaudit, vgl. Köck, DVBl. 1994, 27 ff.; zu den selbstregulierenden Elementen im UGB-Kommissionsentwurf vgl. Sendler, in: Kloepfer (Hrsg.), Selbst-Beherrschung im technischen und ökologischen Bereich, S. 135 ff. 56 Ausprägung des Kompensationsgedankens sind z. B. die §§ 7 Abs. 3, 17 Abs. 3a BImSchG. 57 Zertifikatssysteme zeichnen sich dadurch aus, dass Emissionsberechtigungen als frei übertragbare Lizenzen gehandelt werden, vgl. neuerdings die Richtlinie 2003 / 87 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. 10. 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 91 / 61 / EG des Rates, ABl. 2003, Nr. L 275, S. 32, zuletzt geändert durch Richtlinie 2004 / 101 / EG vom 27. 10. 2004, ABl. 2004, Nr. L 338, S. 18. 58 Vgl. auch Franzius, Die Herausbildung der Instrumente indirekter Verhaltenssteuerung im Umweltrecht der Bundesrepublik Deutschland, S. 120 ff., der zwischen ökonomischen, informalen und organisatorischen Instrumenten unterscheidet. 59 Vgl. z. B. die Freiwilligkeit der Teilnahme am Umweltaudit. 60 Kloepfer, JZ 1991 737 (743).

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Aber auch sonst ist der moderne Umweltgesetzgeber gut beraten, auf einen „Mix“ direkter und indirekter Steuerungsinstrumente zurückzugreifen, um einerseits das „Umweltschutzminimum“ zu gewährleisten, andererseits aber flexibel auf das Erreichen des „Umweltschutzoptimums“ hinzuwirken.62 Dabei sollten allerdings unzumutbare Belastungskumulationen durch Instrumentenkombination vermieden werden.63 Die indirekte Verhaltenssteuerung kann nicht insgesamt mit kooperativer Steuerung gleichgesetzt werden. So sind ökonomische Instrumente wie Umweltabgaben keine kooperativen Steuerungsinstrumente, da bei ihnen der Verursachergedanke im Mittelpunkt steht und nicht die Idee des arbeitsteiligen Zusammenwirkens zum Schutz der Umwelt.64 Auch die staatlichen Warnungen, die dem informationellen Verwaltungshandeln zuzurechnen sind, fallen nicht unter das umweltrechtliche Kooperationsprinzip.65 Demgegenüber ist das informal-kooperative Verwaltungshandeln ein wesentliches Instrument mittelbarer Verhaltenssteuerung. Zwischen beiden Steuerungstypen gibt es somit Überschneidungen, obwohl es sich um – auch terminologisch – zu unterscheidende Steuerungsarten handelt. 2. Systemtheorie und Selbststeuerung Die Systemtheorie hat als Gesellschaftstheorie verschiedene Stadien durchschritten.66 Die sog. strukturell-funktionale Theorie ging von der Prämisse aus, dass alle sozialen Systeme67 notwendigerweise bestimmte Strukturen aufweisen würden. Die entscheidende Frage lautete in diesem Zusammenhang: Welche Leistungen müssen vom System erbracht werden, damit es mit seinen gegebenen Strukturen erhalten bleibt? Die Vertreter des sog. systemfunktionalen Ansatzes betrachten da61 Enger Hoppe / Beckmann / Kauch, Umweltrecht, § 9 Rn. 3; eine in einigen Fällen effektivere Wirkung als Ge- und Verbote entfalten staatliche Warnungen vor bestimmten Umweltgefahren, vgl. z. B. Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 8 ff.; Lübbe-Wolff, NJW 1987, 2705 ff. 62 Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 175 spricht vom „Instrumentenverbund“; vgl. auch Franzius, Die Herausbildung der Instrumente indirekter Verhaltenssteuerung im Umweltrecht der Bundesrepublik Deutschland, S. 96 ff.; Papier, UTR Bd. 26 (1994), S. 105 (110 f.); zu den rechtlichen Beurteilungsmaßstäben bei einem Instrumentenverbund vgl. Rengeling, in: FS Brohm, S. 509 (520 ff.). 63 Bei vertikalen Eingriffsadditionen, also bei der Summierung von Eingriffen gegenüber einzelnen Personen, fehlt, wie Kloepfer, VerwArch 74 (1983) 201 (213 f.) ausführt, ein grundrechtlicher Lösungsansatz, da das Übermaßverbot nur auf Einzeleingriffe, nicht aber auf die Eingriffsgesamtheit angewandt wird; vgl. auch ders., JZ 1991, 737 (744). 64 Vgl. hierzu § 4 III. 65 Vgl. auch § 8 I. 66 S. zum folgenden Willke, Systemtheorie I: Grundlagen, S. 5 ff. 67 Dabei ist ein System ein ganzheitlicher Zusammenhang von Teilen, deren Beziehungen untereinander quantitativ intensiver und qualitativ produktiver sind als ihre Beziehungen zu anderen Elementen, Willke, Systemtheorie I: Grundlagen, S. 250.

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gegen soziale Systeme als komplexe, anpassungsfähige Gesamtheiten, die sich gegenüber einfacher lebenden Systemen (z. B. Zellen) dadurch auszeichnen, dass sie bei veränderten Umweltbedingungen ihre Struktur ändern können, wenn die Erhaltung der Überlebensfähigkeit dies erfordert. Die maßgebliche Frage betrifft demnach die strukturellen Anpassungsleistungen sozialer Systeme. Der sog. funktional-strukturelle Ansatz sieht im Unterschied hierzu den Sinn der Systembildung nur in der Abgrenzung des Systems von der nicht dazugehörigen Umwelt. Ein System ist nach diesem Ansatz nicht nur ein Netz von Beziehungen, die Teile zu einem Ganzen zusammenordnen. Ein System setzt vielmehr auf die Auseinandersetzung mit seiner Umwelt. Diese Auseinandersetzung macht erst erkennbar, welche internen Systemprozesse Veränderungen herbeiführen können. Noch einen Schritt weiter geht die Theorie selbstreferentieller Systeme: Komplexe Systeme beschäftigen sich nach dieser Theorie mit sich selbst, sie sind in ihrer inneren Struktur geschlossen und von der Außenwelt weitgehend unabhängig.

a) Steuerungsresistenz gesellschaftlicher Teilsysteme Moderne Gesellschaften zeichnen sich nach der Systemtheorie durch eine zunehmende gesellschaftliche Arbeitsteilung und funktionale Differenzierung gesellschaftlicher Teilbereiche aus.68 Dabei beschreibt funktionale Differenzierung den Umstand, dass die Gesellschaft als Ganzes nicht aus einer Vielzahl gleicher Einheiten, wie Familien, Clans oder Gruppen besteht, sondern aus einer Vielzahl spezialisierter Teile, die voneinander abhängig sind.69 Teilsysteme sind nach dieser Sichtweise z. B. die Ökonomie, die Wissenschaft, die Erziehung, die Kultur oder das Recht. Die Operationsweise der komplexen Teilsysteme richtet sich nach ihren eigenen Strukturregeln, d. h. primär nach ihren internen Konditionalitäten und erst darauf aufbauend nach externen Bedingungen. So würde das ökonomische System in erster Linie auf Schwankungen der Geldmenge oder der Inflationsrate reagieren, nicht aber auf die Arbeitslosenzahl, da Letztere kein ökonomisches Datum darstellen würde.70 Die Vertreter einer so verstandenen funktionalen Differenzierung moderner Gesellschaften ziehen die Hierarchie als gesellschaftliche Ordnungsform in Zweifel.71 Das hierarchische Modell positioniert nämlich den Staat klar an der Spitze der Gesellschaft. Damit nimmt aber der Staat aus der Sicht einiger Systemtheoretiker eine Sonderrolle ein, die nicht gerechtfertigt ist. Denn zum einen seien nicht Individuen, sondern organisierte Gruppen als politische Akteure in komplexen Gesellschaften tätig. Zum anderen seien viele Politikbereiche wie die Wirtschafts-, WissenTeubner / Willke, ZfRSoz 1984, 4 (9). Willke, Systemtheorie I: Grundlagen, S. 18; vgl. dazu auch Teubner, ARSP 68 (1982), 13 (44 ff.). 70 Willke, JbStVwW 1 (1987), 285 (300). 71 Willke, JbStVwW 1 (1987), 285 (292 ff.). 68 69

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schafts- und Technologiepolitik durch Mitbestimmungsmöglichkeiten kollektiver Akteure geprägt. Festzustellen sei deshalb eine Verschränkung gesellschaftlicher Teilsysteme im Sinne einer gleichzeitigen Steigerung der Interdependenzen; das politische System sei letztlich ebenfalls ein Teilsystem. Diese Betrachtungsweise hat aber für ein Staatsverständnis, nach dem der Staat durch allgemein verbindliche Rechtsetzung direkt in andere Teilsysteme intervenieren und diese beliebig steuern kann, Konsequenzen.72 Wenn die Politik in gleicher Weise wie jedes andere gesellschaftliche Teilsystem zu behandeln wäre, dann würden Direktinterventionen in andere gesellschaftliche Teilsysteme nicht ohne weiteres möglich sein. Die Politik müsste demnach mit einer Neujustierung ihrer Handlungsinstrumente reagieren, da die zu regelnden gesellschaftlichen Verhältnisse für die herkömmlichen Formen der Konditional- und Zweckprogramme zu komplex wären.73

b) Die Theorie der autopoietischen Systeme Der Gedanke der funktionalen Differenzierung sozialer Systeme und ihrer Unabhängigkeit wird von der Theorie der autopoietischen Systeme weiterentwickelt.74 Diese Theorie ist ursprünglich von den Biologen Maturana und Varela begründet worden75 und geht davon aus, dass bestimmte Systeme dadurch ihre Einheit gewinnen, dass sie sich in ihren Operationen und Prozessen auf sich selbst beziehen. Die Selbstorganisation und -reproduktion der Systeme würden nur rekursiv erfolgen, also in der Art, dass die Operationen des Systems in zirkulärer Weise Elemente des Systems produzierten.76 Die Identität und Eigenständigkeit der autonomen Systeme liegen in der Aufrechterhaltung einer spezifischen „basalen Zirkularität“, indem ein System in einem Produktionsprozess die Elemente hervorbringt, die ihrerseits diesen Prozess wieder aufbauen.77 Die Autopoiesie betrachtet Systeme nicht als offen, sondern als selbstreferentiell. Dabei meint Selbstreferenz die Einheit, die ein Element für sich selbst ist, d. h. unabhängig von der Betrachtung durch andere.78 Selbstreferentielle Geschlossenheit tritt dann auf, wenn das System die Elemente, aus denen es besteht, als Funktionseinheiten konstituiert und Vgl. Willke, in: Glagow / Willke (Hrsg.), Dezentrale Gesellschaftssteuerung, S. 3 (5). Teubner / Willke, ZfRSoz 1984, 4 (5). 74 Vgl. zusammenfassend Voigt, in: ders. (Hrsg.), Der kooperative Staat, S. 33 (72 f.); ders., in: König / Dose (Hrsg.), Instrumente und Formen staatlichen Handelns, S. 289 (298 ff.); Willke, in: Grimm (Hrsg.), Staatsaufgaben, S. 685 (705 ff.); König / Dose, Klassifizierungsansätze staatlicher Handlungsformen, S. 101 ff. 75 S. Maturana / Varela, in: Maturana, Erkennen: Die Organisation und Verkörperung von Wirklichkeit, S. 170 ff. 76 Teubner, Recht als autopoietisches System, S. 23. 77 Teubner / Willke, ZfRSoz 1984, 4 (30). 78 Luhmann, Soziale Systeme, S. 58. 72 73

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auf diese Weise die Selbstkonstitution selbst reproduziert.79 Der Begriff der „Selbstreferenz“ umfasst also Phänomene der Selbstbeobachtung, Selbstreproduktion, Selbstorganisation und Selbstregulierung.80 Diese aus der Biologie stammende Theorie bezog sich ursprünglich auf die Produktion organischen Lebens. Sie wurde später in den Sozialwissenschaften rezipiert und auf komplexe Teilsysteme moderner Gesellschaften angewandt. Die Teilbereiche wie Wirtschaft, Politik und Wissenschaft, die sich funktional ausdifferenziert und zu selbst organisierenden Teilsystemen entwickelt haben, werden hierbei zu autopoietischen Systemen. Sie entwickeln ein eigenständiges Funktionsprinzip, das sich vom allgemeinen Kommunikationsprozess entfernt und schließlich abkoppelt. Die funktionale Ausdifferenzierung kann in diesem Zusammenhang nur dadurch gelingen, dass bestimmte Handlungskontexte sich zu operativer Geschlossenheit verdichten und eine systemspezifische zirkuläre Verweisungsstruktur ihrer Handlungselemente herstellen.81 Jedes Teilsystem hat nach dieser Theorie seinen eigenen Operationsmodus und ist insofern von äußeren Ereignissen unabhängig. Autopoietische Systeme sind zudem auch strukturdeterminierte Systeme, da sie durch eine spezifische Operationsweise gekennzeichnet sind, die dafür sorgt, dass genau dieses System in seiner Struktur reproduziert wird. Die künftigen Strukturänderungen sind durch die bestehende Systemstruktur determiniert. Das Steuerungsproblem moderner Gesellschaften würde sich aus autopoietischer Perspektive folgendermaßen beschreiben lassen: Jede Intervention von außen muss sich über die Barriere der Eigengesetzlichkeit des Teilsystems hinwegsetzen und macht sich in ihren Wirkungen vom internen Operationsmodus des Teilsystems abhängig.82 Die Teilsysteme verfügen über eine so hohe Komplexität und Eigendynamik, dass eine staatliche Steuerung an der mangelnden Informationsverarbeitungskapazität, Folgenkontrolle und Detailkenntnis der Kausalzusammenhänge scheitern muss.83 Ein expansives Politikverständnis wäre demzufolge Implementationsschwierigkeiten ausgesetzt. Politisches Handeln könnte z. B. ökonomisches oder wissenschaftliches Handeln zwar anstoßen, nicht aber zielsicher determinieren, da die dazu gehörigen Teilsysteme einer anderen Rationalitäts- und Kausalstruktur folgten als das politische Handeln. Stattdessen wäre ein restriktives Politikverständnis angezeigt, das die Politik als ein Teilsystem der Gesellschaft ansieht.84

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Luhmann, Soziale Systeme, S. 59. Teubner, Recht als autopoietisches System, S. 27, 28 ff. Teubner / Willke, ZfRSoz 1984, 4 (30 f.). Willke, in: Glagow / Willke (Hrsg.), Dezentrale Gesellschaftssteuerung, S. 3 (7). Teubner / Willke, ZfRSoz 1984, 4 (15). Vgl. Teubner / Willke, ZfRSoz 1984, 4 (31).

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c) Dezentrale Kontextsteuerung und reflexives Recht Um der selbstreferentiellen Qualität der Teilsysteme komplexer Gesellschaften zu begegnen, darf die Politik nach der Systemtheorie nicht auf Steuerung verzichten; vielmehr müsste sich nach diesem Ansatz das Recht selbst beschränken. Die traditionelle Leistung des Rechts sei es, Konflikte zu regulieren, die in anderen sozialen Systemen nicht mit systemeigenen Mitteln gelöst werden könnten. Statt umfassender Konfliktregulierung, die nach der autopoietischen Lehre aufgrund der operativen Geschlossenheit der Teilsysteme nicht möglich wäre, müsste das Recht mit beschränkten, indirekten Formen die soziale Kontrolle wahrnehmen.85 Das Recht hätte sich darauf zu konzentrieren, strukturelle Voraussetzungen in anderen Sozialzusammenhängen zu schaffen, es müsste die äußere Verfassung für Prozesse der Selbstreflexion in anderen Bereichen normieren.86 Die Leistung des reflexiven Rechts würde nach diesem Ansatz darin bestehen, Normen für Verfahren und Organisationen zu entwickeln, die andere Systeme für Selbstorganisation und Selbstregulierung benötigen.87 Den entscheidenden Steuerungsmodus würde hierbei die dezentrale Kontextsteuerung darstellen. Nach diesem Steuerungstyp beeinflussen Ereignisse außerhalb eines Teilsystems dieses nicht von selbst, sondern nur über solche in der Umwelt beobachteten Differenzen, die das System selbst als relevant definiert und über die es mit seiner Umwelt gekoppelt ist. Vorgänge außerhalb des Teilsystems determinieren nicht die Zustandsveränderungen innerhalb des Systems, sondern induzieren die Selbststeuerung.88 Die Teilsysteme werden somit als undurchdringliche „black boxes“ angesehen, wobei die Vorstellung linear-kausaler Steuerung zugunsten einer Anregung zur Selbststeuerung aufgegeben wird. Die selbstreferentiellen Systeme fassen Außenwirkungen nur in Form von Informationen auf, die den eigenen Prozess der Selbstbestimmung interpunktieren, die also die Kontextbedingungen autonomer Selbststeuerung verändern.89 Reflexion bedeutet somit Folgendes: Systeme finden ihre Identität in einem spezifischen, autonomen Operationsmodus, begreifen sich aber zugleich als adäquate Umwelt anderer autonomer Teilsysteme und bauen die daraus folgenden Restriktionen in die eigenen Operationsmodi ein.90 Die Steuerung der Teilsysteme erfolgt in der interdependenzgesteuerten Interaktion aller betroffenen Akteure, die ihre Kontrollkompetenz aus der Zugehörigkeit zu einem ganzheitlichen Interaktionszusammenhang herleiten. Die Teilsysteme dürfen ihre isolierten Teubner, ARSP 68 (1982), 13 (48). Teubner, ARSP 68 (1982), 13 (49 f.). 87 Teubner / Willke, ZfRSoz 1984, 4 (29). 88 Willke, in: Glagow / Willke (Hrsg.), Dezentrale Gesellschaftssteuerung, S. 3 (12). 89 Willke, in: Glagow / Willke (Hrsg.), Dezentrale Gesellschaftssteuerung, S. 3 (11); ders., in: Grimm (Hrsg.), Staatsaufgaben, S. 685 (707). 90 Willke, JbStVwW 1 (1987), 285 (306). 85 86

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Optionen und Kontingenzen91 nicht frei ausspielen, sondern müssen sie gemäß den spezifischen Interdependenzbedingungen einer Eigenkontrolle unterwerfen.92 Dabei wäre weder eine totale Verrechtlichung gesellschaftlicher Teilbereiche sinnvoll, da sie deren spezifische Eigendynamik bedrohen würde, noch wäre eine weitgehende Entrechtlichung hilfreich, da die Teilsysteme von den Funktionsbedingungen des Gesellschaftsganzen abgekoppelt würden. Das Recht müsste also jenen ganzheitlichen Interaktionszusammenhang herstellen und beide Extreme vermeiden.93 Teilweise94 wird die Rolle des Rechts allerdings nicht auf die beschriebene Funktion begrenzt, vielmehr wird auch das Recht als ein autopoietisches Sozialsystem angesehen. Seine Elemente wären Kommunikation über Recht / Unrecht und würden sich als Rechtshandlungen über Rechtshandlungen reproduzieren. In seinen Operationen würde das Rechtssystem eine systemeigene Umwelt entwerfen, nämlich die „Rechtswirklichkeit“, die als Konstruktion eines inneren Modells der Außenwelt zu verstehen wäre. Darin würde die informationelle Offenheit des operativ geschlossenen autopoietischen Rechtssystems bestehen.95

d) Die Kritik an der autopoietischen Theorie Die Vertreter der autopoietischen Systemtheorie werden vielfach kritisiert.96 Bemängelt wird insbesondere die These von der Undurchdringlichkeit und geringen Steuerbarkeit sozialer Teilsysteme. Gerade infolge einer zunehmenden institutionellen Verfestigung der Teilsysteme, die mit interner Vernetzung sowie der Ausbildung einer mehrstufigen Binnenstruktur und damit von handlungsfähigen kollektiven Akteuren höherer Ordnung einhergehe, nehme die Steuerbarkeit eher zu als ab.97 Die Teilsysteme seien aufgrund struktureller und prozeduraler Vorkehrungen 91 Willke, Systemtheorie I: Grundlagen, S. 248: Kontingenz bezieht sich auf die einem System in einer bestimmten Situation zur Verfügung stehenden Operationsalternativen. 92 Willke, Systemtheorie I: Grundlagen, S. 243. 93 Willke, Systemtheorie I: Grundlagen, S. 244. 94 Vgl. Teubner, Recht als autopoietisches System, S. 87 ff. 95 Teubner, Recht als autopoietisches System, S. 88. 96 Nahamowitz, ZfRsoz 11 (1990), 137 ff.; Scharpf PVS 1989, 10 ff.; Mayntz, JbStVwW 1 (1987), 89 (101 ff.); dies., Steuerung, Steuerungsakteure und Steuerungsinstrumente: Zur Präzisierung des Problems, S. 16 f.; Schuppert, in: Grimm (Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben – sinkende Steuerungsfähigkeit des Rechts, S. 217 (225 f.); ders., Der Staat 28 (1989), 91 (100); Ritter, in: Grimm (Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben – sinkende Steuerungsfähigkeit des Rechts, S. 69 (86); van den Daele, in: Kloepfer (Hrsg.), Selbst-Beherrschung im technischen und ökologischen Bereich, S. 35 (40 ff.); Scharpf, PVS Sonderheft 19 / 1988, 61 (64 ff.); spezifische Kritik an der Theorie des reflexiven Rechts Rehbinder, JbRSoz 13 (1988), S. 109 (112 ff.). 97 Mayntz, Steuerung, Steuerungsakteure und Steuerungsinstrumente: Zur Präzisierung des Problems, S. 16.

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in ihrem Handeln tendenziell rationaler und damit auch berechenbarer als das Ergebnis kumulierender Individualhandlungen; deswegen bestünden höhere Steuerungsmöglichkeiten.98 Moderne Politik könne zudem nicht auf regulierende Ordnungsmittel verzichten und auf dezentrale Kontextsteuerung ausweichen.99 Vor allem in der Umweltpolitik und beim Verbraucherschutz, aber auch im Gesundheitssektor sei die Tabuisierung von Geboten und Verboten kontraproduktiv. Schädliche Stoffe wie FCKW müssten verboten werden können, eine Anlage, die gegen Sicherheitsstandards verstoße, müsse stillgelegt werden können.100 Die Intransparenz der Teilsysteme werde fernerhin überschätzt; die Autopoiesie gehe davon aus, dass jedes Teilsystem einen funktionsspezifischen Code im eigenen Sprachsystem habe, der von anderen Teilsystemen nicht verstanden werde. Wenn aber manche Organisationen oder Individuen mehreren Teilsystemen angehörten, dann könnten sie es sich nicht leisten, nur eine einzige Funktionssprache zu sprechen, sie müssten eine multilinguale Kommunikationskompetenz erwerben.101 Und da Menschen in den Sprachen verschiedener Teilsysteme sprechen könnten, gebe es auch keine prinzipielle Schranke für intersystemische Kommunikation.102 In Unternehmen existierten Rechtsabteilungen, große Forschungsorganisationen hätten nicht nur einen wissenschaftlichen, sondern auch einen kaufmännischen Geschäftsführer, die Industrie- und Handelskammern seien Interessenverbände und zugleich Körperschaften des öffentlichen Rechts. Dies zeige, dass die Teilsysteme nicht gänzlich abgeschlossen und intransparent seien, sondern miteinander verschränkt und für Steuerungsimpulse aus anderen Teilsystemen empfänglich.103 Auch die Vorstellung, das Rechtssystem stelle selbst ein autopoietisches System dar, sei verfehlt. Die Politik determiniere über ihre Institutionen – Parlament, Regierung und Ministerialbürokratie – das Gesetzesrecht inhaltlich und unmittelbar. Von Autonomie und operativer Geschlossenheit des Rechts könne man nicht ausgehen. Dass die Politik die vom Grundgesetz vorgesehenen Verfahren für die Rechtsetzung zu beachten habe, sei kein Steuerungshindernis, sondern rechtsstaatliche Selbstverständlichkeit. Das Recht sei kein System, sondern ein Instrument der Politik zur Durchsetzung politischer Inhalte.104 In der Tat ist die Kritik an der Intransparenz, operativen Abgeschlossenheit und Steuerungsresistenz autopoietischer Systeme berechtigt. Die Praxis zeigt, dass re98 Mayntz, Steuerung, Steuerungsakteure und Steuerungsinstrumente: Zur Präzisierung des Problems, S. 16 f. 99 Vgl. Schuppert, Der Staat 28 (1989), 91 (100), der Willke als einem der Vertreter der Autopoiesie vorwirft, für die dezentrale Kontextsteuerung jedes überzeugende Beispiel schuldig geblieben zu sein. 100 Nahamowitz, ZfRsoz 11 (1990), 137 (139). 101 Scharpf, PVS 1989, 10 (17). 102 Mayntz, JbStVwW 1 (1987), 89 (102). 103 Schuppert, in: Grimm (Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben – sinkende Steuerungsfähigkeit des Rechts, S. 217 (225 f.); vgl. dazu auch Schuppert, Der Staat 28 (1989), 91 (100). 104 Nahamowitz, ZfRsoz 11 (1990), 137 (142).

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gulative Steuerungsinstrumente, selbst wenn sie Implementationsschwierigkeiten ausgesetzt sind, nicht völlig wirkungslos sind. Das politische System setzt dem Operieren autonomer Gesellschaftssysteme bestimmte Grenzen.105 Der Staat kann sich nicht allein auf dezentrale Steuerung oder „Optionspolitik“,106 die auf freiwilliges Handeln des Adressaten setzt, verlassen, wenn er seinen verfassungsrechtlichen Pflichten den Bürgern gegenüber nachkommen will. Auch können die Teilsysteme nicht abstrakt betrachtet werden, da für sie identifizierbare Akteure handeln,107 die in verschiedenen Gesellschaftsbereichen tätig sind und so zur Kohärenz der Systeme beitragen. Allerdings kann der Gedanke der Selbststeuerung gesellschaftlicher Kräfte für kooperative Handlungsmuster fruchtbar gemacht werden. Die Ideen der Systemtheorie, insbesondere die Überlegungen zum reflexiven Recht und zur Kontextsteuerung, spielen nämlich als moderne Steuerungskonzepte im Umweltrecht und in der Umweltpolitik eine bedeutende Rolle. Organisierte gesellschaftliche Kräfte können durch Selbststeuerung öffentliche Zwecke verwirklichen, und zwar auf eigene Kosten und in freiwilliger Selbstkontrolle. Damit ergeben sich einerseits neue Formen konsensualer Zusammenarbeit zwischen Staat und gesellschaftlichen Akteuren, andererseits führt die Selbststeuerung zu einer Verantwortungsteilung bei der Lösung gesellschaftlicher Zukunftsaufgaben.108 Zu betonen bleibt allerdings, dass die selbstregulierenden Instrumente im Umweltrecht nur als Ergänzung zu den regulativen Instrumenten in Betracht kommen. Eine Ersetzungsfunktion haben sie nicht. e) Regulierte Selbststeuerung als umweltrechtliches Steuerungskonzept Im Zuge der Diskussion über Staatsversagen, Steuerungsversagen und Krise der regulativen Politik109 ist der Staat bestrebt, Selbststeuerungspotentiale – auch im Bereich des Umweltschutzes – instrumentell zu nutzen.110 Der Staat konstatiert nämlich, dass er sich in manchen Bereichen übernommen hat, in anderen Adressat von Aufgaben ist, deren Bewältigung ihm Schwierigkeiten bereiten. Deswegen setzt er zunehmend auf Entlastung und Schonung öffentlicher Ressourcen, nachdem die Steuerungsmöglichkeiten, die eine konfliktfreie Durchsetzung seiner Ziele 105 Van den Daele, in: Kloepfer (Hrsg.), Selbst-Beherrschung im technischen und ökologischen Bereich, S. 35 (41). 106 Vgl. dazu Nahamowitz, ZfRsoz 11 (1990), 137 (139). 107 Mayntz, JbStVwW 1 (1987), 89 (102); vgl. auch Ritter, in: Grimm (Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben – sinkende Steuerungsfähigkeit des Rechts, S. 69 (86), der dem autopoietischen Modell das Fehlen eines „institutionsbezogenen Fundaments“ vorwirft; das Modell kenne weder ein Kollektivsubjekt noch beantworte es die entscheidende Frage, wer steuert. 108 Vgl. Di Fabio, VVDStRL 56 (1997), 235 (238). 109 Vgl. hierzu § 2 I 2. 110 Schuppert, in: Grimm (Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben – sinkende Steuerungsfähigkeit des Rechts, S. 217 (234).

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§ 3 Kooperation im Lichte verwaltungsrechtlicher Schlüsselbegriffe

erlaubten, ausgeschöpft sind.111 Dieser Strategiewechsel, der auch den partiellen Verzicht auf den Einsatz imperativer Instrumente zugunsten konsensualer Handlungsformen beinhaltet, wird teils als „Indiz der Ohnmacht“ des überforderten Staates, teils als innovatives Konzept des modernen Umweltstaates angesehen.112 Welche Bezeichnung auch immer für diese Strategie gewählt werden mag – klar ist, dass das veränderte Regulierungskonzept nicht bloß Entbürokratisierung und Deregulierung im Sinne hat. Es geht um eine Kombination verschiedener Regulierungsmethoden, die mitunter auch „Re-Regulierung“ genannt wird.113 Die Bandbreite der Regulierungsstrategien reicht hierbei von rein staatlicher Steuerung mit Eigenerfüllung öffentlicher Aufgaben bis zur privaten Selbststeuerung.114 Innerhalb dieser Bandbreite kann der Staat die hoheitliche Regulierung auf die Überwachung gesellschaftlicher Aufgabenerfüllung beschränken. Er kann etwa die Eigenerfüllung der Aufgaben reduzieren und einen Regelungsrahmen schaffen, innerhalb dessen er die private Leistungserbringung überwacht, oder autonome Regulierungseinheiten schaffen, die die Steuerungsziele verwirklichen. Die staatliche Verantwortung müsste dabei durch Informations-, Kontroll- und Letztentscheidungsbefugnisse sichergestellt werden.115 Der regulierende Staat setzt mit dieser Steuerungsmethode darauf, dass die von ihm vorgegebenen Ziele leichter erreicht werden, wenn die Akteure einen Spielraum für autonome Entscheidungen haben. Durch Verantwortungsübertragung auf dezentrale Einheiten sollen privates Engagement und Eigeninteresse als Steuerungsressource genutzt werden.116 Beispiele dafür sind das Umweltaudit, der Einsatz privater Projektmanager als Verfahrensbevollmächtigte117 oder die Aufstellung technischer Normen durch private Normungsvereinigungen.118 Der Staat schafft weiterhin auch in gesellschaftlichen Teilsystemen Formen der Selbststeuerung, indem er einen regulativen Spielraum für Selbstverpflichtungen errichtet oder Ziele vorgibt, die Optionenauswahl oder -konkretisierung aber den handelnden Akteuren überlässt.119 Der Hoheitsträger instrumentalisiert bei diesem Steuerungsmodus die Eigenmotive betroffener Kreise zur Erreichung der staatlich vordefinierten Ziele und gestaltet, soweit er Rechtsnormen erlässt, diese so, dass Di Fabio, VVDStRL 56 (1997), 235 (239 f.). Vgl. auch Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (170). 113 Hoffmann-Riem, DÖV 1997, 433 (436). 114 Trute, DVBl. 1996, 950 (952). 115 Trute, DVBl. 1996, 950 (953 f.). 116 Hoffmann-Riem, in: ders. / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, S. 261 (300 f.); ders. DÖV 1997, 433 (436). 117 Zu privaten Konfliktmittlern im Verwaltungsverfahren vgl. § 5 III. 118 Vgl. zu weiteren Beispielen auch Voßkuhle, VerwArch 92 (2001), 184 (214 f.). 119 Trute, DVBl. 1996, 950 (954); Voßkuhle, VerwArch 92 (2001), 184 (213 ff.); ders., VVDStRL 62 (2003), 266 (308 f.); Hoffmann-Riem, in: ders. / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, S. 261 (301 f.). 111 112

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deren Beachtung auch im Eigeninteresse der Adressaten liegt.120 Jenseits der administrativen Kontrolle und Überwachung induziert der Staat „private Initiative und Aktivität als Beitrag zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben“.121 Dieses Steuerungskonzept ist unter dem Namen „hoheitlich regulierte Selbstregulierung“122 oder „gesteuerte Selbstregulierung“123 bekannt. Beispiele hierfür sind die normabwendenden Absprachen, die zu Selbstbeschränkungen der Wirtschaft führen, und das durch den früheren § 14 Abs. 2 AbfG124 i.V.m. § 6 Abs. 3 VerpackV geschaffene Duale System zur Entsorgung von Verpackungsabfällen. In diesem Steuerungskonzept übernimmt das Recht als Steuerungsmedium die Aufgabe, influenzierend und stimulierend auf den Steuerungsvorgang einzuwirken. Der Funktionsmodus des Rechts hat sich dabei insofern geändert, als nicht eine rechtliche Vollsteuerung angestrebt wird, sondern die rechtliche Teilsteuerung im Vordergrund steht, die komplementäre und substituierende Elemente enthält.125 Über mehrstufige Abläufe werden Steuerungsimpulse transportiert, das Recht bietet einen Flankenschutz, indem es zur Abschirmung gegenüber Außenseitern oder zur Korrektur eingesetzt wird, falls der Steuerungserfolg nicht eintritt.126 Das regulierende Element innerhalb dieses Steuerungsmodus ist ein Sicherheitsnetz aus regulativ-imperativen Vorgaben, das ein Mindestschutzniveau im Sinne eines ökologischen Minimums garantiert. Der Staat errichtet also ein „Auffangnetz“, indem er subsidiär eingreifende regulative Normen erlässt.127 Einen Kategorisierungsvorschlag zu den verschiedenen Selbstregulierungssystemen im Umweltrecht hat Faber gemacht, indem sie zwischen Selbstregulierungssystemen im engeren und solchen im weiteren Sinne unterscheidet.128 Selbstregulierung im engeren Sinne bezeichnet hierbei die verschiedenen Formen der Regelungssubstitution, wobei die substituierten Regelungen entweder abstrakt-genereller oder konkret-individueller Natur sein können. Dazu gehören nach Faber die private Normung durch Normungsorganisationen, die regulativen (abstrakt-generelle Normen ersetzenden) oder projektbezogenen (konkret-individuelle RegelunHoffmann-Riem, DV 28 (1995), 425 (431). Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (165). 122 Hoffmann-Riem, DÖV 1997, 433 (436). 123 Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (165). 124 Gesetz über die Vermeidung und Entsorgung von Abfällen (Abfallgesetz – AbfG) vom 27. August 1986 (BGBl. I S. 1410, ber. S. 1501), zuletzt geändert durch Gesetz vom 30. 9. 1994 (BGBl. I S. 2771) – mit Wirkung vom 6. 10. 1996 durch das KrW- / AbfG abgelöst. 125 Faber, Gesellschaftliche Selbstregulierungssysteme im Umweltrecht, S. 83; Ritter, in: Grimm (Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben – sinkende Steuerungsfähigkeit des Rechts, S. 69 (83). 126 Ritter, in: Grimm (Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben – sinkende Steuerungsfähigkeit des Rechts, S. 69 (82). 127 Vgl. Hoffmann-Riem, DV 28 (1995), 425 (433); ders., DVBl. 1994, 1381 (1386). 128 Faber, Gesellschaftliche Selbstregulierungssysteme im Umweltrecht, S. 139. 120 121

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gen ersetzenden) Absprachen und die Bildung von Verbänden (z. B. Wasserverbänden) oder Umweltgenossenschaften.129 Die Selbstregulierung im weiteren Sinne soll die Substitution staatlicher Vollzugskontrolle erfassen. Dabei differenziert Faber zwischen privater Fremdkontrolle (z. B. durch den freien Zugang zur Umweltinformation nach dem UIG) und privater Eigenkontrolle (z. B. durch den Betriebsbeauftragten für Umweltschutz).130 Diese Beispiele zeigen, dass durch die neuen Steuerungskonzepte ein „Innovationspool“ entstanden ist, der Anreizsysteme, flexible Steuerungsmittel und kooperative Handlungsformen beinhaltet.131 Zudem wird auch deutlich, dass das Recht eine wichtige Position in den Selbstregulierungssystemen innehat: Es besitzt zum einen eine Reservefunktion. Bei den Selbstverpflichtungen etwa wird der Erlass einer staatlichen Regelung bei Nichteinhaltung der Selbstverpflichtungserklärung angedroht.132 Bei den projektbezogenen Absprachen kann die Behörde auf die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage zurückgreifen,133 falls der Anlagenbetreiber sich nicht kompromissbereit zeigt. Zum anderen nimmt das Recht in den Fällen der Selbstregulierung durch Wasserverbände134 oder der Eigenkontrolle durch Umwelschutzbeauftragte insofern eine wichtige Funktion wahr, als in diesen Konstellationen die institutionellen und organisatorischen Prämissen für die Selbststeuerung normativ geschaffen werden. Bei der privaten Normung hat das Gesetz schließlich eine Scharnierfunktion, indem der Gesetzgeber in einer Rechtsnorm auf das Ergebnis selbstregulativer Tätigkeit, also auf bestimmte technische Regeln verweist.135 Insgesamt lässt sich mithin Folgendes feststellen: Das Recht ist in der Regel Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit selbstregulativer Systeme.

II. Kooperation und Verwaltungsverantwortung 1. Verantwortung im Rechtssinne Verantwortung ist ein im Verfassungsrecht gängiger Begriff. So wird gleich am Anfang der Verfassung – in der Präambel des Grundgesetzes – die Verantwortung des deutschen Volkes vor Gott und den Menschen herausgestellt.136 Nach Art. 23 Faber, Gesellschaftliche Selbstregulierungssysteme im Umweltrecht, S. 140 ff. Faber, Gesellschaftliche Selbstregulierungssysteme im Umweltrecht, S. 149 ff. 131 Vgl. Hoffmann-Riem, DV 28 (1995), 425 (431). 132 Faber, Gesellschaftliche Selbstregulierungssysteme im Umweltrecht, S. 84. 133 Dies betrifft vor allem die Fälle der Sanierungsabsprache, die Rechtsgrundlage für hoheitliches Handeln würde z. B. § 17 Abs. 1 BImSchG darstellen; vgl. hierzu § 8 II. 134 Vgl. das Gesetz über Wasser- und Bodenverbände (Wasserverbandsgesetz – WVG) vom 12. Februar 1991 (BGBl. I S. 405), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. 5. 2002 (BGBl. I S. 1578). 135 Z. B. bei der statischen Verweisung, vgl. hierzu § 6 I 1. 136 Dazu Weigand, JöR 43 (1995), 31 ff. 129 130

II. Kooperation und Verwaltungsverantwortung

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Abs. 5 S. 2 und Abs. 6 S. 2 GG ist bei der Mitwirkung von Bund und Ländern an den Rechtsetzungsakten der Europäischen Union die gesamtstaatliche Verantwortung des Bundes zu wahren. Art. 65 S. 1 GG betont die Verantwortung des Bundeskanzlers für die Richtlinien der Politik, Art. 65 S. 2 GG stellt die Ressortverantwortlichkeit jedes Bundesministers für seinen Geschäftsbereich klar. Art. 34 S. 1 GG spricht ferner von der Verantwortlichkeit des Hoheitsträgers bei Verletzung von drittbezogenen Amtspflichten. Obwohl von diesem Begriff also ausdrücklich im Verfassungstext die Rede ist, wird er mitunter als ein in der Rechtswissenschaft ungebräuchlicher Begriff bezeichnet, der politisch-deskriptiv sei und aus dem rechtliche Konsequenzen nicht gezogen werden könnten. Stattdessen wird der Begriff „Kompetenz“ als juristisch präziser angesehen.137 Dadurch, dass die Bewältigung öffentlicher Aufgaben immer mehr durch Kooperation von staatlichen und privaten Akteuren erfolgt, haben die Begriffe „duale Verantwortung“ bzw. „Verwaltungsverantwortung“ allerdings zunehmend an Bedeutung gewonnen. Auch die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesen Begriffen hat zugenommen,138 so dass eine allmähliche Konturierung sich abzeichnet. Dabei liegen die genannten Kooperationsaufgaben in einem Feld der Verzahnung von öffentlichem und privatem Recht, in dem die öffentliche Verwaltung die Aufgabe hat, Asymmetrien im privaten Interessenausgleich zu beseitigen, subjektive Rechtspositionen zu schützen und öffentliche Interessen geltend zu machen.139 „Verantwortung“ stellt in diesem Zusammenhang einen Schlüsselbegriff dar, mit dem die Rolle der Verwaltung und die des Bürgers im Kooperationsspektrum zwischen staatlicher und privater Aufgabenerfüllung bestimmt wird.140 Mitunter wird „Verantwortung“ sogar als „grundlegende und systembildende wie ebenso handlungsleitende Kategorie der Staats- und Verwaltungsrechts137 Wilke, DÖV 1975, 509; Pestalozza, JuS 1975, 366 (371 f.); vgl. auch Scheuner, in: FS Gebhard Müller, S. 379 und Stettner, Grundfragen einer Kompetenzlehre, S. 255; in anderen Geisteswissenschaften ist die Diskussion über den Begriff „Verantwortung“ nicht neu, vgl. zur Diskussion über die philosophische Verantwortung Picht, Wahrheit, Vernunft, Verantwortung, S. 318 ff.; Weischedel, Das Wesen der Verantwortung, S. 105 ff., der zwischen sozialer, religiöser und Selbstverantwortung unterscheidet; zur Verantwortung aus christlicher Sicht vgl. Würthwein / Merk, Verantwortung, S. 69 ff. 138 Vgl. z. B. die Referate auf der Staatsrechtslehrertagung 1975 von Scholz, VVDStRL 34 (1976), 145 ff. und Schmidt-Aßmann 34 (1976), 221 ff. sowie auf der Staatslehrertagung 1995 von Merten, VVDStRL 55 (1996), 7 ff. und Depenheuer, VVDStRL 55 (1996), 90 ff.; s. auch Wilke, DÖV 1975, 509 ff.; Sachs, DVBl. 1995, 873 ff.; Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem“ Staat. Verantwortungsteilung als Schlüsselbegriff eines sich verändernden Verhältnisses von öffentlichem und privatem Sektor; Lange (Hrsg.), Gesamtverantwortung statt Verantwortungsparzellierung im Umweltrecht; Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, S. 289 ff.; aus staatsrechtlicher Sicht: Saladin, Verantwortung als Staatsprinzip, insbesondere S. 26 ff.; Stettner, Grundfragen einer Kompetenzlehre, S. 254 ff.; Scheuner, in: FS Gebhard Müller, S. 379 ff. 139 Trute, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, S. 167 (197). 140 Röhl, DV 1999, Beiheft 2, 33.

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§ 3 Kooperation im Lichte verwaltungsrechtlicher Schlüsselbegriffe

wissenschaft“ bezeichnet.141 Um festzustellen, ob eine solche systematisierende Funktion tatsächlich existiert, müssen allerdings zunächst die einzelnen Elemente des Begriffs „Verantwortung“ näher dargestellt werden.142 Verantwortung setzt zunächst einen Träger der Verantwortung als personalen Bezugspunkt voraus.143 Es bedarf also einer Differenzierung zwischen denen, die verantwortlich sind und denen, die es nicht sind.144 Verantwortungsträger können der Staat oder Private sein. Allerdings trägt nicht der Staat in toto Verantwortung, sondern immer nur verselbständigte Funktionseinheiten, die durch innerstaatliches Recht befugt und verpflichtet werden. Der Staat unterscheidet sich von anderen Verantwortungsträgern dadurch, dass er für sich selbst die Kriterien der Verantwortungsübernahme durch einfaches Recht oder Verfassungsrecht (vgl. Art. 20a GG) formuliert.145 Demgegenüber wird Privaten Verantwortung im öffentlichen oder privaten Interesse übertragen. Private können hoheitliche Befugnisse etwa durch Gesetz erlangen (z. B. Beleihung); für privates Handeln können des Weiteren auch Organisationsstrukturen geschaffen werden, um Verantwortungswahrnehmung im öffentlichen Interesse, aber auch aus privatem Eigennutz zu ermöglichen (z. B. Umweltaudit).146 Verantwortung trägt man für einen Gegenstand. Hinsichtlich dieses Gegenstandes kann der Adressat der Verantwortung den Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen. Dadurch entsteht ein Verantwortlichkeitsverhältnis,147 z. B. zwischen dem Amtswalter und seinem Vorgesetzten oder zwischen einem Selbstverwaltungsträger und der Rechtsaufsicht. Mitunter werden auch Handlungspflichten vorgeschrieben, um Verantwortung zu begründen (z. B. bei der zivilrechtlichen Verkehrssicherungspflicht). Gegenstand der Verantwortung ist dann ein bestimmter Zustand oder Erfolg. Verantwortung ist somit vom Ziel her bestimmt; es wird nicht vorgeschrieben, was konkret zu tun ist, das notwendig Durchzuführende ergibt sich erst aus der jeweiligen Situation und wird vom Verantwortlichen selbständig vorgenommen. Ob jemand seiner Verantwortung gerecht geworden ist, ist dann durch wertende Beurteilung seines Gesamtverhaltens festzustellen.148 Pitschas, Verwaltungsverantwortung und Verwaltungsverfahren, S. 9. Vgl. dazu Murswiek, Die staatliche Verantwortung für die Risiken der Technik, S. 29 ff.; Voßkuhle, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem“ Staat, S. 47 (53 ff.); Pitschas, Verwaltungsverantwortung und Verwaltungsverfahren, S. 240 ff.; Röhl, DV 1999, Beiheft 2, 33 ff.; Waechter, Der Staat 38 (1999), 279 ff.; Di Fabio, in: Knies (Hrsg.), Staat _. Amt _. Verantwortung, S. 15 (22 ff.). 143 Sachs, DVBl. 1995, 873 (876). 144 Voßkuhle, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem“ Staat, S. 47 (54). 145 Pitschas, Verwaltungsverantwortung und Verwaltungsverfahren, S. 252 f. 146 Vgl. Röhl, DV 1999, Beiheft 2, 33 (51 f.). 147 Wilke, DÖV 1975, 509 (513). 148 Vgl. Murswiek, Die staatliche Verantwortung für die Risiken der Technik, S. 43 f.; Waechter, Der Staat 38 (1999), 279 (293). 141 142

II. Kooperation und Verwaltungsverantwortung

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Verantwortung bedarf ferner eines Maßstabes, dem das zu verantwortende Verhalten zu entsprechen hat. Dabei interessieren vor allem normative Maßstäbe, wie die Amtspflichten in Art. 34 S. 1 GG149 oder die Ziele der Kreislaufwirtschaft in § 22 Abs. 1 KrW- / AbfG150. Es muss also ein System von Normen und Wertentscheidungen existieren, von dem sich der Verantwortliche bei seinem Handeln oder Unterlassen leiten lassen kann, das ihm ggf. auch sagt, was verboten und was erlaubt ist.151 Verantwortung ist weiterhin ein Kompetenzbegriff. Er bezieht sich auf einen konkret bestimmten Bereich. Wenn Verantwortung übernommen werden soll, um bestimmte Aufgaben zu erfüllen, dann müssen Zuständigkeitsbereiche geschaffen werden, um die jeweiligen Aufgaben dem Einzelnen zuzuweisen. Innerhalb dieses Aufgabenbereichs hat der Verantwortliche einen Entscheidungsspielraum, um die übertragenen Aufgaben zu verwirklichen.152 So wird im Organisationsrecht der Begriff Eigenverantwortung (z. B. in Art. 28 Abs. 2 S. 3 GG) gewählt, um einen Raum eigenen Entscheidens zu begründen, in dem der Verantwortliche nicht durch Weisungsrechte oder bestimmte Gebote anderer Stellen in seinem konkreten Handeln beschränkt ist. Rechtlich zu verantworten hat sich der Funktionsträger dafür, dass die gewählte Handlungsform kompetentiell zulässig ist. Den Funktionsträger trifft also eine Konkretisierungsverantwortung, da er den gesetzlichen Handlungsund Entscheidungsauftrag im Rahmen seiner Kompetenzen zu verwirklichen hat. Die Eigenverantwortung umfasst die kompetentielle Befugnis, die Entscheidungsfreiheit des Verantwortungsträgers und die Bindung an das vorgegebene Ziel. Außerhalb seines Kompetenzbereichs trägt der Verantwortliche keine Verantwortung und muss sich vor einer anderen Instanz nicht rechtfertigen.153 Damit ein Funktionsträger für einen Zustand oder einen bestimmten Erfolg verantwortlich ist, muss das Handlungsergebnis diesem zugerechnet werden können. So bestimmen die Polizei- und Sicherheitsgesetze als Handlungsverantwortlichen denjenigen, der durch sein Verhalten eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung verursacht hat, als Zustandsverantwortlichen denjenigen, der Inhaber der tatsächlichen Gewalt oder Eigentümer einer Sache ist, von der eine Gefahr ausgeht.154 § 4 Abs. 3 BBodSchG155 schreibt die Sanierungspflicht des Verursachers Sachs, DVBl. 1995, 873 (877 f.). Vgl. hierzu Waechter, Der Staat 38 (1999), 279 (296 ff.). 151 Voßkuhle, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem“ Staat, S. 47 (55). 152 Saladin, Verantwortung als Staatsprinzip, S. 32; Pitschas, Verwaltungsverantwortung und Verwaltungsverfahren, S. 243. 153 Röhl, DV 1999, Beiheft 2, 33 (39 f.); Stettner, Grundfragen einer Kompetenzlehre, S. 272; Pitschas, Verwaltungsverantwortung und Verwaltungsverfahren, S. 259 ff.; Murswiek, Die staatliche Verantwortung für die Risiken der Technik, S. 51 f. 154 Vgl. z. B. Art. 7 Abs. 1, 8 Abs. 1 und 2 BayPAG (Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Bayerischen Staatlichen Polizei (Polizeiaufgabengesetz – PAG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 14. September 1990 (GVBl. S. 397), zuletzt geändert durch Gesetz vom 24. 7. 2001 (GVBl. S. 348)). 149 150

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§ 3 Kooperation im Lichte verwaltungsrechtlicher Schlüsselbegriffe

einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast sowie des Grundstückseigentümers oder des Inhabers der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück vor. Im Rahmen der Staatshaftung werden die Schäden, die infolge hoheitlicher Eingriffe in Individualrechte entstanden sind, dem Hoheitsträger zugerechnet und Ansprüche aus enteignendem bzw. enteignungsgleichem Eingriff oder aus Aufopferung begründet. Bei der Zurechnung geht es also um die Zuweisung von Rechtsfolgen zu Rechtssubjekten, seien diese natürliche oder juristische Personen des privaten oder aber des öffentlichen Rechts.156 Für die Zurechnung maßgeblich ist die Frage der Pflichtgemäßheit des Handelns. Ein pflichtwidriges Handeln ist vorwerfbar und deshalb zurechenbar; dabei ergeben sich die inhaltlichen Anforderungen an pflichtgemäßes Handeln aus den Verhaltensvorschriften.157

2. Staatliche und gesellschaftliche Umweltverantwortung als kooperative Verantwortung a) Duale Umweltverantwortung als gegenseitige Verzahnung von öffentlichem Recht und Privatrecht Verwaltungsverantwortung ist ein Begriff, der die Konnexität zwischen hoheitlicher Aufgabe, öffentlichen Ressourcen und privaten Gestaltungsmöglichkeiten aufzeigt.158 Der Verantwortungsbegriff dient dazu, die Aufgaben- und Zuständigkeitsnormen des positiven Rechts aufzugliedern und auf innovative Steuerungsmechanismen hin zu analysieren.159 Dabei hat sich die Auffassung durchgesetzt, dass nicht die isolierte Betrachtung und Anwendung von öffentlichem Recht und Privatrecht die komplexen Probleme des Umweltrechts zu lösen in der Lage ist, sondern die sachgerechte Koppelung und Verzahnung beider Rechtsgebiete. Das dualistische Verständnis von privatem und öffentlichem Recht wird in Teilbereichen durch ein Recht der Auffangverhältnisse ersetzt, in dem privates und hoheitliches Handeln sich gegenseitig ergänzen. Damit ist ein Kooperationsbereich entstanden, der durch die gemeinsamen Interessen der handelnden Akteure gekennzeichnet ist und in dem Interessenkonflikte mit den aus beiden Rechtsgebieten stammenden Instrumenten ausgeräumt werden können.160 Je nach Aufgabe und 155 Gesetz zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen und zur Sanierung von Altlasten (Bundes-Bodenschutzgesetz – BBodSchG) vom 17. März 1998 (BGBl. I S. 502), zuletzt geändert durch Gesetz vom 9. 12. 2004 (BGBl. I S. 3214). 156 Waechter, Der Staat 38 (1999), 279 (294). 157 Vgl. Pitschas, Verwaltungsverantwortung und Verwaltungsverfahren, S. 241 f. 158 Zum Verhältnis von staatlicher und privater Verantwortungssphäre aus verfassungsgeschichtlicher Sicht vgl. Würtenberger, JbRSoz, Bd. 14 (1989), 308 (311 ff.). 159 Vgl. Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, S. 7 (29 f.). 160 Vgl. Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, S. 7 (28 f.).

II. Kooperation und Verwaltungsverantwortung

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Struktur des kooperativen Sachbereichs und der betroffenen Interessen ist der Kooperationsmodus unterschiedlich ausdifferenziert.161 Grundlegend ist jedoch die Feststellung, dass die weitgehend in staatlicher Hand liegende Umweltverantwortung dual zwischen Staat und Gesellschaft verteilt werden sollte.162 Bürger und Unternehmen müssen im Sinne einer kontrollierten Eigenverantwortlichkeit mehr in den Umweltschutz involviert werden. Dadurch wird die Bereitschaft, Umweltschutzmaßnahmen zu akzeptieren, gesteigert, externer technischer und wirtschaftlicher Sachverstand eingebunden und die Effizienz staatlicher Umweltpolitik erhöht.163 Zur Umschreibung dieser ökologischen Mitverantwortung wird mitunter der Begriff „umweltpolitisches Mitwirkungsverhältnis“ verwendet;164 diese Bezeichnung ist auf das „wirtschaftspolitische Mitwirkungsverhältnis“ zurückzuführen, das einst die Kooperationsbeziehung von Staat und Wirtschaft näher beschreiben sollte.165 In diesem Verhältnis entledigt sich der Staat nicht seiner Aufgabe, sondern erfüllt sie weiter, allerdings nun „zu zweit“ mit dem privaten Akteur. Maßgebend ist demnach die Zusammenarbeit von beiden.166 Das umweltpolitische Mitwirkungsverhältnis ist indessen multilateral, nicht nur bilateral ausgestaltet. Aufgrund dieses Verhältnisses soll ein Netzwerk von Mitwirkungspflichten und -rechten bei der Gestaltung des Umweltschutzes entstehen, das Leistungs- und Gegenleistungspflichten der Mitwirkenden erfasst. Die Inhaber der Umweltverantwortung schulden sich dabei Pflichten zur Rücksichtnahme und bilden hinsichtlich der Zweckerreichung eine Pflichten- und Risikogemeinschaft.167 Letztlich bedürfen aber die inhaltlichen Konsequenzen, die aus diesem Mitwirkungsverhältnis gezogen werden, näherer gesetzlicher Ausformung.

161 Vgl. Trute, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, S. 167 (197). 162 Vgl. hierzu auch Michael, Rechtsetzende Gewalt im kooperierenden Verfassungsstaat, S. 313 ff., der vom „Prinzip kooperativer Verantwortung“ bzw. von einer „Gesamtverantwortung auf allen Ebenen“ spricht; vorsichtiger Weiß, Privatisierung und Staatsaufgaben, S. 297; zur Verantwortungsteilung im Gewährleistungsstaat vgl. auch Trute, in: Schuppert / Neidhardt (Hrsg.), Gemeinwohl – Auf der Suche nach Substanz, S. 329 ff. 163 Kloepfer, NuR 1993, 353. 164 Pitschas, in: Lüder (Hrsg.), Staat und Verwaltung, S. 269 (272, 282, 289); vgl. ders., Verwaltungsverantwortung und Verwaltungsverfahren, S. 275 ff. 165 Krüger, Das Wirtschaftspolitische Mitwirkungsverhältnis, S. 11 ff., 40 ff. 166 Krüger, Das Wirtschaftspolitische Mitwirkungsverhältnis, S. 13; allerdings wird nach Krüger, ebd., S. 40 f., die öffentliche Aufgabe nicht an Private delegiert, sondern sie wird vergesellschaftet. Hintergrund dieser Überlegung ist, dass das wirtschaftspolitische Mitwirkungsverhältnis ein Gesellschaftsverhältnis zwischen Staat und Wirtschaft darstellen soll. Im umweltrechtlichen Verantwortungsverhältnis sind allerdings Aufgabendelegationen möglich, vgl. hierzu § 4 V 4. 167 Pitschas, in: Lüder (Hrsg.), Staat und Verwaltung, S. 269 (282).

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§ 3 Kooperation im Lichte verwaltungsrechtlicher Schlüsselbegriffe

b) Anwendungsbereiche dualer Umweltverantwortung Als Paradebeispiel dualer Umweltverantwortung gelten die Regelungen über die betriebliche Eigenüberwachung.168 Aus der Einsicht heraus, dass die behördlichen Befugnisse alleine nicht ausreichen, um überwachungsbedürftige Anlagen zu kontrollieren, wurden in den Umweltgesetzen Vorschriften über die Eigenüberwachung von Unternehmen aufgestellt. Grund dafür ist die Tatsache, dass die behördlichen Überwachungskapazitäten aufgrund mangelnder personeller und finanzieller Ressourcen an ihre Grenzen gestoßen sind. Deswegen wurden für die Anlagenbetreiber Eigenüberwachungspflichten normiert, durch die die betriebliche Umweltverantwortung verstärkt werden sollte. Dazu zählen z. B. die §§ 26 – 29 BImSchG, die Emissions- und Immissionsmessungen durch den Betreiber oder die Abgabe von Emissionserklärungen vorsehen. Gem. § 52a Abs. 1 BImSchG müssen ferner Kapitalgesellschaften, deren vertretungsberechtigte Organe aus mehreren Mitgliedern bestehen, oder bestimmte Personengesellschaften einen Geschäftsführungsbefugten benennen, der die Pflichten des Betreibers einer genehmigungsbedürftigen Anlage wahrnimmt. Zweck der Vorschrift ist die Optimierung umweltfreundlicher Strukturen im Betrieb, aber auch die Konstituierung betrieblicher Umweltverantwortlichkeit. Diese Vorschrift will also keine weitere Intensivierung der staatlichen Betriebsüberwachung, sondern eine Stärkung betrieblicher Selbstkontrolle durch Offenlegung der unternehmensinternen Verantwortungsstrukturen.169 Duale Verantwortungsteilung wird ferner durch das Umweltaudit bzw. das europaweit geltende System EMAS angestrebt.170 Nach der EMAS-VO müssen sich Organisationen für die Eintragung in das EMAS-Register (vgl. § 32 UAG) u. a. einer Umweltprüfung unterziehen, ein Umweltmanagementsystem schaffen und eine Umwelterklärung abgeben (vgl. Art. 3 Abs. 2 EMAS-VO). Dadurch sollen Anreize zu umweltadäquatem Management und eigenverantwortlicher Umweltkontrolle geschaffen werden.171 Einige rechtspolitische Vorschläge, die vor der Novellierung der bis 2001 geltenden UA-VO172 gemacht wurden, zielten bereits auf eine Verzahnung privater Eigenverantwortung und staatlicher Überwachung. Die behördliche Überwachung sollte nach jenen Vorschlägen durch eine Ausweitung der Eigenkontrolle zurückgedrängt werden, wenn diese gegenüber den ordnungsrechtlichen Überwachungsinstrumenten gleichwertig sei.173 Staatliche Kon168 Näheres hierzu unter § 5 II 2; vgl. auch Laskowski, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem“ Staat, S. 93 (95 f.). 169 Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 434 f.; näheres hierzu ders., DB 1993, 1125 (1127); Koch / Borchardt / Haag / Laskowski, Anlagenüberwachung im Umweltrecht, S. 46 ff. 170 Hierzu ausführlich unter § 11 IV 1. 171 Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 445 f. 172 Verordnung (EWG) Nr. 1836 / 93 des Rates vom 29. Juni 1993 über die freiwillige Beteiligung gewerblicher Unternehmen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagment und die Umweltbetriebsprüfung, ABl. 1993, Nr. L 168, S. 1, ber. ABl. 1995, Nr. L 203, S. 17. 173 Vgl. Schuppert, DV 1999, Beiheft 2, 103 (119).

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trollen sollten ohne Abbau materieller Umweltstandards zurückgenommen werden, wenn die entsprechenden Kontrollvorschriften durch das Auditsystem funktional substituiert würden.174 Eine erste Ausprägung dieses Ansatzes war die Normierung des § 4 Abs. 1 S. 2 9. BImSchV175, der die Einzelheiten der Antragstellung bei registrierten Standorten betrifft. Die Behörde hat nach dieser Vorschrift zu berücksichtigen, ob die Anlage Teil eines Standortes einer nach der UA-VO oder der EMAS-VO registrierten Organisation ist, für die Angaben in einer der Genehmigungsbehörde vorliegenden, für gültig erklärten und der Registrierung zugrunde gelegten Umwelterklärung oder in einem zugrunde liegenden Umweltbetriebsprüfungsbericht enthalten sind. Die Formulierung „berücksichtigen“ ist zwar nicht ganz klar, Intention des Verordnungsgebers ist es aber offenbar, den Umfang der Genehmigungsunterlagen zu reduzieren. Die Behörde soll prüfen, ob die materielle Prüfungstiefe hinsichtlich bestimmter Anlagen zurückgenommen werden kann. Dann könnten eventuell auch die Anforderungen an die Detailliertheit von Antragsunterlagen entsprechend reduziert werden. Ein Teil der behördlichen Ermittlungen würde z. B. durch Übernahme der Prüfungsergebnisse des zugelassenen Umweltgutachters176 ersetzt werden.177 Neben dieser Vorschrift hat der Normgeber jüngst weitere Erleichterungen für registrierte EMAS-Anlagen geschaffen, vor allem durch die §§ 58e BImSchG, 55a KrW- / AbfG und die EMAS-Privilegierungs-Verordnung; darauf wird noch zurückzukommen sein.178 Auch im UGB-KomE steht das Prinzip der Umweltverantwortung an herausgehobener Stelle. Gem. § 3 Abs. 1 UGB-KomE trägt jeder Einzelne eine Verantwortung für den Schutz der Umwelt und kann im Rahmen dieser Verantwortung die Umweltgüter nutzen. Damit wird die Bedeutung des Verhaltens und der Verantwortung jedes einzelnen Bürgers betont. Der private Verbraucher soll daher – neben gewerblichen und industriellen Umweltnutzern – einen Beitrag zum Umweltschutz leisten und seine Umweltnutzung gegebenenfalls einschränken. Aufgabe des Staates sei es, dieses Umweltbewusstsein zu fördern (§ 3 Abs. 2 UGBKomE).179

174 Laskowski, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem“ Staat, S. 93 (101). 175 Neunte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über das Genehmigungsverfahren – 9. BImSchV) i.d.F. der Bekanntmachung vom 29. Mai 1992 (BGBl. I S. 1001), zuletzt geändert durch VO vom 14. 8. 2003 (BGBl. I S. 1614). 176 Vgl. Art. 3 Abs. 2 lit. d) i.V.m. Anhang V Abschn. 5.4. EMAS-VO. 177 Schäfer, NVwZ 1997, 526 (529); Feldhaus, UPR 1997, 341 (346 f.). 178 S. § 11 IV 1 c). 179 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.), UGBKomE, S. 452 f.; vgl. auch Sendler, in: Kloepfer (Hrsg.), Selbst-Beherrschung im technischen und ökologischen Bereich, S. 135 (137 f.): Dort wird auch der Zusammenhang von Umweltverantwortung und Kooperationsprinzip näher beschrieben.

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3. Die Verantwortungsstufen und ihre Ausprägung im Umweltrecht a) Das Konzept der abgestuften Verantwortungsteilung Die Feststellung, dass nicht alle im öffentlichen Interesse liegenden Aufgaben von staatlichen Akteuren bewältigt werden können, hat aus der Verantwortung des Staates zur Gemeinwohlkonkretisierung ein Konzept abgestufter Verantwortungsteilung entstehen lassen.180 Dabei wird „Verwaltungsverantwortung“ als ein heuristischer Begriff verwendet, der die Funktion des Staates im Zusammenwirken mit der Gesellschaft bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben beschreibt. Es geht also um die Rolle des Staates und die Instrumente, die er in diesem Kooperationsverhältnis einsetzt.181 Rechtsdogmatische Konsequenzen können aus dieser Beschreibung allerdings nur bei Vorliegen entsprechender gesetzlicher Grundlagen gezogen werden.182 Innerhalb des Konzepts der abgestuften Verantwortungsteilung183 steht am einen Ende der Skala die staatliche Rahmensetzung für private Aktivitäten, am anderen Ende die volle staatliche Erfüllungsverantwortung; dazwischen liegen die Stufen der Beratungsverantwortung, der Überwachungsverantwortung, der Organisationsverantwortung und der Einstandsverantwortung in den Fällen gesellschaftlicher „Schlechterfüllung“. 184 Verantwortungsteilung beschreibt also zum einen die Intensität der staatlichen Aufgabenwahrnehmung, d. h. den Umfang der Verpflichtungen des Staates zur Erreichung von ihm gesetzter Ziele, und zum anderen die Aufgabenverteilung zwischen staatlichen und privaten Akteuren.185 Durch das Konzept der Verantwortungsstufung versucht die Verwaltungsrechtswissenschaft, die „Dichotomie“186 von staatlicher und privater Aufgabenerfüllung zu modifizieren.

180 Trute, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem“ Staat, S. 13 f.; zu den Grundbausteinen der Dogmatik eines Gewährleistungsverwaltungsrechts s. Voßkuhle, VVDStRL 62 (2003), 266 (310 ff.). 181 Röhl, DV 1999, Beiheft 2, 33 (47). 182 Vgl. Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 170. 183 Vgl. dazu Schuppert, DÖV 1995, 761 (768 f.); ders., in: ders. (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem“ Staat, S. 299 (327). 184 Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Schuppert (Hrsg.), Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, S. 11 (43 f.); vgl. auch Schuppert, in: Ipsen (Hrsg.), Privatisierung öffentlicher Aufgaben, S. 17 (29 f.) mit der Differenzierung zwischen Erfüllungs-, Überwachungs-, Finanzierungs-, Beratungs-, Organisations-, Einstandsverantwortung, staatlicher Rahmensetzung für private Aktivitäten und sozialer Abfederungsverantwortung; vgl. ders. DÖV 1995, 761 (768 f.) und DV 31 (1998), 415 (427 ff.); in der Privatisierungsdebatte schlägt ferner Bauer, VVDStRL 54 (1995), 243 (277 ff.) die Differenzierung zwischen Erfüllungs-, Kontroll-, Privatisierungsfolgen-, und Beobachtungsverantwortung vor. 185 Schuppert, DV 1999, Beiheft 2, 103 (115); Trute, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, S. 167 (198). 186 Röhl, DV 1999, Beiheft 2, 33 (46).

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Diese Sichtweise wird aber bisweilen kritisiert, da eine Einebnung der Unterscheidung von öffentlichem Recht und Privatrecht befürchtet wird. Die Differenzierung zwischen den beiden Rechtsgebieten sei eine der Errungenschaften der Moderne, die nicht leichtfertig aufgegeben werden sollte. Durch den Begriff Verantwortungsteilung werde suggeriert, der Staat und der Private hätten identische Rollen; in der Tat sei aber nur der Staat dem Gemeinwohl verpflichtet.187 Richtig an dieser Kritik ist, dass der Staat trotz Verantwortungsteilung eine Garantenstellung innehat, die er unter dem Deckmantel der Verantwortungsstufung nicht aufgeben kann. Auch die Unterscheidung von privatem und öffentlichem Recht wird durch das Konzept der Verantwortungsteilung nicht obsolet, da diese Differenzierung vor allem in der Verwaltungspraxis weiterhin ihre Bedeutung hat.188 Der Staat versucht allerdings durch das Modell der Verantwortungsteilung auf Problemfelder zu reagieren, die unter den Stichwörtern „Zuwachs von Staatsaufgaben“ und „Krise des regulativen Staates“ firmieren189 und einen Neuzuschnitt von öffentlichem und privatem Sektor erforderlich machen.190 Gemeinwohlkonkretisierung geschieht im modernen Rechtsstaat durch die Zusammenarbeit von öffentlichen und privaten Funktionsträgern. Dafür sind die zunehmende Verzahnung von öffentlichem Recht und Privatrecht und ihre Einordnung als gegenseitige Auffangordnungen paradigmatisch. Die Zielverwirklichung wird nicht mehr durch eine trennscharfe Abgrenzung der Rechtsmaterien, sondern durch eine Kombination und wechselseitige Ergänzung bewirkt; insofern kann man von einem Perspektivenwechsel im öffentlichen Recht sprechen.191 b) Rahmenverantwortung Die staatliche Rahmenverantwortung ist Ausdruck der eigentlichen Grundverantwortung des Hoheitsträgers für einen gemeinwohlverträglichen Interessenausgleich unter den Privaten.192 Der Staat interveniert hierbei nicht direkt durch traditionelle Instrumente der Regulierung in gesellschaftliche Prozesse, sondern beschränkt sich darauf, das privatnützige Verhalten zu bändigen. Dazu setzt der Staat einen normativen Rahmen, der den privaten Verantwortungsbereich strukturiert.193 187

Di Fabio, VVDStRL 56 (1997), 235 (276); Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160

(166). Z. B. im Rahmen der prozessualen Rechtswegbestimmung. Vgl. hierzu § 2 I 2. 190 Schuppert, DV 31 (1998), 415 (430). 191 Vgl. Röhl, DV 1999, Beiheft 2, 33 (54 f.); vgl. auch Trute, DVBl. 1996, 950 (958 f.). 192 Trute, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, S. 167 (198). 193 Vgl. Hoffmann-Riem, in: ders. / Schneider (Hrsg.), Verfahrensprivatisierung im Umweltrecht, S. 9 (24 f.); vgl. auch Ritter, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht als Steuerungsressource, S. 207 (232); Schuppert, StWStP 1994, 541 (561). 188 189

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So wird durch die zivilrechtlichen Vorschriften (vor allem durch das BGB) ein System geschaffen, in dem die privatrechtlichen Beziehungen sachgemäß geregelt werden. Dies schließt die Bereitstellung zivilprozessualer Instrumente zur Geltendmachung und Vollstreckung von Ansprüchen ein, um eine effektive Rechtsdurchsetzung im Privatrecht zu gewährleisten.194 Auch im Verwaltungsrecht kann sich der Staat auf die nachträgliche Kontrolle privater Aktivitäten oder die Absicherung der Aufgabenerfüllung durch organisatorische Vorgaben beschränken.195 Als Beispiel für ein solches Konzept sei die Produktverantwortung im Kreislaufwirtschafts- und Abfallrecht angeführt. § 22 Abs. 1 S. 1 KrW- / AbfG statuiert die Produktverantwortung für denjenigen, der Erzeugnisse entwickelt, herstellt, beund verarbeitet oder vertreibt. Bei der Produktverantwortlichkeit handelt es sich um eine Vielzahl von Produktpflichten, die Entwickler, Hersteller und Vertreiber von Produkten treffen (vgl. § 22 Abs. 2 KrW- / AbfG).196 § 22 Abs. 1 S. 2 KrW- / AbfG verdeutlicht weiterhin, wie die Produktverantwortung zu erfüllen ist, nämlich durch Abfallverminderung und umweltverträgliche Verwertung und Beseitigung der Abfälle. Insgesamt stellen § 22 Abs. 1 und 2 KrW- / AbfG eine Leitlinie für die Eigenverantwortung des Produktverantwortlichen auf.197 Dies wird durch die Formulierungen in § 22 Abs. 1 S. 2 KrW- / AbfG („Zur Erfüllung der Produktverantwortung sind Erzeugnisse möglichst so zu gestalten . . .“) und in § 22 Abs. 2 KrW- / AbfG, der eine exemplarische Konkretisierung („umfasst insbesondere“) der in Abs. 1 definierten Produktverantwortung enthält, klargestellt. Für den Rahmencharakter der Vorschrift spricht auch die in der Literatur überwiegend vertretene Auffassung, dass aus § 22 KrW- / AbfG für den Produktverantwortlichen keine vollziehbaren Rechtspflichten folgen, sondern dass zur Konkretisierung der Pflichten untergesetzliche Verordnungen notwendig sind (vgl. § 22 Abs. 4 KrW- / AbfG).198 Zur Sicherung der Anforderungen an die Produktverantwortung kann durch Rechtsverordnung bestimmt werden, dass Hersteller oder Vertreiber bestimmte Erzeugnisse zurückzunehmen haben oder die Rückgabe durch Rücknahmesysteme sicherzustellen haben (§ 24 Abs. 1 Nr. 2 KrW- / AbfG). Durch Errichtung eines solchen Rücknahmesystems wird ein Rahmen geschaffen, innerhalb dessen die Hersteller ihrer Produktverantwortung gerecht werden können. Als Beispiel für ein solches Rücknahmesystem dient vor allem das Duale System gem. § 6 Abs. 3 VerpackV:199 Die Rücknahmepflichten von Vertreibern und Herstellern entfallen, wenn nach den Feststellungen der zuständigen Behörde ein Vgl. Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 170 f. Voßkuhle, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem“ Staat, S. 47 (76 f.). 196 Kloepfer, Umweltrecht, § 20 Rn. 96 f. 197 Versteyl, in: Kunig / Paetow / Versteyl, KrW- / AbfG, § 22 Rn. 16. 198 Versteyl, in: Kunig / Paetow / Versteyl, KrW- / AbfG, § 22 Rn. 17; Beckmann, UPR 1996, 41 (45); Weidemann, NVwZ 1995, 631 (634); a.A. Sparwasser / Engel / Voßkuhle, Umweltrecht, § 11 Rn. 217. 199 Vgl. hierzu ausführlich § 7 I 1 und 3. 194 195

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flächendeckendes System vorliegt, das die regelmäßige Abholung gebrauchter Verkaufsverpackungen gewährleistet. Dies zeigt, dass der Gesetzgeber die Zielerreichung nicht stets von der Erfüllung ordnungsrechtlicher Pflichten abhängig macht, sondern Leitlinien anbietet oder Konzepte vorschlägt, um das angestrebte Verhalten zu steuern. Das Recht übt dabei eine Bereitstellungsfunktion aus, indem es die institutionellen Strukturen schafft, um die vorgeschlagenen Zielfestsetzungen zu verwirklichen. Es fungiert als Steuerungsmittel, damit der Gesetzgeber seiner Rahmenverantwortung gerecht wird.200

c) Kontrollverantwortung Schafft der Staat Mechanismen und einen rechtlichen Rahmen für privates Handeln, das dem Gemeinwohl dienen soll, dann muss er auch seiner Verfahrens- und Überwachungsverantwortung gerecht zu werden. Er muss das private Handeln entweder kontrollieren, um die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben zu überprüfen, oder er muss, wenn das gewünschte Ziel nicht erreicht wird oder unerwünschte Nebenwirkungen eintreten, die Möglichkeit zur Nachsteuerung haben.201 Das charakteristische Merkmal der Kontrollverantwortung202 ist die Überprüfung des privat verantworteten Teils des Entscheidungsprozesses in prozeduraler und inhaltlicher Hinsicht. Dadurch soll die staatliche Letztverantwortung gewahrt werden, indem der Hoheitsträger korrigierend eingreift, wenn das öffentliche Interesse im Rahmen des privaten Beitrags nicht ausreichend berücksichtigt worden ist. Die Gesamtverantwortung des Staates bleibt bestehen, wenn auch von einer Erfüllungsverantwortung im Sinne einer originären eigenen Erfüllung staatlicher Aufgaben nicht die Rede sein kann.203 Der Staat kann seine Verantwortung vor allem durch die Kontrolle von Kontrollsystemen wahrnehmen, wenn die funktionale Äquivalenz zwischen privater Eigenkontrolle und staatlicher Fremdkontrolle gewährleistet ist.204 So kann nach § 29a Abs. 1 BImSchG die zuständige Behörde anordnen, dass der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage einen behördlich bekannt gegebenen Sachverständigen mit der Prüfung von sicherheitstechnischen Unterlagen beauftragt. Solche sicherheitstechnischen Unterlagen sind z. B. private Eigenkonzepte zur Hierzu Hoffmann-Riem, DÖV 1997, 433 (441); Trute, DVBl. 1996, 950 (957). Hoffmann-Riem, DÖV 1997, 433 (442). 202 Vgl. hierzu jeweils aus einer anderen Perspektive Bauer, VVDStRL 54 (1995), 243 (279); Voßkuhle, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem“ Staat, S. 47 (74 ff.). 203 Vgl. Hoffmann-Riem, in: ders. / Schneider (Hrsg.), Verfahrensprivatisierung im Umweltrecht, S. 9 (28 f.); beispielhaft für das Sozialrecht Trute, in: Hoffmann-Riem / SchmidtAßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, S. 167 (201 f.). 204 Schuppert, in: ders. (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem“ Staat, S. 299 (318). 200 201

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Verhinderung von Störfällen gem. § 8 12. BImSchV205.206 Das Ergebnis dieser sicherheitstechnischen Prüfungen hat der Betreiber der Behörde vorzulegen (§ 29a Abs. 3 BImSchG). Durch diese Anordnungsbefugnis wird die Kontrolle der betrieblichen Eigenkontrolle gem. §§ 27, 29 BImSchG (Erstellung von Emissionserklärungen und Durchführung kontinuierlicher Messungen) sichergestellt. Die hoheitliche Kontrolle kann sich aber auch auf die Funktionstüchtigkeit von Selbstregulierungssystemen beziehen. Sobald z. B. die zuständige Behörde feststellt, dass die Quoten, die in der VerpackV (Anhang I zu § 6 VerpackV) vorgeschrieben sind, nicht eingehalten werden, also das Sammelsystem nicht geeignet ist, alle am System beteiligten Verpackungen zu erfassen, kann sie gem. § 6 Abs. 4 S. 1 VerpackV die Entscheidung, dass ein flächendeckendes System eingerichtet ist,207 widerrufen. Die Kontrollverantwortung beschreibt in diesen Fällen also die Befugnis und die Pflicht der Behörde, über die Einhaltung der normativen Vorgaben bei privater Selbststeuerung zu wachen und in Konfliktfällen letztverbindlich zu entscheiden. Dies entspricht der hoheitlichen demokratisch-rechtsstaatlichen Verwaltungskompetenz und der daraus folgenden behördlichen Verfahrensherrschaft.208

III. Kooperation und Privatisierung 1. Privatisierung und die Diskussion über Staatsaufgaben a) Staatsaufgaben und Kooperation In der Diskussion über Privatisierung ist häufig von den Begriffen „öffentliche Aufgaben“,209 „staatliche Aufgaben“ oder „Verfassungsaufgaben“ die Rede.210 Dies hängt damit zusammen, dass zu den wesentlichen Privatisierungsgründen neben der finanziellen Entlastung der öffentlichen Hand die effektive Wahrnehmung von Staatsaufgaben zählt. Privatisierung geht somit einher mit der vollständigen oder teilweisen Übertragung von hoheitlichen Aufgaben auf Private.211 Man erhofft sich davon, dass die private Leistungserbringung zügiger und kostengünstiger 205 Zwölfte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Störfall-Verordnung – 12. BImSchV) vom 26. April 2000 (BGBl. I S. 603). 206 Vgl. Jarass, BImSchG, § 29a Rn. 6. 207 § 6 Abs. 3 S. 11 VerpackV. 208 Vgl. Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (181). 209 Vgl. dazu Klein, DÖV 1965, 755 ff.; Peters, in: FS Nipperdey, Bd. II, S. 877 ff.; Di Fabio, JZ 1999, 585 ff. 210 Vgl. z. B. Püttner, Verwaltungslehre, S. 35; Bauer, VVDStRL 54 (1995), 243 (249); Osterloh, VVDStRL 54 (1995), 204 (222 ff.); früher bereits Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), 137 (151 ff.). 211 Vgl. Osterloh, VVDStRL 54 (1995), 204 (213 ff.).

III. Kooperation und Privatisierung

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ist als dies bei öffentlicher Leistungserbringung der Fall wäre und dass dadurch Rationalisierungs- und Spezialisierungsvorteile eintreten.212 Soweit früher in diesem Kontext die Auffassung vertreten wurde,213 dass der Staat für die Bewältigung öffentlicher Aufgaben, der Private für die Wahrnehmung privater Aufgaben zuständig sei, kann dies heute nicht mehr aufrechterhalten werden. Dies zeigen nicht zuletzt die verschiedenen Formen gemeinsamer Aufgabenwahrnehmung durch intermediäre Organisationen, halbstaatliche Stellen oder privatrechtliche Verbände, die unter eingeschränkter Staatsaufsicht agieren. Der Grad kooperativer Aufgabenwahrnehmung ist hierbei eine Frage des Maßes der Aufgabenzuweisung an Private, mithin eine Frage der Privatisierung. Anknüpfungspunkt zwischen der Privatisierungs- und der Staatsaufgabendiskussion ist des Weiteren das Problem, welche konkreten Aufgaben der moderne Staat, der auf „Diät“ gesetzt wird, noch selbst wahrzunehmen hat, um seinem Charakter als Staat gerecht zu werden und aus welchen Bereichen er sich zurückziehen kann, um diese den gesellschaftlichen Kräften zu überlassen.214 Die Staatsaufgabenlehre, die sich mit diesen Fragen auseinandersetzt, wurde allerdings in der wissenschaftlichen Diskussion lange vernachlässigt und daher in der Vergangenheit als ein „dringendes Desiderat“ bezeichnet.215 In der Privatisierungsdebatte, in der die Frage nach mehr oder weniger Staat gestellt wird, spielt aber der Diskurs über die genuinen, obligatorischen und fakultativen Staatsaufgaben wieder eine größere Rolle und ist Gegenstand staatsrechtlicher Erörterung.216

b) Originäre, obligatorische Staatsaufgaben und Verfassungsaufgaben Ein Verbot der Privatisierung wird für sog. originäre oder genuine Staatsaufgaben gefordert. Als solche werden die Rechtspflege, die Rechtsetzung, die Garantie der inneren Sicherheit und Ordnung, die Ausübung der auswärtigen Gewalt, die Landesverteidigung oder die Währungshoheit genannt.217 Dies wird damit begrünSchoch, DVBl. 1994, 1 (3). Vgl. Lange, JZ 1981, 698 (699). 214 Vgl. Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, S. 20, 25; Weiß, Privatisierung und Staatsaufgaben, S. 52. 215 Wahl, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Schuppert (Hrsg.), Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, S. 177 (181). 216 Vgl. Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, S. 194 ff.; Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, S. 40 ff., 61 ff.; v. Heimburg, Verwaltungsaufgaben und Private, S. 22; Herzog, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. III, § 58 Rn. 24 ff.; Isensee, in: ders. / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. III, § 57 Rn. 152 ff.; Schmidt, in: Biernat u. a. (Hrsg.), Grundfragen des Verwaltungsrechts und der Privatisierung, S. 210 (219 ff.); vgl. aus dem früheren Schrifttum Däubler, Privatisierung als Rechtsproblem, S. 63 ff.; Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, S. 99 ff.; Krautzberger, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch Private, S. 49 ff.; Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, S. 131 ff. 212 213

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det, dass ein hoheitlicher Kompetenzverzicht in diesem Bereich den Staatscharakter in Frage stellen würde und dass die Ausübung öffentlicher Gewalt als Wesensmerkmal des Staates nicht mehr garantiert wäre.218 Zudem wird aus dem Grundsatz des staatlichen Gewaltmonopols die Schlussfolgerung gezogen, dass alle Aufgaben, die Gewalteinsatz erforderten, dem Staat vorbehalten seien. Es gebe einen Kernbestand von Aufgaben, die der Staat notwendigerweise selbst erfüllen müsse.219 Allerdings wurde schon frühzeitig erkannt, dass die Vorstellung von genuinen Staatsaufgaben in Wahrheit die Staatsfunktionen betrifft, also die Rechtsetzung, Rechtsanwendung und Rechtsprechung. Die Staatsfunktionen sind nur „Erledigungsarten“ staatlicher Aufgaben und als solche staatlicherseits nicht monopolisiert.220 Die Aufgabenerfüllung durch den Staat ist in der Regel nur eine partielle. Dies zeigt die Parteienherrschaft im Zivilprozess. Zwar ist die Zwangsvollstreckung hoheitlich und erfolgt durch staatliche Amtsträger, jedoch nur auf Betreiben des Gläubigers. Private können sich im Zivilprozess an Schiedsgerichte wenden, deren Entscheidungen die staatlichen Gerichte auf Einrede hin zu beachten haben.221 Selbst in Bereichen, die den Einsatz physischer Gewalt erfordern, ist privates Handeln möglich. So können zur Gefahrenabwehr private Sicherheitsunternehmen beauftragt werden, die Überwachungstätigkeiten wahrnehmen.222 Auch die oben erwähnte Außenpolitik ist keine originäre Staatsaufgabe, da es Mittlerorganisationen der auswärtigen Kulturverwaltung, wie das Goethe-Institut, gibt.223 Diese Beispiele zeigen also, dass eine eindeutige Grenzziehung für Privatisierungen durch den Begriff „originäre Staatsaufgaben“ nicht möglich ist, sondern dass selbst in diesem Bereich private und kooperative Tätigkeitsfelder existieren. Darüber hinaus gibt es auch notwendige Staatsaufgaben, die den Staat im Hinblick auf bestimmte Ziele in die Pflicht nehmen, so dass die grundsätzliche Verpflichtung zu ihrer Erfüllung nicht zur Disposition des Hoheitsträgers steht.224 Derartige Staatsaufgaben ergeben sich vor allem aus dem Grundgesetz, wobei auf Verfassungsebene einige wichtige Grundsatzentscheidungen zu finden sind, die auf einfach-rechtlicher Ebene konkretisiert wurden.225 So gibt es ausdrückliche Hand217 Vgl. Krautzberger, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch Private, S. 49 f.; Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, S. 99 f.; Scholz, Privatisierung im Baurecht, S. 37 f.; Hengstschläger, VVDStRL 54 (1995), 165 (174). 218 v. Heimburg, Verwaltungsaufgaben und Private, S. 22. 219 Vgl. auch Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, S. 32; v. Hagemeister, Die Privatisierung öffentlicher Aufgaben, S. 102. 220 Krautzberger, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch Private, S. 51. 221 Vgl. Herzog, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. III, § 58 Rn. 33 ff. 222 Vgl. z. B. Pitschas, DÖV 1997, 393 ff.; Steegmann, in: Gusy (Hrsg.), Privatisierung von Staatsaufgaben, S. 237 (248 ff.); Gusy, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem“ Staat, S. 115 ff. 223 v. Hagemeister, Die Privatisierung öffentlicher Aufgaben, S. 103. 224 Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, S. 32. 225 Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, S. 114 f.

III. Kooperation und Privatisierung

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lungsaufträge an den Staat,226 wie in Art. 6 Abs. 2 S. 2 GG, wonach der Staat über die Betätigung der elterlichen Pflege und Erziehung wacht, oder in Art. 7 Abs. 1 GG, wonach das gesamte Schulwesen unter der Aufsicht des Staates steht. Ansonsten lassen sich nur indirekt Aussagen über obligatorische Staatsaufgaben aus dem Grundgesetz herleiten, z. B. aus dessen Staatszielbestimmungen. Vor allem aus dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) und aus der Staatszielbestimmung des Art. 20a GG werden in diesem Zusammenhang Verfassungsaufgaben hergeleitet. Beiden Staatszielbestimmungen ist aber gemeinsam, dass sie nicht einen Ausbau des staatlichen Aufgabenbestandes anstreben.227 Insbesondere bedürfen beide Normen wegen ihrer Unbestimmtheit der Konkretisierung durch den Gesetzgeber, der die Art und Weise der staatlichen Aufgabenerfüllung bestimmen kann. Konkret notwendige Staatsaufgaben sind aus diesen Staatszielbestimmungen nicht zu folgern. Auch aus den Grundrechten resultieren vielfach Staatsaufgaben,228 insbesondere aus ihrem Charakter als institutionelle Garantien und als staatliche Schutzpflichten (vor allem aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG). Wenn aus den Grundrechten Ansprüche des Bürgers auf staatliche Leistungen folgen, dann korrelieren damit staatliche Aufgaben- und Tätigkeitsbereiche.229 Allerdings zeigt sich auch hier der Grundsatzcharakter von Verfassungsaufgaben: Angesichts der tatsächlichen staatlichen Aufgabenwahrnehmung lassen sich aus den grundrechtlichen Schutzpflichten weitgehend nur allgemeine Schutzaufträge ableiten. Der Gesetzgeber hat bei der Realisierung des Schutzauftrages in der Regel einen weiten Spielraum.230 Ob ferner die Kompetenzbestimmungen im Grundgesetz notwendige Staatsaufgaben enthalten, ist zweifelhaft. Diese sind nämlich in erster Linie Zuständigkeitsregeln, die die Befugnisse von Bund und Ländern von einander abgrenzen. Dabei ist zwischen Kompetenzen und Aufgaben zu unterscheiden: Kompetenzen setzen Aufgaben voraus und wollen den Hoheitsträger nicht zu einem bestimmten Handeln verpflichten. Sie begrenzen den rechtlichen Handlungsrahmen einer staatsinternen Organisationseinheit gegenüber einer anderen.231 Aus den Zuständigkeitsbestimmungen (insb. Art. 70 ff. und 87 ff. GG) kann deswegen nur eine Hinweis-

226 Vgl. Schulze-Fielitz, in: Grimm (Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben – sinkende Steuerungsfähigkeit des Rechts, S. 11 (21). 227 Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, S. 199 f.; Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, S. 61 ff. 228 Vgl. hierzu Häberle, AöR 111 (1986), 595 (602, 605, 607); nach Häberle, ebd., S. 611 bilden der Grundrechtsbezug von Staatsaufgaben und der Staatsaufgabenbezug der Grundrechte ein wesentliches Stück der Legitimation des Verfassungsstaates; vgl. auch ausführlich Weiß, Privatisierung und Staatsaufgaben, S. 97 ff., 147 ff. 229 Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, S. 159. 230 Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, S. 71. 231 Isensee, in: ders. / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. III, § 57 Rn. 141.

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funktion in Bezug auf die Staatsaufgaben gefolgert werden, ohne dass sie präzise Angaben über die Aufgabenqualität der Sachbereiche enthalten.232 Insgesamt zeigt die Diskussion, dass Verfassungsaufgaben primär eine Optimierungsfunktion und zudem den Charakter einer finalen Programmierung haben, indem sie Handlungsaufträge für den Gesetzgeber beinhalten. Die Art und Weise der Aufgabenerfüllung obliegt dem Normgeber, der konkret anwendbare Regeln aufzustellen hat. Die genaue Umsetzung des Auftrags erfolgt also letztlich im politischen Abwägungsprozess.233 Wenn feststeht, dass eine Verfassungsaufgabe als Staatsaufgabe obligatorisch wahrzunehmen ist, dann ist über die Modalität und Intensität der Aufgabenerfüllung noch nichts entschieden. Offen sind insbesondere die Frage, durch welches Personal die Aufgaben zu erfüllen sind, sowie die Details der Finanzierung der Aufgabenwahrnehmung und der organisatorischen Strukturen, die innerhalb der Verwaltung bereitzustellen sind.234 Den einfachen Gesetzgeber trifft eine Grundverantwortung, er muss handeln, um dem Auftrag des Verfassungsgebers gerecht zu werden. Innerhalb seiner gesetzgeberischen Tätigkeit hat er aber verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten. Wenn eine notwendige Staatsaufgabe vorliegt, dann ist eine vollständige Aufgabenprivatisierung in dem Sinne, dass der Staat die Aufgaben weder unmittelbar noch mittelbar wahrnimmt, sondern diese auf Private zurückverlagert, unzulässig. Nicht gänzlich ausgeschlossen ist hingegen die teilweise funktionelle Privatisierung, bei der die Aufgabenverantwortung beim Hoheitsträger verbleibt.235 So ist die Übertragung von Teilbeiträgen vorbereitenden Charakters, wie z. B. die Heranziehung privater Berater oder Verwaltungshelfer, nicht zu beanstanden.236 Insofern gibt es auch im Rahmen der notwendigen Staatsaufgaben Raum für die Beteiligung nichtstaatlicher Kräfte.

2. Verfassungsrechtliche Privatisierungsschranken Neben den Fragen, die die verschiedenen Arten von Staatsaufgaben betreffen, sind in der Privatisierungsdebatte die aus dem Verfassungsrecht folgenden Grenzen für den Rückzug des Staates relevant. Auch wenn darüber Einigkeit besteht, dass kein absolutes Privatisierungsverbot aus dem Grundgesetz folgt, können für die einzelnen Privatisierungsarten verfassungsrechtliche Schranken aufgezeigt werden. Einige dieser relevanten Schranken sollen deswegen im Folgenden analysiert werden. Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, S. 66. Vgl. Schulze-Fielitz, in: Grimm (Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben – sinkende Steuerungsfähigkeit des Rechts, S. 11 (29). 234 Vgl. Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, S. 81 f. 235 Näheres hierzu unter § 3 III 3 b). 236 Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, S. 208 f. 232 233

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a) Der Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG Bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung der verschiedenen Privatisierungsarten ist vor allem streitig, ob der Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG als Privatisierungsschranke anzusehen ist. Art. 33 Abs. 4 GG enthält nach seinem Wortlaut zunächst zwei Einschränkungen, die den Einsatz von Privaten, die nicht in einem öffentlichen Dienstverhältnis stehen, rechtfertigen. Zum einen können nichtständige Aufgaben, auch wenn zu ihrer Wahrnehmung hoheitliche Befugnisse erforderlich sind, von Nichtbeamten wahrgenommen werden, wie z. B. bei den Katastropheneinsätzen. Zum anderen gilt der Grundsatz des Art. 33 Abs. 4 GG nur „in der Regel“. Teilaufgaben können auf Private übertragen werden, wenn der Einsatz von Beamten die Regel bleibt und für die Ausnahme, dass Nichtbeamte eingesetzt werden, ein sachlicher Grund vorliegt.237 Neben diesen Überlegungen hängt es von zwei Interpretationsmöglichkeiten ab, ob Art. 33 Abs. 4 GG als Sperre für Privatisierungen, insbesondere für Aufgabenprivatisierungen, in Betracht kommt. Fasst man ihn dahingehend auf, dass er nur das Verhältnis zwischen Beamten und Nichtbeamten des öffentlichen Dienstes zugunsten der Ersteren regeln soll, ist über die Zulässigkeit von Aufgabendelegationen nichts gesagt. Art. 33 Abs. 4 GG würde nur einen Funktionsvorbehalt zugunsten des Berufsbeamtentums darstellen und die Aufgabenverteilung innerhalb des öffentlichen Dienstes regeln.238 Legt man die Vorschrift aber so aus, dass die Ausübung der hoheitsrechtlichen Befugnisse im Regelfall an die Beamteneigenschaft der Bediensteten geknüpft ist, dann würden mittelbar bestimmte Bereiche der Staatstätigkeit der Aufgabenprivatisierung entzogen.239 Gegen die letztgenannte Ansicht spricht aber, dass Art. 33 Abs. 4 GG nicht darauf gerichtet ist, die Aktionsräume von Staat und Gesellschaft von einander abzugrenzen, sondern dass diese Abgrenzung bereits vollzogen ist, wenn der Staat eine Materie als Staatsaufgabe definiert hat. Art. 33 Abs. 4 GG betrifft also nicht das „Ob“ der staatlichen Aufgabenwahrnehmung, sondern ihren Modus.240 Folgte man der zweiten Auslegungsvariante, würde sich darüber hinaus ein merkwürdiges Ergebnis zeigen: Wenn unter den Begriff „hoheitsrechtliche Befugnisse“ nicht nur die Eingriffsverwaltung, in der das staatliche Gewaltmonopol zum Ausdruck kommt, subsumiert würde, sondern auch die Daseinsvorsorge (also die Leistungsverwaltung),241 dann würde auch für diesen Bereich ein weitgehendes PrivatiMaunz, in: ders. / Dürig, GG, Art. 33 Rn. 42. Vgl. Di Fabio, JZ 1999, 585 (590); Ludwig, Privatisierung staatlicher Aufgaben im Umweltschutz, S. 150; v. Heimburg, Verwaltungsaufgaben und Private, S. 23 f.; Peine, DÖV 1997, 353 (356). 239 S. Krölls, GewArch 1995, 129 (135); Lecheler, ZBR 1980, 69 f.; ders., in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. III, § 72 Rn. 26 ff.; Reinhardt, AöR 118 (1993), 617 (621). 240 Kämmerer, Privatisierung, S. 215. 241 Vgl. Lecheler, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. III, § 72 Rn. 33 ff.; Maunz, in: ders. / Dürig, GG, Art. 33 Rn. 33; zum Meinungsstand vgl. Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, S. 366 ff. 237 238

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sierungsverbot bestehen242. Deswegen ist es richtig, in Art. 33 Abs. 4 GG keine absolute Sperre für Aufgabendelegationen zu sehen. Art. 33 Abs. 4 GG kann insbesondere den Gesetzgeber nicht dazu verpflichten, einen bestimmten Bestand von Aufgaben durch Beamte ausführen zu lassen. Dem Funktionsvorbehalt wird aber mitunter eine besondere Eigenschaft im Sinne eines Minimalkonsenses zugesprochen. Notwendige Staatsaufgaben, deren Erfüllung für die Funktionsfähigkeit des Staates unerlässlich sei, unterfielen diesem Vorbehalt. Der Vorbehalt beinhalte wesentliche Kernfunktionen staatlicher Aufgabenerfüllung, die typischerweise die Staatlichkeit ausmachten. Als Beispiele dafür werden die Selbstorganisation des Staates, die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit und die Steuererhebung genannt.243 Richtig daran ist, dass eine vollständige Aufgabenprivatisierung in diesen Bereichen verfassungsrechtlich unzulässig wäre, da dies die Auflösung wesentlicher Staatsfunktionen mit sich bringen würde. Allerdings läuft diese Diskussion parallel zu derjenigen über genuine Staatsaufgaben. Dabei wurde deutlich,244 dass selbst innerhalb dieser Staatsaufgaben eine Beteiligung Privater stattfindet, wie z. B. im Bereich der inneren Sicherheit durch den Einsatz privater Wachdienste, und dass insoweit der Funktionsvorbehalt zugunsten des Beamtentums nicht eingreift. Der Staat trägt lediglich eine Grundverantwortung für die genuinen Hoheitsaufgaben. Dies hält ihn aber nicht davon ab, bei Hilfstätigkeiten oder in abgrenzbaren Teilfeldern sich des Einsatzes Privater zu bedienen oder mit ihnen zu kooperieren, wenn sichergestellt wird, dass die rechtsstaatlichen Anforderungen gewahrt werden und die Aufgabenerfüllung qualitativ nicht vernachlässigt wird.245

b) Gesetzesvorbehalt Der Grundsatz des Gesetzesvorbehalts spielt als Privatisierungsschranke unter mehreren Gesichtspunkten eine Rolle. Er betrifft in seiner Funktion als organisatorischer Gesetzesvorbehalt die Frage, wann eine bestimmte verwaltungsorganisatorische Maßnahme eines gesetzlichen Organisationsaktes bedarf, in seiner Ausprägung als Eingriffsvorbehalt behandelt er das Problem, wann Grundrechtseingriffe einer gesetzlichen Eingriffsermächtigung bedürfen. Unter dem Aspekt der Privatisierung als Aufgabenübertragung wird der Gesetzesvorbehalt zunächst bei der BeVgl. Di Fabio, JZ 1999, 585 (590). Jachmann, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 33 Rn. 33 f.; Krölls, GewArch 1995, 129 (135). 244 Vgl. hierzu § 3 III 1 b). 245 In die gleiche Richtung Di Fabio, JZ 1999, 585 (590); Lecheler, BayVBl. 1994, 555 (558); vgl. auch Lübbe-Wolff, Modernisierung des Umweltordnungsrechts, S. 27 f.: Bei der Aufgabenverlagerung im Bereich der Gefahrenabwehr müsse die Zuverlässigkeit, Objektivität und Gesetzeskonformität der Aufgabenerfüllung sichergestellt werden. 242 243

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leihung relevant. Diese steht nach allgemeiner Rechtsauffassung unter dem institutionellen Gesetzesvorbehalt; die organisatorische Stellung und die Ermächtigung des Beliehenen, am staatlichen Gewaltmonopol teilzuhaben, bedürfen daher einer gesetzlichen Grundlage.246 Wird eine staatliche Aufgabe nur funktionell privatisiert, dann verbleibt die Aufgabenverantwortung beim Staat, wobei der Private die Aufgabe auf staatliche Veranlassung hin vollzieht, also z. B. als Verwaltungshelfer tätig wird. Im Gegensatz zur Beleihung lässt die Verwaltungshilfe die Kompetenzordnung unberührt. Der Staat übt die Kompetenz in rechtlicher Sicht selbst aus, lässt aber die dazu erforderlichen Realhandlungen von einem Privaten ausführen.247 Die funktionelle Privatisierung betrifft also lediglich die Aufgabenstruktur, nicht aber die Verwaltungsorganisation, insbesondere wird die Tätigkeit des Verwaltungshelfers nicht durch die Art. 83 ff. GG erfasst.248 Der institutionelle Gesetzesvorbehalt greift nicht ein. Neuerdings wird aber auch für diesen Bereich eine Differenzierung gefordert: Wenn die Heranziehung Privater nur einzelne Bedarfsfälle betreffe, sei eine gesetzliche Ermächtigung nicht erforderlich. Etwas anderes soll aber für die Fälle gelten, in denen es um eine systematische und auf Dauer angelegte Betrauung Privater mit Verwaltungsaufgaben gehe.249 Der Sinn einer gesetzlichen Regelung wäre dann die Sicherung der Qualität und Objektivität der Aufgabenerfüllung durch private Verwaltungshelfer. Letztlich ginge es aber um die Anwendung der Wesentlichkeitstheorie, der zufolge die systematische Abweichung vom Regelfall des Gesetzesvollzugs durch die Verwaltung eine wesentliche Frage ist, die nicht durch die Verwaltung, sondern durch den Gesetzgeber zu entscheiden ist. Der Gesetzesvorbehalt wird ferner in seiner Funktion als Grundrechtsvorbehalt aktiviert, wenn die funktionelle Privatisierung nicht konsensual, sondern zwangsweise durch Verpflichtung des Privaten erfolgt, wie z. B. bei der Bestellung von Sachverständigen im förmlichen Verwaltungsverfahren gem. §§ 26 Abs. 3 S. 1, 65 Abs. 1 S. 1 VwVfG. Eine solche Maßnahme stellt einen Grundrechtseingriff für den Privaten dar, der bestimmte Leistungen zu erbringen hat. Unter diese Rubrik fallen auch diejenigen Konstellationen, die als gesetzliche Inpflichtnahme Privater bezeichnet werden, in denen also der Private zu persönlichen Leistungen zugunsten eines Hoheitsträgers verpflichtet wird.250 Für die Zulässigkeit einer solchen zwangsweisen Privatisierung ist in erster Linie der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bedeutsam. Demnach hat der Gesetzgeber zwischen den Gemeinwohlbelangen und den Nachteilen für den einzelnen Privaten abzuwägen.251 246 Vgl. z. B. Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 3, § 90 Rn. 44; Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), 137 (169 ff.); Scholz, NJW 1997, 14 (15 f.). 247 Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 113. 248 Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, S. 285. 249 Lübbe-Wolff / Steenken, ZUR 1993, 263 (267); vgl. auch Schoch, DVBl. 1994, 962 (970). 250 Vgl. hierzu § 2 II 1 b) bb).

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Auf dem Gebiet der Organisationsprivatisierung ist die Anwendbarkeit des institutionellen Gesetzesvorbehalts seit längerem umstritten. Gründet der Hoheitsträger eine juristische Person des privaten Rechts (GmbH oder AG), die von ihm beherrscht wird, ohne sich materiell der Verwaltungsaufgabe zu entledigen, so wurde früher die Notwendigkeit eines Gesetzes zur Gründung der juristischen Person oder zur Aufgabenübertragung abgelehnt.252 Die Organisationsgewalt des Staates wurde hierbei für ausreichend gehalten. Im Rahmen des Art. 87 GG sollte beispielsweise allein maßgeblich sein, dass der Bund eine Sachkompetenz für eine staatliche Aufgabe besitze. Die organisatorische Gestaltung wurde der Staatspraxis überlassen, die sich bei der Gründung privatrechtlicher Gesellschaften entweder für eine gesetzliche Regelung im Sinne des Art. 87 GG oder für einen Akt der Organisationsgewalt entscheiden könne. Für die Errichtung von Verwaltungsgesellschaften des Bundes ein Organisationsgesetz zu verlangen, sei, so diese Ansicht, gleich zu setzen mit der Behauptung, das Grundgesetz fordere ein Sonderprivatrecht des Bundes.253 Diese Auffassung ist zu Recht verschiedentlich kritisiert worden. Denn wenn für die Errichtung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts ein Bundesgesetz verlangt wird (Art. 87 Abs. 3 GG), dann muss dies erst recht für die Gründung privatrechtlicher Gesellschaften gelten, da sonst zum Zwecke der Gesetzesumgehung eine privatrechtliche Organisationsform gewählt würde.254 Zudem erfordert der Gesetzesvorbehalt in seiner Ausprägung als Parlamentsvorbehalt eine gesetzliche Regelung. Bei Organisationsprivatisierungen spielt sehr häufig die gesellschaftliche und wirtschaftliche Bedeutung des zu privatisierenden Unternehmens eine wichtige Rolle, ferner die Überlegung, ob und wie viele Arbeitsplätze von der Maßnahme betroffen sind. Auch sind die Auswirkungen auf die Verbraucher zu berücksichtigen, die – zumal auf dem Gebiet der Daseinsvorsorge – von den privatisierungsbedingten Veränderungen betroffen sein können. Letztlich sind dies allesamt Fragen, die jeweils von Fall zu Fall zu entscheiden und so wesentlich sind, dass der Gesetzgeber sie selbst regeln sollte. Insoweit wird daraus sogar eine Regelungspflicht des Gesetzgebers gefolgert.255 Zudem ist unter finanzverfassungsrechtlichen Gesichtspunkten zu berücksichtigen, dass durch die Organisationsprivatisierung das verfassungsrechtlich garantierte Budgetbewilligungsrecht des Parlaments betroffen sein kann. Eingriffe in dieses Recht sind dem Gesetz251 Vgl. Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, S. 253, 258; BVerfGE 30, 292 (316): Darin bejahte das Gericht die Zulässigkeit der Bevorratungspflicht für Erdölerzeugnisse. 252 Vgl. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 153 f.; v. Arnim, Rechtsfragen der Privatisierung, S. 38 f.; Kämmerer, Privatisierung, S. 200. 253 Köttgen, JöR 11 (1962), 173 (290, 298). 254 Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 3, § 91 Rn. 81. 255 Vgl. Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), 137 (172); Kämmerer, Privatisierung, S. 202; Krebs, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. III, § 69 Rn. 88; Haverkate, VVDStRL 46 (1988), 217 (230).

III. Kooperation und Privatisierung

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geber, nicht der Verwaltung vorbehalten; diese darf ohne Zustimmung des Parlaments keine Nebenhaushalte schaffen.256 Dieser Streit hat sich aber insofern entschärft, als in § 65 BHO257 und den entsprechenden Vorschriften der Landeshaushaltsordnungen die einzelnen Bedingungen geregelt sind, unter denen der Staat sich an Unternehmen des Privatrechts beteiligen darf. Diese Regelungen genügen den Anforderungen, die aus dem Gesetzesvorbehalt hergeleitet werden, indem sie zeigen, dass sich die Verwaltung bei Einhaltung bestimmter Voraussetzungen privatrechtlich organisieren darf.258

c) Demokratieprinzip Die demokratische Legitimation der Staatsgewalt (Art. 20 Abs. 2 GG) hat mehrere Komponenten. Die funktionell-institutionelle Legitimation der Staatsgewalt besagt, dass in der Verfassung die drei Gewalten, ihre Funktionen und Organe bestimmt sind und jede der Gewalten ihre demokratische Legitimation aus der in Art. 20 Abs. 2 GG getroffenen Grundentscheidung des Verfassungsgebers bezieht.259 Die aus dem Demokratieprinzip folgende organisatorisch-personelle Komponente verlangt, dass eine ununterbrochene Legitimationskette vom Volk zu den mit staatlichen Aufgaben betrauten Organen führt. Daraus resultiert, dass die staatlichen Amtswalter individuell ausgewählt werden müssen und ihren Auftrag entweder vom Volk unmittelbar erhalten oder zumindest in einer ununterbrochenen Legitimationskette auf einen Auftrag des Volkes zurückführen müssen.260 Deswegen muss – und dies ist für Privatisierungen zu beachten – zwischen staatlichen und privaten Funktionsträgern genau unterschieden werden. Einseitig verbindliche Staatsakte können nur von solchen Amtswaltern ausgehen, die ihren Auftrag auf das Staatsvolk zurückführen können.261 Die dritte Komponente der demokratischen Legitimität staatlicher Gewalt ist die sachlich-inhaltliche Legitimation und betrifft die Notwendigkeit einer inhaltlichen Herleitung der staatlichen Handlungen aus dem Willen des Volkes. Dies wird zum einen durch das Gesetzgebungsrecht des Parlaments und durch die Bindung der Exekutive an die gesetzlichen Vorgaben der Legislative gewährleistet. Zum anderen stellt die Verantwortlichkeit der Regierung (Art. 65 GG) gegenüber dem ParGlauben, ZParl 1998, 496 (497). Bundeshaushaltsordnung (BHO) vom 19. August 1969 (BGBl. I S. 1284), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. 6. 1999 (BGBl. I S. 1334). 258 v. Arnim, Rechtsfragen der Privatisierung, S. 39; Bauer, VVDStRL 54 (1995), 243 (267, Fn. 122); Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 156. 259 BVerfGE 68, 1 (88). 260 BVerfGE 47, 253 (275); 83, 60 (72 f.); Herzog, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 20 II Rn. 52. 261 BVerfGE 68, 1 (88); 83, 60 (73); Herzog, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 20 II Rn. 54; Böckenförde, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. II, § 24 Rn. 16 ff. 256 257

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lament ein Kontrollinstrument für das Handeln der Exekutive dar.262 Für die sachlich-inhaltliche Legitimation bedeutsam sind die Aufsichts- und Weisungsrechte der Regierung gegenüber der nachgeordneten Verwaltung, die das Korrelat zur parlamentarischen Verantwortlichkeit der Regierung bilden. Die ministeriellen Weisungsrechte und die Rechts- und Fachaufsicht bilden ein wichtiges Instrument, um die Gesetzesbindung der Verwaltung sicherzustellen. Das Ministerial- oder Ressortprinzip hat zum Inhalt, dass jegliches exekutivische Handeln der Weisungsbefugnis des Ministers untersteht, dem die Leitung der Verwaltung zusteht und der gegenüber der Volksvertretung verantwortlich ist.263 Im Gegensatz zu diesen Grundsätzen spricht man von ministerialfreien Räumen, wenn Verwaltungseinheiten von ministeriellen Einzelweisungen unabhängig sind und nicht in der traditionellen Behördenhierarchie stehen.264 Weiter gefasst fallen darunter auch die Auslagerung von Verwaltungsentscheidungen und die Übertragung von Verwaltungsaufgaben auf private Entscheidungsträger. Aufgrund der parlamentarischen Verantwortlichkeit der Regierung bedeuten ministerialfreie Räume, dass die Regierung für Bereiche, für die sie nicht die Weisungsbefugnis hat, auch nicht parlamentarisch verantwortlich ist, dass also ministerialfreie Räume zugleich parlamentsfreie Räume sind. Die Zulässigkeit derartiger Räume wird zwischenzeitlich nicht bestritten,265 über die rechtlichen Prämissen und verfassungsrechtlichen Grenzen herrscht aber Uneinigkeit. So wird die Auffassung vertreten, das Parlament könne durch entsprechende einfachgesetzliche Regelung auf seine Kontrollrechte gegenüber der Exekutivspitze verzichten und so einen parlamentsfreien Raum schaffen.266 Dagegen spricht aber die Tatsache, dass eine Ausschaltung von Kontrollinstrumenten des Parlaments nicht einfachgesetzlich, sondern nur durch ein verfassungsänderndes Gesetz vorgenommen werden müsste, durch das die Regierung von einigen Entscheidungsbefugnissen und Kontrollinstrumenten entbunden werden müsste; auch würde eine einfachgesetzliche Regelung zu sehr die verfassungsrechtlich statuierten Einflusssphären zwischen den Staatsorganen verschieben.267 Deswegen ergibt sich die Zulässigkeit ministerialfreier Räume aus 262 BVerfGE 93, 37 (67); Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Art. 20 (Demokratie) Rn. 107; Böckenförde, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. II, § 24 Rn. 21; Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 90 ff. 263 Müller, JuS 1985, 497. 264 Hierzu Fichtmüller, AöR 91 (1966), 297 ff.; Klein, Die verfassungsrechtliche Problematik des ministerialfreien Raumes, S. 58 ff.; Böckenförde, Die Organisationsgewalt im Bereich der Regierung, S. 251 f.; ders., in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. II, § 24 Rn. 24; Stern, Staatsrecht Bd. II, S. 790 f.; Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Art. 20 (Demokratie) Rn. 116; ders., Hierarchische Verwaltung im demokratischen Staat, S. 134 ff.; Di Fabio, VerwArch 81 (1990), 193 (216 ff.); Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 125 ff.; Müller, JuS 1985, 497 ff. 265 Zu früheren Auffassungen vgl. den Überblick bei Klein, Die verfassungsrechtliche Problematik des ministerialfreien Raumes, S. 151 ff. 266 Klein, Die verfassungsrechtliche Problematik des ministerialfreien Raumes, S. 190 ff.; vgl. auch Müller, JuS 1985, 497 (504).

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folgender Überlegung: Zwar ist die Bildung völlig weisungsfreier Bereiche als Aushöhlung des Grundsatzes der Ressortgewalt des Ministers (Art. 65 S. 2 GG) unzulässig. Allerdings ist eine Lückenlosigkeit der parlamentarischen Verwaltungskontrolle auch nicht vorgeschrieben. Ministerialfreie Räume müssen die Ausnahme bleiben und sind rechtfertigungsbedürftig. Solche Rechtfertigungsgründe können besondere Entscheidungs- und Verfahrensstrukturen, wie die justizförmige Ausgestaltung des verwaltungsgerichtlichen Widerspruchsverfahrens (vgl. § 73 Abs. 2 VwGO), aber auch die Neutralisierung einzelner politischer Kräfte, wie im Falle der Errichtung einer unabhängigen Notenbank (vgl. Art. 88 GG), darstellen.268 Maßgeblich ist also die jeweilige Eigenart der im Einzelfall ausgegliederten Verwaltungsaufgabe. Das BVerfG hat die Bildung ministerialfreier Räume jedenfalls für solche Aufgaben untersagt, für die wegen ihrer politischen Tragweite die Regierungsverantwortung bestehen bleiben müsse, da sonst Stellen, die niemandem verantwortlich seien, Einfluss auf die Staatsverwaltung gewinnen würden.269 Im Zusammenhang mit Privatisierungsmaßnahmen müssen diese Aspekte insbesondere bei der Externalisierung von Verwaltungsaufgaben und der Auslagerung von Entscheidungsbefugnissen beachtet werden, wenn etwa Private eingeschaltet werden, um als unabhängige Sachverständige zu fungieren, oder wenn Ausschüsse eingerichtet werden, die nicht in der üblichen Verwaltungshierarchie stehen,270 wenn also durch den Gesetzgeber private Akteure in das Verwaltungsverfahren eingebunden werden. Die Zulässigkeit derartiger Auslagerungen ergibt sich aus den spezifischen Fachkenntnissen der eingesetzten privaten Akteure und der Gewährleistung der Objektivität und Neutralität des Verfahrens; durch solche Maßnahmen kann zusätzlich auch die Verfahrenseffizienz erhöht werden.271 Soweit sachspezifische Gründe vorliegen und es sich nicht um Entscheidungen von politischer Tragweite handelt, ist die Bildung ministerialfreier Räume durch Externalisierung daher zulässig, ohne dass das Demokratieprinzip verletzt wird. d) Verwaltungskompetenzen Die Vorschriften über die Verwaltungskompetenzen in den Art. 83 ff. GG werden in der Privatisierungsdebatte im Allgemeinen nicht als Privatisierungshinder267 Vgl. Fichtmüller, AöR 91 (1966), 297 (329); Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Art. 20 (Demokratie) Rn. 116. 268 Vgl. Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Art. 20 (Demokratie) Rn. 116; ders., Hierarchische Verwaltung im demokratischen Staat, S. 134 ff.; Fichtmüller, AöR 91 (1966), 297 (345 ff.); Stern, Staatsrecht Bd. II, S. 791; Böckenförde, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. II, § 24 Rn. 24. 269 BVerfGE 9, 268 (282). 270 Vgl. zu den kondominalen Verwaltungseinheiten § 2 II 1 b) dd). 271 Vgl. zur Zulässigkeit des Einsatzes von Sachverständigen auf dem Gebiet des Arzneimittelrechts Di Fabio, VerwArch 81 (1990), 193 (216 ff., 222).

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nis angesehen. So wird argumentiert, diese Vorschriften enthielten nur Bestimmungen über die Verteilung der Verwaltungskompetenz zwischen dem Bund und den Ländern und über den Vollzug der Bundesgesetze. Die Kompetenzvorschriften hätten vor allem funktionelle Bedeutung und beschäftigten sich mit der Staatsfunktion „Verwaltung“, insbesondere innerhalb der föderalistischen Struktur der Bundesrepublik. Zur Zulässigkeit von Privatisierungsmaßnahmen und über die Modalitäten der Aufgabenerfüllung durch Private würden keine verfassungsrechtlichen Vorgaben gemacht. Dies zeige sich daran, dass hinsichtlich der Übertragung von Verwaltungsaufgaben auf Private das Grundgesetz weitgehend keine Aussagen mache.272 Jedenfalls im Hinblick auf die Organisationsprivatisierung kann diese pauschale Ablehnung jedoch nicht aufrechterhalten werden.273 Denn nach der Rspr. des BVerfG enthalten die Art. 83 ff. GG nicht nur einen zuständigkeitsrechtlichen Inhalt, sondern treffen auch Aussagen über die organisatorische Ausgestaltung der staatlichen Verwaltung. Der Verwaltungsträger, dem durch eine Kompetenznorm Verwaltungsaufgaben zugewiesen würden, müsse diese grds. auch durch eigene Verwaltungseinrichtungen wahrnehmen.274 Daraus wird ein Regel-Ausnahme-Verhältnis abgeleitet: Die Verwendung öffentlich-rechtlicher Organisationsformen in der Verwaltung müsse die Regel, die Verwendung privatrechtlicher Organisationsformen die Ausnahme darstellen.275 Die Bedeutung dieses Regel-Ausnahmeverhältnisses zeigte sich insbesondere bei der Auslegung des Art. 87 Abs. 1 S. 1 GG. In der Diskussion um die Privatisierung der damaligen Bundespost und -bahn entfachte sich nämlich ein Streit darüber, inwieweit bei der bundeseigenen Verwaltung die Gründung privatrechtlicher Organisationsformen zulässig sei. Dabei wurden folgende Positionen vertreten: Nach einer Ansicht beinhaltet die Bundesverwaltung „mit eigenem Verwaltungsunterbau“ (vgl. Art. 87 Abs. 1 S. 1) eine organisatorische Festlegung, die die Gründung privatrechtlicher Gesellschaften verbiete. Eine Privatisierung von auch nur Teilbereichen sei unzulässig.276 Nach anderer Auffassung bedeutet bundeseigene Verwaltung nicht, dass der betreffende Aufgabenbereich durch staatliche Behörden zu erledigen sei. Auch wenn „Behörde“ in einem weiteren Sinne als ressortgebundene administrative Funktionseinheit ver272 Vgl. z. B. Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), 137 (162 f.); v. Heimburg, Verwaltungsaufgaben und Private, S. 24 f.; Hofmann, VBlBW 1994, 121 (123); Schoch, Privatisierung der Abfallentsorgung, S. 48; ders., DVBl. 1994, 962 (969); Klowait, Die Beteiligung Privater an der Abfallentsorgung, S. 140 f. 273 Vgl. hierzu und zu weiteren Rechtsproblemen bei der Organisationsprivatisierung den Überblick bei Burgi, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 54 Rn. 16 ff. 274 BVerfGE 63, 1 (33, 41); vgl. auch Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 117; Scholz / Aulehner, ArchPT 1993, 221 (249). 275 Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 117; Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, S. 215. 276 Lecheler, ZBR 1980, 69 (70); ders., BayVBl. 1994, 555 (557); Maunz, in: FS Scupin, S. 615 (623); Krölls, GewArch 1995, 129 (137); Sachs, in: ders. (Hrsg.), GG, Art. 87 Rn. 19.

III. Kooperation und Privatisierung

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standen werde, solle die Verwaltung prinzipiell die Wahlmöglichkeit für privatrechtliche Organisationsformen haben, insbesondere weil dadurch die gebotene gesamtstaatliche Führung mit privatrechtlicher Selbständigkeit verbunden werden könne.277 Beide Ansichten gehen aber zu weit. Eine strikte Ablehnung von Organisationsprivatisierungen kann aus Art. 87 Abs. 1 GG nicht gefolgert werden. Das Grundgesetz überlässt vielmehr den zuständigen Organen des Bundes einen weiten Spielraum für die organisatorische Ausgestaltung der Verwaltungseinrichtungen.278 Dies lässt grds. auch die Gründung privatrechtlicher Organisationsformen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben der Bundesverwaltung zu. Der Einsatz privatrechtlicher Organisationsformen muss indessen dort ausscheiden, wo es sich nicht nur um Hilfs- oder Ergänzungsdienste, sondern um allein behördenmäßig zu erledigende Aufgaben handelt, wie dies bei der Finanzverwaltung der Fall ist.279 Deswegen hat sich die Auffassung durchgesetzt, dass in der bundeseigenen Verwaltung die Schaffung einer privatrechtlichen Gesamtorganisation zwar nicht zulässig ist, dass aber abgrenzbare Teilbereiche auf juristische Personen des Privatrechts übertragen werden können, die die zugehörigen Aufgaben effizienter wahrnehmen können. Nur der Kernbereich der jeweiligen Aufgabe müsse Bundeseigenverwaltung bleiben. Dieser Kernbereich der Verwaltungsmaterie wird als Grenze für Organisationsprivatisierungen angesehen, die Privatisierung von Teilbereichen soll hingegen zulässig sein.280 Zwar muss sich auch diese Kernbereichslehre mangelnde Bestimmtheit und Präzision vorwerfen lassen. Allerdings sind die Verwaltungsmaterien in den Art. 87 ff. GG einem ständigen Wandel unterworfen. Deshalb ist die Bestimmung eines unverzichtbaren Minimums an Staatlichkeit durch Verfassungsauslegung zu gewährleisten. Diese Aufgabe, auch durch Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe zu erfüllen, ist in der Verfassungslehre ein bekanntes Phänomen.281 Der Verfassungsgeber hat zwar durch Einführung von Art. 87e Abs. 3 S. 1 GG und Art. 87f Abs. 2 S. 1 GG die Problematik der Organisationsprivatisierung für die Eisenbahn- und Postverwaltung umschifft, doch können sich die verfassungsrechtlich relevanten Fragen in Bezug auf die organisatorische Teilprivatisierung und den Kernbereich in anderen Kompetenztiteln der bundeseigenen Verwaltung, beispielsweise bei der Dittmann, DV 8 (1975), 431 (443 f.); ders., Die Bundesverwaltung, S. 170. BVerfGE 63, 1 (34). 279 Vgl. Stern, Staatsrecht Bd. II, S. 831 f.; Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 86 Rn. 60. 280 Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 86 Rn. 62; Schmidt, in: FS Lerche, S. 965 (968 f.; 974 f.); Schmidt-Aßmann / Fromm, Aufgaben und Organisation der Deutschen Bundesbahn, S. 66 f.; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 117 f.; Kämmerer, Privatisierung, S. 209; zur Kritik an der Kernbereichslehre vgl. Scholz / Aulehner, ArchPT 1993, 221 (251), die die Zulässigkeit der formellen Privatisierung bejahen, wenn die „Staatsnähe“ des Privatrechtssubjekts gewährleistet sei. 281 Vgl. Schmidt-Aßmann / Fromm, Aufgaben und Organisation der Deutschen Bundesbahn, S. 67. 277 278

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§ 3 Kooperation im Lichte verwaltungsrechtlicher Schlüsselbegriffe

Bundeswehrverwaltung (Art. 87b GG) oder der Verwaltung der Bundeswasserstraßen (Art. 89 GG) wieder stellen.

3. Ausgewählte Privatisierungsstrategien im Umweltrecht Der Staat kann die Erfüllung öffentlicher Aufgaben in verschiedener Weise privaten Rechtsträgern überlassen: Neben der genannten Organisationsprivatisierung, bei der sich der Staat privatrechtlicher Rechtsformen durch Gründung von Eigengesellschaften bedient, kann der Hoheitsträger sein Eigentum auf Private übertragen; dann spricht man von einer Vermögensprivatisierung. Eine Aufgabenprivatisierung, die häufig im Umweltrecht anzutreffen ist, besteht dagegen in einer echten Aufgabenverlagerung in den privaten Sektor. Darüber hinaus kann der Staat den Privaten auch nur mit einem Teil der Aufgabendurchführung betrauen. Dann liegt regelmäßig eine funktionelle Privatisierung oder eine Verfahrensprivatisierung vor. Letztgenannte Privatisierungsart ist insofern interessant, als Schnittstellen zur umweltrechtlichen Kooperation festzustellen sind.282

a) Aufgabenprivatisierung Bei der Aufgabenprivatisierung zieht sich der Staat aus dem bisherigen Tätigkeitsbereich zurück und überlässt dies privatem Handeln. Damit soll der staatliche Aufgabenbestand verringert und der Hoheitsträger entlastet werden. Bislang von öffentlichen Trägern angebotene Dienstleistungen werden von privaten Dienstleistern erbracht.283 Von der Beleihung unterscheidet sich die Aufgabenprivatisierung, die auch materielle Privatisierung genannt wird, dadurch, dass Aufgaben auf natürliche oder juristische Personen des Privatrechts durch Ausgliederung übertragen werden, ohne dass gleichzeitig hoheitliche Befugnisse zugewiesen würden. Bei der Beleihung wird der Private mit hoheitlichen Kompetenzen ausgestattet, er wird organisatorisch in die Verwaltung eingegliedert und ist somit Teil der öffentlichen Verwaltung; die Aufgabe wird nicht privatisiert.284 Von der formellen oder Organisationsprivatisierung ist die Aufgabenprivatisierung dadurch abzugrenzen, dass in der erst genannten Privatisierungsart der Hoheitsträger sich einer bestimmten Aufgabe nicht entledigt, sondern lediglich die Organisation privatisiert, während weiterhin eine Verwaltungsaufgabe vorliegt und die öffentliche Körperschaft als Aufgabenträgerin anzusehen ist. Vgl. zu diesem Aspekt auch Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 372. Schoch, Privatisierung der Abfallentsorgung, S. 37; ders., DVBl. 1994, 962 (962 f.); Klowait, Die Beteiligung Privater an der Abfallentsorgung, S. 121 f.; Scholz / Aulehner, ArchPT 1993, 221 (238); Schuppert, DÖV 1995, 761 (767); ders., StWStP 1994, 541 (543); Bauer, VVDStRL 54 (1995), 243 (252). 284 Stober, Handbuch des Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrechts, S. 923; Ludwig, Privatisierung staatlicher Aufgaben im Umweltschutz, S. 134. 282 283

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Als Beispiel für eine Aufgabenprivatisierung wird oft die Entsorgungspflicht für Abfälle nach dem KrW- / AbfG angeführt. Während nach der früheren Regelung des § 3 Abs. 2 S. 1 AbfG die zuständigen Körperschaften des öffentlichen Rechts die in ihrem Gebiet angefallenen Abfälle zu entsorgen hatten, ordnen die §§ 5 Abs. 2, 11 Abs. 1 KrW- / AbfG die grundsätzliche Verwertungs- und Beseitigungspflicht der Erzeuger oder Besitzer von Abfällen an. Der „Paradigmenwechsel“ in der Grundkonzeption der Abfallentsorgung sollte das Verwaltungsmonopol der Gebietskörperschaften zugunsten einer privaten Entsorgungspflicht ersetzen285 und eine verursachergerechte Selbstentsorgung und Selbstorganisation insbesondere der Wirtschaft ermöglichen.286 Die Privatisierung findet durch Indienstnahme des Privaten in der Weise statt, dass der Staat sich einer ehemals bestehenden Entsorgungsaufgabe entledigt und eine gesetzliche Rechtspflicht des privaten Erzeugers oder Besitzers zur Verwertung und Beseitigung festschreibt.287 Hierbei soll ein Pflichtenwechsel in der Abfallentsorgung statuiert werden.288 Allerdings wird diese Abkehr von der Entsorgungspflicht der öffentlichen Hand im KrW- / AbfG stark modifiziert. So besteht gem. § 13 Abs. 1 S. 1 KrW- / AbfG eine Überlassungspflicht für Abfälle aus privaten Haushaltungen, soweit die Besitzer oder Erzeuger zu einer Verwertung nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen, was den Regelfall darstellt. Selbiges gilt für Abfälle aus gewerblichen oder sonstigen wirtschaftlichen Einrichtungen, soweit die Erzeuger oder Besitzer diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen oder überwiegende öffentliche Interessen eine Überlassung erfordern (§ 13 Abs. 1 S. 2 KrW- / AbfG). Hinzu kommt die Möglichkeit landesrechtlicher Andienungs- und Überlassungspflichten für besonders überwachungsbedürftige Abfälle zur Beseitigung (§ 13 Abs. 4 KrW- / AbfG). Mit diesen gesetzlichen Überlassungspflichten korrespondiert die Pflicht der öffentlichen Entsorgungsträger, die ihnen überlassenen Abfälle zu verwerten oder zu beseitigen (§ 15 Abs. 1 KrW- / AbfG). Aufgrund dieser Mechanismen wird die angestrebte Privatisierung allerdings durch eine öffentliche Entsorgungsverantwortung letztlich weitgehend ersetzt. Es findet eine Republifizierung der Abfallentsorgung statt, speziell für Abfälle aus privaten Haushaltungen und überwiegend auch für Abfälle zur Beseitigung.289 Damit stellt sich die gesetzlich vorgesehene Grundregel der privaten Entsorgungspflicht faktisch als Ausnahme und die öffentliche Entsorgungspflicht als Regelfall dar, mit dem Ergebnis, dass in den meisten Bereichen der Abfallentsorgung keine 285 Vgl. dazu Kahl, DVBl. 1995, 1327 (1328); Peine, in: Schmidt (Hrsg.), Öffentliches Wirtschaftsrecht, BT 2, § 13 Rn. 101 ff.; Bree, Die Privatisierung der Abfallentsorgung nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, S. 121; Schink, NVwZ 1997, 435; Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, S. 161 ff. 286 Schink, NVwZ 1997, 435. 287 Zur Indienstnahme Privater vgl. § 2 II 1 b) bb). 288 Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, S. 162; Peine, in: Schmidt (Hrsg.), Öffentliches Wirtschaftsrecht, BT 2, § 13 Rn. 102. 289 Vgl. § 13 Abs. 1 KrW- / AbfG.

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§ 3 Kooperation im Lichte verwaltungsrechtlicher Schlüsselbegriffe

Reduzierung der staatlichen Entsorgungsaufgabe eingetreten ist. Deswegen gehen manche – auch aufgrund der Erweiterung des Abfallbegriffs nach dem KrW- / AbfG im Vergleich zum AbfG – sogar von einer Zunahme der staatlichen Entsorgungsverantwortung aus.290 Dennoch zeigt sich zumindest, dass der Staat durch die Indienstnahme des Privaten dessen grundsätzliche Verantwortung für die von ihm erzeugten Abfälle stärker betonen möchte.

b) Funktionelle Privatisierung und Verwaltungshilfe Die funktionelle Privatisierung verbindet den Gedanken der Staatsentlastung durch den sinnvollen Einsatz Privater in den verschiedenen staatlichen Aufgabenfeldern mit dem Gedanken der fortbestehenden staatlichen Gewährleistungsverantwortung. Bei diesem Privatisierungsmodus bleibt die staatliche Aufgabenzuständigkeit und -verantwortung erhalten, der Vollzug der Verwaltungsaufgabe wird aber ganz oder teilweise auf Private übertragen oder mit diesen gemeinsam durchgeführt. Die funktionelle Privatisierung ist eine Zwischenform zwischen formeller Privatisierung durch öffentliche Aufgabenwahrnehmung in den Formen des Privatrechts und vollständiger Aufgabenprivatisierung durch Rückverlagerung einer öffentlichen Aufgabe in den privaten Bereich. Insofern lässt sich auch von einer Teilprivatisierung sprechen, da der Staat sich zwar vom Privaten unterstützen lässt, seine Aufgabenverantwortung aber nicht aus der Hand gibt.291 Der Einsatz des Privaten im Rahmen der funktionellen Privatisierung geschieht in Form der Verwaltungshilfe. Der Verwaltungshelfer wird allgemein dadurch definiert, dass er unselbständig tätig wird und ergänzende Hilfstätigkeiten bei der Erledigung staatlicher Aufgaben ausführt. Er ist weisungsabhängig und steht nicht in einer unmittelbaren Rechtsbeziehung zum Bürger, sondern handelt ausschließlich im Auftrag der Behörde. Unmittelbare Rechtsbeziehungen bestehen nach dieser Definition also nur zwischen dem Staat und dem Verwaltungshelfer bzw. dem Staat und dem Bürger. Die Verwaltungshilfe kann ferner durch natürliche oder juristische Personen des Privatrechts ausgeübt werden. Der Staat hat dabei im Rahmen der Amtshaftung für rechtswidriges Handeln des Verwaltungshelfers einzustehen.292 Beispiele für Verwaltungshelfer sind der Schülerlotse, der Ordnungsschüler 290 Vgl. Pippke, Öffentliche und private Abfallentsorgung, S. 98 f.; Bree, Die Privatisierung der Abfallentsorgung nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, S. 121 f.; die Entsorgungspflicht der Privaten bleibt hingegen für die Verwertung von Abfällen aus anderen Bereichen als aus privaten Haushaltungen, vgl. § 13 Abs. 1 S. 2 KrW- / AbfG. 291 Hierzu Schuppert, DÖV 1995, 761 (767); Hoffmann-Riem, in: ders. / Schneider (Hrsg.), Verfahrensprivatisierung im Umweltrecht, S. 9 (13); Di Fabio, JZ 1999, 585 (588 f.); Ludwig, Privatisierung staatlicher Aufgaben im Umweltschutz, S. 136 ff.; Weiß, Privatisierung und Staatsaufgaben, S. 36 ff.; Laskowski, in: Gusy (Hrsg.), Privatisierung von Staatsaufgaben, S. 312 ff.; Erbguth, UPR 1995, 369 ff.; Schoch, DVBl. 1994, 962 (963). 292 Vgl. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 18 f.; Stober, Handbuch des Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrechts, S. 878 ff.; v. Heimburg, Verwaltungsaufgaben und Private,

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bei Abwesenheit des Lehrers oder private Werkfeuerwehre bei mangelnder Einsatzbereitschaft der öffentlichen Feuerwehr. Neben der Rechtsfigur der „Verwaltungshilfe“ wird bisweilen auch die „selbständige Verwaltungssubstitution“ diskutiert. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass der Staat seine Kompetenz für eine öffentliche Aufgabe begründet, beim Aufgabenvollzug aber auf die staatliche Vollzugskompetenz verzichtet und diese dem privaten Bereich überlässt. Von der Verwaltungshilfe soll sich die Verwaltungssubstitution durch die Einschaltung eines selbständigen und weisungsunabhängigen Privaten unterscheiden, zwischen Beleihung und Verwaltungssubstitution soll dadurch differenziert werden, dass bei Letzterer keine hoheitlichen Kompetenzen übertragen werden. Dem staatlichen Kompetenzverzicht soll also kein Kompetenzzuwachs auf Seiten des Privaten folgen.293 Diese Unterscheidung ist indessen kritikwürdig, da es kein taugliches Kriterium für die Beurteilung der Frage gibt, wann eine unselbständige Hilfstätigkeit und damit bloße Verwaltungshilfe vorliegt und ab welchem Grad an selbständiger Aufgabenerfüllung von Verwaltungssubstitution auszugehen ist. Zudem zeichnet sich effektive Verwaltungshilfe oft durch ein besonderes Maß an technischer und administrativer Steuerungstätigkeit aus, so dass eine klare Abgrenzung zwischen selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeiten und technischen Hilfstätigkeiten nicht möglich ist. Die Verwaltungshilfe hat – und dies entgegen der allgemeinen Definition – sehr häufig eine weitreichende Aufgabendelegation zur Folge. Deshalb erscheint die Bildung eines eigenen Instituts unter dem Begriff „selbständige Verwaltungssubstitution“ überflüssig.294 Ein Beispiel für funktionelle Privatisierung bildet § 16 Abs. 1 KrW- / AbfG. Danach können die zur Verwertung und Beseitigung Verpflichteten Dritte mit der Erfüllung ihrer Pflichten beauftragen. Dritte können in diesem Zusammenhang juristische Personen des Privatrechts, aber auch des öffentlichen Rechts sein. Der Dritte wird, wenn er eine juristische Person des Privatrechts ist, als Verwaltungshelfer, nicht als Beliehener tätig. Dies zeigt der Gesetzeswortlaut, wonach der Dritte lediglich „beauftragt“ wird, so dass keine weiteren gesetzlichen Befugnisse auf ihn übergehen. Auch bleibt die Verantwortlichkeit der Entsorgungspflichtigen für die Erfüllung der Pflichten unberührt (§ 16 Abs. 1 S. 2 KrW- / AbfG). Ist der Entsorgungspflichtige eine öffentlich-rechtliche Körperschaft, dann entsteht eine RechtsS. 130 ff.; v. Arnim, Rechtsfragen der Privatisierung, S. 15 f.; Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, S. 153 ff.; Wahl, in: Gusy (Hrsg.), Privatisierung von Staatsaufgaben, S. 260 (283 ff.). 293 v. Heimburg, Verwaltungsaufgaben und Private, S. 139 ff.; s. auch Bree, Die Privatisierung der Abfallentsorgung nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, S. 51 f.; Klowait, Die Beteiligung Privater an der Abfallentsorgung, S. 100 ff.; vgl. zudem Di Fabio, VVDStRL 56 (1997), 235 (273), nach dem der „selbständige Verwaltungshelfer“, der in die Nähe des Beliehenen rücke, dem Gesetzesvorbehalt unterworfen werden solle. 294 Vgl. Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, S. 157; Osterloh, VVDStRL 54 (1995), 204 (234).

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beziehung zwischen dem Abfallbesitzer und der entsorgungspflichtigen Körperschaft, die öffentlich-rechtlicher Natur, sowie zwischen der entsorgungspflichtigen Körperschaft und dem privaten Dritten, die zivilrechtlicher Natur ist.295 Voraussetzung für die Beauftragung des Dritten ist seine Zuverlässigkeit (§ 16 Abs. 1 S. 3 KrW- / AbfG). In der kommunalen Praxis sind hierbei zahlreiche Modelle zur Erfüllung der Entsorgungsaufgabe entstanden. Prominentes Beispiel hierfür ist das Betreibermodell, bei dem der Betreiber nach öffentlicher Ausschreibung eine Abfallentsorgungsanlage baut und später den Betrieb der Anlage übernimmt. In dem Betreibervertrag sichert sich die Kommune umfangreiche Kontrollrechte; die Kommune erhebt z. B. die Gebühren vom Verbraucher und zahlt ein Entgelt für die Entsorgungsleistung an den Betreiber.296 Der Betreiber wiederum hat umfangreiche Handlungsmöglichkeiten, die über eine technische Hilfsfunktion hinausgehen. Weiteres Beispiel für die funktionelle Privatisierung ist der Einsatz behördlicher Beauftragter oder Sachverständiger bei der Überwachung umweltrelevanter technischer Anlagen.297 So enthalten die §§ 19i Abs. 2 S. 3 WHG298, 29a Abs. 1 BImSchG oder 21 Abs. 4 ChemG verschiedene Möglichkeiten zur Heranziehung behördenexterner Sachverständiger oder Beauftragter, die die Behörde im Rahmen ihrer Überwachungstätigkeit unterstützen. Dadurch können privater Sachverstand genutzt und personelle bzw. technische Ressourcen der öffentlichen Hand geschont werden, ohne dass die staatliche Aufgabenverantwortung entfallen würde. c) Verfahrensprivatisierung Die Verfahrensprivatisierung ist speziell im Rahmen der landesrechtlichen Novellen zur Vereinfachung und Beschleunigung des Bauordnungsrechts sowie im Bereich der Verkehrswegeplanung in Erscheinung getreten.299 So wurden in vielen landesrechtlichen Bauordnungsvorschriften bestimmte Gebäude von der bauaufPeine, in: Schmidt (Hrsg.), Öffentliches Wirtschaftsrecht, BT 2, § 13 Rn. 147, 149. Vgl. Schoch, DVBl. 1994, 1 (10 f.); Tettinger, in: FS Friauf, S. 569 (571), dort auch zu weiteren Privatisierungsmodellen. 297 Vgl. hierzu auch § 2 II 1 b) cc). 298 Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz – WHG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 19. August 2002 (BGBl. I S. 3245), zuletzt geändert durch Gesetz vom 6. 1. 2004 (BGBl. I S. 2). 299 Zu den Novellierungen in Nordrhein-Westfalen Korioth, DÖV 1996, 665 ff.; Ritter, DVBl. 1996, 542 ff.; zur Genehmigungsfreistellung und zum vereinfachten Genehmigungsverfahren in den Landesbauordnungen vgl. Jäde, UPR 1995, 81 ff.; zur Verfahrensprivatisierung im Bauordnungsrecht, insbesondere in Baden-Württemberg und Bayern s. Kämmerer, Privatisierung, S. 410 ff. („aufgabenbezogene Popularprivatisierung mit Verfahrensbezug“); zu Privatisierungsfragen in der BayBO in der Fassung vom 18. 4. 1994 (GVBl. S. 251) vgl. Scholz, Privatisierung im Baurecht, S. 43 ff.; zur Verkehrswegeplanung, insbesondere im Hinblick auf die DEGES („Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und Baugesellschaft“) vgl. Wahl, DVBl. 1993, 517 ff. 295 296

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sichtlichen Genehmigung freigestellt. Nach Art. 64 BayBO300 z. B. gilt dies u. a. für Wohngebäude geringer Höhe,301 die den Festsetzungen eines vorhabenbezogenen oder qualifizierten Bebauungsplans im Sinne von §§ 12, 30 Abs. 1 BauGB entsprechen, wenn die Gemeinde nicht innerhalb einer bestimmten Frist erklärt, dass das Genehmigungsverfahren durchgeführt werden soll. Die Bauvorlagen für freigestellte Anlagen sind durch einen bauvorlageberechtigten Entwurfsverfasser, z. B. durch einen Architekten, zu unterschreiben.302 Die Genehmigungsfreistellung entbindet allerdings nicht von der Verpflichtung zur Einhaltung der Anforderungen, die durch öffentlich-rechtliche Vorschriften an bauliche Anlagen gestellt werden; insbesondere bleiben die hoheitlichen Eingriffsbefugnisse der Bauaufsichtsbehörde von der Genehmigungsfreistellung unberührt.303 Diese Regelungen zeigen, dass die primäre Verantwortung für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Bauvorschriften dem Bauherrn und dem von ihm beauftragten Privaten übertragen worden ist. Die Genehmigungsfreistellung begründet zusätzliche Prüfpflichten für den Bauherrn sowie für den privaten Sachverständigen, der auch für die Vollständigkeit und Brauchbarkeit des Entwurfs verantwortlich ist.304 Damit wird das baurechtliche Genehmigungsverfahren teilweise privatisiert, indem einzelne Verfahrensschritte in die Hände von Privaten gelegt werden, ohne dass sich der Hoheitsträger der staatlichen Aufgabe vollständig entledigt. Die Prüfung von Verfahrensvorschriften erfolgt im Wege der Selbstkontrolle durch den Privaten, wobei die Anforderungen des materiellen Rechts erhalten bleiben. Die präventive Rechtskontrolle, also das präventive Genehmigungsverfahren, tritt zurück; die Verwaltung hat aber eine Beobachtungsverantwortung, sie wird nachträglich kontrollierend tätig und kann bei Verstoß gegen materielle Standards einschreiten.305 Die Verfahrensprivatisierung kann darüber hinaus auch in der Weise stattfinden, dass die Entscheidungsvorbereitung an den Privaten delegiert wird, der einen kooperativen Beitrag zum Verwaltungsverfahren leistet. So stellt der Träger eines UVP-pflichtigen Vorhabens die entscheidungserheblichen Unterlagen zusammen und legt sie der zuständigen Behörde vor (§ 6 UVPG), die die Umweltauswirkun300 Bayerische Bauordnung i.d.F. der Bekanntmachung vom 4. August 1997 (GVBl. S. 433, ber. 1998 S. 270), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. 3. 2005 (GVBl. S. 69). 301 Art. 2 Abs. 3, Abs. 4 S. 1 Nr. 2, 3 BayBO. 302 Vgl. Art. 68 Abs. 1 BayBO. 303 Art. 64 Abs. 6 i.V.m. 63 Abs. 6 BayBO. 304 Art. 57 Abs. 1 S. 2 BayBO; Korioth, DÖV 1996, 665 (671 f.). 305 Vgl. auch Art. 60 Abs. 2 S. 1 BayBO und Hoffmann-Riem, in: ders. / Schneider (Hrsg.), Verfahrensprivatisierung im Umweltrecht, S. 9 (13); Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, S. 165 f.; Ritter, DVBl. 1996, 542 (545 f.); zur Verfahrensprivatisierung als Konzept des EG-Umweltverfahrensrechts Schmidt-Aßmann / Ladenburger, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR Bd. I, § 18 Rn. 41 ff.; vgl. auch Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (168), der die Verfahrensprivatisierung als Aktivierung selbstregulativer Beiträge im Rahmen staatlicher Steuerungsprozesse definiert.

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gen des Vorhabens zusammenstellt und bewertet (§§ 11, 12 UVPG).306 Nach § 2 Abs. 2 S. 3 Nr. 5 9. BImSchV kann zum Zwecke der Verfahrensbeschleunigung ein privater Projektmanager bestellt werden, ohne dass die behördliche Verfahrensherrschaft angetastet werden würde.307 Ferner wird – nach amerikanischem Vorbild – der Einsatz privater Verfahrensmittler und Mediatoren diskutiert, die außerhalb der öffentlichen Verwaltung stehen und einen angemessenen Interessenausgleich zwischen den Anlagenbetreibern, den privaten Betroffenen und der Behörde zu bewirken suchen.308 Die sog. „Schlichter-Kommission“ machte darüber hinaus weitergehende Vorschläge:309 So sollte künftig ein „contracting out“ stattfinden, bei dem abgrenzbare Teile eines Genehmigungsverfahrens einem privaten Verfahrensmanager zur selbständigen Prüfung übertragen werden; dieser würde z. B. auch die Befugnis erhalten, die notwendigen Anhörungen durchzuführen. Zudem sollte auch der private Anlagenbetreiber die Möglichkeit erhalten, eine kooperative Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens durch verfahrensentlastende Eigenbeträge herbeizuführen.310 Entscheidet sich der Gesetzgeber für das dargestellte Regelungsmuster der Verfahrensprivatisierung, so hat er durch Verfahrensvorgaben dafür zu sorgen, dass die Rücknahme der hoheitlichen Regulierung durch funktional äquivalente Mechanismen ausgeglichen wird.311 Bei Verfahren, die die rechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen umweltrelevanter Anlagen betreffen, geht es um die staatliche Aufgabe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und um den Schutz der Bürger vor Gefahren, die von solchen Anlagen ausgehen. Die verfassungsrechtliche Judikatur312 folgert aus der objektivrechtlichen Grundrechtsebene des Art. 2 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 S. 2 GG die Pflicht des Staates, Leben und Gesundheit von Menschen zu schützen, also vor rechtswidrigen Eingriffen durch Dritte zu bewahren.313 Dem Staat obliegt die verfassungsrechtliche Pflicht, die Sicherheit der grundrechtlichen Schutzgüter mit rechtsstaatlichen Mitteln zu gewährleisten. Dies umfasst den repressiven und präventiven Schutz der Grundrechte. Der SchutzVgl. hierzu § 5 I. Vgl. Pietzcker, in: Hoffmann-Riem / Schneider (Hrsg.), Verfahrensprivatisierung im Umweltrecht, S. 284 (294, 297); vgl. auch § 4b BauGB, der die Möglichkeit der Einschaltung eines Privaten zur Beschleunigung des Bauleitplanverfahrens vorsieht. 308 Vgl. § 5 III und Bundesministerium für Wirtschaft (Hrsg.), Investitionsförderung durch flexible Genehmigungsverfahren, S. 78 f. 309 Bundesministerium für Wirtschaft (Hrsg.), Investitionsförderung durch flexible Genehmigungsverfahren, S. 79 ff. 310 Diesem Vorschlag entspricht die Möglichkeit der vorläufigen Zulassung einer Anlage vor Erteilung der Genehmigung, wenn der Antragsteller sich verpflichtet, alle bis zur Genehmigungserteilung verursachten Schäden zu ersetzen (§ 8a BImSchG; sog. Versicherungsmodell). 311 Hoffmann-Riem, in: ders. / Schneider (Hrsg.), Verfahrensprivatisierung im Umweltrecht, S. 9 (23). 312 BVerfGE 46, 160 (164); 49, 89 (141 f.); 53, 30 (57); 85, 191 (212). 313 Vgl. hierzu ausführlich § 10 VI 4. 306 307

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bedarf hängt dabei vom gefährdeten Schutzgut sowie von der Art der drohenden Gefahr ab.314 Allerdings hat der Gesetzgeber bei der Erfüllung seiner Schutzpflicht einen weiten Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum. Nur unter bestimmten Umständen kann sich die gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit auf eine bestimmte Schutzmaßnahme verengen.315 Aus diesen Überlegungen lassen sich daher folgende Schlussfolgerungen ziehen: Der Staat kann seine Vorsorge- oder Gefahrenabwehrpflichten bis zu einem bestimmten Grad privatisieren, er muss aber seinen Schutzpflichten nachkommen, da er eine diesbezügliche Gewährleistungsverantwortung innehat. Dies geschieht vor allem dadurch, dass die Verwaltung die Verfahrensherrschaft beibehält und die Letztentscheidung eigenverantwortlich trifft. Den Hoheitsträger treffen zudem auch Aufsichts- und Kontrollpflichten, um die Rechtmäßigkeit der privatisierten Verfahrenshandlungen zu überprüfen. Im Falle der Zuwiderhandlung muss die zuständige Behörde eingreifen und die Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens sicherstellen. Sollte sich die Unzulänglichkeit des gesamten privatisierten Verfahrens herausstellen – weil etwa die Privaten sich regelmäßig nicht an die normativen Vorgaben dann halten –, dann muss der Gesetzgeber korrigierend eingreifen und eventuell eine Rückverlagerung der privatisierten Verfahrensteile in den staatlichen Bereich vornehmen.316

Isensee, in: ders. / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. V, § 111 Rn. 137, 141. BVerfGE 77, 170 (214 f.); 79, 174 (202). 316 Vgl. auch Laskowski, in: Gusy (Hrsg.), Privatisierung von Staatsaufgaben, S. 312 (322 f.); Wahl, in: Gusy (Hrsg.), Privatisierung von Staatsaufgaben, S. 260 (287 ff.); Erbguth, UPR 1995, 369 (377); Korioth, DÖV 1996, 665 (674); Bauer, VVDStRL 54 (1995), 243 (280). 314 315

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§ 4 Umweltrechtliche Kooperationsformen: Systembildung und Kategorisierung I. Horizontale und vertikale Kooperation Innerhalb des Staatsverbandes gibt es unterschiedliche Formen des Zusammenwirkens der hoheitlichen und privaten Akteure. Kooperiert wird nicht nur in den verschiedenen Rechtsgebieten, wie dem öffentlichen Wirtschaftsrecht, dem Sozialrecht oder dem Umweltrecht, sondern auch innerhalb staatlicher oder halbstaatlicher Organisationen. Eine erste Systematisierung der verschiedenen Kooperationsformen kann durch die grundsätzliche Unterscheidung zwischen horizontaler und vertikaler Kooperation getroffen werden.1 Dabei spricht man von horizontaler Kooperation auf staatlicher Ebene, wenn die staatlichen Organe im Rahmen ihrer hoheitlichen Tätigkeit zusammenwirken. Eine horizontale Kooperation auf privater Ebene liegt vor, wenn die gesellschaftlichen Akteure miteinander zusammenarbeiten, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen.2 Demgegenüber findet vertikale Kooperation im Verhältnis von Staat und Privaten statt.

1. Föderative Kooperation und ihre Probleme Innerhalb des Bundesstaates kann grds. zwischen der Kooperation von Bund und Ländern sowie der Kooperation unter den einzelnen Ländern differenziert werden.3 Daneben kommt auch die Kooperation zwischen den Gemeinden sowie zwischen einem Bundesland und seinen Gemeinden in Betracht. Grundgesetzlich vorgesehen ist die Kooperation zwischen Bund und Ländern in Art. 91a GG im Rahmen der sog. Gemeinschaftsaufgaben; darin wird der Bund zur Mitwirkung bei bestimmten Aufgaben der Länder ermächtigt, mit der Folge, dass er auch an der Finanzierung der Ausgaben beteiligt ist. Gem. Art. 91b GG können Bund und Länder bei der Bildungsplanung und Forschungsförderung zusammenwirken, wobei 1 Vgl. Rengeling, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 58 ff.; ders., in: Kimminich / v. Lersner / Storm (Hrsg.), HdUR Bd. 1, Sp. 1284 (1288). 2 Vgl. hierzu unten § 4 I 2 und § 8 V 1; zur Kooperation auf zivilrechtlicher Ebene am Beispiel von Bauverträgen vgl. Schwarze, Das Kooperationsprinzip des Bauvertragsrechts, S. 10 ff. 3 Vgl. Rudolf, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. IV, § 105 Rn. 17 ff.; vgl. auch Hansjürgens, in: Zimmermann / Hansjürgens (Hrsg.), Prinzipien der Umweltpolitik in ökonomischer Sicht, S. 68 (83 ff.), der zwischen der Kooperation von Gebietskörperschaften gleicher und unterschiedlicher Ebenen unterscheidet.

I. Horizontale und vertikale Kooperation

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die Zusammenarbeit aufgrund von Vereinbarungen, in der Regel in Form von Verwaltungsabkommen und Staatsverträgen, erfolgt.4 Zudem ist in Art. 104a Abs. 4 GG vorgesehen, dass der Bund für besonders bedeutsame Investitionen der Länder und Gemeinden Finanzhilfen zur Verfügung stellt (sog. Mischfinanzierung); die Kooperation findet hierbei also durch finanzielle Unterstützung statt.5 Darüber hinaus existieren neben den verfassungsrechtlich geregelten auch noch weitere Kooperationsbereiche zwischen Bund und Ländern. Nach § 31 GO BReg6 sollen die im Bundesrat präsidierenden Mitglieder der Landesregierungen mehrmals im Jahr persönlich mit den Mitgliedern Bundesregierung zu gemeinsamen Besprechungen zusammenkommen und wichtige politische Fragen erörtern. Daneben gibt es verschiedene Gemeinschaftseinrichtungen von Bund und Ländern, wie die Verwaltungshochschule in Speyer oder die Deutsche Richterakademie in Trier.7 Auch auf dem Gebiet des Umweltschutzes wird die Notwendigkeit der gegenseitigen Unterrichtung von Bund und Ländern über Umweltprobleme und geplante Maßnahmen betont.8 Einen wesentlichen Bestandteil des „kooperativen Föderalismus“9 macht ferner die Zusammenarbeit der Länder aus. Zu nennen sind insbesondere die nach Art. 32 Abs. 3 GG zulässigen Staatsverträge zwischen den Ländern,10 die von der Regelung der Schifffahrts-Angelegenheiten bis zur Regelung der Zivilverteidigung bei Atomkatastrophen reichen und die als föderalistische Selbstverständlichkeit angesehen werden.11 Für die kooperative Koordination der Länder sind weiterhin die verschiedenen Konferenzen, Kommissionen und Ausschüsse bedeutsam, insbesondere die Konferenzen der Ministerpräsidenten und die Ressortministerkonferenzen. Bekannte Ressortministerkonferenzen sind etwa die „Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder“ und die „Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland“, die einen administrativen Unterbau haben und die legislatorischen Vorhaben der Länder untereinander abstimmen.12 Darüber hinaus gibt es Gemeinschaftseinrichtungen der Länder wie Maunz, in: ders. / Dürig, GG, Art. 91b Rn. 34. Näher hierzu Kisker, Kooperation im Bundesstaat, S. 282 ff. 6 Geschäftsordnung der Bundesregierung vom 11. Mai 1951 (GMBl. S. 137), zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 22. 10. 2002 (GMBl. S. 848). 7 Maunz / Zippelius, Deutsches Staatsrecht, S. 112. 8 Bundesregierung, Leitlinien Umweltvorsorge, BT-Drucks. 10 / 6028, S. 12. 9 S. auch Stern, Staatsrecht Bd. I, S. 755, der vom „paktierenden“ bzw. „koordinierenden Föderalismus“ spricht. 10 Wenn die Länder mit auswärtigen Staaten Verträge abschließen können, muss diese Möglichkeit erst recht für vertragliche Vereinbarungen unter den Bundesländern gelten (a maiore ad minus). 11 Vgl. Schneider, VVDStRL 19 (1961), 1 (2), zu weiteren Sachgebieten der Zusammenarbeit vgl. ders., ebd., S. 6; Herzog, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 20 IV Rn. 98 ff. 12 Näheres hierzu Klatt, VerwArch 78 (1987), 186 (188 ff.); Schneider, VVDStRL 19 (1961), 1 (10 ff.); Schulze-Fielitz, Der informale Verfassungsstaat, S. 57 ff.; Rudolf, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. IV, § 105 Rn. 35 ff. 4 5

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§ 4 Umweltrechtliche Kooperationsformen

das „Zweite Deutsche Fernsehen“ in Mainz, das aufgrund eines Staatsvertrages der Länder eingerichtet wurde.13 Dieser kurze Überblick zeigt, welch mannigfaltiges Spektrum die Kooperationsformen innerhalb des Bundesstaates aufweisen. Dabei unterliegen diese horizontalen Kooperationsformen inzwischen verschärfter Kritik.14 Bemängelt werden z. B. die geringe Effektivität föderativ-kooperativer Aufgabenerfüllung und die dadurch entstehenden Kosten für die öffentliche Hand. So werden bei der Mischfinanzierung (Art. 104a Abs. 4 GG) nicht selten Prestigeobjekte durch die Kommunen lediglich im Hinblick auf großzügig gewährte Zuschüsse gebaut, ohne dass auf die Rentabilität der jeweiligen Vorhaben geachtet würde. Zudem sind – und dies gilt als ein besonders schwerwiegendes Problem – in den kooperativen Verflechtungssystemen zwischen Bund und Ländern die Einflussmöglichkeiten der Parlamente nachhaltig gemindert worden. Dies rührt daher, dass die Standpunkte des Bundes und der beteiligten Länder durch die Spitzen der Bundesregierung und der Landesexekutiven vorab festgelegt werden und den Parlamenten, insbesondere den Landesparlamenten, oft nicht mehr als die Funktion einer bloßen Ratifikationsinstanz übrig bleibt. Hinzu kommt, dass die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes, gerade im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung, zu Lasten der Länder stetig ausgeweitet wurde, während im Gegenzug nur die Mitwirkungsrechte der Länder im Bundesrat zugenommen haben. Dieser Mechanismus hat in den letzten Jahrzehnten zu einer weiteren Stärkung der politischen Position der Landesregierungen und zu einer Verfestigung exekutiver Kooperationsformen geführt, welche zu einem der Kernelemente des heutigen Verbundföderalismus geworden ist. Zwar würde eine vollständige Abkapselung einzelner Organe der Verfassung nicht dem Wesen des Bundesstaates entsprechen.15 Dennoch müssen Bund und Länder ihre Zuständigkeiten, zumal in der Gesetzgebung, entflechten. Dies bedeutet zum einen eine Rückführung der Zahl der zustimmungspflichtigen Gesetze, die mittlerweile auf mindestens 60% aller verabschiedeten Bundesgesetze gewachsen ist. Zum anderen ist eine Stärkung der Gesetzgebungskompetenz der Länder und damit zusammenhängend eine Stärkung der Landesparlamente erforderlich. Da dies allesamt Fragen sind, die eine zentrale Bedeutung für den künftigen Zustand des bundesrepublikanischen Föderalismus haben, werden die politischen Akteure nicht umhinkönnen, die damit zusammenhängenden Sachprobleme mittel- und langfristig einer Lösung zuzuführen.

Herzog, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 20 IV Rn. 105. Vgl. z. B. Papier, ZFSH / SGB 2003, 67 ff.; ders., ZFSH / SGB 2004, 67 ff.; Huber, Deutschland in der Föderalismusfalle?, S. 3 ff.; Wilms, ZRP 2003, 86 (89 f.); Dolzer, VVDStRL 58 (1999), 7 (14 ff.); s. auch Sachs, VVDStRL 58 (1999), 39 (57 ff.); Zippelius, Allgemeine Staatslehre, S. 408; Maunz / Zippelius, Deutsches Staatsrecht, S. 112; früher schon kritisch Kisker, DÖV 1977, 689 (693 ff.); ders., Kooperation im Bundesstaat, S. 291 (Fn. 1108), 296 f.; Klatt, VerwArch 78 (1987), 186 (200 f.). 15 Vgl. auch Rudolf, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. IV, § 105 Rn. 2. 13 14

I. Horizontale und vertikale Kooperation

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2. Kooperationsnetz zwischen Staat und Privaten Von vertikaler Kooperation insbesondere auf dem hier interessierenden Gebiet des Umweltschutzes spricht man in den Fällen, in denen die gesellschaftlichen Gruppierungen am umweltpolitischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozess der staatlichen Organe teilnehmen, um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen individuellen Bedürfnissen und gesellschaftlichen Notwendigkeiten, nämlich dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen (vgl. Art. 20a GG), zu erreichen.16 Behörden und Betroffene sollen bei der Erfüllung der ihnen obliegenden Aufgaben und Verpflichtungen kooperieren, um ihrer gemeinsamen Verantwortung für die Umwelt gerecht zu werden. Damit wird zugleich das Umweltbewusstsein der Bürger gestärkt.17 Auf staatlicher Seite werden in der Regel die Exekutivorgane, also die Ministerien und Verwaltungsbehörden tätig, während auf nichtstaatlicher Seite die Verbraucher, die Unternehmen und Wirtschaftsverbände, die Umweltschutzverbände, verschiedene Beratungs- und Sachverständigengremien, wissenschaftliche Institute oder andere gesellschaftliche Gruppierungen agieren. Die vertikale Kooperation kann aber auch mit einer horizontalen Kooperation auf privater Ebene einhergehen.18 Dies geschieht in der Weise, dass die gesellschaftlichen Akteure miteinander auf staatliche Veranlassung hin kooperieren, wie im Falle von Selbstbeschränkungsabkommen. Die Privaten einigen sich dabei untereinander auf ein bestimmtes Umweltverhalten, etwa auf eine Verringerung der CO2-Emissionen oder des Schadstoffgehaltes bestimmter Produkte. Diese Kooperation findet dann nicht im Sinne eines völlig altruistischen Engagements der Verbände oder Wirtschaftsunternehmen für den Umweltschutz statt, sondern dadurch, dass der Staat die gesellschaftliche Privatinitiative durch staatliche Maßnahmen „induziert“.19 Die Kooperation erfolgt in diesen Konstellationen durch hoheitlichen Druck, indem der Staat für den Fall, dass das erstrebte Ziel nicht erreicht wird, mit gesetzlichen Verboten oder Geboten aufwartet.20 Insofern erschöpft sich das Kooperationsverhältnis nicht in einer Beziehung zwischen Staat und Privaten, sondern es liegt eine multipolare Beziehung vor, in der der Staat die Koordinierungsfunktion wahrnimmt. In diesem Beziehungsgeflecht entstehen Kooperationsverhältnisse jeweils zwischen den Privaten und Kooperationsbeziehungen zwischen dem staatlichen Hoheitsträger und den Privaten. Durch das Kooperationsnetz zwischen staatlichen und privaten Akteuren wird der gemeinsamen Umweltverantwortung durch Einbeziehung sämtlicher umweltrelevanter Partner Rechnung getragen. 16 Vgl. auch Umweltbericht ’76 – Fortschreibung des Umweltprogramms der Bundesregierung – vom 14. Juli 1976, BT-Drucks. 7 / 5684, S. 9. 17 Vgl. auch § 3 Abs. 1 und 2 UGB-KomE. 18 Vgl. zur horizontalen privaten Kooperation auch oben § 4 I. 19 Vgl. zu diesem Begriff z. B. Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (165); vgl. auch Rengeling, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 59, der von „hoheitlicher Inspiration“ spricht. 20 Vgl. hierzu die Beispiele bei Dempfle, Normvertretende Absprachen, S. 2 ff.

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§ 4 Umweltrechtliche Kooperationsformen

II. Unvollkommen zweiseitige und vollkommen zweiseitige Kooperation Innerhalb der vertikalen Kooperationskategorie kann zwischen der unvollkommen zweiseitigen und der vollkommen zweiseitigen Kooperation differenziert werden.21 Dabei soll die unvollkommen zweiseitige Kooperation „Konsultationen“ zwischen Staat und Privaten erfassen. Darunter fallen die Konstellationen, in denen die Privaten während eines staatlichen Verwaltungs- oder Normsetzungsverfahrens die Möglichkeit haben, auf den staatlichen Entscheidungsprozess Einfluss zu nehmen. Dies geschieht z. B. durch „Anhörung beteiligter Kreise“ bei Erlass von Rechtsverordnungen und allgemeinen Verwaltungsvorschriften, wie z. B. in den §§ 32 – 34, 48 BImSchG, 19 Abs. 4, 23 ff. KrW- / AbfG, 17 ChemG, wobei die Mitglieder der „beteiligten Kreise“ u. a. in den §§ 51 BImSchG, 60 KrW- / AbfG näher beschrieben werden.22 Daneben ist die Beteiligung Sachverständiger beim Normvollzug zu nennen, wenn also die Umweltbehörden im Rahmen der Anlagenzulassung, z. B. bei der Sachverhaltsermittlung im Genehmigungsverfahren, oder bei der Aufsicht über umweltrelevante Anlagen Private konsultieren. Darüber hinaus werden auch Expertengremien in der Normsetzung in der Weise unterstützend tätig, dass die von ihnen zuvor erarbeiteten technischen Regelwerke auf der normsetzenden Ebene inkorporiert, also Bestandteil rechtlicher Regelungen werden können.23 Vollkommen zweiseitige Kooperation bezeichnet hingegen die Fälle, in denen die Konsenssuche im Vordergrund steht.24 Die Teilnehmer am Kooperationsprozess können sich als rechtlich gleichgeordnete Partner wie bei vertraglichen Beziehungen gegenüberstehen. Sie können sich aber auch in einer Situation befinden, in der die Behörde einseitig-hoheitliche Verfügungen erlassen könnte, wie z. B. im Falle von normvollziehenden Absprachen. Die Kooperationspartner begeben sich in diesen Konstellationen in Verhandlungen, um eine einvernehmliche Lösung zu finden. Dabei tauschen die Verhandlungsteilnehmer die Informationen und Argumente aus und erörtern die jeweilige Interessenlage. Der gemeinsame Wille zur Einigung bedingt, dass die Parteien nicht auf ihren Maximalpositionen beharren können, sondern zu Zugeständnissen bereit sein müssen. 21 Storm, in: Bothe / Prieur / Ress (Hrsg.), Rechtsfragen grenzüberschreitender Umweltbelastungen, S. 279 (286); Rengeling, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 14; Braun, Abfallverminderung durch Kooperation von Staat und Wirtschaft, S. 112 f.; nicht gefolgt werden kann aber der Ansicht, dass auch Informationen unter den Kooperationsbegriff zu subsumieren und als einseitig kognitive Kooperation anzusehen seien, vgl. Storm, ebd., S. 279 (282, 286), s. hierzu § 4 VII und § 11 III 2. 22 Vgl. hierzu § 6 II. 23 Vgl. hierzu § 6 I. 24 Vgl. hierzu Bohne, VerwArch 75 (1984), 343 ff.; Benz, DV 23 (1990), 83 (84 f.); Schröder, NVwZ 1998, 1011 ff.; Grüter, Umweltrecht und Kooperationsprinzip in der Bundesrepublik Deutschland, S. 65 ff.; Dauber, in: Becker-Schwarze u. a. (Hrsg.), Wandel der Handlungsformen im Öffentlichen Recht, S. 67 (69 ff.); Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 480 ff.

III. Verfahrens- und kompetenzbezogene Kooperation

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Innerhalb dieser Kooperationskategorie kann, wie angedeutet, zwischen gesetzlich geregelten und nicht geregelten Abstimmungsmechanismen unterschieden werden. Zur ersten Fallgruppe zählt der öffentlich-rechtliche Vertrag, insbesondere der Vergleichsvertrag (§ 55 VwVfG), der das gegenseitige Nachgeben der Vertragsparteien in den Mittelpunkt stellt, und der Austauschvertrag (§ 56 VwVfG), bei dem sich die Behörde zur Leistung und ihr Vertragspartner zur Gegenleistung verpflichtet. Daneben gibt es auch die rechtlich nicht geregelten Abstimmungsmodi, die informellen Absprachen also, die in einem Alternativverhältnis zu den rechtlich geregelten Handlungsformen stehen, d. h. an Stelle von rechtlich geregelten Handlungsformen treten, und auf dem „do-ut-des-Prinzip“25 beruhen. Beispiele dafür bilden die Vorabzuleitung von Bescheidsentwürfen, Vorverhandlungen oder auch Sanierungsabsprachen, die zur Abwendung umweltrechtlicher Anordnungen oder Auflagen getroffen werden.26 Diese vollkommen zweiseitigen Kooperationsformen, auf formaler wie auf informaler Ebene, kennzeichnen in sinnfälliger Weise den „Wandel vom gebietenden zum paktierenden Staat“.27

III. Verfahrens- und kompetenzbezogene Kooperation Einen weiteren Kategorisierungsvorschlag zu den verschiedenen umweltrechtlichen Kooperationsformen hat Grüter gemacht, indem er zwischen partizipativer und aufgabenzuweisender Kooperation unterscheidet. Demnach soll Partizipation bedeuten, dass der Bürger beim staatlichen Entscheidungsprozess mitwirkt, die Entscheidungskompetenz der zuständigen Behörde jedoch unangetastet bleibt. Von einer aufgabenzuweisenden Kooperation geht Grüter bei der Übertragung von Umweltschutzaufgaben auf Private zur eigenverantwortlichen Erfüllung aus, wobei die Entscheidung zur Nichtwahrnehmung der Aufgaben mit einbezogen sei.28 Als Beispiele für die partizipative Kooperation werden die Anhörung der in ihren Belangen Berührten (z. B. § 73 Abs. 4 VwVfG) und das Recht zur Erhebung von Einwendungen für jedermann (z. B. § 7 AtG i.V.m. § 7 Abs. 1 AtVfV29) genannt. Demgegenüber werden die „Anhörung beteiligter Kreise“ und die Verbandsbeteiligung als aufgabenzuweisende Kooperationsarten angesehen. Darüber hinaus Schröder, NVwZ 1998, 1011 (1012). Vgl. hierzu ausführlich § 8 I und II. 27 Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 482: „Wandel vom normierenden zum paktierenden Staat“. 28 Grüter, Umweltrecht und Kooperationsprinzip in der Bundesrepublik Deutschland, S. 20, vgl. auch S. 37 ff.; vgl. ferner Rehbinder, in: Arbeitskreis für Umweltrecht (Hrsg.), Grundzüge des Umweltrechts, Rn. 117 ff., der zwischen der verfahrensbezogenen und kompetenzbezogenen Kooperation differenziert. 29 Verordnung über das Verfahren bei der Genehmigung von Anlagen nach § 7 des Atomgesetzes (Atomrechtliche Verfahrensverordnung – AtVfV) i.d.F. der Bekanntmachung vom 3. Februar 1995 (BGBl. I S. 180), zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. 3. 2002 (BGBl. I S. 1193). 25 26

138

§ 4 Umweltrechtliche Kooperationsformen

zählt Grüter auch die Instrumente der influenzierenden Steuerung, insbesondere Umweltabgaben (z. B. die Abwasserabgabe) und positive finanzielle Anreize zum Umweltschutz (z. B. in Form von Subventionen oder verbilligten Kredite), zur aufgabenzuweisenden Kooperation.30 In der Tat macht die Differenzierung zwischen Kooperation in Form der Teilnahme am Verwaltungsverfahren und Kooperation in Form der Aufgabenübertragung Sinn. Der Bürger kann am Verwaltungsverfahren mitwirken, indem er z. B. angehört wird oder indem die Sach- und Rechtslage mit ihm erörtert wird, wenn für die Behörde die Informationsgewinnung und -verarbeitung im Vordergrund stehen. Damit werden die Selbstbestimmung des Bürgers, die Transparenz und Publizität des Verwaltungsverfahrens, aber auch die arbeitsteilige Kooperation zwischen Verwaltung und Privaten gefördert.31 Allerdings ist es zweifelhaft, ob die „Anhörung beteiligter Kreise“ eine aufgabenzuweisende Kooperation darstellt. Der Zweck der Beteiligungsvorschriften liegt nämlich primär in der besseren Information des betreffenden Normgebers und in der gesteigerten Legitimität der zu erlassenden Vorschrift.32 Informationssammlung und Situationsanalyse sind typische Grundgedanken verfahrensrechtlicher Partizipation.33 Aufgrund des primären Charakters der Anhörung, den Normgeber zu unterrichten, kann auch nicht von einer „Entscheidungsteilhabe“ 34 der beteiligten Kreise gesprochen werden, zumal der Normgeber in der Auswertung der Anhörung frei ist.35 Darüber hinaus ist es fraglich, ob die Umweltabgaben einen Fall der aufgabenzuweisenden Kooperation darstellen.36 Bei der Erhebung von Umweltabgaben steht zum einen der Vorsorgegedanke im Vordergrund, wonach durch die Abgabenpflicht Umweltgüter vor schädigenden Umwelteinflüssen besser geschützt werden sollen. Dies geschieht insbesondere durch staatliche Anreize für effizienten Ressourcengebrauch.37 Zum anderen sind Umweltabgaben eine Aus30 Grüter, Umweltrecht und Kooperationsprinzip in der Bundesrepublik Deutschland, S. 44 ff.; ebenso Schröder, NVwZ 1998, 1011 (1012); wohl auch Waechter, Der Staat 38 (1999), 279 (305). 31 Vgl. Schmitt Glaeser, VVDStRL 31 (1973), 179 (184 f., 188, 194); Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 104 ff.; ders., in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. III, § 70 Rn. 25 f.; Rengeling, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 116 ff. 32 Jarass, BImSchG, § 51 Rn. 1; zu den weiteren Funktionen dieser Beteiligungsart vgl. unten § 6 II. 33 Schmitt Glaeser, VVDStRL 31 (1973), 179 (195). 34 Grüter, Umweltrecht und Kooperationsprinzip in der Bundesrepublik Deutschland, S. 21; s. auch Brohm, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. II, 1. Aufl., § 36 Rn. 31. 35 Jarass, BImSchG, § 51 Rn. 3; vgl. auch Kloepfer / Meßerschmidt, Innere Harmonisierung des Umweltrechts, S. 83; Rengeling, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 18. 36 Im Ergebnis ebenso Kloepfer / Meßerschmidt, Innere Harmonisierung des Umweltrechts, S. 82, die von einer Begriffsausweitung der Kooperation, mit der nichts gewonnen sei, sprechen; Murswiek, ZUR 2001, 7 (9); Rehbinder, in: Arbeitskreis für Umweltrecht (Hrsg.), Grundzüge des Umweltrechts, Rn. 121.

IV. Idealtypische Kooperation

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prägung des Verursacherprinzips, indem sie die Frage der sachlichen Verantwortung und Kostenzurechnung für das umweltschädliche Verhalten des Privaten regeln. Umweltnutzer, die umweltbelastende Tätigkeiten fortführen, sollen durch einen finanziellen Ausgleich ihrer Verantwortung für den Umweltschutz gerecht werden.38 Bei Umweltabgaben werden zwar Freiräume für den Umweltnutzer geschaffen; dennoch rechtfertigt dies nicht, von einer aufgabenzuweisenden Kooperation zu sprechen, da das Vorsorge- und Verursacherprinzip sedes materiae sind.

IV. Idealtypische Kooperation Aus verwaltungs- resp. politikwissenschaftlicher Sicht hat des Weiteren A. Benz Merkmale für Kooperationen zwischen der öffentlichen Verwaltung und ihren Partnern aufgestellt.39 Kooperation soll demnach strukturelle, prozessuale und ergebnisbezogene Aspekte beinhalten. Strukturell soll von Kooperation gesprochen werden, wenn sich die beteiligten Akteure wechselseitig als gleichberechtigt anerkennen. Zwar müssten keine symmetrischen Machtverhältnisse bestehen, kooperatives Handeln impliziere aber, dass auf einseitige Entscheidungskompetenzen verzichtet werde und alle Beteiligten mit gleichen Rechten und Pflichten agierten.40 In prozessualer Hinsicht setze Kooperation eine unmittelbare Interaktion und dialogische Kommunikation voraus; die Beteiligten müssten durch wechselseitige, direkte, sprachliche Kommunikation über Ziele, Interessen und Probleme einen Einklang erzielen. Kooperation soll also immer auf Verhandlungsprozessen beruhen. Der ergebnisbezogene Aspekt der Kooperation verlangt schließlich, dass eine freiwillige Einigung zwischen den beteiligten Partnern herbeigeführt werde. Die Partner müssten auf einen gemeinsamen Konsens hinwirken und dem Verhandlungsergebnis zustimmen. Kooperation dürfe sich nicht auf bloßen Informations- und Meinungsaustausch beschränken, sondern müsse auf eine gemeinsame Entscheidung zielen.41 Dieser „idealtypische Kooperationsbegriff“42 stellt besonders strenge Anforderungen an die kooperative Aufgabenerfüllung und Arbeitsteilung, die in der Praxis nicht erfüllt werden können. Die Prämisse, wonach sich die Kooperationspartner als „vollkommen gleichberechtigt“ anerkennen müssten, wird in den alltäglichen 37 Vgl. Sparwasser / Engel / Voßkuhle, Umweltrecht, § 2 Rn. 134; Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.), UGB-KomE, S. 779. 38 Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 218; § 4 Rn. 42. 39 Benz, Kooperative Verwaltung, S. 37 ff.; vgl. auch ders., in: Barz u. a. (Hrsg.), Vollzugsfragen im Umweltschutz, S. 95 (105 ff.); Rossen, Vollzug und Verhandlung, S. 293 ff. 40 Benz, Kooperative Verwaltung, S. 38. 41 Benz, Kooperative Verwaltung, S. 39. 42 Voßkuhle, ZUR 2001, 23 (26); vgl. auch Rossen, Vollzug und Verhandlung, S. 303: „ideale Kooperation“.

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§ 4 Umweltrechtliche Kooperationsformen

Kooperationsprozessen selten einzuhalten sein.43 Die faktischen Entscheidungsbefugnisse differieren häufig, da diejenige Partei, die über die gewichtigeren Verhandlungspositionen verfügt, durch Druck ihre Interessen besser durchsetzen kann. So haben die beteiligten Bürgerinitiativen innerhalb größerer Genehmigungsverfahren gegenüber den Fachbehörden und den Industrieunternehmen oft das Nachsehen, wenn der Wegzug von einem Standort und damit der Verlust von Arbeitsplätzen drohen. Häufig gibt es faktische Bindungen der Fachbehörde gegenüber dem Verhandlungspartner, die eine unbefangene behördliche Verfahrensleitung schwierig erscheinen lassen. Dann nutzt es wenig, wenn lediglich formal gleiche Verfahrens- und Verhandlungsrechte bestehen, von diesen aber der schwächere Kooperationspartner nicht in adäquater Weise Gebrauch machen kann. Der Staat kann darüber hinaus als Kooperationspartner nicht auf einseitige Entscheidungskompetenzen verzichten, wenn die Verhandlungen fehlschlagen oder die öffentlichen Interessen in der Kooperationsbeziehung nicht ausreichend Berücksichtigung finden. Um seiner Aufgabenverantwortung gerecht zu werden, muss der Staat auf hoheitliche Instrumente und hierarchische Rechtsbeziehungen zurückgreifen können und die kooperativen Interaktionen durch ein „regulatives Auffangnetz“44 ergänzen. Damit hängt zusammen, dass eine von allen Beteiligten getragene gemeinsame Entscheidung nicht stets das Ergebnis eines kooperativen Verwaltungsverfahrens sein kann. In kooperativen Rechtsbeziehungen können nämlich Drittpositionen vernachlässigt werden, so dass naturgemäß die Entscheidung nicht von allen Beteiligten gutgeheißen wird. Ferner schließt das von Benz verwendete Kriterium der „gemeinsamen Entscheidung“ auch die partizipativen Kooperationsformen, wie Anhörungs- oder Beteiligungsrechte, aus. So würde die „Anhörung beteiligter Kreise“, die in vielen Umweltgesetzen vorgesehen ist und nach h.M. als ein typisches Beispiel kooperativen Umweltverhaltens anzusehen ist,45 nicht unter diese Kooperationsdefinition fallen. Zwar hat der idealtypische Kooperationsbegriff den Vorteil, dass er zu einer Präzisierung der verschiedenen kooperativen Handlungsformen führen würde. Insbesondere könnten leichter rechtliche und dogmatische Konsequenzen aus dem Kooperationsbegriff gezogen werden, wenn die zu analysierenden Kooperationsformen stärker eingegrenzt würden und damit an Unterscheidungsfähigkeit gewännen. Allerdings beschreibt ein solches Kooperationskonzept nur Idealformen der Kooperation und ist daher ein „Perfektionskonzept“.46 Die Empirie zeigt, dass die Kooperationen den für den Idealtypus aufgestellten Anforderungen nur sehr selten gerecht werden. Die zahlreichen Kooperationsvorgänge blieben unter Zugrundele43 Vgl. auch Benz, in: Barz u. a. (Hrsg.), Vollzugsfragen im Umweltschutz, S. 95 (103); ders., DV 23 (1990), 83 (91 f.); Rossen, Vollzug und Verhandlung, S. 306 ff. 44 Hoffmann-Riem, DVBl. 1994, 1381 (1386). 45 Vgl. z. B. Schrader, DÖV 1990, 326 (327); Breuer, in: Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 5. Kapitel Rn. 110; Sparwasser / Engel / Voßkuhle, Umweltrecht, § 2 Rn. 50. 46 Rossen, Vollzug und Verhandlung, S. 308.

V. Kooperation als Kombination regulativer Entlastungsstrategien

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gung eines derartigen Begriffs hinter der einen oder anderen Vorgabe zurück und würden durch den Kooperationsraster fallen, selbst wenn ein Bedürfnis bestünde, diese als kooperative Verfahrensmodi zu behandeln. So würde eine Divergenz zwischen der Theorie und der Praxis entstehen, aufgrund derer originäre Kooperationsformen nicht berücksichtigt würden. Auch Benz gibt zu, dass der ideale Kooperationstypus in der Praxis „extrem unwahrscheinlich“ ist.47

V. Kooperation als Kombination unterschiedlicher regulativer Entlastungsstrategien 1. Institutionalisierte und nicht institutionalisierte Kooperationsformen Die in der Diskussion um Staatsentlastung und Deregulierung aufgezeigten Beispiele für den Einsatz von Privaten verdeutlichen, dass es ein facettenreiches Tableau an Verfahrensmustern gibt, bei denen der Hoheitsträger und der Private in gleicher Weise einen kooperativen Beitrag leisten. Daneben existieren auch Konstellationen, in denen ein kooperativer Teilbeitrag des Privaten im Rahmen eines ansonsten hoheitlich dominierten Verfahrens vorliegt. Allerdings stellt sich die Suche nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner beim Versuch der Kategorisierung der Kooperationstypen als schwierig dar. Deswegen verwundert es nicht, wenn in der Literatur mitunter festgestellt wird, dass es eine allgemein anerkannte Definition für „kooperatives Recht“ bislang nicht gebe.48 Schulze-Fielitz zählt zu den gängigen Definitionen für diesen Begriff zum einen die Gesamtheit der konsensual gefundenen Abstimmungen jenseits der klassischen Handlungsformen, also das informale Verwaltungshandeln;49 zum anderen jede Interaktion zwischen Verwaltung und Bürger, wie z. B. die Beteiligung Privater an der Rechtsetzung oder die Beratung des Staates durch Sachverständigengremien. Überwiegend werde mit kooperativem Recht die Gesamtheit der Verträge und Absprachen zwischen Verwaltung und Bürgern identifiziert, sowohl in rechtsförmlicher als auch in informaler Form.50 47 Benz, Kooperative Verwaltung, S. 314; vgl. auch Voßkuhle, ZUR 2001, 23 (26), der zu Recht konstatiert, dass die Prämissen zu anspruchsvoll seien, als dass sie wirklich Direktionskraft entfalten könnten. 48 Schulze-Fielitz, in: Dose / Voigt (Hrsg.), Kooperatives Recht, S. 225; vgl. zum Begriff „kooperatives Recht“ Dose, DV 27 (1994), 91 ff. 49 Vgl. z. B. Hoppe / Beckmann / Kauch, Umweltrecht, § 1 Rn. 151, die auf die informalen und weniger institutionalisierten Absprachen, branchenbezogenen Zusagen und Selbstverpflichtungen abstellen. 50 Schulze-Fielitz, in: Dose / Voigt (Hrsg.), Kooperatives Recht, S. 225; diese Aufzählung der gängigen Kooperationsdefinitionen ist keineswegs vollständig: Dose / Voigt, in: dies. (Hrsg.), Kooperatives Recht, S. 11 (12 ff.) differenzieren etwa zwischen expliziter Programmierung von kooperativem Verwaltungshandeln durch den Normgeber (wie z. B. beim Anhö-

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§ 4 Umweltrechtliche Kooperationsformen

Breuer zählt demgegenüber die technischen Überwachungsvereine in privater Rechtsform, die privatrechtlich organisierten Ausschüsse z. B. des DIN oder der VDI, die öffentlich-rechtlich organisierten Ausschüsse, die unabhängigen Beratungsgremien der öffentlichen Verwaltung (z. B. die Störfall-Kommission gem. § 51a BImSchG), die Anhörung beteiligter Kreise, den Umweltschutzbeauftragten und das Umweltaudit zu den umweltrechtlichen Kooperationsinstrumenten.51 Andere fassen Kooperation weiter, nämlich als Prozess der Konsenssuche, bei dem die Partner die Problemlösung in gleicher Weise beeinflussen können.52 Kooperation wird dann als Zusammenwirken auf ein gemeinsames Ziel hin begriffen, wobei die gesellschaftlichen Kräfte in das staatliche Entscheidungsverfahren einbezogen werden.53 Diese Beschreibungen geben zwar den grundsätzlichen Inhalt der vertikalen Kooperation zwischen Staat und Privaten richtig wieder. Dennoch kann die bloße Aufzählung bestimmter Kooperationsformen allein nicht hilfreich sein, wenn die Frage nach der Rechtsnatur und der juristischen Beurteilung kooperativer Handlungsmuster beantwortet werden soll. Zu bedenken ist nämlich, dass die einzelnen Kooperationsarten unterschiedliche Strukturen aufweisen. So hat die Anhörung des Bürgers im Verwaltungsverfahren qualitativ einen anderen Zweck und eine andere Funktionalität als die gesetzlich induzierten selbstregulativen Systeme. Daraus resultieren insbesondere divergierende systematische Fragestellungen im Hinblick auf die inhaltliche Bewertung der verschiedenen Kooperationsformen. Eine erste Systematisierung, die bereits früher getroffen wurde und Licht in die Kooperationsbeziehungen brachte, orientierte sich an den institutionalisierten und rungsverfahren nach § 73 VwVfG), kooperativem Verwaltungshandeln infolge der Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe durch den Normgeber und billigender Programmierung von kooperativem Verwaltungshandeln durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (z. B. im Rahmen von § 17 Abs. 2 BImSchG); s. auch Dose, DV 27 (1994), 91 (94), der zwischen kooperatives Verhalten programmierendem und ermöglichendem Recht unterscheidet. 51 Breuer, in: Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 5. Kapitel Rn. 110; vgl. auch Müggenborg, NVwZ 1990, 909 (910 ff.). 52 Dauber, in: Becker-Schwarze u. a. (Hrsg.), Wandel der Handlungsformen im Öffentlichen Recht, S. 67 (70); Braun, Abfallverminderung durch Kooperation von Staat und Wirtschaft, S. 112. 53 Storm, in: Bothe / Prieur / Ress (Hrsg.), Rechtsfragen grenzüberschreitender Umweltbelastungen, S. 279, sieht Kooperation in der Zusammenarbeit von zwei oder mehreren Partnern, Mindestinhalt der Kooperation sei die Information; Voßkuhle, ZUR 2001, 23 (25) stellt in Abgrenzung zum einseitig-hoheitlichen Staatshandeln auf jede Form des Zusammenwirkens von Staat und Gesellschaft ab; in gleicher Weise betont Benz, DV 23 (1990), 83 (84) den Kontrast zum einseitig hoheitlichen Handeln; ähnlich Schröder, NVwZ 1998, 1011 (1012); Sparwasser / Engel / Voßkuhle, Umweltrecht, § 2 Rn. 49; Hofmann, in: Benda / Maihofer / Vogel (Hrsg.), HbVerfR, § 21 Rn. 48: Kooperation bedeute Aushandeln, Arrangement, Streit und Kompromiss; s. ferner Rengeling, in: Kimminich / v. Lersner / Storm (Hrsg.), HdUR Bd. 1, Sp. 1284 (1285); Murswiek, ZUR 2001, 7 (8); Faber, Gesellschaftliche Selbstregulierungssysteme im Umweltrecht, S. 181; Kloepfer, Umweltrecht, § 4 Rn. 56.

V. Kooperation als Kombination regulativer Entlastungsstrategien

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nicht institutionalisierten Kooperationsformen.54 Danach sind die institutionalisierten Kooperationen diejenigen, die normativ geregelt sind, wie die öffentlichrechtlichen Verträge, die Anhörung beteiligter Kreise, das Institut des Umweltschutzbeauftragten, die Mitwirkung rechtsfähiger Naturschutzvereine bei der Normsetzung und Planfeststellung (§ 58 Abs. 1 BNatSchG) oder das Umweltaudit. Die nicht institutionalisierten Kooperationen sind hingegen diejenigen, die gesetzlich nicht ausdrücklich vorgesehen sind, wie Vorverhandlungen, Sanierungsabsprachen und Selbstbeschränkungsabkommen, also Kooperationen auf normvollziehender und normvorbereitender Ebene. Die nicht institutionalisierte Kooperation kann dabei den Zweck haben, den Erlass von Rechtsnormen (wie im Fall von Selbstbeschränkungsabkommen) oder Verwaltungsakten (wie im Fall von Sanierungsabsprachen) überflüssig zu machen. Zu Beginn der Diskussion über informales Verwaltungshandeln, aber auch später noch lag der Schwerpunkt der wissenschaftlichen Debatte auf der Ebene der nicht institutionalisierten Kooperationen. Die Auseinandersetzung drehte sich namentlich um das kooperative Verwaltungsverfahren, also um all diejenigen Verfahrenskonstellationen, in denen Verwaltung und Bürger sich auf Verhandlungen und einen dialogischen Prozess der Konfliktaustragung einlassen, um eine sachgerechte Problemlösung herbeizuführen.55 Im Zuge der in den Sozial- und Verwaltungswissenschaften geführten Untersuchungen über die Systemtheorie richtete sich das Augenmerk aber später verstärkt auf die gesetzlich induzierten und sich selbstregulierenden Systeme. Dabei hat sich das Umweltrecht als eines der Referenzgebiete für selbstregulative Prozesse erwiesen.56 Die Debatte über Selbststeuerung und Privatisierung öffentlicher Aufgaben sowie die Erkenntnisse über die sich ändernde Verantwortungsteilung zwischen Staat und Gesellschaft57 führen mittlerweile zu einer differenzierteren Sichtweise in Bezug auf die umweltrechtlichen Kooperationsstrukturen. Diese Sichtweise soll im Folgenden näher erörtert werden.

54 Rengeling, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 63 ff.; ders., in: Kimminich / v. Lersner / Storm (Hrsg.), HdUR Bd. 1, Sp. 1284 (1287); zu den institutionalisierten Kooperationsformen vgl. Sparwasser / Engel / Voßkuhle, Umweltrecht, § 2 Rn. 50; zu den nicht institutionalisierten vgl. Braun, Abfallverminderung durch Kooperation von Staat und Wirtschaft, S. 115 ff. 55 Vgl. z. B. Hoffmann-Riem, in: ders. / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Konfliktbewältigung durch Verhandlungen, Bd. I, S. 13 (16 ff.); Benz, in: Barz u. a. (Hrsg.), Vollzugsfragen im Umweltschutz, S. 95 (98). 56 Vgl. nur die Sammelbände von Kloepfer (Hrsg.), Selbst-Beherrschung im technischen und ökologischen Bereich; Berg u. a. (Hrsg.), Regulierte Selbstregulierung als Steuerungskonzept des Gewährleistungsstaates, DV 2001, Beiheft 4. 57 Vgl. nur die Sammelbände von Lange (Hrsg.), Gesamtverantwortung statt Verantwortungsparzellierung im Umweltrecht; Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem“ Staat. Verantwortungsteilung als Schlüsselbegriff eines sich verändernden Verhältnisses von öffentlichem und privatem Sektor.

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§ 4 Umweltrechtliche Kooperationsformen

2. Selbstregulative Kooperationssysteme Umweltrechtliche Kooperation findet zunehmend in Form gesellschaftlicher Selbststeuerung statt.58 Deswegen wird die regulierte Selbstregulierung, dessen Kennzeichen die Kombination direkter und indirekter Steuerung ist, bisweilen als eine „typische Steuerungsmethode des kooperativen Staates“ genannt.59 Der Staat hat nach diesem Ansatz zunächst ein bestimmtes Ziel im Auge,60 etwa die Vermeidung oder Verringerung von Abfall und die Förderung der Kreislaufwirtschaft.61 Dieses Ziel kann er aber in der Regel nicht allein erreichen, zumal er nicht über die erforderlichen Kapazitäten, personellen und sachlichen Ressourcen verfügt. Um einerseits kräfteschonend zu agieren, anderseits die Idee der dualen Umweltverantwortung von Staat und Privaten zu fördern, wird der einzelne Private – nicht nur die Industrie oder die Umweltverbände – in die staatliche Aufgabenerfüllung kooperativ eingebunden. Dies geschieht aber nicht dadurch, dass die Art und Weise der Kooperation dem Belieben des Privaten überlassen wird. Daraus könnten nämlich Fehlentwicklungen resultieren, ohne dass der Staat kontrollierend eingreifen würde. Der Staat implementiert vielmehr ein System der Selbstregulierung, in dem die öffentliche Aufgabe von privaten Kräften in organisierter Form übernommen wird, wobei Ziel und Zweck der Aufgabenerfüllung staatlicherseits definiert werden.62 Der kooperative Steuerungsansatz geht also dahin, dass ein institutioneller Rahmen für gesellschaftliches Handeln geschaffen wird, innerhalb dessen innovatives privates Handeln möglich ist, der Private die notwendige Entfaltungsfreiheit hat und seine eigenen Problemlösungskapazitäten mobilisieren kann.63 Dadurch, dass der Normgeber das Ziel, die Organisation und die Struktur der selbstregulativen kooperativen Systeme vorgibt, kann man allerdings nicht mehr von völliger Freiwilligkeit des privaten Akteurs sprechen. Dies ist ein Merkmal der idealtypischen Kooperation, das in den gesetzlich induzierten Kooperationssystemen seltener vorkommt. Die Bildung des Dualen Systems auf der Grundlage der VerpackV zeigt, dass mehr der „sanfte Zwang“64 zur Kooperation als autonome und altruistische Motive für den Privaten maßgeblich sind. Kooperation findet also 58 Vgl. auch Kloepfer / Elsner, DVBl. 1996, 964 (965 f.); Schuppert, DV 31 (1998), 415 (438 ff.); Gusy, ZUR 2001, 1 (4 f.); Di Fabio, NVwZ 1999, 1153 (1155); Hoffmann-Riem, in: Koch (Hrsg.), Auf dem Weg zum Umweltgesetzbuch, S. 108 (113 f.). 59 Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 432. 60 Zur kooperativen Steuerung durch offene Zielvorgaben vgl. auch Lange, VerwArch 82 (1991), 1 (5 ff.). 61 Vgl. § 1 KrW- / AbfG. 62 Di Fabio, VVDStRL 56 (1997), 235 (238, 241). 63 Vgl. Trute, UTR Bd. 48 (1999), S. 13 (15); Voßkuhle, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem“ Staat, S. 47 (50). 64 Di Fabio, VVDStRL 56 (1997), 235 (255); schärfer formulierend ders., NVwZ 1999, 1153 (1156): „umweltrechtliche Zwangszusammenarbeit“; vgl. auch Waechter, Der Staat 38 (1999), 279 (284): Der rechtspolitische Drang zur Kooperation sei das Zeugnis einer strukturellen Zwangslage.

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hoheitlich geleitet statt, der Staat statuiert Kooperationssysteme durch normative Vorgaben und schafft damit erst die Voraussetzungen zur Kooperation. Zudem beaufsichtigt der Staat die Kooperationssysteme und schreitet erst dann ein, wenn die Zielvorgaben und Leitlinien nicht eingehalten werden. Dies verdeutlicht, dass entgegen früherer Auffassungen Kooperation sich nicht primär im informalen und unverbindlichen Raum, im Hintergrund zwischen Behörde und Privatem abspielen muss, sondern durchaus ein regulativ abgesichertes Gefüge haben kann. Insofern kann man auch von „gelenkter“ oder „instrumenteller“ Kooperation sprechen.65

3. Kooperation als Verantwortungsteilung Weiteres Charakteristikum umweltrechtlicher Kooperation ist die Verantwortungsteilung zwischen Staat und Privaten. Dieser Ansatz folgt aus der Grundidee, dass wirksamer Umweltschutz nur durch gemeinsame effektive Verantwortungswahrnehmung von staatlichen und gesellschaftlichen Stellen bewerkstelligt werden kann. Das bedeutet zunächst, dass Staat und Private beim Umweltschutz miteinander agieren und aufeinander angewiesen sind,66 d. h. dass Private am umweltpolitischen Entscheidungsprozess so weit wie möglich partizipieren können. Kooperation bedeutet aber darüber hinaus, dass private Eigenverantwortung für den Umweltschutz statuiert und somit ein zusätzliches soziales Pflichtmoment auf nichtstaatlicher Seite eingeführt wird.67 Damit sich das Umweltengagement des Bürgers nicht auf bloße Absichtserklärungen reduziert, wird er in die administrative Umweltverwaltung eingebunden. Durch den Kooperationsgedanken werden zudem verschiedene Bereiche staatlicher Erfüllungsverantwortung neu überdacht. Statt flächendeckender hoheitlicher Eigenerfüllung wird ein Konzept abgestufter Verwaltungsverantwortung entworfen, das private Eigenverantwortung begründet und die staatliche Aufgabe auf eine Kontroll- und Beobachtungsverantwortung beschränkt.68 Aufgrund privater Eigenverantwortung und staatlicher Gewährleistungsverantwortung wird Umweltschutz zu einer arbeitsteiligen Gemeinschaftsaufgabe69 mit definierten und rechtlich konkretisierten Handlungs65 Di Fabio, NVwZ 1999, 1153 (1155); Reese, ZUR 2001, 14; nach Trute, UTR Bd. 48 (1999), S. 13 (26 f.) ermöglicht, strukturiert und begrenzt das Ordnungsrecht Kooperationen, insofern gehe es nicht um die Alternative von Ordnungsrecht und Kooperation. 66 Pitschas, in: Lüder (Hrsg.), Staat und Verwaltung, S. 269 (283). 67 Vgl. auch Voßkuhle, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem“ Staat, S. 47 (62). 68 Vgl. Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Schuppert (Hrsg.), Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, S. 11 (29 f.). 69 Pitschas, in: Lüder (Hrsg.), Staat und Verwaltung, S. 269 (291); demgegenüber kritisiert Koch, NuR 2001, 541 (545), dass Eigenverantwortung lediglich bedeute, sich selbst verantwortlich zu sein; wer den Umweltschutz individueller moralischer Kraft überlasse, werde weitgehend scheitern. Diese Sichtweise übersieht allerdings das Konzept der Einbindung der

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beiträgen. Die hierbei entstehende duale Umweltverantwortung wird mitunter sogar als ein „umweltpolitisches Fundamentalpostulat“ bezeichnet.70 Verantwortung gilt in diesem Kontext als ein „Schlüsselbegriff für die analytische Durchdringung unterschiedlicher staatlicher Handlungsfelder gerade im Kooperationsbereich“.71 Auch das BVerfG hat die Idee der gemeinsamen Umweltverantwortung in besonderer Weise hervorgehoben. In seiner Entscheidung zur kommunalen Verpackungsteuer betont das Gericht die gemeinsame Umweltverantwortung von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft und die eigenverantwortliche Planung und Mitgestaltung der privaten Seite bei der Entfaltung von Handlungszielen und Handlungsmitteln.72 Das Kooperationsprinzip begründe zudem eine kollektive Verantwortung verschiedener Gruppen mit unterschiedlichen fachlichen und wirtschaftlichen Mitteln, in eigenständiger Aufgabenteilung das definierte Ziel zu erreichen.73 Darüber hinaus hat das BVerfG aus dem Konzept kooperativer Verantwortungsteilung gefolgert, dass bei einem vorgegebenen Ziel durch den Normgeber die alternativen Lösungsmöglichkeiten vom privaten Verantwortungsträger auszuwählen sind.74 Welche weiteren rechtlichen Konsequenzen aus diesen Feststellungen tatsächlich zu ziehen sind, wird noch näher zu untersuchen sein.75 Klar ist aber, dass in der kooperativen Verantwortungsgemeinschaft jede Seite Handlungsoptionen und justitiable Rechte und Pflichten hat, die er gegenüber dem anderen Kooperationspartner geltend machen kann. 4. Kooperation als Delegationskonzept Ein weiteres wesentliches Kennzeichen von Kooperationsstrategien ist die Delegation von Aufgaben durch den Staat auf Private. Diesem Konzept liegt der Gedanke zugrunde, dass der Staat zwar eine umfassende Zuständigkeit und Verantwortlichkeit für das Gemeinwohl hat, aber nicht alle gemeinwohldienlichen Handlungen und Maßnahmen selbst vornehmen muss. Er ist in vielen Bereichen seiner Kompetenzausübung auf Kooperation mit privaten Akteuren angewiesen.76 Wie Eigenverantwortung in die staatliche Gewährleistungsverantwortung und den dadurch bewirkten kooperativen Steuerungsmodus. 70 Schmidt-Preuß, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem“ Staat, S. 195. 71 Trute, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, S. 167 (197). 72 BVerfGE 98, 106 (121). 73 BVerfGE 98, 106 (121 f.); vgl. auch BVerfGE, ebd., S. 127; sowie BVerfGE 98, 83 (101, 102) – „Landesabfallabgaben“. 74 BVerfGE 98, 106 (131 f.). 75 Vgl. dazu § 9 IV 3. 76 S. auch Kirchhof, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. III, § 59 Rn. 3: „Die Allzuständigkeit des Staates ist nicht Alleinzuständigkeit.“

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der Staat seinen verfassungsrechtlichen Pflichten nachkommt, ist grds. eine Frage der inneren staatlichen Souveränität, insofern häufig eine staatliche Ermessensentscheidung, die von der Eigenart und vom Gewicht der einzelnen Aufgabe abhängig ist. Im modernen Umweltrecht entscheidet sich der Normgeber deswegen oft für Mischformen staatlicher und privater Aufgabenerfüllung.77 Dabei schaltet der Hoheitsträger zunehmend Private in den administrativen Gesetzesvollzug ein, aktiviert privaten Sachverstand und beschränkt sich strategisch auf einzelne Verfahrensteile.78 Der effiziente Einsatz von Privaten jenseits von Verwaltungshilfe und Beleihung,79 z. B. im Bereich staatlicher Überwachung, ist eine Entlastungsstrategie zugunsten der ausgelasteten, zum Teil über ihre Kapazitäten beanspruchten Umweltbehörden. Zugleich trägt die Teilverlagerung von staatlichen Pflichten auf Private dazu bei, das seit langem bekannte und oft beanstandete Vollzugsdefizit80 im Umweltverfahrensrecht zu reduzieren. Hierbei weist das Delegationsmodell in gewisser Weise eine Übereinstimmung mit dem Konzept der Verfahrensprivatisierung auf, deren Grundidee die Auslagerung einzelner Verfahrenssegmente in den privaten Bereich ist. Beispiel für eine solche Delegation ist der Betriebsbeauftragte für Umweltschutz, der die Einhaltung umweltrechtlicher Vorschriften durch regelmäßige Kontrollen überwacht.81 Daneben hat der Verordnungsgeber die Möglichkeit des Einsatzes von Projektmanagern, die in immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren eingesetzt werden, geschaffen (vgl. § 2 Abs. 2 S. 3 Nr. 5 9. BImSchV). Auch private Verfahrensmittler und Mediatoren, die Konflikte in komplexen Verwaltungsverfahren schlichten und diese beschleunigen sollen, gehören zum Konzept der partiellen Delegation. Auf europäischer Ebene ist in diesem Zusammenhang die Ausarbeitung von Regelwerken durch die europäischen Normungsinstitutionen CEN bzw. CENELEC zu nennen, welche als private Kooperationspartner einen erheblichen Handlungsspielraum haben.82 Die beiden Entwürfe für ein Umweltgesetzbuch beinhalten ebenfalls das Modell der Delegation als Ausprägung des Kooperationsprinzips. § 6 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 UGB-ProfE sieht einen Anspruch nichtstaatlicher Träger auf Aufgabenübertragung für die Fälle vor, in denen die staatliche Aufgabenerfüllung die Betroffenen unverhältnismäßig belasten würde und sichergestellt ist, dass der nichtsstaatliche Träger die Aufgabe zuverlässig erfüllen könne. Dieser Vorschlag wird vor allem auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gestützt, der im Einzelfall eine BVerfGE 17, 371 (377); Lübbe-Wolff, Modernisierung des Umweltordnungsrechts, S. 26. Erbguth, UPR 1995, 369 (371). 79 Verwaltungshilfe ist Ausdruck funktioneller Privatisierung und nicht als eine Kooperationsform aufzufassen, zur Beleihung vgl. § 4 VI. 80 Vgl. hierzu z. B. Lübbe-Wolff, NuR 1993, 217 ff.; dies., Modernisierung des Umweltordnungsrechts, S. 1 ff.; Lahl, ZUR 1993, 249 ff. 81 Vgl. z. B. §§ 21b Abs. 2 Nr. 1 WHG, 54 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG. 82 Vgl. hierzu § 11 IV 2 c). 77 78

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Pflicht zum Einsatz kooperativer Instrumente rechtfertigen könne.83 Allerdings wird der Vorschlag im UGB-KomE als zu weitgehend abgelehnt, da es wegen der Vielgestaltigkeit der in Betracht kommenden Fälle Sache des Gesetzgebers sei, die Voraussetzungen für die Delegation im Einzelfall zu nennen.84 In beiden Entwürfen ist jedoch die Überwachung der Aufgabenerfüllung durch die Verwaltung vorgesehen (§ 7 Abs. 3 S. 2 UGB-KomE bzw. § 6 Abs. 4 S. 3 UGB-ProfE). Dadurch wird die Delegationsidee mit dem Gedanken der residualen staatlichen Kontrollverantwortung verknüpft.85

VI. Kooperationspartner Kooperation zeichnet sich durch das Zusammenwirken von staatlichen und privaten Akteuren aus.86 Auf staatlicher Seite sind Kooperationspartner in der Regel die Vertreter der Exekutive, insbesondere die Umweltbehörden, bei Selbstverpflichtungen der Industrie Vertreter der Landes- oder Bundesregierung, insbesondere einzelne Ressortminister. Aber auch die Legislativorgane können handelnde Akteure der Kooperation sein, wie dies bei der technischen Rechtsetzung der Fall ist.87 Zu den privaten Kooperationspartnern zählt die Bundesregierung in ihren Leitlinien zur Umweltvorsorge88 den einzelnen Bürger, der durch den Erwerb umweltfreundlicher Produkte daran mitwirken kann, die Umweltbelastung möglichst zu verringern. Daneben sollen Umweltorganisationen und Gewerkschaften am umweltpolitischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozess genauso beteiligt werden wie Vertreter der Wissenschaft, die in den Fachgremien an neuen umweltpolitischen Konzeptionen arbeiten. Ferner wird als wichtiger Kooperationspartner die Wirtschaft genannt, die durch technisches Know-how zur kontinuierlichen Fortentwicklung umweltschonender Technologien beitragen soll. Bei den Umweltabsprachen als ein prominentes Beispiel für umweltrechtliche Kooperationsbeziehungen, insbesondere bei den Selbstverpflichtungsabkommen, wird stets betont, dass die Zahl der an der Absprache Beteiligten überschaubar sein 83 Kloepfer / Rehbinder / Schmidt-Aßmann / Kunig, Umweltgesetzbuch – Allgemeiner Teil –, S. 164. 84 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.), UGBKomE, S. 460, vgl. hierzu auch § 1 II 2. 85 Vgl. auch § 7 Abs. 3 S. 3 UGB-KomE, wonach die Aufgaben auf die zuständige Behörde zurückübertragen werden sollen, wenn sie nicht ordnungsgemäß erfüllt werden; diesen Aspekt berücksichtigt Koch, NuR 2001, 541 (549) nicht, wenn er die Modalitäten der Delegation in § 7 Abs. 3 S. 2 und 3 UGB-KomE als ungenau bzw. überflüssig ansieht. 86 Zu den verschiedenen Akteuren bei der Verantwortungsteilung zwischen Staat und Privaten vgl. Voßkuhle, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem“ Staat, S. 47 (81 ff.). 87 Vgl. hierzu § 6 I 2. 88 Vgl. oben § 1 III 4; BT-Drucks. 10 / 6028, S. 11 f.

VI. Kooperationspartner

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müsse, damit die Absprache erfolgreich sein könne. Deswegen wählt der Staat primär die Unternehmensverbände als Kooperationspartner auf privater Seite aus.89 Dies folgt vor allem aus Gründen der Praktikabilität; für den Staat ist es einfacher, mit dem Verband, der die Interessen einer gesamten Branche vertritt, zu verhandeln als mit den Einzelunternehmen. Zudem wird der Verband als ein Steuerungsobjekt angesehen, welches die staatlichen Zielvorstellungen in die einzelunternehmerischen Entscheidungsprozesse transformieren könne.90 Auch kann bei einer überschaubaren Zahl von Verhandlungsteilnehmern aufgrund des gegenseitigen Vertrauens zwischen diesen ein für die Kooperation günstiges Verhandlungsklima geschaffen werden, in dem die Einigung auf ein Ergebnis und die spätere Kontrolle der Umsetzung der Vereinbarung leichter fällt.91 Kooperation setzt also häufig Beteiligte voraus, die sich organisiert haben, und verlangt Zusammenschlüsse zum Zwecke der Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Denn nur Kooperationspartner, die die Fähigkeit haben, die von ihnen vertretenen Interessen zu ermitteln und zu artikulieren und auch die notwendige Durchsetzungsfähigkeit nach innen aufweisen, werden als taugliche Verhandlungspartner angesehen.92 Ist der Verband der Verhandlungspartner, muss er zudem auch einen Verhandlungsspielraum haben. An diesem mangelt es aber, wenn die Verbandsführung zum Zwecke des innerverbandlichen Konsenses auf viele Einzelpositionen seiner Mitglieder Rücksicht nehmen muss und daher nur ein beschränktes Verhandlungsmandat hat. Neben dem Verband kommen auch einzelne Unternehmen oder Privatpersonen als Kooperationsbeteiligte in Betracht. Tritt der einzelne Private in ein Kooperationsverhältnis mit dem Hoheitsträger ein, dann geschieht dies aus eigennützigen Gründen. So beteiligt sich z. B. der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage an Vorverhandlungen, um längere Auseinandersetzungen mit der Fachbehörde über umweltrechtliche Auflagen zu vermeiden.93 Der private Betreiber kann in diesen Fällen aber auch nicht-erwerbswirtschaftliche Motive haben und mit dem Staat kooperieren, damit im Rahmen seiner privatnützigen Tätigkeit öffentliche Belange ausreichend berücksichtigt werden.94 Daneben kann der Private im Rahmen eines umweltrechtlichen Verwaltungsrechtsverhältnisses zur Erbringung ko89 Vgl. hierzu Michael, Rechtsetzende Gewalt im kooperierenden Verfassungsstaat, S. 84 ff.; Dempfle, Normvertretende Absprachen, S. 6 f.; vgl. zum Einfluss von Verbänden im kooperativen Staat § 2 III. 90 Vgl. Knebel / Wicke / Michael, Selbstverpflichtungen und normersetzende Umweltverträge als Instrumente des Umweltschutzes, S. 163; Ritter, AöR 104 (1979), 389 (404 f.); v. Zezschwitz, JA 1978, 497 (501); Oldiges, WiR 1973, 1 (13 f.). 91 Vgl. Dempfle, Normvertretende Absprachen, S. 34 ff. 92 Vgl. Di Fabio, VVDStRL 56 (1997), 235 (254 f.); Gusy, ZUR 2001, 1 (2). 93 Zum Betreiber als Beteiligter an Vorverhandlungen vgl. Bohne, Der informale Rechtsstaat, S. 50 ff. 94 Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 614 vertritt weitergehend die These, dass ein Unternehmen nur dann geeigneter Partner eines Koordinationsverhältnisses mit dem Staat sein könne, wenn er sich auch nicht-erwerbswirtschaftliche Zielsetzungen zu eigen gemacht habe; vgl. hierzu auch Ritter, AöR 104 (1979), 389 (397 ff.).

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§ 4 Umweltrechtliche Kooperationsformen

operativer Eigenbeiträge aufgefordert werden. So werden dem Vorhabenträger bei der Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen des sog. Scoping bestimmte Mitwirkungspflichten auferlegt.95 Bei der staatlich verfügten Eigenüberwachung muss der Anlagenbetreiber ferner verschiedene Messungen vornehmen oder vornehmen lassen und Angaben zu seinem umweltbelastenden Verhalten machen.96 In all diesen Fällen werden der private Kooperationspartner und seine Aufgaben normativ bestimmt.97 Kooperation setzt nicht in jedem Falle voraus, dass gegenüber dem staatlichen Kooperationspartner eine natürliche oder juristische Person des Privatrechts oder eine private Vereinigung auftritt. So befinden sich unter den „beteiligten Kreisen“, deren Anhörung in den Umweltgesetzen vorgeschrieben ist, sehr oft Vertreter der Fachbehörden oder Gemeinden.98 Auch die Expertengremien im Atom- und Strahlenschutzrecht, wie der Kerntechnische Ausschuss oder die Strahlenschutzkommission, sind öffentlich-rechtliche Ausschüsse.99 Dabei handelt es sich in der Regel um institutionalisierte Kooperationsbeziehungen, durch die der Zweck verfolgt wird, das handelnde staatliche Organ bei der Rechtsetzung sachkundig zu informieren. Diese Beispiele zeigen, dass eine formale Abgrenzung nach der rechtlichen Organisationsform der Kooperationsbeteiligten nicht in jedem Fall weiterhilft. Allerdings sollte Kooperation von den Fällen der mittelbaren Staatsverwaltung und der kommunalen Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 GG) unterschieden werden. Soweit durch ausgegliederte rechtlich selbständige Verwaltungsträger des öffentlichen Rechts Verwaltungsaufgaben erledigt werden, z. B. durch Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, kooperiert der Staat nicht mit diesen; deswegen sind z. B. die Wasser- und Bodenverbände nach dem WVG als Körperschaften des öffentlichen Rechts (§ 1 Abs. 1 WVG) keine Ausprägung der institutionalisierten Kooperation.100 Die mittelbare Staatsverwaltung unterscheidet sich gänzlich von den Fällen der Kooperation mit Beratungsfunktion. Der Verwaltungsträger übt nämlich als Teil der Exekutive selbständig Hoheitsgewalt aus. Auch die Gemeinden, die die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft regeln, handeln im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften eigenverantwortlich und nach eigenen politischen Vorstellungen und nicht in einem vertikalen Kooperationsverhältnis101 mit dem Bund oder dem Land.102 Zur mittelbaren Staatsverwaltung geVgl. § 5 UVPG; hierzu ausführlich § 5 I. Vgl. hierzu ausführlich § 5 II 2. 97 Vgl. auch Voßkuhle, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem“ Staat, S. 47 (82). 98 Vgl. z. B. §§ 60 KrW- / AbfG, 51 BImSchG; s. ausführlich § 6 II. 99 S. ausführlich § 6 III. 100 A.A. Kloepfer, Umweltrecht, § 4 Rn. 64; Kloepfer / Meßerschmidt, Innere Harmonisierung des Umweltrechts, S. 82. 101 Davon zu unterscheiden ist die föderative Kooperation, vgl. § 4 I 1. 95 96

VII. Kooperationsbeiträge

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hören dabei auch privatrechtlich organisierte Verwaltungsträger, die mit der hoheitlichen Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben betraut werden. Deswegen ist die Beleihung keine Erscheinungsform umweltrechtlicher Kooperation;103 der Beliehene tritt nämlich nach außen als selbständiger Hoheitsträger auf, kann Verwaltungsakte erlassen und handelt dabei als Behörde im Sinne von § 1 Abs. 4 VwVfG.104

VII. Kooperationsbeiträge Zu einem wesentlichen Kennzeichen informal-kooperativen Verwaltungshandelns zählt Bohne das Tauschprinzip.105 Demnach bestehe zwischen der Leistung und der Gegenleistung der Absprachepartner ein wechselseitiges Abhängigkeitsverhältnis. Dieses Abgrenzungskriterium würde das Spannungsverhältnis zwischen kooperativer Verwaltungstätigkeit und den unverzichtbaren einseitigen Entscheidungen des Staates verdeutlichen.106 Bei den Sanierungsabsprachen liegt die Leistung des Betreibers z. B. in der Durchführung emissionsbegrenzender Verbesserungsmaßnahmen, die Gegenleistung der Behörde darin, dass sie von weitergehenden Sanierungsanordnungen absieht.107 Dabei wird als Voraussetzung für einen inhaltlichen Interessensausgleich zwischen den Absprachebeteiligten eine möglichst gleichgewichtige Tauschposition genannt.108 Dieses Merkmal könnte auch für die Beschreibung des Kooperationsprinzips fruchtbar gemacht werden. Als Prämisse für eine erfolgversprechende Kooperation wird nämlich mitunter eine Verhaltensabstimmung zwischen Staat und Privaten in Bezug auf das Ziel und die Strategie der Kooperation genannt; daher seien Kooperationen durch das Prinzip der Zweiseitigkeit und der Zusammenarbeit gekennzeichnet.109 102 Vgl. Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (163 f., Fn. 6); Di Fabio, VVDStRL 56 (1997), 235 (269 f.); s. auch Faber, Gesellschaftliche Selbstregulierungssysteme im Umweltrecht, S. 45 ff., die auf die Art der wahrgenommenen Interessen abstellt und die Kammern der freien Berufe und die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten deswegen zu den Fällen der gesellschaftlichen Selbstregulierung zählt. 103 S. auch Gusy, ZUR 2001, 1 (6); a. A. Stober, Handbuch des Wirtschaftsverwaltungsund Umweltrechts, S. 870. 104 Vgl. bereits oben § 2 II 1 b) aa); zur Beleihung als Beispiel für mittelbare Staatsverwaltung s. Burgi, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 54 Rn. 24; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 23 Rn. 56 ff.; vgl. auch P. Stelkens / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 1 Rn. 231 ff. 105 Vgl. auch § 8 I. 106 Bohne, in: Kimminich / v. Lersner / Storm (Hrsg.), HdUR Bd. 1, Sp. 1046 (1050); ders., JbRSoz 8 (1982), 266 (271 f.). 107 Vgl. Bohne, Der informale Rechtsstaat, S. 72 ff. 108 Vgl. Hoffmann-Riem, ZAU 1990, 19 (33 f.). 109 Ritter, AöR 104 (1979), 389 (391); v. Lersner, Verwaltungsrechtliche Instrumente des Umweltschutzes, S. 11; Müggenborg, NVwZ 1990, 909 (917).

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§ 4 Umweltrechtliche Kooperationsformen

Das Tauschprinzip ist indessen als Element für die verschiedentlich auftretenden Kooperationsverhältnisse zu eng. In den kooperativen Regulierungsstrategien hat man es nämlich sehr oft mit privaten und hoheitlichen Kooperationsbeiträgen zu tun, die sich gegenseitig ergänzen. In der Umweltverträglichkeitsprüfung übernimmt z. B. der private Kooperationspartner einen Teil der Verfahrensverantwortung und leistet einen selbstregulativen Beitrag zur Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes. Der sog. private Konfliktmittler wird bei schwierigen Genehmigungsverfahren eingeschaltet, um die organisatorischen Fragen zu klären, die verschiedenen Interessen der Beteiligten zu ermitteln und den Weg zu Kompromissen zu ebnen.110 Die privaten Normungsvereinigungen kooperieren dadurch mit dem Staat, dass sie die rechtsetzenden Organe bei den technischen Fragen beraten, Normungsaufträge entgegennehmen und diesbezügliche Regelwerke ausarbeiten. Ferner beteiligen sich Hersteller und Vertreiber von Verkaufsverpackungen nach der VerpackV an einem flächendeckenden System, das die regelmäßige Abholung gebrauchter Verkaufsverpackungen sicherstellt, und leisten damit ihren Anteil zum Gelingen des DS.111 Schließlich verpflichten sich die Spitzenverbände der Wirtschaft und ihre Mitglieder im Rahmen normsubstituierender Absprachen zu einem bestimmten umweltgerechten Verhalten, indem sie z. B. ihre Produktionsverfahren ändern oder die umweltschädlichen Emissionen reduzieren, um ein bestimmtes, mit der Exekutive vereinbartes Ziel zu erreichen. Diese Beispiele zeigen mithin, dass das Tauschprinzip als Strukturmerkmal für Absprachen und Verhandlungslösungen nicht auf sämtliche Kooperationsformen übertragbar ist, zumal nicht stets gleichgewichtige Tauschpositionen bestehen. Nichtsdestotrotz muss aber dem Grundgedanken des spezifischen Zusammenwirkens von Staat und Privaten durch das Merkmal „Kooperationsbeitrag“ Rechnung getragen werden. Der Staat wird in diesen Kooperationsbeziehungen ebenfalls in unterschiedlichen Formen tätig. Im Verwaltungsverfahren hat er insbesondere die behördliche Verfahrensherrschaft sicherzustellen. Im UVPG nimmt die Fachbehörde die Verfahrensverantwortung durch ihre nachträgliche Ermittlungstätigkeit wahr und überprüft den privaten Verfahrensbeitrag. Wenn der private Konfliktmittler bei den Verhandlungen über konfliktträchtige Vorhaben eingesetzt wird, obliegt der zuständigen Behörde die Pflicht, den entscheidungserheblichen Sachverhalt verbindlich festzustellen und nach pflichtgemäßem Ermessen Beweis zu erheben. Auch die verfahrensabschließende Entscheidung, insbesondere durch Verwaltungsakt, obliegt in diesen Fällen dem Hoheitsträger. Der Staat kann weiterhin seine Verantwortung durch Regelungsverzicht und begleitende Kontrollen wahrnehmen. Bei der technischen Normgebung statuiert die Legislative die grundlegenden gesetzlichen Anforderungen, verzichtet aber auf die Ausarbeitung technischer Details und verweist auf die Regelwerke pluralistisch besetzter Expertengremien. Im Rahmen der normsubstituierenden Selbstverpflichtungsabkommen wird der Staat nach der 110 111

Vgl. näheres unter § 5 III. Vgl. § 6 Abs. 3 VerpackV; näheres unter § 7 I 3.

VII. Kooperationsbeiträge

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Abgabe der Selbstverpflichtungserklärungen normativ nicht tätig, kontrolliert aber stetig die Anstrengungen der Wirtschaft zur Erfüllung der Absprache.112 Durch Erfüllung seines Kooperationsbeitrages wird der Staat also seiner Gewährleistungs- und Verfahrensverantwortung gerecht, da nur er über die notwendige demokratische Kompetenz zur Letztentscheidung verfügt.113 Eine unkontrollierte Selbstregulierung durch den Privaten auf diesen Feldern würde dem verfassungsrechtlichen Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip widersprechen. Ein Kooperationsverhältnis lässt sich nach diesen Überlegungen folglich verneinen, wenn entsprechende kooperative Beiträge fehlen. Dies liegt etwa dann vor, wenn die Privaten einseitig Maßnahmen unternehmen, die zu einem besseren Umweltzustand führen sollen. So können Industrieverbände von sich aus die Entwicklung umweltfreundlicher Produkte zusagen, ohne dass es einen hoheitlichen Anstoß zu einem solchen Schritt gegeben hätte.114 Die private Seite wird in einem solchen Fall ohne Bezug zu einem staatlichen Normsetzungsvorhaben aktiv. Hier könnte man zwar in einem weitgehenden Sinne von Kooperation sprechen, wenn man berücksichtigt, dass die Privaten allgemein zur Verbesserung des Umweltzustandes beitragen. Stellt man aber auf die gegenseitige Ergänzung von staatlichem und privatem Kooperationsanteil ab, scheiden die Fälle einseitiger Umweltschutzbemühungen als Kooperationsformen aus.115 In gleicher Weise sollte das verfahrensunabhängige Informationszugangsrecht des Einzelnen nach dem UIG116 nicht als Kooperationsinstrument betrachtet werden. Die von der Behörde erteilte Information kann zwar Grundlage für ein umweltfreundliches Verhalten des Bürgers sein. Der Einzelne muss aber nicht in jedem Fall die erlangten Informationen dazu verwenden wollen, umweltgerecht und kooperativ zu handeln, sondern kann rein ökonomische Motive haben. Insofern lässt sich beim Informationszugangsrecht ein konkreter Kooperationsbeitrag des Bürgers nicht feststellen.117

S. auch § 35 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 S. 1 UGB-KomE. Vgl. Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (175 f.). 114 Vgl. das Beispiel bei Rengeling, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 41 ff. 115 Vgl. auch Rengeling, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 168; Faber, Gesellschaftliche Selbstregulierungssysteme im Umweltrecht, S. 223 f.; a. A. Frenz, Selbstverpflichtungen der Wirtschaft, S. 73. 116 Vgl. § 3 Abs. 1 UIG (Umweltinformationsgesetz (UIG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 22. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3704)). 117 Näheres hierzu unter § 11 III 2. 112 113

§ 5 Kooperation als hoheitliche Regelung mit selbstregulativen Elementen Kooperation in Form gesellschaftlicher Selbststeuerung hat verschiedene Nuancierungen. In der Literatur werden deshalb zur Selbstregulierung unterschiedliche Modelle vorgeschlagen. Als solche gelten die Selbstregulierung durch Einbindung der Handlungen Privater in die staatliche Entscheidungsverantwortung (z. B. bei der Rezeption privat erstellter technischer Normen), Selbststeuerung durch private Verfügung über staatliche Mittel (z. B. bei der Forschungsförderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft)1 oder durch Regelungs- und Vollzugssubstitution,2 um nur einige wenige Beispiele zu nennen. Grundgedanke ist dabei, dass es unterschiedliche Intensitäten privater Selbstregulierung sowie diverse rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten gibt, wie die Eigenregulierung in das hoheitliche Verfahren integriert werden kann. Diese Steuerungstypen befinden sich auf einer gleitenden Skala, die unterhalb originärer hoheitlicher Regulierung beginnt und bis zur rein privaten Selbstregulierung reicht, wobei Überschneidungen und Zwischenformen nicht ausgeschlossen sind.3 Hoffmann-Riem schlägt als eine der Zwischenkategorien die „staatliche Regulierung unter Einbau selbstregulativer Elemente“ vor. Damit sind die Konstellationen gemeint, in denen die staatliche Erfüllungsverantwortung erhalten bleibt, der Staat die von ihm vorgegebenen Ziele aber leichter erreichen kann, wenn er privates Eigeninteresse und Engagement als Steuerungsressource nutzt. Das zentral-hierarchische Handeln wird durch dezentral-private Aufgabenerfüllung mit Entscheidungsspielraum ergänzt.4 Als Beispiele hierfür nennt Hoffmann-Riem die Umweltverträglichkeitsprüfung, das Umweltaudit, den Einsatz von Betriebsbeauftragten oder Konfliktmittlern, aber auch die Ersetzung von Genehmigungs- durch Anzeigeverfahren und die Ergänzung hoheitlicher Handlungsarsenale durch ökonomische Instrumente.5 Diese Kategorie privater 1 Trute, DVBl. 1996, 950 (952 ff.), dort auch zu weiteren Selbstregulierungsvarianten; vgl. auch ders., in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, S. 167 (199 ff.). 2 Faber, Gesellschaftliche Selbstregulierungssysteme im Umweltrecht, S. 52 ff.; vgl. hierzu § 3 I 2 e). 3 Vgl. auch Hoffmann-Riem DÖV 1997, 433 (436). 4 Vgl. Hoffmann-Riem, in: ders. / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, S. 261 (300 f.); ders., DÖV 1997, 433 (435 f.); ders., in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht als Steuerungsressource, S. 355 (371 f.). 5 Hoffmann-Riem, in: ders. / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, S. 261 (301).

I. Kooperative Verantwortungsteilung

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Selbststeuerung kann aber auch unter anderen entlastungsstrategischen Gesichtspunkten analysiert werden. In vielen Fällen liegt eine Verfahrensprivatisierung vor, wie z. B. bei der Umweltverträglichkeitsprüfung oder dem Umweltaudit. In anderen Fällen steht das Konzept der Aufgabendelegation im Vordergrund, wie beim Einsatz von privaten Konfliktmittlern. Dies macht deutlich, dass auch die Entlastungsstrategien untereinander nicht überschneidungsfrei sind, sie alle aber die Idee der Einbeziehung nicht- oder halbstaatlicher Stellen in die staatlichen Entscheidungsprozesse gemeinsam haben, um den privaten Sachverstand zu nutzen und hoheitliches Verwaltungshandeln zu effektivieren.

I. Kooperative Verantwortungsteilung im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung 1. Behördliche Amtsermittlung und Verfahrensverantwortung des Projektträgers Ein besonderes Konzept der Kooperation durch Einbindung Privater in das umweltrechtliche Verwaltungsverfahren ist im UVPG verwirklicht, das vor allem in § 6 UVPG besondere Mitwirkungslasten des Projektträgers bei der Informationsbeschaffung für die Umweltverträglichkeitsprüfung begründet und so den im deutschen Verwaltungsrecht geltenden Untersuchungsgrundsatz modifiziert. Nach dem in § 24 VwVfG geregelten Amtsermittlungsgrundsatz bestimmt die Behörde die Art und den Umfang der Ermittlungen und trägt hierfür die Verantwortung. Der Untersuchungsgrundsatz beruht auf der Überlegung, dass aus rechtsstaatlichen Gründen das öffentliche Interesse an einer zutreffenden Sachverhaltserklärung Vorrang vor privaten Interessen der Beteiligten an einer nur ihnen günstigen Tatsachenfeststellung hat.6 Die von der Behörde von Amts wegen durchzuführenden Nachforschungen können aber nur dann sinnvoll und effektiv gestaltet werden, wenn die Verfahrensbeteiligten mitwirken. Deswegen statuiert § 26 Abs. 2 VwVfG die verfahrensrechtliche Pflicht der Beteiligten, an der Sachverhaltsermittlung mitzuwirken. Diese Pflicht ist daraus zu begründen, dass der Beteiligte am besten in der Lage ist, die Behörde über die aus seinem Lebensbereich stammenden Daten zu informieren, da er in der Regel einen Wissensvorsprung gegenüber der Behörde hat. Infolge der Mitwirkung setzt der Betroffene zudem seine Verfahrensrechte durch, § 26 Abs. 2 VwVfG ist daher Mitwirkungsrecht und verfahrensrechtliche Last zugleich.7 Diese Beteiligtenpflicht wird aber durch den Erkenntnisbereich und die Sphäre des Betroffenen begrenzt. Verfügt die Behörde trotz Mitwirkung nicht über die für die Aufklärung erforderlichen Kenntnisse, 6 Vgl. P. Stelkens / Kallerhoff, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 24 Rn. 1; vgl. auch Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 24 Rn. 1; näheres hierzu unter § 10 IV 1. 7 Vgl. Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 26 Rn. 40; Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 190.

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§ 5 Kooperation und Selbstregulierung

muss sie einen Sachverständigen hinzuziehen (vgl. § 26 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 VwVfG).8 Demgegenüber werden die Mitwirkungspflichten des Projektträgers durch die §§ 5, 6 UVPG, die insbesondere auf Art. 5 UVP-RL zurückzuführen sind, in nicht geringem Umfang erweitert.9 Das sog. Scoping, das in § 5 UVPG und in der UVPVwV10 näher geregelt ist, und die Beibringungspflichten des Projektträgers nach § 6 UVPG weisen einen erheblichen Teil der Ermittlungsverantwortung dem Projektträger zu. Sobald der Projekträger die Behörde vor Beginn des Zulassungsverfahrens darum ersucht oder die Behörde es nach Beginn des Verfahrens für erforderlich hält, unterrichtet die Verwaltung den Projektträger entsprechend dem Planungsstand über Inhalt und Umfang der nach § 6 UVPG vorzulegenden Unterlagen (§ 5 S. 1 UVPG). Dabei sieht die UVPVwV vor, dass die zuständige Behörde auf der Grundlage der Unterlagen des Projektträgers in eine den Untersuchungsrahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung betreffende Besprechung mit diesem eintritt.11 Die Besprechung soll sich auch auf Gegenstand, Umfang und Methoden der Umweltverträglichkeitsprüfung erstrecken (§ 5 S. 3 UVPG). Hierzu können, dies zeigt die kooperative Ausgestaltung des Scoping, Sachverständige und Dritte (z. B. Nachbargemeinden oder Fachverbände12) hinzugezogen werden (§ 5 S. 4 UVPG). Sodann wird in § 6 UVPG die Grundpflicht des Projektträgers zur Vorlage der entscheidungserheblichen Unterlagen festgelegt, welche die in § 6 Abs. 3 UVPG aufgeführten Mindestangaben enthalten müssen. Die in § 6 Abs. 1 UVPG begründete Vorlagepflicht wird zudem durch § 6 Abs. 4 UVPG konkretisiert, der in den Grenzen der Erforderlichkeit weitere vom Projektträger beizubringende Unterlagen benennt. Die Konzeption der §§ 5, 6 UVPG zeigt eine Verlagerung der Verwaltungsverantwortung in die Sphäre des Projektträgers. Der Träger des Vorhabens ist nämlich für die Sachverhaltsermittlung auch insofern zuständig, als diese Umstände betrifft, für deren Erkundung nach den Grundsätzen des § 26 Abs. 2 VwVfG die Behörde bzw. Sachverständige eigentlich verantwortlich wären.13 Dies betrifft 8 P. Stelkens / Kallerhoff, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 26 Rn. 51; vgl. auch Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 26 Rn. 29. 9 Hierzu und zur nachvollziehenden Amtsermittlung Schneider, Nachvollziehende Amtsermittlung bei der Umweltverträglichkeitsprüfung, S. 126 ff., 142 ff. et passim; ders., VerwArch 87 (1996), 38 (40 f., 55 f.); ders., JbNPÖ 15 (1996), 82 (91 ff.); Schoeneberg, Umweltverträglichkeitsprüfung, S. 63 ff.; Schoch, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Innovation und Flexibilität des Verwaltungshandelns, S. 199 (223, 226 ff.); Hoffmann-Riem, AöR 119 (1994), 590 (610 ff.); Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (178 ff.); SchmidtAßmann, in: FS Doehring, S. 889 (893 ff.); Wahl, in: Kroeschell (Hrsg.), Recht und Verfahren, S. 155 (173 ff.). 10 Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Ausführung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 18. September 1995 (GMBl. S. 671); dort unter 0.4; Näheres zum Scoping Nisipeanu, NVwZ 1993, 319 ff. 11 UVPVwV 0.4.4 und 0.4.5; Haneklaus, in: Hoppe (Hrsg.), UVPG, § 5 Rn. 13. 12 Erbguth / Schink, UVPG, § 5 Rn. 13a.

I. Kooperative Verantwortungsteilung

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insbesondere Prognosen, wie die Pflicht zur Beschreibung der zu erwartenden erheblichen nachteiligen Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt (§ 6 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 UVPG).14 Die Verlagerung der Verantwortung auf den Projektträger im Bereich der Sachverhaltsermittlung, der Analyse (vgl. § 6 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 UVPG) und der Prognose beruht zum einen auf dem Verursacherprinzip.15 Der Projektträger, der ein UVP-pflichtiges und eventuell umweltbelastendes Vorhaben durchführen will, soll die notwendigen Materialien bereitstellen und die Informationen liefern, die für die Durchführung des Verfahrens notwendig sind. Die §§ 5, 6 UVPG enthalten aber auch ein selbstregulatives Element.16 Durch die zum Teil aufwendigen Mitwirkungspflichten, insbesondere in § 6 UVPG, werden dem Vorhabenträger die unmittelbare Umweltsituation und die durch sein umweltrelevantes Verhalten zu erwartenden Umweltbelastungen deutlich. Damit kann er noch während der Planungsphase umsteuern, Verbesserungsvorschläge seitens der Behörde berücksichtigen und so die Planung optimieren. Der selbstregulative Charakter wird auch in § 6 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 UVPG deutlich, der vom Projektträger die Übersicht über die wichtigsten geprüften anderweitigen Lösungsmöglichkeiten und die Angabe der wesentlichen Auswahlgründe im Hinblick auf die Umweltauswirkungen des Vorhabens verlangt. Durch die selbständige Prüfung von Lösungsmöglichkeiten soll der Projektträger die ökologisch günstigste Lösung auswählen.17 Dieses selbstregulative Element ist auch im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren in § 4e Abs. 3 9. BImSchV enthalten, der die Pflicht des Vorhabenträgers zur Vorlage geprüfter technischer Verfahrensalternativen festlegt. Die beschriebene Regelungssystematik der §§ 5, 6 UVPG ist nicht die einzige gesetzliche Konzeption, die die Ermittlungsverantwortung des Antragstellers betont und weitergehende Vorlagepflichten begründet. So gibt es im immissionsschutzrechtlichen Verfahren einschlägige Vorschriften in den §§ 2a, 4 – 4e 9. BImSchV, im atomrechtlichen Genehmigungsverfahren sind die §§ 1b, 3 AtVfV zu nennen.18 Die größten Impulse kommen aber aus dem europäischen Verfahrens13 Kritisch Kollmer, NVwZ 1994, 1057, der dies für eine systemwidrige Ausprägung des Kooperationsprinzips hält, da eine primäre Zuständigkeit des Projektträgers für die Beschaffung der entscheidungserheblichen Grundlagen eingeführt werde. 14 Vgl. Schmidt-Aßmann, in: FS Doehring, S. 889 (893 f.); Schneider, JbNPÖ 15 (1996), 82 (91); Wahl, in: Kroeschell (Hrsg.), Recht und Verfahren, S. 155 (173); Schoeneberg, Umweltverträglichkeitsprüfung, S. 64. 15 Vgl. Haneklaus, in: Hoppe (Hrsg.), UVPG, § 6 Rn. 2; Schneider, Nachvollziehende Amtsermittlung bei der Umweltverträglichkeitsprüfung, S. 135, der aus dem Kostenzurechnungsprinzip im Genehmigungsverfahren das Verursacherprinzip als Pflichtzuweisungsprinzip ableitet; Erbguth / Schink, UVPG, § 5 Rn. 2. 16 Vgl. Schneider, VerwArch 87 (1996), 38 (41), der von einem reflexiven Moment spricht. 17 Vgl. auch Hoffmann-Riem, DVBl. 1994, 605 (606). 18 In den einzelnen Fachgesetzen können sich Sonderregelungen befinden, die gegenüber dem UVPG vorrangig sind, wenn sie gleichlautende oder weitergehende Anforderungen an

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§ 5 Kooperation und Selbstregulierung

recht, das auch für nicht UVP-pflichtige Vorhaben detaillierte Nachweispflichten vorsieht.19 Beispiele dafür bilden Art. 13 Abs. 2 Freisetzungs-RL20 oder Art. 13 i.V.m. Anhang II / III RL 91 / 414 / EWG.21

2. Nachvollziehende Amtsermittlung als hoheitliche Gewährleistungsverantwortung Mit der gegenüber dem traditionellen Verwaltungsverfahren gesteigerten Ermittlungsverantwortung des Projektträgers im Rahmen des UVP-Verfahrens hat es allerdings nicht sein Bewenden. Aus rechtsstaatlichen Gründen ist die Behörde daran gehindert, die Verfahrensverantwortung gänzlich aus der Hand zu geben. Während in der ersten Phase dem Projektträger besonderes verfahrensrechtliches Gewicht durch die Möglichkeit eingeräumt wird, mit Hilfe des Antrags den Entscheidungsrahmen einzugrenzen,22 verlagert sich die Verfahrensverantwortung in der nächsten Phase zur Behörde hin. Diese unterrichtet zunächst die anderen Behörden, deren umweltbezogener Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, und holt deren Stellungnahmen ein (§ 7 S. 1 UVPG). Es folgen gegebenenfalls Konsultationen mit Behörden anderer Staaten (§ 8 UVPG) und eine obligatorische Anhörung der Öffentlichkeit zu den Umweltauswirkungen des Vorhabens (§ 9 UVPG), die nach den Vorschriften über das Planfeststellungsrecht durchzuführen ist. Die besondere, sich verstärkende Verfahrensverantwortung der Behörde23 zeigt sich in der von dieser auszuarbeitenden zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen des Vorhabens sowie der Maßnahmen, mit denen erhebliche nachteilige Auswirkungen vermieden, vermindert oder ausgeglichen werden (§ 11 S. 1 UVPG). Die Behörde braucht sich hierbei nicht auf eventuell unzureichende Informationen des Projektträgers oder unberechtigte Einwendungen Drittbetroffener im Rahmen des Anhörungsverfahrens zu verlassen, sondern kann eigene Ermittlungen anstellen und deren Ergebnisse einbeziehen (vgl. § 11 S. 2 UVPG). Die Ergebnisse dieser Darstellung bewertet die Behörde im Hinblick auf die Umweltauswirkungen die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung beinhalten (s. § 4 UVPG), vgl. hierzu Appold, in: Hoppe (Hrsg.), UVPG, § 4 Rn. 2. 19 Näheres hierzu Schmidt-Aßmann / Ladenburger, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR Bd. I, § 18 Rn. 42 ff. 20 Richtlinie 2001 / 18 / EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 12. März 2001 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt und zur Aufhebung der Richtlinie 90 / 220 / EWG des Rates, ABl. 2001, Nr. L 106, S. 1. 21 Richtlinie 91 / 414 / EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln, ABl. 1991, Nr. L 230, S. 1. 22 Hoffmann-Riem, DVBl. 1994, 605. 23 A.A. Gassner, UPR 1990, 361 (362), der von der Primärzuständigkeit des Projektträgers und einer verglichen damit begrenzten administrativen Verfahrensverantwortung der Behörde ausgeht; dies mag darauf beruhen, dass Gassner die Funktion der §§ 11, 12 UVPG nicht hinreichend würdigt.

II. Betrieblicher Umweltschutz als institutionalisierte Kooperation

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und berücksichtigt sie bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens (§ 12 UVPG). Die §§ 5, 6 UVPG einerseits und die §§ 7 – 12 UVPG andererseits zeigen die „phasenspezifische Aufspaltung der Verfahrensverantwortung“ mit „dialektisch zugeordneten Verantwortungen“ der Behörde und des Projektträgers.24 Die originäre Amtsermittlung der Verwaltung wandelt sich in eine „nachvollziehende Amtsermittlung“ um. Demnach darf die Behörde nicht die ihr vorgelegten Angaben und Informationen des Projektträgers ungeprüft übernehmen, sondern muss diese kritisch würdigen. Gegebenenfalls sind nach pflichtgemäßem Ermittlungsermessen weitere Untersuchungen vorzunehmen. Die Intensität eigener Ermittlungstätigkeit richtet sich dabei insbesondere nach den Auswirkungen des Vorhabens auf die Schutzgüter des § 2 Abs. 1 S. 2 UVPG. Diese nachvollziehende Amtsermittlung kann bei evidenter Einseitigkeit und Mangelhaftigkeit der Nachforschungen des Projektträgers allerdings in eine Vollermittlung umschlagen.25 In der nachvollziehenden Ermittlung zeigt sich also die Gewährleistungsverantwortung der Behörde, die zur Wahrung ihrer Verfahrensverantwortung das UVPVerfahren beaufsichtigt und steuert. Die staatliche Sachverhaltsermittlung wirkt als ein „Auffangnetz“ für die Ermittlungstätigkeit des Projektträgers.26 Der selbstregulierende Charakter der §§ 5, 6 UVPG,27 die Verantwortungsteilung zwischen Behörde und Projektträger und die Errichtung des staatlichen Auffangnetzes lassen die kooperative Arbeitsteilung zwischen Behörde und Projektträger deutlich werden.28

II. Betrieblicher Umweltschutz als institutionalisierte Kooperation 1. Administrative Anlagenüberwachung Das traditionelle Umweltordnungsrecht sieht für die staatlichen Behörden spezielle Aufsichtsbefugnisse vor, damit die Erfüllung umweltrechtlicher Pflichten und der Vollzug umweltrechtlicher Vorschriften kontrolliert werden. Die staatliche Überwachung hat eine Vorbereitungs- und Hilfsfunktion für die repressiven EinSchmidt-Aßmann, in: FS Doehring, S. 889 (894). Vgl. Schneider, Nachvollziehende Amtsermittlung bei der Umweltverträglichkeitsprüfung, S. 126 ff., 129, 131; ders., VerwArch 87 (1996), 38 (55 f.); Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (181). 26 Vgl. auch BVerfGE 98, 83 (99) – „Landesabfallabgaben“, unter Berufung auf Hoffmann-Riem, DVBl. 1994, 605 (606). 27 Vgl. oben § 5 I 1. 28 Ähnliche Argumentation Schoch, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Innovation und Flexibilität des Verwaltungshandelns, S. 199 (227); Hoffmann-Riem, AöR 119 (1994), 590 (613); Trute, UTR Bd. 48 (1999), S. 13 (28 ff., 31); Schneider, Nachvollziehende Amtsermittlung bei der Umweltverträglichkeitsprüfung, S. 137 f.; Schmidt-Aßmann, in: FS Doehring, S. 889 (896); Erbguth / Schink, UVPG, § 5 Rn. 4. 24 25

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§ 5 Kooperation und Selbstregulierung

griffsinstrumente,29 die den Verwaltungsbehörden zustehen, wenn Gesetzesverstöße festgestellt, Genehmigungsauflagen nicht beachtet oder in sonstiger Weise nachträgliche Anordnungen erforderlich werden. Derartige Überwachungsbefugnisse finden sich allenthalben in den Umweltgesetzen, wie z. B. in den §§ 52 BImSchG, 19 AtG, 40 KrW- / AbfG, 21 ChemG oder auch in § 21 WHG, der die behördliche Überwachung in Form einer Duldungspflicht durch den Anlagenbetreiber regelt. Von den Überwachungsrechten kann die Behörde aber nur dann effektiv Gebrauch machen, wenn ihr entsprechende ordnungsrechtliche Eingriffsermächtigungen zur Verfügung gestellt werden. Deswegen enthalten die meisten Überwachungsvorschriften Eintrittsrechte zu Grundstücken und Anlagen für Angehörige der Behörde (zum Teil auch für Beauftragte der Behörde), das Recht zur Vornahme von technischen Ermittlungen und Prüfungen oder das Recht der Behörden, Auskunft zu verlangen (vgl. z. B. §§ 21 Abs. 1 S. 2 und 3, Abs. 2 WHG, 40 Abs. 2, 3 KrW- / AbfG).30 Der antragsunabhängige Vollzug31 – als solcher gilt die Überwachungstätigkeit der Umweltbehörde – stößt aber an seine Grenzen, wenn diese aufgrund personeller und sachlicher Engpässe sich primär auf Genehmigungs- und Zulassungsverfahren konzentrieren muss. Dann gibt sich die Behörde in der Regel mit sporadischen Kontrollen zufrieden und kann die ihr gesetzlich aufgegebenen Überwachungsaufträge nur unvollständig erledigen. Hinzu kommen behördliche Informationsdefizite, die erst durch umfangreiche Ermittlungen und Auswertungen und unter Einsatz besonderen Sachverstands behoben werden können. Dass die ordnungsrechtlichen Überwachungsbefugnisse nicht ausreichen, um einen hohen Umweltstandard zu gewährleisten, hat der Gesetzgeber bereits erkannt. Daher hat er einige Instrumente eingeführt, die vor allem den Zweck verfolgen, einen betrieblichen Umweltschutz zu organisieren.

2. Staatlich verfügte Eigenüberwachung und private Eigenkonzeption Zu den Instrumenten des betrieblichen Umweltschutzes zählen insbesondere die verschiedentlich normierten Eigenüberwachungspflichten des Betreibers umweltrelevanter Anlagen,32 die am ausführlichsten im Immissionsschutzrecht geregelt Breuer, in: Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 5. Kapitel Rn. 83. Vgl. auch Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 136. 31 Der antragsunabhängige Vollzug zeichnet sich dadurch aus, dass die Behörde aus eigener Initiative tätig wird, um umweltrechtliche Anforderungen durchzusetzen; der antragsabhängige Vollzug betrifft Verfahren, bei denen es um den Erlass eines begünstigenden Verwaltungsakts geht, z. B. Genehmigungsverfahren, vgl. dazu Lübbe-Wolff, NuR 1989, 295 (296 ff., 299 ff.); dies., NuR 1993, 217 (219); zu den Defiziten der antragsunabhängigen Überwachung vgl. dies., Modernisierung des Umweltordnungsrechts, S. 40 f. 32 Hierzu Kloepfer, DB 1993, 1125 ff.; Steiner, DVBl. 1987, 1133 ff.; Koch / Borchardt / Haag / Laskowski, Anlagenüberwachung im Umweltrecht, S. 21 ff., 68 ff., 98 ff.; Franzius, Die Herausbildung der Instrumente indirekter Verhaltenssteuerung im Umweltrecht der Bundesrepublik Deutschland, S. 200 ff.; Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (192 ff.); Di 29 30

II. Betrieblicher Umweltschutz als institutionalisierte Kooperation

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sind.33 Die §§ 26 – 29 BImSchG sehen unterschiedliche Möglichkeiten der unternehmenseigenen Überwachung vor, bei der der Betreiber oder von ihm beauftragte Stellen immissionsschutzrechtliche Ermittlungen vornehmen müssen.34 § 27 BImSchG verpflichtet beispielsweise den Betreiber, gegenüber der zuständigen Behörde eine Emissionserklärung über Art, Menge und Verteilung der Luftverunreinigungen abzugeben.35 Sinn dieser Regelung ist es, der Umweltbehörde aktuelles Datenmaterial für zukünftige Planungs- und Sanierungsmaßnahmen, aber auch für weitere Überwachungsaktivitäten zu verschaffen.36 Gem. § 29 BImSchG kann die zuständige Behörde anordnen, dass der Betreiber bestimmte Emissionen oder Immissionen fortlaufend ermittelt; diese kontinuierliche Messung kann neben oder anstelle von Einzelmessungen nach den §§ 26 und 28 BImSchG verfügt werden. Die Ergebnisse der getroffenen Ermittlungen hat der Betreiber der zuständigen Behörde auf Verlangen mitzuteilen (§ 31 BImSchG). Außerhalb des BImSchG setzen beispielsweise die §§ 11, 12 2. BImSchV37 Eigenkontroll- und Eigenüberwachungspflichten für den Anlagenbetreiber fest. Im Anwendungsbereich der Störfall-Verordnung hat der Betreiber des Weiteren die Errichtung und den Betrieb der sicherheitsrelevanten Anlagenteile zu kontrollieren sowie die Anlagen des Betriebsbereichs in sicherheitstechnischer Hinsicht ständig zu überwachen (s. § 6 Abs. 1 Nr. 1 12. BImSchV). Weitere Eigenüberwachungspflichten sind etwa normiert in den §§ 19i Abs. 2 S. 1 und 19k WHG für Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen oder in § 15 Abs. 2 BBodSchG, wonach die zuständige Behörde von den Sanierungspflichtigen die Durchführung von Eigenkontrollmaßnahmen verlangen kann. Schließlich sieht auch das europäische Umweltrecht immer häufiger derartige Pflichten vor.38 Zu erwähnen sind Art. 9 Abs. 5 IVU-RL, wonach die Genehmigung einer in Anhang I der Richtlinie aufgeführten Anlage angemessene AnfordeFabio, VVDStRL 56 (1997), 235 (242 ff.); Trute, UTR Bd. 48 (1999), S. 13 (34 ff.); LübbeWolff, Modernisierung des Umweltordnungsrechts, S. 29 f., 33 f.; Sander, in: Kimminich / v. Lersner / Storm (Hrsg.), HdUR Bd. 1, Sp. 447 ff.; Laskowski, in: Gusy (Hrsg.), Privatisierung von Staatsaufgaben, S. 312 ff.; Führ, in: Koch / Lechelt (Hrsg.), Zwanzig Jahre Bundes-Immissionsschutzgesetz, S. 99 ff. 33 Näheres hierzu Dolde / Vetter, NVwZ 1995, 943 (945 ff.); Ludwig, Privatisierung staatlicher Aufgaben im Umweltschutz, S. 225 ff.; zur Betriebsorganisation nach § 52a BImSchG vgl. bereits oben § 3 II 2 b). 34 Jarass, BImSchG, § 26 Rn. 2. 35 Die Einzelheiten über die Emissionserklärung sind in der Elften Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über Emissionserklärungen und Emissionsberichte – 11. BImSchV) vom 29. April 2004 (BGBl. I S. 694) geregelt. 36 Koch / Borchardt / Haag / Laskowski, Anlagenüberwachung im Umweltrecht, S. 27. 37 Zweite Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung zur Emissionsbegrenzung von leichtflüchtigen halogenierten organischen Verbindungen – 2. BImSchV) vom 10. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2694), zuletzt geändert durch Verordnung vom 23. 12. 2004 (BGBl. I S. 3758). 38 Näheres hierzu Schmidt-Aßmann / Ladenburger, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR Bd. I, § 18 Rn. 47 ff. 11 Shirvani

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rungen für die Überwachung der Emissionen enthalten soll, und Art. 12 i.V.m. Anhang III RL 1999 / 31 / EG,39 der ein Mess- und Überwachungsprogramm für den Betreiber einer Abfalldeponie vorsieht. Im tradierten Verwaltungsrecht wird prinzipiell ein struktureller Unterschied zwischen staatlicher und privater Überwachung konstatiert. Es wird angenommen, dass die Überwachungsaufgaben und Überwachungsbefugnisse von Staat und Privaten in ihrer Funktion und in ihren Rechtsfolgen unterschiedlich seien. Die private Kontrolle stelle privatnütziges Handeln dar, das Eigeninteresse an der Risikovermeidung und Gefahrabwehr bestimme dabei den Kontrollvorgang. Die Maxime staatlichen Verwaltens sei hingegen die Unbefangenheit und die allein vom gesetzlichen Kontrollauftrag bestimmte Überwachung.40 Folgt man dieser Ansicht, dann kann man auch zwischen staatlicher Fremdkontrolle und privater Eigenkontrolle differenzieren: Eigenkontrolle findet im privaten Bereich mit eigenen oder hinzugezogenen Fachkräften statt und ist Binnenkontrolle.41 Fremdkontrolle geschieht auf staatliche Veranlassung, also durch staatliche oder staatsnahe Stellen.42 Diese Unterscheidung ist vor allem im Hinblick auf die rechtsstaatlichen Anforderungen an die Überwachung sinnvoll. Zu betonen ist jedoch, dass es sich bei der staatlichen Überwachung und der privaten bzw. betrieblichen Selbstüberwachung nicht um Antipoden im Sinne eines „Entweder-Oder“ handelt, sondern dass die Unternehmen durch die Etablierung des Instrumentes der betrieblichen Selbstkontrolle den Umweltschutz als eigene Angelegenheit begreifen und die Umweltpolitik stärker in die Unternehmenspolitik integrieren sollen.43 Ziel ist es, umweltadäquate Unternehmensstrukturen zu organisieren,44 damit die Privaten aus eigenem Interesse in ihrem Bereich verantwortlich im Sinne des Umweltschutzes handeln können. Sicherlich liegt in diesen Konstellationen nicht immer freiwilliges unternehmerisches Handeln vor. Dies zeigen allein die als Rechtspflichten vorgesehenen Eigenüberwachungspflichten des Betreibers. Deswegen wird zum Teil eingewendet, dass ohnehin nur der Betreiber selbst für einen genehmigungskonformen Betrieb seiner Anlage verantwortlich sei und dass die Ausübung des ordnungsrechtlichen Überwachungsermessens nichts mit Kooperation zu tun habe.45 Dieser An39 Richtlinie 1999 / 31 / EG des Rates vom 26. April 1999 über Abfalldeponien, ABl. 1999, Nr. L 182, S. 1. 40 Kirchhof, UTR Bd. 4 (1987), S. 1 (7). 41 Vgl. auch Lübbe-Wolff, Modernisierung des Umweltordnungsrechts, S. 30: Für die Einordnung als Eigenüberwachung bei Einschaltung eines Dritten sei entscheidend, dass dieser nicht als Organ oder verlängerter Arm der Verwaltung tätig werde und die Auswahl unter mehreren für die Beauftragung in Betracht kommenden Dritten dem Betreiber überlassen bleibe. 42 Steiner, DVBl. 1987, 1133. 43 Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.), UGBKomE, S. 731. 44 S. Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 419. 45 Koch, NuR 2001, 541 (543).

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satz berücksichtigt aber zum einen nicht, dass durch die Statuierung betrieblicher Selbstkontrolle dem Privaten die Möglichkeit gegeben wird, freiwillige Maßnahmen zu ergreifen und so innovativ tätig zu werden.46 Insofern trägt die betriebliche Selbstkontrolle ein selbstregulatives Element in sich. Zum anderen ist es kein notwendiges Merkmal vertikaler Kooperationsmechanismen, dass der Kooperationspartner vollständige Handlungsfreiheiten genießt. Vielmehr ist es Kennzeichen einer staatlich gelenkten Kooperation, dass der Gesetzgeber durch organisatorische Vorgaben Strukturen schafft, in denen selbstregulative Prozesse im privaten Sektor stattfinden und der Staat die Überwachung dieser Prozesse wahrnimmt. Insofern werden direkt steuernde Instrumente in Form von zwingenden betrieblichen Organisationssystemen mit indirekten Steuerungsmechanismen verbunden,47 es liegt also eine Kooperation durch Verknüpfung direkter und indirekter Verhaltenssteuerung vor. Mit dieser Kooperationsform hängt das sog. Prinzip der kontrollierten Eigenverantwortlichkeit zusammen.48 Dieses Prinzip ist vor allem im Gefahrenstoffrecht in § 13 Abs. 1 S. 2 ChemG verwirklicht, wonach den Hersteller gefährlicher Stoffe Einstufungs-, Verpackungs- und Kennzeichnungspflichten treffen. Letztlich werden aber auch hier besondere Mitwirkungs- resp. Ermittlungspflichten und eine private Verantwortlichkeit für das Endprodukt begründet, so dass eine sachliche Nähe zu den Eigenüberwachungspflichten des Anlagenbetreibers besteht. In die gleiche Richtung gehen ferner die privaten Eigenkonzepte, die die staatlichen Überwachungssysteme ergänzen sollen.49 Nach § 19 KrW- / AbfG muss der Abfallerzeuger, bei dem eine bestimmte Menge überwachungsbedürftiger Abfälle anfällt, ein Abfallwirtschaftskonzept über die Vermeidung, Verwertung und Beseitigung der anfallenden Abfälle erstellen; dieses Konzept hat detaillierte Angaben zu enthalten.50 Das Abfallwirtschaftskonzept fungiert als internes Planungsinstrument für den Abfallerzeuger (§ 19 Abs. 1 S. 2 KrW- / AbfG). Durch die Auseinandersetzung mit den Abfall- und Stoffströmen innerhalb des Betriebes soll ein verantwortungs- und kostenbewusster Umgang mit Abfällen und Materialien geför46 Vgl. die Argumentation von Faber, Gesellschaftliche Selbstregulierungssysteme im Umweltrecht, S. 161 in Bezug auf den Betriebsbeauftragten für Umweltschutz; Faber spricht von einem System staatlich aufoktroyierter Eigenkontrolle. 47 Vgl. Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 421; ders., DB 1993, 1125 (1126); Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (194): Dem Unternehmen werde ein Selbstkontrollmechanismus implantiert. 48 Vgl. hierzu Kloepfer / Meßerschmidt, Innere Harmonisierung des Umweltrechts, S. 85 f.; Kloepfer, Umweltrecht, § 4 Rn. 68; Franzius, Die Herausbildung der Instrumente indirekter Verhaltenssteuerung im Umweltrecht der Bundesrepublik Deutschland, S. 204; vgl. auch Grüter, Umweltrecht und Kooperationsprinzip in der Bundesrepublik Deutschland, S. 32, nach dem dieses Prinzip inhaltlich der aufgabenzuweisenden Kooperation entspricht. 49 Vgl. Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (193 f.); Trute, UTR Bd. 48 (1999), S. 13 (34 f.); Di Fabio, NVwZ 1999, 1153 (1155); gegen eine Einordnung als kooperatives Konzept Fluck, in: Huber (Hrsg.), Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 85 (95 f.). 50 Vgl. § 19 Abs. 1 S. 3 KrW- / AbfG.

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dert werden.51 Gem. § 20 KrW- / AbfG wird ferner der Abfallerzeuger im Sinne des § 19 Abs. 1 KrW- / AbfG verpflichtet, jeweils für das vorhergehende Jahr eine Abfallbilanz für die überwachungsbedürftigen Abfälle zu erstellen. Die private Eigenkonzeption, die selbstregulativen Charakter hat, wird mit dem staatlichen Kontrollsystem in der Weise verbunden, dass der Abfallerzeuger das Abfallkonzept bzw. die Abfallbilanz der zuständigen Behörde auf Verlangen vorzulegen hat.52 In die Kategorie der privaten Eigenkonzeption fällt auch der vom Sanierungspflichtigen auf behördliche Anordnung vorzulegende Sanierungsplan (§ 13 BBodSchG),53 der u. a. eine Zusammenfassung der Gefährdungsabschätzung und der Sanierungsuntersuchungen enthält. Durch die Erstellung des Sanierungsplans soll Transparenz geschaffen und die Bereitschaft des Sanierungspflichtigen für Umweltschutzmaßnahmen gesteigert werden.54 Der Sanierungsplan kann mit dem Entwurf eines Sanierungsvertrages verbunden werden (§ 13 Abs. 4 BBodSchG); der staatliche Kontrollmechanismus greift dann wieder ein, wenn der Plan nicht oder nicht zureichend erstellt worden ist (vgl. § 14 Nr. 1 BBodSchG).55 Auch in den Entwürfen zum UGB finden die Eigenüberwachungspflichten des Privaten besondere Berücksichtigung. Nach § 11 UGB-ProfE ist es die Pflicht des Betreibers einer umweltgefährlichen Anlage, seine Anlage auf Umweltbeeinträchtigungen hin ständig zu überprüfen. § 63 UGB-ProfE regelt den überwachungspflichtigen Personenkreis, § 70 UGB-ProfE den Inhalt der Eigenüberwachung. Detailliert geregelt ist die Pflicht zur Eigenüberwachung auch in den §§ 143 ff. UGBKomE. Dabei sind laufende Eigenüberwachungen (§ 143 Abs. 1 UGB-KomE), Emissionserklärungen (§ 143 Abs. 2 UGB-KomE), Überwachung durch anerkannte sachverständige Stellen aus besonderem Anlass (§ 144 Abs. 1 UGB-KomE) sowie sicherheitstechnische Prüfungen (§ 145 Abs. 1 UGB-KomE) vorgesehen. Im gleichen Zusammenhang befassen sich die §§ 151 ff. UGB-KomE mit dem betrieblichen Umweltschutz; Zweck der vorgeschlagenen Bestimmungen ist es, eine stetige Verbesserung des Umweltschutzes innerhalb des Unternehmens zu erreichen (vgl. § 151 UGB-KomE). Dabei wird die Pflicht zur Selbstorganisation als Ausdruck des Kooperationsprinzips angesehen.56

Versteyl, in: Kunig / Paetow / Versteyl, KrW- / AbfG, § 19 Rn. 16. §§ 19 Abs. 1 S. 2, 20 Abs. 1 S. 1 KrW- / AbfG. 53 Zur Kooperation im Rahmen des BBodSchG vgl. Sanden, in: Huber (Hrsg.), Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 115 ff.; zu Einzelheiten über den Sanierungsplan vgl. § 6 Abs. 2 und 3 i.V.m. Anhang 3 BBodSchV (Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) vom 12. Juli 1999 (BGBl. I S. 1554), zuletzt geändert durch VO vom 23. 12. 2004 (BGBI S. 3758)). 54 Vgl. Sanden, in: Huber (Hrsg.), Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 115 (119). 55 Weitere private Eigenkonzepte finden sich z. B. in den §§ 8, 9 12. BImSchV. 56 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.), UGBKomE, S. 732. 51 52

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3. Der Betriebsbeauftragte für Umweltschutz In der Diskussion über umweltrechtliche Kooperationsmodelle wurde der Betriebsbeauftragte für Umweltschutz schon sehr früh als Musterbeispiel für hoheitliches und privates Zusammenwirken genannt.57 Das Institut des Betriebsbeauftragten wurde auf den Gebieten des Immissionsschutzrechts, Wasserrechts und Abfallrechts Mitte der 1970er Jahre eingeführt und später in den anderen Bereichen des Umweltrechts etabliert.58 Maßgebliche Vorschriften in den genannten Rechtsgebieten sind die §§ 53 – 58 BImSchG, 21a – 21g WHG und 54 f. KrW- / AbfG. Daneben ist in den §§ 58a – 58d BImSchG die Bestellung eines oder mehrerer Störfallbeauftragter vorgesehen. Ferner müssen nach der StrlSchV59 Strahlenschutzbeauftragte schriftlich bestellt und deren innerbetrieblicher Entscheidungsbereich festgelegt werden, soweit dies für die Gewährleistung des Strahlenschutzes notwendig ist (§ 31 Abs. 2 StrlSchV). Detailliertere Vorschriften über die Bestellung, Fachkunde und Zuverlässigkeit von Immissionsschutzbeauftragten enthält die 5. BImSchV60. Danach gibt es auf dem Gebiet des Immissionsschutzes die Möglichkeit, dass mehrere Immissionsschutz- oder Störfallbeauftragte auf behördliche Anordnung hin bestellt werden (§ 2 5. BImSchV). Des Weiteren können von einem Betreiber mehrerer Anlagen ein gemeinsamer Immissionsschutz- und Störfallbeauftragter (§ 3 5. BImSchV), bei Konzernen ein Beauftragter für den gesamten Konzern (§ 4 5. BImSchV), an57 Vgl. z. B. Kloepfer / Meßerschmidt, Innere Harmonisierung des Umweltrechts, S. 82 f.; Rengeling, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 17, 25, 64; Schrader, DÖV 1990, 326 (328); Müggenborg, NVwZ 1990, 909 (914). 58 Z. B. § 6 Abs. 4 GenTG (Gesetz zur Regelung der Gentechnik (Gentechnikgesetz – GenTG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 16. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2066), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. 12. 2004 (BGBl. 2005 I. S. 186)); § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 14 GGBefG (Gesetz über die Beförderung gefährlicher Güter (Gefahrgutbeförderungsgesetz – GGBefG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 29. September 1998 (BGBl. I S. 3114), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. 12. 2001 (BGBl. I S. 3762)) i.V.m. GbV (Verordnung über die Bestellung von Gefahrgutbeauftragten und die Schulung der beauftragten Personen in Unternehmen und Betrieben (Gefahrgutbeauftragtenverordnung – GbV) i.d.F. der Bekanntmachung vom 26. März 1998 (BGBl. I S. 648), zuletzt geändert durch Verordnung vom 11. 12. 2001 (BGBl. I S. 3529)); zu weiteren Beauftragten vgl. Jürk, Wirtschaftsrecht 1992, 449 (452 f.); zur Entstehungsgeschichte des Betriebsbeauftragten vgl. Stich, GewArch 1976, 145 ff.; Föste, Umweltschutzbeauftragte und präventiver Umweltschutz in der Industrie, S. 58 ff. 59 Verordnung über den Schutz vor Schäden durch ionisierende Strahlen (Strahlenschutzverordnung – StrlSchV) i.d.F. der Bekanntmachung vom 20. Juli 2001 (BGBl. I S. 171, ber. BGBl. 2002 I S. 1459), zuletzt geändert durch VO vom 18. 6. 2002 (BGBl. I S. 1869). 60 Fünfte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über Immissionsschutz- und Störfallbeauftragte – 5. BImSchV) vom 30. Juli 1993 (BGBl. I S. 1433), zuletzt geändert durch Gesetz vom 9. 9. 2001 (BGBl. I S. 2331, ber. BGBl. 2002 I S. 615); hierzu Kotulla, GewArch 1994, 177 ff., der allerdings die §§ 2 – 6 5. BImSchV für rechtswidrig hält, da diese durch die Ermächtigungsgrundlagen in den §§ 53 Abs. 1 S. 2, 58a Abs. 1 S. 2 BImSchG nicht gedeckt seien.

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sonsten auch ein nicht betriebsangehöriger Beauftragter (§ 5 5. BImSchV) bestellt werden. Der Betriebsbeauftragte hat in den Umweltgesetzen in der Regel vier Funktionen.61 Er muss die Einhaltung der materiellen umweltrechtlichen Vorschriften im Betrieb überwachen, dazu Messungen und Kontrollen durchführen und dem Betreiber die festgestellten Mängel mitteilen (Überwachungsfunktion).62 Er muss die Betriebsangehörigen über die von der Anlage verursachten Immissionen und Umweltbelastungen und über Maßnahmen zu ihrer Verhinderung informieren (Beratungsfunktion).63 Des Weiteren hat der Betriebsbeauftragte initiativ bei der Entwicklung und Einführung umweltfreundlicher Verfahren und Erzeugnisse mitzuwirken und dadurch den betrieblichen Umweltschutz zu verbessern (Innovationsfunktion).64 Schließlich ist er verpflichtet, dem Betreiber jährlich Bericht über die von ihm getroffenen oder beabsichtigten Maßnahmen zu erstatten (Berichtsfunktion).65 Vor allem durch die innerbetriebliche Kontrollfunktion wurde ein Instrument der Eigenüberwachung und des betrieblichen Umweltschutzes geschaffen. Dies hängt insbesondere mit dem Rechtsstatus des Betriebsbeauftragten zusammen. Er ist nämlich kein Beliehener,66 dem öffentlich-rechtliche Hoheitsrechte übertragen wurden, sondern fungiert als interner Beauftragter des Betriebs. Er wird direkt vom Betreiber ernannt, wobei seine Stellung der Behörde lediglich angezeigt wird.67 Der Betriebsbeauftragte steht in einer arbeitsvertraglichen oder, wenn er als nicht betriebsangehöriger Beauftragter bestellt wird, in einer dienstvertraglichen Rechtsbeziehung zum Unternehmen, er ist „Mann des Betriebs“ und nicht verlängerter Arm der Verwaltung.68 Seine Rechte und Pflichten bestehen ferner primär gegenüber dem Betreiber der Anlage, nicht gegenüber der Behörde. Der Immissionsschutzbeauftragte hat z. B. das Recht, vor Investitionsentscheidungen, die für den Immissionsschutz bedeutsam sein können, dem Betreiber gegenüber 61 hierzu Böhm, in: Koch / Scheuing / Pache (Hrsg.), GK-BImSchG, Vorbemerkungen zu §§ 53 – 58d Rn. 17 ff.; Rehbinder, ZGR 18 (1989), 305 (316 ff.); Föste, Umweltschutzbeauftragte und präventiver Umweltschutz in der Industrie, S. 64 ff.; Sparwasser / Engel / Voßkuhle, Umweltrecht, § 10 Rn. 446; Stich, GewArch 1976, 145 (149 f.). 62 §§ 54 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BImSchG, 21b Abs. 2 Nr. 1 WHG, 55 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KrW- / AbfG. 63 §§ 54 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 BImSchG; 21b Abs. 2 Nr. 4 WHG, 55 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 KrW- / AbfG. 64 §§ 54 Abs. 1 S. 2 Nrn. 1 und 2 BImSchG; 21b Abs. 2 Nrn. 2 und 3 WHG; 55 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 und 5 KrW- / AbfG. 65 §§ 54 Abs. 2 BImSchG; 21b Abs. 3 WHG; 55 Abs. 2 KrW- / AbfG. 66 Zur gegenteiligen Ansicht und ihrer Widerlegung vgl. Tettinger, DVBl. 1976, 752 (755 ff.). 67 Vgl. z. B. § 21c Abs. 1 WHG. 68 Rehbinder, ZGR 18 (1989), 305 (318 f.); Kloepfer, DB 1993, 1125 (1126); Steiner, DVBl. 1987, 1133 (1137); Reinhardt, AöR 118 (1993), 617 (636).

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eine Stellungnahme abzugeben (§ 56 BImSchG) oder seine Vorschläge unter bestimmten Bedingungen gegenüber der Geschäftsleitung vorzutragen (§ 57 BImSchG); zur Stärkung seiner betrieblichen Stellung sind das Benachteiligungsverbot und der Kündigungsschutz vorgesehen (§ 58 BImSchG). Die Tatsache, dass der Betriebsbeauftragte nicht zur öffentlichen Verwaltung gehört, folgt auch aus seiner grds. beratenden Tätigkeit.69 Eine Ausnahme hierzu bildet nur der Strahlenschutzbeauftragte, der eine gesetzlich begründete Beaufsichtigungsfunktion (vgl. § 33 Abs. 2 StrlSchV) und Entscheidungskompetenz innehat; z. B. muss er dafür sorgen, dass bei Gefahr für Leib und Gesundheit geeignete Maßnahmen zur Gefahrabwehr unverzüglich getroffen werden (vgl. § 33 Abs. 3 StrlSchV).70 Der Betriebsbeauftragte für Umweltschutz ist ein Beispiel für private, betriebliche Selbststeuerung,71 da durch dessen verschiedene Tätigkeitsfelder die Unternehmen zur Befolgung der gesetzlichen Regelungen und zur Optimierung des betrieblichen Umweltschutzes animiert werden. Damit wurde ein Kooperationsmodell konstituiert, das nicht auf freiwillige Selbstverpflichtungen des Anlagenbetreibers setzt, sondern durch zielgerichtete Beauftragung unternehmensinterner Personen, die unterschiedliche Rechte und Pflichten haben, die Eigenüberwachung stärkt. Kooperation findet also dadurch statt, dass auf betriebsinterne Organisationsstrukturen zurückgegriffen wird und normative Organisationsentscheidungen getroffen werden, um öffentliche Belange des Umweltschutzes auf privatrechtlicher Ebene zu implementieren. Der Gesetzgeber hat die Organisation als Steuerungsressource entdeckt, damit die gesetzgeberischen Ziele im Zusammenwirken mit den Privaten verwirklicht werden.72 Der Betriebsbeauftragte ist somit zu einem gesetzlich institutionalisierten Kooperationsmodell geworden.73 Die Etablierung des Betriebsbeauftragten mit seinen verschiedenen gesetzlichen Funktionen hat sich grds. bewährt. Deswegen gibt es diesbezügliche Regelungsvorschläge sowohl im Professoren- als auch im Kommissionsentwurf zu einem 69 Vgl. §§ 55 Abs. 1 S. 1 KrW- / AbfG, 54 Abs. 1 S. 1 BImSchG; mehr Rechte können jedoch dem Störfallbeauftragten übertragen werden, s. § 58 c Abs. 3 BImSchG, der allerdings die Übertragung von Entscheidungsbefugnissen durch den Betreiber betrifft, vgl. auch Böhm, in: Koch / Scheuing / Pache (Hrsg.), GK-BImSchG, Vorbemerkungen zu §§ 53 – 58d Rn. 18. 70 Vgl. auch Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 426; Rehbinder, JbRSoz 13 (1988), 109 (125). 71 A.A. Theißen, Betriebliche Umweltschutzbeauftragte, S. 22 f.; dies beruht darauf, dass Theißen Selbstregulierung als Schaffung öffentlich-rechtlicher Institutionen zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben definiert – eine Definition, die eher auf die Selbstverwaltung zutrifft. 72 Vgl. auch Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 3, Vor § 90 Rn. 1 ff.; zum Kooperationsprinzip als Organisationsprinzip vgl. § 9 III. 73 Vgl. hierzu Rehbinder, JbRSoz 13 (1988), 109 (117 f.): Der Betriebsbeauftragte beruhe auf dem Gedankengut des reflexiven Rechts. Reinhardt, AöR 118 (1993), 617 (636); Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 428; Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 123; ders., in: ders. / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht als Steuerungsressource, S. 9 (29).

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UGB. Die §§ 95 ff. UGB-ProfE, §§ 155 ff. UGB-KomE gehen dabei von einem Umweltbeauftragten aus, der prinzipiell für sämtliche Fragen des betrieblichen Umweltschutzes zuständig ist.74 Die Entwürfe unterscheiden sich aber darin, dass nach § 96 Abs. 1 UGB-ProfE die Position des Umweltbeauftragten der Rechtsstellung des Strahlenschutzbeauftragten nach geltendem Recht angenähert ist, indem dem Umweltbeauftragten Entscheidungskompetenzen bei unaufschiebbaren Maßnahmen und bei Gefahr im Verzug eingeräumt werden. Damit könnte der Umweltbeauftragte in seinem Geschäftsbereich aufgrund seiner Garantenstellung strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Außerdem wird in Abweichung zum bisherigen Recht in Sonderfällen eine Auskunftspflicht des Umweltbeauftragten gegenüber der Behörde statuiert (§ 96 Abs. 2 UGB-ProfE). Eine solche weitreichende Aufgabenübertragung wird im Kommissionsentwurf indessen abgelehnt, da der Umweltbeauftragte mit Entscheidungsfunktionen in das Linienmanagement eingebunden und jederzeit vor Ort anwesend sein oder durch einen Stellvertreter repräsentiert werden müsste. Eine solche Struktur würde sich nicht mit dem Leitbild eines Umweltbeauftragten vertragen, der in erster Linie beratend tätig sei und eine Controlling-Funktion wahrnehme.75 Deswegen wird in Anlehnung an § 58c Abs. 3 BImSchG die Übertragung von Entscheidungsbefugnissen auf die Beseitigung von Störfällen begrenzt (§ 155 Abs. 4 UGB-KomE).

III. Private Konfliktmittlung in Verwaltungsverfahren 1. Erscheinungsformen und Funktionen des Mediators Eine Sonderform kooperativen Verwaltungshandelns ist der Einsatz von Konfliktmittlern im Rahmen von administrativen Verwaltungsverfahren, insbesondere innerhalb umfangreicher Genehmigungsverfahren. Die Einschaltung von privaten Konfliktmittlern ist allerdings keine Erfindung des deutschen Verwaltungsrechts. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit und die praktische Umsetzung von Mediationskonzepten erfolgte zuerst in den USA,76 während in Deutschland die rechtliche Diskussion sich erst in den Anfängen befindet. In den USA werden mittlerunterstützte Verhandlungen vor allem in konfliktträchtigen Verwaltungsverfahren durchgeführt, z. B. bei der Ansiedlung von Abfallentsorgungsanlagen, die auf74 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.), UGBKomE, S. 744. 75 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.), UGBKomE, S. 743 f. 76 Vgl. ausführlich Holznagel, Konfliktlösung durch Verhandlungen, S. 103 ff.; ders., DVBl. 1989, 1080 ff.; Hoffmann-Riem, Konfliktmittler in Verwaltungsverhandlungen, S. 26 ff.; Hellriegel, Mediation im Umweltrecht, S. 86 ff.; Passavant, DÖV 1987, 516 ff.; Kucharzewski, Vermittlungs- und Verhandlungsverfahren in der Abfallentsorgung, S. 49 ff.: „Alternative Dispute Resolutions“ im Abfallbereich; Susskind / Cruikshank, Breaking the Impasse, S. 136 ff.; Brohm, NVwZ 1991, 1025 (1030 ff.).

III. Private Konfliktmittlung in Verwaltungsverfahren

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grund ihrer nicht unbeträchtlichen Auswirkungen auf die Umwelt regelmäßig zahlreiche Anwohner, Interessengruppen und Verbände auf den Plan ruft. Dabei stehen die von solchen Anlagen ausgehenden Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung und daraus resultierend sinkende Grundstückspreise in gleicher Weise auf der Tagesordnung wie etwaige Vorteile für die öffentliche Hand in Form höheren Steueraufkommens.77 Vor allem der Widerstand der Anwohner gegen solche Vorhaben, dadurch bedingte Verzögerungseffekte innerhalb des Verwaltungsverfahrens, aber auch die Unwägbarkeiten lang andauernder gerichtlicher Verfahren, haben in den USA die Suche nach alternativen Konfliktlösungsmöglichkeiten beschleunigt, damit durch Aushandlungsprozesse konsensuale Entscheidungen herbeigeführt werden.78 In diesem Zusammenhang wird zwischen „negotiation“ und „mediation“ differenziert; bei „negotiation“ werden kooperative Verhandlungen zwischen den Beteiligten geführt, die anschließend eine einvernehmliche Vereinbarung treffen, bei „mediation“ wird eine neutrale dritte Person eingeschaltet, die nach Kompromissmöglichkeiten sucht, die Verhandlungen initiiert, begleitet und anschließend das erzielte Ergebnis bekannt gibt.79 Die unterschiedlichen Erfahrungen aus den USA haben zu der Frage geführt, ob derartige Konfliktmittler auch im deutschen Verwaltungsrechtssystem einsetzbar wären.80 Dabei kämen zwei Konzepte in Betracht.81 Zum einen könnte ein passiver Konfliktmittler eingesetzt werden, der mit rein organisatorischen und verfahrensbezogenen Aufgaben betraut ist. Diese bestünden u. a. darin, die Verhandlungszeit und den Verhandlungsort vorzuschlagen, die beteiligten Konfliktparteien einzuladen, Informationsasymmetrien abzubauen und für einen fairen Verfahrensgang zu sorgen. Aufgrund dieser verfahrensspezifischen Tätigkeit wäre es nicht erforderlich, dass der Konfliktmittler über besonderes Fachwissen verfügte, da er lediglich für den äußeren Rahmen des Verhandlungsprozesses zuständig wäre. Zum anderen könnte aber auch ein aktiver Konfliktmittler tätig werden, der über die organisatorischen Fragen hinaus die Verantwortung für das Verhandlungsergebnis und dessen Inhalt trüge. Dieser würde sich direkt in den Aushandlungsprozess einschalten, alle Interessenträger in die Gespräche einbeziehen, Kompromissmöglichkeiten und Zwischenlösungen aufzeigen und Verhandlungspakete zusammenschnüren. Aufgrund dieser den Inhalt und das Ergebnis der Verhandlungen beeinHolznagel, DVBl. 1989, 1080 (1081). Vgl. Madigan / Susskind / Weinstein, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Konfliktbewältigung durch Verhandlungen, Bd. I, S. 151 (153 ff.), die von den Kosten der Streitlust sprechen, welche für alle Beteiligten entstünden. 79 Vgl. Passavant, DÖV 1987, 516 (517 ff.). 80 Vgl. z. B. Körner, Informelles Verwaltungshandeln im Umweltrecht, S. 217 ff. 81 Hierzu Holznagel, StWStP 1990, 241 (244); ders., Konfliktlösung durch Verhandlungen, S. 112 ff.; Hoffmann-Riem, Konfliktmittler in Verwaltungsverhandlungen, S. 27; Caspar, DVBl. 1995, 992 (998); Benz, Kooperative Verwaltung, S. 329; gegen die Unterscheidung von passiver und aktiver Konfliktmittlung Hellriegel, Mediation im Umweltrecht, S. 54 f., der den Begriff „Mediation“ präferiert und die passive Konfliktmittlung als eine Art „Moderation“ ansieht. 77 78

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flussenden Tätigkeit wäre es notwendig, dass der aktive Konfliktmittler Qualifikationen aufwiese, die die erforderliche fachliche Kompetenz sicherstellten. Derartige mittlerunterstützte kooperative Verwaltungsverfahren haben einige Vorteile.82 Der Konfliktmittler kann dazu beitragen, die Komplexität des multipolaren Entscheidungsverfahrens und die Risiken von Fehlplanungen zu reduzieren. Durch Herstellung einer konstruktiven Verhandlungsatmosphäre, Eruierung der jeweils im Vordergrund stehenden Interessen und Erarbeitung von Alternativen und konsensfähigen Vorschlägen schafft der Konfliktmittler die Voraussetzungen dafür, die berührten Belange auszutarieren und das Verwaltungsverfahren transparenter zu gestalten. Dadurch, dass alle Betroffenen an der Problemlösung beteiligt sind, besteht die Möglichkeit, dass der faktische Informationsvorsprung des Vorhabenträgers gemindert wird. Der Konfliktmittler sammelt die Informationen, insbesondere diejenigen der Fachbehörden und des Vorhabenträgers, und stellt sie, soweit sie nicht zwingend geheimhaltungsbedürftig sind, allen Beteiligten zur Verfügung. Mit dem Abbau von Informationsdefiziten wird das Tatsachenmaterial auf eine tragfähigere Grundlage gestellt, wobei Vorurteile und Missverständnisse unter den Beteiligten verringert werden können. Die vielseitige Einbringung der Informationen schafft zudem die Möglichkeit, differenziertere Lösungen zu finden, welche die verschiedenen Standpunkte berücksichtigen. Durch kooperative Konfliktschlichtung wird fernerhin die Akzeptanz für die anschließend ergehende Verwaltungsentscheidung erhöht.83 Die unterschiedlich starken Verhandlungspositionen haben nämlich häufig zur Folge, dass von Anfang an die betroffenen Anwohner eine negative Grundeinstellung gegen das Vorhaben als Ganzes entwickeln und deswegen eine Blockadehaltung einnehmen. Der Konfliktmittler kann durch Reduzierung von Machtasymmetrien auch die Beteiligten, die sich in einer schwächeren Verhandlungsposition befinden, zur konsensorientierten Teilnahme am Verhandlungsprozess animieren. Der Ausgleich der betroffenen Interessen im Rahmen eines fairen Konfliktlösungsprozesses führt dann zu mehr Akzeptanz. Hinzu kommt, dass einseitig bevorzugende oder benachteiligende Lösungen zugunsten von flexiblen und ausgleichenden weichen müssten. Die größere Akzeptanz, die durch das mittlerunterstützte Verhandlungskonzept geschaffen wird, hat des Weiteren zur Konsequenz, dass Rechtsunsicherheiten abgebaut und Rechtsstreitigkeiten vermieden werden. Rechtsschutz dient vornehmlich der Durchsetzung subjektiv-rechtlicher Rechtspositionen, deren Verletzung der Betroffene rügt. Wenn aber den potentiellen Parteien eines späteren Rechtsstreites die Möglichkeit eingeräumt wird, präventiv im Verwaltungsverfahren ihre 82 Hierzu: Schulze-Fielitz, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Konfliktbewältigung durch Verhandlungen, Bd. II, S. 55 (66 ff.); Benz, Kooperative Verwaltung, S. 329; Würtenberger, in: Kroeschell (Hrsg.), Recht und Verfahren, S. 183 (186 f.); Passavant, DÖV 1987, 516 (519, 521); Schneider, JbNPÖ 15 (1996), 82 (95 ff.); Holznagel, Konfliktlösung durch Verhandlungen, S. 258 ff.; Hoffmann-Riem, in: ders. / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Konfliktbewältigung durch Verhandlungen, Bd. I, S. 13 (30 ff.). 83 Vgl. zu diesem Gesichtspunkt auch Caspar, DVBl. 1995, 992 (993).

III. Private Konfliktmittlung in Verwaltungsverfahren

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Positionen zu artikulieren, und wenn die jeweiligen Positionen im Verhandlungsergebnis und in der späteren Verwaltungsentscheidung zumindest zum Teil berücksichtigt werden, dann verringert sich die Gefahr, dass langwierige prozessuale Auseinandersetzungen mit einem hohen Kosten- und Zeitaufwand geführt werden. Dies wäre zugleich ein Beitrag zur Effektuierung und Stärkung der Funktion des Verwaltungsverfahrens als primärer Instanz der Konfliktschlichtung.84

2. Einsatzmöglichkeiten von Konfliktmittlern und Kodifikationsüberlegungen de lege ferenda Die aufgezeigten Vorteile der Heranziehung von privaten Konfliktmittlern führen zu der Frage über, in welchem verwaltungsrechtlichen Verfahren die Einschaltung von Konfliktmittlern zweckmäßig und auch rechtlich zulässig wäre. Ein erster eher zurückhaltender Ansatz findet sich in § 2 Abs. 2 S. 3 Nr. 5 9. BImSchV, der den sog. Projektmanager quasi als Helfer des behördlichen Verfahrensbevollmächtigten vorsieht. Dieser soll durch die Übernahme bestimmter organisatorischer, nichthoheitlicher Aufgaben, wie der Beschaffung von Räumen für den Erörterungstermin oder Protokollierung von Beratungsgesprächen, die Genehmigungsbehörde entlasten.85 Darüber hinaus kommt – entsprechend den amerikanischen Erfahrungen – das Planfeststellungsverfahren (§§ 72 ff. VwVfG) als Einsatzbereich für Mediatoren in Betracht. Nach § 74 Abs. 2 S. 1 VwVfG entscheidet die Planfeststellungsbehörde über Einwendungen, über die im Erörterungstermin keine Einigung erzielt worden ist. Der Erörterungstermin hat dabei verschiedene Zwecke. Er soll die Transparenz des Abwägungsvorgangs fördern, den Betroffenen die Gelegenheit geben, ihre Bedenken vorzutragen und dem Ausgleich der öffentlichen und privaten Interessen und Belange dienen.86 Deswegen eignet er sich im Prinzip für Verhandlungen und für die Einbeziehung eines Konfliktmittlers. Allerdings ist fraglich, wie weit die verwaltungsrechtlichen Befugnisse eines Konfliktmittlers reichen könnten. Festzustellen ist, dass jedenfalls die Verhandlungsleitung einem Konfliktmittler nicht übertragen werden könnte; nach den §§ 73 Abs. 6 S. 6 i.V.m. 68 Abs. 2 und 3 VwVfG muss der Verhandlungsleiter nämlich nicht nur die Sache mit den Beteiligten erörtern und darauf hinwirken, dass sachdienliche Anträge gestellt werden, er hat zusätzlich sitzungspolizeiliche Befugnisse, indem er z. B. Personen, die seine Anordnungen 84 Nach Schulze-Fielitz, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Konfliktbewältigung durch Verhandlungen, Bd. II, S. 55 (71) hat der Konfliktmittler sechs Funktionen: Er rationalisiert die Entscheidungsfindung, effektiviert das Verfahren, trägt zum Rechtsschutz bei, kontrolliert die Zweckmäßigkeit der Ziele der Beteiligten, integriert Betroffene und Öffentlichkeit in das Planungsverfahren und legitimiert die Verwaltungsentscheidung. 85 BR-Drucks. 869 / 1 / 92, S. 3; vgl. auch Hellriegel, Mediation im Umweltrecht, S. 140 ff.: Durch § 2 Abs. 2 S. 3 Nr. 5 9. BImSchV soll lediglich die Zulässigkeit der allgemeinen Verwaltungshilfe klargestellt werden. Zur Möglichkeit des Einsatzes von Mediatoren im Rahmen des § 71c Abs. 2 S. 1 Nr. 3, S. 2 VwVfG vgl. Hellriegel, ebd., S. 143 ff. 86 Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 73 Rn. 86, 2.

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§ 5 Kooperation und Selbstregulierung

nicht befolgen, entfernen lassen kann. Letzteres ist aber ein Hoheitsrecht, das ein Bediensteter der Anhörungsbehörde wahrnehmen muss. Für eine Übertragung einer derartigen verfahrensrechtlichen Kompetenz auf einen privaten Konfliktmittler bedürfte es einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage, die den Vorschriften des VwVfG nicht zu entnehmen ist. Deswegen kann der Konfliktmittler de lege lata lediglich als Berater oder Gehilfe des Verhandlungsleiters tätig sein, ohne eine selbständige Verhandlungsposition innezuhaben.87 Außerhalb des Erörterungstermins kommt der Einsatz von Konfliktmittlern nach den §§ 72 Abs. 1, 10 S. 2 VwVfG in Betracht. Danach ist das Verwaltungsverfahren einfach und zweckmäßig durchzuführen. Dies beinhaltet die grundsätzliche Möglichkeit, dass informelle Verhandlungen zwischen den Verfahrensbeteiligten geführt und hierbei Konfliktmittler zum Zuge kommen. Die Informalität des Verwaltungsverfahrens darf aber nicht dazu führen, dass die Sicherungen des formellen Verfahrens, insbesondere die Rechtspositionen der Verfahrensbeteiligten, unterlaufen werden.88 Beim Einsatz von Konfliktmittlern außerhalb des Erörterungstermins müssten zudem weitere rechtliche Prämissen beachtet werden.89 Der Konfliktmittler dürfte insbesondere nicht ohne Beteiligung der Behörde Vereinbarungen treffen, an die die Behörde rechtlich gebunden wäre; auch stünde nur der Behörde die uneingeschränkte Befugnis zur eigenständigen Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts zu (§ 24 VwVfG), nicht aber dem Konfliktmittler.90 Das wichtige Recht zur Beweiserhebung nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 26 VwVfG) dürfte ebenfalls nur die Behörde als Hoheitsträgerin wahrnehmen. Der Konfliktmittler wäre schließlich nicht Beteiligter im Sinne von § 13 Abs. 1 VwVfG und hätte deswegen auch kein Akteneinsichtsrecht gegenüber der Behörde (§ 29 VwVfG).91 Diese Überlegungen zeigen, dass die Tätigkeit eines Konfliktmittlers sich auf punktuelle Verfahrenshandlungen oder Hilfstätigkeiten beschränken muss, wobei dieser von der Verwaltungsbehörde abhängig bleibt. Das wiederum hindert ihn, wie ein aktiver Konfliktmittler, der für einen ausgewogenen Interessenausgleich in 87 Vgl. Hoffmann-Riem, Konfliktmittler in Verwaltungsverhandlungen, S. 49 f.; Brohm, DVBl. 1990, 321 (326); Caspar, DVBl. 1995, 992 (996 f.); Holznagel, in: Becker-Schwarze u. a. (Hrsg.), Wandel der Handlungsformen im Öffentlichen Recht, S. 99 (111 f.); SchulzeFielitz, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Konfliktbewältigung durch Verhandlungen, Bd. II, S. 55 (62 f.); Bonk / Neumann, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 73 Rn. 105. 88 Hoffmann-Riem, Konfliktmittler in Verwaltungsverhandlungen, S. 42; Holznagel, in: Becker-Schwarze u. a. (Hrsg.), Wandel der Handlungsformen im Öffentlichen Recht, S. 99 (107). 89 Vgl. hierzu Hellriegel, Mediation im Umweltrecht, S. 111 ff., 127, wonach ohne gesetzliche Ermächtigung die Mediation lediglich im Rahmen der Verwaltungshilfe zur Anwendung kommen könne. 90 Vgl. auch Hellriegel, Mediation im Umweltrecht, S. 125 ff. 91 Holznagel, Konfliktlösung durch Verhandlungen, S. 210 ff.; Hoffmann-Riem, Konfliktmittler in Verwaltungsverhandlungen, S. 48 f., 53.

III. Private Konfliktmittlung in Verwaltungsverfahren

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Form von Paketlösungen sorgen soll, zu agieren.92 Immerhin können dem Konfliktmittler bestimmte Verfahrensrechte durch Einwilligung der Verfahrensbeteiligten zugebilligt werden, z. B. das Recht zur Akteneinsicht. Auch weitere Rechte des Konfliktmittlers können durch vertragliche Abmachungen geregelt werden, wie z. B. das Recht auf eine angemessene Vergütung.93 Wenn Überlegungen in Bezug auf eine konkretere gesetzliche Ausgestaltung der Rechte und Pflichten eines privaten Konfliktmittlers angestellt werden, dann sollte einer der wichtigsten Gründe für die Einschaltung von Konfliktmittlern beachtet werden. Staatliche Behörden befinden sich bei multikomplexen Planfeststellungsverfahren sehr oft in einer Situation, in der sie die notwendige Distanz zu den Verfahrensbeteiligten verlieren können. Häufig stehen nämlich auf der einen Seite die Bürgerinitiativen und Naturschutzverbände, die das anvisierte Projekt blockieren wollen, auf der anderen Seite die Planungsbehörden und der Vorhabenträger, die das beschlossene Ziel der Projektumsetzung gegen den Widerstand jener Gruppen durchsetzen wollen. Aufgabe eines Konfliktmittlers wäre es, einen objektiven Standpunkt einzunehmen und einen Interessenausgleich durch Einbeziehung aller potentiell Betroffenen herbeizuführen. Der Konfliktmittler hätte die notwendige Distanz gegenüber den „Protestparteien“ und dem Vorhabenträger und könnte von allen Beteiligten als neutrale Instanz angesehen werden. Dadurch könnte ein eventuell bestehendes Neutralitätsdefizit auf Seiten der Planfeststellungsbehörde abgebaut und für mehr verfahrensmäßige Akzeptanz gesorgt werden.94 Dies führt zu der weiteren Frage, welchen rechtlichen Status der Konfliktmittler haben sollte. Mitunter wird vorgeschlagen, den Verwaltungsbeamten als Konfliktmittler einzusetzen, da dieser aufgrund seiner Ausbildung, Sozialisation sowie seiner persönlichen Unabhängigkeit und seiner beamtenrechtlichen Laufbahn die besseren Voraussetzungen für eine sachliche und neutrale Aufgabenwahrnehmung hätte.95 Dagegen spricht aber, dass bei der Wahl eines Verwaltungsbeamten dem Dis92 Schulze-Fielitz, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Konfliktbewältigung durch Verhandlungen, Bd. II, S. 55 (64); Holznagel, StWStP 1990, 241 (253). 93 Holznagel, Konfliktlösung durch Verhandlungen, S. 212, 121 f. spricht von einer Rahmenübereinkunft, die vor Beginn der Verhandlungen getroffen werden soll. 94 Vgl. Kucharzewski, Vermittlungs- und Verhandlungsverfahren in der Abfallentsorgung, S. 112 ff.; Schuppert, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Konfliktbewältigung durch Verhandlungen, Bd. II, S. 29 (43 ff.); Schulze-Fielitz, in: Hoffmann-Riem / SchmidtAßmann (Hrsg.), Konfliktbewältigung durch Verhandlungen, Bd. II, S. 55 (69 f.); SchmidtAßmann, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Konfliktbewältigung durch Verhandlungen, Bd. II, S. 9 (18 f.); Hoffmann-Riem, Konfliktmittler in Verwaltungsverhandlungen, S. 47, 54. 95 Brohm, DVBl. 1990, 321 (324 f.); ders., NVwZ 1991, 1025 (1032) spricht sich aufgrund seiner Kritik an einer privaten Konfliktmittlung für eine öffentlich verantwortete Konfliktmittlung durch eine Konfliktmittlungsbehörde aus, die von der Entscheidungsbehörde zu trennen wäre – diese Option sieht auch § 89 Abs. 2 UGB-KomE vor, wonach eine andere Behörde als die Genehmigungsbehörde als Mediator eingeschaltet werden kann.

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§ 5 Kooperation und Selbstregulierung

tanzgebot nicht in ausreichender Weise Rechnung getragen und eine neutrale Aufgabenwahrnehmung schwieriger werden würde. Allerdings erscheint auch eine rein private Stellung des Konfliktmittlers nicht geeignet, da dieser zu leicht in eine finanzielle Abhängigkeit von den Verhandlungsparteien geraten könnte und deshalb die Gefahr bestünde, dass die Belange der finanziell Schwächeren oder nicht an der Verhandlung Beteiligten nicht wahrgenommen würden. Deswegen erscheint eine Zwischenlösung angebracht, die diese defizitären Aspekte ausgleicht. In Betracht kommt ein durch Willensübereinkunft der Beteiligten verliehenes Amt, das in seiner Funktion einer ehrenamtlichen Tätigkeit im Verwaltungsverfahren entspricht (vgl. §§ 81 ff. VwVfG).96 Der Konfliktmittler müsste in dieser Position seine Tätigkeit gewissenhaft und unparteiisch ausüben (§ 83 VwVfG), er wäre zur Verschwiegenheit verpflichtet (§ 84 VwVfG) und hätte einen Anspruch auf angemessene Entschädigung (§ 85 VwVfG). Ein Modell für die Finanzierung des Konfliktmittlungsverfahrens wäre z. B. die Einrichtung eines Mediationsfonds, der aus einem Teil der Investitionssumme des Gesamtprojektes finanziert werden müsste.97 Weiterhin müssten etwa das Akteneinsichtsrecht und die Kompetenzen für Sachverhaltsermittlung und Beweiserhebung – in Ergänzung zu den weiterhin bestehenden Befugnissen der Behörde – geregelt werden.98 Erste Kodifizierungsvorschläge für den Konfliktmittler finden sich in § 54 Abs. 4 UGB-ProfE und in § 89 UGB-KomE. Während § 54 Abs. 4 UGB-ProfE der Landesgesetzgesetzgebung die Möglichkeit gibt, die Vorbereitung und Durchführung des Erörterungstermins einem unbeteiligten Dritten anzuvertrauen, sieht § 89 Abs. 2 UGB-KomE die Einschaltung eines Verfahrensmittlers, einer von der Genehmigungsbehörde verschiedenen Behörde oder einer anderen privaten oder öffentlichen Stelle vor, denen die Durchführung einzelner Abschnitte des Verfahrens übertragen werden kann. Nach § 89 Abs. 3 UGB-KomE soll der Verfahrensmittler in seiner Tätigkeit unabhängig und nicht an Weisungen gebunden sein. Auch wenn diese Regelungsvorschläge erste Schritte zur Institutionalisierung einer neutralen Konfliktmittlung wären, müssten weitere kompetenzrechtliche Fragen beantwortet werden, wie sie oben bereits gestellt wurden. Insbesondere die verfahrensrechtliche Position des Mediators wäre zu klären; auch würde es sich anbieten, die fachliche resp. soziale Qualifikation des Konfliktmittlers näher zu kodifizieren. Insgesamt scheint sich allerdings die rechtspolitische Einsicht durch96 Vgl. Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Konfliktbewältigung durch Verhandlungen, Bd. II, S. 9 (26 f.); Schneider, JbNPÖ 15 (1996), 82 (99 f.). 97 Kucharzewski, Vermittlungs- und Verhandlungsverfahren in der Abfallentsorgung, S. 121. 98 Vgl. dazu und zu weiteren Vorschlägen Holznagel, Konfliktlösung durch Verhandlungen, S. 239 ff.; Schulze-Fielitz, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Konfliktbewältigung durch Verhandlungen, Bd. II, S. 55 (77 f.); Kucharzewski, Vermittlungs- und Verhandlungsverfahren in der Abfallentsorgung, S. 120 ff.; weiter ist die Entwicklung in den USA, wo in den letzten 20 Jahren ein eigener Berufsstand des Vermittlers entstanden ist, der als Wachstumsbranche angesehen wird, Kucharzewski, ebd., S. 120.

III. Private Konfliktmittlung in Verwaltungsverfahren

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zusetzen, dass durch das Instrument der Konfliktmittlung die auftretenden informellen Verhandlungen kanalisiert und neutrale Entscheidungen ermöglicht werden können.99

99 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.), UGBKomE, S. 639.

§ 6 Kooperation als Beteiligung sachverständiger Stellen an staatlichen Normsetzungsverfahren I. Technische Regelwerke privater Organisationen 1. Funktion privater Normwerke und Rezeptionsmethoden Ein für die Normsetzung und Normanwendung wichtiges Kooperationsfeld stellt die technische Normung durch private Vereinigungen dar.1 Die Normungsarbeit in den technischen Organisationen hat in Deutschland eine längere Tradition. So wurde der Verein Deutscher Ingenieure bereits 1856 gegründet und beschäftigte sich vor allem mit Fragen der technischen Vereinheitlichung und Normung.2 Die technische Normung liegt dabei auf einer Skala zwischen der reinen Beratung durch hinzugezogene Sachverständige und der hoheitlichen Entscheidung durch staatliche Organe und hat auf dem Gebiet des Umwelt- und Technikrechts einen wichtigen Stellenwert erlangt.3 Der Gesetzgeber und die Verwaltungsbehörden wären nämlich aufgrund des rasanten Fortschritts in diesem Bereich in den allermeisten Fällen überfordert, wenn sie die wissenschaftlichen und technischen Detailbestimmungen durch Gesetz, Verordnung oder Verwaltungsvorschrift festlegen wollten. Die raschen Veränderungen bringen es zudem mit sich, dass diese Detailbestimmungen ständig auf den Prüfstand zu stellen sind und der Neuregelung durch wissenschaftlichen Sachverstand bedürfen.4 Dabei bedeutet Normung nach den Grundsätzen der Normungsarbeit des DIN5 „die planmäßige, durch die interessierten Kreise gemeinschaftlich durchgeführte Vereinheitlichung von materiellen und immateriellen Gegenständen zum Nutzen der Allgemeinheit“. Die technische Normung wird von zahlreichen privaten Normungsorganisationen durchgeführt, die umfangreiche Regelwerke mit wissenschaftlich-technischen Erkenntnissen publizieren. Besondere Bedeutung hat neben dem Deutschen Institut für Normung (DIN) und dem Verein Deutscher Ingenieure (VDI) der Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE). 1 Vgl. zur Bedeutung technischer Normen im Umweltrecht den Überblick bei Lamb, ZUR 1993, 97 ff. 2 Hierzu Marburger, Die Regeln der Technik im Recht, S. 183 ff. 3 Vgl. Brohm, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. II, 1. Aufl., § 36 Rn. 26. 4 Vgl. Marburger / Gebhard, in: Endres / Marburger (Hrsg.), Umweltschutz durch gesellschaftliche Selbststeuerung, S. 1. 5 DIN 820 Teil 1 Ziff. 2 „Normungsarbeit – Grundsätze“, abgedruckt in: DIN (Hrsg.), Grundlagen der Normungsarbeit des DIN, S. 85 ff.

I. Technische Regelwerke privater Organisationen

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Weiterhin sind der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) und die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) zu nennen.6 Die von diesen Organisationen kreierten Regeln haben nicht den Charakter von Rechtsnormen und sind nicht verbindliches Recht, da eine Übertragung von Rechtsetzungsbefugnissen durch Gesetz oder Verordnung auf die privaten Vereinigungen fehlt. Der bloße Verweis auf technische Normen in gesetzlichen Vorschriften genügt nämlich nicht für eine Ermächtigung zur Rechtsetzung.7 Allerdings macht sich der Staat die private Normsetzung durch verschiedene Rezeptionsmethoden zunutze.8 Die einfachste Form der Bezugnahme auf technische Normen ist die Inkorporierung, also die wörtliche Übernahme technischer Regeln in den Gesetzestext; die Regel wird im Gesetzgebungsverfahren verabschiedet und in den Amtsblättern verkündet. Die Inkorporierung ist verfassungsrechtlich zwar unbedenklich, aber in der Praxis nicht gebräuchlich. Etwas häufiger kommt hingegen die statische Verweisung vor, durch die der Hoheitsträger auf bestimmte, nach Inhalt und Form genau bezeichnete technische Regeln verweist. Beispiel dafür bilden die §§ 1 ff. 10. BImSchV,9 die hinsichtlich der Beschaffenheit von Kraftstoffen auf genau bezeichnete DIN-Normen bestimmten Datums Bezug nehmen. Diese Form der Verweisung kommt in den Fällen in Betracht, in denen eine technische Entwicklung vorläufig ihren Abschluss gefunden hat oder der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber die Berücksichtigung weiterer technischer Entwicklungen nicht für unbedingt notwendig hält. Die Verweisung ist hier nichts anderes als eine „gesetzgebungstechnische Abbreviatur“10 des Normtextes. Der Gesetzgeber kennt den Inhalt der technischen Regel und kann überprüfen, ob er diese sich zu eigen machen will. Ohne den Willen des hoheitlich tätigen Normgebers kann der Inhalt der technischen Regel nicht verändert werden; nachträgliche Änderungen der technischen Regel haben auf den Inhalt der Verweisungsnorm keinen Einfluss.11 Unter dem Aspekt des Rechtsstaats- resp. Demokratieprinzips ist diese Art 6 Vgl. ausführlich Hanning, Umweltschutz und überbetriebliche technische Normung, S. 77 ff. 7 BGHZ 103, 338 (341 f.); BVerwG NJW 1988, 2396 (2398); NVwZ-RR 1997, 214; Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Selbst-Beherrschung im technischen und ökologischen Bereich, S. 89 (90); Marburger, in: Müller-Graff (Hrsg.), Technische Regeln im Binnenmarkt, S. 27 (32 f.); ders., Die Regeln der Technik im Recht, S. 330 ff. 8 Vgl. zum Ganzen Lübbe-Wolff, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Konfliktbewältigung durch Verhandlungen, Bd. II, S. 87 (89 ff.); Denninger, Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Normsetzung im Umwelt- und Technikrecht, S. 135 ff.; Müller-Foell, Die Bedeutung technischer Normen für die Konkretisierung von Rechtsvorschriften, S. 112 ff.; Marburger, in: Müller-Graff (Hrsg.), Technische Regeln im Binnenmarkt, S. 27 (38 ff.); ders., Die Regeln der Technik im Recht, S. 379 ff., 387 ff., 390 ff.; Lamb, Kooperative Gesetzeskonkretisierung, S. 87 ff.; s. auch Papier, in: FS Lukes, S. 159 (162 ff.) im Hinblick auf technische Regeln in Verwaltungsvorschriften. 9 Zehnte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über die Beschaffenheit und die Auszeichnung der Qualitäten von Kraftstoffen – 10. BImSchV) vom 24. Juni 2004 (BGBl. I S. 1342). 10 Marburger, Die Regeln der Technik im Recht, S. 387.

12 Shirvani

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§ 6 Kooperation als Beteiligung sachverständiger Stellen

der Verweisung verfassungskonform, da die notwendige Rechtssicherheit gewährleistet ist und der Wille des Gesetzgebers nicht nachträglich durch private Normung umgangen werden kann. Problematisch wird es hingegen in den Fällen, in denen der Wille des Gesetzgebers später modifizierbar ist. Dies könnte dadurch geschehen, dass der Gesetzgeber auf ein ganzes Regelwerk der privaten Organisation, z. B. auf die gesamten Regeln des DIN, oder auf eine technische Regel ohne Angabe der geltenden Fassung verweist. Derartige dynamische Verweisungsmethoden sind verfassungsrechtlich unzulässig. Denn zum einen würden die privaten Vereinigungen als Hoheitsträger mit Rechtsetzungsgewalt auftreten, ohne dass eine entsprechende Ermächtigungsgrundlage vorläge. Zum anderen wäre das Gebot der Normenklarheit und -bestimmtheit verletzt, da der Gesetz- oder Verordnungsgeber eine Rechtsnorm mit Geltungsbefehl ausstattete, deren zukünftigen Inhalt er nicht kennen würde. Aufgrund der mangelnden Flexibilität der statischen Verweisung und der verfassungsrechtlichen Unzulänglichkeit der dynamischen Verweisung hat sich als Anknüpfungspunkt für die hoheitliche Rechtsetzung die Verwendung von Technikklauseln und unbestimmten Rechtsbegriffen erwiesen. Bei den Technikklauseln handelt es sich um Formulierungen wie „allgemein anerkannte Regeln der Technik“ (vgl. § 19g Abs. 3 WHG), „Stand der Technik“ (vgl. §§ 22 Abs. 1 Nr. 2, 3 Abs. 6 BImSchG) oder „Stand von Wissenschaft und Technik“ (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG). Die Konkretisierung derartiger Technikklauseln geschieht in der Praxis durch normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften oder durch Heranziehung privater Normwerke. Dabei ist die Funktion und der Stellenwert privater Normwerke im umweltrechtlichen Verwaltungsverfahren und im Verwaltungsgerichtsprozess umstritten12. Zum Teil werden die technischen Regelwerke als antizipierte Sachverständigengutachten angesehen, die der Sachentscheidung des Gerichts zugrunde zu legen seien, wenn die Regel keine gravierenden Mängel aufweise. Die Verwertung setzt demnach voraus, dass die regelschaffende Vereinigung besondere Kriterien wie Sachkunde, Repräsentation und Unabhängigkeit aufweist; auch müssten die Regeln inhaltlich hinreichend konkret und plausibel sein.13 Dagegen spricht aber, dass technische Regelwerke nicht rein wissenschaftliche Forschungsergebnisse darstellen, sondern dass bei ihrer Erarbeitung die Vertreter bestimmter Interessen eine maßgebliche Rolle spielen, während andere Interessenträger unterrepräsentiert sind. Daher können Anforderungen wie Neutralität und Unabhängig11 Vgl. die Argumentation in BVerfGE 47, 285 (312), die die Verweisung von Bundesrecht auf das Landesrecht betrifft. 12 Vgl. aber im Anwendungsbereich des GPSG (Gesetz über technische Arbeitsmittel und Verbraucherprodukte (Geräte- und Produktsicherheitsgesetz – GPSG) vom 6. Januar 2004 (BGBl. I S. 2)) nun die gesetzliche Vermutungsregel in §§ 4 Abs. 1 S. 2, 2 Abs. 16 GPSG. 13 Z. B. Breuer, AöR 101 (1976), 46 (83 f.); ders., in: Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 5. Kapitel Rn. 110; Müller-Foell, Die Bedeutung technischer Normen für die Konkretisierung von Rechtsvorschriften, S. 124 ff.

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keit, die an gerichtliche Sachverständige gestellt werden, durch die regelsetzenden Ausschüsse privater Normungsvereine meist nicht erfüllt werden.14 Deswegen wird in Bezug auf die Technikklausel „allgemein anerkannte Regeln der Technik“ die Auffassung vertreten, bei Beachtung der privaten Norm liege ein Anscheins- oder Prima-facie-Beweis dafür vor, dass die Norm den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspreche; der Prima-facie-Beweis würde dann eine tatsächliche Vermutung begründen. Dies hänge u. a. damit zusammen, dass ein weitergehender gesellschaftlicher Konsens als der, der sich in den privaten Normen äußere, normalerweise nicht erreichbar sei. Deshalb ziehe sich die Praxis auf die weitestgehend anerkannte Norm zurück.15 Nach der Rspr. haben diese Regeln hingegen Indizcharakter, der im Einzelfall widerlegbar ist. Insbesondere ist es den Gerichten verwehrt, die technischen Regeln unbesehen oder schematisch anzuwenden. Die Regelwerke bieten einen Anhaltspunkt und Orientierungsmaßstab für die tatrichterliche Würdigung. Solange den Behörden und Gerichten keine anderweitigen Orientierungswerte vorliegen, sind die Regelwerke ein nützliches Hilfsmittel, um z. B. festzustellen, ob die Genehmigungsvoraussetzungen für eine umweltrelevante Anlage vorliegen.16 Die Widerlegung des Indizes kann aber beispielsweise durch die Darlegung erfolgen, die substantiellen Verfahrensregeln für das private Normungsverfahren, wie Transparenz und Publizität, seien nicht eingehalten oder die technischen Regel seien veraltet und entsprächen nicht dem „Stand der Technik“. Durch die Charakterisierung der Regelwerke als prozessuale Indizregel wird der Bedeutung des in der privaten Normung zum Ausdruck kommenden Sachverstandes in gleicher Weise Rechnung getragen wie der richterlichen Entscheidungsfreiheit, eigenverantwortlich darüber zu befinden, ob im Einzelfall die technische Regel angewandt werden soll oder nicht.17

14 Vgl. BVerwGE 77, 285 (291); Jarass, NJW 1987, 1225 (1231), mit dem Hinweis, dass durch die Charakterisierung als antizipiertes Sachverständigengutachten eine weitgehende Bindung der Gerichte in der Praxis folgen würde; Schmidt-Preuß, ZLR 1997, 249 (255 f.); Kloepfer / Elsner, DVBl. 1996, 964 (966 f.); vgl. auch Marburger, BB 1995, Beilage Nr. 4, 16 (20). 15 Hanning, Umweltschutz und überbetriebliche technische Normung, S. 68 ff.; LübbeWolff, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Konfliktbewältigung durch Verhandlungen, Bd. II, S. 87 (91 ff., 94); zur Kritik an dieser Konstruktion Müller-Foell, Die Bedeutung technischer Normen für die Konkretisierung von Rechtsvorschriften, S. 121 ff. 16 Vgl. BVerwGE 79, 254 (259, 264): „indizielle Bedeutung“; BVerwGE 81, 197 (205): „grober Anhalt“; BVerwG DVBl. 1991, 442 (444 f.): „Orientierungshilfe“. 17 Vgl. auch Roßnagel, in: Koch / Scheuing / Pache (Hrsg.), GK-BImSchG, § 22 Rn. 86 ff.; Jarass, NJW 1987, 1225 (1231); Marburger, Die Regeln der Technik im Recht, S. 400 ff.: normkonkretisierende dynamische Verweisung als prozessuale Beweislastregel; Kloepfer, Umweltrecht, § 3 Rn. 87; Schmidt-Preuß, ZLR 1997, 249 (256): Regelwerke privater Normgebung als selbstregulative Auslegungsofferte; Lamb, ZUR 1993, 97 (98).

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§ 6 Kooperation als Beteiligung sachverständiger Stellen

2. Der kooperative Charakter privater Normsetzung Die technische Regelsetzung durch private Verbände wird häufig als Ausprägung des Kooperationsprinzips bezeichnet.18 In der Tat arbeiten Staat und private Verbände wird häufig als Ausprägung des Kooperationsprinzips bei der umweltrechtlichen Rechtsetzung und im umweltrechtlichen Vollzug in vielfältiger Weise miteinander. Eines der Ziele dieser Kooperation ist die Entlastung der Legislative und Exekutive durch Mobilisierung privaten Sachverstandes. Durch die Arbeit von Experten in den Ausschüssen der privaten Organisationen wird insbesondere der Gesetzgeber von sonst notwendigen Konkretisierungsvorschriften befreit und braucht nicht technische Einzelbestimmungen auszuarbeiten, deren „Haltbarkeitsdatum“ aufgrund der rasanten wissenschaftlichen und technischen Entwicklung ohnehin äußerst kurz wäre. Ferner ist es aufgrund der privaten Normgebung für den Staat nicht erforderlich, einen Expertenapparat innerhalb der Verwaltung zu unterhalten, der mit der Ausarbeitung von Detailvorschriften betraut werden müsste. Damit kann der öffentliche Haushalt entlastet und eine unnötige Aufblähung des Verwaltungsapparates vermieden werden.19 Staat und private Verbände kooperieren zunächst auf der organisatorischen Ebene. Dieser Kooperationsmodus spielt eine herausragende Rolle in den organisatorischen Rechtsbeziehungen zwischen dem DIN und der Bundesregierung, die auf den Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem DIN zurückzuführen sind.20 Danach erkennt die Bundesregierung das DIN als die zuständige nationale Normungsorganisation sowie als nationale Normungsorganisation in nichtstaatlichen internationalen Normungsorganisationen an (vgl. § 1 Abs. 1 des Vertrages). Dafür verpflichtet sich das DIN, bei seinen Normungsarbeiten das öffentliche Interesse zu berücksichtigen (§ 1 Abs. 2) und räumt der Bundesregierung im Rahmen ihrer fachlichen Zuständigkeiten auf Antrag Sitze in den Lenkungsgremien der Normenausschüsse ein (§ 2 Abs. 1). Auch werden die jeweiligen behördlichen Stellen bei der Durchführung der Normungsarbeit des DIN beteiligt (§ 2 Abs. 2). Zudem besteht die Verpflichtung des DIN, Anträge der Bundesregierung auf Durchführung von Normungsarbeiten, für die von dieser ein öffentliches Interesse geltend gemacht wird, bevorzugt zu bearbeiten (§ 4 Abs. 1); darüber hinaus wird das DIN die zuständigen Bundesministerien über das Normengeschehen informie18 Z. B. Schmidt / Müller, Einführung in das Umweltrecht, § 1 Rn. 14; Kloepfer / Elsner, DVBl. 1996, 964 (965); Sparwasser / Engel / Voßkuhle, Umweltrecht, § 2 Rn. 50. 19 Vgl. Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (203); ders., in: Kloepfer (Hrsg.), Selbst-Beherrschung im technischen und ökologischen Bereich, S. 89 (93); Marburger / Gebhard, in: Endres / Marburger (Hrsg.), Umweltschutz durch gesellschaftliche Selbststeuerung, S. 1 (41). 20 Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den Bundesminister für Wirtschaft, und dem DIN Deutsches Institut für Normung e.V., vertreten durch dessen Präsidenten vom 5. Juni 1975, abgedruckt in: DIN (Hrsg.), Grundlagen der Normungsarbeit des DIN, S. 37 ff.; vgl. dazu Rittstieg, Die Konkretisierung technischer Standards im Anlagenrecht, S. 54 f.; Voelzkow, Private Regierungen in der Techniksteuerung, S. 228 f.

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ren und sich für Beratungen und gutachtliche Stellungnahmen zur Verfügung stellen (§ 5). Die Bundesregierung wiederum will sich in der Verwaltung und bei Ausschreibungen der DIN-Normen bedienen (§ 8). Die vertragliche Regelung der Rechte und Pflichten der Bundesregierung und des DIN als maßgeblicher privater Normungsorganisation dient hierbei der Sicherung des staatlichen Einflusses auf die Normungstätigkeit bereits vor der Rezeptionsphase. Durch die Erstellung technischer Regelwerke in den Normungsorganisationen und Rezeption derartiger Normenwerke in Form verschiedener gesetzlicher Methoden wird den Privaten nämlich eine erhebliche Einwirkungsmöglichkeit auf den staatlichen Entscheidungsprozess eingeräumt. Letztlich findet hier Kooperation durch Aufgabenübertragung statt. Deswegen hat der Staat auch aus verfassungsrechtlichen Gründen, namentlich aufgrund des Demokratieprinzips, die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, damit der hoheitliche Einfluss bereits innerhalb des Regelaufstellungsverfahrens ausreichend zur Geltung kommt. Dies ist auch insofern notwendig, als eine inhaltliche Prüfung der technischen Normen durch die Fachbehörden in der Regel nicht geschieht, weil sie zu aufwendig wäre. Daher hat sich die Bundesregierung Sonderrechte durch vertragliche Vereinbarung verschafft, um im Gegenzug dem DIN eine herausragende Rolle als nationales Normungsinstitut zuzubilligen. Insoweit lässt sich von einer vorwirkenden Sicherung demokratischer Legitimation sprechen.21 Kooperation findet zudem bei der staatlichen Rechtsetzung statt.22 Sie geschieht dadurch, dass der Staat sich aus bestimmten Bereichen hoheitlicher Rechtsetzung bewusst zurückzieht und dies privater Eigenregulierung überlässt. Gerade die gesetzgeberische Technik der Verwendung von unbestimmten Rechtsbegriffen zeigt, dass ein arbeitsteiliges kooperatives Zusammenwirken zwischen hoheitlicher Rechtsetzung und privater Normungstätigkeit besteht. Durch Regelungsverzicht schafft der Gesetzgeber die Voraussetzungen für die Aktivierung privaten Sachverstandes und für eine konsensuale Normsetzung zusammen mit den Privaten. Die pluralistische Besetzung der Expertengremien der Normungsverbände ist nämlich ein wichtiger Faktor, der die Bereitschaft, die aufgestellten Normwerke zu akzeptieren, erhöht. In die Arbeitsausschüsse und Komitees der Normungsorganisationen werden Vertreter der Fach- und Hochschulen, aber auch Experten der Wirt21 Vgl. Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 330 f.; Trute, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht als Steuerungsressource, S. 249 (288 ff.); Voelzkow, Private Regierungen in der Techniksteuerung, S. 228 f.: institutionelle Gewährleistung des „öffentlichen Interesses“ statt Verrechtlichung oder Verstaatlichung der technischen Regelsetzung. 22 Vgl. hierzu auch Marburger, Die Regeln der Technik im Recht, S. 117 ff., 379: Kooperation und Flexibilität als Strukturprinzipien im Recht der Sicherheitstechnik; Kloepfer, Umweltrecht, § 3 Rn. 84 f.: Die Normgebungsdelegation auf außerstaatliche Stellen sei aufgrund des Kooperationsprinzips sinnvoll, allerdings treffe den Staat die Verantwortung für eine laufende Optimierung; zu den Voraussetzungen kooperativer Standardsetzung vgl. Lamb, Kooperative Gesetzeskonkretisierung, S. 182 ff.

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schaftsunternehmen, des Handels und der Hersteller entsandt.23 Damit beteiligen sich vor allem diejenigen Kreise an der privaten Normierung, die später vom Vollzug der Umweltgesetze betroffen sind; dies steigert präventiv die Bereitschaft zur Normbefolgung. Darüber hinaus liegt eine kooperative Rollenverteilung zwischen staatlicher Rechtsetzung, industrieller Technik und institutionalisierter Wissenschaft vor.24 In diesem Kooperationsverhältnis erbringt jeder Kooperationspartner einen eigenständigen Handlungsbeitrag, um eine effiziente und dem wissenschaftlichen Fortschritt entsprechende Normierung auf dem Gebiet des Technikrechts zu gewährleisten. Die Kooperationsbeteiligten teilen sich die Aufgabengebiete und ergänzen sich in ihren Handlungsbeiträgen gegenseitig.25 Schließlich hat auch die Rechtsanwendung einen kooperativen Charakter. Die Qualifizierung der technischen Regel als Orientierungsmaßstab für die rechtsanwendenden staatlichen Stellen bedingt, dass die Verwaltungsbehörden und Gerichte die technischen Normen zur Auslegung umweltrechtlicher Vorschriften heranziehen können. Dadurch, dass den privaten Normwerken lediglich eine indizielle Bedeutung zugebilligt wird, haben es die rechtsanwendenden Organe in der Hand, darüber zu befinden, inwieweit sie die technischen Regelwerke bei der Gesetzesinterpretation als maßgeblich erachten wollen. Deshalb können die Fachbehörden, vor allem jedoch die Gerichte letztverbindlich über die Rezeption privater Regelwerke entscheiden; insofern kann man von einer „kontrollierten Rezeption“26 sprechen. Die Anforderungen des Demokratieprinzips werden hierbei beachtet, da die kooperativen privaten Handlungsbeiträge im Rahmen einer fortbestehenden staatlichen Letztentscheidungsverantwortung geleistet werden.27

Vgl. z. B. DIN 820 Teil 1 Ziff. 3.4. Vgl. Denninger, Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Normsetzung im Umweltund Technikrecht, S. 14. 25 Vgl. zu diesem Aspekt Brennecke, Normsetzung durch private Verbände, S. 164 ff.; zur Selbstregulierung durch verbandliche Normsetzung vgl. ders., ebd., S. 158 ff.; Voelzkow, Private Regierungen in der Techniksteuerung, S. 313 bezeichnet die verbandliche Regelsetzung als einen Anwendungsfall reflexiven Rechts; aus juristischer Sicht vgl. Faber, Gesellschaftliche Selbstregulierungssysteme im Umweltrecht, S. 140 ff., sowie Schmidt-Preuß, ZLR 1997, 249 ff. 26 Gusy, in: Koch / Lechelt (Hrsg.), Zwanzig Jahre Bundes-Immissionsschutzgesetz, S. 185 (207); Kloepfer / Rehbinder / Schmidt-Aßmann / Kunig, Umweltgesetzbuch – Allgemeiner Teil –, S. 482; Schmidt-Preuß, ZLR 1997, 249 (254 f.): steuernde Rezeption. 27 Vgl. hierzu Trute, DVBl. 1996, 950 (952); ders., in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, S. 167 (199 f.); Schmidt-Preuß, ZLR 1997, 249 (252 ff.); Di Fabio, Produktharmonisierung durch Normung und Selbstüberwachung, S. 96 f. 23 24

I. Technische Regelwerke privater Organisationen

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3. Rechtsstaatliche Anforderungen an private Normungsverfahren Trotz ihrer rechtlichen Unverbindlichkeit kann die praktische Bedeutung der technischen Normen – auch im Hinblick auf das kooperative Zusammenwirken zwischen Staat und privaten Vereinigungen – nicht geleugnet werden. Dies rührt nicht zuletzt daher, dass die Regelwerke auf einem Konsens der beteiligten Interessen- und Fachverbände beruhen und somit in der Regel die „herrschende Meinung“ im jeweiligen Technikbereich wiedergeben.28 Aufgrund der weitgehenden, kooperativ bedingten Übertragung der technischen Normsetzung auf Private sowie der besonderen Bedeutung dieser Normen für den Vollzug materiellen Umweltrechts ist es notwendig, dass die private Normgebung bestimmten rechtsstaatlichen Mindestanforderungen genügt. Die Rspr. hat diesen Aspekt für private Regelungen, die eine Grundlage für staatliche Maßnahmen mit grundrechtsbeschränkender Wirkung sein können, betont.29 Die Anforderungen können zwar nicht so weitreichend sein wie die detaillierten Anforderungen, die an das staatliche Gesetzgebungsverfahren oder an den Erlass von Rechtsverordnungen gestellt werden. Dennoch müssen der Einfluss privater, demokratisch nicht legitimierter Vereinigungen auf den Gesetzesvollzug und die dadurch möglicherweise entstehenden verfassungsrechtlichen Defizite durch ein privates Regelaufstellungsverfahren kompensiert werden, das bestimmte Standards erfüllt.30 Diese Standards bestehen in prozeduralen Verfahrensanforderungen, die die mangelnde inhaltliche Kontrolle der technischen Regelwerke durch die Fachbehörden ausgleichen sollen.31 Notwendig ist zunächst, dass die Normungsgremien sich durch besonderen fachlichen Sachverstand auszeichnen. Insbesondere müssen alle wissenschaftlichen und technischen Disziplinen, die von dem Regelungsgegenstand berührt werden, in den Normungsgremien ihrem Gewicht entsprechend vertreten sein. Dieses Postulat soll sicherstellen, dass zuverlässige und allgemein anerkannte Theorien und Methoden der jeweiligen technischen Normung zugrunde gelegt werden.32 Weiter28 Lübbe-Wolff, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Konfliktbewältigung durch Verhandlungen, Bd. II, S. 87 (89, 95). 29 BVerfGE 88, 366 (379). 30 Den Kompensationsgedanken betont insbesondere Lübbe-Wolff, ZG 1991, 219 (242 ff.); vgl. auch Lamb, Kooperative Gesetzeskonkretisierung, S. 238 ff. in Bezug auf die Kompensationsmöglichkeiten bei der exekutivischen Standardsetzung, also diejenige durch Verordnung oder Verwaltungsvorschrift; näheres hierzu unter dem Gesichtspunkt der Legitimationsverantwortung unter § 10 V 2. 31 Vgl. dazu Gusy, in: Koch / Lechelt (Hrsg.), Zwanzig Jahre Bundes-Immissionsschutzgesetz, S. 185 (208 ff.); Müller-Foell, Die Bedeutung technischer Normen für die Konkretisierung von Rechtsvorschriften, S. 130 ff.; Rittstieg, Die Konkretisierung technischer Standards im Anlagenrecht, S. 242 ff.; Lamb, Kooperative Gesetzeskonkretisierung, S. 250 ff.; Marburger, BB 1995, Beilage Nr. 4, 16 (22); Marburger / Gebhard, in: Endres / Marburger (Hrsg.), Umweltschutz durch gesellschaftliche Selbststeuerung, S. 1 (39 f.); Schmidt-Preuß, ZLR 1997, 249 (256 f.); ders., in: Kloepfer (Hrsg.), Selbst-Beherrschung im technischen und ökologischen Bereich, S. 89 (96 ff.); kritisch Führ, Wie souverän ist der Souverän?, S. 17 ff., 30 ff.

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hin muss eine ausreichende Öffentlichkeitsbeteiligung gewährleistet sein. Nach der Verfahrensordnung des DIN33 kann z. B. jedermann die Einleitung von Normungsarbeiten beantragen.34 Die Annahme oder Ablehnung eines Normenantrages wird dabei mit einem Arbeitstitel im Normenanzeiger veröffentlicht. Die vorgesehene Fassung einer Norm muss nach der Verfahrensordnung des DIN vor ihrer endgültigen Festlegung der Öffentlichkeit zur Stellungnahme vorgelegt werden.35 Diese Regularien sollen für eine frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit bereits während des Regelaufstellungsverfahrens sorgen, damit das Verfahren transparent und für Außenstehende nachvollziehbar wird. Das private Regelaufstellungsverfahren muss ferner Einspruchs- und Einwendungsmöglichkeiten vorsehen, also revisibel sein. So gibt es nach der Verfahrensordnung des DIN die Möglichkeit, dass jedermann innerhalb einer Frist von vier Monaten Einsprüche gegen einen Normentwurf einreichen kann, über die der zuständige Arbeitsausschuss entscheidet. Ist der Einwender mit dieser Entscheidung nicht einverstanden, wird ein Schlichtungs- und Schiedsverfahren durchgeführt.36 Darüber hinaus muss das Regelwerk ausreichend begründet und inhaltlich nachvollziehbar sein. Damit wird die Rezeption des Regelwerks durch die Fachbehörden erleichtert, aber auch für eine größere Akzeptanz bei den von der technischen Norm Betroffenen gesorgt. Schließlich muss eine ausreichende Publikation des privaten Regelwerks gewährleistet sein. Dabei dürfte eine Veröffentlichung im jeweiligen Publikationsorgan der privaten Organisation ausreichend sein, wenn nicht zu hohe Kosten für die Einsicht in das Regelwerk entstehen.37 Jenseits dieser Aspekte stellt aber die mangelnde Interessenausgewogenheit bei der Zusammensetzung der Normungsgremien nach wie vor ein besonderes Problem dar. So wird von verschiedenen Seiten eine Überrepräsentanz der Experten der Industrie und der Wirtschaftsverbände konstatiert, die das Normungsverfahren dominierten, während vor allem die Verbraucher- und Naturschutzinteressen qualitativ und quantitativ unterrepräsentiert seien.38 Diese Bedenken werden dadurch ver32 Müller-Foell, Die Bedeutung technischer Normen für die Konkretisierung von Rechtsvorschriften, S. 130 f. 33 DIN 820 Teil 1 „Normungsarbeit – Grundsätze“, sowie DIN 820 Teil 4 „Normungsarbeit – Geschäftsgang“, jeweils abgedruckt in: DIN (Hrsg.), Grundlagen der Normungsarbeit des DIN, S. 85 ff. bzw. 323 ff. 34 DIN 820 Teil 1 Ziff. 5.1. 35 DIN 820 Teil 1 Ziff. 5.3. 36 DIN 820 Teil 4 Ziff. 3.4.1 – 3.4.7. 37 Führ, ZUR 1993, 99 (101) kritisiert insbesondere, dass der Bezug der Regelwerke mit erheblichen Kosten verbunden sei, die über die reinen Druckkosten hinausgingen; dadurch wirkten die Bezugskosten prohibitiv; in die gleiche Richtung Denninger, Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Normsetzung im Umwelt- und Technikrecht, S. 164. 38 Eichener / Voelzkow, Umweltinteressen in der verbandlichen Techniksteuerung, S. 93 ff.; Führ, Wie souverän ist der Souverän?, S. 30; Gusy, in: Koch / Lechelt (Hrsg.), Zwanzig Jahre Bundes-Immissionsschutzgesetz, S. 185 (206); Lübbe-Wolff, ZG 1991, 219 (248); Denninger,

II. Die Anhörung beteiligter Kreise

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stärkt, dass in den Verfahrensordnungen der Normungsorganisationen die Zusammensetzung der Gremien nur vage beschrieben ist. So sieht etwa die Verfahrensordnung des DIN lediglich vor, dass „die interessierten Kreise in einem angemessenen Verhältnis vertreten sind“.39 In der Tat entspricht es rechtsstaatlichen Mindeststandards, dass eine ausreichende Interessenrepräsentation gewährleistet ist, damit Partikularinteressen gegenüber dem Allgemeininteresse nicht privilegiert werden. Die Schwierigkeit liegt aber darin, dass die Verbraucher- und Umweltverbände aufgrund personeller und finanzieller Engpässe oft nicht in der Lage sind, sich am Normungsprozess im notwendigen Umfang zu beteiligen. Deswegen wird eine Aufwandsentschädigung für die Vertreter dieser Interessenverbände oder die gesetzliche Festlegung der Zusammensetzung der Normenausschüsse nach Anzahl und Herkunft der Mitglieder gefordert.40 Die BRD und das DIN sind jedoch einen anderen Weg gegangen und haben den Normenausschuss Grundlagen des Umweltschutzes (NAGUS) im Jahre 1993 gegründet, der das zuständige Arbeitsgremium des DIN für die Normung von fachgebietsübergreifenden Grundlagen des Umweltschutzes, wie Fragen der Terminologie, des Umweltmanagements und der Umweltbilanzen, ist.41 Darüber hinaus müsste aber der Staat aufgrund seiner Gemeinwohlverantwortung durch organisatorische Maßnahmen auf die relevanten Normungsvereinigungen Einfluss ausüben, damit in verstärktem Maße weitere öffentliche Belange, wie der Nachweltschutz oder der Gesundheitsschutz, Berücksichtigung finden. Die oben genannte Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik und dem DIN42 bietet eine Plattform, von der aus der Staat die private Normung im Sinne dieser Belange beeinflussen könnte.

II. Die Anhörung beteiligter Kreise Als eine verfahrensmäßige Ausprägung umweltrechtlicher Kooperation gilt die „Anhörung beteiligter Kreise“. Dabei handelt es sich um Regelungen, die die Exekutive vor dem Erlass von Rechtsverordnungen oder Verwaltungsvorschriften zur Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Normsetzung im Umwelt- und Technikrecht, S. 172 f.; Hanning, Umweltschutz und überbetriebliche technische Normung, S. 170 f. 39 DIN 820 Teil 1 Ziff. 3.4. 40 Vgl. Hanning, Umweltschutz und überbetriebliche technische Normung, S. 169 f.; Führ, Wie souverän ist der Souverän?, S. 21; ders., ZUR 1993, 99 (101); Marburger, BB 1995, Beilage Nr. 4, 16 (22); Marburger / Gebhard, in: Endres / Marburger (Hrsg.), Umweltschutz durch gesellschaftliche Selbststeuerung, S. 1 (40); gegen diese Vorschläge Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Selbst-Beherrschung im technischen und ökologischen Bereich, S. 89 (97): Der Zwang zur Institutionalisierung widerspreche dem selbstregulativen Charakter der privaten Normgebung, sowie Müller-Foell, Die Bedeutung technischer Normen für die Konkretisierung von Rechtsvorschriften, S. 137. 41 Vgl. Führ, Wie souverän ist der Souverän?, S. 33 f. 42 Vgl. § 6 I 2.

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Anhörung bestimmter gesellschaftlicher Gruppen oder der Vertreter staatlicher Stellen verpflichten. Beispielhaft seien genannt: §§ 5 Abs. 1 WRMG43, 7 Abs. 1, 23 Abs. 1, 48 Abs. 1 BImSchG, 7 Abs. 1, 23 Abs. 1 KrW- / AbfG, 5 BBodSchG. Welche Gruppierungen erfasst sind, wird jeweils in den §§ 6 WRMG, 51 BImSchG, 60 KrW- / AbfG, 20 BBodSchG näher dargestellt, wobei in der Regel Vertreter der Wissenschaft, der von der zu erfassenden Vorschrift Betroffenen, der Wirtschaft und der Fachbehörden am Anhörungsverfahren teilnehmen. Der Sinn der Anhörung beteiligter Kreise liegt primär in der Information und Beratung des jeweiligen Normgebers. Er soll durch die Experten aus den jeweiligen akademischwissenschaftlichen Kreisen, aber auch durch Sachverständige aus den gesellschaftlichen Organisationen und staatlichen Stellen optimal beraten werden. Damit verschafft sich der Normgeber zugleich die Entscheidungsgrundlage für das weitere Rechtsetzungsverfahren.44 Daneben hat die Anhörung beteiligter Kreise aber noch zwei weitere Funktionen, die den kooperativen Charakter dieses Beteiligungskonzepts verdeutlichen.45 Durch die Heranziehung der Betroffenen wird erstens den verschiedenen Gruppierungen die Möglichkeit eröffnet, ihre Positionen und Interessen darzulegen. Dies ist insofern bedeutsam, als die Exekutive bei den Ermächtigungen zur Konkretisierung der gesetzlichen Vorschriften einen nicht unerheblichen Entscheidungs- und Abwägungsspielraum besitzt, den sie nach pflichtgemäßem Ermessen auszufüllen hat. Das Verfahren hat also die Funktion, die zum Teil divergierenden Interessen46 in Einklang zu bringen und bereits während des Normsetzungsverfahrens einen Konsens herbeizuführen. Dadurch wird gleichzeitig innerhalb des Verfahrens ein Beitrag zur Akzeptanz der Vorschrift bei den Betroffenen geleistet.47 Zweitens hat die Anhörung beteiligter Kreise auch die Funktion, das Verfahren transparent zu gestalten und somit eine zusätzliche Legitimation durch das Verfahren herzustellen. Die Anhörung beteiligter Kreise verdeutlicht demnach den verfahrensrechtlichen Charakter umweltrechtlicher Kooperation im Sinne einer verbandsmäßigen Beteiligung gesellschaftlicher Gruppen.48 43 Gesetz über die Umweltverträglichkeit von Wasch- und Reinigungsmitteln (Wasch- und Reinigungsmittelgesetz – WRMG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 5. März 1987 (BGBl. I S. 875), zuletzt geändert durch Verordnung vom 25. 11. 2003 (BGBl. I S. 2304). 44 Vgl. Brohm, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. II, 1. Aufl., § 36 Rn. 19; Versteyl, in: Kunig / Paetow / Versteyl, KrW- / AbfG, § 60 Rn. 3. 45 Zu weitgehend Grüter, Umweltrecht und Kooperationsprinzip in der Bundesrepublik Deutschland, S. 20 f., 56 f., der die Anhörung beteiligter Kreise als eine aufgabenzuweisende Kooperationsform ansieht; zur Kritik an diesem Ansatz vgl. oben § 4 III. 46 Die Verbraucher- und Umweltschutzverbände haben z. B. in der Regel völlig andere Interessenschwerpunkte als die Vertreter der Wirtschaft. 47 Vgl. Koch, in: ders. / Scheuing / Pache (Hrsg.), GK-BImSchG, § 51 Rn. 2; Ludwig, Privatisierung staatlicher Aufgaben im Umweltschutz, S. 268 f.; nach Brohm, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. II, 1. Aufl., § 36 Rn. 19 dienen die Beratungsgremien der Koordination der Interessengruppen untereinander und der Kooperation mit dem Staat, üben also eine Integrationsfunktion aus. 48 Vgl. Versteyl, in: Kunig / Paetow / Versteyl, KrW- / AbfG, § 60 Rn. 3; Koch, in: ders. / Scheuing / Pache (Hrsg.), GK-BImSchG, § 51 Rn. 2; Kloepfer, Umweltrecht, § 4 Rn. 61.

II. Die Anhörung beteiligter Kreise

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Für die Anhörung gibt es keine allgemein festgelegten Verfahrensregeln, insbesondere ist die Auswahl der Vertreter der beteiligten Kreise eine Tatfrage, welche von Fall zu Fall unterschiedlich und von der normsetzenden Stelle durchzuführen ist. Zwar hat sich die Anhörung danach zu orientieren, dass das Meinungsbild innerhalb der beteiligten Gruppierungen ausreichend repräsentiert ist. Allerdings hat die normsetzende Stelle ein weites Auswahlermessen.49 Dieser Umstand wird kritisiert, da insbesondere die Frage, wer innerhalb des Verfahrens als „Betroffener“ anzusehen sei, aber auch die Frage, wer die Betroffenen angemessen repräsentieren solle, vielfach kontrovers seien und nicht der behördlichen Entscheidung überlassen werden könnten. Deswegen sollten – und dies erscheint auch im Sinne der Funktionen des Anhörungsverfahrens, nämlich der Schaffung von Konsens und Akzeptanz, ratsam – die Prinzipien der „Gegenmachtbildung, der Erkenntnisförderung durch Kontrastinformationen und des Minderheitenschutzes“ im Rahmen des Normsetzungsverfahrens ausreichend berücksichtigt werden.50 Dies folgt aus der Überlegung, dass zwar ein subjektives Recht des Einzelnen oder ein kollektives Recht von Gruppierungen auf Beteiligung in Normsetzungsverfahren nicht existiert, die Verwaltung aber dennoch während des Normsetzungsverfahrens in repräsentativer Weise beraten werden sollte. Dadurch werden die sachbereichsspezifischen Interessen durch einen ausgewählten Kreis von Gruppenmitgliedern vertreten und die für die Entscheidungsbildung erforderliche Meinungspalette geschaffen.51 Nicht abschließend geklärt ist die Frage, wann ein Fehler im Anhörungsverfahren zur Nichtigkeit der Rechtsvorschrift führt. Nach überwiegender Ansicht stellt die vollständig unterbliebene Anhörung jedenfalls einen Verfahrensfehler dar, der zur Nichtigkeit der Norm führt.52 Auch für die Fälle schwerer Verfahrensfehler, wenn z. B. eine bestimmte Gruppe, deren Belange von der Regelung betroffen sind, nicht oder gänzlich zu spät beteiligt worden ist, wird die Nichtigkeitsfolge bejaht, während eine andere Ansicht den Informationscharakter der Beteiligungsvorschriften in den Vordergrund stellt und die Nichtigkeitsfolge ablehnt.53 49 Lamb, Kooperative Gesetzeskonkretisierung, S. 161, dort auch zu etwaigen Schritten bei der Auswahl; Jarass, BImSchG, § 51 Rn. 2; Schutt, NVwZ 1991, 10 (11). 50 Denninger, Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Normsetzung im Umwelt- und Technikrecht, S. 172 f. 51 Vgl. Denninger, Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Normsetzung im Umweltund Technikrecht, S. 173 f.; Trute, Vorsorgestrukturen und Luftreinhalteplanung im Bundesimmissionsschutzgesetz, S. 92 ff., 99 f.: Die Anhörung beteiligter Kreise bewirke eine Vorfeldsicherung von Individualpositionen und einen gestuften Grundrechtsschutz durch Verfahren. 52 Vgl. Schutt, NVwZ 1991, 10 (13 f.); Jarass, BImSchG, § 51 Rn. 4; Trute, Vorsorgestrukturen und Luftreinhalteplanung im Bundesimmissionsschutzgesetz, S. 343 f.; Koch, in: ders. / Scheuing / Pache (Hrsg.), GK-BImSchG, § 51 Rn. 36 ff.; Maunz, in: ders. / Dürig, GG, Art. 80 Rn. 69; a. A. Lamb, Kooperative Gesetzeskonkretisierung, S. 168 ff. 53 Vgl. Trute, Vorsorgestrukturen und Luftreinhalteplanung im Bundesimmissionsschutzgesetz, S. 344 f. einerseits und Versteyl, in: Kunig / Paetow / Versteyl, KrW- / AbfG, § 60 Rn. 14 andererseits.

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III. Beteiligung verwaltungsangegliederter Expertengremien Eine wichtige Rolle bei der Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe im Kernenergierecht, insbesondere des Begriffs „Stand von Wissenschaft und Technik“ (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG), spielen die sachverständigen Expertengremien. Die wichtigsten dieser Gremien sind die Reaktor-Sicherheitskommission (RSK), die Strahlenschutzkommission (SSK) und der Kerntechnische Ausschuss (KTA). Rechtsgrundlage für die Tätigkeit dieser Gremien sind jeweils Satzungen bzw. Bekanntmachungen,54 die im Bundesanzeiger veröffentlicht wurden.55 Die RSK hat die Aufgabe, den Bundesumweltminister in Angelegenheiten der Sicherung von Kernreaktoren zu beraten, die SSK berät den Bundesumweltminister in den Angelegenheiten des Schutzes vor Gefahren ionisierender und nichtionisierender Strahlen (§ 2 RSK-S bzw. SSK-S). Die Mitglieder dieser Kommissionen sind Experten, die sich mit diesbezüglichen wissenschaftlichen und technischen Fragen beschäftigen (§ 3 RSK-S bzw. SSK-S). Sie sind ehrenamtlich tätig, unabhängig, nicht an Weisungen gebunden (§ 4 Abs. 1 RSK-S bzw. SSK-S) und werden vom Bundesumweltminister berufen (§ 4 Abs. 2 RSK-S bzw. SSK-S). Die Kommissionen können von sich aus Beratungsthemen aufgreifen oder erhalten Beratungsaufträge vom Minister (§ 9 Abs. 1 RSK-S bzw. SSK-S). Sie beschließen als Ergebnis ihrer Beratungen Empfehlungen oder Stellungnahmen, die zu begründen sind (§ 11 Abs. 1 RSK-S bzw. SSK-S); die Empfehlungen können vom Bundesminister im Bundesanzeiger publiziert werden (§ 11 Abs. 3 RSK-S bzw. SSK-S). Der KTA hat die Aufgabe, auf den Gebieten der Kerntechnik, in denen sich aufgrund von Erfahrungen eine einheitlich Meinung von Fachleuten abzeichnet, für die Aufstellung sicherheitstechnischer Regeln zu sorgen und deren Anwendung zu fördern (§ 2 KTA-B). Er setzt sich aus 50 Mitgliedern zusammen, die die Hersteller und Betreiber von Atomanlagen, aber auch staatliche Behörden, Gutachterorganisationen und weitere Stellen repräsentieren; diese werden vom Bundesumweltminister ernannt (§ 3 KTA-B). Der KTA wird von einem vierköpfigen Präsidium 54 Bekanntmachung der Satzung der Reaktor-Sicherheitskommission vom 22. Dezember 1998 (BAnz. 1999 Nr. 5, S. 201) – im Folgenden: RSK-S; Bekanntmachung der Satzung der Strahlenschutzkommission vom 22. Dezember 1998 (BAnz. 1999 Nr. 5, S. 202) – im Folgenden: SSK-S; Bekanntmachung über die Neufassung der Bekanntmachung über die Bildung eines Kerntechnischen Ausschusses vom 20. Juli 1990 (BAnz. 1990 Nr. 144), zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 22. April 1999 (BAnz. 1990 N5r. 85) – im Folgenden: KTA-B. 55 Zur Aufgabe und Tätigkeit dieser Gremien vgl. Fischer, Umweltschutz durch technische Regelungen, S. 62 ff.; Marburger, Die Regeln der Technik im Recht, S. 101 ff.; Denninger, Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Normsetzung im Umwelt- und Technikrecht, S. 62 ff.; Jarass, in: Lukes (Hrsg.), Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 367 (407 ff.); Lamb, Kooperative Gesetzeskonkretisierung, S. 110 ff.; Vieweg, Atomrecht und technische Normung, S. 27 ff.; Nolte, Rechtliche Anforderungen an die technische Sicherheit von Kernanlagen, S. 98 ff.; Rittstieg, Die Konkretisierung technischer Standards im Anlagenrecht, S. 82 ff.

III. Beteiligung verwaltungsangegliederter Expertengremien

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geleitet (§ 4 KTA-B) und beschließt in einem mehrstufigen Verfahren über die Aufstellung sicherheitstechnischer Regeln (§ 7 KTA-B). Umstritten ist in diesem Zusammenhang die Rechtsnatur dieser Gremien. Zum Teil werden sie aufgrund ihrer Fähigkeit zur eigenständigen Aufgabenerfüllung als teilrechtsfähige Verbände des öffentlichen Rechts angesehen; andere ordnen sie als nebengeordnete Ausschüsse des öffentlichen Rechts oder nebengeordnete Organe des Bundesumweltministeriums ein, da insbesondere für die Verbandseigenschaft die erforderliche gesetzliche Grundlage nicht vorliege.56 Festzuhalten ist jedenfalls, dass es sich um öffentlich-rechtliche Expertengremien handelt, die nicht in die Verwaltungshierarchie eingegliedert, sondern der Verwaltung angegliedert sind.57 Diese Gremien kooperieren mit den staatlichen Stellen dadurch, dass sie die Spitze der Exekutive beratschlagen oder technische Regelwerke für die Praxis kreieren. Sie arbeiten hierbei zwar unabhängig und eigenständig, verfügen über eine eigene Geschäftstelle bzw. Verfahrensordnung und können aus Eigeninitiative tätig werden. Die Verwaltungsspitze hat aber ausreichende Einflussmöglichkeiten auf ihre Tätigkeit. So kann der Bundesumweltminister jedes Mitglied der RSKbzw. SSK-Kommission aus besonderen Gründen vorzeitig abberufen (§ 4 Abs. 3 RSK-S bzw. SSK-S), die RSK- und SSK-Kommission dürfen ohne Zustimmung des Ministers Dritten gegenüber keine Stellungnahmen oder Auskünfte abgeben (§ 11 Abs. 5 RSK-S bzw. SSK-S); auf Veranlassung des Ministers können zudem Vertreter anderer Bundes- und Landesbehörden zu den Sitzungen dieser Kommissionen eingeladen werden (§ 13 Abs. 2 RSK-S bzw. SSK-S). Der KTA ist ohnehin auch mit Vertretern staatlicher Stellen besetzt, stellt also ein öffentlich-rechtliches kondominales Gremium dar;58 zusätzlich bedürfen seine Beschlüsse grds. der 5 / 6-Mehrheit (§ 6 Abs. 3 S. 1 KTA-B), so dass eine Überstimmung der behördlichen Vertreter nicht möglich ist.59 Die Empfehlungen bzw. sicherheitstechnischen Regeln dieser Gremien haben keinerlei Bindungswirkung für Außenstehende oder Gerichte. Aufgrund ihrer Zusammensetzung als sachverständige Gremien wurde den ausgearbeiteten Empfehlungen bzw. Regeln aber früher die Rolle von antizipierten Sachverständigengutachten zugeschrieben.60 Nach der Rspr. haben diese Regeln hingegen – ähnlich 56 Vgl. ausführlich, Vieweg, Atomrecht und technische Normung, S. 102 ff.; Nolte, Rechtliche Anforderungen an die technische Sicherheit von Kernanlagen, S. 100, 105 f.; Marburger, Die Regeln der Technik im Recht, S. 106; Jarass, in: Lukes (Hrsg.), Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 367 (408, 418); Denninger, Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Normsetzung im Umwelt- und Technikrecht, S. 142 f. 57 Lamb, Kooperative Gesetzeskonkretisierung, S. 97; Denninger, Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Normsetzung im Umwelt- und Technikrecht, S. 62. 58 Zu den kondominalen Verwaltungseinheiten vgl. ausführlich oben § 2 II 1 b) dd). 59 Außerdem überprüft der Minister vor der Veröffentlichung, ob das Regelaufstellungsverfahren ordnungsgemäß verlaufen ist, vgl. Nolte, Rechtliche Anforderungen an die technische Sicherheit von Kernanlagen, S. 107; nach Vieweg, Atomrecht und technische Normung, S. 122 f. soll der Minister auch ein umfassendes inhaltliches Prüfungsrecht haben. 60 Vgl. z. B. Vieweg, Atomrecht und technische Normung, S. 171 ff.

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§ 6 Kooperation als Beteiligung sachverständiger Stellen

wie DIN-Normen – eine indizielle Bedeutung; allerdings seien die Behörden nicht verpflichtet, die Regelwerke ohne jeden Anhaltspunkt für abweichende Auffassungen in Frage zu stellen. Etwaige Zweifel an den Regeln seien insbesondere nicht dadurch angezeigt, dass kernenergiekritische Gruppierung nicht beteiligt würden.61 Damit kann durch die Rezeption der technischen Regeln eine Kooperation auf der Normanwendungsebene stattfinden.

61 BVerwG NVwZ 1989, 1145 (1146); DVBl. 1993, 1149 (1150 f.); vgl. auch Jarass, in: Lukes (Hrsg.), Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 367 (433).

§ 7 Kooperation im Rahmen dualer Entsorgungssysteme I. Die Verpackungsverordnung und das Duale System 1. Konzept und inhaltliche Ausformung Die VerpackV aus dem Jahre 19911 war das Ergebnis eines sich rapide ausweitenden Abfallaufkommens. So fielen Ende der 1980er Jahre durchschnittlich 32 Mio. t Hausmüll und hausmüllähnliche Gewerbeabfälle an. Vor allem die Verpackungsabfälle hatten einen beträchtlichen Anteil an der Abfallgesamtmenge. Sie bildeten mit ca. 50% nach dem Volumen und ca. 30% nach dem Gewicht den bedeutendsten Bestandteil des Hausmülls.2 Im Gegensatz zur stetig wachsenden Abfallmenge reduzierte sich aber der den öffentlichen Entsorgungsträgern zur Verfügung stehende Deponieraum. Sowohl die Erschließung neuer Abfalldeponien als auch die thermische und energetische Verwertung erwiesen sich nicht als tragfähige Lösungen zur Überwindung des Abfallproblems. Beide Wege hatten mit Akzeptanzproblemen in der Öffentlichkeit zu rechnen, insbesondere wegen der auch in den modernen Müllverbrennungsanlagen emittierten chemischen Gase wie Kohlendioxid oder Stickoxide.3 Deswegen setzte bereits § 1a AbfG die Prioritäten auf die Vermeidung und Verwertung von Abfällen. Die VerpackV 1991, die auf der Grundlage des früheren § 14 Abs. 2 S. 3 AbfG erging,4 formulierte als abfallwirtschaftliche Ziele die Herstellung umweltverträglicher Verpackungen und die Vermeidung von Verpackungsabfällen durch die stoffliche Wiederverwertung von Verpackungen.5 Dadurch sollte der Produzent mit den von ihm verursachten Abfällen konfrontiert werden, um selbst Anstrengungen zur Abfallvermeidung und Wiederverwertung zu unternehmen.6 Es sollte also der Weg von der „Wegwerfgesellschaft zur Kreislaufwirtschaft“ beschritten werden. Dieses Konzept war nicht ineffektiv: So ging z. B. der Verbrauch von Einwegverpackungen in den Jahren 1991 – 1997 1 Verordnung über die Vermeidung von Verpackungsabfällen (Verpackungsverordnung – VerpackV) vom 12. Juni 1991 (BGBl. I S. 1234). 2 Strecker / Berndt, Kommentar zur Verpackungsverordnung, S. 21 f.; statistischer Überblick über die Situation in der Abfallwirtschaft insbesondere in den achtziger Jahren bei Rummler / Schutt, Verpackungsverordnung, S. 11 ff. 3 Vgl. Ahlheim, StWStP 1993, 348 (349 f.); Finckh, Regulierte Selbstregulierung im Dualen System, S. 49 f. 4 Zur Entstehungsgeschichte vgl. z. B. Versteyl, NVwZ 1991, 848 ff.; Struß, Abfallwirtschaftsrecht, S. 86 ff. 5 § 1 VerpackV 1991. 6 Vgl. Römer, ZfU 1994, 75 (78).

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um 1,3 Mio. t zurück. Durch die Etablierung des Dualen Systems wurden zudem in den Jahren 1993 – 1997 etwa 25 Mio. t Verkaufsverpackungen einer stofflichen Verwertung zugeführt.7 Auch die VerpackV 19988, die zuletzt im Jahre 2005 novelliert wurde,9 verfolgt die Ziele der Vermeidung, Wiederverwendung und stofflichen Verwertung von Verpackungen.10 In erster Linie werden darin Rücknahmepflichten für Hersteller bzw. Vertreiber einzelner Verpackungsarten statuiert. Die Rücknahmepflichten betreffen insbesondere Transportverpackungen (§ 4 VerpackV), Umverpackungen (§ 5 VerpackV) und Verkaufsverpackungen (§ 6 VerpackV). So müssen nach § 6 Abs. 1 VerpackV Vertreiber von Verkaufsverpackungen vom Verbraucher gebrauchte Verpackungen am Ort der tatsächlichen Übergabe oder in dessen Nähe unentgeltlich zurücknehmen und einer Verwertung zuführen. Die gleiche Pflicht trifft die Hersteller von Verpackungen hinsichtlich der von den Vertreibern zurückgenommenen Verpackungen (§ 6 Abs. 2 VerpackV). Dabei war dem Verordnungsgeber von Anfang an klar, dass die ordnungsrechtlichen Grundpflichten lediglich als „Bedrohungsinstrument“ fungierten, da eine umfassende Rücknahmepflicht vor allem die Einzel- und Kleinhändler vor unlösbare logistische Aufgaben stellen würde, die mit beträchtlichen Kostenbelastungen verbunden wären.11 Deswegen bietet der Verordnungsgeber die Möglichkeit, dass die Hersteller und Vertreiber von ihren Rücknahmepflichten entbunden werden, wenn sie sich an einem System beteiligen, das flächendeckend im Einzugsgebiet des Vertreibers12 eine regelmäßige Abholung gebrauchter Verkaufsverpackungen beim privaten Endverbraucher oder in dessen Nähe gewährleistet (§ 6 Abs. 3 S. 1 VerpackV). Zusätzlich muss das System bestimmte, in Anhang I zur VerpackV definierte Verwertungsquoten erfüllen, wobei es entscheidend auf die stofflichen Verwertungsmethoden ankommt. Die Verwertungsquote beträgt beispielsweise für Glas 75 %, für Weißblech 70% und für Papier, Pappe sowie Karton 70%. Für Getränke in Einweggetränkeverpackungen wird der Vertreiber nach der jüngsten Novellierung grds. verpflichtet, vom Abnehmer ein Pfand in Höhe von mindestens 0,25 Euro je Verpackung zu erheben (§ 8 Abs. 1 VerpackV). Ausnahmen gelten prinzipiell nur für ökologisch vorteilhafte Einweggetränkeverpackungen im Sinne von § 3 Abs. 4 VerpackV, soweit sich deren Hersteller und Vertreiber an einem System nach § 6 Abs. 3

BReg, BT-Drucks. 13 / 10943, S. 13. Vgl. dazu z. B. Sproll, UPR 1999, 129 ff.; Koch, NVwZ 1998, 1155 ff.; Michaelis, UPR 1998, 210 (215 f.). 9 Verordnung über die Vermeidung und Verwertung von Verpackungsabfällen (Verpackungsverordnung –VerpackV) vom 21. August 1998 (BGBl. I S. 2379), zuletzt geändert durch Verordnung vom 24. 5. 2005 (BGBl. I S. 1407). 10 § 1 S. 2 VerpackV 1998. 11 Vgl. Hansmeyer, Wirtschaftsdienst 1993, 232 (233). 12 D.h. im Gebiet des Landes, in dem die Waren in Verpackungen in Verkehr gebracht werden, § 3 Abs. 10 VerpackV. 7 8

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VerpackV beteiligen (§ 8 Abs. 2 VerpackV). Die Vorschrift über die Mehrwegquote bei Getränkeverpackungen (§ 9 Abs. 2 VerpackV a.F.) ist weggefallen.13 Um das genannte flächendeckende System zu realisieren, wurde am 28. 9. 1990 die „Duales System Deutschland Gesellschaft für Abfallvermeidung und Sekundärrohstoffgewinnung mbH“ gegründet,14 deren Mitglieder aus der Vormaterial-, Verpackungs-, Konsumgüterproduktion und dem Handel stammen. Die DSDGmbH ist 1997 in eine AG umgewandelt worden. Die tragenden Elemente des DS sind ein haushaltsnahes Erfassungssystem für Verpackungen, ein geschlossenes Verwertungssystem und ein Finanzierungssystem durch den Grünen Punkt.15 Das Erfassungssystem wird durch die DSD-AG organisiert, die verschiedene Entsorgungsverträge mit kommunalen und privaten Abfallentsorgern geschlossen hat.16 Da das DS auf vorhandene Sammel- und Verwertungssysteme der öffentlichen-rechtlichen Entsorgungsträger abzustimmen ist (§ 6 Abs. 3 S. 4 VerpackV), übernehmen in der Praxis bereits vorhandene kommunale Entsorgungsunternehmen gegen ein entsprechendes Entgelt die Sammlung von Altglas und Papier. Für die weiteren Verpackungsmaterialien, die mit dem „Grünen Punkt“ versehen sind, wurde ein Hol- bzw. Bringsystem installiert. Dabei sollen die Verpackungen in einer „gelben Tonne“ bzw. in einem „gelben Sack“ haushaltsnah eingesammelt (Holsystem) oder in gelben Sammelcontainern erfasst (Bringsystem)17 und in Sortieranlagen getrennt werden. Die getrennten Verkaufsverpackungen werden sog. Garantiegebern bzw. den von ihnen gegründeten Verwertungsunternehmen zur Verfügung gestellt. Garantiegeber sind die Verpackungshersteller, die sich verpflichten, die von ihnen hergestellten Materialien zurückzunehmen und stofflich zu verwerten. Insgesamt gibt es für sechs unterschiedliche Bereiche Garantiegeber: Glas, 13 Vgl. zu den gerichtlichen Auseinandersetzungen vor der Novellierung, die durch das Unterschreiten der Mehrwegquote ausgelöst wurden, z. B. BVerfG NVwZ 2003, 187; NVwZ 2003, 188; s. ferner auch Koch / Reese, NVwZ 2002, 1420 ff.; Werner, NVwZ 2004, 431 ff.; zur Vereinbarkeit von §§ 8 Abs. 1, 9 Abs. 2 VerpackV a.F. mit der RL 94 / 62 / EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 20. Dezember 1994 über Verpackungen und Verpackungsabfälle (ABl. 1994, Nr. L 365, S. 10) und Art. 28 EG s. EuGH, Rs. C-309 / 02, – „Radlberger Getränkegesellschaft / Land Baden-Württemberg“, NVwZ 2005, 190 ff.; Rs. C-463 / 01 – „Kommission / Deutschland“, NVwZ 2005, 194 ff. 14 Vgl. zur Funktionsweise und Organisation des DS Thomé-Kozmiensky, Die Verpackungsverordnung, S. 88 ff.; Peine, in: Schmidt (Hrsg.), Öffentliches Wirtschaftsrecht, BT 2, § 13 Rn. 119 ff.; Thomsen, Produktverantwortung, S. 94 ff.; Flanderka, BB 1996, 649 ff.; Struß, Abfallwirtschaftsrecht, S. 90 ff.; Finckh, Regulierte Selbstregulierung im Dualen System, S. 57 ff.; Ahlheim, StWStP 1993, 348 (375 ff.); Schmidt-Preuß, in: FS Lieberknecht, S. 549 (553 f.); Römer, ZfU 1994, 75 (78 ff.); Hecht / Werbeck, ZfU 1995, 49 (61 ff.); Rummler / Schutt, Verpackungsverordnung, S. 32 ff.; Michaelis, UPR 1998, 210 (212 f.); Klowait, Die Beteiligung Privater an der Abfallentsorgung, S. 163 ff. 15 Vgl. Strecker / Berndt, Kommentar zur Verpackungsverordnung, S. 88. 16 Zum Vertragssystem zwischen den Packmittelherstellern, dem DSD, den Verwertungsgesellschaften und den privaten bzw. kommunalen Entsorgungsunternehmen vgl. Römer, ZfU 1994, 75 (80 ff.); Hecht / Werbeck, ZfU 1995, 49 (62). 17 Vgl. Anhang I Nr. 3 Abs. 1 VerpackV.

13 Shirvani

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Weißblech, Aluminium, Getränkekartons, Kunststoffe, sonstige Verbunde. Die Kosten, die für den Transport, die Aufbereitung und das Recycling entstehen, tragen die Verpackungshersteller, die veranlasst werden, das Material möglichst recyclebar herzustellen und überflüssiges Verpackungsmaterial zu vermeiden. Die Finanzierung des DS erfolgt über Zeichennutzungsverträge zwischen der DSD-AG und einem Antragsteller.18 Dieser ist in der Regel der Konsumgüterhersteller (sog. Abfüller), bei handelseigenen Marken das jeweilige Handelsunternehmen, im Übrigen der Verpackungshersteller. Der Antragsteller darf seine Verpackung mit dem „Grünen Punkt“ kennzeichnen, wenn er eine Abnahme- und Verwertungsgarantie für das jeweilige Verpackungsmaterial vorlegt, so dass nur für solches Material dieses Zeichen verwendet werden darf, das zur stofflichen Verwertung außerhalb der öffentlichen Entsorgung geeignet ist. Bei der Mehrzahl der Verpackungen liegt eine pauschale Garantieerklärung der Packmittelhersteller vor; deshalb kann der Verwender dieser Verpackungen ohne weitere Nachweise einen Zeichennutzungsvertrag abschließen. Dafür muss der Verwender ein Lizenzentgelt je Verpackungseinheit entrichten, das die Organisation des DS finanziert. Das Lizenzentgelt wiederum wird als Zusatzposten im Produktpreis berücksichtigt und auf den Verbraucher abgewälzt.

2. Die abfallrechtlichen Zielfestlegungen Bereits durch den früheren § 14 Abs. 2 S. 1 AbfG wurde der Bundesregierung die Option eröffnet, zur Vermeidung und Verringerung von Abfallmengen binnen angemessener Frist zu erreichende Ziele zur Vermeidung, Verringerung oder Verwertung von Abfällen festzulegen. Die Zielfestlegung war ein Alternativ- oder Vorschaltverfahren zum Verfahren des Erlasses einer Rechtsverordnung nach § 14 Abs. 2 S. 3 AbfG.19 Dadurch sollten gegenüber den Beteiligten aus der Industrie und dem Handel klare Handlungsvorgaben erfolgen, wobei es zunächst diesen überlassen wurde, die marktwirtschaftlich geeignetsten Maßnahmen zu treffen. Darüber hinaus sollte das genannte Instrument einen Schub leisten, um die abfallrechtlichen Ziele zu erreichen; außerdem war es Intention des Normgebers, das Kooperationsprinzip zu verwirklichen.20 Diese in der deutschen Gesetzgebungstechnik bislang wenig praktizierte Regelungsform21 wurde auch in § 25 Abs. 1 KrW- / AbfG aufgenommen und qualitativ ausgedehnt. Die Ziele werden demnach im Hinblick auf die freiwillige Rücknahme von Abfällen festgelegt und beschränken sich nicht mehr auf die Abfallvermeidung oder -verminderung, sondern kön18 Das Muster eines Zeichennutzungsvertrages ist abgedruckt bei Rummler / Schutt, Verpackungsverordnung, Anhang 7.6. 19 Kloepfer, JZ 1991, 737 (740). 20 BT-Drucks. 10 / 5656, S. 74, 78. 21 Versteyl, in: Kunig / Schwermer / Versteyl, AbfG, § 14 Rn. 6.

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nen auch die Verringerung der Schadstoffhaltigkeit von Abfällen betreffen.22 Noch einen Schritt weiter würde § 34 Abs. 1 UGB-KomE gehen, der für die freiwillige Erfüllung von Anforderungen zur Vorsorge gegen Umweltrisiken, die Gegenstand handlungs- bzw. produktbezogener Verordnungen gem. § 13 UGB-KomE sein können, die Bekanntgabe von Zielfestlegungen vorsieht. Die Zielfestlegung ist ein Instrument der kooperativen Steuerung.23 Sie arbeitet im Bereich der Vorsorge gegen umweltgefährdende Risiken nicht mit ordnungsrechtlichen Ge- und Verboten durch den Verordnungsgeber, sondern bietet einen Anreiz, zur Realisierung eines bestimmten Ziels durch Eigeninitiative tätig zu werden und staatliche Interventionen in komplexe Systeme überflüssig zu machen.24 Dabei versucht die Exekutive das Einverständnis des Steuerungsadressaten und seine daraus resultierende Folgebereitschaft dadurch zu gewinnen,25 dass diesem die Möglichkeit geboten wird, die umweltrechtlichen Ziele freiwillig und nach ökonomischen Grundsätzen zu verwirklichen. Es handelt sich aber nicht in dem Sinne um eine vollkommen offene Zielvorgabe, dass der Staat sich um die Modalitäten privater Eigenregulierung nicht kümmern würde. Die als Zielfestlegungen erfolgenden Rahmenbedingungen können neben Rücknahmequote, Verwertungsanteil und Festlegung einer Frist zur Zielerreichung auch Systemvorgaben beinhalten, die bis zum Aufbau privater Rücknahme-, eben dualer Systeme, reichen.26 Damit enthält dieses Kooperationskonzept zwei Elemente. Einerseits beinhaltet es das Element der Freiwilligkeit, das den Beteiligten eine Handlungsoption eröffnet, insbesondere da sie rechtlich nicht verpflichtet werden, die hoheitlichen Vorgaben zu erfüllen und auf das staatliche Angebot einzugehen. Andererseits versucht die Exekutive, falls die Privaten sich zu eigenen umweltgerechten Handlungen bereit Vgl. Versteyl, in: Kunig / Paetow / Versteyl, KrW- / AbfG, § 25 Rn. 1. In diesem Sinne Klages, Vermeidungs- und Verwertungsgebote als Prinzipien des Abfallrechts, S. 74; Franzius, Die Herausbildung der Instrumente indirekter Verhaltenssteuerung im Umweltrecht der Bundesrepublik Deutschland, S. 187; Versteyl, in: Kunig / Paetow / Versteyl, KrW- / AbfG, § 25 Rn. 1; Atzpodien, DVBl. 1990, 559 f.; ders., UPR 1990, 7 (8, 10, 12); Illig, Das Vorsorgeprinzip im Abfallrecht, S. 210 ff.; Kloepfer, Umweltrecht, § 4 Rn. 61; Struß, Abfallwirtschaftsrecht, S. 137; Spies, StWStP 1994, 267 (279); als Ausdruck des Kooperationsprinzips sieht ferner das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.), UGB-KomE, S. 506 die neuen Formen der Rechts- und Regelsetzung an, darunter auch die Zielfestlegung; gegen eine Einordnung als kooperatives Steuerungsinstrument Fluck, in: Huber (Hrsg.), Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 85 (96 f.); Bauernfeind, Rücknahme- und Rückgabepflichten im Umweltrecht, S. 171 f.; Jekewitz, DÖV 1990, 51 (55 f.). 24 Vgl. Atzpodien, UPR 1990, 7. 25 Vgl. hierzu und zu weiteren Gründen für die staatliche Steuerung durch offene Zielvorgaben Lange, VerwArch 82 (1991), 1 (6 ff.); dabei zählt Lange zu diesem staatlichen Steuerungstypus neben den informalen Absprachen auch die Kompensationsmodelle, Umweltabgaben und die Übermittlung von Informationen. 26 Vgl. Hoffmann, in: Jarass / Ruchay / Weidemann (Hrsg.), KrW- / AbfG, Bd. II, § 25 Rn. 22; Franzius, Die Herausbildung der Instrumente indirekter Verhaltenssteuerung im Umweltrecht der Bundesrepublik Deutschland, S. 188. 22 23

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erklären, diese durch organisatorische Vorgaben zu bündeln und in eine bestimmte Richtung zu lenken. Die Exekutive kann aber darüber hinaus die Effektivität der Zielfestlegungen sicherstellen, indem sie für den Fall der Zielverfehlung mit strengeren Maßnahmen, insbesondere mit dem Erlass von Rechtsverordnungen gem. § 24 Abs. 1 KrW- / AbfG, droht und damit dieses Instrument zu einer „formalisierten Drohgebärde“ macht.27 Bei den Zielfestlegungen handelt es sich weder um Rechtsverordnungen noch um Allgemeinverfügungen. Sie sind auch keine Sonderform informalen Verwaltungshandelns, da sie gesetzlich fixiert sind und nicht im Alternativverhältnis zu rechtlich geregelten Handlungsformen stehen.28 Zielfestlegungen stellen vielmehr in erster Linie politische Gestaltungsakte der Exekutive dar, die insofern keine rechtliche Bindungswirkung haben, als die Adressaten nicht verpflichtet sind, den Zielvorgaben nachzukommen. Deswegen werden sie als „Instrument umweltrechtlicher Planung“, „schlichter Regierungsbeschluss“ oder „schlichthoheitliches Handeln“ bezeichnet.29 Sie gehen nämlich auf staatliche Initiative zurück und werden einseitig hoheitlich statuiert, wobei die Exekutive die beteiligten Kreise zuvor anzuhören hat (vgl. § 25 Abs. 1 S. 1 KrW- / AbfG). Zudem haben sie regelungsvermeidende Intention, da sich im Idealfall der Erlass von Rechtsverordnungen durch die Übernahme privater Eigenverantwortung erledigt. Im Übrigen sind sie zwar nicht ein Instrument direkter Verhaltenssteuerung, können aber im Einzelfall eine nicht unbeträchtliche influenzierende Wirkung auf Hersteller, Vertreiber und Verbraucher erzeugen, zählen mithin zu den flexiblen Instrumenten des Umweltrechts.30 Der früher unter Geltung des § 14 Abs. 2 AbfG geführte Streit,31 ob eine Zielfestlegung etwa aus Gründen der Verhältnismäßigkeit bzw. Erforderlichkeit dem Erlass einer Verordnung vorzugehen hat, hat sich seit dem Inkrafttreten des KrW- / AbfG entschärft. Die §§ 24 Abs. 1, 25 Abs. 1 KrW- / AbfG geben der Bundesregierung alternativ die Möglichkeit, entweder Zielfestlegungen zur freiwilligen Rücknahme zu treffen und bei einem Scheitern den Verordnungsweg zu beschreiten oder direkt durch Rechtsverordnung Rücknahmepflichten und Rücknahmesysteme vorzuschreiben.32 Beschreitet die Bundesregierung den ersten Weg, stellt sich alVersteyl, in: Kunig / Paetow / Versteyl, KrW- / AbfG, § 25 Rn. 7. Vgl. zu den einzelnen Merkmalen informalen Verwaltungshandelns § 8 I. 29 Vgl. Illig, Das Vorsorgeprinzip im Abfallrecht, S. 216 ff.; Klages, Vermeidungs- und Verwertungsgebote als Prinzipien des Abfallrechts, S. 75; Struß, Abfallwirtschaftsrecht, S. 134 ff.; Jekewitz, DÖV 1990, 51 (56 f.); Atzpodien, UPR 1990, 7 (9); Kloepfer, Umweltrecht, § 20 Rn. 136; Rehbinder, in: Rengeling (Hrsg.), Kreislaufwirtschafts- und Abfallrecht, S. 109 (114); Hoffmann, in: Jarass / Ruchay / Weidemann (Hrsg.), KrW- / AbfG, Bd. II, § 25 Rn. 25, 29. 30 In diesem Sinne Rehbinder, in: Rengeling (Hrsg.), Kreislaufwirtschafts- und Abfallrecht, S. 109 (113). 31 Vgl. Thomé-Kozmiensky, Die Verpackungsverordnung, S. 53 f.; Bauernfeind, Rücknahme- und Rückgabepflichten im Umweltrecht, S. 170 ff.; Rehbinder, in: Rengeling (Hrsg.), Kreislaufwirtschafts- und Abfallrecht, S. 109 (114); Klages, Vermeidungs- und Verwertungsgebote als Prinzipien des Abfallrechts, S. 75 ff.; Atzpodien, DVBl. 1990, 559. 27 28

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lerdings die Frage nach der Bindungswirkung, insbesondere ob und inwiefern die Bundesregierung von den vorher bekannt gegebenen Zielfestlegungen abweichen darf. Dabei kann nicht mit dem Hinweis auf die „Unverbindlichkeit“ der Zielfestlegung jegliche Bindungswirkung abgelehnt werden, da es keinen Grundsatz der Unverrückbarkeit der Beschlüsse der Bundesregierung gebe.33 Aus dem kooperativen Charakter der Vorschrift folgen nämlich bestimmte Konsequenzen für das Verhalten der Bundesregierung, insbesondere in ihrer Eigenschaft als Verordnungsgeber.34 Dadurch, dass die Bundesregierung die beteiligten Kreise anhört, die Festlegungen im Bundesanzeiger veröffentlicht (§ 25 Abs. 1 S. 2 KrW- / AbfG), ferner Fristen festsetzt, innerhalb derer die Ziele zu verwirklichen sind, und genauere quantitative (Rücknahmequoten) sowie bisweilen organisatorische (Rücknahmesysteme) Vorgaben machen kann, erweckt sie ein Vertrauen in die Erfüllbarkeit der abfallrechtlichen Ziele durch das bekanntgegebene Rücknahmekonzept. Wenn die Hersteller und Vertreiber sich auf dieses Kooperationsangebot einlassen und zielkonforme Rücknahmeaktivitäten innerhalb des ihnen zur Verfügung stehenden Zeitkorridors unternehmen, dann können sie darauf vertrauen, dass ihr Kooperationspartner nicht aus sachfremden Gründen oder vor Fristablauf durch weitere Zielfestlegungen bzw. durch Rechtsverordnung rigidere Anforderungen aufstellt. Aus dem Kooperationsverhältnis und dem Vertrauensschutzgedanken folgen demnach besondere Verhaltenspflichten der Kooperationspartner.35 Der Vertrauensschutzgrundsatz zeigt aber auch die Ausnahmen auf. Wenn die Hersteller sich weigern, die erforderlichen Maßnahmen zur Verwirklichung der abfallrechtlichen Ziele rechtzeitig vorzunehmen oder wenn die der Zielfestlegung zugrunde liegenden Tatsachen (z. B. aufgrund neuerer Erkenntnisse über die Gefährlichkeit der Produkte) sich ändern, dann kann die Bundesregierung bereits vor dem Ablauf der gesetzten Frist eine Rechtsverordnung gem. § 24 Abs. 1 KrW- / AbfG erlassen. Ein schutzwürdiges Vertrauen besteht in diesen Fällen nicht mehr.36

32 Zu Letzterem vgl. § 24 Abs. 1 Nr. 2 KrW- / AbfG; etwas anderes mag aber für die Fälle gelten, in denen ein freiwilliges Rücknahmesystem installiert ist und nachweisbar geplante Zielvorgaben erfüllt, hierzu Hoffmann, DVBl. 1996, 347 (352). 33 Jekewitz, DÖV 1990, 51 (57). 34 Vgl. zur Bindungswirkung Illig, Das Vorsorgeprinzip im Abfallrecht, S. 226 ff.; Franzius, Die Herausbildung der Instrumente indirekter Verhaltenssteuerung im Umweltrecht der Bundesrepublik Deutschland, S. 189 f.; Thomsen, Produktverantwortung, S. 158 f.; Struß, Abfallwirtschaftsrecht, S. 136 f.; Kloepfer, Umweltrecht, § 20 Rn. 136; ders., JZ 1991, 737 (740 f.); Schutt, NVwZ 1991, 10 (14); den kooperativen Charakter und den Gedanken der Selbstbindung der Verwaltung stellt auch Atzpodien, UPR 1990, 7 (12) heraus; vgl. ferner ders., DVBl. 1990, 559 (560). 35 Vgl. zum Vertrauensschutzgrundsatz ausführlich § 10 IV 3. 36 Einen weiteren Begründungsansatz liefert Klages, Vermeidungs- und Verwertungsgebote als Prinzipien des Abfallrechts, S. 77 f., der auf den Gedanken der Systemgerechtigkeit von Rechtsnormen abstellt: Der Normgeber müsse an die von ihm geschaffene Systematik gebunden sein. Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, S. 7 (32) charakterisiert

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3. Die Verbindung von ordnungsrechtlichen Grundpflichten und kollektiver Selbstorganisation Die VerpackV und das DS haben seit ihrer Entstehung eine lebhafte wissenschaftliche Debatte über ökonomische und juristische Fragen ausgelöst. Während zu Beginn der Auseinandersetzung auf dem juristischen Gebiet schwerpunktmäßig über die Rechtsstellung des DS, verfassungs- und kartellrechtliche Probleme diskutiert wurden,37 entfachte sich nach der Entscheidung des BVerfG zu den kommunalen Verpackungsteuern38 ein intensiver Streit über das von der VerpackV verfolgte Konzept. Dieser Streit rührte nicht zuletzt daher, dass das BVerfG in einem ohnehin überaus sensiblen Bereich des Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts für viele überraschend das Kooperationsprinzip entdeckte und daraus weitreichende Konsequenzen für Lenkungsteuern zog. In der zitierten Entscheidung erklärte das BVerfG die Verpackungsteuer der Stadt Kassel für verfassungswidrig und begründete dies u. a. mit diesen Argumenten: Die Verpackungsteuer als örtliche Verbrauchsteuer39 im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG sei eine grds. zulässige Lenkungsteuer, die Lenkungswirkungen in einem nicht steuerlichen Kompetenzbereich, also auf dem Gebiet des Abfallrechts, entfalte. Dazu sei eine zur Steuergesetzgebung hinzutretende Sachkompetenz nicht erforderlich. Allerdings dürfe der Steuergesetzgeber die vom Sachgesetzgeber getroffenen Entscheidungen nicht durch Lenkungsteuern verfälschen, deren verhaltensbestimmende Wirkungen dem Regelungskonzept des Sachgesetzgebers zuwiderliefen.40 Die Verpackungsteuer widerspreche aber dem gesetzlichen Kooperationskonzept des Bundesabfallrechts. Dabei müsse zwischen „zielgebundener Kooperation“ und „zielorientierter steuerlicher Verhaltenslenkung“ unterschieden werden. Die steuerliche Lenkung sei mit der Offenheit, Gegenseitigkeit und Nachhaltigkeit des Kooperationskonzeptes des Abfallrechts nicht vereinbar, da die Grundentscheidung des Gesetzgebers darin liege, die Zielkonkretisierung – Vermeidung von Verpackungen – und die Auswahl der dafür geeigneten Mittel den zutreffend die Zielfestlegung als erste Stufe eines gestuften Steuerungsinstruments, die für ihre Laufzeit den administrativen Rückgriff auf das Instrument der zweiten Stufe (also die Rechtsverordnung) suspendiere; in diesem Sinne auch Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (188); vgl. auch Hoffmann, in: Jarass / Ruchay / Weidemann (Hrsg.), KrW- / AbfG, Bd. II, § 25 Rn. 28. 37 Vgl. exemplarisch Thomé-Kozmiensky, Die Verpackungsverordnung, S. 23 ff., 55 ff.; Di Fabio, NVwZ 1995, 1 ff.; Frenz, GewArch 1994, 145 ff.; Scholz / Aulehner, BB 1993, 2250 ff.; Finckh, Regulierte Selbstregulierung im Dualen System, S. 177 ff.; Schmidt-Preuß, in: FS Lieberknecht, S. 549 ff. 38 BVerfGE 98, 106. 39 Die Stadt Kassel erhob seit dem 1. 7. 1992 eine Steuer auf nicht wiederverwendbare Verpackungen und nicht wiederverwendbares Geschirr, sofern darin Speisen und Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle verkauft wurden. Steuerschuldner waren die Endverkäufer der Speisen und Getränke, vgl. BVerfGE 98, 106 (107). 40 BVerfGE 98, 106 (118 f.), sog. Gebot der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung.

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„beteiligten Kreisen“ zu überlassen.41 Während die abfallgesetzliche Kooperation darauf gerichtet sei, möglichst alle Verantwortlichen zu einer koordinierten Vermeidung von Verpackungen in die Pflicht zu nehmen, wirke die steuerliche Lenkung nur auf ein individuelles Verhalten ein, könne aber die Erreichung des abfallrechtlichen Gesamtziels nicht sicherstellen.42 Diese Entscheidung rief vielfach Kritik hervor.43 Umstritten ist nämlich nach wie vor zum einen die Konstruktion des „Gebots der Widerspruchsfreiheit“ der Rechtsordnung, insbesondere die Frage seiner verfassungsrechtlichen Herleitung.44 Zum anderen gehen die Meinungen zwischen der herrschenden Rechtsauffassung in der Literatur45 und dem BVerfG bei der Beurteilung der Frage auseinander, ob die VerpackV Ordnungsrecht darstellt oder Ausdruck einer kooperativen Regulierungsstrategie ist und ob das Abfallrecht vom Kooperationsprinzip dergestalt beherrscht wird, dass weitere Instrumente indirekter Verhaltenssteuerung, speziell also Lenkungsteuern, ausgeschlossen werden. Ein Hauptargument der Kritiker der Entscheidung besteht darin, dass „Kooperation“ ein äußerst unbestimmter und vager Begriff sei, der verschiedene Interpretationen zulasse. Kooperation stelle am ehesten einen umweltpolitischen Begriff, keinen Rechtsbegriff dar.46 Kooperative Steuerung im Verpackungsbereich sei bereits durch die umweltpolitischen Zielfestlegungen nach dem früheren § 14 Abs. 2 S. 1 AbfG erfolgt, die vor Erlass der VerpackV an das freiwillige Verhalten der gesellschaftlichen Kräfte appelliert hätten. Die VerpackV müsse aber als ein Ergebnis des Scheiterns der langjährigen Kooperationsbemühungen und damit steuerungstheoretisch als Ordnungsrecht angesehen werden.47 BVerfGE 98, 106 (121 f., 130 f.). BVerfGE 98, 106 (131). 43 Aus der Fülle der Urteilsbesprechungen vgl. Bothe, NJW 1998, 2333 ff.; Schmidt / Diederichsen, JZ 1999, 37 ff.; Sendler, NJW 1998, 2875 ff.; ders., NJ 1998, 365 f.; Lege, Jura 1999, 125 ff.; Murswiek, DV 33 (2000), 241 ff.; Weidemann, DVBl. 1999, 73 ff.; Schrader, ZUR 1998, 152 ff.; Koch, NuR 2001, 54 ff.; ders., NVwZ 1998, 1155 (1157 f.); Zugmaier, BayVBl. 1998, 592 f.; Franzius, AöR 126 (2001), 403 (414 ff., 422 ff.); Führ, KJ 1998, 503 ff.; vgl. auch Kloepfer, in: ders. (Hrsg.), Abfallrecht und Föderalismus, S. 13 (25 f.); Michael, Rechtsetzende Gewalt im kooperierenden Verfassungsstaat, S. 286 ff.; Jarass, UPR 2001, 5 ff.; Voßkuhle, ZUR 2001, 23 (27 f.); ders., VerwArch 92 (2001), 184 (204); Papier, UTR Bd. 55 (2001), S. 11 (25 ff.); Reese, ZUR 2001, 14 (16 ff.). 44 Hierzu einerseits Führ, KJ 1998, 503 ff.; Sendler, NJW 1998, 2875 ff.; andererseits Sodan, JZ 1999, 864 ff.; Frenz, DÖV 1999, 41 ff.; vgl. ferner § 9 IV 3. 45 Eher Zustimmung findet das Urteil dagegen bei Di Fabio, NVwZ 1999, 1153 ff.; Sodan, JZ 1999, 864 ff.; Klöck, NuR 2001, 1 (4 f.); teilweise zustimmend, insbesondere mit einer verfassungsrechtlichen Untersuchung zum Prinzip widerspruchsfreier Normsetzung Frenz, DÖV 1999, 41 ff.; vgl. auch Konrad, DÖV 1999, 12 ff. 46 Sendler, NJ 1998, 365 im Anschluss an Rengeling, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 13; vgl. auch Koch, NuR 2001, 541 (549). 47 Schrader, ZUR 1998, 152 (154); Bothe, NJW 1998, 2333 (2334); Koch, NuR 2001, 541 (544, 546); ders., NVwZ 1998, 1155 (1156, Fn. 16); Schmidt / Diederichsen, JZ 1999, 37 (39). Eine weitere Kritik richtet sich gegen die Entgegensetzung von Kooperation einerseits 41 42

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Der wesentliche Bestandteil der Kritik resultiert daraus, dass das BVerfG nicht zwischen der von AbfG und VerpackV verfolgten Steuerungsstrategie, die kooperative Elemente beinhaltet, und dem Kooperationsprinzip differenziert. Vielmehr spricht das BVerfG zunächst abstrakt von Eigenschaften kooperativer Verwaltungsverfahren,48 behandelt später die Kooperationselemente, die im AbfG und in der VerpackV verwirklicht worden sind,49 und erhebt diese Kooperationsmerkmale ohne weitere dogmatische Auseinandersetzung zu einem einheitlichen „Konzept“ bzw. „Prinzip“ des gesamten Abfallrechts.50 Dadurch gerät der gesamte Argumentationsstrang in eine Schieflage, auch wenn einzelne Überlegungen – entgegen der Kritik – für die Kooperationsdiskussion fruchtbar sind. Der Gesetzgebungsprozess, der zur Entstehung des früheren § 14 AbfG führte, sowie die Gesetzgebungsmaterialien zeigen, dass der Normgeber eine kooperative Regulierungsstrategie verfolgte. Da effiziente Schritte zur Vermeidung und Verwertung von Abfällen kaum gegen den Widerstand der beteiligten Kreise, also Produzenten, Handel und Verbraucher, vorgenommen werden konnten, wurde auf Kooperation mit diesen gesetzt. Durch die Kombination von Zielfestlegungen (§ 14 Abs. 2 S. 1 AbfG) und Verordnungsermächtigung (§ 14 Abs. 2 S. 3 AbfG) sollte für freiwillige Absprachen mit marktführenden Unternehmen ein geeigneter Rahmen geschaffen werden.51 Da die von der Bundesregierung erlassenen Zielfestlegungen für Getränkeverpackungen52 und Verkaufsverpackungen aus Kunststoff53 nicht den gewünschten Erfolg herbeiführten, ging die Bundesregierung dazu über, interventionistische Maßnahmen zu ergreifen, um die Ziele der Abfallvermeidung und -verwertung zu erreichen.54 Allerdings ist zweifelhaft, ob das in der VerpackV verwirklichte Regulierungsmodell reines Ordnungsrecht ohne kooperative Strategie darstellt.55

und Lenkungsteuern andererseits; insbesondere sei die Flankierung gesetzlich eingeräumter Wahlfreiheiten des Steuerungsadressaten durch abgabenrechtliche Lösungen nicht unzulässig, so Franzius, AöR 126 (2001), 403 (427, 432). 48 Vgl. BVerfGE 98, 106 (122). 49 Vgl. BVerfGE 98, 106 (126 ff.). 50 Die Terminologie des BVerfG ist nicht einheitlich, vgl. BVerfGE 98, 106 (127, 131): „Konzept“ bzw. „Konzeption“; BVerfGE 98, 106 (121, 128): „Kooperationsprinzip“. 51 Vgl. zum kooperativen Charakter des § 14 Abs. 2 S. 1 AbfG oben § 7 I 2; vgl. weiterhin BT-Drucks. 11 / 756, S. 12, 15 f.; BT-Drucks. 10 / 2885, S. 18. 52 Zielfestlegungen zur Vermeidung, Verringerung oder Verwertung von Abfällen aus Verpackungen für Getränke vom 26. 4. 1989 (BAnz. 1989, S. 2237, 2733). 53 Zielfestlegungen zur Vermeidung, Verringerung oder Verwertung von Abfällen von Verkaufsverpackungen aus Kunststoff für Nahrungs- und Genussmittel sowie Konsumgüter vom 17. 1. 1990 (BAnz. 1990, S. 513). 54 Vgl. Spies, StWStP 1994, 267 (280); Finckh, Regulierte Selbstregulierung im Dualen System, S. 55. 55 So nachdrücklich Koch, NuR 2001, 541 (544 ff.).

I. Die Verpackungsverordnung und das Duale System

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Gegen eine solche Deutung spricht die beim Erlass der VerpackV 1991 geäußerte Absicht der Bundesregierung, kooperative Maßnahmen gegenüber ordnungsrechtlichen zu bevorzugen.56 Ebenso betonte die Bundesregierung beim Erlass der VerpackV 1998, dass der ordnungsrechtliche Ansatz in § 6 Abs. 3 VerpackV eine spezifische Ausprägung des Kooperationsprinzips darstelle.57 Auch wenn seit dem Erlass der VerpackV rein konsensuale Maßnahmen, insbesondere in Form von Absprachen mit der Wirtschaft, nicht im Vordergrund standen, bediente sich der Staat einer Steuerungsstrategie, die aus Elementen direkter und indirekter Verhaltenssteuerung bestand. Eine gänzliche Abkehr vom kooperativen Steuerungsmodus war nicht beabsichtigt.58 Die VerpackV zeichnet sich nämlich durch eine Kohärenz ordnungsrechtlicher Grundpflichten und staatlich initiierter kollektiver Selbstorganisation bzw. Selbstregulierung aus, die „Kontextsteuerung“59 genannt werden kann; beim DS kann man von einer „selbständigen Erfüllungsorganisation“60 sprechen. Die Grundpflichten der Hersteller und Vertreiber von Verpackungen sind jeweils in den §§ 6 Abs. 1 und 2, 7, 8, 9 VerpackV festgelegt. § 6 Abs. 1 und 2 VerpackV verschafft dem Staat gegenüber der Wirtschaft ein Druckmittel und veranlasst diese, in eigener Regie ein System nach § 6 Abs. 3 VerpackV zu institutionalisieren, das sie von der Erfüllung ihrer Primärpflicht freistellt. Aufgrund der logistischen Schwierigkeiten und erheblichen Kosten, die durch die Erfüllung der Primärpflicht für die Privatwirtschaft entstanden wären, war diese veranlasst, den staatlichen Vorgaben nachzukommen. Der Erfolg dieser Strategie ist davon abhängig, dass sich möglichst viele Hersteller und Vertreiber am DS beteiligen, da nur ein kollektives System, das sich durch eine endverbrauchernahe Erfassung und Verwertung des Verpackungsabfalls auszeichnet, eine effiziente und marktwirtschaftliche Lösung gewährleisten kann.61 Insofern wird die ursprünglich staatliche Aufgabe der Abfallentsorgung auf dem Verpackungssektor in den Bereich der Gesellschaft zurückverlagert, ohne dass der Staat vollständig auf seine Regulierungsaufgabe verzichtet.62 Vielmehr setzt der Staat Rahmenbedingungen und schafft Räume privater Eigenregulierung, um öffentliche Zwecke zu erfüllen. Es liegt eine Kombination von Regulierung und Eigenregulierung vor, die als „staatlich erzwungene Selbstregulierung“63 oder „instrumentelle“ bzw. „verordnete Kooperation“64 bezeichnet werden kann. BR-Drucks. 817 / 90, S. 28. BT-Drucks. 13 / 10943, S. 19. 58 In diesem Sinne Finckh, Regulierte Selbstregulierung im Dualen System, S. 56 f.; vgl. auch Struß, Abfallwirtschaftsrecht, S. 90, 93; Ekkenga, BB 1993, 945. 59 Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (185 ff.). 60 Di Fabio, VVDStRL 56 (1997), 235 (249). 61 Finckh, Regulierte Selbstregulierung im Dualen System, S. 77 f. 62 Di Fabio, NVwZ 1995, 1 (2) spricht von rekursiver oder implementativer Steuerung. 63 Trute, DVBl. 1996, 950 (954). 64 Di Fabio, NVwZ 1999, 1153 (1155); ders., in: Huber (Hrsg.), Das ökologische Produkt, S. 9 (11): „erzwungene Kooperation“; Kloepfer, in: Achterberg / Püttner / Würtenberger 56 57

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§ 7 Kooperation im Rahmen dualer Entsorgungssysteme

Eine gesetzlich fixierte Kooperationsform stellt hierbei der Abstimmungsmechanismus zwischen dem DS und den vorhandenen öffentlichen Entsorgungsträgern dar (§ 6 Abs. 3 S. 4 VerpackV), der Voraussetzung für die Feststellung der Systemeigenschaft gem. § 6 Abs. 3 S. 11 VerpackV ist (§ 6 Abs. 3 S. 6 VerpackV). Dabei sind die Belange der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger besonders zu berücksichtigen (§ 6 Abs. 3 S. 7 VerpackV). Diese können insbesondere die Übernahme oder Mitbenutzung der kommunalen Wertstoffsammel- und Sortiereinrichtungen gegen ein angemessenes Entgelt verlangen (§ 6 Abs. 3 S. 8 VerpackV). Schließlich ist die Beteiligung des Systembetreibers an den Kosten, die z. B. den öffentlichen Entsorgungsträgern durch die Abfallberatung für das System entstehen, zu berücksichtigen (§ 6 Abs. 3 S. 10 VerpackV). Insofern lässt sich von einem „kommunal dirigierten Trend zu public-private-partnership“ bzw. von einem „staatlich-privatem Kondominium“ sprechen.65 Dieses ist gekennzeichnet durch das gemeinsame Interesse der entsorgungspflichtigen Körperschaften, die durch das DS zumindest teilweise von ihrer Entsorgungsaufgabe entlastet werden, und des Systembetreibers, dessen Organisation ohne Kooperation mit den Körperschaften erheblichen Schwierigkeiten ausgesetzt wäre.66 Die DSD-AG hat im Rahmen dieses staatlich-privaten Kondominiums eine besondere Rolle. Sie ist ein Akteur, der aufgrund des staatlichen Drohpotentials in Form der Primärpflichten und der dadurch veranlassten Mitgliedschaft des Großteils der Hersteller und Vertreiber von Verpackungen im DS eine erhebliche Steuerungsfunktion auf dem Entsorgungsmarkt wahrnimmt. Mitunter wird ihr deswegen eine monopolartige Stellung mit Zentralisierungstendenzen vorgeworfen.67 In der Tat ist das DS ein korporatives System, das aufgrund seiner hervorgehobenen Funktion im Verpackungssektor und seiner Einbindung in die kommunale Entsorgungswirtschaft öffentliche und private Interessen in gleicher Weise berücksichtigen muss. Das DS ist ein Verhandlungssystem, das eine Vermittlungsfunktion zwischen Staat, Wirtschaft und Verbrauchern übernehmen muss und insofern eine intermediäre Instanz darstellt.68 (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, Bd. I, § 6 Rn. 95: DS als Beispiel für die Verwirklichung des Kooperationsprinzips; Koch, in: Schlacke (Hrsg.), Neue Konzepte im Umweltrecht, S. 27 (55 f.) spricht von einer kooperativen Lösung, die der Wirtschaft flexibles Handeln ermögliche, das sich jedoch in einem klaren rechtlichen Rahmen mit sanktionsbewehrten staatlichen Rahmensetzungen bewege, vgl. auch ders., NVwZ 1996, 215 (218 f.) – a. A. ders., NuR 2001, 541 ff.; Fluck, in: Huber (Hrsg.), Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 85 (105 f.): „Zwangkooperation“; vgl. auch Scholz / Aulehner, BB 1993, 2250 (2252): Verantwortungsgemeinschaft von Verwaltung und Wirtschaft. Auch Reese, ZUR 2001, 14, 16 f. sieht Kooperation nicht auf konsensuale Verhandlungsformen beschränkt, sondern als „Leitidee der Instrumentalisierung privater Ressourcen“; demnach liege in der Androhung ordnungsrechtlicher Maßnahmen für den Fall der Verfehlung von Umweltzielen eine kooperative Lösung vor; nach Finckh, Regulierte Selbstregulierung im Dualen System, S. 74 ist die VerpackV durch ein Nebeneinander kooperativer, indirekter Mechanismen und eher ordnungsrechtlichen Tendenzen gekennzeichnet. 65 Tettinger, DVBl. 1995, 213 (219); vgl. auch Koch, NVwZ 1996, 215 (218 f.). 66 Klowait, Die Beteiligung Privater an der Abfallentsorgung, S. 166. 67 Vgl. Hansmeyer, Wirtschaftsdienst 1993, 232 (234 f.).

II. Die Altfahrzeug-Verordnung

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Innerhalb dieses Kooperationsverhältnisses darf die staatliche Kontroll- und Letztverantwortung nicht vernachlässigt werden.69 Insofern kann der Argumentation des BVerfG nicht gefolgt werden, wonach die zielgebundene Kooperation den zu erreichenden Umwelterfolg rechtsverbindlich bestimme, aber bei Zielverfehlung auf Sanktionen verzichte.70 Die zuständige Behörde kann primär durch den Feststellungsbescheid gem. § 6 Abs. 3 S. 11 VerpackV prüfen, ob die Anforderungen erfüllt werden, die an das System gestellt werden, insbesondere ob es flächendeckend eingerichtet ist. Im Rahmen ihrer Kontrollverantwortung kann sie die Feststellung nachträglich mit Nebenbestimmungen versehen, um die Systemanforderungen dauerhaft sicherzustellen (§ 6 Abs. 3 S. 12 VerpackV). Dieser Sicherstellung dienen auch die Nachweispflichten über die Erfüllung der Rücknahme- und Verwertungsanforderungen nach Anhang I Nr. 2 Abs. 1 VerpackV. Schließlich kann die zuständige Behörde durch Widerruf des Feststellungsbescheides eingreifen, wenn festgestellt ist, dass die Systemanforderungen nicht mehr eingehalten werden (§ 6 Abs. 4 S. 1 VerpackV). So hat die Verwaltung ein abgestuftes Instrumentarium an hoheitlichen Befugnissen in der Hand, die sie zur Wahrung ihrer Gewährleistungsverantwortung einsetzen kann. Der Verwaltungsakt hat darin eine komplementäre, die Gemeinwohlziele sichernde Funktion.71 Diese Überlegungen dürfen aber nicht dazu verleiten, von einem Kooperationskonzept des Abfallrechts insgesamt zu sprechen. Vielmehr bedarf es näherer Prüfung, ob diese instrumentelle Kooperation eine lediglich abfallpolitische Strategie darstellt oder ob man von einem Rechtsprinzip mit Rechtsgeltungsanspruch sprechen kann. Des Weiteren ist die Frage relevant, in welchem Verhältnis ein solches Kooperationsprinzip zu den weiteren abfallrechtlichen Prinzipien steht und wie eine Kollision dieser Prinzipien zu lösen ist.72

II. Die Altfahrzeug-Verordnung Einen neuartigen Kooperationsmodus in den Beziehungen zwischen Staat und Privatwirtschaft stellte die frühere AltautoV73 dar, die den ordnungsrechtlichen Rah68 Vgl. zu diesem Gesichtspunkt und der hieran geäußerten Kritik Spies, StWStP 1994, 267 (284 ff., 289); Finckh, Regulierte Selbstregulierung im Dualen System, S. 84, 94 ff.; zu Verbändemacht und Neokorporatismus vgl. § 2 III 2. 69 Vgl. dazu Schmidt-Preuß, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem“ Staat, S. 195 (200 f.); ders., VVDStRL 56 (1997), 160 (189); Finckh, Regulierte Selbstregulierung im Dualen System, S. 75 f.; Franzius, Die Herausbildung der Instrumente indirekter Verhaltenssteuerung im Umweltrecht der Bundesrepublik Deutschland, S. 197 f. 70 BVerfGE 98, 106 (122). 71 Vgl. Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (189). 72 Vgl. ausführlich § 9 IV 3. 73 Verordnung über die Überlassung und umweltverträgliche Entsorgung von Altautos (Altauto-Verordnung – AltautoV) vom 4. Juli 1997 (BGBl. I S. 1666).

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§ 7 Kooperation im Rahmen dualer Entsorgungssysteme

men für die „Freiwillige Selbstverpflichtung“74 der Automobilindustrie bildete.75 Die freiwillige Selbstverpflichtung, die eine Zusage aller beteiligten Branchen der Automobilindustrie enthielt, bezweckte u. a. eine recyclinggerechte Konstruktion der Fahrzeuge und eine umweltverträgliche Behandlung der Altautos. Das juristische Novum an dieser Konstruktion war die Tatsache, dass die Selbstverpflichtung erst mit der Schaffung der rechtlichen Rahmenbedingung, also der zeitlich später erlassenen AltautoV, in Kraft treten sollte.76 Die Selbstverpflichtung war also nicht normersetzend, sondern normfordernd und stand in einem Komplementärverhältnis zur AltautoV.77 Anlass für eine Novellierung der AltautoV war die Altfahrzeug-RL78 der EG. Mit dieser Richtlinie sollte ein gemeinschaftsweiter Rahmen gebildet werden, um eine Kohärenz zwischen den einzelstaatlichen Vorgehensweisen bei der recyclingund verwertungsgerechten Konstruktion von Fahrzeugen, den Vorschriften für Rücknahmestellen und Verwertungsanlagen und der Einhaltung der Zielvorgaben für Wiederverwendung herzustellen.79 Die Richtlinie wurde durch die AltfahrzeugV80 in das deutsche Recht umgesetzt.81 Im Gegensatz zur AltautoV wird nun in § 3 Abs. 1 AltfahrzeugV ausdrücklich die Pflicht der Fahrzeughersteller festgesetzt, alle Altfahrzeuge ihrer Marke vom Letzthalter zurückzunehmen.82 Dazu müssen die Fahrzeughersteller einzeln oder gemeinsam flächendeckende Rückgabemöglichkeiten durch anerkannte Rücknahmestellen oder Demontagebetriebe 74 Freiwillige Selbstverpflichtung zur umweltgerechten Altautoverwertung (Pkw) im Rahmen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes vom 20. März 1997 (BAnz. 1997, Nr. 98, S. 6589). 75 Vgl. dazu Kopp, NJW 1997, 3292 f.; Giesberts / Hilf, Kreislaufwirtschaft Altauto: Altautoverordnung und Freiwillige Selbstverpflichtung; dies., NVwZ 1998, 1158 f.; Schrader, NVwZ 1997, 943 ff.; Schmidt-Preuß, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem“ Staat, S. 195 (203 ff.); Thomsen, Produktverantwortung, S. 275 ff.; Queitsch, KrW- / AbfG, Rn. 150 ff.; Faber, Gesellschaftliche Selbstregulierungssysteme im Umweltrecht, S. 195 ff. 76 Ziff. 5 der Freiwilligen Selbstverpflichtung. 77 Vgl. zur Kritik an jener Praxis Schrader, NVwZ 1997, 943 (948), der einen Verstoß gegen das Demokratieprinzip konstatiert. 78 Richtlinie 2000 / 53 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. September 2000 über Altfahrzeuge, ABl. 2000, Nr. L 269, S. 34, geändert durch die Entscheidung 2002 / 525 / EG der Kommission vom 27. Juni 2002 zur Änderung des Anhangs II der Richtlinie 2000 / 53 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates über Altfahrzeuge, ABl. 2002, Nr. L 170, S. 81. 79 Vgl. 2. Erwägungsgrund zur Altfahrzeug-RL. 80 Verordnung über die Überlassung, Rücknahme und umweltverträgliche Entsorgung von Altfahrzeugen (Altfahrzeug-Verordnung – AltfahrzeugV) i.d.F. der Bekanntmachung vom 21. Juni 2002 (BGBl. I S. 2214), zuletzt geändert durch Verordnung vom 25. 11. 2003 (BGBl. I S. 2304). 81 Vgl. zur Vereinbarkeit der AltfahrzeugV mit dem Gemeinschaftsrecht, insbesondere im Hinblick auf den gegenüber der Altfahrzeug-RL erweiterten Herstellerbegriff Giesberts, DVBl. 2003, 94 ff.; vgl. ferner Fischer, NVwZ 2003, 321 ff. 82 Die „Freiwillige Selbstverpflichtung“ war zur Richtlinienumsetzung nicht mehr ausreichend, vgl. Art. 10 Abs. 3 Altfahrzeug-RL und Fischer, NVwZ 2003, 321.

III. Die Batterieverordnung

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schaffen (§ 3 Abs. 3 S. 1 AltfahrzeugV). Der Letzthalter des Altfahrzeugs hat dieses einer anerkannten Annahme- bzw. Rücknahmestelle oder einem anerkannten Demontagebetrieb zu überlassen; der Demontagebetrieb muss die Überlassung durch einen Verwertungsnachweis bescheinigen (§ 4 Abs. 1 und 2 AltfahrzeugV). Die Demontagebetriebe nehmen hierbei die Verwertung der Altfahrzeuge, die Schredderanlagen die Zertrümmerung der Restkarossen zum Zwecke der Gewinnung von unmittelbar wieder einsetzbarem Metallschrott vor (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 16, 18 AltfahrzeugV).83 Die Einhaltung der Anforderungen, die an die Annahme-, Rücknahmestellen, Demontagebetriebe, Schredderanlagen im Anhang zur AltfahrzeugV gestellt werden, muss für eine Dauer von höchstens 18 Monaten durch eine Bescheinigung nachgewiesen (§ 5 Abs. 3 S. 1 und 3 AltfahrzeugV). Diese Kontrolle in Form der Bescheinigung erfolgt aber nicht durch staatliche Behörden, sondern kooperativ durch Heranziehung privater Sachverständiger, die öffentlich bestellt oder zugelassene Umweltgutachter resp. -organisationen sind (§ 6 AltfahrzeugV). Die privaten Sachverständigen bilden eine Art Überwachungsinstanz und werden ihrerseits für diese Tätigkeit staatlich legitimiert. Zudem werden private Verfahrensbeiträge insofern berücksichtigt, als die Sachverständigen bei der Überprüfung der Anforderungen der AltfahrzeugV die Ergebnisse einer für gültig erklärten Umwelterklärung zu berücksichtigen haben, sofern eine der zu kontrollierenden Stellen am Umweltaudit bzw. EMAS teilgenommen hat (vgl. § 5 Abs. 3 S. 9 Nr. 1 AltfahrzeugV). Dadurch bedient sich der Staat bei der Beaufsichtigung der privaten Dienstleistungen kooperativer Elemente84 bzw. des Konzepts der Verfahrensprivatisierung. Ein weiteres Kooperationsverhältnis lässt sich schließlich § 10 Abs. 1 AltfahrzeugV entnehmen. Hiernach haben die Fahrzeughersteller in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Wirtschaftsbeteiligten, also Rück-, Annahmestellen, aber auch Kfz-Versicherungsgesellschaften,85 Informationen u. a. über die verwertungs- und recyclinggerechte Konstruktion von Fahrzeugen oder die umweltverträgliche Behandlung von Altfahrzeugen zu veröffentlichen. Dies stellt eine horizontale Kooperation auf privater Ebene dar.

III. Die Batterieverordnung Am stärksten ist das Konzept der verordneten Kooperation im Rahmen der dualen Entsorgungssysteme in der BattV ausgeprägt.86 Diese dient vor allem der UmHinsichtlich der Überlassungspflichten vgl. § 4 Abs. 3 und 4 AltfahrzeugV. Vgl. auch die Begründung zur AltfahrzeugV in BR-Drucks. 1075 / 01, S. 42: Die mittelständisch geprägte Entsorgungswirtschaft trage an der Verifizierung des Leitkonzepts der Verordnung einen wesentlichen Anteil. Durch vertikale und horizontale Kooperationen ließen sich Synergieeffekte erzielen, die die Einhaltung der einschlägigen Anforderungen in finanzieller und organisatorischer Sicht vereinfachen könnten. 85 Vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 22 AltfahrzeugV. 86 Verordnung über die Rücknahme und Entsorgung gebrauchter Batterien und Akkumulatoren (Batterieverordnung – BattV) i.d.F. der Bekanntmachung vom 2. Juli 2001 (BGBl. I 83 84

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§ 7 Kooperation im Rahmen dualer Entsorgungssysteme

setzung der Richtlinie 91 / 157 / EWG87 und verpflichtet die Hersteller von Batterien, also von schadstoffhaltigen oder sonstigen Batterien,88 diese unentgeltlich zurückzunehmen, entsprechend den Vorschriften des KrW- / AbfG zu verwerten und nicht verwertbare Batterien zu beseitigen (§ 4 Abs. 1 BattV). Die Vertreiber von Batterien sind verpflichtet, diese vom Endverbraucher in der Verkaufsstelle oder in deren unmittelbarer Nähe unentgeltlich zurückzunehmen und dem Hersteller zu überlassen (§ 5 Abs. 1 und 2 BattV). Die gleiche Verpflichtung trifft die öffentlichrechtlichen Entsorgungsträger hinsichtlich der gebrauchten Batterien, die private Endverbraucher oder Betreiber von Kleingewerbe in stationären oder ortsbeweglichen Sammeleinrichtungen abgeben (§ 9 Abs. 1 und 2 BattV). Im Gegensatz zur VerpackV und zur AltautoV sind aber die Batteriehersteller gehalten, die Rücknahme gebrauchter Batterien dadurch sicherzustellen, dass sie ein gemeinsames Rücknahmesystem einrichten. Dieses muss vor allem das unentgeltliche Abholen, die Verwertung und Beseitigung der gebrauchten Batterien garantieren (s. § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 BattV). Die Bildung eines dualen Entsorgungssystems wird also bereits durch die Verordnung vorgegeben und ist nicht wie in der VerpackV fakultativ. Deswegen sprechen manche von einem kartellrechtlichen Zwang.89 Der Staat zieht sich aber nicht gänzlich zurück, sondern überwacht die private Aufgabenstellung und schreitet repressiv ein. Dies geschieht dadurch, dass das gemeinsame Rücknahmesystem jährlich eine nachprüfbare Dokumentation vorlegen muss, die u. a. die qualitativen und quantitativen Verwertungs- und Beseitigungsergebnisse beschreibt (s. § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BattV). Wer die Rücknahme der Batterien durch ein gemeinsames Rücknahmesystem nicht sicherstellt, handelt ordnungswidrig (§ 16 Nr. 4 BattV). Der kooperative Ansatz der BattV ist also darin zu sehen, dass private Eigenverantwortung konstituiert und diese mit einer staatlichen Erfolgskontrolle verzahnt wird – ein für viele duale Entsorgungssysteme typisches Regulierungsmuster. Ferner ist die Kooperation zwischen dem privaten Rücknahmesystem und den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern zu beachten (§§ 9 Abs. 2, 4 Abs. 2 BattV).

S. 1486), zuletzt geändert durch Gesetz vom 9. 9. 2001 (BGBl. I S. 2331); vgl. hierzu Bauernfeind, Rücknahme- und Rückgabepflichten im Umweltrecht, S. 568 ff.; Thomsen, Produktverantwortung, S. 263 ff.; Queitsch, KrW- / AbfG, Rn. 156 ff.; Schmidt-Preuß, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem“ Staat, S. 195 (205 f.); Fluck, in: Huber (Hrsg.), Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 85 (107). 87 Richtlinie 91 / 157 / EWG des Rates vom 18. März 1991 über gefährliche Stoffe enthaltende Batterien und Akkumulatoren, ABl. 1991, Nr. L 78, S. 38; vgl. auch die Richtlinie 98 / 101 / EG der Kommission vom 22. Dezember 1998 zur Anpassung der Richtlinie 91 / 157 / EWG des Rates über gefährliche Stoffe enthaltende Batterien und Akkumulatoren an den technischen Fortschritt, ABl. 1999, Nr. L 1, S. 1. 88 § 2 Abs. 1 Nr. 1 BattV; die frühere Beschränkung auf schadstoffhaltige Batterien in den §§ 3 ff. BattV a.F. ist weggefallen. 89 Schmidt-Preuß, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem“ Staat, S. 195 (206); Franzius, Die Herausbildung der Instrumente indirekter Verhaltenssteuerung im Umweltrecht der Bundesrepublik Deutschland, S. 200.

§ 8 Kooperation und informales Verwaltungshandeln I. Begriff des informalen Verwaltungshandelns und Abgrenzungsfragen Das Thema „informelle Absprachen“ oder in einem weiteren Sinne „informales Verwaltungshandeln“ wird interdisziplinär diskutiert und hat nicht nur in den Rechtswissenschaften, sondern auch in den Verwaltungs-1 und Sozialwissenschaften2 zu lebhaften Auseinandersetzungen geführt. In der Rechtswissenschaft ist das informale Verwaltungshandeln ein Phänomen, das auf dem Gebiet des Umweltrechts, des Bauplanungs- und Bauordnungsrechts3 oder des Wirtschaftsverwaltungsrechts4 in Erscheinung getreten ist;5 auch im Strafprozessrecht sind seit längerem die informellen Absprachen bekannt.6 Ausgangspunkt der rechtswissenschaftlichen Diskussion waren die Ausführungen Bohnes, der für informales Verwaltungshandeln folgende Definition aufstellte: Dieses umfasse alle nicht rechtlich geregelten Verhaltensweisen der Behörden, die anstelle von rechtlich geregelten Rechtsfolgeentscheidungen vorgenommen würden, die jedoch auch in den von der Rechtsordnung bereitgestellten Entscheidungsformen hätten herbeigeführt werden können.7 Die informalen Verhaltensweisen zeichnen sich nach Bohne durch ihre „rechtliche Nichtregelung“ und Unverbindlichkeit, ihr „Alternativverhältnis“ zu den rechtlichen Handlungsformen und ihren „Tauschcharakter“ aus. Letzteres bedeutet, dass es beim informalen Verwaltungshandeln immer um den Austausch von Leistung und Gegenleistung zwischen Behörde und Privaten geht.8

1 Z. B. Kippes, Bargaining; vgl. auch die Beiträge in Benz / Seibel (Hrsg.), Zwischen Kooperation und Korruption. 2 Z. B. Mayntz u. a., Vollzugsprobleme in der Umweltpolitik. 3 Vgl. Häusler, in: Hill (Hrsg.), Verwaltungshandeln durch Verträge und Absprachen, S. 171 ff.; Dauber, in: Becker-Schwarze u. a. (Hrsg.), Wandel der Handlungsformen im Öffentlichen Recht, S. 67 (71 ff.). 4 Vgl. Bauer, VerwArch 78 (1987), 241 ff. 5 Vgl. zur Informalität im verfassungsrechtlichen Kontext Schulze-Fielitz, Der informale Verfassungsstaat, S. 11 ff. 6 Vgl. hierzu z. B. Dahs, NStZ 1988, 153 ff.; Schünemann, NJW 1989, 1895 ff.; SchmidtHieber, NJW 1990, 1884 ff. 7 Grundlegend Bohne, Der informale Rechtsstaat, S. 42 ff.; ders., VerwArch 75 (1984), 343 ff.; ders., in: Kimminich / v. Lersner / Storm (Hrsg.), HdUR Bd. 1, Sp. 1046 ff.; vgl. auch Hartkopf / Bohne, Umweltpolitik, Bd. 1, S. 225 ff. 8 Vgl. Bohne, Der informale Rechtsstaat, S. 67 f.

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§ 8 Kooperation und informales Verwaltungshandeln

Eine einheitliche Terminologie hat sich für dieses Phänomen jedoch nicht durchgesetzt.9 Im gleichen Zusammenhang wird z. B. auch von „Formen flexiblen Verwaltungshandelns“, vom „tauschförmigen Recht“, von „Agreements“ bzw. „Arrangements“ oder der „verhandelnden Verwaltung“ gesprochen.10 Bei diesen terminologischen Unterschieden bleibt es aber dann nicht, wenn der Kreis der Realakte, die unter informales Verwaltungshandeln eingeordnet werden sollen, so weit oder so eng gezogen wird, dass die zu behandelnden Rechtsfragen nur schwer einheitlich beantwortet werden können. So wird mitunter ein weiter gefasster Komplex zum informalen Verwaltungshandeln gezählt und auf den Tauschcharakter des Informalen verzichtet.11 Dann würden unter informales Hoheitshandeln nicht nur die Absprachen zwischen Verwaltung und Privaten subsumiert werden, sondern der gesamte Bereich der staatlichen Informationstätigkeit, insbesondere die staatlichen Warnungen, Empfehlungen und Auskünfte.12 Die Rechtsfragen, die im Zusammenhang mit dem einseitigen, informierenden Verwaltungs- und Regierungshandeln erörtert werden, betreffen aber in erster Linie die Problematik des Grundrechtseingriffs, insbesondere die mittelbaren Grundrechtsbeeinträchtigungen. Ferner geht es um die Reichweite des Gesetzesvorbehalts.13 Bei den informellen projektbezogenen Absprachen liegt der Schwerpunkt der Überlegungen hingegen im Verwaltungsverfahrensrecht, speziell bei der Frage der Beteiligung von Drittbetroffenen, der faktischen Bindungswirkung von Absprachen und des behördlichen Untersuchungsgrundsatzes. Insofern fallen beide Komplexe zwar unter den Oberbegriff „schlichtes Verwaltungshandeln“. Von der Rechtsqualität her sind sie aber verschieden und deswegen zwei auch terminologisch zu differenzierende Rechtsbereiche.14 Informales und kooperatives Verwaltungshandeln sind nicht gleichzusetzen. Dies zeigt das Beispiel des öffentlich-rechtlichen Vertrages (§§ 54 ff. VwVfG), der als kooperatives Verwaltungshandeln anzusehen ist, aber gesetzlich kodifiziert ist und deswegen aus dem Bereich des Informalen hinausfällt. Die informalen Erscheinungsformen erfassen nur einen Teilbereich des kooperativen Verwaltungshandelns und sind in diesem enthalten.15 Nimmt man die obige Definition für informales Verwaltungshandeln, so lässt sich feststellen: Nicht jedes kooperative 9 Deswegen wird sehr oft von „informalem Verwaltungshandeln“, aber von „informellen Absprachen“ gesprochen, vgl. z. B. Becker, DÖV 1985, 1003 ff. und Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 15 Rn. 19. 10 Vgl. die Zusammenstellung bei Kippes, Bargaining, S. 12 f. 11 Vgl. zum Tauschprinzip auch § 4 VII. 12 Vgl. Ossenbühl, UTR Bd. 3 (1987), S. 27 (29 f.); Körner, Informelles Verwaltungshandeln im Umweltrecht, S. 75 ff.; Schulte, DVBl. 1988, 512; Kloepfer, in: König / Dose (Hrsg.), Instrumente und Formen staatlichen Handelns, S. 329 (331); Henneke, NuR 1991, 267 (270 f.). 13 Vgl. z. B. Schulte, DVBl. 1988, 512 (515 ff.). 14 Vgl. Dreier, StWStP 1993, 647 (649 ff.); Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 15 Rn. 16. 15 Gegen die Einordnung der kooperativen Absprachen als „informal“ Bulling, DÖV 1989, 277 (278, 288), der stattdessen vom Begriffspaar „kooperativ / einseitig“ ausgehen will.

I. Begriff des informalen Verwaltungshandelns

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Verwaltungshandeln ist informal, aber informales Verwaltungshandeln ohne Kooperation erscheint nicht vorstellbar.16 Ein anderes Problem ist ferner die häufig anzutreffende Gegenüberstellung von „einseitigem“ und „kooperativem“ Verwaltungshandeln.17 Insbesondere erscheint die Behauptung problematisch, das kooperative Verwaltungshandeln erlange seine systematische Berechtigung allein aus dem Gegensatz zum einseitigen Hoheitshandeln.18 Eine solche Dichotomie gibt es nämlich in der Verwaltungspraxis nicht.19 Ein Verwaltungsverfahren setzt sich sehr oft aus kooperativen und hoheitlichen Elementen zusammen, die sich gegenseitig ergänzen. So sind z. B. die sog. Vorverhandlungen vor Einleitung des eigentlichen Genehmigungsverfahrens kooperativ ausgestaltet, insbesondere geht es darum, einen Konsens zwischen Genehmigungsbehörde und Antragsteller herbeizuführen. Die Verwaltungsentscheidung selbst bleibt aber hoheitlich, auch wenn sie inhaltlich weitgehend abgesprochen wird und das Ergebnis eines einvernehmlichen Verhandlungsprozesses ist. Deswegen wird mitunter auch von einem „ausgehandelten Verwaltungsakt“ gesprochen.20 Solche ausgehandelten Verwaltungsakte, die oft an die Stelle öffentlich-rechtlicher Verträge treten, weil sie den Flexibilitätsbedürfnissen der Praxis eher gerecht werden, zeichnen sich durch die Kombination von informal-kooperativem Verwaltungshandeln und hoheitlicher Einzelfallentscheidung aus und machen eine klare Grenzziehung zwischen Kooperation einerseits und hoheitlichem Staatshandeln anderseits schwierig. Allerdings finden auch diese informellen Praktiken nicht im rechtsfreien Raum statt. Das Recht hat nämlich eine normative Steuerungsfunktion zu erfüllen. Die informellen Verhandlungen bewegen sich daher stets im „Schatten des Rechts“.21 Darüber hinaus darf das Merkmal der „rechtlichen Unverbindlichkeit“ innerhalb der Definition des informalen Verwaltungshandelns nicht dazu verleiten, der informellen Absprache jegliche Rechtswirkung abzusprechen. Dieses Element soll lediglich die Absprache zum öffentlich-rechtlichen Vertrag abgrenzen. Eine Willensübereinstimmung im Sinne eines Konsenses liegt auch bei der Absprache vor. Die Absprache ist zwar insofern unverbindlich, als die Verhandlungspartner keinen Rechtsbindungswillen haben und die Entstehung von Erfüllungsansprüchen ver16 Dreier, StWStP 1993, 647 (652): „Kooperation ist conditio sine qua non, aber nicht conditio sine per quam des informalen Verwaltungshandelns“; vgl. auch Benz, DV 23 (1990), 83 (85); Song, Kooperatives Verwaltungshandeln, S. 40 f. 17 Vgl. Bulling, DÖV 1989, 277 (288); Schulze-Fielitz, in: Dose / Voigt (Hrsg.), Kooperatives Recht, S. 225; Benz, DV 23 (1990), 83 (84); Schröder, NVwZ 1998, 1011 (1012). 18 Schulze-Fielitz, in: Dose / Voigt (Hrsg.), Kooperatives Recht, S. 225. 19 S. auch Lübbe-Wolff, NuR 1989, 295 (302): Geboten sei eine Kooperation im ordnungsrechtlichen Vollzug, nicht dagegen eine Kooperation anstelle des ordnungsrechtlichen Vollzuges. 20 Vgl. Song, Kooperatives Verwaltungshandeln, S. 43; Krebs, VVDStRL 52 (1993), 248 (255). 21 Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 352.

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§ 8 Kooperation und informales Verwaltungshandeln

meiden wollen.22 Die Nichteinhaltung der Absprache kann aber rechtliche Konsequenzen haben, insbesondere können Amtshaftungsansprüche oder Schadensersatzansprüche wegen Verletzung schutzwürdigen Vertrauens entstehen.23 Auch das Merkmal „Tauschprinzip“ kann nicht bedeuten, dass Hoheitsrechte durch die Behörde ohne weiteres „verkauft“ werden dürfen. Der Hoheitsträger ist nämlich in gleicher Weise wie beim formalen Verwaltungshandeln dem Gesetzmäßigkeitsprinzip unterworfen.24

II. Typisierung informal-kooperativen Verwaltungshandelns und dessen Vor- und Nachteile Die informalen Umweltabsprachen lassen sich in zwei größere Gruppen einordnen: Einerseits gibt es projektbezogene Absprachen, die sich auf den Vollzug umweltrechtlicher Vorschriften beziehen. Andererseits existieren normsubstituierende Absprachen, die normabwendenden bzw. normvertretenden Charakter haben, und normvorbereitende Vereinbarungen.25 Die projektbezogenen Absprachen können wiederum im Wesentlichen in Vorbereitungsabsprachen, Vorabzuleitungen von Entscheidungsentwürfen und Vollzugssubstituten unterteilt werden. Die Vorbereitungsabsprachen haben hierbei die Funktion, den Antragsteller über die einzureichenden Unterlagen und die materiellen bzw. verfahrensrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen zu unterrichten. Es wird der Versuch unternommen, einen weitest gehenden Konsens zwischen der Fachbehörde und dem Antragsteller herbeizuführen, Regelungswidrigkeiten auszuräumen und den Inhalt des Genehmigungsbescheides in den wichtigsten Punkten vorweg zu bestimmen. Einzelne Bürger oder Anwohner werden aber an den Vorverhandlungen in der Regel nicht beteiligt.26 Spannowsky, Grenzen des Verwaltungshandelns durch Verträge und Absprachen, S. 79. Vgl. § 10 IV 3 und Bauer, VerwArch 78 (1987), 241 (262 ff.); Kunig, DVBl. 1992, 1193 (1201); Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 528. 24 Näheres hierzu unter § 8 III; vgl. auch Lange, VerwArch 82 (1991), 1 (16 f.); zur Kritik an diesem Merkmal vgl. Schuppert, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Konfliktbewältigung durch Verhandlungen, Bd. II, S. 29 (39 f.). 25 Vgl. Kloepfer, in: König / Dose (Hrsg.), Instrumente und Formen staatlichen Handelns, S. 329 (333 ff.); ders., Umweltrecht, § 5 Rn. 509; Hartkopf / Bohne, Umweltpolitik, Bd. 1, S. 220 ff.; Bohne, in: Kimminich / v. Lersner / Storm (Hrsg.), HdUR Bd. 1, Sp. 1046 (1057 ff.); zu den unterschiedlichen Typen administrativer Verhandlungslösung vgl. auch Breuer, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Konfliktbewältigung durch Verhandlungen, Bd. I, S. 231 (240 ff.); eine ähnliche Unterteilung nimmt Burmeister, VVDStRL 52 (1993), 190 (234) vor, indem er zwischen regelungsvorbereitenden und regelungsverhindernden Absprachen differenziert. 26 Vgl. z. B. Bohne, Der informale Rechtsstaat, S. 50 ff.; Tomerius, Informelle Projektabsprachen im Umweltrecht, S. 33 ff.; Song, Kooperatives Verwaltungshandeln, S. 42 ff.; Körner, Informelles Verwaltungshandeln im Umweltrecht, S. 123 ff.; Hoffmann-Riem, 22 23

II. Typisierung informal-kooperativen Verwaltungshandelns

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Bei der Vorabzuleitung wird dem Betreiber ein Bescheidsentwurf zugesandt, damit dieser den von der Behörde ins Auge gefassten Verwaltungsakt überprüfen und etwaige Einwendungen der Verwaltung gegenüber mitteilen kann. Deswegen stellt diese Form informal-kooperativen Verwaltungshandelns eine Art vorweggenommenes Widerspruchsverfahren dar. Für den Antragsteller sind insbesondere die Auflagen und Nebenbestimmungen, die er später zu erfüllen hat, von Interesse. Im Falle des Einverständnisses verzichtet er meist auf die Einlegung von Rechtsbehelfen.27 Die Vollzugssubstitute sind schließlich kooperative Absprachen zwischen Verwaltungsbehörde und Anlagenbetreiber, bei denen Letzterer sich freiwillig dazu bereit erklärt, bestimmte Umweltschutzmaßnahmen vorzunehmen, und die Behörde von belastenden Ordnungsverfügungen absieht. Damit wird der Vollzug administrativer Maßnahmen durch eine kooperative Verhaltensweise ersetzt. Typisches Beispiel bilden die nachträglichen Anordnungen gem. § 17 BImSchG, deren Erlass zwar im Ermessen der Behörde steht und grds. zulässig wäre, auf die aber die Behörde, auch im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (§ 17 Abs. 2 BImSchG), infolge der Absprache verzichtet. Möglich sind in diesen Fällen ferner so genannte Vergleichsabsprachen, wenn über das Vorliegen bestimmter Tatbestandsmerkmale beiderseitige Ungewissheit besteht und ansonsten ergehende belastende Verwaltungsakte langwierige rechtliche Auseinandersetzungen – letztlich zu Lasten des Umweltschutzes – mit sich bringen würden.28 Wie bei den Vollzugssubstituten haben auch die normvertretenden Absprachen einen normativen Bezugspunkt, da sie meist auf den beabsichtigten Erlass von Rechtsverordnungen oder Gesetzen reagieren. Die betreffenden Branchen oder Wirtschaftsverbände erklären sich bereit, zur Verminderung bisheriger Umweltbelastungen bestimmte Maßnahmen vorzunehmen und ein konkretes Umweltziel zu erreichen. Dabei wird das Procedere im Einzelnen mit den staatlichen Umweltbehörden abgesprochen. Der Staat verzichtet als Gegenleistung auf den Erlass von Rechtsvorschriften, ohne sich gänzlich rechtlich zu binden. Insbesondere ist der Hoheitsträger beim Nichterreichen des Umweltziels nicht daran gehindert, durch Normsetzung einzuschreiten. Die Branchenabkommen oder Selbstverpflichtungen der Wirtschaft sind also rechtlich eingebunden in Ermächtigungen zum Normerlass. So enthalten z. B. die §§ 23 f. KrW- / AbfG eine Ermächtigungsgrundlage für die Bundesregierung, Rechtsverordnungen zu erlassen, die aber durch freiwillige Selbstverpflichtungen abgewendet werden können.29 VVDStRL 40 (1982), 187 (191 ff.); v. Wedemeyer, Kooperationen beim Vollzug des Umweltrechts, S. 50 ff. 27 Bohne, Der informale Rechtsstaat, S. 59 ff.; Rengeling, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 65 f., 143 ff.; v. Wedemeyer, Kooperationen beim Vollzug des Umweltrechts, S. 78 ff. 28 Vgl. v. Wedemeyer, Kooperationen beim Vollzug des Umweltrechts, S. 122 ff.; Bohne, Der informale Rechtsstaat, S. 164 ff., 173 ff.; ders., VerwArch 75 (1984), 343 (354 ff.); Bauer, VerwArch 78 (1987), 241 (248). 14*

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§ 8 Kooperation und informales Verwaltungshandeln

Daneben gibt es auch normvorbereitende Absprachen. Hier will die Exekutive nicht von einem Rechtsetzungsverfahren absehen, weil der private Partner bestimmte Verpflichtungen eingeht. Vielmehr wird der Inhalt der Absprache Grundlage einer künftigen Gesetzesnovelle. Das Gesetz soll also den Inhalt der kooperativen Einigung, die einen detaillierten Katalog über die zu normierenden Gesichtspunkte haben kann, umsetzen.30 Derartige informal-kooperative Umweltabsprachen sind vielfältiger Kritik ausgesetzt. Die Rede ist etwa von der „Dunkelkammer des Rechtsstaates“31 oder von einer „freundschaftlichen Kungelei“32 zwischen Verwaltung und Anlagenbetreibern. Die Praxis informaler Absprachen wird als eine Schwachstelle des Rechtsstaats angesehen, da die Absprachen sich häufig außerhalb der Legalität bewegten.33 Es sei eine der rechtsstaatliche Errungenschaften, informales Verwaltungshandeln zu überwinden. Deswegen bestehe die Funktion rechtlich typisierter Handlungsformen gerade darin, das amorphe Verwaltungshandeln „in Form“ zu bringen.34 In der Tat gilt als ein grundsätzliches Defizit informeller Absprachen die Aushöhlung oder Relativierung administrativen Ordnungsrechts. Insbesondere ist zu befürchten, dass die normative Steuerungskraft des Gesetzes gemindert wird und die rechtlichen Regelungen zur Disposition der Kooperationspartner gestellt werden.35 Aufgrund des Tauschprinzips könnten gesetzlich nicht vorgesehene Partikularinteressen Gegenstand von Abmachungen werden.36 Dadurch besteht die Gefahr, dass die Verwaltung ihrer Aufgabe einer ausreichenden Würdigung der betroffenen Belange nicht nachkommen kann, wenn sie primär ihre eigenen Interessen und die Interessen des Kooperationspartners im Auge hat. Dies macht zugleich eines der zentralen Probleme der Umweltabsprachen deutlich. Da Drittbetroffene, wie Anwohner oder andere Gruppierungen, an den bilateral geführten Verhandlun29 Fluck / Schmitt, VerwArch 89 (1998), 220 (225 ff.); Kloepfer / Elsner, DVBl. 1996, 964 (967); Bohne, VerwArch 75 (1984), 343 (361); Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 510 ff.; Grewlich, DÖV 1998, 54 (55). 30 Vgl. z. B. Ziff. V. Nr. 2 der Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Energieversorgungsunternehmen vom 14. Juni 2000, abgedruckt in: Ossenbühl (Hrsg.), Deutscher Atomrechtstag 2000, S. 205 ff.; hierzu ausführlich Michael, Rechtsetzende Gewalt im kooperierenden Verfassungsstaat, S. 45, 105 ff.; vgl. ferner Schorkopf, NVwZ 2000, 1111 (1112 f.); Huber, in: Koch / Roßnagel (Hrsg.), 11. Deutsches Atomrechtssymposium, S. 329 (338 f.); Mehde, AöR 127 (2002), 655 (657 f.); Klöck NuR 2001, 1 (3); Langenfeld, DÖV 2000, 929 (936), die aber zusätzlich ein normabwendendes Element konstatiert; skeptisch gegenüber derartigen Absprachen Herdegen, VVDStRL 62 (2003), 7 (15 ff.). 31 Eberle, DV 17 (1984), 439 (463). 32 Hoffmann-Riem, VVDStRL 40 (1982), 187 (211). 33 Sendler, DÖV 1989, 482 (486). 34 Vgl. Ossenbühl, UTR Bd. 3 (1987), S. 27 (47 f.). 35 Zum Gesetz als zentralem Steuerungsinstrument des Rechtsstaates vgl. § 3 I 1 b). 36 Vgl. Bauer, VerwArch 78 (1987), 241 (254); Schulze-Fielitz, in: Dose / Voigt (Hrsg.), Kooperatives Recht, S. 225 (230); Brohm, DVBl. 1994, 133 (138 f.); Bohne, Der informale Rechtsstaat, S. 224 ff.

II. Typisierung informal-kooperativen Verwaltungshandelns

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gen nicht beteiligt werden, droht eine Vernachlässigung der Belange dieses Personenkreises und eine Gefährdung ihrer Verfahrenschancen. Im anschließenden formellen Verfahren bildet sich eine einheitliche Front aus Fachbehörde und Anlagenbetreiber, die das ausgehandelte Ergebnis gegen den Widerstand der Drittbetroffenen zu verteidigen sucht.37 So kann die Verwaltungsbehörde ihre neutrale Stellung im Verwaltungsverfahren verlieren, indem sie zugunsten einer Seite Partei ergreift. Da die Verhandlungen ferner unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt werden und das Verhandlungsergebnis bei projektbezogenen Absprachen mitunter nur mündlich bekannt gegeben wird, ist es bisweilen schwierig, im weiteren Verfahren die der Absprache zugrunde liegenden Tatsachen und die Motive für das informale Arrangement zu rekonstruieren. Damit wird eine gerichtliche Überprüfung und eine unabhängige externe Kontrolle des Verhandlungsergebnisses erschwert.38 Diesen Nachteilen informalen Verwaltungshandelns stehen aber auch positive Aspekte gegenüber. Ein besonderer Vorteil kooperativer Absprachen ist die Flexibilität, mit der die staatlichen Organe und Private auf den konkreten Fall reagieren können.39 Den Kooperationspartnern ist es möglich, den Inhalt der Vereinbarung im Nachhinein den sich verändernden Umständen anzupassen und eine konsensuale Lösung herbeizuführen. So werden für die Behörde umständliche Verfahren zur nachträglichen Aufhebung von Verwaltungsakten unter Beachtung verfahrensrechtlicher Vorschriften entbehrlich, da sie informal mit dem Betreiber eine Modifizierung der Absprache herbeiführen kann.40 Mit Hilfe informalen Verwaltungshandelns können die Rechtsunsicherheit, die durch die Verwendung von Generalklauseln verursacht wird, abgebaut und spätere Meinungsverschiedenheiten minimiert werden.41 Die Behörde kann im Einzelfall durch Kooperation sogar ein höheres Umweltschutzniveau durchsetzen als durch ein rein ordnungsrechtliches Vorgehen, insbesondere wenn die Sachlage so komplex ist, dass die Erfolgsaussichten administrativer Maßnahmen ungewiss sind.42 Die aufgezeigten Vorzüge und Nachteile informal-kooperativen Verwaltungshandelns lassen den Schluss zu, dass weder die uneingeschränkte Zulässigkeit 37 Dauber, in: Becker-Schwarze u. a. (Hrsg.), Wandel der Handlungsformen im Öffentlichen Recht, S. 67 (83); Hoffmann-Riem, VVDStRL 40 (1982), 187 (206 ff., 211 f.); Breuer, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Konfliktbewältigung durch Verhandlungen, Bd. I, S. 231 (239); Eberle, DV 17 (1984), 439 (443). 38 Henneke, NuR 1991, 267 (273); Bauer, VerwArch 78 (1987), 241 (254). 39 Vgl. zu diesem Gesichtspunkt in Bezug auf normative Absprachen Michael, Rechtsetzende Gewalt im kooperierenden Verfassungsstaat, S. 224 ff. 40 Vgl. Henneke, NuR 1991, 267 (273); Dauber, in: Becker-Schwarze u. a. (Hrsg.), Wandel der Handlungsformen im Öffentlichen Recht, S. 67 (81). 41 Vgl. zu diesem Gesichtspunkt und weiteren Vorteilen kooperativen Verwaltungshandelns § 2 I 2. 42 Vgl. Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 525; zum Gesichtspunkt der Entlastung durch Kooperation vgl. Hoffmann-Riem, VVDStRL 40 (1982), 187 (202); ders., in: ders. / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Konfliktbewältigung durch Verhandlungen, Bd. I, S. 13 (28 ff.).

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§ 8 Kooperation und informales Verwaltungshandeln

noch das generelle Verbot informeller Absprachen eine sachgerechte Lösung darstellen. Ein Verbot würde den Anforderungen des modernen Umweltrechts nicht gerecht werden, da staatlicherseits ein unübersehbarer Kooperations- und Entlastungsbedarf besteht, zu dessen Befriedigung die informellen Arrangements einen nicht geringen Beitrag leisten. Die komplexen, einer Verwaltungsentscheidung zugrunde liegenden Sachverhalte, die Verwendung von Rechtsbegriffen mit technisch-naturwissenschaftlichem Hintergrund und die multipolaren Interessenkonstellationen lassen sich nur schwer mit den tradierten Instrumenten einseitighoheitlichen Handelns bewältigen. Allerdings müssen auch die informellen Absprachen den rechtsstaatlichen Anforderungen an das hoheitliche Handeln genügen. Das Gesetzesrecht und die informellen Absprachen müssen einander ergänzen, sichern und stabilisieren.43 Maßgeblich ist also die Frage nach den rechtlichen Grenzen informeller Absprachen.

III. Einfachrechtliche Grenzen informeller projektbezogener Absprachen Die informellen Absprachen sind ein nicht hinweg zu denkender Bestandteil der heutigen Verwaltungspraxis. Dennoch ist ihre Leistung, was die Flexibilisierung des Verwaltungshandelns angeht, nur die eine Seite der Medaille. Jegliches staatliche Handeln, also auch die Interaktion zwischen Staat und Privaten, untersteht dem Rechtsstaatsprinzip, insbesondere dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Aufgabe der Rechtswissenschaft ist es, das rechtliche Instrumentarium und die informellen Absprachen auf einander so abzustimmen, dass die informellen Arrangements rechtsstaatlich zumindest toleriert werden können.44 Im VwVfG und in den Fachgesetzen gibt es einige Regelungen, die der Verwaltung den notwendigen Freiraum für konsensuales und informales Handeln lassen. So ist nach § 10 VwVfG das Verwaltungsverfahren an bestimmte Formen nicht gebunden und einfach, zweckmäßig sowie zügig durchzuführen; der darin zum Ausdruck kommende Grundsatz der Nichtförmlichkeit des Verwaltungsverfahrens lässt Kommunikationsprozesse zwischen Verwaltung und Privaten zu. Auch die §§ 25, 28, 29 VwVfG, die die Beratung des Bürgers, die Anhörung und das Akteneinsichtsrecht Beteiligter betreffen, eröffnen den Weg für einen Informationsaustausch zwischen der Behörde und dem Privaten, für eine Suche nach einem gemeinsamen Standpunkt, für einen Kooperationsprozess also, in dem beide Seiten auf eine einvernehmliche Problemlösung hinarbeiten können. Dies darf zwar nicht darüber hinwegtäuschen, dass es eine Pflicht der Verwaltung, den Betroffe43 Vgl. Hill, DÖV 1987, 885 (892); Breuer, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Konfliktbewältigung durch Verhandlungen, Bd. I, S. 231 (240 f.). 44 Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 353; vgl. auch ders., DVBl. 1989, 533 (541).

III. Grenzen informeller projektbezogener Absprachen

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nen an der Entscheidungsfindung gleichberechtigt zu beteiligen, nicht gibt. Die konsensualen Elemente des Verwaltungsverfahrens sorgen aber für eine größere Akzeptanz der Verwaltungsentscheidung und erleichtern die Normimplementation.45 Der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber hat deshalb seit einiger Zeit rechtliche Regelungen geschaffen, die zu einer teilweisen Formalisierung des informalen Verwaltungshandelns geführt haben.46 Zu nennen ist das „Scoping“ gem. § 5 UVPG, das den Projektträger und die Behörde zu einer möglichst frühzeitigen Erörterung entscheidungsrelevanter Umstände im Vorfeld des eigentlichen Genehmigungsverfahrens animiert;47 § 2a 9. BImSchV sieht daneben eine entsprechende Regelung für UVP-pflichtige Vorhaben im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren vor. Nach § 2 Abs. 2 9. BImSchV soll eine Beratung und Erörterung zwischen Genehmigungsbehörde und Vorhabenträger im Hinblick auf die Antragstellung stattfinden. § 71c Abs. 2 S. 1 VwVfG statuiert ferner für Genehmigungsverfahren im Sinne von § 71a VwVfG vor der Antragstellung eine Auskunfts- und Beratungspflicht der Genehmigungsbehörde, die über § 25 VwVfG hinausgeht, und stellt für diese Verfahrensart eine gesetzliche Anerkennung von Vorverhandlungen dar;48 auch § 71e VwVfG hat einen kooperativen Charakter. Allerdings ist in diesen Vorschriften keine durchgehende Verrechtlichung informalen Verwaltungshandelns zu sehen, da hier nur bestimmte – wenn auch wesentliche – Genehmigungsverfahren erfasst sind und die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen, insbesondere für den Inhalt der Absprachen, sich aus dem materiellen Verwaltungs- und Verfassungsrecht ergeben. Die Zweckmäßigkeit von Vorverhandlungen ist aber vom Gesetzgeber anerkannt. Deswegen hat er der Verwaltung bestimmte verfahrensrechtliche Anleitungen in die Hand gegeben. Nach wie vor umstritten ist aber die Frage, inwiefern die Vorschriften des VwVfG analog anwendbar sind. Einige Autoren befürworten eine entsprechende Anwendung dieser Regelungen, insbesondere der §§ 54 ff. VwVfG. Dies wird damit begründet, dass die Behörden sich durch die Informalität ihres Handelns keine weiterreichenden Handlungsspielräume erschließen dürften. Dabei wird durchaus gesehen, dass die Voraussetzungen der Analogie nicht vollständig vorliegen. Insbesondere lässt sich nämlich an der Vergleichbarkeit der Interessenlage insofern zweifeln, als eine grundlegende Differenz zwischen der rechtlichen Wirkung von Verträgen und der faktischen Wirkung von Absprachen besteht. Allerdings gehe es 45 Vgl. Kunig / Rublack, Jura 1990, 1 (4 f.); Kunig, DVBl. 1992, 1193 (1198 f.); HoffmannRiem, in: ders. / Schmidt-Aßmann / Schuppert (Hrsg.), Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, S. 115 (133 ff.). 46 Vgl. hierzu Kloepfer, in: König / Dose (Hrsg.), Instrumente und Formen staatlichen Handelns, S. 329 (344 f.); Dreier, StWStP 1993, 647 (665 f.); P. Stelkens / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 9 Rn. 166; Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 32 Rn. 3; Voßkuhle, VerwArch 92 (2001), 184 (206). 47 Vgl. hierzu § 5 I. 48 Bonk, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 71c Rn. 2.

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um eine fallbezogene Konkretisierung der Grundgedanken des VwVfG.49 Demnach müsste die Beteiligung von Personen, die in einem Verwaltungsverfahren ausgeschlossen wären (vgl. § 20 VwVfG) oder bei denen Misstrauen gegen die unparteiische Amtsausübung gerechtfertigt ist (vgl. § 21 VwVfG), als rechtswidrig einzustufen sein. Ferner dürfte der Inhalt einer Absprache keine Mängel aufweisen, die wegen ihrer Schwere und Offenkundigkeit bei einem Verwaltungsakt oder einem öffentlich-rechtlichen Vertrag zur Nichtigkeit führen würden (§§ 44 Abs. 1, 59 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG analog). Ebenso wären Absprachen unzulässig, deren Inhalt für einen Absprachepartner eine knebelnde Wirkung hätte (§§ 59 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 138 Abs. 1 BGB).50 Eine generelle analoge Anwendung der Vorschriften des Verwaltungsverfahrensrechts auf die informellen Absprachen ist aber Bedenken ausgesetzt. Dies folgt insbesondere daraus, dass eine Analogie hinsichtlich der Rechtsfolge „Nichtigkeit“ nicht in Betracht kommt. Denn Nichtigkeit ist die Rechtsfolge der Unwirksamkeit eines Rechtsaktes. Ein Rechtsakt liegt aber per definitionem bei einer informellen Absprache nicht vor, da mit dieser keine unmittelbare Veränderung eines Rechtszustandes verbunden ist. Deswegen sind die §§ 44 Abs. 1 und 2, 59 VwVfG, was die Rechtsfolge angeht, auf Absprachen nicht anwendbar. Absprachen können aber als Realakte rechtswidrig sein und rechtliche Konsequenzen in Form von Sekundäransprüchen zur Folge haben.51 Darüber hinaus besteht ein grundlegender Einwand gegen eine gänzliche Verrechtlichung von Absprachen darin, dass die Praxis dann eine weitere Verlagerung in Vorverhandlungen anstreben würde, um der rechtlichen Einschnürung zu entgehen. Ebenso wäre es fraglich, inwieweit die Einhaltung des ausdifferenzierten Verfahrensregimes des VwVfG durch die Verwaltung kontrolliert und wie der Verstoß gegen diese Vorschriften sanktioniert werden könnte.52 49 Vgl. Bohne, in: Kimminich / v. Lersner / Storm (Hrsg.), HdUR Bd. 1, Sp. 1046 (1069); s. auch Breuer, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Konfliktbewältigung durch Verhandlungen, Bd. I, S. 231 (246, 249); Kunig, DVBl. 1992, 1193 (1199). 50 Vgl. Bohne, VerwArch 75 (1984), 343 (351 ff., 358 ff.); ders., Der informale Rechtsstaat, S. 137 ff., 175 ff.; Hartkopf / Bohne, Umweltpolitik, Bd. 1, S. 232 ff.; Kloepfer / Rehbinder / Schmidt-Aßmann / Kunig, Umweltgesetzbuch – Allgemeiner Teil –, S. 161 f.; Kunig, DVBl. 1992, 1193 (1199); Franzius, Die Herausbildung der Instrumente indirekter Verhaltenssteuerung im Umweltrecht der Bundesrepublik Deutschland, S. 172 ff.; Henneke, NuR 1991, 267 (275); dabei wird sehr oft die Einschränkung gemacht, dass eine Analogie nur in Betracht komme, wenn die Regelungen des VwVfG nicht auf den formellen Charakter des Verwaltungshandelns abstellten. 51 Vgl. Spannowsky, Grenzen des Verwaltungshandelns durch Verträge und Absprachen, S. 450; Kunig, DVBl. 1992, 1193 (1200). 52 Vgl. zu dieser Kritik Lange, VerwArch 82 (1991), 1 (15 f.); Rengeling, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 196 f.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 15 Rn. 21; Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 135 ff.; Faber, Gesellschaftliche Selbstregulierungssysteme im Umweltrecht, S. 325 ff. in Bezug auf die analoge Anwendbarkeit der §§ 54 ff. VwVfG auf die normvertretenden Absprachen; Dreier, StWStP 1993, 647 (662 f.); Song, Kooperatives Verwaltungshandeln, S. 173 ff.

IV. Drittbeteiligung an Vorbereitungsabsprachen

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Allerdings gelten einige verfassungsrechtlich verankerte Rechtsgrundsätze auch für informelle Verhandlungen, so dass einzelne einfachrechtliche Regelungen entsprechend Anwendung finden.53 Dies gilt z. B. für den Untersuchungsgrundsatz (§ 24 VwVfG), der der kooperativen Sachverhaltsaufklärung durch die Verwaltung und den Privaten Grenzen setzt. Insbesondere darf die Behörde die ihr vorgelegten Informationen nicht unbesehen übernehmen, sondern muss diese kritisch prüfen. Auch die rechtlichen Vorgaben für eine ordnungsgemäße Ermessensausübung (§ 40 VwVfG) sind zu beachten. Bei Sanierungsabsprachen etwa, die auf der Grundlage von Ermessensnormen zustande kommen (§§ 20 BImSchG, 12 WHG z. B.), muss die Behörde entsprechend dem Zweck der Ermessensnorm handeln und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einhalten. Des Weiteren darf gegen das Koppelungsverbot (§ 56 Abs. 1 S. 2 VwVfG), das sich im Gebot des Sachzusammenhangs von Leistung und Gegenleistung manifestiert und verfassungsrechtlich im Rechtsstaatsprinzip verankert ist,54 nicht verstoßen werden. Schließlich sind die Grundsätze des materiellen Rechts (z. B. in § 4 KrW- / AbfG) angemessen zu berücksichtigen. Insbesondere dürfen in Vorverhandlungen seitens der Behörde keine Zugeständnisse gemacht werden, die dem Gesetzeszweck zuwiderlaufen. Die Verwaltung muss vielmehr darauf achten, dass die normativ vorgesehenen Belange im Rahmen der Absprache ausreichend zur Geltung kommen, da sich etwaige Mängel auch auf die Folgeentscheidung im formalen Verfahren auswirken würden. Insgesamt ist also nicht eine schematische Übernahme der formellen und materiellen Vorschriften des Verwaltungs- und Umweltrechts angezeigt, sondern eine behutsame, auf den Einzelfall bezogene und die Eigenart bzw. Funktion der Absprachen berücksichtigende Anwendung, die den Gesetzeszweck im Auge hat. Dies verdeutlichen auch die Überlegungen zur Beteiligung Dritter an den Vorverhandlungen.

IV. Drittbeteiligung an Vorbereitungsabsprachen Eine auch für die Praxis nicht unwichtige Fragestellung besteht darin, ob und in welchem Umfang Drittbetroffene an den Vorbereitungsabsprachen teilnehmen sollen. Die rechtliche Problematik rührt daher, dass es sich bei den kooperativen Absprachen nicht um bipolare Verwaltungsrechtsverhältnisse, sondern um multipolare Interessenkonstellationen mit einem unterschiedlichen Grad an rechtlicher Betroffenheit handelt. In diesem Geflecht von Interessen und Rechtspositionen können die Weichen schon im Vorbereitungsstadium zu Lasten der Drittbetroffenen gelegt 53 Vgl. z. B. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 134 f.; Rengeling, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 149 ff.; Brohm, DVBl. 1994, 133 (139); Dauber, in: BeckerSchwarze u. a. (Hrsg.), Wandel der Handlungsformen im Öffentlichen Recht, S. 67 (84 ff.); Erichsen, in: ders. / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 32 Rn. 5. 54 Bonk, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 56 Rn. 49.

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werden, so dass eine Korrektur im eigentlichen formalen Verfahren häufig nicht mehr erfolgt. Der Interessen- und Rechtsgüterschutz und die durch das Verfahren herzustellende Akzeptanz werden nicht gewährleistet, wenn die Drittbetroffenen im formalen Verfahren vor vollendete Tatsachen gestellt werden.55 Deswegen wird eine entsprechende Anwendung der Verfahrensregeln des VwVfG, insbesondere des § 13 Abs. 2 VwVfG postuliert, um eine ausreichende Partizipation am Verfahren sicherzustellen.56 Eine Vorbereitungsabsprache ohne die Kenntnis der Drittbetroffenen oder der Öffentlichkeit wird daher zum Teil für rechtswidrig erklärt.57 Der Kreis der zu beteiligenden Dritten würde sich hierbei danach bestimmen, ob die abschließende Entscheidung für die Dritten eine rechtsgestaltende Wirkung hätte (§ 13 Abs. 2 S. 2 VwVfG analog), ob deren rechtliche Interessen von der Entscheidung lediglich berührt wären (§ 13 Abs. 2 S. 1 VwVfG analog) oder ob es sich um sonstige Einwendungsbefugte (vgl. z. B. § 73 Abs. 4 VwVfG) handelte.58 Gegen eine solche formalistische Betrachtungsweise spricht indes, dass im Stadium der Vorverhandlungen noch nicht absehbar ist, wer als Betroffener in Betracht kommt, insbesondere geht es sehr oft um vorläufige Sondierungsgespräche zwischen Behörde und Antragsteller. Ein ausformulierter Antrag, der konkrete Betroffene erkennen ließe, liegt häufig nicht vor. Der Gesetzgeber hat deshalb die Beteiligtenposition bewusst von der Einleitung des Verfahrens und von der Bestimmung des Verfahrensgegenstandes abhängig gemacht, nicht zuletzt aus Gründen der Rechtssicherheit.59 Allerdings kann auch nicht geleugnet werden, dass es sich bei den Vorbereitungsabsprachen um polygonale Verwaltungsrechtsverhältnisse handelt, in denen die Verwaltungsbehörde bestimmte Schutz- und Rücksichtnahmepflichten gerade gegenüber den Dritten wahrzunehmen hat.60 Der Gesetzgeber hat diese Problematik zwischenzeitlich erkannt und in zwei Fällen rechtliche Vorgaben für die Drittbeteiligung gemacht. Nach § 5 S. 4 UVPG können Dritte zur Erörterung der für die Umweltverträglichkeitsprüfung erheblichen Fragen hinzugezogen werden. Gem. § 71c Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwVfG erörtert die Genehmigungsbehörde bei Genehmigungsverfahren nach § 71a VwVfG vor der Antragstellung mit dem zukünftigen Antragsteller, in welcher Weise die Drittoder Öffentlichkeitsbeteiligung vorgezogen werden kann. Beide Vorschriften sind Ermessensvorschriften. § 71c Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwVfG etwa, der Vorbereitungs55 Hoffmann-Riem, VVDStRL 40 (1982), 187 (211 f.); Bauer, VerwArch 78 (1987), 241 (254 f.). 56 Vgl. Bohne, Der informale Rechtsstaat, S. 150 ff.; Hoffmann-Riem, VVDStRL 40 (1982), 187 (224 f.); Song, Kooperatives Verwaltungshandeln, S. 105 ff., 109 f. 57 Bohne, Der informale Rechtsstaat, S. 150 ff., 153. 58 Vgl. Bohne, VerwArch 75 (1984), 343 ff. (352 f.); Henneke, NuR 1991, 267 (275). 59 Eberle, DV 17 (1984), 439 (463); Rengeling, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 153; Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 136 f.; vgl. zur Kritik auch Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 109 a.E.; v. Wedemeyer, Kooperationen beim Vollzug des Umweltrechts, S. 220; Lange, VerwArch 82 (1991), 1 (15 f.). 60 Vgl. Beyerlein, NJW 1987, 2713 (2718 ff.); Kunig / Rublack, Jura 1990, 1 (6).

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absprachen gesetzlich vorsieht, belässt der Behörde die Entscheidung darüber, ob sie eine Beteiligung tatsächlich durchführt.61 Diese Entscheidung hängt davon ab, ob eine zeitliche Vorverlagerung der Beteiligung sinnvoll ist und ob die Interessen und Rechtspositionen der Dritten so intensiv betroffen sind, dass eine Nichtbeteiligung ermessensfehlerhaft wäre. Dieser Rechtsgedanke dürfte auch für die weiteren Fälle der Vorbereitungsabsprachen Gültigkeit haben. Ein genereller Anspruch auf Dritt- oder Öffentlichkeitsbeteiligung, wie gelegentlich gefordert wird,62 besteht jedenfalls nicht.63 Die notwendige Ermessensausübung könnte aber dahingehend erfolgen, dass anstelle einer umfassenden Öffentlichkeitsbeteiligung eine Repräsentantenbeteiligung, also eine beschränkte Beteiligung mit wenigen potentiell Betroffenen, stattfindet. De lege ferenda wäre auch an die Institutionalisierung eines Umweltanwalts zu denken, der unabhängig von den Fachbehörden agiert und die Drittinteressen wirksam wahrnimmt.64

V. Kooperative Normsubstitution 1. Beispiele für Selbstverpflichtungen und kartellrechtliche Fragen Die in der Praxis bedeutendste Form informal-kooperativen Regierungs- und Verwaltungshandelns sind die normsubstituierenden oder normabwendenden Umweltabsprachen.65 Sie treten als gesetzesvertretende und – viel häufiger – als verordnungsvertretende Absprachen in Erscheinung und sollen einen Interessenausgleich zwischen den Belangen der Wirtschaft und den umweltpolitischen Zielsetzungen des Staates herbeiführen. Absprachepartner sind in der Regel die Wirtschafts- und Industrieverbände auf der einen Seite, auf der anderen Seite die Exekutivorgane, insbesondere die Bundesregierung oder auch einzelne Bundesministerien. Die Beteiligung der Verbände ist darauf zurückzuführen, dass der Staat traditionell diese als Zentrum unternehmerischer Willensbildung ansieht und mit den Absprachen ein kollektives Verhalten der Unternehmerseite herbeiführen will. Um einen umweltpolitischen Erfolg zu erreichen, sollen sich möglichst viele Unternehmen an der Absprache beteiligen und durch absprachekonformes Verhalten zum Erreichen des umweltpolitischen Zieles beitragen.66 Allerdings kann der 61 Bonk, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 71c Rn. 27; vgl. auch Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 71c Rn. 15. 62 In diese Richtung Beyerlein, NJW 1987, 2713 (2719 f.). 63 Ähnlich Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (179); Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 352 f. 64 Lübbe-Wolff, NuR 1989, 295 (297); Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 353. 65 Vgl. zu den unterschiedlichen Gruppen von Selbstverpflichtungen auch Frenz, Selbstverpflichtungen der Wirtschaft, S. 49 ff. 66 Zum Verband als Kooperationspartner vgl. § 4 VI.

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Hoheitsträger auch mit jedem Mitgliedsunternehmen einzeln oder auch nur mit einigen marktstarken Konzernen eine Absprache treffen, wenn der Verband nicht durchsetzungsstark ist und für den Erfolg der Absprache von vornherein keine Gewähr bieten kann.67 Bei den normvertretenden Umweltabsprachen handelt es sich um staatlich initiierte Selbstverpflichtungserklärungen oder Branchenabkommen, die eine „Bemühenszusage“ der privaten Seite beinhalten, konkrete umweltverbessernde Maßnahmen vorzunehmen, ohne dass sich diese vertraglich gegenüber dem Staat bindet.68 Auch der UGB-KomE sieht in § 35 die Möglichkeit der Selbstverpflichtung von Wirtschaftsverbänden oder einzelnen Unternehmen gegenüber der Bundesregierung vor. Es gibt zahlreiche Beispiele für derartige Selbstbeschränkungsabkommen. Seit Anfang der 1980er Jahre bis Ende der 1990er Jahre hat die deutsche Wirtschaft ca. 70 den Umweltschutz betreffende Selbstverpflichtungserklärungen abgegeben. Hinzu kommen über 30 Selbstverpflichtungen auf dem Gebiet des Klimaschutzes.69 Bekannt sind z. B. die Selbstverpflichtungserklärungen der deutschen Wirtschaft zur freiwilligen Verringerung der Abfallmengen aus Getränkeverpackungen in den Jahren 1977 und 1987, die eine Verringerung der Einwegverpackungen und eine Stabilisierung und Ausweitung der Mehrwegsysteme beabsichtigten, aber das ins Auge gefasste Ziel nicht erreichten. Das durch die Verwendung von Asbest entstandene Krebsrisiko veranlasste 1984 den Wirtschaftsverband Asbestzement zu der Zusage, den Asbestgehalt von Bauprodukten zu vermindern bzw. auf Asbest völlig zu verzichten. Auf dem Sektor Produktsicherheit erging 1985 eine Selbstverpflichtungserklärung der chemischen Industrie, für Produkte mit bestimmten als giftig geltenden Stoffen nur kindergesicherte Verpackungen zu verwenden.70 Bei diesen Beispielen handelt es sich um branchenspezifische Selbstverpflichtungen, die Rücknahme-, Recycling- und Reduktionsverpflichtungen beinhalten oder die Produktsicherheit zum Gegenstand haben. Daneben gibt es auch branchenübergreifende Agreements, wie die Selbstverpflichtungen der deutschen Wirtschaft zur Klimavorsorge in den Jahren 1995 / 96, in denen sich 19 verschiedene Branchen auf eine Reduzierung der CO2-Emissionen bis zum Jahre 2005 um 20% gegenüber 1990 einigten. Die Notwendigkeit derartiger branchenübergreifender Maßnahmen zur Eindämmung der Treibhausgasemissionen liegt auf der Hand.71 67 Vgl. Knebel / Wicke / Michael, Selbstverpflichtungen und normersetzende Umweltverträge als Instrumente des Umweltschutzes, S. 162 ff. in Bezug auf die Vertragspartner in Umweltverträgen; Oldiges, WiR 1973, 1 (13 f.); Bohne, JbRSoz 8 (1982), 266 (279). 68 Vgl. Fluck / Schmitt, VerwArch 89 (1998), 220 (225). 69 SRU, Umweltgutachten 1998, BT-Drucks. 13 / 10195, Tz. 266. 70 Vgl. Helberg, Normabwendende Selbstverpflichtungen als Instrumente des Umweltrechts, S. 48 ff., 50 f.; Knebel / Wicke / Michael, Selbstverpflichtungen und normersetzende Umweltverträge als Instrumente des Umweltschutzes, S. 419 ff., 426 ff., 431 ff.; Scherer, DÖV 1991, 1 (2); Beispiele für ältere Selbstbeschränkungsabkommen: Kaiser, NJW 1971, 585 ff.; Oldiges, WiR 1973, 1 ff.; Baudenbacher, JZ 1988, 689 f. 71 Vgl. Faber, Gesellschaftliche Selbstregulierungssysteme im Umweltrecht, S. 189 f., 202 ff.; SRU, Umweltgutachten 1998, BT-Drucks. 13 / 10195, Tz. 268.

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Die rechtliche Struktur von Selbstverpflichtungsabkommen bedarf einer differenzierenden Beurteilung.72 Nicht durchgesetzt hat sich die Auffassung, wonach die informellen Absprachen rein öffentlich-rechtlicher Natur seien, da der Staat selbst Partner der Absprachen sei und öffentliche Gewalt ausübe.73 Die Absprachen haben nämlich meist eine vertikale Komponente, die durch die Beziehung Staat-Wirtschaftsverbände bzw. Staat-einzelne Unternehmen gekennzeichnet ist.74 Der Staat initiiert dabei umweltschützende Aktivitäten der Privatwirtschaft; diese Handlung ist als ein schlichthoheitlicher Realakt einzustufen. Da der Staat mit der hoheitlichen Induktion privater Maßnahmen einen öffentlichen Zweck verfolgt und zu erkennen gibt, dass er im Falle der Erfüllung der Selbstverpflichtung auf Rechtsetzungsakte verzichtet, ist diese vertikale Ebene dem öffentlichen Recht zuzuordnen. Daneben gibt es aber die horizontale Ebene mit den Beziehungen zwischen dem privaten Verband und seinen Mitgliedern bzw. zwischen den einzelnen Mitgliedern, die zur Erfüllung des Abkommens privatrechtliche Absprachen eingehen. Diese Beziehung ist mangels Ausübung hoheitlicher Befugnisse im Privatrecht einzuordnen.75 Damit hängen zugleich auch wettbewerbsrechtliche Fragen zusammen. Jede Selbstverpflichtung mit umweltpolitischer Zielsetzung beeinflusst nämlich den Wettbewerb. So wird im Bereich des DS der Handel faktisch auf solche Artikel fixiert, die mit dem Grünen Punkt versehen sind. Darin liegt eine Wettbewerbseinschränkung gem. § 1 GWB76.77 Ordnet man aber die Selbstbeschränkungsabkommen einheitlich dem öffentlichen Recht zu, dann handelt es sich bei diesen nicht um privatrechtliche Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen im Sinne von § 1 GWB, da insofern der Anwendungsvorrang des öffentlichen Rechts gilt.78 Unterscheidet man jedoch die vertikale Ebene von der horizontalen, 72 Vgl. ausführlich Hucklenbruch, Umweltrelevante Selbstverpflichtungen – ein Instrument progressiven Umweltschutzes?, S. 139 ff. 73 Hartkopf / Bohne, Umweltpolitik, Bd. 1, S. 230 f.; Bohne, VerwArch 75 (1984), 343 (361 f.); Kaiser, NJW 1971, 585 (587 f.): Industrielle Absprachen seien von einer öffentlichen Gewalt angeregte Wettbewerbsbeschränkungen zur Verwirklichung von Gemeinwohlbedürfnissen. 74 Vgl. zu den Kooperationsebenen § 4 I. 75 Vgl. Brohm, DÖV 1992, 1025 (1026); Becker, DÖV 1985, 1003 (1009); Faber, Gesellschaftliche Selbstregulierungssysteme im Umweltrecht, S. 230 ff.; Oebbecke, DVBl. 1986, 793 (795). 76 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) i.d.F. der Bekanntmachung vom 26. August 1998 (BGBl. I S. 2547), zuletzt geändert durch Gesetz vom 9. 12. 2004 (BGBl. I S. 3220). 77 Knebel / Wicke / Michael, Selbstverpflichtungen und normersetzende Umweltverträge als Instrumente des Umweltschutzes, S. 225; Schmidt-Preuß, in: FS Lieberknecht, S. 549 (559 f.). 78 Dempfle, Normvertretende Absprachen, S. 95; Hartkopf / Bohne, Umweltpolitik, Bd. 1, S. 231; Baudenbacher, JZ 1988, 689 (694); Helberg, Normabwendende Selbstverpflichtungen als Instrumente des Umweltrechts, S. 260 f.

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dann ergibt sich, dass jedenfalls für die auf der horizontalen Ebene vorgenommenen Absprachen das Kartellverbot gem. § 1 GWB zu beachten ist. In der Vergangenheit wurde indes häufig versucht, § 1 GWB restriktiv auszulegen oder seinen Geltungsbereich so einzuschränken, dass diese Bestimmung bereits tatbestandsmäßig nicht eingreift. So ist vorgeschlagen worden, das Kartellverbot nicht anzuwenden, wenn der Zweck der Vereinbarung primär auf den Umweltschutz gerichtet und die Wettbewerbsbeschränkung lediglich eine unbeabsichtigte Nebenfolge der Vereinbarung sei. Teilweise sah man auch den Umweltschutz als Kartellprivileg an, so dass die hoheitlich inspirierten Selbstverpflichtungen dem Anwendungsbereich des § 1 GWB entzogen wären.79 Diese Auffassungen können aber nicht überzeugen, da der Gesetzgeber ein Regel-Ausnahme-Verhältnis in § 1 GWB einerseits und den §§ 2 – 8 GWB andererseits vorgegeben hat, das zu einem sinnvollen Ausgleich zwischen wettbewerblichen und nicht-wettbewerblichen Interessen führen soll. So können gem. § 7 Abs. 1 GWB Vereinbarungen, die unter angemessener Beteiligung der Verbraucher am entstehenden Gewinn zu einer Verbesserung der Entwicklung, Erzeugung, Rücknahme oder Entsorgung von Waren beitragen, vom Kartellverbot freigestellt werden, wenn diese Verbesserung auf andere Weise nicht erreicht werden kann, in einem angemessenen Verhältnis zu der damit verbundenen Wettbewerbsbeschränkung steht und die Wettbewerbsbeschränkung nicht zur Entstehung einer marktbeherrschenden Stellung führt. Dies kann zugunsten von Selbstverpflichtungen eingreifen, die im Hinblick auf § 25 Abs. 1 KrW- / AbfG vorgenommen werden.80 Auch § 8 GWB, der eine Ministererlaubnis vorsieht, wenn eine Beschränkung des Wettbewerbs aus überwiegenden Gründen der Gesamtwirtschaft und des Gemeinwohls notwendig ist, kann zu einer Freistellung führen. Dabei kann der Umweltschutz als Staatszielbestimmung gem. Art. 20a GG zur Auslegung des § 8 Abs. 1 GWB herangezogen werden.81 Trotz der teilweise geäußerten Kritik an der Anwendung der §§ 7, 8 GWB82 stellen diese ein flexibles Instrumentarium dar, um Selbstverpflichtungserklärungen kartell79 Vgl. Kloepfer, JZ 1980, 781 (784 ff.); vgl. zur Auslegung des § 1 GWB im Lichte des Art. 20a GG ders., JZ 2002, 1117 (1121 f.). 80 Vgl. zu den Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 GWB, der sich nach seinem Wortlaut an Art. 81 Abs. 3 EG orientiert, Kloepfer, JZ 2002, 1117 (1123 ff.). 81 Zwar ist nach wie vor streitig, ob die Tatbestandsmerkmale „Gesamtwirtschaft“ und „Gemeinwohl“ kumulativ vorliegen müssen, wie dies der Wortlaut nahe legt, oder alternativ. Richtig ist, dass die Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft mitbedacht werden müssen, wenn nichtwirtschaftliche und wirtschaftliche Belange einander widerstreiten, vgl. Kloepfer, JZ 1980, 781 (789); Knebel / Wicke / Michael, Selbstverpflichtungen und normersetzende Umweltverträge als Instrumente des Umweltschutzes, S. 239 f.; für eine großzügige Auslegung auch SRU, Umweltgutachten 1998, BT-Drucks. 13 / 10195, Tz. 298; vgl. zur Ministererlaubnis ausführlich Frenz, Selbstverpflichtungen der Wirtschaft, S. 371 ff. 82 Vgl. z. B. Brohm, DÖV 1992, 1025 (1028) und Grewlich, DÖV 1998, 54 (57 f.), die die Universalkompetenz des Bundeswirtschaftsministers bemängeln, da dieser über die Zulässigkeit wirtschaftslenkender Maßnahmen letztinstanzlich entscheiden könne; vgl. auch SRU, Umweltgutachten 1998, BT-Drucks. 13 / 10195, Tz. 298: § 8 GWB sei unklar und bei Selbstverpflichtungen mit geringen Wettbewerbsauswirkungen zu schwerfällig.

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rechtlich zu legalisieren.83 Grds. geht es hier nämlich um eine Abwägung zwischen den Belangen des Umweltschutzes und des Wettbewerbs, die in einem geordneten Verfahren vorzunehmen ist. Dies ist durch die genannten Regelungen gewährleistet, zumal sie in einem rechtsförmlich ausgestalteten, hinreichend transparenten Verfahren angewandt werden.84

2. Der Gesetzesvorbehalt und seine Anwendung auf Selbstverpflichtungen Der Grundsatz des Gesetzesvorbehalts hat seine tragenden Säulen im Rechtsstaats- und Demokratieprinzip. Er betrifft die Frage, welche Sachbereiche dem Gesetzgeber zur Entscheidung durch Gesetz vorbehalten sind und welche Materien die Verwaltung ohne gesetzliche Grundlage regeln kann. Hierbei geht es also um das verfassungsrechtlich bedeutsame Verhältnis zwischen der gesetzgebenden und der vollziehenden Gewalt. Soweit der Gesetzesvorbehalt reicht, ist es der Verwaltung verboten, ohne vorhergehende Ermächtigung des Parlamentes tätig zu werden.85 Auch bei den staatlich induzierten Selbstverpflichtungserklärungen der Wirtschaft ist zu prüfen, inwieweit für etwaige Grundrechtseingriffe eine (parlaments-)gesetzliche Ermächtigungsgrundlage erforderlich ist. In diesem Zusammenhang muss zunächst geklärt werden, ob in der Kooperationsbeziehung zwischen Staat und Privaten überhaupt Eingriffsakte vorliegen, die den Gesetzesvorbehalt aktivieren. Dies ist nicht unumstritten. Mitunter wird die rechtliche Betroffenheit des privaten Kooperationspartners nämlich mit der Begründung verneint, dass das Inaussichtstellen staatlicher Maßnahmen bei Nichtzustandekommen der Selbstverpflichtung eine reine Information über die ohnehin bestehende Rechtsetzungskompetenz der öffentlichen Hand sei und insofern keinen Eingriff darstelle. Die Rechtsposition des Einzelnen könne als unbeeinträchtigt angesehen werden, da dieser seine Bindung jederzeit ohne rechtliche Folgen abzustreifen in der Lage sei.86 Diese Sichtweise übersieht aber, dass nach dem modernen Ein83 Hingegen kritisch Kloepfer, Umweltrecht, § 6 Rn. 259 ff., der für verbesserte gesetzliche Regelungen plädiert, wie z. B. in § 39 UGB-KomE vorgeschlagen; neben den §§ 7, 8 GWB gibt es vor allem das Instrument der Duldung auf der Basis von § 32 GWB, mit dem das Kartellamt von einem Kartellverfahren absehen kann, vgl. Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (216 f.). 84 Vgl. das Verfahren gem. § 10 GWB, die Auskunftserteilung gem. § 11 Abs. 1 GWB sowie die Bekanntmachung im Bundesanzeiger gem. § 11 Abs. 2 GWB, Schmidt-Preuß, in: FS Lieberknecht, S. 549 (560). 85 Vgl. Ossenbühl, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. III, § 62 Rn. 33; ders., in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9 Rn. 7; Herzog, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 20 VI Rn. 58; s. auch Papier, in: Götz / Klein / Starck (Hrsg.), Die öffentliche Verwaltung zwischen Gesetzgebung und richterlicher Kontrolle, S. 36 (48 ff.). 86 Baudenbacher, JZ 1988, 689 (697); Oebbecke, DVBl. 1986, 793 (795).

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griffsbegriff auch mittelbare Grundrechtseingriffe unter den Gesetzesvorbehalt fallen können. Maßgeblich sind u. a. die Kriterien der Finalität und Intensität staatlichen Handelns sowie die Vorhersehbarkeit der mit der staatlichen Maßnahme verbundenen Folgen.87 Wenn der Staat mit einer Rechtsverordnung für den Fall droht, dass bestimmte Produkte nach Gebrauch nicht zurückgenommen und einer Entsorgung zugeführt werden, und der private Kooperationspartner eine entsprechende Selbstverpflichtung eingeht, dann liegt die notwendige Finalität und Intensität der staatlichen Handlung vor; ein mittelbarer Grundrechtseingriff ist zu bejahen.88 Zum gleichen Ergebnis kommt man bei der Untersuchung der Rechtsposition von bestimmten Dritten, die an der Kooperation nicht beteiligt sind. So können die Lieferanten des Kooperationspartners infolge des Nachfragerückgangs Umsatzeinbußen erleiden mit der Folge, dass die Absprache für diese faktisch einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (Art. 14 Abs. 1 GG) darstellt.89 Von der umstrittenen Problematik des freiwilligen Grundrechtsverzichts abgesehen,90 ist jedenfalls für einen Eingriff in die Rechte des Dritten eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage erforderlich.91 Die in der Praxis am häufigsten anzutreffenden Normsubstitute sind die verordnungsvertretenden Absprachen. Die für diesen Absprachemodus notwendigen Ermächtigungsgrundlagen sind in den fachgesetzlichen Verordnungsermächtigungen zu suchen, die den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 GG zu genügen haben.92 Beispiele dafür sind die §§ 43 Abs. 1 BImSchG, 23 KrW- / AbfG, 17 Abs. 1 ChemG. Sie geben der Exekutive einen Handlungsspielraum, durch Rechtsverordnung den betroffenen Sachbereich zu ordnen oder kooperativ tätig zu werden und durch Induktion von Absprachen die Privaten zum umweltgerechten Verhalten zu veranlassen. Diese gesetzgeberische Konzeption wird der demokratischen Komponente des Gesetzesvorbehalts dann gerecht, wenn die Legislative die „wesentlichen Grundentscheidungen“93 für den Sachbereich selbst trifft und die Regelung der Modalitäten an die Exekutive delegiert. Allerdings kann es auch Fälle geben, in denen das Normsetzungsermessen aufgrund einer drohenden Gefahr für hochrangige Rechtsgüter oder aufgrund ausdrücklichen gesetzlichen Regelungsauftrags 87 Knebel / Wicke / Michael, Selbstverpflichtungen und normersetzende Umweltverträge als Instrumente des Umweltschutzes, S. 51 ff.; Bleckmann / Eckhoff, DVBl. 1988, 373 ff.; hierzu ausführlich unter § 10 VI 2. 88 Vgl. auch das Beispiel bei Di Fabio, in: Kloepfer (Hrsg.), Selbst-Beherrschung im technischen und ökologischen Bereich, S. 119 (123). 89 Bohne, VerwArch 75 (1984), 343 (367). 90 Vgl. hierzu § 10 VI 3. 91 Vgl. auch Fluck / Schmitt, VerwArch 89 (1998), 220 (237). 92 A.A. Dempfle, Normvertretende Absprachen, S. 104, wonach die Ausnahmeregelung des Art. 80 GG nicht analogiefähig sei; dagegen Knebel / Wicke / Michael, Selbstverpflichtungen und normersetzende Umweltverträge als Instrumente des Umweltschutzes, S. 65 ff. 93 Vgl. dazu die Formel des BVerfG in z. B. BVerfGE 49, 89 (126); BVerfGE 77, 170 (230 f.).

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soweit eingeengt ist, dass die Exekutive zum Verordnungserlass verpflichtet ist und nicht auf Normsubstitute zurückgreifen darf.94 Die Verordnungsermächtigung fungiert bisweilen aber nicht nur als Ermächtigungsgrundlage und Drohkulisse für eine staatliche Maßnahme. Die Exekutive kann auch eine Verordnung erlassen und ein ordnungsrechtliches Gerüst für die Selbstverpflichtung schaffen.95 Insoweit hat die Selbstverpflichtung aber keine normsubstitutive, sondern eine normergänzende Funktion. Der Inhalt der Selbstverpflichtung ist durch die staatliche Normsetzung stärker determiniert als in den Fällen, in denen die Exekutive sich mit der Normierung zurückhält.96

3. Kompetenz- und Verfahrensfragen Spezielle Zuständigkeits- oder Verfahrensvorschriften für das Zustandekommen umweltrechtlicher Selbstverpflichtungen fehlen. Die normvermeidenden Selbstverpflichtungen entstehen dadurch, dass der Hoheitsträger seine Untätigkeit ankündigt, d. h. auf regulierende Maßnahmen verzichtet, wenn die Selbstverpflichtungen den anvisierten umweltpolitischen Erfolg herbeiführen. Diese „Untätigkeitsankündigung“ ist als Realakt dem öffentlichen Recht zuzuordnen.97 Das Rechtsstaatsprinzip fordert aber auch für Realakte die Einhaltung der Regeln über die Verwaltungsorganisation und das Verwaltungsverfahren. Eine bedeutsame Frage betrifft in diesem Zusammenhang das kompetentielle Verhältnis von Bund und Ländern bei der hoheitlichen Induktion von Selbstverpflichtungen, also die Verbandskompetenz. Dabei bestimmen die für den Umweltschutz maßgeblichen Kompetenzvorschriften der Art. 74 und Art. 75 GG98 eine konkurrierende- bzw. eine Rahmengesetzgebungskompetenz zugunsten des Bundes, während die Art. 83 ff. GG für den Vollzug des Umweltrechts die Zuständigkeit der Länder vorsehen. Diese Zuständigkeitsaufteilung wird dadurch relevant, dass die hoheitliche Mitwirkung an normvermeidenden regulativen Absprachen im Grenzbereich zwischen Rechtsetzung und Gesetzesvollzug liegt.99 Der Realaktcharakter und die Qualifizierung als schlichthoheitliches Handeln legen eine Einordnung in den exekutiven Bereich nahe, während die normsubstituierende Wir94 Vgl. SRU, Umweltgutachten 1998, BT-Drucks. 13 / 10195, Tz. 304; Faber, Gesellschaftliche Selbstregulierungssysteme im Umweltrecht, S. 270 f.; Brohm, DÖV 1992, 1025 (1033). 95 Beispiel für eine solche „schlanke Verordnung“ war die – nun durch die AltfahrzeugV ersetzte – AltautoV, bei der der Normgeber die Verordnung als regulativen Rahmen für die Selbstverpflichtung ansah, vgl. hierzu § 7 II. 96 Vgl. dazu Trute, UTR Bd. 48 (1999), S. 13 (44); SRU, Umweltgutachten 1998, BTDrucks. 13 / 10195, Tz. 272. 97 Vgl. oben § 8 V 1. 98 Vgl. insbesondere Art. 74 Abs. 1 Nr. 24 und Art. 75 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 und 4 GG. 99 Vgl. Oebbecke, DVBl. 1986, 793 (795); Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 148; Helberg, Normabwendende Selbstverpflichtungen als Instrumente des Umweltrechts, S. 90.

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§ 8 Kooperation und informales Verwaltungshandeln

kung für eine Zuordnung in das Tätigkeitsfeld der Legislativ spricht. Eine wirksame Ankündigung, legislative Maßnahmen zu unterlassen, kann aber nur der hoheitliche Verband vornehmen, der tatsächlich auch für den Normerlass zuständig ist. Dies ist auf dem Gebiet des Umweltschutzes bei gesetzessubstituierenden Absprachen der Bund, weil die Länder meist nicht die erforderliche Gesetzgebungskompetenz haben.100 Hierbei kann die Zuständigkeit zur Mitwirkung an den Absprachen als eine Annexkompetenz zur Gesetzgebungskompetenz des Bundes angesehen werden, da eine funktionale Beziehung zwischen Gesetzgebungskompetenz und hoheitlichem Realakt besteht und der Realakt der effektiven Verwirklichung der Gesetzgebungskompetenz dient.101 Bei verordnungsvertretenden Absprachen ergibt sich die Verbandskompetenz hingegen aus dem ermächtigenden Gesetz.102 In den weitaus meisten Fällen der Praxis sind die Bundesregierung oder einzelne Bundesminister Absprachepartner.103 Das wäre aber nur dann verfassungskonform, wenn diese auch die notwendige Organkompetenz hätten. Bei verordnungsvertretenden Absprachen ergibt sich die Organkompetenz wiederum aus den jeweiligen Ermächtigungsgrundlagen, die die Bundesregierung, einzelne Bundesministerien oder auch die Landesregierungen für den Normerlass für zuständig erklären.104 Dementsprechend sind auch diese Organe für die Erklärung, auf Normsetzung zu verzichten, zuständig. Etwas schwieriger ist die Frage der Organkompetenz bei gesetzesvertretenden Absprachen, da in diesen Fällen der Bundestag für den Normerlass zuständig wäre und insofern auch Absprachepartner sein müsste. Zwar werden teilweise auch unechte Normverzichtsverträge, in denen der Hoheitsträger die Beibehaltung einer bestehenden Rechtslage verspricht, für zulässig angesehen.105 Doch müssten auch diese auf einem entsprechenden Beschluss des für die Normsetzung zuständigen Organs, also des Bundestags, beruhen, was aber meist nicht vorliegt. Die Organkompetenz der Bundesregierung lässt sich indessen dadurch erklären, dass die Absprachen lediglich die Erklärung 100 Im sachlichen Bereich des Art. 75 GG hätten die Länder lediglich eine Kompetenz zur Ausfüllung des Rahmens durch die Absprache. 101 Vgl. Knebel / Wicke / Michael, Selbstverpflichtungen und normersetzende Umweltverträge als Instrumente des Umweltschutzes, S. 72 f., dort auch zum Problem der Doppelzuständigkeit von Bund und Ländern bei der konkurrierenden bzw. Rahmengesetzgebungskompetenz; Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 148; für normersetzende Verträge, die bislang gesetzlich nicht geregelt sind, würde das gleiche gelten, vgl. § 36 UGB-KomE und die Begründung ebd., S. 506. 102 So können auch die Länder die Verbandskompetenz haben, wie im Falle der Festsetzung von Untersuchungsgebieten gem. § 44 Abs. 2 BImSchG. 103 Vgl. etwa die Beispiele bei Dempfle, Normvertretende Absprachen, S. 2 ff. 104 Vgl. z. B. §§ 19 Abs. 1 ChemG; 8 Abs. 1 KrW- / AbfG; 49 Abs. 2 BImSchG. 105 Kloepfer / Elsner, DVBl. 1996, 964 (969); anders die h.M., die echte (enthalten Verpflichtung zum Erlass einer bestimmten Rechtsnorm) und unechte Normsetzungsverträge in gleicher Weise für unzulässig hält, vgl. BVerwG DÖV 1981, 878 (879); SRU, Umweltgutachten 1998, BT-Drucks. 13 / 10195, Tz. 317; Spannowsky, Grenzen des Verwaltungshandelns durch Verträge und Absprachen, S. 149 f.; Becker, DÖV 1985, 1003 (1010).

V. Kooperative Normsubstitution

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der Bundesregierung beinhalten, keine Gesetzesvorlagen in den Bundestag einzubringen. Damit bekundet diese ihre Absicht, von ihrem verfassungsrechtlichen Gesetzesinitiativrecht gem. Art. 76 Abs. 1 GG nicht Gebrauch zu machen; dies ist kompetentiell zulässig.106 Daneben wird aber der Bundestag in seinem Gesetzgebungsrecht nicht eingeengt. Auch er kann Absprachepartner sein.107 Verfahrensrechtlich ist ferner oft von Interesse, ob die einfachrechtlichen Beteiligungsvorschriften auch im Rahmen von regulativen Absprachen Anwendung finden. Damit sind die verschiedenen Typen der Partizipation gesellschaftlicher Gruppen an den Verfahren, die zum Erlass von Rechtsverordnungen und allgemeinen Verwaltungsvorschriften führen, gemeint. Beispiele sind die bereits behandelten Regelungen,108 die die „Anhörung beteiligter Kreise“ vorschreiben, wie z. B. in den §§ 17 Abs. 1 ChemG, 35 Abs. 1 BImSchG, 24 Abs. 1 KrW- / AbfG. Weiterhin relevant ist die Beteiligung von anerkannten Naturschutzvereinen, die gem. § 58 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG die Gelegenheit zur Stellungnahme bei der Vorbereitung von Verordnungen auf dem Gebiet des Naturschutzes haben müssen. Der primäre Zweck derartiger Beteiligungsvorschriften liegt bekanntlich darin, dem Hoheitsträger den speziellen Sachverstand und das Expertenwissen zu vermitteln, damit dieser ausreichendes Informationsmaterial zur Normsetzung zur Verfügung hat. Eine analoge Anwendung dieser Partizipationsregeln in dem Sinne, dass eine Pflicht zur Anhörung gesellschaftlicher Gruppierungen im informalen Verfahren bestünde, würde jedoch zu weit führen. Dies resultiert zum einen daraus, dass ein verfassungsrechtlich begründetes kollektives Recht von Gruppierungen, am Verfahren beteiligt zu werden, nicht einmal im Rahmen der exekutivischen Normsetzung besteht.109 Dann kann es aber ein solches Recht auch nicht im Bereich des informalen Verwaltungshandelns geben. Zum anderen liegt ein wesentlicher Vorteil konsensualer Problemlösung gerade darin, dass die Abspracheparteien flexibel das Verhandlungsverfahren ausgestalten können. Deswegen könnten sich formalisierte Beteiligungsprozeduren als kontraproduktiv erweisen. Indessen hat die Hinzuziehung gesellschaftlichen Sachverstandes auch im informalen Verfahren unbestreit106 Vgl. auch § 35 Abs. 1 S. 1 UGB-KomE; dabei folgt aus Art. 65 S. 1 GG (Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers) und § 15 Abs. 1 lit. b) und c) GO BReg, dass der Abspracheinhalt der Bundesregierung zur Unterrichtung bzw. Beschlussfassung vorgelegt werden muss, auch wenn der einzelne Bundesminister Absprachepartner ist, vgl. Bohne, VerwArch 75 (1984), 343 (363 f.); Brohm, DÖV 1992, 1025 (1030). 107 Vgl. zum Ganzen Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (218); Knebel / Wicke / Michael, Selbstverpflichtungen und normersetzende Umweltverträge als Instrumente des Umweltschutzes, S. 74 f.; Faber, Gesellschaftliche Selbstregulierungssysteme im Umweltrecht, S. 260; skeptisch gegenüber einer Beteiligung des Parlaments an Absprachen Herdegen, VVDStRL 62 (2003), 7 (18): Bei einer Beteiligung werde die präjudizierende Wirkung außerparlamentarischer Absprachen zu Lasten der Geltungsautorität des Gesetzesbeschlusses verstärkt. 108 Vgl. oben § 6 II. 109 Vgl. Denninger, Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Normsetzung im Umwelt- und Technikrecht, S. 173 f.

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§ 8 Kooperation und informales Verwaltungshandeln

bare Vorteile. Daher sollte es dem pflichtgemäßen Ermessen der Exekutive überlassen werden, den Verbänden in einem bestimmten Stadium der Verhandlungen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.110

110 Im Ergebnis so Brohm, DÖV 1992, 1025 (1030 f.); SRU, Umweltgutachten 1998, BTDrucks. 13 / 10195, Tz. 308; a. A. Helberg, Normabwendende Selbstverpflichtungen als Instrumente des Umweltrechts, S. 240 ff.

§ 9 Rechtsnatur des Kooperationsprinzips Kooperationsbeziehungen zwischen Staat und privaten Kräften sind in der Umweltpolitik und im kodifizierten Umweltrecht ein häufiges Phänomen. Die in den §§ 4 – 8 vorgenommene Einteilung hat dies nochmals verdeutlicht. Jene Kategorisierung verfolgte allerdings auch einen anderen Zweck: Sie sollte zu der Frage hinführen, ob sich aus den verschiedenen Erscheinungsformen umweltrechtlicher Kooperation ein Prinzip herleiten lässt, das in bestimmten gesetzlichen Regelungskomplexen zum Ausdruck kommt. Könnte man diese Frage bejahen, dann würde das zweifelsohne eine Aufwertung des Kooperationsgedankens bedeuten, insbesondere wenn das Kooperationsprinzip über seinen politischen Charakter hinaus normative Bedeutung und Steuerungskraft hätte.

I. Das Kooperationsprinzip als politische Handlungsmaxime Vertikale Kooperation ist keine Besonderheit der Umweltpolitik. Der gestiegene Kooperationsbedarf des Staates folgt insbesondere aus staatlichem Eigeninteresse. Der Hoheitsträger greift zur Sicherung seiner Steuerungsfähigkeit, zur Stabilisierung der Staatsfinanzen und zur Verbesserung der Normimplementation auf kooperative Handlungsstrukturen zurück,1 um die staatliche Aufgabenerfüllung zu effektivieren. Gründe für die Schaffung kooperativer Strukturen gibt es auch in anderen Politikfeldern. Aufgrund der Komplexität des Aufgabenbereichs, der Abhängigkeit umweltpolitischer Zielsetzungen und Maßnahmen von naturwissenschaftlichen Erkenntnissen und der multipolaren Interessenkonstellation eignet sich die Umweltpolitik jedoch in besonderer Weise für Kooperationen.2 Deswegen verwundert es nicht, dass das Kooperationsprinzip ursprünglich in Programmen und politischen Reden kreiert wurde und erst später in rechtlichen Vorschriften seine Ausprägung fand. So formuliert der Umweltbericht der Bundesregierung aus dem Jahre 1976 den politischen Kooperationsgrundsatz in dem Sinne, dass die Einbeziehung der gesellschaftlichen Kräfte am umweltpolitischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozess erforderlich sei.3 Auch die Leitlinien der Bundesregierung zur Umweltvorsorge aus dem Jahre 1986 sehen das Kooperationsprinzip als ein politisches Verfahrensprinzip an, das auf eine möglichst einVgl. Hesse, JbStVwW 1 (1987), 55 (69 f.). Vgl. Hartkopf / Bohne, Umweltpolitik, Bd. 1, S. 114. 3 Umweltbericht ’76 – Fortschreibung des Umweltprogramms der Bundesregierung – vom 14. Juli 1976, BT-Drucks. 7 / 5684, S. 9. 1 2

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§ 9 Rechtsnatur des Kooperationsprinzips

vernehmliche Verwirklichung umweltpolitischer Ziele gerichtet sei und ein faires Zusammenwirken staatlicher und gesellschaftlicher Akteure beinhalte.4 Das Kooperationsprinzip gilt demnach als ein Handlungsprinzip, mit dem die Ziele der Umweltpolitik der Bundesregierung erreicht werden sollen. Diese Sichtweise führt dazu, dass das genannte Prinzip – zumal in der Literatur5 – in erster Linie als ein politisches Prinzip bzw. als eine Handlungsmaxime in umweltpolitischen Entscheidungsprozessen betrachtet wird. Umweltpolitische Prinzipien haben die Aufgabe, die Zielvorstellungen der Umweltpolitik mit den einzelnen Instrumentarien des Umweltschutzes in anwendungsfähige Rechtsvorschriften umzusetzen. Die umweltpolitischen Grundsatzentscheidungen müssen in Feinziele aufgelöst und dadurch operationalisierungsfähig gemacht werden.6 Diese Prinzipien sind Postulate, die an den Gesetzgeber gerichtet sind und eine Richtschnur für gesetzgeberische Maßnahmen darstellen. Sie sind aber nicht rechtsverbindlich und begründen für den Rechtsunterworfenen keine unmittelbaren Rechte und Pflichten. Insofern wird auch von „informativen“ Prinzipien gesprochen, die nicht positivrechtlich fixiert sind und lediglich programmatischen Charakter haben. Insbesondere können diese Prinzipien nicht als Rechtfertigungsgrund für hoheitliche Eingriffe in Grundrechte fungieren. Die politischen Prinzipien müssen des Weiteren auch nicht die Anforderungen erfüllen, die an Rechtssätze gestellt werden; dies betrifft insbesondere das Gebot der Bestimmtheit, Klarheit und Rechtssicherheit. Sie können allerdings die für Rechtssätze erforderliche Bestimmtheit erlangen, wenn sie normativ in solche transformiert werden.7 Solange dies nicht geschehen ist, können sie zumindest als Leitgedanken allgemeiner Art auch bestimmten Einzelvorschriften zugrunde liegen, ohne darüber hinaus anwendbar zu sein. So ist dem Kooperationsprinzip sehr oft ein lediglich instrumenteller Charakter zugesprochen und auf die Einzelausprägungen der Kooperationsidee in den gesetzlichen Partizipationsregeln sowie in den Vorschriften über den „Betriebsbeauftragten“ und die „Anhörung beteiligter Kreise“ hingewiesen worden.8 Jede weitere Bedeutung wird aber dem Kooperationsprinzip häufig verwehrt, insbesondere wird auf sein „amorphes Erscheinungsbild“, Bundesregierung, Leitlinien Umweltvorsorge, BT-Drucks. 10 / 6028, S. 11. Vgl. z. B. Grüter, Umweltrecht und Kooperationsprinzip in der Bundesrepublik Deutschland, S. 85; Kloepfer, Umweltrecht, § 4 Rn. 56; Hoppe / Beckmann / Kauch, Umweltrecht, § 1 Rn. 122; Breuer, Gutachten B für den 59. Deutschen Juristentag, B 94; Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.), UGB-KomE, S. 460; Prümm, Umweltschutzrecht, S. 72; Kloepfer / Rehbinder / Schmidt-Aßmann / Kunig, Umweltgesetzbuch – Allgemeiner Teil –, S. 155; Hoppe / Beckmann, JuS 1989, 425 (430); Voßkuhle, VerwArch 92 (2001), 184 (204). 6 Kloepfer / Meßerschmidt, Innere Harmonisierung des Umweltrechts, S. 67. 7 Vgl. Esser, Grundsatz und Norm, S. 73 ff.; Rehbinder, in: FS Sendler, S. 269 ff.; Di Fabio, in: FS Ritter, S. 807 (810 ff.); Ossenbühl, NVwZ 1986, 161 (163 f.). 8 Vgl. z. B. Sendler, JuS 1983, 255 (257); Kloepfer / Meßerschmidt, Innere Harmonisierung des Umweltrechts, S. 81 ff. 4 5

II. Das Kooperationsprinzip als Verfahrensprinzip

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seine „rechtliche Unbestimmtheit“ und „Konturlosigkeit“ verwiesen. Das einfache Recht sei durch einzelne Facetten der Kooperationsidee mitprägt, ein einheitlicher Kooperationsgedanke sei aber nicht ersichtlich.9 Eine solche Sichtweise übersieht aber einerseits den bereits angeführten Transformationsprozess, der durch eine politische Leitidee in Gang gesetzt werden kann, und die daraus folgenden Auswirkungen des politischen Prinzips auf die Entstehung und Auslegung einfachen Rechts. Andererseits gibt es bekanntlich unterschiedliche Erscheinungsformen von normativen Prinzipien mit gleitenden Übergängen, so dass die Einordnung eines Prinzips in einem Raster zwischen politischem Prinzip und allgemeinem Rechtsprinzip in Betracht kommt. Insofern ist nicht pauschale Kritik angezeigt, sondern eine dogmatische Prüfung und Qualifizierung angebracht. Diese muss die allgemeinen rechtstheoretischen Grundsätze genauso beachten wie die umweltrechtlichen Besonderheiten. Die Verknüpfung beider Komponenten kann Aufschluss über die Rechtsnatur des Kooperationsprinzips geben.

II. Das Kooperationsprinzip als Verfahrensprinzip Kooperation bedeutet seit jeher rechtzeitige und ausreichende Verfahrensbeteiligung von betroffenen Bürgern, Bürgerinitiativen und anderen Gruppierungen im Rahmen umweltrelevanter Genehmigungs-, Planfeststellungs- oder Rechtsetzungsverfahren. Insofern wird das Kooperationsprinzip als ein Verfahrensgrundsatz angesehen, nach dem der Staat in einer komplexen pluralistischen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft auf die Information und Interessenrepräsentation durch die Betroffenen angewiesen ist, um Defizite bei der Normsetzung und im Normvollzug zu beseitigen.10 Dies zeigt, dass die Idee der Kooperation als Verfahrensprinzip mit dem Gedanken der Partizipation verwandt ist. Partizipation ist dabei im Sinne von gestaltender Einflussnahme und Mitwirkung am staatlichen Entscheidungsprozess zu verstehen. Das Verhältnis von Staat 9 Vgl. z. B. Breuer, Gutachten B für den 59. Deutschen Juristentag, B 94 f.; Koch, NuR 2001, 541 (545 ff., 551); Sendler, JuS 1983, 255 (257); Prümm, Umweltschutzrecht, S. 72; Lübbe-Wolff, NuR 1989, 295; Voßkuhle, VerwArch 92 (2001), 184 (204); ders., ZUR 2001, 23 ff.: Das Kooperationsprinzip solle zugunsten kooperativer Regelungsarrangements verabschiedet werden; Schrader, DÖV 1990, 326 (329 ff.): Die undifferenzierte Betonung der Kooperation sei Bestandteil einer bloß symbolischen Umweltpolitik, ebd., S. 330; Jaeschke, NVwZ 2003, 563 ff. 10 Vgl. Rehbinder, in: Arbeitskreis für Umweltrecht (Hrsg.), Grundzüge des Umweltrechts, Rn. 115 ff.; Hartkopf / Bohne, Umweltpolitik, Bd. 1, S. 114 f.; Schmidt / Müller, Einführung in das Umweltrecht, § 1 Rn. 13; Wolf, Umweltrecht, Rn. 59; Schulze-Fielitz, in: Voigt (Hrsg.), Abschied vom Staat – Rückkehr zum Staat?, S. 95 (106) spricht zwar von „organisationsrechtlicher Kooperation“, fasst darunter aber auch die Beteiligung Privater am Verfahren vor Erlass von Rechtsvorschriften; s. ferner Sparwasser / Engel / Vosskuhle, Umweltrecht, § 2 Rn. 49.

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§ 9 Rechtsnatur des Kooperationsprinzips

und Bürger im Verwaltungsverfahren ist nämlich nicht nur durch Subordination und Distanz gekennzeichnet, sondern durch Nähe und Zusammenarbeit. Der Bürger hat eine Rechtsposition im Verfahren inne und kann Vorschläge und Anregungen unterbreiten.11 Die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen sehen deswegen unterschiedliche Partizipationsmöglichkeiten vor, die zu einem größeren oder kleineren Kreis von Beteiligten führen.12 Am größten ist der Kreis bei der Popularoder Jedermannsbeteiligung, die z. B. in den §§ 10 Abs. 3 S. 2 BImSchG, 7 Abs. 1 S. 1 AtVfV geregelt ist. Danach kann jedermann Einsicht in die das Vorhaben betreffenden Unterlagen nehmen und Einwendungen erheben, unabhängig davon, ob er in seinen Interessen oder Rechten betroffen ist oder nicht. Der Beteiligtenkreis wird hingegen kleiner, wenn nur diejenigen Einwendungen erheben können, deren Belange durch das Vorhaben berührt werden. Dann handelt es sich um eine Interessentenbeteiligung, die z. B. in § 73 Abs. 4 S. 1 VwVfG i.V.m. §§ 31 Abs. 2, 34 Abs. 1 KrW- / AbfG, 10 Abs. 2 LuftVG13 geregelt ist. Unter den Begriff „Belange“ fallen hierbei nicht nur subjektive Rechtspositionen im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO, sondern auch anerkennenswerte wirtschaftliche, soziale, kulturelle oder sonstige Interessen.14 Nochmals enger wird der Beteiligtenkreis, wenn das Gesetz an die Betroffeneneigenschaft anknüpft. Dies ist z. B. in § 73 Abs. 6 S. 1 VwVfG vorgesehen, wonach die Anhörungsbehörde die Einwendungen mit den Betroffenen zu erörtern hat; das sind diejenigen, deren Rechte oder rechtlich geschützte Interessen durch das Vorhaben beeinträchtigt werden können. Dann handelt es sich um eine Betroffenenbeteiligung. Neben diesen Partizipationsvarianten ist als zusätzliches Konzept der Öffentlichkeitsbeteiligung die Verbandsbeteiligung zu erwähnen, die im Naturschutzrecht in den §§ 58 ff. BNatSchG besonders ausgeprägt ist. § 58 Abs. 1 BNatSchG gibt anerkannten Umweltschutzvereinen Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Einsicht in die einschlägigen Sachverständigengutachten, insbesondere bei der Vorbereitung von Verordnungen und anderen untergesetzlichen Rechtsvorschriften auf dem Gebiet des Naturschutzes (§ 58 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG). Seit der Novellierung des BNatSchG15 besteht ferner für die Naturschutzvereine gem. § 61 Abs. 1 11 Vgl. Schmitt Glaeser, in: Lerche / Schmitt Glaeser / Schmidt-Aßmann, Verfahren als staats- und verwaltungsrechtliche Kategorie, S. 35 (46 f.). 12 Vgl. hierzu Laubinger, in: Kimminich / v. Lersner / Storm (Hrsg.), HdUR Bd. 2, Sp. 1493 ff.; Hill, Das fehlerhafte Verfahren und seine Folgen im Verwaltungsrecht, S. 267 ff.; Schmitt Glaeser, in: Lerche / Schmitt Glaeser / Schmidt-Aßmann, Verfahren als staats- und verwaltungsrechtliche Kategorie, S. 35 (53 f.); Papier, NJW 1980, 313 ff.; Grüter, Umweltrecht und Kooperationsprinzip in der Bundesrepublik Deutschland, S. 20 f. 13 Luftverkehrsgesetz (LuftVG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 27. März 1999 (BGBl. I S. 550), zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. 1. 2005 (BGBl. I S. 78). 14 Obermayer, VwVfG, § 73 Rn. 91; Bonk / Neumann, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 73 Rn. 67. 15 Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 25. März 2002 (BGBl. I S. 1193), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. 12. 2004 (BGBl. 2005 I S. 186)).

III. Das Kooperationsprinzip als Organisationsprinzip

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BNatSchG die Möglichkeit, bei bestimmten naturschutzrechtlich relevanten Maßnahmen, ohne in eigenen Rechten verletzt zu sein, Rechtsbehelfe einzulegen, wenn die zusätzlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 61 Abs. 2 BNatSchG erfüllt werden. Damit stellt § 61 BNatSchG die bundesrechtliche Einführung einer altruistischen Verbandsklage auf dem Gebiet des Naturschutzrechts dar.16 Kooperation in Gestalt der Partizipation dient vornehmlich der Information der Behörde. Diese soll durch konstruktives Gespräch mit den Beteiligten über den der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt ausreichend unterrichtet werden. Damit wird der Verfahrensablauf für die Beteiligten transparent, berechenbar und voraussehbar. Durch den Dialog mit den Beteiligten wächst zugleich deren Bereitschaft, die anschließend zu treffende Verwaltungsentscheidung zu akzeptieren. Wenn die Kommunikation darüber hinaus dazu verwendet wird, dass die Behörde nicht nur den Standpunkt des Bürgers sich anhört, sondern zugleich versucht, eine einvernehmliche Problemlösung herbeizuführen, dann verwirklicht sich die Idee der Kooperation.17 Bei der Verbandsbeteiligung steht der Gedanke im Vordergrund, dass die Verbände als zusätzliche Sachwalter für den Umweltschutz auftreten und somit zur Konkretisierung des Gemeinwohls beitragen. Damit öffnet sich die Verwaltung den organisierten Verbänden, benutzt deren Sachverstand und lässt sie zugleich auf den Meinungsbildungsprozess einwirken.18

III. Das Kooperationsprinzip als Organisationsprinzip Das Kooperationsprinzip zeichnet sich des Weiteren dadurch aus, dass der Staat von nichtstaatlichen Organisationsformen als Steuerungsinstrument Gebrauch macht. Primär geht es darum, private Organisationsstrukturen zu etablieren, diese für Gemeinwohlziele zu nutzen und damit den Staat bei seiner Aufgabenerfüllung zu entlasten. Der Hoheitsträger kreiert dabei privatrechtliche Institute, um die Belange des Umweltschutzes in der nichtstaatlichen Sphäre durchzusetzen. Ein markantes Beispiel hierfür bietet der bereits besprochene betriebliche Umweltschutz.19 Die Instrumente der betrieblichen Eigenüberwachung (z. B. in den §§ 26 – 29 BImSchG), der Mitteilungspflicht zur Betriebsorganisation (z. B. in den §§ 53 KrW- / AbfG, 52a BImSchG) oder des Betriebs16 Dazu Seelig / Gündling, NVwZ 2002, 1033 ff.; Gellermann, NVwZ 2002, 1025 (1032 f.); allgemein zur Verbandsklage Kloepfer, Umweltrecht, § 8 Rn. 33 ff. 17 Vgl. Schmitt Glaeser, in: Lerche / Schmitt Glaeser / Schmidt-Aßmann, Verfahren als staats- und verwaltungsrechtliche Kategorie, S. 35 (57 f.); Rengeling, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 116 ff.; Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 106; Schuppert, in: Hoffmann-Riem (Hrsg.), Bürgernahe Verwaltung?, S. 279 (298 ff.). 18 Vgl. auch Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 93; Schuppert, in: Hoffmann-Riem (Hrsg.), Bürgernahe Verwaltung?, S. 279 (307). 19 Vgl. oben § 5 II.

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§ 9 Rechtsnatur des Kooperationsprinzips

beauftragten für Umweltschutz bezwecken, die Eigenverantwortung des Unternehmens und die betriebliche Binnenkontrolle zu stärken und eine umweltgerechte Unternehmenspolitik zu fördern. Durch organisatorische Vorgaben werden bestimmte Aufgabengebiete, die sonst einer administrativen Kontrolle unterstellt würden, Gegenstand eigenständiger privater Verantwortlichkeit. Zusätzlich wird das Unternehmen über das gesetzliche Mindestmaß hinaus zu weiteren Umweltschutzmaßnahmen animiert. Der Umweltschutz wird somit zu einem gemeinsamen öffentlichen und privaten Anliegen.20 Darüber hinaus versucht der Gesetzgeber auch mit Hilfe des europäischen Systems EMAS für Organisationen Anreize zu schaffen, damit diese ein umweltgerechtes Management errichten. EMAS ist zwar ein fakultatives Kontroll- und Organisationssystem, enthält aber für die Teilnehmer, falls sie sich registrieren lassen wollen, verbindliche Verpflichtungen, die eine kontinuierliche Verbesserung des Umweltschutzes herbeiführen sollen.21 Die Organisationsidee spielt in ähnlicher Weise im Rahmen der VerpackV eine nicht unbedeutende Rolle. Die Rücknahmepflicht der Hersteller und Vertreiber von Verkaufsverpackungen wird abgewendet, wenn diese an einem System teilnehmen, das für eine flächendeckende Erfassung des Verpackungsmaterials sorgen muss. Damit wurde die Errichtung des DS initiiert, das als privatrechtliche Institution das maßgebliche Sammel- und Verwertungssystem für Verpackungsabfälle darstellt. Der Staat setzt demnach auf die Bildung eines handlungsfähigen Akteurs und überträgt auf diesen ursprünglich öffentliche Aufgaben. Insofern ist eine Organisation entstanden, die durch die private Seite getragen wird, auf die aber die Politik steuernd Einfluss nehmen kann.22 In all diesen Fällen zeigt sich das Kooperationsprinzip als ein Steuerungsprinzip, das Räume gesellschaftlicher Selbstorganisation gründet und die Funktionslogik und Handlungsrationalität des privaten Organisationssystems für die öffentliche Aufgabenerfüllung nutzt. Dabei kommt es zu einer Koppelung administrativer Instrumente der Kontroll- und Eingriffsverwaltung mit den Instrumenten mittelbarer Steuerung, von denen zusätzliche innovative Impulse für den Umweltschutz aus20 Vgl. zum Ganzen Trute, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht als Steuerungsressource, S. 249 (261 ff.); Franzius, Die Herausbildung der Instrumente indirekter Verhaltenssteuerung im Umweltrecht der Bundesrepublik Deutschland, S. 185 ff.; Schmidt-Aßmann, in: ders. / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht als Steuerungsressource, S. 9 (29); ders., in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, S. 7 (32 f.); Kloepfer / Rehbinder / Schmidt-Aßmann / Kunig, Umweltgesetzbuch – Allgemeiner Teil –, S. 384; Kloepfer, DB 1993, 1125 ff.; Reinhardt, AöR 118 (1993), 617 (635 f.). 21 Vgl. z. B. Art. 3 Abs. 2 lit. c) EMAS-VO; s. ferner § 11 IV 1 b). 22 Z. B. durch Festsetzung von Verwertungsquoten, vgl. Anhang I Nr. 1 Abs. 2 VerpackV; Di Fabio, VVDStRL 56 (1997), 235 (249) spricht von einer „selbständigen Erfüllungsorganisation“; vgl. auch Spies, StWStP 1994, 267 (284 f.); Finckh, Regulierte Selbstregulierung im Dualen System, S. 82.

IV. Ist das Kooperationsprinzip ein Rechtsprinzip?

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gehen sollen. Zu beachten ist schließlich, dass die organisatorischen Instrumente eine Ergänzungsfunktion zum traditionellen Ordnungsrecht haben, dieses aber keineswegs obsolet machen. Der Staat muss durch das Ordnungsrecht seiner Gewährleistungsverantwortung nachkommen und als beaufsichtigender Kooperationspartner präsent sein.

IV. Ist das Kooperationsprinzip ein Rechtsprinzip? – Einblick in eine Grundsatzdebatte 1. Rechtsprinzipien und Rechtsregeln Das Kooperationsprinzip wird traditionell als ein politisches Prinzip angesehen.23 Seit der neueren Rspr. des BVerfG zum Kooperationsprinzip24 wird aber verstärkt die Frage diskutiert, ob sich aus der politischen Kooperationsidee mit seinen unterschiedlichen Facetten und Ausprägungen sogar ein Rechtsprinzip herauskristallisiert hat. Man kann getrost konstatieren, dass sich diese Fragestellung spätestens nach den Entscheidungen des BVerfG zu einem der Grundsatzthemen der Kooperationsdebatte entwickelt hat. Die Unterscheidung zwischen politischen Prinzipien und Rechtsprinzipien ist nämlich zugleich eine Differenzierung zwischen Umweltpolitik und Umweltrecht,25 also zwischen politisch-programmatischen Grundsätzen und positiver Rechtsgeltung. Ein wesentliches Problem besteht darin zu eruieren, wann ein Übergang vom politischen Prinzip zum Rechtsprinzip stattfindet. Diese Frage kann zwar nicht einheitlich beantwortet werden, festzustellen ist aber, dass es sich häufig um einen gleitenden Übergang handelt, eine politische Idee also nach und nach ins positive Recht eingeführt wird und mit der Zeit in normativer Hinsicht an Kontur gewinnt. Die Bedeutung von Rechtsprinzipien und ihren Unterschied zu Rechtsregeln hat in besonderer Weise Dworkin herausgearbeitet. Nach ihm haben Rechtsregeln einen Alles-oder-Nichts-Charakter. Wenn Tatsachen, die eine Regel als Bedingungen festsetze, gegeben seien und die Regel gültig sei, dann müsse die Regel angewandt und die Rechtsfolge akzeptiert werden. Wenn die Regel ungültig sei, bleibe sie unbeachtet und trage zur Entscheidung nichts bei. Demgegenüber zeichneten sich Prinzipien dadurch aus, dass sie keine automatisch eintretenden Konsequenzen festlegten, sondern einen Grund darstellten, der ein Argument für eine Richtung der Entscheidung sei, der aber nicht eine bestimmte Entscheidung notwendig mache.26 Zum Begriff des Prinzips ausführlich Reimer, Verfassungsprinzipien, S. 146 ff. BVerfGE 98, 83 ff. sowie BVerfGE 98, 106 ff.; vgl. zur Diskussion nach diesen Urteilen auch Rengeling, in: FS Brohm, S. 509 (511 ff.). 25 Vgl. Ossenbühl, NVwZ 1986, 161 (163 f.) für das Vorsorgeprinzip. 26 Dworkin, in: ders., Bürgerrechte ernstgenommen, S. 42 (54 ff.). 23 24

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Alexy hat diese Unterscheidung zum Ausgangspunkt seiner Überlegungen gemacht und sie weitergeführt. Nach ihm sind sowohl Regeln als auch Prinzipien Normen, weil sie Gründe für konkrete Sollensurteile darstellten. Die Prinzipien stuft Alexy aber als Optimierungsgebote ein, die dadurch zu charakterisieren seien, dass sie in einem unterschiedlichen Grad erfüllt werden könnten und dass das Maß ihrer Erfüllung nicht nur von den tatsächlichen, sondern auch von den rechtlichen Möglichkeiten abhängen würde. Prinzipien zeichneten sich deswegen durch ihre Abwägungsfähigkeit und -bedürftigkeit aus. Regeln seien hingegen definitive Gebote. Wenn die Anwendbarkeit von zwei Regeln mit im konkreten Fall einander widersprechenden Rechtsfolgen feststehe und der Widerspruch nicht durch Einfügung einer Ausnahmeklausel beseitigt werden könne, dann sei eine Regel für ungültig zu erklären. Demgegenüber führe eine Prinzipienkollision zum Ergebnis, dass ein Prinzip im konkreten Fall zurückzutreten habe, nicht aber, dass es ungültig sei.27 Nach Larenz sind rechtsethische Prinzipien „richtunggebende Maßstäbe rechtlicher Normierung, die vermöge ihrer eigenen Überzeugungskraft rechtliche Entscheidungen zu rechtfertigen vermögen“. Sie seien als materiale Rechtsgedanken besondere Ausprägung einer Rechtsidee, die sich dem allgemeinen Rechtsbewusstsein auf einer historischen Entwicklungsstufe darstelle.28 Canaris sieht das Besondere an Prinzipien darin, dass sie nicht ohne Ausnahmen gelten und zueinander in Gegensatz treten könnten. Sie würden ihren eigentlichen Sinngehalt erst in einem Zusammenspiel wechselseitiger Ergänzung entfalten und bedürften zu ihrer Verwirklichung der Konkretisierung durch Unterprinzipien und Einzelwertungen mit selbständigem Sachgehalt.29 Ein Prinzip zeigt also den Weg zu einem optimalen Zustand, enthält aber keine unmittelbar auf einen Einzelfall anwendbaren Vorgaben.30 Ein Prinzip erhält die Geltungskraft des positiven Rechts, sobald es durch rechtsbildende Akte der Gesetzgebung und der Rspr. umgesetzt und durch Auslegung konkretisiert wird. Der Leitgedanke eines Prinzips kann hierbei in Form von speziellen Fallgruppen näher ausgestaltet werden.31 Damit wird das Prinzip für die Rechtspraxis juristisch handhabbar und gewinnt jenes Maß an inhaltlicher Bestimmtheit, das für ein normatives Prinzip erforderlich ist. Bekannte Rechtsprinzipien sind vor allem die Verfassungsprinzipien, wie das Demokratie-, das Rechtsstaats- und das Sozialstaatsprin27 Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 71 ff.; ders., ARSP Beiheft 25 (1985), 13 ff., 19 ff.; ders., in: ders., Recht, Vernunft, Diskurs, S. 213 (216 f.); ders., in: Schilcher / Koller / Funk (Hrsg.), Regeln, Prinzipien und Elemente im System des Rechts, S. 31 ff. 28 Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 421 ff., 474 ff. 29 Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, S. 52 ff. 30 Als Charakteristika kommen nach Reimer, Verfassungsprinzipien, S. 171 ff. in Betracht: Generalität, Konkretisierungsbedürftigkeit und Abwägungsfähigkeit; dabei sei eine Abgrenzung erforderlich zum Rechtssatz, zur Regel, zum Wert und zum Konditionalprogramm. 31 Vgl. hierzu weiterhin Koch / Rüßmann, Juristische Begründungslehre, S. 97 ff.; Esser, Grundsatz und Norm, S. 41 f.; 133 ff.

IV. Ist das Kooperationsprinzip ein Rechtsprinzip?

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zip, aber auch daraus abgeleitete Unterprinzipien, wie die aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Grundsätze des Vertrauensschutzes und der echten oder unechten Rückwirkung. Es gibt aber auch Prinzipien auf einfachrechtlicher Ebene, wie z. B. die baurechtlichen Berücksichtigungs- bzw. Optimierungsgebote, die für die bauplanungsrechtliche Abwägung eine wichtige Rolle spielen.32

2. Rechtssatzförmige Prinzipien und normative Leitprinzipien Innerhalb der Rechtsprinzipien wird zwischen rechtssatzförmigen Prinzipien und offenen Prinzipien differenziert.33 Rechtssatzförmige Prinzipien sind Prinzipien, die nicht nur einer gesetzlichen Vorschrift als Rechtsgedanke zugrunde liegen, sondern sich zu einem unmittelbar anwendbaren rechtlichen Maßstab verdichtet haben und insofern Rechtssatzcharakter haben. Freilich könnte man dann von einer Rechtsregel im obengenannten Sinne34 sprechen. Doch liegt das Besondere an rechtssatzförmigen Prinzipien darin, dass sie den Gesamtzusammenhang, in dem die Vorschrift steht, verdeutlichen und insbesondere bei der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe und der Ermessensausübung den Rechtsanwender unterstützen. Im Umweltrecht wird das Vorsorgeprinzip als ein Beispiel für ein rechtssatzförmiges Prinzip angeführt, da der Vorsorgegrundsatz in einigen Fachgesetzen als Zulassungsvoraussetzung für umweltrelevante Vorhaben ausdrücklich geregelt oder in bestimmten einfachrechtlichen Normen als Rechtsidee verankert ist.35 Doch selbst das Vorsorgeprinzip wird – trotz seiner fachgesetzlichen materiellrechtlichen Konkretisierung – mitunter als inhaltlich unbestimmt und präzisierungsbedürftig angesehen.36 Das Kooperationsprinzip ist kein rechtssatzförmiges Prinzip wie das Vorsorgeprinzip, da es nicht in den fachgesetzlichen Vorschriften beispielsweise als Genehmigungsvoraussetzung oder Eingriffsermächtigung aufgeführt ist und nicht die für Rechtssätze typische Struktur aufweist. Ein Grundsatz, dass bei umweltrelevanten Maßnahmen die Exekutive mit Privatpersonen oder Verbänden zunächst zu kooperieren hat, bevor auf hoheitliche Maßnahmen zurückgegriffen wird, lässt sich 32 S. § 1 Abs. 6 und 7 BauGB; vgl. hierzu auch Koch, in: Schilcher / Koller / Funk (Hrsg.), Regeln, Prinzipien und Elemente im System des Rechts, S. 245 (250 ff.); Hoppe, DVBl. 1992, 853 ff. 33 Grundlegend Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 479 ff.; in Bezug auf das Vorsorgeprinzip Rehbinder, in: FS Sendler, S. 269; Di Fabio, in: FS Ritter, S. 807 (815, 818 f.). 34 Vgl. § 9 IV 1. 35 Z. B. §§ 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BImSchG; 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG; als Ausprägung des Vorsorgeprinzips gelten z. B. auch die §§ 1a Abs. 1, 7a Abs. 1 WHG; 4 KrW- / AbfG; vgl. etwa Kloepfer, Umweltrecht, § 4 Rn. 9; Hoppe / Beckmann / Kauch, Umweltrecht, § 1 Rn. 139 ff. 36 Vgl. hierzu z. B. Breuer, in: Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 5. Kapitel Rn. 7; Rehbinder, in: FS Sendler, S. 269 (272); Illig, Das Vorsorgeprinzip im Abfallrecht, S. 11 f. m. w. N.

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aus dem einfachen Recht nicht begründen. Zwar ist nach § 8 S. 1 BNatSchG durch Landesrecht sicherzustellen, dass bei Maßnahmen zur Durchführung der nach dem BNatSchG erlassenen Rechtsvorschriften geprüft wird, ob der Zweck auch durch vertragliche Vereinbarungen erreicht werden kann. Diese Vorschrift soll aber primär eine Rechtsgrundlage für den Vertragsnaturschutz schaffen und begründet nicht die Nachrangigkeit ordnungsrechtlicher Instrumente.37 Auch eine Subsidiaritätsklausel entsprechend § 6 Abs. 1 S. 3 UGB-ProfE, wonach die Behörden nur tätig werden sollen, soweit ein hinreichender Schutz der Umwelt durch die Bürger nicht erfolgen kann, findet sich im geltenden Recht nicht. Dieser Kodifizierungsvorschlag wird als eine zu weitgehende Einschränkung administrativen Handelns abgelehnt.38 Das Kooperationsprinzip hat aber sehr wohl den Charakter eines Optimierungsgebots im Sinne eines normativen Leitprinzips.39 Den Ausgangspunkt der Überlegungen bildet Art. 34 Abs. 1 EV, der es als Aufgabe der Gesetzgeber ansieht, die natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen unter Beachtung des Vorsorge-, Verursacher- und Kooperationsprinzips zu schützen. Auch Art. 16 Abs. 1 S. 2 SV bestimmt, dass sich die Vertragsparteien, also die beiden damaligen deutschen Staaten, beim Schutz der Umwelt von den drei Umweltprinzipien leiten lassen.40 Das Kooperationsprinzip wurde durch diese Regelungen zum ersten Mal ausdrücklich gesetzlich als ein tragendes Umweltprinzip anerkannt. Da die Beachtung dieses Prinzips als ein Auftrag an den Gesetzgeber konzipiert ist, lässt sich nicht mehr von einer lediglich politischen Formel ohne normative Steuerungskraft sprechen. Art. 34 Abs. 1 EV und Art. 16 Abs. 1 SV führen zwar nicht dazu, dass das Kooperationsprinzip Rechtssatzcharakter erlangt. Der Gesetzgeber soll sich aber im Rahmen seiner legislativen Tätigkeit vom Kooperationsprinzip „leiten lassen“. Er soll die Normsetzung konzeptionell auf das Kooperationsprinzip ausrichten. Art. 34 EV und Art. 16 SV stellen damit Optimierungsaufträge mit systembildender Kraft dar.41

37 Eine landesrechtliche Ausführungsvorschrift findet sich etwa in Art. 2a Abs. 2 BayNatSchG (Gesetz über den Schutz der Natur, die Pflege der Landschaft und die Erholung in der freien Natur (Bayerisches Naturschutzgesetz – BayNatSchG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 18. August 1998 (GVBl. S. 593), zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. 12. 2004 (GVBl. S. 521)); vgl. zum Vertragsnaturschutz Rehbinder, DVBl. 2000, 859 ff.; Rengeling / Gellermann, ZG 1991, 317 ff. 38 Vgl. hierzu unten § 10 II und Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.), UGB-KomE, S. 459 f. 39 Weitergehend Di Fabio, NVwZ 1999, 1153 (1157) und Westphal, DÖV 2000, 996 ff., die das Kooperationsprinzip als ein allgemeines Rechtsprinzip ansehen; vgl. ferner Stabel, Kooperations- versus Geheimhaltungsprinzip, S. 2 ff. 40 Vgl. hierzu oben § 1 I. 41 Vgl. hierzu Kloepfer, Das Umweltrecht in der deutschen Einigung, S. 25, 32 f.; ders., Umweltrecht, § 4 Rn. 6; Rehbinder, in: FS Sendler, S. 269 (272); für das Kompensationsprinzip als normatives Leitprinzip plädiert Voßkuhle, Das Kompensationsprinzip, S. 389 ff.

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Hierbei ist aber zu betonen, dass das Kooperationsprinzip nicht nur ein Leitprinzip für die Legislative ist, sondern auch von der Exekutive zu beachten ist. Dies zeigt nicht zuletzt die umfassende Formulierung des Art. 16 Abs. 1 SV, auf den Art. 34 Abs. 1 EV Bezug nimmt und der nicht nur den Gesetzgeber zur Beachtung der Umweltprinzipien verpflichtet, sondern auch die übrigen Staatsorgane.42 Dass die Exekutive diesen Auftrag beherzigt, verdeutlichen die vielfältigen Selbstbeschränkungsabkommen, die auf die Initiative der Exekutive zurückzuführen sind, und die verschiedentlich durchgeführten, insbesondere informalen Kooperationen im Rahmen des Verwaltungsverfahrens. Das Kooperationsprinzip ist – dies zeigte dessen systematische Darstellung in den vorhergehenden Kapiteln – ferner ein Steuerungsprinzip des modernen Umweltrechts, das sich durch die Elemente der Selbstregulierung, Verantwortungsteilung und Aufgabendelegation auszeichnet.43 Dieser Befund soll anhand von drei Fallgruppen verdeutlicht werden. Kooperation findet nämlich nicht nur in der Weise statt, dass der Staat dem Bürger Partizipationsrechte zubilligt, die „beteiligten Kreise“ anhört oder sich von Expertengremien beraten lässt. Der Staat statuiert zunehmend Verhaltenspflichten für den Bürger, delegiert an diesen Aufgaben und begründet eine stärkere private Eigenverantwortung, um die öffentlichen Ressourcen zu schonen und den Umweltschutz zu einer gemeinsamen Angelegenheit von Staat und Bürger zu machen. Beispiele dafür sind die bereits besprochenen Konzepte der nachvollziehenden Amtsermittlung im UVPG, die Eigenüberwachungspflichten der Betreiber umweltrelevanter Anlagen, die Erstellung von privaten Konzepten nach dem KrW- / AbfG und dem BBodSchG, der Betriebsbeauftragte für Umweltschutz und die aufgrund der Rücknahmepflichten entstandenen dualen Systeme nach der VerpackV oder der BattV. Der Staat schafft hierbei die gesetzlichen Vorgaben für die private Eigenregulierung und setzt die von den Privaten zu leistenden Kooperationsbeiträge fest bzw. gleicht diese mit dem hoheitlichen Kooperationsbeitrag ab. Das Kooperationsverhältnis wird somit durch Hoheitsakt begründet. Diese „gelenkte“ oder „instrumentelle“44 Kooperation ist zu einem neuen staatlichen Steuerungsmodus geworden.45 Das Konzept der Verantwortungsteilung spielt des Weiteren in diesen Kooperationsverhältnissen insofern eine Rolle, als die private Eigenverantwortung durch eine staatliche Kontroll- und Gewährleistungsverantwortung ergänzt wird. In vielen Fällen findet eine Kontrolle der privaten Eigenkontrolle statt. Die staatliche Gewährleistungs- und Letztverantwortung sichert den maßgeblichen hoheitlichen Kloepfer, DVBl. 1991, 1 (4). Vgl. auch die Deutungen von Schuppert, DV 31 (1998), 415 (430 f.); ders., Verwaltungswissenschaft, S. 434 ff.; und Gusy, ZUR 2001, 1 (4 f.). 44 Vgl. Di Fabio, NVwZ 1999, 1153 (1155); Gusy, ZUR 2001, 1 (4 f.); Waechter, Der Staat 38 (1999), 279 (284). 45 Vgl. hierzu § 4 V 2. 42 43

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Einfluss ab und begründet eine Einschreitenspflicht der staatlichen Organe in den Fällen, in denen der private Kooperationspartner seinen Kooperationsbeitrag nicht erfüllt. Ansonsten wird sich der Hoheitsträger mit der Ausübung administrativer Befugnisse zurückhalten. Das Kooperationsverhältnis kann aber auch durch freiwillige Kooperationsleistungen geprägt sein. Dies sind die Konstellationen, in denen dem Bürger nicht ein Kooperationsbeitrag auferlegt wird, sondern in denen der Staat auf – dem Gemeinwohl und dem Eigennutz dienende – freiwillige private Kooperationsbeiträge setzt. Beispiele dafür bilden die technische Normungstätigkeit von privaten Vereinigungen und das Umweltaudit. Bei der privaten Normung bringt die nichtstaatliche Seite freiwillig ihren Sachverstand in das Kooperationsverhältnis ein und unterstützt den Hoheitsträger bei der Konkretisierung von unbestimmten Rechtsbegriffen und Technikklauseln. Es findet ein kooperatives Zusammenwirken durch hoheitlichen Regelungsverzicht und private Selbstnormierung statt. Auch die Teilnahme am Umweltaudit ist fakultativ ausgestaltet und soll den Umweltschutz stärken, indem private Eigeninitiative und Selbstkontrolle gefördert werden. Als Gegenleistung für diesen Kooperationsanteil kann der Private mit Erleichterungen im Bereich des administrativen Vollzugs rechnen.46 Neben den beiden oben genannten Konzepten können als „Zwischenform“ diejenigen Instrumente genannt werden, die zwar das Element der Freiwilligkeit beinhalten, bei denen aber der Staat bestimmte Druckmittel in der Hand hat, um den Privaten zur Kooperation zu bewegen. Beispiele dafür sind die abfallrechtlichen Zielfestlegungen und die normsubstituierenden Selbstverpflichtungen. Beide Gruppen lassen sich damit charakterisieren, dass der private Kooperationspartner die staatliche Rechtsetzung überflüssig machen kann, wenn er freiwillige Leistungen erbringt. Insofern sind diese Kooperationsformen Handlungsoptionen für den Bürger, der durch Eigenanstrengungen sich am Kooperationsverhältnis beteiligen kann. Um ihn aber auch ausreichend zu animieren, kann der Staat auf seine gesetzgeberischen Mittel hinweisen, die zum Einsatz gelangen, falls der Private nicht oder nicht in ausreichendem Maße aktiv wird. Die beschriebenen Instrumente zeigen, dass der Gesetzgeber47 sich in einigen Bereichen des Umweltrechts vom Kooperationsprinzip hat leiten lassen und dass bestimmte Grundgedanken, die für die kooperative Steuerung typisch sind, sich in diversen Regelungsmaterien wieder finden. Es sollte verdeutlicht werden, dass das Kooperationsprinzip sich zu einem Steuerungsprinzip für die Normsetzung entwickelt hat und nicht nur im Bereich des Verwaltungsverfahrens anwendbar ist. Klar ist aber, dass detaillierte inhaltliche, insbesondere verfassungsrechtliche VorVgl. z. B. § 58e BImSchG und § 11 IV 1 c). Die private technische Normung und die Selbstverpflichtungen sind zwar (noch) nicht gesetzlich als Steuerungsinstrumente vorgesehen, sie betreffen aber unmittelbar die Normsetzung. 46 47

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gaben für das Kooperationsprinzip auch vom jeweiligen Kooperationsverhältnis abhängig sind. Dem wird noch nachzugehen sein.48

3. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Kooperationsprinzip – kritische Würdigung und Lösungsansatz Das BVerfG zog in seinen Entscheidungen zu den Landesabfallabgaben49 und zur kommunalen Verpackungsteuer50 insbesondere zwei Aspekte zur Argumentation heran: die Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung und das Kooperationsprinzip. In den jeweiligen Urteilsgründen werden diese Rechtsbegriffe als entscheidungserheblich herausgestellt und miteinander verknüpft. Aufgrund der Relevanz der beiden Rechtsfiguren in den Judikaten sollen diese im Folgenden näher untersucht werden. Dabei wird die Argumentationslinie des BVerfG einer kritischen Überprüfung unterzogen, um darauf aufbauend einen Lösungsansatz zu entwickeln. Das Gebot der widerspruchsfreien Normgebung hat das BVerfG in seinen Urteilen als die aus dem Rechtsstaatsprinzip und der bundesstaatlichen Kompetenzordnung folgende Pflicht aller rechtsetzenden Organe angesehen, ihre Regelungen so aufeinander abzustimmen, dass den Normadressaten nicht gegenläufige Vorschriften erreichten, die die Rechtsordnung widersprüchlich machten.51 In seiner Entscheidung zur kommunalen Verpackungsteuer stellt das BVerfG einen Widerspruch zwischen der Ausgestaltung der Verpackungsteuer als Lenkungsteuer und dem abfallrechtlichen Kooperationsprinzip fest. Bedenklich an der Konstruktion des Gebotes widerspruchsfreier Normgebung ist jedoch, dass in einem föderal organisierten Bundesstaat mit unterschiedlichen Gesetzgebungskompetenzen Wertungsunterschiede und Disharmonien im Rahmen der Rechtsetzung häufig nicht vermeidbar sind. Eine „inhaltliche Gesamtkonzertierung“ der Rechtsordnung wäre illusorisch52 und würde dem Charakter eines föderativen Rechtssystems widersprechen, da dieses keinen Zwang zur Einheitlichkeit verlangt.53 Im Übrigen kann ein Gesetz wegen innerer Widersprüchlichkeit nichtig sein, wenn zwei Regeln für einen Sachverhalt unterschiedliche Rechtsfolgen anordnen, doch sind dies logische Widersprüche innerhalb eines Gesetzes und nicht Wertungswidersprüche, die durch die legislative Tätigkeit verschiedener Hoheitsträger auftreten.54 Vgl. hierzu § 10. BVerfGE 98, 83 ff. 50 BVerfGE 98, 106 ff. 51 BVerfGE 98, 83 (97 f.); BVerfGE 98, 106 (118 f.). 52 Kloepfer, UTR Bd. 1 (1986), S. 17 (34). 53 Zu möglichen verfassungsrechtlichen Quellen für das Postulat der Widerspruchsfreiheit vgl. ferner Haack, Widersprüchliche Regelungskonzeptionen im Bundesstaat, S. 128 ff., insbesondere S. 134: Ein allgemeines verfassungsrechtliches Gebot der Einheit und Widerspruchsfreiheit gebe es nicht. 48 49

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Dies führt aber unmittelbar zu der Frage, inwieweit das Kooperationsprinzip das Abfallrecht beherrscht und eine Sperrwirkung für weitere Instrumente indirekter Steuerung entfaltet. Das Kooperationsprinzip hat nämlich den Charakter eines offenen Prinzips und bedarf der Konkretisierung durch den Normgeber. Nach Art. 34 Abs. 1 EV ist es Aufgabe „der Gesetzgeber“, das Kooperationsprinzip zu berücksichtigen. Damit sind primär die gesetzgebenden Körperschaften, also der Bund und die Länder gemeint;55 der Rechtsgedanke lässt sich aber auch auf die Rechtsetzung durch die Kommunen übertragen. Ausdruck dieser legislativen Konkretisierung ist das durch den früheren § 14 Abs. 2 AbfG und § 6 Abs. 3 VerpackV kreierte DS, das sich durch die staatliche Induzierung gesellschaftlicher Selbstorganisation auszeichnet und ein Modell hoheitlich geleiteter Kooperation darstellt.56 Doch ist die Prüfung an diesem Punkt nicht beendet. Festzustellen ist zunächst, dass sich das Kooperationsprinzip als Steuerungsprinzip in bestimmten miteinander systematisch zusammenhängenden Vorschriften des Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts verwirklicht hat. Dann kann aber nicht von einem dieses Rechtsgebiet insgesamt beherrschenden oder prägenden Prinzip gesprochen werden.57 Fasst man Prinzipien als Optimierungsgebote auf, dann wird klar, dass sie zumindest auf einfachrechtlicher Ebene keine absolute Geltung beanspruchen können. Zwar wird seit der Einführung des Art. 34 Abs. 1 EV von einer „Selbstverpflichtung der Gesetzgeber“, die drei Umweltprinzipien zu beachten, gesprochen.58 Zu bedenken ist jedoch, dass Prinzipien ihren Sinngehalt erst durch die Abwägung mit anderen, mitunter gegenläufigen Prinzipien entfalten. Durch diese Abwägung im politischen Entscheidungsprozess werden die notwendigen Beschränkungen und Grenzen eines Prinzips festgelegt. So bestimmt auch Art. 34 Abs. 1 EV, dass die natürlichen Lebensgrundlagen „unter Beachtung“ des Kooperationsprinzips zu schützen sind. Betrachtet man das KrW- / AbfG, so stellt man fest, dass in den §§ 5 Abs. 2, 11 KrW- / AbfG, die die Pflichten des Abfallerzeugers oder -besitzers zur Verwertung und Beseitigung von Abfällen betreffen, insbesondere das Verursacherprinzip verwirklicht ist, indem eine grundsätzliche private Entsorgungspflicht begründet wird. Auch in der VerpackV kommt das Verursacherprinzip durch die Statuierung von 54 Näheres hierzu Kloepfer / Bröcker, DÖV 2001, 1 ff.; Hendler, UPR 2001, 281 ff.; Sendler, NJW 1998, 2875 ff.; Führ, KJ 1998, 503 ff.; Murswiek, DV 33 (2000), 241 (275 ff.); Schrader, ZUR 1998, 152 (153 f.); Haack, Widersprüchliche Regelungskonzeptionen im Bundesstaat, S. 138 ff.; für ein solches Prinzip plädieren Kirchhof, StuW 2000, 316 (322 ff.); Sodan, JZ 1999, 864 ff.; Frenz, DÖV 1999, 41 ff., der aber keinen grundsätzlichen Widerspruch zwischen Abgabenlösungen und Kooperationsmodellen sieht, ebd., S. 46 ff. 55 Kloepfer, Das Umweltrecht in der deutschen Einigung, S. 32 (Fn. 4); Müggenborg, NVwZ 1991, 735 (736). 56 Näheres hierzu oben § 7 I 3. 57 Das BVerfG differenziert dabei nicht, sondern geht von einer abfallwirtschaftsrechtlichen Konzeption des Bundesgesetzgebers aus, die auf Kooperation angelegt sei, vgl. BVerfGE 98, 106 (126, 130). 58 Kloepfer, Umweltrecht, § 4 Rn. 6.

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Rücknahmepflichten für die Hersteller und Vertreiber der verschiedenen Verpackungsarten in den §§ 4 ff. VerpackV zum Ausdruck.59 Wenn der Normgeber – hier die Gemeinde – auf dem Gebiet des Verpackungsrechts das primäre Ziel der Abfallvermeidung60 verwirklichen will und dabei auf ein Instrument indirekter Verhaltenssteuerung – hier in Form der Lenkungsabgabe – setzt, dann hat er beide Prinzipien miteinander auszutarieren, wobei ihm ein Gestaltungsspielraum einzuräumen ist. Im Rahmen der erforderlichen Abwägung ist indessen zu berücksichtigen, dass das Umweltrecht nicht von einer Entgegensetzung der Instrumente direkter und indirekter Verhaltenssteuerung im Sinne eines Entweder-Oder geprägt ist, sondern dass in etlichen Bereichen ein „Steuerungsmix“ vorhanden ist.61 Damit soll eine verfeinerte und effizientere Steuerung umweltrelevanten Verhaltens erreicht werden, die Instrumente sollen sich gegenseitig ergänzen. Die Lenkungsabgaben haben hierbei den Zweck, dem Normadressaten weitere Vermeidungsanreize zu bieten, während das Ordnungsrecht ein bestimmtes Minimum umweltrechtlicher Standards gewährleisten muss. Selbige Überlegungen gelten für den parallelen Einsatz von kooperativen Steuerungsinstrumenten einerseits und Instrumenten indirekter Regulierung andererseits. Wird die Abgabe normativ so ausgestaltet, dass die Dispositionsfreiheit des Normadressaten gewahrt bleibt und die kooperative Steuerung nicht in ihren Wirkungen konterkariert wird, dann kann das Kooperationsprinzip dem Einsatz eines Instrumentes indirekter Steuerung nicht entgegenstehen. Wird aber die Abgabe missbräuchlich eingesetzt, um das kooperative Steuerungskonzept auszuhebeln, indem beispielsweise die Abgabe unausweichliche Belastungswirkungen für den Adressaten erzeugt, die eine Beteiligung am Kooperationsverhältnis nicht mehr möglich machen, dann hat der Normgeber seinen Gestaltungsspielraum überschritten. Diese Grenze war aber bei der kommunalen Verpackungsteuer nicht erreicht. In seiner parallel zu diesem Urteil ergangenen Entscheidung zu den Landesabfallgesetzen, die eine Abgabepflicht für die Erzeuger besonders überwachungsbedürftiger Abfälle festsetzten, sieht das BVerfG in § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG ein Konzept, das auf Kooperation angelegt sei, indem es jedem Betreiber die Wahlfreiheit hinsichtlich der Art und Weise der Erfüllung seiner abfallrechtlichen Pflichten sichere. Diesem Konzept widersprächen die Lenkungswirkungen der Ab59 Vgl. Frenz, Das Verursacherprinzip im Öffentlichen Recht, S. 54 ff.; Kunig, in: Kunig / Paetow / Versteyl, KrW- / AbfG, § 11 Rn. 2; Hoppe / Beckmann / Kauch, Umweltrecht, § 1 Rn. 148; das Verursacherprinzip soll sich im DS auch dadurch verwirklichen, dass durch dessen Finanzierung die Sammel- und Sortierkosten für die verschiedenen Verpackungsarten sich in ihrem Preis niederschlagen, Finckh, Regulierte Selbstregulierung im Dualen System, S. 80 f. 60 Vgl. § 1 S. 1 VerpackV. 61 Vgl. hierzu und zum Folgenden Rodi, ZG 2000, 231 ff.; Franzius, AöR 126 (2001), 403 (424 ff.); Hendler, UPR 2001, 281 (282, 284 f.); Führ, KJ 1998, 503 (508 f.); Kloepfer, in: König / Dose, Instrumente und Formen staatlichen Handelns, S. 329 (356 f.); ders., Umweltrecht, § 5 Rn. 188 f.

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fallabgaben.62 Problematisch an dieser Argumentation ist zunächst die Tatsache, dass § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG die sog. Grundpflichten des Anlagenbetreibers regelt und insofern ordnungsrechtlichen Charakter hat.63 Auch unter die oben näher erläuterten Kooperationsvarianten64 lässt sich die Betreiberpflicht aus § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BImSchG nicht einordnen.65 Zwar ist es richtig, dass das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren kooperative Elemente aufweist, wie z. B. die Beratung des Antragstellers durch die Genehmigungsbehörde gem. § 2 Abs. 2 9. BImSchV oder die Darlegungspflichten in den §§ 4 ff. 9. BImSchV mit den selbstregulativen Elementen.66 Diese kooperativen Elemente betreffen jedoch alle in § 1 Abs. 1 9. BImSchV genannten Zulassungsverfahren und die Prüfung aller Grundpflichten in § 5 Abs. 1 BImSchG, nicht nur die Prüfung der abfallrechtlichen Pflichten. Schließlich ist zu beachten, dass nicht von einer kooperativen „Gesamtkonzeption“67 des BImSchG gesprochen werden kann, sondern nur von der Verwirklichung des Kooperationsprinzips in bestimmten Vorschriften des Immissionsschutzrechts. Die oben gemachten Ausführungen zum Einsatz von kooperativen Steuerungsinstrumenten und Instrumenten indirekter Steuerung führen aber auch hier zum Ergebnis, dass das Kooperationsprinzip keine generelle Sperre für die Einführung von Lenkungsabgaben darstellt.

62 BVerfGE 98, 83 (103 ff.); zur Kritik vgl. Jarass, UPR, 2001, 5 ff.; Trute, UTR Bd. 48 (1999), S. 13 (32 f.); Weidemann, DVBl. 1999, 73 (76 f.); Lege, Jura 1999, 125 (130); Bothe, NJW 1998, 2333 (2335); Franzius, AöR 126 (2001), 403 (430 f.). 63 Zur gerichtlichen Überprüfbarkeit der Genehmigungsvoraussetzungen vgl. BVerwGE 55, 250 (253 f.); Breuer, in: Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 5. Kapitel Rn. 73. 64 Vgl. oben §§ 5 – 8. 65 Die Wahlfreiheit des Betreibers hinsichtlich der Handlungsmittel ist keine Besonderheit des Immissionsschutzrechts, sondern auch im Polizeirecht bekannt: Der polizeilich Verantwortliche kann z. B. unter mehreren wirksamen Mitteln zur Gefahrenabwehr eines bestimmen, vgl. z. B. Art. 5 Abs. 2 BayPAG. 66 BVerfGE 98, 83 (99). 67 Vgl. BVerfGE 98, 83 (101, 103).

§ 10 Verfassungsrechtliche Verankerung und Begrenzung des Kooperationsprinzips Das Kooperationsprinzip ist eines der drei bedeutendsten umweltrechtlichen Prinzipien. Dessen wichtigste Erscheinungsformen im einfachen Recht wurden in den vorherigen Abschnitten analysiert. Bei einer Untersuchung des Kooperationsprinzips haben allerdings auch die verfassungsrechtlichen Fragestellungen eine wichtige Funktion. Zu überprüfen ist nämlich, ob dieses Prinzip im Grundgesetz verankert ist und damit Verfassungsrang hat. Wenn dies nicht der Fall wäre, dann müsste sich das Kooperationsprinzip als einfachrechtliches Prinzip in die bestehende Verfassungsordnung einfügen. Folglich wären dann die normativen Grenzen des Kooperationsprinzips näher darzustellen.

I. Kooperation als Verfassungsgebot? Im Rahmen einer verfassungsrechtlichen Auseinandersetzung mit dem Kooperationsprinzip ist primär zu prüfen, ob aus dem Grundgesetz eine Pflicht staatlicher Organe hergeleitet werden kann, sich kooperativer Regelungsstrukturen zu bedienen oder im Normvollzug mit Privaten zu kooperieren. Entsprechende Andeutungen lassen sich auch in der Rspr. des BVerfG finden. In der „Brokdorf“-Entscheidung betont das Gericht, dass die Veranstalter einer Versammlung und die Polizei durch rechtzeitigen Informationsaustausch, Dialog und vertrauensvolle Kooperation zu einer friedlichen Durchführung der Demonstration beizutragen hätten; ein Versammlungsverbot solle sich auf die Fälle beschränken, in denen das mildere Mittel, durch Kooperation eine unfriedliche Demonstration zu verhindern, gescheitert sei.1 Das Gebot der Kooperation wird damit auf das Verhältnismäßigkeitsprinzip resp. auf den Grundsatz der Erforderlichkeit gestützt. An anderer Stelle führt das Gericht im Zusammenhang mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bei Enteignungen aus, dass die Notwendigkeit des Gesprächs zwischen Verwaltung und Bürger dem grundgesetzlichen Verständnis der Stellung des Bürgers im Staat entspreche.2 Diese Ausführungen zur Kooperation bleiben jedoch partiell, zu einem Verfassungsprinzip wurde das Kooperationsprinzip nicht erhoben.3 1 BVerfGE 69, 315 (355, 358, 362); vgl. zum Kooperationsprinzip im Versammlungsrecht Hoffmann-Riem, in: FS Simon, S. 379 ff. 2 BVerfGE 45, 297 (335). 3 Vgl. auch Michael, Rechtsetzende Gewalt im kooperierenden Verfassungsstaat, S. 283 f.; eine solche Deutung lässt sich auch nicht den beiden umweltrechtlichen Entscheidungen zum

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§ 10 Verfassungsrechtliche Verankerung des Kooperationsprinzips

Ein verfassungsrechtliches Kooperationsgebot könnte sich aber aus dem Grundsatz der Verwaltungs- und Verfahrenseffizienz ergeben, wenn kooperatives Handeln gegenüber dem rein hoheitlichen effizienter wäre.4 Die Funktionsfähigkeit der staatlichen Organe und die Effektivität ihrer Handlungen sind in einem Rechtsstaat unabdingbar. Effizienz ist aber kein aus dem Rechtsstaatsprinzip resultierendes Verfassungsprinzip, sondern nur ein Ziel hoheitlichen Handelns, das im Rahmen der exekutiven Tätigkeit zu berücksichtigen ist. Zwar könnte man versuchen, die Effizienz einer Maßnahme anhand eines Kosten-Nutzen-Vergleichs zu beurteilen. Doch gäbe es zum einen keine einheitlichen Kriterien für eine solche Kosten-Nutzen-Bewertung, zum anderen ist aus rechtsstaatlichen Gesichtspunkten nur ein angemessenes Verhältnis von Mitteleinsatz und Zielverwirklichung zu fordern, nicht eine Optimierung dieses Verhältnisses. Auch ist empirisch nicht belegt, dass Kooperation mit Privaten stets den effektivsten Gesetzesvollzug garantiert. Aus der Verwaltungspraxis sind nämlich auch Fälle bekannt, die zeigen, dass das kooperative Verwaltungshandeln mit einem größeren Verfahrensaufwand verbunden sein kann als das ordnungsrechtliche und zudem das Verwaltungsverfahren unnötig in die Länge ziehen kann.5 Aus dem Effizienzgedanken folgt somit keine hoheitliche Kooperationspflicht. Mitunter wird in der Literatur indessen die Auffassung vertreten, Kooperation zwischen Staat und Privaten sei aufgrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes geboten, da allein das einvernehmliche Vorgehen der Kooperationspartner zur Lösung komplexer Sachverhalte technologischer und wirtschaftlicher Art geeignet sei. Nur rechtliche Maßnahmen, die die Kooperation mit der Gesellschaft herbeiführten, seien geeignet, das Staatsziel Umweltschutz im Sinne optimaler Vorsorge zu verwirklichen.6 Anknüpfungspunkt für diese Überlegungen ist demnach der Grundsatz der Geeignetheit bzw. Erforderlichkeit. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz setzt staatlichen Eingriffen in den Rechtskreis des Bürgers Grenzen. Ein hoheitlicher Eingriff ist nur dann verfassungsgemäß, wenn er einen legitimen Zweck verfolgt und das eingesetzte Mittel geeignet und erforderlich für die Zweckerreichung ist; außerdem müssen Eingriffsintensität und das mit dem Eingriff verfolgte Ziel in einem ausgewogenen Verhältnis zu einander stehen. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz dient also primär dem GrundKooperationsprinzip entnehmen, vgl. Gusy, ZUR 2001, 1 (5); Murswiek, DV 33 (2000), 241 (279); Lege, Jura 1999, 125 (130). 4 Vgl. zum Effizienzgedanken Kunig, Das Rechtsstaatsprinzip, S. 438 ff.; ders. / Rublack, Jura 1990, 1 (10 f.); Michael, Rechtsetzende Gewalt im kooperierenden Verfassungsstaat, S. 204 ff.; Bohne, Der informale Rechtsstaat, S. 217 ff.; Wahl, VVDStRL 41 (1983), 151 (162 ff.); Steinberg, DÖV 1982, 619 (620 ff.). 5 Vgl. hierzu Lübbe-Wolff, NuR 1989, 295 ff. 6 Vgl. v. Lersner, Verwaltungsrechtliche Instrumente des Umweltschutzes, S. 10 f.; Randelzhofer / Wilke, Die Duldung als Form flexiblen Verwaltungshandelns, S. 80 ff.; Waechter, Der Staat 38 (1999), 279 (308 f.); Ossenbühl, UTR Bd. 3 (1987), S. 27 (38); Bulling, DÖV 1989, 277 (288 f.); Becker, DÖV 1985, 1003 (1007 f.).

II. Subsidiaritätsprinzip und Kooperationsprinzip

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rechtsschutz des Bürgers und fungiert nicht als verfassungsrechtlicher Maßstab für die Wahl einer bestimmten, z. B. informal-kooperativen Verfahrensart. Er schränkt das ordnungsrechtliche hoheitliche Verwaltungshandeln ein, ordnet aber nicht den Vorrang kooperativer Handlungsformen an.7 Hinzu kommt, dass kooperative Maßnahmen in manchen Fällen eine nicht weniger einschneidende Wirkung für den Privaten entfalten als ordnungsrechtliche. So können die Aufgabendelegation im Rahmen von Kooperationsverhältnissen oder die Drohung mit Normsetzung die gleiche Eingriffsintensität aufweisen wie der Einsatz hoheitlicher Mittel. Ein grundsätzlicher Vorrang kooperativer Instrumente gegenüber imperativen Instrumenten lässt sich somit aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht folgern. Allerdings hat die Verwaltung ein Verfahrensermessen bei der tatsächlichen Durchführung und Gestaltung des Verfahrens. Ziel der Behörde muss es sein, Verfahrensgerechtigkeit herzustellen.8 Es besteht zwar kein Anspruch des Bürgers auf Durchführung einer bestimmten Verfahrensart. Bei der Ermessensausübung muss die Verwaltung aber die unterschiedlichen Folgen für die individuellen Rechtspositionen berücksichtigen. Sie hat deswegen im Einzelfall zu prüfen, ob das gesetzgeberische Ziel auch durch Kooperation mit dem Betroffenen erreicht werden kann und ob diese Vorgehensweise für den Einzelnen schonender ist als die rein ordnungsrechtliche. Im Rahmen dieser Prüfung kann sie zum Ergebnis kommen, dass das kooperative Handeln ein gleiches oder höheres Maß an Umweltschutz hervorbringt und für den Betroffenen von geringerer Eingriffsintensität ist. Die Ermessenslehre und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz veranlassen somit die Verwaltung zur Überprüfung des Einsatzes kooperativer Instrumente. So bestimmt auch § 7 Abs. 2 UGB-KomE, dass bei Maßnahmen aufgrund umweltrechtlicher Vorschriften die Behörden prüfen sollen, ob die Zwecke des UGB in gleicher Weise durch Vereinbarungen mit den Betroffenen erreicht werden können.

II. Subsidiaritätsprinzip und Kooperationsprinzip Das Kooperationsprinzip wird in der politischen und verfassungsrechtlichen Diskussion häufig im Zusammenhang mit dem Subsidiaritätsprinzip erwähnt.9 Das 7 Vgl. hierzu Grüter, Umweltrecht und Kooperationsprinzip in der Bundesrepublik Deutschland, S. 82 ff.; Helberg, Normabwendende Selbstverpflichtungen als Instrumente des Umweltrechts, S. 116 f.; Frenz, Selbstverpflichtungen der Wirtschaft, S. 131 f.; v. Wedemeyer, Kooperationen beim Vollzug des Umweltrechts, S. 193 ff.; Dreier, StWStP 1993, 647 (664); Brohm, DÖV 1992, 1025 (1033 f.); Dauber, in: Becker-Schwarze u. a. (Hrsg.), Wandel der Handlungsformen im Öffentlichen Recht, S. 67 (92); Rengeling, in: FS Brohm, S. 509 (517); Lübbe-Wolff, NuR 1989, 295 (301); Krebs, VVDStRL 52 (1993), 248 (262 f.); Bohne, in: Kimminich / v. Lersner / Storm (Hrsg.), HdUR Bd. 1, Sp. 1046 (1066 f.). 8 Anknüpfungspunkt ist § 10 S. 2 VwVfG; näheres zum Verfahrensermessen Hill, NVwZ 1985, 449 ff.; Di Fabio, DVBl. 1990, 338 (345 f.); P. Stelkens / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 10 Rn. 16 ff.

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§ 10 Verfassungsrechtliche Verankerung des Kooperationsprinzips

Subsidiaritätsprinzip stammt aus der katholischen Soziallehre10 und beschreibt das Verhältnis zwischen über- und untergeordneten Gemeinschaften. Die übergeordneten Gemeinschaften sollen nicht das erledigen, was die untergeordneten aus Eigeninitiative übernehmen und leisten können. Dieses allgemeine gesellschaftliche Aufgabenverteilungsprinzip fand mit der Zeit auch Eingang in die Staatsrechtslehre und gewann für das Verhältnis von Staat und Individuum bzw. Gesellschaft und für den innerstaatlichen Kompetenzbereich Bedeutung. Auf staatsorganisationsrechtlicher Ebene betrifft das Subsidiaritätsprinzip das kompetentielle Verhältnis zwischen den verschiedenen Hoheitsträgern, z. B. das Verhältnis von Bund und Ländern auf den Gebieten der Gesetzgebung, Verwaltung und Rspr.11 oder die Stellung der Gemeinden im Staatsaufbau (vgl. Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG). Insofern besteht eine Verbindung des Subsidiaritätsprinzips zum Bundesstaatsprinzip. Das Subsidiaritätsprinzip beschreibt aber auch das Verhältnis zwischen Staat und Bürger. Danach darf der Staat erst dann tätig werden, wenn die gesellschaftlichen Kräfte nicht ausreichen, um die Aufgaben zu bewältigen, die das Gemeinwohl stellt. Der Staat muss also der individuellen Freiheitsentfaltung zunächst Raum gewähren, wenn er hoheitlich tätig wird, die private oder gesellschaftliche Eigeninitiative ist gegenüber der staatlichen Tätigkeit grds. vorrangig. Die rechtsstaatliche Komponente des Subsidiaritätsprinzips verlangt deswegen, dass für die hoheitliche Tätigkeit ein öffentlicher Zweck vorliegen muss, der die staatliche Intervention notwendig macht; wo ein Grundrechtsträger eine Aufgabe in gleicher Weise und in hinreichendem Umfang erfüllt, bedarf es keines staatlichen Engagements.12 Ob das Subsidiaritätsprinzip ein allgemeines Verfassungsprinzip wie das Demokratieprinzip oder Rechtsstaatsprinzip ist, wird seit seiner Entdeckung durch die Wissenschaft diskutiert und ist bislang nicht geklärt.13 Das BVerfG hat das Subsidiaritätsprinzip im Zusammenhang mit einzelnen Vorschriften erwähnt, z. B. in Bezug auf das elterliche Recht zur Pflege und Erziehung der Kinder gem. Art. 6 Abs. 2 GG,14 bislang aber offengelassen, ob das Subsidiaritätsprinzip Verfassungsrang hat.15 Das BVerwG hat einen allgemeinen Subsidiaritätsgrundsatz nicht aner9 Vgl. z. B. Braun, Abfallverminderung durch Kooperation von Staat und Wirtschaft, S. 110 ff.; Hansjürgens, in: Zimmermann / Hansjürgens (Hrsg.), Prinzipien der Umweltpolitik in ökonomischer Sicht, S. 68 (78 ff.); Grüter, Umweltrecht und Kooperationsprinzip in der Bundesrepublik Deutschland, S. 81 f.; Herzog, in: ders. / Kunst / Schlaich / Schneemelcher (Hrsg.), EvStL, Bd. II, Sp. 3564 (3568 f.). 10 Als Quelle gilt vor allem die Sozialenzyklika Quadragesimo Anno (1931), vgl. dazu Herzog, Der Staat 2 (1963), 399 ff. 11 Hierzu Kuttenkeuler, Die Verankerung des Subsidiaritätsprinzips im Grundgesetz, S. 59 ff., 114 ff., 151 ff.; Pieper, Subsidiarität, S. 118 ff. 12 Vgl. Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, S. 71 ff.; 278 ff. 13 Vgl. auch Michael, Rechtsetzende Gewalt im kooperierenden Verfassungsstaat, S. 271 f. 14 BVerfGE 10, 59 (83). 15 BVerfGE 58, 233 (253).

II. Subsidiaritätsprinzip und Kooperationsprinzip

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kannt.16 Im Grundgesetz ist der Subsidiaritätsgrundsatz in Art. 23 Abs. 1 S. 1 als Strukturanforderung an die Europäische Union normiert worden. Insbesondere aus den Bestimmungen über die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG), die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG), die kommunale Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG) und den Vorrang der Länderbefugnisse (Art. 30, 70 Abs. 1, 83 GG) wird ein allgemeiner Verfassungsgrundsatz der Subsidiarität hergeleitet.17 Doch gibt es auch Vorschriften, die die Subsidiarität privater Tätigkeit vorschreiben (z. B. Art. 7 Abs. 5 GG). Zudem wird die Eigenverantwortlichkeit des Individuums relativiert durch seine Gemeinschaftsgebundenheit; die private Freiheitsentfaltung ist an einigen Stellen zugunsten des Gemeinwohls eingeschränkt (z. B. Art. 14 Abs. 3, 15 GG).18 Nicht zuletzt aus diesen Gründen19 schränken zum Teil auch die Befürworter eines normativen Verständnisses die Geltung des Subsidiaritätsprinzips auf bestimmte verfassungsrechtliche Ebenen ein20 oder sehen dieses lediglich als ermessensleitendes Prinzip und Handlungsmaxime für die hoheitlichen Organe an.21 Die sachliche Nähe des Subsidiaritätsprinzips zum Kooperationsprinzip kommt insbesondere in § 6 Abs. 1 S. 3 UGB-ProfE zum Ausdruck. Danach sollen die Behörden nur tätig werden, soweit ein hinreichender Umweltschutz nicht durch die Bürger erfolgen kann oder erfolgt. Dem liegt eine prinzipielle Entscheidung für die Subsidiarität staatlichen Umweltschutzes gegenüber nichtstaatlichen Umweltschutzaktivitäten zugrunde; die Darlegungslast für das Versagen nichtstaatlichen Umweltschutzes würde bei der Behörde liegen, die anstelle des Privaten handeln wollte.22 Diese Beschreibung des Kooperationsprinzips ist aber insoweit problematisch, als für staatliches Tätigwerden auf dem Gebiet des Umweltschutzes rechtliche Barrieren errichtet werden, die über das verfassungsrechtlich gebotene Maß hinaus reichen. Eine solche Klausel würde eine grundsätzliche Verantwortungsverschiebung von der staatlichen Sphäre in die private zur Folge haben. Die Aufstellung einer allgemeinen Beweislast des Hoheitsträgers für sein HanBVerwGE 23, 304 (306 f.). Vgl. z. B. Oppermann, JuS 1996, 569 (570 f.); Pieper, Subsidiarität, S. 93 ff. 18 Vgl. zur Kritik z. B. Hendler, Selbstverwaltung als Ordnungsprinzip, S. 343 f.; Lecheler, Das Subsidiaritätsprinzip, S. 48 f.; Schmidt-Jortzig, in: ders. / Schink, Subsidiaritätsprinzip und Kommunalordnung, S. 1 (7 f.); Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 98 f.; v. Heimburg, Verwaltungsaufgaben und Private, S. 26 ff.; Denninger, Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Normsetzung im Umwelt- und Technikrecht, S. 124 ff. 19 Zu weiteren Einwänden, die z. B. aus der Entstehungsgeschichte des Grundgesetzes folgen, vgl. Herzog, Allgemeine Staatslehre, S. 148 ff.; ders., Der Staat 2 (1963), 399 (412, 415 f.). 20 Kuttenkeuler, Die Verankerung des Subsidiaritätsprinzips im Grundgesetz, S. 229 ff. betrachtet z. B. das Subsidiaritätsprinzip als Strukturprinzip der grundgesetzlichen Kompetenzverteilung. 21 Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, S. 313 f. 22 Vgl. Kloepfer / Rehbinder / Schmidt-Aßmann / Kunig, Umweltgesetzbuch – Allgemeiner Teil –, S. 159 f. 16 17

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§ 10 Verfassungsrechtliche Verankerung des Kooperationsprinzips

deln würde den Staat aus dem verfassungsrechtlichen Schutzauftrag des Art. 20a GG entlassen.23 Zwischen dem Subsidiaritätsprinzip und dem Kooperationsprinzip besteht zwar eine sachliche Nähe, aber zugleich auch ein substantieller Unterschied.24 Während nach dem Subsidiaritätsprinzip der öffentliche Zweck ein hoheitliches Handeln notwendig machen muss, und sich der Staat ansonsten zurückzuhalten hat, wenn der Private die Aufgabe leistet, verlangt das Kooperationsprinzip ein Zusammenwirken staatlicher und privater Akteure. Jeder Kooperationspartner erbringt einen Kooperationsbeitrag, um das gemeinsame, mitunter auch von beiden verabredete, Ziel zu erreichen. Dabei gilt jedoch kein Vorrang privater Umweltschutztätigkeit; das private Handeln wird häufig erst durch staatliches Handeln initiiert. Beispiele dafür sind die durch staatliche Veranlassung zustande gekommenen Branchenabkommen der Wirtschaft. Deswegen kann das Subsidiaritätsprinzip nicht mit dem Kooperationsprinzip gleichgesetzt, sondern nur deren gemeinsame Grundidee hervorgehoben werden: Beide Prinzipien wollen die Eigeninitiative der kleineren Einheiten (z. B. der Privaten oder der Unternehmen) stärken, die gesellschaftliche Selbstregulierung fördern25 und dadurch die größeren Einheiten (z. B. den Staatsapparat) entlasten. Insofern folgen auch aus dem Subsidiaritätsgrundsatz als Handlungs- und Gestaltungsmaxime Impulse für das Kooperationsprinzip.26

III. Der Umweltschutzauftrag nach Art. 20a GG Art. 20a GG verpflichtet als Staatszielbestimmung den Staat zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen.27 Diese Bestimmung ist nicht ein bloßer politischer Programmsatz, sondern unmittelbar geltendes Verfassungsrecht, bindet mithin die 23 Zur Kritik vgl. Hoffmann-Riem, in: Koch (Hrsg.), Auf dem Weg zum Umweltgesetzbuch, S. 108 (112 ff.); Lamb, Kooperative Gesetzeskonkretisierung, S. 176 f.; Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.), UGB-KomE, S. 459 f. 24 Nicht gefolgt werden kann Rehbinder, in: Arbeitskreis für Umweltrecht (Hrsg.), Grundzüge des Umweltrechts, Rn. 124, der das Kooperationsprinzip als eine „Spielart“ des Subsidiaritätsprinzips ansieht. Eine Interpretation des Kooperationsprinzips im Lichte des Subsidiaritätsgedankens versucht ferner Hansjürgens, in: Zimmermann / Hansjürgens (Hrsg.), Prinzipien der Umweltpolitik in ökonomischer Sicht, S. 68 (82 f.). 25 Vgl. zu diesem Aspekt Pieper, Subsidiarität, S. 69 ff. 26 Zu beiden Prinzipien als Determinanten der Optionenwahl vgl. Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, S. 7 (36 ff.); Hoffmann-Riem, ebd., S. 261 (310 ff.). 27 Vgl. hierzu Jarass, in: ders. / Pieroth, GG, Art. 20a Rn. 1 ff.; Kloepfer, in: BK, Art. 20a Rn. 1 ff.; Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 20a Rn. 1 ff.; Murswiek, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 20a Rn. 1 ff.; Hoppe / Beckmann / Kauch, Umweltrecht, § 4 Rn. 5 ff.; Kloepfer, Umweltrecht, § 3 Rn. 5 ff.; Wolf, Umweltrecht, Rn. 276 ff.; Peters, NVwZ 1995, 555 ff.; Murswiek, NVwZ 1996, 222 ff.; Henneke, NuR 1995, 325 ff.; Waechter, NuR 1996, 321 ff.; Bernsdorff, NuR 1997, 328 ff.; Schink, DÖV 1997, 221 ff.; Kloepfer, DVBl. 1996, 73 ff.

III. Der Umweltschutzauftrag nach Art. 20a GG

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staatlichen Organe. Als Staatszielbestimmung hat der Umweltschutz Verfassungsrang, einklagbare subjektive Rechte ergeben sich aber aus Art. 20a GG aufgrund seines objektiven Charakters nicht. Adressat des verfassungsrechtlichen Umweltschutzauftrages sind die drei staatlichen Gewalten. Primär richtet sich der Handlungsauftrag an die Legislative, die im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung den Umweltschutz zu verwirklichen hat. Diese hat die offene und flexible Zielformulierung des Art. 20a GG einfach-gesetzlich zu konkretisieren und inhaltlich auszufüllen. Dabei hat sie einen nicht unerheblichen Entscheidungsspielraum, insbesondere ist sie bei der Wahl der Mittel zur Zielverwirklichung relativ frei. Daneben sind die Exekutive und die Judikative Adressaten von Art. 20a GG und haben vor allem im Rahmen von gesetzlichen Beurteilungs- und Ermessensspielräumen die verfassungsrechtliche Direktive umzusetzen. Aus Art. 20a GG folgt die Beachtung bestimmter umweltrechtlicher Prinzipien. Der Staat hat insbesondere eine Achtungs- und Schutzpflicht, die die Pflege natürlicher Lebensgrundlagen, welche ohne menschliches Handeln nicht erhalten bleiben, betrifft, also die Pflicht zur Risikovorsorge unterhalb der Gefahrenschwelle; daraus folgt die Beachtung des Vorsorgeprinzips.28 Aus Art. 20a GG folgt aber auch das grundsätzliche Gebot, natürliche Ressourcen nur in dem Maße in Anspruch zu nehmen, dass ihre Nutzbarkeit durch die künftigen Generationen gewährleistet ist (Nachhaltigkeitsprinzip).29 Da aber als Adressaten des Umweltschutzauftrages ausschließlich staatliche Verantwortungsträger, nicht jedoch Private genannt werden, folgt aus Art. 20a GG – im Gegensatz zu den Bestimmungen mancher Landesverfassungen30– nicht das Gebot der Kooperation von staatlichen und privaten Akteuren zum Zwecke des Umweltschutzes. Genauso wenig, wie sich subjektive Rechtspositionen für den Bürger aus dieser Bestimmung ergeben, werden ihm Rechtspflichten auferlegt.31 Konsequenz dieser Überlegung ist aber nicht, dass der Staat als „Umweltstaat“ sämtliche umweltbezogenen Aufgaben alleine zu schultern hätte. Art. 20a GG schreibt auch nicht vor, dass der Gesetzgeber oder die Verwaltung zur Verwirklichung des Schutzauftrages sich primär auf ordnungsrechtliche bzw. originär hoheitliche Maßnahmen fixieren sollten. Welcher Steuerungsinstrumente sich der Staat zur Bewältigung dieser Aufgaben bedient, unterliegt seinem politischen Er28 Vgl. Kloepfer, in: BK, Art. 20a Rn. 55; Murswiek, NVwZ 1996, 222 (225); ders., in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 20a Rn. 36; Bernsdorff, NuR 1997, 328 (332). 29 Jarass, in: ders. / Pieroth, GG, Art. 20a Rn. 10; Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 20a Rn. 35; Schink, DÖV 1997, 221 (226). 30 Vgl. z. B. Art. 141 Abs. 1 S. 1 BayVerf (Verfassung des Freistaates Bayern i.d.F. der Bekanntmachung vom 15. Dezember 1998 (GVBl. S. 991, BayRS 100 – 1-S), zuletzt geändert durch Gesetz vom 10. 11. 2003 (GVBl. S. 817)): „Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen ist, auch eingedenk der Verantwortung für die kommenden Generationen, der besonderen Fürsorge jedes einzelnen und der staatlichen Gemeinschaft anvertraut.“ 31 Vgl. Meyer-Teschendorf, ZRP 1994, 73 (77); Kloepfer, DVBl. 1996, 73 (74); Waechter, NuR 1996, 321 (322); Scholz, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 20a Rn. 45.

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§ 10 Verfassungsrechtliche Verankerung des Kooperationsprinzips

messen. Bei der Auswahl der Instrumente und der Festlegung der Steuerungsstrategien hat der Gesetzgeber eine beträchtliche Einschätzungsprärogative. Er kann die gesellschaftlichen Kräfte bündeln und diese in die Umweltverantwortung mit einbeziehen, aber auch auf Selbststeuerung und auf die Eigenlogik gesellschaftlicher Teilsysteme setzen und lediglich einen regulativen Rahmen festlegen. Dem Gesetzgeber ist es weiterhin freigestellt, ob er von stimulierenden, influenzierenden oder kooperativen Steuerungsmechanismen Gebrauch macht. Er hat allerdings auch die politische Gestaltungsfreiheit, an die Bürger Aufgaben zu delegieren oder für diese umweltbezogene Pflichten zu statuieren.32 Diese Gestaltungsfreiheit ist jedoch nicht unbegrenzt. Zwar sagt Art. 20a GG nichts darüber aus, wie intensiv der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen sein soll. Da aber dieses Staatsziel nicht lediglich symbolische Funktion hat, muss der Hoheitsträger einen effektiven Schutz gewährleisten. Umweltschutz darf einerseits nicht auf einem beliebig niedrigen Niveau betrieben werden; andererseits ist auch ein maximales Umweltschutzniveau nicht verfassungsgeboten.33 Mitunter wird daher aus Art. 20a GG ein „ökologisches Rückschrittsverbot“ gefolgert, das einen Schutz des Kernbestandes des geltenden Rechts beinhalte. Zu diesem Kernbestand würde die Prinzipientrias im deutschen Umweltrecht gehören,34 also die, wenn auch nicht einseitige, Durchsetzung des Kooperationsprinzips.35 Jedenfalls muss der Staat einen gewissen Minimalstandard an Umweltschutz rechtlich und faktisch gewährleisten. Art. 20a GG verpflichtet die öffentliche Gewalt, für dieses „ökologische Minimum“ zu sorgen, gibt ihr also dafür die Letztverantwortung. Daher kann der Staat bei der Implementierung seines Steuerungskonzepts mit dem Privaten kooperieren, er darf aber nicht die Verantwortung gänzlich aus der Hand geben und den Umweltschutz privatisieren. Er hat insoweit eine „residuale Verantwortung“.36

32 Vgl. zu diesen Überlegungen auch Hoffmann-Riem, DV 28 (1995), 425 (430 ff.); Bernsdorff, NuR 1997, 328 (333); Berg, in: FS Stern, S. 421 (437 ff.); Rehbinder, in: Rengeling (Hrsg.), Kreislaufwirtschafts- und Abfallrecht, S. 109 (126 f.); Trute, UTR Bd. 48 (1999), S. 13 (18 f.). 33 Vgl. hierzu Murswiek, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 20a Rn. 39 ff.; ders., NVwZ 1996, 222 (226); Schink, DÖV 1997, 221 (226 f.). 34 Vgl. hierzu § 1 I. 35 Vgl. Kloepfer, Umweltrecht, § 3 Rn. 25; ders., in: BK, Art. 20a Rn. 35 f. 36 Vgl. Rehbinder, in: Arbeitskreis für Umweltrecht (Hrsg.), Grundzüge des Umweltrechts, Rn. 119; Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 20a Rn. 54.

IV. Rechtsstaatliche Anforderungen an das Kooperationsprinzip

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IV. Rechtsstaatliche Anforderungen an das Kooperationsprinzip 1. Untersuchungsgrundsatz Der Untersuchungsgrundsatz gem. § 24 VwVfG überträgt im Interesse einer materiell richtigen Sachentscheidung der Behörde die Pflicht zur Sachaufklärung.37 Aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) folgt, dass eine rechtmäßige Entscheidung nur ergehen kann, wenn der ermittelte Sachverhalt einerseits mit der Realität und andererseits mit dem gesetzlichen Tatbestand übereinstimmt.38 Allein die Feststellung des wirklichen Sachverhalts bietet die Gewähr für die Gesetzeskonformität und Rechtsstaatlichkeit des Verwaltungshandelns. Die Pflicht der Behörde, bei der Aufarbeitung des Sachverhalts alle im Einzelfall bedeutsamen Umstände zu berücksichtigen (§ 24 Abs. 2 VwVfG), dient zudem auch dem Grundrechtsschutz des Bürgers.39 Darüber hinaus wird das in § 10 VwVfG verankerte Verfahrensermessen der Behörde40 in § 24 VwVfG hinsichtlich der Art und Weise der Ermittlungen konkretisiert. Der Gesetzgeber beauftragt die Behörde, selbständig und in eigener Verantwortung den Umfang der Sachverhaltsaufklärung festzulegen. Der Untersuchungsrahmen wird durch die rechtliche Beurteilung, die die Behörde dem Fall zugrunde legt, abgesteckt. Dabei bestimmt die Behörde die Art und den Umfang der Ermittlungen und ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden (§ 24 Abs. 1 S. 2 VwVfG).41 Der Untersuchungsgrundsatz im tradierten Sinne ist in den kooperativen Regulierungsstrategien zum Teil modifiziert worden. Das Modell der einseitig-behördlichen Sachverhaltsaufklärung ist in denjenigen Bereichen insuffizient, in denen die Behörde aufgrund der Komplexität des zugrunde liegenden Sachverhalts auf die Information und Mitwirkung des Antragstellers angewiesen ist oder in denen jedenfalls aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität und -effizienz eine Einbeziehung des Privaten in die Verfahrensverantwortung sachgerecht erscheint. Im Rahmen des § 6 UVPG stellt der Projektträger die notwendigen Informationen und Unterlagen bereit und übernimmt einen Anteil zur Ermittlung des umweltrelevanten Sachverhaltes. Dadurch wird die Behörde in der Anfangsphase hinsichtlich ihrer Ermittlungsverantwortung entlastet, ohne jedoch gänzlich aus der Pflicht zur Sachverhaltsermittlung entlassen zu werden. Vielmehr sieht das Konzept der nachvollziehenden Amtsermittlung eine sukzessive Überleitung der ErmittlungsverantObermayer, VwVfG, § 24 Rn. 7. Schneider, Nachvollziehende Amtsermittlung bei der Umweltverträglichkeitsprüfung, S. 89. 39 Wahl, in: Kroeschell (Hrsg.), Recht und Verfahren, S. 155 (158). 40 Vgl. hiezu § 10 I. 41 Vgl. ferner P. Stelkens / Kallerhoff, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 24 Rn. 25 ff.; Obermayer, VwVfG, § 24 Rn. 170 ff.; Schneider, Nachvollziehende Amtsermittlung bei der Umweltverträglichkeitsprüfung, S. 106 ff.; Hill, NVwZ 1985, 449 (453). 37 38

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wortung auf die Behörde und die Begründung der Letztverantwortung für diese vor.42 Die Beteiligung des Privaten am Verfahren, die über seine Mitwirkungspflichten nach § 26 Abs. 2 VwVfG hinausreicht, und die Begründung eines entsprechenden Kooperationsbeitrags machen die Affinität des Gesetzgebers zu einem stärker diskursiven Verfahrensmodell deutlich.43 Die Untersuchungsmaxime kann aber auch eine Grenze für kooperatives Handeln darstellen.44 Zunächst folgt aus dem Aufklärungsermessen der Behörde ihr Recht, sich auch im herkömmlichen Verwaltungsverfahren der Faktenübermittlung durch den Antragsteller zu bedienen, ohne selbst sämtliche Umstände ermitteln zu müssen. Die Behörde ist indessen verpflichtet, das vorgelegte Material auf seine Vollständigkeit und Richtigkeit zu überprüfen und gegebenenfalls auch weitere Prüfungen vorzunehmen.45 Der Untersuchungsgrundsatz verbietet dabei, dass sich die Behörde im formellen Verfahren gänzlich auf die Aussagen des Antragstellers bei den Vorverhandlungen verlässt oder weitere Ermittlungen zugunsten Drittbetroffener unterlässt, weil sie sich an das Vorverhandlungsergebnis faktisch gebunden fühlt.46 Gerade die Verfahrensposition der Drittbetroffenen macht es erforderlich, dass die Behörde auch auf deren Einwendungen hin neue Untersuchungen aufnimmt und gegebenenfalls ihre Ansicht revidiert. Da das Aufklärungsermessen der Behörde unter Berücksichtigung der betroffenen privaten Rechtspositionen auszuüben ist, hat die Verwaltung verstärkt Sachaufklärung durchzuführen, wenn Beeinträchtigungen für Rechtsgüter Dritter, z. B. für deren Leben oder Gesundheit, zu befürchten sind. In gleicher Weise kann die Behörde verpflichtet sein, infolge später auftretender entscheidungsrelevanter Umstände Ermittlungen durchzuführen und diese ihrer Sachentscheidung zugrunde zu legen.47 Dies zeigt, dass der Untersuchungsgrundsatz einerseits der Verwaltung Raum für eine kooperative Zusammenarbeit mit dem Privaten lässt, andererseits aber auch die notwendigen rechtsstaatlichen Schranken für Kooperationen darstellt.

Näheres hierzu § 5 I. Vgl. Trute, UTR Bd. 48 (1999), S. 13 (28 f.). 44 Im Hinblick auf Selbstverpflichtungen vgl. Knebel / Wicke / Michael, Selbstverpflichtungen und normersetzende Umweltverträge als Instrumente des Umweltschutzes, S. 144 f.; informelle Absprachen unter diesem Gesichtspunkt kritisch beurteilend: Tomerius, Informelle Projektabsprachen im Umweltrecht, S. 49 ff. 45 Schneider, Nachvollziehende Amtsermittlung bei der Umweltverträglichkeitsprüfung, S. 131; Spannowsky, Grenzen des Verwaltungshandelns durch Verträge und Absprachen, S. 129 f. 46 Vgl. zu diesem Aspekt § 10 IV 3. 47 Vgl. auch Eberle, DV 17 (1984), 439 (454 ff.); v. Wedemeyer, Kooperationen beim Vollzug des Umweltrechts, S. 208 ff.; Song, Kooperatives Verwaltungshandeln, S. 120 f. 42 43

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2. Gebot des fairen Verfahrens Der Grundsatz des fairen Verfahrens wurde durch die Rspr. ursprünglich für das gerichtliche Verfahren entwickelt und diente der Durchsetzung prozessualer (Grund-)Rechte des Bürgers.48 Später hat das BVerfG die Bedeutung dieses Grundsatzes auch für das Verwaltungsverfahren betont und diesen als Garantie eines Mindeststandards ordentlicher Verfahrensgestaltung angesehen.49 Rechtsgrundlage für das Gebot fairer Verfahrensführung ist das Rechtsstaatsprinzip in seiner verfahrensrechtlichen Dimension. Der Staat muss die Gewähr bieten, dass das hoheitliche Handeln in organisatorischer und verfahrensrechtlicher Weise gesetzmäßig und gerecht erfolgt.50 Daneben folgt aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz in Art. 3 Abs. 1 GG das allgemeine Gebot, in einem Verwaltungsverfahren die Beteiligten in wesentlich gleich gelagerten Fällen auch verfahrensrechtlich gleich zu behandeln.51 Dieser grundrechtlichen Komponente liegt die verfassungsrechtliche Erkenntnis zugrunde, dass der Bürger nicht bloß Objekt des Verwaltungshandelns ist52 und daher die einseitigen Entscheidungen der Behörde lediglich zur Kenntnis nehmen muss, sondern dass er einen Anspruch auf ausreichende Berücksichtigung seiner Interessen im Verfahren, auch im Verhältnis zu anderen Beteiligten, hat. Das Gebot fairer Verfahrensgestaltung wird im kooperativen Verwaltungsverfahren virulent, da die Kooperationspartner – zumal im Stadium der Vorverhandlungen – sich nur aus einem bestimmten Kreis von Akteuren zusammensetzen, deren rechtliche und wirtschaftliche Interessen durch das Verfahren betroffen werden, während andere in ihren Belangen Betroffene in der Regel in diesen Verfahrensabschnitten nicht beteiligt werden. Daher besteht die Gefahr selektiver Interessenberücksichtigung.53 Für die Verwaltung ergeben sich deshalb aus der rechtsstaatli48 Vgl. z. B. BVerfGE 40, 95 (98 f.); 49, 220 (225); 74, 358 (371); ausführlich Dörr, Faires Verfahren, S. 94 ff., 141 ff. 49 BVerfGE 43, 154 (166): Herleitung aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber dem Beamten; vgl. auch BVerfGE 52, 380 (389 f.): Grundsatz des fairen Verfahrens im Prüfungsrecht. 50 Sachs, in: ders. (Hrsg.), GG, Art. 20 Rn. 158; vgl. im Übrigen Pitschas, Verwaltungsverantwortung und Verwaltungsverfahren, S. 521 ff.; Tomerius, Informelle Projektabsprachen im Umweltrecht, S. 64 ff.; Hill, Das fehlerhafte Verfahren und seine Folgen im Verwaltungsrecht, S. 203 f.; Kunig, Das Rechtsstaatsprinzip, S. 216 ff.; P. Stelkens / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 9 Rn. 60 f.; Benda, in: ders. / Maihofer / Vogel (Hrsg.), HbVerfR, § 17 Rn. 46 ff.; Schmidt-Aßmann, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. III, § 70 Rn. 14; Benz, DV 23 (1990), 83 (91 f.); Schulze-Fielitz, in: Dose / Voigt (Hrsg.), Kooperatives Recht, S. 225 (231). 51 Vgl. BVerwGE 55, 355 (360); 70, 143 (151); Hill, Das fehlerhafte Verfahren und seine Folgen im Verwaltungsrecht, S. 309 f.; Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 59 f. 52 Vgl. BVerfGE 57, 250 (274 f.); 70, 297 (323) in Bezug auf den Grundsatz fairer Verfahrensführung im Strafverfahren. 53 Vgl. zu diesem Aspekt Hoffmann-Riem, VVDStRL 40 (1982), 187 (206 ff.); ders., in: ders. / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Konfliktbewältigung durch Verhandlungen, Bd. I, S. 13 (24 ff.).

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chen Komponente des Gebots der Verfahrensfairness bestimmte Anforderungen. Die Behörde muss das Gebot der unparteiischen Amtsführung achten und die notwendige Distanz zu den privaten Akteuren wahren. Dieser Grundgedanke folgt auch aus §§ 20, 21 VwVfG. Das BVerwG hat in diesem Zusammenhang informalkooperative Verhaltensweisen grds. für geboten erklärt, wenn dadurch ein gerechter Verfahrensablauf ermöglicht werde. Die gebotene Unparteilichkeit werde aber missachtet, wenn der Antragsteller „mit am Entscheidungstisch“ sitze und die zuständige Fachbehörde die notwendige Abwägung nicht selbst treffe. Im Übrigen werde dieses Gebot verletzt, wenn die Entscheidung durch unzuständige Behörden oder durch die politische Ebene sachwidrig beeinflusst werde.54 Demgegenüber ist aber weder ein Verstoß gegen den Grundsatz unparteiischer Amtsverwaltung noch ein Befangenheitsgrund im Sinne von § 21 Abs. 1 VwVfG festzustellen, wenn ein Amtsträger in einer Sache mit einzelnen Beteiligten ohne Zuziehung der übrigen Verhandlungen aufgenommen hat.55 Aus dem Gebot fairen Verfahrens folgt auch die Forderung, das Verfahren transparent zu gestalten.56 Dadurch werden Anonymität und Undurchschaubarkeit des Verwaltungshandelns zu Lasten Drittbetroffener verhindert und der rechtsstaatliche Gesetzesvollzug für den Außenstehenden nachvollziehbar. Kooperative Verhandlungen, z. B. in Form normvollziehender Absprachen, laufen bisweilen unter Ausschluss der Öffentlichkeit ab, ohne dass der Verhandlungsverlauf ausreichend dokumentiert wird. Das führt zu Informationsdefiziten auf Seiten der Drittbetroffenen, aber auch dazu, dass in einem späteren gerichtlichen Verfahren die näheren Gründe und Motive für die Kooperation und der Einfluss der kooperativen Vorgehensweise auf die Entscheidungsfindung im Dunklen bleiben. Dies kann dann zu einer nicht unwesentlichen Beeinträchtigung des Rechtsschutzes des Bürgers (Art. 19 Abs. 4 GG) und zu einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle der Verwaltungstätigkeit führen. Um ein Mindestmaß an Transparenz zu gewährleisten, ist deswegen der Verhandlungsablauf in hinreichender Form aktenkundig und in den späteren Verfahrensstadien den Beteiligten zugänglich zu machen. Das gleiche Problem mangelnder Verfahrenstransparenz kann sich aber auch bei den normsubstituierenden Absprachen ergeben, wenn Regierung und Unternehmensverbände zum Zwecke der Normabwendung eine Selbstverpflichtung vereinbaren, diese aber nicht ausreichend dokumentiert wird. In der Praxis wird mitunter nicht der Wortlaut der Absprache, sondern nur eine gedrängte Zusammenfassung veröffentlicht. Der Zweck des Publizitätsgebots, den Bürger über normative Akte aufzuklären und der Öffentlichkeit die Kontrolle über die rechtsetzende Tätigkeit BVerwGE 75, 214 (230 f.). Vgl. Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 21 Rn. 8; BayVGH DVBl. 1985, 805. 56 Vgl. hierzu Song, Kooperatives Verwaltungshandeln, S. 116; Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 52; v. Wedemeyer, Kooperationen beim Vollzug des Umweltrechts, S. 223 ff.; v. Lersner, Verwaltungsrechtliche Instrumente des Umweltschutzes, S. 11; Mehde, AöR 127 (2002), 655 (671 f.); Kunig / Rublack, Jura 1990, 1 (7 f.); Hoffmann-Riem, VVDStRL 40 (1982), 187 (229 f.); Bohne, VerwArch 75 (1984), 343 (351 f.). 54 55

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der staatlichen Organe zu ermöglichen, erfordert auch dann eine Bekanntmachung, wenn die Normsetzung durch konsensuale Absprachen überflüssig gemacht wird. Deswegen folgt aus dem Transparenz- und Publizitätsgebot, normvertretende Absprachen textlich zu veröffentlichen.57 Zwar soll nach § 35 Abs. 1 S. 2 UGB-KomE eine Selbstverpflichtung in geeigneter Weise öffentlich bekannt gemacht werden; die mangelnde Veröffentlichung wird aber im Lichte des Transparenzgebots nur die auf atypische Fälle begrenzte Ausnahme bleiben. Die grundrechtliche Komponente des Gebots fairen Verfahrens erlangt ferner Bedeutung, wenn mehrere Verfahrensbeteiligte existieren.58 Der Grundsatz der Chancengleichheit fordert in verfahrensrechtlicher Hinsicht, sachlich nicht gerechtfertigte Benachteiligungen von Verfahrensbeteiligten zu unterlassen. Daraus wird mitunter – wie bereits ausgeführt – eine Pflicht der Verwaltung gefordert, die Drittbetroffenen an den Vorverhandlungen zu beteiligen.59 Dagegen spricht u. a. die gesetzliche Wertung in den §§ 5 S. 4 UVPG, 71c Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwVfG, die der Behörde ein Ermessen einräumen, ob sie eine Beteiligung Dritter durchführt, und gerade eine derartige zwingende Verpflichtung nicht vorschreiben. Allerdings kann die Behörde ihr Ermessen dahingehend ausüben, dass sie in komplexen Verfahren eine ausgewählte Anzahl von Drittbetroffenen beteiligt und so für eine angemessene Repräsentanz sorgt. Im Übrigen hat die Behörde die besondere Pflicht, entsprechend ihrer maßgeblichen Rolle im Verwaltungsverfahren einer einseitigen Interessendurchsetzung vorzubeugen und bereits bei den Vorverhandlungen diejenigen Belange ausreichend zu berücksichtigen, die durch die anwesenden Akteure nicht repräsentiert werden.

3. Vertrauensschutz und Selbstbindung Ein wesentliches Element des Rechtsstaatsprinzips ist das Gebot der Rechtssicherheit. Staatliches Handeln hat den Grundsätzen der Rechtsklarheit, Bestimmtheit und Beständigkeit zu genügen. Dem Bürger muss ein Mindestmaß an Kontinuität hoheitlicher Tätigkeit gewährleistet werden. Deswegen fordert der Grundsatz der Bestimmtheit, dass der Adressat einer staatlichen Maßnahme in der Lage sein muss zu erkennen, welches Handeln oder Unterlassen von ihm verlangt wird. Der Grundsatz der Beständigkeit will demgegenüber die Widersprüchlichkeit staatlichen Handelns verhindern und behandelt die Frage der nachträglichen Veränder-

57 Vgl. Knebel / Wicke / Michael, Selbstverpflichtungen und normersetzende Umweltverträge als Instrumente des Umweltschutzes, S. 115 ff.; Bohne, VerwArch 75 (1984), 343 (364 f.); Helberg, Normabwendende Selbstverpflichtungen als Instrumente des Umweltrechts, S. 237 f. 58 Vgl. Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 61; Kunig / Rublack, Jura 1990, 1 (10). 59 Vgl. oben § 8 IV; vgl. auch Tomerius, Informelle Projektabsprachen im Umweltrecht, S. 67 ff.; Beyerlein, NJW 1987, 2713 (2719 f.).

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barkeit hoheitlicher Akte, auf einfachrechtlicher Ebene also die Rücknahme oder den Widerruf von Verwaltungsakten. Aus der Sicht des Bürgers korreliert dieses Gebot mit dem Gedanken des Vertrauensschutzes, der die individuelle Erwartungssicherheit des Bürgers betrifft, also dessen Interesse, dass getätigte Dispositionen nicht willkürlich rückgängig gemacht werden.60 Die Idee des Dispositionsschutzes spielt in den informal-kooperativen Vorbereitungsabsprachen eine wichtige Rolle. Diese Absprachen klären wesentliche organisatorische aber auch inhaltliche Punkte des anschließend durchzuführenden formellen Verwaltungsverfahrens. Insbesondere bei komplexen Verfahren hat der private Betreiber ein besonderes Interesse, auf der Grundlage seiner Verhandlungen mit der zuständigen Fachbehörde weitere Planungen vorzunehmen und gegebenenfalls an einem Standort zu investieren. Die Behörde wiederum will nicht ohne Not von den Verabredungen im Vorfeld abweichen, weil sie sonst ihr Verhältnis zum Betreiber unnötig belasten würde, mit dessen Widerstand rechnen müsste und ihre personellen und zeitlichen Ressourcen für die Bearbeitung konfliktträchtigerer Fälle nutzen will. Da also beide Seiten ein Interesse an Kalkulierbarkeit und Dispositionssicherheit haben, fühlen sie sich an das kooperativ zustande gekommene Vorverhandlungsergebnis auch im formellen Verfahren gebunden;61 insofern könnte man von der „Selbstbindung als Kooperationsmechanismus“ sprechen.62 Hingegen zeigen neuere Untersuchungen, dass die Behörden durch drohende gerichtliche Auseinandersetzungen oder durch politischen Druck sich selten davon abhalten lassen, die notwendigen Änderungen im formellen Verfahren vorzunehmen und insofern von den Absprachen abzuweichen.63 Insgesamt zeichnen sich diese informalen Kooperationen also durch einen fehlenden rechtlichen Bindungswillen aus;64 von einer faktischen Bindung der Kooperationspartner ist aber auszugehen, soweit triftige Gründe ein Abweichen nicht erforderlich machen.65

60 Vgl. hierzu Schmidt-Aßmann, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. II, § 26 Rn. 81 ff.; Sachs, in: ders. (Hrsg.), GG, Art. 20 Rn. 122 ff.; Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 20 (Rechtsstaat) Rn. 134 ff.; Herzog, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 20 VII Rn. 57 ff.; Kunig, Das Rechtsstaatsprinzip, S. 390 ff. 61 Vgl. Bohne, Der informale Rechtsstaat, S. 56 f.; Hoffmann-Riem, VVDStRL 40 (1982), 187 (200 f., 203, 222 f.); Song, Kooperatives Verwaltungshandeln, S. 99 ff.; Rengeling, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 147 ff.; die Kritik an den faktischen Bindungen zusammenfassend: Schulze-Fielitz, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Konfliktbewältigung durch Verhandlungen, Bd. II, S. 55 (67 f.). 62 So in Bezug auf Vorausentscheidungen der Verwaltung wie die Zusicherung Scheuing, VVDStRL 40 (1982), 153 (164 ff.); das BVerfG scheint in neuerer Rspr., zumindest was die normprägenden Absprachen angeht, eine andere Ansicht zu vertreten, vgl. BVerfGE 104, 249 (268) – „Biblis“; anders das Sondervotum der Richter Di Fabio und Mellinghoff, ebd., S. 277. 63 Vgl. v. Wedemeyer, Kooperationen beim Vollzug des Umweltrechts, S. 67 ff. 64 A.A. Eberle, DV 17 (1984), 439 (443 ff.). 65 Triftige Gründe können die infolge der behördlichen Sachverhaltsaufklärung zu Tage tretenden neuen Aspekte darstellen, vgl. hierzu § 10 IV 1.

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Der Dispositions- und Vertrauensschutz gewinnt auch in anderen Kooperationsbeziehungen, wie bei normsubstituierenden Absprachen und hoheitlichen Zielfestlegungen, an Bedeutung. Dabei handelt es sich etwa um Fälle, in denen die Privaten durch staatliche Veranlassung die freiwillige Zusage getroffen haben, bestimmte umweltschädliche Materialien nicht mehr zu produzieren und sich mit der Exekutive auf einen bestimmten umweltfreundlichen Produktionsstandard geeinigt haben. Man könnte aber auch an eine durch die Bundesregierung bekannt gegebene abfallrechtliche Zielfestlegung gem. § 25 Abs. 1 KrW- / AbfG denken, die die Rücknahme von bestimmten Abfallsorten betrifft. Unternehmen die Privaten freiwillige Anstrengungen, um die Absprache zu erfüllen oder die Zielfestlegung zu verwirklichen, dann stellt sich die Frage, ob die Exekutive ohne rechtliche Folgen nachträglich erhöhte Anforderungen stellen kann, die über den Abspracheinhalt oder die Zielfestlegung hinausreichen. Oft werden nämlich juristische Konsequenzen negiert, wenn Absprachen fehlschlagen, insbesondere durch die Exekutive nicht eingehalten werden. Dabei wird maßgeblich auf die Unverbindlichkeit der Absprachen abgestellt und die Begründung einer Rechtspflicht verneint. Das Vertrauen des Bürgers sei insofern nicht schutzwürdig, als er in Kenntnis mangelnder Verbindlichkeit Vermögensdispositionen treffe. Deswegen müsse er auch das Risiko des Fehlschlagens tragen. Somit würden nach dieser Ansicht Schadensersatzansprüche des Privaten nicht in Betracht kommen.66 Auf Erfüllung gerichtete Ansprüche scheiden bei normvollziehenden oder normsubstituierenden Absprachen bekanntlich aus. Etwaige sekundärrechtliche Schadensersatzansprüche können aber nicht a priori verneint werden.67 Zu prüfen wäre zunächst ein Anspruch aus culpa in contrahendo. Ein derartiger Schadensersatzanspruch wird bei fehlgeschlagenen Absprachen zum Teil deswegen verneint, weil kein verwaltungsrechtliches Schuldverhältnis begründet werde.68 Für diese Ansicht spricht zwar, dass bei den Beteiligten an einer Absprache regelmäßig kein Wille zum Abschluss rechtlich verbindlicher Verträge vorhanden ist, die culpa in contrahendo aber von der Rspr. vorrangig auf Verhandlungen angewandt wird, die zum Abschluss einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung führen sollen.69 Demgegenüber könnte ein Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo dann be66 Vgl. Bohne, Der informale Rechtsstaat, S. 141 f.; ders., VerwArch 75 (1984), 343 (360); Spannowsky, Grenzen des Verwaltungshandelns durch Verträge und Absprachen, S. 452 f.; Becker, DÖV 1985, 1003 (1010); Burmeister, VVDStRL 52 (1993), 190 (242); Scheuing, VVDStRL 40 (1982), 153 (163). 67 Vgl. auch Huber, in: Koch / Roßnagel (Hrsg.), 11. Deutsches Atomrechtssymposium, S. 329 (342 ff.). 68 Kunig, DVBl. 1992, 1193 (1201); Spannowsky, Grenzen des Verwaltungshandelns durch Verträge und Absprachen, S. 452; Faber, Gesellschaftliche Selbstregulierungssysteme im Umweltrecht, S. 237 f. 69 BVerwG DÖV 1974, 133 (134); BGHZ 71, 386 (392); 76, 343 (348); vgl. auch Bonk, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 62 Rn. 45 ff.; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 356 f.

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jaht werden, wenn man den Vertrauensschutz in den Vordergrund stellt. Durch den intensivierten Kontakt zwischen der Exekutive und dem Privaten entsteht eine Nähebeziehung, die sich vom gewöhnlichen subordinationsrechtlichen Staat-BürgerVerhältnis unterscheidet und durch die Verfolgung eines gemeinsamen Zieles gekennzeichnet ist. Dieser verdichtete Kontakt stellt ein Verwaltungsrechtsverhältnis dar, aus dem Nebenpflichten folgen,70 insbesondere die Pflicht zur gegenseitigen Aufklärung und Rücksichtnahme. Wird der Private, nachdem er Investitionen getätigt hat, in seinem schutzwürdigen Vertrauen enttäuscht, indem die Exekutive ohne rechtfertigenden Grund ihre Meinung ändert und an der Absprache nicht mehr festhalten will, würden die Voraussetzungen des Vertrauenstatbestandes vorliegen und zu einem Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens führen.71 In Betracht kommt zudem ein Amtshaftungsanspruch des Privaten gegen den Staat gem. § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG, da die handelnden Organe eine Amtspflicht zu konsequentem, aber auch rücksichtsvollem Handeln trifft.72 Rechtsgrundlage eines solchen Anspruchs wäre das Vertrauensschutzprinzip, aufgrund dessen die Behörde verpflichtet ist, sich zu ihren früheren Handlungen nicht in Widerspruch zu setzen (Gedanke des venire contra factum proprium), wenn die gebotene Rücksichtnahme auf die Interessen des Betroffenen dies nahe legt. Hat der Private wegen eines von der Behörde geschaffenen Vertrauenstatbestandes aufgrund vernünftiger Erwägungen Dispositionen vorgenommen, so kann er sich gegenüber der Behörde nach Treu und Glauben auf schutzwürdiges Vertrauen berufen. Durch einen abrupten Ausstieg aus dem Kooperationsverhältnis ohne sachlichen Grund würde die Behörde ihre gegenüber dem Privaten bestehende Amtspflicht verletzen und dem Rücksichtnahmegebot zuwiderhandeln. Der Vertrauensschutzgedanke führt, wie bereits behandelt,73 auch bei Zielfestlegungen gem. § 25 Abs. 1 KrW- / AbfG zu Einschränkungen für die Exekutive. Da die Bundesregierung mit der Veröffentlichung der Zielfestlegungen die privaten Unternehmen auffordert, die Zielvorgaben durch eigeninitiatives Handeln zu erreichen, erweckt sie ein Vertrauen in die Erfüllbarkeit der Zielfestlegung beim Kooperationspartner. Die Exekutive ist an diesen Steuerungsmechanismus zuminVgl. hierzu § 2 II 3. Vgl. hierzu Di Fabio, in: Kloepfer (Hrsg.), Selbst-Beherrschung im technischen und ökologischen Bereich, S. 119 (123 f.); Michael, Rechtsetzende Gewalt im kooperierenden Verfassungsstaat, S. 470 f.; v. Wedemeyer, Kooperationen beim Vollzug des Umweltrechts, S. 247 f.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 15 Rn. 20; Bauer, VerwArch 78 (1987), 241 (266); Hill, Das fehlerhafte Verfahren und seine Folgen im Verwaltungsrecht, S. 281, der auf die Pflicht zur verfahrensmäßigen Rücksichtnahme abstellt. 72 Vgl. hierzu BGH NVwZ 1986, 245 (246); Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 49 f.; Papier, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. VI, § 157 Rn. 35; s. ferner Faber, Gesellschaftliche Selbstregulierungssysteme im Umweltrecht, S. 238 ff.; Michael, Rechtsetzende Gewalt im kooperierenden Verfassungsstaat, S. 648; Kunig, DVBl. 1992, 1193 (1201); Oldiges, WiR 1973, 1 (9). 73 Vgl. ausführlich § 7 I 2. 70 71

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dest solange gebunden, wie die Privaten erkennbar ihren Kooperationsbeitrag erfüllen. Diese Überlegungen bedeuten indessen nicht, dass der Exekutive jedes weitere hoheitliche Handeln, z. B. der Erlass einer Rechtsverordnung oder die Anordnung zusätzlicher Auflagen im formellen Verwaltungsverfahren, untersagt wäre. Ein Abweichen von der Vereinbarung oder der Zielfestlegung ist zulässig und ggf. erforderlich, wenn sachliche Gründe es erfordern. Dies ist etwa zu bejahen, wenn bei der Zielfestlegung oder bei langfristig angesetzten Selbstverpflichtungen die Privaten erkennbar keine Schritte unternehmen, um dem Ziel näher zu kommen. Gleiches gilt, wenn die Sachlage sich soweit geändert hat, dass zügiges ordnungsrechtliches Vorgehen notwendig ist, da sonst irreparable Schäden für Dritte drohen. Hier ist der Staat durch den Vertrauensschutzgedanken nicht eingeschränkt. Besteht – von diesen Fällen abgesehen – sonst staatlicherseits Regelungsnotwendigkeit, ist der Hoheitsträger auch nicht unbegrenzt an das Kooperationsverhältnis gebunden. Möchte er sich loslösen, so hat er dem Privaten angemessene Übergangsfristen einzuräumen, damit dieser seine Planungen und Dispositionen darauf einstellen kann.74 Aus den Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Selbstbindung folgt in diesen Kooperationsverhältnissen also vor allem die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme. Beim DS nach der VerpackV könnte der Verordnungsgeber beispielsweise nicht plötzlich und ohne Gewährung von Übergangsfristen von dem von ihm initiierten System gänzlich Abstand nehmen und eine Rücknahmepflicht für Verpackungsvertreiber ohne Abwendungsmöglichkeit statuieren. Ein solches Vorgehen bedürfte sachlicher Gründe, z. B. wenn das DS funktionsuntüchtig wäre oder die abfallwirtschaftlichen Ziele der VerpackV durch dieses System nicht erreichbar wären. Der Vertrauensschutz reicht aber entgegen der Entscheidung des BVerfG zur kommunalen Verpackungsteuer nicht soweit, dem Staat weitere regulative, den Zielen der VerpackV in gleicher Weise dienende Maßnahmen zu untersagen.75 Ein derartiger Vertrauenstatbestand wurde beim Erlass der VerpakV nicht begründet. Zu beachten ist jedoch, dass die öffentliche Gewalt nicht in allen Kooperationsbeziehungen durch den Vertrauensschutzgrundsatz gebunden ist. Der Staat kann z. B. die private Eigenüberwachung von umweltrelevanten Anlagen zugunsten der administrativen Anlagenkontrolle zurückdrängen. Er kann auch bestimmte Aufgaben und Befugnisse des Betriebsbeauftragten für Umweltschutz einschränken. Ferner kann er auf die Rezeption einiger privater Techniknormen verzichten und stattdessen die technischen Standards durch eigene Verwaltungsvorschriften normieren. Diese Beispiele zeigen, dass ein genereller Abwehranspruch gegen kooperationsfremde staatliche Maßnahmen nicht besteht.76 Vgl. zu diesem Aspekt Dempfle, Normvertretende Absprachen, S. 84 ff. Das BVerfG geht nach Di Fabio, NVwZ 1999, 1153 (1156) von einer „hoheitlichen Friedenspflicht“ aus; vgl. zu dieser Rspr. ausführlich oben § 9 IV 3. 76 A.A. Di Fabio, NVwZ 1999, 1153 (1156 f.). 74 75

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V. Demokratische Legitimationsanforderungen an Kooperationen 1. Legitimationsbedürftige Kooperationshandlungen Das Demokratieprinzip des Grundgesetzes, das mitunter als das „zentrale Verfassungsprinzip überhaupt“ bezeichnet wird,77 bestimmt die Legitimation, Einrichtung und Ausgestaltung der Herrschaftsausübung.78 In Art. 20 Abs. 2 GG sind die Ideen der Volkssouveränität und der Herrschaftsausübung durch demokratisch legitimierte Staatsorgane festgelegt. Nach Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG geht alle Staatsgewalt vom Volke aus. Darunter fasst das BVerfG nicht nur bestimmte, sondern alle Arten der Ausübung von Staatsgewalt, insbesondere solche Entscheidungen, die unmittelbar nach außen wirken. Hierzu zählt jedes amtliche Handeln mit Entscheidungscharakter, aber auch behördeninternes Handeln, das die Voraussetzung für die Wahrnehmung einer Amtsaufgabe schafft.79 Träger der Staatsgewalt sind vor allem der Bund, die Länder und die Gemeinden, aber auch juristische Personen des öffentlichen Rechts, also öffentlich-rechtliche Körperschaften und Anstalten. Private Personen oder Personenvereinigungen üben keine Staatsgewalt im Sinne von Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG aus; etwas anderes gilt aber beispielsweise für Beliehene, die Verwaltungsaufgaben selbständig wahrnehmen, und juristische Personen des Privatrechts, die im Alleinbesitz der öffentlichen Hand sind und mit der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben betraut werden.80 Im Kontext der Kooperation zwischen Staat und Privaten bedürfen deswegen Betriebsbeauftragte für Umweltschutz keiner besonderen demokratischen Legitimation, da sie in einer privatrechtlichen Rechtsbeziehung zum Unternehmen stehen und keine Entscheidungsbefugnisse besitzen. Sie haben lediglich eine Beratungsfunktion inne, indem sie etwa die Betriebsangehörigen über die von einer Anlage verursachten Umwelteinwirkungen aufklären.81 Auch der Einsatz eines privaten Konfliktmittlers gerät nicht in Konflikt mit dem Demokratieprinzip, wenn dieser die Fachbehörde nur bei der Streitschlichtung unterstützt. Würden ihm aber weitere Befugnisse übertragen, wie die Leitung des gesamten Erörterungstermins, in welchem er Amtshandlungen mit Entscheidungscharakter vornehmen könnte,82 Herzog, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 20 II Rn. 1. Stern, Staatsrecht Bd. I, S. 604. 79 BVerfGE 47, 253 (273); 83, 60 (73); 93, 37 (68); vgl. zum Begriff der Staatsgewalt auch Oebbecke, Weisungs- und unterrichtungsfreie Räume in der Verwaltung, S. 78 ff.; ders., VerwArch 81 (1990), 349 (355 f.); Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 161 ff.; Helberg, Normabwendende Selbstverpflichtungen als Instrumente des Umweltrechts, S. 144 ff.; Pieroth, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 20 Rn. 4; Schmidt-Aßmann, AöR 116 (1991), 329 (341 f.). 80 Weitere Beispiele bei Schmidt-Aßmann, AöR 116 (1991), 329 (346 f.). 81 Vgl. z. B. § 54 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 BImSchG; zu den verschiedenen Funktionen des Betriebsbeauftragten vgl. § 5 II 3. 77 78

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bedürfte er einer organisatorisch-personellen Legitimation, müsste also als Amtswalter individuell durch demokratisch legitimierte Organe in sein Amt berufen worden sein.83 Des Weiteren sind auch rein konsultative Tätigkeiten von Ausschüssen oder Gremien keine Ausübung von Staatsgewalt im Sinne von Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG, da diese am Meinungsbildungsprozess hoheitlicher Organe mitwirken, aber nicht mitentscheiden. Folglich ist die Beratungstätigkeit sachverständiger Expertengremien, etwa der privaten technischen Vereine unter dem Gesichtspunkt organisatorisch-personeller Legitimation unbedenklich.84 Soweit ferner Handlungen eines Hoheitsträgers Außenwirkung haben, kommt es auf die konkrete Rechtsform der Handlung nicht an.85 Deshalb fällt auch schlichthoheitliches Handeln unter Art. 20 Abs. 2 GG, soweit es Entscheidungscharakter hat und sich nicht in technisch-instrumentellen Verrichtungen erschöpft. Dabei ist nicht erforderlich, dass das Handeln für den Adressaten rechtsverbindlich ist, es genügt ein dem Staat zuzuordnendes Verhalten, das eine rechtlich beachtliche Wirkung entfaltet, mithin auch informal-kooperatives Verwaltungshandeln.86 Bei kooperativen Absprachen ist aber zu differenzieren: Nicht sämtliche Kooperationsbeiträge sind legitimationsbedürftig, sondern lediglich der administrative Beitrag.87 Kooperation im Sinne des Zusammenwirkens von Staat und Privaten zur Lösung konkreter Sachfragen darf darüber hinaus nicht dazu führen, dass die staatliche Letztverantwortlichkeit ausgehöhlt wird. Der Private kann an der Entscheidungsfindung mitwirken oder diese vorbereiten, aus verfassungsrechtlichen Gründen ist aber eine Übertragung von Entscheidungsbefugnissen auf den Privaten ohne Sicherung der hoheitlichen Verfahrensherrschaft unzulässig. Wenn der Hoheitsträger sich privater Kräfte zur Aufgabenerfüllung bedient, dann darf er sich aus seiner demokratischen Verantwortlichkeit nicht zurückziehen, sondern muss seiner Gewährleistungsverantwortung gerecht werden. Er darf die Kontrolle über das Verfahren nicht aus der Hand geben und hat die Möglichkeit zu einseitigem Handeln sich vorzubehalten. Soweit eine kooperative Entscheidungsvorbereitung stattfindet, muss der Hoheitsträger in der Lage sein, die gefundenen Ergebnisse auf ihre Recht- und Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen und diese gegebenenfalls in eine besondere Rechtsform zu transformieren.88 Die Rolle eines bloßen Moderators Vgl. näheres hierzu unter § 5 III 2. Herzog, Allgemeine Staatslehre, S. 208 ff.; Böckenförde, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. II, § 24 Rn. 16; zu den Formen demokratischer Legitimation vgl. § 3 III 2 c). 84 Vgl. BVerfGE 83, 60 (74); Lamb, Kooperative Gesetzeskonkretisierung, S. 73 f.; Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (182); Böckenförde, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. II, § 24 Rn. 20. 85 Vgl. Oebbecke, Weisungs- und unterrichtungsfreie Räume in der Verwaltung, S. 79. 86 Helberg, Normabwendende Selbstverpflichtungen als Instrumente des Umweltrechts, S. 148 f., 158 f. 87 Schmidt-Aßmann, AöR 116 (1991), 329 (342). 88 Hoffmann-Riem, in: ders. / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Konfliktbewältigung durch Verhandlungen, Bd. I, S. 13 (40). 82 83

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oder Verfahrensmittlers, der die gleiche Rechts- und Verhandlungsposition innehätte wie die privaten Akteure, würde nicht ausreichen. Auch das Modell einer völligen Gleichberechtigung der Kooperationspartner wäre mit dem Demokratieprinzip nicht vereinbar. Zwar ist es mitunter unvermeidlich, dass an der Entscheidungsvorbereitung Interessensgruppierungen und private Verbände mitwirken, die Entscheidung selbst hat indessen von Partikularinteressen unbeeinträchtigt und gemeinwohlorientiert zu erfolgen.89

2. Separierungsgebot und hoheitliche Legitimationsverantwortung Problematisch ist mitunter, dass die Grenze zwischen staatlichem und privatem Handlungsbeitrag in manchen Kooperationsverhältnissen nicht klar zu ziehen ist. Bei den Selbstverpflichtungen z. B. wird die Ansicht vertreten, dass das Legitimationserfordernis den gesamten Kooperationsvorgang erfasse, wenn die Privaten mit den staatlichen Organen objektiv eine Staatsaufgabe wahrnähmen und Entscheidungen mit zumindest mittelbarer rechtlicher Wirkung treffen könnten. Da die Privatwirtschaft den Weg zur Erreichung der Ziele, das „Wie“, faktisch selbst bestimme, sei von einem einheitlichen Akt von Hoheitsgewalt auszugehen.90 Zu einer Verwischung der Verantwortungsbereiche kann es darüber hinaus auch dann kommen, wenn der Staat privaten Organisationen mit einer Quasimonopolstellung die Erfüllung öffentlicher Aufgaben überträgt und diese gegenüber privaten Dritten Entscheidungen treffen können, die in ihrer Intensität hoheitlichen Entscheidungen nicht nachstehen. So hat die DSD-AG eine marktbeherrschende Stellung als Nachfragerin von Entsorgungsdienstleistungen und kann die maßgeblichen Bedingungen in diesem Sektor gegenüber den Verbrauchern, aber auch den mittelständischen Unternehmen bestimmen, z. B. die Höhe der Lizenzgebühren.91 Das strikte Trennungsgebot, also die klare Separierung von Verantwortungsbereichen, wird somit in bestimmten Kooperationsverhältnissen, darüber hinaus aber auch in anderen selbstregulativen Bereichen nicht verwirklicht.92

89 Vgl. hierzu Hoffmann-Riem, Konfliktmittler in Verwaltungsverhandlungen, S. 57 f.; Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 173 ff.; Knebel / Wicke / Michael, Selbstverpflichtungen und normersetzende Umweltverträge als Instrumente des Umweltschutzes, S. 127 f.; Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (175 f., 181 ff.); Kirchhof, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. III, § 59 Rn. 164; Gusy, ZUR 2001, 1 (5 f.); Kunig, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Konfliktbewältigung durch Verhandlungen, Bd. I, S. 43 (62 f.); ders. / Rublack, Jura 1990, 1 (8 f.); Schulze-Fielitz, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Konfliktbewältigung durch Verhandlungen, Bd. II, S. 55 (60). 90 Helberg, Normabwendende Selbstverpflichtungen als Instrumente des Umweltrechts, S. 159 ff.; vgl. auch Oldiges, WiR 1973, 1 (19), der im Hinblick auf die Trennung der staatlichen von der gesellschaftlichen Sphäre einen Verlust an Staatlichkeit feststellt, wenn der Staat mit den relevanten Wirtschaftszweigen verhandelt. 91 Vgl. im Einzelnen Finckh, Regulierte Selbstregulierung im Dualen System, S. 129 ff. 92 Vgl. Di Fabio, VVDStRL 56 (1997), 235 (263 ff.); Trute, DVBl. 1996, 950 (955 f.).

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Allerdings ist es die Besonderheit von zahlreichen, wenn auch nicht allen Kooperationsverfahren, dass sie das Merkmal der Verhandlung und des gegenseitigen Nachgebens beinhalten. Deshalb sollte versucht werden, aus dem Kooperationsverhältnis zunächst die hoheitlichen Kooperationsbeiträge herauszufiltern und dafür eine Legitimationsgrundlage zu eruieren. So ist bei den regulativen Absprachen der staatliche Mitwirkungsakt, der die Selbstverpflichtungserklärung initiiert, der legitimationsbedürftige Kooperationsbeitrag. Dieser hoheitliche Akt wird aber den Anforderungen des Demokratieprinzips gerecht, da der staatliche Kooperationspartner ein demokratisch legitimiertes Organ ist und bei den in der Praxis relevantesten rechtsverordnungsersetzenden Absprachen aufgrund einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage handelt; damit ist vor allem die sachlich-inhaltliche Legitimation gewährleistet.93 Soweit dennoch eine Relativierung der demokratischen Legitimationsanforderungen bemängelt wird, ist festzustellen, dass das Demokratieprinzip ein Verfassungsprinzip ist, das keine maximale Einflussnahme des Volkes als Träger der Staatsgewalt auf die handelnden Organe fordert.94 Das BVerfG betont, dass ein bestimmtes Legitimationsniveau notwendig sei, welches aber bei den verschiedenen Erscheinungsformen der Staatsgewalt unterschiedlich ausgestaltet sein könne. Dabei sei innerhalb der Exekutive zwischen der für die politische Gestaltung zuständigen Regierung95 und der für den Gesetzesvollzug zuständigen Verwaltung zu unterscheiden.96 Zudem ist zu beachten, dass die Hauptlinie des Legitimationszusammenhangs von den gewählten Organen zum legitimationsbedürftigen Kooperationsakt nicht gestört wird. Mitwirkungen Dritter auch im engeren administrativen Bereich sind hierbei nicht ausgeschlossen. Soweit also im Hinblick auf den hoheitlichen Kooperationspartner die sachlich-inhaltliche und die organisatorisch-personelle Legitimation existieren und der hoheitliche Kooperationsbeitrag vorliegt, kann dem Legitimationsniveau Genüge getan werden.97 Dennoch kann nicht geleugnet werden, dass die Durchsetzung der staatlichen Letztverantwortung in den Kooperationsverhältnissen Problemen ausgesetzt ist. Diese ergeben sich z. B. in den Fällen, in denen die privaten Kooperationsakteure einen Wissensvorsprung gegenüber dem staatlichen Kooperationspartner haben, der sich in ihrem Kooperationsbeitrag niederschlägt. Die in den privaten Normvereinigungen existierenden wissenschaftlichen Sachverständigengremien sind in den technischen Fach- und Detailfragen naturgemäß kompetenter als die Angehörigen 93 Vgl. Faber, Gesellschaftliche Selbstregulierungssysteme im Umweltrecht, S. 250 f.; Knebel / Wicke / Michael, Selbstverpflichtungen und normersetzende Umweltverträge als Instrumente des Umweltschutzes, S. 121 ff. 94 Schnapp, in: v. Münch / Kunig, GG-Kommentar, Art. 20 Rn. 6 spricht insofern von einem Optimierungsgebot. 95 Diese ist bei den regulativen Absprachen regelmäßig der Kooperationspartner. 96 BVerfGE 83, 60 (72). 97 Vgl. Schmidt-Aßmann, AöR 116 (1991), 329 (366 f., 376 f.); ders., Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 99; Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 164 f.

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der öffentlichen Verwaltung. Eine nachträgliche Überprüfung der vorgelegten Normen scheitert meist am hierfür benötigten Zeit- und Arbeitsaufwand; zudem fehlen die erforderlichen Kapazitäten. Deshalb droht die Gefahr einer kritiklosen Rezeption der Normen und damit ein Steuerungsverlust, der mit den demokratischen Legitimationsanforderungen nicht vereinbar wäre.98 Kooperationen können folglich zu Defiziten in Bezug auf die sachlich-inhaltliche und organisatorisch-personelle demokratische Legitimation führen, wenn die staatliche Entscheidung durch den privaten Kooperationsbeitrag faktisch in eine Richtung gelenkt wird, die dem Hoheitsträger selbst nicht bewusst ist.99 Diese Defizite dürfen aber nicht dazu führen, den jeweiligen privaten Kooperationsbereich wieder zu verstaatlichen. Denn die Leistungen, die die Privaten zur Staatsentlastung erbringen, sind nicht zu unterschätzen. Vielmehr sollte zum einen in den Fällen, in denen eine private Ergebnisbeherrschung nicht unbeträchtlich ist, eine Beleihung des Privaten geprüft werden; Rechtsakte des Beliehenen könnten dann von den Betroffenen durch verwaltungsprozessuale Rechtsbehelfe angefochten werden.100 Zum anderen müssen unter dem Gesichtspunkt der Kompensation Vorfeldsicherungen getroffen werden, um ein faires und transparentes Verfahren in der privaten Sphäre zu gewährleisten.101 Letzteres folgt aus der Überlegung, dass die Erfüllung rechtsstaatlicher Mindeststandards auch in der Sphäre des privaten Kooperationspartners notwendig ist, wenn die Kooperation erfolgreich sein soll. Der Staat hat nämlich eine „Legitimationsverantwortung“, die gewährleisten soll, dass bei Beeinflussung staatlicher Entscheidungsprozesse durch Kooperation die Legitimität der Staatsgewalt erhalten bleibt. Um diese zu wahren, werden als Anforderungen an die private Kooperationsebene die Gebote „sachgerechter Aufgabenwahrnehmung, gleichmäßiger Interessenberücksichtigung und hinreichender institutioneller Neutralitätssicherung“ genannt.102 Bei den Verfahrensordnungen der privaten Normorganisationen, die diesen Grundsätzen gerecht werden sollten, wird bekanntlich die mangelnde Interessenausgewogenheit kritisiert, da Vertreter von Verbraucher- und Naturschutzinteressen des Öfteren nicht ausreichend repräsentiert seien.103 Wenn deshalb die unterschiedlichen, auch nicht-wirtschaftlichen 98 Vgl. aus sozialwissenschaftlicher Perspektive Voelzkow, Private Regierungen in der Techniksteuerung, S. 219 ff., der sogar von „parastaatlichen“ Institutionen spricht; Gusy, ZUR 2001, 1 (5) betont deshalb den Grundsatz der kontrollierten Rezeption im Gegensatz zur bloßen Ratifikation von Ergebnissen. 99 Vgl. Trute, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht als Steuerungsressource, S. 249 (288 ff.); ders., in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem“ Staat, S. 13 (32 ff.); Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 100 f.; Tomerius, Informelle Projektabsprachen im Umweltrecht, S. 159 ff.; Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Art. 20 (Demokratie) Rn. 130. 100 Vgl. Di Fabio, VVDStRL 56 (1997), 235 (265). 101 Zu diesem Gedanken s. auch § 6 I 3. 102 Trute, DVBl. 1996, 950 (956); ders., UTR Bd. 48 (1999), S. 13 (21 f.); Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, S. 7 (38 f.).

VI. Kooperationsprinzip und Grundrechte

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Interessen organisiert und im privaten Normgebungsverfahren artikuliert werden und es dadurch zu ausgewogenen Lösungen innerhalb des Normungsgremiums kommt, dann ist dies ein sinnvoller Beitrag, den der private Kooperationspartner zur Wahrung der Legitimationsverantwortung des Staates leistet.

VI. Kooperationsprinzip und Grundrechte 1. Unterschiedliche Grundrechtsperspektiven Im Kooperationsverhältnis zwischen Staat und Privaten macht der private Partner von seiner grundrechtlich verbürgten Freiheit Gebrauch, einen spezifischen Sachbereich im Dienste des Gemeinwohls, aber auch aus eigennützigen Motiven mitzugestalten. Damit übernimmt der Bürger Mitverantwortung zur Verwirklichung des hoheitlich anvisierten Zieles, ohne dass die staatliche Gewährleistungsverantwortung entfallen würde. Aus diesem Grund wird bisweilen die private Verfahrensteilhabe als grundrechtlich geschützt und nicht dem rechtsstaatlichen Gesetzesvorbehalt unterstellt angesehen.104 Die Übertragung von Eigenverantwortung auf Private und die Begründung neuer Aufgaben können allerdings auch einen grundrechtsrelevanten Tatbestand darstellen. Zu denken ist etwa an die gesetzlichen Vorschriften, welche für den Anlagenbetreiber die Abgabe von Emissionserklärungen, kontinuierliche Messungen (vgl. z. B. §§ 26 – 29 BImSchG) oder sonstige Eigenüberwachungspflichten (vgl. z. B. § 19i Abs. 2 S. 1 WHG) vorsehen. Neben diesen Mess- und Dokumentationspflichten müssen die Privaten mitunter auch verschiedene Eigenkonzepte oder Bilanzen vorlegen (vgl. z. B. §§ 19, 20 KrW- / AbfG).105 Die Verlagerung derartiger „Erfüllungslasten“ vom Staat auf den Privaten wird deshalb als ein rechtfertigungsbedürftiger Grundrechtseingriff angesehen, der nicht allein unter dem Deckmantel der Staatsentlastung vorgenommen werden könne.106 Aus diesen Überlegungen wird deutlich, dass die kooperativen Rechtsverhältnisse aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden müssen: zum einen aus der Perspektive der „Eröffnung zusätzlicher Freiheitsräume für den Einzelnen“, zum anderen aus der Perspektive der „Einschränkung von Grundrechten“. Beide 103 Vgl. Voelzkow, Private Regierungen in der Techniksteuerung, S. 230 ff.; beim DIN e.V. wurde zwischenzeitlich der Normenausschuss Grundlagen des Umweltschutzes (NAGUS) eingerichtet, näheres hierzu unter § 6 I 3. 104 Kirchhof, Verwalten durch „mittelbares“ Einwirken, S. 207 f., 251 f.; vgl. auch Rengeling, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 87 f. 105 Dadurch soll ein verantwortungsbewusster betrieblicher Umgang mit umweltschädlichen Stoffen gefördert werden; vgl. zum Ganzen § 5 II 2. 106 Di Fabio, VVDStRL 56 (1997), 235 (258 ff.); vgl. auch Gusy, ZUR 2001, 1 (6), der zwischen der grundrechtlich rechtfertigungsbedürftigen Begründung eines Kooperationsverhältnisses und den Handlungen Privater im Rahmen eines bestehenden Kooperationsverhältnisses unterscheidet.

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Sichtweisen sind sachgerecht. Für die erst genannte Perspektive spricht aber, dass die Begründung von Eigenverantwortung für den Privaten grundrechtsfreundlicher sein kann als die Wahrnehmung staatlicher Erfüllungsverantwortung.107 Zudem handelt es sich in der Regel um verfassungsrechtlich legitimierte Grundrechtsbeeinträchtigungen. Das durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb und die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit des Unternehmers können nämlich durch schutzwürdige Gemeinwohlinteressen, insbesondere durch die aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG folgenden staatlichen Schutzpflichten für Leben und Gesundheit und die Staatszielbestimmung Umweltschutz (Art. 20a GG), eingeschränkt werden.108 Dadurch wird der besonderen Verantwortung des Betreibers für seine umweltbelastende risikobehaftete Tätigkeit Rechnung getragen. Zu beachten ist allerdings, dass ein etwaiger grundrechtlicher Eingriff stets verhältnismäßig sein muss. Kooperationsverhältnisse dürfen staatlicherseits nicht dazu verwendet werden, beliebig viele Kooperationsbeiträge für den Privaten zu begründen. Die Statuierung privater Verantwortlichkeit muss z. B. durch die besondere Sach- und Fachkunde des Privaten oder durch die private Situationsbeherrschung legitimiert sein;109 außerdem muss sie geeignet und erforderlich sein und darf nicht zu einer Zerstörung des privaten Freiheitsraumes führen. Der Gesetzgeber sollte zudem bei der Begründung neuer Pflichten die Idee der Selbstregulierung und -kontrolle im Auge behalten und dem Privaten primär Anreize zur Eigeninitiative bieten.

2. Spezifische Eingriffskonstellationen in den Kooperationsbeziehungen Während das traditionelle Verwaltungsrecht von einem bipolaren Staat-BürgerVerhältnis ausging und der Verwaltung dementsprechende Handlungsinstrumente zur Verfügung stellte, handelt es sich bei den Kooperationsverhältnissen um mehrpolige Interessen- und Beziehungsgeflechte. 110 Da sich die Positionen der Parteien häufig diametral gegenüberstehen, ist es Aufgabe der Verwaltung, sich um einen gerechten Ausgleich der divergierenden Interessen zu kümmern. Doch auch wenn die Verwaltung sich dieser Aufgabe stellt und im Wege der Kooperation eine Problemlösung anstrebt, kann es zur Beeinträchtigung materieller Rechtspositionen kommen. Kooperationsbeziehungen sind nämlich häufig Grundrechtsbeziehungen 107 Trute, UTR Bd. 48 (1999), S. 13 (24) mit Verweis auf BVerfGE 30, 292 (319); vgl. auch ders., in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem“ Staat, S. 13 (38 ff.). 108 Vgl. Lechelt, in: Koch / Scheuing / Pache (Hrsg.), GK-BImSchG, Vor §§ 26 – 31a, Rn. 9 ff.; Koch / Laskowski, ZUR 1997, 182 (184 f.); Koch / Borchardt / Haag / Laskowski, Anlagenüberwachung im Umweltrecht, S. 262 f. 109 Vgl. Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), 137 (181). 110 Vgl. hierzu ausführlich § 2 II 2 a).

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zwischen Staat, Privaten, Verbänden und Drittbetroffenen. Die verschiedenen Eingriffskonstellationen in diesen multipolaren Rechtsverhältnissen sind hierbei im Lichte eines veränderten Eingriffsverständnisses im öffentlichen Recht zu sehen. Im Folgenden sollen deswegen exemplarisch einige Fragen des Grundrechtseingriffs bei kooperativen Absprachen erörtert werden. Seit dem Abschied vom klassischen Eingriffsbegriff wird ein weiter Eingriffsbegriff verwendet.111 Demnach ist Eingriff „jedes staatliche Handeln, das dem Einzelnen ein Verhalten, das in den Schutzbereich eines Grundrechts fällt, unmöglich macht oder wesentlich erschwert“.112 Einigkeit besteht, dass Grundrechtsschutz nicht nur gegenüber rechtlichen, sondern auch und gerade gegenüber faktischen Eingriffen gewährleistet ist. Was die Zurechnungskriterien anbelangt, herrscht bekanntlich auch heute ein diffuses Bild.113 So werden als Kriterien die „Unmittelbarkeit“, „Finalität“, „soziale Adäquanz“ oder „Intensität“ des Eingriffs vorgeschlagen. Allerdings sind sämtliche Kriterien angreifbar;114 dies mag auch ein Grund dafür sein, warum häufig eine auf den Einzelfall bezogene grundrechtliche Betrachtung vorgenommen wird. Die verfassungsrechtlichen Bindungen, denen der Staat bei hoheitlicher Aufgabenerledigung unterliegt, gelten auch dann, wenn die Aufgabenerfüllung außerhoheitlich, also durch Private, geschieht und an die Nichterfüllung belastende Konsequenzen geknüpft werden.115 Wird der Staat nicht imperativ, also durch Befehl und Zwang tätig, sondern steuert er das Verhalten des Adressaten mittelbar, indem er den Privaten unter Sanktionsandrohung zu einem bestimmten Verhalten animiert,116 dann stellt dies eine grundrechtsrelevante Einwirkung dar. In diesen Fallgestaltungen führt das Unmittelbarkeitskriterium, das für den klassischen Eingriffsbegriff kennzeichnend war, zum Teil aber auch für den modernen Eingriffsbegriff herangezogen wird, nicht weiter. Solange es sich um staatlich beeinflusste Wirkungszusammenhänge handelt, muss der Grundrechtsschutz auch im Falle einer zwischengeschalteten Entscheidung eines Dritten oder des Betroffenen selbst gewährleistet sein, wenn der faktische Druck auf diese erheblich und staatlicherseits veranlasst ist.117 Das BVerwG betont in diesem ZusammenÜberblick bei Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Vorb. vor Art. 1 Rn. 125 ff. Bethge, VVDStRL 57 (1998), 7 (40); etwas enger Pieroth / Schlink, Grundrechte, Rn. 240. 113 Zur daraus resultierenden Gefahr s. Di Fabio, Risikoentscheidungen im Rechtsstaat, S. 428. 114 Vgl. z. B. W. Roth, Faktische Eingriffe in Freiheit und Eigentum, S. 33 ff.; 48 ff. 115 Vgl. Leisner, in: Kloepfer (Hrsg.), Selbst-Beherrschung im technischen und ökologischen Bereich, S. 151 (153). 116 Darunter fallen beispielsweise Sanierungsabsprachen, die zur Abwendung von Untersagungsverfügungen getroffen werden, aber auch Selbstverpflichtungserklärungen; gegenüber dem Merkmal der „Mittelbarkeit“ noch skeptisch Schwabe, Probleme der Grundrechtsdogmatik, S. 180 f. 117 Eckhoff, Der Grundrechtseingriff, S. 209; A. Roth, Verwaltungshandeln mit Drittbetroffenheit und Gesetzesvorbehalt, S. 221 ff.; Finckh, Regulierte Selbstregulierung im Dualen System, S. 198 ff. 111 112

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hang, dass es für einen Grundrechtseingriff nicht erforderlich sei, dass die Belastung des Einzelnen unmittelbare Folge der staatlichen Maßnahme sei.118 In den Fällen, in denen der Staat sich Instrumenten indirekter Steuerung bedient, kann vielmehr das Kriterium der „Finalität“ zu tragfähigen Ergebnissen führen. Finalität ist zwar kein notwendiges Eingriffselement; dies zeigt die Rspr. des BVerfG zu Art. 12 Abs. 1 GG, wonach rechtliche Normierungen die Berufsfreiheit auch dann berühren, wenn sie nicht gezielt in diese eingreifen, sondern infolge ihrer tatsächlichen Auswirkung geeignet sind, diese zu beeinträchtigen. 119 Allerdings hat das BVerwG bei mittelbaren Einwirkungen durch schlichthoheitliches Handeln deren Folgen dem Hoheitsträger zugerechnet, wenn diese beabsichtigt, vorhergesehen und in Kauf genommen wurden. Die Zielrichtung wird als tragendes Kriterium für die Annahme eines Grundrechtseingriffes angesehen.120 Dieser Ansatz wird in der Literatur zwar kritisiert, da sich dem Grundgesetz kein Anhaltspunkt dafür entnehmen lasse, gerade die Finalität zum entscheidungsrelevanten Eingriffsmerkmal zu machen; zudem bauten die Grundrechtseinwirkungen in ihrer Existenz nicht auf bestimmten Willensgehalten auf.121 Dagegen lässt sich jedoch feststellen, dass der Staat, wenn er bewusst und zielgerichtet handelt und den Eingriff voraussieht, sich auch auf die Grundrechtsbindung einstellen kann; der Hoheitsträger ist dann nicht schutzwürdig.122 Wenn die öffentliche Gewalt also indirekt, aber zielorientiert den Privaten steuert und dadurch dessen Grundrechte beeinträchtigt, kann die Finalität als ein hinreichendes und sicheres Eingriffselement bejaht werden, ohne dass sie zu einem abschließenden Merkmal für jeden Grundrechtseingriff erhoben würde.123 Will demnach der Staat durch Kooperation mit dem Privaten auf diesen Einfluss ausüben, damit dieser seine umweltrelevante Tätigkeit den Vorstellungen der öffentlichen Gewalt anpasst, dann liegt in der motivierenden Tätigkeit des Staates zugleich ein Eingriff in die Grundrechte des Privaten vor.124 Steht in diesen BezieBVerwGE 71, 183 (191) – „Transparenzliste“. BVerfGE 47, 1 (21); 61, 291 (308). 120 BVerwGE 82, 76 (79) – „Transzendentale Meditation“; 90, 112 (119 f.) – „Osho-Bewegung“. 121 So Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 94; Sachs, in: Stern, Staatsrecht Bd. III / 2, S. 142, nach dem aber bei Einzelgrundrechten der Eingriff von den Motiven des handelnden Staatsorgans abhängig sein könne; Lübbe-Wolff, NJW 1987, 2705 (2710). 122 Di Fabio, Risikoentscheidungen im Rechtsstaat, S. 429. 123 Vgl. BVerwGE 75, 109 (115); A. Roth, Verwaltungshandeln mit Drittbetroffenheit und Gesetzesvorbehalt, S. 203 ff., 208 f.: Nicht ausgeschlossen seien Grundrechtseingriffe in Form von nicht-finalen Drittbeeinträchtigungen; Eckhoff, Der Grundrechtseingriff, S. 195 f.; Faber, Gesellschaftliche Selbstregulierungssysteme im Umweltrecht, S. 302 f.; Bleckmann / Eckhoff, DVBl. 1988, 373 (377); in Bezug auf regulative Absprachen vgl. Oebbecke, DVBl. 1986, 793 (799); v. Zezschwitz, JA 1978, 497 (503); Brohm, DÖV 1992, 1025 (1032). 124 Vgl. auch Oldiges, WiR 1973, 1 (22 f.). 118 119

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hungen das Ziel des hoheitlichen Partners, einen bestimmten umweltpolitischen Erfolg zu erreichen und deswegen eine Einschränkung der Rechtspositionen des Einzelnen zu bewirken, fest, dann kann der Grundrechtsschutz nicht von der Handlungsform der Maßnahme abhängig gemacht werden; auch schlichtes, informales oder kooperatives Staatshandeln ist in diesen Fällen eingriffsrelevant. Unter der Überschrift „Konsens“ und „Kooperation“ verbergen sich also Gefährdungssituationen für die Freiheitsausübung, die mit den Grundrechtsbeeinträchtigungen durch direkte staatliche Machtausübung vergleichbar sind. In den multipolaren Grundrechtsverhältnissen ist des Weiteren auch fraglich, ob privates Handeln einem Hoheitsträger zugerechnet werden kann.125 Zu denken ist dabei an die Fälle, in denen der Staat sich eines privaten Verbandes als Kooperationspartner bedient, der bestimmte Verhandlungsergebnisse durch Beeinflussung der Verbandsmitglieder umsetzen soll, oder in denen die Einhaltung der Absprache zu Grundrechtseinwirkungen bei an der Kooperation Unbeteiligten führt. Im ersten Fall ist der Verband selbst grundrechtsberechtigt (Art. 19 Abs. 3 GG), aber nicht grundrechtsverpflichtet. Er hat ein Interesse, dass die Verbandsmitglieder die von ihm mit der Exekutive ausgehandelte Vereinbarung einhalten und versucht daher in gewissem Maße, auf diese Druck auszuüben. Damit erfüllt der Verband kooperativ öffentliche Aufgaben, ohne dass sich dessen Stellung unter die herkömmlichen Beteiligungsformen Privater an der Verwaltungstätigkeit einordnen ließe.126 Zur Lösung dieses Grundrechtsproblems eignen sich hierbei die in der Literatur diskutierten Fälle der Verantwortlichkeit der öffentlichen Gewalt bei „kettenverursachtem Verhalten“, wenn also Grundrechte durch das Verhalten eines nicht-staatlichen Akteurs, welches die öffentliche Gewalt ihrerseits durch bestimmte Handlungen verursacht hat, beeinträchtigt werden.127 Da die Abwehrrechte nicht auf den Schutz der Adressaten staatlicher Maßnahmen beschränkt sein können, sondern auch die über eine „sequentielle Wirkungskette“ beeinträchtigten Grundrechtsträger schützen müssen, wird in diesen Konstellationen eine Zurechnung nicht ausgeschlossen werden können.128 Die Zurechnung wird dabei von der Rspr. bejaht, wenn das staatlich verfolgte Handlungsziel den Geschehensablauf unabhängig von der Länge der Wirkungskette zu einer einheitlichen grundrechtsbeeinträchtigenden Handlung zusammenfasst.129 Ein hoheitlicher Grundrechtsein125 Vgl. hierzu auch Michael, Rechtsetzende Gewalt im kooperierenden Verfassungsstaat, S. 388 ff., der aber zur Lösung dieses Problems die strafrechtlichen Zurechnungslehren teilweise rezipiert. 126 Vgl. zu diesem Gesichtspunkt Di Fabio, in: Kloepfer (Hrsg.), Selbst-Beherrschung im technischen und ökologischen Bereich, S. 119 (125): Der Verband wirke auf die einzelnen Mitglieder wie ein Gegenspieler, auf dessen Unterstützung man aber dennoch ungern verzichte. 127 Sachs, in: Stern, Staatsrecht Bd. III / 2, S. 186 ff.; vgl. auch Trute, DVBl. 1996, 950 (957 f.); Eckhoff, Der Grundrechtseingriff, S. 287 ff. 128 W. Roth, Faktische Eingriffe in Freiheit und Eigentum, S. 302. 129 BVerwGE 90, 112 (120) – „Osho-Bewegung“.

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griff ist also gegeben, wenn die grundrechtsbeeinträchtigende Wirkung durch gezielt veranlasstes staatliches – eben finales – Verhalten eintritt,130 auch wenn ein Dritter diese Wirkung vermittelt. In den Kooperationsverhältnissen muss entsprechend diesen Überlegungen auch das verbandliche Handeln dem Staat zugerechnet werden, wenn dieser mit dem Verband eine grundrechtsrelevante Absprache eingeht und der Verband, um seine Zusagen gegenüber dem staatlichen Verhandlungspartner einzuhalten, auf die einzelnen Mitglieder einwirkt. Der Verband fungiert in diesem Verhältnis lediglich als Mittler. Im zweiten Fall ist der Dritte, der an der Absprache nicht beteiligt ist, z. B. Vertragspartner des privaten Kooperationspartners.131 In dieser Konstellation ist fraglich, ob das Verhalten dieses Kooperationsbeteiligten, das zu Grundrechtsbeeinträchtigungen beim Dritten führt, als staatlicher Grundrechtseingriff zu werten ist. Hat der Staat die Grundrechtseinwirkung bewusst veranlasst, war es also Ziel staatlicher Steuerung, dass der private Partner durch Einhaltung der Absprache die Rechtspositionen des Dritten beeinträchtigt, dann ist eine Zurechnung gerechtfertigt. In einem solchen Fall ist die Absprache ein „Transmissionsriemen“, mit dessen Hilfe die staatliche Einwirkung sich auf den eigentlich gemeinten Dritten überträgt.132 Kommt es dem Staat aber primär nur darauf an, dass der Absprachepartner seine Zusage einhält, z. B. einen bestimmten umweltschädlichen Stoff bei der Produktion nicht verwendet, ohne aber auf das Verhalten des Absprachepartners gegenüber dem Dritten unmittelbar Einfluss nehmen zu wollen, wird die Finalität des staatlichen Handelns fraglich. Die Problematik liegt darin, dass von der vorrangig bezweckten staatlichen Maßnahme weitere Grundrechtsträger betroffen sein können und dass der Betroffenenkreis daher diffus werden kann. Um dies zu verhindern, wird man Einschränkungen vornehmen müssen. Eine Zurechnung wird nur dann bejaht werden können, wenn der Staat bestimmte faktische Bedingungen setzt, die ein bestimmtes Verhalten des Privaten zur notwendigen Folge haben.133 Dies liegt etwa vor, wenn der Kooperationspartner sich zu einem entsprechenden Verhalten, z. B. zur Aufkündigung des Vertragsverhältnisses, als Reaktion auf das staatliche Handeln veranlasst fühlen durfte.134 Zudem muss sich die Beeinträchtigung einzelner, individualisierbarer Grundrechtsträger durch die Steuerungsmaßnahme ermitteln lassen. Das ist z. B. dann zu bejahen, wenn der KooperationspartVgl. Sachs, in: Stern, Staatsrecht Bd. III / 2, S. 192 ff. Vgl. das Beispiel bei Bohne, VerwArch 75 (1984), 343 (367); s. auch Dempfle, Normvertretende Absprachen, S. 112 ff.; Helberg, Normabwendende Selbstverpflichtungen als Instrumente des Umweltrechts, S. 204 ff. 132 Oldiges, WiR 1973, 1 (28 f.); Sachs, in: Stern, Staatsrecht Bd. III / 2, S. 195. 133 Bleckmann / Eckhoff, DVBl. 1988, 373 (378). 134 A. Roth, Verwaltungshandeln mit Drittbetroffenheit und Gesetzesvorbehalt, S. 226 mit Verweis auf BGHZ 63, 189 (192 f.); vgl. auch Trute, DVBl. 1996, 950 (958): „Eine Zurechnung dürfte jedenfalls dann gerechtfertigt sein, wenn es der Staatsgewalt gelingt, trotz fortbestehender Entscheidungsfreiheit Privater deren Verhalten zum Nachteil grundrechtlich geschützter Interessen zu steuern.“ 130 131

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ner mit einem abgrenzbaren und bestimmbaren Kreis von Unternehmen eine vertragliche Beziehung eingegangen ist und das Vertragsverhältnis mit diesen infolge der Selbstbeschränkung beendet wird. Schließlich müssen nachteilige Auswirkungen, z. B. in Form von deutlichen Umsatzrückgängen, beim Vertragspartner zu verzeichnen sein. Dies kann beispielsweise fehlen, wenn sich die Vertragspartner auf die Lieferung eines Ersatzproduktes einigen und dadurch das Vertragsverhältnis ohne wesentliche Änderungen fortsetzen können.135 Die Drittbeeinträchtigung in Kooperationsverhältnissen bedarf also in diesen Fällen einer gesonderten Prüfung und der Berücksichtigung unterschiedlicher Elemente. Das Finalitätskriterium muss ergänzt werden, um die Zurechnung von Steuerungsfolgewirkungen nicht ausufern zu lassen.

3. Grundrechtsverzicht Die Kooperation des Staates mit dem Privaten bedeutet für Letzteren einerseits immer ein Stück Grundrechtsausübung und insoweit auch „Grundrechtsverbrauch“.136 Andererseits bedeutet Kooperation in diesen Fällen zugleich auch Preisgabe eigener verfassungsrechtlicher Rechtspositionen. Auf grundrechtlicher Ebene kann dies zu einem Grundrechtsverzicht führen. Entscheidend ist demnach die Frage, ob diese Preisgabe ohne weitere Vorbehalte zulässig und dem privaten Kooperationsakteur überlassen ist oder ob die Verfassung für den Verzicht Prämissen aufstellt bzw. diesen in bestimmten Fällen sogar verbietet. Insbesondere bei den Selbstbeschränkungsabkommen hat sich ein Streit um diesen Problemkreis entfacht.137 Während nämlich früher der Grundrechtsverzicht zum Teil generell für unzulässig erachtet wurde, weil die Grundrechte objektive Grundsatznormen seien und Rechtsgüter der Allgemeinheit verkörperten, über die der einzelne Grundrechtsträger nicht disponieren könne,138 ist heute eine differenzierte Betrachtungsweise an135 Vgl. zu diesen Elementen A. Roth, Verwaltungshandeln mit Drittbetroffenheit und Gesetzesvorbehalt, S. 215 f., 230 f.; Ossenbühl, UTR Bd. 3 (1987), S. 27 (32 ff.). 136 Zacher, VVDStRL 25 (1967), 308 (344), der neben dem Eingriff die Kooperation als eine zusätzliche Möglichkeit staatlichen Handelns ansieht. 137 Dempfle, Normvertretende Absprachen, S. 105 ff.; Helberg, Normabwendende Selbstverpflichtungen als Instrumente des Umweltrechts, S. 192 ff.; Faber, Gesellschaftliche Selbstregulierungssysteme im Umweltrecht, S. 305 ff.; Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 98 ff.; Grüter, Umweltrecht und Kooperationsprinzip in der Bundesrepublik Deutschland, S. 98 f.; Fluck / Schmitt, VerwArch 89 (1998), 220 (237); Brohm, DÖV 1992, 1025 (1032 f.); Kloepfer, JZ 1991, 737 (743); Baudenbacher, JZ 1988, 689 (697); Oebbecke, DVBl. 1986, 793 (799); v. Zezschwitz, JA 1978, 497 (501). 138 Vgl. z. B. Sturm, in: FS Geiger, S. 173 (187 ff.); Burmeister, VVDStRL 52 (1993), 190 (212 f.) verneint im Zusammenhang mit öffentlich-rechtlichen Verträgen die Geltung des Grundsatzes „volenti non fit iniuria“, da sonst die Bindung des Verwaltungshandelns an die Gesetz- und Verhältnismäßigkeit aufgelöst würde; nicht so weit gehend: Spannowsky, Gren-

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gezeigt.139 Dies macht ein Blick auf einige Grundrechte klar, die Willenselemente enthalten. Art. 16 Abs. 1 S. 2 GG stellt etwa klar, dass der Verlust der deutschen Staatsbürgerschaft mit dem Willen des Grundrechtsträgers möglich ist. Art. 6 Abs. 3 GG macht die Trennung des Kindes von der Familie dann von engen Voraussetzungen abhängig, wenn sie gegen den Willen der Erziehungsberechtigten erfolgt. Art. 9 Abs. 3 GG erklärt hingegen den Willen, auf das Koalitionsgrundrecht zu verzichten, für unbeachtlich. Diese Beispiele verdeutlichen bereits, dass die Verfassung den Willen des Grundrechtsträgers durchaus berücksichtigt und daraus normative Konsequenzen zieht. Ein pauschales Verbot, auf Grundrechtspositionen zu verzichten, erscheint deshalb nicht sachgerecht und würdigt nicht die Funktion der Grundrechte, dem Grundrechtsträger individuelle Autonomie zu gewährleisten. Wo sich deshalb aus dem Verfassungstext keine Anhaltspunkte für die Beantwortung der Frage des Verzichts ergeben, wird folgende Leitlinie vernünftig sein: Die Grundrechte haben nach der liberalen Grundrechtstheorie einen status negativus und sind primär als Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat konzipiert. Die in Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Freiheit der Selbstentfaltung und Selbstbestimmung ermächtigt prinzipiell den Einzelnen, über sein Grundrecht disponieren zu können. Doch ist dies nicht bei jedem Grundrecht in gleicher Weise möglich. Es gibt Grundrechte, die personenbezogene Rechtsgüter schützen, insbesondere die sogenannten „vertragsnahen Grundrechte“ der Art. 12 und 14 GG, bei denen die Grundrechtsverwirklichung einerseits und die Verfügung über grundrechtsgeschützte Positionen andererseits weitgehend zusammenfällt; der Verzicht ist in diesen Fällen von Verfassungs wegen nicht ausgeschlossen. Demgegenüber gibt es „vertragsferne Grundrechte“, die dem Schutz institutioneller öffentlicher Interessen dienen und über die der Einzelne nicht beliebig disponieren kann. Beispielsweise kann der Einzelne auf die vorgeschriebenen Modalitäten der Wahlrechtsausübung (Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG), insbesondere auf das Wahlgeheimnis nicht verzichten.140 Doch auch bei den disponiblen Grundrechten gibt es – wenn auch weitgezogene – Grenzen für den Grundrechtsverzicht. So ist ein Verzicht unwirksam, wenn dadurch der Kerngehalt der Menschenwürde des Art. 1 Abs. 1 GG verletzt oder der Wesensgehalt (Art. 19 Abs. 2 GG) des betroffenen Grundrechts angetastet werden würde.141 Da die umweltrechtlichen Selbstverpflichtungserklärungen vor allem die Berufsausübungsfreiheit und die Wettbewerbsfreiheit der betroffenen Unternehmen tangieren,142 verlagert sich die Diskussion über die grundsätzliche Zulässigkeit des zen des Verwaltungshandelns durch Verträge und Absprachen, S. 414: Die Verwaltung sei aber an die Grundsätze des fairen und gerechten Verfahrens gebunden. 139 Vgl. insbesondere Stern, Staatsrecht Bd. III / 2, S. 887 ff., 906 ff.; Pieroth / Schlink, Grundrechte, Rn. 131 ff.; Schwabe, Probleme der Grundrechtsdogmatik, S. 92 ff.; Merten, in: FS Schmitt Glaeser, S. 53 (57 ff.); Robbers, JuS 1985, 925 (926 f.); Pietzcker, Der Staat 17 (1978), 527 (542 ff.); Sachs, VerwArch 76 (1985), 398 (418 ff.). 140 OVG Lüneburg DÖV 1964, 355 f. 141 Stern, Staatsrecht Bd. III / 2, S. 922 ff.; Robbers, JuS 1985, 925 (929).

VI. Kooperationsprinzip und Grundrechte

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Grundrechtsverzichts auf die Fragestellung, ob ein wirksamer, insbesondere freiwilliger Grundrechtsverzicht vorliegt. Nur die autonome, durch äußere Einwirkungen unbeeinträchtigte Entscheidung des privaten Akteurs zeitigt nämlich einen wirksamen Verzicht. Dies wird bei kooperativen Absprachen in der Literatur oft verneint, da der Unternehmer lediglich zur Abwendung einer hoheitlichen Regelung tätig werde. Der faktische und ökonomische Druck, der vom Staat ausgehe, aber auch der psychologische Zwang durch die öffentliche Meinung und die Medien ließen die Freiwilligkeit derartiger Absprachehandlungen äußerst zweifelhaft erscheinen.143 Auch die inhaltlichen Mitwirkungsmöglichkeiten des Absprachepartners kompensierten nicht den durch die Drohung hervorgerufenen Zwang.144 Hoheitlicher Druck ist zwar oft das Vehikel für das Zustandekommen derartiger Kooperationsabkommen. Doch es darf nicht übersehen werden, dass die Industrieverbände über ein nicht zu unterschätzendes Gewicht in diesen informalen Beziehungen verfügen.145 Vor allem die Lobbyarbeit hinter den Kulissen ist ein wesentliches Moment, das die Verhandlungen beeinflusst. Die Verbände können etwa mit sinkenden Investitionen und dem Abbau von Arbeitsplätzen drohen und dadurch den Staat in manchen Fällen dazu bewegen können, sein Vorhaben insgesamt zu überdenken. Ferner zeigen empirische Untersuchungen, dass für die Bereitschaft der Wirtschaft zur Kooperation nicht ein einziges Motiv ausschlaggebend ist, sondern ein Motivbündel. So spielt neben dem Motiv, die hoheitliche Rechtsetzung zu vermeiden, sehr oft der öffentliche good will, also das positive Erscheinungsbild des Wirtschaftssektors eine Rolle. In manch anderen Fällen hätte es der staatlichen Induktion gar nicht bedurft, da die Verbände von sich aus tätig wurden. Zudem ist bisweilen die Regulierungsandrohung nicht besonders glaubhaft, weil die Durchsetzbarkeit eines Gesetz- oder Verordnungsentwurfs innerhalb der politischen Gremien zweifelhaft ist oder weil in naher Zukunft ohnehin harmonisierende Richtlinien auf EU-Ebene eingeführt werden.146 Deshalb verbieten sich pauschale Beurteilungen. Vielmehr muss für die Frage des Grundrechtsverzichts gesondert und im 142 Vgl. auch Oebbecke, DVBl. 1986, 793 (799); Dempfle, Normvertretende Absprachen, S. 110. 143 Vgl. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 102 f.; Rengeling, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 87; Grüter, Umweltrecht und Kooperationsprinzip in der Bundesrepublik Deutschland, S. 98 f.; Fluck / Schmitt, VerwArch 89 (1998), 220 (237); Brohm, DÖV 1992, 1025 (1032 f.); Murswiek, JZ 1988, 985 (988); v. Zezschwitz, JA 1978, 497 (501). 144 Helberg, Normabwendende Selbstverpflichtungen als Instrumente des Umweltrechts, S. 194; Michael, Rechtsetzende Gewalt im kooperierenden Verfassungsstaat, S. 330; vgl. ferner ders., ebd., S. 331: Durch die Teilhabe der Privaten an den Entscheidungen rechtsetzender Gewalt werde der Staat weder aus seiner Gemeinwohlverantwortung noch aus seiner Grundrechtsbindung befreit. 145 Vgl. auch Trute, DVBl. 1996, 950 (958); SRU, Umweltgutachten 1998, BT-Drucks. 13 / 10195, Tz. 305: Die Selbstverpflichtung beruhe regelmäßig auf einer Abwägung von Vor- und Nachteilen im Vergleich zu einer möglichen staatlichen Regelung. 146 Vgl. hierzu Knebel / Wicke / Michael, Selbstverpflichtungen und normersetzende Umweltverträge als Instrumente des Umweltschutzes, S. 61 ff.

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Einzelfall geprüft werden, ob für die Absprache tatsächlich der Nötigungsdruck maßgeblich war und deswegen die Freiwilligkeit abzulehnen ist oder ob andere Motive dominierend waren.147 Ist nach dieser Prüfung ersteres zu bejahen, dann bedarf es einer den Eingriff legitimierenden Rechtsgrundlage.148

4. Grundrechtliche Schutzpflichten und hoheitliche Gewährleistungsverantwortung In der Staatsrechtslehre gilt es mittlerweile als gesicherte Erkenntnis, dass die Grundrechte neben ihrer subjektiv-rechtlichen Dimension als Abwehrrechte des Bürgers gegen die öffentliche Gewalt einen objektiv-rechtlichen Gehalt aufweisen, der den Staat zum Schutz der Grundrechte des Bürgers verpflichtet. Die besondere Schutzpflicht wurde durch das BVerfG erstmalig für das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG begründet. Der Staat ist nach der Rspr. des Gerichts nicht nur gehindert, unmittelbare Eingriffe in das Leben des Einzelnen vorzunehmen, sondern ist verpflichtet, „sich schützend und fördernd vor dieses Leben zu stellen.“149 Dieses Pflichtgebot hat sich darüber hinaus zu einem allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundsatz entwickelt, der weitere grundrechtliche Schutzgüter, wie Freiheit, Familie und Eigentum umfasst. Der Schutzauftrag gilt dabei für alle Bereiche der Rechtsordnung, betrifft also den Schutz der Rechtsgüter durch Normen des Zivil-, Verwaltungs-, aber auch des Strafrechts.150 Die staatstheoretische Begründung für das Schutzgebot ist die Staatsaufgabe „Sicherheit“. Der Staat gewinnt seine innere Souveränität aufgrund seines Gewaltmonopols, mit dem er seine Entscheidungen notfalls gegen den Willen des Einzelnen durchsetzen kann. Dieses Gewaltmonopol konstituiert den Staat als Friedenseinheit. Dem Bürger obliegt darin eine Friedenspflicht; er muss auf private Gewaltanwendung und Selbstjustiz zur Rechtsdurchsetzung verzichten und das hoheitliche Gewaltmonopol respektieren. Damit korrespondiert aber die Verpflichtung der öffentlichen Gewalt, ihre Hoheitsrechte im Dienste des Gemeinwohls einzusetzen, dem Bürger Rechtsschutz zu gewähren und die innere Sicherheit in der Gesellschaft zu garantieren. Der Staat hat hierbei insbesondere für die Unversehrtheit der Individualrechtsgüter im Verhältnis der Bürger untereinander zu sorgen, mithin den Einzelnen vor Rechtseingriffen durch Private schützen.151 147 Dempfle, Normvertretende Absprachen, S. 107 f. und Faber, Gesellschaftliche Selbstregulierungssysteme im Umweltrecht, S. 309 f. sehen deswegen die fehlende Entscheidungsalternative des Privaten als Indiz für die Unfreiwilligkeit an. 148 Hierzu § 8 V 2. 149 BVerfGE 39, 1 (42) – „Schwangerschaftsabbruch I“. 150 Stern, Staatsrecht Bd. III / 1, S. 944; Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 410. 151 Vgl. Isensee, in: ders. / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. V, § 111 Rn. 83 ff.; ders., in: FS Sendler, S. 39 (46 ff.); Dietlein, Die Lehre von den grundrechtlichen Schutzpflichten, S. 21 ff.;

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Die grundgesetzliche Schutzpflicht im Bereich des Umweltschutzes152 bezieht sich primär auf die Rechtsgüter des Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG, ist aber auf diese nicht beschränkt. Den Hoheitsträger kann beispielsweise auch eine Schutzpflicht für das durch Immissionen beeinträchtigte Eigentum des Einzelnen treffen. Der Schutzauftrag wird aktualisiert, wenn die Rechtsgüter eines Privaten durch das Verhalten eines anderen Privaten rechtswidrig beeinträchtigt werden. Da der Zweck des Schutzgebots die Verhinderung von Rechtsverletzungen ist, muss der Staat präventiv tätig werden, jedenfalls dann, wenn die Gefahr einer solchen Verletzung droht.153 Allerdings reicht die Schutzpflicht weiter und umfasst ebenso die Risikovorsorge, also zeitlich oder räumlich entferntere Gefahren und Fälle geringerer Eintrittswahrscheinlichkeit.154 Bei der Erfüllung seiner Pflichten hat der Staat einen weiten Einschätzungs-, Wertungs- und Beurteilungsspielraum, innerhalb dessen er konkurrierende öffentliche und private Interessen berücksichtigen kann.155 Gestaltet der Gesetzgeber die rechtlichen Regelungen aus, hat er die Art, die Nähe und das Ausmaß möglicher Gefahren, die Art und den Rang des geschützten Rechtsguts sowie schon vorhandene Regelungen in die Bewertung einzubeziehen.156 Welche Maßnahmen indessen im Einzelfall geboten sind, hält das BVerfG nur für begrenzt justitiabel. Eine Verletzung der Schutzpflicht stellt das Gericht nur fest, wenn der Staat Schutzvorkehrungen überhaupt nicht getroffen hat oder die getroffenen Maßnahmen gänzlich ungeeignet oder unzulänglich sind, das Schutzziel zu erreichen.157 In den Kooperationsverhältnissen wird die staatliche Schutzpflicht insofern bedeutsam, als diese selten ein lediglich bipolares Staat-Bürger-Verhältnis darstellen. Die Konstellationen, in denen sich die Frage der Schutzpflicht stellt, sind zu den Entwicklungsstufen der Sicherheit als Staatsaufgabe vgl. auch Papier, UTR Bd. 26 (1994), S. 105 (106). 152 Vgl. hierzu auch Murswiek, Die staatliche Verantwortung für die Risiken der Technik, S. 127 ff.; ders., in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 2 Rn. 198 ff.; Hoppe / Beckmann / Kauch, Umweltrecht, § 4 Rn. 72 ff.; Steinberg, NJW 1996, 1985 (1987 ff.); Ritter, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht als Steuerungsressource, S. 207 (227 f.); Bohne, in: Kimminich / v. Lersner / Storm (Hrsg.), HdUR Bd. 1, Sp. 1046 (1067 f.). 153 Vgl. BVerfGE 49, 89 (141) – „Kalkar“, wonach Regelungen, die zu nicht unerheblichen Grundrechtsgefährdungen führen, verfassungswidrig sein können. 154 Kloepfer, Umweltrecht, § 3 Rn. 48, § 4 Rn. 18; zur Unterscheidung zwischen Gefahrabwehr und Risikovorsorge vgl. auch Hoppe / Beckmann / Kauch, Umweltrecht, § 4 Rn. 82 ff.; die Schutzpflicht erfasst hingegen nicht die Fälle des sog. Restrisikos, vgl. hierzu Hermes, Das Grundrecht auf Schutz von Leben und Gesundheit, S. 236 ff. 155 BVerfGE 77, 170 (214 f.) – „C-Waffen“; zum Inhalt der Schutzpflicht vgl. auch Klein, NJW 1989, 1633 (1637 ff.); Hoppe / Beckmann / Kauch, Umweltrecht, § 4 Rn. 75 ff. 156 BVerfGE 49, 89 (142) – „Kalkar“; vgl. auch BVerfGE 53, 30 (57) – „Mülheim-Kärlich“: Angesichts der Art und Schwere möglicher Gefahren bei der friedlichen Nutzung der Kernenergie genüge bereits eine entfernte Wahrscheinlichkeit ihres Eintritts, um die Schutzpflicht auszulösen. 157 BVerfGE 77, 170 (215) – „C-Waffen“; 79, 174 (202) – „Verkehrslärm“; BVerfG NJW 1998, 2961 (2962) – „Nichtraucherschutz durch den Gesetzgeber“.

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§ 10 Verfassungsrechtliche Verankerung des Kooperationsprinzips

durch ein Dreiecksverhältnis zwischen Staat, grundrechtsgeschütztem Privaten und rechtsbeeinträchtigendem Privaten gekennzeichnet.158 Der Gesetzgeber, der primär zur Beachtung des Schutzgebots aufgefordert ist und den Schutz normativ auszugestalten hat, hat nämlich darauf zu achten, dass bei der Begründung von Eigenverantwortung und der Einbeziehung von Privaten in Verwaltungsaufgaben der „verfassungsgebotene Mindeststandard an Grundrechtssicherheit“ 159 gewährleistet wird. Soweit etwa die Anlagenüberwachung teilprivatisiert wird,160 muss der Gesetzgeber durch flankierende hoheitliche Kontrollen und Maßnahmen sicherstellen, dass Schädigungen für die Gesundheit und das Leben von Dritten, also von Nachbarn oder Anwohnern, soweit wie möglich ausgeschlossen werden. Da verfassungsrechtlicher Maßstab für die Erfüllung der Pflichten des Gesetzgebers die Effektivität der Aufgabenerfüllung ist, müssen die staatlichen Vorkehrungen in ihrer Gesamtheit geeignet sein, einen wirksamen Schutz zu gewährleisten.161 Der Staat kann also dem Privaten Umweltschutzaufgaben übertragen, die Kontrollen, die von Amts wegen vorzunehmen sind, müssen aber um so stringenter ausfallen, je größer die Gefahren und je gewichtiger die durch die umweltrelevante Tätigkeit betroffenen Rechtsgüter sind. Diese die private Anlagenüberwachung betreffenden Überlegungen gelten auch für den Einsatz von Betriebsbeauftragten für den Umweltschutz, die keine hoheitlichen Befugnisse ausüben und deswegen begleitende administrative Aufsichtsmaßnahmen zum Zwecke effizienter Gefahrenvorsorge nicht ersetzen können. Schließlich kann auch das europäische System für das Umweltmanagement (EMAS) als betriebsinternes Kontrollsystem zwar zu Erleichterungen in Bezug auf die behördliche Überwachung führen,162 diese aber im Hinblick auf das staatliche Schutzgebot nicht obsolet machen.163 Da Adressat des Schutzauftrags alle Staatsgewalten sind, muss ferner auch die Exekutive beim Normvollzug die grundrechtlichen Schutzpflichten beachten. Der Schutz wird nicht durch die abstrakte Existenz eines Gesetzes gewährleistet, sondern erst durch dessen wirksamen Vollzug. Die Exekutive hat also einen Schutzauftrag in Form eines Vollzugsauftrags.164 Mit dieser Form des Schutzauftrags kor158 Stern, Staatsrecht Bd. III / 1, S. 945 f.; vgl. auch Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (172 ff.). 159 Isensee, in: ders. / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. V, § 111 Rn. 165. 160 Vgl. hierzu § 5 II 2. 161 Koch / Laskowski, ZUR 1997, 182 (186); Koch / Borchardt / Haag / Laskowski, Anlagenüberwachung im Umweltrecht, S. 258 ff.; Hermes, Das Grundrecht auf Schutz von Leben und Gesundheit, S. 261. 162 Vgl. § 58e S. 4 Nr. 5 BImSchG. 163 Zu eng die Sichtweise von Murswiek, JZ 1988, 985 (987), der Freiwilligkeitsmodelle lediglich dann als Alternativen zu umweltrechtlichen Verhaltensvorschriften ansieht, wenn die grundrechtlichen Schutzgüter nicht unmittelbar oder nur geringfügig tangiert seien; die neueren Regulierungskonzepte gehen hingegen nicht von einer vollständigen Ersetzung des ordnungsrechtlichen Systems durch das Freiwilligkeitsmodell, sondern von einer Ergänzung der ordnungsrechtlichen Instrumente durch freiwillige Maßnahmen aus.

VI. Kooperationsprinzip und Grundrechte

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reliert die Figur der hoheitlichen Gewährleistungsverantwortung.165 Soweit der Hoheitsträger im Rahmen des Normvollzugs kooperiert, muss er sicherstellen, dass neben den Gemeinwohlinteressen die Rechtsgüter der an der Kooperation Nichtbeteiligten ausreichend Berücksichtigung finden.166 Wenn z. B. bei den Vorbereitungsabsprachen Drittbetroffene an den Verhandlungen nicht beteiligt werden, muss die Verwaltung bereits in diesem Stadium darauf achten, dass das Vorhaben nicht zu Grundrechtsbeeinträchtigungen für die betroffenen Anwohner führt. Weiterhin ist die Verwaltung im Rahmen von Sanierungsabsprachen gehalten, in besonderer Weise auf die Rechtsgüter der Nachbarn Rücksicht zu nehmen und eine zuverlässige Verminderung der Emissionen sicherzustellen. Im Bereich der Gefahrenabwehr hat sie nämlich aufgrund der Schutzpflicht jedenfalls dann auf eine Sanierungsabsprache zu verzichten, wenn unmittelbare irreversible Schäden für hochrangige Rechtsgüter drohen.167 Letztlich hat der Staat auch bei den regulativen Absprachen, also im Rahmen der Normsubstitution, eine Kontrollverantwortung in Form einer Beobachtungspflicht. Die Kontrolle kann beispielsweise durch eine fortlaufende Berichterstattung des privaten Kooperationspartners erfolgen, der darlegt, welche Fortschritte bei der Umsetzung der Selbstverpflichtungen zu verzeichnen sind. Die Exekutive kann dann bei Feststellung von Defiziten oder bei Verfehlung der Ziele durch ordnungsrechtliche Maßnahmen gegensteuern. Derartige Vorkehrungen sehen auch die §§ 35 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3, Abs. 4 S. 2, 34 Abs. 2 UGB-KomE vor.168

164 Isensee, in: ders. / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. V, § 111 Rn. 167; Dietlein, Die Lehre von den grundrechtlichen Schutzpflichten, S. 71 f. 165 Hierzu z. B. Hoffmann-Riem, in: ders. / Schneider (Hrsg.), Verfahrensprivatisierung im Umweltrecht, S. 9 (24 ff., 28 ff.), der neben der Gewährleistungsverantwortung die Auffangverantwortung als staatliche Verantwortungskategorie ansieht; ders., in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht als Steuerungsressource, 355 (364 ff.); Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, S. 7 (29 f.); Ritter, in: SchmidtAßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht als Steuerungsressource, S. 207 (232); zur Kontrollverantwortung vgl. § 3 II 3 c). 166 Vgl. zu diesem Aspekt auch Kunig / Rublack, Jura 1990, 1 (9 f.). 167 Vgl. SRU, Umweltgutachten 1998, BT-Drucks. 13 / 10195, Tz. 304; Bohne, in: Kimminich / v. Lersner / Storm (Hrsg.), HdUR Bd. 1, Sp. 1046 (1067 f.); a. A. Rengeling, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 199: Auch eine Absprache könne einen Zustand herbeiführen, der die Gefahr aus dem Weg räume. 168 Vgl. ausführlich Knebel / Wicke / Michael, Selbstverpflichtungen und normersetzende Umweltverträge als Instrumente des Umweltschutzes, S. 87 ff.

§ 11 Das Kooperationsprinzip im europäischen Umweltrecht I. Der kooperierende Verfassungsstaat im europäischen Verfassungsverbund 1. Europäischer Kooperationsprozess und die Idee offener Staatlichkeit Der fortschreitende europäische Einigungsprozess hat nicht nur zu einer Verschränkung resp. Verklammerung europäischen und nationalen Rechts geführt, sondern stetig intensiver werdende Kooperationsformen zwischen den Mitgliedstaaten generiert. Diese Entwicklung wird durch den zunehmenden Verzicht der Nationalstaaten auf die ausschließliche Ausübung ihrer Souveränitätsrechte sowie durch die gemeinsame Wahrnehmung dieser Rechte auf europäischer Ebene begleitet. Parallel hierzu haben sich die mitgliedstaatlichen Verfassungsordnungen seit längerem von der Idee des geschlossenen Nationalstaates verabschiedet und sich für die supranationale Einbindung entschieden.1 Der Kooperations- und Integrationsprozess bedingt, dass die wesentlichen Parameter, die in der klassischen Staatslehre condicio sine qua non für den neuzeitlichen Staat waren, nach und nach erodieren. So verlieren mit der Arbeitnehmerfreizügigkeit und dem schrittweisen Abbau der Grenzkontrollen zwischen den meisten Mitgliedstaaten die Staatsgrenzen an Bedeutung bzw. haben lediglich die Funktion der Sicherung der Außengrenzen der EU.2 Aber auch die Unionsbürgerschaft versinnbildlicht, obwohl sie weiterhin an die Staatsangehörigkeit in den Mitgliedstaaten anknüpft,3 das rechtliche Band zwischen der Union und den Bürgern Europas, dient als Legitimationsquelle des Einigungsprozesses und fördert die gemeinsame europäische Identität.4 1 Vgl. hierzu z. B. die Landesberichte in Schwarze (Hrsg.), Die Entstehung einer europäischen Verfassungsordnung; zusammenfassend ders., ebd., S. 463 ff.; von der Idee des kooperativen westlichen Verfassungsstaates und seiner Eingliederung in die internationale Völkerrechtsgemeinschaft hat bereits frühzeitig Häberle gesprochen, vgl. ders., in: Verfassung als öffentlicher Prozeß, S. 407 ff. 2 Vgl. hierzu Thürer, VVDStRL 50 (1991), 97 (122) ff.; Hobe, Der Staat 37 (1998), 521 (538 ff.); Pernice, in: Bauer u. a. (Hrsg.), Ius Publicum im Umbruch, S. 25 ff.; Di Fabio, Der Verfassungsstaat in der Weltgesellschaft, S. 51 ff. 3 Art. 17 Abs. 1 S. 2 EG (Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft i.d.F. des Vertrags vom Amsterdam vom 2. Oktober 1997 (BGBl. II S. 386, ber. BGBl. 1999 II S. 416), zuletzt geändert durch die EU-Beitrittsakte 2003 vom 16. 4. 2003 (ABl. 2003, Nr. L 236, S. 33)).

I. Der kooperierende Verfassungsstaat

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Der genannte Kooperationsprozess ist darüber hinaus ein Konzept zur gegenseitigen Annäherung der nationalen Politiken und Rechtsordnungen auf den „neuen“ Politikfeldern der EU. Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) z. B. ist auf intergouvernementale Zusammenarbeit angelegt;5 dies zeigen die diversen Handlungsinstrumentarien in den Art. 13 ff. EU6, namentlich die „gemeinsamen Strategien“, „gemeinsamen Aktionen“ und „gemeinsamen Standpunkte“ der Mitgliedstaaten als Akteure der GASP. Daneben ist auch die dritte Säule der EU (die polizeiliche und justitielle Zusammenarbeit in Strafsachen (PJZS)) auf einem abgestimmten Vorgehen der Mitgliedstaaten aufgebaut. Dies wird in der Einrichtung der europäischen Polizeibehörde Europol sowie in der Verpflichtung der Mitgliedstaaten, auf eine engere Zusammenarbeit ihrer Polizei-, Zoll- und Justizbehörden hinzuwirken, deutlich.7 Das Grundgesetz der Bundesrepublik hat sich seit geraumer Zeit strukturell für das europäische Kooperationskonzept entschieden. Der Verfassung liegt nämlich das Gebot der internationalen Zusammenarbeit sowie die Idee der offenen Staatlichkeit zugrunde. Dies wird bereits in ihrer Präambel sichtbar, wonach das deutsche Volk als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt dienen wolle. Die besondere Bereitschaft der Bundesrepublik zur supranationalen Öffnung wurde vor der Neufassung des Europaartikels (Art. 23 GG) durch Art. 24 GG manifestiert, der dem Bund – unter Einräumung eines weiten Ermessens – die Übertragung von Hoheitsrechten auf zwischenstaatliche Einrichtungen, insbesondere auf die EG, ermöglichte. Daraus ist teils ein „verfassungsrechtliches Mandat“ bzw. eine Direktive zur internationalen Kooperation hergeleitet,8 teils ist das Gebot der internationalen Zusammenarbeit als „Verfassungs-“9 bzw. „Staatsziel“10 bewertet worden.11 Jenseits dieser unterschiedlichen dogmatischen Klassifizierungen hat die „Verfassungsentscheidung“12 des Grundgesetzes für die inter4 Vgl. KOM (2001) 506 endg. vom 07. 09. 2001, S. 9; Magiera, in: Streinz (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 17 Rn. 18. 5 Vgl. hierzu Stein, EuR 1995, Beiheft 2, 69 ff.; Herdegen, Europarecht, Rn. 460 ff.; Huber, Recht der Europäischen Integration, § 18 Rn. 1 ff.; zur bereits 1970 etablierten EPZ (Europäische Politische Zusammenarbeit), die auf zwischenstaatlicher Kooperation in außenpolitischen Fragen basierte, vgl. auch Krück, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 11 – 28 Rn. 2. 6 Vertrag über die Europäische Union vom 7. Februar 1992 (BGBl. II S. 1253), zuletzt geändert durch die EU-Beitrittsakte vom 16. 4. 2003 (ABl. 2003, Nr. L 236, S. 33). 7 Vgl. Art. 29 Abs. 2 EU. 8 Stern, Staatsrecht Bd. I, S. 520. 9 Tomuschat, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. VII, § 172 Rn. 37. 10 Mosler, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. VII, § 175 Rn. 8. 11 Vgl. auch Rojahn, in: v. Münch / Kunig, GG-Kommentar, Art. 24 Rn. 1, 8; Randelzhofer, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 24 Rn. 17 ff.; Pernice, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 24 Rn. 1 m. w. N. 12 Vogel, Die Verfassungsentscheidung des Grundgesetzes für eine internationale Zusammenarbeit, S. 42; Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, S. 52; s. auch BVerfGE 58, 1 (41) – „Eurocontrol“.

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nationale Kooperation bislang als Leitlinie für gesetzgeberische und exekutivische Maßnahmen sowie für die rechtsprechende Gewalt fungiert.13 Art. 23 GG als Sondernorm für Fragen der europäischen Einigung hat schließlich die beschriebene Öffnung des Grundgesetzes weiter vorangetrieben und die Integration als die nächste Entwicklungsstufe des europäischen Kooperationsmodells zum Verfassungsziel erklärt. Art. 23 Abs. 1 S. 1 GG enthält nämlich nicht nur eine finale Aussage („Verwirklichung eines vereinten Europas“), sondern auch einen die deutschen Staatsorgane bindenden Auftrag, zum europäischen Einigungswerk einen substantiellen Beitrag zu leisten.14 Zwar haben die Verfassungsorgane bei der politischen Umsetzung dieses Mandats einen Gestaltungsspielraum, insbesondere hat der Gesetzgeber, dem eine besondere Funktion in diesem Prozess zukommt, eine nicht unbeträchtliche Entscheidungsfreiheit. 15 Allerdings stellt Art. 23 Abs. 1 GG eine Verhaltensnorm für die Ausübung der Integrationsgewalt durch die Verfassungsorgane sowie eine Beurteilungsnorm zu deren Kontrolle dar.16 Auch ist der Integrationsauftrag mit bestimmten strukturellen Vorgaben verknüpft; so muss die Union z. B. demokratischen, rechtsstaatlichen, sozialen und föderativen Grundsätzen genügen. Damit wird einerseits der grundgesetzliche Auftrag spezifiziert bzw. konkretisiert, andererseits wird das Prinzip der offenen Staatlichkeit auf europäischer Ebene zu einem qualifizierten Staatsziel weiterentwickelt. 2. Judizielle Kooperation Ein besonders prominentes Beispiel einer angestrebten Kooperation zwischen einem nationalen Verfassungsorgan und einem Gemeinschaftsorgan ist auf judikativer Ebene anzutreffen. Gemeint ist damit das Verhältnis zwischen dem EuGH und dem deutschen Verfassungsgericht. Dieses bot in seiner „Maastricht“-Entscheidung dem EuGH eine Kooperation im Bereich des Grundrechtsschutzes an; hierbei soll der EuGH den Grundrechtsschutz für die gesamte EU in jedem Einzelfall garantieren, während das BVerfG sich auf eine generelle Gewährleistung der unabdingbaren Grundrechtsstandards beschränkt.17 Damit stellte das BVerfG in Fortentwicklung seiner bisherigen europaverfassungsrechtlichen Rspr.18 fest, dass 13 Vgl. hierzu auch Hobe, Der offene Verfassungsstaat zwischen Souveränität und Interdependenz, S. 137 ff., 142 ff., 163 f.; Dörr, Der europäisierte Rechtsschutzauftrag deutscher Gerichte, S. 61 ff., 71 ff. 14 Vgl. hierzu Fischer, Die Offenheit des deutschen Grundgesetzes und der spanischen Verfassung für den Fortgang der europäischen Integration, S. 62 ff.; Dörr, Der europäisierte Rechtsschutzauftrag deutscher Gerichte, S. 80 ff.; Streinz, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 23 Rn. 10; Jarass, in: ders. / Pieroth, GG, Art. 23 Rn. 5. 15 Vgl. Scholz, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 23 Rn. 36 f. 16 Rojahn, in: v. Münch / Kunig, GG-Kommentar, Art. 23 Rn. 19. 17 BVerfGE 89, 155 (175, 178). 18 Insbesondere BVerfGE 37, 271 ff. – „Solange I“; 58, 1 ff. – „Eurocontrol“; 73, 339 ff. – „Solange II“.

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es zwar die Kompetenz zur Überprüfung europäischen Sekundärrechts weiterhin beanspruche, allerdings im kooperationsbereiten Vertrauen auf die Grundrechtsgewährleistung durch den Gerichtshof sich von der rechtsprechenden Tätigkeit in diesem Bereich grds. zurückziehe.19 Dieses vom BVerfG entwickelte Verständnis einer kooperativen Arbeitsbeziehung zwischen den beiden Gerichten ist allerdings vielfach kritisiert worden. Zum Teil wird eingewandt, dass die verwendete Formulierung einer „gerichtlichen Kooperation“ keinen rechtlichen Gehalt aufweise. Andere wollen in der Kooperationsformel eine Restzuständigkeit des BVerfG für generelle Grundrechtsschutzdefizite in der Gemeinschaft oder gar eine kontinuierliche Überwachungsfunktion des Verfassungsgerichts gegenüber dem Gerichtshof entdecken. Zudem wird moniert, dass durch die Rspr. des BVerfG die Spruchpraxis der beiden Gerichte nicht in Einklang gebracht werden könne.20 Auch wenn die Kritik in einigen Punkten berechtigt war, insbesondere die „Maastricht“-Entscheidung nicht den Weg zu einer dauerhaften Kontrolle des Gerichtshofs durch das Verfassungsgericht ebnen darf, ist unter dem Gesichtspunkt der Gewaltenbalance21 eine Koordination der gemeinschaftlichen und nationalen Rspr. vonnöten. Hierbei hat jedenfalls der Gerichtshof die Entscheidungsbefugnis über die Auslegung des Vertrags und über die Auslegung bzw. Gültigkeit der Handlungen der Gemeinschaftsorgane inne. Die nationalen Gerichte haben dem Gerichtshof durch entsprechende Vorlagen die Gelegenheit zur einheitlichen Auslegung des Gemeinschaftsrechts zu bieten22 und insofern mit diesem zu kooperieren. Erst wenn der EuGH nicht nur vereinzelt, sondern dauerhaft seinem Rechtsschutzauftrag nicht nachkommt, insbesondere den unabdingbar gebotenen Grundrechtsschutz generell nicht mehr gewährleistet, sind die Grenzen der Kooperation erreicht. Dann würde die Barriere, die Art. 23 Abs. 1 S. 3 i.V.m. 79 Abs. 3 GG aufstellt, verhindern, dass „ausbrechende“ Rechtsakte23 europäischer Organe innerstaatlich zur Anwendung kommen. Als „ultima ratio“ würde das BVerfG einschreiten.24 Indessen ist ein derartiger Konflikt derzeit unwahrscheinlich. Das BVerfG hat zuletzt in seinem Beschluss zur Bananenmarktordnung25 die Hürden für die Zulässigkeit von Verfas19 So der Berichterstatter im Maastricht-Verfahren Kirchhof, JZ 1989, 453 (454); ders., EuR 1991, Beiheft 1, 11 (22); vgl. ferner ders., JZ 1998, 965 (969). 20 Vgl. Zuck, NJW 1994, 978 (979); Everling, in: GS Grabitz, S. 57 (63 f.); Tomuschat, EuGRZ 1993, 489 (490); Gersdorf, DVBl. 1994, 674 (675); s. ferner Zuleeg, JZ 1994, 1 (4); Hirsch, NJW 1996, 2457 (2459); ders., NVwZ 1998, 907 (909); Lenz, EuZW 1999, 311 (312 f.); Streinz, in: FS Heymanns Verlag, S. 663 (673 ff.). 21 Vgl. hierzu Kirchhof, JZ 1998, 965 ff. 22 Vgl. Art. 234 EG und BVerfGE 73, 339 (368). 23 BVerfGE 89, 155 (188); 58, 1 (30 f.). 24 Vgl. Huber, Recht der Europäischen Integration, § 21 Rn. 67; ders., VVDStRL 60 (2001), 194 (231 f.); Schwarze, in: FS 50 Jahre BVerfG, Bd. 1, S. 223 (232); Everling, in: GS Grabitz, S. 57 (70 f.); Hirsch, NJW 1996, 2457 (2466). 25 BVerfGE 102, 147 ff.

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sungsbeschwerden und Richtervorlagen, die eine Verletzung von Grundrechten durch europäisches Sekundärrecht geltend machen, hoch angesetzt. Folgt man dieser Judikatur, dann ist eine subsidiäre Kontrolle des Sekundärrechts durch das BVerfG zwar theoretisch denkbar, angesichts der verfassungsgerichtlich aufgestellten Kautelen und der Rechtsprechungslinie des EuGH26 jedoch nicht zu erwarten. Damit auch künftig eine konfliktfreie Arbeitsbeziehung zwischen beiden Gerichten herrscht, wird vor allem eine umsichtige Rspr. erforderlich sein, die ein wesentliches Element beinhaltet: gegenseitige Rücksichtnahme.27

II. Die europäischen Kooperationskonzepte im Umweltrecht Wie die obigen Ausführungen verdeutlichten, kooperieren die EG und die Mitgliedstaaten sowie deren Organe und Institutionen auf unterschiedlichen Rechtsgebieten und Politikfeldern miteinander. Dieser Kooperationsprozess steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Aufgabe der Union, die Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten kohärent zu gestalten (Art. 1 Abs. 3 S. 2 EU). In der Umweltpolitik als einem der Referenzgebiete für die Zusammenarbeit im europäischen Kooperationsverbund verfolgt die EG zwei grundsätzliche Konzepte und versucht den spezifischen Erfordernissen des Umweltschutzes als einer Querschnittsaufgabe (Art. 6 EG) gerecht zu werden: Das europäische Umweltrecht enthält zum einen verschiedene Formen der Verwaltungskooperation zwischen der EG und den Mitgliedstaaten sowie zwischen den einzelnen Nationalstaaten und ihren Behörden. Zum anderen stellt die Einbindung des Bürgers in die Umweltschutzpolitik eine Grundstrategie der EG dar. Dabei spielt das europäische Umweltrecht in der Bereitstellung innovativer Steuerungsinstrumente meist eine Vorreiterrolle und beeinflusst das nationale Umweltrecht maßgeblich. Zu den einschlägigen Steuerungsstrategien im Gemeinschaftsrecht zählen die Statuierung privater Eigenverantwortlichkeit genauso wie Kooperationen mit Privaten in Form von Selbstkontrolle und Selbstnormierung. Darüber hinaus können zukünftig auch Umweltvereinbarungen einen bedeutenderen Stellenwert in der europäischen Umweltpolitik erlangen.

1. Verwaltungskooperation in der EG a) Direkter und indirekter Verwaltungsvollzug Der Vollzug des europäischen Gemeinschaftsrechts erfolgt grds. auf zwei Ebenen. Er teilt sich auf in den direkten und den indirekten Vollzug. Der direkte VollVgl. hierzu Huber, VVDStRL 60 (2001), 194 (232). Vgl. auch Heintzen, AöR 119 (1994), 564 (584); Limbach, EuGRZ 2000, 417 (420); Everling, JZ 2000, 217 (226 f.). 26 27

II. Die europäischen Kooperationskonzepte im Umweltrecht

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zug des Gemeinschaftsrechts wird durch die Gemeinschaftsorgane vorgenommen und betrifft die gemeinschaftsinternen und gemeinschaftsexternen Angelegenheiten. Zum erstgenannten Bereich gehört die Wahrnehmung der internen Verwaltungsaufgaben durch die Verwaltungsträger der Gemeinschaft, z. B. die Personalverwaltung und die Haushaltsplanung der EG; hinzu kommen weitere Dienstleistungsaufgaben, die etwa durch den Sprach- oder den juristischen Dienst durchgeführt werden. Zum zweiten Bereich zählen vor allem die Vollzugsaufgaben der Gemeinschaftsorgane im Wettbewerbsrecht. So überwacht die Kommission die Einhaltung der Regelungen über die öffentlichen oder monopolartigen Unternehmen (Art. 86 Abs. 3 EG) oder über die staatlichen Beihilfen (Art. 88 EG). Das maßgebliche Rechtsregime für das Verwaltungshandeln der Gemeinschaftsorgane einschließlich ihres Verwaltungsunterbaus im direkten Vollzug ist das Eigenverwaltungsrecht der EG, das das Organisations- und Verfahrensrecht der Organe normiert. Das Organisationsrecht beinhaltet Vorschriften, die den Verwaltungsaufbau der EG mit seinen Behörden und Dienststellen zum Gegenstand haben, während zum Verfahrensrecht die Vorschriften über die Begründungspflicht (Art. 253 EG), das Auskunftsrecht (Art. 284 EG) oder die Zwangsvollstreckung (Art. 256 EG) gehören.28 Dieser direkte Vollzug des Gemeinschaftsrechts bildet aber die Ausnahme. Die Regel ist der mitgliedstaatliche indirekte Vollzug des Gemeinschaftsrechts. Aus dem Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung (Art. 5 Abs. 1 EG) folgt nämlich, dass die Gemeinschaft zum Vollzug des von ihr gesetzten Rechts nur dann zuständig ist, wenn sie dazu explizit ermächtigt wurde. Gem. Art. 10 Abs. 1 S. 1 EG haben ferner die Mitgliedstaaten alle geeigneten Maßnahmen zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen, die aus dem Vertrag oder aus Handlungen der Gemeinschaftsorgane entstehen, zu treffen, also das EG-Recht anzuwenden und umzusetzen. Nach der Rspr. des EuGH müssen darüber hinaus die mitgliedstaatlichen Behörden beim Vollzug des Gemeinschaftsrechts grds. von den formellen und materiellen Vorschriften des nationalen Rechts ausgehen, wobei jedoch die einheitliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts und dessen Wirksamkeit gewährleistet sein müssen.29 Die Mitgliedstaaten vollziehen hierbei unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht (z. B. Verordnungen; sog. unmittelbarer Vollzug) oder nationale Rechtsätze, die gemeinschaftsrechtliche Regelungen (z. B. Richtlinien) konkretisieren (sog. mittelbarer Vollzug). Für diesen indirekten Vollzug gilt das „Prinzip 28 Vgl. zur Zweiteilung des Gemeinschaftsrechtsvollzugs Schwarze, Europäisches Verwaltungsrecht, Bd. I, S. 25 ff.; Hegels, EG-Eigenverwaltungsrecht und Gemeinschaftsverwaltungsrecht, S. 26 ff.; v. Danwitz, Verwaltungsrechtliches System und Europäische Integration, S. 15 ff.; Oppermann, Europarecht, Rn. 635 ff.; Kahl, DV 29 (1996), 341 (343 ff.); Pernice / Kadelbach, DVBl. 1996, 1100 (1102 ff.); Schmidt-Aßmann, DVBl. 1993, 924 ff.; ders., in: ders. / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Strukturen des Europäischen Verwaltungsrechts, S. 9 (17 ff.); Hoffmann-Riem, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Strukturen des Europäischen Verwaltungsrechts, S. 317 (322 ff.). 29 EuGH, verb. Rs. 205 – 215 / 82, Slg. 1983, 2633 (Rn. 17, 22) – „Deutsche Milchkontor / Bundesrepublik Deutschland“.

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§ 11 Das Kooperationsprinzip im europäischen Umweltrecht

der institutionellen Eigenständigkeit“ der Mitgliedstaaten.30 D.h., dass die Ausgestaltung der Verwaltungsorganisation zur Durchführung des Gemeinschaftsrechts Sache der einzelnen Staaten ist und sich ausschließlich nach dem nationalen Verfassungsrecht bestimmt; dies gilt insbesondere für die Zuständigkeit der Behörden.31

b) Kooperation bei Verwaltungsverfahren mit grenzüberschreitendem Charakter Neben diesen beiden Vollzugsmodi haben sich mittlerweile vielfältige Kooperationsstrukturen auf der Gemeinschaftsebene herauskristallisiert. Dies ist nicht zuletzt auf die Tatsache zurückzuführen, dass die Verwaltung des Gemeinschaftsraumes zu einer wesentlichen Aufgabe für die EG resp. die Mitgliedstaaten und deren Behörden geworden ist. Da diese Aufgabe jedoch von einem einzelnen Hoheitsträger nicht ausreichend bewältigt werden kann, bedarf es einer „engen Zusammenarbeit und der gegenseitigen Unterstützung der Behörden der Mitgliedstaaten untereinander und im Verhältnis zur Kommission“.32 Das Bestreben, einen einheitlichen europäischen Rechtsraum zu verwirklichen, hat dazu geführt, dass die mitgliedstaatlichen Verwaltungsabläufe nicht isoliert betracht werden können, sondern einer fortwährenden gegenseitigen Beeinflussung ausgesetzt sind, und dass bei Verwaltungsverfahren mit grenzüberschreitendem Charakter eine Koordination durch das Gemeinschaftsrecht notwendig ist. Primärrechtliche Basis für den Grundsatz der Verwaltungskooperation ist insbesondere Art. 10 EG.33 Rspr. und Literatur folgern daraus gegenseitige Pflichten zur loyalen Zusammenarbeit34 zwischen den Mitgliedstaaten und den EG-Institutionen (intergemeinschaftliche Kooperation) bzw. zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten (interstaatliche Kooperation) sowie den Grundsatz der Gemeinschaftstreue.35 Die staatliche Aufgabenerfüllung wird dadurch zu einer vernetzten, supraOppermann, Europarecht, Rn. 641. Die Zuständigkeitsverteilung richtet sich also insbesondere nach Art. 30, 83 ff. GG; vgl. zum Ganzen EuGH, verb. Rs. 51 – 54 / 71, Slg. 1971, 1107 (Rn. 3 / 4) – „International Fruit Company“; verb. Rs. 119 und 126 / 79, Slg. 1980, 1863 (Rn. 7) – „Lippische Hauptgenossenschaft e.G.“; Rengeling, in: ders. (Hrsg.), EUDUR Bd. I, § 29 Rn. 10 ff.; Streinz, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HbStR Bd. VII, § 182 Rn. 19 ff., 58 ff. 32 Mitteilung der Kommission an den Rat „Die optimale Gestaltung des Binnenmarktes“: Strategisches Programm, KOM (93) 632 endg. vom 22. 12. 1993, S. 10; zum Aspekt der Verwaltung des Gemeinschaftsraumes vgl. auch Schmidt-Aßmann, in: ders. / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Strukturen des Europäischen Verwaltungsrechts, S. 9 (12 ff.). 33 Zu den aus den Grundfreiheiten resultierenden Kooperationspflichten vgl. Sydow, Verwaltungskooperation in der Europäischen Union, S. 23 ff. 34 Vgl. z. B. EuGH, Rs. 230 / 81, Slg. 1983, 255 (Rn. 27) – „Luxemburg / Europäisches Parlament“; Rs. 94 / 87, Slg. 1989, 175 (Rn. 9) – „Kommission / Bundesrepublik Deutschland“; Rs. C-251 / 89, Slg. 1991, I-2797 (Rn. 57) – „Nikolas Athanasopoulos“. 30 31

II. Die europäischen Kooperationskonzepte im Umweltrecht

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national-kooperativen Aufgabenwahrnehmung. Die Mitgliedstaaten und EG-Institutionen sind im Verhältnis zueinander verpflichtet, auf die jeweiligen Interessen Rücksicht zu nehmen. Aus diesem Kooperationsgrundsatz resultieren für die einzelnen Akteure positive Handlungs- und Förderungspflichten (Art. 10 Abs. 1 S. 1 und 2 EG) sowie Unterlassungspflichten (Art. 10 Abs. 2 EG) in den gegenseitigen Rechtsbeziehungen.36 Diese intergemeinschaftlichen und interstaatlichen Kooperationen existieren im europäischen Umweltrecht mannigfaltig. Ihre Ausprägungen seien anhand von drei Beispielen dargestellt.37 Eine Erscheinungsform dieses Kooperationsgrundsatzes ist die administrative Pflicht zum Informationsaustausch, die in den komplexen umweltrechtlichen Verwaltungsverfahren vorgesehen ist.38 Bevor z. B. ein genetisch veränderter Organismus (GVO) als Produkt in den Verkehr gebracht wird, muss eine Anmeldung bei der zuständigen Behörde des Mitgliedstaates erfolgen (Art. 13 Abs. 1 Freisetzungs-RL39); diese prüft, ob die Anmeldung ordnungsgemäß erfolgt ist, erstellt einen Bewertungsbericht und übermittelt diesen an die Kommission, die den Bewertungsbericht an die zuständigen Stellen der anderen Mitgliedstaaten weiterleitet (Art. 14 Abs. 2 Freisetzungs-RL)40. Gem. Art. 16 Abs. 2 IVU-RL führt die Kommission einen Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten und der betreffenden Industrie über die besten verfügbaren Techniken, mit deren Hilfe die 35 Bleckmann, DVBl. 1976, 483 (486 f.); vgl. auch Kahl, Umweltprinzip und Gemeinschaftsrecht, S. 120 f.; Sydow, Verwaltungskooperation in der Europäischen Union, S. 4; Hatje, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 10 Rn. 1; Geiger, EUV / EGV, Art. 10 Rn. 5; Everling, DVBl. 1983, 649 (651); Zuleeg, VVDStRL 53 (1994), 154 (179); die intergemeinschaftliche Kooperation wird auch „vertikale“, die interstaatliche auch „horizontale“ Kooperation genannt, s. Schmidt-Aßmann, EuR 1996, 270 (273 f.); nicht zu verwechseln ist aber diese Art der vertikalen Kooperation mit der gleichnamigen Kooperation von Staat und Privaten, vgl. § 4 I. 36 Kahl, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 10 Rn. 7; vgl. zu weiteren Pflichten in Bezug auf die Rechtsetzung durch die EG und die Mitgliedstaaten ders., Umweltprinzip und Gemeinschaftsrecht, S. 122 ff. 37 S. ausführlich Schmidt-Aßmann / Ladenburger, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR Bd. I, § 18 Rn. 83 ff.; vgl. auch Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 383 f., 388 f.; Sydow, DV 34 (2001), 517 (521 f.); Beispiele aus anderen Rechtsgebieten: Sydow, Verwaltungskooperation in der Europäischen Union, S. 150 ff., 160 ff. (Produktzulassungsrecht); Hufen, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Strukturen des Europäischen Verwaltungsrechts, S. 99 ff. (Lebensmittelrecht); Pitschas, ebd., S. 123 ff. (Sozialund Gesundheitsrecht); Schmidt-Aßmann, EuR 1996, 270 (275 ff.). 38 Allgemein zur Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Informationsübermittlung Epiney, Umweltrecht in der Europäischen Union, S. 179 ff. 39 Richtlinie 2001 / 18 / EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 12. März 2001 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt und zur Aufhebung der Richtlinie 90 / 220 / EWG des Rates, ABl. 2001, Nr. L 106, S. 1. 40 Vgl. des Weiteren auch die Informationspflichten der Mitgliedstaaten in der Verordnung (EG) Nr. 1946 / 2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2003 über grenzüberschreitende Verbringungen genetisch veränderter Organismen, ABl. 2003, Nr. L 287, S. 1.

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Emissionsgrenzwerte für die von einer Anlage produzierten Schadstoffe ermittelt werden,41 sowie über die damit verbundenen Überwachungsmaßnahmen und die Entwicklungen auf diesem Gebiet durch und veröffentlicht diese. Damit erlangen die Mitgliedstaaten von der Industrie repräsentative Informationen über technologische Daten und können Umweltanforderungen gegenüber den Anlagebetreibern besser durchsetzen.42 Über den bloßen Informationsaustausch hinaus wird die Idee der Verwaltungskooperation in Genehmigungsverfahren mit gemeinschaftsweiter Wirkung verwirklicht. Die zunehmende europäische Integration bedingt, dass eine Verwaltungsentscheidung, deren Wirkung sich auf das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates beschränkt, den Bedürfnissen des Gemeinsamen Marktes nicht gerecht werden kann. Eine Reihe von Tätigkeiten, die der Unionsbürger ausübt, ist nicht nur auf dem Gebiet eines Mitgliedstaates, sondern in allen Mitgliedstaaten genehmigungspflichtig. Isolierte Genehmigungsverfahren mit unterschiedlichen materiellen Kontrollmaßstäben und verfahrensrechtlichen Anforderungen durchzuführen, wäre bei Sachverhalten grenzüberschreitenden Charakters mit den wirtschaftlichen Grundfreiheiten der Gemeinschaft schwer zu vereinbaren. Deswegen hat sich nach und nach die Idee eines transnationalen Verwaltungsaktes entwickelt, der verfahrensrechtlich in einem Mitgliedstaat durchgeführt wird, aber über die staatlichen Grenzen hinaus – ohne dass eine weitere administrative Anerkennung notwendig wäre – Geltung erlangt.43 Durch diese Rechtsfigur ist die „Entgrenzung“ des nationalen Rechts in Gang gesetzt worden.44 Die Europäisierung des Verwaltungsverfahrens hat allerdings die Verwaltungskooperation weiter vorangetrieben. Markantes Beispiel dafür ist der mehrstufige gemeinschaftliche Verwaltungsakt, bei dem spezifische Mitwirkungshandlungen der Gemeinschaftsorgane und der Mitgliedstaaten vorgesehen sind. Das wird in der erwähnten Freisetzungs-RL deutlich.45 Geht aus dem oben genannten Bewertungsbericht der Behörde hervor, dass der betreffende GVO in den Verkehr gebracht werden darf (Art. 14 Abs. 3 lit. a) Freisetzungs-RL), dann können die zuständigen mitgliedstaatlichen Behörden oder die Kommission innerhalb von 60 Tagen nach Weiterleitung des Bewertungsberichts Informationen anfordern oder begründete Einwände gegen das Inverkehrbringen des GVO erheben (Art. 15 Abs. 1 Freisetzungs-RL). Wenn kein begründeter Einwand vorliegt, wird die ZuVgl. Art. 9 Abs. 3 und 4 IVU-RL. Vgl. 25. Erwägungsgrund zur IVU-RL. 43 Vgl. hierzu insbesondere Neßler, NVwZ 1995, 863 ff.; Engel, DV 25 (1992), 437 (452); Schmidt-Aßmann, DVBl. 1993, 924 (935 f.); Wahl / Groß, DVBl. 1998, 2 f.; Sydow, DV 34 (2001), 517 (519 f.); ders., Verwaltungskooperation in der Europäischen Union, S. 141 ff. 44 Vgl. auch v. Danwitz, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Strukturen des Europäischen Verwaltungsrechts, S. 171 (182 ff.). 45 Hierzu Lienhard, NuR 2002, 13 ff.; Caspar, DVBl. 2002, 1437 ff.; zum europäischen Gentechnikrecht vgl. auch Epiney, Umweltrecht in der Europäischen Union, S. 317 ff.; Frenz, Europäisches Umweltrecht, Rn. 364 ff. 41 42

II. Die europäischen Kooperationskonzepte im Umweltrecht

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stimmung durch die nationale Behörde erteilt und gilt gemeinschaftsweit (vgl. Art. 15 Abs. 3, 19 Abs. 1 Freisetzungs-RL). Werden indessen Einwände gegen das Inverkehrbringen vorgebracht, dann führt dies nicht zu einem Versagen der Genehmigung, sondern zu einem Gemeinschaftsverfahren (Art. 18 Abs. 1 FreisetzungsRL). Im sog. Regelungsverfahren gem. Art. 30 Abs. 2 Freisetzungs-RL i.V.m. Art. 5 des Komitologie-Beschlusses,46 in dem die Kommission von einem aus Vertretern der Mitgliedstaaten und einem Vertreter der Kommission als Vorsitzendem besetzten Ausschuss unterstützt wird, haben der Rat und die Mitgliedstaaten zusätzliche Möglichkeiten, auf die spätere Entscheidung der Kommission Einfluss zu nehmen. Ergeht nach diesem Verfahren eine positive abschließende Entscheidung47 durch die Kommission, erteilt die zuständige Behörde ihre Zustimmung zum Inverkehrbringen (Art. 18 Abs. 2 Freisetzungs-RL).48 Dieses mehrstufige Verwaltungsverfahren zeichnet sich dadurch aus, dass zwar eine mitgliedstaatliche Behörde das Genehmigungsverfahren federführend leitet, dass aber die verschiedenen nationalen Verwaltungen und die EG selbst unmittelbare Einwirkungsrechte haben. Insofern reicht die Kooperation über die bloße gegenseitige Unterrichtung und Information hinaus; die Verwaltungsabläufe werden vielmehr miteinander vernetzt, die beteiligten Administrationen gestalten das Verfahren sowohl prozedural als auch inhaltlich mit und tragen die Verantwortung für das Entscheidungsergebnis.49 Als drittes Beispiel für die Verwaltungskooperation zwischen der EG und den Mitgliedstaaten sei die „kooperative Konzeptentwicklung“ im Rahmen der FFHRL50 genannt.51 Zur Errichtung eines kohärenten ökologischen Netzes52 legt jeder Mitgliedstaat eine Liste von Gebieten vor, in der bestimmte dort vorkommende natürliche Lebensraumtypen aufgeführt sind (Art. 4 Abs. 1 FFH-RL). Die Kommission erstellt sodann auf der Grundlage festgelegter Kriterien im Einvernehmen mit den Mitgliedstaaten den Entwurf einer Liste mit Schutzgebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung (Art. 4 Abs. 2 FFH-RL). Bei Meinungsverschiedenheiten 46 Beschluss 1999 / 468 / EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse, ABl. 1999, Nr. L 184, S. 23. 47 Art. 249 Abs. 4 EG. 48 Vgl. auch EuGH, Rs. C-6 / 99, Slg. 2000, I-1651 (Rn. 47) – „Association Greenpeace France“. 49 Vgl. auch Lienhard, NuR 2002, 13 (16), der den mehrstufigen gemeinschaftlichen Verwaltungsakt als eine eigenständige Figur verwaltungskooperativen Handelns ansieht; Engel, DV 25 (1992), 437 (454) spricht von einer Art Mischverwaltung von Hoheitsträgern. 50 Richtlinie 92 / 43 / EWG des Rates zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen vom 21. Mai 1992, ABl. 1992, Nr. L 206, S. 7, zuletzt geändert durch Verordnung (EG) 1882 / 2003, ABl. 2003, Nr. L 284, S. 1. 51 Vgl. hierzu Schmidt-Aßmann, EuR 1996, 270 (289); ders. / Ladenburger, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR Bd. I, § 18 Rn. 90. 52 „Natura 2000“, vgl. Art. 3 Abs. 1 S. 1 FFH-RL.

19 Shirvani

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§ 11 Das Kooperationsprinzip im europäischen Umweltrecht

zwischen der Kommission und dem Mitgliedstaat über den Schutzgebietscharakter eines bestimmten Gebietes wird ein bilaterales Konzertierungsverfahren eingeleitet (Art. 5 Abs. 1 FFH-RL). Herrscht danach auch keine Einigkeit, übermittelt die Kommission dem Rat einen Vorschlag über die Auswahl des Schutzgebietes, über den der Rat einstimmig beschließt (Art. 5 Abs. 2 und 3 FFH-RL). Das Zusammenwirken zwischen Kommission, Mitgliedstaaten und dem Rat dient also dazu, natürliche Lebensräume von gemeinschaftlicher Bedeutung zu schaffen, ohne aber die innerstaatlichen Belange außer Acht zu lassen.53 Die verschiedenen nationalen und europäischen Interessen sollen dabei möglichst im gegenseitigen Einvernehmen zum Ausgleich gebracht werden. Die Kommission ist hierbei der maßgebliche Verhandlungspartner der Mitgliedstaaten. Sie sichert die gemeinschaftsweite Einheitlichkeit der zu verwirklichenden Konzeption,54 muss aber zugleich auf eine Koordinierung der divergierenden Positionen hinwirken, da der Mitgliedstaat die Schutzgebietausweisung blockieren kann.

2. Das Kooperationsprinzip und das Konzept der gemeinsamen Verantwortung Kooperation als Phänomen des Zusammenwirkens von Staat und privaten Kräften gibt es auch im europäischen Umweltrecht, obwohl diesbezüglich dem EGVertrag expressis verbis nichts zu entnehmen ist. Die Umweltpolitik der Gemeinschaft beruht nach den Vorgaben des Primärrechts auf dem Vorsorge-, Vorbeugungs-, Ursprungs- und dem Verursacherprinzip (Art. 174 Abs. 2 UAbs. 1 S. 2 EG). Diese Grundsätze sind rechtlich bindend und haben unmittelbare Wirkung für das Handeln der Gemeinschaftsorgane. Die Organe haben die genannten Prinzipien durch sekundärrechtliche Regelungen zu konkretisieren und anwendbar zu machen. Insoweit reicht ihre Wirkung über die bloßer politischer Handlungsmaximen hinaus. Im Übrigen sind diese Grundsätze bei der Auslegung europarechtlicher Vorschriften zu beachten.55 In Art. 174 Abs. 2 UAbs. 1 S. 2 EG, der die umweltpolitischen Handlungsprinzipien der EG formuliert, ist das Kooperationsprinzip als Rechtsgrundsatz allerdings nicht genannt, obgleich – wie noch darzustellen sein wird – der Kooperationsgedanke sich mittlerweile in einigen Bereichen des europäischen Sekundärrechts verwirklicht hat.56

Vgl. Art. 2 Abs. 3 FFH-RL. Vgl. Sydow, DV 34 (2001), 517 (526). 55 Vgl. Kahl, Umweltprinzip und Gemeinschaftsrecht, S. 69 ff.; Epiney, Umweltrecht in der Europäischen Union, S. 97 ff.; Hoppe / Beckmann / Kauch, Umweltrecht, § 3 Rn. 40 ff.; Frenz, Europäisches Umweltrecht, Rn. 136 ff. 56 Vgl. zur Bedeutung der Handlungsgrundsätze in Art. 174 Abs. 2 UAbs. 1 S. 2 EG im Zusammenhang mit Selbstverpflichtungen Frenz, Selbstverpflichtungen der Wirtschaft, S. 120 ff.; vgl. ferner Di Fabio, NVwZ 1999, 1153 (1154 f.). 53 54

II. Die europäischen Kooperationskonzepte im Umweltrecht

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Auch wenn der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz den Hoheitsträger nicht zur Kooperation verpflichtet, ergibt sich aus diesem Grundsatz und der Lehre vom Verfahrensermessen ein Auftrag für die staatlichen Verantwortungsträger zu prüfen, ob mit kooperativen Instrumenten der umweltpolitische Erfolg erreichbar ist.57 Auf primärrechtlicher Ebene ist der Anknüpfungspunkt für diesen Gedanken Art. 5 Abs. 3 EG. Der hierin zum Ausdruck kommende Verhältnismäßigkeitsgrundsatz dient im Gemeinschaftsrecht zur Beurteilung der Handlungen der Gemeinschaftsorgane im legislativen und exekutiven Bereich.58 Art. 5 Abs. 3 EG hat zwei Stoßrichtungen: Er begrenzt zum einen die Regelungsintensität von Gemeinschaftsmaßnahmen und bewahrt die Mitgliedstaaten vor einem Übermaß europäischer Regelungen.59 Zum anderen beschränkt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz aber die gemeinschaftlichen Maßnahmen zugunsten des Privaten und hat eine maßgebliche Funktion als Abwägungsmaßstab zwischen den europäischen Gemeinwohlzielen und den Rechtspositionen des Einzelnen.60 In seiner letztgenannten Funktion ist er mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im deutschen Verfassungsrecht vergleichbar. Die das Gemeinschaftsrecht vollziehenden Behörden haben demnach im Rahmen ihres verfahrensgestaltenden Ermessens diesen Grundsatz zu beachten und zu prüfen, ob das Verfahrensziel durch kooperationsfördernde Maßnahmen besser verwirklicht werden kann. Dem Kooperationsprinzip wird weiterhin – wie bereits ausgeführt61 – in Gestalt des „Konzepts der gemeinsamen Verantwortung“ im fünften Umweltaktionsprogramm besondere Bedeutung zugemessen. Im achten Kapitel dieses Programms wird das gemeinschaftsrechtliche Subsidiaritätsprinzip mit dem Konzept der gemeinsamen Verantwortung verknüpft. Im Gegensatz zum Subsidiaritätsprinzip soll aber nicht die Auswahl einer einzigen Ebene ohne Berücksichtigung der anderen, sondern eine Kombination der verschiedenen Akteure und Instrumente auf unterschiedlichen Ebenen zur gleichen Zeit das Charakteristikum dieses Konzepts sein.62 Im Bericht der Kommission über die Umsetzung dieses Programms wird erläutert, dass das Konzept der gemeinsamen Verantwortung nicht abstrakt zu verstehen sei, sondern im Hinblick auf die Zielvorgaben und die vereinbarten Aktivitäten des Programms konkretisiert werden müsse.63 Eine der Maßnahmen zur Vgl. zum Ganzen § 10 I. Schwarze, Europäisches Verwaltungsrecht, Bd. II, S. 830 f. 59 BVerfGE 89, 155 (212) – „Maastricht“; Zuleeg, DVBl. 1992, 1329 (1334). 60 Vgl. Schwarze, Europäisches Verwaltungsrecht, Bd. II, S. 841; Calliess, Subsidiaritätsund Solidaritätsprinzip in der Europäischen Union, S. 104 ff.; Zuleeg, in: von der Groeben / Schwarze (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 5 EG Rn. 37 ff.; zweifelnd Jarass, EuGRZ 1994, 209 (214). 61 S. § 1 III 5. 62 ABl. 1993, Nr. C 138, S. 78. 63 Bericht der Kommission über die Umsetzung des Programms der Europäischen Gemeinschaft für Umweltpolitik und Maßnahmen im Hinblick auf eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung „Für eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung“, KOM 95 (624) endg. vom 10. 01. 1996, S. 127. 57 58

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Durchführung dieses Konzepts ist die Einrichtung von drei Dialoggruppen, die den Informationsaustausch zwischen den Verantwortlichen in der Umweltpolitik verbessern sollen. Dabei wird deutlich, dass das Konzept der gemeinsamen Verantwortung nicht auf die Zusammenarbeit zwischen Staat und Privaten beschränkt ist, sondern auch die Zusammenarbeit innerhalb der EG-Institutionen bzw. zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten umfasst.64 Daneben sollen durch Information der Öffentlichkeit und steuerliche resp. ökonomische Anreize Strategien entwickelt werden, um private Ressourcen zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung zu nutzen.65 Das fünfte Umweltaktionsprogramm enthält, wie es zunächst beschlossen wurde, zwar langfristige Zielsetzungen und Zielvorgaben, ist aber wie die früheren Umweltprogramme rechtlich unverbindlich.66 Dies wurde auch vom EuGH bestätigt.67 Das Konzept der gemeinsamen Verantwortung kann deswegen am ehesten als ein Maßnahmenkonzept angesehen werden, das nicht notwendigerweise rechtliche Vorkehrungen auf gemeinschaftlicher Ebene erfordert, sondern organisatorische und praktische Komponenten umfasst. Es ist demnach weniger ein rechtsdogmatisch-stringentes System,68 sondern zeigt eine Palette unterschiedlicher Instrumente auf, die von der Kommission zur Durchführung des Programms ins Auge gefasst werden und Umweltabgaben genauso beinhalten wie verwaltungsinterne Strategien. Auf Vorschlag der Kommission fassten das Europäische Parlament und der Rat 1998 auf der Grundlage des durch den Vertrag von Maastricht neu eingeführten Art. 175 Abs. 3 EG einen Beschluss über die Überprüfung des fünften Aktionsprogramms.69 Nach 175 Abs. 3 UAbs. 1 EG beschließt der Rat im Verfahren gem. Art. 251 EG sowie nach Anhörung weiterer Ausschüsse allgemeine Aktionsprogramme, in denen die vorrangigen Ziele festgelegt werden. Es ist ein zweistufiges Verfahren vorgesehen, in dem die Prioritäten der Umweltpolitik zunächst in einem Programm festgelegt und dann auf der Grundlage von Art. 175 Abs. 1 bzw. 2 EG durch Einzelmaßnahmen konkretisiert werden. Diese Aktionsprogramme sind Rechtsakte, die unter Einbeziehung des Europäischen Parlaments entstehen und damit grds. Bindungswirkung haben.70 Der Art. 175 Abs. 3 EG zugrunde liegende Zweck, eine größere Beteiligung des Europäischen Parlaments und damit eine Vgl. KOM 95 (624) endg. vom 10. 01. 1996, S. 128, 131, 133. KOM 95 (624) endg. vom 10. 01. 1996, S. 129. 66 Dies wird im Programm bereits klargestellt, ABl. 1993, Nr. C 138, S. 13; zur Rechtsnatur früherer Umweltaktionsprogramme s. auch Kloepfer, Umweltrecht, § 9 Rn. 119. 67 EuGH, Rs. C-142 / 95 P, Slg. 1996, I-6669 (Rn. 29 – 32) – „Associazione agricoltori della provincia di Rovigo u. a. / Kommission u. a.“. 68 Vgl. auch Kahl, in: Streinz (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 174 Rn. 93. 69 Beschluss Nr. 2179 / 98 / EG, ABl. 1998, Nr. L 275, S. 1; vgl. hierzu auch § 1 III 5. 70 S. auch Art. 251 Abs. 1 EG; vgl. ferner Krämer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR Bd. I, § 14 Rn. 27; Rengeling, in: Huber (Hrsg.), Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 53 (55 f.). 64 65

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Aufwertung der Umweltpolitik zu erzielen, würde nämlich nicht erreicht werden können, wären derartige Programme unverbindlich. Da die Aktionsprogramme sich aber inhaltlich auf die Festlegung von Leitlinien, Konzepten und Prioritäten beschränken, sind sie eher als Wegweiser für spätere Maßnahmen der Gemeinschaftsorgane aufzufassen.71 Nach Art. 9 des oben genannten Beschlusses Nr. 2179 / 98 / EG wird die Gemeinschaft praktische Maßnahmen zur Weiterentwicklung von Konzepten des gemeinsamen Handelns und der Partnerschaft fördern. Zwar hat der Zwang, die Akzente für die wichtigsten Punkte des Aktionsprogramms in Form von Artikeln neu zu setzen, dazu geführt, dass durch den Beschluss Nr. 2179 / 98 / EG ein insgesamt „straffes Dokument“ entstanden ist.72 Allerdings soll dieser Beschluss nur die allgemeinen Ansätze und Konzepte des fünften Umweltaktionsprogramms bekräftigen.73 Auch beschränkt sich Art. 9 des Beschlusses auf die Entwicklung von „praktischen Maßnahmen“ und trifft keine Aussagen über rechtliche Konsequenzen, die aus dem Konzept der gemeinsamen Verantwortung gezogen werden sollen. Dies zeigt, dass der Rat sich an den Vorstellungen der Kommission zu diesem Konzept orientiert hat und normative Bindungen vermeiden wollte.74 Aufgrund der allgemein gehaltenen Formulierung in Art. 9 des Beschlusses kann das Konzept der gemeinsamen Verantwortung daher trotz der neuen Rechtsgrundlage lediglich als eine politische Richtschnur und Maxime für die Handlungen der Gemeinschaftsorgane angesehen werden.75

3. Kooperationsstrategien im europäischen Sekundärrecht Der Kooperationsgedanke tritt trotz der mangelnden ausdrücklichen Fundierung im europäischen Primärrecht und trotz der rechtlich nicht weitreichenden Darstellung im fünften Umweltaktionsprogramm im übrigen Sekundärrecht an verschiedenen Stellen in Erscheinung. Der intensive Dialog76 mit den Beteiligten und die 71 Vgl. Epiney, Umweltrecht in der Europäischen Union, S. 23 ff.; Schmitz, Die Europäische Union als Umweltunion, S. 132 ff.; Jahns-Böhm, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 175 Rn. 22 ff.; Calliess, in: ders. / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 175 Rn. 22 ff.; Kloepfer, Umweltrecht, § 9 Rn. 120; Beyer, JuS 1997, 294 (296) . 72 S. Wägenbaur, EuZW 1997, 483. 73 Art. 1 des Beschlusses Nr. 2179 / 98 / EG, ABl. 1998, Nr. L 275, S. 1. 74 Vgl. KOM 95 (624) endg. vom 10. 01. 1996, S. 127 ff.; vgl. auch den Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über die Überprüfung des Programms der Europäischen Gemeinschaft für Umweltpolitik und Maßnahmen im Hinblick auf eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung – „Für eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung“, KOM (95), 647 endg. vom 24. 01. 1996, S. 7, 15. 75 Vgl. auch Heselhaus, in: Lange (Hrsg.), Gesamtverantwortung statt Verantwortungsparzellierung im Umweltrecht, S. 93 (95); Krämer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR Bd. I, § 14 Rn. 33. 76 Vgl. Beschluss Nr. 2179 / 98 / EG, ABl. 1998, Nr. L 275, S. 3.

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Einbeziehung Privater in die Aufgabenbewältigung sind auch hier die Grundgedanken der Kooperation. Schmidt-Aßmann / Ladenburger nennen insbesondere drei Konzepte, die die Idee des kooperativen Umweltschutzes und der rekursiven Steuerung verwirklichen:77 das Konzept der informierten Öffentlichkeit, das Prinzip des integrierten Umweltschutzes und das Konzept der Verfahrensprivatisierung. Neben der weitläufig verstandenen informationellen Kooperation, die genauer untersucht werden soll,78 wird der integrative Ansatz von Schmidt-Aßmann / Ladenburger anhand des UVP-Verfahrens dargestellt.79 Da aber das UVPVerfahren als normative Ausprägung des Grundsatzes der nachvollziehenden Amtsermittlung bereits erläutert wurde,80 soll auf die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht näher eingegangen werden. Die Verfahrensprivatisierung spielt im Gemeinschaftsrecht im Zusammenhang mit der privaten Eigenüberwachung von umweltbeeinträchtigenden Anlagen eine nicht geringe Rolle.81 So haben beispielsweise nach der Abfalldeponie-RL 82 die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass der Betreiber einer Deponie ein Mess- und Überwachungsprogramm durchführt und alle nachteiligen Auswirkungen der Behörde meldet.83 Paradefall der Kooperation durch Einbeziehung Privater in staatliche Umweltschutzaufgaben und Etablierung privater Selbstkontrolle ist aber das europäische Gemeinschaftssystem EMAS.84 Außerhalb dieser Kategorien wird als typische Ausprägung umweltrechtlicher Kooperation die europäische Umweltnormung näher beleuchtet werden müssen.85 Daneben kommt auch in den Umweltvereinbarungen, die zur Durchführung von Gemeinschaftsrecht eingesetzt werden und darin ihre normative Grundlage haben, das Prinzip der Zusammenarbeit zwischen Staat und Wirtschaft zum Ausdruck.86

III. Informationelle Kooperation Häufig sieht man die Kooperation mit den gesellschaftlichen Akteuren in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Information der Öffentlichkeit.87 So wird 77 Vgl. Schmidt-Aßmann / Ladenburger, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR Bd. I, § 18 Rn. 3 f.; 7 ff., 30 ff., 41 ff. 78 S. § 11 III. 79 Schmidt-Aßmann / Ladenburger, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR Bd. I, § 18 Rn. 30 ff. 80 S. § 5 I. 81 Vgl. zu den Erscheinungsformen im deutschen Recht § 5 II 2. 82 Richtlinie 1999 / 31 / EG des Rates vom 26. April 1999 über Abfalldeponien, ABl. 1999, Nr. L 182, S. 1. 83 Art. 12 Abfalldeponie-RL. 84 S. § 11 IV 1. 85 S. § 11 IV 2. 86 S. § 11 V. 87 Vgl. insbesondere Stabel, Kooperations- versus Geheimhaltungsprinzip, S. 16 ff., 27 ff.

III. Informationelle Kooperation

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„Kooperation“ mitunter als Oberbegriff für einseitige Information, Konsultation, Verhandlung und Abstimmung bezeichnet. Der Mindestinhalt des Begriffs „Kooperation“ sei identisch mit dem Inhalt des Begriffs „Information“, da Kooperation eine sachgemäße und ausreichende Information des Verhandlungspartners voraussetze.88 Für diese Sichtweise spricht sicherlich, dass ein wesentliches Ziel der umweltpolitischen Kooperation die Stärkung des Umweltbewusstseins sowie die Verbesserung der Aufklärung der Bevölkerung im Umweltbereich ist. Die leichte Verständlichkeit der Information sowie die Beachtung typischer Verhaltens- und Reaktionsmuster der Adressaten können ein umweltgerechtes Verhalten herbeiführen.89 Deswegen wird beispielsweise auch der im Gemeinschaftsrecht wurzelnde Umweltinformationsanspruch des Privaten in § 7 Abs. 1 S. 3 UGB-KomE als eine Erscheinungsform des Kooperationsprinzips genannt. Allerdings ist der Rechtskomplex „Information“ und „Verwaltungsöffentlichkeit“ äußerst breit gefächert. Im nationalen und im Gemeinschaftsrecht kann man nämlich im Wesentlichen zwischen verfahrensabhängigen und verfahrensunabhängigen Informationszugangsrechten unterscheiden, welche verschiedene Funktionen und Regelungszwecke haben.90

1. Verfahrensöffentlichkeit und Partizipation Zu den verfahrensabhängigen Informationszugangsrechten gehört im deutschen Recht an erster Stelle das aus § 29 Abs. 1 VwVfG folgende Recht der Beteiligten eines Verwaltungsverfahrens auf Einsicht in die das Verfahren betreffenden Akten. Der darin kodifizierte Grundsatz der beschränkten Aktenöffentlichkeit folgt aus dem Grundgedanken, dass der Bürger nicht bloßes Objekt eines geheimen behördlichen Verwaltungsverfahrens sein soll, sondern dass alle den Bürger betreffenden Erkenntnisquellen diesem zur Verfügung gestellt werden sollen, damit er seine rechtlichen Interessen verteidigen kann.91 Einsicht in die Akten wird allerdings nur gewährt, wenn deren Kenntnis zur Geltendmachung eigener rechtlicher Interessen erforderlich ist.92 Im VwVfG ist dieses Recht also sachlich eingeschränkt und steht im Zusammenhang mit dem verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz, der lediglich bei Geltendmachung eines eigenen subjektiv-öffentlichen Rechts vorgesehen ist.93 88 Storm, in: Bothe / Prieur / Ress (Hrsg.), Rechtsfragen grenzüberschreitender Umweltbelastungen, S. 279 (282, 285 f.). 89 Wicke, Umweltökonomie, S. 166 ff.; Grüter, Umweltrecht und Kooperationsprinzip in der Bundesrepublik Deutschland, S. 51 f. zählt die Aufklärung der Öffentlichkeit zum indikativen Verwaltungshandeln, bei dem der Staat Angebote unterbreite, deren Nichtannahme aber sanktionslos bleibe; s. ferner Schrader, DÖV 1990, 326 (328). 90 Vgl. Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 385 ff.; Schmidt-Aßmann / Ladenburger, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR Bd. I, § 18 Rn. 9 ff. 91 Obermayer, VwVfG, § 29 Rn. 3; Reinhardt, DV 30 (1997), 161 (166 ff.); Eifert, DÖV 1994, 544. 92 Vgl. § 29 Abs. 1 S. 1 VwVfG. 93 S. § 42 Abs. 2 VwGO.

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Indessen haben die Informationsrechte bereits in den Fachgesetzen eine Ausdehnung erfahren, vor allem was die personelle Komponente angeht. Gem. § 73 Abs. 3 VwVfG haben die Gemeinden im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens den Plan für die Dauer eines Monats zur Einsicht auszulegen. Die Auslegung soll zusammen mit der Möglichkeit der Erhebung von Einwendungen vor allem die Gelegenheit bieten, sich zu den entscheidungserheblichen Tatsachen zu äußern. Das Informationsrecht knüpft zwar nicht an die Beteiligteneigenschaft wie in § 29 Abs. 1 VwVfG; Ziel der Auslegung ist es jedoch, den Betroffenen einen Anstoß zur eigenverantwortlichen Wahrung ihrer eigenen Belange zu geben. Dementsprechend ist nur derjenige einsichtsberechtigt, dessen eigene Belange durch das Vorhaben potentiell berührt sein können.94 Noch weiter gehen die Publizitätsvorschriften für das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren. Gem. §§ 10 Abs. 3 S. 2 BImSchG, 10 Abs. 1 9. BImSchV sind der Genehmigungsantrag und die Unterlagen bei der Genehmigungsbehörde auszulegen. Das Recht auf Einsicht in die Antragsunterlagen steht hierbei jedermann zu, auf die Geltendmachung eigener Belange oder Interessen wird nicht abgestellt. Die Öffnung des Kreises der Einsichtsberechtigten in diesem Verfahren hängt vor allem damit zusammen, dass die räumliche Reichweite von Immissionen durch genehmigungsbedürftige Anlagen beträchtlich sein kann und insofern eine personelle Einschränkung des Einsichtsrechts nicht sachgerecht wäre.95 Diese personelle Öffnung ist im Gemeinschaftsrecht deutlicher ausgeprägt und hat sich zu einer Öffentlichkeitsbeteiligung ausgeweitet.96 Gem. Art. 6 Abs. 2 und 3 UVP-RL müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass der Öffentlichkeit im UVP-Verfahren der Genehmigungsantrag, die Tatsache, dass das Projekt Gegenstand einer Umweltverträglichkeitsprüfung ist, sowie weitere projektbezogene Informationen zugänglich gemacht werden. Ziel dieser Form der Verfahrenspublizität ist, dass der betroffenen Öffentlichkeit die Gelegenheit gegeben wird, sich vor der Erteilung der Genehmigung zu dieser zu äußern.97 Daneben müssen die Mitgliedstaaten nach der jüngsten Novellierung der UVP-RL gem. Art. 10a dafür sor94 Insofern besteht eine Verbindung zum Einwendungsrecht gem. § 73 Abs. 4 S. 1 VwVfG; vgl. BVerwGE 75, 214 (224); Obermayer, VwVfG, § 73 Rn. 77; Bonk / Neumann, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 73 Rn. 43; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 73 Rn. 33. 95 Vgl. Rossen-Stadtfeld, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 117 (129 f.); Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 390 f.; Roßnagel, in: Koch / Scheuing / Pache (Hrsg.), GK-BImSchG, § 10 Rn. 311. 96 Diese Entwicklung ist durch die Richtlinie 2003 / 35 / EG vom 26. Mai 2003, ABl. 2003, Nr. L 156, S. 17, die die Bestimmungen der Aarhus-Konvention über eine verbesserte Öffentlichkeitsbeteiligung umsetzt, nochmals forciert worden, vgl. Art. 1 RL 2003 / 35 / EG und den 3. Erwägungsgrund zur RL. Durch Art. 3 und 4 der RL wurden insbesondere die Vorschriften über die Öffentlichkeitsbeteiligung in der UVP-RL und IVU-RL novelliert. Zur verstärkten Öffentlichkeitsbeteiligung nach der Aarhuskonvention und zu den Implementationsfragen im nationalen Recht s. auch v. Danwitz, NVwZ 2004, 272 ff.; Seelig / Gündling, NVwZ 2002, 1033 (1039 f.); vgl. ferner auch Kloepfer, Umweltrecht, § 9 Rn. 140. 97 Vgl. Art. 6 Abs. 4 UVP-RL; zur Öffentlichkeitsbeteiligung nach der behördlichen Entscheidung s. Art. 9 Abs. 1 UVP-RL.

III. Informationelle Kooperation

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gen, dass die Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die ein ausreichendes Interesse haben oder eine Rechtsverletzung geltend machen, Zugang zu einem gerichtlichen Überprüfungsverfahren haben, um die Rechtmäßigkeit von Handlungen anzufechten, für die die Bestimmungen über die Öffentlichkeitsbeteiligung nach der UVP-RL gelten. In ähnlicher Weise müssen die Mitgliedstaaten gem. Art. 15 Abs. 1 IVU-RL sicherstellen, dass die Öffentlichkeit frühzeitig und in effektiver Weise die Möglichkeit erhält, sich bei Genehmigung neuer Anlagen bzw. wesentlicher Änderungen des Betriebs einer Anlage oder bei Aktualisierung einer Anlagengenehmigung zu beteiligen.98 Insofern ist der partizipative Charakter der Verfahrenspublizität unverkennbar: Die Öffentlichkeit hat ein Informationszugangsrecht, um am hoheitlichen Entscheidungsverfahren gestaltend teilzunehmen, ihre Ansicht kundzutun und ihre Bedenken vorzutragen. Die Publizität des Verfahrens dient dabei der Unterstützung des behördlichen Sachverstandes. Darüber hinaus ist die Öffentlichkeit oft am ehesten in der Lage, die Auswirkungen zu beurteilen, die hauptsächlich subjektiv empfunden werden und für deren Erfassung objektive Methoden nicht vorliegen.99 Zwar beschränkt sich die Öffentlichkeitsbeteiligung mitunter nicht auf ein anlagenbezogenes Genehmigungsverfahren, sondern betrifft auch die Aufstellung von Plänen; dennoch bleibt aber der Partizipationsgedanke erhalten. So haben die Mitgliedstaaten nach der RL 2000 / 60 / EG100 Bewirtschaftungspläne für jede Flussgebietseinheit, die in ihrem Hoheitsgebiet liegt, aufzustellen. Hierbei haben sie die aktive Beteiligung aller interessierten Stellen an der Aufstellung dieser Pläne zu fördern.101 In den genannten Fällen geht es über den Informationszweck hinaus um partizipative Teilnahme am staatlichen Willensbildungs- und Entscheidungsprozess, ein die umweltrechtliche Kooperation kennzeichnendes Element. Obgleich im Gegensatz zu § 29 VwVfG und dem darin verwirklichten Grundsatz der beschränkten Aktenöffentlichkeit der Kreis der Informationsberechtigten auf die gesamte Öffentlichkeit ausgeweitet wurde, ist der Verfahrensbezug der Publizitätsvorschriften nicht verschwunden. Durch die Beteiligung der Öffentlichkeit sollen die Akzeptanz des Vorhabens erhöht und aufwendige Rechtsstreitigkeiten vermieden werden. Die Einbeziehung der Öffentlichkeit trägt zur Effektuierung und Verbesserung der Verwaltungsentscheidung bei; die Bürger werden als „konstruktive Sachwalter“ des objektiven öffentlichen Interesses im Verwaltungsverfahren angesehen.102 Die Vgl. entsprechend zum Klagerecht Art. 15a IVU-RL. Vgl. die Begründung zur UVP-RL, BR-Drucks. 413 / 80, S. 13. 100 Richtlinie 2000 / 60 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik, ABl. 2000, Nr. L 327, S. 1. 101 Art. 13 und 14 RL 2000 / 60 / EG. 102 Wagner, in: Hoppe (Hrsg.), UVPG, § 9 Rn. 3 ff.; Rossen-Stadtfeld, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 117 (132 f.); vgl. die Begründung zur UVP-RL, BR-Drucks. 413 / 80, S. 14. 98 99

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§ 11 Das Kooperationsprinzip im europäischen Umweltrecht

Öffentlichkeit erlangt ferner eine eigene Rechtsposition im administrativen Verfahren und leistet einen Beitrag zur materiellen Rechtmäßigkeit der Entscheidung. Diese zusätzlichen Beteiligungselemente rechtfertigen es deswegen, die dargestellten Fälle der verfahrensbezogenen Publizität als Ausprägungen des Kooperationsprinzips anzusehen.

2. Das Informationszugangsrecht nach der UI-RL Besondere Einwirkungen auf das nationale Recht hat das Öffentlichkeitsprinzip der EG gezeitigt,103 das den Grundsatz der beschränkten Aktenöffentlichkeit im Umweltbereich weitgehend verdrängt hat. Bereits im vierten Umweltaktionsprogramm der EG104 wurde die Bedeutung der Unterrichtung der Öffentlichkeit über die Umweltprobleme und die hierzu erforderlichen Umweltmaßnahmen in den Vordergrund gestellt.105 Mit der neuen UI-RL106, die die Richtlinie über den Zugang zu Umweltinformationen aus dem Jahre 1990107 ersetzt hat, werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, allen Antragstellern ohne Nachweis eines besonderen Interesses die bei den Behörden vorhandenen Umweltinformationen zur Verfügung zu stellen.108 Das UIG109, das in seiner ursprünglichen Fassung vom EuGH beanstandet110 und inzwischen mehrmals novelliert wurde111, verschafft dem Einzelnen ebenfalls ein verfahrensunabhängiges Informationszugangsrecht.112 Dabei erfassen die „Umweltinformationen“ alle Daten über den Zustand der Umweltbestandteile, über die Faktoren und Maßnahmen, die sich auf die Umweltbestandteile auswirken, Berichte über die Umsetzung des Umweltrechts, Kosten / Nutzenanalysen bei umweltbezogenen Maßnahmen und Informationen über den Zustand der menschlichen Gesundheit und Sicherheit, soweit dieser von Umweltfaktoren oder -maßnahmen betroffen ist.113 Der Anspruch auf den freien Zugang zu den Umweltdaten Hierzu v. Schwanenflügel, DVBl. 1991, 93 ff. Entschließung des Rates der Europäischen Gemeinschaften und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 19. Oktober 1987 zur Fortschreibung und Durchführung einer Umweltpolitik und eines Aktionsprogramms der europäischen Gemeinschaften für den Umweltschutz (1987 – 1992), ABl. 1987, Nr. C 328, S. 1. 105 S. ABl. 1987, Nr. C 328, Kap. 2.6. 106 Richtlinie 2003 / 4 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90 / 313 / EWG des Rates, ABl. 2003, Nr. L 41, S. 26. 107 Richtlinie 90 / 313 / EWG des Rates vom 7. Juni 1990 über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt, ABl. 1990, Nr. L 158, S. 56. 108 Art. 3 Abs. 1 UI-RL. 109 Umweltinformationsgesetz (UIG) vom 8. Juli 1994 (BGBl. I S. 1490). 110 EuGH, Rs. C-217 / 97, Slg. 1999, I-5087 – „Kommission / Deutschland“. 111 Zuletzt durch Gesetz vom 22. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3704). 112 § 3 Abs. 1 UIG. 113 Art. 2 Nr. 1 lit. a) bis f) UI-RL; § 2 Abs. 3 UIG. 103 104

III. Informationelle Kooperation

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ist in Art. 4 UI-RL bzw. in den §§ 8, 9 UIG eingeschränkt. Die Einschränkungstatbestände umfassen Fälle, in denen z. B. der Antrag offensichtlich missbräuchlich ist oder die Übermittlung noch nicht abgeschlossener Schriftstücke oder noch nicht aufbereiteter Daten betrifft.114 Daneben besteht kein Umweltinformationsanspruch, wenn öffentliche oder private Belange beeinträchtigt werden. Zu den öffentlichen Belangen gehören etwa die Vertraulichkeit der Beratungen der Behörden sowie die öffentliche Sicherheit, zu den privaten Belangen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, geistiges Eigentum oder die Vertraulichkeit personenbezogener Daten. Der genannte Anspruch aus der UI-RL dient u. a. dazu, Umweltinformationen öffentlich zugänglich zu machen und zu verbreiten;115 daneben soll dieser Anspruch dazu verhelfen, die vorhandenen Kontroll- und Vollzugsdefizite in der Umweltverwaltung abzubauen. Der nicht in seinen subjektiven Rechten verletzte Bürger und die durch ihn konstituierte Öffentlichkeit sollen gegenüber der Exekutive eine Kontrollfunktion erlangen. Die öffentliche Meinung könnte dabei mobilisiert werden, um Missstände in der Umweltpolitik zu beseitigen.116 Weiterhin wird die Unterrichtung der Öffentlichkeit als ein Mittel der Sensibilisierung für die Themen der nachhaltigen Entwicklung betrachtet. Ziel der Information soll es nämlich sein, das Verständnis der Bürger für die Entwicklung der erforderlichen Umweltmaßnahmen zu fördern und dadurch Verhaltensänderungen herbeizuführen.117 Sieht man aufgrund dieser Erwägungen die Öffentlichkeit als einen handlungsfähigen Akteur an,118 der durch seine Überwachungstätigkeit eine selbständige Rolle im Umweltschutz spielt, dann könnte man von einem kooperativen Konzept der UI-RL ausgehen.119 Dafür würde auch sprechen, dass nach Ansicht der Kommission durch den freien Zugang zu Umweltdaten die Bürger an den Verfahren zur Verhütung von Umweltbeeinträchtigungen mitwirken sollen.120 114 Art. 4 Abs. 1 UI-RL; § 8 Abs. 2 UIG; vgl. zu den Ausschluss- und Beschränkungstatbeständen Schmillen, Das Umweltinformationsrecht zwischen Anspruch und Wirklichkeit, S. 95 ff. 115 Art. 1 lit. b) UI-RL. 116 Erichsen, NVwZ 1992, 409 (418 f.); Röger, UIG, § 1 Rn. 4; v. Schwanenflügel, DVBl. 1991, 93. 117 Viertes Umweltaktionsprogramm, ABl. 1987, Nr. C 328, Kap. 2.6.3; Art. 5 des Beschluss Nr. 2179 / 98 / EG, ABl. 1998, Nr. L 275, S. 7; s. auch v. Schwanenflügel, DÖV 1993, 95 f. 118 Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Schuppert (Hrsg.), Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, S. 11 (55) spricht von der Öffentlichkeit als „Gegenmacht“. 119 In diese Richtung v. Schwanenflügel, DÖV 1993, 95 (98 f.); Kloepfer, in: Achterberg / Püttner / Würtenberger (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, Bd. I, § 6 Rn. 94; Rehbinder, in: Arbeitskreis für Umweltrecht (Hrsg.), Grundzüge des Umweltrechts, Rn. 123; SchmidtAßmann / Ladenburger, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR Bd. I, § 18 Rn. 4, 12 ff. 120 Kommission: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt, ABl. 1988, Nr. C 335, S. 5.

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Gegen eine solche Kategorisierung121 spricht aber, dass Information grds. zweckneutral ist; sie überlässt es nämlich dem sich Informierenden, in welcher Weise er von der Information Gebrauch macht.122 Es mag richtig sein, dass der Zugang zu verfügbaren Informationen eine wesentliche Prämisse für den Aufbau einer kooperativen Organisations- und Rechtsstruktur sein kann.123 Sie ist aber nur die Vorstufe hierzu und nicht das Kooperationsverhältnis zwischen Staat und Privaten selbst. Zwar soll die Unterrichtung der Öffentlichkeit eine Verhaltensbeeinflussung der Bürger herbeiführen und insofern einen instrumentellen Charakter haben.124 Doch ist dies nicht notwendigerweise der Fall. Im Gegensatz zu den behördlichen Warnungen, die den Bürger durch gezielte Information zu einem bestimmten Verhalten veranlassen,125 verfolgt die Behörde durch die Weitergabe von Informationen nicht immer das Ziel, den Bürger zu einem umweltfördernden Verhalten zu animieren. Dies hängt damit zusammen, dass der Informationsinhalt von dem Antrag abhängig ist, der vom Privaten gestellt wird.126 So kann jeder einzelne Antragsteller unterschiedliche Motive haben; er kann z. B. ein rein wirtschaftliches Interesse besitzen und die erlangten Informationen gerade nicht dazu verwenden wollen, um im Sinne des Umweltschutzes zu agieren. Insofern würde sich ein konkreter Kooperationsbeitrag des Privaten nicht feststellen lassen.127 Hinzu kommt, dass das verfahrensunabhängige Informationszugangsrecht im Gegensatz zur verfahrensbezogenen Publizität nicht notwendigerweise ein partizipatives Element hat. Denn der Informationswunsch kann völlig unabhängig von einem laufenden Verwaltungsverfahren oder einem Einzelprojekt und deshalb ohne Bezug zu einer Beteiligung an einem staatlichen Entscheidungsprozess bestehen. Während die Verfahrenspublizität in der UVP-RL oder in der IVU-RL gerade im Hinblick auf eine Beteiligung der Öffentlichkeit am Verfahren normiert wurde, fehlt diese Konnexität in der UI-RL. Deswegen ist eine Einordnung des Umweltinformationsrechts unter das Kooperationsprinzip nicht angezeigt.

121 Vgl. auch Murswiek, ZUR 2001, 7 (10): Gegen eine Einordnung unter das Kooperationsprinzip spreche, dass in vielen Fällen die Bürger die Information gerade gegen den Staat und seine konkrete Umweltpolitik verwendeten; außerdem würde ein solch weit gefasster Kooperationsbegriff kaum noch Aussagekraft haben. 122 Eifert, DÖV 1994, 544 (546). 123 Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 397; Stabel, Kooperations- versus Geheimhaltungsprinzip, S. 16 f. 124 Hoppe / Beckmann / Kauch, Umweltrecht, § 9 Rn. 61 ff.; zu weiteren Funktionen der Umweltinformation als Regelungsinstrument s. Eifert, DÖV 1994, 544 (546 ff.); a. A. Moormann, in: Landmann / Rohmer, Umweltrecht, Bd. III, Nr. 3, UIG, Vorb. Rn. 21 f., der eine „Wirkmächtigkeit“ eines Instruments verlangt. 125 Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 382; zur informationellen Steuerung vgl. Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 197 f. 126 § 4 Abs. 1 UIG. 127 Vgl. auch oben § 4 VII.

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IV. Kooperation durch Selbstkontrolle und Selbstnormierung im Gemeinschaftsrecht 1. Die EMAS-VO a) Grundstruktur der EMAS-VO Der Grundgedanke des Umweltaudits ist ein europaweit geltendes System für die Entwicklung und Verbesserung des Umweltschutzes durch innerorganisatorische Maßnahmen, die zu einer besseren Implementation materiell-rechtlicher Umweltvorschriften führen soll. Die UA-VO aus dem Jahre 1993,128 die diese Idee rechtsverbindlich kodifizierte, bezog sich in erster Linie auf den betrieblichen Umweltschutz und auf gewerbliche Tätigkeiten.129 Diese Verordnung wurde einer Revision unterzogen und schließlich durch die EMAS-VO vom 19. 3. 2001130 weitgehend abgelöst.131 Zu den wesentlichen Erneuerungen,132 die die EMAS-VO hervorgebracht hat, gehört die Erweiterung des Anwendungsbereichs des Gemeinschaftssystems „EMAS“.133 Am Gemeinschaftssystem können sich alle Organisationen beteiligen, die ihre Umweltleistung134 verbessern möchten, also Gesellschaften, Körperschaften, Betriebe und Behörden mit oder ohne Rechtspersönlichkeiten oder Teile von ihnen.135 Dazu haben die Organisationen mehrere umweltrelevante Maßnahmen zu ergreifen: Sie müssen sich zunächst einer Umweltprüfung hinsichtlich der Umweltaspekte ihrer Organisation unterziehen, d. h. die wesentlichen Umweltauswirkungen ihrer Tätigkeiten, Produkte und Dienstleistungen prüfen.136 Auf der Grund128 Verordnung (EWG) Nr. 1836 / 93 des Rates vom 29. Juni 1993 über die freiwillige Beteiligung gewerblicher Unternehmen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagment und die Umweltbetriebsprüfung, ABl. 1993, Nr. L 168, S. 1, ber. ABl. 1995, Nr. L 203, S. 17. 129 Vgl. z. B. Waskow, Betriebliches Umweltmanagement, S. 44 ff. 130 Verordnung (EG) Nr. 761 / 2001 des Europäischen Parlaments und des Rates über die freiwillige Beteiligung von Organisationen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung (EMAS) vom 19. März 2001, ABl. 2001, Nr. L 114, S. 1, ber. ABl. 2002, Nr. L 327, S. 10, zuletzt geändert durch die EU-Beitrittsakte 2003 vom 16. 4. 2003, ABl. 2003, Nr. L 236, S. 706. 131 S. Art. 17 EMAS-VO. 132 Vgl. hierzu Jarass, DVBl. 2003, 298 ff.; Schmidt-Räntsch, NuR 2002, 197 ff.; Knopp, NVwZ 2001, 1098 ff.; ders., NVwZ 2000, 1121 ff.; Ewer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR Bd. I, § 36 Rn. 40 ff.; Langerfeldt, NVwZ 2001, 538 ff.; ders., UPR 2001, 426 ff.; Lütkes / Ewer, NVwZ 1999, 19 ff.; Auge / Schulze-Beckendorf, UVP-report 1999, 97 ff. 133 „EMAS“ ist die Abkürzung für „Eco Management and Audit Scheme“ und steht für das europaweite EG-Umweltaudit-System. 134 Dies sind die Ergebnisse des Managements der Organisation hinsichtlich ihrer Umweltaspekte, Art. 2 lit. c) EMAS-VO. 135 Art. 2 lit. s) EMAS-VO. 136 Vgl. Art. 2 lit. e) bzw. f) und Anhang VI und VII EMAS-VO.

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lage dieser Analyse ist ein Umweltmanagementsystem zu entwerfen, welches das Herzstück der EMAS-VO darstellt und zahlreichen Anforderungen zu genügen hat.137 Dabei hat Anhang I Abschnitt A der EMAS-VO die Anforderungen, die die international geltende Norm EN ISO 14001 für Umweltmanagementsysteme aufgestellt hat, übernommen. Die Organisation muss demnach ihre Umweltpolitik insbesondere darauf ausrichten, die Umweltbelastungen kontinuierlich zu reduzieren, und sich verpflichten, alle relevanten Umweltgesetze einzuhalten.138 Nach der Etablierung eines solchen Umweltmanagementsystems hat die Organisation eine Umweltbetriebsprüfung durchzuführen.139 Diese beinhaltet eine systematische, regelmäßige und objektive Bewertung der Umweltleistung der Organisation durch unabhängige Betriebsprüfer, die mit dem Personal Gespräche führen, die Betriebsbedingungen und die Verfahren zur Bewertung der Umweltleistung kontrollieren und feststellen, ob die Umweltzielsetzungen erreicht wurden.140 In der Umwelterklärung, die ein Instrument der Kommunikation mit der Öffentlichkeit darstellt, hat die Organisation in einem weiteren Schritt ihre Umweltpolitik, ihr Umweltmanagementsystem, die Aspekte, die zu wesentlichen Umweltauswirkungen führen, und ihre Umweltzielsetzungen zu beschreiben und die verfügbaren Daten über ihre Umweltleistung zusammenzufassen.141 Diese Umwelterklärung muss dann nebst Umweltprüfung, Umweltmanagementsystem und Umweltbetriebsprüfung von einem externen Umweltgutachter überprüft werden, vor allem in Bezug auf die Zuverlässigkeit, Glaubwürdigkeit und Richtigkeit der zugrunde liegenden Daten und Informationen.142 Ergibt sich aus dieser Begutachtung, dass gegen geltendes Recht143 verstoßen wurde, erklärt der Umweltgutachter die Umwelterklärung für ungültig.144 Ansonsten, insbesondere wenn die einschlägigen Anforderungen der EMAS-VO eingehalten sind, validiert er die Erklärung. Diese Umwelterklärung ist jährlich zu aktualisieren, vom Gutachter insoweit zu validieren und durch die Organisation öffentlich zugänglich zu machen. In Abstimmung mit der Organisation stellt der Umweltgutachter außerdem durch ein Programm sicher, dass alle für die spätere Registrierung erforderlichen Komponenten spätestens innerhalb von 3 Jahren überprüft werden.145 Die validierte Umwelterklärung ist 137 Art. 3 Abs. 2 lit. a) EMAS-VO; hierzu ausführlich Ernsthaler / Funk / GesmannNuissl / Selz, Umweltauditgesetz / EMAS-Verordnung, S. 101 ff. 138 Anhang I-A.2. EMAS-VO. 139 Art. 3 Abs. 2 lit. b) EMAS-VO. 140 Vgl. Art. 2 lit. l) und Anhang II Abschn. 2.1., 2.6. EMAS-VO. 141 Art. 3 Abs. 2 lit. c) i.V.m. Anhang III Abschn. 3.1., 3.2. EMAS-VO. 142 Art. 3 Abs. 2 lit. d) i.V.m. Anhang V Abschn. 5.4.1. EMAS-VO. 143 Also nicht nur gegen die Bestimmungen der EMAS-VO; zum früheren Streit über die Prüfungspflicht des Umweltgutachters hinsichtlich der Einhaltung der bestehenden Umweltschutzvorschriften vgl. Kothe, Das neue Umweltauditrecht, Rn. 283 ff.; Breuer, NVwZ 1997, 833 (843 f.); Lübbe-Wolff, DVBl. 1994, 361 (369); Wiebe, NJW 1994, 289 (292). 144 Vgl. Anhang V Abschn. 5.4.3. EMAS-VO; vgl. auch Schmidt-Räntsch, NuR 2002, 197 (200 f.); Langerfeldt, NVwZ 2001, 538 (539). 145 Art. 3 Abs. 3 lit. a) und b) i.V.m. Anhang V Abschn. 5.6. EMAS-VO.

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schließlich der für die Eintragung zuständigen Stelle – in Deutschland den Industrie- und Handelskammern resp. den Handwerksammern146 – zu übermitteln. Für die Eintragung in das EMAS-Register ist die Entrichtung einer Gebühr notwendig;147 im Übrigen erkundigt sich die Register führende Stelle vor der Eintragung bei der zuständigen Vollzugsbehörde über die Einhaltung der einschlägigen Umweltvorschriften.148 Die Organisation, die eine EMAS-Eintragung erreicht hat, darf zu Werbezwecken ein bestimmtes Logo verwenden, allerdings nicht auf Produkten oder deren Verpackungen.149

b) Verzahnung von privater Eigenverantwortung und staatlicher Überwachung Bereits im fünften Umweltaktionsprogramm der EG wurde das Umweltaudit als ein marktorientiertes Instrument bezeichnet, das zur rationellen Verwaltung der Ressourcen eines Unternehmens verhelfen und für die Behörden bzw. die Öffentlichkeit einen Indikator für die Leistungen des Unternehmens darstellen soll.150 Aufgrund seiner sachlichen Begrenzung auf gewerbliche Tätigkeiten verfolgte das Umweltaudit in der UA-VO primär das Ziel, die Eigenverantwortung der Unternehmen durch Schaffung eines Umweltmanagementsystems zu stärken. Diese Rechtsidee wird auch in der EMAS-VO weiter verfolgt, nachdem an dem System EMAS sämtliche Organisationen teilnehmen können. Zusätzlich versucht diese Verordnung, die Organisationen dazu zu bewegen, über die Einhaltung der einschlägigen Umweltvorschriften hinaus ihre gesamte Umweltleistung und ihre externe Kommunikationsfähigkeit zu verbessern.151 Dabei spielt die Unterrichtung der Öffentlichkeit und der offene Dialog mit dieser eine wesentliche Rolle.152 Die Umwelterklärung der registrierten Organisation und deren Veröffentlichung führen insbesondere zu einer größeren Transparenz hinsichtlich der Umweltdaten und verdeutlichen die Umweltauswirkungen der Tätigkeiten und Produkte der Organisation. Jenseits dieser Zielsetzungen zeichnet sich das Umweltaudit bzw. das neue System EMAS durch Steuerungsansätze aus, die auf Eigenverantwortung und Kooperation mit den privaten Akteuren setzen.153 Wesentliches Charakteristikum des § 32 Abs. 1 S. 2 UAG. Vgl. § 36 Abs. 1 und 3 UAG. 148 Zu den weiteren Voraussetzungen vgl. Art. 6 Nr. 1 EMAS-VO; s. auch § 33 Abs. 3 S. 1 UAG: Die Register führende Stelle gibt vor der Eintragung den Umweltbehörden Gelegenheit, sich innerhalb einer Frist von vier Wochen zu der Eintragung zu äußern. 149 Art. 8 Abs. 1 und Abs. 3 lit. a) i.V.m. Anhang IV EMAS-VO. 150 ABl. 1993, Nr. C 138, S. 72; Art. 3 Nr. 2 lit. c) des Beschluss Nr. 2179 / 98 / EG, ABl. 1998, Nr. L 275, S. 6, sieht Umweltmanagement- und -betriebsprüfungssysteme als horizontale Instrumente der EG-Umweltpolitik an. 151 Vgl. Erwägungsgründe 6 und 17 zur EMAS-VO. 152 Vgl. Art. 1 Abs. 2 lit. c) EMAS-VO. 146 147

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Umweltaudits ist zunächst das Element der Freiwilligkeit der Teilnahme am Umweltmanagementsystem. Den Organisationen wird nicht die Beteiligung am System vorgeschrieben, sie haben aus der Nichtteilnahme auch keine unmittelbaren ökonomischen Nachteile zu erwarten. Der Gesetzgeber hat das Umweltaudit vielmehr optional ausgestaltet und auf die Regulierungstechnik des „command and control“ bewusst verzichtet.154 Allerdings hat der Staat an die Beteiligung am Umweltaudit bestimmte Privilegien geknüpft und für die betreffende Organisation einen motivationalen Anreiz geschaffen.155 Die eingetragene Organisation kann nämlich zum einen das EMAS-Zeichen verwenden und dieses zu Werbezwecken einsetzen. Das EMAS-Zeichen zeigt dabei die Bereitschaft der Organisation, ihre innere Struktur umweltgerecht auszurichten, und ermöglicht dieser in der Öffentlichkeit einen Imagegewinn. Zum anderen kommen registrierte Standorte und Organisationen neuerdings in den Genuss ordnungsrechtlicher Privilegien.156 Der Gesetzgeber versucht also, handfeste Vorteile für diejenigen Akteure zu schaffen, die umweltschutzbezogene organisationsinterne Strukturen etablieren und damit Eigenverantwortung übernehmen. Die Organisationen erhoffen sich durch die Registrierung Wettbewerbsvorteile gegenüber Konkurrenten. Die Konkurrenten wiederum werden die Vorteile der Teilnahme an EMAS gegenüber den Nachteilen abwägen und sich womöglich für eine Beteiligung entscheiden. Entsprechend diesen Überlegungen ist es in Deutschland zu einer stetigen Erweiterung der Zahl der registrierten Standorte gekommen.157 Die Entwicklung zeigt, dass das Gemeinschaftssystem den Charakter eines Marktsystems erlangen kann, welches die Teilnehmer dazu veranlasst, aus Wettbewerbsgründen dem System nicht fernzubleiben.158 Das europäische System EMAS ist zudem ein reflexives Steuerungsinstrument.159 Das Umweltmanagementsystem, die Umweltbetriebsprüfung, die Um153 Das Umweltaudit wird auch als eine Erscheinungsform der Verfahrensprivatisierung angesehen, da bestimmte Verfahrenselemente dem Privaten zur eigenständigen Erledigung übertragen werden, ohne dass die staatliche Gewährleistungsverantwortung aufgehoben wird, vgl. Schneider, Öko-Audit und Deregulierung im Immissionsschutzrecht, S. 103 ff.; Groß, Die Privatisierung ordnungsrechtlicher Genehmigungs- und Aufsichtsverfahren auf der Grundlage des Öko-Audit-Systems, S. 72 ff.; Hoffmann-Riem, in: ders. / Schneider (Hrsg.), Verfahrensprivatisierung im Umweltrecht, S. 9 (12 ff., 16 ff.); a. A. Pietzcker, in: HoffmannRiem / Schneider (Hrsg.), Verfahrensprivatisierung im Umweltrecht, S. 284 (300 f.) in Bezug auf das Umweltaudit in seiner ursprünglichen Form: bloße Aufgabenübertragung. 154 Vgl. hierzu Lübbe-Wolff, NVwZ 2001, 481 ff. 155 Schmidt-Preuß, in: FS Kriele, S. 1157 (1166 f.) spricht von einem motivationalen Sogeffekt als Kennzeichen der Kontextsteuerung; zum Umweltaudit als Anreizinstrument vgl. Waskow, Betriebliches Umweltmanagement, S. 21 f. 156 S. § 11 IV 1 c). 157 In anderen Mitgliedstaaten der EU ist die Bilanz nicht ganz so erfolgreich; zu den Erfahrungen mit dem Umweltaudit nach der UA-VO vgl. Knopp, NVwZ 2000, 1121 (1122); Ewer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR Bd. I, § 36 Rn. 36 ff. 158 Vgl. Kothe, Das neue Umweltauditrecht, Rn. 31 f.; Lübbe-Wolff, DVBl. 1994, 361 (372).

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welterklärung und deren Validierung durch den Umweltgutachter führen bei der Organisation zu einem verbesserten Informationsstand in Bezug auf ihre umweltrelevanten Daten. Damit wird die Organisation in die Lage versetzt, ihre Umweltsituation besser einzuschätzen. Sie soll dabei einem ständigen „Lernprozess“160 ausgesetzt, insbesondere dazu animiert werden, durch Selbstkontrolle die systeminternen Defizite zu beseitigen. Dieser Prozess kommt auch in einer Anforderung der EMAS-VO an die Umweltpolitik der Organisation zum Ausdruck. Danach muss sich die Organisation zur kontinuierlichen Verbesserung und Verhütung der Umweltbelastungen verpflichten.161 In ihrer Umwelterklärung muss die Organisation ferner darauf eingehen, wie sie ihre Umweltleistung stetig verbessern möchte.162 Dies verdeutlicht den Charakter des Umweltaudits als eines nachhaltigen, reflexiven Steuerungsprozesses, der durch prozedurale und organisatorische Vorgaben in Gang gesetzt und hoheitlich induziert wird. Der Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit und Selbstkontrolle einer privaten Organisation rechtfertigt sich durch die ökologische Verantwortung des Bürgers für seine umweltrelevante Tätigkeit. Diese Verantwortung wird jedoch ergänzt durch die staatliche Kontrollverantwortung; insofern handelt es sich um eine duale Umweltverantwortung, um ein „umweltpolitisches Mitwirkungsverhältnis“, innerhalb dessen Staat und Private kooperativ agieren und mit der Öffentlichkeit einen ständigen Dialog führen.163 Damit der Staat seiner verfassungsrechtlichen Pflicht für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen gerecht wird, bedarf es einer hoheitlichen Begleitkontrolle.164 Diese Begleitkontrolle wird insbesondere durch diejenigen Regelungen der EMAS-VO und des UAG geschaffen, die die Zulassung der Umweltgutachter165 sowie die Aufsicht über die Umweltgutachter und die -organisationen betreffen. Die persönlichen und fachlichen Anforderungen, wie Zuverlässigkeit, Unabhängigkeit und Sachkunde, sollen garantieren, dass der Umweltgutachter seine Aufgaben, vor allem die Validierung der Umwelterklärung, ordnungsgemäß erfüllt, keinem wirtschaftlichen oder finanziellen Druck unterliegt und dadurch eine neutrale und objektive Stellung in diesem System inne159 Vgl. hierzu Lübbe-Wolff, Modernisierung des Umweltordnungsrechts, S. 150 ff.; dies., DVBl. 1994, 361 (372 f.); Schneider, Öko-Audit und Deregulierung im Immissionsschutzrecht, S. 97 f.; Trute, UTR Bd. 48 (1999), S. 13 (38); Köck, VerwArch 87 (1996), 644 (648). 160 Pitschas, DÖV 1989, 785 (795). 161 Anhang I-A.2. lit. b) EMAS-VO. 162 Vgl. Art. 3 Abs. 2 lit. c) i.V.m. Art. 2 lit. b) EMAS-VO. 163 Vgl. Pitschas, in: Lüder (Hrsg.), Staat und Verwaltung, S. 269 (282 f.) und oben § 3 II 2 a); Breuer, NVwZ 1997, 833 (841 f.) spricht von einem Gemeinschaftssystem mit kooperativen, sich ergänzenden Verantwortlichkeiten der Unternehmen, der Mitgliedstaaten und der EG. 164 Vgl. zu diesem Aspekt in Bezug auf private Anlagenüberwachung und funktionelle Privatisierung Koch / Borchardt / Haag / Laskowski, Anlagenüberwachung im Umweltrecht, S. 263 ff. 165 Zur Stellung des Umweltgutachters vgl. auch § 2 II 1 b) cc).

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hat.166 Zudem wird der Umweltgutachter in regelmäßigen Abständen durch die Zulassungsstelle, in Deutschland die „DAU“ – eine Beliehene –,167 kontrolliert, auch im Hinblick auf die von ihm für gültig erklärten Umwelterklärungen.168 Die Zulassungsstelle kann bei Feststellung eines Verstoßes gegen die Pflichten eines Umweltgutachters diesem die Fortführung seiner gutachterlichen Tätigkeit ganz oder teilweise untersagen.169 Der Umweltgutachter wird damit als privater Kontrolleur einem hoheitlichen Kontrollregime unterstellt, es findet eine „Kontrolle des privaten Kontrolleurs“170 statt. Die Verzahnung von privater Verfahrensverantwortung und hoheitlicher Kontrolle geschieht auch bei der Eintragung in das Standortregister.171 Wesentliche Voraussetzung für die Eintragung in das Standortregister ist die Umwelterklärung, die vom privaten Umweltgutachter validiert wurde.172 Vor der Eintragung einer Organisation gibt die Register führende Stelle den zuständigen Umweltbehörden Gelegenheit, sich innerhalb einer vierwöchigen Frist zu der beabsichtigten Eintragung zu äußern. Wird die Registerstelle von der Umweltbehörde über einen Verstoß gegen geltendes Umweltrecht unterrichtet, verweigert sie die Eintragung, bis der Verstoß behoben wird. Zuvor hat sie der Organisation Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Bestreitet die Organisation den Rechtsverstoß, ist die Eintragung bis zur Klärung des Streites zwischen Umweltbehörde und Organisation auszusetzen.173 Die Einbeziehung der zuständigen Umweltbehörde gibt dieser folglich die Möglichkeit, auf die Durchsetzung materieller Umweltvorschriften zu achten und den privaten Kooperationsbeitrag in Gestalt der Validierung zu überprüfen.

166 S. Art. 4 Abs. 4 i.V.m. Anhang V Abschn. 5.2. EMAS-VO und §§ 5 – 7 UAG; vgl. zu diesem Aspekt auch Pitschas, in: Lüder (Hrsg.), Staat und Verwaltung, S. 269 (272 f.); zu den Aufgaben des Umweltgutachters allgemein s. Schottelius, BB 1996, 1235 ff. 167 „Deutsche Akkreditisierungs- und Zulassungsgesellschaft für Umweltgutachter mit beschränkter Haftung“, vgl. § 28 UAG i.V.m. § 1 Abs. 1 UAGBV (Verordnung über die Beleihung der Zulassungsstelle nach dem Umweltauditgesetz (UAG-Beleihungsverordnung – UAGBV) vom 18. Dezember 1995 (BGBl. I S. 2013), zuletzt geändert durch VO vom 13. 9. 2001 (BGBl. I S. 2427)). 168 § 15 Abs. 1 S. 2 und 3 UAG. 169 § 16 Abs. 2 S. 1 UAG. 170 Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (173, 201); Lübbe-Wolff / Steenken, ZUR 1993, 263 (268); Groß, Die Privatisierung ordnungsrechtlicher Genehmigungs- und Aufsichtsverfahren auf der Grundlage des Öko-Audit-Systems, S. 99 f. 171 Vgl. auch Schneider, DV 28 (1995), 361 (372 ff.); Schmidt-Preuß, in: FS Kriele, S. 1157 (1177). 172 Art. 6 Nr. 1 EMAS-VO. 173 Vgl. Art. 6 Nr. 4 und 5 EMAS-VO bzw. § 33 Abs. 3 S. 3 – 5 UAG.

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c) Ordnungsrechtliche Erleichterungen für auditierte Organisationen Die UA-VO ging von einem Nebeneinander von privater Eigenkontrolle und behördlichen Überwachungsbefugnissen aus174 und sah keine Koordinierung der beiden Systeme vor. Die auditierten Unternehmen wurden einem doppelten Regelungssystem und dadurch einer Doppelbelastung ausgesetzt. Dies konnte für die Betriebe zu ökonomischen und Wettbewerbsnachteilen führen und damit eine weitere Teilnahme am System erschweren.175 Während der Geltung der UA-VO wurde aufgrund dieses unbefriedigenden Zustandes die Frage diskutiert, wie das Umweltaudit und das Umweltordnungsrecht sich gegenseitig vernünftig ergänzen könnten. Auch der nationale Normgeber reagierte vereinzelt auf diesen Befund, z. B. mit § 4 Abs. 1 S. 2 9. BImSchV, wonach bei der Vorlage von Antragsunterlagen im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren berücksichtigt werden soll, ob die Anlage Teil einer registrierten Organisation ist, für die Angaben in einer für gültig erklärten Umwelterklärung oder in einem Umweltbetriebsprüfungsbericht enthalten sind.176 Darüber hinaus versuchten die Bundesländer durch kooperative Arrangements mit der Industrie oder durch Verwaltungsvorschriften, die Vollzugserleichterungen für auditierte Unternehmen vorsahen, den betrieblichen Umweltschutz zu verbessern.177 Der Umweltpakt Bayern vom 23. 10. 1995 als freiwillige Vereinbarung zwischen der Bayerischen Staatsregierung und der Bayerischen Wirtschaft178 zielte beispielsweise darauf, den Gedanken der Eigenverantwortung der Unternehmen im Umweltschutz zu fördern und zu diesem Zweck auf eine größere Zahl von Teilnehmern am Umweltaudit-System hinzuwirken. Die Staatsregierung verpflichtete sich, im Rahmen ihrer Handlungsspielräume registrierte Unternehmen bei den Berichts- und Dokumentationspflichten, den Kontrollen und der Überwachung durch die Aufsichtsbehörden sowie im Genehmigungsverfahren zu entlasten.179 Beide Seiten bekannten sich darüber hinaus zum Leitbild der nachhaltigen Entwicklung und zur verstärkten Kooperation von Staat und Wirtschaft im Sinne einer Umweltpartnerschaft.180 Im Umweltpakt Bayern, aber auch in der rechtspolitischen Diskussion haben sich vor allem die Begriffe „Substitution“ und „funktionale Äquivalenz“ etabVgl. Art. 1 Abs. 3 UA-VO; Koch / Laskowski, ZUR 1997, 182 (184). Vgl. Feldhaus, UPR 1997, 341 ff.; Schottelius, NVwZ 1998, 805 f. 176 Vgl. hierzu § 3 II 2 b). 177 Vgl. den Überblick bei Schneider, Öko-Audit und Deregulierung im Immissionsschutzrecht, S. 122 ff. 178 S. Bayerische Staatskanzlei (Hrsg.), Umweltpakt Bayern. Miteinander die Umwelt schützen; hierzu Böhm-Amtmann, ZUR 1997, 178 ff. 179 Bayerische Staatskanzlei (Hrsg.), Umweltpakt Bayern. Miteinander die Umwelt schützen, S. 8 f., 16. 180 Bayerische Staatskanzlei (Hrsg.), Umweltpakt Bayern. Miteinander die Umwelt schützen, S. 5. 174 175

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liert.181 Die Verknüpfung von Umweltaudit und Ordnungsrecht soll nämlich nicht dazu führen, die materiellen Umweltstandards abzusenken; vielmehr sollen ordnungsrechtliche Pflichten durch die Teilnahme am Umweltaudit bzw. EMAS partiell ersetzt werden. Dies kann aber nur dann geschehen, wenn die Eigenkontrolle des Unternehmens resp. der Organisation und die ordnungsrechtlichen Instrumente funktional äquivalent, also gleichwertig sind. Dabei können beide Instrumente in Bezug auf die jeweilige Zielebene verglichen werden; bei umweltrelevanten Anlagen z. B. wäre die Gleichwertigkeit zu bejahen, wenn durch innerbetriebliche Kontrolle die Erreichung der Ziele des anlagenbezogenen Umweltrechts sichergestellt würde. Beide Instrumente wären auch gleichwertig, wenn sie in ihrer Steuerungswirksamkeit übereinstimmten, also das vom Unternehmen gewünschte Verhalten in vergleichbarer Weise steuern könnten.182 Bei Feststellung funktionaler Äquivalenz könnten dann Öffnungsklauseln formuliert werden, die registrierte Organisationen von der Erfüllung bestimmter ordnungsrechtlicher Pflichten ganz oder teilweise befreiten. Einen wichtigen Schritt in diese Richtung hat der Gemeinschaftsgesetzgeber mit Art. 10 Abs. 2 EMAS-VO gemacht und dem nationalen Gesetzgeber aufgegeben, der EMAS-Eintragung bei der Durchführung der Umweltvorschriften Rechnung zu tragen, damit doppelter Arbeitsaufwand vermieden wird. Der Bundesgesetzgeber hat zur Erfüllung dieses Regelungsauftrags die §§ 58e BImSchG, 55a KrW- / AbfG, 21h WHG erlassen. Diese enthalten für die Bundesregierung bzw. die Länder die Ermächtigung, durch Rechtsverordnung resp. Landesrecht Erleichterungen zum Antragsinhalt im Genehmigungsverfahren sowie überwachungsrechtliche Erleichterungen zu normieren, falls die Anforderungen der EMAS-VO mit den entsprechenden ordnungsrechtlichen Anforderungen gleichwertig sind, wenn also funktionale Äquivalenz besteht.183 Mit der EMASPrivilegV184 hat der 181 Bayerische Staatskanzlei (Hrsg.), Umweltpakt Bayern. Miteinander die Umwelt schützen. Anlage, S. 41; Schneider, DV 28 (1995), 361 (386 f.); Lübbe-Wolff, ZUR 1996, 173 ff.; Böhm-Amtmann, ZUR 1997, 178 (180 ff.); Moormann, ZUR 1997, 188 (190 ff.); Feldhaus, UPR 1997, 341 (342 ff.); Knopp, NVwZ 2001, 1098 (1099 f.); Franzius, Die Herausbildung der Instrumente indirekter Verhaltenssteuerung im Umweltrecht der Bundesrepublik Deutschland, S. 217 ff.; Laskowski, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem“ Staat, S. 93 (99 ff.); Koch / Borchardt / Haag / Laskowski, Anlagenüberwachung im Umweltrecht, S. 266 ff.; Schmidt-Preuß, in: FS Kriele, S. 1157 (1179) spricht vom Kompensationsgebot (Gleichwertigkeit von privater und staatlicher Kontrolle). 182 Moormann, ZUR 1997, 188 (191); Schneider, Öko-Audit und Deregulierung im Immissionsschutzrecht, S. 130 ff., 144 ff. mit Substitutionsvorschlägen etwa zur umweltschutzsichernden Betriebsorganisation, zu den Informations- und Messpflichten und zum Genehmigungsverfahren; vgl. auch Groß, Die Privatisierung ordnungsrechtlicher Genehmigungs- und Aufsichtsverfahren auf der Grundlage des Öko-Audit-Systems, S. 101 f., 110 ff. 183 Vgl. Lechelt, in: Koch / Scheuing / Pache (Hrsg.), GK-BImSchG, § 58e Rn. 93; Jarass, DVBl. 2003, 298 (302); ders., BImSchG, § 58e Rn. 5. 184 Verordnung über immissionsschutz- und abfallrechtliche Überwachungserleichterungen für nach der Verordnung (EG) Nr. 761 / 2001 registrierte Standorte und Organisationen (EMAS-Privilegierungs-Verordnung – EMASPrivilegV) vom 24. Juni 2002 (BGBl. I S. 2247);

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Verordnungsgeber auf Bundesebene die Vorgaben des Gesetzgebers umgesetzt. Diese Verordnung trifft Regelungen für EMAS-Anlagen, also Anlagen, die Bestandteil einer registrierten Organisation oder eines nach Art. 17 Abs. 4 S. 1 EMAS-VO auf der EMAS-Eintragungsliste verbleibenden Standortes sind.185 Diese erfüllen z. B. die Anzeige- und Mitteilungspflichten zur Betriebsorganisation nach §§ 52a BImSchG, 53 KrW- / AbfG durch die Bereitstellung des Bescheides zur Standort- oder Organisationseintragung.186 Weiterhin soll die zuständige Behörde bei EMAS-Anlagen auf die Anordnung der Bestellung von Betriebsbeauftragten gem. §§ 53 Abs. 2 BImSchG, 54 Abs. 2 KrW- / AbfG verzichten.187 Ferner wird dem Betreiber einer EMAS-Anlage gestattet, bestimmte immissionsschutzrechtliche Messungen, die sonst von einer nach § 26 BImSchG bekannt gegebenen Stelle vorzunehmen sind, durch eigenes Personal durchführen zu lassen, wenn die erforderliche Fachkunde und Zuverlässigkeit im Betrieb vorhanden sind und geeignete Geräte eingesetzt werden.188 Auch sind bestimmte immissionsschutzrechtliche Berichte und Bescheinigungen der zuständigen Behörde nur auf Verlangen vorzulegen.189 Aus der Begründung zur EMASPrivilegV190 geht hervor, dass die Regelungen dieser Verordnung auf dem Prinzip der funktionalen Äquivalenz basieren. Ordnungsrecht und EMAS müssten dabei die gleiche Steuerungswirkung entfalten; die Kontrolle der Unternehmen durch Umweltgutachter und deren Beaufsichtigung durch die DAU als Beliehene stellen nach der Verordnungsbegründung einen Sicherungsmechanismus dar. Dies zeigt also, dass die rechtspolitischen Vorschläge in Bezug auf Substitution und funktionale Äquivalenz beim Verordnungsgeber Gehör gefunden haben.

2. Private Normung und europäisches Umweltrecht a) Die „Neue Konzeption“ der Gemeinschaft und die Harmonisierungsrichtlinien Die auf nationaler Ebene existierende Symbiose zwischen staatlicher Rechtsetzung und privater technischer Normierung ist mittlerweile auch auf EG-Ebene deutlich ausgeprägt. Während die private Normungstätigkeit allgemein die Funktion hat, dass nichtstaatliche Stellen durch sachverständige Beratung der Verwaltung und Aufstellung von technischen Standards an der hoheitlichen Rechtsetzung vgl. hierzu auch Ernsthaler / Funk / Gesmann-Nuissl / Selz, Umweltauditgesetz / EMAS-Verordnung, S. 193 f. 185 § 1 EMASPrivilegV. 186 § 2 EMASPrivilegV. 187 § 3 Abs. 1 EMASPrivilegV. 188 § 5 Abs. 1 EMASPrivilegV. 189 § 7 EMASPrivilegV. 190 BR-Drucks. 730 / 01, S. 11 f.

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kooperativ mitwirken,191 hat die Standardsetzung in der EG eine weitere Aufgabe. Die EG verfolgt nämlich das Ziel, einen Binnenmarkt zu verwirklichen, also einen Raum ohne Binnengrenzen insbesondere auch für den freien Warenverkehr (vgl. Art. 14 Abs. 1 und 2 EG). Deswegen können die diversen mitgliedstaatlichen Anforderungen an die Herstellung und Beschaffenheit von Produkten ein Handelshemmnis darstellen. Die Verbindung von derartigen rechtlichen Anforderungen mit nationalen privaten Normen kann vor allem die ausländischen Importeure dazu zwingen, ihre Waren den jeweiligen nationalen Regelwerken anzupassen. Auch kann die inländische Industrie bestrebt sein, auf technische Standards hinzuwirken, die ihre Position gegenüber ausländischen Konkurrenten stärken. Damit würde es zu einer teilweisen Abschottung des nationalen Marktes, zur Behinderung des Wettbewerbs und zu einer Einschränkung der Wahlfreiheit des Verbrauchers kommen.192 Einheitliche europäische Normen können diesen Tendenzen entgegenwirken. Nicht zuletzt aus diesen Gründen verfolgte die EG ursprünglich das Ziel, die technischen Hemmnisse im Warenverkehr, die sich aus unterschiedlichen normativen Vorgaben der Mitgliedstaaten ergaben, im Wege der Harmonisierung zu beseitigen.193 Der dazu gewählte Weg der Vollharmonisierung nach Art. 100 EGV a.F. durch europaweite einheitliche Anforderungen194 erwies sich allerdings als ineffizient, da sämtliche technischen Details in die entsprechenden Richtlinien eingearbeitet wurden und den gesamten, einstimmig zum Abschluss zu bringenden195 Rechtsetzungsprozess durchlaufen mussten. Deswegen verfolgt die EG seit 1985 mit ihrer „Neuen Konzeption“196, in deren Anhang II Teil B197 ein aus zehn Hauptelementen bestehendes Schema im Sinne einer „Modellrichtlinie“ formuliert ist, einen anderen Weg der technischen Harmonisierung. In der Neuen Konzeption geht die EG insbesondere von vier Grundprinzipien aus: Danach beschränkt sich erstens die Harmonisierung auf die Festlegung der grundlegenden Sicherheitsanforderungen durch Richtlinien, die seit der Einheitlichen Europäischen Akte198 auf der Basis von Art. 100a EGV a.F. bzw. Art. 95 EG ergehen. Vgl. oben § 6 I 2 und Lamb, Kooperative Gesetzeskonkretisierung, S. 195 ff. Vgl. Vieweg, in: Müller-Graff (Hrsg.), Technische Regeln im Binnenmarkt, S. 57 (59 ff.); Marburger / Enders, UTR Bd. 27 (1994), S. 333 (334 f.); Voelzkow, Private Regierungen in der Techniksteuerung, S. 266 ff. 193 Entschliessung des Rates vom 28. Mai 1969 über ein Programm zur Beseitigung der technischen Hemmnisse im Warenverkehr mit gewerblichen Erzeugnissen, die sich aus Unterschieden in den Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten ergeben, ABl. 1969, Nr. C 76, S. 1. 194 Vgl. hierzu ausführlich Zubke-von Thünen, Technische Normung in Europa, S. 715 ff. 195 Vgl. Art. 100 EGV a.F. bzw. Art. 94 EG. 196 Entschliessung des Rates vom 7. Mai 1985 über eine neue Konzeption auf dem Gebiet der technischen Harmonisierung und der Normung, ABl. 1985, Nr. C 136, S. 1. 197 ABl. 1985, Nr. C 136, S. 4 ff. 198 Einheitliche Europäische Akte vom 17. 2. 1986, ABl. 1987, Nr. L 169, S. 1. 191 192

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Zweitens wird den für die Industrienormung zuständigen privaten Gremien – insbesondere den Vereinigungen CEN199, CENELEC200, später auch ETSI201 – die Aufgabe übertragen, technische Spezifikationen auszuarbeiten, die den in den Richtlinien enthaltenen Vorgaben entsprechen. Diese technischen Normen sollen drittens nicht verpflichtend sein, ihre Befolgung soll vielmehr freiwillig bleiben. Viertens werden die nationalen Verwaltungen verpflichtet, bei Produkten, die nach den harmonisierten Normen hergestellt wurden, eine Übereinstimmung mit den Anforderungen der entsprechenden Richtlinie anzunehmen.202 Entsprechend diesen Grundsätzen sind bereits einige sektorielle Richtlinien ergangen.203 Die neue Richtlinie der EG über die allgemeine Produktsicherheit204, die gegenüber den sektoriellen Richtlinien subsidiär anwendbar ist, hat diese Prinzipien nochmals im Einzelnen formuliert205. Da nach der Neuen Konzeption die technischen Normen nicht rechtsverbindlich sein sollten,206 bedurfte es eines Verfahrens, innerhalb dessen die Konformität des Produkts mit den jeweiligen Sicherheitsanforderungen geprüft und festgestellt wird. Nach dem sog. Modul-Beschluss207 des Rates ist es das Hauptziel des Konformitätsbewertungsverfahrens, die Behörden in die Lage zu versetzen, sich zu vergewissern, dass die in den Verkehr gebrachten Produkte im Hinblick auf den Gesundheitsschutz oder die Sicherheit der Verbraucher in Übereinstimmung mit 199 Comité Européen de Normalisation – diese Organisation ist für alle Bereiche der Technik mit Ausnahme der Elektrotechnik und der Telekommunikation zuständig; für die Ausarbeitung von Elektrotechniknormen ist CENELEC zuständig, für die Ausarbeitung von Telekommunikationsnormen ETSI. 200 Comité Européen de Normalisation Electrotechnique. 201 European Telecommunications Standards Institute. 202 ABl. 1985, Nr. C 136, S. 2 f. 203 Z. B. Richtlinie 87 / 404 / EWG des Rates vom 25. Juni 1987 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für einfache Druckbehälter, ABl. 1987, Nr. L 220, S. 48; Richtlinie 94 / 9 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. März 1994 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für Geräte und Schutzsysteme zur bestimmungsgemäßen Verwendung in explosionsgefährdeten Bereichen, ABl. 1994, Nr. L 100, S. 1; Richtlinie 94 / 25 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Juni 1994 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Sportboote, ABl. 1994, Nr. L 164, S. 15; Richtlinie 2000 / 9 / EG des Euorpäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 über Seilbahnen für den Personenverkehr, ABl. 2000, Nr. L 106, S. 21. 204 Richtlinie 2001 / 95 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Dezember 2001 über die allgemeine Produktsicherheit, ABl. 2002, Nr. L 11, S. 4; vgl. hierzu Klindt, EuZW 2002, 133 ff. 205 Vgl. Art. 3 Abs. 2 und Art. 4 Produktsicherheits-RL. 206 Im Anwendungsbereich der Produktsicherheits-RL vgl. Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 dieser RL. 207 93 / 465 / EWG: Beschluss des Rates vom 22. Juli 1993 über die in den technischen Harmonisierungsrichtlinien zu verwendenden Module für die verschiedenen Phasen der Konformitätsbewertungsverfahren und die Regeln für die Anbringung und Verwendung der CEKonformitätskennzeichnung, ABl. 1993, Nr. L 220, S. 23.

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den Einzelrichtlinien hergestellt wurden.208 Verläuft dieses Verfahren positiv, darf das Produkt das CE-Zeichen verwenden, das diese Konformität symbolisiert, aber kein Qualitätszeichen darstellt.209 Dabei erfolgt die Konformitätsbewertung in den einzelnen Harmonisierungsrichtlinien durch besondere Module, die in dem ModulBeschluss aufgeführt sind, aber in den Einzelrichtlinien abgeändert oder kombiniert werden können.210 Das Modul A betrifft beispielsweise die interne Erfolgskontrolle durch den Hersteller, der die technischen Unterlagen zusammenstellt und sodann erklärt, dass sein Produkt die einschlägigen Anforderungen der Richtlinie erfüllt.211 Modul B beschreibt die Baumusterprüfung, bei der auf Antrag des Herstellers eine Zertifizierungsstelle bestätigt, dass ein für die Produktion repräsentatives Muster den Vorgaben der Richtlinie entspricht.212 Ist z. B. nach dieser Konformitätsbewertung das CE-Zeichen auf einem Sportboot angebracht, dann dürfen die Mitgliedstaaten das Inverkehrbringen und die Inbetriebnahme des Sportbootes nicht verbieten oder einschränken.213 Welche Rolle die europäischen Techniknormen in diesem Konformitätsbewertungsverfahren spielen, soll im Folgenden untersucht werden. b) Bindungswirkung europäischer Techniknormen nach der Modellrichtlinie Die wichtigsten die europäischen Standards ausarbeitenden Normungsorganisationen CEN und CENELEC sind privatrechtliche Körperschaften belgischen Rechts mit Sitz in Brüssel. Mitglieder dieser Organisationen können nur Vertreter der nationalen Normungsgremien sein, wobei Deutschland in CEN vom DIN, in CENELEC von der DKE214 repräsentiert wird.215 CEN und CENELEC haben eine gemeinsame Geschäftsordnung,216 in der auch die Kooperation zwischen diesen Organisationen auf den Gebieten, in denen sich ihre Facharbeit überschneidet, geregelt ist.217 Bei den von diesen Vereinigungen gefassten Beschlüssen ist möglichst Beschluss 93 / 465 / EWG, ABl. 1993, Nr. L 220, S. 25. Vgl. im deutschen Recht § 6 GPSG. 210 Zu den Einzelheiten s. Tünnesen-Harmes, DVBl. 1994, 1334 (1338 ff.); Falke, in: Winter (Hrsg.), Die Europäischen Gemeinschaften und das Öffentliche, S. 79 (110 ff.); Anselmann, in: Müller-Graff (Hrsg.), Technische Regeln im Binnenmarkt, S. 101 (109 f.); Jörissen, Produktbezogener Umweltschutz und technische Normen, S. 21 ff. 211 Vgl. z. B. Anhang V Sportboot-RL (94 / 25 / EG). 212 Vgl. z. B. Anhang VII Sportboot-RL (94 / 25 / EG). 213 Art. 4 Abs. 1 Sportboot-RL (94 / 25 / EG). 214 Deutsche Elektrotechnische Kommission im DIN und VDE. 215 Zu Organisation und Aufgaben vgl. Zubke-von Thünen, Technische Normung in Europa, S. 634 ff.; Di Fabio, Produktharmonisierung durch Normung und Selbstüberwachung, S. 33 ff. 216 CEN / CENELEC, Geschäftsordnung, Teil 2: Gemeinsame Regeln für die Normungsarbeit. 217 CEN / CENELEC, Geschäftsordnung, Teil 2, Ziff. 4.2 und 4.3. 208 209

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Einstimmigkeit anzustreben.218 Wird von ihnen eine Europäische Norm (EN) angenommen, sind ihre Mitglieder verpflichtet, diese Norm auf mitgliedstaatlicher Ebene zu übernehmen, indem dieser der Status einer nationalen Norm verliehen wird.219 Diese harmonisierten Normen haben nach der Modellrichtlinie und den sektoriellen Richtlinien zwar keinen obligatorischen Charakter;220 allerdings wäre mit dieser Beschreibung ihre Wirkungsweise nur unzureichend dargestellt. Nach der Modellrichtlinie haben die Mitgliedstaaten nämlich von der Einhaltung der grundlegenden Sicherheitsanforderungen bei solchen Erzeugnissen auszugehen, bei denen in der Konformitätsbescheinigung bestätigt wird, dass sie mit den harmonisierten Normen, die von der zuständigen Normungsorganisation festgelegt und deren Fundstellen im Amtsblatt der EG veröffentlicht wurden, übereinstimmen.221 Die mitgliedstaatlichen Behörden dürfen also nicht von einem lediglich indiziellen Charakter der technischen Normen ausgehen222 und diese, wenn sie ihre Zulänglichkeit bezweifeln, unberücksichtigt lassen. Wird von einem Mitgliedstaat festgestellt, dass ein Erzeugnis die Sicherheit von Personen oder Sachen zu gefährden droht, so trifft dieser nur vorläufige Maßnahmen, um das Inverkehrbringen des betreffenden Produktes rückgängig zu machen oder zu verbieten (sog. Schutzklausel).223 Allerdings muss der Mitgliedstaat die Kommission von seiner Entscheidung unterrichten, welche dann mit dem Mitgliedstaat Konsultationen aufnimmt. Wenn der Mitgliedstaat die Maßnahme beibehalten will, befasst die Kommission einen Ausschuss mit dieser Frage,224 der sich aus von den Mitgliedstaaten ernannten Vertretern zusammensetzt und dessen Vorsitz ein Kommissionsvertreter innehat.225 Stellt die Kommission nach Anhörung des Ausschusses fest, dass die Maßnahmen gerechtfertigt sind, insbesondere weil die harmonisierte Norm mangelhaft ist, so lässt sie die Norm aus den Veröffentlichungen streichen.226

CEN / CENELEC, Geschäftsordnung, Teil 2, Ziff. 6.1.1. CEN / CENELEC, Geschäftsordnung, Teil 2, Ziff. 2.5 und 6.4.1. 220 Vgl. ABl. 1985, Nr. C 136, S. 3; zur Vermutungswirkung im Anwendungsbereich der Produktsicherheits-RL vgl. Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 dieser RL; im nationalen Recht s. §§ 4 Abs. 1 S. 2, 2 Abs. 16 GPSG. 221 Vgl. Abschn. V Ziff. 1 lit. a) Modellrichtlinie. 222 Vgl. zum deutschen Recht § 6 I 1. 223 Abschn. VII Ziff. 1 Modellrichtlinie; vgl. z. B. auch Art. 7 Abs. 1 Sportboot-RL (94 / 25 / EG). 224 Abschn. VII Ziff. 2 Modellrichtlinie; vgl. z. B. auch Art. 7 Abs. 2 Sportboot-RL (94 / 25 / EG). 225 Sog. Ständiger Ausschuss gem. Art. 5 Informations-RL (Richtlinie 98 / 34 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften, ABl. 1998, Nr. L 204, S. 37, geändert durch Richtlinie 98 / 48 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juli 1998 zur Änderung der Richtlinie 98 / 34 / EG über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften, ABl. 1998, Nr. L 217, S. 18). 218 219

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Die harmonisierten technischen Normen haben also nach der Modellrichtlinie und den Sektorrichtlinien eine nicht unbeträchtliche Wirkung. Die Mitgliedstaaten dürfen insbesondere nicht aus eigener Kompetenz über die Eignung einer EN entscheiden, sondern verfügen lediglich über begrenzte administrative Befugnisse. Für die Mitgliedstaaten stellen die EN eine quasi-verbindliche Konkretisierung der grundlegenden Sicherheitsanforderungen dar. Dies führt insbesondere zu einer weitgehenden Harmonisierung der technischen Maßstäbe innerhalb der EG, da für die einzelnen Produkte durch die EN einheitliche Vorgaben aufgestellt werden, die von den nationalen Behörden in der Regel nicht in Frage gestellt werden dürfen.227 Diese sind nach der Modellrichtlinie insbesondere nicht befugt, Kontrollsysteme vor dem Inverkehrbringen der Produkte einzurichten, sondern haben sich auf eine Stichprobenkontrolle zu beschränken.228 Damit wird die tradierte, im nationalen Recht vorgesehene ex-ante Kontrolle und Genehmigung technischer Produkte von einer gemeinschaftsrechtlichen „Nachmarktkontrolle“ verdrängt.229 Die mitgliedstaatlichen Behörden werden, falls sie eine EN für mangelhaft halten, auf das aufwendige Schutzklauselverfahren verwiesen. Sie können dieses Verfahren zwar initiieren und mit der Kommission über die Aufhebung einer EN verhandeln; die Kommission entscheidet aber selbst nach Anhörung des eingesetzten Ausschusses über die Streichung der entsprechenden Norm. Für den Hersteller wiederum ist es nach diesem Regelungssystem am sichersten, wenn er entsprechend den harmonisierten Normen produziert, weil in diesem Fall von der Richtlinienkonformität des Produkts ausgegangen wird. Da der Nachweis der Richtlinienkonformität bei nicht normgemäß hergestellten Erzeugnissen deutlich schwieriger ist, wird der Hersteller einem faktischen Zwang zur Befolgung der EN ausgesetzt.230 Dies zeigt, dass die Charakterisierung harmonisierter Normen als freiwillig zu befolgende Regeln in gewisser Weise irreführend ist; die europäischen Techniknormen haben nämlich eine rechtliche Wirkung, die über die Vermutungs- oder Indizwirkung nationaler Techniknormen deutlich hinausreicht.231

226 Abschn. VII Ziff. 3 i.V.m. Abschn. VI Ziff. 1 Modellrichtlinie; vgl. z. B. auch Art. 7 Abs. 2 i.V.m. 6 Abs. 1 Sportboot-RL (94 / 25 / EG); im Anwendungsbereich der Produktsicherheits-RL vgl. Art. 4 Abs. 2 dieser RL. 227 Vgl. auch Roßnagel, DVBl. 1996, 1181 (1183 f.); Breulmann, Normung und Rechtsangleichung in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, S. 163. 228 Abschn. II Ziff. 2 Modellrichtlinie. 229 Vgl. Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (210 f.); Di Fabio, Produktharmonisierung durch Normung und Selbstüberwachung, S. 64 f. 230 Schulte, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR Bd. I, § 17 Rn. 84; Marburger / Enders, UTR Bd. 27 (1994), S. 333 (360 ff.). 231 Vgl. Jörissen, Produktbezogener Umweltschutz und technische Normen, S. 78 f.; Breulmann, Normung und Rechtsangleichung in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, S. 156 ff., 173 f., der die harmonisierten Normen deswegen als Tatbestandsregeln ansieht; Roßnagel, DVBl. 1996, 1181 (1184); Marburger / Enders, UTR Bd. 27 (1994), S. 333 (363); a. A. v. Danwitz, in: Rengeling (Hrsg.), Umweltnormung, S. 187 (199 ff.).

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c) Kooperationsebenen in der europäischen Umweltnormung Nach der Neuen Konzeption und der Informations-RL finden einige Kooperationen zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission statt, z. B. in Form von Konsultationen bei innerstaatlichen Regelungsinitiativen oder Mitteilungspflichten bei der Aufstellung nationaler Techniknormen.232 Doch beschränkt sich die Zusammenarbeit auf EG-Ebene nicht auf diese „intergemeinschaftlichen“ Kooperationsbeziehungen; es gibt auch einige Kooperationsverhältnisse zwischen EG-Institutionen, Mitgliedstaaten und Privaten. Bereits 1984 trafen die EG-Kommission und die Normungsorganisationen CEN / CENELEC eine Kooperationsvereinbarung, in der zur Stärkung der Kapazität der europäischen Normung gegenseitige Pflichten geregelt werden.233 Die Kommission erklärt sich darin bereit, bei ihren Vorschlägen zur technischen Harmonisierung möglichst auf EN zu verweisen und den europäischen Gremien Normungsmandate zu erteilen. Ferner sollen diese Organisationen im Rahmen der Haushaltsmittel der Gemeinschaft finanziell unterstützt werden. CEN / CENELEC verpflichten sich u. a. dazu, die erforderliche Infrastruktur zu unterhalten, um die übertragenen Normungsaufträge ordnungsgemäß erfüllen zu können. Zudem sollen Vertreter der Kommission eingeladen werden, um an den Sitzungen der technischen Ausschüsse teilzunehmen. Auch wollen CEN / CENELEC sicherstellen, dass interessierte Kreise, insbesondere staatliche Behörden, Industrie, Verbraucher und Gewerkschaften an der Ausarbeitung der EN beteiligt werden. Durch diese Vereinbarung wollte die EG also auf organisatorischer und finanzieller Ebene ihre Zusammenarbeit mit den privaten Normungsgremien regeln. Neben diesem formellen Kooperationsverhältnis lassen sich weiterhin kooperative Handlungsmuster auch im Konformitätsbewertungsverfahren erkennen.234 Der Hersteller kann, wenn etwa in den sektoriellen Richtlinien die interne Fertigungskontrolle nach dem Modul A vorgeschrieben wird,235 eine eigene Konformitätserklärung abgeben und das CE-Kennzeichen auf sein Produkt anbringen. Damit leistet er einen selbstregulativen Beitrag zur Konformitätsbewertung und verschafft sich den ungehinderten Zugang zu den Warenmärkten. Da die nationalen Verwaltungen erst nachträglich Maßnahmen ergreifen können, hat der private Kooperationspartner eine besonders autonome Stellung. Im Rahmen der Baumusterprüfung sind ferner Zertifizierungsstellen, die auch private Institute sein können, Vgl. ABl. 1985, Nr. C 136, S. 2; Art. 8 Informations-RL (98 / 34 / EG). Allgemeine Leitsätze für die Zusammenarbeit zwischen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften und den Europäischen Normenorganisationen Europäisches Komitee für Normung (CEN) und Europäisches Komitee für Elektrotechnische Normung (CENELEC), abgedr. in: DIN-Mitt. 64. 1985, 78 f.; vgl. hierzu auch Zubke-von Thünen, Technische Normung in Europa, S. 757 ff. 234 Vgl. auch Di Fabio, Produktharmonisierung durch Normung und Selbstüberwachung, S. 49 f. 235 Vgl. hierzu § 11 IV 2 a). 232 233

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eingeschaltet; diese überprüfen die Richtlinienkonformität des einzelnen Baumusters und stellen für den Hersteller eine EG-Baumusterprüfbescheinigung aus. Hier überträgt die Gemeinschaft also Kontroll- und Überwachungsaufgaben auf private Akteure und beschränkt sich darauf, in den Einzelrichtlinien bestimmte Mindestkriterien für die Zertifizierungsstellen vorzuschreiben (z. B. Ausstattung der Zertifizierungsstellen mit Personal und technischen Einrichtungen, Gewährleistung zuverlässiger und unabhängiger Prüfungen).236 Darüber hinaus haben sich zwischen der EG-Kommission, den Mitgliedstaaten und den europäischen Normungsinstitutionen kooperative Arrangements herausgebildet, in denen der private Kooperationspartner einen besonderen Handlungsspielraum hat. Die Bedeutung der europäischen Normungsgremien rührt vor allem daher, dass die harmonisierten EN von den Herstellern weitgehend befolgt werden. Die EG-Kommission vergibt zwar Normungsaufträge237 und steuert dadurch partiell die Tätigkeit der Normungsgremien. Durch den Aufbau einer korporativen Struktur im Bereich der technischen Normung hat sie zudem auch ihren Aktionsradius zur Verwirklichung des europäischen Binnenmarktes tendenziell erweitert.238 Allerdings findet in Form der Aufgabenübertragung eine Kooperation239 mit den privaten europäischen Gremien statt, deren Zulässigkeit nicht selten bezweifelt wird.240 Die Bedenken resultieren vor allem daraus, dass eine faktische Aufgabendelegation an Private vorliegen könnte, die mit dem Grundsatz der beschränkten Einzelermächtigung (Art. 5 Abs. 1 EG) unvereinbar wäre. Nach diesem Grundsatz bedarf jedes Handeln der Gemeinschaft einer ausdrücklichen, vertraglich verankerten Ermächtigungsgrundlage; dies muss erst recht für die Tätigkeit vertragsfremder Institutionen gelten. Der EuGH hat in Bezug auf die Übertragung von Hoheitsbefugnissen auf vertragsfremde Einrichtungen in seiner „Meroni“-Rspr.241 eine Delegation nur in eng umgrenzten Fällen für zulässig erachtet.242 Voraussetzung für die Zulässigkeit ist, dass diese Einrichtungen lediglich die von den Gemeinschaftsorganen gefassten Beschlüsse durchführen. Ferner muss die vertragsfremde Einrichtung ausdrücklich vom zuständigen Gemeinschaftsorgan beauftragt worden sein und darf nur begrenzte Ausführungsbefugnisse ohne einen weiten eigenen ErVgl. z. B. Anhang XIV Sportboot-RL (94 / 25 / EG). Vgl. ABl. 1985, Nr. C 136, S. 3. 238 Vgl. Voelzkow, Private Regierungen in der Techniksteuerung, S. 307; Falke, in: Winter (Hrsg.), Die Europäischen Gemeinschaften und das Öffentliche, S. 79 (122 ff.). 239 Zur Kooperation als Delegationskonzept vgl. § 4 V 4. 240 Vgl. Breulmann, Normung und Rechtsangleichung in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, S. 175 ff., 217 ff.; Rönck, Technische Normen als Gestaltungsmittel des Europäischen Gemeinschaftsrechts, S. 194 ff.; Schulte, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR Bd. I, § 17 Rn. 88 ff.; Jörissen, Produktbezogener Umweltschutz und technische Normen, S. 80 ff.; Roßnagel, DVBl. 1996, 1181 (1185 ff.). 241 EuGH, Rs. 9 / 56 und 10 / 56, Slg. 1958, 9 (36 ff.); 51 (75 ff.) – „Meroni“. 242 Vgl. auch Oppermann, Europarecht, Rn. 660. 236 237

IV. Kooperation durch Selbstkontrolle

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messensspielraum besitzen. Auch müssen die Verantwortlichkeit und die Kontrollbefugnisse der EG-Organe gewahrt bleiben. Da die in den Harmonisierungsrichtlinien verwendeten Klauseln, welche die grundlegenden Sicherheitsanforderungen formulieren,243 den Normungsinstitutionen einen erheblichen Entscheidungsspielraum eröffnen und die Vereinigungen während des Normsetzungsverfahrens verschiedene Abwägungen technischer, wirtschaftlicher und sicherheitspolitischer Art vornehmen, könnte man darin eine rechtsetzende Tätigkeit sehen. Die privaten Gremien wären an der staatlichen Rechtsetzung beteiligt, ohne dass sie hierzu vertraglich ermächtigt wären und ohne dass die Prämissen, die vom EuGH für eine Delegation von Hoheitsbefugnissen an Private aufgestellt wurden, vorlägen. Demgegenüber könnte man jedoch auf die überragende Bedeutung der Binnenmarktidee im Gemeinschaftsrecht hinweisen und betonen, dass die Normung in besonderem Maße der wirtschaftlichen Harmonisierung im europäischen Staatenverbund dient.244 Auch können die Mitgliedstaaten oder die Kommission im Rahmen der Verwaltung der Normenliste den eingesetzten Ausschuss zu einer Stellungnahme auffordern, wenn sie der Ansicht sind, dass harmonisierte Normen oder Normentwürfe nicht den grundlegenden Sicherheitsanforderungen entsprechen. Aufgrund der Stellungnahme des Ausschusses kann es zur Streichung der Norm aus der Normenliste auf Veranlassung der Kommission kommen.245 Würde man unter diesen Aspekten eine Europarechtswidrigkeit ablehnen, müssten aber zweifelsohne bestehende rechtsstaatliche Defizite behoben werden. Der Normungsprozesses könnte beispielsweise dadurch transparenter gestaltet werden, dass man Normentwürfe frühzeitig publiziert. Zudem müsste für einen besseren Informationsfluss von den europäischen Normungsgremien in die Mitgliedstaaten gesorgt werden, wobei auch die nationalen Verwaltungen, die mit entsprechenden technischen und personellen Ressourcen ausgestattet sind, stärker in den Normsetzungsprozess einzubinden wären. Damit könnte die Durchsetzung von öffentlichen Belangen, insbesondere von Verbraucher- und Umweltschutzinteressen, forciert werden. Darüber hinaus müsste die Bindungswirkung der technischen Normen gemindert werden, indem den Normen eine lediglich widerlegbare Vermutungswirkung zugebilligt wird.246 Diese und weitere Vorkehrungen könnten zuVgl. z. B. Art. 3 Sportboot-RL (94 / 25 / EG). Vgl. Di Fabio, Produktharmonisierung durch Normung und Selbstüberwachung, S. 87 ff.; eine unzulässige Delegation verneinen auch v. Danwitz, in: Rengeling (Hrsg.), Umweltnormung, S. 187 (203 ff.); Vieweg, in: Müller-Graff (Hrsg.), Technische Regeln im Binnenmarkt, S. 57 (75); Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (209 f.); ders., in: Kloepfer (Hrsg.), Selbst-Beherrschung im technischen und ökologischen Bereich, S. 89 (98 f.); Marburger / Enders, UTR Bd. 27 (1994), S. 333 (363 f.). 245 Vgl. Abschn. VI Ziff. 1 Modellrichtlinie; zur Normenliste vgl. auch Rönck, Technische Normen als Gestaltungsmittel des Europäischen Gemeinschaftsrechts, S. 220 f. 246 Vgl. zu diesbezüglichen Reformvorschlägen Rönck, Technische Normen als Gestaltungsmittel des Europäischen Gemeinschaftsrechts, S. 217 ff., 286 ff.; Di Fabio, Produktharmonisierung durch Normung und Selbstüberwachung, S. 107 ff.; Jörissen, Produktbezogener Umweltschutz und technische Normen, S. 89 ff. 243 244

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§ 11 Das Kooperationsprinzip im europäischen Umweltrecht

mindest eine Wirkung entfalten: Sie würden die gemeinschaftsrechtlichen Defizite mindern, die aufgrund der Entscheidungsbefugnisse des privaten Kooperationspartners entstanden sind.

V. Umweltvereinbarungen im Gemeinschaftsraum Bereits im fünften Umweltaktionsprogramm sah die Gemeinschaft die Notwendigkeit der Entwicklung einer größeren Anzahl von Instrumenten in der Umweltpolitik. Hierzu zählten aus ihrer Sicht ökonomische und steuerliche Instrumente, aber auch freiwillige Vereinbarungen.247 In ihrer Mitteilung über Umweltvereinbarungen248 befasste sich die Kommission später intensiver mit den kooperativen Vereinbarungen und sah als besondere Vorteile einer derartigen Zusammenarbeit mit der Wirtschaft die Möglichkeit an, kostenwirksame und maßgeschneiderte Lösungen zu finden und die gesetzlichen Ziele rasch zu verwirklichen.249 Sie differenziert in dieser Mitteilung zwischen zwei Arten von Vereinbarungen: Vereinbarungen zur Durchführung von Gemeinschaftsrichtlinien und Vereinbarungen mit der EG als Verhandlungspartner.250 Dabei stellt die Kommission Leitlinien auf, die bei der Ausarbeitung, dem Abschluss und der Durchführung einer Vereinbarung zu berücksichtigen sind. Diese Leitlinien enthalten Angaben zu den an der Abstimmung Beteiligten, zur Form der Vereinbarung, und zu den Zielen, die einer Vereinbarung zugrunde liegen müssen. Außerdem ist nach diesen Vorschlägen die Öffentlichkeit durch die Publikation der Vereinbarung im Amtsblatt der EG zu informieren, um damit Transparenz zu schaffen; die Ergebnisse, die erreicht werden, sollen durch ein unabhängiges Gremium begutachtet werden.251 Einen weiteren Schritt macht die Kommission in ihrem Aktionsplan „Vereinfachung und Verbesserung des Regelungsumfelds“252 bzw. in ihrer hierzu gehörigen Mitteilung über Umweltvereinbarungen auf Gemeinschaftsebene.253 Darin 247 ABl. 1993, Nr. C 138, S. 68; vgl. auch S. 14: Nach dem Konzept der Zusammenarbeit sollen der Dialog mit der Industrie verstärkt und freiwillige Vereinbarungen unterstützt werden; vgl. hierzu auch Krämer, in: Rengeling / Hof (Hrsg.), Instrumente des Umweltschutzes im Wirkungsverbund, S. 80 (81 f.). 248 Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über Umweltvereinbarungen, KOM(96) 561 endg. vom 27. 11. 1996, S. 1; vgl. auch 96 / 733 / EG: Empfehlung der Kommission vom 9. Dezember 1996 über Umweltvereinbarungen zur Durchführung von Richtlinien der Gemeinschaft, ABl. 1996, Nr. L 333, S. 59. 249 KOM(96) 561 endg. vom 27. 11. 1996, S. 3. 250 KOM(96) 561 endg. vom 27. 11. 1996, S. 18 ff.; 21 ff. 251 KOM(96) 561 endg. vom 27. 11. 1996, S. 11 ff.; zur Ausgestaltung von Umweltvereinbarungen im Energiebereich vgl. Frenz, EuR 1999, 27 (42 ff.). 252 Mitteilung der Kommission: Aktionsplan „Vereinfachung und Verbesserung des Regelungsumfelds“, KOM (2002) 278 endg. vom 05. 06. 2002, S. 1. 253 Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Wirtschaftsund Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Umweltvereinbarungen auf Gemein-

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wird neben dem Instrument der Selbstregulierung, das vor allem freiwillige Vereinbarungen der Wirtschafts- und Sozialakteure umfasst, das Instrument der Koregulierung genannt. Bei der Koregulierung sollen die Beteiligten die Umweltvereinbarung künftig im Rahmen eines Rechtsakts – z. B. einer Richtlinie – treffen, der als Regelungsgerüst die wesentlichen Aspekte wie Ziele, Mechanismen für die Durchführung der Vereinbarung, Überwachungsmethoden und Sanktionen normiert.254 Damit sollen die Vorteile von Umweltvereinbarungen mit den durch die Rechtsetzung erreichbaren rechtlichen Garantien verbunden werden.255 Dieses neue Konzept wird sich in der Praxis noch zu bewähren haben. Besondere juristische Fragestellungen gibt es allerdings nach wie vor bei den Vereinbarungen zur Durchführung von Richtlinien und den Absprachen auf Gemeinschaftsebene.

1. Verbindliche und unverbindliche Umweltvereinbarungen zur Richtlinientransformation Für die Umsetzung von Richtlinien in das nationale Recht sind die Mitgliedstaaten als Adressaten dieser Rechtsakte zuständig. Die zur Umsetzung von Umweltrichtlinien notwendigen Vereinbarungen müssten demnach von den Mitgliedstaaten abgeschlossen werden. Da die Richtlinien hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich sind, den Mitgliedstaaten aber die Wahl der Form und Mittel zur Umsetzung überlassen (Art. 249 Abs. 3 EG), kommen als Instrumente der Transformation grds. auch Absprachen in Betracht. Bei Richtlinien, die Individualrechtspositionen begründen, fordert der EuGH jedoch eine Umsetzung in die innerstaatliche Rechtsordnung durch gesetzliche Bestimmungen, die hinreichend klar und eindeutig ausgestaltet sind. Eine Transformation durch verwaltungsinterne Regeln wie Verwaltungsvorschriften256 wäre genauso unzulässig wie eine Umsetzung durch Absprachen. Allerdings kann eine Richtlinie selbst freiwillige Absprachen als mögliches Instrument zur Umsetzung zulassen, wie dies z. B. in Art. 1 RL 93 / 76 / EWG257 geschehen ist. Demnach kann der Mitgliedstaat das Ziel der Begrenzung der Kohlendioxidemissionen durch eine effizientere Energienutzung mit der Aufstellung und Umsetzung von Programmen verwirklichen, die auch freiwillige Vereinbarungen sein können. Jenseits dieser Konstellation können Absprachen, auch wenn eine schaftsebene im Rahmen des Aktionsplans „Vereinfachung und Verbesserung des Regelungsumfelds“, KOM (2002) 412 endg. vom 17. 07. 2002, S. 1. 254 Vgl. KOM (2002) 278 endg. vom 05. 06. 2002, S. 12 ff.; KOM (2002) 412 endg. vom 17. 07. 2002, S. 13 f. 255 Vgl. KOM (2002) 412 endg. vom 17. 07. 2002, S. 8. 256 EuGH, Rs. 361 / 88, Slg. 1991, I-2567 – „Kommission / Bundesrepublik Deutschland“. 257 Richtlinie 93 / 76 / EWG des Rates vom 13. September 1993 zur Begrenzung der Kohlendioxidemissionen durch eine effizientere Energienutzung (SAVE), ABl. 1993, Nr. L 237, S. 28.

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§ 11 Das Kooperationsprinzip im europäischen Umweltrecht

Richtlinie dies nicht ausdrücklich vorsieht, sondern die Mitgliedstaaten allgemein zur Aufstellung von Programmen verpflichtet,258 nach der Rspr. des EuGH ein taugliches Mittel darstellen, um die Ziele einer Richtlinie zu erreichen, wenn die Absprachen deren inhaltliche Vorgaben erfüllen.259 Allerdings ist die Kommission gegenüber der Umsetzung von Richtlinien durch Selbstverpflichtungen in Form von unverbindlichen Vereinbarungen eher skeptisch. Die Mitgliedstaaten seien verpflichtet, verbindliche Maßnahmen zu ergreifen und könnten sich nicht auf Selbstverpflichtungen der Industrie berufen. Nur verbindliche Abkommen seien geeignete und ausreichende Mittel zur Durchführung der Richtlinien.260 Sie sollten in Form eines zivil- oder öffentlichrechtlichen Vertrages abgeschlossen sein.261 Dieser Auffassung kann gefolgt werden, wenn man darauf abstellt, dass die Kommission als Hüterin der Verträge in erster Linie für die praktische Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts („effet utile“) zu sorgen hat und deswegen auf eine formelle Umsetzung von Richtlinien bedacht ist.262 Die Sichtweise der Kommission ist aber zu eng und übersieht, dass mit Selbstverpflichtungen in den Mitgliedstaaten durchaus auch Erfolge verbucht werden. Vor allem in den Fällen, in denen die Richtlinien nur allgemeine Ziele aufstellen, darf eine Umsetzung durch Selbstverpflichtungen nicht ausgeschlossen werden. Die Zulässigkeit einer solchen Vorgehensweise folgt aus der den Mitgliedstaaten zustehenden Wahlfreiheit hinsichtlich der Mittel zur Richtlinientransformation und aus der erwähnten Rspr. des EuGH zu Verringerungsprogrammen.263 Die durch unverbindliche Vereinbarungen entstehenden Unsicherheiten können durch inhaltliche Vorgaben beseitigt werden, wie sie in § 35 UGB-KomE für Selbstverpflichtungen und in der Mitteilung264 bzw. Empfehlung265 der Kommission zu Umweltvereinbarungen genannt werden.266 Sieht die Selbstverpflichtung die Art und den Umfang der zu erfüllenden Anforde258 Nach Art. 3 Abs. 1 (der inzwischen nicht mehr geltenden) RL 85 / 339 / EWG hatten die Mitgliedstaaten zur Verringerung des Gewichts der für flüssige Lebensmittel bestimmten Verpackungen Programme aufzustellen; die französischen Behörden hatten hierzu mit den betroffenen Branchen freiwillige Vereinbarungen getroffen. 259 Vgl. EuGH, Rs. C-255 / 93, Slg. 1994, I-4949 (Rn. 23) – „Kommission / Französische Republik“; der EuGH, ebd., Rn. 27 rügte aber in diesem Fall, dass die regelmäßige Überprüfung der Vereinbarungen aufgrund des in ihnen enthaltenen zeitlichen Rahmens nicht gewährleistet sei. 260 KOM(96) 561 endg. vom 27. 11. 1996, S. 18 f., 11. 261 Ziff. 2.2. lit. a) der Empfehlung 96 / 733 / EG. 262 Vgl. Faber, Gesellschaftliche Selbstregulierungssysteme im Umweltrecht, S. 394 ff., 397 f.; vgl. ferner Rosenkötter, Selbstverpflichtungsabsprachen der Industrie im Umweltrecht, S. 166 ff., 170 f. 263 Vgl. auch Rengeling, in: Huber (Hrsg.), Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, S. 53 (72); SRU, Umweltgutachten 1998, BT-Drucks. 13 / 10195, Tz. 310; Wägenbaur, EuZW 1997, 645 (647). 264 Vgl. KOM(96) 561 endg. vom 27. 11. 1996, S. 24. 265 Vgl. insbesondere Ziff. 2.2., 2.3. und 3.1. der Empfehlung 96 / 733 / EG. 266 Vgl. auch Frenz, Selbstverpflichtungen der Wirtschaft, S. 151 ff.

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rungen, quantitative Zwischen- und Endziele, Fristen, innerhalb derer die einzelnen Zwischenziele erreicht werden müssen, und ausreichende Nachweismechanismen vor, dann kann sie ein taugliches Instrument sein, um die Richtlinie innerstaatlich umzusetzen. Zudem kann ein gewisser Druck auf den Verband bzw. ihre Mitglieder durch Bekanntmachung der Selbstverpflichtung und regelmäßige Unterrichtung der Öffentlichkeit erzeugt werden. Die Vorteile von freiwilligen Vereinbarungen bleiben dabei erhalten, zugleich werden aber Vorkehrungen zur richtlinienkonformen Umsetzung getroffen. Dadurch kooperiert der Mitgliedstaat mit privaten Unternehmen, um den Direktiven des supranationalen Rechts nachzukommen.

2. Umweltabsprachen auf Gemeinschaftsebene Die zweite Gruppe der Vereinbarungen, die die Kommission in ihrer Mitteilung aus dem Jahre 1996 vorsieht, sind Arrangements auf Gemeinschaftsebene zwischen der EG und Privaten. Dabei unterscheidet die Kommission zwischen verbindlichen und informellen unverbindlichen Vereinbarungen. Von rechtlich bindenden Vereinbarungen nimmt die Kommission jedoch Abstand, weil verbindliche Maßnahmen nach dem EG-Vertrag lediglich Verordnungen, Richtlinien und Entscheidungen seien, also allesamt Rechtsakte, die in den Art. 249 Abs. 2 – 4 EG vorgesehen seien.267 Da Art. 249 EG öffentlich-rechtliche Verträge nicht erwähne, ist nach dieser Ansicht der Abschluss von verbindlichen Vereinbarungen auf Gemeinschaftsebene rechtswidrig. Für diese These könnte das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung sprechen, das für jedes Handeln der EG eine vertragliche Befugnisnorm verlangt (Art. 5 Abs. 1 EG). Dieser gemeinschaftsrechtliche Grundsatz betrifft zum einen das kompetentielle Verhältnis zwischen der EG und den Mitgliedstaaten; zum anderen entspricht er aber dem verfassungsrechtlichen, aus dem Rechtsstaatsprinzip hergeleiteten Grundsatz des Gesetzesvorbehalts, nach dem für Eingriffe in die Rechtspositionen des Einzelnen eine Rechtsgrundlage erforderlich ist. Deswegen wurde bereits früher gefolgert, dass es für vertragliche Vereinbarungen in der Gemeinschaft keinen „Vertragsvorbehalt“ gebe, der im Sinne des klassischen Eingriffsvorbehalts zu verstehen sei. Insbesondere für faktische Handlungen der EG sowie für den Abschluss öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Verträge sei eine spezielle Ermächtigungsgrundlage nicht erforderlich.268 Diese Einschätzung lässt sich auch durch Art. 238 EG bestätigen, wonach der EuGH für Entscheidungen aufgrund einer Schiedsklausel zuständig ist, die in einem von der Gemeinschaft abgeschlossenen öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Vertrag enthalten ist. Der EG-Vertrag geht also stillschweigend davon aus, dass es weitere 267 KOM(96) 561 endg. vom 27. 11. 1996, S. 21; zustimmend Heselhaus, in: Lange (Hrsg.), Gesamtverantwortung statt Verantwortungsparzellierung im Umweltrecht, S. 93 (111). 268 Bleckmann, DVBl. 1981, 889 (891 f.).

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§ 11 Das Kooperationsprinzip im europäischen Umweltrecht

Handlungsformen der Gemeinschaft neben denen des Art. 249 EG gibt, diese Vorschrift also nicht abschließend ist. Demnach kann die Gemeinschaft öffentlich-rechtliche Verträge innerhalb einer Regelungsmaterie des EG-Vertrages abschließen.269 Im Umweltbereich besteht im Rahmen des Art. 175 Abs. 1 EG die Möglichkeit, zur Erreichung der Ziele des Art. 174 Abs. 1 EG verbindliche Vereinbarungen zu treffen. Zwar ist zu berücksichtigen, dass Art. 175 Abs. 1 EG auf Art. 251 EG, der das Mitentscheidungsverfahren betrifft, verweist. Art. 251 EG ist aber nur anwendbar, wenn hinsichtlich der Annahme eines Rechtsakts auf ihn Bezug genommen wird,270 wirkt also nicht kompetenzbegrenzend. Zudem spricht Art. 175 Abs. 1 EG auch nur von einem „Tätigwerden“ der Gemeinschaft und beschränkt diese nicht auf bestimmte hoheitliche Maßnahmen. Daraus folgt, dass im Anwendungsbereich des Art. 175 Abs. 1 EG konsensuale verbindliche Vereinbarungen genauso zulässig sind wie unverbindliche Absprachen.271 Allerdings ist fraglich, ob derartige öffentlich-rechtliche Verträge inhaltlich europarechtskonform ausgestaltet werden könnten. Soweit sich die Gemeinschaft nämlich im Gegenzug zu den Leistungen der Wirtschaft vertraglich verpflichtet, bestimmte regulative Maßnahmen, z. B. Richtlinien, nicht zu erlassen, wäre die Rechtmäßigkeit einer solchen Vereinbarung zweifelhaft. Im nationalen Verfassungsrecht werden unechte Normsetzungsverträge nur teilweise für zulässig gehalten,272 zumeist aber wegen Verengung des staatlichen Gestaltungsauftrags als rechtswidrig beurteilt.273 Ähnliche Bedenken könnten sich auch auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene ergeben. Um diese Bedenken zu verringern, wird deshalb vorgeschlagen, in Form eines Beschlusses auf der Grundlage von Art. 175 Abs. 1 EG die Vertragsschlusskompetenz der EG zu regeln.274 Da dies bislang aber nicht 269 Vgl. auch Spannowsky, Grenzen des Verwaltungshandelns durch Verträge und Absprachen, S. 491 ff.; Fluck / Schmitt, VerwArch 89 (1998), 220 (245); Knebel, in: Wicke / Knebel / Braeseke (Hrsg.), Umweltbezogene Selbstverpflichtungen der Wirtschaft – umweltpolitischer Erfolgsgarant oder Irrweg?, S. 201 (207 f.). 270 Vgl. Art. 251 Abs. 1 EG. 271 Vgl. auch Frenz, Europäisches Umweltrecht, Rn. 76 f.; ders., EuR 1999, 27 (38 ff.); Pommerenke, RdE 1996, 131 (132); Streinz, Europarecht, Rn. 939. 272 Vgl. Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 503; Di Fabio, DVBl. 1990, 338 (343 f.) hinsichtlich des Verzichts auf den Erlass einer Rechtsverordnung. 273 Vgl. oben § 8 V 3; s. auch Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (218); Becker, DÖV 1985, 1003 (1010); Oebbecke, DVBl. 1986, 793 (795); SRU, Umweltgutachten 1998, BT-Drucks. 13 / 10195, Tz. 317; Knebel / Wicke / Michael, Selbstverpflichtungen und normersetzende Umweltverträge als Instrumente des Umweltschutzes, S. 202 sehen in den gesetzesvertretenden Verträgen keine Vorteile, da die Legislative als Vertragspartner der Wirtschaft alle wesentlichen Inhalte eines Gesetzes im Vertrag regeln und das gesamte förmliche Gesetzgebungsverfahren absolvieren müsste. 274 Vgl. Wägenbaur, EuZW 1997, 645 (647); SRU, Umweltgutachten 1998, BT-Drucks. 13 / 10195, Tz. 311: Entsprechend der „Neuen Konzeption“ könnte ein Gemeinschaftsrahmen für den Abschluss von Umweltvereinbarungen geschaffen werden.

V. Umweltvereinbarungen im Gemeinschaftsraum

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geschehen ist, hat sich die Kommission mit der unverbindlichen Vereinbarung als einem Instrument, die Wirtschaft zu wirksamen Umweltmaßnahmen zu animieren, begnügt.275 Die privaten Selbstverpflichtungen sollen hierbei in Form von Empfehlungen seitens der Kommission oder Briefwechseln mit den Vertretern des jeweiligen Wirtschaftszweigs anerkannt werden.276 In einer Selbstverpflichtung aus dem Jahre 1998 verpflichtete sich beispielsweise der Dachverband der europäischen Automobilindustrie ACEA, die CO2-Emissionen bis 2008 auf 140 g / km zu begrenzen. Dieses Ziel soll durch technologische Verbesserungen und damit zusammenhängende Marktveränderungen erreicht werden.277 Daraufhin richtete die Kommission eine Empfehlung278 an den Verband,279 in der sie die Selbstverpflichtung für zufriedenstellend anerkennt und erklärt, die Zusagen und deren Einhaltung mit dem ACEA gemeinsam zu überwachen.280 Für den Fall, dass der ACEA das in der Selbstverpflichtung festgelegte Ziel bis 2008 nicht einhält oder keine hinreichenden Fortschritte erzielt, würde die Kommission einen Rechtsetzungsvorschlag über CO2-Emissionen vorlegen. Eine solche Anerkennung von Selbstverpflichtungen der Industrie wird bisweilen jedoch kritisch beurteilt.281 Da die Kommission zwar eine Durchführungskompetenz, aber kein eigenes Abschlussmandat für informelle Vereinbarungen besitze, würde eine systematische „Beantwortung“ von Selbstverpflichtungen mit Empfehlungen das institutionelle Gleichgewicht der Gemeinschaft durcheinander bringen.282 Gegen diesen Einwand spricht indes, dass die Kommission mit einer solchen Empfehlung in der Regel nicht auf ihr Initiativrecht gem. Art. 175 Abs. 1 i.V.m. Art. 251 Abs. 2 EG verzichten will.283 Selbst wenn dieser Fall vorliegen würde,284 wäre es dem Rat unbenommen, gem. Art. 208 EG die Kommission aufzufordern, Vorschläge für eine Richtlinie zu unterbreiten. Der Rat kann zwar der KOM(96) 561 endg. vom 27. 11. 1996, S. 21. Vgl. KOM (2002) 412 endg. vom 17. 07. 2002, S. 8. 277 Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament: Umsetzung der Strategie der Gemeinschaft zur Minderung der CO2-Emissionen von Personenkraftwagen: Eine Umweltvereinbarung mit der europäischen Automobilindustrie, KOM (1998) 495 endg. vom 29. 07. 1998, S. 3 f. 278 Vgl. Art. 211 2. Spgstr. EG. 279 1999 / 125 / EG: Empfehlung der Kommission vom 5. Februar 1999 über die Minderung der CO2-Emissionen von Personenkraftwagen, ABl. 1999, Nr. L 40, S. 49. 280 Vgl. auch KOM (1998) 495 endg. vom 29. 07. 1998, S. 6 f. 281 So sollen nach Knebel, in: Wicke / Knebel / Braeseke (Hrsg.), Umweltbezogene Selbstverpflichtungen der Wirtschaft – umweltpolitischer Erfolgsgarant oder Irrweg?, S. 201 (212 f.) Selbstverpflichtungen auf Gemeinschaftsebene nur eine ergänzende Funktion zu Hoheitsakten der EG haben, z. B. wenn mit solchen auf längere Zeit nicht zu rechnen sei. 282 Grewlich, DÖV 1998, 54 (60 f.); s. auch Heselhaus, in: Lange (Hrsg.), Gesamtverantwortung statt Verantwortungsparzellierung im Umweltrecht, S. 93 (111); Krämer, in: Rengeling (Hrsg.), EUDUR Bd. I, § 15 Rn. 81. 283 So KOM (2002) 412 endg. vom 17. 07. 2002, S. 8. 284 Vgl. auch Fluck / Schmitt, VerwArch 89 (1998), 220 (247). 275 276

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§ 11 Das Kooperationsprinzip im europäischen Umweltrecht

Kommission keine Weisungen hinsichtlich eines bestimmten Vorschlagsinhalts erteilen; in den Fällen, in denen der Rat nur auf Vorschlag der Kommission tätig werden kann, muss diese aber bei einer Aufforderung gem. Art. 208 EG über das „Ob“ des Tätigwerdens ermessensfehlerfrei entscheiden. Insbesondere kann sie nicht ohne zwingenden Grund untätig bleiben.285 Ein solcher Grund würde aber nicht vorliegen, wenn die Selbstverpflichtung ersichtlich ihr Ziel nicht erreichen wird und legislative Maßnahmen daher erforderlich werden. Im Übrigen will sich die Kommission bei ihren Vereinbarungen auf Ziele abstützen, die von den EG-Institutionen wie z. B. im fünften Umweltaktionsprogramm bereits angenommen wurden. Auch will sie dem Europäischen Parlament und dem Rat über die Wirksamkeit der von der Industrie ergriffenen Maßnahmen regelmäßig Bericht erstatten.286 Aus diesen Gründen ist eine Verletzung des institutionellen Gleichgewichts nicht festzustellen.

3. Vereinbarkeit von Umweltabsprachen mit europäischem Wettbewerbsrecht Gehen Unternehmen oder deren Verbände auf Gemeinschaftsebene aufgrund hoheitlicher Veranlassung Selbstverpflichtungen ein, die auf Umweltschutzziele gerichtet sind, können diese Abmachungen vom Kartellverbot des Art. 81 Abs. 1 EG erfasst sein.287 Danach muss es sich zunächst um Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen handeln. Der Begriff „Vereinbarung“ wird hierbei weit ausgelegt. Nicht erforderlich ist nämlich die Absicht rechtlicher Bindung bei den beteiligten Unternehmen. Es genügt die faktische Verbindlichkeit einer Absprache, wie dies bei „gentlemen’s agreements“ der Fall ist.288 Bei diesen Vereinbarungen arbeiten die Unternehmen relativ intensiv zusammen und besprechen die wettbewerbsrelevanten Gesichtspunkte der Selbstverpflichtung. Sie werden versuchen, mit Hilfe der Absprache die Risiken des Wettbewerbs für bestimmte Produktionsbedingungen zu minimieren. Für die nichtbeteiligten Unternehmen sind diese wettbewerbsbezogenen Absprachen oft wirtschaftlich ungünstig, vor allem kann die Absprache für ausländische Anbieter eine Abschottung des Marktes zeitigen. Insofern können Selbstverpflichtungen im Umweltbereich zu einer Einschränkung des Wettbewerbs führen.289 Da derartige gemeinschaftsweite Absprachen geeignet 285 Vgl. auch Hix, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 208 Rn. 6 f.; Geiger, EUV / EGV, Art. 208 Rn. 2; für einen Ermessensspielraum der Kommission und für ein Abstellen auf die Umstände des Einzelfalls Schweitzer, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 208 Rn. 3. 286 KOM(96) 561 endg. vom 27. 11. 1996, S. 22. 287 Vgl. hierzu auch die Bekanntmachung der Kommission: Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 81 EG-Vertrag auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, ABl. 2001, Nr. C 3, S. 2 (26 ff.). 288 EuG, Rs. T-141 / 89, Slg. 1995, II-791 (Rn. 9) – „Trefileurope / Kommission“; Weiß, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 81 Rn. 52; Geiger, EUV / EGV, Art. 81 Rn. 18.

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sind, den Waren- und Dienstleistungsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell nachhaltig zu beeinflussen, ist die sog. Zwischenstaatlichkeitsklausel des Art. 81 Abs. 1 EG ebenfalls erfüllt.290 Allerdings wäre die Anwendbarkeit des Kartellverbots des Art. 81 Abs. 1 EG auf derartige Selbstverpflichtungen dann zweifelhaft, wenn die eigentliche Ursache für die informellen Absprachen in der hoheitlichen Initiierung läge. Nach der Rspr. des EuGH gilt nämlich Art. 81 Abs. 1 EG nur für wettbewerbswidrige Verhaltensweisen, die die Unternehmen aus eigener Initiative begehen. Wird den Unternehmen aber ein wettbewerbswidriges Verhalten durch Rechtsvorschriften vorgeschrieben oder bilden diese einen rechtlichen, jegliches Wettbewerbsverhalten ausschließenden Rahmen, so greift Artikel 81 Abs. 1 EG nicht ein. Zu prüfen ist also, ob die hoheitlichen Maßnahmen die Möglichkeit eines Wettbewerbs zulassen, der durch selbständige Verhaltensweisen der Unternehmen verhindert wird.291 Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass die Unternehmen nur dann dem Kartellverbot unterworfen werden können, wenn sie für ihr Handeln verantwortlich sind. Verpflichtet der Staat die Unternehmen normativ zu einem bestimmten Verhalten, dann kann von einer freiwilligen Entscheidung der Unternehmen nicht die Rede sein. Solange aber diese Schwelle nicht überschritten ist, der Hoheitsträger, z. B. die Kommission, nur als Initiator der Selbstverpflichtung auftritt und die Unternehmen zum informellen Arrangement animiert, bleiben die Unternehmen für ihre Vereinbarungen verantwortlich und der kartellrechtlichen Kontrolle nicht entzogen.292 Ist der Tatbestand des Art. 81 Abs. 1 EG somit erfüllt, stellt sich ferner die Frage, ob die Vereinbarungen gem. Art. 81 Abs. 2 EG nichtig sind oder gem. Art. 81 Abs. 3 EG vom Kartellverbot freigestellt werden können. Eine Freistellung nach Art. 81 Abs. 3 EG setzt voraus, dass die Vereinbarung zu einer Verbesserung der Warenerzeugung resp. -verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beitragen kann. Zwar ist in diesen Freistellungsvoraussetzungen der Umweltschutz als eigenständige Komponente nicht erwähnt; 289 Vgl. Kommission, ABl. 2001, Nr. C 3, S. 27; Frenz, Nationalstaatlicher Umweltschutz und EG-Wettbewerbsfreiheit, S. 9 ff.; v. Bernuth, Umweltschutzfördernde Unternehmenskooperationen und das Kartellverbot des Gemeinschaftsrechts, S. 117 ff. 290 EuGH, Rs. 42 / 84, Slg. 1985, 2545 (Rn. 22) – „Remia u. a. / Kommission“; Kartelle, die sich bereits auf das Gebiet eines Mitgliedstaates erstrecken, haben ihrem Wesen nach die Wirkung, die Abschottung der Märkte auf nationaler Ebene zu verfestigen, vgl. EuGH, Rs. 73 / 74, Slg. 1975, I-1491 (Rn. 25 / 27) – „Groupement des Fabricants de Papiers Paints de Belgique u. a. / Kommission u. a.“ 291 EuGH, verb. Rs. C-359 / 95 P und C-379 / 95 P, Slg. 1997, I-6265 (Rn. 33 f.) – „Kommission u. a. / Ladbroke Racing Ltd.“; vgl. auch EuGH, verb. Rs. 40 – 48, 50, 54 – 56, 111, 113 und 114 / 73, Slg. 1975, I-1663 (Rn. 65 f.) – „Suiker Unie u. a. / Kommission“. 292 Vgl. Ehle, Die Einbeziehung des Umweltschutzes in das Europäische Kartellrecht, S. 96 ff.; v. Bernuth, Umweltschutzfördernde Unternehmenskooperationen und das Kartellverbot des Gemeinschaftsrechts, S. 105 ff.; Faber, Gesellschaftliche Selbstregulierungssysteme im Umweltrecht, S. 357 ff.

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§ 11 Das Kooperationsprinzip im europäischen Umweltrecht

allerdings kann der Tatbestand des Art. 81 Abs. 3 EG im Lichte der Gemeinschaftsaufgabe Umweltschutz (Art. 2 EG) ausgelegt werden.293 So dient beispielsweise eine Vereinbarung über die Nichtverwendung von FCKW in Kühlschränken der Förderung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts, da innovative Substitutionsstoffe entwickelt und eingesetzt werden sollen, sie bezweckt aber auch die Verringerung der umweltschädlichen Treibhausgase.294 Ökologische Aspekte werden also im Rahmen der normierten Freistellungsvoraussetzungen berücksichtigt, wenn die Unternehmenskooperation eine Verbesserung der Umweltsituation zum Ziel hat.295 Sind diese Prämissen erfüllt, müssten solche Vereinbarungen aber gem. Art. 81 Abs. 3 EG zu einer angemessenen Beteiligung der Verbraucher an dem entstehenden Gewinn führen. Gewinn ist dabei jeder den Verbraucher begünstigende Vorteil. Deswegen kann die Beteiligung am Gewinn in der Verbesserung der Produktqualität gesehen werden, wenn mit Hilfe der Selbstverpflichtung ökologisch hochwertigere Produkte hergestellt werden sollen. Führen die umweltbezogenen Produktverbesserungen aber zu Preiserhöhungen, könnte man am Vorliegen dieser Freistellungsvoraussetzung zweifeln. Allerdings ist die Querschnittsklausel des Art. 6 EG zu beachten, wonach die Erfordernisse des Umweltschutzes bei der Festlegung und der Durchführung der Gemeinschaftspolitiken und -maßnahmen zu beachten sind. Die EG hat also den Umweltschutz sowohl im Rahmen ihrer Rechtsetzungstätigkeit als auch beim Vollzug des Gemeinschaftsrechts zu beachten.296 Umweltbezogene Produktverbesserungen können demnach dann als eine Gewinnbeteiligung des Verbrauchers angesehen werden, wenn die Vorteile durch Verringerung der Umwelteinwirkungen die sich infolge der Wettbewerbsbeschränkung ergebenden Nachteile übertreffen.297 Schließlich dürfen die Absprachen den Unternehmen einerseits nicht unverhältnismäßige Beschränkungen auferlegen, andererseits dürfen sie ihnen jedoch nicht die Möglichkeit eröffnen, für einen wesentlichen Teil der Waren den Restwett293 Vgl. Pernice, EuZW 1992, 139 (141); Knebel / Wicke / Michael, Selbstverpflichtungen und normersetzende Umweltverträge als Instrumente des Umweltschutzes, S. 260; s. auch Krämer, in: Rengeling (Hrsg.), Umweltschutz und andere Politiken der Europäischen Gemeinschaft, S. 47 (59); Michael, Rechtsetzende Gewalt im kooperierenden Verfassungsstaat, S. 576. 294 Krämer, in: Rengeling (Hrsg.), Umweltschutz und andere Politiken der Europäischen Gemeinschaft, S. 47 (60). 295 Vgl. Ehle, Die Einbeziehung des Umweltschutzes in das Europäische Kartellrecht, S. 135 ff. 296 Hierzu Calliess, in: ders. / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 6 Rn. 8 ff. 297 Vgl. Frenz, EuR 1999, 27 (47 f.); ders., Nationalstaatlicher Umweltschutz und EGWettbewerbsfreiheit, S. 55 f.: Nicht sämtliche für den Umweltschutz erforderlichen Aufwendungen dürften aber auf den Verbraucher abgewälzt werden; vgl. auch Kommission, ABl. 2001, Nr. C 3, S. 28: Die Käufer teuerer Produkte könnten die zusätzlichen Kosten umgehend wieder ausgleichen, da die umweltfreundlicheren Produkte niedrigere Betriebskosten hätten.

V. Umweltvereinbarungen im Gemeinschaftsraum

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bewerb auszuschalten.298 Sind diese negativen Tatbestandsmerkmale erfüllt, dann sind die Vereinbarungen nicht verboten; einer behördlichen Legalisierung – in Form einer Freistellungsentscheidung etwa – bedarf es insoweit nicht mehr.299

Art. 81 Abs. 3 lit. a) und b) EG. Vgl. Art. 1 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1 / 2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln, ABl. 2003, Nr. L 1, S. 1; durch diese VO wurde die VO 17 / 62 / EWG (Verordnung Nr. 17: Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrages, ABl. 1962, Nr. 13, S. 204) abgelöst. Vgl. zum neuen EG-Kartellverfahrensrecht Weitbrecht, EuZW 2003, 69 ff. 298 299

Zusammenfassung in Thesen 1. Das Kooperationsprinzip wird vor allem in den umweltpolitischen Programmen der Bundesregierung und der EG und in den Entwürfen zum Umweltgesetzbuch beschrieben. In Art. 34 Abs. 1 EV wurde dieses Prinzip erstmals gesetzlich fixiert. Sein Kerngedanke ist das Zusammenwirken von staatlichen und privaten Kräften zur Lösung spezifischer Umweltprobleme unter Beachtung staatlicher Umweltverantwortung. Allerdings bestehen unterschiedliche Ansichten, welche Formen dieser Zusammenarbeit Ausprägung des Kooperationsprinzips sind. Festzustellen ist jedenfalls ein sich veränderndes Verständnis in Bezug auf dieses Prinzip. Während früher das partizipative Element betont wurde, gilt heute die Begründung privater Eigenverantwortung gepaart mit staatlicher Kontrolle als ein wesentliches Element umweltrechtlicher Kooperation. 2. Der überkommene regulierende Staat geht von bestimmten Prämissen aus, die aufgrund der Komplexität der Umweltbedingungen und der Lebensumstände meist nicht gegeben sind. Der Staat kann viele der an ihn gestellten Aufgaben nicht aus eigener Kraft erfüllen und befindet sich in einem Zustand regulatorischer Überforderung. Da die Problemverarbeitung häufig nicht im parlamentarischen Gesetzgebungsprozess erfolgt, brechen die Interessenkonflikte im Gesetzesvollzug aus. Das kooperative Verwaltungshandeln kann durch Einbindung des Privaten in den Entscheidungsprozess und durch den Dialog mit diesem einen sachgerechten Interessenausgleich herbeiführen, die Rechtsunsicherheit abbauen und die Akzeptanz der staatlichen Maßnahme erhöhen. 3. Die Unterscheidung von Staat und Gesellschaft ist ein Eckpfeiler des heutigen Verfassungsverständnisses und für die Sicherung individueller Freiheitsrechte maßgeblich. Dennoch ist das dualistische Modell aufgrund des Kooperationsgedankens Veränderungen ausgesetzt. Die kooperativen Handlungsformen sind nämlich mehr von der Idee des Miteinanders als der Idee der Trennung geprägt. Eine vollständige Entdifferenzierung von staatlicher und gesellschaftlicher Sphäre würde aber den verfassungsrechtlichen Anforderungen an staatliches Handeln nicht gerecht werden. 4. Die Binnenstruktur der staatlichen Verwaltungsträger weist eine fachliche und strukturelle Ausdifferenzierung auf. Diese Binnendifferenzierung wird verstärkt durch die Verflechtung der Verwaltungsträger mit den Adressaten der hoheitlichen Maßnahme und durch die verschiedenen Formen der Beteiligung Privater an öffentlichen Aufgaben. Der insbesondere im Umweltrecht häufige Einsatz von privaten Sachverständigen, Gutachtern und Beauftragten zeigt, dass immer mehr

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Entscheidungskompetenzen auf die Privaten übertragen werden und diese häufig ermächtigt werden, grundrechtsrelevante Maßnahmen mit Eingriffscharakter selbstverantwortlich durchzuführen. Die kondominalen Verwaltungseinheiten als pluralistisch geprägte Gremien mit Entscheidungsfunktion stellen einen Handlungsverbund zwischen öffentlicher Verwaltung und privaten Kräften dar. Der Gesetzgeber muss für diese Verwaltungseinheiten aber bestimmte Mindeststandards regeln, insbesondere für eine pluralistische Interessenrepräsentanz sorgen und staatsaufsichtliche Instrumente schaffen. 5. In der Verwaltungsrechtsdogmatik ist ein Wandel vom bipolaren zum multipolaren Rechtsverhältnis festzustellen. Die beteiligten Behörden haben ein Beziehungsgeflecht unterschiedlicher konkurrierender und kollidierender Interessen zu regeln und dabei komplexe Verwaltungsentscheidungen mit zum Teil unvorhersehbarer Folgewirkung zu treffen. Das kooperative Verwaltungsverfahren kann dabei mithelfen, die Komplexität zu reduzieren. Bei der im Einzelfall notwendigen Abwägung und Konkretisierung kann eine Optimierung des Interessenausgleichs durch formelle und informelle Kooperationen bewirkt werden. 6. Die Rechtsverhältnislehre dient der Analyse der Rechte und Pflichten innerhalb eines Kooperationsverhältnisses als eines drei- oder mehrseitigen Rechtsverhältnisses. Das Rechtsverhältnis zwischen den Kooperationsbeteiligten ist zudem auch selbst Grundlage bestimmter nicht kodifizierter Nebenpflichten, deren Verletzung Schadensersatzansprüche auslösen kann. 7. Nach der Verfassungsordnung des Grundgesetzes ist das Gesetz das zentrale Steuerungsinstrument des Rechtsstaates. Die Funktionsweise des Rechts entwickelt sich allerdings in steuerungstheoretischer Hinsicht fort. Das „starre“ Recht mutiert mitunter zum „weichen“ Recht, die rechtliche „Vollsteuerung“ wird dabei durch eine „Teilsteuerung“ ersetzt. Zudem entstehen Handlungsmuster eines kooperativen Staates, der auf kondominale Steuerung und partnerschaftliche Übereinkunft setzt, multilaterale Prozesse organisiert und dezentral koordiniert. Im Rahmen der indirekten Steuerung, die mit kooperativer Steuerung nicht gleichzusetzen ist, induziert der Staat ein bestimmtes Umweltverhalten, anstatt mit imperativen Ge- und Verboten zu agieren und ermöglicht differenzierte resp. freiwillige Umweltschutzmaßnahmen. 8. Die gesellschaftlichen Teilsysteme sind zwar nicht operativ abgeschlossen und intransparent, wie dies von der autopoietischen Theorie angenommen wird. Doch können die Überlegungen zum reflexiven Recht und zur Kontextsteuerung eine wichtige Rolle im modernen Umweltrecht spielen. Das Recht kann nämlich Maßstäbe für Verfahren und Organisationen bereitstellen, die andere Systeme für Selbstorganisation und Selbstregulierung benötigen. Der Staat kann seiner Gemeinwohlverantwortung gerecht werden, indem er einen Regelungsrahmen für private Einheiten schafft, welche die Steuerungsziele eigenverantwortlich verwirklichen. Zudem kann er durch das Konzept der regulierten Selbstregulierung Ziele vorgeben, die Optionenwahl und -konkretisierung aber den handelnden Akteuren

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überlassen. Das Recht hat in den verschiedenen Selbstregulierungssystemen eine Reserve-, Auffang- oder Scharnierfunktion und ist Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit dieser Systeme. 9. Verwaltungsverantwortung ist ein Begriff, der die Konnexität zwischen hoheitlicher Aufgabe, öffentlichen Ressourcen und privaten Gestaltungsmöglichkeiten aufzeigt. Die überwiegend in staatlicher Hand liegende Umweltverantwortung wird zunehmend dual zwischen Staat und Gesellschaft aufgeteilt. Damit entsteht eine Kooperationsbeziehung von Staat und Privaten im Sinne eines „umweltpolitischen Mitwirkungsverhältnisses“. Beispiele dafür sind die Regeln über die betriebliche Eigenüberwachung und das Umweltaudit. 10. Das Konzept der abgestuften Verantwortungsteilung beschreibt die Intensität der staatlichen Aufgabenwahrnehmung, d. h. den Umfang der Verpflichtungen des Staates zur Erreichung von ihm gesetzter Ziele. Dieses Konzept versucht die dichotomische Unterscheidung zwischen staatlicher und privater Aufgabenerfüllung zu modifizieren. Bei der staatlichen Rahmenverantwortung interveniert der Staat nicht direkt in gesellschaftliche Aktionsfelder, sondern stellt ein normatives Gerüst auf, das den privaten Verantwortungsbereich strukturiert. Dies geschieht z. B. bei der Produktverantwortung im Kreislaufwirtschafts- und Abfallrecht. Um seiner Kontrollverantwortung gerecht zu werden, überprüft der Hoheitsträger den privat verantworteten Teil des Entscheidungsprozesses in prozeduraler und inhaltlicher Hinsicht und greift korrigierend ein, wenn das öffentliche Interesse im privaten Beitrag nicht ausreichend berücksichtigt worden ist. Beispiel dafür ist die Kontrolle der Funktionstüchtigkeit des Dualen Systems nach der VerpackV. 11. Eine eindeutige Grenzziehung für die Zulässigkeit von Privatisierungen ist durch den Begriff „originäre Staatsaufgaben“ nicht möglich, da selbst in diesem Bereich private und kooperative Tätigkeitsfelder vorhanden sind. Wenn eine „notwendige Staatsaufgabe“ vorliegt, dann ist eine vollständige Aufgabenprivatisierung in dem Sinne, dass der Staat die Aufgaben weder unmittelbar noch mittelbar wahrnähme, unzulässig. Den einfachen Gesetzgeber trifft dabei eine Grundverantwortung, er muss handeln, um dem Auftrag des Verfassungsgebers gerecht zu werden, innerhalb seiner gesetzgeberischen Tätigkeit hat er aber verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten. 12. Ein absolutes Privatisierungsverbot ergibt sich nicht aus dem Grundgesetz. Eine verfassungsrechtliche Schranke für Privatisierungen folgt aber aus dem Grundsatz des Gesetzesvorbehalts. Demnach muss die Zulässigkeit einer auf Dauer angelegten und systematischen Betrauung Privater mit Verwaltungsaufgaben – als Abweichung vom Regelfall des Gesetzesvollzugs durch die Verwaltung – vom Gesetzgeber normiert werden. Aus dem Demokratieprinzip resultiert, dass die Bildung ministerial- und parlamentsfreier Räume durch Externalisierung von Verwaltungsaufgaben nur zulässig ist, wenn dies aufgrund der spezifischen Fachkenntnisse der privaten Akteure sowie der Gewährleistung der Objektivität und Neutralität des Verfahrens gerechtfertigt ist und es sich nicht um Entscheidungen von

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politischer Tragweite handelt. Innerhalb der Kompetenzvorschriften, die die bundeseigene Verwaltung betreffen, aber eine Organisationsprivatisierung nicht ausdrücklich vorsehen, ist die Übertragung abgrenzbarer Teilbereiche dieser Regelungsmaterien auf juristische Personen des Privatrechts zulässig, wenn der Kernbereich der jeweiligen Aufgabe beim Hoheitsträger verbleibt. 13. Die Aufgabenprivatisierung ist eine echte Aufgabenverlagerung in den privaten Sektor. Beispiel hierfür ist die als gesetzliche Indienstnahme des Privaten ausgestaltete Verwertungs- und Beseitigungspflicht der Erzeuger oder Besitzer von Abfällen gem. §§ 5 Abs. 2, 11 Abs. 1 KrW- / AbfG, die aber durch deren Überlassungspflichten stark eingeschränkt ist. Die funktionelle Privatisierung ist eine Teilprivatisierung, da der Staat sich zwar vom Privaten unterstützen lässt, seine Aufgabenverantwortung aber nicht aus der Hand gibt. Bei der Verfahrensprivatisierung delegiert der Staat häufig die Entscheidungsvorbereitung an den Privaten, der einen kooperativen Beitrag zum Verwaltungsverfahren leistet. Hierbei kann der Hoheitsträger seine Vorsorge- oder Gefahrenabwehrpflichten bis zu einem bestimmten Grad privatisieren, er muss aber seinen verfassungsrechtlichen Schutzpflichten nachkommen. 14. Die vertikale Kooperation zwischen Staat und Privaten geht häufig mit einer horizontalen Kooperation auf privater Ebene einher. Dies geschieht in der Weise, dass der Staat die gesellschaftliche Privatinitiative durch hoheitliche Maßnahmen induziert. Dadurch entstehen multipolare Beziehungen, in denen der Staat die Koordinierungsfunktion wahrnimmt. Die Anhörung beteiligter Kreise gehört nicht zur aufgabenzuweisenden Kooperation, da der Zweck der Beteiligungsvorschriften die Information des Normgebers und nicht Entscheidungsteilhabe ist. Die Umweltabgabe ist kein Kooperationsinstrument, da bei deren Erhebung der Vorsorgegedanke und das Verursacherprinzip im Vordergrund stehen. 15. Die gängigen Kooperationsdefinitionen konzentrieren sich auf das kooperative Verwaltungsverfahren, insbesondere auf die rechtsförmlichen Verträge und die informellen Absprachen, oder auf die einzelnen Kooperationsinstrumente. Im Zuge der in den Sozial- und Verwaltungswissenschaften geführten Diskussionen finden jedoch zunehmend die gesetzlich induzierten Kooperationssysteme Beachtung. Die hoheitlich geleitete Kooperation zeichnet sich dadurch aus, dass der Staat Systeme der Selbstregulierung implementiert, in denen die öffentliche Aufgabe von privaten Kräften in organisierter Form übernommen wird, wobei Ziel und Zweck der Aufgabenerfüllung staatlicherseits definiert werden. Die Statuierung privater Eigenverantwortung führt ein zusätzliches soziales Pflichtmoment auf nichtstaatlicher Seite ein. Somit entsteht eine kooperative Verantwortungsgemeinschaft mit justitiablen Rechten und Pflichten der Kooperationspartner. Die partielle Aufgabendelegation bringt Mischformen staatlicher und privater Aufgabenerfüllung hervor, bei denen der Hoheitsträger sich strategisch auf einzelne Verfahrensteile beschränkt. 16. Kooperation setzt nicht in jedem Falle voraus, dass gegenüber dem staatlichen Kooperationspartner eine Privatperson oder eine private Vereinigung auf-

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tritt. Dies zeigen vor allem die institutionalisierten Beratungsgremien. Von einem vertikalen Kooperationsverhältnis kann allerdings in den Fällen der mittelbaren Staatsverwaltung nicht ausgegangen werden, da der Verwaltungsträger als Teil der Exekutive selbständig Hoheitsgewalt ausübt. Selbiges gilt für die Beleihung. 17. Das Tauschprinzip ist als Merkmal für die Beschreibung des Kooperationsprinzips zu eng, da nicht stets gleichgewichtige Tauschpositionen bestehen. In den Kooperationsbeziehungen hat man es vielmehr mit privaten und hoheitlichen Kooperationsbeiträgen zu tun, die sich gegenseitig ergänzen. Daran fehlt es aber bei privaten Umweltschutzmaßnahmen ohne hoheitliche Veranlassung. 18. Im UVPG werden die Mitwirkungspflichten des Privaten im Vergleich zu den Beteiligtenpflichten nach dem VwVfG in nicht geringem Umfang erweitert. Dabei kommt es zunächst zu einer Verlagerung der Ermittlungsverantwortung in die Sphäre des Projektträgers, der in der Planungsphase sein umweltrelevantes Verhalten optimieren soll (§§ 5 f. UVPG). In der nächsten Phase der Umweltverträglichkeitsprüfung (§§ 7 –12 UVPG) übernimmt die Behörde die Verfahrenverantwortung in Form der nachvollziehenden Amtsermittlung. Die Intensität behördlicher Ermittlungstätigkeit richtet sich in diesem Stadium insbesondere nach den Auswirkungen des Vorhabens auf die Schutzgüter des UVPG. 19. Bei der staatlichen Fremdkontrolle und der privaten Selbstüberwachung handelt es sich nicht um Antipoden im Sinne eines „Entweder-Oder“. Durch die Kreation des Instrumentes der betrieblichen Selbstkontrolle sollen die Unternehmen den Umweltschutz als eigene Angelegenheit begreifen und umweltadäquate Unternehmensstrukturen etablieren. Die Pflichten zur Eigenkontrolle und Ausarbeitung von Eigenkonzepten eröffnen dem Privaten die Möglichkeit, freiwillige Maßnahmen zu ergreifen und innovativ tätig zu werden. Hierbei wird die umweltrechtliche Kooperation als Kombination direkter und indirekter Verhaltenssteuerung sichtbar. Die Regelungen über den Betriebsbeauftragten für Umweltschutz erzeugen ein Kooperationsmodell, das durch zielgerichtete Beauftragung unternehmensinterner Personen die Eigenüberwachung stärkt. Der Gesetzgeber hat hierbei die Organisation als Steuerungsressource entdeckt. 20. Mittlerunterstützte kooperative Verwaltungsverfahren können dazu beitragen, die Risiken von Fehlplanungen in komplexen Verwaltungsverfahren zu reduzieren, eine konstruktive Verhandlungsatmosphäre herzustellen und durch Eruierung der Intereressen der Beteiligten die Akzeptanz der Verwaltungsentscheidung zu erhöhen. De lege lata kann der Mediator allerdings nur als Berater oder Gehilfe des behördlichen Verfahrensbevollmächtigten tätig werden, ohne eine selbständige Verhandlungsposition innezuhaben. Für eine unabhängigere Stellung des Konfliktmittlers müsste insbesondere ein Recht auf eigenständige Sachverhaltsermittlung, Beweiserhebung und Akteneinsicht geschaffen werden. In Bezug auf den rechtlichen Status des Konfliktmittlers würde sich eine ehrenamtliche Funktion anbieten.

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21. Bei der technischen Normung durch private Vereinigungen kooperieren Staat und private Verbände auf der organisatorischen Ebene, wie der Vertrag zwischen der BRD und dem DIN belegt. Der Staat sichert sich damit seinen Einfluss auf die private Normgebung bereits vor der Rezeptionsphase. Im Rahmen der Rechtsetzung verzichtet der Hoheitsträger bewusst auf die Regulierung technischer Details, überlässt dies privater Eigenregulierung und schafft somit die Voraussetzung für eine konsensuale Normsetzung. Da die privaten Normwerke nach der Rspr. lediglich eine indizielle Bedeutung haben, können die rechtsanwendenden Organe darüber befinden, inwieweit sie die Regelwerke bei der Gesetzesinterpretation als maßgeblich erachten wollen. Insofern kann man von einer kontrollierten Rezeption sprechen. 22. Die Anhörung beteiligter Kreise eröffnet den privaten Gruppierungen und staatlichen Stellen die Möglichkeit, ihre Positionen und Interessen darzulegen und auf den Entscheidungs- und Abwägungsspielraum der Exekutive beim Erlass von Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften Einfluss auszuüben. Dabei wird eine zusätzliche Legitimation durch das Verfahren geschaffen. Die Anhörung beteiligter Kreise verdeutlicht den verfahrensrechtlichen Charakter des Kooperationsprinzips im Sinne einer verbandsmäßigen Beteiligung gesellschaftlicher Akteure. 23. Die abfallrechtlichen Zielfestlegungen als Instrument kooperativer Steuerung eröffnen dem Steuerungsadressaten die Option, die umweltrechtlichen Ziele freiwillig und nach ökonomischen Grundsätzen zu verwirklichen. Die hoheitlich festgesetzten Rahmenbedingungen können neben Rücknahmequote, Verwertungsanteil und Frist zur Zielerreichung auch Systemvorgaben beinhalten, die bis zum Aufbau dualer Systeme reichen. Aus dem Vertrauensschutzgrundsatz folgt, dass die Bundesregierung nicht aus sachfremden Gründen oder vor Fristablauf durch weitere Zielfestlegungen rigidere Anforderungen aufstellen darf, wenn die Privaten zielkonforme Rücknahmeaktivitäten innerhalb des Zeitkorridors unternehmen. Etwas anderes gilt, wenn die Hersteller sich weigern, die erforderlichen Maßnahmen rechtzeitig vorzunehmen oder wenn die den Zielfestlegungen zugrunde liegenden Tatsachen sich ändern. 24. Die VerpackV zeichnet sich durch die Kohärenz ordnungsrechtlicher Grundpflichten und staatlich initiierter kollektiver Selbstorganisation aus. Die Primärpflichten der Verpackungshersteller und -vertreiber verschaffen dem Staat gegenüber der Wirtschaft ein Druckmittel, damit diese in eigener Regie ein System institutionalisiert, das sie von der Erfüllung ihrer Grundpflicht freistellt. Das Duale System ist ein korporatives System, das eine Vermittlungsfunktion zwischen Staat, Wirtschaft und Verbrauchern übernimmt und insofern eine intermediäre Instanz darstellt. Die Verwaltung hat in der VerpackV ein abgestuftes Instrumentarium an hoheitlichen Befugnissen in der Hand, die sie zur Wahrung ihrer Gewährleistungsverantwortung einsetzen kann. Der Verwaltungsakt z. B. in Form des Feststellungsbescheides hat eine komplementäre, die Gemeinwohlziele sichernde Funktion.

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25. Kooperatives und einseitiges Hoheitshandeln sind in der Verwaltungspraxis keine Antipoden. Das Verwaltungsverfahren setzt sich häufig aus kooperativen und administrativen Elementen zusammen, die sich gegenseitig ergänzen. Die ausgehandelten Verwaltungsakte, die an die Stelle öffentlich-rechtlicher Verträge treten, zeichnen sich durch die Kombination von informal-kooperativem Verwaltungshandeln und hoheitlicher Einzelfallentscheidung aus. 26. Die Vorzüge und Nachteile informalen Verwaltungshandelns lassen den Schluss zu, dass weder die uneingeschränkte Zulässigkeit noch das generelle Verbot informeller Absprachen eine sachgerechte Lösung darstellen. Eine umfassende analoge Anwendung der Vorschriften des VwVfG auf die informellen Arrangements ist Bedenken ausgesetzt, insbesondere kommt eine Analogie hinsichtlich der Rechtsfolge „Nichtigkeit“ nicht in Betracht. Jedoch gelten einige auch verfassungsrechtlich verankerte Rechtsgrundsätze für informelle Verhandlungen, so dass einzelne einfachrechtliche Regelungen entsprechend anwendbar sind. Dies gilt z. B. für die Untersuchungsmaxime, die Pflicht der Verwaltung zur ordnungsgemäßen Ermessensausübung und das Koppelungsverbot. 27. Ein Anspruch von Drittbetroffenen oder der Öffentlichkeit auf Beteiligung an Vorbereitungsabsprachen besteht nicht. Vielmehr liegt die Entscheidung hierüber im Ermessen der Behörde. Diese hängt davon ab, ob eine zeitliche Vorverlagerung der Beteiligung sinnvoll ist und ob die Interessen resp. Rechtspositionen der Dritten so intensiv betroffen sind, dass eine Nichtbeteiligung ermessensfehlerhaft wäre. Anstelle einer umfassenden Öffentlichkeitsbeteiligung ist aber an eine Repräsentantenbeteiligung, de lege ferenda an die Institutionalisierung eines Umweltanwalts zu denken. 28. Selbstverpflichtungen unterfallen dem Kartellverbot nach § 1 GWB, da insbesondere der Umweltschutz nicht per se als Kartellprivileg anzuerkennen ist. Sie können aber kartellrechtlich legalisiert werden, wenn sie z. B. zur Rücknahme oder Entsorgung von Abfällen beitragen oder eine Ministererlaubnis vorliegt (s. §§ 7, 8 GWB). Diese Freistellungstatbestände stellen ein flexibles Instrumentarium dar und ermöglichen eine Abwägung zwischen den Belangen des Umweltschutzes und des Wettbewerbs, die in einem hinreichend transparenten Verfahren vorgenommen wird. 29. Selbstverpflichtungen können zu mittelbaren Grundrechtseingriffen, etwa für an der Absprache nicht beteiligte Dritte, führen und damit den Gesetzesvorbehalt aktivieren. Die für diesen Absprachemodus notwendigen Ermächtigungsgrundlagen sind in den fachgesetzlichen Verordnungsermächtigungen zu suchen, die der Exekutive einen Handlungsspielraum geben, kooperativ tätig zu werden und durch Induktion von Absprachen die Privaten zum umweltgerechten Verhalten zu veranlassen. Daneben kann eine Rechtsverordnung das ordnungsrechtliche Gerüst für die Selbstverpflichtung schaffen, welche dann eine normergänzende Funktion innehat.

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30. Eine wirksame Ankündigung, legislative Maßnahmen zu unterlassen, kann nur der hoheitliche Verband vornehmen, der tatsächlich auch für den Normerlass zuständig ist. Bei gesetzessubstituierenden Absprachen im Bereich des Umweltschutzes liegt die Verbandskompetenz in Form einer Annexkompetenz grds. beim Bund, da die Untätigkeitsankündigung als Realakt der effektiven Verwirklichung der Gesetzgebungskompetenz des Bundes dient. Die Organkompetenz der Bundesregierung resultiert aus ihrer verfassungskonformen Erklärung, auf das eigene Gesetzesinitiativrecht zu verzichten. Eine Pflicht zur Anhörung gesellschaftlicher Gruppierungen im informalen Verfahren aufgrund der einfachgesetzlichen Partizipationsregeln gibt es nicht. Es bleibt aber der Exekutive überlassen, den Verbänden in einem bestimmten Stadium der Verhandlungen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. 31. Das Kooperationsprinzip ist als politische Handlungsmaxime eine Richtschnur für gesetzgeberische Maßnahmen. Es steht weiterhin als Verfahrensprinzip in einer engen Beziehung zum Partizipationsgedanken, dessen Erscheinungsformen die Jedermanns-, Interessenten- bzw. Betroffenenbeteiligung sind, und zur altruistischen Verbandsklage. Zudem ist es auch ein Organisationsprinzip, das die Funktionslogik und Handlungsrationalität privater Organisationssysteme für die öffentliche Aufgabenerfüllung nutzt. Das Kooperationsprinzip ist aber kein rechtssatzförmiges Prinzip, da es nicht in den Fachgesetzen als Genehmigungsvoraussetzung oder Eingriffsermächtigung aufgeführt ist und nicht die für Rechtssätze typische Struktur aufweist. 32. Das Kooperationsprinzip ist ein normatives Leitprinzip im Sinne eines Optimierungsgebots und insofern von der Legislative und der Exekutive zu beachten. Als Steuerungsprinzip des modernen Umweltrechts zeichnet sich das Kooperationsprinzip durch die Elemente der Selbstregulierung, Verantwortungsteilung und Aufgabendelegation aus. Hierbei kann der Staat die von den Privaten zu leistenden Kooperationsbeiträge regulativ festsetzen und diese mit dem hoheitlichen Kooperationsbeitrag abgleichen. Das Kooperationsverhältnis kann indessen auch durch freiwillige Kooperationsleistungen geprägt sein oder lediglich Handlungsoptionen für den Bürger, der aber mit administrativen Mitteln zur Kooperation gedrängt wird, beinhalten. 33. Der Sinngehalt und die Grenzen des Kooperationsprinzips werden erst bei der Abwägung mit anderen gegenläufigen Prinzipien deutlich. Ein solches Prinzip ist das Verursacherprinzip, das in den Verwertungs- und Beseitigungspflichten im KrW- / AbfG und in den Rücknahmepflichten nach der VerpackV zum Ausdruck kommt. Der Normgeber hat beide Prinzipien miteinander auszutarieren, wobei ihm ein Gestaltungsspielraum einzuräumen ist. Wird eine Umweltabgabe so konzipiert, dass die Dispositionsfreiheit des Normadressaten gewahrt bleibt und die kooperative Steuerung nicht in ihren Wirkungen konterkariert wird, dann kann das Kooperationsprinzip dem Einsatz dieses Instrumentes nicht entgegenstehen.

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34. Aus dem Grundsatz der Verwaltungs- und Verfahrenseffizienz folgt kein verfassungsrechtliches Kooperationsgebot, da kooperatives Handeln auch mit einem größeren Verfahrensaufwand verbunden sein kann als das ordnungsrechtliche. Ebenso resultiert aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz kein Vorrang kooperativer Instrumente gegenüber imperativen. Die Lehre vom Verfahrensermessen und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz veranlassen aber die Verwaltung zur Überprüfung des Einsatzes kooperativer Instrumente. 35. Das Kooperations- und das Subsidiaritätsprinzip wollen die Eigeninitiative der kleineren Einheiten stärken und die größeren Einheiten entlasten. Während aber nach dem Subsidiaritätsprinzip der öffentliche Zweck ein hoheitliches Handeln notwendig machen muss, verlangt das Kooperationsprinzip ein Zusammenwirken staatlicher und privater Akteure. 36. Da Adressaten des Umweltschutzauftrages nach Art. 20a GG staatliche Verantwortungsträger, nicht jedoch Private sind, folgt aus dieser Bestimmung kein Gebot der Kooperation von Staat und Gesellschaft. Um dem verfassungsrechtlichen Auftrag nachzukommen, kann der Gesetzgeber aber von stimulierenden, influenzierenden oder kooperativen Steuerungsmechanismen Gebrauch machen. Hierbei muss er für die Gewährleistung eines Mindeststandards an Umweltschutz sorgen. 37. Aus dem Gebot fairen Verfahrens resultiert das Postulat, das Verfahren transparent zu gestalten. Um die Anonymität und Undurchschaubarkeit des Verwaltungshandelns zu Lasten Drittbetroffener zu verhindern, ist bei kooperativen normvollziehenden Absprachen der Verhandlungsablauf in hinreichender Form aktenkundig und in späteren Verfahrensstadien den Beteiligten zugänglich zu machen. Normvertretende Absprachen sind textlich zu veröffentlichen. 38. Durch den intensivierten Kontakt zwischen der Exekutive und dem Privaten entsteht bei normsubstituierenden Absprachen ein Verwaltungsrechtsverhältnis, aus dem Nebenpflichten folgen, insbesondere die Pflicht zur gegenseitigen Aufklärung und Rücksichtnahme. Wird der Private in seinem schutzwürdigen Vertrauen enttäuscht, indem die Exekutive ohne rechtfertigenden Grund an der Absprache nicht mehr festhalten will, dann ist ein Anspruch aus culpa in contrahendo begründet. Daneben kommt ein Amtshaftungsanspruch wegen Verletzung der Amtspflicht zu konsequentem und rücksichtsvollem Handeln in Betracht. Etwas anderes gilt, wenn sich die Sachlage soweit geändert hat, dass zügiges ordnungsrechtliches Vorgehen notwendig ist oder wenn der Hoheitsträger sich vom Kooperationsverhältnis loslösen will und dem Privaten angemessene Übergangsfristen einräumt. 39. Die klare Separierung von Verantwortungsbereichen wird in einigen Kooperationsverhältnissen nicht verwirklicht. Das Demokratieprinzip verlangt aber zumindest, dass ein bestimmtes Legitimationsniveau eingehalten wird und die Hauptlinie des Legitimationszusammenhangs von den gewählten Organen zum legitimationsbedürftigen Kooperationsakt nicht gestört wird. Soweit aufgrund der Kooperation ein hoheitlicher Steuerungsverlust droht, müssen unter dem Gesichtspunkt der Kompensation Vorfeldsicherungen getroffen werden, um ein faires und trans-

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parentes Verfahren in der privaten Sphäre zu garantieren und die Legitimationsverantwortung des Staates zu wahren. Dies kann insbesondere durch prozedurale und inhaltliche Anforderungen an den privaten Kooperationsbeitrag bewerkstelligt werden. 40. Wird der Staat nicht durch Befehl und Zwang tätig, sondern steuert er das Verhalten des Privaten mittelbar, indem er diesen unter Sanktionsandrohung zu einem bestimmten Verhalten animiert, dann stellt dies einen grundrechtsrelevanten Eingriff dar. Soweit staatlich veranlasste finale Wirkungszusammenhänge vorliegen, kann der Grundrechtsschutz nicht von der staatlichen Handlungsform abhängig gemacht werden. In den Kooperationsverhältnissen muss das Handeln eines privaten Mittlers dem Staat zugerechnet werden, wenn der Mittler, um seine Zusagen gegenüber dem staatlichen Verhandlungspartner einzuhalten, auf andere Grundrechtsträger einwirkt und dadurch Grundrechtsbeeinträchtigungen entstehen. Kommt es dem Staat aber primär nur darauf an, dass der private Absprachepartner seine Zusage einhält, und will er nicht auf das Verhalten des Absprachepartners gegenüber dem Dritten unmittelbar Einfluss nehmen, bedarf es für eine Zurechnung der Berücksichtigung weiterer wertender Gesichtspunkte. 41. Kooperationsverhältnisse zeichnen sich häufig durch ein Dreiecksverhältnis zwischen Staat, grundrechtsgeschütztem Privaten und rechtsbeeinträchtigendem Privaten aus. Der Gesetzgeber, der primär zur Beachtung des verfassungsrechtlichen Schutzgebots aufgefordert ist, hat bei der Begründung privater Eigenverantwortung mit flankierenden hoheitlichen Kontrollmechanismen zu gewährleisten, dass Schädigungen für die Gesundheit und das Leben von Dritten soweit wie möglich ausgeschlossen werden. Die Exekutive hat einen Schutzauftrag in Form eines Vollzugsauftrags. Soweit die Verwaltung im Rahmen des Normvollzugs kooperiert, muss sie sicherstellen, dass neben den Gemeinwohlinteressen die Rechtsgüter der an der Kooperation Nichtbeteiligten ausreichend Berücksichtigung finden. Drohen unmittelbare irreversible Schäden für hochrangige Rechtsgüter, dann ist auf die Absprache zu verzichten. Bei regulativen Absprachen hat der Staat eine Kontrollverantwortung, die die Befugnis zum ordnungsrechtlichen Einschreiten mit umfasst. 42. Rechtsgrundlage für den Grundsatz der Verwaltungskooperation auf europäischer Ebene ist Art. 10 EG. Rspr. und Literatur folgern daraus gegenseitige Pflichten zur loyalen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und den EGInstitutionen (sog. intergemeinschaftliche Kooperation) bzw. zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten (sog. interstaatliche Kooperation). Ein besonderes Beispiel für die Verwaltungskooperation im europäischen Umweltrecht sind die Genehmigungsverfahren mit gemeinschaftsweiter Wirkung und der mehrstufige gemeinschaftliche Verwaltungsakt. Dabei leitet eine mitgliedstaatliche Behörde das Genehmigungsverfahren zwar federführend. Allerdings haben die verschiedenen nationalen Verwaltungen und die EG unmittelbare Einwirkungsrechte und tragen die Verantwortung für das Entscheidungsergebnis mit. 22 Shirvani

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43. Das „Konzept der gemeinsamen Verantwortung“ im fünften Umweltaktionsprogramm der EG ist ein Maßnahmenkonzept, das nicht notwendigerweise rechtliche Vorkehrungen im Gemeinschaftsraum verlangt, sondern organisatorische und praktische Komponenten umfasst. Daran ändert der auf der Grundlage des Art. 175 Abs. 3 EG neu gefasste Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über die Überprüfung des fünften Umweltaktionsprogramms nichts. Das „Konzept der gemeinsamen Verantwortung“ kann trotz dieser Rechtsgrundlage lediglich als eine politische Richtschnur für die Handlungen der Gemeinschaftsorgane angesehen werden. 44. Der im nationalen Verwaltungsverfahrensrecht geltende Grundsatz der beschränkten Aktenöffentlichkeit ist im europäischen Umweltrecht größtenteils durch das Prinzip der Öffentlichkeitsbeteiligung ersetzt worden. Die verfahrensabhängigen Informationszugangsrechte haben einen partizipativen Charakter, der eine Einordnung unter das Kooperationsprinzip rechtfertigt. Der verfahrensunabhängige Umweltinformationsanspruch soll zwar das Verständnis der Bürger für die Entwicklung der erforderlichen Umweltmaßnahmen fördern und dadurch Verhaltensänderungen herbeiführen. Allerdings ist der Umweltinformationsanspruch nur die Vorstufe zum Aufbau einer kooperativen Rechtsbeziehung und begründet nicht per se ein Kooperationsverhältnis. 45. Das europäische Gemeinschaftssystem EMAS ist durch ein Steuerungskonzept geprägt, das auf Eigenverantwortung und Kooperation mit den Privaten setzt. Wesentliches Charakteristikum des Umweltaudits ist das Element der Freiwilligkeit der Teilnahme am Umweltmanagementsystem. Darüber hinaus stellt das Umweltaudit einen nachhaltigen, reflexiven Steuerungsprozess dar, der durch prozedurale und organisatorische Vorgaben in Gang gesetzt und hoheitlich induziert wird. Die EMASPrivilegV, die Privilegien für auditierte und registrierte Organisationen vorsieht, basiert auf den Prinzipien der Substitution und funktionalen Äquivalenz. Die ordnungsrechtlichen Pflichten werden durch die Teilnahme am Gemeinschaftssystem in den Fällen partiell ersetzt, in denen die Eigenkontrolle der Organisation und die ordnungsrechtlichen Instrumente gleichwertig sind. 46. Die harmonisierten europäischen Techniknormen, die von privaten Normungsorganisationen ausgearbeitet werden, sind für die Mitgliedstaaten quasi-verbindliche Konkretisierungen der grundlegenden Sicherheitsanforderungen, die in den sektoriellen Richtlinien an Produkte gestellt werden. Die im nationalen Recht vorgesehene ex-ante Kontrolle und Genehmigung technischer Produkte wird von einer gemeinschaftsrechtlichen Nachmarktkontrolle verdrängt. Im Konformitätsbewertungsverfahren kooperiert die EG mit dem privaten Hersteller, der eine eigene Konformitätserklärung abgeben, das CE-Kennzeichen auf sein Produkt anbringen und sich somit den ungehinderten Zugang zu den Warenmärkten verschaffen kann. Darüber hinaus findet in Form der Aufgabenübertragung eine Kooperation mit den privaten europäischen Normungsgremien statt, deren Zulässigkeit teilweise bestritten wird. Um die Bedenken zu verringern, müssten der Normungs-

Zusammenfassung in Thesen

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prozess transparenter gestaltet und den europäischen Normen eine lediglich widerlegbare Vermutungswirkung zugebilligt werden. 47. Bei den Umweltvereinbarungen im Gemeinschaftsraum kann man zwischen den Vereinbarungen zur Durchführung von Gemeinschaftsrichtlinien, den Absprachen mit der EG als Verhandlungspartner und der Koregulierung differenzieren. In den Fällen, in denen die Richtlinien nur allgemeine Ziele aufstellen, ist eine Umsetzung durch freiwillige Absprachen nicht ausgeschlossen, wenn etwa quantitative Zwischen- und Endziele, Fristen zur Zielerreichung und ausreichende Nachweismechanismen vorliegen. Im Umweltbereich besteht weiterhin auf Gemeinschaftsebene im Rahmen des Art. 175 Abs. 1 EG die Möglichkeit, konsensuale verbindliche Vereinbarungen oder unverbindliche Absprachen einzugehen. Werden die Selbstverpflichtungen von der Kommission in Form von Empfehlungen anerkannt, dann wird das institutionelle Gleichgewicht der EG nicht beeinträchtigt. Insbesondere kann der Rat die Kommission auffordern, Vorschläge für eine Richtlinie zu unterbreiten. 48. Treffen Unternehmen auf Gemeinschaftsebene Abmachungen, die eine Verbesserung des Umweltschutzes bezwecken, können diese vom Kartellverbot des Art. 81 Abs. 1 EG erfasst sein, wenn der Hoheitsträger die Privaten nicht normativ zu einem bestimmten Verhalten verpflichtet, sondern lediglich als Initiator der Absprachen auftritt, und wenn die Privaten für ihre Vereinbarungen verantwortlich sind. Zwar ist in den Freistellungsvoraussetzungen des Art. 81 Abs. 3 EG der Umweltschutz als eigenständige Komponente nicht erwähnt, diese Voraussetzungen sind jedoch im Lichte der Gemeinschaftsaufgabe Umweltschutz bzw. der Querschnittsklausel des Art. 6 EG auszulegen.

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Sachverzeichnis Absprachen s. Informales Verwaltungshandeln Amtsermittlungsgrundsatz 155, 253 ff. Anhörung beteiligter Kreise 185 ff. Anlagenüberwachung, administrative 159 f. Autopoietische Theorie s. Systemtheorie Beleihung s. Beteiligung Privater an Verwaltungsaufgaben Beteiligung Privater an Verwaltungsaufgaben 54 ff. – Beauftragte 57 f. – Beleihung 54 f., 151 – Indienstnahme Privater 56, 125 – kondominale Verwaltungseinheiten 61 ff. – private Sachverständige 56 ff., 66 f. – selbständige Verwaltungssubstitution 127 – Verwaltungshilfe 126 f. Betrieblicher Umweltschutz 159 ff. – betriebliche Selbstkontrolle 160 ff. – private Eigenkonzepte 163 f. – und Kooperation 163 Betriebsbeauftragter für Umweltschutz 165 ff. – Funktionen 166 – institutionalisierte Kooperation 167 – Rechtsstatus 166 f. – und Organisation als Steuerungsressource 167 Demokratieprinzip 119 ff., 262 ff. Duale Entsorgungssysteme 191 ff. – Altfahrzeug-Verordnung 203 ff. – Batterieverordnung 205 f. – Verpackungsverordnung 191 ff. – kollektive Selbstorganisation 201 – Konzeption 191 ff. – kooperative Regulierungsstrategie 200 ff. – public-private-partnership 202

– Rspr. des BVerfG 198 ff. – und Duales System 193 f., 198 ff. – verordnete Kooperation 201 Duale Umweltverantwortung s. Verantwortung Einheit der Verwaltung 52 ff. – Einheit und Binnendifferenzierung 52 f. EMAS s. Umweltaudit Föderalismus 132 ff. – Föderalismusreform 134 – Kooperativer Föderalismus 133 – Verbundföderalismus 134 Funktionsvorbehalt zugunsten des Beamtentums 115 f. Gesetzesvorbehalt 116 ff., 223 ff. Grundrechte s. Kooperationsprinzip Hierarchische Verwaltung 41 ff. Informales Verwaltungshandeln 207 ff. – Abgrenzung zu informationellem Verwaltungshandeln 208 – Defizite 212 f. – Drittbeteiligung an Vorbereitungsabsprachen 217 ff. – einfachrechtliche Grenzen 214 ff. – Formalisierung 215 – Selbstverpflichtungen 219 ff. – Anhörung beteiligter Kreise 227 f. – Annexkompetenz 226 – Beispiele 220 – mittelbare Grundrechtseingriffe 223 f. – normergänzende Funktion 225 – Organkompetenz 226 f. – rechtliche Struktur 221 – Verbandskompetenz 225 f. – wettbewerbsrechtliche Fragen 221 ff.

Sachverzeichnis – Typisierung 210 ff. – Normvertretende Absprachen 211 – Normvorbereitende Absprachen 212 – Vollzugssubstitute 211 – Vorabzuleitung von Bescheidsentwürfen 211 – Vorbereitungsabsprachen 210 – Umweltvereinbarungen auf europäischer Ebene 318 ff. – Absprachen zwischen der EG und Privaten 321 ff. – europäisches Wettbewerbsrecht 324 ff. – institutionelles Gleichgewicht in der EG 323 f. – Koregulierung 319 – Vereinbarungen zur Richtlinientransformation 319 ff. – und kooperatives Verwaltungshandeln 208 f. – und Sekundäransprüche 209 f. – Vorteile 213 Informationsaustausch in der EG 287 f. Informationszugangsrecht im Umweltrecht 298 ff. Kerntechnischer Ausschuss s. Verwaltungsangegliederte Expertengremien Komplexe Verwaltungsentscheidungen s. Multipolare Interessenkonstellationen Kondominale Verwaltungseinheiten s. Beteiligung Privater an Verwaltungsaufgaben Konfliktmittlung in Verwaltungsverfahren 168 ff. – aktiver und passiver Konfliktmittler 169 f. – kooperative Konfliktschlichtung 170 – „negotiation“ und „mediation“ 169 – Projektmanager 130, 147, 171 – rechtlicher Status des Konfliktmittlers 173 f. – und Aufgabendelegation 147 – verwaltungsrechtliche Befugnisse des Konfliktmittlers 171 ff. – Vorteile 170 f. Kontextsteuerung s. Systemtheorie Konzept der gemeinsamen Verantwortung 36 ff., 290 ff. Kooperation – als Delegationskonzept 146 ff., 316 25 Shirvani

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– als staatsrechtlicher Paradigmenwechsel 41 ff. – als Verfassungsgebot 245 ff. – durch Selbststeuerung 144 f. – durch Verantwortungsteilung 145 f. – faktische Bindungen 258 – im europäischen Umweltrecht 284 ff., 293 ff. – induzierte 135 – informationelle 294 ff. – instrumentelle 145, 239 – judizielle 282 ff. – Kooperationsbeiträge 151 ff. – Kooperationsnetz zwischen Staat und Privaten 135 – Kooperationspartner 148 ff. – Kooperationsverhältnisse 152 f., 239 ff., 300 – kooperative Konzeptentwicklung 289 f. – kooperativer Staat 23, 41 ff., 83 – kooperatives Verwaltungsverfahren 25, 143, 208 f. – ausgehandelter Verwaltungsakt 209 – und einseitiges Verwaltungshandeln 209 – Umweltrecht als Referenzgebiet 25, 143, 284 – und Amtshaftungsanspruch 260 – und europäischer Einigungsprozess 280 ff. – und Freiwilligkeit 144, 195, 240, 304 – und Integration 282 – und mittelbare Staatsverwaltung 150 f. – und Partizipation 231 ff., 295 ff. – und sekundärrechtliche Schadensersatzansprüche 259 f. – und Selbstorganisation 163, 167, 198 ff., 233 ff. – und Tauschprinzip 151 f. – und Verfahrenseffizienz 246 – und Verfahrensermessen 247 – und Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 245 ff. – und verwaltungsrechtliche Schlüsselbegriffe 79 ff. – zwischen dem BVerfG und dem EuGH 282 ff. Kooperationsformen 132 ff. – föderative 132 ff. – horizontale und vertikale 132 – idealtypische 139 ff.

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Sachverzeichnis

– institutionalisierte und nicht institutionalisierte 141 ff. – unvollkommen zweiseitige 136 – verfahrens- und kompetenzbezogene 137 ff. – Verwaltungskooperation in der EG 284 ff., 286 ff. – vollkommen zweiseitige 136 f. Kooperationsprinzip 29 ff., 229 ff. – Abwägung mit anderen Prinzipien 242 f. – als normatives Leitprinzip 238 – als offenes Prinzip 242 – als Organisationsprinzip 233 ff. – als politische Handlungsmaxime 229 ff. – als Steuerungsprinzip 239 – als Verfahrensprinzip 231 ff. – demokratische Legitimationsanforderungen 262 ff. – Legitimationsniveau 265 – Legitimationsverantwortung 266 – Separierung von Verantwortungsbereichen 264 – staatliche Letztverantwortlichkeit 263 – Vorfeldsicherungen 266 – gesetzliche Quellen 29 f. – in den Gesetzentwürfen zum UGB 30 ff. – in politischen Programmen 33 ff. – Kerngedanke 38 – Kritik am K. 27, 199 f., 230 f. – Rechtsnatur 229 ff. – Rechtsprechung des BVerfG 241 ff. – Rechtsstaatliche Anforderungen 253 ff. – Gebot fairen Verfahrens 255 ff. – Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme 261 – Publizitätsgebot 256 f. – Untersuchungsgrundsatz 253 ff. – Verfahrenstransparenz 256 f. – Vertrauensschutzgrundsatz 257 ff. – und Grundrechte 267 ff. – Eingriff bei mittelbarer Verhaltenssteuerung 223 f., 269 ff. – Finalität als Zurechnungskriterium beim Eingriff 270 ff. – grundrechtliche Schutzpflichten 276 ff. – Grundrechtsverzicht 273 ff. – unterschiedliche Grundrechtsperspektiven 267 f. – und rechtssatzförmige Prinzipien 237 f.

– und Subsidiaritätsprinzip 31, 39, 247 ff. – und Umweltschutz als Staatsziel 250 ff. – und Verursacherprinzip 242 f. Korporatismus s. Verbändesystem und s. Steuerung Krise des regulierenden Staates s. Steuerungsfähigkeit des Staates Maastricht-Entscheidung des BVerfG 282 ff. Mediation s. Konfliktmittlung in Verwaltungsverfahren Mehrstufiger gemeinschaftlicher Verwaltungsakt 288 f. Ministerialfreie Räume 120 f. Mittelbare Staatsverwaltung s. Kooperation Multipolare Interessenkonstellationen 63 ff. – komplexe Verwaltungsentscheidungen 63 ff. – Komplexitätsminderung durch Kooperation 66 ff. – Wandel vom bipolaren zum multipolaren Rechtsverhältnis 64 „Neue Konzeption“ s. Technische Normung Offene Staatlichkeit 281 f. Öffentlichkeitsprinzip der EG 298 ff. Partizipation s. Kooperation Pluralismustheorie s. Verbändesystem Private Normung s. Technische Normung Private Sachverständige s. Beteiligung Privater an Verwaltungsaufgaben Privatisierung 110 ff. – Aufgabenprivatisierung 124 ff. – funktionelle 126 ff. – Kernbereichslehre 123 – Organisationsprivatisierung 122 f. – Strategien im Umweltrecht 124 ff. – und originäre bzw. obligatorische Staatsaufgaben 111 ff. – und Staatsaufgabenlehre 110 f. – Verfahrensprivatisierung 128 ff. – verfassungsrechtliche Schranken 114 ff. Reaktor-Sicherheitskommission s. Verwaltungsangegliederte Expertengremien Recht als Steuerungsmedium s. Steuerung

Sachverzeichnis Rechtsprinzipien und Rechtsregeln 235 ff. Rechtsverhältnislehre 69 ff. – heuristische Funktion 71 – und Handlungsformenlehre 69 – und Nebenpflichten 71 – und Verfahrensrechtsverhältnis 70 Reflexives Recht s. Systemtheorie und s. Umweltaudit Regulatives Auffangnetz s. Steuerung Regulierte Selbststeuerung s. Steuerung Selbstverpflichtungen s. Informales Verwaltungshandeln Staatsaufgabendiskussion s. Privatisierung Steuerung 80 ff. – Begriff 80 ff. – direkte und indirekte im Umweltrecht 85 ff. – hierarchische 41 ff. – indirekte und kooperative 88 – kondominale 83 – kooperative 83 ff., 88, 195, 240, 242 f. – korporatistische 83 – Recht als Steuerungsmedium 82 ff. – regulatives Auffangnetz 97, 140 – regulierte Selbststeuerung 95 ff., 144 f., 154 ff. – Selbststeuerung 63, 84, 88 ff., 92, 144 f., 252 – Steuerungsmix 88, 243 Steuerungsfähigkeit des Staates – Entlastungsstrategien 26, 141 ff. – Steuerungsversagen 43 ff., 89 f., 95 f. Strahlenschutzkommission s. Verwaltungsangegliederte Expertengremien Subsidiaritätsprinzip s. Kooperationsprinzip Systemtheorie 88 ff. – autopoietische Systeme 90 f. – basale Zirkularität 90 – funktionale Differenzierung 89 – Komplexität 65 – Kontextsteuerung 92 f., 95, 201 – Kritik an der autopoietischen Theorie 93 ff. – reflexives Recht 92 f. – Selbstreferenz 90 f. – Steuerungsresistenz von Teilsystemen 89 f., 91 25*

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Technische Normung 176 ff., 309 ff. – DIN 34 f., 176, 180 ff., 184 f., 312 – dynamische Verweisung 178 – im europäischen Recht 309 ff. – Bindungswirkung 312 ff. – CEN / CENELEC 311 ff. – CE-Zeichen 312, 315 – Konformitätsbewertungsverfahren 311 f. – „Meroni“-Rspr. des EuGH 316 f. – Modellrichtlinie 310, 312 ff. – Nachmarktkontrolle 314 – „Neue Konzeption“ 310 f. – sektorielle Richtlinien 311 – kontrollierte Rezeption 182 – rechtsstaatliche Anforderungen 183 ff., 317 f. – statische Verweisung 177 – Technikklauseln 178 f. – als antizipierte Sachverständigengutachten 178 – indizieller Charakter 179 – und Kooperation – auf der Ebene der Rechtsanwendung 182 – auf der Ebene der Rechtsetzung 181 – auf europäischer Ebene 315 ff. – auf organisatorischer Ebene 180 f. Transnationaler Verwaltungsakt 288 Umweltabgaben 88, 138 f., 243 Umweltabsprachen s. Informales Verwaltungshandeln Umweltaudit 301 ff. – als motivationales System 304 – als reflexives Steuerungsinstrument 304 f. – EMAS 104 f., 301 ff. – funktionale Äquivalenz 307 f. – Kontrolle des privaten Kontrolleurs 306 – Öffnungsklauseln 308 – ordnungsrechtliche Privilegierung 307 ff. – Substitution 307 f. – Umweltgutachter 59 f., 305 f. – und duale Umweltverantwortung 305 Umweltschutz als Staatsziel s. Kooperationsprinzip Umweltverträglichkeitsprüfung 155 ff.

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Sachverzeichnis

– nachvollziehende Amtsermittlung 158 f., 253 f. – Scoping 150, 156, 215 – und Selbstregulierung 157 – und Verfahrensverantwortung 158 f. Unechte Normverzichtsverträge 226, 322 Unterscheidung von Staat und Gesellschaft 45 ff. – Gründe für die Unterscheidung 49 ff. – historische Perspektive 45 f. – im kooperativen Staat 51 f. – in Hegels Rechtsphilosophie 47 ff. Verantwortung 98 ff. – Begriff 99 ff. – duale Umweltverantwortung 102 ff., 305 f. – Gewährleistungsverantwortung 131, 145, 159, 203, 263, 279 – Kontrollverantwortung 109 f., 148 – Konzept abgestufter Verantwortungsteilung 106 ff. – kooperative Verantwortungsgemeinschaft 146 – private Eigenverantwortung 39, 101, 145, 239 f., 303 ff. – Produktverantwortung 108 – Rahmenverantwortung 107 ff. – residuale Verantwortung 148, 252 – umweltpolitisches Mitwirkungsverhältnis 103, 305 – Verfahrensverantwortung 155 ff. – Verzahnung von öffentlichem und Privatrecht 102 f., 107 Verbändesystem 72 ff.

– Demokratisierung der Verbände 76 f. – Institutionalisierung des Verbandseinflusses 77 – und Gewaltenteilungsgrundsatz 72 f. – und (Neo-) Korporatismus 62, 75 f., 83, 85, 202 – und Pluralismustheorie 73 ff. Verbandsklage 83, 233 Verfahrenspublizität 296 f. s. auch Kooperationsprinzip Verpackungsverordnung s. Duale Entsorgungssysteme Verwaltungsangegliederte Expertengremien 188 ff. Verwaltungshilfe s. Beteiligung Privater an Verwaltungsaufgaben Verwaltungsrechtliche Schlüsselbegriffe s. Kooperation Verwaltungsverantwortung s. Verantwortung Verwaltungsvollzug in Europa 284 ff. Vollzugsdefizit im Umweltrecht 86, 147, 299 Widerspruchsfreiheit 199, 241

der

Rechtsordnung

Zielfestlegungen im Abfallrecht 194 ff. – als Instrument kooperativer Steuerung 195 – Rechtsnatur 196 – regelungsvermeidende Intention 196 – Vertrauensschutzgrundsatz 197, 260 f.