Das gemeine deutsche Bergrecht in Verbindung mit dem preußischen Bergrechte: unter Berücksichtigung der Berggesetze Bayerns, Sachsens, Österreichs und anderer deutscher Länder [Teil 1. Reprint 2022 ed.] 9783112691281


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German Pages 466 [468] Year 1872

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Table of contents :
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
I. Vom Bergrechte im Allgemeinen
II. Literatur des Bergrechtes
III. Quellen des Bergrechtes
IV. Von der Anwendung der Bergrechtsquellen
Erste Abtheilung. Allgemeine Lehren
I. Von der Bergbaufreiheit (Freierklärung), dem Bergregal und der Berghoheit im Allgemeinen
II. Vom Umfange des Bergregales und der Berghoheit
III. Von der Ausübung des Bergregales und der Berghoheit
Zweite Abtheilung. Die Bergbauberechtigung (Bergwerkseigenthum)
I. Von der Bergbauberechtigung oder dem s. g. Bergwerkseigenthum im Allgemeinen
II. Von der Erwerbung der Bergbanberechtigung
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Das gemeine deutsche Bergrecht in Verbindung mit dem preußischen Bergrechte: unter Berücksichtigung der Berggesetze Bayerns, Sachsens, Österreichs und anderer deutscher Länder [Teil 1. Reprint 2022 ed.]
 9783112691281

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Das

gemeine deutsche Bergrecht in Verbindung mit dem

preußischen Bergrechte unter Berücksichtigung der Berggesetze

Gayerns, Sachsens, Oesterreichs und anderer deutscher Länder,

dargestellt von

Dr. H. Achenbach, Geheimem Oberbergralh und Vortragendem Rath jin preuß. Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten.

Erster Theil.

Bonn,

bei Adolph Marcus. 1871.

Vorwort. In

dem

erschienenen

1869

Buche

„das

französische

Bergrecht" hat der Verfasser den Zusammenhang nachzuwei­

sen versucht, welcher zwischen dem neueren deutschen und dem

französischen Bergrechte bestehet. Durch das gegenwärtige Werk soll unter Berücksichtigung der auf dem Gebiete der . deutschen Rechtsgeschichte und des deutschen Rechtes gewonnenen Resul­

tate auf Grund selbstständiger Forschung das deutsche Berg­

recht sowohl tu eingehend

geschichtlicher

wie

dogmatischer Beziehung

dargestellt und hierdurch dem Bergrechte der Ge­

genwart ein richtiges Verständniß und eine

wissenschaftliche

Begründung gesichert werden. . Neben dem gemeinen deutschen Bergrechte umfaßt daher

das vorliegende Werk eine ausführliche Erörterung des preu­ ßischen Bergrechtes und der sich unmittelbar an letzteres an­

schließenden

Bergrechte

Bayerns,

Braunschweigs

u. s.

w.,

wobei die abweichende Stellung des sächsischen und österreichi­ schen Bergrechtes nicht außer Betracht geblieben ist.

Die neuesten Reformen des Bergrechtes in den einzel­ nen deutschen Staaten haben die Gemeinsamkeit der Grund­ sätze des ersteren nicht beseitigt, ja durch

die fast wörtliche

Einführung des preußischen Bergrechtes in Bayern, Braun­

schweig u. s. w. derart vorbereitet, selbst

oder

den

ist

der Erlaß eines deutschen Berggesetzes

daß demselben

bergbaulichen

keine aus dem Bergrechte

Verhältnissen

hergeleiteten

Vorwort.

IV

Schwierigkeiten entgegen gestellt werden können.

Ziel erreicht ist,

wird

es

als

Bis dieses

eine hervorragende Aufgabe

deutscher Rechtswissenschaft betrachtet

werden müssen, eines-

theils über die Aufrechterhaltung der gemeinsamen Grundsätze unseres Bergrechtes ein treues Wächteramt ausznüben, anderen-

theils aber auf die beschleunigte Herstellung eines auch for­

mell einheitlichen deutschen Bergrechtes nach Möglichkeit hin­ zuwirken.

Möge auch das vorliegende Buch

ein Beitrag für die

Lösung dieser Aufgaben sein. Berlin, im Januar 1871.

Dr. Heim. Achenbach.

Inhaltsverzeichnis. Einleitung. I.

Bom Bergrechte im Allgemeinen. Seite.

1. Begriff und Cintheilung des Bergrechtes. §. 1....................................... 2. Gegenwärtige Stellung des gemeinen deutschen Bergrechtes. §. 2.... II.

Literatur des Bergrechtes.

1.

Sammlungen der Berggesetze, Berggewohnheiten und Bergurtheile. § 3.

2.

Geschichtliche Werke über Bergrecht und Bergwerksversassung. §. 4...

3. Lehrbücher

1 6

des Bergrechtes,

Dissertationen

9 11

und bergrechtliche Ab­

handlungen. a.

Gemeinrechtliche. §.5..................

b. Lehrbücher und Commentareüber deutsche Partikularrechte. §. 6.

13 15

1. Österreichisches Bergrecht................................................................

15

2. Sächsisches Bergrecht......................................................................... 3. Preußisches Bergrecht............................................................•..........

16 16

III.

Quellen des Bergrechtes.

1. Aeltere Zeit (bis zum 13. Jahrhundert einschließlich).

a.

Gesetze und Gewohnheitsrechte

§. 7.....................................................

17

b.

Deutscher Ursprung der Berggewohnheiten. §. 8..............................

23

c.

Berggewohnheiten im westlichen Deutschland, insbesondere aus der linken Rheinseite. §. 9.............................................................................

29

d. Berggewohnheiten im westlichen Deutschland auf der rechten Rhein­

seite. §. 10

Jnhaltsverzeichniß.

VI

2.

3.

Mittlere Zeit (bis zum Ende des 15. Jahrhunderts).

a.

Bergrecht im südlichen Deutschland. §. 11............................................

36

b.

Bergrecht im westlichen und nördlichen Deutschland. §.12..........

42

Neuere Zeit.

a.

Landesbergordnungen.

Reception des

sächsischen Bergrechtes

in

Böhmen und den böhmischen Nebenländern. §. 13...........................

b.

Reception des sächsischen Bergrechtes, und mittleren Deutschland.

§. 14..........................................................

48

§. 15....................

52

d. Einfluß des harzer Bergrechtes. §. 16...................................................

53

c.

4.

44

insbesondere im westlichen

Reception des sächsischen Bergrechtes am Harze.

Das Bergrecht der Gegenwart. a.

Das Königlich sächsische und das österreichische Berggesetz. §. 17..

55

b.

Das preußische Allgemeine Berggesetz. §. 18.......................................

57

Bon der Anwendung der Bergrechtsquellen. §§. 19, 20...

63

IV.

Erste Abtheilung. Allgemeine Lehren. I. Bon der Bergbaufreiheit (Freierklärung), dem Bergregal und der Berghoheit im Allgemeinen. 1.

Entstehung und Begriff der Bergbaufreiheit (Freierklärung). §§.21—24

68

2.

Entstehung und Begriff des Bergregales. §§. 25—29 ...........................

81

3.

Das Bergregal, die Berghoheit und die Bergbaufreiheit nach den neueren Berggesetzen, insbesondere nach dem preußischen Allgemeinen Berggesetze.

Rechtliche Natur des Bergregales. §.30..............................................

100

b. Die Berghoheit nach französischem Bergrechte. §.31.........................

102

c.

Die Berghoheit nach dem preußischen Allgemeinen Berggesetze. §.32

104

d.

Die Mineralien als Substanztheile des Grund und Bodens und

a.

die Bergbaufreiheit nach

dem

preußischen Allgemeinen

Bergge­

setze. §.33......................................................................................................

108

e.

Fortdauer des Bergregales der Privatpersonen. §.34....................

114

f.

Schlußbemerkungen, insbesondere über die neueren Berggesetze in

anderen deutschen Staaten. §. 35.............................................................

II. 1.

115

Bom Umfange des Bergregales und der Berghoheit.

Die vom Verfügungsrechte

des Grundeigenthümers

ausgeschlossenen

Mineralien. a. Nach gemeinem Bergrechte und den Bergordnungen. §.36.............

117

Inhaltsverzeichnis

vn

Seite, b.

Nach den neueren Berggesetzen, insbesondere dem preußischen All­

e.

Nach den provincialrechtlichen Vorschriften des preußischen Allge­

gemeinen Berggesetze. §. 37...................................................................... meinen Berggesetzes. §. 38......................................................................... f.

121 124

Feststellung der Grenze zwischen den Rechten des Staates und des

Grundeigenthümers. §.39........................................................................

126

g. Competenz der Gerichte und der Bergbehörden bei Feststellung der Grenze der staatlichen Hoheit gegenüber den Rechten des Grund­

eigenthümers. §. 40..................................................................................... 2.

Alte Halden.

a.

129

Verlassene Bergwerke.

Nach gemeinem Bergrechte und den Bergordnungen.

§.41..........

131

b. Nach den neueren Berggesetzen, insbesondere dem preußischen All­ gemeinen Berggesetze. §. 42...................................................................... 3.

4.

Erbstollen.

a.

Aelteres Recht. §.43

141

b.

Neueres Recht. §.44...................................................................................

145

Fließende Wasser (Berg- und Tagewasser).

a.

Ursprung der bergrechtlichen Muthung und Verleihung von flie­ ßendem Wasser. §.44................................................................................

147

b.

Grundsätze des deutschen Bergrechtes über die Wassernutzung. §. 45

151

c.

Neuere Berggesetze über die Wasserleitung. §.46.............................

157

d.

Das preußische Allgemeine Berggesetz rücksichtlich der Wassernutzung

e.

Die Bergwasser nach dem preußischen Allgemeinen Berggesetze.

im Allgemeinen. §.47.............................................................................. a.

f.

160

b.

Recht des Bergbauberechtigten auf die Bergwasser über Tage (bayerisches Recht). §.49....................................................................

163

c.

Rechte Dritter auf die Bergwasser über Tage. §.50...............

166

Die Privatflüsse nach dem preußischen Allgemeinen Berggesetze.

a.

Recht des Bergbauberechtigten auf Zuleitung von Bergwassern in Privatflüsse. §.51

b.

.........................................................................

168

Entschädigungsverbindlichkeit bei der Zuleitung von Bergwas­

sern.

c.

Untersagung derselben.

§§.52. 53....................................

174

Recht der Ableitung von Wasser aus Privatflüssen zu Berg­

(Bayerisches Recht.) §.54............................................

179

Schlußbemerkungen. §.55.........................................................................

181

bauzwecken.

g.

158

Recht des Bergbauberechtigten auf die Bergwasser im Inneren des Bergwerkes. §.48.........................................................................

5

134

Aufbereitungs-Anstalten und Hüttenwerke.

a.

Aelteres Recht. §.56...................................................................................

183

b. Besonderheiten bei den Eisenhütten. §.57............................................

188

c.

Grundsätzliche Stellung des deutschen und französischen Rechtes. §. 58

191

d.

Polizeiliche Concessionirung der Hüttenwerke insbesondere in Preu­ ßen. §. 59........................................................................................................

193

Jnhaltsverzeichniß.

VIII

Trennung der Hüttenwerke und gewisser Aufbereitungs-Anstalten

e.

vom Bergwesen nach neueren deutschen Gesetzen.

Gegenwärtiger

196

Rechtszustand. §. 60

6.

Bergschmieden, Grundstücke über Tage, Waldungen. §. 61

204

Bon der Ausübung deS BergregaleS und der Berghoheit.

III. 1.

Von der Verleihung deß Bergbaurechtes nach Maßgabe der Berggesetze.

2.

Von der Feldesreservation für den Bergbau des Regalherren.

8. 62 a.

Rechtsgültigkeit der Feldesreservation.

b.

Wirkung der Reservation. §. 64.............................................................

c.

Feldesreservation bei regalen Mineralien, bei welchen keine Berg­

6.

3.

207

§. 63

210

213

baufreiheit bestehet. 8-65

216

Feldesrescrvation der Privatregalherren. 8- 66

218

Von der Verleihung von Bergbaurechten ohne Rücksicht auf die berg­

ordnungsmäßigen Vorschriften. §. 67, 68 IV.

219

Bon der Veräußerung des Bergregales. 88-69—72

225

Zweite Abtheilung. Die Dergbauberechtigung (ÄergmerKseigenthum). I.

1.

Bon der Bergbauberechtigung oder dem f. g. Bergwerkseigenthum

Begriff und Natur der Bergbauberechtigung werkseigenthumes.

a.

im Allgemeinen.

oder des s. g. Berg­

Von dem Bergwerke (Berggebäude). 8- 73

b. Von

dem Bergwerkseigenthume

und der

234

rechtlichen

Möglichkeit

desselben. 8- 74 ...............................................................................................

c.

Das

Bergwerkseigenthum

nach

gemeinem

Bergrechte

und

Bergordnungen. §.75

242

Fortsetzung (preußisches Allgemeines Landrecht). 8- 76

245

d. Das Bergbaurecht des gemeinen Rechtes. 8-77 f.

249

Von den Zubehörungen des Bergbaurechtes nach gemeinem Rechte und den Bergordnungen. 8- 78

g.

237

den

Die Bergbauberechtigung und

251 das

sog. Bergwerkseigenthum der

neueren Berggesetze. 8-79 Fortsetzung

mit Rücksicht auf das preußische

gesetz. 8- 80 h. Die

Zubehörungen der Bergbauberechtigung

Berggesetzen, 8- 81

255

Allgemeine Berg­

............................ nach den

261

neueren 263

Inhaltsverzeichnis

ix Seite.

2.

Von der Zusammenschlagung (Konsolidation^ der Bergbauberechtigungen.

a.

Bon der Zusammenschlagung (Konsolidation) der Bergbauberechti­ gungen nach älterem Rechte. §. 82..........................................................

b.

ßische Gesetzgebung. §§. 83—85............................................................... 3.

Die Theilbarkeit der Bergbauberechtigung in mehrere Gerechtsame nach älterem Rechte. §. 86........................................................................

b.

Die Theilbarkeit der Bergbauberechtigung in Jdealantheile nach

c.

Von der Theilbarkeit der Bergbauberechtigung in mehrere Gerecht­

älterem Rechte. §§. 87. 88........................................................................ same,

dem Fcldesaustausche und dem

Verzichte

d.

Von der

299

307

Von der Erwerbung der Bergbauberechtigung.

Allgemeines.

a.

Erwerbsfähigkeit. §.91..............................................................................

313

b.

Ursprünglicher Erwerb. §.92 ............................................................

322

Das Schürfen.

a.

Begriff des Schürfens. §.93 ....................................................................

b.

Verhältniß des Schürfers zum Grundeigenthümer

c.

d. e.

3.

290

Theilbarkeit der Bergbauberechtigung in ideelle Theile

nach den neueren Berggesetzen. §. 90.....................................................

II.

283

auf Feldestheile

nach den neueren Berggesetzen. §. 89 .....................................................

2.

271

Von der Theilbarkeit der Bergbauberechtigung.

a.

1.

267

Fortsetzung mit Rücksicht auf die neuere, insbesondere die preu­

a.

nach gemeinem Bergrechte. §. 94 ..

b.

Nach neuerem Bergrechte, insbesondere dem preußischen Allge­

...............................................

325 328

meinen Berggesetze. §.95 ....................................................................

334

Verhältniß des Schürfers zum Bergbauberechtigten. §.96 ............

345

Verfügungsrecht des Schürfers über die beim Schürfen geförderten

Mineralien. §.97........................

347

Aufsichtsrecht der Bergbehörde bezüglich der Schürfarbeiten. §. 98

352

Das Finden. a.

Allgemeines. §.99..................................................

357

b. Erwerbung des Bergbaurechtes ohne Fund; Freischürfrechte nach älterem Bergrechte. §. 100..................................................

Die Erwerbung des Bergbaurechtes auf Grund eines Fundes und

das Recht des ersten Finders nach gemeinem Bergrechte. §. 101 .

369

d.

Fund und Finderrecht nach neuerem Bergrechte. §.102.................

381

Fortsetzung.

Fund und

Finderrecht nach dem preußischen Allge­

meinen Berggesetze. §. 103........................................................................ Fortsetzung.

388

Beurtheilt sich das Finderrecht des preußischen All­

gemeinen Berggesetzes nach den Regeln der Occupation? §. 104.. 4.

360

c.

394

Das Muthen.

a.

Gemeines Bergrecht. §. 105.....................................................................

b.

Neueres, insbesondere preußisches Bergrecht.

a.

Formelle Erfordernisse der Muthung. §. 106 ........................

397

409

Inhaltsverzeichnis

x

Seite. b.

Materielle Erfordernisse der Muthung. §. 107.........................

414

c.

Der Umwandlungs- und Erweiterungs-Antrag. §. 108 .........

420

d.

Ist die Muthung nach preußischem Allgemeinen Berggesetze eine

Occupation? Natur des aus der Muthung folgenden Rechtes, ß. 109 ................................................................................................. 5.

426

Die Verleihung. a.

Gemeines Recht. §.110..........................................................................

430

b.

Neueres, insbesondere preußisches Bergrecht. §. 111.......................

437

Einleitung. I. Vom Sergrechte im Allgemeinen. 1.

Begriff unb Eintheilnng des Bergrechies.

8- 1. Der Bergban bezweckt die Aufsuchung und Gewinnung nutz­ barer Mineralien.

Als Gegenstand des Bergrechtes muß derselbe

jedoch theils in einem engeren, theils in einem weiteren Sinne auf­ In einem engeren Sinne insofern,

gefaßt werden.

als das Berg­

recht, d. h. das Specialrecht der beim Bergbau vorkom­

menden Rechtsverhältnisse, sich regelmäßig') nur auf die Aufsuchung und Gewinnung der vom Verfügungsrechte des Grund-

eigenthümers ausgeschloffenen Mineralien beziehet. In einem weiteren Sinne, weil das Bergrecht namentlich der älteren Zeit auch auf die Aufbereitung

und Zugntemachnng

jener

Mineralien Anwendung

findet.

Der Inhalt des Bergrechtes gehört theils dem öffentlichen, theils 1) Neuerdings

find mehrfach einzelne Theile des Bergrechtes auch auf den

vom Grundeigenthümer ausgehenden Bergbau für anwendbar erklärt Vergl. §. 2 des König!. sächsischen Allgem. Berggesetzes vom

worden.

16. Juni

1868

(Gesetz- u. Verord.-Bl. S. 351 ff.) rückfichtlich des Stein- und Braunkohlenberg­ baues; ferner das preuß. Gesetz vom 22. Febr. 1869,

betreffend die Rechtsver­

hältnisse des Stein- und Braunkohlenbergbaues in denjenigen Landestheilen, in welchen

das Kurf, sächsische

Mandat vom 19. Aug.

1743 Gesetzeskraft hat

(Gcs.-S. S. 401), Art. XIII. der Königl. preuß. Verordnung vom 8. Mai 1867, be­ treffend die Einführung des preuß. Allgem. Berggesetzes vom 24. Juni 1865 in das Gebiet des vormaligen Königreiches Hannover (Ges -S. S. 601 ff.), rück­ sichtlich des Stein- und Braunkohlenbergbaues im Fürstenthume Kalenberg, ein­

schließlich der Grafschaft Spiegelberg; §. 210 des preuß. Allgem. Berggesetzes in

Betreff des Braunkohlenbergbaues im Gebiete des

westpreuß. Provincialrechtes;

§. 214 desselben Gesetzes wegen gewißer linksrheinischer Steinbrüche u. s. w. 1

2

Einleitung.

so daß dasselbe in Berg staatsrecht und

dem Privatrechte an,

Diese Eintheilung

Bergprivatrecht eingetheilt zu werden pflegt.

ist indeß für die Darstellung des Bergrechtes werthlos *), da dieselbe

ohne ein willkürliches Zerreißen des an sich zusammengehörigen Stoffes nicht benutzt werden sonn1 2). Selbst in den Systemen des allgenreinen Privatrechtes, in welchen regelmäßig das Bergrecht ab­ gehandelt wird, ist von dieser Eintheilung nur ein geringer Gebrauch

zu machen, da die Mehrzahl der bergrechtlichen Materien einen ge­ mischten Charakter hat.

Soll daher in den Lehrbüchern über das

1) Otto (Studien auf dem Gebiete des Bergrechtes. Freiberg 1856, S. 21)

verwirft eine solche Eintheilung zwar andere in Bergprivatrecht

gänzlich, schlägt aber statt derselben eine

und Bergverwaltungsrecht vor.

So weit dies

nicht

lediglich verschiedene Bezeichnungen für dieselbe Sache sind, kann andererseits nicht zugegeben werden, daß die Stellung des Bergbautreibenden eine „durch und durch privatrechtliche" sei. Im modernen Bergrechte tritt in der Beschränkung des Verfügungsrechtes des Grundeigentümers über gewisse Fossilien durch staatliche

Hoheitsrechte, bei der Verleihung,

eigenthums,

bei dem

Consolidation und Entziehung des Bergwerks­

Betriebe der Bergwerke, dem Knappschaftswesen u. s. w.

der gemischte Charakter des Bergrechtes wesentlich hervor.

Richtig ist, daß gerade

wegen dieser Doppelnatur die hergebrachte Sonderung des öffentlichen Bergrechtes von dem Bergprivatrechte für die Darstellung des Bergrechtes verworfen wer­

den muß. 2) Die Eintheilung scheint vorzugsweise von A. Beyer herzurühren, welcher

in den otia metallica (Bd. I. S. 65 ff.) 1748 den Entwurf einer Bergstaats­

rechtslehre veröffentlichte. rechtslehre zum Nachtheile

Karsten hat in seinem Grundrisse der deutschen Berg­

der Sache den Versuch gemacht, das Bergstaatsrecht

gesondert vom Bergprivatrechte darzustellen. Bekanntlich sollte auch bei Abfassung des preußischen Allgemeinen Landrechtes in

Der

dieser Art verfahren werden.

gedruckte Entwurf enthielt ein Bergstaatsrecht und ein Bergprivatrecht. Man sah sich indeß genöthigt,

diese Eintheilung aufzugeben und ließ den Entwurf durch

den Geheimen Oberrevisionsrath Goßler umarbeiten.

Der Generalfiscal und

Oberbergrichter Pachaly bemerkte zu dem ersten Entwürfe: „Die in dem Entwürfe gemachte Eintheilung zwischen Bergstaats- und Berg­

privatrecht ist zwar philosophisch richtig; die Grenzlinie genau zu ziehen,

aber äußerst schwer.

ist

In dem Entwürfe des Gesetzbuches sind manche Materien

zu dem einen gerechnet worden,

die eigentlich in das andere gehören,

und

wenn man auch endlich Alles richtig geordnet hat, so werden manche Materien zum Nachtheile derer, die sich daraus unter­

richten wollen, zerrissen." Aehnlich äußerte sich der sJJiinifter von Heinitz (Brassert: Das Bergrecht des Allgem. preuß. Landrechtes in seinen Materialien.

S. 27, 289).

Bonn bei A. Marcus 1861,

Das Bergrecht im Allgemeinen.

3

Privatrecht nicht überhaupt auf die Darstellung des Bergrechtes ver­

zichtet werben *), so muß letztere auch auf das Gebiet des öffentlichen

Rechtes hinüber greifen. Das Bergrecht ist mit Rücksicht auf seine Entstehung und An­ wendung entweder gemeines oder partikulares Bergrecht. Bei

der Frage, ob ein gemeines deutsches Bergrecht vorhanden und was unter letzterem zu verstehen sei, wiederholt sich im Allgemeinen die in den Lehrbüchern des deutschen Privatrechtes erörterte Controverse über die Existenz und den Begriff des gemeinen deutschen

Privatrechtes. Richtig ist auch in Betreff des Bergrechtes, daß für Deutschland berggesetzliche Bestimmungen, welche mit gemeiner Autorität erlassen sind, nahezu gänzlich fehlen1 2). Dagegen kann das Vorhandensein eines gemeinen Berggewohnheitsrechtes mit Grund nicht bestritten werden. In seinen Anfängen mitten aus dem deut­ schen Volke herausgewachsen und mit Hülfe der landesherrlichen Berg­ freiheiten weiter getragen, haben die später erlassenen Bergordnungen wesentliche Theile des gemeinen Gewohnheitsrechtes in sich ausge­ nommen.

Die den ersteren inne wohnenden obersten Rechtsgrund­

sätze bilden daher dem Inhalte nach Hauptbestandtheile des gemeinen Bergrechtes, welches hier in der Form von Partikulargesetzen zum Ausdrucke gelangt ist. Reben diesen Provinciellen, den gesammten Stoff keineswegs erschöpfenden Bergordnungen bestehet das gemeine Bergrecht, theils als subsidiäre, theils als alleinige Rechtsnorm fort.

Ausdrücklich verweisen daher die Bergordnungen auch auf das letztere. So heißt es im Schlußartikel der joachimsthaler Bergordnung v. I. 1548: „Was in dieser Unser Ordnung nicht begriffen oder ausge­ drückt ist, soll bei gemeinen Bergrechten und alter hergebrachter

1) Ganz abgesehen von der vorherrschenden Doppelnatur des Bergrechtes,

findet fich im Privatrechte keine passende Stelle, um das Bergrecht im Zusammen­ hänge darzustellen. Es erscheint wenig befriedigend, wenn beispielsweise die Lehre von der Gewerkschaft, vom Kuxe beim Erwerbe des Eigenthumes an Sachen er­

örtert wird, während andererseits die Verweisung der einzelnen Theile des Berg­ rechtes in den allgemeinen Abschnitt, in die Darstellung des Sachen- und Obli­

gationenrechtes den an sich zusammenhängenden Rechtsstoff bis zur Unkenntlichkeit auseinander zerrt.

2) Eine reichsgesetzliche Bestimmung ist Cap. IX

§. 1 der goldenen Bulle

Kaiser Karls IV. v. I. 1356 über die Rechte der Kurfürsten rücksichtlich des Bergbaues.

4

Einleitung.

löblicher Bergwerksübung bleibe»"').

Viele Bergordnungen wieder­

wie z. B. aus der nassaukatzenelnbogischen Bergordnung v. I. 1559 entnommen werden kann: holen fast wörtlich diese ^Bestimmung,

„Was in dieser Ordnung nicht begriffen oder ausgedrückt ist, soll gemeinen Bergrechten und alten hergebrachten

bei

Bergwerks-Uebungen und Unserer Erklärung aus Rath Berg­

verständiger bleiben."

Andere Bergordnungen erwähnen zwar nur den „übfichen Ge­

brauch", die „bergläufige Weise", wie z. B. die kurtriersche Berg­ freiheit v. I. 1564, verstehen indeß offenbar hierunter das gemeine Bergrecht.

Endlich wird in einzelnen Bergordnungen angedeutet,

daß Rcchtssätze, welche in den verschiedenen Bergordnungen überein­

stimmend zum Ausdrucke gelangen, als gemeines Bergrecht zu be­ So sagt Cap. 60 der Renovirten Bergordnung für Kleve-Mark v. I. 1737: „Sollten auch casus Vorkommen, wovon in dieser Unserer Ord­ trachten sind.

nung Nichts enthalten wäre, so muß indessen nach denen anderen im römischen Reich üblichen Kaiserlichen, Königlichen, Kur- und Fürstlichen Bergrechten und Ordnungen verfahren werden."

Wenn diese Bestimmung sich in der Revidirten Bergordnung Friedrich des Großen für Kleve-Mark v. I. 1766, Cap. 87 §. 3 dahin geändert findet:

„Sollten auch casus vorkommen, wovon in dieser Unserer Ord­ nung Nichts enthalten wäre, so soll indessen nach denen anderen im römischen Reiche üblichen Kaiserlichen, Königlichen, Kur- und Fürstlichen, besonders aber denen Kursächsischen Bergrechten und Ordnungen Verfahren werden", so ist hierdurch keine materielle Abweichung

beabsichtigt,

da schon

lange vorher gerade der Inhalt der kursächsischcn Bergordnungen, nach deren Faffung überhaupt eine sehr große Zahl deutscher Berg­

ordnungen redigirt worden ist, als der reinste Ausdruck des gemeinen Bergrechtes betrachtet wurde. Aus den vorstehenden Anführungen gehet unzweifelhaft hervor, daß kraft ausdrücklicher Bestimmung der Landesgesetze

1) Thl. 2 Art. 93 derselben Bergordnung verweist wegen des Erbstollenrechtes ebensalls auf das „gemeine Bergrecht und alte herkommene Uebungen."

Diese Bestimnmng

wiederholt Thl. II. Art. 89 der Fürstl. braunschw.-lüne-

burgijchen Bergordnung siir Zellerfeld u. s. w. v. I. 1593.

Das Bergrecht im Allgemeinen.

dem gemeinen deutschen Bergrechte die Bedeutung eines unmittelbar

anwendbaren Rechtes beizulegen ist1). Die

Weiterbildung dieses Gewohnheitsrechtes

auch

nach dem

Erlasse der meisten Partikularbergordnungen erscheint vorzugsweise als das Werk der Bergschöppenstuhle, deren Rechtssprüche von jeher

als eine Hauptquelle des gemeinen Bergrechtes angesehen worden sind. Durch die rechtsbildende Bedeutung jener Urtheile hat das ge­ meine deutsche Bergrecht sich namentlich im Anschlüsse an das kur­

sächsische Bergrecht weiter entwickelt2).

Auch diese Autorität der Bergurtheile erfreute sich vielfach aus­ drücklicher Anerkennung in den Landesgesetzen.

schlesischen und in der

So heißt es in der Magdeburg-halberstädtischen Bergordnung

aus den Jahren 1769 und 1772: „Sollten auch in Bergsachen Casus Vorkommen, worin in dieser Unserer Ordnung Nichts enthalten, so soll indessen nach der säch­ sischen Bergordnung und in deren Entstehung nach anderen im

römischen Reich üblichen Bergrechten und Ordnungen, auch vor-

1) Wenn Gerber in dem System des deutschen Privatrechtes bei Gelegenheit einer glänzenden Darlegung des wissenschaftlichen Principes des gemeinen deut­

schen Privatrechtes S. 13 bemerkt: „Die Wissenschaft des deutschen Privatrechtes

ist deßhalb das einzige und unentbehrliche Erklärungsmittel der Partikular­ rechte; sie gibt

für seine oft nur

andeutenden Aussprüche und fragmentarischen

Bestimmungen die leitenden Gedanken eigentlichen Ergänzung

und belebenden Principien.

aus diesem Fond kann dagegen

Von

einer

ohne besondere

Voraussetzungen nicht die Rede sein, da dem Inhalte dieser Wissenschaft die formelle Sanction abgeht", so liegen jedenfalls bei dem gemeinen deutschen Berg­ rechte solche

besondern Voraussetzungen

vor.

Vergl. über

gemeines

Bergrecht

noch Thomas Wagner in der Vorrede des corp. iur. metallici §. 2; Beyer

otia metallica Thl. I. S. 100; Meyer bergrechtl. Beobachtungen S. 44. Diese Schriftsteller bemerken, daß die deutschen Bergordnungen fast ausnahmslos

auf das gemeine Bergrecht verweisen.

Da

ein geschriebenes deutsches Bergrecht

nicht vorhanden sei, so müsse man unter letzterem diejenigen Grundsätze verstehen,

rücksichtlich deren die deutschen Bergordnungen oder die meisten derselben überein­ stimmend seien.

Meyer erweitert dies indeß dahin, daß es bei Feststellung des auch auf die

joachimsthaler und

sreiberger Berggebräuche und die Bergurtheile ankomme.

Dieser Auffassung

Inhaltes des

gemeinen deutschen Bergrechtes

folgt im Wesentlichen Hake in dem Commentar über das Bergrecht S. 35.

2) Vergl. Bluhme, Encyklopädie der Rechte, 3. Ausg, Rcchtsquellen S. 159 und 43 rucksichtlich der wissenschaftl. Fortbildung des gemeinen deutschen Rechtes

und der Reception von Gesetzen als Gewohnheitsrecht.

6

Einleitung. gefallenen Berg-Urtheilen, Schied und Weisungen ver­ fahren werden" *).

Hiernach ist das gemeine deutsche Bergrecht als ein wesentlich durch die Praxis der Bergschöffenstühle fortgebildetes, unmittelbar anwendbares?) Gewohn­ heitsrecht aufzufassen, dessen vornehmste Grundsätze

auch in den deutschen Bergordnungen einen überein­ stimmenden Ausdruck gefunden haben. 2. Gegenwärtige Stellung des gemeinen deutschen

Bergrechtes. §• 2. In den letzten hundert Jahren hat freilich der Geltungsbereich

des bisherigen gemeinen deutschen Bergrechtes wesentliche Beschrän­ kungen erfahren. Durch die Publication des preußischen Allgemeinen

Landrcchtes, deffen Tit. 16 Thl. 2 bekanntlich sehr eingehende berg­

rechtliche Vorschriften enthält, wurde die Neubildung eines gemeinen Gewohnheitsrechtes für die Zukunft geradezu untersagt, das gemeine

deutsche Bergrecht im Bezirke des Landrechtes beseitigt und letzteres als gemeines preußisches Bergrecht neben den bestehenden Provincial­

bergordnungen eingeführt?). Eine weitere Beschränkung der Geltung des gemeinen deutschen Bergrechtes erfolgte durch das Allgemeine Berggesetz für die preuß. Staaten vom 24. Juni 1865, indem nach §. 244 des letzteren „das gemeine deutsche Bergrecht" für den ganzen Staat aufgehoben wurde.

Diese Aufhebung findet sich in den König!. Verordnungen wieder­

holt, durch welche das preuß. Berggesetz in die von Preußen 1866

1) Sergi. Hake, Commentar S. 35: „Beide (Bergurtheile und Aussprüche der Bergrechtslehrer) ersehen das, was in die geschriebenen Gesetze nicht ausge­ nommen worden und doch bergiiblich geblieben ist". Hier ist die fortbildende Kraft der Bergurtheile nicht genügend hervorgehoben. Die Aussprüche der Berg­ rechtslehrer sind übrigens für das bergrechtliche Gewohnheitsrecht von keiner her­ vorragenden Bedeutung gewesen. 2) Sergi, auch Zeitschrift für Bergrecht Jahrg. I. S. 635, II. S. 126, IV. S. 502, V. S. 235. 3) Brassert, das Bergrecht des Allgem. preuß. Landrechts in seinen Mate­ rialien S. 14 ff.; ferner Brassert, Bergordnungen der preußischen Lande, Ein­ leitung S. XV ff.

Das Bergrecht im Allgemeinen.

7

neu erworbenen Landestheile eingeführt worden ist1). Bei der neuerdings erfolgten Einführung des preuß. Berggesetzes in andere deutsche Staaten hat auch in letzteren mehrfach

eine ausdrückliche

Aufhebung des gemeinen deutschen Bergrechtes stattgefunden.

Dies

geschah bisher im Herzogthume Lauenburg durch Gesetz vom 6. Mai 1868, Art. 82), im Königreiche Bayern durch Gesetz

März 1869, Art. 240 Nr. 43).

vom

20.

Wenn dagegen das Gesetz vom

1. Januar 1869 für die Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont (Art. 20)4) und das Gesetz vom 15. April 1867 für das Herzogthum Braunschweig5)6 §. 222 „alle allgemeinen und besonderen Ge­

setze, Verordnungen und Gewohnheiten über Gegenstände, auf welche jene Gesetze sich beziehen", aufheben, so wird unter „allgemeinen

Gewohnheiten", insbesondere mit Rücksicht auf die Fassung des §. 244

des preuß. Allgemeinen Berggesetzes, das gemeine Bergrecht nicht nothwendig verstanden werden müssen3). Ueberhaupt kann selbst die im Allgemeinen Berggesetze für die

preuß. Staaten, im bayerischen Berggesetze u. s. w. ausgesprochene Aufhebung des deutschen gemeinen Bergrechtes nur mit einer ge-

1) Art. 17 der V. v. 22. Febr. 1867 (G.-S. S. 287) für Nassau, Art. 7 der V. v. 22. Febr. 1867 (G.-S. S. 242) für vormals Großh. hessische Landestheile, Art. 22 der V. v. 8. Mai 1867 (G.-S. S. 601) für Hannover,

Art. 18 der V. v. 1. Juni 1867 (G.-S. S. 770) für Kurhessen u. s. w., Art.

10 des Gesetzes vom 18. März 1869 (G.-S. S. 453) für Schleswig-Holstein.

2) Officielles Wochenblatt Nr. 36; Zeitschr. für Bergrecht Jahrg. IX. S, 289 ff. 3) Gesetzblatt S. 673 ff.; Zeitschr. für Bergrecht Jahrg. X. S. 177 ff. 4) Regierungsblatt S. 3 ff.; Zeitschr. für Bergrecht Jahrg. X. S. 143 ff. 5) Ges.-Samml. S. 109 ff.; Zeitschr. für Bergrecht Jahrg. VIII. S. 275 ff. 6) Vergl. auch die gleichlautenden Bestimmungen des Art 194 des Gesetzes vom 17. April 1868 für das Herzogthum Sachsen-Meiningen (Samml. landesherrl. Verordnungen S. 49 ff.; Zeitschr. für Bergrecht Jahrg. IX. S. 318), des §. 168 des Gesetzes vom 16. August 1868 für das Herzogthum Gotha (Ges.-Samml

Nr. 953 Bd. 14; Zeitschr. für Bergrecht Jahrg. IX. S. 436).

— Die König!, sächsischen Berggesetze vom 22. Mai 1851, §. 308, und vom 16. Juni 1868 heben nur die früheren berggesctzlichen Bestimmungen auf.

Das Großh. sächsische Berggesetz vom 22. Juni 1857, §. 209, beseitigt dagegen auch „alle frühere auf den Bergbau sich beziehende, allgemeine und besondere Gesetze und Gewohnheiten". Ebenso treten nach Art. 2 des Publications-Patentes zum österreichischen Berggesetze vom 23. Mai 1854 „alle älteren Gewohnheiten"

außer Kraft.

Einleitung.

8

wissen Einschränkung verstanden werden.

Bei den unter Herrschaft

der früheren Gesetze verliehenen Bergwerken ist nämlich zur Bestim­ mung der Berechtigungsverhältnisse derselben, z. B. bei Beurtheilung eines gestreckten Feldes

vielfach das

ältere Recht fortgesetzt anzu­

wenden, da sonst für diese Fälle rechtliche Normen überhaupt nicht

vorhanden sein würden. Das gemeine Bergrecht und für das Ge­ biet des preuß. Allgem. Landrechtes der bergrechtliche Abschnitt des

letzteren kommen daher trotz der ohne Vorbehalt geschehenen Aufhebung im Gebiete der vorerwähnten Berggesetze

noch beschränkt zur An­

wendung. Freilich wird dieser Umstand an der Thatsache nichts Wesent­ liches ändern, daß die Bedeutung des bisherigen gemeinen Bergrechtes als eines unmittelbar anwendbaren Rechtes in dem größeren Theile Deutschlands nahezu gänzlich beseitigt ist. Dieses an sich beklagenswerthe Resultat erscheint indeß insofern in

Lichte,

einem anderen als erwogen werden muß, daß die neueste Berggesetzgebung

in Deutschland

als Erzeugniß des in Folge der großartigen Ent­

wickelung des deutschen Bergbaues fortgeschrittenen Rechtsbewußtseins

anzusehen ist und demgemäß für geeignet erachtet werden muß, an

Stelle des

bisherigen gemeinen

wie partikularen

Bergrechtes

zu

treten. Nach langer Erfahrung und Arbeit ist in Preußen das Allge­ meine Berggesetz vom 24. Juni

1865 erlassen

und

seitdem ohne

wesentliche Veränderungen in dem größeren Theile Deutschlands ein­

geführt worden.

War

mit dieser Einführung die Aufhebung des

bisherigen gemeinen deutschen Bergrechtes verbunden, so wurde anderer­ seits wenigstens gleichzeitig ein den Bedürfnissen der Zeit entsprechen­ des, gemeinschaftliches Recht der bedeutenderen deutschen Ter­ ritorien hergestellt.

Es erscheint als eine hervorragende Aufgabe deutscher Rechts­ wissenschaft,

dies

gemeinschaftliche Recht nicht

nur

als

ein

organisches Glied in der Kette deutscher Rechtsentwickelung nachzu­

weisen, sondern auch dem künftigen Erlasse einer formell einheitlichen Berggesetzgebung die Wege vorzubereiten. Beim Mangel eines obersten Gerichtshofes Deutschlands

und

mit Rücksicht auf die Vorschriften einzelner Landesgesetze, wie des preuß. Allgem. Landrechtes über das Gewohnheitsrecht, kann freilich die Neubildung und Entwickelung eines gemeinen deutschen Berg­ rechtes in der Form des Gewohnheitsrechtes nicht

erwartet werden.

9

Literatur.

Neben den neuesten Allgem. Berggesetzen bestehet daher, abgesehen

von der oben angegebenen, mit

älteren Berechtigungsverhältnissen

Ausnahme, ein gemeines Bergrecht als un­ mittelbar anwendbares Recht nicht mehr. Das bisherige gemeine

zusammenhängenden

Bergrechte kann ferner nur als ein Jnterpretationsmittel für die neueren Berggesetze in denjenigen Fällen gelten, in welchen letztere auf den Grundsätzen des ersteren beruhen. Außer dem bisherigen gemeinen Bergrechte kommt als Erklärungsmittel aber auch das fran­ zösische Bergrecht in Betracht'), welches bis in die neuere Zeit auf

der ganzen linken Rheinseite Deutschlands gesetzliche Kraft besaß und die Quelle wichtiger Bestimmungen der neuesten deutschen Berggesetzge­

bung geworden ist.

II. Literatur des Bergrechtes. 1. Sammlungen der Berggesetze, Berggewohnheiten

und Bergurtheile. §• 3.

Wiewohl in einer namhaften Zahl von Werken deutsche Berg­

gesetze, Berggewohnheiten und Bergurtheile zusammengestellt sind, so ist dennoch der in dieser Beziehung vorhandene reiche Schatz bisher

keineswegs vollständig zur Veröffentlichung gelangt.

Insbesondere

fehlt es an ausreichenden Sammlungen der deutschen Berggewohn­ heiten, obgleich dieselben für die Beurtheilung der Grundlagen des deutschen Bergrechtes

eine hervorragende Bedeutung besitzen.

Ist

auch die Zahl der Weisthümer, welche sich auf den Bergbau und

Hüttenbetrieb beziehen, im Verhältniß zu den Bauern-Weisthümern

eine verhältnißmäßig geringe, so stehen doch erstere den letzteren an

innerer Bedeutung mindestens nicht

nach.

Um

so mehr bleibt zu

bedauern, daß Bergweisthümer bisher nur vereinzelt veröffentlicht worden sind. Nahezu vollständig sind dagegen die Sammlungen der Berggesetze. Zu den wichtigeren Sammelwerken, welche vorzugs­ weise Berggesetze enthalten, gehören:

L Corpus iuris et systema rerum metallicarum oder Neuver­ faßtes Bergbuch (Frankfurt bei I. D. Zunner 1698).

Dieses Buch umfaßt unter Anderem zwei ältere, 1616 zu Leipzig 1) Bergt. (Bonn 1869).

Vorwort und §.

1

bei Achenbach, das französische Bergrecht

10

Einleitung.

erschienene Sammlungen, von denen die eine namentlich die s. g.

kuttenberger Bergordnung König Wenzels in deutscher liebet«

setzung *), die andere unter dem Titel „Ursprung und Ordnungen der Bergwerke im Königreiche Böhmen, Kurfürstenthum Sachsen,

Erz-Herzogthum Oesterreich, Fürstenthuin Braunschweig und Lüneburg,-Grafschaft Hohenstein" die hauptsächlichsten Berggesetze dieser Landestheile enthält. 2. Sammlung des baierischen Bergrechtes von Joh. Lori (München bei Fr. L. Richter 1764).,

Georg

3. Corpus iuris metallic! recentissimi et antiquioris, Sammlung der neuesten und älteren Berggesetze. Herausgegeben von Th omas Wagner (Leipzig bei Joh. Sam. Heinsius 1791). Diese sehr umfassende Sammlung bildet eine wesentliche Ergänzung der vorher angeführten Werkes). 4. Fr. Ant. Schmidt: Chronologisch-systematische Sammlung

der Berggesetze der österreichischen Monarchie (39 Bände. Wien von 1832—1839). 5. Bergordnungen der preußischen Lande, herausgegeben von Herm.

Brassert (Köln bei F. K. Eisen 1858). 6. Zeitschrift für Bergrecht, herausgegeben von Dr. Herm. Brassert und Dr. Heinr. Achenbach (bis jetzt X Jahr­

gänge.

Bonn bei A. Marcus).

Dieselbe enthält alle neueren

deutschen und außerdeutschen Berggesetze. In dieser Zeitschrift ist auch eine große Zahl richterlicher Urtheile und Verwaltungsbescheide in streitigen Bergsachen veröffentlicht. S am mlungen von Bergurtheilen enthalten ferner folgende Werke:

1.

2.

Sechshundert Bergurtel, Schied und Weisungen bei vorgefallenen Bergwerks-Differenzien von Sebastian Span (Zwickau 1636. 2. Ausgabe. Wolfenbüttel 1673). Neues und vollkommenes Bergbuch von Christ. Herttwig.

(Beide

Ausgaben

von

1710 und

1734

zu

Dresden

und

Leipzig verlegt bei Joh. Christ. Zimmermann). 1) Ucbersctzer war Joh. Enderlein zu Joachimsthal, Herausgeber M. Jo­ hannes Deucerus, Pfarrer zu Schlackcnwald. Die Sammlung des letzteren

erschien 1624 nochmals in Leipzig unter dem Titel Metallicorum Corpus iuris oder Bergrecht u. s. w. 2) Im Jahre 1866 erschien zu Könitz eine Sammlung der schwärzb ur gisch en Berggesetze von F. Herthum mit werthvollen

und historischen Bemerkungen des Herausgebers.

Erläuterungen

11

Literatur.

3. Uebersicht der bergrechtlichen Entscheidungen des Königlichen (preußischen) Ober-Tribunals von R. Klostcrmann (Berlin bei R. Decker 1861) nebst einem Ergänzungshefte (Berlin Diese Uebersichten

1864).

enthalten zugleich kritische Bemer­

kungen über jene Ober-Tribunals-Entscheidungcn. Geschichtliche Werke über Bergrecht und Berg­

2.

werksverfassung'). §• 4.

Eine besondere Geschichte des deutschen Bergrechtes ist bis jetzt nicht geschrieben. Bei der großen Schwierigkeit, welche eine gründliche Lösung dieser Aufgabe darbietet, wird dieselbe schwerlich früher zu erwarten

sein, als bis die Geschichte des Bergbaues, der Bergwerksoerfassung und des Bergrechtes in den einzelnen deutschen Territorien

vollständiger wie

bisher zur Darstellung gelangt ist.

Insbesondere

entbehrt Preußen für manche wichtige Bergbaubezirke derartiger Dar1) Auch die Geschichte des Bergbaues ist für das Bergrecht von großer Be­ deutung.

Gmelin's Beiträge zur

Vergl.

Halle 1783; Mosch,

Engels über

Geschichte des

teutschen Bergbaues,

Geschichte des Bergbaues in Deutschland, Liegnitz 1829;

den Bergbau der. Alten in den Ländern des Rheins,

und der Sieg, Siegen 1808; Becher, Mineral-Beschreibung

der

der Lahn

oranien-nas-

sauischen Lande nebst einer Geschichte des siegenschen Hütten- und Hammerwesens,

Marburg 1789; Eversmann, Uebersicht der Eisen- und Stahl-Erzeugung auf

Wasserwerken

in

den Ländern zwischen

Lahn

und Lippe,

Dortmund

1804;

Kramer, Vollständige Beschreibung des Berg-, Hütten- und Hammerwesens in den sämmtlichen Hochsürstl. nassau-usingschen Landen,

Frankfurt 1805; Ebert,

Geschichtliche Darstellung des Kohlenbergbaues im Fürstenthum Kalenberg (Han­

nover bei Jänecke 1866)



aus der Zeitschrift

des

historischen Vereines für

Niedersachsen, Jahrg. 1866 — ; Serlo, Beitrag zur Geschichte des schlesischen

Bergbaues in den letzten hundert Jahren, Festschrift zur Feier des hundertjährigen Bestehens des K. Oberbergamtes zu Breslau (Breslau und Berlin bei Ernst und

Korn

1869);

Schrader, der

mansfeldsche Kupferschiefer-Bergbau (II. Histo­

rischer Abriß) in der Zeitschr. für Berg-, Hütten- und Salinen-Wesen. S. 269 ff. (Berlin 1869).

Bd. 17

Für die Geschichte des deutschen Bergbaues überhaupt

sind die Werke des berühmten Georg Agricola (1490 — 1555) von Wichtigkeit. Ueber die Geschichte und Beschaffenheit des Bergbaues der Alten siehe: Lommer,

Beitrag zu der Preisfrage: wie waren die Bergwerke bei den Alten eigentlich be­

schaffen und eingerichtet? u. s. w., Freiberg 1785; Reitemeier, Geschichte des Bergbaues und Hüttenwesens bei den alten Völkern, Göttingen 1785; Floren­

court über die Bergwerke der Alten, Göttingen 1785.

12

Einleitung.

stellungen gänzlich, während für

einzelne österreichische Landestheile

hervorragende Werke über die Geschichte des Bergrechtes Bergwerksverfassung zur Beröffentlichung gelangt sind. Unter den geschichtlichen Werken kommen namentlich

und der

in Be­

tracht : *) 1. Otia metallicaober bergmännische Nebenstunden von Ad. Beyer

(Schneeberg bei C. W. Fuld 1748, 1751, 1758). 2.

Ursprung der Bergwerke in

Sachsen von I.

F.

Klotzsch

(Chemnitz 1764).

3. Historische Nachricht der unter- und gesummten ober-Harzischen Bergwerke von Henning Kalvör (Braunschweig 1765). 4. Versuch einer Geschichte der Bergwerks-Verfassung und der Berg­

rechte des Harzes im Mittelalter von F. I. F. Meyer (Eisenach bei I. F. Bärecke 1817).

5. Tyrolische Bergwerksgeschichte von Jos. von Sperges (Wien

bei I. Th. Edlen von Trattnern 1765)1 2). 6.

7.

Versuch einer natürlichen und politischen Geschichte der böhmischen und mährischen Bergwerke von Joh. Th ad. Peithner,

Edlen von Lichtenfels (Wien 1780). Umrisse der Geschichte der böhmischen Bergwerke von Graf Kaspar Sternberg (Pragbei G. Haase Söhne 1836—1838).

8. Geschichte des schlesischen Bergbaues, seiner Verfastung, seines

Betriebes von Aemil Steinbeck (Breslau bei I. U. Kern 1857). 9. Geschichte des Zwickauer Steinkohlenbergbaues von Dr. Emil Herzog (Dresden bei Adler und Dietze 1852). 10. Darstellung der Hauptmomente in der Rechts- und Verwal­

tungsgeschichte des Steinkohlenbergbaues im Saalkreise der preuß. Provinz Sachsen von H. Kramer (Eisleben bei G. Reichardt 11.

1856). Die allgemeinen Verhältnisse des preuß. Bergwesens mit Rück­

sicht auf ihre Entwickelung von Dr. A. Huyssen (Esten bei D. G. Büdeker 1864). 12. Beiträge zur Geschichte unseres Bergbaues von von Velsen in der Zeitschrift Glückauf, Jahrgang 18617, 1866, 1867. 1) Die Geschichte und Verfassung mancher Salinen ist in zahlreichen Mo­ nographien behandelt. 2) Mit den Tridentiner Berggcwohnheiten ist zu vergleichen das im Archivio

storico Italiano vol. VIII disp. 53 a (Firenze 1853) abgedruckte Bergwerks ftatut von Massa.

13

Literatur.

13.

Geschichte der Kleve-Märkischen Berggesetzgebung und Bergver­ waltung bis

zum Jahre

1815 von Dr. Achenbach (Berlin

bei Ernst und Korn 1869). 14.

Geschichte des Bergbaues im

südwestlichen Schwarzwalde von

I. B. Trenk le in der Zeitschr. für Bergrecht, Jahrg. XI. Seite.185 ff.1).

3. Lehrbücher des Bergrechtes, Dissertationen

und bergrechtliche Abhandlungen. a. Gemeinrechtliche.

§• 5.

Die bergrechtliche Literatur ist nicht arm an Lehrbüchern und

Monographien. Ein großer Theil der älteren Arbeiten entbehrt in­ deß für die Gegenwart nahezu jeder Bedeutung. Der untergeordnete

Werth vieler dieser Schriften hangt theilweife mit der ungenügenden Kenntniß des deutschen Rechtes in den nächst vergangenen Jahr­ hunderten, theils mit dem Bestreben zusammen, das deutsche Berg­

recht nach den gleichfalls nur mangelhaft aufgefaßten Grundsätzen des römischen Rechtes zu erklären und darzustellen. Dies gilt auch von den bergrechtlichen Erörterungen Leyser's in seinem Ius Georgicum (1698), von Krebs in den Tractatus de ligno et lapide (1700),

von Bausse in den Institutiones iuris metallici Germanici (1740), sowie von den zahlreichen Distcrtationen, welche über bcrgrechtliche

Materien verfaßt toorben find und welche sich in annähernder Voll­ ständigkeit in den unten angeführten Werken von A. W. Köhler (S. 63 ff.) und C. I. B. Karsten (S. 44 ff.) aufgezählt finden. Gleichwohl legen jene Dissertationen ein günstiges Zeugniß von dem 1) Ueber die Geschichte des

französischen Bergrechtes,

auch für die deutsche Bergrechtsgeschichte von Bedeutung ist,

zösische Bergrecht von Dr.

welche

vergl.: Das fran­

H. Achenbach (Bonn bei A. Marcus 1869) S.

23 ff., insbesondere S. 27 ff. Ueber das römische Bergrecht vergl. eben­

daselbst S. 12 ff.,

sodann M. Chr. Gottl. Flade: Römisches Bergrecht in

allen Perioden des Bergbaues dieses Volkes

1805);

(Freiberg bei Craz und Gerlach

über das Bergrecht von Athen: Böckh, die laurischen Silberberg­

werke in Attika in den Abhandlungen der König!. Akademie der Wissenschaften

in Berlin aus den Jahren 1814/15 (Berlin 1818). Historisch-philologische Classe S. 85—140. Siehe auch:

Der Staat, das Eigenthum, die Regalien,

insbesondere die

Bergwerkshoheit von Joh. Swoboda (Freiberg bei I. G. Engelhardt 1848).

Einleitung.

14

Eifer ab, mit welchem man sich in der Vergangenheit auch an den

Universitäten mit dem Bergrechte befaßte. Lange Zeit war in dieser Beziehung im laufenden Jahrhunderte eine vollständige Stockung eingetreten. Erst die jüngste Zeitperiode weist eine erfreuliche Aende­ rung und eine frische Bewegung in dieser Richtung nach. Abgesehen

von der 1855 erschienenen werthvollen Habilitationsschrift von H. Böhlau: De regalium natione et de salinarum iure regali, sind seit 1867 drei bemerkenswerthe bergrechtliche Dissertationen veröffent­ licht worden: De regali metallorum iure von L. Grueter (Bonn

1867); De iure metallorum quod vocant Bergwerkseigenthum von V. Stündeck (Berlin 1868); Exponitur natura ac vis domini

ex iure metallico adquisiti von E. Gommer (Berlin 1869) *). Im Gegensatze zu den bezeichneten bergrechtlichen Arbeiten kommen

unter den älteren Darstellungen des Bergrechtes einzelne Werke noch heute gerade aus dem Grunde in Betracht, weil sich dieselben im Ganzen als einfache und treue Aufzeichnungen des am Harze und in Sachsen zur Zeit der Abfassung herrschenden Bergrechtes charakterisiren und-

als solche einen wesentlichen Einfluß auf die Fortbildung des Berg­ rechtes in anderen Bergbaubezirken Deutschlands

geäußert haben.

Es sind zu erwähnen:^) 1. Bericht vom Bergwerk von G. E. Löhneiß») (1617; zum zweiten Male gedruckt 1690 bei Chr. Günther zu Leipzig). 2.

Ausführliche Berg-Information von Abrah. von Schönberg

3.

(Leipzig bei Dav. Fleischer 1693). Speculum iuris metallici oder Bergrechts-Spiegel von Seb. Span (Dresden bei Joh. Jac. Winckler 1698).

4.

Grundsätze des deutschen Berg- und Salzrechts von F. L. von

Cancrin (Gießen 1790).

1) Es verdient Beachtung, daß in Oesterreich

Bergrecht an verschiedenen Universitäten bestehen.

besondere Lehrstühle für das

Auch in Lüttich ist eine ähn­

liche Einrichtung vorhanden.

2) Die über

Abhandlungen,

einzelne bergrechtliche

von denen seit

Bergrecht erschienen ist,

Materien veröffentlichten

1860 der größere Theil

werthvolleren

in der Zeitschrift für

werden im Verlause dieser Darstellung zur Anführung

gelangen. 3) Enthält auch eine Bergbau- und Hüttenkunde. Dasselbe ist der Fall mit

dem: Speculum metallurgiae politissimum oder Hellpolirter Bergbau-Spiegel von B a l t h. Rößler (Dresden bei Joh. Jac. Winckler 1700).

15

Literatur. 5. Commentar

über

das

Bergrecht

von

C. H. G. Hake

(Sulzbach bei I. E. v. Seidel 1823). 6. Grundriß der deutschen Bergrechtslehre mit Rücksicht auf die französische Bergwerksgesetzgebung von Dr. C. I. B. Karsten 7.

(Berlin bei Spener 1828). Betrachtungen über die neuere deutsche Berggesetzgebung von Dr. I. A. Schomburg (Leipzig bei Voigt und Günther

1857). 8. Systematischer Abriß der Bergrechte in Deutschland mit vor­ züglicher Rücksicht auf das Königreich Sachsen vonPaulMartin Kreßner (Freiberg bei I. G. Engelhardt 1858).

9.

Lehrbuch

des deutschen Bergrechtes

von

Dr.

Karl Zer-

renner (Gotha bei W. Opetz 1862, 1864). 10. Die bergrechtlichen und bergmännischen Kunstausdrücke erklärt das ausgezeichnete deutsche Bergwörterbuch von Heinrich

Beith (Breslau bei W. G. Korn 1870). b. Lehrbücher und Commentare über deutsche Particularberg rechte. §• 6.

Neben den vorstehenden, sich in der Hauptsache auf das gemeine deutsche Bergrecht beziehenden Werken, von welchen der Commentar

von Hake sich in der Praxis eines besonderen Ansehens erfreuet,

ist eine nicht geringe Anzahl von Lehrbüchern

und Commentaren

über das Bergrecht einzelner Staaten Deutschlands erschienen.

Be­

züglich der neueren deutschen Berggesetze herrschen jedoch bisher die

Bearbeitungen in commentirender Form fast ausschließlich vor.

1. Oesterreichisches Bergrecht.

Ueber das frühere Bergrecht vor Erlaß des Berggesetzes vom 23. Mai 1854 handeln die Werke von Jos. Tausch (Klagenfurt 1817,

1822;

2. Aufl. Wien

1834), Joh. Jung (Wien 1822),

Joh. Ferd. Schmidt (Prag 1833, 1844), Dr. Fr. X. Schneider (Prag 1848); über das neuere sind erschienen: G. von Gränzen­

stein (das Allgem. österr. Berggesetz vom 23. Mai 1854, Wien 1854), Dr. S. Stamm (Prag 1855), O. Freiherr von Hin­ genau (Handbuch der Bergrechtskunde, Wien 1855), Dr. G. Wenzel (Handbuch des Allgem. österr. Berggesetzes, Wien 1855), K. von Scheuchen st uel (Motive zu dem Allgem. österr. Bergge-

16

Einleitung.

setze vom 2st. Mai 1854, Prag 1855), R. Manger, das öster­ reichische Bergrecht, Prag 1857, Supplementband 1861, Dr. Fr. X. Schneider (Lehrbuch des Bergrechtes, Prag 1867 — 2. Anst, des im Jahre 1848 erschienenen Werkes). 2. Sächsisches Bergrecht.

A. W. Köhler (Anleitung zu den Rechten und der Verfassung bei dem Bergbaue im Königreiche Sachsen, 2. Aust., Freiberg 1824 — 1. Aust. 1786); O. F. C- Mühl er (Ueber die kursächs. Bergwerksverfassung, Leipzig 1787)'); K. Fr. Gottlob Freies­ leben (Darstellung der Grundlagen der sächsischen Bergwerksver­ fassung, Leipzig 1837; 2. Aust, unter dem Titel: Der Staat und der Bergbau mit vorzüglicher Rücksicht auf Sachsen, Leipzig 1839)2). 3. Preußisches Bergrecht.

F. Schulz («Handbuch des preußischen Bergrechtes, Essen 1820); H. Gräff (Handbuch des preußischen Bergrechtes, Breslau 1855 (1. Aufl.), 1856 (2. Aufl.); H. Brassert (das Bergrecht des Allge­ meinen preußischen Landrechts in seinen Materialien, Bonn 1861)31).2 Ueber das preuß. Allgem. Berggesetz vom 24. Juni 1865, dessen Materialien von K. Hahn (Berlin 1865) veröffentlicht finb4), er­ schienen Commentare von von Beughem (Neuwied 1865), P. Wachter (Breslau 1865), Dr. A. Huyssen (Essen 1865, 2. Aufl. 1867); R. Klostermann (Berlin 1866, 2. Aufl. 1868); Dr. Koch (Berlin 1870) und Oppenhoff (Berlin 1870). 1) Der

Bergrichter Mähler zu Wetter liefe diese werthvolle Darstellung

unter der Aufschrift:

Ueber die Einrichtung des sächsischen Bergwerkswesens, zu­

erst in Bernoulli's Archiv zur neueren Geschichte u. s. w. 1783, 1785 abdrucken.

Später veranstaltete unter dem obigen Titel der bekannte Thomas Wagner eine Separat-Ausgabe merkungen.

unter Zufügung

einer Einleitung

und

zahlreicher

An­

Vergl. S. II des Vorberichtes daselbst u. S. 78 bei Köhler.

2) Vergl. auch Fr. Aug. Schmid, Archiv für Bergwerksgeschichte, Berg­

recht,

Statistik und Verfassung

den angrenzenden Staaten. 3) Werthvolle Arbeiten

bei

dem Bergbau

im Königreich

Sachsen und

Altenburg 1828.

über

preußisches Bergrecht enthalten die gedruckten

Verhandlungen über verschiedene^Entwürfe preußischer Berggesetze. 4) Vergl. auch Zeitschrift für Bergrecht Jahrg. VI,

rialien gleichfalls Allgem.

vollständig

Berggesetzes

erschien

veröffentlicht sind.

in welcher die

1862 (Berlin bei Decker) im

Zeitschr. f. Bergrecht Jahrg. III S. 136 ff.

Mate­

Der vorläufige Entwurf eines Drucke.

S.

auch

Quellen.

17

III. (Quellen -es Bergrechtes. 1. Aeltere Zeit(bis zum 13. Jahrhundert einschließlich), a. Gesetze und Gewohnheitsrechte. §• 7. Die Gesetzgebung befaßt sich in dieser Periode nur aus­

nahmsweise mit dem Bergbau. Die im Cap. 28 und 62 enthaltenen Bestimmungen des Capitulare Karls des Großen de villis regiis

sind lediglich eine Anweisung an die Beamten rücksichtlich der Ein­ künfte aus dem auf Königliche Gütern umgehenden Bergbaus *). Da­ gegen erscheint die ursprünglich für Italien ergangene Constitution Friedrichs I. v. I. 1158, welche in II. F. 56 ausgenommen wor­

den ist1 2), wegen ihres Einflusses

auf die Entwickelung der Berg­

regalität auch für Deutschland von hervorragender Wichtigkeit. Zur Feststellung der bergrechtlichen Zustände dec älteren Zeit dienen unter diesen Umständen namentlich Urkunden über Königliche Verleihungen, über Kaufverträge, Schenkungen und andere Rechtsge­ schäfte.

Dieselben sind insbesondere zur Beurtheilung der Frage

1) c. 28: Volumus ut per annos singulos intra quadragesima do­ rn inica in palmis quae osanna dicitur iuxta ordinationem nostram ar­ gen t um de nostro lab orat u, postquam cognoverimus de praesenti anno quantum sit nostra laboratio deferre studeant. c. 62: Ut unusquisque iudex per singulos annos ex omni conlaboratione nostra — quid de ferrariis et scrobis id est fossis ferrar i ciis vel aliis fossis plum bariciis habuerint, omnia seposita distincta et ordinata ad nativitatem Domini nobis notum faciant, ut scire valeamus, quid vel quantum de singulis rebus habeamus. 2) Regalia sunt hec: armandiae, viae publicae, flumina navigabilia et ex quibus sinnt navigabilia, portus, ripatica, vectigalia, quae vulgo dicuntur thelonea, moneta, mulctarum poenarumque compendia, bona vacantia et quae ut ab indignis legibus auferuntur, nisi quae spe­ cial! ter quibusdum conceduntur, et bona contrahentium incestas nuptias et condemnatorum et proscriptorum secundum quod in novis constitutionibus cavetur, angariarum, parangariarum et plaustorum et navium praestationes et extraordinaria coliatio ad felicissimam regalis numinis expeditionem, potestas constituendorum magistratuum ad iustitiam expediendam, arg entariae et palatia in civitatibus consuetis, piscationum reditus et salinarum et bona committentium crimen maiestatis et dimidium thesauri inventi in loco Caesäris non data opera vel loco religiöse; si data opera totum ad eum pertineat.

Einleitung.

18

von Bedeutung, ob die Fossilien insgesammt Substanztheile

des

Grund und Bodens bildeten. Eine nicht unbeträchtliche Zahl von Gewohnheitsrechten sind indeß in dieser Periode beim Bergbaue ebenfalls nachweisbar.

Gehören auch die Aufzeichnungen der ersteren vielfach der mittleren Zeit an, so unterliegt es doch keinem gegründeten Zweifel, daß die

Entstehung und Ausbildung derselben in eine frühere Periode fällt. Dabei ist bemerkenswerth, daß diese Gewohnheitsrechte trotz ihres meist localen Characters gemeinsame Grundzüge enthalten. Zu den ältesten bis jetzt bekannten Gewohnheitsrechten gehören:

1. Die Gewohnheitsrechte von Trient in Südtirol. Dieselben enthält ein Vertrag Bischof Albrechts mit den Gewerken

und Bergleuten

der Silberbergwerke bei Trient

(argentarii, qui

solent appellari silbrarii) vom 24. März 1185 und insbesondere ein von Bischof Friedrich, habito consilio Wercorum (der Gewerken)

et aliorum sapientum et bonorum hominum civitatis Tridenti, bestätigtes Weisthum vom Juni 1208, sowie ein ferneres Weisthum v. I. 1213 über Stollenrcchte (actufus). Sämmtliche Urkunden sind unter Beibehaltung deutscher Kunstausdrücke lateinisch abgefaßt').

2. Die

Gewohnheitsrechte

der

Stadt

Jglau

in

Mähren, welche zwischen 1249 bis 1251 in lateinischer Sprache zusammengestellt und von König Wenzel I. von Böhmen und dessen

Sohn, dem Markgrafen von Mähren, als allgemeines Bergmanns­ recht bestätigt worden finb1 2).

1) Es ist das bleibende Verdienst von Joseph von Sperges, diese Urkunden S. 263 ff. seiner

Tirolischen Bergwerksgeschichte veröffentlicht und

S. 198 ff.

erklärt zu haben.

2) Durch Graf Kaspar Sternberg

in dem

ausgezeichneten Werke:

Ge>

schichte der Berggesetzgebung in Böhmen (S. 17 ff.) und dem zugehörigen Ur­ kundenbuche (S. 11 ff.) ist

Originaltext

und Uebersetzung

herausgegeben und

erläutert. Das von Sternberg gleichfalls veröffentlichte Bergrecht der Stadt Deutsch­

brod v. I. 1278 (Urkundenbuch S. 30 ff.) hangt mit dem iglauer Bergrechte zusammen.

Dasselbe ist mit der Fall.

Letzteres soll,

dem Bergrechte der ungarischen Bergstadt Schemnitz

ohne daß hierfür indeß ein genügender Beweis geführt

werden könnte, unter König Belas IV. (1235—1275) ausgezeichnet und bestätigt

Quellen.

19

Aus dem i gl au er Bergrechte ging das Bergrecht der berühm­ ten böhmischen Bergstadt Kuttenberg hervor. Dasselbe ist in der Hauptsache nur eine ausführliche Bearbeitung des iglauer Berg­ rechtes, wenn auch formell das kuttenberger Bergrecht (constitutiones

oder Ins regale montanorum) als ein gegen 1300 von König Wenzel II. erlassenes, von dem römischen Juristen Getius in lateinischer Sprache verfaßtes

iuris metallici Wenceslai II. Regis Boemiae

Gesetz erscheint'), welches den bergrechtlichen Kern mit einer Fülle von schwülstigen, den römischen Constitutionen entnommenen Redens­ arten umhüllt. Der Inhalt dieser den Worten nach für ganz Böh­

erlassenen Bergordnung hat auf spätere Bearbeitungen des iglauer Rechtes Einfluß geäußert und selbst die Eintheilung des men

bergrechtlichen Stoffes fand in den Bergordnungen folgender Jahr­

hunderte Nachahmung. 3. Die G ewohnheitsrechte von Freiberg in Sachsen. Dieselben sind -nur in späterer Aufzeichnung vorhanden2* ),1 jedoch reicht worden sein.

Spätere

Redactionen desselben sind

von Wenzel im

Anzeigeblatt

C1V der Wiener Jahrbücher der Literatur 1843 S. 1 ff. herausgegeben.

Auch

Wagner hat das schemnitzer Bergrecht im corpus iur. met. S. 165 ff., jedoch

mangelhaft veröffentlicht.

Die Priorität

der schemnitzer

Berggewohnheiten gegenüber der iglauer Aufzeichnung,

Aufzeichnung

der

welche Karsten (über den

Ursprung des Bergregales in Deutschland, Berlin 1844 S. 12) und neuerdings

Wenzel (Handb. des allgem. österr. Bergrechtes S. 73) angenommen hat, ist nicht erwiesen (vgl. auch Sternberg, Geschichte der Berggesetzgebung in Böhmen S. 38).

1) Abdrücke des lateinischen Textes bei Peithner und Schmidt, der deut­ schen Uebersetzung von

Jos.

Enderlein

von Geylenhausen anfertigen.

gebung

im corpus iuris et systema rerum

Eine andere Uebersetzung ließ König Karl IV. durch Johann

metallicarum.

Vergl. auch Sternberg, Geschichte der Berggesetz­

in Böhmen S. 71 ff.

2) Abgedruckt bei Klotzsch:

dem zu Freiberg

Ursprung der Bergwerke S. 221-277.

vorhandenen Codex befinden sich zwei Darstellungen des

In frei-

berger Bergrechtes, zwischen denselben stehet eine angeblich dem 14. Jahrhun­ dert

angehörige

Aufzeichnung

(Klotzsch S. 69 ff.).

des

iglauer

Bergrechtes

in

deutscher

Sprache

Letztere, bereits im 16. Jahrhundert von Joh. Haselberg und

später im corpus iuris et systema rerum metallicarum herausgegeben, in Wirklichkeit eine

Bearbeitung

ist

des iglauer und kuttenberger Bergrechtes

und scheint diejenige Aufzeichnung des

mährisch-böhmischen Bergrechtes

zu sein,

welche zu Rechtsbelehrungen für auswärtige Bergorte von dem iglauer Schöffen­

stuhle benutzt wurde. des

freiberger

Mit dieser Aufzeichnung hangen die beiden Darstellungen

Bergrechtes zum Theil auch dem Inhalte nach zusammen.

meisten ist dies mit der ersten Darstellung

unter

der

Aufschrift

Am

„Das synt

Einleitung.

20

die Existenz dieser Gewohnheitsrechte, welche in der Hauptsache mit

denjenigen von Jglaü übereinstimmen, mindestens in das 13. Jahrgemeyne Bergrecht in desym Fürstyntuni, der

wol gebruchyn mög",

czu

eyn ytzlich Bergman

rechte

während die zweite Darstellung des freiberger Bergrechtes

unter der UeLerschrift: „Dys ist bergrccht yn vnser Herren lande des marggrefen

czu Misen

was darczu gehört"

vnd

eine größere

Selbstständigkeit zeigt.

In

beiden Darstellungen ist iglau-kuttenberger Bergrecht mit dem freiberger Berg­ rechte zu einem Ganzen verarbeitet. Das Alter der ersteren dürfte nicht genau zu be­

Dieselben scheinen jedoch dem Ende des 14. oder dem 15. Jahr­

stimmen sein.

hundert anzugehören. Jedenfalls dürsten beide Darstellungen, nur die Eigenschaft von Privatarbeiten für sich in Anspruch nehmen können, wie

Wagner

bereits

S. LXII ff.

der

zur

Einl.

wenn

surf.

hervorhebt, in der Praxis großes Ansehen genoffen haben.

der zweiten Darstellung nicht nur,

dieselben auch,

Bergwerksverfassung Merkwürdig

ist bei

woraus bereits Andere hingewiesen haben,

daß der Verfasser von seinem Herrn (myns

11. 12. 19. 21.) und von seiner eigenen

Herrn lande (Art. 2. 5. 9. 10.

Amtsthätigkeit beim

redet

Bergbau

(Art. 21: „Das sich dasselbe erbe, also lange vorlag,

obuwe,

doruf reit vnd tedingte is in myns Herren

gewalt vnd

das ich selber leych is

dem manne recht vnd redelich"), sondern, was bisher nicht beachtet zu sein

scheint, daß in dem Art. 21 und 22 wiederholt

bergrechtliche Kontroversen an­

werden, worauf es dann weiter heißt: „do vrogit noch."

geregt

Diejenigen,

an welche jene Worte gerichtet sind, sollen sich also nach der richtigen Entschei­ dung erkundigen

Bei wem, wird freilich nicht gesagt.

Schluß berechtigt sein,

Gleichwohl dürfte

der

daß die Darstellung sich als die Auskunft eines sachver­

ständigen, mit obrigkeitlichen Functionen betrauten Mannes über das

freiberger

Bergrecht erweist, welche dem Rathe zu Freiberg oder einem anderen Collegium

unter Hervorhebung verschiedener zweifelhafter Punkte ertheilt worden ist. Ueber letztere soll sich der Rath weiter erkundigen („do vrogit noch") oder derselbe soll selbst entscheiden (Art. 21:

„Und wy sal her is behalden

mit syn einz hant,

adir wy dunckt is nch dar umme recht syn"), wobei an einer Stelle der

Verfasser die Beibehaltung

seiner Entscheidung empfiehlt („Wedir duncket uch,

das her gestanden sy mit der rede, adir Welt ir das ir mer werde.

das

last syn, das ir mer sy, hye adir her,

lete, dy Hy vor syn vnd stehin geschreben,

is uch recht dunckt").

In

Art.

22

so

sulde her ym gestanden

endlich

Ansicht als einer nicht unzweifelhaften („abir nicht,

toenett her oc dy wort erwähnt

syn,

ob

der Verfasser seiner

czu heyligen gecziten

das her nicht gehauwen möge mit kayme rechte.

Nu

irvol-

Mugen

wene

ich

ym abir dy

gewercken geweren den hew nach syner lüft adir nicht; do vrogit noch").

Faßt man . die Aufzeichnung dagegen mehr als eine Compilation ganz ver­ schiedenartiger

Stücke auf,

Bemerkungen des

so könnte in den

Schreibers untermischte

Rechtsbelehrung gefunden werden.

Frage eine entsprechende

Art. 21 und 22 eine mit eigenen

Zusammenstellung

von Fragen um

In der That folgt im Art. 21 auf die erste

Entscheidung,

während im Ucbrigen

nur

die Fragen

Quellen.

21

hundert, da schon im 12. Jahrhundert der Bergbau bei Freiberg nachweisbar in Aufnahme gekommen war und bereits 1255 Mark­ graf Heinrich von Meisen den Bergschöppenstuhl und das Bergrecht zu Freiberg, sowie dasselbe zu seines Vaters Zeiten bestanden, nach

dem Weisthum der Schöffen bestätigte').

ohne Beantwortung derselben angeführt sind. Auch Art. 10 beginnt mit den Worten: „Ist das man sich wirret umme das berggerichte wy verre is gehe adir wo is wende, das ist also entschieden" u. s. w. Schließlich verdient Erwähnung, daß auch im fr ei berg er Stadt rechte sich Bestimmungen über die Bergleute und den Bergmeister finden, welche einen Schluß'auf die älteste Bergwerksverfassung gestatten. Merkwürdig ist, daß sowohl dieses Stadtrecht, wie die beiden oben erwähnten Darstellungen des freiberger Bergrechtes der an den Harz erinnernden Waldwerken gedenken. 1) Diese wichtige Urkunde ist abgedruckt in den Otia metallica (Bd. II S. 311 u. 312) und lautet daselbst: Henricus I). G Misnensis et Orientalia Marchio Thuring. Landgravius et Saxonum Comes Palatinus. Universis haue paginam inspecturis salutem et omne bonurn. Quoniam iura civitatis nostre et montanorum in Vriberc, volumus potius ampliare quam aliqualiter enervare et ad hoc dare operam efficacem, qualiter eidem civitati et montibus iura ipsorum protestamur, quod talia iura burgensibus nostris et montanis de Vriberc relinquere volumus omni parte, qualia habuerunt temporibus patris nostri et qualia illi viginti quatuor de Vriberc suo iuramento et fidelitate, qua nobis tenentur ausi (?) fuerunt, obtinere et confirmare. Volumus preterea, ut si quod in Vriberc vel in montibus iudicandum sit vel tractandum, quod hoc fiat coram advocato et illis XXIV burgensibus nostris de Vriberc et propter huiusmodi causas neminem ipsorum trahere volumus ad nostram curiam quoquomodo. Ut autem presens circa ipsos inviolabiter observetur a nostris filiis et a nobis super eo ipsis presens dari iussimus instrumentum sigilli nostri munimine roboratum. Dabam in Taranto anno Domini MCCLV pridie Non. Iulii XIII indic. Huius rei testes sunt H. et 0. Burchravii de Donin, Burchravius de Witin, A L. dapifer noster de Burne, U L de Maltitz, G de Haidecke, N. advocatus de Vriberc, Magister C prepositus, Curie nostre notarius et Iohannes Scriptor. Bekannt ist, daß in der kulmischen Handfeste von 1232 es heißt: In­ ventar autem argenti, sive is, in cuius agris inventum fuerit, ius Fribergense in huius modi inventione perpetualiter obtinebit. Im Jahre 1320 ertheilt Markgraf Friedrich dem Abt zur Celle und seinen Mitgewerken in montanis Sybenlehensibus ein Bergwerk zum Erbe (montanam hereditatem), welches von den freiberger Schöffen nach Berggewohnheit beritten (Erbbereiten), sowie nach Bergrecht besessen werden soll (ipsis per Consules

22

Einleitung.

4.

Die Gewohnheitsrechte des Harzes bei Goslar.

Obwohl unzweifelhaft der Bergbau am Rammeisberge uralt ist, so gehört die vorhandene Hauptaufzeichnung der Gewohnheitsrechte wohl erst der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts an.

Allerdings

erscheint es nahezu gewiß, daß diese Aufzeichnung zum Theil nur eine Wiederholung älterer Redactionen ist, welchen im Laufe der Zeit

Zusätze und Aenderungen mit Rücksicht auf die fortschreitende Ent­ wickelung der Verhältnisse beigefügt sind. Eine den Anforderungen der Gegenwart entsprechende Bearbeitung dieses für die Kenntniß

des älteren Bergrechtes wichtigen Gewohnheitsrechtes') würde hier­ über genügende Aufilärung verschaffen können. Die im Jahre 1271 unter der Aufschrift iura et libertates silvanorum von Herzog Albrecht bestätigten Gewohnheitsrechte der Waldwer­

ken, welche theilweise in die obige Aufzeichnung übergegangen sind, ent­ halten jedenfalls Bruchstücke des ältesten Gewohnheitsrechtes am Harze2*).1 Fribergenses ad hanc limitationem privilegiatos debitis monta.norum consuetudinibus et solemnitatibus circum equitando designandam et montano iure seu montanae hereditatis titulo possidendam (Otia

met. Bd. I S. 297). In dem Recesse zwischen Landgraf Balthasar von Thü­ ringen und dem Grafen Heinrich von Stolberg v. I. 1392 Dienstag nach invo-

cabit heißt es, daß der „Bergkmeister sal

richten ider welchir die Bergkwergk

buwen uffgoltgenge adir ertzsilbergenge in eren herschaften nach bergkwerksrechte alß wir zu friberg -ergkwergksrecht habin" u. s. w.

1) Bisher haben sich mit diesem Gewohnheitsrechte namentlich beschäftigt Leibnitz script. rer. brunsw. t. III p. 535 ss., Wagner corp. inr. met. Einl. p. XXX und insbesondere Meyer sowohl im hercynischen Archiv (Bd. I),

als in dem „Versuche einer Geschichte der Bergwerksverfassung und der Berg­ rechte des Harzes im Mittelalter". Der neueste Abdruck ist von Dr. A. F. G.

Schaumann im Vaterländischen Archiv besorgt. 1842 (bei Hahn zu Hannover) unter dem Titel:

des vierzehnten Jahrhunderts.

Eine Separatausgabe erschien

Die

goslarschen Berggesetze

Die Bestimmung des Alters der goslarschen

Bergrechte, welche Schaumann mit Hülfe der Art. 168 und 169 über die Er­ hebung des Kupferzolls und des Schlägeschatzes durch

dürfte nicht zutreffen.

den

Reichsvogt versucht,

Das beigebrachte Verzeichniß des rückständigen Schläge­

schatzes beweist nicht, daß seit 1310 ein kaiserlicher Vogt nicht mehr existirte, anderer­ seits hat Schaumann den Art. 189 nicht mit in Betracht gezogen. Es bleibt zu wiederholen, daß die

goslarsche Aufzeichnung aus einzelnen Stücken bestehen

dürfte, welche in verschiedenen

Zeiten entstanden, später unter Beifügung von

Aenderungen an einander gereiht sind. Besonders charakteristisch ist Art. 34, in welchem der Schreiber sich persönlich einführt, und Art. 92, worin es heißt,

daß gegenwärtig des Berges Bote „Bernd" sei. 2) Wagner corp. iur. met. S. 1022.

23

Quellen.

5.

Die schlädminger Gewohnheitsrechte in der

Grafschaft

Steier, welche in einem von der Herzogin Elisabeth von Oesterreich bestätigten, von dem

Bergmeister Leonhard Egkzlhaim unter Zu­

ziehung der Bürger und Knappen gegebenen Weisthum vom Jahre

1308 am Montag nach St. Margarethen-Tag verzeichnet sind. Der In­

halt dieses Weisthums, die Bezugnahme auf das „alte Herkommen" in demselben, sowie das Alter des Bergbaues der Gegend verbürgen die frühe Entstehung der Berggewohnheiten, welche die Grundlage der späteren Bergordnungen in Salzburg, Baiern, Oesterreich, Tirol nachweisbar enthalten *). 6. Das löwenberger und goldberger Goldrecht (Schlesien), beide wohl nicht vor dem 14. Jahrhundert ausgezeichnet,

ihrem Inhalte nach aber sehr alt,

wie schon daraus hervorgehet,

daß die kulmsche Handfeste von 1232 rücksichtlich des Rechtes beim Goldbergbau auf das schlesische Recht verweist^). b. Deutscher Ursprung der Berggewohnheiten.

§• 8.

Es ist schon bemerkt, daß die alten Berggewohnheiten gemein­

same Grundzüge enthalten.

Gerade dieser Umstand hat von jeher

die Untersuchung darüber nahe gelegt,

ob dieselben nicht zuerst an

einem Bergorte entstanden und demnächst in andere Gegenden über­ tragen worden sind. 1) Lori, Sammlung des bayerischen Bergrechtes S. XVIII der Einl. und S. 4. Von Bedeutung ist auch das zezziner Bergrecht in Steiermark (Wagner corp. iur. met. Einl. p. XIV und S. 31.) Gottfried, Abt von Admont, leiht die Bergwerke, quae nuncupantur Ysenhartes fodina et Admuntensis fodina, im Jahre 1216. Die Urkunde enthält verschiedene bergrechtliche Grundsätze und bestimmt, daß es wegen einzelner bestimmter Fälle seo und um ins antiquum oder auch secundum ius constitutum ipsius nontis in Zezzen gehalten werden soll, ein wichtiger Beweis für das hohe Alter besonderer Bcrggewohnheiten. 2) Es heißt daselbst: »ita tarnen ut inventor auri sive in cuius bonis inventum fuerit, ius habeat quod in terra ducis Silesii in huius modi talibus est concessum«. Bei Steinbeck: Geschichte des schlesischen Bergbaues Bd. I S. 79 ff. sind beide Goldrechte abgedruckt. Die Vermuthung Steinbeck's (S. 93), daß die Goldrechtc von cingewanderten Franken nach Schlesien gebracht sind, erscheint wohlbegründet.

24

Einleitung.

Es hat sogar nicht an Solchen gefehlt,

welche den Ursprung

dieser Berggewohnheiten im Auslande gefunden zu haben glaubten.

Anknüpfend an die eigenthümliche

Verfassung der laurischen Berg­

werke, welche in der That mit dem deutschen Bergrechte Analogieen

bietet'), sollten die atheniensischen Bergrechte durch Siebenbürgen, Ungarn (Schemnitz), Mähren (Jglau) ihren Weg nach Deutschland gefunden haben. Andere verlegten nicht nur das Institut des Berg­

regales, sondern auch die in den deutschen Berggewohnheiten aner­

kannte Bergbaufreiheit in das römische Recht, um hiermit das

deutsche Bergrecht in Zusammenhang zu bringen. Beides ist un­ richtige Trotz "äußerlicher Aehnlichkeiten sind die Vorschriften der atheniensischen Gesetze, welche, abgesehen von bergpolizeilichen Be­

stimmungen, im Grunde genommen nur Normativbedinguugen über

die

Vererbpachtung der

Staatsbergwerke

enthalten,

grundsätzlich

von den deutschen Berggewohnheiten verschieden. Sodann bleibt jene Wanderung des Rechtes durch Siebenbürgen, Ungarn u. s. w. gänz­ lich unerwiesen. Das römische Recht1 2)* *aber * 6 kennt weder ein Berg­ regal, noch die Bergbaufreiheit; die Fossilien unterliegen der Ver­

fügung des Grundeigenthümers. Zudem war das deutsche Bergrecht in seinen Grundzügen vor Reception des römischen Rechtes bereits aus­ gebildet. Zahlreichere Anhänger hat die Ansicht gefunden, daß die deutschen Berggewohnheiten slavischen Ursprunges seien.

Das Alter

1) Die verschiedenen Ausführungen über das atheniensijche Bergrecht sind

ohne Ausnahme der trefflichen Abhandlung Boeckh's (Abhandlungen der berliner Akademie der Wissenschaften 1818 Histor. Phil. Classe S. 85 ff.) entlehnt. 2) Vcrgl. die ausführliche Darstellung des römichen Bergrechtes in dem Buche:

Das französische Bergrecht (Bonn 1869) von Dr. Achenbach S. 13 ff.

sind auch die besonderen Bestimmungen über Marmorbrüche, vinzialgrundstücke erörtert.

Bergrecht (S. 170) ist mit 1. 14

Cod. Theod.

X.

Daselbst

sowie über Pro­

Bereits im ersten Jahrgange der Zeitschrift für

Rücksicht

auf Frankreich darauf

hingewiesen, daß

19. in das Breviarium Alaricianum übernommen

wurde, wobei die merkwürdigen Unterschiede

der

einzelnen

Handschriften zu

beachten sind. Diese zur Schonung fremder Gebäude erlassene polizeiliche Vorschrift ist in ihrer ursprünglichen Bedeutung auf den Marmorbergbau in den Provinzen zu

beschränken und

aus dem

an den Provinzialgrundstücken zu erklären. justi'nianeische

Eigenthume des römischen Staates Wird zudem anerkannt,

Gesetzgebung keine Schürf- und Bergbaufreiheit kennt,

jener auch von Justinian in den Codex aufgenommene Vorschrift

daß die so

kann

(1. 6 C. 11

6) eine grundsätzliche Bedeutung überhaupt nicht beigelegt werden (vergl. übri­

gens auch Flade, römisches Bergrecht S. 53, 54).

25

Quellen.

der iglauer Aufzeichnung, die hervorragende Bedeutung des iglauer Bergrechtes und Bergschöppenstuhles ließ die Auffassung nicht unbe­ gründet erscheinen, daß in Jglau das Bergrecht des Mittelalters entstanden sei. Andere verlegten den Ursprungsort der Berggewohn­ heiten nach Schemnitz in Ungarn, man fand es nicht zweifelhaft, „daß der Bergstadt Schemnitz die Ehre gebühre, Deutschland seine

Bergwerksgebräuche und die ersten gesetzlichen Bestimmungen gegeben

zu haben". Auch dieser Auffassung kann nicht beigetreten werden. Zunächst ist der Bergbau am Rhein und Main, bei Salzburg, in Steiermark') und Tirol,

am Harze in

weit früherer Zeit als

derjenige in Böhmen, Mähren?) oder bei Schemnitz bestimmt nach­

zuweisen,

und selbst der

freiberger Bergbau muß nach den oben

mitgetheilten Urkunden ein hohes Alter für sich in Anspruch nehmen.

Sodann zeigt die in den ältesten bekannten Gewohnheiten vorkom­

mende bergmännische Kunstsprache, daß es sich um deutsches Recht

handelt^). Man hat freilich auch versucht, bei einer großen Anzahl bergmännischer Ausdrücke, wie Lachter, Klafter, Lochstein, Flötz, Schacht, Schürf, Schicht, Seifen, Stollen, Drumm, Rösche, Speise,

Schmand

u. s. w. den böhmischen

Ursprung darzuthun (Körner,

1) Der Eisenerzbergbau in Steiermark, das norische Eisen wird von den römischen Schriftstellern, namentlich den Dichtern (Ovid. Metamorph. XIV: Durior est ferro, quod Noricus excoquit ignis ; Horat. I Od. 16: Neque Noricus deterret ensis u. s. w., vgl. Lori Einl. S. I u. II) wiederholt er­ wähnt. Ebenso gedenken die Alten des Goldbergbaues in den norischen Alpen. Die Salzgewinnung im Salzkammergute ist uralt. Die Fortsetzung des dor­ tigen Gold- und Salzbergbaues unter den Karolingern beweist die Schenkungs­ urkunde König Ludwig des Kindes v. I. 908 (Curtem nostram Salzburghov vocatam — in proprietatem concessimus — cum Omnibus censibus in IIa 11 a et extra Halla, in salina e t extra salinam, circa fluvios Sala et Salzaha vocatos, in auro'etsale — cum theloneis duobus qui vulgo Muta vocantur). Vergl. auch die Bestätigung dieser Schenkung durch Kaiser Otto v. I. 940 (Lori Einl. S. III—VII) und die späteren Kai­ serlichen Verleihungen von Bergwerken an Bergtesgaden, Tegernsee, Steingaden u. s. w. (Lori Einl. S. IX-XI). 2) Die Nachrichten des Tacitns (Germ. c. 43) über einen von den Gothinen geführten Eisenerzbergbau, und diejenigen des Ptolemaeus über den Eisenerzbergbau im Walde Luna dürften sich nicht mit Sicherheit auf Mähren beziehen lassen. 3) Vergl. auch von Hingenau, Handbuch der Bergrechtskunde S. 293, 287.

26

Einleitung.

Beyer,

Klotzsch), indeß bereits Sperges fertigt diese Versuche als

unhaltbar

ab1).2

vereinzelten Worten, wie

ganz

Abgesehen von

z. B. dem wahrscheinlich böhmischen, aber erst spät allgemein einge­ bürgerten Worte Kux 2), liegen überall ächt deutsche Worte vor, wie schon deren uralte

Anwendung im Westen Deutschlands beweist.

Wird erwogen, daß es im iglauer Bergrecht heißt „in eo quod dicitur Hangendez (im Hangenden); in eo quod dicitur lü­

gendem

(im

Liegenden);

ductum,

aquae

vulgariter

quod

Wasserseige dicitur; iuramento in medio instrumento quod Daselbst heißt es: „Dem Worte

1) Tirolische Bergwerlsgeschichte S. 211.

Schurs

geben die. vorgenannten

zween Schriftsteller (Körner,

Klotzsch)

einen

böhmischen Ursprung, weil in dieser Sprache Dziura (die Böhmen sprechen und schreiben Dira- ein Loch oder eine Grube bedeutet.

Es stehet aber schon indem

trientischen Bergabschiede v. I. 1213 das Wort Xurfus, teinischen Berggerichtschreiber unstreitig worden ist, in eben derselben Bedeutung.

Trient gekommen sein?

Soll

Ich führe diese

von sonst rechtschaffenen Leuten der einmal

Schurs aus

die

Schlüsse

sind,

gebildet

Böhmen nach

zeigen,

wie

welche zuweilen

angenommenen" Meinung zu

Liebe,

Aehnliches ließe sich rücksichtlich der anderen oben an­

geführten Ausdrücke nachweisen. § 22 den „Erbstollen".

wohl

es

von dem la­

welches

deutschen

Kleinigkeiten an, um zu

betrüglich dergleichen Wortforschungen und

daraus gezogen werden."

dem

aus

So

kennt

z. B. der

schladminger Bergbrief

Körner's Abhandlung über das

Alter der

böhmischen

Bergwerke, Schneeberg 1758, hat wesentlich diese ganz unhaltbaren Ableitungen Klotzsch ist demselben

deutscher Worte aus der böhmischen Sprache veranlaßt.

nach eigenem Bekenntnisse „lediglich" gefolgt. (Ursprung der Bergwerke in Sachsen

S. 54.)

Bestände in der That eine Verwandtschaft

Schriftstellern angeführten deutschen und

auch die Frage aufwerfen, sind.

zwischen den

so

slavischen Worten,

ob letztere nicht umgekehrt

aus

von diesen

ließe

ersteren

sich doch

entstanden

Sogar das alte Bergwerk „Rammelsberg" in Sachsen, welches auf Goslar

hinweist, muß nach Körner und demgemäß natürlich auch nach Klotzsch von einem

slavischen Worte herstammen (S. 166).

Das letztere Buch über den Ursprung

der Bergwerke in Sachsen, welches den glbernsten Fabeln der böhmischen Chronik

von Wenz. Hagecius blindlings folgt und sich überhaupt durch den Mangel jeder kritischen Auffassung unvortheilhaft auszeichnet,

ist

eine

Hauptveranlassung der

unhaltbaren Ansicht gewesen, daß das deutsche Bergrecht slavischen Ursprungs sei (Vergl. noch Sperges S. 208, 209.) 2) Kux gleich Theil.

Anmerk, wird

Bei Sternberg (Geschichte der Berggesetzg.) S. 102

einer kuttenberger Urkunde vom Jahre 1327 gedacht, welche die

Kuxeintheilung kennt (Qui unam pariern unius Schichtae,

pars dicitur montium, quam in nona parte fabrili in biscum in cuccis habere dignoscuntur).

quae

sedecima

orto humili

no-

Selbst die Ableitung^ von Kux

aus der böhmischen Sprache ist noch keineswegs ausgemacht.

27

Quellen.

dicitur Runbaum (Eid

auf

den

übirschar (Ueberschar) u. s. w.,

Rundbaum);

quod dicitur

so kann der deutsche Ursprung

des ersteren wohl nicht zweifelhaft sein. Unbestreitbar würde die Aufzeichnung der mitten aus dem Bergvolke herausgewachsenen Ge­ wohnheiten sich nicht deutscher, sondern slavischer Worte und letzterer keinenfalls in germanisirter Form bedienen, wenn hier slavische Ge­

wohnheitsrechte in Frage stehen sollten. Dasselbe gilt von der

kuttenberger Bergordnung.

Abgesehen

davon, daß die deutschen Kunstausdrücke in der lateinischen Uebersetzung kenntlich geblieben sind (z. B. p. I c. 11 p. II c. 1 campus

über freies Feld; p. I. c. 16 lapides manuales Hand­

steine; p. II. c. 3 pars agrorum Ackertheil; p. II. c. 4 fenestrae

laminares Lichtlöcher, werden in der Bergordnung, gerade wie im

iglauer Bergrecht, eine große Anzahl deutscher Worte angeführt, (p. I. c. 2 coloni principales, qui vulgariter Gewerken dicuntur; p. I.c. 8 fines qui vulgariter dicuntur Oerter; — de

duabns Schichtis; p. I. c. 19 prima bora Tagschicht; secunda hora Lesern Tagschicht; tercia hora Nachtschicht; quarta hora Lesern Nachtschicht; p. II. c. 1 que vulgari montanorum Lachter dicitur; quod vulgariter Runk> aum dicitur; p. II. c. 2 quod in vulgari montanorum dicitur Hangendes; quod Liegendes vocatur; que vulgariter dicitur Zal; p. II. c. 3 que vulgariter Strif vocantur u. s. w.

Auch die tridentiner Berggewohnheiten verläugnen, wie Spel­ nachgewiesen, den deutschen Ursprung nicht. Die

zes') schlagend

Namen der Gewerken, Ausdrücke wie ab argentariis qui solent appellari silbrarii, „der Werbe (bet Gewerke), der Xaffar (der Schaffer, Aufseher); der Wassar (der Wäscher), Smelzer (Schmelzer); Kener (Kiener, Köhler)1 2); Werchi (Gewerke),

Xenkelochi (Gesenke),

raitungum (raiten, rechnen), dors-

lagum (Durchschlag), Xinca (Gesenke), Xurfus (Schürf), Carowegus (Karrenwege), Actufus“ (Agetucht, Aakeltruft, Aak, Adit,

Adich, Aedich, Aelig, Wafferabzucht, Wasserstollen) u. s. w.3) legen

ein unwiderlegbares Ursprungs-Zeugniß ab4).

Es ist dies um so

1) Tirolische Bergwerksgeschichte S. 198 ff. 2) Urkunde v. I. 1185.

3) Urkunden v. I. 1208, 1213. 4) Wie sich die bergmännischen Kunstausdrücke deutscher Colonisten im

Einleitung.

28

Wichtiger, als das neuerdings durch den Vorstand der Archive zu

Florenz, Francesco Bonaini, veröffentlichte') Statut der Bergwerke von Massa (ordinamenta super arte fossarum rameriae et argen-

teriae civitatis Massae), welches — in lateinischer Sprache abgefaßt — aus dem 13. Jahrhunderte stammen soll, von dem Heraus­ geber als die Mutter aller Berggesetze des Mittelalters bezeichnet wird. Die Einsicht des Statutes, in dem Ausdrück^wie G uerch i qui faciunt rame, guercos et factores guercorum, Ar-

zesa (Erz) u. s. w. Vorkommen, welche Bonaini selbst in dem bei­

gegeben Vokabularium

von den deutschen „Gewerken" n. s. w. ab­

leitet, ergibt indeß, daß daffelbe in trienter Rechte übereiiistimmt.

seinen Grundzügen mit dem

Da der deutsche Ursprung des letz­

teren nicht zweifelhaft sein kann, so stehet damit auch die Quelle der

Gewohnheiten der Stadt Massa fest2*).1 Schon die gänzlich vereinzelte Erscheinung dieser Gewohnheiten im eigentlichen Italien, das spur­

lose Erlöschen der Rechtskraft derselben, ohne daß bis zur. Auffindung des Statutes irgend Etwas von deren früherer Existenz bekannt ge­

wesen wäre, beweisen, daß hier ein von Außen importirtes und auf

fremdem Boden bald wieder welk gewordenes Recht vorliegt. Anders verhält es sich mit den Berggewohnheiten in Deutsch­ land selbst. Die gemeinsamen Grundzüge derselben in Süd, Nord

und Ost, ihre stetige Entwickelung, ihre lebensvolle Kraft, ihre Ueber­ einstimmung mit dem

deutschen Sinn und deutscher Art bekunden.

Auslande erhalten, darüber berichtet neuerdings B. Nr. 18 S. 420).

v. Kotta (Ausland 1869

In der Mitte des vorigen Jahrhunderts wurden Beamte und

Bergleute aus dem sächsischen Erzgebirge auf die damals an das kaiserliche Haus

übcrgegangenen, früher Dcmidoss'fchcn Bergwerke am Altai herangezogen. „Ihre

Nachkomnicn sind zum Theil noch jetzt vorhanden, aber sie sind weder durch ihre Namen noch durch ihre Sprache von den eingewanderten Russen zu unterscheiden;

nur ihre bergmännischen Ausdrücke haben, sich zum Theil noch erhalten, so z. B. Schacht, Stollen, Gesenk, Ucbersichbrechcn, Treibofen, Trapp,

Wapp" u. s. w.

1) Appendice all’ Archivio storico Italiano (vol. VIII Firenze 1853). Vcrgl. auch die Besprechung desselben durch den französischen Ingenieur M. L.

Simonin in den Annales des mines (leis et decrets 1859 tom. VIII p. 1) und Zeitschrift für Bergrecht Jahrg. III S. 272. 2) Die Rcception deutscher Berggewohnheitcn in Italien wird erklärlich, wenn berücksichtigt wird, daß z. B. schon

Trient waren.

1262 Florentiner als Münzer

in

Dieselben hatten auch im folgenden Jahrhunderte die Münzen

und Zölle in Tirol, die Wechjelbank zu Meran in Pacht.

Quellen.

29

daß sie Kinder des deutschen Volkes und des deutschen Landes sind.

Ja, die frühzeitige Aufzeichnung dieser Gewohnheiten in den deut­ schen Bergmannscolonieen Mährens und Böhmens, in Ungarn, Trient, beweist nur ein gerade im Auslande besonders dringendes

Bedürfniß, das durch deutsche Einwanderer mitgebrachte, den Aus­

ländern ungewohnte Recht vermittelst der Schrift zu fixiren, dauernd zu erhalten und zugänglicher zu machen.

Wenn später solche Auf­

zeichnungen auch in Deutschland benutzt und übernommen wurden, so folgt daraus nicht das Entstehen der Gewohnheiten im Auslande, sondern lediglich jene leicht erklärliche Priorität der Aufzeichnung des deutschen Bergrechtes unter den Fremden'). c. Berggewohnheiten im

westlichen Deutschland, insbesondere

auf der linken Rheinseite.

§• 9.

Ebensowenig kann aber auch aus dem Mangel aller älteren Aufzeichnungen der Berggewohnheiten in Mittel- und namentlich in Westdeutschland der Schluß gezogen werden, daß West- und

Mitteldeutschland die Grundzüge des späteren Bergrechtes aus Tirol, Salzburg, Freiberg oder vom Harze übernommen habe. Wollte man dem Gedanken einer solchen Ucbertragung des Bergrechtes überhaupt näher treten, so würde in Betracht kommen, daß am

Rhein einer der ältesten Sitze des Bergbaues auf deutschem Boden

war und daß umgekehrt die Behauptung, wonach vom Rhein und Main der Harz und später Sachsen das Bergrecht erhalten habe,

mit nicht unerheblichen Gründen unterstützt werden könnte^).

1) So erbat sich der Burggraf Friedrich von Nürnberg 1363 das iglauer und kuttenberger Bergrecht

und verlieh der Stadt Kronach das iglauer Recht

(Wagner corpus iur. met. Einl. S. XX). zeichnung gleichfalls übernommen,

Hat Freiberg die iglauer Auf­

so ist damit keineswegs erwiesen, daß die in

ersterer niedergelegten Gewohnheiten erst von Jglau sind.

nach Freiberg

gekommen

Wäre dies aber selbst der Fall, so gehet daraus

nur hervor, daß nicht

und

das deutsche Bergrecht

von Freiberg aus die deutsche Bergmannskolonie

nach Jglau verpflanzt worden ist (vergl. auch v. Hingenau a. a. O. S. 291). 2) Am Rhein fand schon' zur Römerzeit Bergbau statt. Ueber den Berg­ bau am Main verhält sich die oft angeführte Stelle aus der Vorrede des Evan­ gelienbuches von Ottfried.

Der Zug der deutschen Colonisation ging seit Carl

dem Großen von Westen nach Osten.

Die deutschen

Berggewohnheiten können

Einleitung.

30

Das Gebiet zwischen Rhein, Mosel und Maas, in welchem schon

hat zudem eine Anzahl merkwürdiger

die Römer Bergbau führten,

Berggewohnheiten aufzuweisen, welche zwar spät in Weisthümern und zum Theil in Bergordnungen zusammengestellt sind, ihrem Inhalte nach aber alle Zeichen eines sehr hohen Alters unzweifelhaft an sich tragen. Die Abgeschlossenheit jener Territorien mag eine der Ur­

sachen sein, warum sich hier bis zum Ende des vorigen Jahrhunderts das ursprüngliche Bergrecht fast ohne Beimischung forterhielt

namentlich

von dem Einflüsse des

Jahrhundert gänzlich frei blieb.

und

sächsischen Bergrechtes im 16.

Ein Theil dieser Weisthümer ist

veröffentlicht worden, nämlich das Weisthum von Gressenichs, wo dem Herzoge von Jülich

Jahre

1492 in

die Bergherrlichkeit zustand,

Grimms Weisthümern

daher wohl nicht umgekehrt vom Osten nach Westen gewandert sein. Sage sind unter Otto I. die Bergleute vom

aus dem

Thl. 2 S. 7962); das Nach alter

Main und Rhein (bie Franken)

nach der Gegend von Goslar und dem Harze gekommen (Frankenberg, Frankenscharn) — vergl. Kalvör, Hist. Nachricht von der unter- und oberharzer Berg­ werke Auskunft u. s. w. S. 15, 44 ff. 69. — Später in Folge der Zerstörung der goslarschen Bergwerke durch Heinrich den Löwen im I. 1180 oder auch in

Folge eines Aufstandes unter dem Bergvogt Herm. Gowisch wanderten Bergleute von Goslar nach Meisen (Kalvör S. 61, Otia metallica Thl. 2 S. 167 ff.). Wahrscheinlich ist indeß die Markgrafschaft Meisen schon früher durch fränkische

Bevölkerung und Bergleute vom Main und Rhein aus colonisirt worden. Bereits Engels in der Schrift: Ueber den Bergbau der Alten in den Ländern des Rheins, der Lahn und der Sieg

(Siegen 1808 : bemerkt S. 36:

„Demnach wird es, wie mich dünkt, sehr wahrscheinlich, daß die Denkmäler, welche der Blei- und Silberbergbau in den Rheinländern darbietet,

älter sind, als der Bau auf die anderen Metalle und

weit

es dürfte daher die

von Daubuisson in seinem bekannten Werke über den Bergbau von Freiberg (Des mines de Freiberg et de leur exploitation etc. ä Leipzic chez P. Wolf 1802) Bd. I p. 14 angeführte Vermuthung des großen

scharfsinnigen Werners: daß

seit dem Verfalle der römischen Weltherr­

schaft der Bergbau zuerst in denjenigen Theilen des alten Galliens, welche der Rhein begrenzt, und namentlich in den Län dern von Limburg, Aachen und Mainz stattgehabt, von dort aber nach Franken,

dem Harz und weiter nach Sachsen sich verbreitet habe, durch den hier beschriebenen alten Bergbau der nachbarlichen Länder an Glaub­

würdigkeit gewinnen." 1) Galmei- Blei- und Eisenerz-Bergbau.

Ueber den betreffenden Bezirk

erstreckt sich gegenwärtig die von den Franzosen ertheilte Concession Diepenlinchen.

2) Schon früher abgedruckt in Nr. 8 der Zeitschr. Teutonia,

sodann in

Quellen.

31

Weisthum des Bergrechtes auf dem Bleibergwerke

zu Kall im Herzogthume Jülich vom Jahre 1494 in Lacomblets Archiv für die Geschichte des Niederrheins Bd. III Heft 2, S. 216 (Düs­

seldorf 1861); das Weisthum von Mechernich im Arem-

bergschen von 1577 bei Grimm S. 696; das schleidener Weisthum im Arembergschen über den dortigen Eisenerzbergbau von 1547 bei Grimm S. 572 ff. mit einer Anmerkung über die Berggewohnheiten in der Abtei S t e i n f e l d *). Andere Weisthümer und Bergordnungen harren noch der Ver­ öffentlichung. Dahin gehören die Ber gfreih eit und Ordnung

nach der Geschworenen Erkenntniß zu Kommern (1578

gebessert und übersehen) ?), Bergweisthum und Freiheitder Eisensteinbergwerke zu Lommersdorf, „wie selbige von Alters auf selbigem Berg gebraucht und gehalten werden", von 15923* ),1 2 die schleidensche Bergordnung vom 16. Januar 17 32

mit einem Nachtrage vom 23. December 1733, von Graf Ludwig Peter zu der Mark auf Grund alten Herkommens, insbesondere des oben

angeführten Weisthums von

1547

erlassen,

die Bergordnung

des Reichsstiftes Korneli-Münster von dem Abt Carl Lud­ wig Freiherrn von Sickingen

am 27.

den „Urkunden und Abhandlungen

zur

1747

Juni

Geschichte des

nach Maßgabe

Niederrheines und

Niedermaas" von W. Rietz Bd. I, Abth. 1 S. 155 ff. (Aachen 1824).

der

Hieraus

hat Grimm das Weisthum übernommen.

1) Durch besondere Vollständigkeit zeichnet sich das kaller Weisthum aus. Aus dem

jülichschen Bleiberg

liegen gegenwärtig die

Günnersdorf umfassen aber (Kalmuther

Berg).

Im

auch

den arembergschen

schleidener

meinden Soetenich und Keldenich

Concession

Kreise,

und kölnischen

in den

Gierzenberg

am

Neu

vormals

und

2)

Im

Jahre

1607

sind

Erläuterungen

diesem

arembergische

Bleiberg

jülichschen Ge­

Heidenacker

Anschlüsse an die älteren Berechtigungen eine große Zahl Concessionen

Dasselbe bezieht sich übrigens auf die

Schunk

Letztere und die Concession

Olligschlaeger, sowie die Concession Meinertshagen.

Weisthum

sind

im

ertheilt.

beigefügt.

Freiherrlichkeit Kommern,

also auf den arembergischen Bleiberg. 3) Dem Weisthum, welches schon

früher ausgezeichnet war,

1592

aber

die landesherrliche Bestätigung erhielt, gehen einige Festsetzungen der Gräfin Mar­

garetha von der Mark über die Grenzen des freien „Steinbergs" voraus. seinem Inhalte sind die lommersdorfer Gewohnheiten jedenfalls uralt. wärtig ist der Bezirk an die Stahlhütte zu zwei Dritteln, einem Drittel in Concession gegeben.

Nach Gegen­

an die Ahrhütte zu

Einleitung.

32

uralter Berggewohnheiten erlassen und am 9. Juni 1790 erneuert *). Endlich hat der kölnische Bergmeister und Schultheiß G. K. Ey-

lertz mit den Schöffen Klemens Hochgurdel und David Hamächer „die auf hiesigen kölnischen Bergwerkcrn hergebrachte wahrhafte uralte Berggebräuch" sehr vollständig im vorigen Jahrhunderte zusammengestellt^). d.

Berggew ohnheiten im westlichen Deutschland auf der rechten

Rheinseite.

§• 10.

Beweisen auf der linken Rheinseite unter Anderem die

in den

Blei- und Silberbergwerken, Tuffsteinbrüchen u. s. w. aufgefundenen

römischen Münzen und Geräthe das Alter des dortigen Bergbaues, so berichtet Tacitus in den Annalen Lib. XI cap. 20 von dem unter Claudius durch Curtius Rufus aufgenommenen rechtsrhei­ nischen Silberbergbau im Lande der Mattiaker.31) 2 Es dürfte wahr1) In diesem Territorium liegen jetzt die

auf Galmei- Blei- und Eisen­

erze lautenden Concessionen Breiniger und Busbacher Berg.

2) Merkwürdig ist, daß mit diesen linksrheinischen Gewohnheiten die engli schen Berggewohnheitsrechte in Cornwall, Devon und Derbyshire eine ganz auf­ fallende Aehnlichkeit zeigen. Die eigenthümliche Art der Felder, die besonderen Be­

stimmungen über den Verlust des Bergbaurechtes u. s. w. kehren hier wie dort

wieder.

Wie am Rhein kommt in den Gewohnheiten von Derbyshire ein Bar­

master vor, ebenso der Adit oder

Audit, sogar der erste Finder wird unter

der Bezeichnung the first Finder aufgesührt.

Die Vermuthung ist daher be­

rechtigt, daß durch rheinische Bergleute das heimische

Recht nach England ge­

bracht wurde. 3) Nee multo post Curtius Rufus eundem honorem

adipiscitur,

qui in agro Mattiaco recluserat specus quaerendis venis

argenti; unde tenuis fructus nec in longum fuit: at legionibus cum damno labor, effodere rivos, quaeque in aperto gravia, humum infra rnoliri. — Wenn der dem Curtius Rufus nichts weniger als wohlwollende Be­ richt die Ausbeute jenes Bergbaues als gering und die Betriebszeit wegen der Unzufriedenheit der Legionen als keine lange bezeichnet, so erfahren wir anderer­

seits aus der Fortsetzung des Berichtes, daß in jener Zeit mehrfach die Legionen

zum Bergbau in den Provinzen verwandt wurden. Zu den schon in römischer Zeit betriebenen Bergwerken auf der rechten Nheinseite

gehört auch der

Virneberg

oder St. Josephsberg bei Rheinbreitbach, wodurch der alte Name „Venusberg"

zu erklären sein dürfte.

Beim Ausklauben der Halden am sog. kurzen Loch sind

römische Münzen gefunden worden.

Quellen.

3g

scheinlich sein, daß diese Stelle sich nicht auf einen Bergbau in der

Gegend der Stadt Idstein, sondern auf den uralten Bleierzbergbau

bei Ems beziehet, über welchen Kaiser Friedrich I im Jahre 1158 dem Erzbischof Hillin von Trier behufs Beendigung eines bestandenen Rechtsstreites eine Verleihungs-Urkunde ausstelltex). Die Belehnung des Klosters Siegburg durch Kaiser Heinrich V v. I. 1122 mit dem Erzbergbau auf den Besitzungen des ersteren ist besannt1 2), weniger

bekannt erscheint dagegen die Verpfändung des noch heute unter dem

Namen Landeskrone in Betrieb stehenden werkes Ratzenscheit

bei Siegen

Silber- und Bleierzberg­

durch

Kaiser Adolph

an die

Grafen von Nassau v. I. 1298 (eidem Comitibus ac.eorum fratribus pro pecumia huiusmodi montes Ratzenscheit cum omnibus

in eis inveniendis iuribus et pertinenciis

universis ac

alios

montes sitos in eorum districtibus, ubi argentum queri et inveniri poterit, obligamus etc.)3). Diese Urkunden, welche nebst manchen anderen4) sich auf einen in der Gegenwart noch bestehenden

1) Vergl. Schliephake, Geschichte von Nassau.

1866).

Bd. I, S. 281.

(Wiesbaden bei Kreidet

Kaiser Friedrich 1. verleihet omnem iustitiam, quam

in argentaria in Ulmeze et in toto monte adiacente de iu-

dicio principum habere videbamur. heim auch bei Engels S. 43 ff. abgedruckt.

alten Emser Baue. Trier.



Nassau

Die Urkunde ist nach Hont­

Letzterer berichtet S. 17 über die

(Laurenburg) widersprach der Verleihung an

Unter Hillins Nachfolger Arnold setzte sich der Streit fort,

Erfolg für Nassau.

jedoch ohne

Trier scheint indeß bald nachher durch letzteres aus dem

Besitze gedrängt worden zu sein.

Vergl. Schliephake a. a. O. und Arnoldi,

Geschichte der nassau-oranischen Länder (Hadamar 1799), Bd. I, S. 26, 27. 2) Engels S. 12 beziehet diese Verleihung namentlich auf die s. g. Silberkaul bei Uckerath.. Römischer Bergbau in der Nähe von Siegburg und Königswinter (Altglück) ist übrigens durch Auffinden von Münzen und Werk­ zeugen in verschiedenen Gruben festgesteltt.

Es erscheint indeß fraglich, ob sich

die Verleihung nicht auf den Kreis Siegen vornämlich beziehet, in welchem

die Abtei Siegburg alte,

zum Theil 1309 an den Grafen Heinrich von Nassau

veräußerte Besitzungen hatte. . 3) Ab gedruckt bei Engels S. 42.

Die Original-Urkunde befindet sich im

Provincial-Archiv zu Münster. 4) Im Jahre 1150 verleiht z. B. König Conrad III. dem Stifte Korbei

den Bergbau auf Metalle bei Stadtberge (intra montem Eresburch).

sichtlich des

älteren Bergbaues im

Herzogthum Westphalen,

vergl.

(Rück­

Seibertz,

Landes- und Rechtsgeschichte des Herzogthums Westphalen (Arnsberg bei Ritter) 3. Theil (1864) S. 187, 270 ff., 358 ff., 586 ff.)

Es fehlt für viele deutsche

Einleitung.

34

Bergbau beziehen, sind nur deshalb hier angeführt,

weil dieselben

sichere Schlüsse auf das hohe Alter des Bergbaues auch bezüglich der

rechten Rheinseite im Westen Deutschlands gestatten.

Freilich kann

die rechte Rheinseite an alten Weisthümern über das Bergrecht keine

solchen Schätze, wie die linke Rheinseite aufweisen. Der frühzeitige Erlaß landesherrlicher Bergordnungen hat hier die alten Gewohnheiten verwischt und allmälig beseitigt, so daß es zu Aufzeichnungen der­ selben nicht gekommen zu sein scheint. Nur eine wichtige Ausnahme ist zu erwähnen. Esistdas Weisthum über den siegenschen Eisenerzbergbau.

Der Ort

Siegen

in einer Schenkungs-Urkunde erwähnt').

findet sich schon 1079 Unter den Zeugen einer

Belehnungs-Urkunde v. I. 1288 kommt Lucro dictus Staelsmit vor. Im I. 1313 bekennen Friedrich und Gottfried vom Hane,

daß ihnen Graf Heinrich von Naffau verpfändet habe „den zol Vf

deme steinberge zu müzen" (b. h. den Zehnten auf dem heute noch betriebenen Stahl berge bei Müsen). Die altberühmte mär­ kische Eisenindustrie hangt mit dem siegenschen Eisenerzbergbau zu­

sammen.

Siegensche Schmiede- und Gußwaaren behaupteten ihren

Ruf durch das ganze Mittelalter hindurch3*).1 4 2 Um die Mitte des 15.

sind eine sehr

Jahrhunderts

große Anzahl Eisenhütten und

Hammerwerke im Siegenschen im Betriebe3).

Das hohe Alter des

siegenschen Eisenerzbergbaues unterliegt daher gewiß keinem Zweifel.

Neben einer im 15. Jahrhundert geschehenen Aufzeichnung der Gebräuche und Berfaffung der Bruderschaft der Stahlschmiede, deren Inhalt ein hohes Alter verbürgt^), ist nun auch jenes Weisthum

Bezirke nicht an alten Urkunden,

in welchen bei Uebertragungen des Grund­

eigenthumes der Metalle als Zubehörungen des Grund und Bodens gedacht wird. Hieraus ist

aber nicht

Metalle zu schließen.

auf

Bergbau,

nicht

einmal

auf die

Existenz solcher

Bedeutungsvoll sind dagegen die älteren Urkunden, welche

sich entweder direkt auf einen schon bestehenden Bergbau oder auf Bezirke be­ ziehen, in welchen durch vorhandene bergbauliche Anlagen in Verbindung mit

jenen urkundlichen

Angaben

das

Alter des Bergbaues annähernd sestgestellt

werden kann. 1) Lacomblcts Urkundenbuch Bd. I, S. 156.

(Nr. 243.)

2) Galfried von Monmouth verweist aus Siegen als den Sitz des kunst­

reichen Schmiedes Wieland: Pocula, quae sculpsit Guilandus in tirbe Sigeni. 3) Becher, Mineralogische Beschreibung

der

oranien-nassauischcn

Lande

S. 510 ff. 4) Die Aufzeichnung ist überschrieben: „Dyt ist die Bruderschoff vnd koire

Quellen.

35

über das Bergrecht beim Eisensteinbergbau erhalten ge­ blieben. Dasselbe wurde um die Mitte des 15. Jahrhunderts unter Graf Johann IV, wenn auch schwerlich damals zum ersten Male, ausgezeichnet und bildet die ersten 14 Artikel der siegcnschen Kleinen Bergordnung *). der Stailsmyde zu Sygen"

und beginnt mit folgenden Worten:

„In dem na-

men Gots maries vnser lieuen müder vnd sonderlichen erc des Hilgen Kruces ist

disse nageschriben Bruderschoff von alders herkomen vnd gehalden vnd auch vmb des gemeynen nutz vnd besten willen so gehalden.

In solicher maisse vnd

bescheyde als hir na gefchriben volget" u. s. w. Lande S. 70 ff., insbe­

1) Vergl. Brasserts Bergordnungen der preuß.

sondere auch die Anmerkung daselbst. Der daselbst mitgetheilte neuere Text be­ darf nach älteren Handschriften insofern der Berichtigung, als im Art. 1 „Loch­ zeichen" zwei Worte find „Loch zeichen", daß es nicht „reuden," sondern „krü-

den" heißt.

Art. 2 „P f lich" statt „Pflicht;" Art. 7 der Schlußsatz: „so fern

er inner hält" statt „sofern sie ihnen halten."

Zu Art. 12 am Schusse find

hinter „Beweis" noch die Worte zuzusetzen: „Dff seiner Zungen als wenn

er ein fremb man vnd seines rechtens vnverueist were."

Auf an­

dere Irrthümer der neueren Redaction hat Brassert in den Anmerkungen hin­

gewiesen. Neben diesem uralten Weisthum,

welches Brassert mit Recht seinem In­

halte nach bis in das 12. Jahrhundert verweist,

sind auch die alterthümlichen

Gebräuche bei Hegung des Berggerichtes in einer Aufzeichnung erhalten geblie­ ben.

Die Eisensteinbergleute im Siegenschen bildeten eine Genossenschaft.

nerhalb derselben

ist das

alte» Bergrecht ausgebildet worden.

In­

Als später die

Landesherren sich seit dem 15. Jahrhundert in die Verhältnisse der Genossenschaft einmischten,

wurde auf ihre Veranlassung das Weisthum nach und nach mit

einer Anzahl Zusätzen vermehrt.

Aus diese Weise sind die aus verschiedener

Zeit herrührenden Zusätze Art. 15 bis 26 der s. g. Kleinen Bergordnung ent­

standen.

Auch der Schluß der letzteren (Brassert

S. 77, 78) ist aus sehr ver­

schiedenartigen, älteren und jüngeren Stücken zusammengeschoben.

Punkte des Schlusses sind eine Ueberarbeitung Redaction,

Die vier ersten

einer älteren noch vorhandenen

an welche sich in letzterer die Aufzeichnung der Gebräuche über die

Hegung des Berggerichtes anschließt.

Auch nach Erlaß der nassau-katzenelnbogischen Bergordnung d. d. Siegen, den 1. Sept. 1559 blieben jene Gewohnheiten bestehen.

Als 1572 ein Rechtsstreit

über ein Eisensteinbergwerk beim Berggericht schwebte,

auf jene Bergordnung.

Der Rentmeister G. Hatzfeld

berief sich der Kläger zu Dillenburg, berichtete

aber an den Grafen: „Nhun wissenn die Bergscheffenn vonn keiner andern Ihnen

angezeigter Bergordnung,

dann wie sie die

bracht vnd der brauch bestedigt hatt.

von Ihrenn Aelterenn her­ Sie haltten es auch daruor die

Bergordnung die E. G. her Vatter seliger löblicher gedechtnus no 59 vber die

Einleitung.

36 Wichtig erscheint,

daß dieses Weisthum verwandte Grundzüge

mit den linksrheinischen Weisthümern zeigt. Die Gleichartigkeit der Gewohnheiten links und rechts des Rheines beweist, welche Aus­ Bergrechtes schon in Es liegt nahe, unter diesen Umständen

dehnung die eigenthümlichen Grundsätze des alter Zeit gewonnen hatten.

anzunehmen, daß beim Vordringen der Deutschen im Osten dieselben auch ihr Bergrecht in die bisher wenig bevölkerten oder von slavi­

schen Stämmen

bewohnten

Landestheile mitbrachten.

Jedenfalls

widerlegt das Vorhandensein jener uralten Gewohnheiten am Rheine

ebenso wie das Alter des Bergbaues und Bergrechtes in Süddeutsch­ land') die Vermuthung8), daß die Grundsätze des deutschen Berg­ rechtes von den Griechen durch die Kroaten und Böhmen bei uns

importirt sind.

nach dieser Annahme erst im 13.

Wenn Freiberg

Jahrhundert oder später von den Böhmen das Bergrecht übernahm, so wird letzteres nicht um dieselbe

Zeit

oder früher von Böhmen

aus dem Rheine oder dem Süden Deutschlands bereits zugebracht gewesen sein. Jene Gewohnheiten am Rheine entstanden auf deut­ schem Boden. Die grundsätzliche Uebereinstimmung derselben mit den Gewohnheiten im Osten und Süden zeigt, abgesehen von

allen inneren Gründen, zur Genüge, daß das Bergrecht des Mittel­ alters durchaus deutsches Recht ist8).

2. Mittlere Zeit (bis zum Ende des 15. Jahrhunderts), a.

Bergrecht im südlichen Deutschland.

8- ii. Obwohl die als eine Bearbeitung des iglaner Bergrechtes her­ vorgehobene kuttenberger Bergordnung bereits in der Silber, Bley vnnd Kopffer Bergwergk ausgehenn lassenn (derenn sie dvch nicht gesehenn noch verlesenn) werde sie, binden." brauch.

soviel die Jsennbergk belang,

nicht

Im 18. Jahrhundert kamen indeß die alten Gewohnheiten außer Ge­

Ueber einen Bergproceß v. I. 1548 vor dem Berggerichte zu Siegen

vergl. die Mittheilungen

Bechers im

siegerländer Jntelligenzblatte 1828, Nr.

28 bis 31. 1) Neuerdings hat Trenkle in seiner Geschichte des Bergbaues im südwest­ lichen Schwarzwalde (Zeitschrift für Bergrecht, Jahrg.

nur das hohe Alter des dortigen Bergbaues, sondern bisher unbekannter Bergweisthümer,

XI

auch

S. 185 ff.) nicht

das Vorhandensein

z. B. des Diesselmuthcr Bergweisthums

v. I. 1372 nachgewiesen.

2) Klotzsch, Ursprung der Bergwerke in Sachsen.

S. 46.

3) Vergl. unten §§. 21 ff. über die Entstehung der Bergbaufreiheit.

Quellen.

37

Fori» eines b ö h-in ischen Landesgesetzes gegen 1300 er­

lassen worden ist'), so bilden doch vor dem Ende des

15.

Jahr­

hunderts Bergordnungen für ganze Landestheile eigentlich

nur die Ausnahme von der Regel. Die von den Landesherren und mitunter von großen Grundherren verkündigten Bergordnungen und

Bergfreiheiten betreffen vielmehr zunächst meist nur die Verhältnisse

einzelner Bergwerke und beschränkter Bergbaubczirke. Zum Theil sind die Bergordnungen dieser Art nur Bestätigungen eines an dem Bergorte bereits bestehenden Gewohnheitsrechtes, zum Theil tritt nunmehr das entschiedene Bestreben der Landesherren hervor, die bergrechtlichen Ge­ wohnheiten, welche sich andenälte st en Sitzen des Bergbaues ausgebildet hatten, an andere Orte

behufs Aufnahme neuer Bergwerke oder behufs Förderung eines neu ent st an denen Bergbaues zu übertragen. Mit Hülfeder Landesherren und der großen Grundherren verbreiten sich daher die an den Ursprungs­ orten des dentschen Bergbaues entstandenen Gewohnheiten mehr und mehr durch das ganze Land. Während in der vorhergehenden Zeit die Wanderung des Gewohnheitsrechtes sich an die Wanderung des

Bergvolkes anschließt, ergreifen jetzt die Territorialherren alllnälig die Initiative und suchen durch die von ihnen für einzelne Orte erlassenen Bergordnnngen und Bergfreiheiten und insbesondere auch durch die den Bergleuten gewährten Privilegien der Wanderlust der letzteren

bestimmte Ziele zu geben. Der mehr und mehr wachsenden Thätigkeit der Territorialherren rücksichtlich der Hebung und Regelung

das

schon

des

Bergbaues

entspricht

in der vorigen Periode hervorgetretene und von Erfolg

begleitete Bestreben,

sich in

ihren Rechten gegenüber dem Bergbau

vom Kaiser bestätigen und anerkennen zu lassen. Die Stellung der Kurfürsten wird sogar in einem Reichsgesetze, durch cap. IX §. 1 der Goldenen Bulle Karls IV v. I. 1356 .näher bestimmt2).

1) Sergi, jedoch Sternberg, Geschichte der Berggesetzgebung in Böhmen,

S. 71, wonach dennoch die Bergordnung nur als örtliches Gesetz angesehen werden kann, da sie außer Kuttenberg nicht bekannt gemacht worden ist.

2) „Praesenti constitutione in perpetuum valitura statuimus et de certa scientia declaramus, quod successores nostri Beende Reges, nec non universi et singuli Principes Electores ecc 1 esiastici et

Einleitung.

38

Zu den Bergordnungen, welche geltendes Gewohnheitsrecht be­

stätigen, andererseits aber, demselben einen erweiterten Geltungs­ bereich gewähren, gehört die Bergordnung Herzog Albrechts von Oesterreich,

wahrscheinlich aus dem Jahre 1336,

zufolge

welcher das Recht des Silbcrbergwerkes bei Zeyring in Steiermark

auf alle anderen Berge in dem Lande Steier für anwendbar erklärt wird *). Die Ordnungen Erzbischofs Heinrich von Salzburg von 1342

und Erzbischofs Ortolf von Salzburg von 1344 verleihen und be­

stätigen den „Perchrichtern, Vrönern, Grubmaistern und anderen Ertzleuten in der Chastun" das bei dem uralten Goldbergbau der Gegend bestehende Recht. Die Aenderung desselben wird Vorbe­ halten, wenn sich finden sollte, „das dy selben recht anders stünden auf anderen perchwerchen". Die Ordnung Erzbischofs Gregors für das „Eysenärzt in der Kemß bei Gmünden", welche „den Aertzknappen vnd arbeittern"

1401 gegeben

auf das „alte Herkommen" Bezug,

wurde, nimmt

wiederholt

währenddem die Bergordnung

Erzbischofs Burkarts v. I. 1463 das „Bergwerksrecht" auf alle Ge­ birge „im Pintzgew, Gastewn vnd Pongew" ausdehnt, jedoch „un­ vergriffen den alten gepewen, briefen, Freyhaiten vnd gebingen"2). Der

Silberbergbau

bei

Schwatz

rücksichtlich dessen bereits Herzog Sigmund 1447

in

und

Tirol2), 1448 Berg-

seculares, qui perpetuo fuerint, universas auri et argenti fodinas atque mineras st an n i, cupri, ferri, plumbi et alterius cuiuscunque generis metalli ac etiam salis tarn inventas, quam inveniendas in posterum quibuscunque temporibus in Regno predicto aut terris et pertinentiis eidem Regno subiectis, nee non supradicti principes in Principatibus, terris, dominiis et pertinen­ tiis suis teuere iuste possint et legitime possidere cum Omnibus iuribus, nulle prorsus excepto, prout possunt seu consueverunt talia possidere.“ 1) Abgedruckt bei Sperges S. 281 nach einer alten, aber jedenfalls fehler­ haften

Abschrift

(S.

217

das.)

Bergt,

auch Wagner,

Einl.

zum

corp.

iur. met. S. XIV. Eine Verwandtschaft des zeyringer Rechtes mit dem schladminger Recht liegt offenbar vor. Die Bergordnung Herzog Albrechts ver­ weist übrigens wiederholt auf das „Perkwcrchs-Rechts," enthält also keine voll­ ständige Aufzeichnung des zeyringer Rechtes. (Vergl. auch von Hingcnau, Berg­ rechtskunde S. 301.)

2) Wagner, Corpus iuris metallici. Einl. S. XX, S. 411 st. 3) Sperges S. 72 ff., 219.

Quellen.

freiheiten erließ, erhielt 1468 eine auf früherer

39

Gewohnheit

beru­

hende, aus 14 Artikeln bestehende Bergordnung *). Die weitere Entwicklung dieses Bergrechtes, sowie des Bergrechtes in Tirol über­ haupt erfolgte durch die sog. „Erfindungen" oder Weisthümer

der Bergleute, welche auf den Synode n der letzteren ertheilt, gesammelt, geordnet und zum Theil vom Landesherren als Haupt­ erfindungen

bestätigt

wurden.

Letzteres geschah namentlich durch

Kaiser Maximilian und zwar zuerst im Jahre 1490*2). Für die Silberbergwerke in den Gerichten Ratenberg und Kitzbüchel verlieh Herzog Heinrich von Bayern 1447 eine besondere

Freiheit „wie gewändlich und in andern Berkwerchsteten herkomme" „in Maß als annder Berkwercker Recht ist"3).4 Die im Jahre 1459 für dieselben Herrschaften, sowie für die Herrschaft Kufstein ertheilte

Bergfreiheit

bestimmt, daß

alle Bergbaulustigen für

zehn Jahre „mit allen Freyhaiten

die

und Genaden suechen

nächsten

und ar-

baiten sollen und mugen, als das Aerzt zu Schwaz gefreyt ist" *). Eine vollständige, aus 73 Artikeln bestehende Bergordnung er­

hält das Bergwerk zu Ratenberg durch Herzog Ludwig im Jahre 14635).

Die Bemerkung Loris, daß diese Bergordnung wesentlich

den schlädminger Bergbrief in sich ausgenommen habe, ist, wie die

Vergleichung ergibt, begründet und wird außerdem dadurch zur Ge­ wißheit erhoben, daß Herzog Ludwig im Jahre 1468, als die Berg­ freiheit v. 1459 ablief, den Hutherren und Gewerken, auch der ganzen Gemeinde und Gesellschaft in den Herrschaften Kufstein, Kitzbüchel

und Ratenberg die frühere Freiheit in der Art auf weitere zehn Jahre erneuerte, daß „sie sameentlich und sunnderlich" „das Pergwerch und Aerzte mit allen Freyhaiten und Genaden suechen und arbeiten und sich derselben Freyhait und Gcnaden halten und ge­

ll Wagner, corpus iuris metallici S. 134 ff.

Die Bergordnung Her­

zog Siegmunds v. I. 1464 für das Bergwerk zu Ammergau besagt im §. 6, daß die Bergleute ausgelohnt werden sollen, „wie es zu Sterzing und Schwaz

von alter her ist kommen."

Lori S. 91.

2) Bergl. Sperges S. 224 ff., siehe auch Wagner, S. 138 und von Hingenau, Bergrechtskunde S. 303. 3) Lori S. 33.

4) Lori S. 52 ff. 5) Lori S. 57 ff.

corp. iur. met.

Einleitung.

40

prauchen in gleicher Weiß und in allermafsen, als der Ekelzainund unser Ordnung und Leutrung darüber ausgangen" (§. 2)*). Die Verpflanzung des im Schlädminger Bergbriefe enthaltenen Bergrechtes an neue Bergorte durch landesherrliche Verordnung gehet auch aus anderen Bergfreiheiten hervor. So verlieh Pfalz­ graf Albrecht IV im Jahre 1477 einer Gesellschaft das Recht, drei Meilen um Regensburg „aufzuslahen und nach Aerzt zu suchen als Berckwerchsrecht ist nach Laut des Eckenzantz". Bei einem Funde soll die Gewerkschaft die Freiheit des Bergwerkes zu Raten­ berg erhalten^). In demselben Jahre (1477) ertheilt Pfalzgraf Albrecht IV eine Bergfreiheit auf 10 Jahre für die Grafschaft Werdenfels „auch in und vordem Gepurg „gleicher Weyse und in allermaßen als Eklzain und unser Ordnung und Leutrung, so wir darüber machen werden"5) (§§. 6, 13). Eine weitere Bergfreiheit v. 1485 für die niederbaierischen Lande „zwischen der peheimischtn Gränz und der Thonaw" führt ebenfalls das Recht des „Egklzhaimschen" Bergbriefes ein (§§. 4. 9. 10)41).52 63 Die 7 Bergfreiheit der bayerischen Herzoge v. I. 1463 für das Bergwerk Gottesgabe „in den Podenmais" gewährt „Perckwerchs und Fund­ grube Freyhait und Recht" „als des Perckwerchs zu Ratenberg Freyhait und Recht ist"5). In demselben Jahre erhalten die Berg­ werke zu Lam im Landgerichte Bleistein das Ratenberger Recht5). Die Bergfreiheit Albrecht IV für die Gerichte Landsberg, Päl und Schöngau bestimmt, daß auf zehn Jahre die Bergbaulustigen „mit allen Freyhaiten und Gnaden suchen und arbaiten sollen und mugen, als das Aertzt zu Ratenberg gefreyt ift"7). Die Bergord­ nung für Ratenberg ging endlich fast wörtlich in die vom Erzbischof

1) Lori S. 95.

§. 11 der Bergfreiheit bestimmt, daß nach Ablauf der

zehn Jahre man sich wieder mit der „Gesellschaft der Pcrkwerch" vertragen soll „und als in dieser Freyheit und Ordnung hieuor stet, daz es mit dem Perl-

werch

nach Lautt des EgkrlzainS und unnser

gemacht, gehalten soll werden." 2) Lori S. 104. 3) Lori S. 113.

4) Lori S. 122. 5) Lori S. 56. 6) Lori S. 64.

7) Lori S. 99.

Bergl. auch §. 12.

Ordnung, darüber

Quellen.

Bernhard

erlassene

salzburgische

41

Bergordnung

v.

I.

1477

über *). Unter diesen Umständen ist es erklärlich, daß das schladminger-

ratenberger Recht allmälig die Bedeutung eines allgemeinen Landes­ rechtes erlangte. Schwerlich irrt 8ori1 2), wenn derselbe die in vielen Bergfreiheiten vorkommenden Hinweisungen auf das „Bergwerksrecht" speciell auf den schlädminger Bergbrief und nach

bayerischen

Ausbildung des ratenberger Rechtes auch auf letzteres beziehet. Hierher

gehören neben den bereits angeführten Bergfreiheiten z. B. die Bergfreiheit

für die Silbergrube zu Fischbach im Gericht Aurburg von 14263), die Bergfreiheit für die Eisenbergwerke zu Fischbachau von 14464)5u. 6 s. w. Alle diese Urkunden liefern den schlagenden Beweis, wie mit Hülfe der

Landesherren die alten localen Gewohnheiten sich nach und nach über

das ganze Land ausbreiten. Eine besondere Erwähnung unter den bayerischen Bergrechten verdienen endlich noch die Rechte des Eisenerz­ bergbaues bei Amberg.

Schon 1350 gewährte Pfalzgraf Ruprecht

den Bürgern von Amberg ein allgemeines Schürfrecht auf Eisenerz

„vndt dieselbe Freyheit geben wir ihne,

in

aller der Maß vndt

Weiß, als ander ihre Freyheit stet, die ihne geben ist vber das Eisenärzt"3). Der Freiheitsbrief von 1351 bestimmt „do sollen sie

alle die Recht Freiheit und Gewohnheit haben, als

sie

auf dem

Arzberg zu Amberg haben"3). Legen diese Freiheitsbriefe ein unwiderlegliches Zeugniß von dem hohen Alter des Amberger Eisenerzbergbaues und Bergrechtes ab, so fehlt es auch für andere

Bezirke im Süden Deutschlands nicht an alten Ordnungen für ein­ zelne Hauptsitze des Eisenerzbergbaues. die

Ordnung

für

den

vorder-

Dahin gehören namentlich innerbergischen

und

1) Lori S. 104 ff. Bergt. Schneider, Lehrbuch des Bergrechtes, S. 29. Letzterer hat auch den Beweis geführt, daß die ratenberger Bergordnung in die

1488 von der Republik Venedig erlassenen capitoli et ordini minerali über­

gegangen ist. 2) Einl. S. XXVII. 3) Lori S. 27. 4) Lori S. 32.

5) Lori S. 13 und Einl. S. XIX. 6) Lori S. 14. Vergl. auch die Bergfreiheit von 1465 (Lori S. 46) und den Vertrag von 1458 (Lori S. 48), sodann die auf alter Gewohnheit beruhende

Ordnung von 1465 (Lori S. 349;.

Einleitung.

42

Eisenerzbergbau in Steiermark v. I. 1449 *),

sowie die 1494 von

Kaiser Maximilian I bestätigten Hüttenberger

Gewohnheits­

rechte-). b. Bergrecht int westlichen und nördlichen Deutschland.

§. 12.

Im Westen und Norden Deutschlands ist

ein ähnlicher Reich-

thuin an Specialbergordnungen und Bergfreiheiten, wie derselbe int

Für das schon erwähnte Silbernnd Bleierzbergwerk Rotzenscheit bei Siegen ertheilte Graf Johann Süden vorliegt, nicht nachweisbar.

zu Nassau am

14.

Juli

148931)42 eine

besondere Verleihung und

Ordnung „nach berckwercksordnung des Rotten­ scheits", „wie eins yeden fryen Berckwercks recht v nd g e woh n heit

i st".

Die Bergwerke am Rammelsberg

erhielten 1470, 1471, 1476, 1494 besondere Ordnungen durch den Rath von Goslar^).

Diese

Ordnungen

haben

indeß mehr eine

rein locale Bedeutung, sie sind Bestätigungen und Weiterbildungen des an jenen sehr alten Sitzen des Bergbaues herrschenden Berg­

gewohnheitsrechtes, nicht aber Uebertragungen desselben auf neue in Aufnahme gekommene Bergwerke. Lediglich eine Sammlung alter Berggewohnheitcn in der Form von Schöffenweisthümern und Berg­ urtheilen ist die aus den Jahren 1474 bis 1479 herrührende „Berg-

1) Herausgegeben von Wenzel in der österr. Zeitschrift für Rechts- und Staatswissenschaft.

1846.

Bd. II, S. 410.

2) Schmidt, Sammlung der Berggesetze der österr. Monarchie, Oesterreich, Steiermark.

Bd. I, S. 43, 73.

3) Das Bergwerk hieß damals:

Zu unser lieben Frauen.

Die dieser

Ordnung vorhergehende, zeitweise Einstellung des Betriebes jenes im Jahre 1298

zuerst erwähnten Bergwerkes dürfte aus der Landesrechnung von 1446 hervor­ gehen,

worin es heißt:

„In der ersten genannten zyt als Henne von Wetzlar

der steindecker in den Raitschait geworfen wart vnde dar inne doet lach, Han ich

gegeben slegel vnde sinne gesellen, dal sy en her vß Wonnen, 25 Sch. vnde deme tham eckert daz he sich in den berch-lys hencken vnde den doden man hervß ge­

wann, 12 Sch. vnde vor eyen lade 8 Sch., schürgen vorman daz he en forte gen Willenstorfs zu graben 9 Sch." 4) Wagner S. 1026 ff.;

Meyer S. 187 ff.

Satzungen des Forstdings S. 154 ff.

Bergl. daselbst auch die

43

Quellen.

ordnung zu Suhl und Steinbach im Amt Hallen berg" *).

Jahre

1361

zwischen

den

Heinrich

Grafen

und

Ein im

Günther

Schwarzburg mit ihren Vettern abgeschlossener Vergleich

von

wirft ein

helles Licht auf die Berggewohnheiten im Thüringer Waldes. Von der weittragendsten Bedeutung für die Entwickelung des Bergrechtes und die Ausbreitung der Grundsätze desselben über den

größeren Theil namentlich des mittleren und nördlichen Deutschlands Kursachsen

sind dagegen die gegen Ende des 15. Jahrhunderts in

erlassenen Specialbergordnungen.

Hatte schon

die Errichtung des

freiberger Bergschöffenstuhles und die 1328 von Markgraf Friedrich dem Bergmeister zu

Erweiterung

Freiberg ertheilte

heblichen Einfluß äußern

müssen,

Amtsanweisung 31) 2 auf

die

des freiberger Bergrechtes er­

des Geltungsbereiches

so

sollten

jene Specialbergord­

nungen geradezu die Grundlage der mit dem 16. Jahrhunderte all­

gemeiner beginnenden Regelung des

Bergrechtes

durch

eigentliche

Landesgesetze bilden. Im Jahre 1478 verlangte Kurfürst Ernst von

1) Diese Sammlung von Berggewohnheiten ist durch den Druck nicht ver­ öffentlicht.

Am Schlüsse derselben heißt es:

„Menniglichen zu wissen, daß diese vorgeschriebene Handlung, Urtheil vnd recht geschehen vnd ergangen sind anfcnglichen als man zehlet nach Christi vn-

sers Herrn

gebürt 1474 Jahren biß in das 1479 Jahr negst nach einander er­

schienen bei Barthel Meßen bon Grimmelshaußen vnd andere Bergkmeistern zu Suhla hernach verzeichnet worden." Vergl über den sehr alten Eisensteinberg6au in der Herrschaft Schmalkalden: I. R. Häfner, die sechs Cantonen der vormaligen Herrschaft Schmalkalden, Bd. I, S. 44, 62, 132 ; Bd. II, S. 35 ff.;

Bd. III, S. 61 sf. 89, 253, 362, 419; Bd.

IV, S. 104; Landau, Beschrei­

bung des Kurfürstenthumes Hessen. S. 535.

2) Der Vergleich

ist

abgedruckt S. II der Einl. (Anm.) bei Herthum

(Sammlung der in dem, Fürstenthum Schwarzburg Rudolstadt u. s. w. er­ schienenen bergrechtlichen und bergbaulichen Vorschriften. Könitz 1866).

Es heißt in

denselben: „auch haben sie Uns miteinander also geeynet, wo Funde geschen,

adir Bergwercke usersten, die ersten Funde sol der Herr Lihen, in des Gerichte die Funde geschen," und weiter: „auch sollen Wir den Bergwerken vnd ieglichen

besundere, wo die sind adrr funden worden in den egenannten Herrschaften vnd Gebiethen,

den die es finden vnd den andern die vf den Bergwerken sind,

ir Recht i cheyne Wise Krenkin noch Verbrechin." Einen sehr wichtigen Nachweis über die bergrechtlichen Zustände in den Ge­

bieten der Grafen von Stolberg enthält die Urkunde des Landgrafen Balthasar

von Thüringen v. I. 1392. 3) Klotzsch S. 285 ff.

44

Einleitung.

dem Rathe zu Freiberg Abschrift des daselbst geführten Bergbuchesx) und, nachdem diese Abschrift sofort eingesandt worden war, die Ab­

ordnung zweier Bergrechtsverständigen, um die dunkelen Stellen des Bergrechtes den kurfürstlichen Räthen in Dresden zu erklären. Diese Erklärung wird unter Anderem nothwendig gefunden „derhalben

vnßer freunde, den wir sulch Recht uff ir betlich suchen czu schicken Vorhabens,

verstehen mochten, so die deutunge dobey nicht ausgedruckt."

aus dieser Stelle hervor,

daß es sich

an­

sulch saczunge auch nicht wol einestheils

Gehet

um die

damals

Reception des freiberger Bergrechtes in anderen deutschen Territorien

handelte, so dürfte auderentheils nicht zweifelhaft sein, daß das frei­ berger Recht als Grundlage der bergrechtlichen Einrichtungen der kurz vorher in Aufnahme gekommenen Bergwerke am Schneeberge benutzt werden sollte. Für den Schneeberg wurden nämlich 1479,1487,

1492 und demnächst für Annaberg 1493, 1509 Specialbergord­ Letztere von Herzog Georg erlassene Bergord­

nungen erlassen 2).

nung, welche bald eine Reihe von Zusätzen erhielt

und wiederholt

erneuert wurde, erlangte die Bedeutung eines allgemein geltenden Landesgesetzess) und kann als die Mutter fast aller neueren Landes­

bergordnungen in Nord- und Mitteldeutschland mit Recht bezeichnet werden.

3. Neuere Zeit. a. Landesbergordnungen.

Reception des sächsischen Berg­

rechtes in Böhmen und den böhmischen Nebenländern.

§. 13.

Mit dem

16. Jahrhunderte beginnt die Zeit,

deutschen Territorialherren für

in welcher die

ihre Gebiete allgemeine

Landes-

1) Es heißt in dem Schreiben von Dienstag nachExaudi 1478: „ir wollet bestellen, das uns sulch uwer bergkbuch durch eyn guter und togelichen schreiber

uffs förderlichste ußgeschribcn und uns das alher keyn Dreßde schicken."

Klotzsch S. 278 ff., 86 ff. und kursächs. Bergwerksversassung, Vorbericht S. LXXI ff. 2) Otia metallica I, S. 22 ff.; III, S. 3 ff.; Köhler S. 42 ff. 3) Der Bergschöppenstuhl zu Freiburg erhielt aus Herzog Georgs Besehl

von Sonnabend nach Krispini 1511 einen Abdruck der Bergordnung mit der

Anweisung zugefertigt, ohne Unterschied der Reviere nach derselben Recht zu sprechen.

(Kursächsische Bergwerksvcrsaffung, Vorbericht S. XII.)

Quellen.

bergordnungen mehr und mehr erlassen.

45

Die Ordnungen für ein­

zelne Bergwerke und ganz beschränkte Bergbaubezirke, welche an­

fänglich namentlich in Böhmen noch häufiger Vorkommens, werden zur Ausnahme. Ebenso erhält bei dem Bestreben, das Bergrecht in jene Landesgesetze möglichst vollständig aufzunehme», das all­ gemeine Gewohnheitsrecht vielfach?) die Stellung einer subsidiären

Rcchtsquelle. Trotz der ungemeinen Thätigkeit, welche in dieser Periode die

Landesgesetzgebung auf dem Gebiete des Bergrechtes entwickelt, bleiben

indeß dem letzteren die

gemeinsamen obersten Grundsätze erhalten, in der Hauptsache an

da die Landesbergordnungen sich nicht nur

das bis dahin bestandene

Recht,

sondern

auch

fast ausnahmslos

selbst in der Wortfassung und äußeren Anordnung an bestimmte,

mit dem bisherigen Rechte im Zusammenhänge stehende Ordnungen anschließen. Durch die Landesbergordnungen und allgemeine Berg­ freiheiten dehnt sich nunmehr die Anwendbarkeit der bergrechtlichen Grundsätze über das ganze Land aus.

Für Oesterreich, Steiermark, Kärnthen und Krain erließ Kaiser Maximilian im Jahre 1517 eine umfassende, aus 271 Artikeln bestehende Bergordnung31),2 welcher am 1. Mai 1553 die Bergordnung Kaiser Ferdinands I für die nie der öster­

reichischen Länder folgte4).5

dem bis dahin in jenen Ländern

Beide Bergordnungen beruhen auf bestehenden Rechte, insbesondere

der ratenberger Bergordnung; diejenige des Kaisers Ferdinand schließt sich selbst in der Wortfassung an die salzburgische Bergord­ nung des Erzbischofes Matthias vom Jahre 1532 an ^), durch welche

1) Wenzel S. 89, v. Hingenau S. 311. 2) In zahlreichen Bergordnungen werden die localen Gewohnheiten aus­

drücklich aufrecht erhalten, fo daß dieselben der Bergordnung Vorgehen. 3) Wagner S. 34 ff. 4) Corpus iuris et Systema rerum met. (Ursprung und Ordnungen der

Bergwerke) S. 160 ff.

Mit diesen Bergordnungen hangt auch die Reform des

ungarischen Bergrechtes zusammen.

Am 16. Februar 1573 erging von Kaiser

Maximilian die ungarische Bergordnung, welche durch Reichstagsbeschluß v. I. 1723

als allgemeines Landesgesetz anerkannt wurde.

das besondere Recht der Bcrgstädte. S. 98 ff., v. Hingenau S. 324. 5) Schneider S. 34.

Zwei Anhänge betreffen

Bergl. die genauen Angaben bei Wenzel

Einleitung.

46

letzterer die

Bergordnung des

Erzbischofes Bernhard vom Jahre

1477 aufhob 4).

Wie in den vorstehend angegebenen Landestheilen die raten-

berger Bergordnung und in letzter Linie der schlädminger Bergbrief die Grundlage der späteren Landesgesetze wurde, so bildet für den größeren Theil des übrigen

Deutschlands

die schon

erwähnte Bergordnung Herzog Georgs von Sachsen für Annaberg v. I. 1509 und weiter zurück das freiberger Bergrecht den Aus­ gangspunkt der Landesbergordnungen.

Nach wiederholten Publica­

tionen jener von Zeit zu Zeit revidirten und mit Zusätzen versehenen Bergordnung erneuerte Kurfürst Moritz

zuerst 1541 und sodann

1544 letztere als Bergordnung für Freiberg, Annaberg, Marienberg

und andere Bergwerke in seinen Gebietens. An diese Bergordnung schließt sich diejenige des Kurfürsten A u g u st v. I. 1554 an, welche 1571 und

1573 wiederholt revidirt

und publicirt

wurde 31),42 bis

endlich in der Bergordnung Kurfürst Christians II. v. I. 1589

die kursüchsische Landesgesetzgebung auf diesem Gebiete zum Abschlüsse gelangte4).

Die Bedeutung dieser Gesetzgebung tritt zunächst in ihrer Ein­ wirkung auf Böhme n hervor.

Auf den

Gütern

der

mit

dem

Bergregal beliehenen Grafen von Schlick war nämlich in der Gegend

1) Abgedruckt bei Lori S. 199 ff.

2)

Otia met. I. S. 34 ff.

3) Otia met. I. S. 46, 47.

4) Otia met. I. S. 50. Vergl. auch Brasserts Bergordnungen der preuß. Lande S. 339 ff. Anm. Neben diesen Gesetzen sind verschiedene Spe­ cialordnungen für das Schmelzwesen, die Hütten und Hämmer, den Eisensteinund namentlich den Zinnbergbau erlassen, denen indeß nur eine locale Be­

deutung beiwohnt. Die Zinn-Bergwerks-Ordnungen zum Eybenstock v. I. 1615 ist

abgedruckt in corpus iuris et systema rerum met. (Ursprung und Ordnungen der Bergw.) S. 158 ff. Ueber die Bergordnung Kurfürst Augusts für die Landgrafschaft Thüringen v. I. 1563 und die Bergordnung für das „kiefhäußische

und

rothenburgische Bergwerk" v. I. 1620 siehe

S. 149 ff. und Arndt,

Herthum

Archiv der sächs. Geschichte. Thl. 2, S. 231 ff, 257.

Rücksichtlich der mannsfelder Bergordnungen v. I. 1517, 1521, 1536, 1568

und 1674 vergl. otia met. III, S. 292 und Brasserts Bergordnungen S. 703 ff. Die Bergordnung v. I. 1674 stimmt, soweit dieselbe nicht rein localer Natur ist,

überein.

wesentlich mit der kursächsischen Bergordnung v. I. 1589

Quellen.

47

der neu erstandenen und zur freien Bergstadt erhobenen Stadt St.

Joachimsthal

zu Anfang des

16. Jahrhunderts

ein bedeutender

Silbererzbergbau in Aufnahme gekommen, zu dessen Betrieb nament­ lich das sächsische Bergvolk heranzog. Graf Stephan Schlick erließ daher im Jahre 1518 die erste joachi msthaler Bergordnung, welche nahezu wörtlich

mit der annaberger Bergordnung

überein­

stimmt. Im Jahre 1541 folgte die zweite und endlich 1548 d ie von König Ferdinand erlassene dritte joachimsthaler Bergordnung, welche später noch durch einige sog. Reformationen und durch eine Sammlung von Gewohnheiten „Appendix allerley

Bergwercks-Gebräuche vnd Ordnungen zu dem joachimsthaler Berg­

werk gehörig" ergänzt worden ist *)•

Materiell

beruhen

auch die

Bergordnungen von 1541 und 1548 auf der annaberger Bergord­ nung. Inwieweit deren Eintheilung und Redaction mit den Berg­ ordnungen des Kurfürst Moritz von 1541 und 1544 zusammenhangt31),2

ist bisher nicht festgestellt,

sachlich

Uebrigen unzweifelhaft feststeht,

ohne Erheblichkeit, da im

auch

daß das

joachimsthaler Bergrecht

dem sächsischen Bergrechte entnommen wurde.

Die Joachimsthaler Bergordnung

erlangte binnen kurzer Zeit

das Ansehen eines allgemeinen Landesgesetzes für den

Silbererzbergbau3)

und zwar einschließlich der

1) Graf Sternberg, Geschichte der Berggesetzgebung. Schmidt, Abthl. I.

böhmischen

böhmischen Neben-

S. 199 ff., 245 ff.;

I, S. 138, 195 ff.; II, S. 1 ff. Wagner, corpus iur. met.

S. 3 ff.; corpus iuris et syst. rer. met. (Ursprung und Ordnung der Bergw.) S. 29 ff., wo S. 83 ff., auch der Appendix abgedruckt ist. Vergl. auch Brasseris Bergordnungen S. 221 ff., Wenzel S. 84 ff., v. Hingenau S. 308 ff.

2) Otia.met. I. S. 34, 35; Köhler S. 44.

3) Kuttenberg und Eyle

ausgenommen.

Vergl. Schneider S. 33, 37;

Wenzel S. 87. Bemerkenswerth für Böhmen sind auch die beiden Bergwerks­ vergleiche Ferdinand I. vom 1. April 1534 und Maximilians vom 18. Sep­ tember 1575. (Schmidt, Abthl. I. I, S. 168; III, S. 293; corpus iuris et syst.

rer. met. (met. corpus iuris von Deucerus) S. 62 ff. Graf Sternberg II, S. 235 ff., 306 ff.) Dieselben sind in Oesterreich durch Patent vom 11

1850 beseitigt (Zeitschrift für Bergrecht. Juhrg. I, S. 39).

Juni

Wegen der in Böh­

men ertheilten Königlichen Bergfreiheiten und Special-Bergordnungen, sowie der

beiden Zinn-Bergordnungen Ferdinands I. v. I. 1548 für Schlackenwald u. s w.

und für Hengst u. s. w. (Schmidt II,

S.

222 und 258; corpus iuris et

syst. rer. met. (Ursprung und Ordnung der Bergw.) S. 106 ff.) siehe Wenzel

S. 88 ff., Schneider 36 ff., von Hingenau S. 310.

48

Einleitung. Was insbesondere Schlesien *) an­

länder Mähren und Schlesien.

betrifft, so hatten 1582 der Herzog Johann von Oppeln und Mark­ graf Georg zu Brandenburg für die Fürstenthümer Oppeln, Ratibor, Jägerndorf und die Herrschaft Beuchen eine ausführliche Bergord­

nung erlassen31).2

Als Quelle dieser Bergordnung werden im Art. 1

die Markgräflich brandenburgsche Bergordnung für Franken und pol­ nische Bergwerksgebräuche bezeichnet. Eine vor 1528 erlassene fränkische Bergordnung ist nicht bekannt3),

als

Thatsache stehet dagegen fest,

daß die fränkische Bergordnung der Markgrafen Georg und Albrecht

von Brandenburg v. I. 1539 nahezu wörtlich mit der annaberger

Bergordnung v. I. 1509 und deren späteren Ergänzungen über­ einstimmt 4). Vielleicht ist letztere auch in der Bergordnung v. I. 1528 gemeint, wie denn eine nicht unbeträchtliche Anzahl der Artikel derselben diesen Ursprung unzweifelhaft macht.

Hatte hiernach an­ naberger Bergrecht bereits in Schlesien Eingang gefunden, so erklärte die Bergordnung Kaiser Rudolphs II. v. I. 15775),6 nach welcher

die böhmischen Bergwerksvergleiche auch auf die schlesischen Stände Anwendung finden sollten, die

joachimsthaler Bergordnung zum

Landesbergrecht für das ganze Herzogthum Schlesien3). b.

Rcception des sächsischen

Bergrechtes insbesondere im west­

lichen und mittleren Deutschland.

§. 14.

Auch außerhalb Sachsens und Böhmens machte sich bald,

wie

bereits an dem Beispiele des fränkischen Bergrechtes gezeigt ist, der Einfluß der annaberger und joachimsthaler Bergordnungen und

1) Bergl. über das schlesische Bergrecht: Steinbeck,

Geschichte des schle­

sischen Bergbaues; S. 190 das. sind eine Anzahl schlesischer Special-Bergordnungen

aufgeführt. 2) Wagner S. 1275 ff. 3) Wagner Vorrede S. XX, XXL

4) Wagner S. 419 ff.

5) Wagner S. 1298. Dasselbe geschiehet in der Bergordnung Rudolphs IIfür die Grafschaft Glatz v. I. 1578, indem am Schlüsse aus die „gemeinen Bergrechte des Königreiches Böhmen" verwiesen wird (Wagner S. 1302). Vergl.

auch die Kaiserlichen Mandate v. 1577 und 1606 (Wagner S. 1318). 6) Steinbeck S. 219 ff.

Quellen.

ihrer späteren Ergänzungen geltend.

49

Pfalzgraf Johannes bei Rhein,

Herzog in Bayern, Graf zu Veldentz und Sponheim und Markgraf

Philipp zu Baden, Graf zu Sponheim bestellten

1576

einen vom

Schneeberge einberufenen Bergvogt Wolf Rechberger für die Grafschaft Sponheims, nachdem Pfalzgraf Wolfgang für das

Fürstenthum Zweibrücken 1565 seine fast ganz den harzer, sächsischen und joachimsthaler Bergordnungen entnommene Berg­ ordnung erlassen hattet). Im Jahre 1540 und 1541 sandle Kurfürst Johann Friedrich

von Sachsen seinem Schwager Herzog Wilhelm von Jülich, Gel­ dern, Cleve und Berg, Grafen von der Mark und Ravensberg

zwei Bergverständige vom Schneeberg und eine gedruckte annabergische Bergordnung „damit sich fein Lib daraus zu ersehene vnnd es in gleichung vf iren Berckwerge darnach zu verordnen haben megcn"3 1 ).2

1) Als bedeutende Bergwerke in der am Hundsrücken, an der Mosel und Nahe gelegenen Grafschaft Sponheim, welche zum Theil von augsburger Gewerken unter Betheiligung der Pfalzgrafen betrieben wurden, werden das Kupfcrerzberg-

werk Birfingk, der Hasenberg, Sumpf Johannes Stollen, Taschenberg, Johannes­ berg,

Diffenbach namentlich

hervorgehoben.

Neben der von Wagner S. 591

irrthümlich als badensches Berggesetz angeführten Bergordnüng v. I. 1590

ergingen für die Hintere

Grafschaft Sponheim die folgenden Bergordnungen:

1562 von Pfalzgraf Wolfgang bei Rhein und Markgraf Philibert von Baden,

1576 von Pfalzgraf Johannes und Markgraf Philipp. graf Karl von Birkenfeld und

Die

1590 von Pfalz­

Markgraf Eduard Fortunatus von Baden für

Sponheim erlassene Bergordnung war mit „Rhat, vorwissen vnd verwilligung" des Pfalzgrafen Johannes von Zweibrücken gemäß Brüdcrvergleich von 1584 er­ gangen.

Daher erließ wohl letzterer ebenfalls im Jahre 1590 eine fast gleich­

lautende Bergordnung für das Fürstenthum Zweibrücken. (Wagner S. 762.)

Die sponheimer Berggesetze zeigen mancherlei locale Eigenthümlichkeiten.

2) Wagner S. 731 ff. 3) Otia met. III.

S. 44 und 97 ff.

Merkwürdig ist, daß 1534

aus

den Wunsch des Königes von Dänemark Bergleute vom Schneeberge sogar nach Norwegen gesandt wurden, unter welchen namentlich der spätere Bergmeister

Hans Glaser bekannt geworden ist.

Im Jahre 1539 ertheilte der Rath, Amts­

verweser und Zehntner Paul Schmidt auf dem Schneeberge seinen Rath zur Ab­ fassung einer norwegischen Bergordnung, welche

1540 erlassen und zu Zwickau

gedruckt wurde (otia niet. III. S. 42, 43, 95 ff.)

Die norwegische Bergord­

nung ist auch abgedruckt im corpus iuris et syst. rer. met. (Ursprung und Ordnung der Bergwerke).

S. 294 ff.

In dem vorausgehenden Patente wird

das kursächsische Bergrecht als subsidiär zur Anwendung

kommendes Recht ein-

Einleitung.

50

Die hierauf 1542 von Herzog Wilhelm für seine sämmtlichen Lande erlassene Bergordnung

nur eine Wiederholung

ist im Wesentlichen

der annaberger Bergordnung *). Gerade durch diese Reception sand das sächsische Bergrecht in sehr wichtigen Bergbaubezirken des nord­ westlichen Deutschlands bleibenden Eingang. Die im Jahre 1719 von Kurfürst Karl Philipp von der Pfalz für die Her zogt hüm er

Jülich und Berg erlassene Bergordnung ist eine nur wenig ver­ änderte neue Auflage der Bergordnung Herzog Wilhelms v. I. 15422* ).13 4 5Kurfürst Georg Wilhelm von Brandenburg publicirte letztere wiederholt für Cleve, Mors und Mark im Jahre 16392). Die Nassau-katzenelnbogische Bergordnung des Grafen

Wilhelm von Nassau v. I. 1559 enthält

nur sehr wenige selbst­

ständige Bestimmungen, nahezu der gesammte Inhalt derselben ist mit den Vorschriften der

sächsischen und joachimsthaler

nungen völlig übereinstimmend.

die

haben

Bergord­

Lediglich die Reihenfolge der Artikel

Redactoren verändert ^).

In

der

Homburgischen

Bergordnung v. I. 1570 werden in der Hauptsache die Vorschriften

der

jülich-bergischen Bergordnung

v. I.

1542 und der nassau-

katzenelnbogischen Bergordnung v. I. 1559 wiederholt^). Die kurkölnischen Bergordnungenbeginnen mit einem kurzen, auf dem localen Gewohnheitsrechte beruhenden Gesetze des Kurfürsten

Hermann von Wied aus dem I. 1533, aber schon die im folgenden

Jahre (1534) erlassene Bergordnung desselben Kurfürsten

gründet

sich auf die annaberger Bergordnung von 1509. Nachdem die Bergorduung v. I. 1534 in den Jahren 1549 und 1557 auf's

Neue publicirt worden, erließ Kurfürst Johann Gebhard 1559 neben

geführt.

Bezug.

Auf dasselbe nimmt auch die norwegische

Bergfreiheit v. I. 1539

Es werden speciell darin der Bergrechte von Schneeberg, St. Annaberg

und Marienberg gedacht. 1) Achenbach, Geschichte der cleve-märkischen Bergverwaltung und

Berg­

gesetzgebung S. 3 ff. 2) Brasserts Bergordnungen S. 761 ff., Wagner S. 982 ff. 3) Achenbach a. a. O. S. 9.

4) Brassert S. 3 ff.

Nicht entlehnt find Art. 12 über das Bergwerksfeld

und Art. 31 über die Enterbung der Stollen.

Anm.,

Bergl. auch Brassert S. 519

wonach bei der Nassau -katzenelnbogischen B.-O. die kurkölnische Bergord­

nung v. I. 1534 benutzt worden zu sein scheint. 5) Brassert S. 299 ff., namentlich die Anmerkung.

Quellen.

51

einer Bergfreiheit eine der kursächsischen Bergordnung vom I. 1554

wörtlich entnommene Bergordnung.

Auch die spätere kurkölnische

Bergordnung v. I. 1669, welche zu den umfangreichsten deutschen Berggesetzen gehört und dem localen Rechte wiederum eine größere

Berücksichtigung angedeihen ließ,

auf

beruhet

dem sächsischen

und

joachimsthaler Rechte, indem dieselbe in der Hauptsache dem nach letzterem redigirten Entwürfe einer Bergordnung des fürstlich braun­ schweigischen Geh. Bergrathes G. E. von Löhneys entnommen ist'). Kurfürst Ludwig und Pfalzgraf Friedrich bei Rhein, beide Her­

zoge in Bayern, erließen 1521 eine mit der annaberger Bergord­ nung übereinstimmende Ordnung für das Bergwerk zu Erbendorf

im Fürstenthum Sulzbach^). Die von Kurfürst Friedrich, Pfalzgraf bei Rhein, 1548 für die obere Pfalz erlassene Bergordnung wurde unverkennbar ebenfalls nach sächsischem Muster abgefaßt s).

Die oberpfälzische Bergordnung

ist wiederum nebst den joachimsthaler und sächsischen Bergordnungen

die Quelle der von Kurfürst Johann im Jahre 1564 kurtrierschen Bergordnung geworden").

erlassenen

Die hennebergische

Bergordnung v. I. 1566 stimmt im Wesentlichen mit der joachims­

thaler Bergordnung überein5), während die saalfelder Berg­ ordnung v. I. 1575") sich unmittelbarer dem sächsischen Bergrechte anschließt.

Die

reu ß i sch en Bergfreiheiten

v.

1614 und 1617

verweisen kurzweg auf die joachimsthaler Bergordnung').

1) Wagner, Vorrede XXV und S. 808 ff., vor Allen aber Brassert 517 ff.

Anmerkung, wo sich über diesen Gegenstand die eingehendsten Erörterungen aus

Grund archivalischer Ermittelungen vorfinden. 2) Lori S. 163.

3) Lori S. 245 ff. 4) Brassert S. 95 ff., Wagner S. 929 ff.

Im Eingänge wird des Berg­

werkes bei Bernkastel und der früheren Bergordnung Erzbischofs Jacobs gedacht,

welche nach dem Abdrucke bei Scotti (Samml. der Gesetze und Verordn, des Kurfürstenthumes

Trier I,

S. 218 ff.) im Jahre

1510 erlassen ist.

In den

Händen des Verfassers befindet sich eine alte Handschrift, wonach Erzbischof Johann

Donnerstag nach St. Petri und Pauli und auf Allerheiligen 1502 zu Cvblenz und Ehrenbrcitstein zwei kurze Bergordnungen erließ,

in welchen übrigens mei-

stentheils auf Bergwerksrecht und Gewohnheit verwiesen wird. 5) Vergl. den Nachweis bei Brassert S. 221 ff.

6) Wagner S. 1339 ff. und Vorrede S. XXXIX.

'

7) Wagner S. 1377.

52

Einleitung.

6. Reception des sächsischen Bergrechtes am Harze.

8. 15.

Von dem bedeutendsten Einflüsse auf die Entwicke­ lung des Bergrechtes war die Reception des sächsischen Bergrechtes am Harze. Nachdem die Gebrüder Heinrich nnd Ernst, Grafen von Hohn­ stein, im Jahre 1521 für Hohnstein und Lauterberg eine Bergfreiheit erlassen *), erging 1528 von denselben Brüdern eine fast wörtlich der sächsischen Bergordnung v. I. 1509 entnommene Bergordnung31).2 Kurz vorher (1524) hatte Herzog Heinrich der Jüngere von Braunschweig-Lüneburg eine gleichlautende Bergord­ nung für die Bergwerke bei Gittelde imGru nde erlassen3). Im Jahre 1532 verkündigte Herzog Heinrich für die Bergwerke am Jberge, zu Gittelde, im Grund und zu Zel­ lerfeld eine allgemeine Bergfrciheit4).5 Von demselben Herzoge erging 1550 eine Bcrgordnung für die Bergwerke im Grunde zum Wildenmann, Lautenthal und Zellerfeld, welche sich vielfach wörtlich an die joachimsthaler Bergordnung v. I. 1548 anschließt3). Ganz dasselbe ist der Fall mit bey 1554 von Herzog 1) Kalvör, Anh. III, S. 215.

2) Wagner S. 1042.

3) Wagner S. 1041. 4) Kalvör, Anh. IV, S. 217.

Am Schlüsse der Bergfrciheit heißt es:

„Und diese Unsere und andere Unsers Fürstcnthums Bergwerke, so itzunder und

darinnen hernachmals auskommen werden, sollen nach Unserer Bergordnung,

die wir gleich St. joachimsthal und annenbcrgcr Bcrgordnung auf­ gerichtet haben, von unsern dazu verordneten amtlcutcn regieret und von jedcrmänniglich gehalten werden."

Unter der hier erwähnten Bergordnung ist offen­

bar diejenige v. 1524 verstanden.

Aus dieselbe Bergordnung verweist auch der

1527 von Herzog Heinrich dem Jüngern für den Rammeisberg

erlassene

Frciheitsbries. (Meyer, Anh. VIII, S. 197 ff.)

5) Wagner S. 1055.

Die Bcrgordnnng wird für Zellerfeld, Lautenthal

u. s. w. „mit sammt den andern hierzu verleibten Bergwerken" erlassen.

Nach

Meyer S. 114 ist hierunter der R ammelsberg zu verstehen. JmJahrc l554 und 1550 wurden die Bergfreiheitcn für die Bergwerke zu Zellerfeld, Wilde­

mann und Grund erneuert.

(Meyer S. 115; Kalvör, Anh. VI, S. 223).

Freiberg und St. Joachimsthal werden als Schöffcnstühle erwähnt, an welche in streitigen Sachen die Actenvcrsendung stattfinden kann.

Quellen.

53

Ernst von Braunschweig-Lüneburg für die Bergwerke am Zeller­ felde,

Borgstätte,

Klausthälern

erlassenen Bergordnung,

welcher in demselben Jahre noch eine besondere Bergfreiheit folgte *).

Die Bergorduung Herzog Heinrichs des Jüngeren v. I. 1555 für die Bergwerke

am

Rammelsberg, Hirschberg, im Grund,

zum Wildenmann, Zellerfeld, Lautenthal^) stimmt da­

gegen mit der kursächsischen Bergordnung v. I. 1554 überein. Im I. 1576 erließ Graf Volkmar Wolf von Hohnstein eine neue Bergordnung für die Grafschaft Hohnsteinb), welche sich

vorzugsweise an die joachimsthaler Bergordnung, ebenso

wie die

Bergordnung Herzog Wolfgangs voll

Braunschweig-Lüneburg für die Bergwerke am Zellerfelde, Burgstädte, Klausthälern, Andreasbcrge v. I. 159341)52 3anschließt. Letztere trat an die

Stelle der Hohnsteiner Bergordnung v. I. 1576 für die andreasberger Bergwerke, sowie an Stelle der Bergordnung v. I. 1554 für den gestimmten einseitigen, im grubenhagenschen Besitze befindlichen Harz,

insbesondere die klausthalcr Bergwerke und ist als ein Hauptgesetz des harzer Bergbaues zu betrachten ^). d. Einfluß des harzer Bergrechtes.

§. 16. Wenn demgemäß

das sächsisch-joachimsthaler Bergrecht

am

Harze, einem der ältesten und bedeutendsten Sitze des deutschen Bergbaues, vollständigen Eingang gefunden hatte, so erscheint diese Reception um so wichtiger, als auch vom Harze aus jenes Bergrecht

1) Wagner S. 1061.

2)

Wagner S. 1066. Vergl. auch Meyer, Anl. X, S. 202 ff., woselbst sich eine Bergfreihcit für den Bergbau ant Rammelsberg und Herzberg v. I. 1556 abgedruckt findet.

Auch in dieser Bergfreihcit werden die Bergschbffcn-

stühle zu St. Joachimsthal und Freiberg behufs der Actenverfendung in

der Berufungs-Instanz erwähnt. 3) Corpus iuris et systema rer. met. (Ursprung u. Ordn, der Bergw.)

S. 238 ff.

4) Corpus iuris et systema rer. met. (Ursprung u. Ordn, der Bergw.) S. 202 ff. 5) Ueber

die sämmtlichen vorangcführten Bergordnungen vergl. Meyer

S. 106 ff. und Zeitschr. für Bergrecht. Jahrg. VIII, S. 159 ff.

Einleitung.

54

die Berggesetzgebung verschiedener Territorien beeinflussen sollte.

So

ist die Bergordnung des Landgrafen Moritz von Hessen v. 1.1616,

obgleich dieselbe im Eingänge die sächsischen Berggesetze

vornämlich

als ihre Quellen bezeichnet'), dennoch auch unter Mitbenutzung der harzer Berggesetze verfaßt. Dasselbe gilt von der Bergordnung der Markgrafen Christian und Joachim Ernst von Brandenburg v. I. 1619 für die fränkischen Fürstenthümer?), von der Berg­

ordnung der Grafen Albrecht Anton, Christian Wilhelm und Anton Günther von Schwarzburg v. I. 1686, welche sich der Hohnsteiner

Bergordnung v. I. 1576 anschließt «),

von

der Bergordnung des

Herzogs Friedrich von Würtemberg v. I. 159741),52 63und selbst die Bergordnung des Kurfürsten Karl Theodor v. I. 1784 für das Herzogthum Bayern, die obere Pfalz und die Landgraf­ ist

schaft Leuchtenberg«)

mit Benutzung der sächsischen und

braunschweig-lüneburgischen Berggesetze abgefaßt. Auch für die preußische Bcrggesetzgebung

sollten die harzer

Bergordnungen und deren Ergänzungen nicht ohne wesentliche Ein­ wirkung sein. Bei Erlaß der für Kleve-Mark v. I. 1737

sog. renovirten Bergordnung wurden die sächsischen und braun­

schweig-lüneburgischen Berggesetze zugleich benutzt«).

An diese Berg-

1) Wagner S. 626 ff. Es heißt daselbst: „daß Wir demnach die s ä ch s i s ch e

und andere nützliche Bergordnungen, nach welchen man sich gemeiniglich auch dieser Orte in zweifelhaftigen, und in der alten hessischen Bergfrciheit unerörter­

ten Fällen bis dahin reguliret und gerichtet, ersehen und nach Anleitung der­

selben — diese Unsere Bergordnung, wie nachfolget, verfassen und ausgehen lassen." Bereits die Bcrgfreiheit des Landgrafen Ludwig v. 1.1584 (Wagner S. 621 ff.)

nimmt auch die sächsische Bergordnung v. I. 1554 Bezug, welche in vielen Materien unmittelbar als Landesrecht gelten sollte. (Art. 14.) Bergl. auch die

ältere Hess. Bergfreiheit v.- I. 1536 Art. 16. Bergrecht

des

vormaligen Kurstaates

Heffen

(Wagner S. 610.) vergl.

Ueber das

Zeitschr. für Bergrecht,

Jahrg. VIII, S. 208 ff. 2) Wagner S. 431 ff. 3) Wagner S. 1415 ff. und namentlichHerthum S. 15 ff. Die schwarzburgische Bergordnung v. I. 1533 des Grafen Heinrich (Wagner S. 1381

ff-, Herthum S.

2)

ist

annaberger

der

Bergordnung entnommen.

Bergl.

auch otia met. III, S. 313 ff. 4) Wagner S. 527 ff

Diese Bergordnung ist besonders gut geordnet.

5) Wagner S. 341 ff. 6) Achenbach,

Geschichte der kleve-märkischen Berggesetzgebung und Berg­

verwaltung, S. 23, 24. Abdruck der Bcrgordnung bei Wagner S. 1247.

Quellen.

55

ordnung schließt sich die sog. revidirte Bergordnung für Kleve, Meurs und Mark v. I. 1766 unmittelbar (in1). Die in derselben

neu hinzugekommenen Vorschriften über das Hüttenwesen sind nach den eigenen Angaben des Verfassers den „kursächsisch und knrbraunschweig-lüneburgischen Hüttenordnungen"

größtentheils entnommen.

Aus der revidirten kleve-märkischen Bergordnung ging die revidirte Bergordnung für das Herzogthum Schlesien und die Grafschaft Glatz v. I. 17692)3 4und aus letzterer wiederum die revidirte Bergordnung für das „Herzogthum Magde­ burg, Fürstenthum Halberstadt, die Grafschaften Mannsjeld, Hohenstein und Reinstein,

auch incorporirte

schaften" v. I. 1772 hervor2). Die revidirten Bergordnungen

Friedrichs des Großen waren

Herr­

endlich in Gemeinschaft mit dem sächsischen Bergrechte die Quellen

der bergrechtlichen Vorschriften des preußischen Allgemeinen Landrechtes v. I. 1794, wenn auch letzteres in formeller Bezie­

hung bereits den Charakter moderner Gesetze besitzt^).

4. a.

Das Bergrecht der Gegenwart.

Das Königlich sächsische und die österreichischen Berggesetze.

§. 17.

Das laufende Jahrhundert weist verschiedene Berggesetze nach, den älteren Berg­

welche sich höchstens in der äußeren Form von ordnungen unterscheiden.

Dahin gehören unter Anderen die Berg-

1) Achenbach, a. a. O. S. 29 und 30, woselbst der Zusammenhang beider

Bergordnungen näher nachgewiesen ist.

Die revidirte Bergordnung ist abge­

druckt bei Brassert S. 817 ff. 2) Brassert S. 937 ff.

chungen dieser Bcrgordnung

Steinbeck I, S. 302 ff.

Die wichtigsten Abwei­

von der kleve-märkischen Bergordnung,

wie die

Nichtregalität der Eisenerze, das Borbaurccht, spätere Mitbaurecht der Grundeigenthllmcr, verdanken, wie die Vorarbeiten ergeben, ziemlich zufälligen Umstän­

den und willkürlichen Entschließungen ihre Entstehung. 3) Brassert S. 1073 ff.; Cramer, Rechts- und Vcrwaltungsgeschichte im

Saalkrcise. 4) Vcrgl.

in

dem

die

Werke: Das

gründlichen

und

Bergrecht des

eingehenden

Untersuchungen Brasserts

Allgemeinen preußischen

Landrechtes

seinen Materialien, insbesondere S. 3, 23, 39, 53, 99 ff., 144, 291.

in

Einleitung.

56

ordniing für das Fürstenthum Lippe vom 30. Sept. 1857*) und diejenige für das vormalige Herzogthum Nassau vom 18. Februar desselben Jahres31).42 5Beide Gesetze wiederholen im Wesentlichen nur den Inhalt früherer Bergordnungen unter Benutzung einzelner, Einen anderen Standpunkt nimmt bereits das Königlich sächsische Gesetz über

insbesondere in Preußen ergangener Specialgesetze.

den Regalbergbau vom 22. Mai 1851 tut3), indem dasselbe, den Bedürfnissen des modernen

Bergbaues Rechnung tragend, zu seit 300 Jahren fast unverändert gebliebenen sächsischen Bergrechtes übergegangen ist. Der sächsischen Regierung gebührt das Verdienst, zuerst die in vollständigen Still­ einer Weiterbildung des damals

stand und, wie man sagen darf, Rückgang gerathene deutsche Berg­ gesetzgebung wieder in Fluß gebracht zu haben.

Andererseits konnte

freilich die Reform des Bergrechtes durch jenes Gesetz nicht gleich­ zeitig zum Abschluffe gebracht werden, so daß letzterem überwiegend

der Charakter einer Ucbergangsmaßregel beigelegt werden muß. Im engsten Anschlüsse an dasK. sächsische Gesetz über den Regalbcrgbau vom 22. Mai 1851, jedoch den Weg des Fortschrittes weiter betretend,

erging

am

22. Juni 1857 das Gesetz über

den Bergbau für das Großherzogthum Sachsen-WeimarEisenachs), während wiederum das Gesetz über den Bergbau vom 25. Februar 1860 für das Fürstenthum SchwarzburgSondershausen3)

geschlossen hatte.

sich

Fast

an das sachsen-weimarsche Berggesetz an­ schien es, als wenn das speciell sächsische

Bergrecht nochinals wie im

16. Jahrhundert von dauernder Ein­

wirkung auf die Gestaltung des deutschen Bergrechtes werden sollte. Wenn dieser Erfolg nicht eingetreten ist, so

lag

die Ursache wol

einerseits in der bereits hervorgehobenen Eigenschaft des sächsischen

1) Gesetz-Samml. 1857, S. 715 ff. 2) Verordnungsblatt 1857. S. 15 ff.; Zcitschr. für Bergrecht. Jahrg.VlI, S. 447 ff. 3) Gesetz und Verordnungsblatt 1851. S. 199 ff.

Die Motive des Ge­

setzes sind nebst dem Entwürfe desselben zu Dresden im Verlage der König!. Hosbuchdruckerei besonders im Drucke erschienen. 4) Regierungsblatt 1857. Nro. 22. Vergl. dazu die werthvollen „Be­ trachtungen über die neuere deutsche Berggesetzgebung" von Schomburg. 5) Gesetz-Samml. 1860. S. 85 ff. Zeitschrift für Bergrecht. Jahrg. I S. 31 ff., woselbst die Motive u. s. w. mitgetheilt sind.

Quellen.

57

Berggesetzes als einer Uebergangsmaßrcgel, sowie in der mehr oder weniger localen Färbung des letzteren, andererseits aber auch darin, daß Oesterreich bereits unter dem 23. Mai 1854’) ein All­

erhielt, während in Preußen die Rechts­ gültigkeit des französischen Berggesetzes auf der linken Rheinseite gemeines Berggesetz

und dessen Einwirkung auf das Rechtsbewußtsein und die Beurthei­

Verhältnisse eine andere Grundlage für die künftige Berggesetzgebung nothwendig erscheinen ließ. Das österreichische Allgemeine Berggesetz, welchem seit 1849 vier

lung bergrechtlicher

verschiedene,

zum Theil

durch

den Druck

veröffentlichte Entwürfe

vorausgegangen1 2) waren, enthält eine durchgreifende Reform des bis dahin bestandenen österreichischen Bergrechtes.

Wie indeß namentlich

das frühere Bergrecht Oesterreichs, abgesehen von Böhmen, gegen­

über dem

im übrigen Deutschland geltenden Bergrechte mancherlei

Besonderheiten aufweist, so ist auch das Allgemeine Berggesetz vom 23. Mai 1854 von einzelnen ganz

eigenartigen

Vorschriften nicht

frei, und mögen gerade diese Besonderheiten es bewirkt haben, daß dieses im Uebrigen von moderner Rechtsanschauung durchdrungene

Gesetz in anderen deutschen Staaten nicht zum Ausgangspunkte für die Reform des Bergrechtes gedient hat.

b. Das preußische Allgemeine Berggesetz.

§. 18. In Preußen hatten die Vorarbeiten zu einer Umgestaltung der bergrcchtlichen Einrichtungen bereits 1826 begonnen. Dem im Jahre 1833 erschienenen ersten gedruckten Entwürfe eines ge­

meinen preußischen Bergrechtes folgte 1835 der zweite, 1841 der

dritte und 1846 der vierte gedruckte Entwurf. Das Jahr 1848 brachte einen fünften gedruckten Hauptentwurf, an welchen sich int

Jahre

1850 der

Resultatlosigkeit3)

sechste gedruckte Entwurf anschloß. dieser Vorarbeiten

sich

Wenn die

einigermaßen aus

dem

Umstande erklären dürfte, daß auf der linken Rhcinseite das fran­

zösische, rechts des Rheines theils das

gemeine deutsche

Bergrecht,

1) Reichsgesetzblatt 1854. Nr. 146. 2) Vergl. von Hingenau S. 365, Schneider S. 54. 3) Aus dem Entwürfe von 1848 ist das anhaltsche Berggesetz vom 20. Juli 1856 (Ges.-Samml. 1856, S. 2951 ff.) hervorgegangen.

Einleitung.

58

theils und zwar in den meisten Provinzen das Bergrecht des preu­

ßischen Allgemeinen Landrechtes und vor denselben eine große Zahl von Bergordnungen zur Anwendung gelangten, so lag die Hauptursache doch in der geringen Neigung der leitenden Persönlichkeiten, zu einem den Bedürfnissen der Zeit entsprechenden Systeme der Selbstverwal­ tung überzugehen. Von 1833 an bis 1846 waren die Entwürfe immer engherziger geworden, so

daß bereits bei dem dritten Ent­ würfe es für unthunlich erachtet werden mußte, denselben auf die

linke Rheinseite an Stelle der dortigen freieren Institutionen einzu­ führen. Erst iin Jahre 1848 betraten die Entwürfe einen anderen Weg. Gerade diesen Entwürfen fehlte aber trotz mancher Vorzüge eine ausreichende Verarbeitung des gleichzeitig

deutschen und Ganzen').

französischen

Bergrechtes

zu

als Quelle benutzten einem

einheitlichen

Mit dem Jahre 1851 nahm die preußische Regierung von dem

Erlasse eines Allgemeinen Berggesetzes Abstand und versuchte die

auffallendsten Schäden der bestehenden Zustände durch eine Reihe einzelner Gesetze zu beseitigen, auch die Unterschiede des links- und rechtsrheinischen Rechtes allmälig auszugleichen. Unter diesen Gesetzen

erlangte das Gesetz vom 12. Mai 1851

über die Verhältnisse der

Miteigenthümer eines Bergwerkes bei der großartigen Entfaltung, welche inzwischen der preußische Bergbau genommen hatte, eine bei Er­ laß des Gesetzes kaum vorausgesehene Tragweite1 2).

Die thatsächlichen

1) Bergt, auch Brassert: Die Bergrechtsreform in Preußen, Zeitschr. für Bergrecht Jahrg. III, S. 234 ff.

2) Die wichtigeren bis zum Erlaffe des preußischen Allgem. Berggesetzes er­

gangenen s. g. Novellen sind, abgesehen von dem Gesetze vom 1. Juli 1821 über die Verleihung des Bergeigenthuines auf Flöhen (G.-S. S. 106), die folgenden:

Gesetz vom 12. Mai 1851 über die Verhältnisse der Miteigenthümer eines Berg­

werkes (G.-S. S. 265), vom 10. April 1854 über die Knappschaftskaffen (G.-S. S. 139), vom 26. März 1856 über die Bestrafung unbefugter Aneignung von

Mineralien (G.-S. S. 203), vom 21. Mai 1860 über die Beaufsichtigung des

Bergbaues durch die Bergbehörden und das Verhältniß der Berg- und Hütten­ arbeiter (G.-S. S. 201), vom 1. Juni 1861 über die Anlegung von Hypo-

thekcnfolien für Kohlenbaugerechtigkeiten in den vormals sächsischen Landesthcilen (G.-S. S. 353), vom 10. Juni 1861 über die Kompetenz der Oberbergämter (G.-S. S. 425), vom 5. Juni 1863 über die Verwaltung der Bergbauhülfskassen (G.-S. S. 365). — Die Bcrgwerksabgaben betreffen nachstehende Gesetze:

Gesetz vom 12. Mai 1851 (G.-S. S. 261), von, 22. Mai 1861 (G -S. S. 225),

vom 20. October 1862 (G.-S. S. 351), vom 17. Juni 1863 (G.-S. S. 462). Die

59

Quellen.

Verhältnisse waren den gesetzlichen Zuständen

weit

voraus geeilt.

Es kann daher heute nicht mehr auffallen, daß die durch jene Einzelgesetze herbei geführten Reformen in der Praxis noch we­ sentlich erweitert wurden.

stückweisen

Das Unbefriedigende des langsamen und Fortganges des Reformwerkes gegenüber dem rapiden

Aufschwünge der Bergwerks-Industrie, die mit jedem neuen Einzel­

verwirrenden bergrechtlichen Zustände inußten endlich zur Wiederaufnahme des Planes führen, ein All­ gesetze sich mehr und mehr

gemeines Berggesetz für den gesammten preußischen Staat zu er­ lassen. Bereits 1862 erschien der von dem damaligen Obcrbergrathe Brassert zu Bonn ausgearbeitete „vorläufige Entwurf eines Allgemeinen Berggesetzes für die preußischen Staaten" im Drucke. Nachdem letzterer auf Grund der zahlreich eingegangenen, durch eine zu diesem

theils schriftlichen, theils gedruckten Gutachten

Zwecke besonders gebildete Commission geprüft und von Brassert einer neuen Redaction unterworfen worden war, erfolgte kraft König­ licher Ordre vom 4. Januar 1865 die Einbringung des definitiven Ent­

wurfes bei dem preußischen Herrenhause.

Die vom Ausschüsse des

Herrenhauses vorgeschlagenen meist redaktionellen Aenderungen fanden am 30. März 1865 die Zustimmung des letzteren.

In dieser anten«

bitten Gestalt gelangte der Entwurf an das Haus der Abgeordneten, wo derselbe auf Grund eines ausführlichen Ausschußberichtes vom 8. Mai unter dem 31. Mai 1865 unverändert angenommen wurde. Unter dem 24. Juni desselben Jahres vom Könige vollzogen, trat das neue Gesetz mit dem 1. October 1865 in Rechtskraft *).

Wenn bei Abfassung des preußischen Allgemeinen Berggesetzes die in Sachsen und Oesterreich gemachten Erfahrungen nicht un­ beachtet geblieben sind, so liegt das Unterscheidende des preußischen Berggesetzes darin, daß es als dessen Hauptaufgabe erkannt wurde,

„die Vorzüge des französischen Grundsätzen

des deutschen

Bergrechtes mit den erprobten

und preußischen

Bergrechtes zu

ver­

schmelzen und auf diese Weise das Berggesetz den Zuständen und

Bedürfniffen des Bergbaues beider Rheinseiten anzupaffen."

Die

Bergamtssporteln wurden aufgehoben durch Gesetz vom 21. Mai 1860 (G.-S. S. 206). 1) Ges.-Sammlung 1865. S. 705 ff. Motive des Regierungscntwurfes Zeitschr. für Bergrecht, Jahrg. VI S. 55 ff. und bei Hahn. Eine Zusammen­ stellung der gesammten Motive und der Landtagsverhandlungen von Brassert

enthält die Zeitschr. sür Bergrecht Jahrg. VI S. 287 ff.

Lösung dieser Aufgabe muß als gelungen betrachtet werden. Das Gesetz hält an den Grundsätzen des deutschen Bergrechtes überall da fest, wo sich dieselben, wie beim Erwerbe des sog. Bergwerkseigen­ thumes, bei den bergbaulichen Genossenschaften, bei der Zulassnng des Rechtsweges als gesund und lebensfähig erwiesen haben, während andererseits rücksichtlich der Aufhebung des Bergregales, des Ver­ hältnisses des Bergbaues zum Grundeigenthume, der Bergpolizei, der Stellung des Bergbauberechtigten das französische Berg­ recht Vorbild gewesen ist'). Dabei sind indeß diese theils auf deut­ schem, theils auf französischem Rechte beruhenden Vorschriften nicht äußerlich an einander gereiht, sondern der gestellten Aufgabe ge­ mäß innerlich verschmolzen. Wo das französische Bergrecht als Muster gedient hat, ist es gelungen, ersteres mit deutschem Geiste zu erfüllen und für unsere Rechtsanschauung angemessen umzuge­ stalten, während umgekehrt das deutsche Bergrecht eine moderner Auffassung und den Bedürfnissen der Gegenwart entsprechende Ent­ wickelung gefunden hat. Unter Einwirkung des französischen Bergrechtes ist bei Abfas­ sung des preußischen Allgemeinen Berggesetzes ferner dahin gestrebt worden, die Anwendung des allgemeinen Rechtes, insbesondere des Civilrechtes nur da auszuschließen, wo die Eigenthümlichkeiten des Bergbaues nothwendig Specialbestimmungen zu erfordern schienen. Lediglich bei einer solchen Begrenzung der Berggesetzgebung konnte es möglich sein, ein Allgemeines Gesetz für die ganze Monarchie herzustellen, ohne gleichzeitig störend und verwirrend auf andere Rechtsgebiete einzuwirken. Mit Recht heißt es dieserhalb in den Motiven des Regierungs­ entwurfes^): „In seiner Fürsorge für die Verbefferung der Rechtszustände des Bergbaues ist dem Berggesetze insofern eine Grenze gezogen, als dasselbe sich auf das Bergrecht im eigentlichen Sinne, also auf diejenigen Gegenstände zu beschränken hat, welche wegen der eigenthümlichen Natur des Bergbaues und seiner besonderen Bedürfnisse eine von dem allgemeinem Rechte abweichende recht­ liche Behandlung erheischen. Dagegen ist alles dasjenige, was mit den Eigenthümlichkeiten des Bergbaues Nichts gemein hat, 1) Achenbach, französisches Bergrecht S. 3 und Vorwort zu demselben.

2) Zcitschr. für Bergrecht Jahrg. VI S. 65. Hahn S. 8.

Quellen.

61

auszuscheiden und den betreffenden Gebieten der- allgemeinen Ge­

setzgebung zuzuweisen.

Nur bei einer

solchen

engeren Begren­

zung seines Inhaltes kann das allgemeine Berggesetz in den Be­ reich des preußischen, des gemeinen und des französischen Civil­

rechtes eingefügt werden, ohne Rechtsstörungen und Conflicte her­

vorzurufen.

Auch entspricht es den eigenen Interessen des Berg­

baues, den Regeln des Civilrechtes überall unterworfen zu sein,

wo seine Verhältnisie

und Beziehungen nichts Eigenthümliches aufzuweisen haben, und sich namentlich nicht von denjenigen der

übrigen Industriezweige unterscheiden." Läßt sich nicht verkennen, daß diesen Gesichtspunkten hier und da z. B. bei den Arbeiterverhältnissen noch in größerer Ausdehnung hätte Rechnung getragen werden können, so

war

andererseits der

von dem Gesetze beschrittene Weg mit dem Nachtheile verbunden, daß

je nach den Grundsätzen des herrschenden Civilrechtes insbesondere die rechtliche Stellung des Bergbauberechtigten eine sehr verschiedene

sein konnte, wie dies z. B. bei der Frage über die Haftung des Bergwerksbetreibers bei Unglücksfällen hervorgetreten ist'). Diese Mißstände werden

sich indeß nach und nach bei der Reform des

Civilrechtes ausgleichen.

Weiterhin erkannte man es bei Abfassung des preußischen All­ gemeinen Berggesetzes als eine hervorragende Aufgabe, den Haupt­ inhalt des Gesetzes möglichst frei von allen nur durch

Provincielle

Bedürfniffe gerechtfertigten Bestimmungen zu erhalten. Man ver­ wies daher die Provincialrechtlichen Vorschriften, abgesehen von einer Ausnahme1 2), in einen besonderen Titel (Tit. 10) und ließ letzterem zwei weitere Titel (11 und 12) folgen, welche in den sog. Ueber-

gangs- und Schlußbestimmungen

die bisherigen, der Monarchie

und einzelnen Landcstheilen eigenthümlichen Rechiszustände dem neuen Gesetze nach Möglichkeit anzupasse» versnchten. Auf diese Art ist es gelungen, ein Gesetz herzustellen, welches im Einklänge mit dem Rechtsbewußtsein der Gegenwart nicht nur den Bedürfniffen der

verschiedenen

Provinzen

Preußens, sondern

auch Deutschlands im Wesentlichen Genüge leistet.

Von vornherein

gleichmäßig auf die Ländergruppen des gemeinen,

preußischen und

1) Zeitschr. für Bergrecht.

Jahr«. IX, S. 104 ff., 410 ff.

2) Dieselbe ist int §. 27 Nr. 1 enthalten, wodurch für einzelne Kreise

eine besondere Feldesgröße ungeordnet wird.

Einleitung.

62

französischen Civilrechtes berechnet, preußischen Berggesetzes

konnte

es

bei

Einführung des

in andere deutsche Länder vornämlich nur

darauf ankommen, die Titel 10 bis 12 durch andere, den Verhält­ nissen der letzteren entsprechende Vorschriften zu ersetzen.

Wie im 16. Jahrhundert die sächsisch-joachimsthaler Bergordnungcn die Grundlage der meisten übrigen deutschen Bcrgordnungen

wurden, so ist das preußische Allgemeine Berggesetz ganz unbestreitbar der Ausgangspunkt und das Vorbild der meisten gesetze der Gegenwart geworden. Bei der im Jahre

deutschen

Berg­

1866 eingetretenen Erweiterung des preu­

ßischen Staatsgebietes war es ein glücklicher Umstand, daß ein Jahr

vorher Preußen das Allgemeine Berggesetz erlassen hatte.

Es dürfte mit Sicherheit anzunehmen sein, daß, wenn dieser Länderzuwachs vor

dem Abschlüsse der preußischen Bergrechtsreformen stattgefnnden hätte, der Erlaß eines Allgemeinen Berggesetzes auf Jahre verzögert worden wäre.

Dagegen konnten mit Rücksicht auf die hervorgehobenen Um­

stände der Einführung des Allgemeinen Berggesetzes in die neuen

Provinzen keine wesentlichen Schwierigkeiten im Wege stehen. Dieselbe erfolgte durch die §. 2 (S. 7 Anm. 1) angegebenen Königlichen Ver­ ordnungen und Gesetze.

Ebensowenig stieß die Reception der wesent­

lichsten Theile des preußischen Gesetzes in Braunschweig, SachsenMeiningen, Lauenburg, Gotha, Waldeck, Bayern*) auf

irgend erhebliche Hindernisse.

Nachdem Bayern sich der preußischen

Berggesetzgebung angeschlossen hat, ist zu erwarten, daß in nicht zu

ferner Zeit auch Würtembcrg, Baden und Hessen die Grundsätze der

letzteren gleichfalls annehmen werden.

Abgesehen von Oesterreich

wird alsdann im Wesentlichen nut1 2) das Königreich Sachsen

eine in mancher Beziehung gesonderte Stellung einnehmen, wenn auch das für diesen wichtigen Bergbaustaat am 16. Juni 1868

1) Die betreffenden Gesetze sind im §. 2 (S. 7)

angeführt.

Wegen des

bayerischen Berggesetzes vom 20. März 1869 vergl. auch Zeitschr. für Bergrecht, Jahrg. X, S. 324. (C. Hahn: Zur Bcrggesetzgebung in Bayern.) 2) Außer dem Königreiche Sachsen gehören hierhin noch das Großherzog-

thum Sachsen und Schwarzburg-Sondershausen, welche das königl. sächsische Berg­ recht angenommen haben (Bergt, oben S. 56),

sodann einzelne kleinere deutsche

Territorien, deren Bergrecht meist noch auf den älteren Bergordnungen beruhet.

Ueber Anhalt vergl. S. 57, Anm. 3, über Lippe S. 56,

über Schwarzburg-

Rudolstadt Gesetz v. 13. Mürz 1868, Zeitschr. für Bergrecht Jahrg. IX, S. 300 ff.

Quellen.

63

erlassene neue Berggesetz') bereits eine Annäherung an das angestrebt hat:

durch die in jüngster Zeit erfolgte Reform des

Jedenfalls ist Bergrechtes in den

einzelnen deutschen Staaten die Gemeinsamkeit

der Grundsätze des

preußische Bergrecht

unverkennbar

letzteren nicht nur gewahrt, sondern der Erlaß eines Allgemeinen Berggesetzes für Deutschland derart vorbereitet, daß demselben keine aus dem Bergrechte selbst oder den bergbaulichen Verhältnissen her­ geleiteten

Schwierigkeiten

ferner entgegen

gestellt werden

können.

Würde gleichwohl eine einheitliche Gesetzgebung auch für die Zukunft

unterbleiben, so könnten die Ursachen einer solchen Unterlassung nur auf politischem Gebiete gesucht werden.

IV. Von -er Anwendung -er Äergrechtsquellen. §. 19.

Das Verhältniß

der bergrechtlichen

Quellen zu

einander in

ihrer Anwendung auf die Rechtsverhältnisse regelt sich beim Mangel besonderer Vorschriften nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen. Dies gilt zunächst

bei der

Anwendung

neuer Berggesetze

auf

facta praeterita1 2).

Nicht ohne Absicht haben die Berggesetze der Gegenwart besondere Bestimmungen bezüglich der Einwirkung der ersteren auf vorhandene Rechtsverhältnisse nach Möglichkeit ver­ mieden, um eben die allgemeinen Rechtsgrundsätze im weitesten Um­ fange zur Anwendung gelangen zu lassen. Von nur vorüberge­ hender Bedeutung erscheint hierbei die Frage, ob und wie die neuen

Gesetze auf ein

am Tage der Rechtskraft der letzteren nach Maß­

gabe der älteren Gesetze schwebendes bergrechtliches Verfahren anzu-

1) Gesetz- und Verordnungsblatt. S. 351 ff.; Zeitschr. für Bergrecht Jahrg. IX, S. 487 ff. 2) 1. 7. C. I. 14: leges et constitutiones fiituris certum est dare form am negotiis, non ad facta praeterita revocari, nisi nomhiatim et de praeterito tempore et adhuc pendentibus negotiis cautum sit (1. 65 C. X. 31; c. 13 X. I. 2). Allgem. preuß. Landrecht, Eint. §. 14: Neue Gesetze können aus schon vor­ hin vorgesallene Handlungen und Begebenheiten nicht angewandt werden. Cod. civ. Art. 2: La loi ne dispose qne pour l’avenir, eile n’a point d’effet retroactif.

64

Einleitung.

wenden finb1).2

Das preußische Allgem. Berggesetz und die sich an

letzteres anschließenden Gesetze daher diese Frage,

anderer

deutscher

abgesehen von dem

Staaten

Verbote, in

berühren

Zukunft

Erb-

stollenrechte zu verleihen (§. 223 des preuß. A. B. G.), durch aus­ drückliche Vorschriften gar nicht, während das österreichische Allgem. Berggesetz §. 276 ff. der Behandlung der bei Eintritt der Rechtskraft des

Gesetzes

schwebenden

Muthungen,

Schürfbewilligungen

und

Fristungen besondere Bestimmungen gewidmet hat?). Von dauernder Bedeutung ist dagegen die Frage über die Ein­ wirkung der neuen

Gesetze

auf

verliehene

Bergbaurechte

und

die

rechtliche Stellung des Beliehenen zu Dritten. Es unterliegt zunächst keinem Zweifel, daß bk bcrgorbnung§=

mäßig verliehenen Bergwerke den in den neuen Berggesetzen

ent­

haltenen Vorschriften über das sog. Bergwerkseigenthum unterworfen

sind. Die Beliehenen oder deren Rechtsnachfolger gelten im Sinne der gegenwärtigen Berggesetzgebung als sog. Bergwerkseigenthümer und

1) Es handelt sich hierbei z. B. um die Einwirkung

auf ein wegen Ka-

ducirung ungehorsamer Gewerken, Freifahrung eines nicht betriebenen Bergwerkes, Verleihung einer Muthung,

Consolidation eines Bergwerkes nach den alten

Gesetzen schwebendes Verfahren. Vergl. die ausführliche Abhandlung: Achenbach, die Anwendbarkeit des preuß. Allgem. Berggesetzes vom 24. Juni 1865 auf solche

Rechte und Rechtsverhältnisse, welche vor dem 1. Oktober. 1865 entstanden sind,

Zeitschr. für Bergrecht. Jahrg. VI, S. 441 ff.

2) Vergl. auch Art

IX der K. Einsührungs-V. für Nassau v. 22. Febr.

Art. IV der K. Einf.-V. für Hannover v. 8. Mai 1867 und Art. III

1867;

der K. Einf.-V. für Kurhesscn v. 1. Juni 1867. Die Vermeidung aller besonderen Vorschriften über die Behandlung schwe­ bender bergrechtlicher Angelegenheiten im preuß. Allgem. Berggesetze hat sich bis aus einen Punkt als zweckmäßig und vollkommen angemessen erwiesen.

Dieser eine

Punkt betrifft die Behandlung der auf der linken Nheinseite zur Zeit der Rechts­

Berggesetzes schwebenden Concessions- und Regularisations-

kraft des

Allgem.

Gesuche.

Die Behörden haben diese Gesuche nach dem französischen Berggesetze

zum Schlüsse instruirt und nach denselben Vorschriften die Concession ertheilt.

Ueber die Richtigkeit dieses Verfahrens vergl. die oben angeführte Abhandlung Zeitschr. für Bergrecht Jahrg. VI, S. 450 ff., sodann Achenbach: französisches

Bergrecht, S. 344 ff. Auch das bayerische Allgem. Berggesetz enthält keine besonderen Vorschriften über diesen Gegenstand, dagegen sind in der Ausführungs-Instruction vom 31. Juli

1869 §. 26 (Zeitschrift für Bergrecht, Jahrg. XI, S. 8) die von den preußischen Behörden befolgten Grundsätze gleichfalls angenommen worden.

Quellen.

muß hiernach ebenso

deren

65

rechtliche Stellung beurtheilt

Nicht

werden.

verhält es sich aber überall, wenn die frühere Verleihung

durch besonderes Privilegium, überhaupt nicht auf Grund der vor­ dem maßgebenden Bergordnung ertheilt ist.

In diesen Fällen ent­

scheidet die Verleihungsurkunde oder der sonstige

Berechtigungstitel

in erster Linie darüber, ob der Beliehene als „Bergwerkseigenthümer" Je nachdem das gewährte Recht nur als

angesehen werden kann

Lehen,

Erbzins,

Erbpacht u. s. w. aufzufassen oder dessen

Dauer

auf eine bestimmte Anzahl von Jahren fixirt ist, folgt beim Mangel besonderer Vorschriften aus dem allgemeinen Inhalt der Berggesetze keineswegs die Umwandlung eines solchen

Rechtes

in „Bergwerks-

Eigenthum", was namentlich bei den Aufhebungsarten des Bergbau­ rechtes von Wichtigkeit sein sann1 2).

Einzelne Berggesetze, z. B. das französische Berggesetz vom 21. April 1810 Art. 51—563), haben für die Regulirung älterer

Be­

rechtigungen besondere Bestimmungen getroffen und ausdrücklich aus­ gesprochen, daß die Berechtigten unter bestimmten Voraussetzungen als „Eigenthümer" im Sinne des neuen Gesetzes anzusehen feien4).

Derartige Vorschriften fehlen im preußischen Allgem. Berggesetze. dessen Gebiet kommt daher das oben Ausgeführte zur

wobei indeß

die Gesetzgebung

über die

Aufhebung

In

Anwendung,

der Erbpacht-

Erbzins- u. s. w. Verhältnisse nicht außer Betracht gelassen werden darf.

1) Bei den Reservationen von Feldern zu

Gunsten des Regalherrn er­

scheint cs nicht zweifelhaft, daß der Regalherr „Bergwerkseigcnthümer" im Sinne des Gesetzes ist. 2) Vergl. hierüber Achenbach, französisches Bergrecht S. 344 ff. 3) Ebendas. S. 332 ff. 4) §. 8 des K. sächsischen Berggesetzes vom 22. Mai 1851: „Erbbeleh-

nun gen, durch welche zeither Verleihungen auf alle Lagerstätten gewisser Mine­ ralien innerhalb bestimmter Districte ertheilt wurden, fallen unter die Bestim-

mungen dieses Gesetzes."

Abweichend dagegen tz. 270 des österr. Berggesetzes vom

23. Mai 1854, wonach das Finanz-Ministerium nach geschehener Bestätigung der

Bercchtigungstitel zu bestimmen hat,

ob und in wie weit die Berechtigten den

Vorschriften des Berggesetzes zu genügen verbunden sind und welche Folgen die Nichtbeachtung der letzteren nach sich ziehen soll.

§. 273 das. lautet im Ein­

gänge : „Besondere Bcrgbauberechtigungen, deren Dauer auf eine gewisse Zeit be­ schränkt ist,

erlöschen bei Ablauf der letzteren von selbst und dürfen nicht ver­

längert werden."

Vergl. auch Art. 3 des Kundmachungspatentes.

Einleitung.

66

Das preußische Allgem. Berggesetz hebt die früheren Bergord­ nungen und das gemeine Bergrecht ausdrücklich auf (§. 244). Le­ diglich in vereinzelten Fällen, wie bei den Erbstollengerechtigkeiten (§. 223), bei vordem begründeten Rechtsverhältnissen zum Grund­

eigenthümer (§. 241 und §. 155), bei den Mitbetheiligten an einem linksrheinisch gelegenen Bergwerke (§. 240),

auf die ehemals

wird

geltenden Gesetze verwiesen und hiermit die im §. 244 vorbehaltslos

ausgesprochene Aufhebung der letzteren im Uebrigen scheinbar bestä­ tigt. Gleichwohl ist bereits oben im Z. 2 S. 8 hervorgehoben, daß

dem älteren Rechte fortgesetzt ein werden muß.

größerer Wirkungskreis beigelcgt

Mit den früher geschehenen Verleihungen sind gewisse

rechtliche Folgen untrennbar verbunden, welche, wenn dieselben als dem neuen Rechte unterworfen angesehen werden sollten, eine totale

Umgestaltung der ersteren bedingen würden. Nach der maßgebenden allgemeinen Rechtsregel kann aber eine solche Veränderung erworbener Rechte nicht angenommen werden. Es erscheint daher nothwendig und dem Rechte gemäß, auch diese mit den älteren Verleihungen untrennbar zusammenhängenden Folgen nach den vormaligen Ge­ setzen zu beurtheilen.

Dies beziehet sich vornämlich und in erster Linie

auf die vordem bergordnungsmäßigen Bergwerksfeldcr.

Indem das preußische Allgem. Berggesetz in den §§. 215 ff. es dem freien Willen der Beliehenen überläßt, diese Felder, wo es nach Lage

und Umgebung derselben

möglich

erscheint,

in

Felder des. neuen

Rechtes umzuwandeln, erkennt dasselbe für den Fall der nicht ge­ schehenen Umwandlung indirect an, daß hinsichtlich der rechtlichen Beurtheilung dieser Felder das alte Recht maßgebend geblieben ist'). Andere hierher gehörige Fälle betreffen die Grundrenten des französischen Bergrechtes, die deutschrechtlichen Freikuxe, soweit nicht bezüglich der letzteren aus §. 224 des preußischen Allgem. Berggesetzes

Aenderungen folgen u. s. w. §. 20. Einfach gestaltet sich das Verhältniß mehrerer

selben Bezirkes gültigen Rechtsquellen.

innerhalb des­

Es kommt hier das bekannte

1) Ganz ähnlich wird Art. 2 und 3 des österr.

Kundmachungspatentes

ausgelegt. Schneider S. 57—59. Vergl. wegen der österr. Bergwerksselder auch §§. 43' und 274 des österr. Berggesetzes.

Quellen.

67

Rechtsspriichwort: „Willkür bricht Stodtrecht, Stadtrecht bricht Land­

auf dem

recht, Landrecht bricht gemein Recht"

rechtes gleichfalls zur Anwendung, d. h. das

Gebiete des Berg­ örtlich engere Recht

gehet dem örtlich ausgedehnteren vor.

Bei der durch die neuen Berggesetze im Allgemeinen geschehenen der früheren zahlreichen Bergordnungen und Bergge­ wohnheiten einerseits, sowie des gemeinen Bergrechtes andererseits

Aufhebung

hat freilich die angeführte Rechtsregel nur da praktische Bedeutung,

wo entweder eine Reform des Bergrechtes noch nicht eingetreten ist

oder aber die neuen Berggesetze für einzelne Materien das frühere Recht aufrecht erhalten haben. Soweit letzteres nach dem preußischen

Berggesetze der Fall, muß für das Gebiet des preußischen Allgemeinen Landrechtes beachtet werden, daß zu den durch die ergangenen Ein­ führungs-Patente

des letzteren

aufgehobenen

allgemeinen Landes­

gesetzen die früheren Bergordnungen selbst dann nicht gezählt worden

sind, wenn diese Bergordnungen für das ganze Territorium erlassen Die Bergordnungen behielten also auch nach

worden roatett *).

Einführung des Allgemeinen Landrechtes Gesetzeskraft

und werden

fortgesetzt in den Fällen zur Anwendung gelangen, in welchen nach

dem Allgem. werden muß.

Berggesetze

auf

das frühere

Recht zurückgegangen

1) Bergl. Blasiert, Bergordnungen der preuß. Lande, Einleitung S. XV ff.; das Bergrecht des Allgem. preuß. Landrechts in seinen Materialien S. 15 ff.

— Der entscheidende Grund für die vielfach in dem angegebenen Sinne ergangenen gerichtlichen Entscheidungen, sowie für die Praxis der Verwaltung bestehet darin, daß das Landrecht nur an die Stelle der „Römischen, gemeinen Sachsen- und

anderen fremden subsidiarischen Rechte,"

also an die Stelle des recipirten ge­

meinen Rechtes treten sollte, die Landesbcrgvrdnungen aber als Provinzial­ gesetze und zwar ihrem ganzen Umfange nach anzusehen seien.

Wo die Landesbergordnungcn gemeines Bergrecht wiederholen, kann freilich nur in einem rein formellen Sinne von Provinzialgesetzen die Rede sein.

Erste Abtheilung.

Allgemeine Lehren. I. Von der Gerglmufreiheit (Freierklärung), dem Bergregal und -er Äerghsheit im Allgemeinen. 1. Entstehung und Begriff der Bergbaufreiheit (Freierklärung).

§. 21. Das ältere deutsche Recht stimmt in dem Grundsätze überein,

mit dem

römischen Rechte

daß dem Eigenthümer des Grund und

Bodens auch die Verfügung über die unter der Oberfläche vorkom­ menden Mineralien zustehet. Wenn in Verträgen, sowie in den Formu­ laren zu letzteren vielfach neben dem Grundstücke der Metalle und unter­ irdischen Nutzungen besonders gedacht wird, so entspricht dies dem

damaligen Gebrauche, außer dem Hauptgegenstande auch die Zube­ hörungen und werthvollen Substanztheile vollständig aufzuzühlen *).

1) Achenbach, das französische Bergrecht S. 26; Hüllmann, Geschichte des Ursprunges der Regalien in Deutschland S. 6^ ff; Gommer, über die Ent­

wickelung des Bergregales bis zum Jahre 1273 und die Sachsenspiegelstelle I. 35 in der Zeitschr. für Bergrecht, Jahrg. X, S. 376 ff.; Eichhorn, deutsche Staats- und Rechtsgeschichte §. 58, Bd. I, S. 340. Vergl. auch wegen des Herzogthurnes Westphalen die Urkunde von 1273 in Seibertz Urkundenbuch, Bd. I, Nr. 358: die Erben Tregel und von Erbike verzichten auf väterliche Erb­ güter zu Gunsten des Klosters Bredelar, behalten sich aber die unterirdischen Nutzungen vor (hac interposita condicione, ut frutices duntaxat seu rubi loci illius qui vulgariter dicitur arneslyth in paruo districtu ubi in present! spclunca habentur et utilitas que in metallo sub terra prou enire poterit, ad ipsos consanguineos debeat pertinere).

Allgemeine Lehren (Bergbaufreiheit).

69

Bei diesem Inhalte des älteren Rechtes ist es von jeher fast als eine unlösbare Aufgabe betrachtet worden, das deutsche Berg­

recht der späteren Zeit, nach welchem das Recht zum Bergbau auf

fremden Grundstücken von Jedermann, unabhängig von der Zustim­ mung des Grundeigenthümers, erlangt werden kann, an die älteren Rechtszustände anzuknüpfen. Während Manche daher das gesammte

spätere Bergrecht durch das

im Mittelalter

allmälig entstandene

Bergregal ausschließlich zu erklären versuchten, stellten

Andere

das Recht des Grundeigenthümers auf die Mineralien auch nach

älterem Rechte geradezu in Abrede und behaupteten, daß die werth­

volleren Mineralien schon in frühester Zeit allgemein der freien Gewinnung unterworfen gewesen seien. Beide Auffassungen sind den vorhandenen Quellen gegenüber unhaltbar und nur deshalb bis

zur Gegenwart festgehalten worden, weil die von unseren Vorfahren bewirkte, ursprüngliche Auftheilung des Grund und Bodens bei

-.Darstellung und Erklärung der älteren Zustände bisher nicht mit in Betracht gezogen worden ist. Bekanntlich erfolgte die Ansiedelung der Deutschen in der Art,

daß zuerst ein festes Sonder eigen th um des Einzelnen nur an dem zum Hofe und Acker erforderlichen Grund und Boden entstand.

Das übrige die Ansiedelung umgebende Land blieb, wie ursprüng­ lich der gesammte Grund und Boden, dem gemeinen Nutzen unter­ worfen *). Wald, Weide, Wiese, Anger, Oeden und Felsen, Wasser, Wege und Triften bildeten nach Ausscheidung der im Sondereigen stehenden Hufen den gemeinsamen Besitz der zu einer Genossen­

schaft vereinigten Ansiedler.

Daneben blieben zahlreiche nicht ge­

theilte Volks- und Gaumarken, an welchen später dem Könige und

den Inhabern der öffentlichen Gewalt die Grundherrschaft beigelegt

wurde, ohne daß erstere für die gemeine Nutzung geschlossen worden wären.

Auf diesen weiten und umfangreichen Ländereien Habensich

1) Caesar de b. G. IV. 1; VI. 22; Tacit. Germ. 26. Maurer, Einlei­ tung zur Geschichte der Marl-

Hof-

Dors-

und Stadt-Versassung; Derselbe,

Geschichte der Markenversassung; Landau, die Territorien; das

dichum,

Gau- und

Markenverfassung

Salgut; Thu-

in Deutschland; Waitz, deutsche Verfas-

sungsgeschichtc (2. Ausl.) I S. 93 ff; Gierke, Rechtsgeschichte der deutschen Ge­

noffenschaft; Roscher, Ansichten der Volkswirthschaft aus dem geschichtlichen Stand­

punkte; System der Volkswirthschaft Bd. 2.

Vergl. auch

Achenbach, die

bergsgenoffenschaften des Siegerlandes. (Bonn 1863 bei A. Marcus.)

Hau-

Erste Abtheilung.

70

die Gewohnheiten und Rechtsnormen entwickelt,

welche die Grund­

lage der allgemeinen Bergbaufreiheit geworden sind. Wie in der gemeinen Mark anfänglich sogar ein Recht zur Aneignung von

Grund und

Boden

durch

Abmarkung (comprehensio,

captura

u. s. w.) von den Genossen ausgeübt wurde *), wie zu den gemeinen

Nutzungen unzweifelhaft die Steingewinnung gehörte1 2),3 so berechtigt Alles zu der Annahme, daß die Gewinnung der Fossilien jeder Art ebenfalls eine Befugniß der Genossen war. Das Auffinden von Minerallagerstätten und die durch Mehrere versuchte Ausbeutung derselben führte ganz von selbst zur Entstehung von Normen

über

die Frage, innerhalb welcher Grenzen der einzelne Unternehmer zur Gewinnung des Minerales allein befugt sein sollte. Die Berg­ baufreiheit und die Festsetzung eines kleinen, in seinen Grenzen leicht

erkennbaren Bergwerksfcldes schlossen sich derart naturgemäß an die ursprünglichen Berechtigungsverhältnisse am Grund und Boden und

die Benutzung desselben in Deutschland an, daß es schwer begreiflich sein würde, wenn diese obersten Grundsätze des deutschen Bergrechtes nicht von Anfang an einen wesentlich gleichen Inhalt gehabt haben sollten. Aehnliche Zustände werden selbst in sonst veränderter Zeit leicht zu ganz ähnlichen Resultaten führen und es ist eine ebenso interessante, als wichtige Thatsache, daß auf den ungeheueren Land-

complexen, welche in den Vereinigten Staaten von Nordamerika das Nationaleigenthum bilden, sich fast dasselbe Bergrecht, wie vormals

auf der deutschen gemeinen Mark und auf den Königlichen Marken und Forstgrundstücken, noch in unseren Tagen gebildet hat2).

Die in den ungetheilten Marken und Forsten an den ältesten Sitzen des deutschen Bergbaues entstandenen Gewohnheiten sollten sich

1) Maurer, Einleitung §. 70 S. 158; Geschichte der Markenvcrfassung

§. 44 S. 163. 2) Maurer, Geschichte der Markenvcrfassung §. 43 S. 162. 3) Sergi. Burkart,

Zcitschr. für Bergrecht Jahrg. IX S. 378, über die

Berggesetzgebung in den Vereinigten Staaten von Nordamerika.

Die Congreß-

acte vom 26. Juli 1866, über die Freierklärung des Bergbaues auf öffent­ lichen Mincralländercien, erhebt im Wesentlichen die unter den Ansiedlern entstan­

denen Gewohnheiten zum Gesetze.

Art. 1 beginnt mit den Worten: „Alle Erze

enthaltende Ländereien der öffentlichen Domaine, sie mögen vermeffcn sein oder nicht, werden hiermit frei und offen erklärt zur Untersuchung und Besitznahme

Seitens aller Bürger" u. s. w. Siehe auch Haber, Zcitschr. für Bergrecht Jahrg. XI S. 39 ff.

Allgemeine Lehren (Bergbaufreiheit).

71

allmälig ans einem Markcnrechte zu einem selbstständigen Bergmanns­ rechte erheben, beim Entstehen neuer Bergwerke durch Wanderung der Bergleute an andere Orte übertragen werden, ja beim Vor­

dringen der deutschen Ansiedelung nach Osten selbst die Grenzen des Reiches überschreiten. Mit dem aufblühenden Bergbau überschritt die Bergbaufreiheit die Grenze der gemeinen Mark und, wenn die zunehmende Einforstung der Waldungen letztere dem gemeinen Nutzen immer mehr verschloß, wenn nach und nach die gemeinen Marken sich in herrschaftliches Eigenthum umwandclten, so blieb auch jetzt Wald

und Mark dem Bergbau offen. „Dan das Bergrecht ist stark und noch König,

noch

Hertzog,

noch Graffen en kan dargegen, wan sie schon wollen graben in den

koelgarten vnd dort bis vnder eines Menschen schlaffkammer", heißt es in einem Buche der Abtei Steinfeld über den Hof Scheuren. Jene Ausdehnung der Bergbaufreiheit auf das in Sondereigen übergegangene Land erscheint namentlich als die Folge der Einwirkung der deutschen Landes- und Grundherrenl), welche es

in ihrem Jntereffe fanden, den Bergbau nach Möglichkeit in Auf­ nahme zu bringen.

§. 22. Die geschilderte Entwickelung kann in ihrem Fortschreiten umso schärfer erkannt werden, als hier und da die Bergbaufreiheit dauernd auf das ursprüngliche Gemein- und Königsland beschränkt blieb, also keine Ausdehnung auf die in Sondereigen von Alters her über­ Dies war und ist bis auf den heu­

gegangenen Grundstücke erhielt.

tigen Tag in England in denjenigen Bezirken der Fall, in welchen deutsches Bergrecht in sehr früher Zeit durch Einwanderung von

Bergleuten Aufnahme fanb2).

Karl I.

von

dem

So heißt es in dem unter König

Zinnerparlament gegebenen Weisthum über die

uralten Gewohnheiten beim Zinnbergbau in Cornwall: „Art. 4. Wir sagen und bestätigen, daß nach gemeinem Zinnerrecht

jeder

Zinnbergmann jedes

Gemeinland

innerhalb der

Grafschaft Cornwall, welches im Freien liegt, mit seinem Berg­ werksfeld bedecken kann; ebenso aber auch das aus der Gemein-

1) Bergt, oben §§. 11 ff. S. 37 ff.

2) Bergt, oben S. 32 Anm. 2.

Erste Abtheilung.

72

schäft ausgeschiedene und eingehegte Land, welches vor Alters dem Bergbau unterworfen war und als Gemeinland nachgewiesen wird,

indem man von demselben die Zinnabgabe an den Grundherren

entrichtete, bevor es mit Hecken umschlossen wurde; ebenso weiterhin denjenigen Theil des ausgeschiedenen und eingehegten Landes des

Prinzen, innerhalb der steuerbaren Hufen des alten Herzogthumes, in welchem von Alters her nach alter Gewohnheit und Uebung mit Rasen Bergwerksfelder abgegrenzt worden sind u. s. w. Art. 31,

Was aber Zinnbergwerke in ausgeschiedenen, dem

Bergbau nicht unterworfenen Ländereien, welche dem Grundherren allein gehören, anbetrifft,

so bestätigen und sagen wir,

daff nach

unserer Gewohnheit kein Zinnbcrgmann auf solchem Land ohne Erlaubniß des Grundherren Bergbau führen batf1)." 2 In dem Landbuche von Uri findet sich (Art. 275) die Gewohn­ heit verzeichnet: „Jeder Landmann ist befugt auf Allmend

Erz

zu

graben

und wenn einer an einer Stelle anfangt und Werkzeug liegen läßt, so soll ein Jahr lang Niemand anders daselbst arbeiten mögen." Zwei von der Gräfin Margaretha von der Mark unter Zu­ ziehung von Bergmeister, Schöffen und Geschworenen am 26. August

und 23. October 1592 nach Aufruf in der Kirche vorgenommene Verhandlungen^) setzen

auf Beschwerde der „Anerben" und „beilie­

genden Nachbarn", „daß die Bergwerker ihnen großen Schaden zu­ fügen mit ihren Landfrüchten", die Grenzendes Eisensteinberges zu Lommersdorf auf der linken Rheinseite fest: „Ist in gegenwart der ganzen Nachbarschaft vnd umliegender der

1) Vergl. auch Art. 28 wegen des durch die Gewohnheit nicht anerkannten

Rechtes, einen Stollen (audit) oder eine Wasserleitung durch solches Land zu führen. Aehnliche Bestimmungen finden sich in den Gewohnheiten von Derbyshire,

in denen es auch heißt: Wir sagen, daß alle Bergleute innerhalb des Königs­ feldes berechtigt sind auf den nächsten Wald und das nächste Wasser in Königs

Land u. s. w.

2) Vergl. hiermit die Vorschriften der österr. B.-O. v. I. 1517 Nr. 64, wonach beim

Bergbau auf eingezäunten Grundstücken, Aeckern und Wiesen

dem Grundeigcnthümer für den Schaden Ersatz zu leisten ist, wogegen Nr. 65 bestimmt: „So sich begäbe, das new schürf oder alte Pew awßerhalb Jr ein-

getzewutn grünin auferstuenden vnnd gepawt wurden, niemant kain schaden zu gelte schuldig sein."

davon soll man

(Wagner S. 42.)

73

Allgemeine Lehren (Bergbaufreiheit).

Bezierg des obg. steinbergs erweitheret vnd ein sicherer vmgang

gemacht, der mit stein vnd reinen mit ihren gewöndlichen scheffen zeigen unterlegt, besetzt mit dem bescheid, daß alles, was bin­ nen den steinen gelegen ist,

es seyn gewonnen Acker oder

dreisch soll zum berg gehörig seyn und einen jeden zu to innen vnd zu graben offen vnd frey stehen, vorbehaltlich den Herren jederzeit sein gerechtigkeit — doch soll niemand außer den bezierck graben noch Winnen oben noch unter der Erden, wodurch denen angränzenden Erben ein schaden könnte geschehen."

Zu Anfang des 13. Jahrhunderts hatten die auf den gemeinen Marken, in den ungeteilten Forsten und Gebirgen entstandenen bergrechtlichen Gewohnheiten jedenfalls nur local die Grenzen der

letzteren überschritten.

Die oftmals erörterte') Stelle des Sachsen­

spiegels Buch I Art. 35: „§. 1. Al schat under der erde begraveu deper den ein Pluch ga, die hort do der koningliken gemalt.

§. 2.

Silver en mut ok netnan, treten up eins anderen manues

gude ane.des willen des de stak is, gift he's aver orlof, de vogedie

is stn dar ober", bestätigt in völliger Uebereinstimmung mit demjenigen, was aus der

Entwickelungsgeschichte des Bergrechtes festzustellen ist, rücksichtlich der Bergbaufreiheit in ihrem Verhältnisse zum Grundei­

genthum e, daß dieselbe auf Privatgrundstücke nach

Sachsenrechte damals noch nicht Anwendung fand.

gemeinem

Zum Bergbau

auf Privatgrundstücken war vielmehr die Erlaubniß des Grundeigenthümers erforderlich. Bestimmter noch kennzeichnet das löwenberger Goldrecht diesen Rechtszustand, indem dasselbe genau die aus der ge­

meinen Mark ausgeschiedenen Grundstücke vom freien Bergbau aus­ schließt : 1) Karsten, über den Ursprung des Bcrgrcgales in Deutschland.

Berlin

1844, S. 42; Meiste, über den Bergbau und das Bergregal. Eislcbcn 1845; Zeitschrift für deutsches Recht X S.

XII S. 270;

(Meiste);

62;

(Sachse),

XI S.

254; (Steinbcck),

Zeitschrift für Bergrecht X S. 389 (Coiumcr).

Siehe

auch Steinbcck, Geschichte des' schlesischen Bergbaues S. 41. — Die in diesen Ab­

handlungen erörterte Controberfc behandelt vorzugsweise die Frage, ob aus der Sachsenspiegelstclle die Regalität zu folgern sei.

Zweifelhaft kann cs nicht

sein, daß der Sachsenspiegel die B ergb aufreih eit, insbesondere dem Grund­ eigenthümer gegenüber nicht anerkennt.

es sich hier allein.

Um den letzteren Punkt handelt

Erste Abtheilung.

74

„Wa der phlec (Pflug) vnde eibe (Egge) vnde sense get, da sol

niemat galt suchen ane des gunst des d'ackir ist. daz recht hat bercwerc nicht" *).

§. 23.

Wo aber auch die Bergbaufreiheit die Grenzen der gemeinen

Mark überschritt, zeigt der Inhalt vieler Gewohnheiten doch deren ur­ sprüngliche Begrenzung auf Berge, Waldungen u. s. w. Der Ver­ trag, welchen 1185 Bischof Albrecht zu Trient mit den Silberberg­

leuten (et una cum tota universitate vel maiori parte silbra-

riorum) abschloß, überläßt einen bestimmten „Berg" der Gemein­ schaft der letzteren (mons ipsis Omnibus tarn pauperi quam di-

viti, communis esse debeat).

Freiberg führt von einer solchen localen Bergbaufrciheit seinen Namen. Der schlädminger Bergbrief v. I. 1308 beziehet sich auf die Gewohnheiten eines Berges. Die

Bergordnung Herzog Albrechts II. von Oesterreich vom I. 1336 1 2)3 4 nimmt von dem Rechte des Berges auf der Zeiring ihren Ausgangs­ punkt2).

Die Freiheit und Gewohnheit des Erzberges bei Amberg

wird 1351 auf andere Grundstücke ausgedehnt*). In den linksrhei­ nischen Weisthümern finden sich bestimmte Andeutungen über die ursprüngliche Beschränkung der Gewohnheiten auf einzelne Berge, z. B. schleidener Weisthum v. I. 1547, Art. 6:

Item mehr weist der Geschworenen,

nachdem daß ein jeder

meins gn. Herren freyen steinberg brauchen mag, er sey fremd

oder Heims und solch freyheit hat n. s. w. „Zum sechszehnten ist der Berg einem jeglichen man, er sey aus was Lands er wolle, aufgethan vnd gefreyet," heißt es int ommersdorfer Weisthum. „Die Berg sollen, wie bisher, freyberg seyn vndt bleyben," sagt die schleidener Bergordnung. Unter diesen Umständen kann es nicht auffallen, daß von den Bergen,

an denen der Bergbau vorzugsweise umging, die Berg-

1) Steinbeck, Geschichte des schlesischen Bergbaues S. 80. 2) Spcrgcs S. 281. . 3) Vcrgl. auch die österr. Bergordnung Kaiser Maximilians v. I. 1517,

in welcher im Eingang (Nr. 4 ff.) das Bergrecht einer ganzen Reihe von Bergen

aufgcführt wird. (Wagner S. 34.) 4) Lori S. 14.

Allgemeine Lehren (Bergbaufreiheit).

75

werke selbst ihren Namen erhalten haben, ja kurzweg ebenfalls Berge

genannt worden sind. Wenn bei den „freien Bergen" der Bergbau bereits regelmäßig nicht mehr als ein Recht der Markengenossen erscheint, sondern nach

den Weisthümern den Reichen und Armen, Einheimischen und Frem­

den frei gegeben wird, so tritt doch auch selbst der ältere Zustand, bei welchem das Bergrecht einen Theil des Marken- oder des Wald­ rechtes bildet, in den wichtigen Harzer Gewohnheiten noch hervor. Die iura et libertates silvanorum, welche 1271 unter Her­

zog Albrecht für den Harzwald zusammengestellt sind, betreffen die Rechte und Verbindlichkeiten der Waldwerken und Waldleute. An

drei echten Forstdingen kamen diejenigen „de sek in deme wolde generen" unter

dem Vorsitze des Försters zusammen.

Ueber Holz

und Wasser, Jagd und Fischfang, Bergwerk und Hütten wurde das

Recht gefunden.

Kurz, die Waldwerken und Waldleute bilden noch

eine Markengenossenschaft, bei der aber der Bergbau und Hütten­

betrieb und nicht mehr die Boden- und Holznutzung, als das Haupt­ sächliche erscheintJ). Hier und da ist sogar bis in die jüngste Zeit die Einrichtung erhalten geblieben, daß die Bergbaufreiheit nur den Eingesessenen

1) Wagner S. 1022,

sodann Meyer, Versuch einer Geschichte der Berg­

werksverfassung und der Bergrechte des Harzes S. 82 ff., woselbst auch S. 154 ff. die im 15. Jahrhundert gesammelten

abgedruckt find.

„ statuta und Sattunge des forftdynges "

In den iura et libertates silvanorum heißt es z. B.:

„En berchwerk scal gebrucke des holtes also vorder alse sin aghetucht went vnd fin techge went.

jo welker

Dritteyn grouen de scal en berch to rechte hebben twisschen

grouen dritteyn vote. vif vote in de wyde feuerte in de lenge. —

Welk man de dar heft en eghen holt in dem Harte, welk man de darinne stört mit enem waghene de scal bi howen dat Holt vif clachter Verne vnd dreyer breit,

dat scal he darumme don dat he den störten waghen vp bringen möge. bar. en scal he nicht hebben an gebroken. de erfexe in deme Harte fin de {cuttert des jares

twyges jaghen vnd twyges visschen to orer werscap vnd to orer Kunpenyn. de Hutten in deme harte de dar gheuen lotpenninge vor dat water dal op de Hutten

gheyt. de penninge scal men breden des sonnauends vp dat waterstech. de woltlüde de dar {int vnd gheuen slevscat vnd Koppertotten dem rike. de hebbe dar-

wedder recht vp orer Hutten" u. s. w. Erwähnung verdient noch,

daß in den ungarischen Bergstädten die Ge­

werken den Namen „Waldbürger" (Wagner S. 191, 239) führen und daß auch die alten freiberger Gewohnheiten der Waldwerken gedenken.

Erste Abtheilung.

76

zustand.

Nach der Urkunde Pfalzgrafs Johann bei Rhein von 1394

sollte Niemand auf den Bergen

bei Sulzbach Bergbau treiben, „er sitze dan heuslich in unser State zu Sulzbach oder er sey eins ge­ sessen burgers Sune in der State und auch in seinem Prot" *)• In

den 1594 auf Bitten der Eisenstein-Bergleute von dem Amtmann Joh. Lindenberg niedergeschriebenen Bcrggewohnheiten von Elbin­ gerode heißt es: „Ein Bürger in Elbingerode wohnhaftig und haushaltlich gesessen, so Bergwerke treibet und selbst bearbeiten will

u. s. w., womit die ausschließliche Berechtigung der angesessenen elbingeroder Bürger zum Eigenlöhner-Bergbau hat ausgedrückt werden sollen2). Von Altersher haben diese Eigenlöhner-Bergleute eine Zunft

(Ordnung) gebildet.

Letzteres war auch bei dem uralten und wich­

tigen Eisenstcinbergbau im Lande Siegen der Fall, so daß jeder,

welcher ersteren betreiben wollte, zuvor die Zunft gewonnen haben mußte8). Ein solcher Zunftverband bestand auch unter den GalmeiBergleuten der reichsunmittelbaren Abtei St. Corneli-Münster, bei nach altem Herkommen jeder neue Bergmann „drey be­ ständige Bergleute zu seinen Patten rufen muß." An die Stelle der Markengenossenschaft trat also mehrfach der- Zunftverband.

welchen

Nicht wenige Bestimmungen des alten Bergrechtes lassen dessen Ursprung auf der ungetheilten Mark gleichfalls mit annähernder

Sicherheit erkennen.

Wenn nach dem Vorgänge der iglauer Bcrg­

gewohnheiten 4) die knttenberger Bergordnung jeder gemessenen Zeche 16 Banstellen (areas), sodann aber neben dem erforderlichen Holze

'1) Lori, Einl. S. XX. 2) Vcrgl. Art. XV §. 4 der Königlichen Verordnung vom 8. Mai 1867

über die Einführung des preußischen Allgcm. Berggesetzes in die Provinz Hannover.

„Nach eingenommenem Bericht der ältesten Berg­

3) Bescheid von 1575:

schöffe», auch eingelegten alten sechszig- und siebenzigjährigen Registern wird be­

scheiden, daß alle diejenigen,

gewinnen,

so im Amt Siegen mit der

Keilhauen Eisenstein

auch Masscnblascrs Reitmeister sein wollen, um die Zunft und Bru­

derschaft der Bergleute zu vor ersuchen und dicsclbigc erlangen, auch die Gebühr

und was vor Alters ist gegeben worden, den Zunftbrüdern erlegen und folgends

sich durchaus

dem

Kurbricf

und

Bergordnung

gemäß

zu

verhalten schuldig

sein sollen, bei Straf, wie bei den Alten gebräuchlich gewesen ist.

Bescheiden

durch Henrich von Holdinghauscn zu Holdinghausen Amtmann zu Siegen, M.

Martinum Reusum, Rentmeister und Johan Geyßen anno 1575.“ 4) Sternberg II S. 22.

Allgemeine Lehren (Bergbaufreiheit).

77

einen Weideplatz in solcher Ausdehnung zuweist, als ein Bogenschütz

das Ziel erreichen kann x), wenn ferner die harzer Berggewohnheiten (Art. 185) dem Bergwerke das Holz im Bereiche der Grenzen seiner Baue und Wasierstolleiz zusprechen8), so erinnert dies an das freie

Occupationsrecht von Land in der ungetheilten Mark.

Wasser8),

Weide, Holz unterlag selbst nach den späteren Bergfreiheiten der

freien

Nutzung der Bergbautreibenden.

Von der Besitznahme der

nicht eingehegten Wälder zu Gunsten des Bergbaues liefern noch die Bergordnungen des 16. Jahrhunderts sehr merkwürdige Beispiele, wie z. B. die österreichische Bergordnung Kaiser Maximilians v. I.

1517

Nr. 109

ff. bestimmt, daß die eingezäunten Wälder zwar

den Bürgern und Bauern verbleiben sollen, vorbehaltlich einer Ein­ schränkung zu Gunsten des Bergbaues, wenn dies nach der Ent­ scheidung des Bergmeisters und der Geschworenen erforderlich ist, daß indeß die nicht eingezäunten Wälder dem Bergbau zu dienen haben. Bergmeister und Geschworene

sollen denjenigen Gütern, welche kein

eingczäuntes Holz haben, zur Nothdurft derselben ein Stück Wald abgrenzen41).52 3 Wie in der Mark eine feierliche Besitznahme durch Umzug oder Umgang erfolgte, so kommt auch eine ähnliche feierliche

Besitznahme des Bergwerkes vor8).

Gleich der Mark besitzen auch

1) Sternberg II S. 105, Const. Wencesl. 1. II c. 3: Sciendum est vero, quemlibet moniern in hereditate, in qua fuerit mensuratus, sine cuiuslibet contradiccione sedecim areas iure moncium obtinere, et tantum spacy pro pecoribus ipsorum pascendis, quantum unus homo cum arcu semel poterit sagittare. Insuper de nemoribus ac silvis etc.

2) „En berchwerk scal gebruken des holtes, so vorder alse sin aghetucht went vnn sin buw vnn sin tecghe." 3) Achenbach in der Zeitschr. für Bergrecht. Jahrg. XI, S. 76 ff.

4) Wagner S. 49 Nr. 111: „Wo aber gueter oder ander die nit eingetzewnt Holtz heten, damit sy versehen worden, denselben sol der Perkhrichter, mit sambt den gesworn ain außzaigen thuen, zu Iren guetern vnnd hawß nodtursften. Nr. 112. Aber die anndern all awsserhalb der vorangetzaigten sollen, wo Perkhwerch sein zu vnnsern als Herrn vnnd Lanndefürsten Perkhwerchen Fürdrung vnnser fron vnnd wechsl beuor sten" u. s. w. 5) Vergl. unter Andern die Urkunde von 1320. Otia met. I S. 297. Siehe oben S. 21, 22 Anm. Ob gerade durch Umreiten ist bestritten, da das Wort reiten (circumequitare) auch mit raiten, berechnen zusammenhangen könnte. (Köhler, S. 159 Anmerkung und Veith, sub voce Erbbereiten.) Vergl. jedoch

Erste Abtheilung.

78

die Berge, an denen der Bergbau umgehet, ihren Frieden, von dem die harzer Bcrggewohnheiten merkwürdige Beispiele geben *). An ehrwürdigem Alter dem Inhalte nach dürfte insbesondere das schleidener Bergweisthum hervorragen: „Zum ersten erkennnt der Geschworene für freyheit des bergs, der berg seye gefreyet von dem Herrn und so jemand die freyheit breche, soll dem Herrn, jedoch auf Gnaden des Herrn für ein

Hand vnd fueß verfallen seyn, was er aber des mit bitt und geld ablcgen konte, soll er zum besten haben.

Zum zweiten ist der berg dermaßen gefreyet, ob jemands wäre der neben dem berg das leben verwirket hätte und auf den berg

kommen wird, mögte solcher daselbst 6 Wochen und 3 läge Sicher­

heit haben und wannehr die Zeit umb wäre, daß derselbige als­

dann 3 fues von dem berg tretten mögte und wieder könnte auf den berg kommen, sol er wieder 6 Wochen und 3 täjj Sicherheit

haben und das also dick, als er solches erhalten tönte und mögte." §. 24.

Wie nun bereits angedeutet,

überschritten

diese Gewohnheiten,

von den Wanderungen des Bergvolkes abgesehen, vorzugsweise durch die Einwirkung der Territorialherren die Grenzen des ungeteilten Landes. Bei der Darstellung der Quellen des Bergrechtes (§. 11) ist nachgewiesen, daß zuerst die Territorialherren • die alten Berg­

gewohnheiten bestätigten, dieselben durch erlassene Bergfreiheiten und

Ordnungen an neue Bergbaupunkte verpflanzten, endlich aber das Bergrecht und insbesondere die Bergbaufreiheit durch allgemeine Landesbergordnungen für das ganze Territorium anwendbar erklärten (§. 13).

Bei der allmäligen Ausdehnung der Bergbaufreiheit auf

das in Sondereigen befindliche Land blieb übrigens das ursprüng-

Otia met. II S. 227 ff., insbesondere auch S. 306

wohnheiten.

und die freiberger Ge­

Klotzsch, Ursprung der Bergwerke in Sachsen S. 223. 224.

1) Iura et libertates silvanorum v. I. 1271 (Wagner 1025): „de ver-

vestede man de scal hebben vrede in Derne Borste

went an den olden grauen,

de vervestede man de seal hebben Vrede, vom dem berge went an der Kinder­ bornen water dat dar vt vlut vnd

also vorder alse de aghetucht vlut vt deme

Rammesberge wente bouen de stad vnd an dat dal dat de Pannenstich het — de gnade is gegeuen deme Rammesberge to orer hulpe."

Goslarsches Bergrecht

aus dem 14. Jahrhundert Art. 130. (Schaumann S. 58.)

Allgemeine Lehren (Bergbaufreiheit).

liche Recht des

Grundeigenthümers

79

theils in einem Mitbaurechte,

für den Grund­ mehrfach anfänglich noch erkennbar. kuttenberger Bergrecht dem Grundherreu

theils in einem Vorbaurechte, welches keinenfalls

schaden allein gewährt wurde, Wenn das iglauer und

einen Antheil am Bergwerke in der sog. Herrenlane zuweist, so soll nach dem löwenberger Goldrechte der Grundbesitzer ein Viertheil der

Production erhalten, wovon die Hälfte dem Gutsherren zufällt.

„Uindet man abir galt uf eines mannes a dir des. sal man wie gebin ein vri Virteil" u. s. w. Kommt ein Goldbergwerk außer Betrieb und überwächst dasselbe

mit Büschen oder ebenet der Grundbesitzer den Boden wieder ein und fährt darüber Jahr und Tag ohne rechte Widerspräche mit Pflug,

Egge und Sense, so kann das Bergwerk nur

wie

ein ganz neues

Bergwerk wieder ausgenommen werden. — „unde ebint sie (die zeche) nnde vert darubir mit sime phlnge

unde mit sin' eiben vnde mit sin sensin. jar unde tac ane rechte

wid'spache. wil man dar nach golt da grabin. daz muz ma tun mit des manes Wille int solchem rechte alse hievor giredit ist"'). In den Berggewohnheiten der Abtei Steinfeld auf der linken

Rheinseite heißt es, daß bei zwei Bergleuten der Grundeigenthümer

der dritte sein mag, „sein ihrer zehn, so mag er der elffte werden". Die lommersdorfer Gewohnheit lautet für das Erbe außerhalb des freien Steinbergs: „Da aber ein Bergwerkcr in eines andern Erb oder acker fahren wolle, dessen der Eigenthumserb nit

selbst erbauen tönte noch walte, bau nur ein Sechst oder achten Theil minder oder mehr zu halten begehrt, soll ihme nicht verweigert werden." Die in die schleidener Bergordnung v. 1.1732 aufgenommencn Berggewohnheiten gewähren dem Grundeigenthümer ein Mitbaurccht zu einem Viertheil allerdings gegen Verlust des Grundschadens. Daneben wird aber bestimmt:

„Art. 12.

In Pesch, garten vnd andern zuschlägen kan

kein frembder senken,

wohl

aber der

eigenthümer, welcher ein

solches mit herrschaftlicher Permission und gegen den gewöhnlichen

Zehnten und Zahlung der iura thuen mach. Art. 13. Solle aber ein ander bergwerck bis ahn eines andern zuschlag getrieben und gefunden werden, daß stein darinnen

1) Steinbeck S. 81, 83.

Erste Abtheilung.

80

wäre, so solle dem eigenthiimber des zuschlags ein solches an­

Tag erklären solle,

gesagt werden, welcher dan sich auf den 4tcn

ob er gesinnet sein, sein vierter theil mit zu bewirken

oder aber

ob

er eigene Kaulen

auf dem feinigen

senken und also alles für sich bewirken wolle." Diese Bestimmung wiederholt sich auch in den kölnischen Ge­ wohnheiten.

Nach letzteren wird der Grundbesitzer, wozu auch die

Gemeinde gehört, zur Ausübung des Mitbanrechtes „vom eiserberg mit der Kratzen und haw, vom

bleyberg

aber mit dem

Hammer

beigefordert." Meistentheils sind diese besonderen Rechte der Grundeigenthümer in den landesherrlichen Bergbaufreiheiten

und Bergordnungen des

16. Jahrhunderts nicht mehr anerkannt und daher nur ganz ver­

einzelt erhalten geblieben,

da die bergordnungsmäßigen Grundkuxe

lediglich einen Ersatz für die Beschädigung der Oberfläche bilden').

erscheinen

Nach jenen Bergfreiheiten und Bcrgordnungen die Rechte der Grundeigenthümer überwunden.

vielmehr

Die Bergbaufreiheit gilt nunmehr unbehindert durch die Grund­ eigenthümer in dem ganzen Umfange der Territorien. Mit Rücksicht auf diesen Effect ist der Ausdruck „Freierklärung"

des Bergbaues

entstanden und fast allgemein üblich geworden.

Wenn mit dem letzteren

Ausdrucke angedeutet werden

sollte,

daß die Bergbaufreiheit in Deutschland ihren Ursprung in einer

landes- oder grundherrlichen Erklärung habe,

so

würde dies nach

der vorstehenden Erörterung allerdings unrichtig sein, da die Berg­ baufreiheit in den Zuständen der gemeinen Marken und in den nicht

geschlossenen Waldungen ihre Wurzel hat. Dagegen erscheint der Ausdruck „Freierklärung" insofern vollkommen berechtigt, als durch

jene landes- und grundherrlichen Bergfreiheiten und Bergordnungen die Bergbaufreiheit aus einem nur local anwendbaren Institute sich zu einer im ganzen Lande maßgebenden Einrichtung erhob. Nachdem die Bergbaufreiheit in dieser Art territorial eine allge­

meine Geltung erhalten hatte, waren nach Maßgabe der deutschen Berg­ freiheiten und Bergordnungen die Hauptgrundzügc derselben folgende: 1. Es ist zulässig, auf dem Grund und Boden Dritter nach 1) Das in Schlesien bis vor Kurzem zu Gunsten der GrundcigenthLmer bestandene Mitbaurccht zur Hälfte ist neuern Ursprunges.

Ebenso das Institut

des Erbkuxes im preußischen Allgene Landrcchte (Thl. II Tit. 16 §. 117).

Allgemeine Lehren (Bergregal).

81

gewissen Mineralien zu suchen und zu diesem Zwecke bergmännische

Arbeiten zu unternehmen. Der Grundeigenthümer kann die Vor­ nahme dieser Arbeiten nicht verhindern. Ausgeschlossen von dem Rechte der Bergbautreibenden ist regelmäßig nur der Grund und Boden unter „Tisch, Bett und Feuerstatt" oder, wenn man diese

Worte als eine Umschreibung auffassen will, der Grund und Boden,

auf welchem ein Wohngebäude stehet *)• 2. Der Finder oder eventuell der Muther einer Lagerstätte, auf welcher ein unter die Bergbaufreiheit fallendes Mineral bricht, hat behufs Ausübung des Bergbaubetriebes das

Recht

auf Zuge­

währung des Gewinnungsrechtes innerhalb eines bestimmten Feldes. Diese Grundsätze sind sowohl mit Rücksicht auf ihre vorstehend

entwickelte Entstehung, wie ihre Anwendbarkeit als gemeinrecht­ liche in Deutschland anzusehen.

2.

Entstehung und Begriff des Bergregales.

§• 25. Wenn die Bergbaufreiheit in ihrem Ursprünge auf den Bergbau

der Markcngenossen in der gemeinen Mark und den ungeschlos­ senen Waldungen zurückzuführen ist, so hangt die Entstehung des Bergregales wenigstens theilweise mit dem Bergbau zusammen, den die großen Grundherren auf den ihnen eigenthümlich zustehenden Ländereien von Alters her führten. Bekannt sind die bereits oben

(§. 7 S. 17) angeführten Bestimmungen des Capitulare Karls des Großen de villis regiis, welche der Silber- Blei- und Eisenerzbergwerke auf den Königlichen Gütern gedenken, bekannter noch diejenigen Ur­

kunden und Nachrichten, welche sich über den Königlichen Silberbergbau

1) Vergl. z. B. nassau-katzenelnbogische Bergfreiheit v. I. 1559. (Brassert, Bergordnungen S.

ß),

kurtriersche Bergsreiheit v. 1.1564. (Brassert S. 99) u. s. w.

Die Einsicht dieser Bergsreiheiten ergibt übrigens,

daß die Bestimmung in der

That ursprünglich nicht als eine Umschreibung für Wohnhaus anzusehen, sondern

wörtlich aufzusassen ist.

Es wird nämlich den Gewerken die Freiheit gegeben,

„in eines jeden Gütern und Grund, in Haus und Hof (ausgcschieden unterm

Tisch, Bett und Feuerstatt) einzuschlagen und zu suchen." wohnheiten sind vielfach ausgeschlossen:

Königsstraßen

In den älteren Ge­

und

Dorfwege.

Das

schon erwähnte Buch der Abtei Steinfeld dehnt dagegen die Bergbausreiheit bis

unter eines Menschen Schlaskammer aus. — Bergt, unten beim Schürfen. 6

Erste Abtheilung.

82

am Harze verhalten *).

Zahlreiche Urkunden weisen den Bergbau auf

Grundstücken der Grafen, Bischöfe und Klöster nach?).

Mußte mit

dem Aufblühen dieses Bergbaues, ganz

rechte, dem ersteren

abgesehen von dem Münz­ sowohl von den deutschen Königen, wie den

großen Grundherren eine erhöhete Aufmerksamkeit zugewendet werden, so erscheint es nicht auffallend,

daß nicht nur der alte Gebrauch, bei Uebertragung von Ländereien das Recht auf die Fossilien, „das Bergrecht"3), unter den aus dem Grundeigenthume fließenden Befug­

nissen mit aufzählen zu lassen, auch später noch fortdauerte, sondern daß seit dem 11. Jahrhunderte es üblicher wurde, besondere Ver­ leihungen dieses Rechtes, ja Bestätigungen des bereits ausgeübten Bergrechtes vorzugsweise bei den Königen zu erwirkens, erstere 1) Meyer, Versuch einer Geschichte der Bergwerksverfassung u. s. w. des Harzes S. 4 ff. Im Jahre 1157 ging der Rammelsberg, wie es scheint, auf

eine Gewerkschaft über, zu welcher der Kaiser gleichfalls gehörte (Meyer S. 29). Gegen

1182 trat der Kaiser, aus der Societät und behielt sich lediglich den

Zehnten vor, welchen 1235 kraft Kaiserlicher Verleihung Herzog Otto von Braun­ schweig erhielt (Meyer S. 60).

2) Vergl. Gommer, über die Entwickelung des Bergregales, Zeitschr. für

Bergrecht X, S. 376 ff.; derselbe über den Bergbau der Klöster im Mittelalter in

den Münchener historisch-politischen Blättern

Bd. 64,

Heft

4

(1869)

S. 297 ff. 3) Z. B. Urkunde Heinrichs VI. für das Kloster Steingaden v. 1.1189:

Praedium in Hörne cum piscaturis et molendinis alpibus, et venis ferri, quod vulgo Bergrecht dicitur. (Wagner, über den Beweis der Bergregalität, Freiberg 1794, Beilagen p. VII. Lori, Einleitung S. XI.)

4) Vergl. z. B. die nachfolgende Urkunde über den Bergbau bei Stadt­ berge in Westphalen: Conradus Dei gratia Roman orum rex secundus Wicboldo Corbeiensi abbati suisque successoribus regulärster ordinatis in perpetuum. Venas metalli videlicet auri, argenti, cupri, plumbi et stanni et omnem pecuniam sive rüdem sive formatam, que intra montem Eresburch, qui Corbeiensi ecclesie iure proprietario pertinere noscitur latet, tibi et per te Corbeiensi ecclesie concedimus, damus et presenti scripto confirmamus, ut liceat tibi et successoribus tuis absque ullius persone contradictione in eodem monte so dere, omne metallum quod iuventum fuerit emere et conflare, tuisque et fratrum tuorum usibus licenter aptare, ut tanto melius possit Corbeiensis ecclesia tarn divinis quam regni rebus subservire. Data est hec monimenti cartula apud Wyrtzeburch anno dominice Incarnationis M° C° L° Indictione XIII propter servicium fidele predicti abbatis. (Erhard cod. dipl. CCLXXIII.)

Allgemeine Lehren (Bergregal).

beim Regierungswechsel zu erneuern und das

83

Recht des Beliehenen

auf alle künftig zu findenden Metalle ausdrücklich zur Anerkennung

zu bringen'). Eine solche Entwickelung mußte die Ansicht entstehen lassen, daß einerseits das Recht zum Bergbau ein selbstständiges, sei, dessen Ausübung

vom Grundeigenthume unabhängiges

Recht

einer besonderen Verleihung bedürfe,

und daß andererseits die Er-

theilung dieser Verleihungen und somit auch das zu verleihende Recht vornämlich zu den Königlichen Befugnissen gehöre8).

§. 26. In die Zeit dieser Auffassung fällt die

ursprünglich nur für

Italien ergangene Constitution Friedrichs I. v. 1.1158 (II. F. 58)8), in welcher unter dem Ausdrucke regalia auch die argentariae aufgezühlt werden. Mag es richtig sein, daß in Erinnerung an die

in den

Provinzen

des römischen Reiches vielfach vorkommenden

Kaiserlichen Bergwerke und zum Theil in Folge irrthümlicher Aus­

legung des römischen Rechtes die fragliche Bestimmung an römische Zustände anknüpfen sollte41),52 3so kann doch mit nicht geringer Sicher­

heit angenommen werden, daß es sich wesentlich darum handelte, jene Auffassung über die Rechte des Königs dem Bergbau gegenüber mit einer weiteren Stütze zu versehen. Die Constitution erklärt kurzweg die Silberbergwerke und nicht die Einkünfte aus denselben

zu den Königlichen Rechten8).

Merkwürdig genug fällt in dasselbe

1) Bergt, z. B. Urkunde Heinrichs VI. für das Stift Corvei v. I. 1193: concedentes — auctoritatem et potestatem plenam, regio iure sine diminutione ex nostra serenitate collato, in anrifodinis et argentifodinis et ceteris quoque metallorum generibus cum decima — et omni utilitate, ut ubicunque in tenimento monasterii sive de iure possessorio, sive de iure sit proprietatis, sive utriusque inveniantur aurifodinae, vel aurifluentae, argentifodinae, vel cuiuslibet alius metalli fodinae potestatem habeatis, — in fodiendo, exquirendo aurum, argentum et cetera metalla. 2) Bergt. Weber, Handbuch des deutschen Lehnrechts. Thl. II, S. 181. 3) Siehe oben S 17. Anm. 2. 4) Hüllmann, Geschichte des Ursprungs der Regalien in Deutschland. (Frankfurt 1806) S. 69 ff. 5) Eichhorn (deutsche Rechtsgefchichte Bd. 2, §. 362 S. 659 Anm.) be­ ziehet die Constitution auf den Zehnten von Bergwerken. Der Gegensatz zwischen

84

Erste Abtheilung.

Jahr 1158 die bereits oben (§. 10 S. 33) erwähnte Urkunde Friedrichs I. über die argentaria in Ulmeze (Ems), in welcher der Kaiser omnem iustitiam, quam in argentaria in Ulmeze et in toto monte adiacente de iudicio principum habere videbamur — cum ceteris regalibus in beneficio libere habendam dem Erzbischöfe Hillin von Trier verleihet und dabei hinzusetzt: Nihilominis quoque de munificentia imperii, si aliquam forte postmodum in aliquo fundn ecclesie tue inveniri contigerit argentariäm, quidquid iuris in eo,habere debemus, tibi tuisque successoribus legitime contraditum eodern modo in perpetuum ’confirmamus. Der Silberbergbau wird also auch in dieser Urkunde bereits ein Regal genannt, welcher de iudicio principum bei Ems dem Könige zustand. Nicht blos aber die Einser Bergwerke, sondern alle künftigen Bergwerke auf dem Grunde der trierer Kirche, welche zunächst dem Könige zu­ stehen würden, werden dem Erzbischof de munificentia imperii ver­ liehen '). Nicht ohne wesentliche Bedeutung erscheint zugleich der

argentariae und salinarum reditus zeigt aber, daß es sich bei ersteren nicht um die Einkünfte, sondern um diese selbst handelt.

Siehe auch Commer in der

Zeitschr. für Bergrecht X, S. 384. Ganz grundlos ist die Auffassung, daß unter

argentariae Münzstätten zu verstehen seien. ohne jeden Zusatz ein

Silberbergwerk

Argentaria bedeutet in jener Zeit

(vergl. z. B. oben die Verleihung der

Silberbergwerke bei Ems), niemals eine Münzstätte.

Aus der Reihenfolge der

einzelnen Regalien ist ebenfalls keinerlei Schluß zu ziehen, wie schon eine ober­ flächliche Einsicht ergibt.

Zudem würde, diese gerade gegen jene unhaltbare Aus­

legung sprechen, da in der Aufzählung die moneta sich nahezu an der Spitze

der

Regalien

befindet.

Siehe - auch

Grüter

de regali

metallorum

iure,

(Bonnae 1867), p. 26 ss. 1) Commer

o. a. O. S. 382, 383 glaubt, daß bei dem Bergwerke zu

Ulmeze der Kaiser möglicher Weise aus einem Privatrechtstitel eine iustitia

ausgeübt habe und daß somit die Verleihung derselben sich nicht nothwendig auf das Bergregal beziehe, wiewohl die weitere Verleihung des Bergbaurechtes an allen anderen Orten der trierer Kirche allerdings eine Anspielung auf das Re­

gal enthalte.

Commer war indeß die Beziehung der Urkunde auf das Emser

Bergwerk unbekannt.

Ein Privatrechtstitel liegt bei denselben nicht vor, auch

beweist gerade die von Commer angeführte Verleihung des Kaiserhofes

Ecken­

hagen bei Andernach (v. I. 1167 an Erzbischof Reinald von Köln) mit den Silbergruben

ac aliis curtis eiusdem iustitiis et pertinentiis, daß unter

iustitia nicht der Gerichtsbann, sondern allgemein Gerechtsame zu verstehen sind. (Vergl. über iustitia auch die Urkunde König Friedrichs II. v.

I. 1218

bei

Allgemeine Lehren (Bergregal).

85

Umstand, daß offenbar kraft seiner Königlichen Gerechtsame *) König Friedrick I. die Silberbergwerke in Ems für sich beanspruchte, daß

ihm dieselben cle iudicio principum zugesprochen wurden, der Rechtsstreit aber sein Ende dadurch fand, daß Erzbischof Hillin eine Kö­

nigliche Verleihung annehmen mußte.

Vollständig analog verhält

es sich mit der Verleihung deffelben Königs v. I. 1189 an Bischof Konrad von Trient. König Friedrich nahm die blühenden tridentiner Bergwerke für sich in Anspruch, der Bischof fügte sich in der Art, daß er sich der ihm aufgenöthigten Königlichen Verleihung unterwarf. Ganz offen erklärt die Urkunde, daß nach der von Alters herkommenden, oft geübten Gewohnheit hier wie

an anderen Orten des Reiches die Bergwerke unter die Rechte des Königes gehören 2).

Vergleicht man mit diesen Verleihungen andere Urkunden

jener Periode, welche das angeblich alte Recht (ins antiquum) des Reiches und des Königes auf die Bergwerke hervorheben ^), so erscheint

Sperges S. 278.) Der Kaiser beanspruchte alle Gerechtsame über das Silber­ bergwerk in Ems, der Erzbischof bestritt dieselbe auf Grund seines Besitzstandes, die Fürsten sprachen sich für den Kaiser aus, letzterer verlieh nun zum Heile seiner Seele und zur Belohnung für geleistete Dienste das Bergwerk dem Erzbischof. 1) König Heinrich IV. nennt in der Verleihung des Bergrechtes aus die Metalle an die Abtei Siegburg (verg. oben S. 33) v. I. 1122 seine Gerecht­ same auf erstere bereits ein ins regium. 2) Universis itaque Christi et Imperii fidelibus presentibus et futuris notum fieri volumus, quod perseverante accione nostra de argentifodinis aput Episcopatum Tridentin um, quas iuri nostro tarn ibi, quam in aliis imperii nostri finibus repertas antique consuetudinis celebritas adiu dicavit. Dei intuitu et respectu honestatis dilecti nostri Cunradi Tridentini Episcopi, ad preces et laudabilem eins deuocionem, argcnti fodinas in Ducatu Tridentino Episcopatuve que nunc sunt, vel que in posterum argenti, cupri, ferrive omnisque metalli ibi­ dem r ep erientur, preterquam in alodiis comitum de Tyrol et Epiano, que specialiter duximus excipi end a, Ecclesie Tridentine Imperiali largicione tradimus etc. (Sperges S. 265). Diese Verlei­ hung beziehet sich also nicht mehr blos auf die Bergwerke aus dem Grund und Boden der tridentinischen Kirche, sondern auf das ganze Fürstenthum, wie schon aus dem Vorbehalte gewisser Allodialgüter hervorgehet. 3) Friedrich II. verleihet 1219 Ludwig V., Herzog in Baiern und Pfalz­ graf am Rhein, als Lehen omne genus metalli tarn in auro et argento, quam in aliis, quod in terris patrimonii et feudi sui fuerit repertum,

86

Erste Abtheilung.

es nicht zweifelhaft, daß Friedrich I. und seine Nachfolger die Con­ stitution von 1158 mit großer Energie in Deutschland zu verwirk­

lichen versuchten, wenn es auch nirgends zu einer Einziehung der Bergwerke der Landes- und Grundherren gekommen ist. Die Könige

cum omni iure et utilitate, exinde proveniente et quam nos et Im­ perium percipere deberemus u. s. w. Derselbe gewährt 1216 dem Grafen Poppo von Henneberg als Lehen „omnes argentifodinas et tarn alia quaecunque metalla seu sahne fuerint in terra sua a modo reperte, ut eas ad usum suum convertat, et tarn ipse, quam sui heredes, sicut ad imperium et nos spectaret, cum universis proventibus suis iure feodali teneant et possideant.“ Verleihung Friedrich II. an den Bischof von Meißen v. I. 1222: quia vero illa specialiter nostrae pertinet maiestati u. s. w.; Verleihung Heinrichs VII. an den Grafen von Ortenburg v. I. 1229: fossata auri et argenti, quae in terra et bonis suis inveniri poterint, quae ad nos et Imperium ex antiquo iure pertinere dignoscuntur. Urkunde des Markgrafen Otto des Reichen von Meißen v. I. 1185: Praeterea sciendum, cum ab imperio cuiuslibet metalli proventum in nostra Marchia benesicii iure suscepimus. Die Verleihungsurkunde Friedrichs II. für den Bischof von Brixen v. I. 1214 behält dem Könige sogar die Hälfte der Erträgnisse der Silberbergwerke vor (ita tarnen ut nos in proventibus, si quid inde proveniant, secum ad medium debeamus participare). Ebenso heißt es in der Verleihungsurkunde Rudolphs für den Bischof von Freisingen v. I. 1266: nobis et Imperio similiter iure nostro in omnibus reservato. — Imperii iure salvo. Vergl. noch Wagner, über den Beweis der Regalität, Beilagen S. X und Grütsr, de regali metallorum iure. (Bonnae 1867.) p. 28. Die Urkunde des römischen Königs Heinrich VI. an die Bischöfe zu Minden, Paderborn und Osnabrück v. I. 1189, worin es heißt: Cum omnis ar­ gen tifodina ad iura pertineat Imperii et inter regalia sit computata, nulli venit in dubium, quin ea, quae nuper in Episcopatu Mindensi dicitur inventa ad nostrum totaliter spectet distributionem (Goldast Const. Imp. t. 3, 362) scheint dagegen später fabricirt zu sein. Ebenso ist die Aechtheit der Urkunde Heinrichs VI. von demselben Jahre und Tage für den Bischof von Minden, worin sich der König ein Drittel der Einkünfte einer Silbergrube vorbehält und worin es heißt: Cum igitur argentifodina, quae est in Episcopatu Mindensi constituta, ad iura per­ tineat Imperii et interRegalia nostra sit computata, keines­ wegs Unzweifelhaft, wenn auch wahrscheinlicher als jene zuerst angeführte, deren Inhalt zudem mit der zweiten im Widerspruche stehet.

Allgemeine Lehren (Bergregal).

87

erlangten nur die grundsätzliche Anerkennung eines ihnen zustehmden

Regales an gewissen Fossilien, die Territorialherren aber, welche nach und nach nahezu sämmtlich mit dem Bergregal beliehen wurden, die Ausübung desselben^ Zur Zeit der Abfassung des Sachsenspiegels, also in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts, hatten diese Zustände in Deutschland gemeinrechtliche Anerkennung

noch

nicht

gefunden,

das Regal galt nur erst örtlich, wie auch die oben (S. 73) bereits angeführte Stelle des Sachsenspiegels I 35, beweist. Die Bestim­ mung im §. 1: „Al schat unter der erde begraven deper den ein pluch ga, die hort to der koningliken

gemalt"

kann

nämlich nach

Ausdruck und Zusammenhang mit §. 2 nur auf den Schatz (The­

saurus), nicht aber auf die Metalle bezogen werden.

Würden, wie

Einige wollen'), unter Schatz der Thesaurus und die Metalle gleichzeitig zu verstehen sein, so gewährte die Stelle ein Bild des Uebergangszustandes, in welchem einestheils zwar die Königliche Gewalt über die Metalle theoretisch anerkannt ist, praktisch aber die

Gewinnung derselben nur mit Genehmigung des Grundeigenthümers möglich erscheint. Die Thatsache, daß zu jener Zeit das Bergregal als ein gemeinrechtliches Institut nicht bereits in das Bewußtsein der Nation eingedrungen sein konnte, erklärt sich auch daraus, daß bis dahin die weitaus beträchtlichste Zahl aller Verlei­ hungen mit Bergwerken sich auf den Grund und Boden

und daß erst später, nachdem das Regal zu einer allgemeineren Geltung und Anerkennung gekommen

des Beliehenen beziehet

war,

äus diesen Verleihungen

der

Anspruch

auf

das Regal im

ganzen Territorium des Beliehenen hergeleitet wurde. Die Con­ flicte zwischen König und Territorialherren dauerten inzwischen noch fort. Die Könige von Böhmen hatten das von den Hohenstaufen prätendirte Königliche Regal auch ohne Verleihung der deutschen

(Bergl. Wagner, über den Beweis der Bergregalität, Beil. S. XI; Cammer in der Zeitschr. für Bergrecht Jahrg. X, S. 387 und dazu Achenbach, franz. Bergrecht S. 24.) Die Konstitution Friedrichs I. v. I. 1158 scheint übrigens ebensowohl in

Frankreich, wie in England gleichartige Bestrebungen der Könige auf Anerken­ nung eines Eigenthumes der Krone an den Bergwerken hervorgerufen zu haben. (Vergl. Achenbach, franz. Bergr. S. 27; Nasse in der Zeitschr. für Bergrecht

Jahrg. XI, S. 172 ff.) 1) Sternberg, Bd. II, S. 10, 3 ff.

Erste Abtheilung.

88

Könige für sich nutzbar zu machen gewußt. Letztere waren daher bestrebt, das böhmische Regal an sich zu bringen. So verlangte König Albrecht im Jahre 1303 von Böhmen 80,000 Mark Silber

oder die Verpfändung der kuttenberger Bergwerke von sechs Jahren unter dem Vorwande, daß

auf die Dauer

die Bergwerksabgabe

(Urbure) rückständig sei'). Es entstand wegen dieser Forderung ein für Albrecht ungünstig endender Krieg. Nicht lange vorher (1296) hatte König Adolph dem Markgrafen von dere Belehnung mit eigenen Vettern, den

Freiberg besetzt und den Versuch gemacht, dasselbe Meißen, welcher nachweisbar ebenfalls keine beson­ den Bergwerken besaß, zu entreißen?). Seinen Grafen von Nassau ottonischer Linie, welche ohne

Königliche Belehnung das Silberbergwerk am Ratzenschcit betrieben, nö­ thigte der König 1298 in der Form der Verpfändung eine Verleihung

der Bergwerke daselbst und an anderen Bergen in ihren Territorien auf?). Rücksichtlich der Kurfürsten brachte endlich die goldene Bulle König Karls IV. v. I.

1356 die Streitfrage

definitiv zum

Austrage,

indem die Rechte der ersteren anerkannt wurden. Es ist gewiß, daß diese Anerkennung, bei welcher die Rechte der böhmischen Könige be­ sonders hervorgehoben werden, namentlich den letzteren dauernden Schutz gegen die Ansprüche der deutschen Könige auf das Bergregal gewähren sollte^). Seitdem kann der Kampf über das Regal

1) Sternberg, Bd. II, S. 139. 2) Schliephake, Geschichte von Nassau, Wiesbaden

1868,

5. Halbband

S. 121; Wagner, über den Beweis der Regalität u. s. w. S. 35. 3) Vergl. oben S. 33. 4) Sternberg, Bd. II, S. 160 und oben S. 37 Anm. 2. Die böhmischen Kö­

nige waren ihrerseits nicht im Stande, die Rechte der ständischen Grundhcrren völlig

zu beseitigen.

Nach den s. g. böhmischen Bergwerksvergleichen, welche Ferdi­

nand I. und Maximilian II. 1534 und 1575 mit den ständischen Grundherren abschloß, sollten letztere beim Gold- und Silberbergbau auf ihrem Grunde mit dem halben, bei allem anderen Bergbau aber mit dem ganzen Zehnten betheiligt sein. Bei Gold, Silber und Salz fand zwar das Königliche Regal Anwendung, aber die ständischen Grundherren hatten an den Einkünften des Regales Antheil.

Bei den niederen Metallen und anderen Fossilien war dagegen das Regal der Krone durch das Recht der ständischen Grundherren ausgeschlossen.

In Böhmen

und seinen Nebenländern hatten sich demnach letztere stark genug erwiesen, einer vollen Ausdehnung des Königlichen Regales auf ihre Besitzungen mit Erfolg entgegen

zu treten, aber das grundherrliche Eigenthum an den im Gutsbezirke vor­ kommenden niederen Metallen u. s. w. war in die Form eines durch die

Allgemeine Lehren (Bergregal).

89

zwischen König und Territorialherren überhaupt als zu Gunsten der letzteren entschieden angesehen werden. Die Könige gaben die Ver­ suche auf, sich in den Besitz der Bergwerke und der

aus denselben

fließenden Einkünfte zu setzen und die Territorialherren suchten sich

den Besitz des mehr und mehr an territorialer Ausdehnung gewin­ nenden Regales durch Annahme Königlicher Verleihungen möglichst zu sichern.

Die

Wahlcapitulation König Karls V.

v. I. 1519

allgemein „ihre Re­ galien" und der osnabrücker Friede Art. 8 §. 1 endlich erkennt Art. 4 garantirt den

Reichsständen bereits

ihrer Eigenschaft als Landesherrn, also ohne Rücksicht auf specielle Königliche Verleihung, als Regalberechtigte an.

die Reichsstände in

§. 27.

Dieser Gang der Entwickelung, welcher in Frankreich zu Gun­ sten der

Krone und nicht der großen Feudalherren endete *), in

Deutschland aber an die Ausbildung der Landeshoheit der Reichs­ stände sich unmittelbar anschließt, bedarf indeß zu seiner vollständigen Erklärung speciell bezüglich des Bergregales noch der Hervorhebung der folgenden Thatsachen. Es ist bereits nachgewiesen worden, wie die Entstehung der Bergbaufreiheit und der besonderen Berggewohn­ heiten in Deutschland mit den gemeinen Marken zusammenhangt.

Wenn diese Gewohnheiten in Folge deutscher Einwanderung in Böh­ men, Mähren, Ungarn u. s. w. übernommen und hier frühzeitig

niedergeschrieben wurden 2* ),1 so erscheint hier die obrigkeitliche Ein­ mischung bei Feststellung des Rechtes der Einwanderer, welche wahr­ scheinlich in Folge der Aufforderung der Landesfürsten zugezogen

sind, nur zu erklärlich.

Als König Wenzel I. von Böhmen und

dessen Sohn der Markgraf von Böhmen die iglauer Berggewohn­ heiten um die Mitte des 13. Jahrhunderts bestätigte, geschah dies

in der Form eines den Bergleuten im ganzen Lande (dilectis civibus nostris in Iglauia et montanis ubique in regno nostro con-

Bergbausrciheit

beschränkten

Regales

ebenfalls

übergcgangen.

(Näheres über die böhmischen Bergwcrksvergl Zeitschr. für Bergrecht Jahrg. I, ®. 39 ff. und oben S. 47 Anm. 3.) 1) Achenbach, das französische Bergrecht (Bonn 1869) S. 27 ff.

2) Vergl. oben S. 17 ff.

Erste Abtheilung.

90

stitutis singulis et universis) ’) ertheilten Privilegiums.

Fünfzig

Jahre später erließ König Wenzel II. für die Bergleute im König­ reiche (montanis suis per regnum Bohemiae universis) sogar ein

förmliches Gesetzt).

War es in dieser Art möglich, den Landesherren

innerhalb der recipirten deutschen Gewohnheiten eine den letzteren ursprünglich fremde Stellung von erheblicher Bedeutung anzuweisen, so mußte diese Aenderung auch für das Mutterland in Folge des

Einflusses jener frühzeitig schriftlich redigirten Bergrechte nicht ohne Für Freiberg mögen zudem die exceptionellen Rechte der Markgrafen die Einschiebung des letzteren in die berg­

Rückwirkung bleiben.

männische Genossenschaft erleichtert haben.

Wichtiger noch erscheint der Umstand, daß der auf den Grund­ stücken des Königes oder der Territorialherren umgehende Bergbau

keineswegs überall unter Ausschließung der bergmännischen Gewohn­ heiten, wie dieselbe auf den ungetheilten Ländereien entstanden waren,

Dies ergeben unter Anderem unzweideutig Dagegen traten hier die Rechte des Eigenthumes im Vorbehalte von Abgaben, in der Oberaufsicht, betrieben worden ist.

die Gewohnheiten des Rammelsberg.

in der Feststellung der bergmännischen Verfaffung, in der Bestellung besonderer Beamten u. s. w. von Anfang an scharf hervor. Die

Befugniffe der s. g. gemeinen oder Hauptgewerken am Rammelsberg

und anderwärts sind wenigstens zum Theil aus diesen Rechten des Grundherren ebenfalls hervorgegangen8). Aber auch die Umgestaltung der gemeinen Waldungen zu Bann­ forsten, das Eindringen der Territorialherren in die Verwaltung der Markengenossenschaften, das Erlangen der Markgerichtsherrschaft, ja

die vielfache Umbildung derselben zur Grundherrlichkcit über die freie Mark4 1)5 2 mußte 3 die Entstehung besonderer Berechtigungen der Terri­ torialherren gegenüber dem Bergbau begünstigen 6). Wie man die gemeinen Marken

als herrenlos und dadurch gewissermaßen dem

1) Sternberg, Urkundenbuch S. 11; vergl. auch die Privilegien der fran­

zösischen Könige für die eingewanderten deutschen Bergleute bei Achenbach, das französische Bergrecht S. 28 ff.

2) Siehe oben S. 19.

3) Meyer, Versuch einer beschichte der Bergwerksverfassung u. s. w. des Harzes S. 90 ff.

4) Gierke, Rechtsgeschichte der deutschen Genossenschaft. S. 626 ff., 635 ff. 5) Walter, deutsche Rechtsgeschichte. Nr. 517 ff. (S. 594 ff.)

Allgemeine Lehren (Bergregal).

Occupationsrechte

91

der Territorialherren unterworfen ansah •), wie

das freie Jagdrecht dem vorzugsweisen Occupationsrechte der ersteren,

dem landesherrlichen Jagdregale weichen mußte, fv trat auch rücksicht­

lich des freien Bergbaurechtes eine ähnliche Auffassung und Entwicke­ Kurz die Stellung des Landesherren war innerhalb der bergmännischen Genossenschaft schließlich auf den ursprünglich gemeinen lung ein.

Marken dieselbe wie auf landesherrlichem Grundeigenthume gewor­

den.

Weisthum zu Rommersheim, (überdie Gerechtsame des

Abtes zu Prüm): Haut die scheffen vur voll geweift, bat man und bau, waffer, weide, nutz und vlutz, vundt und prunbt1 2) von dem Him­

mel nieder in den grunth u. s. w. Engersgauer Bergpflegen-Freiheit: Weisen wir un­ serm gn. Herrn — sunt und prunt, den hohen Wald, den Vogel in der lüft, den fisch im waßer, bat fließende ist, bat will in der Hecken u. s. w. Meddersheimer Weisthum: „bergwerke wießen sie den Herren." Bor allem Anderen sind die linksrheinischen Bergweisthümer

hier von Bedeutung, indem in diesen das Bergrecht ganz wie der Wildfang behandelt wird. Bergweisthum von Mechernich)

„Item zum ersten erkennen und weisen wir, wie von vnseren

Voreltern geweift worden, v. g. h.

vnd grauen zu Bl. und den

Hern zu Rodt alle gewaldt des berges zu, den wildtfanck auf der erden vnd in der erden, als für gewaltige Hern und das so weit, als v. g. h. herlichkeit thutt gelangen."

1) Gierke a. a. O. S. 659. Bergt, auch Bridank 76, 5—12.

„die dürsten twingcnt mit gemalt Belt, steine, wazzer dnde walt

dar zuo wild vnde zam; sie taeten lüfte gerne alsam: der muoz uns noch gemeine sin.

möchtens uns den sonnen schin verbieten, wint vnd regen man muesen zins mit golde wegen."

2) Der Ausdruck „fund und prunk" thümern zur Bezeichnung des Bergrechtes.

wiederholt sich in zahlreichen Wcis-

92

Erste Abtheilung.

Bergfreiheit von Kammern: „Item erkennen wir vnscrn gnädigen Hern zu Arburg alle Gewalt des Berges zu, drn Wildfang in der erden und auf der erden, als einen gewaltigen Herrn vnd das so weit vnd fern seiner Gnaden herlichkeit belangen thut."

Kölnische Gewohnheiten (von Bergmeister Eylertz und den

Geschwornen gewiesen): einem zeitlichen hochwürdigsten Kurfürsten zu Köllen als ihrem ggsten Herren alle

gemalt über hierseits rheins sich

ergebender

Köllnischer Bergwerker den wiltfang in der Erden undt auf

der Erden als einem gewaltigen Herren — zu erkennen." Das Weisthum des Bleiberges zu Kall vom Jahre 1494 gehet in der Analogie zwischen Jagd- und Bergrecht sogar soweit, daß wie

dem Jäger die Jagdfolge, so dem Herzoge von Jülich als dem Berg­ herren die Befugniß zustehen soll, in eines anderen Herren Land den

Bergbau weiter zu führen. „Wir Herman Ritter, Thomas vom Kalle, Micher vom Kelde­

nich, Johan vom heystat Schoultiß daselfs, Thomas zu Kalle vnd Kalle, wysen vur fryeheit vnd

Johan bleygen, Geschworen zu

Recht als herna beschreven voulght: 1.

Also wan eyn berch uyssbrecht vmb Kalle bynnen eynre

Banmylen, bat der berchmeister van wegen eyns fürsten van Guylich mit den geswoeren volgen ind naziehcn mach, als eyi» Jeger rym stuck wilh, in wat Heren lantz dat idt sy ind dae inte

laissen slain ind davon dem fürsten den zienden.

Ind wysen de

Banmyle vmb Kalle so lanck as van Kalle zu Zulpge.

Ind sulchs

Haven wir van vnsen vur faeren gehoert ind geleirt, na wilchem wysdom vnsers gnedigen Heren hertzog zu Guylch vurfaeren, untgeinwerdich eyns Erztbysschoffen van Kolen, up dem berch vur drissig jairen verdedingt ind behalden hait, vns kondlich ist"

u. s. w. §. 28. Die verschiedenen Quellen, aus denen das Bergregal hervor­ gegangen ist/konnten nicht ohne wesentlichen Einfluß auf die Be­

stimmung des Inhaltes desselben bleiben. Die Entwickelung des Bergregales aus dem grundherrlichen Bergbau mußte zur Annahme des Eigenthumes des Regalherrn an den regalen Mineralien

und speciell an den

dieselben führenden Lagerstätten hindrängen.

Allgemeine Lehren (Bergregal).

93

Die Constitution v. I. 1158 zählt die Silberberg werke selbst (argentariae) zu den Regalien und die goldene Bulle v. I. 1356 überweist den Kurfürsten die auri et argenti fodinae u. s. w., also wiederum die Bergwerke als Gegenstand ihres Regales, und so ist es in den Verleihungsurkunden über das Bergregal geblieben bis

zur Rheinbilndsacte von 1806, welche im Art. 27 den mediatisirten Reichsständen unter den der Souverainetät nicht wesentlich ange­ hörenden herrschaftlichen Rechten (tous les droits seigneuriaux et ftiodaux non essentiellement inhtirans ä la souverainetß) auch die Bergwerke und Hütten (le droit de mines, d’usines) zuerkennt *)♦

1) Vergl. auch §. 23 der preußischen Instruction über die standesherrlichen

Verhältnisse vom 30. Mai 1820 (G.-S. S. 81): Den Standesherrn bleibt in

ihren standesherrlichen Bezirken die Benutzung jeder Art der Jagd- und Fischerei­ gerechtigkeit, der Bergwerke u. s. w. Thüringische Bergordnung v. I. 1563:

„Welche Bergwerke, Metall

und Berg art en mit allen ihren Zugehörungen, Gerechtigkeiten und Freiheit

und was denselben mehr anhängig sein mag, Uns als dem jezigen Landgrafen in

Thüringen, sofern sich Unsere Lehn- und Botmäßigkeit erstreckt, nicht allein von hoher landsfürstlicher Obrigkeit wegen, kraft Unserer Regalien auch der Gül­ denen Bullen von Recht und Billigkeit wegen und sonst niemand Anderem

gebühren und zustehen."

(Herthum, Sammlung S. 149.)

Hennebergische Berg-Ordnung v. I. 1566 (Brassert S. 221):

„Nachdem

— an mehr dann einem Ort unserer fürstlichen Grafschaft sich auch allerhand nutzbarer Bergwerke ereignet, welche dann Weyland Unsere Voreltern christlicher seli­

ger Gedächtniß und sonderlich Graf Poppo von Henneberg seliger im I. 1216 von Weyland Kaiser Friedrich dem andern Hochlöblichster Gedächtniß als ein vornehmlich Regal zu Lehen empfangen" u. s. w.

Kurtriersche Bergfreiheit v. I. 1564 (Brassert S. 98): „Und die weil in krafft der Regalien, Bergkwerck sollen und mögen gesucht werden vnd Bergkwerck der Regalien eine ist" u. s. w. Wenn es in der österr. Bergordnung v. I. 1517, Art. 26 (Wagner

S. 37) heißt: „Es sollen uns auch als Herrn und Landfürsten all Obrigkeit in allen unsern Landen, wo Bergwerk sein oder noch erstehn, mit sammt allen

Hoheiten und Schwarzwäldern, dazu allen Wasserflüssen ohne alles Mittel zu­ stehen," so liegt dieser Bestimmung gleichfalls die Auffassung eines Eigenthumes

an den Bergwerken zu Grunde. Die ferdinandeische B.-O. v. I. 1553 Art. 1 (Ursprung und Ordnung der Bergwerke S. 167) sagt daher direct: „Nachdem uns als regierendem Herrn und LandesfUrsten alle Bergwerk und Fünde — ohne alles Mittel als unser Kammergut zustehen" u. s. w. Für Ungarn

constatirt Wenzel, Handbuch des allgem. österr. Bergr. S. 76 (S.' 192, 193),

Erste Abtheilung.

94

Im

Zusammenhänge

hiermit bezeichnete die ältere Theorie,

welcher noch Hake (S. 52 §. 69, S. 130 §. 168) und zum Theil auch Karsten (S. 6 §. 14) huldigt, als Inhalt des Bergregales

das Eigenthum an den regalen Mineralien in und mit ihren

Lagerstätten.

Auf der anderen Seite blieb die gegenüber dem freien Berg­ bau, sei es auf der

gemeinen Mark, sei es außerhalb derselben,

erlangte Rechtsstellung des Territorialherren gleichfalls auf die Be­

stimmung des Inhaltes des Bergregales nicht ohne Einfluß. Die Ansicht fand Vertretung *), daß die regalen Mineralien und ihre

Lagerstätten herrenlos seien und dem Regalherren nur ein vorzüg­ liches Recht zur Okkupation derselben gebühre.

Diese letztere Auf­

fassung ging in das preußische Allgemeine Landrecht über. Das Gesetzbuch behandelt Thl. II, Tit. 13 §§. 5 ff. die s. g.

regalia maiora unter der Bezeichnung Majestätsrechte und stellt denselben Thl. II, Tit. 14 §§. 24 ff. die s. g. regalia minora, niedere Regalien, entgegen. Nachdem Thl. II,

daß von Alters her alle Bergwerke im Eigenthume des Königes standen. Ur­ kunde v. 1327: Antiqua Regni nostri consuetudine et usque modo firmiter observata exigente, terrae seu predia tarn Ecclesiarum quam Nobilium huius Regni quorumcunque, in quorum territoriis auri vel argenti fodinae reperiuntur ad manus Regis, mediante aliquali concambio devolvi debeant. Vergl. auch die Urkunden bei Wagner S. 169 ff. Wenn in den letzteren das Recht auf die Ur-ure ius re­ gale (auch iura regalia seu urburae) genannt wird, so bezeichnet dies eine Königliche Gerechtsame auf den Zehnten, für den Fall, daß der König das Bergwerk nicht selbst übernehmen will. Unzulässig erscheint es, wegen dieses Ausdruckes den Schluß ziehen zu wollen, daß das Bergregal nur in dem Zehnten von den Bergwerken bestanden habe, da ja, ganz abgesehen von anderen Gründen, in derselben Urkunde dem Könige das Recht beigelegt wird, diejenigen Privatgrundstücke, auf denen Bergwerke eröffnet werden, gegen Hingabe an­ derer Länderen sich anzueignen. Dem Könige stand also zunächst ein Recht auf die Bergwerke selbst zu. Vergl auch ungarische B.-O. v. I. 1575 (Wagner S. 174): „Anfänglich, nachdem Uns als regierendem König in Hungarn alle Bergwerke und Fünde, wo die allenthalben in Unserem Königreich Hungarn ge­ legen, jetzo im Wesen sein oder künftig gefunden, aufgeschlagen und gebauet werden u. s. w. ohne alles Mittel als Unser Kammer-Gut zu­ stehen" u. s. w. 1) Pütter, instit. iuris publ. §. 37 1.

Allgemeine Lehren (Bergregal).

Tit. 14 §. 22 „das ausschließende Recht,

95

gewisse Arten der

herrenlosen Sachen in Besitz zu nehmen", ein „gemeines Eigenthum des Staates" genannt wird, besinnt §. 24: „die Nutzungsrechte"

an einem solchen gemeinen Staatseigenthume als niederes Regal.

Thk. II, Tit. 16 §§. 1 und 6 gewähren sodann dem Staate ein „vorzügliches Recht zum Besitze" auf die „unterirdischen Schätze der Natur, auf welche noch Niemanden ein besonderes Recht verliehen worden" und die §§. 69 ff. enthalten endlich im Anschlüsse an das Jagdregal die näheren Bestimmungen über das Bergregal und dessen

Ausübung.

Die dem preußischen Allgemeinen Landrechte zu Grunde liegende Theorie, wonach dem Regalinhaber das vorzugsweise Recht der Occu-

pation der als herrenlos gedachten Fossilien und ihrer Lagerstätten zustehen soll, erscheint sonach klar ausgesprochen *)• Dabei ist die seit dem 16. Jahrhundert aufgekommene1 2)3 Unterscheidung zwischen regalia maiora (essentialia)

oder wesentlichen Hoheitsrechten des

Staates (gesetzgebende, richterliche, vollziehende Gewalt u. s. w.) und

regalia minora (accidentalia) oder niederen (zufälligen) Regalien (nutzbare veräußerliche Gerechtsame, welche unter Ausschließung oder Beschränkung der.Privaten der Staatsgewalt nach Gesetz, Herkom­ men oder auf Grund besonderer Titel zustehen) in aller Breite in

das Gesetz ausgenommen2).

1) Vergl. auch Brassert, das Bergrecht des Allgem. preuß. Landrechts in seinen Materialen. (Bonn 1861) S. 43 ff.

2) Vergl. hierüber Strauch,

(Erlangen 1865)

S. 9 ff.

über

Ursprung und Natur der Regalien.

Nach letzterem findet sich die Unterscheidung zum

ersten Male bei Pruckmann, tractatus de regalibus.

(1551.)

3) Nicht ohne Grund sagt v. Gerber, Grundzüge eines Systems des deut­

schen Staatsrechts S. 25,

Anm. 1. «Leipzig 1865) bezüglich dieser Eintheilung:

„Es verdient bemerkt zu werden, daß man in einem Theile der Literatur der ganz unrichtigen Vorstellung begegnet, als wären dies (die s. g. Hoheitsrechte)

erworbene Rechte,

welche dem daneben noch selbstständig gedachten Staate als

ihrem Rechtssubjecte zukämen.

Dahin deutet es auch, wenn man von „wesent­

lichen" und „unveräußerlichen" Hoheitsrechten spricht, und sie in eine begriffliche Relation mit den f. g. „unwesentlichen" und „veräußerlichen" Hoheitsrechten, ins­

besondere den Regalien stellt.

Diese Vorstellung ist ganz auszugeben.

behandelten s. g. Hoheitsrechte find gar keine

„Rechte" des

Die hier

Staats, sondern

sind die Staatsgewalt selbst, deren verschiedene Thätigkeitsformen nur in jenen Be­ griffen systematisirt werden.

Damit ergibt

sich von selbst die Ueberflüssigkeit,

96

Erste Abtheilung.

Die Annahme der Herrenlosigkeit der

unter das

Bergregal

fallenden Fossilien und ihrer Lagerstätten und die Definition des

Bergregales als eines vorzugsweisen Occupationsrechtes an den ersteren, wurde seitdem auch in der Wissenschaft vorherrschend '). Ob die­ selbe gleichwohl als die gemeinrechtlich richtige angesehen werden kann, stehet keineswegs außer Zweifel. Für das Eigenthum des

Regalinhabers als einer positiven Rechtseinrichtung könnte die Ausdrucksweise von Urkunden und reichsgesetzlichen Bestimmungen, sowie die Theorie der nächst vergangenen Jahrhunderte angerufen

werden 2*)1 3; * gegen * * * dasselbe würde, abgesehen von dem wichtigen Par­

tikulargesetze, dem preußischen Allgemeinen Landrechte, zunächst der Umstand sprechen, daß sowohl das in sehr alten Gewohnheiten be­

reits vorkommende Finderrecht, als auch die Gerechtsame des Regal­ inhabers, dem freien Bergbau gegenüber

durch die Herrenlosigkeit

der Mineralien und ihrer Lagerstätten eine natürliche Begründung zu

finden scheint. Theoretisch dürfte indeß das Eigenthum des Regalherren an den regalen Mineralien und ihren Lagerstätten überhaupt keine Billigung verdienen können.

Ein

Eigenthum des

ersteren an Lager­

stätten, deren E x i st e n z nicht bekannt ist, erscheint begriffswidrig. Das Eigenthum an den regalen Mineralien als solchen, ganz abgesehen von der Lagerstätte,'würde aber schon aus dem Grunde verwerflich sein müssen, weil es sich bei diesen regel­

mäßig nur um integrirende Theile einer anderen Sache ohne jede Selbstständigkeit handelt8).

aber auch freilich die Unrichtigkeit der Attribute „wesentlich" und „unveräußer­ lich" und jeder classificirenden Verbindung der Thätigkeitsformen der Staatsge­

walt mit den Regalien, die weder etwas Gleichartiges, noch etwas Gegensätz­

liches sind, indem sie gegenüber jenen Begriffen außer allem logischen Zusanimenhange stehen."

1) Vergl. z. B. Walter, System des gcm. deutschen Privatrechts. S. 177

§. 163 und namentlich v. Gerber, deutsches Privatrecht S. 238 §. 95. 2) Vergl.

auch Böhlau de regalium notione et de salinaram iure

regali comm. p. 20..

3) Die Lagerstätte bestehet bekanntlich bei Erzen selten allein aus letzteren. Die Gang- oder Lagerart (Gangmasse) ist das Gestein, welches den Gang- oder

Lagerraum ausfiillt und in welcher in größeren oder kleineren Partien die Erze vertheilt sind.

(v. Hingenau, Handbuch der Bergrechtskunde S. 42, 58.)

Nur

selten und namentlich nicht bei edlen Gängen erfüllen die Erze den Gangraum

97

Allgemeine Lehren (Bergregal).

Ganz dasselbe würde der Annahme der Herrenlosigkeit der

Mineralien entgegen stehen, welche vor ihrer Gewinnung Substanz­ theile einer anderen Sache bilden, und selbst die Herrenlosigkeit der regale Mineralien führenden Lagerstätten, welche vor ihrer Aufschließung und Ausrichtung als selbstständige Sachen regelmäßig

noch nicht erkennbar sind, dürfte allgemeinen Rechtsprincipien wenig entsprechen. Gleichwohl würde klaren und positiven Aussprüchen des Rechtes gegenüber die theoretische Austastung sich fügen müssen.

indeß nicht vor.

Erstere liegen

Das Eigenthum des Regalherren, wie andererseits

die Herrenlosigkeit der Mineralien werden nur aus Ausdrücken, Um­ ständen und geschichtlichen Hergängen gefolgert, welche abweichende Annahmen keineswegs ausschließen, wie schon die völlig entgegenge­

setzten Theorien über das Eigenthum des Regalherren und die Herren­ Unter diesen Umständen muß der

losigkeit der Mineralien darthun.

Satz des gemeinen Rechtes, welcher sowohl auf römisch- wie deutsch­ rechtlicher Grundlage beruhet, daß nämlich das Eigenthum an einem

Grundstücke sich auch auf die in und unter demselben befindlichen Mineralien mit erstreckt, hier ebenfalls Anwendung finden.

Auch in

der gemeinen Mark waren die Mineralien nicht herrenlos; dieselben standen nur nicht im Sondereigen, sondern bildeten einen Gegen­ stand des gemeinen Nutzens. dieser Nutzung

sich

besondere

Wenn demnächst über die Ausübung Regeln bildeten, wenn letztere die

ganz, sondern es finden sich außer ihnen und oft in überwiegender Menge un­

haltige (taube, d. h. unbenutzbare) Mineralien, welche den Namen Gangarten

führen und deren mechanische Absonderung, so weit als thunlich, Gegenstand der Aufbereitung ist.

Innerhalb und mit diesen Gangarten erscheinen alsdann solche

Erze in Körnern, Schnüren, Nestern, Platten und

in sonstiger Form. — In

anderen Fällen umschließt die Gangmasie Stücke des Nebengesteins, welches sehr häufig noch mit Erztheilchen durchzogen (imprägnirt) ist. eigenthümlich

ist

das

Miteinandervorkommen

Silber- Blei- und Kupfererzen u. s. w.

— Für viele Gänge

verschiedener

Man sagt alsdann:

Erze

z. B.

von

Die Erze brechen

mit einander ein. Hinfichtlich der Erzführung sind die Lager entweder den

Gängen ähnlich,

d. h. es brechen mit den Erzen unhaltige Mineralien, die s. g. Lagerarten, ein;

oder die Erze erfüllen,

wie

auch

bei jenen vorkommt,

dieselben sind nur mehr oder weniger wisien Schichten des Nebengesteins"

kunde S. 8, 9).

den Raum ganz;

oder

verbreitet und zusammengedrängt in ge-

u. s. w. (Lottner, Bergbau- und Hütten­

98

Erste Abtheilung.

Grenzen der Mark überschritten und mehr und mehr eine fast all­ gemeine Anwendung fanden, so konnte hierin lediglich eine durch Gewohnheit und Gesetz herbeigeführte Beschränkung des Verfügungs­

rechtes des Grundeigenthümers, keineswegs aber eine vollständige Lostrennung der Mineralien vom Grund und Boden in rechtlicher

Beziehung gefunden werden.

Unter

dem Bergregal wird

demgemäß auch nur ein an sich dem Privatrechte angehörenöes, dingliches Verfügungs- und Gewinnungsrecht

des Regalherrn

rücksichtlich

der regalen Mineralien

und ihrer Lagerstätten zu verstehen sein.

§. 29. Dieses Verfügungsrecht wird nun aber durch die aus der Berg­

baufreiheit hervorgegangene und in die

Berggesetze übernommene

Befugniß des ersten Finders oder Muthers beschränkt, die Ueber« tragung des Bergbaurechtes innerhalb eines bestimmten Feldes zu Die letztere Seite der deutschrechtlichen Bergbaufreiheit, welche sich gegen den Regalinhaber richtet *), bildet eine der wichtigsten verlangen.

Bestimmungen der deutschen Bergordnungen.

Regelmäßig findet sich

nämlich in letzteren die Vorschrift, daß der Bergmeister Macht und

Gewalt haben soll, nach bergläufiger Weise und Bergrecht Zeit und Niemanden der Muthung weigern foD1 2). Dem entsprechend heißt es auch in den Bergfreiheiten, z. B. der nassau-katzenelnbogischen

Bergwerke zu verleihen und daß er zu keiner

die Annahme

Bergfreiheit v. I. 15593) —

„daß Wir — allen

und

jeden

gegenwärtigen und künftigen Gewerken, denen in ob­ genannten Unseren Bergwerken zu bauen geliebet, dasselbig frei

und unverhindert nach Bergrecht und bergläufiger Weis und nach Unserer Befreiung und Bergordnung, wie die

von Articuln zu Articuln hiernach folgt, zu bauen erlauben, vergönnen und zulassen, auch dasselbig hiemit öffentlich und männiglich verkündt haben wollen." Das preußische Allgemeine Landrecht Thl. II Tit. 16 §. 154 bestimmt in demselben Sinne:

1) Vergl. oben S. 81. 2) Joachimsthaler Bergordnung v. I. 1548 Thl. II Art. 2; sische Bergordnung v. I. 1589 Art. 6 u. s. w. 3) Brassert, Bergordnungen S. 4.

kursäch­

Allgemeine Lehren (Bergregal).

99

„Wer auf erhaltenen Schurfschein ein Stockwerk, Erzlager, Gang oder Flötz zuerst erschürft hat, ist befugt zu verlangen, daß

ihm der Bau auf das entdeckte

eines

innerhalb

Werk

gewissen

Districtes vorzüglich vor allen anderen verliehen werde." Man hat behauptet, durch diese Seite

der Bergbaufreiheit

das Bergregal negirt oder geradezu vernichtet *).

sei

Indeß die Unrich­

tigkeit dieser Behauptung folgt schon einfach aus der Thatsache, daß,

wo dem Regalinhaber ein Recht des ersten Finders nicht entgegenstehet, derselbe kraft des Regales befugt erscheint, sich Bergwerksfelder zum eigenen Bergbau vorzubehalten

oder letztere in

Form, als die Beiordnung dieselben dem Dritten zu überlassen,

ja

dem

ersten

anderer Größe und

ersten Finder

Finder, bei

gewährt,

nicht entgegen

stehenden Rechten Dritter, ein größeres und anders gestaltetes

Feld

zu dessen» Vortheil zu verleihen2).

Mit der vorstehend bezeichneten Beschränkung ist das Bergregal auf Grund der namentlich

im 16.

Jahrhundert

geschehenen

wickelung als ein gemeinrechtliches Institut anzusehen.

Beweise des

Gegentheiles

werden, daß

das

muß

Bergregal nur

überall

in

Ent­

Bis zum

angenommen

Verbindung

mit

der Bergbaufreiheit hergebracht fei3).

1) Otto, Studien auf dem Gebiete des Bergrechts. (Freiberg 1856) S. 19: „Die Freierklärung rettete den Begriff des Bergregales, indem sie ihn vernichtete" u. s. w. Diese Auffassung ist nicht auf die historische, thatsächliche und rechtliche

Entwickelung der bergrechtlichen Institutionen, sondern auf abstracte Erörterungen

und geistreiche Raisonnements gegründet. tungen S. 24 ff.)

(Vergl. auch Schomburg, Betrach­

Dieselbe stehet der Behauptung völlig gleich, daß das Berg­

regal überhaupt gar nicht existire und niemals existirt habe, daß die s. g. Frei­

erklärung weder als Privilegium, noch als Gesetz irgendwo ausdrücklich ausge­

sprochen sei, während Hunderte von Urkunden, Bergbaufreiheilen und Bergord­ nungen das gerade Gegentheil erweisen.

2) Vergl. unten. 3) In einem großen Theile des vormaligen Königreiches Hannover nahm die Verwaltung das Bergregal ohne Bergbaufreiheil für die Krone in Anspruch. (Vergl. die Motive zu der Königl. Verordnung v. 8. Mai 1867, betreffend die

Einführung des preuß. Allgem. Berggesetzes vom 24. Juni 1865 in das Gebiet

des vormaligen Königreiches Hannover. Zeitschr. für Bergrecht.

Jahrg. VIII

S. 162 ff.) Vielfach sind in den Bergges etzen einzelne Mineralien dem Regal­

herren ausschließlich vorbehalten, also von der Bergbaufreiheit in dieser Beziehung

100

Erste Abtheilung.

3. Das Bergregal, die Berghoheit und die Bergbau­ freiheit nach den neueren Berggesetzen, insbesondere

dem preußischen Allgemeinen Berggesetze. a.

Rechtliche Natur des Bergregales.

§. 30. Die privatrechtliche Natur des Bergregales kann mit Rück­

sicht auf seinen dargestellten Ursprung und Begriff einem begründeten Zweifel nicht unterworfen werden *).

Ganz folgerichtig stellt daher

das Allgemeine Landrecht das Bergregal mit den Domainen in die­ selbe Kategorie?), gestattet dessen Erwerbung seitens eines Privaten

durch Verjährung b), sowie auf Grund anderer Rechtstitel*).

Auf

der anderen Seite hat das Bergregal von jeher auch solche Verhältnisse

ausgeschlossen.

So heißt es in der niederösterr. Berg-Ordnung v. I. 1553

(Ursprung der Bergw. S. 168) Art. 7: „Wir Vorbehalten uns aber alle Salz-, Eisen-, Quecksilber- und Alaunbergwerke" u. s. w. und ferner in der hessischen

Bergfreiheit v. I. 1616 (Wagner S. 623 ff.): „Wir wollen aber in dieser Un­

serer Bergsreiheit und vorhabenden Ordnung die Salzbrunnen, Stein­ kohlen und Eisenbergwerke nicht mitbegriffen, sondern dieselben, was

deren bereits in esse sind und noch ferners erschürft und fündig gemacht werden

möchten, zu erbauen, Uns allein reservirt und Vorbehalten haben."

Vergl. die Reservation der Stein- und Braunkohlen in ganz Kurhessen durch Gesetz vom 6. April 1843 Salzes

in den

revidirten

G.-S.

1843 S.

13), die Reservation des

Bergordnungen Friedrich des Großen (cleve-märk.

Berg-Ordn. v. I. 1766 cap. 1 §. 5) u. s. w. Wegen der Reservation der Eisen­ erze nach der kurtrierschen Berg-Ordn. v. I. 1564 Art. 111 Nr. 4, siehe Brassert

S. 111 Anm. 1) Vergl. auch v. Gerber, deutsches Privatrecht §. 67 S. 157; Schomburg, Betrachtungen S. 26. 2) Thl. II Tit. 14 §. 76: „Bei dem Gebrauche, der Benutzung und Ver­

waltung der Domainen und Regalien kommen dem Staate der Regel nach nur eben die Rechte zu, wie einem jeden Privateigenthümer." 3) Vergl. Thl. II Tit. 14 §. 35, wonach, abgesehen von dem ruhigen Be­ sitze in dem s. g. Normaljahre, eine Verjährungsfrist von 44 Jahren erfordert

wird.

Gemeinrechtlich gehört zum Erwerbe des Bergregales gegen den Landes­

herren die unvordenkliche Verjährung. (Hake, Commentar S. 72.) 4) Thl. II Tit. 16 §§. 106 ff.

„Das Bergwerkregal auf einen gewissen

Distrikt oder auf ein bestimmtes Object kannn gleich anderen niederen Regalien

von Privatpersonen und Communen erworben und besessen werden."

Allgemeine Lehren (Bergregal).

101

mit erfaßt und in seinen Bereich gezogen, welche cistischer Natur sind.

an sich

publi-

Es ist bekannt, daß Privatpersonen als Re­

galherren Bergordnungen mit gesetzlicher Kraft erlassen *) und Berg­ behörden mit gleichen Befugnissen, wie diejenigen der Landesherren, bestellt haben. Versuchte auch die Theorie31),2 wie Gesetzgebung3),

die aus dem Regale fließenden Rechte von denjenigen des Landes­ herren zu sondern, indem letzterem das Recht der Oberaufsicht, der Gerichtsbarkeit und der Gesetzgebung zugewiesen wurde, so ist den­ noch das berechtigte Bestreben, die Vermischung

des Regales mit

Hoheitsrechten zu beseitigen, ersteres auf seinen vermögensrechtlichen

Inhalt zurückzuführen, sowie die Privatisirung von

Höheitsrechten

in Folge der Verbindung derselben mit dem Bergregale zu verhindern, niemals völlig gelungen. Nach dem preußischen Allgemeinen Land­ rechte würde einestheils gemäß der demselben beiwohnenden Auffassung von der Natur des Bergregales als eines Privatrcchtes in dem Acte der Verleihung eines Bergwerkes an sich nur eine privatrechtliche

Veräußerung, in dem Vorbehalte des Zehnten nur die Reservirung

eines Nutzungsrechtes und in der Anstellung von Bcrgbeamten zur Verwaltung des Bergregales nur die Bestellung von Privatverwal­ tern zu finden sein.

Dagegen erscheint andererseits das Bergamt

des preußischen Allgemeinen Landrechtes zugleich als behörde.

eine Staats­

Dasselbe soll die Bergpolizei und einen Theil der Justiz

handhaben, über Expropriationen zu Bergbauzwecken mit entscheiden

und im Allgemeinen die staatliche Aufsicht über den Bergbau und die bei demselben beschäftigten Personen führen. In Folge dieser

Doppelstellung kann es nicht auffallen, daß die von dem Bergamte ausgehenden Acte als Verleihungen, Freierklärungen u. s. w. in einer gewissen Art die Natur von staatsrechtlichen Concessionen, Erkenntniffen,

überhaupt öffentlichen

Acten der Staatsbehörden, die

Bergwerkszehnten aber die Eigenschaft

öffentlicher Abgaben anneh-

1) Das bekannteste und namhafteste Beispiel bilden die von den Grafen

von Schlick 1518 und 1541 erlassenen joachimsthaler Bergordnungen (Sternberg,

Geschichte der Berggesetzgebung in Böhmen S. 199 ff.). 2) Vergl. z. B. Hake, Commentar §§. 69, 70 S. 52 ff.; Köhler, An­

leitung u. f. w. §§. 8 ff. S. 114 ff. 3) Thl. II Tit. 16 §. 108: „Doch bleibt er (der Privatregalinhaber) da­ bei allemal der Oberaufsicht des Staates, den allgemeinen Bergpolizei-Gefetzen und den Entscheidungen des Bergamtes unterworfen" u. f. w.

102

Erste Abtheilung.

Aber trotzdem waltet wiederum überall die Auffas­

men mußten.

sung des Bergregales als eines Privatrechtes dergestalt vor, daß bei Erwerbung des ersteren durch Privatpersonen das Recht miterlangt

wird, ähnliche Behörden, als der Staat dieselbe besitzt, mit gleichen Functionen zur Verwaltung des Regales zu organisiren,

sowie die

Bergwerkszehnten zu erheben. Es ist kaum zu bemerken nöthig, daß diese Stellung des Berg­ regales als eines Privatrechtes und mehr noch die naturwidrige und doch kaum trennbare Verbindung

desselben mit Hoheitsrechten der gemeinschaftlichen Ueberzeugung der in rechtlicher Gemeinschaft Le­ benden seit Decennien nicht mehr entsprechen konnte. Diese Ueber­

zeugung war daher dem bestehenden Rechte längst vorausgeeilt und ganz entschieden dahin gerichtet, das privatrechtliche Bergregal zu beseitigen und das Bergrecht auf der Grundlage der Berghoheit des

Staates neu aufzurichten'). b.

Die Berghoheit nach französischem Bergrechte.

§. 31.

Bereits das

das französische Berggesetz vom 28. Juli 1791 hatte

aufgegeben und

Bergregal

Rechten

des

an

dessen Stelle

ein

mit

den

vielfach in Conflict stehendes eingeführt. Bei Erlaß des noch jetzt

Grundeigenthümers

Hoheitsrecht der

Nation

geltenden Gesetzes vom 21. April 1810 bildete abermals die Frage einen Cardinalpunkt der Berathungen,

ob die Bergwerke als Do-

manial-Eigenthum anzusehen seien, mit anderen Worten, ob das

bereits aufgegebene Bergregal

von Neuem wieder einzuführen sei.

Nach dem Berichte des Grafen Girardin war die Commission des

Inneren des gesetzgebenden

Körpers

im Grunde genommen dieser

Ansicht und auch die Berathungen des Staatsrathes beweisen, daß in diesem

Staatskörper das Bergregal ebenfalls zahlreiche Anhänger

hatte.

Aber Napoleon verhinderte die Herstellung des Regales und

gab dem Gesetze diejenige Richtung, welche bis zur Gegenwart das

Vorbild neuerer Gesetzgebungen, insbesondere auch des preußischen Allgemeinen Berggesetzes vom 24. Juni 1865 geworden ist.

1) Vergl. Achenbach, über das Bergregal und Berghoheitsrccht in Preußen, in der Zeitschr.

für das Berg-,

Staate. Jahrg. VIII, 1 S. 73 ff.

Hütten- und Salinenwesen

im preußischen

Allgemeine Lehren (Berghoheit). Nach dem Gesetze vom

103

21. April 1810 übt

demgemäß der

Staat dem Bergbaue gegenüber keine Rechte privatrechtlicher Natur aus, alle Befugnisse des Staates in Betreff des Bergbaues entspringen vielmehr aus den Hoheitsrechten desselben. Von einem Eigenihume des Staates an den Fossilien kann keine Rede sein. Ebensowenig gelten aber auch die Fossilien als herrenlos. Die­ selben sollen nach dem Ausspruche Napoleons einen Theil des

Oberflächen-Eigenthumes bilden, der Art. 552 des bürger­ lichen Gesetzbuches: „la propri6t6 du sol empörte la propriete du dessus et

du dessous“ soll auch das Berggesetz beherrschen und, wenn es am Schluffe dieses

Artikels heißt:

„sauf les modifications

so

rcsultant des lois et reglemens

relatifs aux mines et des lois et reglemens de police“, erkannte man an, daß ein Gesetz, welches die Fossilien zum

Eigenthume des Staates erkläre, keine Modification, sondern eine Aufhebung des Art. 552 sein würde. Der Entwurf des Grafen Fourcroy, welcher auf das Princip

que la propriete des mines

n’appartient ä personne gegründet war, wurde von Napoleon mit

dem Bemerken zurückgewiesen, daß der Entwurf auf dem Principe, que la mine fait partie de la propriete de la surface, beruhen müsse. Dieses Princip ist nun allerdings im Gesetze vom 21. April 1810 nicht ausdrücklich, wie dies Napoleon wollte, ausgesprochen, aber der Wortlaut des Art. 19 des Gesetzes: „Du moment

oü une mine sera concedee, meme au

proprietaire de la surface, cette propriete sera distinguee de celle de la surface et desormais consid£r£e comme

propriete nouvelle“ etc. läßt über den Grundgedanken keinen Zweifel.

Bis zur Ertheilung

der Concession bilden also die Fossilien einen Theil des Grundstückes und stehen im Eigenthume des Grundstücks-Eigenthümers, da erst mit dem Augenblicke der ertheilten Concession

dieselben

Gegenstand

einer besonderen Berechtigung werden und aus dem Bereiche des Gegenstand dieselben bis

Grundeigenthumes ausscheiden, zu dessen

dahin gehörten. Napoleon drückte dies in der Staatsrathssitzung vom 18. November 1809 dahin aus: „Avant la Concession les

mines ne sont pas des proprietös, mais des biens“, und weiter­ hin: „Man muß die Fossilien als Sachen ansehen, welche noch nicht

Erste Abtheilung.

104

geschaffen sind, welche erst in dem Augenblicke existiren, wo dieselben aus dem Eigenthume an der Oberfläche ausscheiden, und welche in dem nämlichen Augenblicke durch die Concession Gegenstand eines besonderen Eigenthumes werden. Von diesem Augenblicke an stehen

dieselben jedem anderen Eigenthume gleich."

Die volle Consequenz des dem Art. 552 des bürgerlichen Ge­ setzbuches zu Grunde liegenden Principes würde nun allerdings darin

bestanden haben,

daß dem

Grundeigenthümer

das ausschließliche

Recht zum Bergbau auf seinem Grundstücke überwiesen wurde. Das

dem Staate zustehende Hoheitsrecht erweist sich aber in der Art wirk­ sam, daß kein Bergwerk ohne Concessions-A c t betrie­

ben werden darf.

Eine solche Concession ist auch für den Grund­

eigenthümer erforderlich, falls derselbe Bergbau betreiben will. Die Worte Napoleons: „II saut d’abord poser clairement le principe

que la mine fait partie de la propriötä de la surface. On ajoutera que cepedant eile ne peut 6tre exploitße qu’en vertu d’un acte du souverain“ bilden die Grund­ lage des Art. 5 des Gesetzes vom 21. April 1810:

„Les mines ne peuvent etre exploitees qu’en vertu d’un acte de Concession delibörd en conseil d’Etat.“

c.

Die Berghoheit nach dem preußischen Allgemeinen Berggesetze. §• 32.

Als

im Jahre 1848 die Reform des preußischen Bergrechtes

angestrebt wurde, bestand darüber kein Zweifel, daß das Bergregal völlig aufzugeben *), andererseits aber an der Ausschließung gewisser wirthschaftlich wichtiger Mineralien von dem Verfügungsrechte des Grundeigenthümers festzuhalten sei. Man war sich in letzterer Be­ ziehung, abgesehen von der historischen Entwickelung, bewußt, daß

nur in dem Falle regelmäßig ein dauernder unb lohnender Betrieb auf die werthvolleren Mineralien ermöglicht werden könne, wenn unter­ nehmungslustigen Personen die Gelegenheit gegeben werde, den Bergbau

ohne wesentliche Hindernisse und unter leichteren Bedingungen, als von den Grundeigenthümern im Ganzen erwartet werden durften, in die Hand

1)

S. 4,

122 der Sitzungs-Protokolle der zur

thung eines neuen Berggesetzes berusenen Commission.

gutachtlichen Borbera­

Allgemeine Lehren (Berghoheit).

105

zu nehmen. Auch ließ man nicht außer Betracht, daß bei der Zer­

stückelung des Grundeigenthumes in kleine Parcellen es nicht wol möglich fei, einen zusammenhängenden, umfangreichen Bergbau zu führen, wenn dieser statt nach der Lagerstätte des Minerales sich nach dem Parcellenbesitze der Oberfläche richten sollte. Zur Aus­ führung sollten diese Gedanken indeß erst in dem Berggesetze vom

24. Juni 1865 gelangen. Schon die Motive des 1862 im Drucke erschienenen vorläufigen Entwurfes eines preußischen Allgemeinen Berggesetzes bemerken

in dieser Beziehung,

daß es „unbedenklich"

erschienen sei, „den in der preußischen Gesetzgebung fast abgestorbenen und in den linksrheinischen Landestheilen schon durch das französische Bergrecht beseitigten Begriff der Bergregalität gänzlich fallen zu

kaffen und an die Stelle des Bergregales die auch für den Bergbau ausreichenden allgemeinen Hoheitsrechte des Staates zu setzen." Es „daß die Bergregalität in dem zu erlassenden Berggesetze nicht beibehalten werden könne." bedürfe keiner näheren Darlegung,

Im Zusammenhänge hiermit erachtete man es aber auch für erforderlich, die „Herrenlosigkeit" der unter das Berggesetz fallenden Fossilien aufzugeben. Die Motive des vorläufigen Entwurfes führen

aus:

„Hierbei mußte zunächst die bis in die neueste Zeit festgehaltene Annahme verlassen werden, wonach die im Schooße der Erde

ruhenden Mineralien „herrenlose Sachen" oder „in bedingtem Sinne freistehende Sachen" sein sollen, indem diese unrichtige Annahme

zu

unrichtigen Folgerungen und namentlich zu der

als werde das Eigenthum der Mineralien durch das Finden erworben und als gewähre die Verleihung Eigen­ thu ms rechte an denselben. Zur rationellen Begründung eines Ansicht führt,

den Bedürfnissen des heutigen Bergbaues entsprechenden Berg­

rechtes erscheint es unerläßlich, jene auch dem Allgemeinen Land­ rechte zu Grunde liegende Anschauung aufzugeben und statt dessen

anzuerkennen, daß die Mineralien in Wirklichkeit Bestandtheile des Grund und Bodens — pars fundi — sind, so lange sie sich

noch ungewonnen auf ihren natürlichen Lagerstätten befinden und daß sie bis zur Gewinnung nicht als Sachen im rechtlichen Sinne,

mithin auch nicht als herrenlose Sachen

betrachtet werden

können." Jene wichtigen Veränderungen des bisherigen Bergrechtes ge­ dachte mail weniger durch specielle Vorschriften, nach welchen das

106

Erste Abtheilung.

Bergregal und die bisherige Herrenlosigkeit der regalen Fossilien ausdrücklich für aufgehoben erklärt wurden, herbeizuführen '), sondern man hielt es nach dem Beispiele der französischen

Gesetzgebung für

genügend, wenn das Gesetz die einzelnen Befugnisse des Staates klar lege und den Satz ausspreche, daß die Aufsuchung und Ge-

winnuug der unter das

Berggesetz

fallenden

Fossilien

nur

nach

Maßgabe der Bestimmungen des letzteren zulässig fei1 2). Diesem Vorgänge ist auch der definitive Entwurf des preußischen

Allgemeinen Berggesetzes, sowie das Gesetz selbst gefolgt, nur daß §. 1 des Gesetzes schärfer als der vorläufige Entwurf die Absicht und das Ziel des Gesetzgebers in den Worten andeutet:

„Die nachstehend bezeichneten Mineralien sind von dem Ver­ fügungsrechte des Grundeigenthümers ausgeschloffen. Die

Aufsuchung und Gewinnung derselben unterliegt den Vorschriften

des gegenwärtigen Gesetzes." In den Motiven des dem

preußischen Landtage vorgelegten

und in den hier einschlagenden Bestimmungen unverändert von er­ sterem angenommenen Berggesetz-Entwurfes ist der Satz ausdrücklich

wiederholt, daß es, um das „Verhältniß des Staates zum Bergbau gesetzlich zu regeln, der Beibehaltung des Regalitätsprincipes nicht bedürfe." „Es erscheine vielmehr vom Standpunkte der Rechtsent­ wickelung in Preußen nothwendig und auch ohne Schwierigkeiten ausführbar, den rechtlich wie praktisch unhaltbaren Begriff des Berg­

regales zu beseitigen."

„Wenn nun", so heißt es weiter, „das Berggesetz einerseits die demselben unterworfenen Mineralien von dem Verfügungsrechte des Grundeigenthümers ausschließt und andererseits, ohne ein Eigen­

thumsrecht des Staates

an diesen Mineralien oder auch nur ein privilegirtes Occupationsrecht des Staates anzuerkennen, die Be­

nutzung der fraglichen Mineralien von einer auf der

hoheitsrecht­

lichen Gewalt des Staates beruhenden Berechtigung abhängig macht,

so erhalten hierdurch die Handlungen und Vorgänge, durch welche das Recht zum Bergwerksbetriebe erworben wird, einen specifisch bergrechtlichen Charakter. Es ergibt sich die Nothwendigkeit beson­

derer Rechtsvorschriften über die Erwerbung des Bergwerkseigen­ thumes, und ebenso nothwendig verlangt das Bergwerkseigenthum 1) Bergt, indeß §. 227 des Entwurfes. 2) §§. 2, 5 des Entwurfes.

107

Allgemeine Lehren (Berghoheit).

selbst einen eigenthümlichen, von dem civilrechtlichen Eigenthum ver­ schiedenen Inhalt.

Das Berggesetz hat demnach die

Aufgabe, die

Grundsätze über die unmittelbare Erwerbung des Bergwerkseigen­

thumes — das

Schürfen,

Mnthen und

Verleihen — aufzustellen

und den rechtlichen Inhalt des verliehenen Bergwerkseigenthumes zu bestimmen." „Hiermit ist aber auch die Aufgabe des Berggesetzes für diesen

Theil erschöpft.

Denn lediglich

der wissenschaftlichen Thä­

tigkeit muß überlassen bleiben, die den

Vorschriften des

Berggesetzes zum Grunde liegenden Theorieen zu entwickeln, die Be­

griffe und das System aus diesen Vorschriften zu construiren. Das

Berggesetz hat umsoweniger Veranlassung, sich auf dieses Gebiet theoretischer Erörterungen zu begeben, als gerade hier die Mei­ nungen sich noch nicht geeinigt haben und namentlich darüber aus­ einandergehen, wie der Act der Erwerbung des Bergwerkseigen­ thumes und letzteres selbst rechtlich aufzufassen

ob davon

und

auszugehen sei, daß die dem Berggesetze

unterwor­

fenen Mineralien als herrenlose Sachen oder, so lange sie sich noch ungewonnen auf ihren natürlichen Lager­

stätten befinden,

als

Bestandtheile

des

Grund und

Bodens angesehen werden müssen*)."

Abweichend von den Motiven des vorläufigen Entwurfes sollte es also hiernach der wiffenschaftlichen Erörterung überlassen werden,

ob eine Herrenlosigkeit der dem Berggesetze unterworfenen Fossilien anzunehmen sei, während in Uebereinstimmung mit den früheren Motiven auch hier betont wurde, daß nach dem Entwürfe das Berg­ regal nicht mehr bestehe. Diese Ausführungen der Motive blieben nicht ohne weitere Er­ örterung. Zunächst machte sich im Schooße der Commission des Her­ renhauses eine Ansicht geltend, wonach der, Staat nur kraft des Berg­ regales gewisse Fossilien von „den Rechten des Grundeigenthümers

ausschließen" könne. Das Regal bliebe demnach auch für die Zukunft die Grundlage der Befugnisse des Staates. Von anderer Seite wurde eine Feststellung darüber gewünscht, „ob in Zukunft ein Bergregal noch bestehe oder nicht."

„Die Majorität der Commission", so heißt es in dem Berichte, „war der Ansicht, daß die hervorgehobene Meinungsverschiedenheit 1) Zeitschr. für Bergrecht Jahrg. VI S 80.

108

Erste Abtheilung.

nur eine theoretische Bedeutung habe.

wurfes berührten diese Frage.

Nur die Motive des Ent­

Dieser selbst schlage den zweck­

mäßigen Weg ein, nur positive Bestimmungen zu geben. Man könne es der Jurisprudenz überlassen, aus welcher Theorie ste diese Bestimmungen herleiten wolle *)." Demgemäß überließ die Commission des Herrenhauses nicht nur die Frage über die Herrenlosigkeit der Fossilien, sondern auch

diejenigen über die Beseitigung des Bergregales lediglich der wissenschaftlichen Untersuchung.

Auch in der Commission

des Hauses der Abgeordneten wurde

vorgeschlagen, das Bergregal ausdrücklich aufzuheben, seitens der Re­ gierung indeß unter Beitritt fast aller Commissions-Mitglieder bemerkt: „Die Absicht des Entwurfes gehe,

wie aus den Motiven klar

und deutlich sich ergebe, dahin, das Bergregal gänzlich aufzuheben

und dem Staate nur diejenigen Befugnisie in Beziehung auf die unterirdischen Mineralien und den Bergbau einzurüumen, welche

gegenwärtigen

einen positiven Ausdruck in dem gefunden hätten; deßhalb

seien

Gesetz-Entwürfe

auch die Vorschriften der Berg­

ordnungen und des Allgemeinen Landrechtes, insbesondere der §. 6 Tit. 16 Th. II, worauf das bisherige Bergregal sich stütze, aus­ drücklich im §. 244 des Entwurfes aufgehoben und werde dadurch

dem Regal der gesetzliche Boden gänzlich entzogen.

Dies müsse

als genügend angesehen werden und erscheine es nicht denk­

bar, daß man dem gegenüber versuchen könnte, im Wege der Interpretation das Bergregal wiederherzustellen?)." Der Commissionsbericht des Hauses der Abgeordneten bezeichnet daher das Bergregal als beseitigt 31).2

d.

Die Mineralien als Substanztheile des Grund und Bodens und die Bergbaufreiheit nach dem preußischen Allgemeinen Berggesetze.

§. 33. Bei einem Rückblicke auf die angegebenen Verhandlungen kann die Absicht des Gesetzgebers, das Bergregal des Staates aufzuheben,

1) Hahn S. 14. 2) Hahn S. 51. 3) Hahn S. 46.

Allgemeine Lehren (Berghoheit).

mit Grund nicht bezweifelt werden.

109

Wenn die Commission des

Herrenhauses über die wirkliche Durchführung dieser Absicht die „Theorie" entscheiden lassen wollte, so ist bisher noch keine Stimme unter den Bearbeitern des preußischen Bergrechtes laut geworden, hätte, daß noch gegenwärtig das Das Wort des Regierungscommissars vor der Commission des Hauses der Abgeordneten, wo­

welche sich dahin

ausgesprochen

Bergregal des Staates fortbestehe.

nach

es als undenkbar bezeichnet wurde, daß man im Wege der

Interpretation das Bergregal wieder herzustellen versuchen könnte, wird

daher wohl als vollkommen zutreffend angenommen werden müssen. In der That sind im ganzen Verlaufe des preußischen Allge­

meinen Berggesetzes dem Staate nur solche Befugniffe beigelegt, welche

aus deffen Hoheit, mag man nun eine besondere Berghoheit anneh­ men oder nicht, abgeleitet werden müssen. Die gegenwärtige Stel­ lung des Staates dem Bergbau gegenüber würde sich dagegen eben­ sowenig aus einem privatrechtlichen Eigenthume an gewissen Fossilien, als aus einem vorzugsweisen Rechte zur Occupation der letzteren er­ klären lassen. Wäre das eine oder andere Recht die Basis des Ge­ setzes, so müßte das Verhältniß zwischen Staat und Bergbau eine

vom Inhalte des Allgemeinen Berggesetzes total verschiedene Rege­ lung erfahren haben.

Gewiß würde aber auch das preußische Allgemeine Berggesetz nur eine sehr unvollkommene Leistung der Gesetzgebung sein, wenn man es nicht einmal verstanden hätte, einheitliches Grundprincip herzustellen;

für den ganzen Staat ein wenn nicht nur die Ver­

schiedenheiten des gemeinrechtlichen und preußischrechtlichen Regales geblieben wären, sondern trotz des gemeinsamen Berggesetzes links

des Rheines das Hoheitsrecht, rechts des Rheines das Bergregal der Ausgangspunkt der staatlichen Befugniffe und Obliegenheiten sein würde. Einer solchen Stümperei hat sich der Gesetzgeber nicht schuldig gemacht.

Ganz nach dem Vorgänge des französischen Berg­

rechtes, welchem vor Erlaß des Gesetzes vom 28.

Juli

1791 das

Bergregal in der Qualität eines Eigenthumsrechtes an den regalen

Fossilien zu Grunde

lag, ist auch im preußischen Berggesetze das

dem Staate als solchem, nicht dem Fiscus die Verfügung über die unter dasselbe fallenden Fossilien zu­ Princip enthalten, daß nur

Indeß das preußische Berggesetz hat sich hierauf nicht einmal Der §. 244 desselben beseitigt ausdrücklich die alleinigen Grundlagen des Bergregales: das gemeine Bergrecht und die §§. 6 stehe.

beschränkt.

Erste Abtheilung.

110

und 69 bis 480 Tit. 16 Th. II. des Allgemeinen Landrechtes.

Es

ans den Bestimmungen des All­ gemeinen Berggesetzes, welche ganz allein entscheidend sind, den Fort­ erscheint daher positiv unmöglich,

bestand des Bergregales zu begründen. Wenn hierüber ein eigentlicher Streit gar nicht bestehen kann, so hat dagegen die Regierung bei Vorlage des definitiven Entwurfes

der Rechtswissenschaft bezeichnet, die Frage einer Lösung entgegen zu führen, ob die unter das Berggesetz fal­ es selbst als Aufgabe

lenden Fossilien vor ihrer Gewinnung

Substanztheile des

Grund

und Bodens bilden oder als herrenlos zu betrachten sind.

Unter den

Bearbeitern des preußischen Bergrechtes ist es na­

mentlich Klostermann gewesen, welcher diese Frage einer ausführ­

lichen Erörterung unterzogen hat'). Das Resultat seiner Erörte­ rung ist der Ausspruch für die Herrenlosigkeit der unter das Berg­ gesetz fallenden Fossilien. Begründet wird dasselbe durch die An­ nahme, daß das Allgemeine Berggesetz sowohl das rechtsrheinische Bergregal, als das linksrheinische Eigenthumsrecht der Grundeigen­

tümer an den noch nicht gewonnenen Fossilien aufgehoben habe. Nach Aufhebung beider folge aus dem Begriffe der deutschen Berg­ baufreiheit die Herrenlosigkeit der betreffenden Fossilien. Dieser Ausführung dürfte indeß nicht

beizutreten sein.

Nach

den Motiven zu Titel I des dem Landtage vorgelegten BerggesetzEntwurfes hatte das rechts- wie das linksrheinische Bergrecht zwei Grundprincipien, welche in das neue Gesetz übergehen sollten. Ein­

mal, waren nach beiden Rechten „gewisse Fossilien dem Verfü­ gungsrechte des Grundeigenthümers entzogen und demjenigen des

Staates Vorbehalten."

Der Rechtsgrund hierfür lag rechtsrheinisch

im Regale, linksrheinisch im Hoheitsrechte. Diese Verschiedenartig­ keit des Rechtsgrundes sollte das Gesetz durch Aufhebung des Regales beseitigen.. Sodann war die sog. Bergbaufreiheit ein Grundprincip beider Gesetzgebungen. Beide hatten die unter das Berggesetz fallenden Fossilien unter

gewissen

aussetzungen für den freien Verkehr bestimmt."

„gesetzlichen Vor­ Nur war „diese

allgemeine Bergbaufreiheit auf der rechten Rheinseite durch einzelne Ausflüsse des Bergregales, auf der linken Rheinseite durch Aus­ schließung des Rechtsanspruches

1) S. 83 ff. Anm.

auf

die

Verleihung abgeschwächt.

Vergl. dagegen Oppenhoff S. 5 Anm.

Allgemeine Lehren (Berghoheit).

111

Der Entwurf befreit aber das Princip von den beiderseitigen Ein­

schränkungen." Hiernach erkennen die Motive ausdrücklich an, daß die sog. Bergbaufreiheit nicht die Herrenlosigkeit der Fossilien zur Voraus­ setzung haben müsse und daß die Bergbaufreiheit, welche nach dem

Allgemeinen Berggesetze bestehe, die im deutschen und französischen Bergrechte anerkannte Bergbaufreiheit sei. Diese Haltung der Mo­ tive dürfte um so mehr als sachlich begründet zu erachten sein,

als

nicht einmal nach gemeinem deutschem Bergrechte die Herrenlosigkeit der regalen Fossilien nachzuweisen ist >). Die sog. Bergbaufreiheit in Deutschland hängt ursprünglich, wie dargethan, mit dem genossen­

schaftlichen Besitze der gemeinen Mark zusammen, gründet sich aber später auf Gewohnheitsrecht und positives Gesetz. Die gesetzliche Be­ schränkung des Regalinhabers bildet nach dem Allgemeinen Landrechte, diejenige des Grundeigenthümers nach dem französischen Berggesetze die positive Grundlage der Bergbaufreiheit. .Der Inhalt der letzteren aber gehet dahin, daß der Bergbau weder zu Gunsten des Staa­

tes, noch des Grundeigenthümers, noch irgend eines Dritten aus­ schließlich Vorbehalten sein soll, daß der Staat vielmehr nach Maß­ gabe des Gesetzes verbunden ist, den Bergbau einem Jeden, welcher dem Gesetze genügt, zu gestatten.

Es fragt sich aber weiter, ob denn überhaupt das preußische Allgemeine

Berggesetz das linksrheinische Recht, wonach

die noch

nicht gewonnenen Fossilien Substanztheile des Grund und Bodens

bilden, aufgehoben hat. Aufgehoben ist nach §. 244 des ersteren das französische Berggesetz vom 21. April 1810, nicht aufgehoben dagegen Art. 552 des bürgerlichen Gesetzbuches („la propriete du sol empörte la propriötd du dessus et du dessous“2).

früher das französische Berggesetz

Wie diese Bestimmung dahin modifi-

1) Bergt oben §. 28 S. 96 ff. 2) Bergt Dr. Stündeck: De iure metallorum quod vocant Bergwerks­ eigenthum. Berlin 1868 p. 37: Res vero prorsus aliter se habet, si eam accuratius inspicere velis. Verum quidem est, lege novissima et ius Francogallium, quod in sinistra ripa Rheni obtinebat et ius metallicum Codicis communis iuris Borussici sublatum esse. Metalla autem in si­ nistra ripa Rheni pariern fundi faciebant non secundum präecepta le­ gis metallicae ai. 1810, sed secundum art. 552 Codicis iuris Franco gallici etc.

Erste Abtheilung.

112

cirte, daß dem Staate die Verfügung über gewisse Fossilien zustehen sollte, so wird erstere nunmehr durch das Allgemeine Berggesetz ganz

in derselben Weise modificirt. Die dem Grundeigenthümer, links­ rheinisch nach dem Berggesetze zustehende Grundrente wurde freilich wie rechtsrheinisch das Mitbaurecht u. s. w., für die Zukunft auf­

gehoben, aber nur deßhalb, weil diese Rechte aus den Berggesetzen, nicht aus dem Civilrechte abzuleiten seien. Die Grundrente, so heißt es in den Motiven, „ist nicht als ein im Grundeigenthume enthaltenes, aus

Art. 552 des bürgerlichen

Gesetzbuches herzulei­

tendes Recht des Grundeigenthümers anzusehen." Das Allgemeine Berggesetz hat mithin den Art. 552 des Code

civil völlig unverändert gelassen und zu einer Aenderung uin so we­ niger Veranlassung gehabt, als das rechtsrheinische Bergregal, nicht aber das linksrheinische Hoheitsrecht aufgehoben werden mußte. Um letzteres beizubehalten, war es nicht erforderlich, die nach dem preu­ ßischen Landrechte bestehenden rechtlichen Voraussetzungen des aufzu­

hebenden Bergregales einzuführen. Dieser Inhalt des Allgemeinen Berggesetzes

hat

auch einen

völlig übereinstimmenden Rechtszustand für die ganze Monarchie her­

gestellt. Nach §. 244 des ersteren sind das gemeine deutsche Berg­ recht, sowie die §§. 6 und 69 bis 480 des Tit. 6 Thl. II des preu­ ßischen Allgemeinen Landrechtes außer Kraft getreten. Hiermit er­

scheinen diejenigen Bestimmungen beseitigt, aus welchen allein die Herrenlosigkeit gewisser Fossilien gefolgert werden konnte. Eine Ab­ weichung von den Grundsätzen des gemeinen Civilrechtes, wonach jedes Fossil als pars fundi zu betrachten ist,

folgerte die Theorie

nur aus dem früheren Bergrechte und den Provincial-Berggesetzen. Nach Aufhebung derselben kommen rechts des Rheines sowohl im

Gebiete des französischen als des gemeinen Civilrechtes die' allge­

meinen Grundsätze des Civilrechtes wieder zur Anwendung.

Auch nach preußischem Civilrechte sind grundsätzlich die Fossilien als Substanztheile des Grund und Bodens anzusehen (§. 43 Tit. 2,

§§. 1, 9 ff. Tit. 8, Thl. I), soweit nicht positive Gesetze etwas An­ deres bestimmens. Ganz allein die durch §. 244 des Allgem. Berggesetzes aufgehobenen Vorschriften des Allgem. Landrechtes er-

1) Koch, preußisches Privatrecht Bd. I §. 235 S. 437. ßisches Privatrecht Bd. III §. 168 S. 137.

Förster, preu.

Allgemeine Lehren (Berghoheit).

113

klärten die regalen Fossilien für herrenlos. Die Regel tritt daher nach

Beseitigung dieser Ausnahmebestimmungen um so mehr wieder in als nach §§. 23

ff. Tit. 8 Thl. I des Allgem.

die Vermuthung gegen

Einschränkungen des Eigenthu­

ihr volles Recht, Landrechtes

mes spricht und daher §. 1 des Allgem. Berggesetzes stricte zu inter-

pretiren ist *). Das preußische Berggesetz hat demgemäß für den ganzen Staat

völlig übereinstimmende Grundlagen des Bergrechtes geschaffen, welche der Commissionsbericht des Hauses der Abgeordneten treffend in den Worten charakterisirt:

„Die wesentlichsten Abweichungen von dem deutschen Bergrechte in seinen Grundprincipien sind folgende: künftig

wegfallen,

und

findet

1. das Bergregal soll

der Entwurf

in den bestehenden

Hoheitsrechten des Staates für das Recht desselben zur Verleihung der unterirdischen Mineralien, die er nach

den

Sachen,

Regeln sondern

der

nicht als herrenlose,

Occupation

zu

erwerbende

als Theile des Grundeigenthumes

1) Wenn §. 1 des preuß. Allgem. Berggesetzes die unter die Vorschriften des letzteren fallenden Fossilien vom „Verfügungsrechte des Grundeigenthümers" ausschließt, so erscheint es nicht zulässig, das Wort „Verfügungsrecht" mit „Ei­

genthum" aus dem Grunde zu identificiren, weil das preuß. Allgem. Landrecht Thl. I Tit. 8 §. 1 das Eigenthum dahin definirt: „Eigenthümer heißt derjenige,

welcher befugt ist, über die Substanz einer Sache oder eines Rechtes, mit Ausschließung Anderer

zu verfügen."

aus

eigener Macht durch sich selbst oder einen Dritten

Dieser von Koch, Commentar S. 33 vertretenen Ansicht kann

schon deßhalb nicht beigetreten werden,

weil die Terminologie des Berggesetzes,

welches auch auf die Landestheile des französischen und gemeinen Rechtes Anwen­

dung findet, keineswegs sich einseitig an diejenige des L'andrechtes anschließt. So­

dann aber hängt der §. 1 des preuß. Berggesetzes nicht nur, wie oben nachge­ wiesen, seinem Sinne und Inhalte nach auf das Engste mit dem französischen

Rechte zusammen, sondern auch die Ausdrucksweise des §.

1 ist dem

letzteren

entnommen.

Das französische Bergrecht unterstellt die „Bergwerke" (mines) der Verfü­ gung der Nation (ä la disposition de la nation) und entziehet dieselben dem Verfügungsrechte des Grundeigenthümers.

Durch

diese Bestimmung ist

aber weder der Staat zum Eigenthümer bestimmter Mineralien gemacht, noch

sind letztere aus dem Eigenthume des Grundeigenthümers ausgeschieden.

(Vergl.

Achenbach, französisches Bergrecht S. 71.)

Das Wort „Verfügungsrecht" ist also aus dem französischen Rechte zu er­ klären.

114

Erste Abtheilung.

betrachtet, an Dritte,

außer dem

Grundeigenthümer, unter

Beobachtung der Vorschriften des gegenwärtigen Entwurfes, eine genügende Grundlage *)."

Bei dem Resultate dieser Erörterung muß der Inhalt der Re­

Während die Motive des vorläufigen Entwurfes aus den Vorschriften desselben den bestimmt ausgesprochenen Schluß zogen, daß die noch nicht gewonnenen Fos­ gierungsmotive einigermaßen befremden.

silien Substanztheile des Grund und Bodens bilden, überlassen die Motive des ungleich schärferen definitiven Entwurfes die Lösung Diese sachlich nicht motivirte Verschiedenheit kann nur in dem Wunsche der Regierung ihre etwaige Erklärung finden, alle Schwierigkeiten, welche dem schleunigen Zu­

dieser Frage der Rechtswissenschaft.

standekommen des wichtigen Werkes entgegenstehen mochten, wenig­ stens in denjenigen Fällen zu vermeiden, in welchen sich eine richtige Feststellung des Inhaltes und Zweckes des Gesetzes bei der späteren Auslegung und Anwendung desselben erwarten ließ. p.

Fortdauer des Bergregales der Privatpersonen.

§. 34.

Im Widerspruche mit den Grundprincipien des Allgemeinen Berggesetzes befindet sich der §. 250 desselben,

durch

welchen das

einzelnen Privatpersonen zustehende Bergregal aufrecht erhalten ist.

Dazu kommt, daß nach dem preußischen Staatsrechte (A. L. R. Thl. II. Tit. 14 §§. 22 ff.) das Recht, gewisse Arten der herren­

losen Sachen in Besitz

zu nehinen, als gemeines

Eigenthum des

Staates gilt und daß nicht dieses Staatscigenthum, sondern nur das Nutzungsrecht an demselben Privatpersonen zustehen kann. Nachdem dieses Staatseigenthum an den „unterirdischen Schätzen der Natur" durch Aufhebung des §. 6 Tit. 16 Thl. II des Allgemeinen Land­ rechtes beseitigt worden ist, konnte wenigstens in denjenigen Bezir­

ken, in welchen jene staatsrechtlichen Vorschriften Anwendung fin­ den, auch das Nutzungsrecht an ersterem nicht mehr aufrecht er­ halten werden.

Wenn der Staat, wie dies in letzter Zeit mehrfach

geschehen ist, das Privatbergregal durch Verträge mit den bisherigen

Berechtigten zu erwerben versucht, so haben diese Verträge nicht den

Erfolg, daß das Regal auf den Staat wirklich übergehet. 1) Bergl. Hahn S. 27.

Ersteres

erlischt vielmehr, indem der Staat nur die Berghoheit nach Maß­ gabe des Gesetzes ausüben fdnn; andererseits auch der §. 250 das Regal nur zu Gunsten von Privatberechtigten, nicht des Staates aufrecht erhält. Bezog sich daher das Privatregal noch auf andere Fossilien, als die im §. 1 des Allgem. Berggesetzes aufgeführten, so fallen diese Fossilien mit Perfection des betreffenden Vertrages dem Grundeigenthümer zu. Könnte diese Auffassung als unrichtig nachgewiesen werden, so würde es behufs Herstellung eines einheit­ lichen Bergrechtes bei jeder Beseitigung eines Privatbergregales eines Gesetzes bedürfen *)• f.

Schlußbemerkungcn, insbesondere über die neueren Berggesetze

in anderen deutschen Staaten.

8- 35.

Abgesehen von dieser Abweichung bestehet also nach dem preuß. Allgem. Berggesetze das privatrechtliche Bergregal nicht mehr. Kraft der Hoheit über den Bergbau gebührt dem Staate nach Maßgabe des Gesetzes ein Verfügungsrecht über gewiffe Fossilien, welche an sich einen Substanztheil des Grund und Bodens bilden (§. 1 des Allgem. Berggesetzes). Dieses Verfügungsrecht bietet keinerlei privat­ rechtliche Seite dar, weßhalb kraft desselben weder eine Reservation von Bergwerksfeldern zu Zwecken des Staatsbergbaues1 2) (§. 2 des Allgem. Berggesetzes), noch auch bei Ausübung des ersteren eine Ab­ weichung von den Vorschriften des Gesetzes zulässig ist3). Die Berg­ baufreiheit erscheint als Ausfluß der staatlichen Hoheit über den Bergbau und findet ihre Regelung durch das Gesetz. Dem Vorgänge der preußischen Gesetzgebung sind diejenigen neue­ ren deutschen Berggesetze gefolgt, welche sich im Wesentlichen als eine 1) Ueber die rechtliche Stellung der Privatregalherren vergl. unten §. 38 im Anfänge (wegen der unter das Regal fallenden Mineralien), §. 42 am Schluffe

(wegen alter Berghalden und verlassener Bergwerke), §. 44 (wegen der Erbstollen),

§. 47 Anm. (wegen Verleihung fließender Wasser), §. 60

Anm.

(wegen der

Aufbereitungs-Anstalten, Hüttenwerke, Dampfkessel und Wassertriebwerke), §. 61 am Schlüsse (wegen Verleihung

von

Bergschmieden, Grundstücken und Wal­

dungen), §. 66 (wegen der Feldesreservation), §. 68 (wegen der Districtsver-

leihung), §. 69—72 (wegen der Veräußerung des Bergregales). 2) Vergl. unten §§. 63 ff.

3) Vergl. unten §§. 67, 68.

Erste Abtheilung.

116 Nachbildung

oder Wiederholung

Das

ersteren charakterisiren.

der

bayerische Berggesetz vom 20. März 1869, durch welches das Berg­ regal gleichfalls beseitigt wurde *),

indeß insofern eine we­

enthält

sentliche Abweichung von dem preußischen

Gesetze,

als

der

Art. 1

des ersteren mit den Worten beginnt: „Das Eigenthumsrecht an Grund und Boden erstreckt sich

nicht auf die nachstehend bezeichneten Mineralien",

während §. 1 des Preußischen Berggesetzes im Eingänge lautet: „Die nachstehend bezeichneten Mineralien

sind von dem Ver­

fügungsrechte des Grundeigenthümers ausgeschlossen."

Durch diese juristisch

schwerlich zu rechtfertigende Bestimmung

der bayerischen Gesetzgebung ist im Gegensatze zum preußischen Rechte

die Herrenlosigkeit der unter das Berggesetz erkannt und demgemäß namentlich

fallenden Fossilien

an­

eine Aenderung des linksrheini­

schen Civilrechtes bewirkt^).

Das Königlich sächsische Berggesetz vom 16. Juni 1868, welches im Uebrigen sich manche Besonderheiten dem preußischen Rechte

ge­

genüber bewahrt hat, theilt dagegen mit letzterem neben der Besei­ tigung des Bergregales b) auch den gemeinschaftlichen Grundsatz, daß

die im §. 1 angeführten Fossilien nur von dem Verfügungsrechte des Grundeigenthümers ausgeschlosien sind. Wenn

andere

Berggesetze

österreichische Berggesetz

der

vom 23.

neueren Mai

Zeit,

1854

wie

z. B. das

(§. 3)41)2 3und

das

1) Der bayerische Finanz - Minister bemerkte in der Sitzung der Kammer der Abgeordneten vom 18. Februar 1868: „Von dem vielfach angefochtenen, manche

Unklarheit erzeugenden und dem französischen Bergrechte durchaus fremden Be­ griffe des Bergregales ist in dem Gesetzentwürfe vollständig abgesehen, da die

hieraus für die Staatsgewalt abgeleiteten Befugnisse, soweit deren Aufrechterhal­ tung dermalen noch nothwendig

erscheint, eine ausreichende Grundlage in den

allgemeinen Hoheitsrechten finden." 2) Wie es scheint, glaubte man hierdurch sich mehr dem bestehenden Rechte anzuschließen und gleichzeitig

im Gegensatze zum Bergbaurechte das Bergwerks-

eigenthum rechtlich begründen zu können.

lHahn,

Bayern, Zeitschr. für Bergrecht. Jahrg. X S. 332.)

und letzteres ebenfalls als richtig nicht anzuerkennen.

zur Berggesetzgebung in

Ersteres ist nicht zutreffend

Jedenfalls entspricht die

Herrenlosigkeit der einen Theil der Substanz des Grund und Bodens bildenden Fossilien weder der natürlichen, noch der juristischen Auffassung. Vergl. oben S. 97.

3) Im §. 2

wird

Kohlenbergbau erwähnt.

der

Regalbergbau (Erzbergbau) als Gegensatz zum

Hier handelt es sich nur um eine übliche Bezeichnung.

4) §. 3: „Unter Bergregal wird jenes landesfürstliche Hoheitsrecht ver-

Allgemeine Lehren (Berghoheit).

Berggesetz für das

117

Großherzogthum Sachsen vom 22. Juni 1867

(§. 2) das Bergregal noch ausdrücklich erwähnen, so hat dies ent­ weder wie im österreichischen Berggesetze fast nur eine rein formelle Bedeutung, indem materiell das Regal beseitigt erscheint *), oder aber

es haben Gründe localer Natur, wie die Trennung des landschaft­ lichen und Kammer-Vermögens, zur Aufrechterhaltung einer an sich

als überlebt

anerkannten

Einrichtung geführt?).

Jedenfalls

fest, daß binnen Kurzem das privatrechtliche Regal aus der

stehet Reihe

der bestehenden Institutionen in Deutschland verschwinden und daß die Beschränkung des

Grundeigenthümers in der Verfügung über

gewisse Fossilien, sowie die Bergbaufreiheit überall aus den Hoheits­ rechten des Staates abzuleiten sein wird.

II. Vom Umfange des Gergregales und der Oerghoheit. 1. Die vom Berfügungsrechte des Grundeigenthümers ausgeschlossenen Mineralien. Nach gemeinem Bergrechte und den Bergordnungen.

a.

§. 36.

Das Bergregal oder nach neueren Gesetzen die staatliche Hoheit beziehet sich in erster Linie auf gewisse Mineralienb). Nach den

Urkunden des

Mittelalters scheinen die deutschen Könige zunächst

bemüht gewesen zu sein, das Regal bei Gold, Silber und Salz^)

zur Anerkennung zu bringen.

Die Constitution Friedrich I. v. I.

1158 hebt nämlich nur die argentifodinae neben den. salinarum reditus hervor. Ebenso redet der Sachsenspiegel von leinen anderen.

standen, gemäß welchem gewisse, auf ihren natürlichen Lagerstätten vorkommende Mineralien der ausschließlichen

Vorbehalten sind."

Verfügung

des

Allerhöchsten Landesfürsten

Schneider, Lehrbuch des Bergrechts §. 149 S. 205.

1) Vergl. z. B. §. 12 des ästen. Berggesetzes: „Die Bergwerksunterneh­

mungen des Staates unterliegen den nämlichen Bestimmungen, wie jene der Privaten." 2) Schomburg, Betrachtungen S. 30 ff. 3) Nach gemeinem Rechte beziehet sich das Bergregal auch auf die Lager­ stätten dieser Mineralien.

4) Ueber das Salzregal, insbesondere auch über die Regalität der Salz­ quellen

vergl.

die mehrerwähnte Schrift von Böhlau de regalium notione

et de salinarum iure regali comm.

Erste Abtheilung.

118

als den Silberbergwerken. Andererseits unterliegt es indeß keinem Zweifel, daß Gold und Silber lediglich als die werthvollsten Re­ präsentanten der Metalle erwähnt werden und daß das Regal von Anfang an auf die Metalle insgesammt angestrebt worden ist, wie dies die meisten Königlichen Verleihungsurkunden, einschließlich der goldenen Bulle Karls IV. v. I. 1356 (universas auri et argenti fodinas atque mineras stanni, cupri, ferri, plumbi et alterius cuiuscunque generis metalli ac etiam salis tarn inventas quam inveniendas), unzweideutig darthun'). Gemeinrechtlich ist der Umfang des Bergregales hierbei stehen geblieben, wie denn auch die Mehrzahl der älteren Bergordnungen diese Grenze nicht überschreitet?). Demgemäß muß derjenige, welcher abgesehen vom Salze die Regalität eines nicht unter die Metalle fal­ lenden Minerales behauptet, erstere im Falle eines Rechtsstreites beweisen, da gemeinrechtlich nur die Re­

galität der Metalle und des Salzes angenommen wer­ den kann. Nach gemeinem Bergrechte gehören hiernach die Stein- und Braunkohlen nicht zu den regalen Mineralien und die Vorschrift des §. 4 des Königlich sächsischen Berggesetzes vom 16. Juni 1868: „Das Bergbaurecht hinsichtlich der Stein- und Braunkohlen31) 2 1) Siehe z. B. oben S. 85 Anm. 2 die Urkunde für den Bischof von Trident

v. I. 1189. Ausnahmen kommen auch noch in späterer Zeit beim Eisen vor. Die Vorschrift der schlesischen Berg-Ordn. v. I. 1769 c. 1, wodurch das Eisen vom Regal ausgeschlossen ist, erscheint mit Rücksicht auf das frühere schlesische Bergrecht

nicht

gerechtfertigt.

Für das

lateinische

Wort metalla kommt

schon in sehr alten Urkunden die deutsche Bezeichnung Erz (arix, aric, artz, aruzi) vor, z. B. in der Schenkungs-Urkunde Herzog Heinrichs von Kärnten v. I. 1103: salino et rudere,

Zeitschrift für Bergrecht.

quod arix dicitur.

(Vergl. Commer in der

X S. 379, 389; Böhlau p. 16, 17.) In den süd­

deutschen Bergrechten des Mittelalters wiederholt sich dieser Ausdruck außeror­ dentlich häufig.

Böhlau weist p. 17 a. a. O. nach, wie die Salzquellen

auch als „Salzerzt" bezeichnet worden sind.

Interessant ist, daß das Wort Arz

auch in den Gewohnheiten von Massa vorkommt. (Vergl. Appendice all’ archivio

storico italiano Nr. 27 (vol. VIII, Firenze 1853) p. 701.) 2) Vergl. z. B. joachimsthaler Berg-Ordn. v. I. 1548, Thl. 2 Art. 2,

kursächsische Berg.-Ordn. v. I. 1589, Art. 6 u. s. w. 3) Die älteren Gesetze und Verordnungen nennen meist nur die Stein­ kohle.

Unter dieser Bezeichnung ist indeß die Braunkohle mit zu verstehen.

Vergl. Brassert, Bergordnungen S. 474 Anm., S. 944 Anm. und Zeitschr. für Bergrecht Jahrg. X S. 257 ff.

Allgemeine Lehren (Vorbehaltene Mineralien).

119

ist ein Ausfluß des Grundeigenthumes" entspricht völlig dem gemei­ nen Bergrechtes.

Das Partikular recht

hat dagegen

theils in Folge aus­

drücklicher Bestimmungen, theils auf Grund des Gewohnheitsrechtes die gemeinrechtliche Grenze der Regalität vielfach überschritten. Wenn

indeß einzelne Partikularrechte1 2)3 neben den Metallen auch die Mi­ neralien als Gegenstand der. bergrechtlichen Verleihung bezeichnen,

so ist hierdurch dem Regal noch keineswegs eine unbeschränkte Aus­

dehnung gegeben, da der ältere bergrechtliche Sprachgebrauch unter Mineralien nur die sog. niederen Metalle und einige andere Fossi­ lien verstand.

So sagt Herttwig in seinem Bergbuche sub voce

„Mineralia“:

„Hierunter wird Kupfer, Zinn, Eisen, Blei, Queck­

silber, Alaun, Vitriol, Schwefel, item Wißmuth,

Kobalt und der­

gleichen gerechnet" und fügt unter Kohlen §. 10 hinzu: „Stein­ kohlen sind weder vor Metall, noch ein Mineral zu achten und dürfen daher nicht gemuthet werden." Partikularrechtlich dehnte man aber auch das Regal über die Grenze der Mineralien aus. Nicht nur die Unterwerfung der Kohle unter das Regals fand statt, sondern vielfach verblieb dem Grund-

1) Vergl. die gleiche Bestimmung des preußischen Gesetzes vom 22. Februar 1869 über die Rechtsverhältnisse des Stein- und Braunkohlenbergbaues in den vor­

mals sächsischen Landestheilen. Merkwürdig sind die besonderen Gewohnheiten, welche

sich beim Steinkohlenbergbau ausbildeten, wo derselbe nicht in die Negalrechte des Landesherren überging. In der auf der linken Rheinseite gelegenen Jülich'schen Unterherrschaft Heiden (Ländchen, Ländchen von der Heiden) ertheilte jeder Grund­ eigenthümer Verleihungen gegen Entrichtung eines Erbschillings und des sog.

Schachthundes, einer der märkischen Tradde analogen Abgabe. Ueber die Gewohnheiten beim Steinkohlenbergbau des Stiftes Rellinghausen vergl. Achrnbach,

Geschichte der cleve-märkischen Berggesetzgebung und Bergver­

waltung (Berlin 1869) S. 43. In Jars metallurgischen Reisen Bd. 2 S. 769 ff. ist das General-Reglement über die Kohlenbergwerke in der Provinz Limburg vom 1. März 1694 abgedruckt.

Die alten lütticher Gewohnheiten über den Stein­

kohlenbergbau enthält der Vertrag von St. Jaques v. 3.1487 (Wagner S. 1007 ff.). Siehe auch Achenbach, französisches Bergrecht S. 80, 81. 2) Eisleben - mannsfeldische Berg-Ordn. v. I. 1673 Art. 2; bayerische

Berg-Ordn. v. I. 1784 Art. 1.

3) Thüringsche Berg-Ordn. v. I. 1563 (Herthum, Sammlung S. 150); markgräflich-brandenburgische Berg-Ordn. v. I. 1619, Art. 7 (Wagner S. 438);

hessische Bergfreiheit v. I. 1616 (Wagner S. 626);

heit v. I. 1710 (Wagner S. 578).

würtembergische Bergfrei­

Ick letzterer heißt es:

„Kobold,

Eisen,

120

Erste Abtheilung.

eigenthümer kaum mehr als die Ackerkrume unbestritten zur freien

Benutzung übrig. Schiefer- Sandstein- Kalk- Marmorbrüche, Feuer­ steine, Kreide- Sand- Porcellan- Walker- und Farbenerde, RöthelGruben u. s. w., ja sogar die Salpetergewinnung wurden dem Bergregal unterworfen*l).

In einer preußischen Verleihungsurkunde

vom Jahre 1705 für Bergwerke im

Fürstenthume Halberstadt ist

neben den Metallen u. s. w. auch Indiz aufgeführt2).

Schwefel, Steinkohlen und andere Mineralien." Die Steinkohlen werden also als

Mineral angesehen, wogegen die markgräflich-brandenburgische Berg-Ordn, dem Bergmeister die Macht ertheilt, auf alle Metalle und Mineralien, wie die Namen haben, sammt Steinkohlen, Schiefer, Mühl- und Feuerstein, nichts ausgenom­

men, Bergwerk zu verleihen." Hier zählen die Steinkohlen nicht zu den Mine­ ralien. Ebenso sagt die cleve-märkische Berg-Ordn. v. I. 1766 c. 2 §. 1 (Brassert S. 824): „Metall, Mineralien oder Steinkohlen" und im c. 1 §. 1: „Mineralien, Metalle oder Fo ssilien." Ueber das Alter des Steinkohlen­ bergbaues in Deutschland und dessen frühere wirthschaftliche Bedeutung, sowie über die Regalität' der Steinkohle in der Grafschaft Mark vergl. Achenbach, Ge­

schichte der cleve-märkischen Berggesetzgebung und Bergverwaltung. (Berlin 1869.)

1) Dies geschah regelmäßig nicht durch die Bergordnungen, sondern ent­

weder auf Grund behaupteten Gewohnheitsrechtes oder besonderer Bestimmungen; jedoch auch die Bergordnungen selbst enthalten

Bergregales vielfach sehr abweichende Vorschriften.

rücksichtlich des Umfangs des So zählt die bereits ange­

führte thüringsche Berg-Ordn. v. I. 1563 neben den Metallen zum Berg­ regale, „alle andere metallische Bergart, Wasser und Farben, so unter der Erden

gewirket werden und daraus kommen, es sei gleich Salz, Alaun, Vitriol, Sal­

peter, Ocker, Lasur, Zinnober, Kreide, Berggrün, Steinkohl oder dergleichen." In der kurkölnischen Berg-Ordn. v. I.

dieweilen nicht

1669 heißt es Thl. II Art. 5:

allein die Marmor- und Alabasterbrüche,

sondern auch

„Und

alle

Mühlenstein- und dergleichen Hauptbrüche in Unseren Landen, wo selbige nur angetroffen, desgleichen auch die Schieferbrüch den Bergwerken ankleben, einver­ leibt und mit incorporirt sind." (Brassert, Bergordn. S. 541.) Die schlesische

Berg-Ordn. v. I. 1769 und die magdeb.-halberstädtische Berg-Ordn. v. I. 1772 c. 1 §. 1 rechnen zum Bergregal unter Anderem: Salpeter, Serpentin, Fluß

spath, Bergkrystall, Chrysopas, „alle ganze und halb edle und übrige pretiöse Steine." (Brassert S. 943.) Die nassauische Berg-Ordn. v. I. 1857 §. 1 unterwirft dem Regal Schwerspath, Walkererde, Gyps, Dachschiefer „und solche

Thonarten, welche für die Fabrication von steinernen Waaren und Pfeifen an und für sich tauglich sind oder mit andern gemischt bei den Krugbäckereien zur Verwendung sich eignen" u. s. w. Vergl. auch Zeitschrift für Bergrecht, Jahrg. VIII

S. 272. 2) Otia metallica t. III S. 339.

Auch in dem preußischen Privilegium

Allgemeine Lehren (Vorbehalten? Mineralien).

121

Diese völlig willkürliche Ausdehnung der Bergregaliiät findet ihre Erklärung in dem Bestreben, nach Möglichkeit zu steigern.

die Einnahme des Regalherren

Erfolgte durch erstere zwar einerseits

regelmäßig auch eine Ausdehnung der Bergbaufreiheit auf eine große

Zahl von Mineralien, welche bisher der letzteren nicht unterworfen waren, so konnte dieser Umstand dennoch die erhebliche Schädigung der Interessen des Eigenthumes am Grund und Boden nicht auf­ wiegen. b.

Nach den neueren Berggesetzen, insbesondere dem preußischen

Allgemeinen Berggesetze.

§. 37. Die neuere Berggesetzgebnng hat sich daher

genöthigt gesehen,

das Bergregal auf den ihm gebührenden Umfang wieder zurückzu­ führen und festere Grenzen zwischen den aus dem Grundeigenthume und dem Bergregal oder Hoheitsrechte hervorgehenden Befugnissen

zu ziehen. An der gemeinrechtlichen Grenze war freilich im Allgemeinen

nicht festzuhalten. Bereits das preußische Allgemeine Landrecht hatte Thl. II Tit. 16 §. 69 ff. alle Fossilien, woraus Metalle und Halb­

metalle gewonnen werden, die Salzarten einschließlich der Salzquellen, die Jnflammabilien und Edelsteine dem Bergregale unterworfen, dagegen alle anderen Fossilien, wie Marmor, Porphyr, Granit, Basalt, Serpentin, Kalk, Gips, Sandstein, Thon, Lehm, Mergel, Walker- Umbra- Ocker- und andere Farbenerden, insofern aus den­ selben keine Metalle oder Halbmetalle gewonnen werden, dem Grund­ eigenthümer belassen. Ebenso waren in dem französischen Berggesetze vom 21. April 1810 unter Anderem die Stein- und Braunkohle zu den Bergwerken (mines) gerechnet *).

Die gemeinrechtlich stattfindende Ausschließung

der Stein-

und Braunkohle vom Bergregal fand daher in einem großen Theile Deutschlands?) schon zu Anfang dieses Jahrhunderts keine Anwen­ dung mehr. für die Mindener Gewerkschaft vom 15. März 1742 wird Indiz unter den ver­

liehenen Mineralien aufgeführt! 1) Achenbach, franz. Bergrecht S. 149.

2) Vergl. auch das österreichische Avertiffement vom 19. Februar

1766

Erste Abtheilung.

122

Durch das Preußische Allgemeine Berggesetz konnte unter diesen Umständen die Grenze zwischen dem Verfügungsrechte des Grundeigenthümers und dem Hoheitsrechte des Staates ebensowohl mit Berücksichtigung des Landesrechtes als des wirthschaftlichen Nutzens der Mineralien gezogen werdens. Um diese Grenze „fest und leicht erkennbar" zu machen, entschloß man sich eine generelle Bezeichnung der Mineralien zu vermeiden, letztere vielmehr nach dem Vorgänge des französischen Berggesetzes vom 21. April 1810 namentlich aufzuzählen, so daß die nicht speciell bezeichneten Mineralien der Ver­ fügung des Grundeigenthümers unterliegen. Der Sinn des Gesetzes gehet daher dahin: Alle Mineralien befinden sich im Eigenthume des Grundeigenthümers. Ausnahmsweise tritt indeß bei einzelnen, besonders benannten Mineralien das Verfü­ gungsrecht des Grundeigenthümers über dieselben nicht ein2). Nach §. 1 des preußischen Allgemeinen Berggesetzes vom 24. Juni 1865 sind vom Verfügungsrechte des Grundeigenthümers aus­ geschlossen 3): (Wagner S. 131), durch welches in den niederösterr. Landen der Steinkohlen­

bergbau frei erklärt wird.

1) Die Motive des vorläufigen Entwurfes bemerken, daß die Frage, welche Fossilien vom Verfügungsrechte des Grundeigenthümers auszuscheiden seien, „von

ihrer historischen, rechtlichen und Volkswirthschaftlichen Seite in's Auge

gefaßt werden" müsse (S. 17).

In den Motiven des definitiven Regierungsent­

wurfes ist gleichfalls gesagt, daß jene Frage nicht nur nach der „bestehenden Berggesetzgebung" sondern auch nach „überwiegenden volkswirthschaftlichen und

bergbaulichen Rücksichten" zu beurtheilen sei. .(Hahn S. 41.)

2) Achenbach, französisches Bergrecht S. 149 ff. 178.

Die Ansicht, daß

das französische Bergrecht die Fossilien nach der Gewinnungsweise in die drei Klassen der nrines, minieres und carrieres eintheile, ist falsch. theilung erscheint vielmehr als eine administrative.

Die Ein-

Das Gesetz classificirt

die Fossilien nach den Vorschriften, welche rücksichtlich ihrer Gewinnung ge­ geben sind.

Die Worte des ersteren relativement aux regles de Pexploita-

tion bedeuten nicht nach der „Gewinnungsweise," wie stets die deutschen Uebersetzungen irrthümlich lauten, sondern nach den Vorschriften über die Ge­

winnung.

Vergl. Achenbach a. a. O. S. 156.

3) Das Königlich sächsische Berggesetz vom 22. Mai 1851 §. 1 rechnet die­

jenigen Mineralien,

„welche

sind," zum Bergregal.

vom

wegen

ihres

Metallgehaltes

nutzbar

Ebenso schließt §. 1 des Königlich sächsischen Berggesetzes

16. Juni 1868 diese metallischen Mineralien vom Verfügungsrechte

Grundeigenthümer aus.

In Folge dieser generellen Bezeichnung

des

hörten unter

Allgemeine Lehren (Vorbehaltene Mineralien).

„Gold, Silber, Quecksilber, Eisen eisenerze, Blei,

Kupfer,

mit Ausnahme der Rasen­

Zink,

Zinn,

123

Kobalt, Nickel, Arsenik,

Mangan, Antimon und Schwefel, gediegen und als Erze; Alaun und Vitriolerze; Steinkohle, Braunkohle, Graphit; Steinsalz nebst

den mit demselben auf der nämlichen Lagerstätte vorkommenden Salzen und die Soolqucllen" >).

Anderen Schwefel, Alaun u. s. w. auf, der Berghoheit unterworfen zu sein. Die Worte „wegen ihres Metallgehaltes nutzbar" werden in den Motiven dahin

erläutert, daß es sich um Mineralien handele, „welche zu besonderer Ver­

werthung des darin befindlichen

Metallgehaltes

gewonnen zu

werden Pflegen." Das österreichische Berggesetz vom 23 Mai 1854 gehet weiter, wenn dasselbe

§. 3 bestimmt: „Zum Bergregale gehören alle Mineralien, welche wegen ihres Gehaltes an Metallen,

Schwefel, Alaun, Vitriol oder Kochsalz benutzbar

sind, ferner die Zementwässer, Graphit und Erdharze, endlich alle Arten von

Schwarz- und Braunkohle.

Solche Mineralien heißen vorbehaltene Mineralien."

Das Gesetz stellt mithin zwei Requisite auf,

und sodann das der Benützbarkeit.

einmal das des Gehaltes

Nach den Vollzugsvorschriften ist zwischen

Nutzbarkeit und Benützbarkeit kein Unterschied. (Vergl. dagegen Schneider, Lehrbuch

des österr. Bergr. S. 113 Anm. 2.)

Die Vollzugsvorschriften dagegen bemer­

ken vielmehr, „daß die meisten, vorzugsweise die farbigen Stein- und Erdarten, dann

viele sog. Mineralwässer u. dergl. größere oder geringere Mengen von

Metallen, Schwefel, Salzen u

s. w. enthalten; ja daß solche Stein- Erdarten

und Wässer die Eigenschaften, wegen welcher sie im gemeinen Leben einen beson­

deren Werth haben, oft gerade diesen Bestandtheilen verdanken, gleichwohl aber

nicht als vorbehaltene Mineralien angesprochen werden dürfen, weil sie nicht

auf eine technische Darstellung dieses ihres Bestandtheiles im Großen benutzbar sind.

Den Maßstab zur Beurtheilung dieser Benütz­

barkeit bildet die bisherige Erfahrung im Gebiete der Hütten­

kunde" u. s. w. Vergl. unten die Anmerkungen über das preußische Recht §. 39. 1) Wenn §. 1 des preußischen Allgem. Berggesetzes nach der demselben durch

die Commission des Herrenhauses gegebenen Fassung (Hahn S. 46

die Sool-

quellen zu den Mineralien zählt, so widerstrebt dies ebensowenig älterem Sprach­

gebrauche (Böhlau de regal, natione etc. p. 17), wie der wissenschaftlichen Anschauung.

(Böhlau p. 20.)

Siehe auch §. 36 S. 118 Anm. 2.

Neben dem Steinsalze sind die mit demselben auf der nämlichen Lagerstätte

vorkommenden Salze für Vorbehalten erklärt.

Das preußische Allgem. Landrecht

Thl. II Tit. 16 §. 17 hatte „alle Salzarien" dem Bergregal unterworfen.

Insoweit daher das preußische Allgem. Berggesetz im §. 1 nicht einzelne Salze ganz

allgemein als Gegenstand des Hoheitsrechtes aufzählt, wie z. B. den Alaun, ent­

hält die angeführte Bestimmung des §. 1 eine Einschränkung der landrechtlichen

Erste Abtheilung.

124

Nach dieser Aufzählung sind Stein- und Braunkohle, einschließ­ lich des zur Steinkohle gerechneten Anthracites, der Hoheit des Staates unterworfen, andererseits aber die noch in dem vorläufigen

Entwürfe unter den Gegenständen der Berggesetzgebung aufgeführten Metalle Platin, Wolfram, Kadmium, Wismuth, Selen, Molybdän, sonne' ferner die Raseneisenerze, die Edelsteine und die nach einzelnen

Bergordnungen znm Regal gehörenden Marmor- Alabaster- Dachschiefer- Mühlstein- und Kalksteinbrüche, Flußspath, Erdpech und bituminöse Schiefer dem Grundeigenthümer zugewiesen. Aus wirthschaftlichen Gesichtspunkten war gegen diese Beschrän­ kung der staatlichen Hoheit um so weniger ein erhebliches Bedenken

herzuleiten, als nach den Motiven des Regierungsentwurfes, abge­ sehen vom Salze, 99 Procent des Werthes sämmtlicher Bergwerks-

producte im damaligen Preußen auf Steinkohlen, Blei- Silber- Eisen- Zink- und Kupfererze fielen.

Braunkohlen,

„Die lange noch nicht abgeschlossene Reihe der übrigen (d. h. im §. 1 nicht benannten) Metalle läßt der Entwurf unberücksichtigt",

bemerken die Motive des definitiven

Regierungsentwurfes.

„Die­

selben kommen nämlich in Preußen theils gar nicht, theils so ver­ einzelt und selten vor, daß bei ihnen der Gesichtspunkt einer all­

gemeinen Nutzbarkeit nicht zutrifft und es deshalb nicht ge­ rechtfertigt sein würde, das Verfügungsrecht des Grundeigenthümers auch hier auszuschließen" *)• e.

Nach

den

provincialrechtlichen

Vorschriften des

preußischen

Allgemeinen Berggesetzes.

8- 38. Abgesehen von der Aufrechterhaltung der Rechte der PrivatVorschriften, indem die mit dem Steinsalze vorkommenden Kali-Magnesia-Bor-

salze u. s. w. nur, insoweit dieselben mit ersteren auf der nämlichen Lagerstätte brechen, vorbehalten sind.

Ob gemeinrechtlich alle Salze als Gegenstand des

Bergregales angesprochen werden können, ist nicht ohne Zweifel, dürfte indeß wegen

der allgemeinen Fassung der goldenen Bulle Karls IV. v. I. 1356 (minerae salis) zu bejahen sein. 1) In dem Commissionsberichte des Hauses der Abgeordneten heißt es: „Der Entwurf geht von dem richtigen Gesichtspunkte aus, daß nur solche

Mineralien

dem Verfügungsrechte des

Grundeigenthümers zu

entziehen seien, welche für die allgemeine Gewerbthätigkeit vor­

zugsweise wichtig sind."

Allgemeine Lehren (Vorbehaltene Mineralien).

125

regalinhaber *), hat das preußische Allgemeine Berggesetz mit Rücksicht auf das hergebrachte Recht einzelner Landesthcile 1 2)3 4von der allge­ meinen Bestimmung des §. 1 verschiedene Abweichungen zugelassen, welche provinciell eine Einschränkung der staatlichen Hoheit enthalten. In den provincialrechtlichen Vorschriften §§. 210 ff. werden nämlich

für das Gebiet des westpreußischen Provincialrechtes alle Mineralien mit Ausschluß des Steinsalzes und der Soolquellen; im Herzogthume Schlesien

und der Grafschaft Glatz, in Neuvorpommern und der Eisenerze; in

Insel Rügen, in den hohenzollernschen Landen die den

vormals

Königlich sächsischen Landestheilen

Braunkohlen dem Grundeigenthümer überwiesen.

die Stein- und Daffelbe ist später

durch die Königliche Verordnung vom 8. Mai 1867 Art. II8) rück­ sichtlich des Steinsalzes und den mit demselben auf der nämlichen Lagerstätte vorkommenden Salzen, sowie den Soolquellen

für die

ganze Provinz Hannover, rücksichtlich der Stein- und Braunkohlen für das Fürstenthum Kalenberg einschließlich der Grafschaft Spiegel­

wogegen umgekehrt die Königliche Ver­

berg (Art. XII) geschehen,

ordnung vom 22. Februar 1867 Art. II für Nassau

den Dach­ schiefer und die Königliche Verordnung vom 1. Juni 1867 Art. XV

1) Vergl. oben S. 114 §. 34.

2) Der Bernstein gehört nicht zum Bergregal, bildet vielmehr nach ostpreußischem Provincialrechte sowohl in der Ostsee, wie am Strande und im

Binnenlands ein vorbehaltenes „Eigenthum" des Staates.

Abgesehen vom Gebiete

jenes Provincialrechtes, stehet die Bernsteingewinnung regelmäßig dem Grundeigen­ thümer zu, nur am Strande und in der Ostsee ist der Staat in Westpreußen

und zum Theil in Pommern zur Bernsteingewinnung berechtigt.

(Vergl. über

Ostpreußen das Gesetz v. 22. Februar 1867, Zeitschrift für Bergrecht Jahrg. IX S. 39.) Dieses Recht des Staates auf den Bernstein hat der Bericht der Com­ mission des Hauses der Abgeordneten zum Allgem. Berggesetze als ein besonderes

Bernsteinregal bezeichnet (Hahn S. 48). ebensowenig der

Grundsatz der

Es bestehet daher in Ostpreußen

Bergbaufreiheit, als für das Binnenland ein

Recht des Staates nach den Bestimmungen des Allgem. Berggesetzes die Abtre­ tung von Grund und Boden behufs der Bernsteingewinnung zu verlangen. Der

Regalinhaber ist nur befugt, die Ablieferung des gefundenen Bernsteines zu be­

anspruchen, nicht aber auf fremden Grundstücken ohne Erlaubniß des Grundeigenthümers

einen Bergbau

auf Bernstein einzurichten, Schürfversuche anzu­

stellen u. s. w. 3) Vergl. Motive in der Zeitschr. für Bergr. Jahrg. VIII S. 168 ff.

4) Vergl. Motive in der Zeitschr. für Bergr. Jahrg. VIII S. 13.

Erste Abtheilung.

126

für die Herrschaft Schmalkalden *) den Schwerspath dem Verfügungs­ recht des Grundeigenthümers im Anschlüsse an das bestehende Recht dauernd entzogen hat. Diese Abweichungen von der allgemeinen Regel erscheinen theo­ retisch insofern nicht gerechtfertigt, als die staatliche Hoheit in allen Landestheilen dieselbe sein sollte; andererseits konnten indeß beste­ hende Rechtszustände, wenn sich auf Grundlage derselben bereits der Bergbau entwickelt hatte, nicht einfach ignorirt werden. Unter Be­ rücksichtigung dieses Gesichtspunktes ist gegen die Aufrechterhaltung des Rechtes des Grundeigenthümers auf die Eisenerze in Schlesien, auf die Stein- und Braunkohlen in den vormals sächsischen Landes­ theilen und dem Fürstenthume Kalenberg Nichts zu erinnern. Alle anderen Abweichungen dürften dagegen wol zu vermeiden gewesen sein1 2). f.

Feststellung der Grenze, zwischen den Rechten des Staates und

des Grundeigenthümers. §♦

39.

Wenn in der dargestellten Art gegenwärtig die Grenze zwischen den Rechten des Grundeigenthümers und des Staates in Preußen gezogen ist, so kann im c o n c r e t e n Falle die Anwendung der gesetzlichen 1) Vergl. Motive in der Zeitschr. für Bergr. Jahrg. VIII S. 224. 2) Das Königlich bayerische Berggesetz vom 20. März 1869 hat den §. 1 des preuß. Allgem. Berggesetzes mit der Modification wiederholt, daß Raseneisen­

erz mit zu den vorbehaltnen Mineralien gehört, dagegen das Waschgold aus­ drücklich von der Berggesetzgebung ausgenommen ist.

Provincialrechtliche Be­

stimmungen fehlen. Das braunschweigische Berggesetz vom 15. April 1867 wiederholt gleichfalls,

ohne Provincielle Bestimmungen zuzulassen, den §. 1 des preuß. Allgem. Berg­

gesetzes, macht jedoch bei Vitriolerzen den Zusatz Vorkommens im Torf."

„letztere mit Ausnahme des

Das Berggesetz für Sachsen-Meiningen vom 17. April

1868 fügt den Mineralien des §. 1

„Dach-Tafelschiefer und die Farbenerden"

hinzu; deßgleichen das Einführungsgesetz zum preußischen Allgemeinen Berggesetze

für Waldeck-Pyrmont vom 1. Januar

1869 den

„Soolquellen" in Pyrmont ausgenommen sind.

„Dachschiefer",

wogegen

die

Das gothaische Berggesetz vom

16. August 1868 stimmt im §. 1 mit dem preußischen überein.

Die meisten

Abweichungen von der Bestimmung des §. 1 des preußischen Allgem. Berggesetzes

sind hiernach in Preußen selbst gemacht.

Allgemeine Lehren (Vorbehaltene Mineralien).

127

Regel erheblichen Zweifeln unterliegen. Es haben beispielsweise in Schlesien Streitigkeiten darüber bestanden, ob ein gemuthetes Mi­ neral als Eisen- oder Manganerz anzusehen sei, ob dasselbe also nach dem dortigen Provincialrechte dem Grundeigenthümer zustehe oder gemuthet werden könne *). Ebenso ist es streitig gewesen, ob es sich bei einer eingelegten Muthung um Braunkohle oder Torf handele 2). Für diese und andere Fälle verbietet es sich zwar, eine ganz generelle Entscheidung treffen zu wollen, da der concrete Fall offenbar auch eine specielle Würdigung wird erfahren müssen, andererseits bleibt jedoch allgemeins) richtig, daß das Gesetz die im §. 1 be­ zeichneten Fossilien mit Rücksicht auf ihre thatsächlich vorhan­ dene wirthschaftliche Bedeutung dem Verfügungsrechte des Grundeigentümers entzogen hat und daß daher die bisheriges eigenthümliche Verwendung eines Minerales bei der Fest1) Vergl. Amelung,

über die Verleihungsfähigkeit manganhaltiger Eisen­

erze als Manganerze, Zeitschr. für Bergrecht Jahrg. VII S. 309 ff. und Lindig

ebendas. Jahrg. VIII S. 495 ff.

2) Zeitschr. für Bergrecht Jahrg. VIII S. 545. 3) In dem von Amelung behandelten Falle über die Verleihungssähigkeit

manganhaltiger Eisenerze kommt der Verfasser zu dem Resultate,

„daß es zur

Begründung einer Muthung und Verleihung nicht genüge, daß in einer Ge­ birgsschicht oder in einem Mineral Bestandtheile der der Disposition des Grund­

eigentümers entzogenen Fossilien vorhallden sind, sondern es müsse ein unzwei­

felhaft erkennbares,

selbstständiges und zu der ihm

nischen Verwendung geeignetes

Selbstständigkeit

wird

eigenthümlichen tech­

Mineral nachgewiesen werden."

Neben der

also hier auf die dem Mineral eigenthümliche technische

Nutzbarkeit der Ton gelegt, welche speciell bei den Manganerzen nicht in ihrem Metall-, sondern in ihrem Sauerstoffgehalte liegt.

Unter Manganerz ist nach

dem Berggesetze ein zur Sauerstoffbereitung nutzbares Mineral zu verstehen.

4) In den Motiven des vorläufigen Entwurfes heißt

es

S.

18: „Nach

dem Vorgänge des Königl. und des Großherz, sächsischen, sowie des österr. Berg­ gesetzes alle Mineralien unter das Berggesetz zu stellen, welche „wegen ihres

Metallgehaltes nutzbar sind" hat Anstand gefunden, indem dieses Krite­

rium den Bereich des Berggesetzes zu weit und in anderer Beziehung wieder nicht weit genug ausdehnt und überdies die Grenze zwischen dem Hoheitsrechte des

Staates

und

den

Rechten

des Grundeigen-

thümers veränderlich und unsicher macht."

Diese jedenfalls in Betreff des österreichischen Berggesetzes nicht zutreffende Be­ merkung (vergl. die Anm. 1 S. 123 zu §. 37) begründet also die namentliche Auffüh­

rung der Mineralien im §. 1 des preuß. Allgem. Berggesetzes auch damit, daß die

128

Erste Abtheilung

stellnng des rechtlichen Begriffes deffelben wesentlich in Betracht zu ziehen ist. Grenzlinie zwischen Grundeigenthümer und Staat eine unveränderliche und sichere sein solle.

Hieraus gehet in Verbindung mit dem Satze, daß die im

§. 1 bezeichneten Mineralien wegen ihrer wirthschaftlichen Bedeutung der Hoheit des Staates vorbehalten sind, unzweideutig hervor, daß

der Begriff eines Mi­

nerales in rechtlicher Beziehung von der bei Erlaß des Allgem. Berggesetzes bekannten, eigenthümlichen technischen Verwendung desselben mit abhängt.

Wenn es in den angeführten Motiven außerdem heißt, daß der Vorbehalt derjenigen Mineralien,

„welche wegen ihres Metallgehaltes nutzbar sind," nicht

weit genug ausgedehnt sei, so erscheint dies schon insofern richtig, als Mangan­

erze wegen des Sauerstoffes und nicht wegen des

Metallgehaltes,

Schwefelkiese

wegen des Schwefels u. s. w. wirthschaftlich Bedeutung haben und technisch nutz­

Es gehet aber auch andererseits hieraus hervor, daß der im

bar gemacht werden.

§. 1 des Allgem. Berggesetzes vorkommende Ausdruck „Erz", selbst wenn derselbe

im engeren Sinne als eine Verbindung der Metalle mit anderen Körpern ^„aller­

lei Bergart, die Metall in sich führet" nach Herttwig) verstanden wird, keineswegs in rechtlicher Beziehung identisch ist mit „Mineralien, welche wegen ihres

Metallgehaltes

nutzbar sind oder welche sich

zur Metallproduktion

eignen", wie dies von Klostermann, Commentar Anm. 5, 6 S. 88

men wird.

angenom­

Es handelt sich vielmehr rechtlich um Verbindungen der Metalle

mit anderen Körpern, welche unter der im §. 1 des Allgem. Berggesetzes auf­

geführten Bezeichnung

die bei

Erlaß

desselben

thümliche technische Verwendung gefunden haben.

bekannte, jenen

Erzen eigen­

(Vergl. auch Huyssen,

mentar S. 4 Anm. und Veith, Bergwörterbuch S. 161.)

Com­

Aus diesem Ge­

sichtspunkte werden auch Bestandtheile der im §. 1 des Allgemeinen Berggesetzes aufgeführten Mineralien, welche in anderen Mineralien und Gebirgsarten vor­

kommen, keineswegs als vom Verfügungsrechte des Grundeigenthümers ausge­ schlossen anzusehen sein, wenn dieselben nicht in der dem Minerale eigenthüm­

lichen Verwendung nutzbar zu machen sind.

Eisenschüssiger Grauwackenschiefer ist

daher nach dem Reeursbescheide des preuß. Handelsministers vom 22. Januar 1869

kein Eisenerz.

(Zeitschr. für Bergr., Jahrg. X S. 255.)

Ebenso kann eisen­

haltiger Sand, Eisenocker u. s. w. nicht als Eisenerz angesehen werden. (Zeitschr. für Bergr., Jahrg. III S. 264; VII S. 391.

Bezüglich des Eisenocker vergl.

indeß Huyssen, Commentar S. 6 Anm. f.). Mit Recht bemerkt Amelung a. a. O. S. 329: „Es ist — hier — die Frage zu entscheiden, ob

— der Willkür des

Einzelnen anheim gegeben werden soll, unter dem Vorwande, daß eine be­ liebige Schicht des Erdkörpers Bestandtheile der im

§. 1 des Gesetzes ge­

nannten Mineralien enthalte, den Grundeigenthümer seiner wohlbegründeten Rechte zu berauben, ohne daß auch nur die entfernteste Möglichkeit vorhan­

den ist, dafür einen den allgemeinen Interessen zu Gute kommenden Ersatz zu bieten.

Allgemeine Lehren (Vorbehaltene Mineralien).

g.

Competenz der Gerichte und der

lung der Grenze der staatlichen

129

Bergbehörden bei Feststel­

Hoheit gegenüber den Rechten

des Grundeigenthümers.

§. 40. Von ganz hervorragender Bedeutung erscheint die Frage, welcher Behörde, ob der Bergbehörde oder dem Gerichte, die definitive Ent­

scheidung über die

Grenze

der staatlichen

Hoheit gegenüber dem

Rechte des Grundeigenthümers zustehe. Nach preußischer und deut­ scher Rechtsauffaffung wird es nicht zweifelhaft sein können, daß, wenn eine Verleihung zur Gewinnung irgend eines der im §. 1 des preußischen Allgemeinen Berggesetzes bezeichneten Mineralien stattgefunden hat, der Grundeigenthümer wenn auch glicht auf die

Vernichtung der ertheilten Verleihung,

aber dahin bei dem Richter

zu klagen befugt ist, daß der Beliehene sich der Aneignung des in der Klage näher angegebenen Minerales zu enthalten habe, weil letzteres nicht

unter

§. 1 des Allgemeinen Berggesetzes

daher dem Grnndeigenthümer zuständig sei *).

falle und

Hat' die Klage Erfolg,

so kann die Verleihung möglicher Weise inhaltslos werden, wenn das dem Grundeigenthume durch den Richter zugesprochene Mineral der einzige Gegenstand der Muthung und Verleihung gewesen ist. Dieser so eben vorausgesetzte Fall wird indeß in der Praxis wegen der durch die Bergbehörde vor jeder Verleihung vorzuneh­ menden sorgfältigen Untersuchung des Mineralvorkonimens nur

Würde einer solchen Auffassung des Gesetzes Raum gegeben, so würde jeder Schiefer- Kalkstein- Basalt- Sandstein-Bruch, jedes Thon- und Lehmlager,

selbst die Dammerde den Launen und der Habsucht eines Muthers Preis

gegeben sein.

Es würde mit einem Worte jedes Grundeigenthum beliebig

vernichtet und jeder sonstige,

auf die Benutzung des Mineralreichs sich

stützende Gewerbebetrieb unmöglich gemacht werden können, denn alle festenTheile unsers Erdkörpers enthalten mehr oder weniger Bestandtheile jener der Bergbaufreiheit vorbehaltenen Mine­

ralien, ohne aber verleihbare Mineralien im Sinne des Gesetzes zu sein." I) In Frankreich ist hier der Rechtsweg ausgeschlossen, wie dies zwei Mal vom Pariser Cassationshof erkannt worden ist. Arret vom 28. Januar 1883

(Sirey t. 33. 1. p. 223) und vom 24. Dezember 1835 (Sirey t. 86. 1. p. 128.) Vergl. auch Achenbach, franz. Bergrecht S. 169 ff. Für Belgien nimmt

den Rechtsweg in Anspruch Bury, traite de la legisl. des mines t. I p. 24. 9

130

Erste Abtheilung.

höchst selten eintreten können, dagegen

wird es sich um so häufiger

ereignen, daß die Bergbehörde eine eingelegte Muthung zurückweist, weil das gemuthete Mineral nicht unter das Berggesetz falle.

Muß

der Muther sich bei dieser Entscheidung beruhigen? Mit Recht wird diese Frage bejahet. Die Bergbehörde befindet sich bei einer solchen Zurückweisung in Ausübung eines staatlichen Hoheitsrechtes und kann durch eine Privatklage nicht gezwungen werden, ein Mineral in Verleihung zu geben, welches sie nach dem Gesetz nicht für ver­

leihbar erachtet. Aber auch der Grundeigenthümer ist in einem solchen Falle nicht zu belangen. Weder der Widerspruch deffelben gegen die Zulassung der Muthung, noch das Einverständniß desselben mit dem Muther und die Einwilligung in die Verleihung sind von irgend welchem rechtlichen Einfluß auf die Entscheidung der Bergbe­

hörde, welche ihrerseits gesetzlich berufen ist, nur

Berggesetzes bezeichneten Mineralien zu verleihen. Grundeigenthümer erwirktes Contumacial- oder

die im §. 1 des Ein gegen den contradictorisches

Urtheil ist für die Bergbehörde in dem vorausgesetzten Falle von gleicher Unerheblichkeit. Eine gegen den Grundeigenthümer gerichtete

Klage würde daher kostenfällig abgewiesen werden müssen. Es ist überhaupt Niemand vorhanden, welcher belangt werden könnte'). Die Bergbehörde entscheidet hier in Ausübung der staatlichen Hoheit definitiv darüber, ob das gemuthete Mineral unter den §. 1 des

Allgem. Berggesetzes fällt1 2).

1) Die Ausführung Wachters (Zeitschr. für Bergrecht Jahrg. X S. 12),

daß der Grundeigenthümer in diesem Falle belangt werden

der eigenen Ausführung desselben irrig sein.

könne, dürfte nach

Der Grundeigenthünier hat mit der

Frage, ob ein gemuthetes Mineral unter §. 1 des Allgem. Berggesetzes falle,

Nichts zu schaffen, wenn die Bergbehörde denMuther zurückgewiesen hat.

Ertheilt die Bergbehörde dagegen die Verleihung, so

kann der Grundei­

genthümer im Wege des Zwangsverfahrens zur Abtretung des Grund und

Bodens angehalten werde» und der Bergwerksbesitzcr ist alsdann zum Betriebe des Bergwerkes vollkommen in der Lage.

Behauptet der Grundeigenthümer, daß

durch diesen Betrieb auf Grund geschehener Verleihung ein Eingriff

in seine

Rechte stattfindet, so erscheint derselbe nach der obigen Auseinandersetzung befugt, auf Untersagung der Aneignung des betreffenden Minerales Seitens des Berg­

werksbetreibers zu klagen. 2) Im französischen Rechte kann diese Frage gar nicht aufgeworfen werden,

weil der Concessionsbewerber kein Recht aus die Bergwerks-Concefsion hat.

Allgemeine Lehren (Halden, verlassene Bergwerke).

2. a.

131

Verlassene Bergwerke.

Alte Halden.

Nach gemeinem Bergrechte und den Bergordnungen. §• 41.

Die Halde*), sagt Herttwig in seinem Bergbuche, „ist ein er­ habener Ort vor einem Schacht oder Stollen,

der von denen aus­

geförderten und auf einander gestürzten Bergen gemacht wird", d. h. also eine Anhäufung von aus der Grube geförderten Mine­

ralien über Tage.

jede Halde bestehet nur aus sog. taubem

Nicht

1) Wenn Hake, Commentar S. 113 Anm. das Wort „Halde" von „aus­ halten," d. h. von der Absonderung des Erzes vom unhaltigen Gesteine ableitet, Weit mehr würde dasselbe die Zugehörig­

so dürste dies unzutreffend sein.

keit zu dem Bergwerk ausdrücken, falls man „Halde" mit „halten" in Verbin­ dung

bringen

wollte

(vergl.

Wachter

und

Haltaus glossarium

sub

voce

Letzteres erscheint indeß kaum zulässig, da in den älteren Bergord­

halten).

nungen nur von Hale, Halle u. s. w. die Rede ist.

Ob demgemäß die Ablei­

tung von einem angeblichen Stammwort „halb" (gleich abschüssig, steil) rich­

tiger ist, dürste zu bezweifeln sein.

Wenn mit dem Worte „Halde" ein Berg­

abhang bezeichnet wird, so ist offenbar das bergmännische Wort hierauf übertragen und nicht umgekehrt.

Wie der Ausdruck „ Berge"

(unhalliges Gestein) von

Berg, Gebirge herkommt, an und von dem die „Berge" gewonnen werden, so

bezeichnet Halde, Hal, Halle das Gestein, welches im Inneren der Berge, in den

Grubenbauen,

Hallen gewonnen wird.

Der Ausdruck ist also vom Orte und

von der Wirkung der Gewinnung entnommen.

So heißt es im Ursprung der

Bergwerke S. 27: „Hall ist der Berg, den man in einer Gruben gewinnt, es sei viel oder wenig, das heißt dann der Gruben-Hall."

Nach der kurtrierschen

Berg.-Ordn. v. I. 1564 Art. III Nr. 15 (vergl. auch Art. XVII Nr. 2) sollen

die Steiger und Schichtmeister darauf sehen, daß das Erz fleißig ausgehalten

„vnd nicht in Bergk vnd in die Hallen tont."

Die joachimsthaler Berg-

Ordn. v. I. 1548 Thl. III Art. XII sagt kurzweg: „Felsen oder Hallen," die kurtriersche

Art. XVII Nr. 5: „Felsen und Hallen" u. s. w.

(Vergl. übrigens

auch Veith, Bergwörterbuch sub voce Halde S. 259). In den goslarer Gewohnheiten heißt die Halde „warp", „Werpe" von Wurf, werfen,

auswerfen.

So wird im Art. 125 bestimmt, daß

ein

den

Sechsmännern verhafteter Mann auch auf dem Berge binnen den Wegen, welche zwischen den oberen und niederen

gehen,

Schächten und neben den Halden hin­

soweit als der Fels von der Halde niederwärts hinunter­

rollt, keinen Frieden hat („vnn de beneden den w erp en negst hen gheyt. alse Verne alse de vols van der warp nederwort waltert.")

132

Erste Abtheilung.

oder unhaltigem und unbenutzbarem, insbesondere

erzlosem Gestein,

vielmehr sind vornümlich in früherer Zeit wegen mangelnder Kenntniß der Nutzbarkeit, sowie wegen nicht ausreichender Technik in der Auf­

bereitung große Masten werthvoller Mineralien auf die Halden ge­ stürzt worden. Von Alters her haben daher die Halden einen besonderen Ge­

genstand bergmännischer Thätigkeit gebildet, indem man versuchte, die Erze von den Bergen, dem unhaltigen Gestein, zu scheiden oder mit anderen Worten die Halden

zu waschen und auszuklauben. Viele Halden sind mit der fortschreitenden Technik tviederholt „ge-

kleint und ausgeklaubt" worden. Aus dem angegebenen Grunde unterwirft das deutsche Bergrecht alte Halden dem Bergregal und kennt auch eine besondere Verleihung derselben'). Regelmäßig soll indeß die Halde ein Zubehör desjenigen Bergwerkes sein und bleiben2), von dessen Betrieb dieselbe herrührt, so daß die gesonderte Verleihung grundsätzlich die Ausnahme bildet.

Die Verfügung des Regalinhabers über alte Halden

stehet daher

im Zusammenhänge mit der Wiederverleihung verlassener Bergwerke. Der Wiederaufnehmer der letzteren soll zugleich Eigenthümer der vormals zugehörigen Halden werden, wenn derselbe die Tiefsten der Zeche gewältigt. Sogar bei betriebenen Zechen soll das Recht zur Ausbeutung der Halden von der Erlaubniß des Bergmeisters ab­ hängig sein, wenn die Betreiber das Tiefste der Zeche auflaffen8).

1) Ueber die Verleihung eines angeblichen Haldenzehnten (decimam metalli, quod berch apud montanos vulgär!ter dicitur — Berczcende) an das Kloster Nimptsch durch Markgraf Heinrich von Meißen v. I. 1277 und die Nachfolger desselben bergt otia inet. p. I S. 285 ff. 2) So heißt es schon in den goslarer Gewohnheiten (Schaumann S. 75) Art. 186: „De Werpe (Halde) de in dem Wolde liggen de Horen to den berghen. de en seal me nerghen bringen nie en do dat mit der eghenseap willen." 3) Kurtriersche Berg-Ordn. v. I. 1564 Art. III Nr. 10 und Nr. 15. (Brassert S. 115, 117.) Nr. 10: So einer eine alte Zech aussnimpt, darbey ein Haln ist, die zu wesschen toere vnd die arbeiten wolt, so sol er das tieffest geweltigen um derselbigen Zechen, so er aber das nit thun wil, sol ihm inn der Haln zu klauben noch zu wesschen nit zugelassen werden, wil er dann andere örter in derselbigen Zech geweltigen vnd treiben, das mag er thun vnd sol die Haln vnnd bergkisten vnangegriffen bleiben laffen, es geschehe dann mit wiffen vnd zu lassen unsers bergkmeisters. Nr. 15: All und jegliche Gewerken, so netoe Zechen erbauwen vnd was sie für Hallen herauss furdern vnd gewinnen, die

Allgemeine Lehren (Halden, verlassene Bergwerke).

133

Die Haldenarbeit erscheint demgemäß regelmäßig nur bei ordnungs­ mäßigem Betriebe des Bergwerkes gestattet'). Ausnahmsweise findet indeß auch die Verleihung einer Halde statt, ohne daß das Bergwerk wieder in Betrieb genommen ist, oder es wird den bauenden Gewerken gestattet, die Halde zur gesonderten Ausbeutung $11 verkaufens. Die verliehene oder verkaufte Halde muß alsdann „gekleint" und aufbereitet werden, widrigenfalls die­ selbe ins Freie, oder an die bauenden Gewerken zurückfüllt. Die Zusammengehörigkeit der Halde zum Bergwerke wird indeß derart grundsätzlich festgehalten, daß, falls ein Bergwerk, dessen Halde von der Gewerkschaft verkauft worden ist, demnächst in's Freie fällt, auch die Halde nicht weiter ausgebeutet werden darf, sondern bei dem Bergwerke unverändert zurückbleiben mufc3*).1 2 mögen sie wesschen vnd darinnen arbeiten lassen ihres gefallens,

weyl sie die

Tieffe bewhasftig machen, wo sie aber die Zechen oder das tief feste auffließen, so

sollen sie in der Hallen auch nicht macht haben, zu klauben vnd zu wesschen, Es geschehe dann wie oben stehet mit wissen. joachimsthaler Berg-Ordn. v. I.

Vergl. hierzu Thl. II Art. 21 der

1548, hohnsteinsche Berg-Ordn. v. I. 1576

Art. 30, braunschweigische Berg-Ordn. v. I. 1593 Thl. 2 Art. 20 (Ursprung und Ordnung der Bergwerke S. 44, 248, 215), hessische Berg-Ordn. v. 1.1616

Art. 8, bayerische Berg-Ordn

v. I. 1784

Art. 12 (Wagner S. 639, 348)

u. s. w. Hake, Commentar S. 265.

1) Herttwig im Bergbuche bemerkt 8ub

voce Halde §. 14:

„Wenn die

Bergleute nur die Halden ausklauben und nicht in Tiefsten arbeiten, so sagt

man: die Bergleute gewöhnen sich an die Tageluft." 2) Kursächsische Berg-Ordn. v. 1.1589 Art. 73 und 23 (Brassert S. 397, 364), markgräflich-brandenburgische Berg-Ordn. v. I. 1619 Art. 26 (Wagner

S. 448), würtembergische Berg-Ordn. v. I. 1597 Thl. IV Art. 14 (Wagner S. 571), bayerische Berg-Ordn. v. I. 1784 Art. 22 (Wagner S. 352.)

Par­

tikularrechtlich ist der Verkauf der alten Halden verboten und das in denselben enthaltene Erz der Armen- und Knappschaftskasse überwiesen. Berg-Ordn. v. I. 1766 c. 56 §. 3,

§. 3 (Brassert S. 891,

1016.)

Kleve-märkische

schlesische Berg-Ordn. v. I. 1769 c. 57

Ein bekannter Fall dieser Art beziehet

sich

auf die sog. rothen Berge bei Schwelm, welche die Knappschaftskasse am 3. April 1805 wieder verkaufte.

Vergl. Achenbach, Geschichte der kleve-märkischen Berg­

gesetzgebung S. 7, 8 Anm. 3. 3) Abweichend kurpfälzische Berg-Ordn. v. I.

S. 390.)

1781

Art. 9

(Wagner

Siehe dagegen Herttwig sub voce „Halde" §. 4, sub voce „auf­

lässig" §. 6.

Wachsen auf der alten Halde während der Auflässigkeit des Berg­

werkes Bäume, so gehören dieselben bei Wiederaufnahme der Zeche dem neuen Lehnträger des Bergwerkes.

(Herttwig sub voce „Baue.")

Auch

„zu guter

Erste Abtheilung.

134

Die Halde wird also mit dem Bergwerke auflässig *), was im

Uebrigen weder für die unbeweglichen Zubehörungen des ersteren, noch rücksichtlich des geschiedenen Erzes unb der Gezähe nach gemei­ nem Bergrechte gift2* ).1 3 Wegen der Verbindung, in welcher von Altersher die Verhüt­ tung der Erze mit dem Bergbau stand, bildeten auch die Schlacken­

halden

einen Gegenstand der Bergregalität und der Verfügung des

Die kursächsische Bergordnung vom Jahre 1589 enthält im Art. 73 allgemeine Bestimmungen darüber, „wie es mit kauffung der Halden, Felsen, Ertz, Schlacken, Gekretz vnd Affter zu halten".

Regalherren.

dem sächsischen Bergrechte stammt die in einem sehr großen Theile der deutschen Bergordnungen wörtlich sich wiederholende Vor­

Aus

schrift:

„So aber Schlacken von Gewercken verlassen werden, seind

sie in vnser Freyes gefallen vnd niemand soll die ohne vnser sonder­ liche zulassung gebrauchen2)." b.

Nach den neueren Berggesetzen, insbesondere dem preußischen

Allgemeinen Berggesetze.

§♦ 42. Die

neueren Berggesetze haben die besondere Verleihung alter

Nachricht der Züge und der alten Gebäude" ist das Einebnen der Halden nicht gestattet.

Bei völligem Abbau der Zeche soll nach kursächsischem Rechte die Ein-

ebnung durch die Bergbehörde zugelassen werden, jedoch unter dem Vorbehalte,

daß alle Anlagen über Tage beseitigt werden müssen, falls der Bergbau wieder in Aufnahme kommen sollte. Thl. II Art. 80:

Vergl. auch joachimsthaler Berg-Ordn. v. I. 1548

„ — so wollen Wir hiermit ernstlich befohlen haben, keine

Baumgarten, Haus, Hof oder anders umb und neben die Halden verlegener und unbauhafti ger Zechen ohne Vorwissen und Zulassung Unsers Bergamtmanns und Bergmeisters ferner zu verleihen und zu bauen und so darwider dem Bergwerk und Zechen etwas zu Schaden und Schmälerung ver­ liehen und gebauet wurde, das soll ohne alle Mittel durch berührten Un­

seren Amtmann und Bergmeister wiederum abgeschafft werden."

1) Kurkölnische Berg-Ordn. v. I. 1669 Thl. 3 Art. 22 (Braffert S. 570.) 2) Siehe unten §. 78. Anders nach Partikularrecht. Vergl. Thl. II Tit. 16

§. 190 AUgem. preuß. Landrecht; Art. 105 der baierischen Berg-Ordn. v. I. 1784.

3) Kursächsische Berg-Ordn. v. I

1589 Art. 92, Nassau - katzenelnbogische

Berg-Ordn. v. I. 1559 Art. 51, kurtriersche Berg-Ordn. v. 1.1564 Art. XXII Nr. 5, kleve-märkische Berg-Ordn. v. I. 1766 c. 62 u. s. w., preuß. Allgem.

Landrecht Thl. II Tit. 16 §§. 475.

(Braffert S. 413, 52, 187, 896, 1140.)

Die kurkölnische Berg-Ordn. v. I. 1669 Thl. IX Art. 21 (Braffert S. 661) betheiligt die Knappschaftskasse an den Hüttenschlacken.

Allgemeine Lehren (Halden, verlassene Bergwerke).

Halden zum Theil aufrecht erhalten,

indeß andererseits auch

Grundsatz des älteren Rechtes befolgt,

daß

135

den

eine solche Verleihung

die Ausnahme bildet.

Sowohl das österreichische Berggesetz vom 23. Mai 1854 *), wie das Königlich sächsische Berggesetz vom 16. Juni 1868 2) lassen die besondere Verleihung nur zu, wenn die Halden

sich in nicht verliehenem Felde befinden, anderenfalls stehet deren

Ausbeutung dem mit dem Felde Beliehenen zu. Werden die Halden als solche verliehen, so sind Tagmassen, d. h. Felder, welche in der Ttufe durch das feste Gestein begrenzt werden, zu gewähren.

Bei

Entziehung oder freiwilliger Auflasiung einer Bergwerksverleihung,

in Folge deren der Verkauf derselben wirklich zur Ausführung ge­ langt, gehen nach beiden Berggesetzen auch die Zubehörungen, ein­ schließlich der Halden, auf den Ankäufer über. Findet sich dagegen in diesen Fällen kein Käufer, so erlischt die Bergbauberechtigung, die

über Tage gelegenen Gebäude, Grundstücke und Anlagen aber ver­

bleiben dem bisherigen Eigenthümer 8).

Mit der Bergbauberechtigung fallen nach österreichischem Berg­ gesetze (§. 260) die Gruben- und Tagebaue, die Grubenmauerung,

Verdämmungen und

andere Versicherungsmittel

„können" mit ersterer

„weiter

in's Freie

und

verliehen werden"^),

wogegen das Königlich sächsische Berggesetz (§. 171) dem Bergwerks­ besitzer die Wegnahme der Vorrichtungen gestattet, soweit nicht „nach

dem Ermessen des Bergamts Brüche oder sonstige Gefahren für die

Oberfläche und deren Bewohner oder für andere Berggebäude ent­ stehen können". Andererseits verbietet dieses Gesetz, an auflässigen Berggebäuden ohne Genehmigung des Bergamtcs Veränderungen

1) „§. 76.

Auf vorbehaltene Mineralien, welche in Saifen (Sandbänken),

Flußbeeten, im Tagegerölle oder aufgeschwemmtem

Gebirge oder in alten

sofern sich die genannten nicht in einen» bereits verliehenen Felde befinden, wo sie als Zugehör der Verleihung an­ verlassenen

Halden,

zusehen sind, vorkommen, dann auf Bohnerze und Raseneisenstein, findet die

Verleihung von Tagmassen statt." 2) „§.40— Das Recht, verlassne Halden und Waschschlämme zu

benutzen, kann,

wenn diese sich nicht bereits in verliehenem Felde befinden,

auf vorgängige Muthung besonders verliehen werden" u. s. tu. 3) Oesterr. Berggesetz §§. 253 ff., insbesondere §. 261; Königlich sächsisches

Berggesetz §§. 48, 168 ff. insbesondere §. 171. 4) Nach §. 267 müssen alle Karten,

Zugbücher und Handzeichnungen der

Bergbehörde zur Verwahrung übergeben werden.

Erste Abtheilung.

136

vorzunehmen oder Tage- Anzucht- oder Kellerwasser in dieselben ab-

Auch sollen ungangbare Halden nicht ohne Genehmigung

zuleiten.

des Bergamtes eingeebnet, letztere indeß nur aus polizeilichen Gründen oder im Interesse einer künftigen Wiederaufnahme des Bergbaues versagt werden (§§. 172, 173) *). Der Gegenstand des erloschenen Bergbaurechtes fällt unter die Verfügung des Staates zurück (§. 170). Der Beliehene erlangt in Folge seines Bergbaurechtes thum an den bereits in dem Felde

„das Eigen­ befindlichen verlassene« Gru­

benbauen" (§. 39). Werden mit diesen Bestimmungen die Vorschriften des preußi­ schen Allgemeinen Berggesetzes verglichen, so stimmen letztere mit er­

steren darin überein, daß die Befugniß des Bergbauberechtigten, das in der Verleihun^surkunde benannte Mineral in seinem Felde auf­ zusuchen und zu gewinnen, sich „auch auf.die innerhalb des Feldes befindlichen Halden eines früheren Bergbaues beziehet" (§. 54). Sowohl die Fassung des preußischen Berg­ gesetzes, wie der Motive desselben lassen keinen Zweifel darüber auf­ kommen, daß dieses Recht zur Ausbeutung alter Halden sich nur auf

das in der Verleihungsurkunde des Bergwerkes bezeichnete Mineral

Wer auf Bleierze beliehen ist, kann kraft dieser Verlei­

beziehet.

hung die Halde eines früheren Bergbaues nicht auf Eisenerze aus­

beuten 1 2).

Durch die Worte „Halden eines früheren Berg-

1) Das frühere Königlich sächsische Berggesetz vom 22. Mai 1851 §. 295 kannte außerdem das sog. Bergreservat, wonach ungangbare Halden, auflässige Bergwerkstagegebäude und sonstige Bergwerksgrundstücke nur mit der Bedingung

veräußert werden konnten, daß sic zu jeder Zeit zu Bergwerkszwecken gegen Ent­

schädigung wieder abgetreten werden mußten.

Bei dem dem Bergbau zustehen­

den Rechte, die Grundabtretung zu erzwingen, hatte dieses Bergreservat eigentlich

nur Gebäuden gegenüber eine Bedeutung und ist daher mit Recht abgeschasft

worden.

Das Bergrcservat bestehet noch in dem Großherzoglich sächsischen Berg­

gesetze vom 22. Juni 1857 §. 182.

und joachimsthaler Berg-Ordn.

Vergl. Schomburg, Betrachtungen S. 303

v. I. 1548 Thl. II Art. 86 (Ursprung und

Ordnung der Bergwerke S. 81).

2) Die Motive des Regierungs-Entwurfes lauten: „Den ursprünglichen, nächsten Gegenstand dieses Rechtes

(des Aufsuchungs- und Gewinnungsrechtcs ,

zu dessen Ausübung der Bergwerkseigenthümer alle erforderlichen Vorrichtungen

unter und über Tage zu treffen befugt ist, bildet das in der Verleihungs­ Urkunde benannte Mineral. Kommt dieses Mineral innerhalb des Fel­ des in den Halden eines früheren Bergbaues vor, so erstreckt stch das Aus«

Allgemeine Lehren (Halden, verlassene Bergwerke'.

137

b a ues" sind zugleich die von einem früheren Hüttenbetriebe her­ rührenden Halden ausgeschlossen. Letztere gehören jetzt ausschließlich entweder dem Hütten- oder dem Grundeigenthümer. Auch kann von den Halden eines früheren Bergbaues nach preußischem Rechte keine Rede sein, wenn letztere durch Naturereignisse, durch Quellen und Bäche in die Thäler abgeschwemmt oder durch menschliche Thätigkeit zur Besserung der Wege, Befestigung von Ufern u. s. w. abgefahren sind. Die abgeschwemmten oder sonst sortgeführten Haldentheile gehören in diesem Falle dem Grundeigenthümer*i). Die wesentlichste Abweichung des preußischen Allgemeinen Berg­ gesetzes von den oben angeführten Berggesetzen und dem früheren Bergrechte bestehe darin, daß ersteres eine besondere Verleihung suKungs- und Gewinnungsrecht auch hierauf.

Denn da derjenige, welchem ein

verlassenes Bergwerk wieder verliehen wird, vorzugsweise veranlaßt und auch in der Lage ist, auch die alten Halden auszubeuten,

so erscheint es sachgemäß,

dem neu Beliehenen die Befugniß hierzu ohne Weiteres Urkunde -eizulegen."

durch die Verleihungs­

Hiernach scheint es, daß man bei jener Bestimmung nur

an die Wiederaufnahme verlassener Bergwerke gedacht hat. Bei der Ausdehnung

der Felder des neuen Berggesetzes ist diese Ausfassung indeß meist nicht zutref­

fend. — Vergl. zu §. 54 ein responsum des Bergamtes zu Klausthal von 174] in Meyers bergrechtlichen Beobachtungen (Leipzig 1803) S. 39, 40. 1) Recursbescheid des preußischen Handels-Ministers vom 5. März 1869 in

der Zeitschrift für Bergrecht, Jahrg. X S. 263.

In ersterem werden den Hal­

den von früherem Hüttenbetriebe die Halden von Waschwerlen gleichgestellt. Dies

ist jedoch wegen §. 58 des preuß. Attgem. Berggesetzes wenigstens nicht überall zutreffend.

Der vorerwähnte Recursbescheid beginnt mit der Erwägung, „daß es

dahin gestellt bleiben kann, ob §. 54 des Allgem. Berggesetzes, nach welchem dem

Bergwerkseigenthümer ein ausschließliches Recht

zur Ausbeutung der innerhalb

seines Feldes befindlichen Halden eines früheren Bergbaues zustehet, sich nur auf

diejenigen Bergwerkseigenthümer beziehet,

deren Bergwerk unter Herrschaft des

Allgem. Berggesetzes verliehen worden ist, oder ob in Folge jener Bestimmung die bereits vor Erlaß jenes Gesetzes bestehenden Bergbauberechtigungen rücksicht­

lich ihres Inhaltes und Umfanges erweitert worden sind."

Diese Erwägung hat

für das vormalige Gebiet des deutschen Bergrechtes keine gleich erhebliche Be­

deutung,

wie für dasjenige des französischen Bergrechtes. Der entschiedene Fall

betraf einen Streit auf der linken Rheinscite, wo das früher geltende französische

Bergrecht dem Concessionair überhaupt kein Recht auf alte Halden beilegte

(Ur­

theil des Tribunales zu Lüttich vom 12. März 1859 bei Bury t. II p. 299 88.).

Es muß angenommen werden, daß in Folge des Allgem. Berggesetzes alle Berg­ werksverleihungen das Recht auf die alten Halden erlangt haben, soweit nicht

bereits Rechte Dritter begründet sind.

138

Erste Abtheilung.

alter Halden überhaupt nicht kennt. Befinden sich daher alte Halden außerhalb eines verliehenen Feldes, enthalten dieselben andere Mine­ ralien,

als worauf die Verleihungsurkunde des betreffenden Berg­

werkes lautet, so kann auch eine besondere Verleihung derselben nicht

stattfinden.

Zwar bemerken die Motive des Regierungsentwurfes

$u §. I1): „Alte Halden gehören, wenn sie in einem bestehenden Grubenfelde liegen, auf Grund der

Verleihung dem

Bergwcrkseigenthümer

(§. 54); liegen dieselben dagegen nicht in einem solchen Felde, s o

hat nach den allgemeinen Grundsätzen des Entwurfes nur der Staat über die

darin vorkommenden Mine­

ralien zu verfügen, und dieser kann die Ausbeutung

solcher Halden gestatten, ohne daß es hierzu noch spe­ cieller gesetzlicher Vorschriften bedürfte."

Indeß

diese

Ausführung beruhet auf einem Rechtsirrthume.

Nachdem das Bergregal beseitigt ist

und an dessen Stelle die aus

der Hoheit des Staates abgeleiteten Befugniffe getreten sind, nachdem die Aufsuchung und Gewinnung der im §. 1 des Allgemeinen Berg­ gesetzes

bezeichneten

Mineralien

nur nach Maßgabe des Gesetzes

statthaft ist, erscheint es unzulässig, die Ausbeutung alter Halden anders als auf Grundlage des Gesetzes zu vergeben. Letzteres kennt aber nur die aus der Verleihung eines Bergwerkes von Rechtswegen

fließende Ermächtigung, die in einer alten Halde vorkommenden Mineralien zu gewinnen. Demgemäß bleiben alte Halden im un­ verliehenen Felde so lange ungenutzt, bis dieselben in die Grenzen eines Bergwerkes fallen, welches auf dasselbe Mineral verliehen ist, Abgesehen von älteren rechtsgültigen Titeln, wodurch ein Ausbeutungsrecht begründet sein kann, findet nämlich

das erstere enthalten.

die Erwerbung des letzteren unter Herrschaft des Allgemeinen Berg­

gesetzes nur nach Maßgabe des Gesetzes (§§. 1, 54) statt und auch der Grundeigenthüiner ist als solcher nicht befugt, die alten Halden

auszubeuten2). Zwar enthält das preußische Allgemeine Berggesetz keine Vor­ schrift, wonach alte Halden von dem Grundeigenthümer, auf dessen Grund und Boden sich dieselben befinden, nicht eingeebnet werden

1; Hahn S. 43. 2) Bergt, auch §. 1 des Gesetzes vom 26. März 1856 über die Bestrafung unbefugter Gewinnung oder Aneignung von Mineralien (G.-S. 1856 S. 203.)

Allgemeine Lehren (Halden, verlassene Bergwerke).

139

dürfen, aber selbst dieses Verfügungsrecht wird als ausgeschlossen an­ gesehen werden müssen'), da die in der Halde befindlichen, dein §. 1 des Berggesetzes unterworfenen Mineralien nicht unter das Verfü­

gungsrecht des Grundeigenthümers fallen und andererseits das nach Maßgabe des Gesetzes auszuübende Verfügungsrecht des Staates

(§. 54) beseitigt sein würde, wenn dem Grundeigenthümer die Abfuhr

der Halde u. s. w. gestattet wäre1 2).3 4 Dieser Satz kommt um so mehr in Betracht, da nach preußi­ schem Allgemeinem Berggesetze bei der Aufhebung des „Bergwerks­ eigenthumes" durch oberbergamtlichen Beschluß nur die Bergbaube­

rechtigung erlischt, die unbeweglichen und beweglichen Zubehörungen aber dem bisherigen Berechtigten verbleiben2). Lediglich bei der Zimmerung und Mauerung des Grubengebäudes bestehet eine Be­ schränkung, indem diese nur insoweit weggenommen werden darf, als nach der Entscheidung der Bergbehörde nicht" polizeiliche Gründe Gleichwohl kann nach dem Erlöschen der Bergbau­ berechtigung der bisherige Berechtigte über eine alte Halde nicht

entgegenstehen.

verfügen, da sein bisheriges Verfügungsrecht sich

kraft des Ge­

setzes lediglich

gründete^).

auf die Bergbauberechtigung

Die

1) Bei unhaltigem Gestein stehet dem Grundcigenthümer die Einebnung zu, wenn-nicht polizeiliche Hinderungsgründe vorliegen sollten.

2) Anderer Meinung ist Oppenhoff Amn. 357, welcher ohne Sonderung der „Halden eines früheren Bergbaues"

alle nicht in einem Bergwerksfelde be­

findliche Halden lediglich den Grundsätzen des Civilrechts unterwirft, da Halden außer dem Falle

sollen.

des §

54 angeblich keinen bergrechtlichen Gegenstand bilden

Das von Dritten in dieser Art erworbene Eigenthum soll aber stets ein

widerrufliches sein, „indem es kraft Gesetzes, ohne einen Anspruch auf Entschä­ digung zu begründen, erlischt, sobald die Voraussetzungen des

54 zutreffen."

Unterliegen indeß die nicht in einem Bergwerksfelde befindlichen Halden den Vor­

schriften des Civilrechtes, so kann an den nach letzterem erworbenen Rechten da­

durch keine Aenderung eintreten, daß später durch eine neue Verleihung die Halde in ein Bergwerksfeld fällt.

Andererseits dürften aber grundsätzlich alle alten

Halden unter das Bergrecht fallen.

Das preußische Berggesetz hat nur die be­

sondere Verleihung derselben beseitigt. 3) Die Ausführungen Huyssens

in dessen Commentar zu §. 160 dürften

irrig sein. 4) Lehrreich ist in dieser Beziehung §. 262 des österreichischen Berggesetzes.

Nach letzterem hat der Bergbauberechtigte ohne Concession das Recht, Aufberei­ tungsanstalten, Hütten u. s. w. anzulegen.

erlischt das Recht zu diesem Gewerbebetriebe.

Wird das Bergwerk auflässig, so

Verfügung über die Halde erlangt vielmehr derjenige, welcher dem­ nächst ein Bergwerksfeld erwirbt, in welchem erstere gelegen ist. Bei diesen Vorschriften kommt indeß wesentlich in Betracht, was das Gesetz unter den „Halden eines früheren Bergbaues" ver­ stehet. Offenbar können unter diesem Ausdrucke nicht solche Halden verstanden werden, welche von einem nach der Rechtskraft des preu­ ßischen Allgemeinen Berggesetzes auf Grund der §§. 156 ff. er­ loschenen Bergbaurechte herrtthreu. Diese Halden verbleiben viel­ mehr dem bisherigen Berechtigten zur vollen Verfügung. Die in denselben enthaltenen Mineralien, welche unter §. 1 des Allgemeinen Berggesetzes fallen, stehen in Folge der Gewinnung derselben in seinem Eigenthume. Macht der Berechtigte hiervon keinen Gebrauch, derclinquirt er die Halde, so ist wegen des Erwerbes durch Dritte das allgemeine Civilrecht entscheidend. Daffelbe muß bezüglich der­ jenigen Halden gelten, welche von den unter Herrschaft des franzö­ sischen Bergrechtes ertheilten Concessionen herrühren. Hiernach sind unter den Halden „eines früheren Bergbaues" diejenigen Halden zu verstehen, welche von Bergwerken herrühren, die -bis zur Rechtskraft des preußischen Allgemeinen Berggesetzes oder linksrheinisch der französischen Berggesetze auflässig geworden sind. Diese Halden waren mit den Bergwerken iu's Freie gefallen und so­ weit nicht durch besondere Titel Rechte an denselben entstanden sind, hat das preußische Allgemeine Berggesetz dieselben als Gegenstände des Bergrechtes und des Bergbaues beibehalten. Diese Halden sollen lediglich von dem jedesmaligen Beliehenen, in deffen Feld erstere gelegen sind, ausgebeutet werden, weshalb eine Veräußerung des Ausbeutungsrechts wirkungslos werden dürfte, sobald die betreffende Bergwerksverleihung erloschen ist. Demgemäß haben die Vorschriften des preußischen Allgemeinen Berggesetzes gewissermaßen nur einen transitorischen Charakter. Verlassene Bergwerke als solche sollen nach den Motiven zu 1 des preußischen Allgemeinen Berggesetzes ebenfalls nicht ferner Gegenstand besonderer Muthung und Verleihung sein *). Das Gesetz bezeichnet demgemäß, ähnlich wie das Königlich sächsische Berggesetz, nur das „Mineralvorkommen eines verlassenen Bergwerkes" als Gegenstand der neuen Muthung (§§. 14, 16) unti weicht hierin vom österreichischen Berggesetze, wie von dem gemeinen Bergrechte 1) Hahn S. 43.

Allgemeine Lehren. (Halden, verlassene Bergwerke).

ab.

141

Andererseits gewährt indeß die Verleihung nicht bloß die Be­

rechtigung zur Gewinnung des Mineralvorkommens des verlassenen Bergwerkes, sondern offenbar auch das Recht zum Gebrauche der unterirdischen Baue, der noch vorhandenen Zimmerung und Mauerung des erstem, wiewohl eine besondere Bestimmung hierüber, wie dieselbe

das Königlich sächsische Berggesetz enthält, fehlt.

Es erscheint daher

nicht ganz zutreffend, daß lediglich das Mineralvorkommen den Ge­

genstand der neuen Berechtigung bildet *).

Wo nach §. 250 des preußischen Allgemeinen Berggesetzes noch

ein Privatbergregal bestehet, wird übrigens der Regalinhaber an die vorstehend erörterten Bestimmungen des Gesetzes gleichfalls inso­

weit gebunden sein, als alte Berghalden und

verlassene Bergwerke

nicht ferner besonders verliehen werden können.

3.

E r b st o l l e n1 2).3

a. Aelteres Recht.

§• 43. Stollen sind diejenigen Grubenbaue, welche von einem tiefer

gelegenen Orte (z. B. einem Thale) horizontal oder mit schwachem Ansteigen in das Gebirge getrieben werden. Die Aufsuchung neuer Lagerstätten (Suchstollen), die Förderung der nutzbaren Mineralien (Förderstollen), die Wasser- und Wetterlosung können die Zwecke einer Stollenanlage sein. In früherer Zeit wurde namentlich wegen der Wasiergewältigung auf die Stollen ein hervorragender Werth

gelegt und daher unter bestimmten

anlage mit gewichtigen Rechten

Voraussetzungen eine Stollen­

und Privilegien ausgerüstet.

Ein

zum Zwecke der Waffer- und Wetterlosung heißt ein Erbstollen,

verliehener Stollen welchem bei Erfüllung der im Bergrechte

vorgeschriebenen Bedingungen eine Reihe besonderer Rechte zustehet. Diese Rechte werden unter dem Ausdrucke „Erbstollengercchtigkeit" zusammengefaßt. Bereits in dem iglauer Bergrechte und der kutten-

berger Bergordnung ist der Erbstollen ein völlig ausgebildetes berg­ rechtliches Institut, welches unter dem Ausdrucke stollo hereditariuss)

1) Vergl. .unten §. 74 Sinnt. 2) Vergl. weiter unten die näheren Ausführungen. 3) Vergl. Sternberg, Urkundenbuch S. 15 und const. Wencesl. 1. II c. 4.

Ueber das Vorkommen des Wortes „Erb" in bergrechtlichen und bergmännischen

Erste Abtheilung.

142

abgehandelt wird. Indem die letztere Bergordnung als Hauptzwecke der Stollen die Wasser- und Wetterlosung (aquam educere et Ausdrücken (Erbbereiten, Erbfluß, Erbhäuer, Erbkux, Erbstollen,

Erbstamm,

Erbteufe, Erbtrumm) enthält das Bergwörterbuch von Veith S. 150 ff. eine ausführliche Auseinandersetzung.

Es ist nicht zweifelhaft, daß die Anwendung

des Wortes „Erbe" auf dem Gebiete des Bergrechtes mit der Bedeutung, welche dieses Wort regelmäßig im deutschen Rechte besitzt und wonach dasselbe unbeweg­ liches Gut im Sinne von „Eigen" (Erb und Eigen) bezeichnet, mitunter zusam­ menhangt. Die kuttenberger Bergordnung bestimmt Thl. 2 c. 3, nachdem dieselbe die

Bedrängniß der «Zechen durch Wasser erörtert, daß, wenn die zur Beseitigung der Wasser getroffenen Einrichtungen nicht ausreichen,

die Bergwerke wieder in

Ausbeute zu bringen, dieselben auf Erbrecht, d. h.

gegen Verzicht auf die

Königs- Herren- und Bürgerlahne und

nur unter Vorbehalt der Königlichen

Urbure verliehen werden können (Sed ne res ex tote pereat melius est, ut argentifodium desolatum, pro iure nostro, id est pro sola octava parte urbure, iure hereditario concedatur). Die freiberger Gewohnheiten (Klotzsch

S. 270) fetzen diese Verleihung „czu eyme erbe", bei welcher durch die Bürger

zu Freiberg die Vermessung erfolgen soll, direct mit einer Stollenanlage in Ver­ bindung und bestimmen, daß die zum Erbe Geliehenen Andere wieder beleihen

können („da mögen sy uffebuwen und vorlyen, wy sy wellen, das yn allir nützlich ist).

Der Markgraf verlor am

Erbe jein Frohntheil, die Herren und

Bürger ihre gemessene Antheile, ersterer erhielt dagegen den Zehnten (otia met.

t. II p. 239 ff. und Klotzsch vom Gegenbuche §. 5). Ein Beispiel einer solchen Verleihung zu Erbe an den Abt zur Zelle (contulimus montanam haereditatem (montanae haereditatis titulo possidendam) enthält die Urkunde des Landgrafen Friedrich von Thüringen v. I. 1320 (otia met. p. I p. 297, 304). In diesen Bestimmungen und Urkunden ist ganz entschieden von einer

Verleihung eines Bergwerkes zu Erbe im Sinne von Eigen und im Gegensatze von Lehen die Rede,

wie es denn z. B. in den freiberger Gewohnheiten heißt:

„Trengkyt eyn erbe daz andir, adir trengken lehen, adir gemessyn berg,

da offyn durchslage syn, muten denne dy erbe adir lehen, adir gemessyn berg" u. s. w. (Klotzsch S. 244). Die gemeinen Gewerken am Rammelsberge besaßen ihre Bergtheile gleichfalls zu Erbe. Bei dem Stahlberge zu Müßen

im Fürstenthume Siegen nahmen die Gewerken das Bergwerk als ein Erbgut

in Anspruch (Kurbrief der Stahlmassenbläser v. I. 1732 Art. 13: „Das Mü­ ßen er Bergwerk ganz ein Erbgut

der Gewerken") u. s. w.

Recht und nicht minder die kuttenberger Bergordnung

Wie das freiberger

(p. II. c. 3 bis autem

hereditariis concessionibus tarn moncium, quam stollonum) darthuen, wurden auch Stollen als Erbe besessen.

Mag nun auch im Laufe der Zeit der

Ausdruck „Erbe" bei allen verliehenen Bergwerken üblich geworden sein, zu­

mal die Mitbaurechte des Fürsten, der Bürger u. s. w. außer Gebrauch kamen,

Allgemeine Lehren (Erbstollen).

ventum inferre) bezeichnet,

143

hebt dieselbe hervor,

daß

wegen der

großen Kosten und dem erheblichen Nutzen einer solchen Anlage es

so verbietet es sich doch, das Wort Erbe in der Verbindung mit Stollen hieraus

herzuleilen, da der Erbstollen bereits als solcher in einer Zeit bezeichnet wird, wo „Erbe" keineswegs für alle verliehenen Bergwerke in Gebrauch stehet.

Durch die Vererblichkeit kann ebenfalls der Ausdruck in keinem Falle erklärt werden, wie schon die kuttenberger Bergordnung p. II c. 4 sagt: quoad heredi-

tariam successionem omnia montana sunt hereditaria,

ad heredes.

quia transeunt

Dagegen hat bereits die eben bezeichnete Bergordnung versucht,

das Wort E r bstollen mit Rücksicht auf die Dauer nnd Beständigkeit des Unter­ nehmens zu erklären.

(Dicitur autem hereditarius (stollo), quasi perpe-

tuns, propter diurnitatem, ad directam aliorum simplicium mon-

tanorum, que sunt quasi rnomentanea illius respectu.) Dieser Sinn ist dem deutschen Rechte und der deutschen Sprache nicht fremd (vergl. Haltaus Glossarium Germ, sub voce Erbe, wo unter Anderen die Bemerkung von

Goldast angeführt ist: vocabulum erb in tali compositione non hereditatem

notat, sed perpetuitatem et stabilitatem, ut Erbeinigung non sit hereditarium pactum, sed perpetua conventio). Auch der Erbfluß wird in diesem Sinne als fluvius peren nis definirt.

Ausdruck

Gleichwohl dürfte es richtiger sein, das Wort Erbstollen aus der Bedeu­

tung des Wortes erben gleich gewinnen zu erklären. Der Erbstollen ist daher ein Stollen, welcher in Folge seiner Ausführung die im Bergrechte bestimmten

Rechte erbt.

Dieser Erwerb (Erbe) gehet dem Stollen bei Anlage eines tieferen

Stollens wieder verloren, er wird enterbt (vergl. z. B. kurtriersche Bergordnung

v. I. 1569 Art. 6 Nr. 1:

„Ein jeder Erbstollen, der das Erbrecht von allen

gebewen, darin er kompt haben wil" u. s. w.

Nr. 2: „Kombt aber der Erb­

stollen hernach vnd vntertieft ihn mit feinen wasserseig, so hat er sein

recht" — so behelt er das erb vnd recht vnd stollenrecht".



Erb­

so behelt der älter das erb

Andere, wie Beyer, otia metallica t. 2 p. 233, 234,

Köhler S. 159 Anmerkung, Weiske im Rechtslexikon sub voce Bergrecht, haben das Wort Erb in den bergrechtlichen Zusammensetzungen als ein erhöhendes Bei­ wort, wie Erz in Erzmarschall, erklärt und dasselbe mit Haupt übersetzt.

fluß gleich Hauptfluß, Erbhäuer (gegenüber dem Lehrhäuer) Erb-Trumm gleich

Haupttrumm u. s. w.

Erb­

gleich Haupthäuer,

Neuere Bergordnungen sind

zum

Theil dieser Auslegung gefolgt. So heißt es in der kurpfälzischen Bergordnung vom Jahre 1781 §. 47 (Wagner S. 401): „Vom Haupt- und Erbstollen. Wenn eine Gewerkschaft einen Hauptstollen in verschiedene vorliegende Gebäude

und dadurch die Erbstollengerechtigkeiten erwerben will"

u. s. w.

berger Bergordnung vom Jahre 1759 Art. 21 (Wagner S. 97)

nächst das Wort Haupt mit Erbstollen Haupterbstollens

und bestimmt

über

Die

hütten-

verbindet zu­

die Anlage eines

am Erzberg, im Verlauf des Art. 21 wird dagegen ge­

sagt „Haupt- oder Erbstollen".

Erste Abtheilung.

144

recht und billig fei,

derselben

Vorzüge und

Rechte beizulegen').

Auch die freiberger Gewohnheiten enthalten ausführliche Normen über den Erbstollen oder erbehaftigen Stollen. Ebenso bestimmen der schlädminger Bergbrief vom Jahre 1308") und andere alte Gewohn­

heiten b) und Weisthümer über den Erbstollen. Mit Rücksicht auf die hervorragende Bedeutung der Erbstollen für den Bergbau nannte

man dieselben geradezu „das Herz und die Schlüssel der Gebirge"), und das Erbstollenrecht ist mit seltener Sorgfalt und Ausführlichkeit in fast allen Bergordnungen dargestellt.

Nimmt sonach das Institut der Erbstollen einen gemeinrechtlichen

Charakter für sich in Anspruch, so ist dagegen die Uebertragung des Erbstollenrechtes auf Schächte und Wasserhaltungsmaschinen nur eine ganz partikularrechtliche Einrichtung"). Zwar erscheint es als ein erheblicher Irrthum, die Anwendung der Wasserhaltungsmaschinen für die ältere Zeit beim Bergbau zu verabreden"), indeß deren Be­

deutung kann sich mit derjenigen der Stollen noch bis in das lau­ fende Jahrhundert hinein nicht messen. Auch kommt in Betracht, daß die Dauer einer solchen

Anlage

regelmäßig von

einer Reihe

zufälliger Umstände abhängig ist, welche beim Stollen nicht vor­ liegen. Gleichwohl ist partikularrechtlich schon im 16. Jahrhundert das

Erbstollenrecht auf Wasserkünste

übertragen

worden, wie die

Bergordnung für Oppeln, Ratibor und Jägerndorf vom Jahre 1528

Art. 9 beweist?).

Die ausgedehnteste Anwendung dieser Ucbertra-

1) Sed quia magna utilitas ex stollonibus frequencius procuratur, difficilibus tarnen expensis et laboribus excoluntur; unde consuetum est, privilegiare tantis proprietatibus tarn in montibus mensuratis, quam in campo libero, quando montes non sufficiunt mensurati, quod fructus possint laboribus merito respondere, colentesque ad tanti laboris molem dignis consolacionibus invitare. 2) §. 22:

„Es hat

auch ain

Erbstollen,

den man

gearbait hat und einen Pau zu Hilf bringen will und

Jahr und Tag

Luft und Wasser

nemmen will, Jahr und Tag Freiung." 3) In den siegenschen Gewohnheiten heißt es: „Der da bringet Wind und nimbt Wasser, als recht ist, der treibt den Obersten aus mit seinem Aedich" (Brassert S. 72). 4) Schönberg, Berginformation s. v. Stöllner. 5) Zeitschr. für Bergrecht Jahrg. II S. 533. 6) Zeitschr. für Bergrecht Jahrg. III S. 132.

7) Wagner S. 1279: „Neuntes für Trocknung anderer Schächte. Welche Gewerken durch Kunst oder Rührwerk das Wasser heben und andern umliegenden

145

Allgemeine Lehren (Erbstollen).

gung „auf Feuer oder andere Wasserhaltungsmaschinen"

hat be­

kanntlich das preußische Allgemeine Landrecht gemacht'). b.

Neueres R echt.

8- 44. Das wichtige Institut der

Erbstollen,

welches

gewissermaßen

der Mittelpunkt der deutschen Bergordnungen war, ist nun durch die insbesondere durch den

Veränderung der thatsächlichen Verhältnisse,

Tiefbaubetrieb und die gesteigerte Anwendung der Dampfmaschinen in der Gegenwart nicht nur nutzlos und entbehrlich, sondern wegen der aus demselben hervorgehenden Belastung des Bergbaues schädlich Binnen nicht langer Zeit wird ersteres daher völlig der

geworden.

Rechtsgeschichte anheim fallen.

Nach dem Vorgänge des

französischen

die Verleihung von Erbstollen nicht kennt,

Bergrechtes?),

dagegen

sionär auch außerhalb seines Grubenfeldes

die

welches

dem Conces-

Anlage von sog.

Hülfsbauen (travaux de secours), wie z. B. von Stollen,

Ca­

nälen, Wegen u. s. w. gestattet ^), haben nämlich die neueren deutschen Berggesetze das

für die

Institut der Erbstollen

Zukunft entweder

vollständig abgeschafft und durch die Bestimmungen über die Hülfs-

baue ersetzt oder doch dem

gegeben^).

ersteren

eine

zeitgemäße

Umgestaltung

Insbesondere findet nach preußischem Bergrechte seit der

Bergen, so ohne der Kunst Hülfe Wassers halber nicht arbeiten mögen, gar oder den mehren Theil ihrer

Wasser heben, denselben

Gewerken soll

aus denselben

Bergen oder Schächten das Neunte — bezahlt und geschüttet werden."

Vergl.

auch ungarische Berggesetze von: Jahre 1575 Art. II §. 17 ff. Wagner S. 268). 1) Thl. II Tit. 16 §§. 449 ff., 468 ff.

2) Achenbach, französisches Bergrecht S. 260 ff.

3) Ebendaselbst S. 278, 279, 265. 4) Das österreichische

Berggesetz

vom 23. Mai 1854

enthält in

den §§. 85 ff., 191 ff. zunächst Bestimmungen über „Hilfsbaue", d. h. Stollen

und Schächte, welche zum vortheilhaften Betriebe eines Bergwerkes dienen sollen.

Hilfsbaue

im eigenen

Grubenfelde kann der Bergbauberechtigte ohne Weiteres

anlegen (§. 131); außerhalb desselben ist eine „Concession" der Bergbehörde

erforderlich (§. 85j.

Hilfsbaue dieser Art,

welche der Bergbauberechtigte selbst

unternimmt, bilden ein Zubehör des Bergwerkes.

Vereinigen sich dagegen mehrere

Bergbauberechtigte zur gemeinschaftlichen Anlage eines Hilfsbaues oder will ein Dritter unter Zustimmung

des hilfsbedürftigen Bergbauberechtigten den

Hilfsbau anlegen (§. 87), so wird eine „selbstständige" Bergbau-Concession

146

Erste Abtheilung.

Rechtskraft des Allgemeinen Berggesetzes vom 24. Juni 1865 die Verleihung von Erbstollen in

keinem Landestheile der Monarchie,

auch in den Privatregalbezirken nicht mehr statt und zur

Anlage von Hülfsbauen ist leine besondere Verleihung oder cession erforderlich.

Con­

Ersterem sind das Herzoglich braunschweigische

Berggesetz vom 15. April 1857, das Königlich sächsische vom 16. Juni 1868, das Königlich bayerische vom 20. März 1869 und die Berggesetze für die Herzogthümer Sachsen-Meiningen vom 17. April 1868 und Gotha vom 16. August 1868 gefolgt1). Das preußische ertheilt, welche als solche in das Bergbuch einzutragen ist.

Dieses System der

Hilfsbaue hat mit dem früheren Erbstollenrecht Nichts gemein. das

österreichische Berggesetz

Stollen, welche

außerdem noch

sog.

die

ein ganzes Revier aufschließen.

Dagegen kennt

Revierstollen, d. h.

Zu solchen

Revierstollen ist

erforderlich, dieselben können auflässig werden und

gleichfalls eine „Concession"

unterliegen alsdann der „ Wied erv erleihung" (§§. 90, 97).

stollen können gewährt

Dem Revier­

besondere Begünstigungen durch „Vorbehalt eines freien Feldes"

werden.

Bergbauberechtigte,

welche der Anlage des Stollens wider­

sprochen haben, müssen gleichwohl dem Revierstöllner eine angemessene Vergütung leisten, wenn ihnen durch den Revierstollen Hilfe gebracht wird (§. 95). verliehene Bergwerke sind

zu

Neu

den ihnen in der Verleihungsurkunde auferlegten

Leistungen dem Revierstöllner gegenüber verbunden (§. 96). Im Ganzen beruhet hiernach das Institut des Revierstollens, abgesehen

von den bezeichneten Ausnahmen, auf dem Principe, daß die Anlage und

die Leistungen an den Unternehmer der Zustimmung derjenigen Bergwerks­ berechtigten bedürfen, deren Gruben durch den Stollen gelöst werden.

Vierstollen erscheint

daher

als eine wesentliche

Umgestaltung

des

Der Re-

Erbstollens.

(Wegen der früheren Erbstollen-Verleihungen vergl. §. 286.)

Das Großherzoglich sächsische Berggesetz vom 22. Juni 1857 hat sich in den §§. -62 ff. 110 geschlossen,

im Wesentlichen dem österreichischen Berggesetze an­

das Institut des

Revierstollens

aber nicht

übernommen,

dasselbe der „Grundsatz für gewisse Fälle durchbrochen sei, daß

Willen durch derartige Unternehmungen Hilfe gebracht werden soll." stollenrecht erscheint also hier gänzlich

tungen S. 172, wo es heißt:

beseitigt.

Vergl.

da durch

Niemand wider Das Erb­

Schomburg,

Betrach­

„Darum ist der Erbstollenbetrieb, wie einerseits

zu einer einträglichen Quelle des Erwerbs

und rücksichtsloser

Speculation,

so

andererseits zur unsäglichen Belästigung der mit Hilfe heimgesuchten Unternehmer

nicht selten geworden." Das in den beiden angegebenen Berggesetzen

angenommene

Concessions­

System für Hülfsbaue ist übrigens entbehrlich und befördert eine nicht berechtigte

Einmischung der Bergbehörden in Betriebsangelegenheiten. 1) Das braunschweigische und das gothaische scheiden sich dadurch von den

Berggesetz unter­

anderen angeführten Berggesetzen, daß

dieselben

Allgemeine Lehren (Erbstollen).

147

Berggesetz gestattet zugleich, daß im Gesetzesbereiche des Allgemeinen Landrechtes die Befreiung von den bereits erworbenen Erbstollengebühren durch eine Wasserhaltungsmaschine, ohne besondere Verleihung

derselben mit einer Erbstollengerechtigkeit, erfolgen kann£). Fließende Wasser (Berg- und Tagewasser).

4. a.

Ursprung der bergrechtlichen

Muthung und Verleihung von

fließendem Wasser.

§♦ 44. Bekanntlich ist nach römischem Rechte das fließende Wasser (aqua profluens) ebenso wie die Luft eine res omnium communis,

einerlei, ob es sich hierbei um einen öffentlichen oder Privat-Fluß handelt, da der Unterschied zwischen flumen publicum (fl. perenne)

und flumen privatum nur bezüglich der Klagen, sowie des Eigen­ thumes am Flußbette von rechtlicher Erheblichkeit erscheint. Während bei dem flumen publicum

der

von

der Wafferwelle überströmte

Grund und Boden res publica ist, fehlt bei dem flumen privatum

meist die thatsächliche Möglichkeit einer

allgemeinen Benutzung

des fließenden Wassers, weil das Bett des flumen privatum einen Theil der angrenzenden Grundstücke bildet und die Eigenthümer der

letzteren den Zugang zu dem fließenden Wasser hindern können, lediglich

durch Aufhebung der früheren Berggesetze die

leihung von Erbstollen mungen

beseitigen

(§. 222, §. 168),

Neumuthung und Ver­ sich also

auf die Bestim­

über Hilfsbaue (§§. 62 ff., 155 ff.) beschränken.

Im preußischen (§. 223), sachsen -meiningenschen (Art. 171), sächsischen

Verleihung

(§. 121), bayerischen

Berggesetze

(Art. 223)

neuer Erbstollenrechte ausdrücklich untersagt, im

ist dagegen die

sächsischen unter

dem Vorbehalte derjenigen, „welche sich auf den Fortbetrieb verstufter Erbstollen

beziehen".

Das Königlich

sächsische Berggesetz vom 22. Mai 1851 hatte noch

den Versuch gemacht, in den §§. 172

ff. das Erbstollenrecht zu reformiren und

zugleich im §. 162 zugelassen, daß neue Revieranstalten, wozu auch Revierstollen

gehörten, von der Majorität der Mitglieder des Revierverbandes beschlossen werden

konnten.

Das Königlich sächsische Berggesetz vom 16. Juni 1868 hat dagegen

nicht nur das Erbstollenrecht für die Zukunft mit dem System der Hilfsbaue ver­ tauscht, sondern auch die Verbindlichkeiten der Mitglieder der Revicrverbände auf

die bestehenden Revieranstalten beschränkt (§. 106), die Anlage neuer Revier­

stollen demnach lediglich von der freien Vereinigung der Interessenten abhängig gemacht. 1) Siehe unten bei den näheren Erörterungen über den Erbstollen.

Erste Abtheilung.

148

Auch dem deutschen Rechte ist ein Eigenthum am fließenden Wasser unbekannt.

Der Sachsenspiegel stellt dem Wasser, welches nur durch

den Willd in Bewegung gelangt, und dem Wasser in gegrabenen Deichen das strömende Wasser entgegen').

In der deutschen Markgenossenschaft istdie Nutzung des Was­ sers ein gemeines Recht aller Genossen1 2).3

Im Gegensatze hierzu zahlt jedoch bereits die oben (§. 26 S. 83) erörterte Constitution Kaiser Friedrich I. vom Jahre 1158 (II F. 56) die flumina navigabilia et ex quibus fiunt navigabilia zu

den Regalien. Uebergang

Die Königliche Grundherrschaft, deren allmüliger

auf Territorial- und andere Grundherren, der

Verfall

der Markengenossenschaften beschränkte den freien Gebrauch des flie­

ßenden Wassers immer mehr 3).

Aus dieser Rechtsentwickelung4) ist die spätere Auffassung her­ vorgegangen, daß die sogenannten öffentlichen (schiff- oder flößbaren)

unterliegen,

Flüsse der Nutzung des Staates Flüsse und Bäche

aber

einschließlich

die

der Wasser

nicht öffentlichen ein

Zubehör

der

angrenzenden Grundstücke bilden 5). 1) II, 28 §. 4: „Svelk water stranres vlüt, dat is gerne ne to varene

vnde to vischenne inne." Görlitzer Landrecht 34 §. 1: odir

ritet,

„Swer ovir einen dort einis wazziris gen

der ne sol cheinen zoln gebin;

heizet des riches straze." 2) Weisthum (Grimm II. 492):

dem himlischen Vater zu lehen." Weisthum (Grimm III. 739):

wan

ieglich

vlizende wazzit

„Wasser vnd weyde haben wir von „Wasser und jagd ist gemein."

3) Weisthum (Grimm III. 483) „daß wasser vnd weide des kunigssi." Glenzer Weisthum: „Klockcnklank, waßergang, die sich in den Woo­

gen, das wild uf den: land, den Vogel in den: grünen Wald, daß den niemand soll eiligen, noch zwingen ohne erlaubnis des gepietenden Herrn."

Engersgauer Bergpflegen-Freiheit: „Weisen wir vnserm gn. Herrn — funt

und prunt, den hohen Wald, den Vogel in der lüft, den fisch im waßer, dat fließende ist."

Vridank 76, 5-12 (bergt §. 27 S. 91 Anm. 3). 4) Vergl. Meurer, Wasserrecht v. 1570 Fol. 29 bei Kraut S. 240: „Wie es denn heutiges Tags fast mit allen flüßenden Wassern,

von Natur menniglich frey und gemein gewesen,

eine

welche anfangs

und

solche Gestalt hat, daß

sie eigen und sondern Oberseiten zustendig." 5) Preuß. Allg. Landrecht Th. II Tit. 14 §. 21: „Die Land- und Heer­ straßen,

die von Natur schiffbaren Ströme, das Ufer des Meeres und

die Häfen sind ein gemeines Eigenthum des Staates."

Allgemeine Lehren (Berg- und Tagewasser).

vereinzelten

in ganz

Nur

Wiesenordnung

vom

149

Localrechten, z. B. der siegenschen

28. October

1846 §. 5,

sodann aber

wenigstens bis zum Erlasse der neueren Berggesetze im

auch,

deutschen

Bergrechte, ist das alte Recht, wonach selbst in sogenannten Pri­ fließende Wasser einer allgemeineren Nutzung unter­

das

vatflüssen

liegt, erhalten geblieben, wogegen int Uebrigen das deutsche Waffer recht in der Hauptsache noch dem entgegengesetzten Grundsätze huldigt

welcher ebensowenig deutscher Rechtsanschauung, als der Natur der Sache und insbesondere der wirthschaftlichen Bedeutung des Wassers entsprechen dürfte.

Das deutsche Bergrecht gewährt dem Bergbautreibenden eine frei,

Nutzung

des fließenden

Wassers.

Die Nothwendigkeit der Wasser­

nutzung für den Bergbau, sowie der Umstand, daß der Bergbau, wie oben §§.

21 ff. gezeigt, zuerst in der ungetheilten Mark, in

Königlichen und grundherrlichen Waldungen umgegangen ist, erklärt

die Thatsache, daß den Bergbautreibenden ebenso wie den Mär­ kengenossen freie Äassernutzung und Weide zustand und daß das

Recht auf freie Wassernutzung mit Rücksicht auf die wirthschaftliche Bedeutung des Bergbaues sich auch dann erhielt, als der Bergbau sich auf den in Sondereigen übergegangenen Grund und Boden aus­

dehnte und das allgemeine Recht eine freie Nutzung

Wasser

überhaupt

nicht mehr kannte.

am fließenden

Die älteren Bergfreihciten

lassen hierüber kaum einen Zweifel bestehen'). Th. II Tit. 15 §. 38: „Die Nutzungen solcher Ströme, die von Natur

schiffbar sind, gehören zu den Regalien des Staats." Bayerisches

Art. 1:

vom

Gesetz

28. Mai 1852 über die Benutzung des Wassers

„Die öffentlichen Gewässer bilden ein zur allgemeinen Benutzung

bestimmtes Staatsgut."

Art. 39: „Flüsse und Bäche, welche weder zur Schifffahrt, noch zur Floß­

fahrt mit gebundenen Flößen dienen, werden mit Inbegriff des bestehenden Gcfälls als Zubehör der Grundstücke betrachtet, zwischen welchen sie hindurch

stießen, nach Maßgabe der Uferlängc eines jeden Grundstücks." 1) So

heißt

Bergfreiheit für

es in der

die

Silbergrube zu Fischbach

vom Jahre 1420 (Lori S. 27): „Auch

wo die

sollen den

obgedachten S. und T. all unser Wäld und Wasser,

gelegen und zu den Perckwerken füglich sind,

allezeit offen

und

frei sein." Die Bergsreiheit für Fischbachau vom Jahre 1446 (Lori S. 32) gewährt den Bergleuten für ihr

Vieh

„Wun und

Wayde",

sodann

Holz,

Wege und Stege, „wo in (ihnen) die aller Nutz ist und füglich ist."

Wasser,

Erste Abtheilung.

150

Dieselben erhielten für den Bergbau

den freien Gebrauch des

fließenden Wassers aufrecht oder erklärten doch

das

mindestens

in

der gemeinen Mark und in grundherrlichen Waldungen zu Gunsten des Bergbaues von jeher bestandene freie Wassernutzungsrecht auch außerhalb der ersteren für anwendbar.

Wie nun das Bergbaurecht in der Form der Muthung erworben zu werden Pflegte, so' entstand

allmälig auch der Gebrauch, durch

In der Bergfreiheit für Kützbüchel, Ratenberg u. s. w. vom Jahre 1459

wird in Z. 8 bestimmt: „Wir erlauben, geben und bestetten auch das Perkwerch und Aerzt, wo das

in den benannten vnnsern Herrschaften und landtsgerichten funden und gear-

bait wirdet, mit Wäldern, Pächern, Huttslegen, Steg, Weeg, Wasser und Stain und mit allen anderen

Sachen,

an andere Perkwerchen Ge-

alsdann

wonhait ist." Vergl. auch §. 8 der Bergfreiheit für Lam (Lori S. 65) u. s. w.

Herzoglich braunschweigische

Zellerfeld

Bergfreiheit für Gittelde, Grund,

vom Jahre 1532 (Calvör S. 218): „Anfänglich soll manniglich durch

Unser

Fürstenthum, Obrigkeit,

und Gebieten zu und abe bemeldten Unsern Bergwerks-Straßen,

Gericht

Stege und

Wege offen und frei sein, sammt dem Wasser, Hütten und Puchwerk auch

allen

und Bergwerksrecht und Ge­

andern Gebäuden, wie altes Herkomens

wohnheit ist."

(Wagner

Markgräflich brandenburgische Bergfreiheib vom Jahre 1539:

S. 421):

„Wir thun und geben ihnen auch hiemit diese gnad und freyheit,

Vnsere Melde vnd Wasser genießen, hawen, Wir gönnen vnd willigen auch

für Vns,

das sie

fürn vnd empfahen mögen —

Vnser

Erben vnd

Fürstenthumb

ihnen allen vnd jeden, Bnsere landen, Gründe vnd poden zu, vnd von solchen

Bergkwerken, Hütten, Melden vnd Wassern zu

zu reitten oder

gehen,

zu

faren, itz vnd alsdann, vnd dann als itzund" u. s. w.

Nassau-katzenelnbogische

Bergfreiheit vom Jahre

„Es sollen auch diejenigen,

so

1559

(Brassert S. 9):

sich der Bergwerck Halben unter Uns

wohnen begehren werden — Wasser, (ausgescheidcn Fischerey und Jägerey)

Weyde,

Straßen,

zu

Stege und Wege

nach Bergwerks-Gewohnheit,

unverhin­

dert, männiglichs gemein nnd frey haben und halten."

Kurtriersche Bergfreiheit vom Jahre 1564 (Brassert S, 101): „Wir lassen auch gnedigst zu, daß bey den Bergkfreyheiten

umb, nach angezeigtem

Feldtsbezirk, die

zunechst daher-

Berguerwandten Personen

sich

ge­

brauchen mögen wasser, weyden, einen Hasen zu jagen, zu schießen vnd zu fischen macht haben, vnd also aller weg wasser,

weyde vnd stege ge-

freyet sein sollen, doch vnuerhinderlich vnser Wiltban vnd verbottene Fisch­

wasser, die wir vns gentzlich vnd zumals Vorbehalten."

151

Allgenieine Lehren (Berg- und Tagewasser).

Muthung des Wassers sich dessen Benutzung zu Bergbauzwecken zu

sichern.

Der Grundherr oder der Grundeigenthümer war als solcher

nicht befugt, dieser Erwerbung Bergbautreibenden

der Wassernutzung von

Muthung des Wassers beweist, ausschließliches

Recht

der

daß dem

Bergbau

fließende

das

an

Seiten des

Gerade die Möglichkeit der

zu widersprechen.

gegenüber ein

Wasser angrenzenden

Grundeigenthümer auf die Wassernutzung sich nicht ausgebildet hatte.

Die Muthung des fließenden Wassers fand übrigens namentlich bei größeren Wasserläufen

nicht überall

eine regelmäßige Anwendung.

Hieraus darf indeß keineswegs auf ein minderes Recht der Bergbau­ treibenden zur Waffernutzung geschloffen werden, im Gegentheile, die

nach den Bergbaufreiheiten und der Berggewohnheit bestehende freie

Wassernutzung sollte nicht durch

Ertheilung von Wasserbelehnungen

seitens des Bergmeisters beschränkt werden. hier also namentlich um eine Fixirung

Es handelte sich

der Competenz des Berg­

meisters. b. Grundsätze des deutschen Bergrechtes über die Wassernutzung.

§. 45. Die Grundsätze des Bergrechtes

über die Waffernutzung, wie

dieselben seit dem sechszehnten Jahrhunderte in den deutschen Berg­

ordnungen niedergelegt

sind,

laffen

sich im Allgemeinen dahin zu­

sammenfassen:

1.

Die Wasser, welche durch bergbauliche Arbeiten irgend wel­

cher Art, durch Schürfe, Röschen, Schächte, Stollen, Strecken erschroten

werden, einschließlich der

Wasser verlassener

Bergwerke,

ver­

leihet bis zur Einmündung der ersteren in einen natür­ lichen Wasserlauf der

Bergmeister auf Grund eingelegter Mu-

thungen, falls die betreffenden Bergbautreibenden die Wasser nicht

selbst

für ihren

Bergbau

nutzen

wollen.

Auf diese

sogenannten

Bergwasser stehet demgemäß dem Unternehmer der bergbaulichen Anlage, durch welche die Wasser

erschroten

sind,

ein Vorzugsrecht

bezüglich der Benutzung zu, ohne daß eine besondere Muthung oder

Verleihung erforderlich wäre. Wird von diesem Vorzugsrechte kein Gebrauch gemacht, so gehet

bei etwaiger Muthung der Wasser der Bergbau anderen Unterneh­ z. B.

den

Mühlen,

Die Verleihung

der

Bergwaffer

mungen,

Wiesenbewässerungen u. s. w.

vor.

erfolgt kraft des Gesetzes und der

Erste Abtheilung.

152

Berggewohnheit stets unter dem selbstverständlichen Vorbehalte, daß

dieselbe dem Bergwerke und. den bauenden Gewerken unschädlich sein

solle und daß die Bergwasser trotz der geschehenen Verleihung, jeder Zeit zur Aufbereitung und zu den Kunstgezeugen

dürfen, falls hierzu ein Bedürfniß vorliegt.

werden

benutzt

Dieses Recht zur jeder-

zeitigen Benutzung der Bergwasser bestehet indeß lediglich zu Gunsten derjenigen Bergwerke, durch welche erstere erschroten sind, und kommt nicht nur gegenüber den Mühlen,

auch gegenüber anderen

sondern

Bergbauunternehmungen zur Anwendung,

Wassernutzung beliehen sind *).

wenn

mit

letztere

der

Eine Verbindlichkeit, den Beliehenen

1) Die hier behandelte Frage ist nicht ganz ohne Zweifel, muß indeß in

dem obigen Sinne schon deßhalb entschieden werden, weil desjenigen Bergwerkes, durch welches

nur dem Betreiber

nutzungsrecht ohne vorherige Muthung und Verleihung zustehet. werksbetreiber

können nur auf Grund

ein Wasser­

erschroten sind,

die Wasser

Andere Berg­

einer Verleihung die Bergwasser nutzen

und daher in keinen: Falle ohne Weiteres eine solche Wassernutzung dem dritten

Beliehenen,

z.

B.

einem Müller

gegenüber,

Anspruch

in

nehmen.

Karsten

(Grundriß S. 179) legt dem Bergwerksbetreiber,

durch dessen Baue die Wasser

erschroten sind, kein Recht bei, die Wassernutzung

von anderen Berkwerksbetrei-

bern, falls letztere eine Belehnung der

dern.

Bergwasser

erhalten haben, zurückzufor­

Dies ist indeß aus den Bergordnungen nicht

unter den verschiedenen Beliehenen gar Bergrechtsspiegel,

Thl

Landrecht Thl. II Tit.

II

c. 4

§.4

zu

begründen,

keine Unterschiede machen.

S. 195.)

Das

16 §. 346 ff. behandelt die

preußische

vorliegende

letztere

da

auch

(Vergl.

Allgemeine

sogar

Frage

unter dem Marginale „Verhältnisse der Bergwerkseigenthümer unter einan­ der."

Wenn in demselben daher §. 348 bestimmt: „Auch haben die bauenden

Gewerkschaften auf dergleichen Stollen- und Grubenwasser zur Zubereitung ihrer Erze und zu ihren Kunstgezeugen

ein

vorzügliches Recht,

und

können

selbige

dazu, wenn sie auch vorher einem Anderen verliehen worden, zurückforde rn",

so ist bei dieser Vorschrift

offenbar von der

Bergwasser niemals an andere Unternehmer

Voraussetzung

iz. B. Müller),

ausgegangen,

sondern nur

Bergbautreibende verliehen werden, und daß gerade den letzteren

daß

an

gegenüber der­

jenige, in dessen Bergwerk die Wasser erschroten sind, ein Recht der Zurückforde­

rung hat.

Das Wort des Gesetzes „zurückfordern" deutet zugleich an,

daß

das

jederzeitige Wassernutzungsrecht nur dem Betreiber des Bergwerkes zustehet, aus

dem die Wasser herrühren

Die Materialien des preußischen Allgemeinen Land­

rechts (Brasscrt, das Bergrecht des Allg. Landrechts rc. S. 139, 259)

daß bei Ausübung dieses Zurückforderungsrechtes eine

Entschädigung

leisten ist, indem nach der Bemerkung von Heinitz die Zurückforderung

geltlich" stattfinden sollte und ein entgegengesetztes nicht berücksichtigt wurde.

ergeben, nicht

zu

„unent­

Monitum (Brassert S. 259)

Während in dem Entwürfe

eines preußischen Berg-

Allgemeine Lehren (Berg- und Tagewasser).

153

zu entschädigen, wird durch die Ausübung jenes Rechtes nicht her­ vorgerufen, dagegen kann wenigstens durch Verträge entweder auf das Recht zur jederzeitigen Wassernutzung rechtsgültig verzichtet oder aber für den Fall der Ausübung desselben eine Entschädigungsverbind­ lichkeit übernommen sein. Der B e lie he ne muß binnen einem halben Jahre die Wasser fassen oder führen. Geschiehet dies nicht oder wird die Wasserleitung ein halbes Jahr im Verfall gelassen, so sollen Andere nach geschehener Feststellung des Thatbestandes mit dem Wasser beliehen werden. Diese Bestimmungen können sich nicht auf den Betreiber des Berg­ werkes, mit welchem die Wasser erschroten sind, sondern nur auf solche beziehen, welche eine Belehnung erhalten habens. gesetzes aus dem Jahre 1833 (Gesetzes-Revision, Pensum XI)

§§.

265

ff. der

Gewerkschaft, aus deren Baue die Wasser zu Tage gelangen, direct das „Eigen­ thum" der Wasser -eigelegt wurde, fügte

Aufrechterhaltung dieses

Eigenthumes

der Entwurf des Jahres 1846 unter

noch die dem bisherigen Bergrechte ent­

sprechende Bestimmung hinzu, daß im Falle der Nichtbenutzung des ersteren die Bergbehörde die Bergwasser „ anderen Bergeigenthümern oder Fremden"

Im §. 228b heißt es sodann:

aus Grund eingelegter Muthung verleihen könne.

„Eine solche Verleihung versteht

unter dem Vorbehalte, daß

jedoch immer

sich

die verliehenen Wasser von den ursprünglichen Eigenthümern, sowie von

künftigen Wiederaufnehmern entströmen,

zur

der Grube

Benutzung des

oder

des

Erbstollens, welchen

sie

eigenen Bergeigenthumes jederzeit zurück­

gefordert werden können" (Protokolle S. 543). Eine Entschädigung sollte hierbei

nicht geleistet werden, wobei die Redaktoren constatirten, daß dies dem bisherigen Bergrechte entspreche (Protokolle S. 538).

Für den Fall einer Abtretung der

Bergwasser Seitens des ursprünglichen Eigenthümers an Dritte waren besondere

Bestimmungen getroffen (§. 228c). 1) Dies folgt schon einfach aus dem Rechte des ersteren, die Wassernutzung ohne

Belehnung jeder Zeit ausüben

Landrecht Thl. II Tit. 16 §. 197

zu können.

erklärt

„zum

Das

preußische

Bergbaue

Allgemeine

verliehene Wässer,

welche ein Jahr lang nach der Belehnung nicht gefaßt worden sind",

für

in das Freie gefallen. Ueber die Vorschriften der Bergordnungen

bei Bergwassern vergl. unter

Anderen: Joachimsthaler Bergordnung vom Jahre 1548 Thl. II Art. 104:

„Alle die Wasser,

so mit Stöllen, Schächten,

Schürfen oder Röschen ver­

schroten werden, die sol unser Bergmeister denjenigen, so sie muthen und

aufnehmen, anders nicht verleihen, dann mit dem Fürbehalt,

daß solch Ver­

leihen derselbigen Wasser dem Bergwerk und den bauenden Gewerkender

Orten unschädlich sein solle und daß sie allweg, so ihrer Erz bedürfen, unverhinderlich brauchen mögen."

sie des zu Aufbereitung

154

Erste Abtheilung.

2. Brunnen und Quellen bilden regelmäßig keinen Gegenstand der Verleihung des Bergmeisters.

zur Benutzung der

Recht

Das

Wasser in Bächen und Flüssen zu bergbaulichen Zwecken wird dagegen

durch

und

Muthung

Verleihung

und

hat dieser zur

Ausnutzung der ersteren besondere Anlagen geschaffen,

der Bergbau vorgehen

nach dem Rechtssprüchworte:

Teichen, müssen dem Bergbau weichen",

Ist einem

erworben.

Dritten die Wassernutzung bereits bewilligt

soll zwar

so

„Mühlen und

indeß dem bisher Berech­

tigten muß Entschädigung geleistet werden.

Wo nach

Herkommen eine Muthung und Verleihung

der Waffer in

und Flüssen nicht stattfindet,

dem

gemeinen

Bergrechte

gilt

Gesetz

nach den Bergfreiheiten

dennoch

oder

Bächen

und

der Bergbau als zur Wasser­

Das Waffer in Bächen und Flüffen

nutzung vorzugsweise berechtigt.

hat im Gegensatze zu den Bergwaffern der Bergmeister nur für

Bergbauzwecke zu verleihen').

(Sergi, hohnsteinsche Bergordnung vom Jahre und

Ordnungen

Bergordnung

der

Bergwerke

S.

1576 Art. 163,

Ursprung

282; braunschweigisch-lüneburgische

für Zellerfeld rc. vom Jahre 1593

Art. 100, ebendaselbst

S. 232.)

Kurkölnische Bergordnung

vom Jahre

1669 Thl. III Art. 8 (Brassert,

S. 561):

„Alle die Wässer, so mit Stollen, Schächten, Schürfen

und Röschen über­

fahren werden, die soll Unser Oberbergmeister denjenigen, so sie muthen und

aufnehmen,

anders nit verleihen,

dann

anderen

Stollen ohne Schaden, mit dem Vorbehalt, daß

Zechen

verliehenen

solch

oder

Verleihen derselbigen

Wässeren dem Bergwerk und den bauenden Gewerken der Oerter unschädlich

sein

solle und daß sie allewegen, so sie deß auf Künste, Puch­

werke und Hütten bedürftig, unverhinderlich brauchen mögen." Kleve-märkische Bergordnung vom Jahre 1766 cap. 26 (Brassert S. 854);

schlesische

Bergordnung

1769

vom Jahre

cap.

27

(Brassert S. 982);

preußisches Allgemeines Landrecht Thl. II Tit. 16 §§. 346 ff.

Das preußische Allgemeine Landrecht bestimmt direct nur welche mit Stollen erschroten werden.

Bcrgwasser bezeichnet werden.

Offenbar

über Waffer,

sollen hierdurch indeß alle

Die Fassung ist aus den revidirten. Bergordnungen

entnommen, dabei aber das Marginale der letzteren übersehen.

Mit Rücksicht

auf diese enge Fassung des Tertes bestimmte ein an das Oberbergamt zu Dortmund gerichteter Erlaß vom 4. November 1850, Maschinen gehobenen Wasser unzulässig sei.

1) Kursächsische Bergwerksverfassung oben angeführten Bergfreiheiten.

daß eine Muthung der durch

Dieser Erlaß ist unrichtig.

S. 97, 101, LXXIII.

Vergl. die

Allgemeine Lehren (Berg- und Tagewasser).

155

Mit den vorstehend angedeuteten Bestimmungen und Gewohn­ heiten über die Benutzung, des Wassers in Bächen und Flüssen zu Bergbauzwecken stehen auch die Vorschriften des preußischen Allge­ meinen Landrechtes im Zusammenhänge, wiewohl dieselben als unklar bezeichnet werden müssen» Die Materialien des Landrechtes, namentNieder-österreichische

Bergordnung vom Jahre

1553

(Ursprung

Art. 9

der Bergwerke S. 168): „Die andere Bergwerke und Fünde, welcherlei sie sein, alt und neu Schurs

wo die in

oder Gebäu,

schlagen werden,

Unsern niederösterr.

Landen befunden

und aufge­

die sollen sambt der Wasserflüssen, Hutschlägen,

plätzen, Wälder u. s. w.

Kohl­

an Unser Statt von Unsern Bergrichtern — und

sonst von Niemands empfangen werden." Zinnbergwerksordnung für Schlackenwald re. vom Jahre 1548 Art. 19 (Ebend. S. 123):

„So Jemand bei Unseren Bergmeister Puchwerk oder Mühlen muthen Alle diejenigen, so neue Puchwerk bauen, die

und aufnehmen würde u. s. w.

fasten,

sollen ihre Wehre also machen und die Wasser

auf daß

sie

dem

Nächsten über ihm das Wasser nicht zurück unter die Räder austreiben u. s. w.

Es

soll auch

der Bergmeister

fortan

kein

Puchwerk

mehr auf das übrige

Wafser verleihen; damit auch Hader und Zank fürkommen, so soll sich keiner unterstehen,

bei schwerer Straf die Quell und Einfälle,

so bisanhero in die

Hauptflüsse gegangen, abzugraben und anderswohin zu führen.

Der Berg­

meister soll keinen Erbfluß verleihen, sondern der Königl. Majestät zum Besten frei lasten."

Appendix zur joachimsthaler Bergordnung (zu Art. 104. Ebend. S. 102): „Brunnquell, die von ihnen selbst durchs Erdreich brechen,

Rath zu, so fern sie in ihrem Gebiet entspringen. soll der Bergmeister also verleihen,

die stehen dem

Stolln-Wasser und andere

wo sie die Gewerken zu Nothdurst

ihres

Erzes bedürfen, daß man ihnen dieselbigen unverhindert die Zeit ihres Waschens gehen lassen.

Die

fließenden

Bäche

und Wasser soll der Bergmeister

Niemand verleihen und zu eigen geben, sondern dieselbigen Waffer sollen alle­

wege zu dem, daß das Bergwerk allermeist fördert und

Künsten gebraucht,

unangesehen

Puchwerk,

und erhält als Heintzen

Brettmühlen,

Seifen

nnd

dergleichen mehres." Kurkölnische Bergordnung vom Jahre 1669 Thl. IX Art. 4 (Brassert S. 642):

„Wenn ein Wasserfall

im Freien liegt und Uns nit anständig,

darauf ein Puchwerk bauen zu lassen, werken unschädlich,

alsdann

solcher Wasserfall auch

mag Unser Oberbergmeister

selbst

andern Puch­

solchen Wasser­

fall dem Nächsten, so ihn aufnehmen suchen wird, verleihen u. s. w."

Thl. II Art. 3 (Brassert S. 536): „Was bei seinem Amt (Oberbergmeister) herkömmlich lasten, demgemäß soll er denjenigen, so Zechen, Stollen,

und Wir ihm

zu­

Wassergefälle,

156

Erste Abtheilung.

lich ein Monitum Beyers*) berechtigen zu der Annahme, daß das

alte Recht beibehatten werden sollte, weshalb denn auch offenbar in diesem Sinne Thl. II Tit. 16 §.80: „Wasch- und Pochwerke, imgleichen Graben und Wasser­

leitungen über Tage sind

unter der

Muthung einer Grube

nicht mitbegriffen2* ),1 sondern müssen besonders gemuthet und ver­

liehen werden", Selbst der §. 110 das.i „Auch Teiche und Mühlen müssen dem Bergbau weichen, wenn es zur Fortsetzung desselben

Aufnahme fand.

nothwendig ist", stehet mit dem früheren Rechte im Einklänge,

da

letzteres für diesen Fall gleichfalls die Entschädigung des bisherigen

Wasserberechtigten vorschrieb. Dagegen befolgt §. 109 das., wonach der Grundeigenthümer verbunden ist, dem Bergbautreibenden „das

zum Betriebe der Kunst- Poch- Wasch- und Hüttenwerke erforderliche

insofern einen

Wasser" abzutreten,

entgegengesetzten Grundsatz, als

nach §. 112 das. angenommen werden muß, daß

der Grundeigen­

thümer für jede Abtretung der Wassernutznng zu enschädigen ist3). Puchstätten, Hütten, Hämmer, Sägemühlen

und dergl.

aufzubauen

suchen,

solche zu verleihen und zu bestätigen schuldig sein." Vergl. außerdem Bergrechtsspiegel Thl. II cap. 4 Z. 4 S. 195, Herttwig, Bergbuch sub voce „Wasser".

Hier finden sich Beispiele von Verleihungender

Wasser der Mulde und der Elster. 1) Brassert S. 105, 286, 300.

2) Den Gegensatz bilden die Wasser betriebener Bergwerke (Bergwasser),

bei denen nach deutschem

Bergrechte der Bergwerksbetreiber zur Benutzung der

Wasser keiner Verleihung bedarf. 3) Die revidirten Bergordnungen

sind bezüglich

der Wassernutzung

zu

Bergbauzwecken unklar, vergl. z. B. kleve-märkische Bergordnung c. 2 §. 2, c. 26, c. 59, 60 §. 4, c

75 §. 2 am Schlüsse, c. 78

§. 1;

c. 30, 72.

Unrichtig

ist übrigens, daß dieselben, wie die Gesetzes-Revisoren annehmen, nur über Berg­

wasser Bestimmungen treffen. In den Motiven

des Entwurfes eines Berggesetzes aus dem Jahre 1833

(Pens. XI Ges.-Revision) wird S. 135 ff. mit

Recht auch der Unklarheit des

Allgemeinen Landrechtes gedacht.

S. 136

Wenn

indeß

diese Unklarheit darin

gefunden werden soll, daß §. 109 des Allgemeinen Landrechtes den Grundeigen­ thümer zur Abtretung der Wassernutzung verpflichtet, ohne von einer Belehnung

des Bergbautreibenden zu reden, so erscheint

wendigkeit der Belehnung folgt aus §. 80.

dies nicht stichhaltig.

Die

Noth­

Damit erstere stattfinden könne,

muß der Grundeigenthümer zur Abtretung der Wassernutzung verbunden sein. Findet indeß diese Abtretung, wie nach dem preußischen Allgemeinen Landrechte,

nur gegen Entschädigung statt,

so hat allerdings

die Muthung und Verleihung

Allgemeine Lehren (Berg- und Tagewafser).

c.

157

Neuere Berggesetze über die Wassernutzung.

§. 46.

Die angegebene Vorschrift des rechtes

demnächst

sollte

Allgemeinen

preußischen

nicht nur

Land­

der Praxis ganz allgemein zur

Grundlage dienen, sondern auch außerhalb des Gebietes

des

preu­

ßischen Rechtes in wichtigen deutschen Berggesetzen der neueren Zeit

zum unzweideutigen Ausdrucke gelangen. So

bestimmt

das

österreichische

Berggesetz

vom 2.8. Mai

1854 im §. 105 : „Tagwäss er, welche zum Bergbaubetrieb nothwendig sind,

mästen auch wider den Willen des Eigenthümers und an den Revierstöllner selbst von anderen Bergwerksbesitzern abgetreten werden, insofern wasserpolizeiliche und andere öffentliche Rücksichten nicht

entgegen stehen und die verlangte Wasserabtretung

größere

na­

tional-ökonomische Vortheile erwarten läßt. Die Erhebung darüber hat nach den in Ansehung der Grund­ überlastung gegebenen Vorschriften zu geschehen und in der Ent­

scheidung sind zugleich die Bedingungen festzusetzen, unter welchen dem Bergbauunternehmer das Wasserrecht zukommen soll."

Wegen der „Grubenwässer" schließt sich dagegen dasselbe Gesetz

in dem §. 128 wesentlich dem älteren Rechte an. dem Bergwerkseigenthümer

für den

Vorbehalten,

unter

können

aber

Bergwerks-

bestimmten

Dritte „zu was immer für Zwecke" verliehen änderungen in der Menge

Dieselben sind

und Hüttenbetrieb

Voraussetzungen

werden.

an

„Für Ver­

der aus dem Berge fließenden Gruben­

wässer ist der Bergwerkseigenthümer nicht verantwortlich." Das Königlich sächsische Berggesetz vom 22. Mai 1851 ver­ ordnet im §. 216 gleichfalls, daß Wassernutzungsrechte im Wege der Expropriation für Bergbauzwecke zu erwerben sind *).

keine Bedeutung,

Ein besonderer

da es sich alsdann in der That nur um ein Expropriations-

Verfahren handelt. 1) Dagegen schreibt §. 264 vor:

„Rucksichtlich des

Rechts, andere als

durch den Bergbau erschrotene Wasser zu benutzen, bewendet es neben der Be­ stimmung des §. 216 zur Zeit bei der bisherigen Verfassung." gehören zu den sog. Revieranstalten die Wasserversorgungsanstalten. des Entwurfes zu dem Berggesetze bemerken: alle

andere

Quell-

und

fließenden

Waffer

Nach §. 158 Die Motive

„Die Bergämter hatten das Recht, (b. h. abgesehen

von den Berg-

158

Erste Abtheilung.

Abschnitt (IX) enthält daneben sehr eingehende Bestimmungen über die Benutzung der Bergwerks wasser.

Gebraucht der Berg­

werksbetreiber die durch seinen Bergbau erschrotenen Wasser nicht,

anderen Bergbautreibenden zu

so hat das Bergamt dieselben

Bergbauzwecken zu verleihen'). Im Falle der Concurrenz verschie­ dener Bergbauunternehmungen entscheidet der größere volkswirthschaftliche Werth, bei gleichen Verhältnissen in dieser Beziehung das

Gebundensein an einen bestimmten Ort, endlich aber das Alter des Gesuches über den Vorzug. Für andere als Bergbauzwecke kann nur eine interimistische Benutzung

unter der Bedingung gestattet werden, daß die Wasser zu bergmännischen Zwecken ohne Entschädi­ gung wieder abgetreten werden müssen (§. 252). Nach den Vor­ schriften über die Expropriation sind die Grundstücksbesitzer verbun­ den, „die durch den Bergbau erschrotenen Wasser, da, wo sie an den

Tag kommen,

und

aufzunehmen und über Grundstücke

weiterhin

leiten und abfließen zu lassen." Das gegenwärtig geltende Königlich sächsische Allgemeine Berg­ 16. Juni 1868 wiederholt in den §§. 122, 152 bis 167 grundsätzlich diese Bestimmungen?).

gesetz vom

d.

Das preußische Allgemeine Berggesetz rücksichtlich der Wasser­ nutzung im Allgemeinen.

8. 47. Wenn die vorstehend angegebenen

Berggesetze

noch in

einem

deutlichen Zusammenhänge mit dem älteren deutschen Rechte stehen.

wassern), sie mochten auf fiskalischem oder Privat-Grund und Boden entspringen, in öffentlichen

Strömen und

Flüssen oder in

Bächen fließen, zum Berg- und Hüttengebrauche welchen ein Recht an diesen Wassern

nicht

öffentlichen Flüssen und

zu verleihen."

„vorher zugestanden",

Denjenigen, mußte Entschä­

digung geleistet werden (S. 258 der Motive). 1) Das Gesetz betrachtet die Bergwasser, wenn der Bergwerksbetreiber, in

dessen Bauen die Wasser erschroten sind, von seinem Vorzugsrechte keinen Ge­

brauch macht, als Gemeingut aller Bergbautreibenden.

an letztere kann daher

ersterer sein

Bei einer Verleihung

Vorzugsrecht nicht mehr geltend machen.

Dies weicht vom älteren Rechte ab.

2) Das Großherzoglich sächsische Gesetz vom 22. Juni 1857 schließt sich in

den §§. 120, 145—157 in der Hauptsache dem Königlich sächsischen Berggesetze

an.

Ueber die Abweichungen vergl. Schomburg, Betrachtungen S. 254 ff.

159

Allgemeine Lehren (Berg- und Tagewasser).

so hat das

preußische

Allgemeine Berggesetz

vom

24.

Dieses Gesetz kennt

Juni 1865 mit letzterem vollständig gebrochen.

nämlich ebensowenig eine Muthung und Verleihung von fließendem

Wasser einschließlich der Bergwasser,

als eine Zwangsabtretung der

Waffernutzung zu Bergbauzwecken >). Bezüglich der Bergwasser

des 1862 im Drucke

heißt

erschienenen

es bereits in den Motiven Entwurfes

vorläufigen

lichen

Verleihung,

S. 20:

zu einer bergrecht­

„Die Gruben- oder Bergwasser eignen sich nicht

Verhältniffe derselben lassen sich

die rechtlichen

vielmehr nach allgemeinen Grundsätzen und Gesetzesvorschriften regeln"

und die Motive des' Schlußentwurfes1 2)3 4wiederholen, wörtlich

diesen

Satz, welchen der Bericht der Kommission des Hauses der Abgeord­ neten2) noch dahin ergänzt: „Man blieb jedoch nicht bei den Mine­ andere

Gegenstände,

Poch- und Waschwerke, Gräben und Wasserleitungen,

Hüttenwerke,

ralien allein stehen,

sondern unterwarf

auch

Stollen, Grubenwasser, verlassene Halden, zuletzt in der kurkölnischen Bergordnung Thl. II Art. 3 sogar Holz-Sägemühlen der Regalität

und machte die Benutzung derselben von einer Muthung

leihung des Staates abhängig^).

welche theilweise durch die Novellen-Gesetzgebung

der

Bergwerksverwaltung

und Ver­

Von den letzteren Gegenständen,

getrennt sind,

dem

von

abstrahirt

der

Reffort

Entwurf

mit Recht gänzlich und bleibt bei den unterirdischen Mineralien stehen."

Was die Zwangsabtretung der Wassernutzung

zu

Bergbau­

zwecken anbetrifft, so bemerken die Motive des vorläufigen Entwurfes

1) Auch der Privatregalinhaber kann im Gebiete des preußischen Allge­

meinen Berggesetzes keine Verleihungen

auf fließende

Wasser ertheilen, da dem

Regalherren keine besonderen Rechte auf letzteres zugestanden haben, sondern die Anwendung der bergrechtlichen Muthung und Verleihung lediglich zu Gunsten

der Bergbautreibenden das freie Wassernutzungsrecht der älteren Zeit aufrecht

erhielt. 2) Hahn, S. 43, Zeitschr. f. Bergrecht VI S. 87. 3) Hahn S. 47.

4) Diese Auffassung ist nicht correct.

Die Muthung und Verleihung hat

nicht das Recht zur Wassernutzung zu Bergbauzwccken

beschränkt, sondern zu

Gunsten des Bergbaues das alte Recht der freien Wassernutzung

gegenüber den

ausschließlichen Rechten der Grundeigenthümcr wenigstens einigermaßen ausrecht erhalten.

Sägemühlen

wurden

gemuthet,

soweit dieselben Bergbauzwecken dienten.

wenn

sie Wasserfälle benutzten und

Erste Abtheilung.

160

(S. 126): „Nach dem auf der rechten Rheinseite bestehenden Rechte, namentlich nach §. 109 Thl. II Tit. 16 A. L. R. muß der Grund­

eigenthümer auch das für Kunst- Poch- Wasch- und

Hüttenwerke

erforderliche Wasser abtreten. Nach den seitherigen Erfahrungen scheint jedoch kein genügender Grund vorzuliegen, das Expropriations­ recht auch auf Wasserberechtigungen auszudehnen, zumal der

Bergbautreibende schon nach

den allgemeinen Gesetzen, namentlich in anderer Weise

denjenigen über die Benutzung der Privatflüffe,

zur Benutzung eines Wasserlaufes gelangen kann, und überdies den Hüttenwerken und den von den Regierungen ressortirenden Aufbe­

reitungsanstalten

das

Expropriationsrecht

überhaupt

nicht

mehr

zusteht." Diese Motivirung findet sich im Wesentlichen in den Motiven zu §. 135 des Schlußentwurfes wieder, lediglich die Bezugnahme auf die allgemeinen Gesetze und die Gesetze über die Benutzung der

Privatflüsse ist weggelassen *). Es erscheint unter diesen Umständen erforderlich, die gegen­ wärtige Stellung des Bergbaues in Betreff der Benutzung des flie­ ßenden Wassers, einschließlich der Bergwaffer, namentlich auf Grund der Bestimmungen des preußischen Allgemeinen

Berggesetzes einer

näheren Erörterung zu unterwerfen. e.

Die Bergwasser nach dem preußischen Allgemeinen Berg­ gesetze.

a. Recht des Bergbauberechtigten auf die Bergwasser im Inneren des Bergwerkes.

§. 48. Das ältere Bergrecht gab, wie

oben

näher

nachgewiesen

ist,

demjenigen Bergwerksbetreiber, in dessen Baue die Bergwaffer erschroten sind, ein Vorrecht zu deren Benutzung und zwar bis zur

Einmündung der Bergwaffer in einen natürlichen Wasserlauf.

Da

das Allgemeine Berggesetz die Bergwaffer nicht einmal erwähnt, so könnte gegenwärtig die Ansicht geltend gemacht werden, daß dem Bergwerksbctreiber als solchem überhaupt keinerlei Recht auf erstere zustehe. Wie bei Quellen und Brunnen gebühre an sich dem Grund­ eigenthümer die Wassernutzung. 1) Hahn S. 256, Zeitschr. f. Bergrecht VI S. 166.

161

Allgemeine Lehren (Berg- und Tagewasser).

Eine solche Meinung dürfte sich nicht dadurch widerlegen lassen, daß man die Bergwasser als Zuwachs des Bergwerkes betrachtet, wie dies von Wenzel') geschiehet. Letzterer bemerkt nämlich: wenn das

keine

österreichische Berggesetz

Bestimmungen

über die Bergwafser

enthielte, so würden die erschrotenen Bergwasser nach §. 404 des bürgerl. G.-B."), gemäß welchem Alles, was aus einer Sache entstehet, den Zuwachs derselben bildet, auch ein Zuwachs des be­

treffenden Bergwerkes sein und demgemäß dem Bergwerkseigenthümer nicht nur ein Vorrecht rücksichtlich der Benutzung, sondern das Eigenthum an den Bergwassern zustehen. Diese Ausfüh­

rung dürfte zunächst insofern unbegründet erscheinen, als nach derselben die Bergwasser als ein Gegenstand, welcher aus dem Bergwerke entstehet,

Die Wasser bilden indeß weder eine Frucht des

betrachtet werden.

Grund und Bodens, noch des Bergwerkes und es können demgemäß die Grundsätze über den Fruchterwerb des Eigenthümers, bonae fidei possessor, Nießbrauchers, Pächters u. s. w. hier keine Anwendung finden").

Richtig dagegen ist, daß die Bergwasser als Accession,

als ein Zuwachs von außen aufgefaßt werden können4). Indeß auch unter diesem Gesichtspunkte würden die Bergwaffer, sobald sie zu Tage treten, unter allen Umständen

ein Zuwachs des

Grund

und Bodens sein, im Inneren des Bergwerkes aber nur dann einen Zuwachs des letzteren bilden, wenn man ein Eigenthum des Bergwerksbetreibers an den unterirdischen Hohlräumen annehmen dürfte. Eine solche Annahme verbietet sich indeß von selbst, da die 1) Handbuch des Allgemeinen österreichischen Bergrechts S. 431.

2) §. 404 lautet:

„Zuwachs

heißt

Alles, was aus einer Sache entsteht

oder neu zu derselben kommt, ohne daß es dem Eigenthümer von Jemand Ande­ rem übergeben worden ist.

Der Zuwachs wird durch Natur, durch

Kunst oder

durch beide zugleich bewirkt." 3) Nach den vom römischen Rechte abweichenden Bestimmungen des preu­

ßischen Allgemeinen

Landrechts

Thl. I Tit. 9

§. 221:

„Die Früchte

einer

welcher das

Sache sind gleich bei ihrem Entstehen

das Eigenthum

Nutzungsrecht der Sache hat",

im Gebiete dieses Gesetzbuches der Berg­

werksbetreiber, wenn ihm

ohne Separation oder

würde

desjenigen,

das Nutzungsrecht des Grund und

Perception

Eigenthümer der

Frucht

Bodens

sein.

zukäme,

Indeß

das

Wasser fällt nicht unter den Begriff der Frucht, es ist ein Zuwachs von außen her.

4) Vergl. auch Code civil Art. 546: la propriete d’une chose soit mobiliere, soit immobiliere, donne droit sur tont ce qu’elle produit et sur ce qui s’y unit accessoirerneut, soit naturellement, soit artificiellement. Ce droit s’appelle droit d’accession.

Erste Abtheilung.

162

Stollen, Schächte und sonstigen Grubenbaue nur den Charokter von

Servituten dem Grundeigenthume gegenüber haben und lediglich bei der Zimmerung, Mauerung, den Maschinen, Bahnen u. s. w. ein vielfach noch aus polizeilichen Gesichtspunkten beschränktes *) Eigen­ thum des Bergwerksbetreibers bestehet1 2).3 4Auch im Inneren des Berg­ werkes bilden daher die Bergwaffer nicht einen Zuwachs des Berg­

werkes, sondern des Grund und Bodens. Gleichwohl muß für den Bergwerksbetreiber als solchen zwar

aber ein Nutzungsrecht an den Bergwafsern

nicht das Eigenthum,

im Inneren des Bergwerkes in Anspruch genommen werden. Kraft der Bergwerksverleihung hat der Beliehene das Recht, zu Zwecken des Bergbaubetriebes den Grund und Boden Dritter unterirdisch

zu durchfahren, unterirdische Wege aller Art, Hohlräume u. s. w. anzulegen, kurz alle denkbaren bergbaulichen Anlagen unterirdisch zu errichten, ohne dem

Grundeigenthümer hierfür irgend eine

Ent­

schädigung zu gewähren. Die Bergwerksverleihung ermächtigt also zur ausgedehntesten Benutzung fremden Grundeigenthumes unter

Tage.

Es ist daher

auch ein hergebrachtes Recht des Bergwerks­

betreibers, die dem Grundeigenthümer zustehenden Mineralien, welche

beim Betriebe des Bergwerkes gewonnen sind, ohne Entschädigung des Grundeigenthümers, zu Betriebszwecken zu verwenden. Wenn das preußische Allgemeine Berggesetz im §. 57 8) diese Befugn iß dem

Bergwerkseigenthümer ausdrücklich beilegt, so folgt dieselbe anderer­ seits doch ebenso

sehr aus der Natur des Bergbaurechtes, wie das

Recht des Bergwerksbetreibers, die unterirdischen bergbaulichen An­

lagen ohne Entschädigung des Grundeigenthümers herzurichten, über

welches bisher niemals bezweifelte Recht das Berggesetz

Ebensowenig

wie

aus diesem

Schweigen

auf den

schweigt^).

Mangel jenes

Rechtes zu schließen ist, kann dies rücksichtlich der Befugniß des Berg­ werksbetreibers, die Bergwaffer zu nutzen, der Fall sein. Die durch den Bergwerksbetrieb erschrotenen Wasser stehen rücksichtlich der Be­

nutzung derselben im Inneren des Bergwerkes den an sich dem Grundeigenthümer gebührenden Mineralien völlig gleich. DerBcrgwerksbetrciber hat als solcher das Recht, das fremde Grundeigen1) §. 163 des preußischen Allgemeinen Berggesetzes. 2) Vergl. unten §. 74. 3) Vergl. auch

§. 46 des Königlich sächsischen Berggesetzes vom 16. Juni

1868 und §. 59 des Großh. sächsischen Berggesetzes vom 22. Juni 1857. 4) Vergl. jedoch §. 54 des preußischen Allgemeinen Berggesetzes.

Allgemeine Lehren (Berg- und Tagewasser).

unterirdisch zu

thun, einschließlich seiner Accessorien

Zwecken zu benutzen.

163 bergbaulichen

Völlig correct schließt daher das österreichische

Berggesetz vom 23. Mai 1854 die Vorschriften über die Benutzung

der Grubenwässer (§§. 128 ff.)

an

Bestimmungen

die

über

das

Recht auf die nicht vorbehaltenen Mineralien (§§. 124—127) un­

mittelbar an. b.

Recht des Bergbauberechtigten auf die Bergwasser über Tage (bayerisches Recht).

§. 49.

In den vorstehenden Bemerkungen ist das Recht des Bergwerks­ betreibers als solchen auf die Benutzung der Bergwasser im Inneren

des Bergwerkes begrenzt worden.

Es fragt sich

aber weiter,

wie

verhält es sich mit den zu Tage

ausfließenden Bergwaffern?

Da

rücksichtlich der Tagesoberfläche

die eben

dem Grundeigenthümer gegenüber nicht dem Bergwerksbetreiber nur

Gesichtspunkte

erörterten maßgebend

so wird

sind,

in dem Falle die Nutzung an den zu

Tage gehobenen oder ausfließenden Wassern zustehen,

wenn derselbe

entweder Eigenthümer oder Nutzungsberechtigter desjenigen Grund­ stückes ist, wo die Wasser zu Tage kommen.

Nicht als Beliehener

oder Bergwerksbetreiber, sondern als Eigenthümer

des Grundstückes Wassernutzung.

hat demgemäß

hier

der

oder Nutznießer

Bergwerksbetreiber die

Regelmäßig wird zwar dem letzteren die eine oder

die andere Eigenschaft zustehen,

da ohne dieselbe die Befugniß zur

Herstellung der Schacht- oder Stollenöffnung an der Tagesoberfläche

fehlen würde, aber das Recht der Wassernutzung erstreckt sich

nur

soweit, als das Eigenthum oder Nutzungsrecht am Grundstücke gehet, und von einem Rechte auf die

Benutzung

der

Bergwasser bis zu

deren Einmündung in einen natürlichen Wafferlauf

kann fernerhin

keine Rede mehr sein.

Diese bisher auf der Grundlage

Berggesetzes gewonnenen

des

preußischen Allgemeinen

Resultate lasien erkennen,

daß

allerdings

eine nöthigende Veranlassung zur Aufnahme besonderer Vorschriften

über die Bergwaffer nicht vorlag, wenn auch zur Lösung von Zwei­

feln der Erlaß solcher Bestimmungen vielleicht zweckmäßig sein könnte.

gewesen

In dieser Richtung ist das bayerische Allgemeine Berg­

gesetz vom 20.

März 1869 vorgegangen, indem dasselbe in einem

besonderen Abschnitte „von der Benutzung des Wassers" vorschreibt:

Erste Abtheilung.

164

„Art. 148. Auf Grubenwässer, welche der Bergwerksbesitzer er-

schroten hat, bleibt demselben, auch wenn er sie zu Tage ausfließen läßt, bis zu deren Vereinigung mit anderen beständigen Tagwässern

das Vorrecht der Benutzung zum Betriebe des Bergwerkes und der dazu gehörigen Aufbereitungsanstalten vorbehalten. Art. 149.

Insoweit und so lange ein Bergwerksbesitzer seine

Grubenwässer zu Betriebszwecken nicht

selbst

benutzt,

kann deren

Benutzung von der Bergbehörde in widerruflicher Weise auch Anderen

gestattet werden.

Den Besitzern benachbarter Bergwerke und Auf­

bereitungsanstalten gebührt in diesem Falle der Vorrang." Im Resultate weichen diese Vorschriften von dem preußischen Rechte, wie bereits angegeben, zunächst darin ab, daß der Bergwerks­

besitzer als solcher auch an den zu Tage

ausfließenden Wassern

und zwar bis zu deren Vereinigung mit anderen beständigen Tag­ wassern ein Vorrecht der Benutzung hat.

Diese Abweichung erscheint

indeß praktisch von keiner erheblichen Tragweite, wenn auch in den angegebenen Punkten nach dem bayerischen Berggesetze der Bergbau

etwas günstiger gestellt ist. Andererseits gewährt das bayerische Gesetz das Vorrecht der Benutzung nur für Betriebszwecke und gestattet der Bergbehörde im Falle der Nichtbenutzung das Recht, widerruflich zu Gunsten Dritter über die Wasser zu verfügen. Nach

dem gegenwärtigen preußischen Rechte fällt selbstverständlich ein solches

Recht der Bergbehörde völlig aus, aber wie stehet es dagegen mit

der Befugniß des Bergwerksbetreibers, die

Bergwasser

zu

anderen als Betriebszwecken zu benutzen und über erstere zu Gunsten Dritter Verfügung zu treffen?

Diese Befugniß kann unzweifelhaft auf eigenem Grund

nicht bestritten werden, wenn die Bergwaffer

und Boden des Bergwerksbetreibers zu Tage treten.

Letzterer ver­

mag diese Waffer alsdann kraft seines Eigenthumes am Grund und

Boden ebensowohl zu anderen als Betriebszwecken zu verwenden, als auch Dritten zur Benutzung abzutreten, es müßten denn einer solchen Abtretung die Rechte Anderer, z. B/ der Eigenthümer der tiefer liegenden Grundstücke, entgegenstehen.

Gleiche Rechte gebühren

dem Brrgwerksbetreiber für die Dauer seines Nutzungsrechtes, wenn

derselbe den betreffenden Grund und Boden auch nur in Gebrauch und Nutzung hat').

Dagegen läßt sich nicht verabreden, daß im

1) Rach den §§. 135 ff. des Allgemeinen Berggesetzes werden die Grund-

Allgemeine Lehren (Berg- und Tagewasser).

Inneren des Bergwerkes, soweit dem Bergwerksbetreiber nur

165

kraft

dieser seiner Eigenschaft und nicht als Eigenthümer und Nutznießer

der Grundstücke die Wafsernutzung zustehet, an sich eine Beschränkung für die eigenen Betriebszwecke vorliegt'). Nun kommt es nicht selten

vor, daß die Betreiber von Bergwerken, insbesondere von Erbstollen

Wafferlieferungsverträge mit Dritten abschließen.

Handelt es sich

hier nur darum, daß die Eigenthümer derjenigen Bergwerke, welche ein Stöllner durchfahren hat, innerhalb ihres Feldes durch Maschinen

die sonst auf dem Stollen abfließenden Wasser oder eine Quote der­ selben zu irgend welchen Zwecken, z. B. zum Betriebe ihrer Coaksanstalten, zu Tage heben, so kann von der Anwendung jener Be­ schränkung schon deshalb keine Rede sein, weil in diesem Falle we­ sentlich nur die eigenen Grubenwasser und zwar über Tage kraft des dort bestehenden Eigenthumes oder Nutzungsrechtes am Grund

und Boden von dem

betreffenden Bergwerksbetreiber beliebig ver­

wandt werden würden.

Aber ganz abgesehen hiervon, erscheint an

sich kein Bergwerksbetreiber, auch nicht der Stöllner^) verbunden,

die Wasser auf einem bestimmten Wege zu Tage ausfließen zu lassen. Es stehet demselben jedenfalls auf Grund abgeschlossener Verträge die Befugniß zu, die Bergwaffer auch vermittelst fremder Grubenbaue

und Maschinen zu Tage auszugießen und, falls Dritten hierdurch ein Vortheil gewährt wird, sich hierfür ein Entgelt auszubedingen.

Mit anderen Worten, bei diesen Wasserlieferungsverträgen, mögen dieselben mit fremden Bergwerken, Coaksanstalten, Hütten, Eisen­

bahnen rc. abgeschlossen sein, handelt es sich nicht um eine Verwendung der Bergwaffer im Inneren des Bergwerkes zu anderen als Be­

stücke im Wege des

Zwangsverfahrens

allerdings nur abgetreten,

dieselben zum Betriebe des Bergbaues erforderlich sind.

gleichzeitige Benutzung jener

Grundstücke zu anderen

wenn

Dies schließt indeß eine

Zwecken, also z. B. zur

Anlage von Vorrichtungen, um die Wasser einem Dritten zuzuführen, nicht aus. 1) Diese Beschränkung würde nicht vorhanden sein, wenn man ein Eigen­

thum des

könnte.

Bergwerksbetreibers an den

unterirdischen Grubenräumen annehmen

Die Wasser wären alsdann ein Accessorium der letzteren und damit im

Inneren der Grube dem Eigenthum« des Bergwerksbetreibers unterworfen.

2) Es ist wohl nicht zu bemerken nöthig, daß es sich hier nicht um die ganz verschiedene Frage handelt, in wieweit der Erbstöllner zur Erhaltung seiner Stollengerechtigkeit den Stollen in dem Zustande zu erhalten hat, daß die

Wasser zum Mundloche ausfließen können. vergl. §. 50.

Ueber entgegenstehende Rechte Dritter

Erste Abtheilung.

166

triebszwecken, sondern um die beliebige Verwendung der Wasser über

Tage und um das Recht des Bergwerksbetreibers, die Bergwasser auf einem solchen Wege zu Tage zu bringen, welcher die angestrebte Verwendung über Tage ermöglicht.

Diese Wafserlieferungsverträge

sind demgemäß gerade nach dem gegenwärtigen preußischen Rechte

rechtsgültig, während nach dem bayerischen Allgemeinen Berggesetze die Bergbehörde wenigstens die Befugniß hat, solche Verträge nicht zu respectiren, vielmehr zu Gunsten Anderer widerruflich über die Bergwasser zu verfügen. Die Beschränkung des Bergwerksbetreibers auf Benutzung der Bergwasser im Inneren des Bergwerkes zu Betriebszwecken hat hiernach keine praktische Bedeutung, zumal auch

sich sehr selten innerhalb der Grubenbaue eine andere Benutzungsart ermöglichen, andererseits aber bei einer Uebcrschreitung es wohl immer

an einem legitimsten Kläger fehlen wird. c.

Rechte Dritter auf die Bergwasser über Tage.

§. 50. Es ist bereits hervorgehoben worden, daß nach dem preußischen

Allgemeinen Berggesetze ein Vorrecht des Bergwerksbetreibers auf Be­ nutzung der Bergwasser bis zur Einmündung in einen natürlichen

Wasserlauf ebensowenig wie das Verfügungsrecht der Bergbehörde über die Bergwasser bestehet.

Da nach dem alten Rechte die Be­

nutzung der letzteren, insoweit der Bergwerksbetreiber dieselbe nicht

selbst gebrauchte, von der Verleihung der Behörde abhängig war und fernerhin jede Verleihung unter dem Vorbehalte erfolgte, daß dieselbe dem Bergwerke und den bauenden Gewerken unschädlich sein sollte, so

konnte beim Versiegen der Bergwasser in Folge des Bergbaubetriebes, bei Abführung derselben auf einem anderen Wege von Seiten der­ jenigen, welche bisher, sei es als Beliehene, sei es ohne eine Belei­

hung, z. B. als Anlieger an dem Wasserlaufe, die Bergwaffer über Tage benutzt hatten, ein Anspruch auf Wiederherstellung des früheren

Zustandes oder auf Entschädigung regelmäßig nicht erhoben, auch nicht die Ersitzung geltend gemacht werden.

Dies hat auf Grund­

lage des älteren Rechtes auch das preußische Obertribunal durch Er­ kenntniß vom 29. October 1841 (Präj. 1060) anerkannt. Das Prä­

judiz lautet: „Wegen solcher Wasser, die beim Bergbau erschroten und zu Tage geführt, demnächst aber nach der Verbrechung der Stollen, Rö­ schen re. frei durch die Dammerde brechen und ausfließen, gebührt

Allgemeine Lehren (Berg- und Tagewasser).

167

dem Eigenthümer des Bodens, worauf dies stattgefunden, keine Entschädigung, wenn ihm, sei es auch nach Ablauf der Verjährungs­ zeit, die Wasser durch den ferneren Betrieb des Bergbaues wieder entzogen werden." Hat sich dieser Rechtszustand unter der neuen Gesetzgebung ver­ ändert? *) Dies muß bejahet werden. Seitdem bei den Bergwaffern der gesetzliche Vorbehalt, daß jede Verleihung dem Bergwerke und den bauenden Gewerken unbeschadet erfolge, nicht mehr bestehet, seit­ dem das gesetzliche Verfügungsrecht der Bergbehörde über die vom

Bergwerksbetreiber nicht benutzten Bergwasser aufgehoben ist, erscheint es nicht nur möglich, daß der Bergwerksbetreiber sich vertragsmäßig

zur Aufrechterhaltung eines bestimmten Wasserzuflusses Dritten ge­ genüber verpflichtet, sondern auch, daß durch Ersitzung Rechte Dritter an dem ausfließenden Bergwasier erworben werden, welche der Berg-werksbetresber nicht alteriren darf. Fließt das Bergwasser vom Grund­

stücke des letzteren ab, so kann dasselbe in Folge der Ersitzungje nach den Regeln des allgemeinen Civilrechtes aufhören, der alleinigen Disposition des Bergwerksbetreibcrs unterworfen zu sein. Es ist dies eine nicht unbedenkliche Folge der neuen Gesetzgebung, welche das bayerische Berggesetz vermieden hat, die Bergwerksbetreiber

in Preußen aber ermahnen muß, die Entstehung von Rechten Dritter an der Benutzung von Bergwassern, insbesondere im Wege der Er­ sitzung durch geeignete Mittel zu verhindern 8).

Eine generelle Frage drängt sich hier auf, ob nämlich bei den vor Eintritt der Rechtskraft des preußischen Allgemeinen Berggesetzes verliehenen Gruben das. frühere Recht in Betreff der Benutzung der

Bergwasier fortbcstehet. Dies dürfte zu verneinen sein, da jenes Recht aus dem Gesetze folgte, welches nunmehr aufgehoben ist. Selbst bei Erbstollen wird deshalb auf Grund des §. 223 des preußischen All­ gemeinen Berggesetzes das Fortbestehen jener Befugnisse auf die Wasser­ nutzung nicht angenommen werden können, da es sich nicht um ein besonderes, mit der Erbstollengerechtigkeit verliehenes Recht, sondern

um die Aufhebung einer allgemeinen Vorschrift handelt. Dagegen möchte ebensowenig zu Ungunsten der früher verlie1) Sergi, oben §. 46 die Bestimmung des österreichischen Berggesetzes.

2) Sergi, z. B. Art. 641, 642, 690 ff. Code civil; Thl. I Tit. 9 §§. 625, 649 ff.; Tit. 22, §§. 14 ff. A. L. R.; 1. 10 pr. D. si serv. (8. 5). Auch die Besitzinterdiete sind zu berücksichtigen. 3) Die englische Gerichtspraxis weist zahlreiche Fälle nach, in welchen Rechte

Dritter an Bergwassern entstanden und gerichtlich geschützt worden sind.

Erste Abtheilung.

168

henen Bergwerke der Besitzstand vor der Rechtskraft des Allgemeinen Berggesetzes, abgesehen von ganz besonderen Fällen, wie bei der un­

vordenklichen Verjährung *), maßgebend sein dürfen.

Auch kommt in

Betracht, daß die unter Herrschaft der früheren Gesetze an Berg­ wassern verliehenen, nicht dem Bergbau dienenden Triebwerke, wie

z. B. Mühlen, meist unter der ausdrücklichen Beschränkung zugelassen

sind, daß die Anlage dem Bergwerke und den bauenden Gewerken

nicht schaden darf.

In solchem Falle hat selbstverständlich die Ver­

änderung der Gesetzgebung keine Erweiterung der Rechte jener Trieb­

werke bewirkt. Sind übrigens Rechte Dritter an den Bergwassern nicht ent­

standen, so ist der Bergwerksbetreiber, ganz wie der Eigenthümer einer Quelle, unzweifelhaft befugt, dieselben nach Belieben zurückzu­

behalten oder auf anderem Wege, als dem bisherigen abzuleiten. In denjenigen Fällen, in welchen die Bergwasser durch Maschinen zu

Tage gehoben werden und alsdann abfließen, kann nach dem Satze „servitus in faciendo consistere nequit“ wenigstens eine Servitut

auf Fortgewährung der Wasser gegenüber dem Bergwerke überhaupt nicht entstehen. Ob aber die Ersitzung einer dahin gehenden Reallast

oder eines analogen Rechtes möglich sei, hängt von der Vorfrage ab, ob bei solchen Rechten eine Ersitzung für zulässig zu erachten ist,

was nach deutschem Rechte bekanntlich

sehr zweifelhaft erscheint?),

nach rheinischem Rechte aber verneint werden muß. f. Die Privatslüsse nach dem preußischen Allgemeinen Berggesetze. a.

Recht des Bergbauberechtigten aus Zuleitung von Berg­ wassern in Privatflüsse.

8- 51. Wenn nach älterem Bergrechte dem Bergwerksbetreiber ein Recht auf freie Nutzung der Wasser in Privatflüssen zustand, späterhin aber 1) Verwickelt wird in einzelnen Fällen die Frage auch dadurch, daß nach­ weisbar der Bergbaubetrieb einen Bach in die Baue der Grube abgeleitet hat, das abgeleitete Tagewasser demnächst mit anderen Grubenwassern wieder durch

einen Stollen rc. zu Tage ausfließt und sich weiter unterhalb in das alte Bach­ bett ergießt.

Es scheint, daß hier eigentlich

nur

wegen Ableitung

des Tage­

wassers eine Entschädigungsklage unter Umständen möglich ist, dagegen, von be­ sonderen Rechtstiteln abgesehen,

keine Befugniß der Bachanlieger

vorliegt, den

fortgesetzten Zufluß der Wasser aus dem Stollen zu verlangen. 2) Vergl. v. Gerber, System des deutschen Privatrechts §. 170.

Allgemeine Lehren (Berg- und Tagewasser).

169

demselben die Befugniß und die Verbindlichkeit beigelegt wurde, gegen

Entschädigung die Abtretung der

Wassernutzung zu erzwingen, so

weist das preußische Allgemeine Berggesetz, wie bereits bemerkt, dem Bergbau weder die eine, noch die andere Gerechtsame zu. Nach §. 135 dieses Gesetzes findet allerdings die Abtretung der Benutzung eines fremden G r u n d st ü ck e s mit Hülfe des Zwangsverfahrens statt,

wenn es sich zu Zwecken des Bergbaubetriebes um Anlage von Ka­ nälen, Wasserläufen, Teichen handelt. Indeß in diesen Fällen ist nur

die Abtretung des Grund und Bodens in Frage. Denn, sagen

die Motive, „nach den seitherigen Erfahrungen liegt kein genügender Grund vor, das Expropriationsrecht auch auf Wasserberechti­ gungen auszudehnen." Die Expropriation einer Wafserberechtigung als solcher für Bergbauzwecke erscheint also unzulässig. Für zulässig

muß es dagegen angenommen werden, die Nutzung des Wassers eines Privatflusses, soweit dasselbe als Zubehör der angrenzenden Grund­

stücke anzusehen ist, mit diesen Grundstücken zugleich im Wege des Zwangsverfahrens für Bergbauzwecke zu erwerben. „Es genügt", heißt es in den Motiven, „den Grund und Boden jener Verbind­ lichkeit zu unterwerfen; denn das, was von diesem gilt, bezieht sich nach allgemeinen Rechtsregeln auch auf die Zubehörungen desselben.

Es müssen deshalb auch diese dem Bergbau weichen, sobald die Noth­ wendigkeit der Abtretung des Grundstücks selbst ausgesprochen ist" ').

Der Unterschied dieser Gerechtsame von der Befugniß, eine Wasserberechtigung als solche für Bergbauzwecke zu erwerben, liegt

demgemäß namentlich in der Nothwendigkeit der Erwerbung der Grundstücke, über welche das Wasser abfließt, sowie darin, daß an sich, abgesehen von der privilegirten Stellung des Bergbaues, keine weiter gehende Befugniß zur Waffernutzung erworben wird, als diejenige ist, welche dem angrenzenden Grundeigenthümer zustehet.

So erheblich dieser Unterschied auf den ersten Blick zu sein scheint, so verliert derselbe dennoch bei näherer Prüfung an praktischer Be­ deutung. Die Expropriation des Rechtes der Nutzung am fließenden 1) Hahn S. 256, Zeitschr. für Bergrecht VI S. 166.

In diesem Sinne

ist der Recursbescheid des Handels-Ministers vom 1.-September 1866 (Zeitschr. für Bergrecht VIII S. 132) aufzufassen.

Wenn die Verlegung

eines Wasser­

laufes nothwendig ist, so muß der Bergwerksbetreiber zunächst die Abtretung derjenigen Grundstücke bewirken, auf denen gegenwärtig ersterer fließt, so­ dann auch derjenigen Grundstücke, auf denen das neue Bett hergestellt werden soll.

Erste Abtheilung.

170

Wasser ist ohne besondere erleichternde Bestimmungen in vielen

Fällen kaum durchführbar.

Denn soll z. B. das zu erwerbende

Waffernutzungsrecht dem Bergbautreibenden auch nur diejenige Dis­

position über das Wasser geben, welche dem angrenzenden Grund­ stückseigenthümer zustehet, so muß sich das Verfahren, weil es in die

Rechte der sämmtlichen, weiter unten an den Wafferlauf angrenzenden Grundstückseigenthümer regelmäßig cingreifen wird, gegen alle diese

Berechtigten richten.

Gleichwohl fehlt es in den bisherigen Gesetzen

an allen besonderen Vorschriften für eine solche Expropriation und

damit unter anderem auch an jeder Bestimmung, wo bei einem mei­ lenlangen Wafferlauf das Verfahren gegen die Adjacenten abzuschließen hat. Die Behauptung dürfte daher gewiß nicht unbegründet sein, daß die Expropriation eines Wassernutzungsrechtes nach Maßgabe der für die Expropriation geltenden allgemeinen Grundsätze nahezu undurchführbar ist *), und daß demgemäß durch das Allgemeine Berg­ gesetz, indem ersteres von einer'solchen Expropriation abgesehen hat, die bergbaulichen Jntereffen sicherlich nicht geschädigt worden sind.

Dies tritt sogar zum Vortheile der gegenwärtigen Gesetzgebung bei der Frage hervor, inwiefern der Bergwerksbetreiber als befugt

angenommen werden kann, die Bergwaffer in fließende Privatwasier abzuleiten.

Rach älterem Rechte ist diese Bcfugniß nicht im Min­

desten zweifelhaft; späterhin hätten auf diesen Fall die augenschein-

lich fast undurchführbaren Bestimmungen über die Expropriation an­

gewandt werden müssen1 2). 1) Dieselbe dürfte kaum einmal in aller Form zum Abschlüsse gediehen sein.

Die Bcrgwerksbetreiber haben wegen der thatsächlich vorliegenden Nothwendigkeit die Bergwasser ohne Weiteres absließen lassen und meist wohl im Zusammen­

hänge mit der aus dem

alten Rechte überkommenen Rechtsanschauung keinen

Widerspruch erfahren. 2) In einer Prozeßsache des Grafen S. gegen die Gewerkschaft der Blei-

crzzeche Fricdrichsglück bei Sinters erkannte das K. Landgericht zu Düsseldorf und

später das Appellationsgcricht zu Köln durch Urtheile vom 19. März 1864 und

9. November 1865, daß die bezeichnete Bleierzzeche nicht für befugt zu erachten sei, die durch eine Maschine zu Tage gehobenen Bergwaffer in einen Graben zu

leiten, welcher zum Abflusse der natürlichen Wasser der benachbarten Grundstücke und des höher gelegenen Terrains dient, in seinem unteren Theil Hastcrsbach

heißt und später in den dem Rheine zufließenden Dickelsbach mündet.

In den

Gründen des ersteren Urtheil heißt es bezüglich der Waflerableitung:

„In Erwägung, daß letztere Handlungsweise, da ihr eine gesetzliche Bestim­ mung nicht zur Seite steht, als ein Eingriff in das klägerische Eigenthum

Allgemeine Lehren (Berg- und Tagewasser).

171

Die in der Anmerkung angegebenen und andere vor der Rechts­ kraft des preußischen Allgemeinen Berggesetzes liegenden Beispiele be-

angesehen werden muß, sosern Verklagte sich dafür nicht auf einen speciel­

len Rechtstitel stützen kann; daß sich dieselbe zwar darauf beruft, und zum Beweis vorstellt, daß schon vor mehr als 30 Jahren das bei Ausübung des Bergbaues zu Tage geförderte Wasser in die durch die klägerischen Waldungen

führenden Abzugsgräben geflossen sei, dies aber unerheblich erscheint, indem

darin nur die Ausübung einer Servitut liegen würde, der Continuität abginge und die folgeweise durch Ersitzung nicht erworben werden könnte."

Diese Erwägung führte das Appellationsgericht noch weiter dahin aus: „Soviel den von der Appellantin erbetenen 30jährigen Ersitzungsbeweis betrifft: In Erwägung, daß nur solche Servituten, welche fortwährend und zugleich

sichtbar sind, nach jetziger Gesetzgebung durch Ersitzung erworben werden können, während der Erwerb nicht fortwährender oder nicht sichtbarer Dienstbarkeiten

nur mittelst Titels gestattet ist; daß die Eigenschaft der fortwährenden Dienst­ barkeit in derjenigen Art ihrer Ausübung besteht, die imnlerwährend ist oder

immerwährend sein kann, ohne dazu einer Handlung des Berechtigten zu be­ dürfen;

daß im Gegensatze hiervon die nicht fortwährende

Servitut gerade

durch die Handlung des Berechtigten ausgeübt wird;

daß, wenn nach diesen gesetzlichen Begriffen der Artikel 688 des Civilgesetz-

buches die Wasserleitungen zu ersterer Art der Dienstbarkeit zählt, hierunter die nur ihrer Natur nach von selbst fließenden Wasser zu verstehen sind, während der Wasserabfluß, den die Appellantin aus ihrem Bergwerk fördert, durch ihre jedesmalige Handlung bewirkt, mithin die streitige Ser­

vitut gerade durch ihre Handlung ausgeübt wird und aus diesem Grunde un­ zweifelhaft nicht zu den durch Ersitzung zu erwerbenden gehört."

In Folge dieser Urtheile, bei welchen Seitens der verklagten Zeche nicht hervorgehoben zu sein scheint, daß es sich eigentlich um die Zuleitung der Berg­ wasser in einen Bach

Betrieb einstellen.

handelte,

mußte die Zeche die Maschine und damit den

Einen ähnlichen Erfolg hatte ein seit dem Jahre 1862 schwe­

bendes Verwaltungs-Verfahren,

als die Braunkohlengruben Alfred und Bertha

bei Tornitz, Regierungsbezirk Magdeburg, die durch eine Wasserhaltungsmaschine

zu hebenden Wasser nach dem in die Elbe mündenden Jritzer Busch- und Bar-

byer Landgraben ableiten wollten. (Vergl. von Hinckeldey in der Zeitschr. für

Bergrecht V S. 313 ff.)

Durch Urtheil vom 19. Juni

Preußische Obertribunal zwei Vorerkenntnisse,

1865 bestätigte das

in welchen der Steinkohlenzeche E.

untersagt worden war, die Grubenwasser in den Grummerbach abzuleiten. (Zeit­ schrift

für

Gewerkschaft

Bergrecht auf das

VII S. 95.)

Dieses

Urtheil

Expropriations-Verfahren.

verweist die

unterlegene

In einem analogen

Pro­

zesse des Waisenhauses zu Steele gegen die Steinkohlenzeche Verein. Johann da­ selbst hatte das Obertribunal durch

Urtheil vom 26. Mai 1865 die Zuleitung

der Grubenwasser in den Bach des Waisenhauses zugelassen, weil „die competenten

Erste Abtheilung.

172

weisen die Tragweite der Frage, sodann aber, daß der für die Berg­ werke ungünstige Erfolg wesentlich auch auf der damals nicht

unberechtigten Anschauung berührte, daß beim Mangel einer Eini­ gung sich die Zuführung der Wasser oder Bergwasser in einen Wasserlauf auf die zwangsweise Constituirung eines desfallsigen

Rechtes gründen müsse.

Eine solche Auffassung kann gegenwärtig

nicht mehr geltend gemacht werden, seitdem nach Wortlaut und.Mo­ tiven des Allgemeinen Berggesetzes die Expropriation eines Wasser­

nutzungsrechtes beseitigt worden ist. In Folge des Wegfalles der letzteren kommen vielmehr zunächst die allgemeinen Gesetze über die Wassernutzung auch rücksichtlich des Bergbaues zur Anwendung,

und stehet es demgemäß dem Bergwerksbetreiber zwar nur insofern zu, die Bergwasser in einen Privatfluß abzuleiten, als ersterem ein an den Fluß angrenzendes Grundstück entweder eigenthümlich

oder nutzungsweise zugehört, über welches das Wasser abfließt; aber es ist auch andererseits die Verbindlichkeit weggefallen, selbst in die­ sem Falle das Recht zur Wasserzuleitung erst durch Expropriation

oder ein sonstiges administratives Verfahren vorher zu begründen.

„Glaubt Verklagte", so führt das preußische Obertribunal in dem Urtheile vom 19. Juni 1865 aus, „auf Grund der bestehenden Vor­

schriften, wonach sich der Grundbesitzer zum Vortheil des Bergbaues eine Einschränkung seiner Rechte gegen vollständige Entschädigung

gefallen lassen muß, ein Fortbestehen der in Rede stehenden Ab­ leitung des Masters in Anspruch nehmen zu können, so muß ihr überlasten bleiben, dies in geeigneter Weise bei den kompetenten

Verwaltungsbehörden

auszuführen (cfr. §§. 3 und 4 der

Declaration vom 27. October 1804) und dadurch die erkannte Ver­

pflichtung zum Treffen solcher Vorkehrungen, daß das Waffer der Zeche C. den Wiesen des Klägers nicht mehr zugeführt werde, zu

Verwaltungsbehörden die Nothwendigkeit des bestehenden Wasserabflusses geprüft

und diese Art der Ableitung der Grubenwaffer

geheißen haben.

Die

nachträglich genehmigt

uud gut

hierin liegende analoge Anwendung der Declaration vom

27. October 1804 ist völlig gerechtfertigt." (Zcitschr. für Bergrecht VII S. 93.) Thatsächlich hatte indeß kein Expropriations-Verfahren stattgesunden, sondern

es war nur ausgesprochen worden, daß die Ableitung der Grubenwasser noth­ wendig sei.

Auf diese Weise waren allerdings die Schwierigkeiten der Expro­

priation, aber im Grunde genommen auch die gesetzlichen Bestimmungen über

dieselbe umgangen.

Das Obertribunal dürfte erkannt haben, daß eine Anwen­

dung der letzteren zu einem endlosen Verfahren führen werde.

Allgemeine Lehren (Berg- und Tagewasser).

173

bestätigen.

Mit Recht hat aber der Appellationsrichter angenom­

men, daß,

so

lange ein solches Verfahren nicht statt­

gefunden hat, der Grundeigenthümer befugt ist, jeden Eingriff

in sein Eigenthum zurückzuweisen und dessen Abstellung zu ver­

langen" *)• Nach dem gegenwärtig maßgebenden Rechte muß der Bergwerksbe­

treiber beim Mangel einer gütlichen Einigung zunächst nach §. 135 des preußischen Allgemeinen Berggesetzes die Erwerbung von Grund

und Boden zur Herstellung eines Kanales oder Wasserlaufes bis zu dem Privatfluffe bewirken, sich also namentlich auch am Ufer des­ selben die Nutzung oder das Eigenthum eines Grundstückes verschaf­

fen, was bei der regelmäßigen Nothwendigkeit der Anlage des Wasser­

laufes nur in dem Falle auf wesentliche Hindernisse stoßen wird,

wenn nach §. 136 überwiegende Gründe des öffentlichen Interesses entgegenstehen sollten. Ist diese Erwerbung geschehen,

so

kann we­

gen der Zuleitung der Bergwaffer nicht mehr, wie nachgewiesen, die

zwangsweise Erwerbung eines besonderen Wassernutzungsrechtes und

ein besonderes amtliches Verfahren zu diesem Behufe stattfinden, son­ dern es entscheidet zunächst das allgemeine Recht über die Benutzung

der Privatflüsse, also im größeren Theile der preußischen Monarchie das Gesetz vom 28. Februar 1843 (Verordnung vom 9. Januar 1845).

' Nach §. 1 dieses Gesetzes ist jeder Uferbesitzer an Privatflüssen (Quellen, Bächen oder Flüssen, sowie Seen, welche einen Abfluß ha­

ben), das an seinem Grundstücke vorüberfließende Waffer zu seinem

besonderen Vortheile zu benutzen berechtigt.

Nach §. 3 bestehet unter

Anderen die Beschränkung, daß

das zum Betriebe von Färbereien, Gerbereien, Walken und ähn­

lichen Anlagen benutzte Wasser keinem Fluffe zugeleitet werden darf, wenn dadurch der Bedarf der Umgegend an reinem Waffer

beeinträchtigt

oder eine erhebliche Belästigung des Publikums

verursacht wird.

Die Entscheidung hierüber soll der Polizeibe­

hörde zustehen.

Gerade so, wie nach §. 136 des Allgemeinen Berggesetzes überwie­

gende Gründe des öffentlichen Interesses die Zwangsabtretung des Grund und Bodens hindern können, darf hier aus Gründen des

öffentlichen Wohles die Zuleitung des Betriebswassers solcher Fabri­ ken, welche das Waffer des Privatflusses verunreinigen, untersagt

1) Zeitschr. für Bergrecht VII S. 97.

Erste Abtheilung.

174

werden. Als Uferbesitzer wird der Bergwerksbetreiber dieselben Rechte für sich in Anspruch zu nehmen haben.

Derselbe ist daher zur Zu­

leitung der Bergwasser an sich und zwar ohne vorhergehen­

des amtliches Verfahren befugt, aber andererseits mit Rück­ sicht auf das öffentliche Interesse der Möglichkeit einer Entzie­ hung dieser Befugniß unterworfen.

Lediglich die Verwaltungsbe­

hörden haben das öffentliche Interesse wahrznnehmen; die Regierung

oder das Oberbergamt oder bei der concurrirenden Competenz beide gemeinschaftlich sind zu dieser Einwirkung nicht nur nach den ange­ führten Vorschriften, sondern auch auf Grund des §. 196 des All­ gemeinen Berggesetzes berufen, in welchem letzteren Falle zwar die Entscheidung durch die Bergbehörde, aber

meist nach

geschehenem

Benehmen mit der Regierung, erfolgt. Zu dem letzteren Paragra­ phen, nach welchem die Bergbehörden den Schutz gegen gemeinschäd­ liche Einwirkungen des Bergbaues wahrzunehmen haben, bemerken die amtlichen Motive zum Allgemeinen Berggesetze ausdrücklich, daß jener Schutz, z. B. wenn es sich um Verunreinigung fließender Gewäsier handelt, recht eigentlich zu den Gegenständen der Bergpolizei

gehöre *)• b.

Entschädigungsverbindlichkeit bei der Zuleitung von Berg­

wassern.

Untersagung derselben.

8- 52. Liegt die Verletzung eines öffentlichen Interesses nicht vor, was

bei Ableitung der Wasser von Aufbereitungs-Anstalten nicht imlner

der Fall sein roirb1 2), so ist es immerhin möglich, daß durch die Zu­ leitung der Wasser private Interessen wesentlich geschädigt werden.

Für diesen Fall stehet es dem beschädigten Privaten jedenfalls zu, eine Entschädigungsforderung geltend zu machen, und unzweifelhaft unrichtig sind diejenigen gerichtlichen Entscheidungen, welche mit Rück­ sicht auf das Gesetz vom 28. Februar 1843 die Befugniß des be­ schädigten Privaten, eine solche Schadenersatzforderung zu erheben. 1) Vergl. den Recursbescheid des Hansels-Ministers vom 28. November 1867 in Betreff des bergpolizcilichen Schutzes gegen die Verunreinigung der Elspe und

Lenne, sowie des Elspe-Baches durch die von den Schweselkiesgruben bei Meggen abfließenden Wasser. — Zeitschr. für Bergrecht IX S. 226.

2) Aus diesem Grunde bestehen hier allgemeine Polizei-Verordnungen über die Anlage von Klärsümpfen u. s. w.

Allgemeine Lehren (Berg- und Tagewasser).

verneint haben.

175

Mit Recht hat das preußische Obertribunal in den

Entscheidungen vom 14. Juni 1864 *) und 27. Juni 18651 2)3 das 4

Gegentheil erkannt.

Wenn dagegen Seitens desselben Gerichtshofes

und zwar im Gebiete des preußischen Rechtes auf Grund des §. 79 Tit. 6 Thl. I A. L. R.: „Wenn ein Schade geschehen ist, so muß Alles soviel als möglich

wieder in den Zustand gesetzt werden, welcher vor der Anrichtung

des Schadens vorhanden war"

dem beschädigten Grundbesitzer auch die Befugniß zugesprochen wor­ den ist, nach Umständen die Ableitung der Bergwasser zu untersagen, so könnte dies nicht ohne Grund bestritten werden. Das Gesetz vom 28. Februar 1843 gewährt nämlich dem Bergwerksbetreiber als Ufer­ besitzer in den §§. 1 ff. das Zuleitungsrecht und macht dessen Untersagung nur von Rücksichten auf das öffentliche Wohl ab­ hängig. Die Ansicht wäre daher nicht unberechtigt, daß wegen pri­ vatrechtlicher Gesichtspunkte nicht die Untersagung jenes Rechtes, son­

dern lediglich die Forderung von Schadenersatz2) statthaft sein könne, was in der Hauptsache durch §. 26 der norddeutschen Gewerbeord­

nung bei sogenannten Immissions-Prozessen^) gegenüber gewerblichen Anlagen ausdrücklich ausgesprochen ist:

„Soweit die bestehenden Rechte zur Abwehr benachtheiligender Ein­ wirkungen, welche von einem Grundstücke aus auf ein benachbartes

Grundstück ausgeübt werden, dem Eigenthümer oder Besitzer des letzteren eine Privatklage gewähren, kann diese Klage einer mit obrigkeitlicher Genehmigung errichteten gewerblichen Anlage gegen­ über niemals auf Einstellung des Gewerbebetriebes, sondern nur

auf Herstellung von Einrichtungen, welche die benachtheiligende

Einwirkung ausschließen, oder, wo solche Einrichtungen unthunlich oder mit einem gehörigen Betriebe des Gewerbes unvereinbar sind, auf Schadloshaltung gerichtet werden."

Indeß es handelt sich hier um Anlagen, welche die Obrigkeit geneh1) Striethorst's Archiv Bd. 53 S. 335, v. Bittinghoff gegen die Gewerkschaft

der Steinkohlenzeche Oberhausen wegen Zuleitung der Grubenwasser in den Bremer

Mühlenbach. 2) Striethorst's Archiv Bd. 60 S. 82.

3) Urtheil des Appellationsgerichtes zu Köln von» 3. November 1864 (Striethorst Bd. 60 S. 89, 90). 4) 1. 8 §. 5 si serv. vindic. D. 8. 5: in suo enim alii hactenua fa-

cere licet quatemis nihil in alienum immittat. Zeitschr. für Bergr. IV S. 362.

176

Erste Abtheilung.

migt hat, während bei der oben behandelten Frage von dem Rechte des Uferbesitzers zunächst nur die Rede ist. Kann man daher letzteres

nicht ohne Einschränkung mit Rücksicht auf privatrechtlich collidirende

Interessen anerkennen, so kommt doch speciell rücksichtlich des Bergbaues in Betracht, daß das Bergbaurecht sich auf eine obrigkeitliche Verleihung

gründet (§. 50 ff. Allgem. Berggesetz), daß der Beliehene kraft dieser Verleihung das Recht hat, nach den Bestimmungen des Berggesetzes

das in der Verleihungs-Urkunde benannte Mineral in seinem Felde

aufzusuchen und zu gewinnen, sowie alle hierzu erforderlichen Vor­ richtungen unter und über Tage zu treffen (§. 54), daß fernerhin

kraft der Verleihung mit dem Bergwerke der Bergwerksbetreiber be­ fugt ist, die zur Aufbereitung seiner Bergwerkserzeugnisse erforder­

lichen Anstalten zu errichten und zu betreiben (§. 58) und daß das Grundeigenthum dem Betriebe des Bergbaues gegenüber, soweit nicht

überwiegende Gründe des öffentlichen Jntereffes in Betracht kommen,

nachstehen muß (§§. 135, 136).

Bei Würdigung dieser gesetzlichen

Vorschriften und der denselben innewohnenden Principien wird an­ erkannt werden müssen, daß der Bergwerksbetreiber da, wo die be­ treffende Wasserzuführung zum Betriebe des Bergbaues erforderl i ch ist, jedenfalls zu derselben auch befugt erscheint, ohne sich der Gefahr der Untersagung durch die Gerichte auszusctzen. Diese Auslegung hat Strohn sogar den oben angeführten Urtheilendes

Obertribunales in Sachen des Waisenhauses zu Steele gegen die Steinkohlenzeche Verein. Johann und der Steinkohlenzeche C gegen H.

bereits nach dem früheren Rechte zu geben versucht. Derselbe bemerkt: *) „Ob der Bergbautreibende, durch welchen der Grundbesitzer be­

schädigt ist, gezwungen werden kann, die beschädigende Thätigkeit

hinfort einzustellen und geeigneten Falls Vorkehrungen gegen die Fortdauer oder Wiederkehr der Beschädigung zu treffen, dürfte nur

davon abhängen, ob die betreffenden Handlungen des Bergbauen­

den als erlaubte oder unerlaubte anzusehen sind, was wiederum

davon abhängig ist, ob die fraglichen Handlungen zum Bergbau­ betriebe erforderlich sind oder nicht. Trifft Ersteres zu, so ist auch nach dem, was oben über die Befugnisse des Bergbauenden ge­ sagt ist, die beschädigende Thätigkeit eine erlaubte, nur zur Ent­

schädigung verpflichtende, wogegen anderenfalls der Bergwerkseigen­

thümer gleich jedem, der durch eine unberechtigte Handlung einen

1) Zeitschrift für Bergrecht VII S. 109.

Allgemeine Lehren (Berg- und Tagewaffer).

177

Anderen verletzt, verpflichtet ist, jene hinfort zu unterlassen und nach Umständen solche Vorkehrungen zu treffen, daß die Beschädi­ gung nicht ferner eintrete.

Ob das Eine oder Andere der Fall

ist, darüber werden, wenn nicht die Bergbehörde auf Ersuchen des

Richters sich aussprechen sollte, Sachverständige zu vernehmen sein." Siehet man von dem wohl nicht ganz zutreffenden Ausdrucke „erlaubt" und „unerlaubt" ab, so sind diese Ausführungen für das gegenwärtige Recht *), nach welchem von der Expropriation eines besonderen Wasser­ nutzungsrechtes keine Rede mehr sein kann, jedenfalls zutreffend. Im Falle des Bedürfnisses ist der Bergwerksbetreiber ohne jenes vor­

hergehende amtliche Verfahren, das vordem nach Analogie der Declaration vom 27. October 1804 zur Constituirung eines be­ sonderen Waffernutzungsrechtes von dem preußischen Obertribunal für erforderlich erachtet wurde, zur Wasserzuleitung befugt. Im

Zweifelsfalle muß daher das Bedürfniß der Zuleitung durch Sach­ verständige nachgewiesen werden; dieser Beweis wird aber alsdann

entbehrlich erscheinen, wenn behufs Erwerbung des für die Ablei­ tungskanäle und Gräben erforderlichen Grund und Bodens nach den §§. 142 ff. des Allgemeinen Berggesetzes ein Zwangsverfahren statt­ gefunden hat.

§. 53. Bei dieser Rechtslage kann die Stellung des Bergwerksbetreibers

gegenwärtig gewiß nur als günstiger, wie vor Erlaß des Allgemeinen

Berggesetzes bezeichnet werden. Mißlich würde die Lage nur in dem Falle sein, wenn das Gesetz vom 28. Februar 1843 die übrigens nach Wortlaut, Sinn und Zweck wohl nicht berechtigte Auslegung

finden könnte, daß die Wafferzuleitung überhaupt nur alsdann er­

folgen dürfe, wenn das Bergwerk oder die bergbauliche Anlage (Auf­ bereitungs-Anstalt) auf dem unmittelbar an den Privatfluß grenzenden Grundstücke vorhanden wäre. Bei einer solchen Auslegung müßte die gesetzliche Regulirung dieser Frage als ein unabweisbares Be­ dürfniß bezeichnet werden, da auch andererseits die Vorschriften des

Allgemeinen Landrechtes über die Beschaffung der Vorfluth (Thl. I

Tit. 8 §§. 102 ff. 2), sowie die analogen Bestimmungen anderer 1) Das preußische Obertribunal verlangte unter Herrschaft der alten Gesetze

mindestens ein vorausgehendes administratives Verfahren nach Analogie der Vorschriften über die Expropriation. Vergl. das Urtheil vom 19. Juni 1865

oben S. 172. 2) Es handelt sich hier um das wild ablausende Regen- und Schneewasser

178

Erste Abtheilung.

Civilrechte auf die Bergwasser keinenfalls anwendbar, im Uebrigen aber auch ungenügend sein würden.

Der §. 1 ff. des Gesetzes vom

28. Februar 1843 dürfte indeß eine ausreichende Gewähr gegen eine

solche den Bergbau geradezu vernichtende Interpretation bieten, und nur in dieser Ueberzeugung kann der Gesetzgeber es unterlassen haben, besondere Bestimmungen über die vorliegende Angelegenheit bei Erlaß des Allgemeinen Berggesetzes zu treffen *). Völlig gefolgt ist dem­ selben hierin das bayerische Berggesetz vom 20. März 1869, welches

im Art. 150 wörtlich vorschreibt:

„Hinsichtlich der Benutzung des

Tagwaffers bei dem Betriebe der Berg- und Hüttenwerke kommen die Bestimmungen des Gesetzes vom 28. Mai 1852, die Benutzung des Wassers betreffend, zur Anwendung", wobei zu bemerken ist, daß die Bestimmungen des letzteren Gesetzes Art. 53, 54, 58 von

dem preußischen Gesetze nicht wesentlich verschieden sind. Dagegen hat das neue Königlich sächsische Berggesetz vom 16. Juni 1868, wie schon angeführt, einerseits im §. 167 die Bestimmung ausgenom­ men, daß die Grundstücksbesitzer gegen eine nach den Vorschriften

festzustellende Entschädigung verbunden sind, die durch den Bergbau erschrotenen Wasser da, wo sie an den über die Zwangsabtretung

Tag kommen, und weiterhin aufzunehmen und über ihre Grund­

stücke abfließen zu lassen, andererseits aber zugleich im §. 181 ver­ ordnet, daß „das Recht, andere als durch den Bergbau erschrotene Waffer zu Bergwerksanlagen zu benutzen, bis zum Eintritt einer anderen Gesetzgebung vom Bergamte nach vorherigem Einvernehmen

mit den betreffenden Ortsverwaltungsbehörden ertheilt" werden solle. Sofern diese letztere Vorschrift ebenfalls auf die Benutzung der Pri­

vatflüsse durch Zuführung von Bergwassern bezogen werden könnte, würde hiermit die unpraktische Anwendung der Grundsätze der Ex­

propriation gegen die Anlieger eines Privatflusses, wie im preußischen

(actio aquae pluviae arcendae). Das Gesetz vom 15. November 1811 macht die Entwässerung und Verschaffung der Vorfluth von einem offenbar überwiegenden

Vortheil für die Bodencultur oder Schifffahrt abhängig (§. 11). Ebenso er­ fordert das Gesetz vom 14. Juni 1859 (Rheinland, Hohenzollern) das Vorhan­

densein eines überwiegenden Landescultur-Jnteresses. Diese Gesetze sind also auf die Abführung von Bergwaffern ganz unanwendbar. Thl. I Tit. 8 §. 99 A. L. R. betrifft ebenfalls in keiner Weise die Frage, inwieweit einem Privatfluß

eine neue Waffermenge zugeführt werden darf. 1) Vergl. Nieberding, Wafferrecht und Wafferpolizci im preußischen Staate

(Breslau 1866) S. 141.

Allgemeine Lehren (Berg- und Tagewasser).

179

und bayerischen Bergrechte, ebenfalls aufgegeben, aber gleichzeitig ein amtliches Verfahren vorgeschrieben sein.

Die Fassung des §. 181

schließt zwar eine solche Auslegung nicht aus, gestattet indeß auch

berechtigte Zweifel an derselben. ordnung zur

Ausführung

(Vergl. auch §§. 160 ff. der Ver­

des sächsischen Allgemeinen Berggesetzes

vom 2. December 1868.)

c.

Recht der Ableitung von Wasser aus Privatflüssen zu Berg­ bauzwecken.

(Bayerisches Recht.)

§. 54.

Wie die Befugniß zur Zuleitung von Bergwaffern in Privat­ flüsse von großer Tragweite ist, so erscheint umgekehrt auch das Recht,

Wasser aus Privatflüssen') zu Bergbauzwecken abzu­

leiten, von nicht untergeordneter Bedeutung. Selbstverständlich gilt

auch hier nach dem preußischen und bayerischen Berggesetze der Grund­ satz, daß auf Grund des Berggesetzes die zwangsweise Erwerbung

eines Wassernutzungsrechtes unstatthaft ist.

Die Frage regelt

sich also nach der allgemeinen Gesetzgebung über die Benutzung der

Privatflüsse.

Leider ist hier die preußische Gesetzgebung besonders

ungenügend. Nach dem Gesetze vom 28. Februar 1843 kann nur der

Uferbesitzer das Wasser behufs vorübergehender Benutzung unter der Verbindlichkeit ableiten, dasselbe dem Bette des Privatflusses wieder zu­

rückzugeben, bevor letzterer das Ufer eines fremden Grundstückes be­ rührt (§. 13).

Dieses Recht darf zum Zwecke von Bewässerungsanla­

gen im Falle eines überwiegenden Landescultur-Jnteresses an einen

unmittelbar an das Grundstück des Uferbesitzers angrenzenden

Grundbesitzer abgetreten werden.

Die letztere Vorschrift macht es zu­

nächst unmöglich, auf Grund einer Wasserleitungs-Servitut einem weiter hinten liegenden Grundstücke das Waffer zuzuführen, es muß vielmehr vom Ufer bis zu der Stelle, wo das Wasser erforderlich ist, der Grund und Boden zusammenhängend derselben Person mindestens

in Nutznießung zustehen, wie dies bereits bei der Frage der Zulei1) Bei öffentlichen Müssen ist die Zu- und Ableitung von einer Genehmigung

der kompetenten Verwaltungsbehörde abhängig. Bei umschlossenen, also nicht fließenden Privatwassern, wie Teichen, Seen ohne Abfluß, würde beim Mangel einer Einigung nur durch zwangsweise Er­

werbung des Grund und Bodens das Recht der Zu-'oder Ableitung erlangt

werden können.

180

Erste Abtheilung.

tung der Bergwasser angeführt ist. Sodann handelt es sich hier um

eine landwirthschaftliche Benutzung, wie dann endlich die Benutzung

zu Jndustriezwecken schon durch die Beschränkung ausgeschlossen er­ scheint, daß, bevor der Privatfluß ein fremdes Grundstück berührt, das abgeleitete Wasser ersterem wieder zurückgegeben sein mufp). Hiernach kann es nicht zweifelhaft sein, daß in Betreff der Frage, inwieweit Wasser aus Privatflüssen zu Bergbau- oder sonstigen in­

dustriellen Zwecken abgeleitet werden könne, die preußische Waffer1) Folgendes Beispiel erläutert die Rechtslage. Zur Speisung der Dampfkessel auf den Skalley-Schächten rc. bei Saar­ brücken hatte der preußische Fiscus

als Bergwerksbetreiber

und gleichzeitig als

Uferbesitzer auf der rechten Seite des Sulzbaches Wasser des letzteren rechts und links abgeleitet und wurde in Folge hiervon von dem Eigenthümer der Dudweiler Mühle belangt.

Das Landgericht zu Saarbrücken verurtheilte durch Er­

kenntniß vom 17. November 1863 den Fiscus zur Beseitigung der betreffenden Anlage, welches Urtheil das Appellationsgericht zu Köln am 26. Juli 1864 be­

stätigte.

In den Gründen des ersteren Urtheils heißt es unter Anderen:

„In Erwägung — daß aber auch das K. Oberbergamt in Beziehung auf beide Wasserleitungen nicht einmal als ein Uferbesitzer angesehen werden kann, indem

dasselbe an der fraglichen Stelle ein auf der linken Seite an den .Sulzbach angrenzendes Grundstück nicht besitzt und deshalb das Einverständniß

mit den Eigenthümern, durch deren Grundstücke die Wasserlei­ tung geführt wird,

nach Alinea 2 des §. 13 1. c.,

welcher

nur

den Uferbesitzern ein solches Recht verleiht, nicht für sich an­ rufen kann;

daß dies auch von der rechtseitigen Leitung gilt, indem hier das K. Ober­ bergamt zwar die an den Sulzbach angrenzende Wiese Flur 10 Nr. 47 und 48 besitzt, das Wasser aber nicht in diesem Ufergrundstücke, sondern in einem entfernt davon

liegenden,

durch das Terrain der K. saarbrücker Eisenbahn

davon getrennten benutzt und der Umstand, daß die Eisenbahnverwaltung viel­ leicht mit dieser Anlage einverstanden ist, aus dem Grunde nicht releviren kann, weil sie selbst nicht Uferbesitzerin ist und im Uebrigen eine von der Bergwerks­

verwaltung durchaus verschiedene Persönlichkeit darstellt." Das Urtheil des Appellationsgerichtes führt sodann weiter aus:

„In Erwägung — daß überdies aber von dem Gesetze den Uferbesitzern das Recht der Ableitung des Wassers nur mit der Maßgabe eingeräumt wird, das

abgeleitete Wasser wieder in das ursprüngliche Bett zurückzuleiten; daß aus dieser Bestimmung des Gesetzes entnommen

werden muß, daß die

künstliche

Ableitung des Wassers nur zu dem Zwecke einer vorübergehenden Benutzung,

welche die Substanz im Wesentlichen bestehen läßt, nicht aber zu dem Zwecke

einer vollständigen Eonsumtion, wie sie die Speisung einer oder das Ablöschen der Koaks erfordert, gestattet ist" u. s. w.

Dampfmaschine

Allgemeine Lehren (Berg- und Tagewasser).

gesetzgebung nicht ausreicht.

181

Dieser Vorwurf trifft bei dem bayeri­

schen Gesetze über die Benutzung

des

Masters vom 28. Mai 1852

nicht in gleicher Weise zu, indem dieses zwar zunächst von denselben

Hauptgrundsätzen wie das preußische Gesetz ausgehet *), sodann aber im Art. 62 bestimmt: „Fremdes Wasser oder besten Gefäll kann selbst für Grundstücke

in Anspruch genommen werden, welche nicht an dem Flusse

liegen rc.

Die Zuweisung solchen Wassers geschieht durch Be­

schluß der Kreisregierung.

Sie setzt voraus, 1. daß der bezweckte

Gebrauch einen bedeutenden, unzweifelhaften Nutzen für die Lan­ descultur oder für die Industrie darbietet" rc.

g.

Schlußb einer langen. §• 55.

Wenn hiernach wegen der Unvollkommenheit des preußischen Was-

secgesetzcs vom 28. Februar 1843 bei Erlaß des Allgemeinen Berg­ gesetzes es vielleicht angemessen gewesen wäre, den Bedürfnissen des

Bergbaues bis zu einer Reform der Wasiergesetzgebung in ähnlicher

Weise, wie dies durch den oben angeführten §.

181

des Königlich

sächsischen Berggesetzes vom 16. Juni 1868 geschehen ist, Rechnung zu tragen, so kommt doch andererseits zur Rechtfertigung des Stand­ punktes des Gesetzgebers in Betracht, daß auf der linken Rheinseite

auf Grund der französischen Gesetzgebung, rechts des Rheines aber

im Zusammenhänge mit den Vorschriften des preußischen Allgemeinen Landrechtes von einer Muthung und Verleihung von Privatflüssen

zu Bergbauzwecken

oder gar von einer freien Benutzung derselben

keine Rede mehr war.

Sogar im Gebiete der kurkölnischen Berg­

ordnung erklärte ein Finanz-Ministerial-Rescript vom 19. Juli 1839

die Muthung von Privatflüssen für unstatthaft und die gesammte rechtsrheinische Praxis war von der Austastung beherrscht?), daß

1) Nach Art. 54 kann auch von der Vorschrift, daß dem abgeleiteten Wasser

der Abfluß in das ursprüngliche Bett des Flusses gegeben

werden muß, bevor

dieser das Ufer eines fremden Grundstückes berührt, die Verwaltungsbehörde eine Abweichung gestatten,

wenn anderen Betheiligten hierdurch kein Nachtheil ver­

ursacht wird. 2) Ein Erlaß der Ministerien des Handels und des Inneren vom 3. Februar

1818 bestimmt zwar unter Nr. 1: „die Ausübung der Wasserpolizei, also z. B. die Beurtheilung, inwiefern die Benutzung einer Wasserkraft zu gewerblichen Zwecken

Erste Abtheilung.

182

die Ableitung von Wassern aus Privatflüffen behufs Benutzung der

ersteren zu Bergbauzwecken, abgesehen von freiwilliger Uebereinkunft, nur im Wege des hier meist gar nicht durchführbaren Expropria­

tionsverfahrens zu ermöglichen sei.

Seit langer Zeit ging also in

Preußen die herrschende Richtung entschieden dahin, die Stellung des Bergbaues bezüglich der Benutzung der Privatwasser in der Haupt­ sache dem allgemeinen Rechte zu überweisen. Diesem Zuge der Zeit ist die Gesetzgebung um so mehr gefolgt, als wenigstens die Be­ nutzung von Wassergefällen zu Bergbauzwecken in Folge der Anwen­

dung der Dampfkraft nicht mehr jene hervorragende Wichtigkeit, wie in vergangener Zeit besitzt. Immerhin bleibt indeß die künftige Gestaltung des Wafferrech-

tes, wie für die Industrie überhaupt, so auch für den Bergbau, eine keineswegs gleichgültige Angelegenheit.

Im Mittelalter bis in die neuere Zeit war der Bergbau und das sich unmittelbar

an denselben anschließende Gewerbe (Hütten,

Hämmer rc.) offenbar der wichtigste Industriezweig außerhalb der Städte. Als die Wassernutzung bei den kleineren Flüssen allmälig zu einem fast ausschließlichen Rechte der Uferbesitzer wurde, waren die Interessen der Industrie insofern noch immer wahrgenommen, als wenigstens zu Gunsten des Bergbaues sich entweder das alte Recht der freien Wassernutzung erhielt oder doch durch Muthung und Ver­ leihung der Privatflüsse die Wassernutzung für Bergbauzwecke leicht ermöglicht werden konnte. Nun sind die alten Gesetze, nachdem die­ selben durch die Einführung der Expropriation eines Wassernutzungsrechtes zunächst eine wesentliche Abschwächung erfahren hatten, in

Preußen und anderwärts beseitigt, bevor durch eine Reform des Was­ serrechtes für eine anderweitige Berücksichtigung der Interessen der In­ dustrie Sorge getragen war. So wird das Wasserrecht gegenwärtig fast ausschließlich beherrscht durch die Interessen der Agricultur und auch für letztere ist in Folge der vorzugsweisen Berücksichtigung der Uferbesitzer nur ungenügend gesorgt. Erwarten wir, daß in An­ in polizeilicher Hinsicht statthaft sei, gehört zum ausschließlichen Wirkungskreis

der Regierung; die Beurtheilung aber über die Art der Benutzung und die Zu­ lässigkeit derselben, wenn solche den Betrieb eines Grubengebäudes, eines Poch-

und Waschwerkes oder einer Hütte betrifft, zu dem der Bergbehörden, jedoch in

jedem einzelnen Falle nach einer vorherigen Uebereinkunft mit der Regierung;" indeß ein wesentlicher Gebrauch von dieser an sich ziemlich unklaren Bestimmung dürfte schwerlich in der Praxis gemacht worden sein.

Allgemeine Lehren (Aufbereitungs-Anstalten, Hüttenwerke).

183

knüpfung an die allein richtigen Principien des alten deutschen Rechtes sich baldigst eine Umgestaltung der gegenwärtigen Rechtszustände vor­ bereite, bei welcher die Interessen der Landescultur, wie der Indu­

strie ihre gleichmäßige Beachtung finden. 5.

Aufbereitungs-Anstalten

a.

und Hüttenwerke,

Aelteres Recht. §• 56.

Die vom Bergmann geförderten nutzbaren Mineralien bedürfen vielfach noch der weiteren Verarbeitung, ehe dieselben Gegenstand des

Verkehres und Gebrauches werden können. Zunächst schließt sich an die Gewinnung eine auf mechanischem Wege vorzunehmende Son­ derung der nutzbaren Mineralien von taubem Gesteine und fremd­

artigen Substanzen an. Diese mechanische Separation und Concen­ tration wird mit dem Ausdrucke „Aufbereitung" bezeichnet, unter welche auch das Waschen und Pochen (Pochwerke) fällt. Der Aufbereitung der Mineralien folgt endlich die chemische Verarbei­ tung derselben, welche der Zweck und die Aufgabe des Hütten­

wesens ist. Aufbereitung und Hüttenwesen, insbesondere bei letzterem das Schmelzen der Erze zur ersten Metallerzeugung, sind von Altersher in Deutschland als der nothwendige Abschluß des Bergbaubetriebes

behufs Herstellung von Verkehrsgegenständen angesehen und demge­

mäß auch rechtlich mit dem Bergbau in Beziehung gesetzt worden. Dieselben haben einerseits die Vorzüge und Freiheiten des Bergbaues

getheilt, andererseits aber ebenfalls zu den Objecten des Bergregales gezählt. Ein Hüttenmonopol, wonach das Schmelzen der Erze a u sschließlich in Hütten des Regalinhabers stattfinden muß, bestehet indeß gemeinrechtlich nicht. Wie die Bergbaufreiheit, so ist auch die Freiheit des Hüttenbetriebes als gemeinrechtlich anzunehmen.

Die Verleihung mit einem Bergwerke gewährt nach gemeinem deutschem Bergrechte die Befugniß zur Anlage von Poch- und Hüttenwerken, um auf letzteren die in dem eigenen Bergwerke gewonnenen Mineralien weiter zu verarbeiten. Wenn diese Befugniß aus dem natürlichen Zusammenhänge des Berg- und Hüttenwesens sich

theoretisch begründen läßt, so findet dieselbe darin ihre weitere historische Erklärung, daß in alter Zeit nur kleine Hand- oder Trethütten meist

Erste Abtheilung.

184

mitten im Walde zum Schmelzen der Erze betrieben wurden, weßhalb denn auch heute noch hoch auf den Bergen und mitunter selbst von

jeder Quelle entlegen, Halden von Hüttenschlacken aufgefunden wer­ den J). Der Bergvertrag Bischof Albrechts von Trient mit den Ge­ werken daselbst vom Jahre 1185 erwähnt den Leuer (von Kienholz:

Köhler), Wassar (Wäscher), und Smelzer bereits neben einander?). geben die im

aber

Am meisten

14. Jahrhunderte ausgezeichneten

goslarschen Berggewohnheiten ein Bild von dem mitten im Harz­ walde von den sog. „Waldleuten" geführten Bergbau- Hütten- und Waldwirthschaftsbetriebeb). Auf der anderen Seite sind diese Ge­ ll So sagt Engels, über den Bergbau der Alten

(Siegen 1808)

S. 6:

„Schlackenhalden von Bleischmelzen auf Punkten, wo kein natürlicher Wasserzufluß stattfinden konnte, sind bei dem Bergbau aus diesem Zeitalter nicht ungewöhnlich. Sogar fand man in der Grafschaft Sayn

am Giebelwaldgebirge nahe

Grube Loskittel noch vor einigen Jahren ein gegen zwanzig

Pfunde

bei der schweres

Stück von einem Treibeheerd unter der Wurzel eines abgehauenen Eichstammes".

S. 34 Anm.

(über Eisenhütten):

„Noch

heut

höchsten siegenschen und grundburbacher Gebirgen,

zu Tage findet man in den besonders aber in einsamen,

auf zwei bis drei Stunden Weges von den metallhaltigen Districten entlegenen Thälern eine Menge kleiner Halden von den hütten".

Schlacken der

Hand- und Tret­

Vergl. auch Cramer, Beschreibung des Berg- Hütten- und Hammerwe-

senS in den sämmtlichen hochfürstlich nassau-usingschen Landen (Frankfurt 1805) S. 87 ff.; Becher, Mineralogische Beschreibung der oranien-nassauischen Lande

(Marburg 1789) S. 296, 372. 2) Sperges S. 263.

3) Die iura et libertates silvanorum v. 1.1271 (Wagner S. 1022) enthalten nur die Bezeichnung Waldleute (woltlüde) und beweisen klar, daß von letzte­

ren im Forste Bergwerke und Hütten betrieben wurden. Die Waldleute schuldeten dem Reiche den Schlägeschatz und den Kupferzoll.

die Hütten an Wasserläufen.

nige) zu entrichten.

Wenigstens

zum Theil lagen

Solche Hütten hatten einen Wasserzins

dat water dat up de Hutten gheyt.

ends vp dat waterstech.

De penninge scal man breden des sonnau-

De woltlüde de dar sint vnd gheuen sleyscat vnd

Koppertollen deme rike, de hebbe darwedder recht vp orer Hutten.) der Rechte der Waldleute machte friedelos selbst

in Kirchen

Die goslarer Berggewohnheiten reden von Waldleuten

werken

(z. B.

(Lotpfen­

(De Hutten in deme harte de dar gheuen lotpenninge vor

Art.

144,

146, 147, 150,

Verletzung

und Kirchhöfen. und von Wald­

151, 179, 182 und 174, 177),

ohne daß sich indeß ein bestimmter Unterschied zwischen beiden ziehen ließe.

Da

mit „Waldwerk" (Art. 160) der Berg- Hütten- und Waldwirthschaftsbetrieb be­

zeichnet wurde, so scheint Waldwerke und Waldmann dasselbe zu bedeuten, man müßte denn unter Waldmann den Arbeiter oder doch den Eigenlehner (Art. 147 am Schluffe) im Gegensatze zu demjenigen Betheiligten, welcher das Waldwerk nicht

Allgemeine Lehren (Aufbereitungs-Anstalten, Hüttenwerke).

185

wöhnheiten noch dadurch besonders bemerkenswerth, als aus denselben hervorgehet, daß die Bergwerksbetreiber am Rammelsberge die dort

gewonnenen Erze im Harzwalde durch die Waldwerken verschmelzen ließen, der

Bergbau am Rammelsberg

und die Verhüttung der

rammelsberger Erze also nicht in einer Hand lagx), wenn auch ein

genossenschaftlicher Verband die Bergwerksbetreiber am Rammelsberge

und die Waldleute im Harzwalde ebenfalls vereinigte. Die Führung des Bergwerks- und des Hüttenbetriebes durch mit eigener Hand betreibt, verstehen.

Auch hier tritt der Zusammenhang

des

Bergwerkes und Hüttenbetriebes im Harzwalde namentlich darin hervor, daß

neue Ordnungen in Bezug auf das Bergwerk nicht ohne die Waldleute festgestellt werden konnten (Art. 147 :

„Willet de sesman wat nyges fetten eder wil-

lekoren dem berchwerke to gude. so fcullet se de woltlude to sek verbodten laten, vnn dondat mit oremrade. wu denne der merer del der woltlude unn der sesman enes werdet, alse scal me dat holdte") und daß beim

Urtheilfinden, wenn die Sechsmänner nicht einig waren, die Waldleute Theil zu nehmen hatten (Art. 182). (Vergl. auch die Satzungen des Forstdinges Art. 44,

46—51 bei Meyer S. 169 ff.)

Ueber den Betrieb vieler Hütten im Harze

durch Wasserkraft gewährt Art. 172 der goslarer Gewohnheiten interessante Auf­ schlüsse. 1) Neben den Waldleuten erwähnen die goslarer Gewohnheiten der Hüt­

tenherren, worunter unzweifelhaft die Eigenthümer der Hütten zu verstehen sind, welche nicht im Walde wohnten und ihre Hütten an Waldwerke verpach­ teten.

Unter diesen Hüttenherren können rammelsberger Bergwerksberechtigte ge­

wesen sein.

Art. 160:

Werkes afghayt. 178:

We deme huttenheren sculdich blift vnn des wolt-^

deme mach de huttehere sine scult asvorderen" u. s. w.

„der Here der Hutten scal to rechte deme woltwerchten de ome

de Hutten asgemedet heft buwen laten to der Hutten, wes dar not is" u. s. w. Außerdem kommen in den goslarer Gewohnheiten noch die Treibhütten (Drifhutten) vor, deren Betreiber die Treibherren heißen.

An diese Hütten lie­

ferten die Waldwerke das Blei der im Walde befindlichen Schmelzhütten zur Scheidung des Silbers ab.-Art. 152: „Wes bly erst in de Hütten kumt, deme

scal me to rechte erst driuen" u. s. w.

Art. 157: „de drifhern mach vp io-

welken woltwerchten beholden so vele driflones. also ome mach boren gheuende van veir weken vor sin bly to drillende".

to

In jeder Treibhütte sollten

die Sechsmänner des Rammelsberg einen Knecht zur Aufrechterhaltung von Recht

und Ordnung bestellen und vereidigen und wieder absetzen, dat des den woltluden not si" (Art. 151).

„wan on dunkel

Wer durch die Vormünder

des Rammelsberges eine Treibhütte inne hat, muß dasjenige befolgen, was diese und die Waldleute als Recht haben. (Art. 151: „We de drifhutten heft van den

Vormunderen des berghes. de scal to rechte vor recht holden al dat de sesman vnn de woltlude des berghes vor recht hebbet".)

186

Erste Abtheilung.

verschiedene Personen scheint seit dem 16. Jahrhunderte, als die Hüt­ tenanlagen umfangreicher und kostspieliger zu werden anfingen,

all­

gemeiner geworden sein. Zahlreiche Bergordnungen gedenken der sog. Hüttenherren als der Eigenthümer insbesondere der Blei-

und Silberhütten.

Die Berggewerken oder Hüttengäste (bisweilen

Schmelzhcrren) ließen in diesen Hütten ihre Erze gegen bergordnungs­ mäßig bestimmte Gebühren schmelzen und das Werkblei abtreiben, die Hüttenschreiber, Schmelzer und Abtreiber wurden von der Berg­ behörde regelmäßig bestellt oder doch auf das Interesse der Bergge­ werken vereidigt l).

Banngerechtigkeiten standen den Hütten regel­

mäßig nicht au1 2).3 Mitunter gelang es jedoch den Landesherren, durch Ankauf sämmt­

licher Privathütten, durch Anlage eigener Hütten, durch Vorkaufs­ rechte an den Erzen und Metallen, sowie durch das Verbot des Verschmelzens der Erze außerhalb des Territoriums ein Hüttenmo­ nopol in dem Sinne zu schaffen, daß nur auf landesherrlichen Hütten die Erze verschmolzen werden durften2). So verschwand am Harze 1) Vergl. z. B. joachimsthaler B.-O. v. I. 1548 Thl. III (Ursprung und

Ordn, der Bergw. S. 66 ff.); kursächsische B.-O. v. I.

1589 Art. 84 ff.

Art. 14 (Blasiert S. 406 ff.); braunschweigische B.-O. v. I. 1593 Thl. III;

hohnsteinfche B.-O. v. I. 1576 Art. 99 ff. (Ursprung und Ordn, der Bergwerke S. 233, 267); nasiau-katzenelnbogifche B.-O. v. I.

1559 Art. 8, 44 ff. 61

(Blasiert S. 16 ff.); kurtriersche B.-O. v. I. 1564 Thl. 4 Art. 21 Nr. 3 ff. (Blasiert S. 184 ff.). 2) Joachimsthaler B.-O. Thl. III Art. 9:

„es soll einer jeden Gewerk­

schaft frei stehen, ihres Gefallens in eine Hütte zu ziehen".

3) Pfalz-zweibrückensche B.-O. v. I. 1565 Art. 98 (Wagner S. 752): „Und dieweil Wir dann ein statlich Hüttenwerk anrichten lassen, auch so es nach

Gottes Willen die Nothdurft erfordert und das Bergwerk in ein solches Ausneh­ men käme, deren noch mehr verfertigen und anrichten lassen Willens

find, so

wollen Wir, daß alle Erze in derselben Hütte geschmelzt, aufbereitet

und getrieben, auch kein Erz von Unserm Bergwerk in eine andere Obrigkeit ohne Unsere Erlaubniß zu schmelzen geführt werden solle".

Schwarzburgische

Bergfreiheit v. I. 1685 Art. 13 (Wagner S. 1412) u. f. w.

Markgräflich brandenburgische S. 512):

Resolution v. I. 1771

Nr. 8 (Wagner

„Alle Hütten- und Hammerwerke werden kraft des Bergregales der

Landesherrfchaft refervirt und davon nur die Eisenhütten und Hämmer, die Kupferhämmer, die Siedehütten, die hohen Ocfen privatis in Lehen gereicht

u. f. w. Kursächsische Bergwerksverfassung S. 114 ff. S. 118 Anm. t.: „Ehe­ mals schmelzte im Erzgebirge jede Gewerkschaft ihre Erze entweder allein oder in Gesellschaft mit anderen Gewerken".

Dagegen heißt es rücksichtlich des Ende

Allgemeine Lehren (Aufbereiiungs-Anstalten, Hüttenwerke).

187

das Institut der Hüttenherren, seit Herzog Julius gegen das Ende

des 16. Jahrhunderts die sämmtlichen Privathütten zu erwerben ge­ wußt hatte. Hiermit hangt es zusammen, daß nicht nur die Anlage einer Hütte von Seiten

dritter Unternehmer, sondern auch vielfach

die Errichtung einer Hütte Seitens

der Berggewerken

zur Verschmelzung ihrer eigenen Erze von einer Mu-

thung und Verleihung abhängig gemacht wurde. Wenn in letzterem Falle dem Muther ein Recht auf die Ausführung der Anlage zu­

gestanden war, so lag der Unterschied vom alten Rechte nur in der formellen Nothwendigkeit der besonderen Mnthung und Verleihung;

wurde dagegen die Verleihung auch den Berggewerken gegenüber als Gnadensache betrachtet, so trat hier der Gesichtspunkt des Schutzes der landesherrlichen Hütten, später auch die Berücksichtigung der In­ teressen anderer bestehenden Hütten hervor.') Zu einem solchen Schutze des vorigen Jahrhunderts: — „so existirt

auch

Fall der Selbstschmelzung

der

(Hake, Commentar S. 60.)

nicht".

Ueber das

angebliche würtembergische Hültenmonopol vergl. Zeitschr. für

Bergrecht Jahrg. II S. 427 ff. 1) Kurtriersche B.-O. v. I.

1564 Thl. IV Art. 1 (Brassert S. 181):

„Alle vnd jeglich Gewercken sollen vnd

mögen Schmeltzhütten

vnd

buchwerk,

wo sie gelegene Hoffstet zum oergkwerck bekommen können, batvTN, vnd wer zum ersten kompt vnd begert die von

dem bergkmeister zu verleihen,

nicht weigeren, wie vorgemelt, vnd inen gräflich

brandenburgische

B.-O.

v.

I. 1619.

vor

das sol

Art.

96

(Wagner

er

Mark­

anderen verleihen". S.

476).

Nachdem der bezeichnete Artikel zunächst das Schmelzen der Erze in den landes­ „Es soll auch den

herrlichen Hütten angeordnet, fährt derselbe gleichwohl fort:

Gewerken frei stehen, selbst auf ihre Kosten Hütten,

Pochwerke und dergleichen

nothwendige Gebäu an Wassern und Bächen auf Unseren und Unserer Lehnleute

Gründen Unsers Fürstenthums an Orten zum Bergwerk wohlgelegen, nach Berg­

werksordnung und Gebrauch ohne Jemands Verhinderung und Beschwe­ rung auf und anzurichten und die mit Hüttenarbeitern zu bestellen." schreiber, Hüttenmeister, Schmelzer u. s. w. werden indeß auch

Hütten­

in diesem Falle

vom Landesherrn beeidigt, an- und abgelegt. Vergl. hierzu Art. 93 der kurjächsi-

schen B.-O. v. I. 1589 (Brassert S. 413), Art. 105 der pfalz-zweibrücker B.O. v. I. 1565

(Wagner S. 756)

1559 (Wagner S. 810):

u. s. w.

„Wir wollen

lassen, daß sie ihre eignen

Hütten

auch

Kurkölnische

Bergfreiheit v. I.

allen und jeden Gewerken nach­

und Bergwerk frei ohne alle Beschwe­

rung zu erbauen Macht haben sollen, darin zu schmelzen, zu saigern und aller des

Bergwerks Nothdurst Gewerb treiben mögen, darinnen Wir sie durch Uns oder die Unsern nit verhindern wollen oder zu verhindern gestatten". für Klausthal v. I. 1554 Art. 3 (Wagner S. 1063) u. s. w.

Bergfreiheit

Im Gegensatze

Erste Abtheilung.

188

fühlten sich die Landesherren um so mehr bewogen, als dieselben seit

dem 16. Jahrhunderte häufig mit der Errichtung neuer Httttenanlagen vorgegangen waren, andererseits auch mehr und mehr Mangel

an Holz hervortrat. b
189 Anm. 2 und so­

60 S. 202 Anm.

2) Vergl. z. B. die preußische Circular-Verfügung vom 30. Juni 1846

(Ministerial-Blatt der inneren Verwaltung Nr. 184, S. 117). 3) Vergl. die preußische Circular-Verfügung vom 3. April 1846 (Mini-

sterial-Blatt der inneren Verwaltung Nr. 88, S. 60).

Allgemeine Lehren (Aufbereitutrgs-Anstalten, Hüttenwerke).

den

bestehenden Partikularberggesetzen zu

195

begründende Auffassung.

Es trat daher eine sehr verschiedenartige Behandlung dieser wichtigen Frage hervor, die mit dem Aufblühen des Hüttenbetriebes an grö­ ßerer Tragweite gewinnen mußtet und durch die Concurrenz der 1) Das gemeinschaftliche Rescript der preußischen Ministerien des In­ neren und des Handels vom 3. Februar 1818

richtig, „daß die Anlage und

bestimmte im Allgemeinen ganz

Concessionirung, sofern

solche vorgeschrieben, von

eigentlichen Berg- und Hüttenwerken zum Ressort der Bergwerksbehörde ge­

höre,

insofern

nenen

die

nämlich dadurch rohe Erze gewonnen oder aus den gewon­

Metalle bereitet

und zur allgemeinen verkäuflichen

Waare geschickt gemacht werden.

Anlagen zur Fabrikation

Namentlich sollen dahin gehören die

des Stabeisens und

zum Betriebe

Vitriolwerke, ingleichen der Eisen- Frisch- und Löschwerke.

der

Alaun- und

Alle Anlagen und

Bewilligungen dagegen, die auf den Betrieb von Anstalten Bezug haben, welche die weitere Bearbeitung und Verfeinerung der durch den hüttenmännischen Proceß

gewonnenen Mineralien und insbesondere diejenigen, welche die weitere Verfeinerung des Stabeisens zum Gegenstände haben, sollen der Regierung als Gewerbe­ polizeibehörde verbleiben".

Kaum

war

indeß dieses

und Westphalen erlassene Rescript ergangen, so

nur für die Rheinprovinz

wurde auf eine Vorstellung des

Oberbergamtes zu Dortmund am 17. Mai 1818 durch die Oberberghauptmann­

schaft bestimmt, daß es für die Grafschaft Mark bei der bisherigen Verfassung,

nach welcher Eisen- und Stahlfeuer und Hämmer zumRessort der Regierungen gehörten,

zu belassen sei.

genug

Merkwürdig

sollten

aber

nach einem Rescripte des Ministers des Inneren vom 3. April 1827 die Puddlings-Frisch anstalten in ganz Rheinland und Westphalen zum Bergressort

gehören, während die nach der alten Methode mit Holzkohlen betriebenen Frisch­ feuer im Dortmunder Bezirk als rein gewerbliche

betrachtet wurden.

Anstalten

Zur Vermehrung der Verwirrung hielt man in den östlichen Provinzen des preußischen Staates als Regel fest, daß nur die Anlagen,

welche

zum

un­

mittelbaren Ausbringen der Metalle aus den Erzen dienen, von den Eisenhütten daher nur die Hochöfen zum Bergressort gehörten, ausgenommen wiederum Schle­

sien und die Lausitz, wo, abgesehen von fiscalischen Hütten, die Eisenhütten über­ haupt als rein gewerbliche Anstalten behandelt wurden. abschied vom 22. Februar 1829 sollten in

Nach

Schlesien auch

dem Landtags­

die Zinkhütten

als

Fabriken gelten.

Nach diesen wunderbaren Competenzabgrenzungen gehörte im DortmunderBezirk ein mit Holzkohlen betriebenes Frischfeuer und der

Hammer zum

Aus­

schmieden des darin erzeugten Stabeisens dem Regierungsressort zu, während ein

in demselben Gebäude stehender,

mit Steinkohlen betriebener Puddel-Frischofen

und der dazu gehörige Hammer unter die Competenz der Bergbehörde fiel.

In

den östlichen Provinzen, abgesehen von Schlesien, gehörte bei einer Hochofenhütte mit Koaksbetrieb der Hochofen zum Ressort der Bergbehörde, der Koaksofen zum Ressort der Regierung und die Beaufsichtigung des Betriebes des von dem Koaks-

Erste Abtheilung.

196

Landespolizeibehörden bei der Erlaubnißertheilung zur Anlage der

Hüttenwerke jeder Art keineswegs an Bedeutung verlor. Dazu kam, daß die Zusammengehörigkeit des Bergbaues und des Hüttenbetriebes nicht mehr in früherer Art fortbestand und daß

insbesondere der zur verkäuflichen Waare ge­

durch die Aenderung der wirthschaftlichen, sowie Transportverhältnisse auch die Erze

worden waren *). e.

Trennung der Hüttenwerke und gewisser Aufbereitungs-An­

stalten vom Bergwesen nach neueren deutschen Gesetzen.

Gegen­

wärtiger Rechtszustand.

§. 60. Von den deutschen Staaten war es zuerst das Königreich Sachsen, welches die hier erörterte Frage in dem Sinne löste, daß die Hüt­

tenwerke aus dem Bereiche der Berggesetzgebung und Bergwerksver­

fassung überhaupt ausgeschieden wurden.

Das Königlich sächsische Berggesetz vom 22. Mai 1851 bestimmt nämlich: ofen geheizten Dampfkessels, zu dessen Anlage eine Concession der Regierung er­

forderlich war, zum Ressort der Bergbehörde.

Welches ergiebige Feld zum Federkriege der Behörden über ihre Zustän­ digkeit, und über die Grenzen ihres Polizeibereiches unter ein und demselben Hüttendach e! 1) Eine preußische Denkschrift aus den 1850er

Jahren bemerkt in dieser

Beziehung, „daß wenn auch in früherer Zeit bei mangelhaften Transportmitteln

die Verhüttung der Erze in der Nähe ihrer Gewinnungspunkte nöthig war, und nicht das Erz, sondern das daraus

dargestellte

Metall

als

verkäufliche

Waare

galt, daher damals ein unläugbares Abhängigkeitsverhältniß zwischen Bergbau und Hüttenbetrieb bestand, doch jetzt die Verhältnisse ganz andere geworden seien, indem bei den verbesserten Communications und bei den ökonomischen Vor­

theilen der Verwendung von Steinkohlen gegen die von Holzkohlen jetzt die Hütten in der Regel in der Nähe der Steinkohlen-Bergwerke oder in solchen oft selbst

weit von dem metallischen Bergbau entlegenen

Gegenden angelegt

würden, die

durch die Communicationsmittel oder durch den Handelsverkehr und den Gewerbe­

betrieb besondere Vortheile darbieten.

Dadurch sei schon die Zusammengehörig­

keit der Berg- und Hüttenwerke aufgehoben und nicht erst schon die Erze seien verkäufliche Waare geworden,

die Metalle,

sondern

durch deren Verwerthung der

Bergbau sich die Mittel zum Betriebe und dem Unternehmen den

gehofften Ge­

winn verschaffen könne, ohne daß es hierzu eines eigenen Hüttenwerkes

bedürfe.

Andererseits seien auch die Hüttenwerke nicht mehr auf die Verarbeitung der in­

ländischen Erze beschränkt, sie benutzten die Gelegenheit zum Ankäufe ausländischer Erze und seien zum Theil lediglich darauf angewiesen, wie es beispielsweise mit

Allgemeine Lehren (Aufbereitungs-Anstalten, Hüttenwerke).

„§. 296.

197

Die chemische Verarbeitung der Erze gehört

nicht zum Bergbau im Sinne dieses Gesetzes, es leiden daher

auf Hütten und Blaufarbenwerke und überhaupt auf diejenigen Anstalten, in welchen eine chemische Verarbeitung der Erze erfolgt,

die Berggesetze und die Bergwerksverfassung keine Anwendung.

§. 297. Die Bestimmung §. 296 gilt auch in Ansehung der Aufbereitung der Erze, insoweit sie in Anstalten erfolgt, welche nicht zu Gruben gehören oder nicht für solche als

Revieraufbereitungs-Anstalten bestehen.

§. 306. Zur Anlegung von Hüttenwerken ist die Erlaubniß der

Regierung erforderlich. Dasselbe gilt von solchen AufbereitungsAnstalten, welche nicht von Gruben oder Hüttenbesitzern für ihre Gruben oder Hütten oder von der Gesammtheit der Gruben einer Revier als Revieraufbereitungs-Anstalten, sondern von dritten Per­ sonen als selbstständige Anstalten errichtet werden sollen"*1).

Diese Vorschriften sind seitdem im Wesentlichen in fast alle neue­ ren Berggesetze übernommen. Zunächst folgte das Großherzoglich sächsi­

sche Berggesetz vom 22. Juni 1857 §. 9, welches noch durch specielle

Vorschrift die Hüttenwerke und diejenigen Aufbereitungs-Anstalten, welche von dritten Personen als selbstständige Anstalten errichtet werden, den Gewerbegesetzen unterwirft. Was speciell Preußen anbetrifft, so war bis zum Jahre 1845

vielen Hochöfen am Rhein und in der Provinz Westphalen, die ihren Bedarf an

Eisensteinen aus dem Herzogthume Westphalen rc. beziehen, und mit einigen Zink­

hütten bei Stolberg, die Galmei von Wiesloch im Großherzogthume Baden und selbst Galmei aus Spanien verarbeiten, der Fall sei. Auch die Alaun- und Vitriol-

Fabrikation erfolge jetzt nicht mehr allein aus Alaun- und Vitriolerzen, sondern auch in den chemischen Fabriken durch die Zusammensetzung der Bestandtheile".

1) Otto, Studien auf dem Gebiete des Bergrechtes (Freiberg 1856 S. 86 ff.),

tadelt diese Abtrennung des Hüttenwesens vom Bergbau, insbesondere, daß nach dem Gesetze v. I. 1851 der Regalbergbau dem Finanz-Ministerium, das Hütten­

wesen dem Minister des Inneren untergeordnet wurde.

Derselbe will die Berg­

werke als Zubehörungen der Hütten betrachtet und demgemäß dem Minister des

Inneren unterstellt missen. Das neue Königlich sächsische Berggesetz vom 16. Juni 1868 enthält im

§. 2 die Bestimmung: „Auf Aufbereitungs-Anstalten, welche nicht zu Bergwerken gehören oder nicht als Revieranstalten bestehen, und Koakbrennereien leiden

die Vorschriften des gegenwärtigen Gesetzes keine Anwendung."

„Soweit dieses Gesetz keine besonderen Bestimmungen trifft, gelten die all­

gemein gesetzlichen Vorschriften."

Erste Abtheilung.

198

bei Revision des Bergrechtes daran festgehalten, daß nicht nur Hütten­

werke zur ersten Metallerzeugung, Alaun- und Vitriol-Siedereien und Amalgamirwerke, sondern auch alle Hammer- und Walzwerke in die Berggesetzgebung einzuschließen seien.

Im Jahre

1845 ging man

dagegen bei den Berathungen über die Reform der Berggesetzgebung von dem Grundsätze aus, daß alle zur weiteren Bearbeitung und Verfeinerung der durch den hüttenmännischen Proceß gewonnenen Metalle unter die Gewerbe-Gesetzgebung fallen müßten. Im Ein­ klänge hiermit beschränkten die Entwürfe des Jahres 1848 das Berg­

ressort auf Hüttenwerke zur ersten Metallerzeugung, wogegen der Berggesetzentwurf des Jahres 1850 die Hüttenwerke völlig aus der

Berggesetzgebung ausschloß und nur die Erzwäschen, die am Gewin­ nungsorte des Minerales zu errichtenden Koaksöfen und die Aufbe­

reitungs-Anstalten dem Bergrechte unterwarf (§§. 116, 117). Nicht ganz im Einklänge mit den durch diesen,Entwurf declarirten Intentionen reformirte das Gesetz vom 12. Mai 1851 §. 24,

über die Verhältnisse der Miteigenthümer eines Bergwerkes, die ge­ sellschaftlichen Verhältnisse bei den Hütten durch Einführung einer

der Berggesetzgebung entnommenen Repräsentation der Hüttenbethei-

ligten, unterwarf das Gesetz vom 10. April 1854 die Arbeiter und Eigenthümer der Hüttenwerke der Berg-Knappschaftseinrichtung und regulirte endlich noch das Gesetz vom 21. Mai 1860x) §. O.v. I. 1772 c. 3 ß. 5 läßt die Juden beim Bergbau unbeschränkt zu. — Zunächst scheinen die Beschränkungen der Erwerbsfähigkeit

der Juden mit dem Verbote des Aufkaufes des Silbers und

der Erze in den

Bergstädten und auf den Bergwerken begonnen zu haben, weßhalb

auch Jeder­

mann in den Bcrgstädten verboten wurde, einen Juden über Nacht zu beher­ bergen. Kursächsische B.-O. v. I. 1589 Art. 76 (Brassert S. 400), hohnsteinsche B.-O. v. I. 1576 Art. 149 (Ursprung und Ordnung der Bergwerke S. 279). Aus diesem Verbote hat sich sodann theils gewohnheitsrechtlich, theils in Folge ausdrücklicher Bestimmung die partikularrechtliche Ausschließung der Juden vom Bergbau entwickelt. Kurkölnische B.-O. v. I. 1669 Thl. 2 Art. 16 (Brassert

S. 554): „Als ordnen und befehlen Wir, daß hinfurter kein Jud mehr, er feie auch an Ort und Enden Unser Landen, wo er wolle, fremder oder einhei­

mischer, das geringste, wie das auch Namen haben mag, weder mit Schmieden,

Erwerbung der Bergbaubercchügung (Erwerbsfähigkeit).

315

das gegen die Bergbeamten gerichtete Verbot, sich innerhalb ihres Amtsbezirkes oder überhaupt beim Bergbau zu betheiligen. Letzteres Verbot ist, wenn auch in beschränkterer Weise, schon in sehr alter Zeit ausgesprochen worden*); andererseits haben wiederum manche Blasen, weder mit Kauf und Verkaufung dessen,

so

Unseren

Berg­

gesammten

werken, vom kleinesten bis zum größesten

anklebt, unternehmen" u. s. w.

Ungarn wurde den Juden der Aufenthalt

innerhalb

einer

In

Entfernung von 7

Meilen von den Bergstädten bei Todesstrafe untersagt (Wenzel a. a. O.).

Es unterliegt keinem Zweifel, daß die

Beschränkungen

der Juden

beim

Erwerbe von Grundeigenthum auf die Erwerbsfähigkeit derselben bei Bergwerken Vergl. übrigens auch Herttwig s. v. „Juden".

ebenfalls Einfluß geübt haben. 1)

Die kuttenberger B.-O.

(gegen 1300) bestimmt

1. I c. 8,

Bergmeister der Gewerken (vergl. oben S. 285) zwar mindestens dem Bergwerke

bei

betheiligt sein müsse,

daß der

mit V32 an

Austheilung von Unterverleihungen

(concessiones) aber sich keinen Antheil irgend einer Art zum eigenen Abbau Vor­

behalten dürfe, widrigenfalls

cum infamia abgesetzt

der Vorbehalt nichtig

werden solle

(gtatuimug,

sein und der Bergmeister

ut nullug

magigtrorum

moncium de cetero ullam partem in omnibug conceggionibus, ubi con-

cedunt eciam guig expengig aut alienig, aut alio quocunque modo ipgis aliog in

eadem parte gubgtituendo

sibi recipiant excolendum)..

Dabei

wird angeführt, daß der bisherige Gebrauch, wonach der Bergmeister sich

meist

Vs zum Bergbau auf eigene Kosten Vorbehalten, zum großen Schaden des Berg­ werkes gereicht habe.

soll in Geld und nicht in Erzen und

Der Bergmeister

Handstufen (lapides manualeg) ausgelohnt werden, auch an den hohen Fest­

tagen kein Geschenk in letzteren erhalten. Vergl. sodann unter Anderen ratenberger B.-O. v. I. 1463 §. 49 (Lori

S. 61), salzburgische B.-O. v. I. 1477

B.-O. v. I. 1548 Thl. I Art. 1 werke S. 31, 32):

§. 65 (Lori S. 109), joachimsthaler

und 2 (Ursprung und

Ordnung der

Berg­

„Allerlei Verdacht und Argwohn abzulehnen, sollen Unser

Hauptmann und Amtsverwalter in Zeit ihres Amts auf Unsern Bergwerken in

ihre Verwaltung gehörig hinfort ohne sondere Unser

oder Unserer böhmischen

Kammer-Rath Bewilligung keine Bergtheil bauen noch in einigem Wege Nutzen

darvon gewarten,

er hätte dann dieselben zuvor,

ehe dann diese Ordnung aus­

gegangen, gehabt" — „Mit Bauung der Bergtheil sollen es Unsere Bergmeister

halten, wie oben von des Hauptmanns

und Verwalters Bauen verordnet ist."

Nassau-katzenelnbogische B -O. v. I. 1559 Art. 2 und 3 (Brassert S. 10, 11),

kurtriersche B.-O. v. I.

1564 Art. II, 1 (Brassert S. 105) u. s. w.

schweigische B.-O. v. I. 1593 Art. 83:

„Wir

und nachkommenden Bergmeister

Schaustufen

nehmen, ernstlich verboten haben."

einige

Braun­

wollen auch hiemit dem jetzigen

oder

Erz von Zechen zu

Preußisches Allgemeines Landrecht Thl. II

Tit. 16 §§. 138 ff: „Bergbeamte sollen bei Strafe der Confiscation nur unter

ausdrücklicher

Genehmigung

des

Bergwerks- und Hüttendepartements an dem

Bergbau als Gewerke Antheil nehmen.

§. 139:

Diese

Genehmigung soll nur

auf eine gewisse Anzahl von Kuxen, welche den vierten Theil einer Zeche niemals

316

Zweite Abtheilung.

Bergordnungen umgekehrt eine Betheiligung

der Bergbeamten am

Bergbau nützlich gefunden und dieselben mitunter hierzu aufgemun-

tert, wenn auch die Uebernahme ganzer Zechen durch die Bergbeamten seltener zugelassen worden istJ).

Die neueren deutschen Berggesetze haben in der Hauptsache an übersteigen darf, ertheilt werden. §. 140: Kein Bergbeamter darf streitige Zechen oder andere Berggebäude an sich bringen." Mehrere übrigens nicht gehörig publicirte, aber gleichwohl von den Gerichten respectirte Königliche Cabinets-

Ordres vom 20. Januar

1806 und 2. November 1808 verboten die Betheili­

gung der Bergbeamten, ihrer Ehefrauen und in väterlicher Gewalt befindlichen Kinder beim Bergbau gänzlich (vergl. Gräff, Handbuch des preußischen Berg­ rechts Anl. M.

ständig).

Die daselbst mitgetheilten Rescripte sind indeß keineswegs voll­

Jene Cabinets-Ordres sollten nach einer Entscheidung des preußischen

Obertribunales vom 9. November 1855 (Entscheidungen Bd. 32 S. 184; Striet-

horst, Archiv Bd. 18 S. 306) die entgegengesetzten Provinciellen Gesetze aufge­ hoben haben.

leute u

Man ging soweit, das Verbot auch rücksichtlich der Steiger, Berg­

s. w. und zwar sogar auf gewerkschaftlichen Bergwerken für anwendbar

zu erklären.

Diese ungerechtfertigte,

den Gesetzen widersprechende Ausdehnung

des Verbotes fand Anerkennung in einem Urtheile des preußischen Obertribunales vom 23. September 1859 (Striethorst, Archiv Bd. 35 S. 106).

Vergleiche

hierzu meine ausführliche Kritik und Widerlegung dieses Urtheiles in der Zeit­

schrift für Bergrecht Jahrg. I S. 287-303. 1) Kursächsische B.-O. v. I. 1589 Art. 5 (Brassert S. 349): „Damit es nicht davor gehalten, als wollten Wir ihnen den Segen Gottes gleich andern zu

gewarten, nicht gnädigst gönnen und sie durch solch Verbot

machen,

sondern vielmehr

fremde

Bergleute

durch

selbst verdächtig

ihr

Exempel

desto stattlicher zu bauen angereizet werden mögen, so wollen Wir,

daß nun hinfort Unsere Bergamtleute ganze (also 32 Kuxe) oder halbe Schichten oder einzelne Kukus bauen und solche von den Gewerken kaufen oder sonst red­ licher Weise an sich bringen mögen, doch daß ein Jeder bei seinen Eidespflichten

sich in keine Zechen oder Stollen einmenge, so streitig find."

Hieraus sind

die

Vorschriften der revidirten Bergordnungen Friedrich des Großen hervorgegangen, z. B. Cap. 31 der kleve-märkischen B.-O. v. I. 1766 (Brassert S. 863). Die kurkölnische B.-O. v. I. 1669 Thl. VII Art. 3 (Brassert S. 605) läßt eine unbeschränkte Betheiligung der Bergbeamten zu.

„Wir laffen hiemit gnädigst

zu, daß Unsere Bergwerksbeamte und Diener gleich anderen Gewerken sich des Bergbaues Inhalt Unserer Bergordnung mit gebrauchen und sich dessen bedienen mögen, gestalt einem Jeden dann verstattet, wo ihm beliebet und auf das Glück

Etwas zu wagen anständig, Unser Freies, es seien alte oder neue Zechen, nach Bergrechten zu muthen und zu bauen, von Gewerken Kuxe zu kaufen oder sonst

redlicher Weise an sich zu bringen" u. s. w.

Vergl. auch die bereits oben S. 297

Anm. 2 erwähnte Stelle der kurkölnischen Bergordnung Thl. III Art. 18 und die Instruction für den freiberger Bergmeister v. I. 1328 (Klotzsch S. 289).

Erwerbung der Bergbauberechtigung (Erwerbsfähigkeit).

317

den Grundsätzen des gemeinen deutschen Bergrechtes festgehalten, sogar

das französische Berggesetz vom 21. April 1810 bekennt sich, offenbar

unter dem Einflüsse deutscher Einrichtungen, zu den ersteren *). Nach §.11 des Königlich sächsischen Berggesetzes vom 22. Mai 1851 ist

„jede rechtsfähige Person, Inländer oder Ausländer", befähigt, „Berg­ werkseigenthum zu erwerben," ein Satz, welcher im §. 7 des neuen sächsischen Berggesetzes vom 16. Juni 1868 dahin lautet: „Jede zur

Erwerbung von Eigenthum befähigte, physische oder juristische Per­ son, kann auch Bergwerkseigenthum erwerben." Enger ist die Vor­

schrift des österreichischen Berggesetzes vom 23. Mai 1854 §. 7, ge­ mäß welcher nur derjenige „zur Erlangung von Bergbauberechti­ gungen und zum Erwerbe und Besitze von Bergwerken befähigt" sein soll, welcher „gesetzlich unbewegliches Eigenthum erwerben und besitzen kann'"). Außerdem schließt dieses Gesetz (§. 8) die Beamten, welche einer Behörde

angehören,

„der die unmittel­

bare öffentliche Aufsicht über den Bergbau oder die erste Ent­ scheidung über Bergbauverleihungen zukommt, sodann deren Ehe­ frauen und in väterlicher Gewalt befindlichen Kinder, vom Bergbau­

betriebe und dem Erwerbe und Besitze von Bergwerkseigenthum in dem Bezirke jener Behörde aus'"). Das preußische Allgemeine Berggesetz vom 24. Juni 1865 end1) Art. 13: „Tont Fran^ais ou tout etranger naturalise ou non en France, agissant isolement ou en societe, a le droit de demander

et peut obtenir, s’il y a lieu, une concession de mines