Das öffentliche Unternehmen im Informationsfreiheitsrecht: Eine Untersuchung anhand des Datennutzungsgesetzes (DNG) und der Neufassung der PSI-Richtlinie (EU) 2019/1024 über offene Daten und die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors [1 ed.] 9783428588671, 9783428188673

Traditionell adressiert das Informationsfreiheitsrecht die nichtwirtschaftlich agierende Kernverwaltung. Landesrechtlich

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German Pages 670 [671] Year 2023

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Das öffentliche Unternehmen im Informationsfreiheitsrecht: Eine Untersuchung anhand des Datennutzungsgesetzes (DNG) und der Neufassung der PSI-Richtlinie (EU) 2019/1024 über offene Daten und die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors [1 ed.]
 9783428588671, 9783428188673

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Beiträge zum Informationsrecht Band 43

Das öffentliche Unternehmen im Informationsfreiheitsrecht Eine Untersuchung anhand des Datennutzungsgesetzes (DNG) und der Neufassung der PSI-Richtlinie (EU) 2019/1024 über offene Daten und die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors

Von Lukas Ott

Duncker & Humblot · Berlin

LUKAS OTT

Das öffentliche Unternehmen im Informationsfreiheitsrecht

Beiträge zum Informationsrecht Herausgegeben von Prof. Dr. Hansjürgen Garstka, Prof. Dr. Michael Kloepfer, Prof. Dr. Eva Inés Obergfell, Prof. Dr. Friedrich Schoch

Band 43

Das öffentliche Unternehmen im Informationsfreiheitsrecht Eine Untersuchung anhand des Datennutzungsgesetzes (DNG) und der Neufassung der PSI-Richtlinie (EU) 2019/1024 über offene Daten und die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors

Von Lukas Ott

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel hat diese Arbeit im Jahr 2022 als Dissertation angenommen. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2023 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Satz: Textforma(r)t Daniela Weiland, Göttingen Druck: CPI Books GmbH, Leck Printed in Germany ISSN 1619-3547 ISBN 978-3-428-18867-3 (Print) ISBN 978-3-428-58867-1 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel im Sommersemester 2022 als Dissertation angenommen. Tag des Rigorosums war der 29. Juni 2022. Rechtsprechung, Literatur und Gesetzgebung wurden bis Juli 2021 berücksichtigt. An dieser Stelle möchte ich mich herzlich bei allen beteiligten Personen bedanken, die mich bei meinem Promotionsvorhaben unterstützt haben. Für die von Beginn an umfassende und äußerst konstruktive Betreuung meiner Arbeit danke ich zunächst meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Christoph Brüning. Er ließ mir die nötigen Freiheiten bei der Erstellung des Werkes und stand mir zugleich stets als interessierter und kritischer Gesprächspartner zur Seite. Herrn Prof. Dr. Marius Raabe danke ich sehr für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Äußerst dankbar bin ich auch für die wertvolle Unterstützung von Matthias ­ iebert und Gudula Gyarmati. Ihre geduldige und kritische Durchsicht des ManuS skripts hat wesentlich zu dem Gelingen dieser Arbeit beigetragen. Mein Dank gilt ferner der Johanna und Fritz Buch Gedächtnis-Stiftung, die den Druck dieser Arbeit mit einem großzügigen Druckkostenzuschuss gefördert hat. Abschließend möchte ich jedoch vor allem meiner Familie ganz herzlich danken: Meine Brüder Frederik und Gregor Ott sowie meine Eltern Ulrich Ott und Susanne Eissel haben mich nicht nur im Zuge der Erstellung dieser Arbeit stets in vielfältiger Weise unterstützt. Ihnen widme ich diese Arbeit. Berlin, im März 2023

Lukas Ott

Inhaltsübersicht A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 I.

„Flucht aus dem Informationsrecht?“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

II.

Anlass der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

III. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 B. Untersuchungsgegenstand: Informationen von öffentlichen Unternehmen . . . . 41 I.

Die Information . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

II.

Das öffentliche Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62

III. Ergebnis zu Kapitel B. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . 112 I.

Die historische Entwicklung des dualistischen Informationszugangsrechts . . . 112

II.

Reaktiver Informationszugang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118

III. Proaktiver Informationszugang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 IV. Kartellrechtlicher Informationszugang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 V.

Grenzen des Informationszugangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257

VI. Prozess- und haftungsrechtliche Dimensionen des Informationszugangsrechts 348 VII. Öffentliche Unternehmen als Wirkungskatalysatoren des Informationszugangsrechts? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 VIII. Reformpotentiale und Neugestaltungsoptionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416 IX. Ergebnis zu Kapitel C. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443 D. Die Weiterverwendung von Informationen von öffentlichen Unternehmen . . . . 448 I.

Das systematische Verhältnis von Informationszugang und Informationsweiterverwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 449

II.

Die Vorgaben der Public Sector Information Richtlinie (EU) 2019/1024  . . . . . 452

III. Die Umsetzung in nationales Recht durch das Datennutzungsgesetz (DNG) . . 516 IV. Prozess- und haftungsrechtliche Dimensionen des Informationsweiterverwendungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 575 V.

Wettbewerbsrechtliche Dimensionen des Informationsweiterverwendungsrechts 581

8

Inhaltsübersicht VI. Öffentliche Unternehmen als Wirkungskatalysatoren des Informationsweiterverwendungsrechts? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 585 VII. Reformpotentiale und Neugestaltungsoptionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 595 VIII. Ergebnis zu Kapitel D. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 605

E. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 609 F. Zusammenfassung der wesentlichen Forschungsergebnisse in Thesen . . . . . . . . 612

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 631 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 669

Inhaltsverzeichnis A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 I.

„Flucht aus dem Informationsrecht?“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

II.

Anlass der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

III. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 B. Untersuchungsgegenstand: Informationen von öffentlichen Unternehmen . . . . 41 I.

Die Information . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 1. Der Begriff der Information . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 a) Das Verständnis des Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 b) Ergänzende Definitionsansätze aus Literatur und Rechtsprechung . . . . . 45 aa) Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 (1) Abgrenzung zum Datum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 (2) Abgrenzung zum Wissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 bb) Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 2. Zuordnungsmerkmal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 3. Öffentliche Informationen als wertvolle Ressource . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 a) Gesellschaftspolitischer Wert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 b) Ökonomischer Wert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62

II.

Das öffentliche Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 1. Begriffsverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 a) Allgemeines Begriffsverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 aa) Ausgangspunkt: Wettbewerbsrechtlicher Unternehmensbegriff . . . . 65 (1) Unternehmensbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 (2) Öffentliche Inhaberschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 bb) Typologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 (1) Öffentlich-rechtliche Organisationsformen . . . . . . . . . . . . . . . . 72 (a) Regiebetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 (b) Eigenbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 (c) Anstalt des öffentlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

10

Inhaltsverzeichnis (2) Privatrechtliche Organisationsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 (a) Eigengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 (b) Gemischtwirtschaftliche Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . 75 (c) Gemischtöffentliche Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 b) Begriffsverständnis im Informationsfreiheitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 aa) Informationszugang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 bb) Informationsweiterverwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 2. Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 a) Die allgemeine Zulässigkeit öffentlicher Unternehmen . . . . . . . . . . . . . 84 aa) Europarecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 bb) Verfassungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 cc) Einfaches (Kommunal-)Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 (1) Öffentlicher Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 (2) Relationsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 (3) Subsidiaritätsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 (4) Örtlichkeitsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 b) Die besondere Zulässigkeit öffentlicher Unternehmen in Privatrechtsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 aa) Chancen und Risiken privatrechtlicher Organisationsmodelle . . . . . 92 bb) Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 (1) Verfassungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 (2) Einfaches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 (a) Haushaltsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 (b) Kommunalrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 cc) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 (1) Handlungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 (2) Haftung und Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 3. Grundrechtswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 a) Grundrechtsbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 b) Grundrechtsberechtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 III. Ergebnis zu Kapitel B. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . 112 I.

Die historische Entwicklung des dualistischen Informationszugangsrechts . . . 112 1. Vom Arkanprinzip zum Informationsfreiheitsrecht 2.0 . . . . . . . . . . . . . . . . 112

Inhaltsverzeichnis

11

2. Die sukzessive Ausweitung proaktiver Zugangsmodi . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 II.

Reaktiver Informationszugang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 1. Dogmatische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 a) Völkerrechtlicher Rahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 aa) Menschenrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 bb) Aarhus-Konvention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 cc) Tromsø-Konvention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 b) Unionsrechtlicher Rahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 aa) Primärrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 bb) Sekundärrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 (1) Verordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 (a) VO (EG) Nr. 1049/2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 (b) VO (EU) Nr. 2016/679 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 (c) VO (EU) Nr. 2018/1725 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 (2) Richtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 (a) Umweltinformationsrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 (b) Transparenz-Richtlinie 2006/111 (EG) . . . . . . . . . . . . . . . . 128 c) Verfassungsrechtlicher Rahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 aa) Bundesverfassungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 (1) Staatsstrukturprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 (a) Demokratieprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 (b) Rechtsstaatsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 (2) Grundrechtsgarantien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 (a) Informationsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG) . . . . . . . 133 (aa) Schutzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 (bb) Subjektive Leistungsdimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 (b) Allgemeines Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 (c) Wirtschaftsgrundrechte (Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 14 Abs. 1 GG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 (d) Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG) . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 (e) Objektiv-rechtliche Grundrechtswirkungen . . . . . . . . . . . . 143 (3) Parlamentarische Auskunftsrechte (Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG) . . . 145 (4) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 bb) Landesverfassungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 2. Einfachgesetzliche Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 a) Bundesrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 aa) IFG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148

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Inhaltsverzeichnis (1) Auskunftsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 (2) Auskunftsverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 (a) Materielle Informationspflichtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 (b) Formelle Informationspflichtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 (3) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 bb) VIG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 cc) UIG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 dd) Spezialgesetzliche Auskunftsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 ee) Konkurrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 b) Landesrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 aa) Allgemeines Verwaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 bb) Landesinformationsfreiheitsgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 cc) Landespressegesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 dd) Landesumweltinformationsgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 ee) Landesdatenschutzgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 c) Kommunalrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 d) Verfahrensablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 e) Zwischenergebnis und Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 III. Proaktiver Informationszugang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 1. Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 a) Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 aa) Proaktive Veröffentlichungspflichten als Teil von „Open Government Data“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 bb) Abgrenzung zu anderen Formen aktiver hoheitlicher Informations­ politik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 (1) Abgrenzung zur staatlichen Publikumsinformation . . . . . . . . . . 177 (2) Abgrenzung zur staatlichen Öffentlichkeitsarbeit . . . . . . . . . . . 178 cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 b) Strukturelle Unterschiede zu reaktiven Zugangsmodi . . . . . . . . . . . . . . . 180 aa) Höhere Wirkungsmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 bb) Verlust präventiver Kontrollstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 cc) Konsequenzen für die informationsrechtliche Konfliktbewältigung 182 2. Dogmatische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 a) Völkerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 b) Europarecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 aa) Primärrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 bb) Sekundärrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185

Inhaltsverzeichnis

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(1) Verordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 (2) Richtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 (a) PSI-Richtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 (b) INSPIRE-Richtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 (c) Umweltinformationsrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 (d) IVS-Rahmenrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 c) Verfassungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 aa) Bundesverfassungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 bb) Landesverfassungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 3. Einfachgesetzliche Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 a) Bundesrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 aa) IFG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 (1) Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 (2) Adressatenkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 (3) Auswirkungen auf den innerbetrieblichen Geheimnisschutz . . . 199 (4) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 bb) EGovG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 cc) GeoZG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 dd) UIG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 ee) VIG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 ff) Sonstige Veröffentlichungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 b) Landesrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 aa) Landestransparenzgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 (1) Hamburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 (a) Personelle Veröffentlichungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 (aa) Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe . . . . . . . . . 212 (bb) Kontrolle durch die öffentliche Hand . . . . . . . . . . . . . 213 (b) Materielle Veröffentlichungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 (aa) Umfang der Veröffentlichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 (α) § 3 Abs. 1 Nr. 4 HmbTG: Verträge der Daseinsvorsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 (β) § 3 Abs. 1 Nr. 8 HmbTG: Gutachten und Studien . 216 (γ) § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG: Vergütung der Leitungsebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 (δ) § 3 Abs. 2 HmbTG: „Soll“-Veröffentlichung . . . . 222 (ε) §§ 4 bis 7, 9 HmbTG: Ausschlussgründe . . . . . . . 224 (bb) Modalitäten der Veröffentlichung: § 10 HmbTG . . . . . 226

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Inhaltsverzeichnis (2) Bremen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 (3) Rheinland-Pfalz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 (4) Baden-Württemberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 (5) Schleswig-Holstein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 (6) Sachsen-Anhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 (7) Thüringen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 (8) Berlin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 bb) Landesumweltinformationsgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 cc) Landesgeodatenzugangsgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 dd) Landesarchivgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 ee) Landes-E-Government-Gesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 c) Kommunalrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 4. Entwicklungstendenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 a) „Aufholjagd“ im internationalen Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 b) Substitution durch private Initiativen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 c) Inkorporation nicht-staatlicher Akteure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 5. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 IV. Kartellrechtlicher Informationszugang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 1. Art. 102 Abs. 1 AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 a) Anwendbarkeit der Art. 101 ff. AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 b) Missbräuchliches Ausnutzen einer marktbeherrschenden Stellung . . . . . 248 aa) Marktbeherrschende Stellung durch Datenmacht? . . . . . . . . . . . . . . 248 bb) Datenbestände als „wesentliche Einrichtung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 cc) Missbräuchlichkeit der Zugangsverweigerung . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 dd) Rechtsfolge: Kartellrechtliche Zugangsgewährungspflicht . . . . . . . 254 2. § 19 Abs. 2 Nr. 4 GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 V.

Grenzen des Informationszugangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 a) Anwendungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 aa) Grundsatz: Enge Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 bb) Modifikation für wettbewerbssensible Informationen . . . . . . . . . . . 259 cc) Modifikation für proaktive Veröffentlichungspflichten . . . . . . . . . . 261 b) Verfahrensrechtliche Dimensionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 2. Die Ausschlussgründe im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265

Inhaltsverzeichnis

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a) Belange des öffentlichen Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 aa) Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 (1) Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 (2) Der Begriff des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses . . . . . . . 269 (a) Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 (b) Die Begriffsmerkmale im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 (aa) Unternehmensbezogene Tatsachen . . . . . . . . . . . . . . . 270 (bb) Fehlende Offenkundigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 (cc) Geheimhaltungswille . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 (dd) Berechtigtes Geheimhaltungsinteresse . . . . . . . . . . . . 272 (c) Verhältnis zum GeschGehG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 (3) Das Schutzniveau im Mehrebenensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 (a) Europarechtlicher Schutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 (b) Verfassungsrechtlicher Schutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 (c) Einfachgesetzlicher Schutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 (aa) Anwendbarkeit auf öffentliche Unternehmen . . . . . . . 281 (bb) Absoluter Geheimnisschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 (cc) Relativer Geheimnisschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 (α) Die Abwägung als Konfliktbewältigungsmodus . . 288 (β) Die Ermittlung und Bewertung von Geheimhaltungsinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 (γ) Die Ermittlung und Bewertung von Offenlegungsinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 (δ) Das Abwägungsergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 (dd) Ausschluss des Geheimnisschutzes . . . . . . . . . . . . . . . 296 (ee) Verhältnis zum spezialgesetzlichen Geheimhaltungsund Vertraulichkeitsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 (4) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 bb) Immaterialgüterrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 (1) Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 (2) Der Begriff des Immaterialgüterrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 (3) Das Schutzniveau im Mehrebenensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 (a) Europarechtlicher Schutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 (b) Verfassungsrechtlicher Schutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 (c) Einfachgesetzlicher Schutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 (aa) Anwendbarkeit auf öffentliche Unternehmen . . . . . . . 302 (bb) Schutzgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 (α) Grundsatz: Werke i. S. d. § 2 Abs. 1 UrhG . . . . . . . 303 (β) Sonderfall 1: Gemeinfreie Werke i. S. d. § 5 UrhG 304

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Inhaltsverzeichnis (γ) Sonderfall 2: Datenbanken i. S. d. § 87a UrhG . . . 305 (cc) Schutzumfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 (α) Die arbeitsvertragliche Übertragung von Nutzungsrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 (β) Veröffentlichungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 (γ) Verwertungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 (dd) Abwägungsspielräume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 (4) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 cc) Personenbezogene Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 dd) Innergesellschaftliche Vertraulichkeitssphäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 (1) Die innergesellschaftliche Vertraulichkeitssphäre in öffentlichen Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 (a) Organschaftliche Vertraulichkeitspflichten . . . . . . . . . . . . . 317 (aa) Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 (bb) Gesellschaft mit beschränkter Haftung . . . . . . . . . . . . 318 (b) Das „Informationsprivileg“ der öffentlichen Hand . . . . . . . 319 (aa) Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 (bb) Gesellschaft mit beschränkter Haftung . . . . . . . . . . . . 320 (2) Die informationelle Restriktionsmacht einzelner Vertraulichkeitspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 (a) Zweipolige Konstellationen: §§ 93 Abs. 1 S. 3, 116 S. 2 AktG 321 (b) Dreipolige Konstellationen: §§ 394, 395 AktG . . . . . . . . . . 324 (3) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 ee) Funktionsfähigkeit betriebsinterner Arbeitsabläufe . . . . . . . . . . . . . 326 ff) Allgemeine wirtschaftliche Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 b) Belange Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 aa) Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 bb) Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 cc) Immaterialgüterrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 dd) Personenbezogene Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 c) Öffentliche Belange . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 aa) Funktionsfähigkeit regulierungsbehördlicher Tätigkeiten . . . . . . . . . 337 bb) Fiskalische Interessen des Staates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 (1) Sinn und Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 (2) Tatbestandsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 (a) Schutzgut: Fiskalische Interessen im Wirtschaftsverkehr . . 341 (b) Gefährdung des Schutzgutes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 (3) Verhältnis zum Geheimnisschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 cc) Durchführung laufender Gerichtsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345

Inhaltsverzeichnis

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3. Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 VI. Prozess- und haftungsrechtliche Dimensionen des Informationszugangsrechts 348 1. Die unterbliebene Veröffentlichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 a) Nachträgliche Informationsbereitstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 aa) Rechtsweg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 bb) Statthafte Klageart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 (1) Reaktive Informationsgewährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 (2) Proaktive Informationsgewährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 cc) Klagebefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 b) Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 2. Die rechtswidrige Veröffentlichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 a) „Beseitigung“ der Veröffentlichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 b) Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 3. Die fehlerhafte Veröffentlichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 a) Pflicht zur objektiven Informationsrichtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 b) Veröffentlichung einer korrigierten Information . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 c) Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 VII. Öffentliche Unternehmen als Wirkungskatalysatoren des Informationszugangsrechts? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 1. Zielsetzungen des Informationszugangsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 a) Rechtsstaatlich-demokratische Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364 aa) Partizipation und Aktivierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364 bb) Akzeptanz- und Vertrauensförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 cc) Kontrolle und Korruptionsbekämpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 dd) Grundrechtsvoraussetzungsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380 b) Wirtschaftliche Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381 aa) Interne Effizienzförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 bb) Externe Innovationsförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 cc) Nebenziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 2. Spezifischer Zielförderungsauftrag öffentlicher Unternehmen . . . . . . . . . . . 389 a) Maßstab: Die funktionsgerechte Aufgabenerfüllung als Grenze . . . . . . . 390 b) Rechtsstaatlich-demokratische Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393 aa) Partizipation und Aktivierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393

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Inhaltsverzeichnis bb) Akzeptanz- und Vertrauensförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395 cc) Kontrolle und Korruptionsbekämpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 dd) Grundrechtsvoraussetzungsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 c) Wirtschaftliche Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404 aa) Interne Effizienzförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404 bb) Externe Innovationsförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406 d) Nebenziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413 3. Zwischenergebnis und Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414 VIII. Reformpotentiale und Neugestaltungsoptionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416 1. Die Einbeziehung als Korrekturmechanismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416 a) Die Exklusion öffentlicher Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 b) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418 2. Die Ausschlussgründe als Korrekturmechanismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422 a) Die aufgabenbezogene Auslegung der Ausschlussgründe . . . . . . . . . . . . 422 aa) Verfassungsrechtliche Determinierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422 bb) Grundsatz: Weiter Auslegungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427 cc) Funktionsgrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 428 b) Modifikation der Ausschlussgründe de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . 430 aa) Anwendbarkeit der Ausschlussgründe auf öffentliche Unternehmen 430 bb) Einführung von Abwägungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431 cc) Vorstrukturierung des Abwägungsprozesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433 (1) Festlegung von Abwägungsleitlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434 (2) Modifikation des Abwägungsmaßstabes für proaktive Veröffentlichungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436 dd) Einführung eines eigenen Ausschlussgrundes . . . . . . . . . . . . . . . . . 437 3. Organisation und Verfahren als Korrekturmechanismus . . . . . . . . . . . . . . . . 438 a) Der verfahrensrechtliche Ausschluss öffentlicher Unternehmen . . . . . . 438 b) Die Einführung eines Chief Information Officers . . . . . . . . . . . . . . . . . . 440 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443 IX. Ergebnis zu Kapitel C. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443

D. Die Weiterverwendung von Informationen von öffentlichen Unternehmen . . . . 448 I.

Das systematische Verhältnis von Informationszugang und Informationsweiterverwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 449

II.

Die Vorgaben der Public Sector Information Richtlinie (EU) 2019/1024  . . . . . 452 1. Die Historische Entwicklung der Public Sector Information Regulierung in Europa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452

Inhaltsverzeichnis

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a) Das Grünbuch der Kommission über die Informationen des öffentlichen Sektors in der Informationsgesellschaft aus dem Jahr 1998 . . . . . . . . . . 452 b) Die Richtlinie (EG) 2003/98 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 453 c) Die Richtlinie (EU) 2013/37 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 454 d) Die Richtlinie (EU) 2019/1024 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455 2. Das novellierte Informationsweiterverwendungsregime nach der RL (EU) 2019/1024 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 457 a) Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 457 b) Gegenstand (Art. 1 Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458 c) Anwendungsbereich (Art. 1 Abs. 1 und 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458 aa) Personeller Anwendungsbereich (Art. 1 Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . 459 (1) Die traditionelle Verpflichtung öffentlicher Stellen (Art. 1 Abs. 1 lit. a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 459 (2) Die erstmalige Einbeziehung öffentlicher Unternehmen (Art. 1 Abs. 1 lit. b i. V. m. Art. 2 Nr. 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461 (a) Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461 (aa) Die Motivation für die Ausdehnung des Anwendungsbereichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461 (α) Die Beseitigung von Rechtsunsicherheiten . . . . . . 462 (β) Die Ausschöpfung von wirtschaftlichem Potential 463 (bb) Diskutierte Reformoptionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 464 (b) Der Begriff des öffentlichen Unternehmens (Art. 2 Nr. 3) . . 465 (aa) Die Ausübung einer Tätigkeit (Art. 1 Abs. 1 lit. b) . . . . 466 (α) In der RL 2014/25 (EU) festgelegte Bereiche . . . 467 (β) Verkehrsunternehmen (Art. 2 der VO (EG) Nr. 1370/ 2007) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 468 (γ) Luftfahrtunternehmen (Art. 16 der VO (EG) Nr. 1008/ 2008) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469 (δ) Gemeinschaftsreeder (Art. 4 der VO (EG) Nr. 3577/ 92) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469 (bb) Der beherrschende Einfluss der öffentlichen Hand . . . 470 (α) Kapitalmehrheit (lit. a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 (β) Anteilsmehrheit (lit. b) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 (γ) Leitungsmehrheit (lit.c) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 (δ) Ungeschriebene Beherrschungsformen . . . . . . . . 474 (cc) Die Gewerblichkeit als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 475 (dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 480 bb) Sachlicher Anwendungsbereich (Art. 1 Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . 480

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Inhaltsverzeichnis (1) Das Verhältnis zur informationszugangsrechtlichen Ausschlusssystematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 481 (2) Allgemein anwendbare Ausschlusstatbestände . . . . . . . . . . . . . 482 (a) Schutz von Rechten des geistigen Eigentums Dritter (lit. c) 482 (b) Schutz von Geschäftsgeheimnissen (lit. d (ii)) . . . . . . . . . . 483 (c) Vertrauliche Informationen über den Schutz kritischer Infrastrukturen (lit. e) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 484 (d) Eingeschränkter Informationszugang (lit. f) . . . . . . . . . . . . 485 (e) Schutz von personenbezogenen Daten (lit. h) . . . . . . . . . . . 485 (3) Spezielle Ausschlusstatbestände für öffentliche Unternehmen . 486 (a) Außerhalb der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse (lit. b i) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 486 (b) Kein Zusammenhang mit dem Wettbewerb ausgesetzten Tätigkeiten (lit. b ii) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 487 cc) Akzessorietät zum Informationszugangsrecht (Art. 1 Abs. 3) . . . . . . 488 dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 489 d) Die Gestattung der Weiterverwendung (Das „Ob“ der Nutzung) . . . . . . 489 aa) Grundsatz der freien Weiterverwendung (Art. 3 Abs. 1) . . . . . . . . . . 489 bb) Spezieller Erlaubnisvorbehalt für öffentliche Unternehmen (Art. 3 Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491 (1) Der Erlaubnisvorbehalt als Privilegierung öffentlicher Unter­ nehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491 (2) Die Grenzen der Erlaubniserteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 492 cc) Verfahrensanforderungen (Art. 4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493 e) Die Modalitäten der Weiterverwendung (Das „Wie“ der Nutzung) . . . . 494 aa) Inhaltliche Beschränkungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 494 (1) Allgemeiner Grundsatz der Nichtdiskriminierung (Art. 11 Abs. 1) 495 (2) Die Festlegung von Nutzungsbedingungen und Standardlizenzen (Art. 8) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495 (3) Der Abschluss von Ausschließlichkeitsvereinbarungen (Art. 12) 497 bb) Die Erhebung von Gebühren und Entgelten (Art. 6) . . . . . . . . . . . . . 499 (1) Der historische Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 500 (2) Der Grundsatz der Kostenfreiheit (Art. 6 Abs. 1) . . . . . . . . . . . . 501 (3) Die Befreiung von öffentlichen Unternehmen (Art. 6 Abs. 2 lit. c) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 502 (4) Transparenzanforderungen (Art. 7) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 504 cc) Formal-technische Anforderungen an die Datenbereitstellung (Art. 5) 504 dd) Besonderheiten für hochwertige Datensätze (Art. 14 Abs. 1) . . . . . . 507 (1) Das Verfahren zur Festlegung der hochwertigen Datensätze . . . 508 (a) Erster Schritt: Bestimmung abstrakter Oberkategorien . . . . 508

Inhaltsverzeichnis

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(b) Zweiter Schritt: Festlegung konkreter Listen . . . . . . . . . . . 509 (2) Die Modalitäten der Veröffentlichung und Weiterverwendung hochwertiger Datensätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 510 f) Zwischenergebnis und Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 511 3. Das Verhältnis zu bereichsspezifischen Weiterverwendungsregelungen . . . 512 a) INSPIRE-Richtlinie 2007/2 (EG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513 b) IVS-Rahmenrichtlinie 2010/40 (EU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 514 c) Umweltinformationsrichtlinie 2003/4 (EG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 515 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 516 III. Die Umsetzung in nationales Recht durch das Datennutzungsgesetz (DNG) . . 516 1. Verfassungsrechtliche Determinanten des Informationsweiterverwendungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 517 2. Die Informationsweiterverwendung nach dem DNG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 518 a) Historischer Hintergrund: Das IWG als Vorgängerregelung . . . . . . . . . . 518 b) Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 519 c) Gegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 520 d) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 520 aa) Personeller Anwendungsbereich (§ 2 Abs. 2 DNG) . . . . . . . . . . . . . 521 (1) Öffentliche Stellen (Nr. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 521 (2) Unternehmen der Daseinsvorsorge (Nr. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . 522 (a) Die Rechtslage vor Erlass des DNG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 522 (b) Die Begriffsbestimmung gem. § 3 Nr. 2 DNG . . . . . . . . . . . 523 (aa) Unternehmen im Sinne des § 100 Abs. 1 Nr. 2 GWB . 524 (α) Unternehmen mit besonderen oder ausschließlichen oder besonderen Rechten (lit. a) . . . . . . . . . . . . . . 524 (β) Unternehmen unter beherrschendem Einfluss der öffentlichen Hand (lit. b) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 525 (bb) Tätigkeitsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 526 (α) Betrieb einer Sektorentätigkeit gem. § 102 GWB . 526 (β) Betrieb von öffentlichen Personenverkehrsdiensten 527 (c) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 527 (3) Hochschulen und Forschungseinrichtungen (Nr. 3) . . . . . . . . . . 529 bb) Sachlicher Anwendungsbereich (§ 2 Abs. 1, 3 DNG) . . . . . . . . . . . . 529 (1) Positivbestimmung (§ 2 Abs. 1 DNG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 529 (2) Negativbestimmung (§ 2 Abs. 3 DNG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531 (a) Der allgemeine Ausschlusstatbestand (Nr. 1) . . . . . . . . . . . 531 (aa) Keine oder nur eingeschränkte Zugänglichkeit des Datums (lit. a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531 (α) Entgegenstehende öffentliche und private Belange 532

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Inhaltsverzeichnis (β) Nachweis eines rechtlichen oder berechtigten Interesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 533 (bb) Geistiges Eigentum Dritter (lit. b) . . . . . . . . . . . . . . . . 535 (cc) Subsidiarität gegenüber umweltinformationsrechtlichen Regelungen (lit. c) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 538 (dd) Bereitstellung außerhalb des öffentlichen Auftrages der öffentlichen Stelle (lit. d) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 539 (b) Der besondere Ausschluss für Daten von Unternehmen der Daseinsvorsorge (Nr. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 539 (c) Sonstige Ausschlussgründe (Nr. 3–6) . . . . . . . . . . . . . . . . . 540 cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 541 e) Die Gestattung der Weiterverwendung (Das „Ob“ der Nutzung) . . . . . . 541 aa) Grundsatz der unbeschränkten Weiterverwendung (§ 4 Abs. 1 DNG) 541 bb) Spezieller Erlaubnisvorbehalt für öffentliche Unternehmen (§ 4 Abs. 2 DNG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 542 cc) Die Nichtregelung von Verfahrensanforderungen . . . . . . . . . . . . . . . 544 f) Die Modalitäten der Weiterverwendung (Das „Wie“ der Nutzung) . . . . 546 aa) Anwendbares Weiterverwendungsregime . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 546 bb) Inhaltliche Beschränkungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 547 (1) Allgemeiner Grundsatz der Nichtdiskriminierung (§ 5 DNG) . . 547 (2) Die Festlegung von Nutzungsbedingungen und Standardlizenzen (§ 4 Abs. 3 DNG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 547 (a) Regelungsformen und -gegenstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . 547 (b) Inhaltliche Anforderungen an die Ausgestaltung . . . . . . . . . 549 (c) Die Verwendung von Standardlizenzen . . . . . . . . . . . . . . . . 551 (aa) Internationale Lizenzmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 552 (α) Creative Commons . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 552 (β) Open Data Commons . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 553 (bb) Nationale Lizenzmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 554 (cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 555 (3) Der Abschluss von Ausschließlichkeitsvereinbarungen (§ 6 DNG) 555 cc) Die Erhebung von Entgelten (§§ 10–12 DNG) . . . . . . . . . . . . . . . . . 558 (1) Der rechtspolitische Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 558 (2) Das Regelungsmodell der §§ 10–12 DNG . . . . . . . . . . . . . . . . . 560 (a) Der Grundsatz der Unentgeltlichkeit (§ 10 Abs. 1 DNG) . . 561 (b) Das Kostendeckungsmodell als Ausnahme (§ 10 Abs. 2 DNG i. V. m. § 11 Abs. 1 DNG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 562 (c) Besonderheiten für hochwertige Datensätze (§ 10 Abs. 3 DNG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 564 (d) Transparenzanforderungen (§ 12 DNG) . . . . . . . . . . . . . . . 565

Inhaltsverzeichnis

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(3) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 565 dd) Formal-technische Anforderungen an die Datenbereitstellung (§§ 7–9 DNG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 566 (1) Allgemeine Grundsätze (§ 7 DNG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 566 (2) Besonderheiten für dynamische Daten (§ 8 DNG) . . . . . . . . . . . 567 (3) Besonderheiten für hochwertige Datensätze (§ 9 DNG) . . . . . . 569 g) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 569 3. Konkurrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 569 a) EGovG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 570 b) Geodatenzugangsgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 570 c) Delegierte Verordnungen zur IVS-Rahmenrichtlinie 2010/40 (EU) . . . . 572 d) Landesinformationszugangsgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 573 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 575 IV. Prozess- und haftungsrechtliche Dimensionen des Informationsweiterverwendungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 575 1. Die unterbliebene Nutzungsgewährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 576 a) Nachträgliche Nutzungsgewährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 576 b) Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 576 2. Die rechtswidrige Nutzungsgewährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 578 a) Die „Rücknahme“ der Nutzungsgewährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 578 b) Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 579 3. Die Bereitstellung fehlerhafter Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 579 a) Pflicht zu objektiver Datenrichtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 579 b) Nachträgliche Datenkorrektur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 580 c) Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 580 4. Zwischenergebnis und Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 581 V.

Wettbewerbsrechtliche Dimensionen des Informationsweiterverwendungsrechts 581 1. Das Wettbewerbsrecht als Auslegungsdirektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 582 2. Das Wettbewerbsrecht als zusätzliches Instrument zur Durchsetzung von Weiterverwendungsinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 583

VI. Öffentliche Unternehmen als Wirkungskatalysatoren des Informationsweiterverwendungsrechts? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 585 1. Zielsetzungen des Informationsweiterverwendungsrechts . . . . . . . . . . . . . . 585 a) Wirtschaftliche Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 585 aa) Externe Innovationsförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 585 bb) Interne Effizienzförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 586 cc) Förderung fairer Wettbewerbsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 587

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Inhaltsverzeichnis b) Rechtsstaatlich-demokratische Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 587 aa) Kontrolle und Korruptionsbekämpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 588 bb) Partizipation und Aktivierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 589 cc) Akzeptanz- und Vertrauensförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 590 dd) Grundrechtsvoraussetzungsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 590 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 591 2. Spezifischer Zielförderungsauftrag öffentlicher Unternehmen . . . . . . . . . . . 591 a) Wirtschaftliche Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 591 aa) Externe Innovationsförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 591 bb) Interne Effizienzförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 593 cc) Förderung fairer Wettbewerbsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 593 b) Rechtsstaatlich-demokratische Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 594 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 594 VII. Reformpotentiale und Neugestaltungsoptionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 595 1. Innerhalb des Datennutzungsgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 595 a) Reformbedarf: Bewertung der Umsetzung der Richtlinienvorgaben durch das DNG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 595 b) Optimierungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 597 aa) Die Einbeziehung privater Akteure außerhalb des Sektorenvergaberechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 597 bb) Die Entwicklung spezieller Lizenzmodule für öffentliche Unter­ nehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 601 2. Außerhalb des Datennutzungsgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 603 a) Reformbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 603 b) Optimierungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 604 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 605 VIII. Ergebnis zu Kapitel D. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 605

E. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 609 F. Zusammenfassung der wesentlichen Forschungsergebnisse in Thesen . . . . . . . . 612

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 631 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 669

Abkürzungsverzeichnis a. A. andere(r) Ansicht a. F. alte Fassung ABl. Amtsblatt der Europäischen Union AEMR Allgemeine Erklärung der Menschenrechte AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union AfP Zeitschrift für Medien- und Kommunikationsrecht (Zeitschrift) AG Aktiengesellschaft, auch: Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift) AGB Allgemeine Geschäftsbedingungen AIFG Agrar- und Fischereifonds-Informationsgesetz AktG Aktiengesetz AllgVerwR Allgemeines Verwaltungsrecht Alt. Alternative Anm. Anmerkung AnwBl. Anwaltsblatt (Zeitschrift) AO Abgabenordnung AöR Archiv des öffentlichen Rechts (Zeitschrift) AöW Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft e. V. API Anwendungsprogrammierschnittstelle Art. Artikel Aufl. Auflage BArchG Gesetz über die Nutzung und Sicherung von Archivgut des Bundes – Bundesarchivgesetz BayArchivG Bayerisches Archivgesetz BayDSG Bayerisches Datenschutzgesetz BayGO Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern BayUIG Bayerisches Umweltinformationsgesetz BayVBl. Bayerische Verwaltungsblätter (Zeitschrift) BB Betriebs-Berater (Zeitschrift) BBG Bundesbeamtengesetz Bbg KVerf Kommunalverfassung des Landes Brandenburg Bbg PresseG Brandenburger Pressegesetz BbgAIG Brandenburger Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz BbgVerf Landesverfassung für Brandenburg Bd. Band BDSG Bundesdatenschutzgesetz BeamtStG Beamtenstatusgesetz BeckOK Beck’scher Online-Kommentar BeckRS Beck-Rechtssachen (Online-Zeitschrift) BerlTG-E Entwurf für ein Berliner Transparenzgesetz BerlVerfGH Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin BFH Bundesfinanzhof

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Abkürzungsverzeichnis

Bürgerliches Gesetzbuch BGB BGBl. Bundesgesetzblatt Gesetz über Gebühren und Auslagen des Bundes BGebG BGH Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen BGHZ BHO Bundeshaushaltsordnung Gesetz zum Schutz personenbezogener Daten in der Berliner Verwaltung BlnDSG Berliner Informationsfreiheitsgesetz BlnIFG Bundesministerium der Finanzen BMF Bundesministerium des Inneren BMI Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung BMVBS BRAO Bundesrechtsanwaltsordnung Drucksache des Deutschen Bundesrates BR-Drs. Gesetz über die Sicherung und Nutzung öffentlichen Archivguts im Lande BremArchivG Bremen – Bremisches Archivgesetz BremDSGVOAG Bremisches Ausführungsgesetz zur EU-Datenschutz-Grundverordnung Gesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land BreBremIFG men – Bremer Informationsfreiheitsgesetz Umweltinformationsgesetz für das Land Bremen BremUIG BSG Bundessozialgericht Entscheidungen des Bundessozialgerichts BSGE BStatG Bundesstatistikgesetz Drucksache des Deutschen Bundestages BT-Drs. Bü-Drs. Bürgerschafts-Drucksache BVerfG Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgericht BVerfGE bzgl. Bezüglich bzw. Beziehungsweise lat. circa (= etwa; ungefähr) ca. CC Creative Commons Corporate Compliance Zeitschrift (Zeitschrift) CCZ Computer und Recht (Zeitschrift) CR der / die / das / des / dem d. DesignG Designgesetz Die Öffentliche Verwaltung (Zeitschrift) DÖV Gesetz über die Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat DrittelbG Brandenburgisches Datenschutzgesetz DSG BBg Schleswig-Holsteinisches Gesetz zum Schutz personenbezogener Daten DSG SH Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) DStR Datenschutz und Datensicherheit (Zeitschrift) DuD Deutsches Verwaltungsblatt (Zeitschrift) DVBl. Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche EGBGB Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte EGMR EGovG E-Government-Gesetz Einl. Einleitung Europäische Menschenrechtskonvention EMRK EnWG Energiewirtschaftsgesetz Zeitschrift für das gesamte Recht der Energiewirtschaft (Zeitschrift) EnWZ

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lat. et alii / et aliae / et alia (= und andere) et al. Europäische Union EU Europäischer Gerichtshof EuGH Charta der Grundrechte der Europäischen Union EU-GrCh Europarecht (Zeitschrift) EuR EUR Euro Zeitschrift für Europäisches Umwelt- und Planungsrecht (Zeitschrift) EurUP Vertrag über die Europäische Union EUV Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) EuZW Europäische Wirtschaftsgemeinschaft EWG Europäische Zentralbank EZB (und) der / die folgende f. (und) die folgenden ff. Fn. Fußnote Gesetz über die Statistiken der öffentlichen Finanzen und des Personals FPStatG im öffentlichen Dienst FS Festschrift Gruppe der Acht, supranationale Vereinigung G8 GastG Gaststättengesetz GBO Grundbuchordnung GebrMG Gebrauchsmustergesetz Gesetz zur Regelung der Gentechnik GenTG Gesetz über den Zugang zu digitalen Geodaten GeoZG Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen GeschGehG Zeitschrift für Gewerbe- und Wirtschaftsverwaltungsrecht (Zeitschrift) GewArch GewO Gewerbeordnung GG Grundgesetz ggf. gegebenenfalls Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbH GmbHG Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau (Zeitschrift) GmbHR GO Gemeindeordnung Gemeindeordnung für Baden-Württemberg GO BW Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen GO NRW Gemeindeordnung für das Land Rheinland-Pfalz GO RLP Gemeindeordnung für Schleswig-Holstein GO SH Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht GRUR Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht-Praxis im ImmaterialgüterGRUR-Prax und Wettbewerbsrecht (Zeitschrift) Gesetz- und Verordnungsblatt (der Länder) GVBl. GVG Gerichtsverfassungsgesetz Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen GWB Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) GWR herrschende Meinung h. M. Drucksachen der Hamburgischen Bürgerschaft HBü-Drs. Hessisches Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetz HDSIG Hessisches Archivgesetz HessArchivG Hessische Gemeindeordnung HessGO

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HGB Handelsgesetzbuch Handbuch der Grundrechte HGR HGrG Haushaltsgrundsätzegesetz Hamburgisches Archivgesetz HmbArchG Hamburgisches Transparenzgesetz HmbTG HmbUIG Hamburger Umweltinformationsgesetz Hessisches Pressegesetz HPresseG Hrsg. Herausgeber(in) Hs. Halbsatz Handbuch des Staatsrechts HStR Hessisches Umweltinformationsgesetz HUIG Im Sinne des / der i. S. d. Im Sinne von i. S. v. in Verbindung mit i. V. m. IFG Informationsfreiheitsgesetz Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen für das Land MeckIFG M-V lenburg-Vorpommern – Informationsfreiheitsgesetz Gesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land IFG SH Schleswig-Holstein – Informationsfreiheitsgesetz für das Land SchleswigHolstein Gesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land NordIFG-NRW rhein-Westfalen – Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen IFS Informationsfreiheitssatzung International Review of Intellectual Property and Competition Law (ZeitIIC schrift) InsO Insolvenzordnung Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte IPbpR InfrastrukturRecht (Zeitschrift) IR IT Informationstechnik IVS Intelligente Verkehrssysteme IWG Informationsweiterverwendungsgesetz Informationszugangsgesetz Sachsen-​Anhalt IZG LSA Informationszugangsgesetz Schleswig-Holstein IZG-SH Juristische Arbeitsblätter (Zeitschrift) JA Juristische Ausbildung (Zeitschrift) JURA Juristische Schulung (Zeitschrift) JuS Juristenzeitung (Zeitschrift) JZ Kommunikation und Recht (Zeitschrift) K & R Kap. Kapitel Kleine und mittlere Unternehmen KMU Kommunaljurist (Zeitschrift) KommJur Kreisordnung für Schleswig-Holstein KreisO SH Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft KritV (Zeitschrift) Kommunalverfassung für das Land Mecklenburg-Vorpommern KV M-V Kommunalverfassungsgesetz für Sachsen-Anhalt KVG LSA Gesetz über das Kreditwesen KWG

Abkürzungsverzeichnis

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Gesetz über die Pflege und Nutzung von Archivgut – Landesarchivgesetz Baden-Württemberg Landesarchivgesetz für Rheinland-Pfalz LArchG RLP Gesetz über die Sicherung und Nutzung öffentlichen Archivgutes in LArchG SH Schleswig-Holstein – Landesarchivgesetz LDSG BW Landesdatenschutzgesetz Baden-Württemberg Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch LFGB LG Landgericht Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen in Baden-WürttemLIFG BW berg – Landesinformationsfreiheitsgesetz lat. littera (= Buchstabe) lit. Landes- und Kommunalverwaltung (Zeitschrift) LKV Lebensmittel & Recht (Zeitschrift) LMuR LPresseG Landespressegesetz Landestransparenzgesetz Rheinland-Pfalz LTranspG RLP Landesverfassung für Schleswig-Holstein LVerf SH LVwVfG Landesverwaltungsverfahrensgesetz mit weiteren Nachweisen m. w. N. MarkenG Markengesetz Mio. Millionen Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer MitbestG MultiMedia und Recht (Zeitschrift) MMR Staatsvertrag zur Modernisierung der Medienordnung in Deutschland MOModStV Mrd. Milliarden Münchener Kommentar MüKo Netzwirtschaften und Recht (Zeitschrift) N + R neue Fassung n. F. Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz NdsKomVG Niedersächsisches Umweltinformationsgesetz NdsUIG NdsVBl. Niedersächsische Verwaltungsblätter (Zeitschrift) Non-governmental organisation (= Nichtregierungsorganisation) NGO Neue Justiz (Zeitschrift) NJ Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) NJW Zeitschrift für Öffentliches Recht in Norddeutschland (Zeitschrift) NordÖR Nr. Nummer Natur und Recht (Zeitschrift) NuR Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (Zeitschrift) NVwZ Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Rechtsprechungs-Report (ZeitNVwZ-RR schrift) Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter (Zeitschrift) NwVBl. Neue Zeitschrift für Baurecht und Vergaberecht (Zeitschrift) NZBau Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht (Zeitschrift) NZG Neue Zeitschrift für Kartellrecht (Zeitschrift) NZKart Neue Zeitschrift für Sozialrecht (Zeitschrift) NZS Open Knowlegde Foundation OKF OLG Oberlandesgericht OVG Oberverwaltungsgericht PatentG Patentgesetz LArchG BaWü

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Abkürzungsverzeichnis

PatG Patentgesetz Gesetz über die Bereitstellung von Produkten auf dem Markt ProdSG Public Sector Information PSI PStG Personenstandsgesetz RiA – Recht im Amt (Zeitschrift) RiA RIW Recht der internationalen Wirtschaft (Zeitschrift) RL Richtlinie Rn. Randnummer(n) Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien RStV Rechtswissenschaft  – Zeitschrift für rechtswissenschaftliche Forschung RW (Zeitschrift) Seite(n)/siehe S. / s. Kommunalselbstverwaltungsgesetz für das Saarland Saarl. KSVG Saarländisches Informationsfreiheitsgesetz SaarlIFG Saarländisches Umweltinformationsgesetz SaarlUIG Sächsische Gemeindeordnung SächsGO Verordnung über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen im Bereich des SektVO Verkehrs, der Trinkwasserversorgung und der Energieversorgung – Sektorenverordnung SGB Sozialgesetzbuch Slg. Sammlung so genannte sog. SortSchG Sortenschutzgesetz Sozialdemokratische Partei Deutschlands SPD Gesetz über die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen StUG Deutschen Demokratischen Republik StVG Straßenverkehrsgesetz StVO Straßenverkehrsordnung Thüringer Gemeinde- und Landkreisordnung ThürKO ThürLT-Drs. Drucksache des Thüringer Landtages Thüringer Transparenzgesetz ThürTG Thüringer Umweltinformationsgesetz ThürUIG TKG Telekommunikationsgesetz unter anderem u. a. UAbs. Unterabsatz UIG Umweltinformationsgesetz Umweltinformationsgesetz Brandenburg UIG Bbg Umweltinformationsgesetz Baden-Württemberg UIG BW Umweltinformationsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt UIG LSA Umweltinformationsgesetz Mecklenburg-Vorpommern UIG M-V Umweltinformationsgesetz Nordrhein-Westfalen UIG NRW Umweltinformations-Richtlinie 2003/4 (EG) UIRL UmwRG Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz Umwelt- und Planungsrecht (Zeitschrift) UPR Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte UrhG Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb UWG Var. Variante Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg (Zeitschrift) VBlBw.

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Verband Deutscher Verkehrsunternehmen e. V. VDV VerwArch Verwaltungsarchiv (Zeitschrift) VG Verwaltungsgericht VGH Verwaltungsgerichtshof vgl. vergleiche VIG Verbraucherinformationsgesetz Verwaltung & Management – Zeitschrift für moderne Verwaltung (ZeitVM schrift) VO Verordnung Vergabepraxis und -recht Rechtsprechungs-Report (Zeitschrift) VPRRS VR Verwaltungsrundschau Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer VVDStRL VwGO Verwaltungsgerichtsordnung VwVfG Verwaltungsverfahrensgesetz Wirtschaft und Verwaltung (Zeitschrift) WiVerw Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht (Zeitschrift) WM WpHG Wertpapierhandelsgesetz Wirtschaft und Wettbewerb (Zeitschrift) WuW zum Beispiel z. B. Zeitschrift für Datenschutz (Zeitschrift) ZD Zeitschrift für deutsches und internationales Bau- und Vergaberecht (ZeitZfBR schrift) Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht (Zeitschrift) ZGR Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) ZHR Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) ZIP zitiert (als) zit. Zeitschrift für das Juristische Studium (Zeitschrift) ZJS Zeitschrift für das gesamte Lebensmittelrecht (Zeitschrift) ZLR Zeitschrift für Rechtspolitik (Zeitschrift) ZRP ZUM Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht (Zeitschrift) Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht – Rechtsprechungsdienst ZUM-RD Zeitschrift für Umweltrecht (Zeitschrift) ZUR

A. Einleitung I. „Flucht aus dem Informationsrecht?“ „Information ist die Währung der Demokratie“ (Thomas Jefferson)1

Schon vor über 200 Jahren erkannte Thomas Jefferson, Jurist und 3. Präsident der Vereinigten Staaten, die duale Werthaltigkeit von Verwaltungsinformationen. Ihre Offenlegung schafft nach klassischem Verständnis einerseits Transparenz innerhalb einer demokratischen Gesellschaftsordnung und ist damit Grundvoraussetzung jeder demokratischen Meinungsbildung, Partizipation und Kontrolle. Andererseits entdecken Politik und Wirtschaft zunehmend auch das hohe ökonomische Potential von Verwaltungsinformationen. So wird der Gesamtwert von Informationen des öffentlichen Sektors europaweit auf mehr als 52 Milliarden Euro geschätzt,2 das entspricht etwa dem gesamten Bruttoinlandsprodukt Kroatiens.3 Die öffentliche Information wird vor allem dort zur „Währung“, wo sie für die Entwicklung digitaler Technologien und Dienstleistungen eingesetzt werden kann. Ausgehend von diesen Erkenntnissen drängt der nationale wie europäische Gesetzgeber zunehmend auf den Ausbau der rezeptiven Verwaltungspublizität. Informationsfreiheitsgesetze sollen die Aktenschränke der Verwaltung für die Allgemeinheit flächendeckend öffnen und auf diese Weise das jahrzehntelang „schlummernde“ politische und ökonomische Potential öffentlicher Informationen bestmöglich aktivieren. Abgesehen von einem kleineren administrativen und finanziellen Mehraufwand ist der informationelle Öffnungsprozess für die in der klassischen Behördenstruktur agierende Verwaltung nur punktuell mit nennenswerten rechtlichen Hindernissen oder Risiken verbunden. Handfeste Konflikte treten jedoch dort auf, wo sich die Verwaltung zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben aus ihrem traditionellen Organisationsapparat löst und mittels öffentlicher Unternehmen am Wirtschaftsverkehr teilnimmt. Erbringen öffentliche Unternehmen Aufgaben der 1

Zitiert bei Moorstedt, Jeffersons Erben: Wie die digitalen Medien die Politik verändern, S. 42. 2 Vgl. Europäische Kommission, Digitaler Binnenmarkt: EU-Verhandlungsführer einigen sich auf neue Regeln für die gemeinsame Nutzung der Daten des öffentlichen Sektors, Pressemitteilung vom 22. Januar 2019, IP/19/525. 3 Das BIP für Kroatien betrug im Jahr 2019 ca. 54 Milliarden Euro, vgl. Eurostat, Daten aufbereitet vom statistischen Bundesamt, abrufbar unter: https://www.destatis.de/Europa/DE/ Staat/EU-Staaten/Kroatien.html. (zuletzt aufgerufen am 29. 09. 2020).

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A. Einleitung

Daseinsvorsorge in einem wettbewerbsorientierten Marktumfeld, befinden sie sich allgemein in einem strukturellen Spannungsfeld. Sie müssen simultan sowohl die öffentliche Zweckerfüllung als auch ihre eigene wirtschaftliche Leistungs- oder gar Überlebensfähigkeit sicherstellen. Öffentliche Unternehmen stehen somit vor der „Quadratur des Kreises“. Als Hybrid von Staat und Wirtschaftsunternehmen sind sie mit den antagonistischen Erfordernissen von Gewinnerzielung und Leistungserbringung konfrontiert. Der Grund für diese strukturelle Spannungslage besteht unter anderem darin, dass öffentliche Unternehmen nicht selten in dysfunktionalen Märkten eingesetzt werden, in denen zudem häufig das Bedürfnis nach einer politisch-sozial motivierten Preissetzungspraxis besteht. Der zu erfüllende Auftrag mutet dabei nahezu utopisch an: Öffentliche Unternehmen sollen eine effiziente, preisverträgliche und qualitativ hochwertige Leistung für möglichst jedermann erbringen und dabei gleichzeitig noch wirtschaftlich rentabel sein, bestenfalls sogar Gewinn abwerfen. Dass diese beiden Maxime in einem unversöhnlichen Widerspruch zueinanderstehen, liegt auf der Hand. Häufig kann das eine Ziel nur auf Kosten des anderen realisiert werden. Das Austarieren von Leistungserbringung, Gewinnerzielung und Effizienz gelingt dementsprechend in der Praxis meist nur unzureichend. Tatsächlich leidet meist entweder die Qualität der Daseinsvorsorge unter dem externen wie internen Kostendruck oder das öffentliche Unternehmen gerät durch die zwingende Erfüllung eines unrentablen, aber politisch-gesellschaftlich notwendigen Dienstes in eine finanzielle Schieflage und ist auf hohe Zuschüsse der öffentlichen Hand angewiesen. Ein konkretes Beispiel dafür, wie das enge Korsett der öffentlichen Aufgabenerfüllung teils massiven Zuschussbedarf auslöst und öffentlichen Unternehmen Rentabilitätschancen nimmt, ist der öffentliche Personennahverkehr auf der Straße und der Schiene. Der Betrieb und die Aufrechterhaltung eines flächendeckenden Beförderungsnetzes sind sehr kostenintensiv, was sich auf die Wirtschaftlichkeit von öffentlichen Unternehmen auswirkt. Durchschnittlich decken die Nettoerträge meist nur etwas mehr als 70 Prozent der beim Verkehrsunternehmen entstandenen Kosten.4 Mithin agieren öffentliche Unternehmen im Verkehrssektor meist derartig defizitär, dass sie auf Zuschüsse der öffentlichen Hand in Milliardenhöhe angewiesen sind.5 Im Extremfall führt die fehlende Rentabilität im Nahverkehr dazu, dass der Umfang der Daseinsvorsorge „nur nach Kassenlage“ entschieden werden kann.6 Fahrplankürzungen und Streckenstilllegungen sind die Folge. Andererseits liefert die Praxis auch anschauliche Beispiele für den umgekehrten Fall, in dem die Erbringung von Aufgaben der Daseinsvorsorge hinter dem Diktat von Gewinnerzielungsinteressen nahezu vollständig zurücktreten muss. Diese Tendenz lässt sich vor allem im Bereich des öffentlichen Wohnungsbaus 4 Statistik des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) für das Jahr 2019, S. 35, abrufbar unter: https://www.vdv.de/statistik-jahresbericht.aspx (zuletzt abgerufen am 25. 11. 2020). 5 Statistik des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) für das Jahr 2019, S. 21 f. 6 Schäfer, in: Schäfer / Rethmann, Öffentlich-Private Partnerschaften, Kap. 8, S. 216.

I. „Flucht aus dem Informationsrecht?“

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beobachten. Unzweifelhaft ist die Förderung des sozialen Wohnungsbaus eine elementare Aufgabe der Daseinsvorsoge.7 Um diesen Auftrag im Einklang mit den Erfordernissen der Privatwirtschaft zu erfüllen, hat der Bund im Jahr 2005 die so genannte Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts gegründet. Diese hat grundsätzlich den Auftrag, die bundeseigenen Immobilien, Grundstücke und sonstige Liegenschaften möglichst wirtschaftlich zu verwalten, zu verwerten und gegebenenfalls auch zu veräußern.8 Diese Beschreibung klingt zunächst mit Blick auf das verfolgte Daseinsvorsorgeziel ausbalanciert, in der Praxis liegt der Fokus der BImA und anderer Immobilienverwaltungsgesellschaften der öffentlichen Hand jedoch eindeutig auf der Veräußerung von Immobilien: So wurde beispielsweise im Jahr 2006 der gesamte Wohnungsbestand der kommunalen Immobiliengesellschaft WOBA GmbH in Dresden mit 50.000 Wohnungen für 1,7 Milliarden Euro an einen US-amerikanischen Finanzinvestor veräußert.9 Mit dem Erlös sollten vor allem kommunale Verbindlichkeiten getilgt werden.10 Ähnliches geschah bereits im Jahr 1999 in Kiel.11 Dass durch den Ausverkauf öffentlicher Immobilien die kommunalen Spielräume, den sozialen Wohnungsbau aktiv-planerisch mitzugestalten und den öffentlichen Daseinsvorsorgeauftrag in hinreichender Qualität zu erfüllen, erheblich beschränkt werden, liegt auf der Hand. Kritische Stimmen beklagen in diesem Zusammenhang (wohl nicht zu Unrecht), dass der Staat sein Sozialkapital zu Zwecken der Gewinnerzielung wohlmöglich leichtfertig aus der Hand gebe, anstatt den Wohnungsbau für sozial Schwache zu fördern.12 Das Beispiel des Umgangs mit Wohneigentum in öffentlicher Hand verdeutlicht damit eindrucksvoll, wie der Staat seine Verantwortung für die Erbringung der Daseinsvorsorge unter dem wachsenden Finanzierungsdruck zuweilen nicht nur nicht einhalten kann, sondern zudem bewusst zu Gunsten der Gewinnmaximierung aufgibt.

7

Vgl. Sonder, LKV 2013, 202 (206). Nicht zur Daseinsvorsorge gehört dagegen der Bau von Wohnungen für den gehobenen und damit auch allein durch die Privatwirtschaft adäquat zu befriedigenden Bedarf, vgl. VGH Mannheim, Beschluss vom 29. 11. 2012 – 1 S 1258/12, KommJur 2013, 137 (140 f.). 8 Vgl. Bundesministerium der Finanzen, Beteiligungsbericht des Bundes 2019, S. 70, abrufbar unter: https://www.bundesfinanzministerium.de/Downloads/Broschueren_Bestellservice/202005-14-beteiligungsbericht-des-bundes-2019.html (zuletzt abgerufen am 25. 11. 2020); Schäfer, in: Schäfer / Rethmann, Öffentlich-Private Partnerschaften, Kap. 8, S. 93. 9 Schäfer, in: Schäfer / Rethmann, Öffentlich-Private Partnerschaften, Kap. 8, S. 93. 10 Vgl. Spiegel Online, „Milliardendeal: Dresden verkauft Wohnungsbestand und wird schuldenfrei“ vom 09. 03. 2006, abrufbar unter: https://www.spiegel.de/wirtschaft/milliardendealdresden-verkauft-wohnungsbestand-und-wird-schuldenfrei-a-405194.html (zuletzt abgerufen am 25. 11. 2020). 11 Die Stadt veräußerte sämtliche Anteile an der kommunalen Kieler Wohnungsbaugesellschaft (KWG) an einen privaten Investor zum Zwecke des Schuldenabbaus. Die Stadt Kiel ist damit eine der wenigen deutschen Großstädte, die über keinen eigenen kommunalen Wohnungsbestand verfügen, vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), Strategien der Kommunen für ihre kommunalen Wohnungsbestände, Heft Nr. 151, 2011, S. 17. 12 Schäfer, in: Schäfer / Rethmann, Öffentlich-Private Partnerschaften, Kap. 8, S. 95.

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A. Einleitung

Öffentliche Unternehmen befinden sich somit im Zielkonflikt von Daseinsvorsorge und Rentabilität. Bei Bewältigung dieses Spagats kollidieren wie aufgezeigt Gewinnerzielungsinteressen mit Gemeinwohlerwägungen, die öffentliche Aufgabenerfüllung streitet mit marktimmanenten Wettbewerbszwängen. Hinzu tritt nun das Informationsfreiheitsrecht, in dem sich dieses Spannungsfeld in besonderem Maße entzündet: Ähnlich wie Thomas Jefferson, dem nachgesagt wird, dass er seinen Tagesablauf, das Wetter, Wachstumsprozesse seiner Pflanzen, Ernteerträge und zurückgelegte Entfernungen akribisch aufzeichnete,13 generieren auch öffentliche Unternehmen in verschiedensten Bereichen wie Verkehr, Umwelt, Bauwesen oder Energie im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung umfangreiches und vielfältiges Informationsmaterial, das ein erhebliches gesellschaftspolitisches wie ökonomisches Potential birgt. Eine Zugänglichmachung dieser Informationen erscheint damit in besonderem Maße angezeigt. Hinzu kommt, dass bei von der öffentlichen Hand gesteuerten und finanzierten unternehmerischen Einheiten ein hohes externes demokratisches Kontrollbedürfnis besteht, das nur über die Etablierung von allgemeinen Informationszugangsrechten befriedigt werden kann und ggf. sogar muss. Eine absolute und unbeschränkte Erfüllung dieser Offenlegungsinteressen können jedoch öffentliche Unternehmen nicht leisten. Das öffentliche Unternehmen ist ein Hybrid, das den Spagat zwischen marktorientierten Wettbewerbsinteressen und der Pflicht zur öffentlichen Aufgabenerfüllung bewältigten muss. Innerhalb dieses Spannungsfeldes ließe die Anordnung einer uneingeschränkten Publikations- und Distributionspflicht für sämtliches innerbetriebliches Informationsmaterial öffentliche Unternehmen an ihre Funktionsgrenzen stoßen. Die Wettbewerbsfähigkeit eines „gläsernen“ öffentlichen Unternehmens ohne geschützte innerbetriebliche Geheimnissphäre wäre praktisch auf null reduziert: Konkurrenten im Wettbewerb erhielten über informationsfreiheitsrechtliche Garantien uneingeschränkten Zugriff auf sensible und damit werthaltige Unternehmensinformationen, könnten diese zur wettbewerbswidrigen Zwecken missbrauchen und damit letztendlich auch die Gewährleistung der öffentlichen Aufgabenerfüllung in Gefahr bringen. Die Schaffung von gemeinwohlorientierten Transparenzverpflichtungen geht damit zwangsläufig auf Kosten der Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit des öffentlichen Unternehmens und umgekehrt. Die grundsätzlich bipolare Spannungslage von Rentabilität und Leistungserbringung erweitert sich auf diese Weise zu einer auf den ersten Blick unvereinbaren Trias von Aufgabenerfüllung, Wirtschaftlichkeit und Transparenz. An dieser Stelle setzt die vorliegende Arbeit an. Sie nähert sich der Frage, wie die beschriebene Verflechtung von Daseinsvorsorge, Wettbewerbsfähigkeit und Publizität im Allgemeinen und das informationsrechtliche Konfliktfeld zwischen 13 Vgl. Hirst, Life and Letters of Thomas Jefferson, New York 1926, S. 52 f.; Nicolaisen, Thomas Jefferson, S. 21 f.

I. „Flucht aus dem Informationsrecht?“

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Offenlegungs- und Geheimhaltungsinteressen im Konkreten aufgelöst werden kann. Dass diese Problemstellung nicht rein akademischer Natur, sondern auch von wachsender rechtspraktischer Bedeutung ist, zeigt das Beispiel der Kraftwerke Mainz-Wiesbaden AG. Jene kommunale Aktiengesellschaft, die sich jeweils hälftig im Eigentum der Städte Mainz und Wiesbaden befand, beschloss im Jahr 2006 die Errichtung eines Kohlekraftwerkes. Nach massiven Protesten von Anwohnern und Gemeindevertretern gab die AG das Vorhaben schlussendlich jedoch vollständig auf. Daraufhin begehrte ein Mitglied des Wiesbadener Stadtrates auf Grundlage des rheinland-pfälzischen Transparenzgesetzes gegenüber der Stadt Mainz detaillierte Informationen über das eingestellte Projekt. Insbesondere zielte das Auskunftsersuchen auf Informationen zu den bereits entstandenen Planungskosten und der zukünftigen Entwicklung des Grundstücks, auf dem das Kraftwerk errichtet werden sollte. Als Reaktion auf einen zunächst ablehnenden Bescheid der Stadt Mainz erweiterte die Stadträtin ihren Fragenkatalog um Informationen über die Geschäftsführung (etwa die Verlängerung von Vorstandsverträgen) und die Verteilung von Karten für eine Fastnachtssitzung des Mainzer Karnevalvereins. Der gestellte Informationsantrag brachte das öffentliche Unternehme nun in die informationsrechtliche Zange von Geheimhaltungs- und Offenlegungsinteressen: Die Fragen zielten auf die Aufdeckung bzw. Aufklärung von Sachverhalten, bei denen eine konkrete Gefahr von Korruption und „Günstlingswirtschaft“ bestand. Zugleich hinterfragten sie die Effizienz und Wirtschaftlichkeit von vergangenen und aktuellen Unternehmenspraktiken und Entscheidungen einer von der öffentlichen Hand betriebenen Institution. In der Stellung des Auskunftsantrags lag somit keine informationsrechtliche „Schikane“, sondern eine im Kern begrüßenswerte aktive Partizipation des Volkes an politisch-gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen. Im Auskunftsgesuch perpetuierte sich schlussendlich das grundsätzlich schützenswerte Kontrollinteresses eines interessierten Bürgers. Das legitime Offenlegungsinteresse kollidierte jedoch gleichzeitig, das betonte auch das OVG Koblenz in dem 2016 zum vorliegenden Fall ergangenen Urteil14, mit den Wettbewerbsinteressen der kommunalen Aktiengesellschaft. Die begehrten Informationen waren zwar vor dem Hintergrund einer effektiven Korruptionskontrolle von zentraler Wichtigkeit, ließen jedoch bei ihrer Offenlegung ebenso weitreichende Rückschlüsse auf die Wettbewerbssituation des öffentlichen Unternehmens zu. Der Informationsantrag bewirkte damit – ob so intendiert oder nicht – eine „Ausforschung“ über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens. Gäbe die Stadt Mainz die Informationen preis und gelangten diese anschließend in die falschen Hände, könnten Wettbewerber und Geschäfts- oder Vertragspartner anhand der übermittelten Interna getroffene Preiskalkulationen und zukünftige Geschäftsstrategien nachvollziehen und für späteres Wettbewerbsverhalten oder Vertragsverhandlungen ausnutzen. Konkret bestand die Gefahr, dass Konkurrenten Vertragspartner mit günstigeren Angeboten abwerben und damit die Wettbewerbssituation der kommunalen AG

14

OVG Koblenz, Urteil vom 10. 06. 2016 – 10 A 10878/15, BeckRS 2016, 48854.

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A. Einleitung

langfristig massiv schwächen. Daher verneinte das OVG Koblenz im Ergebnis einen Anspruch auf Informationszugang. Die dortige Konstellation veranschaulicht, dass sich ein öffentliches Unternehmen bei Konfrontation mit einem Auskunftsantrag in einem strukturellen Dilemma zwischen Herstellung von öffentlich gebotener Transparenz und notwendiger Konservierung der innerbetrieblichen Geheimnisschutzsphäre befindet. Die Bewältigung des Spagats zwischen Arkanum und Publizität verbietet in der Regel schwarz-weiße Lösungen. Angemessene und für beide Parteien befriedigende Ergebnisse lassen sich meist nur in Graustufen finden. Diese Arbeit unternimmt den Versuch, die Koordinaten dieser informationsrechtlichen Graustufen darzustellen und in das übergeordnete System des Informationsfreiheitsrechts einzuordnen. Den gedanklichen Ausgangspunkt der nachfolgenden Untersuchung bildet dabei die Erkenntnis, dass sich die Verwaltung nicht durch eine organisationsrechtliche Ausgliederung ihrer allgemeinen Grundrechtsbindung und Gemeinwohlorientierung entledigen kann. Dies gilt insbesondere für die Gründung von privatrechtlich organisierten Unternehmen in öffentlicher Hand. Eine „Flucht ins Privatrecht“ ist unzulässig.15 Unter Zugrundelegung dieser Prämisse untersucht die vorliegende Arbeit, ob und inwiefern im Informationsfreiheitsrecht für öffentliche Unternehmen dennoch ausnahmsweise eine „Flucht aus dem Informationsrecht“ zulässig sein soll, um berechtigten Wettbewerbsinteressen Rechnung zu tragen. Dabei liegt ein Schwerpunkt der Arbeit in der Analyse der normativen Konfliktbewältigungsprogramme, die das Informationsfreiheitsrecht im Mehrebenensystem anbietet, um das skizzierte Spannungsfeld zwischen Offenlegungs- und Geheimhaltungsinteressen möglichst schonend auflösen. Die spezifischen einfachgesetzlichen Ausgleichsmechanismen, die es öffentlichen Unternehmen erlauben, zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit eigenes Informationsmaterial ausnahmsweise zurückzuhalten, sollen dabei dargestellt und hinsichtlich ihrer Geeignetheit zur Lösung des Ausgangskonfliktes gewürdigt werden. Das allgemeine Ziel dieser Arbeit ist es, herauszuarbeiten, auf welche Weise das Informationsfreiheitsrecht als übergreifendes System einen sinnvollen Beitrag zur Auflösung der auf den ersten Blick unversöhnlichen Trias von Transparenz, Wettbewerbsfähigkeit und Aufgabenerfüllung leisten kann.

II. Anlass der Untersuchung Die besondere Komplexität der vorliegenden Untersuchung ergibt sich aus der dualen Struktur des Informationsfreiheitsrechts: Die Beantwortung der Forschungsfrage muss einerseits strikt zwischen der Ebene des Informationszugangs und der Ebene der Informationsweiterverwertung trennen. Andererseits darf sie 15

Vgl. Fleiner, Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts, S. 326.

III. Gang der Untersuchung

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die Wechselwirkungen beider Regelungsregime zueinander nicht unberücksichtigt lassen. Die Weiterverwendung einer Information setzt denklogisch ihre vorherige Zugangsgewährung voraus. Der Informationszugang bildet damit die chronolo­ gische wie materielle Vorstufe zur Informationsweiterverwendung. Die so entstehende Zweigleisigkeit des Informationsfreiheitsrechts wirft die Folgefrage auf, ob öffentliche Unternehmen einem einheitlichen oder möglicherweise divergierenden Schutzniveau unterliegen und welche Konsequenzen sich hieraus insgesamt für die Verfolgung der übergeordneten Ziele des Informationsfreiheitsrechts ergeben. Die Beantwortung dieser Fragestellungen ist auf beiden Ebenen maßgeblich von aktuellen rechtspolitischen Entwicklungen geprägt: Angestoßen durch das Hamburger Transparenzgesetz (HmbTG) aus dem Jahr 2012 vollzieht sich im Informationszugangsrecht aktuell ein Wandel von reaktiven zu proaktiven Veröffentlichungspflichten. Immer mehr Bundesländer entschließen sich zur Schaffung von eigenen Landestransparenzgesetzen. Der aktuellste Entwurf kursiert seit dem Frühjahr 2021 in Berlin.16 Es rückt damit die bislang in der Literatur noch weitestgehend unbearbeitete Frage in den Fokus, inwiefern auch bei dieser besonders eingriffsintensiven Form der Informationsgewährung öffentliche Unternehmensinteressen geschützt werden können und auf welche Weise sich aus einer proaktiven Informationsbereitstellung spezielle Implikationen für die nachfolgende Stufe der Weiterverwendung ergeben. Aktuelle Untersuchungsimpulse liefern die im Juli 2019 in Kraft getretene Public Sector Information (PSI)-Richtlinie 2019/1024 (EU),17 die erstmalig explizit öffentliche Unternehmen dem geltenden europäischen Informationsweiterverwendungsregime unterwirft und das im Juli 2021 in Kraft getretene Datennutzungsgesetz (DNG)18, welches die Vorgaben der RL 2019/1024 (EU) in nationales Recht umsetzt. Die von europäischer Seite initiierte Neugestaltung des Informationsweiterverwendungsrechts soll zum Anlass für eine unternehmensbezogene Neubetrachtung und -Bewertung der nutzungsrechtlichen Dimension des Informationsfreiheitsrechts genommen werden.

III. Gang der Untersuchung Ausgehend von der oben skizzierten Forschungsfrage ist die vorliegende Arbeit in drei Sinnabschnitte gegliedert. Zunächst konkretisiert und analysiert das Kapitel B. den Untersuchungsgegenstand selbst. Es klärt die Frage, unter welchen Voraussetzungen und in welchen 16

Entwurf für ein Gesetz zur Weiterentwicklung des Informationszugangs für die Allgemeinheit vom 03. 03. 2021, LT-Drs. 18/3458. 17 Richtlinie (EU) 2019/1024 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über offene Daten und die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors (Abl. L 172 vom 26. 06. 2019, S. 56). 18 Gesetz für die Nutzung von Daten des öffentlichen Sektors vom 16. 07. 2021 (BGBl. I. S. 2941, 2942).

40

A. Einleitung

Erscheinungsformen „Informationen von öffentlichen Unternehmen“ vorliegen, die als Anknüpfungspunkt einer informationsfreiheitsrechtlichen Regulierung dienen können. Dem Dualismus des Informationsfreiheitsrechts folgend untersucht anschließend Kapitel C., nach welchen Maßstäben die Allgemeinheit Zugang zu Informationen öffentlicher Unternehmen erlangen kann. Dieses Kapitel differenziert nach einer historischen Einordnung (I.) zwischen reaktiven (II.), proaktiven (III.) und kartellrechtlichen (IV.) Veröffentlichungspflichten im europäischen und nationalen Mehrebenensystem und zeigt deren zu Grunde liegende Schrankensystematik auf (V.). Im Anschluss an eine Darstellung der prozess- und haftungsrechtlichen Dimensionen des Informationszugangsrechts (VI.) hinterfragt die Arbeit, inwiefern das Phänomen des „öffentlichen Unternehmens“ überhaupt mit den Grundideen des Informationszugangsrechts kompatibel ist. Sie untersucht, bis zu welchem Grad öffentlichen Unternehmen ein spezifischer Förderungsauftrag für die Ziele des Informationsfreiheitsrechts zukommt (VII.) und zeigt auf, wie sich dieser Förderungsauftrag in der praktischen Rechtanwendung interessensgerecht abbilden lässt (VIII.). An dieser Stelle beleuchtet die Untersuchung auch verschiedene Möglichkeiten, das geltende System des Informationszugangsrechts de lege ferenda zu modifizieren. Nach erfolgter Analyse des Informationszugangsrechts erörtert die Arbeit in Kapitel D., unter welchen Voraussetzungen öffentliche Unternehmen ihre Informationsbestände auf faktisch und systematisch nachgelagerter Ebene (I.) für eine Weiterverwendung durch die Allgemeinheit öffnen müssen. Zentraler Untersuchungsgegenstand ist hierbei die aktuelle PSI-Richtlinie 2019/1024 (EU) (II.) und ihre Umsetzung in nationales Recht durch das DNG (III.). Der Fokus der Untersuchung liegt dabei vor allem auf der Frage, unter welchen Voraussetzungen diese Regelungsregime Privatrechtssubjekte mit Hoheitsbeteiligung als „öffentliche Unternehmen“ verpflichten. Zugleich gilt es zu untersuchen, welche Implikationen sich aus einer Verpflichtung für das „Ob“ und „Wie“ der Gestattung der Weiterverwendung ergeben. Nachfolgend ist parallel zu Kapitel C. die haftungs- (IV.) und wettbewerbsrechtliche (V.) Dimension des Weiterverwendungsrechts darzustellen und zu diskutieren. Abschließend stellt sich auch auf der Ebene des Weiterverwendungsrechts die Frage, inwiefern öffentliche Unternehmen überhaupt in sinnvoller und (verfassungs-)rechtlich zulässiger Weise zur Förderung der Zielrichtungen der PSI-Richtlinie und des DNG eingesetzt werden können (VI.). Die an dieser Stelle erarbeiteten Erkenntnisse sollen die Grundlage dafür bilden, Reformpotentiale und Neugestaltungsoptionen im Informationsweiterverwendungsrecht aufzuzeigen (VII.). Die Arbeit schließt mit einem einordnenden Ausblick auf aufkommende Entwicklungstendenzen im Informationsfreiheitsrecht (E.) und einer Zusammenfassung der wesentlichen Forschungsergebnisse aus den Kapiteln B., C. und D. in Thesen (F.).

B. Untersuchungsgegenstand: Informationen von öffentlichen Unternehmen Öffentliche Unternehmen sind im Rahmen der öffentlichen Aufgabenerfüllung in vielfältigen gesellschaftlichen Bereichen, vor allem auf dem Gebiet der Daseinsvorsorge, tätig.1 Im Rahmen ihrer Tätigkeit erfassen, erstellen, reproduzieren und verbreiten sie ein breites Spektrum an Informationen aus unterschiedlichen Themengebieten wie etwa Verkehr, Bauwesen, Geografie, Umwelt, Tourismus, Meteorologie oder Stadtentwicklung. Ausgehend von der Annahme, dass das Informationsfreiheitsrecht insgesamt verstärkt darauf abzielt, auch für Informationen von öffentlichen Unternehmen eine möglichst breite rezeptive Informationsöffentlichkeit herzustellen, bilden diese so generierten Informationsbestände von öffentlichen Unternehmen den zentralen Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit. Eine Analyse der rechtlichen Mittel und Maßstäbe des Informationsfreiheitsrechts zur Gewährleistung einer möglichst weitreichenden rezeptiven Publizität von öffentlichen Unternehmensinformationen kann allerdings nicht erfolgen, ohne dass dieser Untersuchungsgegenstand definitorisch trennscharf konturiert wird. Dies geschieht in folgendem Kapitel, das sich zunächst der „Information“ widmet (I.) und dabei die Fragen beantwortet, was nach gesetzgeberischem sowie wissenschaftlichem und richterlichem Verständnis den juristisch abgrenzbaren Wesenskern einer Information ausmacht (1.), wann eine Information zu einer „Information des öffentlichen Unternehmens“ wird (2.) und welcher Wert speziell der Offenlegung von Unternehmensinformationen für die Verfolgung gesellschaftlicher und ökonomischer Zielsetzungen des Informationsfreiheitsrechts zukommt (3.). Anschließend setzt sich das Kapitel mit dem Begriff des „Öffentlichen Unternehmens“ auseinander (II.) und analysiert, ob innerhalb des allgemein vorherrschenden Begriffsverständnisses (1.) eine eigenständige Definition des „öffentlichen Unternehmens“ im Informationsfreiheitsrecht existiert (2.), die für die nachfolgende Untersuchung zu Grunde gelegt werden muss. Auf dieser Begriffsbestimmung aufbauend soll herausgearbeitet werden, innerhalb welcher Grenzen die Errichtung und der Betrieb eines öffentlichen Unternehmens rechtlich zulässig ist (3.) und welche Implikationen sich aus der Einordnung als öffentliches Unternehmen für die Wirkung der Grundrechte ergeben (4.).

1

Vgl. Knauff, in: Schmidt / Wollenschläger, § 1, Rn. 17. Grundlegend zum Begriff der Daseinsvorsorge Forsthoff, Die Verwaltung als Leistungsträger, S. 7.

42

B. Untersuchungsgegenstand

I. Die Information 1. Der Begriff der Information Den definitorischen „Schlüssel“ für die gegenständliche Untersuchung bildet der Begriff der Information (aus lat. „informare“ = in Gestalt bringen). Die Einordnung eines Lebenssachverhaltes als „Information“ öffnet grundsätzlich das Tor für die Anwendung des Informationsfreiheitsrechts. Bezogen auf öffentliche Unternehmen stellt sich konkret die Frage, ab welchem Stadium das innerhalb betrieblicher Wertschöpfungsprozesse Generierte nach juristischem Verständnis als veröffentlichungspflichtige „Information“ gilt. Auf diese Weise fungiert die Konturierung des Informationsbegriffes auch als erster grober Filter für den Ausgleich von Offenlegungs- und Geheimhaltungsinteressen. a) Das Verständnis des Gesetzgebers Die Destillation eines einheitlichen juristischen Begriffsverständnisses bereitet jedoch Schwierigkeiten, da weder auf europäischer noch auf nationaler Gesetzesebene eine allgemeingültige Definition kursiert. Das europäische Primär- und Sekundärrecht rekurriert stattdessen fast ausschließlich auf das „Dokument“, welches nach Ansicht des EuGH nicht zwangsläufig deckungsgleich zur „Information“ verstanden werden darf.2 Auch die Richtlinie 2003/4/EG über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen (sog. Umweltinformationsrichtlinie) stellt lediglich bereichsspezifisch auf die „Umweltinformation“ ab. Das Grundgesetz schweigt vollständig zum Begriff der Information, selbst der die Informationsfreiheit verbürgende Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG verwendet den Ausdruck nicht.3 Lediglich auf einfachgesetzlicher Ebene finden sich in den Informationsfreiheitsgesetzen und übrigen Gesetzen mit Informationsbezug (UIG, VIG, BDSG) konkrete Definitionen für den jeweiligen Regelungsbereich,4 wenngleich mit fehlender terminologischer und inhaltlicher Synchronität: Den begrifflichen Ausgangspunkt bildet die Begriffsbestimmung des auf nationaler Ebene wohl bedeutsamsten Informationsrechtsregimes, des IFG. Auch 2

Exemplarisch hier EuG, Urteil vom 15. 01. 2013 – Rs. T-392/07, Rn. 75 – Strack / Kommission; EuGH, Urteil vom 6. 2. 2001 – Rs. C-353/99 P, Rn. 31 – Rat / Hautala; EuG, Urteil vom 27. 10. 1999 – Rs. T-106/99, Rn. 35 – Meyer / Kommission. 3 Püschel, Informationen des Staates als Wirtschaftsgut, S. 40 f. In abgewandelter Form lässt sich lediglich der Begriff der „Erbinformation“ in Art. 74 Abs. 1 Nr. 26 GG finden, vgl. Wirtz, Die Kommerzialisierung kultureller Informationen der öffentlichen Hand, S. 30. 4 Vgl. § 2 Nr. 1 IFG, § 2 Nr. 2 IWG, § 2 Abs. 3 UIG, § 3 Abs. 1 BDSG, § 2 Abs. 1 VIG. Erstaunlicherweise liefert das EGovG keine eigene Begriffsdefinition, obwohl es die Zurverfügungstellung von Informationen nach § 3 Abs. 1 EGovG zur zentralen Verpflichtung für Behörden erhebt.

I. Die Information

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die Definition des nunmehr durch das Datennutzungsgesetz (DNG) abgelösten Informationsweiterverwendungsgesetzes (IWG) verlief hierzu parallel.5 § 2 Nr. 1 IFG definiert die „amtliche Information“ als „jede amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung, unabhängig von der Art ihrer Speicherung.“. Gekürzt um das Attribut der Amtlichkeit verblieb auch der identische Wortlaut von § 2 Nr. 2 IWG: „Information [ist] jede Aufzeichnung, unabhängig von der Art ihrer Speicherung“.6 Auf der Ebene der Informationsfreiheitsrechte der Länder wird die Definition von IFG und IWG zwar überwiegend übernommen.7 Allerdings beinhalten die Landesinformationsfreiheitsgesetze auch teilweise eigenständige Definitionen, die inhaltlich divergieren8 oder abweichende sprachliche Anknüpfungspunkte wählen, indem sie nicht wie das IFG oder das alte IWG auf die „Aufzeichnung“9, sondern die „Information“ selbst10 oder die „Akte“11 abstellen. Bedauerlicherweise ergibt sich damit der Befund, dass die Systematik der Informationsfreiheitsgesetze ein kohärentes und aufeinander abgestimmtes Definitionskonzept vermissen lässt. Der Gesetzgeber hat es in der Hand, an dieser Stelle Einheitlichkeit zu schaffen. Die Forderung nach einer allgemeingültigen Terminologie ist dabei mitnichten rein begriffskosmetischer Natur. Vereinzelte Fälle aus der informationsfreiheitsrechtlichen Rechtsprechung belegen, dass die Verwendung divergierender Informationsbegriffe in der Anwendungspraxis konkrete Rechtsunsicherheiten und

5

Die Verwendung des Begriffes der „Information“ im IWG erfolgte in Anlehnung an den Wortlaut des IFG und der Informationsfreiheitsgesetze der Länder, vgl. BT-Drs. 16/2453, S. 14. Diese Entscheidung war bemerkenswert, da das IWG die Vorgaben der Richtlinie 2003/98/EG umsetzt, die auf das „Dokument“ abstellt. Anders als die Europäische Rechtsprechung sah der nationale Gesetzgeber damit offenbar keinen inhaltlichen Unterschied zwischen den Begriffen „Dokument“ und „Information“, vgl. Püschel, S. 44. 6 Vgl. Wirtz, S. 33; siehe auch Richter, IWG, § 2, Rn. 53; Püschel, in: Fluck / Fischer / Martini, § 2 IWG, Rn. 46. Was unter einer „Aufzeichnung“ zu verstehen ist, definieren weder das IFG noch das IWG. Die Literatur nähert sich dem Begriff, indem sie ihn in die Komponenten „Zeichen“ in Gestalt einer geordneten Datenmenge und „auf einem Trägermedium verkörpert“ zerlegt, vgl. Schoch, IFG, § 2, Rn. 20; Debus, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 2 IFG, Rn. 7. 7 So zum Beispiel in § 2 Abs. 1 HmbTG; § 2 Nr.1 BremIFG; § 5 Abs. 1 LTranspG RLP. 8 Vgl. § 2 Nr. 1 IZG-SH. Hiernach sind „Informationen“ alle in Schrift-, Bild-, Ton- oder Datenverarbeitungsform oder auf sonstigen Informationsträgern bei informationspflichtigen Stellen vorhandene Zahlen, Daten, Fakten, Erkenntnisse oder sonstige Auskünfte. Der Begriff des Informationsträgers wird in § 2 Nr. 2 IZG-SH näher bestimmt und bezeichnet „alle Medien, die Informationen in Schrift-, Bild-, Ton- oder Datenverarbeitungsform oder in sonstiger Form speichern können“. 9 § 2 Nr. 1 IFG-Bund; § 2 Nr.1 IWG; § 2 Nr. 1 BremIFG; § 2 Abs. 1 HmbTG; § 3 Nr. 1 LTranspG RLP. 10 Vgl. § 3 IFG-NRW; § 2 Nr. 1 IZG-SH. 11 § 3 Abs. 2 BlnIFG; § 3 S. 1 BbgAIG; wobei für Schoch, IFG, § 2, Rn. 14 der Begriff der Akte enger gefasst ist, so dass dieser in der Informationsdefinition des IFG nach § 2 Nr. 2 IFG vollständig enthalten ist. Kritisch dagegen zur Verwendung des Begriffs der Akte Fetzer, in: Fluck / Fischer / Martini, § 2 IFG, Rn.  13.

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B. Untersuchungsgegenstand

Wertungswidersprüche entstehen lässt.12 Um letztere zu vermeiden und die informationsfreiheitsrechtliche Rechtsanwendung insgesamt zu vereinfachen, ist eine terminologische Vereinheitlichung dringend angezeigt. Auch die vielfach geforderte13 Schaffung eines einheitlichen Informationsgesetzbuches könnte hierzu einen wertvollen Beitrag leisten. Als Nukleus des definitorischen Durcheinanders verbleibt letztendlich nur die einheitliche zwingende Voraussetzung, dass die Information nach der Vorstellung des Gesetzgebers auf einem Speichermedium manifestiert sein muss.14 Nicht körperlich festgehaltene Gedanken und Ideen von Unternehmensmitarbeitern fallen damit nicht unter den gesetzlichen Informationsbegriff.15 Die Art der Verkörperung oder Speicherung ist dabei unerheblich, was den Informationsbegriff bewusst möglichst offen und technologieneutral halten soll.16

12

Siehe OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. 12. 2006 – OVG 7 B 9.05, BeckRS 2006, 15530. Dort hatte ein Journalist einen Anspruch auf Einsicht in den Terminkalender des Regierenden Bürgermeisters von Berlin geltend gemacht und auf § 3 Abs. 1 BlnIFG gestützt. Diese Anspruchsgrundlage knüpft jedoch an den Begriff der „Akte“ an. Mangels Bezug zu einem Verwaltungsvorgang lag jedoch nach dem Berliner IFG keine „Akte“ vor. Umgekehrt wäre wiederum ein Informationsanspruch nach dem IFG des Bundes auf Einsicht in den Terminkalender der Bundeskanzlerin grundsätzlich zulässig, da dieses den weiteren Begriff der „Aufzeichnung“ verwendet, vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. 03. 2012 – OVG 12 B 27.11, NVwZ 2012, 1196 (1200). Dieses unterschiedliche Ergebnis wird vor dem Hintergrund der ähnlichen Gesetzeszwecke vom IFG des Bund und dem Berliner IFG als „wenig stringent“ angesehen, vgl. Wirtz, S. 40. Fetzer, in: Fluck / Fischer / Martini, Informationsfreiheitsrecht, § 2 IFG, Rn. 13, sieht ebenfalls die Gefahr einer zu starken Verengung auf Akten im herkömmlichen Sinn. 13 Kloepfer, K & R 2006, 19 (27); Sydow, NVwZ 2008, 481 (484); Schulz, VerwArch 104 (2013), 327 (341); Rossi, ZRP 2014, 201 ff.; Rossi, in: von Arnim (Hrsg.): Transparenz contra Geheimhaltung in Staat, Verwaltung und Wirtschaft, S. 43 (56); Wiebe / Ahnefeld, CR 2015, 199 (202); Brummund-Dieckhoff, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 251 (252); Adler, DÖV 2016, 630 (636). 14 Vgl. Wirtz, S. 35. Zur Unerheblichkeit der Speicherungsart siehe auch Schoch, IFG, § 2, Rn. 26; Püschel, in: Fluck / Fischer / Martini, § 2 IFG, Rn. 46. Die gesetzliche Bezugnahme auf eine Verkörperung auf Speichermedien dient der begrifflich-formalen Abgrenzung zu der Information im Sinne einer „Auskunft“, vgl. Neumann, Zugang zu Geodaten, S. 34. Eine solche kann demnach auch rein mündlich erfolgen. Infolge dessen ist auch rein mündlich erteilten Rechtsauskünften ein Informationscharakter abzusprechen, vgl. VG Köln, Urteil vom 04. 12. 2008 – 13 K 996/08, BeckRS 2014, 55444. Auch die Formulierung von § 1 Abs. 2 S. 1 IFG macht deutlich, dass der Begriff der Auskunft lediglich eine Modalität der Informationsgewährung bzw. des Informationszugangs beschreibt, aber nicht selbst unter den Informationsbegriff zu subsummieren ist: „Die Behörde kann Auskunft erteilen, Akteneinsicht gewähren oder Informationen in sonstiger Weise zur Verfügung stellen.“ 15 Vgl. VG Berlin, Beschluss vom 29. 01. 2010 – VG 2 A 134.08; VG Freiburg, Urteil vom 17. 05. 2017 – 1 K 1802/16, BeckRS 2017, 112176. 16 So zumindest die Gesetzesbegründung zum IWG, vgl. BT-Drs. 16/2453, S. 14.

I. Die Information

45

b) Ergänzende Definitionsansätze aus Literatur und Rechtsprechung Das Tatbestandsmerkmal der Speicherung reicht jedoch für sich genommen noch nicht aus, um die Information von anderen Phänomenen der digitalen und analogen Welt in sämtlichen Konstellationen trennscharf abzugrenzen. Insbesondere drängt sich die Frage auf, was die „Information“ von einem „Datum“ unterscheiden soll, da zumindest nach dem natürlichen Wortsinn beide Erscheinungsformen grundsätzlich dem Modus der Speicherung zugänglich sind. Da sämtliche Informationsfreiheitsgesetze diese Frage entweder unbeantwortet lassen oder gar bewusst umgehen,17 ist im weiteren Verlauf dieses Abschnitts ein Blick auf verschiedene begriffliche Extensions- und Abgrenzungsversuche in Wissenschaft und Rechtsprechung zu werfen. Eine wissenschaftlich vorgenommene Begriffsbestimmung darf dabei indes nicht losgelöst von gesetzgeberischen Grundentscheidungen erfolgen. Das anerkannte Merkmal der Speicherung muss bei allen Definitionsversuchen stets die unverzichtbare Grundlage bilden. aa) Literatur Die rechtswissenschaftliche Literatur hat sich sehr intensiv und in verschiedenen Richtungen mit dem Begriff der „Information“ auseinandergesetzt.18 Ein klar umrissener und dennoch umfassender Informationsbegriff, der für sich juristische Allgemeingültigkeit oder zumindest Mehrheitsfähigkeit beanspruchen könnte, hat sich dabei indes nicht herausgebildet.19 Manche Stimmen gehen deshalb sogar soweit, den Begriff der Information als „undefinierbar“ zu beschreiben.20 Für Püschel ist auch eine abschließende Definition des Informationsbegriffs nicht von Bedeutung, da im Rahmen der Kommerzialisierung von staatlichen Informationen nicht 17 Nach dem ausdrücklichen Willen des DNG-Gesetzgebers sollen die Begriffe „Daten“ und „Informationen“ synonym verstanden werden, vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 38. Ob diese Entscheidung auch in der Rechtspraxis und Wissenschaft zu mehr Einheitlichkeit und damit mehr Anwendungsklarheit- und Sicherheit führt, bleibt äußerst zweifelhaft. Eher scheint der Gesetzgeber damit etwaige Möglichkeiten für die begriffliche Transportation von inhaltlichen Unterscheidungen zu versperren, die vor allem dort hilfreich sein können, wo die Interpretationstiefe einer Aufzeichnung auch potentiell als wertbildender Faktor und Anknüpfungspunkt für recht­liche Regulierungsmechanismen dient, z. B. im Rahmen von hochwertigen Datensätzen nach § 9 DNG. Zur praktischen Wichtigkeit der Abgrenzung zwischen Informationen und Daten siehe auch Kugelmann, Die informatorische Rechtsstellung des Bürgers, S. 17; Augsberg, Informationsverwaltungsrecht, S. 28 ff.; Schoch, IFG, § 2, Rn. 17. 18 Einen ausführlichen Überblick zu den bestehenden verschiedenen Informationsbegriffen in der rechtswissenschaftlichen Literatur liefert Roth, Das einheitliche Recht auf Information, S. 23 ff. 19 Vgl. Neumann, S. 35; Vesting, in: FS 50 Jahre BVerfG, S. 219 (225). Für Frenzel, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 57 (63) ermöglicht das Recht angesichts der Komplexität der (Informations-)Wirklichkeit und ihrer Rekonstruktionen ohnehin nur eine pragmatisch-verengende Bestimmung des Informationsbegriffs. 20 Haft, in: FS Prümm, S. 15 (27); ablehnend Schoch, IFG, § 2, Rn. 55.

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B. Untersuchungsgegenstand

die Frage nach der begrifflichen Einordnung, sondern die nach der Anspruchsverpflichtung im Mittelpunkt stehe.21 Diesem Einwand ist insofern zuzustimmen, als dass eine dezidierte Aufzählung, Kategorisierung oder Typisierung der einzelnen Definitionsversuche für die Beantwortung der Ausgangshypothese nicht zielführend ist und daher mangels Sachdienlichkeit an dieser Stelle nicht erfolgen soll. Nichtsdestotrotz entbinden die Dissonanzen in der rechtswissenschaftlichen Diskussion um den Informationsbegriff nicht davon, zumindest den „kleinsten gemeinsamen Nenner“ der Definitionsversuche herauszuarbeiten, um das oben skizzierte definitorische Fundament des Gesetzgebers zu ergänzen. Allgemein ist zu berücksichtigen, dass die juristische Bestimmung des Informationsbegriffs nicht organisch gewachsen ist. Sie ist im Kern beeinflusst von mannigfaltigen Definitionsversuchen aus verschiedensten Wissenschaftsdisziplinen. Von allgemeinen sprachlichen Annäherungen22 über soziologische23 oder semiotische Begriffsbestimmungen und Erkenntnisse der Kybernetik und Informatik 24 bis hin zu mathematischen25 und physikalischen26 Ansätzen reicht die Brandbreite der Versuche, den Gehalt des Begriffs der „Information“ näher bestimmbar zu machen.27 Überwiegend etabliert hat sich in der Rechtswissenschaft vor allem eine Orientierung am Begriffsverständnis auf Grundlage der Semiotik, der Lehre von sprachlichen Zeichen und Zeichensystemen.28 21

Püschel, S. 44, ablehnend jedoch Wirtz, S. 39 f. und Schoch, IFG, § 1, Rn. 28 und § 2, Rn. 12 jeweils mit Verweis auf OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. 12. 2006 – OVG 7 B 9.05, BeckRS 2006, 15530. 22 Der Duden-Online bezeichnet eine Information unter anderem zunächst allgemein schlicht als „Auskunft“ oder die „Unterrichtung über eine bestimmte Sache“ bzw. technisch als den „Gehalt einer Nachricht, die aus Zeichen eines Codes zusammengesetzt ist“, vgl. https://www. duden.de/rechtschreibung/Information (zuletzt abgerufen am 18. August 2020). Auch das Cambridge Dictionary fasst den Begriff der Information sehr weit als „facts about a situation, person, event, etc.:“; vgl. https://dictionary.cambridge.org/de/worterbuch/englisch/information (zuletzt aufgerufen am 18. August 2020). Zu den Schwierigkeiten einer sprachlichen Annäherung siehe Schönfeld / Klimant / Piotraschke, Informations- und Kodierungstheorie, S. 11 f. 23 Luhmann, Die Gesellschaft der Gesellschaft, S. 1093; Luhmann, Soziale Systeme, S. 102 ff., siehe auch Frenzel, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 57 (58). 24 Vgl. Ernst / Schmidt / Beneken, Grundkurs Informatik, Kap. 2, S. 66 f. Zum Informations­begriff in der Kybernetik siehe Frank, Der Topos der Information in den Lebenswissenschaften, S. 87 ff. 25 Shannon / Weaver, Mathematische Grundlagen der Informationstheorie; Steinmüller, Informationstechnologie und Gesellschaft, S. 190 f. 26 Pagel, Information ist Energie, S. 17 ff. 27 Vgl. Capurro, Information, S. 201 ff.; Schoch, IFG, § 2, Rn. 17 ff.; Weber, Das Recht auf Informationszugang, S. 41. 28 Vertreten unter anderem von Gasser, in: FS Druey, S. 727 (734 ff.); Druey, Information als Gegenstand des Rechts, S. 6 ff.; Zott, Aktive Information des Staates im Internet, S. 39 ff.; Sieber, NJW 1989, 2569 (2572); Hoeren, JuS 2002, 947 (953); Kloepfer, Informationsrecht, § 1, Rn. 53 f.; Wirtz, S. 35 ff. Die Semiotik bildete auch bereits die inhaltliche Basis für ein Gutachten im Auftrag des Bundesministeriums des Innern zu den Grundfragen des Datenschutzes aus dem Jahre 1971: Steinmüller et al., 1971: Grundfragen des Datenschutzes – Gutachten im Auftrag des Bundesinnenministeriums, Drucksache VI/3826, S. 43 ff.

I. Die Information

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Der Ansatz der Semiotik unterscheidet drei Ebenen der Kommunikation: Die syntaktische, die semantische und die pragmatische Ebene.29 Die erste, sog. syntaktische Ebene, begreift die Information statistisch-quantitativ als reine Signalmenge und ist insofern auf den Vorgang, sprich das „Wie“ der Informationsübermittlung von Sender zum Empfänger beschränkt.30 In einem zweiten Schritt fragt die semantische Ebene qualitativ nach dem Inhalt, der Botschaft, dem Sinn der Information.31 Information nach dem semantischen Verständnis ist somit die Beseitigung von Unklarheit durch den wechselseitigen Vorgang von inhaltlicher Codierung und Decodierung.32 Der wirkungsspezifische Gehalt einer Information wird durch die dritte, pragmatische, Dimension der Information erfasst. Ausgehend von der Zeichentheorie von Morris33 steht hier die Verwendung und Wirkung des Zeichengebrauchs im Mittelpunkt.34 Entscheidend ist das Mittel, mit dem der Sender den Rezipienten zu einem (intendierten) Ziel bringt bzw. einen bestimmten Zweck verfolgt.35 Damit kommt schlussendlich vor allem die pragmatische Dimension der semiotischen Betrachtungsweise zu dem Ergebnis, dass sich dem Begriff der Information nur vor dem Hintergrund ihres spezifischen Wirkungsaspektes genähert werden kann. Das bedeutet, dass eine „Information“ als solche kein statisches Konstrukt darstellt, sondern sich gemeinsam mit „Daten“ und „Wissen“ in einem dynamischen Wirkungsprozess befindet.36 Innerhalb dieses Wirkungsprozesses lässt sich die „Information“ bei näherer Betrachtung zu den Phänomenen „Datum“ und „Wissen“ trennscharf abgrenzen.

29

Steinmüller et al., Grundfragen des Datenschutzes, S. 43 ff. fügt der Unterscheidung noch eine vierte Ebene, die sog. sigmatische Ebene hinzu. Mangels juristischer Relevanz wird diese jedoch in der Literatur nicht weiter diskutiert, siehe Zott, S. 40 m. w. N. Wirtz, S. 36 verzichtet aus dem gleichen Grund auf eine Auseinandersetzung mit der syntaktischen Ebene. 30 Anstatt vieler Druey, S. 7, für den sich die syntaktische Betrachtung auf den „Informationskanal“ beschränkt. 31 Gasser, in: FS Druey, S. 727 (735); Zott, S. 40 ff. m. w. N. 32 Druey, S. 7; Kloepfer, Informationsrecht, § 1, Rn. 54. 33 Morris, Grundlagen der Zeichentheorie, S. 42 ff. 34 Vgl. Zott, S. 41 ff. m. w. N. 35 Gasser, in: FS Druey, S. 727 (736); Hoeren, JuS 2002, 947 (953). Die pragmatische Dimension findet besonders im Rahmen von staatlichen Publikumsinformationen Niederschlag, vgl. Ernst, in: Hill / Schliesky (Hrsg.), Digitaler Staat, S. 33 (37). 36 Die Abgrenzung zwischen „Information“, „Datum“ und „Wissen“ wurde bereits in den ersten juristischen Auseinandersetzungen mit dem Informationsbegriff zu Grunde gelegt, vgl. Sieber, NJW 1989, 2572 (257 2 f.); Neumann, S. 34.

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B. Untersuchungsgegenstand

(1) Abgrenzung zum Datum Daten sind jede Form von „stark formalisierten und dadurch interpretationsfreien“37 Zeichen bzw. Zeichengebilde (Zahlen, Text, Sprache, Bilder etc.), die auf einem Datenträger festgehalten sind.38 Damit ist der Begriff des Datums grundsätzlich sehr weit auszulegen. Durch gesetzliche Spezifizierungen kann sich das Begriffsverständnis im Einzelfall verengen, wie beispielsweise bei Geodaten39 oder „unbearbeitete[n] Daten“ nach § 12a EGovG.40 Nach der Kommunikationstheorie handelt es sich bei Informationen um Daten, denen sich erst aufgrund einer Interpretationsleistung ein Informationsgehalt beimessen lässt.41 Demnach wird aus einem Datum als „Grundbaustein“ durch eine Interpretation oder Kontextualisierung eine Information. Informationen sind dadurch im Gegensatz zu Daten Sinnelemente.42 Hierbei ist wichtig zu erwähnen, dass Daten grundsätzlich „interpretationsoffen“ sind. Sie sind mannigfaltigen Bedeutungsmöglichkeiten zugänglich, von denen der Rezipient durch interpretato­rische Leistung eine oder mehrere im Rahmen eines auf eigenem Wissen basierenden Verständnisvorganges selektiert.43 Ausgehend von diesem Verständnis werden Daten auch als „Vorstufe“ 44, „Träger“ 45, „Transportvehikel“46 oder „Rohstoff“ 47 von Informationen verstanden. Vor dem Hintergrund, dass für die Annahme einer Information eine Interpretationsleistung erforderlich ist, stellt sich die Frage, wie diese Interpretationsleistung 37

Augsberg, S. 32; Vesting, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, § 20, Rn. 11. 38 Albers, in: Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.), Generierung und Transfer staatlichen Wissens im System des Verwaltungsrechts, S. 50 (54); Bäcker, Der Staat 51 (2012), 91 (92); Kugelmann, S. 17; Specht, CR 2016, 288 (290). Nach dieser Definition ist streng genommen bereits der Begriff des „Datenschutzes“ verfehlt, da ein bloß formales, interpretationsbedürftiges Zeichen zumindest solange noch kein Bedrohungspotential für die grundrechtlich verankerte informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 GG aufweist, wie es noch nicht durch eine Interpretationsleistung zu einer Information verdichtet worden ist, vgl. Augsberg, S. 33; HoffmannRiem / Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht in der Informationsgesellschaft, S. 9 ff. 39 Hierzu ausführlich Neumann, S. 37 ff. 40 Vgl. Richter, NVwZ 2017, 1408 (1409). 41 Vgl. Augsberg, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 43; Schoch, IFG, § 2, Rn. 50; Kugelmann, S. 17; Albers, in: Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Generierung und Transfer staatlichen Wissens im System des Verwaltungsrechts, S. 54. 42 Albers, in: Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Generierung und Transfer staatlichen Wissens im System des Verwaltungsrechts, S. 54. 43 Specht, CR 2016, 288 (290); Albers, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.): Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, § 22 Rn. 15. 44 Schoch, IFG, § 2, Rn. 19. 45 Neumann, S. 39. 46 Wieczorek, DuD 2011, 476 (480). 47 Reinhardt, Wissen und Wissenszurechnung im öffentlichen Recht, S. 29; Kluth, in: S ­ piecker gen. Döhmann (Hrsg.): Generierung und Transfer staatlichen Wissens, S. 74 (75).

I. Die Information

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ausgestaltet sein muss: Im Gegensatz zu Stimmen, die mit einem engen Verständnis davon ausgehen, dass diese Interpretationsleistung nur durch ein „menschliches Verstehen“ erbracht werden kann,48 ist der weiten Ansicht zuzustimmen, die angesichts der Entwicklung moderner Datenverarbeitungstechnologien auch technisch-bedingte Interpretations- und Kontextualisierungsleistungen einschließen möchte.49 Andernfalls würde man jede Form der Informationsgenerierung oder Datenverarbeitung durch Algorithmen, die auch von öffentlichen Unternehmen genutzt werden (können), vom Informationsbegriff ausklammern. Eine derartige definitorische Verkürzung ist vor allem mit dem Ziel der Informationsfreiheitsgesetzgebung, zur Stärkung der demokratischen Meinungs- und Willensbildung einen möglichst flächendeckenden Informationszugang herzustellen,50 unvereinbar.51 Zusammenfassend lässt sich damit festhalten, dass der Begriff der Information nach der Lehre der Semiotik im Grundsatz enger verstanden wird als der des Datums. Daten als Grundbausteine werden demnach erst durch menschliche oder maschinelle Interpretationsleistung zu Informationen. (2) Abgrenzung zum Wissen Obschon sowohl im Alltagsgebrauch als auch in der juristischen Fallsprache nicht selten eine Vermischung und mitunter sogar Gleichsetzung der Begriffe „Wissen“ und „Information“ stattfindet,52 ist eine vertiefte Auseinandersetzung mit beiden Begrifflichkeiten kein akademisches Glasperlenspiel, sondern kann in der Praxis von entscheidender Bedeutung sein. Während das IFG selbst den Begriff des „Wissens“ nicht verwendet und somit diesem im Bereich des Informationszugangs keine eigenständige Bedeutung zukommt, stellt sich die Frage der Abgrenzung von Wissen und Information insbesondere im Zusammenhang im Rahmen der Weiterverwendung von Informationen. § 2 Nr. 3 des bis Juli 2021 geltenden IWG stellte ausdrücklich klar, dass „die intellektuelle Wahrnehmung einer Information und die Verwertung des dadurch erlangten Wissens […] regelmäßig keine Weiterverwendung [darstellen].“ Der Anwendungsbereich des IWG war mithin in diesen Fällen nicht eröffnet. Auch wenn diese Klarstellung nicht explizit in die Begriffsbestimmung des § 3 Nr. 4 DNG übertragen wurde, soll sie inhaltlich auch dort fortgelten.53 Bereits die Formulie 48

So etwa Vesting, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.): Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, Rn. 25. 49 Vgl. Wirtz, S. 43 f. 50 Vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 6. 51 Siehe auch Wirtz, S. 43 f., die bei einem zu engen Verständnis den Weg zu einem „entwicklungsoffenen“ Informationsbegriff versperrt sieht. 52 Reinhardt, S. 31. 53 Der Gesetzgeber intendierte im Rahmen des Erlasses des DNG keine inhaltliche Abweichung zum Weiterverwendungsbegriff des IWG, vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 38.

50

B. Untersuchungsgegenstand

rung „dadurch erlangt“ des § 2 Nr. 3 IWG legte bzw. legt in diesem Zusammenhang nahe, dass Wissen als eine nachgelagerte Stufe der Information begriffen wird. Hieran knüpft auch die Literatur maßgeblich an, die das Wissen als eine „Form verarbeiteter, interpretierter Information“ beschreibt.54 Als klassisches Beispiel für eine „Verwertung daraus erlangten Wissens“ wird der Journalist genannt, der sich Zugang zu behördlichen Informationen verschafft und in der Tagespresse darüber berichtet.55 Anhand dieses Beispiels wird deutlich, weshalb einige Stimmen in der Literatur die Neuheit als konstitutives Tatbestandsmerkmal für das Vorliegen einer Information und damit als wesentliches Abgrenzungskriterium zwischen Wissen und Information ansehen.56 Nach ihnen beinhaltet nur die Information selbst das spezifische Element der Neuheit, da sie den Anstoß zu einer Veränderung der bestehenden Erwartungsstrukturen durch Neuinterpretation liefert, während sich auf der Ebene des Wissens lediglich ein dynamischer Prozess der fortlaufenden Informationsverarbeitung abspielt.57 Der Journalist im obigen Beispiel gibt nach diesem Verständnis durch seinen Bericht schlussendlich lediglich sein Verarbeitungs- und Interpretationsergebnis aus der erlangten Information wieder. Dahinter steckt die Überlegung, dass nur die Information „überrascht“58 und damit neue Impulse für das Wissen als nachgelagerten permanenten Einordnungsverlauf liefert. Dieses Erklärungsmodell geht dabei von der Prämisse aus, dass sich Datum, Information und Wissen in einem chronologisch-linearen Entwicklungsprozess befinden: Aus einem Datum wird durch Interpretation eine Information und aus der Information wiederum das Wissen als „Endprodukt“.59 Dieses Verständnis wird jedoch von anderen Vertretern der Literatur kritisiert, die die Verknüpfung von Daten, Information und Wissen nicht als linear-chronologisch, sondern zir-

54

Breidbach, Neue Wissensordnungen, S. 1 1 f.; ähnlich auch Wirtz, S. 43; Schoch, VVDStRL 56 (1997), 160 (167); Kluth, in: Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Generierung und Transfer staatlichen Wissens im System des Verwaltungsrechts, S. 50 (54 f.). 55 Vgl. BT-Drs. 16/2453, S. 14 f.; VG Stuttgart, Urteil vom 27. 10. 2016 – 14 K 4920/16 – juris, Rn. 41. Demgegenüber soll die Auswertung von Qualitätsberichten zur Entwicklung einer Suchmaschine zum Auffinden von Krankenhäusern keine intellektuelle Wahrnehmung und die Verwertung von bereits erlangtem Wissen darstellen, vgl. OVG Münster, Urteil vom 15. 04. 2014 – 8 A 1129/11 – juris, Rn. 80 ff. 56 Vesting, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.): Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, § 20, Rn. 20; Augsberg, S. 30. Nicht auf das Kriterium der Neuheit, sondern umgekehrt auf die Reduktion von Ungewissheit abstellend Kugelmann, S. 16 f. sowie Roth, S. 47 f.; das Kriterium insgesamt ablehnend mit Verweis auf die Notwendigkeit einer isolierten Betrachtung der Information als eigenständiges und vom empfangenen System entkoppeltem Objekt Wirtz, S. 44. 57 Vgl. Augsberg, S. 29 f.; ähnlich Reinhardt, der Wissen als „materielles Verstehen“ definiert, S. 29. 58 Vgl. Augsberg, S. 30. 59 Vgl. Windsheimer, Die „Information“ als Interpretationsgrundlage, S. 2, der die Information linear-chronologisch als „menschliche Kommunikationskette“ versteht.

I. Die Information

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kulär begreifen60 und somit betonen, dass aus Wissen selbst wiederum Information oder Daten entstehen können.61 Gerade wenn man Informationen, wie oben beschrieben, als Teil eines „dynamischen Wirkungsprozesses“ begreift, schließt das eine lineare Betrachtungsweise grundsätzlich aus: Ausgehend von der oben dargestellten These, dass für die Interpretationsleistung, die Daten zu Informationen werden lässt, eigenes Wissen notwendig ist, setzt Information selbst Information voraus.62 Auch an der Formulierung von § 2 Abs. 2 GeoZG („Metadaten sind […] Informationen“, s. o.) lässt sich erkennen, dass aus Informationen wiederum Daten destilliert werden können und somit der Prozess Datum-Information-­Wissen gleichermaßen umkehrbar ist. Aus diesem Grund ist der zyklischen Betrachtungsweise zu folgen und die Neuheit nicht als konstitutives Tatbestandsmerkmal und taugliches Abgrenzungskriterium zwischen Wissen und Information anzusehen. Vielmehr ist die Information als „wissensmehrende[s] Grundelement“63 zu betrachten, das durch erneute Verarbeitung und Interpretation64 in „Wissen“ erwächst. Im Gegensatz zur Information muss dieses Wissen wiederum nicht auf einem Speichermedium manifestiert sein. Liegt also eine ungespeicherte Interpretationsleistung vor, ist im Zweifel nicht von einer Information, sondern von „Wissen“ auszugehen. bb) Rechtsprechung Bei Betrachtung des Ansatzes der Rechtsprechung ist zunächst zu konstatieren, dass diese im Gegensatz zur Literatur nur sehr vereinzelt Aussagen zu Reichweite des Informationsbegriffs trifft und sich kaum dezidiert mit der dort vorgenommenen Abgrenzung zwischen Information, Datum und Wissen auseinandersetzt. Stattdessen wird von den Gerichten in den meisten informationsrechtlichen Verfahren das Vorliegen einer „Information“ knapp und ohne weitere Begründung bejaht.65 Auf diese Weise hat die Rechtsprechung bislang unter anderem beim Bundeskanzleramt vorliegende Dokumente zur „Roten Armee Fraktion“66, Twitter-Direktnachrichten

60

Albers, in: Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Generierung und Transfer staatlichen Wissens im System des Verwaltungsrechts S. 50 (55). 61 Wirtz, S. 42 m. w. N. 62 Specht, CR 2016, 288 (290). 63 Kugelmann, S. 16 f.; Reinhardt, S. 30 spricht in diesem Zusammenhang von Information als „Vorstufe“ zum Wissen; Kluth, in: Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Generierung und Transfer staatlichen Wissens im System des Verwaltungsrechts, S. 74 (76) in Hinblick auf die Definition als Interpretation eines Datums als „Zwischenstufe“. 64 Für Kluth, in: Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Generierung und Transfer staatlichen Wissens im System des Verwaltungsrechts, S. 74 (76) eine „Veredelung durch Praxis“. 65 Beispielhaft an dieser Stelle BVerwG, Urteil vom 14. 4. 2016 – 7 C 12.14, ZfBR 2016, 820 (822); OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. 7. 2018 – OVG 12 B 8/17, NVwZ 2018, 1886 (1887). 66 VG Berlin, Urteil vom 10. 9. 2015 – 2 K 62/14 – juris, Rn. 17.

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B. Untersuchungsgegenstand

des Bundesinnenministeriums67, Flugdaten von Ministerien68 oder Berechnungen des Statistischen Bundesamtes69 als „Information“ qualifiziert. Allerdings existieren zwei Entscheidungen, die insofern einen Mehrwert für die Bestimmung der Reichweite des Begriffs der „Information“ liefern, als dass sie möglichen Restriktionsversuchen des Informationsbegriffs eine Absage erteilen: In der ersten Konstellation verlangte der Betreiber eines Internetportals, auf dem Bekanntmachungen über die Vergabe öffentlicher Aufträge veröffentlicht werden, von einer Gemeinde die Weitergabe von ausschreibungsbezogenen Bekanntmachungen, um diese auf seinem Portal interessierten Unternehmen zugänglich zu machen. Die Gemeinde selbst gab allerdings die ausschreibungsbezogenen Bekanntmachungen ausschließlich einer dritten Vergabeplattform weiter, die diese dann veröffentlichte.70 Die Gemeinde lehnte den Antrag auf Überlassung der Bekanntmachungen ab. Es fehle bereits an der „Information“ als tauglichem Anknüpfungspunkt für einen Anspruch nach § 3 Abs. 1 IWG, da die Information erst durch die Bekanntmachung der Ausschreibung [durch den Dritten] selbst generiert werde.71 Das VG Stuttgart widersprach dieser Argumentation und stellte hierzu fest, dass die Veröffentlichung kein konstitutives Merkmal für das Vorliegen einer „Information“ sei. Vielmehr diene die Veröffentlichung nur dazu, dass die Textinformation auch einem relevanten Adressatenkreis zugänglich werde.72 Mithin fielen die ausschreibungsbezogenen Bekanntmachungen schon bereits vor der Weitergabe an einen Dritten bei der Gemeinde unter den Informationsbegriff des § 2 Nr. 2 IWG, so dass dem Betreiber des Internetportals dem Grundsatz nach ein Anspruch auf Weiterverwendung nach § 3 Abs. 1 IWG zustand. Die Aussagen des VG Stuttgart zum Informationsbegriff wurden in den nachfolgenden Instanzen im Wesentlichen bestätigt.73 In einem zweiten Urteil begehrte eine Privatperson von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) die Herausgabe des seit 1983 indizierten Pornofilms „Carl Ludwig, der Traumtänzer, Teil 2“. Der Antragsteller war ein Privatsammler von Sexfilmen und führte zur Begründung aus, dass jedes Medium, dass von der BPjM archiviert werde, grundsätzlich eine „amtliche Information“ i. S. d. §§ 1, 2 Nr. 1 IFG darstelle und damit herausgegeben werden müsse. Die BPjM widersprach dem Antragsteller und stellte sich wiederum auf den Standpunkt, dass die entsprechende Videokassette nicht als Aufzeichnung zu qualifizieren sei, die für amtliche Zwecke gefertigt wurde. Überdies diene das IFG nicht dazu, Privat 67

VG Berlin, Urteil vom 26. 08. 2020 – VG 2 K 163.18 – juris, Rn. 17. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 01. 10. 2008 – 12 B 49/07, BeckRS 2009, 42247. 69 VGH Kassel, Urteil vom 30. 07. 2015 – 6 A 1998/13, BeckRS 2015, 50681, Rn. 28. 70 VG Stuttgart, Urteil vom 12. 7. 2012 – 4 K 3842/11, ZD 2012, 585 (58 5 f.). 71 VG Stuttgart, Urteil vom 12. 7. 2012 – 4 K 3842/11, ZD 2012, 585 (58 5 f.). 72 VG Stuttgart, Urteil vom 12. 7. 2012 – 4 K 3842/11, ZD 2012, 585 (58 5 f.). 73 VGH Mannheim, Urteil vom 24. 09. 2013 – 10 S 1695/12, BeckRS 2013, 56880; BVerwG, Urteil vom 14. 04. 2016 – 7 C 12.14, ZfBR 2016, 820 (822). 68

I. Die Information

53

sammlern Kopien von Unterhaltungsmedien zu verschaffen, die auf dem freien Markt nicht mehr erhältlich seien.74 Das erstinstanzlich zuständige VG Köln gab dem Antragsteller zunächst Recht und bejahte einen Anspruch auf Herausgabe der Kopie aus § 1 Abs. 1 S. 1 IFG. Es qualifizierte den streitgegenständlichen Film als „amtliche Information“ i. S. v. §§ 1 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 1 IFG und betonte, dass die Herkunft einer Information für die Einordnung als solche unerheblich sei.75 Dass der Sexfilm nicht von der Behörde selbst erstellt, sondern lediglich ihr von einem Dritten übermittelt wurde, hindere also die Einordnung als „amtliche Information“ nicht. Auch Mitteilungen oder Antragsunterlagen privater Dritter stellten somit im Ergebnis „amtliche Informationen“ dar.76 In der Berufungsinstanz ließ das OVG Münster grundsätzlich offen, ob es sich bei dem Pornofilm um eine amtliche Information i. S. v. § 2 Nr. 1 IFG handelt.77 Nichtsdestotrotz setzte es sich anschließend mit der grundsätzlichen Reichweite des Informationsbegriffs auseinander. Unter Rekurs auf die Gesetzesbegründung und den Sinn und Zweck des IFG ging es von einem extensiv-weiten Informationsbegriff aus, der „alle Formen von festgehaltener und gespeicherter […] Information, die auf einem Informationsträger gespeichert ist, [erfasst]. Gemeint sind Aufzeichnungen aller Art, die elektronisch, optisch, akustisch oder anderweitig gespeichert sind“.78 Zusammenfassend hält das OVG fest: „Der § 2 Nr. 1 IFG zugrunde liegende Terminus der Information schließt damit im Grundsatz jegliches bei einer Behörde aufgezeichnete Wissen ein, das Gegenstand einer behördlichen Auskunft nach § 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 IFG sein kann“.79 Bemerkenswert ist hierbei, dass das Gericht dadurch eine Information verkürzt als „aufgezeichnetes Wissen“ definiert. Dies steht auf den ersten Blick im Widerspruch zu der obigen Auffassung der Literatur, nach der Wissen als nachgelagerte Stufe der Information zu begreifen ist. Die vom OVG Münster gewählte Formulierung lässt sich einerseits damit erklären, dass es sich über die genaue Terminologie von „Wissen“ und „Information“ keinerlei Gedanken gemacht hat.80 Andererseits könnte der Formulierung auch ein zirkuläres Verständnis des Wirkungsprozesses zwischen Datum, Information und Wissen zu Grunde liegen: Wenn sich in Wissen die Information perpetuiert, lassen sich ganz nach der überwiegenden Ansicht der Literatur81 auch wiederum aus Wissen Informationen destillieren, so dass Wissen 74

VG Köln, Urteil vom 22. 9. 2014 – 13 K 4674/13, ZD 2015, 45 (45). VG Köln, Urteil vom 22. 9. 2014 – 13 K 4674/13, ZD 2015, 45 (45), so auch OVG Münster, Urteil vom 01. 03. 2011 – 8 A 3358/08 – juris, Rn. 218; OVG Münster, Urteil vom 22. 05. 2019 – 15 A 873/18 – juris, Rn. 68. 76 VG Köln, Urteil vom 22. 9. 2014 – 13 K 4674/13, ZD 2015, 45 (45). 77 OVG Münster, Urteil vom 24. 05. 2016 – 15 A 2051/14, BeckRS 2016, 47894, Rn. 24. 78 OVG Münster, Urteil vom 24. 05. 2016 – 15 A 2051/14, BeckRS 2016, 47894, Rn. 27. 79 OVG Münster, Urteil vom 24. 05. 2016 – 15 A 2051/14, BeckRS 2016, 47894, Rn. 28, so auch OVG Münster, Urteil vom 22. 05. 2019 – 15 A 873/18, BeckRS 2019, 14323, Rn. 66. 80 Und damit wie in der Literatur beklagt ebenso zu einer „Vermischung“ oder „Austauschbarkeit“ der beiden Begriffe beiträgt, vgl. Reinhardt, S. 57. 81 Vgl. Wirtz, S. 42 m. w. N. 75

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B. Untersuchungsgegenstand

gerade nicht das „Endprodukt“ eines linear verlaufenden zweistufigen Interpretationsprozesses bildet. Im Anschluss an diese weite Begriffsbestimmung setzt sich das OVG Münster mit der Möglichkeit einer teleologischen Reduktion des Begriffs der „amtlichen Information“ auseinander.82 Es bezieht sich hierbei auf Fälle, in denen „das Informationsbegehren objektiv offensichtlich in keinerlei Zusammenhang mit den genannten gesetzlichen Zwecken [Stärkung der demokratischen Beteiligungsrecht der Bürger und dienende Funktion gegenüber der Meinungs- und Willensbildung in der Demokratie] und / oder dem amtlichen Grund der Aufzeichnung steht“.83 Übertragen auf den streitgegenständlichen Fall ließe sich argumentieren, dass der umstrittene Film durch Aushändigung und Kopie aus seinem ursprünglichen amtlichen Informationskontext herausgelöst und damit lediglich als Unterhaltungsmedium „ohne über sich selbst hinaus weisenden sachlich-inhaltlichen Aussagegehalt dienen würde“.84 Einem solchen einschränkenden Begriffsverständnis erteilt das Gericht jedoch eine Absage, indem es deutlich macht, dass der Begriff der Information grundsätzlich nach objektiven Kriterien beurteilt werden müsse und dadurch einer Restriktion anhand subjektiver Verwendungszwecke des Informationsbegehrenden nicht zugänglich sei.85 Im Ergebnis verneint es damit die Möglichkeit einer teleologischen Reduktion des Informationsbegriffs. In der Gesamtschau geht damit die Rechtsprechung von einem objektiv-weiten Begriffsverständnis aus, das auch von der Literatur überwiegend für praxistauglich befunden wird.86 Dieses soll weder einer teleologischen Reduktion zugänglich sein noch die „Veröffentlichung“ zum konstitutiven Begriffsmerkmal erheben. Ebenfalls ist erkennbar, dass die Gerichte dazu neigen, einem zirkulären Wirkungsverständnis zwischen Datum, Information und Wissen zu folgen. Damit stützt die Rechtsprechung den erweiterten Informationsbegriff aus der Literatur. c) Zwischenergebnis Als Zwischenergebnis lässt sich festhalten, dass sich aus Gesetzgebung, Literatur und Rechtsprechung nur schwer einheitliche Koordinaten für eine Bestimmung des Informationsbegriffs herausarbeiten lassen. Als „kleinster gemeinsamer Nenner“ verbleibt jedoch die Erkenntnis, dass Informationen auf einem Speichermedium manifestierte Interpretationsleistungen darstellen. Diese beiden Tatbe 82

OVG Münster, Urteil vom 24. 05. 2016 – 15 A 2051/14, BeckRS 2016, 47894, Rn. 30 ff. OVG Münster, Urteil vom 24. 05. 2016 – 15 A 2051/14, BeckRS 2016, 47894, Rn. 30. 84 OVG Münster, Urteil vom 24. 05. 2016 – 15 A 2051/14, BeckRS 2016, 47894, Rn. 31. 85 OVG Münster, Urteil vom 24. 05. 2016  – 15 A 2051/14, BeckRS 2016, 47894, Rn. 31: Eine Grenze sei nach dem OVG Münster erst auf der Ebene des Rechtsmissbrauchs zu ziehen, welcher in diesem Fall jedoch nicht vorliege. 86 So etwa Ziekow / Debus / Musch, S. 114; vorsichtiger dagegen Schoch, IFG, § 2, Rn. 22. 83

I. Die Information

55

standsmerkmale grenzen die Information trennscharf von bloßen „(Roh-)Daten“ oder „Wissen“ ab. Zusätzlich einschränkende Kriterien oder Merkmale wie eine zwingend erforderliche „Neuheit“ oder „Veröffentlichung“ erweisen sich als praktsich untauglich und sind damit abzulehnen. Der Begriff der Information ist damit grundsätzlich sehr weit zu fassen und umfasst im Kern interpretierte oder kontextualisierte87 Daten. Damit fallen beispielsweise von öffentlichen Unternehmen in Auftrag gegebene Gutachten,88 betriebswirtschaftliche Kalkulationsgrundlagen, der interne Schriftverkehr zwischen öffentlichen Stellen oder auch Verwaltungsverträge unter den Informationsbegriff.89 2. Zuordnungsmerkmal Wie oben aufgezeigt, befinden sich Informationen in einem stetigen beweglichen Wirkungsprozess und unterliegen mannigfaltigen Wechselwirkungen zwischen unterschiedlichen Akteuren als Interpretationsleistern. Die dynamische Stellung einer Information zwischen Emittent, Rezipient und Dritten wirft die Frage auf, nach welchen Maßstäben im Informationsfreiheitsrecht eine Information einem konkreten Rechtssubjekt zugeordnet werden kann. Für öffentliche Stellen bzw. öffentliche Unternehmen ist die Beantwortung dieser Frage von besonderer Bedeutung, da auch nur „ihre“ Informationen als tauglicher Anknüpfungspunkt für einen Anspruch auf Zugang oder Weiterverwendung dienen können. Der Gesetzgeber im Informationsfreiheitsrecht hat sich hier für ein weites Verständnis entschieden und erhebt das Vorhandensein der Information zum zentralen Bezugspunkt für eine Informationszuordnung. Beispielhaft ist § 2 Abs. 5 IZG-SH: „Eine informationspflichtige Stelle verfügt über Informationen, wenn diese bei ihr vorhanden sind oder an anderer Stelle für sie bereitgehalten werden.“ Auch nach anderen Informationsfreiheitsgesetzen kommt es für die Eröffnung des Anwendungsbereichs entscheidend darauf an, dass die Informationen im öffentlichen Unternehmen vorhanden sind (vgl. § 2 Abs. 4 S. 1 UIG, § 1 Abs. 1 S. 1 VIG, § 3 S. 1 IFG-NRW).90 Vorhanden ist eine Information, wenn sie so tatsächlich und dauerhaft im Herrschafts- und Einflussbereich des öffentlichen Unternehmens vorliegt, 87

Wirtz, S. 44. Für ein Grundstückswertgutachten siehe VG Schleswig, Urteil vom 25. 3. 2015 – 8 A 8/14 – juris, Rn. 45. 89 Eine ausführliche Auflistung von Einzelbeispielen aus der Rechtsprechung findet sich bei Schoch, IFG, § 2, Rn. 60 ff. 90 Dass § 2 Nr. 1 IFG nicht explizit auf ein „Vorhandensein“ abstellt, rechtfertigt keine andere Betrachtung. Das Vorhandensein der Information wird als Selbstverständlichkeit und ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal vorausgesetzt, vgl. Debus, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 2 IFG, Rn. 24. Es ist nicht erkennbar, dass der Bundesgesetzgeber hier eine abweichende weitergehende Regelung treffen wollte, vgl. BVerfGE 145, 365 (375), differenzierend jedoch Frenzel, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 57 (68 f.). 88

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B. Untersuchungsgegenstand

dass ein jederzeitiger Zugriff auf sie erfolgen kann.91 Das öffentliche Unternehmen hat es mithin nicht in der Hand, durch das zeitweise „Auslagern“ oder „Verleihen“ einer Information die Anwendung des Informationsfreiheitsrechts zu umgehen.92 Auch nach Weitergabe einer Informationskopie an einen Dritten ist die Information immer noch im öffentlichen Unternehmen vorhanden. Wenn das öffentliche Unternehmen jedoch eine Information unwiderruflich löscht, an Dritte vollständig abgibt, oder das Speichermedium verliert, auf dem die Information verkörpert war, entfällt das Vorhandensein einer Information.93 Der Rekurs auf das Vorhandensein einer Information zielt damit auch darauf ab, den Zugangsanspruch von einer Informationsbeschaffungspflicht abzugrenzen, die der Gesetzgeber in der Regel gerade nicht etablieren wollte.94 Das Informationsfreiheitsrecht kennt ferner auch keinen ursprünglichen „Informationserhebungsanspruch“. Entsprechend kann sich ein Informationsanspruch gegenüber einem öffentlichen Unternehmen auch nie auf Informationen erstrecken, die dieses im Rahmen seiner öffentlichen Aufgabenerfüllung hätte generieren können oder müssen, aber tatsächlich nicht beschafft hat.95 3. Öffentliche Informationen als wertvolle Ressource Den Ausgangspunkt für die nachfolgende Bearbeitung des Untersuchungsgegenstandes bildet die These, dass Informationen der öffentlichen Hand im Allgemeinen und öffentlicher Unternehmen im Besonderen eine „Schlüsselfunktion“ für die Verfolgung gesamtgesellschaftlicher Zwecke zukommt. Zur näheren Veranschaulichung und Konkretisierung dieser „Schlüsselfunktion“ soll im Folgenden dargestellt werden, in welchen Ausprägungen sich die Werthaltigkeit öffentlicher Informationen für das sozioökonomische Zusammenleben manifestiert. Ohne eine Auseinandersetzung mit den konkreten Zielsetzungen des Informationsfreiheitsrechts vorwegzunehmen,96 gilt es in diesem Zusammenhang zwischen gesellschaftspolitischen (a) und wirtschaftlichen (b) Wirkungsfeldern zu unterscheiden.

91

Vgl. Debus, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 2 IFG, Rn. 25 m. w. N. Vgl. Sitsen, Das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes, S. 151. 93 Vgl. BVerfGE 145, 365 (375); Richter, IWG, § 1, Rn. 12 m. w. N. 94 BVerfGE 145, 365 (374). 95 BVerfGE 145, 365 (375). 96 Diese erfolgt an späterer Stelle, siehe C. VII. 1. 92

I. Die Information

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a) Gesellschaftspolitischer Wert „Information ist nicht alles, aber ohne Information ist alles nichts: Das ist das Lebensgesetz des Gemeinwesens im Informationszeitalter.“97

Wir leben in einer „Informationsgesellschaft“98 und das nicht erst seit gestern.99 Informationen waren seit jeher Grundlage menschlicher Kommunikation und Interaktion.100 In den letzten Jahrzehnten übernimmt die Information indes eine immer größer werdende Rolle in individual- und gesamtgesellschaftlichen Geschehensabläufen. Aufgrund der Entwicklung und Ausbreitung moderner und digitaler Technologien steigt die Geschwindigkeit und Intensität, mit der sich Informationen erfassen, verarbeiten und übermitteln lassen. Auch die Covid-19 Pandemie hat zur Beschleunigung digitaler Kommunikations- und Informationsprozesse beigetragen und das private101 und gesamtgesellschaftliche Bedürfnis nach einem flächendeckenden Zugang zu Verwaltungsinformationen offengelegt.102 Eine freiheitliche und funktionsfähige Demokratie ist verstärkt darauf angewiesen, dass sich Bürger zwecks politischer Meinungs- und Willensbildung „informieren“ können.103 Informationen werden damit zum „Sauerstoff der Demokratie“.104 Da sich die politische Willensbildung nicht in einem statischen Akt, sondern einem fortlaufenden Prozess manifestiert, muss der Staat in diesem Zusammenhang rechtliche und tatsächliche Rahmenbedingungen schaffen, die eine hinreichend dynamische Informationszir 97

Kloepfer, DÖV 2003, 221. Das häufig bemühte Schlagwort der „Informationsgesellschaft“ umschreibt allgemein eine Wirtschafts- und Gesellschaftsform, in der der produktive Umgang mit der Ressource „Information“ und die wissensintensive Produktion eine herausragende Rolle spielen, vgl. Bericht der Bundesregierung vom 7. März 1996: Info 2000 – Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft, BT-Drs. 13/4000, S. 15. Die Versuche, sich dem Konzept der „Informationsgesellschaft“ begrifflich im Detail anzunähern, sind zahlreich. Aus der jüngeren Literatur sind hier vor allem die Ansätze von Zott, S. 49 f. und Lederer, Open Data, S. 154 ff., hervorzuheben. 99 Der Terminus der „Informationsgesellschaft“ wurde in der Wissenschaft erstmalig gegen Ende der 1960er Jahre verwendet, vgl. Meissner, Die dritte Aufklärung: Wissenschaft und Erwachsenenbildung in einer Informationsgesellschaft, Braunschweig 1969. Siehe zum Ursprung des Begriffs auch Lederer, S. 154; Zott, S. 53. 100 Das folgt bereits aus der dynamisch-rezeptiven Komponente des hier zu Grunde gelegten semiotischen Informationsbegriffs, vgl. B. I. 1. b). Wirtschaftliche Bedeutung erlangte die Information dagegen erst im Mittelalter, vgl. Lederer, S. 154. 101 In einer „Informationsgesellschaft“ bildet der Zugang zu Informationen die Grundvoraussetzung für eine freie Persönlichkeitsentfaltung und Grundrechtsverwirklichung im persönlichen Lebensbereich, siehe hierzu ausführlich C. VII. 1. a) dd). 102 Vgl. Europäische Kommission, Open Data Maturity Report 2020 vom 15. 12. 2020, S. 5, 29, abrufbar unter: https://www.capgemini.com/de-de/news/open-data-report-eu-kommission2020/ (zuletzt abgerufen am 29. 06. 2021). 103 Vgl. Kloepfer, DÖV 2003, 221; Hong, NVwZ 2016, 953 (954). 104 Vgl. Tinnefeld, NJW 2007, 625 (628). Schon Ronald Reagan wird das Zitat zugeschrieben: „Information is the oxygen of the modern age.“, vgl. Sheila Rule, Reagan Gets A Red Carpet From British: Special To the New York Times, June 14, 1989. 98

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B. Untersuchungsgegenstand

kulation gewährleisten. Hierzu gehört nach mittlerweile herrschendem Verständnis auch, dass der Staat Informationsasymmetrien und -disparitäten im Verhältnis zum informationssuchenden Bürger abbaut, indem er seine Aktenschränke zur allgemeinen Einsichtnahme öffnet.105 Der Grund hierfür liegt in dem materiell-inhaltlichen Gehalt von Verwaltungsinformationen. Informationen der öffentlichen Hand bilden politische Entscheidungsprozesse und Arbeitsabläufe ab. Der Zugang zu ihnen ermöglicht damit grundsätzlich sowohl die gedankliche Re- und Dekonstruktion hoheitlicher Tätigkeit als auch die anschließende Einordnung und Bewertung der erzielten Arbeits- und Steuerungsergebnisse. Informationen der öffentlichen Hand stellen nach diesem Verständnis den „Schlüssel“ für gesellschaftspolitische Partizipations- und Kontrollmöglichkeiten des einzelnen Bürgers dar. Sie werden auf diese Weise zur „zentralen Voraussetzung für Staat und Gesellschaft“.106 Diese Wirkungsmacht rechtfertigt und erzwingt in letzter Konsequenz die Existenz des „Informationsverwaltungsrechts“.107 b) Ökonomischer Wert Vielerorts wird betont, dass Informationen der öffentlichen Hand neben ihrer politisch-demokratischen Bedeutung auch eine besonders wertvolle wirtschaftliche Ressource darstellen.108 So finden sich Stimmen, die Informationen und Daten als die „Kohle“109, das „Öl“110 oder gar das „Gold“111 des 21. Jahrhunderts beschreiben. Diese Metapher ist insofern unrichtig, als dass Informationen anders als „Öl“ und „Gold“ keine klassischen Wirtschaftsgüter darstellen, sondern aufgrund ihres immateriellen Charakters spezifische Eigenschaften aufweisen, die ihre ökonomische Verkehrsfähigkeit prägen.112 So haben Informationsgüter in der Regel hohe Produk-

105

Siehe zur historischen Entwicklung des Informationsfreiheitsrechts C. I. Kloepfer, DÖV 2003, 221. 107 Instruktiv zu den Dimensionen des Informationsverwaltungsrechts Augsberg, Informationsverwaltungsrecht, Tübingen 2014. Zum Zusammenhang zwischen der Entwicklung der „Informationsgesellschaft“ und der Entstehung des „Informationsverwaltungsrechts“ Mast, S. 86 f.; kritisch hierzu noch Masing, VVDStRL 63 (2004), 377 (43 2 f.). 108 Vgl. Erwägungsgrund 8 f. der Richtlinie 2019/1024 (EU); Rossi, S. 113 ff.; Lederer, S. 134 ff.; Hornung, in: Towfigh et al., Recht und Markt, 2009, 75 (76); Püschel, S. 21 ff.; Schoch, NVwZ 2006, 872; Lundqvist, IIC 2013, 79 (80). 109 Staebe, IR 2020, 172 (176). 110 Kuzev, Konrad Adenauer Stiftung: Open Data. The Benefits: Das volkswirtschaftliche Potential für Deutschland, S. 7; Staebe, IR 2020, 172 (176). 111 Lundqvist, IIC 2013, S. 79 ff.: „Turning Government Data into gold“; Preische, Digitales Gold, S. 5. Ebenso die ehemalige EU-Kommissarin für die Digitale Agenda Neelie Kroes in ihrer Rede bei einer Pressekonferenz zur Open Data Strategie der EU in Brüssel am 12. 12. 2011: „[…] my message today is that data is gold. We have a huge goldmine in public administration. Let’s start mining it.“, die Rede ist abrufbar unter: https://ec.europa.eu/commission/presscorner/ detail/en/SPEECH_11_872 (zuletzt abgerufen am 19. 11. 2020). 112 Vgl. Schoch, IFG, Einl., Rn. 15. 106

I. Die Information

59

tionskosten, aber nur geringe Reproduktions- und Verbreitungskosten.113 Wesent­ liches Unterscheidungsmerkmal zu „klassischen Wirtschaftsgütern“ ist zudem, dass Informationen schon naturgemäß öffentliche Güter sind.114 Anders als Öl können sie grundsätzlich von mehreren Verwertern gleichzeitig genutzt und bearbeitet werden. Rivalität und Ausschließbarkeit bzw. Exklusivität müssen daher erst über rechtliche oder faktische Vehikel künstlich geschaffen werden.115 Dabei ist zu berücksichtigen, dass Informationen zwar der Vernichtung über eine „Löschung“ ausgesetzt sind, nicht aber wie Öl einer Form von Verbrauch oder Verlust.116 Auch der formale Akt der „Löschung“ einer bereits wahrgenommenen Information führt nicht zwangsläufig dazu, dass das bei dem Rezipienten gewonnene und nicht zwangsläufig verkörperte Wissen rückwirkend vernichtet wird. Die Wirkungen der einmal in den Wirtschaftskreislauf entlassenen Information sind damit grundsätzlich irreversibel.117 Dieser Befund hat Auswirkungen auf die rechtliche Vertragsgestaltung: So findet im Rahmen einer „Übertragung“ einer Information auch meist kein Wechsel der alleinigen Herrschaft oder Inhaberschaft statt, sondern vielmehr die Einräumung einer Teilhaberschaft (sog. „information sharing“).118 Die wirtschaftliche Verkehrsfähigkeit einer Information wird dabei dadurch erschwert, dass diese in der Regel keiner Vorprüfung durch den Verwendungsinteressenten zugänglich ist. Ihre genaue Qualität erschließt sich nur demjenigen, der tatsächlich Zugang zu ihr hat. Die Einräumung einer (partiellen) Zugangsgewährung als „Probe“ ist jedoch meist ökonomisch nicht sinnvoll, da ab diesem Zeitpunkt die Zahlungsbereitschaft beim Rezipienten erheblich sinken wird. Bereits eine vorher gewährte „Informationsprobe“ kann den Marktpreis einer Information also massiv reduzieren.119 Trotz der besonderen Charakteristika der Information ist die Metapher des Öls dennoch insofern nicht aus der Luft gegriffen, als dass Informationen ebenso als „Rohstoff“ und damit Ausgangsmaterial für weiterführende ökonomische Wertschöpfungsprozesse fungieren.120 Insbesondere die Eigenschaften der Nichtrivalität und Nichtausschließbarkeit tragen dazu bei, dass die Information mannigfaltigen Nutzungs- und Verwertungsmöglichkeiten zugänglich ist. Diese Erkenntnis macht Informationen ähnlich wie Öl zu einem ökonomisch bedeutsamen Wirtschaftsgut. Dies belegt auch die aktuelle Einschätzung des für den digitalen Binnenmarkt zuständigen Vizepräsidenten der Europäischen Kommission Andrus Ansip. Er 113

Vgl. Hornung, in: Towfigh et al., Recht und Markt, 2009, 75 (77); Sieber, NJW 1989, 2569 (2577); Linde, Ökonomie der Information, S. 14. 114 Sieber, NJW 1989, 2569 (2577); Linde, S. 16; Hornung, in: Towfigh et al.: Recht und Markt, 2009, 75 (77); Fries / Scheufen, MMR 2019, 721 (725). 115 Vgl. Hornung, in: Towfigh et al.: Recht und Markt, 2009, 75 (77); Paal / Hennemann, NJW 2017, 1697 (1698). 116 Linde, S. 14. Man spricht an dieser Stelle von „Nicht-Rivalität im Konsum“, vgl. Fries /  Scheufen, MMR 2019, 721 (725). 117 Schoch, IFG, Einl., Rn. 15. 118 Vgl. Schoch, IFG, Einl., Rn. 15. 119 Linde, S. 15. 120 Vgl. Masing, VVDStRL 63 (2004), 377 (393); Schoch, IFG, Einl., Rn. 15.

60

B. Untersuchungsgegenstand

beziffert den unmittelbaren wirtschaftlichen Gesamtwert von Informationen des öffentlichen Sektors auf 52 Milliarden Euro im Jahr 2018 und voraussichtlich 194 Milliarden Euro im Jahr 2030.121 Unter Berücksichtigung auch der indirekten wirtschaftlichen Folgen lag der gesamte Marktwert von öffentlichen Informationen bereits im Jahr 2017 bei rund 220 Milliarden Euro.122 Ihr hoher ökonomischer Wert ergibt sich vor allem aus ihrer besonderen Qualität und Dignität und dem daraus entspringenden Vertrauen der Gesellschaft in ihre Richtigkeit.123 Hierin liegt der wesentliche Wertunterschied im Vergleich zu Informationsbeständen des privaten Sektors.124 Der öffentliche Informations- und Datenschatz weckt Begehrlichkeiten in der Privatwirtschaft, vor allem bei Start-Ups und kleinen und mittleren Unternehmen.125 So spiegelt die steigende Anzahl der von privaten Unternehmen gestellten Informationszugangsanträge126 das Interesse jener wider, die Daten der

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Europäische Kommission, Digitaler Binnenmarkt: EU-Verhandlungsführer einigen sich auf neue Regeln für die gemeinsame Nutzung der Daten des öffentlichen Sektors, Pressemitteilung vom 22. Januar 2019, IP/19/525. 122 Europäische Kommission, Study to support the review of Directive 2003/98/EC on the reuse of public sector information, veröffentlicht am 25. April 2018, 10.2759/373622, S. 105. 123 Vgl. Schoch, NVwZ 2006, 872; Püschel, S. 48 ff.; Hopf, RiA 2007, 53 (53). 124 Ob auch öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform, die zumindest auch gewinnorientiert am Markt teilnehmen müssen, dieses gesteigerte öffentliche Vertrauen für sich beanspruchen können, erscheint auf den ersten Blick fraglich. Für einen Vertrauensverlust sprechen die Gewinnorientierung und der vor allem in der AG nur mittelbar bestehende Einfluss hoheitlicher Entscheidungsträger auf die Unternehmensleitung. Beides könnte zur Folge haben, dass unter dem Druck der Erreichung wirtschaftlicher Unternehmensziele die internen Maßstäbe an die Qualität der Informationsgenerierung und Aufbereitung abgesenkt werden. Auch Mast, in: Hoffmann-Riem (Hrsg.): Big Data – regulative Herausforderungen, S. 125 (127) sieht in dem „Leitbild gemeinwohlorientierter Arbeitsweise“ den qualitäts- und glaubwürdigkeitsstiftenden Faktor staatlicher Informationsbestände. Ob die Gemeinwohlorientierung in der Unternehmenspraxis allerdings stets und unbedingt hinter einem ökonomischen Gewinnstreben zurücktritt, darf bezweifelt werden. Gegen eine solche Annahme spricht die Tatsache, dass sich auch ein öffentliches Unternehmen trotz gewinnorientierter Ausrichtung sowohl einer prinzipiellen öffentlichen Zweck-, als auch einer Grundrechtsbindung nicht entziehen kann. Ein vermindertes gesamtgesellschaftliches Vertrauen in die Erfüllung von Gemeinwohlaufgaben kann daher nur gegenüber rein privaten und allenfalls mittelbar grundrechtsgebundenen Akteuren hergeleitet werden, nicht jedoch gegenüber öffentlichen Unternehmen in öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Organisationsform, so auch Ernst, Der Grundsatz digitaler Souveränität, S. 75. Vor diesem Hintergrund ist es zumindest rechtlich nicht haltbar, öffentlichen Unternehmen, die von der öffentlichen Hand beherrscht werden, pauschal einen lockereren Umgang mit informationsrechtlichen Qualitätsstandards zu unterstellen. Für eine Unterscheidung der Qualität sowie der Beweis- und Vermutungskraft von Informationen ist innerhalb des öffentlichen Sektors nicht auf die Organisationsform der informationsgenerierenden Stelle, sondern vielmehr auf die Art der Information selbst abzustellen. So muss öffentlich geführten Registern wie dem Grundbuch (§§ 891 ff. BGB) eine besonders hohe Beweis- und Vermutungskraft zugestanden werden, vgl. Rossi, in Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 145 (147). 125 Erwägungsgrund 13 der Richtlinie 2019/1024 (EU). 126 Während im Jahr 2007 noch lediglich 44 IFG-Anträge von Wirtschaftsunternehmen gestellt wurden, hat sich die Zahl im Jahr 2009 auf 119 Anträge nahezu verdreifacht, vgl. Ziekow / De-

I. Die Information

61

öffentlichen Hand einer marktwirtschaftlichen Verwertung zuzuführen.127 Wie oben angedeutet, bilden auch Informationen von öffentlichen Unternehmen dabei als Rohstoff und Produktionsfaktor das Ausgangsmaterial für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle.128 Auf der Grundlage von Aggregation, Kombination und „Veredelung“ von öffentlichen Informations- und Datenbeständen können mannigfaltige digitale Technologien, Anwendungen und Mehrwertdienstleistungen entstehen. Exemplarisch nennt die Kommission unter anderem die Nutzung von aktuellen Wetterdaten für Informationsservices für Mobiltelefone, die Nutzung von Verkehrsdaten zum Aufbau intelligenter Navigationssysteme oder die Nutzung statistischer Daten für kommerzielle Marktuntersuchungen.129 Ein aktuell vorgebrachtes Beispiel ist das Energie-Start-Up „Tomorrow“ aus Kopenhagen, das Echtzeitdaten von Netzbetreibern auswertet, um ausgehend von prognostizierten Verbrauchs- und Emissionswerten Maklerdienstleistungen anzubieten.130 Die Liste potentieller Einsatzfelder und Wirtschaftszweige ließe jedoch sich nahezu unendlich fortführen, was das vielfältige wirtschaftliche Innovationspotential von Informationen des öffentlichen Sektors abermals eindrucksvoll illustriert. Die mit dem Informationsweiterverwendungsrecht angestrebte Ausschöpfung des informationellen Innovationspotentials gewinnt dabei zusätzlich auch eine europaweite, makroökonomische Dimension: Mittel- und langfristig soll die Ausschöpfung des Innovationspotentials von öffentlichen Unternehmen der europaweiten gesamtgesellschaftlichen Entwicklung sowie der Schaffung und dem Schutz hochwertiger Arbeitsplätze dienen.131 Ausgehend von der Ausweitung grenzüberschreitender digitaler Technologien fungiert das Informationsfreiheitsrecht damit auch als Triebfeder für eine zunehmende Binnenmarktharmonisierung.132

bus / Musch, Evaluation des IFG vom 22. Mai 2012 im Auftrag des Innenausschusses des Deutschen Bundestages, S. 97. Kritisch hierzu in Hinblick auf die deutlich höheren Antragszahlen in den USA Tillack, in: von Armin (Hrsg.), Transparenz contra Geheimhaltung, S. 81. 127 So wurden in den USA über 80 % aller Anträge von Unternehmen mit dem Ziel gestellt, die erlangten Informationen für die eigene Wirtschaftstätigkeit nutzbar machen zu können, vgl. Rossi, S. 113; Sellmann / Augsberg, WM 2006, 2293 (2301). Auch der „signifikante Anstieg“ von proaktiven Veröffentlichungspflichten von öffentlichen Unternehmen lässt sich auf das wachsende privatwirtschaftliche Interesse an Informationen des öffentlichen Sektors zurückführen, vgl. für das Hamburger Transparenzgesetz (HmbTG) den Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit für die Jahre 2016 und 2017 durch die Bundesbeauftragte für Datenschutz und die Informationsfreiheit, siehe BT-Drs. 19/3370, S. 14. 128 Vgl. Erwägungsgrund 13 der Richtlinie 2019/1024 (EU); Schoch, NVwZ 2006, 872; ­Lederer, S. 135. 129 Vgl. Schoch, NVwZ 2006, 872 (873) m. w. N. 130 Vgl. Europäische Kommission, Impact Assessment, S. 14. 131 Erwägungsgrund 13 der Richtlinie 2019/1024 (EU). Ein praktisches Beispiel für die Erreichung dieses Ziels liefern die Verkehrsbetriebe von London (Transport for London, TfL), deren Veröffentlichung von 200 Verkehrsdatensätzen die Entwicklung von ca. 600 Mehrwertdiensten (Apps) und die Schaffung von etwa 500 Arbeitsplätzen nach sich zog, vgl. Europäische Kommission, Impact Assessment, S. 14. 132 Vgl. Lederer, S. 135.

62

B. Untersuchungsgegenstand

4. Zwischenergebnis Informationen stellen auf einem Speichermedium manifestierte Interpretationsleistungen dar. Sie können anhand dieser Definition trennscharf von uninterpretierten Daten und ungespeichertem Wissen abgegrenzt werden. Informationen werden dann öffentlichen Unternehmen zugeordnet, wenn sie dauerhaft in dessen Herrschafts- und Einflussbereich vorliegen. Sie erlangen als Grundlage für demokratische Partizipations- und Kontrollmöglichkeiten sowie als Ausgangsmaterial für die Erstellung digitaler Mehrwertdienstleistungen erhebliche Bedeutung für die Erreichung gesamtgesellschaftlicher und ökonomischer Zielsetzungen.

II. Das öffentliche Unternehmen Historische „Urformen“ von öffentlichen Unternehmen existieren seit dem 17. Jahrhundert. Im Zeitalter des Merkantilismus errichteten Landesfürsten erstmalig eigene vorindustrielle Produktionsstätten zur Herstellung von Porzellan oder zum Handel mit Tabak und Kaffee.133 Im Zuge der Industrialisierung wuchs der Anteil an staatlich gesteuerter Unternehmenstätigkeit, maßgeblich durch die Gründung von staatlichen Eisenbahnunternehmen wie der preußischen Staatsbahn im Jahr 1838 und kommunalen Unternehmen im Bereich der Lebensmittel- und Energieversorgung.134 Auch durch eine fortschreitende rechtliche Kodifikation der Rahmenbedingungen hoheitlicher Wirtschaftsaktivität in den Gemeindeordnungen etablierte sich das „öffentliche Unternehmen“ anschließend als Wirtschaftsakteur und „anerkannter terminus technicus des Verwaltungsrechts“135, wenngleich stets begleitet von wiederkehrenden Privatisierungsbewegungen, speziell gegen Mitte und Ende der 1990er-Jahre. In jüngster Vergangenheit spielen öffentliche Unternehmen, gelegentlich auch „Unternehmen der öffentlichen Hand“136 genannt, im Wirtschaftsleben wieder vermehrt eine wesentliche Rolle. Die Politik löst sich zusehends von der jahrzehntelang geltenden Devise „Privat vor Staat“:137 An die Stelle der bis zur Jahrtausendwende anhaltenden Privatisierungseuphorie treten in den letzten Jahren zunehmend Rekommunalisierungsbestrebungen.138 Vor allem auf den Gebieten der ländlichen Energieversorgung und des öffentlichen Verkehrs wächst damit auch 133

Vgl. Knauff, in: Schmidt / Wollenschläger, Öffentliches Wirtschaftsrecht, § 6, Rn. 3; Emmerich, S. 25. 134 Vgl. Knauff, in: Schmidt / Wollenschläger, Öffentliches Wirtschaftsrecht, § 6, Rn. 4. 135 Junker, Charakterisierung und rechtliche Umgrenzung der öffentlich-wirtschaftlichen Unternehmertätigkeit, S. 28. 136 Vgl. Fabry / Augsten, Unternehmen der öffentlichen Hand, Baden-Baden, 2. Auflage 2011. 137 Vgl. Schäfer, in: Schäfer / Rethmann, Öffentlich-Private Partnerschaften, Kap. 8, S. 239. 138 Vgl. Knauff, in: Schmidt / Wollenschläger, Öffentliches Wirtschaftsrecht, § 6, Rn. 15 m. w. N.

II. Das öffentliche Unternehmen

63

die ökonomische Bedeutung von öffentlichen Unternehmen.139 Global betrachtet befinden sich derzeit beispielsweise 23 % der umsatzstärksten „Fortune Global 500“-Unternehmen in staatlicher Hand, europaweit sorgen öffentliche Unternehmen immerhin für 10 % der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung.140 Hierzulande erwirtschafteten im Jahr 2018 insgesamt 18.566 öffentliche Unternehmen, Einrichtungen und Fonds Erträge in Höhe von knapp 608,5 Milliarden Euro.141 Von diesen 18.566 öffentlichen Unternehmen waren etwa zwei Drittel (13.188) privatrechtlich organisiert, davon eine ganz überwiegende Zahl in der Rechtsform der GmbH (11.172).142 Nur etwa ein Drittel der öffentlichen Unternehmen, Einrichtungen und Fonds (5.378) entfielen auf öffentlich-rechtliche Organisationsformen wie Eigenbetriebe oder Zweckverbände.143 Zahlenmäßig überwiegen die kommunalen Unternehmen (ca. 15.000).144 Allein die hiervon etwa 1.500 im Verband kommunaler Unternehmen (VKU) organisierten Einheiten erwirtschafteten dabei Umsätze in Höhe von knapp 116,2 Milliarden Euro.145 Unberücksichtigt bleiben in diesem Zusammenhang staatliche Minderheitsbeteiligungen in gemischtwirtschaftlichen Unternehmen und andere Erscheinungsformen des Public Private Partnerships. Unterscheidet man nach Tätigkeitsfeldern, waren zahlenmäßig die meisten öffentlichen Unternehmen, Einrichtungen und Fonds im Bereich des Grundstücks- und Wohnungswesens tätig, die höchsten Erträge wurden im Bereich der

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Vgl. Gramlich, IR 2020, 20 (24); Suerbaum, in: Ehlers / Fehling / Pünder (Hrsg.): Öffent­ liches Wirtschaftsrecht, Bd. 1, § 16, Rn. 12; Reichard, in: Voigt (Hrsg.): Handbuch Staat, S. 789 (791). 140 Vgl. Reichard, in: Voigt (Hrsg.): Handbuch Staat, S. 789 (791) mit Verweis auf PWC, StateOwned Enterprises: Catalysts for public value creation?, April 2015, abrufbar unter: https:// www.pwc.com/gx/en/psrc/publications/assets/pwc-state-owned-enterprise-psrc.pdf (zuletzt abgerufen am 24. 11. 2020). 141 Statistisches Bundesamt, Jahresabschlüsse öffentlicher Fonds, Einrichtungen und Unternehmen nach Rechtsformen für das Berichtsjahr 2018, Stand 16. November 2020, abrufbar unter: https://www.destatis.de/DE/Themen/Staat/Oeffentliche-Finanzen/Fonds-EinrichtungenUnternehmen/Tabellen/jahresabschluesse-rechtsformen.html. Öffentliche Fonds, Einrichtungen und Unternehmen sind nach dem Begriffsverständnis des Statistischen Bundesamtes dadurch gekennzeichnet, dass die Kernhaushalte mit mehr als 50 % der Kapital- oder Stimmrechte  – unmittelbar oder mittelbar  – beteiligt sind, vgl. Statistisches Bundesamt, Finanzen und Steuern – Fachbegriffe der Finanz- und Personalstatistiken, Stand Januar 2019, abrufbar unter: https://www.destatis.de/DE/Themen/Staat/Oeffentliche-Finanzen/fachbegriffe-finanzpersonalstatistiken-pdf.pdf?__blob=publicationFile (zuletzt aufgerufen am 24. 11. 2020). 142 Statistisches Bundesamt, Jahresabschlüsse öffentlicher Fonds, Einrichtungen und Unternehmen nach Rechtsformen für das Berichtsjahr 2018, Stand 16. November 2020. 143 Statistisches Bundesamt, Jahresabschlüsse öffentlicher Fonds, Einrichtungen und Unternehmen nach Rechtsformen für das Berichtsjahr 2018, Stand 16. November 2020. 144 Vgl. Reichard, in: Voigt (Hrsg.): Handbuch Staat, S. 789 (791), demgegenüber stehen nur 76 öffentliche Unternehmen in Bundesträgerschaft und 621 öffentliche Unternehmen in Länderhand (Stand: 2016). 145 Verband kommunaler Unternehmen (VKU), Grafiken, Statistiken und Umfragen: Übergreifende Themen, abrufbar unter: https://www.vku.de/presse/grafiken-und-statistiken/ueber greifende-themen/ (zuletzt aufgerufen am 29. 09. 2020).

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B. Untersuchungsgegenstand

Energieversorgung erwirtschaftet.146 Auffallend ist jedoch, dass das Statistische Bundesamt die Geschäftstätigkeit von 5.365 öffentliche Unternehmen, Einrichtungen und Fonds keinem „klassischen“ Wirtschaftszweig der Daseinsvorsorge zuordnen kann und sie als „Übrige“ listet.147 Diese Beobachtung belegt eindrucksvoll die „schillernde“148 Vielfalt der Erscheinungsformen und Tätigkeitsbereiche von öffentlichen Unternehmen. Angesichts dieses Variantenreichtums stellt sich auch hier die Herausforderung, aus einer Fülle an mannigfaltigen Erscheinungsformen und Definitionsansätzen149 den konstitutiven Wesensgehalt des Begriffs herauszuschälen. Ein erstes Ziel dieses Abschnitts soll es sein, spezifische Kriterien herauszuarbeiten, nach denen eine Einheit der öffentlichen Hand begrifflich als „öffentliches Unternehmen“ qualifiziert werden kann bzw. muss (1). Zu trennen sind hier allgemeine Definitionsansätze (a)  und besondere terminologische Kategorien des Informationsfreiheitsrechts (b). Anschließend gilt es herauszuarbeiten, innerhalb welcher Rahmenbedingungen der öffentlichen Hand die Gründung und der Betrieb öffentlicher Unternehmen gestattet ist (2) und wie sich öffentliche Unternehmen im Wirkungsfeld grundrechtlicher Garantien bewegen (3). 1. Begriffsverständnis a) Allgemeines Begriffsverständnis Das hiesige Grundgesetz taugt allenfalls bedingt als Anknüpfungspunkt für die Herleitung eines allgemeinen, bereichsunabhängigen Begriffsverständnisses. Es kennt weder den Begriff des „öffentlichen Unternehmens“ noch des „Staatsunternehmens“. Lediglich mittelbar legt Art. 87e Abs. 3 S. 1, 2 GG nahe, dass es sich hierbei um ein „Wirtschaftsunternehmen in privat-rechtlicher Form“ handeln könnte, welches im Eigentum des Bundes steht. Eine abschließende und klar abgrenzbare Definition lässt sich hieraus jedoch nicht ableiten, zumal sich Art. 87e GG spezifisch nur an die „Eisenbahnverkehrsverwaltung für Eisenbahnen des Bundes“ richtet. Eine inhaltliche verfassungsrechtliche Determinierung des Begriffs findet damit nicht statt. Aus den Koordinaten des Grundgesetzes lässt sich allenfalls folgern, dass dieses selbst von der Existenz verschiedener Arten öffentlicher und privater Unternehmen ausgeht. 146

Statistisches Bundesamt, Jahresabschlüsse der kaufmännisch buchenden öffentlichen Fonds, Einrichtungen und Unternehmen nach Wirtschaftszweigen für das Berichtsjahr 2018, Stand 16. November 2020. 147 Statistisches Bundesamt, Jahresabschlüsse der kaufmännisch buchenden öffentlichen Fonds, Einrichtungen und Unternehmen nach Wirtschaftszweigen für das Berichtsjahr 2018, Stand 16. November 2020. 148 Gramlich, IR 2020, 20. 149 Zu den unterschiedlichen Definitionsansätzen im Detail Eisenmenger, S. 12 ff.; Walendy, S. 31 ff.

II. Das öffentliche Unternehmen

65

aa) Ausgangspunkt: Wettbewerbsrechtlicher Unternehmensbegriff In Ermangelung verfassungsrechtlicher Determinanten bildet das Europäische Wettbewerbsrecht den Ausgangspunkt für eine erste allgemeine Annäherung an den Begriff des „öffentlichen Unternehmens“. Ausdrückliche Verwendung findet der Begriff in Art. 106 Abs. 1 AEUV, welcher es den Mitgliedstaaten verbietet, in Bezug auf ihre „öffentlichen Unternehmen“ keine dem Diskriminierungsverbot nach Art. 18 AEUV oder den Wettbewerbsregeln nach Art. 101 ff. AEUV widersprechende Maßnahmen zu treffen oder beizubehalten. Die Frage, welche Erscheinungsformen unter den Begriff des „öffentlichen Unternehmens“ fallen sollen, lässt Art. 106 Abs. 1 AEUV jedoch ebenso unbeantwortet wie andere primärrechtliche Vorschriften, die den Begriff des „öffentlichen Unternehmens“ lediglich erwähnen (z. B. Art. 123 Abs. 1, Art. 124 Abs. 1, Art. 125 Abs. 1 AEUV).150 Ergiebiger ist dagegen der Blick auf sekundärrechtliche Vorschriften: Die erste ausdrückliche Definition des „öffentlichen Unternehmens“ findet sich bereits in der Richtlinie 80/723 EWG, dem Vorgänger der aktuellen Transparenzrichtlinie151 aus dem Jahr 1980.152 In den Erwägungsgründen der Richtlinie 80/723 EWG wird erstmals die Notwendigkeit einer Begriffsbestimmung besonders hervorgehoben: „Es ist angebracht klarzustellen, was unter ‚öffentlicher Hand‘ und ‚öffentliches Unternehmen‘ zu verstehen ist.“153 Nach Art. 2 der Richtlinie 80/723 EWG ist ein öffentliches Unternehmen „jedes Unternehmen, auf das die öffentliche Hand aufgrund Eigentums, finanzieller Beteiligung, Satzung oder sonstiger Bestimmungen, die die Tätigkeit des Unternehmens regeln, unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluß ausüben kann. Es wird vermutet, daß ein beherrschender Einfluß ausgeübt wird, wenn die öffentliche Hand unmittelbar oder mittelbar a) die Mehrheit des gezeichneten Kapitals des Unternehmens besitzt oder b) über die Mehrheit der mit den Anteilen des Unternehmens verbundenen Stimmrechte verfügt oder c) mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leistungs- oder Aufsichtsorgans des Unternehmens bestellen kann.“

150 Darüber hinaus wird der Begriff in Art. 21.1. der Satzung des Europäischen Gerichtshofes (C326/230) sowie in Art. 16 des Protokolls über die Satzung der Europäischen Investitionsbank, (C 326/251) verwendet. Art. 37 und Art. 54 AEUV gehen indirekt von der Existenz von öffentlichen Unternehmen aus, ohne diese jedoch ausdrücklich zu erwähnen, vgl. Schnabel, Öffentliche Unternehmen in der Europäischen Union, S. 40 f.; Weiß, EuR 2003, 165 (166 f.). 151 Richtlinie 2006/111/EG der Kommission vom 16. November 2006 über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen sowie über die finanzielle Transparenz innerhalb bestimmter Unternehmen, L 318/17. 152 Richtlinie 80/723/EWG der Kommission vom 25. Juni 1980 über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen, L 195/35. 153 Erwägungsgrund 8 der Richtlinie 80/723/EWG.

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B. Untersuchungsgegenstand

Die Begriffsbestimmung der Richtlinie 80/723 EWG hat sich im Anschluss allgemein auf sekundärrechtlicher Ebene etabliert: So findet sich diese Legal­ definition auch nahezu wortgleich in Art. 8 der Verordnung (EG) Nr. 3603/93 zur Festlegung der Begriffsbestimmungen für die Anwendung der in Artikel 104 und Artikel 104b Absatz 1 des Vertrages vorgesehenen Verbote.154 Auch die aktuelle Transparenzrichtlinie 2006/111/EG verwendet in Art. 2 lit. b die gleiche Definition wie die Richtlinie 80/723/EWG. Ebenso greift die neuere Sektoren-Richtlinie 2014/25/EU155 aus dem Jahr 2014 in Art. 4 Abs. 2 die ursprüngliche Legaldefinition auf. Trotz aller Akzeptanz auf sekundärrechtlicher Ebene kann die Ur-Definition der Richtlinie 80/723/EWG jedoch keine allgemeine unionsrechtliche Geltung beanspruchen. Wie der Europäische Gerichtshof explizit klargestellt hat, gilt sie nur bereichsspezifisch im Rahmen und für die Zwecke des Anwendungsbereichs der Richtlinie 80/723 EWG und ihrer Nachfolger.156 Insbesondere auf primärrechtlicher Ebene (z. B. im Rahmen des Art. 106 Abs. 1 AEUV) darf sie aus Gründen der Normenhierarchie von der Rechtsprechung allenfalls als indizielle Auslegungshilfe herangezogen werden.157 Ebenso wie das Grundgesetz setzen damit auch die Europäischen Verträge die Existenz von öffentlichen Unternehmen voraus,158 überlassen aber die genaue Begriffskonturierung im Wesentlichen der Wissenschaft und der Rechtsprechung.159 Als grobe Orientierungslinie fungieren dabei bereichsspezifische sekundärrechtliche Definitionen.

154 Verordnung (EG) Nr. 3603/93 des Rates vom 13. Dezember 1993 zur Festlegung der Begriffsbestimmungen für die Anwendung der in Artikel 104 und Artikel 104b Absatz 1 des Vertrages vorgesehenen Verbote, siehe hierzu auch Trosch, Grenzen der Kommerzialisierung von Informationen des öffentlichen Sektors, S. 42. 155 Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energieund Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG, L 94/243, mit fast wortgleicher Definition auch die beiden Vorgänger-Richtlinien 93/38/EWG und Richtlinie 2004/17/EG. 156 EuGH, Urteil vom 06. 07. 1982, C-188–190/80, Slg. 1982, S. 2545 (2578) – Transparenzrichtlinie, siehe auch Wernicke, in: Grabitz / Hilf / Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Art. 106 AEUV, Rn. 24; Storr, Der Staat als Unternehmer, S. 27 0 f.; Bosesky, Privatisierung und Informationszugang, S. 25. 157 EuGH, Urteil vom 06. 07. 1982, C-188–190/80, Slg. 1982, S. 2545 (2578) – Transparenzrichtlinie; Jung, in: Calliess / Ruffert, Art. 106 AEUV, Rn. 12. Die Literatur betont die Brauchbarkeit der Begriffsbestimmung als Auslegungshilfe, vgl. Dittmer, Öffentliche Unternehmen und der Begriff des öffentlichen Auftraggebers, S. 29; Schnabel, S. 44; Suerbaum, in: Ehlers / Fehling /  Pünder (Hrsg.): Öffentliches Wirtschaftsrecht, § 16, Rn. 11. 158 Wernicke, in: Grabitz / Hilf / Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Art. 106 AEUV, Rn. 24; Jung, in: Calliess / Ruffert, Art, 106 AEUV, Rn. 12; Schnabel, S. 41; Weiß, EuR 2003, 165 (166). 159 Hierbei ist zu beachten, dass der Begriff des öffentlichen Unternehmens nach Art. 106 Abs. 1 AEUV grundsätzlich unionsrechtlich autonom und damit abseits der mitgliedsstaatlichen Auslegungs- und Anwendungspraxis zu bestimmen ist, vgl. Jung, in: Calliess / Ruffert, AEUV,

II. Das öffentliche Unternehmen

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Anknüpfend an das allgemeine Verständnis im Europäischen Wettbewerbsrecht nähert sich die nachfolgende Untersuchung dem Begriff des „öffentlichen Unternehmens“ sprachlogisch in zwei Schritten. Es gilt zunächst herauszuarbeiten, was unter dem Begriff des „Unternehmens“ zu verstehen ist (aa). Anschließend ist die Frage zu beantworten, wann ein öffentliches Unternehmen in Abgrenzung zu privaten Einheiten vorliegt (bb). (1) Unternehmensbegriff Eine einheitliche Definition des Unternehmensbegriffs existiert nicht.160 Die Reichweite der in der Literatur vorgeschlagenen Begriffsbestimmungen reicht von formalen Ansätzen, die in Anlehnung an das Handels- und Gesellschaftsrecht auf das Erfordernis eines kaufmännisch eingerichteten Gewerbebetriebs abstellen,161 über institutionellen162 bis hin zu soziologischen Betrachtungsweisen, die ein „Unternehmen“ als Institution begreifen, in der Probleme in Teamarbeit gelöst werden.163 In Literatur und Rechtsprechung vorherrschend ist jedoch der vom EuGH entwickelte funktionelle Ansatz.164 Nach diesem ist ein Unternehmen „jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung“.165 Als definitorischer Wesenskern bleibt somit zweierlei übrig: Erstens das Ausüben einer wirtschaftlicher Tätigkeit und zweitens das Vorliegen einer gewissen organisatorischen Verselbstständigung („Einheit“).166 Diese Verselbstständigung kann sich auf die vorhandenen Personal-, Finanz- oder Sachmittel beziehen. Die Anforderungen hieran sind im Einzelfall jedoch gering. So kann bereits die organisations- und haushaltsrechtliche Verselbstständigung von kommunalen Eigenbetrieben oder staatlichem Sondervermögen dazu führen, dass

Art. 106, Rn. 12. Andernfalls hätten es die Mitgliedsstaaten in der Hand, die Reichweite des Art. 106 AEUV, der die Mitgliedsstaaten gerade hinsichtlich möglicher wettbewerbsrechtlicher Vertragsverletzungen disziplinieren soll, selbst festzulegen. Der Sinn der Regelung des Art. 106 AEUV besteht jedoch gerade darin, die Mitgliedsstaaten an einer „Flucht aus dem Unionsrecht“ durch Zwischenschaltung einer von ihnen beherrschten wirtschaftlichen Einheit zu hindern, vgl. Jung, in: Calliess / Ruffert, Art. 106 AEUV, Rn. 34. 160 So auch Bosesky, S. 23. 161 Storr, S. 36 f.; Wegner, Die öffentliche Unternehmung, 1969, S. 295 ff. 162 Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 33 ff., erörtert das Kriterium der „institutionellen Sonderstellung“. 163 Storr, S. 38 f.; Demmler, Einführung in die Volkswirtschaftslehre, 7. Auflage 2001, S. 155. 164 Bosesky, S. 23; Schnabel, S. 29. 165 EuGH, Urteil vom 23. 04. 1991  – C-41/90, Slg. 1991, I-1979, Rn. 21  – Höfner / Elser; EuGH, Urteil vom 17. 02. 1993, C-159/91, C-160/91, Slg. 1993, I-637, Rn. 17 – Poucet und Pistre; EuGH, Urteil vom 3. 3. 2011, C-437/09, Slg. 2011, I-973, Rn. 42 – AG2R / Prévoyance. 166 Vgl. auch Bosesky, S. 23; Suerbaum, in: Ehlers / Fehling / Pünder (Hrsg.): Öffentliches Wirtschaftsrecht, § 16, Rn. 6.

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B. Untersuchungsgegenstand

diese als „Unternehmen“ qualifiziert werden.167 Das Vorliegen einer eigenständigen Rechtspersönlichkeit ist grundsätzlich nicht erforderlich.168 Auch im Rahmen der notwendigerweise auszuübenden wirtschaftlichen Tätigkeit reicht ein geringes Maß an Wirtschaftlichkeit aus. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH liegt bereits in dem Anbieten von Gütern und Dienstleistungen auf dem Markt eine „wirtschaftliche Tätigkeit“.169 Das Angebot muss gegen Entgelt erfolgen,170 eine Gewinnerzielungsabsicht ist indes nicht erforderlich.171 Das Ausüben von Hoheitsgewalt (wie z. B. im Strafvollzugsdienst, Militär oder der schulischen Primärausbildung) schließt eine „wirtschaftliche Tätigkeit“ grundsätzlich aus.172 Ein derart funktionales und damit im Ergebnis weites Verständnis trägt dem Umstand Rechnung, dass zumindest wettbewerbsrechtlich öffentliche und private Unternehmen im Grundsatz gleich behandelt werden sollen.173 Da viele wett­ bewerbsrechtliche Regelungsregime schlicht an den Begriff des „Unternehmens“ anknüpfen, muss dieser definitorisch bewusst inhaltlich weit gehalten werden, damit sich die Mitgliedsstaaten der Geltung des Europäischen Wettbewerbsrechts nicht ohne Schwierigkeiten durch eine geschickte Rechtsformwahl entziehen können. Der öffentliche Unternehmensbegriff im Wettbewerbsrecht ist somit grundsätzlich rechtsformoffen.174 Im Ergebnis können damit sowohl privatrechtliche Organisationsformen wie Kapitalgesellschaften,175 als auch öffentlich-rechtliche

167

Suerbaum, in: Ehlers / Fehling / Pünder (Hrsg.): Öffentliches Wirtschaftsrecht, § 16, Rn. 6; Jung, in: Calliess / Ruffert, Art. 106 AEUV, Rn. 11. 168 Vgl. EuGH, Urteil vom 16. 06. 1987, C-118/85, Slg. 1987, 2599, Rn. 7 ff.  – Kommission / Italien. 169 EuGH, Urteil vom 16. 06. 1987, C-118/85, Slg. 1987, 2599 (2621), Rn. 7 – TransparenzRichtlinie II. 170 EuGH, Urteil vom 19. 02. 2002, C-309/99, Slg. 2002, I-1577, Rn. 46 ff. – Wouters; Kühling, in: Streinz, EUV / AEUV, Art. 106 AEUV, Rn. 7. 171 EuGH, Urteil vom 01. 07. 2008, C-49/07, Slg. 2008, I-4863, Rn. 27 – MOTOE; EuGH, Urteil vom 10. 01. 2006, C-222/04, Slg. 2006, I-289, Rn. 123 – Cassa di Risparmio di Firenze; Jung, in: Calliess / Ruffert, 5. Auflage 2016, Art. 106, Rn. 11; ausführlich hierzu auch Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 28 f. 172 Kühling, in: Streinz, EUV / AEUV, Art. 106 AEUV, Rn. 8; Suerbaum, in: Ehlers / Fehling / Pünder (Hrsg.): Öffentliches Wirtschaftsrecht, § 16, Rn. 7. 173 Mestmäcker / Schweitzer, in: Immenga / Mestmäcker, 5. Auflage 2012, Art. 106 Abs. 1 AEUV, Rn. 1, zum Gleichheitsgrundsatz zwischen öffentlichen und privaten Unternehmen auch EuGH, Urteil vom 06. 07. 1982, C-188–190/80, Slg. 1982, S. 2545 (2578), Rn. 21 – Transparenzrichtlinie, kritisch zur Gleichbehandlung hingegen Debène, in: Monnier (Hrsg.): Perspektive der öffentlichen Wirtschaft in Europa, S. 87 (89 ff.), der vor der Gefahr einer Diskriminierung von öffentlichen Unternehmen gegenüber privaten Unternehmen durch eine marktfremde Anwendung von primärrechtlichen Wettbewerbsvorschriften warnt. 174 Vgl. EuGH, Urteil vom 23. 04. 1991 – C-41/90, Slg. 1991, I-1979, Rn. 23 – Höfner / Elser. 175 Für eine Einordnung einer Aktiengesellschaft als öffentliches Unternehmen siehe EuGH, Urteil vom 22. 05. 2003 – C-462/99, Slg. 2003, I-5197, Rn. 74 – Connect Austria; EuGH, Urteil vom 03. 04. 2014 – C-559/12 P – La Poste. Für eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung siehe EuGH, Urteil vom 12. 02. 1992 – C-48/90 und C-66/90, Slg. 1992, I-565 – Koninljike PTT ­Nederland NV und PTT Post BV.

II. Das öffentliche Unternehmen

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Rechtsformen wie Anstalten bzw. Körperschaften des öffentlichen Rechts176 als „öffentliches Unternehmen“ qualifiziert werden. (2) Öffentliche Inhaberschaft Es stellt sich ferner die Frage, wie die Verbindung zwischen Staat und Unternehmen konkret ausgestaltet sein muss, damit ein Unternehmen in Abgrenzung zum privatrechtlichen Unternehmen als „öffentlich“ zu qualifizieren ist. Wirtschaftswissenschaftliche Definitionsversuche177 können hier zwar als Ausgangspunkt der Begriffsbestimmung dienen, sind jedoch im Allgemeinen zu ungenau, um rechtlich klar abgrenzbare Ergebnisse zu liefern. Die rechtswissenschaftliche Literatur erkennt vielmehr an, dass die Begriffsbestimmung des „öffentlichen Unternehmens“ in Abgrenzung zum privaten Unternehmen als Mehrebenenproblematik mit verschiedenen Normgebern und ohne einheitliche Systematik oder Legaldefinition mitunter erhebliche Schwierigkeiten bereitet.178 Aus den oben ausgeführten Gründen besteht jedoch in Rechtsprechung und Literatur weitgehend Einigkeit darüber, dass die Organisationsform des Unternehmens kein taugliches Zuweisungskriterium zur öffentlichen Hand darstellt.179 Möchte man eine „Flucht aus dem Wettbewerbsrecht“ effektiv verhindern, kann eine rein formale Ausgliederung der handelnden Einheit aus dem Organisationsgefüge der öffentlichen Verwaltung als rein gewillkürter Akt keine zwingende Voraussetzung für die Einordnung als „öffentliches Unternehmen“ darstellen. In der älteren Literatur wird zum Teil vertreten, für die Zuordnung eines Unternehmens zur „öffentlichen“ Sphäre bedürfe es einer hoheitlichen Widmung oder einer Form der „Verleihung“.180 Nach einer großzügigeren Ansicht soll bereits die bloße Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe, d. h. das Erbringen einer Leistung für die Allgemeinheit, ausreichen.181 Beide Ansichten taugen jedoch nicht für eine trennscharfe 176 Vgl. EuGH, Urteil vom 23. April 1991 – C-41/90, Slg. 1991, I-1979, Rn. 23 – Höfner /  Elser; EuGH, Urteil vom 22. 03. 2018 – C-688/15, Rn. 110 – Anisimoviene u. a. 177 Beispielsweise nach Reichard, in: Voigt (Hrsg.) Handbuch Staat, S. 789 (790): „Ein öffentliches Unternehmen ist […] eine Wirtschaftseinheit in öffentlicher Trägerschaft, die im öffentlichen Auftrag selbstständig tätig ist.“ 178 Suerbaum, in: Ehlers / Fehling / Pünder (Hrsg.): Öffentliches Wirtschaftsrecht, § 16, Rn. 4; Pfahl, Staatliche Wirtschaftsteilnahme und Art. 30 GG, S. 49; Becker, DÖV 1984, 313 (314 f.). 179 Anstatt vieler Gersdorf, Öffentliche Unternehmen im Spannungsfeld zwischen Demokratie- und Wirtschaftlichkeitsprinzip, S. 102 ff., ebenso EuGH, Urteil vom 23. 4. 1991, C-41/90, Slg. 1991, I-1979, Rn. 23 – Höfner / Elser. 180 Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, 2. Band, 3. Auflage 1924, S. 243 f.; so auch Scholz, in: FS Lorenz, S. 213 (222 f.), nach dem die Zuordnung zumindest von gemischt-wirtschaftlichen Unternehmen als „öffentliches Unternehmen“ durch Hoheitsakt bzw. einen staatlichen Kompetenzentscheid erfolgen muss. Für weitere Definitionsansätze aus der Literatur siehe Ruthig / Storr, Rn. 661 ff.; Storr, S. 44 ff.; Gersdorf, S. 136 ff. 181 Ruthig / Storr, Rn. 663. Der Bezug zur öffentlichen Aufgabenwahrnehmung ließe sich unter anderem im Gesellschaftsvertrag festhalten.

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B. Untersuchungsgegenstand

Abgrenzung zu privaten Unternehmen. Während erstere einen zu formalistischen Anknüpfungspunkt beinhaltet, gerät der zweite Ansatz zu weit und unterwirft die Qualifikation als „öffentliches Unternehmen“ nicht objektiven Kriterien, sondern vor allem dem Selbstverständnis des Unternehmers. Ein solcher Abgrenzungsansatz birgt erhebliches Missbrauchspotential und schafft Rechtsunsicherheit. Aus diesen Gründen hat sich in der ganz herrschenden Literatur das Vorliegen einer „Beherrschung“ durch die öffentliche Hand als taugliches Abgrenzungskriterium zwischen öffentlichen und privaten Unternehmen etabliert.182 Diese Ansicht steht im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechungspraxis auf nationaler und europäischer Ebene. Der Europäische Gerichtshof stellt in ständiger Rechtsprechung auf das Kriterium des „beherrschenden Einflusses“ der öffentlichen Hand ab und zieht dabei als Auslegungshilfe die Maßstäbe der Richtlinie 80/723 EWG heran.183 Diese normiert drei (nicht abschließend gemeinte) Fallgestaltungen, in denen ein beherrschender Einfluss unterstellt wird. Gemäß Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 80/723 EWG wird vermutet, dass ein „beherrschender Einfluss ausgeübt wird, wenn die öffentliche Hand unmittelbar oder mittel­ bar a) die Mehrheit des gezeichneten Kapitals des Unternehmens besitzt oder b) über die Mehrheit der mit den Anteilen des Unternehmens verbundenen Stimmrechte verfügt oder c) mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leistungs- oder Aufsichtsorgans des Unternehmens bestellen kann“.

Auch das Bundesverfassungsgericht fragt spätestens seit der Fraport-Entscheidung184, ob das Unternehmen von der öffentlichen Hand „beherrscht“ wird185 und erteilt damit alternativen Zuordnungsideen eine Absage. In Anlehnung an die Beherrschungsvarianten aus Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 80/723 EWG lässt sich das Kriterium der „Beherrschung“ abstrakt als Leitung, Lenkung und Führung des Unternehmens beschreiben.186 Der „beherrschende Einfluss“ muss im Ergebnis konkret daran gemessen werden, ob und inwieweit

182 Vgl. Gersdorf, S. 157 ff.; Ziekow, § 7, Rn. 7; Knauff, in: Schmidt / Wollenschläger, § 6, Rn. 109. 183 Der EuGH betont in diesem Kontext, dass mangels einschlägiger mitgliedsstaatlicher Regelungen die Auslegung des Kriteriums der „Ausübung von beherrschendem Einfluss durch öffentliche Stellen“ autonom und europaweit einheitlich erfolgen muss, um eine einheitliche Anwendung des Unionsrechts zu gewährleisten, vgl. EuGH, Urteil vom 18. 01. 1984 – C-327/28, Slg. 1984–107, Rn. 11 – Ekro / Produktschap; EuGH, Urteil vom 27. 01. 2003, C-373/00, Slg. 2003 I-01931, Rn. 35 – Adolf Truley, EuGH, Urteil vom 16. 06. 1987, C-118/85, Slg. 1987, 2599 (2621), Rn. 11 – Transparenz-Richtlinie II. 184 BVerfGE 128, 226 (245 ff.) – Fraport. 185 Aktuell auch BVerfGE 147, 50 (144). 186 So auch Ruthig / Storr, Rn. 668; Brüning, in: Schulte / Kloos, § 5, Rn. 14.

II. Das öffentliche Unternehmen

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die öffentliche Hand ein Unternehmen durch unternehmensverfassungsrechtliche Kontroll- und Weisungsmechanismen für ihre Zwecke instrumentalisieren kann.187 Dass das Unternehmen auch tatsächlich von der öffentlichen Hand gesteuert wird, ist dabei indes nicht erforderlich. Die reine hypothetische Steuerungsmöglichkeit reicht bereits aus.188 Entgegen einer Ansicht in der Literatur189 setzt die Annahme einer Instrumentalisierungs- oder Beherrschungsmöglichkeit nicht zwingend voraus, dass sich das Unternehmen auch formal mehrheitlich im Eigentum der öffentlichen Hand befindet. Eine solche Betrachtungsweise liefert nur willkürliche Ergebnisse, da sie verkennt, dass die öffentliche Hand im Ausnahmefall auch bei einer Minderheitsbeteiligung das Geschehen in einem Unternehmen maßgeblich steuern kann (z. B. über Stimmrechtsbeschränkungen oder gesellschaftsvertraglich besonders eingeräumte Veto- und Kontrollrechte).190 Ein solches funktionales Beherrschungsverständnis wird auch von den Wertungen des nationalen Aktienrechts getragen. Nach § 17 Abs. 1 AktG ist allein entscheidend, ob das herrschende Unternehmen unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann, wobei die Beherrschung bei einem Mehrheitsbesitz lediglich vermutet wird (vgl. § 17 Abs. 2 AktG). Die konkrete Ausgestaltung der Beherrschung kann hierbei im Einzelfall je nach Gesellschaftsform unterschiedlich ausfallen. Abseits der „klassischen“ Beherrschung in den Entscheidungs- und Kontrollgremien wie der Gesellschafterversammlung (§§ 48 ff. GmbHG), der Hauptversammlung (§§ 118 ff. AktG) oder dem Aufsichtsrat (§ 111 AktG) kommen auch gesellschaftsvertraglich vereinbarte Weisungsrechte nach § 45 GmbHG oder externe Beherrschungsverträge gem. § 291 AktG in Betracht.191

187

BGH, Urteil vom 13. 10. 1977 – II ZR 123/76, NJW 1978, 104 (105) – VEBA; BGH, Urteil vom 24. 09. 1987 – III ZR 91/86, NVwZ-RR 1989, 388 (389); Mann, Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft, S. 12; Ruthig / Storr, Rn. 667 ff.; Emmerich, Das Wirtschaftsrecht der öffentlichen Unternehmen, S. 58 ff.; Pfahl, S. 45; Jung, in: Calliess / Ruffert, Art. 106 AEUV, Rn. 12. 188 Vgl. Storr, S. 271. 189 So Schmidt-Aßmann, BB Beilage 34, 1990, S. 1 f. Ebenso streng auf die Mehrheitseigentümerschaft abstellend § 2 Abs. 3 FPStatG und § 185 Abs. 1 GWB. Nach letzterer Vorschrift sind Unternehmen öffentlich, wenn sie „ganz oder teilweise im Eigentum der öffentlichen Hand stehen oder von ihr verwaltet oder betrieben werden.“ Kritisch hierzu und eine funktionale Betrachtungsweise anregend, die auch Minderheitsbeteiligungen einschließt, vgl. Stadler, in: Langen / Bunte, GWB, § 185, Rn. 9. 190 Ruthig / Storr, Rn. 666; Brüning, in: Schulte / Kloos, § 5, Rn. 12; Dittmer, S. 29. Beispielhaft hierzu BGH, Urteil vom 17. 03. 1997 – II ZB 3/96 NJW 1997, 1855 ff.: Obwohl das Land Niedersachsen nur eine 20 %ige Beteiligung an der Volkswagen AG hielt, bejahte der BGH hier einen beherrschenden Einfluss der öffentlichen Hand. Grund hierfür waren bestimmte Sonderrechte und andere Umstände des Einzelfalls (z. B. zwei Aufsichtsratsmandate oder geringe faktische Anwesenheit der Aktionäre bei Hauptversammlungen). 191 Vgl. Ruthig / Storr, Rn. 666. Siehe hierzu auch Mann, S. 211 ff.; insb. zu Beherrschungsverträgen Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 137 ff.

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B. Untersuchungsgegenstand

bb) Typologie Aufgrund der Rechtsformoffenheit des öffentlichen Unternehmensbegriffs umfasst dieser sowohl öffentlich-rechtlich als auch privatrechtlich organisierte Rechtssubjekte. Zwar ist damit die Art der Rechtsform für die Einordnung als „öffentliches Unternehmen“ grundsätzlich unerheblich. An die Rechts- und Organisationsform knüpfen jedoch spezifische einfachgesetzliche Zulässigkeitsvoraussetzungen und Konsequenzen für Handlungsformen, Haftungs- und Insolvenzmodalitäten an, die eine nähere Typisierung von öffentlichen Unternehmensformen erforderlich machen. Legt man bei der Typisierung die Beherrschung durch die öffentliche Hand als maßgebliches Abgrenzungskriterium zu Grunde, ergibt sich folgendes Bild in Abhängigkeit von Art und Grad der Beherrschung:192 (1) Öffentlich-rechtliche Organisationsformen Der Begriff des öffentlich-rechtlichen Unternehmens umfasst verschiedene Organisationsformen, die üblicherweise dahingehend differenziert werden, ob sie als unselbstständige (Eigenbetriebe, Regiebetriebe) oder selbstständige Einheiten (Anstalt, Stiftung, Körperschaft) im Rechts- und Wirtschaftsverkehr auftreten.193 Für die Qualifikation als „öffentliches Unternehmen“ nach wettbewerbsrechtlichem Verständnis ist jedoch wie bereits erwähnt das Vorliegen einer rechtlichen Selbstständigkeit nicht zwingend erforderlich. Damit können auch unselbstständige Einheiten wie Eigen- und Regiebetriebe grundsätzlich öffentliche Unternehmen sein.194 (a) Regiebetrieb Der Regiebetrieb ist die historische Ur-Form des öffentlich-rechtlichen Unternehmens. Er ist organisations- und haushaltsrechtlich vollständig in die Gemeindeverwaltung eingebunden und damit rechtlich unselbstständig.195 Konkret verfügt der Regiebetrieb weder über eigenständiges Betriebsvermögen noch über eigene Leitungsorgane.196 Mangels unternehmerischer Autonomie hat der Regiebetrieb mittlerweile nahezu vollständig an Bedeutung verloren und eignet sich allenfalls

192

Abweichend von der überwiegend vorgenommenen Typisierung Ehlers, S. 9 f. mit Fn. 15. Eingehender zur Unterscheidung Brüning, in: Schulte / Kloos, § 5, Rn. 17 ff.; Storr, S. 5 1 f.; Bosesky, S. 27 f. 194 Bosesky, S. 27; Oppermann, Europarecht, § 21, Rn. 44; kritisch für Regiebetriebe Brüning, in: Schulte / Kloos, § 5, Rn. 20. 195 Vgl. Burgi, Kommunalrecht § 17, Rn. 76; Knauff, in: Schmidt / Wollenschläger, § 6, Rn. 93; Ziekow, § 7, Rn. 9. 196 Vgl. Geis / Madeja, JA 2013, 248 (251 f.); Engels / Krausnick, Kommunalrecht, § 8, Rn. 33. 193

II. Das öffentliche Unternehmen

73

für kleinere Struktureinheiten, die einer umfassenden politischen Steuerung unterliegen sollen, wie z. B. Friedhofsgärtnereien, Museen oder Stadtbibliotheken.197 (b) Eigenbetrieb Im Gegensatz zum Regiebetrieb weist der Eigenbetrieb in der Binnenorganisation eine eigene Betriebsleitung sowie ein betriebliches, im Gemeindehaushalt ausgewiesenes Sondervermögen auf und ist damit finanzwirtschaftlich wie organisatorisch verselbstständigt.198 Im Außenverhältnis wird ihm jedoch keine eigene Rechtsfähigkeit zugesprochen, was dazu führt, dass ausschließlich die jeweilige Trägergemeinde haftet und im Prozess parteifähig ist.199 Der Eigenbetrieb ist damit schlussendlich Resultat des Versuchs, eine organisatorische und wirtschaftliche Selbstständigkeit des Betriebs und politische Kontrolle und Einflussnahme durch die zuständigen Kommunalorgane simultan zu ermöglichen.200 In der Praxis sind vor allem Kindertagesstätten, die Verwaltung und Bewirtschaftung kommunaler Immobilien und das gemeindliche Kultur- und Tourismusmarketing als Eigen­ betrieb ausgegliedert.201 (c) Anstalt des öffentlichen Rechts Darüber hinaus können wirtschaftliche Unternehmen der Gemeinde auch als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts organisiert sein.202 Diese so genannten „Kommunalunternehmen“ weisen gemäß ihrer Anstaltssatzung eigene Leitungsund Vertretungsorgane sowie einen Verwaltungsrat als Überwachungsorgan auf.203 Im Unterschied zu Eigen- und Regiebetrieben agieren sie nach außen hin selbstständig.204 Sie können selbst Träger von Rechten und Pflichten sein und sind partei- und prozessfähig. Neben privatrechtlichem können sie auch zu öffentlich-rechtlichem 197

Vgl. Mann, S. 99; Geis / Madeja, JA 2013, 248 (251 f.); Schneider, in: Wurzel / Schraml /  Becker, D., Rn. 47. 198 Vgl. Geis / Madeja, JA 2013, 248 (25 1 f.); Fabry, in: Eiding / Hofmann-Hoeppel, § 39, Rn. 6; Ziekow, § 7, Rn. 8 f. 199 Vgl. Burgi, Kommunalrecht, § 17, Rn. 76; Geis / Madeja, JA 2013, 248 (251); Engels /  Krausnick, Kommunalrecht, § 8, Rn. 34. 200 Vgl. Brüning, Der Private bei der Erledigung kommunaler Aufgaben, S. 71 m. w. N. 201 Vgl. Knauff, in: Schmidt / Wollenschläger, § 6, Rn. 94. 202 Vgl. § 106a Abs. 1 S.1 GO SH; § 102a Abs. 1 GO BW; Art. 86 Nr. 2 i. V. m. Art. 89 ff. BayGO; § 92 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m § 94 BbgKVerf; § 126a Abs. 1 HessGO; § 70 Abs. 1 KV M-V; § 141 Abs. 1 S. 1 NdsKomVG; § 114a Abs. 1 GO NRW; § 86a Abs. 1 GO RLP; § 128 Abs. 1 S. 1 KVG LSA; § 76a Abs. 1 S. 1 ThürKO. Eingehend zu dieser Steuerungsoption auch Waldmann, NVwZ 2008, 284 ff. 203 Geis / Madeja, JA 2013, 248 (252); Engels / Krausnick, Kommunalrecht, § 8, Rn. 37. 204 Vgl. Knauff, Öffentliches Wirtschaftsrecht, § 8, Rn. 39; Engels / Krausnick, Kommunalrecht, § 8, Rn. 36.

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B. Untersuchungsgegenstand

Handeln (etwa zur Gebührenerhebung) ermächtigt werden.205 Hierin liegt ein entscheidender Vorteil gegenüber privatrechtlich organisierten Unternehmen, die nur über die Konstruktion der gesetzlichen Beleihung öffentliche Rechtssetzungshoheit erlangen.206 Zusätzlich haftet der Anstaltsträger im Wege der Gewährträgerschaft unbegrenzt für die Verbindlichkeiten der Anstalt.207 Aufgrund des Bonitätsvorteils und der so gewonnenen besonderen betrieblichen Flexibilität hat sich die Anstalt des öffentlichen Rechts vor allem für staatliche und kommunale Banken (Landesbanken, Sparkassen) etabliert.208 Kommunalunternehmen finden sich jedoch auch in den Bereichen der Wasserver- und Abwasserentsorgung, der Verkehrsinfrastruktur sowie beim Betrieb von Schwimmbädern, Parkhäusern und Krankenhäusern.209 Die Anstalt des öffentlichen Rechts hat Nutzer, damit unterscheidet sie sich von Zweckverbänden als Körperschaften mit Mitgliedern und Stiftungen mit Nutz­ nießern (Begünstigte, Destinatäre).210 (2) Privatrechtliche Organisationsformen (a) Eigengesellschaft Von Eigengesellschaften ist die Rede, wenn das privatrechtlich organisierte Unternehmen ausschließlich von einem öffentlichen Unternehmensträger gesteuert wird.211 Dies wird typischerweise zu bejahen sein, wenn der Unternehmensträger 100 % der Anteile des Unternehmens hält.212 Eigengesellschaften stellen damit im Regelfall schon auf den ersten Blick unstreitig öffentliche Unternehmen dar, Abgrenzungsfragen zu privaten Einheiten stellen sich nicht.

205

Vgl. Burgi, Kommunalrecht, § 17, Rn. 76; Engels / Krausnick, Kommunalrecht, § 8, Rn. 37. Vgl. Geis / Madeja, JA 2013, 248 (252); Engels / Krausnick, Kommunalrecht, § 8, Rn. 37. 207 Vgl. Geis / Madeja, JA 2013, 248 (252). Auf europäischer Ebene ist die beihilferechtliche Zulässigkeit der Anordnung einer unbeschränkten Gewährträgerhaftung jedoch stark umstritten, vgl. Karpenstein / Corzilius, EuZW 2016, 654 ff. 208 Vgl. Mann, S. 106; Fabry, in: Eiding / Hofmann-Hoeppel, § 39, Rn. 33. 209 Vgl. Knauff, Öffentliches Wirtschaftsrecht, § 8, Rn. 39. 210 Burgi, in: Ehlers / Fehling / Pünder (Hrsg.): Öffentliches Wirtschaftsrecht, § 8, Rn. 16. 211 Ruthig / Storr, Rn. 669; Suerbaum, in: Ehlers / Fehling / Pünder (Hrsg.): Öffentliches Wirtschaftsrecht, § 16, Rn. 9; Gersdorf, S. 22. Prominente Beispiele für Eigengesellschaften sind die Deutsche Bahn AG, die Bundesdruckerei GmbH oder die DFS Deutsche Flugsicherung GmbH, vgl. BMF, Beteiligungsbericht 2018, S. 14. Mitunter wird auch im Rahmen von öffentlich-rechtlich organisierten Gesellschaften (z. B. bei Regie- und Eigenbetrieben) von „Eigenunternehmen“ gesprochen, vgl. Kapteina, Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform, S. 10. 212 Pfahl, S. 55; Püttner, S. 62; Mann, S. 12; Ziekow, Öffentliches Wirtschaftsrecht, § 7, Rn. 7; Lauterbach, Unternehmen zwischen Staat und Gesellschaft, S. 165 ff. 206

II. Das öffentliche Unternehmen

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(b) Gemischtwirtschaftliche Unternehmen Unternehmen in privatrechtlicher Organisationsform, an denen sowohl öffentliche Stellen, als auch Private beteiligt sind, werden als gemischtwirtschaftliche Unternehmen oder „Mischunternehmen“213 bezeichnet.214 Die Frage, ob angesichts der gespaltenen Beteiligungsverhältnisse insgesamt von einem öffentlichen oder einem privaten Unternehmen auszugehen ist, kann nur nach den konkreten Umständen des Einzelfalles beantwortet werden. Hierbei ist maßgeblich auf den Grad der Beherrschung durch die öffentliche Hand abzustellen. Wenn die öffentliche Hand das Unternehmen im obigen Sinne beherrscht, ist das Rechtssubjekt insgesamt dem öffentlichen Lager zuzuordnen.215 Im Falle einer öffentlichen Minderheitsbeteiligung ohne besondere unternehmensverfassungsrechtlich garantierte Kontroll- oder Weisungsrechte liegt dagegen keine Beherrschung und damit kein „öffentliches Unternehmen“ vor.216 Ein solches Unternehmen für sich genommen der privatrechtlichen Sphäre zuzuordnen, allein der hoheitliche Minderheitsgesellschafter ist öffentlichrechtlichen Bindungen unterworfen (siehe hierzu sogleich). Gemischtwirtschaftliche Unternehmen mit hoheitlicher Minderheitsbeteiligung stellen in der Praxis den Ausnahmefall dar: So wiesen im Jahr 2017 in Hamburg von 102 öffentlichen Unternehmen lediglich 33 öffentliche Beteiligungen von 50 % oder weniger auf.217 (c) Gemischtöffentliche Unternehmen Gemischtöffentliche Unternehmen bezeichnen Unternehmen, bei denen mehrere, voneinander zu unterscheidende Einrichtungen der öffentlichen Hand gemeinsam beteiligt sind.218 Einige Stimmen verneinen bei gemischtöffentlichen Unternehmen das Vorliegen einer gemeinsamen Beherrschung. Sie argumentieren, dass verschiedene öffentliche Träger auch jeweils unterschiedliche Interessen verfolgen und somit von einer einheitlichen Beherrschung keine Rede sein kön 213

So beispielsweise Merten, in: FS Krejci, S. 2003 ff.; Selmer, in: Merten / Papier (Hrsg.): HGR II, § 53; Selmer, JuS 2010, 187. 214 Suerbaum, in: Ehlers / Fehling / Pünder (Hrsg.): Öffentliches Wirtschaftsrecht, § 16, Rn. 9; Pfahl, S. 55; Mann, S. 13; Gusy, JA 1995, 166 (167 f.); Ziekow, Öffentliches Wirtschaftsrecht, § 7, Rn. 7; Storr, S. 49; Gersdorf, S. 23. Sie bilden damit eine „institutionalisierte ÖffentlichPrivate Partnerschaft (ÖPP)“, vgl. Knauff, in: Schmidt / Wollenschläger, § 6, Rn. 107. Prominente Beispiele sind hier die Deutsche Post AG mit einer (mittelbaren) staatlichen Kapitalbeteiligung von 20,57 % und die Deutsche Telekom AG mit einer (mittelbaren) Beteiligung des Bundes in Höhe von 17,41 %, vgl. BMF, Beteiligungsbericht 2018, S. 14. 215 A. A. Fabry, in: Fabry / Augsten, Unternehmen der öffentlichen Hand, 2. Auflage 2011, S. 35, nach der jede Form der staatlichen Beteiligung an einem Unternehmen dieses zu einem „öffentlichen Unternehmen“ macht, unabhängig von dem Umfang der Beteiligung. 216 Vgl. Pfahl, S. 56; Mann, S. 13; Schliesky, Öffentliches Wettbewerbsrecht, S. 39, 42 f.; Gusy, JA 1995, 166 (168); Emmerich, S. 58 ff. 217 Freie und Hansestadt Hamburg; Hamburgs öffentliche Unternehmen, Beteiligungsbericht 2017, S. 13. 218 Ruthig / Storr, Rn. 672; Schliesky, S. 39; Storr, S. 51; Mann, S. 12; Pfahl, S. 56; Gersdorf, S. 23.

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B. Untersuchungsgegenstand

ne.219 Die ganz herrschende Meinung stellt jedoch rein auf die Tatsache ab, dass die Beherrschung insgesamt durch öffentliche Einheiten erfolgt und qualifiziert auch gemischtöffentliche Unternehmen als öffentliche Unternehmen.220 Beispiele für gemischtöffentliche Unternehmen sind etwa die Flughäfen Berlin Brandenburg GmbH und Flughafen München GmbH.221 An der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH sind beispielsweise das Land Berlin (37 %), das Land Brandenburg (37 %) und der Bund (26 %) beteiligt.222 cc) Zwischenergebnis Ausgehend von dem funktionalen Verständnis des Europäischen Wettbewerbsrechts ist ein Unternehmen jede Einheit, die entgeltlich Waren und Dienstleistungen am Markt anbietet. In welcher Rechtsform die Einheit agiert, ist dabei grundsätzlich unerheblich. Mithin fallen vielfältige öffentlich-rechtlich und privatrechtlich organisierte Erscheinungsformen unter den Begriff des „Unternehmens“. Die Zuordnung des Unternehmens zur öffentlichen Sphäre erfolgt im Europäischen Wettbewerbsrecht über das Kriterium der hoheitlichen Beherrschung. Eine „Beherrschung“ durch die öffentliche Hand setzt nicht zwingend eine formale Mehrheitsbeteiligung voraus. Sie kann auch bei einer Minderheitsbeteiligung durch zusätzliche gesellschafts- und konzernrechtliche Vehikel hergestellt werden. Dies hat zur Folge, dass eine Zuordnung zur öffentlichen Sphäre vor allem in Fällen gemischt öffentlich-privater Beteiligungsverhältnisse nicht mehr pauschal vorgenommen werden kann, sondern unter Berücksichtigung der spezifischen Besonderheiten des Einzelfalles erfolgen muss. b) Begriffsverständnis im Informationsfreiheitsrecht Das Informationsfreiheitsrecht ist dualistisch geprägt. Entgegen der gängigen Terminologie223 umfasst es richtigerweise nicht nur das Informationszugangsrecht, sondern auch das Informationsweiterverwendungsrecht.224 Das Informationszu 219

Vgl. Merten, DÖV 2019, 41 (46 f.); Schluckebier, Abweichendes Votum zu BVerfGE 128, 226 (269) – Fraport. 220 Pfahl, S. 56; Mann, S. 12. 221 Pfahl, S. 34 m. w. N. und Beispielen. 222 Vgl. BMF, Beteiligungsbericht 2018, S. 140. 223 Mit dem Begriff des „Informationsfreiheitsrechts“ lediglich auf das Informationszugangsrecht abstellend Schoch; NJW 2009, 2987 ff.; Hartge, LKV 2007, 7 ff.; Rossi, DVBl. 2010, 554 ff.; Meinhold, LKV 2018, 341 f.; Schaar, Quo vadis IFG? – Informationsfreiheit im Spannungsfeld, 2. BfDI-Symposium zur Informationsfreiheit, 6. und 7. September 2012, S. 1. 224 In diese Richtung auch der Kommentar Fluck / Fischer / Martini (Hrsg.): Informationsfreiheitsrecht mit Umweltinformations- und Verbraucherinformationsrecht, 39. Aktualisierung, Heidelberg 2020, der unter der Überschrift „Informationsfreiheit“ sowohl Informationszugangsregelungen als auch Weiterverwendungsregelungen zusammenfasst.

II. Das öffentliche Unternehmen

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gangsrecht regelt, in welchen Fällen ein Informationsinteressent bloßen Zugang zu hoheitlichem Informationsmaterial erlangen kann. Demgegenüber normiert das Informationsweiterverwendungsrecht, unter welchen Voraussetzungen und zu welchen Bedingungen die hoheitliche Stelle die anschließende Weiterverwendung dieser Information zu kommerziellen und nicht-kommerziellen Zwecken zu gestatten hat. Diese beiden Rechtsregime sind zwar grundsätzlich autonom zu betrachten, zumal sie schwerpunktmäßig unterschiedliche Zielsetzungen verfolgen.225 Sie stehen jedoch nicht losgelöst von- oder antagonistisch zueinander, sondern sind inhaltlich dadurch miteinander verknüpft, dass der Zugang zu einer Information die notwendige Voraussetzung und damit die Vorstufe für dessen Weiterverwendung bildet.226 Klärungsbedürftig ist, ob innerhalb der dualen Struktur des Informationsfreiheitsrechts auf das oben skizzierte wettbewerbsrechtliche Begriffsverständnis zurückgegriffen wird oder ob dem Informationsfreiheitsrecht möglicherweise eine eigenständige Definition des „öffentlichen Unternehmens“ zu Grunde gelegt wird, die bereichsspezifische Geltung beansprucht. Mit Blick auf den Untersuchungsauftrag der Arbeit erlangt diese Frage besondere Bedeutung. Eine strenge informationsfreiheitsrechtliche Definition des „öffentlichen Unternehmens“ kann bereits indirekt einzelne Formen von öffentlichen Unternehmen per se aus dem Anwendungsbereich der Informationsfreiheitsgesetze ausschließen, ohne dass der Gesetzgeber eine solche Eingrenzung ausdrücklich normieren muss wie beispielsweise in § 2 Abs. 3 S. 1 Hs. 1 ThürTG.227 Über die Reichweite des Begriffs des „öffentlichen Unternehmens“ lässt sich damit mittelbar steuern, welche Erscheinungsformen von „öffentlichen Unternehmen“ im wettbewerbsrechtlichen Sinne prinzipiell aus dem Spannungsfeld von Offenlegungs- und Geheimhaltungsinteressen entlassen werden sollen. Auf diese Weise fungiert eine etwaige terminologische Eingrenzung auch als erster (grober) Mechanismus, den Konflikt zwischen Offenlegungs- und Geheimhaltungsinteressen auf der Ebene des Informationszugangs (aa) und der Informationsweiterverwendung (bb) interessensgerecht aufzulösen. aa) Informationszugang Das Informationszugangsrecht kennt den Begriff des „öffentlichen Unternehmens“ nicht. Weder das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes (IFG), noch das Umweltinformationsgesetz (UIG) oder landesgesetzliche Regelungen stellen explizit auf diesen Ausdruck ab. Hieraus ist indes nicht zu folgern, dass das Informationszugangsrecht auf öffentliche Unternehmen keine Anwendung findet. Die 225

Vgl. EuGH, Urteil vom 14. 11. 2018 – C-215/17, GRUR 2019, 209 ff. – Nova Kreditna Banka Maribor d.d. / Republika Slovenija. 226 Zur genauen Abgrenzung von Zugang und Weiterverwendung Brummund-Dieckhoff, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 251 ff. sowie D. I. 227 Siehe hierzu ausführlich C. VIII. 1.

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B. Untersuchungsgegenstand

Rechtsquellen des Informationszugangsrechts umschreiben das Phänomen des „öffentlichen Unternehmens“ lediglich in einer abweichenden Terminologie. Informationszugangsgesetze verpflichten je nach gewählter Formulierung „Behörden“ (vgl. § 1 Abs. 1 S. 1 IFG) oder „Stellen der öffentlichen Verwaltung“ (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 S.1 UIG). Unter diese Begriffe fallen jedenfalls rechtlich unselbstständige Einheiten in öffentlich-rechtlicher Organisationsform wie Regie- und Eigenbetriebe.228 Soweit selbstständige Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts nicht ausdrücklich als solche229 oder allgemein als „juristische Personen des öffentlichen Rechts“230 adressiert sind, gelten sie im informationsfreiheitsrechtlichen Kontext ebenfalls als „Behörden“ oder „Stellen der öffent­lichen Verwaltung“,231 zum Teil kraft ausdrücklicher Klarstellung im Gesetz.232 Das Informationszugangsrecht erfasst damit prinzipiell öffentliche Unternehmen in sämtlichen öffentlich-rechtlichen Organisationsformen. Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform sind dagegen terminologisch grundsätzlich als „juristischen Personen des Privatrechts“ einbezogen.233 Diese bilden je nach einfachgesetzlich gewähltem Zurechnungskriterium einen Teil der informationspflichtigen öffentlichen Sphäre, wenn sie Beliehener sind, zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben eingesetzt oder parallel zum Europäischen Wettbewerbsrecht von öffentlichen Stellen beherrscht werden.234 Damit erstreckt sich der Anwendungsbereich der Informationsfreiheitsgesetze dem Grundsatz nach auch auf Eigengesellschaften, gemischtwirtschaftliche und gemischtöffentliche Unternehmen.235

228

Für § 2 Abs. 1 LIFG BW ausdrücklich VGH Mannheim, Urteil vom 21. 03. 2019 – 10 S 397/18, BeckRS 2019, 5298, Rn. 18, ebenso VG Aachen, Urteil vom 28. 11. 2012 – 8 K 2366/10, BeckRS 2013, 46941 für „eigenbetriebsähnliche Einrichtungen“ einer Kommune. 229 Siehe § 1 Abs. 1 EGovG: „Dieses Gesetz gilt für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden des Bundes einschließlich der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts.“ 230 Vgl. beispielsweise § 2 Abs. 1 ThürTG; § 2 Abs. 3 Nr. 1 IZG-SH; § 1 Abs. 1 S. 1 BremIFG. 231 Vgl. Schoch, IFG, § 1, Rn. 167 ff.; Karg, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 2 UIG, Rn. 12. Für § 2 Abs. 1 IFG-NRW vgl. Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen, Die Bestellung von externen betrieblichen Datenschutzbeauftragten in Apotheken und Arztpraxen, S. 4 f., abrufbar unter: https://www.ldi.nrw.de/ mainmenu_Informationsfreiheit/submenu_Anwendungshinweise/Inhalt/Anwendungshinweise_ zum_Informationsfreiheitsgesetz/__2.pdf (zuletzt aufgerufen am 29. 09. 2020). 232 § 2 Abs. 3 S. 1 HmbTG: „Behörden sind alle Stellen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Hamburgischen Verwaltungsverfahrensgesetzes […] einschließlich der der Aufsicht der Freien und Hansestadt Hamburg unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, auch soweit diese Bundesrecht oder Recht der Europäischen Union ausführen“. 233 Vgl. beispielsweise § 1 Abs. 1 S. 3 IFG; § 2 Abs. 1 Nr. 2 UIG; § 2 Abs. 2 Nr. 2 VIG; § 2 Abs. 3 Hs. 2 HmbTG. 234 Siehe zu den einzelnen Zurechnungsmechanismen im reaktiven Informationsfreiheitsrecht C. II. 2. b) bb). 235 Nur sehr vereinzelt werden ausschließlich Eigengesellschaften informationsrechtlich verpflichtet, vgl. § 1 Abs. 1 S. 2 IFS München, siehe C. III. 3. c).

II. Das öffentliche Unternehmen

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Insgesamt lässt sich damit sagen, dass das Informationszugangsrecht zwar nicht explizit an den Ausdruck des „öffentlichen Unternehmens“ anknüpft, grundsätzlich aber mit abweichenden Begriffsbestimmungen sämtliche öffentlich-recht­ lichen und privatrechtlichen Organisations- und Erscheinungsformen im wettbewerbsrechtlichen Sinne umfassen kann. Eine terminologische Eingrenzung, die sich gleichzeitig inhaltlich auswirkt, findet damit auf der Ebene des Informationszugangs grundsätzlich nicht statt. bb) Informationsweiterverwendung Anders als im Informationszugangsrecht kursiert der Begriff des „öffentlichen Unternehmens“ im Informationsweiterverwendungsrecht schon seit jeher. Zurückzuführen ist diese Beobachtung auf die Tatsache, dass das Informationsweiterverwendungsrecht im Gegensatz zum allgemeinen Informationszugangsrecht maßgeblich von europarechtlichen Vorgaben geprägt ist. Erstmalig setzte sich die Kommission im Jahr 1998 in dem Grünbuch über Informationen des öffentlichen Sektors mit den Möglichkeiten der Nutzung und Weiterverwendung öffentlicher Informationsbestände auseinander. Dabei verwendete sie noch den Begriff des „Staatsunternehmens“ und stellte klar, dass „Staatsunternehmen, die unter Marktbedingungen arbeiten und dem Privat- und dem Handelsrecht unterliegen, eindeutig nicht zum öffentlichen Sektor“ gehören.236 Auch im ursprünglichen Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Weiterverwendung und die kommerzielle Verwendung von Dokumenten des öffentlichen Sektors wurde noch auf den Begriff des „staatlichen Unternehmens“ anstatt des „öffentlichen Unternehmens“ abgestellt.237 Dies änderte sich mit der Richtlinie 2003/98/EG, die in Erwägungsgrund 10 nunmehr explizit statuierte, dass „öffentliche Unternehmen“ nicht vom Anwendungsbereich der Richtlinie erfasst seien.238 Eine Definition des „öffentlichen Unternehmens“

236 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, KOM (1998) 585, Grünbuch über die Informationen des öffentlichen Sektors in der Informationsgesellschaft, S. 12. 237 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, KOM (2002), 207 endg. Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Weiterverwendung und die kommerzielle Verwendung von Dokumenten des öffentlichen Sektors, S. 9. Auf eine auf das Informationsweiterverwendungsrecht speziell zugeschnittene Legaldefinition wurde in dem Vorschlag jedoch verzichtet. 238 Vgl. Erwägungsgrund 10 der RL 2003/98/EG: „Die Begriffsbestimmungen ‚öffentliche Stelle‘ und ‚Einrichtung des öffentlichen Rechts‘ sind den Richtlinien über das öffentliche Auftragswesen entnommen. Öffentliche Unternehmen werden von diesen Begriffsbestimmungen nicht erfasst“, vgl. Schoch, NVwZ 2006, 872 (873); Drexl, The competition dimension of the European regulation of public sector information and the concept of an undertaking, Max Planck Institute for Innovation and Competition Research Paper No. 14-03, S. 1 (29 f.); EuGH, Urteil vom 14. 11. 2018 – C-215/17, GRUR 2019, 209 (210) – Nova Kreditna Banka Maribor d.d. / Republika Slovenija.

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B. Untersuchungsgegenstand

blieb freilich aus. Eine solche suchte der Rechtsanwender auch in der NachfolgeRichtlinie 2013/37/EU vergebens.239 Mithin erwähnte auch das IWG als nationaler Umsetzungsakt der PSI-Richtlinien den Begriff des „öffentlichen Unternehmens“ nicht im Gesetzestext, sondern stellt lediglich in der Gesetzesbegründung klar, dass öffentliche Unternehmen, nicht erfasst sein sollen.240 Auch in den 2014 veröffentlichten Leitlinien für empfohlene Standardlizenzen, Datensätze und Gebühren für die Weiterverwendung von Informationen ist lediglich allgemein von „Unternehmen“ die Rede.241 Diese Rechtslage führte jedoch nicht dazu, dass sämtliche Erscheinungsformen von öffentlichen Unternehmen aus dem Anwendungsbereich des Informationsweiterverwendungsrechts ausgeschlossen wären: So wurden unselbstständige Eigen- und Regiebetriebe über die Gebietskörperschaft, in die sie organisatorisch eingegliedert sind, als „öffentliche Stelle“ verpflichtet (vgl. Art. 2 Nr. 1 Var. 2). Auch organisatorisch und rechtlich verselbstständigte Anstalten des öffentlichen Rechts waren grundsätzlich in den Anwendungsbereich der PSI-Richtlinie einbezogen. Sie stellen „Einrichtungen des öffentlichen Rechts“ (vgl. Art. 2 Nr. 2) dar, zumindest wenn sie wie im Regelfall Aufgaben nicht gewerblicher Art erfüllten.242 Gleiches galt für nicht gewerblich tätige öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform. Sobald eine hoheitlich beherrschte unternehmerische Einheit jedoch gewerblich handelte, war sie vom Anwendungsbereich der PSI-Richtlinie ausgeschlossen.243 Dieser Zustand änderte sich mit der im Juni 2019 erlassenen Richtlinie 2019/ 1024/EU. Diese bezog in Art. 1 Abs. 1 lit. b erstmalig Dokumente von „öffentlichen Unternehmen“ in den Anwendungsbereich des Weiterverwendungsrechts ein. Der Begriff des öffentlichen Unternehmens wurde dabei in Art. 2 Nr. 3 legaldefiniert als „ein in den in Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b genannten Bereichen tätiges Unternehmen, auf das öffentliche Stellen aufgrund der Eigentumsverhältnisse, der finanziellen Beteiligung oder der für das Unternehmen geltenden Bestimmungen unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben können. Von einem beherrschenden Einfluss der öffentlichen Stellen ist in jedem der folgenden Fälle auszugehen, in denen diese Stellen unmittelbar oder mittelbar

239

Vgl. Wirtz, S. 72; Trosch, S. 42; Öhlböck, Informationsweiterverwendungsgesetz, S. 42. Vgl. BT-Drs. 16/2453, S. 14. 241 Europäische Kommission, Leitlinien für empfohlene Standardlizenzen, Datensätze und Gebühren für die Weiterverwendung von Unternehmen v. 24. 07. 2014, C-240/1, S 5. 242 Die Literatur identifiziert in der „Nichtgewerblichkeit“ von „Einrichtungen der öffentlichen Hand“ das entscheidende Abgrenzungskriterium zu öffentlichen Unternehmen. Jene erfüllen ihre Aufgabe auf gewerbliche Art. Entscheidend ist hierfür, dass sie mit Gewinnerzielungsabsicht unter Marktbedingungen tätig sind und damit ihre wirtschaftlichen Risiken selbst tragen, vgl. für das nationale Recht Richter, IWG, § 2, Rn. 37; Püschel, in: Fluck / Fischer / Martini, IWG, § 2, Rn. 38; näher zur Abgrenzung siehe Pünder, in: Pünder / Schellenberg, Vergaberecht, GWB, § 99, Rn. 32 f. 243 Vgl. EuGH, Urteil vom 14. 11. 2018 – C-215/17, GRUR 2019, 209 (210) – Nova Kreditna Banka Maribor d.d. / Republika Slovenija. 240

II. Das öffentliche Unternehmen

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a) die Mehrheit des gezeichneten Kapitals des Unternehmens halten; b) über die Mehrheit der mit den Anteilen am Unternehmen verbundenen Stimmrechte verfügen; c) mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des Unternehmens ernennen können.“

Aus dem Erwägungsgrund 29 der RL 2019/1024/EU wird deutlich, dass es sich bei dieser Legaldefinition nicht um eine informationsrechtsspezifische Neuschöpfung handelt, sondern vielmehr die Begriffsbestimmung der Sektoren-Richtlinie 2014/25/EU244 übertragen wurde.245 Für die Einordnung als „öffentliches Unternehmen“ im Sinne der RL 2019/1024 (EU) sind damit zwei Wesensmerkmale ausschlaggebend: Das Vorliegen eines beherrschenden Einflusses durch den Staat und das Ausüben einer Sektorentätigkeit im Bereich der Daseinsvorsorge, wobei lediglich letzteres ein informations- und vergaberechtliches Spezifikum darstellt. Dem Informationsweiterverwendungsrecht liegt somit ein von dem definitorischen „Urvater“ der RL 80/723/EWG und der daraus abgeleiteten wettbewerbsrechtlichen Rechtsprechung abweichendes Begriffsverständnis zu Grunde. Während sich die Erkenntnisse zum Beherrschungserfordernis weitgehend übertragen lassen, ist der Definitionsrahmen insofern enger, als dass im Geltungsbereich der RL 2019/1024 (EU) nicht jegliche öffentlich-rechtliche Aufgabenerfüllung eine Qualifizierung als „öffentliches Unternehmen“ rechtfertigen soll. „Öffentliche Unternehmen“ im Sinne des Weiterverwendungsrechts sind nur solche, die in bestimmten, vergaberechtlich determinierten, Bereichen der Daseinsvorsorge (Wasser, Energie, Verkehr) tätig sind. Anders als noch im ursprünglichen Gesetzesentwurf zum DNG vorgesehen,246 übernahm der nationale Gesetzgeber bei der Richtlinienumsetzung die Terminologie der RL 2019/1024 (EU) nicht. Stattdessen führte er in § 3 Nr. 2 DNG den Ausdruck der „Unternehmen der Daseinsvorsorge“ ein. Dieser orientiert sich noch enger als die RL 2019/1024 (EU) am Sektorenvergaberecht und umschreibt Unternehmen im Sinne des § 100 Abs. 1 Nr. 2 GWB, die eine Tätigkeit gem. § 102 GWB 244

Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energieund Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG, L 94/243, mit fast wortgleicher Definition auch die beiden Vorgänger-Richtlinien 93/38/EWG und Richtlinie 2004/17/EG. 245 Über das nun gewählte, einschränkende Begriffsverständnis herrschte im Gesetzgebungsverfahren zur Richtlinie RL 2019/1024 (EU) nicht immer Einigkeit: In dem ursprünglichen Vorschlag der Kommission zur Richtlinie 2019/1024/EU fand sich ein noch weiteres Begriffsverständnis, das ausgehend von Art. 106 Abs. 2 AEUV „öffentlichen Unternehmen, die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse erbringen“ erfassen sollte, vgl. Europäische Kommission, Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors (Neufassung), 2018/0111 (COD) v. 25. 04. 2018, S. 10. 246 Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 38.

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B. Untersuchungsgegenstand

ausüben oder öffentliche Personenverkehrsdienste betreiben. Inhaltlich unterscheidet sich diese Definition von den europarechtlichen Vorgaben vor allem dadurch, dass sie auch rein private Unternehmen einschließt. Hinsichtlich der Verpflichtung öffentlicher Unternehmen weicht das DNG dagegen nicht von dem Verständnis der RL 2019/1024 (EU) ab.247 Analysiert man den inhaltlichen Definitionsrahmen der RL 2019/1024 (EU) und des DNG im Lichte der oben vorgenommenen Typologie, so stellt man fest, dass das Begriffsverständnis des Informationsweiterverwendungsrechts rechtsformneutral ausgestaltet ist. Erfasst werden grundsätzlich sowohl privatrechtliche als auch öffentlich-rechtliche Organisationsformen. Eine solche Auslegung gebietet nicht nur der offene Wortlaut, der keine Einschränkung vorsieht, sondern auch die Tatsache, dass sich öffentlich-rechtlich organisierte Einheiten (insb. Sparkassen) gleichermaßen gewerblich betätigen können wie privatrechtlich organisierte Unternehmen.248 Begrenzte man den Begriff des „öffentlichen Unternehmens“ im Weiterverwendungsrecht allein auf privatrechtlich organisierte Einheiten, ließe man damit Raum für Lücken im Anwendungsbereich, die der Staat durch geschickte Rechtsformwahl für sich ausnutzen könnte. Gleichwohl wird die Definition des „öffentlichen Unternehmens“ primär privatrechtliche Erscheinungsformen adressieren. Das Beherrschungskriterium erfasst Eigengesellschaften, je nach Ausmaß der Einflussnahmemöglichkeiten im Einzelfall auch gemischtwirtschaftliche und gemischtöffentliche Gesellschaften. Letzteres gebietet bereits der eindeutige Richtlinien- bzw. Gesetzeswortlaut: „auf das öffentliche Stellen […] beherrschenden Einfluss ausüben können“. cc) Zwischenergebnis Das Informationsfreiheitsrecht ist Blick auf „öffentliche Unternehmen“ begrifflich gespalten. Im Informationszugangsrecht legen die Gesetzgeber im Mehrebenensystem kein bereichsspezifisches Begriffsverständnis zu Grunde. Sie verzichten auf eine Verwendung des Ausdrucks „öffentliches Unternehmen“ und rekurrieren stattdessen terminologisch auf „Behörden“, „öffentliche Stellen“ oder „juristische Personen des privaten Rechts“. Inhaltlich werden damit indes sämtliche Erscheinungsformen des wettbewerbsrechtlichen Verständnisses erfasst, so dass im Ergebnis eine sprachliche (Vor-)Steuerung des Interessenskonflikts zwischen Geheimhaltung und Offenlegung über den Anwendungsbereich der Informationszugangsregime nicht stattfindet. 247

Siehe hierzu im Detail 0. Ein Beispiel für kommerziell tätige Unternehmen in öffentlich-rechtlicher Organisationsform sind öffentliche Sparkassen als gewerblich tätige Anstalten des öffentlichen Rechts, vgl. OLG Rostock, Beschluss vom 15. 06. 2005 – 17 Verg 3/05, NZBau 2006, 593 ff. 248

II. Das öffentliche Unternehmen

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Im Gegensatz dazu stellt das Informationsweiterverwendungsrecht zumindest auf Richtlinienebene ausdrücklich auf das „öffentliche Unternehmen“ ab und liefert eine eigenständige, sich vom wettbewerbsrechtlichen Verständnis unterscheidende, Begriffsbestimmung. Anders als nach wettbewerbsrechtlichen Grundsätzen soll nicht bereits jede am Markt anbietende Tätigkeit für die Einordnung als „öffentliches Unternehmen“ ausreichen. Das Informationsweiterverwendungsrecht betrachtet eine gewerblich tätige Einheit nur dann als „öffentliches Unternehmen“, wenn es in vom Gesetzgeber prädeterminierten Sektoren der Daseinsvorsorge tätig ist. Außerhalb dieser Sektoren werden Einheiten, die nach Art. 106 Abs. 1 AEUV als „öffentliche Unternehmen“ zu qualifizieren sind, zumindest auf der Ebene der Weiterverwendung grundsätzlich nicht verpflichtet. Sie sind damit gleichzeitig von der Spannungslage zwischen Geheimhaltungs- und Offenlegungsinteressen befreit. Bereits auf terminologischer Ebene sind damit erste gesetzgeberische Versuche zu erkennen, dem strukturellen Interessenskonflikt des Informationsfreiheitsrechts habhaft zu werden. Die sprachliche und inhaltliche Asynchronität des Informationsfreiheitsrechts provoziert potentiell Wertungsunterscheide und Unsicherheiten bei der Rechtanwendung. Dass sich der Gesetzgeber aktuell bei der Umsetzung des DNG für die Einführung eines eigenständigen, bis dato unbekannten, Rechtsbegriffs entschieden hat, verschärft das terminologische Durcheinander zusätzlich. Eine einheitliche und das Informationsfreiheitsrecht harmonisierende Verwendung des Begriffs des „öffentlichen Unternehmens“ ist aus diesem Grund dringend angezeigt. Soweit möglich und sinnvoll, liegt sie nicht zuletzt zwecks Förderung der Lesbarkeit auch der nachfolgenden Untersuchung zu Grunde. Bei der Analyse des Informationszugangsrechts (C.) ist dabei inhaltlich auf das unter B. II. 1. dargestellte, allgemeine wettbewerbsrechtliche Begriffsverständnis abzustellen, während die Betrachtung des Weiterverwendungsrechts (D.) grundsätzlich auf der strengeren, europarechtlich determinierten Definition basiert. 2. Zulässigkeit Nach dem allgemeinen Begriffsverständnis werden Verwaltungseinheiten zu öffentlichen Unternehmen, wenn sie anbietend, herstellend oder verteilend am Markt tätig sind. Freilich korrespondiert jede Form der hoheitlichen Marktaktivität mit spezifischen Gefahren und Risiken, so dass sich die Verwaltung nicht grenzenlos unternehmerischer Handlungsmodelle bedienen darf. Vielmehr steht die Zulässigkeit hoheitlicher Wirtschaftsteilnahme und damit der Einsatz öffentlicher Unternehmen unter dem Vorbehalt besonderer verfassungsrechtlicher und einfachgesetzlicher Grenzziehungen, die im Folgenden näher skizziert werden sollen. In diesem Zusammenhang ist zwischen allgemeinen Rahmenbedingungen hoheitlicher Wirtschaftsbetätigung mittels öffentlicher Unternehmen (a)) und besonderen Vorgaben für die Gründung und den Betrieb von öffentlichen Unternehmen in privater Rechtsform (b)) zu differenzieren.

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B. Untersuchungsgegenstand

a) Die allgemeine Zulässigkeit öffentlicher Unternehmen aa) Europarecht Dem Europarecht lassen sich allenfalls mittelbare Direktiven für die Zulässigkeit des Betriebs und der Gründung von öffentlichen Unternehmen entnehmen. Den ersten Anhaltspunkt bildet der Subsidiaritätsgrundsatz des Art. 5 Abs. 3 EUV, über den unter anderem die kommunale Selbstverwaltung als Ganzes primärrechtlich anerkannt ist.249 Dass die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung auch die Gründung öffentlicher Unternehmen umfasst, bestimmt das Unionsrecht zwar nicht ausdrücklich. Aus der Existenz des Art. 106 Abs. 1 AEUV, der explizit an öffentliche Unternehmen anknüpft, ergibt sich jedoch, dass die Gründung von öffentlichen Unternehmen dem Unionsrecht zumindest nicht grundsätzlich entgegensteht.250 Dieses Ergebnis stützt Art. 345 AEUV. Nach dieser Vorschrift bleibt die Eigentumsordnung der einzelnen Mitgliedsstaaten unberührt, was nach allgemeiner Auffassung auch die Unternehmenseigenschaft in privater und öffentlicher Trägerschaft schützt.251 Nach der Systematik der unionsrechtlichen Verträge sind damit die Errichtung und der Betrieb von öffentlichen Unternehmen als Teil der kommunalen Selbstverwaltung grundsätzlich zulässig. Die Festlegung von konkreten Vorgaben für die Ausgestaltung der Zulässigkeitsvoraussetzungen oder die innere Ordnung des Unternehmens überlässt der europäische Normgeber jedoch den einzelnen Mitgliedsstaaten. bb) Verfassungsrecht Die Idee des öffentlichen Unternehmens ist dem Grundgesetz nicht fremd. Art. 110 Abs. 1 S. 1 GG spricht ausdrücklich von „Bundesbetrieben“ und impliziert damit, dass der Staat jedenfalls von Verfassungs wegen nicht daran gehindert sein soll, sich wirtschaftlich zu betätigen. Konkrete Ausgestaltungsdirektiven stellt das Grundgesetz jedoch nur vereinzelt auf. Allein Art. 87e Abs. 3 S. 1, 2 GG ordnet an, dass Wirtschaftsunternehmen in privat-rechtlicher Form, die im Eigentum des Bundes stehen, den Bau, die Unterhaltung und den Betrieb von Schienenwegen übernehmen sollen. Ob, nach welchen Maßstäben und in welchen Bereichen darüber 249

Vgl. Reeck, Der funktionale Begriff des öffentlichen Auftraggebers, S. 30; Ehlers, in: Wurzel / Schraml / Becker (Hrsg.), Rechtspraxis der kommunalen Unternehmen, B. Rn. 2; anders Stern, NdsVBl. 2010, 1 (6), der die europarechtliche Garantie kommunaler Selbstverwaltung aus Art. 4 Abs. 2 S. 1 EUV und Abs. 3 S. 1 der Präambel der EU-Grundrechte-Charta ableitet. 250 Vgl. Reeck, S. 30; Ehlers, in: Wurzel / Schraml / Becker, B. Rn.  8; Gramlich, IR 2020, 20 (23). 251 Vgl. Reeck, S. 30; Kühling, in: Streinz, EUV / AEUV, Art. 345 AEUV, Rn. 7; Burgi, Kommunalrecht, § 17, Rn. 23.

II. Das öffentliche Unternehmen

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hinaus weitere öffentliche Unternehmen eingesetzt werden können, ist verfassungsrechtlich nicht determiniert. Das Schweigen des Grundgesetzes beinhaltet dabei nach allgemeiner Auffassung kein konkludentes Verbot der Errichtung öffentlicher Unternehmen, sondern ist Ausdruck der Tatsache, dass die verfassungsrechtliche Konzeption der Bundesrepublik Deutschland dem Phänomen des wirtschaftlich tätigen Staatsunternehmens neutral und gestaltungsoffen gegenüber steht.252 Vereinzelte Versuche, aus dem Konzept des „Steuerstaates“253, dem verfassungsrechtlichen Wirtschaftlichkeitsgebot254 oder dem allgemeinen Subsidiaritätsprinzip255 eine verfassungsrechtliche Wertentscheidung gegen die Zulässigkeit öffentlicher Wirtschaftsunternehmen zu konstruieren, stoßen damit zu Recht auf Ablehnung.256 Bereits die Annahme einer allgemeinen Subsidiarität staatlicher Wirtschaftsteilnahme gegenüber der Privatwirtschaft257 verträgt sich nicht mit der wirtschaftspolitischen Neutralität des Grundgesetzes.258 Demgegenüber ergibt sich die verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Kommunalunternehmen zumindest mittelbar aus der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG. Elementarer Teil des „unantastbaren Kernbereichs“ der kommunalen Selbstverwaltung ist die Aufgabenhoheit und Eigenverantwortlichkeit der Gemeinde für „alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft“.259 Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Kreis der kommunalen Aufgaben weit zu ziehen und umfasst sämtliche Aufgaben, die das Zusammenleben und -wohnen der Menschen vor Ort betreffen oder dazu einen spezifischen Bezug haben.260 Im Kern geht es hierbei um Leistungen, die nach der von Forsthoff aufgestellten Begriffsbestimmung261 dem Topos der Daseinsvorsorge zuzurechnen sind. Auf welche Art und Weise die Gemeinde ihre Aufgaben der Daseinsvorsorge erbringt, steht ihr grundsätzlich frei.262 Die Eigenverantwortlichkeitsgarantie des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG gestattet ihr dabei insbesondere auch die Aufgabenerfüllung mittels wirtschaftlich ausgerichteter öffentlicher

252

Vgl. Mann, S. 23 ff.; Knauff, in: Schmidt / Wollenschläger, § 6, Rn. 20; Gramlich, IR 2020, 20 (23). 253 Vgl. Hösch, WiVerw 2000, 159 (170). Siehe zur Idee des „Steuerstaates“ BVerfGE 93, 319 (342 f.). 254 Vgl. von Arnim, Wirtschaftlichkeit als Rechtsprinzip, S. 72 ff.; Gersdorf, S. 408 ff. 255 Vgl. Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, S. 286 ff. Kritisch hierzu ­Walendy, Theorie kommunaler Wettbewerbsunternehmen, S. 56 ff. 256 Vgl. Knauff, in: Schmidt / Wollenschläger, § 6, Rn. 20; Jarass, DÖV 2002, 489 (491 f.). 257 So Stern / Sachs / Dietlein, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band IV/1, S. 907. 258 Vgl. Badura, ZHR 146 (1982), 448 (459); Ehlers, JZ 1990, 1089 (1096); Di Fabio, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 2 Abs. 1, Rn. 120 m. w. N. 259 Vgl. BVerfGE 79, 127 (143); Brüning, JA 2015, 592 (593 ff.). 260 BVerwG, Urteil vom 27. 05. 2009 – 8 C 10/08, NVwZ 2009, 1305 (1306). 261 Vgl. Forsthoff, Die Verwaltung als Leistungsträger, S. 7. 262 Vgl. BVerfGE 79, 127 (143); Nierhaus / Engels, in: Sachs, GG, Art. 28, Rn. 46; Ziekow, § 7, Rn. 40 f.

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Unternehmen am Markt,263 vorausgesetzt, die Kommune handelt dabei innerhalb ihres Hoheitsgebietes.264 cc) Einfaches (Kommunal-)Recht Die kommunale Eigenverantwortlichkeitsgarantie wird jedoch nicht vorbehaltlos gewährleistet. Dem Gesetzgeber obliegt nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG („im Rahmen der Gesetze“) die Befugnis, konkrete Schranken der wirtschaftlichen Betätigung der kommunalen Hand einfachgesetzlich auszugestalten.265 Von dieser Befugnis haben die Landesgesetzgeber unter anderem mit dem Erlass von Gemeindeordnungen Gebrauch gemacht.266 Insgesamt hat sich für die Zulässigkeit von öffentlichen Unternehmen landesübergreifend die so genannte „Schranken-Trias“ etabliert. Diese geht im Kern auf § 67 der Deutschen Gemeindeordnung von 1935 zurück267 und erlaubt den Gemeinden (ungeachtet einzelner landesspezifischer Modifikationen) die Errichtung oder den Betrieb eines wirtschaftlichen Unternehmens nur dann, wenn (1) ein öffentlicher Zweck das Unternehmen erfordert oder rechtfertigt, (2) Art und Umfang des Unternehmens in einem angemessen Verhältnis zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Gemeinde steht und (3) der Zweck nicht mindestens ebenso gut und wirtschaftlich durch einen privaten Dritten erfüllt wird. Durch die Einhaltung der Schranken-Trias sollen Gemeinden vor allem dazu angehalten werden, die Eingehung von (vermeidbaren) wirtschaftlichen Risiken zu unterlassen und sich auf die Erfüllung eigentlicher kommunaler Kernaufgaben zu konzentrieren.268 Dieser Begründungsansatz greift allerdings nur bedingt für die Errichtung und den Betrieb nichtwirtschaftlicher „Unternehmen“, die ausschließlich abseits von Markt- und Wettbewerbsmechanismen Aufgaben der Daseinsvorsorge erfüllen, weshalb für diese die strengen Anforderungen der Schranken-Trias zum Teil gelockert werden.269 Andersherum 263

Vgl. RhPfVerfGH, Urteil vom 28. 03. 2000 – VGH N 12/98, NVwZ 2000, 801 ff.; Mehde, in: Maunz / Dürig, Art. 28 Abs. 2 GG, Rn. 92 m. w. N. 264 So zumindest die herrschende Auffassung, vgl. Mehde, in: Maunz / Dürig, Art.  28 Abs.  2  GG, Rn. 95 m. w. N. Zur Gegenansicht, die jede Form der kommunalwirtschaftlichen Aktivität auch außerhalb des eigenen Gemeindegebiets als verfassungsgeschützt ansieht, solange sie einen sachlichen Bezug zur Versorgung der eigenen Gemeindebevölkerung aufweist, siehe Hellermann, in: BeckOK Grundgesetz, Art. 28, Rn. 41.6. Betrachtet man den lokalen Aufgabenzuschnitt nach der soeben dargestellten Linie des Bundesverwaltungsgerichts als tendenziell weit, werden die praktischen Unterschiede zwischen beiden Ansichten freilich sehr gering sein. 265 Vgl. BVerfGE 79, 127 (143); Sonder, LKV 2013, 202 (202). 266 Vgl. BVerfGE 79, 127 (155 ff.); Zurheide, Das Recht der öffentlichen Unternhemen, S. 23. Für einen Überblick über die einzelnen Kommunalordnungen der Bundesländer siehe Gern /  Brüning, Kap. 2, Rn. 60. 267 Vgl. Lange, NVwZ 2014, 616 (616); Gern / Brüning, Kap. 16, Rn. 985. 268 Vgl. Gern / Brüning, Kap. 16, Rn. 991; ähnlich Knauff, Öffentliches Wirtschafsrecht, § 8, Rn. 18: Schutz vor „finanzieller und organisatorischer Überforderung“. 269 Vgl. § 102 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 GO BW oder § 107 Abs. 2 GO NRW. Hierzu gehören vor allem Einrichtungen, die aufgrund von gesetzlichen Verpflichtungen betrieben werden wie z. B.

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hat sich der Vorschlag von Jarass, so genannte „Wettbewerbsunternehmen“, die keinerlei hoheitliche Vorteile genießen und mit Privaten gleichberechtigt am Wirtschaftsverkehr teilnehmen (sollen), zu privilegieren und von der Schranken-Trias auszunehmen, nicht durchgesetzt.270 Zu den Voraussetzungen der Schranken-Trias im Einzelnen: (1) Öffentlicher Zweck Aus dem Rechtsstaatsprinzip folgt, dass jedes staatliche Handeln durch gemeinwohlbezogene Erwägungen legitimiert sein muss.271 Von dem zwingenden Erfordernis des Gemeinwohlbezuges ist auch das wirtschaftliche Handeln des Staates nicht ausgenommen. Mithin rechtfertigt auch erst die Erfüllung eines öffentlichen Zwecks eine mögliche staatliche Wirtschaftsbetätigung durch öffentliche Unternehmen.272 Umgekehrt verliert ein öffentliches Unternehmen nach herrschender Auffassung seine Existenzberechtigung dort, wo es losgelöst von jeglichem öffentlichen Zweck alleine zur Gewinnerzielung eingesetzt wird.273 Entsprechend setzen auch die Gemeindeordnungen der Länder zwingend voraus, dass ein öffentlicher Zweck das Unternehmen rechtfertigt (vgl. § 102 Abs. 1 Nr. 1 GO BW) oder gar er-

im Bereich des Schul- und Bildungswesens oder der Kultur- und Wohlfahrtspflege, vgl. Geis /  Madeja, JA 2013, 248 (249). Nach dem oben zu Grunde gelegten Begriffsverständnis des EuGH liegt hier jedoch mangels wirtschaftlicher Tätigkeit schon gar kein „Unternehmen“ vor. Richtigerweise ist der Begriff der „Einrichtung“ zu verwenden. Ausführlich zum Ausschluss von Einrichtungen mit Aufgaben von generellem öffentlichen Interesse Lange, NVwZ 2014, 616 (618). Werden diese nichtwirtschaftlichen Einrichtungen jedoch in Privatrechtsform betrieben, wird von der Privilegierung meist eine Rückausnahme gemacht, vgl. Gern / Brüning, Kap. 16, Rn. 987 m. w. N. 270 Vgl. Jarass, Kommunale Wirtschaftsunternehmen im Wettbewerb, S. 91 ff.; eingehend zu diesem Ansatz und insbesondere zur Kritik siehe Zurheide, S. 154 ff. Nichtsdestotrotz wird der Begriff des „Wettbewerbsunternehmens“ in der rechtswissenschaftlichen Literatur noch vereinzelt verwendet, vgl. Walendy, Theorie kommunaler Wettbewerbsunternehmen, Baden-Baden 2008. 271 Vgl. BVerfGE 116, 135 (146 f.); Ronellenfitsch, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.): HStR, Bd. IV, § 98, Rn. 39; Kapteina, S. 36. 272 Zur „Instrumentalthese“, nach der öffentliche Unternehmen letztendlich als Werkzeug zur Erfüllung öffentlicher Zwecke eingesetzt werden dürfen, vgl. Mann, JZ 2002, 819 f. Siehe hierzu ausführlich C. VII. 2. a). 273 Vgl. BVerfGE 61, 82 (107); Löwer, VVDStRL 60 (2001), 416 (421); Lange, NVwZ 2014, 616 (617); Sonder, LKV 2013, 202 (203); Gern / Brüning, Kap. 16, Rn. 1001. Das geht bereits aus der Gemeindeordnung von 1935 hervor: „Es kann einer Gemeinde nie erlaubt sein, zu wirtschaften, wenn ihr einziges Ziel dabei das der Gewinnerzielung ist.“ Anders jedoch Britz, NVwZ 2001, 380 (382) und Bosesky, S. 53, die auch in der reinen Gewinnerzielungsabsicht einen verfassungsrechtlich legitimen Zweck sehen, da aus der Existenz der Art. 104a ff. GG folge, dass der Staat selbst Einnahmen erzielen dürfe. Jedenfalls zulässig ist dagegen die gewinnorientierte „Randnutzung“ zur Auslastung ungenutzter Kapazitäten, vgl. BVerwG, Urteil vom 21. 04. 1989 – 7 C 48/88, NJW 1989, 2409; Krämer, LKV 2016, 348 ff.

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B. Untersuchungsgegenstand

fordert (vgl. § 107 Abs. 1 S. 1 GO NRW).274 Der Begriff des öffentlichen Zwecks ist hierbei grundsätzlich weit auszulegen. Er schließt nicht nur Aufgaben der „klassischen“ Daseinsvorsorge (Energie- und Wasserversorgung, Verkehr) ein, sondern umfasst darüber hinausgehend alle Tätigkeiten, die allgemein der Förderung von Gemeinwohlbelangen und den Bedürfnissen der Gemeindebewohner dienen.275 Dass die Bedürfnisse der Gemeindebewohner dabei nicht statisch determiniert werden können, sondern permanenten Veränderungen und Anpassungen unterliegen, liegt dabei auf der Hand.276 Konsequenterweise ist auch der öffentliche Zweck im Kern ein offen auszulegender Begriff, der zeitgenössischen Entwicklungen angepasst werden muss.277 Hinsichtlich der gerichtlichen Kontrolldichte ist zu unterscheiden: Während der „öffentliche Zweck“ einen voll gerichtlich überprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriff darstellt,278 steht der Gemeinde hinsichtlich des Merkmals der Rechtfertigung oder der Erforderlichkeit eine umfassende Einschätzungsprärogative zu, die gerichtlich nur eingeschränkt kontrolliert und korrigiert werden kann.279 Die so eingeräumten Entscheidungsspielräume sind nicht nur Konsequenz der kommunalen Eigenverantwortlichkeit nach Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG, sondern vornehmlich auf strukturelle Unsicherheiten im kommunalen Gestaltungsprozess zurückzuführen: Die Beantwortung der Frage nach der Erforderlichkeit der Zweckerfüllung ist in der Regel keines objektiv-empirischen ex ante Nachweises zugänglich, sondern macht planerisch-gestalterische Prognoseentscheidungen erforderlich.280 (2) Relationsklausel Manche Gemeindeordnungen machen die Zulässigkeit einer wirtschaftlichen Betätigung davon abhängig, ob diese nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zu der Leistungsfähigkeit der Gemeinde steht (sog. Relationsklausel).281 Die Leistungsfähigkeitsklausel konkretisiert den für alle kommunalen Tätigkeiten geltenden Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit und dient zugleich dem Schutz der Gemeinde vor wirtschaftlicher Überforderung, indem die 274

Der terminologischen Unterscheidung kommt kein rechtlicher Gehalt zu, insbesondere impliziert die Formulierung „erfordern“ keine strengeren Anforderungen als ein „rechtfertigen“, vgl. Zurheide, S. 64. 275 BVerwGE 39, 329 (334); Gern / Brüning, Kap. 16, Rn. 999 m. w. N. 276 Vgl. Gern / Brüning, Kap. 16, Rn. 1000; Zurheide, S. 48. 277 Vgl. Gern / Brüning, Kap. 16, Rn. 1000; Zurheide, S. 48. 278 Vgl. Gern / Brüning, Kap. 16, Rn. 1000; Geis / Madeja, JA 2013, 248 (250), a. A. Reck, DVBl. 2009, 1546 (1549). 279 BVerwGE 39, 329 (334); Zurheide, S. 46; Kapteina, S. 19; Kaster, BeckOK Kommunalrecht, GO NRW § 107, Rn. 29. 280 Vgl. Gern / Brüning, Kap. 16, Rn. 1000. 281 So beispielsweise § 107 Abs. 1 Nr. 2 GO NRW, siehe hierzu Kaster, BeckOK Kommunalrecht NRW, GO NRW, § 107, Rn. 32. Ebenso § 101 Abs. 1 Nr. 2 GO SH; § 136 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 lit. a NdsKomVG; § 85 Abs. 1 Nr. 2 GO RLP.

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Gemeinden dazu angehalten werden, übermäßige wirtschaftliche Risiken zu vermeiden.282 Auch bei der Beurteilung ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit wird den Gemeinden ein erheblicher Einschätzungsspielraum zugestanden,283 so dass der Relationsklausel schlussendlich eine geringe Begrenzungskraft zukommt.284 Aus diesem Grund verzichten manche Gemeindeordnungen vollständig auf die Normierung eines gesonderten Leistungsfähigkeitserfordernisses der Gemeinde.285 (3) Subsidiaritätsklausel Eine weitere zentrale Voraussetzung für die Zulässigkeit kommunaler Betätigung ist die Einhaltung der Subsidiaritätsklausel, die sich in allen Gemeindeordnung finden lässt.286 Sie besagt, dass die Gemeinden nur dann ein Unternehmen errichten dürfen, wenn der öffentliche Zweck nicht mindestens ebenso gut und wirtschaftlich durch andere (private) Marktteilnehmer erfüllt werden kann.287 Hinter dieser Klausel steckt der allgemeine wirtschafts- und finanzpolitische Gedanke, dass sich die Gemeinde bei der Ausübung wirtschaftlicher Aktivitäten in Zurückhaltung üben und auf eine ergänzende Rolle beschränken soll, um eigene finanzielle Risiken zu vermeiden und der Privatwirtschaft keine Verdrängungskonkurrenz zu machen.288 Diese Erwägungen folgen jedoch einer rein kommunalpolitischen Zweckmäßigkeit, aus dem wirtschaftspolitisch neutralen Verfassungsrecht lässt sich jedenfalls keine Nachrangigkeit der öffentlichen Wirtschaftsaktivität gegenüber der privaten ableiten.289 282 Vgl. Franz, Gewinnerzielung durch kommunale Daseinsvorsorge, S. 220; Lange, NVwZ 2014, 616 (619); Kaster, BeckOK Kommunalrecht NRW, GO NRW, § 107, Rn. 32; Knauff, in: Schmidt / Wollenschläger, § 6, Rn.  69. 283 Vgl. Jarass, DVBl. 2006, 1 (11); Jungkamp, NVwZ 2010, 546; Brüning, NVwZ 2015, 689 (692). 284 Vgl. Brüning, NVwZ 2015, 689 (692); Knauff, Öffentliches Wirtschaftsrecht, § 8, Rn. 27. 285 Beispielsweise § 102 Abs. 1 GO SH. 286 Vgl. Art. 87 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BayGO; §§ 102 Abs. 1 Nr. 3 GO BW; 91 Abs. 2 und 3, BbgKVerf; 121 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 HessGO; 68 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 KV M-V; 136 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 NdsKomVG; 107 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 GO NRW; 85 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 GO RLP; 108 Abs. 1 Nr. 3 Saarl. KSVG; 94 a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SächsGO; 128 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KVG LSA; 101 Abs. 1 Nr. 3 GO SH; 71 Abs. 2 Nr. 3 ThürKO. Viele Gemeindeordnungen schließen jedoch die energiewirtschaftliche Betätigung oder gar sämtliche Aufgaben der Daseinsvorsorge von dem Anwendungsbereich der Subsidiaritätsklausel aus, vgl. §§ 136 Abs. 1 S. 3 NdsKomVG; 107 a Abs. 1 GO NRW; 85 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 GO RLP; 128 Abs. 2 S. 1 KVG LSA; 101a Abs. 1 S. 1 GO SH bzw. Art. 87 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BayGO; §§ 102 Abs. 1 Nr. 3 GO BW; 71 Abs. 2 Nr. 4 S. 2 ThürKO, vgl. Gern / Brüning, Kommunalrecht, Kap. 16, Rn. 986. 287 Fraglich ist überdies, worin der legitimierende öffentliche Zweck für eine hoheitliche Marktaktivität liegen soll, wenn die betreffende Leistung bereits von gleicher Qualität und Güte von privaten Anbietern erbracht wird. Insoweit bestehen Überschneidungen zwischen der Subsidiaritätsklausel und dem öffentlichen Zweckerfordernis, vgl. Löwer, VVDStRL 60 (2001), 416 (439). 288 Vgl. Gern / Brüning, Kap. 16, Rn. 991; Pogoda, LKV 2012, 159. 289 Siehe hierzu bereits B. II. 2. a) bb). Ebenso Lux, NwVBl. 2000, 7 (9); Zurheide, S. 69; Otting, Neues Steuerungsmodell und rechtliche Betätigungsspielräume der Kommunen, S. 143 ff.

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B. Untersuchungsgegenstand

Konkret ist zwischen zwei Ausprägungen der Subsidiaritätsklausel zu differenzieren: Während im Rahmen einer „qualifizierten“ oder „echten“ Subsidiaritätsklausel290 Leistungsparität für die Legitimation öffentlicher Wirtschaftstätigkeit nicht ausreicht, genügt bei einer „einfachen“ Subsidiaritätsklausel291 bereits eine gleichwertige Leistungserbringung im Verhältnis zu anderen Marktteilnehmern.292 Maßgeblich ist in beiden Fällen ein Kosten- und Rentabilitätsvergleich, mitunter verbunden mit einem zwingend durchzuführenden Markterkundungsverfahren.293 Aufgrund der Tatsache, dass auch der Beurteilung der Leistungsfähigkeit im externen Drittvergleich ein planerisch-prognostischer Charakter innewohnt, kommt auch in diesem Zusammenhang den Gemeinden eine weite Einschätzungsprärogative zu.294 In Rechtsprechung und Praxis ist die Frage lebhaft umstritten, ob der Subsidiaritätsklausel eine drittschützende Funktion im Sinne der Schutznormtheorie zuzugestehen ist.295 Dies hätte zur Folge, dass private Dritte klagebefugt wären (§ 42 Abs. 2 VwGO) und sich verwaltungsgerichtlich gegen eine in ihren Augen unzulässige kommunale Wirtschaftsaktivität wehren könnten. Richtigerweise ist die Beantwortung dieser Frage von dem Konkretisierungsgrad der Klauselausgestaltung in der jeweiligen Gemeindeordnung abhängig: Je stärker die Formulierung der Klausel einen klar abgrenzbaren Kreis potentiell rechtsschutzbefugter Dritter erfasst (z. B. „durch einen privaten Dritten“, vgl. § 108 Abs. 1 Nr. 3 NGO), desto eher wird man einen drittschützenden Charakter der Subsidiaritätsklausel bejahen müssen.296 Ist dagegen die Formulierung pauschal und allgemein gehalten 290

Vgl. Art. 87 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BayGO: Gemeinden dürfen Unternehmen nur errichten, übernehmen oder wesentlich erweitern, wenn „bei einem Tätigwerden außerhalb der kommunalen Daseinsvorsorge der Zweck nicht ebenso gut und wirtschaftlich durch einen anderen erfüllt wird oder erfüllt werden kann“. 291 Vgl. § 107 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 GO NRW: „Die Gemeinde darf sich zur Erfüllung ihrer Aufgaben wirtschaftlich betätigen, wenn […] der öffentliche Zweck durch andere Unternehmen nicht besser und wirtschaftlicher erfüllt werden kann.“ Siehe hierzu Kaster, in: BeckOK Kommunalrecht NRW, GO NRW, § 107, Rn. 33. 292 Vgl. Pogoda, LKV 2012, 159; Zurheide, S. 67 f.; Berghäuser / Gelbe, KommJur 2012, 47 (47). 293 Vgl. etwa § 91 Abs. 3 S. 2, 92 Abs. 3 BbgKVerf. Siehe hierzu auch Podoga, LKV 2012, 159 (16 0 f.); Brüning, NVwZ 2015, 689 (693); Geis / Madeja, JA 2013, 248 (250); Gramlich, IR 2020, 20 (25). 294 Vgl. Ehlers, DVBl. 1998, 497 (504); Brüning, NVwZ 2015, 689 (593); Zurheide, S. 69. 295 Während ordentliche Gerichte und Teile der Literatur einen drittschützenden Charakter bejahen, vgl. RhPfVerfGH, Urteil vom 28. 03. 2000 – VGH N 12/98, NVwZ 2000, 801 (804); OLG Hamm, Urteil vom 23. 09. 1997 – 4 U 99–97, NJW 1998, 3504 (3505); OLG Düsseldorf, Urteil vom 28. 10. 1999 – 2 U 7/99, NVwZ 2000, 111 (111 f.); Schink, NVwZ 2002, 129 (138); vorsichtig auch Mann, JZ 2002, 819 (824), verneint die überwiegende Literatur und die Verwaltungsgerichtsbarkeit einen Drittschutz, vgl. BVerwGE 39, 329 (336); BVerwG, Beschluss vom 21. 03. 1995 – 1 B 211.94, DVBl. 1996, 152 (153); Ehlers, DVBl. 1998, 497 (504); Jarass, S. 82 ff.; Wittig, VR 2002, 90 (93). Zudem stellen manche Landesgesetzgeber in ihren Gemeindeordnungen explizit klar, dass die Subsidiaritätsklausel allein dem Schutz der betreffenden Gemeinde dienen soll, vgl.§ 91 Abs. 1 S. 2 BbgKVerf. 296 Vgl. RhPfVerfGH, Urteil vom 28. 03. 2000  – VGH N 12/98, NVwZ 2000, 801 (804); ­Zurheide, S. 72 f.; a. A. Berghäuser / Gelbe, KommJur 2012, 47 (50).

II. Das öffentliche Unternehmen

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(z. B. „durch andere Unternehmen“ nach § 107 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 GO NRW), dient die Klausel vor allem dem Schutz der Gemeinde selbst vor unwirtschaftlichen und risikobehafteten Aktivitäten, so dass eine Verleihung subjektiv-öffentlicher Rechte abzulehnen ist.297 (4) Örtlichkeitsprinzip Neben den Beschränkungen der Schranken-Trias ist die Zulässigkeit einer wirtschaftlichen Gemeindetätigkeit auch räumlichen Grenzen unterworfen. Das Grundgesetz gewährleistet die kommunale Selbstverwaltung aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG nur für „Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft“ und setzt damit der Kommune lokale Schranken für die Ausübung ihrer wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Aktivitäten. Die Gemeinde darf demnach grundsätzlich nur im eigenen Hoheitsbereich tätig werden (sog. Örtlichkeitsprinzip), da ihre Entscheidungsträger auch nur für Handlungen in diesem Hoheitsbereich demokratisch legitimiert sind.298 Im Rahmen kommunalen Wirtschaftens ist jedoch das maßgebliche Hoheitsgebiet nicht streng kartografisch zu bestimmen, sondern rein funktional anhand des Wirkungsschwerpunktes:299 Wirtschaftliches Handeln soll dann nach dem Örtlichkeitsprinzip zulässig sein, wenn es einen unmittelbaren Bezug zur Versorgung der Einwohner aufweist und damit im Kern der Bevölkerung im Gemeindegebiet zugutekommt.300 Liegt der Wirkungsschwerpunkt nicht im Gemeindegebiet, führt dies jedoch nicht automatisch zu einer Unzulässigkeit der Wirtschaftsbetätigung des öffentlichen Unternehmens. Die Gemeinde verlässt hiermit jedoch den gesicherten Boden der verfassungsrechtlichen Selbstverwaltungsgarantie und kann sich im Rahmen der außerörtlichen Betätigung allenfalls auf einfachgesetzlich eingeräumte Rechtspositionen (vgl. § 101 Abs. 2 S. 1 GO SH) berufen.301 b) Die besondere Zulässigkeit öffentlicher Unternehmen in Privatrechtsform Die Definition des öffentlichen Unternehmens nach der PSI-Richtlinie umfasst zwar sowohl öffentliche Unternehmen in öffentlich-rechtlicher Rechtsform als auch Unternehmen in Privatrechtsform. Ein Blick auf die Rechtsprechungspraxis zeigt indes, dass (zumindest auf europarechtlicher Ebene) vor allem privatrecht 297

Vgl. Jarass, DVBl. 2006, 1 (11); Zurheide, S. 72 f.; Jungkamp, NVwZ 2010, 546 (549). Vgl. Mehde, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 28 Abs. 2, Rn. 94; Brüning, NVwZ 2015, 689 (693). 299 Vgl. Brüning, NVwZ 2015, 689 (693); Burgi, Neuer Ordnungsrahmen für die energiewirtschaftliche Betätigung der Kommunen, S. 80 f. 300 Vgl. Brüning, NVwZ 2015, 689 (693 f.). 301 Vgl. Brüning, NVwZ 2015, 689 (693); Mehde, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 28 Abs. 2, Rn. 95 m. w. N. 298

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B. Untersuchungsgegenstand

lich organisierte Unternehmen unter den Begriff des „öffentlichen Unternehmens“ subsumiert werden.302 Auch rein tatsächlich ist der Großteil der öffentlichen Unternehmen in privatrechtlicher Form organisiert, zumeist als GmbH oder AG.303 Dieser Befund soll auch für die vorliegende Untersuchung nicht ignoriert werden. Neben den allgemeinen Voraussetzungen kommunaler wirtschaftlicher Betätigung gilt es daher zu erörtern, welche praktischen und rechtlichen Gründe für eine Auslagerung in privatrechtliche Organisationsformen sprechen (aa), welche speziellen Anforderungen an die Gründung eines öffentlichen Unternehmens in Privatrechtsform zu stellen sind (bb) und welche materiell-rechtlichen Implikationen sich aus der Wahl privatrechtlicher Organisationsformen für Handlungsformen sowie haftungs- und insolvenzrechtliche Fragen (cc) ergeben. aa) Chancen und Risiken privatrechtlicher Organisationsmodelle Die Erfüllung von Gemeinwohlaufgaben mittels rechtlich verselbstständigter Einheiten kann für die öffentliche Hand in vielerlei Hinsicht vorteilhaft sein. Gerade die Wahl privatrechtlicher Organisationsformen erscheint dabei aus der Perspektive der öffentlichen Verwaltung besonders reizvoll. Aktiengesellschaften oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung versprechen im Vergleich zu öffentlichrechtlichen Operationsmodi flexiblere und effizientere Handlungsmöglichkeiten im Wirtschaftsverkehr.304 Dieser Vorteil ist zunächst auf interne gesellschaftsrechtliche Struktur- und Organisationsvorgaben zurückzuführen. Abgeflachte Hierarchien und unbürokratische Abläufe ermöglichen schnellere und selbstständigere Entscheidungsprozesse und schaffen damit mehr Raum für eine wirtschaftlich orientierte und effiziente Unternehmensführung.305 Hinzu kommt die Entkoppelung von öffentlichen Vorgaben des Dienst-, Organisations- und Haushaltsrechts.306 Die formale Emanzipation aus verwaltungshierarchischen Strukturen erleichtert unter anderem die Aushandlung von individuellen Vergütungs- und Finanzierungsmodellen. Auf diese Weise ist das öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform grundsätzlich attraktiver für qualifizierte Fachkräfte oder externe Finanzierungsgeber.307 Im Gegensatz dazu verläuft bei öffentlich-rechtlichen Organisationsformen die Ent-

302 Für eine Einordnung einer Aktiengesellschaft als öffentliches Unternehmen siehe EuGH, Urteil vom 22. 05. 2003 – C-462/99, Slg. 2003, I-5197, Rn. 74 – Connect Austria; EuGH, Urteil vom 03. 04. 2014 – C-559/12 P – La Poste. Für eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung siehe EuGH, Urteil vom 12. 02. 1992 – C-48/90 und C-66/90, Slg. 1992, I-565 – Koninljike PTT Nederland NV und PTT Post BV. 303 Vgl. Knauff, in: Schmidt / Wollenschläger, § 6, Rn. 55 ff.; Bosesky, S. 34; Kapteina, S. 30 m. w. N. 304 Vgl. Gersdorf, S. 400; Kapteina, S. 35; Ehlers, S. 299 f.; Gern / Brüning, Kap. 16, Rn. 990. 305 Vgl. Mann, S. 157; Gersdorf, S. 400; Kapteina, S. 35 f. 306 Vgl. Ehlers, S. 303–312; Gern / Brüning, Kap. 16, Rn. 990; Geis / Madeja, JA 2013, 248 (252). 307 Vgl. Gern / Brüning, Kap. 16, Rn. 990; Cronauge, Kommunale Unternehmen, S. 152.

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scheidungsfindung und -durchführung meist schwerfälliger und gerät damit zeitund kostenintensiver.308 In Anbetracht der Effizienz- und Flexibilitätsgewinne bei unternehmerisch geführten Kapitalgesellschaften wird davon ausgegangen, dass diese letztendlich auch am besten in der Lage sind, ein nachfragegerechtes und kostengünstiges Leistungsangebot bereitzustellen.309 Mithin steckt hinter der Entscheidung für die Gründung eines öffentlichen Unternehmens in Privatrechtsform in der Regel das rein wirtschaftliche Interesse an einer möglichst kostengünstigen und damit wettbewerbsfähigen Aufgabenerledigung. Zuweilen zeugt die Wahl privater Rechtsformen auch von dem Versuch, die staatliche Wirtschaftsaktivität nach außen hin nicht als solche unmittelbar sichtbar werden zu lassen.310 Trotz der beschriebenen Vorteile stellt die Privatisierung der öffentlichen Aufgabenerfüllung kein kommunalrechtliches „Allheilmittel“ dar. Die wirtschaftliche Flexibilität der privaten Aufgabenerfüllung geht in der Regel mit steuerrechtlichen Nachteilen und einer zunehmenden Erosion der kommunalen Selbstverwaltung einher.311 So büßt die demokratisch legitimierte Gemeindevertretung durch die Auslagerung der Aufgabenerfüllung auf Privatrechtssubjekte stets Teile ihrer Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten ein.312 Hinzu kommt die Befürchtung, dass sich streng profitorientierte Handlungsmaßstäbe negativ auf die Versorgungssicherheit oder die Umwelt- und Sozialverträglichkeit des bereitgestellten Angebotes auswirken.313 Vor allem auf dem Feld der kommunalen Daseinsvorsorge ist daher zu befürchten, dass unter gewinnorientiert agierenden Privatunternehmen die Qualität der gemeinwohlorientierten öffentlichen Aufgabenerfüllung leidet und eine flächendeckende wie qualitativ gleichwertige Versorgung vor allem für sozial und ökonomisch „schwache“ Marktteilnehmer und Nachfrager nicht gewährleistet ist. Um diesen (berechtigten) Befürchtungen Rechnung zu tragen, ist anerkannt, dass die öffentliche Hand ihre Aufgabenerfüllung nicht „uferlos“ auf eigens gegründete Kapitalgesellschaften auslagern darf. Zu den oben skizzierten allgemeinen Voraussetzungen hoheitlicher Wirtschaftstätigkeit treten mithin für die Gründung und den Betrieb öffentlicher Unternehmen in Privatrechtsform spezifische verfassungsrechtliche (1) und einfachrechtliche (2) Grenzen:

308

Vgl. Kapteina, S. 37; Uechtritz / Reck, in: Hoppe / Uechtritz / Reck (Hrsg.): Handbuch Komm. Unternehmen, § 16, Rn. 76. 309 Gersdorf, S. 21; Kapteina, S. 35. 310 Vgl. Becker, NVwZ 2019, 1385 (1391). 311 Gern / Brüning, Kap. 16, Rn. 990. Zu einem Steuerbelastungsvergleich zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts und einer kommunalen GmbH siehe Beinert / Kostic, in: Hoppe / Uechtritz / Reck: Handbuch Kommunale Unternehmen, § 11, Rn. 179 ff. 312 Gern / Brüning, Kap. 16, Rn. 990; Cronauge, S. 150. 313 Vgl. Gern / Brüning, Kap. 16, Rn. 990.

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bb) Voraussetzungen (1) Verfassungsrecht Das Grundgesetz verbietet den Einsatz von hoheitlich beherrschten Kapital­ gesellschaften grundsätzlich nicht. Es behält vielmehr die bereits in der Weimarer Rechtspraxis angelegte staatliche Rückgriffsmöglichkeit auf privatrechtliche Organisationsformen bei.314 An manchen Stellen schreibt das Grundgesetz sogar explizit die Wahl einer „privat-rechtlichen Form“ für die öffentliche Aufgabenerfüllung vor (vgl. Art. 87e Abs. 3 S. 1, 2 GG, Art. 87f Abs. 2 S. 1 GG).315 Hieraus leitet die ganz herrschende Meinung insgesamt eine verfassungsrechtlich verankerte Formenwahlfreiheit des Bundes ab, die auch die Wahl privatrechtlicher Organisationsformen umfasst.316 Auch auf kommunaler Ebene ist der Einsatz öffentlicher Unternehmen in Privatrechtsform verfassungsrechtlich abgesichert. Anerkannter Teil der kommunalen Eigenverantwortlichkeitsgarantie des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG ist die Organisationshoheit.317 Nach dieser dürfen die Gemeinden den Modus der Erfüllung ihrer Aufgaben (Zuständigkeit, Abläufe, Verwaltungsstrukturen) grundsätzlich selbst festlegen.318 Die Organisationshoheit gestattet den Gemeinden dabei insbesondere auch die Wahl zwischen verschiedenen Organisationsformen in selbständiger oder unselbständiger Ausgestaltung.319 In diesem Zusammenhang steht es der Kommune insbesondere auch zu, darüber zu entscheiden, ob das eingesetzte öffentliche Unternehmen in öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Organisationsform geführt werden soll (sog. kommunale „Formenwahlfreiheit“).320 Die zu treffende Wahlentscheidung steht jedoch unter dem Vorbehalt der Ausübung pflichtgemäßen Ermessens321 sowie der Geltung sonstigen Verfassungsrechts.322 Im Rahmen der Ausübung des kommunalen Ermessens sind verfassungsrechtliche Organisationsund Strukturdirektiven zu berücksichtigen, die verhindern, dass die Ausübung der kommunalen Formenwahlfreiheit zur schrankenlosen Organisationsautonomie mutiert: Während das Rechtsstaatsprinzip zur Wahl funktionsgerechter Organi 314

Mann, S. 39; Ehlers, S. 116. Vgl. Mann, S. 40 f.; Kapteina, S. 30. 316 Vgl. Mann, S. 42; Stettner, ZUM 2012, 202 (211); Franz, S. 127 m. w. N. 317 Vgl. BVerfGE 83, 363 (382); 91, 228 (245); 107, 1 (14); Ernst, in: von Münch / Kunig, GG, Art. 28, Rn. 125 m. w. N. 318 Vgl. BVerfGE 119, 331 (362); Mehde, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 28 Abs. 2, Rn. 65. 319 Ernst, in: von Münch / Kunig, GG, Art. 28, Rn. 127; BVerfGE 137, 108 (158). 320 Vgl. Mehde, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 28 Abs. 2, Rn. 65; Jarass, DÖV 2002, 489 (497). Es existiert kein numerus clausus der kommunalen Handlungs- und Organisationsformen, vgl. VerfGH NRW, Urteil vom 15. 10. 1991, NwVBl. 1992, 14 (15); Brüning, VerwArch 100 (2009), 453 (457). 321 Vgl. Ehlers, DVBl. 1998, 497 (505); Zurheide, S. 88. 322 Ausführlich zu den verfassungsrechtlichen Einschränkungen der organisationsrechtlichen Wahlfreiheit Mann, S. 45 ff. 315

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sationsmodi zwingt und das Demokratieprinzip jede Erosion demokratischer Legitimationsstrukturen verbietet, mahnt das in Art. 114 Abs. 2 S. 1 GG wurzelnde Wirtschaftlichkeitsgebot grundsätzlich zu einem effektiven und sparsamen Ressourceneinsatz.323 Vor diesem Hintergrund dürfte beispielsweise der Einsatz einer Aktiengesellschaft zum Betrieb einer kleinstädtischen Friedhofsgärtnerei nicht mehr von der kommunalen Formenwahlfreiheit gedeckt sein. Zugleich prägen vor allem die aus dem Rechtsstaats- und Demokratieprinzip ableitbaren Organisationsanforderungen den einfachgesetzlichen Konkretisierungsauftrag des Haushalts- und Kommunalgesetzgebers (siehe hierzu sogleich). (2) Einfaches Recht (a) Haushaltsrecht § 65 Abs. 1 BHO setzt dem Bund bei der Gründung von und der Beteiligung an privatrechtlich organisierten Unternehmen haushaltsrechtliche Grenzen: Der Rückgriff auf eine private Rechtsform muss zunächst durch ein wichtiges Bundesinteresse gerechtfertigt sein, das sich anderweitig nicht besser oder wirtschaftlicher realisieren lässt (Nr. 1). Sowohl hinsichtlich der Festlegung des Gemeinwohlziels als auch in Bezug auf die Sicherstellung der funktionalen Subsidiarität kommt dem Bund ein weiter Einschätzungsspielraum zu.324 Allein die Einschaltung eines Privatrechtssubjekts ausschließlich zu Gewinnerzielungszwecken soll nach überwiegender Auffassung unzulässig sein.325 Ferner lässt die Haftungsbegrenzungspflicht des § 65 Abs. 1 Nr. 2 BHO nur gesellschaftsrechtliche Rechtsformen zu, bei denen die öffentliche Hand eine unbeschränkte Einstandspflicht ausschließen kann.326 Dies ist nur bei der Aktiengesellschaft, der Gesellschaft mit beschränkter Haftung sowie als Kommanditist bei einer Kommanditgesellschaft oder als Kommanditaktionär an einer Kommanditgesellschaft auf Aktien der Fall. Die Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, einer offenen Handelsgesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft als Komplementär scheidet demgegenüber prinzipiell aus. Zusätzlich gebietet es das Demokratieprinzip, dass sich der Bund einen angemessenen Einfluss auf das Unternehmen, insbesondere im Aufsichtsrat oder einem vergleichbaren Überwachungsorgan einräumen lässt (Nr. 3), wobei diese Vorschrift keinen zwingenden Auftrag zur Einräumung einer

323

Siehe hierzu im Detail Brüning, VerwArch 100 (2009), 453 (460 ff.). Vgl. von Lewinski / Burbat, BHO, § 65, Rn. 6 f.; Storr, S. 116 f. 325 Vgl. Wernsmann, in: Gröpl, BHO, § 65, Rn. 5 m. w. N.; Ehlers, JZ 1990, 1089 (1091); ­Ziekow, § 7, Rn. 36; a. A. Jarass, DÖV 2002, 489 (491); Bosesky, S. 53; Britz, NVwZ 2001, 380 (382). 326 Vgl. Knauff, Öffentliches Wirtschaftsrecht, § 8, Rn. 12; Kapteina, S. 34 m. w. N. 324

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Mehrheitsbeteiligung beinhaltet.327 Schlussendlich trifft den Bund auch die Pflicht, vorbehaltlich abweichender Vorschriften die Aufstellung des Jahresabschlusses und des Lageberichts nach handelsrechtlichen Grundsätzen (§§ 264 ff., §§ 316 ff. HGB) sicherzustellen (Nr. 4).328 Die Landeshaushaltsordnungen beinhalten im Wesentlichen mit § 65 BHO vergleichbare Regelungen, Abweichungen bestehen nur vereinzelt.329 (b) Kommunalrecht Auch die Kommunalgesetzgeber haben die begrenzenden Strukturvorgaben des Grundgesetzes teilweise einfachgesetzlich ausgeformt und spezifische Voraussetzungen für die Gründung und den Betrieb öffentlicher Unternehmen in Privatrechtsform aufgestellt. Beispielsweise darf in Mecklenburg-Vorpommern oder Sachsen-Anhalt ein öffentliches Unternehmen in Privatrechtsform nur dann betrieben werden, wenn der öffentliche Zweck nicht ebenso gut oder wirtschaftlich durch Organisationsformen des öffentlichen Rechts wie zum Beispiel einen Eigenbetrieb erfüllt werden kann (vgl. §§ 69 Abs. 1 Nr. 2 KV M-V, 129 Abs. 1 Nr. 1 KVG LSA). Andere Gemeindeordnungen knüpfen die Existenzberechtigung öffentlicher Privatunternehmen an fortlaufende Rentabilitätserwartungen. So fordert die baden-württembergische Gemeindeordnung, dass das privatrechtliche Unternehmen seine Aufwendungen nachhaltig zu mindestens 25 vom Hundert mit eigenen Umsatzerlösen zu decken vermag, vgl. § 103 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 GO BW. Diese Vorgabe konkretisiert damit das in Art. 114 Abs. 2 S. 1 GG verbürgte Wirtschaftlichkeitsgebot. Andere kommunalrechtliche Regelungen adressieren die konkrete Ausgestaltung der Unternehmensorganisation und tragen dabei verfassungsrechtlichen Aufbau- und Strukturdirektiven Rechnung: Gemäß diverser Gemeindeordnungen muss die konkrete Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags oder der Satzung die rechtsstaatlich gebotene öffentliche Zweckerfüllung sicherstellen.330 Hinzu kommen personell-organisatorische Anforderungen: Wie bereits angedeutet, verlangt das Demokratieprinzip aus Art. 20 Abs. 2 GG, dass die Ausübung aller „Staatsgewalt“ nach Art. 1 Abs. 3 GG und damit auch hoheitlicher Wirtschaftstätigkeit in privatrechtlicher Organisationsform zwingend auf das Volk und dessen demokratische

327 So Wernsmann, in: Gröpl, BHO, § 65, Rn. 11; a. A. von Lewinski / Burbat, BHO, § 65, Rn. 10. 328 Vgl. von Lewinski / Burbat, BHO, § 65, Rn. 11; Ziekow, § 7, Rn. 36. 329 Siehe zu den Unterschieden im Detail Wernsmann, in: Gröpl, BHO, § 65, Rn. 29. 330 Siehe hierzu unter anderem § 102 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 GO SH; Art. 92 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BayGO, § 103 Abs. 1 Nr. 2 GO BW.

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Legitimation rückführbar sein muss.331 Die Wahl privatrechtlicher Rechtsformen darf zwingend notwendige Legitimationszusammenhänge nicht suspendieren. Aus diesem Grund muss sich die öffentliche Hand auch innerhalb des engen Korsetts des Gesellschaftsrechts hinreichend effektive Steuerungs-, Einwirkungs- und Kontrollmöglichkeiten einräumen lassen, um die demokratische Rückkopplung an das Volk und den rechtstaatlich gebotenen Auftrag zur öffentlichen Zweckerfüllung zu gewährleisten. Die Sicherung der personellen und inhaltlich-materiellen Einflussnahme des demokratisch legitimierten Hoheitsträgers kann im Einzelfall konkret über die Ausgestaltung der Gesellschaftssatzung, die Festschreibung von Entsendungs- und Entscheidungsmöglichkeiten von gemeindlichen Vertreten in unternehmensinternen Kontrollorganen oder über den Abschluss von konzernrechtlichen Beherrschungsverträgen stattfinden.332 In Ansehung dieser verfassungsrechtlichen Organisationsgebote halten alle Gemeindeordnungen ausdrücklich fest, dass ein öffentliches Unternehmen in Privatrechtsform nur dann errichtet oder betrieben werden darf, wenn die Gemeinde einen nach dem Demokratieprinzip zwingend erforderlichen Einfluss, insbesondere im Aufsichtsrat oder in einem vergleichbaren Kontrollorgan des Unternehmens, erhält.333 In diesem Zusammenhang gilt es auch zu berücksichtigen, dass bestimmte Gesellschaftsformen leichter einer externen Steuerung zugänglich sind als andere: Während der GmbH-Geschäftsführer bereits per Gesellschaftsvertrag oder Gesellschafterbeschluss Fremdbeschränkungen unterworfen werden kann (vgl. §§ 45 Abs. 1, 37 Abs. 1 GmbHG), erschwert die stark ausgeprägte Leitungsautonomie des Vorstandes einer Aktiengesellschaft nach § 76 Abs. 1 AktG viele Formen der demokratisch erforderlichen Einflusssicherung der öffentlichen Hand, so dass im Ergebnis manche Gemeindeordnungen lediglich einen subsidiären Rückgriff auf die Aktiengesellschaft als zulässiges Organisationsmodell erlauben.334 In der Gesamtbetrachtung sind die kommunalrechtlichen Sondervorgaben Resultat teils verfassungsrechtlich fundierter Wertentscheidungen, die jeweils auf der Erkenntnis beruhen, dass der Einsatz öffentlicher Unternehmen in Privatrechtsform mit vielfältigen ökonomischen, organisatorischen und verfassungsstaatlichen Risiken verbunden ist, gegen die sich die Gemeinde hinreichend absichern muss.

331 Vgl. aktuell BVerfGE 147, 50 (135 f.); Löwer, in: VVDStRL 60 (2001), 416 (440); ­Gersdorf, S. 29 ff.; Enders, JZ 2011, 568 (578); ausführlich Mann, S. 55 ff.; Storr, S. 67 ff. 332 Eingehend zu den Einzelheiten Mann, S. 182 ff.; mit Blick auf jüngere Rechtsprechung Katz, NVwZ 2018, 1091 (1094 ff.). 333 Vgl. § 102 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 GO SH; Art. 92 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BayGO; § 103 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 GO BW; § 96 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BbgKVerf; § 122 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 HessGO; § 69 Abs. 1 Nr. 4 KV M-V; § 137 Abs. 1 Nr. 6 NdsKomVG; § 108 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 GO NRW; § 87 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 GO RLP; § 110 Abs. 1 Nr. 3 Saarl. KSVG; § 96 Abs. 1 Nr. 2 SächsGO; § 129 Abs. 1 Nr. 3 KVG LSA; § 73 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ThürKO, vgl. Gern / Brüning, Kap. 16, Rn. 990. 334 Ebenso § 73 Abs. 1 S. 3, 4 ThürKO; § 68 Abs. 4 S. 2 KV M-V, vgl. Gern / Brüning, Kap. 16, Rn. 990.

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cc) Rechtsfolgen Entscheidet sich die Gemeinde ungeachtet dieser Risiken für den Betrieb eines privatrechtlich organisierten Unternehmens, entlässt sie dieses insgesamt aus öffentlich-rechtlichen Handlungs- und Haftungsmaßstäben. Rechtsfähige öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform werden durch die Bestimmungen der Gemeindeordnungen nicht mehr unmittelbar berechtigt und verpflichtet. Die kommunalrechtlichen Vorschriften adressieren allein die beherrschenden Gemeinden.335 An die Stelle des Kommunalrechts treten das Gesellschaftsrecht und andere zivilrechtliche Regelungsregime, die auch gegenüber anderen öffentlich-rechtlichen Bestimmungen im Konfliktfall vorrangig sind.336 Die Überlagerung des öffentlichen Rechts durch gesellschaftsrechtliche Vorschriften beeinflusst dabei insbesondere die Rechtsstellung des öffentlichen Privatrechtssubjekts im Außenverhältnis zu Dritten, etwa gegenüber Kunden oder Vertragspartnern:

(1) Handlungsformen Ein öffentliches Unternehmen in Privatrechtsform kann grundsätzlich nicht hoheitlich per Verwaltungsakt nach § 35 S. 1 VwVfG, sondern lediglich zivilrechtlich über Realakte, etwa in Form von Willenserklärungen, handeln.337 Die Ermächtigung zum hoheitlichen Handeln per Verwaltungsakt kommt nur im Ausnahmefall der Beleihung in Betracht und bedarf eines formellen Beleihungsaktes in Form eines einfachen Gesetzes.338 Die Frage nach der Handlungsform hat im Informationsfrei-

335

Vgl. Jarass, S. 51; Zurheide, S. 86 f. Begründet wird diese so genannte These vom Vorrang des Gesellschaftsrechts mit der Tatsache, dass der Bundesgesetzgeber mit dem Erlass des AktG oder GmbHG von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Nr.1 GG a. F. abschließend Gebrauch gemacht habe und mithin für abweichende Landesregelungen wegen Art. 31 GG bzw. Art. 72 Abs. 1 GG kein Raum mehr sei, vgl. BGHZ 36, 296 (304 ff.); 69, 334 (340 f.); VGH Kassel, Urteil vom 9. 2. 2012 − 8 A 2043/10, NVwZ-RR 2012, 566 (569); Gersdorf, S. 257 f.; Rödel, Öffentlichkeit und Vertraulichkeit im Recht der kommunalen Eigengesellschaften, S. 31; Dünchheim / Gräler, NVwZ 2019, 1225 (1229). Insbesondere die Schaffung der § 39 4 f. AktG wird als Indiz dafür gesehen, dass die Regelungen des Gesellschaftsrechts abschließend gemeint sind, vgl. G ­ ersdorf, S. 26 1 f. Gegen die These vom Vorrang des Gesellschaftsrechts wehrt sich eine Mindermeinung in der Literatur, die in einem uneingeschränkten Vorrang des Gesellschaftsrechts eine verfassungsrechtlich unzulässige Aushöhlung von demokratischen Steuerungsmöglichkeiten sieht, vgl. Ossenbühl, ZGR 25 (1996), 504 (512 f.); Stober, NJW 1984, 449 (455). Die Vertreter dieser Ansicht sehen das Gesellschaftsrecht und das öffentliche Recht nicht als konfligierende Regelungsregime, sondern als sich ergänzende Materien, die zu einem Sonderprivatrecht für öffentliche Unternehmen (sog. „Verwaltungsgesellschaftsrecht“) verschmelzen, vgl. Ossenbühl, ZGR 25 (1996), 504 (514). 337 Vgl. Rossi, ZRP 2014, 201 (203); Engewald, NVwZ 2018, 1536 (1538 f.). 338 Vgl. Schönenbroicher, in: Mann / Sennekamp / Uechtritz, VwVfG, § 1, Rn.  65. 336

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heitsrecht vor allem Konsequenzen für etwaige Rechtsschutzmöglichkeiten gegen Akte des öffentlichen Unternehmens.339 (2) Haftung und Insolvenz Darüber hinaus haftet ein nicht-beliehenes öffentliches Privatrechtssubjekt im Regelfall nicht nach den allgemeinen Maßstäben des Staatshaftungsrechts.340 In Ermangelung öffentlich-rechtlicher Handlungsformen oder Sonderrechte scheitert ein Anspruch aus Art. 34 S. 1 GG i. V. m. § 839 BGB typischerweise bereits an der Ausübung einer hoheitlichen Tätigkeit.341 An die Stelle des Staatshaftungsrechts tritt grundsätzlich das allgemeine zivilrechtliche Haftungsregime der Kapitalgesellschaften. Hieraus ergeben sich weitreichende Folgen für den Haftungsumfang: Während Hoheitsträger gem. Art. 34 S. 1 GG der Höhe nach grundsätzlich unbegrenzt haften und eine Einschränkung des Haftungsumfanges nur in Ausnahmefällen per Gesetz und zur Verfolgung gewichtiger sachlicher Ziele des öffentlichen Wohls gerechtfertigt ist,342 reduziert sich bei öffentlichen Unternehmen in Privatrechtsform die Haftungshöhe grundsätzlich auf das eingebrachte Kapital.343 Der Träger bzw. die Gemeinde als „Beherrscher“ des öffentlichen Unternehmens haftet darüber hinaus nur, wenn sie eine Garantie übernimmt oder eine zusätzliche Einstandspflicht ausdrücklich gesetzlich angeordnet ist.344 Liegen weder eine gesetzliche Anordnung noch eine Garantieübernahme vor, kann sich nach über-

339

Siehe hierzu C. VI. 1. a) bb). Zu der ausnahmsweise abweichenden Behandlung öffentlicher Unternehmen in Privatrechtsform bei Verstößen gegen informationsrechtliche Pflichten siehe C. VI. 2. b). 341 Zu diesem Ergebnis kommen jedenfalls Stimmen aus Literatur und Rechtsprechung, die die staatshaftungsrechtlich erforderliche Abgrenzung zwischen öffentlich-rechtlichem und privatem Handeln allein anhand der Rechtsnatur der Handlungsform vornehmen, vgl. BGHZ 158, 253 (258 f.); Grzeszick, in: BeckOK Grundgesetz, Art. 34, Rn. 6; Detterbeck, in: Sachs, GG, Art. 34, Rn. 21; Brüning, S. 117 f. Für Fälle der Beleihung und rein erwerbswirtschaftlichen Handelns mag hierdurch eine trennscharfe Zuordnung zum hoheitlichen oder privaten Staatshaftungsregime ermöglicht werden. Im Rahmen verwaltungsprivatrechtlichen Handelns ist jedoch richtigerweise ergänzend auf den inneren Funktionszusammenhang der schädigenden Handlung abzustellen, wodurch im Einzelfall ausnahmsweise auch die privatrechtsförmige Erbringung von Daseinsvorsorgeaufgaben staatshaftungsrechtlich relevant werden kann, vgl. Gurlit, in: von Münch / Kunig, GG, Art. 34, Rn. 40; Ossenbühl / Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 30 f.; Wieland, in: Dreier, GG, Art. 34, Rn. 39. Gleichwohl werden diese Fälle in der Praxis selten sein, so dass auch nach der funktionalen Betrachtungsweise der Literatur jedenfalls die mit Privaten vergleichbare Marktaktivität öffentlicher Unternehmen kaum staatshaftungsauslösend sein kann. 342 Vgl. BGHZ 99, 62 (64); Papier / Shirvani, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 34, Rn. 240. 343 Für die Aktiengesellschaft ergibt sich dieser Grundsatz aus § 1 Abs. 1 S. 2 AktG, für die Gesellschaft mit beschränkter Haftung aus § 13 Abs. 2 GmbHG. 344 Vgl. Zurheide, S. 90. 340

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wiegender Auffassung eine zusätzliche Haftung des Trägers bzw. der Gemeinde allenfalls aus konzernrechtlichen Vorschriften ergeben.345 Auch in insolvenzrechtlicher Hinsicht unterscheiden sich öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform von ihren Gemeinden als „Beherrschern“. Bund und Länder sind nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 InsO niemals insolvenzfähig. Gemeinden können nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 InsO von der Insolvenzfähigkeit ebenfalls befreit werden, wenn das Landesrecht dies bestimmt. Von dieser Möglichkeit haben aktuell alle Gemeindeordnungen Gebrauch gemacht.346 Mithin sind Insolvenzverfahren über das Vermögen von Gemeinden stets unzulässig. Eine derartige Sonderstellung existiert für von der Gemeindeverwaltung ausgegliederte öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform nicht. Sie unterfallen der Grundregel des § 11 Abs. 1 S. 1 InsO,347 wonach über sie grundsätzlich ein Insolvenzverfahren eröffnet werden kann.348 3. Grundrechtswirkungen Wie oben aufgezeigt, bewegt sich vor allem das öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform im Spannungsfeld von Gewinnerzielungsinteressen und der öffentlichen Aufgabenerfüllung. Es agiert zwischen öffentlich-rechtlichen und zivilrechtlichen Regelungskomplexen. Aus dieser hybriden Stellung des öffentlichen Unternehmens als „Zwitter“349 oder „ambivalentes Konstrukt“350 zwischen Staat 345

Zu den Einzelheiten siehe Zurheide, 90 ff.: Es ist in Literatur und Rechtsprechung überwiegend anerkannt, dass eine Gemeinde ein herrschendes Unternehmen nach §§ 15 ff. AktG darstellt und damit die konzernrechtlichen Vorschriften des AktG Anwendung finden. Konkret kann eine Haftung als Vertragskonzern in Betracht kommen. Eine solche setzt jedoch den Abschluss eines Beherrschungsvertrages nach § 291 AktG voraus, welcher die Gemeinde nach § 302 Abs. 1 AktG zum Ausgleich von Jahresfehlbeträgen verpflichtet. Eine derartige Pflicht kollidiert jedoch mit dem oben skizzierten Verbot der unbegrenzten Einstandspflicht der Gemeinde. Das Verbot der unbegrenzten Einstandspflicht rechtfertigt sich jedoch allein mit dem Verlust von Steuerungsmöglichkeiten durch eine private Rechtsformwahl. Durch den Abschluss eines Beherrschungsvertrages gewinnt die Gemeinde jedoch gerade Steuerungsmöglichkeiten, so dass Beherrschungsverträge nach § 291 AktG ausnahmsweise doch zulässig sein sollen, vgl. Koch, DVBl. 1994, 667 (670), ablehnend hingegen Walendy, S. 299 f. In der Praxis werden jedoch Beherrschungsverträge von Gemeinden nur im Ausnahmefall geschlossen. Ein Vertragskonzern liegt damit in der Regel nicht vor. Neben der Einordnung als Vertragskonzern kann sich allerdings auch eine Haftung aus dem Vorliegen eines qualifizierten faktischen Konzerns ergeben, vgl. Kuhl / Wagner, ZIP 1995, 433 (444). 346 Vgl. Gundlach, in: Schmidt, InsO, § 12, Rn. 4 mit einer Übersicht über die landesrechtlichen Regelungen. 347 Vgl. Schmidt, in: Schmidt, InsO, § 11, Rn. 9. 348 Vgl. Gundlach, in: Schmidt, InsO, § 12, Rn. 5; Kuhl / Wagner, ZIP 1995, 433 (434). Dies wirft zwangsläufig die Frage auf, inwiefern die Gemeinde aufgrund ihrer eigenen Insolvenzunfähigkeit die Pflicht trifft, die Insolvenz „ihres“ öffentlichen Unternehmens abzuwenden, dagegen Reck, DVBl. 2009, 1546 (1548). 349 Bosesky, S. 19. 350 Gramlich, IR 2020, 20.

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und privatem Wirtschaftsunternehmen ergeben sich besondere Implikationen für dessen Grundrechtsbindung und Grundrechtsberechtigung. a) Grundrechtsbindung Privatrechtlich organisierte Unternehmen der öffentlichen Hand befinden sich in einem grundrechtlichen Zwiespalt: Nach Art. 1 Abs. 3 GG unterliegt grundsätzlich jede Form der öffentlichen Gewalt einer umfassenden Grundrechtsbindung.351 Andererseits ist allgemein anerkannt, dass private Rechtssubjekte grundsätzlich keine unmittelbaren Adressaten von Grundrechten darstellen.352 Damit stellt sich die Frage, ob abweichend von Art. 1 Abs. 3 GG die bewusste Entscheidung für eine privatrechtliche Organisationsform ausnahmsweise eine Suspendierung der Grundrechtsbindung des öffentlichen Unternehmens rechtfertigt.353 Hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der Grundrechtsbindung von öffentlichen Unternehmen ist allgemein nach Art der Beteiligung zu differenzieren: Eigengesellschaften, die vollständig im Eigentum der öffentlichen Hand stehen, sind nach einhelliger Meinung stets selbst und unmittelbar grundrechtsgebunden.354 Gleiches gilt für beliehene Privatrechtssubjekte.355 Umstritten ist dagegen die rechtliche Behandlung von gemischtwirtschaftlichen Unternehmen, an denen sowohl öffentliche als auch private Anteilseigner beteiligt sind. Richtungsweisend zu diesem Streit hat sich das Bundesverfassungsgericht in seiner berühmten Fraport-Entscheidung geäußert.356 In der dort zu Grunde liegenden Konstellation wurde ein Flughafen von einer Aktiengesellschaft betrieben, an der verschiedene öffentliche Stellen insgesamt 70 Prozent der Anteile hielten, während sich der Rest der Unternehmensanteile in privater Hand befand. Im Rahmen einer von politischen Aktivisten organisierten Demonstration auf dem Flughafengelände erteilte die AG den Aktivisten Hausverbot. Diese wiederum beriefen sich auf ihre

351

Vgl. Dreier, in: Dreier, GG, Art. 1 Abs. 3, Rn. 53, 67 f. Vgl. BVerfGE 148, 267 (280); Bosesky, S. 56; Höfling, in: Sachs, GG, Art. 1, Rn. 111; Jarass, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 1, Rn. 48; Herdegen, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 1 Abs. 3, Rn. 113. 353 Im Informationsfreiheitsrecht entscheidet die Beantwortung dieser Frage beispielsweise konkret darüber, ob öffentliche Unternehmen auch außerhalb des Anwendungsbereichs von IFG und DNG unter Anwendung des allgemeinen Gleichheitssatzes von Art. 3 Abs. 1 GG einem Dritten Informationszugang und / oder Weiterverwendung gestatten müssen. Siehe zu dieser Konstellation VGH Mannheim, Urteil vom 30. 07. 2009 – 6 S 7/09 – juris, Rn. 27. 354 BVerfGE 45, 63 (80); BVerwGE 113, 208 (211); von Arnauld, DÖV 1998, 437 (451); Gurlit, NZG 2012, 249 (252). 355 Vgl. Ernst, in: von Münch / Kunig, GG, Art. 19, Rn. 69; Brüning, in: Stern / Becker, GG, Art. 19, Rn. 77; Sachs, in: Sachs, GG, Art. 19, Rn. 111. 356 BVerfGE 128, 226 ff. – Fraport; siehe hierzu Gurlit, NZG 2012, 249 ff.; Krüger, DÖV 2012, 837 ff.; Wendt, NVwZ 2012, 606 f. 352

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Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG und ihre Versammlungsfreiheit nach Art. 8 Abs. 1 GG. Während die Betreibergesellschaft argumentierte, dass sie als privatrechtlich organisiertes Unternehmen keiner unmittelbaren Grundrechtsbindung unterläge, bejahte das Bundesverfassungsgericht die unmittelbare Grundrechtsbindung des gemischtwirtschaftlichen Unternehmens und stellte in seiner Argumentation maßgeblich darauf ab, dass die AG von der öffentlichen Hand „beherrscht“ werde.357 Bei einer staatlichen Beteiligung von mehr als 50 Prozent der Anteile sei eine Beherrschung und mithin eine Grundrechtsbindung anzunehmen und eine mögliche Grundrechtsberechtigung ausgeschlossen.358 Die in der Fraport-Entscheidung aufgestellten Grundsätze wurden aktuell vom Bundesverfassungsgericht im Rahmen einer Entscheidung zu parlamentarischen Auskunftsansprüchen gegenüber der Deutschen Bahn AG bestätigt.359 Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der überwiegenden Ansicht in der Literatur360 kann also auch ein gemischtwirtschaftliches Unternehmen wie eine Eigengesellschaft selbst und unmittelbar grundrechtsgebunden sein, wenn es von der öffentlichen Hand beherrscht wird. Hieraus folgert die herrschende Meinung im Umkehrschluss, dass bei gemischtwirtschaftlichen Unternehmen mit öffentlicher, nicht-beherrschender Minderheitsbeteiligung eine eigene Grundrechtsbindung des Unternehmens ausscheidet.361 Eine Bindung über Art. 1 Abs. 3 GG treffe in diesen Fällen lediglich den Staat als Anteilseigner im Rahmen der Ausübung seiner mit dem Anteil verbundenen Rechte.362 Nach diesem Verständnis ist der Rückgriff auf das Merkmal der Beherrschung nicht nur, wie unter B. II. 1. aufgezeigt, von terminologischer Bedeutung, sondern dient darüber hinaus auch als entscheidender Indikator für die Art der Grundrechtsverpflichtung eines gemischtwirtschaftlichen Unternehmens. Andere Literaturstimmen lehnen dagegen eine Grundrechtsbindung von gemischtwirtschaftlichen Unternehmen prinzipiell und unabhängig von einer staat 357 BVerfGE 128, 226 (24 4 f.) – Fraport; siehe auch Herdegen, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 1 Abs. 3, Rn. 56 m. w. N. 358 BVerfGE 128, 226 (246 f.) – Fraport, anders jedoch das abweichende Votum des Richters Schluckebier, für den eine Beherrschung dann nicht in Frage kommt, wenn die staatliche Anteilsmehrheit nur das Resultat von mehreren Minderheitsbeteiligungen verschiedener öffentlicher Träger ist, die jeweils eigene gegenläufige Interessen verfolgen. In diese Richtung auch Merten DÖV 2019, 41 (46 f.). 359 BVerfGE 147, 50 (144); Schwill, NVwZ 2019, 109 (111). 360 Siehe Enders JZ 2011, 568 (578); Hillgruber, in: BeckOK Grundgesetz, Art. 1, Rn. 71; Gurlit, NZG, 2012, 249 (252 f.); Jarass, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 1, Rn. 39 f.; a. A. Möstl, in: Maunz / Dürig, GG, Art.  87e, Rn.  100 ff. 361 Vgl. Hillgruber, in: BeckOK Grundgesetz, Art. 1, Rn. 71 m. w. N. 362 Vgl. Jarass / Pieroth, GG, Art. 1, Rn. 40; Hillgruber, in: BeckOK Grundgesetz, Art. 1, Rn. 71; Starck, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 1, Rn. 213. In eine ähnliche Richtung ist auch BVerfGE 115, 167 (227 f.) zu deuten, in der das BVerfG für die Deutsche Post AG, bei der die öffentliche Hand als Minderheit beteiligt ist, eine Grundrechtsfähigkeit bejaht hat. Dies lässt den Umkehrschluss zu, dass das BVerfG eine gleichzeitige Grundrechtsbindung ablehnt.

II. Das öffentliche Unternehmen

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lichen Beherrschung ab.363 Sie argumentieren mit der begrifflichen Willkür des Beherrschungskriteriums und den grundrechtlich schutzwürdigen Freiheiten der privaten Minderheitsaktionäre, die sie durch eine unmittelbare Grundrechtsbindung des öffentlichen Unternehmens im Außenverhältnis bedroht sehen.364 Entsprechend seien gemischtwirtschaftliche Unternehmen auch bei einer Kontrolle durch öffentlich-rechtliche Gesellschafter nicht der öffentlichen Gewalt im Sinne des Art. 1 Abs. 3 GG zuzuordnen und damit niemals unmittelbar grundrechtsverpflichtet.365 Dieser Ansicht ist jedoch nicht zu folgen, da sie es der öffentlichen Hand in erheblichem und vor dem Hintergrund des Leitgedankens des Art. 1 Abs. 3 GG unzulässigem Umfang ermöglicht, sich ihrer Grundrechtsbindung zu entledigen. Hinter dem Rekurs auf das Merkmal der Beherrschung steckt die Überlegung, dass der Hoheitsträger seine Bindung an die Grundrechte nicht durch die Wahl einer privaten Rechts- oder Organisationsform366 oder gar durch die bloße Hinzuziehung einer privaten Kleinstbeteiligung ablegen können soll. Es ist vor dem Hintergrund des effektiven Grundrechtsschutzes des Einzelnen zwingend geboten, dem Hoheitsträger die Möglichkeit einer rechtsmissbräuchlichen „Flucht ins Privatrecht“ zu versperren.367 Die ältere Rechtsprechung des BGH und Teile der Literatur verfolgen darüber hinaus einen anderen Ansatz. Sie differenzieren nach der Art der Tätigkeit der öffentlichen Einrichtung und gehen davon aus, dass ihr Handeln nur dann einer Grundrechtsbindung unterliegen soll, wenn es unmittelbar der Erfüllung öffentlicher Zwecken und Aufgaben dient (sog. „Verwaltungsprivatrecht“).368 Im Gegensatz dazu endet nach ihrer Auffassung eine Grundrechtsbindung dort, wo die Verwaltung schwerpunktmäßig rein erwerbswirtschaftlich oder bei der Vornahme eines fiskalischen Hilfsgeschäfts gleichberechtigt wie ein Privater am Marktgeschehen teilnimmt.369 Dieser aufgabenbezogene Ansatz ist jedoch abzu 363

Brüning, in: Stern / Becker, GG, Art. 19, Rn. 81 f. Tendenziell auch Höfling, in: Sachs, GG, Art. 1, Rn. 109; Rüfner, in: Denninger / Isensee / Kirchhof (Hrsg.): HStR, Bd. V, 2. Auflage 2000, § 117, Rn. 49. 364 Höfling, in: Sachs, GG, Art. 1, Rn. 109; Gurlit, NZG 2012, 249 (255). 365 Brüning, in: Stern / Becker, GG, Art. 19, Rn. 82; Herdegen, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 1 Abs. 3, 53. Auflage 2009, Rn. 96: „Allein die staatliche Beteiligung trägt nicht die Grundrechtsbindung von Einrichtungen des Privatrechts.“ Der Normbefehl des Art. 1 Abs. 3 GG adressiere allein den Anteilseigner bei der Ausübung seiner Beteiligungsrechte, nicht jedoch das gemischtwirtschaftliche Unternehmen selbst, vgl. Höfling, in: Sachs, GG, Art. 1, Rn. 108. 366 BVerfGE 128, 226 (245 f.); Enders, JZ 2011, 577 (578). 367 Dieses häufig bemühte Zitat stammt von Fleiner, Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts, 8. Auflage 1928, S. 326. 368 Vgl. BGHZ 36, 91 (96); 97, 312 (316); Geis / Madeja, JA 2013, 248 (253). Auf den Gesellschaftszweck abstellend Herdegen, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 1 Abs. 3, 53. Auflage 2009, Rn. 96. Umfassend zu dem Begriff und den Dimensionen des Verwaltungsprivatrechts siehe Stelkens, Verwaltungsprivatrecht, Berlin 2005. 369 BGHZ 36, 91 (96); Emmerich, JuS 1970, 332 (334). Aufgrund des kommunalrechtlichen Verbotes ausschließlichen erwerbswirtschaftlichen Handelns losgelöst von jedweder öffentlichen Aufgabenerfüllung werden die Fälle der reinen Erwerbswirtschaftlichkeit selten sein und sich auf Fälle historisch gewachsener gewinnorientierter Manufakturen wie Weihenstephan oder Rothaus beschränken, vgl. Geis / Madeja, JA 2013, 248 (253).

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B. Untersuchungsgegenstand

lehnen. Art. 1 Abs. 3 GG bietet keinen Anhaltspunkt für eine Suspendierung der Grundrechtswirkung im Rahmen von rein erwerbswirtschaftlichem Handeln.370 Es ist nicht ersichtlich, weshalb der Bürger in derartigen Konstellationen dem Staat gleichsam (grundrechts-)schutzlos ausgeliefert sein soll. Aus diesem Grund ist eine Beschränkung der Grundrechtsbindung auf Fälle des Verwaltungsprivatrechts grundsätzlich abzulehnen. Angesichts der Untauglichkeit alternativer Differenzierungsmodelle ist damit insgesamt dem Beherrschungs-Ansatz des Bundesverfassungsgerichts zu folgen. Hiernach sind öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform als materieller Teil der Staatsgewalt nach Art. 1 Abs. 3 GG stets grundrechtsverpflichtet, soweit sie von der öffentlichen Hand beherrscht werden. Unterliegt das öffentliche Unternehmen dagegen einer mehrheitlich privaten Beherrschung, scheidet eine Grundrechtsbindung aus. In diesen Fällen liegt indes nach dem oben angelegten Begriffsverständnis bereits kein öffentliches Unternehmen vor. b) Grundrechtsberechtigung Dogmatischer Anknüpfungspunkt für die Frage nach der Grundrechtsberech­ tigung von öffentlichen Unternehmen in Privatrechtsform ist Art. 19 Abs. 3 Hs. 2 GG.371 Nach dieser Vorschrift gelten die Grundrechte auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind. Zur Bestimmung der wesensmäßigen Anwendbarkeit bei juristischen Personen existieren im Kern zwei Begründungslinien: Das Bundesverfassungsgericht stellt auf die Lehre vom personalen Substrat ab.372 Diese Auffassung ist im Kern von dem Verständnis getragen, dass Grund 370

Vgl. BVerfGE 128, 226 (244); 147, 50 (144 f.); Jarass, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 1, Rn. 38 f.; Höfling, in: Sachs, GG, Art. 1, Rn. 106 ff.; Hillgruber, in: BeckOK Grundgesetz, Art. 1, Rn. 70. Hinzu kommt, dass sich sachlich überzeugende Kriterien zur Abgrenzung von fiskalischem, erwerbswirtschaftlichem und verwaltungsprivatrechtlichem Handeln mit öffentlichem Aufgabenbezug in der Praxis kaum finden lassen, vgl. Dreier, in: Dreier, GG, Art. 1 Abs. 3, Rn. 67 f. 371 Die Frage nach der Grundrechtsberechtigung von öffentlichen Unternehmen kann im Informationsfreiheitsrecht vor allem im Rahmen der Berufung auf eigene Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse als Ausschlussgrund relevant werden. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse genießen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich als Teil der Berufs- und Gewerbefreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG grundrechtlichen Schutz, vgl. BVerfGE 147, 50 (141) mit Verweis auf BVerfGE 115, 205 (230); 137, 185 (244); siehe auch Fehling, DVBl. 2017, 79 (86); Guckelberger, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 6 IFG, Rn. 12. Praxisrelevant ist damit die Frage, ob sich öffentliche Unternehmen zum Schutz ihrer Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse auf Art. 12 Abs. 1 GG berufen können oder ob dieser Schutz gegebenenfalls „nur“ einfachgesetzlich gewährleistet ist (vgl. § 6 S. 2 IFG). Siehe hierzu ausführlich unten C. V. 2. a) aa) (3) (c) (aa). 372 Vgl. aktuell BVerfG, Beschluss vom 18. 08. 2020 – 1 BvQ 82/20, BeckRS 2020, 19742, Rn. 9, mit Verweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, vgl.

II. Das öffentliche Unternehmen

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rechte primär dem Schutz der Freiheit des Einzelnen dienen sollen. Hieraus wird gefolgert, dass eine Grundrechtsberechtigung für juristische Personen nur dann in Betracht kommt, wenn der Grundrechtsschutz die freie Entfaltung der hinter dem Unternehmen stehenden natürlichen Personen zum Ausdruck bringt. Dies ist vorbehaltlich der sog. Ausnahmetrias373 zumindest bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts (Körperschaften, Anstalten und Stiftungen) in staatlicher Trägerschaft nicht der Fall.374 Diese sollen sich lediglich auf die Justizgrundrechte nach Art. 101 ff. GG berufen können.375 Andere Stimmen bejahen eine wesensgemäße Anwendbarkeit, wenn eine grundrechtstypische Gefährdungslage vorliegt, also die juristische Person in der jeweiligen Situation potentiell ebenso wie eine natürliche Person in konkret freiheitsschützenden Grundrechtspositionen beeinträchtigt sein kann.376 Übertragen auf öffentliche Unternehmen liefern beide Ansätze grundsätzlich gleiche Ergebnisse: Sofern es sich bei dem öffentlichen Unternehmen um eine Eigengesellschaft in privater Rechtsform handelt, hinter der ausschließlich der Staat als Unternehmensträger steht, ist eine wesensgemäße Anwendbarkeit mangels dahinterstehender natürlicher Person oder vergleichbarer Gefährdungslage in jedem Fall ausgeschlossen.377 In der Marktaktivität von rein öffentlichen Unternehmen ist keine freiheitsrechtlich aufgeladene Autonomieentfaltung zu sehen, sondern letztendlich nur die Wahrnehmung von Staatsaufgaben oder schlicht die Ausübung hoheitlich zugewiesener Kompetenzen.378 Auch aus der Garantie unternehmerischer Freiheit nach Art. 16 Abs. 1 EU-GrCh erwächst keine unionsrechtliche Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die Grundrechtsberechtigung von BVerfGE 15, 256 (262); 21, 362 (369 f.); 143, 246 (250). Zustimmend Ziekow, § 7, Rn. 32; Storr, S. 208 ff., kritisch zur Anwendung der Lehre des personalen Substrats dagegen Ludwigs /  Friedmann, NVwZ 2018, 22 (2 4 f.). 373 Die Ausnahmetrias bezieht sich auf Fälle, in denen entweder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts ein spezifischer, grundrechtlich geschützter Wirkungsbereich zugeordnet ist (so können sich Universitäten und Fakultäten auf Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG berufen, Rundfunkanstalten auf Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) oder in denen juristische Personen des öffentlichen Rechts in einem ohnehin staatsfernen Lebensbereich tätig sind (öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften), vgl. Herdegen, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 1 Abs. 3, Rn. 54; aktuell auch BVerfG, Beschluss vom 18. 08. 2020 – 1 BvQ 82/20, BeckRS 2020, 19742, Rn. 9; BVerfGE 68, 193 (207) m. w. N. 374 BVerfG, Beschluss vom 18. 5. 2009 – 1 BvR 1731/05, NVwZ 2009, 1282 (1283); Ziekow, § 7, Rn. 32. 375 BVerfGE 61, 82 (104 f.); Herdegen, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 1 Abs. 3, Rn. 54; Ludwigs /  Friedmann, NVwZ 2018, 22 m. w. N. aus der Rechtsprechung. 376 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. 08. 2020 – 1 BvQ 82/20, BeckRS 2020, 19742, Rn. 9; Brüning, in: Stern / Becker, GG, Art. 19, Rn. 56; Kloepfer, Verfassungsrecht, Bd. II, § 49, Rn. 68; Bosesky, S. 58. 377 So die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, vgl. BVerfGE 45, 63 (79); 68, 193 (213); 75, 192 (197); 128, 226 (244 f.) – Fraport; ebenso die ganz überwiegende Ansicht in der Literatur, vgl. Kingreen / Poscher, Staatsrecht II, Rn. 218; Herdegen, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 1 Abs. 3, Rn. 55 m. w. N. 378 Vgl. Gramlich, IR 2020, 20 (22).

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B. Untersuchungsgegenstand

privatrechtlich organisierten Eigengesellschaften anzuerkennen.379 Anders ist die Situation bei gemischtwirtschaftlichen Gesellschaften: Da in diesen Konstellationen Hoheitsträger und prinzipiell grundrechtsfähige Private miteinander agieren, verbietet sich an dieser Stelle ein pauschaler Ausschluss der Grundrechtsberechtigung.380 Zur Erzielung von interessensgerechten Ergebnissen ist auf zusätzliche Abgrenzungskriterien abzustellen.381 Eine mehrheitlich von Literatur und Bundesverfassungsgericht vertretene Ansicht möchte spiegelbildlich zur Grundrechtsbindung eine Grundrechtsfähigkeit immer dann verneinen, wenn das gemischtwirtschaftliche Unternehmen von der öffentlichen Hand beherrscht wird.382 Bei funktionaler Betrachtungsweise des Beherrschungskriteriums kann die Grundrechtsfähigkeit damit auch in Fällen versagt werden, in denen der Staat zwar nur eine Minderheitsbeteiligung hält, durch anderweitige gesellschafts- oder konzertrechtliche Vehikel aber dennoch das Unternehmen maßgeblich alleine lenken, leiten und führen kann.383 Dem gegenüber steht eine erweiternde Auffassung in der Literatur, die sich an der früheren Linie des Bundesverfassungsgerichts orientiert. Nach ihr kommt es für die Frage der Grundrechtsfähigkeit nicht allein auf einen beherrschenden Einfluss der öffentlichen Hand an.384 Vertreter dieser Ansicht kommen stattdessen zu dem Ergebnis, dass privatrechtsförmig organisierten öffentlichen Unternehmen erst dann eine Grundrechtsfähigkeit abzusprechen ist, wenn sie vom Staat beherrscht werden und staatliche Aufgaben wahrnehmen.385 Nur die unter öffent­licher 379

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. 08. 2020 – 1 BvQ 82/20, BeckRS 2020, 19742, Rn. 29. Nach einhelliger Auffassung soll jedoch eine Grundrechtsfähigkeit von gemischt-wirtschaftlichen Unternehmen immer dann ausscheiden, wenn diese als Beliehene zur öffentlichen Aufgabenerfüllung eingesetzt werden vgl. Sachs, in: Sachs, GG, Art. 19, Rn. 111; Bosesky, S. 59. 381 Vgl. Bosesky, S. 57; Goldhammer, JuS 2014, 891 (892). Für die Rechtsform der Aktiengesellschaft hierzu eingehend Kater, Grundrechtsbindung und Grundrechtsfähigkeit gemischtwirtschaftlicher Aktiengesellschaften, Tübingen 2016. 382 Vgl. BVerfGE 115, 205 (226 f.); 143, 246 (261); 147, 50 (144) mit ausdrücklichem Verweis auf die Grundrechtsbindung nach BVerfGE 128, 226 (244, 246 f.); Dreier, in: Dreier, GG, Art. 19 III, Rn. 78; Huber, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 19 Abs. 3, Rn. 286 ff.; ­Kloepfer, Verfassungsrecht, Bd. II, § 49, Rn. 51; Ziekow, § 7, Rn. 33; Ruthig / Storr, Rn. 686; Gersdorf, S. 166; Benecke / Spiecker gen. Döhmann, JZ 2015, 1024 (1028); Fehling, DVBl. 2017, 79 (86); Ernst, in: von Münch / Kunig, GG, Art. 19, Rn. 87. 383 Huber, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 19 Abs. 3, Rn. 288; Dreier, in: Dreier, GG, Art. 19 III, Rn. 78, siehe auch BVerfG, Beschluss vom 16. 05. 1989 – 1 BvR 705/88, NJW 1990, 1783: Hier hat das Bundesverfassungsgericht bei der Beurteilung der Grundrechtsberechtigung zusätzlich zu der 72 %igen Beteiligung der öffentlichen Hand geltende strenge gesetzliche Verpflichtungen, die zu einer Einschränkung der privatrechtlichen Selbstständigkeit führten, berücksichtigt. 384 BVerfG, Beschluss vom 16. 05. 1989 – 1 BvR 705/88, NJW 1990, 1783; BVerfG, Beschluss vom 18. 05. 2009 – 1 BvR 1731/05, NVwZ 2009, 1282 (1283); Poschmann, Grundrechtsschutz gemischt-wirtschaftlicher Unternehmen, S. 395 ff.; Herdegen, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 1 Abs. 3, Rn. 56; Möstl, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 87e, Rn. 101; Polenz, DÖV 2010, 350 (353). 385 Möstl, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 87e, Rn. 101; ausführlich hierzu Möstl, Grundrechtsbindung öffentlicher Wirtschaftstätigkeit. Eine andere Ansicht wiederum möchte allein nach 380

II. Das öffentliche Unternehmen

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Zweckbindung stattfindende Einschaltung in die hoheitliche Aufgabenerfüllung könne eine Zuordnung zur öffentlichen Sphäre hinreichend begründen und die Berufung auf einen Grundrechtsschutz versperren.386 Außerhalb der öffentlichen Aufgabenerfüllung sei auch bei hoheitlich beherrschten Unternehmen eine Grundrechtsfähigkeit des gemischtwirtschaftlichen Unternehmens unabhängig vom Grad der Beherrschung stets zu bejahen. Diesem Kombinationsansatz ist jedoch entgegen zu halten, dass der Rekurs auf die „öffentliche Aufgabenerfüllung“ mangels konkretisierender Begriffsbestimmung tatsächliche Abgrenzungsschwierigkeiten und damit Rechtsunsicherheiten hervorruft.387 Spräche man der öffentlichen Hand ein Recht zur Definition der „öffentlichen Aufgabe“ (etwa per Unternehmenssatzung) zu, ermächtigte dies den Hoheitsträger im Endeffekt, die Reichweite der Grundrechtsfähigkeit der von ihm beherrschten gemischtwirtschaftlichen Unternehmen selbst festzulegen.388 Die Disposition über die Geltung der Grundrechte ist der Verwaltung jedoch entzogen. Aufgrund dieser strukturellen Schwierigkeiten ist das einschränkende Kriterium des öffentlichen Aufgabenbezuges nicht geeignet, die Frage nach der Grundrechtsfähigkeit von öffentlichen Unternehmen trennscharf zu beantworten. Es kann mithin allein auf die Beherrschung durch die öffentliche Hand ankommen. Für die Heranziehung des Beherrschungskriteriums spricht auch das Konfusions-Argument: Gemäß der oben vertretenen Argumentation ist das gemischtwirtschaftliche Unternehmen bei hoheitlicher Beherrschung insgesamt der staatlichen Gewalt nach Art. 1 Abs. 3 GG zuzurechnen und damit Adressat der Grundrechte.389 Grundrechtsbindung und Grundrechtsfähigkeit stehen dabei in einem logischen Ausschließlichkeitsverhältnis: Wer an Grundrechte gebunden ist, kann sich schon bereits rein logisch nicht gleichzeitig gegenüber dem Staat auf einen Schutz aus eben jenen Grundrechten berufen.390 Eine Gleichzeitigkeit von Grundrechtsberechtigung- und Verpflichtung ist nach dem Konfusions-Argument damit grundsätzlich ausgeschlossen.391 Der synchrone Rückgriff auf die „hoheitliche Beherrschung“ vermeidet damit systematische Wertungswidersprüche.

dem Unternehmenszweck des öffentlichen Unternehmens abgrenzen. Wenn die Erfüllung öffentlicher Aufgaben klar als Gründungszweck definiert wurde, ist das Unternehmen als nicht grundrechtsfähig anzusehen, vgl. Herdegen, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 1 Abs. 3, Rn. 56. 386 Möstl, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 87e, Rn. 101, der aus der gesetzlichen Einordnung der Deutsche Bahn AG „als Wirtschaftsunternehmen“ (vgl. Art. 87e Abs. 3 S. 1 GG) folgert, dass diese keiner besonderen Gemeinwohlbindung unterliegen und damit grundrechtsberechtigt sind. 387 Jarass, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 19, Rn. 18; Jarass, MMR 2009, 223 (226) bezeichnet das Kriterium der „öffentlichen Aufgabe“ als „diffus“, ebenso Bosesky, S. 59. 388 Brüning, in: Stern / Becker, GG, Art. 19, Rn. 76; Huber, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 19 Abs. 3, Rn. 287. 389 Vgl. Knauff, in: Schmidt / Wollenschläger, § 6, Rn. 22; Herdegen, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 1 Abs. 3, Rn. 54 m. w. N. 390 Vgl. BVerfGE 15, 256 (262); 21, 362 (369 f.); 147, 50 (141). 391 Ludwigs / Friedmann, NVwZ 2018, 22; Ruthig / Storr, Rn. 683; kritisch Merten DÖV 2019, 41 (46 f.).

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B. Untersuchungsgegenstand

Den Einwand der grundrechtlichen „Konfusion“ umgeht eine weitere Literaturansicht, die dem gemischtwirtschaftlichen Unternehmen unabhängig von einer staatlichen Beherrschung stets eine eigene Grundrechtsfähigkeit attestiert.392 Sie geht von der Überlegung aus, dass lediglich die öffentliche Hand als Anteilseigner bei der Ausübung ihrer gesellschaftsrechtlichen Einflussnahme an die Grundrechte gebunden ist, nicht jedoch das Unternehmen selbst.393 Im Kern basiert die Ansicht auf dem Argument, dass der Grundrechtsschutz der privaten Mitanteilseigner nicht durch eine Versagung der Grundrechtsfähigkeit des Unternehmens als Ganzes verkürzt werden dürfe.394 Mit Blick auf die zwingenden gesellschaftsrechtlichen Bindungen eines gemischtwirtschaftlichen Unternehmens in Privatrechtsform könne nicht automatisch davon ausgegangen werden, dass dieses zur bloßen „Marionette“ der öffentlichen Hand werde.395 Eine zwingende Zurechnung zur nichtgrundrechtsfähigen Staatsgewalt legitimiere sich dadurch jedenfalls nicht. Zudem sei das funktionale Merkmal der Beherrschung nicht dazu geeignet, rechtssichere und klar abgrenzbare Ergebnisse zu liefern.396 Gegen diese Auffassung ist allerdings einzuwenden, dass der private Anteilseigner durch eine Versagung der Grundrechtsfähigkeit des Unternehmens, an dem er anteilig beteiligt ist, seinerseits nicht unmittelbar in seinen grundrechtlich geschützten Rechtspositionen beeinträchtigt wird. Sein Grundrechtsschutz nach Art. 14 Abs. 1 GG beschränkt sich ohnehin nur auf seinen jeweiligen Unternehmensanteil.397 Art. 14 Abs. 1 GG schützt nicht darüber hinausgehend die Tatsache, dass sich das Unternehmen selbst, an dem sich der Anteilseigner beteiligt, auf Grundrechte berufen darf. Zudem sind private Minderheitsaktionäre nicht besonders schutzwürdig, da sie sich im Rahmen eines spezifischen Kooperationsverhältnisses bewusst und freiwillig an einem von einem Staat beherrschten Unternehmen beteiligt haben.398 Mit dieser autonomen Entscheidung haben sie mögliche Einbußen und Nachteile, die sich aus der fehlenden Grundrechtsberechtigung des öffent 392 Brüning, in: Stern / Becker, GG, Art. 19, Rn. 81 f.; Scholz, in: FS Lorenz, S. 213 (226 f.); von Arnauld, DÖV 1998, 437 (450); Koppensteiner, NJW 1990, 3105 (3113). 393 Höfling, in: Sachs, GG, Art. 1, Rn. 108 f. 394 Vgl. Sachs, in: Sachs, GG, Art. 19, Rn. 112; Herdegen, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 1 Abs. 3, Rn. 51; Jarass, DÖV 2002, 489 (496); Jarass, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 19, Rn. 19a; SchmidtAßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 5. Kap., Rn. 63; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 85. Teils wird sogar von einer „kalten Enteignung“ des privaten Anteilseigners gesprochen, vgl. Storr, S. 245 ff. 395 Sachs, in: Sachs, GG, Art. 19, Rn. 112; Herdegen, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 1 Abs. 3; Rn. 51; Jarass, DÖV 2002, 489 (496); Bosesky, S. 61. 396 Vgl. Dreier, in: Dreier, GG, Art. 19 III, Rn. 78; Bosesky, S. 61. 397 Ruthig / Storr, Rn. 686; Ziekow, § 7, Rn. 33. 398 Vgl. Ernst, in: von Münch / Kunig, GG, Art. 19, Rn. 87. Zum Kooperationsgedanken und der Annahme eines partiellen Grundrechtsverzichts siehe Storr, S. 249 ff. Anderes kann allenfalls in den Fällen gelten, in denen der Staat nicht von vornherein eine beherrschende Stellung innehatte, sondern vielmehr diese nachträglich bzw. sukzessive aufgebaut hat. Insgesamt ablehnend Bosesky, S. 62: „Im bloßen Abschluss eines Gesellschaftsvertrages kann weder ein ausdrücklicher noch ein konkludenter Freiheitsverzicht gesehen werden.“

II. Das öffentliche Unternehmen

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lichen Unternehmens ergeben, wissentlich in Kauf genommen. Hinzu kommt, dass die Versagung der Grundrechtsfähigkeit die aus den Anteilen erwachsenden und nach Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Rechte (Mitbestimmungsrechte, gesetzlicher Anspruch auf einen vermögensrechtlichen Anteil am Bilanzgewinn) rein formal nicht verkürzt.399 Ebenfalls problematisch ist an dieser Ansicht, dass sich der Staat auf diese Art und Weise unabhängig von seinem Grad der Beteiligung durch einen bloßen Formenwandel zu einer juristischen Person des Privatrechts eine Grundrechtsfähigkeit aneignen könnte, die ihm so als Hoheitsträger grundsätzlich verwehrt ist.400 Im Ergebnis verdient sie damit keine Zustimmung. c) Zwischenergebnis Nach zutreffender, wenngleich nicht unumstrittener, Auffassung hängt die Grundrechtsfähigkeit und Grundrechtsbindung von öffentlichen Unternehmen von dem Grad des Einflusses der öffentlichen Hand ab. Dies hat zur Folge, dass Eigengesellschaften stets grundrechtsgebunden und niemals grundrechtsfähig sind. Für gemischtwirtschaftliche Unternehmen ist dagegen zu differenzieren: In dem Moment, in dem die öffentliche Gewalt das Geschehen innerhalb des Unternehmens steuern, lenken und leiten kann, ist das Unternehmen als Ganzes Teil der „öffentlichen Sphäre“ und damit der grundrechtsgebundenen und nicht grundrechtsfähigen staatlichen Gewalt im Sinne des Art. 1 Abs. 3 GG. Die Zugrundelegung des funktionalen Beherrschungskriteriums verhindert, dass sich die öffentliche Hand mühelos durch einen bloßen Organisationsformenwechsel einer materiellen Grundrechtsverpflichtung entziehen kann (Vermeidung einer „Flucht ins Privatrecht“). Auch die grundrechtlich über Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Interessen der Minderheitsaktionäre rechtfertigen keine andere Betrachtungsweise. Bei nicht-beherrschender Beteiligung der öffentlichen Hand unterliegen gemischtwirtschaftliche Unternehmen dagegen keiner Grundrechtbindung. Sie können sich damit zugleich auf Grundrechte berufen. Nach der aufgezeigten Terminologie des Wettbewerbs- und des Informationsfreiheitsrechts sind indes Erscheinungsformen der hoheitlichen Minderheitsbeteiligung bereits begrifflich keine öffentlichen Unternehmen. Für den weiteren Verlauf der Untersuchung ist damit zu unterstellen, dass öffentliche Unternehmen im Sinne des Informationsfreiheitsrechts prinzipiell grundrechtsgebunden und nicht grundrechtsfähig sind. 399 Storr, S. 247, a. A. Gurlit, NZG 2012, 249 (254); die unter anderem darauf abstellt, dass private Anteilseigner an Verlusten partizipieren, die durch eine Grundrechtsbindung entstehen, etwa dadurch, dass sie wie im Fall Fraport die Versammlungsfreiheit auf ihrem Gelände gewährleisten müssen. 400 So auch das BVerfG, Beschluss vom 18. 5. 2009 – 1 BvR 1731/05, NVwZ 2009, 1282 (1283): Der Hoheitsträger dürfe „nicht durch die Gründung einer juristischen Person des Privatrechts die eigene Grundrechtsbindung abstreifen und mittelbar eine eigene Grundrechtsfähigkeit erwerben“. Siehe zu diesem Argument auch Ziekow, § 7, Rn. 33.

110

B. Untersuchungsgegenstand

III. Ergebnis zu Kapitel B. Der Begriff der „Information“ ist im Informationsfreiheitsrecht weit zu verstehen. Rechtsprechung und Literatur legen auf der Definitionsebene ein zirkuläres Wirkungsverständnis an, an dessen Anfang das unbearbeitete Datum steht. Dieses wird durch eine Kontextualisierungs- oder Interpretationsleistung zu einer Information. Werden Informationen anschließend erneut kognitiv verarbeitet, entsteht ungespeichertes Wissen, welches sich wiederum anschließend in Informationen umwandeln lässt. Informationen werden öffentlichen Unternehmen zugeordnet, wenn sie tatsächlich und dauerhaft in dessen Herrschafts- und Einflussbereich vorliegen. Informationen von öffentlichen Unternehmen sind eine gesellschaftlich-demokratisch wie ökonomisch wertvolle Ressource. Ihre Offenlegung dient gleichzeitig der Aktivierung der politischen Meinungs- und Willensbildung und der wirtschaftlichen Schaffung von zumeist digitalen Mehrwertdienstleistungen. Der Begriff des „öffentlichen Unternehmens“ findet seinen Ursprung in dem europäischen Wettbewerbsrecht (Art. 106 Abs. 1 AEUV) und der Richtlinie 80/723 EWG. Nach diesem wird das Unternehmen funktional als „jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art der Finanzierung“ verstanden. Damit sind sowohl Institutionen in öffentlich-rechtlicher als auch privatrechtlicher Organisationsform erfasst. Die öffentliche Inhaberschaft des Unternehmens wird in diesem Zusammenhang traditionell über das Kriterium der hoheitlichen Beherrschung (Leitung, Lenkung und Führung der Unternehmensgeschicke) vermittelt. Im Informationsfreiheitsrecht wird der Begriff des „öffentlichen Unternehmens“ uneinheitlich verwendet. Während das Informationszugangsrecht grundsätzlich nicht auf diesen Terminus zurückgreift, orientiert sich das Informationsweiterverwendungsrecht an dem wettbewerbsrechtlichen Begriffsverständnis, schränkt dieses aber zugleich inhaltlich ein, indem es wirtschaftlich tätige Einheiten nur dann als „öffentliche Unternehmen“ qualifiziert, wenn diese in vom Gesetzgeber festgelegten Sektoren der Daseinsvorsorge tätig sind. Der Betrieb und die Errichtung von Unternehmen in öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Form ist als besonderer Modus der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand grundsätzlich zulässig und über die kommunale Eigenverantwortlichkeitsgarantie des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG sogar verfassungsrechtlich garantiert. Der Einsatz wirtschaftlich tätiger Trabanten der Verwaltung unterliegt jedoch einfachgesetzlichen, meist kommunalrechtlichen, Schrankenregelungen. Diese sollen die rechtsstaatlich geforderte öffentliche Zweckbindung des Unternehmens sicherstellen und die Wirtschaftsaktivität auf ein inhaltlich wie örtlich erforderliches Maß reduzieren. Da insbesondere die Wahl privater Rechtsformen rechtsstaatliche Risiken birgt, ist die Zulässigkeit von öffentlichen Kapitalgesellschaften an die Einhaltung zusätzlicher Voraussetzungen geknüpft. Beispielsweise muss sich die öffentliche Hand zur Wahrung eines hinreichenden demokratischen

III. Ergebnis zu Kapitel B.

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Legitimationsniveaus effektive Kontroll- und Einflussmöglichkeiten im Unternehmen einrichten lassen. Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform handeln und haften abseits einer möglichen Beleihung grundsätzlich nach privatrechtlichen Maßstäben. Sofern sie von der öffentlichen Hand beherrscht werden, sind sie nach herrschender Auffassung grundrechtsgebunden und nicht grundrechtsfähig. Wann eine Beherrschung anzunehmen ist, bestimmt sich nach einer funktionalen Betrachtung des Einzelfalls. Je nach Fallgestaltung kann sich dabei eine beherrschende Stellung auch aus einer Minderheitsbeteiligung der öffentlichen Hand an privatrechtlich organisierten Gesellschaften ergeben. Die Erkenntnisse dieses Abschnitts haben unmittelbaren Einfluss auf den nachfolgenden Gang der Untersuchung: Wie aufgezeigt, bewegen sich vor allem öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform bereits dem Grundsatz nach in einem eigentümlichen Konfliktfeld zwischen privatwirtschaftlichen Organisations- und Handlungsstrukturen und öffentlicher Zweckbindung. Werden privatrechtlich organisierte Unternehmen der öffentlichen Hand nun in das Informationsfreiheitsrecht einbezogen, spitzt sich an dieser Stelle das systemimmanente Dilemma zwischen Offenlegung und Geheimhaltung in besonderem Maße zu. Mit Blick auf den oben skizzierten Untersuchungsauftrag rückt damit das öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform in den Mittelpunkt der nachfolgenden Analyse. Auf informationsrechtliche Implikationen für Unternehmen in öffentlich-rechtlicher Organisationsform ist dagegen lediglich ergänzend einzugehen.

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen Die Rechtsquellen des Informationszugangsrechts sind vielfältig. Das informationssuchende Individuum kann mithin auf verschiedenste Weisen und Wege die Veröffentlichung von Informationen öffentlicher Unternehmen verlangen. An diesen Befund anknüpfend versteht sich dieses Kapitel im Ausgangspunkt zunächst als systematisierende Einordnung der historisch gewachsenen (I.) Publizitätspflichten in das duale Mehrebenengeflecht von reaktiven (II.) und proaktiven (III.) Zugangsrechten. Im Anschluss an eine Auseinandersetzung mit wettbewerbsrechtlichen Auskunftsrechten (IV.) liegt der Fokus dieses Kapitels auf der Systematik der Grenzen des Informationszugangs (V.). Mit Blick auf die übergeordnete Forschungsfrage soll das normative Konfliktbewältigungsprogramm der informationsfreiheitsrechtlichen Ausschlussgründe daraufhin untersucht werden, ob es einen interessensgerechten Ausgleich zwischen gesellschaftlichen Öffentlichkeits- und unternehmerischen Geheimhaltungs- bzw. Wettbewerbsinteressen ermöglicht. Im Anschluss hieran widmet sich die Untersuchung den prozess- und haftungsrechtlichen Dimensionen des Informationszugangsrechts (VI.). Vor dem Hintergrund der Ergebnisse dieses Abschnitts gilt es abschließend kritisch zu hinterfragen, inwiefern öffentliche Unternehmen überhaupt einen Beitrag zur Förderung der spezifischen Ziele und Zwecke des Informationsfreiheitsrechts leisten müssen (VII.). Diese Ergebnisse dieses Sinnabschnitts dienen wiederum als Ausgangspunkt für denkbare Reformen und Neugestaltungsoptionen des geltenden Informationszugangsrechts (VIII.).

I. Die historische Entwicklung des dualistischen Informationszugangsrechts 1. Vom Arkanprinzip zum Informationsfreiheitsrecht 2.0 Die Existenz eines flächendeckenden Informationsfreiheitsrechts sowohl auf nationaler als auch europäischer Ebene ist keine historisch bedingte Selbstverständlichkeit. Im Gegenteil, die legislative Evolution des Informationsfreiheitsrechts verlief vor allem im nationalen Recht äußerst schleppend. Während in Schweden bereits im Jahr 1766 mit der Tryckfrihetsförordning ein allgemeines Öffentlichkeitsprinzip eingeführt und bürgerliche Akteneinsichtsrechte garantiert wurden,1 1

Vgl. Lederer, S. 11 5 f.; Wegener, Der geheime Staat, S. 299 ff.; Pannecke / Hurst, RIW 2020, 411.

I. Die historische Entwicklung 

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beruhte das hiesige Verwaltungsverständnis bis vor wenigen Jahrzehnten auf der Grundannahme, dass Informationen und Akten der öffentlichen Hand einer strengen Geheimhaltung unterlägen und nach dem Grundsatz des „Amtsgeheimnisses“2 nur in seltenen Ausnahmefällen der Öffentlichkeit preisgegeben werden dürften (sog. Arkanprinzip).3 Von der rigiden Arkantradition löste sich der Gesetzgeber im Laufe des vergangenen Jahrhunderts vorsichtig durch die Normierung einfachgesetzlicher Auskunftsrechte (z. B. § 29 VwVfG) und etablierte damit schrittweise das Prinzip der beschränkten Aktenöffentlichkeit.4 Beschränkt war die Aktenöffentlichkeit vor allem durch die Tatsache, dass das Recht auf Zugang zu Verwaltungsinformationen weder flächendeckend, noch voraussetzungslos gewährleistet wurde. So blieb der Zugang zu Informationen häufig an den speziellen Nachweis eines Individualinteresses geknüpft.5 Ausnahmen oder Lockerungen von diesem Grundsatz schuf der Bundesgesetzgeber nur sehr vereinzelt, etwa für die Bürgerbeteiligung im Rahmen der Planung von Großprojekten, vgl. § 73 Abs. 2 VwVfG6 oder in Bezug auf Einsichtsrechte in Archive und Register. Erst europäische und völkerrechtliche Verpflichtungen wie die Umweltinformationsrichtlinie 90/313/EWG und die Aarhus-Konvention zwangen den Bundegesetzgeber 1994 zum Erlass und anschließender Überarbeitung des Umweltinformationsgesetzes (UIG), welches jedermann einen voraussetzungslosen, wenngleich lediglich bereichsspezifischen, Zugang zu Umweltinformationen garantierte.7 Für nicht-umweltbezogene Informationen galt dagegen weiterhin das Prinzip der beschränkten Aktenöffentlichkeit. Das damalige „Informationsfreiheitsrecht“ blieb damit im Kern lückenhaft und verdiente seine (heutige) Bezeichnung nicht. Um die Jahrtausendwende begannen einige Landesgesetzgeber schrittweise damit, eigene Informationsfreiheitsgesetze zu erlassen und so dem Bürger einen flächendeckenden Zugang zu sämtlichen (Landes-)Verwaltungsinformationen auch unabhängig von einer etwaigen Rechtsverletzung zu gewähren. Den Anfang machte das Land Brandenburg mit dem am 20. März 1998 in Kraft getretenen Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz (AIG).8 Berlin9, Schleswig 2

Lederer, S. 95; Angelov, Grundlagen und Grenzen eines staatsbürgerlichen Informationszugangsanspruchs, S. 24; Pannecke / Hurst, RIW 2020, 411 (414). 3 Schoch, IFG, Einl. Rn. 21; Pannecke / Hurst, RIW 2020, 411 (414); siehe ausführlich hierzu Wegener, S. 317 ff. 4 Schoch, IFG, Einl., Rn. 21; Kloepfer, Informationsrecht, § 10, Rn. 8; Lederer, S. 95; Rossi, Informationszugangsfreiheit und Verfassungsrecht, S. 32 ff. 5 Vgl. Schoch, IFG, Einl., Rn. 21, so beispielsweise § 29 Abs. 1 VwVfG, nach dem die Beteiligten nur dann einen Anspruch auf Akteneinsicht haben, soweit dies zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich ist. 6 Rossi, S. 27; Lederer, S. 96. 7 Vgl. Walz, DÖV 2009, 623 (625); Lederer, S. 98. Ausführlich siehe hierzu C. II. 1. b) bb) (2) (a) und C. II. 1. a) bb). 8 Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz (AIG) vom 10. 3. 1998, GVBl.-Bbg. I S. 46 (v. 19. 03. 1998), siehe hierzu Angelov, S. 35. 9 Gesetz zur Förderung der Informationsfreiheit im Land Berlin vom 15. Oktober 1999 (GVBl. Berlin 1999, Nr. 45, S. 561).

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

Holstein10 und Nordrhein-Westfalen11 zogen in den nächsten Jahren mit eigenen Informationsfreiheitsgesetzen nach. Auf Bundesebene überwog dagegen weiterhin die Skepsis gegenüber der Einführung von allgemeinen Informationszugangs- und Akteneinsichtsrechten. Trotz ausdrücklicher Festschreibung in den Koalitionsvereinbarungen des rot-grünen Bündnisses zu der 14. und 15. Legislaturperiode scheiterten entsprechende Gesetzesvorlagen teilweise schon an der Einbringung in den Bundestag.12 Unter dem wachsenden politischen Druck außerparlamentarischer Akteure, unter anderem der Professoren Schoch und Kloepfer, die einen eigenen Gesetzesentwurf13 vorlegten, brachten die Regierungsfraktionen schlussendlich im Dezember 2004 doch einen Vorschlag für den Erlass des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes (IFG) in den Bundestag ein, welcher angenommen und beschlossen wurde.14 Das am 1. Januar 2006 in Kraft getretene IFG garantierte erstmalig einen flächendeckenden und voraussetzungslosen Informationsanspruch für jedermann gegenüber Bundesbehörden und sorgte damit für einen wahren „Paradigmenwechsel“ im Informationszugangsrecht.15 Neben der Förderung von demokratischen Prozessen und der Kontrolle staatlicher Macht zielte der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung auch auf die Ausschöpfung des ökonomischen Potentials von Informationen der öffentlichen Hand.16 Hieran anknüpfend und in Umsetzung der Richtlinie 2003/98/EU in nationales Recht erließ der Bundesgesetzgeber noch im selben Jahr am 13. Dezember 2006 das Informationsweiterverwendungsgesetz (IWG)17 und erweiterte damit das neu eingeführte Informationszugangsrecht um ein nationales Informationsweiterverwendungsregime. Das Jahr 2006 wurde damit zum historischen Geburtsstunde des nationalen Informationsfreiheitsrechts. Dass sich der Gesetzgeber gegen eine Inkorporation der Regelungen zur Informationsweiterverwendung in das IFG entschied und stattdessen ein eigenständiges Gesetz erließ, verwundert auf den ersten Blick. Die eingangs bereits skizzierte inhaltliche Trennung von Informationszugangsrecht und Informationsweiterverwendungsrecht setzt jedenfalls nicht zwangsläufig eine Aufspaltung in zwei unterschiedliche

10 Gesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Schleswig-Holstein vom 9. Februar 2000 (GVOBl. Schl.-H. 2000, S. 166). 11 Gesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Nordrhein-Westfalen vom 27. November 2001 (GVBl. NRW 2001, S. 806). 12 Das geht aus einer kleinen Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke und der Fraktion der PDS hervor, vgl. BT-Drs. 14/9147, S. 2. Siehe hierzu auch Brink, in: Brink / Polenz / Blatt, IFG, § 1, Rn. 38 f. 13 Siehe Schoch / Kloepfer, Informationsfreiheitsgesetz (IFG-ProfE) – Entwurf eines Informationsfreiheitsgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland, Berlin 2002. 14 BT-Drs. 15/4493, S. 6; Brink, in: Brink / Polenz / Blatt, IFG, § 1, Rn. 39. 15 Vgl. Hong, NVwZ 2016, 953; Zott, S. 99 spricht von einer „Kehrtwende“; Lederer, S. 99 von einem „Meilenstein“. 16 Vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 6: „Der Zugang zur Information ist nicht nur demokratisch-rechtsstaatlich, sondern auch wirtschaftlich von europäischer Bedeutung.“ 17 Vgl. BT-Drs. 16/2543, S. 1.

I. Die historische Entwicklung 

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Gesetze voraus. Andere Länder wie beispielsweise Frankreich18 oder Slowenien19 haben beide Regelungsbereiche in einem einheitlichen Gesetz zusammengefasst. Auch in der hiesigen Rechtswissenschaft plädieren Stimmen für die Bündelung von Zugang und Weiterverwendung in einem Gesetz.20 Befürworter argumentieren, dass eine Vereinheitlichung nicht nur der allgemeinen Übersichtlichkeit diene,21 sondern auch zur Auflösung von Wertungswidersprüchen beitragen könne.22 Mit der Einrichtung von antragsbasierten Auskunftsrechten und flächendeckenden Weiterverwendungsmöglichkeiten fand die Evolution des Informationsfreiheitsrechts indes noch nicht ihren Abschluss. Im Gegenteil, das Informationszugangsrecht befindet sich seit einigen Jahren im Umbruch. Im vergangenen Jahrzehnt wurden auf Landesebene schrittweise so genannte Transparenzgesetze erlassen, die neben einer reaktiven Zugangserlangung auf Antrag auch weitreichende proaktive Informationsbereitstellungspflichten für öffentliche Stellen im Internet vorsehen. Derartige Regelungsregime werden als Informationszugangsgesetze „der zweiten Generation“23 oder als „Informationsfreiheitsrecht 2.0“24 bezeichnet. Initiator dieser Entwicklung, die sich ideologisch auf die Konzepte von „Open Data“ und „Open Government“ stützt, ist die Freie und Hansestadt Hamburg. Dem dort im Jahr 2012 in Kraft getretenen Hamburger Transparenzgesetz (HmbTG) wird bundesweit eine „Vorreiterrolle“ zugesprochen.25 Inspiriert von dem Erlass des HmbTG haben auch Bremen, Rheinland-Pfalz und Thüringen in den letzten Jahren eigene Landestransparenzgesetze verabschiedet.26 Vorsich 18 Siehe loi n° 87–753 de la liberté d’accès aux documents administratifs et de la réutilisation des informations publiques, bei denen sich Art. 1–9 dem Informationszugang und Art. 10–19 der Weiterverwendung widmen. 19 Siehe Zakon o dostopu do informacij javnega značaja, UPB2, Official Gazette of the Republic of Slovenia, No. 51/06, vgl. Art.1 Abs. 1 „This Act governs the procedure which ensures everyone free access to and re-use of public information“. Offizielle Übersetzung abrufbar unter https://ec.europa.eu/digital-single-market/en/news/implementation-psi-directive-slovenia (zuletzt abgerufen am 28. 10. 2020). 20 Beyer-Katzenberger, DÖV 2014, 144 (151); Sydow, NVwZ 2008, 481 (484); Schulz, Verw­ Arch 104 (2013), 327 (341); Wiebe / Ahnefeld, CR 2015, 199 (202). Siehe auch den (abgelehnten) Antrag einiger Bundestagsabgeordneter der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Oktober 2019 zur Schaffung eines einheitlichen Transparenzgesetzes des Bundes, vgl. BT-Drs. 19/14596, S. 4. 21 So auch Beyer-Katzenberger, DÖV 2014, 144 (151), nach dem insbesondere der Zusammenhang zwischen beiden Rechtsgebieten präziser aufgezeigt werden könnte. 22 Im Detail zu den Wertungswidersprüchen zwischen IFG und IWG Wolff / Seemüller, K & R 2019, 102 ff. 23 Vgl. Ziekow / Debus / Musch, S. 68; Hagen / Kubicek, Innovative Verwaltung 3/2011, 32. 24 Die Landesbeauftragte für Informationsfreiheit in Bremen, Informationsfreiheit 2.0  – endlich gleiches Recht in Bund und Ländern!, Entschließung zwischen der 30. und 31. Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten in Deutschland, abrufbar unter: https://www. informationsfreiheit.bremen.de/detail.php?gsid=bremen07.c.10290.de (zuletzt abgerufen am 24. 02. 2021). 25 Stumpf, VerwArch 106 (2015), 499 (501); der in dem Erlass des HmbTG eine „180°-Grad Wende“ sieht. Jauch, DVBl. 2013, 16 (24) spricht von einem „Paradigmenwechsel“. 26 Siehe hierzu C. III. 3. b) aa) (2), C. III. 3. b) aa) (3) und C. III. 3. b) aa) (6).

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

tige Ansätze hin zu einer Ausweitung von proaktiver Informationspolitik lassen sich auch in Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein erkennen.27 Offen ist derzeit noch die rechtspolitische Entwicklung in Berlin, wo die Landesregierung im Frühjahr 2021 den Entwurf eines Transparenzgesetzes präsentiert hat, welcher unter anderem ein zentrales Transparenzportal vorsieht, auf dem eine Vielzahl von Informationen proaktiv und kostenlos durch die Behörden veröffentlicht werden sollen.28 Auf Bundesebene verläuft die Entwicklung hin zu einem „Informationsfreiheitsrecht 2.0.“ bislang (noch) schleppend. Einen vorsichtigen Vorstoß hin zur proaktiven Bereitstellung von Daten zum Abruf über öffentlich zugängliche Netze wagte der Bundesgesetzgeber 2017 jedoch mit der Änderung des Gesetzes zur Förderung der elektronischen Verwaltung (E-Government-Gesetz – EGovG).29 Entwicklungsresistent zeigen sich dagegen die Bundesländer Bayern, Sachsen und Niedersachen, die bis heute weder ein antragsbasiertes Auskunftsrecht der ersten, noch ein proaktives Zugangsregime der zweiten Generation geschaffen haben. 2. Die sukzessive Ausweitung proaktiver Zugangsmodi „Informationsfreiheit kommt nur auf zwei starken Beinen voran.“30

Mit dieser Metapher illustriert der ehemalige Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Peter Schaar, dass dem Informationszugangsrecht angesichts der Entwicklung vom Arkanpinzip zum „Informationsfreiheitsrecht 2.0.“ verstärkt eine zweigeteilte Struktur zu Grunde liegt. Es ist formal-systematisch und materiell-inhaltlich zwischen reaktiven und proaktiven Zugangsmodi zu unterscheiden. Auch öffentliche Unternehmen müssen grundsätzlich Informationen entweder als Reaktion auf eine entsprechende Antragsstellung herausgeben oder eigeninitiativ im Internet auf Transparenzportalen bereitstellen. Der reaktiv zu gewährende Informationszugang stellt den historisch-genetisch „klassischen“ und nach wie vor de lege lata am weitesten verbreiteten Weg dar. Der Verzicht auf den Zwischenschritt der Antragstellung ist demgegenüber tendenziell ein jüngeres und noch nicht flächendeckend verbreitetes Phänomen, dem auch in der (rechts-) wissenschaftlichen Diskussion bislang nur vereinzelt Beachtung geschenkt wird.31 27

Im Detail hierzu C. III. 3. b) aa) (4), C. III. 3. b) aa) (5) und C. III. 3. b) aa) (6). Vgl. Gesetzesentwurf zur Weiterentwicklung des Informationszugangs für die Allgemeinheit v. 02. 03. 2021, vgl. LT-Drs. 18/3458. 29 Erstes Gesetz zur Änderung des E-Government-Gesetzes vom 5. Juli 2017, BGBl. I S. 2206. 30 Schaar, Quo vadis IFG? – Informationsfreiheit im Spannungsfeld, 2. BfDI-Symposium zur Informationsfreiheit, 6. und 7. September 2012, S. 1. 31 Siehe instruktiv zu Erscheinungsformen proaktiver Veröffentlichungspolitik nur Lederer, Open Data, Berlin 2015, im Ansatz zu den Problemen proaktiver Veröffentlichungspolitik auch Krüger, S. 237 ff. 28

I. Die historische Entwicklung 

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Mit Blick auf Nutzbarmachung denkbarer Vorteile proaktiver Veröffentlichungsmodi (Verfahrensbeschleunigung, Vergrößerung der informationellen Reichweite im Internet) lässt sich das Zitat von Schaar ebenfalls so interpretieren, dass die Ziele des Informationszugangsrechts nur dann effektiv durchgesetzt werden können, wenn reaktive wie proaktive Informationszugangsinstrumente legislativ ähnlich stark ausgeprägt und damit aus Bürgerperspektive leicht durchsetzbar sind. Für Schaar sind proaktive Veröffentlichungspflichten allerdings das Bein, „das kaum nachkommt“.32 Obwohl bereits im Jahre 2002 das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zum „Schuldnerspiegel“33 die spezifischen Vorzüge von proaktivem Veröffentlichungshandeln gegenüber einer Individualkommunikation (Vereinfachte Nutzbarkeit, gesteigerte Verknüpfungsmöglichkeiten, universelle Verfügbarkeit) ausdrücklich betont hat, führen proaktive Veröffentlichungspflichten in der rechtspolitischen Entwicklung bislang ein Schattendasein. Vor allem der Bundesgesetzgeber setzt bislang nur vereinzelt und lückenhaft auf die Implementierung proaktiver Informationsgewährungsstrukturen. Wo eigeninitiative Bereitstellungspflichten normiert werden, bleiben diese zudem meist inhaltlich weit hinter dem Umfang reaktiver Zugangsrechte zurück. Auf Landesebene findet dagegen eine sukzessive Etablierung und Ausweitung von proaktiven Zugangsmodi statt. Wie oben aufgezeigt, läuten Bundesländer wie Hamburg, Bremen, Rheinland-Pfalz und Thüringen eine informationsrechtliche Kehrtwende ein, indem sie die proaktive Informationspolitik im Internet nicht nur als rechtspraktische Ergänzung, sondern notwendige Fortentwicklung des geltenden Systems des Informationszugangsrechts begreifen. Diese Dynamik wirft allgemein, aber vor allem auch für hoheitlich beherrschte Unternehmen, offene Rechtsfragen auf. Mit Blick auf die Ausgangsfrage der vorliegenden Untersuchung ist insbesondere klärungsbedürftig, wie sich die Extension neuartiger proaktiver Veröffentlichungsmechanismen auf die Steuerung und Bewältigung des Interessenskonfliktes zwischen Offenlegungs- und Geheimhaltungsinteressen auswirkt, in dem sich wirtschaftlich tätige Unternehmen der öffentlichen Hand befinden. Aus diesem Grund widmet sich auch die nachfolgende Untersuchung schwerpunktmäßig der proaktiven Ausprägung des Informationszugangs (III.). Eine umfassende Analyse des proaktiven Veröffentlichungsrechts bedarf indes vorab als dogmatisch-einordnendes Fundament zumindest einer überblicksartigen Auseinandersetzung mit reaktiven Zugangsrechten (II).

32 Schaar, Quo vadis IFG? – Informationsfreiheit im Spannungsfeld, 2. BfDI-Symposium zur Informationsfreiheit, 6. und 7. September 2012, S. 1. 33 BVerfGE 104, 65 (72 f.).

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

II. Reaktiver Informationszugang Öffentliche Unternehmen können unter gewissen Voraussetzungen nach Stellung eines Antrages durch einen Informationszugangsberechtigten verpflichtet sein, reaktiv Zugang zu Informationen zu gewähren. Dies ist der Fall, wenn ein tauglicher Zugangsberechtigter (in der Regel „jedermann“) gegenüber einem öffentlichen Unternehmen als Zugangsverpflichteten einen Informationszugangsanspruch hat. Im Folgenden sollen die Maßstäbe und Rechtsgrundlagen untersucht werden, nach denen auf verschiedenen Regelungsebenen (Völker- und Europarecht, nationales Verfassungsrecht sowie Bundes-, Landes- und Kommunalrecht) reaktive Informationszugangsansprüche gegenüber öffentlichen Unternehmen gewährt werden. 1. Dogmatische Grundlagen a) Völkerrechtlicher Rahmen Bereits das Völkerrecht verpflichtet die Mitgliedsstaaten, dem einzelnen Bürger besondere Informationszugangsansprüche gegenüber staatlichen Institutionen einzuräumen.34 aa) Menschenrechte Als erster Anknüpfungspunkt dient hierbei die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEM) der Generalversammlung der Vereinten Nationen aus dem Jahr 1948. Diese gewährt jedoch lediglich eine Informationsempfangsfreiheit als Bestandteil des Rechts auf freie Meinungsäußerung nach Art. 19, nicht aber eine allgemeine Informationszugangsfreiheit.35 Auch die „Informationsfreiheit“ aus Art. 19 Abs. 2 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte vom 19. 12. 1966 (IPbpR) gewährt dem Bürger keine Einsichts- oder Auskunftsrechte in behördliche Akten.36 Gleiches galt nach früherer restriktiver Rechtsprechung des EGMR auch für Art. 10 Abs. 1 S. 2 EMRK. Dort heißt es zum Schutz des Rechtes auf freie Meinungsäußerung:

34 Lederer, S. 109. Zu den speziellen Ausprägungen des „Informationsvölkerrechts“ siehe Kloepfer, Informationsrecht, § 2, Rn. 49 ff. 35 Vgl. Rossi, S. 5 0 f.; Haas, Private als Auskunftsverpflichtete nach den Umweltinforma­ tions- und Informationsfreiheitsgesetzen, S. 17 f. 36 Lederer, S. 110; Rossi, S. 51; Angelov, S. 67. Einen Schritt weiter gehen jedoch die offiziellen Anmerkungen zu Art. 19 IPbpR. Nach diesen schließt Art. 19 Abs. 2 IPbpR einen kostenfreien Zugang zu Informationen von öffentlichen Stellen mit ein, vgl. Lederer, S. 110.

II. Reaktiver Informationszugang

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„Dieses Recht schließt die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben.“

Der EGMR stellte noch Ende der 80er Jahre ausdrücklich klar, dass Art. 10 Abs. 1 S. 1 EMRK kein individuell einklagbares Informationszugangsrecht gegenüber öffentlichen Stellen beinhaltet.37 Seit der Jahrtausendwende ist der EGMR jedoch von dieser strengen Linie abgerückt und hat in seinen Entscheidungen zunehmend impliziert, dass unter bestimmten Umständen ausnahmsweise aus Art. 10 Abs. 1 S. 2 EMRK doch ein subjektives Recht des Bürgers auf Zugang zu Informationen des Staates folgen kann.38 So hat der EGMR in der Rechtssache Magyar Helsinki Bizottság39 für zwei Fallkonstellationen einen unmittelbaren Auskunftsanspruch aus Art. 10 Abs. 1 S. 2 EMRK abgeleitet. In dem zugrundeliegenden Sachverhalt begehrte eine ungarische NGO zur Vorbereitung eines Gutachtens bei mehreren Polizeidienststellen vergeblich Auskunft zu Namen und Anzahl der Mandate von gesetzlichen Pflichtverteidigern. Der EGMR hielt hierzu fest, dass Art. 10 Abs. 1 S. 2 EMRK ein individuelles Zugangsrecht einerseits in Situationen gewähre, in denen das Bestehen eines Informationszugangsanspruchs gerichtlich bestätigt wurde, und die staatliche Stelle sich schlicht weigert, diesen zu erfüllen, und andererseits für Fälle, in denen der Zugang zur Information für die Ausübung des Rechts auf Freiheit der Meinungsäußerung unabdingbar ist.40 Über die gerichtliche Anerkennung der letzteren Fallgruppe schafft der EGMR damit erstmalig ein eigenständiges und konventionsunmittelbares Zugangsrecht unabhängig von konkreten nationalen Bestimmungsakten. Dieses unterliegt jedoch hohen Anforderungen. Der EGMR fordert eine strenge Konnexität zur Freiheit der Meinungsäußerung und -verbreitung: Die angefragte Information muss zunächst Gegenstand eines „öffentlichen Interesses“ sein, also im Einzelfall eine hinreichende Relevanz für den öffentlichen Diskurs und die öffentliche Meinungsbildung aufweisen.41 Gleichzeitig muss auch der Zugangsberechtigte die Rolle eines „social“ bzw. „public watchdogs“ einnehmen, der sich spezifisch der Auf 37

Rossi, S. 51; Frowein, in: Frowein / Peukert, EMRK, Art. 10, Rn. 348 mit Verweis u. a. auf EGMR, Urteil vom 26. 03. 1987, Serie A, Bd. 116, S. 29 – Leander / Schweden: „Article 10 does not […] confer on the individual a right of access to a register containing information on his personal position, nor does it embody an obligation on the Government to impart such information to the individual“. 38 EGMR, Urteil vom 08. 11. 2016  – 18030/11, NVwZ 2017, 1843 ff.  – Magyar Helsinki ­Bizottság / Ungarn; EGMR, Urteil vom 28. 11. 2013 – 39534/07, Rn. 3 5 f. – Österreichische Vereinigung / Österreich; EGMR, Urteil vom 14. 04. 2009 – 37374/05, Rn. 3 5 f. – Tarsasag a Szabadsagjogokert / Ungarn; vgl. Daibler, in: Meyer-Ladewig, EMRK, Art. 10, Rn. 16; Wegener, NVwZ 2015, 609 (610); Schiedermair, in: IntKomm EMRK, Art. 10, Rn. 63; Hins / Voorhoof, European Constitutional Law Review 2007, S. 114 (126). Mit weiteren Fallbeispielen Szalay, A Recent Exploration of Accessing Public Sector Information, JIPITEC 2019, 282 (287 f.). 39 EGMR, Urteil vom 08. 11. 2016 – 18030/11, NVwZ 2017, 1843 ff. – Magyar Helsinki Bizottság / Ungarn; siehe hierzu Engelbrecht, ZD 2018, 108 ff. 40 EGMR, Urteil vom 08. 11. 2016 – 18030/11, Rn. 156 – Magyar Helsinki Bizottság / Ungarn. 41 EGMR, Urteil vom 08. 11. 2016 – 18030/11, Rn. 162 – Magyar Helsinki Bizottság / Ungarn.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

gabe widmet, für die breite Öffentlichkeit einen gesellschaftspolitischen Diskurs zu eröffnen.42 Während vor allem die Presse in der Regel als „public watchdog“ im klassischen Sinne auftritt, können sich nach Ansicht des EGMR je nach Umständen des Einzelfalles auch NGOs und Wissenschaftler auf diese Rolle berufen.43 Voraussetzung für einen Informationszugang ist indes stets, dass die Information „fertig und verfügbar“ ist und keine zusätzlichen behördlichen Informations­ beschaffungsmaßnahmen erfordert.44 Mit Blick auf den Untersuchungsgegenstand ist indes zu berücksichtigen, dass die vorliegende Entscheidung zu Polizeidienststellen und damit Behörden im klassischen Sinne erging. Das Urteil des EGMR verweist lediglich allgemein auf die Informationspflichtigkeit von „public authorities“, ohne jedoch die Reichweite dieses Begriffs näher zu definieren.45 Es bleibt damit die Frage unbeantwortet, ob auch „öffentliche Unternehmen“ als „public authorities“ im Sinne des EGMR eingeordnet werden müssen. Der strenge Ausnahmecharakter und die hohen Tatbestandsvoraussetzungen des konventionsunmittelbaren Auskunftsanspruchs sprechen insgesamt gegen ein weites Begriffsverständnis. Sollten dennoch öffentliche Unternehmen verpflichtet sein, sähen sie sich bei Informationen von „öffent­ lichem Interesse“ unmittelbaren reaktiven Informationszugangsansprüchen nach Art. 10 Abs. 1 S. 2 EMRK ausgesetzt. Das Risiko der informationsrechtlichen Inanspruchnahme über die EMRK ist dabei auch deshalb so wenig greifbar, weil es losgelöst von staatlich garantierten Informationszugangsansprüchen besteht. Bedeutung könnten die konventionsunmittelbaren Zugangsansprüche damit vor allem dort erlangen, wo sich der (Landes-)Gesetzgeber aktuell noch gegen den Erlass eines eigenen Informationsfreiheitsgesetzes entschieden hat (Bayern, Sachsen, Niedersachsen).46 bb) Aarhus-Konvention Als Aarhus-Konvention wird das am das am 25. Juni 1998 in der dänischen Stadt Aarhus unterzeichnete und am 30. Oktober 2001 in Kraft getretene Übereinkommen der Wirtschaftskommission für Europa (UNECE) über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten bezeichnet.47 Stand heute (Stichtag

42

EGMR, Urteil vom 08. 11. 2016 – 18030/11, Rn. 164 – Magyar Helsinki Bizottság / Ungarn. EGMR, Urteil vom 08. 11. 2016  – 18030/11, Rn. 166 ff.  – Magyar Helsinki Bizottság /  Ungarn. 44 EGMR, Urteil vom 08. 11. 2016 – 18030/11, Rn. 169 – Magyar Helsinki Bizottság / Ungarn; EGMR, Urteil vom 14. 04. 2009 – 37374/05, Rn. 35 f. – Tarsasag a Szabadsagjogokert / Ungarn; siehe auch BVerwG, Urteil vom 20. 02. 2013 – 6 A 2/12 NVwZ 2013, 1006 (1010). 45 EGMR, Urteil vom 08. 11. 2016 – 18030/11, Rn. 156 – Magyar Helsinki Bizottság / Ungarn. 46 Vgl. Engelbrecht, ZD 2018, 108 (113). Siehe hierzu unten C. II. 2. b) bb). 47 Vgl. Haas, S. 19; Lederer, S. 110 f. 43

II. Reaktiver Informationszugang

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14. 07. 2021) hat die Aarhus-Konvention 47 Vertragsparteien, unter ihnen die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten.48 Auch die Bundesrepublik Deutschland hat die Aarhus-Konvention am 15. Januar 2007 mit völkerrechtlicher Wirkung ratifiziert.49 Übergreifendes Ziel der „überaus wirkmächtigen“50 ­Aarhus-Konvention ist gem. Art. 1 der Schutz des Lebens des Individuums in einer der „Gesundheit und […] [dem] Wohlbefinden zuträglichen Umwelt“. Als Mittel zur Erreichung dieses Zieles räumt die Konvention dem Individuum umfassende Informationszugangs- und Partizipationsrechte in Umweltangelegenheiten ein.51 So gewährleistet Art. 4 Abs. 1 der Aarhus-Konvention einen reaktiven Auskunftsanspruch, der nicht an den Nachweis eines Individualinteresses geknüpft ist. Gemäß Art. 2 Abs. 2 lit. b und c kann dieser Auskunftsanspruch grundsätzlich auch gegenüber privaten Rechtssubjekten geltend gemacht werden:52 So umfasst der Begriff der auskunftspflichtigen Behörde auch „[…] b) natürliche oder juristische Personen, die aufgrund innerstaatlichen Rechts Aufgaben der öffentlichen Verwaltung, einschließlich bestimmter Pflichten, Tätigkeiten oder Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Umwelt, wahrnehmen; c) sonstige natürliche oder juristische Personen, die unter der Kontrolle einer unter Buchstabe a oder Buchstabe b genannten Stelle oder einer dort genannten Person im Zusammenhang mit der Umwelt öffentliche Zuständigkeiten haben, öffentliche Aufgaben wahrnehmen oder öffentliche Dienstleistungen erbringen“.

Während lit.  b damit vorwiegend Beliehene adressiert,53 kommen nach lit.  c auch öffentliche Unternehmen als Verpflichtete in Betracht, solange sie von einer öffentlichen Stelle kontrolliert werden. Unter welchen Umständen eine hoheitliche Kontrolle vorliegen und damit ein öffentliches Unternehmen adressiert werden soll, lässt die Aarhus-Konvention grundsätzlich offen. Es liegt jedoch nahe, zur Konkretisierung und Vermeidung von Wertungswidersprüchen das europarechtlich ausgeformte weite Verständnis des Begriffs der „Kontrolle“ aus der Umweltinformationsrichtlinie heranzuziehen.54

48 Zum aktuellen Stand siehe https://www.unece.org/env/pp/ratification.html (zuletzt aufgerufen am 14. 07. 2021). 49 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, Die Aarhus-Konvention, abrufbar unter: https://www.bmu.de/themen/bildung-beteiligung/umweltinformation/ aarhus-konvention/ (zuletzt aufgerufen am 23. 10. 2020). 50 Wegener, NVwZ 2015, 609 (610). 51 Vgl. von Danwitz, NVwZ 2004, 272 (273); siehe auch Kloepfer, Informationsrecht, § 10, Rn. 26. 52 Siehe hierzu Haas, S. 21 f.; von Danwitz, NVwZ 2004, 272 (273 f.). 53 Guckelberger, UPR 2006, 89 (89 f.). 54 Siehe hierzu C. II. 1. b) bb) (2) (a).

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

cc) Tromsø-Konvention Die „Konvention über den Zugang zu amtlichen Dokumenten“ (Tromsø-Konvention) wurde am 18. Juni 2009 vom Europarat verabschiedet.55 Das Übereinkommen garantiert dem Bürger weitreichende reaktive Informationszugangsrechte und setzt verfahrensrechtliche Mindeststandards für die Bearbeitung von Anträgen auf Informationszugang fest.56 Es wird daher auch als „Meilenstein in der Rechtsentwicklung“ des Informationsfreiheitsrechts betrachtet.57 Gemäß Art. 1 S. 2 lit. a i) (3) sind auch zwingend juristische Personen (des Privatrechts) von den Verpflichtungen der Konvention umfasst, sofern sie Hoheitsgewalt ausüben.58 Diese Regelung schließt vor allem Beliehene ein. Darüber hinaus eröffnet Art.1 S. 2 lit. a ii) (3) den Vertragsparteien die Möglichkeit, die Anspruchsverpflichtung auch auf juristische Personen des Privatrechts zu erstrecken, sofern diese öffentliche Aufgaben erfüllen oder überwiegend von der öffentlichen Hand finanziert werden.59 Die Bundesrepublik Deutschland hat die Konvention allerdings bis heute noch nicht unterzeichnet.60 Dies stößt in der Literatur teils auf massive Kritik.61 b) Unionsrechtlicher Rahmen aa) Primärrecht Der Ausgangspunkt für reaktive Veröffentlichungspflichten auf primärrecht­ licher Ebene liegt in Art. 298 AEUV. Diese Vorschrift legt den allgemeinen Grundsatz fest, dass sich die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union zur Ausübung ihrer Aufgaben auf eine offene, effiziente und unabhängige Verwaltung

55 Council of Europe Convention on Access to Official Documents, CETS No. 205, angenommen durch das Ministerkomitee am 27. 11. 2008, unterzeichnet in Tromsø am 18. 06. 2009. 56 So beispielsweise in Art. 2 S. 1 und S. 2: „Each Party shall guarantee the right of everyone, without discrimination on any ground, to have access, on request, to official documents held by public authorities. Each Party shall take the necessary measures in its domestic law to give effect to the provisions for access to official documents set out in this Convention.“ Siehe hierzu ausführlich Schoch, in: FS Fiedler, S. 657 (665 ff.). 57 Schoch, EuZW 2011, 388 (389 f.). 58 Der Originaltext spricht von „natural or legal persons insofar as they exercise administrative authority.“ 59 „Natural or legal persons insofar as they perform public functions or operate with public funds, according to national law.“ 60 Siehe zum aktuellen Stand Europarat, Unterschriften und Ratifikationsstand des Vertrags 205, abrufbar unter https://www.coe.int/de/web/conventions/full-list/-/conventions/treaty/205/ signatures?p_auth=LbbNAKii (zuletzt aufgerufen am 23. 10. 2020). Zu den Gründen siehe Schoch, in: FS Fiedler, S. 657 (672 f.). 61 Semsrott, ZRP 2018, 154; Lederer, S. 114; Schoch, EuZW 2011, 388 (390); Richter, ZRP 2020, 245 (248).

II. Reaktiver Informationszugang

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stützen sollen. Die Konkretisierung des Grundsatzes der Offenheit erfolgt dabei seit dem Amsterdamer Vertrag in Art. 15 Abs. 3 AEUV,62 der ein spezielles Recht auf Zugang zu den Dokumenten der Unionsorgane gewährt.63 Nach Art. 15 Abs. 3 AEUV hat der Einzelne grundsätzlich einen freien und voraussetzungslosen Informationszugangsanspruch, der in Art. 2 Abs. 1 der Informationszugangs-Verordnung konkret ausgestaltet wird.64 Die Anspruchsverpflichtung erstreckt sich nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Art. 15 Abs. 3 UAbs. 1 AEUV auf alle Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union.65 Da jedoch keine öffentlichen Unternehmen auf Unionsebene existieren und EU-Organe nicht Teil des Untersuchungsgegenstandes sind, soll der Informationsanspruch aus Art. 15 Abs. 3 AEUV an dieser Stelle nicht näher erörtert werden. Aus dem gleichen Grund lässt sich auch aus Art. 41 Abs. 2 lit. b66 und Art. 4267 der EU-Grundrechte-Charta (EU-GrCh) kein allgemeiner Anspruch auf Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen oder privaten Dritten herleiten.68 Auf primärrechtlicher Ebene werden öffentliche Unternehmen mithin nicht in informationsrechtliche Pflichtenkreise einbezogen.

62

Vgl. Ruffert, in: Calliess / Ruffert, AEUV, Art. 298, Rn. 10. Rossi, S. 47; Haas, S. 30; Lederer, S. 120; Wegener, in: Calliess / Ruffert, Art.  15 AEUV, Rn. 11; Gusy, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.): Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, § 23, Rn. 25; Kloepfer, Informationsrecht, § 2, Rn. 33; Szalay, A Recent Exploration of Accessing Public Sector Information, Jipitec 2019, 282 (286). 64 VO (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. 5. 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission, ABl. Nr. L 145/43, vgl. dazu auch die von der Kommission erlassenen Durchführungsbestimmungen, ABl. 2001 L 345/95. 65 Wegener, in: Calliess / Ruffert, AEUV, Art. 15, Rn. 13. 66 Art. 41 EU-GrCh „Recht auf eine gute Verwaltung“ lautet: „(1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass ihre Angelegenheiten von den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union unparteiisch, gerecht und innerhalb einer angemessenen Frist behandelt werden. (2) Dieses Recht umfasst insbesondere […] b) das Recht jeder Person auf Zugang zu den sie betreffenden Akten unter Wahrung des berechtigten Interesses der Vertraulichkeit sowie des Berufs- und Geschäftsgeheimnisses […].“ 67 Art. 42 EU-GrCh „Recht auf Zugang zu Dokumenten“ lautet: „Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat haben das Recht auf Zugang zu den Dokumenten der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, unabhängig von der Form der für diese Dokumente verwendeten Träger.“ 68 Haas, S. 31. Gleichwohl können in Anlehnung an Art. 2 Abs. 3 VO 1049/2001 auch von Privaten (öffentlichen Unternehmen) erstellte Dokumente Gegenstand eines Auskunfts­ begehrens nach Art. 42 EU-GrCh sein, soweit sie sich im Besitz einer EU-Stelle befinden. Die Unionsorgane trifft diesbezüglich jedoch keine Informationsbeschaffungspflicht, vgl. Jarass, EU-GrCh, Art. 42, Rn. 8. 63

124

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

bb) Sekundärrecht (1) Verordnungen (a) VO (EG) Nr. 1049/2001 Die Transparenz-Verordnung VO (EG) 1049/2001, gelegentlich auch „Informationsverordnung“69 genannt, konkretisiert die durch Art. 15 Abs. 3 AEUV gewährten Informationszugangsrechte.70 Ausweislich von Art. 1 lit. a besteht der Zweck der Verordnung darin, die Grundsätze, Bedingungen und Einschränkungen des Rechts auf Zugang zu Dokumenten der Europäischen Organe so festzulegen, dass ein größtmöglicher Zugang zu Dokumenten gewährleistet ist. Durch den Erlass der Verordnung erfährt die ökonomische Bedeutung des Informationszugangsrechts und seine mögliche Nutzung im Wettbewerb besondere Anerkennung und wird daher auch als „Meilenstein auf dem Weg zur Informationsoffenheit“ bezeichnet.71 Nichtsdestotrotz bleibt auch hier festzuhalten, dass der Anwendungsbereich der Verordnung nicht über Art. 15 Abs. 3 UAbs. 1 AEUV hinausgeht und damit ebenso wenig Ansprüche gegen private Dritte oder öffentliche Unternehmen gewährt. (b) VO (EU) Nr. 2016/679 Art. 86 der Datenschutzgrundverordnung VO (EU) Nr. 2016/679 (DS-GVO) erlaubt es den Mitgliedsstaaten ausdrücklich, (reaktive) Informationszugangsrechte zu schaffen, sofern der Schutz personenbezogener Daten hinreichend gewährleistet ist: „Personenbezogene Daten in amtlichen Dokumenten, die sich im Besitz einer Behörde oder einer öffentlichen Einrichtung oder einer privaten Einrichtung zur Erfüllung einer im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe befinden, können von der Behörde oder der Einrichtung gemäß dem Unionsrecht oder dem Recht des Mitgliedstaats, dem die Behörde oder Einrichtung unterliegt, offengelegt werden, um den Zugang der Öffentlichkeit zu amtlichen Dokumenten mit dem Recht auf Schutz personenbezogener Daten gemäß dieser Verordnung in Einklang zu bringen.“

Im Gegensatz zur VO (EG) Nr. 1049/2001 erstreckt sich die Garantie des Art. 86 DS-GVO nach ihrem Wortlaut auch auf Informationen, die von einer privaten mitgliedsstaatlichen Einrichtung zur Erfüllung einer im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe offengelegt werden. Welche unternehmerischen Erscheinungsformen von dieser Formulierung konkret adressiert werden, lässt die VO (EU) Nr. 2016/679 69

Rossi, S. 48. Vgl. Schoch, DÖV 2006, 1 (5). 71 Lederer, S. 122; Kugelmann, DÖV 2005, 581 (855); zurückhaltender dagegen Rossi, S. 48 f., der auf den begrenzten Anwendungsbereich der Verordnung hinweist, der nicht den Gerichtshof, den Rechnungshof und verschiedene Ausschüsse umfasst. 70

II. Reaktiver Informationszugang

125

grundsätzlich offen. Insbesondere liefert sie keine ausdrückliche Begriffsbestimmung der „privaten Einrichtungen“ im Sinne des Art. 86 DSG-VO. In der Literatur wird unter Heranziehung der Vergabe-Richtlinie RL (EU) 2014/24 vertreten, dass Art. 86 DS-GVO unternehmerische Einheiten erfasst, die gewinnorientiert unter marktüblichen Bedingungen agieren und dabei marktüblichen Risiken ausgesetzt sind.72 Auch öffentliche Unternehmen im Sinne dieser Untersuchung werden nach diesem Verständnis erfasst. Art. 86 DS-GVO selbst normiert indes keine eigenständigen Offenlegungspflichten für öffentliche Unternehmen, sondern stellt lediglich klar, dass die Mitgliedsstaaten bei der Einräumung von Transparenzverpflichtungen die Grundsätze des Schutzes von personenbezogenen Daten zu wahren haben. Unmittelbare Publizitätspflichten ergeben sich allerdings aus dem Abschnitt 2 der VO (EU) Nr. 2016/679. Dieser normiert spezielle Informationspflichten und Auskunftsansprüche, denen auch öffentliche Unternehmen ausgesetzt sind, soweit sie als verantwortlicher Datenverarbeiter auftreten. Nach Art. 13 und Art. 14 DSGVO bestehen für Verantwortliche im Sinne des Art. 4 Nr. 7 DSG-VO proaktive Informationspflichten gegenüber Betroffenen im Rahmen der Erhebung von personenbezogenen Daten.73 Flankiert werden diese Regelungen von dem praxisrelevanten Auskunftsanspruch nach Art. 15 Abs. 1 DS-GVO.74 Hiernach können Betroffene Auskunft darüber verlangen, ob Verantwortliche persönliche Daten über sie verarbeiten.75 Sollte dies der Fall sein, hat der Betroffene einen Anspruch auf Bereitstellung der in Art. 15 Abs. 1 DS-GVO bereitgestellten Informationen bzw. nach Art. 15 Abs. 3 DS-GVO das Recht, eine Kopie der verarbeiteten persönlichen Daten zu erhalten.76 (c) VO (EU) Nr. 2018/1725 Nach Art. 2 Abs. 3 DS-GVO gilt diese nicht für die Verarbeitung personen­ bezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen, Ämter und Agenturen der Union nach der VO (EG) Nr. 45/2001. Die VO (EU) Nr. 2018/1725 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union und zum freien Datenverkehr schließt diese Lücke im Anwendungsbereich. Sie hebt die VO (EG) Nr. 45/2001 auf und 72 Vgl. Pauly, in: Paal / Pauly, DS-GVO, Art. 86, Rn. 6; anders Schnabel, in: Smitis / Hornung /  Spiecker gen. Döhmann, Datenschutzrecht, Art. 86 DS-GVO, Rn. 22, der auf Art. 2 Abs. 2 lit.c der Umweltinformationsrichtlinie 2003/4/EG zurückgreift. 73 Vgl. Erkis, DStR 2018, 161 (164). Verantwortlicher im Sinne des Art. 4 Nr. 7 DSG-VO ist jede natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die allein oder gemeinsam mit Anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet. Nach dieser Definition können grundsätzlich auch öffentliche Unternehmen Verantwortlicher sein. 74 Engeler / Quiel, NJW 2019, 2201. 75 Zikesch / Sörup, ZD 2019, 239 (243); Engeler / Quiel, NJW 2019, 2201. 76 Zikesch / Sörup, ZD 2019, 239 (243); Engeler / Quiel, NJW 2019, 2201.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

passt ihren Anwendungsbereich an die Vorgaben der DS-GVO an, so dass im Ergebnis beide Verordnungen parallel nebeneinander angewandt werden können.77 Die VO (EU) Nr. 2018/1725 erweitert damit die Schutzwirkungen der DS-GVO. Dabei sind die Auskunfts- und Informationsrechte der VO (EU) Nr. 2018/1725 inhaltlich identisch mit denen der DS-GVO.78 Dadurch, dass sich gem. Art. 2 Abs. 1 der Anwendungsbereich der VO (EU) Nr. 2018/1725 lediglich auf Organe und Einrichtungen der Union erstreckt, findet sie jedoch anders als die DS-GVO keine Anwendung auf öffentliche Unternehmen. (2) Richtlinien (a) Umweltinformationsrichtlinie Bereichsspezifische Informations- und Auskunftsansprüche gegenüber öffentlichen Unternehmen lassen sich zunächst aus Umweltinformationsrichtlinien herleiten. Die Anfänge der Gewährung von Informationsrechten über Umwelt-Richtlinien reichen bis ins Jahr 1982 zurück: In jenem Jahr wurde die Richtlinie 82/501 EWG79 über die Gefahren schwerer Unfälle bei Industrietätigkeiten (Seveso-Richtlinie) erlassen, die in Art. 8 Abs. 1 Veröffentlichungspflichten über Sicherheitsmaßnahmen und das richtige Verhalten im Falle eines Unfalles vorsieht.80 Mit der Neufassung der Seveso-Richtlinie, der Richtlinie 96/82/EG81, wurde darüber hinaus in Art. 13 Abs. 4 bestimmt, dass die Sicherheitsberichte der Öffentlichkeit zugänglich zu machen sind.82 Allerdings richtet sich dieser Anspruch nicht gegen das Unternehmen selbst (diese müssen die notwendigen Informationen lediglich zusammenstellen), sondern gegen die zuständige Behörde.83 Unmittelbare Auskunftspflichten von öffentlichen Unternehmen gegenüber Dritten wurden mit den Seveso-Richtlinien folglich nicht garantiert.84 Erste Bestrebungen zur Etablierung von unmittelbaren Auskunftspflichten gegenüber öffentlichen Unternehmen lassen sich erst später in der am 7. Juni 1990 vom Europäischen Rat verabschiedeten Umweltinformationsrichtlinie RL 90/313/ 77

Vgl. Erwägungsgrund 4 der Richtlinie VO (EU) Nr. 2018/1725. Art. 15 der VO (EU) Nr. 2018/1725 ist wortgleich zu Art. 13, Art. 16 zu Art. 14 und Art. 17 zu Art.15 der VO (EU) Nr. 2016/679. 79 Richtlinie 82/501/EWG des Rates vom 24. Juni 1982 über die Gefahren schwerer Unfälle bei bestimmten Industrietätigkeiten, Amtsblatt Nr. L 230, 05. 08. 1982, S. 1–18. 80 Vgl. Haas, S. 35; Kugelmann, S. 104. 81 Richtlinie 96/82/EG des Rates vom 9. Dezember 1996 zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen, Amtsblatt Nr. L 10, 14. 01. 1997, S. 13–33. 82 Kugelmann, S. 105. 83 Vgl. Haas, S. 37; Kugelmann, S. 105. 84 Vgl. Haas, S. 37. 78

II. Reaktiver Informationszugang

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EWG (UIRL)85 erkennen.86 Art. 3 Abs. 1 der UIRL normierte erstmalig auf europäischer Ebene ein voraussetzungsloses reaktives Zugangsrecht zu Umweltinformationen gegenüber einem weiten Kreis von Verpflichteten. Informationspflichtig waren nach Art. 6 Abs. 1 alle „Stellen, die öffentliche Aufgaben im Bereich der Umweltpflege wahrnehmen und die der Aufsicht von Behörden unterstellt sind“.87 Mit dieser offenen Formulierung sollten nun zum ersten Mal auch natürliche oder juristische Personen des Privatrechts eingeschlossen sein.88 Nichtsdestotrotz blieb der Kreis der tatsächlich erfassten öffentlichen Unternehmen letztendlich überschaubar, da aufgrund der streng bereichsspezifischen Wirkung der Richtlinie keine Bindung für öffentliche Unternehmen bestand, die zwar im Umweltsektor tätig waren, aber ihre Umweltinformationen im Zuge der Wahrnehmung anderer Zuständigkeiten als der Umweltpflege erhielten.89 Im Rahmen der Umsetzung der Aarhus-Konvention wurde die RL 90/313/EWG durch die Richtlinie 2003/4/EG90 abgelöst,91 welche neben inhaltlichen Ausdehnungen der Reichweite der Informationsfreiheit92 auch den Kreis der informationspflichtigen Stellen nochmals erweiterte: Nach Art. 3 Abs. 1 der RL 2003/4/EG sind nun „Behörden“ verpflichtet, Umweltinformationen zugänglich zu machen. Gem. Art. 2 Nr. 2 umfasst der Behördenbegriff „a) die Regierung oder eine andere Stelle der öffentlichen Verwaltung, einschließlich öffentlicher beratender Gremien, auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene, b) natürliche oder juristische Personen, die aufgrund innerstaatlichen Rechts Aufgaben der öffentlichen Verwaltung, einschließlich bestimmter Pflichten, Tätigkeiten oder Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Umwelt, wahrnehmen, und c)  natürliche oder juristische Personen, die unter der Kontrolle einer unter Buchstabe a)  genannten Stelle oder einer unter Buchstabe b)  genannten Person im Zusammenhang mit der Umwelt öffentliche Zuständigkeiten haben, öffentliche Aufgaben wahrnehmen oder öffentliche Dienstleistungen erbringen.“

85

Richtlinie 90/313/EWG des Rates vom 07. 06. 1990 über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt, Amtsblatt Nr. L 158/56 vom 23. 06. 1990. 86 Vgl. Rossi, S. 40 f.; Lederer, S. 124; Eifert, DÖV 1994, 544 f.; Kloepfer, Informationsrecht, § 10, Rn. 21; Schnabel ZUR 2019, 74 spricht gar von einer „Informationsrevolution“. 87 Kugelmann, S. 101; Bieber, DÖV 1991, 857 (863). 88 Haas, S. 38; Bieber, DÖV 1991, 857 (863). 89 Bieber, DÖV, 1991, 857 (863). 90 Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. 01. 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates, Amtsblatt Nr. L 41/26 vom 14. 02. 2003. 91 Haas, S. 38; Lederer, S. 124 f.; Kloepfer, Informationsrecht, § 10, Rn. 21; Schnabel ZUR 2019, 74 (75), siehe zur Umsetzung der Aarhus-Konvention auch Erwägungsgrund 5 der Richtlinie 2003/4/EG. 92 Etwa dadurch, dass die Richtlinie 2003/4/EG das Regel-Ausnahme-Verhältnis von Transparenz und Geheimnisschutz zu Gunsten der Schaffung von Transparenz neu definiert, vgl. Lederer, S. 125.

128

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

Mithin erstreckt sich die Pflicht zur Informations- und Auskunftsgewährung nun auch explizit auf juristische Personen des Privatrechts, die zur öffent­lichen Aufgabenerfüllung im Bereich der umweltbezogenen Daseinsvorsorge eingeschaltet werden.93 In Fällen der Beleihung kann es sich hierbei ausweislich des offenen Wortlautes auch um rein private Unternehmen ohne staatliche Beteiligung handeln.94 Erfasst werden aber auch hoheitlich kontrollierte Unternehmen der Energieversorgung, der Wasserversorgung, Abfallentsorgung oder Verkehrsbetriebe.95 In diesem Kontext wird das Kriterium „im Zusammenhang mit der Umwelt öffentlichen Zuständigkeiten“ aus Art. 2 lit.b und c weit ausgelegt: Eine spezifische oder gar gesetzlich begründete Zuständigkeit des Unternehmens für die Umwelt ist schon nach dem insoweit offenen Wortlaut nicht erforderlich, jeglicher tatsächliche Zusammenhang der Tätigkeit des Privaten mit umweltbezogenen Aufgaben soll bereits ausreichen.96 Ebenso ist der Begriff „unter der Kontrolle“ weit auszulegen, damit nicht die konkrete Ausgestaltung von Privatisierungsformen über die Anwendung der Umweltinformationsrichtlinie entscheidet („keine Flucht ins Privatrecht“). Eine hinreichende „Kontrolle“ kann nach diesem Verständnis auch über die hoheitliche (Mehrheits-)Beteiligung an einem Privatunternehmen vermittelt werden.97 (b) Transparenz-Richtlinie 2006/111 (EG) Die Richtlinie 2006/111/EG98 der Kommission vom 16. November 2006 knüpft zwar explizit an öffentliche Unternehmen an und definiert diese in Art. 2 lit. b. Die konkreten Transparenzverpflichtungen der Richtlinie, etwa die zwingende Offenlegung der unmittelbar bereitgesellten öffentlichen Mittel für öffentliche Unternehmen (Art. 1 Abs. 1 lit. a), treffen jedoch nach Art. 1 Abs. 1 die Mitgliedsstaaten und nicht die öffentlichen Unternehmen selbst. Reaktive Auskunftsrechte gegenüber öffentlichen Unternehmen lassen sich damit aus der Richtlinie 2006/111/EG nicht herleiten.

93

Ekardt, NJ 2006, 295 (297); Müggenborg / Duikers, NVwZ 2007, 623 (629). Schrader, ZUR 2004, 130 (132); Schink, EurUP 2003, 27 (29). Kritisch hierzu Butt, NVwZ 2003, 1071 (1073) der den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen problematisiert. 95 Schomerus / Tolkmitt, NVwZ 2007, 1119 (1122); Schrader, ZUR 2004, 130 (132). 96 Näckel / Wasielewski, DVBl. 2005, 1351 f.; Haas, S. 39. 97 Dieses Ergebnis wird von einigen Stimmen in der Literatur als unbefriedigend bewertet. Sie kritisieren, dass bei dieser Betrachtungsweise Privatunternehmen mit öffentlicher Minderheitsbeteiligung vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgeschlossen bleiben, vgl. Schink, EurUP 2003, 27 (30); Schrader, ZUR 2004, 130 (132). 98 Richtlinie 2006/111/EG vom 16. 11. 2006 über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen sowie über die finanzielle Transparenz innerhalb bestimmter Unternehmen, Amtsblatt Nr. L 318/17 vom 17. 11. 2006. 94

II. Reaktiver Informationszugang

129

c) Verfassungsrechtlicher Rahmen Die Gewährung von reaktiven Informationszugangsrechten gegenüber öffentlichen Unternehmen kann möglicherweise auch einer verfassungsrechtlichen Determinierung unterliegen. In diesem Zusammenhang ist zwischen Bundesverfassungsrecht (aa) und Landesverfassungsrecht (bb) zu unterscheiden. aa) Bundesverfassungsrecht Tauglicher Anknüpfungspunkt für die Herleitung von Auskunftsansprüchen können dabei sowohl Staatsstrukturprinzipien (1) als auch individualgrundrechtliche Gewährleistungen (2) sein. Auch aus parlamentarischen Auskunftsrechten kann sich ein Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen ergeben (3). (1) Staatsstrukturprinzipien (a) Demokratieprinzip Vielfach wird der Versuch unternommen, reaktive Informationszugangsrechte verfassungsrechtlich aus dem Demokratieprinzip nach Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG abzuleiten.99 Das Demokratieprinzip verbürgt Mindestanforderungen an die Ausgestaltung des legitimationsstiftenden politischen Willensbildungsprozesses.100 Gedanklicher Ausgangspunkt für die Herleitung einer allgemeinen Informationsöffentlichkeit aus dem Demokratieprinzip ist dabei die Erkenntnis, dass der politische Meinungsund Willensbindungsprozess nur dann effektiv gelingen kann, wenn dem Bürger ein Zugang zu staatlich verfügbaren Informationsbeständen eröffnet wird.101 Die private Teilhabe an Informationen staatlicher Institutionen dient hierbei gleichzeitig der Kontrolle hoheitlicher Machtausübung und der akzeptanzfördernden Beseitigung von Informationsasymmetrien zwischen Staat und Bürgern.102 Aus diesem Grund ist allgemein anerkannt, dass das Grundgesetz über das Demokratieprinzip aus Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG eine Grundentscheidung zu Gunsten einer

99

Vgl. Haas, S. 50 ff.; Angelov, S. 68 ff.; Kugelmann, S. 33 ff.; Rossi, S. 83 ff.; Bieber, DÖV 1991, 857 (865 f.). Zu den allgemeinen verfassungsrechtlichen Begründungslinien für einen freien Informationszugang im US-Amerikanischen Recht siehe Peled / Rabin, The Consitutional Right to Information (2011), 42 (2) Columbia Human Rights Law Review 360 ff. 100 Grzeszick, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 20 Abs. 1, Rn. 15; BVerfGE 44, 125 (139); 70, 324 (358); 89, 155 (185); 97, 350 (369). 101 Bieber, DÖV 1991, 857 (865); BVerfGE 44, 125 (147). 102 Kloepfer, Informationsrecht, § 10, Rn. 12.

130

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

offenen wie transparenten Staats- und Rechtsordnung getroffen hat.103 Bereits die Anordnung der Allgemeinzugänglichkeit für Plenarverhandlungen des Deutschen Bundestages nach Art. 42 Abs. 1 S. 1 GG garantiert, dass sich der Bürger grundsätzlich über parlamentarische Geschehensabläufe informieren kann.104 Ob sich darüber hinaus aus Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG individualrechtliche Informationszugangsansprüche gegenüber der Verwaltung ableiten lassen, bleibt indes fraglich. Einige Stimmen argumentieren in diesem Kontext, dass sich politische Entscheidungsprozesse und Entwicklungen vermehrt nicht nur im Umfeld der Legislative, sondern vor allem auch auf der Ebene der Exekutive abspielen und daher eine ausreichende legitimationsstiftende Rückkoppelung der behördlichen Entscheidungsträger nur über das Medium der frei verfügbaren Verwaltungsinformation stattfinden könne.105 Vertreter dieser Ansicht kommen damit zu dem Ergebnis, dass das Demokratieprinzip dem Bürger konkrete Akten- und Einsichtsrechte gegenüber der Verwaltung garantiert.106 Diese Auffassung ist jedoch abzulehnen. Gegen sie spricht zunächst, dass die Konstruktion von individuell einklagbaren Leistungsansprüchen aus abstrakten Staatsstrukturprinzipien grundsätzlich systemfremd anmutet. Das Demokratieprinzip vermittelt als entwicklungsoffene und konkretisierungsbedürftige Garantie im Gegensatz zu Grundrechten naturgemäß keine subjektiv-öffentlichen Rechte, sondern beinhaltet lediglich die abstrakte Wertentscheidung zugunsten eines allgemeinen Öffentlichkeitsprinzips.107 Diese Wertentscheidung schlägt sich im informationsfreiheitsrechtlichen Kontext vor allem bei der Begründung und Ausgestaltung einfachgesetzlicher Verwaltungsverfahrensrechte nieder. Vor dem Hintergrund der Menschenwürde aus Art. 1 Abs. 1 GG ist der Bürger im Verwaltungsverfahren als Subjekt zu behandeln und mit einem Mindestmaß an partizipatorischen (Einsichts-)Rechten auszustatten.108 Der in Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG i.V.m Art. 1 Abs. 1 GG verankerte Gewährleistungsgehalt in Form eines abstrakten Minimalstandards ist allerdings auch in seiner verfahrensrechtlichen Dimension zu unbestimmt, um hieraus konkrete Individualrechte abzuleiten.109 Die exakte Ausgestaltung der informationellen Partizipation des Bürgers im Verwaltungsverfahren obliegt vielmehr grundsätzlich dem Gesetzgeber. Mangels konkret bestimmbarer Leistungsgehalte garantiert damit das Demokratieprinzip 103

BVerfGE 20, 162 (178); 70, 324 (358); 103, 44 (63); Rossi, S. 84; Kugelmann, S. 33; Hirschberger, Zugang des Bürgers zu staatlichen Informationen, 1983, S. 169. 104 Siehe hierzu ausführlich Rhein, Informationsansprüche gegen Parlamente, S. 70 ff. 105 Vgl. Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 305 ff.; Albers, ZJS 2009, 614 (618 f.). 106 Vgl. Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 319; zurückhaltender Albers, ZJS 2009, 614 (619). 107 Vgl. Lederer, S. 359 f.; Bosesky, S. 91; Adler, DÖV 2016, 630 (633); Nolte, NVwZ 2018, 521 (524); Rhein, S. 56. 108 Kugelmann, S. 33; ohne expliziten Rekurs auf Art. 1 Abs. 1 GG siehe Kopp, S. 180. 109 Kugelmann, S. 33 f.; Rossi, S. 84; Kloepfer, in: HStR, Bd.II, § 35, Rn. 58 ff.; Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, S. 60 ff.; Baller, in: Haratsch (Hrsg.): Herausforderungen an das Recht der Informationsgesellschaft, S. 33 (55); Drefs, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 89 (102).

II. Reaktiver Informationszugang

131

selbst bei einer individuellen Betroffenheit im Verwaltungsverfahren schlussendlich nur abstrakte Öffentlichkeitsgarantien.110 Erst recht können damit allgemeine und verfahrensunabhängige Informationszugangsansprüche nicht aus dem Demokratieprinzip abgeleitet werden. Aus den gleichen Gründen scheitert ferner eine Herleitung von voraussetzungslosen Auskunftsrechten aus dem Sozialstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 1 Alt. 2 GG.111 (b) Rechtsstaatsprinzip Die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes als anerkannte Dimensionen des Rechtsstaatsprinzips aus Art. 20 Abs. 3 GG garantieren die Voraussehbarkeit und Erkennbarkeit staatlicher Eingriffe in Grundrechtspositionen.112 Voraussetzung hierfür ist, dass der Bürger frühzeitig Kenntnis darüber erlangt, wann und wie der Staat beabsichtigt, in seine Rechtspositionen einzugreifen, auch um (rechtliche) Gegen- und Schutzmaßnahmen zu ergreifen.113 Im Einzelfall mögen hieraus spezielle hoheitliche Publizitätspflichten erwachsen, ein allgemeiner Verfassungsauftrag zur Gewährung von individuellen Auskunftsrechten gegenüber der Verwaltung folgt hieraus jedoch nicht.114 Das Rechtsstaatsprinzip beinhaltet in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG vielmehr lediglich einen abstrakten Gewährleistungsauftrag zur Schaffung von informatorischen Rechtsschutzmöglichkeiten im Verwaltungsverfahren.115 Wie bereits angedeutet, setzt die Ausübung eines effektiven und rechtzeitigen Rechtsschutzes die frühzeitige und umfassende Beteiligung der Betroffenen im Verfahren voraus. Beteiligung im Verwaltungsverfahren meint in diesem Zusammenhang nicht nur die rein formal-physische Anwesenheit bei der Entscheidungsfindung, sondern vor allem auch die Herstellung einer informationsgerechten116 Partizipations- und Kommunikationsbeziehung zwischen Bürger und Verwaltung. Die Beteiligung des Betroffenen wäre schlechterdings wirkungs- und sinnlos, wenn sie nicht durch aktiv-inhaltliche Einwirkungsmöglichkeiten auf den Ausgang des Verfahrens flankiert wird. Unverzichtbare Grundlage für die aktive Partizipation am Verwaltungsverfahren ist der (gleichberechtigte)  Zugang zu Informationen. Informationszugangsrechte in unterschiedlicher Ausgestaltung bauen die informationelle Überlegenheit der Verwaltung ab und sorgen damit für eine von Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip geforderte prozessuale 110

Kugelmann, S. 35; Haas, S. 52; Rossi, S. 83 ff.; Angelov, S. 81; Ziekow / Debus / Musch, S. 50. Vgl. Bosesky, S. 92; Nolte, NVwZ 2018, 521 (524), Rn. 48. 112 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. 3. 2013  –  1 BvR 2457/08, NVwZ 2013, 1004 (1005); ­Bosesky, S. 90. 113 Vgl. Kugelmann, S. 37. 114 Vgl. Adler, DÖV 2016, 630 (633); Nolte, NVwZ 2018, 521 (524); Bosesky, S. 90. 115 Sachs, in: Sachs, GG, Art. 20, Rn. 165. 116 Zu dem Begriff der Kommunikationsgerechtigkeit siehe Kloepfer, § 10, Rn. 12. 111

132

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

„Waffengleichheit“.117 Die Rechtsschutzgarantie und das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verpflichten den Gesetzgeber mithin zu einer individualrechtlichen Minimalausstattung des Betroffenen, die gewährleistet, dass dieser aktiv und gleichberechtigt am prozessualen Kommunikationsablauf mit der Verwaltung teil- und seine Rechtsverteidigung effektiv wahrnehmen kann.118 Diesen Verfassungsauftrag erfüllt der Gesetzgeber, indem er wirksame Anhörungs-119 und Akteneinsichtsrechte120 garantiert (vgl. §§ 28, 29 VwVfG). Damit beschränkt sich die Garantie kommunikativer Partizipationsrechte aus dem Rechtsstaatsprinzip in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG inhaltlich auf (verwaltungs-)verfahrensrechtliche Konstellationen, die grundsätzlich eine individuelle Betroffenheit des Auskunftsberechtigten voraussetzen. Von einem konkreten Verwaltungsverfahren losgelöste reaktive Auskunftsansprüche gehen über den vom Rechtsstaatsprinzip in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG vorgeschriebenen Minimalstandard hinaus. Auch rechtsstaatliche Garantien zwingen den Gesetzgeber mithin nicht zur Schaffung von voraussetzungslosen allgemeinen Informationszugangsrechten. (2) Grundrechtsgarantien Da Staatsstrukturprinzipien wie aufgezeigt nur abstrakte Öffentlichkeits- und Partizipationsgarantien verbürgen, rückt die Frage in den Mittelpunkt, ob sich Informationszugangsrechte gegenüber öffentlichen Unternehmen aus individualgrundrechtlichen Wertungen ableiten lassen. In Anlehnung an die Statuslehre von Jellinek121 ist allgemein anerkannt, dass Grundrechten neben einer abwehrrecht­ lichen Funktion (status negativus) auch eine leistungsrechtliche Dimension (status positivus) zukommt.122 Dass sich im Rahmen dieser Leistungsdimension aus Individualgrundrechten konkrete subjektiv-öffentliche Rechte herleiten lassen, folgt schon aus dem Wesen der Grundrechte als Sicherungsvehikel zur Entfaltung von persönlicher Freiheit.123 Die zwingende Herleitung von reaktiven Zugangsrechten 117 Brause, NJW 1992, 2865 (2867) spricht von der Herstellung einer „Parität des Wissens“, siehe zur dogmatischen Verankerung der prozessualen Waffengleichheit BVerfGE 35, 263 (271 ff.). 118 Kugelmann, S. 37; siehe auch Sobota, Das Prinzip Rechtsstaat, S. 503. 119 Nach BVerfGE 101, 397 (405) muss dem Einzelnen die Möglichkeit gegeben werden, „vor einer Entscheidung, die seine Rechte betrifft, zu Wort zu kommen, um Einfluss auf das Verfahren und dessen Ergebnis nehmen zu können“. 120 VGH München, Urteil vom 17. 02. 1998 – 23 B 95.1954, NVwZ 1998, 889 (890); Kopp, Verfassungsrecht, S. 120. 121 Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, 2. Aufl., Tübingen 1905. 122 Jellinek, S. 114 ff.; Voßkuhle / Kaiser, JuS 2011, 411 (412); in Bezug auf Informationsansprüche gegenüber staatlichen Einrichtungen siehe auch Starck, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 1, Rn. 187. 123 Vgl. Ibler, in: Berliner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 19 IV, Rn. 122, für den Grundrechte subjektiv-öffentliche Rechte „par exellence“ sind.

II. Reaktiver Informationszugang

133

aus Individualgrundrechten würde nicht nur die Auslegung und Anwendung von einfachgesetzlich eingeräumten Informationszugangsrechten prägen, sondern diesen auch einen verfassungsrechtlich fundierten Bestandsschutz verleihen: Eine Abschaffung oder Einschränkung von reaktiven Auskunftsrechten wäre damit entweder verfassungswidrig oder zumindest einer besonderen Rechtfertigungspflicht unterworfen.124 (a) Informationsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG) Rein begrifflich liegt die verfassungsdogmatische Anbindung von voraussetzungslosen Informationszugangsrechten an die Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG nahe: „Jeder hat das Recht, […] sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.“

In diesem Kontext sind grundsätzlich zwei Konstellationen zu unterscheiden. Fraglich ist zunächst, ob einfachgesetzlich eingeräumte Auskunftsrechte aus Informationsfreiheitsgesetzen für sich den grundrechtlichen Schutz der Informationsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG beanspruchen können. Darüber hinaus gilt es zu untersuchen, ob und inwiefern Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG eine subjektive Leistungsdimension beinhaltet, aus der möglicherweise losgelöst von einfachgesetzlichen Kodifikationen verfassungsunmittelbare reaktive Informationszugangsansprüche erwachsen. (aa) Schutzbereich Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG verleiht jedem Bürger das Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Bereits der Wortlaut der Vorschrift stellt unmissverständlich klar, dass die sachliche Reichweite der Informationsfreiheit maßgeblich von der Auslegung des Begriffs der „Allgemeinzugänglichkeit“ determiniert wird. Nach einer Mindermeinung in der Literatur kommt dem Merkmal der „Allgemeinzugänglichkeit“ im Zusammenhang mit Verwaltungsinformationen keine materiell-inhaltliche Begrenzungskraft zu, da den Behörden und Gesetzgebern ohnehin kein freier Entscheidungsspielraum bei der Frage zustehe, ob eine Informationsquelle der Allgemeinheit preiszugeben ist.125 Das Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 GG zwängen den Hoheitsträger prinzipiell dazu,

124

Vgl. Nolte, NVwZ 2018, 521 (522). Vgl. Lederer, S. 450; Scherzberg, in: Fluck / Fischer / Martini, Informationsfreiheitsrecht, A I, Rn. 92 f. 125

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

sämtliche Verwaltungsinformationen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.126 Informationsbestände der öffentlichen Hand seien damit stets „allgemein zugänglich“ im Sinne des Art. 5 Abs. 1 S 1 Hs. 2 GG und der Zugang zu ihnen grundrechtlich geschützt.127 Seit der ntv-Entscheidung aus dem Jahr 2001 verfolgt das Bundesverfassungsgericht jedoch in ständiger Rechtsprechung einen anderen Ansatz und betont, dass eine Informationsquelle erst dann allgemein zugänglich ist, wenn sie „technisch geeignet und bestimmt ist, der Allgemeinheit, d. h. einem individuell nicht bestimmbaren Personenkreis, Informationen zu verschaffen.“128

Nach der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts soll der Grundrechtsschutz aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG erst dann Geltung beanspruchen, „wenn eine im staatlichen Verantwortungsbereich liegende Informationsquelle aufgrund rechtlicher Vorgaben zur öffentlichen Zugänglichkeit bestimmt ist.“129

Neben der technischen Eignung soll es damit maßgeblich darauf ankommen, ob die Informationsquelle bewusst der allgemeinen Wahrnehmbarkeit preisgegeben wurde. Die Eröffnung des Schutzbereichs der Informationsfreiheit setzt mithin eine aktive legislative Freigabeentscheidung voraus.130 Liegt eine solche nicht vor, kann sich ein Informationsverschaffungsanspruch mangels Allgemeinzugänglichkeit nicht auf Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG stützen.131 Ordnet der Gesetzgeber dagegen voraussetzungslose Informationszugangsrechte an, erfahren diese als allgemein zugängliche Informationsquellen über Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG einen grundrechtlichen Schutz. In diesem Sinne hat sich auch der Gesetzgeber mit dem Erlass von § 1 Abs. 1 IFG grundsätzlich für die Allgemeinzugänglichkeit öffentlicher Informationen entschieden und den Schutzbereich der Informationsfreiheit in diesem Umfang eröffnet.132 Regelungen, die den Zugang zu Informationen einschränken, etwa die Festlegung von Grenzen oder Verweigerungsgründen, sind der Argumentation des Bundesverfassungsgerichts zufolge nicht als Grundrechtseinschränkung zu betrachten, sondern als bloße Erfüllung des gesetzgeberischen Ausgestaltungsauftrages.133 Hieraus folgt, dass das Merkmal der „allgemeinen Zugänglichkeit“ grundsätzlich weit auszulegen ist. Die unter Umständen weitflächige Versagung von Zugangsansprüchen aufgrund von gesetzlich angeordneten Ausnahmegründen (§§ 3–6 IFG) steht der allgemeinen Zugänglichkeit einer Quelle grundsätzlich nicht 126

Vgl. Lederer, S. 450 m. w. N. Vgl. Lederer, S. 452; Wegener, S. 484 ff. 128 BVerfGE 103, 44 (60) mit Verweis auf BVerfGE 27, 71 (83 f.); 90, 27 (32). Jüngst auch BVerfGE 145, 365 (373). 129 BVerfGE 145, 365 (373); BVerfGE 103, 44 (60). 130 Vgl. Rossi, S. 218; Nolte, NVwZ 2018, 521 (523); eingehend zur Bedeutung der Grundrechtsaktivierung Rossi, S. 220. 131 BVerfGE 145, 365 (373); 103, 44 (60); 66, 116 (137). 132 BVerfGE 145, 365 (373); 103, 44 (60); Bosesky, S. 86. 133 BVerfGE 145, 365 (373); Jarass, in: Jarass / Pieroth, Art. 5 GG, Rn. 24. 127

II. Reaktiver Informationszugang

135

entgegen.134 Eine Grenze soll erst dort erreicht sein, wo der Gesetzgeber eine strikte bereichsspezifische Begrenzung des Informationszugangs vorgenommen hat (wie z. B. in § 3 Nr. 8 IFG für Auskunftsansprüche gegenüber Nachrichtendiensten).135 Für diese Informationen kann nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts keine allgemeine Zugänglichkeit mehr angenommen werden. Der Zugang zu ihnen ist mithin nicht mehr vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG erfasst. Nach der Ansicht des Bundesverfassungsgerichts entscheidet damit der Gesetzgeber selbst über die Reichweite der grundrechtlichen Absicherung der Informationszugangsfreiheit. Der Grundrechtsschutz von Informationszugangsrechten ist damit gesetzesakzessorisch.136 Soweit der einfache Gesetzgeber reaktive Auskunftsrechte gewährt, partizipieren diese vorbehaltlich etwaiger Bereichsausnahmen am grundrechtlichen Gewährleistungsgehalt des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2. Weite Teile der Literatur schließen sich der Sichtweise des Bundesverfassungsgerichts an.137 Freilich muss Kritikern138 zugestanden werden, dass die Dogmatik des Bundesverfassungsgerichts nicht frei von Wertungswidersprüchen ist: Nach der vom Bundesverfassungsgericht vorgenommenen Auslegung des Merkmals der „Allgemeinzugänglichkeit“ entscheidet über die Reichweite der Zugangseröffnung allein, wer nach der geltenden Rechtsordnung über ein entsprechendes Bestimmungsrecht verfügt.139 Die Allgemeinzugänglichkeit ist demzufolge kein Verfassungsbegriff, sondern eine normativ aufgeladene Voraussetzung. Gemäß der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts ist der Informationsfreiheits­gesetzgeber innerhalb der Ausübung seines Bestimmungsrechts – vorbehaltlich des Schutzes schutzwürdiger Positionen Dritter – grundsätzlich frei und unterliegt insbesondere nicht den Rechtfertigungsanforderungen des Art. 5 Abs. 2 GG.140 Dass eine derartige Interpretation des Begriffs der „allgemeinen Zugänglichkeit“ nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG verfassungsrechtlich zumindest angezweifelt werden kann, folgt bereits aus der Tatsache, dass normative Prägungen im Kanon der Grundrechte grundsätzlich Fremdkörper darstellen. Sie versetzen den Gesetzgeber in eine „verfassungsrechtlich prekäre“ Doppelrolle, da dieser nicht nur Regelungen zur grundrechtlichen Zuordnung, sondern auch zur Reichweite des Schutzumfan 134

Vgl. BVerfGE 145, 365 (373). BVerfGE 145, 365 (373); zustimmend Meinhold, LKV 2018, 341 (343). 136 Vgl. Dietlmeier, Rechtsfragen der Publizität im kommunalen Unternehmensrecht, S. 615. 137 Unter anderem Augsberg, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 37 (51); Hornung, in: Towfigh et al., Recht und Markt, 2009, 75 (82); Wirtz / Brink, NVwZ 2015, 1166 (1170 f.); Kloepfer / Greve, NVwZ 2011, 577 (578); Schoch, DÖV 2006, 1 (3); Kugelmann, DÖV 2005, 851 (856); Jarass, in: Jarass / Pieroth, Art.  5  GG, Rn.  28; Bethge, in: Sachs, GG, Art. 5, Rn. 59a; Dietlmeier, S. 615; Rhein, S. 59 m. w. N. 138 Siehe Wegener, S. 484 ff.; Lederer, S. 447 f. 139 BVerfGE 103, 44 (60); OVG Hamburg, Urteil vom 25. 11. 2020 – 3 Bf 183/18, BeckRS 2020, 44355, Rn. 78. 140 Vgl. BVerfGE 103, 44 (60); einen Eingriff iSd Art. 5 Abs. 2 GG bejahend Greve, NVwZ 2014, 275 (277); Angelov, S. 45. 135

136

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

ges treffen muss.141 Ein prominentes Beispiel für ein „normgeprägtes“ Grundrecht ist die Eigentumsfreiheit Art. 14 Abs. 1 GG. Das Bundesverfassungsgericht stellt im Zusammenhang mit der „Normgeprägtheit“ der Eigentumsfreiheit klar, dass die Ermächtigung des Gesetzgebers aus Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG selbst Inhalt- und Schranken des Eigentums zu bestimmen, allein aus der Tatsache folge, dass es keinen natürlich vorgegebenen Schutzbereich der Eigentumsgarantie gebe.142 Der Rückgriff auf eine einfachgesetzliche Normprägung stellt sich hiermit als zwingende Folge eines fehlenden inhärenten Schutzinhaltes dar. Diese Konsequenz ist nach allgemeiner Auffassung als Spezifikum des Art. 14 Abs. 1 GG zu betrachten und ergibt sich gerade nicht für andere Grundrechte wie die Freiheit der Person oder die Meinungsfreiheit, die auch ohne rechtliche Ordnung gedacht werden können.143 Im Rahmen der Informationszugangsfreiheit besteht im Gegensatz zur Eigentumsfreiheit ein natürlich vorgegebener inhaltlicher Gewährleistungsgehalt. Der Umfang des natürlichen Gewährleistungsgehaltes der Informationszugangsfreiheit wird schon durch den Bestand an Informationen vorgegeben, der bei der öffentlichen Stelle tatsächlich vorhanden ist. Er wird inhaltlich allenfalls durch entgegenstehende öffentliche und private Belange beschränkt.144 Eines externen Bestimmungs- oder Aktivierungsaktes durch den Gesetzgeber bedarf es mithin nicht. Darüber hinaus wird im Unterschied zu Art. 14 Abs. 1 GG im Rahmen der Informationsfreiheit kein Rechtsgut ausgestaltet, das im Wesentlichen im Gleichordnungsverhältnis zwischen Bürgern Bedeutung entfaltet. Die normative Begrenzung von Informationszugangsrechten durch den Gesetzgeber greift unmittelbar in das Über-Unterordnungsverhältnis von Staat und Bürger ein und besitzt damit eine deutlich gesteigerte Eingriffsintensität im Vergleich zu bloßen Inhalts- und Schrankenbestimmungen im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 GG. Die Entscheidung, die Ausgestaltung der Informationsfreiheit dem Gesetzgeber weitgehend grenzenlos zu überlassen, fügt sich damit nicht frei von Wertungswidersprüchen in die verfassungsrechtliche Dogmatik der normgeprägten Grundrechte ein. Diese Argumente sind zwar in der verfassungspolitischen Diskussion ernst zu nehmen, zwingen indes nicht zu einer propagierten „demokratischen Neuinterpretation“145 der Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG. Eine solche verstieße nicht nur gegen die verfassungsrechtliche Wortlautgrenze, sondern stünde zudem im Widerspruch zur historisch bedingten Konzeption der Informationsfreiheit als Abwehrrecht (siehe hierzu sogleich). Hinzu kommt, dass sich, wie oben aufgezeigt, die rechtsstaatlichen und demokratischen Garantien des Art. 20 GG 141 Für Art. 14 Abs. 1 GG siehe Becker, in: Stern / Becker, GG, Art. 14, Rn. 11. Ausführlich hierzu Depenheuer, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 14, Rn. 29 ff. 142 BVerfGE 2, 237 (253 f.); 15, 126 (144); Henning, Der verfassungsrechtliche Eigentumsbegriff, S. 276 m. w. N. 143 Henning, S. 277; Bryde, in: von Münch / Kunig, GG, Art. 14, Rn. 12; Wieland, in: Dreier, GG, Art. 14, Rn. 25 f. 144 Vgl Schoch, IFG, Einl., Rn. 60, 85 ff. 145 Wegener, S. 488.

II. Reaktiver Informationszugang

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gerade nicht zu einem Verfassungsauftrag verdichten, der die Schaffung von voraussetzungslosen reaktiven Informationszugangsrechten umfasst. Hinter der Kritik an der „Normgeprägtheit“ des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG steht damit bei näherer Betrachtung allein die rechtspolitische Befürchtung, dass die Informationsfreiheit nach dem tradierten Verständnis ungeachtet ihrer gesamtgesellschaftlichen Wichtigkeit zum bloßen Produkt der geltenden Rechtsordnung „verkümmert“. Hierauf lässt sich jedoch erwidern, dass der effektive gesamtgesellschaftliche Mehrwert von Informationszugangsrechten bei einem kritischen Blick auf die Zielsetzungen des Informationsfreiheitsrechts nicht pauschal unterstellt oder gar künstlich überhöht werden darf.146 Im Ergebnis ist damit die Auffassung des Bundesverfassungsgerichts vorzugswürdig, nach der die Reichweite der „Allgemeinzugänglichkeit“ grundsätzlich vom verfügungsberechtigen Gesetzgeber festgelegt wird. Dieser hat es schlussendlich in der Hand, voraussetzungslose Akteneinsichtsrechte zu schaffen und diese damit am Gewährleistungsgehalt des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG teilhaben zu lassen. (bb) Subjektive Leistungsdimension Ob Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG darüber hinaus eine subjektive Leistungsdimension beinhaltet, aus der sich gegebenenfalls auch abseits von kodifizierten Auskunftsrechten verfassungsunmittelbare Informationszugangsansprüche ableiten lassen, hat das Bundesverfassungsgericht jüngst in einer Entscheidung zu im Privatbesitz befindlichen Regierungsakten ausdrücklich offengelassen: „Legt der Gesetzgeber die grundsätzliche Zugänglichkeit von staatlichen Vorgängen und damit zugleich deren Öffnung als Informationsquelle fest, wird in diesem Umfang auch der Schutzbereich der Informationsfreiheit eröffnet […]. Dass darüber hinaus in besonderen Konstellationen aus dem Grundgesetz auch unmittelbare Informationszugangsrechte folgen können, ist damit nicht ausgeschlossen, aber nicht Gegenstand vorliegenden Verfahrens.“147

Mit der in der Literatur kursierenden These, dass nach dem Rechtsstaats- und Demokratieprinzip jede Verwaltungsinformation bereits von Verfassungs wegen allgemein zugänglich gemacht werden muss, korrespondiert häufig die Auffassung, dass die Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG auch eine leistungsrechtliche Komponente umfasst, die dem Einzelnen ein verfassungsunmittelbares und subjektiv einklagbares Recht auf Zugang zu hoheitlichen Informationsbeständen gewährt.148 Die Annahme einer verfassungsunmittelbaren Leistungspflicht stehe auch im Einklang mit allgemeinen Grundrechtslehren, nach 146

Siehe eingehend hierzu C. VII. 1. BVerfGE 145, 365 (373). 148 Vgl. Lederer, S. 461 ff.; Angelov, S. 88; Wegener, in: FS Bartlsperger, 2006, S. 165 ff.; ­Wegener, NVwZ 2015, 609 (610); Wegener, Der geheime Staat, S. 480 ff. In die gleiche Richtung Scherzberg, Die Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 347. 147

138

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

denen Freiheitsrechte zugleich Leistungsrechte sein können.149 Befürworter einer subjektiven Leistungsdimension verweisen insbesondere darauf, dass der einzelne Grundrechtsträger durch die Garantie verfassungsunmittelbarer Auskunftsansprüche zur eigenständigen Durchsetzung seiner Informationsinteressen und -Bedürfnisse ermächtigt werde und nicht länger von der gesetzgeberischen Entscheidung zur Schaffung von Informationszugangsrechten abhängig sei.150 Entschieden gegen die Annahme einer subjektiv durchsetzbaren Leistungskomponente spricht indes der abwehrrechtliche Charakter des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG, der bereits im Wortlaut des Grundrechts („ungehindert“) zum Ausdruck kommt.151 Auch systematische Erwägungen stellen die Herleitung einer subjektiven Leistungsdimension in Frage: Wie sogleich aufgezeigt wird, sollen nach der Konzeption anderer Grundrechtsgarantien (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 12 Abs. 1 GG) verfassungsunmittelbare Informationszugangsansprüche als Leistungsrecht nur im Rahmen einer besonderen individuellen Betroffenheit, nicht jedoch allgemein und flächendeckend aus der Verfassung hergeleitet werden können. Die Bejahung einer breiten leistungsrechtlichen Komponente, die einen allumfassenden Anspruch auf die grundsätzliche Eröffnung einer Informationsquelle garantiert, mag zwar unter anderem aus Gründen der Effektivierung der informationellen Rechtsdurchsetzung des Einzelnen charmant erscheinen, widerspricht jedoch dem eindeutigen Verfassungswortlaut, der explizit nur das Recht schützt, sich „aus allgemein zugänglichen Quellen“ zu unterrichten. Damit erhebt der Wortlaut des Grundgesetzes die Zugänglichkeit einer Informationsquelle zur Tatbestandsvoraussetzung, nicht aber zum Teil des Schutzbereiches.152 Die Annahme einer verfassungsrechtlichen Pflicht zur allgemeinen Öffentlichkeit von Verwaltungsinformationen missachtet die geltende terminologische Ausgestaltung des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG, indem sie den Einschub unzulässigerweise in „aus allgemein öffentlich-rechtlichen Quellen“ uminterpretiert. Eine derartige Umdeutung verlässt indes den Boden der dynamischen Verfassungsinterpretation und ließe sich allenfalls über eine Änderung des Verfassungswortlautes herstellen. Entsprechend plädieren Teile der Literatur aus verfassungs- und rechtspolitischen Gründen für eine Verfassungsänderung in Form der Schaffung eines grundrechtlich verbürgten allgemeinen Informationszugangsrechtes.153 Exemplarisch für

149

Vgl. Scherzberg, in: Fluck / Fischer / Martini, Informationsfreiheitsrecht, A I, Rn. 100 f. Vgl. Scherzberg, in: Fluck / Fischer / Martini, Informationsfreiheitsrecht, A I, Rn. 102 ff. 151 Vgl. BVerfGE 103, 44 (59 f.); Schemmer, in: BeckOK Grundgesetz, Art. 5, Rn. 32. 152 Vgl. Sydow / Gebhardt, NVwZ 2006, 986 (989); Bosesky, S. 87. 153 So beispielsweise Hornung, in: Towfigh et al.: Recht und Markt, 2009, 75 (82); Wirtz / Brink NVwZ 2015, 1166 (1173), aktuell auch Richter, NVwZ 2021, 760 (767). Kloepfer / Schärdel, JZ 2009, 453 (461) haben einen Formulierungsvorschlag für einen Art. 5 Abs. 2a GG entwickelt, der neben einem Grundrecht auf Informationsfreiheit auch das Grundrecht auf Datenschutz in die Neuregelung einbezieht. 150

II. Reaktiver Informationszugang

139

diese rechtspolitischen Umsetzungsbemühungen stehen die in den Jahren 2008154 und 2012155 gescheiterten Entwürfe der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Änderung des Grundgesetzes durch Einfügung eines so genannten Informationszugangsgrundrechtes. Im Innenausschluss des Bundestages wurde damals kein Bedürfnis für eine Verfassungsreform gesehen, die bestehenden einfachgesetzlichen Regelungen wurden als ausreichend betrachtet.156 (b) Allgemeines Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst nach dem Volkszählungs-Urteil des Bundesverfassungsgerichts157 auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.158 Nach diesem steht jeder natürlichen Person das Recht auf Auskunft darüber zu, wer etwas wann und wie über sie erfahren hat.159 Beispielsweise können Patienten gestützt auf Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG Einsicht in ihre Krankenakten verlangen.160 Vergleichbare Ansprüche auf Einsichtnahme können sich grundsätzlich auch gegenüber datenverarbeitenden öffentlichen Unternehmen ergeben, die beispielsweise Kundendaten erheben und intern aufarbeiten. Seiner Natur nach weist das Auskunftsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m Art. 1 Abs. 1 GG jedoch lediglich eine punktuelle Schutzrichtung auf. Es bezieht sich allein auf Informationen zur eigenen Person.161 Ein allgemeiner Auskunftsanspruch, der sich auch auf Informationen ohne Eigenbezug erstreckt, lässt sich folglich aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht nicht ableiten.162 (c) Wirtschaftsgrundrechte (Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 14 Abs. 1 GG) Vereinzelt werden auch Wirtschaftsgrundrechte163 wie die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG und die Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG herangezogen, um speziell für rein private Marktteilnehmer einen Zugang zu Informationen von

154

BT-Drs. 16/9607, siehe hierzu auch Schärdel / Kloepfer, JZ 2009, 453. BT-Drs. 17/9724. 156 BT-Drs. 17/12490, S. 4; siehe Wirtz / Brink NVwZ 2015, 1166 (1167). 157 BVerfGE 65, 1 (41 ff.). 158 Haas, S. 55; Jarass, in: Jarass / Pieroth, Art. 2 GG, Rn. 37; Murswiek / Rixen, in: Sachs, GG, Art. 2, Rn. 72. 159 Haas, S. 55; Schoch, IFG, Einl. Rn. 76. 160 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. 9. 1998 – 1 BvR 1130–98, NJW 1999, 1777 f.; offenlassend dagegen BVerfG, Beschluss vom 09. 01. 2006 – 2 BvR 443/02, NJW 2006, 1116 ff. 161 Haas, S. 55; Schoch, IFG, Einl. Rn. 75. 162 Kugelmann, DÖV 2005, 851 (856) m.w.N; Schoch, IFG, Einl. Rn. 76. 163 Zu diesem Begriff siehe Eisenmenger, in: Landmann / Rohmer, Gewerbeordnung, Einleitung, Rn. 47–54. 155

140

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

konkurrierenden öffentlichen Unternehmen zu begründen.164 So hat das Bundesverwaltungsgericht in einer Entscheidung zum Personenbeförderungsgesetz unter anderem gestützt auf Art. 12 Abs. 1  GG i.V.m Art. 19 Abs. 4  GG einen Auskunftsanspruch gegen eine Kommune als Träger eines kommunalen Verkehrsunternehmens bejaht.165 Aus den Ausführungen des Gerichts lässt sich indes nicht folgern, dass aus dem allgemeinen Gehalt der Berufsfreiheit verfassungsunmittelbare und voraussetzungslose Informationszugangsrechte gegenüber öffentlichen Unternehmen abzuleiten sind. Ausschlaggebend war in dem Fall vielmehr eine Spezialkonstellation im Personenbeförderungsrecht, die eine ausnahmsweise Informationserteilung bereits vor Einleitung eines Verwaltungsverfahrens notwendig machte:166 In dem Fall begehrte die Klägerin, ein privates Verkehrsunternehmen, eine Genehmigung für den Betrieb von Omnibus- und Straßenbahnlinien nach § 2 Abs. 1 des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG). Da gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 PBefG die Genehmigung verweigert werden kann, wenn der Verkehr mit den vorhandenen Verkehrsmitteln bereits befriedigend bedient wird, hat ein Neubewerber während der Laufzeit einer bereits erteilten Liniengenehmigung in der Regel keine Möglichkeit, selbst eine (Zweit-)Genehmigung zu erhalten.167 Eine realistische Gelegenheit zur Beantragung einer Neugenehmigung ergibt sich für ihn mithin erst nach Zeitablauf der Altgenehmigung. Zur gezielten Vorbereitung ihres Antrages musste die Klägerin konkret abschätzen können, zu welchem Zeitpunkt die Genehmigungen für einzelne Linien auslaufen. Diese Informationen waren ihr grundsätzlich nicht zugänglich, so dass die Klägerin Gefahr lief, ihre begrenzten Markteintrittsmöglichkeiten nicht effektiv wahrnehmen zu können. Um einen chancengleichen Ablauf des Auswahlverfahrens zu gewährleisten, bejahte das Bundesverwaltungsgericht mithin einen Anspruch auf Zugang zu Informationen über Einzelheiten der Altgenehmigungen aus Art. 12 Abs. 1 GG.168 Im Ergebnis ist die Argumentation des Bundesverwaltungsgerichts auf Verknappungssituationen im Personenbeförderungsrecht zugeschnitten. Verallgemeinerungsfähig ist sie indes nicht, so dass aus Art. 12 Abs. 1 GG keine voraussetzungslosen und bereichsunabhängigen Auskunftsansprüche abzuleiten sind. Auch die Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG begründet nach allgemeiner Auffassung keine reaktiven Informationszugangsrechte.169 164

Haas, S. 60 f.; Sydow / Gebhardt, NVwZ 2006, 986 (989); Schoch, IFG, Einl. Rn. 76. Auch der BFH hat aus Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 19 Abs. 4 GG einen Informationsanspruch gegenüber einem ungleich besteuerten Konkurrenten abgeleitet, soweit der Antragssteller dadurch möglicherweise Wettbewerbsnachteile erleidet, siehe BFH, Urteil vom 05. 10. 2006 – VII R 24/03, NVwZ 2007, 854 ff. 165 BVerwG, Urteil vom 02. 07. 2003 – 3 C 46.02, NVwZ 2003, 1114 ff. 166 Zu den Einzelheiten siehe auch Haas, S. 61; Sydow / Gebhardt, NVwZ 2006, 986 (989); Schoch, IFG, Einl. Rn. 76; Kugelmann, DÖV 2005, 851 (857). 167 BVerwG, Urteil vom 2. 7. 2003 – 3 C 46.02, NVwZ 2003, 1114 (1115). 168 BVerwG, Urteil vom 2. 7. 2003 – 3 C 46.02, NVwZ 2003, 1114 (1116). 169 Haas, S. 62 f.

II. Reaktiver Informationszugang

141

(d) Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG) Die informatorische Rechtsstellung des Bürgers steht in einem engen Zusammenhang zur Garantie der Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG. Als Investigator und Berichterstatter fungiert die Presse als Informationsmittler im Verhältnis zum Bürger.170 Zur Erfüllung dieses verfassungsrechtlich garantierten Aufbereitungs- und Mediatisierungsauftrages ist die Presse wiederum auf konkrete Möglichkeiten zur Beschaffung von behördlichen Informationen angewiesen. Da eine Form der „medialen Rohstoffversorgung“171 als Grundvoraussetzung für die Entfaltung der grundrechtlich geschützten Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG angesehen wird,172 gestehen Literatur und Rechtsprechung der Presse grundsätzlich großzügigere verfassungsunmittelbare Auskunftsrechte zu als privaten Konkurrenten oder „einfachen“ Bürgern. So leitet das Bundesverwaltungsgericht aus der Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG nicht nur in prozessualen Sonderkonstellationen, sondern allgemein einen unmittelbaren presserechtlichen Auskunftsanspruch gegenüber Bundesbehörden her.173 Erforderlich wird diese atypische Konstruktion auch durch den Befund, dass in Ermangelung eines Bundespressegesetzes aus kompetenzrechtlichen Gründen presserechtliche Auskunftsansprüche gegenüber Bundesbehörden nicht auf Vorschriften der Landespressegesetze gestützt werden können.174 Um diese Lücke zu schließen und die Pressefreiheit auf Bundesebene nicht ins Leere laufen zu lassen, konstruiert das BVerwG mittlerweile einen presserechtlichen Auskunftsanspruch gegenüber Bundesbehörden als „Minimalstandard“ unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG.175

170

Schon der eingangs zitierte Thomas Jefferson erkannte die informationsrechtliche Bedeutung der Presse im demokratischen Staat. So forderte er in einem Brief an Col. Edward Carrington am 16. Januar 1787: „Give the people full information of their affairs through the channel of the puplic papers“, vgl. O’Neil, in: Wasser (Hrsg.): T. Jefferson: Historische Bedeutung und politische Aktualität, S. 202 (215). 171 Weberling, AfP 2020, 20. 172 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. 7. 2015 – 1 BvR 1452/13, NVwZ 2016, 50 (51); ­Schemmer, AfP 2020, 1. 173 BVerwG, Urteil vom 25. 10. 2018 – 7 C 6/17, NVwZ 2019, 479 (480), jüngst auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. 12. 2019 – OVG 6 S 58.19, BeckRS 2019, 33176. 174 BVerwG, Urteil vom 20. 2. 2013 – 6 A 2.12, NVwZ 2013, 1006 (1008); BVerwG, Urteil vom 25. 03. 2015 – 6 C 12.14, NVwZ 2015, 1388 (1389 f.). Die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes zur Regelung einer Sachmaterie von Bundesbehörden (z. B. „Verteidigung“ nach Art. 73 Abs. 1 Nr.1 GG) umfasst als Annex auch stets die Kompetenz zur Festlegung von Voraussetzungen und Grenzen der Informationserteilung an die Öffentlichkeit und Presse, vgl. Raap, VR 2019, 361. Landespressegesetze können mithin nicht als Grundlage für Auskunftsansprüche gegenüber Bundesbehörden herangezogen werden. 175 BVerwG, Urteil vom 25. 10. 2018 – 7 C 6/17, NVwZ 2019, 479 ff.; Rhein, DÖV 2019, 394 (395); Alexander, ZUM 2013, 614 (616); Raap, VR 2019, 361 (362); ebenso OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. 12. 2019 – OVG 6 S 58.19, BeckRS 2019, 33176, Rn. 5.

142

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

Dabei orientiert sich der verfassungsunmittelbare Auskunftsanspruch im Wesentlichen an den weiten Voraussetzungen der Landespressegesetze.176 Unklarheiten bestehen allerdings in Bezug auf die Verpflichtung von öffentlichen Unternehmen. So geht die höchstrichterliche Rechtsprechung zu Auskunftsansprüchen nach Landespressegesetzen grundsätzlich von einem funktionell-teleologischen Behördenbegriff aus, der auch hoheitlich beherrschte Unternehmen, unabhängig von ihrer Rechts- und Organisationsform, umfasst.177 In die gleiche Richtung argumentiert auch das Bundesverfassungsgericht in einer jüngeren Entscheidung zur Deutschen Bahn AG178 und betont ausdrücklich, dass sich die öffentliche Hand auch im Rahmen einer erwerbswirtschaftlichen Betätigung mittels öffentlicher Privatunternehmen nicht ihrer verfassungsrechtlich induzierten Informationsverantwortung entziehen kann.179 In einer aktuellen Entscheidung180 zu presserechtlichen Auskunftsansprüchen gegenüber der Legislative deutet das Bundesverwaltungsgericht jedoch an, dem funktionell-teleologischem Behördenbegriff von BGH und BVerfG nicht zu folgen und damit öffentliche Unternehmen nicht als Adressaten des verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruchs nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG anzusehen: Einerseits rekurriert das Gericht für die dogmatische Herleitung des Informationsanspruchs ausdrücklich nur auf § 1 Abs. 1 S. 1 und S. 2 IFG, nicht aber auf den § 1 Abs. 1 S. 3 IFG, der sich speziell auf privatrechtlich organisierte Rechtssubjekte erstreckt.181 Andererseits stellt es klar, dass sich ein Anspruch auf Auskunft „nur gegenüber Behörden im Hinblick auf Verwaltungshandeln“ ergeben kann.182 Dass sich das Bundesverwaltungsgericht damit bewusst gegen die ausführlichen Begründungen des BGH und des BVerfG zur Informationspflichtigkeit von Unternehmen der öffentlichen Hand stellen wollte, ist zwar schwer vorstellbar. Andererseits betont das BVerwG im Rahmen seiner Argumentation, dass das BVerfG bislang offen gelassen habe, ob ein Auskunftsanspruch unter Rückgriff auf Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG unmittelbar aus der Verfassung abgeleitet werden kann und wie weit dieser gegebenenfalls reicht.183 176

Rhein, DÖV 2019, 394 (395); Alexander, ZUM 2013, 614 (620). Siehe zu diesen C. II. 2. b) cc). 177 BGH, Urteil vom 16. 3. 2017 – I ZR 13/16, NJW 2017, 3153 (3155) – peerblog; BGH, Urteil vom 10. 2. 2005 – III ZR 294/04, NJW 1720 (1721); siehe auch OVG Münster, Urteil vom 13. 03. 2013 – 5 A 1293/11, AfP 2013, 162 (165); Rhein, DÖV 2019, 394 (396). 178 BVerfGE 147, 50 (134 ff.). 179 BVerfGE 147, 50 (134 ff.). 180 BVerwG, Urteil vom 25. 10. 2018 – 7 C 6/17, NVwZ 2019, 479 ff. siehe hierzu Rhein, DÖV 2019, 394 (396 ff.). 181 BVerwG, Urteil vom 25. 10. 2018 – 7 C 6/17, NVwZ 2019, 479 (480); Rhein, DÖV 2019, 394 (397). 182 BVerwG, Urteil vom 25. 10. 2018 – 7 C 6/17, NVwZ 2019, 479 (480); Rhein, DÖV 2019, 394 (397). 183 BVerwG, Urteil vom 25. 10. 2018 – 7 C 6/17, NVwZ 2019, 479 (480).

II. Reaktiver Informationszugang

143

Aus teleologischer Perspektive ist eine Abweichung vom funktional-teleolo­ gischen Behördenbegriff im Rahmen des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG kaum haltbar. Grundsätzlich besteht das Informationsbedürfnis der Presse und der gesamten Öffentlichkeit überall dort, wo zur Wahrnehmung staatlicher Aufgaben öffentliche Mittel eingesetzt werden, also auch und gerade im Rahmen von erwerbswirtschaftlicher Betätigung der öffentlichen Hand durch öffentliche Unternehmen.184 Auskunftsansprüche können in diesem Zusammenhang konkret einen Beitrag zur Korruptionsprävention und – Aufdeckung leisten. Abseits dieser Kontrollfunktion lassen sich öffentliche Unternehmen zwar nur eingeschränkt zur Verfolgung der Zwecke des Informationsfreiheitsrechts instrumentalisieren.185 Berücksichtigt man jedoch, dass sich Hoheitsträger grundsätzlich nicht durch die Wahl einer privaten Rechts- und Organisationsform einer ansonsten bestehenden Informationspflichtigkeit entziehen können sollen („keine Flucht aus dem Informationsrecht“),186 spricht im Ergebnis vieles dafür, öffentliche Unternehmen zunächst nicht prinzipiell aus dem Kreis der auskunftsverpflichteten Rechtssubjekte auszuschließen. Eine Berücksichtigung von gegenläufigen Geheimhaltungsinteressen zur Sicherung der rechtsstaatlichen Zweckprogrammierung öffentlicher Unternehmen kann und muss richtigerweise erst an späterer Stelle über die Anwendung von Ausnahmetatbeständen erfolgen.187 Mögliche Verweise auf Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse rechtfertigen jedenfalls isoliert betrachtet noch keinen pauschalen Ausschluss auf der Ebene des personellen Anwendungsbereichs. Überdies ist kein Grund ersichtlich, weshalb Landesunternehmen und Bundesunternehmen unterschiedlich stark vor presserechtlichen Auskunftsansprüchen geschützt werden sollen. Der fehlende Verweis des Bundesverwaltungsgerichts auf § 1 Abs. 1 S. 3 IFG kann damit nur als redaktionelles Versehen gedeutet werden. Eine Einschränkung des personellen Anwendungsbereichs des presserechtlichen Auskunftsanspruchs aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG rechtfertigt sich hieraus jedenfalls noch nicht. Im Ergebnis können damit auch öffentliche Unternehmen Adressaten eines unmittelbaren verfassungsrechtlichen Auskunftsanspruchs aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG sein. (e) Objektiv-rechtliche Grundrechtswirkungen Neben den skizzierten abwehr- und leistungsrechtlichen Dimensionen ist allgemein anerkannt, dass die Grundrechte auch objektiv-rechtliche Wirkungen entfalten. Als „objektive Prinzipien“ sollen sie die Deutungs- und Geltungskraft der Grundrechte als subjektive Freiheitsrechte verstärken, indem sie auf die Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts oder Ausgestaltung organisatorischer und 184 Vgl. BGH, Urteil vom 16. 03. 2017 – I ZR 13/16, NJW 2017, 3153 (3155) – peerblog; Rhein, DÖV 2019, 394 (396). 185 Im Detail hierzu später unter C. VII. 2. 186 In diese Richtung auch Rhein, DÖV 2019, 394 (397). 187 Siehe hierzu C. VIII. 1.

144

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

verfahrensrechtlicher Standards ausstrahlen.188 Auf diese Weise begründet die objektive Dimension der Grundrechte vor allem staatliche Schutzpflichten.189 Im informationsrechtlichen Kontext leitet die allgemeine Auffassung aus der objektiv-rechtlichen Dimension der Kommunikationsfreiheiten des Art. 5 Abs. 1 GG eine allgemeine Pflicht des Staates ab, eine funktionierende gesamtgesellschaft­ liche Kommunikationsordnung sicherzustellen.190 Dieser Pflicht hat der Staat durch die Gewährleistung einer „informationellen Grundversorgung“ der Bevölkerung nachzukommen.191 Die Allgemeinheit muss aufgrund gesetzlicher Rahmenbedingungen zur prinzipiell störungsfreien Kommunikation und (Selbst-)Information ermächtigt werden. Die objektiv-rechtliche Dimension der Kommunikationsfreiheiten verpflichtet den Staat, etwaige Hindernisse im freien und dynamischen Kommunikationsgeschehen so zu beseitigen, dass ein Mindestmaß an informationeller Zugänglichkeit gesichert ist.192 Im Ergebnis ist der Staat damit zum Betreiben einer „staatlichen Informationsvorsorge“ angehalten.193 Den Gesetzgeber trifft in diesem Zusammenhang ein verfassungsrechtlich verbindlicher Konkretisierungsauftrag hinsichtlich des „Ob“ der Herstellung eines hinreichenden öffentlichen Informationsniveaus.194 In Bezug auf die konkrete Art und Weise der Ausgestaltung („Wie“) kommt dem Gesetzgeber indes ein erheblicher Gestaltungsspielraum zu.195 Innerhalb dieses Ausgestaltungsspielraumes steht es dem Staat grundsätzlich frei, ob er sich für oder gegen die Schaffung flächendeckender reaktiver Zugangsrechte entscheidet. Ein verbindlicher Verfassungsauftrag zur Gewährung von voraussetzungslosen Akteneinsichtsrechten kann damit auch der objektiv-rechtlichen Grundrechtsdimension des Art. 5 Abs. 1 GG nicht entnommen werden.196 Auch verfassungsunmittelbare Akteneinsichtsrechte vermag das Konzept der „informationellen Grundversorgung“ nicht zu begründen.197

188

Vgl. Herdegen, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 1 Abs. 3, Rn. 21; Ladeur, DÖV 2002, 1. Vgl. Herdegen, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 1 Abs. 3, Rn. 21. 190 Kloepfer, § 4, Rn. 29; Lederer, S. 215; Kröger, Informationsfreiheit und Urheberrecht, S. 21 0 f.; Trute, in: VVDStRL 57 (1998), 216 (249 ff.). 191 Kloepfer, § 4, Rn. 28 f., § 14, Rn. 1 3 f. Der Begriff der „informationellen Grundversorgung“ wurde ursprünglich vom Bundesverfassungsgericht im Rahmen der Rundfunkfreiheit entwickelt, um den kraft Verfassung zugewiesen Mindest-Gewährleistungsauftrag der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten zu umschreiben, vgl. BVerfGE 73, 118 (157); 74, 297 (324). 192 Vgl. Kühling, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, Art. 5 GG, Rn. 16. 193 Schoch, IFG, Einl., Rn. 81; Scherzberg, S. 343 m. w. N. Kritisch zu dessen leistungsrechtlicher Konstruktion der „Informationsvorsorge“ Wegener, in: FS Bartlsperger, S. 165 (182). 194 Kloepfer, § 4, Rn. 29. 195 Vgl. Schoch, IFG, Einl., Rn. 81; Lederer, S. 215. 196 Vgl. OVG Hamburg, Urteil vom 25. 11. 2020 – 3 Bf 183/18, BeckRS 2020, 44355, Rn. 80; Schoch, IFG, Einl., Rn. 81; Wirtz / Brink, NVwZ 2015, 1166 (1168). 197 Vgl. Kugelmann, DÖV 2005, 851 (856). 189

II. Reaktiver Informationszugang

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(3) Parlamentarische Auskunftsrechte (Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG) Für den demokratisch legitimierten Abgeordneten ist der freie Zugang zu Informationen wesentliche Funktionsbedingung für eine verantwortungsvolle parlamentarische Aufgabenwahrnehmung. Korrespondierend zu dieser Erkenntnis schützt das freie Mandat des Abgeordneten nach Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG auch die ungehinderte Beschaffung von Informationen gegenüber der Bundesregierung, der Bundestagsverwaltung und anderen Parlamentsorganen.198 Da ein öffentliches Unternehmen kein parlamentarisches Organ darstellt, kann es über parlamenta­ rische Auskunftsrechte aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG und Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG nicht unmittelbar auskunftsverpflichtet sein. Dass aus parlamentarischen Auskunftsrechten dennoch mittelbare Informationsverpflichtungen für öffentliche Unternehmen erwachsen können, illustriert ein prominentes jüngeres Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht.199 In der dortigen Konstellation begehrten Abgeordnete des Bundestages gegenüber der Bundesregierung Auskünfte über Vereinbarungen und Gespräche der Bundesregierung mit der Deutschen Bahn AG als privatrechtlich organisierter Eigengesellschaft des Bundes. Das BVerfG bejahte im Ergebnis diesen Anspruch. Es stellte in diesem Zusammenhang explizit klar, dass sich der Informationsanspruch des Parlaments nur auf Angelegenheiten beziehen kann, die in den Verantwortungsbereich der Regierung fallen.200 Die Verantwortlichkeit der Regierung ist jedoch weit zu verstehen und erstreckt sich auch auf alle Tätigkeiten von mehrheitlich oder vollständig in der Hand des Bundes befind­lichen Unternehmen in Privatrechtsform.201 Zwar wird über Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG und Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG nur die Bundesregierung unmittelbar als Adressat des Informationsanspruchs verpflichtet. Im Ergebnis kann allerdings gerade die fehlende Grundrechtsberechtigung von öffentlichen Unternehmen dazu führen, dass über die Auskunftserteilung der Bundesregierung mittelbar unter anderem sensible Unternehmensinformationen offen gelegt werden müssen.202 Folglich unterliegen Informationen von öffentlichen Unternehmen zumindest mittelbar auch parlamentarischen Auskunftsrechten.

198

Vgl. OVG Münster, Beschluss vom 03. 04. 2019 – 15 B 1850/18, AfP 2019, 261 (265); Butzer, in: BeckOK Grundgesetz, Art. 38, Rn. 144. Ausführlich zur verfassungsrechtlichen Begründung des parlamentarischen Auskunftsrechts als Ausfluss der Kontrollfunktion des Bundestages Müller, in: von Mangoldt / Klein / Starck, Art. 38 GG, Rn. 85 ff. Grundlegend hierzu auch Brenner, Reichweite und Grenzen des parlamentarischen Fragerechts, Baden-Baden 2009. 199 BVerfGE 147, 50 ff. 200 BVerfGE 147, 50 (133 f.). 201 BVerfGE 147, 50 (134 ff.). 202 BVerfGE 147, 50 (153).

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

(4) Zwischenergebnis Das Grundgesetz schweigt zu Auskunftsansprüchen im Allgemeinen. Konkrete reaktive Informationszugangsrechte gegenüber öffentlichen Unternehmen werden weder über Staatsstrukturprinzipien noch unmittelbar über Grundrechte vermittelt. Auch die Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG beinhaltet lediglich einen abstrakten Ausgestaltungsauftrag an den Gesetzgeber, garantiert aber bei dessen Untätigkeit keine subjektiven Rechtspositionen. Vielmehr partizipieren Auskunftsrechte erst dann am Schutzgehalt des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG, wenn sich der Gesetzgeber bewusst für die Schaffung von voraussetzungslosen Informationszugangsansprüchen entschieden hat. Selbst in der Zusammenschau rechtsstaatlicher und individualfreiheitlicher Ansprüche ergibt sich jedoch kein verfahrensunabhängiges, verfassungsrechtlich determiniertes Zugangsrecht zu Verwaltungsinformationen.203 Ausnahmen von diesem Grundsatz existieren nur bereichsspezifisch für personenbezogene Daten und nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für vorprozessuale Sonderkonstellationen im Personenbeförderungsrecht. Ein Spezifikum bildet der von der Rechtsprechung entwickelte verfassungsunmittelbare presserechtliche Auskunftsanspruch aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG, der unter zwingender Zugrundelegung eines funktionell-teleologischen Behördenverständnisses auch direkt gegen öffentliche Unternehmen des Bundes gerichtet werden kann. bb) Landesverfassungsrecht „Vorreiter“ bei der landesverfassungsrechtlichen Verankerung eines umfassenden allgemeinen Akteneinsichtsrechts ist das Land Brandenburg.204 Nach Art. 21 Abs. 4 BbgVerf205 hat jeder „das Recht auf Einsicht in Akten oder sonstige Unterlagen der Behörden und Verwaltungseinrichtungen des Landes und der Kommunen, soweit nicht überwiegende öffentliche oder private Interessen entgegenstehen“.206 203

Treffend zu dem verfassungsrechtlichen Zustand vor Erlass des IFG Kaufmann, in: Bertschi et al. (Hrsg.): Demokratie und Freiheit, S. 41 (48): „Der Umstand als solcher, dass ein Bürger Zugang zu behördlichen Informationen nimmt, ist, abgesehen von Geheimhaltungsinteressen Dritter, ein juristisch gar nicht näher zu qualifizierender, letzthin bedeutungsloser Umstand – ein Nullum. So verführerisch es ist, diesem Nullum verfassungsrechtliche Weihen im Halbdunkel assoziativer Zuordnungen zum Demokratieprinzip oder zu den Grundrechten zu verleihen, so ernüchternd könnte der Blick im harten Licht der verfassungsrechtlichen Dogmatik ausfallen.“ 204 Vgl. Palenda, LKV 1998, 252 (252); Adler, DÖV 2016, 630 (635); Dix, in: Dreier / Fischer /  van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 77 (80). 205 Verfassung des Landes Brandenburg vom 20. August 1992 (GVBl. I S. 298), zuletzt geändert durch Gesetz vom 7. Juli 2009 (GVBl. I S. 191). 206 Umgesetzt wurden die verfassungsrechtlichen Vorgaben durch das AIG Brandenburg, vgl. Palenda, LKV 1998, 252; Adler, DÖV 2016, 630 (635).

II. Reaktiver Informationszugang

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Ein solches verfassungsrechtlich garantiertes allgemeines Akteneinsichtsrecht ist bundesweit in seiner Reichweite einzigartig.207 Mittlerweile haben zwar auch andere Landesverfassungsgeber, vor allem in den neuen Bundesländern, reagiert und ähnliche Informationszugangsregelungen in ihre Verfassungen aufgenommen. Im Gegensatz zur Verfassung des Landes Brandenburg gelten die dortigen Auskunftsrechte jedoch nicht allgemein, sondern nur bereichsspezifisch für Umweltinformationen208 oder personenbezogene Informationen.209 Die landesverfassungsrechtliche Festschreibung von Auskunftsansprüchen erhebt die Informationsfreiheit insgesamt zu einem Verfassungsgut. Eine derartige „Aufwertung“ der Informationsfreiheit gerät nicht zu einer bloßen Förmelei, sondern hat konkrete Auswirkungen auf die Herstellung praktischer Konkordanz bei der Rechtsanwendung der (Landes-)Informationsfreiheitsgesetze.210 So ist die Informationsfreiheit als Interesse mit Verfassungsrang im Rahmen einer möglichen Abwägung mit Rechten Dritter wie Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nicht per se als nachrangig zu bewerten.211 Ob auch öffentliche Unternehmen von landesverfassungsrechtlichen Auskunftsansprüchen unmittelbar adressiert werden, hängt in der Regel von der Ausgestaltung des Verfassungswortlautes ab. Soweit die Landesverfassung nur „das Land“ (vgl. Art. 34 SächsVerf) oder die „öffentliche Verwaltung“ (vgl. Art. 6 Abs. 3 LV MV) verpflichtet, liegt der Schluss nahe, dass der Landesverfassungsgeber damit nur die nicht-wirtschaftlich agierende Kernverwaltung ansprechen wollte.212 Die Verwendung der weiten Formulierung „Verwaltungseinrichtungen“ wie in Art. 21 Abs. 4 BbgVerf impliziert jedoch, dass auch öffentliche Unternehmen erfasst werden sollen. Für ein funktionell-teleologisches Begriffsverständnis in der Brandenburger Landesverfassung spricht auch die systematische Abgrenzung zu ebenfalls

207

Vgl. Schoch, IFG, Einl., Rn. 200; Dix, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 77 (78). 208 Art. 6 Abs. 3 und 4 LV MV; Art. 34 SächsVerf; Art. 6 Abs. 2 Verf LSA, Art. 33 ThürVerf.; Art. 4a Abs. 1 S. 2 der Landesverfassung von Rheinland-Pfalz. Ausführlich zu der Reichweite der Informationsfreiheit in den Landesverfassungen Schwarz, in: Merten / Papier (Hrsg.): HGR VIII, § 237, Rn. 20 ff. 209 Vgl. Art. 12 Abs. 4 der Landesverfassung der Freien Hansestadt Bremen v. 21. 10. 1947 (Brem.GBl. S. 251) in der ab 8. 6. 2019 geltenden Fassung: „Jeder hat nach Maßgabe der Gesetze ein Recht auf Auskunft darüber, welche Informationen über ihn in Akten und Dateien gespeichert sind, und auf Einsicht in ihn betreffende Akten und Dateien.“ Mit weiteren Beispielen siehe Schoch, IFG, Einl., Rn. 200; Lederer, S. 109. 210 Vgl. Dix, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 77 (80). Das verfassungsrechtliche Prinzip der „praktischen Konkordanz“ wurde etabliert und geprägt von Konrad Hesse, siehe hierzu Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, § 2, Rn. 72. 211 Vgl. Dix, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 77 (80). 212 So auch Haas, S. 79. Speziell für Art. 6 Abs. 3 Verf. MV Schwarz, in: Merten / Papier (Hrsg.): HGR VIII, § 237, Rn. 31.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

erfassten „klassischen“ Behörden. Hinzu kommt wiederum das Argument, dass sich der Hoheitsträger durch Auslagerung seiner Verwaltungstätigkeit auf Privatrechtssubjekte informationsrechtlichen Bindungen nicht entziehen können soll („keine Flucht aus dem Informationsrecht“). 2. Einfachgesetzliche Ausgestaltung Die einfachgesetzliche Ausgestaltung von reaktiven Informationszugangsrechten ist im Mehrebenensystem von Bundes-, Landes- und Kommunalrecht213 zu betrachten. Spezialregelungen im Bereich des Umwelt- oder Verbraucherschutzes flankieren hier die Vorgaben allgemeiner Informationsfreiheitsgesetze. a) Bundesrecht aa) IFG Das „Herzstück“ des Informationszugangsrechts auf Bundesebene bildet das Informationsfreiheitsgesetz (IFG).214 Durch die erstmalige Normierung von flächendeckenden reaktiven Informationsverpflichtungen auf Bundesebene wird der Erlass des IFG in der Literatur gemeinhin als „Wendepunkt“215 oder „kleine Revolution“216 hin zu der Etablierung einer allgemeinen Verwaltungsöffentlichkeit angesehen. (1) Auskunftsgegenstand Mit § 1 Abs. 1 S. 1 als zentraler Anspruchsnorm217 gewährt das IFG jedermann gegenüber Behörden des Bundes einen antragsbasierten, allgemeinen und materiell voraussetzungslosen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen.218 § 1 Abs. 1 S. 1 IFG bildet damit den Archetypus eines reaktiven Informationszugangsanspruchs. Dass Informationen nach § 1 Abs. 1 S. 1 IFG „amtlicher“ Natur sein müssen, schließt Informationen von öffentlichen Unternehmen nicht per se aus dem Anwendungsbereich des IFG aus. Der Begriff der „amtlichen Informationen“ wird 213 Zu den Transparenzanforderungen auf Kommunalebene siehe Spannowsky, ZfBR 2017, 112 ff. 214 BGBl. I 2005, 2722, zuletzt geändert durch Art. 44 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328). 215 Debus, in: BeckOK, Informations- und Medienrecht, § 1 IFG, Einl. 216 Reinhart, DÖV 2007, 18; Schoch, IFG, Einl., Rn. 259. 217 Just / Sailer, DVBl. 2010, 418 (419); Rossi, IFG, § 1, Rn. 1. 218 Vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 7.

II. Reaktiver Informationszugang

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richtigerweise weit verstanden. Er ist nicht nur auf Informationen beschränkt, die im Zusammenhang mit öffentlich-rechtlicher Verwaltungstätigkeit generiert wurden. Gegen eine derartige, vereinzelt in der Literatur vorgeschlagene,219 Beschränkung spricht bereits der Sinn und Zweck des IFG.220 Amtlich im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 1 IFG können damit auch von privaten Rechtssubjekten im Rahmen von erwerbswirtschaftlichen Tätigkeiten erlangte Informationen sein.221 Die Grenze ist lediglich bei rein privaten Informationen zu ziehen, etwa bei Auskünften zu einem Arzttermin der Geschäftsführerin eines öffentlichen Unternehmens. (2) Auskunftsverpflichtung (a) Materielle Informationspflichtigkeit Nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 S. 1 IFG sind grundsätzlich nur „Behörden des Bundes“ auskunftsverpflichtet. In welchem Umfang auch öffentliche Unternehmen Adressaten reaktiver Zugangsansprüche nach dem IFG sein können, richtet sich nach § 1 Abs. 1 S. 3 IFG. Nach dieser Vorschrift steht einer Behörde des Bundes eine „natürliche oder juristische Person des Privatrechts gleich, soweit eine Behörde sich dieser Person zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient.“

Im Kern werden damit öffentliche Unternehmen unter zwei Voraussetzungen materiell-rechtlich zur Auskunftsgewährung verpflichtet. Erstens muss das öffentliche Unternehmen öffentlich-rechtliche Aufgaben erfüllen, und zweitens muss sich eine Behörde des Unternehmens bedienen.222 Der Begriff „öffentlich-rechtliche Aufgabe“ ist im Zusammenhang des § 1 Abs. 1 S. 3 IFG nach einhelliger Auffassung weit zu verstehen. Er umfasst jede Form einer im öffentlichen Recht wurzelnden Verwaltungsaufgabe.223 Ob das Privatrechtssubjekt bei der Aufgabenerfüllung öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich handelt, ist dabei ebenso unerheblich wie eine Zuordnung der Tätigkeit zu verwaltungsprivatrechtlichem Handeln oder der Erfüllung hoheitlicher Aufga-

219 Vgl. Stollmann, VR 2002, 309 (311), in diese Richtung auch Schrader, ZUR 2005, 568 (571). 220 Vgl. Sellmann / Augsberg, WM 2006, 2293 (2296). Für das IFG NRW OVG Münster, Beschluss vom 19. 06. 2002 – 21 B 589/02, NVwZ-RR 2003, 800 (801). 221 Vgl. Schoch, IFG, § 2, Rn. 58; Sellmann / Augsberg, WM 2006, 2293 (2296). 222 Dass nicht zumindest staatliche Eigengesellschaften direkt und unabhängig von einer öffentlich-rechtlichen Aufgabenerfüllung einbezogen werden, wird in der Literatur zum Teil heftig kritisiert, vgl. Debus, in BeckOK, Informations- und Medienrecht, § 1 IFG, Rn. 144; Sitsen, Informationsfreiheitsgesetz, S. 140; Krüger, Transparenzverlust durch Wahl privater Rechtsformen?, S. 26 3 f.; Schoch, IFG; § 1, Rn. 219. 223 Vgl. Brink, in: Brink / Polenz / Blatt, § 1 IFG, Rn. 103; eingehend zur Notwendigkeit eines weiten Begriffsverständnisses auch Krüger, S. 48 ff.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

ben.224 Diese weite Auslegung rechtfertigt sich nach der Vorstellung des Gesetzgebers vor allem mit dem Zweck des IFG, dem Bürger möglichst umfassende demokratische Beteiligungsrechte zu garantieren.225 Auch die Rechtsprechung erkennt an, dass dieser Zweck nur dann vollumfänglich erfüllt werden kann, wenn grundsätzlich jede Form des Regierungshandelns der Auskunftspflicht nach dem IFG unterworfen wird.226 Vor diesem Hintergrund stellen vor allem auch erwerbswirtschaftliche Tätigkeiten oder fiskalische Hilfsgeschäfte „öffentlich-rechtliche Aufgaben“ im Sinne des IFG dar.227 Für den Grad der Reichweite der Einbeziehung Privater in das IFG ist zweitens das Merkmal des behördlichen Sich-Bedienens zur Erfüllung „ihrer öffentlichrechtlicher Aufgaben“ bei § 1 Abs. 1 S. 3 IFG entscheidend.228 Es macht deutlich, dass die zu erfüllende Aufgabe von der Wahrnehmungskompetenz der betrauenden Behörde umfasst sein muss und nicht zuvor durch die Einschaltung des Privaten vollständig abgegeben worden sein darf.229 Hieraus folgt, dass zwischen verschiedenen Arten der Kooperationsbeziehungen zwischen Staat und Privatem unterschieden werden muss.230 Während Formen der (formellen) Organisationsprivatisierung oder funktionalen Privatisierung durch die Einschaltung von Verwaltungshelfern vom Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 S. 3 IFG umfasst sind, da die übertragene Aufgabe immer noch in der öffentlich-rechtlichen Sphäre verbleibt,231 stellt die materielle Privatisierung eine echte Aufgabenprivatisierung dar, bei der sich die öffentliche Hand vollständig der Aufgabe als solcher entledigt.232 Nach einer erfolgreichen materiellen Aufgabenprivatisierung liegt folglich schon gar keine „öffentlich-recht­ liche Aufgabe“ mehr als tauglicher Anknüpfungspunkt vor, so dass in derartigen Fällen eine Verpflichtung nach § 1 Abs. 1 S. 3 IFG ausscheidet. Ebenfalls keine 224

Vgl. Brink, in: Brink / Polenz / Blatt, § 1 IFG, Rn. 103; Krüger, S. 39; anders die Missinterpretationen der Rechtsprechung, vgl. OVG Schleswig, Urteil vom 22. 02. 2007, 4 LB 23/05, NordÖR 2007, 261 (262); VG Düsseldorf, Urteil vom 03. 02. 2006, 26 K 1585/04, NwVBl. 2006, 305 (306) sowie Müller, K & R 2016, 158 (160). Dagegen jedoch ausdrücklich auf landesrechtlicher Ebene das VG Schleswig, Urteil vom 25. 03. 2015 – 8 A 8/14 – juris, Rn. 46: „Eine Ausklammerung von Informationen, die privatrechtliches Handeln einer Behörde bzw. eines Hoheitsträgers betreffen, sehen die Regelungen des IZG-SH nicht vor.“ 225 Vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 6. Ob öffentliche Unternehmen tatsächlich einen Beitrag zur Demokratieförderung leisten können und müssten, ist kritisch zu hinterfragen, vgl. C. VII. 2. 226 Vgl. BVerwG, Urteil vom 03. 11. 2011 – 7 C 4/11, NVwZ 2012, 251 (252). 227 Vgl. Brink, in: Brink / Polenz / Blatt, § 1 IFG, Rn. 84; Rossi, DVBl. 2010, 554 (559); a. A. Kloepfer / von Lewinski, DVBl. 2005, 1277 (1282). 228 Eingehend zur Auslegung des Merkmals „Sich-Bedienen“ Dörr, S. 60–66. 229 Schoch, IFG, § 1, Rn. 224. 230 Vgl. Schoch, IFG, § 1, Rn. 226; Sitsen, S. 134 ff.; anders Rossi, IFG, § 1, Rn. 74, der der Formulierung des § 1 Abs. 1 S. 3 IFG einen allgemeinen, von der exakten Kooperationsform abstrahierten Maßstab entnimmt. 231 Vgl. Sitsen, S. 135; Jastrow / Schlatmann, § 1 IFG, Rn. 46. 232 Burgi, in: Ehlers / Pünder, AllgVerwR, § 10, Rn. 35. Instruktiv zur Typologie und Terminologie von Privatisierungsformen Kämmerer, Privatisierung, S. 16 ff.

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Anwendung findet § 1 Abs. 1 S. 3 IFG auf Beliehene. Für sie ist ein Rückgriff auf § 1 Abs. 1 S. 3 IFG schon deshalb nicht nötig, weil sie bereits dem funktionellen Behördenbegriff des § 1 Abs. 1 S. 1 IFG unterfallen.233 Abseits der Betrauung mit der öffentlich-rechtlichen Aufgabenerfüllung stellt das IFG keine weiteren Anforderungen an eine Verpflichtung von Privatrechtssubjekten.234 Anders als im Informationsweiterverwendungsrecht kommt es bei gemischtwirtschaftlichen Unternehmen nicht entscheidend darauf an, ob eine Beherrschung durch die öffentliche Hand vorliegt.235 Eine eingehende Analyse interner Organisations-, Beherrschungs- und Kontrollstrukturen ist damit im Rahmen des IFG nicht erforderlich. Eigengesellschaften, die sich vollständig im Besitz der öffentlichen Hand befinden, werden damit ebenso verpflichtet wie gemischtwirtschaftliche Unternehmen, an denen der Staat lediglich eine nur verschwindend geringe Minderheitsbeteiligung hält. Im Extremfall kann bereits ein einziger, von der öffentlichen Hand gehaltener Anteil eine materielle Informationspflichtigkeit nach dem IFG auslösen. Im Gegensatz zum neu erlassenen DNG ist dem IFG auch eine Beschränkung auf bestimmte Sektorentätigkeiten fremd. Wie aufgezeigt, schließt es grundsätzlich sämtliches im öffentlichen Recht wurzelndes Unternehmenshandeln ein. (b) Formelle Informationspflichtigkeit Im Unterschied zu dem Datennutzungsgesetz und den neueren Transparenzgesetzen auf Landesebene trennt das IFG zwischen der materiellen und formellen Informationspflichtigkeit von Privatrechtssubjekten: Nach § 7 Abs. 1 S. 2 IFG ist in Fällen des § 1 Abs. 1 S. 3 IFG der Antrag auf Informationszugang nicht unmittelbar an das Unternehmen, sondern an die Behörde zu richten, die sich der natürlichen oder juristischen Person des Privatrechts zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient. Trotz des eigentlich offenen Wortlautes des § 1 Abs. 1 S. 3 IFG können öffentliche Unternehmen damit nicht direkt vom Informationszugangspetenten in Anspruch genommen werden.236 Par 233 Vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 8; Debus, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 1 IFG, Rn. 149; Rossi, IFG, § 1, Rn. 73; a. A. Ruppel, NZS 2012, 734 (736); Ewer, AnwBl. 2010, 455 (456). 234 Vgl. Schoch, IFG, § 1, Rn. 223. Hierbei ist zu beachten, dass nicht rechtsfähige Einrichtungen des öffentlichen Rechts wie Regie- oder Eigenbetriebe keine Privatrechtssubjekte i. S. d. § 1 Abs. 1 S. 3 IFG darstellen, vgl. Schoch, IFG, § 1, Rn. 222. Da sie organisatorisch in die allgemeine Behördenstruktur eingegliedert sind, sind sie bereits über den klassischen Behördenbegriff des § 1 Abs. 1 S. 1 IFG informationsrechtlich verpflichtet. Gleiches gilt für Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, vgl. Debus, in BeckOK Informations- und Medienrecht, § 1 IFG, Rn. 131. 235 Vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 8; Haas, S. 151; Schoch, IFG, § 1, Rn. 223, a. A. Sellmann / Augsberg, WM 2006, 2293 (2298), die eine absolute Anteilsmehrheit der öffentlichen Hand fordern. 236 BT-Drs. 15/4493, S. 8, 14; Kugelmann, NJW 2005, 3609 (3611); Sitsen, S. 131.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

allel zum parlamentarischen Einsichts- und Auskunftsanspruch besteht stattdessen nur eine mittelbare Auskunftsverpflichtung von öffentlichen Unternehmen gegenüber dem Antragsteller. Es entsteht mithin zwangsläufig ein informationsrechtliches Dreiecksverhältnis zwischen dem Antragsteller, der formell verpflichteten Behörde und dem materiell verpflichteten Unternehmen. Diese informationsrechtliche Konstruktion „übers Eck“ macht aus Sicht des öffentlichen Unternehmens besondere prozedurale Sicherungsmechanismen zum Schutz unternehmerischer (Geheimhaltungs-)Interessen erforderlich, vgl. § 8 IFG.237 Aus § 7 Abs. 1 S. 2 IFG folgt jedoch nicht, dass der Umfang des veröffent­ lichungspflichtigen Informationsmaterials auf die konkret bei der Behörde vorhandenen Informationen beschränkt wäre.238 Das öffentliche Unternehmen ist vielmehr dazu angehalten, der Behörde im Rahmen des Dreiecksverhältnisses zwischen Antragsteller, Behörde und Unternehmen das nach § 1 Abs. 1 S. 3 IFG herausgabepflichtige Informationsmaterial zur Verfügung zu stellen.239 Diese Konstellation wirft zwingend die Frage nach den Instrumentarien auf, mit denen sich die Behörde die begehrten Informationen im Innenverhältnis von dem öffentlichen Unternehmen beschaffen kann, sollte sich dieses weigern, Informationen herauszugeben. Zur rechtlichen Durchsetzung der Informationsverschaffung vertraut der Gesetzgeber allein auf gesellschaftsvertragliche Vereinbarungen zwischen dem Unternehmen und der sich bedienenden Behörde.240 Allgemeine Auskunftsrechte des Gesellschaftsrechts sollen dagegen nur bedingt einen informationellen Beschaffungsanspruch für die Behörde ermöglichen.241 Hier offenbart sich die Schwäche der Regelung des § 7 Abs. 1 S. 2 IFG. Fehlen gesellschaftsrechtliche Bindungen und zeigt sich das öffentliche Unternehmen kooperationsunwillig, gibt das IFG der Behörde keine wirksamen gesetzlichen Sanktions- oder Durchsetzungsinstrumente an die Hand.242 Insbesondere kann aus § 7 Abs. 1 S. 2 IFG 237

Siehe hierzu C. V. 1. Sicko, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 7 IFG, Rn. 36; a. A. Jastrow / Schlatmann, § 7 IFG, Rn. 17. 239 Umgekehrt trifft auch die Behörde, die sich eines Privaten zur Erfüllung ihrer öffentlichrechtlichen Aufgaben bedient, die Pflicht, für die Rückholung bzw. Bereitstellung der Akten zu sorgen, vgl. BVerfGE 145, 365 (376). 240 Vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 8. Dies gilt jedoch nur, soweit das Gesellschaftsrecht hinreichende Spielräume für eine entsprechende Satzungsänderung lässt, für die AG kritisch Koch, in: Hüffer /  Koch, § 131 AktG, Rn. 3. 241 So wurde in der Rechtsprechung für den städtischen Gesellschafter einer GmbH § 51a GmbHG als taugliche Rechtsgrundlage anerkannt, vgl. OVG Koblenz, Urteil vom 12. 03. 2015 − 10 A 10472/14.OVG, EnWZ 2015, 284 (285). Für die AG wurde hingegen ein Auskunftsrecht der Gemeinde als Aktionärin nach § 131 Abs. 1 AktG verneint, vgl. OVG Koblenz, Urteil vom 10. 06. 2016 – 10 A 10878/15.OVG, BeckRS 2016, 48854, Rn. 45. 242 Vgl. Schoch, IFG, § 1, Rn. 237; Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, 6. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit 2016/2017, S. 105. Rein gesellschaftsrechtlich wäre die ultima ratio wohl die Abberufung der Leitungsorgane der sich weigernden Gesellschaft, vgl. Krüger, S. 195. Zu vertraglichen Ausgestaltungs- und prozessualen Lösungsmöglichkeiten siehe Haas, S. 154 f. 238

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selbst keine vollumfängliche Informationsverschaffungspflicht im Innenverhältnis zur Behörde abgeleitet werden.243 Damit erweist sich § 1 Abs. 1 S. 3 IFG bei näherer Betrachtung als „lex imperfecta“. Der Informationspetent wird nicht nur mit einer umständlichen und zeitaufwändigen Informationsbeschaffung „übers Eck“ belastet, sondern zugleich mit einem erheblichen prozessualen Risiko,244 da er meist nicht im Vorhinein abschätzen kann, ob sein Zugangsbegehren über gesellschaftsvertragliche Informationsverschaffungsverpflichtungen zwischen Behörde und Unternehmen abgesichert ist. Darüber hinaus hindert die gesetzliche Konstruktion einer bloß mittelbaren Informationsverpflichtung von öffentlichen Unternehmen die Wirksamkeit des Informationszugangsanspruchs als demokratisches Kontrollinstrument: Der notwendige Zwischenschritt der internen behördlichen Informationsabfrage birgt die Gefahr, dass Entscheidungsträger in öffentlichen Unternehmen bei unliebsamen Auskunftsgesuchen faktisch „vorgewarnt“ werden und in prozessualer Hinsicht Zeit gewinnen, was vor allem eine effektive Korruptionsbekämpfung erheblich erschwert. Aus diesen Gründen ist eine gesetzgeberische Korrektur zu befürworten, die § 7 Abs. 1 S. 2 IFG vollständig streicht und damit auch Private im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 3 IFG einer formellen Informationspflichtigkeit unterwirft. (3) Zwischenergebnis Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das IFG öffentliche Unternehmen sowohl in personeller als auch in inhaltlicher Hinsicht einer umfangreichen materiellen Auskunftspflicht unterwirft. Auch die Ausübung einer rein gewinnorientierten erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit suspendiert nicht die Informationspflichtigkeit nach dem IFG. Die tatbestandliche Weite des IFG soll verhindern, dass Privatisierungsmaßnahmen der öffentlichen Hand die öffentlich zugängliche Informationsmenge minimieren.245 § 1 Abs. 1 S. 3 IFG erfasst insbesondere auch gemischtwirtschaftliche Unternehmen unabhängig von einer hoheitlichen Beherrschung und zieht die Grenze erst bei einer materiellen Aufgabenprivatisierung. Die Vorschrift zielt schlussendlich darauf ab, der Verwaltung mögliche Einfallstore für eine „Flucht ins Privatrecht“ und „aus dem Informationsrecht“ zu versperren. Dass dem IFG dennoch keine „Leuchtturmfunktion“ mit Blick auf die Einbeziehung privater Rechtssubjekte zukommt, ist vor allem darauf zurückzuführen, dass nach § 7 Abs. 1 S. 2 IFG öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform niemals unmittelbar formell auskunftspflichtig sind, sondern der reaktive Auskunftsanspruch stets nur gegenüber der Behörde geltend gemacht werden kann, welche den Privaten auch 243

Vgl. VG Berlin, Urteil vom 27. 6. 2007 – VG 2 A 136/06; Schoch, IFG, § 1, Rn. 236 f.; Rossi, IFG, § 1, Rn. 71; a. A. Sitsen, S. 142; Krüger, S. 196. 244 So auch die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, 6. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit 2016/2017, S. 104 f.; Gurlit, AfP 2020, 9 (17). 245 Vgl. Schoch, IFG, § 1, Rn. 215.

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zur Aufgabenerfüllung eingeschaltet hat. Dieser prozessuale Umweg mindert die Effektivität des Informationszugangsrechts als demokratisches Kontrollinstrument erheblich. bb) VIG Das anlässlich des so genannten „Gammelfleischskandals“ erarbeitete Verbraucherinformationsgesetz (VIG) trat im Mai 2008 in Kraft und soll dem Bürger unter anderem reaktive Informationsansprüche über Lebensmittel und Verbraucherprodukte gewähren, damit dieser eine wohlinformierte Kaufentscheidung treffen kann.246 Von diesem Auskunftsrecht wird in der Praxis jedoch regelmäßig nur selten Gebrauch gemacht, so dass die tatsächliche Bedeutung des VIG für reaktive Informationspflichten als gering zu bewerten ist.247 § 1 VIG gewährt Verbraucherinnen und Verbrauchern248 auf Antrag (vgl. § 4 Abs. 1 S. 1 VIG) allgemein einen freien und voraussetzungslosen Zugang zu Informationen über Verbraucherprodukte und Erzeugnisse im Sinne des Lebensmittel- und Futtergesetzbuches. Die Vorschrift des § 2 Abs. 1 VIG konkretisiert dabei den Inhalt des reaktiven Informationsanspruchs, indem sie sieben abschließende Kategorien von Informationen festlegt, die Gegenstand eines VIG-Antrags sein können.249 Nach § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 VIG kann neben einer Behörde (vgl. § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 VIG) auch eine natürliche und juristische Personen des Privatrechts informationspflichtig sein, zumindest wenn diese auf Grund „a) anderer bundesrechtlicher oder b) landesrechtlicher Vorschriften öffentlich-rechtliche Aufgaben oder Tätigkeiten wahrnimmt, die der Erfüllung der in § 1 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches genannten Zwecke oder bei Verbraucherprodukten der Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheit nach den Vorschriften des Produktsicherheitsgesetzes sowie der auf Grund des Produktsicherheitsgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen dienen und der Aufsicht einer Behörde unterstellt ist.“

Diese Formulierung impliziert zwar eine flächendeckende Einbeziehung privater Rechtssubjekte in den Anwendungsbereich des VIG, läuft aber in der Praxis 246

BT-Drs. 273/07, S. 11; Heinicke, in: Zipfel / Rathke, Lebensmittelrecht, VIG, Vorbemerkung, Rn. 1 ff.; Schomerus / Tolkmitt, DÖV 2007, 985 (987). 247 Heinicke, in: Zipfel / Rathke, Lebensmittelrecht, VIG, Vorbemerkung, Rn. 28 ff. 248 Der Begriff des Verbrauchers ist hierbei nicht im Sinne des § 13 BGB zu verstehen, sondern soll „jedermann“ umfassen, wodurch etwa auch juristische Personen des Privatrechts antragsberechtigt sind, vgl. Grube / Immel / Wallau, Verbraucherinformationsrecht, D., § 1, Rn. 11; VGH München, Urteil vom 16. 02. 2017 – 20 BV 15.2208 – juris, Rn. 16. 249 Heinicke, in: Zipfel / Rathke, Lebensmittelrecht, VIG; § 2, Rn. 13; Grube / Immel / Wallau, Verbraucherinformationsrecht, D., § 2, Rn. 5.

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weitgehend leer. Im Bereich des gesundheitsbezogenen Verbraucherschutzes werden private Akteure fast ausschließlich im Wege der Beleihung in die Aufgabenerfüllung einbezogen und fallen damit schon unter den Behördenbegriff nach § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 VIG.250 Aus diesem Grund ist der verbleibende Anwendungsbereich der Norm sehr gering und erfasst allenfalls vereinzelte Öko-Kontrollstellen und private Anbieter von Überwachungs- und Zertifizierungsdiensten.251 Eine Auskunftsverpflichtung von reinen Verwaltungshelfern oder öffentlichen Unternehmen in Privatrechtsform, die selbst Lebensmittel herstellen,252 besteht jedenfalls nicht.253 Selbst wenn im Ausnahmefall öffentliche Unternehmen der Regelung des § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 VIG unterfallen sollten, sind sie nicht unmittelbar auskunftsverpflichtet. Ebenso wie nach § 7 Abs. 1 S. 2 IFG ist der Informationsantrag an die Aufsicht führende Behörde zu stellen, vgl. § 4 Abs. 1 S. 5 VIG.254 Das VIG stellt damit im Ergebnis kaum informationsrechtliche Verpflichtungen für öffentliche Unternehmen auf. cc) UIG Eine weitreichende Auskunftspflichtigkeit ergibt sich jedoch aus dem 1994 erlassenen Umweltinformationsgesetz (UIG).255 § 3 Abs. 1 UIG garantiert für jedermann ein nahezu voraussetzungsloses Recht auf Zugang zu Umweltinformationen.256 Der Begriff der Umweltinformation wird in § 2 Abs. 3 UIG legaldefiniert und ist nach allgemeiner Auffassung grundsätzlich sehr weit auszulegen. Ausreichend ist jedweder und damit auch mittelbarer Umweltbezug einer Information.257 Zur Preisgabe von Umweltinformationen sind grundsätzlich auch hoheitlich be-

250

Schomerus / Tolkmitt, DÖV 2007, 985 (990); Krüger, LMuR 2008, 137 (140). Heinicke, in: Zipfel / Rathke, Lebensmittelrecht, VIG; § 2, Rn. 65; Falck, in: Falck, VIG, § 2, Nr. 3.3. 252 Siehe beispielsweise die Badische Staatsbrauerei Rothaus AG, die zu 100 % im Eigentum des Landes Baden-Württemberg steht, vgl. Beteiligungsbericht 2019 des Landes Baden-Württemberg, S. 253. 253 Grube / Immel / Wallau, Verbraucherinformationsrecht, D., § 2, Rn. 46. 254 Zu der Kritik an dieser Konstruktion siehe oben C. II. 2. a) aa). 255 Das UIG von 1994 setzte die Richtlinie 90/313/EWG über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt, Abl. L 158, S. 56, um. Die Neufassung aufgrund der RL 2003/4/EG ist in Kraft getreten am 14. 02. 2005, vgl. BGBl. I 2004, 3704. Für Wegener, NVwZ 2015, 609 (610) bildet das UIG eine „eindrucksvolle Illustration des modernisierenden Vorbildcharakters des europäischen Umweltrechts“. 256 BVerwG, Beschluss vom 11. 06. 2019 – 6 A 2/17, NVwZ 2019, 1211. § 3 Abs. 1 UIG setzt damit die Vorgaben der Umweltinformationsrichtlinie 2003/4/EG um, vgl. Schmidt / ­Hungeling, NuR 2010, 449; Schomerus / Tolkmitt, DÖV 2007, 985 (988); Schwerdtfeger, S. 43; Reidt / ­Schiller, in: Landmann / Rohmer, Umweltrecht, § 3 UIG, Rn. 2. 257 So auch in jüngerer Rechtsprechung BVerwG, Urteil vom 8. 5. 2019 – 7 C 28/17, NVwZ 2019, 1514 (1515). 251

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

herrschte Privatrechtssubjekte verpflichtet. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 UIG stellen natürliche und juristische Personen des Privatrechts informationspflichtige Stellen dar, „soweit sie öffentliche Aufgaben wahrnehmen oder öffentliche Dienstleistungen erbringen, die im Zusammenhang mit der Umwelt stehen, insbesondere solche der umweltbezogenen Daseinsvorsorge, und dabei der Kontrolle des Bundes oder einer unter der Aufsicht des Bundes stehenden juristischen Person des öffentlichen Rechts unterliegen.“

Zu den Aufgaben der umweltbezogenen Daseinsvorsorge zählen typischerweise der Bau und Betrieb von Ver- und Entsorgungseinrichtungen für Wasser oder Abfall. Im Gegensatz zu § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 VIG knüpft das UIG nicht an eine Form der hoheitlichen Aufsicht an, sondern stellt maßgeblich auf eine gesellschaftsrechtlich vermittelte Kontrolle durch die öffentliche Hand ab. Unter welchen Voraussetzungen eine Kontrolle i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 2 UIG anzunehmen ist, definiert § 2 Abs. 2 UIG: „Kontrolle im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 liegt vor, wenn 1. die Person des Privatrechts bei der Wahrnehmung der öffentlichen Aufgabe oder bei der Erbringung der öffentlichen Dienstleistung gegenüber Dritten besonderen Pflichten unterliegt oder über besondere Rechte verfügt, insbesondere ein Kontrahierungszwang oder ein Anschluss- und Benutzungszwang besteht, oder 2. eine oder mehrere der in Absatz 1 Nr. 2 genannten juristischen Personen des öffentlichen Rechts allein oder zusammen, unmittelbar oder mittelbar a) die Mehrheit des gezeichneten Kapitals des Unternehmens besitzen, b) über die Mehrheit der mit den Anteilen des Unternehmens verbundenen Stimmrechte verfügen oder c) mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des Unternehmens bestellen können, oder 3. mehrere juristische Personen des öffentlichen Rechts zusammen unmittelbar oder mittelbar über eine Mehrheit im Sinne der Nummer 2 Buchstabe a bis c verfügen und der überwiegende Anteil an dieser Mehrheit den in Absatz 1 Nummer 2 genannten juristischen Personen des öffentlichen Rechts zuzuordnen ist.“

Kontrolle kann mithin einerseits über die Ausstattung mit besonderen Rechten und Pflichten nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 UIG oder andererseits über einen beherrschenden Einfluss nach § 2 Abs. 2 Nr. 2, 3 UIG vermittelt werden.258 Letzterer wird in 258

Die Kontrollvariante des § 2 Abs. 2 Nr. 3 UIG wurde nachträglich vom Gesetzgeber eingefügt, um unionsrechtswidrige Gesetzeslücken zu schließen. Konkret ging es hierbei um Konstellationen, in denen der beherrschende Einfluss mangels Bundesaufsicht nicht nur von juristischen Personen des öffentlichen Rechts im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 UIG ausgeübt wird, sondern auch von juristischen Personen, die der Aufsicht der Bundesländer unterstehen. Die aktuelle Ausgestaltung des § 2 Abs. 2 Nr. 3 UIG ist jedoch insofern misslungen, als dass unter strenger Zugrundelegung des Wortlautes nach wie vor eine Regelungslücke für den Fall besteht, in dem Stellen unter Bundes- und Landesaufsicht jeweils genau die Hälfte der Mehrheit besitzen. In derartigen Konstellationen finden weder das Bundes-IFG noch die Länder-UIG Anwendung, vgl. Reidt / Schiller, in: Landmann / Rohmer, Umweltrecht, § 2 UIG, Rn. 28a.

II. Reaktiver Informationszugang

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Anlehnung an die aktienrechtlichen Wertungen des § 16 Abs. 1 S. 1 AktG i. V. m. § 17 Abs. 2 AktG bei quantitativen Mehrheitsverhältnissen unterstellt.259 Die Rechtsprechung lässt jedoch Spielräume für wertende Betrachtungsweisen, indem sie die Kontrolle im Sinne des UIG als Form einer „allgemeinen Gesamtverantwortung für das Unternehmen“ begreift.260 Im Gegensatz zum VIG oder IFG sind öffentliche Unternehmen nach dem UIG auch direkt auskunftsverpflichtet, sofern im Einzelfall kein Ausschlussgrund nach § 8 oder § 9 UIG greift.261 Werden öffentliche Unternehmen in Anspruch genommen, können sie gemäß § 12 Abs. 4 S. 1 UIG von dem Antragsteller Gebühren und Auslagen für die reaktive Informationsübermittlung verlangen.262 Insgesamt verpflichtet damit das UIG unmittelbar sämtliche öffentliche Unternehmen im Bereich der umweltbezogenen Daseinsvorsorge, sofern die öffentliche Hand sie beherrscht. Trotz des weiten personellen Anwendungsbereichs führen reaktive Auskunftsansprüche gegenüber öffentlichen Unternehmen auch im Umweltinformationsrecht rechtstatsächlich ein Schattendasein.263 Zurückgeführt wird dies unter anderem auf den Befund, dass öffentliche Unternehmen Umweltinformationsanträge meist ohne nähere Prüfung und mit formelhafter Begründung ablehnen.264 dd) Spezialgesetzliche Auskunftsansprüche Über die gängigen Informationsrechtsregime von IFG, UIG und VIG hinaus existieren spezialgesetzliche Regelungen, die reaktive Auskunftsansprüche gewähren, beispielsweise § 19 BDSG, § 110 BBG, § 25 SGB X, § 12 Abs. 1 GBO, § 3 Abs. 1 StUG, § 165 Abs. 1 GWB oder § 10 BArchG, § 9 HGB, § 79 BGB und § 61 PStG im Archiv- und Registerrecht.265 Die spezialgesetzlichen Regelungen verpflichten jedoch öffentliche Unternehmen nicht unmittelbar zur Erteilung von Auskünften, sondern richten sich ausschließlich an Behörden im klassischen Sinne. Damit können sich die Auskunftsansprüche nach diesen Vorschriften allenfalls mittelbar auf Informationen von öffentlichen Unternehmen erstrecken. 259

Reidt / Schiller, in: Landmann / Rohmer, Umweltrecht, § 2 UIG, Rn. 28. Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. 2. 2017 – 7 C 31/15, NVwZ 2017, 1775 (1780) mit Verweis darauf, dass auch die UIRL 2003/4/EG weite Spielräume hinsichtlich der Art und Weise lässt, wie der bestimmende Einfluss im Einzelfall ausgeübt wird. Siehe hierzu auch EuGH, Urteil vom 19. 12. 2013 – C-279/12, Rn. 69 – Fish Legal und Shirley. 261 Schmidt / Hungeling, NuR 2010, 449 (450); Schomerus / Tolkmitt, DÖV 2007, 985 (990). 262 Die Höhe der Gebühren bemisst sich nach § 12 Abs. 4 S. 2 UIG i. V. m. den in der Umweltinformationsgebührenverordnung (UIGGebV) festgelegten Gebühren- und Auslagensätzen. 263 Götze, LKV 2013, 241 (244 f.) m. w. N. 264 Götze, LKV 2013, 241 (245). 265 Vgl. Paschke, Digitale Gerichtsöffentlichkeit, S. 89ff; Lederer, S. 96 ff. Zusätzlich beinhalten die Landesvermessungs- und Katastergesetze vereinzelt Auskunftsansprüche, vgl. beispielsweise §§ 11, 13 VermKatG SH. 260

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

ee) Konkurrenzen Aus dem Nebeneinander von denkbaren Anspruchsgrundlagen können Konstellationen erwachsen, in denen teils divergierende Auskunftsansprüche miteinander konfligieren. Das IFG des Bundes löst das Konkurrenzverhältnis auf, indem es in § 1 Abs. 3 IFG klarstellt: „Regelungen in anderen Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen gehen mit Ausnahme des § 29 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und des § 25 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch vor.“266

Mithin können spezialgesetzliche Auskunftsansprüche die reaktiven Zugangsrechte nach dem IFG erweitern und einschränken. Voraussetzung ist jedoch, dass es sich bei den spezialgesetzlichen Regelungen um Rechtsvorschriften in Form von abschließenden Sonderregelungen handelt.267 Ob dies der Fall ist, bleibt im Einzelfall anhand des konkreten Gesetzes durch Auslegung zu ermitteln. Eine abschließende Sonderregelung ist insbesondere dann anzunehmen, wenn die Anwendung des IFG dem Schutzzweck des Spezialgesetzes zuwiderlaufen würde und der Kreis der Verpflichteten weitgehend identisch ist.268 Nach diesem Verständnis soll nach ganz herrschender Auffassung allein das UIG für Umweltinformationen und ausschließlich das VIG für Verbraucherinformationen einschlägig sein.269 Hinsichtlich spezialgesetzlicher Regelungen ist zu differenzieren: Für die Abgabenordnung270 oder Auskunftsansprüche Dritter auf der Grundlage des Personalaktenrechts (§ 111 Abs. 3 BBG, § 28 Abs. 2 Nr. 2 BDSG)271 wurde das Vorliegen eines Spezialgesetzes und damit eine allgemeine Sperrwirkung verneint, während die herrschende Meinung in dem Akteneinsichtsrecht des vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens nach § 165 Abs. 1 GWB272 oder den Transparenzpflichten aus dem Parteiengesetz273 eine abschließende Regelung sieht.

266 Das UIG des Bundes (vgl. § 3 Abs. 1 S. 2) und landesgesetzliche Regelungen (z. B. § 3 Abs. 1 S. 2 ThürUIG) ordnen dagegen an, dass die Informationszugangsrechte grundsätzlich gleichberechtigt nebeneinanderstehen (sog. „Idealkonkurrenz“). 267 Vgl. Debus, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 1 IFG, Rn. 181 ff. Voraussetzung hierfür ist, dass zwei Normen denselben Sachverhalt regeln, den identischen Zweck verfolgen und / oder die gleiche Zielgruppe erfassen, vgl. Schnittmann, K & R 2020, 584 (586). 268 Vgl. Glahs, NZBau 2014, 75 (78); Polenz, NVwZ 2009, 883 (884). 269 Für das UIG BVerwG, Beschluss vom 30. 04. 2009 – 7 C 17/08, BeckRS 2009, 34162; Reidt / Schiller, in: Landmann / Rohmer, Umweltrecht, § 3 UIG, Rn. 30. Für das VIG Rossi, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 1 VIG, Rn. 20; Schomerus / Tolkmitt, DÖV 2007, 985 (991) mit Verweis auf die Gesetzesbegründung BT-Drs. 16/5404, S. 11. 270 Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. 05. 2012 – 7 B 53/11, NVwZ 2012, 824 (825). 271 Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. 06. 2017 – 7 C 24/15, NVwZ 2017, 1862 (1863), BVerwG, Urteil vom 28. 02. 2019 – 7 C 20/17, NVwZ 2019, 1050 (1051). 272 Vgl. Glahs, NZBau 2014, 75 (79 f.); Polenz NVwZ 2009, 883 (886); Brink, in: Brink /  Polenz / Blatt, IFG, § 1, Rn. 137. 273 Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. 06. 2020 – 10 C 16.19, BeckRS 2020, 19665, Rn. 18 ff.

II. Reaktiver Informationszugang

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b) Landesrecht aa) Allgemeines Verwaltungsrecht Reaktive Auskunftsansprüche im Landesrecht sind zunächst im allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht festgeschrieben. Das Akteneinsichtsrecht aus § 29 Landes-VwVfG bildet hierbei den zentralen Anknüpfungspunkt. Laut der Gesetzesbegründung und dem ausdrücklichen Wortlaut des § 1 Abs. 3 IFG steht dieser Anspruch gleichrangig neben § 1 Abs. 1 S. 1 IFG.274 Für den auskunftssuchenden Bürger ist der Gang über § 29 LVwVfG jedoch in der Regel beschwerlicher, da das Akteneinsichtsrecht aus § 29 LVwVfG im Vergleich zu den oben skizzierten Ansprüchen aus UIG, VIG und IFG nur unter strengeren Voraussetzungen gewährt wird:275 Zunächst ist der Kreis der Anspruchsberechtigten begrenzt. Im Gegensatz zu „jedermann“-Rechten können sich auf § 29 Abs. 1 S. 1 LVwVfG ausschließlich die gem. § 13 VwVfG Beteiligten eines laufenden Verwaltungsverfahrens berufen.276 Darüber hinaus muss die Akteneinsicht auch zur Geltendmachung oder Verteidigung der rechtlichen Interessen des Beteiligten erforderlich sein.277 Außerdem adressiert § 29 LVwVfG parallel zum VIG und IFG nicht das öffentliche Unternehmen direkt, sondern die aktenführende Behörde i. S. d. § 1 Abs. 4 VwVfG.278 Ein allgemeines und unmittelbares reaktives Informationszugangsrecht gegenüber öffentlichen Unternehmen kann aus dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht mithin nicht hergeleitet werden. bb) Landesinformationsfreiheitsgesetze Das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes erstreckt sich gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 IFG ausdrücklich nur auf Bundesbehörden, so dass sich Informationszugangsansprüche gegenüber Landes- oder Kommunalbehörden und -unternehmen grundsätzlich nach landesrechtlichen Vorschriften richten. Mangels Auflistung der Informationsfreiheit im Kompetenzkatalog der Art. 73, 74 GG liegt die Zuständigkeit für den Erlass von allgemeinen Informationsfreiheitsgesetzen grundsätzlich gemäß Art. 70 GG bei den Ländern. Der Erlass von allgemeinen Informationsfreiheitsgesetzen ist dabei eine rein rechtspoliti 274

BT-Drs. 15/4493, S. 8; hierzu auch Schoch, IFG, § 1, Rn. 384; a. A. Kugelmann, DÖV 2005, 851 (858), der aus § 1 Abs. 3 IFG einen Vorrang des Akteneinsichtsrechts ableitet. 275 Ausführlich zu weiteren Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen Informationsgesetzen und dem Akteneinsichtsrecht nach § 29 VwVfG Kallerhoff / Mayen, in: Stelkens / Bonk /  Sachs, VwVfG, Rn. 20 ff. 276 Kallerhoff / Mayen, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 29, Rn.  37; Kugelmann, DÖV 2005, 851 (858). 277 Vgl. Stumpf, VerwArch 106 (2015), 499 (500). 278 Kallerhoff / Mayen, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 29, Rn.  50a.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

sche Entscheidung. Wie oben aufgezeigt, ist die Schaffung von flächendeckenden reaktiven Zugangspflichten – vorbehaltlich bereichsspezifischer Regelungen für Umwelt- oder Geoinformationen  – nicht europa- oder verfassungsrechtlich prädeterminiert.279 Angefangen mit dem AIG Brandenburg aus dem Jahre 1998 haben mittlerweile dreizehn von sechzehn Bundesländern eigene Informationsfreiheitsgesetze verabschiedet. Allein in Bayern,280 Niedersachsen281 und Sachsen konnten sich entsprechende rechtspolitische Initiativen (noch) nicht durchsetzen.282 Das jüngste Gesetz ist das am 1. Januar 2020 in Kraft getretene Thüringer Transparenzgesetz (ThürTG). Hinsichtlich der Verpflichtung von öffentlichen Unternehmen ergibt sich ein uneinheitliches Bild. Zwar erkennen alle Landesinformationsfreiheitsgesetze dem Grundsatz nach an, dass sich reaktive Informationszugangsrechte auch auf Informationen von juristischen Personen des Privatrechts erstrecken können.283 In der konkreten Ausgestaltung der Zugangsgewährung unterscheiden sich die einzelnen landesgesetzlichen Regelungen jedoch mitunter erheblich:284 Asynchron verläuft zunächst die Wahl der Kriterien, anhand derer Privatrechtssubjekte der öffentlichen Sphäre zugerechnet und damit einer verwaltungsgleichen Informationspflicht unterworfen werden sollen. Einige Landesgesetzgeber handhaben die Einbeziehung privater Rechtssubjekte sehr restriktiv, indem sie auf das 279

Siehe C. II. 1. c). Flächendeckende europarechtliche Vorgaben existieren lediglich im Informationsweiterverwendungsrecht, vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 24. 09. 2013 – 10 S 1695/12, BeckRS 2013, 56880. 280 Die bayerische Staatsregierung hat den Erlass eines eigenen Informationsfreiheitsgesetzes bislang mit dem Argument abgelehnt, dass auch nach geltender Rechtslage jedermann „bei einem berechtigten Interesse ein Auskunftsersuchen an die Verwaltung stellen [könne], über das nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden ist“, vgl. Bayerischer Staatsminister Herrmann, Bayerische Staatszeitung Nr. 50 vom 17. 12. 2010, S. 10; Dietlmeier, S. 607. 281 In Niedersachsen wehrte sich die Landesregierung bislang gegen die Einführung eines Informationsfreiheitsgesetzes mit dem Argument, dass eine derartige Maßnahme zu kosten­ intensiv und zugleich für den Bürger nutzlos sei. Laut ehemaligem Innenminister Schünemann „haben die Steuerzahler ein Recht darauf, von Gesetzen verschont zu bleiben, die ihnen keinen wirklichen Nutzen bringen, jedoch die Kosten der Verwaltung bei Land und Kommunen erhöhen.“, siehe die Rede des Innenministers Schünemann zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Landtag am 27. 05. 2004, abrufbar unter: https://www.mi.niedersachsen.de/ aktuelles/presse_informationen/60959.html (zuletzt abgerufen am 12. 04. 2021). 282 Siehe zu gescheiterten politischen Transparenzinitiativen in den drei Bundesländern Uphues, ZRP 2021, 41. 283 Vgl. § 2 Abs. 3 Nr.2 IZG-SH; § 3 Abs. 3 IFG M-V; § 2 Abs. 3 Hs. 2 HmbTG; § 1 Abs. 1 S. 3 BremIFG; § 2 Abs. 1 S. 1 BbgAIG; § 2 Abs. 1 S. 1 BlnIFG; § 1 Abs. 1 S. 2 IZG LSA; § 2 Abs. 1 IFG-NRW; § 2 Abs. 4 LIFG BW; § 1 S. 1 SaarlIFG i. V. m. § 1 Abs. 1 S. 3 IFG-Bund; § 3 Abs. 2 S. 2 LTranspG RLP, § 2 Abs. 2 ThürTG; § 2 Abs. 3 S. 1 HDSIG. 284 Eine ausführliche Auseinandersetzung mit landesrechtlichen Spezifika erfolgt im Rahmen etwaiger proaktiver Veröffentlichungspflichten, vgl. C. III. 3. b). Ausreichend für den weiteren Gang der Untersuchung ist zunächst der Befund, dass – sofern Landesinformationsgesetze bestehen – diese im Grundsatz auch öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform zur Informationsgewährung auf Antrag verpflichten.

II. Reaktiver Informationszugang

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Kriterium der Beleihung abstellen und allein juristische Personen des Privatrechts verpflichten, die mit der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben betraut sind, vgl. § 2 Abs. 3 Nr. 2 IZG-SH.285 Andere Informationsfreiheitsgesetze verfolgen wiederum einen funktionalen Ansatz und bejahen eine Informationspflichtigkeit nach dem Vorbild des IFG des Bundes dann, wenn sich die Behörde des Privatrechtssubjekts zur Erfüllung öffentlicher bzw. öffentlich-rechtlicher Aufgaben bedient, vgl. § 1 Abs. 1 S. 3 BremIFG.286 In Mecklenburg-Vorpommern kann sich eine Auskunftspflicht bereits allein aus der Tatsache ergeben, dass die juristische Person des Privatrechts von öffentlichen Stellen beherrscht wird, vgl. § 3 Abs. 3 Alt. 3 IFG M-V. Dagegen haben sich manche Landesgesetzgeber für einen mit dem Umweltinformationsrecht vergleichbaren Kombinationsansatz aus Kontrolle und öffentlicher Aufgabenerfüllung entschieden, vgl. § 2 Abs. 3 Hs. 2 HmbTG.287 Erschwerend kommt hinzu, dass einzelne Landesinformationsfreiheitsgesetze auch innerhalb der verpflichteten Privatrechtssubjekte differenzieren und prinzipiell öffentliche Einrichtungen ausklammern, die „als Unternehmen im Wettbewerb teilnehmen“, vgl. § 2 Abs. 3 S. 1 ThürTG.288 Auch an der Frage der formellen Informationspflichtigkeit zeigt sich die Heterogenität der Auskunftsverpflichtungen: Während einige Informationsfreiheitsgesetze in Anlehnung an die Regelung des IFG des Bundes nicht-beliehene öffent­ liche Unternehmen lediglich einer mittelbaren Informationspflicht unterwerfen,289 lassen andere Landesinformationsfreiheitsgesetze direkt an das öffentliche Unternehmen gerichtete Informationsanträge zu.290 In der Literatur stößt die Asynchronität der Zurechnungskriterien und Einbeziehungsmodalitäten (zu Recht) auf Kritik.291 Das Nebeneinander unterschiedlichster Regelungssysteme erzeugt Schutzlücken, Rechtsunsicherheiten und Wertungswidersprüche.292 Vor diesem Hintergrund ist eine Harmonisierung der landes- und bundesrechtlichen Zurechnungsmaßstäbe zwar grundsätzlich angezeigt.293 Ob sich hierüber jedoch auch das systemimmanente Konfliktfeld zwischen Offenlegung 285 Weitere Beispiele sind § 2 Abs. 1 BlnIFG sowie § 2 Abs. 1 S. 1 BbgAIG; Kritisch hierzu Krüger, S. 113 ff. 286 Ebenso § 1 Abs. 1 S. 2 IZG LSA; § 1 S. 1 SaarlIFG i. V. m. § 1 Abs. 1 S. 3 IFG-Bund; § 2 Abs. 4 IFG NRW; § 3 Abs. 2 S. 2 LTranspG RLP; § 2 Abs. 1, 2 ThürTG; § 7 Abs. 1 S. 2 IZG LSA. 287 Siehe auch § 2 Abs. 3 S. 1 HDSIG; § 2 Abs. 4 LIFG BW. 288 Andere Gesetze beziehen dagegen Unternehmen, die am Wettbewerb teilnehmen, ausdrücklich in den Kreis der Auskunftsverpflichteten ein, vgl. § 80 Abs. 1 S. 2 HDSIG. 289 Vgl. § 1 S. 1 SaarlIFG i. V. m. § 7 Abs. 1 S. 2 IFG-Bund; § 7 Abs. 1 S. 2 BremIFG; § 7 Abs. 1 S. 2 LIFG BW; § 10 Abs. 1 S. 2 IFG M-V; § 11 Abs. 1 S. 2 LTranspG RLP; § 9 Abs. 2 ThürTG. 290 Implizit § 85 Abs. 1 S. 1 HDSIG; § 4 Abs. 1 IZG-SH; § 2 Abs. 5 i. V. m. § 2 Abs. 3 Hs. 2 HmbTG; § 13 Abs. 1 BlnIFG; § 7 Abs. 1 BbgAIG; § 5 Abs. 1 IFG-NRW. 291 Vgl. Krüger, S. 125 f. Für Bosesky, S. 263 f., ist die Diversität der Zurechnungskriterien dagegen auch eine Konsequenz der föderalen Struktur der Bundesrepublik Deutschland, Abweichungen und Unterschiede seien bis zu einem gewissen Maß hinzunehmen. 292 Vgl. Krüger, S. 125 f.; Dörr, S. 115. 293 Bosesky, S. 264, schlägt etwa die Orientierung an einem „Muster-IFG“ auf Landesebene vor.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

und Geheimhaltung interessensgerecht auflösen lässt, bleibt freilich zunächst offen und soll an späterer Stelle erörtert werden.294 cc) Landespressegesetze Gemäß Art. 30 GG i. V. m. Art. 70 Abs. 1 GG haben die Landesgesetzgeber grundsätzlich die Gesetzgebungskompetenz und damit die Befugnis zur Ausgestaltung des Presserechts.295 Diesen verfassungsrechtlich unverbindlichen296 Ausgestaltungsauftrag haben die Länder durch Erlass eigener, aber im Wesentlichen einheitlich ausgestalteter, Landespressegesetze erfüllt.297 Die Landespressegesetze normieren unter anderem neben dem IFG anwendbare298 reaktive Auskunftsansprüche von Pressevertretern gegenüber öffentlichen Informationsträgern des Landes.299 Die Gewährung von „quellennahen“ Informationserhebungsmöglichkeiten soll der Presse eine informierte Berichterstattung und damit eine effektive Aufgabenwahrnehmung im Rahmen ihrer besonderen Förderungsfunktion für die demokratische Meinungs- und Willensbildung ermöglichen.300 Zur Erreichung dieses Ziels wird der presserechtliche Auskunftsanspruch, ähnlich wie der Anspruch aus § 1 Abs. 1 IFG, weitgehend voraussetzungslos gewährt.301 Eine Begrenzung findet der presserechtliche Auskunftsanspruch lediglich in den abschließend normierten Auskunftsverweigerungsgründen.302 Anspruchsberechtigt sind nach § 4 Abs. 1 LPresseG „Vertreter der Presse“. Als solche gelten alle Personen oder Unternehmen, deren Aufgabe die Beschaffung oder Verbreitung von Nachrichten ist und die auf diese Weise an der öffentlichen

294

Siehe hierzu C. VIII. 1. BVerfGE 36, 193 (195); Schnabel, NVwZ 2012, 854 (855). 296 Uhle, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 70, Rn. 147. 297 Vgl. Schnabel, NVwZ 2012, 854 (855); Grabenwarter, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 5 Abs. 1, Abs. 2, Rn. 369; Krüger, S. 135. 298 So die herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur, vgl. BVerwG, Urteil vom 15. 11. 2012 – 7 C 1/12, NVwZ 2013, 431 (434); Schnabel, NVwZ 2012, 854 (857 ff.); Gurlit, AfP 2020, 9 spricht von einer „friedliche[n] Koexistenz“. 299 In der Regel in § 4 Abs. 1 LPresseG. Ausnahmen sind § 5 Abs. 1 Bbg PresseG, § 5 Abs. 1 Saarländisches Mediengesetz, § 3 Abs. 1 HPresseG. 300 BGH, Urteil vom 10. 02. 2005 – III ZR 294/04, NJW 2005, 1720 f.; Köhler, NJW 2005, 2337 (2337). 301 Sofern einige Landesgesetze vorsehen, dass der Auskunftsanspruch „zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe“ geltend gemacht werden muss, vgl. § 4 Abs. 1 HmbPG, ist hierin vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrechts der Presse allein eine grobe Missbrauchskontrolle zu sehen, die beispielsweise erst dann greifen soll, wenn das Auskunftsbegehren als Vorwand genutzt wird, um in Wahrheit Ausforschungsinteressen eines privaten Wettbewerbers gegenüber der öffentlichen Hand zu fördern, vgl. Köhler, NJW 2005, 2337 (2339). 302 Vgl. Schoch, IFG, Einl., Rn. 33; Schnabel, NVwZ 2012, 854 (856). 295

II. Reaktiver Informationszugang

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Meinungsbildung mitwirken (vgl. § 3 LPresseG).303 Tritt diese dienende Funktion gegenüber außer-publizistischen Geschäftszwecken qualitativ in den Hintergrund, kann aus § 4 Abs. 1 LPresseG keine Anspruchsberechtigung als „Pressevertreter“ mehr hergeleitet werden.304 Verpflichteter dieses Auskunftsanspruchs sind nach dem Gesetzeswortlaut der Auskunftsansprüche fast ausschließlich „die (Landes-)Behörden“.305 Ausgehend vom Zweck der Auskunftsansprüche und dem Grundsatz, dass dem Staat eine Flucht aus der Grundrechtsbindung ins Privatrecht untersagt ist, liegt dem Presserecht nach ständiger Rechtsprechung306 und der überwiegenden Auffassung in der Literatur307 kein organisatorisch-verwaltungstechnischer, sondern ein weiter funktionell-teleologischer Behördenbegriff zu Grunde. Damit beschränkt sich der presserechtliche Auskunftsanspruch nicht auf die staatliche Eingriffsverwaltung oder Eigengesellschaften der öffentlichen Hand,308 sondern richtet sich darüber hinausgehend an alle Private, die mit der Erfüllung öffentlicher Aufgaben betraut sind und unter beherrschendem Einfluss der öffentlichen Hand stehen.309 Das funktional-weite Behördenverständnis im Presserecht wurde jüngst auch vom BGH in der „peerblog“ – Entscheidung bestätigt.310 In dem zugrundeliegenden Sachverhalt hatte ein Journalist gegenüber einem Versorgungsunternehmen der öffentlichen Hand Auskünfte zu Recherchezwecken verlangt. Bei dem Unternehmen handelte es sich um eine Aktiengesellschaft auf dem Gebiet der Energie- und Wasserversorgung, dessen Anteile zu 100 % in der Hand von verschiedenen Kommunalaktionären lagen. Diese Aktiengesellschaft stand im Verdacht, von der SPD 303 BGH, Urteil vom 16. 03. 2017  – I ZR 13/16, NJW 2017, 3153 (3155)  – peerblog; VG Schleswig, Beschluss vom 2. 11. 2015 – 11 B 1/15, BeckRS 2016, 47163. 304 BVerwG, Urteil vom 21. 3. 2019 – 7 C 26/17, NVwZ 2019, 1283 ff., Rn. 29; VG Schleswig, Beschluss vom 2. 11. 2015  – 11 B 1/15, BeckRS 2016, 47163; VG Köln, Urteil vom 25. 02. 2015 – 6 K 5245/13 – juris, Rn. 2 4 f. 305 Vgl. Cornils, DÖV 2013, 657 (658); Köhler, NJW 2005, 2337 (2338). 306 BGH, Urteil vom 16. 3. 2017 – I ZR 13/16, NJW 2017, 3153 (3155) – peerblog; BGH, Urteil vom 10. 02. 2005 – III ZR 294/04, NJW 2005 1720; OVG Saarlouis, Urteil vom 01. 04. 1998 – 8 R 27/96, ZUM-RD 1998, 573 (574). 307 Siehe aus der jüngeren Literatur Schnabel, DÖV 2019, 653 (654); Werner, NVwZ 2019, 449 (453), a. A. Dünchheim, KommJur 2016, 441 (444). 308 OVG Hamburg, Beschluss vom 04. 10. 2010, ZUM 2011 91 (94); Schoch, IFG, Einl., Rn. 33 m. w. N. Gleiches gilt für juristische Personen des Privatrechts, die im vollständigen Eigentum mehrerer Hoheitsträger stehen, vgl. VG Cottbus, Beschluss vom 19. 9. 2013 – 1 L 219/13, ZUM 2014, 441 (443). 309 Vgl. Grabenwarter, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 5 Abs. 1, Abs. 2, Rn. 369; Trute, in: Merten /  Papier (Hrsg.): HGR IV, § 104, Rn. 42. Dazu zählen insbesondere Betriebe der kommunalen Daseinsvorsorge wie der Energieversorgung, vgl. BGH, Urteil vom 10. 2. 2005 – III ZR 294/04, NJW 2005, 1720, städtische Betreibergesellschaften von Parkhäusern, vgl. OVG Saarlouis, Urteil vom 01. 04. 1998 – 8 R 27/96, ZUM-RD 1998, 573 oder Wasser- und Abwasserentsorgung, vgl. BGH, Urteil vom 16. 03. 2017 – I ZR 13/16 NJW 2017, 3153 – peerblog. 310 BGH, Urteil vom 16. 03. 2017 – I ZR 13/16, NJW 2017, 3153 – peerblog, siehe hierzu Schlüter, GRUR-Prax 2017, 442 ff.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

zu Wahlkampfzwecken betriebene Internetblogs in unzulässiger Weise indirekt finanziell unterstützt zu haben. Konkret ging es in dem Fall um vorgeblich durchgeführte oder zu überhöhten Vergütungen abgerechnete Vertragsdienstleistungen an mit dem Blog in Verbindung stehende Personen. Im Anschluss an eine zunächst unzureichend erfolgte Auskunftserteilung verklagte der Journalist gestützt auf § 4 Abs. 1 NRW PresseG die Aktiengesellschaft auf umfassende Auskunftserteilung zu den vergüteten Geschäftsbeziehungen. Nachdem das LG Essen die Klage zunächst abgewiesen hatte, bejahten das OLG Hamm und der BGH grundsätzlich das Bestehen eines Auskunftsanspruchs. Zunächst teilte der BGH die Auffassung, dass der Behördenbegriff des § 4 LPresseG auch juristische Personen des Privatrechts umfasst, die von der öffentlichen Hand beherrscht und zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben, namentlich im Bereich der Daseinsvorsorge, eingesetzt werden.311 Damit tritt der BGH Literaturmeinungen entgegen, die den weiten Behördenbegriff des § 4 LPresseG mit Blick auf die zunehmenden Marktliberalisierungsprozesse seit Ende der 90er Jahre als überholt ansehen und privatrechtlich organisierte kommunale Unternehmen der öffentlichen Daseinsvorsorge nicht automatisch unter diesen subsumieren wollen.312 Darüber hinausgehend stellte der BGH Leitlinien auf, nach denen eine Beherrschung von der öffentlichen Hand anzunehmen sein soll. Mit Verweis auf die Fraport-Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei eine Beherrschung analog zu zivilrechtlichen Wertungen (§§ 16, 17 AktG) zu bejahen, wenn mehr als die Hälfte der Anteile im Eigentum der öffentlichen Hand stehen.313 Der BGH wandte damit sich gegen die Ansicht der Revision, die auf eine funktionale Betrachtungsweise unter Berücksichtigung der konkreten Einflussmöglichkeiten auf die Geschäftsführung anhand der aktuellen Zusammensetzung des Aufsichtsrates oder der Fassung der Satzung abstellte. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass eine solche momentane Betrachtungsweise der Gefahr der Abänderbarkeit unterliege und somit anders als bei einer Mehrheitsbeteiligung die Gesamtverantwortung für das jeweilige Unternehmen nicht hinreichend widerspiegle.314 Zudem machte der BGH deutlich, dass weder die Teilnahme am Wettbewerb mit privaten Unternehmen, noch die teilweise Erbringung von Versorgungsleistungen an Nicht-Anteilseigner die Einordnung als Tätigkeit im Bereich der Daseinsvorsorge hindere.315 Insgesamt geht das Landespresserecht damit von einem funktional-weiten Behördenbegriff aus, der auch öffentliche Unternehmen des Privatrechts umfasst, die 311

BGH, Urteil vom 16. 03. 2017 – I ZR 13/16, NJW 2017, 3153 (3155) – peerblog. Für öffentliche beherrschte Energieversorgungsunternehmen etwa Dünchheim, KommJur 2016, 441 (444). 313 BGH, Urteil vom 16. 03. 2017 – I ZR 13/16, NJW 2017, 3153 (3155) – peerblog; Werner, NVwZ 2019, 449 (453). 314 BGH, Urteil vom 16. 03. 2017 – I ZR 13/16, NJW 2017, 3153 (3155) – peerblog. 315 BGH, Urteil vom 16. 03. 2017 – I ZR 13/16, NJW 2017, 3153 (3156) – peerblog; Werner, NVwZ 2019, 449 (453). 312

II. Reaktiver Informationszugang

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von der öffentlichen Hand beherrscht werden und öffentliche Aufgaben der Daseinsvorsorge erfüllen. Nach der Rechtsprechung des BGH ist das Merkmal der Beherrschung unter Rückgriff auf die aktienrechtlichen Beherrschungsmaßstäbe der §§ 16, 17 AktG zu bestimmen. Der landespresserechtliche Auskunftsanspruch richtet sich hierbei unmittelbar gegen das öffentliche Unternehmen, um der Presse eine „quellennahe“ Informationserhebung zu ermöglichen.316 Ebenso wie Pressevertreter haben auch Rundfunkveranstalter nach § 5 Abs. 1 S. 1 des im November 2020 in Kraft getretenen Staatsvertrags zur Modernisierung der Medienordnung (MOModStV)317 gegenüber „Behörden“ ein reaktives Auskunftsrecht. Gleiches gilt für Telemedien mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten nach § 18 Abs. 4 i. V. m. § 5 MOModStV wie beispielsweise YouTube-Blogs oder Mikroblogs wie Twitter.318 Auch rundfunkrechtlich wird der Behördenbegriff funktional verstanden und schließt grundsätzlich auch öffentliche Unternehmen ein. Im Gegensatz zum Presserecht soll es jedoch für eine Auskunftsverpflichtung nach herrschender Literaturmeinung nicht darauf ankommen, ob das Unternehmen auch von der öffentlichen Hand beherrscht wird.319 Ausreichend soll sein, dass sich der Staat des Unternehmens bedient und es gezielt zur öffentlichen Aufgabenerfüllung einsetzt.320 dd) Landesumweltinformationsgesetze Da sich der Anwendungsbereich des UIG nach § 1 Abs. 2 auf „informationspflichtige Stellen des Bundes“ beschränkt, waren die einzelnen Bundesländer dazu verpflichtet, die Umweltinformationsrichtlinie 2003/4/EG selbstständig umsetzen und eigene Regelungen über den Zugang zu Umweltinformationen ihrer Landesund Kommunalbehörden zu erlassen.321 Parallel zum UIG des Bundes beinhalten auch alle Landesumweltinformationsgesetze im Grundsatz einen reaktiven voraussetzungslosen Anspruch auf Zugang zu Umweltinformationen.322 Bei der Ausgestaltung dieses Anspruchs haben die Länder jedoch teils sehr unterschiedliche 316

OVG Saarlouis, Urteil vom 01. 04. 1998 – 8 R 27/96, ZUM-RD 1998, 573 (578). Staatsvertrag zur Modernisierung der Medienordnung in Deutschland vom 14. bis 28. April 2020 (MOModStV), veröffentlicht unter anderem im Bayrischen GVBl. 2020, S. 450, 451, BayRS 02–33-S. 318 Vgl. Lent, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 54 RStV, Rn. 5.2. 319 Vgl. Schleyer, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 9a RStV, Rn. 9; Flechsig, in: Binder / Vesting, Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 9a RStV, Rn. 19. Dagegen auf die Beherrschung abstellend OVG Bremen, Urteil vom 30. 10. 2019 – 1 LB 118/19 – juris, Rn. 62. 320 Vgl. Schleyer, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 9a RStV, Rn. 9. 321 Vgl. Schwerdtfeger, Der deutsche Verwaltungsrechtsschutz unter dem Einfluss der AarhusKonvention, S. 43; Schomerus / Tolkmitt, NVwZ 2007, 1119 ff.; Reidt / Schiller, in: Landmann /  Rohmer, Umweltrecht, UIG, Vorbemerkung, Rn. 71. 322 Meist wird auf § 3 Abs. 1 Bundes-UIG verwiesen, vgl. § 1 Abs. 2 BremUIG. Teils finden sich jedoch auch eigenständige Anspruchsgrundlagen wie in Art. 3 Abs. 1 S. 1 BayUIG. 317

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

Umsetzungsmodelle gewählt, so dass die Umweltinformationsfreiheitsgesetz­ gebung der Länder insgesamt von starker Unübersichtlichkeit und Uneinheitlichkeit geprägt ist.323 In Bezug auf die Verpflichtung juristischer Personen des Privatrechts folgt zwar die Mehrheit der Landesregelungen dem Kombinationsansatz des § 2 Abs. 1 Nr. 2 UIG.324 Einige Landesgesetzgeber weichen dagegen zum Teil erheblich von den Vorgaben UIG des Bundes ab und sorgen für eine deutlich niedrigschwelligere Einbeziehung privater Rechtssubjekte:325 Nach § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 des Sächsischen Umweltinformationsgesetzes reicht es etwa aus, dass das private Unternehmen entweder umweltbezogene Dienstleistungen erbringt oder einer hoheitlichen Kontrolle unterliegt. Beide Merkmale müssen anders als bei § 2 Abs. 2 UIG ausdrücklich nicht kumulativ vorliegen. Einbeziehungsmodelle, die sich im Einzelfall restriktiver als § 2 Abs. 2 UIG auswirken, lassen sich dagegen in den Landesgesetzen nicht finden. In diesem Zusammenhang ist freilich zu betonen, dass die von der Aarhus-Konvention und der Umweltinformationsrichtlinie aufgestellten Minimalstandards zur Einbeziehung von öffentlichen Unternehmen in den Kreis der Informationsverpflichteten nicht unterschritten werden dürfen und notfalls abweichende Regelungen ohnehin im Wege der richtlinienkonformen Auslegung korrigierend auszulegen sind.326 Soweit dies nicht möglich sein sollte, sind die Minimalstandards der Umweltinformationsrichtlinie unmittelbar anzuwenden. ee) Landesdatenschutzgesetze Die meisten Landesdatenschutzgesetze verweisen auf den Auskunftsanspruch nach Art. 15 der VO (EU) 2016/679 (DS-GVO), ordnen jedoch gleichzeitig an, dass dieser nicht durchsetzbar sein soll, soweit vorrangige öffentliche oder private Interessen berührt sind.327 Eigenständige reaktive Auskunftsrechte beinhalten die Landesdatenschutzgesetze indes nur vereinzelt: So hat sich beispielsweise der 323 Schrader, in: Schlacke / Schrader / Bunge, Informationen, Beteiligung und Rechtsschutz in Umweltangelegenheiten, § 1, Rn. 408 f. Beispielsweise wurde in Schleswig-Holstein kein eigenes Umweltinformationsgesetz erlassen, sondern mit dem IZG-SH vom 19. Januar 2012 (GVOBl. S. 89) ein allgemeines Informationszugangsgesetz geschaffen, welches gleichermaßen für amtliche Informationen und Umweltinformationen gilt, vgl. § 2 Abs. 1, 2 IZG-SH. 324 Vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 2 UIG BW; § 18a Abs. 1 BlnIFG i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 2 UIG; § 1 UIG Bbg i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 2 UIG, § 2 Abs. 2 BremUIG; § 1 Abs. 2 HmbUIG i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 2 UIG, § 2 Abs. 1 Nr. 2 HUIG; § 2 Abs. 1 Nr. 2 UIG M-V i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 2 UIG; § 1 Abs. 2 Nr. 2 UIG NRW; § 2 Abs. 1 Nr. 2 NdsUIG; § 3 Abs. 2 S. 3 LTranspG RLP; § 2 Abs. 1 Nr. 2 SaarlUIG; § 1 Abs. 2, 3 UIG LSA i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 2 UIG; § 2 Abs. 1 Nr. 2 ThürUIG. 325 Vgl. Schrader, in: Schlacke / Schrader / Bunge, § 1, Rn. 416, a. A. Dörr, S. 44, der lediglich „geringfügige Unterschiede“ sieht. Im Detail zu den Unterschieden Schomerus / Tolkmitt, NVwZ 2007, 1119 (1120 ff.). 326 Schomerus / Tolkmitt, NVwZ 2007, 1119 (1122). 327 Vgl. beispielsweise § 9 DSG SH; 9 LDSG BW; § 24 BlnDSG; § 11 DSG Bbg; § 9 BremDSGVOAG. Siehe zum Auskunftsanspruch nach Art. 15 der VO (EU) 2016/679 bereits oben C. II. 1. b) bb) (1) (b).

II. Reaktiver Informationszugang

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hessische Gesetzgeber dafür entschieden, sein Informationsfreiheitsgesetz in das Landesdatenschutzgesetz zu integrieren.328 Entsprechend hat gemäß § 80 Abs. 1 S. 1 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes (HDSIG) jeder gegenüber öffentlichen Stellen einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Strukturell ist dieses Auskunftsrecht mit anderen reaktiven Informationszugangsansprüchen wie § 1 Abs. 1 S. 1 IFG vergleichbar.329 Deutlich zaghafter erfolgt dagegen die Inkorporation von Auskunftsansprüchen in das Bayerische Datenschutzgesetz (BayDSG). Der im Jahr 2015 geschaffene330 Art. 39 Abs. 1 S. 1 BayDSG verleiht jedem das „Recht auf Auskunft über den Inhalt von Dateien und Akten öffentlicher Stellen, soweit ein berechtigtes, nicht auf eine entgeltliche Weiterverwendung gerichtetes Interesse glaubhaft dargelegt wird und 1. bei personenbezogenen Daten eine Übermittlung an nicht öffentliche Stellen zulässig ist und 2. Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nicht beeinträchtigt werden.“

Nach der Gesetzesbegründung soll Art. 39 BayDSG dem Bürger Rechtssicherheit über den Umfang und die Grenzen allgemeiner Auskunftsrechte gegenüber bayerischen Behörden verschaffen.331 Schon der Wortlaut des Art. 39 Abs. 1 S. 1 BayDSG macht dabei jedoch deutlich, dass hier kein „vollwertiges“ Informationszugangsrecht geschaffen wurde. Im Gegensatz zu den Landesinformationsfreiheitsgesetzen in den anderen Bundesländern ist hier die Erlangung der Auskunft an die Glaubhaftmachung eines berechtigten Interesses geknüpft. Art. 39 Abs. 1 S. 1 BayDSG statuiert damit grundsätzlich kein voraussetzungsloses, sondern nur ein kupiertes Informationszugangsrecht gegenüber öffentlichen Stellen des Landes.332 Als „öffentliche Stellen“ i. S. d. Art. 39 Abs. 1 S. 1 BayDSG gelten nach Art. 1 Abs. 2 S. 1 BayDSG grundsätzlich auch Vereinigungen des Privatrechts, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz macht Art. 1 Abs. 3 S. 1 BayDSG. Nach dieser Vorschrift sollen auf öffentliche Stellen, die als Unternehmen am Wettbewerb teilnehmen, die Vorschriften für nicht öffentliche Stellen Anwendung finden. Nur wenn nicht öffentliche Stellen hoheitliche Aufgaben der Verwaltung wahrnehmen, gelten für sie wiederum die Vorschriften für öffentliche Stellen, vgl. Art. 1 Abs. 4 BayDSG. Im Er 328

Vgl Lück / Penski, ZD 2018, 525. Vgl. Gounalakis, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 80 HDSIG, Rn. 1. 330 Aufgrund von Art. 9a des Gesetzes über die elektronische Verwaltung in Bayern (Bay­ EGovG) vom 22. 12. 2015, BayGVBl. 2015, 458 ff. 331 Vgl. BayLT-Drs. 17/7537, S. 48; Will, BayVBl. 2016, 613 (614). 332 Dies stößt in der Literatur unisono auf massive Kritik: Für Schoch, IFG, Einl., Rn. 206 ersetzt die Regelung nicht den Erlass eines Landes-IFG. Äußerst kritisch auch Rottenwallner, BayVBl. 2017, 289 (297): „Die neue gesetzliche Regelung […] entspricht in vielerlei Hinsicht nur dem untersten Level dessen, was heute in einem demokratischen Verfassungsstaat an Recht auf Information zu fordern ist.“ Für Richter, NVwZ 2021, 760 (764) hat der Art. 39 BayDSG mit „Informationsfreiheit im klassischen Sinne […] nichts zu tun“. 329

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

gebnis werden damit markttätige öffentliche Unternehmen nur dann gem. Art. 39 BayDSG verpflichtet, wenn sie als Beliehener tätig sind. In diesen Fällen können sich öffentliche Unternehmen zur Wahrung ihrer Wettbewerbs- und Geheimhaltungsinteressen auf den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nach Art. 39 Abs. 3 Nr. 3 BayDSG oder hilfsweise auf den Schutz sonstiger öffentlicher Interessen nach Art. 39 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BayDSG berufen.333 Gemäß Art. 39 Abs. 2 BayDSG verdrängen bereichsspezifische Regelungen den allgemeinen Auskunftsanspruch nach Absatz 1. Als bereichsspezifische Regelungen kommen insbesondere der Auskunftsanspruch nach Landespresserecht (Art. 4 BayPrG), nach dem Staatsvertrag zur Modernisierung der Medienordnung in Deutschland (§§ 5, 18 Abs. 4 MOModStV) und dem Sozialgesetzbuch (§ 25 SGB X) in Betracht.334 Umgekehrt setzt Art. 39 BayDSG der Ausgestaltung von Informationszugangsansprüchen in kommunalen Informationsfreiheitssatzungen (siehe hierzu sogleich) Grenzen: Dort wo Art. 39 BayDSG übergeordnete und im öffent­ lichen und individuellen Interesse verbindliche Vorgaben macht (wie beispielsweise bei der Normierung des besonderen Geheimnisschutzes nach § 39 Abs. 3 BayDSG), besteht für die Gemeinden keine Abweichungsmöglichkeit.335 c) Kommunalrecht Auf kommunaler Ebene sind reaktive Informationszugangsansprüche des Bürgers maßgeblich in Informationsfreiheitssatzungen (IFS) geregelt.336 Besondere Bedeutung erlangen die IFS vor allem in Ländern, die bislang kein eigenes Informationsfreiheitsgesetz verabschiedet haben.337 „Vorreiter“ sind aus diesem Grund die Gemeinden in Bayern. Dort haben bereits knapp 90 Kommunen gestützt auf Art. 23 Abs. 1 S. 1 BayGO eine eigene Informationsfreiheitssatzung erlassen.338 Aufbau und Inhalt der Satzungen orientieren sich im Wesentlichen an den Infor-

333

Vgl. Schmieder, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, Art. 39 BayDSG, Rn. 25; Will, BayVBl. 2016, 613 (618). 334 Vgl. Schmieder, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, Art. 39 BayDSG, Rn. 29; Will, BayVBl. 2016, 613 (619). 335 Vgl. Schmieder, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, Art. 39 BayDSG, Rn. 42; Will, BayVBl. 2016, 613 (620). 336 Daneben existieren Auskunftsrechte für Gemeindevertreter gegenüber dem Bürgermeister bzw. der Bürgermeisterin, vgl. etwa § 30 GO SH und für Kreistagsabgeordnete gegenüber dem Landrat bzw. der Landrätin, vgl. § 25 KreisO SH. Gegenstand dieser Auskunftsrechte können grundsätzlich alle „Selbstverwaltungsangelegenheiten und […] alle Aufgaben zur Erfüllung nach Weisung“ sein, wozu auch Angelegenheiten der Gemeinde zählen, zu deren Wahrnehmung sich diese einer GmbH bedient, vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 03. 06. 2009 – 10 LC 217/07, BeckRS 2009, 34702. 337 Vgl. Schoch, IFG, Einl., Rn. 245; Schrader, BayVBl. 2012, 289 (291). 338 Ein fortlaufend aktualisierter Überblick findet sich unter http://informationsfreiheit.org/ ubersicht (zuletzt aufgerufen am 12. 11. 2020).

II. Reaktiver Informationszugang

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mationsfreiheitsgesetzen der Länder und des Bundes.339 Mithin werden auch per Satzung eigenständige reaktive Ansprüche auf Informationszugang gewährt.340 So stellt § 1 Abs. 1 S. 1 IFS der Stadt München341 klar: „Jede natürliche und juristische Person hat Anspruch auf freien Zugang zu den bei der Stadtverwaltung einschließlich der Eigenbetriebe vorhandenen amtlichen Informationen nach Maßgabe dieser Satzung.“

Die Informationsfreiheitssatzungen beziehen durchaus auch von der Gemeindeverwaltung formal ausgegliederte Private in den Kreis der Anspruchsverpflichteten ein. An dieser Stelle lässt sich allerdings beobachten, dass die IFS öffentliche Unternehmen deutlich zaghafter als Bundes- oder Landesinformationsfreiheitsgesetze verpflichten. Exemplarisch hierzu § 1 Abs. 1 S. 2 IFS München, der allein Eigengesellschaften einschließt: „Der Anspruch besteht nach Maßgabe dieser Satzung auch zu Informationen, die bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung vorhanden sind, soweit die Landeshauptstadt München Alleingesellschafterin dieser Gesellschaft ist.“

Privatrechtlich organisierte Unternehmen mit kommunaler Mehrheitsbeteiligung werden von der IFS München dagegen nicht umfasst. Noch restriktiver verhalten sich Satzungen, die sogar sämtliche Eigengesellschaften, Beteiligungen oder beauftragte Private ausdrücklich von einer Informationspflichtigkeit ausnehmen.342 Zur Gewährleistung eines effektiven Grundrechtsschutzes der Betroffenen enthalten auch die kommunalen Informationsfreiheitssatzungen Ausnahmetatbestände, etwa für den Schutz von personenbezogenen Daten oder Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen.343 Trotz der Wichtigkeit auf kommunaler Ebene erfahren Informationsfreiheitssatzungen in der Literatur eine eher stiefmütterliche Behandlung. In ihnen wird mehr eine provisorische „Behelfslösung“ bis zur Schaffung eines Landesinformationsgesetzes gesehen als ein dauerhafter funktionaler Ersatz.344 Aufgrund ihrer restriktiven Ausgestaltung ist ihnen jedenfalls in Hinblick auf die Verpflichtung von öffentlichen Unternehmen keine Pionierwirkung zuzuschreiben.

339 Vgl. Schoch, IFG, Einl., Rn. 250; speziell für die IFS Leipzig Schuster, LKV 2018, 495 (498). 340 Papier, in: FS Kloepfer, S. 705 (711); Brodmerkel, BayVBl. 2016, 621. 341 Satzung zur Regelung des Zugangs zu Informationen des eigenen Wirkungskreises der Landeshauptstadt München (Informationsfreiheitssatzung) vom 8. Februar 2011 (MüABl. S. 57). 342 So § 1 S. 3 der mittlerweile außer Kraft getretenen IFS des Landkreises Kehlheim, vgl. Schrader, BayVBl. 2012, 289 (294). 343 Schoch, IFG, Einl., Rn. 252; Schuster, LKV 2018, 495 (501 f.); Dietlmeier, S. 608; VGH München, Beschluss vom 27. 02. 2017 – 4 N 16.461, KommJur 2017, 143 (145). Siehe hierzu auch § 6 Abs. 2 IFS München. 344 Schoch, IFG, Einl., Rn. 253; Schrader, BayVBl. 2012, 289 (291); Dietlmeier, S. 608; weniger kritisch Schuster, LKV 2018, 495 (502).

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

d) Verfahrensablauf Unabhängig davon, ob das jeweilige Informationsfreiheitsgesetz öffentliche Unternehmen unmittelbar (siehe UIG) oder mittelbar (siehe IFG) verpflichtet, ist der konkrete Ablauf des Verfahrens vom Auskunftsbegehren hin zur Auskunftserteilung ganz überwiegend einheitlich ausgestaltet. Die meisten reaktiven Informationszugangsverfahren setzen einen formfreien Antrag voraus, mit dem der Antragsteller grundsätzlich selbst über die Art des begehrten Zugangs entscheiden kann.345 Nach Stellung des Antrages hat die über die Information verfügungsberechtigte Behörde oder das öffentliche Unternehmen selbst innerhalb einer festgelegten Frist (meist von einem Monat346) über die Zugangsgewährung zu entscheiden. Eine positive Entscheidung bedarf keiner gesonderten Form, sondern kann auch durch die tatsächliche Bereitstellung der Information erfolgen.347 Unter Umständen ist die auskunftspflichtige Stelle berechtigt, Gebühren und Auslagen zu erheben,348 wobei die Gebührensetzung bei objektiver Betrachtung weder abstrakt noch individuell-konkret geeignet sein darf, potentielle Informationsberechtigte von der Stellung eines Informationsantrages abzuhalten (vgl. § 10 Abs. 2 IFG).349 Lehnt die auskunftspflichtige Stelle den Antrag ab, muss sie ihre Entscheidung gegenüber dem Antragsteller (ggf. schriftlich) begründen.350 Ist die Beteiligung Dritter von Amts wegen erforderlich, greifen spezielle verfahrensrechtliche Sicherungsmechanismen. So kann beispielsweise die Erteilung der Auskunft bis zur Bestandskraft der Auskunftsentscheidung gegenüber dem Dritten oder der Anordnung der sofortigen Vollziehung verweigert werden.351

345

Vgl. § 1 Abs. 2 S. 2 IFG; 5 Abs. 1 S. 2 IZG-SH. Vereinzelt halten die Informationsfreiheitsgesetze die auskunftspflichtigen Stellen sogar dazu an, die Informationssuchenden bei der Stellung und Präzisierung von Anträgen zu unterstützen, vgl. § 4 Abs. 2 S. 4 UIG. 346 Als „Soll“-Vorschrift vgl. § 7 Abs. 5 S. 2 IFG. Als „Ist“-Vorschrift vgl. § 5 Abs. 2 S. 1 IZGSH; § 3 Abs. 3 UIG. 347 Vgl. Sicko, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 7 IFG, Rn. 32. 348 Vgl. § 10 Abs. 1 IFG; § 13 Abs. 1 IZG-SH; § 12 Abs. 1 UIG. 349 Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2016  – 7 C 6/15, NVwZ 2017, 485 (486). Die Rechtsgrundlage für die Gebührenerhebung bildet die Verordnung über die Gebühren und Auslagen nach dem Informationsfreiheitsgesetz (Informationsgebührenverordnung – IFGGebV), die vor allem durch die Billigkeitsklausel des § 2 IFGGebV das Verbot prohibitiver Gebührensetzungspolitik aus § 10 Abs. 2 IFG effektiv umsetzt, vgl. BVerwG, Urteil vom 13. 10. 2020 – 10 C 23.19, BeckRS 2020, 33992, Rn. 23. 350 Vgl. § 9 Abs. 1 IFG; § 6 Abs. 1 IZG-SH; § 5 Abs. 1 S. 3 UIG. Zu der rechtlichen Unmöglichkeit für privatrechtliche Unternehmen, einen Antrag per Verwaltungsakt abzulehnen, siehe Engewald, NVwZ 2018, 1536 (1538 f.). 351 Vgl. § 8 Abs. 2 S. 2 IFG; § 5 Abs. 4 S. 2 VIG. Wo diese verfahrensrechtlichen Sicherungsmechanismen fehlen wie beispielsweise im UIG, sind sie in verfassungskonformer Auslegung des Gesetzes zu übertragen, um beispielsweise einen verfassungsrechtlich gebotenen Geheimnisschutz sicherzustellen, vgl. Wolf, S. 296. Für öffentliche Unternehmen gilt dies freilich nicht, soweit sie sich nicht auf einen grundrechtlichen Schutz berufen können.

II. Reaktiver Informationszugang

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e) Zwischenergebnis und Bewertung Auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene gewähren verschiedene Gesetzesregime unterschiedlich ausgestaltete reaktive Auskunftsansprüche auch gegenüber öffentlichen Unternehmen. Auch wenn die Etablierung dieser Ansprüche von einer einheitlichen gesetzgeberischen Motivation (Schaffung von Transparenz sowie Kontroll- und Partizipationsmöglichkeiten) getragen ist und zudem vereinzelt sogar auf einheitlichen europarechtlichen Vorgaben basiert, wirkt sich die homogene Ausgangslage bedauerlicherweise nicht auf die konkrete einfachgesetzliche Ausgestaltung aus. Tatbestandliche Divergenzen lassen sich nicht nur innerhalb der Heterogenität der einzelnen Landesgesetze, sondern auch zwischen Landesund Bundesrecht erkennen:352 Zum Teil wird der Informationszugang voraussetzungslos gewährt, zum Teil nur nach Darlegung eines „besonderen öffentlichen Interesses“. Auch die Frage, nach welchen Maßstäben eine marktaktive Einheit der öffentlichen Hand dem Kreis der Auskunftsverpflichteten zugerechnet werden soll, beantworten die Gesetzgeber nach teils sehr unterschiedlichen Maßstäben. Während manche Regelungsregime bei der Verpflichtung Privater allein auf eine staatliche Beherrschung abstellen, rekurrieren wiederum andere auf die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe. Andere Rechtsquellen schließen Unternehmen, die am Wettbewerb teilnehmen, per se vom Anwendungsbereich aus. Darüber hinaus ist zwischen formeller und materieller Informationspflichtigkeit zu trennen. Je nach anwendbarem Regelungsregime kann der Antrag entweder an das öffent­liche Unternehmen unmittelbar oder allein an die aufsichtführende Behörde gerichtet werden. Gerade letzteres ist mit Blick auf die Zielsetzung und Effektivität des Informationsfreiheitsrechts sehr kritisch zu betrachten. Das Durch- und Nebeneinander verschiedener Regelungs- und Einbeziehungsmaßstäbe führt zu Unsicherheiten und Wertungswidersprüchen in der Rechtsanwendung und verkompliziert auch die Arbeit der Rechtsabteilungen von öffentlichen Unternehmen, unabhängig davon, ob diese unmittelbar oder mittelbar Verpflichtete von Auskunftsgesuchen sind.353 Zu Recht wird dieser Befund unter den Topoi „Atomisierung des allgemeinen Informationszugangsrechts“354 oder „Rechtszersplitterung“355 kritisiert. Erschwerend kommt hinzu, dass einzelne Bundesländer bislang gar keine eigenen allgemeinen Landestransparenzgesetze erlassen haben. Der Versuch, dieses rechtspolitische Vakuum über einzelne kommunale Informationsfreiheitssatzungen zu füllen, verschärft die Problematik der „Rechtszersplitterung“ zusätzlich. Insgesamt wird damit auch die Erfüllung der mit dem Informationsfreiheitsrecht verfolgten Ziele unnötig erschwert, da sich der Anspruchsberechtigte zunächst einen

352

Vgl. Schoch, IFG, Einl., Rn. 244. Vgl. Schmidt / Hungeling, NuR 2010, 449 (450). 354 Schoch, IFG, Einl., Rn. 241 ff.; Spiecker gen. Döhmann / Bretthauer, Dokumentation zum Datenschutz 74 2019, H 2. 4. 0. Bundesarchivgesetz – Einführung, Rn. 30. 355 Schoch, IFG, Einl., Rn. 302; Rossi, ZRP 2014, 201; Wegener, NVwZ 2015, 609 (611); Guckelberger, VerwArch 105 (2014), 411 (418); BT-Drs. 19/14596, S. 3. 353

172

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

Überblick über für ihn vor- und nachteilhafte Ausprägungen des einzelnen Auskunftsanspruchs (Kosten, Verfahrensdauer) verschaffen muss. Aus diesem Grund ist den Stimmen in der Literatur beizupflichten, die eine horizontale und vertikale Harmonisierung der reaktiven Informationszugangsrechte fordern.356 Speziell in Hinblick auf öffentliche Unternehmen sollten einheitliche und klar handhabbare Parameter und Voraussetzungen für das Bestehen der Auskunftsverpflichtung und die Modalitäten der Auskunftsgewährung aufgestellt werden (zu einem konkreten Lösungsvorschlag siehe C. VIII. 1.). 3. Zwischenergebnis Die Grundlagen für reaktiven Informationszugang gegenüber öffentlichen Unternehmen liegen im Völkerrecht, Unionsrecht und im Verfassungsrecht. Die dort aufgestellten Grundsätze sind als übergreifende Mindeststandards zur Herstellung von Transparenz der öffentlichen Hand zu begreifen, konkrete Ansprüche erwachsen hieraus nicht. Trotz vereinzelter Gegenauffassungen im Schrifttum gilt dies insbesondere für die Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG. Die Gewährung von individuellen subjektiv-öffentlichen Rechtspositionen bedarf demnach eines einfachgesetzlichen Konkretisierungs- bzw. Öffnungsaktes. Hinsichtlich der einfachgesetzlichen Ausgestaltung kommt dem Normgeber häufig dabei eine weitreichende Einschätzungsprärogative zu, die „nach unten“ durch informationelle Mindeststandards und „nach oben“ durch entgegenstehende Grundrechte Dritter begrenzt wird (siehe hierzu noch C. V.). Die einfachgesetzliche Ausübung dieser Einschätzungsprärogative erfolgt allerdings vor allem in Bezug auf die informationelle Verpflichtung öffentlicher Unternehmen äußerst heterogen, was die Effektivität reaktiver Informationszugangsrechte aus der Sicht des Rechtsanwenders beeinträchtigt.

356

Schoch, IFG, Einl., Rn. 299 ff. Für eine Zusammenfassung bestehender (Bundes-)Regelungen in einem Informationsfreiheitsgesetzbuch Rossi, ZRP 2014, 201; Sydow, NVwZ 2008, 481 (484 f.). Siehe auch den (gescheiterten) Gesetzesentwurf der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag für ein Informationsfreiheits- und Transparenzgesetz (IFTG), welches IFG, UIG und VIG zusammenführen sollte, vgl. BT-Drs. 17/13467. Das gleiche Ziel verfolgte ein Ende 2019 gestellter Antrag der Fraktion Bündnis/90/Die Grünen, BT-Drs. 19/14596. Fehling, DVBl. 2017, 79 (86) schlägt hierbei eine Orientierung an dem vergleichsweise besonders transparenzfreundlichen UIG vor.

III. Proaktiver Informationszugang

173

III. Proaktiver Informationszugang Das „zweite Bein“, auf dem die Informationsfreiheit steht, ist die proaktive Veröffentlichungspflicht.357 Die Pflicht zur eigeninitiativen Bereitstellung358 von Daten- und Informationsbeständen durch die öffentliche Hand ist hierzulande bislang lediglich fragmentarisch kodifiziert, wenngleich in jüngerer Vergangenheit vor allem im Zusammenhang mit allgemeinen „Open Data“ und „Open Government“Bestrebungen359 immer häufiger Gegenstand rechtspolitischer Forderungen.360 Das nachfolgende Kapitel zeigt auf, nach welchen rechtlichen Maßstäben die Etablierung von proaktiven Veröffentlichungspflichten auch Informationen von öffentlichen Unternehmen einschließt und untersucht aus der Sicht öffentlicher Unternehmen, welche Implikationen sich aus der Einbindung in proaktive Bereitstellungsmechanismen für die Bewältigung des Spannungsfeldes zwischen Wettbewerbsinteressen und Transparenzverpflichtungen ergeben. Hierfür nähert sich das Kapitel nach einer allgemeinen Begriffs- und Wesensbestimmung (1.) zunächst der Frage, inwiefern sich die dogmatischen Grundlagen für proaktive Bereitstellungen im Vergleich zu der Begründung von reaktiven Informationszugangsregelungen unterscheiden (2.). Im Anschluss hieran gilt es zu untersuchen, ob und in welchem Umfang der Gesetzgeber seinen Gestaltungsspielraum im Mehrebenensystem von Bund, Ländern und Kommunen bereits ausgeübt und öffentliche Unternehmen proaktiven Veröffentlichungspflichten unterworfen hat (3.). Abschließend sollen rechtspolitische Entwicklungstendenzen aufgezeigt und diskutiert werden (4.).

357 Schaar, Quo vadis IFG? – Informationsfreiheit im Spannungsfeld, 2. BfDI-Symposium zur Informationsfreiheit, 6. und 7. September 2012, S. 1. Schoch, IFG, Einl., Rn. 300, spricht von „zwei Säulen“. 358 Zum terminologischen Unterschied zwischen „Bereitstellen“ und „Veröffentlichen“ siehe Heinemann, in: Heinemann, PraxisKommentar LTranspG RLP, S. 195: Hiernach ist die Bereitstellung ein „Minus im Verhältnis zur Veröffentlichung“, da eine „Bereitstellung“ auch vorliegen kann, wenn lediglich einem bestimmten Kreis von Empfängern der Besitz bzw. die Wahrnehmungsmöglichkeit verschafft wird, während eine „Veröffentlichung“ sich nur auf einen allgemeinen unbeschränkten Adressatenkreis beziehen kann. 359 Siehe Schnieders, DÖV 2018, 175 (180 ff.). 360 Aktuell Uphues, ZRP 2021, 41 (42); Krüger, ZRP 2018, 79 (81); Semsrott, ZRP 2018, 154; Positionspapier der 37. Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten (IFK) in Deutschland am 12. Juni 2019 in Saarbrücken, Informationszugang in den Behörden erleichtern durch „Informationsfreiheit by Design“, in: Spiecker gen. Döhmann / Bretthauer, Dokumentation zum Datenschutz 74 2019, H. 7. 1. 7.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

1. Hintergrund a) Begriffsbestimmung Proaktive Veröffentlichungspflichten können zunächst positiv als Dimension der Konzepte von „Open Government Data“ und „Open Data“ definiert werden (aa)). Sie müssen zugleich aber auch trennscharf in negativer Hinsicht von anderen Formen aktiver hoheitlicher Informationspolitik abgegrenzt werden (bb)) aa) Proaktive Veröffentlichungspflichten als Teil von „Open Government Data“ Die Ausweitung von proaktiven Veröffentlichungspflichten wird häufig unter den Schlagworten „Open Government Data“ bzw. „Open Data“ gefordert.361 Der Begriff „Open Government Data“ stammt aus der Politik- und Verwaltungswissenschaft362 und umfasst nach einer vielzitierten Definition von von Lucke / Geiger aus dem Jahr 2010 „jene Datenbestände des öffentlichen Sektors, die von Staat und Verwaltung im Interesse der Allgemeinheit ohne jedwede Einschränkung zur freien Nutzung, zur Weiterverbreitung und zur freien Weiterverwendung frei zugänglich gemacht werden.“363

Verkürzt gesagt fordert das Konzept von „Open Government Data“ die öffentliche Zugänglichmachung von Verwaltungsdaten. Der offene Begriff „Government“364 schließt dabei nach allgemeinem Verständnis und entgegen missverständlicher Deutungsansätze in der Literatur365 auch Informationen von öffentlichen Unternehmen ein.366 361

Vgl. Beyer-Katzenberger, DÖV 2014, 144 (145). Mann / Schnuch, DÖV 2019, 417 (422) verstehen die Ausweitung von proaktiven Veröffentlichungspflichten nach dem Vorbild des Umweltinformationsfreiheitsrechts zudem als Teil von „Corporate Social Responsibility“. Der Begriff „Corporate Social Responsibility“ umschreibt allgemein die Verantwortung von Unternehmen für ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft, beispielsweise mit Blick auf Umwelt-, Arbeitnehmer und Sozialbelange, aber auch die Achtung der Menschenwürde und die Bekämpfung von Korruption, vgl. Mann / Schnuch, DÖV 2019, 417 (419). 362 Vgl. Lederer, S. 36. Der Begriff „Open Government Data“ bildet die Schnittmenge zwischen „Open Data“ und „Open Government“, vgl. von Lewinski, in: Hill / Schliesky (Hrsg.): Die Neubestimmung der Privatheit, S. 53 (55). 363 von Lucke / Geiger, Open Government Data – Frei verfügbare Daten des öffentlichen Sektors, S. 6. Diese Definition aufgreifend BMI, Studie zu Open Government Data Deutschland, S. 36. 364 „Government“ kann im Deutschen sowohl als „Regierung“, als auch als „Behörde“ oder „Staat“ verstanden werden, vgl. Lederer, S. 42. 365 Kaltenböck / Thurner interpretieren „Open Government Data“ als „Regierungsinformationen unter Ausschluss von Informationen von öffentlichen Unternehmen“, vgl. Open Government Data Weißbuch (Österreich), S. 245. 366 Vgl. Lederer, S. 42 f. So auch die Gesetzesbegründung zum E-Government-Gesetz, welche allgemein auf „Datenbestände der öffentlichen Hand“ abstellt, vgl. BT-Drs. 17/11473, S. 43.

III. Proaktiver Informationszugang

175

Vielerorts wird die Zielsetzung von „Open Data“ unter dem Motto „Transparenz, Partizipation und Kollaboration“ zusammengefasst.367 Ebenso wie reaktiv gewährter Informationszugang fördert die allgemeine Verfügbarkeit von Verwaltungsinformationen zunächst demokratische Entscheidungsfindungs- und Partizipationsprozesse.368 Der Zielschwerpunkt von „Open Data“ liegt jedoch vor allem in der nutzerorientierten Ausschöpfung von ökonomischen Innovationspotentialen.369 Die flächendeckende Zugänglichmachung von Daten der öffentlichen Hand soll private Unternehmen zur Entwicklung datenbasierter Geschäftsmodelle animieren. In diesem Sinne fungiert „Open Data“ auch als wichtiger Wachstumstreiber für den nationalen „Datenmarkt“ und soll jährlich rund 40.000 neue Arbeitsplätze schaffen.370 Ferner sollen Open-Data-Initiativen insbesondere im Verkehrssektor zur Förderung von Umweltschutzstrategien und mittelbar zur Einsparung von CO2-Emissionen und unnötigen Wartezeiten beitragen.371 Wie die freie und einschränkungslose Bereitstellung von Informationen der öffentlichen Hand erfolgen soll, schreibt das Konzept von „Open Data“ nicht konkret vor. Der Auftrag zur Zugänglichmachung von Verwaltungsdaten kann grundsätzlich auf verschiedene Arten erfüllt werden. Denkbare Umsetzungsmodi reichen von der Veröffentlichung von Rechtsvorschriften und Gesetzen auf hoheitlich eingerichteten Internetseiten über die Schaffung von urbanen kommunalen Datenräumen372 bis hin zur Führung und Unterhaltung öffentlicher einsehbarer Register.373 Zentrales Element von „Open Data“ ist jedoch die Einrichtung von allgemein Die Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des E-Government-Gesetzes des Bundes geht sogar explizit unter der Verwendung des Oberbegriffs „Open Data“ von einer Anwendung auf private Unternehmen aus, vgl. BT-Drs. 18/11614, S. 1 f., 13 f. 367 Vgl. Janda, VM 2011, 227 (228); von Lucke / Geiger, S. 12; Heine / Proske, Die Verwaltung 45 (2012), 546 m. w. N. 368 Zum demokratischen Nutzen von „Open Data“ für die Zivilgesellschaft Preische, S. 16. Siehe hierzu ausführlich unter C. VII. 1. 369 Vgl. Schnieders, DÖV 2018, 175 (176); Hoffmann / Schulz, KommJur 2014, 126 (127). Siehe hierzu ausführlich unter C. VII. 1. 370 Vgl. Bender / Dieke / Hillebrand / Martins, Open Data für mehr Mobilität, eine Studie der mFUND-Begleitforschung des Wissenschaftlichen Instituts für Infrastruktur und Kommunikationsdienste GmbH, S. 3. Mit ähnlichen Zahlen Heckmann, Open Data – Eine rechtliche Bewertung, Studie im Auftrag der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) aus dem Februar 2018, S. 5. 371 Vgl. Bender / Dieke / Hillebrand / Martins, Open Data für mehr Mobilität, eine Studie der mFUND-Begleitforschung des Wissenschaftlichen Instituts für Infrastruktur und Kommunikationsdienste GmbH, S. 29; Heckmann, Open Data – Eine rechtliche Bewertung, Studie im Auftrag der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) aus dem Februar 2018, S. 5. 372 Ein „urbaner Datenraum“ wird als zentral zugängliches Netzwerk von verschiedenen Akteuren (Betreiber des Datenraumes, Datenbereitsteller und Nutzer) auf der Basis einer technischen Dateninfrastruktur verstanden. Im urbanen Datenraum können alle Daten ausgetauscht werden, die für den kommunalen Raum von Bedeutung sind (Energie-, Verkehrsdaten etc.). Siehe ausführlich zu der Idee urbaner Datenräume Schieferdecker et. al, Urbane Datenräume – Möglichkeiten von Datenaustausch und Zusammenarbeit im urbanen Raum, Studie des Fraunhofer-Instituts für Offene Kommunikationssysteme FOKUS, Berlin 2019. 373 Mit zahlreichen weiteren Umsetzungs- und Anwendungsbeispielen Preische, S. 21 ff.

176

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

zugänglichen Daten- und Informationsportalen im Internet. Diese können grundsätzlich auf Bundes-, Landes- oder Kommunalebene, fachspezifisch für bestimmte Informationsarten oder übergreifend als Metadaten-Portal betrieben werden.374 Dass die praktische Wirkungsmacht der Datenportale maßgeblich von der Anordnung gesetzlicher Pflichten zur proaktiven Informationsbereitstellung abhängt, verdeutlicht das Beispiel GovData. GovData ist ein zentrales Metadaten-Portal auf Bundesebene.375 Über GovData werden die einzelnen veröffentlichten Datensätze aus unterschiedlichen Open-Data Portalen gebündelt, strukturiert und auf diese Art und Weise vereinheitlicht und zentral abrufbar gemacht.376 Die Veröffentlichung auf GovData steht „Verwaltungsinstitutionen“ und damit auch öffentlichen Unternehmen (freilich auf bislang rein freiwilliger Basis) grundsätzlich offen.377 Die Pflicht zur Bereitstellung von maschinenlesbaren Metadaten auf GovData ist aktuell nur ausnahmsweise gesetzlich angeordnet (vgl. § 12a Abs. 5 S. 3 EGovG für Behörden der unmittelbaren Bundesverwaltung). Voraussetzung für eine Aufnahme auf GovData ist die Angabe von allgemeinen Angaben zur Herkunft, Inhalt und Struktur der Daten und die Festlegung von einheitlichen Nutzungsbestimmungen.378 Nach anfänglicher Skepsis gegenüber dem Portal findet es zwar mittlerweile breitere Anerkennung und wird auch immer stärker von eigentlich nicht verpflichteten Landesbehörden genutzt.379 Allerdings ist die Veröffentlichungsbereitschaft insbesondere von kleineren Kommunen auf bestehenden Datenportalen wie GovData weiterhin nur sehr zurückhaltend ausgeprägt.380 Erschwerend kommt hinzu, dass die einzelnen Behörden ihre Informationen mangels einheitlicher Vorgaben teils in stark variierenden Qualitäts- und Aktualisierungsgraden sowie unterschiedlichen Dateiformaten an das Portal weiterleiten, was zu einem erheblichen Mehraufwand bei allen Beteiligten und damit schlussendlich zu einer sinkenden Effektivität der Informationsplattform insgesamt führt.381 Angesichts dieser strukturellen Schwierigkeiten verwundert es nicht, dass die Plattform von 374

Vgl. Bender / Dieke / Hillebrand / Martins, Open Data für mehr Mobilität, eine Studie der mFUND-Begleitforschung des Wissenschaftlichen Instituts für Infrastruktur und Kommunikationsdienste GmbH, S. 18. 375 Abrufbar unter https://www.govdata.de/ (zuletzt aufgerufen am 18. 11. 2020). Zu den Einzelportalen der Länder Schnieders, DÖV 2018, 175 (181). 376 Vgl. Richter, NVwZ 2017, 1408 (1411). Im Detail hierzu BMI, Studie zu Open Government Data Deutschland, S. 79 ff. 377 Vgl. Senatskanzlei, Geschäfts- und Koordinierungsstelle GovData, https://www.govdata. de/web/guest/datenbereitsteller (zuletzt aufgerufen am 18. 11. 2020). 378 Vgl. Richter, NVwZ 2017, 1408 (1411); Schnieders, DÖV 2018, 175 (181). 379 Vgl. Guckelberger, Öffentliche Verwaltung im Zeitalter der Digitalisierung, S. 69 f. 380 So veröffentlichten im Jahr 2019 lediglich 100 von insgesamt 11.000 Kommunen in Deutschland offene Daten auf Datenportalen, dazu haben nur 43 % der deutschen Großstädte ein eigenes Open Data Portal errichtet, vgl. Bender / Dieke / Hillebrand / Martins, Open Data für mehr Mobilität, eine Studie der mFUND-Begleitforschung des Wissenschaftlichen Instituts für Infrastruktur und Kommunikationsdienste GmbH, S. 27. 381 So der 1. Open Data-Fortschrittsbericht der Bundesregierung vom 10. Oktober 2019, vgl. BT-Drs. 19/14140, S. 11, 29.

III. Proaktiver Informationszugang

177

informationswilligen Bürgern kaum genutzt wird.382 Als deutlich wirkmächtiger erweisen sich dagegen Landesdatenportale wie das Hamburger Transparenzportal383, auf denen die öffentliche Hand ihr Informationsmaterial nicht auf freiwilliger Basis, sondern aufgrund von gesetzlich angeordneten und damit durchsetz- und notfalls einklagbaren Veröffentlichungspflichten bereitstellt, vgl. § 3 HmbTG.384 Die zwingende Festschreibung von einheitlichen Veröffentlichungsmaßstäben (vgl. § 10 HmbTG) hat auch den Vorteil, dass der erforderliche Verwaltungsaufwand auf Seiten des Portalbetreibers und der späteren Nutzer erheblich minimiert wird. Effizienzhindernde Begleiterscheinungen, die im Rahmen von freiwilliger Informationsbereitstellung auftreten, lassen sich durch die Normierung von zwingenden Publizitätspflichten konkret vermeiden. Proaktive Veröffentlichungspflichten bilden damit den rechtlichen Eckpfeiler für das praktische Gelingen eines nach der Idee von „Open Data“ eingerichteten Datenportals. bb) Abgrenzung zu anderen Formen aktiver hoheitlicher Informationspolitik Die proaktive Zugänglichmachung von Daten und Informationen im Sinne von „Open Government Data“ ist abzugrenzen von anderen Formen des staatlichen Informationshandelns ohne informationsfreiheitsrechtlichen Hintergrund. Von Bedeutung ist vor allem die Unterscheidung zur staatlichen Publikumsinformation und zur staatlichen Öffentlichkeitsarbeit.385 (1) Abgrenzung zur staatlichen Publikumsinformation Unter einer staatlichen Publikumsinformation versteht die Literatur „Informationen, die außerhalb eines konkreten Verwaltungsverfahrens ohne vorherigen Antrag von Amts wegen veröffentlicht werden, dem Staat zurechenbar und an einen unbestimmten Personenkreis gerichtet sind“.386 Mangels Antragserfordernis stellt die staatliche Publikumsinformation ebenfalls einen Fall von proaktiver Bereitstellung von Informationen an die Öffentlichkeit dar. Sie erfolgt meist in Form von staatlichen Bekanntmachungen oder Warnungen.

382

Das Transparenzportal GovData hat im europaweiten Vergleich prozentual die zweitniedrigste Zahl von monatlichen Einzelzugriffen („unique visitors“) pro Einwohner (unter 0,1 %), vgl. Europäische Kommission, Open Data Maturity Report 2020 vom 15. 12. 2020, S. 47. 383 Abrufbar unter http://transparenz.hamburg.de/. 384 Die Wirkungsmacht des HmbTG wird durch die hohe Zahl der Nutzerzugriffe und bereitgestellten Datensätzen belegt, siehe C. III. 3. b) aa) (1). 385 Ausführlicher hierzu Mast, S. 128 ff., der insgesamt zwischen acht Formen staatlichen Informationshandelns differenziert. 386 So die Definition von Zott, S. 505.

178

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

Die staatliche Publikumsinformation hat mit der proaktiven informationsrechtlichen Veröffentlichung zunächst ihre inhaltliche Weite und Vielfalt gemein. Sie ist nicht auf einzelne Themenbereiche beschränkt. Prominente Fälle reichen von Endiviensalat über Jugendsekten hin zu Glykol-Wein.387 Im Unterschied zu allgemeinen und flächendeckenden proaktiven Veröffentlichungspflichten nach Informationsfreiheitsgesetzen erfolgt die Publikumsinformation jedoch punktuell und konkret anlassbezogen.388 Diese Tatsache ist auf die unterschiedlichen Zielsetzungen beider Regelungsregime zurückzuführen: Die staatliche Publikumsinformation soll zeitlich möglichst unmittelbar eine konkrete Verhaltenssteuerung hervorrufen, während die proaktive informationsrechtliche Veröffentlichung lediglich mittelbar die Förderung langfristiger und abstrakter Ziele wie die Herstellung von Transparenz oder gesellschaftspolitischer Partizipation bezweckt.389 Mithin wohnt informationsfreiheitsrechtlichen Publikationspflichten im Gegensatz zu staatlicher Publikumsinformation kein persuasives, sondern ein deskriptiv-faktenvermittelndes Element inne.390 (2) Abgrenzung zur staatlichen Öffentlichkeitsarbeit Die allgemeine und proaktive Veröffentlichung von Informationen im Internet kann auch im Rahmen von traditioneller regierungsamtlicher Öffentlichkeitsarbeit erfolgen.391 Die Reichweite des Begriffes „Öffentlichkeitsarbeit“ ist gesetzlich nicht definiert.392 Sie umfasst jedoch nach der Rechtsprechung allgemein die Kommunikation mit der Öffentlichkeit, unter anderem in der Form von Selbstdarstellung, Information über die Aufgabenerfüllung sowie Werbung um Zustimmung für die Art und Weise der Aufgabenerfüllung.393 Letztere Ausprägung verdeutlicht den subjektiv-werbenden Charakter staatlicher Öffentlichkeitsarbeit, welcher durch strenge Neutralitäts- bzw. Sachlichkeitspflichten begrenzt wird.394 So gilt für staatliche Öffentlichkeitsarbeit das aus dem Vorbehalt des Gesetzes hergeleitete Gebot der Richtigkeit von Informationen.395 Demgegenüber stehen informationsrechtliche Transparenzportale, bei denen die veröffentlichungspflichtigen Stellen grundsätz 387

Einen historischen Überblick liefert von Lewinski, in Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 437 (439 f.); siehe auch Schoch, NVwZ 2011, 193 ff. 388 Vgl. Zott, S. 99. 389 Ungeachtet dieses strukturellen Unterschiedes zwischen Transparenzportalen und Publikumsinformationen wird vereinzelt eine Zusammenfassung beider Regelungsbereiche in einem Gesetz erwogen, vgl. Schulz, VerwArch 104 (2013), 327 (337 ff.). 390 Vgl. Mast, S. 132. 391 Vgl. Knebel / Schoss, DÖV 2016, 105 f. 392 BVerwG, Urteil vom 26. 09. 2006 – 2 WD 2/06, NVwZ-RR 2007, 257 (260). 393 BVerwG, Urteil vom 26. 09. 2006 – 2 WD 2/06, NVwZ-RR 2007, 257 (260). 394 BVerfGE 138, 102 ff.; siehe auch Gusy, NVwZ 2015, 700 (702); Ladeur, DÖV 2002, 1 (7). 395 BVerfGE 105, 252 (276); Gusy, NVwZ 2015, 700 (702).

III. Proaktiver Informationszugang

179

lich nicht zu einer Prüfung der Richtigkeit der bereitzustellenden Daten verpflichtet sind, siehe § 12 Abs. 8 EGovG.396 Der entscheidende Unterschied zwischen beiden Informationsbereitstellungsformen ist aber auch hier die Zielsetzung: Die regierungsamtliche Öffentlichkeit ist primär auf subjektiv-werbende Selbstdarstellung und Akzeptanzsicherung ausgerichtet. Hieraus folgt, dass veröffentlichte Informationen im Rahmen staatlicher Öffentlichkeitsarbeit sowohl einer vorherigen adressatenbezogenen Kontextualisierungs- und Interpretationsleistung als auch einem um die Reduktion von Komplexität bemühten Aufbereitungsvorgang ausgesetzt sind. Im Gegensatz hierzu zielt das allgemeine Transparenzrecht auf die Herstellung von demokratischer Kontrolle und die Ausschöpfung wirtschaftlicher Innovationspotentiale, insbesondere durch die Ermöglichung einer maschinellen Weiterverarbeitung des Informationsmaterials (vgl. § 12a Abs. 5 S. 1 EGovG). Zur Verfolgung dieser Ziele erfolgt die Informationsbereitstellung im Kern wertungsfrei und objektiv. Im Rahmen des informationsrechtlichen „Öffnens der Aktenschränke“397 werden vor allem auch „Rohdaten“ veröffentlicht, die anders als bei selbstdarstellender staatlicher Öffentlichkeitsarbeit nicht Gegenstand einer vorherigen „Bearbeitung, Bereinigung oder Zusammenfassung“ waren.398 Ein weiterer zentraler Unterschied liegt in der Tatsache, dass bei Öffentlichkeitsarbeit die thematische Dispositionsbefugnis bei der informierenden Stelle selbst liegt, während Inhalt und Umfang von informationsrechtlichen Transparenzportalen vom Gesetzgeber bestimmt werden. cc) Zwischenergebnis Proaktive Veröffentlichungspflichten sind eine elementare Funktionsbedingung für das Gelingen des Konzeptes von „Open Government Data“, das zu mehr „Transparenz, Partizipation und Kollaboration“ anregen möchte. Sie steigern und sichern Qualität und Quantität des bereitgestellten Informationsmaterials. Abzugrenzen ist der vornehmlich ökonomisch fundierte „Open Government Data“-­ Ansatz von staatlichen Publikumsinformationen und der hoheitlichen Öffentlichkeitsarbeit. Staatliche Publikumsinformationen unterscheiden sich von proaktiven informationsrechtlichen Veröffentlichungspflichten durch ihren Anlassbezug. Veröffentlichungspflichten im Informationsfreiheitsrecht bestehen abstrakt-generell, die staatliche Publikumsinformation erfolgt konkret-situativ. Die Abgrenzung zu regierungsamtlicher Öffentlichkeitsarbeit verläuft über die inhaltliche Verarbeitungstiefe der veröffentlichten Informationen. Auf Transparenzportalen werden im Kern unverarbeitete Roh-Daten und objektive Informationen veröffentlicht, während regierungsamtliche Öffentlichkeitsarbeit den Veröffentlichungsgegen 396

Hiernach sind die Behörden „nicht verpflichtet, die bereitzustellenden Daten auf Richtigkeit, Vollständigkeit, Plausibilität oder in sonstiger Weise zu prüfen“. 397 Zott, S. 99. 398 Vgl. BT-Drs. 18/11614, S. 22.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

stand zuvor komprimiert, kontextualisiert und adressatenbezogen aufbereitet. Aus diesem Grund eignen sich die so veröffentlichten Daten auch nur begrenzt für die maschinelle Weiterverarbeitung oder wirtschaftliche Weiterverarbeitung. Der zentrale Unterschied liegt mithin in der Frage, ob ein inhaltlicher Prüf- und Interpretationsprozess vorgeschaltet ist (Öffentlichkeitsarbeit) oder nicht (informationsrechtliches Transparenzportal). b) Strukturelle Unterschiede zu reaktiven Zugangsmodi Ferner gilt es zu untersuchen, wie sich der fortschreitende Wandel von reaktiven zu proaktiven Zugangsmechanismen auf die Abläufe und Strukturen des Informationsfreiheitsrechts auswirkt. Die Beantwortung dieser Frage setzt zunächst eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts „gravierende[n]“399 Unterschieden zwischen proaktiven Veröffentlichungspflichten von antragsbasierten Zugangsmodi voraus. aa) Höhere Wirkungsmacht Dass die Bereitstellung von Informationen auf allgemein zugänglichen Internetportalen grundsätzlich dafür geeignet ist, einen breiteren Empfängerkreis zu erreichen als die reaktive Auskunftserteilung auf Antrag, liegt auf der Hand. Die Wahrnehmung und Verarbeitung von Informationsangeboten im Internet ist grundsätzlich weder räumlich-physisch noch zeitlich oder personell limitiert. Proaktive Veröffentlichungsmodi können damit strukturell eine formal-quantitativ gesteigerte Wirkungsmacht beanspruchen als bilaterale Auskunftserteilungen. Darüber hinaus betont das Bundesverwaltungsgericht in einer Entscheidung zu Produktinformationen nach dem Verbraucherinformationsgesetz (VIG) auch materiell-qualitative Wirkungsunterschiede: „Mit aktivem Informationshandeln wendet sich der Staat nicht an einen einzelnen zuvor selbst initiativ gewordenen Anspruchsteller, sondern an alle Marktteilnehmer und wirkt so unter Inanspruchnahme amtlicher Autorität direkt auf den öffentlichen Kommunikationsprozess ein. Das verschafft den übermittelten Informationen breite Beachtung und gesteigerte Wirkkraft auf das wettbewerbliche Verhalten der Marktteilnehmer.“400

Unter Zugrundelegung dieser Argumentationen korrespondiert vor allem die Inanspruchnahme amtlicher Autorität mit einer gesteigerten Wirkungskraft proaktiver Informationsangebote. Reaktive Auskunftserteilungen erzielen dagegen nur dann eine ähnliche Reichweite, wenn sie durch private Informationsmittler 399

BVerwG, Beschluss vom 15. 06. 2015 – 7 B 22/14, NVwZ 2015, 1297 (1298). „Große“ Unterschiede erkennend BVerwG, Urteil vom 29. 08. 2019  – 7 C 29/17, NJW 2020, 1155 (1159 f.). 400 BVerwG, Beschluss vom 15. 06. 2015 – 7 B 22/14, NVwZ 2015, 1297 (1298).

III. Proaktiver Informationszugang

181

(z. B. Initiativen wie „Frag den Staat“) veröffentlicht werden.401 In diesen Fällen bleibt indes die Wirkungskraft der Publikation materiell-qualitativ hinter einer unmittelbar hoheitlich initiierten Informationsbereitstellung zurück, da rein privat vermittelten Veröffentlichungen nach allgemeiner Auffassung nicht die Autoritätsund Richtigkeitserwartung staatlicher Publikationen zugesprochen werden kann.402 Im Ergebnis ist zu konstatieren, dass proaktive Veröffentlichungspflichten im Vergleich zu reaktiven Zugangsmodi strukturell bedingt eine höhere Rezeptionsund Wirkungsmacht besitzen, die sich sowohl in formal-quantitativen, als auch materiell-qualitativen Dimensionen äußert.403 bb) Verlust präventiver Kontrollstrukturen Ein weiterer struktureller Unterschied zwischen beiden Arten der Informationsgewährung besteht darin, dass proaktive Veröffentlichungspflichten im Gegensatz zu antragsbasierten Auskunftserteilungen tendenziell das Risiko bergen, präventiver Kontrollstrukturen verlustig zu gehen. Während das Antragsverfahren zeitlich und prozedural die Gelegenheit zur Anwendung von vorgeschalteten Prüfmechanismen, zum Beispiel einer Abwägung von Offenlegungs- und Geheimhaltungsinteressen, bietet, ist dieser Zwischenschritt im System proaktiver Veröffentlichungspflichten grundsätzlich nicht vorgesehen.404 Im Gegenteil, die antragsunabhängige Information ist meist möglichst direkt und vor allem zeitnah in das Transparenzportal einzustellen (vgl. § 10 Abs. 1 HmbTG: „unverzüglich“). Durch den so entstehenden zeitlichen Druck wächst die Gefahr, dass eine eigentlich vorzunehmende Interessensabwägung weniger gründlich durchgeführt wird.405 Im schlimmsten Fall können zeitnahe Veröffentlichungspflichten sogar zu einem vollständigen Verzicht auf präventive Überprüfungsstrukturen zwingen. Darüber hinaus erschwert der Umfang des proaktiv zur Verfügung stellenden Informationsmaterials eine ausdifferenzierte hoheitliche Vorab-Kontrolle: Die teils gigantische Menge an Datenbeständen der öffentlichen Hand macht es grundsätzlich unmöglich, dass für jeden Datensatz eine eigene Interessensabwägung durchgeführt wird.406 Vor dem Hintergrund des drohenden 401

BVerwG, Beschluss vom 15. 06. 2015 – 7 B 22/14, NVwZ 2015, 1297 (1298). BVerwG, Beschluss vom 15. 06. 2015 – 7 B 22/14, NVwZ 2015, 1297 (1298). 403 So aktuell auch BVerwG, Urteil vom 29. 08. 2019 – 7 C 29/17, NJW 2020, 1155 (1159 f.). Kümper / Wittmann, NuR 2011, 840 (846) sprechen von einer größeren „Breitenwirkung“ der Unterrichtung. 404 Vgl. Mast, in: Hoffmann-Riem (Hrsg.): Big Data – regulative Herausforderungen, S. 125 (131); Gusy, DVBl. 2013, 941 (943). 405 Vgl. Mast, in: Hoffmann-Riem (Hrsg.): Big Data – regulative Herausforderungen, S. 125 (131). So befürchtet Prinz, S. 298, dass vor allem Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nicht immer als solche erkannt werden könnten. 406 Vgl. Mast, in: Hoffmann-Riem (Hrsg.): Big Data – regulative Herausforderungen, S. 125 (131). 402

182

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

Verwaltungsaufwandes besteht vielmehr die Gefahr, dass die Veröffentlichungspraxis im Ergebnis umfangreicher ausfällt, als dies von der verpflichteten Stelle beabsichtigt ist.407 Dabei ist gerade aufgrund der gesteigerten Breitenwirkung von Transparenzportalen aus der Perspektive von öffentlichen Unternehmen eine vorgeschaltete Interessensabwägung zur Vermeidung von (wirtschaftlichen) Kollateralschäden zwingend erforderlich: Nach ihrer erstmaligen Publikation im Internet ist die Information als solche grundsätzlich unkontrollierbar und nahezu irreversibel aus der Herrschaftssphäre ihres Erstellers oder Inhabers entlassen. Sie steht damit automatisch einem prinzipiell unbegrenzten Interessenten- und damit auch Wettbewerberkreis zur Verfügung. Drastisch formuliert schafft die proaktive Veröffentlichung „vollendete Tatsachen“.408 Erschwerend kommt hinzu, dass die antragsunabhängige Veröffentlichung im Sinne von „Open Government Data“ meist „mund­ gerecht“ eine spätere, auch kommerzielle Weiterverwertung durch Wettbewerber ermöglichen soll (vgl. § 10 Abs. 5 HmbTG) und damit eine breite Angriffsfläche für unternehmerische Initiativen von Konkurrenten bietet. Auf diese Weise sind die denkbaren wirtschaftlichen Nachteile einer leichtfertig erfolgten Publikation sensiblen Informationsmaterials im Internet deutlich größer als bei der Erfüllung eines einzelnen Informationsantrages. cc) Konsequenzen für die informationsrechtliche Konfliktbewältigung Mit Blick auf die Ausgangsfrage der Untersuchung wirken sich proaktive Veröffentlichungspflichten als informationsrechtlicher Konfliktbeschleuniger aus. Ihre strukturellen Unterschiede zu reaktiven Zugangsmodi intensivieren das ohnehin bestehende Spannungsfeld von Offenlegungs- und Geheimhaltungsinteressen. Angesichts der höheren formal-quantitativen Wirkungsmacht proaktiver Informationspolitik kann bereits die einmalige unvorsichtige Preisgabe einer Information großflächige und wirtschaftlich kaum reversible Schäden hervorrufen. Das gesteigerte Risiko unerwünschter Nebeneffekte kann nur durch eine sachgemäße Anwendung präventiver Kontrollstrukturen effektiv reduziert werden. Indes zwingt das System proaktiver Zugangsrechte gerade zur Aufgabe oder Vernachlässigung derartiger vorgeschalteter Überprüfungsmechanismen. Dieser Befund darf vor allem mit Blick auf die tendenziell unkritische Betrachtung proaktiver Veröffentlichungspflichten in Politik und Wissenschaft409 nicht ignoriert werden. Proaktive Zugangsmodi sind kein informationsrechtliches Allheilmittel, sondern bergen bei allen Chancen und Vorteilen auch handfeste Risiken, 407

So in Bezug auf die Preisgabe von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen Prinz, S. 298. Prinz, S. 297. 409 Siehe eingehend zur überwiegend unkritischen Forderung nach (proaktiv vermittelter) Transparenz im politischen und (rechts-)wissenschaftlichen Diskurs Wewer, VM 2014, 4 ff. 408

III. Proaktiver Informationszugang

183

die es in der Anwendungspraxis des Informationsfreiheitsrechts zu neutralisieren gilt. Da der Konflikt zwischen Offenlegungs- und Geheimhaltungsinteressen primär auf der Ebene der informationsrechtlichen Verweigerungsgründe ausgefochten wird, müssen vornehmlich an dieser Stelle entsprechende Ausgleichsmechanismen ansetzen.410 In diesem Zusammenhang sind die Besonderheiten proaktiver Veröffentlichungspolitik maßgeblich bei der verfahrensrechtlichen und der inhaltlich-materiellen Dimension der Ausnahmetatbestände zu berücksichtigen, gegebenenfalls bietet sich auch eine Modifikation des bisher angelegten Auslegungsmaßstabes an.411 In noch fundamentalerer Hinsicht bleibt kritisch zu hinterfragen, inwiefern öffentliche Unternehmen überhaupt einen Beitrag zur Verwirklichung der Ziele proaktiver Veröffentlichungspolitik leisten müssen, wo sich doch an dieser Stelle der Konflikt zwischen Offenlegungs- und Geheimhaltungsinteressen in besonderem Maße entzündet und das Risiko der Entstehung wirtschaftlicher Kollateralschäden übermäßig hoch ist.412 Diese Problemstellungen sollen im späteren Verlauf dieser Untersuchung adressiert und einer praxistauglichen Lösung zugeführt werden. 2. Dogmatische Grundlagen Parallel zu den Ausführungen bei reaktiven Veröffentlichungspflichten lassen sich auch die die dogmatischen Grundlagen von proaktiven Veröffentlichungspflichten im Völkerrecht (a), Europarecht (b) und Verfassungsrecht (c) verorten. a) Völkerrecht Das Völkerrecht äußert sich uneinheitlich zur Implementierung proaktiver Veröffentlichungspflichten. Während sich weder aus Art. 19 AEMR noch aus Art. 19 Abs. 2 IPbpR die allgemeine mitgliedsstaatliche Verpflichtung entnehmen lässt, Informationen und Daten proaktiv zur Verfügung zu stellen,413 beinhaltet die Aarhus-Konvention eigeninitiative Publizitätspflichten: Nach Art. 5 Abs. 2, 3 haben die Mitgliedsstaaten zu gewährleisten, dass Umweltinformationen „auf transparente Art und Weise zur Verfügung“ gestellt werden, dazu gehört nach Art. 5 Abs. 2 lit.b auch „das Führen öffentlich zugänglicher Listen, Register oder Datensammlungen“. Aus der EMRK lassen sich dagegen nur individualisierte aktive Informationsver 410

Siehe C. VIII. 2. Siehe C. V. 1. a) cc). Für eine stärkere Gewichtung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen im Rahmen von proaktiven Unterrichtungspflichten im Umweltrecht auch Kümper / Wittmann, NuR 2011, 840 (846) m. w. N. 412 Siehe C. VII. 2. 413 Vgl. Lederer, S. 109 f. Siehe oben C. II. 1. a) aa). 411

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

pflichtungen des Staates ableiten: So hat der EGMR in Einzelfällen aus dem Gewährleistungsgehalt bestimmter Menschenrechte wie der Achtung des Privat- und Familienlebens aus Art. 8 EMRK414 oder dem Recht auf Leben aus Art. 2 EMRK415 aktive hoheitliche Unterrichtungspflichten gegenüber einzelnen Betroffenen oder einem klar abgrenzbaren Betroffenenkreis anerkannt. Eine staatliche Verpflichtung zur allgemeinen und flächendeckenden Bereitstellung von Informationen entnimmt der EGMR den Menschenrechten indes nicht.416 Nach allgemeiner Auffassung beinhaltet auch Art. 10 Abs. 1 S. 2 EMRK allenfalls reaktive Informationszugangsrechte und keine positive Pflicht des Staates, Informationen zu sammeln und von sich aus für die Allgemeinheit zu veröffentlichen.417 Im Gegensatz hierzu statuiert die Tromsø-Konvention eine, wenn auch sehr „weiche“, da unverbindliche Verpflichtung der öffentlichen Stellen zur proaktiven Veröffentlichung von Informationen und Daten: Nach Art. 10 „soll“ eine öffentliche Stelle dort Maßnahmen zur proaktiven Bereitstellung ergreifen, wo es „angemessen“ ist, um Transparenz, Verwaltungseffizienz und die Partizipation der Öffentlichkeit bei Themen von allgemeinem Interesse zu fördern.418 Den jüngsten völkerrechtlichen Anstoß zur Weiterentwicklung von Open Data- Bestrebungen lieferte der G8-Gipfel in Lough Erne im Juni 2013: Unter britischer Federführung beschlossen die Staats- und Regierungschefs die so genannte „Open Data-Charta“,419 mit der sich die G8-Staaten zu einer breiten Veröffentlichung von Verwaltungsdaten im Sinne von „Open Data“ bekennen.420 Neben Qualitätsanforderungen und technischen Details beinhaltet die Charta das zentrale Prinzip, standardmäßig offene Daten bereitzustellen („open data by default“, vgl. 1.12.). Zugleich legt die Charta einen möglichst weiten Kreis der veröffentlichungspflichtigen Stellen fest. Nach 1.13. soll „Government Data“ nicht nur für Regierungsbehörden gelten, sondern auch für den öffentlichen Sektor

414

EGMR, Urteil vom 19. 02. 1998 – 14967/89, NVwZ 1999, 57 ff. – Guerra u. a. / Italien; Kloepfer, Informationsrecht, § 10, Rn. 27. 415 EGMR, Urteil vom 18. 06. 2002 – 48939/99 – Öneryildiz / Türkei. 416 Vgl. Rossi, S. 51 f.; Haas, S. 25; Ziekow / Debus / Musch, S. 47 m. w. N. 417 Vgl. Schmiedhauer, in: Internationaler Kommentar zur EMRK, Art. 10, Rn. 66; Bernsdorff, in: Meyer / Hölscheidt, GrCh, Art. 11, Fn. 26 mit Verweis auf EGMR, Urteil vom 19. 02. 1998, NVwZ 1999, 57 (58) – Guerra u. a. / Italien: „[The freedom to recieve information] cannot be construed as imposing on a State, in circumstances such as those of the present case, positive obligations to collect and disseminate information of its own motion.“ 418 Siehe den offiziellen Wortlaut von Art. 10: „At its own initiative and where appropriate, a public authority shall take the necessary measures to make public official documents which it holds in the interest of promoting the transparency and efficiency of public administration and to encourage informed participation by the public in matters of general interest.“ Damit greift Art. 10 der Tromsø-Konvention den Wortlaut des Art. XI der Empfehlungen des Europarates zur Nutzung des Internets (REC(2002)2) auf, vgl. Recommendation Rec (2002)2 of the Committee of Ministers to member states on access to official documents, vgl. hierzu auch Lederer, S. 115. 419 Originaltext abrufbar unter: https://www.gov.uk/government/publications/open-datacharter/g8-open-data-charter-and-technical-annex (zuletzt aufgerufen am 19. 11. 2020). 420 BMI, Nationaler Aktionsplan der Bundesregierung zur Umsetzung der Open-Data-Charta der G8, S. 4. Vgl. auch Beyer-Katzenberger, DÖV 2014, 144; Richter, NVwZ 2017, 1408.

III. Proaktiver Informationszugang

185

im weiteren Sinne.421 Nach diesem Verständnis wird auch die Verpflichtung von öffentlichen Unternehmen zur proaktiven Veröffentlichung anerkannt. Als unmittelbare Reaktion auf die Open Government Charta erließ die Bundesregierung 2014 einen „Nationalen Aktionsplan“, der die proaktive Veröffentlichung von Daten zum gesetzgeberischen Grundsatz erheben sollte.422 Die Umsetzung des „Nationalen Aktionsplans“ verläuft jedoch bislang schleppend.423 b) Europarecht aa) Primärrecht Auf primärrechtlicher Ebene beinhaltet Art. 15 Abs. 3 AEUV jedenfalls keine proaktiven Veröffentlichungspflichten für öffentliche Unternehmen der Mitgliedstaaten.424 Auch aus der Meinungsfreiheit gemäß Art. 11 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union425 lassen sich keine proaktiven Veröffent­ lichungspflichten konstruieren.426 bb) Sekundärrecht (1) Verordnungen Vorreiter für die Festlegung von proaktiven Veröffentlichungspflichten ist die Transparenz-Verordnung (EG) 1049/2001. In Art. 11 und Art. 12 der TransparenzVerordnung sah der Unionsgesetzgeber erstmalig umfassende Pflichten zur antragsunabhängigen öffentlichen Zugänglichmachung von Dokumenten vor, unter anderem die Einführung eines zentralen Dokumenten-Registers. Durch die Beschränkung des Anwendungsbereichs der Verordnung auf Eigenverwaltungsorgane der EU sind jedoch öffentliche Unternehmen der Mitgliedsstaaten nicht von diesen Regelungen betroffen. Andere Verordnungen, die sich explizit mit proaktiven Veröffentlichungspflichten von öffentlichen Unternehmen auseinandersetzen, existieren nicht. Aus datenschutzrechtlicher Perspektive sind allenfalls die proaktiven Informationspflichten gegenüber Betroffenen nach Art. 13 und Art. 14 der VO (EU) 421 „We recognise that the term government data is meant in the widest sense possible. This could apply to data owned by national, federal, local, or international government bodies, or by the wider public sector.“ 422 BMI, Nationaler Aktionsplan der Bundesregierung zur Umsetzung der Open-Data-Charta der G8. Siehe auch Richter, NVwZ 2017, 1408; Schnieders, DÖV 2018, 175 (176). 423 Richter, NVwZ 2017, 1408. 424 Siehe C. II. 1. b) aa). 425 Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. C 326 vom 26. 10. 2012, S. 391–407. 426 Bernsdorff, in: Meyer / Hölscheidt, GrCh, Art. 11, Fn. 26 mit Verweis auf EGMR, Urteil vom 19. 12. 1998 – Guerra u. a. / Italien, NVwZ 1999, 57 ff.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

Nr. 2016/79 erwähnenswert (siehe C. II. 1. b) bb) (1) (b)). Auch die VO 2018/1807427 (sog. „Free Flow Verordnung“) zielt zwar gemäß Art. 1 auf die Gewährleistung des freien Verkehrs nicht-personenbezogener Daten innerhalb der Europäischen Union ab, zwingt öffentliche Unternehmen jedoch nicht zur antragsunabhängigen Informationsbereitstellung. Vielmehr setzt die „Free Flow Verordnung“ auf unverbindliche, selbstregulatorische Maßnahmen („Verhaltensregeln“) auf der Grundlage der Grundsätze der Transparenz und der Interoperabilität und unter angemessener Berücksichtigung offener Standards.428 (2) Richtlinien (a) PSI-Richtlinien Die Public Sector Information (PSI)-Richtlinien RL 2003/98/EG, RL 2013/37/ EU und RL (EU) 2019/1024 sind zweifellos von erheblicher Gesamtbedeutung für die Verwirklichung eines europäischen flächendeckenden Open-Data Konzeptes. Ihr Anwendungsbereich erstreckt sich indes nur auf die nachgelagerte Stufe der Weiterverwendung von Daten und lässt die mitgliedsstaatliche Ausgestaltung der Ebene des Informationszugangs grundsätzlich unberührt.429 Die Verpflichtungen der PSI-Richtlinien knüpfen demnach nur an bereits veröffentlichte oder veröffentlichungspflichtige Dokumente an. Die PSI-Richtlinien selbst legen mithin den Mitgliedsstaaten keine proaktiven Veröffentlichungspflichten auf. Vielmehr „ermutigen“ sie lediglich unverbindlich öffentliche Stellen zur Bereitstellung von Dokumenten zur Weiterverwendung.430 Verbindliche Veröffentlichungsverpflichtungen normiert das Unionsrecht hingegen bereichsspezifisch für Geodatensätze in der INSPIRE-Richtlinie 2007/2/ EG, für Umweltinformationen in der Richtlinie 2003/4/EG und Verkehrsinformationen in der IVS-Rahmenrichtlinie 2010/40 (EU). (b) INSPIRE-Richtlinie Die Richtlinie zur Schaffung einer Geodateninfrastruktur in der Europäischen Gemeinschaft („INSPIRE-Richtlinie“)431 trat am 1. Mai 2007 in Kraft. Sie ergänzt 427

Verordnung (EU) 2018/1807 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 14. November 2018 über einen Rahmen für den freien Verkehr nicht-personenbezogener Daten in der Europäischen Union, L 303/59. 428 Vgl. Erwägungsgrund 30 f. der Verordnung (EU) 2018/1807. 429 Erwägungsgrund 9 der RL 2003/98/EG, Erwägungsgrund 7 f. der RL 2013/37/EU. 430 Erwägungsgrund 9 der RL 2003/98/EG. 431 Richtlinie 2007/2/EG vom 14. 03. 2007, ABl. EG Nr. L 108 v. 25. 04. 2007, S. 1. INSPIRE ist hierbei die Abkürzung für „Infrastructure for Spatial Information in Europe“.

III. Proaktiver Informationszugang

187

und erweitert die PSI-Richtlinie 2003/98/EG um den Bereich der Geodaten.432 Durch die Festlegung infrastruktureller Voraussetzungen für die Veröffentlichung raumbezogener Informationen legt die Richtlinie die Grundlagen für den Austausch, die gemeinsame Nutzung, Zugänglichkeit und Verwendung interoperabler Geodaten und Geodatendienste.433 Die Richtlinie definiert in Art. 3 Nr. 2 Geodaten als „alle Daten mit direktem oder indirektem Bezug zu einem bestimmten Standort oder geografischen Gebiet“. Als Beispiele für Geodaten kommen unter anderem topografische Daten, Satelliten- und Luftaufnahmen sowie Daten zu Wasser-, Boden- und Luftqualität in Betracht.434 Daten mit Raumbezug bilden regelmäßig die Basis für wesentliche Prozesse, Planungen und Entscheidungen in Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung. Ihnen wird damit gemeinhin eine hohe und stetig wachsende gesellschaftspolitische wie ökonomische Bedeutung zugesprochen.435 Regulatorischer Kern der INSPIRE-Richtlinie ist die Zusammenführung der einzelnen Geodateninfrastrukturen der Mitgliedstaaten durch Schaffung einer europaweiten zentralen Schnittstelle (INSPIRE-Geoportal), über die sich die Allgemeinheit Zugang zu Geodaten verschaffen kann (vgl. Art. 15 Abs. 1, 2). In diesem Zusammenhang verpflichtet die Richtlinie nicht nur zur proaktiven öffentlichen Bereitstellung von bereits vorhandenen Geodatensätzen, sondern auch zur antragsunabhängigen Veröffentlichung von Daten, die bislang noch nicht verfügbar waren, vgl. Art. 7 Abs. 3 und Art. 11 Abs. 1 S. 2.436 Damit Geodatensätze veröffentlichungspflichtig sind, müssen sie grundsätzlich bei einer Behörde vorhanden sein (vgl. Art. 4 Abs. 1 lit.c). Gemäß Art. 3 Nr. 9 lit. a und b fallen auch juristische Personen des Privatrechts unter den Behördenbegriff der Richtlinie, zumindest wenn sie „b) aufgrund innerstaatlichen Rechts Aufgaben der öffentlichen Verwaltung einschließlich bestimmter Pflichten, Tätigkeiten oder Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Umwelt wahrnehmen“ oder c) unter der Kontrolle eines Hoheitsträgers stehen und „im Zusammenhang mit der Umwelt öffentliche Zuständigkeiten haben, öffentliche Aufgaben wahrnehmen oder öffentliche Dienstleistungen erbringen“.

Da die Voraussetzung des „Zusammenhanges mit der Umwelt“ nach allgemeiner Auffassung weit zu verstehen ist, unterliegen vor allem öffentliche Unternehmen im Bereich der kommunalen Daseinsvorsorge dem Anwendungsbereich der INSPIRE-

432

Erwägungsgrund 8 der Richtlinie 2007/2/EG, vgl. Lederer, S. 127; Neumann, in: Dreier /  Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand  – Zugang und Nutzung, S. 361 (361 f.). 433 Vgl. Erwägungsgrund 3 der Richtlinie 2007/2/EG; Martini / Damm, DVBl. 2013, 1 (4). 434 Vgl. Maisch, K & R 2006, 9 (10). 435 Vgl. Hopf, RiA 2007, 53 (54). So auch Martini / Damm, DVBl. 2013, 1 (1): „Der Boom hat gerade erst begonnen.“ 436 Vgl. Neumann, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 361 (366); Polenz, NVwZ 2010, 485.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

Richtlinie.437 Die gemeinsame Gesetzgebungskompetenz von Bund und Ländern438 bedingte eine Umsetzung der Vorgaben der INSPIRE-Richtlinie in einem Bundesgesetz und 16 Landesgesetzen.439 Zu den Einzelheiten der einfachgesetzlichen Umsetzung auf nationaler Ebene siehe sogleich unter 3. cc). (c) Umweltinformationsrichtlinie Die ursprüngliche Umweltinformationsrichtlinie 90/313/EWG war noch im Grundsatz von dem Verständnis getragen, dass der Weg zur Herstellung einer allgemeinen Umwelt-Informationsöffentlichkeit primär über die Gewährung reaktiver Akteneinsichtsrechte beschritten werden könne.440 Diese Sichtweise wandelte sich mit dem Erlass der Umweltinformationsrichtlinie 2003/4/EG. Mit dieser „Richt­linie der zweiten Generation“441 weitete der Europäische Gesetzgeber nicht nur den Umfang bestehender reaktiver Informationszugangsrechte aus, sondern stellte auch in „angemessenem“442 Umfang konkrete Regelungen zur proaktiven Verbreitung von Umweltinformationen auf. Die antragsunabhängige Informationsbereitstellung soll nach dem Willen des Europäischen Gesetzgebers das allgemeine Umwelt­bewusstsein sowie den Umweltschutz fördern und sich allgemein effizienzsteigernd auswirken.443 Auch öffentliche Unternehmen werden auf diese Weise zur proaktiven Informationspolitik verpflichtet: Wie oben bereits beschrieben, umfasst der Anwendungsbereich der Richtlinie 2003/4/EG auch juristische Personen des Privatrechts im Bereich der umweltbezogenen Daseinsvorsorge. Die zentrale Verankerung von proaktiven Veröffentlichungspflichten findet sich in Art. 7 Abs. 1 S. 1 der Richtlinie. Nach dieser Vorschrift haben die Mitgliedsstaaten sicherzustellen, dass öffentliche Stellen „die für ihre Aufgaben relevanten und bei ihnen vorhandenen oder für sie bereitgehaltenen Umweltinformationen aufbereiten, damit eine aktive und systematische Verbreitung in der Öffentlichkeit erfolgen kann“.

437

Vgl. Neumann, S. 199. Zu den Einzelheiten siehe Martini / Damm, DVBl. 2013, 1 (5); Neumann, S. 534 ff. 439 Vgl. Neumann, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 361 (367); Pilz / Krumpe, EuZW 2017, 669 (670). 440 Die zentrale Anspruchsnorm der Richtlinie 90/313/EWG war Art. 3 Abs. 1. Hiernach wurde der Zugang zu Umweltinformationen grundsätzlich auf Antrag gewährt. Art. 7 der RL 90/313/ EWG beauftragte die Mitgliedsstaaten lediglich damit, allgemeine Umweltinformationen, beispielsweise Zustandsberichte, zur Verfügung zu stellen. 441 Schrader, ZUR 2004, 130 (131). 442 Erwägungsgrund 21 der Richtlinie 2003/4/EG. 443 Erwägungsgrund 21 der Richtlinie 2003/4/EG; Schrader ZUR 2004, 130 (131), für den eine proaktive Veröffentlichungspraxis zu einer Vermeidung von „Datenfriedhöfen“ oder „Datendschungeln“ führt. 438

III. Proaktiver Informationszugang

189

Zugleich sollen nach Art. 7 Abs. 1 S. 3 „Umweltinformationen zunehmend in elektronischen Datenbanken zugänglich gemacht werden, die der Öffentlichkeit über öffentliche Telekommunikationsnetze leicht zugänglich sind“. Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie benennt hierbei in nicht abschließender Form („unter anderem“) bestimmte Arten von Informationen, die zwingend proaktiv zugänglich zu machen sind.444 Von besonderer Bedeutung für öffentliche Unternehmen sind hierbei „Umweltzustandsberichte“ (lit. d), „Daten oder Zusammenfassungen von Daten aus der Überwachung von Tätigkeiten, die sich auf die Umwelt auswirken oder wahrscheinlich auswirken“ (lit. e) und Genehmigungen und Umweltvereinbarungen, die erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben (lit. f). Nach Art. 8 Abs. 1 RL 2003/4/EG müssen die zusammengestellten Informationen „aktuell, exakt und vergleichbar“ sein.445 Die Vorgaben der Richtlinie zur proaktiven Veröffentlichung von Umweltinformationen wurden durch das UIG des Bundes (§ 10 UIG) und die UIG der Länder umgesetzt.446 (d) IVS-Rahmenrichtlinie Die Richtlinie 2010/40 (EU) vom 7. Juli 2010 zum Rahmen für die Einführung intelligenter Verkehrssysteme im Straßenverkehr und für deren Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern447 schafft einen allgemeinen europaweiten Rahmen zur Unterstützung einer koordinierten und kohärenten Einführung und Nutzung intelligenter Verkehrssysteme (IVS) in der Union, vgl. Art. 1 Abs. 1. Als intelligente Verkehrssysteme (IVS) werden hochentwickelte Anwendungen bezeichnet, die darauf abzielen, innovative Verkehrsdienstleistungen anzubieten und ihre Nutzer mit umfassenden Verkehrsinformationen zu versorgen, um diese in die Lage zu versetzen, die Verkehrsnetze auf sichere und „klügere“ Art und Weise zu nutzen.448 Der Hintergrund der Richtlinie ist, dass der EU-Gesetzgeber fürchtet, dass die eigenständige Implementierung intelligenter Verkehrssysteme in den einzelnen Mitgliedsstaaten zu untereinander inkompatiblen Systemen führt.449 Zur Vermeidung einer solchen Entwicklung soll die IVS-RL vor allem die unionsweite Interoperabilität und Effizienz von Verkehrssystemen garantieren.450 Konkret soll dieses Ziel durch den Erlass von Spezifikations-Verordnungen durch die Europäische Kommission erreicht werden.451 Art. 7 Abs. 1 der RL 2010/40 ermächtigt diesbezüglich die Kommission 444

Vgl. Schrader, ZUR 2004, 130 (134). Lederer, S. 125. 446 Zu den Einzelheiten siehe C. II. 2. a) cc). 447 Abl. L 207 vom 06. 08. 2010, S. 1–13. 448 Vgl. Erwägungsgrund 3 der Richtlinie 2010/40 (EU). 449 Vgl. Jochum, ZD 2020, 497 (498). 450 Vgl. Jochum, ZD 2020, 497 (498). 451 Vgl. Erwägungsgrund 7 der Richtlinie 2010/40 (EU). 445

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

zum Erlass von delegierten Rechtsakten gem. Art. 290 AEUV. Die Kommission hat bislang von dieser Ermächtigung mehrfach Gebrauch gemacht und beispielsweise delegierte Verordnungen für die Bereitstellung von Informationsdiensten für LKW-Parkplätze, von sicherheitsrelevanten Verkehrsinformationen, EU-weiten Echtzeit-Verkehrsinformationsdiensten und multimedialen Reiseinformationsdiensten erlassen.452 Diese delegierten Verordnungen sehen die Einrichtung eines „zentralen nationalen Zugangspunkts“ als gemeinsame Anlaufstelle für potentielle Informationsnutzer vor, vgl. Art. 3 Abs. 1 der VO (EU) 2017/1926. Gleichzeitig verpflichten die Verordnungen Verkehrs -und Infrastrukturbetreiber zur Bereitstellung ihrer Reise- und Verkehrsdaten auf diesem nationalen Zugangspunkt, vgl. Art. 4 Abs. 1, 3 der VO (EU) 2017/1926. Ein Verkehrsbetreiber wird definiert als „öffentliche oder private Einrichtung, die für die Aufrechterhaltung und Verwaltung von Verkehrsdiensten zuständig ist“ (vgl. Art. 2 Nr. 11 der VO (EU) 2017/1926). Infrastrukturbetreiber sind „öffentliche oder private Stellen oder Unternehmen, die insbesondere für die Einrichtung und die Unterhaltung der Infrastruktur oder von Teilen davon zuständig sind“ (vgl. Art. 2 Nr. 23 der VO (EU) 2017/1926). In beiden Fällen kommen damit auch öffentliche Unternehmen als Bereitstellungsverpflichtete in Betracht. cc) Zwischenergebnis Auf der Ebene des Völker- und Europarechts werden öffentliche Unternehmen vor allem im Bereich der Umwelt-, Verkehrs- und Geodaten zur proaktiven Öffnung ihrer Aktenschränke verpflichtet. Zentrale Regelungsregime sind hier die INSPIRE-Richtlinie, die Umweltinformationsrichtlinie und die IVS-Rahmenrichtlinie. Allgemeine und bereichsunabhängige Informationspflichten ergeben sich aus supranationalen Recht jedoch nicht. c) Verfassungsrecht Zu untersuchen ist, ob die Einführung allgemeiner proaktiver Veröffentlichungspflichten für öffentliche Unternehmen einer bundes- (aa) oder landesverfassungsrechtlichen (bb) Prädetermination unterliegt. 452

Siehe die Delegierte VO (EG) Nr. 885/2013 vom 15. 05. 2013 in Bezug auf die Bereitstellung von Informationsdiensten für sichere Parkplätze für Lastkraftwagen und andere gewerb­ liche Fahrzeuge, ABl. EU 2013 L 247, 1; Delegierte VO (EG) Nr. 886/2013 vom 15. 05. 2013 in Bezug auf Daten und Verfahren für die möglichst unentgeltliche Bereitstellung eines Mindestniveaus allgemeiner für die Straßenverkehrssicherheit relevanter Verkehrsinformationen, ABl. EU 2013 L 247, 6; Delegierte VO (EU) 2015/962 vom 18. Dezember 2014 hinsichtlich der Bereitstellung EU-weiter Echtzeit-Verkehrsinformationsdienste, ABl. 2015 L 157, 21; Delegierte VO (EU) 2017/1926 vom 31. 05. 2017 hinsichtlich der Bereitstellung EU-weiter multimodaler Reiseinformationsdienste, ABl. EU 2017 L 272, 1.

III. Proaktiver Informationszugang

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aa) Bundesverfassungsrecht Das Grundgesetz schweigt zu „Open Data“.453 Es existiert kein normiertes allgemeines Grundrecht auf Informationszugang, weder auf reaktiver noch auf proaktiver Basis. Verbindliche verfassungsrechtliche Vorgaben, etwa aus dem Rechtsstaats- oder Demokratieprinzip, bestehen lediglich in Form von Minimalstandards zur öffentlichkeitsfreundlichen Ausgestaltung staatlichen Handelns, innerhalb derer dem Gesetzgeber ein weiter Ausgestaltungsspielraum zukommt.454 Aus den Staatstrukturprinzipien lässt sich demnach zwar ein „allgemeines Öffentlichkeitsgebot“ ableiten,455 jedoch kein konkreter reaktiver Veröffentlichungsauftrag.456 Erst Recht können das Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip den Gesetzgeber damit nicht zur Schaffung von proaktiven Veröffentlichungspflichten verpflichten. Selbiges muss mit Blick auf die grundrechtlich verbürgte Informationsfreiheit gelten: Nach dem Wortlaut des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG steht der Gewährleistungsgehalt der Informationsfreiheit unter dem Vorbehalt der „allgemein zugäng­ lichen Quelle“. Wie oben bereits aufgezeigt, folgern hieraus das Bundesverfassungsgericht und die herrschende Literaturmeinung, dass der Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG erst dann eröffnet ist, wenn sich der Gesetzgeber selbst aktiv für die Zugänglichmachung seiner Informationsquelle entschieden hat.457 Auf welche Art und Weise die Zugänglichmachung der Informationsquelle erfolgen soll, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Ordnet der Gesetzgeber demnach proaktive Veröffentlichungspflichten an, wird die Informationsquelle in diesem Umfang „allgemein zugänglich“ im Sinne des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG. Der Zugang zu jenen Verwaltungsinformationen ist damit ab diesem Zeitpunkt von dem Schutzbereich der Informationsfreiheit umfasst. Allerdings gilt es auch an dieser Stelle zu betonen, dass Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG nach herrschender und zutreffender Auffassung kein subjektiv-öffentliches Recht auf Eröffnung einer Informationsquelle verleiht.458 Entsprechend folgt auch die Implementierung von proaktiven Informationsbereitstellungspflichten allein der legislativen Gestaltungsprärogative, nicht aber aus einem verbindlichen Verfassungsauftrag. 453

von Lewinksi, in: Hill / Schliesky (Hrsg.): Die Neubestimmung der Privatheit, S. 53 (63). Auch der 2017 neu geschaffene und mit dem Onlinezugangsgesetz (OZG) umgesetzte Art. 91c Abs. 5 GG verpflichtet Bund und Länder lediglich, ihre (bereits bestehenden) Verwaltungsleistungen auch elektronisch bereitzustellen und online erreichbar zu machen, vgl. BT-Drs. 18/ 11131, S. 16. Reaktive oder proaktive Informationszugangsansprüche werden hieraus weder erweitert noch begründet. 454 Siehe oben C. II. 1. c) aa) (2). 455 Drefs, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 89 (102). 456 Siehe C. II. 1. c) aa) (1). 457 Vgl. BVerfGE 103, 44 (60); Wendt, in: von Münch / Kunig, GG, Art. 5, Rn. 23; Schemmer, in: BeckOK, GG, Art. 5, Rn. 32; Bethge, in: Sachs, GG, Art. 5, Rn. 59a; Degenhart, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 1 und 2, Rn. 178. 458 Anstatt vieler Schoch, IFG, Einl., Rn. 68 m. w. N.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

Zu einem gegenteiligen Ergebnis kommen wiederum einzelne Stimmen aus der Literatur, die die „Allgemeinzugänglichkeit“ aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG im Rahmen einer demokratietheoretischen Neuinterpretation459 nicht als Resultat einer freien Ausgestaltungsentscheidung des Verfügungsberechtigten betrachten, sondern als eigenständigen Verfassungsbegriff, dessen Mindest-Reichweite von den Wertentscheidungen des Grundgesetzes selbst determiniert wird.460 Nach den Vertretern dieser Ansicht verbürgen rechtsstaatliche und demokratische Garantien ein allgemeines Öffentlichkeitsgebot, das den Staat zur prinzipiellen Verfügbarmachung seines Informationsmaterials in Form der Herstellung eines informationellen Minimalstandards zwingt.461 Dieser Sichtweise folgend stellt jede Unterschreitung des verfassungsrechtlich vorgegebenen Minimalstandards einen rechtfertigungsbedürftigen Eingriff in die Informationsfreiheit im Sinne von Art. 5 Abs. 2 GG dar.462 Mithin stellt sich die Frage, ob sich die grundgesetzlichen Anforderungen für die Schaffung von staatlicher Transparenz dergestalt verdichten, dass die MindestReichweite des rechtsstaatlich induzierten allgemeinen Öffentlichkeitsgebots nur durch Schaffung von proaktiven Veröffentlichungspflichten erfüllt werden kann. Lederer bejaht dies.463 Sie argumentiert, dass sich der Auftrag zur Herstellung einer aktiven Informationsöffentlichkeit bereits aus dem rechtsstaatlich fundierten Rechtsgedanken des Art. 82 GG ergebe.464 Ferner behindere die räumlich-zeitliche Begrenztheit des reaktiven Informationszugangsrechts die Gewährleistung realer (Informations-)Freiheit.465 Letztendlich korrespondieren für sie die entwicklungsoffene Auslegung des Merkmals der „Allgemeinzugänglichkeit“ als Verfassungsbegriff und der Verfassungsauftrag zur Gewährleistung realer Freiheit zwingend mit der Notwendigkeit antragsunabhängiger Informationszugangsmodi.466 Diese Sichtweise ist im Ergebnis nicht überzeugend. Wie oben bereits dargelegt, überspannt bereits die Annahme einer prinzipiellen reaktiven Auskunftspflicht die Wortlautgrenze des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG.467 Erst recht kann damit in das Merkmal der „Zugänglichmachung“ kein verbindlicher Verfassungsauftrag zur Schaffung proaktiver Veröffentlichungspflichten hineingelesen werden, zumal die Implementierung von antragsunabhängigen Informationsbereitstellungspflichten deutlich höhere Risiken für die Preisgabe sensibler Informationen und damit Grundrechtspositionen Dritter birgt als ein antragsbasiertes Informationszugangssystem, das auf strukturell vorgeschaltete Prüf- und Abwägungsmechanismen ver-

459 Grundlegend zu der Methodik der Verfassungsneuinterpretation Böckenförde, NJW 1976, 2089 ff.; Herdegen, JZ 2004, 873 ff. 460 So etwa Lederer, S. 449 ff. m. w. N.; Wegener, in: FS Bartlsperger, S. 165 (178). 461 Lederer, S. 451; Wegener, S. 487 f. 462 Lederer, S. 449; so auch Greve, NVwZ 2014, 275 (277); Angelov, S. 45. 463 Vgl. Lederer, S. 475 ff. 464 Vgl. Lederer, S. 475. 465 Vgl. Lederer, S. 476. 466 Vgl. Lederer, S. 477. 467 Siehe oben C. II. 1. c) aa) (2) (a).

III. Proaktiver Informationszugang

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trauen kann.468 Außerdem erscheint es fernliegend, dass aus Art. 82 GG gerade ein rechtsstaatliches Gebot proaktiver Veröffentlichungspolitik folgen soll. Aus der ausdrücklichen Festschreibung der Parlamentsöffentlichkeit in Art. 42 Abs. 1 GG lässt sich vielmehr im Umkehrschluss ableiten, dass das Grundgesetz prinzipiell gerade nicht von einer (proaktiv vermittelten) Transparenz staatlicher Einrichtungen ausgeht.469 Auch der objektiv-rechtliche Gewährleistungsgehalt der Grundrechte zwingt den Gesetzgeber nicht zur Schaffung von proaktiven Veröffentlichungspflichten. Die Ausstrahlungswirkung der Kommunikationsgrundrechte nach Art. 5 Abs. 1 GG verpflichtet den Gesetzgeber lediglich zur Schaffung und Aufrechterhaltung einer funktionierenden gesamtgesellschaftlichen Informationsinfrastruktur.470 Mit welchen Mitteln der Gesetzgeber das Mindestmaß einer „informationellen Grundversorgung“ sicherstellt, steht ihm dabei grundsätzlich frei. Die Schaffung von proaktiven Veröffentlichungsinstrumenten ist in diesem Kontext nur eine denkbare Ausgestaltungsmöglichkeit von vielen.471 Nach der obigen Argumentation lässt sich der vom Grundgesetz vorgeschriebene informationsrechtliche Minimalstandard auch allein über die Implementierung antragsbasierter Informationszugangsmechanismen erfüllen. Die zwingende verfassungsrechtliche Pflicht zur Herstellung einer proaktiven Informationsöffentlichkeit lässt sich mithin auch mit dem Konzept der „informationellen Grundversorgung“ nicht abschließend begründen. Insgesamt ist damit das Schweigen des Grundgesetzes zu „Open Data“ nicht nur ein formal-sprachliches, sondern auch ein materiell-inhaltliches. Aus dem Bundesverfassungsrecht lässt sich kein zwingender Auftrag zur Schaffung von proaktiven Veröffentlichungspflichten ableiten. Entscheidet sich jedoch der Gesetzgeber für die Festschreibung von proaktiven Informationszugangsrechten, ist der Zugang zu diesen Informationen vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG erfasst. bb) Landesverfassungsrecht Im Gegensatz zum „schweigenden“ Grundgesetz zielen manche Landesverfassungen begrifflich offensiver auf die Herstellung einer allgemeinen Informationsöffentlichkeit. Gemäß Art. 39 Abs. 7 S. 1 Hs. 2 der Brandenburger Landesverfassung haben sowohl öffentliche Institutionen als auch private Eigentümer und Betreiber von

468 Vgl. Mast, in: Hoffmann-Riem (Hrsg.): Big Data – regulative Herausforderungen, S. 125 (131); Gusy, DVBl. 2013, 941 (943). 469 Vgl. Partsch, Die Freiheit des Zugangs zu Verwaltungsinformationen, S. 104. 470 Siehe hierzu C. II. 1. c) aa) (2) (e). 471 In diese Richtung auch Schoch, IFG, Einl., Rn. 81.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

Anlagen eine bereichsspezifische „Offenbarungspflicht“ in Bezug auf Informationen über gegenwärtige und zu erwartende Belastungen der natürlichen Umwelt: „Das Land, die Gemeinden und Gemeindeverbände sind verpflichtet, Informationen über gegenwärtige und zu erwartende Belastungen der natürlichen Umwelt zu erheben und zu dokumentieren; Eigentümer und Betreiber von Anlagen haben eine entsprechende Offenbarungspflicht. Jeder hat das Recht auf diese Informationen, soweit nicht überwiegende öffentliche oder private Interessen entgegenstehen.“

Ob diese Formulierung auch tatsächlich den Landesgesetzgeber zu der einfachgesetzlichen Schaffung einer proaktiven Informationspolitik verpflichtet, ist unklar. Nach dem Wortlaut drängt sich eine derartige Interpretation nicht zwingend auf. Der Begriff der „Offenbarungspflicht“ muss nicht als proaktiver Veröffent­ lichungsauftrag verstanden werden. Das Verb „offenbaren“ meint nach dem natürlichen Sprachgebrauch grundsätzlich „etwas, was bisher verborgen war, […] offen zeigen, enthüllen“.472 Rein sprachlich kann der Ausdruck „Offenbarungspflicht“ damit auch rein reaktive Veröffentlichungspraktiken beschreiben. Für die Annahme eines proaktiven Veröffentlichungsauftrags spricht indes die Systematik der Brandenburger Verfassung. Da Art. 21 Abs. 4 dem Bürger bereits allgemeine und umfassende Akteneinsichtsrechte garantiert,473 wäre die „Offenbarungspflicht“ aus Art. 39 Abs. 7 S. 1 Hs. 2 LV BBg bei einer Beschränkung auf reaktive Publizitätspflichten schlicht obsolet. Ein solches Ergebnis kann vom Verfassungsgeber nicht gewollt sein, so dass letztendlich davon auszugehen ist, dass Art. 39 Abs. 7 S. 1 Hs. 2 LV BBg auch den Auftrag zur antragsunabhängigen Bereitstellung von Umweltinformationen umfasst. Dieses Ergebnis fügt sich auch widerspruchsfrei in die Wertung des europäischen Umweltinformationsrechts ein. Dort sind vergleichbare proaktive Offenbarungspflichten bereits anerkannt und einfachgesetzlich umgesetzt.474 Richtigerweise ist mithin davon auszugehen, dass auch Art. 39 Abs. 7 S. 1 Hs. 2 LV BBg für Umweltinformationen ausnahmsweise einen landesverfassungsrechtlichen Auftrag zur einfachgesetzlichen Etablierung von proaktiven Veröffentlichungspflichten enthält. Auf den ersten Blick ließe sich vermuten, dass auch die Landesverfassung in Schleswig-Holstein475 den Gesetzgeber zur Einführung von proaktiven Veröffentlichungspraktiken verpflichtet. Im Dezember 2014 wurde dort mit dem neu einge-

472 Vgl. Duden-Online, abrufbar unter: https://www.duden.de/node/154775/revision/154811 (zuletzt abgerufen am 01. 03. 2021). 473 Siehe oben C. II. 1. c) bb). 474 Vgl. Art. 7 Abs. 1 S. 1 der Richtlinie 2003/4/EG, umgesetzt in § 10 Abs. 1 S. 1 UIG. Schwarz, in: Merten / Papier, HGR, Bd. VIII, § 237, Rn. 25 weist jedoch zu Recht darauf hin, dass das UIG des Bundes im Gegensatz zu Art. 39 Abs. 7 Verf. Brandenburg keine allgemeinen Erhebungs- und Dokumentationspflichten der öffentlichen Hand kennt. 475 Verfassung des Landes Schleswig-Holstein in der Fassung vom 2. Dezember 2014 (GVOBl. Schl.-H. S. 344, ber. 2015 S. 41) GS Schl.-H. II, Gl.Nr. 100–1. Zuletzt geändert durch Art. 1 ÄndG vom 19. 12. 2016 (GVOBl. Schl.-H. S. 1008).

III. Proaktiver Informationszugang

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fügten Art. 53 die Schaffung von „Transparenz“ ausdrücklich zum Verfassungsgut erhoben.476 In Art. 53 heißt es: „Die Behörden des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände stellen amtliche Informationen zur Verfügung, soweit nicht entgegenstehende öffentliche oder schutzwürdige private Interessen überwiegen. Das Nähere regelt ein Gesetz.“

Art. 53 S. 1 LV-SH erhebt das Konzept der allgemeinen Informationsöffentlichkeit zur verfassungsrechtlichen Leitidee und Handlungsmaxime der Verwaltung.477 Die genaue Ausgestaltung obliegt gemäß Art. 53 S. 2 LV-SH dem Gesetzgeber. Die Verfassungsvorschrift des Art. 53 S. 1 LV-SH richtet sich ausdrücklich allein an „Behörden des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände“ und begründet damit aus Bürgersicht keine Individualansprüche.478 Ob auch öffentliche Unternehmen von Art. 53 LV-SH in die Pflicht genommen werden, ist dem Wortlaut nach unklar. Richtigerweise ist zu differenzieren: Als Behörde des Landes gilt grundsätzlich jede der öffentlichen Verwaltung zurechenbare Stelle, die materiell Verwaltungstätigkeiten wahrnimmt.479 Angesprochen sind damit jedenfalls Beliehene. Von der öffentlichen Hand beherrschte Privatrechtssubjekte, die ohne den Einsatz hoheitlicher Sonderrechte öffentliche Aufgaben der Daseinsvorsorge erbringen, unterfallen dagegen nicht dem Transparenzauftrag des Art. 53 LV-SH. Diese Wertung deckt sich auch mit der einfachgesetzlich vorgenommenen Ausgestaltung des Informationsfreiheitsrechts in Schleswig-Holstein nach Art. 53 S. 2 LV-SH i. V. m. § 2 Abs. 3 Nr. 2 IZG-SH. Fraglich ist, ob Art. 53 LV-SH konkret den verfassungsrechtlichen Auftrag zur Schaffung von proaktiven Informationszugangsrechten beinhaltet. Die Formulierung „überwiegen“ erklärt zunächst die Bereitstellung von Informationen durch Landes- und Kommunalbehörden von Verfassung wegen zur Regel und impliziert damit eine Umkehr des bisher geltenden Regel-Ausnahme-Verhältnisses von Geheimhaltung und Offenlegung.480 Anders als es der Wortlaut jedoch nahe legt, sollen die Behörden durch Art. 53 LV-SH gerade nicht dazu verpflichtet werden, Informationen proaktiv öffentlich bereit zu stellen.481 Im Gegenteil, nach der Ge 476

Gesetz zur Änderung der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein v. 12. 11. 2014, Gesetz- und Verordnungsblatt Schleswig-Holstein, C 3232 A, S. 329. Damit bewegt sich der Gesetzgeber in einer „kompetenzrechtlichen Grauzone“, zu den Einzelheiten siehe Becker, in: Merten / Papier (Hrsg.): HGR VIII, § 259, Rn. 86. 477 Vgl. Schulz, in: Becker / Brüning / Ewer / Schliesky (Hrsg.): Verfassung des Landes Schleswig-Holstein, Art. 53, Rn. 2. 478 LT-Drs. 18/2115, S. 29: „Art. 53 LV (neu) verpflichtet das Land, die Gemeinden und Gemeindeverbände, amtliche Informationen zur Verfügung zu stellen. Aus der Verfassungsbestimmung ergibt sich lediglich eine an die Verwaltung gerichtete Verpflichtung. Individualansprüche folgen aus ihr nicht.“ Ebenso Schulz, in: Becker / Brüning / Ewer / Schliesky (Hrsg.): Verfassung des Landes Schleswig-Holstein, Art. 53, Rn. 4. 479 Vgl. Schulz, in: Becker / Brüning / Ewer / Schliesky (Hrsg.): Verfassung des Landes Schleswig-Holstein, Art. 53, Rn. 11. 480 LT-Drs. 18/2115, S. 31; Engewald, NordÖR 2017, 209 (210). 481 LT-Drs. 18/2115, S. 30; Becker, in: Merten / Papier (Hrsg.): HGR VIII, § 259, Rn. 82.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

setzesbegründung soll für ein „zur Verfügung stellen“ gemäß Art. 53 LV-SH die individuelle Beantwortung eines Antrages auf Informationszugang ausreichen.482 Nach diesem Verständnis begnügt sich Art. 53 LV-SH mit der Herstellung von Transparenz in bilateralen Rechtsbeziehungen. Das Fehlen eines zwingenden Bekenntnisses zur aktiven Informationspolitik stößt in der Literatur vereinzelt auf Kritik.483 Die Landesverfassungen der übrigen Bundesländer enthalten keine Vorgaben für die proaktive Bereitstellung öffentlicher Informationen. cc) Zwischenergebnis Weder aus allgemeinen Staatsstrukturprinzipien, noch aus (objektiv-)grundrechtlichen Gewährleistungsgehalten lässt sich eine verfassungsrechtliche Pflicht zur einfachgesetzlichen Herstellung von proaktiven Veröffentlichungspflichten ableiten. Die Gegenauffassung von Lederer, die eine Verpflichtung zur proaktiven Veröffentlichung von öffentlichen Informationen aus einer dynamischen Neuinterpretation von Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG konstruiert, ist im Ergebnis abzulehnen. Gegen sie spricht bereits die Wortlautgrenze des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG. Ein zwingender verfassungsrechtlicher Gestaltungsauftrag zur einfachgesetzlichen Etablierung von proaktiven Informationspflichten findet sich dagegen in der Brandenburgischen Landesverfassung, allerdings bereichsspezifisch beschränkt auf Umweltinformationen. 3. Einfachgesetzliche Ausgestaltung Obwohl verfassungsrechtlich nicht oder allenfalls rudimentär geboten, entschließt sich der einfache Gesetzgeber auf Bundes- und Landesebene im Rahmen seines weiten informationsrechtlichen Gestaltungsspielraumes immer häufiger zur expliziten Normierung proaktiver Veröffentlichungspflichten. Im nachfolgenden Abschnitt soll untersucht werden, inwieweit diese Veröffentlichungsbefehle auch öffentliche Unternehmen adressieren. Dabei soll ein besonderes Augenmerk auf die Frage gelegt werden, ob die Pflicht zur antragsunabhängigen Publizität auch zur Preisgabe wettbewerbssensiblen Informationsmaterials zwingt und wenn ja, nach welchen Mechanismen der damit verbundene Konflikt zwischen Offenlegung und Geheimhaltungsinteressen aufgelöst werden soll.

482

LT-Drs. 18/2115, S. 30; Becker, in: Merten / Papier (Hrsg.): HGR VIII, § 259, Rn. 82. Schulz, in: Becker / Brüning / Ewer / Schliesky (Hrsg.): Verfassung des Landes SchleswigHolstein, Art. 53, Rn. 14. Allgemein kritisch zur einfachgesetzlichen Konkretisierung durch das IZG-SH, welches den politischen Anspruch verfehle, Schleswig-Holstein zu einem Vorbild für aktive Informationspolitik zu entwickeln Engewald, NordÖR 2017, 209 (222). 483

III. Proaktiver Informationszugang

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a) Bundesrecht aa) IFG Das IFG geht zwar im Grundsatz von einer reaktiven Zugangsgewährung aus (vgl. § 1 Abs. 1 IFG). Als „Ergänzung“ hierzu sieht jedoch § 11 IFG vorsichtige Maßnahmen zur Herstellung einer proaktiven Veröffentlichungspolitik der Verwaltung vor.484 Nach § 11 Abs. 1 IFG sollen Behörden Verzeichnisse über ihre vorhandenen Informationssammlungen führen. Diese Verzeichnisse sollen ebenso wie „weitere geeignete Informationen“ im Anschluss in elektronischer Form allgemein zugänglich gemacht werden (Abs. 3). Mit der Ausgestaltung als „Soll“-Vorschrift erlaubt der Gesetzgeber der Behörde, die betreffende Information in einer aty­ pischen Einzelfallkonstellation zurückzuhalten oder in Papierform als Broschüre verfügbar zu machen.485 Keine Abweichungsmöglichkeit sieht dagegen § 11 Abs. 2 IFG vor. Nach dieser Vorschrift sind interne Organisations- und Aktenpläne stets allgemein zugänglich zu machen. (1) Normzweck Insgesamt fällt auf, dass sich die Veröffentlichungspflicht des § 11 IFG auf abstrakte und übergeordnete Meta-Verzeichnisse beschränkt, ohne konkrete Einzelinformationen als veröffentlichungspflichtig zu deklarieren. Dieser Befund lässt sich auf die Tatsache zurückführen, dass § 11 IFG nach der Begründung des Gesetzgebers in der Informationszugangssystematik des IFG lediglich eine dienende Funktion zukommen soll.486 Die über § 11 IFG proaktiv bereitgestellten Informationen sollen den reaktiven Informationszugang nicht ersetzen oder vorweg nehmen, sondern fördern, indem sie als Vorstufe und Orientierungshilfe die Informationssuche des potentiellen Antragstellers erleichtern und ihm dabei helfen, sein reaktives Auskunftsgesuch zu präzisieren.487 Auf diese Weise soll die Verwaltung vor ungezielten Anfragen bewahrt und entlastet werden. Letztendlich steckt damit hinter § 11 IFG der Gedanke der Verwaltungsvereinfachung.488 Die „Degradierung“ von proaktiver Informationspolitik zum bloßen Antragshelfer erfährt in der Literatur zunehmend Kritik. Vor dem Hintergrund der überwiegenden Ausgestaltung als „Soll“-Vorschrift wird § 11 IFG in der Literatur insgesamt als zu „weich“ und 484

BT-Drs. 15/4493, S. 16; Schoch, IFG, § 11, Rn. 2 f.; Jastrow / Schlattmann, § 11 IFG, Rn. 1; Uphues, ZRP 2021, 41 (42). 485 Vgl. Schoch, IFG, § 11, Rn. 3. Allgemein zu „Soll“-Vorschriften im Verwaltungsrecht siehe Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 40, Rn. 26. Zur Verwendung von Broschüren ­Ziekow / Debus / Musch, S. 41 1 f. 486 Vgl. VG Ansbach, Urteil vom 14. 11. 2014 – AN 14 K 13.00671, BeckRS 2014, 58968; Rossi, IFG, § 11, Rn. 6; Schnabel, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 11 IFG, Rn. 4. 487 Vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 16; Schoch, IFG, § 11, Rn. 6. 488 Vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 16; Schoch, IFG, § 11, Rn. 6.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

„zurückhaltend“ bewertet.489 Auch in der Praxis scheint § 11 IFG nur bedingte Wirkungskraft zu entfalten: Veröffentlichende Behörden stellen nicht fest, dass die proaktive Bereitstellung von Informationen zu einer effektiveren oder umfassenderen Wahrnehmung von reaktiven Auskunftsrechten führt, informationssuchende Bürger fühlen sich nur „sehr lückenhaft“ oder gar „schlecht“ informiert.490 (2) Adressatenkreis Darüber hinaus ist bereits unklar, ob auch öffentliche Unternehmen Adressaten der Veröffentlichungspflichten nach § 11 IFG sind. § 11 Abs. 1 IFG richtet sich nach dem ausdrücklichen Wortlaut ausschließlich an „Behörden“. Unstreitig sind damit Behörden der unmittelbaren und mittelbaren Bundesverwaltung im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 1 IFG gemeint.491 Öffentliche Unternehmen hingegen sind kraft des Wortlautes keine „Behörden“ im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 1 IFG, sondern stehen nach § 1 Abs. 1 S. 3 IFG lediglich den „Behörden im Sinne dieser Vorschrift“ gleich. Nach einer Ansicht sind der Wortlaut und die Gesetzessystematik ernst zu nehmen und der Begriff der „Behörde“ so eng auszulegen, dass nur Behörden im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 1 IFG umfasst werden, nicht jedoch die in § 1 Abs. 1 S. 3 IFG genannten Privatrechtssubjekte, die zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben eingesetzt werden.492 Die Tatsache, dass § 1 Abs. 1 S. 3 IFG von „Behörden im Sinne dieser Vorschrift“ spricht, stellt nach Vertretern dieser Ansicht klar, dass öffentliche Unternehmen gerade nicht auch als Behörden im Sinne von § 11 IFG verstanden werden sollen.493 Demgegenüber verstehen andere Stimmen den Begriff der „Behörden“ weit im Sinne des gesamten § 1 Abs. 1 IFG und schließen auch öffentliche Unternehmen in den Anwendungsbereich des § 11 IFG ein, die nach § 1 Abs. 1 S. 3 IFG Behörden gleichgestellt sind.494 Diese Ansicht überzeugt. Wie eingangs ausgeführt, soll § 11 IFG der Verwaltungsvereinfachung dienen, indem die proaktive Veröffentlichung von Meta-Informationen die Stellung von reaktiven Informationsanträgen erleichtert und auf diese Weise den verwaltungsinternen Bearbeitungsaufwand minimiert.495 Das Ziel der Verwaltungsvereinfachung bliebe nur unzureichend erfüllt, wenn proaktive Veröffentlichungspflichten als vorge 489

Vgl. Schnabel, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 11 IFG, Rn. 16; Janda, VM 2011, 227 ff.; von Lewinski, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 437 (441 f.); Ziekow / Debus /  Musch, S. 450. 490 Siehe hierzu die Befragung von Behörden und Antragsstellern bei Ziekow / Debus / Musch, S. 417 ff. 491 Schoch, IFG, § 11, Rn. 1. 492 Schoch, IFG, § 11, Rn. 1; Brink, in: Brink / Polenz / Blatt, IFG, § 11, Rn. 4. 493 Vgl. Schoch, IFG, § 11, Rn. 1; Guckelberger, in: Fluck / Fischer / Martini, Informationsfreiheitsrecht, § 11 IFG, Rn. 26. 494 Jastrow / Schlattmann, § 11 IFG, Rn. 1. 495 Vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 16.

III. Proaktiver Informationszugang

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schaltete proaktive Hilfsinstanz bei nach § 1 Abs. 1 S. 3 IFG reaktiv Auskunftsverpflichteten keine Anwendung finden würden. Im Gegenteil, das behördliche Auskunftsverfahren bei Informationen von öffentlichen Unternehmen ist besonders zeit- und ressourcenaufwendig, so dass sich der verwaltungsinterne Vereinfachungseffekt in besonderem Maße einstellt: Wie oben beschrieben, können Private im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 3 IFG nur mittelbar über eine Antragstellung bei der sich-bedienenden Behörde verpflichtet werden (vgl. § 7 Abs. 1 S. 2 IFG). Mangels gesetzlicher Durchsetzungsbefugnisse der Behörde ist die Dreiecks-Konstruktion „übers Eck“ für den Antragsteller nicht nur zeit- und kostspielig, sondern auch mit einem erheblichen prozessualen Risiko verbunden. Die Etablierung einer proaktiven Veröffentlichungspflicht für öffentliche Unternehmen erleichtert es dem Antragsteller, den vorhandenen Informationsbestand und damit sein Prozessrisiko konkret einzuschätzen und seinen Antragsumfang zu präzisieren, was auch den verwaltungsinternen Informationsübermittlungsaufwand „übers Eck“ reduziert. Zusätzlich wirkt die proaktive Offenlegung von Informationsverzeichnissen der angesprochenen Missbrauchs- und Verdeckungsgefahr im Rahmen der tripolaren Verfahrenskonstellation entgegen. Vor diesem Hintergrund scheint eine Anwendung des § 11 IFG auf öffentliche Unternehmen sogar geboten, um die strukturellen Schwächen des § 7 Abs. 1 S. 2 IFG auszugleichen. Damit sprechen im Ergebnis vorzugswürdige teleologische Erwägungen für die Einbeziehung von öffentlichen Unternehmen im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 3 IFG in den Anwendungsbereich des § 11 IFG. Die rein formal auf den Wortlaut des § 1 Abs. 1 S. 3 IFG verweisende Gegenansicht ist abzulehnen. (3) Auswirkungen auf den innerbetrieblichen Geheimnisschutz Als Verpflichtete von § 11 IFG stellt sich für öffentliche Unternehmen vor allem die Frage nach dem Schutz der innerbetrieblichen Geheimnissphäre. So ist zu untersuchen, ob die proaktive Veröffentlichung von Organisations- und Aktenplänen ohne Angabe personenbezogener Daten nach § 11 Abs. 2 IFG und „weiteren geeigneten Informationen“ nach § 11 Abs. 3 Var. 2 IFG das Risiko der Preisgabe von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen i. S. d. § 6 S. 2 IFG birgt.496 Organisationspläne im Sinne des § 11 Abs. 2 IFG werden definiert als Dokumente, durch die Aufbau, Zusammenarbeit, Weisungsbefugnisse, Zuständigkeiten und Aufgabenwahrnehmung innerhalb der Behörde erkennbar werden.497 Aktenpläne hingegen geben eine konkretisierte Übersicht über den Aufgabenbereich einer Behörde.498 Bereits strukturell sind diese Dokumententypen auf „klassische“ Behördenstrukturen zugeschnitten und werden regelmäßig in privatwirtschaftlich 496

Ausweislich der Gesetzesbegründung sollen die Ausnahmetatbestände des IFG auch auf proaktiv veröffentliche Informationen Anwendung finden, vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 16. 497 Vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 16. 498 Vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 16.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

organisierten Unternehmen nicht vorliegen. Doch selbst wenn dies der Fall sein sollte, ergibt sich aus der Ausgestaltung § 11 Abs. 2 IFG kein gesteigertes Risiko für die Preisgabe von vertraulichen Unternehmensinformationen. Wie oben bereits beschrieben, haben die Veröffentlichungspflichten des § 11 IFG lediglich eine dienende Hilfsfunktion.499 Sie sollen nicht den reaktiven Informationsanspruch inhaltlich vorwegnehmen. Aus diesem Grund erscheint es an dieser Stelle sehr unwahrscheinlich, dass derartige Darstellungen, die inhaltlich lediglich überblicksartig bleiben, bereits qualifizierte Rückschlüsse auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zulassen. Dies gilt umso mehr, als Organisations- und Aktenpläne aus Laienperspektive teils nur bedingt verständlich und zudem häufig sehr umfangreich sind.500 Hinzu kommt, dass den nach § 11 Abs. 2 IFG Verpflichteten ein erheblicher Spielraum hinsichtlich des Detaillierungsgrades der zu veröffentlichen Dokumente zugestanden wird.501 Die Veröffentlichungspflicht aus § 11 Abs. 2 IFG geht damit in der Regel nicht mit der Gefahr der Preisgabe von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen einher. Vielmehr hat es das öffentliche Unternehmen in der eigenen Hand, über die einfachgesetzlich zugestandene Ausgestaltung des Detaillierungsgrades der Organisations- und Aktenpläne einen effektiven Schutz seiner sensiblen Unternehmensinformationen selbst herzustellen. Einen ähnlich großen Ausgestaltungsspielraum haben öffentliche Unternehmen bei der Bereitstellung von „geeigneten Informationen“ im Sinne des § 11 Abs. 3 Var. 2 IFG. Unter „geeigneten Informationen“, die nach § 11 Abs. 3 Var. 2 IFG allgemein in elektronischer Form zugänglich gemacht werden sollen, werden grundsätzlich alle amtlichen Informationen im Sinne des § 2 Nr. 1 IFG verstanden, die keinem Geheimhaltungstatbestand der §§ 3 bis 6 IFG unterfallen und bei denen ein Informationsinteresse des Bürgers zu erwarten ist.502 Anhaltspunkte dafür, wann eine Information als „geeignet“ zu bewerten ist, liefern landesgesetzliche Parallelvorschriften wie beispielsweise § 11 BremIFG, die zum Teil konkrete Regelbeispiele aufstellen.503 Letztendlich obliegt jedoch die Konkretisierung des Merkmals der „Geeignetheit“ der nach § 11 IFG verpflichteten Stelle selbst. Auch das bestehende Bürgerinteresse an einer Information ist lediglich als Leitlinie zu berücksichtigen.504 Entsprechend lässt sich auch aus § 11 Abs. 3 Var. 2 IFG kein subjektiv öffentliches Recht auf eine proaktive Veröffentlichung herleiten.505 Ähnlich wie die 499

VG Ansbach, Urteil vom 14. 11. 2014 – AN 14 K 13.00671, BeckRS 2014, 58968; siehe auch Schoch, IFG; § 11, Rn. 28. 500 Vgl. Schoch, IFG, § 11, Rn. 28. 501 Guckelberger, in: Fluck / Fischer / Martini, § 11 IFG, Rn. 44 f. 502 Schoch, IFG, § 11, Rn. 51; BT-Drs. 15/4493, S. 16. Mit dieser Begriffsbestimmung soll der nach § 11 IFG veröffentlichenden Stelle eine Berufung auf berechtigte Geheimnisschutzinteressen gestattet werden. Es wird auf diese Weise kompensiert, dass anders als in § 11 Abs. 2 IFG für § 11 Abs. 3 IFG ein expliziter Verweis auf die allgemeine Zugänglichkeit von Informationen „nach Maßgabe dieses Gesetzes“ fehlt, vgl. Wolf, S. 30 4 f. 503 Siehe hierzu unten 3. b) aa) (2); ausführlich auch Schoch, IFG, § 11, Rn. 53. 504 Vgl. Rossi, IFG, § 11, Rn. 58; Schoch, IFG, § 11, Rn. 51; BT-Drs. 15/4493, S. 16. 505 Rossi, IFG, § 11, Rn. 45; Guckelberger, in: Fluck / Fischer / Martini, § 11 IFG, Rn. 61–65.

III. Proaktiver Informationszugang

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„Pflicht“ zur Führung von Informationsverzeichnissen und Sammlungen nach § 11 Abs. 1 IFG ist damit auch die Pflicht zur Bereitstellung von „geeigneten Informationen“ nach § 11 Abs. 3 Var. 2 IFG im Ergebnis sehr weich ausgestaltet. Rossi geht sogar so weit, die Veröffentlichung von „geeigneten Informationen“ als reine Empfehlung zu qualifizieren.506 Aufgrund des weiten Entscheidungsspielraumes der veröffentlichungspflichtigen Stelle und der definitionsbedingten Wahrung der Geheimhaltungstatbestände des IFG laufen öffentliche Unternehmen durch die Soll-Vorschrift des § 11 Abs. 3 Var. 2 IFG nicht Gefahr, sensible Unternehmensinformationen proaktiv einem unbegrenzten Adressaten- und damit Konkurrentenkreis zugänglich machen zu müssen. Im Gegenteil, öffentliche Unternehmen könnten die Regelung des § 11 Abs. 3 Var. 2 IFG auch als „Chance“ begreifen, zu Zwecken transparenzpolitischer „Imagepflege“ proaktiv unbedenkliches Informationsmaterial zur Verfügung zu stellen. (4) Zwischenergebnis Die proaktiven Veröffentlichungspflichten des § 11 Abs. 1 IFG sollen den Modus der reaktiven Informationsgewährung nicht ersetzen, sondern lediglich funktional unterstützen. Sie sind daher in ihrer inhaltlichen Reichweite begrenzt und erstrecken sich allein auf übergeordnete Meta-Verzeichnisse. Entsprechend ergibt sich für öffentliche Unternehmen, auf die sich der Anwendungsbereich des § 11 IFG nach zutreffender Auffassung ebenfalls erstreckt, kein gesteigertes Risiko der Preisgabe von sensiblen Unternehmensinformationen. bb) EGovG Aufgrund der eingeschränkten Reichweite des § 11 IFG ist die zentrale Norm für proaktive Veröffentlichungspflichten auf Bundesebene der im Juni 2017 in das EGovG aufgenommene § 12a.507 Von untergeordneter Bedeutung ist hingegen § 3 EGovG, der lediglich eine proaktive Veröffentlichungspflicht von allgemeinen formalen Informationen über die Behörde selbst (Aufgaben, Anschrift, Geschäftszeiten sowie postalische, telefonische und elektronische Erreichbarkeiten) und ihre Verfahren vorsieht. Im Gegensatz hierzu sind nach § 12a Abs. 1 EGovG sämtliche unbearbeiteten Daten, die Bundesbehörden zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben erhoben haben oder durch Dritte in ihrem Auftrag haben erheben lassen, zum Datenabruf über öffentlich zugängliche Netze bereitzustellen. Hierdurch soll in Umsetzung der Open-Data-Charta der G8508 ein transparenter und öffentlicher Zugang zu unbearbeiteten Daten der verpflichteten Stellen hergestellt 506

Rossi, IFG, § 11, Rn. 41; Schnieders, DÖV 2018, 175 (181). Erstes Gesetz zur Änderung des E-Government-Gesetzes vom 5. 7. 2017, BGBl. I S. 2206. 508 Siehe hierzu oben C. III. 2. a). 507

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

werden, um wirtschaftliche Potentiale freizusetzen und einen Image- und Akzeptanzgewinn für die Verwaltung herzustellen.509 Der Veröffentlichungsgegenstand ist hierbei in zweierlei Hinsicht eingeschränkt: Einerseits werden schon nach dem Wortlaut des § 12a Abs. 1 EGovG nur unbearbeitete Daten, mithin Rohdaten erfasst.510 Andererseits sind nach § 12a Abs. 3 EGovG bestimmte Daten von der Veröffentlichungspflicht von vornherein ausgeschlossen, etwa wenn ein Ausschlussgrund nach §§ 3 bis 6 IFG greift (§ 12a Abs. 3 Nr. 1 lit. a EGovG). Diese Zurückhaltung bei der festgesetzten Reichweite der Norm lässt sich damit erklären, dass § 12a EGovG lediglich Mindeststandards festsetzen soll.511 Der persönliche Anwendungsbereich des § 12a EGovG umfasst nach dem Wortlaut des § 12a Abs. 1 S. 1 EGovG ausschließlich „Behörden des Bundes“. Eingeschlossen sind damit zwar seit der Änderung des EGovG im Juli 2021 auch bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts.512 Ausdrücklich ausgenommen bleiben jedoch gem. § 12a Abs. 1 S. 3 EGovG Selbstverwaltungskörperschaften und Beliehene.513 Auch Bundesunternehmen in Privatrechtsform sollen nach dem Willen des Gesetzgebers nicht unter den Behördenbegriff des § 12a Abs. 1 EGovG fallen.514 Damit ist der Geltungsbereich noch enger gefasst als der allgemeine (und ohnehin schon enge) Geltungsbereich im Sinne des § 1 EGovG.515 Dieser eingeschränkte Anwendungsbereich wird vor dem Hintergrund des verfolgten Zieles einer möglichst effektiven Open Data Politik kritisiert.516 Mithin ergeben sich aus dem EGovG noch517 keine proaktiven Veröffentlichungs­ pflichten für öffentliche Unternehmen. 509

Vgl. BT-Drs. 18/11614, S. 1 f.; Denkhaus / Richter / Bostelmann, EGovG, § 12a, Rn. 1 f. Zu den Zielen von § 12a EGovG detailliert Guckelberger, Öffentliche Verwaltung im Zeitalter der Digitalisierung, S. 68 f. 510 Vgl. BT-Drs. 18/11614, S. 18: „ohne eine Bewertung oder Interpretation“. Kritisch zum restriktiven Datenbegriff des EGovG und für eine einheitliche Verwendung des Informationsbegriffs des IFG Wiebe, Open Data in Deutschland und Europa, Vorschlag zur Weiterentwicklung des rechtlichen Rahmens einer Informationsordnung, Gutachten im Auftrag der Konrad Adenauer Stiftung, S. 36 f. 511 Richter, NVwZ 2017, 1408 (1413). 512 Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des E-Government-Gesetzes und zur Einführung des Gesetzes für die Nutzung von Daten des öffentlichen Sektors vom 16. Juli 2021 (BGBl. I S. 2941). Zur Begründung siehe BT-Drs. 19/27442, S. 27. 513 Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 28. 514 Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 28. 515 Vgl. Schnieders, DÖV 2018, 175 (182); Denkhaus / Richter / Bostelmann, EGovG, § 12a, Rn. 11. Nach § 1 Abs. 2 EGovG gilt das Gesetz sogar unter anderem für juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie Bundesrecht ausführen. 516 Vgl. Richter, IWG, Einl., Rn. 60; Wiebe, Open Data in Deutschland und Europa, S. 45. 517 Denkhaus / Richter / Bostelmann, EGovG, § 12a, Rn. 11: „Es bleibt […] abzuwarten, ob sich der Anwendungsbereich des § 12a in Zukunft erweitert.“ Die Einbeziehung der Selbstverwaltungskörperschaften ist beispielsweise bis zum Jahr 2025 vorgesehen, vgl. BT-Drs. 19/31014, S. 5.

III. Proaktiver Informationszugang

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cc) GeoZG Das nationale Geodatenrecht lässt sich maßgeblich auf die oben erwähnte INSPIRE-Richtlinie 2007/2/EG zurückführen. In Umsetzung dieser INSPIRE-Richtlinie wurde das Geodatenzugangsgesetz (GeoZG) erlassen.518 Im Gegensatz zum IFG geht das GeoZG grundsätzlich von einer proaktiven Bereitstellung von Daten der öffentlichen Hand aus.519 Es wird mithin als „vorbildliche“ Umsetzung einer nationalen Open-Data-Strategie angesehen.520 Neben stärker technisch geprägten521 Veröffentlichungspflichten aus § 5 und § 6 GeoZG liegt die zentrale Verpflichtung zur proaktiven Bereitstellung von Daten in § 11 Abs. 1 GeoZG. Nach dieser Vorschrift sind sämtliche Geodaten und Geodatendienste einschließlich zugehöriger Metadaten grundsätzlich öffentlich und kostenfrei (§ 11 Abs. 2 GeoZG) zur Verfügung zu stellen.522 Weiterführende Regelungen zur nachgelagerten Ebene der Weiterverwertung der bereitgestellten Informationen trifft die nach § 11 Abs. 3 GeoZG erlassene GeoNutzV523. Nach § 2 Abs. 1 GeoZG ist der personelle Anwendungsbereich des Gesetzes für alle geodatenhaltenden Stellen des Bundes und der bundesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts eröffnet. Als solche gelten nach § 3 Abs.8 GeoZG alle informationspflichtigen Stellen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 UIG und damit auch öffentliche Unternehmen, soweit sie einer hoheitlichen Kontrolle unterliegen.524 Durch die Einbeziehung öffentlicher Unternehmen in proaktive Veröffentlichungspflichten entzündet sich auch im Geodatenrecht der strukturelle Konflikt zwischen Offenlegungs- und Geheimhaltungsinteressen. So ist allgemein anerkannt, dass die antragsunabhängige Veröffentlichung von bestimmten Geodaten, etwa über Produktions- und Industrieanlagen gemäß Anhang 3-Thema Nr. 8 der INSPIRE-Richtlinie detaillierte Rückschlüsse auf Produktionsabläufe und die Produktivität der Anlage ermöglichen und damit zur Schwächung der Wettbewerbssituation öffentlicher Unternehmen beitragen kann.525 Dass die Preisgabe von Geodaten schutzwürdige und möglicherweise vorrangige öffentliche und private Belange berühren kann, hat auch der Gesetzgeber erkannt und entsprechend die Pflicht zur proaktiven Veröffentlichung unter den Vorbehalt des Eingreifens von Ausschlussgründen nach § 12 GeoZG gestellt, vgl. § 11 Abs. 1 GeoZG. § 12 Abs. 2 GeoZG verweist zum Schutz privater Belange auf die informationsrechtlichen Grenzen des UIG, etwa nach § 12 Abs. 2 i. V. m. § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UIG für den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Aufgrund der unterschiedlichen Zielsetzungen des tendenziell eher einzelfallbezogenen UIG-­ 518

Eingehend hierzu Neumann, S. 533 f. In diese Richtung auch Martini / Damm, DVBl. 2013, 1 (7). 520 Vgl. Lederer, S. 102; Martini / Damm, DVBl. 2013, 1 (3 ff.). 521 Vgl. Neumann, in: Fluck / Fischer / Martini, § 5 GeoZG, Rn. 6. 522 Zum Begriff der Geodaten siehe bereits oben C. III. 2. b) bb) (2) (b). 523 Verordnung zur Festlegung der Nutzungsbestimmungen für die Bereitstellung von Geodaten des Bundes (GeoNutzV) vom 19. März 2013 (BGBl. I Seite 547). 524 Zu § 2 Abs. 1 Nr. 2 UIG siehe C. II. 2. a) cc). 525 Vgl. Neumann, S. 378. 519

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

Regimes und des auf möglichst flächendeckende proaktive Verbreitung angelegten GeoZG wird die Übertragung der Ausnahmetatbestände des Umweltinformationsrechts in ihrer Pauschalität kritisiert.526 Diese Kritik wirft die allgemeine Frage auf, ob das dualistische Informationszugangsrecht insgesamt von einer einheitlichen Ausschlusssystematik ausgehen darf oder ob es kategorial zwischen proaktiver und reaktiver Informationsgewährung unterscheiden muss. Vereinzelt wird (zu Unrecht) eine einheitliche Anwendung und Auslegung des gesetzlich angeordneten Ausschlussystems unterstellt.527 Diese Sichtweise verkennt jedoch, dass die besondere Breitenwirkung proaktiver Zugangsmechanismen mit einem gesteigerten Risiko der Preisgabe von sensiblen Geheiminformationen einhergeht, welches zumindest bei der Auslegung der Verweigerungsgründe Berücksichtigung finden muss.528 dd) UIG Ähnlich wie das IFG basiert auch das Umweltinformationsgesetz (UIG) im Grundsatz auf einer reaktiven Informationszugangspolitik. Eine Ausnahme hiervon bildet die Pflicht zur aktiven Unterrichtung der Öffentlichkeit nach § 10 Abs. 1 UIG, der vor allem aus Nutzersicht eine besondere Bedeutung beigemessen wird. 529 Langfristiges Ziel der Regelung des § 10 UIG ist der sukzessive Abbau der Notwendigkeit des reaktiven Informationszuganges im Umweltrecht.530 § 10 Abs. 1 S. 1 UIG verpflichtet die informationspflichtigen Stellen iSd § 2 Abs. 1 UIG (und damit auch öffentliche Unternehmen531) abstrakt zur aktiven und systematischen Unterrichtung der Öffentlichkeit in angemessenem Umfang. Hierzu haben sie nach § 10 Abs. 1 S. 2 UIG Umweltinformationen zu verbreiten, „die für ihre Aufgaben von Bedeutung sind und über die sie verfügen“. § 10 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 UIG beinhaltet somit ausdrücklich keinen Informationsbeschaffungsauftrag. Während der Wortlaut des § 10 Abs. 1 UIG bewusst offengehalten ist und Spielräume für freiwillige Bereitstellungspraktiken lässt, ordnet § 10 Abs. 2 UIG zwingende Veröffentlichungspflichten an. Der nicht abschließende Katalog des § 10 Abs. 2 UIG benennt konkrete Arten von Umweltinformationen, die in jedem Fall iSd § 10 Abs. 1 UIG antragsunabhängig zu veröffentlichen sind.532 Als veröffentlichungspflichtige Informationen zählen dabei unter anderem völkerrechtliche Verträge und Rechtsvorschriften von Bund, Ländern und Kommunen über die Umwelt oder mit Bezug zur Umwelt (Nr. 1), politische Pläne und Konzepte mit 526

Vgl. Hornung, in: Towfigh et al.: Recht und Markt, 2009, 75 (85 f.). So von Lewinski, in Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 438 (446). 528 Siehe hierzu unter C. VIII. 2. b) cc) (2). 529 Vgl. Homeier, NVwZ 2019, 131 (133). 530 OVG Münster, Beschluss vom  30. 10. 2014  –  8 B 721/14, NVwZ 2015, 304 (306); Reidt / Schiller, in: Landmann / Rohmer, Umweltrecht, § 10 UIG, Rn. 1. 531 Siehe oben C. II. 4. a) cc). 532 Vgl. Reidt / Schiller, in: Landmann / Rohmer, Umweltrecht, § 10 UIG, Rn. 6. 527

III. Proaktiver Informationszugang

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Umweltbezug (Nr. 2) oder Berichte über den Stand der Umsetzung von umweltbezogenen Plänen und Rechtsvorschriften (Nr. 3). Auch die Veröffentlichungspflicht nach § 10 Abs. 1, 2 UIG besteht nicht unbeschränkt. § 10 Abs. 6 ordnet an, dass die Ausschlussgründe zum Schutz privater und öffentlicher Belange nach §§ 8 und 9 UIG auch im Rahmen von proaktiven Veröffentlichungspflichten Anwendung finden. Die Begrenzung des Veröffent­ lichungsbefehls aus § 10 Abs. 1, 2 UIG erlangt dabei für öffentliche Unternehmen eine besondere praktische Bedeutung: Der Befund, dass das UIG grundsätzlich auf einen altruistisch agierenden Bürger abstellt, der im Allgemeininteresse über die Einhaltung und Durchsetzung des Umweltschutzes wacht,533 darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Umweltinformationsrecht tatsächlich auch häufig zur Verfolgung von privaten Wirtschaftsinteressen genutzt, bisweilen sogar „missbraucht“534 wird.535 Öffentliche Unternehmen müssen sich vor diesem Hintergrund darauf einstellen, dass private Konkurrenten versuchen, über die proaktiven Veröffentlichungspflichten des § 10 Abs. 1, 2 UIG Zugang zu wettbewerbssensiblen Informationen zu erhalten. So bergen einzelne Gegenstände des Veröffentlichungskataloges nach § 10 Abs. 2 UIG, namentlich Nr. 4 (Daten oder Zusammenfassungen aus der Überwachung von umweltrelevanten Tätigkeiten) oder Nr. 5 (Zulassungsentscheidungen und Umweltvereinbarungen) das Risiko der Veröffentlichung vulnerabler Unternehmensdaten. Gerade Zulassungsentscheidungen wie Errichtungs- und Betriebsgenehmigungen nach § 10 Abs. 2 Nr. 5 UIG sind im deutschen Verwaltungsrecht nach dem Grundsatz der beschränkten Aktenöffentlichkeit nicht allgemein zugänglich, da an dieser Stelle etwaigen betrieblichen Geheimhaltungsinteressen eine besondere Bedeutung zukommt.536 Ähnlich sensibel sind auch Überwachungsdaten nach § 10 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 UIG: Im Rahmen der Befolgungskontrolle wird die Einhaltung verschiedener gesetzlicher anlagenbezogener Vorgaben nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) oder dem Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) überwacht. Die Veröffentlichung der Kontrollergebnisse lässt in diesem Zusammenhang zum Teil detaillierte Rückschlüsse auf den konkreten Aufbau und den Betrieb der Anlage zu.537 Die Modalitäten der proaktiven Informationsverbreitung werden von § 10 Abs. 3 S. 1 UIG bestimmt. Hiernach soll die Publikation in für die Öffentlichkeit verständlicher Darstellung und leicht zugänglichen Formaten erfolgen, wenn möglich unter dem Einsatz elektronischer Kommunikationsmittel, vgl. § 10 Abs. 3 S. 2 UIG. Darüber hinaus stellt das UIG Anforderungen an die Aktualisierung („in angemessenen Abständen“, § 10 Abs. 2 S. 3 UIG) und die Qualität der Daten 533

Vgl. Reidt / Schiller, in: Landmann / Rohmer, Umweltrecht, § 1 UIG, Rn. 8 m. w. N. Vgl. VG Saarlouis, Urteil vom 18. 10. 2002 – 1 K 96/01 – juris, Rn. 99, siehe zum Missbrauch des Umweltinformationsrechts auch Schnabel, ZUR 2019, 74 ff. 535 So zeigen Studien, dass das Recht auf Zugang zu Umweltinformationen in mehr als der Hälfte der Fälle von Wirtschaftsunternehmen in Anspruch genommen wird, vgl. Rossi, S. 113. 536 Vgl. Kümper / Wittmann, NuR 2011, 840 (841). 537 Vgl. Kümper / Wittmann, NuR 2011, 840 (84 1 f.). 534

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

(„auf dem gegenwärtigen Stand, exakt und vergleichbar“, vgl. § 10 Abs. 6 i. V. m. § 7 Abs. 3 UIG) auf. Zusammenfassend beinhaltet § 10 UIG weitreichende proaktive Veröffent­ lichungspflichten für Umweltinformationen, die für öffentliche Unternehmen zugleich mit einem fortlaufenden Bearbeitungs- und Aktualisierungsaufwand sowie dem Risiko der Preisgabe von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen verbunden sind.538 Zur Vermeidung von Wettbewerbsnachteilen ist aus der Perspektive von öffentlichen Unternehmen vor allem eine interessensgerechte Anwendung der Ausschlussgründe nach §§ 10 Abs. 6 i. V. m. §§ 8, 9 UIG geboten.539 ee) VIG Wie oben aufgezeigt,540 stellen öffentliche Unternehmen abseits von Fällen der Beleihung nur in wenigen Ausnahmekonstellationen informationspflichtige Stellen im Sinne des VIG dar. Falls allerdings ein öffentliches Unternehmen ausnahmsweise doch informationspflichtig sein sollte, bietet das Verbraucherinformationsrecht nach herrschender Meinung in § 6 Abs. 1 S. 3 VIG die freiwillige Möglichkeit zur aktiven Verbraucherinformation.541 Gemäß § 6 Abs. 1 S. 3 VIG kann die informationspflichtige Stelle „Informationen, zu denen Zugang zu gewähren ist, auch unabhängig von einem Antrag nach § 4 Absatz 1 über das Internet oder in sonstiger öffentlich zugänglicher Weise zugänglich machen.“ Die Formulierung „Informationen, zu denen Zugang zu gewähren ist“ stellt dabei klar, dass nur solche Informationen zu veröffentlichen sind, bei denen kein Ausschluss- oder Beschränkungsgrund nach § 3 S. 1 VIG greift. Aus der Perspektive des öffentlichen Unternehmens stellt sich damit die Frage, welche Chancen und Risiken mit einer freiwilligen Veröffentlichung nach § 6 Abs. 1 S. 3 VIG verbunden sind. Staatlichen Informationsportalen wird in der Bevölkerung ein großes Vertrauen entgegengebracht.542 Dass insbesondere in der Lebensmittelbranche amtliche Informationen das Konsumverhalten des Bürgers konkret beeinflussen können, liegt auf

538

So auch Kümper / Wittmann, NuR 2011, 840 (843). Zur Notwendigkeit einer aufgabenbezogenen weiten Auslegung siehe unten C. VIII. 2. 540 Siehe oben C. II. 4. a) bb). 541 Vgl. Heinicke, in: Zipfel / Rathke, Lebensmittelrecht, VIG, § 6, Rn. 7; Rossi, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 6 VIG, Rn. 6; Zott, S. 387 f.; Wolf, S. 343 ff. Dagegen betrachten manche Stimmen § 6 Abs. 1 S. 3 VIG bzw. die Vorgängernorm des § 5 Abs. 1 VIG mit Blick auf die Gesetzesbegründung lediglich als verfahrensrechtliche Erleichterung, vgl. Becker / Blackstein, NJW 2011, 490 (492); Holzner, NVwZ 2010, 489 (491); Möstl, GewArch 2015, 1 (3). 542 Vgl. Lück / Penski, DÖV 2020, 506 (512 f.); Ossenbühl, NVwZ 2011, 1357 f.; Martini / Kühl, DÖV 2013, 573; Mast, in: Hoffmann-Riem (Hrsg.): Big Data – regulative Herausforderungen, S. 125 (127). 539

III. Proaktiver Informationszugang

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der Hand.543 Hieran anknüpfend könnten öffentliche Unternehmen die freiwillige Veröffentlichung nach § 6 Abs. 1 S. 3 VIG auf staatlich betriebenen Verbraucherportalen zu Zwecken einer akzeptanz- und vertrauensstiftenden Außendarstellung im Verhältnis zum Bürger bzw. Kunden nutzen. Als Kehrseite setzt sich das öffentliche Unternehmen bei Fehlerhaftigkeit des freiwillig publizierten Informationsmaterials der Gefahr von Schadensersatz- und Entschädigungsansprüchen aus.544 Das Risiko einer schadensrechtlichen Inanspruchnahme wäre jedoch erheblich reduziert, wenn sich öffentliche Unternehmen auf die nach § 6 Abs. 3 S. 1 VIG angeordnete Befreiung von der Prüfung der inhaltlichen Richtigkeit der bereitstellten Informationen berufen könnten.545 § 6 Abs. 3 S. 1 IFG stellt klar: „Die informationspflichtige Stelle ist nicht verpflichtet, die inhaltliche Richtigkeit der Informationen zu überprüfen, soweit es sich nicht um personenbezogene Daten handelt“.

Nicht ausdrücklich geklärt ist jedoch, ob diese Privilegierung auch auf freiwillige Veröffentlichungspraktiken nach § 6 Abs. 1 S. 3 VIG Anwendung findet. Hierfür spräche, dass ein möglichst weitflächiger Dispens von der Richtigkeitsprüfung insgesamt zur umfangreichen Wahrnehmung von freiwilligen Informationsbereitstellungsmöglichkeiten ermutigt. Auf diese Weise könnte im Ergebnis sowohl der Sinn und Zweck des Gesetzes im Allgemeinen (Schaffung von größtmöglichem Verbraucherschutz durch Transparenz und Information) als auch des § 6 Abs. 1 S. 3 VIG im Besonderen (Effizienz- und Kostenersparnis, Bürokratieabbau) gefördert werden. Einige Literaturstimmen differenzieren dagegen zwischen aktiver und reaktiver Informationsbereitstellung und möchten die Prüfung der Richtigkeit nur im Falle einer Informationsgewährung auf Antrag entfallen lassen.546 Sie begründen diese Unterscheidung mit dem besonderen Charakter staatlicher Aktivinformation, der eine spezifische Authentizitäts- und Richtigkeitserwartung attestiert wird.547 Vertreter dieser Ansicht verweisen auf einen systematischen Vergleich zur inhaltlich vergleichbaren Privilegierung des § 7 Abs. 3 S. 2 IFG, der auf die aktive Informationsbereitstellung nach § 11 IFG ebenfalls nicht anwendbar sein soll.548 Eine solche Differenzierung gerät jedoch zu grobmaschig. Es ist interessensgerechter, anhand der Zweckrichtung der freiwilligen Veröffentlichungspraxis zu unterscheiden: Die

543

Vgl. Martini / Kühl, DÖV 2013, 573. Siehe hierzu ausführlich noch unter C. VI. Zur Staatshaftung bei fehlerhafter Publikumsinformation Schoch, NJW 2012, 2844 (2849). 545 Vgl. Rossi, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 6 VIG, Rn. 9. Für Schnall, in: Streinz / Kraus, Lebensmittelrechts-Handbuch, III, Rn. 245, stellt § 6 VIG dagegen keine Haftungsfreizeichnung dar. 546 Schoch, NJW 2012, 2844 (2848); Wollenschläger, VerwArch 102 (2011), 20 (47); Müller, Risikokommunikation, S. 242. 547 Vgl. Müller, Die Bewältigung von Lebensmittelrisiken durch Risikokommunikation, S. 242. Zur informationellen Glaubwürdigkeit öffentlicher Unternehmen siehe B. I. 3. b). 548 Vgl. Müller, S. 242; Schoch, IFG, § 7, Rn. 79. 544

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

anlasslose Informationsbereitstellung im Sinne von „Open Data“, die eine Nachvollziehbarkeit hoheitlichen Handelns und eine weiterführende wirtschaftliche Nutzung des Informationsmaterials ermöglichen soll, ist zu privilegieren. Auf veröffentlichungshemmende Prüfpflichten ist hier zu verzichten. Eine besondere Gefahrenlage ergibt sich jedoch in Fällen, in denen die Veröffentlichung im Sinne des § 6 Abs. 1 S. 3 VIG bewusst als indirektes hoheitliches Lenkungs- und Steuerungsmittel eingesetzt werden soll. Wohnt der Veröffentlichung ein persuasives Element inne, verbietet der Schutz der freien Meinungs- und Willensbildung des Verbrauchers eine großflächige Suspendierung von der Richtigkeitsgewähr.549 Im Rahmen der freiwilligen proaktiven Informationsbereitstellung durch öffentliche Unternehmen ist zu unterscheiden: Betreiben diese ihre aktive Informationspolitik inhaltlich neutral und damit (zumindest auch) als altruistisch motivierte „Imageund Transparenzpflege“, rechtfertigt sich die Inanspruchnahme des Dispenses nach § 6 Abs. 3 S. 1 VIG. Stehen jedoch ausschließlich Aspekte der gezielten Verbrauchersteuerung und der Verschaffung eines Wettbewerbsvorteils gegenüber der privaten Konkurrenz durch Inanspruchnahme hoheitlicher Informationsautorität im Vordergrund, muss ihnen die Berufung auf die Suspendierung der Richtigkeitsprüfung nach § 6 Abs. 3 S. 1 VIG versperrt bleiben. Dies wird man vor allem bei einer besonderen inhaltlich-wertenden Aufbereitung des bereitgestellten Informationsmaterials bejahen müssen. In derartigen Konstellationen werden öffentliche Unternehmen angesichts des erhöhten Kosten- und Personalaufwandes, der mit einer gesteigerten Prüfpflicht der Richtigkeit verbunden ist, im Einzelfall genau evaluieren, ob sich die freiwillige Publikation überhaupt wirtschaftlich lohnt. Für öffentliche Unternehmen erscheint es in jedem Fall sinnvoller, Informationsmaterial neutral und unbearbeitet zu Zwecken der gesamtgesellschaftlichen Transparenzförderung zu veröffentlichen, da in diesen Fällen kein unmittelbares Haftungsrisiko droht. ff) Sonstige Veröffentlichungspflichten Sonstige prominente Veröffentlichungspflichten von Amts wegen bestehen beispielsweise im Lebensmittelrecht nach § 40 Abs. 1, Abs. 1a LFGB. Hiernach soll bzw. muss die zuständige Behörde die Öffentlichkeit im Rahmen der Gefahrenabwehr bei mutmaßlichen Verstößen gegen das Lebensmittel- und Futterrecht informieren.550 Eine ähnliche Möglichkeit zur amtlichen Information über die mit einem Produkt verbundenen Risiken bietet §§ 26 Abs. 2 S. 2 Nr. 9, 31 Abs. 1 S. 1 ProdSG. Darüber hinaus existiert das Modell der proaktiven Öffentlichkeitsinformation über 549

So im Ergebnis auch Zott, S. 407. Diese Regelung ist jedoch verfassungsrechtlich nicht unumstritten: So hat das BVerfG in jüngerer Vergangenheit entschieden, dass § 40 Abs. 1a LFGB gegen Art. 12 Abs. 1 GG verstößt, soweit die angeordnete Veröffentlichungspflicht keiner zeitlichen Begrenzung unterliegt, siehe BVerfGE 148, 40 (61 f.); Becker, NVwZ 2018, 1032 (1034). 550

III. Proaktiver Informationszugang

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die Einrichtung von allgemein zugänglichen Verzeichnissen vor allem im Registerrecht. Beispiele hierfür sind § 31 BRAO, § 32 Abs. 1 PatG, § 18 GWG, § 8b Abs. 1 HGB oder das „Vermittlerregister“ über Versicherungsmittler nach § 34d GewO.551 Auch das Archivrecht kennt in § 3 Abs. 1 S. 3 BArchG zumindest die Möglichkeit („kann“) der allgemeinen öffentlichen Zugänglichmachung von Archivgut im Internet. Im Finanzdienstleistungsrecht legen § 60b KWG und § 40b WpHG der BaFin Veröffentlichungspflichten auf, ebenso sind im Bereich der Agrarsubventionen bestimmte Informationen zugänglich zu machen (vgl. § 2 AIFG).552 All diese Ausgestaltungsformen einer proaktiven Veröffentlichungspraxis begründen jedoch keine unmittelbaren Verpflichtungen für öffentliche Unternehmen und sollen daher im weiteren Verlauf dieser Bearbeitung nicht näher beleuchtet werden. b) Landesrecht Im Gegensatz zum Bundesrecht lassen sich auf landesrechtlicher Ebene zum Teil sehr weitreichende Regelungen zur proaktiven Veröffentlichungspflicht von öffentlichen Unternehmen finden. Maßstäbe setzt dabei vor allem das im Oktober 2012 in Kraft getretene Hamburger Transparenzgesetz (HmbTG).553 Als Reaktion auf das HmbTG haben andere Bundesländer im Anschluss ebenfalls eigene Transparenzgesetze erlassen. Darüber hinaus beinhalten auch die Landesumwelt- und Geodatenzugangsgesetze proaktive Veröffentlichungspflichten. aa) Landestransparenzgesetze Terminologisch werden Informationsfreiheitsgesetze zu Transparenzgesetzen, wenn sie neben der reaktiven Informationsgewährung auf Antrag auch die proaktive Veröffentlichung von Informationen festschreiben.554 In diesem Sinne existieren Transparenzgesetze in Hamburg, Bremen, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz sowie Thüringen. Das IZG in Schleswig-Holstein kann aufgrund seiner lediglich „weichen“ Bereitstellungspflicht in Form einer Soll-Vorschrift nach § 11 Abs. 1 IZG-SH nur bedingt als Transparenzgesetz qualifiziert werden. Konkrete Reformbemühungen zum Erlass eines Transparenzgesetzes existieren aktuell in Berlin. Das folgende Kapitel untersucht die unterschiedlichen Ausgestaltungen der bestehenden und geplanten Transparenzgesetze mit besonderem Blick auf den vor 551

Hierzu ausführlich von Lewinski, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 437 (443). 552 Für eine Zusammenstellung verschiedener proaktiver Veröffentlichungspflichten siehe Gurlit, ZRP 2015, 16 ff.; Schoch, IFG, Einl., Rn. 304. 553 Hamburgisches Transparenzgesetz vom 19. Juni 2012, HmbGVBl. 2012, S. 271, zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 19. Dezember 2019 (HmbGVBl. S. 19, ber. 56). 554 Vgl. Maatsch / Schnabel, § 1, Rn. 3; Herr / Müller / Engewald / Ziekow, DÖV 2018, 165.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

liegenden Untersuchungsgegenstand. Im Mittelpunkt stehen dabei konkret zwei Fragestellungen. Sind öffentliche Unternehmen Adressat von proaktiven Veröffentlichungspflichten? Wenn ja, in welchem Umfang und nach welchen Maßstäben sind die Unternehmen zur Bereitstellung von möglicherweise sensiblem Informationsmaterial verpflichtet? (1) Hamburg § 1 Abs. 2 des Hamburger Transparenzgesetzes gewährt jeder Person „nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf unverzüglichen Zugang zu allen amtlichen Informationen der auskunftspflichtigen Stellen sowie auf Veröffentlichung der in § 3 Absatz 1 genannten Informationen“.

Mit dieser Grundsatzentscheidung zu Gunsten proaktiver Veröffentlichungspflichten ist das HmbTG bundesweit das erste Transparenzgesetz seiner Art und wird mithin auch als „Leuchtturm“555 der gesetzgeberischen Weiterentwicklung hin zu einer umfassenden aktiven Verwaltungsöffentlichkeit betrachtet. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll die Stadt Hamburg mit dem HmbTG zum „transparentesten deutschen Bundesland“ werden.556 Diese zunächst kühn anmutende Aussage ist durchaus nicht aus der Luft gegriffen: Allein die Tatsache, dass gemäß § 1 Abs. 2 HmbTG und § 2 Abs. 9 HmbTG die reaktive Informationsgewährung auf Antrag und die proaktive Bereitstellung gleichberechtigt koexistieren, verdeutlicht, dass das Hamburger Transparenzgesetz den viel zitierten „Paradigmenwechsel“ in der Informationsfreiheitsgesetzgebung einleitet, indem es die proaktive Veröffentlichung nicht nur als bloßen Annex oder funktionalen Helfer zur Informationsgewährung auf Antrag betrachtet.557 Das HmbTG ist Resultat der von den gemeinnützen Organisationen Transparency International Deutschland e. V., Mehr Demokratie e. V. und dem Chaos Computer Club Hansestadt Hamburg e. V. eingeleiteten Volksinitiative „Transparenz schafft Vertrauen“, welche nach Aussagen der Gründer unter anderem Transparenz und Akzeptanz des Verwaltungshandeln erhöhen, Korruptionsmomente bekämpfen und demokratische Beteiligungsrechte stärken wollte.558 Letzteres hat auch explizit Eingang in den Gesetzestext des HmbTG gefunden: § 1 Abs. 1 HmbTG definiert als Zweck dieses Gesetzes, die demokratische Meinungs- und Willensbildung zu fördern und eine Kontrolle des staatlichen Handelns zu ermöglichen. Damit steht aus Sicht des Hamburger Transparenzgesetzes klar die demokratisch-

555

Herr / Müller / Engewald / Ziekow, DÖV 2018, 165. HBü-Drucks. 20/4466, S. 2. 557 So aber § 11 IFG, siehe oben C. III. 3. a) aa). 558 Vgl. Herr / Müller / Engewald / Ziekow, DÖV 2018, 165 (168). Zur Entstehungsgeschichte siehe auch Jauch, DVBl. 2013, 16 (17); Caspar, ZD 2012, 445. 556

III. Proaktiver Informationszugang

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legitimierende Begründung der Informationsfreiheit im Vordergrund. Hieraus lässt sich folgern, dass die wirtschaftliche Nutzbarkeit der öffentlichen Information allenfalls nachrangig als Begründungs- und Auslegungslinie, etwa bei der Konkretisierung von unbestimmten Rechtsbegriffen wie dem „öffentlichen Interesse“ nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 HmbTG heranzuziehen ist. „Herzstück“ des HmbTG ist die Anordnung von weitreichenden proaktiven Veröffentlichungspflichten im Hamburger Transparenzregister nach § 3 Abs. 1 HmbTG i. V. m. § 10 Abs. 1 HmbTG. Dieses Transparenzregister, auch genannt „Hamburger Transparenzportal“559, beinhaltet mehr als 100.000 vorwiegend von Behörden und Gerichten veröffentlichte560 Datensätze.561 Die empirische Auswertung der Nutzerdaten des Hamburger Transparenzportals illustriert dessen besondere Reichweite und intensive Nutzung: So zählte das Portal allein im Januar 2021 rund 1,8 Millionen Zugriffe,562 das entspricht etwa einem monatlichen Zugriff pro Einwohner der Freien und Hansestadt Hamburg. Gemäß der in der Einleitung beschriebenen Vorgehensweise widmet sich die folgende Analyse des HmbTG vor allem der Beantwortung der Frage, inwiefern auch öffentliche Unternehmen zur Veröffentlichung von Datensätzen im Transparenzprotal verpflichtet sind (a) und wenn ja, in welchem Umfang und auf welche Art und Weise die Veröffentlichung zu erfolgen hat (b). (a) Personelle Veröffentlichungspflicht § 3 Abs. 4 S. 1 HmbTG stellt klar, dass die Vorschriften über die Veröffent­ lichungspflicht für alle Behörden im Sinne von § 2 Abs. 3 HmbTG gelten. § 2 Abs. 3 Hs. 1 HmbTG legt wiederum eine zweigleisige Behördendefinition zu Grunde: Einerseits sind Behörden alle Stellen im verfahrensrechtlichen Sinne des § 1 Abs. 2 HmbVwVfG, also jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt (funktionaler Behördenbegriff).563 Damit ist unstreitig die sog. Kernverwaltung umfasst, also der Senat, die Fachbehörden und die Bezirksämter.564 Andererseits macht § 2 Abs. 3 Hs. 2 HmbTG jedoch auch deutlich, dass als Behörden auch natürliche und juristische Personen des Privatrechts gelten, soweit

559

Abrufbar unter: http://transparenz.hamburg.de/. Vgl. Herr / Müller / Engewald / Ziekow, DÖV 2018, 165 (170). 561 Pressearchiv der Stadt Hamburg, „Transparenzportal: 100.000. Datensatz im Transparenzportal veröffentlicht“ vom 5. Dezember 2018, abrufbar unter: https://www.hamburg.de/ pressearchiv-fhh/11945114/transparenzportal-hamburg-100000ster-datensatz/ (zuletzt aufgerufen am 18. 12. 2019). 562 Vgl. http://transparenz.hamburg.de/statistiken/. 563 Für die Parallelvorschrift des § 1 Abs. 4 VwVfG siehe Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 1, Rn. 230 ff. 564 Maatsch / Schnabel, § 2, Rn. 13. 560

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

sie öffentliche Aufgaben, insbesondere solche der Daseinsvorsorge,565 wahrnehmen oder öffentliche Dienstleistungen erbringen und dabei der Kontrolle der Freien und Hansestadt Hamburg oder einer unter ihrer Aufsicht stehenden juristischen Person des öffentlichen Rechts unterliegen. Für eine Einbeziehung von öffentlichen Unternehmen in Privatrechtsform müssen damit parallel zu der europarechtlich determinierten Vorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 2 UIG, auf die in der Gesetzesbegründung explizit Bezug genommen wird,566 zwei Voraussetzungen vorliegen: Erstens die Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe und zweitens die Kontrolle durch die öffentliche Hand.567 (aa) Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe Der Begriff der öffentlichen Aufgabe erfasst alle Tätigkeiten mit Gemeinwohl­ bezug, deren Erfüllung im öffentlichen Interesse liegt.568 Ausgehend von der Zweckrichtung des HmbTG, eine möglichst umfassende Kontrolle staatlichen Handelns zu ermöglichen, ist dieser Begriff weit auszulegen.569 Von der Auskunftspflicht ausgenommen sind allein solche Informationen, die genuin privatwirtschaftliche Betätigungsfelder des Privaten betreffen.570 Wann eine Aufgabe ausschließlich privatwirtschaftlichen Charakter aufweisen soll, definiert das HmbTG nicht. Die Hürden hierfür sind allerdings hoch anzusetzen. Allein die Tatsache, dass die betroffene Tätigkeit auch in rein privatwirtschaftlichen Bereichen üblich ist, soll nach Ansicht der Rechtsprechung nicht ausreichen.571 Umgekehrt ist für die Annahme einer „öffentlichen Aufgabe“ auch nicht zwingend erforderlich, dass die Tätigkeit einen unmittelbaren Bezug zu den Bürgern der Freien und Hansestadt Hamburg aufweist.572 Auch rein interne administrative Vorgänge, die sich erst im Stadium bloßer „Vorüberlegungen“ befinden, fallen damit grundsätzlich unter die Transparenzpflicht des HmbTG.573 565 Nach dem Verständnis des HmbTG fällt unter den Begriff der Daseinsvorsorge „die Wasserversorgung, die Abwasserentsorgung, die Abfallentsorgung, die Energieversorgung, das Verkehrs- und Beförderungswesen, insbesondere de[r] öffentlich[e] Personennahverkehr, die Wohnungswirtschaft, die Bildungs- und Kultureinrichtungen, die stationäre Krankenversorgung oder die Datenverarbeitung für hoheitliche Tätigkeiten“, vgl. § 2 Abs. 10 S. 2 HmbTG. Speziell für den ÖPNV siehe auch VG Hamburg, Urteil vom 28. 01. 2020 – 17 K 2382/19 – juris, Rn. 35. 566 HBü-Drs. 20/4466, S. 13; VG Hamburg, Urteil vom 28. 01. 2020 – 17 K 2382/19 – juris, Rn. 34. 567 Vgl. VG Hamburg, Urteil vom 28. 01. 2020 – 17 K 2382/19 – juris, Rn. 32. 568 VG Hamburg, Urteil vom 28. 01. 2020 – 17 K 2382/19 – juris, Rn. 34; Maatsch / Schnabel, § 2, Rn. 21. 569 VG Hamburg, Urteil vom 28. 01. 2020 – 17 K 2382/19 – juris, Rn. 34; Maatsch / Schnabel, § 2, Rn. 18. 570 VG Hamburg, Urteil vom 28. 01. 2020 – 17 K 2382/19 – juris, Rn. 34, 42. 571 So für die Durchführung einer Machbarkeitsstudie VG Hamburg, Urteil vom 28. 01. 2020 – 17 K 2382/19 – juris, Rn. 36. 572 VG Hamburg, Urteil vom 28. 01. 2020 – 17 K 2382/19 – juris, Rn. 38 ff. 573 VG Hamburg, Urteil vom 28. 01. 2020 – 17 K 2382/19 – juris, Rn. 43.

III. Proaktiver Informationszugang

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(bb) Kontrolle durch die öffentliche Hand Wann wiederum eine Kontrolle im Sinne des § 2 Abs. 3 Hs. 2 HmbTG vorliegt, definiert § 2 Abs. 4 HmbTG unter wortgleichem Rückgriff auf § 2 Abs. 2 UIG. Die Kontroll-Definition des Hamburger Transparenzgesetzes verläuft damit einheitlich zu der des europäischen Sekundärrechts wie Art. 2 Nr. 3 S. 2 der Richtlinie 1024/2019 EU und Art. 3 Abs. 2 der Vergaberichtlinie 2014/25/EU. Nichtsdestoweniger stellen sich landesspezifische Einzelprobleme hinsichtlich der Frage, wann eine Kontrolle i. S. d. § 2 Abs. 4 HmbTG vorliegt. Das HmbTG unterscheidet an diesem Punkt zwischen zwei Kontrolltatbeständen: Für eine Kontrolle nach § 2 Abs. 4 Nr. 1 HmbTG muss das öffentliche Unternehmen Dritten gegenüber besonderen Pflichten unterliegen oder über besondere Rechte verfügen. Dies soll insbesondere dann der Fall sein, wenn ein Kontrahierungszwang oder ein Anschluss- und Benutzungszwang besteht. Hierdurch wird deutlich, dass nicht jeder hoheitlich eingeräumte Wettbewerbsvorteil (etwa die Erteilung einer Betriebsgenehmigung) für eine Kontrolle nach § 2 Abs. 4 Nr. 1 HmbTG ausreichen soll, entscheidend ist vielmehr, dass die staatlich abgeleitete Rechtsstellung das öffentliche Unternehmen in eine quasi-hoheitliche Wächterrolle versetzt.574 Dies kann sich beispielsweise aus einer monopolähnlichen Stellung oder einer gesetzlich angeordneten Beförderungspflicht im öffentlichen Personennahverkehr (§ 22 PBefG) ergeben, ist jedoch stets nach den Umständen des konkreten Einzelfalles zu prüfen.575 Eine taugliche Kontrolle kann auch gesellschaftsrechtlicher Natur sein, vgl. § 2 Abs. 4 Nr. 2 HmbTG und sich namentlich aus einer Anteils- (lit. a) oder Stimmrechtsmehrheit (lit. b) ergeben. An dieser Stelle treten für das Gesellschaftsrecht typische Umgehungsmöglichkeiten auf: § 2 Abs. 4 Nr. 2 lit.a HmbTG fordert für eine Kontrolle mindestens 50 Prozent plus eine Aktie am Grundkapital einer AG bzw. 50 Prozent plus einen Gesellschaftsanteil am Stammkapital einer GmbH.576 Diese streng formalistische Betrachtungsweise kann in der Praxis bei Aktiengesellschaften dazu führen, dass faktische Mehrheitsverhältnisse, die sich aufgrund einer geringen Präsenz auf Hauptversammlungen auch schon bei Stimmrechtsanteilen von etwa 30 Prozent ergeben können,577 nicht vom Kontrolltatbestand des § 2 Abs. 4 Nr. 2 HmbTG erfasst werden. Abhilfe könnte ein Verweis auf die Vorschrift des § 29 Abs. 2 WpÜG schaffen, die Kontrolle bereits an das Halten von

574

Maatsch / Schnabel, § 2, Rn. 26. Maatsch / Schnabel, § 2, Rn. 26 f. 576 Vgl. Stumpf, VerwArch 106 (2015), 499 (503). 577 Siehe hierzu BGH, Beschluss vom 17. 03. 1997 – II ZB 3/96, NJW 1997, 1855 (1857). Dort wurde festgestellt, dass das Land Niedersachsen bei der Volkswagen AG aufgrund von geringer Aktionärspräsenz bereits mit seiner Beteiligung von 20 % in fünf aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren die Mehrheit der Stimmrechte auf der Hauptversammlung hatte. 575

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

mindestens 30 Prozent der Stimmrechte knüpft und damit die Schwelle für das Vorliegen einer hoheitlichen Kontrolle hinabsenkt.578 Eine weitere Umgehungsmöglichkeit im persönlichen Anwendungsbereich eröffnet der abschließende Charakter der Aufzählung von Kontrolltatbeständen in § 2 Abs. 4 Nr. 1 und 2 HmbTG. Diese führt im Ergebnis dazu, dass Verwaltungshelfer in der Regel nicht in die Verpflichtungen des HmbTG einbezogen werden, da sie weder mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattet sind, noch typischerweise einer hoheitlichen Stimm- oder Anteilsmehrheit unterliegen. Durch eine vermehrte Einschaltung von Verwaltungshelfern könnte die Stadt Hamburg somit leicht die Anwendung des HmbTG ausschließen.579 Aller Umgehungsmöglichkeiten zum Trotz sind damit öffentliche Unternehmen ebenso wie mittlerweile auch die mittelbare Staatsverwaltung580 grundsätzlich in den Pflichtenkatalog des Hamburger Transparenzgesetzes einbezogen. Damit soll gewährleistet werden, dass sich die Stadt Hamburg ihren strengen Transparenzverpflichtungen nicht durch eine „Flucht ins Privatrecht“ entziehen kann.581 (b) Materielle Veröffentlichungspflicht Die Schaffung eines frei zugänglichen Informationsregisters ist das Kernstück des HmbTG.582 Die Veröffentlichungspflicht im Informationsregister lässt sich anhand von § 3 Abs. 1 HmbTG in obligatorisch und fakultativ zu veröffentliche Informationsgegenstände unterteilen. Der genaue Umfang und die Modalitäten der Veröffentlichungspflicht im Hamburger Transparenzportal werden in § 3 HmbTG und § 10 HmbTG festgelegt.

578

Vgl. Stumpf, VerwArch 106 (2015), 499 (504). Laut Maatsch / Schnabel, § 2, Rn. 34 ergibt sich hieraus in der Praxis kein Problem, da die Informationen des Verwaltungshelfers aufgrund von engen vertraglichen Bindungen ohnehin stets an seine beauftragende Behörde weitergeleitet werden müssen und damit dessen Veröffentlichungspflicht unterfallen. 580 Die Frage, ob Einrichtungen der mittelbaren Staatsverwaltung in das HmbTG einzubeziehen sind, war in der Vergangenheit höchst umstritten. Eine Veröffentlichungspflicht für die Handelskammer als Form der mittelbaren Staatsverwaltung ablehnend OVG Hamburg,  Beschluss vom 16. 4. 2018 – 3 Bf 271/17.Z, ZD 2018, 549; Schnabel, NordÖR 2012, 431 (432). Befürwortend dagegen Caspar, in: Hill / Schliesky (Hrsg.): Die Neubestimmung der Privatheit, S. 109 (116); Engewald, NVwZ 2018, 1536 (1537 f.). Erst im Sommer 2019 stellte der Hamburger Gesetzgeber ausdrücklich klar, dass unter den Behördenbegriff des § 2 Abs. 3 HmbTG auch Einrichtungen der mittelbaren Staatsverwaltung fallen sollen, vgl. HBü-Drs. 21/17907, S. 9. 581 Vgl. VG Hamburg, Urteil vom 28. 01. 2020 – 17 K 2382/19 – juris, Rn. 42; Caspar, in: Hill / Schliesky (Hrsg.): Die Neubestimmung der Privatheit, S. 109 (111). 582 Vgl. Schnabel, NordÖR 2012, 431 (432). 579

III. Proaktiver Informationszugang

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(aa) Umfang der Veröffentlichung Der enumerative Katalog des § 3 Abs. 1 HmbTG beschreibt den Umfang der zwingend zu veröffentlichen Informationen („Muss-Veröffentlichung“).583 Ermessensspielräume für die veröffentlichungspflichtigen Stellen bestehen für diese Informationen im Gegensatz zu § 3 Abs. 2 HmbTG nicht. Die aufgelisteten Informationen unterliegen allein dem Vorbehalt der Ausschlussgründe der §§ 4–7 und § 9 HmbTG. Für die Veröffentlichungspflicht von öffentlichen Unternehmen sind vor allem die folgenden Informationsgegenstände von besonderer Relevanz, an die in ähn­ licher oder identischer Form auch in anderen Transparenzgesetzen angeknüpft wird. Die anschließende Auseinandersetzung mit den Beispielen des HmbTG kann damit auch für die Auslegung anderer Transparenzgesetze fruchtbar gemacht werden. (α) § 3 Abs. 1 Nr. 4 HmbTG: Verträge der Daseinsvorsorge Ein wesentlicher Informationsgegenstand des Transparenzportals sind die zu veröffentlichen Verträge der Daseinsvorsorge nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 HmbTG.584 Diese sind in § 2 Abs. 10 HmbTG legal definiert als „ein Vertrag, den eine Behörde abschließt und mit dem die Beteiligung an einem Unternehmen der Daseinsvorsorge übertragen wird, der Leistungen der Daseinsvorsorge zum Gegenstand hat, der die Schaffung oder Bereitstellung von Infrastruktur für Zwecke der Daseinsvorsorge beinhaltet oder mit dem das Recht an einer Sache zur dauerhaften Einbringung von Leistungen der Daseinsvorsorge übertragen wird. Damit sind Verträge erfasst, soweit sie die Wasserversorgung, die Abwasserentsorgung, die Abfallentsorgung, die Energieversorgung, das Verkehrs- und Beförderungswesen, insbesondere den öffentlichen Personennahverkehr, die Wohnungswirtschaft, die Bildungs- und Kultureinrichtungen, die stationäre Krankenversorgung oder die Datenverarbeitung für hoheitliche Tätigkeiten zum Gegenstand haben.“

Für eine Einordnung als Vertrag der Daseinsvorsorge müssen somit kumulativ eine Vertragskonstellation im Sinne des S. 1 und eine der abschließend aufgezählten Aufgaben585 im Sinne des S. 2 vorliegen. Abgesehen von kleineren redaktionellen Ungenauigkeiten (die „Einbringung“ von Leistungen in S. 1 ist als „Erbringung“ zu lesen) begegnet die Norm keinen nennenswerten Auslegungs-

583

Maatsch / Schnabel, § 3, Rn. 4. Siehe die Parallelvorschriften in § 11 Abs. 4a S. 1 BremIFG und § 7 Abs. 1 Nr. 4 LTranspG RLP. 585 Vgl. HBü-Drs. 20/4466, S. 14. Hätte der Gesetzgeber hier eine nicht-abschließende Regelung treffen wollen, hätte er dies durch ein vorangestelltes „insbesondere“ oder „unter anderem“ kennzeichnen müssen, vgl. VG Hamburg, Urteil vom 10. 12. 2014 – 17 K 1679/14, S. 10. 584

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

schwierigkeiten, zum Teil erweist sich ein Blick in die Gesetzesbegründung zum wortgleichen Bremer Pendant des § 6a Abs. 2 BremIFG als hilfreich.586 (β) § 3 Abs. 1 Nr. 8 HmbTG: Gutachten und Studien Nicht minder bedeutsam für öffentliche Unternehmen ist § 3 Abs. 1 Nr. 8 HmbTG.587 Hiernach sind Gutachten und Studien, soweit sie „von Behörden in Auftrag gegeben wurden, in die Entscheidung der Behörde einfließen oder ihrer Vorbereitung dienen“ zu veröffentlichen. Auch dieser Vorschrift erscheint auf den ersten Blick ein sehr weiter Anwendungsbereich zuzukommen. Einschränkend wird daher in der Literatur vertreten, dass § 3 Abs. 1 Nr. 8 HmbTG nicht so gemeint sein könne, dass bereits die alternative Erfüllung einer der drei Tatbestandsmerkmale ausreiche.588 Stattdessen müsse das zentrale Merkmal „von einer Behörde in Auftrag gegeben“ in jedem Fall zwingend erfüllt sein. Argumentiert wird damit, dass ansonsten jedes bereits bestehende und ohnehin schon in Fachzeitschriften oder Büchern publizierte Gutachten, welches in die Entscheidung eingeflossen ist, zusätzlich noch einmal im Transparenzregister veröffentlicht werden müsse.589 Eine derartige „doppelte“ Publikationspflicht liefere nicht nur keinen Mehrwert für die Herstellung von Transparenz, sondern führe zugleich auch zu einer unzumutbaren Belastung der behördlichen Arbeit.590 Darüber hinaus wird eingewandt, dass die Veröffentlichungspflicht ohnehin häufig ins Leere laufe, da sie mit entgegenstehenden Immaterialgüterrechten des Verfassers oder Verlegers kollidiere.591 Diese Argumente überzeugen jedoch bei näherer Betrachtung nicht. Weder die Gesetzesbegründung noch Wortlaut und Syntax der Vorschrift liefern Hinweise auf eine einschränkende Auslegung. Darüber hinaus ist das Argument, dass eine Veröffentlichung eines Gegenstandes zu einer unzumutbaren Belastung der behördlichen Arbeitsabläufe führt, systematisch nicht tragbar, da sich der Hamburger Gesetzgeber anders als der Bund bewusst gegen die Aufnahme einer zu § 7 Abs. 2 S. 1 Var. 2 IFG parallelen Regelung im Gesetz entschieden hat. Außerdem liefert auch die Veröffentlichung von bereits publizierten Gutachten vor dem Hintergrund des demokratie- und partizipationsfördernden Gesetzeszwecks einen Mehrwert, da so eindeutig erkennbar und nachvollziehbar wird, welche öffentliche Stelle das einschlägige Gutachten

586

Vgl. Maatsch / Schnabel, § 2, Rn. 43. Für eine grundsätzlich weite Auslegung des § 3 Abs. 1 Nr. 4 HmbTG Willenbruch, NordÖR 2013, 137 (138). 587 Siehe die Parallelvorschriften in § 11 Abs. 4 S. 2 Nr. 2 BremIFG und § 7 Abs. 1 Nr. 8 LTranspG RLP. 588 Maatsch / Schnabel, § 3, Rn. 71. Zum parallelen Streit bei § 7 Abs. 1 Nr. 8 LTranspG RL siehe Müllmann, in: Heinemann, PraxisKommentar LTranspG RLP, S. 158 f. 589 Maatsch / Schnabel, § 3, Rn. 71. 590 Maatsch / Schnabel, § 3, Rn. 71. 591 Maatsch / Schnabel, § 3, Rn. 71.

III. Proaktiver Informationszugang

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verwendet hat und auf welcher konkreten Informations- und Erfahrungsgrundlage eine behördliche Entscheidung getroffen wurde. Dies steht auch im Einklang mit der Gesetzesbegründung, nach der „der volle Umfang des Handelns für die Öffentlichkeit dokumentiert“ werden soll.592 Ebenso kann die Behauptung, es stünden ohnehin in vielen Fällen höherrangige Rechte Dritter entgegen, nicht schon auf der Ebene des Tatbestandes eine Begrenzung rechtfertigen, wenn dies noch an späterer Stelle der Ausschlussgründe (§ 9 Abs. 1 HmbTG) berücksichtigt werden kann. Zusammenfassend bedarf damit die alternative Tatbestandsstruktur keiner Korrektur. Mithin sind auch Gutachten, die bereits von anderer Stelle in Auftrag gegeben und veröffentlicht wurden, im Transparenzportal zu veröffentlichen. Neben der umstrittenen Tatbestandsstruktur wird die Auslegung der Vorschrift zusätzlich dadurch erschwert, dass die Begriffe „Gutachten und Studien“ im HmbTG nicht näher definiert werden. Von Literatur und Rechtsprechung wird unter einem Gutachten eine Abhandlung einer sachverständigen Person oder Stelle verstanden, in der diese Erfahrungssätze darstellt und auf einen konkreten Sachverhalt in der Weise anwendet, dass sie aus ihnen und den im Einzelfall festgestellten Befundtatsachen nach Maßgabe ihres Fachwissens Schlussfolgerungen zieht und so in begründeter Weise zu einem bestimmten Ergebnis zu einer oder mehreren Sachfragen gelangt.593 Von dieser Definition sind mithin solche gutachterliche Stellungnahmen nicht erfasst, die in ihrem Umfang, ihrer Begründungstiefe und ihrem Konkretisierungsgrad hinter einem Gutachten zurückbleiben und damit auch für die behördliche Entscheidungsfindung von geringerer Relevanz sind.594 Auch interne Gutachten und gutachterähnliche Vermerke unterfallen nach dem eindeutigen Wortlaut ebenso wenig § 3 Abs. 1 Nr. 8 HmbTG wie Gutachten, die im Wege der Amtshilfe nach §§ 4–8 VwVfG von Behörden mit besonderem Sachverstand eingeholt wurden.595 Die Tatbestandsalternative „in die Entscheidung einfließen oder ihrer Vorbereitung dienen“ scheitert jedenfalls dann, wenn gar keine behördliche Entscheidung ergeht. In allen anderen Fällen ist wohl zumindest das Tatbestandsmerkmal des Dienens der Vorbereitung zu bejahen.596 Das VG Hamburg hat zudem klargestellt, dass Gutachten und Studien nur dann zu veröffentlichen sind, wenn auch die dazugehörige Entscheidung der Behörde einer Veröffentlichungspflicht unterliegt.597

592

HBü-Drs. 20/4466, S. 15; Jauch, DVBl. 2013, 16 (19). Maatsch / Schnabel, § 3, Rn. 65 m. w. N. 594 Maatsch / Schnabel, § 3, Rn. 67 f. 595 Maatsch / Schnabel, § 3, Rn. 73 ff. Zur entsprechenden Anwendung der §§ 4 ff. VwVfG bei der Amtshilfe im Rahmen der öffentlichen Aufgabenerfüllung in verwaltungsprivatrechtlicher Form Funke-Kaiser, in: BeckOK VwVfG, § 4, Rn. 41. 596 Maatsch / Schnabel, § 3, Rn. 75. 597 VG Hamburg, Urteil vom 5. August 2016  – 17 K 3397/15. Siehe hierzu ausführlich Herr / Müller / Engewald / Piesker / Ziekow, Abschlussbericht zur Evaluation des Hamburgischen Transparenzgesetzes, S. 38. 593

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

(γ) § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG: Vergütung der Leitungsebene Von besonderer Relevanz für öffentliche Unternehmen, da von gesteigertem öffentlichem Interesse,598 ist auch die Veröffentlichung „wesentlicher Unternehmensdaten städtischer Beteiligungen einschließlich einer Darstellung der jährlichen Vergütungen und Nebenleistungen für die Leitungsebene“ nach Nr. 15.599 Die Verpflichtung nach Nr. 15 geht über den Adressatenkreis der sonstigen Veröffentlichungsgegenstände des § 3 Abs. 1 HmbTG hinaus. Anders als bei § 2 Abs. 4 HmbTG fordert § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG keine Stimm- oder Anteilsmehrheit der Stadt Hamburg, sondern lässt bereits jede bloße hoheitliche Beteiligung ausreichen.600 Ausweislich der Gesetzesbegründung ist allein entscheidend, dass die Beteiligung an einem Unternehmen erfolgt, das eine eigene Rechtspersönlichkeit aufweist und wirtschaftlich am Markt tätig ist.601 § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG erfasst damit auch Informationen über gemischtwirtschaftliche Unternehmen mit hoheitlicher Minderheitsbeteiligung. Die Veröffentlichung der „wesentlichen Unternehmensdaten“ im Transparenzregister selbst verläuft inhaltsgleich zu den ohnehin bislang in den Beteiligungsberichten der Stadt Hamburg veröffentlichten Unternehmensdaten und umfasst Informationen zu Eigentümer, Vorstand / Geschäftsführung, Beteiligungen, Unternehmensaufgaben, Geschäftsverlauf, Ausblick, Aufsichtsrat und Unternehmensdaten im engeren Sinne (Finanzdaten, Daten aus Gewinn- und Verlustrechnung, Personaldaten).602 Heftig umstritten ist in diesem Zusammenhang die Verfassungsmäßigkeit der proaktiven Veröffentlichung von individuellen jährlichen Vergütungen und Nebenleistungen für die Leitungsebene in der Jahresabschlussrechnung des Unternehmens.603 Bereits auf formeller Ebene ist zweifelhaft, ob dem Land Hamburg die Gesetzgebungskompetenz für eine derartige Regelung zusteht. Für eine vergleichbare Offenlegungsvorschrift im Gesetz zur Schaffung von mehr Transparenz in öffentlichen Unternehmen im Lande Nordrhein-Westfalen (Transparenzgesetz NRW)604 haben Stimmen aus der Literatur vertreten, der Bund habe über die Normierung von spe 598

Vgl. Maatsch / Schnabel, § 3, Rn. 126. Siehe die Parallelvorschriften in § 11 Abs. 4 S. 2 Nr. 13 BremIFG und § 7 Abs. 1 Nr. 13 LTranspG RLP. 600 Vgl. Maatsch / Schnabel, § 3, Rn. 127. 601 HBü-Drs. 20/13676, S. 12. Stiftungen, Sondervermögen und Landesbetriebe nach § 106 LHO sind damit nicht erfasst, vgl. Maatsch / Schnabel, § 3, Rn. 129. 602 Vgl. Maatsch / Schnabel, § 3, Rn. 130; Schnabel, NordÖR 2012, 431 (433). 603 Dass § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG keine aggregierte Darstellung der Vergütungsleistungen vorsieht, stellte das VG Hamburg jüngst klar, vgl. VG Hamburg, Urteil vom 16. 01. 2020 – 17 K 3920/19 – juris, Rn. 28 ff., so auch Maatsch / Schnabel, § 3, Rn. 132 ff. 604 Gesetz zur Schaffung von mehr Transparenz in öffentlichen Unternehmen im Lande Nordrhein-Westfalen vom 17. Dezember 2009, Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.) Ausgabe 2009 Nr. 44 vom 30. 12. 2009, S. 949 bis 976. 599

III. Proaktiver Informationszugang

219

zifischen Veröffentlichungspflichten im Bilanzrecht (§§ 284 ff. HGB)605 bereits abschließend von seiner Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG (Recht der Wirtschaft) Gebrauch gemacht und sich dabei bewusst gegen eine individualisierte Vergütungspublizität entschieden, so dass dem Landesgesetzgeber die Möglichkeit einer eigenständigen und abweichenden Regelung schon aus Kompetenzgründen versperrt sei.606 Auch eine mögliche Zuordnung zum Datenschutz ändere hieran nichts.607 Gegen diese Argumentation wird richtigerweise angeführt, dass dem Hamburger Transparenzgesetz im Unterschied zu den bilanzrechtlichen Regelungen des HGB keine spezifisch wirtschaftsregulierende Tendenz zukommt, da es allein der Herstellung von Transparenz in Bezug auf hoheitliche Mittelverwendung dient.608 Aus diesem Grund ist die Gesetzgebungskompetenz der Stadt Hamburg nicht durch Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG gesperrt, die Stadt kann vielmehr die Transparenz ihrer eigenen Behörden nach Art. 70 Abs. 1 GG selbst regeln.609 Darüber hinaus stellt sich die Frage nach der materiellen Verfassungsmäßigkeit des § 3 Nr. 15 HmbTG. Für nicht-aggregierte Offenlegungspflichten in vergleichbaren Vorschriften wird in der Literatur zum Teil ein Verstoß gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG angenommen.610 Dass die Veröffentlichung der Vergütungen von Mitgliedern der Leitungsebene einen Eingriff in Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG darstellt, wird von der Literatur611 und auch vom BVerfG in einem Nichtannahmebeschluss612 zur Verfassungsmäßigkeit des inhaltlich vergleichbaren § 35a Abs. 6 S. 2 SGB IV nicht angezweifelt.613 Das BVerfG schließt sich jedoch im Wesentlichen der Argumentation des Bundessozialgerichtes in der Vorinstanz614 an und 605 So haben nach § 285 S. 1 Nr. 9 lit. a HGB mittelgroße und große Kapitalgesellschaften im Anhang zum Jahresabschluss die für die Tätigkeit im Geschäftsjahr gewährten Gesamtbezüge anzugeben, wobei § 286 Abs. 4 HGB Gesellschaften, die keine börsennotierten Aktiengesellschaften sind, von dieser Pflicht ausnimmt, wenn sich anhand der Darstellung die Bezüge eines Leitungsorgans individualisieren lassen. Börsenunternehmen trifft dagegen nach § 285 S. 1 Nr. 9 lit. a S. 5 – 7 HGB grundsätzlich die Pflicht, die Bezüge jedes Vorstandsmitgliedes unter Namensnennung gesondert zu veröffentlichen. 606 Otto / Quick, NWVBl. 2013, 271 (272); Dietlein / Riedel, NWVBl. 2010, 453 (455); siehe hierzu auch Herr / Müller / Engewald / Piesker / Ziekow, Abschlussbericht zur Evaluation des HmbTG, S. 45. 607 Otto / Quick, NWVBl. 2013, 271 (273). 608 Vgl. VG Hamburg, Urteil vom 16. 01. 2020 – 17 K 3920/19 – juris, Rn. 39 ff.; Maatsch /  Schnabel, § 3, Rn. 136. 609 Vgl. Maatsch / Schnabel, § 3, Rn. 136. 610 Vgl. Otto / Quick, NWVBl. 2013, 271 (275); Kreutz, DÖV 2012, 89 (95); Dietlein / Riedel, NWVBl. 2010, 453 (456 f.) sehen darüber hinaus einen Verstoß gegen das Recht auf Achtung des Privatlebens aus Art. 8 Abs. 1 S. 1 EMRK i. V. m. dem zehnten Erwägungsgrund der alten Datenschutz-RL 95/46/EG. 611 Vgl. Maatsch / Schnabel, § 3, Rn. 137; Otto / Quick, NWVBl. 2013, 271 (274). 612 BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 25. 02. 2008 – 1 BvR 3255/07, NJW 2008, 1435. 613 Ebenso ausdrücklich für § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG VG Hamburg, Urteil vom 16. 01. 2020 – 17 K 3920/19 – juris, Rn. 47 ff. 614 BSGE 98, 129 ff.

220

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

betrachtet den Eingriff als gerechtfertigt. Es macht deutlich, dass die Schaffung von (Vergütungs-)Transparenz einen legitimen Zweck darstelle, welcher auch nicht durch eine mildere Maßnahme als die individualisierte Veröffentlichung gleich effektiv erfüllt werden könne.615 Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne betont es zwar die hohe Eingriffsintensität für den Betroffenen, da die Veröffentlichung Rückschlüsse auf private wirtschaftliche Verhältnisse zulasse und damit geeignet sei, eine potentiell unsachlich geführte und ansehensschädigende öffentliche Diskussion hervorzurufen.616 Auf der anderen Seite sei jedoch zu berücksichtigen, dass die Informationen der beruflichen Sphäre zuzuordnen seien und sich die Vorstandsmitglieder von öffentlichen Einrichtungen wie z. B. Krankenkassen bereits durch ihre Position naturgemäß einem besonderen öffentlichen Interesse aussetzen.617 Im Bereich der Vergütungen leitender Funktionsträger in der öffentlichen Verwaltung stelle die Schaffung von Transparenz zudem einen öffentlichen Belang von erheblichen Gewicht dar, da sie eine vergleichende Diskussion um das Thema Vergütungsgerechtigkeit ermögliche.618 Aus diesem Grund sei § 35a Abs. 6 S. 1 SGB IV insgesamt auch verhältnismäßig im engeren Sinne und damit der Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gerechtfertigt. Dieser Argumentation widersprechen Stimmen aus der Literatur. Für Art. 4 des Transparenzgesetzes in Nordrhein-Westfalen, welcher im Wesentlichen eine ähnliche Regelung wie § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG für öffentliche Unternehmen vorsieht, wird bereits in der Schaffung von (Vergütungs-)Transparenz kein tauglicher legitimer Zweck gesehen.619 Mit Blick auf die Geeignetheit und Erforderlichkeit der Regelung verweisen Kritiker darauf, dass die bloße Nennung der Vergütung ohne zusätzliche Erläuterungen zum Kosten-Nutzen-Verhältnis der Arbeitsleistung (Arbeitszeiten, Effizienz etc.) für die angestrebte Anregung einer vergleichenden Diskussion nutzlos sei.620 Zudem sei die Argumentation des BVerfG und des BSG zur Angemessenheit nicht übertragbar, da zwischen gesetzlichen Krankenkassen und öffentlichen Unternehmen gravierende strukturelle Unterschiede bestünden: Im Gegensatz zu gesetzlichen Krankenkassen oder auch öffentlichen Rundfunkan-

615

BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 25. Februar 2008 – 1 BvR 3255/07, NJW 2008, 1435 (1436). 616 BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 25. Februar 2008 – 1 BvR 3255/07, NJW 2008, 1435 (1436). 617 BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 25. Februar 2008 – 1 BvR 3255/07, NJW 2008, 1435 (1436 f.). 618 BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 25. Februar 2008 – 1 BvR 3255/07, NJW 2008, 1435 (1437). 619 Kreutz, DÖV 2012, 89 (94 f.) warnt davor, das „überwiegende Interesse der Allgemeinheit“ mit „Neid als […] psychologisch niedriges Urteil der Masse in seiner Eigenschaft als Summe psychologisch zu verstehender Individualinteressen“ zu vermischen. Für Otto / Quick, NWVBl. 2013, 271 (274) dürfe Transparenz keinen Selbstzweck darstellen, wenn der Gesetzgeber in Wahrheit versuche, über „öffentlichen Druck“ in Wahrheit eine Senkung der Vorstandsgehälter zu bewirken. 620 Vgl. Otto / Quick, NWVBl. 2013, 271 (275).

III. Proaktiver Informationszugang

221

stalten könne die Mehrzahl von öffentlichen Unternehmen nicht auf eine faktische oder gesetzliche Monopolstellung und gesicherte Finanzierung aus hoheitlichen Zwangsabgaben vertrauen, sondern sei als Akteur auf dem Markt der Konkurrenz privater Unternehmen ausgesetzt.621 Die Bezüge der Vorstände seien damit nicht „Ausdruck hoheitlicher Gnaden“, sondern mittelbar das Resultat der Einnahmen, die durch marktgerechtes Agieren in einem wettbewerblich geprägten Umfeld entstanden seien.622 Diese Einwände überzeugen nicht. Bei näherer Betrachtung bestehen grundsätzlich keine Zweifel an der materiellen Verfassungsmäßigkeit der Offenlegung von Vergütungen der Leitungsebene: Richtigerweise besteht der anzulegende Vergleichsmaßstab nicht aus anderen öffentlichen Institutionen, sondern aus vergleichbaren Privatunternehmen. Leitungsorgane von öffentlichen Unternehmen unterliegen als mittelbare Repräsentanten der öffentlichen Hand und „Verwalter“ öffentlicher Finanzen im Vergleich zu Leitungsorganen von rein privaten Unternehmen einem erhöhtem öffentlichen Kontroll- und Rechtfertigungsinteresse. Aus diesem Grund müssen sie auch die Publizität ihrer Vergütungen grundsätzlich hinnehmen.623 Dies gilt auch in Konstellationen, in denen die öffentliche Hand tatsächlich den gleichen wirtschaftlichen Risiken wie andere private Marktakteure unterworfen ist.624 In diesem Sinne hat sich auch das VG Hamburg in einer Entscheidung zur individualisierten Veröffentlichungspflicht der Vergütung eines bei einem städtischen Universitätsklinikum angestellten Geschäftsführers vollumfänglich der Argumentation des BVerfG angeschlossen.625 Es bejahte im Ausgangspunkt folgerichtig die formelle wie materielle Verfassungsmäßigkeit einer Offenlegungspflicht für Leitungsvergütungen nach § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG. Im Detail kann dieses Ergebnis jedoch durchaus kritisch betrachtet werden, da § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG keinerlei Abweichungsspielraum für Bagatellbeteiligungen der Stadt Hamburg lässt. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll jede Form hoheitlicher Minderheitsbeteiligung von § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG erfasst sein.626 Ein derart weites Verständnis führt dazu, dass bereits der Erwerb einer Aktie oder eines GmbH-Anteils durch die Stadt Hamburg eine Offenlegungspflicht der Leitungsvergütung auslöst. In diesen Ausnahmesituationen besteht jedoch nicht zwingend ein gesteigertes öffentliches Kontroll- und Rechtfertigungsinteresse. Ob die Regelung des § 3 Abs. 1 Nr. 15 HmbTG damit angesichts des nicht unerheblichen Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung noch verhältnismäßig im engeren Sinne und materiell verfassungsmäßig ist, darf mithin bezweifelt werden. Die verfassungsrechtlichen Restzweifel lassen sich letztlich nur durch die Einführung eines Bagatellvorbehaltes de lege ferenda ausräumen.

621

Dietlein / Riedel, NWVBl. 2010, 453 (456); Kreutz, DÖV 2012, 89 (95). Dietlein / Riedel, NWVBl. 2010, 453 (456). 623 Pommer, NWVBl. 2010, 459 (461). 624 Pommer, NWVBl. 2010, 459 (461). 625 VG Hamburg, Urteil vom 16. 01. 2020 – 17 K 3920/19 – juris, Rn. 35 ff. 626 HBü-Drs. 20/13676, S. 12. 622

222

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

(δ) § 3 Abs. 2 HmbTG: „Soll“-Veröffentlichung Neben den nach § 3 Abs. 1 HmbTG zwingend zu veröffentlichen Informationsgegenständen existieren solche, die nach § 3 Abs. 2 HmbTG lediglich veröffentlicht werden sollen: „Die auskunftspflichtigen Stellen sollen vorbehaltlich der §§ 4 bis 7 und 9 darüber hinaus veröffentlichen: 1. Verträge, an deren Veröffentlichung ein öffentliches Interesse besteht, soweit dadurch nicht wirtschaftliche Interessen der Freien und Hansestadt Hamburg erheblich beeinträchtigt werden, 2. Dienstanweisungen, sowie alle weiteren, den in Absatz 1 und diesem Absatz genannten Gegenständen vergleichbaren Informationen von öffentlichem Interesse.“

Die Ausgestaltung als „Soll-Regelung“ macht deutlich, dass diese Informationen zwar im Regelfall zu veröffentlichen sind, hiervon aber in begründeten Ausnahmefällen abgesehen werden kann (sog. gebundenes Ermessen).627 Konkret beinhaltet damit § 3 Abs. 2 HmbTG drei Informationsgegenstände. Innerhalb dieser kommt der Veröffentlichung von Dienstanweisungen nach Nr. 2 Hs. 1 aus der Sicht von öffentlichen Unternehmen die geringste Bedeutung zu.628 Praktisch relevanter erscheint dagegen die Bereitstellung von Verträgen, an deren Veröffentlichung ein öffentliches Interesse besteht (Nr. 1). Ein öffentliches Interesse ist im Hinblick auf den Gesetzeszweck des § 1 Abs. 1 HmbTG zu bejahen, wenn es sich um eine fiskalpolitische Entscheidung handelt, die etwa (aufgrund der Summe der aufgewendeten Steuergelder) ein hohes demokratisches Kontrollinteresse auslöst.629 Nach dem Wortlaut des § 3 Abs. 2 Nr. 1 HmbTG ist von einer Veröffentlichung jedoch abzusehen, soweit dadurch wirtschaftliche Interessen der Freien und Hansestadt Hamburg erheblich beeinträchtigt werden. Diese Vorschrift dient öffentlichen Unternehmen als Schutz vor einer Ausforschung durch Wettbewerber630 und ist im Kontext zur Vorgängerregelung des § 8 Nr. 4 HmbIFG zu lesen. Nach dieser Norm war der Antrag auf Zugang zu Informationen abzulehnen, wenn das Bekanntwerden der Information geeignet gewesen wäre, fiskalische Interessen der FHH im Wirtschaftsverkehr zu beeinträchtigen. An dieser Stelle macht bereits die Formulierung „wirtschaftliche Interessen“ deutlich, dass der Ausschlussgrund des § 3 Abs. 2 Nr. 1 HmbTG weiter gefasst ist als „fiskalische Interessen“ nach § 8 Nr. 4 HmbIFG und neben der erwerbswirtschaftlichen Teilnahme der öffentlichen Hand 627

Vgl. Stumpf, VerwArch 106 (2015), 499 (507); Maatsch / Schnabel, § 3, Rn. 138. Die Rechtsfolge des § 3 Abs. 2 HmbTG läuft damit parallel zu § 11 IFG. 628 Als Beispiele für Dienstanweisungen nennt Maatsch / Schnabel, § 3, Rn. 151 etwa Aktenund Hausordnungen, Brandschutzverordnungen, Verfügungen für Arbeitsschutz und Unfallverhütung sowie Vorschriften zur Dienstzeit. 629 Maatsch / Schnabel, § 3, Rn. 141. 630 Vgl. für den inhaltsgleichen § 3 Nr. 6 IFG-Bund VG Hamburg, Urteil vom 27. August 2010 – 7 K 619/09 – juris, Rn. 58.

III. Proaktiver Informationszugang

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am Marktgeschehen auch öffentlich-rechtliche Verträge umfasst.631 Grundsätzlich schließt die Norm damit jede Form von potentiellen wirtschaftlichen Nachteilen ein, also aus der Perspektive von öffentlichen Unternehmen auch drohende Einnahmenverluste und Ausgabensteigerungen.632 Insgesamt darf jedoch die praktische Relevanz der Ausnahme des § 3 Abs. 2 Nr. 1 HmbTG nicht überbewertet werden. Zunächst beschränkt sich der Ausschlusstatbestand anders als in anderen Informationsfreiheitsgesetzen633 gegenständlich auf wirtschaftliche Nachteile, die aufgrund von geschlossenen Verträgen entstehen. Darüber hinaus existiert mit dem Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nach § 7 HmbTG ein spezielleres und ausdifferenzierteres Regelungssystem, welches das Entstehen von wirtschaftlichen Kollateralschäden durch zu weitreichende Informationsbereitstellungen verhindern soll. Dass das tatbestandliche Korrektiv des § 3 Abs. 2 Nr. 1 HmbTG Anwendung findet, ist damit nur in besonderen Ausnahmekonstellationen denkbar. Dieses Ergebnis wird auch gestützt durch eine empirische Datenauswertung im Rahmen der Gesetzesevaluation des HmbTG.634 Neben der Veröffentlichung von Verträgen von öffentlichem Interesse nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 HmbTG ist für öffentliche Unternehmen der Auffangtatbestand des § 3 Abs. 2 Nr. 2 Hs. 2 HmbTG von hoher praktischer Bedeutung. Nach diesem sind alle weiteren vergleichbaren Informationen von öffentlichem Interesse über das Transparenzportal zugänglich zu machen. Wohl unstreitig ist, dass der Begriff des „öffentlichen Interesses“ parallel zu § 3 Abs. 2 Nr. 1 HmbTG auszulegen ist. Unklar bleibt allerdings, welche Informationen als inhaltlich vergleichbar zu qualifizieren sind. Stimmen in der Literatur stellen hierbei auf Ähnlichkeiten zu der Form oder Funktion der Kataloggegenstände des § 3 Abs. 1 HmbTG ab.635 Eine weite Auslegung der Norm, die lediglich dort ihre Grenzen findet, wo Rechte Dritter berührt sind, ist indes anders als mancherorts behauptet,636 nicht angezeigt. Ein zu breiter Anwendungsbereich des Auffangtatbestandes des § 3 Abs. 2 Nr. 1 HmbTG nivelliert nicht nur die systematisch angelegte Trennung zwischen der „Ist“-Veröffentlichung nach Abs. 1 und der „Soll“-Veröffentlichung nach Abs. 2, sondern lässt zugleich die negativen Effekte der besonderen Breitenwirkung proaktiver Informationsmodi unberücksichtigt.637 Die proaktive Veröffentlichung nach § 3 Abs. 1 HmbTG erfolgt nicht als Selbstzweck, sondern richtigerweise allein zur Förderung der Gesetzeszwecke des § 1 HmbTG. Sollte eine Information offensichtlich unge 631

So auch Maatsch / Schnabel, § 3, Rn. 143. Maatsch / Schnabel, § 3, Rn. 144. 633 Vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 9 LIFG BW. Hiernach können allgemein „die Interessen der informationspflichtigen Stellen im Wirtschaftsverkehr“ zu einem Ausschluss des Informationszugangs führen. 634 Laut Herr / Müller / Engewald / Piesker / Ziekow, Abschlussbericht zur Evaluation des HmbTG, S. 71, berief sich nur eine der untersuchten veröffentlichungspflichtigen Stellen auf das Entstehen von wirtschaftlichen Schäden. 635 Maatsch / Schnabel, § 3, Rn. 155. 636 Maatsch / Schnabel, § 3, Rn. 156. 637 Siehe zu diesen bereits C. III. b). 632

224

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

eignet sein, einen konkreten Mehrwert für die demokratische Meinungs- und Willensbildung oder die Kontrolle staatlichen Handelns zu liefern, ist sie unabhängig von einer etwaigen Berührung von Rechten Dritter nicht zu veröffentlichen. Nur durch eine maßvolle Veröffentlichungspraxis lässt sich nicht zuletzt ein „informational overload“638 in der Bevölkerung verhindern. (ε) §§ 4 bis 7, 9 HmbTG: Ausschlussgründe Die proaktiven Veröffentlichungspflichten gelten nicht uneingeschränkt. Dies macht schon der Wortlaut des § 3 Abs. 1 HmbTG deutlich: „vorbehaltlich der §§ 4 bis 7 und 9“. Ebenso wie reaktive Zugangsbegehren findet die proaktive Publikationspolitik ihre Grenzen insbesondere dort, wo öffentliche Belange (z. B. gesteigerter Verwaltungsaufwand, fiskalische Interessen) oder Rechte Dritter (z. B. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, Immaterialgüterschutz, Schutz personen­ bezogener Daten) der Veröffentlichung entgegenstehen. Da sich diese Arbeit noch an späterer Stelle (C. V.) ausführlich der übergeordneten Kategorisierung von Ausschlussgründen im Informationszugangsrecht widmet, erfolgt an dieser Stelle nur eine kurze übersichtsartige Darstellung der spezifischen Veröffentlichungshindernisse nach dem HmbTG. Nach § 4 Abs. 1 S. 1 HmbTG sind personenbezogene Daten bei der Veröffent­ lichung im Informationsregister grundsätzlich unkenntlich zu machen. Diese Norm ist Ausprägung des verfassungsrechtlich gebotenen Schutzes des Grundrechtes auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 S. 1 GG. Aufgrund dieser dogmatischen Anbindung an die Menschenwürde richtet sich das Grundrecht grundsätzlich an natürliche Personen. Ob sich auch öffentliche Unternehmen als juristische Personen auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und damit eine Unkenntlichmachung von unternehmensspezifischen Daten im Transparenzregister berufen können, ist angesichts der fehlenden Grundrechtsfähigkeit öffentlicher Unternehmen zweifelhaft.639 § 5 HmbTG („Ausnahmen von der Informationspflicht“) entbindet schon auf der Ebene des persönlichen Anwendungsbereichs spezifische Institutionen wie Gerichte, Strafverfolgungs- und Strafvollstreckungsbehörden nach Nr. 1 oder Vorgänge wie die der Steuerfestsetzung und Steuererhebung sowie der Innenrevisionen nach Nr. 4 von der Veröffentlichungspflicht im Transparenzregister. Dies soll ausweislich der Gesetzesbegründung die Arbeitsfähigkeit der nicht veröffentlichungspflichtigen Behörden sicherstellen.640

638

Siehe ausführlicher zu diesem Phänomen unter C. VII. 1. a) aa). Konkret dazu Maatsch / Schnabel, § 4, Rn. 59 ff.; Schnabel, WM 2019, 1384. Allgemein zur fehlenden Grundrechtsfähigkeit siehe oben B. II. 3. b) cc) (3) (b). 640 Vgl. HBü-Drs. 20/4466, S. 17. 639

III. Proaktiver Informationszugang

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Der Schutz öffentlicher Belange wird in § 6 HmbTG konkretisiert. § 6 HmbTG knüpft an den Informationsgegenstand selbst an. Nach Abs. 1 sind beispielsweise die unmittelbare Willensbildung des Senats, Entwürfe, vorbereitende Notizen und Vermerke von der Informationspflicht ausgenommen. Nach § 6 Abs. 2 Nr. 1 HmbTG sind allgemein interne Entscheidungsentwürfe, soweit und solange ihre vorzeitige Bekanntgabe den Erfolg der Entscheidungen oder bevorstehenden Maßnahmen vereiteln würde, von der Informationspflicht ausgenommen. Umstritten ist, ob sich auch öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform nach dieser Vorschrift auf den Ausschluss ihrer betriebsinternen Entscheidungsprozesse berufen können.641 Dafür spricht zunächst der offene Wortlaut, der keine personelle Einschränkung auf „klassische“ Behördentätigkeiten vornimmt, dagegen jedoch systematisch die Überschrift „öffentliche Belange“.642 Maatsch / Schnabel argumentieren hieran anknüpfend, dass im Falle von öffentlichen Unternehmen lediglich private Belange berührt seien, öffentliche Interessen kämen lediglich mittelbar über den Gesichtspunkt des Anteilsbesitzes in Betracht.643 Zudem verweisen sie auf den bereits ausreichenden Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nach § 7 HmbTG.644 Der Argumentation, dass Entscheidungsprozesse von öffentlichen Unternehmen ausschließlich private Belange berühren, ist nicht zuzustimmen: Einerseits ergibt sich aus der Hybridstruktur von öffentlichen Unternehmen, dass deren Entscheidungen zwar formal privatrechtlich ergehen, aber materiell der Sicherstellung der öffentlichen Aufgabenerfüllung, insbesondere im Bereich der Daseinsvorsorge, dienen und damit im Kern öffentliche Belange berühren. Ferner bildet der Einsatz zur öffentlichen Zweckverfolgung gerade die inhaltliche Legitimationsgrundlage für die Einbeziehung von öffentlichen Unternehmen in das Informationsfreiheitsrecht. Selbst Entscheidungsprozesse im Rahmen einer rein erwerbswirtschaftlichen Betätigung des öffentlichen Unternehmens haben Auswirkungen auf fiskalische Interessen der öffentlichen Hand und lassen sich damit zumindest mittelbar auf „öffentliche Belange“ zurückführen. Mithin sprechen weder der Wortlaut noch systematische Argumente gegen eine Einbeziehung von Entscheidungsprozessen öffentlicher Unternehmen in den Anwendungs­ bereich des § 6 Abs. 2 Nr. 1 HmbTG. Die Erstreckung von § 6 Abs. 2 Nr. 1 HmbTG auf öffentliche Unternehmen kann und muss insbesondere dort Schutzlücken schließen, wo die intern vorbereitenden Dokumente noch nicht den Status eines Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses erreichen und mithin § 7 HmbTG keine Anwendung findet. Wie schon angedeutet, dient § 7 HmbTG dem Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen und stellt damit die zentrale Schutzvorschrift für öffentliche Unternehmen dar. Als „uneingeschränkt gelungene Vorschrift“ wird ihr Vorbild-

641

Maatsch / Schnabel, § 6, Rn. 14. Maatsch / Schnabel, § 6, Rn. 14. 643 Maatsch / Schnabel, § 6, Rn. 14. 644 Maatsch / Schnabel, § 6, Rn. 14. 642

226

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

charakter für den Erlass neuer Informationsfreiheitsgesetze zugesprochen.645 Details werden daher an späterer Stelle erörtert.646 In § 9 HmbTG werden „Einschränkungen der Informationspflicht“ normiert. § 9 Abs. 1 HmbTG stellt klar, dass die Veröffentlichung auch durch höherrangiges Recht oder spezialgesetzliche Regelungen ausgeschlossen sein kann. In Betracht kommen hierbei zunächst bundesgesetzliche Geheimhaltungsgebote.647 Für öffentliche Unternehmen stellt sich an dieser Stelle zudem die Frage nach der Reichweite von gesellschaftsrechtlichen Verschwiegenheitspflichten, etwa nach §§ 116 S. 2, 394 f. AktG.648 Darüber hinaus sind auch die bundesrechtlichen Vorschriften zum Schutz des geistigen Eigentums als höherrangiges Recht zu qualifizieren.649 Auch wenn eine Informationspflicht nach diesen Maßstäben grundsätzlich ausgeschlossen ist, sind nach dem Wortlaut des § 9 Abs. 1 HmbTG zumindest formale Angaben zum Gegenstand und der Titel der Information in zulässigem Umfang im Transparenzregister zu veröffentlichen, um zumindest ein grundlegendes öffent­liches Transparenzbedürfnis zu befriedigen. Von hoher praktischer Relevanz ist zudem die Bagatellklausel des § 9 Abs. 2 HmbTG, nach der unter anderem Verträge mit einem Gegenstandswert von weniger als 100.000 Euro von der Veröffent­lichungspflicht ausgenommen sind, sofern zwischen den Vertragspartnern im Laufe der vergangenen zwölf Monate Verträge über weniger als insgesamt 100.000 Euro abgeschlossen wurden, vgl. § 9 Abs. 2 Nr. 1 HmbTG. (bb) Modalitäten der Veröffentlichung: § 10 HmbTG Abseits der Fragen zur materiellen Reichweite der Veröffentlichungspflicht regelt § 10 HmbTG überwiegend die formellen Modalitäten der Publikation im Hamburger Informationsregister und den rechtlichen Rahmen der Ausgestaltung durch den Senat, vgl. § 18 Abs. 2 HmbTG. Nach § 10 Abs. 1 S. 1 HmbTG müssen öffentliche Unternehmen ihre Informationen im Sinne des § 3 Abs. 1 HmbTG unverzüglich, im Volltext und in elektronischer Form veröffentlichen.650 Die techni-

645 Maatsch / Schnabel, § 7, Rn. 1, 60, die besonders die Übernahme bekannter Definitionen und die verfahrensrechtlichen Ausgestaltungen durch die Norm loben. 646 Siehe C. V. 2. a) aa) (5). 647 Beispielhaft sind zu nennen das Statistikgeheimnis nach § 16 BStatG, das Steuergeheimnis nach § 30 AO oder das Sozialgeheimnis nach § 35 SGB I, § 67 SGB X, siehe auch Maatsch / Schnabel, § 9, Rn. 6 f. 648 Siehe C. V. 2. a) dd). 649 Mit konkreten Beispielen aus dem gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht siehe Maatsch / Schnabel, § 9, Rn. 8 ff. Hierzu ausführlich siehe V. 2. a) bb). 650 Das Sanktionspotential bei einer unterbliebenen oder zu spät erfolgten Information wird jedoch in den meisten Fällen naturgemäß gering sein, da der Bürger meist gar nicht einsehen kann, welche eigentlich veröffentlichungspflichtigen Informationen bei dem öffentlichen Unternehmen vorliegen, vgl. Maatsch / Schnabel, § 10, Rn. 5.

III. Proaktiver Informationszugang

227

schen Anforderungen an die Veröffentlichungspflicht werden in Absatz 5 näher konkretisiert. Diese Vorgaben sind vor allem im Zusammenhang mit § 10 Abs. 3 S. 1 HmbTG zu lesen. Nach diesen Vorschriften sind die Nutzung, Weiterverwendung und Verbreitung der Informationen frei, sofern höherrangiges Recht oder spezialgesetzliche Regelungen nichts anderes bestimmen. Um eine möglichst freie und effektive Nutzung und Weiterverwertung der zur Verfügung gestellten Daten durch jedermann zu gewährleisten, müssen die veröffentlichten Informationen zunächst in einem wiederverwendbaren Format vorliegen (§ 10 Abs. 5 S. 1 HmbTG). Diese Vorgabe ist weit auszulegen. Sie schließt beispielsweise bei Textdokumenten das weit verbreitete PDF / A-Format ein, das zumindest die Umwandlung in ein bearbeitbares Dokument ermöglicht.651 Darüber hinaus ist die maschinelle Weiterverarbeitung der Informationen unabhängig von spezifischen Hardware- oder Softwarevoraussetzungen zu gewährleisten (S. 2). Außerdem determiniert § 10 Abs. 5 S. 3, 4 HmbTG Anforderungen an möglichst offen bearbeitbare und transparent gestaltete Dateiformate. § 10 Abs. 3 und Abs. 5 HmbTG illustrieren damit insgesamt eindrucksvoll, dass eine effektive Informationsweiterverwendung nach dem DNG schon auf der Ebene des Informationszugangs beginnt: Die Normierung von proaktiven Informationsbereitstellungspflichten ermöglicht erst eine flächendeckende und effektive Ausschöpfung wirtschaftlicher Innovationspotentiale öffentlicher Datenbestände durch private Drittnutzer. Diese gelingt nur dann, wenn die reine Bereitstellungspflicht wie im Rahmen von § 10 HmbTG auch von technischen Vorgaben zur Sicherstellung einer schnellen und leichten Weiterverarbeitung flankiert wird. Zur Rechtsnatur der proaktiven Bereitstellung einer Information auf einem Transparenzportal durch ein öffentliches Unternehmen und den damit verbundenen Rechtsschutzmöglichkeiten siehe unter C. VI. 1. (2) Bremen Zwar wird gemeinhin dem Hamburger Transparenzgesetz eine Vorreiterrolle in Hinblick auf die Etablierung von proaktiven Veröffentlichungsverpflichtungen zugeschrieben.652 Nichtsdestotrotz kann auch dem Bremer Informationsfreiheitsgesetz (BremIFG653) eine transparenzfördernde Initialwirkung zumindest auf Landesebene nicht abgesprochen werden. Bereits im Jahr 2006 beinhaltete das BremIFG

651

Vgl. Maatsch / Schnabel, § 10, Rn. 38. So beispielsweise Stumpf, VerwArch 106 (2015), 499 (501), der in dem Erlass des HmbTG eine „180°-Grad Wende“ sieht. Jauch, DVBl. 2013, 16 (24) spricht von einem „Paradigmenwechsel“. 653 Gesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Bremen (Bremer Informationsfreiheitsgesetz – BremIFG) vom 26. Mai 2006, Brem.GBl. 2006, 263. Zuletzt geändert durch Gesetz vom 05. 03. 2019 (Brem.GBl. S. 55). 652

228

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

in § 11 BremIFG a. F. proaktive Veröffentlichungspflichten für Behörden und schuf mit § 11 Abs. 5 S. 1 BremIFG a. F. ein zentrales elektronisches Informationsregister, um das Auffinden der bereitgestellten Informationen zu erleichtern. Die Veröffentlichungspflichten des § 11 BremIFG a. F. orientierten sich zwar zunächst inhaltlich wie sprachlich an dem eher „weichen“ § 11 IFG des Bundes und beschränkten sich auf die Veröffentlichung von Aktenplänen und Verzeichnissen.654 Im Gegensatz zu § 11 IFG-Bund wurden indes die proaktiven Informationspflichten des § 11 BremIFG in den letzten Jahren durch diverse Gesetzesänderungen inhaltlich sukzessive ausgeweitet. Aktuell soll das Bremer IFG sogar bundesweit nach einigen Stimmen in der Literatur den niedrigschwelligsten Zugang zu Informationen gewähren.655 Neben der Pflicht zum Führen von Informationsverzeichnissen (§ 11 Abs. 1 BremIFG) und zur allgemeinen Zugänglichmachung von Organisations-, Geschäftsverteilungs- und Aktenplänen sowie Verwaltungsvorschriften (§ 11 Abs. 2, 3 BremIFG) ist die im Mai 2015 eingeführte656 Veröffentlichungspflicht nach § 11 Abs. 4 S. 1 BremIFG von zentraler Bedeutung. Nach dieser Vorschrift haben die Behörden die in den Absätzen 1, 2 und 3 genannten Pläne, Verzeichnisse und Verwaltungsvorschriften sowie weitere „geeignete Informationen“ ohne Angaben von personenbezogenen Daten und Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen in elektronischer Form unverzüglich allgemein zugänglich zu machen und an das elektronische Informationsregister nach Absatz 5 zu melden. Wann eine Information zur Veröffentlichung „geeignet“ ist, definiert ein nicht abschließender („insbesondere“) Katalog in § 11 Abs. 4 S. 2 BremIFG. Dabei decken sich die aufgelisteten Veröffentlichungsgegenstände inhaltlich im Wesentlichen mit denen des HmbTG. Insbesondere sind nach § 11 Abs. 4 S. 2 Nr. 2 BremIFG auch „Statistiken, Gutachten und Berichte“ sowie nach § 11 Abs. 4 S. 2 Nr. 13 BremIFG „wesentliche Unternehmensdaten städtischer Beteiligungen einschließlich einer Darstellung der jährlichen Vergütungen und Nebenleistungen für die Leitungsebene“ umfasst. Nach § 11 Abs. 4a S. 1 BremIFG erstreckt sich die Veröffentlichungspflicht auch auf Verträge der Daseinsvorsorge, wobei wie bei § 9 Abs. 2 Nr. 1 HmbTG eine (wenn auch in der Höhe niedrigere) Bagatellgrenze für Verträge im Wert von unter 50.000 Euro existiert. Diese Veröffentlichungspflichten gelten bis heute auch für öffentliche Unternehmen, soweit sich eine Behörde dieser zur Erfüllung ihrer öffentlich-recht­ lichen Aufgaben bedient, vgl. § 1 Abs. 1 S. 3 BremIFG. Öffentliche Unternehmen sind damit grundsätzlich nach den oben skizzierten Maßstäben des IFG-Bund in den Anwendungsbereich des BremIFG einbezogen. Daraus folgt, dass entgegen

654

Zu § 11 IFG siehe oben. Debus, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 1 IFG, Rn. 64. Dagegen jedoch die Bewertung des Portals transparenzranking.de, welches das Land Bremen hinter Hamburg und Schleswig-Holstein nur auf dem dritten Rang sieht, vgl. https://transparenzranking.de/ (zuletzt abgerufen am 21. 01. 2020). 656 Durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Bremer Informationsfreiheitsgesetzes vom 28. April 2015, Brem.GBl. 2015, S. 274. 655

III. Proaktiver Informationszugang

229

der Auffassung des Bremer Wirtschaftssenates657 auch öffentliche Unternehmen, die allein im (erwerbswirtschaftlichen) Eigengeschäft tätig sind, einer Veröffentlichungspflicht im Sinne des BremIFG unterliegen. Eine begrüßenswerte Besonderheit des BremIFG besteht darin, dass der Landesgesetzgeber versucht, die Abwägung zwischen Veröffentlichungs- und Geheimhaltungsinteressen auf der Ebene der Informationsausschlussgründe (etwa zum Schutz geistigen Eigentums oder zur Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen) vorzustrukturieren.658 So werden in § 6a und § 6b BremIFG für besondere Informationsgegenstände (Verträge der Daseinsvorsorge und Vergütungsverträge für die Erstellung von Gutachten) qualitative Leitlinien für den Abwägungsvorgang aufgestellt. § 6a Abs. 1 S. 1 BremIFG erkennt dabei ausdrücklich die Wettbewerbssituation des Unternehmens im Bereich der Daseinsvorsorge als abwägungsrelevanten Faktor an. So soll das Offenlegungsinteresse in der Regel überwiegen, wenn das betroffene Unternehmen im Geltungsbereich dieses Gesetzes keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist. Diese Wertung bezieht sich zwar grundsätzlich nach dem Wortlaut nur auf die Informationsgewährung auf Antrag. Dass der aufgestellte Maßstab allerdings auch auf die proaktive Veröffentlichung von Verträgen der Daseinsvorsorge auszuweiten ist, stellt § 11 Abs. 4a S. 4 BremIFG klar.659 Mit weitreichenden proaktiven Veröffentlichungspflichten im Gepäck beschreitet das Bremer Informationsfreiheitsgesetz den „elektronische[n] Weg zu besserem Informationszugang und mehr Transparenz in der öffentlichen Verwaltung“.660 Es unterwirft dabei auch öffentliche Unternehmen teils umfangreichen Veröffentlichungspflichten, erkennt jedoch gleichzeitig erfreulicherweise die Wettbewerbsrelevanz der Preisgabe von sensiblem Informationsmaterial an und verlagert die Konfliktsteuerung im Einzelfall (zu Recht) auf die Ebene der Informationsausschlussgründe.

657

Bremer Senat für Wirtschaft, Arbeit und Europa, Handlungsleitfaden zu Veröffentlichungen von Verträgen nach dem BremIFG vom 21. 11. 2017, S. 3, abrufbar unter: https://www. transparenz.bremen.de/dokument/bremen109.c.20967.de (zuletzt aufgerufen am 22. 09. 2020). 658 Der Handlungsleitfaden des Senats zu Veröffentlichungen von Verträgen nach dem BremIFG v. 21. 11. 2017 (siehe vorherige Fn.), S. 4 f., liefert Beispiele für Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, etwa Preise und Entgelte, Preislisten, Kalkulationsgrundlagen, Stundensätze / Einzelpreise, Bewertung von Leistungen in Zeiten, Terminplanungen, Architekturen, IP-Adressen, Ortsangaben (Verlauf von Kabeltrassen, Standort von Netzinfrastruktur), Details der Programmierung (Datenbanken, Algorithmus), Details zu Sicherheitskonzepten und verfahrensspezi­ fische Informationen. 659 „Die Veröffentlichung [von Verträgen der Daseinsvorsorge] unterbleibt, soweit ein Antrag auf Informationszugang nach diesem Gesetz abzulehnen wäre.“ 660 Bremer Empfehlung zu Open Government Data, abgegeben anlässlich der Tagung „E-Government In Medias Res“ in Bremen am 17. und 18. 01. 2011. Dabei ist das Transparenzregister unter der bremischen Bevölkerung deutlich bekannter als das BremIFG selbst, vgl. Ziekow /  Debus / Musch, S. 31 f.

230

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

(3) Rheinland-Pfalz Als erstes Flächenbundesland und als drittes Bundesland überhaupt verfügt auch Rheinland-Pfalz seit dem 1. Januar 2016 über ein eigenes Transparenzgesetz (LTranspG RLP).661 Auch hier stehen nach § 4 Abs. 1 LTranspG RLP die passive und aktive Informationspflicht zur Erfüllung einer allgemeinen Transparenzpflicht gleichberechtigt nebeneinander. Die zentrale Maßnahme zur Umsetzung der aktiven Informationsverpflichtungen ist die Veröffentlichung von Informationen auf einer elektronischen Transparenz-Plattform, vgl. §§ 6 Abs. 1, 7 Abs. 1 LTranspG RLP.662 Im Gegensatz zu den Portalen in Hamburg und Bremen werden auf dieser Transparenz-Plattform neben allgemeinen amtlichen Informationen auch Umweltinformationen veröffentlicht (vgl. § 7 Abs. 1, 2 LTranspG RLP). Das LTranspG RLP unterscheidet sich ansonsten im Umfang der Informationspflichten kaum zu seinen Bremer oder Hamburger Pendants: Nach dem abschließenden Katalog des § 7 Abs. 1 LTranspG RLP gehören zu den veröffentlichungspflichtigen amtlichen Informationen unter anderem „4. die wesentlichen Inhalte von Verträgen von allgemeinem öffentlichen Interesse mit einem Auftragswert von mehr als 20 000,00 EUR, soweit es sich nicht um Beschaffungsverträge oder Verträge über Kredite und Finanztermingeschäfte handelt, […] 8. Gutachten und Studien, soweit sie von Behörden in Auftrag gegeben wurden, in Entscheidungen der Behörden einflossen oder ihrer Vorbereitung dienten, […] 13. die wesentlichen Unternehmensdaten von Beteiligungen des Landes an privatrechtlichen Unternehmen, soweit sie der Kontrolle des Landes im Sinne des § 3 Abs. 3 Nr. 2 und 3 unterliegen […] einschließlich einer Darstellung der jährlichen Vergütungen und Nebenleistungen für die Leitungsebene“.

§ 8 LTranspG RLP legt die formalen Anforderungen an die Veröffentlichung fest. Die Informationen sind grundsätzlich im Volltext als elektronische Dokumente (Abs. 1) in allen angefragten (offenen) Formaten und Sprachen (Abs. 3) bereitzustellen und in angemessenen Abständen zu aktualisieren (Abs. 4). Inhaltlich deckt sich das LTranspG damit auch hier im Wesentlichen mit den Vorgaben des HmbTG und des BremIFG. § 8 Abs. 5 LTranspG RLP sticht jedoch heraus: Hiernach haben die transparenzpflichtigen Stellen auf der Einstiegswebseite ihres Internetauftritts ausdrücklich unter anderem auf das LTranspG RLP und den danach bestehenden Anspruch auf Informationszugang hinzuweisen. Der mit der Einführung der Transparenz-Plattform angestrebte Kulturwandel hin zu einer umfassenden proaktiven Offenheit und Transparenz des Verwaltungs 661 662

Landestransparenzgesetz vom 27. 11. 2015, GVBl. 2015 S. 383. Müllmann, in: Heinemann, PraxisKommentar LTranspG RLP, S. 144.

III. Proaktiver Informationszugang

231

handelns663 macht jedoch Halt vor der Einbeziehung öffentlicher Unternehmen: Zwar stellt § 3 Abs. 2 LTranspG RLP klar, dass sich der Anwendungsbereich des Gesetzes nicht nur auf Behörden im funktionalen Sinne erstreckt (S. 1), sondern darüber hinaus auch auf eine natürliche oder juristische Person des Privatrechts, soweit eine Behörde sich dieser Person zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben bedient oder dieser Person die Erfüllung öffentlicher Aufgaben übertragen wurde (S. 2). Damit ist der personelle Anwendungsbereich im Ausgangspunkt sehr weit ausgestaltet. Vom LTranspG RLP werden so grundsätzlich Verwaltungshelfer, Formen der Organisationsprivatisierung, der funktionalen Privatisierung sowie gemischtwirtschaftliche Unternehmen erfasst.664 Für die Veröffentlichung von Umweltinformationen bestehen darüber hinausgehende, spezifische Regelungen hinsichtlich der Verpflichtung Privater (§ 3 Abs. 2 S. 3 i. V. m. § 3 Abs. 3 LTranspG RLP), die als Umsetzung der RL 2003/4/EG zu verstehen sind und zum Teil wortgleich § 2 Abs. 2 UIG-Bund übernehmen.665 Diese im Ausgangspunkt umfassende Verpflichtung Privater wird jedoch an späterer Stelle für die aktive Informationspflicht in Bezug auf amtliche Informationen wieder zurückgenommen: § 7 Abs. 4 S. 1 LTranspG RLP befreit sämtliche öffentliche Unternehmen im Sinne des § 3 Abs. 2 S. 2 LTranspG RLP von der Pflicht zur proaktiven Informationsbereitstellung auf der Transparenz-Plattform. Eine Ausnahme von diesem Dispens besteht nur für Umweltinformationen. Diese sind weiterhin nach § 7 Abs. 2 LTranspG RLP im Transparenz-Portal zu veröffentlichen. Nach § 7 Abs. 4 S. 2 LTranspG RLP steht öffentlichen Unternehmen jedoch die Möglichkeit zur freiwilligen Veröffentlichung von Informationen auf dem Transparenzportal offen. Begründet wird diese informationsrechtliche Befreiung von öffentlichen Unternehmen mit haushaltsrechtlichen Erwägungen.666 Zugleich macht die Gesetzesbegründung allerdings deutlich, dass diese Privilegierung nur übergangsweise bestehen soll.667 Langfristig wird angestrebt, auch öffentliche Unternehmen in die Veröffentlichungspflichten des § 7 Abs. 1 LTranspG RLP einzubeziehen.668 663 Landtag Rheinland-Pfalz, Plenarprotokoll, 16/107, 7084 f.; Müllmann, in: Heinemann, PraxisKommentar LTranspG RLP, S. 144. 664 Müllmann, in: Heinemann, PraxisKommentar LTranspG RLP, S. 56. 665 Müllmann, in: Heinemann, PraxisKommentar LTranspG RLP, S. 58 f., 65 ff. 666 Gesetzentwurf zum Landestransparenzgesetz vom 23. 06. 2015, LT-Drs. 16/5173, S. 88 f.: Der Hintergrund ist, dass durch § 7 Abs. 4 S. 1 LTranspG vor allem Kommunen von der Veröffentlichungspflicht befreit werden sollen, da mangels flächendeckender Einführung der elektronischen Akte die für die Veröffentlichung erforderlichen Daten noch digitalisiert und vor dem Hintergrund entgegenstehender Belange nach §§ 14–17 LTranspG geprüft werden müssen. Dieser drohende Mehraufwand an Sach- und Personalmitteln müsste haushaltsrechtlich nach dem Konnexitätsprinzip aus Art. 49 Abs. 5 LV RLP ausgeglichen werden, was bewusst vermieden werden soll, vgl. Schoch, IFG, Einl. Rn. 229; Müllmann, in: Heinemann, PraxisKommentar LTranspG RLP, S. 185 f. Aus Gründen der Gleichbehandlung mit den Kommunen sollen auch transparenzpflichtige Stellen nach § 3 Abs. 2 S. 2 LTranspG von der Veröffentlichungspflicht ausgeschlossen werden. 667 LT-Drs. 16/5926, S. 17 ff.; Landtag Rheinland-Pfalz, Plenarprotokoll 16/107, 7084. 668 LT-Drs. 16/5926, S. 17 ff.; Landtag Rheinland-Pfalz, Plenarprotokoll 16/107, 7084.

232

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

Insgesamt hat das Land Rheinland-Pfalz mit dem LTranspG RLP zwar eine Transparenz-Plattform und so die Infrastruktur für eine effektive Open Data-­ Politik geschaffen, klammert aber öffentliche Unternehmen abseits von Umweltinformationen von proaktiven Veröffentlichungspflichten aus. Entsprechend geraten öffentliche Unternehmen zumindest auf der antragsunabhängigen Ebene nur dann in das Spannungsfeld von Offenlegungs- und Geheimhaltungsinteressen, wenn sie sich freiwillig dazu entschließen, ihr Informationsmaterial auf der Transparenz-Plattform bereitzustellen. (4) Baden-Württemberg Sehr vorsichtig agiert auch der Transparenzgesetzgeber in Baden-Württemberg: Im Rahmen des am 1. Januar 2016 in Kraft getretenen Landesinformationsfreiheitsgesetzes (LIFG BW)669 wurde der § 11 LIFG eingeführt, mit dem eine „Open-Data Strategie“ verfolgt und die proaktive Bürgerinformation als Ergänzung zum reaktiven Informationszugangsanspruch etabliert werden sollte.670 In diesem Sinne formuliert § 11 Abs. 1 S. 1 LIFG BW den Grundsatz, dass möglichst viele zur Veröffentlichung geeignete amtliche Informationen nach Maßgabe dieses Gesetzes über öffentlich zugängliche Netze zur Verfügung zu stellen sind. § 11 Abs. 1 S. 2 LIFG BW beinhaltet anschließend einen nicht abschließenden Katalog von veröffentlichungspflichtigen Informationen. Dieser klammert jedoch eine Vielzahl von Informationen mit erfahrungsgemäß hohem Offenlegungsinteresse aus (beispielsweise Verträge der Daseinsvorsorge, Gutachten oder Subventionsvergaben). Das LIFG BW platziert sich daher inhaltlich „in der Mitte zwischen dem restriktiven IFG und dem Hamburger Transparenzportal“.671 Informationen von und über öffentliche Unternehmen, die zwar grundsätzlich auch nach Maßgabe des § 2 Abs. 4 LIFG BW unmittelbar verpflichtet sind,672 werden damit allenfalls indirekt über das Finanzministerium des Landes Baden-Württemberg in Form von „wesentlichen Unternehmensdaten von Beteiligungen des Landes an privatrechtlichen Unternehmen“ nach § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 LIFG BW preisgegeben. Diese „wesentlichen Unternehmensdaten“ waren jedoch ohnehin bereits vor Einführung des LIFG BW Bestandteil der allgemein öffentlich zugänglichen Beteiligungsberichte des Landes Baden-Württemberg, so dass sich im Ergebnis aus § 11 LIFG BW für öffentliche Unternehmen kein gesteigertes Risiko der Preisgabe von sensiblen Unternehmens 669

Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen in Baden-Württemberg (Landesinformationsfreiheitsgesetz) vom 17. 12. 2015; den Erlass des LIFG BW insgesamt begrüßend Schoch, VBlBw. 2017, 45 (53). 670 Beyerbach, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 11 LIFG, Rn. 1. 671 Beyerbach, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 11 LIFG, Rn. 1, 11. 672 An dieser Stelle wurde § 2 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. Abs. 2 UIG wortgleich übernommen. Siehe zur Einbeziehung Privater auch LT-Drs. 15/7720, S. 62. Das LIFG BW geht damit insgesamt von einem funktionellen Behördenbegriff aus, vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 06. 08. 2019 – 10 S 303/19, NVwZ 2019, 1781; Schnittmann, K & R 2020, 584 (586).

III. Proaktiver Informationszugang

233

daten ergibt. Hinzu kommt, dass das Land trotz entsprechender Ermächtigungsgrundlage in § 11 Abs. 2 LIFG BW noch kein zentrales „Informationsregister“ zur gebündelten Darstellung der zu veröffentlichen Informationen geschaffen hat. Im Ergebnis sorgen die lediglich rudimentär ausgestalteten proaktiven Veröffentlichungspflichten des LIFG in Baden-Württemberg aus der Perspektive von öffentlichen Unternehmen kaum für eine Verschärfung des Konfliktfeldes zwischen Offenlegungs- und Geheimhaltungsinteressen. (5) Schleswig-Holstein Schleswig-Holstein hat Ende 2014 als einziges Bundesland durch Verfassungsänderung die Schaffung von Transparenz zum Verfassungsgut erhoben, vgl. Art. 53 LVerf SH.673 Im Anschluss an diese Verfassungsänderung wurde auch das Informationszugangsgesetz in Schleswig-Holstein (IZG-SH674) reformiert und mit § 11 IZG-SH ein zentrales elektronisches Informationsregister eingeführt. Dieses Register bleibt in seiner Reichweite jedoch erheblich hinter den Transparenzportalen in Hamburg, Bremen oder Rheinland-Pfalz zurück.675 Zunächst beinhaltet § 11 Abs. 1 S. 1 IZG-SH bis zum Ablauf einer Übergangsphase am 31. 12. 2021 lediglich eine Soll-Veröffentlichung anstatt einer Muss-Veröffentlichung.676 Darüber hinaus sind als Adressaten des § 11 Abs. 1 S. 1 IZG-SH ausschließlich „Landesbehörden“ erfasst. Hierunter fällt nach dem Willen des Gesetzgebers nur die unmittelbare Landesverwaltung.677 Öffentliche Unternehmen unterliegen damit grundsätzlich keinen Veröffentlichungspflichten im Sinne des § 11 IZG-SH. Zwar sind auch hier wie in Baden-Württemberg nach § 11 Abs. 1 Nr. 10 IZG-SH „wesentliche Unternehmensdaten“ zu veröffentlichen, allerdings waren diese Informationen auch bereits vor Einführung des Informationsregisters publik.678 Mangels handfester proaktiver Informationsverpflichtungen sehen sich damit öffentliche Unternehmen in Schleswig-Holstein (noch) nicht mit einer Zuspitzung des Spannungsfelds zwischen Transparenz und Opazität konfrontiert.

673

Gesetz vom 02. 12. 2014, GVBl. 2014, S. 344; siehe auch Engewald, NordÖR 2017, 209 (209 f.). 674 Informationszugangsgesetz für das Land Schleswig-Holstein vom 19. 1. 2012, zuletzt mehrfach geändert durch Gesetz vom 19. 07. 2019, GVOBl. S. 310. 675 Ausführlich hierzu Engewald, NordÖR 2017, 209 (222). 676 LT-Drs. 18/4409, S. 26. 677 LT-Drs. 18/4409, S. 15. 678 LT-Drs. 18/4409, S. 15; Engewald, NordÖR 2017, 209 (217).

234

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

(6) Sachsen-Anhalt Auch in Sachsen-Anhalt entschied sich der Landesgesetzgeber mit dem Gesetz zur Änderung des Informationszugangsgesetzes Sachsen-Anhalts im Sommer 2019679 für die Einrichtung eines digitalen Landesinformationsregisters. Auf diese Weise sollen die Transparenz und Akzeptanz des Verwaltungshandelns erhöht und die politische Meinungs- und Willensbildung des Bürgers gefördert werden.680 Nach § 11a Abs. 1 IZG LSA sind unter anderem Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften (Nr. 1), von der Landesregierung oder Ministerien in Auftrag gegebene Gutachten, Studien und Beraterverträge (Nr. 2) amtliche Statistiken (Nr. 3), öffentliche Tätigkeitsberichte (Nr. 4) und Geodaten (Nr. 5) proaktiv und kostenlos (§ 11a Abs. 2) bereitzustellen. Die Pflicht zur antragsunabhängigen Veröffentlichung trifft jedoch nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 11a Abs. 1 lediglich Landesbehörden im Sinne des § 1 Abs. 1 lit. a IZG LSA. Für öffentliche Unternehmen besteht damit grundsätzlich kein proaktiver Veröffentlichungsauftrag, der den Konflikt zwischen Offenlegung- und Geheimhaltungsinteressen auslösen oder verschärfen könnte. (7) Thüringen Mit dem am 1. Januar 2020 in Kraft getretenen Thüringer Transparenzgesetz (ThürTG)681 und der darauf basierenden Einrichtung eines landesweiten Transparenzportals682 katapultiert sich das Land in die Spitzengruppe des nationalen Informationsfreiheitsrankings der Vereine Open Knowledge Foundation Deutschland e. V. und Mehr Demokratie e. V.683 Angestoßen durch die Rechtsentwicklung in anderen Bundesländern wie Bremen und Hamburg unternimmt auch der Thüringische Landesgesetzgeber mit dem Erlass des ThürTG den Versuch, die proaktive Informationstätigkeit aller öffentlichen Stellen auszuweiten und so die „Weiterentwicklung des Informationsfreiheitsrechts hin zu einem Transparenzrecht“ zu forcieren.684 679

Gesetz zur Änderung des Informationszugangsgesetzes Sachsen-Anhalt vom 19. 6. 2019, GVBl. S. 124. 680 Vgl. LT-Drs. 7/3382, S. 3; Zirzlaff, LKV 2019, 451. 681 Thüringer Transparenzgesetz vom 10. Oktober 2019, GVBl. S. 373. 682 Vgl. § 7 Abs. 1 S. 1 ThürTG. Das Thüringer Transparenzportal ist abrufbar unter https:// verwaltung.thueringen.de/ttp (zuletzt abgerufen am 17. 06. 2020). 683 So liegt es im nationalen Vergleich der Informationsfreiheitsgesetze auf Rang 6 (Stand 02. 04. 2021). Ausschlaggebend für die Rankingposition ist die Transparenzfreundlichkeit der gesetzlichen Ausgestaltung. Die Rangliste ist abrufbar unter vgl. https://transparenzranking.de/ laender/thueringen/ (zuletzt abgerufen am 02. 04. 2021). 684 Vgl. LT-Drs. 6/6684, S. 21, S. 41: „Kernanliegen des Thüringer Transparenzgesetzes ist es, die proaktive, das heißt insbesondere ohne vorherige Antragstellung erfolgende, Bereitstellung von Informationen seitens der öffentlichen Stellen unter Berücksichtigung des damit einhergehenden Aufwands zu erweitern.“ Dass proaktiver und reaktiver Informationszugang nach der Gesetzessystematik gleichberechtigt nebeneinanderstehen, zeigt § 1 Abs. 1 S. 3 ThürTG.

III. Proaktiver Informationszugang

235

Dabei erkennt er auch explizit die Bedeutung der Ausgestaltung proaktiver Veröffentlichungspflichten als Vorstufe für die nachgelagerte Stufe der Informationsweiterverwendung an (vgl. § 1 Abs. 2 S. 3 ThürTG).685 Die „Veröffentlichung durch proaktive Informationsbereitstellung“ umfasst gemäß § 3 Abs. 2 ThürTG grundsätzlich Veröffentlichungspflichten (Nr. 1) und Transparenzpflichten (Nr. 2). Diese Differenzierung ist nicht allein terminologischer Natur, aus ihr erwachsen auch inhaltliche Unterschiede: Zur Erfüllung der allgemeinen Veröffentlichungspflicht nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 5 ThürTG sind Informationen „von allgemeinem Interesse“686 für die Öffentlichkeit allgemein zugänglich zu machen. Als weiter Oberbegriff schließt die „Veröffentlichungspflicht“ damit sowohl Formen der analogen (etwa die Auslegung in Gebäuden der öffentlichen Stellen), als auch der digitalen (Einstellen einer Datei in ein Transparenzportal im Internet) Informationsbereitstellung mit ein.687 Demgegenüber kann eine Transparenzpflicht nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 6 ThürTG ausschließlich durch die digitale Einstellung in das nach § 7 Abs. 1 S. 1 ThürTG eingerichtete Transparenzportal erfüllt werden. Wie auch in anderen Transparenzgesetzen üblich, besteht die Transparenzpflicht für katalogartig aufgelistete Informationsarten, vgl. § 6 Abs. 3 S. 1 ThürTG. Nach der Konzeption des ThürTG sind nicht nur Behörden im klassischen Sinne Adressaten von proaktiven Veröffentlichungspflichten. Wie § 2 Abs. 2 i. V. m. §§ 5 Abs. 1 S. 1, 6 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 ThürTG klarstellt, unterliegt auch eine juristische Person des Privatrechts Veröffentlichungspflichten und Transparenzpflichten, soweit eine informationspflichtige Stelle sich dieser Person zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient oder dieser Person die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben übertragen wurde. In Anlehnung an die Formulierung des Bundes-IFG bezieht das ThürTG damit auch Verwaltungshelfer und gemischtwirtschaftliche Unternehmen ein, ohne dass hierfür eine Form der hoheitlichen Kontrolle erforderlich wäre.688 Bundesweit einzigartig ist jedoch die Herausnahme sämtlicher juristischer Personen, die als Unternehmen am Wettbewerb teilnehmen (vgl. § 2 Abs. 3 S. 1 Hs. 1 ThürTG). Dieser Ausschluss soll ausweislich der 685

Gleichwohl wird in diesem Zusammenhang klargestellt, dass eine Richtigkeitsgewähr für das bereitgestellte Informationsmaterial nicht übernommen werden kann, vgl. LT-Drs. 6/6684, S. 36 f. 686 Die generalklauselartige und damit aus Sicht des Informationssuchenden weitgehend unverbindliche Formulierung „von allgemeinem Interesse“ stößt in der Literatur auf Kritik, vgl. Wiebe, Open Data für Deutschland und Europa, S. 46. Richter / Hilty, Stellungnahme zum Regierungsentwurf vom 23. Januar 2019 für ein Thüringer Transparenzgesetz, Rn. 23 f. regen daher alternativ eine begriffliche Präzisierung anhand des Gesetzeszweckes an. Danach solle ein Veröffentlichungsinteresse dann bestehen, wenn „aufgrund objektiver Kriterien eine Bedeutung der Kenntnisnahme der Information für die demokratische Meinungs- und Willensbildung oder die Kontrolle des staatlichen Handelns im Sinne von § 1 gerade für die breite Öffentlichkeit gegeben ist.“ 687 Vgl. LT-Drs. 6/6684, S. 41; Kulke, LKV 2020, 162 (163). 688 Vgl. LT-Drs. 6/6684, S. 38.

236

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

Gesetzesbegründung der Vermeidung von Wettbewerbsnachteilen und der Verhinderung möglicher Wettbewerbsverzerrungen dienen,689 und führt schlussendlich dazu, dass öffentliche Unternehmen in erheblichem Umfang vollständig vom Anwendungsbereich des ThürTG exkludiert werden. So sehr auch die Motivation des Gesetzgebers, Wettbewerbsinteressen des öffentlichen Unternehmens konsequent Rechnung zu tragen, verständlich und sogar geboten ist, geht ein derart umfassender und pauschaler Ausschluss in der Sache zu weit. Auch im ThürTG existieren spezielle Ausgleichsmechanismen zum Schutz von wettbewerbsrelevanten und deshalb vertraulichen Unternehmensinformationen (vgl. § 13 ThürTG ggf. i. V. m. § 5 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 ThürTG), die eine Abwägung von Offenlegungs- und Geheimhaltungsinteresse (vgl. § 14 ThürTG) und damit differenziertere Lösungsmöglichkeiten im Einzelfall eröffnen.690 (8) Berlin Der aktuellste Vorschlag für ein Landestransparenzgesetz kursiert derzeit in Berlin. Mit dem im Frühjahr 2021 eingebrachten Entwurf für ein Berliner Transparenzgesetz (BlnTranspG-E)691 soll das bisher geltende und noch aus dem vorherigen Jahrtausend stammende Berliner Informationsfreiheitsgesetz692 abgelöst und die proaktive Veröffentlichungspolitik zum Regelmodell etabliert werden. Der Gesetzesentwurf ist auch als eigenständige Reaktion des Senats auf die Initiative „Volksentscheid Transparenzgesetz Berlin“, einem Bündnis verschiedener privater Initiatoren wie der Open Knowledge Foundation Deutschland e. V. und Mehr Demokratie e. V., zu verstehen. Diese hatte ihrerseits einen eigenen Vorschlag für eine Novellierung des Berliner Informationsfreiheitsrechts vorgelegt.693 Gemäß der in § 1 BlnTranspG-E ausdrücklich festgeschriebenen Zielsetzung soll das Gesetz die Transparenz und Offenheit der Verwaltung erhöhen und demokratische Partizipations- und Kontrollmöglichkeiten fördern. Die Grundsätze von Transparenz und Offenheit sollen als übergreifende Leitlinien das Handeln der Verwaltung prägen, vgl. § 1 Abs. 3 S. 1. Die Grundkonzeption des BlnTranspG-E ist bewusst an die bereits bestehenden Transparenzgesetze in Hamburg und Rheinland-Pfalz angelehnt:694 Die Vorschrift 689

Vgl. LT-Drs. 6/6684, S. 38. Siehe hierzu C. VIII. 1. 691 Siehe den Entwurf für ein Gesetz zur Weiterentwicklung des Informationszugangs für die Allgemeinheit vom 03. 03. 2021, LT-Drs. 18/3458. 692 Gesetz zur Förderung der Informationsfreiheit im Land Berlin (Berliner Informationsfreiheitsgesetz – IFG) vom 15. Oktober 1999, zuletzt geändert durch Artikel 21 des Gesetzes vom 02. 02. 2018 (GVBl. S. 160). 693 Entwurf des Berliner Transparenzgesetzes (BerlTG-E) vom 9. April 2019, abrufbar unter: https://volksentscheid-transparenz.de/documents/BerlTG-E.pdf (zuletzt abgerufen am 21. 01. 2020). 694 So ausdrücklich auch die Gesetzesbegründung LT-Drs. 18/3458, S. 33. 690

III. Proaktiver Informationszugang

237

des § 4 Abs. 1 S. 1 BlnTranspG-E gewährt jeder Person grundsätzlich einen Anspruch auf reaktiven und proaktiven Informationszugang gegenüber auskunftspflichtigen Stellen. Zu diesen gehören nach § 2 Abs. 1 i. V. m. § 2 Abs. 2 S. 2 BlnTranspG-E auch juristische Personen des Privatrechts, soweit sie öffentliche Aufgaben, insbesondere der Daseinsvorsorge wahrnehmen und einer Form hoheitlicher Kontrolle im Sinne des § 3 Abs. 13 unterliegen.695 § 6 Abs. 1 BlnTranspG-E verpflichtet die Stadt Berlin zur Errichtung und zum Betrieb eines Transparenzportals in Form einer elektronischen Plattform, auf der die veröffentlichungspflichtigen Stellen Informationen von Amts wegen bereitstellen. Die zu veröffentlichenden Informationen sind in § 7 BlnTranspG-E katalogartig aufgelistet. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die Pflicht zur Veröffentlichung von wesentlichen Daten von Beteiligungsunternehmen des Landes Berlin, einschließlich einer Darstellung der jährlichen Vergütungen und Nebenleistungen für die Leitungsebene (Nr. 17). Die Veröffentlichungsmodalitäten sind in § 8 BlnTranspG-E festgelegt. § 9 BlnTranspG-E nimmt einzelne Informationsgegenstände von der Veröffentlichungspflicht aus, unter anderem bestimmte Gutachten und Beratungsdienstleistungen, vgl. § 9 Nr. 4. Die §§ 10–12 BlnTranspG-E regeln das reaktive Auskunftsverfahren. In § 13–18 BlnTranspG-E sind entgegenstehende öffentliche und private Belange normiert, die einen Informationszugang ausschließen können. Aus der Perspektive öffentlicher Unternehmen ergibt sich aus dem BlnTranspGE die nicht unerhebliche Gefahr, (wettbewerbs-)sensible Informationen auch proaktiv preisgeben zu müssen. Der Katalog des § 7 BlnTranspG-E ist grundsätzlich sehr umfangreich ausgestaltet. Hinsichtlich der Veröffentlichungsgrenzen ist jedoch zu begrüßen, dass der Gesetzesentwurf in § 16 Abs. 3 BlnTranspG-E ausdrücklich klarstellt, dass sich auch informationspflichtige Privatrechtssubjekte auf den Schutz von Geschäftsgeheimnissen berufen können, soweit sie unternehmerisch tätig sind. Der Entwurf erkennt damit an, dass nicht überzeugend wäre, „die zulässigerweise im Wettbewerb mit privaten Anbietern stehenden unternehmerisch tätigen öffentlichen Stellen durch eine gesetzliche Verpflichtung zur Offenbarung ihrer betrieblichen Geheimnisse zu benachteiligen“.696 bb) Landesumweltinformationsgesetze Die § 10 UIG der Landesumweltinformationsgesetze übernehmen fast ausschließlich § 10 UIG-Bund wort- und damit inhaltsgleich. Die relativ detaillierten Vorgaben der Richtlinie EG 2003/4 lassen hier keinen Umsetzungsspielraum zu.697 695

Der Gesetzgeber orientiert sich hierbei überwiegend an den Kriterien des § 2 Abs. 2 UIG, siehe hierzu bereits C. II. 2. a) cc). 696 LT-Drs. 18/3458, S. 105. 697 Vgl. Tolkmitt, in: Fluck / Fischer / Martini, Landes-UIG, C, Rn. 712 f.

238

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

Die proaktiven Veröffentlichungspflichten gelten dabei grundsätzlich auch für öffentliche Unternehmen. Wie oben aufgezeigt, werden private Akteure ganz überwiegend nach den Maßstäben des § 2 Abs. 1 Nr. 2 des Bundes-UIG einbezogen.698 In manchen Bundesländern (z. B. Rheinland-Pfalz) sind die UIG-Pflichten in das allgemeine Transparenzgesetz inkorporiert, ohne dass sich hieraus inhalt­liche Änderungen zu den Vorgaben der RL EG 2003/4 ergeben. Diese Auflösung der Parallelexistenz von Informationsfreiheitsansprüchen ist im Hinblick auf die im Umweltinformationsrecht häufig beklagte Rechts-Unübersichtlichkeit699 zu begrüßen. Nicht zuletzt vermeidet die Zusammenfassung von proaktiven Veröffentlichungspflichten in einem Portal etwaige Doppelbereitstellungen und schont damit finanzielle und personelle Ressourcen der Verwaltung. cc) Landesgeodatenzugangsgesetze Auch die Geodatenzugangsgesetze der Länder lehnen sich inhaltlich sehr eng an das GeoZG des Bundes an und übernehmen dessen Bestimmungen meist nahezu wortgleich.700 Die Umsetzung der Richtlinie 2007/2/EG (INSPIRE) lässt hier ebenfalls keine landesspezifischen Abweichungen zu Lasten von festgeschriebenen Transparenzvorgaben zu. Folglich bestehen auch für öffentliche Unternehmen nach dem Landesgeodatenzugangsgesetzen wie nach dem GeoZG des Bundes weitreichende proaktive Veröffentlichungspflichten.701 dd) Landesarchivgesetze Auch nach dem Landesarchivrecht können sich proaktive Veröffentlichungspflichten ergeben. Öffentliche (Landes-)Archive dienen der Forschung und Bildung sowie der politisch-geschichtlichen Vergangenheitsbewältigung, vgl. § 1 S. 1 LArchG SH.702 Sie sind der Öffentlichkeit grundsätzlich für die Nutzung zugänglich zu machen, vgl. § 1 S. 2 LArchG SH. Um den Zugang zu dem vorhandenen Archivgut zu erleichtern, trifft den zur Archivierung verpflichteten öffentlichen Stellen in der Regel auch die Pflicht zur (elektronischen) Aufbereitung und Bereitstellung von archivalischen Verzeichnissen im Internet.703 Dass Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen über den Umweg des Archivrechts 698

Vgl. C. II. 2. b) dd). Wegener, NVwZ 2015, 609 (611); Schomerus / Tolkmitt, DÖV 2007, 985 (993). 700 Vgl. Martini / Damm, DVBl. 2013, 1 (3). 701 Für die Einzelheiten siehe oben. 702 Vgl. Collin, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 209 (211 f.). 703 Vgl. Collin, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 209 (222 ff.). 699

III. Proaktiver Informationszugang

239

erlangt werden kann, ist indes nur in Ausnahmekonstellationen denkbar. Zunächst müssten hierfür öffentliche Unternehmen überhaupt dazu verpflichtet sein, ihr Informationsmaterial den zuständigen Archiven anzubieten. Die meisten Archivgesetze beziehen jedoch privatrechtlich organisierte Unternehmen der öffentlichen Hand gar nicht erst ausdrücklich in den Kreis der zur archivrechtlichen Anbietung verpflichteten Rechtssubjekte ein704 oder suspendieren öffentliche Unternehmen, die am wirtschaftlichen Wettbewerb teilnehmen, von archivrechtlichen Pflichten.705 Doch selbst dort, wo sensible Unternehmensinformationen Gegenstand einer archivrechtlichen Veröffentlichung sein können, existieren zum Schutz des öffentlichen Unternehmens Schutzmechanismen, die eine Informationsbereitstellung oder eine Auskunftserteilung verhindern sollen.706 ee) Landes-E-Government-Gesetze Neben dem E-Government-Gesetz des Bundes haben mittlerweile auch nahezu alle Bundesländer eigene E-Government-Gesetze erlassen.707 Da diese Gesetze jedoch im Wesentlichen die Vorgaben des EGovG-Bund übernommen haben708 und damit auch den restriktiven Anwendungsbereich, der öffentliche Unternehmen ausschließt,709 bestehen nach aktuellem Stand für öffentliche Unternehmen keine eigenständigen proaktiven Veröffentlichungspflichten nach den Landes-­ E-Government-Gesetzen.

704

Nach § 6 Abs. 1 i. V. m. § 2 Abs. 2 S. 1 LArchG MV sind „alle archivwürdigen Unterlagen, die bei Verfassungsorganen, Behörden, Gerichten und sonstigen Stellen des Landes, bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts und ihren Vereinigungen, die der Aufsicht des Landes unterstehen, entstanden sind“ anzubieten. Juristische Personen des Privatrechts werden mithin begrifflich ausgeklammert. Für weitere landesrechtliche Beispiele siehe Krüger, S. 144 f. 705 Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 3 LArchG SH: „Dieses Gesetz gilt nicht für öffentlich-rechtliche Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit, die am Wettbewerb teilnehmen […].“ Mit weiteren Beispielen Krüger, S. 156 f. 706 Beispielsweise Ausschlussgründe zum Schutz von „schutzwürdigen Belangen“ öffent­ licher Unternehmen (vgl. § 9 Abs. 2 Nr. 3 LArchG SH) oder die allgemeine zeitliche Sperrfrist, innerhalb derer jegliche Form der Nutzung des Archivguts grundsätzlich ausgeschlossen sein soll. Diese Sperrfrist kann je nach Landesarchivgesetz zehn (§ 9 Abs. 3 LArchG SH) oder dreißig Jahre (§ 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 HmbArchG) umfassen. Zu Zwecken wissenschaftlicher Nutzung können vereinzelt Ausnahmen von der Sperrfrist gemacht werden, eine allgemeine Suspendierung der Sperrfrist zu „publizistischen Zwecken“ der Presse besteht dagegen nicht, vgl. zu § 6 LArchG BaWü VG Stuttgart, Urteil vom 20. 06. 2016 – 11 K 1508/15, BeckRS 2016, 52559. 707 Vgl. Albrecht, in: Hoeren / Sieber / Holznagel (Hrsg.): Multimedia-Recht, Teil 28, Rn. 46. Zu den E-Government-Gesetzen der Länder siehe auch Guckelberger, Öffentliche Verwaltung im Zeitalter der Digitalisierung, S. 607 ff. 708 Siehe hierzu die Evaluierung des Gesetzes zur Förderung der elektronischen Verwaltung sowie weiterer Vorschriften vom 25. 07. 2013, BT-Drs. 19/10310, S. 33 f. 709 Zu den Einzelheiten siehe oben.

240

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

c) Kommunalrecht Auf kommunaler Ebene fungieren eigenständige Informationsfreiheitssatzungen als „Ersatz“ für fehlende Landesinformationsfreiheitsgesetze. Diese Informationsfreiheitssatzungen, die durchaus auch Anwendung auf öffentliche Unternehmen finden können,710 gehen im Grundsatz von einer reaktiven Informationspolitik aus und äußern sich hinsichtlich proaktiver Veröffentlichungspflichten nur sehr zurückhaltend: In einigen Informationsfreiheitssatzungen ist das Prinzip der „Aktiven Veröffentlichung“ zwar ausdrücklich festgeschrieben: „Das Prinzip der maximalen Öffentlichkeit soll Anwendung finden. Alle rechtlichen Ermessensspielräume werden ausgeschöpft, um eine frühestmögliche elektronische Veröffent­ lichung aller den Entscheidungsprozessen des Rates zugrunde liegenden Informationen zu ermöglichen.“711

Derartige Regelungen beschränken sich nach dem Wortlaut allerdings auf Entscheidungsprozesse des Kommunalrates. Darüber hinaus sind sie allenfalls als allgemeiner programmatischer Grundsatz zu verstehen. Konkrete und zwingende proaktive Veröffentlichungspflichten für Kommunalunternehmen erwachsen aus ihnen nicht.712 Nichtsdestotrotz existieren vereinzelt Kommunen, die abseits von Informationsfreiheitssatzungen von sich aus eigene offene Transparenzportale geschaffen und dort statistische Daten wie beispielsweise Bevölkerungsdaten, Haushaltsdaten, Geodaten oder Infrastrukturdaten zu Radwegen ohne Erfordernis einer Antragsstellung für die Allgemeinheit frei zugänglich gemacht haben.713 Insgesamt bildet diese Form eigeninitiativer kommunaler Transparenzbemühungen freilich (noch) die Ausnahme.714 Anlasslose Veröffentlichungspflichten für öffentliche Unternehmen aus kommunalen Informationsfreiheitssatzungen bestehen damit im Regelfall nicht.

710

Siehe oben C. II. 2. b) ee). Vgl. § 15 IFS Leipzig; § 13 IFS Lingen (Ems); § 10 IFS Cuxhaven; § 16 IFS Braunschweig. 712 Anders jedoch die „Mustersatzung des Bündnisses Informationsfreiheit für Bayern“, die in § 1 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 4 proaktive Veröffentlichungspflichten in einem Transparenzportal vorsieht. 713 So beispielsweise die „Modellkommune Open Government“ Moers, Transparenzportal abrufbar unter https://www.moers.de/de/rathaus/offene-daten-moers/ (zuletzt abgerufen am 28. 06. 2021). Moers als positives Beispiel lobend Hoffmann / Schulz, KommJur 2014, 126 (126). 714 Das wird schon daran erkennbar, dass bundesweit lediglich neun Kommunen an dem Pilotprojekt „Modellkommune Open Government“ beteiligt sind, vgl. https://www.verwaltung-inno vativ.de/DE/E_Government/Modellkommune_Open_Government/modellkommune_open_gov_ node.html (zuletzt abgerufen am 22. 01. 2020). 711

III. Proaktiver Informationszugang

241

4. Entwicklungstendenzen Abschließend ist ein Blick auf zukünftige Entwicklungsszenarien im proaktiven Informationszugangsrecht zu richten. Dass die Evolution „vom Arkanprinzip zum Informationsfreiheitsrecht 2.0“ noch nicht abgeschlossen ist, belegt die mehr als 100 Seiten umfassende Datenstrategie der Bundesregierung aus dem Frühjahr 2021, die diverse Gestaltungsoptionen und Innovationsstrategien zur Förderung von gesellschaftlichem Fortschritt und nachhaltigem Wachstum aufzeigt.715 Der nachfolgende Abschnitt verzichtet auf eine detaillierte Analyse einzelner Gestaltungsmöglichkeiten und zeigt vielmehr grobe Entwicklungslinien auf, die sich in den kommenden Jahren und Jahrzehnten potentiell als besonders richtungsweisend darstellen können. Neben einer angestrebten internationalen „Aufholjagd“ bei der Einführung von Transparenzportalen (a) bleibt insbesondere abzuwarten, inwiefern die (unterlassene) Implementierung proaktiver Veröffentlichungspflichten durch private Initiative substituiert wird (b) und private Akteure sogar in das System proaktiver Zugangspflichten inkorporiert werden können und müssen (c). a) „Aufholjagd“ im internationalen Vergleich Der Bundesrepublik Deutschland wird im internationalen Vergleich häufig vorgehalten, die Schaffung von aktiver Informationspolitik in Form der Einrichtung von Transparenzportalen verschlafen zu haben.716 Dieser Vorwurf ist mit Blick auf die Situation im europäischen und internationalen Ausland nicht unberechtigt: So verdeutlicht eine jüngere Entscheidung des EuGH zu einem nationalen Transparenzportal in Slowenien dessen europaweite „Vorreiterrolle“ im Informationsfreiheitsrecht.717 International gesehen machten die USA 1997 mit der allgemein im Internet zugänglichen Daten-Plattform fedstats.gov den ersten Schritt hin zu einer zentralen und anlasslosen Veröffentlichung von Verwaltungsdaten.718 Während dieses Portal lange lediglich statistische Informationen zu öffentlichen Einrichtungen bereitstellte, beinhaltet nun das 2009 unter der Federführung von Barack Obamas „Open Government Directive“719 implementierte Bundesportal data.gov eine zentrale Zugriffsmöglichkeit auf weitergehende Informationen und Daten der Bundesbehörden unter gleichzeitiger Einbeziehung von öffentlichen Unterneh-

715

Vgl. die Datenstrategie der Bundesregierung, Eine Innovationsstrategie für gesellschaftlichen Fortschritt und nachhaltiges Wachstum, vom 04. 02. 2021, BT-Drs. 19/26450. 716 Vgl. Kuzev, Open Data, S. 4; Lederer, S. 106. Siehe zu einer Übersicht internationaler Open Data-Bestrebungen Sappa et. al, Masaryk University Journal of Law and Technology [Vol. 8:2 2014], S. 233 (244 f.). 717 Richter, GRUR-Prax 2018, 581 mit Verweis auf EuGH, Urteil vom 14. 11. 2018 – C-215/17, GRUR 2019, 209 ff. – Nova Kreditna Banka Maribor d.d. / Republika Slovenija. 718 Vgl. Lederer, S. 117. 719 Open Government Directive vom 8. 12. 2009, Federal Register, Vol. 75, No. 80, S. 22165 f.

242

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

men.720 Diesem Beispiel folgten neben Industrienationen wie Großbritannien721 und Frankreich722 mittlerweile auch viele Entwicklungs- und Schwellenländer im europäischen,723 afrikanischen,724 südamerikanischen725 und asiatischen726 Raum. In jüngster Vergangenheit sind indes auf nationaler Ebene Bestrebungen er­ kennbar, die jahrelang vorherrschende Lethargie beim Thema „Open Data“ zu beenden und durch die Ausweitung des (proaktiven) Informationszugangs- und Weiterverwendungsrechts eine internationale „Aufholjagd“ zu starten.727 Allerdings bleibt abzuwarten, ob die Bundes- und Landesregierungen ihren hohen Ansprüchen gerecht werden und die Bundesrepublik Deutschland langfristig zum „Vorbild“ im Umgang mit und der Bereitstellung von Daten der öffentlichen Hand entwickeln können.728 720 Vgl. Lederer, S. 117 f. Zur Einbeziehung öffentlicher Unternehmen in die aktiven Informationsverpflichtungen nach 5 U. S. C. § 552 (f) (1) siehe Krüger, S. 159 ff., der dabei die mangelnde gesetzliche Konkretisierung des Kontrollkriteriums im US-Amerikanischen Recht kritisiert. Darüber hinaus statuiert (a) (2) (D) des 1996 erlassenen Electronic Freedom of Information Acts (EFOIA) proaktive Informationspflichten, vgl. Ziekow / Debus / Musch, S. 428. 721 Abrufbar unter www.data.gov.uk (zuletzt abgerufen am 28. 06. 2021). 722 Abrufbar unter www.data.gouv.fr (zuletzt abgerufen am 28. 06. 2021); siehe ausführlich zur aktuellen Open-Data-Gesetzgebung in Frankreich Schnieders, DÖV 2018, 175 (175ff). 723 Zur proaktiven Informationspolitik in Tschechien siehe Kudrová, WiRO 2016, 268 (269). Die so genannte „obligatorische Veröffentlichungspflicht“ trifft dabei auch öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform wie die Flughafengesellschaft Prag oder die Verkehrsunternehmen der Hauptstadt Prag, vgl. Kudrová, WiRO 2016, 268 (270). 724 Für die Open Data-Bestrebungen in Kenia und Marokko siehe Janda, VM 2011, 227 (232). 725 So bestehen in Chile nach Art. 7 TG 20.285 umfassende proaktive Veröffentlichungspflichten, welche nach Art. 2 Abs. 3 TG 20.285 auch öffentliche Unternehmen mit einer Anteilsmehrheit von mehr als 50 % oder personellen Mehrheit im Vorstand verpflichten. Siehe allgemein zur Informationsfreiheit in Chile Contreras, in: Dix et al. (Hrsg.): Jahrbuch Informationsfreiheit und Informationsrecht, 2017, S. 91 ff. 726 Siehe zu der Rechtslage in Südkorea und kommunalen Portalen und Singapur und Hongkong Lederer, S. 119. So sind beispielsweise in Südkorea privatrechtlich organisierte Unternehmen informationsrechtlich verpflichtet, wenn die öffentliche Hand die Mehrheit der Gesellschaftsanteile hält, vgl. Ziekow / Debus / Musch, S. 138. 727 Siehe hierzu die Datenstrategie der Bundesregierung, Eine Innovationsstrategie für gesellschaftlichen Fortschritt und nachhaltiges Wachstum vom 04. 02. 2021, BT-Drs. 19/26450, S. 9. Auch auf Landesebene sind entsprechende Bestrebungen erkennbar. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang die angestoßene Entwicklung einer Open Data Strategie im Land Niedersachsen, vgl. Pressemitteilung der Niedersächsischen Staatskanzlei vom 11. 2. 2020, abrufbar unter: https://www.stk.niedersachsen.de/startseite/presseinformationen/wirtschaftsministeriumerarbeitet-open-data-strategie-fur-niedersachsen-neue-chancen-fur-wirtschaft-wissenschaftund-gesellschaft-184972.html (zuletzt abgerufen am 13. 04. 2021). 728 Datenstrategie der Bundesregierung, Eine Innovationsstrategie für gesellschaftlichen Fortschritt und nachhaltiges Wachstum vom 04. 02. 2021, BT-Drs. 19/26450, S. 9. Betrachtet man die Entwicklung Deutschlands in den letzten Jahren, scheint sich die Bundesrepublik im europaweiten Vergleich tatsächlich zu verbessern (von Platz 21 von 27 Mitgliedsstaaten im Jahr 2015 auf Platz 8 im Jahr 2020), vgl. Europäische Kommission, Country Factsheet Germany zum Open Data Maturity Report 2020, S. 2 abrufbar unter: https://www.capgemini.com/de-de/ news/open-data-report-eu-kommission-2020/ (zuletzt abgerufen am 29. 06. 2021).

III. Proaktiver Informationszugang

243

b) Substitution durch private Initiativen Ferner ist fraglich, ob private Initiativen zukünftig den legislativen Verzicht auf proaktive Informationsbereitstellungsmechanismen effektiv und vollständig substituieren können. Als Reaktion auf das Fehlen eines zentralen Informationsportals auf Bundesebene hat sich im Jahr 2011 mit „FragDenStaat“ eine private (und gemeinnützige) Plattform-Initiative gegründet, die ihre Nutzer bei Anträgen nach Informationsfreiheitsgesetzen unterstützt und die so herausverlangten Informationsgegenstände automatisch auf einem allgemeinen und öffentlich zugänglichen Portal veröffentlicht.729 Im Gegensatz zur im Kern dualistischen Zielsetzung von Informationsfreiheitsgesetzen (Open Data als Demokratie- und Wirtschaftsförderung gleichermaßen) verfolgt „FragDenStaat“ maßgeblich allein den Zweck der effektiven Kontrolle hoheitlichen Handelns.730 Nationale Bekanntheit erlangte das Portal Ende 2018 durch die Veröffentlichung des so genannten Glyphosat-Gutachtens vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Dieses als rein interne Bewertung gedachte Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass das Pflanzenschutzmittel Glyphosat wahrscheinlich krebserzeugend wirkt. Die Initiative „Frag den Staat“ erlangte über eine Antragstellung nach dem IFG Zugang zu dem Gutachten und veröffentlichte es auf ihrer Internetseite. Kurz nach der Veröffentlichung versuchte das BfR vor dem LG Köln diese per Erlass einer einstweiligen Verfügung zu unterbinden, gestützt auf urheberrechtliche Unterlassung der Veröffentlichung gem. § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG.731 Dieser Versuch scheiterte.732 Nichtdestotrotz wirft das Urteil zentrale Fragen zum Spannungsverhältnis von Urheberrecht und öffentlich-rechtlichem Informationsanspruch rund um § 12 Abs. 1 UrhG auf, welche auch im Rahmen der Veröffentlichung von öffentlichen Unternehmensinformationen durch privat betriebene Plattformen virulent werden können.733 Die Konstellation im Glyphosat-Fall illustriert insgesamt eindrucksvoll die informationelle (und ggf. wirtschaftliche) Macht der so genannten privaten Intermediäre, die als nicht-staatliche Aufbereiter und Zusammensteller von öffentlichen Informationen agieren.734 Angesichts dieser informationellen Machtakkumulation, die zwangsläufig mit dem Verlust administrativer Steuerungspotentiale korrespondiert, kann auch eine funktionale Substitution proaktiver Veröffentlichungspflichten langfristig von hoheitlicher Seite weder hinnehmbar noch gewünscht sein.

729

Abrufbar ist die Plattform unter www.fragdenstaat.de (zuletzt abgerufen am 22. 01. 2020). Siehe das Selbstverständnis und die Motivation auf https://fragdenstaat.de/info/ueber/team/ (zuletzt aufgerufen am 18. 11. 2020). 731 Vgl. Hauck / Fink, GRUR-Prax 2019, 406 (406). 732 Siehe LG Köln, Urteil vom 04. 07. 2019 – 14 O 86/19, abrufbar unter https://fragdenstaat. de/dokumente/3212-das-urteil-des-landgerichts-koln/ (zuletzt abgerufen am 30. 04. 2020). 733 Sich im Detail mit dem Spannungsverhältnis auseinandersetzend Hauck / Fink, GRUR-Prax 2019, 406 ff. Knapp hierzu auch Kroitzsch / Götting, BeckOK Urheberrecht, § 12 UrhG, Rn. 7. 734 So schon von Lewinski, in: Hill / Schliesky (Hrsg.): Die Neubestimmung der Privatheit, S. 53 (74). 730

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

c) Inkorporation nicht-staatlicher Akteure Rein private Unternehmen sind in der Regel keinen unmittelbaren Verpflichtungen zur proaktiven Öffentlichkeitsinformation ausgesetzt. Ausnahmen von diesem Grundsatz bestehen allenfalls im Rahmen des europarechtlich determinierten Verbraucherschutzes. Als bekanntes Alltagsbeispiel sind hier die Rechtspflichten zu Warnhinweisen für Tabakerzeugnisse zu nennen.735 Weitere Anwendungsfelder für (kundenspezifische) proaktive Informationspflichten sind das Produktsicherheitsrecht, das Lauterkeitsrecht sowie die Verbraucherinformation bei Fernabsatzverträgen nach § 312d BGB i. V. m. Art. 246a und Art. 246b EGBGB.736 In jüngster Vergangenheit wurden politische Vorstöße laut, über diese bereichsspezifischen Informationspflichten im Verbraucherschutzrecht hinaus eine umfassende „allgemeine Datenteilungspflicht“ für marktmächtige private Unternehmen einzuführen.737 Die Forderung nach Herstellung von proaktiver Transparenz durch Private stützt sich dabei nicht nur auf ökonomische Argumente.738 Sie gewinnt rechtsverbindliches Gewicht durch die Tendenz des Bundesverfassungsgerichts, in den letzten Jahren zunehmend auch rein private Betreiber von digitalen Plattformen und sozialen Netzwerken einer situativ-staatsgleichen Grundrechtsbindung zu unterwerfen.739 So hat das Bundesverfassungsgericht im Mai 2019 die Online-Plattform „Facebook“ als informationell-kommunikatives Forum bewertet, welches über den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG unmittelbar zur Gewährleistung der Meinungsfreiheit verpflichtet sei.740 Die Grundrechtsbindung privater Informationsintermediäre ist dabei keine Verpflichtung „zweiter Klasse“: In der späteren Entscheidung Recht auf Vergessen I betonte das Bundesverfassungsgericht abermals, dass die Grundrechtsbindung Privater, wenn sie marktbeherrschend die Bereitstellung der Rahmenbedingungen öffentlicher Kommunikation übernähmen, einer Grundrechtsbindung des Staates im Ergebnis gleichkommen könne.741 Nimmt man nun den abstrakt-grundrechtlich verbürgten Auftrag zur Herstellung eines transparenzrechtlichen Mindeststandards ernst,742 so ließen sich hierüber in letzter Konsequenz auch situativ-staatsgleiche Transparenzverpflichtungen von privaten Informationsintermediären begründen. Einen ersten Schritt in diese Richtung sind die Landesgesetzgeber bereits gegangen: § 93 Abs. 1 des neuen Me-

735

Vgl. Schoch, IFG, Einl., Rn. 282. Vgl. Schoch, IFG, Einl., Rn. 282 m. w. N. 737 Digitaler Fortschritt durch ein Daten-Für-Alle Gesetz, Diskussionspapier der SPD vom 12. 02. 2019, S. 4. In die Richtung einer allgemeinen (privat-)wirtschaftlichen Informationsoffenheit argumentierend auch Fehling, DVBl. 2017, 79 (88). 738 Siehe zu diesen im Rahmen der Weiterverwendung von Informationen unter D. VII. 1. b) aa). 739 Zu dieser Entwicklung ausführlich Barczak, DÖV 2020, 997 (1003 f.). 740 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. 05. 2019, 1 BvQ 42/19, DÖV 2019 1012 (1013). 741 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 06. 11. 2019, 1 BvR 16/13, NVwZ 2020, 53 ff. – Recht auf Vergessen I; Barczak, DÖV 2020, 997 (1004). 742 Oben ausführlich hergeleitet unter C. II. 1. c) und C. III. 2. b) cc). 736

III. Proaktiver Informationszugang

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dienordnung-Modernisierungsstaatsvertrages (MOModStV) verpflichtet Anbieter von Medienintermediären „zur Sicherung der Meinungsvielfalt“ dazu, bestimmte Informationen etwa zur Aggregation, Selektion und Präsentation von Inhalten für die Öffentlichkeit unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten. Abzugrenzen sind derartige „business-to-public“-Datenteilungspflichten von „business-to-business“-Konstellationen und „business-to-government data sharing“-Initiativen.743 Bei letzteren steht die Übermittlung von privat generiertem Informationsmaterial an die Verwaltung zur Optimierung der öffentlichen Aufgabenerfüllung oder Stärkung des Verbraucherschutzes im Vordergrund.744 Ein Beispiel hierfür ist die 2013 gemäß § 47k Abs. 1 S. 1 GWB beim Bundeskartellamt eingerichtete Markttransparenzstelle für Kraftstoffe. 5. Zwischenergebnis Die proaktive Bereitstellung von Verwaltungsinformationen ergänzt zunehmend reaktive Auskunftsmodi. Die Informationsveröffentlichung von Amts birgt dabei gleichsam Chancen und Risiken. Als Teil des Konzeptes von Open Government Data können proaktive Veröffentlichungspflichten dazu beitragen, dass eine größere Menge an Verwaltungsinformationen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden kann. Im selben Atemzug zwingt die besondere Breitenwirkung proaktiver Informationspolitik jedoch zum besonders sensiblen Umgang mit zurückhaltungsbedürftigen Informationen. Verfassungsrechtlich besteht keine Pflicht zur Schaffung von proaktiven Informationsangeboten, lediglich das Europäische Sekundärrecht beinhaltet einen verbindlichen Veröffentlichungsauftrag für Umwelt- und Geodaten. Parallel zum reaktiven Informationszugangsrecht zeigt sich auch hier auf einfachgesetzlicher Ebene ein äußerst heterogenes Bild: Während das IFG des Bundes bislang nur sehr rudimentäre Veröffentlichungspflichten kennt, verpflichten zunehmend einige Landesgesetze ausdrücklich auch öffentliche Unternehmen zur aktiven Einstellung ihres Informationsmaterials auf zentralen Transparenzportalen. Für die Zukunft bleibt zu erwarten, dass sich das hiesige Informationszugangsrecht verstärkt hin zu einem proaktiven Veröffentlichungsrecht entwickelt, auch um im internationalen Vergleich nicht den Anschluss zu europäischen Transparenz-Pionieren zu verlieren.

743 Vgl. Europäische Kommission, Mitteilung über eine europäische Datenstrategie vom 19. 02. 2020, COM(2020) 66 final, S. 9; Richter, ZRP 2020, 245. 744 Im Detail hierzu Richter, ZRP 2020, 245 ff.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

IV. Kartellrechtlicher Informationszugang Öffentliche Unternehmen können unter Umständen auch kartellrechtlich dazu verpflichtet sein, Dritten Zugang zu unternehmenseigenen Daten und Informationen zu gewähren. Ausgangspunkt für eine solche Verpflichtung ist die aus dem US-amerikanischen Recht stammende „essential facilities doctrine“. Nach dieser ist erforderlich, dass das öffentliche Unternehmen eine qualifizierte marktbeherrschende Stellung innehat und eine Verweigerung des Zugangs zum eigenen Daten- und Informationsbestand ein missbräuchliches Ausnutzen dieser marktbeherrschenden Stellung darstellt. Dogmatisch anknüpfen lässt sich eine derartige Zugangsverpflichtung europarechtlich an Art. 102 AEUV und auf nationaler Ebene an § 19 Abs. 2 Nr. 4 GWB. 1. Art. 102 Abs. 1 AEUV a) Anwendbarkeit der Art. 101 ff. AEUV Zunächst gilt es herauszuarbeiten, in welchen Konstellationen das europäische Wettbewerbsrecht der Art. 101 ff. AEUV auch auf öffentliche Unternehmen Anwendung findet. Wie oben bereits dargelegt, handelt ein öffentliches Unternehmen nur als „Unternehmen“ im Sinne des EU-Wettbewerbsrechts, wenn es eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt.745 An einer solchen „wirtschaftlichen Tätigkeit“ fehlt es nach ständiger Rechtsprechung des EuGH, wenn staatlichen Stellen als Träger hoheitlicher Gewalt handeln.746 An diesem Punkt ist für öffentliche Unternehmen zu differenzieren: Eine Tätigkeit im Rahmen der öffentlichen Daseinsvorsorge oder allgemein die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe hindert für sich genommen noch nicht eine Einordnung als „wirtschaftliche Tätigkeit“. Die Schwelle zur hoheitlichen Tätigkeit ist erst dann erreicht, wenn das öffentliche Unternehmen zum Zwecke der Erfüllung öffentlicher Aufgaben mit staatlichen Sonderrechten ausgestattet ist.747 Dies gilt jedoch nur solange, wie das Unternehmen auch im Kreis seiner hoheitlich verliehenen Sonderrechte tätig wird748 oder wenn das Unternehmen zwar wirtschaftlich handelt, die wirtschaftliche Tätigkeit jedoch untrennbar mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse verbunden ist.749 In diese Richtung argumentiert auch 745 EuGH, Urteil vom 12. 07. 2012 − C-138/11, EuZW 2012, 835 ff., Rn. 35 m. w. N.  – Compass. Vgl. oben B. II. 1. a) aa). 746 EuGH, Urteil vom 12. 07. 2012 − C-138/11, EuZW 2012, 835 ff., Rn. 36 – Compass. 747 Vgl. Weiß, in: Calliess / Ruffert, AEUV, Art. 101, Rn. 29. 748 Vgl. Eilmansberger / Kruis, in: Streinz, EUV / AEUV, Art. 101 AEUV, Vorbemerkungen, Rn. 35. 749 EuGH, Urteil vom 12. 07. 2012 − C-138/11, EuZW 2012, 835 ff., Rn. 38  – Compass; ­Podszun, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffent­lichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 335 (352).

IV. Kartellrechtlicher Informationszugang 

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der EuGH in der Rechtssache Compass.750 Dort hatte ein Hoheitsträger Unternehmensdaten, die auf Grund von gesetzlichen Meldepflichten übermittelt wurden, in einer zentralen Datenbank erfasst, gespeichert und Dritten zur Einsicht gegen Entgelt zur Verfügung gestellt, darüber hinausgehende Verwertungshandlungen jedoch untersagt. Das Gericht stellte fest, dass die Erfassung von Unternehmensdaten auf der Grundlage gesetzlicher Meldepflichten mit entsprechenden Durchsetzungsbefugnissen keine wirtschaftliche Tätigkeit darstelle, da sie unter Ausübung hoheitlicher Befugnisse erfolge.751 Darüber hinaus seien auch die Führung und kommerzielle Nutzung der Datenbank durch die Gewährung von Einsicht gegen Entgelt ebenfalls nicht als wirtschaftliche Tätigkeit einzustufen, da diese Tätigkeiten untrennbar mit der hoheitlichen Erfassung der Unternehmensdaten verbunden seien. Das Gericht stellte hierbei insbesondere darauf ab, dass die Erfassung von Daten ohne spätere Führung einer Datenbank nutzlos sei.752 Nach Ansicht des EuGH lege auch die Berufung auf urheberrechtliche Schutzrechte noch nicht zwingend das Vorliegen einer eigenständigen wirtschaftlichen Tätigkeit nahe. Soweit die PSI-Richtlinie keine Verpflichtung zur Weiterverwendung anordne, sei die Berufung auf urheberrechtlichen Schutz auch im Rahmen von nicht-wirtschaftlichen Tätigkeiten ein gebotenes Instrument zur Verhinderung einer ungewollten Freigabe des eigenen Informationsmaterials.753 Auch die Tatsache, dass die Einsicht gegen Entgelt gewährt werde, spräche nur dann für eine wirtschaftliche Tätigkeit, wenn die Gebührensetzung auf einer autonomen Entscheidung der öffentlichen Einheit beruhe und nicht, wie in der vorliegenden Konstellation, auf gesetzlichen Vorgaben.754 Als Resultat verneinte der EuGH im Compass-Fall eine Anwendung des EU-Kartellrechts auf die staatliche Einrichtung. Das Ergebnis und die Argumentation des EuGH wurden in der Literatur massiv kritisiert.755 Beklagt wurde vor allem, dass nach einem derart weiten Verständnis der untrennbaren Verbindung von wirtschaftlichen und nicht-wirtschaftlichen Tätigkeiten und dem Erfordernis von umfassender Entgeltsetzungsfreiheit eine Vielzahl von Wirtschaftsaktivitäten auf dem Gebiet der Public Sector Information vom Anwendungsbereich des EUKartellrechts ausgeschlossen sei.756

750

EuGH, Urteil vom 12. 07. 2012 − C-138/11, EuZW 2012, 835 ff. – Compass. EuGH, Urteil vom 12. 07. 2012 − C-138/11, EuZW 2012, 835 ff., Rn. 40 – Compass. 752 EuGH, Urteil vom 12. 07. 2012 − C-138/11, EuZW 2012, 835 ff., Rn. 41 – Compass. 753 EuGH, Urteil vom 12. 07. 2012, C-138/11, EuZW 2012, 835 ff., Rn. 47 – Compass. 754 EuGH, Urteil vom 12. 07. 2012, C-138/11, EuZW 2012, 835 ff., Rn. 42 – Compass. Für Podszun, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 335 (352) ist in diesem Zusammenhang keine vollständige Handlungsautonomie erforderlich, eine Restfreiheit innerhalb von hoheitlich vorgegebenen Spielräumen müsse für das Vorliegen einer wirtschaftlichen Tätigkeit ausreichen. 755 Podszun, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 335 (352 f.); Lundqvist, IIC 2013, 79 (88 ff.). 756 Podszun, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 335 (352 f.): Dies stehe in „merkwürdigem Widerspruch“ zu früheren Entscheidungen des EuGH und der Wertung des Art. 106 Abs. 1 AEUV. 751

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

b) Missbräuchliches Ausnutzen einer marktbeherrschenden Stellung Wenn in derartigen Konstellationen das öffentliche Unternehmen Dritten den Zugang zu ihren Informationsbeständen verweigert, könnte hierin ein Ausnutzen einer marktbeherrschenden Stellung in Form des Behinderungsmissbrauchs nach Art. 102 Abs. 1 AEUV liegen. Hierfür müsste das marktmächtige öffentliche Unternehmen einen uneinholbaren Wettbewerbsvorsprung durch eine derart umfangreiche Datensammlung generiert haben, dass diese als „wesentliche Einrichtung“ („essential facility“) einer Mitbenutzung durch Dritte zu öffnen ist. aa) Marktbeherrschende Stellung durch Datenmacht? Für eine Anwendung des Art. 102 Abs. 1 AEUV muss das öffentliche Unternehmen eine marktbeherrschende Stellung innehaben. Anders als im nationalen Kartellrecht (vgl. § 18 GWB) ist der Begriff der marktbeherrschenden Stellung im Unionsrecht nicht gesetzlich definiert, sondern bestimmt sich nach verschiedenen Umständen des Einzelfalles. Maßgebliche Kriterien sind dabei nach traditionellem Verständnis der Marktanteil des Unternehmens oder das Vorliegen von Marktzutrittsbarrieren.757 Fraglich ist indes, ob die etablierten Parameter zur Bestimmung einer „marktbeherrschenden Stellung“ im Sinne des Art. 102 Abs. 1 AEUV an die veränderten Rahmenbedingungen der Informationsgesellschaft und -Wirtschaft anzupassen sind. Möglicherweise ist der (ausschließliche) Zugang zu einem Datenund Informationsbestand zwingend als indizieller Faktor zur Bestimmung der wettbewerbsrechtlich maßgeblichen Marktmacht heranzuziehen. Diskutiert wird diese Überlegung vor allem im Rahmen von Plattformökonomien. Vereinfacht gesagt geht es um die Frage, inwieweit Datenmacht unter gewissen Umständen zwingend eine „Marktmacht“ im wettbewerbsrechtlichen Sinne begründet.758 Diese Überlegung hat konkrete Auswirkungen auf die Auskunftsverpflichtung von öffentlichen Unternehmen. Sollte sich in einer Datenmacht grundsätzlich auch eine Marktmacht manifestieren, wäre die öffentliche Hand inklusive ihrer Trabanten vor allem dort als „marktbeherrschend“ einzustufen, wo sie über ein „Informations(erhebungs-) monopol“ verfügt.759 Der Heranziehung von Datenmacht im Rahmen des Art. 102 Abs. 1 AEUV wird in der Literatur jedoch insgesamt mit Zurückhaltung begegnet: Körber verweist auf die strukturellen Schwierigkeiten der Bestimmung von Datenmacht.760 Die feh 757

Eilmansberger / Kruis, in: Streinz, EUV / AEUV, Art. 102 AEUV, Rn. 22 ff. Ausführlich zu dieser Fragestellung Grothe, Datenmacht in der kartellrechtlichen Missbrauchskontrolle, S. 131 ff. 759 Zum Informationsmonopol der öffentlichen Hand Trosch, S. 19; Hopf, RiA 2007, 53 (53); siehe beispielbezogen auch Richter, NVwZ 2016, 1143 (1146); speziell zur Monopolstellung auf dem Geodatenmarkt Maisch, K & R 2007, S. 9 (10). 760 Körber, NZKart 2016, 303 (305 f.). 758

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lende Aussagekraft einer rein quantitativen Betrachtung und die wechselhafte Art und Qualität von Datenbeständen und Datenauswertungsinfrastrukturen machen es nahezu unmöglich, Institutionen als datenmächtig einzuordnen.761 Zudem verbiete sich die Parole „Viele Daten = viel Macht“ allein aufgrund des nicht-ausschließ­ lichen und duplizierbaren Charakters von Daten.762 Louven differenziert zwischen personenbezogenen Daten, die niemals eine Marktmacht begründen können, und nicht-personenbezogenen Daten (etwa Herstellerdaten), die zumindest dann eine marktbeherrschende Stellung indizieren, wenn der Zugang zu ihnen eine exklusive Marktzutrittsschwelle darstellt, welche es dem Dateninhaber ermöglicht, nach seinem Belieben Wettbewerber vom Markt auszuschließen.763 Auch der EuGH hat bereits entschieden, dass ein „faktisches Monopol“ an Informationen eine marktbeherrschende Stellung begründen kann.764 Unter Berücksichtigung der obigen Ergebnisse zur Compass-Rechtsprechung sind jedoch kaum Konstellationen denkbar, in denen öffentliche Unternehmen völlig ohne Ausübung hoheitlicher Sonderrechte einen derart exklusiven „Datenschatz“765 generieren können, der sich als Marktzutrittsschwelle für Neuwettbewerber auswirkt. Durch Datenverarbeitung erzeugte Phänomene wie Netzwerk, Spiral- und Rückkoppelungseffekte oder LockIn-Erscheinungen,766 die das akute Risiko von Marktverschließungen und Wettbewerbsausschluss bergen, treten zudem ausschließlich im Rahmen von sozialen Netzwerken oder nutzerbasierten Plattform-Modellen auf und stellen damit kein erhöhtes wettbewerbsrechtliches Risiko für öffentliche Unternehmen im Bereich der Daseinsvorsorge dar. Insgesamt wird damit in Einklang mit der überwiegenden Skepsis aus der Literatur767 für öffentliche Unternehmen ohne Ausübung von Hoheitsgewalt das Konzept von Datenmacht als Form von Marktmacht nur schwer zu begründen sein. Aus einer Datenmacht lässt sich folglich nicht zwingend eine wettbewerbsrechtlich relevante Marktmacht ableiten.768 Die Inhaberschaft von oder der Zugang zu umfangreichen Datensammlungen ist damit nach zutreffender Auffassung lediglich als Indiz im Rahmen einer wettbewerbsrechtlichen Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen.769

761

Körber, NZKart 2016, 303 (305 f.). Körber, NZKart 2016, 303 (306); ebenso Louven, NZKart 2018, 217 (220). 763 Louven, NZKart 2018, 217 (220). 764 EuGH, Urteil vom 06. 04. 1995 – C-241/91, Slg. 1995, I-743, Rn. 47 – Magill. 765 Körber, NZKart 2016, 303 (308). 766 Vgl. Louven, NZKart 2018, 217 (220 f.); Louven, WRP 2020, S. 433 (434). 767 Louven, NZKart 2018, 217 (220); Körber, NZKart 2016, 303 (306); Nuys, WuW 2016, 512 (517); Podszun, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 335 (355). 768 Ebenso Grothe, S. 139. 769 So auch Grothe, S. 139. Dieses Ergebnis deckt sich mit den Wertungen des nationalen Kartellrechts, vgl. § 18 Abs. 3a Nr. 4 GWB. 762

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

bb) Datenbestände als „wesentliche Einrichtung“ Bejaht man abseits der Diskussion um Datenmacht eine marktbeherrschende Stellung des öffentlichen Unternehmens, stellt sich die Frage, ob Datenbestände als „wesentliche Einrichtung“ im Sinne der „essential facilities doctrine“ anzusehen und folglich der Mitbenutzung durch Dritte zu öffnen sind. Die „essential facilities doctrine“ stammt ursprünglich aus dem US-amerikanischen Recht und wurde für Zugangsansprüche zu physischen Infrastruktureinrichtungen wie Eisenbahnübergängen entwickelt.770 Sie fußt auf der Überlegung, dass es als Inhaber einer „wesentlichen Einrichtung“ wettbewerbswidrig sei, Dritten, die eine Tätigkeit auf einem vor- oder nachgelagerten Markt anstreben und auf den Zugang oder die Nutzung dieser Einrichtung angewiesen sind, den Zugang zu eben jener Einrichtung zu verwehren. Dieser Grundgedanke wurde von der Kommission in drei Entscheidungen zu Häfen und der Durchführung von Fährdiensten Anfang der 1990er Jahre ausdrücklich auf das europäische Wettbewerbsrecht übertragen771 und seitdem in mehreren gerichtlichen Entscheidungen anerkannt und weiterentwickelt.772 Neuralgischer Punkt der Doktrin ist der Begriff der „wesentlichen Einrichtung“. Das Merkmal der Einrichtung als solcher wird hier weit und lediglich als „vorgeschalteter Grobfilter“ verstanden.773 So ist nicht zwingend erforderlich, dass die Infrastruktureinrichtung physischer Natur ist. Spätestens seit dem EuGH-Urteil in der Rechtssache Magill774, in der sich eine öffentlich-rechtliche Fernsehanstalt weigerte, Dritten Programm- und Sendeinformationen zwecks Herstellung einer Programmzeitschrift zu übermitteln, ist anerkannt, dass auch nicht-physische, „virtuelle“775 Einrichtungen wie Informations- und Datenbestände, Zugangsobjekt im Sinne der „essential facilities doctrine“ sein können.776 Deutlich umstrittener 770 Vgl. Fuchs / Möschel, in: Immenga / Mestmäcker, GWB, § 19, Rn. 253 mit Verweis auf die „Terminal Railroad“-Entscheidung des US-Supreme Court aus dem Jahre 1912, vgl. United States v. Terminal Railroad Ass’n 224 U. S. 383 (1912). 771 Vgl. Europäische Kommission, Entscheidung vom 21. 12. 1993, COMP IV/34.689, Rn. 66 – Sea Containers / Stena Sealink; Europäische Kommission, Entscheidung vom 21. 12. 1993, 94/119/EG, Rn. 12 – Hafen von Rødby; Europäische Kommission, Entscheidung vom 11. 6. 1992, COMP IV/34.174, Rn. 219 – B&I / Sealink (Holyhead); mit weiteren Nachweisen Fuchs / Möschel, in: Immenga / Mestmäcker, GWB, § 19, Rn. 256. 772 In jüngerer Vergangenheit EuGH, Urteil vom 29. 4. 2004, Rs. C-418/01, Slg. 2004, I-5039 – IMS Health sowie EuG, Urteil vom 09. 09. 2009, Rs. T-301/04, Rn. 147 ff.  – Clearstream /  Kommission. 773 Fuchs / Möschel, in: Immenga / Mestmäcker, GWB, § 19, Rn. 276; Hohmann, Die essential facility doctrine im Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, S. 204 f. 774 EuGH, Urteil vom 06. 04. 1995 – C-241/91, Slg. 1995, I-743 – Magill. 775 Püschel, S. 108. 776 Fuchs / Möschel, in: Immenga / Mestmäcker, GWB, § 19, Rn. 276. Gegen eine Einordnung von Datenbanken als „wesentliche Einrichtung“ jedoch Nuys, WuW 2016, 512 (516 f.), der die Merkmale der fehlenden Substituierbarkeit und Duplizierbarkeit als nicht erfüllt ansieht und anmerkt, dass der Datenbankinhaber ohnehin nicht über personenbezogene Daten wie über eigene verfügen könne.

IV. Kartellrechtlicher Informationszugang 

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ist hingegen, was eine Einrichtung zu einer derart „wesentlichen“ macht, dass der Einrichtungsinhaber unter Umständen Dritten Zugang gewähren muss. Im Ausgangspunkt muss der Zugang zur Einrichtung für den Eintritt in den vor- oder nachgelagerten Markt „unentbehrlich“ sein. Es darf für den Wettbewerber keine wirtschaftlich und praktisch zumutbare Möglichkeit bestehen, die betreffende Einrichtung selbst zu schaffen (Nichtduplizierbarkeit) oder anderweitig in den voroder nachgelagerten Markt einzutreten (Nichtsubstituierbarkeit).777 In der Rechtssache Magill vertrat der EuGH ein grundsätzlich weites Verständnis der wirtschaftlichen und praktischen Unzumutbarkeit. Das Gericht sah die Fernsehanstalt als „einzige Quelle“ für den Zugang zu Grundinformationen über die Programmierung an.778 Diese Grundinformationen würden damit trotz eines bestehenden urheberrechtlichen Schutzes zum „unentbehrlichen Ausgangsmaterial“ für die Herstellung eines Fernsehprogrammführers und damit zur „wesent­ lichen Einrichtung“, da kein tatsächlicher oder potentieller Ersatz für die begehrten Informationen bestehe.779 Dieses weite – nach Auffassung mancher „mutige“780 – Verständnis wurde vom EuGH später in der Rechtssache Bronner 781 mit expliziter Bezugnahme auf Magill zumindest eingeschränkt: Im Bronner-Fall begehrte ein Verlag unter marktüblichen Konditionen Zugang zu einem landesweiten Hauszustellungssystem für Tageszeitungen in den frühen Morgenstunden. Der Verlag begründete sein Zugangsbegehren damit, dass er aufgrund geringer Abonnentenzahlen nicht in der Lage sei, ein eigenes Hauszustellungssystem zu organisieren. Alternative Vertriebswege wären überdies nicht gleich geeignet, da sie eine Zustellung erst am späten Vormittag ermöglichen. Der EuGH lehnte eine Einordnung des Hauszustellungssystems als „wesentliche Einrichtung“ unter anderem mit dem Argument ab, dass keine technischen, rechtlichen oder wirtschaftlichen Hindernisse vorlägen, die die eigenständige Errichtung einer solchen Einrichtung unmöglich machen oder zumindest unzumutbar erschweren würden.782 Grundsätzlich müsse sich der Zugangsbegehrende auch auf für ihn weniger günstige Alternativen verweisen lassen.783 Die Schwelle zur Unzumutbarkeit und damit „Unverzichtbarkeit“ der Einrichtung sei hoch und nicht bereits dann erreicht, wenn die Duplizierung des Zugangssystems aufgrund fehlender Rentabilität für den konkreten Zugangs-

777

Fuchs, in: Immenga / Mestmäcker, Art. 102 AEUV, Rn. 334. EuGH, Urteil vom 06. 04. 1995 – C-241/91, Slg. 1995, I-743, Rn. 53 – Magill. 779 EuGH, Urteil vom 06. 04. 1995 – C-241/91, Slg. 1995, I-743, Rn. 5 2 f., 56 – Magill. 780 Drexl, The competition dimension of the European regulation of public sector information and the concept of an undertaking, Max Planck Institute for Innovation and Competition, Research Paper No. 14-03, S. 1 (5). 781 EuGH, Urteil vom 26. 11. 1998 – C-7/97, Slg. 1998, I-7791 – Oscar Bronner GmbH & Co. KG. 782 EuGH, Urteil vom 26. 11. 1998  – C-7/97, Slg. 1998, I-7791, Rn. 44  – Oscar Bronner GmbH & Co. KG. 783 EuGH, Urteil vom 26. 11. 1998  – C-7/97, Slg. 1998, I-7791, Rn. 43  – Oscar Bronner GmbH & Co. KG. 778

252

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

begehrenden keine realistische Alternative darstelle.784 Als Vergleichsmaßstab sei vielmehr ein Wettbewerber mit ähnlichem Marktanteil wie der Inhaber der Einrichtung heranzuziehen.785 Insgesamt stellt der EuGH mit dem Bronner-­Urteil hohe Anforderungen an die Unzumutbarkeit von Ausweichlösungen auf. Eine wirtschaftlich begründete Unersetzbarkeit der Einrichtung wird unter Zugrundelegung dieser strengen Kriterien nur in seltenen Ausnahmefällen zu bejahen sein.786 Vage blieben die Ausführungen des EuGH dagegen zu der Frage, unter welchen Umständen sich die Unersetzbarkeit einer Einrichtung auch in technischen oder rechtlichen Duplizierungshindernissen manifestieren kann. Für Informationen der öffentlichen Hand ist in diesem Zusammenhang zu unterscheiden: Aus der Sicht eines markteintrittswilligen Dritten bestehen rechtliche Vervielfältigungshindernisse vor allem dort, wo eine eigenständige Informationserhebung nicht möglich ist, da sich ein öffentliches Unternehmen bei der Kreation und Pflege seines Datenbestandes auf gesetzlich abgesicherte und mit Zwang durchsetzbare Ausschließlichkeitsrechte berufen kann. Konstellationen, in denen die öffentliche Hand ein auf hoheitlichen Sonderrechten basierendes „Informationserhebungsmonopol“ innehat, sind jedoch nach der oben skizzierten CompassRechtsprechung per se dem Anwendungsbereich des Europäischen Wettbewerbsrechts entzogen.787 Auf die „essential facilities doctrine“ nach Art. 102 AEUV gestützte Informationszugangsansprüche können damit grundsätzlich nur dort einschlägig sein, wo das öffentliche Unternehmen außerhalb von hoheitlich zugewiesenen Sonderrechten Informationen akkumuliert. Mangels rechtlicher Hürden steht in diesen Fällen allerdings die Erhebung von Informationen und Daten grundsätzlich allen Markt- und Wettbewerbsteilnehmern offen. Dass die eigenständige Informationsanreicherung für Marktneueinsteiger im Einzelfall beispielsweise aufgrund des Fehlens einer eigenen Informationserfassungs- und Verarbeitungsinfrastruktur mit einem hohen Investitionsaufwand verbunden sein mag, ist aus wettbewerbsrechtlicher Sicht prinzipiell unerheblich. (Öffentliche) Unternehmen müssen auch im Rahmen des Art. 102 AEUV grundsätzlich keinen Informationswettbewerb zu ihren Lasten ermöglichen.788 Eine Grenze soll nach der Argumentation des Bronner-Urteils erst dann erreicht sein, wenn es einem markteintrittswilligen Dritten schlechthin wirtschaftlich unzumutbar wäre, selbst die für das verfolgte Geschäftsmodell benötigten Informationen zu erheben und aufzubereiten. Der Nachweis hierfür wird in der Praxis jedoch selten gelingen. Die Tatsache allein, dass ein öffentliches Unternehmen angesichts jahrelanger Erfahrung oder 784

EuGH, Urteil vom 26. 11. 1998  – C-7/97, Slg. 1998, I-7791, Rn. 45  – Oscar Bronner GmbH & Co. KG. 785 EuGH, Urteil vom 26. 11. 1998  – C-7/97, Slg. 1998, I-7791, Rn. 46  – Oscar Bronner GmbH & Co. KG. 786 Vgl. Fuchs, in: Immenga / Mestmäcker, Art. 102 AEUV, Rn. 334; Scherer, MMR 1999, 315 (318). 787 Siehe EuGH, Urteil vom 12. 7. 2012 − C-138/11, EuZW 2012, 835 ff., Rn. 40 – Compass. 788 Vgl. Louven, NZKart 2018, 217 (221).

IV. Kartellrechtlicher Informationszugang 

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wirtschaftlicher Etablierung in einem bestimmten Sektor Informationen leichter und (kosten-)günstiger erheben kann, macht die Informationserhebung für Dritte jedenfalls noch nicht unzumutbar.789 Im Ergebnis ist der von einem öffentlichen Unternehmen unter innerbetrieblichem Kosteneinsatz akkumulierte „Datenschatz“ nur in absoluten Ausnahmefällen und Sonderkonstellationen als „unentbehrliches Ausgangsmaterial“ und damit „wesentliche Einrichtung“ im Sinne der essential-facilities-doctrine zu qualifizieren. cc) Missbräuchlichkeit der Zugangsverweigerung Gelingt im Einzelfall der Nachweis, dass es sich bei dem Informationsbestand eines öffentlichen Unternehmens um eine „wesentliche Einrichtung“ handelt, kann die von Art. 102 Abs. 1 AEUV geforderte missbräuchliche Verhaltensweise grundsätzlich darin bestehen, dass ein marktbeherrschendes Unternehmen einem anderen Unternehmen den Zugang zu dieser Einrichtung ohne sachliche Rechtfertigung verweigert.790 Nach der Auffassung des EuGH in der Rechtssache Magill kann die Zugangsverweigerung „unter außergewöhnlichen Umständen“ sogar dann missbräuchlich sein, wenn die begehrte Information urheberrechtlichen Schutz genießt.791 Das kartellrechtliche Missbrauchsverbot sei dann einschlägig, wenn durch die Zugangsverweigerung das Auftreten eines neuen Erzeugnisses am Markt verhindert werde.792 In derartigen Konstellationen sei dem marktbeherrschenden Unternehmen die Verpflichtung aufzuerlegen, Dritten eine Lizenz zu erteilen, damit auch diese die urheberrechtlich geschützte Information vervielfältigen und nutzen können.793 In der späteren Microsoft-Entscheidung ließ der EuG ausdrücklich offen, ob die verfahrensgegenständlichen Schnittstelleninformationen überhaupt urheberrechtlich schutzfähig sein können,794 und stellte im Gegenzug fest, dass unabhängig von dieser Fragestellung eine informationelle Zugangsverweigerung 789

Zu diesem Argument im deutschen Kartellrecht siehe Esser / Höft, NZKart 2017, 259 (264). Dagegen jedoch Püschel, S. 106 für Fälle, in denen ehemalige staatliche Monopolunternehmen zwar ihre rechtliche Sonderrolle verloren haben, aber weiterhin über eine faktische Sonderrolle aufgrund der in ihrem Eigentum stehenden umfangreichen Infrastrukturen verfügen. 790 So bereits die Europäische Kommission, Entscheidung vom 21. 12. 1993, COMP IV/34.689, Rn. 66 – Sea Containers / Stena Sealink. 791 EuGH, Urteil vom 06. 04. 1995 – C-241/91, Slg. 1995, I-743, Rn. 50 – Magill. 792 EuGH, Urteil vom 06. 04. 1995 – C-241/91, Slg. 1995, I-743, Rn. 54 – Magill. 793 EuGH, Urteil vom 06. 04. 1995 – C-241/91, Slg. 1995, I-743, Rn. 50 ff. – Magill; Scherer, MMR 1999, 315 (316). 794 Inwiefern eine Einzelinformation an sich isolierten urheberrechtlichen Schutz beanspruchen kann, ist umstritten und im Einzelfall nicht immer eindeutig zu beantworten. Für die Annahme von urheberrechtlichen Ausschlussrechten ist grundsätzlich das Erreichen einer Schöpfungshöhe erforderlich, die bei reinen Informations- und Datensammlungen in der Regel nicht gegeben ist, zu den Einzelheiten siehe unten C. V. 2. a) bb) (2) a).

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

immer dann missbräuchlich sei, wenn drei Voraussetzungen vorlägen:795 Erstens muss die Zugangsverweigerung Erzeugnisse oder Dienstleistungen betreffen, die für die Ausübung einer bestimmten Tätigkeit auf einem benachbarten Markt unerlässlich sind, zweitens muss die Weigerung dazu geeignet sein, jeglichen wirksamen Wettbewerb auf diesem benachbarten Markt auszuschließen, und drittens muss die Weigerung das Auftreten eines neuen Produkts verhindern, nach dem eine potentielle Nachfrage der Verbraucher besteht.796 Doch selbst bei Einschlägigkeit dieser drei Voraussetzungen soll die Verweigerung des Informationszugangs noch nicht automatisch kartellrechtswidrig sein. Auch der EuG betont, dass eine Zugangsversagung aus objektiven Gründen gerechtfertigt sein kann.797 Im Rahmen von physischen Infrastruktureinrichtungen kommen an dieser Stelle vor allem Kapazitätsgrenzen in Betracht.798 Bei Daten- und Informationsbeständen spielt dieser Rechtfertigungsgrund jedoch keine Rolle. Stattdessen kann sich eine objektive Rechtfertigung neben datenschutzrechtlichen Verboten auch aus dem Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ergeben.799 Zusätzlich kann die Zugangsverweigerung bei Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind, durch Art. 106 Abs. 2 AEUV gerechtfertigt sein.800 Insgesamt sind die objektiven Rechtfertigungsgründe weit auszulegen, möchte man verhindern, dass vor allem der ausdifferenzierte Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen oder fiskalischen Interessen im Informationsfreiheitsrecht über den Umweg der wettbewerbsrechtlichen „essential facilities-doktrin“ ausgehebelt wird. Auch das kartellrechtliche Missbrauchsverbot darf nicht den Weg zu illegitimen „Ausforschungsklagen“ der Konkurrenz ebnen. dd) Rechtsfolge: Kartellrechtliche Zugangsgewährungspflicht Als Rechtsfolge eines Verstoßes gegen Art. 102 AEUV ist dem Inhaber der wesentlichen Einrichtung eine Zugangsgewährungspflicht aufzuerlegen. Diese Verpflichtung zum Datenzugang kann konkret über eine Push- oder Pull-Lösung ausgestaltet werden.801 Die Pull-Lösung sieht die Zugangsgewährung per Einrichtung eines Lesezugangs oder einer reaktiven Schnittstellenübermittlung vor. Für das öffentliche Unternehmen als Dateninhaber hat dies den wesentlichen Vorteil, dass der Nachfrager selbst aktiv werden muss und keine fortlaufende Aktualisierungspflicht 795

EuG, Urteil vom 17. 09. 2007 – T-201/04, Slg. 2007, S. II-3601, Rn. 331 ff.– Microsoft. EuG, Urteil vom 17. 09. 2007 – T-201/04, Slg. 2007, S. II-3601, Rn. 332 – Microsoft. 797 EuG, Urteil vom 17. 09. 2007 – T-201/04, Slg. 2007, S. II-3601, Rn. 333 – Microsoft. 798 Fuchs, in: Immenga / Mestmäcker, Art. 102 AEUV, Rn. 338. 799 Vgl. Louven, NZKart 2018, 217 (221); Louven, WRP 2020, 433 (436). Siehe hierzu C. V. 2. 800 Vgl. Fuchs, in: Immenga / Mestmäcker, Art. 102 AEUV, Rn. 340 m. w. N. Speziell für öffentliche Informationsbestände Püschel, S. 110 ff. Der Begriff der „Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse“ ist dabei weitgehend mit dem Begriff der „Daseinsvorsorge“ kongruent, vgl. Knauff, in: Schmidt / Wollenschläger, § 6, Rn. 38. 801 Im Detail zu den beiden Lösungen Louven, NZKart 2018, 217 (222). 796

IV. Kartellrechtlicher Informationszugang 

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besteht.802 Die Zugangsgewährung muss zudem nicht zwingend unentgeltlich erfolgen. Parallel zur Erhebung einer Nutzungsgebühr bei Überquerung einer Brücke können Unternehmen auch für die Bereitstellung ihrer Daten ein Entgelt verlangen. Der Bemessung der Entgelthöhe erfolgt grundsätzlich im Rahmen unternehme­ rischer Gestaltungsfreiheit. Grenzen ergeben sich jedoch aus dem kartellrechtlichen Missbrauchsverbot und der daraus folgenden nachträglichen Preiskontrolle nach Art. 102 S. 2 lit. a AEUV bzw. § 19 Abs. 2 GWB im nationalen Recht.803 2. § 19 Abs. 2 Nr. 4 GWB Nach der hiesigen Kartellrechtsdogmatik lässt sich eine wettbewerbsrechtliche Zugangsgewährungspflicht im Sinne der „essential facilities doctrine“ an § 19 Abs. 2 Nr. 4 GWB anknüpfen. Diese Norm orientiert sich größtenteils an den Vorgaben aus dem US-amerikanischen antitrust law und dem Europäischen Kartellrecht.804 Nach der Neufassung aufgrund der 10. GWB Novelle805 kann sich ein Missbrauch nach § 19 Abs. 2 Nr. 4 GWB ausdrücklich auch aus der Zugangsverweigerung zu Daten oder Netzen ergeben. Diese Klarstellung ist jedoch rein deklaratorischer Natur.806 Bereits zuvor war anerkannt, dass die Versagung des Zugangs zu nicht-physischen Infrastruktureinrichtungen wie Informationsdatenbanken unter § 19 Abs. 2 Nr. 4 GWB subsummiert werden kann.807 In diesem Zusammenhang fällt auf, dass der deutsche Gesetzgeber in den letzten Jahren auch abseits des § 19 Abs. 2 Nr. 4 GWB bemüht ist, die nationale kartellrechtliche Missbrauchsaufsicht an die sich wandelnden Anforderungen der Informationsgesellschaft anzupassen. So wurde mit der „fortschrittlichen und mutigen“808 Einführung des § 18 Abs. 3a Nr. 4 GWB im Rahmen der 9. GWB-Novelle 2017809 klargestellt, dass auch der Zugang zu wettbewerbsrelevanten Daten als Indiz für die Bestimmung von Marktmacht herangezogen werden kann. Die Diskussion im europäischen Kartellrecht, ob Datenmacht auch eine Marktmacht indiziert, erübrigt sich damit im nationalen Recht. Darüber hinaus stellt der mit der 10. GWB-Novelle neu eingefügte § 20 Abs. 1a S. 1 GWB klar, dass die Kontrolle über und die Verweigerung des Zugangs zu Datenbeständen eine relative Marktmacht begründen kann. Die neue Vorschrift 802

Vgl. Louven, NZKart 2018, 217 (222). Louven, NZKart 2018, 217 (222). 804 Vgl. Fuchs / Möschel, in: Immenga / Mestmäcker, § 19 GWB, Rn. 296. 805 Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen für ein fokussiertes, proaktives und digitales Wettbewerbsrecht 4.0 und anderer Bestimmungen (GWB-Digitalisierungsgesetz) vom 18. Januar 2021, BGBl. I, 2. 806 Körber, MMR 2020, 290 (291); Körber, NZKart 2019, 633 (634). Anders dagegen Polley /  Kaup, NZKart 2020, 113 (114): Sie befürchten Rechtsunsicherheit und Streit um die Voraussetzungen, unter denen Daten ein „Bottleneck“ darstellen. 807 Vgl. LG Berlin, Urteil vom 27. 04. 2004 – 102 O 64/03 Kart, BeckRS 2013, 21965. 808 Podszun / Schwalbe, NZKart 2017, 98 (101). 809 Neuntes Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom 1. Juni 2017, BGBl. I, 1416. 803

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

des § 20 Abs. 1a S. 2 GWB geht sogar noch einen Schritt weiter und begründet einen begrenzten Datenzugangsanspruch gegen Zahlung eines angemessenen Entgeltes. Dieser Zugangsanspruch soll sogar dann bestehen, wenn ein Geschäftsverkehr für diese Daten bislang noch nicht eröffnet ist, vgl. § 20 Abs. 1a S. 3 GWB. Der Gesetzgeber möchte mit der Einführung des § 20 Abs. 1a GWB insbesondere Konstellationen erfassen, in denen Daten innerhalb von Wertschöpfungsnetzwerken zwar gemeinsam generiert werden, der schwächere Vertragspartner jedoch faktisch nicht in der Lage ist, sein Datenzugangsrecht effektiv durchzusetzen, da er von dem marktstarken Vertragspartner abhängig ist.810 Diese Neuregelung wird grundsätzlich kritisch betrachtet: Anhand der Begründung des Gesetzesentwurfs werde bereits deutlich, dass es sich in den erfassten Konstellationen primär um Fälle von gestörter Vertragsparität und nicht um spezifische wettbewerbsrechtliche Problematiken handele.811 Auch blieben derartige Konstellationen bis zum jetzigen Zeitpunkt rein hypothetischer Natur. Fälle aus der Praxis, in denen die Durchsetzung eines Datenzugangsrechts virulent wurde, existieren bislang nicht.812 3. Zwischenergebnis Öffentliche Unternehmen können in der Theorie grundsätzlich kartellrechtlich gemäß der „essential facilites doctrine“ zur Bereitstellung von Informationen an Wettbewerber verpflichtet werden. Als Anspruchsgrundlage dienen Art. 102 Abs. 1 AEUV auf europäischer und § 19 Abs. 2 Nr. 4 GWB auf nationaler Ebene. Voraussetzung hierfür ist, dass ein marktbeherrschendes öffentliches Unternehmen einen Datenbestand akkumuliert hat, der aus Sicht von Dritten „unentbehrliches Ausgangsmaterial“ und damit eine „wesentliche Einrichtung“ für die Erstellung eigener Mehrwertdienste bildet. Nach der Rechtsprechung des EuGH liegt eine „wesentliche Einrichtung“ vor, wenn markteintrittswilligen Dritten eine Duplizierung des Informationsbestandes aus technischen, rechtlichen oder wirtschaftlichen Gründen unzumutbar ist. Fälle der rechtlichen Unmöglichkeit aufgrund von gesetzlich eingeräumten Sonderrechten sind indes bereits kategorisch dem Anwendungsbereich des Europäischen Wettbewerbsrechts entzogen. Da auch die argumentativen Hürden für die Annahme einer wirtschaftlichen Unmöglichkeit im Einzelfall sehr hoch liegen, sind nur wenige Ausnahmekonstellationen denkbar, in denen Informationsbestände von öffentlichen Unternehmen eine unentbehrliche „wesentliche Einrichtung“ darstellen. Hinzu kommt, dass eine Missbräuchlichkeit im Sinne des Art. 102 Abs. 1 AEUV nur dort angenommen werden kann, wo die Zugangsverweigerung nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Der Schutz der innerbetrieb 810

So die Begründung zum Referentenentwurf der 10. GWB-Novelle, S. 83, abrufbar unter: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/G/gwb-digitalisierungsgesetz-referentenentwurf. pdf.; siehe auch Körber, MMR 2020, 290 (292). 811 Körber, MMR 2020, 290 (292). 812 Vgl. Körber, MMR 2020, 290 (292).

V. Grenzen des Informationszugangs

257

lichen Geheimnissphäre stellt in diesem Zusammenhang einen Rechtfertigungsgrund dar, der in der Rechtspraxis als Instrument zur effektiven Vermeidung von „Ausforschungsklagen“ breite Anwendung finden muss. Die informationelle Inanspruchnahme öffentlicher Unternehmen auf Grundlage des Kartellrechts ist damit insgesamt mehr theoretisches Gedankenspiel, denn reale Gefahr. Auf nationaler Ebene ist indes aktuell noch unklar, inwiefern sich die mit der 10. GWB-Novelle festgeschriebenen Datenzugangsansprüche gegen öffentliche wie private marktmächtige Unternehmen nach § 20 Abs. 1a S. 2 GWB als praxistaugliches Auskunftsinstrument erweisen.

V. Grenzen des Informationszugangs 1. Allgemeines Die Schaffung von Transparenz ist zwar ein verfassungsrechtlich ableitbares und damit legitimes Ziel,813 genießt aber keinen absoluten Schutz.814 Verwaltungstransparenz soll nicht „um jeden Preis“ hergestellt werden. Vielmehr gilt das Prinzip der „limitierten Öffentlichkeit“815, das heißt, die Schaffung von Transparenz ist mit anderen verfassungsrechtlich abgesicherten Rechten in Einklang zu bringen.816 Dem Gesetzgeber kommt hierbei auf der Ebene der einfachgesetzlichen Ausgestaltung ein weiter Gestaltungsspielraum zu.817 Konkret schlägt sich dies in der Systematik der Informationsfreiheitsgesetzgebung nieder. Reaktiver wie proaktiver Informationszugang wird im Ausgangspunkt meist voraussetzungslos gewährt, jedoch nur unter dem Vorbehalt des Nicht-Eingreifens von Ausschlussgründen. Als Fundament einer anschließenden Auseinandersetzung mit den einzelnen Verweigerungsgründen soll zunächst die allgemeine Systematik der Ausschlusstatbestände beleuchtet werden. Mit Blick auf den übergeordneten Untersuchungsauftrag dieser Arbeit widmet sich dieser Abschnitt der Frage, inwiefern das normative Konfliktprogramm der Ausschlussgründe dazu geeignet ist, das für 813

Siehe oben C. II. 1. c) und C. III. 2. c). Auch Bröhmer, S. 33 ff. leitet den Transparenzgedanken des Grundgesetzes aus dem Rechtsstaats-, und Demokratieprinzip und den Grundrechten her. 814 Vgl. Greve, ZD 2014, 336 (338). 815 Gusy, DVBl. 2013, 941 (942), so jüngst auch OVG Hamburg, Urteil vom 25. 11. 2020 – 3 Bf 183/18, BeckRS 2020, 44355, Rn. 81. 816 Vgl. Schoch, IFG, Einl., Rn. 85 ff. 817 In diese Richtung auch OVG Hamburg, Urteil vom 25. 11. 2020 – 3 Bf 183/18, BeckRS 2020, 44355, Rn. 83: „Es steht dem Gesetzgeber […] in den Grenzen des Verhältnismäßigen grundsätzlich frei, ob und wieweit er [den Anspruch auf Informationszugang] eröffnet oder beschränkt.“ Für die Ausgestaltung des Schutzes öffentlicher Belange steht dem Gesetzgeber ein weiterer Spielraum zu als für die Ausgestaltung des Schutzes privater Belange, vgl. Rossi, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 145 (150).

258

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

öffentliche Unternehmen virulente Spannungsfeld zwischen Offenlegungs- und Geheimhaltungsinteressen aufzulösen. In diesem Zusammenhang gilt es konkret herauszuarbeiten, ob sich aus den übergeordneten Wertentscheidungen des Informationsfreiheitsrechts allgemeine Direktiven für die Auslegung der informationsrechtlichen Grenzziehungen ableiten lassen (a) und inwiefern der Anwendung der Ausschlussgründe auch eine verfahrensrechtliche Dimension (b) innewohnt. a) Anwendungsmaßstab aa) Grundsatz: Enge Auslegung Ausnahmeregelungen und Ausschlussgründe sind im besonderen Verwaltungsrecht keine Seltenheit. Den meisten Gesetzessystematiken liegt ein Regel-Ausnahme-Verhältnis zu Grunde.818 Ausnahmeregelungen dienen normtechnisch insbesondere der Herstellung von Einzelfallgerechtigkeit im Rahmen von atypischen Fallkonstellationen und sind daher nach der nach allgemeinen juristischen Methodenlehre eng auszulegen.819 Übertragen auf das Informationsfreiheitsrecht ließe sich daher auch die These vertreten, dass aus rein methodisch-dogmatischen Gründen die Offenlegung der Verwaltungsinformation die Regel und die Informationszurückhaltung die begründungsbedürftige Ausnahme darstelle.820 Die ganz überwiegende Mehrheit in Literatur und Rechtsprechung begründet die enge Auslegung der Verweigerungsgründe dagegen mit dem Willen des Gesetzgebers821 oder teleologischen Erwägungen: Mit Blick auf den Sinn und Zweck der Informationsfreiheitsgesetze seien die normierten Ausnahmetatbestände grundsätzlich eng auszulegen, um der Informationsfreiheit größtmögliche Wirkungskraft zu verleihen.822 Diese Sichtweise stützt sich auch auf das Argument, dass eine extensive Auslegung der Ausnahmegründe dazu missbraucht werden könnte, Einblicke in öffentliche

818

Grundlegend zum Regel-Ausnahme-Verhältnis im Verwaltungsrecht siehe Lindner, VerwArch 98 (2007), S. 213 ff. 819 Vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 1. Auflage 1991, S. 353 ff.; kritisch dazu Rosenkranz, JURA 2015, 783 ff. Beispielhaft zur engen Auslegung von Ausnahmebestimmungen im Energierecht siehe BVerwG, Urteil vom 22. 07. 2015 – 8 C 8/14, NVwZ 2016, 248 (250). 820 In diese Richtung auch BT-Drs. 15/4493, S. 9: „Nach den üblichen Auslegungsregeln sind [die Ausnahmetatbestände] eng zu verstehen.“; a. A. Schoch, IFG, Vorb. §§ 3–6, Rn. 66. 821 Vgl. Wendt, AnwBl. 2005, 702. 822 Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. 11. 2014 – 7 C 12/13, NVwZ 2015, 675 (676); BVerwG, Urteil vom 5. 11. 2012 – 7 C 1/12, NVwZ 2013, 431 (433); OVG Hamburg, Urteil vom 25. 11. 2020 – 3 Bf 183/18, BeckRS 2020, 44355, Rn. 53; Schoch, IFG, Vorb. §§ 3–6, Rn. 66 ff.; Gajeck, das Wirtschaftsgeheimnis in der Verfassung, S. 64; Schirmer, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 3 IFG, Rn. 10.2.; Ziekow / Debus / Musch, S. 267 m. w. N.; Nolte, NVwZ 2018, 521 (522); Fehling, DVBl. 2017, 79 (87 f.); Goldhammer, NVwZ 2017, 1809 (1813); Hong, NVwZ 2016, 953 (95 5 f.); Rödel, S. 130.

V. Grenzen des Informationszugangs

259

Stellen abzuwehren, bei denen das Transparenz- und Kontrollbedürfnis aufgrund der Gefahr politischen und juristischen Fehlverhaltens besonders hoch ist.823 bb) Modifikation für wettbewerbssensible Informationen Fraglich ist, ob die Devise der restriktiven Handhabung der Verweigerungsgründe auch in Bezug auf die Herausgabe von wettbewerbssensiblen Informationen öffentlicher Unternehmen haltbar ist. Für Informationen von rein privaten Unternehmen wird vertreten, dass dessen abwehrrechtlich fundierter Geheimnisschutz zu einer Umkehr des Auslegungsmaßstabes in Richtung einer weiten Interpretation der Ausnahmetatbestände zum Schutz privater Belange zwänge.824 Öffentliche Unternehmen können sich zwar wie aufgezeigt nicht auf grundrechtliche Schutzpositionen berufen. Gleichwohl befinden sie sich in einer mit privaten Marktakteuren vergleichbaren Gefahrenlage, die möglicherweise ebenfalls eine Modifikation des allgemein vorherrschenden Auslegungspostulats rechtfertigt: Auch öffentliche Unternehmen haben grundsätzlich ein legitimes Interesse daran, zwecks Aufrechterhaltung ihrer Wettbewerbsfähigkeit sensibles Informationsmaterial gegenüber der Öffentlichkeit zurückzuhalten.825 So führt das Bundesverwaltungsgericht in einer Entscheidung zur Bundesanstalt für Immobilienaufgaben aus, dass die Frage nach dem Umfang der Auskunftspflichten zwangsläufig darüber entscheidet, welcher allgemeine Stellenwert der Erhaltung von Rentabilität und Wettbewerbsfähigkeit eines öffentlichen Unternehmens beigemessen wird: „Die Entscheidung über den Umfang von Auskunftspflichten legt insofern wichtige Rahmenbedingungen der Gesetzesausführung durch [das öffentliche Unternehmen] fest. Sie lenkt die behördliche Aufgabenerfüllung entweder in eine stärker kaufmännisch-marktorientierte Richtung oder in eine fiskalische Richtung klassischen Zuschnitts, bei der Gesichtspunkten öffentlicher Transparenz und Kontrolle vergleichsweise höheres Gewicht gegenüber auf-

823 Vgl. Fehling, DVBl. 2017, 79 (87 f.). Konkret für das Hamburger Transparenzgesetz siehe Stumpf, VerwArch 106 (2015), 499 (505); Caspar, in: Hill / Schliesky (Hrsg.): Die Neubestimmung der Privatheit, S. 109 (113); Schnabel, NordÖR 2012, 431 (434). 824 Vgl. Rossi, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 145 (150); Spindler, ZGR 2011, 690 (731); Bosesky, S. 160. 825 Das Bedürfnis nach Geheimhaltung wettbewerbssensibler Informationen entsteht dabei nicht nur in bilateralen Rechtsbeziehungen, in denen ein Wettbewerber sein potentiell ausforschendes Akteneinsichtsbegehren direkt an das öffentliche Unternehmen richtet, sondern auch in multipolaren Fallgestaltungen, oftmals Dreiecks-Konstellationen, in denen ein informationssuchender Konkurrent den Auskunftsantrag an die sich bedienende Behörde als „Informationsmittler“ stellt, um an Informationen des dahinter stehenden öffentlichen Unternehmens zu gelangen, siehe hierzu auch Benecke / Spiecker gen. Döhmann, JZ 2015, 1018 ff. Vergleichbare Dreieckskonstellationen existieren im Übrigen auch im Telekommunikationsrecht, vgl. BVerwG, Beschluss vom 05. 03. 2020 – 20 F 3/19, NVwZ 2020, 715 ff. Zur Herstellung eines Ausgleichs zwischen Offenlegungs- und Geheimhaltungsinteressen im gerichtlichen Verfahren existiert dort ein spezielles „in-camera“-Verfahren nach § 99 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 VwGO.

260

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

gabenspezifischen Gesichtspunkten wirtschaftlicher Ertragsfähigkeit sowie gegenüber den rechtlichen Belangen privater Drittbetroffener eingeräumt ist.“826

Legt man die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zu Grunde, ist der der oben geäußerte Einwand der missbräuchlichen Zugangsverweigerung nur dort tragfähig, wo die Aufgabenerfüllung mittels öffentlicher Unternehmen „in eine fiskalische Richtung klassischen Zuschnitts“ verstanden wird. Die Argumentation versagt jedoch in Fällen, in denen öffentliche Unternehmen wie Private kaufmännisch-marktorientiert agieren und dabei aus Gründen des marktinternen Wettbewerbsdrucks auf gesetzlich eingeräumte Zurückhaltungsmöglichkeiten ihres Informationsmaterials angewiesen sind. Zumindest dort, wo öffentliche Einheiten gleichberechtigt mit Privaten am Wettbewerbsgeschehen teilnehmen, darf die praktische Wirksamkeit der notwendigen Zurückhaltungsmechanismen nicht durch eine pauschal restriktive Handhabung unterlaufen werden. Um etwaige Wettbewerbsnachteile gegenüber privaten Wettbewerbern bestmöglich zu verhindern, müssen die Ausschlussgründe vielmehr mindestens in neutraler Weise Anwendung finden. Auch der Gesetzeszweck der Informationsfreiheitsgesetze steht bei näherer Betrachtung einer unternehmensfreundlichen Interpretation zum Schutz von wett­ bewerbssensiblen Informationen nicht entgegen. Die Gewährung eines voraussetzungslosen Informationszugangs zielt vorrangig auf die Förderung des demokratischen Zusammenlebens mittels Herstellung von Partizipation, Akzeptanz und Kontrolle.827 Jedenfalls dann, wenn ein privater Wettbewerber gegenüber einem öffentlichen Unternehmen einen Informationszugangsantrag stellt, ist dieses Begehren in der Regel nicht von einem demokratisch motivierten Transparenzinteresse getragen.828 Stattdessen rücken auf beiden Seiten kollidierende Wettbewerbsinteressen in den Mittelpunkt der informationsrechtlichen Streitigkeit. Das Informationszugangsrecht verhält sich jedoch „wettbewerbsneutral“, so dass sich die jeweils ökonomisch fundierten Geheimhaltungs- und Offenlegungsinteressen grundsätzlich gleichberechtigt gegenüberstehen.829 Mithin kann in Wettbewerbssituationen ausschließlich ein neutraler Auslegungsauftrag angenommen werden. Auch die Grundrechtsberechtigung privater Unternehmenn rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Die Informationsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG garantiert kein allgemeines Veröffentlichungsgebot und damit erst recht kein „gläsernes“

826

BVerwG, Urteil vom 25. 03. 2015 – 6 C 12/14, NVwZ 2015, 1388 (1389). Vgl. C. VII. 1. a). 828 Ausdrücklich in Bezug auf Informationen von öffentlichen Unternehmen Benecke / Spiecker gen. Döhmann, JZ 2015, 1018 (1026): „Der Gesetzgeber sollte […] von der Auffassung Abstand nehmen, dass Informationszugang per se Transparenz und Demokratie zur Durchsetzung verhelfen will. Vielmehr bestehen verschiedenste Eigeninteressen der Nachfrager nach staatlicher Information, die nicht alle dem Allgemeinwohl in der gewünschten Weise dienen.“ 829 Das ergibt sich bereits aus dem „Konzept der limitierten Transparenz“, vgl. Maatsch /  Schnabel, HmbTG, § 1, Rn. 4. 827

V. Grenzen des Informationszugangs

261

öffentliches Unternehmen.830 Auch aus Art. 12 Abs. 1 GG folgt nicht, dass private Wettbewerbsinteressen grundsätzlich höher zu gewichten sind als die von öffentlichen Unternehmen. Die Berufs- und Wettbewerbsfreiheit verleiht weder konkrete Wettbewerbsvorteile, noch schützt sie vor (staatlicher) Konkurrenz.831 Die grundgesetzlich ableitbare Interessensparität im Wettbewerb darf auch bei der Anwendung des einfachgesetzlichen Informationsfreiheitsrechts nicht unterlaufen werden: In bi- und multipolaren Wettbewerbskonstellationen sind weder einzelne Tatbestandsmerkmale der Ausschlussgründe wie das Vorliegen von „Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen“ zwingend eng auszulegen, noch besteht ein prima facie Vorrang von Transparenz- gegenüber Opazitätsinteressen in einer nachgeschalteten, gesetzlich angeordneten Abwägungsentscheidung.832 Entscheidend kommt hinzu, dass wettbewerbsaktive öffentliche Unternehmen innerhalb der Konzeption des Informationszugangsrechts partiell zweckentfremdete Auskunftsverpflichtete darstellen: Attestiert man öffentlichen Unternehmen (zu Recht) nur einen eingeschränkten Auftrag zur Förderung der Ziele des Informationszugangsrechts,833 führt dies nicht nur zu einer fundamentalen Entkräftung der Annahme, dass bereits der Gesetzeszweck der Informationsfreiheitsgesetze eine enge Auslegung der Ausnahmetatbestände fordere, sondern verschiebt auch die anzulegenden Auslegungs- und Abwägungsmaßstäbe womöglich sogar zu Gunsten der Geheimhaltungsinteressen von öffentlichen Unternehmen. cc) Modifikation für proaktive Veröffentlichungspflichten Wie bereits unter C. III. 1. aufgezeigt, liegen zwischen reaktiv und proaktiv vermittelter Verwaltungstransparenz nicht nur formal-verfahrensrechtliche, sondern auch materiell-inhaltliche Unterschiede. Die eigeninitiative Informationsbereitstellung im Internet zeichnet sich dabei vor allem durch eine gesteigerte Breitenwirkung aus. Damit korrespondiert zwar im Vergleich zur antragsbasieren Auskunftserteilung die Chance, den demokratischen und ökonomischen Mehrwert von Verwaltungsinformationen vollumfänglicher und unmittelbarer auszuschöpfen. Gleichzeitig gehen mit einer Expansion des Rezipientenkreises jedoch auch 830

Vgl. C. II. 1. c). So zumindest die ganz herrschende Meinung, vgl. BVewGE 39, 329 (336 f.); 71, 183 (193); Antweiler, NVwZ 2003, 1466 (1469); Kämmerer, in: von Münch / Kunig, GG, Art. 12, Rn. 102. Der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG soll erst dann berührt sein, wenn die öffentliche Wettbewerbstätigkeit aufgrund von hoheitlich eingeräumten Sonderrechten qualitativ und quantitativ derart überlegen ist, dass ihr gegenüber privaten Konkurrenten eine „erdrückende Wirkung“ zukommt, vgl. Knauff, in: Schmidt / Wollenschläger, § 6, Rn. 24. Der herrschenden Auffassung widerspricht ein Teil der Literatur, der in jeder Form unternehmerischer Tätigkeit des Staates einen Eingriff in die Berufsfreiheit sieht („Eingriff durch Wettbewerb“), vgl. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 102 ff.; Cremer, DÖV 2003, 921 (925 ff.). 832 Vgl. C. V. 2. a) aa) (3) (c) (cc). 833 Siehe hierzu C. VIII. 2. 831

262

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

gesteigerte Risiken einher: Die einmal flächendeckend verbreitete Information kann naturgemäß größere Schäden anrichten als die individuell erteilte Einzelauskunft. Auch die Gefahr der Rekombination834 der bereitgesellten Informationen wächst. Erschwerend kommt hinzu, dass die Pflicht zur zeitlich unmittelbaren Informationsbereitstellung tendenziell zur Vernachlässigung von präventiven Prüfund Kontrollmechanismen zwingt und damit im Endeffekt zur vorschnellen bzw. leichtfertigen Informationspreisgabe verleitet. Dabei können vor allem Geheimnisschutzinteressen nur dann effektiv gewahrt werden, wenn die im Vergleich zu antragsbasierten Zugangsmodi erhöhte Unklarheit und Offenheit potentieller Verwendungsmöglichkeiten durch die besonders sorgfältige Vornahme einer behördlichen Prognoseentscheidung kompensiert wird.835 Die strukturellen Gefahren proaktiver Veröffentlichungspolitik dürfen auch im System der informationsrechtlichen Ausschlussgründe nicht unberücksichtigt bleiben.836 Konkret führen sie zu einer Modifikation der herrschenden Auslegungsmaxime „im Zweifel für die Transparenz“: Nur eine mindestens neutrale Auslegung der informationellen Verweigerungsgründe kann dem besonderen Gefahrenpotential proaktiver Veröffentlichungspflichten in der Rechtsanwendung hinreichend Rechnung tragen und insbesondere den faktischen Bedeutungsverlust präventiver Geheimhaltungsmechanismen ausgleichen. In diesem Zusammenhang muss auch die Art des zu veröffentlichenden Informationsmaterials und der Kontext der Veröffentlichung Berücksichtigung finden. Wie soeben dargelegt, greift das Postulat der engen Auslegung der Ausnahmetatbestände jedenfalls für wettbewerbsrelevante Informationsbestände von öffentlichen Unternehmen nicht, da sich öffentliche und private Wettbewerbsinteressen prinzipiell gleichberechtigt gegenüberstehen. Trifft öffentliche Unternehmen nun zusätzlich die Pflicht zur eigeninitiativen Bereitstellung von eben jenen wettbewerbssensiblen Informationen im Internet, kann sich die Kumulation beider Risikopotentiale sogar zu einem tendenziell geheimhaltungsfreundlichen Auslegungsauftrag verdichten. Diese Erkenntnis führt im Ergebnis freilich dazu, dass die Ausschlussgründe je nach Veröffentlichungsmodus unterschiedlich auszulegen sind. Dies löst vor allem dort, wo der Gesetzgeber in Bezug auf Transparenzpflichten lediglich pauschal auf das System der reaktiven Ausschlussgründe verweist, rechtsstaatliche Bedenken aus, die de lege ferenda auszuräumen sind.837

834

Siehe hierzu Rossi, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 145 (150) m. w. N. 835 In diese Richtung auch Rossi, GewArch 2021, 130 (132). 836 Auch Richter, NVwZ 2017, 1408 (1410) erkennt allgemein an, dass eine pauschale Übertragung der Ausnahmen von reaktiven Informationszugangsansprüchen auf proaktive Veröffentlichungspflichten nicht zielführend erscheint. Keinen Modifikationsbedarf sieht dagegen von Lewinski, in Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 437 (446). 837 Siehe hierzu C. VIII. 2. b) cc) (2).

V. Grenzen des Informationszugangs

263

b) Verfahrensrechtliche Dimensionen Hinzu kommt, dass der Anwendung der Ausschlussgründe in multipolaren Fallkonstellationen neben der materiell-rechtlichen auch eine spezifische verfahrenssichernde Funktion innewohnt. Diese trägt den Geheimnisschutzinteressen des betroffenen Unternehmens vor dem Hintergrund der besonderen Charakteristika der Information als Anspruchsgegenstand in besonderem Maße Rechnung. Wie eingangs beschrieben, können Informationen leicht und unter geringem Kosten- und Zeitaufwand vervielfältigt und verbreitet werden. Entsprechend kann bereits jede einmalige und kurzzeitige Veröffentlichung dem Informationsinhaber wirtschaftlich erheblich schaden. Aus dessen Sicht kommt erschwerend hinzu, dass bereits die erstmalige Preisgabe von Informationen praktisch irreversibel ist und damit „klassische“ verwaltungsrechtliche Korrekturmechanismen wie Rücknahme oder Widerruf nach erfolgter Informationsübermittlung wirkungslos sind.838 Um dieses Schutzdefizit zu kompensieren, erlangt die präventive Prüfung von etwaigen Ausschlussgründen eine besondere verfahrensrechtliche Dimension. Grundsätzlich obliegt die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Ausschlussgrundes der informationspflichtigen Stelle.839 Öffentlichen Unternehmen kann es im Einzelfall jedoch strukturell erschwert sein, das Vorliegen von Informationsverweigerungsgründen prozessual geltend zu machen. Dies gilt vor allem dort, wo sich das Auskunftsbegehren nicht unmittelbar gegen das öffentliche Unternehmen richtet (wie beispielsweise nach dem IFG). In diesen Konstellationen muss dem öffentlichen Unternehmen dennoch die Möglichkeit gegeben werden, sich effektiv auf das Vorliegen von informationsrechtlichen Grenzen berufen zu können. Diese Notwendigkeit hat der Gesetzgeber erkannt und spezifische verfahrensrechtliche Sicherungsmechanismen etabliert. Gemäß § 8 Abs. 1 IFG hat die in Anspruch genommene Behörde das Verfahren auszusetzen und dem öffentlichen Unternehmen eine schriftliche Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb eines Monats zu geben, wenn im Rahmen eines reaktiven Auskunftsbegehrens dessen entgegenstehende Belange berührt sein könnten.840 Als Voraussetzung hierfür müssen Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das öffentliche Unternehmen ein schutzwürdiges Interesse 838

Vgl. Rossi, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 145 (157 f.). Dies gilt zumindest solange, wie man mit der herrschenden Meinung davon ausgeht, dass die Frage nach dem „Ob“ der Informationsgewährung öffentlich-rechtlich ausgestaltet ist, vgl. Richter / Süssner-Job, in: Dreier / Fischer /  van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 297 ff. Privatrechtlich organisierte öffentliche Unternehmen können sich dagegen abseits von Fällen der Beleihung nicht auf öffentlich-rechtliche Handlungsformen und damit verbundene Korrekturmechanismen berufen, siehe B. II. 2. b) cc) (1). 839 Vgl. Schoch, IFG, Vorb. §§ 3–6, Rn. 61 ff.; aktuell zum IZG-SH OVG Schleswig, Urteil vom 23. 07. 2020 – 4 LB 45/17, BeckRS 2020, 24121, Rn. 70. 840 § 9 Abs. 1 S. 3 UIG beinhaltet eine vergleichbare Regelung. Zur Anwendbarkeit des § 8 IFG auf öffentliche Unternehmen siehe Schoch, IFG, § 8, Rn. 24 m. w. N. Im Detail zu den prozeduralen Schutzwirkungen des § 8 IFG auch Sellmann / Augsberg, WM 2006, 2293 (2298).

264

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

am Ausschluss des Informationszugangs haben kann. Dieses Erfordernis ist weit auszulegen und soll bereits dann zu bejahen sein, wenn jedwede Belange des öffentlichen Unternehmens durch ein konkretes Informationsersuchen berührt sind.841 Nach § 8 Abs. 2 S. 1 IFG ist die behördliche Entscheidung über die Offenlegung der Unternehmensinformation auch dem öffentlichen Unternehmen gegenüber bekannt zu geben. Die tatsächliche Weitergabe der Information an den Auskunftsbegehrenden ist solange gesperrt, bis die Entscheidung dem öffent­lichen Unternehmen gegenüber bestandskräftig ist oder die sofortige Vollziehung angeordnet worden ist und seit der Bekanntgabe der Anordnung an das öffentliche Unternehmen zwei Wochen verstrichen sind (vgl. § 8 Abs. 2 S. 2 IFG). Derartige verfahrensrechtliche Sicherungen sind im Ausgangspunkt auf reaktive Informationszugangsansprüche zugeschnitten. Die Notwendigkeit einer verfahrensrechtlichen Partizipationsmöglichkeit vor Veröffentlichung einer möglicherweise sensiblen Unternehmensinformation ergibt sich aber auch (vor allem in Anbetracht der größeren qualitativen wie quantitativen Wirkungsmacht842) für proaktive Veröffentlichungspflichten. Da die Veröffentlichung von Informationen auf einem Transparenzportal kein Verwaltungsakt darstellt,843 kann insbesondere auf allgemeine Schutzinstrumente des Verwaltungsrechts wie § 28 VwVfG nicht zurückgegriffen werden. Der Gesetzgeber muss vielmehr selbst verfahrenssichernde Ausgleichsmaßnahmen für proaktive Veröffentlichungspflichten festschreiben. Beispiele hierfür sind § 10 Abs. 6 UIG oder § 7 Abs. 3 S. 1, 2 HmbTG. Nach letzterem wird dem öffentlichen Unternehmen vor der Veröffentlichung im Transparenzportal eine Mitwirkungspflicht in Form einer Kennzeichnungspflicht für Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse auferlegt.844 Wo es der Gesetzgeber, wie im Falle des IFG des Bundes, versäumt hat, einen vorgeschalteten Prüfprozesses auch für proaktive Veröffentlichungspflichten anzuordnen, sind die verfahrenssichernden Regelungen der reaktiven Informationsgewährung analog anzuwenden. Wenn eine analoge Anwendung im Einzelfall rechtstechnisch nicht möglich sein sollte, ist dem verfahrensrechtlichen Defizit im proaktiven Informationszugangsrecht notfalls durch eine verstärkt geheimhaltungsfreundliche materiell-rechtliche Auslegung der Ausnahmetatbestände Rechnung zu tragen.845

841

Vgl. Sellmann / Augsberg, WM 2006, 2293 (2298). Siehe oben C. III. b) aa). 843 Vgl. siehe unten C. VI. 1. b) bb). 844 Auf der anderen Seite bestehen mitunter auch verfahrensrechtliche Regelungen, die auf eine Ausweitung der Veröffentlichungspflichten hinwirken, wie nach § 7 Abs. 7 S. 1 HmbTG das Ersuchen der auskunftspflichtigen Stelle um eine Einwilligung des Inhabers von Betriebsund Geschäftsgeheimnissen. 845 Eine solche Lösung hätte zur Folge, dass die Ausnahmetatbestände im reaktiven und proaktiven Informationszugangsrecht ggf. strukturell unterschiedlich auszulegen sind. Zur verfassungsrechtlichen Problematik einer „gespaltenen“ Auslegung, die eine Modifikation der Ausschlussgründe de lege ferenda erfordert, siehe unten C. VIII. 2. a) cc). 842

V. Grenzen des Informationszugangs

265

c) Zwischenergebnis Das allgemeine Postulat, dass Ausnahmetatbestände aus Respekt vor dem gesetzgeberisch angeordneten Regel-Ausnahme-Verhältnis im Zweifel eng auszulegen sind, ist im Informationszugangsrecht nur für bipolare und wettbewerbsfremde Fallgestaltungen haltbar. In tripolaren Sachverhalten oder Konstellationen, in denen sich öffentliche Unternehmen und private Wettbewerber unmittelbar gegenüberstehen, darf dieser Auslegungsgrundsatz mangels verfassungsrechtlicher Fundierung in der informationsrechtlichen Anwendungspraxis nicht zum unumstößlichen Dogma mutieren. Es gilt vielmehr zu berücksichtigen, dass sich Offenlegungs- und Geheimhaltungsinteressen in diesen Fällen verfassungsrechtlich grundsätzlich gleichberechtigt begegnen. Informationsrechtliche Ausnahmetatbestände sind darüber hinaus nicht isoliert materiell-rechtlich, sondern auch in Hinblick auf ihre verfahrensrechtliche Dimension zu betrachten. Die besondere Reichweite proaktiver Veröffentlichungspflichten macht eine präventive verfahrensrechtliche Einbindung öffentlicher Unternehmen erforderlich. Wo effektive Partizipationsmöglichkeiten nicht explizit angeordnet sind, ist die verfahrensrechtliche Lücke über eine analoge Heranziehung der Regelungen zum reaktiven Informationszugang oder eine verstärkt geheimhaltungsfreundliche materiell-rechtliche Auslegung der Ausnahmetatbestände zu schließen.846 2. Die Ausschlussgründe im Einzelnen Ziel des nachfolgenden Abschnittes ist es, aus den mitunter sehr heterogenen Grenzziehungen der einzelnen Informationsfreiheitsgesetze die informationellen Gegenrechte herauszuarbeiten und zu analysieren, die aus der Perspektive von öffentlichen Unternehmen typischerweise eine normative Steuerung bzw. Bewältigung des Konfliktes zwischen Offenlegungs- und Geheimhaltungsinteressen versprechen. Abseits der „klassischen“ Ausnahme-Trias847 lassen sich die Ausschlussgründe auch hinsichtlich ihrer Schutzrichtung grob in drei Kategorien systematisieren: Grenzen zum Schutz von eigenen Belangen des öffentlichen Unternehmens (a), Grenzen zum Schutz von Belangen Dritter (b) und Grenzen zum Schutz öffentlicher Belange (c).

846 Siehe zum Gebot der aufgabenbezogenen weiten Auslegung der Ausnahmetatbestände C. VIII. 2. 847 Die Unterteilung der Ausschlussgründe in Geheimnisschutz, Immaterialgüterrecht und Persönlichkeits- und Datenschutz, siehe hierzu von Lewinksi, in: Dreier / Spiecker / van Raay, S. 437 (446).

266

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

a) Belange des öffentlichen Unternehmens aa) Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ist in vielen Rechtsgebieten geregelt,848 doch nirgendwo erfährt er eine derart hohe Bedeutung wie im Informationsfreiheitsrecht. Hier sehen sich öffentliche Unternehmen als Inhaber von geheimen und sensiblen Unternehmensinformationen umfangreichen Offenlegungs- und Auskunftsansprüchen ausgesetzt, wodurch eine besondere Gefahr der unerwünschten Preisgabe und auf nachgelagerter Stufe sogar der Verwertung von betrieblichen Geheiminformationen besteht. Die praktische Relevanz eines effektiven Betriebs- und Geschäftsgeheimnisschutzes im Informationsfreiheitsrecht ist auch empirisch belegbar: Aus der Evaluation des HmbTG geht hervor, dass rund ein Viertel aller Nichtveröffentlichungen von Informationen auf dem Transparenzportal auf den Ausschlussgrund der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gestützt wurden.849 Auch im Rahmen von reaktiven Informationspflichten ist der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen der zweithäufigste Grund für die Ablehnung eines Antrages.850 Der Ausschlussgrund der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse steht sinnbildlich für das Spannungsfeld zwischen Transparenz- und Geheimhaltungsinteressen, in dem sich öffentliche Unternehmen im Informationsfreiheitsrecht bewegen. Auf der einen Seite wird der Ausschlussgrund mitunter vor dem Hintergrund einer möglichen Transparenzbeschneidung als „argumentatives Einfallstor“ zur vollumfänglichen und gerichtsfesten Ablehnung von Informationsbegehren kritisiert.851 Nichtsdestoweniger erfährt zumindest der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen Dritter im Grundsatz eine verfassungsrechtliche Rückkopplung und ist – trotz unterschiedlich weiter Ausgestaltung im Einzelfall852 – auch von allen Regelungsregimen, aus denen sich ein reaktiver oder proaktiver Informationszugangsanspruch ergeben kann, dem Grundsatz nach anerkannt.853 Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse können auf zwei Weisen einem 848

Etwa im Strafrecht (vgl. § 203 f. StGB), Steuerrecht (§ 30 Abs. 2 Nr. 2 AO) im Kartellbeschwerdeverfahren (§ 72 Abs. 2 GWB), im Telekommunikationsrecht (§ 138 Abs. 2 TKG), allgemeinen Verwaltungsrecht (§ 30 VwVfG), Gentechnikrecht (§ 17a GenTG) und im Verwaltungsprozessrecht (§ 99 Abs. 1 S. 2 VwGO), vgl. Beyerbach, Die geheime Unternehmensinformation, S. 1 f.; Wischmeyer / Herzog, NJW 2020, 288 (291). 849 Vgl. Herr / Müller / Engewald / Piesker / Ziekow, Abschlussbericht zur Evaluation des HmbTG 2017, S. 72. Nur der Schutz von personenbezogenen Daten nach § 4 HmbTG führte häufiger zu einer Nichtveröffentlichung. 850 Vgl. Herr / Müller / Engewald / Piesker / Ziekow, Abschlussbericht zur Evaluation des HmbTG 2017, S. 205 ff. 851 Vgl. Stumpf, VerwArch 106 (2015), 499 (505); Caspar, in: Hill / Schliesky (Hrsg.): Die Neubestimmung der Privatheit, S. 109 (113); Schnabel, NordÖR 2012, 431 (434). 852 Siehe sogleich C. V. 2. a) aa) (3) (c). 853 Zum Teil sogar als „ungeschriebene Schranke“, die von allgemeinen Ausschlusstatbeständen wie § 4 Abs. 2 Nr. 3 Landespressegesetz NRW („ein überwiegendes öffentliches oder ein schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde“) oder dem Erfordernis eines „berechtigten Interesses“ etwa nach § 12 Abs. 1 GBO erfasst wird, vgl. Beyerbach, S. 76 ff.

V. Grenzen des Informationszugangs

267

reaktiven oder proaktiven Informationszugang entgegengehalten werden: Auf der einen Seite ist denkbar, dass das öffentliche Unternehmen selbst originärer Inhaber eines Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses ist. Umgekehrt kann das öffentliche Unternehmen auch Träger eines fremden Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses sein, das ihm etwa durch vertragliche Beziehungen oder im Rahmen von hoheitlichen Befugnissen übermittelt wurde. Der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen im Informationsfreiheitsrecht war in der Vergangenheit bereits häufiger Gegenstand (rechts-)wissenschaftlicher Analysen.854 Die vorliegende Darstellung versteht sich als Zusammenfassung der bisherigen Erkenntnisse aus Literatur und Rechtsprechung mit dem besonderen Fokus auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse von öffentlichen Unternehmen, insbesondere vor dem aktuellen Hintergrund der Richtlinie RL (EU) 2019/1024 und der Geschäftsgeheimnisrichtlinie RL (EU) 2016/943, welche mit dem im April 2019 in Kraft getretenen Geschäftsgeheimnisgesetz (GeschGehG)855 in nationales Recht umgesetzt wurde. (1) Sinn und Zweck „Vertrauliche Informationen sind heutzutage tatsächlich der Ursprung jeden großen Vermögens.“856

Obwohl diese Worte Oscar Wildes bereits mehr als ein Jahrhundert alt sind, haben sie bis heute nicht an Aktualität verloren. Damals wie heute ist die Erkenntnis vorherrschend, dass erfolgreiches Wirtschaften ohne einen wirksamen Schutz von exklusiv erlangten oder generierten Geheiminformationen unmöglich ist.857 Die Unantastbarkeit eines innerbetrieblichen Geheimnisbereichs für sensible Informationen bildet die notwendige Bedingung für den Erhalt unternehmerischer Konkurrenzfähigkeit.858 Die rechtlich durchsetzbare Garantie einer nach außen hin abgeschirmten Geheimnissphäre sichert dabei vor allem innerbetriebliche Innovations- und Forschungsanreize:859 Ohne geschützte unternehmerische Geheimsphäre ist die Entwicklung und Evaluation von neuen Produkten, Geschäftsmodellen und Strategien und damit die langfristige Amortisation von Investitionen nicht denkbar, schließlich birgt jede ungewollte Preisgabe von wettbewerbsrelevanten 854

Vgl. Beyerbach, Die geheime Unternehmensinformation, Tübingen 2012; Prinz, Der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen im Informationsfreiheitsrecht, Münster 2015; Wolf, Der Schutz des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses, Baden-Baden 2015. 855 Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG) vom 18. April 2019, BGBl. 2019 I 466. 856 Oscar Wilde, Ein idealer Gatte (1895). 857 Vgl. BVerfGE 147, 50 (156); Benecke / Spiecker gen. Döhmann, JZ 2015, 1018; VG Köln, Urteil vom 07. 04. 2011 – 13 K 822 10, BeckRS 2010, 50789. 858 Vgl. Benecke / Spiecker gen. Döhmann, JZ 2015, 1018. 859 Vgl. BVerfGE 147, 50 (141 f.); Prinz, S. 70 m. w. N.

268

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

Informationen die Gefahr einer Nivellierung von unter Ressourceneinsatz erarbeiteten Wettbewerbsvorteilen.860 Damit gewährleistet letztendlich ein effektives Geheimnisschutzniveau nicht nur die generelle Funktionsfähigkeit des unverfälschten (Innovations-)Wettbewerbs, sondern ermöglicht auch gesamtgesellschaftlichen Fortschritt im Allgemeinen.861 Im Informationsfreiheitsrecht erlangt der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisschutz für öffentliche Unternehmen besondere Bedeutung: Die Entwicklung des Informationsfreiheitsrechts hin zur sukzessiven Ausweitung von Transparenzpflichten bringt die innerbetriebliche Geheimnissphäre strukturell in Gefahr. Die Einbeziehung öffentlicher Unternehmen in den Anwendungsbereich von Informationsfreiheitsgesetzen korrespondiert mit informationellen „Angriffsmöglichkeiten“ in Form von reaktiven und proaktiven Veröffentlichungspflichten. Hieraus erwachsen strukturelle Nachteile gegenüber privaten Wettbewerbern, die grundsätzlich nicht zur Auskunftserteilung verpflichtet sind. Antragsbasierte Informationszugangsansprüche sollen zwar den Bürger zur Selbstinformation befähigen, dürfen jedoch keine Industriespionage legitimieren. Daher dient der Ausschlussgrund zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen im Zusammenhang mit reaktiven Auskunftsrechten hauptsächlich der Verhinderung von „Ausforschungsklagen“ durch Konkurrenten.862 Darüber hinaus bergen jedoch auch proaktive Veröffentlichungspflichten die Gefahr von irreversiblen Informationspreisgaben, zumal dort präventive Schutz- und Korrekturmechanismen nur bedingt greifen.863 Auch Prinz warnt davor, dass die proaktive Veröffentlichung von Informationen „vollendete Tatsachen“ schafft, ohne dass Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse ausreichenden Schutz erfahren.864 Weitreichende Veröffentlichungspflichten gefährden damit die Wettbewerbsfähigkeit von öffentlichen Unternehmen, die sich möglicherweise von privaten Vertragspartnern und Konkurrenten hinsichtlich strategischer Informationen in Bezug auf Betriebsführung und Entgeltgestaltung „in die Karten schauen lassen“ müssen, ohne dass diese ihrerseits zur Offenlegung verpflichtet wären. Der Verweigerungsgrund des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisschutzes kann auch in diesem Zusammenhang der Entstehung einer strukturellen, proaktiv vermittelten Informationsasymmetrie entgegenwirken.

860

Vgl. Prinz, S. 68; Beyerbach, S. 67. Vgl. BVerfG 147, 50 (141 f.); Guckelbeger, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 6 IFG, Rn. 11; Frank, Der Schutz von Unternehmensgeheimnissen im Öffentlichen Recht, S. 156 ff. 862 Vgl. Prinz, S. 70; Sitsen, S. 249 f.; Guckelberger, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 6 IFG, Rn. 11. 863 Siehe hierzu C. III. b) bb). 864 Prinz, S. 297. 861

V. Grenzen des Informationszugangs

269

(2) Der Begriff des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses (a) Hintergrund Zunächst ist die Reichweite des Begriffs der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu bestimmen. Etymologisch leitet sich der Begriff „Geheimnis“ zunächst von dem gemeingermanischen Wort „Heim“ im Sinne von „heimlich“ oder „vertraulich“ ab und beschreibt damit jede private Information, die dem unbefugten Zugriff durch Dritte entzogen ist.865 Mangels praktischer Relevanz wird mittlerweile terminologisch und inhaltlich nicht mehr zwischen Betriebsgeheimnissen, die eher einen technischen Bezug aufweisen und Geschäftsgeheimnissen, die meist kaufmännischen Vorgaben entspringen, unterschieden.866 Aufgrund des Fehlens einer eigenständigen, bundesweiten Legaldefinition im Informationsfreiheitsrecht wurde bislang auf die von der Rechtsprechung zu § 17 UWG a. F. entwickelte und vom Bundesverfassungsgericht bestätigte Definition zurückgegriffen.867 Nach dieser ist ein Geschäftsgeheimnis jede Information, die einen Unternehmensbezug aufweist, nicht offenkundig ist, nach dem Willen ihres Inhabers geheim bleiben muss und an der ein berechtigtes Interesse an ihrer Geheimhaltung besteht.868 An dieser Definition orientieren sich auch zum Teil die in den Gesetzestext der Landesinformationsfreiheitsgesetze aufgenommenen Begriffsbestimmungen, vgl. § 7 Abs. 1 S. 1 HmbTG.869

865

Siehe hierzu ausführlich Wolf, S. 31 ff. Ritgen, in: Knack / Hennecke, VwVfG, § 30, Rn. 19; Schwarz, in: Fehling / Kastner / Störmer, § 30 VwVfG, Rn. 9; Beyerbach, S. 91; a. A. Prinz, S. 43; ebenfalls unterscheidend Kloepfer /  Greve, NVwZ 2011, 577 (579). 867 Vgl. BVerfGE 115, 205 (206); BVerwG, Urteil vom 24. 09. 2009 – 7 C 2.09, NVwZ 2010, 189 (192); Wiebe, NVwZ 2019, 1705 (1706). 868 Vgl. BVerfGE 115, 205 (206). 869 Vgl. § 6 Abs. 2 BremIFG oder § 7 Abs. 1 S. 1, 2 HmbTG. Nach § 7 Abs. 1 S. 1, 2 HmbTG sind Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse „alle auf ein Unternehmen bezogene Tatsachen, Umstände und Vorgänge, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat. Ein berechtigtes Interesse liegt vor, wenn das Bekanntwerden einer Tatsache geeignet ist, die Wettbewerbsposition eines Konkurrenten zu fördern oder die Stellung des eigenen Betriebs im Wettbewerb zu schmälern oder wenn es geeignet ist, dem Geheimnisträger wirtschaftlichen Schaden zuzufügen.“ Maatsch / Schnabel, HmbTG, § 7, Rn. 1, attestieren der „uneingeschränkt gelungenen“ Regelung einen „Vorbildcharakter“ für den Erlass neuer Informationsfreiheitsgesetze. 866

270

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

(b) Die Begriffsmerkmale im Einzelnen (aa) Unternehmensbezogene Tatsachen Zunächst muss die betreffende Information eine unternehmensbezogene oder „geschäftsbezogene“870 Tatsache darstellen. Mit dem Kriterium der Unternehmensbezogenheit soll trennscharf zu den Ausnahmetatbeständen zum Schutz personenbezogener Daten abgegrenzt werden.871 Ein hinreichender Unternehmensbezug kann über eine konkrete, rechtliche wie tatsächliche Beziehung des Geheimnisses zum Unternehmen vermittelt werden.872 Beispiele für unternehmensbezogene Tatsachen sind Mietverträge873, Umsätze, Ertragslagen, Geschäftsbücher, Kundenlisten, Bezugsquellen, Konditionen, Marktstrategien, Unterlagen zur Kreditwürdigkeit, Preiskalkulationen, Patentanmeldungen, Herstellungsverfahren, Kon­struktionszeichnungen oder Angebotsunterlagen.874 Im digitalen Zeitalter avancieren auch Algorithmen verstärkt zu elementaren Betriebsgeheimnissen der Digitalwirtschaft.875 Rein private Informationen aus der persönlichen Sphäre eines Unternehmensangehörigen oder ausschließlich externe Dritte betreffende Informationen weisen dagegen keinen hinreichenden Unternehmensbezug in diesem Sinne auf.876 Tauglicher Geheimnisträger ist grundsätzlich jede juristische Person des Privatrechts.877 Damit sind auch öffentliche Unternehmen Inhaber von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, zumindest solange sie in privatrechtlicher Form organisiert sind. Vereinzelt wird vertreten, mangels Unternehmensbezug im engeren Sinne können Informationen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts niemals Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sein.878 Angesichts der Tatsache, dass in teleologischer Hinsicht auch juristische Personen des öffentlichen Rechts ebenso auf den Schutz ihrer sensiblen Unternehmensinformationen angewiesen sind, insbesondere dann, wenn sie erwerbswirtschaftlich tätig sind und im Wettbewerb mit Privaten stehen, ist eine derartige Einschränkung jedoch abzulehnen.879 Öffent 870

Vgl. Beyerbach, S. 92 f. Prinz, S. 29; Schoch, IFG, § 6, Rn. 79. 872 Vgl. Beyerbach, S. 92; Prinz, S. 29; Kloepfer / Greve, NVwZ 2011, 577 (580). 873 Vgl. VG Köln, Urteil vom 27. 01. 2011 – 6 K 4165/09 – juris, Rn. 50 ff. 874 Vgl. BVerfGE 115, 205 (206). Siehe für weitere Beispiele und Nachweise Beyerbach, S. 91 f. 875 Barczak, DÖV 2020, 997 f. 876 Vgl. Brink, in: Brink / Polenz / Blatt, IFG, § 6, Rn. 43; Prinz, S. 29; Gajeck, S. 29; Kloepfer /  Greve, NVwZ 2011, 577 (581). 877 Prinz, S. 29; Kiethe, JZ 2005, 1034 (1037); Schoch, IFG, § 6, Rn. 80. Die konkrete Rechtsform ist dabei nicht entscheidend, vgl. Brink, in: Brink / Polenz / Blatt, IFG, § 6, Rn. 41. 878 VG Gelsenkirchen, Urteil vom 16. 9. 2010 – 17 K 1274/10 – juris, Rn. 68; Rossi, IFG, § 6, Rn. 68; für das (alte) IFG SH auch OVG Schleswig, Beschluss vom 30. 03. 2005 – 4 LB 26/04, NordÖR 2005, 208 (209). 879 Vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. 4. 2015 – 12 N 88/13 – juris, Rn. 2 1 f.; Schoch, IFG, § 6, Rn. 80; Prinz, S. 30; Wiebe, NVwZ 2019, 1705 (1708). 871

V. Grenzen des Informationszugangs

271

liche Unternehmen in Privatrechtsform und juristische Personen des öffentlichen Rechts sind damit gleichermaßen taugliche Geheimnisträger. (bb) Fehlende Offenkundigkeit Darüber hinaus muss es sich bei der unternehmensbezogenen Information auch um eine Geheiminformation handeln. Der Geheimnischarakter einer Information speist sich im Wesentlichen daraus, dass sie nicht „nicht offenkundig“ ist. Die fehlende Offenkundigkeit wird jedoch nicht streng absolut verstanden. Stattdessen liegt sie bereits vor, wenn die Information außerhalb der Unternehmenssphäre nicht allgemein, sondern nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt und zugänglich ist.880 Wann noch ein „eng begrenzter Personenkreis“ vorliegt, kann nicht abstrakt beurteilt werden, sondern ist im Einzelfall zu bestimmen. Die reine Anzahl der Personen, die tatsächlich oder potentiell Zugriff auf die Information haben, ist dabei nur als Indiz zu berücksichtigen.881 Entscheidender ist vielmehr die Frage, ob mit der Preisgabe einer Information an einen Mitwisser auch ein Kontrollverlust über dessen ausschließliche Verbreitungsmöglichkeit einhergeht.882 Demnach ist auch in der einmaligen Weitergabe einer Information an eine Behörde im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens noch keine Preisgabe zu sehen, die eine Offenkundigkeit ausschließt, da davon ausgegangen werden kann (und muss), dass die Behördenmitarbeiter die betreffende Information nicht weitergeben.883 Parallel hierzu verliert bei öffentlichen Unternehmen eine Information nicht dadurch ihren Geheimnischarakter, dass sie im Rahmen von aktien- oder gesellschaftsrechtlichen Berichtspflichten an den dahinter stehenden öffentlichen Träger übermittelt wird. Dies stellen nicht zuletzt spezielle aktienrechtliche Regelungen (§§ 394 Abs. 1 S. 2, 395 AktG) sicher. Anders verhält es sich jedoch bei den Unternehmensinformationen, die im Rahmen von allgemein einsehbaren Beteiligungsberichten der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Hier liegt kein kontrollierbarer Mitwisserkreis vor, so dass diese Informationen nicht mehr als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse qualifiziert werden können.

880 Vgl. Brink, in: Brink / Polenz / Blatt, IFG, § 6, Rn. 44; Prinz, S. 3 0 f.; Gajeck, S. 36; Beyerbach, S. 93 f. m. w. N. 881 Vgl. Prinz, S. 31; Beyerbach, S. 94; Schoch, IFG, § 6, Rn. 82; Kloepfer / Greve, NVwZ 2011, 577 (581). 882 Vgl. Brink, in: Brink / Polenz / Blatt, IFG, § 6, Rn. 44; Rossi, IFG, § 6, Rn. 69; Kloepfer /  Greve, NVwZ 2011, 577 (581). 883 Vgl. Brink, in: Brink / Polenz / Blatt, IFG, § 6, Rn. 44; Prinz, S. 31 f.; Schoch, IFG, § 6, Rn. 49.

272

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

(cc) Geheimhaltungswille Als subjektives Element ist für die Einordnung als Betriebs- und Geschäfts­ geheimnis ein nach außen erkennbarer Geheimhaltungswille erforderlich. Es obliegt grundsätzlich dem Unternehmensinhaber zu entscheiden, welche Information er für geheim und damit besonders schutzwürdig erachtet. Umstritten ist jedoch, welche rechtlichen Anforderungen an die Manifestation des Geheimhaltungswillens nach außen zu stellen sind.884 Einen ersten Anhaltspunkt liefert hier die Definition des als Auslegungshilfe heranzuziehenden zivilrechtlichen Geschäftsgeheimnisgesetzes (GeschGehG, siehe hierzu sogleich), die darauf abstellt, ob die Information „Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber ist“, vgl. § 2 Abs. 1 lit.b GeschGehG.885 Diese Vorgabe ist verhältnismäßig streng im Vergleich zu der traditionell im Informationsfreiheitsrecht verwendeten Definition. Nach dem dort herrschenden weiten Verständnis kann sich der Geheimhaltungswille auch konkludent aus den Umständen des Einzelfalles oder der Natur der Information ergeben.886 Bei betriebsinternen Vorgängen, Umständen und Tatsachen besteht in der Regel eine Vermutungswirkung für das Vorliegen eines Geheimhaltungswillens.887 In der informationsfreiheitsrechtlichen Praxis wird folglich die Einordnung als Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis in den seltensten Fällen an einem fehlenden Geheimhaltungswillen scheitern. Zweifelsfragen stellen sich allenfalls in Konstellationen, in denen die Information dem Unternehmensinhaber komplett unbekannt war.888 (dd) Berechtigtes Geheimhaltungsinteresse Das Definitionsmerkmal des „berechtigten Geheimhaltungsinteresses“ ist als normatives Korrektiv zu der weiten Vermutung eines Geheimhaltungswillens zu verstehen. Im Ausgangspunkt fungiert es als grober Willkür- und Bagatellfilter. Die Information muss eine hinreichende Wettbewerbsrelevanz und damit Schutz-

884

Vgl. Beyerbach, S. 96; Schoch, IFG, § 9, Rn. 89, warnt davor, „übertriebene Anforderungen zu stellen.“ 885 Vgl. Wischmeyer / Herzog, NJW 2020, 288 (291). Zur Berücksichtigungsfähigkeit der Wertungen des GeschGehG siehe unten C. V. 2. a) aa) (2) (c). 886 Vgl. BGH, Urteil vom 10. 05. 1995 – 1 StR 764/94, NJW 1995, 2301; Schoch, IFG, § 6, Rn. 89. 887 Vgl. Prinz, S. 34; Gajeck, S. 28; Kuhn, Der verfassungsrechtliche Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, S. 7 m.w.N; Kloepfer / Greve, NVwZ 2011, 577 (582). 888 Prinz, S. 34 m. w. N. Rossi, IFG, § 6, Rn. 73 und Prinz, S. 34 f. wollen darüber hinaus die Vermutung des Geheimhaltungswillens dort als erschüttert ansehen, wo trotz informationsrechtlicher Obliegenheit zur Kennzeichnung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen (vgl. § 7 Abs. 3 S. 1 HmbTG) keine solche vorgenommen wird. Dagegen jedoch Schoch, IFG, § 6, Rn. 90.

V. Grenzen des Informationszugangs

273

würdigkeit aufweisen.889 Dabei hat die Bestimmung der Wettbewerbsrelevanz auch eine zeitliche Dimension: So wird von der Rechtsprechung vertreten, dass Geschäftsgeheimnisse nach einem Zeitraum von fünf Jahren typischerweise nicht mehr aktuell und deshalb nicht mehr wettbewerbsrelevant sind.890 Insgesamt ist eine Wettbewerbsrelevanz zu bejahen, wenn die Preisgabe der Information entweder die eigene Wettbewerbsposition des Unternehmens spürbar schmälert oder die von Wettbewerbern fördert.891 Auf diese Weise soll sich der Unternehmensinhaber nicht rechtsmissbräuchlich auf die Geheimhaltungsbedürftigkeit von trivialen Informationen oder Betriebsinterna ohne nennenswerten Aussagegehalt berufen dürfen.892 Das berechtigte Geheimhaltungsinteresse muss überdies unmittelbar wirtschaftlich vermittelt sein, generelle oder mittelbare Interessen wie die Angst vor einem Imageverlust oder einer kritischen Medienberichterstattung reichen hierfür nicht aus.893 Umstritten ist, ob eine Wettbewerbsrelevanz schon immer dort zu verneinen ist, wo schon gar keine Wettbewerbssituation vorliegt. Nach einer Ansicht in Literatur und Rechtsprechung sollen öffentliche Unternehmen, die als Monopolisten etwa im Bereich der Wasser- und Abfallversorgung tätig sind, den Informationszugang nicht mit Verweis auf eigene Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse verweigern dürfen.894 Vertreter dieser Auffassung argumentieren damit, dass öffentliche Unternehmen in diesen Konstellationen schon begriffslogisch gar keine Wettbewerbsnachteile erleiden könnten, so dass ein schutzwürdiges Geheimhal 889

Vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. 01. 2014  – 12 B 50/09, BeckRS 2015, 44816; Prinz, S. 35; Jastrow / Schlattmann, § 6, Rn. 45; Rossi, IFG, § 6, Rn. 75; Frank, S. 43. 890 Vgl. VGH Kassel, Beschluss vom 25. 04. 2020 6A 1293/13 – juris, Rn. 37; BVerwG, Urteil vom 10. 04. 2019 – 7 C 22/18, NVwZ 2019, 1840 (1844); jeweils mit Verweis auf EuGH, Urteil vom 19. 6. 2018 – C-15/16, ZD 2019, 25 ff., Rn. 54 – BaFin / Baumeister. Rossi, GewArch 2021, 130 (134 ff.) hält sogar die gesetzliche Anordnung einer Befristung des Schutzes von Betriebsund Geschäftsgeheimnissen für möglich, solange diese als widerlegbare Vermutung ausgestaltet ist. 891 Vgl. BGH, Urteil vom 10. 05. 1995 – 1 StR 764/94, NJW 1995, 2301; Schoch, IFG, § 6, Rn. 94; Kiethe, JZ 2005, 1034 (1037). Umgekehrt kann auch das Rechtsstaatsprinzip eine Offenlegung von Informationen gebieten und damit die Schutzwürdigkeit des Geheimhaltungsinteresses ausschließen. Dies wird etwa für Haftungsregelungen im Rahmen von öffentlich-rechtlichen Verträgen angenommen, vgl. Dreier / Spiecker, gen. Döhmann, in: Dreier / Fischer / van Raay /  Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 165 (176). 892 Vgl. Beyerbach, S. 97 f.; Gajeck, S. 28; Dreier / Spiecker gen. Döhmann, in: Dreier / Fischer /  van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 165 (176). So ähnlich auch die Formulierungen in § 6 Abs. 2 S. 2 BremIFG und § 7 Abs. 1 S. 2 HmbTG, vgl. Schoch, IFG, § 6, Rn. 91. 893 Vgl. Schoch, IFG, § 6, Rn. 94; Sitsen, S. 288 f.; Nietsch, WiVerw 2014, 120 (127). 894 Schoch, IFG, § 6, Rn. 94; Kloepfer / Greve, NVwZ 2011, 577 (583); aus der Rechtsprechung siehe (das in der Nachinstanz vom OVG Koblenz, Urteil vom 12. 03. 2015 – 10 A 10472/14. OVG, KommJur 2015, 219 ff. aufgehobene) Urteil des VG Neustadt an der Weinstraße vom 07. 04. 2014, 4 K 726/13.NW, BeckRS 2014, 49642. Ebenso in diese Richtung das VG Hamburg, Urteil vom 24. 11. 2008, 15 K 4014/07 – juris, Rn. 25, 41 nach dessen Ansicht eine Berufung auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nur dann in Betracht kommt, wenn das öffentliche Unternehmen wie ein Privater am Markt agiert und im Wettbewerb zu anderen steht.

274

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

tungsinteresse per se ausscheide.895 Richtigerweise ist an dieser Stelle jedoch zu differenzieren: Eine Berufung auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse kann nur dann vollständig ausgeschlossen sein, wenn das öffentliche Unternehmen auch in allen Geschäftsbereichen, in denen es tätig ist, eine Monopolstellung innehat. Ist das öffentliche Unternehmen hingegen auch in anderen Geschäftsbereichen oder Gebieten tätig, in denen tatsächlich oder potentiell eine Wettbewerbssituation herrscht, so kann die Offenlegung mancher Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse im monopolbasierten Tätigkeitsfeld (wie z. B. Kalkulationstabellen oder Angaben zu einer etwaigen innerbetrieblichen Querfinanzierung) durchaus auch Rückschlüsse auf das Wettbewerbsverhalten in anderen Bereichen zulassen.896 In diesen Fällen sind dem öffentlichen Unternehmen durchaus schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen zuzusprechen.897 Das Vorliegen einer Monopolstellung schließt damit nicht per se öffentliche Unternehmen von der Berufung auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse aus. Es ist vielmehr auf die konkreten Umstände und Tätigkeitsfelder des öffentlichen Unternehmens im Einzelfall abzustellen. Umstritten ist, ob in das Merkmal des „berechtigten Geheimhaltungsinteresses“ eine zusätzliche, über den Bagatellfilter hinausgehende, einschränkende Funktion hineinzulesen ist. Einerseits stellt sich die Frage, ob die Bestimmung der geforderten „Wettbewerbsrelevanz“ im Informationsfreiheitsrecht eine immanente Abwägung zwischen Offenlegungs- und Geheimhaltungsinteressen voraussetzt. Eine derartige Abwägung auf Tatbestandsseite gewänne vor allem dort an Bedeutung, wo einfachgesetzliche Ausgestaltungen einen absoluten Geheimnisschutz ohne ausdrückliche Abwägungsmöglichkeiten anordnen, vgl. § 6 S. 2 IFG.898 Als Kompensation für die fehlende Abwägungsmöglichkeit im Gesetzestext wird von einzelnen Stimmen eine tatbestandliche Abwägung in das Kriterium des berechtigten Geheimhaltungsinteresses hineingelesen.899 Diese Interpretation stößt jedoch ganz überwiegend auf Ablehnung. Kritiker argumentieren zu Recht, dass die gesetzgeberische Entscheidung für die Wahl einer absoluten Geheimnisschutzklausel nicht im Wege einer gekünstelten Neuauslegung unterlaufen, sondern respektiert 895

Vgl. Schoch, IFG, § 6, Rn. 94; Rossi, DVBl. 2010, 554 (561). OVG Koblenz, Urteil vom 12. 03. 2015 – 10 A 10472/14.OVG, KommJur 2015, 219 (221); OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 02. 10. 2007, OVG 12 B 12.07, BeckRS 2008, 36762; Rödel, S. 138. 897 Auch das BVerfG ist in seiner Entscheidung zur Deutschen Bahn AG, die nach allgemeiner Ansicht zumindest im Schienenpersonenfernverkehr ein „faktisches Monopol“ innehat, vgl. Monopolkommission, 7. Sektorgutachten Bahn: Mehr Qualität und Wettbewerb auf die Schiene, 2019, S. 16, nicht darauf eingegangen, dass die massiv dominante Wettbewerbsstellung möglicherweise die Schutzwürdigkeit der innerbetrieblichen Geheimnissphäre mindern könnte. Im Gegenteil, das BVerfG betont, dass auch für die Deutsche Bahn AG ein „verfassungsrechtlich anerkanntes öffentliches Interesse daran [bestehe], dass deren Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse geschützt werden.“, vgl. BVerfGE 147, 50 (156). 898 Ebenso das SaarlIFG (§ 1 S. 1 SaarlIFG i. V. m. § 6 S. 2 IFG-Bund), das IFG in Mecklenburg-Vorpommern (§ 8 S. 1 IFG M-V) und das IZG in Sachsen-Anhalt (§ 6 S. 2 IZG LSA). 899 Vgl. Berger, in: Berger / Roth / Scheel, IFG, § 6, Rn. 15; Hoeren, in: Dix et al. (Hrsg.): Jahrbuch Informationsfreiheit und Informationsrecht 2008, S. 105 (114). 896

V. Grenzen des Informationszugangs

275

und nur durch den Gesetzgeber selbst de lege ferenda korrigiert werden dürfe.900 Richtigerweise erfordert damit die tatbestandliche Feststellung von Wettbewerbsrelevanz keine Abwägung zwischen Offenlegungs- und Geheimhaltungsinteressen. Andererseits wird diskutiert, ob über das Merkmal des „berechtigten Geheimhaltungsinteresses“ auch Informationen zu rechtswidrigen Vorgängen, beispielsweise über Schmiergeldzahlungen oder Steuerhinterziehungen, herausgefiltert werden sollen.901 Die überwiegende Ansicht argumentiert mit einer fehlenden Schutzwürdigkeit des Inhabers von Informationen über strafbare Handlungen, die über eine Privilegierung als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis nicht ins Gegenteil verkehrt werden dürfe.902 Darüber hinaus wird auf die transparenzstiftende Zielrichtung des Informationsfreiheitsrechts verwiesen, nach der kein Interesse daran bestehen könne, festgestellte Rechtsverstöße nicht zu offenbaren.903 Der herrschenden Meinung ist zuzustimmen. Insbesondere vor dem Hintergrund des erhöhten allgemeinen Kontrollbedürfnisses bei öffentlichen Unternehmen hinsichtlich der Aufdeckung möglicher Korruptionstatbestände und der Sicherstellung einer zweckgerechten Verwendung öffentlicher Mittel erscheint der Ausschluss von rechtswidrigen Informationen aus dem Geschäftsgeheimnisbegriff von besonderer Wichtigkeit. Die Möglichkeit der Aufdeckung von Informationsmaterial zu rechtswidrigen Praktiken indiziert gerade ein erhöhtes Offenlegungsinteresse. Mög­ licherweise ist unter diesen Umständen sogar bewusst privaten Konkurrenzunternehmen Zugang zu Daten von öffentlichen Unternehmen zu gewähren: Angesichts ihrer speziellen Expertise im Tätigkeitsbereich des öffentlichen Unternehmens sind sie regelmäßig in besonderem Maße dazu in der Lage, unternehmensinterne Missstände und Fehlverhalten zu erkennen und aufzudecken.904 (c) Verhältnis zum GeschGehG Unklar ist, ob die aus § 17 UWG a. F. abgeleitete Definition unter Berücksichtigung aktueller europarechtlicher und einfachgesetzlicher Entwicklungen noch haltbar ist. Seit dem im Frühjahr 2019 in Umsetzung der RL (EU) 2016/943 in Kraft getretenen Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG) existiert erstmalig in § 2 Nr. 1 GeschGehG eine bundesweite zivilrechtliche Legaldefinition des Begriffs des Geschäftsgeheimnisses. Gleichzeitig wurde mit dem Erlass des GeschGehG § 17 UWG, auf den sich zuvor die Rechtsprechung und Literatur zur 900

Vgl. Schoch, IFG, § 6, Rn. 101; Prinz, S. 39; Wolf, S. 297 f.; zurückhaltender Beyerbach, S. 101 f. 901 Ausführlich hierzu Beyerbach, S. 99 ff.; Gajeck, S. 37 m.w.N; Frank, S. 4 3 f.; Polenz DÖV 2010, 350 (351). 902 Vgl. Schoch, IFG, § 6, Rn. 97; Beyerbach, S. 10 0 f.; Prinz, S. 40 m. w. N.; Wiebe NVwZ 2019, 1705 (1708); Schnabel, CR 2016, 342 (348). 903 Vgl. OVG Münster, Beschluss vom 27. 05. 2009 – 13a F 13/09, NVwZ 2009, 1510 (1512); Prinz, S. 40; Schoch, IFG, § 6, Rn. 98. 904 Vgl. Prinz, S. 133 m. w. N.

276

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

Herleitung einer Definition maßgeblich stützten, ersatzlos gestrichen.905 Der neue § 2 Nr. 1 GeschGehG stellt im Unterschied zur tradierten Begriffsbestimmung lediglich drei Tatbestandsmerkmale auf: Ein Geschäftsgeheimnis ist jede „Information a) die weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne Weiteres zugänglich ist und daher von wirtschaftlichem Wert ist und b) die Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber ist und c) bei der ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung besteht.“

Im Wesentlichen unterscheidet sich die gesetzliche Neudefinition im Vergleich zum traditionellen Begriffsverständnis in zwei Punkten: Erstens reicht ein rein innerer Geheimhaltungswille des Informationsinhabers nicht mehr aus, dieser muss sich vielmehr zwingend auch nach außen hin in „angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen“ manifestieren. Zweitens muss der Information zusätzlich ein spezifischer wirtschaftlicher Wert innewohnen, der sich gerade aus ihrer Nichtoffenkundigkeit ergibt. Allerdings ist fraglich, ob diese Definition angesichts des primär zivilrechtlichen Charakters des GeschGehG überhaupt auf öffentlich-rechtliche Informationsansprüche anwendbar ist.906 Die Reichweite der Harmonisierung durch die zu Grunde liegende Richtlinie (EU) 2016/943 beschränkt sich gemäß Art. 6 Abs. 1 auf den Bereich des Zivilrechts.907 Auch der nationale Gesetzgeber geht bei seiner Umsetzung der Richtlinie nicht über diese Vorgabe hinaus: Nach § 1 Abs. 2 GeschGehG gehen öffentlich-rechtliche Vorschriften zur Geheimhaltung, Erlangung, Nutzung oder Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen dem Gesetz ausdrücklich vor. Nach der Gesetzesbegründung erfasst dies gerade auch abweichende Definitionen des Geschäftsgeheimnisses in öffentlich-rechtlichen Vorschriften.908 Hieraus leiten einige Stimmen ab, dass der Begriff im Informationsfreiheitsrecht unabhängig vom GeschGehG auszulegen sei.909 Guckelberger befürchtet, dass unter Heranziehung der Definition des GeschGehG im Informationsfreiheitsrecht Geheimnisträger allein durch das Ergreifen angemessener Geheimhaltungsvor-

905 Artikel 5 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/943 zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung, BGB. I. 466 (473). 906 Eine vergleichbare Problematik stellt sich im Strafrecht, vgl. Dannecker / Müller, in: BeckOK GmbHG, § 85, Rn. 26a ff.; Höfer, GmbHR 2018, 1195 (1196). 907 Erwägungsgrund 10 der RL (EU) 2016/943; Wiese, Die EU-Richtlinie über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen, S. 9. 908 Vgl. BT-Drs. 19/4724, S. 23. 909 Vgl. Hauck, WRP 2018, 1032 (1036); Reinfeld, Das neue Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen, § 1, Rn. 73. Für die Richtlinie (EU) 2016/943 Goldhammer, NVwZ 2017, 1809 (1814); Rossi, GewArch 2021, 130 (131).

V. Grenzen des Informationszugangs

277

kehrungen Informationszugangsansprüche vereiteln könnten.910 Rossi verweist dagegen allgemein auf die unterschiedlichen Zielsetzungen des GeschGehG und informationsfreiheitsrechtlicher Geheimnisschutzvorschriften.911 Demgegenüber befürworten Teile der Rechtsprechung eine Heranziehung der Neudefinition des § 2 Nr. 1 GeschGehG auch im Informationsfreiheitsrecht und argumentieren vor allem damit, dass europarechtlich nur ein „Mindestschutz“ vorgegeben sei und mit einer einheitlichen Anwendung der Legaldefinition einer „Rechtszersplitterung“ entgegen gewirkt werden könne.912 In einer aktuellen Entscheidung zu § 99 Abs. 1 S. 2 VwGO hat sich zunächst auch das Bundesverwaltungsgericht dieser Meinung angeschlossen und für die Definition des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses auf die Voraussetzungen des § 2 Nr. 1 GeschGehG abgestellt, freilich ohne sich mit der Frage nach der Anwendbarkeit des GeschGehG im Informationsfreiheitsrecht überhaupt auseinanderzusetzen.913 Ein solches Ergebnis ist abzulehnen. Zwar ist nicht von der Hand zu weisen, dass eine Übertragung der Definition ins Informationsfreiheitsrecht die „Einheit der Rechtsordnung“ fördert,914 sie ignoriert jedoch die in § 1 Abs. 2 GeschGehG eindeutig niedergelegte Entscheidung des Gesetzgebers. Richtigerweise ist § 1 Abs. 2 GeschGehG allenfalls als allgemeine Auslegungsleitlinie heranzuziehen. Auch das Bundesverwaltungsgericht hat in einer späteren Entscheidung bewusst offengelassen, ob und in welchem Sinne das GeschGehG Einfluss auf die informationsrechtliche Begriffsbestimmung haben kann.915 Das Gericht betonte jedoch, dass der Begriff des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses grundsätzlich entwicklungsoffen sei und eine geänderte wettbewerbsrechtliche Prägung durch das GeschGehG durchaus auch Berücksichtigung im Rahmen der informationsrechtlichen Auslegung finden könne.916 Es stellte indes einschränkend klar, dass der Umfang dessen, was als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis nach § 6 S. 2 IFG geschützt sei, jedenfalls nicht weniger weit reichen dürfe als das dasjenige, was als Geschäftsgeheimnis dem GeschGehG unterfalle, da dessen Schutz nicht durch eine behördliche Informationspflicht unterlaufen werden dürfe.917 Anklang findet

910

Guckelberger, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 6 IFG, Rn. 17.1. Vgl. Rossi, GewArch 2021, 130 (131). 912 Vgl. VG Berlin, Urteil vom 26. 06. 2019 – VG 2 K 179.18, BeckRS 2019, 18052, Rn. 29; VG Berlin, Urteil vom 23. 09. 2019 BeckRS 2019, 24436, Rn. 127. Die Frage bewusst offenlassend BVerwG, Urteil vom 30. 01. 2020 – 10 C 18.19, BeckRS 2020, 9710, Rn. 24. 913 BVerwG, Beschluss vom 5. 3. 2020 – 20 F 3/19, NVwZ 2020, 715 (716). Ebenso für das Landespresserecht OVG Weimar, Beschluss vom 06. 03. 2020 – 4 ZKO 620/17, BeckRS 2020, 8668, Rn. 15. 914 So auch Apel / Drescher, BB 2020, 1171 (1172). Die Definition der Richtlinie darüber hinaus als Chance für die Herstellung eines europäisch und international einheitlichen Begriffsverständnisses begreifend Rody, Der Begriff und die Rechtsnatur von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen unter Berücksichtigung der Geheimnisschutz-Richtlinie, S. 161. 915 BVerwG, Urteil vom 17. 06. 2020 – 10 C 22/19 – juris, Rn. 14. 916 BVerwG, Urteil vom 17. 06. 2020 – 10 C 22/19 – juris, Rn. 16. 917 BVerwG, Urteil vom 17. 06. 2020 – 10 C 22/19 – juris, Rn. 16. 911

278

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

diese Sichtweise auch bei Stimmen in der Literatur, die eine vereinheitlichende Auslegung nur dort befürworten, wo „besondere Gründe“ nicht entgegenstehen.918 Bedauerlicherweise wurde es auf europarechtlicher Ebene versäumt, mit der Richtlinie (EU) 2019/1024 eine Klärung der Reichweite des Begriffs der „Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse“ im Informationsfreiheitsrecht herbeizuführen. Zwar setzt der Richtlinientext in Art.1 Abs. 2 lit. d iii) den Begriff des Geschäftsgeheimnisses voraus und differenziert konkret zwischen „Betriebsgeheimnissen, Berufsgeheimnissen [und] Unternehmensgeheimnissen“. Eine Legaldefinition des Begriffes fehlt jedoch ebenso wie in den Vorgängerrichtlinien 2003/98 EU und 2013/37 EU. Dieses Versäumnis erscheint aus zwei Gesichtspunkten besonders ärgerlich: Erstens hätte bei einer Richtlinie, deren zentraler Gegenstand die Offenlegung von Informationen öffentlicher Unternehmen für die Weiterverwertung durch Dritte ist, durchaus erkennbar sein müssen, dass in diesem Zusammenhang dem effektiven Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen von öffentlichen Unternehmen eine erhebliche Bedeutung zukommt. Zweitens wäre es ein Leichtes gewesen, die obige Frage mit einem einfachen Verweis auf die bereits existierende Richtlinie RL (EU) 2016/943 zu klären. Die Nichterwähnung kann somit allenfalls als Hinweis auf eine Distanzierung von dem dortigen Begriffsverständnis und eine Befürwortung einer autonomen Definition im Informationsfreiheitsrecht gedeutet werden. Eindeutigkeit herrscht hier freilich nicht. Für den weiteren Verlauf der Untersuchung ist der Ansicht aus Literatur und Rechtsprechung zu folgen, die ein autonomes Begriffsverständnis im Informationsfreiheitsrecht befürwortet. Die von der Rechtsprechung aus § 17 UWG a. F. abgeleitete Definition beansprucht im Kontext des Informationsfreiheitsrechts weiterhin Geltung, einer privatrechtlich induzierten Modifikation des Begriffs des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses bedarf es nicht. (3) Das Schutzniveau im Mehrebenensystem Der informationsrechtliche Ausschlussgrund der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse soll öffentliche Unternehmen vor rechtsmissbräuchlichen „Ausforschungsklagen“ der Konkurrenz schützen und damit die Wettbewerbsfähigkeit öffentlicher Unternehmen erhalten, ohne dabei die Informationsfreiheit Dritter über Gebühr zu beschneiden.919 Um die Frage zu beantworten, ob die aktuelle Ausgestaltung des informationsfreiheitsrechtlichen Geheimnisschutzsystems diesem Anspruch gerecht wird, ist zu untersuchen, nach welchen Maßstäben der Geschäftsgeheimnisschutz öffentlicher Unternehmen europarechtlich (a), verfassungsrechtlich (b) und einfachgesetzlich (c) gesichert ist.

918

Vgl. Alexander, in: Köhler / Bornkamm / Feddersen, GeschGehG, § 1, Rn. 31. Unter welchen Umständen „besondere Gründe“ anzunehmen sind, bleibt freilich offen. 919 Vgl. C. V. 2. a) aa) (1).

V. Grenzen des Informationszugangs

279

(a) Europarechtlicher Schutz Auf europäischer Ebene wird der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen zunächst aus Art. 8 EMRK (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) abgeleitet.920 Darüber hinaus findet sich eine Anerkennung des Schutzes von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen in den Art. 15 bis 17 der Grundrechte-Charta (Berufsfreiheit, Schutz der unternehmerischen Freiheit).921 Der dort gewährte Schutz entspricht im Wesentlichen dem Schutzgehalt der nationalen Art. 12 und Art. 14 GG und wird nach Art. 6 Abs. 1 EUV als primäres Unionsrecht verbindlich.922 Gemäß Art. 51 Abs. 1 S. 1 EU-GrCh sind die Art. 15 bis 17 EU-GrCh vor allem bei unionsrechtlich determinierten Informationsansprüchen als alleiniger Prüfungsmaßstab heranzuziehen.923 Insbesondere ließe sich hier an die INSPIRERichtlinie RL 2007/2/EG oder die Umweltinformationsrichtlinie RL 2003/4/EG denken. Umstritten ist indes, ob sich auch öffentliche Unternehmen auf die Schutzwirkungen der Europäischen Grundrechte-Charta berufen können. Vereinzelt wird dies mit dem Argument angenommen, dass öffentliche Unternehmen grundsätzlich in gleicher Weise wie ihre privaten Konkurrenten potentiellen Eingriffen der Europäischen Organe ausgesetzt sind.924 Nach herrschender und vorzugswürdiger Auffassung ist hier jedoch zwischen Grundfreiheiten, die allgemein dem Schutz des Binnenmarktes dienen (vgl. Art. 26 Abs. 2 AEUV), und Grundrechten, deren Funktion in der Sicherung der individuellen Freiheitsausübung liegt, zu trennen.925 Auf Grundfreiheiten sollen sich öffentliche Unternehmen aufgrund teils expliziter Anordnung berufen können (vgl. Art. 54 Abs. 2 AEUV), auf Europäische Grundrechte hingegen nicht. Eine solche Wertung ist nicht zuletzt zwangsläufige Konsequenz des Umstandes, dass öffentliche Unternehmen als Teil der Staatsgewalt zugleich grundrechtsverpflichtet sind.926 Mangels Grundrechtsberechtigung können sich öffentliche Unternehmen mithin auch bei der Auslegung der PSI-Richtlinie RL 2019/1024 (EU) nicht auf die Art. 15 bis 17 EU-CrCh berufen. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf das Vorliegen

920

EuGH, Urteil vom 14. 02. 2008 – C-450/06, Slg. 2008, I-601 – Varec SA / Belgien; EGMR, Urteil vom 16. 12. 1992, NJW 1993, 718 ff. – Niemitz; Kloepfer / Greve, NVwZ 2011, 577; Wolf, S. 152. 921 Vgl. Kloepfer / Greve, NVwZ 2011, 577 (578); ausführlich dazu Beyerbach, S. 285 ff. 922 Beyerbach, S. 311; Kloepfer / Greve, NVwZ 2011, 577 (578). 923 Beyerbach, S. 310. 924 Vgl. Bernsdorff, in: Meyer / Hölscheidt, GrCh, Art. 16, Rn. 18; Jarass, Eu-GrCh, Art. 16, Rn. 12. Differenzierend Sasse, EuR 2012, 628 (631), der eine Grundrechtsberechtigung allein bei erwerbswirtschaftlicher Tätigkeit bejaht. 925 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. 08. 2020 – 1 BvQ 82/20, BeckRS 2020, 19742, Rn. 29; Ruffert, in: Calliess / Ruffert, EU-GrCh, Art. 16, Rn. 3; Wollenschläger, in: von der Groeben /  Schwarze / Hatje, Europäisches Unionsrecht, Art. 16 EU-GrCh, Rn. 6; Schubert, in: Franzen /  Gallner / Oetker, Kommentar zum europäischen Arbeitsrecht, EU-GrCh, Art. 16, Rn. 7. 926 Vgl. Wollenschläger, in: von der Groeben / Schwarze / Hatje, Europäisches Unionsrecht, Art. 16 EU-GrCh, Rn. 6.

280

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen als mögliche Ausschlusstatbestände für die Weiterverwendung von Informationen (Art. 1 Abs. 2 lit. d iii RL 2019/1024). (b) Verfassungsrechtlicher Schutz Der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ist zwar anders als das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis nicht explizit im Grundgesetz normiert,927 aber dennoch allgemein verfassungsrechtlich anerkannt. Abgeleitet wird der unternehmerische Geheimnisschutz überwiegend aus der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG,928 in Einzelfällen auch aus der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG.929 Beyerbach konstruiert dagegen den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen über den Kernbereich des unternehmerischen Rechts auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 12 Abs. 1 GG.930 Ungeachtet der konkreten Anknüpfung im Einzelfall wird jedoch insgesamt nicht in Zweifel gezogen, dass der Schutz von unternehme­rischen Geheiminformationen als verfassungsimmanente Schranke der am Schutz des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG partizipierenden reaktiven und proaktiven Veröffentlichungspflichten fungiert. Private Unternehmen können sich nach der Maßgabe des Art. 19 Abs. 3 GG in vollem Umfang auf den verfassungsrechtlich garantierten Geschäftsgeheimnisschutz berufen. Für öffentliche Unternehmen gilt dies nicht uneingeschränkt: Sie stehen vor dem Problem, dass sie bei „Beherrschung“ durch die öffentliche Hand nicht nur zu Adressaten informationsfreiheitsrechtlicher Verpflichtungen werden,931 sondern zugleich nach herrschender Meinung ihrer Grundrechtsberechtigung verlustig gehen.932 Dadurch ist ihnen in diesen Fällen auch eine Berufung auf den 927

Vgl. Wolf, S. 72. So vor allem die Ansicht des Bundesverfassungsgerichts, vgl. BVerfGE 115, 205 (229); 128, 1 (56); 137, 185 (255 f.); siehe auch Wischmeyer / Herzog, NJW 2020, 288 (291). Auch die Mehrheit in der Literatur bevorzugt eine Anbindung an Art. 12 Abs. 1 GG, vgl. Wolf, S. 125 m. w. N. 929 So aktuell das BVerwG, Beschluss vom 5. 3. 2020 – 20 F 3/19, NVwZ 2020, 715 (716). Unterstützend Teile der Literatur für Fallkonstellationen, in denen die Informationen die Existenzgrundlage des Betriebs darstellen, vgl. Polenz, DÖV 2010 350 (351 f.); Kloepfer / Greve, NVwZ 2011, 577 (578 f.); Dreier / Spiecker gen. Döhmann, in: Dreier / Fischer / van Raay /  Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand  – Zugang und Nutzung, S. 165 (174), beispielhaft siehe hierzu für die Schufa BGH, Urteil vom 28. 01. 2014 – VI ZR 156/13, JZ 2014, 1002 ff. Das BVerfG führt dazu aus, dass der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen aus Art. 14 Abs. 1 GG jedenfalls nicht weitergehen kann als der aus Art. 12 Abs. 1 GG und verzichtet damit auf weitere Ausführungen zur Eigentumsgarantie, vgl. BVerfGE 115, 205 (248). 930 Vgl. Beyerbach, S. 230 ff. Kritisch hierzu Wolf, S. 114 ff. 931 Ausdrücklich auf die „Beherrschung“ abstellend Art. 2 Nr. 3 der Richtlinie RL (EU) 2019/1024; den inhaltlich wesensverwandten Begriff der hoheitlichen „Kontrolle“ verwendend unter anderem § 2 Nr. 2 UIG und § 2 Abs. 4 HmbTG. 932 Siehe oben, vgl. B. II. 3. 928

V. Grenzen des Informationszugangs

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Geheimnisschutz aus Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 oder Art. 2 Abs. 1 GG verwehrt.933 Öffentliche Unternehmen genießen mithin grundsätzlich keinen grundrechtlich abgesicherten Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. (c) Einfachgesetzlicher Schutz Die informationelle Schranke der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse ist auf einfachgesetzlicher Ebene flächendeckend in Form eines eigenständigen Ausschlussgrundes anerkannt.934 (aa) Anwendbarkeit auf öffentliche Unternehmen Lebhaft umstritten ist jedoch, ob es die fehlende Grundrechtsberechtigung von öffentlichen Unternehmen verbietet, dass sich diese auch auf den einfachgesetzlich festgeschriebenen Geschäftsgeheimnisschutz in den Informationsfreiheitsgesetzen berufen können.935 Der Gesetzgeber hat es zunächst selbst in der Hand, diese Problematik zu entschärfen, indem er explizit regelt, dass sich der einfachgesetzlich normierte Geheimnisschutz auch auf öffentliche Unternehmen erstreckt. Dies kann durch eine Klarstellung im Gesetzestext geschehen, nach der sich auch öffentliche Unternehmen auf den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen berufen können (vgl. § 8 S. 5 IFG-NRW: „Betroffen sein kann auch eine öffentliche Stelle“).936 Trifft der Gesetzgeber dagegen keine klarstellende Regelung, stellt sich die Frage, ob öffentliche Unternehmen auch ohne ausdrückliche normative Anbindung am einfachgesetzlichen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisschutz teilhaben.937 Für öffentliche 933

Fehling, DVBl. 2017, 79 (83); Benecke / Spiecker gen. Döhmann, JZ 2015, 1018 (1019). Vgl. § 6 S. 2 IFG; § 9 Abs. 1 Nr. 3 UIG; § 3 Nr. 2 lit.c VIG; § 7 Abs. 1 HmbTG; § 6 Abs. 1 S. 2 BremIFG; § 13 Abs. 1 ThürTG; § 16 Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 LTranspG RLP; § 7 S. 1 BlnIFG; § 10 S. 1 Nr. 3 IZG-SH; § 6 S. 2 LIFG BW; § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BbgAIG; § 8 S. 1 Var. 2 IFG M-V; § 8 S. 1 IFG-NRW; § 1 S. 1 SaarlIFG i. V. m. § 6 S. 2 IFG-Bund; § 82 Nr. 4 Var. 2 HDSIG; § 6 S. 2 IZG LSA. 935 Grundsätzlich dagegen OVG Koblenz, Urteil vom 12. 03. 2015 – 10 A10472/14, KommJur 2015, 219 (220); eine Berufungsmöglichkeit bejahend, wenn das öffentliche Unternehmen wie ein Privater am Wirtschaftsverkehr teilnimmt, vgl., BVerwG, Urteil vom 23. 2. 2017 – 7 C 31/15, NVwZ 2017, 1775 (1784); Fehling, DVBl. 2017, 79 (83); Reidt / Schiller, in: Landmann /  Rohmer, Umweltrecht, § 9 UIG, Rn. 24; kritisch dazu Karg, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 9 UIG, Rn. 22a ff.; Polenz, DÖV 2010, 350 (352). 936 Ebenso § 8 S. 2 IFG M-V: „Dies gilt auch für das Land, die kommunalen Körperschaften sowie für Unternehmen und Einrichtungen, die von kommunalen Körperschaften nach den Vorschriften der Kommunalverfassung in einer Rechtsform des privaten oder öffentlichen Rechts geführt werden, bei der Teilnahme am Wirtschaftsverkehr.“ 937 Vgl. Maatsch / Schnabel, § 7, Rn. 28 mit Verweis auf BVerwG, Beschluss vom 5. 10. 2011 – 20 F 24/10, BeckRS 2011, 56302 Rn. 15 zu § 99 Abs. 1 S. 2 VwGO. 934

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

Stellen, die ausschließlich im Bereich der öffentlichen Aufgabenerfüllung tätig sind, wird dies mitunter verneint.938 Vertreter dieser Ansicht argumentieren, dass sich öffentliche Einrichtungen, die im Bereich der Daseinsvorsorge tätig sind, regelmäßig aufgrund eines Anschluss- und Benutzungszwanges in einer natürlichen Monopolstellung befänden und damit bereits keine schützenswerte Wettbewerbs­ situation vorliege, die eine Ausdehnung des einfachgesetzlichen Geheimnisschutzes auf öffentliche Unternehmen rechtfertige.939 Auch der Einwand der Entstehung von potentiellem Wettbewerb trage hier – anders als im Kartellrecht – nicht.940 Andere folgern aus dem Verzicht auf eine einfachgesetzliche Erstreckungsklausel eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung gegen die Ausweitung des Geheimnisschutzes auf öffentliche Unternehmen.941 Darüber hinausgehend versagt ein Teil der Rechtsprechung öffentlichen Unternehmen auch im Falle einer rein erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit eine Berufung auf den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen.942 Zur Begründung wird angeführt, dass öffentliche Unternehmen in besonderem Maße an Recht und Gesetz gebunden seien und ihnen damit per se kein schutzwürdiges Interesse an der Geheimhaltung ihrer Informationen zukomme.943 Im Gegenteil, die fehlende Grundrechtsfähigkeit öffentlicher Unternehmen müsse auch im einfachen Recht Niederschlag finden. Der einfache Gesetzgeber könne sich der verfassungsrechtlichen Grundentscheidung, öffentlichen Unternehmen gerade keinen grundrechtlichen Geheimnisschutz zuzubilligen, nicht ohne weiteres entledigen.944 Als weiteres Argument wird die erforderliche grundrechtstypische Gefährdungslage für öffentliche Unternehmen vorgebracht, die schlicht fehle, wenn öffentliche Unternehmen wie Private am Wirtschaftsverkehr teilnehmen.945 Es liege damit schon

938

So etwa VG Köln, Urteil vom 7. 4. 2011 – 13 K 822/10, BeckRS 2011, 50789; hierzu auch Krüger, S. 206. 939 Vgl. VG Neustadt a.d. Weinstraße, Urteil vom 7. April 2014 – 4 K 726/13.NW, BeckRS 2014, 49642 (der Argumentation in der Nachinstanz jedoch klar widersprechend OVG Koblenz, Urteil vom 12. 3. 2015 – 10 A 10472/14.OVG KommJur 2015, 219 (221)); VG Köln, Urteil vom 25. 02. 2016 – 13 K 5017/13 BeckRS, 43867; kritisch zur Argumentation des VG Köln ­Lennartz, EnWZ 2017, 396 (398); siehe zu der Problematik insgesamt Jaus, Öffentliche Belange als Schranken von Informationszugangsansprüchen, S. 296 f. 940 VG Köln, Urteil vom 25. 02. 2016 – 13 K 5017/13, BeckRS, 43867, a. A. Lennartz, EnWZ 2017, 396. 941 Vgl. Jaus, S. 296. 942 Vgl. VG Gelsenkirchen Urteil vom 16. 9. 2010 – 17 K 1274/10 – juris, Rn. 68; OVG Koblenz, Urteil vom 12. 2. 2010 – 10 A 11156/09, DÖV 2010, 489. 943 Vgl. VG Gelsenkirchen Urteil vom 16. 9. 2010 – 17 K 1274/10 – juris, Rn. 68. 944 Vgl. VG Köln, Urteil vom 7. 4. 2011 – 13 K 822/10, BeckRS 2011, 50789; VG Köln, Urteil vom 25. 2. 2016 – 13 K 5017/13, EnWZ 2016, 332 ff. Für juristische Personen des öffentlichen Rechts auch OVG Schleswig, Beschluss vom 30. 03. 2005 – 4 LB 26/04, NordÖR 2005, 208 (zum alten IFG-SH). 945 Vgl. Kagl, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 9 UIG, Rn. 23; Polenz, DÖV 2010, 350 (353).

V. Grenzen des Informationszugangs

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tatbestandlich kein Unternehmensbezug in engerem Sinne vor.946 Auch aus systematischer Sicht sei eine einfachgesetzliche Berufung auf den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nicht angezeigt. Es bestehe kein spezifisches Schutzbedürfnis für öffentliche Unternehmen, da bereits an anderer Stelle informationsrechtliche Ausschlusstatbestände zu Gunsten öffentlicher Belange einschlägig seien, die den Schutz von Interessen öffentlicher Stellen abschließend sicherstellen (z. B. der Schutz fiskalischer Interessen nach § 3 Nr. 6 IFG).947 Verstärkend käme hinzu, dass das Grundprinzip „im Zweifel zugunsten der Informationsfreiheit“ (und damit gegen den Geheimnisschutz der öffentlichen Hand) anzuwenden sei.948 So zahlreich die Argumente dieser Auffassung auch sind, inhaltlich vermögen sie nicht zu überzeugen. Öffentlichen Unternehmen ist richtigerweise unabhängig davon, ob sie rein erwerbswirtschaftlich oder im Rahmen der öffentlichen Aufgabenerfüllung handeln, ein einfachgesetzlicher Geheimnisschutz zuzugestehen. Zunächst bleibt festzuhalten, dass die verfassungsrechtlichen Wertungen der besonderen (Grund-)Rechtsbindung und der fehlenden Grundrechtsfähigkeit auch an späterer Stelle im Rahmen des Tatbestandsmerkmals des „berechtigten Geheimhaltungsinteresses“ Berücksichtigung finden und dort weitaus flexiblere Abwägungsmöglichkeiten eröffnen können als ein genereller Ausschluss eines innerbetrieblichen Geheimnisschutzes. Gegen eine Versagung des Geheimnisschutzes spricht zumeist bereits der Wortlaut der Ausschlussgründe in den Informationsfreiheitsgesetzen, der in der Regel entweder keine tatbestandliche Ausnahme für öffentliche Stellen vorsieht (vgl. § 6 S. 2 IFG) oder allgemein schlicht von „Unternehmen“ spricht (vgl. § 7 Abs. 1 S. 1 HmbTG).949 Sofern man die Begriffsbestimmungen des neu geschaffenen Geschäftsgeheimnisgesetzes (GeschGehG) auch im Informationsfreiheitsrecht für übertragbar ansieht,950 lässt sich erkennen, dass dort unter § 2 Nr. 2 Inhaber eines Geschäftsgeheimnisses „jede natürliche oder juris­ tische Person [ist], die die rechtmäßige Kontrolle über ein Geschäftsgeheimnis hat“. Auch hier wird eine inhaltliche Einschränkung zu Lasten von öffentlichen Unternehmen nicht vorgenommen. Hinzu kommt, dass die Versagung eines einfachgesetzlichen Schutzniveaus jedenfalls nicht mit einem zwingenden Verfassungsauftrag korrespondiert. Im Gegenteil, die geheimnisschutzfeindliche Rechtsprechung läuft Gefahr, die normhierarchischen Grenzen zwischen Verfassungsrecht und einfachem Recht zu missachten: Zwar orientiert sich der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung von einfachgesetzlichen Ausschlussgründen an verfassungsrechtlichen Vorgaben zum materiellen Schutzumfang von Betriebs- und Geschäftsgeheimnis-

946 Polenz, DÖV 2010, 350 (353); ablehnend Dankert, Erläuterungen zum Informationsfreiheitsgesetz Mecklenburg-Vorpommern (IFG M-V), S. 73. 947 Vgl. Kagl, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 9 UIG, Rn. 24; Guckelberger, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 6 IFG, Rn. 34. 948 Kagl, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 9 UIG, Rn. 24. 949 Vgl. Maatsch / Schnabel, § 7, Rn. 27. 950 Siehe hierzu bereits oben, C. V. 2. a) aa) (2) (c).

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

sen.951 Hieraus folgt jedoch nicht zwingend, dass damit auch eine Beschränkung im Hinblick auf den personellen Anwendungsbereich einhergehen soll.952 Das gilt umso mehr, als dass auch die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 19 Abs. 3 GG nur bedingt übertragbar ist. Ihr kann lediglich die Aussage entnommen werden, dass sich ein öffentliches Unternehmen nicht auf Grundrechte berufen kann.953 Zum Umfang des einfachgesetzlichen Schutzniveaus äußert sich Art. 19 Abs. 3 GG dagegen nicht. Bei der Bestimmung der Reichweite von Geheimnissphären ist somit der Gesetzgeber durchaus befugt, ein „Mehr“ an Schutzvorgaben gegenüber verfassungsrechtlichen Vorgaben festzulegen.954 Auch ein Blick auf den Schutzgehalt der Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG rechtfertigt kein abweichendes Ergebnis. Angesichts der Tatsache, dass die einfachgesetzliche Ausgestaltung der Reichweite der Ausschlussgründe ohnehin von dem verfassungsrechtlichen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers gedeckt ist,955 liegt in der Ausdehnung des Geheimnisschutzes auf öffentliche Unternehmen schon kein rechtfertigungsbedürftiger Eingriff. Im Gegenteil, die Einbeziehung von öffentlichen Unternehmen in den Adressatenkreis von einfachgesetzlichen Ausschlussklauseln dient nicht zuletzt der informationellen „Waffengleichheit“.956 Wo privaten Marktakteuren Geheimnisschutz zugebilligt wird, muss dies in gleichem Maße auch für die erwerbswirtschaftliche Beteiligung der öffentlichen Hand im Wettbewerb gelten. Demgegenüber würde eine vollständige, d. h. grundrechtliche wie einfachgesetzliche Versagung der Anerkennung einer geschützten innerbetrieblichen Geheimnissphäre öffentliche Unternehmen im Wettbewerb zu Konkurrenten völlig schutzlos stellen. Angesichts der erodierenden Wettbewerbsfähigkeit wäre ein „gläsernes“ öffentliches Unternehmen perspektivisch nicht überlebensfähig. Entsprechend erkennt auch die höchstrichterliche Rechtsprechung grundsätzlich einen einfachgesetzlichen Geheimnisschutz für öffentliche Unternehmen an: So hat das Bundesverwaltungsgericht öffentlich-rechtlich organisierten Sparkassen für das in-camera-Verfahren nach § 99 Abs. 1 S. 2 VwGO einen Geheimnisschutz auf Grundlage des einfachen Rechts zugebilligt.957 Dabei machte das Gericht deutlich, dass öffentlich-rechtlichen Sparkassen trotz fehlender Berufungsmöglichkeit auf Grundrechte und „ungeachtet ihrer öffentlichen Aufgabe […] im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Betätigung – mit Blick auf die teilweise Angleichung ihrer Tätigkeit an die der privaten Geschäftsbanken – der Schutz ihrer Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse im Verhältnis zu Dritten zu[kommt].“958 951

Vgl. etwa für das HmbTG Maatsch / Schnabel, § 7, Rn. 26. Vgl. Müllmann, in: Heinemann, Praxiskommentar LTranspG RLP, S. 120; Maatsch / Schnabel, § 7, Rn. 27. 953 Vgl. Benecke / Spiecker gen. Döhmann, JZ 2015, 1018 (1025). 954 Vgl. Benecke / Spiecker gen. Döhmann, JZ 2015, 1018 (1025). 955 Siehe oben C. II. 1. c) aa) (2) (a). Dies gilt nicht, wenn man aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG eine verfassungsrechtliche Pflicht zur Herstellung von Transparenz ableitet. In diesem Fall wäre der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers erheblich eingeschränkt. 956 Vgl. Benecke / Spiecker gen. Döhmann, JZ 2015, 1018 (1025). 957 BVerwG, Beschluss vom 23. 06. 2011 − 20 F 21/10, NVwZ 2012, 112 (113). 958 BVerwG, Beschluss vom 23. 06. 2011 − 20 F 21/10, NVwZ 2012, 112 (11 3 f.). 952

V. Grenzen des Informationszugangs

285

Entscheidend für die Berufung auf Geheimnisschutzinteressen ist mithin nicht die rechtliche Organisationsform oder die Frage, ob eine öffentliche Aufgabe ausgeführt wird. Es kommt vielmehr darauf an, ob das öffentliche Unternehmen privatwirtschaftlich tätig ist und sich dabei vergleichbaren Chancen und Risiken wie privaten Konkurrenten ausgesetzt sieht. In diesem Sinne argumentiert auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Schutz von Geschäfts­ geheimnissen nach § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UIG: „Voraussetzung hierfür ist […], dass der Geheimnisträger in einer privaten Unternehmen vergleichbaren Weise am Wirtschaftsverkehr teilnimmt.“959 Das öffentliche Unternehmen muss also am Markt grundsätzlich ohne jegliche hoheitlich eingeräumte Vorteile960 und mit Gewinnerzielungsabsicht961 agieren. Den öffentlichen Unternehmen obliegt in diesem Zusammenhang eine besondere Begründungs- und Darlegungspflicht.962 Umgekehrt ist nicht zwingend erforderlich, dass das öffentliche Unternehmen auch konkret und unmittelbar im Wettbewerb mit Konkurrenten steht.963 Da der Ausschlussgrund des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisschutzes insgesamt den fairen Wettbewerb schützt, reicht es vielmehr aus, dass das Bekanntwerden der Information, etwa wegen ihrer Vergaberelevanz, die Marktposition des Geheimnisinhabers schwächt und auf diese Weise eine Wettbewerbsrelevanz entfaltet.964 Nach diesem Verständnis können sich grundsätzlich auch öffentlich beherrschte Monopolunternehmen auf den Schutz eigener Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse berufen. Auch das Bundesverfassungsgericht geht in seiner Deutsche Bahn-Entscheidung965 im Grundsatz von der Anerkennung eines (zumindest) einfachgesetzlichen Geheimnisschutzes bei gleichzeitig fehlender Grundrechtsberechtigung aus. Es erhebt das fiskalische Interesse des Staates am Schutz vertraulicher Informationen seiner (Beteiligungs-)Unternehmen sogar zu einem „verfassungsrechtlichen Staatswohlbelang.“966 Es betont, dass auch die Offenlegung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen des in öffentlicher Hand befindlichen Unternehmens Auswirkungen auf den Wert der gehaltenen Anteile oder auf das Geschäftsergebnis und damit eventuelle Gewinnabschöpfungshöhen oder Nachschussverpflichtungen haben könne. Aus diesem Grund bestehe auch ein verfassungsrechtlich anerkennenswertes öffentliches Interesse daran, dass die Betriebs- und Geschäftsgeheim-

959

BVerwG, Urteil vom 23. 02. 2017 – 7 C 31/15, NVwZ 2017, 1175 (1184); OVG Hamburg, Urteil vom 02. 07. 2018 – 3 Bf 153/15, BeckRS 2018, 17067, Rn. 40. 960 Dankert, Erläuterungen zum Informationsfreiheitsgesetz Mecklenburg-Vorpommern (IFG M-V), S. 73. 961 OVG Münster, Urteil vom 19. 03. 2013 – 8 A 1172/11, BeckRS 2013, 51675, Rn. 125 ff.; OVG Münster, Urteil vom 18. 12. 2013 – 5 A 413/11, BeckRS 2014, 45991 Rn. 104, zustimmend Guckelberger, in BeckOK Informations- und Medienrecht, § 6, Rn. 35. 962 Dankert, S. 73. 963 BVerwG, Urteil vom 23. 02. 2017 – 7 C 31/15, NVwZ 2017, 1775 (1784). 964 BVerwG, Urteil vom 23. 02. 2017 – 7 C 31/15, NVwZ 2017, 1775 (1784). 965 BVerfGE 147, 50 ff. 966 BVerfGE 147, 50 (156).

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

nisse von öffentlichen Unternehmen geschützt werden.967 Andernfalls wäre es der öffentlichen Hand unmöglich, mittels öffentlicher Unternehmen wirtschaftlich erfolgreich am Marktgeschehen teilzunehmen.968 Insgesamt stützt damit das BVerfG zwar die vertretene Ansicht, dass auch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse von öffentlichen Unternehmen einfachgesetzlich geschützt werden können. Allerdings versteht das BVerfG systematisch den Geheimnisschutz von öffentlichen Unternehmen nicht als eigenständigen Informationsausschlussgrund, sondern lediglich als Teilmenge des Schutzes fiska­lischer Interessen des Staates. Dies hat systematische Konsequenzen: Denkt man die Ansicht des BVerfG weiter, müsste eine Gewährung einfachgesetzlichen Geheimnisschutzes über den Ausschlussgrund der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zumindest dort zurücktreten, wo der Gesetzgeber parallel den Schutz fiskalischer Interessen anordnet (so z. B. in § 3 Nr. 6 IFG). Nur in Fällen, in denen das Gesetz den Schutz von fiskalischen Interessen der öffentlichen Hand nicht ausdrücklich zur informationsfreiheitsrechtlichen Grenze erhebt (so z. B. im UIG oder GeoZG), wären Geheimhaltungsinteressen auch dogmatisch ausschließlich an den Ausschlussgrund der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse anzuknüpfen. Dieser Sichtweise ist freilich zu widersprechen. Weshalb ein Exklusivitätsverhältnis zwischen den Ausschlussgründen zum Schutz fiskalischer Interessen und denen zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen bestehen soll, ist nicht ersichtlich.969 Aus teleologischer Perspektive erscheint es vielmehr sinnvoll, öffentlichen Unternehmen auch im Informationsfreiheitsrecht weitreichende Geheimnisschutzmöglichkeiten zu gewähren, um öffentlichkeitsinduzierte Wettbewerbsnachteile auszugleichen. Ausschlussgründe zum Schutz fiskalischer Interessen und Ausschlussgründe zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse müssen daher grundsätzlich gleichberechtigt nebeneinander anwendbar sein, da sie sich in ihren Schutzdimensionen ergänzen. So entfaltet der Schutz von Geschäftsgeheimnissen nach der oben skizzierten Sparkassen-Rechtsprechung eine zusätzliche, verfahrensrechtliche Wirkung.970 (bb) Absoluter Geheimnisschutz Regelungstechnisch kann der Schutz von Geschäftsgeheimnissen entweder absolut (ohne Abwägungsvorbehalt) oder relativ (mit Abwägungsvorbehalt) ausgestaltet sein.

967

BVerfGE 147, 50 (156). BVerfGE 147, 50 (156). 969 Gegen ein Zurücktreten von § 6 S. 2 IFG hinter § 3 Nr. 6 IFG auch OVG Münster, Urteil vom 19. 3. 2013 – 8 A 1172/1, BeckRS 2013, 51675. 970 Vgl. Benecke / Spiecker gen. Döhmann, JZ 2015, 1018 (1026). 968

V. Grenzen des Informationszugangs

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Der Archetypus des Ausschlussgrundes ohne Abwägungsklausel ist § 6 S. 2 IFG:971 „Zugang zu Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen darf nur gewährt werden, soweit der Betroffene eingewilligt hat.“

Hiernach findet keine Abwägung mit möglichen entgegenstehenden Offenlegungsbelangen statt. Stattdessen darf der Zugang zu Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen nur gewährt werden, soweit der Betroffene eingewilligt hat. Dies führt dazu, dass die Einordnung einer Information als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis gleichzeitig über die Veröffentlichungspflicht derselben entscheidet.972 Aus der Perspektive von öffentlichen Unternehmen sind derartige Klauseln auf den ersten Blick begrüßenswert: In der Praxis wird eher vorschnell von einem Betriebs- und Geschäftsgeheimnis ausgegangen und damit ein tendenziell hohes Schutzniveau für die unternehmerische Geheimnissphäre etabliert.973 Ferner ermöglicht diese Form der Ausgestaltung klare Entscheidungsstrukturen, was vor allem für veröffentlichungspflichtige öffentliche Unternehmen zeit- und ressourcenschonend ist. Allerdings begegnet ein absoluter Geheimnisschutz zum Teil massiver Kritik von Stimmen aus der Literatur, die vor allem § 6 S. 2 IFG als zu „rigide“ und informationsfeindlich betrachten.974 Allerdings ist diese Kritik allein rechtspolitischer Natur. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine absolute Geheimnisschutzklausel können weder aus einer „grundrechtlichen Absicherung der Informationsfreiheit“, noch aus einem möglichen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitet werden.975 Vielmehr obliegt es dem Gesetzgeber, ob er innerhalb seines weiten Ausgestaltungsspielraumes und seiner wirtschaftspolitischen Einschätzungsprärogative den Geheimnisschutz absolut oder relativ ausgestaltet.976 Da die Rolle öffentlicher Unternehmen im System des Informationsfreiheitsrechts differenziert betrachtet werden muss,977 ist speziell für sie der Rückgriff auf pauschale Geheimnisschutzklauseln indes nicht angezeigt. Nur relative Ausgestaltungen können strenge „Schwarz-Weiß-Lösungen“ vermeiden und Raum für eine inter-

971 Und damit auch die Landesgesetze, die auf das IFG des Bundes verweisen (vgl. § 1 S. 1 SaarlIFG) oder dessen Regelung wortgleich übernommen haben (vgl. § 6 S. 2 IZG LSA). Mit abweichender Formulierung sind auch § 8 S. 1 Var. 2 IFG-MV und § 82 Nr. 4 Var. 2 HDSIG absolut geheimnisschützend. 972 Vgl. Prinz, S. 36. Auch eine zum Teil in der Literatur geforderte Verschiebung der Abwägungsentscheidung auf das Merkmal des „berechtigten Geheimhaltungsinteresses“ wird in der Literatur mehrheitlich abgelehnt, vgl. Prinz, S. 38 ff. 973 Vgl. Sokol, CR 2005, 835 (850); Fehling, DVBl. 2017, 79 (83). Kritisch hierzu Prinz, S. 128. 974 Vgl. Kloepfer, K & R 2006, 19 (22); Prinz, S. 131 ff.; Kugelmann, NJW 2005, 3609 (3612); Kloepfer / Greve, NVwZ 2011, 577 (584). 975 Vgl. Beyerbach, S. 332 f.; Schoch, IFG, § 6, Rn. 77; für eine Verfassungswidrigkeit Prinz, S. 134 f.; Kugelmann, NJW 2005, 3609 (3612). 976 Vgl. Beyerbach, S. 333. 977 Ausführlich hierzu später unter C. VII.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

essens- und einzelfallgerechte Berücksichtigung informationsrechtlicher Schattierungen bieten.978 (cc) Relativer Geheimnisschutz Den absoluten Geheimnisschutzklauseln stehen relative Ausschlussgründe gegenüber, die eine Abwägungsmöglichkeit zwischen Veröffentlichungs- und Geheimhaltungsinteressen vorsehen. (α) Die Abwägung als Konfliktbewältigungsmodus Geheimnisschutzrechtliche Abwägungsmöglichkeiten lassen sich in den meisten Landesgesetzen,979 dem UIG (§ 9 Abs. 1 Nr. 3) und VIG (§ 3 Nr. 2 lit.c) finden. Innerhalb der meisten relativen Geheimnisschutzklauseln ist das Abwägungsprogramm durch ein festgeschriebenes Regel-Ausnahme-Verhältnis bereits normativ vorbestimmt: So erklären manche Regelungen die Geheimhaltung zum Regelfall und die Offenlegung zur besonders begründungsbedürftigen Ausnahme (vgl. § 8 IFG-NRW, § 7 Berl-IFG, § 5 BbgAIG),980 während andere Klauseln tendenziell von einer im Ausgangspunkt gleichberechtigten Abwägung ohne Vorrangverhältnis ausgehen und lediglich Zweifelsregelungen vorsehen. So lautet beispielsweise § 7 Abs. 2 HmbTG: „Informationen und Vertragsbestandteile, die Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse enthalten, unterliegen der Informationspflicht nur, soweit das Informationsinteresse das Geheimhaltungsinteresse überwiegt.“

Das Erfordernis des „Überwiegens“ des Informationsinteresses stellt bei tendenziell „neutral“ gehaltenen Abwägungsklauseln klar, dass sich im Falle der Gleichrangigkeit beider Interessen im Zweifel das Geheimhaltungsinteresse durchsetzt und die Information im Ergebnis nicht offenzulegen ist.981 Unter Berücksichtigung 978

Siehe hierzu später unter C. VIII. 2. b) bb). Siehe § 7 S. 1 BlnIFG; § 5 Abs. 1 BbgAIG; § 8 S. 1, 3 IFG-NRW; § 10 S. 1 Nr. 3 IZG-SH; § 6 Abs. 1 S. 2 BremIFG; § 7 Abs. 1, 2 HmbTG; § 16 Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 LTranspG RLP; § 13 Abs. 1 ThürTG. 980 § 8 IFG-NRW lautet: „Der Antrag auf Informationszugang ist abzulehnen, soweit durch die Übermittlung der Information ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis offenbart wird und dadurch ein wirtschaftlicher Schaden entstehen würde. Entsprechendes gilt für Informationen, die wegen ihrer volkswirtschaftlichen Bedeutung im öffentlichen Interesse geheim zu halten sind. Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn die Allgemeinheit ein überwiegendes Interesse an der Gewährung des Informationszugangs hat und der eintretende Schaden nur geringfügig wäre. Im Zweifelsfall ist der oder dem Betroffenen vorher Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Betroffen sein kann auch eine öffentliche Stelle.“ 981 Vgl. Maatsch / Schnabel, HmbTG, § 7, Rn. 45. In die gleiche Richtung auch Beyerbach, S. 333, der eine prima facie Vermutung für den Geheimnisschutz aus verfassungsrechtlichen Vorgaben ableitet. 979

V. Grenzen des Informationszugangs

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der gesetzlich angeordneten Zweifelsregelung ist die Abwägung zwischen Offenlegungs- und Geheimhaltungsinteressen nach den Umständen des konkreten Einzelfalles vorzunehmen. Dabei determinieren informationsrechtliche Wertentscheidungen allgemeine Abwägungsleitlinien und -maßstäbe, die einen einzelfallorientierten Interessensausgleich über den Modus der Abwägung gedanklich und inhaltlich vorstrukturieren. Die Vornahme eines Interessensausgleichs setzt freilich voraus, dass zunächst die konfligierenden Einzelinteressen isoliert identifiziert und taxiert werden. Nachfolgend ist daher zu untersuchen, welche spezifischen Parameter und Kriterien bei der Ermittlung und Bewertung des Geheimhaltungs(b) sowie des Offenlegungsinteresses c) Berücksichtigung finden müssen. An dieser Stelle sei angemerkt, dass die anschließenden Ausführungen zwar normativ an den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen mittels relativer Geheimnisschutzklauseln anknüpfen, angesichts des skizzierten Untersuchungsauftrags jedoch in einen allgemeineren Kontext eingeordnet werden müssen. Wie eingangs ausführlich dargelegt, befindet sich das öffentliche Unternehmen in einem strukturellen Spannungsfeld zwischen Offenlegungs- und Geheimhaltungsinteressen. Dass diese über den Modus der Abwägung in einen möglichst schonenden Ausgleich gebracht werden sollen, ist kein Spezifikum des Geschäftsgeheimnisschutzrechts. Wie der spätere Bearbeitungsverlauf zeigen wird, korrespondieren nahezu sämtliche normative Grenzziehungen des Informationsfreiheitsrechts mit der Notwendigkeit, informationelle Offenlegungs- und Zurückhaltungsinteressen in einen möglichst schonenden und flexiblen Ausgleich zu bringen. Absolute Entscheidungsprogramme stellen demgegenüber den Ausnahmefall dar.982 Die Abwägung wird damit zunehmend und – zu Recht983 – zum zentralen Konfliktbewältigungsmodus im Informationsfreiheitsrecht. Ausgehend von dieser Erkenntnis lässt sich die nachfolgende Maßstabsbildung im Kern auf sämtliche Konstellationen übertragen, in denen Geheimhaltungs- und Offenlegungsinteressen in einem relativ aufzulösenden Widerstreit stehen. (β) Die Ermittlung und Bewertung von Geheimhaltungsinteressen Bei der Ermittlung und Bewertung von Geheimhaltungsinteressen ist zunächst zu untersuchen, ob Geheimhaltungsinteressen von öffentlichen Unternehmen im Verhältnis zu allgemeinen Veröffentlichungsinteressen per se als nachrangig zu bewerten sind. Zum Teil lässt sich den Gesetzesbegründungen die Wertung entnehmen, dass Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse von öffentlichen Stellen und damit auch von öffentlichen Unternehmen im Zweifel hinter Offenlegungsinteressen zurückzutreten haben.984 In eine ähnliche Richtung argumentieren Stimmen, nach denen ein öffentlicher Geheimnisträger angesichts seiner fehlenden Grundrechts 982

Siehe hierzu sogleich C. V. 2. a) aa) (3) (c) (dd). Vgl. C. VIII. 2. b) bb). 984 Vgl. in Hamburg HBü-Drs. 20/4466, S. 20; Maatsch / Schnabel, § 7, HmbTG, Rn. 45. 983

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

berechtigung grundsätzlich zumindest weniger schutzwürdig sei als ein privater.985 Diese Argumentation schlägt sich indes nicht zwingend in der einfachgesetzlichen Ausgestaltung der Informationsfreiheitsgesetze nieder. Findet etwa eine normative Vorstrukturierung der Abwägung durch den Gesetzgeber selbst statt, nimmt dieser erkennbar auf die (schutzwürdige) Rolle von öffentlichen Unternehmen als Marktakteur Rücksicht. Deutlich wird dies am Beispiel des Bremer Informationsfreiheitsgesetzes: Nach § 6a Abs. 1 S. 1 BremIFG findet die Abwägung bei Verträgen der Daseinsvorsorge mit der Maßgabe statt, dass das Offenlegungsinteresse in der Regel überwiegt. Gleiches gilt nach § 6b Abs. 1 S. 1 BremIFG für Vergütungsverträge für die Erstellung von Gutachten ab einem Gegenstandswert von 5.000 € oder einem sonstigen Vertrag ab einem Gegenstandswert von 50.000 €. Das Primat des Veröffentlichungsinteresses steht jedoch unter dem Vorbehalt, dass „der oder die Betroffene im Geltungsbereich dieses Gesetzes keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist oder […] der oder dem Betroffenen durch die Offenbarung der Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse kein wesentlicher wirtschaftlicher Schaden entstehen würde“ (vgl. §§ 6a Abs. 1 S. 1 Hs. 2, 6b Abs. 1 S. 1 Hs. 2 BremIFG).986 Diese Ausnahme erweist sich somit als Schutzmechanismus für sämtliche Unternehmen, die am Marktgeschehen teilnehmen und mit Wettbewerbern konkurrieren, ohne dass hiervon öffentliche Unternehmen ausgeschlossen wären. Diese Wertung überzeugt. Informationelle Pflichten begründen ein strukturelles Chancenungleichgewicht zu Lasten von öffentlichen Unternehmen, das zumindest dort nicht gerechtfertigt ist, wo öffentliche Unternehmen ohne hoheitlich eingeräumte Wettbewerbsvorteile am Marktgeschehen teilnehmen. Zur Herstellung einer „informationellen Waffengleichheit“ dürfen öffentliche Geheimnisschutzinteressen in der Auslegungs- und Anwendungspraxis nicht zu „Belangen zweiter Klasse“ degradiert werden. Folglich ist für öffentliche Unternehmen wertungsmäßig kein pauschal verminderter Geheimnisschutz anzulegen. Angesichts der besonderen Zweckbindung öffentlicher Unternehmen sind indes die Parameter für die Bestimmung des Geheimhaltungsinteresses zu modifizieren. Im Gegensatz zu rein privaten Geheimnisträgern, deren Schutz allein wirtschaftlichen Interessen dient, tritt für öffentliche Unternehmen der konkrete Unternehmensgegenstand, mithin der verfolgte öffentliche Zweck, als abwägungsrelevanter Faktor hinzu.987 Dabei hängt die Gewährleistung der öffentlichen Zweckerfüllung maßgeblich von den wirtschaftlichen Konsequenzen einer Geheimnispreisgabe ab: Je stärker die Wettbewerbsposition und damit die Rentabilität und Wirtschaftlichkeit des öffentlichen Unternehmens bedroht ist, desto mehr läuft dieses Gefahr,

985 Vgl. Fehling, DVBl. 2017, 79 (86). In diese Richtung auch BVerwG, Urteil vom 25. 03. 2015 – 6 C 12/14, NVwZ 2015, 1388 (1389). 986 Die zweite Variante hat indes rein deklaratorischen Charakter, da im Falle eines fehlenden wirtschaftlichen Schadens mangels berechtigten Geheimhaltungsinteresses bereits kein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis vorliegt (siehe oben). 987 Vgl. Krüger, S. 226 ff.

V. Grenzen des Informationszugangs

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seine ihm zugeschriebene öffentliche (Gemeinwohl-)Aufgabe nicht mehr im gleichen Umfang oder mit dem gleichen Qualitätsanspruch erfüllen zu können. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass öffentliche Unternehmen nicht nur dann einen anerkennungs- und schutzwürdigen Beitrag für das Gemeinwohl leisten, wenn sie eine konkrete Aufgabe der Daseinsvorsorge erfüllen. Auch auf Gewinnerzielung ausgerichtete öffentliche Unternehmen agieren im öffentlichen (Gemein-) Interesse, da ihre Überschüsse zur intrakommunalen Querfinanzierung wenig profitabler Aufgabenbereiche eingesetzt werden können.988 Erfüllt das öffentliche Unternehmen in diesem Sinne eine wichtige Finanzierungsfunktion, sichert es zwar „nur“ mittelbar, aber letztendlich ebenso effektiv, die Aufrechterhaltung der gemeind­lichen Aufgabenerfüllung. Die wirtschaftliche Bedeutung des Unternehmens für die Gemeinde als Mehrheitsgesellschafterin muss mithin im Rahmen der Ermittlung und Bewertung des Geheimhaltungsinteresses Berücksichtigung finden.989 Im Ergebnis bedeutet dies, dass auch auf Gewinnerzielung ausgerichtete öffentliche Unternehmen gleichermaßen schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen für sich beanspruchen können wie nicht-gewinnorientiert agierende Grundversorger.990 Schlussendlich erlaubt zwar der Blick auf unmittelbar und mittelbar zu leistende Gemeinwohlbeiträge eine erste Vorsteuerung der anzustellenden Interessensbewertung. Nichtsdestotrotz bildet auch für öffentliche Unternehmen das Ausmaß der durch die Publikation zu erwartenden wirtschaftlichen Nachteile den zentralen Faktor für die Taxierung des Geheimhaltungsinteresses: Je stärker die Preisgabe einer Information dazu geeignet ist, die Markt- und Wettbewerbsposition des öffentlichen Unternehmens zu schmälern, desto höher muss der Rechtfertigungsaufwand für ihre Veröffentlichung ausfallen.991 Fraglich bleibt jedoch, wie sich der Einfluss auf die Markt- und Wettbewerbsposition konkret quantifizieren lässt. Vereinzelt wird vertreten, auf die Marktposition des öffentlichen Unternehmens im Verhältnis zu seinen Konkurrenten abzustellen. Einem Unternehmen mit einer starken Marktposition sei eine Informationsbereitstellung grundsätzlich eher zumutbar als einem Neueinsteiger.992 Dieser Ansatz ist jedoch verfehlt. Möchte man nicht ignorieren, dass eine gefestigte Marktposition gerade Ausdruck schützenswerter innerbetrieblicher Innovations- und Investitionsbemühungen sein kann, darf die bestehende Wettbewerbssituation nicht als relevantes Abwägungskriterium he-

988

Siehe hierzu Britz, NVwZ 2001, 380 (381); ausführlich auch Werner, NVwZ 2016, 1448 ff. Für Rödel, S. 133, ist konkret auf die Haushaltslage der Kommune sowie die Größe und Rentabilität des Unternehmens abzustellen. 990 Im Ergebnis ähnlich, wenngleich zurückhaltender Krüger, S. 226 f. 991 Vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 2. 10. 2007 – OVG 12 B 11/07 – juris, Rn. 43; Maatsch / Schnabel, HmbTG, § 7, Rn. 43. 992 Vgl. Krüger, S. 227. In diese Richtung auch § 7a Abs. 2 S. 2 BlnIFG: „Das Informationsinteresse überwiegt in der Regel das schutzwürdige Geheimhaltungsinteresse, wenn der private Vertragspartner im Geltungsbereich dieses Gesetzes ohne Wettbewerber ist oder keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist.“ 989

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

rangezogen werden. Hinzu kommt, dass gerade von Marktneueinsteigern zwecks Aufbau eines informationsbasierten Geschäftsmodells „Ausforschungsklagen“ zu erwarten sind, die naturgemäß ein starkes Geheimhaltungsinteresse auslösen.993 Richtigerweise ist daher das Gefährdungspotential einer Informationspreisgabe nicht anhand von bestehenden Marktstrukturen zu bestimmen, sondern ausschließlich anhand des materiell-inhaltlichen Gehaltes der Information selbst. Denkbare Kriterien zur Taxierung des Gefährdungspotentials und mithin der Schutzwürdigkeit einer Information sind die inhaltliche Nähe zur Kerntätigkeit des Unternehmens,994 das Alter und die Verlässlichkeit995 einer Information, ihr Innovationspotential sowie ihre Erstell- und Reproduzierbarkeit.996 Auch die Tatsache, dass die Information bereits zuvor veröffentlicht wurde oder Rückschlüsse auf weitere Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zulässt, kann Einfluss auf die Feststellung der Geheimhaltungsbedürftigkeit haben.997 Dagegen sind wettbewerbsrechtliche Befunde wie das Vorliegen einer marktbeherrschenden Stellung für die Evaluation der Geheimhaltungsbedürftigkeit einer Information prinzipiell unbeachtlich.998 (γ) Die Ermittlung und Bewertung von Offenlegungsinteressen Die Bewertung und Gewichtung des Offenlegungsinteresses wird strukturell dadurch erschwert, dass nach dem Willen des Gesetzgebers Informationszugangsansprüche gerade nicht an eine Begründungspflicht oder gar den Nachweis eines berechtigten Interesses gekoppelt sind. Die effektive Ausübung der Informationsfreiheit soll im Ausgangspunkt autonom von etwaig verfolgten Zweckrichtungen gewährleistet werden.999 Fraglich ist indes, ob die gesetzlich angeordnete Zweckneutralität des Informationszugangsrechts impliziert, dass auch die Abwägung zwischen Offenlegungs- und Geheimhaltungsinteressen prinzipiell abstrakt und losgelöst von der konkreten Motivation des Informationsbegehrenden durchgeführt 993

So auch Lück / Penski, ZD 2018, 525 (528). Vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 02. 10. 2007 – OVG 12 B 11/07 – juris, Rn. 43; OVG Münster, Beschluss vom 20. 06. 2005 – 8 B 940/05, NVwZ-RR 2006, 248 (251). 995 Vgl. Reidt / Schiller, in: Landmann / Rohmer, Umweltrecht, § 9 UIG, Rn. 34: Die Schutzbedürftigkeit einer Information sei besonders hoch, wenn diese möglicherweise unrichtig oder irreführend und deshalb geeignet ist, das Unternehmen in Misskredit zu bringen oder existenziell zu gefährden. 996 Vgl. Prinz, S. 174 ff.; Frank, S. 201 f. 997 Vgl. Prinz, S. 179 f.; Frank, S. 201, 203. 998 Vgl. Krüger, S. 227 f. mit Verweis auf BVerfGE 115, 205 (243), a. A. Maatsch / Schnabel, HmbTG, § 7, Rn. 43. 999 So ausdrücklich OVG Koblenz, Urteil vom 23. 04. 2010 – 10 A 10091/10, BeckRS 2010, 49569: „Das mit der Informationserlangung verfolgte Ziel des Klägers […] ist […] im Rahmen des § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG ohne Belang.“ Dagegen indes die landesspezifische Regelung des § 82 Nr. 5 HDSIG, nach der ein Anspruch auf Informationszugang ausscheiden soll, „soweit ein rein wirtschaftliches Interesse an den Informationen besteht.“, kritisch hierzu Richter, NVwZ 2021, 760 (764 ff.). 994

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werden muss. Diesem Verständnis folgend wäre das Offenlegungsinteresse eines informationssuchenden Wettbewerbers ist nicht schon deshalb weniger schutzwürdig, weil dieser nicht als altruistischer „Transparenzwächter“ zur Verfolgung von Gemeinwohlinteressen pars pro toto agiert, sondern lediglich als Durchsetzer eigener egoistischer Wettbewerbsinteressen. Im Ergebnis würden sich vor allem im Umweltinformationsrecht typische1000 „Ausforschungsklagen“ zu Lasten von öffentlichen Unternehmen nicht effektiv verhindern lassen. Diese Konsequenz darf auch mit Blick auf den Sinn und Zweck einer informationsrechtlichen Abwägungsentscheidung nicht hingenommen werden. Der ausschließliche Rekurs auf ein abstraktes und damit statisches Transparenzinteresse verhindert eine ausdifferenzierte und einzelfallorientierte Interessensgewichtung und degradiert den Modus der Abwägung damit effektiv zur leeren Rechtshülse.1001 Zwar wird die Eruierung des individuellen Offenlegungsinteresses mangels Begründungserfordernis nicht in jedem Einzelfall gelingen.1002 Sofern sich jedoch aus den Umständen des Einzelfalles konkrete Anhaltspunkte für die Ermittlung des Offenlegungsinteresses ergeben, müssen diese auch in die behördliche bzw. gerichtliche Abwägungsentscheidung einfließen.1003 Die Bewertung des Offenlegungsinteresses erfolgt in diesem Zusammenhang anhand der demokratisch-rechtsstaatlichen Zielsetzungen der Informationsfreiheitsgesetze. Je stärker das Informationsverlangen dazu geeignet ist, die informationsfreiheitsrechtlichen Zweckrichtungen von Transparenz, Partizipation und Kontrolle zu fördern, desto höher ist das Offenlegungsinteresse zu gewichten.1004 An dieser Stelle ist jedoch zwingend vorwegzunehmen, dass der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen nur eingeschränkt zur Förderung 1000 Gemäß einer empirischen Untersuchung zur Inanspruchnahme des Umweltinformationsrechts in den Jahren 1997 bis 1999 werden reaktive Informationsrechte vor allem von Wirtschaftsunternehmen ausgeübt und deutlich seltener von Privatpersonen, Medien und Bürgerinitiativen, vgl. Wolf, S. 272. Aber auch im Rahmen des IFG ist empirisch belegbar, dass Wirtschaftsunternehmen bewusst Anfragen mit dem Ziel stellen, an Informationen der Konkurrenz zu gelangen, die sie ansonsten nicht oder jedenfalls nicht kostenfrei erhalten würden, vgl. Ziekow / Debus / Musch, Evaluation des IFG, S. 92; Lück / Penski, ZD 2018, 525 (528). 1001 So im Ergebnis auch Krüger, S. 22 3 f.; für das Umweltrecht Reidt / Schiller, in: Landmann /  Rohmer, Umweltrecht, § 9 UIG, Rn. 34. 1002 Dies gilt erst Recht für proaktive Veröffentlichungspflichten, vgl. Maatsch / Schnabel, HmbTG, § 7, Rn. 44. Richtigerweise muss sich hier die Behörde aus der Sicht eines objektiven Dritten fragen, ob die Information typischerweise eher dazu geeignet ist, demokratische Kontroll- oder wirtschaftliche Wettbewerbsinteressen zu befriedigen. Rödel, S. 130, plädiert in diesem Zusammenhang für die Auferlegung einer behördlichen Pflicht, das konkrete Informationsinteresse beim Antragssteller zu erfragen. 1003 Vgl. Krüger, S. 223; ähnlich auch Pautsch, in: Heinemann, PraxisKommentar LTranspG, S. 318 f. Vgl. Krüger, S. 223. 1004 Krüger, S. 224; Prinz, S. 160. So explizit auch § 5 Abs. 1 S. 2 BbgAIG: „Akteneinsicht kann gewährt werden, soweit aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls im Hinblick auf den Zweck der politischen Mitgestaltung das Offenbarungsinteresse der Antrag stellenden Person das Interesse der betroffenen Person an der vertraulichen Behandlung der Information überwiegt.“

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

informationsfreiheitsrechtlicher Zielsetzungen beiträgt.1005 Die verwaltungsgleiche informationsrechtliche Einbindung öffentlicher Unternehmen rechtfertigt sich nahezu ausschließlich über den Zweck der Korruptionsbekämpfung.1006 Die reduzierte Instrumentalisierung für die informationsfreiheitsrechtliche Zweckerreichung muss auch im Rahmen der Abwägungsentscheidung Niederschlag finden. Konkret kann nur dort ein hohes Offenlegungsinteresse bestehen, wo die Publikation der Information potentiell dazu geeignet ist, illegitime Praktiken oder gar strafrechtlich relevantes Missverhalten (§ 299 StGB) im Unternehmensablauf aufzudecken. In diesen Konstellationen sollen sich vor allem auch (rechtstreue) Konkurrenzunternehmen auf ein besonderes Offenlegungsinteresse berufen können, da sie möglicherweise gerade aufgrund der bewussten und aktiven Einhaltung von gesetzlichen Vorschriften höheren Kosten ausgesetzt1007 oder angesichts ihrer besonderen Fachkenntnis in besonderem Maße dazu in der Lage sind, unternehmerisches Fehlverhalten als solches zu identifizieren.1008 Umgekehrt ist das Offenlegungsinteresse als tendenziell niedrig einzustufen, wenn der Informationszugang allein der Befriedigung wirtschaftlicher Eigeninteressen dienen soll und damit keinen Beitrag für das gesellschaftlich-demokratische Zusammenleben liefert. Zwar rechtfertigt die informationsrechtliche Zweckentfremdung weder die Vornahme von tatbestandlichen Reduktionen noch eine am Äquivalenzprinzip orientierte Gebührenbemessung.1009 Dass sich „Ausforschungsklagen“ jedoch allenfalls vordergründig innerhalb der demokratisch fundierten Legitimation für einen unbegrenzten Informationszugang bewegen, vermindert zumindest das Gewicht des Offenlegungsinteresses. Allerdings kann es im Einzelfall aus Sicht der Behörde oder des Gerichts schwierig sein, zwischen erwünschter „Kontrollfrage“ und zweckentfremdeter „Ausforschungsklage“ zu unterschieden. Die Übergänge sind fließend, so dass sich auch hier die Frage stellt, nach welchen Parametern und Maßstäben sich die Eignung einer Information zur Ausübung einer effektiven Öffentlichkeits- und Korruptionskontrolle identifizieren und wertungsmäßig abbilden lässt. Formale Kriterien wie die Person des Antragsstellers liefern grundsätzlich keine interessensgerechten Ergebnisse. Die Tatsache, dass ein formal unbeteiligter Dritter einen Auskunftsantrag stellt, spricht schon deshalb nicht für das Vorliegen einer besonders schutzwürdigen „Kontrollfrage“, weil Konkurrenzunternehmen bei der Antragstellung auch auf den Einsatz von „Strohmännern“ zurückgreifen können.1010 Vorzugswürdig ist

1005

Siehe ausführlich hierzu C. VII. Vgl. hierzu C. VII. 2. 1007 Zu diesem Argument im Verbraucherinformationsrecht siehe Wolf, S. 357. 1008 Vgl. Prinz, S. 141. 1009 Vgl. Ziekow / Debus / Musch, S. 82, 111, 162: Es „[drängt] sich keine Abgrenzung zu ‚demokratisch wertvollen Informationsbegehren‘ auf“. So aber die heftig umstrittene (vgl. Richter, NVwZ 2021, 760 (764 ff.)) Vorschrift des § 82 Nr. 5 HDSIG, nach dem ein Anspruch auf Informationszugang ausscheidet, „soweit ein rein wirtschaftliches Interesse an den Informationen besteht“. 1010 Vgl. Prinz, S. 141; Krüger, S. 225. 1006

V. Grenzen des Informationszugangs

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daher die Hinzuziehung materieller Kriterien, die an die Information selbst anknüpfen. Je aktueller eine Information und je größer der Öffentlichkeitsbezug bzw. die Anzahl der involvierten Personen, desto eher wird man eine Eignung für die Ausübung einer effektiven Korruptionskontrolle annehmen müssen.1011 Auch der Inhalt einer Information ist dabei ein entscheidender Faktor. Persönlich-wertende Informationen wie E-Mails oder Verhandlungsprotokolle können in besonderem Maße zur Aufklärung eines rechtswidrigen Sachverhaltes beitragen. Umgekehrt wird bei sehr technisch-deskriptiv geprägten Spezialinformationen wie Bau­plänen, Skizzen oder Bedienungsanleitungen für unternehmenseigene Maschinen ein unmittelbarer Zusammenhang zur Öffentlichkeits- und Korruptionskontrolle nur schwer zu begründen sein. In Ausnahmesituationen kann die fehlende funktionale Rückbindung und „Zweckentfremdung“ des Informationsfreiheitsrechts zusätzlich über den Ausschlussgrund der offensichtlich missbräuchlichen Stellung eines Informationsantrages (vgl. § 8 Abs. 2 Nr. 1 UIG, § 4 Abs. 4 S. 1 VIG) gewürdigt werden.1012 Auch die Rechtsprechung erkennt einen offensichtlichen Missbrauch in Fällen an, in denen Unternehmen systematisch Informationen über und Knowhow von Konkurrenzunternehmen sammeln, um diese im Markt gezielt gegen ihre Wettbewerber zu verwenden.1013 (δ) Das Abwägungsergebnis Ergebnis des Abwägungsprozesses ist bei relativen Geheimhaltungsklauseln ebenso wie bei absoluten Klauseln im Grundsatz die Entscheidung, dass entweder der Informationszugang zu gewähren oder zu versagen ist. Eine solche harte „Allesoder-Nichts“-Lösung wäre jedoch häufig nicht nur unzweckmäßig, sondern auch nicht erforderlich und damit unverhältnismäßig. Aus diesem Grund haben die Informationsfreiheitsgesetzgeber regelmäßig zusätzliche Mechanismen zur Herstellung eines möglichst schonenden und differenzierten Interessensausgleichs etabliert. Beispielsweise ermöglichen viele Gesetze einen partiellen Informationszugang als „Kompromisslösung“ (vgl. § 7 Abs. 2 IFG, zum Teil auch über die Formulierung „soweit“, § 7 Abs. 2 HmbTG), oder sehen alternative Formen der Zugangsgewährung wie beispielsweise die mündliche Auskunftserteilung (vgl. § 7 Abs. 3 S. 1 IFG) vor.1014 Auch die Veröffentlichung von sensiblen Unternehmensdaten in aggregierter bzw. zusammengefasster Form ist denkbar.1015 Darüber hinaus werden in der Literatur praktische Maßnahmen diskutiert, die die Eingriffsintensität bei

1011

OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 2. 10. 2007  – OVG 12 B 11/07  – juris, Rn. 41; ­Krüger, S. 224; Prinz, S. 160. 1012 Zurückhaltender dagegen Wolf, S. 273 f. 1013 Vgl. VG Saarlouis, Urteil vom 18. 10. 2002 – 1 K 96/01 – juris, Rn. 99. 1014 Fehling, DVBl. 2017, 79 (85 f.). 1015 Vgl. OVG Münster, Beschluss vom 20. 6. 2005 – 8 B 940/05, ZUR 2005, 420 ff.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

einer Entscheidung zu Gunsten der Offenbarung eines Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses abschwächen sollen.1016 (dd) Ausschluss des Geheimnisschutzes In seltenen Ausnahmekonstellationen schließt der Gesetzgeber für bestimmte Informationsgegenstände jede Geltendmachung von etwaigen Geheimnisschutzinteressen aus. Ein Beispiel ist § 9 Abs. 1 S. 2 UIG. Nach dieser Vorschrift kann der Zugang zu Umweltinformationen über Emissionen nicht unter Berufung auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse abgelehnt werden.1017 An dieser Stelle ist jede Form der behördlichen Abwägung unzulässig. Der Gesetzgeber hat mit § 9 Abs. 1 S. 2 UIG selbst die Abwägung vorgenommen und dem öffentlichen Informationsinteresse in diesem speziellen Fall einen absoluten Vorrang eingeräumt.1018 Eine solche Regelung ist verfassungsrechtlich zulässig.1019 Auch wenn sich öffentliche Unternehmen nicht auf grundrechtlichen Schutz berufen dürfen, ist hier dennoch die Eingriffsintensität in die innerbetriebliche Geheimnissphäre sehr hoch. Aus diesem Grund ist der Umfang der Informationen, die unter einem absoluten Veröffentlichungspostulat stehen, so klein wie möglich zu halten. Im Falle des § 9 Abs. 1 S. 2 UIG hat dies etwa zur Folge, dass lediglich die Informationen über die Art der Emissionen, also welche Stoffe aus der Anlage in die Umgebung abgegeben werden, veröffentlicht werden müssen. Angaben über die Anlage selbst, die für die Emission möglicherweise mitursächlich sind, sind von § 9 Abs. 1 S. 2 UIG nicht umfasst.1020 1016

So regen Prinz, S. 288 ff. und Frank, S. 203 ff. neben der (wenig praktikablen) Pflicht zur Hinterlegung einer Sicherheitsleistung vor allem finanzielle und informationelle Kompensationsmechanismen an. Denkbar sei eine finanzielle Kompensation in Form eines Vergütungsanspruchs oder eine informationelle Kompensation über eine Bereitstellung von vergleichbaren Informationen durch den anfragenden Wettbewerber, vgl. Prinz, S. 289 ff. Beide Ausgleichsmechanismen sehen sich indes strukturellen Einwänden ausgesetzt. Informationelle Kompensationsmöglichkeiten scheitern bereits an massiven wettbewerbsrechtlichen Bedenken, nach denen ein Informationsaustausch zwischen Konkurrenten auf horizontaler und vertikaler Ebene erhebliches Missbrauchspotential birgt und nur ausnahmsweise unter besonderen internen Entflechtungsmaßnahmen (z. B. der Implementierung von Chinese Walls) zulässig sein soll, vgl. Europäische Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit (2011/C 11/01), Rn. 64 ff.; Besen / Gronemeyer, CCZ 2013, 137 (143 f.). Gegen finanzielle Kompensationsmechanismen spricht die Tatsache, dass der Informationszugang grundsätzlich voraussetzungslos gewährt werden soll und die Pflicht zur Kompensationszahlung eine „Abschreckungswirkung“ gegenüber Informationszugangsinteressierten entfalten könnte, in diese Richtung auch Frank, S. 205. 1017 Ein weiteres Beispiel findet sich in dem Negativkatalog des § 3 S. 5 und S. 6 VIG i. V. m. § 2 Abs. 1 S. 1 VIG. Eingehend hierzu Wolf, S. 364 ff. 1018 BVerwG, Urteil vom 24. 09. 2009 – 7C 2/09, NVwZ 2010, 189 (192). 1019 Vgl. Wolf, S. 293. 1020 BVerwG, Urteil vom 24. 09. 2009 – 7C 2/09, NVwZ 2010, 189 (192).

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(ee) Verhältnis zum spezialgesetzlichen Geheimhaltungsund Vertraulichkeitsschutz Neben dem allgemeinen Ausschlussgrund zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen existieren in zahlreichen Informationsfreiheitsgesetzen weitere Verweigerungsgründe, die dem spezialrechtlichen Geheimnis- und Vertraulichkeitsschutz Rechnung tragen. So ordnet beispielsweise § 3 Nr. 4 IFG an, dass ein Anspruch auf Informationszugang nicht besteht, wenn die Information einer durch Rechts- oder Verwaltungsvorschrift geregelten Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht oder einem Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnis unterliegt.1021 Auffallend ist zunächst, dass der spezialgesetzliche Geheimnis- und Vertraulichkeitsschutz absolut gewährt wird, Spielräume für Abwägungsentscheidungen und Interessensgewichtungen eröffnet § 3 Nr. 4 IFG nicht.1022 Entsprechend formuliert das BVerwG den Sinn und Zweck dieser Vorschrift aphoristisch: „§ 3 Nr. 4 IFG überlässt als Rezeptionsnorm den besonderen Geheimnisschutz den in Bezug genommenen Spezialvorschriften […]. Was nach anderen Vorschriften geheim gehalten werden muss, bleibt auch unter der Geltung des Informationsfreiheitsgesetzes geheim.“1023

Als taugliche Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflichten erfasst § 3 Nr. 4 IFG nach der Gesetzesbegründung vor allem das Steuergeheimnis aus § 30 Abs. 1 AO, das Sozialgeheimnis nach § 35 SGB I und §§ 67 ff. SGB X, das Statistik­ geheimnis nach § 16 Abs. 1 BStatG und das Adoptionsgeheimnis nach § 1758 Abs. 1 BGB.1024 Aus der Perspektive von öffentlichen Unternehmen sind indes vor allem die Verschwiegenheitspflichten der Mitarbeiter der BaFin gem. § 9 Abs. 1 S. 1 KWG und § 21 WpHG, die Vertraulichkeit der Vergabekammer nach § 164 Abs. 1 GWB und gesellschaftsrechtliche Vertraulichkeitspflichten nach dem AktG von großer praktischer Bedeutung.1025 Dabei steht der spezialgesetzliche Geheimhaltungs- und Vertraulichkeitsschutz nach ganz überwiegender Auffassung in Idealkonkurrenz zum allgemeinen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisschutz.1026 1021 Vergleichbare Regelungen lassen sich auch auf Landesebene finden, vgl. § 6 Abs. 2 Nr. 2 HmbTG; § 3 Nr. 4 BremIFG; § 3 Abs. 1 Nr. 4 IZG LSA; § 4 Abs. 3 BbgAIG; § 4 Abs. 2 LIFG BW. § 10 S. 1 Nr. 3 IZG-SH bezieht sich dagegen allein auf Informationen, die dem Steuer- oder Statistikgeheimnis unterliegen. 1022 Vgl. Schirmer, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 3 IFG, Rn. 141. 1023 BVerwG, Urteil vom 29. 6. 2017 – 7 C 22/15, NVwZ 2018, 179. 1024 Vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 11. Unter den Begriff des „Berufs- und Amtsgeheimnisses“ sollen vor allem die ärztliche (§ 203 StGB) und anwaltliche (§ 43a BRAO) Schweigepflicht sowie die allgemeine Amtsverschwiegenheit nach § 67 BBG oder § 37 BeamtStG fallen, vgl. Schirmer, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 3 IFG, Rn. 144. 1025 Im Detail zur Geheimhaltung von Informationen, die bei der BaFin vorliegen C. V. 2. c) aa). Eingehend zur informationellen Restriktionsmacht aktienrechtlicher Verschwiegenheitspflichten C. V. 2. a) dd). 1026 Vgl. Fischer, in: Fluck / Fischer / Martini, § 6 IFG, Rn. 18; Jastrow / Schlattmann, IFG, § 3, Rn. 88; Bosesky, S. 19 1 f. Auch die Rechtsprechung wendet beide Ausschlussgründe ohne nähere Ausführungen nebeneinander an, vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21. 2. 2019 – OVG 12 B 15/18, NVwZ 2019, 1056 (1058).

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

Angesichts des absoluten Schutzniveaus eröffnet der Weg über spezialgesetzliche Geheimhaltungsklauseln öffentlichen Unternehmen im Informationsfreiheitsrecht jedoch tendenziell breitere Auskunftsverweigerungsmöglichkeiten. (4) Zwischenergebnis Der effektive Schutz einer innerbetrieblichen Geheimnissphäre erwächst im Informationsfreiheitsrecht zur notwendigen Funktionsbedingung für öffentliche Unternehmen. Zumindest dort, wo öffentlich beherrschte Marktakteure wie ein Privater im Wettbewerb agieren, ist ihnen auch trotz fehlender Grundrechtsberechtigung ein einfachgesetzlicher Geheimnisschutz zuzubilligen. Der Begriff des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses ist dabei aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung autonom vom Verständnis des GeschGehG auszulegen und umfasst in Anlehnung an das Lauterkeitsrecht jede unternehmensbezogene, nicht offenkundige Tatsache, an der das Unternehmen einen Geheimhaltungswillen und ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse trägt. Der Schutz von klandestinen Unternehmensinformationen kann mittels absoluter und relativer Geheimhaltungsklauseln ausgestaltet werden. Letztere setzen eine behördliche Abwägungsentscheidung voraus, bei der die Geheimhaltungsinteressen von öffentlichen Unternehmen nicht per se als nachrangig einzuordnen sind und privaten Offenlegungsinteressen tendenziell nur dann ein hohes Gewicht zukommt, wenn sie eine effektive (Korruptions-)Kontrolle öffentlicher Unternehmen ermöglichen. Insgesamt bleibt jedoch zu konstatieren, dass aktuell noch kein in sich schlüssiges, gesetzesübergreifendes System für den Ausgleich von Offenlegungs- und Geheimhaltungsinteressen existiert. Das Nebeneinander von relativen und absoluten Schutzklauseln sorgt für Unsicherheiten in der Rechtsanwendung, vor allem Klauseln ohne Abwägungsmöglichkeit erschweren die Herstellung von informationeller Einzelfallgerechtigkeit. Eine flächendeckende Einführung von relativen Geheimnisschutzklauseln ist daher rechtspolitisch angezeigt.1027 bb) Immaterialgüterrechte Neben dem Schutz von eigenen Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen gilt es zu untersuchen, nach welchen Maßstäben ein öffentliches Unternehmen den Informationszugang mit Verweis auf eigene Immaterialgüterrechte verweigern kann.1028 1027 Siehe zur Notwendigkeit der Einführung von Abwägungsmöglichkeiten unten C. VIII. 2. b) bb). Ebenso Prinz, S. 288 f. Für eine flächendeckende Anlehnung am transparenzfreundlichen UIG auch Fehling, DVBl. 2017, 79 (86); Wegener, NVwZ 2015, 609 (615). 1028 Im Gegensatz zum DNG (vgl. § 2 Abs. 3 Nr. 1 lit. ff)) erfassen die Ausschlussgründe der Rechtsquellen auf Ebene des Informationszugangs nicht nur das geistige Eigentum Dritter. Für eine Übertragung dieser Beschränkung aus dem Informationsweiterverwendungsrecht auf die Ebene des Informationszuganges plädiert Dreier / Spiecker gen. Döhmann, in: Dreier / Fischer / 

V. Grenzen des Informationszugangs

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(1) Sinn und Zweck Ebenso wie der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen dient auch der Schutz des Immaterialgüterrechts der Sicherung wirtschaftlicher Interessen.1029 Die Gewährleistung einer innerbetrieblichen Innovationssphäre ist elementare Grundvoraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens.1030 Der Ausschlussgrund stellt sicher, dass Informationszugangsrechte das zivilrechtlich ausgeformte Immaterialgüterrecht nicht verdrängen.1031 Im Rahmen von fiska­ lischem Handeln der öffentlichen Hand trägt der Informationsausschluss zudem haushaltsrechtlichen Grundsätzen Rechnung.1032 Nicht zuletzt ist der Verweigerungstatbestand dazu geeignet, Schutzlücken zu schließen, die dort auftreten, wo sensible Unternehmensinformationen ausnahmsweise nicht als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis qualifiziert werden können.1033 (2) Der Begriff des Immaterialgüterrechts Rein formalsprachlich ist der Schutz des Immaterialgüterrechts im Informationsfreiheitsrecht weitaus unübersichtlicher ausgestaltet als der Schutz von Unternehmensgeheimnissen. Dies ist zunächst darauf zurückzuführen, dass die entsprechenden gesetzlichen Regelungen eine einheitliche Terminologie vermissen lassen. Die Informationsfreiheitsgesetze verwenden den Begriff des Immaterialgüterrechts nicht. Stattdessen spricht § 6 S. 1 IFG vom „geistigen Eigentum“, § 16 LTranspG RLP von „Rechte[n] am geistigen Eigentum“, während § 9 Abs. 1 Nr. 2 UIG und § 10 Nr. 2 IZG-SH „insbesondere Urheberrechte“ hervorheben. Das HmbTG nennt einzelne Immaterialgüterrechte hingegen gar nicht explizit, sondern stellt in § 9 Abs. 1 auf Veröffentlichungsverbote „durch höherrangiges Recht“ ab. Dennoch besteht jedoch trotz fehlender Legaldefinition auf Bundesebene inhaltliche Einigkeit. So soll der Begriff des „geistigen Eigentums“ allgemein sämtliche Schutzrechte an immateriellen Gütern umfassen.1034 Hierzu zählen vor allem die Bereiche des Urheberrechts, aber auch gewerbliche Schutzrechte wie Patente, Gebrauchsmuster, Pflanzensorten, Marken oder Designs.1035 van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand  – Zugang und Nutzung, S. 165 (190). Zum Schutz von Immaterialgüterrechten Dritter siehe unten C. IV. 2. b) bb). 1029 Vgl. Guckelberger, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 6 IFG, Rn. 1; Rossi, IFG, § 6, Rn. 6. 1030 Siehe hierzu ausführlich C. VII. 2. c) bb). 1031 Vgl. Rossi, IFG, § 6, Rn. 6. 1032 Vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 14; Guckelberger, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 6 IFG, Rn. 1; Ziekow / Debus / Musch, S. 340. 1033 Lenski, NordÖR 2006, 89 (92) nennt beispielsweise den Fall, dass ein Erfinder sein gewerbliches Schutzrecht nicht im Zusammenhang mit einem Geschäftsbetrieb, sondern als Privatmann erworben hat. 1034 Vgl. OVG Magdeburg, Beschluss vom 29. 07. 2016 – 2 M 14/16, BeckRS 2016, 53883, Rn. 36. 1035 Vgl. Blatt, in: Brink / Polenz / Blatt, IFG, § 6, Rn. 8; Lenski, NordÖR 2006, 89 (90).

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

(3) Das Schutzniveau im Mehrebenensystem (a) Europarechtlicher Schutz Art. 17 Abs. 2 EU-GrCh schützt ausdrücklich das „geistige Eigentum“. Nach ganz herrschendem Verständnis sind hiervon sämtliche Ausschließlichkeitsrechte an immateriellen Gütern, im Ergebnis also das Urheberrecht, das Patent-, Verlags- und Markenrecht sowie verwandte Schutzrechte, erfasst.1036 Der über Art. 17 Abs. 2 EU-GrCh vermittelte Schutzgehalt erlangt dank der steigenden Harmonisierungsbemühungen des Europäischen Normgebers besondere Bedeutung.1037 Seit dem Vertrag von Lissabon steht dem Europäischen Parlament und dem Rat gemäß Art. 118 Abs. 1 AEUV die Kompetenz zu, Maßnahmen zur Schaffung europäischer Rechtstitel über einen einheitlichen Schutz der Rechte des geistigen Eigentums in der Union sowie zur Einführung von zentralisierten Zulassungs-, Koordinierungsund Kontrollregelungen zu treffen. Von dieser Befugnis hat der Europäische Normgeber in den letzten Jahren in zunehmendem Maße Gebrauch gemacht.1038 Wie bereits im Zusammenhang mit Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen dargelegt, erstreckt sich der unionsgrundrechtlich vermittelte Schutz des geistigen Eigentums indes nur auf private Rechtssubjekte. Öffentliche Unternehmen sollen sich dagegen mangels eigener Grundrechtsfähigkeit grundsätzlich nicht auf den Schutz nach Art. 17 Abs. 2 EU-GrCh berufen können. (b) Verfassungsrechtlicher Schutz Der Schutz des geistigen Eigentums ist verfassungsrechtlich durch die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG gesichert.1039 Art. 14 Abs. 1 schützt dabei zunächst das Urheberrecht in seiner vermögensrechtlichen Dimension.1040 Das von einem menschlichen Urheber geschaffene Werk und die sich darin manifestierende Schöpfungsleistung partizipieren als Vermögensgegenstände am Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG.1041 Die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistet, dass der 1036

EGMR, Urteil vom 29. 01. 2008, Nr.19247/03, Rn. 34 ff. – Balan / Moldawien; Jarass, in: Jarass, EU-GrCh, Art. 17, Rn. 10 m. w. N. 1037 Vgl. Wollenschläger, in: von der Groeben / Schwarze / Hatje, Europäisches Unionsrecht, EU-GrCh, Art. 17, Rn. 40. 1038 Einen detaillierten Überblick über die harmonisierenden Rechtssetzungsakte des Europäischen Normgebers im Bereich des geistigen Eigentums liefern Pierson, in: Pierson /  Ahrens / Fischer, Recht des geistigen Eigentums, 4. Auflage 2018, § 4, S. 65 ff. und Wandtke, in: Wandtke / Bullinger, Urheberrecht, Einl., Rn. 14. 1039 Vgl. BVerfGE 129, 78 (101); Papier / Shirvani, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 14, Rn. 314 ff.; Wandtke, in: Wandtke / Bullinger, Urheberrecht, Einl., Rn. 17. 1040 Vgl. Papier / Shirvani, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 14, Rn. 315; Axer, in: BeckOK Grundgesetz, Art. 14 GG, Rn. 50. 1041 Vgl. BVerfGE 31, 229 (239); 79, 29 (40 f.); 129, 78 (101); 142, 74 (96).

V. Grenzen des Informationszugangs

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geistige Schöpfer eines Werkes grundsätzlich in eigener Verantwortung über dessen Verwendung und wirtschaftliche Verwertung entscheiden darf.1042 Einzelne Verwertungsmöglichkeiten verbürgt Art. 14 Abs. 1 GG in diesem Zusammenhang jedoch nicht. Da es sich bei der Eigentumsgarantie um ein „normgeprägtes“ Grundrecht handelt,1043 obliegt es vielmehr dem einfachen Gesetzgeber, die konkrete inhaltliche Ausgestaltung des Urheberrechts vorzunehmen und dabei den Schöpfer mit hinreichenden Nutzungs- und Verwertungsrechten auszustatten.1044 Ebenso wie das Urheberrecht genießen auch das Designschutz-, Patent-, Marken- sowie das Sortenschutzrecht den Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG.1045 Auch an dieser Stelle sei jedoch angemerkt, dass sich die öffentliche Hand und damit auch von ihr beherrschte öffentliche Unternehmen nicht auf Grundrechtspositionen und damit einen Schutz aus Art. 14 Abs. 1 GG berufen können. Das geistige Eigentum öffentlicher Unternehmen ist damit grundsätzlich nur nach Maßgabe des einfachen Rechts geschützt. (c) Einfachgesetzlicher Schutz Der Ausschlussgrund des Immaterialgüterrechts ist einfachgesetzlich nahezu flächendeckend anerkannt.1046 Das Immaterialgüterrecht umfasst grundsätzlich sowohl das Urheberrecht als auch gewerbliche Schutzrechte wie Patente, Gebrauchsmuster, Pflanzensorten, Marken oder Designs. Letztere entstehen jedoch erst durch Anmeldung und Eintragung in öffentlich einsehbare Register und sind damit in der Regel ohnehin öffentlich zugänglich.1047 Sie sind letztendlich strukturell ungeeignet, Informationszu-

1042

Vgl. BVerfGE 129, 78 (101); Wandtke, in: Wandtke / Bullinger, Urheberrecht, Einl., Rn. 17. Siehe zur „Normgeprägtheit“ des Art. 14 Abs. 1 GG BVerfGE 2, 237 (253 f.); BVerfGE 15, 126 (144); Henning, Der verfassungsrechtliche Eigentumsbegriff, S. 276 m. w. N. 1044 Vgl. BVerfGE 31, 229 (240 f.); BVerfGE 79, 1 (25); BVerfGE 129, 78 (101). 1045 Vgl. Papier / Shirvani, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 14, Rn. 318 ff. m. w. N.; Axer, in: B ­ eckOK Grundgesetz, Art. 14 GG, Rn. 50. 1046 Vgl. § 6 S. 1 IFG; § 9 Abs. 1 Nr. 2 UIG; § 3 Nr. 2 lit. b VIG; § 8 Abs. 1 HmbTG; § 6 Abs. 1 S. 1 BremIFG; § 16 Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 LTranspG RLP; § 10 S. 1 Nr. 2 IZG-SH; § 6 S. 1 LIFG BW; § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BbgAIG; § 8 S. 1 Var. 1 IFG M-V; § 1 S. 1 SaarlIFG i. V. m. § 6 S. 1 IFG-Bund; § 6 S. 1 IZG-LSA. Allein die Informationsfreiheitsgesetze in Hessen, Nordrhein-Westfalen, Berlin und Thüringen rekurrieren nicht ausdrücklich auf den Schutz des Immaterialgüterrechts. 1047 Siehe § 30 PatentG, § 4 Nr. 1 MarkenG, §§ 11 ff. DesignG; § 8 GebrMG; § 28 SortSchG. Vgl. Blatt, in: Brink / Polenz / Blatt, IFG, § 6, Rn. 9; Schoch, IFG, § 6, Rn. 30 ff.; Kloepfer /  von Lewinski, DVBl. 2005, 1277 (1284). Etwas anderes ergibt sich nur in Fällen von noch nicht eingetragenen und damit unveröffentlichten Erfindungen, vgl. Ramsauer, AnwBl. 2013, 410 (413); Schoch, IFG, § 6, Rn. 37 oder auf nachgelagerter Stufe durch das Inverkehrbringen eines entsprechenden Produktes, vgl. Dreier / Spiecker gen. Döhmann, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand  – Zugang und Nutzung, S. 165 (182). 1043

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

gangsbegehren effektiv zu beschränken.1048 Die informationelle Restriktionsmacht des „geistigen Eigentums“ manifestiert sich mithin zuvorderst in Schutzrechten nach dem Urhebergesetz (UrhG). (aa) Anwendbarkeit auf öffentliche Unternehmen Angesichts der fehlenden Berufungsmöglichkeit auf Art. 14 Abs. 1 GG ist auch im Rahmen des geistigen Eigentums umstritten, ob sich der Staat selbst als Zugangsverpflichteter einfachgesetzlich auf das Vorliegen eines eigenen Urheberrechts berufen darf oder ob der Ausschlussgrund allein auf Gegenrechte rein privater Dritter beschränkt ist. Ebenso wie bei der parallel auftretenden Problematik im Geheimnisschutzrecht obliegt es zunächst dem Gesetzgeber, diesen Streit auszuräumen und ausdrücklich anzuordnen, dass auch öffentliche Einrichtungen den Informationszugang mit Verweis auf eigenes geistiges Eigentum verweigern können, vgl. z. B. § 8 S. 2 IFG M-V. Trifft der Gesetzgeber dagegen wie in § 6 S. 1 IFG keine explizite Klarstellung, wird in der Literatur vereinzelt vertreten, dass die Verwaltung den Informationszugang nicht mit pauschalem Verweis auf ein ihr zustehendes Urheberrecht verweigern darf, solange keine zusätzlichen Umstände hinzutreten.1049 Nur so könne effektiv verhindert werden, dass die Verwaltung durch eine weitreichende Berufung auf Informationsverweigerungsgründe die transparenzstiftende Kontrollfunktion der Informationsfreiheitsgesetze aushebele und damit den Sinn der Informationsfreiheitsgesetze ins Gegenteil verkehre.1050 Vertreter dieser Nichtanwendbarkeits-These stellen ferner auf den Sinn und Zweck des Urheberrechts ab, den Werkersteller an den Erträgen aus der Verwertung seines Werkes wirtschaftlich partizipieren zu lassen.1051 Diese Begründung sollen Verwaltungseinheiten mangels Marktteilnehmerschaft nicht für sich beanspruchen können.1052 Die Argumenta 1048

Vgl. Schoch, IFG, § 6, Rn. 36; Ramsauer, AnwBl. 2013, 410 (413); a. A. Jastrow / Schlattmann, IFG, § 6, Rn. 17: Nach ihrer Ansicht soll in Fällen bereits eingetragener gewerblicher Schutzrechte ergänzend und als ultima ratio auch die Versagung des Informationszugangs in Betracht kommen, soweit spezielle fachgesetzlich eingeräumte Schutzmechanismen wie Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadensersatzansprüche im Einzelfall nicht ausreichen. 1049 Vgl. Schnabel, ZD 2013, 197 (198); Heuner / Küpper, JZ 2012, 801 (805) fordern aus diesem Grund eine teleologische Reduktion des § 6 S. 1 IFG auf Fälle, in denen Urheberrechte Dritter verletzt werden. 1050 Vgl. Heuner / Küpper, JZ 2012, 801 (805); Dreier / Spiecker gen. Döhmann, in: Dreier /  Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 165 (189). Aus diesem Grund leiten Maatsch / Schnabel, § 9, Rn. 22 aus der Systematik des HmbTG eine ungeschriebene Verpflichtung für „staatliche Behörden im engeren Sinn“ ab, auf die Geltendmachung urheberrechtlicher Abwehrrechte zu verzichten. 1051 Dreier / Spiecker gen. Döhmann, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 165 (189 f.). 1052 Dreier / Spiecker gen. Döhmann, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 165 (189 f.).

V. Grenzen des Informationszugangs

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tion trägt jedoch bei öffentlichen Unternehmen zumindest dann nicht, solange sie im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit am Markt den gleichen Chancen und Risiken ausgesetzt sind wie ihre privaten Konkurrenten. In diesen Fällen ist ihnen aus Gründen der „Waffengleichheit“ gleichermaßen das Recht zuzugestehen, andere vom Zugang und der Verwertung des unter Ressourceneinsatz erstellten oder erworbenen eigenen Urheberrechts auszuschließen. Auch die überwiegende Ansicht in der Literatur sowie die Gesetzesbegründung zum IFG1053 gehen davon aus, dass der Schutz eigenen Immaterialgüterrechts auch zugangsverpflichteten Einrichtungen der öffentlichen Hand zu Gute kommt.1054 Dieser Auffassung ist zuzustimmen. Solange der Wortlaut der Ausschlussgründe öffentliche Einrichtungen und Unternehmen nicht explizit von der Berufung auf eigenes geistiges Eigentum ausschließt, rechtfertigen keine inhaltlich überzeugenden Argumente eine teleologische Reduktion, die öffentlichen Unternehmen ein immaterialgüterrechtliches Schutzniveau per se versagt. Im Gegenteil, die Funktionsfähigkeit öffentlicher Unternehmen als Instrument zur öffentlichen Aufgabenerfüllung hängt maßgeblich von der Tatsache ab, dass auch die eigene innerbetriebliche Innovationssphäre einem potentiellen Zugriff Dritter entzogen ist. Öffentliche Unternehmen können sich damit grundsätzlich auf den einfachgesetzlich eingeräumten Schutz eigenen Immaterialgüterrechts berufen. (bb) Schutzgegenstand (α) Grundsatz: Werke i. S. d. § 2 Abs. 1 UrhG Das Urheberrecht schützt gem. § 2 Abs. 1 UrhG grundsätzlich „Werke der Literatur, Wissenschaft und Kunst“ als Produkte eines persönlichen geistig-kreativen Schöpfungsprozesses im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG.1055 Aus informationszugangsrechtlicher Perspektive ist entscheidend, dass sich der Immaterialgüterschutz nach dem UrhG nicht auf den Inhalt eines Werkes und die konkrete Information als solche erstreckt (diese ist urheberrechtlich „frei“), sondern lediglich auf dessen Form bzw. Darstellungsweise.1056 Urheberrechtlicher Schutzgegenstand ist damit lediglich das Werk als gestalterische „Einkleidung“ einer Information. Damit das 1053 Vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 14: „Wo einfachrechtlich vorgesehen, kann sich auch eine Behörde auf geistiges Eigentum berufen.“ 1054 Vgl. Blatt, in: Brink / Polenz / Blatt, IFG, § 6, Rn. 9; Lenski, NordÖR 2006, 89 (90); Schoch, IFG, § 6, Rn. 26 mit Verweis auf BVerwG, Urteil vom 25. 6. 2015 – 7 C 1, NVwZ 2015, 1603 ff. Nicht eindeutig dagegen Guckelberger, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 6 IFG, Rn. 2 f. 1055 Vgl Ramsauer, AnwBl. 2013, 410 (413). 1056 Vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 7. 5. 2013 – 10 S 281/12, GRUR 2013, 821 (822); Rossi, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 145 (15 3 f.); Schoch, IFG, § 6, Rn. 42; Dreier / Spiecker gen. Döhmann, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 165 (182); Raue, JZ 2013, 280 (281).

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

Werk urheberrechtlich schutzwürdig ist, muss es jedoch eine gewisse Schöpfungshöhe erreicht haben.1057 Für die Annahme einer geistig-kreativen Schöpfungshöhe ist ein hinreichendes Maß an Individualität und Originalität erforderlich.1058 Dass diese Hürde in der Praxis nicht ohne weiteres überwunden wird, illustriert das auch für öffentliche Unternehmen praxisrelevante Beispiel der wissenschaftlichen Werke nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG. Zu den grundsätzlich schutzfähigen Werken sollen insbesondere „Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art wie Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen und plastische Darstellungen“ zählen. Ob ein wissenschaftliches Werk in diesem Sinne auch eine geistig-kreative Schöpfungsleistung beinhaltet, ist grundsätzlich anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles und der Gestaltungsfähigkeit des jeweiligen Werkbereichs zu ermitteln.1059 An dieser Stelle ist zu differenzieren: Tendenziell wird man bei rein schematisch-formalisierten Ausschreibungsunterlagen, Antragsunterlagen in umweltrechtlichen Genehmigungsverfahren oder Überwachungsergebnissen einen kreativ-geistigen Individualitäts- und Originalitätsgehalt verneinen müssen.1060 Ein solcher ist allenfalls Bauplänen oder räumlich-gestalterischen Entwürfen zu attestieren.1061 Vereinzelt wird auch für Preislisten und Kataloge das Vorliegen einer Schöpfungshöhe bejaht.1062 (β) Sonderfall 1: Gemeinfreie Werke i. S. d. § 5 UrhG Einen Sonderfall bilden gemeinfreie Werke im Sinne des § 5 Abs. 1, 2 UrhG. Nach dieser Vorschrift kann an amtlichen Werken, die im amtlichen Interesse zur allgemeinen Kenntnisnahme veröffentlicht worden sind, kein Urheberrecht entstehen. Diese Werke sollen von jedermann grundsätzlich frei genutzt werden können.1063 „Amtlich“ meint hierbei nicht zwingend die Erstellung des Werkes durch einen Beamten oder öffentlich Beschäftigten.1064 Prinzipiell können damit auch Werke von öffentlichen Unternehmen dem Ausschlussgrund des § 5 Abs. 2 UrhG unterfallen, zumindest solange diese mit der Erfüllung einer öffentlichen,

1057

Die urheberrechtliche Schutzfähigkeit eines Werkes soll sich bis zur sog. „kleinen Münze“ erstrecken. Dieser Begriff beschreibt Werke, die zwar grundsätzlich simpel, aber gerade noch schutzwürdig sind, vgl. Loewenheim / Leistner, in: Schricker / Loewenheim, UrhG, § 2, Rn. 61. 1058 Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. 09. 2019 – 7 C 1.18, GRUR 2020, 189 (192). 1059 Vgl. Bullinger, in: Wandtke / Bullinger, UrhG, § 2, Rn. 139 f. m.w.N; Schulze, in: Dreier /  Schulze, UrhG, § 2, Rn. 24 ff. 1060 So zumindest im Ansatz auch Haas, S. 201. Auch die bei Schoch, IFG, § 6, Rn. 41, aufgelisteten Beispiele der Rechtsprechung lassen sich nicht auf öffentliche Unternehmen übertragen. 1061 Vgl. Ahlberg, in: BeckOK Urheberrecht, § 2 UrhG, Rn. 43. 1062 Vgl. Lenski, NordÖR 2006, 89 (93). Mit weiteren konkreten Beispielen aus der Praxis Ziekow / Debus / Musch, S. 314. 1063 Vgl. Marquardt, in: Wandtke / Bullinger, UrhG, § 5, Rn. 1. 1064 Vgl. BGH, Urteil vom 12. 06. 1981 – I ZR 95/79, GRUR 1982, 37 (40) – WK-Dokumentation; Raue, JZ 2013, 280 (283).

V. Grenzen des Informationszugangs

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hoheitlichen Aufgabe betraut sind wie beispielsweise Beliehene.1065 Handelt ein öffentliches Unternehmen als Verwaltungshelfer, lässt dies die Amtlichkeit ebenfalls nicht entfallen.1066 Ist die Tätigkeit jedoch (wie bei markttätigen öffentlichen Unternehmen die Regel) rein privatrechtlicher Natur, fehlt es bereits an der Amtlichkeit nach § 5 Abs. 1, 2 UrhG.1067 Doch selbst im Rahmen der Erfüllung öffentlicher Aufgaben wird eine Gemeinfreiheit nach § 5 Abs. 1, 2 UrhG bei Werken von öffentlichen Unternehmen regelmäßig nicht anzunehmen sein. Wesentliche Voraussetzung für die Einordnung als amtliches Werk nach § 5 Abs. 1, 2 UrhG ist die „Veröffentlichung zur allgemeinen Kenntnisnahme“. Informationen von öffentlichen Unternehmen sind indes nicht bereits dadurch zur allgemeinen Kenntnisnahme veröffentlicht, dass sie potentiell aufgrund von reaktiven oder proaktiven Veröffentlichungspflichten offengelegt werden müssen.1068 Andernfalls käme es zu einem Zirkelschluss: Informationsfreiheitsgesetze eröffnen lediglich den Zugang zu Informationen, treffen jedoch keine Aussage darüber, ob das Werk in einer vorgelagerten Stufe überhaupt bereits tatsächlich veröffentlicht wurde.1069 Erst durch den tatsächlichen Akt der allgemeinen Veröffentlichung wird das Werk gemeinfrei gestellt. Bei grundsätzlich urheberrechtlich geschützten Werken obliegt die Entscheidung der Veröffentlichung allein dem öffentlichen Unternehmen selbst. Informationsfreiheitsgesetze vermögen diesen urheberrechtlichen Schutzgedanken nicht zu überlagern.1070 Da öffentliche Unternehmen selten ein Interesse daran haben werden, von sich aus Informationen zur allgemeinen Kenntnisnahme zu veröffentlichen und damit auch Konkurrenten zugänglich zu machen, sind auch im Rahmen der öffentlichen Aufgabenerfüllung Urheberrechte von öffentlichen Unternehmen in der Regel nicht durch § 5 Abs. 2 UrhG ausgeschlossen. (γ) Sonderfall 2: Datenbanken i. S. d. § 87a UrhG Öffentliche Unternehmen können ferner Inhaber des durch die Datenbank-Richtlinie RL 96/9/EG1071 eingeführten Datenbankerstellerrechts sein, vgl. § 87a UrhG. Nach § 87a Abs. 1 S. 1 UrhG ist eine Datenbank jede Sammlung von Werken, 1065

BGH, Urteil vom 20. 07. 2006 – I ZR 185/03, GRUR 2007, 137 (138) – Bodenrichtwertsammlung; Dreier, in: Dreier / Schulze, UrhG, § 5, Rn. 5. 1066 VGH Mannheim, Urteil vom 7. 5. 2013 – 10 S 281/12, GRUR 2013, 821 (825); Kirchberg, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 277 (284). 1067 Vgl. Marquardt, in: Wandtke / Bullinger, UrhG, § 5, Rn. 6. 1068 Vgl. Raue, JZ 2013, 280 (284) mit Verweis darauf, dass das IFG gerade nicht die ungehinderte und kostenlose Verbreitung der Werke, sondern lediglich den Zugang zu Informationen bezwecke. 1069 Nordemann, in: Fromm / Nordemann, UrhG, § 5, Rn. 26; Katzenberger, in: Schricker /  Loewenheim, UrhG, § 5, Rn. 21. 1070 Vgl. Schoch, IFG, § 6, Rn. 58. 1071 Richtlinie 96/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 1996 über den rechtlichen Schutz von Datenbanken, OJ L 77, 27. 3. 1996.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

Daten oder anderen unabhängigen Elementen, die systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel oder auf andere Weise zugänglich sind. Eine ungeordnete Ansammlung von Rohdaten (sog. „Datenhaufen“) stellt mithin keine Datenbank im Sinne des UrhG dar.1072 Auch an dieser Stelle ist strikt zwischen Inhalt und Form zu trennen. Das einzelne Datum selbst ist nicht urheberrechtsschutzfähig.1073 Im Rahmen des § 87a UrhG ist lebhaft umstritten, ob die Ausnahmeregelung des § 5 Abs. 2 UrhG auch auf „amtliche Datenbanken“ Anwendung finden soll.1074 Doch selbst wenn man mit der wohl herrschenden Meinung § 5 Abs. 2 UrhG analog auch für Datenbanken der öffentlichen Hand heranzieht, verbleibt diesem Ausschlussgrund für öffentliche Unternehmen auch hier mangels Vorliegen einer „Veröffentlichung zur allgemeinen Kenntnisnahme“ in der Regel kaum ein eigenständiger Anwendungsbereich in der Praxis. (cc) Schutzumfang Der urheberrechtliche Werkschutz vermittelt nicht unmittelbar einen informationsrechtlichen „Veröffentlichungsschutz“. Das Immaterialgüterrecht kann erst dann einem Informationszugang „entgegenstehen“ (vgl. § 6 S. 1 IFG), wenn es Externe von dem Zugang zu einer Information ausschließt, also in den Worten Schochs ein „Informationsrestriktionsrecht“1075 beinhaltet. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich grundsätzlich nach Art und Umfang des nach § 31 Abs. 1, Abs. 5 S. 2 i. V. m. § 43 UrhG eingeräumten (α) Nutzungsrechts.1076 Das Urheberrecht unterscheidet in diesem Zusammenhang zwischen Veröffentlichungsrechten (β)  und Verwertungsrechten (γ). (α) Die arbeitsvertragliche Übertragung von Nutzungsrechten Wie aufgezeigt knüpft der urheberrechtliche Schutz in der Regel an das Werk als Produkt eines geistig-kreativen Schöpfungsprozesses an. Da der Schöpfungsprozess zwingend persönlich-individueller Natur sein muss, kommen prinzipiell 1072 OLG Köln, Urteil vom 15. Dezember 2006 – 6 U 229/05, ZUM 2007, 548 (549); Dreier, in: Dreier / Schulze, UrhG, § 87a, Rn. 7. 1073 Vgl. Dreier, in: Dreier / Schulze, UrhG, § 87a, Rn. 4. 1074 Ausführlich zum Meinungsstreit und im Ergebnis eine Anwendung von § 5 Abs. 2 UrhG bejahend Wirtz, S. 175 ff.; Richter, IWG, § 1, Rn. 444 ff. Dafür, dass das Vorliegen von §§ 87a UrhG der Annahme einer Gemeinfreiheit nicht grundsätzlich entgegensteht, vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 7. 5. 2013 – 10 S 281/12, GRUR 2013, 821 (825 f.). 1075 Schoch, IFG, § 6, Rn. 28. 1076 Vgl. Dreier / Spiecker gen. Döhmann, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 165 (178). Siehe auch den Wortlaut von § 6 S. 1 IFG: „soweit der Schutz des geistigen Eigentums entgegensteht“.

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auch nur natürliche Personen als Urheber des Werkes im Sinne des § 7 UrhG in Betracht.1077 Juristische Personen bzw. öffentliche Unternehmen sind hingegen grundsätzlich von einer Urheberschaft ausgeschlossen.1078 Im Rahmen der Arbeitsorganisation in öffentlichen Unternehmen wird mithin zunächst der einzelne Arbeitnehmer Urheber „seines“ Werkes. Arbeitsvertraglich lassen sich öffentliche Unternehmen in der Regel allerdings entweder ausdrücklich oder stillschweigend gemäß § 31 Abs. 1, Abs. 5 S. 2 i. V. m. § 43 UrhG ausschließliche Nutzungsrechte an dem Werk einräumen, so dass sie im Ergebnis an der Ausschlusswirkung des Urheberrechts teilhaben.1079 Grundsätzlich wird vermutet, dass der Bedienstete seinem Dienstherrn sämtliche Nutzungsrechte überträgt, die dieser zur Erfüllung seiner Aufgaben benötigt.1080 Für informationspflichtige Stellen der öffentlichen Hand geht das BVerwG grundsätzlich davon aus, dass auch die Gewährung des Zugangs zu amtlichen Informationen eine Aufgabe in diesem Sinne darstellt.1081 Diese Sichtweise hat zur Folge, dass ein Behördenmitarbeiter, der in Erfüllung seiner Dienstpflichten ein urheberrechtlich geschütztes Werk geschaffen hat, seinem Dienstherr in aller Regel alle Nutzungsrechte einzuräumen hat, die der Dienstherr benötigt, um Zugangsansprüche nach dem Informationsfreiheitsgesetz erfüllen zu können.1082 Da sich der informationsfreiheitsrechtliche Zugangsanspruch im Ausgangspunkt auf jede amtliche Information erstreckt (§ 1 Abs. 1 S. 1 IFG), ist damit auch der Umfang der zu übertragenden Nutzungsrechte grundsätzlich sehr weit. Einen Ausnahmefall bilden Datenbanken im Sinne des § 87a UrhG. Anders als bei „klassischen“ Werken nach § 2 UrhG können hier auch juristische Personen des Privatrechts und mithin öffentliche Unternehmen Inhabers dieses Schutzrechtes sui generis sein. Entscheidend für eine Zuordnung des Erstellerrechts ist allein die Frage, wer eine „wesentliche Investition“ (vgl. § 87a Abs. 2 UrhG) getätigt hat.1083 Eine (arbeits-)vertragliche Übertragung von Nutzungsrechten ist in diesen Fällen nicht erforderlich.

1077

Anstatt vieler Schulze, in: Dreier / Schulze, UrhG, § 7, Rn. 2. Anders als im Markenrecht, vgl. § 7 Nr. 2 MarkenG und bei Datenbanken im Sinne des § 87a UrhG, siehe sogleich. 1079 Vgl. Thum, in: Wandtke / Bullinger, UrhG, § 7, Rn. 13; Düwell, Das Urheberrecht als Mittel staatlicher Geheimhaltung, S. 259. Zu der stillschweigenden Rechtseinräumung im Rahmen von Arbeits- und Dienstverhältnissen Wandtke, in: Wandtke / Bullinger, § 43 UrhG, Rn. 49 ff. 1080 Vgl. Schoch, IFG, § 6, Rn. 60. 1081 BVerwG, Urteil vom 25. 06. 2015 – 7 C 1/14, NVwZ 2015, 1603 (1608). 1082 BVerwG, Urteil vom 25. 06. 2015 – 7 C 1/14, NVwZ 2015, 1603 (1608). 1083 OLG Köln, Urteil vom 28. 10. 2005 – 6 U 172/03, ZUM 2006, 234 (236), unbeanstandet in der Nachinstanz von BGH, Urteil vom 30. 04. 2009 – I ZR 191/05, GRUR 2009, 852 – Elektronischer Zolltarif; Dreier, in: Dreier / Schulze, § 87a UrhG, Rn. 11, 20. Gleiches gilt für die Einschaltung eines privaten Unternehmens als Verwaltungshelfer, vgl. Richter, IWG, § 1, Rn. 447. 1078

308

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

(β) Veröffentlichungsrechte Der Preisgabe einer bislang unveröffentlichten Information könnte zunächst das urheberrechtliche Veröffentlichungsrecht aus § 12 Abs. 1 UrhG entgegenstehen. Nach § 12 Abs. 1 UrhG hat der Urheber das Recht zu bestimmen, ob und wie sein Werk zu veröffentlichen ist. Die Entscheidung über die so genannte „Erstveröffentlichung“ liegt damit in seinen Händen.1084 Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass weder das Werk selbst noch der wesentliche Inhalt oder eine Beschreibung des Werkes zuvor mit seiner Zustimmung veröffentlicht wurde, vgl. § 12 Abs. 2 UrhG. Gemäß § 6 Abs. 1 UrhG liegt eine Veröffentlichung im urheberrechtlichen Sinne vor, wenn das Werk mit Zustimmung des Berechtigten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist.1085 Begehrt ein Dritter in diesem Sinne eine bislang unveröffentlichte und ausschließlich intern vorliegende Information, ist das Erstveröffentlichungsrecht des § 12 Abs. 1 UrhG grundsätzlich dazu geeignet, den geltend gemachten Auskunftsanspruch auszuschließen oder zumindest einzuschränken.1086 Fraglich ist indes, ob auch öffentliche Unternehmen ein über § 31 i. V. m. § 43 UrhG eigens eingeräumtes Erstveröffentlichungsrecht einem Informationsbegehren uneingeschränkt entgegenhalten dürfen. Das Bundesverwaltungsgericht hat dies für den Deutschen Bundestag grundsätzlich verneint. In einer Entscheidung zur Veröffentlichungspflicht von Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste des Parlaments zur mandatsbezogenen Unterstützung der Abgeordneten argumentierte das Gericht, dass es veröffentlichungspflichtigen Stellen in aller Regel versagt sei, eingeräumte urheberrechtliche Nutzungsrechte gegen Informationszugangsansprüche zu wenden.1087 Sie dürften von ihren urheberrechtlichen Befugnissen nur unter Berücksichtigung der Zielsetzungen des Informationsfreiheitsrechts Gebrauch machen.1088 Zur Begründung führte das BVerwG an, dass öffentliche Einrichtungen schon allein mangels Grundrechtsberechtigung im Rahmen der Berufung auf möglicherweise entgegenstehende Urheberrechte nicht frei seien, sondern angesichts ihrer besonderen Rechtsbindung gegenläufigen gesetzlichen Zielvorstellungen und den daraus folgenden rechtlichen Verpflichtungen hinreichend Rechnung tragen müssten.1089 Ein genereller Vorrang eines der Behörde zugewiesenen Urheberrechts folge aus § 6 S. 1 IFG jedenfalls nicht.1090 Ein anerkennenswertes Interesse

1084

Bullinger, in: Wandtke / Bullinger, UrhG, § 12, Rn. 1. Zur aus der Perspektive eines externen Dritten bedeutsamen Frage, ob in der Weitergabe eines Werkes an eine öffentliche Stelle bzw. ein öffentliches Unternehmen eine Veröffentlichung im Sinne des § 6 S. 1 IFG liegt, siehe C. V. 2. b) cc). 1086 So auch Raue, JZ 2013, 280 (285 f.); BVerwG, Urteil vom 25. 6. 2015 – 7 C 1/14, NVwZ 2015, 1603 (1607). 1087 BVerwG, Urteil vom 25. 06. 2015 – 7 C 1/14, NVwZ 2015, 1603 (1607). 1088 BVerwG, Urteil vom 25. 06. 2015 – 7 C 1/14, NVwZ 2015, 1603 (1607). 1089 BVerwG, Urteil vom 25. 06. 2015 – 7 C 1/14, NVwZ 2015, 1603 (1608). 1090 BVerwG, Urteil vom 25. 06. 2015 – 7 C 1/14, NVwZ 2015, 1603 (1608). 1085

V. Grenzen des Informationszugangs

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am Schutz des Urheberrechts könne die öffentliche Stelle nur ausnahmsweise dort geltend machen, wo wirtschaftliche Verwertungsmöglichkeiten betroffen seien.1091 In der Literatur stieß die Argumentation des Gerichts überwiegend auf Zustimmung1092 und deckte sich mit der dort bislang herrschenden Rechtsauffassung.1093 Auch Wegener argumentiert in einem Gutachten für das Bundesumweltministerium aus dem Jahre 2009 in die gleiche Richtung. Er führt an, dass die Reichweite der Zugangsansprüche weitestgehend zur Disposition der Behörde gestellt wäre, gestände man der Behörde eine uneingeschränkte Berufung auf den urheberrechtlichen Werkschutz zu.1094 Im Gegensatz zur Ansicht des BVerwG sollten jedoch nach seiner Auffassung veröffentlichungspflichtige Stellen ein eigenes Erstveröffentlichungsrecht auf der Ebene des originären Informationszuganges niemals entgegenhalten können.1095 Wegener unterscheidet vielmehr kategorial zwischen Informationszugang und Informationsweiterverwendung. Ein eigenes Urheberrecht solle allein auf der Ebene des Weiterverwendungsrechts zur Vermeidung einer kommerziellen Weiterverwendung des im Werk aufbereiteten Informationsmaterials Berücksichtigung finden.1096 Aus dem Urheberrecht folge damit im Ergebnis zwar ein kommerzielles Verwertungsrecht, aber kein den Informationszugang ausschließendes Geheimhaltungsrecht.1097 Es ist jedoch zweifelhaft, ob diese im Ausgangspunkt für nicht wirtschaftlich tätige Behörden entwickelte Argumentation auch auf marktaktive öffentliche Unternehmen übertragbar ist. Zwar sind auch öffentliche Unternehmen in der Regel nicht oder nur eingeschränkt grundrechtsberechtigt und können sich mithin nicht auf die 1091

BVerwG, Urteil vom 25. 06. 2015 – 7 C 1/14, NVwZ 2015, 1603 (1608); Düwell, S. 268; so implizit auch aktuell der BGH, Urteil vom 30. 04. 2020 – I ZR 139/15, GRUR 2020, 853 (858) – Afghanistan Papiere II: In der dortigen Konstellation veröffentlichte ein Presseunternehmen auf seinem Online-Portal als „Verschlusssache“ eingestufte Lageberichte zum Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr („Unterrichtung des Parlaments“, UdP). Die Bundesregierung wehrte sich gegen die Veröffentlichung mit Verweis auf ihr entgegenstehendes Urheberrecht. Der BGH stellte hierzu jedoch fest, dass zumindest urheberrechtliche Verwertungsrechte der Bundesregierung nur unwesentlich betroffen seien, da die UdP „naturgemäß nicht wirtschaftlich verwertbar“ seien. 1092 Vgl. Richter / Müller, NJW 2015, 3258 (3263); eindringlich auch Schnabel, NVwZ 2015, 1603 (1609): Die Gegenauffassung beruhe auf einem „fehlerhaften Staatsverständnis und einem Verwaltungsgeist, der weiterhin mit der Transparenz hadert“. 1093 Vgl. Ramsauer, AnwBl. 2013, 410 (414 f.); Heuner / Küpper, JZ 2012, 801 (805); Raue, JZ 2013, 280 (285 f.). 1094 Vgl. Wegener, Zum Verhältnis des Rechts auf freien Zugang zu Umweltinformationen zum Urheberrecht, Gutachten im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 09. 10. 2009 (ZG III 7 – 46043/1), Rn. 97. 1095 Vgl. Wegener, Gutachten im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Rn. 99, ­Hofmann, GRUR-Prax 2020, 264; a. A. VG Berlin, Urteil vom 22. 10. 2008, 2 A 29.08 – juris, Rn. 25 ff. 1096 Vgl. Wegener, Gutachten im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Rn. 99 mit Verweis auf OLG Köln, Urteil vom 15. 12. 2006, 6 U 229/05, MMR 2007, 443 (445). 1097 Vgl. Wegener, Gutachten im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Rn. 99; a. A. Lerach, GRUR-Prax 2020, 299 (301).

310

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

grundrechtliche „Überhöhung“ des Urheberrechtsschutzes aus Art. 14 Abs. 1 GG berufen.1098 Klar ist auch, dass das Urheberrecht im Ergebnis nicht als hoheit­ liches Geheimhaltungsrecht überdehnt oder gar missbraucht werden darf. Eine solche Interpretation würde die Effektivität des Informationszugangsrechts in seiner Gesamtheit torpedieren. Freilich muss jedoch berücksichtigt werden, dass die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit öffentlicher Unternehmen nicht erst auf der Nutzungs- und Verwertungsebene, sondern bereits auf der Zugangsebene bedroht ist.1099 Urheberrechtlich geschützte Werke wie Baupläne, Preislisten und Kataloge beinhalten nicht nur, aber häufig auch sensible Unternehmensinformationen, die private Wettbewerber angesichts ihrer uneingeschränkten Berufungsmöglichkeit auf das Erstveröffentlichungsrecht nach § 12 UrhG niemals veröffentlichen müssen. Versagt man öffentlichen Unternehmen die Geltendmachung von § 12 UrhG, entsteht ein strukturelles Chancenungleichgewicht im Wettbewerb zu Lasten von öffentlichen Unternehmen. Auch der weiterhin bestehende Schutz von Betriebsund Geschäftsgeheimnissen kann diese Informationsasymmetrie nur abmildern, jedoch nicht vollständig egalisieren. Aus der Sicht des öffentlichen Unternehmens ergeben sich vor allem dort Schutzlücken, wo ein Werk Einzelinformationen enthält, die unabhängig von ihrem Status als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis in ihrer Gesamtschau oder ihrer werkspezifischen (Re-)Kombination und Aufbereitung detaillierte und wettbewerbsrelevante Rückschlüsse auf unternehmensinterne Prozesse und Abläufe ermöglichen. So mögen im Rahmen von Kundenlisten zwar die Einzeldaten aus Geheimnisschutzgründen geschwärzt sein, es kann sich jedoch als wettbewerbsrechtlich nachteilhaft erweisen, sich von Konkurrenten bezüglich der konkreten Darstellungs- und Erfassungsform der Kundenliste „in die Karten schauen“ lassen zu müssen. Im Ergebnis geht es bei der Berufungsmöglichkeit auf das Erstveröffentlichungsrecht des § 12 UrhG nicht um die Vorenthaltung von „unter Steuergeldern produzierten Werken“1100, sondern vor allem um die Aufrechterhaltung der Wettbewerbsfähigkeit im Verhältnis zu Konkurrenten, die sich vollumfänglich auf eigenes Urheberrecht berufen können. Hinzu kommt, dass die öffentliche Stelle nach der Ansicht des BVerwG nur unter Berücksichtigung der Zielsetzungen des Informationszugangsrechts von ihren urheberrechtlich geschützten Rechtspositionen Gebrauch machen darf. Wie an späterer Stelle noch ausführlich dargelegt wird,1101 fördert der Zugang zu Informationen von öffent­ lichen Unternehmen nur sehr eingeschränkt die Zielsetzungen des Informationszugangsrechts. Vor diesem Hintergrund sind auch wettbewerbsaktiven öffentlichen Unternehmen größere und flexiblere Entscheidungsspielräume bei der Frage zuzugestehen, ob sie ihr Veröffentlichungsrecht des § 12 UrhG einem Informationszugang entgegenhalten möchten. Die Berufung auf ein urheberrechtliches Infor 1098

Düwell, S. 106; Papier / Shirvani, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 14, Rn. 337. Siehe zur Wichtigkeit einer innerbetrieblichen Innovationssphäre auf Informationszugangs­ ebene auch C. VII. 2. c) bb). 1100 Schnabel, NVwZ 2015, 1603 (1609). 1101 Vgl. C. VII. 1099

V. Grenzen des Informationszugangs

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mationsrestriktionsrecht muss nach diesem Verständnis nur dort ausgeschlossen sein, wo die Zielsetzungen des Informationszugangsrechts auch ausnahmsweise für den Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen greifen (z. B. im Rahmen der Korruptionsbekämpfung). Auch das überwiegend für das Immaterialgüterrecht angenommene Gebot der informationszugangsfreundlichen Auslegung der Ausnahmetatbestände1102 rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Wie einleitend bereits aufgezeigt, kann diese Maxime in (tripolaren) Wettbewerbs- Konstellationen ohnehin keine Geltung beanspruchen.1103 Im Ergebnis können öffentliche Unternehmen grundsätzlich einem Informations­ zugangsbegehren auch das Erstveröffentlichungsrecht nach § 12 UrhG entgegenhalten, vorausgesetzt die ausnahmsweise bestehende, spezifische Förderungsfunktion öffentlicher Unternehmen für die Zwecke des Informationszugangsrechts (z. B. im Rahmen der Korruptionsbekämpfung) realisiert sich nicht. (γ) Verwertungsrechte Neben dem Veröffentlichungsrecht nach § 12 Abs. 1 UrhG können auch urheberrechtliche Verwertungsrechte im Sinne des §§ 15 ff. UrhG einem Informationsbegehren entgegengehalten werden.1104 Gemäß § 15 Abs. 1 UrhG hat der Urheber das ausschließliche Recht, sein Werk in körperlicher Form zu verwerten. Konkret steht dem Urheber das Vervielfältigungsrecht (§ 16 UrhG), das Verbreitungsrecht (§ 17 UrhG) und das Ausstellungsrecht (§ 18 UrhG) zu. Als zusätzliche Verwertungsrechte kommen nach § 15 Abs. 2 UrhG das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht (§ 19 UrhG) sowie das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a UrhG) in Betracht. Ebenso verleiht das Datenbankerstellerrecht nach § 87b Abs. 1 S. 1 UrhG dem Datenbankinhaber die Befugnis, seine selbst erstellte Datenbank ganz oder teilweise selbst zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. Informationszugangsrechtliches Restriktionspotential unterstellt die Literatur in diesem Zusammenhang vor allem dem Vervielfältigungsrecht nach § 16 UrhG und dem Verbreitungsrecht nach § 17 UrhG.1105 Bei genauerer Betrachtung ist indes zu differenzieren: Nach § 16 Abs. 1 UrhG hat der Urheber grundsätzlich das Recht, Vervielfältigungsstücke über sein Werk herzustellen, gleichviel ob vorübergehend oder dauer 1102

Siehe zu diesem Gebot Raue, JZ 2013, 280 (286). Vgl. C. V. 1. a) bb). 1104 Für das IFG vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 14. Im Detail auch Lenski, NordÖR 2006, 89 (93 ff.); Dreier / Spiecker gen. Döhmann, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 165 (184). 1105 Vgl. Lenski, NordÖR 2006, 89 (93 ff.). Für das IFG des Bundes Guckelberger, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 6, Rn. 8 sowie BT-Drs. 15/4493, S. 14. 1103

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

haft, in welchem Verfahren und in welcher Zahl. Diese Befugnis kann einem reaktiven Auskunftsbegehren insbesondere dann entgegenstehen, wenn die zugangsverpflichtete Stelle den Informationszugang mittels Fertigung von Kopien gewähren soll.1106 Das Verbreitungsrecht nach § 17 Abs. 1 UrhG umfasst das Recht, das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten oder in Verkehr zu bringen. Das Merkmal des Inverkehrbringens ist indes nach ganz herrschender Auffassung mit Blick auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, die eine Eigentumsübertragung voraussetzt,1107 eng zu verstehen und soll nicht schon bei einer bloßen (reaktiven oder proaktiven) Zugänglichmachung eines Werkes erfüllt sein.1108 Die Erfüllung eines Informationsbegehrens verletzt mithin nicht das Verbreitungsrecht im Sinne des § 17 Abs. 1 UrhG. Mangels Inverkehrbringens kann das urheberrechtlich geschützte Verbreitungsrecht mithin keine zugangsausschließende Restriktionsmacht entfalten.1109 Ein solches ergibt sich jedoch aus dem Recht der öffentlichen Zugänglichmachung, vgl. § 19a UrhG. Diese Vorschrift gewährt dem Urheber das Recht, sein Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist. Klassischer Fall des § 19a UrhG ist das „Ins-Netz-Stellen“ von Werken.1110 § 19a UrhG beinhaltet mithin ein Informationsrestriktionsrecht für sämt­ liche Fälle der proaktiven Veröffentlichung, etwa der Einstellung einer Information auf einem Online-Transparenzportal. Die Online-Übermittlung eines Werkes an einen einzelnen Empfänger (etwa im Falle der Beantwortung eines Auskunfts­ gesuchs mittels einer E-Mail) erfüllt dagegen die Voraussetzungen des § 19a UrhG nicht.1111 In reaktiven Konstellationen steht das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung nach § 19a UrhG mithin einer Auskunftserteilung nicht entgegen. Das Verwertungsrecht des Datenbankerstellers nach § 87b Abs. 1 S. 1 UrhG beinhaltet grundsätzlich unter anderem das Vervielfältigungsrecht im Sinne des § 16 UrhG, das Verbreitungsrecht nach § 17 UrhG und das Recht der öffentlichen Zu 1106

Vgl. Dreier / Spiecker gen. Döhmann, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. ­Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand  – Zugang und Nutzung, S. 165 (184); Lenski, NordÖR 2006, 89 (94). 1107 Vgl. EuGH, Urteil vom 17. 04. 2008 – C-456/06, GRUR 2008, 604 – Le Corbusier-­Möbel II; EuGH, Urteil vom 21. Juni 2012 – C-5/11, ZUM-RD 2012, 437 – Donner; siehe hierzu Heerma, in: Wandtke / Bullinger, UrhG, § 17, Rn. 20. 1108 Vgl. Ramsauer, AnwBl. 2013, 410 (415 f.); Raue, JZ 2013, 280 (287). 1109 Vgl. Raue, JZ 2013, 280 (287); Bosesky, S. 187, nennt dies aus Sicht des Urheberschutzes „unerfreulich“. 1110 Vgl. Bullinger, in: Wandtke / Bullinger, UrhG, § 19a, Rn. 22; Dreier, in: Dreier / Schulze, UrhG, § 19a, Rn. 6. 1111 Vgl. Dreier / Spiecker gen. Döhmann, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. ­Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand  – Zugang und Nutzung, S. 165 (184), Rn. 64; Dreier, in: Dreier / Schulze, UrhG, § 19a, Rn. 7.

V. Grenzen des Informationszugangs

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gänglichmachung gemäß § 19a UrhG.1112 Die Restriktionsmacht des § 87b Abs. 1 S. 1 UrhG richtet sich damit nach den oben beschriebenen Maßstäben des zu Grunde liegenden Verwertungsrechts. Im Ergebnis können damit das Vervielfältigungsrecht nach § 16 UrhG und das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung nach § 19a UrhG den Informationszugang effektiv begrenzen. Öffentliche Unternehmen können sich grundsätzlich im Rahmen der oben für § 12 Abs. 1 UrhG skizzierten Maßstäbe zugangsausschließend auf jene Verwertungsrechte berufen, die ihnen nach §§ 31 Abs. 1, Abs. 5 S. 2, 43 UrhG eingeräumt worden sind. Sie sind jedoch an die „Schranken des Urheberrechts“ gebunden. Die informationszugangsrechtliche Restriktionsmacht der Veröffentlichungs- und Verwertungsrechte endet dort, wo das Urheberrecht seinerseits die Ausübung der Nutzungsrechte begrenzt, vgl. §§ 44a ff. UrhG.1113 So muss es der Urheber grundsätzlich nach § 45 Abs. 1 UrhG zulassen, dass ein Dritter einzelne Vervielfältigungsstücke von Werken zur Verwendung in Verfahren vor einem Gericht, einem Schiedsgericht oder einer Behörde herstellt oder herstellen lässt.1114 Von hoher praktischer Relevanz ist auch die Zulässigkeit der Privatkopie nach § 53 Abs. 1 UrhG oder die Vervielfältigung und Verbreitung von unwesentlichem Beiwerk nach § 57 UrhG.1115 (dd) Abwägungsspielräume Parallel zum Betriebs- und Geschäftsgeheimnisschutz existieren absolute Schutzklauseln ohne Abwägungsmöglichkeit und relative Schutzklauseln mit Abwägungsvorbehalt.1116 Da beide Ausschlusssystematiken für öffentliche Unterneh 1112 Vgl. Wandtke, in: Wandtke / Bullinger, UrhG, § 87b, Rn. 1. Die Auslegung der Reichweite der einzelnen Verwertungsrechte des § 87b UrhG richtet sich grundsätzlich nach dem jeweiligen zu Grunde liegenden Verwertungsrecht, vgl. Wandtke, in: Wandtke / Bullinger, UrhG, § 87b, Rn. 34, 47, 51. 1113 Vgl. Guckelberger, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 6 IFG, Rn. 8; ­Kloepfer, K & R 2006, 19 (23); Ramsauer, AnwBl. 2013, 410 (416); Lenski, NordÖR 2006, 89 (9 5 f.); Raue, JZ 2013, 280 (286 f.); Dreier / Spiecker gen. Döhmann, in: Dreier / Fischer / van Raay /  Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 165 (184). 1114 Auf behördliche Verfahren, die einen Informationszugangsanspruch zum Gegenstand haben, ist § 45 Abs. 1 UrhG indes nicht anwendbar. Andernfalls käme es zu einem Zirkelschluss, vgl. Jastrow / Schlattmann, IFG, § 6, Rn. 28; Rossi, IFG, § 6, Rn. 53; Lenski, NordÖR 2006, 89 (95); Fluck, NVwZ 1994, 1048 (1051). 1115 Vgl. Dreier / Spiecker gen. Döhmann, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. ­Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand  – Zugang und Nutzung, S. 165 (184); Lenski, NordÖR 2006, 89 (95). 1116 Beispiele für absolute Schutzklauseln sind § 6 S. 1 IFG; § 1 S. 1 SaarlIFG i. V. m. § 6 S. 1 IFG-Bund; § 6 S. 2 IZG LSA; § 8 S. 1 Var. 1 IFG M-V; § 6 Abs. 1 S. 1 BremIFG. Relative Schutzklauseln lassen sich in § 9 Abs. 1 Nr.2 UIG, § 3 Abs. 1 S. 1 Nr.2 lit.b VIG, § 5 Abs. 1 BbgAIG oder § 16 Abs. 1 Nr.1Var. 1 LTranspG RLP finden. Dass der Schutz von Betriebs- und Geschäfts-

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

men inhaltlich vergleichbar sind,1117 lassen sich die dort erarbeiteten Erkenntnisse, insbesondere zur Ermittlung und Bewertung der Geheimhaltungs- und Offenlegungsinteressen im Rahmen der gegebenenfalls vorzunehmenden Abwägung, übertragen. Sowohl die Wahl absoluter, als auch die Implementierung relativer Schutzklauseln bewegt sich nach ganz herrschender Meinung grundsätzlich im Rahmen des verfassungsrechtlich Zulässigen.1118 (4) Zwischenergebnis Öffentliche Unternehmen können einem Informationszugangsbegehren grundsätzlich auch Rechte aus eigenem „geistigen Eigentum“ entgegenhalten. Da gewerbliche Schutzrechte in der Regel ohnehin öffentlich einsehbar sind, bergen vor allem Urheberrechte informationelle Restriktionspotentiale. Geschützt ist indes nicht die Information als solche, sondern ihre gestalterisch-schöpferische Einkleidung in Werkform im Sinne des § 2 Abs. 1 UrhG. Berufen können sich öffentliche Unternehmen grundsätzlich auf ihr Erstveröffentlichungsrecht nach § 12 Abs. 1 UrhG und diverse Verwertungsrechte, welche jedoch im Einzelfall nicht vollumfänglich zur Einschränkung des Informationszugangsbegehrens herangezogen werden können. Das Restriktionspotential der urheberrechtlichen Schutzrechte findet dort ihr Ende, wo eine Berufung auf Immaterialgüterrechte den Zielsetzungen des Informationsfreiheitsrechts entgegensteht. Angesichts des eingeschränkten Zielförderungsauftrages öffentlicher Unternehmen kommt dies vor allem für Konstellationen in Betracht, in denen der Informationszugang der Korruptionsbekämpfung dient. Insgesamt schützen die Informationsfreiheitsgesetze Immaterialgüterrechte entweder absolut oder relativ. Relative Schutzklauseln ermöglichen die Vornahme einer Interessensabwägung, bei der informationelle Zurückhaltungs- mit potentiellen Offenlegungsinteressen in einen möglichst schonenden Ausgleich zu bringen sind. Doch auch in Fällen absoluter Schutzklauseln ohne Abwägungsvorbehalt ist die zuweilen geäußerte Angst vor der Entstehung eines „urheberrechtlichen Schutzwalls“1119 unbegründet: Aufgrund der nicht unerheblichen tatbestandlichen Anforderungen an das Erreichen einer Schöpfungshöhe entwickelt sich das Urhegeheimnissen und der Schutz des geistigen Eigentums nicht immer gleichlaufend einheitlich absolut oder relativ ausgestaltet sind, verdeutlicht § 6 Abs. 1 BremIFG, nach dessen S. 1 der Schutz des geistigen Eigentums absolut gewährt wird, der Schutz von Geschäftsgeheimnissen hingegen relativ ausgestaltet ist. 1117 In beiden Fällen ist das öffentliche Unternehmen nicht grundrechtsberechtigt, sieht sich aber einer Bedrohung seines durch internen Ressourceneinsatz erstellten Daten- und Informationsmaterials durch Veröffentlichungspflichten an Konkurrenten ausgesetzt. 1118 Statt vieler allgemein Schoch, IFG, Vorb. §§ 3–6, Rn. 59; Sitsen, S. 29 4 f. Eine Mindermeinung in der Literatur bezweifelt dagegen in kompetenzrechtlicher Hinsicht, ob das Landesrecht überhaupt die Behörden dazu ermächtigen kann, das Urheberrecht als Bundesrecht per Abwägungsklausel im Einzelfall faktisch außer Kraft zu setzen, vgl. Richter, IWG, § 1, Rn. 309; Lenski, NordÖR 2006, 89 (90); ausführlich hierzu auch Ramsauer, AnwBl. 2013, 410 (416 f.). 1119 Raue, JZ 2013, 280 (286).

V. Grenzen des Informationszugangs

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berrecht insgesamt mehr zu einem ergänzenden Schutzmechanismus als zu einem universellen Informationsausschlussinstrument. cc) Personenbezogene Daten Das in Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG wurzelnde Recht auf informationelle Selbstbestimmung garantiert dem Einzelnen das Recht, selbst frei über die Preisgabe und Verwendung seiner Daten zu entscheiden.1120 Das Individuum darf nicht zum hoheitlichen „Informationsobjekt“ degradiert werden.1121 Entsprechend findet auch das Informationsfreiheitsrecht dort seine Grenzen, wo der Schutz personenbezogener Daten Vorrang genießt.1122 Auf Bundesebene regelt das IFG in § 5 Abs. 1 S. 1 IFG, dass der Zugang zu personenbezogenen Daten nur gewährt werden darf, soweit das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt oder der Dritte eingewilligt hat. Da § 5 Abs. 1 S. 2 IFG explizit auf die Datenschutz-Grundverordnung VO (EU) 2016/679 (DS-GVO) verweist, ist auch für eine Bestimmung des Begriffs der personenbezogenen Daten einheitlich das Verständnis der DSGVO heranzuziehen.1123 Personenbezogene Daten sind nach Art. 4 Nr. 1 DS-GVO „alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person […] beziehen“. Umfasst sind damit Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person wie Telefonnummern oder E-Mail-Adressen.1124 Der Schutz von personenbezogenen Daten reicht damit tendenziell weit und kann häufig zur vollständigen Ablehnung von Informationszugangsbegehren oder zumindest zu Teilablehnungen in Verbindung mit Schwärzungen in den begehrten Dokumenten führen.1125 Fraglich bleibt, ob sich öffentliche Unternehmen selbst auch auf den Ausschlussgrund eigener personenbezogener Daten (z. B. aus § 5 IFG) berufen können. Wie 1120 BVerfGE 65, 1 (41 f.); siehe eingehend hierzu Di Fabio, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 2 Abs. 1, Rn. 173 ff. 1121 BVerfGE 65, 1 (48); Di Fabio, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 2 Abs. 1, Rn. 185. 1122 Vgl. § 5 Abs. 1 S. 1 IFG; § 9 Abs. 1 Nr. 1 UIG; § 3 Nr. 2 lit. a VIG; § 4 Abs. 1 HmbTG; § 5 Abs. 1 BremIFG; § 13 Abs. 1 ThürTG; § 16 Abs. 1 Nr. 2 LTranspG RLP; § 6 Abs. 1 BlnIFG; § 5 Abs. 1 LIFG BW; § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BbgAIG; § 7 IFG M-V; § 9 IFG-NRW; § 1 S. 1 SaarlIFG i. V. m. § 5 Abs. 1 S. 1 IFG-Bund; § 83 HDSIG; § 5 Abs. 1 IZG LSA. 1123 Vgl. Guckelberger, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 5 IFG, Rn. 3. 1124 BVerwG, Urteil vom 20. 10. 2016 – 7 C 27/15, NJW 2017, 1256 (1257). 1125 Empirisch belegt wird dieser Befund durch die Evaluation der Ausschlussgründe im Hamburger Transparenzgesetz: Hiernach wurden in den Jahren 2012 bis 2017 insgesamt 118 Informationszugangsanträge mit Verweis auf den Schutz von personenbezogenen Daten abgelehnt. Nur die Ausschlussgründe der Steuerfestsetzung und der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse führten häufiger zu einer Ablehnung des Antrages, vgl. Herr / Müller / Engewald / Piesker / Ziekow, Abschlussbericht zur Evaluation des HmbTG, S. 205 ff. Im Bereich der proaktiven Veröffentlichungspflichten auf einem Transparenzportal stellte der Schutz personenbezogener Daten gar den häufigsten Ausschlussgrund dar, S. 72.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

bereits angedeutet, sind mit „personenbezogenen Daten“ nur solche natürlicher Personen gemeint.1126 Öffentlichen Unternehmen als juristische Personen des Privatrechts ist es damit grundsätzlich verwehrt, den Schutz personenbezogener Daten auch für sich zu beanspruchen. Mangels Grundrechtsberechtigung von öffent­ lichen Unternehmen erübrigt sich an dieser Stelle auch die verfassungsrechtliche Diskussion, ob nicht auch juristische Personen des Privatrechts Träger des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG sein können.1127 Mit der fehlenden Berufungsmöglichkeit auf den Schutz eigener personenbezogener Daten korrespondiert indes kein per se abgeschwächtes Geheimnisschutzniveau im Verhältnis zu privaten Konkurrenten. Die Informationsfreiheitsgesetze bieten vielmehr dort, wo potentiell wettbewerbsrelevante personenbezogene Daten bereitgestellt werden müssten, alternative Instrumentarien zur Sicherung der eigenen Daten- und Informationshoheit an (z. B. die bereits skizzierten Ausschlussgründe zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen oder Immaterialgüterrechten).1128 dd) Innergesellschaftliche Vertraulichkeitssphäre Unternehmerische Einheiten sind grundsätzlich darauf angewiesen, dass sensible Betriebsinterna unter Verschluss gehalten werden können. Jede leichtfertige oder gar bewusste Preisgabe von vertraulichen Informationen an externe Dritte kann der Gesellschaft erheblichen wirtschaftlichen Schaden zufügen. Beispielsweise kann die Offenbarung von Informationen bezüglich einer internen Beratung über Vertragskonditionen, die das Unternehmen im Einzelfall zu gewähren bereit ist, dessen Verhandlungsposition in weiteren Verhandlungen signifikant schwächen.1129 Um dies zu verhindern und den Schutz der innerbetrieblichen Vertraulichkeitssphäre effektiv sicherzustellen, legt das Aktienrecht den Leitungsorganen von Kapital­ gesellschaften als besondere Ausprägung der organschaftlichen „Treuepflicht“ spezielle Vertraulichkeits- und Geheimhaltungspflichten auf.1130 Da auch die überwiegende Mehrheit der öffentlichen Unternehmen als Kapitalgesellschaft (GmbH oder AG) organisiert ist,1131 gelten diese Vertraulichkeits- und Geheimhaltungspflichten im Grundsatz auch für Entscheidungsträger in öffent­ 1126

Vgl. Brink, in: Brink / Polenz / Blatt, IFG, § 5, Rn. 16. Dies wurde vom BVerfG prinzipiell bejaht, vgl. BVerfGE 118, 168 (203); Brüning, in: Stern / Becker, GG, Art. 19, Rn. 61. Eingehend zu der aktuellen Diskussion auch Schnabel, WM 2019, 1384 ff. 1128 Vgl. Fetzer, in: Fluck / Fischer / Martini, § 5 IFG, Rn. 30; Gurlit, WM 2009, 773 (778). 1129 Vgl. OVG Münster, Beschluss vom 12. 9. 2008 – 15 A 2129/08, BeckRS 2008, 39243; Burgi, NVwZ 2014, 609 (614). 1130 Vgl. BGH, Beschluss vom 06. 03. 1997 – II ZB 4/96, NJW 1997, 1985 (1987); Kühne / Czarnecki, LKV 2005, 481 (48 3 f.); Koch, in: Hüffer / Koch, AktG, § 93, Rn. 29; Spindler, in: MüKo AktG, § 93, Rn. 130. 1131 Bundesministerium der Finanzen, Beteiligungsbericht des Bundes 2020, S. 14. 1127

V. Grenzen des Informationszugangs

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lichen Unternehmen. An dieser Stelle entsteht jedoch eine spezifische Kollisionslage zwischen informationszugangsrechtlichen Pflichten und dem aktienrechtlichem Verschwiegenheitsrecht. Leitungsorgane von öffentlichen Unternehmen sehen sich potentiell mit dem Dilemma konfrontiert, Informationen herausgeben zu müssen, die sie nach gesellschaftsrechtlichen Maßstäben eigentlich für sich behalten müssen. Es stellt sich die Frage, nach welchen Maßstäben diese Kollision aufgelöst wird und ob der Schutz der innerbetrieblichen Vertraulichkeitssphäre möglicherweise die Auskunftspflichtigkeit öffentlicher Unternehmen begrenzt. Die skizzierte Konfliktlage verkompliziert sich zusätzlich dadurch, dass die Vertraulichkeitsvorschriften für öffentliche Unternehmen zumindest im Verhältnis zum öffentlichen Anteilseigner partiell gelockert werden, vgl. §§ 394, 395 AktG. Es muss daher im Einzelfall möglicherweise dahingehend unterschieden werden, ob das öffentliche Unternehmen selbst oder der dahinterstehende öffentliche Anteilseigner informationell in Anspruch genommen wird. Mit Blick auf den Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit gilt es zu analysieren, ob und ggf. wie sich das gesellschaftsrechtlich vermittelte Schutzsystem für vertrauliche Informationen gegenüber dem Informationszugangsrecht durchsetzt und auch nach außen hin die Auskunftspflichtigkeit von öffentlichen Unternehmen effektiv begrenzt.1132 (1) Die innergesellschaftliche Vertraulichkeitssphäre in öffentlichen Unternehmen Zum vertraulichen Umgang mit Unternehmensinformationen sind grundsätzlich die Leitungsorgane der Gesellschaft verpflichtet (a). Für privatwirtschaftlich organisierte Unternehmen der öffentlichen Hand modifizieren die §§ 394, 395 AktG die bestehenden Vertraulichkeitsregelungen im Verhältnis zum öffentlichen Anteilseigner (b). (a) Organschaftliche Vertraulichkeitspflichten Hinsichtlich der Normierung von organschaftlichen Vertraulichkeitspflichten ist zwischen der Aktiengesellschaft und der Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu unterscheiden:

1132 Gesellschaftsrechtlich vermittelte Geheimhaltungspflichten sind abzugrenzen von im Wege der landesrechtlichen Selbstverwaltungsgarantie eingerichteten einfachgesetzlichen Verschwiegenheitspflichten, vgl. § 6 Abs. 2 S. 1 UKEG für das Universitätsklinikum Eppendorf als rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts in Hamburg. Für diese Form von Verschwiegenheitspflichten ist allgemein anerkannt, dass sie Informationsansprüche ausschließen, vgl. OVG Hamburg, Urteil vom 02. 07. 2018 – 3 Bf 153/15, DÖV 2018, 917.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

(aa) Aktiengesellschaft In der Aktiengesellschaft haben nach dem zwingenden1133 § 93 Abs. 1 S. 3 AktG die Vorstandsmitglieder über „vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse“, die ihnen im Rahmen ihrer Tätigkeit bekannt geworden sind, Stillschweigen zu bewahren.1134 Bei einer Zuwiderhandlung droht sogar eine Strafbarkeit nach § 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG. Gleiches gilt nach § 116 S. 1 AktG auch für die Aufsichtsratsmitglieder. Für sie wird die Pflicht zur Verschwiegenheit über vertrauliche Berichte und nicht-öffentliche (vgl. § 109 Abs. 1 AktG) Beratungen in § 116 S. 2 AktG explizit hervorgehoben. In diesem Zusammenhang sei betont, dass sich der „Vertraulichkeitsschutz“ des Aktienrechts nicht allein in dem Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen erschöpft. Dies legt bereits der oben beschriebene Wortlaut des § 93 Abs. 1 S. 3 AktG nahe: „vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft“. Der Begriff der „vertraulichen Angaben“ umfasst mithin vor allem, aber nicht nur Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse.1135 Vielmehr erstreckt sich der aktienrechtliche Vertraulichkeitsschutz auf sämtliche Informationen, deren Mitteilung sich für die Gesellschaft nachteilig auswirken kann, unabhängig davon, ob sie allgemein bekannt und daher keine Geschäftsgeheimnisse mehr sind.1136 Nach diesem Verständnis können auch Meinungsäußerungen und die Stimmabgabe in Organsitzungen oder in Personalangelegenheiten „vertrauliche Angaben“ im Sinne des § 93 Abs. 1 S. 3 AktG darstellen,1137 ohne dass sie zwingend als wirtschaftliches Betriebs- und Geschäftsgeheimnis zu qualifizieren wären. Im Ergebnis reicht der aktienrechtlich determinierte „Vertraulichkeitsschutz“ damit inhaltlich weiter als der informationsfreiheitsrechtlich vermittelte Geheimnisschutz. (bb) Gesellschaft mit beschränkter Haftung Die Verschwiegenheitspflicht des Geschäftsführers einer GmbH ist anders als im AktG nicht ausdrücklich festgeschrieben. Der Wortlaut des § 43 Abs. 1 GmbHG hält den Geschäftsführer lediglich dazu an, in den Angelegenheiten der Gesell 1133

Eine Abweichung per Satzungsänderung ist ausgeschlossen, vgl. § 23 Abs. 5 AktG. Allein die Formulierung zeigt hier, dass der Begriff der „vertraulichen Informationen“ weiterreicht als der der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, vgl. Spindler, in: MüKo AktG, § 93, Rn. 133. 1135 OVG Koblenz, Urteil vom 10. 06. 2016 – 10 A 10878/15, BeckRS 2016, 48854, Rn. 51. Die Rechtsfolgen bei einem Verstoß unterscheiden sich jedoch: Während die Verletzung vertraulicher Angaben allein zivilrechtliche Konsequenzen nach sich zieht, hat die Preisgabe von Geheimnissen nach § 404 AktG auch strafrechtliche Folgen, vgl. Spindler, in: MüKo AktG, § 93, Rn. 133. 1136 OVG Koblenz, Urteil vom 10. 06. 2016 – 10 A 10878/15, BeckRS 2016, 48854, Rn. 51; Spindler, in: MüKo AktG, § 93, Rn. 137. 1137 Vgl. Koch, in: Hüffer / Koch, AktG, § 93, Rn. 30. 1134

V. Grenzen des Informationszugangs

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schaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden. Dies schließt jedoch nach allgemeiner Auffassung auch eine grundsätzliche Verschwiegenheitspflicht ein.1138 Ist nach § 6 Abs. 1 MitbestG bzw. § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 DrittelbG in der GmbH ein obligatorischer Aufsichtsrat zu bilden, erstreckt sich die Verschwiegenheitspflicht des § 116 AktG gem. §§ 25 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG, § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG auch auf dessen Mitglieder. Da Unternehmen der öffentlichen Hand jedoch regelmäßig zu klein sind, um die Anforderungen des MitbestG oder des DrittelbG zu erfüllen, bildet der fakultative Aufsichtsrat gemäß § 52 Abs. 1 GmbHG in der Praxis den Regelfall.1139 Für diesen gelten die aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflichten nach § 52 Abs. 1 GmbHG entsprechend, können allerdings gesellschaftsvertraglich abbedungen werden. (b) Das „Informationsprivileg“ der öffentlichen Hand (aa) Aktiengesellschaft Die §§ 394, 395 AktG sind speziell auf öffentliche Unternehmen zugeschnitten. Sie tragen dem Umstand Rechnung, dass mit einer öffentlichen Beteiligung an privatrechtlich organisierten Kapitalgesellschaften kein hoheitliches Kontroll- und Steuerungsdefizit einhergehen soll, welches aus Gründen des Rechtsstaats- oder Demokratieprinzips bedenklich wäre.1140 Eine effektive Einflussnahme auf den innergesellschaftlichen Geschehensablauf setzt voraus, dass der öffentliche Anteilseigner regelmäßig Einblick in die operativen wie strategischen Entscheidungspraktiken der Leitungsorgane erhält.1141 Aus diesem Grund existieren besondere Berichts- und Informationspflichten zu Gunsten des Trägers der Beteiligung, meist der Gebietskörperschaft. Um die Berichts- und Informationspflichten im Ergebnis nicht ins Leere laufen zu lassen, müssen die strengen allgemeinen Vertraulichkeitspflichten des Aufsichtsrats zu Gunsten der entsandten Berichterstatter der Gebietskörperschaft gelockert werden (sog. Informationsprivileg der öffentlichen Hand).1142 So ordnet § 394 S. 1 AktG an, dass „Aufsichtsratsmitglieder, die auf Veranlassung einer Gebietskörperschaft in den Aufsichtsrat gewählt oder entsandt worden sind, […] hinsichtlich der Berichte, die sie der Gebietskörperschaft zu erstatten haben, keiner Verschwiegenheitspflicht [unterliegen].“

1138

Zumal die strafrechtliche Sanktionsnorm des § 85 Abs. 1 GmbHG eine solche Pflicht voraussetzt, vgl. Altmeppen, in: Roth / Altmeppen, GmbHG, § 43, Rn. 25; Fleischer, in: MüKo GmbHG, § 43, Rn. 199 ff. m. w. N. 1139 Vgl. Krüger, S. 253 m. w. N. 1140 Zu diesem Aspekt ausführlich Storr, S. 62 ff.; Mann, S. 182 ff.; Kapteina, S. 164 ff. 1141 Vgl. Mann, S. 240. 1142 Vgl. Schürnbrand, in: MüKo AktG, § 394, Rn. 2.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

Nach § 394 S. 2 AktG wird hiervon eine Ausnahme für vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gemacht, sofern ihre Kenntnis für die Zwecke der Berichte nicht von Bedeutung ist. Um auch innerhalb der Gebietskörperschaft selbst einen effektiven Geheimnisschutz zu gewährleisten, erweitert § 395 Abs. 1 AktG den Kreis der Verschwiegenheitsverpflichteten auf die Personen, die innerhalb der Gemeindeverwaltung mit der Verwaltung oder Prüfung der Beteiligungen einer Gebietskörperschaft betraut sind. Diese haben „über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die ihnen aus Berichten nach § 394 bekanntgeworden sind, Stillschweigen zu bewahren“.

Insgesamt soll über die Anwendung der §§ 394, 395 AktG ein möglichst schonender Ausgleich zwischen unternehmerischen Geheimhaltungsinteressen und der gebotenen öffentlichen Finanzkontrolle hergestellt werden.1143 (bb) Gesellschaft mit beschränkter Haftung Vorbehaltlich einer etwaigen gesellschaftsvertraglichen Abweichung gelten die §§ 394, 395 AktG auch für fakultativ eingerichtete Aufsichtsräte, vgl. § 52 Abs. 1 GmbHG. Für obligatorische Aufsichtsräte ist die Rechtslage dagegen unklar. In §§ 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG, § 25 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 MitbestG sind die §§ 394, 395 AktG ausdrücklich nicht genannt. Sachliche Gründe, die dafür sprächen, gerade in der mitbestimmten GmbH das rechtsstaatlich fundierte Informationsprivileg der öffentlichen Hand keine Anwendung finden zu lassen, drängen sich jedoch nicht auf.1144 Richtigerweise ist mithin davon auszugehen, dass die §§ 394, 395 AktG auch für zwingend einzurichtende Aufsichtsräte einschlägig sind. (2) Die informationelle Restriktionsmacht einzelner Vertraulichkeitspflichten Mit Blick auf den Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit ist zu analysieren, unter welchen Umständen das dargestellte System der gesellschaftsrechtlichen Vertraulichkeitspflichten reaktive oder proaktive Veröffentlichungspflichten zu begrenzen oder gar auszuschließen vermag und damit ausnahmsweise eine „Flucht aus dem Informationsrecht“ legitimiert. Dass die Informationsfreiheitsrechte keinen expliziten Ausschlussgrund zum Schutz „gesellschaftlicher Geheimhaltungsinteressen“ kennen, hindert die informationelle Restriktionsmacht der gesellschaftlichen Vertraulichkeitspflichten 1143 1144

Vgl. Schürnbrand, in: MüKo AktG, § 394, Rn. 2. Vgl. Schürnbrand, in: MüKo AktG, § 394, Rn. 11.

V. Grenzen des Informationszugangs

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grundsätzlich nicht. Die Geltungskraft organschaftlicher Verschwiegenheitspflichten lässt sich dogmatisch an den Ausschlussgrund der allgemeinen „Geheimhaltungs- und Vertraulichkeitspflichten“ (vgl. z. B. § 3 Abs. 1 Nr. 4 IFG, § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 LTranspG RLP, § 3 Nr. 4 BremIFG; § 4 Abs. 2 S. 2 LIFG BW) oder an den Informationsausschluss aufgrund von „höherrangige[m] Recht oder spezialgesetzliche[n] Regelungen“ (vgl. § 9 Abs. 1 HmbTG) anknüpfen.1145 Zu unterscheiden sind indes zwei- und dreipolige Konstellationen. Einerseits kann das öffentliche Unternehmen direkt selbst Auskunftsverpflichteter sein, wenn dies im Gesetz entsprechend angeordnet wird (z. B. in § 2 Abs. 3, 5 HmbTG). In diesen bipolar ausgestalteten Fällen kommt es auf das informationelle Restriktionspotential der allgemeinen organschaftlichen Vertraulichkeitspflichten (§§ 93, 116 AktG, § 43 GmbHG) an. Ordnet das Informationsfreiheitsrecht indes keine formelle Informationspflicht öffentlicher Unternehmen an (wie z. B. das IFG), muss der Informationspetent einen verfahrensrechtlichen „Umweg“ gehen und sein Informationsbegehren gegen die Behörde richten, die sich des Privaten zur Aufgabenerfüllung bedient oder die das öffentliche Unternehmen kontrolliert (vgl. § 7 Abs. 1 S. 2 IFG). Das bipolare Verhältnis erweitert sich zu einer Dreiecks-Konstellation. Begehrt der Informationssuchende gegenüber der Behörde Zugang zu Berichten und Informationen, die im Zuge der Beteiligungsverwaltung auf den öffentlichen Anteilseigner übergegangen sind, stellt sich die Frage, inwiefern die Wertungen der §§ 394, 395 AktG einen Informationszugangsanspruch ausschließen. Gleiches gilt, wenn der Informationspetent trotz unmittelbarer Informationsverpflichtung des öffentlichen Unternehmens bewusst den Zugang zu Unternehmensinformationen bei der kapitalbeteiligten Behörde begehrt und den Antrag an diese richtet. (a) Zweipolige Konstellationen: §§ 93 Abs. 1 S. 3, 116 S. 2 AktG Ob die organschaftlichen Vertraulichkeitspflichten der §§ 93 Abs. 1 S. 2, 116 S. 2, 131 Abs. 3 Nr. 1, 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG einem unmittelbaren Informationszugangsbegehren entgegengehalten werden können, ist umstritten. Die presserechtliche Rechtsprechung verneint dies.1146 Sie argumentiert, dass die Vertraulichkeits 1145 Die dogmatische Anbindung scheitert nur dort, wo die Informationsfreiheitsgesetze keinen vergleichbaren Ausschlussgrund kennen. Tendenziell umgekehrt gar die Vorschrift des § 13 Abs. 4 S. 3 IFG-NRW, die klarstellt, dass jedenfalls einem Auskunfts- und Einsichtsverlangen des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit gesetzliche Geheimhaltungsvorschriften nicht entgegengehalten werden können. Nach dem Ansatz von Spindler, ZGR 2011, 690 (702), der die Schranken des Zivil- und Wirtschaftsrechts allgemein als „ungeschriebene Restriktionen im Rahmen von §§ 5, 6 IFG“ behandelt, wäre jedoch auch dieser Umstand unerheblich, kritisch zu dieser Idee jedoch Schoch, IFG, Vorb. §§ 3–6, Rn. 37. 1146 OVG Bremen, Urteil vom 30. 10. 2019 – 1 LB 118/19 – juris, Rn. 66; BGH, Urteil vom 16. 3. 2017 – I ZR 13/16 NJW 2017, 3153 (3158) – peerblog; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 07. 03. 2014 – OVG 6 S 48/13, NVwZ 2014, 1177 (1179). Für § 85 Abs. 1 GmbHG siehe LG München I, Urteil vom 11. Oktober 2006 – 9 S 8016/06 – juris, Rn. 40; VG Hamburg, Urteil vom 25. Februar 2009 – 7 K 2428/08 – juris, Rn. 42.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

pflichten von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern in der Regel inhaltlich keine öffentlichen Geheimnisse beträfen und zudem rein formal lediglich das Leitungsorgan selbst, nicht aber die zur Auskunft verpflichtete Gesellschaft adressieren.1147 Die strafrechtlichen Sanktionsnormen des § 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG oder § 85 Abs. 1 GmbHG können schon deshalb keine Geheimhaltungsvorschrift darstellen, da in der Erfüllung eines bestehenden, einfachgesetzlich fundierten Auskunftsanspruchs keine „unbefugte“ Weitergabe der Information im Sinne des § 85 Abs. 1 GmbHG liege.1148 Einige Stimmen in der Literatur schließen sich dieser Auffassung an.1149 Sie verweisen auf den Sinn und Zweck des Informationszugangsrechts und befürchten, dass eine gesellschaftsrechtlich angeordnete Geheimhaltung ein zu weitreichendes „Einfallstor“ für die vorschnelle Zurückhaltung von Informationen darstellen könnte.1150 So warnt etwa Thormann allgemein vor einer gesellschaftsrechtlich ermöglichten „Flucht in die Nichtöffentlichkeit“.1151 Auch Krüger sieht die Gefahr, dass gesellschaftsrechtliche Geheimhaltungspflichten, sofern sie „ohne Blick auf ihren Sinn und Zweck“ angewendet werden, Informationsanfragen nach dem IFG von vornherein versperren.1152 Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung und die Mehrheit der Stimmen in der Literatur gehen dagegen davon aus, dass organschaftliche Verschwiegenheitspflichten einem Informationszugangsbegehren grundsätzlich entgegen gehalten werden können.1153 Es sei zumindest dem Landesgesetzgeber schon aufgrund von Art. 31 GG verwehrt, mittels informationsfreiheitsrechtlicher Regelungen von den bundesrechtlichen Vorschriften des Gesellschaftsrechts abzuweichen.1154 Diese Ansicht verdient Zustimmung. Bereits der Wortlaut der Ausnahmetatbestände, an die der Schutz der innergesellschaftlichen Vertraulichkeitssphäre dogmatisch an 1147

BGH, Urteil vom 16. 3. 2017 – I ZR 13/16, NJW 2017, 3153 (3158) – peerblog; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 07. 03. 2014 – OVG 6 S 48/13, NVwZ 2014, 1177 (1179). 1148 Vgl. LG München, Urteil vom 11. Oktober 2006 – 9 S 8016/06 – juris, Rn. 40; VG Hamburg, Urteil vom 25. Februar 2009 – 7 K 2428/08 – juris, Rn. 42; Krüger, S. 231. 1149 Vgl. Krüger, S. 228 ff.; Thormann, DÖV 2016, 991 (992). Katz, NVwZ 2018, 1091 (1096) verneint ein Informationsrestriktionspotential gegenüber parlamentarischen Auskunftsrechten (die freilich im Gegensatz zur Informationsfreiheit verfassungsrechtlich fundiert sind, siehe oben). 1150 Dramatisch auch der Appell des VG Regensburg, Urteil vom 2. 2. 2005, 3 K 04.01408, LKV 2005, 365 (373), nach dem es Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip nicht verdient hätten „auf dem Altar des Gesellschaftsrechts geopfert zu werden“. 1151 Thormann, DÖV 2016, 991 (992). 1152 Krüger, S. 232, 235. 1153 Vgl. OVG Koblenz, Urteil vom 10. 06. 2016  – 10 A 10878/15, BeckRS 2016, 48854, Rn. 48 ff.; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28. 01. 2015 – OVG 12 B 21/13, NVwZ 2015, 1229 (1230); Schirmer, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 3 IFG, Rn. 148.1.; ­Bosesky, S. 170; Schürnbrand, in: MüKo AktG, § 395, Rn. 14; Oetker, in: FS Reuter, S. 1091 (1104); Werner, NVwZ 2019, 449 (454). Für das HmbTG Maatsch / Schnabel, § 9, Rn. 7; implizit für das IFG Schoch, IFG, § 1, Rn. 364: „Die Grenzen wirtschaftsrechtlicher Publizitätspflichten werden im IFG nicht ignoriert, ihnen kann über §§ 5, 6 IFG und § 3 Nr. 4 IFG Rechnung getragen werden“. Für § 14 LTranspG RLP Müllmann, in: Heinemann, PraxisKommentar LTranspG RLP, S. 57. 1154 OVG Koblenz, Urteil vom 10. 06. 2016 – 10 A 10878/15, BeckRS 2016, 48854; Rn. 50.

V. Grenzen des Informationszugangs

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geknüpft wird, schließt eine Berufung auf §§ 93 Abs. 1 S. 3, 116 S. 2 AktG oder § 43 GmbHG nicht prinzipiell aus. Hinzu kommt, dass die Gegenauffassung, die vor dem Hintergrund der Zielsetzungen des Informationsfreiheitsrechts eine unzulässige Verkürzung von Auskunftsrechten fürchtet, allein rechtspolitisch motiviert, aber – anders als behauptet1155 – jedenfalls nicht verfassungsrechtlich geboten ist: Die Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG zwingt öffentliche Unternehmen grundsätzlich nicht zur Preisgabe ihres sensiblen Informationsmaterials.1156 Im Gegenteil, wie noch zu zeigen sein wird, rechtfertigt der Sinn und Zweck des Informationszugangsrechts nur in Ausnahmesituationen die Offenlegung von Informationen von wettbewerbsaktiven öffentlichen Unternehmen.1157 Unterstellt man, dass sich informationsrechtliche Auskunftsansprüche stets gegenüber dem aktienrechtlich abgesicherten Vertraulichkeitsschutz durchsetzen, nimmt man gleichzeitig bewusst Wettbewerbsnachteile und damit eine Bedrohung der funktionsgerechten Aufgabenerfüllung öffentlicher Unternehmen in Kauf:1158 Wenn sich öffentliche Unternehmen nur auf einen effektiven Geheimnisschutz, private Wettbewerber dagegen auf einen weitergehenden „Vertraulichkeitsschutz“ berufen können, entsteht ein strukturelles Chancenungleichgewicht zu Lasten von öffent­ lichen Unternehmen. Neben der konkreten Gefahr von „Ausforschungsklagen“ von Wettbewerbern1159 schreckt ein reduzierter Vertraulichkeitsschutz für öffentliche Unternehmen in letzter Konsequenz auch Privatanleger davor ab, sich an öffent­ lichen Unternehmen zu beteiligen.1160 Im Ergebnis können damit organschaftliche Vertraulichkeitspflichten gem. §§ 93, 116 AktG oder § 43 GmbHG einem Informationszugangsbegehren effektiv entgegengehalten werden. Eine Schwäche dieses Resultats liegt indes darin, dass der Vertraulichkeitsschutz nach §§ 93, 116 AktG oder § 43 GmbHG nur absolut, d. h. ohne Abwägungsmöglichkeit mit potentiellen Offenlegungsinteressen gewährt werden kann.1161 Eine einzelfallbezogene Interessensabstimmung ist damit prinzipiell nicht möglich, so dass sich die Notwendigkeit von gesetzgeberischen Korrekturen de lege ferenda aufdrängt.1162 Eine vorgeschlagene analoge Anwendung des § 131 Abs. 3 Nr. 1 AktG1163 bietet jedenfalls keinen ausreichenden Raum 1155 Vgl. Krüger, S. 256, der Aufsichtsratsmitglieder über eine verfassungskonforme Auslegung des § 116 S. 2 AktG im Einzelfall zu einer Offenlegung vertraulichen Informationsmaterials verpflichtet sieht. 1156 Vgl. C. II. 1. c) aa) (2) (a). 1157 Vgl. C. VII. 1158 Dies erkennt auch Thormann, DÖV, 2016, 991 (998), der einem öffentlichen Unternehmen dann einen Schutz durch Verschwiegenheitspflichten zugestehen möchte, wenn es am Wettbewerb teilnimmt. 1159 Vgl. Sydow / Gebhardt, NVwZ 2006, 986 (988). Zur Rechtsmissbräuchlichkeit und damit Unzulässigkeit bloßer Ausforschungsklagen gegen Konkurrenzunternehmen siehe Schnabel, ZUR 2019, 74 (77) m. w. N. 1160 Vgl. Koch, in: FS Schmidt-Preuß, S. 367 (386). 1161 Siehe hierzu auch den Hinweis von Krüger, S. 235. 1162 Vgl. C. VIII. 2. b) bb). 1163 Vgl Köhler, WRP 2007, 62 (63 ff.).

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

für die Berücksichtigung von Informationsinteressen der Öffentlichkeit und ist mithin als normativer Feinsteuerungsmodus ungeeignet.1164 (b) Dreipolige Konstellationen: §§ 394, 395 AktG Wird dagegen nicht das öffentliche Unternehmen selbst, sondern die an dem Unternehmen beteiligte Gebietskörperschaft informationell in Anspruch genommen, stellt sich die Frage, ob die behördliche Auskunftspflicht auch in dieser Konstellation durch die Vertraulichkeitspflichten der §§ 93 Abs. 1 S. 3, 116 S. 1, 2 AktG begrenzt wird oder ob die durch §§ 394, 395 AktG bewirkte Lockerung des strengen Vertraulichkeitsschutzes zu Gunsten der Beteiligungsverwaltung auch zur Folge hat, dass die Behörde gesellschaftsrechtliche Verschwiegenheitspflichten insgesamt einem Informationsbegehren nicht mehr effektiv entgegen setzen kann. Letzteres wird von der Rechtsprechung verneint.1165 Ausdrücklich hat das OVG Koblenz betont, dass die partielle Informationsöffnung nach § 394 Abs. 1 AktG nur im Innenverhältnis zur Gebietskörperschaft gelte, jedoch nicht den Vertraulichkeitsschutz im Außenverhältnis abmildere.1166 Gegenüber Externen unterlägen die Berichte der entsandten Vertreter der Gebietskörperschaft vielmehr weiterhin der Vertraulichkeitspflicht aus § 395 Abs. 1 AktG. In diesem Rahmen sei auch eine Auskunftserteilung durch die beteiligte Gebietskörperschaft gesperrt.1167 Bemerkenswert sind in diesem Zusammenhang die allgemeinen Aussagen des OVG zum Verhältnis von informationsfreiheitsrechtlichen zu aktienrechtlichen Pflichten. Das Gericht hält fest, dass öffentlichen Unternehmen trotz der besonderen Vertraulichkeitsregelungen der §§ 394, 395 AktG im Grundsatz kein informationsrechtlicher Sonderstatus zukomme. Im Gegenteil, hoheitlich beherrschte 1164 Nach § 131 Abs. 3 Nr. 1 AktG darf der Vorstand in der Jahreshauptversammlung einem Aktionär die Auskunft verweigern, soweit diese geeignet ist, der Gesellschaft oder einem verbundenen Unternehmen einen nicht unerheblichen Nachteil zuzufügen. Die Norm zielt primär darauf ab, Konkurrenten den Zugang zu sensiblen Unternehmensinterna wie Vertragsverhandlungen oder der künftigen Geschäftspolitik zu versperren, vgl. Siems, in: BeckOK Grosskommentar AktG, § 131, Rn. 38; Köhler, WRP 2007, 62 (65) und dient damit ausschließlich der Sicherung von unternehmerischen Geheimhaltungsinteressen. Der Begriff des „nicht unerheblichen Nachteils“ beinhaltet zwar eine Abwägung mit Vor- und Nachteilen einer Auskunftserteilung. Innerhalb dieser Abwägung sind jedoch allein Vor- und Nachteile für die Gesellschaft, nicht jedoch für den fragenden Aktionär berücksichtigungsfähig, vgl. Kubis, in: MüKo AktG, § 131, Rn. 116. Externe Informationsinteressen finden entsprechend in § 131 Abs. 3 Nr. 1 AktG keinen hinreichenden Niederschlag. 1165 Vgl. OVG Koblenz, Urteil vom 10. 06. 2016  – 10 A 10878/15, BeckRS 2016, 48854, Rn. 48 ff.; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28. 01. 2015 – OVG 12 B 21/13, NVwZ 2015, 1229; VG Berlin, Urteil vom 13. November 2013 – VG 2 K 41.13, ZUM-RD 2014, 598. 1166 OVG Koblenz, Urteil vom 10. 06. 2016 – 10 A 10878/15, BeckRS 2016, 48854, Rn. 48; VG Berlin, Urteil vom 13. November 2013 – VG 2 K 41.13, ZUM-RD 2014, 598 (603); Burgi, NVwZ 2014, 609 (612). 1167 OVG Koblenz, Urteil vom 10. 06. 2016 – 10 A 10878/15, BeckRS 2016, 48854, Rn. 48 f.

V. Grenzen des Informationszugangs

325

unterlägen ebenso wie rein private Kapitalgesellschaften grundsätzlich umfassend den Vorschriften des Aktienrechts.1168 Auch die landesrechtlich angeordnete Informationspflichtigkeit eines öffentlichen Unternehmens könne schon aufgrund des Art. 31 GG bundesrechtliche Rechte und Pflichten des Aktienrechts nicht suspendieren.1169 Im Gegenteil, die Gemeinde, die sich an dem öffentlichen Unternehmen beteilige, unterwerfe sich bewusst dem geltenden Gesellschaftsrecht und müsse dieses in seiner konkreten Ausgestaltung hinnehmen.1170 Diese Argumentation stößt in der Literatur überwiegend auf Zustimmung.1171 Teile der Literatur weiten die Überlegungen des OVG sogar aus: Angesichts der Wertung des Art. 31 GG sollen die §§ 394, 395 AktG einen Informationszugang auf landesrechtlicher Ebene sogar dort sperren, wo kein geschriebener Ausschlusstatbestand für gesetzliche Geheimhaltungsvorschriften existiert.1172 Das Bundesverfassungsgericht hat hingegen in seiner Entscheidung zur parlamentarischen Auskunftspflicht der Deutschen Bahn bewusst offengelassen, ob gesellschaftsrechtliche Geheimhaltungspflichten, namentlich die §§ 394, 395 AktG, zu einem Informationsausschluss führen können.1173 Es deutet jedoch im Einklang mit den obigen Erkenntnissen des OVG Koblenz an, dass sich die Steuerungsbedürfnisse des beteiligten Hoheitsträgers an das Gesellschaftsrecht anzupassen haben und nicht umgekehrt.1174 (3) Zwischenergebnis Im Ergebnis setzen sich aktienrechtliche Vertraulichkeitspflichten im Kollisionsfall vollumfänglich gegenüber Informationszugangsansprüchen von externen Dritten durch. Dies gilt unabhängig davon, ob der Auskunftssuchende das öffentliche Unternehmen selbst oder die beteiligte Gebietskörperschaft informationell in Anspruch nimmt. Insbesondere die partielle Lockerung der Geheimhaltungspflicht gemäß § 394 Abs. 1 AktG wirkt allein im Binnenverhältnis von Unternehmen und Behörde und korrespondiert nicht mit einer Abmilderung des Vertraulichkeitsschutzniveaus gegenüber informationssuchenden Dritten.

1168

OVG Koblenz, Urteil vom 10. 06. 2016 – 10 A 10878/15, BeckRS 2016, 48854, Rn. 50. OVG Koblenz, Urteil vom 10. 06. 2016 – 10 A 10878/15, BeckRS 2016, 48854, Rn. 50. 1170 OVG Koblenz, Urteil vom 10. 06. 2016 – 10 A 10878/15, BeckRS 2016, 48854, Rn. 50. 1171 Vgl. Schürnbrand, in: MüKo AktG, § 395, Rn. 14; Oetker, in: FS Reuter, S. 1091 (1104); Werner, NVwZ 2019, 449 (454). Kritisch dagegen Krüger, S. 234 zur alten Rechtslage, nach der § 395 AktG zumindest in der GmbH nicht ausdrücklich Anwendung fand. 1172 Vgl. Oetker, in: FS Reuter, S. 1091 (1104); Werner, NVwZ 2019, 449 (454); Koch, in: Hüffer / Koch, AktG, § 394, Rn. 43a m. w. N.; Rödel, S. 135, regt für das IFG-NRW eine Lösung über den Ausschlussgrund der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse an. 1173 BVerfGE 147, 50 (160); hierzu auch Koch, in: FS Schmidt-Preuß, S. 367 (381). 1174 BVerfGE, 147, 50 (137). 1169

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

ee) Funktionsfähigkeit betriebsinterner Arbeitsabläufe Auch öffentliche Unternehmen haben ein legitimes Interesse daran, dass betriebsinterne Prozesse möglichst reibungs- und störungsfrei ablaufen können. Dass es im Zusammenhang mit der Pflicht zur Bearbeitung von extern initiierten Auskunftsbegehren zu Beeinträchtigungen und Verzögerungen in innerbetrieblichen Arbeitsablauf kommen kann, ist in der Praxis unvermeidlich und von den veröffentlichungspflichtigen Stellen prinzipiell hinzunehmen.1175 Eine Ausnahme von diesem Grundsatz drängt sich jedoch dort auf, wo der Umfang des angefragten Informationsmaterials ein (gerade noch) tolerierbares Maß übersteigt und der so hervorgerufene Arbeitsaufwand im Einzelfall potentiell unzumutbare Störungen der internen Arbeitsabläufe verursacht.1176 In diesen Fällen ist die veröffentlichungspflichtige Institution in der Regel zunächst dazu angehalten, das Informationsbedürfnis des Antragsstellers auf eine andere als die begehrte Art zu befriedigen, vgl. § 1 Abs. 2 S. 2, 3 IFG. Sollte dies im Einzelfall jedoch nicht möglich sein, stellt sich die Frage, ob die öffentliche Stelle die Auskunft mit dem Verweis auf einen unverhältnismäßigen Bearbeitungsaufwand vollständig oder zumindest teilweise verweigern kann. Der Gesetzgeber und die Rechtsprechung bejahen dies grundsätzlich.1177 Sie gestatten es nicht-wirtschaftlich tätigen Behörden, sich unter besonderen und in der Praxis seltenen1178 Umständen auf den Ausschlussgrund des erhöhten Bearbeitungsaufwandes zu berufen, und zwar sogar dann, wenn die Veröffentlichungspflicht materiell-rechtlich besteht, vgl. § 7 Abs. 2 S. 1 IFG. Auf diese Weise soll die informationspflichtige Stelle „vor institutioneller Überforderung und einer Beeinträchtigung ihrer Funktionsfähigkeit“ geschützt werden.1179 Auch dort, wo es an einer ausdrücklichen Normierung durch den Gesetzgeber fehlt, soll der Verweigerungsgrund im Informationsfreiheitsrecht jedenfalls als ungeschriebener Grundsatz des Verwaltungsrechts Geltung beanspruchen.1180 An die Grenze des erhöhten Bearbeitungsaufwandes sind in der Verwaltungspraxis jedoch strenge Anforderungen zu stellen. Ein Informationsausschluss soll nur in sehr wenigen 1175

Vgl. Schoch, IFG, Vorb. §§ 3–6, Rn. 31. In der Praxis kann allein die Ermittlung und Schwärzung von geheimhaltungsbedürftigen Informationen bei besonders umfangreichen Einsichtsbegehren von bis zu 20.000 Seiten Akten einen erheblichen Kostenaufwand von ca. 56 000 € verursachen, siehe hierzu die Angaben der BaFin in einem Verfahren vor dem VGH Kassel, Beschluss vom 2. 3. 2010 – 6 A 1684/08, NVwZ 2010, 1036 (1041); Spindler, ZGR 2011, 690 (706). 1177 Siehe § 7 Abs. 2 S. 1 Var. 2 IFG; § 6 Abs. 4 BbgAIG; § 8 Abs. 2 Nr. 1 UIG; § 12 Abs. 3 Nr. 1 ThürTG; § 14 Abs. 1 Nr. 12 LTranspG RLP; § 9 Abs. 2 Nr. 1 IZG-SH; BVerwG, Urteil vom 17. 03. 2016 – BVerwG 7 C 2.15 – juris, Rn. 24. 1178 So wurden im gesamten Jahr 2008 lediglich drei Informationsanträge nach dem IFG mit Verweis auf einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand abgelehnt, vgl. Ziekow /  Debus / Musch, S. 220. 1179 BVerwG, Urteil vom 10. 04. 2019 – 7 C 22/18, NVwZ 2019, 1840 (1843). 1180 Vgl. Raabe / Heller-Meyer, NVwZ 2004, 641 (646 f.). 1176

V. Grenzen des Informationszugangs

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Ausnahmefällen und allenfalls als ultima ratio gerechtfertigt sein.1181 In der Rechtsprechung hat sich folgender Maßstab etabliert: Ein Anspruch ist nur dann mit Verweis auf unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand ausgeschlossen, wenn die Erfüllung einen im Verhältnis zum Erkenntnisgewinn des Anspruchstellers und der Allgemeinheit unvertretbaren Aufwand an Kosten oder Personal erfordert oder aber auch bei zumutbarer Personal- und Sachmittelausstattung sowie unter Ausschöpfung aller organisatorischen Möglichkeiten die Wahrnehmung der vorrangigen Sachaufgaben der Behörde erheblich behindert.1182 Nach vereinzelter Ansicht der Rechtsprechung sollen sich auch öffentliche Unternehmen auf einen unverhältnismäßigen inner­betrieblichen Arbeitsaufwand berufen können.1183 Diese Auffassung verdient Zustimmung. Hinter ihr steckt der Gedanke, dass die Bindung von Arbeits- und Personalmitteln für die Beantwortung eines Informationszugangsbegehrens grundsätzlich die allgemeine Produktivität des Unternehmens beeinträchtigt, so dass gerade öffentliche Unternehmen der erhöhten Gefahr von rechtsmissbräuchlichen, rein schikanösen Anfragen durch die Konkurrenz ausgesetzt sind. Denkbar ist, dass ein Wettbewerber eine besonders umfangreiche Informationsanfrage allein mit dem Ziel stellt, den Betriebsablauf des öffentlichen Unternehmens „lahmzulegen“ oder zumindest nachhaltig zu stören.1184 Angesichts dieser besonderen Bedrohungslage erscheint es sogar angezeigt, für öffentliche Unternehmen die materiell-rechtlichen Anforderungen an das Vorliegen eines übermäßigen und damit unzumutbaren innerbetrieblichen Bearbeitungsaufwandes zu lockern, freilich ohne sie dabei von der grundsätzlich bestehenden Darlegungsund Beweislast für das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen zu entbinden.1185 1181 Vgl. Schoch, IFG, § 7, Rn. 99. Als mildere Maßnahmen kommen beispielsweise eine Fristverlängerung für die Bearbeitung des Antrages (vgl. § 7 Abs. 5 S. 2 IFG) oder eine Berücksichtigung des Aufwandes bei der Gebührenbemessung (vgl. § 10 Abs. 2 IFG) in Betracht, vgl. Schoch, IFG, § 7, Rn. 104. 1182 BVerwG, Urteil vom 17. 03. 2016 – BVerwG 7 C 2.15 – juris, Rn. 24; VG Berlin, Urteil vom 09. 03. 2017 – VG 2 K 111.15, BeckRS 2017, 108992, Rn. 24; VGH Kassel, Beschluss vom 2. 3. 2010 – 6 A 1684/08, NVwZ 2010, 1036 (1043); VGH Kassel, Urteil vom 29. 11. 2013 – 6 A 1293/13, BeckRS 2014, 48106, Rn. 65. 1183 Vgl. VG Cottbus, Urteil vom 21. 01. 2019 – VG 5 K 1201/15, BeckRS 2019, 472, Rn. 38. Dort wurde der Ausschlussgrund auf eine kommunale Eigengesellschaft auf dem Gebiet der Trinkwasserversorgung angewendet. 1184 Vgl. § 12 Abs. 3 Nr. 1 ThürTG; § 6 Abs. 4 BbgAIG: „Vereitelung und Verzögerung von Verwaltungshandlungen“. In diese Richtung aktuell auch BVerwG, Urteil vom 15. 12. 2020 – 10 C 24/19, NVwZ 2021, 642 (643) sowie BVerwG, Urteil vom 24. 09. 2009 – 7C 2/09, NVwZ 2010, 189 (191), das einen Missbrauch im Umweltrecht (vgl. § 8 Abs. 2 Nr.1 UIG) zumindest nicht für ausgeschlossen hält, wenn der private Antragsteller die Informationen nicht für den Umweltschutz, sondern für gesetzesfremde Zwecke wie die Ausspähung eines Konkurrenten verwenden möchte. Das BVerwG stellt jedoch gleichzeitig klar, dass die Feststellung einer zweckfremden „Industriespionage“ in tatsächlicher Hinsicht Schwierigkeiten bereitet, vgl. Rn. 37. Für eine Annahme eines „verwendungsbezogenen Missbrauchs“ in dieser Konstellation auch Schnabel, ZUR 2019, 74 (77). 1185 Zur Darlegungs- und Beweislast der veröffentlichungspflichtigen Stelle siehe VGH Kassel, Beschluss vom 2. 3. 2010 – 6 A 1684/08, NVwZ 2010, 1036 (1042); VGH Kassel, Urteil vom 29. 11. 2013 – 6 A 1293/13, BeckRS 2014, 48106, Rn. 65.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

In diesem Zusammenhang sind auch die Obliegenheiten zu berücksichtigen, die ein öffentliches Unternehmen treffen. So ist einerseits der Antragsteller vor der Verweigerung des Informationszugangsbegehrens zu konsultieren.1186 Andererseits hat das öffentliche Unternehmen nachzuweisen, dass es unternehmensintern entsprechende operative Mechanismen und Abläufe etabliert hat, um Anfragen nach Informationszugang im Regelfall ohne hohen Zeit- und Personalaufwand bewältigen zu können.1187 ff) Allgemeine wirtschaftliche Interessen Bis auf den Schutz personenbezogener Daten zielen alle oben skizzierten Ausschlussgründe in letzter Konsequenz auf die Sicherung der Wirtschaftlichkeit öffentlicher Unternehmen. Hieran anknüpfend stellt sich die Frage, ob neben den speziellen Verweigerungsgründen auch eine allgemeine geschriebene oder ungeschriebene Grenze für Konstellationen besteht, in denen die Veröffentlichung der Information etwaigen wirtschaftlichen Interessen des öffentlichen Unternehmens zuwiderlaufen würde. Eine explizite Erwähnung dieses Ausschlussgrundes enthält unter anderem § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 LTranspG RLP:1188 „Der Antrag auf Informationszugang soll abgelehnt werden und die Veröffentlichung auf der Transparenz-Plattform soll unterbleiben, soweit und solange das Bekanntwerden der Information […] den wirtschaftlichen Interessen […] der natürlichen oder juristischen Personen des Privatrechts nach § 3 Abs. 2 Satz 2 schaden könnte.“

Da eigene wirtschaftliche Interessen des öffentlichen Unternehmens bereits umfassend über die Ausschlussgründe zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen oder Immaterialgüterrechten protegiert werden (siehe oben), drängt sich die Frage auf, worin der eigenständige Gehalt eines solchen Verweigerungsgrundes liegt. Es erscheint naheliegend, die Norm als allgemeinen Auffangtatbestand zu interpretieren, der vor allem dann greifen soll, wenn speziellere Ausschlussgründe im Einzelfall nicht einschlägig sind. Zwar tendiert das Bundesverfassungsgericht dazu, die Bedrohung wirtschaftlicher Interessen des öffentlichen Unternehmens gleichzeitig als Bedrohung fiskalischer Interessen des Staates zu werten und hierunter zu subsumieren.1189 Gleichwohl hat die explizite

1186

Vgl. Schoch, IFG, § 7, Rn. 113. Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. 4. 2019 – 7 C 22/18, NVwZ 2019, 1840 (1843); Schoch, IFG, § 7, Rn. 11 0 f.; Rossi, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 145 (159); insbesondere die Existenz eines elektronischen Aktenführungssystems schließt in der Regel die Berufung auf einen erhöhten Verwaltungsaufwand aus, vgl. Sydow, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 193 (203 ff.). 1188 Ähnliche Ausschlussgründe lassen sich in § 4 Abs. 1 Nr. 9 LIFG BW und § 8 S. 2 IFGNRW finden. 1189 Vgl. BVerfGE 147, 50 (156). 1187

V. Grenzen des Informationszugangs

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Normierung eines speziell auf öffentliche Unternehmen zugeschnittenen Ausschlussgrundes den Charme, dass er dazu beitragen kann, dem eingeschränkten Förderungsauftrag marktaktiver Staatsunternehmen für die Zielsetzungen des Informationsfreiheitsrechts auf differenzierte Weise Rechnung zu tragen.1190 b) Belange Dritter aa) Hintergrund Öffentliche Unternehmen können einem Informationsbegehren nicht nur eigene Rechte, sondern auch Rechte Dritter entgegenhalten. Die Gewährleistung eines hohen und effektiv durchsetzbaren Schutzniveaus für Rechte Dritter ist dabei auch für das öffentliche Unternehmen selbst von hoher Wichtigkeit. Das öffentliche Unternehmen ist im wirtschaftlichen Verkehr als Geschäftspartner nur dann attraktiv, wenn sich Dritte bei geschäftlicher Interaktion auf einen informationsrechtlichen Schutz ihres sensiblen Daten- und Informationsmaterials verlassen können: Im Rahmen von Geschäftsbeziehungen oder Vertragsverhandlungen ist es regelmäßig unvermeidlich, dass auch (sensible) Informationen zwischen den Vertragsparteien ausgetauscht werden. Gelangen vulnerable Informationen Dritter auf diesem Wege tatsächlich und dauerhaft in die Herrschafts- und Einflusssphäre eines öffentlichen Unternehmens, gelten sie als bei diesem „vorhanden“ und können damit grundsätzlich Gegenstand informationsfreiheitsrechtlicher Veröffentlichungsverpflichtungen sein.1191 Die Informationspflichtigkeit öffentlicher Unternehmen „infiziert“ damit die ursprünglich rein private Information mit einer publizitätsauslösenden Amtlichkeit. Da rein zivilrechtlich vereinbarte Geheimhaltungsklauseln im Außenverhältnis unwirksam sind,1192 können rein private Geschäftspartner von öffentlichen Unternehmen die eventuelle Preisgabe des von ihnen übermittelten Informationsmaterials nicht effektiv verhindern. Diese Gefährdungslage schreckt potentiell Dritte ab, in geschäftlichen Kontakt zu dem öffentlichen Unternehmen zu treten. Falls doch Geschäftsbeziehungen aufgenommen werden, dann womöglich nur zu Konditionen, die an das erhöhte Risiko der Preisgabe eigener Informationen angepasst sind (höhere Preise, kürzere Vertragslaufzeiten etc.). Hierdurch entsteht öffentlichen Unternehmen wiederum mittelbar ein Wettbewerbsnachteil gegenüber privaten Wettbewerbern. Zur präventiven Sicherung der Attraktivität des öffent-

1190

Vgl. C. VIII. 2. b) dd). Siehe oben B. I. 2. 1192 Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. 3. 2016 – 7 C 2/15, NVwZ 2016, 1014 (1018); Wiebe, NVwZ 2019, 1705 (1709); Schoch, IFG, Vorb. §§ 3–6, Rn. 35 m. w. N. Bosesky, S. 21 3 f. sieht in einem vertraglich vereinbarten Anspruchsausschluss einen Vertrag zu Lasten Dritter, der mangels praktischer Zustimmungsmöglichkeit eines jeden Dritten nach § 58 Abs. 1 VwVfG (schwebend) unwirksam ist. Das Bremer Informationsfreiheitsgesetz schreibt die Unwirksamkeit vertraglicher Anspruchsausschlüsse explizit fest, vgl. § 1 Abs. 2a BremIFG. 1191

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

lichen Unternehmens als Geschäftspartner ist es daher wichtig, im Rahmen von Informationsbegehren gegenüber öffentlichen Unternehmen auch den Schutz von Rechten Dritter zu berücksichtigen.1193 Als Rechte Dritter kommen hier vor allem der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen (bb), Immaterialgüterrechte (cc) und personenbezogener Daten (dd) in Betracht. bb) Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Fraglich ist zunächst, inwiefern Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Dritter, die einem öffentlichen Unternehmen im Rahmen von Geschäftsbeziehungen übermittelt wurden, einer Informationsveröffentlichung entgegenstehen. Zur Beantwortung dieser Frage kann im Ausgangspunkt auf die obigen Ausführungen zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen öffentlicher Unternehmen verwiesen werden, insbesondere der Begriff des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses ist für öffentliche wie private Geheimnisträger grundsätzlich identisch. Im Detail unterscheidet sich das garantierte Schutzniveau dennoch: Hinsichtlich einer etwaigen Einwilligung und möglichen Abwägungsentscheidungen sind Besonderheiten zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen Dritter zu berücksichtigen. Für private Geheimnisträger gewinnt zunächst der regelmäßig im Rahmen von absoluten Geheimnisschutzklauseln etablierte Einwilligungsvorbehalt an Bedeutung. Gemäß § 6 S. 2 IFG darf der Zugang zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen „nur gewährt werden, soweit der Betroffene eingewilligt hat.“ Der Geschäftspartner eines öffentlichen Unternehmens hat es damit grundsätzlich selbst in der Hand, die Veröffentlichung seiner Information zu gestatten oder zu verhindern.1194 Erteilt der Dritte seine Einwilligung, liegt streng genommen bereits begrifflich kein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis mehr vor, da es an einem entsprechenden Geheimhaltungswillen fehlt.1195 Die Einwilligung kann vorbehaltlich etwaiger Formerfordernisse (siehe hierzu sogleich) grundsätzlich auch konkludent erteilt werden.1196 Der Rückgriff auf eine mutmaßliche Einwilligung ist indes stets unzulässig.1197 Hinsichtlich der Reichweite der erteilten Einwilligung ist zwischen reaktiven und

1193 Zur Attraktivität einer öffentlichen Einrichtung als Geschäftspartner und dem abschreckenden Effekt der Veröffentlichung siehe auch BVerwG, Urteil vom 27. 11. 2014 – 7 C 12/13, NVwZ 2015, 675 (678). Gegen die Schutzwürdigkeit des Dritten noch die Erstinstanz VG Köln, Urteil vom 7. 4. 2011 – 13 K 822/10, BeckRS 2011, 50789: „Wer beabsichtigt, mit dem Staat in geschäftliche Beziehungen einzutreten, darf unabhängig vom Regime des IFG vernünftigerweise nicht erwarten, dass bereits das Kaufinteresse als solches geheim gehalten wird.“ 1194 Guckelberger, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 6 IFG, Rn. 11 spricht in diesem Zusammenhang von einer „Vetoposition“. 1195 Vgl. Guckelberger, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 6 IFG, Rn. 36; Sitsen, S. 285; Rossi, IFG, § 6, Rn. 79. 1196 Vgl. Guckelberger, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 6 IFG, Rn. 37. 1197 Vgl. Rossi, IFG, § 6, Rn. 79; Schoch, IFG, § 6, Rn. 115.

V. Grenzen des Informationszugangs

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proaktiven Veröffentlichungspflichten zu unterscheiden: Erteilt der Dritte die Einwilligung im Rahmen einer konkreten Antragstellung auf Informationszugang, muss davon ausgegangen werden, dass sich die Einwilligung zur Geheimnispreisgabe nur auf diesen Einzelfall erstreckt.1198 Es ist jedenfalls kein vernünftiger Grund erkennbar, weshalb ein Geheimnisträger direkt in eine nicht vorhersehbare Zahl von Informationsweitergaben einwilligen sollte.1199 Doch auch wenn die Einwilligung nur für den konkreten Einzelfall erteilt wurde, besteht stets die Gefahr, dass der Zugangsbegehrende (wie beispielsweise das Portal „FragDenStaat“) die aufgrund einer Einwilligung erlangte Information für die allgemeine Öffentlichkeit bereitstellt und damit die Offenkundigkeit einer Information herbeiführt.1200 Aus diesem Grund werden Dritte in der Regel die Vorteile und Risiken der Erteilung einer Einwilligung sorgfältig abwägen, zumal die Information im Anschluss an eine erteilte Einwilligung zwingend zu veröffentlichen ist und keine behördlichen Ermessens- oder Abwägungsspielräume mehr bestehen.1201 Dies gilt vor allem für die Einwilligung in die proaktive Bereitstellung einer Information. In diesen Fällen muss allein aus rein tatsächlichen Gründen unterstellt werden, dass die Einwilligung prinzipiell auch die für jedermann zugängliche Einstellung der Information auf einem Internet-Portal umfasst. Angesichts der Tatsache, dass die Einwilligung in eine proaktive Veröffentlichungspraxis damit einem faktischen Verzicht auf Geheimnisschutzinteressen gleichkommt, erscheint es gerechtfertigt, für die Erteilung derartiger Einwilligungen höhere formale Anforderungen aufzustellen als für eine reaktiven Einzeleinwilligung, die grundsätzlich formlos möglich sein soll.1202 Angesichts der besonderen Warnfunktion der Schriftform1203 bietet sich die Festschreibung dieser und ergänzend die Orientierung an den besonderen Vorgaben des Art. 7 DS-GVO an.1204 Sowohl in Fällen proaktiver als auch reaktiver Informationspolitik steht es dem Geheimnisträger frei, die inhaltliche Reichweite seiner Einwilligung auf bestimmte (Teil-)Informationen zu begrenzen („soweit“).1205 In diesen Fällen sind die herauszugebenden Akten entsprechend zu schwärzen oder um das betreffende Informationsmaterial zu kürzen.1206 Vereinzelt

1198

Vgl. Schoch, IFG, § 6, Rn. 114; Bosesky, S. 209 f. Vgl. Schoch, IFG, § 6, Rn. 114; Bosesky, S. 209 f. 1200 So auch Sitsen, S. 285. Zur zunehmenden Substitution proaktiver Informationsangebote durch private Informationsmediäre siehe C. III. 4. b). 1201 Vgl. Guckelberger, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 6 IFG, Rn. 38; Schoch, IFG, § 6, Rn. 116. 1202 Vgl. Schoch, IFG, § 6, Rn. 115. 1203 Vgl. Mansel, in: Jauernig, BGB, § 126, Rn. 2; Einsele, in: MüKo BGB, § 125, Rn. 8. 1204 So bestimmt beispielsweise § 7 Abs. 2 S. 1 DS-GVO: „Erfolgt die Einwilligung der betroffenen Person durch eine schriftliche Erklärung, die noch andere Sachverhalte betrifft, so muss das Ersuchen um Einwilligung in verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache so erfolgen, dass es von den anderen Sachverhalten klar zu unterscheiden ist.“ 1205 Vgl. Guckelberger, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 6 IFG, Rn. 38. 1206 Vgl. Jastrow / Schlatmann, IFG, § 6, Rn. 49; OVG Münster, Urteil vom 18. 12. 2013 – 5 A 413/11, BeckRS 2014, 45991, Rn. 13. 1199

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

kann der Gesetzgeber das öffentliche Unternehmen auch dazu animieren, auf die Erteilung einer Einwilligung hinzuwirken. So hat nach § 12 Abs. 7 HmbTG die auskunftspflichtige Stelle den Geheimnisinhaber auf Verlangen des Informationssuchenden um eine Einwilligung in die Weitergabe des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses zu ersuchen. Sollte der Gesetzgeber dagegen das Vorliegen einer Einwilligung nicht zur konstitutiven Tatbestandsvoraussetzung erheben,1207 sind indes private Geschäftspartner nicht vollkommen schutzlos gestellt. Mangels tatbestandlicher „Vetoposition“1208 ist dem Schutz von Geheimnisschutzinteressen Dritter vielmehr auf der Ebene der Abwägung Rechnung zu tragen. Im Rahmen von relativen Abwägungsklauseln müssen die Offenlegungs- und Geheimhaltungsinteressen grundsätzlich in einen möglichst schonenden Ausgleich zueinander gebracht werden. Hierbei sind die oben skizzierten Maßstäbe zur Interessensgewichtung zu Gunsten des privaten Geheimnisträgers zu modifizieren. Da sich rein private Unternehmen uneingeschränkt auf den aus Art. 12 und Art. 14 Abs. 1 GG vermittelten Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen berufen können, ist den Geheimhaltungsinteressen privater Geschäftspartner per se ein höheres Gewicht beizumessen als denen von öffentlichen Unternehmen, deren Geheimnisschutz lediglich einfachgesetzlich vermittelt wird. Dadurch verschieben sich die Koordinaten der Abwägungsentscheidung: Da auch die geltend gemachten Offenlegungsinteressen in der Regel nicht grundrechtlich fundiert sind, wird die Abwägung in der Regel zu Gunsten der freiheitsrechtlich abgesicherten Geheimhaltungsinteressen ausfallen.1209 cc) Immaterialgüterrechte Von hoher praktischer Bedeutung ist auch die Frage, inwiefern Immaterialgüterrechte Dritter Auskunftsansprüche gegenüber öffentlichen Unternehmen begrenzen können. Sie stellt sich vor allem dort, wo öffentliche Unternehmen externe Gutachten, Studien und Berichte erstellen lassen. In diesen Konstellationen stehen möglicherweise die Veröffentlichungs- und Verwertungsrechte des Gutachtenerstellers einer Informationspreisgabe entgegen. In Auftrag gegebene Gutachten und Studien können zunächst urheberrechtlich als Sprachwerke im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG geschützt sein, vorausgesetzt sie erreichen eine gewisse Schöpfungshöhe. Das urheberrechtliche Werk muss sich durch eine besondere Individualität und Originalität auszeichnen.1210 Bei Sprach 1207 So zum Beispiel in § 9 Abs. 1 S. 1 UIG: „es sei denn, die Betroffenen haben zugestimmt oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt“. 1208 Guckelberger, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 6 IFG, Rn. 11. 1209 Vgl. Prinz, S. 282; Maatsch / Schnabel, HmbTG, § 7, Rn. 45; für die Abwägung im Umweltinformationsrecht Reidt / Schiller, in: Landmann / Rohmer, Umweltrecht, § 9 UIG, Rn. 34; a. A. Wegener, NVwZ 2015, 609 (615). 1210 BVerwG, Urteil vom 26. 09. 2019 – 7 C 1.18, GRUR 2020, 189 (190).

V. Grenzen des Informationszugangs

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werken nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG findet sich diese schöpferische Kraft vor allem in der Form und Art der Sammlung sowie Einteilung und Anordnung des dargebotenen Stoffes, nicht hingegen ohne weiteres allein in dem innovativen Charakter des Inhalts oder dessen Gedankenformung und -führung.1211 An dieser Voraussetzung des besonders originellen Abhebens von der üblichen Darstellungsform scheitern in der Regel rein schematisch und formal standardisierte Gutachten und Studien, wie etwa Evaluierungsberichte von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften1212 oder juristische Kurzgutachten.1213 Umgekehrt wurde für ein Wertermittlungsgutachten, das sich durch eine „strukturiert[e] Gedankenführung und sprachlich[e] Gestaltung“ auszeichnete, das Erreichen einer Schöpfungshöhe angenommen.1214 Sollte ein Gutachten nach diesem Verständnis als geschütztes Werk zu qualifizieren sein, entstehen die urheberrechtlichen Ausschließlichkeitsrechte (Veröffentlichungs- und Verwertungsrechte)  aufgrund der Nichtübertragbarkeit des Urheberrechts gem. § 29 Abs. 1 UrhG grundsätzlich beim Gutachtenersteller.1215 Nach §§ 29 Abs. 2, 31 Abs. 1 UrhG kann der Gutachtenersteller dem Auftraggeber jedoch vertragliche Nutzungsrechte einräumen. Vereinbaren beide Parteien die Einräumung von Nutzungsrechten in dem Umfang, nach dem die Erfüllung von Informationszugangsansprüchen gemäß des geltenden Informationsfreiheitsgesetzes möglich sein soll, kann der Gutachtenersteller eigene Urheberrechte nicht mehr einem Auskunftsbegehren entgegenhalten.1216 Treffen die Parteien dagegen keine ausdrückliche Vereinbarung, richtet sich der Umfang der eingeräumten Nutzungsrechte grundsätzlich nach der Zweckübertragungsregel des § 31 Abs. 5 S. 1 UrhG. Nach dieser werden nur die Nutzungsrechte stillschweigend übertragen, die für das Erreichen des Vertragszwecks unerlässlich sind.1217 Im informationsfreiheitsrechtlichen Kontext stellt sich die Frage, ob die Erfüllung von Informationszugangsansprüchen unter den Vertragszweck im Sinne des § 31 Abs. 5 S. 1 UrhG fällt. Dies hätte zur Folge, dass unter Zugrundelegung der Zweckübertragungsregel im Regelfall unterstellt werden muss, dass der Gutachtenersteller dem öffentlichen Unternehmen als Auftraggeber jedenfalls stillschweigend die Nutzungsrechte einräumt, die eine umfassende Informationspreisgabe nach dem geltenden Informationsfreiheitsgesetz ermöglichen. Im Rahmen von arbeitsrechtlichen Dienstverhältnissen wird dies grundsätzlich bejaht.1218 In Bezug auf das Verhältnis zwischen dem ex 1211

Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. 09. 2019 – 7 C 1.18, GRUR 2020, 189 (192). Vgl. Maatsch / Schnabel, HmbTG, § 9, Rn. 1; VG Magdeburg, Urteil vom 23. 01. 2018 – 6 A 343/16, ZD 2018, 284 (287). 1213 Vgl. BGH, Urteil vom 17. 04. 1986 – I ZR 213/83, GRUR 1986, 739 (741) – Anwaltsschriftsatz. 1214 Vgl. LG Hamburg, Urteil vom 15. 05. 2009 – 308 O 580/08, ZUM-RD 2010, 80 (82). 1215 Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. 06. 2015 – 7 C 1/14, NVwZ 2015, 1603 (1607); Schoch, IFG, § 6, Rn. 59; zur Unübertragbarkeit siehe Hoche, in: Wandtke / Bullinger, UrhG, § 29, Rn. 4 ff. 1216 Vgl. Lenski, NordÖR 2006, 89 (95 f.); Rossi, IFG, § 6, Rn. 54; Schoch, IFG, § 6, Rn. 60. 1217 Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. 06. 2015 – 7 C 1/14, NVwZ 2015, 1603 (1607). 1218 Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. 06. 2015 – 7 C 1/14, NVwZ 2015, 1603 (1607); BGH, Urteil vom 12. 05. 2010 – I ZR 209/07, GRUR 2011, 59 (60); Schoch, IFG, § 6, Rn. 60. 1212

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

ternen Gutachtenersteller und dem öffentlichen Unternehmen als Auftraggeber erscheint eine informationsfreundliche Anwendung des § 31 Abs. 5 S. 1 UrhG indes nicht uneingeschränkt geboten: Weitgehende Einigkeit herrscht zunächst darüber, dass in der bloßen Übergabe des Schriftwerks in der Regel noch keine konkludente Übertragung des Erstveröffentlichungsrechts zu Gunsten des öffentlichen Unternehmens nach § 31 Abs. 1, 5 S. 1 UrhG gesehen werden kann.1219 Etwas anderes soll nach der herrschenden Auffassung in der Rechtsprechung und der Literatur jedoch dort gelten, wo eine Behörde ein Gutachten für öffentliche Zwecke gegen Entgelt in Auftrag gegeben hat.1220 In diesen Fällen sei von einer stillschweigenden Übertragung von sämtlichen Nutzungsrechten auszugehen, die eine Informationsbereitstellung nach außen ermöglichen.1221 Begründet wird diese These damit, dass auch die Erfüllung von Informationsanfragen einen – wenn auch untergeordneten – Teil der Aufgabenstellung der Behörde bilde, für deren Zwecke die Gutachten gefertigt wurden.1222 Diese auf nicht-wirtschaftliche Behördentätigkeit zugeschnittene Argumentation lässt sich jedoch nur bedingt auf marktaktive öffentliche Unternehmen übertragen. Wie noch zu zeigen sein wird, tragen diese nur bedingt zur Erfüllung der Zielsetzungen des Informationszugangsrechts bei und bilden damit einen „Fremdkörper“ im System des Informationszugangsrechts.1223 Es kann damit nicht pauschal unterstellt werden, dass öffentliche Unternehmen ein Gutachten zumindest auch zu Zwecken der späteren Preisgabe an die Informationsöffentlichkeit in Auftrag geben. Im Gegenteil, naturgemäß werden öffentliche Unternehmen, die sich in einem Wettbewerbsumfeld mit privaten Konkurrenten bewegen, ein stärkeres Interesse daran haben, urheberrechtlich geschütztes Material gerade nicht ungehindert potentiellen Wettbewerbern zur Verfügung stellen zu müssen. Aus diesem Grund kann die Zweckübertragungsregel des § 31 Abs. 5 S. 1 UrhG auf öffentliche Unternehmen, die Gutachten oder Studien in Auftrag geben, keine Anwendung finden. Eine stillschweigende Übertragung von auskunftsermöglichenden Nutzungsrechten darf auch bei einer Gutachtenerstellung gegen Entgelt nicht pauschal angenommen werden. Sie kommt allenfalls dort in Betracht, wo konkrete Anhaltspunkte dafür erkennbar sind, dass sowohl das öffentliche Unternehmen als auch der externe Gutachtenersteller eine spätere Publikation des Gutachtens bewusst in Kauf nehmen oder der Gesetzgeber explizit den Auftrag an sämtliche informationspflichtigen Stellen richtet, sich um die informationsfreundliche Übertragung von Nutzungsrechten zu bemühen, vgl. § 10 Abs. 3 S. 3 HmbTG.1224 1219 Vgl. Schoch, NVwZ 2017, 643 (648); Schnabel, GRUR 2018, 780 (782); Wandtke, in: Wandtke / Bullinger, UrhG, § 12, Rn. 16; a. A. nur OVG Koblenz, Urteil vom 28. 09. 2016 – 8 A 10342/16.OVG, NVwZ 2017, 643 (646). 1220 Vgl. OVG Münster, Urteil vom 24. 11. 2017 – 15 A 690/16, BeckRS 2017, 134489, Rn. 46; VG Berlin, Urteil vom 21. 10. 2010 – 2 K 89.09 – juris, Rn. 38; Schnabel, GRUR 2018, 780 (782); Schoch, IFG, § 6, Rn. 61. 1221 VG Berlin, Urteil vom 21. 10. 2010 – 2 K 89.09 – juris, Rn. 38. 1222 VG Berlin, Urteil vom 21. 10. 2010 – 2 K 89.09 – juris, Rn. 38. 1223 Vgl. C. VII. 2. 1224 § 10 Abs. 3 S. 3 HmbTG lautet: „Soweit an Dokumenten im Sinne des Satzes 2 [u. a. Gutachten und Studien] das Urheberrecht eines oder einer Dritten der Nutzung, Weiterverwendung

V. Grenzen des Informationszugangs

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Verbleiben nach dem hier zu Grunde gelegten Verständnis die urheberrecht­ lichen Ausschließlichkeitsrechte grundsätzlich beim Gutachtenersteller, kann vor allem dessen Erstveröffentlichungsrecht nach § 12 Abs. 1 UrhG einem Informationszugangsrecht entgegengehalten werden.1225 § 12 Abs. 1 UrhG gilt jedoch nur für bislang unveröffentlichte Werke.1226 Sobald der Urheber sein Werk selbst veröffentlicht oder die Veröffentlichung des Werkes mit seiner Zustimmung erfolgt, gilt das Erstveröffentlichungsrecht als „verbraucht“.1227 Es steht einem Auskunftsanspruch nicht mehr entgegen. Mithin hängt die informationelle Restriktionsmacht des Erstveröffentlichungsrechtes des Gutachtenerstellers maßgeblich vom Zeitpunkt der erstmaligen Veröffentlichung des Werkes ab. Ob ein Werk veröffentlicht wurde, richtet sich grundsätzlich nach § 6 S. 1 UrhG. Nach dieser Vorschrift ist ein Werk veröffentlicht, wenn es mit Zustimmung des Berechtigten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist. Der Begriff der „Öffentlichkeit“ beschreibt in diesem Zusammenhang einen nicht von vornherein abgrenzbaren Personenkreis.1228 Umstritten ist, ob bereits in der Übergabe des Werkes an die Behörde bzw. das öffentliche Unternehmen eine Veröffentlichung im Sinne des § 6 S. 1 UrhG liegt. Eine Literaturansicht bejaht dies und stellt maßgeblich darauf ab, dass für eine Veröffentlichung bereits die Möglichkeit der Kenntnisnahme einzelner Personen ausreiche.1229 Entscheidend sei, dass das Werk durch die Übergabe an die Behörde die geschützte Sphäre des Urhebers verlasse und damit abstrakt dem Zugriff der Allgemeinheit ausgesetzt sei.1230 Spätestens seit dem Erlass des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes müsse der Urheber stets davon ausgehen, dass sein Werk bei einer Weitergabe an einer Behörde grundsätzlich jedermann zugänglich gemacht werden könne.1231 Indem er der Behörde den Zugriff auf sein Werk gewähre, stimme der Urheber konkludent einer Veröffentlichung seiner Information zu im Sinne des § 6 S. 1 UrhG.1232 Diese Auffassung stößt jedoch ganz überwiegend auf oder Verbreitung entgegenstehen würde, hat die veröffentlichungspflichtige Stelle bei der Beschaffung der Information darauf hinzuwirken, dass ihr die erforderlichen Nutzungsrechte eingeräumt werden.“, vgl. hierzu Maatsch / Schnabel, HmbTG, § 10, Rn. 26 f. 1225 Wie oben bereits angedeutet, erstreckt sich das Erstveröffentlichungsrecht zunächst nur auf den Teil des Gutachtens oder der Studie, der auch urheberrechtlichen Schutz genießt, vgl. Rossi, IFG, § 6, Rn. 42 f.; Dreier / Spiecker gen. Döhmann, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 165 (180). Dies ist in der Regel nicht die Information als solche, sondern lediglich die Darstellungsform („Einkleidung“) der Information. Die Information selbst ist, soweit sie der Öffentlichkeit unbekannt ist, lediglich nach anderen Ausschlussgründen, etwa dem Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, geschützt, vgl. Wegener, Gutachten im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Rn. 45. Für ein Rechtsanwaltsgutachten, das Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse enthalten kann, siehe OVG Hamburg, Urteil vom 02. 07. 2018, 3 Bf 153/15, DÖV 2018, 917. 1226 Vgl. Bullinger, in: Wandtke / Bullinger, UrhG, § 12, Rn. 13. 1227 Vgl. Bullinger, in: Wandtke / Bullinger, UrhG, § 12, Rn. 13; Schoch, IFG, § 6, Rn. 43. 1228 Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. 06. 2015 – 7 C 1.14, GRUR-RR 2016, 137 (140). 1229 Vgl. Raue, JZ 2013, 280 (285); Schnabel, K & R 2011, 626 (631). 1230 Vgl. Raue, JZ 2013, 280 (285). 1231 Vgl. Raue, JZ 2013, 280 (285). 1232 Vgl. Raue, JZ 2013, 280 (286).

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

Ablehnung. Die Mehrheit in Literatur und Rechtsprechung sieht richtigerweise in der Weitergabe des Werkes keine Veröffentlichung und damit keinen „Verbrauch“ des Erstveröffentlichungsrechts.1233 Nach dem Verständnis der Mindermeinung könnte § 12 Abs. 1 UrhG niemals einen Informationszugang versperren, da der Antrag auf Informationsherausgabe naturgemäß erst dann gestellt werden kann, wenn das Werk bereits in die Sphäre der auskunftspflichtigen Stelle übergegangen ist (siehe B. I. 2.).1234 Dieses Ergebnis ist jedoch mit der für Dritte sogar grundrechtlich fundierten Schutzfunktion des Ausschlussgrundes zum Schutz von Immaterialgüterrechten unvereinbar.1235 Hinzu kommt der Umstand, dass in der Weitergabe eines Werkes an einen einzelnen Behörden- bzw. Unternehmensmitarbeiter noch keine Preisgabe an einen unbegrenzten oder unbestimmten Personenkreis gesehen werden kann.1236 Es fehlt damit bereits an einer „Öffentlichkeit“ im Sinne des § 6 S. 1 UrhG. Nicht zuletzt begegnet die Konstruktion einer konkludenten Einwilligung in die Veröffentlichung erheblichen Bedenken. Zweifelhaft ist bereits, ob dem Gutachtenersteller ein nötiges Erklärungsbewusstsein attestiert werden kann.1237 Abseits dieser Besonderheiten für die Fälle der externen Gutachtenerstellung vollzieht sich auch der Immaterialgüterschutz Dritter im Informationsfreiheitsrecht grundsätzlich nach den oben bereits dargestellten1238 Maßstäben. Ein wesentlicher Unterschied liegt indes auch hier in der Tatsache, dass der Schutz des „geistigen Eigentums“ rein privater Geschäftspartner grundrechtlich über die Eigentumsfreiheit nach Art. 14 Abs. 1 GG abgesichert ist und damit etwaige Abwägungsentscheidungen tendenziell zu Gunsten etwaiger Geheimhaltungsinteressen ausfallen. dd) Personenbezogene Daten Mit Blick auf die Ausgangsfrage der vorliegenden Untersuchung ist zu konstatieren, dass der Schutz von personenbezogenen Daten Dritter im Gegensatz zum Geheimnis- oder Immaterialgüterschutz Externer allenfalls andeutungsweise zur juristischen Feinsteuerung des spezifischen Konfliktfeldes zwischen Offenlegungsund Geheimhaltungsinteressen beiträgt. Jeder einzelne Mitarbeiter eines öffent­ lichen Unternehmens kann sich zwar grundsätzlich auf die Geheimhaltung seiner personenbezogenen Daten wie Name oder Anschrift berufen.1239 Die Gefahr der 1233

Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. 09. 2019 – 7 C 1.18, GRUR 2020, 189 (192); VG Braunschweig, Urteil vom 17. 10. 2007 – 5 A 188/06, ZUM 2008, 254 (256); Schoch, IFG, § 6, Rn. 45, Ramsauer, AnwBl. 2013, 410 (415). 1234 Vgl. Schoch, IFG, § 6, Rn. 45; VG Braunschweig, Urteil vom 17. 10. 2007 – 5 A 188/06, ZUM 2008, 254 (256). 1235 Vgl. VG Braunschweig, Urteil vom 17. 10. 2007 – 5 A 188/06, ZUM 2008, 254 (256); Ramsauer, AnwBl. 2013, 410 (415). 1236 Vgl. Schoch, IFG, § 6, Rn. 45. 1237 Bosesky, S. 184 f. 1238 Vgl. C. V. 2. a) bb). 1239 Vgl. Guckelberger, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 5 IFG, Rn. 3.

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„Ausforschung“ und damit der informationellen Unterminierung der Wettbewerbsposition des öffentlichen Unternehmens besteht jedoch regelmäßig schon deshalb nicht, weil private Konkurrenten kaum ein gesteigertes Interesse an Einzeldaten von natürlichen Personen haben werden, solange diese keinen konkreten Unternehmensbezug aufweisen, etwa indem sie als Kundensammlung in gebündelter und aufbereiteter Form vorliegen. In diesen Fällen greift jedoch vorrangig der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen des öffentlichen Unternehmens.1240 Denkbar wäre allenfalls das Interesse eines Wettbewerbers an den Kontaktdaten eines Whistleblowers, der unternehmensinterne Missstände aufdeckt. Allerdings bestehen auch für diese Konstellation spezielle datenschutzrechtliche Schutzmechanismen, die einen Informationszugang durch Dritte ausschließen.1241 c) Öffentliche Belange Auch der Schutz öffentlicher Belange kann einem Informationszugang entgegenstehen. Die Informationsfreiheitsgesetze kennen vor allem Ausschlussregelungen zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, innerbehördlicher Entscheidungsprozesse oder intra- oder supranationaler Beziehungen.1242 Diese Verweigerungsgründe sind für öffentliche Unternehmen allenfalls am Rande von Bedeutung. Stattdessen spielt für öffentliche Unternehmen in der Praxis vor allem eine Rolle, inwiefern die Sicherung der Funktionsfähigkeit regulierungsbehördlicher Tätigkeiten (aa) oder der Schutz allgemeiner fiskalischer Interessen des Staates (bb) bzw. laufender Gerichtsverfahren (cc) informationelles Restriktionspotential birgt. aa) Funktionsfähigkeit regulierungsbehördlicher Tätigkeiten Nicht selten begrenzen Informationsfreiheitsgesetze den Zugang zu amtlichen Informationen dort, wo die Funktionsfähigkeit regulierungsbehördlicher Tätigkeit in Gefahr ist.1243 Gemäß § 3 Nr. 1 lit. d IFG besteht ein Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Information nachteilige Auswirkungen auf Kontroll- oder Aufsichtsaufgaben der Finanz-, Wettbewerbs- und Regulierungs 1240

Siehe C. V. 2. a) aa) (2) (b) (aa), speziell zur Einordnung von Kundensammlungen als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis BGH, Urteil vom 27. 04. 2006 – I ZR 126/03, NJW 2006, 3424 (3425 f.). 1241 Im Detail zu diesen Greve, ZD 2014, 336 ff. m. w. N. Zu den Grenzen der umgekehrten Konstellation, in der sich zwar kein Wettbewerber, aber ein einzelner Beschäftigter eines (öffentlichen) Unternehmens auf seinen Auskunftsanspruch nach Art. 15 Abs. 1, 3 DSGVO hinsichtlich jeglicher ihn betreffender Datenverarbeitung beruft, siehe Wünschelbaum, BB 2019, 2012 ff.; BfDI, 7. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit 2018–2019, S. 11. 1242 Siehe beispielsweise § 3 Nr. 1, 2 i. V. m. § 4 IFG. 1243 Vgl. § 3 Nr. 1 lit. d IFG; § 3 Nr. 1 lit. b BremIFG; § 12 Abs. 1 Nr. 1 lit. d ThürTG; § 14 Abs. 1 Nr. 6 LTranspG RLP; § 4 Abs. 1 Nr. 3 LIFG BW; § 82 Nr. 1 lit. c HDSIG; § 3 Abs. 1 Nr. 1 lit. c IZG LSA.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

behörden haben kann. Hintergrund dieses Ausschlussgrundes ist, dass Regulierungsbehörden vor allem im Telekommunikations- und Energiesektor im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags wettbewerbsrelevante und sensible Unternehmens- und Marktdaten erhalten, deren ungehinderte Offenlegung potentiell dazu geeignet ist, massive Wettbewerbsbehinderungen- und Verfälschungen auszulösen.1244 Es besteht konkret die Gefahr, dass Marktteilnehmer die Regulierungsbehörden ausschließlich deshalb informationell in Anspruch nehmen, um an wettbewerbsrelevante Geheimdaten ihrer Konkurrenten zu gelangen und sich dadurch illegitime Wettbewerbsvorteile zu verschaffen.1245 Ein „Ausspähen“ im Wettbewerb soll vermieden werden. Im Zusammenhang mit Informationen, die bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vorliegen, erhält der Ausschlussgrund eine besondere Bedeutung: Die BaFin ist zur Erfüllung ihrer Kontroll- und Aufsichtsaufgaben in erheblichem Maße auf eine (freiwillige) informationelle Kooperation mit den regulierten oder zu regulierenden Unternehmen angewiesen.1246 Die Bereitschaft zur Informationsbereitstellung sänke jedoch massiv, müssten die Regulierten stets befürchten, dass Aufsichtsbehörden das ihr zur Verfügung gestellte Informationsmaterial aufgrund informationsfreiheitsgesetzlicher Verpflichtungen an die Öffentlichkeit und insbesondere konkurrierende Marktteilnehmer herauszugeben hätten.1247 Aus diesem Grund weist die BaFin an sie gerichtete Informationsanfragen im Regelfall zurück und wahrt damit reflexartig auch die Geheimnisschutzinteressen öffentlicher Unternehmen.1248 Die Rechtsprechung tritt dieser Praxis jedoch entgegen, indem sie das Tatbestandsmerkmal der „nachteiligen Auswirkungen“ äußerst restriktiv auslegt: Nicht jede allgemeine zu befürchtende Einschränkung der Kooperationsbereitschaft solle bereits ausreichen, es müsse vielmehr eine erhebliche und spürbare Beeinträchtigung der Regulierungstätigkeit vorliegen.1249 Sie argumentiert, dass eine zu großzügige Anwendung des § 3 Nr. 1 lit. d IFG die sach- und problembezogenen speziellen Geheimnisschutzvorschriften überspiele.1250 Diese von der Literatur zum Teil massiv kritisierte1251 Interpretation führte bislang dazu, dass sich die BaFin in keinem einzigen Fall auf den Ausschlussgrund 1244

Vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 9; Ziekow / Debus / Musch, S. 281. Vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 9 f.; Sellmann / Augsberg, WM 2006, 2293 (2300); Spindler, ZGR 2011, 690 (702). 1246 Vgl. Schirmer, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 3 IFG, Rn. 83; Benecke /  Spiecker gen. Döhmann, JZ 2015, 1018 (1022). 1247 Vgl. Benecke / Spiecker gen. Döhmann, JZ 2015, 1018 (1022) m. w. N. 1248 Vgl. Benecke / Spiecker gen. Döhmann, JZ 2015, 1018 (1022). 1249 BVerwG, Urteil vom 10. 4. 2019 – 7 C 22/18, NVwZ 2019, 1840 (1843); BVerwG, Beschluss vom 23. 06. 2011 − 20 F 21/10, NVwZ 2012, 112 (114); VGH Kassel, Beschluss vom 02. 03. 2010 – 6 A 1684/08, NVwZ 2010, 1036 (1039). 1250 BVerwG, Urteil vom 10. 04. 2019 – 7 C 22/18, NVwZ 2019, 1840 (1843); Gurlit, NZG 2018, 1097 (1099); Spindler, ZGR 2011, 690 (704 f.). 1251 Vgl. Schirmer, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 3 IFG, Rn. 84.5; Benecke /  Spiecker gen. Döhmann, JZ 2015, 1018 (1022); Bosesky, S. 168 f. 1245

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des § 3 Nr. 1 lit. d IFG berufen konnte.1252 Dass dieser Befund im Ergebnis zu nicht hinnehmbaren Schutzlücken führt, steht jedoch nicht zu befürchten. Im Einzelfall werden Informationszugangsansprüche bereits aufgrund der spezialgesetzlich angeordneten Geheimhaltungspflicht der BaFin-Mitarbeiter gemäß § 3 Nr. 4 IFG i. V. m. §§ 9 Abs. 1 KWG, § 21 Abs. 1 WpHG zu versagen sein.1253 bb) Fiskalische Interessen des Staates Die Mehrzahl der Informationsfreiheitsgesetze beinhaltet einen speziellen Ausschlussgrund zum Schutz von fiskalischen Interessen der öffentlichen Hand im Wirtschaftsverkehr.1254 Unter anderem nach § 3 Nr. 6 Var. 1 IFG besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Information geeignet wäre, fiskalische Interessen des Bundes im Wirtschaftsverkehr zu beeinträchtigen. In Hamburg wurde dagegen ein entsprechender Ausschlussgrund mit der Einführung des HmbTG ersatzlos gestrichen,1255 was nur den Schluss zulässt, dass fiskalische Interessen in der informationsfreiheitsrechtlichen Vergangenheit bis dahin keine oder nur eine untergeordnete Rolle gespielt haben.1256 Entsprechend darf die praktische Bedeutung des Ausschlussgrundes trotz verfassungsrechtlicher Anerkennung1257 nicht überbewertet werden.

1252 Vgl. Benecke / Spiecker gen. Döhmann, JZ 2015, 1018 (1022); Gurlit, NZG 2014, 1161 (1166). 1253 So auch Benecke / Spiecker gen. Döhmann, JZ 2015, 1018 (1023); a. A. Schirmer, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 3 IFG, Rn. 84.5. Sellmann / Augsberg, WM 2006, 2293 (2300) schlagen dagegen eine Lösung über § 3 Nr. 7 IFG vor. 1254 Siehe auf Bundesebene § 3 Nr. 6 Alt. 1 IFG; § 3 S. 1 Nr. 1 lit. c VIG. Das UIG hingegen kennt keinen ausdrücklichen Ausschluss wegen der Bedrohung fiskalischer Interessen. Auf Landesebene siehe § 3 Nr. 6 IFG Bremen; § 3 Abs. 1 Nr. 6 IZG-SH; § 4 Abs. 1 Nr. 9 IFG-BW; § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 TranspG-RLP. § 8 S. 2 IFG-NRW statuiert einen Ausschlussgrund für Informationen, die wegen „ihrer volkswirtschaftlichen Bedeutung im öffentlichen Interesse“ geheim zu halten sind. 1255 Der Ausschlusstatbestand des § 8 Nr. 4 HmbIFG-2009 sah vor: Der „Antrag ist abzulehnen, wenn das Bekanntwerden der Information geeignet wäre, fiskalische Interessen der Freien und Hansestadt Hamburg im Wirtschaftsverkehr zu beeinträchtigen.“ 1256 Vgl. Herr / Müller / Engewald / Ziekow, DÖV 2018, 165 (170). Dieser Befund wird auch empirisch belegt: In Rahmen der Evaluation des Hamburger Transparenzgesetzes wurden auskunftspflichtige Stellen befragt, ob es zu Schäden aufgrund der Streichung der bisherigen Ausnahmevorschrift zum Schutz fiskalischer Interessen gekommen sei. Die antwortenden auskunftspflichtigen Stellen verneinten dies allesamt, siehe hierzu im Detail Herr / Müller / Engewald /  Piesker / Ziekow, Abschlussbericht zur Evaluation des HmbTG, S. 212 f. 1257 BVerfGE 147, 50 (156 ff.): Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts stellen fiskalische Interessen des Staates am Schutz sensibler Informationen seiner (Beteiligungs-)Unternehmen einen verfassungsrechtlichen Staatswohlbelang dar.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

(1) Sinn und Zweck Aufschlussreiche Erkenntnisse zum Sinn und Zweck des Ausschlussgrundes liefert die Gesetzesbegründung zu § 3 Nr. 6 IFG.1258 Nach dieser hat der Staat ein erhebliches Interesse daran, seine Einnahmen zu schützen. Da er sich jedoch mangels Grundrechtsberechtigung nicht auf die verfassungsrechtlich fundierten Ausschlussgründe zugunsten privater Wirtschaftsinteressen berufen kann, soll § 3 Nr. 6 IFG diese Schutzlücke schließen und damit haushaltsrechtlichen Grundsätzen wie § 63 Abs. 3 BHO und § 34 Abs. 1 BHO Rechnung tragen.1259 Bei genauerer Betrachtung verbirgt sich hinter diesem Auftrag eine duale Zielrichtung: Auf den ersten Blick dient der Schutz fiskalischer Interessen der Sicherung des Staatshaushaltes und der hoheitlichen Einnahmenerzielung.1260 Dieser Zweck ist vor allem in Bezug auf den Einsatz öffentlicher Unternehmen von großer Bedeutung. Dessen Handlungen haben naturgemäß erhebliche Auswirkungen auf den Staatshaushalt. Deutlich wird dies anhand der skizzierten Vorgaben des Haushalts- und Kommunalrechts, die die Zulässigkeit der Errichtung und des Betriebs öffentlicher Unternehmen unter den Vorbehalt der Wirtschaftlichkeit stellen.1261 Die öffentliche Hand muss gewährleisten, dass „ihr“ Unternehmen dazu imstande ist, die verursachten Kosten auch durch eigens erzielte Einnahmen zu decken. Ein Verlustausgleich aus Haushaltsmitteln ist grundsätzlich zu vermeiden.1262 Mithin ist die öffentliche Hand dazu angehalten, die Einnahmenerzielung der von ihr finanzierten öffentlichen Unternehmen zu schützen und deren wirtschaftliche Effizienz sicherzustellen. Durch die Pflicht zur ungehinderten Offenlegung von Unternehmensinformationen gerät jedoch die Wettbewerbsfähigkeit und damit die Wirtschaftlichkeit öffentlicher Unternehmen in Gefahr.1263 Dies kann sich negativ auf fiskalische Interessen auswirken, insbesondere dann, wenn mangels Rentabilität des öffentlichen Unternehmens immer umfangreichere hoheitliche Finanzierungsmaßnahmen erforderlich werden oder der Marktwert der öffentlichen Beteiligung an einem gemischtwirtschaftlichen Unternehmen sinkt.1264 Dass Informationszu-

1258

Vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 11. Vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 11. 1260 Vgl. BVerwG, Urteil vom 7. 11. 2014 – 7 C 12/13, NVwZ 2015, 675 (676); Schoch, IFG, § 3, Rn. 278; Schirmer, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 3 IFG, Rn. 172. 1261 Siehe hierzu ausführlich bereits unter B. II. 2. a) cc) (2). 1262 Vgl. Knauff, in: Schmidt / Wollenschläger, § 6, Rn. 28. 1263 Vgl. Benecke / Spiecker gen. Döhmann, JZ 2015, 1018 (1020). Auch das Bundesverfassungsgericht erkennt an, dass ein effektiver Geheimnisschutz wesentliche Funktionsbedingung für den wirtschaftlichen Erfolg eines öffentlichen Unternehmens ist, vgl. BVerfGE 147, 50 (156): „Auch wenn privatrechtlich organisierte Unternehmen, die sich ganz oder mehrheitlich in öffentlicher Hand befinden, keinen Grundrechtsschutz genießen, besteht doch zumindest ein auch verfassungsrechtlich anerkennenswertes öffentliches Interesse daran, dass deren Betriebsund Geschäftsgeheimnisse geschützt werden. Andernfalls könnte der Staat nicht über solche Gesellschaften mit dem Ziel wirtschaftlich erfolgreichen Handelns am Markt teilnehmen […].“ 1264 Vgl. BVerfGE 147, 50 (156). 1259

V. Grenzen des Informationszugangs

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gangsansprüche allein zum Schutz der Staatskasse eingeschränkt werden können, stößt jedoch vereinzelt auf Kritik, zumal die Verwendung öffentlicher Mittel erfahrungsgemäß in einem besonders korruptionsanfälligen Umfeld stattfindet.1265 Daher ist in den Ausschlussgrund richtigerweise eine zweite Schutzrichtung hineinzulesen: Angesichts des Zusatzes „im Wirtschaftsverkehr“ liegt es nahe, dass der Schutz fiskalischer Interessen zumindest auch der allgemeinen Herstellung fairer Wettbewerbsbedingungen dient.1266 Privatwirtschaftlichen Akteuren soll nicht die Möglichkeit eröffnet werden, den Staat mithilfe des Informationszugangsrechts im Rahmen seiner wirtschaftlichen Betätigung am Markt auszuforschen, um sich auf diese Weise eigene Wettbewerbsvorsprünge zu verschaffen.1267 Die Gewährleistung eines einheitlichen Schutzniveaus für wirtschaftliche Informationen der öffentlichen Hand einerseits und privaten Akteuren andererseits fördert damit schlussendlich vor allem die (informationelle) Chancengleichheit im Markt.1268 (2) Tatbestandsvoraussetzungen Die tatbestandliche Weite der Ausschlussgründe zum Schutz fiskalischer Interessen stößt in der Literatur zuweilen auf Kritik: So wird die Befürchtung geäußert, dass eine zu großzügige Handhabung des Verweigerungsgrundes nicht dazu verleiten dürfe, die „interessantesten“ Informationen von der Öffentlichkeit abzuschirmen.1269 Um zu verhindern, dass der Ausschlussgrund letztendlich zur faktischen Bereichsausnahme für alle fiskalischen Tätigkeiten zweckentfremdet wird, legt auch die Rechtsprechung die Tatbestandsmerkmale des Ausschlussgrundes tendenziell restriktiv aus.1270 (a) Schutzgut: Fiskalische Interessen im Wirtschaftsverkehr Der Ausschlussgrund umfasst nicht jedes fiskalische Interesse, sondern allein fiskalische Interessen im Wirtschaftsverkehr. Dieser Zusatz verdeutlicht, dass Fiskalinteressen nur dann informationsrechtlich geschützt sind, wenn der Staat wie

1265 Vgl. Kloepfer / von Lewinski, DVBl. 2005, 1277 (1286); Rossi, IFG, § 3, Rn. 57; Schoch, IFG, § 3, Rn. 278. 1266 Vgl. BVerwG, Urteil vom 07. 11. 2014 – 7 C 12/13, NVwZ 2015, 675 (677); Schoch, IFG, § 3, Rn. 279. 1267 VG Hamburg, Urteil vom 27. 08. 2010 – 7 K 619/09 – juris, Rn. 58; Jaus, S. 293. 1268 Dahinter steht letztendlich die zuweilen angezweifelte Prämisse, dass der wirtschaftlich agierende Staat im Ausgangspunkt ebenso geschützt werden muss wie ein wirtschaftlich agierender Privater, vgl. Schirmer, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 3, Rn. 173.1 m. w. N. 1269 Wendt, AnwBl. 2005, 702 (703); für das VIG Heinicke, in Zipfel / Rathke, Lebensmittelrecht, § 3 VIG, Rn. 16 f. 1270 Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. 11. 2014 – 7 C 12/13, NVwZ 2015, 675 (676); Jaus, S. 292.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

ein Dritter als Marktteilnehmer am Privatrechtsverkehr und am Wirtschaftsleben teilnimmt und seine wirtschaftlichen Interessen ebenso schutzwürdig wie die Privater sind.1271 Der Staat agiert „im Wirtschaftsverkehr“, wenn er im Wettbewerb mit Gewinnerzielungsabsicht handelt, unabhängig davon, ob auch er auch tatsächlich einen Gewinn erzielt.1272 Da der eindeutige Wortlaut des Ausschlussgrundes lediglich fiskalische Interessen erfasst, ist es nicht zwingend erforderlich, dass der Staat auch fiskalisch handelt.1273 Die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit ist mithin grundsätzlich ebenso geschützt wie das fiskalische Hilfsgeschäft.1274 Damit ist der Ausschlussgrund insbesondere auf die staatliche Markttätigkeit mittels öffentlicher Unternehmen zugeschnitten.1275 Dies gilt im Übrigen auch dann, wenn das öffentliche Unternehmen selbst keiner formellen Auskunftspflicht unterliegt, vgl. § 7 Abs. 1 S. 2 IFG. Es reicht in diesem Zusammenhang bereits aus, dass sich die begehrte Information auf ein fiskalisches Handeln der öffentlichen Stelle bezieht und damit die fiskalischen Interessen der dahinter stehenden Gebietskörperschaft betroffen sind.1276 Nimmt der Staat am Wirtschaftsverkehr teil, sind seine fiskalischen Interessen vor allem dort betroffen, wo er wettbewerbsrelevante Informationen preisgeben müsste, die private Wettbewerber gerade zurückhalten könnten.1277 Dies ist freilich nicht nur dann der Fall, wenn der Staat selbst als Wettbewerber auftritt.1278 Der Ausschlussgrund soll vor allem auch die wettbewerbsverzerrende Ausforschung durch Nachfrager oder potentielle Vertragspartner verhindern.1279 Folglich können auch fiskalische Interessen von öffentlichen Monopolunternehmen berührt sein. Offenbart beispielsweise ein öffentliches Eisenbahnunternehmen interne Kostenstrukturen und Budgets, kann dies negative Auswirkungen auf die Vertragsverhandlungen mit zu beauftragenden Werkunternehmern haben.1280 Letztere könnten unter Berücksichtigung der preisgegebenen Informationen dazu verleitet werden, ihre Angebote zu Lasten des öffentlichen Unternehmens anzupassen. In diesem Sinne verhindert der Ausschlussgrund letztendlich, dass der Fiskus durch die eingeläutete Abkehr von der arcana imperii unberechtigte Nachteile im Marktgeschehen erleidet. Umgekehrt schützt der Ausschlussgrund auch nicht vor Ab 1271

Vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 11; OVG Münster, Urteil vom 19. 03. 2013  – 8 A 1172/11, BeckRS 2013, 51675; Schoch, IFG, § 3, Rn. 283. 1272 Vgl. Schoch, IFG, § 3, Rn. 285; OVG Münster, Urteil vom 19. 03. 2013 – 8 A 1172/11, BeckRS 2013, 51675. 1273 Vgl. Schirmer, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 3 IFG, Rn. 174. 1274 Vgl. Schirmer, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 3 IFG, Rn. 174, OVG Münster, Urteil vom 19. 03. 2013 – 8 A 1172/11, BeckRS 2013, 51675; a. A. Jaus, S. 293. 1275 Vgl. Schirmer, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 3 IFG, Rn. 171.1; Benecke /  Spiecker gen. Döhmann, JZ 2015, 1018 (1022). 1276 Vgl. Jaus, S. 292 f. 1277 Vgl. Schoch, IFG, § 3, Rn. 285, Rossi, IFG, § 3, Rn. 57. 1278 Vgl. Schoch, IFG, § 3, Rn. 283; Schirmer, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 3 IFG, Rn. 175. 1279 Vgl. BT-Drs. 15/5606, S. 5, Schoch, IFG, § 3, Rn. 283. 1280 BVerfGE 147, 50 (156).

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wendung materiell berechtigter Ansprüche, etwa im Zuge einer (rechtmäßigen) Insolvenzanfechtung.1281 (b) Gefährdung des Schutzgutes Die meisten Ausschlussgründe stellen sprachlich darauf ab, dass die Offenlegung der Information dazu geeignet sein muss, das Schutzgut der fiskalischen Interessen im Wirtschaftsverkehr zu beeinträchtigen.1282 Diese Formulierung impliziert, dass der Verweigerungsgrund nach dem Vorbild ordnungsrechtlicher Gefährdungstatbestände konstruiert ist.1283 Explizit deutlich macht dies der Wortlaut des §§ 12 Abs. 1 Nr. 7 lit. f ThürTG: „Der Antrag auf Informationszugang ist abzulehnen, soweit das Bekanntwerden der amt­ lichen Information eine konkrete Gefährdung für […] die fiskalischen Interessen der [veröffentlichungspflichtigen] Stellen im Wirtschaftsverkehr begründen kann.“

Es muss mithin eine konkrete Gefährdung für fiskalische Interessen im Wirtschaftsverkehr vorliegen. Die Gefahr einer Beeinträchtigung darf grundsätzlich nicht schon aufgrund der Tatsache unterstellt werden, dass die veröffentlichungspflichtige Stelle erwerbswirtschaftlich tätig wird.1284 Es müssen vielmehr im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sich der öffentlichen Hand durch die Informationsoffenlegung konkrete Wettbewerbsnachteile von einigem Gewicht ergeben.1285 Für eine Beurteilung der Frage, ob Interessen von einigem Gewicht berührt sind, kommt es maßgeblich auf die Wettbewerbsrelevanz der betreffenden Information an: Ausschlaggebend ist, ob sich ein in Konkurrenz stehender Wettbewerber oder ein potentieller Vertragspartner die Informationen wirtschaftlich zu Nutze machen kann.1286 Hierfür ist eine Gefahrenprognose aufzustellen: Die veröffentlichungspflichtige Stelle hat anhand von objektiv nachvollziehbaren Fakten und Tatsachen darzulegen,1287 dass sich der durch die Bekanntmachung der Information erlittene Wettbewerbsnachteil beispielsweise in konkreten Einnah 1281

Vgl. VG Hamburg, Urteil vom 07. 05. 2010 – 19 K 974/10, BeckRS 2010, 49050. Eine Ausnahme bildet die allgemeinere Formulierung des § 4 Nr. 9 LIFG BW: „Der Anspruch auf Informationszugang besteht nicht, soweit und solange das Bekanntwerden der Informationen nachteilige Auswirkungen haben kann auf die Interessen der informationspflichtigen Stellen im Wirtschaftsverkehr.“ 1283 Vgl. Schoch, IFG, § 3, Rn. 290. 1284 Vgl. Schoch, IFG, § 3, Rn. 290; Schirmer, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 3 IFG, Rn. 180, so aktuell auch VG Frankfurt a. M., Urteil vom 20. 11. 2019 – 11 K 5067/ 17.F, WM 2020, 229 (231). 1285 BVerwG, Urteil vom 27. 11. 2014 – 7 C 12/13, NVwZ 2015, 675 (676). Für Schoch, IFG, § 3, Rn. 292, müssen dagegen keine Beeinträchtigungen von „hinreichendem“ oder „erheb­ lichem“ Gewicht vorliegen. Der Wortlaut des § 3 Nr. 6 IFG liefere keinen Anhaltspunkt für eine derartige Restriktion und erfasse grundsätzlich jede Form der Beeinträchtigung. 1286 Vgl. Polenz, in: Brink / Polenz / Blatt, § 3 IFG, Rn. 120. 1287 Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. 11. 2014 – 7 C 12/13, NVwZ 2015, 675 (677 f.). Zur Darlegungslast der veröffentlichungspflichtigen Stelle siehe auch Schoch, IFG, § 3, Rn. 295. 1282

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

meverlusten niederschlagen kann.1288 Nicht ausreichend sind dagegen allgemeine Befürchtungen, etwa für potentielle Geschäftspartner aufgrund der abschreckenden Auskunftspflicht nicht mehr attraktiv zu sein,1289 oder die „vage“ Möglichkeit eines späteren Schadenseintritts.1290 Unerheblich ist nicht zuletzt die Person des Antragsstellers.1291 Entsprechend rechtfertigt auch die Tatsache, dass es sich bei dem Informationsbegehrenden um einen direkten Konkurrenten handelt, für sich genommen noch nicht die Annahme einer hinreichenden Gefährdung. Gleichwohl soll nach überwiegender Auffassung auch die Berücksichtigung von lediglich mittelbaren und indirekten Auswirkungen zulässig sein, ihre Darlegung wird der veröffentlichungspflichtigen Stelle jedoch nur schwerlich gelingen.1292 Die angestellte Gefahrenprognose unterliegt grundsätzlich der vollen gerichtlichen Überprüfbarkeit, behördliche Beurteilungsspielräume bestehen nicht.1293 (3) Verhältnis zum Geheimnisschutz Die Existenz der informationsrechtlichen Schranke zum Schutz fiskalischer Interessen legitimiert sich durch die Überlegung, dass dem Staat prinzipiell keine mit Privaten vergleichbaren Geheimhaltungsmöglichkeiten zustünden.1294 Wie jedoch oben ausführlich dargestellt, ist dies nicht der Fall. Die öffentliche Hand kann sich grundsätzlich auch zum Schutz eigener Interessen auf den einfachgesetzlichen Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen berufen.1295 Dies gilt nach zutreffender Ansicht sogar dort, wo der Gesetzgeber dies nicht explizit normiert hat. Damit wird es in der Praxis auf den Ausschlussgrund zum Schutz fiskalischer Interessen im Wirtschaftsverkehr nicht ankommen, da der informationsrechtliche Geheimnisschutz den fiskalischen Interessensschutz verdrängt. Ein vorrangiger Rekurs auf den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ergibt sich nicht nur aufgrund des Grundsatzes lex specialis derogat legi generali, sondern ist in der Rechtsanwendung auch praktikabler, da sich hierfür – im Gegensatz zum Schutz

1288 Vgl. OVG Münster, Urteil vom 19. 03. 2013 – 8 A 1172/11, BeckRS 2013, 51675; Schoch, IFG, § 3, Rn. 291. 1289 BVerwG, Urteil vom 27. 11. 2014 – 7 C 12/13, NVwZ 2015, 675 (677); Schirmer, in: ­BeckOK Informations- und Medienrecht, § 3 IFG, Rn. 181.1. 1290 VGH München, Urteil vom 07. 10. 2008 – 5 BV 07.2162, BeckRS 2008, 40758; Schirmer, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 3 IFG, Rn. 180. 1291 Vgl. OVG Münster, Urteil vom 19. 03. 2013 – 8 A 1172/11, BeckRS 2013, 51675; Schoch, IFG, § 3, Rn. 291. 1292 So zumindest Bosesky, S. 175, gegen die Berücksichtigungsfähigkeit mittelbarer Beeinträchtigungen Schoch, IFG, § 3, Rn. 293. 1293 Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. 11. 2014 – 7 C 12/13, NVwZ 2015, 675 (678); Polenz, in: Brink / Polenz / Blatt, § 3 IFG, Rn.  121; Schoch, IFG, § 3, Rn. 296; Schirmer, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 3 IFG, Rn. 180. 1294 Vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 11. 1295 Vgl. C. V. 2. a) aa) (3) (c) (aa).

V. Grenzen des Informationszugangs

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fiskalischer Interessen, wo noch viele Fragen ungeklärt sind1296 – bereits eine gefestigte Kasuistik mit hinreichend konkreten Abwägungsmaßstäben entwickelt hat. Insbesondere dort, wo der Gesetzgeber relative Geheimnisschutzklauseln etabliert, darf das ausdifferenzierte Schutzniveau nicht durch eine vorrangige Anwendung des absoluten Schutzes von Fiskalinteressen ausgehebelt werden. Auch das Bundesverwaltungsgericht geht jedenfalls davon aus, dass der über § 3 Nr. 6 Alt. 1 IFG vermittelte Geheimnisschutz im Ergebnis nicht weiter reichen kann als der des § 6 S. 2 IFG.1297 Im Angesicht dieses Ergebnisses verwundert es nicht, dass manche Stimmen in der Literatur die vollständige Streichung des Ausschlussgrundes zum Schutz fiskalischer Interessen fordern.1298 cc) Durchführung laufender Gerichtsverfahren Ein Informationszugang kann schließlich auch zum Schutz laufender Gerichtsprozesse gesperrt sein.1299 Nach § 3 Nr. 1 lit. g IFG besteht der Anspruch auf Auskunftserteilung nicht, wenn das Bekanntwerden der Information nachteilige Auswirkungen auf die Durchführung eines laufenden Gerichtsverfahrens, den Anspruch einer Person auf ein faires Verfahren oder die Durchführung strafrechtlicher, ordnungswidrigkeitsrechtlicher oder disziplinarischer Ermittlungen haben kann. Der Verweigerungsgrund schützt grundsätzlich die Rechtspflege gegen Beeinträchtigungen durch das Bekanntwerden verfahrensrelevanter Informationen.1300 Zum Teil wird in der Literatur angenommen, dass dieser Ausschlussgrund mittelbar auch dem Schutz von Unternehmensgeheimnissen diene.1301 Überzeugend ist dies nicht. Der Ausschlussgrund schützt grundsätzlich gerade nicht die einzelnen verfahrensund materiellrechtlichen Positionen und damit die prozessualen Erfolgsaussichten der öffentlichen Hand, sondern lediglich die allgemeine funktionsgerechte Durchführung des Gerichtsverfahrens.1302 Ein weiterführender Schutzauftrag kann allenfalls in Berlin angenommen werden: Dort soll der Ausschlussgrund zum Schutz

1296

Zum Beispiel für Informationen im Rahmen von PPP-Projekten, vgl. Prommer / Rossi, GewArch 2013, 97 (100). 1297 Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. 11. 2014 – 7 C 12/13, NVwZ 2015, 675 (677); Schoch, IFG, § 3, Rn. 298. 1298 Für eine Streichung des § 3 Nr. 6 IFG Benecke / Spiecker gen Döhmann, JZ 2015, 1018 (1026); Ziekow / Debus / Musch, S. 32 1 f. 1299 Vgl. § 3 Nr. 1 lit.g IFG; § 8 Abs. 1 Nr. 3 UIG; § 2 S. 1 Nr. 1 lit.b VIG; § 4 Abs. 1 Nr. 5 BbgAIG; § 9 Abs. 1 S. 2 BlnIFG; § 3 Nr. 1 lit.d BremIFG; § 5 Nr. 1, 5 HmbTG; § 5 Nr. 2 IFG M-V; § 9 Abs. 1 Nr. 2 LTranspG RLP; § 1 S. 1 SaarlIFG i. V. m. § 3 Nr. 1 lit.g IFG-Bund; § 6 S. 1 lit. b IFG-NRW; § 3 Abs.1 Nr. 1 lit. e IZG LSA; § 9 Abs. 1 Nr. 4 IZG-SH; 7 Abs. 1 Nr. 4 ThürTG. 1300 Vgl. BVerwG, Beschluss vom 09. 11. 2010 – 7 B 43/10, NVwZ 2011, 235 (236); S­ chirmer, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 3 IFG, Rn. 105. 1301 Vgl. Sellmann / Augsberg, WM 2006, 2293 (2300). 1302 OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 8. 5. 2014 – OVG 12 B 4/12, NVwZ-RR 2015, 126 (126); Schirmer, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 3 IFG, Rn. 106.1.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

laufender Gerichtsverfahren nach § 9 Abs. 1 S. 2 BlnIFG nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers auch der Sicherung fiskalischer Interessen der öffent­lichen Verwaltung dienen.1303 3. Kritik Die Ausgestaltung der Grenzen des Informationszugangsrechts ist in der Literatur zuweilen massiver Kritik ausgesetzt. Beklagt werden vor allem die Zahl und Weite der Ausnahmeregelungen, die als „Verlustliste der Informationsfreiheit“1304 die Effektivität der Informationszugangsansprüche über Gebühr behinderten.1305 Diese Kritik verdient nur teilweise Zustimmung: Richtigerweise sagt die bloße Zahl der Ausschlussgründe noch nichts über ihr tatsächliches Informationsrestriktionspotential aus. Im Gegenteil, die vorangegangene Analyse belegt, dass sich das Programm der Ausschlussgründe dem Grundsatz nach mitnichten als Hemmschuh des Informationsfreiheitsrechts auswirkt, sondern vielmehr eine ausdifferenzierte und einzelfallbezogene Steuerung des Konfliktes zwischen Offenlegungs- und Geheimhaltungsinteressen ermöglicht. Ein wirksamer Interessensausgleich findet dabei vor allem dort statt, wo der Gesetzgeber relative Geheimnisschutzklauseln schafft, die Abwägungsmöglichkeiten vorsehen. Gleichwohl greifen noch zu viele Informationsfreiheitsgesetzgeber auf absolute Schutzklauseln ohne Abwägungsmöglichkeiten zurück, die kaum praktische Spielräume für eine einzelfallbezogene Austarierung der gegensätzlichen Interessenspole eröffnen. Insoweit ist den kritischen Literaturstimmen beizupflichten, die etwa den absoluten Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nach § 6 S. 2 IFG als zu weitreichend betrachten.1306 Insgesamt ist die Absenz von Abwägungsmöglichkeiten de lege ­ferenda zu korrigieren.1307 Reformbedürftig erscheint auch das systematische Verhältnis der einzelnen Ausschlussgründe untereinander. Wie aufgezeigt, verdrängt und überlagert beispielsweise der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen andere Ausschlussgründe wie den Schutz gesellschaftsrechtlicher Verschwiegenheitspflichten oder fiskalischer Interessen des Staates nahezu vollständig. Aus diesem Grund verwundert es nicht, dass der konkreten Ausgestaltung der Ausschlusskataloge 1303 Ausführlich hierzu OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. 12. 2017 – OVG 12 B 12.16, BeckRS 2017, 136766, Rn. 36. 1304 Kloepfer, Stellungnahme zum Gesetzesentwurf des IFG-Bund (BT-Drs. 15/4493), Sachverständigenanhörung im Deutschen Bundestag am 14. 3. 2005, Innenausschuss A-Drucks. 15(4)196c, S. 8. 1305 Vgl. Schnabel, NVwZ 2012, 854 (856); Kloepfer / von Lewinski, DVBl. 2005, 1277 (1280); Sokol, CR 2005, 835 (839); Kloepfer / Greve, NVwZ 2011, 577 ff.; Wendt, AnwBl. 2005, 702 (703). 1306 Vgl. Wendt, AnwBl. 2005, 702 (703); Sokol, CR 2005, 835 (840); Schoch, IFG, Vorb. §§ 3–6, Rn. 56–58; Prinz, S. 131 ff.; Kugelmann, NJW 2005, 3609 (3612). 1307 Siehe hierzu C. VIII. 2. b) bb).

V. Grenzen des Informationszugangs

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zuweilen intrasystemische Unübersichtlichkeit vorgeworfen wird. So beschreibt Kloepfer die Ausschlussgründe des IFG als „zu weit und zu undifferenziert, zu pauschal und teilweise redundant“.1308 Eine bundesweite Vereinheitlichung der informationsrechtlichen Grenzziehungen wäre auch aus der Perspektive von öffentlichen Unternehmen wünschenswert. Abhilfe könnte etwa die landesübergreifende Festschreibung eines speziell auf öffentliche Unternehmen zugeschnittenen Verweigerungsgrundes schaffen.1309 Darüber hinaus stoßen auch intersystemische Dissonanzen auf Kritik: Dreier und Spiecker gen. Döhmann beklagen, dass die Ausschlussgründe des Informationszugangsrechts nicht immer kongruent zu denen des Informationsverwertungsrechts verliefen, obwohl der Gesetzgeber einen inhaltlichen Gleichlauf von Zugang und Weiterverwendung anstrebe.1310 4. Zwischenergebnis Öffentliche Unternehmen müssen Informationszugang nicht „um jeden Preis“ und ohne Rücksicht auf Verluste gewähren. Die Ausschlussgründe des Informationszugangsrechts bieten grundsätzlich ein einfachgesetzliches Konfliktbewältigungsprogramm an, mithilfe dessen sich zum Schutz von eigenen Rechtspositionen, Rechten Dritter und öffentlichen Belangen Informationsanfragen abwehren lassen. Innerhalb dieses Regelungssystems bildet der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen den neuralgischen Punkt für die Verweigerung des Zugangs zu Informationen von öffentlichen Unternehmen. Auch wenn der Geheimnisschutz von öffentlichen Unternehmen nicht aus Art. 12 Abs. 1 oder Art. 14 Abs. 1 GG abgeleitet werden kann, besteht er doch auf einfachgesetzlicher Ebene und zwar auch dann, wenn eine diesbezügliche Klarstellung durch den Gesetzgeber fehlt. Gleiches gilt für den Schutz von eigenen Immaterialgüterrechten öffentlicher Unternehmen. Die normative Steuerung des Konfliktes von Offenlegungs- und Geheimhaltungsinteressen über den Modus der Ausnahmetatbestände gelingt vor allem dort, wo der Gesetzgeber die Schranken des Informationsfreiheitsrechts nicht als starre Grenzen begreift, sondern flexible Abwägungsmöglichkeiten anordnet. Im Rahmen der Abwägungsentscheidung erfolgt die konkrete Interessensgewichtung maßgeblich anhand der Wettbewerbsrelevanz der streitgegenständlichen Information und der hinter dem Zugangsbegehren stehenden Motive des Antragsstellers, wenngleich die Ermittlung letzterer angesichts der Zweckneutralität des Informationsfreiheitsrechts in der Praxis auf Schwierigkeiten stoßen wird. 1308 Kloepfer, K & R 2006, 19 (24). Die fehlende Trennschärfe und Regelungsklarheit der Ausnahmetatbestände kritisierend Kloepfer / von Lewinski, DVBl. 2005, 1277 (1281); Kugelmann, NJW 2005, 3609 (3611); Schoch, DÖV 2006, 1 (8). 1309 Zu diesem Vorschlag siehe unten C. VIII. 2. b) dd). 1310 Vgl. Dreier / Spiecker gen. Döhmann, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 165 (189) bezeichnen die Ausgestaltung der Gegenrechte als „wenig glücklich, weil wenig präzise“.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

VI. Prozess- und haftungsrechtliche Dimensionen des Informationszugangsrechts Bezieht der Gesetzgeber öffentliche Unternehmen in den Pflichtenkreis des Informationsfreiheitsrechts ein, schickt er diese zugleich auf eine prozess- und haftungsrechtliche Gratwanderung: Einerseits dürfen öffentliche Unternehmen veröffentlichungspflichtiges Informationsmaterial nicht unberechtigterweise zurückhalten, andererseits müssen sie stets darauf achten, dass ihr Publikationsverhalten legitime Geheimhaltungsrechte Dritter nicht verletzt. Der Spagat zwischen „zu viel“ und „zu wenig“ Information ist regelmäßig nur durch die Vornahme differenzierter Abwägungsentscheidungen zu bewältigen. Gesteigerte Aktualisierungsanforderungen im proaktiven Transparenzrecht, die mitunter gar zur Informationsbereitstellung „in Echtzeit“ zwingen, machen sorgfältige Einzelfallprüfungen in der Praxis jedoch nahezu unmöglich.1311 Diese Entwicklung kann zur Verunsicherung bei der Erfüllung des Publikationsauftrages führen und dem effektiven Vollzug des Informationsfreiheitsrechts entgegenstehen. Dies gilt freilich nur, solange öffentliche Unternehmen überhaupt dem Risiko einer prozess- oder haftungsrechtlichen Inanspruchnahme ausgesetzt sind. Im Folgenden sind daher die prozess- und haftungsrechtlichen Sanktionsmöglichkeiten bei informationellem Fehlverhalten zu erörtern. Die Erkenntnisse dieses Abschnitts können dabei auch für die Beantwortung der übergeordneten Forschungsfrage fruchtbar gemacht werden: Da die Rahmenbedingungen einer prozess- und haftungsrechtlichen Inanspruchnahme insgesamt das Informationsverhalten öffentlicher Unternehmen beeinflussen, trägt eine etwaige „Haftungsfreundlichkeit“ des Informationszugangsrechts mittelbar auch zur Steuerung des systemimmanenten Konfliktes von Offenlegungs- und Geheimhaltungsinteressen bei. Je strenger das Informationszugangsrecht beispielsweise die rechtswidrige oder fehlerhafte Publikation sanktioniert, desto eher werden öffentliche Unternehmen auch ein Interesse an der Zurückhaltung ihres nicht-wettbewerbssensiblen Informationsmaterials haben. Haftungsrechtliche Risiken können allgemein aus unterbliebenen (1.), rechtswidrigen (2.) und fehlerhaften (3.) Veröffentlichungen resultieren. Besonderes Augenmerk der nachfolgenden Untersuchung liegt auf den Unterschieden, die sich in diesem Zusammenhang aus der Verletzung von reaktiven und proaktiven Veröffentlichungspflichten ergeben.

1311

Siehe hierzu bereits C. III. b) bb).

VI. Prozess- und haftungsrechtliche Dimensionen 

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1. Die unterbliebene Veröffentlichung Typischerweise wird sich der Bürger dort gegen das öffentliche Unternehmen zur Wehr setzen, wo dieses eine begehrte Information zurückhält und nicht der Öffentlichkeit preisgibt. Das Anspruchsziel des Bürgers kann hierbei auf die nachträgliche Bereitstellung der Information (a) oder die Zahlung von Schadensersatz (b) gerichtet sein. a) Nachträgliche Informationsbereitstellung aa) Rechtsweg Von grundlegender Bedeutung ist zunächst die Frage nach dem einschlägigen Rechtsweg für Klagen, die auf die nachträgliche Veröffentlichung einer Information gerichtet sind. Sofern keine ausdrückliche Rechtswegzuweisung getroffen wurde,1312 hängt die Beantwortung der Frage gemäß § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO maßgeblich davon ab, ob das Rechtsverhältnis zwischen dem Informationssuchenden und der auskunftsverpflichteten Stelle öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Natur ist.1313 An dieser Stelle sei daran erinnert, dass der Antrag auf Informationszugang nach der Konzeption des IFG des Bundes und einiger Landesinformationsfreiheitsgesetze ausschließlich an die sich bedienende Behörde und nicht an das öffentliche Unternehmen gerichtet werden kann.1314 In diesen Fällen ist das Vorliegen einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit grundsätzlich zu bejahen und der Verwaltungsrechtsweg eröffnet.1315 Lebhaft umstritten ist jedoch die Behandlung von Konstellationen, in denen sich der Auskunftsantrag direkt gegen ein privatrechtlich organisiertes öffentliches Unternehmen richtet. Teile der Literatur1316 und der presserechtlichen Rechtsprechung1317 gehen in diesem Zusammenhang grundsätzlich von einer Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit aus: Begehre ein Bürger Informationszugang gegenüber einem öffentlichen Unternehmen in Privatrechtsform, stünden sich ausschließlich zwei Privatrechtssubjekte im Rahmen einer reinen Privatrechtsbeziehung gegenüber, 1312

Vgl. § 6 Abs. 1 UIG oder § 22 S. 1 TranspG RLP. Das Fehlen einer Rechtwegzuweisung im HmbTG beklagend Engewald, NVwZ 2018, 1536 (1539). 1313 Ausführlich zur Zuordnung einer Streitigkeit zum öffentlichen oder privaten Recht im Rahmen des § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO Ehlers / Schneider, in: Schoch / Schneider, VwGO, § 40, Rn. 217 ff. 1314 Vgl. oben C. II. 2. a) aa) (2) (b). 1315 Vgl. Gurlit, AfP 2020, 9 (18). Im Falle des IFG ist dies durch § 9 Abs. 4 S. 1 IFG ausdrücklich gesetzlich angeordnet. 1316 Sydow / Gebhardt, NVwZ 2006, 986 (990 f.); Rossi, ZRP, 2014, 201 (203); Engewald, NVwZ 2018, 1536 (1538 f.). 1317 Vgl. BGH, Urteil vom 16. 03. 2017 – I ZR 13/16, NJW 2017, 3153 – peerblog; VG Hamburg, Urteil vom 25. 02. 2009 7 K 2428/08 – juris, Rn. 23.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

so dass eine Einordnung als privatrechtliche Streitigkeit zwingend sei.1318 Das Rechtsverhältnis könne schon deshalb nicht öffentlich-rechtlicher Natur sein, da öffentlichen Unternehmen in Privatrechtsform außerhalb der Beleihung keine Befugnis zur Ausübung hoheitlicher Regelungsinstrumentarien wie Verwaltungsakten zukomme.1319 Die Zuordnung zur ordentlichen Gerichtsbarkeit hat zwar im Ausgangspunkt den Charme, dass auch der Rechtsweg über mögliche Ersatzansprüche wegen FehlInformationen zwingend zivilrechtlich ausgestaltet ist und mithin eine einheitliche Zuständigkeit hinsichtlich möglicher Klagen wegen Nicht- und Fehlinformation hergestellt werden kann.1320 Gleichwohl sprechen im Ergebnis die gewichtigeren Argumente für eine Einordnung als öffentlich-rechtliche Streitigkeit und damit für die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs gem. § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO.1321 Die Befürworter einer privatrechtlichen Streitigkeit nehmen zunächst bewusst eine gespaltene verfahrensrechtliche Zuständigkeit für verschiedene Auskunftsverpflichtete innerhalb ein und desselben Informationsfreiheitsgesetzes in Kauf. Diese Sichtweise ist nicht frei von Wertungswidersprüchen, da sie im Ergebnis die Zuständigkeit für die Entscheidung identischer Rechtsfragen von dem zufälligen Umstand der Organisationsform der Verwaltung abhängig macht.1322 Im Gegensatz dazu hat eine einheitliche Zuständigkeitskonzentration bei der Verwaltungsgerichtsbarkeit den praktischen Vorteil, dass die unsichere und damit prozessrechtlich ineffiziente Verweisungspraxis nach § 17a GVG vermieden wird.1323 Entscheidend für eine einheitliche Zuordnung informationsrechtlicher Streitigkeiten zur Verwaltungsgerichtsbarkeit spricht indes, dass auch privatrechtlich organisierte Auskunftsverpflichtete zwar formal aus der Behördenstruktur ausgegliedert sind, aber dennoch im informationsfreiheitsrechtlichen Kontext dank ihrer besonderen Gemeinwohlbindung materiell-rechtlich der öffentlichen Sphäre zugeordnet werden.1324 Je nach gewähltem Zurechnungsmechanismus unterliegt das öffentliche Unternehmen nur deshalb den grundsätzlich für Behörden geltenden Informationszugangsregeln, weil es eine öffentlich-rechtliche Aufgabe erfüllt und bzw. oder einer hoheitlichen Beherrschung unterliegt und dadurch ein besonderes Bedürf 1318

Vgl. Sydow / Gebhardt, NVwZ 2006, 986 (990 f.). Vgl. Rossi, ZRP 2014, 201 (203); Engewald, NVwZ 2018, 1536 (1538 f.); Tätigkeitsbericht des Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit 2012/2013, HBü-Drs. 20/10355, S. 19; VG Hamburg, Urteil vom 25. 02. 2009 – 7 K 2428/08 – juris, Rn. 23; BGH, Urteil vom 16. 3. 2017 – I ZR 13/16, NJW 2017, 3153 – peerblog. 1320 Siehe sogleich unter C. VI. 2. 1321 So auch die Auffassung eines Teils der Rechtsprechung und der Literatur, siehe BVerwG, Beschluss vom 26. 05. 2020  – 10 B 1.20, BeckRS 2020, 16271; VG Arnsberg, Urteil vom 30. 01. 2009 – 12 K 1088/08, BeckRS 2009, 31716; VG Berlin, Urteil vom 22. 05. 2012 – VG K 6/09, ZUM-RD, 2013, 38; Köhler, NJW 2005, 2337 (2341); Krüger, S. 201 f. 1322 Ebenso OVG Hamburg, Beschluss vom 20. 12. 2019 – 3 So 82/19, BeckRS 2019, 40910, Rn. 10. 1323 Hierzu siehe den Verfahrensgang bei BGH, Urteil vom 10. 02. 2005 – III ZR 294/04, NJW 2005, 1720 ff.; Köhler, NJW 2005, 2037 (2341). 1324 Eingehend zur Zurechnung zur öffentlichen Sphäre siehe bereits oben B. II. 1. a) aa) (2). 1319

VI. Prozess- und haftungsrechtliche Dimensionen 

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nis nach öffentlicher Kontrolle entsteht. Die informationsrechtlichen Regelungen verpflichten damit das öffentliche Unternehmen nicht als „Jedermann“, der unter Ausübung seiner Privatautonomie am allgemeinen Rechtsverkehr teilnimmt, sondern begründen eine spezifische, verwaltungsgleiche Pflichtenstellung.1325 Bei der Bestimmung des Rechtscharakters der streitentscheidenden Normen kann es mithin weder auf das rein formale Kriterium der Organisationsform, noch auf einen etwaigen Beleihungsakt ankommen. Entscheidend ist allein die gesetzliche Einbindung in den informationsrechtlichen Pflichtenkreis als „Sonderrecht der öffentlichen Hand“.1326 Vor diesem Hintergrund sind die streitentscheidenden Normen über die reaktive wie proaktive Informationsgewährung im Sinne der modifizierten Subjektstheorie insgesamt gleichermaßen als öffentlich-rechtlich im Sinne des § 40 Abs. 1 VwGO zu bewerten.1327 Auch die Einschaltung privatrechtlich organisierter Rechtssubjekte suspendiert mithin nicht die verwaltungsgerichtliche Zuständigkeit in informationsfreiheitsrechtlichen Streitigkeiten. Der Gesetzgeber ist freilich dazu angehalten, etwaige Rechtsunklarheiten zu beseitigen und den Rechtsweg nach dem Vorbild des § 6 Abs. 1 UIG auch ausdrücklich den Verwaltungsgerichten zuzuweisen.1328 bb) Statthafte Klageart Erachtet man richtigerweise den Verwaltungsrechtsweg für eröffnet, stellt sich die Frage nach der statthaften Klageart. Hier ist gemäß § 88 VwGO zu unterscheiden, ob der Kläger im Anschluss an die Ablehnung seines Informationsantrages die Gewährung einer Einzelauskunft (1) oder die Einstellung einer Information auf einem Transparenzportal begehrt (2). (1) Reaktive Informationsgewährung Im Rahmen der reaktiven Informationsgewährung wehrt sich der Klagende gegen eine Ablehnung seines Antrages auf Informationszugang. Diese Ablehnung ist grundsätzlich wegen ihres Regelungscharakters im Einzelfall als Verwaltungsakt im Sinne des § 35 S. 1 VwVfG zu qualifizieren.1329 Dies gilt nach dem oben Gesagten zumindest dann, wenn Behörden im funktionalen Sinne handeln oder 1325

BVerwG, Beschluss vom 26. 05. 2020 – 10 B 1.20, BeckRS 2020, 16271, Rn. 8. OVG Hamburg, Beschluss vom 20. 12. 2019 – 3 So 82/19, BeckRS 2019, 40910, Rn. 8; VG Hamburg, Urteil vom 28. 01. 2020 – 17 K 2382/19 – juris, Rn. 20. 1327 Haas, S. 237 m. w. N. 1328 In diese Richtung auch Gurlit, AfP 2020, 9 (19). 1329 Vgl. Schoch, IFG, § 7, Rn. 71 m. w. N. Zum Teil ordnen Informationsfreiheitsgesetze auch explizit an, dass gegen eine ablehnende Entscheidung auf Informationszugang Widerspruch und Verpflichtungsklage zulässig sind (vgl. § 9 Abs. 4 IFG). 1326

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

Private als Beliehene gesetzlich mit der Befugnis zum hoheitlichen Handeln ausgestattet sind. Öffentliche Unternehmen, die nicht Beliehener sind, haben dagegen grundsätzlich keine Befugnis zum Erlass von Verwaltungsakten und können damit Zugangsanträge nicht selbst bescheiden.1330 Zu einem anderen Ergebnis kommen freilich Stimmen in der Literatur, die eine Verwaltungsaktbefugnis für Private dort anerkennen, wo gesetzlich eine Behördeneigenschaft fingiert wird, z. B. in § 2 Abs. 4 IFG-NRW:1331 „Sofern eine natürliche oder juristische Person des Privatrechts öffentlich-rechtliche Aufgaben wahrnimmt, gilt sie als Behörde im Sinne dieses Gesetzes.“

Vertreter dieser Auffassung interpretieren die gesetzlich angeordnete Behördenfiktion des § 2 Abs. 4 IFG-NRW als spezifische informationsrechtliche Beleihung, die auch öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform zur Bescheidung von Auskunftsanträgen ermächtige.1332 Entsprechend sei nach Ablehnung des Antrages eine Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO bzw. eine Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO statthaft.1333 Diese Sichtweise begegnet jedoch verfassungsrechtlichen Bedenken und ist daher abzulehnen.1334 Sie konstruiert anhand des bloßen Wortlautes einer Vorschrift einen gesetzgeberischen Willen, der systematisch im Gesetz nicht angelegt ist: Sofern nach § 2 Abs. 4 IFG-NRW eine juristische Person des Privatrechts als Behörde gilt, soll damit keine materielle Rechtssetzungsbefugnis übertragen, sondern ausweislich der amtlichen Überschrift des § 2 lediglich der Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes geregelt werden. Eine Übertragung von hoheitlichen Befugnissen an Private erfordert stets eine gesetzliche Grundlage oder zumindest eine gesetzliche Ermächtigung.1335 Da die Ausstattung mit Hoheitsrechten die Verfassungsgrundsätze des Rechtsstaats- und Demokratiegebotes berührt, sind an die Ausgestaltung der gesetzlichen Grundlage besondere Anforderungen zu stellen.1336 Nicht ausreichend ist beispielsweise die bloße gesetzgeberische Klarstellung, dass die zu erfüllenden Verpflichtungen öffentlich-rechtlich ausgestaltet sind.1337 Die Anforderungen steigen mit dem Umfang der übertragenen Tätigkeitsfelder: Bei Einzelmaßnahmen wie der Ermächtigung eines Schiffskapitäns zur Vornahme 1330

Vgl. Rossi, ZRP 2014, 201 (203). Engewald, NVwZ 2018, 1536 (1538 f.) sieht öffentliche Unternehmen mit einer „rechtlichen Unmöglichkeit“ konfrontiert. 1331 Vgl. Bischopink, NwVBl. 2003, 245 (251); Franßen / Seidel, IFG-NRW, § 2, Rn. 333; Haas, S. 247. 1332 Vgl. Bischopink, NwVBl. 2003, 245 (251); Franßen / Seidel, IFG-NRW, § 2, Rn. 333; Haas, S. 247, a. A. für das HmbTG, das eine vergleichbare Fiktion vorsieht, Engewald, NVwZ 2018, 1536 (1538). Diese Frage bewusst offenlassend jüngst VG Hamburg, Urteil vom 28. 01. 2020 – 17 K 2382/19 – juris, Rn. 24. 1333 Vgl. Haas, S. 248. 1334 Vgl. Rossi, ZRP 2014, 201 (203); Rödel, S. 158. 1335 Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. 08. 2010 – 3 C 35/09, NVwZ 2011, 368 (370); Schoch, in: Schoch / Schneider, VwVfG, § 1, Rn.  164. 1336 BVerwG, Urteil vom 26. 08. 2010 – 3 C 35/09, NVwZ 2011, 368 (370). 1337 BVerwG, Beschluss vom 07. 06. 1984 – 7 B 153/83, NVwZ 1985, 48.

VI. Prozess- und haftungsrechtliche Dimensionen 

353

standesamtlicher Hoheitsakte ist die Ausgestaltungs- und Konkretisierungsbedürftigkeit geringer als bei der Substitution einer gesamten Behörde durch eine Gesellschaft des Privatrechts.1338 Konsequenterweise ist auch in der allgemeinen Formulierung des § 2 Abs. 4 IFG-NRW („gilt als Behörde“) noch keine taugliche gesetzliche Ermächtigung für eine Übertagung von hoheitlichen Befugnissen zu sehen, zumal auch der Umfang der übertragenen Rechtssetzungsbefugnis nicht klar und eindeutig eingegrenzt wird. Dies gilt gleichermaßen für parallele Regelungen in anderen Informationsfreiheitsgesetzen.1339 Mangels informationsrechtlicher „General-Beleihung“ lehnen öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform Anträge auf Informationszugang grundsätzlich per Realakt ab. Gegen diese Form des Verwaltungshandelns ist die allgemeine Leistungsklage statthaft.1340 Zu diesem Ergebnis kommen auch Vertreter, die die Entscheidung über die Informationsgewährung bei öffentlichen Unternehmen als Erklärung sui generis einordnen.1341 (2) Proaktive Informationsgewährung Die Frage nach der Rechtsnatur des Unternehmenshandelns stellt sich auch dann, wenn öffentliche Unternehmen von sich aus auf einem allgemein zugänglichen Datenportal Informationen zur Verfügung stellen bzw. die Veröffentlichung unterlassen. Da hier kein Individualantrag vorliegt, kommt mangels Einzelfallcharakters zunächst kein Verwaltungsakt nach § 35 S. 1 VwVfG in Betracht.1342 Sofern man öffentliche Informationen als öffentliche Sache im Gemeingebrauch qualifizieren möchte,1343 ließe sich in dem Veröffentlichungsakt möglicherweise eine sachbezogene Allgemeinverfügung nach § 35 S. 2 Alt. 3 VwVfG sehen.1344 Zweifelhaft bleibt hier jedoch, worin bei einer bloßen Einstellung einer Information auf einem Portal der Regelungscharakter zu sehen ist. So ist selbst im Rahmen von reaktiven Informationszugangsbegehren anerkannt, dass die reine Offenlegung der gewünschten Information ohne Erlass eines Bescheides ein rein tatsächliches Handeln ohne Regelungscharakter darstellt.1345 Aus diesem Grund geht die überwiegende Mehrheit davon aus, dass das öffentliche Unternehmen auch bei einer proaktiven Veröffent 1338

BVerwG, Urteil vom 26. 08. 2010 – 3 C 35/09, NVwZ 2011, 368 (370). Vgl. § 2 Abs. 3 Hs. 2 HmbTG; § 2 Abs. 2 ThürTG; § 3 Abs. 2 S. 1 LTranspG RLP; § 1 Abs. 1 S. 3 BremIFG; § 1 Abs. 1 S. 1 IZG LSA. 1340 So auch in Bezug auf ein öffentliches Unternehmen VG Hamburg, Urteil vom 28. 01. 2020 – 17 K 2382/19 – juris, Rn. 24. 1341 Vgl. Ziekow / Debus, in: Fluck / Fischer / Martini, § 6 UIG, Rn. 54. 1342 Dagegen Maatsch / Schnabel, HmbTG, § 1, Rn. 24, die einen feststellenden Verwaltungsakt nach § 35 S. 1 VwVfG dann bejahen, wenn die proaktive Veröffentlichung in die Rechte Dritter eingreift. 1343 Vgl. BMI, Studie zu Open Government Data, S. 118; Martini / Damm, DVBl. 2013, 1 (5 ff.). 1344 Zur sachbezogenen Allgemeinverfügung im Rahmen von öffentlichen Sachen im Gemeingebrauch Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 35, Rn.  329. 1345 Vgl. Sicko, BeckOK Informations- und Medienrecht, § 7 IFG, Rn. 33; Schoch, IFG, § 7, Rn. 74. 1339

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

lichung mittels Realakt handelt.1346 Entsprechend ist gegen eine unterlassene Veröffentlichung wiederum die allgemeine Leistungsklage statthaft. cc) Klagebefugnis Das deutsche Verwaltungsprozessrecht kennt keinen allgemeinen Gesetzesvollziehungsanspruch.1347 Daher ist auch bei allgemeinen Leistungsklagen das Vorliegen einer Verletzung subjektiver Rechte gemäß § 42 Abs. 2 VwGO analog zu fordern.1348 Während reaktive Informationspflichten nach einhelliger Auffassung stets ein subjektiv-öffentliches Recht gewähren,1349 kann dies für proaktive Informationsbereitstellungspflichten nicht pauschal unterstellt werden. Hier ist nach dem Willen des Gesetzgebers zu differenzieren. Anders als die proaktive Veröffentlichungspflicht im Hamburger Transparenzgesetz nach § 2 Abs. 8 i. V. m. § 1 Abs. 2 HmbTG1350 soll beispielsweise die Pflicht zur Datenbereitstellung nach § 12a Abs. 1 EGovG oder die Publikation von Umweltinformationen gemäß § 10 Abs. 1 UIG keine subjektiv-öffentlichen Rechte vermitteln,1351 so dass in diesen Fällen das Individuum keinen einklagbaren Anspruch auf Bereitstellung der Information in einem Transparenzportal geltend machen kann. dd) Zwischenergebnis Für Streitigkeiten über die Herausgabe von Informationen öffentlicher Unternehmen ist grundsätzlich der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Dies gilt unabhängig davon, ob das öffentliche Unternehmen lediglich materiell oder auch formell auskunftsverpflichtet ist. Richtet sich der Antrag auf Auskunftserteilung unmittelbar gegen das öffentliche Unternehmen, handelt dieses außerhalb von Fällen der Beleihung im Rahmen der reaktiven und proaktiven Informationsgewährung allge 1346 BMI, Studie zu Open Government Data, S. 198. Da ein Realakt anders als ein Verwaltungsakt grundsätzlich privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Natur sein kann, erlangt die oben auf Ebene des Rechtsweges vorgenommene Abgrenzung besondere Wichtigkeit. 1347 Ausdrücklich VGH München, Beschluss vom 28. 05. 2018  – 22 CE 17.2260, BeckRS 2018, 11367, Rn. 147; VG Augsburg, Urteil vom 19. 04. 2016 – Au 3 K 15.516, BeckRS 2016, 46318, Rn. 50. Aus verfassungsrechtlicher Perspektive Schmidt-Aßmann, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 19, Rn. 122. 1348 So die ganz herrschende Auffassung, vgl. BVerwGE 36, 192 (199); Wahl / Schütz, in: Schoch / Schneider, VwGO, § 42, Rn. 33 m. w. N., a. A. Erichsen, DVBl. 1982, 95 (100). 1349 Ausführlich hierzu Hong, NVwZ 2016, 953 (954 f.). 1350 Schnabel, NordÖR 2012, 431 (432). 1351 Für § 12a Abs. 1 EGovG Wiebe, Open Data für Deutschland und Europa, S. 49. Für § 10 Abs. 1 UIG Kümper, ZUR 2012, 395 (398); Britz / Eifert / Groß, DÖV 2007, 717 (724); Karg, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 10 UIG, Rn. 2. Allgemein bezweifelnd, dass proaktive Veröffentlichungspflichten „angesichts [ihrer] Reichweite und [ihres] fehlenden Bezuges zur individuellen Rechtssphäre“ subjektive Rechte begründen können Schulz, in: Becker /  Brüning / Ewer / Schliesky (Hrsg.): Verfassung des Landes Schleswig-Holstein, Art. 53, Rn. 4.

VI. Prozess- und haftungsrechtliche Dimensionen 

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mein per Realakt. Folglich ist gegen eine unterbliebene Veröffentlichung in beiden Fällen die allgemeine Leistungsklage statthaft. Ein einklagbarer Anspruch scheidet jedoch in den Fällen aus, in denen der Einzelne kein subjektiv-öffentliches Recht auf Informationsbereitstellung geltend machen kann. Dies soll vor allem bei Veröffentlichungspflichten im Umweltinformationsrecht der Fall sein. b) Schadensersatz Entstehen dem Bürger durch die Nichtveröffentlichung einer Information, auf die er einen einfachgesetzlich begründeten Anspruch hat, finanzielle Schäden, kommen Schadensersatzansprüche in Betracht. Denkbare Rechtsgrundlagen für einen Ersatzanspruch können einerseits im allgemeinen Zivilrecht (§ 823 Abs. 1 BGB) und andererseits im Staatshaftungsrecht (§ 839 Abs. 1 S. 1 BGB i. V. m. Art. 34 S. 1 GG) liegen. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die Abgrenzung beider Haftungsregime ist die Frage, ob die Verletzungshandlung gemäß Art. 34 S. 1 GG „in Ausübung eines […] öffentlichen Amtes“ erfolgt. Dabei kommt es entscheidend auf die Rechtsform des Verwaltungshandelns an.1352 Von Art. 34 S. 1 GG erfasste Amtstätigkeit findet vor allem dort statt, wo der Staat mittels öffentlich-rechtlicher Handlungsinstrumente (z. B. Verwaltungsakte) agiert.1353 Im Gegensatz dazu sollen Amtshaftungsansprüche immer dort ausscheiden, wo der Staat losgelöst von etwaigen Sonderrechten allein mit den Mitteln und Handlungsformen eines Privaten im Markt auftritt, etwa im Rahmen von erwerbswirtschaftlichem bzw. rein fiskalischem Tätigwerden.1354 Unter Zugrundelegung dieser Trennlinien lässt sich das Informationshandeln öffentlicher Unternehmen in Privatrechtsform freilich nicht pauschal in die binären Kategorien von „öffentlich-rechtlicher“ oder „privatrechtlicher“ Tätigkeit einordnen: Öffentlichen Privatrechtssubjekten stehen zwar prinzipiell keine öffentlich-rechtlichen Steuerungs- und Handlungsinstrumente zur Verfügung, auch die Konstruktion einer spezifischen informationsrechtlichen Beleihung ist abzulehnen.1355 Gleichwohl tritt das auskunftsgewährende Unternehmen nicht als „Jedermann“ anderen Privaten gleichberechtigt und privatautonom handelnd gegenüber, sondern agiert als transparenzverpflichteter Repräsentant der Hoheitsgewalt.1356 Das Abgrenzungskriterium der Handlungsform stößt damit im Falle des informationsverpflichteten öffentlichen Unternehmens an seine Funktionsgrenzen, so dass ergänzend auf den Aufgabencharakter und den inneren Funktionszusam 1352

Vgl. BGHZ 158, 253 (258 f.); Grzeszick, in: BeckOK Grundgesetz, Art. 34, Rn. 6; Detter­ beck, in: Sachs, GG, Art. 34, Rn. 21; Danwitz, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art.  34, Rn. 63 m. w. N. 1353 Vgl. BGHZ 110, 253 (255); Gurlit, in: von Münch / Kunig, GG, Art. 34, Rn. 36. 1354 Vgl. OLG München, Urteil vom 29. 03. 2012 – 1 U 4444/11 – juris, Rn. 33; Gurlit, in: von Münch / Kunig, GG, Art.  34, Rn.  41; Jarass, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 34, Rn. 12. 1355 Siehe hierzu bereits oben C. VI. 1. a) bb) (1). 1356 In diese Richtung aktuell BVerwG, Beschluss vom 26. 05. 2020  – 10 B 1.20, BeckRS 2020, 16271, Rn. 8.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

menhang unternehmerischer Informationstätigkeit abzustellen ist.1357 Danach ist im Einklang mit der jüngeren Rechtsprechung des BVerwG1358 richtigerweise davon auszugehen, dass ein auskunftsverpflichtetes öffentliches Unternehmen „in Ausübung eines öffentlichen Amtes“ tätig wird: Die Regelungen des Informationszugangsrechts zielen auf die Förderung der demokratischen Meinungs- und Willensbildung sowie die Ermöglichung der Kontrolle staatlichen Handelns und begründen in diesem Zusammenhang auch für die verpflichteten öffentlichen Unternehmen in Privatrechtsform eine besondere behördenähnliche Pflichtenstellung.1359 Auch der Einwand, dass die Informationstätigkeit öffentlicher Unternehmen bei näherer Betrachtung möglicherweise nur bedingt zur Verwirklichung der allgemeinen Zielsetzungen des Informationsfreiheitsrechts beiträgt,1360 vermag den öffentlich-rechtlichen Charakter von Informationszugangsansprüchen jedenfalls nicht vollständig zu suspendieren. Daher sind auch etwaige Wettbewerbsnachteile, die sich aus der Anwendung des (vermeintlich) strengeren1361 Staatshaftungsregimes ergeben, von Seiten des öffentlichen Unternehmens grundsätzlich hinzunehmen.1362 Gegen die Qualifikation der Informationstätigkeit als reines Privathandeln spricht ferner die Tatsache, dass gerade die Veröffentlichung auf hoheitlichen Transparenzportalen – ob gewollt oder nicht – eine besondere staatliche Autoritätserwartung in Anspruch nimmt, die rein privaten Informationswilligen in dieser Form nicht zusteht. Angesichts des öffentlich-rechtlichen Charakters der Informationstätigkeit privater Rechtssubjekte ist für Schadensersatzbegehren bei Nichtveröffentlichung grundsätzlich der allgemeine Staatshaftungsanspruch nach § 839 Abs. 1 S. 1 BGB i. V. m. Art. 34 S. 1 GG einschlägig. In diesem Zusammenhang ist jedoch zweifelhaft, ob das öffentliche Unternehmen mit der Versagung der Informationsgewährung auch stets eine drittgerichtete Amtspflicht verletzt. Im Umweltinformationsrecht wird dies vereinzelt mit dem Argument abgelehnt, dass der Umweltinformations 1357 Für eine Gesamtbetrachtung auch Wegmer, Die staatshaftungsrechtliche Relevanz behördlicher Informationstätigkeit, S. 178 f. Allgemein für die ergänzende Heranziehung des Funktionszusammenhangs bei der haftungsrechtlichen Zuordnung von schlicht-hoheitlichem Handeln BGHZ 154, 55 (57); Ossenbühl / Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 3 1 f.; Wieland, in: Dreier, GG, Art. 34, Rn. 39; Gurlit, in: von Münch / Kunig, GG, Art. 34, Rn. 40. 1358 BVerwG, Beschluss vom 26. 05. 2020 – 10 B 1.20, BeckRS 2020, 16271. 1359 Vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. 05. 2020 – 10 B 1.20, BeckRS 2020, 16271, Rn. 8. 1360 Siehe hierzu unten C. VII. 2. 1361 Vgl. Ossenbühl / Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 27; Wieland, in: Dreier, GG, Art. 34, Rn. 39. Für Danwitz, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 34, Rn. 63, erweist sich dagegen das Staatshaftungsrecht angesichts zahlreicher Haftungsprivilegien „im Vergleich zur gemeinrechtlichen Deliktshaftung über weite Strecken als das ‚mildere‘ Haftungsregime“. 1362 Da der eingeschränkte Zielförderungsauftrag öffentlicher Unternehmen im Ergebnis durch eine aufgabenbezogene Auslegung der Ausschlussgründe abgebildet werden muss, vgl. C. VIII. 2. a), kann der Einzelne ohnehin nur dort ein subjektiv-öffentliches Recht auf Zugang zu Unternehmensinformationen geltend machen, wo die Informationsoffenlegung zur Förderung der Ziele des Informationsfreiheitsrechts beiträgt. In diesen Fällen ist grundsätzlich ein innerer Funk­ tionszusammenhang zu bejahen, so dass auch die Geltendmachung von möglicherweise „strengeren“ Staatshaftungsansprüchen bei Nicht-Veröffentlichung gerechtfertigt erscheint.

VI. Prozess- und haftungsrechtliche Dimensionen 

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anspruch nicht der Befriedigung einzelner Privatinteressen, sondern dem übergeordneten Allgemeinziel der Verbesserung des Umweltschutzes diene.1363 Zumindest im allgemeinen Informationsfreiheitsrecht trägt dieser Einwand jedoch nicht, da die Gewährung des freien Informationszugangs nach allgemeiner Auffassung neben der Verfolgung gesellschaftspolitischer Ziele jedenfalls auch zur Ausübung individueller Freiheiten beitragen soll.1364 Vor diesem Hintergrund verstößt die Vorenthaltung einer Information zumindest im allgemeinen Informationszugangsrecht stets gegen eine drittgerichtete Amtspflicht, so dass im Ergebnis Staatshaftungsansprüche bestehen. 2. Die rechtswidrige Veröffentlichung Zum Schutz ihrer Wettbewerbsposition werden öffentliche Unternehmen eigenes Informationsmaterial in der Regel nur sehr zurückhaltend preisgeben und bei der Erfüllung von informationsrechtlichen Pflichten insbesondere auch auf die Wahrung von Belangen Dritter (personenbezogene Daten, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse)  achten. Gelingt dies im Einzelfall nicht, und veröffentlicht das öffentliche Unternehmen leichtfertig Informationen, die es eigentlich nach den Grenzziehungen der Informationsfreiheitsgesetze unter Verschluss halten müsste, stellt sich die Frage, inwiefern der betroffene Dritte die „Beseitigung“ der rechtswidrigen Publikation (a) und Schadensersatz (b) verlangen kann. a) „Beseitigung“ der Veröffentlichung Naturgemäß kann eine einmal erfolgte Veröffentlichung kaum vollständig „beseitigt“ werden. Bereits die bilaterale Preisgabe einer Information nach außen setzt diese potentiell einem grundsätzlich unbegrenzten und unkontrollierbaren Wirkungskreis aus. Damit ist die einmal veröffentlichte Information nicht mehr im klassischen Sinne „rückholbar“. Der von einer vorschnellen Veröffentlichung betroffene Dritte kann zwar das öffentliche Unternehmen per Folgenbeseitigungsanspruch dazu verpflichten, das übersandte Dokument bzw. die übermittelte Datei vom Antragssteller zurückzuverlangen. Davon unberührt bleibt jedoch das bereits aus einer informationellen Rezeption und Interpretation erlangte Wissen.1365 Auch lässt sich in der Praxis nur schwer verhindern, dass der Antragssteller vor der Rückgabe der Information eigene Kopien anfertigt und diese heimlich einbehält oder weitergibt. Ähnliche Schwierigkeiten treten im Rahmen proaktiver Veröffent 1363

Vgl. Kümper, ZUR 2012, 395 (396 f.). Siehe zu dieser Funktion des Informationszugangsrechts Ostermann, Transparenz und öffentlicher Meinungsbildungsprozess, S. 203 ff.; Schoch, IFG, Einl., Rn. 53 f.; Brink, in: Brink / Polenz / Blatt, IFG, § 1, Rn.  51; Bosesky, S. 225; Rossi, S. 112 ff. sowie im Detail unter C. VII. 1. a) dd). 1365 Zum Verhältnis von Information und Wissen siehe bereits oben B. I. 1. 1364

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

lichungspflichten auf. Auch die rechtswidrige Bereitstellung einer Information auf einem Transparenzportal ist allenfalls formal reversibel. Eine Löschung kann perspektivisch Dritten den Zugang zu der Information versperren, nicht jedoch dessen zuvor ausgestrahlte Wirkungsmacht rückwirkend annullieren. Begehrt ein betroffener Dritter die Löschung einer auf einem Transparenzportal veröffentlichten Information, kommt auch hier in Anlehnung an die Rechtsprechung zum Widerruf von ehrverletzenden Äußerungen von Amtsträgern1366 ein Folgenbeseitigungsanspruch bzw. ein öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch in Betracht. Beide Ansprüche sind zwar nicht explizit gesetzlich normiert, jedoch mittlerweile gewohnheitsrechtlich anerkannt.1367 Nach der Rechtsprechung muss für die Annahme eines Folgenbeseitigungsanspruchs ein hoheitlicher Eingriff vorliegen, der ein subjektives Recht des Betroffenen verletzt.1368 Für den Betroffenen muss dadurch ein rechtswidriger Zustand entstanden sein, der andauert.1369 Im Falle einer Falsch-Veröffentlichung einer Information liegt der hoheitliche Eingriff in der Publikation durch das öffentliche Unternehmen selbst. Dass ein nicht-beliehenes, aber privatrechtlich organisiertes öffentliches Unternehmen nicht per Verwaltungsakt handeln kann, steht der Hoheitlichkeit des Handelns nach dem oben Gesagten nicht entgegen.1370 Als subjektive Rechtsverletzung kommen vor allem eine Nicht- oder Fehlberücksichtigung von individualschützenden Gegenrechten, wie dem Recht auf den Schutz personenbezogener Daten oder von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, in der einer Veröffentlichung vorgeschalteten Abwägungsentscheidung in Betracht. Da die Folgen einer Veröffentlichung nur bedingt reversibel sind, werden die Betroffenen in der Regel an einer möglichst raschen Durchsetzung ihrer Löschungsansprüche interessiert sein. Taugliches verfahrensrechtliches Instrumentarium ist hierfür der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO.1371

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Aktuell VGH München, Beschluss vom 14. 02. 2020  – 4 CE 19.2440, BeckRS 2020, 2721 ff. Ebenso BVerwG, Urteil vom 29. 06. 1995 – 2 C 10/93, NJW 1996, 210 ff.; OVG Lüneburg, Urteil vom 12. 02. 1991 – 9 L 246/89, NJW 1992, 192 ff.; siehe hierzu insgesamt Faber, NVwZ 2003, 159 ff. 1367 Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. 04. 1989 – 4 C 34/88, NJW 1989, 2484; Bumke, JuS 2005, 22; Kranz, NVwZ 2018, 864 (867). 1368 Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. 08. 1993 – 4 C 24/91, NVwZ 1994, 275 (276); Faber, NVwZ 2003, 159 (160). 1369 Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. 08. 1993 – 4 C 24/91, NVwZ 1994, 275 (276); Faber, NVwZ 2003, 159 (161). 1370 Siehe hierzu auch BVerwG, Urteil vom 02. 11. 1973 – IV C 36/72, NJW 1974, 817: Entscheidend ist allein, ob der Eingriff in die Rechtsgüter Dritter nach seiner Rechtsqualität dem öffentlichen Recht zugerechnet werden muss. Für eine Zurechnung zum öffentlichen Recht spricht dabei bereits die besondere Gemeinwohlbindung öffentlicher Unternehmen, vgl. OVG Koblenz, Beschluss vom 25. 02. 2008 – 2 F 10194/08.OVG, BeckRS 2008, 33256. 1371 So auch bei ehrverletzenden hoheitlichen Äußerungen, vgl. VG Augsburg, Beschluss vom 30. 12. 2009 – Au 7 E 09.1797, BeckRS 2009, 48127.

VI. Prozess- und haftungsrechtliche Dimensionen 

359

b) Schadensersatz Auch hier können aus der rechtswidrigen Informationspreisgabe Amtshaftungsansprüche nach § 839 Abs. 1 S. 1 BGB i. V. m. Art. 34 S. 1 GG folgen. Die Ausschlussgründe zum Schutz geheimhaltungsbedürftiger Belange Dritter stellen in diesem Zusammenhang drittgerichtete Amtspflichten dar, die durch eine unbesehene Veröffentlichungspraxis verletzt werden.1372 Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass weitreichende Haftungsrisiken vor allem bei fortlaufenden Aktualisierungspflichten im proaktiven Transparenzrecht die Publikationsbereitschaft öffentlicher Unternehmen hemmen, überzeugen Versuche aus dem Schrifttum, in diesem Zusammenhang Einschätzungs- bzw. Prognosespielräume und damit im Ergebnis Haftungsprivilegierungen der öffentlichen Hand zu konstruieren.1373 3. Die fehlerhafte Veröffentlichung Ein Haftungsrisiko kann sich ferner aus der Tatsache ergeben, dass ein öffent­ liches Unternehmen objektiv unrichtige Informationen veröffentlicht. In diesen Konstellationen gilt es konkret zu untersuchen, nach welchen Maßstäben das öffentliche Unternehmen überhaupt zur Herstellung von objektiver Informationsrichtigkeit verpflichtet ist (a) und inwiefern ein informationssuchender Dritter die Veröffentlichung einer inhaltlich korrigierten Information (b)  bzw. finanziellen Ausgleich in Form von Schadensersatz (c) verlangen kann. a) Pflicht zur objektiven Informationsrichtigkeit Das Informationsfreiheitsrecht verpflichtet öffentliche Unternehmen zwar grundsätzlich zur Bereitstellung von objektiv richtigen Informationen, stellt diesen Auftrag jedoch in der Regel unter den Vorbehalt des Möglichen: Beispielsweise nach § 7 Abs. 3 UIG sollen die informationspflichtigen Stellen lediglich soweit möglich gewährleisten, dass die von ihnen veröffentlichten Informationen auf dem gegenwärtigen Stand, exakt und vergleichbar sind.1374 Der gesetzlich angeordnete Richtigkeitsauftrag verdichtet sich damit letztendlich zu einer allgemeinen und unge 1372

Vgl. Rossi, IFG, § 6, Rn. 91. Für das UIG Kümper, ZUR 2012, 395 (400). Kümper, ZUR 2012, 395 (400), für eine reine Vertretbarkeitskontrolle im Rahmen des Umweltinformationsrechts auch Reidt / Schiller, in: Landmann / Rohmer, Umweltrecht, § 9 UIG, Rn. 54; dagegen Britz / Eifert / Groß, DÖV 2007, 717 (724). 1374 Vgl. Britz / Eifert / Groß, DÖV 2007, 717 (72 2 f.). Siehe auch § 7 Abs. 3 S. 2 IFG; § 6 Abs. 3 S. 1 VIG auf Bundesebene und § 5 Abs. 2 S. 2 IFG-NRW; § 10 Abs. 3 S. 1 IFG M-V; § 7 Abs. 3 S. 2 IZG LSA; § 7 Abs. 4 S. 2 BremIFG; § 1 Abs. 1 SaarlIFG i. V. m. § 7 Abs. 3 S. 2 IFG-Bund bzw. § 8 Abs. 2 ThürTG auf Landesebene. Bei presserechtlichen Auskunftsansprüchen nach § 4 LPresseG soll dagegen nach Ansicht von Rechtsprechung und Literatur stets eine umfassende Richtigkeitsgewähr bestehen, vgl. BVerwG, Beschluss vom 06. 02. 1991 – 3 B 85/90 NJW 1992, 62 ff.; Mast, Staatsinformationsqualität, S. 236 f. m. w. N. 1373

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

schriebenen informationsrechtlichen Verkehrssicherungspflicht. Nach dieser hat die veröffentlichungspflichtige Stelle lediglich zumutbare Prüf- und Kontrollmaßnahmen zu ergreifen, die die Einhaltung grundlegender Standards hinsichtlich der informationellen Aktualität, Exaktheit und Vergleichbarkeit sicherstellen.1375 Der Grund für die Suspendierung einer umfassenden Richtigkeitsgewähr im Informationsfreiheitsrecht liegt im Ausgangspunkt darin, dass die Herstellung einer absoluten Informationsrichtigkeit einhellig als faktisch unmöglich angesehen wird.1376 Hinzu kommt, dass sich ein allumfassender Richtigkeitsauftrag nicht mit den Zielrichtungen des Informationszugangsrechts verträgt: Die Abkehr von der ­arcana imperii soll unter anderem staatliches Handeln überprüf- und kontrollierbar machen.1377 Zur Erreichung dieses Ziels bedarf es keiner absoluten Faktenrichtigkeit, sondern einer möglichst unverfälschten Wiedergabe des bei der Behörde vorliegenden Informationsmaterials.1378 Eine gesetzlich auferlegte oder nachträgliche Richtigkeitskorrektur würde dieses Ziel torpedieren und sich vor allem im Rahmen von proaktiven Veröffentlichungspflichten prohibitiv auswirken.1379 Darüber hinaus ist in fundamentaler Hinsicht zu bezweifeln, ob Informationen angesichts ihrer Relativität und Interpretationsbedürftigkeit  – im Gegensatz zu Tatsachen, die einem eindeutigen Beweis zugänglich sind – überhaupt objektiv „falsch“ oder „unrichtig“ sein können.1380 b) Veröffentlichung einer korrigierten Information Da die ganz herrschende Meinung dem Gebot zur Veröffentlichung richtigen Informationsmaterials nur eine objektive Schutzrichtung attestiert1381 und auch die hier vorgenommene Konstruktion einer allgemeinen Verkehrssicherungspflicht 1375

Bei der Frage, welche Sicherungsmaßnahmen noch zumutbar sind, müssen freilich individuelle Unternehmensinteressen Berücksichtigung finden. So kann die Überprüfung jeder einzelnen Information bei einem kommunalen (Klein-)Unternehmen einen deutlich größeren Kostenaufwand verursachen und damit eine Unzumutbarkeit herbeiführen als bei einem bundesweit agierenden Infrastruktur- oder Energieunternehmen, a. A. Reidt / Schiller, in: Landmann / Rohmer, Umweltrecht, § 7 UIG, Rn. 12: „keine Erfüllung nach Kassenlage“. Im Rahmen des EGovG sind die veröffentlichungspflichtigen Stellen dagegen in jedem Fall sogar von einer Prüfpflicht befreit, vgl. § 12a Abs. 8 EGovG. 1376 Vgl. Lederer, S. 278 ff.; BMI, Studie zu Open Government Data, S. 201. 1377 Siehe oben B. I. 3. a). 1378 Vgl. Mast, Staatsinformationsqualität, S. 237; Kümper, ZUR 2012, 395 (401). 1379 Vgl. Mast, Staatsinformationsqualität, S. 238; Kümper, ZUR 2012, 395 (401); Martini /  Damm, DVBl. 2013, 1 (8). 1380 Vgl. Deißler, Gewährleistung von Informationsqualität, S. 283. 1381 Insgesamt Lederer, S. 285. Für § 7 Abs. 3 UIG Kümper, ZUR 2012, 395 (401); Britz / Eifert /  Groß, DÖV 2007, 717 (723). Für § 7 Abs. 3 S. 2 IFG Rossi, IFG, § 7, Rn. 36; Sicko, in: ­BeckOK Informations- und Medienrecht, § 7 IFG, Rn. 68. Da die Schutznormeigenschaft nicht von der Intensität der bloß faktischen Betroffenheit abhängt, kann auch für breitenwirksamere proaktive Veröffentlichungspflichten keine haftungsauslösende Drittgerichtetheit begründet werden, vgl. Kümper, ZUR 2012, 395 (402), a. A. Britz / Eifert / Groß, DÖV 2007, 717 (723); Rossi, IFG, § 7, Rn. 37.

VI. Prozess- und haftungsrechtliche Dimensionen 

361

kein abweichendes Ergebnis rechtfertigt, kann der Einzelne nur in Ausnahmefällen einen Folgenbeseitigungs- und Unterlassungsanspruch gerichtet auf Veröffentlichung einer korrigierten Information geltend machen. Ein einklagbares Recht auf informationelle Richtigstellung soll nur dort bestehen, wo die Publikation offensichtlich unrichtiger Unternehmens- und Marktdaten Dritter in das Recht auf funktionsgerechte Teilnahme am Wettbewerb nach Art. 12 Abs. 1 GG eingreift.1382 Da das Informationsfreiheitsrecht grundsätzlich keinen Informationsbeschaffungsanspruch gewährt,1383 kann das Recht auf Korrektur notfalls lediglich die Klarstellung umfassen, dass die veröffentlichte Information unrichtig war. Die Einholung oder Generierung einer bislang nicht vorhandenen, korrigierten, Information kann auch über das Staatshaftungsrecht nicht erzwungen werden. c) Schadensersatz Mangels drittschützenden Charakters des informationsrechtlichen Richtigkeitsgebotes scheiden in der Regel auch Amtshaftungsansprüche aufgrund der Veröffentlichung fehlerhafter Informationen aus.1384 Ausnahmen bestehen wiederum nur dort, wo Dritte durch die unrichtige Verbreitung von marktrelevanten Daten in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt sind.1385 4. Zwischenergebnis In einer Gesamtbetrachtung erweist sich das Informationszugangsrecht weder als besonders „haftungsfreundlich“ noch als „haftungsfeindlich“. Gibt das öffentliche Unternehmen veröffentlichungspflichtige Informationen nicht preis, kann es per allgemeiner Leistungsklage jedenfalls zur antragsbasierten Zugangsgewährung verpflichtet werden. Zudem kann die unterbliebene Information Amtshaftungsansprüche auslösen. Gleiches gilt in Fällen, in denen das öffentliche Unternehmen in rechtswidriger Weise geheimhaltungsbedürftige Informationen Dritter offenlegt. Freilich ist im Rahmen von proaktiven Veröffentlichungspflichten eine Lockerung des Haftungsmaßstabes angezeigt, möchte man öffentliche Unternehmen nachhaltig zu großzügigen eigeninitiativen Publikationspraktiken animieren. Auch der Dispens von der objektiven Richtigkeitsgewähr im Informationszugangsrecht forciert grundsätzlich eine transparenzfreundliche Veröffentlichungspolitik. Stellen öffentliche Unternehmen fehlerhaftes Informationsmaterial zur allgemeinen

1382

Vgl. Kümper, ZUR 2012, 395 (402); Voland, DVBl. 2011, 1262 (1268). Siehe hierzu bereits oben B. I. 2. 1384 Vgl. Kümper, ZUR 2012, 395 (401). Ebenso sind fehlgeschlagene Dispositionen bei gewährtem Zugang zu unrichtigen Informationen nicht ersatzfähig, siehe Kümper, ZUR 2012, 395 (402 f.). 1385 Vgl. Voland, DVBl. 2011, 1262 (1268), a. A. Britz / Eifert / Groß, DÖV 2007, 717 (723). 1383

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

Verfügung, können sie demnach nur im Ausnahmefall zur Korrektur oder Zahlung von Schadensersatz verpflichtet werden.

VII. Öffentliche Unternehmen als Wirkungskatalysatoren des Informationszugangsrechts? Reaktiver wie proaktiver Informationszugang soll die öffentliche Verwaltung transparenter machen. Der Begriff der „Transparenz“ (zusammengesetzt aus lat. „pārēre“ = erscheinen, sichtbar sein und „trans“ = hinüber, hindurch) ist im allgemeinen Sprachgebrauch fast durchweg positiv besetzt. Er dient als Name für gemeinnützige Organisationen (Transparency International e. V.) und findet Verwendung in Werbeslogans von Kommunikationsunternehmen („Das neue 1 & 1 – fair und transparent“)1386. Angestoßen durch diese affirmative Bedeutungsaufladung entwickelt sich die Forderung nach Verwaltungstransparenz zunehmend zum politischen „Schlagwort“1387 oder gar „Kampfbegriff“1388. Dabei unterstellt auch die Rechtwissenschaft den Wert von durch Informationszugang vermittelter Verwaltungstransparenz zuweilen apodiktisch,1389 ohne im Detail aufzuzeigen, wie genau die Schaffung von Transparenz zum Gelingen und zur Weiterentwicklung von Demokratie, Gesellschaft und Wirtschaft beitragen soll. Der nachfolgende Abschnitt unternimmt den Versuch, ausgehend von den Gesetzesbegründungen der Informationsfreiheitsgesetze die konkreten Zielsetzungen des Informationsfreiheitsrechts zu skizzieren (1.). Dabei lassen sich die verfolgten Zwecke in demokratische Ziele (a), wirtschaftliche Ziele (b) und Nebenziele (c) kategorisieren. Es gilt kritisch zu analysieren, ob und wie der informierende Staat tatsächlich als „Katalysator der Meinungsbildung im digitalen Zeitalter“1390 auftritt. Da die Zielsetzungen der Informationsfreiheitsgesetze primär den klassischen Verwaltungsapparat adressieren, soll anschließend mit Blick auf den Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit herausgearbeitet werden, ob und bis zu welchem Grad öffentliche Unternehmen gleichfalls als Wirkungskatalysatoren des Informationsfreiheitsrechts eingesetzt werden können oder müssen. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, inwiefern auch dem öffentlichen Unternehmen ein spezifischer, verfassungsrechtlich oder einfachgesetzlich ableitbarer Auftrag zur Förderung der informationsfreiheits 1386 Siehe die Pressemitteilung des Unternehmens vom 1. Februar 2010, abrufbar unter: https:// newsroom.1und1.de/2010/02/01/das-neue-11-dsl-fair-und-transparent/ (zuletzt aufgerufen am 28. 1. 2021). 1387 Vgl. Maatsch / Schnabel, HmbTG, Einl., Rn. 3. 1388 Guratzsch, Triumph der Transparenz über private Intimität, in: Welt Online vom 14. 05. 2012, abrufbar unter: https://www.welt.de/debatte/kommentare/article106309581/Triumph-der-Trans parenz-ueber-private-Intimitaet.html (zuletzt abgerufen am 28. 06. 2021). 1389 So etwa Bohne, NVwZ 2007, 656 (656) zum IFG: „Ziel des Gesetzes ist die Steigerung der Transparenz des Verwaltungshandelns, indem dem Bürger Informationsfreiheit zugestanden wird.“ 1390 Martini / Kühl, DÖV 2013, 573.

VII. Öffentliche Unternehmen als Wirkungskatalysatoren 

363

rechtlichen Zielsetzungen zukommt (2.). Auch hierbei ist zwischen den einzelnen Zielkategorien zu differenzieren. 1. Zielsetzungen des Informationszugangsrechts Wie eingangs bereits angedeutet, zielen viele Informationsfreiheitsgesetze im Ausgangspunkt zunächst begrifflich auf die Schaffung von Transparenz, vgl. § 1 Abs. 2 S. 2 ThürTG: „Das Gesetz soll unter Wahrung schutzwürdiger Belange die Transparenz der Verwaltung vergrößern […]“.1391 Die Forderung nach (mehr) Transparenz der öffentlichen Verwaltung ist dabei ein aktuelleres Phänomen.1392 Sie ist Konsequenz der stetigen Entwicklung der Gesellschaft zur Informationsgesellschaft: Angestoßen durch eine zunehmende Digitalisierung der Wirtschafts- und Kommunikationswelt, wandelt sich das Selbstverständnis der „modernen Verwaltung“. Der administrative Apparat löst sich verstärkt von hierarchisch-konditionalen Entscheidungsstrukturen und sucht zunehmend kooperative Handlungsformen.1393 Dieser Prozess erfordert den Abbau von Informationsasymmetrien im Staat-Bürger-Verhältnis und forciert damit eine informationsrechtliche Abkehr vom vormals geltenden Arkanprinzip. Die materiell-rechtliche Evolution des Informationszugangsrechts korrespondiert im Ergebnis mit einer begrifflichen Fokussierung der Informationsfreiheitsgesetze auf die Herstellung von „Transparenz“. Für eine differenzierte Analyse des Verhältnisses von Geheimhaltung und Offenlegung oder gar die Ausarbeitung von konkreten Abwägungsmaßstäben ist jedoch der ausschließliche Rekurs auf das allgemeine Transparenzpostulat ungeeignet. Der Grund hierfür liegt in der begrifflichen Unschärfe des Ausdrucks „Transparenz“. Der paradoxerweise inhaltlich nebulöse Terminus „Transparenz“ weist ähnlich wie der Begriff der „Daseinsvorsorge“ für sich genommen keinen spezifischen Gewährleistungsgehalt auf, sondern ist in besonderem Maße kontextualisierungs- und wertungsabhängig.1394 Mithin besteht Einigkeit darüber, dass auch die Schaffung von Transparenz nicht allein aus Selbstzweck erfolgen kann.1395 Transparenz erlangt ihren Wert vielmehr als „Umsetzungsvehikel“ oder notwen 1391 Siehe hierzu auch die Gesetzesbegründung zum UIG, vgl. BT-Drs. 15/3406, S. 11: „Die Richtlinie 2003/4/EG leistet auch einen Beitrag zu größerer Transparenz […]“. Deutlich wird das verfolgte Transparenzpostulat auch anhand der Tatsache, dass immer mehr Informationsfreiheitsgesetze als „Transparenzgesetze“ erlassen werden, vgl. die Transparenzgesetze in Hamburg, Thüringen und Rheinland-Pfalz. 1392 Vgl. Abbé, Verbraucherschutz durch Transparenz, S. 26. 1393 Vgl. Brüning, in: Hill / Schliesky (Hrsg.): Innovationen im und durch Recht, S. 85 (94). 1394 Vgl. Ostermann, S. 9 f.; Bröhmer, S. 19 ff. Zur Konturenlosigkeit des Begriffs „Daseinsvorsorge“ Storr, S. 111 m. w. N. 1395 Vgl. Kloepfer, DÖV 2003, 221 f.; Bröhmer, S. 4; Rhein, S. 17: „Transparenz ist kein rechtliches Argument, sondern eine politische Forderung“.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

digen Zwischenschritt zur Erfüllung von eigentlichen informationsrechtlichen Kernzielen.1396 Diese Ziele stehen im Mittelpunkt der nachfolgenden Betrachtung. Sie können grundsätzlich vielfältiger Natur sein.1397 Als grobe Hauptbegründungslinien lassen sich jedoch einerseits demokratisch (a) und andererseits ökonomisch (b) fundierte Zweckrichtungen unterscheiden. a) Rechtsstaatlich-demokratische Ziele aa) Partizipation und Aktivierung Zahlreiche Gesetzesbegründungen machen klar, dass die Offenlegung von Verwaltungsinformationen den Bürger vor allem zur politisch-gesellschaftlichen Partizipation und aktiven Mitgestaltung des politischen Lebens animieren soll. So betont die Gesetzesbegründung zum IFG, dass das „Informationsfreiheitsgesetz notwendig [ist], um […] die demokratischen Beteiligungsrechte der Bürgerinnen und Bürger zu stärken. […] Denn unabhängig von einer individuellen Betroffenheit sind Sachkenntnisse entscheidende Voraussetzung für eine Beteiligung der Bürger an staatlichen Entscheidungsprozessen. Das Informationsfreiheitsgesetz dient damit vor allem demokratischen Meinungs- und Willensbildung.“1398

Auf die Förderung der demokratischen Meinungs- und Willensbildung stellen explizit auch die Gesetzeszwecke des HmbTG (§ 1 Abs.1 HmbTG), BlnIFG (§ 1 BlnIFG), ThürTG (§ 1 Abs. 2 S. 2 ThürTG) und des LTranspG RLP (§ 1 Abs. 2 LTranspG RLP) ab. Gemeinsamer Ausgangspunkt ist dabei die Erkenntnis, dass der einzelne Bürger nur unter einer möglichst gesicherten Informationsgrundlage konkrete Lebenssachverhalte beurteilen und hieraus einen politischen Willen bilden bzw. eigenverantwortliche, reflektierte Entscheidungen treffen kann.1399 Traditionellerweise erfüllen im demokratischen System die Medien die Aufgabe der Informationsakquise und -Aufbereitung für den Bürger. Die Medien können sich zur Erfüllung dieser Aufgabe auf die verfassungsrechtlich garantierten Kommuni 1396

Ein solches Verständnis impliziert auch die Gesetzesbegründung zum EGovG, vgl. BTDrs. 18/11614, S. 11: „Open Government ist ein noch junges, politisch motiviertes Leitbild, das durch mehr Transparenz (Hervorhebung durch den Verfasser) zu Partizipation und Zusammenarbeit sowie zu Rechenschaftslegung und Innovationen anregen will.“ Für eine „Transparentierung der Verwaltung“ als bloßes Zwischenziel Rossi, S. 93. Mit anderer Gewichtung dagegen Sitsen, S. 41, für den Transparenz Ziel und Mittel zugleich ist. 1397 Einen übersichtlichen, wenn auch nicht kategorisierenden oder einordnenden Überblick über die vielfältigen Ziele des IFG liefert beispielsweise Debus, in: BeckOK, Informations- und Medienrecht, § 1 IFG, Rn. 91. 1398 BT-Drs. 15/4493, S. 6, siehe hierzu Ziekow / Debus / Musch, S. 52 f.; Sitsen, S. 42; Blatt, in: Brink / Polenz / Blatt, IFG, § 1, Rn.  48 f. 1399 Vgl. Rossi, S. 99; Caspar, DÖV 2013, 371 (374); Ostermann, S. 193 m. w. N. Für Adler, DÖV 2016, 630 ist der Zugang zu Informationen notwendige „Vorbedingung“ für die Ausübung von politischen Teilhaberechten.

VII. Öffentliche Unternehmen als Wirkungskatalysatoren 

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kationsfreiheiten (Pressefreiheit, Rundfunkfreiheit, Meinungsfreiheit) berufen.1400 Diese Freiheiten dienen damit primär der Informationsvermittlung und somit der Förderung der demokratischen Meinungs- und Willensbildung, wie auch das Bundesverfassungsgericht in der Vergangenheit betont hat: „Freie Meinungsbildung als Voraussetzung sowohl der Persönlichkeitsentfaltung als auch der demokratischen Ordnung vollzieht sich in einem Prozeß der Kommunikation, der ohne Medien, die Informationen […] verbreiten […], nicht aufrechterhalten werden könnte.“1401

Nach diesem Verständnis entwickeln sich Kommunikation und Information zur unabdingbaren Grundvoraussetzung, zum „Sauerstoff“1402 der „lebendigen Demokratie“1403. In jeder Preisgabe einer hoheitlichen Information kann eine ganz allgemein eine „Teilhabe am Staatsgeschehen“ gesehen werden.1404 „Informationsrecht“ wird auf diese Weise zum „Teilhaberecht“1405 und damit auch zum Instrument gegen eine wachsende gesellschaftliche Politikverdrossenheit.1406 Das Informationsfreiheitsrecht setzt hier an und emanzipiert den Bürger von traditionell medial vermittelter Informationsdistribution. Die Öffnung der Aktenschränke soll den Bürger zur politischen „Selbstinformation“1407 befähigen und ihn auf diese Weise im nächsten Schritt zur Wahrnehmung von politischen Teilhabemöglichkeiten aktivieren. Informationszugangsfreiheit wird damit mittelbar auch zum Element partizipativer Demokratie. Die durch Informationszugang ermöglichte Teilhabe am politischen Leben kann dabei auf zwei Ebenen stattfinden: Teilhabeoptionen ergeben sich zunächst im Rahmen von kodifizierten und formalisierten Beteiligungsformen. Klassische Beispiele sind hier die aktive Teilhabe am Wahlakt durch Stimmabgabe oder die Wahrnehmung von Beteiligtenrechten im Verwaltungsverfahren.1408 Nach der Konzeption der Informationsfreiheitsgesetze soll sich die Aktivierungsfunktion 1400

Vgl. Rossi, S. 100. BVerfGE 90, 60 (87) – 8. Rundfunkentscheidung. 1402 Bereits Ronald Reagan erkannte in diesem Sinne: „Information is the oxygen of the modern age.“, vgl. Sheila Rule, Reagan Gets A Red Carpet From British: Special To the New York Times, June 14, 1989. 1403 Rossi, S. 110; Kloepfer, DÖV 2003, 221; Ostermann, S. 19 3 f., der in diesem Zusammenhang auf das Auseinanderfallen von „Deutschen“ im Sinne des Art. 116 GG als Legitimationssubjekt demokratischer Herrschaft und der insoweit „überschießenden“ Jedermann-Berechtigung der Informationsfreiheitsgesetze verweist, hierin aber schlussendlich keine unzulässige Verkürzung staatsbürgerlicher Rechte sieht. 1404 Vgl. Schoch, IFG, Einl., Rn. 51; Rossi, S. 99 ff.; Ostermann, S. 194. 1405 Ostermann, S. 195. Aus diesem Grund wird vereinzelt auch von einer „Teilhabefunktion“ der Informationsfreiheitsgesetze gesprochen, vgl. Bosesky, S. 224 m. w. N. 1406 So auch die Gesetzesbegründung zum HmbTG, vgl. HBü-Drs. 20/4466, S. 2. 1407 Wirtz / Brink, NVwZ 2015, 1166 (1168). Auf diese Weise wird die öffentlich zugängliche Verwaltungsinformation letztlich auch zur „vermittelnden Instanz“ zwischen dem Volk als Souverän und dem Staat als demokratischem Legitimationsobjekt, vgl. Drefs, in: Dreier / Fischer /  van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 89 (97). 1408 Vgl. Schoch, IFG, Einl., Rn. 51; Rossi, S. 99. 1401

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

allerdings nicht hierauf beschränken. In den Fokus rückt vielmehr die Förderung der nicht-formalisierten, eigeninitiativen Einschaltung des Bürgers in das administrative Alltagsgeschehen. Die allgemeine Öffnung der Aktenschränke soll den Bürger auch außerhalb von periodisch stattfindenden Wahlen oder einer eigenen Betroffenheit im Verwaltungsverfahren so sehr für eine Auseinandersetzung mit staatlichen Belangen und Abläufen motivieren, dass sich die fortlaufende interne politische Meinungs- und Willensbildung auch in der regelmäßigen Wahrnehmung von politischen Partizipationsmöglichkeiten externalisiert. Die Informationsfreiheitsgesetze erheben damit den Bürger zum aktiven „Wächter“ des Gemeinwesens und Erfüllungsgehilfen einer „lebendigen Demokratie“.1409 Bürgerliche Partizipationsmöglichkeiten entstehen dabei vor allem dort, wo sich die „moderne“ Verwaltung aus ihrem konditional-hierarchischen Funktionsapparat löst und neue Beteiligungsmöglichkeiten sowie kooperative Mitgestaltungsoptionen eröffnet. Beispiele hierfür sind die Einrichtung eines „Runden Tischs“ als verfahrenssteuerndes Gremium, das sich sowohl aus Politikern, Interessensvertretern und Repräsentanten der Zivilgesellschaft zusammensetzt, oder die Integration von offenen Bürgerforen bei der Ausarbeitung von kommunalen Planungskonzepten.1410 Auf die zweite Ebene der nicht-formalisierten Partizipation rekurriert auch das UIG, welches nach dem Willen des Gesetzgebers allgemein „eine wirksamere Öffentlichkeitsbeteiligung bei umweltbezogenen Entscheidungen“1411 ermöglichen soll. Das BremIFG geht sogar einen Schritt weiter und betrachtet die Eröffnung von Informationszugang als Instrument des Bürgers zur Mitgestaltung von Verwaltungsvorgängen nach dem Konzept der „Aktiven Bürgerstadt Bremen“.1412 Ein besonderes Aktivierungspotential bergen dabei proaktive Veröffentlichungspflichten, die im System des Informationsfreiheitsrechts zwar noch als „juristisches Neuland“1413 gelten, aber eine spezifische „Scharnierfunktion“ bei der Herstellung von reaktiver Transparenz erfüllen, indem sie individuelle Informationszugangsbedürfnisse antizipieren und dadurch zu einer Transformation von „open-government-policies“ beitragen.1414

1409

Vgl. Kugelmann, DÖV 2005, 851 (857); Schoch, IFG, Einl., Rn. 51. Derartige Beteiligungsmöglichkeiten werden dabei vor allem im Rahmen der kommunalen Planung und Umsetzung infrastruktureller Maßnahmen genutzt, vgl. hierzu und mit weiteren Beispielen Fritz / Sellke, KommJur 2016, 248 ff. 1411 BT-Drs. 15/3406, S. 11. 1412 Bü-Drs. 16/1000, S. 4. 1413 Maatsch / Schnabel, HmbTG, § 1, Rn. 5; Herr / Müller / Engewald / Ziekow, DÖV 2018, 165 (165). 1414 Ziekow / Debus / Musch, S. 451; Kahl, in: Haratsch (Hrsg.): Herausforderungen an das Recht der Informationsgesellschaft, S. 9 (16 f.). Hiergegen spricht allerdings der empirische Befund der Evaluation des IFG, nach dem kein messbarer Zusammenhang zwischen proaktiver Informationspolitik und Inanspruchnahme von reaktiven Informationsmöglichkeiten besteht, vgl. Ziekow / Debus / Musch, S. 434. In diesem Kontext ist jedoch zu berücksichtigen, dass das IFG gerade keine „vollwertigen“ Transparenzpflichten normiert, sondern lediglich rudimentäre proaktive Veröffentlichungspflichten beinhaltet, siehe hierzu ausführlich C. III. 3. a) aa). Freilich 1410

VII. Öffentliche Unternehmen als Wirkungskatalysatoren 

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Insgesamt legen die Informationsfreiheitsgesetze damit das Bild eines aktiv-­ interessierten, politisch mündigen citoyen zu Grunde,1415 der sich durch die Eröffnung von Informationszugang derart konstruktiv am öffentlichen Diskurs beteiligt, dass die Verwaltung hierdurch zur Berücksichtigung der öffentlichen Bürgermeinung angeregt oder sogar gezwungen wird.1416 In diesem Sinne ist auch die Gesetzesbegründung des ersten Informationsfreiheitsgesetzes in Schleswig-Holstein aus dem Jahre 1999 zu lesen: „Es soll [durch das Informationszugangsrecht] auch, soweit ein öffentlicher Diskurs dies vermag, die behördliche Willensbildung und Entscheidungsfindung beeinflusst werden.“1417 Realisiert sich hierdurch ein fortlaufender „digitale[r] Dialog zwischen Staat und Gesellschaft“ (vgl. § 1 Abs. 2 LTranspG RLP), entsteht auf diese Weise ein realer Legitimations- und Verantwortungszusammenhang im demokratischen System.1418 Vorausgesetzt, der Administrationsapparat zeichnet sich im Rahmen der Staat-Bürger-Kommunikation durch Responsivität in Form von Resonanzfähigkeit und Resonanzbereitschaft aus, garantiert der freie Informationszugang letztendlich die demokratisch-kommunikative Rückbindung der Entscheidungsträger an das Volk.1419 An dieser skizzierten Begründungslinie entzündet sich jedoch teils massive Kritik: Stimmen in der Literatur merken an, dass Informationsfreiheitsgesetze mit der Teilhabeförderung eine unrealistische Idealvorstellung zum Gesetzeszweck erheben: Rossi warnt vor einer „ideologischen Überhöhung“1420 der Informationszugangsfreiheit, auch Bull erscheint das Leitbild von einem automatischen Partizipationszuwachs durch Herstellung von Verwaltungsöffentlichkeit „allzu idealistisch, wenn nicht illusionär“.1421 Die Kritik stützt sich im Kern auf das Argument, dass das zu Grunde gelegte Bürgerverständnis eines interessierten und politisch motivierten citoyen realitätsfremd anmute, da der Durchschnittsbürger häufig inbirgt die Implementierung „weicher“ proaktiver Veröffentlichungsmechanismen wie in § 11 IFG strukturelle Risiken für die öffentliche Meinungs- und Willensbildung. Steht der Umfang der Publikationsbefugnis weitestgehend zur Disposition des Veröffentlichenden, entsteht die Gefahr einer Manipulation der rezeptiven Informationsöffentlichkeit durch eine selektive Bereitstellungspraxis, vgl. Rossi, IFG, § 11, Rn. 2. 1415 Vgl. Masing, VVDStRL 63 (2004), 377 (435); Ostermann, S. 195; Schoch, IFG, Einl., Rn. 51. Anstelle des Begriffs des „citoyen“ finden mitunter auch auf die Ausdrücke „homo politicus“ oder „zoon politikón“ Verwendung, vgl. Schmidt-Preuß, in: FS Link, S. 921 (935); Kahl, in: Haratsch (Hrsg.): Herausforderungen an das Recht der Informationsgesellschaft, S. 9 (21). 1416 Vgl. Ostermann, S. 195. 1417 Vgl. LT-Drs. 14/2374, S. 12; siehe hierzu auch Ostermann, S. 195, Fn. 183. 1418 Vgl. Scherzberg, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.): Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. III, § 49, Rn. 14. 1419 Vgl. Scherzberg, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.): Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. III, § 49, Rn. 21. Zur akzeptanzstiftenden Rückkopplung des Bürgers an hoheitliche Entscheidungsprozesse durch proaktive Veröffentlichungspflichten Beyer-­ Katzenberger, DÖV 2014, 144 (145 f.); Gusy, DVBl. 2013, 941 (942 f.). 1420 Rossi, in: von Arnim (Hrsg.): Transparenz contra Geheimhaltung, S. 43 (48 f.). 1421 Bull, ZG 2002, 201 (213).

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tellektuell gar nicht dazu in der Lage sei, das angebotene Informationsmaterial eigenständig und konstruktiv zu bewerten.1422 Hinzu komme auch bei grundsätzlich informations- und partizipationswilligen Bürgern die Gefahr der Überforderung durch Überinformation (sog. „informational overload“).1423 Angesichts der Unwilligkeit oder Unfähigkeit des Einzelnen zur Informationsverarbeitung „verpuffe“ der intendierte Stimulationseffekt für die politisch-demokratische Teilhabe. Die kritischen Stimmen stützen ihre These der informationellen Unmündigkeit des Bürgers auf quantitative Betrachtungen oder empirische Belege, nach denen die Informationsfreiheit vom „Normalbürger“ kaum genutzt werde.1424 Nutznießer der Informationsfreiheit seien vor allem Rechtsanwälte, Pressevertreter und Verbände.1425 Der aktive und interessierte citoyen bilde damit nicht den gesellschaftlichen Regelfall, sondern sei ein außerordentliches Phänomen der „bildungsbürgerlichen Mittelschicht“.1426 Gegen die vorgebrachte Kritik lässt sich jedoch einwenden, dass das Demokratieverständnis des Grundgesetzes und mithin auch der Informationsfreiheitsgesetze zwingend einen mündigen, selbstbestimmten und

1422 Vgl. Kahl, in: Haratsch (Hrsg.): Herausforderungen an das Recht der Informationsgesellschaft, S. 9 (21). Siehe auch Wewer, KritV 2015, 462 (480), der auf die fehlenden sprachlichen und fachlichen Kompetenzen des informationssuchenden Bürgers zur komplexen Informationsverarbeitung sowie dessen mangelndes politisches Kontextwissen verweist. Auch Scherzberg, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.): Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. III, § 49, Rn. 56 und Thormann, DÖV 2013, 325 (328) betonen, dass politisches Interesse sowie Medienkompetenz auch stets bildungsabhängig sind. 1423 Vgl. Augsberg, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informatio­ nen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 37 (39 f.); Janda, VM 2011, 227 (237); Zott, S. 58 m. w. N. Ausführlich zu dieser Gefahr Fischer / Kraus, in: Klenk / Nullmeier / Wewer (Hrsg.): Handbuch Digitalisierung in Staat und Verwaltung, S. 1 (4 ff.); grundlegend zu dem Begriff Koltay, in: Schuster (Hrsg.): Understanding Information: From the Big Bang to Big Data, S. 197 ff. Auch bei der Ausgestaltung des Inhalts und Umfangs von zivilrechtlichen Verbraucherinformationspflichten etwa im Rahmen von Versicherungsverträgen oder Fernabsatzverträgen ist die Gefahr des „information overload“ anerkannt, vgl. Stukenbrock, Spezialisierte Informationspflichten, S. 141 ff. 1424 Siehe hierzu die Evaluation von Ziekow / Debus / Musch, S. 435. Allgemeiner, dafür dras­ tischer formuliert es Tillack, in: von Armin: Transparenz contra Geheimhaltung, S. 81 (81): „Wer nutzt das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes, kurz IFG? Man muss nur leicht zuspitzen, um auf diese Antwort zu kommen: Fast niemand.“ Dagegen indes die Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Andrea Voßhoff, die betont, dass die erneute Steigerung der IFG-Anträge deutlich zeige, dass „das Recht auf Informationszugang inzwischen zum ‚Werkzeugkoffer‘ des mündigen Bürgers in einer auf Offenheit, Diskurs und Partizipation angelegten Gesellschaft“ geworden sei, vgl. Pressemitteilung des Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (BfDI) vom 11. 07. 2018: 6. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit: Interesse der Bürgerinnen und Bürger an Verwaltungsinformationen wächst weiter!, abrufbar unter: https://www.bfdi.bund.de/DE/Infothek/Pressemitteilungen/2018/07_Taetigkeitsbericht_ Informationsfreiheit.html (zuletzt abgerufen am 12. 03. 2021). 1425 Vgl. Tillack, in: von Armin (Hrsg.): Transparenz contra Geheimhaltung, S. 81 (82), Ziekow /  Debus / Musch, S. 82. 1426 Vgl. Rossen-Stadtfeld, in: Hill / Schliesky (Hrsg.): Innovationen im und durch Recht, S. 225 (237).

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partizipationswilligen Bürger als Referenz bzw. Idealbild anlegen muss.1427 Jede anderslautende Sichtweise degradiert den Bürger zum fremdbestimmten Objekt staatlicher Herrschaft und verletzt damit die unantastbare Menschenwürdegarantie aus Art. 1 Abs. 1 GG.1428 Der Informationsfreiheitsgesetzgeber darf damit nicht vor faktischen Fehlentwicklungen kapitulieren. Fehlendes tatsächliches Interesse des einzelnen Bürgers soll und muss damit zwar ein ernstzunehmender Korrekturimpuls für informationsfreiheitsrechtliche Regelungen sein, es darf jedoch nicht zum Argument für die vollständige Einstellung von hoheitlichen Öffentlichkeitsbemühungen mutieren. bb) Akzeptanz- und Vertrauensförderung Ferner zielen Informationsfreiheitsgesetze auf die Förderung von Akzeptanz von und Vertrauen in Verwaltungsentscheidungen. Beispielsweise soll das HmbTG nach der Gesetzesbegründung „die Transparenz und damit die Akzeptanz des Verwaltungshandelns erhöhen“.1429 Vergleichbare Formulierungen finden sich in den Gesetzesmaterialen zu den Informationsfreiheitsgesetzen in Nordrhein-Westfalen1430, Bremen1431, Rheinland-Pfalz1432 und Schleswig-Holstein1433. Die akzeptanzstiftende Zielsetzung der Informationsfreiheitsgesetze steht dabei in einem engen Funktionszusammenhang zur Partizipationsfunktion. Dies macht auch die Geset 1427

Auch die Gesetzesbegründung des TranspG RLP stellt auf „mündige und gut informierte Bürgerinnen und Bürger“ ab, vgl. LT-Drs. 16/5173, S. 1. Dieser Referenzrahmen ist zwingende Konsequenz der hiesigen Verfassungsordnung: Für Huber, Jura 1998, 505 (509 f.) bildet der citoyen nach Rousseau’scher Vorstellung die Leitfigur des Grundgesetzes. Siehe zum Bild eines partizipierenden Bürgers im „modernen Verfassungsstaat“ auch Kirchhof, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 3 Abs. 1, Rn. 112 und Becker, NVwZ 2019, 1385 (1387 f.). Für Dreier, in: Dreier, GG, Art. 1 Abs. 1, Rn. 167 f. kann dagegen dem Grundgesetz kein bestimmtes Menschenbild entnommen werden, es sei insoweit „eher Trugbild als Leitbild“. 1428 Vgl. Huxer / Rux, in: BeckOK Grundgesetz, Art. 20, Rn. 55: „Die unbedingte Verpflichtung des Staates auf die Menschenwürde beruht auf der axiomatischen Vorstellung, dass grundsätzlich jeder Mensch zur Selbstbestimmung in der Lage ist und daher nicht zum Objekt der Entscheidungen Dritter gemacht werden darf.“ Auch für Schmidt-Preuß, in: FS Link, S. 921 (935) ist der Wahlbürger nach der Konzeption des Grundgesetzes „mitgestaltendes Subjekt.“ Zur Verankerung des Anspruchs auf freie und gleiche Teilhabe an der öffentlichen Gewalt in der Menschenwürde siehe auch BVerfGE 127, 267 (341). 1429 HBü-Drs. 20/4466, S. 12. 1430 LT-Drs. 13/321, S 7: „Nicht nur die Transparenz des behördlichen Handelns wird durch den Zugang zu Informationen erhöht, sondern auch die Nachvollziehbarkeit und Akzeptanz behördlicher Entscheidungen und der zugrundeliegenden politischen Beschlüsse.“ 1431 Bü-Drs. 16/1000, S. 10: „[Der Zugang zu amtlichen Informationen] steiger[t] die Qualität und Nachvollziehbarkeit staatlichen Handelns, was seine Akzeptanz fördert.“ 1432 LT-Drs. 15/2085, S. 1: „Die Transparenz von politischen Entscheidungen erhöht […] deren Nachvollziehbarkeit und Akzeptanz.“ 1433 LT-Drs. 14/2374, S. 11: Durch die Verschaffung eines Einblicks in die Grundlagen von Verwaltungsentscheidungen wird „eine erhöhte Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Akzeptanz dieser Entscheidungen und der zugrundeliegenden politischen Beschlüsse ermöglicht.“

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zesbegründung zum IFG deutlich: „Eine öffentliche Partizipation wird zudem dazu beitragen, die Akzeptanz staatlichen Handelns zu stärken.“1434 Als „Akzeptanz“ (von lat. „accipere“ = gutheißen, annehmen, billigen) kann allgemein die Anerkennung und Hinnahme einer Entscheidung, eines Vorgangs oder eines Zustands umschrieben werden.1435 Anerkennung und Hinnahme setzen dabei im Zusammenhang mit Verwaltungsentscheidungen nicht zwingend Befürwortung und Konsens voraus, vielmehr umfasst der Ausdruck „Akzeptanz“ auch Formen des Dissenses, bei denen das Verwaltungshandeln zwar als politisch inopportun, aber dennoch gerade noch anerkennungswürdig bewertet wird.1436 Damit beschreibt der Begriff der Akzeptanz schlussendlich lediglich die Bereitschaft des Bürgers, die Verwaltungsentscheidung für „(noch) anerkennungswürdig“ zu halten.1437 Die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Verwaltungsentscheidung ist indes hiervon unabhängig zu beantworten, auch rechtswidrige Verwaltungsentscheidungen können in der Bevölkerung auf Akzeptanz stoßen und umgekehrt.1438 Aus Bürgerperspektive ist eine Entscheidung vor allem dann anerkennungswürdig, wenn sie inhaltlich beurteilbar und damit nachvollziehbar erscheint. Die Beurteilbarkeit bzw. Nachvollziehbarkeit einer Verwaltungsentscheidung setzt wiederum eine gesicherte Informationsgrundlage voraus.1439 Diese schaffen Informationsfreiheitsgesetze.1440 Vereinzelt stellen die Informationsfreiheitsgesetze sogar explizit (vgl. § 1 Abs. 2 LTranspG RLP)1441 oder in ihren Gesetzesbegründungen1442 auf die Herstellung der Nachvollziehbarkeit staatlichen Handelns ab. „Akzeptanz“ entsteht im Kontext des Informationsfreiheitsrechts mithin zuvorderst durch die Befähigung des Einzelnen zur inhaltlich-gedanklichen Demon 1434 BT-Drs. 15/4493, S. 6, siehe hierzu auch Debus, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 1 IFG, Rn. 91. 1435 Vgl. Ostermann, S. 197; Pitschas, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.): Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, § 42, Rn. 201. Beide unterscheiden in diesem Kontext begrifflich zwischen Akzeptanz und Akzeptabilität. Als „Akzeptabilität“ beschreiben sie die Eigenschaft einer Entscheidung, eines Vorgangs oder Zustandes grundsätzlich bei anderen auf eine Hinnahme zu stoßen, vgl. Pitschas, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.): Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, § 42, Rn. 201. Ausführlich zum Akzeptanzbegriff auch aus soziologischer Perspektive Drefs, Die Öffentlichkeitsarbeit des Staates und die Akzeptanz seiner Entscheidungen, S. 187 ff. 1436 Vgl. Würtenberger, Die Akzeptanz von Verwaltungsentscheidungen, S. 6 1 f. 1437 So ähnlich auch Pitschas, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.): Grund­ lagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, § 42, Rn. 201. Ebenfalls auf die „Anerkennungswürdigkeit“ abstellend Lederer, S. 134. 1438 Vgl. Ostermann, S. 199; Pitschas, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.): Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, § 42, Rn. 203; Kugelmann, S. 15. 1439 Vgl. Ostermann, S. 198 f.; eingehend dazu Würtenberger, S. 80 ff. 1440 Für das IFG Sitsen, S. 42. 1441 „[Durch Zugang zu amtlichen Informationen soll] die Nachvollziehbarkeit von politischen Entscheidungen erhöht […] werden.“ 1442 Vgl. für das HmbTG HBü-Drs. 20/4466, S. 2: „Denn die Frage der Transparenz und Nach­­ vollziehbarkeit staatlichen Handelns betrifft eine zentrale und unverzichtbare Funktionsbedingung von Demokratie“.

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tage, Rekonstruktion und damit Evaluation der Hintergründe einer Verwaltungsentscheidung. Hierin liegt zugleich eine Überschneidung zur Kontrollfunktion der Informationsfreiheitsgesetze. Darüber hinaus kann sich die Bereitschaft zur Hinnahme einer Verwaltungsentscheidung auch aus einer gesicherten Vertrauensgrundlage ergeben. Vertrauen entsteht durch Nähe.1443 Das traditionelle Verwaltungsverständnis war jahrhundertelang von einem hierarchisch-konditional organisierten Staat-Bürger-Verhältnis gekennzeichnet. Innerhalb dieser Subordinationsbeziehung war die Entstehung von (informationeller) Nähe zwischen Staat und Bürger nicht angelegt. Im Gegenteil, die über Geheimhaltung vermittelte Distanz zwischen Herrscher und Beherrschtem wurde zur wichtigen Legitimations- und damit Funktionsvoraussetzung des tradierten Verwaltungsstaates.1444 Ausgehend von einer sinkenden Wissensüberlegenheit und Durchsetzungsmacht des Administrationsapparates vollzieht sich jedoch in jüngerer Vergangenheit ein „Kulturwandel“ im Selbstverständnis der Verwaltung.1445 Diese begreift sich zunehmend als konsensorientiert-kooperativer Dienstleister, der dem Bürger idealerweise kommunikativ auf Augenhöhe begegnet.1446 Die Verwaltung wird „bürgernah“. Den hieraus entstehenden Kommunikationsbedarf und die gestiegene Informationsbereitschaft der Verwaltung befriedigen Informationsfreiheitsgesetze, die Informationsasymmetrien zwischen Hoheitsträger und Bürger abbauen, die Entstehung von „Bürgernähe“ befördern1447 und damit schlussendlich zur Herstellung von Vertrauensmomenten beitragen.1448 Das so geschaffene Vertrauen bildet wiederum in letzter Konsequenz die Grundlage für die Entwicklung von gesellschaftlicher Akzeptanz von Verwaltungsentscheidungen.1449 Auf diese Weise avancieren damit Informationsfreiheitsgesetze auch in dieser Ausprägung zu Akzeptanz-Katalysatoren. 1443 Siehe hierzu Luhmann, Vertrauen: Ein Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität, 5. Auflage 2014, S. 34. 1444 Hierzu eingehend Wegener, S. 31 ff. 1445 Speziell hierzu aus der informationsfreiheitsrechtlichen Perspektive Masing, VVDStRL 63 (2004), 377 (396 ff.); Ziekow / Debus / Musch, S. 53. Den „Kulturwandel“ hebt auch die Gesetzesbegründung zur Neufassung des EGovG besonders hervor, vgl. BT-Drs. 18/11614, S. 11. Für die Abkehr vom preußischen Obrigkeitsstaat siehe die Gesetzesbegründung zum BremIFG, vgl. Bü-Drs. 16/1000, S. 4. 1446 Vgl. Schulz, in: Hill / Schliesky (Hrsg.): Innovationen im und durch Recht, S. 249 (272), ebenso auch die Gesetzesbegründung zum IFG, vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 6. 1447 So ausdrücklich die Gesetzesbegründung zum UIG mit Verweis auf die zugrundeliegende Richtlinie: „Die Richtlinie 2003/4/EG leistet auch einen Beitrag zu größerer Transparenz und Bürgernähe der Verwaltung“, vgl. BT-Drs. 15/3406, S. 11. 1448 In diesem Sinne auch der Slogan von abgeordnetenwatch.de: „Transparenz schafft Vertrauen“. Zur Schaffung von Vertrauen durch Offenlegung von Informationen siehe auch BVerfGE 118, 277 (353). Für Ostermann, S. 198, schließen sich dagegen Transparenz und Vertrauen aus. Für ihn wird Transparenz regelmäßig nur da erforderlich, wo kein Vertrauen mehr besteht. 1449 Zu dem Wirkungszusammenhang von Bürgernähe und Akzeptanzsicherung siehe auch Würtenberger, S. 70.

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Damit bleibt jedoch die Frage unbeantwortet, welchen Mehrwert die Sicherung von Verwaltungsakzeptanz konkret für das gesellschaftlich-demokratische Zusammenleben- und wirken liefert. Unbestrittenermaßen kann eine demokratische Rechtsordnung nur gelingen, wenn sie (auch in ihren fortlaufenden Einzelentscheidungen) von der Mehrheit ihrer Mitglieder als solche akzeptiert und weitestgehend freiwillig befolgt wird.1450 Stoßen die Entscheidungen der demokratisch legitimierten Institutionen nicht mehr auf konstruktive flächendeckende Anerkennung, verliert die Verwaltung ihre regulative Steuerungsmacht. Es drohen gesellschaftlicher Stillstand und im schlimmsten Fall gewaltsamer Protest.1451 Die Sicherung der Akzeptanz von Verwaltungsentscheidungen dient damit maßgeblich der „Sicherung des Rechtsfriedens und der staatlichen Handlungsfähigkeit“1452 und erwächst somit zur „rechtspsychologischen Voraussetzung des demokratischen Rechtsstaates“.1453 Nimmt man hiervon ausgehend an, dass klandestine Entscheidungspraktiken vom Bürger seltener und zögerlicher akzeptiert und umgesetzt werden, trägt Schaffung von Akzeptanz durch Transparenz auch zur Steigerung von Verwaltungseffizienz bei.1454 Die Ausräumung von zeit- und kostenintensiven Umsetzungswiderständen durch transparenzinduzierte Akzeptanzmomente stellt in diesem Zusammenhang sicher, dass die Verwaltungsentscheidungen auch letztendlich unmittelbar und effektiv zu den gewünschten Steuerungsergebnissen führen.1455 An der beschriebenen Wirksamkeit der Akzeptanzsteigerungsfunktion wird in der Literatur bisweilen gezweifelt. Bosesky argumentiert, dass Akzeptanz nur dort gesichert stattfinden könne, wo dem Einzelnen auch konkrete Einflussmöglichkeiten auf hoheitliches Handeln zustehen, wie etwa beim Abschluss eines Ver-

1450

Vgl. Würtenberger, S. 64; Drefs, S. 232 f. Vgl. Würtenberger, S. 64. 1452 Würtenberger, S. 64. Zur Einbeziehung der Öffentlichkeit als „Befriedungsinstrument“ siehe Pfannkuch / Schönfeldt, NVwZ 2020, 1557 (1558). 1453 Würtenberger, S. 61. Nach herrschender Meinung in der Literatur lässt sich die Akzeptanzsicherung indes nicht zwingend normativ an das Demokratieprinzip anbinden, da weitgehender Konsens zwischen Beherrscher und Beherrschtem weder tatsächlich möglich, noch demokratietheoretisch geboten sei. Vielmehr lebe Demokratie und Öffentlichkeit auch von (konstruktivem) Dissens, vgl. Ostermann, S. 202 f.; Pfannkuch / Schönfeldt, NVwZ 2020, 1557 (1558). Diese Sichtweise erscheint jedoch widersprüchlich, erkennt man mit dem oben Gesagten an, dass der Begriff der Akzeptanz gerade auch die nicht-konsensuale Hinnahme von Verwaltungsentscheidungen erfassen kann. Eine Verankerung der Akzeptanz im Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip liegt daher zumindest nicht so fern wie zuweilen behauptet. Für eine derartige verfassungsrechtliche Anbindung siehe auch Zeccola, DÖV 2019, 100 (107). 1454 In diesem Sinne Pitschas, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.): Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, § 42, Rn. 225; Würtenberger, S. 82; Drefs, in: Dreier / Fischer /  van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 89 (104). Akzeptanz und Effizienz stehen dabei in einem Wechselwirkungsverhältnis: So kann umgekehrt effizientes Verwaltungshandeln auch dessen Akzeptanz erhöhen, vgl. Hoffmann-Riem in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.): Effizienz als Herausforderung an das Verwaltungsrecht, S. 11 (39). 1455 Siehe hierzu auch Rossi, S. 104 ff. 1451

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waltungsvertrages.1456 Akzeptanz entstehe in diesem Falle ausschließlich durch die verfahrensrechtliche Ermöglichung der Interessensoptimierung zu seinen Gunsten.1457 Diese Sichtweise verkennt jedoch die Tatsache, dass sich Akzeptanz zwar auf vertrauensstiftende Verwaltungskooperation gründen kann, aber nicht zwingend muss. Das Vorliegen von Akzeptanz manifestiert sich nicht automatisch aktiv nach außen. Gerade vor dem Hintergrund, dass bereits die durch Transparenz geschaffene bloße Nachvollziehbarkeit einer Entscheidung akzeptanzbegründend sein kann, umschließt der Ausdruck „Akzeptanz“ auch im weiteren Sinne die stillschweigende, nicht-destruktive Hinnahme einer Verwaltungsentscheidung. Eine solche kann jedoch auch dort auftreten, wo der Bürger aufgrund von (proaktiver) hoheitlicher Informationspolitik vernünftigerweise „einsieht“, dass die Verwaltungsentscheidung auch partiell zu seinen Lasten ergehen muss. Im Gegensatz dazu geht die Argumentation Boseskys von einem rein egoistisch handelnden Rechtssubjekt aus, das Entscheidungen nur dann anerkennt, wenn diese seiner Interessensoptimierung dienen. Der Konzeption der Informationsfreiheitsgesetze und damit auch der Akzeptanzfunktion liegt jedoch zutreffenderweise1458 ein anderes Menschenbild zu Grunde: Maßstab ist hier der citoyen, der mündige und partizipationswillige Bürger, der sich nicht nur, aber zumindest auch außerhalb der Berührung von eigenen Interessen aktiv-gestalterisch am politischen Leben beteiligt und damit pars pro toto als Wächter des Allgemeinwohls agiert.1459 Vor allem im Umwelt- und im Verbraucherschutzrecht soll der Einzelne zur (auch) uneigennützigen Wahrung des jeweiligen Schutzgutes befähigt werden.1460 Ob dieses

1456

Vgl. Bosesky, S. 218. Vgl. Bosesky, S. 219 f. 1458 Siehe hierzu bereits oben, vgl. C. VII. 1. a) aa). Zurückhaltender dagegen Rossi, S. 117: „Mögen die Gesetzgeber also auch ein bestimmtes Menschenbild, vielleicht sogar einen sozialbereiten Bürger vor Augen gehabt haben, wirken die Informationsfreiheitsgesetze doch ‚menschenbildneutral‘.“ 1459 Vgl. Würtenberger, S. 82; Kugelmann, DÖV 2005, 851 (857). Nach Spieth / Hellermann, NVwZ 2019, 745 (749) tritt der Einzelne im Informationsrecht „als Repräsentant der Öffentlichkeit“ auf. Auch für das BVerwG, Beschluss vom 08. 02. 2011 – 20 F 14/10, BeckRS 2011, 48270, Rn. 22 wird der Einzelne als „Sachwalter der Allgemeinheit“ tätig. 1460 Vgl. Lederer, S. 136. Speziell für das Umweltinformationsrecht Karg, in: BeckOK, Informations- und Medienrecht, § 1 UIG, Rn. 1b; Reidt / Schiller, in: Landmann / Rohmer, Umwelt­ recht, § 1 UIG, Rn. 8. Dies bedeutet jedoch nicht, dass das Informationsrecht ausschließlich als Instrument zur selbstlosen Durchsetzung von Allgemeininteressen eingesetzt werden darf und muss. Andernfalls liefe die Grundrechtsvoraussetzungsschutzfunktion (siehe hierzu sogleich) leer. Auch Brink, in: Brink / Polenz / Blatt, IFG, § 1, Rn. 52 stellt daher zu Recht fest, dass Altruismus keine notwendige Bedingung von funktionsgerechter Informationsfreiheit ist. Entscheidend ist vielmehr, dass sich das Individuum nach der Konzeption der Informationsfreiheitsrechte neben der Verfolgung von privaten Zwecken zumindest auch empfänglich für eine gemeinwohlorientierte, altruistische Interessenswahrnehmung zeigt. Die Unterstellung einer grundsätzlichen Bereitschaft zur gemeinnützigen Rechtsdurchsetzung durchzieht auch das Umweltrecht insgesamt. Deutlich wird dies anhand der Einführung von Verbandsklagen, die ausdrücklich auf den Nachweis einer eigenen Rechtsverletzung verzichten, vgl. § 2 Abs. 1 UmwRG. 1457

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Maß an altruistisch motivierter Partizipation der Realität entspricht, darf mit guten Gründen bezweifelt werden. Diese Zweifel rechtfertigen jedoch keine prinzipielle Infragestellung der transparenzinduzierten Akzeptanzsteigerungsfunktion außerhalb von kooperativen Verwaltungsinstrumenten. cc) Kontrolle und Korruptionsbekämpfung „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.“

Ganz im Sinne dieses Zitates, das gemeinhin Wladimir Iljitsch Lenin zugeschrieben wird,1461 begnügen sich Informationsfreiheitsgesetze nicht mit der Förderung gesellschaftlicher Akzeptanz, sondern zielen insbesondere auch auf die Verbesserung der „Kontrolle staatlichen Handelns“.1462 Auf die Kontrollfunktion berufen sich nahezu alle Gesetzesbegründungen der Informationsfreiheitsgesetze.1463 In einigen Landesinformationsfreiheitsgesetzen hat die Verbesserung der Verwaltungskontrolle sogar ausdrücklich Eingang in den Gesetzeszweck gefunden.1464 Auch die Literatur rekurriert vielerorts auf diese Zielsetzung,1465 für Rossi ist die Ermöglichung der Verwaltungskontrolle gar „die eigentliche und allgemeinste Aufgabe der Gewährleistung von Öffentlichkeit“.1466 Gelegentlich wird im Zusammenhang mit der Kontrollfunktion auch auf die Ermöglichung einer effektiven Korruptionsbekämpfung verwiesen.1467 Die Korruptionsbekämpfung kann dabei als spezielle Ausprägung der Verwaltungskontrolle betrachtet werden, indessen beschreibt der Ausdruck Korruptionsbekämpfung die Wirkungsweise der Informationsfreiheit zu allgemein und unspezifisch. Wie an späterer Stelle aufzuzeigen sein wird, ist richtigerweise zwischen Korruptions­ aufdeckung und Korruptionsprävention zu unterscheiden. Grundlegend ist zu konstatieren, dass die Informationsfreiheitsgesetze die Funktionsweise der Kontrollfunktion nur äußerst rudimentär umreißen: Bereits das Gewaltenteilungsprinzip gebietet es, dass der Verwaltungsapparat auch abseits 1461

Siehe hierzu Jung, in: Frey (Hrsg.): Psychologie der Sprichwörter, S. 81. Vgl. die Gesetzesbegründung zum IFG, BT-Drs. 15/4493, S. 6; siehe hierzu auch Ziekow /  Debus / Musch, S. 5 2 f. 1463 Etwa für das HmbTG HBü-Drs. 20/4466, S. 1 f.; für das BremIFG Bü-Drs. 16/1000, S. 4; für das BlnIFG Drs. 13/1623, S. 5, für das ThürTG LT-Drs. 6/6684, S. 36; für das LTranspG RLP LT-Drs. 16/5173, S.1, für das HDSIG LT-Drs. 19/5728, S. 116. Demgegenüber schweigen die Gesetzesbegründungen zum UIG, EGovG und VIG zur Kontrollfunktion. 1464 Vgl. § 1 BlnIFG; § 1 Abs. 2 S. 2 ThürTG; § 1 Abs. 2 LTranspG RLP. 1465 Vgl. beispielhaft Kloepfer, in: Kloepfer (Hrsg.): Die transparente Verwaltung, S. 9 (19); Adler, DÖV 2016, 630; Kugelmann, DÖV 2005, 851 (857); Brink, in: Brink / Polenz / Blatt, § 1 IFG, Rn. 45 ff.; Schoch, IFG, Einl., Rn. 49 f. 1466 Rossi, S. 94. 1467 Siehe die Gesetzesbegründung zum IFG, BT-Drs. 15/4493, S. 6; aus der Literatur etwa Sitsen, S. 42; Kugelmann, DÖV 2005, 851 (857); Schoch, IFG, Einl., Rn. 50; aus der Rechtsprechung VGH Kassel, Beschluss vom 2. 3. 2010 – 6 A 1684/08, NVwZ 2010, 1036 (1040). 1462

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der Herstellung einer allgemeinen Informationsöffentlichkeit in ein effektives und ausdifferenziertes System aus parlamentarischer und gerichtlicher Kontrolle eingebunden ist.1468 Es drängt sich damit die Frage auf, weshalb angesichts dieser gesetzlich abgesicherten Kontrollstrukturen ein zusätzlicher, öffentlichkeitsinduzierter Überprüfungsmechanismus „zur Verbesserung der Kontrolle staatlichen Handelns“ erforderlich ist. Ferner bleibt unklar, wie sich diese neue Kontrollinstanz im konkreten administrativen Alltagsgeschehen auswirken soll. Die Begründungen der Informationsfreiheitsgesetze bleiben hierauf meist konkrete Antworten schuldig.1469 Sie begnügen sich in der Regel mit der bloßen Feststellung, dass Transparenz die Voraussetzung für eine effektive Kontrolle staatlichen Handelns sei.1470 Einen ersten Anhaltspunkt zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen bietet der Begriff „Kontrolle“. Dieser stammt aus dem altfranzösischen „contre-rôle“ (zusammengesetzt aus „contre“ = gegen und „rôle“ = Rolle, Register) und beschreibt in seinem ursprünglichen Wortsinn das Gegenregister zur Prüfung von Angaben eines Originalregisters.1471 Dieses Gegenregister wurde vor allem für den Abgleich und die Gegenzeichnung der Rechnungsführung durch eine zweite Person, den „Kontrolleur“, genutzt. Damit beschränkt sich die genuine Bedeutung des Begriffs „Kontrolle“ auf die retrospektive Überprüfung eines bereits abgeschlossenen Vorgangs in Form eines Vergleichs zwischen dem Soll- und dem Ist-Zustand.1472 Im modernen Sprachgebrauch wird dem Ausdruck „Kontrolle“ dagegen ausgehend vom englischen „control“ bzw. „controlling“ zunehmend auch eine steuernde, lenkende und regelnde Dimension zugesprochen.1473 Überträgt man dieses dualistische Begriffsverständnis auf die Wirkungsfelder der Informationsfreiheit, stellt man fest, dass ein System von nachträglicher administrativer Ergebniskontrolle im Sinne des traditionellen „contre-rôle“ auch abseits einer speziell hergestellten Informationsöffentlichkeit bereits existiert: Die ausführende Gewalt befindet sich in einem engmaschigen und umfassenden Kontrollsystem, das sich aus verwaltungsinternen Überprüfungsstrukturen, der Pflicht zur parlamentarischen Rechenschaftslegung und der grundrechtlich 1468 Eingehender zur administrativen Kontrolle als spezifische Funktion des Gewaltenteilungsprinzips Grzeszick, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 20, Rn. 75. Zur Systematisierung von Verwaltungskontrolle aus informationsfreiheitsrechtlicher Perspektive Rossi, S. 238 ff. 1469 Vgl. Rossi, S. 95, Ostermann, S. 185, mit Ausnahme der Gesetzesbegründung zum IFGSH a. F., die darauf hinweist, dass die tradierte Verwaltungskontrolle durch Volksvertretungen und Gerichte an grundlegende Grenzen stoße, vgl. LT-Drs. 14/2374, S. 11. 1470 So etwa die Gesetzesbegründung zum BremIFG Bü-Drs. 16/1000, S. 4; siehe hierzu auch Ostermann, S. 185, Rn. 123 mit weiteren Beispielen aus der Literatur. 1471 Vgl. Digitales Wörterbuch der Deutschen Sprache, Stichwort: „Kontrolle“, abrufbar unter: https://www.dwds.de/wb/Kontrolle (zuletzt abgerufen am 28. 06. 2021). Siehe hierzu auch Rossi, S. 236; Schwarze, DVBl. 1974, 893 (894) m. w. N. 1472 Vgl. Rossi, S. 98, 236; für einen Soll-Ist-Vergleich auch Ostermann, S. 185; Scherzberg, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.): Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. III, § 49, Rn. 9. 1473 Vgl. Rossi, S. 236.

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durch Art. 19 Abs. 4 GG gebotenen Kontrolle durch Gerichte zusammensetzt.1474 Insbesondere die verwaltungsinterne und gerichtliche Kontrolle beschränkt sich dabei im Kern auf die ex post Bewertung von getroffenen Entscheidungen und abgeschlossenen Sachverhalten. Kontrollmaßstab ist hierbei das geltende Recht. Entscheidend kommt hinzu, dass dabei stets nur den gerichtlichen und behördeninternen „Kontrolleuren“ die Kompetenz zur Aufhebung und Korrektur von Verwaltungsentscheidungen- und Ergebnissen zusteht.1475 Die Gewährung von Informationszugangsrechten ändert hieran nichts: Informationsfreiheitsgesetze öffnen zwar die Aktenschränke, geben dem Bürger aber grundsätzlich keine eigenen, unmittelbar durchsetzbaren Kontroll- oder Sanktionsinstrumente an die Hand. Der informierte Bürger als „Kontrolleur“ ist damit nach wie vor auf die Einleitung von formalisierten gerichtlichen und verwaltungsprozessualen Kontrollverfahren angewiesen, welche wiederum ganz überwiegend die Verletzung eigener subjektiver Rechte zur zwingenden Zulässigkeitsvoraussetzung erheben.1476 Nichtsdestotrotz vereinfacht aus Bürgerperspektive die Herstellung einer möglichst großflächigen und leicht zugänglichen Informationsgrundlage das Abschätzen der Erfolgsaussichten in Frage kommender Rechtsbehelfe.1477 Der Wert der Informationsfreiheitsgesetze besteht insoweit darin, psychologische und informationelle Hürden für die bürgerliche Wahrnehmung von bereits bestehenden Kontrollinstrumenten abzubauen. Verwaltungsöffentlichkeit animiert damit den Bürger im Kontext des klassischen „contre-rôle“ zwar nicht zur eigenständigen Durchführung, wohl aber zur Herbeiführung einer externen Ergebniskorrektur. In diesem Lichte sind auch Fallkonstellationen zu betrachten, die der Korruptionsbekämpfung im Sinne der Aufdeckung von Korruptionsmomenten dienen. Informationszugang wird hier zum repressiven Kontrollinstrument.1478 Ein konkretes Beispiel ist der Fall peerblog, in dem Journalisten mittels Akteneinsicht den Verdacht aufklären wollten, ob ein kommunales Versorgungsunternehmen von der SPD betriebene Internetblogs zu Wahlkampfzwecken in unzulässiger Weise (mit)finanziert hatte.1479 Die Kontrollwirkungen einer breiten Informationsöffentlichkeit erschöpfen sich indes nicht in der vorbereitenden Unterstützung der Einlegung von Rechtsbehelfen. Im Gegenteil, die Herstellung einer rezeptiven Verwaltungspublizität provoziert maßgeblich mittelbare und dynamische Kontrollprozesse: Die nun durch Informationsfreiheitsgesetze geschaffene prinzipielle Einsehbarkeit und „Kontrollierbar 1474 Vgl. Rossi, S. 95. Jüngst monographisch zu diesem Kontrollsystem Kempny, Verwaltungskontrolle, Tübingen 2017. 1475 Zur Aufhebungskompetenz der Gerichte siehe auch Ostermann, S. 186 f. m. w. N. 1476 Hieran entzündet sich auch die Kritik von Bosesky, S. 221: „Insoweit fragt sich, worin unter Rechtsschutzgesichtspunkten der Mehrwert des Informationsfreiheitsrechts bestehen soll.“ 1477 Vgl. Rossi, S. 262; Drefs, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 89 (100 f.). 1478 Kritisch zur Leistungsfähigkeit der Informationszugangsfreiheit bei der Korruptions­ bekämpfung Schoch, IFG, Einl., Rn. 50, der anführt, dass die Aufdeckung von Korruptionsbekämpfung nach den Erfahrungen der Praxis eher durch sachkundige Insider als durch die Akteneinsicht einzelner Unbeteiligter erfolge. In diese Richtung auch Bull, ZG 2002, 201 (213). 1479 BGH, Urteil vom 16. 3. 2017 – I ZR 13/16, NJW 2017, 3153 – peerblog.

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keit“1480 vormals klandestiner Behördenpraktiken übt auf die Exekutivorgane einen disziplinierenden Selbststeuerungsdruck aus.1481 Dadurch, dass die Verwaltung vor dem prüfenden Auge der Öffentlichkeit fortlaufend informationelle Rechenschaft1482 ablegen muss, wird sie nicht nur zur gesetzeskonformen, sondern auch zur gemeinwohlorientierten Aufgabenerfüllung angehalten. Die informationell vermittelte „potentielle Kontrolle“ und die Aussicht auf öffentliche Kritik zwingen zur Antizipation von und Orientierung an aktuell bestehenden Bürgerinteressen.1483 Der öffentliche Diskurs entwickelt sich so zum „Frühwarnsystem“ für Fehlentwicklungen und damit zum Impulsgeber für administrativen Selbststeuerungsund Korrekturbedarf.1484 Scherzberg spricht in diesem Zusammenhang von einer „Anregungs- und Katalysatorfunktion“1485 der Öffentlichkeit. Hinzu kommt, dass die öffentliche Beobachtbarkeit den Verwaltungsapparat im Idealfall zu erhöhter Sorgfalt bei Sachverhaltserhebungen und Abwägungen veranlasst.1486 Gleichzeitig erweitert sich durch die Orientierung am öffentlichen Diskurs der zu Grunde liegende Kontrollmaßstab auf eine umfassende Zweckmäßigkeitsprüfung in Hinblick auf ethische, politische, ökonomische und soziale Kriterien.1487 Auf diese Weise verstärkt und ergänzt die „potentielle Kontrolle“ die klassisch-­statische Ergebniskorrektur nicht nur, sie sichert auch präventiv Qualität, Effizienz und damit Akzeptanz der behördlichen Entscheidungsfindung1488 und setzt Innova 1480

Rossi, S. 98. So auch Kloepfer, § 10, Rn. 12: Transparenz werde auf diese Weise zum „disziplinierende[n] Signal für die öffentliche Hand.“ Auch für Scherzberg, in: Hoffmann-Riem / SchmidtAßmann / Voßkuhle (Hrsg.): Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. III, § 49, Rn. 9a wirkt die Informationsöffentlichkeit als „Stimulus administrativer Selbststeuerung“. 1482 Auch die Gesetzesbegründung zur Neufassung des EGovG nennt die Rechenschaftslegung als explizites Ziel der Schaffung von Verwaltungstransparenz, vgl. BT-Drs. 18/11614, S. 11. 1483 Vgl. Ostermann, S. 188 f.; Brink, in: Brink / Polenz / Blatt, IFG, § 1, Rn. 45. 1484 Scherzberg, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.): Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. III, § 49, Rn. 77. 1485 Scherzberg, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.): Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. III, § 49, Rn. 77. 1486 Vgl. Scherzberg, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.): Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. III, § 49, Rn. 74. Für öffentliche Unternehmen bleibt dagegen eher zu befürchten, dass die Qualität der Abwägung unter dem zeitlichen und quantitativen Druck proaktiver Veröffentlichungspflichten leidet. In Bezug auf den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen siehe hierzu Prinz, S. 297 f. 1487 Vgl. Rossi, S. 97; Ostermann, S. 186; Brink, in: Brink / Polenz / Blatt, IFG, § 1, Rn. 46, Schoch, IFG, Einl., Rn. 50. Die Aufnahme von Zweckmäßigkeitserwägungen darf freilich nur dort stattfinden, wo die öffentliche Hand entsprechende Entscheidungsspielräume besitzt und sich nicht im Widerspruch zu geltendem Recht bewegt, vgl. Ostermann, S. 191. 1488 Vgl. Rossi, S. 98. Durch den mittelbaren Kontrolleffekt entsteht damit eine „besondere Form der (externen) Verwaltungskontrolle“, vgl. Brink, in: Brink / Polenz / Blatt, § 1, IFG, Rn. 45. Zum ergänzenden Charakter der „potentiellen Kontrolle“ siehe Schoch, IFG, Einl., Rn. 49; Scherzberg, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.): Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. III, § 49, Rn. 125; Ostermann, S. 189 f. Zudem treten an dieser Stelle inhaltliche Verschränkungen zur Akzeptanzförderungsfunktion der Informationsfreiheitsgesetze auf, vgl. hierzu Scherzberg, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.): Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. III, § 49, Rn. 76. 1481

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tionsimpulse.1489 Transparenzinduzierte „Kontrollierbarkeit“ wird schlussendlich zum „controlling“ im Sinne eines dynamischen, fortlaufenden Selbststeuerungsprozesses und Öffentlichkeit zur „prozessbegleitenden Kontrollstruktur“.1490 Die Implementierung von proaktiven Veröffentlichungspflichten verstärkt diesen Prozess zusätzlich.1491 Bei einer Publikation von Verwaltungsinformationen im Internet sind diese leichter, schneller, bequemer zugänglich als auf dem traditionellen Wege der Antragsstellung. Durch den Abbau von Zugangsbarrieren und die Eröffnung niedrigschwelliger Informationsangebote werden die kommunikativen Wechselwirkungen zwischen Öffentlichkeit und Verwaltung mithin beschleunigt und intensiviert. Eine besondere Erscheinungsform des fortlaufenden administrativen Selbststeuerungsprozesses ist die Korruptionsprävention.1492 Korruption setzt ein Umfeld der Heimlichkeit voraus. Ganz im Sinne des ehemaligen Supreme Court-Richters Louis D.  Brandeis („sunlight is the best disinfectant“1493) minimiert daher die grundsätzliche Beobachtbarkeit von Entscheidungsprozessen den Anreiz zu korrumpierendem oder sonstigem rechtswidrigem Verhalten. Proaktive Veröffent­ lichungspflichten verstärken diesen Effekt.1494 Konkret kommt der Herstellung einer weitreichenden Informationsöffentlichkeit eine doppelt präventive Wirkung zu: Ebenso wie Transparenz den rechtsfernen Korrumpteur abschreckt, emanzipiert sie auch potentiell den rechtstreuen Verwaltungsbeamten, der sich mit illegitimen Weisungen seines Vorgesetzten konfrontiert sieht.1495 Die präventive Form der Korruptionsbekämpfung setzt mithin chronologisch vor der oben beschriebenen Korruptionsaufdeckung an. Im Gegensatz zu dieser manifestiert sich die Effektivität der disziplinierenden Präventionsfunktion nicht in spektakulären Enthüllungen wie im Fall peerblog, sondern allenfalls indirekt-psychologisch in einer (schwer messbaren) Veränderung der allgemeinen Arbeitsmoral des Behördenapparats. Insgesamt muss die Effektivität der Kontrollfunktion angesichts tatsächlicher und struktureller Schwächen relativiert werden: Parallel zur Partizipations- und Akzeptanzsicherungsfunktion ist der mündige und politisch aktive Bürger auch 1489 Hierzu eingehend Rossen-Stadtfeld, in: Hill / Schliesky (Hrsg.): Innovationen im und durch Recht, S. 225 ff. 1490 Rossi, S. 98 f.; siehe zum präventiven Kontrollcharakter auch Brink, in: Brink / Polenz / ​Blatt, IFG, § 1, Rn. 47. 1491 Vgl. Kahl, in: Haratsch (Hrsg.): Herausforderungen an das Recht der Informationsgesellschaft, S. 9 (17). Dieser Effekt ist auch empirisch belegbar: So hat im Jahr 2009 die proaktive Veröffentlichung von Routenverläufen von Flüssigzuckertransporten zu der Aufdeckung eines europaweiten Subventionsbetrugs mit Zucker geführt, vgl. Preische, Digitales Gold, S. 26. 1492 Siehe hierzu ausführlich (aus der Sicht von Transparency International) Rohde-Liebenau, in: Kloepfer (Hrsg.): Die transparente Verwaltung, S. 109 ff. Zur präventiven Dimension der Korruptionsbekämpfung auch Schoch, IFG, Einl., Rn. 50 und Sitsen, S. 42. 1493 Zitiert von Kloepfer, K & R 2006, 19 (21), Fn. 11. 1494 Vgl. Heine / Proske, Die Verwaltung 45 (2012), 546 (554 ff.); Greve, ZD 2014, 336 (337 f.); Gusy, DVBl. 2013, 941 (942 f.). 1495 Vgl. Rohde-Liebenau, in: Kloepfer (Hrsg.): Die transparente Verwaltung, S. 109 (115).

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conditio sine qua non für das Gelingen der Kontrollfunktion. Öffentliche Kon­ trolle zumindest im Sinne des „contre-rôle“ kann nicht erzwungen werden, auch Informationszugangsfreiheit kann nur zu ihr animieren.1496 Entscheidend ist in diesem Zusammenhang die „Mobilisierbarkeit“ der Bürger.1497 Die Ermutigung zur Verwaltungskontrolle läuft weitgehend ins Leere, wenn sich der Bürger ohne individuelle Betroffenheit schlicht nicht für das Verwaltungsgeschehen interessiert oder sich von dem Umfang und Komplexität des (proaktiv) bereitgesellten Informationsmaterials überfordert fühlt.1498 Hinzu kommt, dass der mittelbar-dynamische Selbststeuerungsdruck der Verwaltung maßgeblich von dem Grad administrativer Responsivität und Resonanzfähigkeit abhängt.1499 Inwieweit sich die Verwaltung jedoch konkret empfänglich für eine Aufnahme des öffentlichen Diskurses in die eigene Entscheidungsfindung zeigt, ist weder mess-, noch belegbar.1500 Die fehlende Greifbarkeit der unsichtbaren Hand der „Kontrollierbarkeit“ darf zwar nicht dazu verleiten, dessen Wirkungsweise grundsätzlich in Frage zu stellen. Allerdings muss festgehalten werden, dass die Öffentlichkeit schlussendlich schlicht darauf vertrauen muss, dass sich die Verwaltung von dem wachsenden Öffentlichkeitsdruck beeindrucken und letztlich mittelbar disziplinieren lässt. In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu betonen, dass die Verwaltung auch bereits vor der Einführung allgemeiner Informationszugangsansprüche damit rechnen musste, durch mediale Informationsbeschaffung und investigative Recherche ins Licht der Öffentlichkeit gerückt zu werden.1501 Inwiefern sich dieser Öffentlichkeitsdruck durch die Einführung von Transparenzgesetzen verstärkt, hängt wiederum stark von der Partizipationsfähigkeit und -Willigkeit des einzelnen Bürgers ab. Umgekehrt basiert auch die Vorstellung eines dynamisch-reziproken Diskurses zwischen Verwaltung und Öffentlichkeit, der zur administrativen Akzeptanz-, Qualitäts- und Effizienzsicherung beiträgt, allein auf dem Vertrauen in die Resonanzfähigkeit und -willigkeit des Administrationsappa 1496 In diese Richtung auch Scherzberg, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.): Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. III, § 49, Rn. 11. 1497 Vgl. Gusy, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.): Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, § 23, Rn. 90, der diese jedenfalls in Deutschland bislang für „nicht sehr ausgeprägt“ befindet. 1498 Vgl. Rossi, S. 262. Scherzberg, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.): Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. III, § 49, Rn. 90, betont in diesem Zusammenhang, dass die behandelten Themen tendenziell überkomplex werden. Diese Überkomplexität setze erhöhte Anforderungen an den Medienkonsumenten und zwinge diesen zu verstärkter Selektion. Es drohe eine informationelle Reizüberflutung („informational overload“), die immer mehr Bürger abhänge und die Qualität des öffentlichen Diskurses abnehmen lasse. 1499 Vgl. Scherzberg, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.): Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. III, § 49, Rn. 93. 1500 So auch Rossi, S. 262: „Maßgeblich hierfür sind vielfältige, nicht zuletzt auch psychologische Faktoren, die sich der gesetzlichen Steuerbarkeit mindestens teilweise entziehen.“ 1501 Vgl. Rossi, S. 262. Presserechtliche Auskunftsansprüche bestehen seit über 50  Jahren, siehe hierzu § 4 Hamburgisches Pressegesetz (HmbPresseG) vom 29. Januar 1965, HmbGVBl. 1965, S. 15. Ausführlich zum presserechtlichen Auskunftsanspruch siehe oben C. II. 2. b) cc).

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rats: Zumindest solange sich die Verwaltung innerhalb der Grenzen des rechtlich Zulässigen bewegt, kann sie nicht von außen zur Berücksichtigung von öffentlich postulierten Zweckmäßigkeitserwägungen gezwungen werden. dd) Grundrechtsvoraussetzungsschutz Eine weitere, vor allem von Stimmen in der Literatur vertretene,1502 Zielsetzung des Informationsfreiheitsrechts ist der „Grundrechtsvoraussetzungsschutz“. Dahinter steckt der Gedanke, dass der Zugang zu (amtlichen) Informationen die Grundlage für die freie Bildung und Entfaltung der Persönlichkeit und damit für die Ausübung von jedweden Freiheitsrechten bildet.1503 In diesem Sinne betonte bereits das Bundesverfassungsgericht in der Sache Leipziger Volkszeitung vor über 50 Jahren: „Es gehört zu den elementaren Bedürfnissen des Menschen, sich aus möglichst vielen Quellen zu unterrichten, das eigene Wissen zu erweitern und sich so als Persönlichkeit zu entfalten. […] Das Grundrecht auf Informationsfreiheit ist wie das Grundrecht auf Meinungsfreiheit eine der wichtigsten Voraussetzungen der freiheitlichen Demokratie. Erst mit seiner Hilfe wird der Bürger in den Stand gesetzt, sich die notwendigen Voraussetzungen zur Ausübung seiner persönlichen und politischen Aufgaben zu verschaffen, um im demokratischen Sinne verantwortlich handeln zu können.“1504

Indem das Bundesverfassungsgericht die Informationsfreiheit als Instrument zur Ausübung von persönlichen und politischen Aufgaben gleichermaßen anerkennt, betont es nicht nur die aus Art. 1, Art. 2 Abs. 1 GG hergeleitete individualrechtsfördernde Komponente der Informationsfreiheit, sondern stellt diese grundsätzlich gleichberechtigt neben die parallel existierende demokratisch-politische Zweckförderung. Dass die Informationserlangung zu politischen Zwecken dabei keinen Vorrang gegenüber der Informationserlangung zu privaten Zwecken genießen soll, folgt bereits aus der prinzipiellen Voraussetzungslosigkeit des gewährten Informationszugangsanspruchs.1505 Die Informationsfreiheitsgesetze stehen den verfolgten 1502

Vgl. Ostermann, S. 203 ff.; Schoch, IFG, Einl., Rn. 5 3 f.; Brink, in: Brink / Polenz / Blatt, IFG, § 1, Rn. 51; Bosesky, S. 225; für Rossi, S. 112 ff. besteht eine den „Grundrechtsgebrauch ermöglichende Wirkung“. 1503 So auch Brink, in: Brink / Polenz / Blatt, IFG, § 1, Rn. 51; Kloepfer, DÖV 2003, 221; Oster­ mann, S. 204 m. w. N.; kritisch dagegen Bosesky, S. 225. 1504 BVerfGE 27, 71 (81 f.) – Leipziger Volkszeitung. 1505 Vgl. Rossi, S. 113 ff. Angesichts dieser Selbstverständlichkeit sucht man in den Gesetzeszwecken oder -materialien der Informationsfreiheitsgesetze Hinweise auf die „Grundrechtsschutzfunktion“ vergebens. Einzig die Gesetzesbegründung zum ThürTG lässt sich in diese Richtung lesen: „Damit trägt der Zugang zu Informationen dazu bei, den Freiheitsbereich des Einzelnen zu erweitern.“, vgl. LT-Drs., 6/6684, S. 1. Genau genommen „erweitern“ die Informationsfreiheitsgesetze jedoch den Freiheitsbereich des Einzelnen nicht, sondern schaffen lediglich die Voraussetzungen für die Ausübung des ohnehin bestehenden Freiheitsbereichs, sie „ermöglichen“ nur die Freiheitsausübung. Diesen Ermöglichungseffekt leisten in jüngerer Vergangenheit vor allem proaktive Veröffentlichungspflichten, die den Prozess der Informationsbeschaffung zu Zwecken der Freiheitsausübung beschleunigen bzw. antizipieren und damit zu einer Förderung der freiheitlichen Selbstbestimmtheit des Individuums beitragen.

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Verwendungszwecken neutral gegenüber. Sie können zwar auf eine konstruktivpolitische Verwendung der Information hoffen, dürfen jedoch die Auskunftsgesuche nicht nach ihrem politisch-gesamtgesellschaftlichem Potential bewerten. Jeder Einzelne soll vielmehr genau die Information erhalten können, die er nach seiner Ansicht zur Entfaltung seiner Persönlichkeit benötigt.1506 Das führt dazu, dass grundsätzlich auch skurril anmutende Zwecke, wie die Übermittlung eines Pornofilmes aus den 80er-Jahren1507 oder die Herausgabe von über 186.000 Adressdatensätzen von Taxi- und Mietwagenunternehmen,1508 nicht als „illegitim“ oder „nicht schutzwürdig“ abgelehnt werden dürfen. Letzteres Beispiel verdeutlicht zudem, dass die Informationsfreiheit in der Praxis überwiegend zur Ausübung von Wirtschaftsgrundrechten (Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 GG) genutzt wird, was grundsätzlich vor dem Hintergrund der Zweckneutralität der Informationsfreiheitsgesetze nicht zu beanstanden ist.1509 Im Gegenteil, sofern die Verfügbarkeit von Informationen die Voraussetzungen für privatwirtschaftliche Innovationsbemühungen schafft, werden hierdurch auch wirtschaftliche Zielsetzungen der Informationsfreiheitsgesetze angesprochen (siehe hierzu sogleich). Schlussendlich fungiert die Grundrechtsvoraussetzungsschutzfunktion damit auch als denklogisches Bindeglied zwischen demokratischen und ökonomischen Zweckrichtungen der Informationsfreiheitsgesetze.1510 b) Wirtschaftliche Ziele Wie aufgezeigt, beruhen die originären Zweckrichtungen der Informationsfreiheitsgesetze vor allem auf politisch-demokratischen Begründungslinien. Daneben kann die Offenlegung von staatlichem Informationsmaterial indes auch ökono 1506

Rossi, S. 113. Siehe hierzu ausführlich oben B. I. 1. b) aa) (2). 1508 Vgl. VGH München, Urteil vom 07. 10. 2008 – 5 BV 07.2162, BeckRS 2008, 40758; hierzu Ziekow / Debus / Musch, S. 157 f. 1509 Vgl. Ostermann, S. 206; Rossi, DVBl. 2010, 554 (558). Dass die wirtschaftliche Weiterverwendung von staatlichen Informationen einen legitimen Zweck darstellt, verdeutlicht bereits die Existenz des Gesetzes für die Nutzung von Daten des öffentlichen Sektors vom 16. 07. 2021 (BGBl. I. S. 2941, 2942). Anderes gilt freilich, wenn der Gesetzgeber selbst ausdrücklich klarstellt, dass der Informationszugang nicht zu rein wirtschaftlichen Zwecken gewährt werden darf, vgl. § 82 Nr. 5 HDSIG. Diese Ausnahmevorschrift wird in der Literatur massiv kritisiert, vgl. Lück / Penski, ZD 2018, 525 (529 f.); Gounalakis, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 82 HDSIG, Rn. 9. Für Richter, NVwZ 2021, 760 (764 ff.) ist sie mit dem Unionsrecht unvereinbar und damit rechtswidrig. 1510 Aus diesem Grund verbietet sich streng genommen auch eine Einordnung in das binäre System von demokratischen und wirtschaftlichen Zielen. Angesichts der Tatsache, dass die Gewährleistung der freien Persönlichkeitsentfaltung als notwendige Voraussetzung für das Gelingen einer demokratischen Verfassungsordnung betrachtet werden kann, siehe hierzu Di Fabio, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 2 Abs. 1, Rn. 3, steht die Grundrechtsvoraussetzungsschutzfunktion jedoch schlussendlich den demokratischen Zielsetzungen näher als den wirtschaftlichen. 1507

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misch motiviert sein. Sowohl in den Gesetzesmaterialien zu den Informationsfreiheitsgesetzen als auch in der rechtswissenschaftlichen Diskussion führte die wirtschaftliche Dimension von Verwaltungspublizität im Verhältnis zur Demokratieförderung jahrelang ein Schattendasein.1511 Dieses Verhältnis bricht in jüngerer Vergangenheit auf: Angestoßen von der Ausweitung proaktiver Veröffentlichungspflichten und der Zunahme gesetzlich festgeschriebener Weiterverwendungsmöglichkeiten, rückt die wirtschaftliche Zweckrichtung des Informationszugangs immer stärker in den Fokus von Wissenschaft und Praxis.1512 Die ökonomische Zielsetzung des Informationsfreiheitsrechts manifestiert sich dabei auf zwei unterschiedlichen Ebenen: Aus einer behördeninternen Perspektive regt vor allem die proaktiv vermittelte Verwaltungsöffentlichkeit zur Effizienzsteigerung und damit wirtschaftlicher Ressourcenschonung an (aa). Auf der anderen Seite ermächtigt die Öffnung der Aktenschränke privatwirtschaftliche Akteure zur externen Entwicklung und kommerzialisierten Innovation von informationellen Mehrwertdienstleistungen auf der Grundlage von staatlichem Informationsmaterial (bb). aa) Interne Effizienzförderung Der interne Effizienzförderungseffekt wird von den Gesetzesbegründungen der Informationsfreiheitsgesetze vor allem im Zusammenhang mit einer allgemeinen Verwaltungsmodernisierung aufgegriffen.1513 Die eindringlichste Formulierung liefert die Begründung zum Landestransparenzgesetz in Rheinland-Pfalz:

1511

Die überwiegende Anzahl der Informationszugangsregime äußert sich nicht zu möglichen ökonomischen Zweckrichtungen. Knappe Hinweise finden sich lediglich in den Gesetzes­ begründungen zum IFG, vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 6: „Der Zugang zur Information ist nicht nur demokratisch-rechtsstaatlich, sondern auch wirtschaftlich von europäischer Bedeutung“ und zum BremIFG, vgl. Bü-Drs. 16/1000, S. 10: „Auch wird die […] wirtschaftliche Interaktion in der Gesellschaft angeregt.“ Konkrete Ausführungen dazu, wie genau Verwaltungsöffentlichkeit die Wirtschaft stimulieren soll, fehlen jedoch. Siehe zu der stiefmütterlichen Behandlung auch des Informationsweiterverwendungsgesetzes in Wissenschaft und Praxis Wolff / Seemüller, K & R 2019, 102 m. w. N. 1512 Siehe hierzu etwa Mast, S. 126 ff. Diese Entwicklung belegt etwa ein medienwirksames Verfahren über die Weiterverwendung von öffentlichen Auftragsinformationen, das vor dem Bundesverwaltungsgericht ausgefochten wurde, vgl. BVerwG, Urteil vom 14. 04. 2016 – 7 C 12/14, NVwZ 2016, 1183 ff. Auch Richter, NVwZ 2016, 1143 sieht eine erhöhte Praxisrelevanz der ökonomischen Dimension der Informationsfreiheit und verweist in diesem Zusammenhang auf die Revision der LexXpress GmbH gegen die juris GmbH vor dem Bundesverwaltungs­ gericht, die erst durch eine außergerichtliche Einigung zurückgenommen wurde. Zu den eingehenden Ausführungen in der Berufungsinstanz VGH Mannheim, Urteil vom 07. 05. 2013 – 10 S 281/12, GRUR 2013, 821 ff. 1513 Beispielsweise in der Gesetzesbegründung zum BremIFG, vgl. Bü-Drs. 16/1000, S. 10 oder in der Gesetzesbegründung zum EGovG, vgl. BT-Drs. 17/11473, S. 2: „Schonung natürlicher Ressourcen“.

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„Langfristig wird das Gesetz auch Einsparungen bewirken, da der Aufbau der TransparenzPlattform ein Baustein bei der weiteren Digitalisierung der Verwaltung darstellt und der damit zusammenhängende künftige elektronische Workflow erhebliche Effizienzreserven freisetzt.“1514

Auch in der Literatur ist anerkannt, dass sich die Gewährung von Informationszugang effizienzsteigernd auswirken kann.1515 Ausgehend von wirtschaftswissenschaftlichen Erkenntnissen wird „Verwaltungseffizienz“ zunächst gemeinhin beschrieben als das Verhältnis der für eine Verwaltungshandlung aufzuwendenden Ressourcen zu dem angestrebten Zweck.1516 Sie bestimmt sich entweder nach dem „Maximalprinzip“ (größtmöglicher Nutzen bei prädeterminiertem Mitteleinsatz) oder dem „Minimalprinzip“ (geringstmöglicher Mitteleinsatz zur Erreichung eines festgelegten Ziels).1517 Über das Prinzip der Verwaltungseffizienz soll der Administrationsapparat mithin zum möglichst schonenden Einsatz verfügbarer Haushaltsmittel angehalten werden.1518 Verfassungsdogmatisch lässt sich damit das Gebot des effizienten Verwaltungshandelns an den Wirtschaftlichkeits- und Sparsamkeitsgrundsatz des Art. 114 Abs. 2 S. 1 GG i. V. m. § 7 BHO anbinden.1519 Dass sich die Offenlegung von Verwaltungsinformationen mittels eines eigens eingerichteten Informationsmanagementsystems ressourcenschonend auswirkt, liegt zunächst nicht auf der Hand. Schließlich sind die Einführung und der Betrieb einer Informationsbereitstellungsinfrastruktur grundsätzlich zeit- und kostenintensiv. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der notwendige Investitionsaufwand langfristig durch zweierlei effizienzsteigernde Wirkungen amortisiert wird. Auf der einen Seite ergibt sich eine Effizienzsteigerung bzw. Ressourcenschonung bereits als unmittelbare wirtschaftliche Folge aus der qualitäts-, akzeptanzund innovationsfördernden Konkretisierung des Gemeinwohls durch einen transparenzinduzierten dynamisch-kooperativen Diskurs zwischen der Verwaltung und dem Individuum.1520 Wie oben bereits beschrieben, initiiert die Preisgabe von 1514

Vgl. LT-Drs. 16/5173, S. 2. Vgl. Bull, ZG 2002, 201 (210); Bosesky, S. 221. 1516 Vgl. Pitschas, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.): Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, § 42, Rn. 112. Zu weiteren Definitionsversuchen siehe Ostermann, S. 319. 1517 Vgl. Pitschas, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.): Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, § 42, Rn. 112; Gröpl, VerwArch 93 (2002), 459 (462). Diese Unterscheidung greift auch die Rechtsprechung auf, vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 30. 4. 2010 – 10 ME 186/09, NVwZ-RR 2010, 699. 1518 Vgl. Pitschas, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.): Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, § 42, Rn. 114; Gersdorf, S. 415 f. 1519 Vgl. Pitschas, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.): Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, § 42, Rn. 117, 121; in diesem Sinne auch Kube, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 114, Rn. 107; Hoffmann-Riem, in Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), S. 11 (21). 1520 Ähnlich formuliert es der Erwägungsgrund 2 der Transparenz-VO (EU) 1049/2001: „Transparenz ermöglicht eine bessere Beteiligung der Bürger am Entscheidungsprozess und gewährleistet eine größere Legitimität, Effizienz und Verantwortung der Verwaltung gegenüber dem Bürger in einem demokratischen System“. 1515

384

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

Verwaltungsinformationen öffentlich-konstruktive Kommunikationsprozesse, an deren Ende – administrative Resonanzfähigkeit und -bereitschaft vorausgesetzt – Kontrolle1521 und Akzeptanz der öffentlichen Aufgabenerfüllung stehen. Die so erzeugten Kontrollmomente stellen die Qualität der Aufgabenerfüllung sicher, Akzeptanzmomente garantieren einen möglichst widerstandsfreien (und damit kostenschonenden) Maßnahmenvollzug, etwaige Umsetzungshindernisse können frühzeitig antizipiert und ausgeräumt werden. Indem sich die Verwaltung empfänglich für gesellschaftliche Stimmungsbilder zeigt, schafft sie zudem in langfristiger Sicht die Grundlage für eine präzise Konkretisierung des Gemeinwohls1522 und setzt darüber hinaus interne Innovationspotentiale frei.1523 Beides veranlasst die Verwaltung schlussendlich zu einer aus Kosten-Nutzen-Sicht optimierten Erledigung der ihr zugewiesenen Sachaufgaben.1524 Perspektivische Steuerungsziele können mithin schneller, kostengünstiger und wirksamer, im Ergebnis effizienter, erreicht werden. Auf der anderen Seite können Effizienzgewinne vor allem durch den Einsatz elektronisch-technischer Informationsstrukturen gesichert werden. Eine Vielzahl von Informationsfreiheitsgesetzen zwingt zur proaktiven elektronischen Bereitstellung von Verwaltungsinformationen im Internet, meist über ein eigens eingerichtetes Transparenzportal.1525 Dass auf diese Weise eine im Vergleich zur „klassischen“ Antragsstellung schnellere, umfangreichere und kostengünstigere Informationsweitergabe ermöglicht wird, ist evident. Vor allem lassen sich durch eine eigeninitiative Veröffentlichungspolitik gesellschaftliche Informationsbedürfnisse vorab befriedigen und zeit- und kostenintensive reaktive Informationsbearbeitungsverfahren vermeiden.1526 Auch die Gesetzesbegründung zum EGovG attestiert unter dem Schlagwort E-Government derartigen elektronischen Informationsmanagementsystemen „einen bedeutenden Beitrag zur Verwaltungsmodernisierung und zum Bürokratieabbau sowie zur Schonung der natürlichen Ressourcen.“1527 Ein internetbasiertes Informationszugangssystem wirkt sich dabei nicht 1521 Auch die Rechtsprechung erkennt die Öffentlichkeitskontrolle als effizienzsicherndes Medium an, vgl. BSGE 98, 129 (134). 1522 Vgl. Ziekow / Debus / Musch, S. 53. Der Gedanke dahinter leuchtet ein: Nur wenn das Steue­ rungsziel hinreichend klar bestimmt ist, kann auch effektive Steuerung betrieben werden. 1523 Rossen-Stadtfeld, in: Hill / Schliesky (Hrsg.): Innovationen im und durch Recht, S. 225 (238) begreift Verwaltungsinnovation als „durch äußere Reize veranlasstes organisationales Lernen“. Indes räumt er ein (S. 243), dass sich die Realisierung von Innovation einer strukturellen Planbarkeit entzieht: „[Es ist] nahezu ausgeschlossen, eine öffentlichkeitsinduzierte und innovative Selbstveränderung der Verwaltung vorherzusehen, geschweige denn, sie zielgerichtet über das Medium der Öffentlichkeit zu steuern.“ Zur gesellschaftlichen Akzeptanzsicherung durch Innovationsförderung siehe Kahl, DVBl. 2003, 1105 (1116). 1524 Schliesky, VerwArch 99 (2008), 313 (318); ähnlich hierzu auch Rossi, S. 102 ff. 1525 Zu den Einzelheiten siehe C. III. 3. 1526 Uphues, ZRP 2021, 41 (42); Schulz, VerwArch 104 (2013), 327 (338); Wiebe, Open Data in Deutschland und Europa, S. 45; pessimistischer dagegen Brink, in: Brink / Polenz / Blatt, IFG, § 11, Rn. 21. 1527 BT-Drs. 17/11473, S. 2.

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nur im Verhältnis zum informationssuchenden Bürger, sondern vor allem auch in Bezug auf allgemeine intrabehördliche Arbeitsabläufe verfahrensbeschleunigend aus: Ein übersichtlich strukturiertes Transparenzportal erleichtert das Auffinden von Informationen, verhindert so die Entstehung von undurchdringlichen „Datendschungeln“ oder informationellen Doppelerhebungen und optimiert das behördliche Ablagesystem.1528 Dadurch reduzieren proaktiv im Internet veröffentliche Informationen den notwendigen Sach- und Personalaufwand im Sinne des Minimalprinzips.1529 Dieser Effekt stellt sich zudem unabhängig davon ein, ob proaktive Informationsangebote überhaupt vom Bürger in Anspruch genommen werden. bb) Externe Innovationsförderung In den letzten Jahren wächst die Erkenntnis, dass die Abkehr vom Arkanprinzip nicht nur die Verwaltung selbst zur Innovation (von lat. innovātio = Erneuerung, Veränderung) anregt, sondern vor allem auch externe Innovationspotentiale in der Gesamtbevölkerung freisetzt. Dass Verwaltungsinformationen eine wirtschaftlich bedeutsame Ressource darstellen, ist allgemein anerkannt und bereits unter B. I. 3. ausführlich dargelegt worden. Öffentliche Informationen zeichnen sich durch eine hohe Qualität und Verlässlichkeit aus.1530 Vor allem in digitaler Form sind sie leicht und kostengünstig reproduzierbar.1531 Diese Eigenschaften machen sie zu einem geeigneten Rohstoff für die Entwicklung innovativer Informationsprodukte und Geschäftsmodelle: Durch eine Weiterverwendung von öffentlichen (Roh-) 1528 Vgl. Lederer, S. 137. Zur Optimierung des behördlichen Ablagesystems Sitsen, S. 43. Auf die „Datendschungel“ im Umweltrecht verweisend Schrader, ZUR 2004, 130 (131). Diesen gesamten Prozess beschreibt Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.): Effizienz als Herausforderung an das Verwaltungsrecht, S. 11 (30) als „informationelle Effizienz“. 1529 So werden für das Jahr 2020 die Einsparungen in der öffentlichen Verwaltung in Deutschland durch Open Data-Praktiken auf 296 Millionen Euro geschätzt, vgl. Bender / Dieke / Hille­ brand / Martins, Open Data für mehr Mobilität, eine Studie der mFUND-Begleitforschung des Wissenschaftlichen Instituts für Infrastruktur und Kommunikationsdienste GmbH, S. 3. Allgemein zur Einhaltung des „Minimalprinzips“ auch Kube, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 114, Rn. 108: So prüft beispielsweise der Bundesrechnungshof nach Art. 114 Abs. 2 S. 1 GG i. V. m. § 90 Nr. 4 BHO, ob „die Aufgabe mit geringerem Personal- oder Sachaufwand oder auf andere Weise wirksamer erfüllt werden kann“. 1530 Statt vieler Schoch, NVwZ 2006, 872; Püschel, S. 48 ff.; Hopf, RiA 2007, 53. An der hohen Informationsqualität zweifelt Rossi, in von Arnim (Hrsg.): Transparenz contra Geheimhaltung, S. 43 (54 ff.): Für ihn sind die Aktenschränke mehr „Fundgrube als Fachhandel“, da Informationen grundsätzlich nur als „Nebenprodukt“ der Aufgabenerfüllung anfielen und das Informationsfreiheitsrecht keine Richtigkeitsgewähr liefere. Beides ist in der Sache nicht falsch, jedoch belegt eine Vielzahl von auf der Basis von öffentlichen Informationen realisierten und auch kommerziell erfolgreichen Mehrwertprodukten (für siebzehn konkrete Beispiele siehe Preische, Digitales Gold, S. 21 ff.), dass diese Einwände letztendlich theoretischer Natur sind und sich im Ergebnis nicht innovationshemmend auswirken. 1531 Vgl. Schulz, in: Hill / Schliesky (Hrsg.): Innovationen im und durch Recht, S. 249 (275); Hornung, in: Towfigh et al., Recht und Markt, 2009, 75 (77).

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

Informationen mittels Auswertung, Aufbereitung, Systematisierung oder Rekombination mit anderen Informationen lassen sich verschiedenste Mehrwertdienstleistungen- und Produkte entwickeln, die anschließend kommerziell am Markt angeboten werden können. Als besonders verwertbar gelten in diesem Zusammenhang vor allem hoheitlich erhobene Wetterdaten, Verkehrsdaten, statistische Erhebungen sowie Geoinformationen, aus deren sich in Verbindung mit modernen Möglichkeiten der Satellitenortung sogenannte „Location based Services“ entstehen können.1532 Diese und andere Formen der privatwirtschaftlichen Verwertung des öffentlichen Informationsmaterials garantiert grundsätzlich das Informationsweiterverwendungsrecht.1533 Das Informationszugangsrecht ist von diesem Regime grundsätzlich kategorial zu unterscheiden, weshalb die These, dass bereits die Eröffnung des Zugangs zu Verwaltungsinformationen externe Innovationspotentiale freisetzt, jedenfalls begründungsbedürftig ist. Grundlage für die zugangsrechtlich vermittelte Innovationsförderung bildet die bereits beschriebene Grundrechtsvoraussetzungsschutzfunktion.1534 Angesichts der prinzipiellen Voraussetzungslosigkeit des Informationszugangsanspruchs verhält sich dieser grundsätzlich weiterverwendungsneutral. Jeder soll mit der erlangten Information verfahren können, wie es ihm zur Entfaltung seiner persönlichen Freiheit beliebt. Hiervon eingeschlossen sind grundsätzlich auch kommerzielle Weiterverwendungszwecke. Das Informationszugangsrecht versperrt mithin nicht den Weg zum freiheitlich-wirtschaftlichen Umgang des Einzelnen mit öffentlich zugänglichem Informationsmaterial. Im Gegenteil, es ermöglicht erst die Weiterverwendung in rechtlicher Hinsicht. § 2 Abs. 1 Nr. 1 DNG stellt klar, dass nur solche Informationen weiterverwendet werden dürfen, die im Vorfeld legitimerweise zumindest potentiell zugänglich waren: „Dieses Gesetz gilt nicht für Informationen, […] an denen kein oder nur ein eingeschränktes Zugangsrecht besteht.“ Auf diese Weise wird der unbeschränkte Informationszugang zur rechtlichen Tatbestandsvoraussetzung und damit notwendigem „Türöffner“ für nachfolgende Weiterverwendungsansprüche nach dem DNG. Insbesondere proaktive Bereitstellungsformen begünstigen darüber hinaus auch in tatsächlich-praktischer Hinsicht die innovationsgetriebene Weiterverwendung von öffentlichem Informationsmaterial. Deutlich wird dies anhand der Systematiken1535 und Gesetzeszwecke jüngerer Transparenzregime, vgl. § 1 Abs. 2 S. 3 ThürTG: 1532

Vgl. Schulz, in: Hill / Schliesky (Hrsg.): Innovationen im und durch Recht, S. 249 (275) m. w. N. Siehe hierzu ausdrücklich die Gesetzesbegründung zum alten IWG, BT-Drs. 16/2453, S. 7: „Ziel der Richtlinie und des IWG ist es, für mehr Transparenz und fairen Wettbewerb zu sorgen und damit die Weiterverwendung von Informationen öffentlicher Stellen zu erleichtern. Dadurch soll die Erstellung neuer Informationsprodukte und -dienste gefördert werden.“ 1534 Siehe oben C. VII. 1. a) dd). 1535 Siehe etwa § 10 Abs. 5 S. 1, 2 HmbTG: „Alle veröffentlichten Informationen müssen in einem wiederverwendbaren Format vorliegen. Eine maschinelle Weiterverarbeitung muss gewährleistet sein und darf nicht durch eine plattformspezifische oder systembedingte Architektur begrenzt sein.“ 1533

VII. Öffentliche Unternehmen als Wirkungskatalysatoren 

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„Die proaktive Bereitstellung von Daten befördert auch die Möglichkeiten, diese zum Zwecke der Bereitstellung neuer Anwendungen, Dienste und Dienstleistungen weiterzuverwenden.“

Transparenzportale fördern konkret eine spätere Weiterverwendung, indem sie einen initiativen Überblick über den vorhandenen Informationsbestand geben und so den geistigen Anstoß zur Entwicklung von Geschäftsideen setzen. Auch die Gesetzesbegründung zum EGovG betont in diesem Sinne, dass frei verfügbare Daten „Impulse für neue Geschäftsmodelle und Innovationen geben [sollen].“1536 Durch eine speziell auf die spätere Weiterverwendbarkeit abgestimmte Ausgestaltung von proaktiven Veröffentlichungspflichten gewährleisten Transparenzgesetze ferner, dass das veröffentlichte Informationsmaterial für eine spätere kommerzielle Nutzung „mundgerecht“ zur Verfügung steht. Beispielsweise senkt die ständige Verfügbarkeit von maschinenlesbaren und interoperablen Dateiformaten im Internet (vgl. § 10 Abs. 5 S. 1 HmbTG) Transaktionskosten und damit Innovationshürden für kleinere Unternehmen und Start-Ups, die noch nicht über ausdifferenzierte Informationsverarbeitungssysteme verfügen. Zugleich erzeugen multidisziplinäre Kommunikations- und Kombinationsmöglichkeiten auf Transparenzportalen so genannte Netzwerkeffekte, die in besonderem Maße als „Nährboden“ für Innovationsprozesse dienen.1537 Die Überwindung des Arkanprinzips dient mithin sowohl in rechtlicher, als auch praktischer Hinsicht der Förderung von externen Innovationsimpulsen. Viele Informationsprodukte und Geschäftsmodelle wären ohne einen effektiven Zugang zum hoheitlichen Informationsbestand nicht realisierbar. Offene Verwaltungsinformationen avancieren damit zunehmend zum unerlässlichen (ökonomischen) Fortschrittskatalysator in der Informationsgesellschaft.1538 cc) Nebenziele Angesichts der inhaltlichen und qualitativen Vielfalt von hoheitlich generiertem Informationsmaterial verwundert es nicht, dass auch die Funktionen der Informationsfreiheitsgesetze mannigfaltig sein können. Abseits der „klassischen“ Transparenzfunktionen verfolgen Informationsfreiheitsgesetze auch Ziele, die sich nicht in die binären Kategorien von Demokratie- und Wirtschaftsförderung einordnen lassen. Diese Nebenziele, von Rossi auch „Spezialfunktionen“1539 genannt, sind meist allgemeiner und übergeordneter Natur. Sie ergänzen und erweitern die demokra­ tischen und ökonomischen Wirkungen der Schaffung von Verwaltungstransparenz. 1536

Vgl. BT-Drs. 18/11614, S. 11. Vgl. Schulz, in: Hill / Schliesky (Hrsg.): Innovationen im und durch Recht, S. 249 (265). 1538 Vgl. Lederer, S. 137. Siehe speziell zur Fortschrittsförderung durch proaktive Veröffentlichungspflichten Hornung, in: Towfigh (et. al), Recht und Markt, 2009, S. 75 (90); Beyer-­ Katzenberger, DÖV 2014, 144 (145). 1539 Rossi, S. 106 ff. Kloepfer, in: Kloepfer (Hrsg.): Die transparente Verwaltung, S. 9 (20) spricht von „sonstige[n] Funktionen.“ 1537

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

Mitunter kann die Verwirklichung der Nebenziele regelmäßig auch nur mittelbar durch die Herstellung einer allgemeinen Informationsöffentlichkeit erfolgen.1540 Beispiele für Nebenziele sind etwa die Schaffung einer europäischen Geodateninfrastruktur1541 oder die Förderung der wissenschaftlichen Vergangenheitsforschung1542, des Gesundheits- und Verbraucherschutzes1543, der allgemeinen Funktionsfähigkeit des Marktes1544, der Europäischen Integration1545, des Umweltschutzes1546 oder die grundsätzliche Verbesserung der Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger1547. In der Rechtanwendungspraxis wirken sich die Nebenziele ebenso aus wie die „klassisch“ demokratisch oder wirtschaftlich fundierten Zielrichtungen: Sie sind insbesondere bei der Auslegung der Ausnahmetatbestände der Informationsfreiheitsgesetze und einer etwaigen Abwägungsentscheidung zu berücksichtigen.1548 c) Zwischenergebnis Die Schaffung von Transparenz erfolgt nicht als Selbstzweck. Sie dient als Mittel zur Verfolgung vielfältiger, meist demokratisch und wirtschaftlich fundierter, Zielrichtungen. Im Sinne der Demokratieförderung soll die Abkehr vom Arkanprinzip funktionale Kommunikationsbeziehungen zwischen Bürger und Verwaltung herstellen, die zur Partizipation, Akzeptanz und Kontrolle anregen. Voraussetzung hierfür ist jeweils, dass sich beide Parteien durch eine aktive Kommunikationswilligkeitund Fähigkeit auszeichnen. Folglich legen die Informationsfreiheitsgesetze auf der einen Seite einen politisch interessierten, mündigen und partizipationsbereiten citoyen als Maßstab an. Die Literatur kritisiert diese Grundannahme mitunter als realitätsfremd, übersieht dabei jedoch, dass die Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes kein abweichendes Menschenbild zulässt. Auf der anderen Seite ist der durch Informationszugang zur Kommunikation ermächtigte citoyen auf 1540

Etwa in Bezug auf Umweltschutzziele Rossi, S. 107 f.; Kloepfer, § 10, Rn. 14. So die Begründung zum GeoZG, vgl. BT-Drs. 16/10530, S. 13. 1542 Verfolgt etwa durch das Stasi-Unterlagen-Gesetz oder die Bundes- und Landesarchiv­ gesetze, exemplarisch hierzu BT-Drs. 18/9633, S. 27. Eingehend zu dieser speziellen Funktion auch Rossi, S. 109 ff.; Kloepfer, § 10, Rn. 13. 1543 So der Gesetzeszweck des VIG, vgl. BT-Drs. 17/7374, S. 12; ebenso BVerwG, Urteil vom 30. 01. 2020 – 10 C 11/19, NVwZ 2020, 880 (882). 1544 Vgl. für die Neuregelung des VIG BT-Drs. 16/1408, S. 7. Zur Förderung des fairen Wettbewerbs siehe auch die Gesetzesbegründung zum IWG BT-Drs. 16/2453, S. 7. 1545 Siehe die Gesetzesbegründung zum IFG, vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 6. 1546 Für das UIG vgl. BT-Drs. 15/3046, S. 11. Siehe hierzu auch Adler, DÖV 2016, 630 (631). 1547 Vgl. BT-Drs. 15/3046, S. 11. 1548 In diese Richtung aktuell für Verbraucherschutzziele OVG Lüneburg, Urteil vom 27. 02. 2018 – 2 LC 58/17, BeckRS 2018, 3228, Rn. 38, zurückhaltender für das Umweltrecht Reidt / Schiller, in: Landmann / Rohmer, Umweltrecht, § 1 UIG, Rn. 16. 1541

VII. Öffentliche Unternehmen als Wirkungskatalysatoren 

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einen konstruktiv-responsiven Verwaltungsapparat angewiesen. Die übergeordneten Ziele Partizipation, Akzeptanz und Kontrolle lassen sich zwar nicht ausschließlich, aber vor allem dort realisieren, wo die Verwaltung nicht mehr im traditionellen Sinne streng hierarchisch-konditional agiert, sondern sich empfänglich für einen kooperativen und konsensorientierten Dialog mit dem Bürger zeigt. In diesem Zusammenhang fungiert das Informationsfreiheitsrecht auch als Triebfeder für die Weiterentwicklung hin zu einer digitalen und bürgernahen Verwaltung 2.0. Die Öffnung der Aktenschränke ist jedoch auch zunehmend ökonomisch fundiert. Intendiert sind dabei sowohl interne, als auch externe Wirtschaftsförderungseffekte. Freier Informationszugang dient intern zunächst der Sicherung von effizientem Verwaltungshandeln. Am Ende eines gelungenen wechselseitigen Kommunikationsprozesses zwischen Bürger und Verwaltung stehen Kontrolle und Akzeptanz. Beides ermöglicht einen zielgerichteten und ressourcenschonenden Maßnahmenvollzug und gewährleistet damit eine effiziente Ressourcenallokation. Proaktive Veröffentlichungsmodalitäten im Internet minimieren dabei den zeitlichen und personellen Aufwand, der für die Pflege der wechselseitigen Kommunikationsbeziehungen betrieben werden muss. Darüber hinaus dient das Informationsfreiheitsrecht auch der externen Wirtschaftsstimulation. Vor allem der proaktiv gewährte Zugang zu öffentlichem Informationsmaterial öffnet die Tür zu einer kommerzialisierten Nutzung desselben durch private Wirtschaftsakteure. Auf der Basis von (im Internet) bereitgestellten Verwaltungsinformationen lassen sich verschiedenste Mehrwertdienstleistungen und Geschäftsmodelle kreieren. Die Abkehr vom Arkanprinzip schafft die rechtlichen Voraussetzungen für diesen Prozess und reduziert mittels weiterverwendungsfreundlicher Veröffentlichungsmodalitäten Innovationshürden vor allem für kleinere Informationsdienstleister. 2. Spezifischer Zielförderungsauftrag öffentlicher Unternehmen Fraglich ist, ob sich die für die „klassische“ Behördenstruktur entwickelten Zielsetzungen des Informationszugangsrechts auch auf öffentliche Unternehmen übertragen lassen. Zuweilen wird dies begründungslos unterstellt,1549 ohne näher zu untersuchen, inwiefern staatlich beherrschten Unternehmen tatsächlich ein spezifischer Zielförderungsauftrag für die beschriebenen Zwecke des Informationszugangsrechts zukommt. Nur wenn die Einbeziehung von öffentlichen Unternehmen in das Informationszugangsrecht einen Mehrwert zur Verwirklichung seiner Zielsetzungen leistet, rechtfertigt sich die verwaltungsgleiche Unterwerfung hoheitlich beherrschter Wirtschaftsakteure unter reaktive wie proaktive Veröffentlichungspflichten. Sind umgekehrt öffentliche Unternehmen kein tauglicher Wirkungskatalysator des Informationsfreiheitsrechts, liegt in einer „Flucht aus dem Informationsrecht“ in Wahrheit keine Flucht, sondern ein legitimer Gang. 1549

So beispielsweise bei Fehling, DVBl. 2017, 78 (86).

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

a) Maßstab: Die funktionsgerechte Aufgabenerfüllung als Grenze Es gilt daher zu untersuchen, ob sich die dargestellten Zielrichtungen auch mittels Adressierung öffentlicher Unternehmen verwirklichen lassen. Ein spezifischer Zielförderungsauftrag kann jedenfalls dort nicht bestehen, wo öffentliche Unternehmen bereits in alternative und effektivere Zielförderungsmechanismen außerhalb des Informationszugangsrechts eingebunden sind. Ebenso ist ein Förderungsauftrag abzulehnen, wenn die Zielrichtungen des Informationsfreiheitsrechts die charakteristische Funktionsweise öffentlicher Unternehmen unterminieren und sie damit ihrer verfassungsrechtlich und einfachgesetzlich abgesicherten Legitimationsgrundlage entziehen: Die Funktion öffentlicher Unternehmen liegt in der Förderung der öffent­lichen Aufgabenerfüllung. Nach der aus der Betriebswirtschaftslehre stammenden In­ strumentalthese werden sie von ihrem öffentlichen Träger zweckgerichtet als Instru­mente der Wirtschaftspolitik eingesetzt.1550 Öffentliche Unternehmen sind damit kein Selbstzweck,1551 ihnen kommt eine „dienende Funktion“ zu. Sie fungieren als steuerungspolitisches Werkzeug bzw. Hilfsmittel zur Verwirklichung von übergeordneten Gestaltungszielen. Öffentliche Unternehmen können dabei von der Verwaltung für eine Vielzahl unterschiedlichster Steuerungsziele instrumentalisiert werden.1552 Besondere Bedeutung erlangen öffentliche Unternehmen vor allem auf dem Gebiet der allgemeinen Bedarfsdeckung mit Versorgungsdienstleistungen (Wasser, Energie, Verkehr). Die Instrumentalthese hat breite Zustimmung in der Verwaltungsrechtswissenschaft erfahren.1553 Auch das geltende Verfassungsrecht setzt eine funktionale 1550

Vgl. Thiemeyer, Wirtschaftslehre öffentlicher Betriebe, S. 28. Als Ausgangspunkt für die Entwicklung der Instrumentalthese diente der unternehmensmorphologische Ansatz von ­Weisser, in: Nicklisch (Hrsg.): Handwörterbuch der Betriebswirtschaft, Bd. III, 3. Auflage 1962, S. 4036 ff. Nach diesem sind öffentliche Unternehmen stets von einem externen Träger abhängig, der die Unternehmensziele von außen festlegt und damit das Unternehmen zur Zielerfüllung instrumentalisiert. 1551 Püttner, Verwaltungslehre, § 15, Rn. 2; ähnlich auch Brüning, VerwArch 100 (2009), 453 (462). 1552 Für eine Kategorisierung in ordnungspolitische und verteilungspolitische Ziele siehe ­Püttner, § 15, Rn. 5. Emmerich, S. 71 ff. differenziert allgemein zwischen strukturpolitischen, konjunkturpolitischen, wettbewerbspolitischen Aufgaben und der gemeinwirtschaftlichen Bedarfsdeckung. Dass sich die Zielsetzungen öffentlicher Unternehmen zum Teil auch widersprechen können, betont Schneider, DVBl. 2000, 1250 (1251). Die betriebseigenen Ziele öffentlicher Unternehmen lassen sich wiederum grob in Sachziele, die sich auf die Art, Qualität und Umfang der erbrachten Versorgungsleistung beziehen, und Formalziele, die den Grad der Wirtschaftlichkeit und Rentabilität der Leistungserbringung bestimmen, unterscheiden, wobei die Erfüllung der Sachziele in der Regel im Vordergrund steht, so bereits Thiemeyer, S. 29; in der neueren Verwaltungsrechtswissenschaft unter anderem adaptiert von Schneider, DVBl. 2000, 1250 (1251) und Rappen, IR 2013, 331. 1553 Vgl. Mann, JZ 2002, 819 (820) m. w. N. Ebenso die Instrumentalfunktion aufgreifend Storr, S. 60 f.; Püttner, § 15, Rn. 2; Schneider, DVBl. 2000, 1250 (1251).

VII. Öffentliche Unternehmen als Wirkungskatalysatoren 

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Betrachtungsweise öffentlicher Unternehmen voraus. Die gemeinwohlorientierte Zweckprogrammierung öffentlicher Unternehmen folgt bereits aus dem Rechtsstaatsprinzip.1554 Diese Wertung findet auch auf einfachgesetzlicher Ebene Niederschlag: § 65 Abs. 1 BHO und die Gemeindeordnungen der Länder erheben die Verfolgung eines öffentlichen Zwecks zur zwingenden Zulässigkeitsvoraussetzung für die Gründung und den Betrieb eines öffentlichen Unternehmens.1555 Der Einsatz von wirtschaftlich tätigen Trabanten findet seine Legitimation folglich allein in der öffentlichen Aufgabenerfüllung. Die verfassungsrechtlich induzierte öffentliche Zweckbindung schließt indes nicht aus, dass Betriebe der öffentlichen Hand neben dem legitimationsstiftenden Hauptzweck auch mögliche Nebenzwecke verfolgen und fördern können.1556 So hat die Bundesregierung jüngst Unternehmen mit Mehrheitsbeteiligung des Bundes eine besondere „Vorbildfunktion“ und damit einen spezifischen Auftrag zur Förderung der Gleichberechtigung von Frauen in Führungspositionen attestiert.1557 Parallel hierzu können öffentliche Unternehmen auch nebenbei als Instrumente zur „Transparenzförderung“ eingesetzt werden. Dies gilt freilich jedoch nur, solange die simultane Bewältigung dieses Nebenzwecks die Verfolgung des eigentlichen Hauptzwecks nicht beeinträchtigt. Kollidiert der Nebenzweck mit der öffentlichen Aufgabenerfüllung, muss letztere nach der verfassungsrechtlich angezeigten Instrumentalthese zwingend Vorrang genießen. Der Nebenzweck hat dagegen in der Rechtsanwendung und Auslegung hinter der Aufgabenerfüllung zurückzutreten. Denn wie aufgezeigt verlieren öffentliche Unternehmen ihre Existenzberechtigung in dem Moment, in dem sie nicht mehr in der Lage sind, die ihr zugewiesenen originären Sachaufgaben zu erfüllen. Ein durch informationsrechtliche Pflichten „abgestumpftes“ und damit nicht mehr funktionsfähiges Werkzeug kann im Sinne der Instrumentalthese nicht länger zur öffentlichen Zweckerfüllung eingesetzt werden. Die informationsrechtlich herbeigeführte Dysfunktionalität öffentlicher Unternehmen kann sich grundsätzlich aus verschiedenen Ursachen ergeben. Soll das öffentliche Unternehmen „nebenbei“ die Schaffung von Verwaltungstransparenz fördern, kann beispielsweise die informationsfreiheitsrechtlich erzwungene Preis 1554

Vgl. Mann, JZ 2002, 819 (820). Vermittelt über das Homogenitätsgebot des Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG steht entsprechend auch die kommunale Wirtschaftsbetätigung unter dem Vorbehalt öffentlicher Zweckbindung, siehe hierzu Mann, S.88 f.; Schink, NVwZ 2002, 129 (133); Hösch, DÖV 2000, 393 (400); Gern / Brüning, Kap. 16, Rn. 999; Hellermann, Örtliche Daseinsvorsorge und gemeindliche Selbstverwaltung, S. 153 f. m. w. N.; ablehnend nur Otting, DVBl. 1997, 1258 (1263). 1555 Siehe hierzu bereits B. II. 2. a) cc) (1). 1556 Für die Zulässigkeit von Nebenzwecken im Rahmen der Tätigkeit von öffentlichen Unternehmen siehe Löwer, VVDStRL 60 (2001), 416 (426 f.). 1557 Siehe hierzu die ausdrückliche Gesetzesbegründung zu dem im Juni 2021 verabschiedeten Gesetz zur Ergänzung und Änderung der Regelungen für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst (FüPoG II), vgl. BT-Drs. 19/26689, S. 86. Zum früher vertretenen Verständnis des öffentlichen Unternehmens als „soziales Vorbild für die Marktwirtschaft“ siehe Emmerich, S. 71.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

gabe der innerbetrieblichen Geheimnissphäre die Effektivität der Aufgabenerfüllung bedrohen. Dass die Möglichkeit zur Geheimhaltung eine elementare Funktionsvoraussetzung für am Markt agierende öffentliche Unternehmen darstellt, ist unbestritten.1558 Früher gründete und betrieb die öffentliche Hand sogar bewusst öffentliche Unternehmen, um eine bestmögliche Wahrung von Geheimhaltungsinteressen sicherzustellen.1559 Gesetzlich angeordnete Veröffentlichungspflichten brechen nun vormals bestehende Geheimhaltungsmöglichkeiten grundsätzlich auf. Zum Ausgleich unternehmen informationsfreiheitsrechtliche Ausschlussgründe den Versuch, die öffentliche Aufgabenerfüllung bestmöglich sicherzustellen. Ob dies nach aktueller Rechtslage auch im Einzelfall gelingt, mag bezweifelt werden.1560 Neben der Preisgabe der Geheimnissphäre entstehen allerdings vor allem durch die Ausweitung proaktiver Veröffentlichungspflichten weitere informationsfreiheitsrechtliche Gefährdungslagen für die Funktionsweise öffentlicher Unternehmen, die es im Folgenden genauer herauszuarbeiten gilt. Als allgemeiner Maßstab kann nach dem oben Gesagten jedoch festgehalten werden: Nach der Instrumentalthese besteht der legitimationsstiftende Sinn und Zweck öffentlicher Unternehmen darin, (am Markt) öffentliche Aufgaben zu erfüllen bzw. Leistungen der Daseinsvorsorge bereitzustellen. Respektiert man die verfassungsrechtlich gebotene Zweckprogrammierung öffentlicher Unternehmen, kann ein Beitrag öffentlicher Unternehmen zur Verwirklichung informationsrechtlicher Zielsetzungen nur dort angenommen werden, wo die funktionsgerechte Aufgabenerfüllung nicht durch Publizitätspflichten beeinträchtigt oder gar unmöglich gemacht wird.1561 Doch auch Fällen, in denen die Pflicht zur Informationsoffenlegung die Funktionsfähigkeit öffentlicher Unternehmen unberührt lässt, ist ein prinzipieller Zielförderungsauftrag jedenfalls nicht verfassungsrechtlich induziert. Leitet man mit der ganz herrschenden Meinung aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG bereits keinen zwingenden Verfassungsauftrag zur Schaffung von Verwaltungsöffentlichkeit ab,1562 besteht nach dem Grundgesetz lediglich eine rechtspolitische Möglichkeit zur Öffnung der Aktenschränke. Erst recht kann damit auch die An-

1558

Vgl. BVerfGE 147, 50 (156). Ausführlich hierzu bereits unter C. V. 2. a) aa) (1). Mit Verweis auf Rüstungsbetriebe und Staatsdruckereien Emmerich, S. 78. 1560 Siehe hierzu C. V. 3. Zu denkbaren Lösungsansätzen später unter C. VIII. 1561 Allgemein ist anerkannt, dass staatliche Publizitätspflichten nicht die administrative Steuerungskraft aushöhlen dürfen: Die grundgesetzlich abgesicherte Funktionsfähigkeit staatlicher Einrichtungen fungiert in diesem Zusammenhang auch als verfassungsimmanente Restriktion hoheitlicher Transparenzpolitik, vgl. Kugelmann, S. 73 f.; Sommermann, in: von Mangoldt /  Klein / ​Starck, GG, Art. 20, Rn. 303a. Freilich muss in diesem Zusammenhang betont werden, dass einfachgesetzliche Ausschlussgründe zum Schutz der Funktionsfähigkeit der Verwaltung (vgl. § 29 Abs. 2 Var. 1 VwVfG) in der Regel konkret-situative Beeinträchtigungen erfassen, während sich die transparenzinduzierte Dysfunktionalität öffentlicher Unternehmen vor allem in strukturell-langfristigen Dimensionen manifestiert, siehe hierzu sogleich unter C. VII. 2. c) bb). 1562 Siehe hierzu C. II. 1. c) aa) (2). 1559

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nahme eines spezifischen Zielförderungsauftrages für öffentliche Unternehmen zumindest nicht unmittelbar verfassungsrechtlich angezeigt sein. b) Rechtsstaatlich-demokratische Ziele Wie eingangs bereits erwähnt, soll die Einbeziehung öffentlicher Unternehmen in das Informationsfreiheitsrecht eine „Flucht aus dem Informationsrecht“ bzw. bei Unternehmen in privater Rechtsform eine „Flucht ins Privatrecht“ verhindern.1563 Die öffentliche Hand soll sich nicht durch die Wahl spezieller Handlungsformen zwingenden informationsrechtlichen Bindungen entziehen können. Daran, dass dieses Anliegen grundsätzlich rechtspolitisch nachvollziehbar ist, besteht kein Zweifel. Verfassungsrechtlich ist es jedoch nicht zwingend geboten. Der Gesetzgeber entscheidet nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG grundsätzlich selbst darüber, in welchem Maße und insbesondere mittels welcher Einrichtungen sich der Staat informationell zu öffnen hat. Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG verpflichtet den Gesetzgeber in diesem Sinne nicht dazu, die Informationspflichtigkeit öffentlicher Unternehmen anzuordnen. Jedenfalls dort, wo der einfache Gesetzgeber darauf verzichtet, öffentliche Unternehmen in den Anwendungsbereich informationsfreiheitsrechtlicher Regelungen einzubeziehen, lässt sich die Wahl privater Handlungsformen damit jedenfalls nicht als verfassungsrechtlich unzulässige Flucht aus grundrechtlichen Bindungen qualifizieren.1564 Auch an dieser Stelle sei allgemein daran erinnert, dass ein Förderungsauftrag für demokratische Zielsetzungen nur in einem Ausmaß bestehen kann, in dem die legitimationsstiftende Funktionsweise des öffentlichen Unternehmens nicht beeinträchtigt wird. aa) Partizipation und Aktivierung Eine Übertragbarkeit der Partizipations- und Aktivierungsfunktion auf öffent­ liche Unternehmen setzt voraus, dass diese ebenso wie die „Kernverwaltung“ einerseits formalisierte und kodifizierte und andererseits informell-kooperative Mitgestaltungs- und Beteiligungsmöglichkeiten anbieten können. Nur so ließe sich nach der Idealvorstellung des Gesetzgebers durch die Gewährung von Informationsfreiheitsrechten ein aktiv-konstruktiver „digitaler Dialog“ auch zwischen dem einzelnen Bürger und dem öffentlichen Unternehmen herstellen. Der Annahme, dass es dem Bürger in der Regel mangels etwaiger Berührungspunkte mit dem öffentlichen Unternehmen an einem erforderlichen Grundinteresse für eine diskursive Ausei-

1563 Vgl. Maatsch / Schnabel, HmbTG, § 2, Rn. 18; Bosesky, S. 228; für das Umweltinformationsrecht Reidt / Schiller, in: Landmann / Rohmer, Umweltrecht, § 2 UIG, Rn. 19. 1564 Vgl. Rossi, S. 187 f.

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nandersetzung mit eben diesem fehle,1565 ist entgegenzutreten. Neben dem Argument, dass das Informationsfreiheitsrecht grundsätzlich von einem interessierten und mündigen citoyen ausgehen muss, spricht hiergegen bereits die Tatsache, dass öffentliche Unternehmen vor allem in alltäglichen Versorgungsdienstleistungen marktwirtschaftlich tätig sind. Fragen nach dem Grund der Reduzierung der UBahn-Taktung im Berufsverkehr durch die städtische Personenverkehrsgesellschaft oder nach der Planung eines neuen Kraftwerks des gemeindlichen Energieversorgungsunternehmens sprechen die Lebenswirklichkeiten der Bürger an und sind damit potentiell geeignet, diese zur aktiven Interessenswahrnehmung zu animieren. Freilich fehlt es jedoch an konkreten und unmittelbaren Einwirkungsmöglichkeiten auf das operative Geschäft des öffentlichen Unternehmens im Sinne einer ex ante erfolgenden Einflussnahme. Insbesondere bei öffentlichen Unternehmen in Privatrechtsform lässt das gesellschaftsrechtliche Korsett der jeweiligen Organisationsform (AG oder GmbH) nur mittelbare Einflussmöglichkeiten zu.1566 Etwaige Steuerungsmöglichkeiten, etwa bei der Organbildung- und Besetzung oder der innergesellschaftlichen Willensbildung durch Ausübung von Weisungsrechten, obliegen allein der beteiligten Körperschaft des öffentlichen Rechts. Das externe Individuum ist nach der Grundkonzeption des Gesellschaftsrechts grundsätzlich nicht zur konstruktiven Einflussnahme auf das Unternehmensgeschehen befugt. Selbst wenn sich die Körperschaft ein persönliches Entsendungsrecht in den Aufsichtsrat nach § 101 Abs. 2 S. 1 AktG einräumen und den zu entsendenden Repräsentanten per unmittelbarem Wahlakt ermitteln ließe,1567 bestünde hierin nur eine in zeitlichen Abständen wiederkehrende, punktuelle Einflussmöglichkeit für den partizipationswilligen Bürger. Dynamisch-fortlaufende Gestaltungsmöglichkeiten ergäben sich für den Bürger nicht. Die Einflussnahme auf die Zusammensetzung des Aufsichtsgremiums ermöglicht zudem jedenfalls keine ex ante Steuerung des operativen Geschäftsablaufes. Die gesetzgeberische Einräumung derartiger Steuerungsmöglichkeiten durch Dritte ist auch im Organisationssystem öffentlicher Unternehmen nicht angelegt. Mit Blick auf die eingangs beschriebene Instrumentalthese besteht ein maßgeblicher Grund für die Wahl privater Rechtsformen gerade darin, durch die Anwendung des eigentlich auf Private zugeschnittenen Gesellschaftsrechts flexiblere, schnellere, dynamischere und damit effizientere Entscheidungsprozesse zu ermöglichen. Die partizipatorische Einbeziehung des citoyen in die unternehmensinterne Entscheidungsfindung würde diesen Effekt nivellieren. Die Mitwirkung Außenstehender verlangsamt innerbetriebliche Abläufe und verhindert damit eine zügige und damit kostensparende Unternehmensführung. Hierdurch entstünde ein erheblicher Wettbewerbsnachteil, der schlussendlich auch die Effektivität der öffentlichen Aufgabenerfüllung beeinträchtigt. Mangels unmittelbarer Einfluss- und 1565

Vgl. Bosesky, S. 243 f. Siehe im Detail zu den Steuerungsmöglichkeiten bei privaten Rechtsformen Mann, S. 189 ff. 1567 Zu dieser Idee Bosesky, S. 240. 1566

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Gestaltungsmöglichkeiten des Bürgers läuft damit die informationsfreiheitsrechtliche Aktivierungs- und Partizipationsfunktion für öffentliche Unternehmen ins Leere. Eine denkbare Korrektur dieses Befundes de lege ferenda scheitert bereits daran, dass die Einräumung von Mitwirkungsrechten Dritter die innerbetrieblichen Geschehensabläufe verlangsamt und damit letztendlich die verfassungsrechtlich geforderte Funktionsfähigkeit zur öffentlichen Aufgabenerfüllung in Frage stellt. Aus diesem Grund ist festzuhalten, dass öffentlichen Unternehmen kein spezifischer Partizipations- und Aktivierungsförderungsauftrag zukommt. bb) Akzeptanz- und Vertrauensförderung Die Gesamtheit der demokratisch begründeten Funktionen des Informationszugangsrechts beruht im Kern auf der Annahme, dass sich die traditionelle Verwaltung zunehmend aus ihrem hierarchisch-konditional agierenden Machtapparat löst und sich stattdessen für konsensorientierte Kooperationsformen „auf Augenhöhe“ öffnet. Auch das Gelingen der Akzeptanz- und Vertrauensförderungsfunktion setzt die Entstehung einer Nähebeziehung zwischen der öffentlichen Einrichtung und dem einzelnen Bürger durch das Medium Information voraus. Für eine Übertragbarkeit der Akzeptanz- und Vertrauensförderungsfunktion ist daher zu fragen, ob sich auch öffentliche Unternehmen zur Schaffung von Akzeptanzmomenten informationell auf den Bürger zubewegen können. Entgegen der Auffassung von Bosesky kann dabei Akzeptanz nicht nur dort entstehen und gefördert werden, wo der Bürger in seinen eigenen Interessen betroffen ist.1568 Wie oben aufgezeigt, umfasst der Ausdruck „Akzeptanz“ vielmehr auch die fortlaufende nicht-destruktive Hinnahme einer hoheitlichen Entscheidungspraxis. Da der Betrieb eines öffentlichen Unternehmens die Bereitstellung öffentlicher Finanzmittel erfordert und wirtschaftliche Risiken für den Staatshaushalt birgt, gewinnt die Akzeptanz des Unternehmensgeschehens auch eine allgemeine und gesamtgesellschaftliche Dimension. Eine punktuelle und individuelle Interessensberührung ist damit für die Entstehung von Akzeptanzstrukturen nicht zwingend erforderlich. Das gleiche gilt für die Förderung von Vertrauen in die Unternehmenspraxis. Vertrauen richtet sich stets in die Zukunft.1569 Die spätere Betroffenheit des Bürgers wird zum Zeitpunkt der Vertrauensgenese nicht in allen Fällen antizipierbar sein. Aus diesem Grund ist das Vorliegen einer individuellen Betroffenheit auch für das Entstehen von Vertrauen nicht zwingend erforderlich. Auch für die Übertragbarkeit der Akzeptanz- und Vertrauensförderungsfunktion ist zu konstatieren, dass vor allem die privatrechtlichen Organisationsstrukturen öffentlicher Unternehmen allenfalls punktuelle und mittelbare Mitwirkungsmöglichkeiten eröffnen. Nähe als Grundlage für Akzeptanz und Vertrauen kann mithin 1568 1569

Vgl. Bosesky, S. 229. Vgl. Luhmann, Vertrauen, S. 23.

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nicht über die aktiv-gestalterische Teilnahme am Unternehmensgeschäft vermittelt werden. Indessen suchen (öffentliche) Unternehmen bereits aus eigennützigen Motiven die kommunikative Nähe zum Bürger bzw. Kunden. Die gezielte und selbstbestimmte Preisgabe von Informationen in Form von PR-Kampagnen und allgemeiner Öffentlichkeitsarbeit schafft „Kundennähe“ als Grundlage für spätere Vertrauensstrukturen. Aus betriebswirtschaftlicher Perspektive ist anerkannt, dass die Herstellung kommunikativer Transparenz einen „strategische[n] Erfolgsfaktor“ darstellt, der nachhaltig Wettbewerbsvorteile sichert.1570 Dort wo der Bürger die Entscheidungspraxis des öffentlichen Unternehmens schnell und widerstandsfrei annimmt, spart das öffentliche Unternehmen Transaktionskosten. Ferner setzen öffentliche Unternehmen kommunikative Transparenz auch zur Sicherung der Kundenzufriedenheit ein. So initiieren öffentliche Unternehmen meist schon von sich aus dialogisch-responsiv aufgebaute Rückmeldungsgelegenheiten in Form von Kundenbefragungen oder Feedback-Portalen. Die akzeptanz- und vertrauensfördernde Gewährleistung von Unternehmenstransparenz dient dabei freilich in der Regel nicht der demokratischen Meinungs- und Willensbildung, sie erfolgt vielmehr aus betriebswirtschaftlichem und damit egoistischem Kalkül. Kundenzufriedenheit und Kundenakzeptanz sichern damit keinen Rechtsfrieden, sie können folglich auch nicht mit Akzeptanz im Sinne einer „rechtspsychologischen Voraussetzung des demokratischen Rechtsstaates“1571 gleichgesetzt werden. Aus diesem Grund machen die eigeninitiativen Kommunikations- und Transparenzbemühungen auch externe Vertrauens- und Akzeptanzförderungszwecke durch Informationszugangsgesetze nicht entbehrlich: Unternehmenseigene Öffentlichkeitsarbeit ist nicht neutral-deskriptiver, sondern in der Regel subjektiv-werbender Natur. Sie wird bewusst als Mittel zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit des Unternehmens eingesetzt. Folglich liegt es nahe, dass öffentliche Unternehmen unliebsames, da potentiell rufschädigendes, Informationsmaterial zurückhalten werden. Verließe sich der Gesetzgeber ausschließlich auf intern initiierte Vertrauens- und Akzeptanzförderungsprogramme, ließe er öffentlichen Unternehmen erhebliche Spielräume für eine selektiv-manipulative Informationsbereitstellung. Dies erscheint aus demokratischer Perspektive umso bedenklicher, berücksichtigt man, dass öffentliche Unternehmen öffentliche Mittel verwenden und somit einen gesellschaftlichen Vertrauensvorschuss in Anspruch nehmen. Bereits aus rechtsstaatlicher Sicht muss das öffentliche Unternehmen das ex ante gewährte Vertrauen durch die Erfüllung externer Informationspflichten fortlaufend rechtfertigen. Subjektiv-werbende Öffentlichkeitsarbeit kann diese Funktion nicht erfüllen und objektiv-neutrale informationelle Rechenschaftspflichten nicht ersetzen. Informationszugangsrechte fungieren auf diese Weise als ergänzendes, aber notwendiges Akzeptanzkorrektiv.

1570 Dazu eingehend Ebert / Keßler / Volk, in: Bentele et al. (Hrsg.): Akzeptanz in der Medienund Protestgesellschaft, S. 41 (49 ff.). 1571 Würtenberger, S. 64. Siehe hierzu bereits oben C. VII. 1. a) bb).

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Da sich die Förderung von Akzeptanz und Vertrauen in unternehmerisches Handeln aus betriebswirtschaftlicher Sicht kostensparend auf die öffentliche Aufgabenerfüllung auswirkt, kollidiert eine Übertragbarkeit der Akzeptanz- und Vertrauensförderungsfunktion des Informationszugangsrechts auf öffentliche Unternehmen auch nicht mit deren verfassungsrechtlicher Zweckprogrammierung. cc) Kontrolle und Korruptionsbekämpfung Die Kontrollfunktion des Informationszugangsrechts zielt gleichermaßen auf die nachträgliche Ergebniskontrolle und die fortlaufend-dynamische Selbststeuerung des Hoheitsträgers. In der Literatur wird die Ausdehnung der Kontrollfunktion auf öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform zuweilen mit dem Argument gefordert, Informationszugangsrechte verhinderten, dass „der Staat […] ins Private flüchtet, um seine Macht (oder Ohnmacht) zu verschleiern“.1572 Unbestritten ist, dass öffentliche Unternehmen als grundrechtsgebundene Staatsgewalt einer Form demokratisch ableitbarer Kontrolle unterliegen müssen. Befürworter der Einbeziehung öffentlicher Unternehmen in das Informationszugangsrecht müssen sich jedoch die Frage stellen, ob nicht außerhalb von hoheitlich angeordneten Transparenzanforderungen alternative und effektivere Überprüfungsmechanismen bestehen, die bereits ein hinreichendes Kontrollniveau gewährleisten. Gerade für öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform ist hierbei zunächst an interne gesellschaftsrechtliche Kontrollstrukturen zu denken. Neben der allgemeinen Rechenschaftspflicht des Vorstandes in der Jahreshauptversammlung der Aktiengesellschaft (§ 131 Abs. 1 AktG) oder der Geschäftsführer gegenüber einzelnen Gesellschaftern in der GmbH (§ 51a Abs. 1 GmbHG) obliegt die kritische Überprüfung der Unternehmensleitung vor allem dem Aufsichtsrat als zentralem Kontrollorgan.1573 Dessen Hauptaufgabe besteht ausdrücklich darin, die Handlungen des Vorstandes bzw. der Geschäftsführung zu überwachen, vgl. § 111 Abs. 1 AktG i. V. m. § 52 Abs. 1 GmbHG. Kontrollmaßstab ist hier nicht allein die Rechtmäßigkeit, sondern insbesondere auch die Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Geschäftsführung.1574 Zur effektiven Ausübung dieses Prüfungsauftrages gibt das Aktienrecht dem Aufsichtsrat tiefgreifende Kontrollinstrumente an die Hand: Nach § 111 Abs. 2 AktG kann der Aufsichtsrat die Bücher und Schriften der Gesellschaft sowie die Vermögensgegenstände, namentlich die Gesellschaftskasse und die Bestände an Wertpapieren und Waren, einsehen und prüfen. Korrespondierend zu den Berichtspflichten des Vorstandes gewährt § 90 AktG dem Aufsichtsrat um 1572

Rossi, S. 188. Während jede Aktiengesellschaft zwingend einen Aufsichtsrat vorweisen muss, ist die Bildung eines Aufsichtsrates in der GmbH grundsätzlich fakultativ (vgl. § 52 Abs. 1 GmbHG). Erst ab einer gewissen Mindestarbeitnehmeranzahl ist ein Aufsichtsrat obligatorisch zu bilden, vgl. §§ 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG, 25 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 MitbestG. 1574 Vgl. BGHZ 114, 127 (129 f.); Mann, S. 175 m. w. N. 1573

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fangreiche Informationsrechte. Beispielsweise kann der Aufsichtsrat vom Vorstand jederzeit einen Bericht über die Angelegenheiten der Gesellschaft verlangen, vgl. § 90 Abs. 3 S. 1 AktG. Zentrales Element des Überwachungsauftrags des Aufsichtsrates ist zudem gem. § 171 Abs. 1 AktG die Prüfung des Jahresabschlusses, des Lageberichts und des Vorschlags für die Verwendung des Bilanzgewinns. Mitunter kann der Aufsichtsrat auch Teile seiner Überwachungsarbeit delegieren. So besteht nach § 107 Abs. 3 S. 2 AktG die Möglichkeit der Bestellung eines Prüfungsausschusses, der sich mit der Überwachung des Rechnungslegungsprozesses, der Wirksamkeit des internen Kontrollsystems, des Risikomanagementsystems und des internen Revisionssystems sowie der Abschlussprüfung auseinandersetzt. Auf die Zusammensetzung und Willensbildung des Aufsichtsrates kann die öffentliche Hand als Gesellschafter in vielerlei Hinsicht Einfluss nehmen, wodurch die Aufsichtsratskontrolle nicht einer rein privaten Zweckbindung unterliegt, sondern vielmehr auf den rechtsstaatlich und demokratisch gebotenen Schutz von Gemeinwohlbelangen rückführbar ist.1575 Angesichts dieser Fülle an Kontrollkompetenzen, die auch inhaltlich weit über den Umfang des nach Informationszugangsgesetzen zu veröffentlichen Informationsmaterials hinausgehen,1576 erscheint es naheliegend, dass die gesellschaftsrechtlich vermittelte Überwachung einen externen Überprüfungsmechanismus durch Informationsfreiheitsgesetze entbehrlich erscheinen lässt.1577 Dafür spricht auch, dass der Aufsichtsrat parallel zur Kontrollfunktion des Informationsfreiheitsrechts nicht nur auf die ex post Überprüfung abgeschlossener Vorgänge beschränkt ist, sondern vielmehr nach allgemeiner Auffassung auch fortlaufend-dynamisch kontrollieren soll.1578 Hinzu kommt, dass nicht nur die oberste Leitungsebene einer fortwährenden internen Überwachung ausgesetzt ist. In den letzten Jahren gewinnt auch für öffentliche Unternehmen die Implementierung von unternehmensinternen Controlling – und Compliance-Systemen zunehmend an Bedeutung.1579 Vor allem Compliance-Management-Systeme (CMS) sollen die Regel- und Gesetzeskonformität des Unternehmenshandelns auf allen Hierarchieebenen sicherstellen.1580 Die effektive Durchsetzung derartiger Kont 1575

Im Detail zu den Einwirkungsmöglichkeiten Mann, S. 194 ff. Während der Aufsichtsrat beispielsweise nach § 111 Abs. 2 AktG sämtliche Verträge einsehen und prüfen darf, ist die Veröffentlichungspflicht nach § 7 Abs. 2 Nr. 4 LTranspG auf „wesentliche Inhalte“ von Verträgen beschränkt, die von allgemeinem öffentlichen Interesse sind und einen Auftragswert von mindestens 20.000 € aufweisen, wobei die Einsichtnahme in Beschaffungsverträge oder Verträge über Kredite und Finanztermingeschäfte per se ausge­ schlossen ist. 1577 So auch Bosesky, S. 231, a. A. Krüger, S. 91. 1578 Siehe BGHZ 114, 127 (129 f.); Koch, in: Hüffer / Koch, AktG, § 111, Rn. 5. 1579 Vgl. Passarge, NVwZ 2015, 252 (253); Burgi, CCZ 2010, 41. Eine zentrale Rolle spielt dabei der bereits im Juli 2009 verabschiedete und am 16. 9. 2020 umfassend überarbeitete Public Corporate Governance Kodex (PCGK), Bekanntmachung des BMF vom 16. September 2020 (VIII B 1 –FB 0203/20/10002:003), der auf Unternehmen mit Mehrheitsbeteiligung des Bundes Anwendung findet. 1580 Auf die Geltungskraft auf „allen Ebenen“ des Unternehmensgefüges weisen insbesondere die Präambel und die Empfehlung 5. 5. 2. des Public Corporate Governance Kodexes hin. 1576

VII. Öffentliche Unternehmen als Wirkungskatalysatoren 

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rollstrukturen kann dabei auf rechtlichen Vorgaben wie z. B. § 161 AktG1581 oder unternehmerischer Eigenmotivation1582 beruhen. Sie erfolgt jedoch grundsätzlich unabhängig von der Festschreibung etwaiger Informationszugangsrechte, so dass deren Kontrollfunktion in diesem Zusammenhang weitestgehend ins Leere läuft. Neben die gesellschaftsinternen Überprüfungsmechanismen treten ferner externe Kontrollmechanismen, die auf öffentliche Unternehmen einen effektiven Disziplinierungsdruck ausüben. Namentlich das Wettbewerbs- und Unlauterkeitsrecht und das GWB-Kartellrecht, welches gem. § 185 Abs. 1 S. 1 GWB auch auf Unternehmen der öffentlichen Hand Anwendung findet, „zähmen“ öffentliche Unternehmen und verhindern, dass sich diese auf unzulässige Weise Marktvorteile verschaffen oder Wettbewerbsvorsprünge ausnutzen. Auch der Markt selbst erbringt Kontrollleistungen, ohne dass es hierfür einer gesetzlichen Kodifikation bedarf. In einem (freien) Wettbewerbsumfeld setzt sich in der Regel auf lange Sicht das Produkt mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis durch. Auf diese Weise „kontrolliert“ der Markt, indem er perspektivisch unwirtschaftliche und damit nicht überlebensfähige Angebote aussortiert. Der sozial-kommunikative Wettbewerb um Abnehmer kontrolliert und sichert damit mittelbar die Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit des Angebotes öffentlicher Unternehmen.1583 Gleichwohl darf die Kontrollwirkung des Marktes für öffentliche Unternehmen nicht überschätzt werden: Angesichts der Tatsache, dass öffentliche Unternehmen nicht vollständig privatautonom, sondern stets vor dem Hintergrund der öffentlichen Zweckbindung am Markt agieren und in diesem Zusammenhang möglicherweise exklusive Aufgabenwahrnehmungsrechte bestehen, ist der Markt nur eingeschränkt in der Lage, die Leistungsfähigkeit oder gar Gemeinwohlrichtigkeit des Angebotes öffentlicher Unternehmen zu bewerten. Allein marktinduzierte Überprüfungsmechanismen sind damit zwar eine denklogische Ergänzung, aber kein vollwertiges Substitut (informations-)rechtlicher Kontrollstrukturen.1584 Ferner ist fraglich, ob öffentliche Unternehmen informationsfreiheitsrechtlichen Regelungen zu unterwerfen sind, um eine effektive Korruptionsbekämpfung als spezielle Ausprägung der Kontrollfunktion sicherzustellen. Öffentliche Unternehmen sind grundsätzlich ebenso „anfällig“ für unlautere Geschäftspraktiken wie ihre privaten Konkurrenten. Aus diesem Grund adressieren strafrechtliche 1581 Mit weiteren Beispielen für eine gesetzliche Anbindung Sonnenberg, JuS 2017, 917. Der Public Corporate Governance Kodex beinhaltet freilich keine zwingenden Pflichten, sondern grundsätzlich nur mittelbar verbindliche Empfehlungen und Anregungen (sog. „comply or explain“-Prinzip). Näher hierzu siehe Mühl-Jäckel, LKV 2010, 209 (210). 1582 Vgl. Burgi, CCZ 2010, 41 (42). Im Detail zu den Vorteilen der Etablierung effektiver Compliance-Systeme aus der Perspektive öffentlicher Unternehmen Passarge, NVwZ 2015, 252 (257). 1583 Allgemein zur Kontrollwirkung des Marktes Scherzberg, in: Hoffmann-Riem / SchmidtAßmann / Voßkuhle (Hrsg.): Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. III, § 49, Rn. 116 ff. 1584 Vgl. Scherzberg, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.): Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. III, § 49, Rn. 118.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

Sanktionsmechanismen wie der Straftatbestand der Untreue (§ 266 StGB) oder der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§ 299 StGB) gleichermaßen Mitarbeiter von öffentlichen Unternehmen. Angesichts der hohen Strafandrohung dieser und weiterer Tatbestände (bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe für einen besonders schweren Fall der Bestechlichkeit nach § 300 StGB) vertritt Bosesky die Auffassung, dass von ihnen eine deutlich stärkere generalpräventive Wirkung ausgehe als von der „Drohkulisse“ der potentiellen Wahrnehmung von Auskunftsrechten.1585 Da auch Mitarbeiter rein privater Unternehmen allein an den §§ 266, 298, 299, 300 StGB gemessen werden, sind in seinen Augen Informationszugangsrechte für das Gelingen einer effektiven Korruptionsbekämpfung nicht erforderlich. Gegen diese These sprechen jedoch zwei gewichtige Argumente: Erstens geht das Strafrecht mit den Vorschriften der §§ 331–338 StGB davon aus, dass Korruptionsmomente im öffentlichen Bereich im Vergleich zum rein privaten Sektor besonders schädlich und damit sanktionsbedürftig sind. Die Bestechlichkeit eines Amtsträgers (als solche gelten nach § 11 Abs. 2 lit. c StGB auch Mitarbeiter von öffent­ lichen Unternehmen1586) wird nach § 332 Abs. 1 StGB mit einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten bestraft. Die Mindeststrafandrohung ist damit im Vergleich zum besonders schweren Fall der rein privaten Bestechlichkeit (drei Monate gem. § 300 S. 1 StGB) doppelt so hoch. Der Grund für das gesteigerte Sanktionierungsbedürfnis liegt in darin, dass die §§ 331 ff. nicht wie etwa § 299 StGB „nur“ den freien Wettbewerb, sondern vor allem die Funktionsfähigkeit der Verwaltung und das Vertrauen der Allgemeinheit in die Sachlichkeit und Unabhängigkeit des Verwaltungshandelns schützen sollen.1587 Der Bürger soll darauf vertrauen dürfen, dass dienstliches Handeln nicht käuflich ist.1588 Angesichts dieser strukturellen Unterschiede auch im Umfang der Strafandrohung verbietet sich der von Bosesky vorgenommene Vergleich zwischen rein privaten und öffentlichen Unternehmen. Zweitens ist zu berücksichtigen, dass sich informationsfreiheitsrechtlich induzierte Korruptionsbekämpfung stets aus zwei Wirkungsdimensionen zusammensetzt, der Korruptionsprävention und der Korruptionsaufdeckung. Während strafrechtliche Sanktionsinstrumente, mögen sie noch so eindrucksvoll sein, lediglich präventiven Charakter entfalten, ermöglichen Informationsfreiheitsgesetze zusätzlich die Aufdeckung von Korruptionsmomenten. Die Wahrscheinlichkeit der Entdeckung einer Straftat wirkt sich dabei auch unmittelbar auf das Abschreckungspotential der Straftatbestände aus: Das Damoklesschwert einer strafrechtlichen Verfolgung ist in Wahrheit sehr stumpf, wenn der Täter sich sicher sein kann, trotz gegebenenfalls hoher Strafandrohung nicht entdeckt zu werden. Das Strafrecht ermöglicht jedoch nicht die Aufklärung bzw. Entdeckung von Korruptionsstrukturen. Auch die Strafprozessordnung setzt erst dort an, wo bereits ein hinreichender Anfangsverdacht besteht, vgl. § 152 Abs. 2 StPO. Zur Entstehung und Entwicklung eines 1585

Bosesky, S. 238. Vgl. Heger, in: Lackner / Kühl, StGB, § 11, Rn. 9 m. w. N. 1587 Vgl. Korte, in: MüKo StGB, § 331, Rn. 8. 1588 Vgl. BGHSt 47, 295 (303); Korte, in: MüKo StGB, § 331, Rn. 5 m. w. N. 1586

VII. Öffentliche Unternehmen als Wirkungskatalysatoren 

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Anfangsverdachts leisten jedoch informationelle Rechenschaftspflichten einen erheblichen Beitrag, wie der Fall peerblog1589 nachdrücklich beweist. Informationszugangsrechte bilden damit die unverzichtbare Grundlage für die Ermöglichung einer späteren Strafverfolgung und damit der Sicherung der generalpräventiven Wirkung der Straftatbestände. Abschließend sei angemerkt, dass bereits die permanente Beobachtbarkeit des Geschäftsablaufs durch die Informationsfreiheitsgesetze vermutlich eine deutlich größere generalpräventive Wirkungsmacht entfaltet als die reine Strafandrohung an sich. Grundsätzlich lässt sich damit festhalten, dass zwar grundsätzlich ausreichende interne wie externe Kontrollmechanismen für öffentliche Unternehmen bestehen. Diese versagen indes mit Blick auf die Ermöglichung einer effektiven Korruptionsaufdeckung, so dass die Hinzuziehung des Informationsfreiheitsrechts als zusätzliche Überprüfungsstruktur erforderlich bleibt.1590 Fraglich ist jedoch, ob eine permanente Einseh-, und Beobacht- und Kontrollierbarkeit die Aufgabenerfüllung des öffentlichen Unternehmens in unzulässiger Weise behindert. Unter dem Eindruck ständiger Überprüfbarkeit agieren die Entscheidungsträger in öffentlichen Unternehmen möglicherweise vorsichtiger bzw. risikoaverser. Dabei sollen öffentliche Unternehmen – im Rahmen des rechtlich Zulässigen – gerade Risiken eingehen dürfen, auch um keinen Wettbewerbsnachteil gegenüber ihren privaten Wettbewerbern zu erleiden.1591 Im schlimmsten Fall drohen Informationszugangsrechte die Entscheidungsfindung in öffentlichen Unternehmen zu paralysieren und die öffentliche Aufgabenerfüllung in Gefahr zu bringen. Dieser Befürchtung ist jedoch mit Verweis auf gesellschaftsrecht­ liche Entscheidungsgarantien entgegenzutreten. Die „Business Judgement Rule“ des § 93 Abs. 1 S. 2 AktG, die auch auf den Vorstand öffentlicher Unternehmen Anwendung findet, sichert die Risikobereitschaft und Entscheidungsfreudigkeit der gesellschaftlichen Leitungsorgane.1592 Gemäß § 93 Abs. 1 S. 2 AktG ist ein Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft von einer möglichen Binnenhaftung befreit, wenn es bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Die Einführung von Informationszugangsrechten berührt den von § 93 Abs. 1 S. 2 AktG aufgestellten Maßstab grundsätzlich nicht. Es sind somit keine konkreten Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der öffentliche 1589 BGH, Urteil vom 16. 3. 2017 – I ZR 13/16, NJW 2017, 3152 – peerblog. Siehe hierzu bereits C. II. 2. b) cc). 1590 Eine effektive Korruptionsbekämpfung kann indes nur dort ermöglicht werden, wo öffentliche Unternehmen auch formell und materiell informationspflichtig sind. Sind Auskunftsersuche dagegen etwa gem. § 7 Abs. 1 S. 2 IFG zunächst an die beherrschende Behörde zu richten, verwässert der verfahrensrechtliche Zwischenschritt sowohl die informationsfreiheitsrechtlich induzierte Korruptionsaufdeckung als auch die Korruptionsprävention, siehe hierzu bereits oben C. II. 2. a) aa) (2) (b). 1591 So auch Behrens / Münch, ZRP 2003, 329. 1592 Vgl. Koch, in: Hüffer / Koch, AktG, § 93, Rn. 9.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

Druck durch informationelle Rechenschaftspflichten eine flexible und dynamische Unternehmensführung behindert oder gar unmöglich macht. Die kontrollermöglichende Beobachtbarkeit ist vielmehr der „Preis“, den öffentliche Unternehmen dafür zahlen müssen, dass sie Aufgaben im Gemeinwohlinteresse erfüllen und dafür öffentliche Mittel in Anspruch nehmen. Der gewährte finanzielle Vertrauensvorschuss erzeugt naturgemäß ein größeres gesellschaftliches Kontrollinteresse und -bedürfnis im Vergleich zu rein privaten Unternehmen. Insbesondere dort, wo unlautere Unternehmenspraktiken die öffentliche Mittelausstattung missbrauchen, ist auch eine öffentliche Unternehmenskontrolle zwingend erforderlich. Auch aus der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit hoheitlicher Wirtschaftsteilnahme1593 folgt jedenfalls kein Recht zur gesetzeswidrigen Aufgabenerfüllung. Insgesamt ist eine Übertragung der Kontrollfunktion des Informationszugangsrechts insbesondere dort erforderlich, wo interne und externe Überprüfungsstrukturen keinen hinreichenden Selbstdisziplinierungsdruck ausüben können. Dies ist in Bezug auf die Aufdeckung von innerbetrieblichen Korruptionsmomenten der Fall. Auch der verfassungsrechtlich gebotene Zweckerfüllungsauftrag steht diesem Ergebnis nicht entgegen. dd) Grundrechtsvoraussetzungsschutz Indem die Verwaltung ihre Aktenschränke allgemein zugänglich macht, eröffnet sie dem Bürger grundsätzlich die Möglichkeit, seine Persönlichkeit im Sinne des Art. 2 Abs. 1 GG auf Grundlage des bereitgestellten Informationsmaterials bestmöglich zu entfalten. Zwar wendet Bosesky zu Recht ein, dass aus der in Art. 2 Abs. 1 GG verbürgten Selbstentfaltungsgarantie prinzipiell nicht folgt, dass der Einzelne „über jeden alles erfahren können muss, sofern ein dahingehendes Interesse besteht“.1594 Allerdings gehört es zu den strukturellen Schwächen einer Informationsgesellschaft, dass naturgemäß nicht jedes Individuum in gleichem Maße Zugang zu brauchbarem Informationsmaterial findet.1595 Aus diesem Grund ist es auch dem Staat nicht verwehrt, hoheitliche „Informationsvorsorge“ zu betreiben mit dem Ziel, ein möglichst flächendeckendes informationelles Mindestangebot zu schaffen, das bestehende Chancenungleichheiten beseitigt.1596 Auf welche Weise der Staat eine wirksame Informationsvorsorge betreibt, steht ihm grundsätzlich frei. Entscheidet er sich für die Gewährung von voraussetzungslosen Informationszugangsrechten, verleiht er dem einzelnen Bürger letztendlich doch das Recht, über jeden Auskunftsverpflichteten grundsätzlich alles erfahren zu können. Sind öffent-

1593

Siehe hierzu B. II. 2. Bosesky, S. 242. 1595 Vgl. Brink, in: Brink / Polenz / Blatt, IFG, § 1, Rn. 2. 1596 Vgl. Brink, in: Brink / Polenz / Blatt, IFG, § 1, Rn. 2. Zum Konzept der „informationellen Grundversorgung“ siehe auch C. II. 1. c) aa) (2) (e). 1594

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liche Unternehmen auskunftsverpflichtet, ist ihnen mithin auch ein spezifischer Auftrag zur Förderung der Persönlichkeitsentfaltung zu attestieren. Dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG primär abwehrrechtlich fundiert ist, steht diesem Ergebnis nicht entgegen.1597 Ebenso kann nicht vorgebracht werden, die Tätigkeit öffentlicher Unternehmen tangiere die Fähigkeit des Einzelnen zur Selbstentfaltung grundsätzlich nicht.1598 Angesichts des hohen Alltagsbezugs der Tätigkeitsfelder öffentlicher Unternehmen erscheint es zumindest nicht fernliegend, dass in Einzelfällen gerade Informationen von öffentlichen Unternehmen bei der persönlichen Selbstverwirklichung von Bedeutung sein können. Die Offenlegung von Unternehmensinformationen liefert damit zumindest einen abstrakten Mehrwert für die Gewährleistung des informationellen Grundrechtsvoraussetzungsschutzes. Der Auftrag zur Förderung der individuellen Freiheitsausübung besteht indes nicht unbegrenzt. Öffentliche Unternehmen müssen mit Blick auf ihre rechtsstaatlich gebotene Zweckprogrammierung nur so lange einen Beitrag zur freien Entfaltung der Persönlichkeit leisten, wie die eigene öffentliche Aufgabenerfüllung nicht darunter leidet. Bei rein ideell und nicht wirtschaftlich motivierten Informationsanfragen besteht dieses Risiko in der Regel nicht. Der Aufgabenerfüllung hinderlich könnten allenfalls bewusst querulantische oder rechtsmissbräuchliche Auskunftsbegehren sein. Gegen derartige Praktiken kann das Informationsfreiheitsrecht jedoch hinreichende Schutzmechanismen anbieten. Beispielhaft zu nennen ist hier die Festschreibung der Möglichkeit, dem Auskunftsbegehren nur teilweise stattzugeben, vgl. § 7 Abs. 2 S. 1 Var. 2 IFG. Dagegen wäre die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Unternehmens massiv bedroht, wenn es durch die Preisgabe von Informationen Dritten oder gar Konkurrenten zur Entfaltung ihrer Wirtschaftsgrundrechte aus Art. 12, 14 GG verhelfen müsste. Der Schutz der innerbetrieblichen Geheimnissphäre ist elementare Funktionsbedingung für die Aufrechterhaltung der eigenen Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit. Würde dem öffentlichen Unternehmen der informationsrechtliche Auftrag anhaften, die wettbewerbsrechtliche Stellung der Konkurrenz zu fördern, hätte dies perspektivisch selbstzerstörerische Konsequenzen. Eine derartige Entwicklung kann vom Informationszugangsrecht kaum intendiert sein.1599 Im Gegenteil, Sinn und Zweck des Informationsfreiheitsrechts ist es gerade, einen fairen und chancengleichen Wettbewerb zu gewährleisten.1600 Mögliche strukturelle Wettbewerbsnachteile für öffentliche Unternehmen sind durch entsprechende Ausnahmeregelungen auszugleichen.1601 Die Annahme eines bedingungslosen Auftrags zur Unterstützung der wirtschaftlichen Entfaltung des Einzelnen verbietet sich da-

1597

So aber Bosesky, S. 242. So aber Bosesky, S. 241 f. 1599 Aus ähnlichen Gründen verbietet sich daher auch die Annahme eines vollumfänglichen Auftrages zur externen Innovationsförderung, siehe hierzu C. VII. 2. c) bb). 1600 So für das alte IWG BT-Drs. 16/2453, S. 7. 1601 Mit Verweis auf § 3 Nr. 6 IFG Bosesky, S. 242; dazu auch Schoch, IFG, § 3, Rn. 168 ff. 1598

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mit. Ein vollumfänglicher Zielförderungsauftrag kann öffentlichen Unternehmen stattdessen nur für die nicht-wirtschaftlich orientierte Persönlichkeitsentfaltung zukommen. c) Wirtschaftliche Ziele Angestoßen durch die Einführung proaktiver Veröffentlichungspflichten und die Ausdehnung der Weiterverwendungsregime rücken wirtschaftliche Zweckrichtungen langsam, aber stetig in den Mittelpunkt der Informationsfreiheitsgesetzgebung. Angesichts dieser Entwicklung stellt sich auch hier die Frage, ob sich die zumeist für die „klassische“ Verwaltung getroffenen Annahmen und Begründungslinien auf am Markt agierende öffentliche Unternehmen übertragen lassen. Sollte dies nicht möglich sein, bestünde für öffentliche Unternehmen im Ergebnis kein spezifischer Zielförderungsauftrag für die Verfolgung wirtschaftlicher Ziele des Informationsfreiheitsrechts. aa) Interne Effizienzförderung Die Idee, dass flächendeckender Informationszugang einen öffentlich-konstruktiven Kommunikationsprozess anregt, der eine effizienzsteigernde Optimierung der Aufgabenerfüllung ermöglicht, ist im Ausgangspunkt für die „klassische“, nichtwirtschaftlich handelnde Verwaltung entwickelt worden. Es erscheint daher schon im Ansatz zweifelhaft, ob sich dieses Konzept auch auf wirtschaftlich agierende Unternehmen transferieren lässt. Dagegen spricht zunächst die Tatsache, dass öffentliche Unternehmen formal in deutlich kleineren und kompakteren Struktureinheiten organisiert sind als der Verwaltungsapparat als Ganzes. Während Kommunalverwaltungen über 1.000 unterschiedliche Dienstleistungen anbieten und zu 75 % aus Binnenprozessen bestehen,1602 ermöglicht vor allem eine privatrechtsförmige Organisationsstruktur mit singulärer Zweckausrichtung per se schnellere, flexiblere und damit effizientere Entscheidungsabläufe. Noch gravierender wirken sich jedoch psychologisch-­ habituelle Unterschiede aus: Für die Vertreter der Effizienzförderungsthese ist die Verwaltung eine tendenziell träge und innovationsresistente Steuerungseinheit, die durch die Herstellung einer Informationsöffentlichkeit zur effizienzstiftenden Selbstveränderung „genötigt“ werden müsse.1603 Öffentliche Unternehmen sind dagegen nicht auf einen derartigen externen Optimierungsimpuls angewiesen. Sie zeigen sich schon aus eigenem Antrieb empfänglich für interne wie ex 1602

Mit entsprechenden Einzelnachweisen Schulz, in: Hill / Schliesky (Hrsg.): Innovationen im und durch Recht, S. 249 (261). 1603 Vgl. Rossen-Stadtfeld, in: Hill / Schliesky (Hrsg.): Innovationen im und durch Recht, S. 225 (237).

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terne Effizienzförderungsmechanismen, nicht zuletzt um die eigene Rentabilität und Wettbewerbsfähigkeit sicherzustellen. Dabei greifen sie zur Effizienzförderung auf interne wie externe Instrumente zurück. Auf interner Ebene garantieren zunächst Controlling-Abteilungen und Qualitätsmanagementsysteme die effiziente Einhaltung unternehmensinterner Zielvorgaben.1604 Entscheidend ist jedoch, dass öffentliche Unternehmen im Gegensatz zur nicht markttätigen Verwaltung auch ohne Informationszugangsgesetze fortlaufend von außen Rückmeldungen über ihre Tätigkeiten erhalten und damit externen Reflexionsimpulsen ausgesetzt sind. Vorausgesetzt, das öffentliche Unternehmen agiert außerhalb exklusiver Aufgabenwahrnehmungsrechte, ist die unternehmensbezogene Nachfrageentwicklung ein allgemeiner und mittelbarer Indikator für die Kundenzufriedenheit und damit wichtiger Ausgangspunkt für die Angebotsoptimierung. Um jedoch unmittelbarer und zeitnaher die eigene Unternehmens- und Angebotsentwicklung steuern zu können, setzen öffentliche Unternehmen auch bewusst auf eine direkte Kommunikation mit dem Kunden. Beispielsweise führen Unternehmen Kundenbefragungen durch und fordern aktiv Bewertungen und Feedback auf unternehmenseigenen Portalen ein, um Kritik und Anregungen aus Abnehmerperspektive zu gewinnen. Fraglich ist jedoch, ob diese aus Eigenantrieb verfolgte Kommunikationsstrategie die Wirkungsweise von hoheitlich angeordneten Auskunftspflichten vollwertig ersetzt. So ließe sich einwenden, dass sich das Unternehmen lediglich gegenüber Kunden rezeptiv verhalte, nicht aber gegenüber außenstehenden Dritten. Auch der Dialog mit Nicht-Kunden könnte sich indes als besonders effizienzbringend erweisen und würde durch die Einführung allgemeiner Auskunftsrechte gefördert werden. Gegen die Befähigung von Externen zur Einsichtnahme in unternehmensinterne Prozesse spricht jedoch entschieden, dass diese vor allem Konkurrenten zur legitimen Industriespionage ermächtigt und damit die öffentliche Aufgabenerfüllung nachhaltig behindert. Eine derartige Entwicklung ist mit Blick auf die verfassungsrechtliche Zweckprogrammierung öffentlicher Unternehmen nicht hinnehmbar. Auch das Gegenargument, dass das Informationsfreiheitsrecht besondere Instrumente zum Schutz vor einer „Ausspähung“ durch Wettbewerber anbietet, rechtfertigt keine andere Sichtweise. Müsste das öffentliche Unternehmen gerade bei proaktiven Veröffentlichungspflichten stets eigeninitiativ auf die Einhaltung eines effektiven Geheimnisschutzniveaus achten, würde dies nicht nur einen erhöhten personellen und finanziellen Prüfaufwand auslösen, sondern auch unternehmensinterne Kommunikationsprozesse verlangsamen. Beides hätte zur Folge, dass die eigentlich intendierten Effizienzgewinne abgeschwächt, wenn nicht sogar ins Gegenteil verkehrt werden. Informationszugangsgesetze bergen damit sogar die konkrete Gefahr, unternehmerisches Handeln letztlich ineffizienter zu machen.

1604

Zum Qualitätsmanagement siehe Bosesky, S. 239.

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Gegen eine effizienzfördernde Wirkung von Informationszugangsrechten spricht zudem die Tatsache, dass sich der staatliche Mehrheitsgesellschafter nicht darauf verlassen muss, dass „sein“ öffentliches Unternehmen aus eigenem Antrieb effizient handelt. Er kann die Entwicklung der Unternehmenseffizienz selbst aktiv überprüfen. Nach § 53 Abs. 1 HGrG hat die mehrheitlich beteiligte Gebietskörperschaft das Recht, eine erweitere Jahresabschlussprüfung durchführen zu lassen. Als Ergebnis dieser Prüfung ist ein Schlussbericht zu erstellen, in dem der Abschlussprüfer unter anderem die Rentabilitätsentwicklung des Unternehmens sowie die Ursachen für etwaige Verluste und Jahresfehlbeträge darstellen muss, vgl. § 53 Abs. 1 Nr. 2 lit. a – c HGrG.1605 Anhand dieser extern vorgenommenen Evaluation kann die öffentliche Hand brachliegende Effizienzpotentiale selbst identifizieren und im Rahmen der ihr zustehenden Partizipationsrechte unternehmensintern nutzbar machen. Durch das dargestellte engmaschige Netz von Kontroll- und Kommunikationsstrukturen ist mithin auch ohne informationsfreiheitsrechtliche Regelungen ausreichend sichergestellt, dass öffentliche Unternehmen zumindest nicht ineffizienter agieren als rein private Unternehmen, die einer hoheitlichen Regulierung unterworfen sind.1606 Im Ergebnis ist das Informationsfreiheitsrecht als mögliches Effizienzförderungsinstrument für öffentliche Unternehmen deplatziert. Öffentliche Unternehmen benötigen schlicht keinen zusätzlichen Effizienzförderungsimpuls. Im Gegenteil, ermöglicht man vor dem Hintergrund der Effizienzoptimierung externe Einsichtnahmemöglichkeiten, ist tendenziell sogar die funktionsgerechte Gewährleistung der öffentlichen Aufgabenerfüllung in Gefahr. bb) Externe Innovationsförderung Ferner gilt es zu untersuchen, ob auch die informationsfreiheitsrechtliche Zielsetzung der externen Innovationsförderung auf öffentliche Unternehmen übertragbar ist. Innovationsförderung ist zunächst im weiteren Sinne Wettbewerbsförderung. Dass öffentliche Unternehmen im Sinne der Instrumentalthese bewusst als Werkzeug zur allgemeinen Wettbewerbsstimulation eingesetzt werden können, ist grund­ sätzlich anerkannt,1607 wenngleich nicht verfassungsrechtlich geboten.1608 Vor allem, 1605

Siehe hierzu Mann, S. 234 f. So auch Mühlenkamp, IR 2011, 318 (322) nach empirischer Auswertung von mehr als 50 Einzelstudien der letzten Jahrzehnte. Ein Effizienzvergleich zu vollständig privatautonom agierenden Unternehmen verbietet sich ohnehin bereits deshalb, weil diese keiner öffentlichen Zweckbindung unterliegen. Laut Mühlenkamp, IR 2011, 318 (322), würden ansonsten „Äpfel und Birnen“ miteinander verglichen werden. Zur fehlenden Vergleichbarkeit im Rahmen der Effizienzdiskussion auch Storr, S. 33 f. m. w. N. 1607 Vgl. Thiemeyer, S. 90 ff.; Löwer, VVDStRL 60 (2001), 416 (428); Storr, S. 130 f.; sogar ausführlich auf die Innovationsförderung rekurrierend Püttner, § 15, Rn. 5. 1608 Vgl. Storr, S. 133 f. 1606

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aber nicht nur, in dysfunktionalen Märkten können öffentliche Unternehmen entweder einen Grundversorgungsauftrag sicherstellen oder als „Hecht im Karpfenteich“1609 die privatautonom agierenden Wettbewerber disziplinieren und dem Missbrauch von Monopolstrukturen vorbeugen.1610 Hieran anknüpfend stellt sich jedoch die Frage, bis zu welchem Grad öffentliche Unternehmen mittels Offenlegung ihres Informations- und Datenmaterials auch einen Beitrag zur Wettbewerbsförderung in der speziellen Form der informationellen Innovationsförderung leisten müssen. Als aufschlussreich erweist sich in diesem Zusammenhang zunächst der Blick auf verfassungsrechtliche Wertentscheidungen: Aus der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG lässt sich grundsätzlich kein allgemeiner hoheitlicher Auftrag ableiten, Innovationsbemühungen und  – Bestrebungen privater Marktteilnehmer zu fördern. Art. 12 Abs. 1 GG sichert lediglich die Teilnahme am Wettbewerb nach Maßgabe seiner Funktionsbestimmungen.1611 Die grundrechtliche Gewährleistung umfasst in diesem Sinne keinen Schutz vor staatlicher Einflussnahme auf wettbewerbsbestimmende Faktoren.1612 Konkret garantiert die Berufsfreiheit keinen Anspruch auf Erfolg im Wettbewerb und auf Sicherung zukünftiger Erwerbsmöglichkeiten.1613 Die Umsatz- und Ertragschancen der Wettbewerbsteilnehmer werden in diesem Sinne grundsätzlich nicht durch hoheitliche (Innovations-)Steuerung, sondern durch marktimmanente Entwicklungen und Risiken bestimmt.1614 Treten öffentliche Unternehmen in das Wettbewerbsgeschehen ein, liegt hierin kein Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG, solange ihre Marktteilnahme nach den gesicherten Funktionsbedingungen des Wettbewerbs erfolgt.1615 Die Grenze der funktionsgerechten Marktteilnahme ist jedoch dort erreicht, wo das öffentliche Unternehmen unangemessene Wettbewerbsvorteile genießt, die privaten Unternehmen nicht zustehen.1616 Nimmt man diese Überlegungen zum Maßstab, muss hinsichtlich der Übertragbarkeit des externen Innovationsförderungsauftrages öffentlicher Unternehmen differenziert werden: Beruht der Informationsvorsprung öffentlicher Unternehmen auf exklusiv der öffentlichen Hand zustehenden und damit verwaltungsähnlichen Informationser 1609

Thiemeyer, S. 90; Storr, S. 32, 131 m. w. N. Vgl. Storr, S. 32 f.; Püttner, § 15, Rn. 5; kritischer Emmerich, S. 73 ff. Zum Einsatz öffent­ licher Unternehmen in dysfunktionalen Märkten auch Mühlenkamp, IR 2011, 318 ff.; Schneider, DVBl. 2000, 1250 (1251). 1611 Vgl. BVerfGE 105, 252 (265); 110, 274 (288); 116, 135 (152); Jarass, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 12, Rn. 20. 1612 BVerfGE 105, 252 (265). 1613 Vgl. BVerfGE 24, 236 (251); 34, 252 (256); 105, 252 (265); Kämmerer, in: von Münch /  Kunig, GG, Art. 12, Rn. 76. 1614 BVerfGE 105, 252 (265); Kämmerer, in: von Münch / Kunig, GG, Art. 12, Rn. 76. 1615 Vgl. BVerwGE 39, 329 (336); Jarass, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 12, Rn. 23 m. w. N. 1616 Vgl. Jarass, in: Jarass / Pieroth; GG, Art. 12, Rn. 23. 1610

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hebungsmöglichkeiten (z. B. gesetzlichen Meldepflichten1617) oder eingeräumten Sonderrechten,1618 bietet sich vorbehaltlich legitimer Geheimnisschutzinteressen1619 ein Transfer des externen Innovationsförderungsauftrags auf öffentliche Unternehmen an. In diesen Fällen können Entwickler von Informationsdienstleistungen die begehrten Daten nicht eigenständig erheben, sondern sind vielmehr auf eine Zugänglichmachung von öffentlichen Unternehmensinformationen angewiesen. Gegen die Annahme eines Informationsförderungsauftrages kann auch nicht argumentiert werden, dass Informationen von öffentlichen Unternehmen einen geringeren (Vertrauens-)Wert als andere Verwaltungsinformationen hätten und deshalb für eine spätere Weiterverwendung ungeeignet seien.1620 Die Eröffnung von Informationszugang ist damit in diesem Zusammenhang insgesamt ein wirksames Instrument, vorhandene Monopolstrukturen aufzubrechen und externe Innovationspotentiale freizusetzen. Im Gegensatz zum klassischen Behördenapparat1621 verfügt das privatrechtsförmige öffentliche Unternehmen in der Regel jedoch nicht über exklusive Informationserhebungsmöglichkeiten, sondern generiert seinen „Datenschatz“ typischerweise bereits mangels öffentlich-rechtlicher Handlungsformen gleichberechtigt wie ein Privater im Marktgeschehen. In diesen Fallkonstellationen erscheint es zweifelhaft, ob das öffentliche Unternehmen einen Innovationswettbewerb zu seinen Lasten ermöglichen muss. Da privaten Marktakteuren eine eigenständige Informationserhebung grundsätzlich offensteht, ist zunächst kein sachlicher Grund erkennbar, weshalb ihnen fremderzeugtes Informationsmaterial „anstrengungslos“ zur Verfügung gestellt werden soll, während sie selbst grundsätzlich nicht zur Informationsoffenlegung verpflichtet sind. Dies gilt in besonderem Maße für die Zugänglichmachung von Informationen, die einem geheimnisrechtlichen Schutz unterliegen: Als Innovationsimpulse eignen sich vor allem Informationen, mithilfe derer sich Kundenwünsche und Nachfragepotentiale antizipieren lassen. Aus diesem Grund sind aus Entwicklerpers 1617 EuGH, Urteil vom 12. 7. 2012 − C-138/11, EuZW 2012, 835 ff. – Compass. Siehe hierzu bereits C. IV. 1. a). 1618 BVerwG, Urteil vom 14. 4. 2016 – 7 C 12/14, NVwZ 2016, 1183 ff. Siehe hierzu Richter, NVwZ 2016, 1143 (1146). Es muss sich hierbei jedoch um spezielle informationelle Sonderrechte handeln, die unmittelbar die Möglichkeit zur exklusiven Informationserhebung- bzw. generierung eröffnen. Allein der Umstand, dass mit hoheitlichen Kontrahierungszwängen oder Anschluss- und Benutzungszwängen zumindest auch reflexartig eine partiell ausschließliche Informationsübermittlung einhergeht, kann in diesem Zusammenhang jedenfalls für die Annahme eines „informationellen Sonderrechts“ nicht ausreichen. 1619 BVerfGE 115, 205 (243): „Ein chancengleicher und funktionsfähiger Wettbewerb kann nicht dadurch befördert werden, dass den Wettbewerbern Zugang zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen […] eröffnet und es ihnen so ermöglicht wird, gezielt Wettbewerbsstrategien gegen [den Geheimnisträger] aufzubauen.“ 1620 Siehe hierzu bereits B. I. 3. b). 1621 Allgemein zum Informationsmonopol der öffentlichen Verwaltung Trosch, S. 19; Hopf, RiA 2007, 53. Speziell zur Monopolstellung auf dem Geodatenmarkt Maisch, K & R 2007, S. 9 (10).

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pektive insbesondere Kundendaten und Absatzmengen öffentlicher Unternehmen interessant. Derartige Informationen bilden jedoch ihrerseits die unverzichtbare Grundlage für die Funktions- und Überlebensfähigkeit öffentlicher Unternehmen und sind daher besonders geheimhaltungsbedürftig.1622 Der Informationsfreiheitsgesetzgeber darf diese Wertung nicht unterminieren, indem er vulnerable Unternehmensinformationen ungefiltert aus Gründen der Innovationsförderung der Allgemeinheit preisgibt. Eine derartige Informationspolitik ließe eine strukturelle Chancenungleichheit dort entstehen, wo sich private Konkurrenten ihrerseits legitimerweise auf Geheimnisschutzinteressen berufen und Informationen zurückhalten können.1623 Ein solches Informationsgefälle entwickelt sich jedoch auch bei der Pflicht zur Offenlegung unternehmenseigener Exklusivinformationen, die im Einzelfall kein geheimnisrechtliches Schutzniveau erreichen. Ein „gläsernes“1624 öffentliches Unternehmen kann perspektivisch nicht am Markt überleben.1625 Im Gegenteil, auch für ein öffentliches Unternehmen ist erfolgreiches Handeln und Wirtschaften nur möglich, wenn es nicht (nur) fremde Innovationsbemühungen fördern muss, sondern im Gegenzug vor allem auch eigene Innovationspotentiale entfalten kann. Die Einräumung von eigenen Innovationsmöglichkeiten sichert die unternehmerische Anpassungs- und Wettbewerbsfähigkeit insbesondere auf volatilen Märkten und damit im Ergebnis die Einsetzbarkeit zur funktionsgerechten Aufgabenerfüllung. Damit öffentliche Unternehmen einen Anreiz zum innovativen Tätigwerden haben, müssen sie darauf vertrauen können, ihr eigens generiertes Informationsmaterial auch anschließend selbst exklusiv verwerten zu dürfen, unabhängig davon, ob es immaterialgüter- oder geheimnisschutzrechtlichen Schutz genießt. Andernfalls ergäben sich durch eine innovationsfördernde Informationsöffnung für Wettbewerber erhebliche „Angriffsmöglichkeiten“ am Markt, die sich durch die zunehmende Ausweitung antragsunabhängiger Veröffentlichungsmodi zusätzlich verschärfen: Wie aufgezeigt, findet Innovationsförderung vor allem durch die „mundgerechte“ proaktive Bereitstellung von Informationen auf Transparenzportalen statt. Auf diese Weise wird eine möglichst niedrigschwellige Verfügbarkeit von hoheitlichem Informationsmaterial geschaffen, die zur Entwicklung eigener Geschäftsideen anregen soll. Informationszugang ist damit zwingende Vorstufe und zugleich rechtliche Voraussetzung für die spätere Weiterverwendung von In 1622

Siehe hierzu bereits C. V. 2. a) aa). Für Bosesky, S. 245 ist damit der Grundsatz „informationeller Gerechtigkeit“ verletzt. 1624 Die Frage, ob letztendlich eine „gläserne“ Verwaltung angestrebt wird, beantworten die Informationsfreiheitsgesetze unterschiedlich. Während die Gesetzesbegründung zum BlnIFG ausdrücklich betont, das Ziel des Gesetzes sei die „gläserne Verwaltung“, vgl. Drs. 13/1623, S. 5, stellt die Begründung zum LTranspG RLP klar: „Durchsichtig und transparent heißt […] nicht gläsern.“, vgl. LT-Drs. 16/5173, S. 1. 1625 In diese Richtung auch Sydow / Gebhardt, NVwZ 2006, 987 (989 f.): „Der Auskunftsanspruch ist abzuwägen mit dem Recht der Gemeinde, in Ausübung der Selbstverwaltungsgarantie kommunale Unternehmen unter Wettbewerbsbedingungen so zu betreiben, dass ein erfolgreiches Wirtschaften möglich ist. Eine Pflicht zur Totaltransparenz ist damit nicht vereinbar.“ 1623

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

formationen. Entstehen aus dem anschließenden Weiterverwendungsprozess Mehrwertdienstleistungen, die das Geschäftsmodell öffentlicher Unternehmen ergänzen oder weiterentwickeln, ist dies grundsätzlich unbedenklich und volkswirtschaftlich sogar wünschenswert.1626 Probleme treten jedoch dort auf, wo das bereitgestellte Informationsmaterial genutzt wird, um das Geschäftsmodell öffentlicher Unternehmen zu kopieren oder zu ersetzen und auf diese Weise Kunden abzuwerben. Denkbar ist beispielsweise, dass ein öffentliches Verkehrsunternehmen verschiedene, für sich genommen nicht geheimhaltungsbedürftige, Daten bereitstellen muss, die in Rekombination mit anderen Daten Rückschlüsse darüber zu lassen, zu welcher Uhrzeit bestimmte Strecken im Schienenpersonennahverkehr besonders stark genutzt werden. Auf der Basis dieser Informationen könnte ein privater Taxi- oder Carsharing-Anbieter besonders günstige Fahrten zu den entsprechenden Zeiten anbieten und so die Nachfrage von der Schiene auf die Straße verlagern.1627 Durch die Kundenabwanderung aus profitablen Geschäftsbereichen geriete das öffentliche Unternehmen im ohnehin schon hochgradig defizitären Schienenpersonennahverkehr in eine derartige finanzielle Schieflage, dass es möglicherweise Insolvenz anmelden und seinen Geschäftsbetrieb einstellen müsste. Eine vergleichbare Bedrohungslage existiert für insolvenzunfähige1628 Behörden grundsätzlich nicht, so dass insgesamt Zweifel an der Übertragbarkeit der externen Innovationsförderungsfunktion auf private öffentliche Unternehmen bestehen. Drastisch formuliert schafft die verwaltungsgleiche Auferlegung von innovationsfördernden Transparenzpflichten langfristig das öffentliche Unternehmen als Steuerungsmodell ab und erzeugt dadurch einen faktischen Privatisierungsdruck. Nun ließe sich an dieser Stelle einwenden, dass dieses Ergebnis rechtlich durchaus angezeigt sei, da das öffentliche Unternehmen seinen Wettbewerbsförderungsauftrag dort, wo es ein funktionierendes Marktgeschehen hinterlasse, in letzter Konsequenz vollumfänglich erfüllt habe. Es fehle wahlweise bereits an einem legitimationsstiftenden öffentlichen Zweck oder der kommunalrechtlich gebotenen Erforderlichkeit hoheitlicher Wirtschaftsbetätigung, wenn die erwünschten Güter anschließend auch von privaten Marktakteuren in einem ausreichenden Maß bereitgestellt werden 1626 Zur Förderung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung siehe Erwägungsgrund 13 der Richtlinie 2019/1024 (EU). 1627 Diese Befürchtung ist mitnichten rein theoretischer Natur: Die Idee der spezifischen Auswertung von Verkehrs- und Mobilitätsdaten im öffentlichen Personennahverkehr zur nutzeroptimierten Wahrnehmung bestehender Verkehrsangebote lag unter anderem dem privatwirtschaftlichen Projekt „ally Mobility Analytics Platform (allyMAP)“ zu Grunde. Siehe zu den Einzelheiten des Konzeptes https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/DG/mfund-projekte/ analyseplattform-mobilitaetsangebote-allymap.html (zuletzt abgerufen am 28. 06. 2021). Auch Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sieht diesbezüglich Innovationspotentiale: „Wenn zum Beispiel ein Nahverkehrsunternehmen im Datenraum Informationen darüber anbietet, zu welcher Tageszeit die meisten Kunden an einer Haltestelle ankommen oder abfahren, dann kann das für einen Carsharing-Anbieter sehr interessant sein.“, zitiert bei Handelsblatt online vom 26. 11. 2020, Open Data für alle: Bundesregierung will Datenschätze der Verwaltung öffnen. 1628 Siehe hierzu bereits B. II. 2. b) cc) (2).

VII. Öffentliche Unternehmen als Wirkungskatalysatoren 

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können.1629 Der transparenzinduzierte Funktionsverlust öffentlicher Unternehmen wäre nach dieser Begründungslinie zwingende Folge des vor allem einfachgesetzlich verankerten Subsidiaritätsgedankens. Diese Überlegung überzeugt im Ergebnis nicht. Sie versagt zunächst dort, wo der Gesetzgeber bestimmte Tätigkeitsfelder (z. B. energiewirtschaftliche Betätigungen)1630 oder gar den gesamten Bereich der Daseinsvorsorge von der Geltung der Subsidiaritätsklausel befreit.1631 Derartige Rückausnahmen begegnen auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, da sich dem wirtschaftspolitisch neutralen Grundgesetz nicht die Aussage entnehmen lässt, dass die Gründung und der Betrieb öffentlicher Unternehmen nur dort zulässig sein sollen, wo eine dysfunktionale Versorgungs- und Marktsituation dies erfordert.1632 Doch selbst in Fällen, in denen die Subsidiaritätsklausel formell Anwendung findet, legitimiert sie noch nicht zwangsläufig materiell eine Nachrangigkeit öffentlicher Marktteilnahme. Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass dem Hoheitsträger bei der Ermittlung der qualitativen und wirtschaftlichen Gleichwertigkeit der Leistungserbringung weite Gestaltungs- und Beurteilungsspielräume zustehen.1633 Insbesondere über die Bewertung des Qualitätsmaßstabs können dabei auch Erwägungen zur Stabilität, Nachhaltigkeit und sozialen Verträglichkeit des Angebotes einfließen.1634 Vor diesem Hintergrund sind in der Praxis kaum Fälle vorstellbar, in denen ein transparenzbedingter Funktionsverlust öffentlicher Unternehmen tatsächlich ein intaktes und funktional gleichwertiges Versorgungsniveau hinterlässt. Im Gegenteil, eine allgemeine Informationsöffnung birgt vielmehr das Risiko des „informationellen Rosinenpickens“: Öffentliche Unternehmen erfüllen häufig gerade in scheinbar funktionierenden Märkten eine wichtige Gewährleistungsverantwortung. Dies gilt insbesondere für Dienstleistungen, für dessen Bereitstellung sich kein privater Anbieter finden lässt, da sie aus rein ökonomischer Perspektive nicht lohnenswert sind.1635 Wenn private Akteure bereitgestelltes Informationsmaterial primär dafür nutzen, um in profitablen Nischen öffentlicher Unternehmen gezielt 1629 Aus allgemeiner Perspektive Hösch, DÖV 2000, 393 (400); ähnlich auch Löwer, VVDStRL 60 (2001), 416 (439). 1630 § 121 Abs. 1a S. 1 HessGO; § 107a Abs. 1 GO NRW; § 85 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 GO RLP; § 128 Abs. 2 S. 1 KVG LSA. 1631 Art. 87 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BayGO; § 102 Abs. 1 Nr. 3 GO BW; § 71 Abs. 2 Nr. 4 S. 2 ThürKO. 1632 So ausdrücklich Brüning, NVwZ 2015, 689 (69 2 f.). Siehe eingehend hierzu bereits oben B. II. 2. 1633 Siehe hierzu bereits oben B. II. 2. a) cc) (3). 1634 Vgl. RhPfVerfGH, Urteil vom 28. 03. 2000  – VGH N 12/98, NVwZ 2000, 801 (803); Knauff, § 8, Rn. 21. 1635 Aus diesem Grund garantiert der Bund gemäß Art. 87f Abs. 1 S. 1 GG auch im Bereich des Postwesens und der Telekommunikation flächendeckend angemessene und ausreichende Dienstleistungen, was auch die weniger lukrative Versorgung des ländlichen Raumes miteinschließt, vgl. Möstl, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 87f, Rn. 71. Auch die Deutsche Post AG betont in diesem Zusammenhang, dass sie ausnahmslos ganz Deutschland „von der Hallig bis auf die Alm“ zum gleichen Preis versorge, vgl. FAZ online, Der verflixte Wettbewerb um den Brief, vom 27. 12. 2017, abrufbar unter: https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/ deutsche-post-20-jahre-verflixter-wettbewerb-um-den-brief-15359656.html (zuletzt abgerufen am 22. 01. 2021).

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

Kunden abzuwerben, gerät die Finanzierung öffentlicher Unternehmen und damit die Erfüllung nicht-profitabler öffentlicher Aufgaben langfristig in Gefahr. Wären am Ende dieser Entwicklung viele öffentliche Unternehmen tatsächlich dazu gezwungen, ihren Geschäftsbetrieb vollständig einzustellen, müsste die notwendige Gewährleistungsverantwortung mittels hoheitlicher Regulierung auf private Unternehmen übertragen werden.1636 Ob ein derartiger Eingriff in die unternehmerische Privatautonomie letztlich aus Sicht des privaten Wettbewerbs weniger eingriffsintensiv ist als die Duldung der Konkurrenz durch ein öffentliches Unternehmen, mag bezweifelt werden.1637 Im Ergebnis begegnet die Übertragung des spezifischen Innovationsförderungsauftrages auf öffentliche Unternehmen strukturellen Bedenken.1638 Vor allem proaktive Veröffentlichungspflichten setzen öffentliche Unternehmen nicht nur der gesteigerten Gefahr der Preisgabe von Geheiminformationen aus,1639 sondern zwingen sie sogar dazu, ihre Konkurrenten einseitig „zum Nulltarif“ informationell zu versorgen und damit wirtschaftlich zu fördern. Auf diese Weise entsteht ein strukturelles Chancenungleichgewicht zu Lasten von öffentlichen Unternehmen im Wettbewerb, welches in Konflikt mit der verfassungsrechtlich fundierten Zweckprogrammierung öffentlicher Unternehmen gerät: Vor allem proaktive Veröffentlichungspflichten motivieren zur gezielten Abwerbung von Kunden in profitablen Geschäftsbereichen („informationelles Rosinenpicken“). Anders als nicht-wirtschaftlich handelnde Behörden drohen öffentliche Unternehmen dadurch letztlich der eigenen Wettbewerbs- und Überlebensfähigkeit verlustig zu gehen.1640 Diese Bedrohungslage wirkt sich langfristig negativ auf die Funktionsfähigkeit zur öffentlichen Zweckverwirklichung und die Erfüllung der öffentlichen Gewährleistungsverantwortung aus.1641 Um derartigen Entwicklungen keinen Vorschub zu leisten, kann öffentlichen Unternehmen im Gegensatz zu nicht-wirtschaftlich agierenden Behörden grundsätzlich kein Auftrag zur externen informationellen Innovationsförderung attestiert werden. Ein solcher besteht allenfalls dort, wo öffentliche Unternehmen ausnahmsweise über exklusive und verwaltungsgleiche Informationserhebungsmöglichkeiten verfügen.

1636 Am Beispiel der Auferlegung eines Konto-Kontrahierungszwangs für Privatbanken ­Löwer, VVDStRL 60 (2001), 416 (431). 1637 Vgl. Löwer, VVDStRL 60 (2001), 416 (431). 1638 Anhand des skizzierten Szenarios wird deutlich, dass insbesondere die proaktive Eröffnung des Informationszugangs nicht von der nachfolgenden Ebene der Informationsweiterverwendung getrennt werden kann. Mithin sind entsprechende Ausgleichsmechanismen in beiden Teilgebieten zu verorten, siehe hierzu sogleich unter C. VIII. 1639 Siehe Prinz, S. 297 f.; Kümper / Wittmann, NuR 2011, 840 (846). 1640 Siehe zu dieser Gefahr auch BVerfGE 147, 50 (156 f.). 1641 In diese Richtung auch Burgi, NVwZ 2014, 609 (614).

VII. Öffentliche Unternehmen als Wirkungskatalysatoren 

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d) Nebenziele Die Frage, ob öffentlichen Unternehmen auch ein spezifischer Auftrag zur Förderung informationsrechtlicher Nebenziele zukommt, lässt sich nicht pauschal beantworten. Allgemein gilt, dass der gesamte Verwaltungsapparat hoheitliche Zielsetzungen möglichst konsistent, d. h. einheitlich abgestimmt und widerspruchsfrei verfolgen soll.1642 Dazu gehört auch, dass die öffentliche Hand keine Trabanten einsetzen darf, die die Erfüllung der Steuerungsziele aktiv be- oder gar verhindern. Im Gegenteil, vereinzelt wird sogar betont, dass öffentliche Unternehmen in einem wettbewerbsgetriebenen Umfeld eine soziale „Vorbildrolle“ einnehmen, an der sich private Konkurrenten orientieren sollen.1643 Die gemeinwohlorientierte Verantwortung öffentlicher Unternehmen wurde in der Vergangenheit konkret für die Förderung der „Volksgesundheit“1644 und die Schaffung von Arbeitsplätzen1645 bejaht. Auch zur Frauenförderung soll der Einsatz öffentlicher Unternehmen einen Beitrag leisten.1646 Hieraus einen zwingenden und universellen Nebenzielförderungsauftrag für öffentliche Unternehmen abzuleiten, ginge indes zu weit. Vielmehr ist je nach Nebenzweck zu unterscheiden. Im Umweltrecht besteht beispielsweise die konkrete Gefahr, dass sich der hoheitliche Einsatz emissionsträchtiger öffentlicher (Energie-)Versorgungs- und Verkehrsunternehmen negativ auf die Erreichung klimapolitischer Zielsetzungen auswirkt.1647 Um diese Gefahr zu vermeiden, rechtfertigt sich die Einbeziehung öffentlicher Unternehmen in das Umweltinformationsrecht. Ein abstraktes wie konkretes Bedrohungspotential in Bezug auf die Zielerreichung kann somit einen informationsrechtlichen Förderungsauftrag öffentlicher Unternehmen auslösen. In 1642

Siehe hierzu Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.): Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, § 10, Rn. 112. Auf die Stimmigkeit und Wirksamkeit verwaltungsrechtlicher Regulierungssysteme verweisend Schmidt-Aßmann, in: Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 5 f. 1643 So etwa Ritschl, Die Besteuerung der öffentlichen Unternehmen, S. 33 (35); zum Einsatz öffentlicher Unternehmen als Mittel der Sozialpolitik auch Thiemeyer, S. 100 ff. Die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand aufgreifend § 3 Abs. 1 S. 1 des Umweltverwaltungsgesetzes in Baden-Württemberg: „Der öffentlichen Hand kommt beim Umweltschutz in ihrem Organisationsbereich eine allgemeine Vorbildfunktion zu.“ Diese Vorbildfunktion erstreckt sich nach § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 auch auf von der öffentlichen Hand beherrschte privatrechtliche Unternehmen, allerdings nur solange sie nicht am Wettbewerb mit Privaten teilnehmen, § 3 Abs. 2 S. 2. Die Vorbildrolle öffentlicher Unternehmen insgesamt als überholt betrachtend Emmerich, S. 71. 1644 BVerfGE 7, 377 (414); 75, 166 (179); zur Bedeutung der Volksgesundheit insbesondere für kommunale Wasserversorgungsunternehmen Hentschel, KommJur 2014, 327. 1645 So etwa Püttner, § 15, Rn. 5: „zur Arbeitsbeschaffung“. Siehe eingehend zum „Arbeitsplatzargument“ Storr, S. 135 m. w. N. 1646 So die ausdrückliche Gesetzesbegründung zu dem im Juni 2021 verabschiedeten Gesetz zur Ergänzung und Änderung der Regelungen für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst (FüPoG II), vgl. BTDrs. 19/26689, S. 86. 1647 Vgl. Wegener, NVwZ 2015, 609 (612); Karg, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 2 UIG, Rn. 50.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

anderen Fällen, in denen öffentlichen Unternehmen zwar kein Zielgefährdungs-, aber dafür ein bestimmtes Förderungspotential zukommt, hat die Einbeziehung öffentlicher Unternehmen vornehmlich ergänzenden Charakter. Beispiele hierfür sind der Verbraucherschutz oder die Schaffung einer europäischen Geodateninfrastruktur. Der Zielförderungsauftrag besteht hier „nur“ in der Abrundung des informationsrechtlichen Gewährleistungsrahmens.1648 Im Gegensatz hierzu stehen Konstellationen, in denen öffentliche Unternehmen weder dazu in der Lage sind, die Zielerreichung zu fördern, noch diese zu behindern. Eine derartige „unternehmensferne“ Zweckrichtung bildet etwa die Vergangenheitsforschung- und Bewältigung. An dieser Stelle kommt öffentlichen Unternehmen kein informationsfreiheitsrechtlicher Zielförderungsauftrag zu.1649 Insgesamt lässt sich damit festhalten, dass ein Zielförderungsauftrag öffent­ licher Unternehmen nur dort bestehen kann, wo ihr Einsatz dazu geeignet ist, die Zielerreichung entweder zu bedrohen oder abzurunden. Aber auch in diesen Fällen gilt der allgemeine Grundsatz, dass öffentliche Unternehmen nur solange einen Beitrag zur Zielförderung leisten müssen, wie ihre Aufgabenerfüllung als zentrale Legitimationsbasis nicht durch die Preisgabe von eigenem Informationsmaterial behindert wird. 3. Zwischenergebnis und Bewertung Im Ergebnis besteht für öffentliche Unternehmen nur ein eingeschränkter Förderungsauftrag für die Ziele des Informationsfreiheitsrechts. Veröffentlichungspflichten sind im Kern auf die nicht wirtschaftlich agierende Behördenstruktur zugeschnitten. Zwar lassen sich manche, insbesondere demokratisch fundierte Zweckrichtungen auch auf öffentliche Unternehmen übertragen (Akzeptanzförderung, Korruptionsbekämpfung). Öffentliche Unternehmen werden jedoch dort zum zweckentfremdeten Auskunftsverpflichteten bzw. zum „Fremdkörper“1650, wo Informationszugangsrechte im Kern ökonomische Zielrichtungen verfolgen. An diesen Stellen entstehen Friktionen, da öffentliche Unternehmen entweder bereits über alternative und effektivere Regelungsmechanismen (in Bezug auf die interne Effizienzförderung) verfügen oder die Anordnung einer informationellen Rechenschaftspflicht mit ihrem Aufgabenerfüllungsauftrag kollidiert (im Rahmen der externen Innovationsförderung). Vor allem die Einführung proaktiver Veröffent 1648 So erfolgt die Einbeziehung öffentlicher Unternehmen im VIG, um „den Auskunftsanspruch umfassend auszugestalten […]“, vgl. BT-Drs. 16/1408, S. 10 und im GeoZG, um „das in den Geodaten enthaltene Wertschöpfungspotenzial einfacher zu aktivieren“, vgl. BTDrs. 16/10530, S. 14. 1649 Entsprechend sind auch öffentliche Unternehmen kaum in den Anwendungsbereich der archivrechtlichen Informationszugangsgesetze einbezogen, siehe hierzu C. II. 2. a) cc)  und C. III. 3. b) dd). 1650 Bosesky, S. 246.

VII. Öffentliche Unternehmen als Wirkungskatalysatoren 

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lichungspflichten verlangsamt und erschwert betriebsinterne Arbeitsabläufe und Geheimhaltungsprozesse und verschafft auf diese Weise privaten Konkurrenten zum Teil massive Wettbewerbsvorteile. Mit dieser strukturellen Chancenasymmetrie im Markt korrespondieren Rentabilitätsverluste, die nicht als informationsfreiheitsrechtlich hervorgerufener „Kollateralschaden“ hingenommen werden dürfen. Vielmehr ist dort, wo die Wirtschaftlichkeit öffentlicher Unternehmen nicht mehr gewährleistet werden kann, auch die funktionsgerechte Erfüllung von Gemeinwohlaufgaben in Gefahr.1651 Da der Einsatz öffentlicher Unternehmen zur Aufgabenerfüllung verfassungsrechtlich abgesichert ist und sich gleichzeitig ein Verfassungsauftrag zur (proaktiven) Herstellung einer Informationsöffentlichkeit grundsätzlich nicht unmittelbar aus dem Grundgesetz ableiten lässt,1652 muss die öffentliche Aufgabenerfüllung im Zweifel Vorrang genießen. Markttätige Trabanten der öffentlichen Hand eignen sich damit im Sinne der Instrumentalthese nur sehr bedingt als Werkzeug oder taugliche Wirkungskatalysatoren der staatlichen Transparenzpolitik, da die Garantie der funktionsgerechten Aufgabenerfüllung mögliche informationsfreiheitsrechtliche Zielförderungsaufträge verdrängt. Eine uneingeschränkte informationelle Rechenschaftspflicht für öffentliche Unternehmen ist mithin weder verfassungsrechtlich noch rechtspolitisch angezeigt. Stattdessen obliegt insbesondere die ökonomisch fundierte Transparenzförderung in erster Linie der nicht-wirtschaftlich agierenden Kernverwaltung. Angesichts dieses Ergebnisses verbietet sich grundsätzlich eine verwaltungsgleiche Einbeziehung öffentlicher Unternehmen in das Informationsfreiheitsrecht. Dieser Befund steht indes im Widerspruch zu der aktuellen Rechtslage, die öffentliche Unternehmen zumeist im gleichen Umfang wie „klassische“ Behörden informationsfreiheitsrechtlichen Pflichten unterwirft. Entscheidet sich der Gesetzgeber unbeschadet der strukturellen Bedenken für eine informationsrechtliche Verpflichtung öffentlicher Unternehmen, muss er im selben Atemzug zu Ausgleichsmechanismen greifen, die eine funktionsgerechte öffentliche Aufgabenerfüllung hinreichend sicherstellen. Zum Beispiel müssen Ausschlussgründe zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen oder Immaterialgüterrechten festgeschrieben werden. Wie aufgezeigt, findet die normative Bewältigung des Konfliktes zwischen Aufgabenerfüllung und Transparenzförderung über den Modus der informationsfreiheitsrechtlichen Grenzen nach aktueller Rechtslage indes nur äußerst lückenhaft und nicht frei von Wertungswidersprüchen statt.1653 Dem eingeschränkten Zielförderungsauftrag öffentlicher Unternehmen wird damit de lege lata nur unzureichend Rechnung getragen. Dieser unbefriedigende Zustand verlangt eine reformierende Umgestaltung der geltenden Systematik des Informationsfreiheitsrechts.

1651

Vgl. Burgi, NVwZ 2014, 609 (614). Siehe hierzu C. II. 1. c) und C. III. 2. b) cc). 1653 Siehe hierzu allgemein C.V und insbesondere C. V. 3. 1652

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

VIII. Reformpotentiale und Neugestaltungsoptionen Nach den obigen Ausführungen bleibt festzuhalten, dass der Aufgabenerfüllungsauftrag öffentlicher Unternehmen mit den Zielsetzungen des Informationsfreiheitsrechts kollidiert. Öffentliche Unternehmen werden damit zum „Fremdkörper“ im Informationszugangsrecht. Diese Entwicklung verschärft sich zunehmend durch die Ausweitung proaktiver Veröffentlichungspflichten und die Einbeziehung öffentlicher Unternehmen in das Informationsweiterverwendungsregime. Da der Gesetzgeber diese Friktion aktuell nur unzureichend auflöst, riskiert er die Effektivität der öffentlichen Aufgabenerfüllung und die Herstellung eines hinreichenden Transparenz- und Kontrollniveaus gleichermaßen. Es herrscht damit dringender Korrekturbedarf. Im Folgenden sind daher denkbare Reformpotentiale und informationsrechtliche Neugestaltungsoptionen aufzuzeigen. Konkret ist zu untersuchen, an welchen „Stellschrauben“ im System des Informationszugangsrechts mögliche Korrektur- oder Konfliktbewältigungsmechanismen ansetzen können, die einen interessensgerechteren Ausgleich zwischen Offenlegungs- und Geheimhaltungsinteressen versprechen. Normative Ausgleichsprogramme können dabei sowohl die Ebene der Einbeziehung (1.), als auch die Ebene der Ausschlussgründe (2.) adressieren. Weitere Reformpotentiale ergeben sich innerhalb organisationsund verfahrensrechtlicher Strukturen (3.). 1. Die Einbeziehung als Korrekturmechanismus Wie bereits dargestellt, verpflichten die einzelnen Informationsfreiheitsgesetze öffentliche Unternehmen de lege lata nach ganz unterschiedlichen Maßstäben und Zurechnungskriterien. Diese Asynchronität ist Indiz dafür, dass sich der Gesetzgeber über den Mechanismus der Einbeziehung öffentlicher Unternehmen einen ersten steuernden Ausgleich von Geheimhaltungs- und Offenlegungsinteressen erhofft. Es erscheint daher naheliegend, auch das Problem der Fremdartigkeit öffentlicher Unternehmen im System des Informationszugangsrechts zunächst auf der Ebene des Anwendungsbereichs zu adressieren. Denkbar wäre es, den durch die „Belastung“ mit informationellen Rechenschaftspflichten hervorgerufenen Wettbewerbsnachteil dadurch auszugleichen, dass die Teilnahme am Wettbewerb als eine Sphäre betrachtet wird, die dem Informationszugangsrecht vollständig entzogen sein soll.1654 Diese „Exklusions-These“ soll im Folgenden dargestellt (a) und kritisch hinterfragt (b) werden.

1654

Vgl. Bosesky, S. 274.

VIII. Reformpotentiale und Neugestaltungsoptionen

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a) Die Exklusion öffentlicher Unternehmen Einfachgesetzliche Umsetzung findet die „Exklusions-These“ im Thüringischen Transparenzgesetz (ThürTG). § 2 Abs. 3 S. 1 Hs. 1 ThürTG schließt sämtliche juristischen Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die als Unternehmen am Wettbewerb teilnehmen (vgl. § 2 Abs. 3 S. 1 Hs. 1 ThürTG), vom Anwendungsbereich des Gesetzes aus.1655 Dieser Ausschluss soll nach dem Willen des Gesetzgebers Wettbewerbsnachteile zu Lasten von öffentlichen Stellen vermeiden und mögliche Wettbewerbsverzerrungen verhindern.1656 In der Literatur stößt diese Lösung vereinzelt auf Zustimmung. So plädiert auch Bosesky für eine (ergänzende) Ausklammerung hoheitlicher Wettbewerbstätigkeit aus dem Informationszugangsrecht nach dem Vorbild des ThürTG.1657 Im Gegensatz zu anderen Stimmen in Literatur, die eine vollumfängliche und funktionsunabhängige Verpflichtung öffentlicher Unternehmen fordern,1658 geht er (grundsätzlich zu Recht)1659 davon aus, dass sich die Funktionen des Informationszugangsrechts nur eingeschränkt auf öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform übertragen lassen. Es folgert aus diesem Befund, dass nahezu jede Form der Einbeziehung öffentlicher Privatrechtssubjekte in das Informationsfreiheitsrecht aus rein funktionaler Perspektive verfehlt sei. Eine Unterwerfung öffentlicher Unternehmen unter informationsrechtliche Pflichten kommt für ihn nur dort in Betracht, wo eine Art Sonderbeziehung zwischen dem öffentlichen Unternehmen und dem Staat besteht, die ausnahmsweise die Zurechnung des Privaten zur öffentlichen Hand rechtfertigt.1660 Die einfachgesetzlich gewählten Kriterien des Bedienens zur Erfüllung öffentlicher bzw. öffentlich-rechtlicher Aufgaben wie nach § 1 Abs. 1 S. 3 IFG oder das Merkmal der Kontrolle bzw. Beherrschung nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 UIG sind nach seiner Auffassung ungeeignet, diese Sonderbeziehung trennscharf abzubilden, da sie Raum für willkürliche Abgrenzungen oder nicht hinnehmbare Marktverzerrungen bieten.1661 Auch eine richterrechtlich vorgenommene funktionell-teleologische Zurechnung im Presserecht schüre nur „in unnötiger Weise einen Zustand der Rechtsunsicherheit“.1662 Als praktikables und interessensgerechtes Zurechnungskriterium kommt für Bosesky allein die Beleihung nach dem Vorbild des § 2 Abs. 3 Nr. 2 IZG-SH in Betracht.1663 Dieses Kriterium sei einfach und 1655 So ähnlich auch Art. 1 Abs. 3 S. 1 BayDSG: „Soweit öffentliche Stellen als Unternehmen am Wettbewerb teilnehmen, gelten für sie selbst, ihre Zusammenschlüsse und Verbände die Vorschriften für nicht öffentliche Stellen.“ 1656 Vgl. LT-Drs. 6/6684, S. 38. Siehe auch zur Vorgängernorm § 2 Abs. 4 ThürTG a. F. LTDrs. 5/4986, S. 16. 1657 Vgl. Bosesky, S. 274 f. noch zu dem (wortgleichen) § 2 Abs. 4 ThürIFG a. F. 1658 Vgl. Krüger, S. 118 ff.; Dörr, S. 115 ff. 1659 Siehe oben C. VII. 2. 1660 Bosesky, S. 248. 1661 Vgl. Bosesky, S. 266. 1662 Bosesky, S. 270. 1663 Vgl. Bosesky, S. 268 f.; kritisch dagegen Krüger, S. 115: Für ihn öffnet der Gesetzgeber hier einer „Flucht ins Privatrecht“ ganz bewusst die Tore.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

klar formuliert und liefere damit Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit für den Auskunftsberechtigten. Durch den impliziten Ausschluss Nicht-Beliehener werde gleichzeitig die Konkurrenzfähigkeit anderer am Markt agierender öffentlicher Unternehmen sichergestellt.1664 Für ihn bedroht die Belastung mit Informationszugangsansprüchen stets schutzwürdige Positionen des öffentlichen Unternehmens oder zumindest fiskalische Interessen der dahinterstehenden öffentlichen Hand. Aus diesem Grund plädiert er dafür, die Teilnahme am Wettbewerb allgemein als Sphäre zu betrachten, die dem Informationsfreiheitsrecht entzogen ist.1665 Insgesamt zeigt sich Bosesky damit sehr skeptisch gegenüber der Einbeziehung öffentlicher Unternehmen in das Informationsfreiheitsrecht. Für ihn besteht eine Informationspflichtigkeit nur in Fällen der Beleihung. Sobald das öffentliche Unternehmen am Markt tätig ist, soll es nach dem Vorbild des ThürTG per se aus dem Informationszugangsrecht exkludiert werden. Eine lediglich fragmentarische Verpflichtung öffentlicher Unternehmen wird damit von Bosesky und der Regelung des ThürTG nicht nur hingenommen, sondern aktiv propagiert. b) Kritik Allerdings ist zu bezweifeln, ob eine pauschale Exklusion aus dem Anwendungsbereich auch in der Rechtsanwendung geeignet ist, interessensgerechte Ergebnisse zu erzielen. Der Streit über die Reichweite der Einbeziehung öffentlicher Unternehmen ist im Kern stark ideologisch gefärbt. Die in der Literatur kursierenden Reformvorschläge beruhen schlussendlich auf einer bestimmten rechtspolitischen Grundeinstellung bezüglich der Frage, bis zu welchem Ausmaß der Staat sich transparent zeigen sollte bzw. muss. Aus diesem Grund überrascht es nicht, dass die vom Normgeber gewählten Einbeziehungs- und Zurechnungsmechanismen der unterschiedlichen Informationszugangsregime auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene asynchron zueinander verlaufen und sich auch die unterschiedlichen Lösungsansätze in der Rechtswissenschaft zum Teil diametral gegenüber stehen.1666 Unbestritten ist, dass 1664 Vgl. Bosesky, S. 269; in Bezug auf das BbgAIG bereits Breidenbach / Palenda, LKV, 1998, 252 (253). 1665 Bosesky, S. 274. 1666 Siehe beispielhaft die zu den Thesen Boseskys gegensätzlichen Lösungsvorschläge von Krüger, S. 118 ff. und Dörr, S. 115 ff. Für Krüger, S. 118 ff., ist das in § 1 Abs. 1 S. 3 IFG verwendete Merkmal der „öffentlich-rechtlichen Aufgabe“ im Lichte des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG weit auszulegen, um etwaige Steuerungs- und Legitimationsdefizite, die durch die Wahl privater Rechtsformen entstehen, zu kompensieren. Zusätzlich entwickelt er einen eigenen Vorschlag für eine Neufassung der Einbeziehung öffentlicher Unternehmen in das Informationsfreiheitsrecht, S. 183ff (siehe hierzu sogleich). Auch nach Dörr, S. 115 ff. sind öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform vollumfänglich einzubeziehen, vor allem, wenn sie (auch) erwerbswirtschaftlich am Markt tätig sind. In diesen Fällen bestehe ein erhöhtes Informations- und Kontrollinteresse der Öffentlichkeit und der privaten Wettbewerber, S. 115. Im Ergebnis fordert Dörr, dass jedes

VIII. Reformpotentiale und Neugestaltungsoptionen

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dieses Neben- und Durcheinander Rechtsunsicherheiten auslöst und den Bedarf nach einer einheitlichen, flächendeckenden Lösungsstrategie provoziert. Der flächendeckende Ausschluss öffentlicher Unternehmen bis zur Grenze der Beleihung liefert insofern klar abgrenzbare und vorhersehbare Ergebnisse. Fraglich ist indes, ob diese Lösung nicht zu allgemein gehalten ist, da sie keinen Raum für die Berücksichtigung informationsfreiheitsrechtlicher Nuancierungen lässt: Öffentliche Unternehmen bleiben grundsätzlich auch nach organisationsrechtlicher Ausgliederung ein grundrechtsgebundener Teil der Staatsgewalt. Wie oben aufgezeigt, sind sie zwar im Vergleich zur klassischen Behörde ein „Fremdkörper“ im System des Informationsfreiheitsrechts. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Funktionen des Informationszugangs bei öffentlichen Unternehmen im Wettbewerb vollständig ins Leere laufen. Im Gegenteil, gerade zur Akzeptanz- und Vertrauensförderung sowie zur Korruptionsprävention können auch Auskunftspflichten öffentlicher Unternehmen einen wichtigen Beitrag leisten. Auch markttätigen öffentlichen Unternehmen ist damit zumindest ein eingeschränkter Zielförderungsauftrag zu attestieren. Dieser lässt sich jedoch kaum erfüllen, bezieht man allein Beliehene in den Anwendungsbereich der Informationsfreiheitsgesetze ein und schließt nach der „Exklusions-These“ jedes am Markt tätige öffentliche Unternehmen aus. Auch Bosesky muss in diesem Zusammenhang anerkennen, dass es sich bei der Markttätigkeit der öffentlichen Hand um einen äußerst korruptionsanfälligen Bereich handelt, dessen Ausklammerung aus dem Informationsfreiheitsrecht zumindest rechtfertigungsbedürftig ist.1667 Möchte man nicht ignorieren, dass der eingeschränkte Zielförderungsauftrag auch für öffentliche Unternehmen im Wettbewerb besteht, verbietet sich eine pauschale informationsrechtliche Ausschlussregelung. Hinzu kommt, dass die Wahl eines sehr strengen Zurechnungsansatzes auf der Ebene der Einbeziehung nur grobmaschige Lösungen erlaubt und damit die Mannigfaltigkeit der Erscheinungs- und Betätigungsformen öffentlicher Unternehmen im Wettbewerb nivelliert. Darüber hinaus verkennen Unternehmen, das der staatlichen Sphäre zugerechnet werden kann, einer umfassenden Informationspflicht zu unterwerfen ist. Umsetzen ließe sich dies durch eine Übertragung der weiten Zurechnungskriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 UIG auf das IFG des Bundes, vgl. S. 120 f. Alternativ schlägt Dörr vor, in Anlehnung an § 1 Abs. 1 S. 1 BDSG den unbestimmten Rechtsbegriff der „öffentlichen Stelle“ auch im Informationsfreiheitsrecht zu verwenden und gegebenenfalls durch Regelbeispiele zu spezifizieren, vgl. S. 121 ff. Sowohl Krügers als auch Dörrs extensive Korrekturversuche mögen zwar im Ergebnis nicht unpraktikabel sein (siehe hierzu sogleich). Sie sind jedoch in ihrer dogmatischen Begründung verfehlt, da sie nicht berücksichtigen, dass sich die Ziele des Informationszugangsrechts nur bedingt durch die Preisgabe von Informationen öffentlicher Unternehmen verwirklichen lassen, vgl. C. VII. 3. 1667 Vgl. Bosesky, S. 268. Mit § 2 Abs. 4 ThürIFG a. F. sollten Wettbewerbsnachteile und Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten von öffentlichen Stellen verhindert werden, vgl. ThürLTDrs. 5/4986, S. 16. Für Bosesky stellt sich jedoch beispielsweise die informationsrechtliche Förderung der Korruptionsprävention bei öffentlichen Unternehmen ohnehin nicht ein, da nach seiner Auffassung bereits alternative und effektivere Präventionsmechanismen (etwa im Strafrecht) existieren, S. 276. Siehe zu einer kritischen Auseinandersetzung mit diesem Argument oben C. I. 3. b) aa) (3).

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

Vertreter der „Exklusions-These“, dass öffentliche Unternehmen durch eine bloße Einbeziehung in das Informationsfreiheitsrecht selbst noch keinen unmittelbaren Nachteilen ausgesetzt sind, solange sie sich darauf verlassen können, dass sie ihr sensibles Informationsmaterial im konkreten Fall nicht preisgeben müssen. Vor diesem Hintergrund ist ein zweistufiger Lösungsansatz angezeigt: In einem ersten Schritt ist der Kreis der verpflichteten öffentlichen Unternehmen einheitlich so weit wie möglich zu ziehen, um mögliche Asynchronitäten und Rechtsunsicherheiten zu vermeiden. Öffentliche Unternehmen, die im Wettbewerb mit privaten Konkurrenten stehen, sind nicht per se auszuschließen.1668 Um eine funktionsunabhängige Einbeziehung öffentlicher Unternehmen zu gewährleisten, bietet sich etwa Neufassung der Informationsfreiheitsgesetze de lege ferenda an. In Anlehnung an den Formulierungsvorschlag von Krüger1669 und das unter B. II. 1. skizzierte wettbewerbsrechtliche Begriffsverständnis könnte beispielsweise das IFG des Bundes wie folgt sprachlich und inhaltlich modifiziert werden (Änderungen in kursiv): „§ 1 Grundsatz (1) Jeder hat nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden und Unternehmen des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. 2 Für sonstige Bundesorgane und -einrichtungen gilt dieses Gesetz, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. 3 Einer Behörde im Sinne dieser Vorschrift steht eine natürliche Person oder juristische Person des Privatrechts gleich, soweit eine Behörde sich dieser Person zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient. 4 Als Unternehmen des Bundes gelten juristische Personen des öffentlichen Rechts und des Privatrechts, die der Kontrolle des Bundes unterliegen. 5 Kontrolle im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn der Bund allein oder gemeinsam mit anderen Gebietskörperschaften über die Mehrheit der Anteile oder der Stimmen verfügt oder auf sonstige Weise beherrschenden Einfluss auf das Unternehmen ausüben kann.“

Mit der alternativen Kombination aus den Kriterien der Aufgabenerfüllung (Satz 3) und der Beherrschung (Satz 4) bezieht der Vorschlag öffentliche Unternehmen sehr umfassend und funktionsunabhängig in das Informationszugangsregime ein. Bereichsausnahmen für öffentliche Unternehmen, die am Markt mit nicht informationspflichtigen Privaten konkurrieren, sind grundsätzlich nicht vorgesehen. Die Wahl eines solchen möglichst weiten Anwendungsbereichs verschiebt letztendlich die normative Bewältigung des Konflikts zwischen Wettbewerbstätigkeit und Transparenzförderung auf die Ebene der Ausschluss- und Verweigerungsgründe. Deren Struktur eröffnet in einem zweiten Schritt zahlreiche Einfallstore für eine juristische „Feinsteuerung“ zur Herstellung von ausdifferenzierten und interessensgerechten Ergebnissen im Einzelfall.1670 Anders als starre Einbeziehungs 1668

So ausdrücklich auch die Regelung des § 80 Abs. 1 S. 2 HDSIG, vgl. Gounalakis, in: ­BeckOK Informations- und Medienrecht, § 80 HDSIG, Rn. 10. 1669 Krüger, S. 183 ff. 1670 Siehe hierzu auch Benecke / Spiecker gen. Döhmann, JZ 2015, 1018 ff.

VIII. Reformpotentiale und Neugestaltungsoptionen

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lösungen sind die informationsrechtlichen Begrenzungstatbestände in der Regel flexibel und wertungsoffen ausgestaltet, da sie Abwägungsmöglichkeiten vorsehen (vgl. § 7 Abs. 2 HmbTG: „soweit das Informationsinteresse das Geheimhaltungsinteresse überwiegt“) und auslegungsbedürftige Rechtsbegriffe beinhalten (z. B. die „missbräuchliche“ Stellung eines Antrages nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 UIG). Strenge „Alles-oder-nichts“ Lösungen können damit vermieden werden. Den geschaffenen Entscheidungsspielräumen lässt sich auch nicht der Einwand der Rechtsunsicherheit entgegenhalten. Im Gegenteil, das normative Konfliktbewältigungsprogramm der Ausschlusstatbestände ist durch eine teils jahrzehntelange Kasuistik bereits hinreichend gefestigt.1671 Eine Konfliktlösung über das Feld der Ausschlussgründe bietet zudem den Vorteil, dass es die juristische Entscheidungspraxis von den skizzierten übergeordneten, primär ideologisch geprägten Meinungsverschiedenheiten entkoppelt. Zwar wird der Ausgestaltung der Ausschlussgründe mitunter entgegengehalten, dass sie keiner einheitlichen Systematik unterliege. Kugelmann sieht etwa in § 3 IFG einen „Gemischtwarenladen an Verweigerungsgründen, dem es an Trennschärfe und Regelungsklarheit mangelt“1672. Auch inhaltliche Redundanzen und Unübersichtlichkeiten werden vereinzelt kritisiert.1673 Bei allen zu Recht monierten Schwächen in der aktuellen Ausgestaltung (siehe hierzu auch C. V. 3.) bleibt dennoch zu berücksichtigen, dass die Ausnahmegründe dem Grundsatz nach gerade durch ihre vielfältigen Überschneidungs- und Kombinationsmöglichkeiten potentiell ein engmaschiges Netz an Schutzmöglichkeiten stricken, welches prinzipiell dazu geeignet ist, die unterschiedlichen und vielfältigen Belange auch öffentlicher Unternehmen in unterschiedlicher Weise und in unterschiedlichem Rahmen zu würdigen.1674 Darüber hinaus trägt eine Steuerung über die Ausschlussgründe des Informationsfreiheitsrechts dem ambivalenten Verhältnis öffentlicher Unternehmen zur externen Innovationsförderung Rechnung. Wie bereits erläutert, leistet die Gewährung von Informationszugang als Vorstufe zur kommerziellen Weiterverwendung einen entscheidenden ökonomischen Stimulationsimpuls. Informationen von öffentlichen Unternehmen sind für eine kommerzielle Weiterverwendung besonders interessant, während öffentliche Unternehmen ihr internes Informationsmaterial nicht unbegrenzt der Allgemeinheit preisgeben können, da sie sonst strukturell gegenüber ihren privaten Konkurrenten benachteiligt wären. Dieses strukturelle Spannungsfeld löst das neue DNG wie folgt auf: Nach § 4 Abs. 1 DNG dürfen Daten, die in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fallen, grundsätzlich für jeden kommerziellen oder nicht-kommerziellen Zweck genutzt werden. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 gilt das DNG nur für Daten, die mit einem Zugangsrecht beansprucht werden können. Im Umkehrschluss besteht damit für Informationen, 1671 So etwa mit zahlreichen Nachweisen zur richterlichen Konturierung des Begriffs der „Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse“ im Umweltinformationsrecht Reidt / Schiller, in: Landmann /  Rohmer, Umweltrecht, § 9 UIG, Rn. 20. 1672 Kugelmann, NJW 2005, 3609 (3611). 1673 Vgl. Kloepfer / von Lewinski, DVBl. 2005, 1277 (1280 f.); Schirmer, in: BeckOK Informa­ tions- und Medienrecht, § 3, Rn. 6. 1674 Allgemein hierzu Rossi, IFG, § 3, Rn. 7.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

an denen aufgrund des Eingreifens von Ausschlussgründen kein Zugangsrecht besteht, kein Recht zur kommerziellen Weiterverwendung. Eine „Feinjustierung“ auf der Ebene der Ausschlussgründe ermöglicht damit auch eine mittelbare Steuerung möglicher Weiterverwendungsansprüche, die die Aufgabenerfüllung öffentlicher Unternehmen bedrohen könnten. Sie stellt sicher, dass der Schutz öffentlicher Unternehmen nicht durch die Hintertür etwaiger Nutzungsansprüche ausgehebelt werden kann. Auf diese Weise werden Informationszugangs- und Weiterverwendungsrecht harmonisiert und mögliche Wertungswidersprüche vermieden. Angesichts dieser zahlreichen Vorteile sind die normativen Ansatzpunkte für eine Bewältigung der informationsrechtlichen Spannungslage zwischen Wettbewerbsfähigkeit und Transparenzförderung nicht auf der Stufe des Anwendungsbereichs zu suchen. Einen effektiveren Beitrag zur Konfliktlösung leisten die Auskunftsverweigerungsgründe. Sie ermöglichen einen ideologiefreien, im Einzelfall interessensgerechten und praktikablen Umgang mit der „Fremdkörper“-Stellung des öffentlichen Unternehmens im System des Informationsfreiheitsrechts. 2. Die Ausschlussgründe als Korrekturmechanismus Innerhalb der Ausschlussgründe ergeben sich konkrete Steuerungsmöglichkeiten zunächst über den Modus der aufgabenbezogenen weiten Auslegung informationsrechtlicher Grenzziehungen (a). Wo diese Auslegungsdirektive an ihre Funktionsgrenzen stößt, ist die vom Gesetzgeber vorgenommene Ausgestaltung des Systems der Ausschlussgründe de lege ferenda zu modifizieren (b). a) Die aufgabenbezogene Auslegung der Ausschlussgründe aa) Verfassungsrechtliche Determinierung Die aufgabenbezogene weite Auslegung der informationsrechtlichen Ausschluss­ gründe ist dem Grundsatz nach zwingende Konsequenz verfassungsrechtlicher Wertentscheidungen: Einerseits ergibt sie sich mittelbar aus der Instrumentalthese bzw. dem rechtsstaatlich fundierten Gebot der gemeinwohlorientierten Zweckprogrammierung öffentlicher Unternehmen. Hieran anknüpfend muss ein öffentliches Unternehmen nur solange an der Förderung allgemeiner Verwaltungsöffentlichkeit partizipieren, wie hierdurch die Erfüllung öffentlicher Aufgaben nicht in Gefahr ist.1675 Auf kommunaler Ebene folgt die aufgabenbezogene Auslegung zudem aus dem Gewährleistungsgehalt der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie, die unter an 1675

Siehe hierzu bereits C. VII. 2. a).

VIII. Reformpotentiale und Neugestaltungsoptionen

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derem den Einsatz öffentlicher Unternehmen zur gemeindlichen Aufgabenerfüllung verbürgt: Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG sichert den Gemeinden einen grundsätzlich alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft umfassenden Aufgabenbereich sowie die Befugnis zur eigenverantwortlichen Führung der Geschäfte in diesem Bereich.1676 Zu der Befugnis eigenverantwortlicher Führung der Geschäfte zählt auch die wirtschaftliche Betätigung der Kommune.1677 Die Selbstverwaltungsgarantie umfasst in diesem Zusammenhang insbesondere auch die Möglichkeit des Einsatzes von öffentlichen Unternehmen in Privatrechtsform, maßgeblich zur Erfüllung von Aufgaben der Daseinsvorsorge.1678 Die von der Gemeinde eigenverantwortlich geschaffenen Einrichtungen müssen dabei grundsätzlich auch handlungs- und funktionsfähig sein. Gesetzliche Regelungen, die das kommunale Selbstverwaltungsrecht berühren, dürfen im Ergebnis nicht zu einer ernsten Gefahr einer Lähmung gemeindlicher Tätigkeiten führen.1679 Ein solches Risiko entsteht freilich durch die verwaltungsgleiche Einbindung öffentlicher Unternehmen in transparenzrechtliche Pflichtenkreise: Wenn Informationsfreiheitsgesetze markttätige öffentlichen Unternehmen zur Preisgabe ihres Informationsmaterials verpflichten und sich private Wettbewerber dagegen vollumfänglich auf ihren grundrechtlich induzierten Geheimnisschutz berufen dürfen, entsteht ein strukturelles Chancenungleichgewicht zu Lasten von öffentlichen Unternehmen, das in letzter Konsequenz deren Wettbewerbs- und damit Funktionsfähigkeit bedroht. Um zu verhindern, dass ein nicht wettbewerbsfähiges Unternehmen langfristig nicht mehr zur öffentlichen Aufgabenerfüllung bzw. als Instrument der wirtschaftlichen Betätigung eingesetzt werden kann, muss der Gesetzgeber ein engmaschiges System von Auskunftsverweigerungsrechten schaffen, auf das sich auch öffentliche Unternehmen zum Schutz ihrer Wettbewerbsposition berufen können. Eine grenzenlose Auferlegung von informationsrechtlichen Pflichten zwänge die Kommunen langfristig dazu, grundsätzlich auf den Modus des öffentlichen Unternehmens zur wirtschaftlichen Betätigung zu verzichten, da eine funktionsfähige Aufgabenerfüllung durch sie nicht (mehr) möglich wäre. Versäumt es daher der Gesetzgeber, ein ausreichendes Schutzniveau über die Normierung von Ausschlussgründen si 1676 BVerfGE 91, 228 (236) mit Verweis auf BVerfGE 26, 228 (237 f.); 59, 216 (226); 79, 127 (143). Umstritten ist, ob auch die Stadtstaaten Hamburg, Berlin und Bremen Träger der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG sein können, dafür Geis, Kommunalrecht, § 6, Rn. 1 sowie ausdrücklich für die Gesamtstadt Berlin (und nicht ihre Bezirke als eigenständige Untergliederungen) BerlVerfGH, LVerfGE 1, 33 (37); 6, 32 (41 f.); Remmert, LKV 2004, 341 (343 f.), dagegen BVerfGE 150, 1 (160); Mehde, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 28 Abs. 2, Rn. 15. 1677 Vgl. RhPfVerfGH, Urteil vom 28. 03. 2000 – VGH N 12/98, NVwZ 2000, 801 ff.; Mehde, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 28 Abs. 2, Rn. 92; Ruffert, NVwZ 2000, 763; Schink, NVwZ 2002, 129 (133); Hellermann, in: BeckOK Grundgesetz, Art. 28, Rn. 42. 1678 Vgl. Mehde, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 28 Abs. 2, Rn. 93 m.w.N; Brüning, VerwArch 100 (2009), 453 (457). 1679 Vgl. BayVerfGH, Urteil vom 15. 07. 1999 – Vf. 103-VI-97, NVwZ-RR 2000, 238 (239); Mehde, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 28 Abs. 2, Rn. 68; Nierhaus / Engels, in: Sachs, GG, Art. 28, Rn. 54.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

cherzustellen, lähmt er nicht nur die gemeindliche Aufgabenerfüllung, sondern entzieht der Kommune faktisch eine zuvor intakte Selbstorganisationsoption und beschränkt sie damit in der ihr zustehenden eigenverantwortlichen Führung ihrer Geschäfte. Die Anordnung von Auskunftspflichten ohne informationsrechtliche Sicherungsmechanismen zu Gunsten von öffentlichen Unternehmen stellt somit einen (mittelbaren) Eingriff in die kommunale Selbstverwaltungsgarantie dar.1680 In letzter Konsequenz verhindert nur ein ausdifferenziertes System der Ausschlussgründe eine Erosion der von Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG geschützten Möglichkeit, sich wirtschaftlich mittels öffentlicher Unternehmen zur Erfüllung von Aufgaben der Daseinsvorsorge zu betätigen. Fraglich ist indes, ob der über Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG vermittelte Schutzgehalt so weit reicht, dass unter mehreren Auslegungsvarianten allein die weite aufgabenbezogene Auslegung die Verfassungsmäßigkeit der Ausschlusstatbestände des Informationsfreiheitsrechts sichert. Nur in diesem Falle würde die Notwendigkeit der Sicherung der öffentlichen Aufgabenerfüllung eine verfassungskonforme Auslegung gebieten. Ein solches Verständnis setzt voraus, dass den Gesetzgeber bei dem Erlass der Informationsfreiheitsrechte aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG eine Pflicht trifft, den Bestand und die Wettbewerbsfähigkeit am Markt agierender öffentlicher Unternehmen über die Normierung von weiten Ausschlussgründen fortlaufend zu sichern. Dagegen spricht jedoch zunächst, dass eine Bestandsgarantie für öffentliche Unternehmen aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG nicht abgeleitet werden kann.1681 Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG schützt allein die Möglichkeit, sich überhaupt mittels öffentlicher Unternehmen wirtschaftlich betätigen zu können, sie garantiert jedoch nicht zwingend die Überlebensfähigkeit eines bereits gegründeten öffentlichen Unternehmens. Hinzu kommt, dass nicht jeder Eingriff in die kommunale Selbstverwaltungsgarantie zwangsläufig zu einem verfassungswidrigen Zustand führt. Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG garantiert die eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung nur „im Rahmen der Gesetze“.1682 Auch die Befugnis zur eigenverantwortlichen wirtschaftlichen Betätigung unterliegt damit der „gesetzlichen Ausgestaltung und Formung“.1683 Die Ausgestaltungsbefugnis des Gesetzgebers reicht allerdings nicht grenzenlos, sie ist unter anderem durch die „Kernbereichsdogmatik“ und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beschränkt.1684 Gesetzgeberische Maßnahmen 1680 Der Eingriff unterscheidet sich nicht zuletzt in seiner Intensität deutlich von anderen mittelbaren Einflüssen auf die Organisationshoheit, die sich in bloßen Finanzierungsregelungen auf Organisationsentscheidungen erschöpfen und daher nach Ansicht des BVerfG grundsätzlich unbeachtlich sein sollen, vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. 11. 1986 – 2 BvR 1241/82, NVwZ 1987, 123 (124). 1681 Vgl. Knauff, in: Schmidt / Wollenschläger, § 6, Rn. 64; Rennert, Die Verwaltung 35 (2002), 319 (330). 1682 Vgl. BVerfGE 91, 228 (238); 83, 363 (382). 1683 Vgl. BVerfGE 79, 127 (143). 1684 Mehde, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 28 Abs. 2, Rn. 112.

VIII. Reformpotentiale und Neugestaltungsoptionen

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müssen in jedem Fall den Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie wahren.1685 Auch wenn man die Möglichkeit der wirtschaftlichen Betätigung als solche dem Kernbereich gemeindlicher Eigenverantwortung zuordnen möchte,1686 wäre dieser erst dann verletzt, wenn die eigenständige organisatorische Gestaltungs- und Betätigungsfähigkeit der Gemeinde durch das Gesetz vollständig erstickt würde.1687 Die aktuelle Ausgestaltung der informationsrechtlichen Pflichtigkeit inklusive ihrer Grenzziehungen macht jedoch nicht jede Form der wirtschaftlichen Betätigung der Gemeinde absolut unmöglich. Vor allem das System der Ausschlussgründe ist trotz aller Schwächen grundsätzlich dazu geeignet, eine Aushöhlung der Wettbewerbsposition öffentlicher Unternehmen zu verhindern. Lücken im System der Ausschlussgründe behindern und erschweren zwar die Möglichkeit, mittels öffentlicher Unternehmen gleichberechtigt am Wettbewerb teilzunehmen. Eine Erstickungswirkung und damit eine per se unzulässige Verletzung des Kernbereichs kommunaler Selbstverwaltungsgarantien kann allerdings nicht angenommen werden. Aber auch der Randbereich kommunaler Selbstverwaltungsgarantie kann betroffen sein, wenn die öffentlichen Zwecken dienende wirtschaftliche Betätigung zugunsten rein privater Dritter eingeschränkt wird.1688 Eine Rechtfertigung kommt in diesen Fällen nur durch überwiegende Gründe des Allgemeinwohls in Betracht.1689 Bei unzureichender Ausschlusssystematik schränkt der informationsfreiheitsrechtliche Pflichtenkatalog die wirtschaftlichen Betätigungsoptionen der Kommune dadurch ein, dass private Wettbewerber langfristig strukturelle Wettbewerbsvorteile gegenüber öffentlichen Unternehmen erlangen. Als mögliche Rechtfertigungsgründe für die grundsätzliche Auferlegung von Publizitätspflichten drängen sich die oben dargestellten Ziele und Funktionen des Informationsfreiheitsrechts auf. Sie stellen grundsätzlich taugliche Gründe des Allgemeinwohls dar. Auf die allgemeine Schaffung von Verwaltungstransparenz kann sich eine Rechtfertigung mangels eigenständigen materiell-inhaltlichen Gehalts dagegen nicht stützen. Die Ziele und Funktionen des Informationsfreiheitsrechts legitimieren indes nur eingeschränkt eine Unterwerfung öffentlicher Marktakteure unter informationszugangsrechtliche Pflichten. Das öffentliche Unternehmen ist wie aufgezeigt ein „Fremdkörper“ im System des Informationszugangsrechts, ihm kommt nur ein begrenzter Zielförderungsauftrag zu. Für öffentliche Unternehmen lässt sich damit auch der informationsrechtliche Eingriff in die kommunale Selbstverwaltungshoheit allenfalls bedingt rechtfertigen. Die Verfassungswidrigkeit des Eingriffs 1685

Hellermann, in: BeckOK Grundgesetz, Art. 28, Rn. 47. Vgl. Schink, NVwZ 2002, 129 (132); Mehde, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 28 Abs. 2, Rn. 116. 1687 BVerfGE 91, 228 (238 f.); 107, 1 (13). 1688 RhPfVerfGH, Urteil vom 28. 3. 2000 – VGH N 12/98, NVwZ 2000, 801 ff.; Hellermann, in: BeckOK Grundgesetz, Art. 28, Rn. 48.6. 1689 BVerwGE 156, 102 (110); Hellermann, in: BeckOK Grundgesetz, Art. 28, Rn. 48.6; Ernst, in: von Münch / Kunig, GG, Art. 28, Rn. 171. 1686

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG käme indes nur dann in Betracht, wenn sich öffentliche Unternehmen vollständig außerhalb der Zielfunktionen des Informationsfreiheitsrechts bewegen und damit keine überwiegende Allgemeinwohlerwägung als denkbarer Anknüpfungspunkt für eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung finden ließe. Anders als mancherorts vertreten,1690 greifen jedoch für öffentliche Unternehmen insbesondere die Gründe der Akzeptanz- und Vertrauensförderung sowie der Korruptionsprävention, so dass die Verfassungskonformität der bestehenden landesgesetzlichen Informationszugangsregelungen mit ihren Ausschlussregelungen nicht grundsätzlich in Frage zu stellen ist. Eine verfassungskonforme Auslegung der informationsrechtlichen Verweigerungsgründe scheidet damit aus. Für das hier vertretene weite Verständnis der Ausschlussgründe spricht jedoch eine verfassungsorientierte Auslegung. Anders als die verfassungskonforme Auslegung zielt sie nicht auf die Bewertung und eventuell korrigierenden Anwendung einer partiell nicht verfassungsmäßigen Regelung. Stattdessen beruht die verfassungsorientierte Auslegung auf der Annahme, dass die objektiv-rechtlichen Wertentscheidungen des Grundgesetzes allgemein und umfassend bei der Auslegung und Anwendung von einfachgesetzlichen Normen mit Wertungs- und Interpretationsspielräumen zu berücksichtigen sind. Vor allem unbestimmte Rechtbegriffe sollen im Ergebnis möglichst „verfassungsfreundlich“ ausgelegt werden.1691 Die Ordnung des Grundgesetzes verleiht der Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung auf diese Weise übergeordnete „Richtlinien und Impulse“ für die Interpretation des einfachen Rechts.1692 In der Vergangenheit hat das Bundesverfassungsgericht zwar vor allem die „Ausstrahlungswirkung“ grundrechtlicher Wertungen betont.1693 Die Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG ist ihrem Wesen nach kein Grundrecht, sondern eine institutionelle Garantie.1694 Die verfassungsorientierte Auslegung erstreckt sich jedoch nach allgemeinem Verständnis nicht nur auf die interpretatorische Geltungskraft von Grundrechten, sondern auf die Verfassungsordnung insgesamt.1695 Damit nimmt auch der materielle Gehalt von Staatsstrukturprinzipien und objektiven Verfassungsgaran 1690

Bosesky, S. 237 ff. Vgl. Dreier, Die Verwaltung 36 (2003), 105 (112). 1692 BVerfGE 7, 198 (205). 1693 Vgl. BVerfGE 64, 256 (260) für die Rundfunkfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG und BVerfGE 99, 185 (196) für das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 GG. Siehe zu weiteren Beispielen der verfassungsorientierten Auslegung durch das Bundesverwaltungsgericht Korioth, in: Schlaich / Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, 5. Teil, Rn. 448. 1694 So die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, vgl. BVerfGE 48, 64 (79); 58, 177 (189); 76, 107 (119); 79, 127 (143); zustimmend aus der Literatur Hellermann, in: BeckOK Grundgesetz, Art. 28, Rn. 32 f.; Clemens, NVwZ 1990, 834 (835). 1695 Das BVerfG begrenzt bereits terminologisch die Ausstrahlungswirkung des Grundgesetzes nicht auf Grundrechtswirkungen. Es spricht allgemein von einer „verfassungsgemäßen Auslegung“ oder einem „verfassungsgemäßen Verständnis“ einfachgesetzlicher Vorschriften, vgl. BVerfGE 64, 261 (280). Ebenso Hermes, VVDStRL 61 (2002), 119 (123) für den „die gesamte nationale Rechtsordnung unterhalb der Verfassungsebene an das Grundgesetz im allgemeinen und die Grundrechte im besonderen“ gebunden ist. 1691

VIII. Reformpotentiale und Neugestaltungsoptionen

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tien an der „verfassungsfreundlichen“ Interpretation des einfachen Rechts teil. So hat die höchstrichterliche Rechtsprechung in der Vergangenheit etwa den Einfluss des Rechtsstaatsprinzips aus Art. 20 Abs. 3 GG auf die Auslegung der zivilrechtlichen Generalklausel des § 242 BGB bejaht.1696 Mithin können auch institutionelle Garantien wie die kommunale Selbstverwaltung nach Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG auf die Interpretation des einfachen Rechts ausstrahlen. Eine verfassungsorientierte Auslegung im Lichte des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG ist damit nicht nur grundsätzlich möglich, sondern nach dem oben Gesagten auch zwingend für Kommunalunternehmen geboten. bb) Grundsatz: Weiter Auslegungsmaßstab Wie aufgezeigt, kollidieren die Ziele des Informationsfreiheitsrechts mit der Funktionsfähigkeit öffentlicher Unternehmen. Angesichts des eingeschränkten Zielförderungsauftrages öffentlicher Unternehmen entstehen Reibungspunkte zur verfassungsrechtlich determinierten Zweckprogrammierung. Um diese in der Rechtsanwendung bestmöglich zu vermeiden, sind die Ausschlussgründe des Informationszugangsrechts im Lichte des Rechtstaatsprinzips bzw. des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG tendenziell weit auszulegen. Konkrete Anknüpfungspunkte für eine weite aufgabenbezogene Auslegung sind wertungsoffene Rechtsbegriffe im System der Ausschlussgründe, wie z. B. das „öffentliche Interesse“ nach § 12 Abs. 5 IZG-SH. Auch mit Blick auf die bereits oben im Rahmen des Geschäftsgeheimnisschutzes skizzierten Abwägungsleitlinien1697 muss dabei als allgemeiner Maßstab gelten: Je größer das bestehende Bedrohungspotential für die wirtschaftliche Erfüllung von Gemeinwohlaufgaben, desto eher müssen eventuelle Veröffentlichungspflichten zurücktreten.1698 Maßgebliche Kriterien für die Quantifizierung des Bedrohungspotentials sind dabei die Aktualität, der Wettbewerbsbezug, der Aufbereitungs- und Detaillierungsgrad der Information sowie dessen inhaltlich-funktionale Nähe zum legitimationsstiftenden Aufgabenkern des öffentlichen Unternehmens. Umgekehrt strahlt die Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG nur dann auf die Interpretation von auslegungsfähigen Verweigerungsgründen aus, wenn die Gewährung von Informationszugangsrechten ausnahmsweise dem eingeschränkten Zielförderungsauftrag öffentlicher Unternehmen unterfällt. Beispielhaft sind hier Fälle der Akzeptanz- und Vertrauenssteigerung oder der Korruptionsprävention zu nennen. Ein verfassungsorientierter weiter Auslegungsmaßstab 1696 In der konkreten Ausprägung des Vertrauensschutzes BGHZ 132, 119 (129 f.); BSG, Urteil vom 21. 12. 2009 – B 14 AS 46/08 R, BeckRS 2010, 66456, Rn 13. 1697 Siehe C. V. 2. a) aa) (3) (c) (cc). 1698 Allgemeiner Sydow / Gebhardt, NVwZ 2006, 986 (990), der fordert, dass Auskunftsansprüche abzuwägen sind „mit dem Recht der Gemeinde, in Ausübung der Selbstverwaltungsgarantie kommunale Unternehmen unter Wettbewerbsbedingungen so zu betreiben, dass ein erfolgreiches Wirtschaften möglich ist.“

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

steht damit auch nicht im Widerspruch zu dem in der Literatur häufig vorgebrachten Argument, dass die Ausnahmetatbestände vor dem Hintergrund der Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG allgemein möglichst restriktiv auszulegen sind.1699 Wie oben aufgezeigt, ist diese Auslegungsmaxime in (tripolaren) Wettbewerbs-Konstellationen ohnehin nicht haltbar. Erst Recht kann dort, wo die Einbindung öffentlicher Unternehmen in das System des Informationszugangsrechts keinen Mehrwert (Partizipation und Aktivierung) oder sogar strukturelle Gefahren bietet (externe Innovationsförderung), der Verweis auf Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG nicht uneingeschränkt zur Legitimation eines strengen Auslegungsmaßstabs herangezogen werden. Im Gegenteil, da einige informationsfreiheitrecht­ liche Begründungslinien für öffentliche Unternehmen sogar vollständig ins Leere laufen, spricht vieles dafür, die Offenlegung einer Unternehmensinformation in diesen Konstellationen gerade nicht als verfassungsrechtlich angezeigten Regelfall zu betrachten. Zusätzlich ist bei der verfassungsrechtlich gebotenen weiten Auslegung zwischen der Auslegung von Ausschlussgründen im Rahmen von reaktiven und proaktiven Veröffentlichungspflichten zu differenzieren. Für öffentliche Unternehmen ist vor allem bei breitenwirksamen proaktiven Veröffentlichungspflichten eine verfassungsorientiert-zurückhaltende Veröffentlichungspraxis angezeigt. Nur eine großzügige, aufgabenbezogene Auslegung möglicher informationeller Zurückhaltungsgründe kann verhindern, dass eigenes, sensibles Informationsmaterial leichtfertig auf Transparenzportalen preisgegeben wird und die Wettbewerbsposition und Aufgabenerfüllung öffentlicher Unternehmen bedroht.1700 cc) Funktionsgrenzen Insgesamt ist eine verfassungsorientierte Auslegung grundsätzlich nur dort möglich, wo wertungsoffene und unbestimmte Rechtsbegriffe bestehen, die „verfassungsfreundlich“ ausgelegt werden können. Nach aktuell geltender Rechtslage fehlen jedoch in den Informationsfreiheitgesetzen oftmals einfachgesetzliche „Einfallstore“ zur Berücksichtigung von grundgesetzlichen Wertentscheidungen. Eine Vielzahl der normierten Verweigerungsgründe ist damit keiner aufgabenbezogenen Reinterpretation im Lichte des Verfassungsrechts zugänglich. Das Institut der verfassungsorientierten Auslegung stößt an seine Funktionsgrenzen. Dieser strukturelle Mangel ist de lege ferenda zu korrigieren (siehe hierzu sogleich). Doch selbst in Fällen, in denen die objektiv-rechtlichen Wertentscheidungen des Grundgesetzes Berücksichtigung finden können, begegnet die Anwendung einer 1699

Mit Verweis auf die Gesetzesbegründung für IFG und UIG Schoch, IFG, Vorb. §§ 3–6, Rn. 66 ff.; Gajeck, das Wirtschaftsgeheimnis in der Verfassung, S. 64; Ziekow / Debus / Musch, S. 267 m. w. N. 1700 Zu dieser Gefahr Prinz, S. 297 f.; Kümper / Wittmann, NuR 2011, 840 (846).

VIII. Reformpotentiale und Neugestaltungsoptionen

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verfassungsorientierten Reinterpretation im Informationsfreiheitsrecht strukturellen Bedenken. Allgemein wird der Konzeption der verfassungsfreundlichen Auslegung vorgeworfen, dass sie für eine „Überkonstitutionalisierung“ des einfachen Rechts und damit eine gesteigerte Rechtsunsicherheit sorge.1701 Dieser Einwand darf auch aus der rechtspraktischen Perspektive öffentlicher Unternehmen nicht ignoriert werden: Jede Form der Rechtsunsicherheit verursacht ein gesteigertes juristisches Prüfbedürfnis und damit einen höheren internen Personal- und Kostenaufwand. Insbesondere der prognostische Charakter des hier vorgeschlagenen Auslegungsmaßstabes fördert auf den ersten Blick die Entstehung von Rechtsunsicherheiten: Die vertretene verfassungsorientierte Auslegung knüpft an eine potentielle Bedrohung der Wettbewerbsfähigkeit des öffentlichen Unternehmens an, die langfristig die öffentliche Aufgabenerfüllung in Gefahr bringt. Die Bewertung dieser Konstellation setzt stets eine Prognoseentscheidung voraus, bei der Unsicherheiten im Abwägungsverlauf nicht ausgeschlossen werden können. Diese Unsicherheiten führen indes nicht zu einer Unzulässigkeit des vorgeschlagenen Auslegungsansatzes. Im Gegenteil, die besonders dynamische und volatile Struktur des Informationsmarktes verbietet starre Lösungsansätze und erfordert gerade die Eröffnung von flexiblen Prognosespielräumen. Auch außerhalb des Rechts öffentlicher Unternehmen bestehen bereits jetzt Informationsverweigerungsgründe, deren Anwendung auf prognostischen Bewertungen beruht. So geht beispielsweise das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass der Ausschlussgrund des § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UIG bzw. § 3 Nr. 1 lit. a IFG (Auskunftsausschluss bei potentiell nachteiligen Auswirkungen auf internationale Beziehungen) von Komplexität und prognostischen Elementen geprägt ist und sich weithin einer Steuerung nach Maßgabe rechtlicher Kriterien entzieht.1702 Darüber hinaus kann eine verfassungsorientierte Auslegung gerade im zersplitterten und fragmentarischen Informationsfreiheitsrecht zu einer einheitlichen Rechtsanwendung und einem Ausgleich eigentlich divergierender Regelungsregime beitragen.1703 Auf diese Weise lässt sich schlussendlich sogar ein „Mehr“ an Rechtssicherheit gewährleisten. Ob eine prognostische Abwägungspraxis damit auch den juristischen Prüfungsaufwand und damit die Kostenlast öffentlicher Unternehmen tatsächlich mildert, bleibt indes abzuwarten. Zur Effektivierung des unternehmensinternen Informationsmanagements bieten sich in jedem Fall flankierende Maßnahmen de lege ferenda an (z. B. die Einführung eines Chief Information Officers, siehe hierzu sogleich). Fraglich ist jedoch, ob sich über das Institut der verfassungsorientierten Auslegung auch das gesteigerte Bedrohungspotential durch proaktive Veröffentlichungspflichten abbilden lässt. Die geltenden Transparenzgesetze fassen die Ausschlussgründe für reaktive und proaktive Informationspflichten entweder einheitlich zusammen (z. B. § 2 Abs. 2 HmbTG i. V. m. §§ 5–7 HmbTG oder § 1 Abs. 1 BremIFG i. V. m. §§ 3–6 BremIFG) oder verweisen für proaktive Veröffentlichungs 1701

Vgl. Krüger, S. 85 f. m. w. N. BVerwG, Urteil vom 29. 06. 2016 – 7 C 32/15, NVwZ 2016, 1566 (1569). 1703 Siehe hierzu Krüger, S. 86. 1702

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

pflichten schlicht auf das System der für reaktive Zugangsmodi geltenden Ausschlussgründe, vgl. § 10 Abs. 6 UIG i. V. m. §§ 8, 9 UIG; §§ 6 Abs. 1, 5 Abs. 4 Nr. 2 i. V. m. §§ 12–14 ThürTG und § 6 Abs. 1 i. V. m. § 14–17 LTranspG RLP. In beiden Fällen findet keine systematische Differenzierung des Systems der informationsrechtlichen Verweigerungsgründe statt. Wie oben aufgezeigt, bedrohen proaktive Veröffentlichungspflichten die Wettbewerbsfähigkeit öffentlicher Unternehmen allerdings ungleich stärker. Möchte man der gesteigerten Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten von öffentlichen Unternehmen Rechnung tragen, sind bei proaktiven Veröffentlichungspflichten die Verweigerungsgründe tendenziell weiter auszulegen als bei reaktiven. Die „gespaltene Auslegung“ eines in Bezug auf den Wortlaut einheitlichen Verweigerungsgrundes wäre die Folge. Nach der Ansicht des Bundesverfassungsgerichts widerspricht jedoch eine Norm, die einen identisch formulierten Maßstab für unterschiedliche Situationen vorsieht und in ihnen mit je unterschiedlichem Inhalt angewandt werden soll, rechtsstaatlichen Bestimmtheitsanforderungen, da für den Rechtsanwender nicht eindeutig erkennbar ist, welcher Maßstab in welcher Situation gelten soll.1704 Die aktuelle Ausgestaltung der Informationsverweigerungsgründe lässt damit keinen verfassungsrechtlich zulässigen Raum für die Berücksichtigung des Wertungsunterschiedes zwischen reaktiven und proaktiven Veröffentlichungspflichten. Auch an dieser Stelle stößt die hier vertretene aufgabenbezogene Auslegung an ihre Funktionsgrenzen. Abhilfe könnte eine systematische Aufspaltung von Ausschlussgründen für proaktive und reaktive Informationspflichten oder die Festschreibung einer klarstellenden Auslegungsmaxime schaffen, die im System der Verweigerungsgründe „vor die Klammer“ gesetzt wird (siehe unten). Insgesamt ermöglicht die aktuelle Ausgestaltung der Verweigerungsgründe nur eingeschränkt eine angezeigte verfassungsorientierte Auslegung. Das geltende System der Ausschlussgründe ist daher de lege ferenda so zu modifizieren, dass eine „verfassungsfreundliche“ Auslegung ermöglicht und der grundgesetzlich gebotene Schutz der öffentlichen Aufgabenerfüllung bestmöglich sichergestellt wird. b) Modifikation der Ausschlussgründe de lege ferenda aa) Anwendbarkeit der Ausschlussgründe auf öffentliche Unternehmen Das System der Ausschlussgründe kann nur dann einen interessensgerechten Ausgleich zwischen Wettbewerbs- und Transparenzinteressen schaffen, wenn sich öffentliche Unternehmen hierauf berufen können. Vereinzelt wird jedoch (zu Unrecht) angezweifelt, ob öffentliche Unternehmen mangels Grundrechtsberechtigung den einfachgesetzlichen Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen 1704 BVerfGE 114, 1 (54); siehe zur Diskussion im Rahmen der richtlinienkonformen Auslegung Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, Bd. 2, II. 2., Rn. 71a.

VIII. Reformpotentiale und Neugestaltungsoptionen

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oder geistigem Eigentum für sich in Anspruch nehmen können.1705 Um derartige Irritationen auszuräumen und etwaige Rechtsunsicherheiten zu beseitigen, ist öffentlichen Unternehmen die Berufung auf Informationsverweigerungsrechte einfachgesetzlich zu garantieren. Umsetzen lässt sich dies durch eine ausdrückliche Klarstellung im Gesetzestext, dass sich die Ausschlussgründe auch auf öffentliche Unternehmen erstrecken, die am Wettbewerb teilnehmen. Als Vorbild kann hier § 8 S. 2 IFG-MV dienen. In Bezug auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse betont diese Vorschrift: „Dies gilt auch für das Land, die kommunalen Körperschaften sowie für Unternehmen und Einrichtungen, die von kommunalen Körperschaften nach den Vorschriften der Kommunalverfassung in einer Rechtsform des privaten oder öffentlichen Rechts geführt werden, bei der Teilnahme am Wirtschaftsverkehr.“

Ebenfalls für Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse formuliert es knapper, aber nicht minder deutlich § 8 S. 5 IFG NRW: „Betroffen sein kann auch eine öffentliche Stelle.“

Da allerdings nicht nur die Anwendbarkeit des Ausschlussgrundes der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse für öffentliche Unternehmen angezweifelt wird, sondern auch für geistiges Eigentum, sollten sich die oben beschriebenen Klarstellungen nicht auf einzelne Ausschlussgründe beschränken. Die Anwendbarkeit des Systems der Ausschlussgründe sollte von allgemeiner Natur sein und ist „vor die Klammer“ zu ziehen. Dörr schlägt in diesem Zusammenhang vor, die Überschrift „Schutz privater Belange“ durch die Überschrift „Schutz privater und öffentlicher Belange“ zu ersetzen.1706 Diese Lösung hat indes den Nachteil, dass sie zwar eine allgemeine Anwendbarkeit impliziert, aber nicht ausdrücklich festhält. Zur vollständigen und umfassenden Ausräumung von Rechtsunsicherheiten käme stattdessen die Einführung einer eigenen deklaratorischen Norm vor dem System der Ausschlussgründe in Betracht. In Anlehnung an den oben dargestellten Neufassungsvorschlag für das IFG1707 ließe sich formulieren: „Die nachfolgenden Ausschlussgründe finden auf sämtliche Behörden und Unternehmen im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 1 bei der Teilnahme am Wirtschaftsverkehr Anwendung.“

bb) Einführung von Abwägungsmöglichkeiten Wie oben beschrieben, strahlt die objektiv-rechtliche Werteordnung des Grundgesetzes auf die Auslegung von interpretationsbedürftigen Rechtsbegriffen des einfachen Rechts aus. Die Geltungskraft grundgesetzlicher Leitlinien (etwa aus 1705

Siehe oben C. V. 2. a) aa) (3) (c) (aa). Dörr, S. 126. Es ließe sich auch terminologisch auf „öffentliche“ und „andere“ Belange abstellen, vgl. § 16 LTransp RLP. 1707 Siehe hierzu C. VIII. 1. b). 1706

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG) endet allerdings dort, wo rechtstechnisch keine wertungsoffenen Rechtsbegriffe oder Abwägungsmöglichkeiten bestehen. Ein Beispiel für eine ausstrahlungsfeindliche Ausgestaltung der Verweigerungsgründe ist die Normierung von absoluten Geheimnisschutzklauseln wie § 6 S. 2 IFG, die keine Abwägungsentscheidung vorsehen. Um im System des Informationsfreiheitsrechts flächendeckend eine einheitliche, aufgabenbezogene weite Auslegung der Ausschlussgründe zu ermöglichen, sind daher absolute Schutzklauseln durch relative zu ersetzen.1708 Hierdurch werden Abwägungsmöglichkeiten eröffnet, in die verfassungsrechtliche Wertentscheidungen einfließen können. Zwar impliziert ein absolut ausgestalteter Ausschlussgrund zunächst ein insgesamt höheres Schutzniveau für öffentliche Unternehmen, zumal in der Praxis bislang tendenziell vorschnell das Vorliegen eines Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses angenommen wird.1709 Die Etablierung eines absoluten Schutzniveaus wäre jedoch nur dann angezeigt, wenn die Wettbewerbsinteressen öffentlicher Unternehmen „um jeden Preis“ zu schützen sind. Dass ein unbedingter Schutzauftrag für öffentliche Unternehmen nicht besteht, ist oben bereits ausführlich darlegt worden. Im Gegenteil, auch am Wettbewerb tätige öffentliche Unternehmen kommt ein, wenngleich eingeschränkter, Förderungsauftrag für die Ziele des Informationsfreiheitsrechts zu. Die Einführung von Abwägungsmöglichkeiten bildet diese informationsrechtlichen Graustufen interessensgerecht ab. Begreift man die öffentliche Aufgabenerfüllung und die Schaffung von Transparenz nicht als Regeln, sondern als kollidierende Prinzipien im Sinne Alexys, unterliegen diese grundsätzlich einem Optimierungsgebot.1710 Durch den Modus der Abwägung kann das Aufeinandertreffen beider Prinzipien aufgelöst und dadurch beiden Positionen bestmögliche Geltungskraft verliehen werden.1711 Nach Alexys „Abwägungsgesetz“ gilt dabei: „Je höher der Grad der Nichterfüllung oder Beeinträchtigung des einen Prinzips ist, desto größer muß die Wichtigkeit der Erfüllung des anderen sein.“1712 Übertragen auf informationsfreiheitsrechtliche Prinzipienkollisionen ergibt sich hieraus: Je stärker die Offenlegung von Unternehmensinformationen die Funktionsfähigkeit der Aufgabenerfüllung behindert oder unmittelbar bedroht, desto größer muss die gesamtgesellschaftliche Bedeutung der Informationsgewährung sein. Der Modus der Abwägung ermöglicht auf diese Weise differenzierte Ergebnisse, da er Spielräume für die Berücksichtigung des eingeschränkten Zielförderungsauftrages des öffentlichen Unternehmens schafft. Die Wichtigkeit der Informationsgewährung ist dort minimiert, wo kein spezifischer Zielförderungs 1708 Für eine Orientierung an den Vorgaben der Umweltinformationsrichtlinie 2003/4/EG Dörr, S. 127. 1709 Vgl. Sokol, CR 2005, 835 (850); Fehling, DVBl. 2017, 79 (83). 1710 Alexy, Theorie der Grundrechte, 3. Auflage, Frankfurt am Main 1996, S. 75. Zur Abwägung von Prinzipien und Gegenprinzipien im Informationsfreiheitsrecht siehe auch Masing, VVDStRL 63 (2004), 377 (396 ff.). 1711 Vgl. Alexy, S. 78 ff. 1712 Alexy, S. 146.

VIII. Reformpotentiale und Neugestaltungsoptionen

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auftrag öffentlicher Unternehmen besteht. Dies gilt insbesondere für wirtschaftlich fundierte Zweckrichtungen des Informationszugangs. Umgekehrt rechtfertigt etwa das Argument der Korruptionsbekämpfung weitreichendere Behinderungen der öffentlichen Aufgabenerfüllung. Zwar wird der Prozess der Abwägung mitunter als äußerst subjektive, Irrationalitäten unterliegende und damit rechtsunsichere Methode kritisiert.1713 Doch hieraus abzuleiten, dass allein absolute Ausschlussgründe für öffentliche Unternehmen klare informationsrechtliche Entscheidungsstrukturen schaffen können, wäre verfehlt. Vielmehr hat es der Gesetzgeber in der Hand, dort, wo er eine Abwägungsentscheidung anordnet, diese auch entsprechend vorstrukturieren und so ein höheres Maß an Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit schaffen (siehe hierzu sogleich). Ferner vereinfacht die flächendeckende und damit synchronisierende Einführung von Abwägungsmöglichkeiten insgesamt die Rechtsanwendung und löst gleichzeitig vereinzelt kritisierte Wertungsunterschiede1714 zwischen relativen und absoluten Schutzklauseln auf. Im Ergebnis sind damit de lege ferenda absolute Entscheidungsstrukturen ohne Abwägungsvorbehalt durch flexible relativ ausgestaltete Lösungen mit Abwägungsmöglichkeiten zu ersetzen. cc) Vorstrukturierung des Abwägungsprozesses Die Einführung von wertungsoffenen Abwägungsmöglichkeiten dient zwar der einzelfallorientierten, differenzierten Entscheidungsfindung. Sie darf jedoch der Verwaltung keinen „Freibrief“ zur beliebigen Interessensgewichtung ausstellen. Das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot trägt dem Gesetzgeber auf, die der Verwaltung eingeräumten Entscheidungsspielräume hinreichend deutlich einzugrenzen.1715 Auch im Informationsfreiheitsrecht ist der Gesetzgeber dazu befugt und unter Umständen sogar verfassungsrechtlich dazu verpflichtet, eine Vorkonturierung des Abwägungsprozesses vorzunehmen.1716 Eine Möglichkeit zur gesetzgeberischen Prädeterminierung des Abwägungsprozesses ist zunächst die Festlegung von Legaldefinitionen für wertungsoffene Rechtsbegriffe, wie beispielsweise in § 7 Abs. 1 HmbTG oder § 13 Abs. 2 ThürTG für den Ausdruck der „Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse“.

1713

Aus verfassungsrechtlicher Perspektive Klatt / Meister, JuS 2014, 193 (194); Schlink, Abwägung im Verfassungsrecht, S. 152 f., 214–219; Habermas, Between Facts and Norms, S. 258. 1714 So wird von Teilen der Literatur beanstandet, dass im IFG der Schutz der personenbezogenen Daten nur relativ ausgestaltet ist, der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen dagegen absolut wirkt. Unter anderem Prinz, S. 134, argumentiert in diesem Zusammenhang, dass Persönlichkeitsrechte vom Gesetzgeber nicht per se niedriger gewichtet werden dürfen als ökonomische Interessen. 1715 Greszick, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 20, Rn. 63. 1716 Vgl. Kugelmann, NJW 2005, 3609 (3611); Masing, VVDStRL 63 (2004), 377 (410 ff.).

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

Zur interessensgerechten Auflösung des Spannungsfeldes zwischen Aufgabenerfüllung und Transparenzförderung bieten sich zwei weitere Instrumentarien zur Vorstrukturierung des Abwägungsprozesses an. Einerseits kann der Gesetzgeber der Verwaltung bis zu einem gewissen Detaillierungsgrad Abwägungsleitlinien an die Hand geben (1) und andererseits durch eine systematische Abgrenzung zu reaktiven Abwägungsentscheidungen das gesteigerte Gefahrenpotential proaktiver Veröffentlichungsmodi abbilden (2). (1) Festlegung von Abwägungsleitlinien Die Festlegung von Abwägungsleitlinien ist grundsätzlich auf drei Abstraktionsebenen denkbar. Zu unterscheiden ist zwischen der Implementierung eines allgemeinen Regel-Ausnahme-Verhältnisses zwischen Offenlegungs- und Geheimhaltungsinteressen, einer Vorrangsregelung, die zwischen einzelnen Informationsgegenständen unterscheidet und der konkreten Normierung von spezifischen Kriterien, die bei der Bewertung und Gewichtung der Offenlegungs- und Geheimhaltungsinteressen Berücksichtigung finden sollen. Ein allgemeines Regel-Ausnahme-Verhältnis legen einzelne Transparenzgesetze bereits zum aktuellen Zeitpunkt fest. So bestimmt § 13 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 ThürTG: „Der Antrag auf Informationszugang ist abzulehnen, soweit durch das Bekanntwerden der amtlichen Information personenbezogene Daten oder Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse offenbart werden, es sei denn der Antragsteller macht ein rechtliches Interesse an der Kenntnis der amtlichen Information geltend und es stehen der Offenbarung keine überwiegenden schutzwürdigen Belange der betroffenen natürlichen oder juristischen Person entgegen.“

Zwar obliegt die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen von Offenbarungsinteressen grundsätzlich dem Antragssteller („es sei denn“). Der letzte Halbsatz des § 13 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 ThürTG ordnet jedoch an, dass die schutzwürdigen Belange der betroffenen juristischen Person überwiegen müssen. Damit räumt das ThürTG der Offenlegung grundsätzlich einen gesetzlichen Vorrang gegenüber der Geheimhaltung ein. Das HmbTG geht dagegen von einem umgekehrten Vorrangverhältnis aus. § 7 Abs. 2 HmbTG stellt klar, dass die Geheimhaltung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen den gesetzlichen Regelfall darstellen soll: „Informationen und Vertragsbestandteile, die Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse enthalten, unterliegen der Informationspflicht nur, soweit das Informationsinteresse das Geheimhaltungsinteresse überwiegt.“

Angesichts des nur eingeschränkten Zielförderungsauftrages öffentlicher Unternehmen und des Bedrohungspotentials der Informationsoffenlegung für die Aufgabenerfüllung verbietet sich die Lösung des Thüringer Transparenzgesetzes. Wie bereits dargelegt, kann aus verfassungsrechtlichen Wertungen nicht abgeleitet werden, dass in Wettbewerbssituationen ein prima facie Vorrang für die Veröffent­

VIII. Reformpotentiale und Neugestaltungsoptionen

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lichung von Informationen von öffentlichen Unternehmen besteht.1717 Möchte man dagegen eine betriebliche Geheimnissphäre effektiv sichern, ist der Formulierung des Hamburger Transparenzgesetzes zu folgen und ein abstrakter Vorrang von Geheimhaltungsinteressen ausdrücklich im Gesetzestext festzuhalten. Eine solche Lösung schließt auch nicht aus, dass das etablierte Regel-Ausnahmeverhältnis für einzelne Informationsarten, die typischerweise ein hohes Veröffentlichungsinteresse hervorrufen, aufgehoben werden kann. So ordnet auch § 6 Abs. 1 BremIFG an, dass für eine Offenlegung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen das Informationsinteresse des Antragsstellers oder der Allgemeinheit überwiegen muss. Für Verträge der Daseinsvorsorge stellt § 6a Abs. 1 S. 1 BremIFG indes klar: „Hat der Antrag auf Informationszugang einen Vertrag der Daseinsvorsorge zum Gegenstand, findet § 6 Absatz 1 Satz 2 mit der Maßgabe Anwendung, dass das Informationsinteresse der antragstellenden Person oder der Allgemeinheit die schutzwürdigen Belange des oder der Betroffenen in der Regel überwiegt, wenn der oder die Betroffene im Geltungsbereich dieses Gesetzes keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist oder wenn der oder dem Betroffenen durch die Offenbarung der Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse kein wesentlicher wirtschaftlicher Schaden entstehen würde.“

Gleiches gilt nach § 6b Abs. 1 S. 1 BremIFG für Vergütungsverträge für die Erstellung von Gutachten ab einem Gegenstandswert von 5 000 Euro und sonstige Verträge ab einem Gegenstandswert von 50 000 Euro. Die Herausnahme einzelner Informationsgegenstände aus dem gesetzlich vorprogrammierten Regel-Ausnahme-Verhältnis kann insbesondere dort zum Einsatz kommen, wo sich die Ziele des Informationsfreiheitsrechts auch auf öffentliche Unternehmen übertragen lassen. So sind Verträge ab einem bestimmten Investitionsvolumen besonders korruptionsanfällig und bedürfen eines präventiven informationellen Disziplinierungsmechanismus. Das Umkehren des Vorrangverhältnisses ist dabei zugleich eine mildere Maßnahme als die absolute und abwägungsunabhängige Anordnung der Preisgabe besonders öffentlichkeitsinteressanter Informationsbestände, vgl. § 9 Abs. 1 S. 2 UIG für Emmissionsarten im Umweltinformationsrecht.1718 Denkbar ist allerdings auch der umgekehrte Fall, dass bestimmte Unternehmensinformationen, wie beispielsweise Kundenlisten oder Kalkulationstabellen, in besonderem Maße dazu geeignet sind, die Wettbewerbsposition öffentlicher Unternehmen zu schwächen. Derartige Informationstypen lassen sich wiederum verstärkt „privilegieren“, indem der Gesetzgeber beispielsweise statuiert: „Das Informationsinteresse der Allgemeinheit oder der antragsstellenden Person überwiegt bei Kundenlisten oder Kalkulationstabellen nur in besonders begründeten Ausnahmefällen.“

Als wenig praktikabel erweist sich dagegen die Festschreibung konkreter Abwägungskriterien. Als mögliche Faktoren für die Bewertung des Offenlegungsinteresses werden beispielsweise das Ziel der Antragsstellung, die Person des 1717 1718

Siehe C. V. 2. a) aa) (3) (c) (cc); zu diesem Ergebnis kommt auch Krüger, S. 228. Vgl. C. V. 2. a) aa) (3) (c) (dd).

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

Antragsstellers oder der Inhalt der begehrten Information genannt.1719 Für die Qualifizierung des Geheimhaltungsinteresses wird dagegen die Heranziehung des Unternehmensgegenstandes und der Grad der durch die Veröffentlichung befürchteten Nachteile vorgeschlagen.1720 Angesichts der Vielzahl unterschiedlichster Fallgestaltungen und der Mannigfaltigkeit des Inhalts von Informationsbeständen ist eine gesetzliche Festschreibung von einzelnen Abwägungskriterien indes kaum realisierbar.1721 Im Gegenteil, auf diese Weise könnte sich der Abwägungsprozess unnötig verkomplizieren und damit das eigentliche Ziel der gesetzgeberischen Vorstrukturierung, Rechtssicherheit und Bestimmtheit zu schaffen, konterkarieren. (2) Modifikation des Abwägungsmaßstabes für proaktive Veröffentlichungspflichten Wie oben beschrieben, sind die Verweigerungsgründe für reaktive und proaktive Veröffentlichungspflichten in der Regel nicht differenziert ausgestaltet. Proaktive Veröffentlichungspflichten bedrohen jedoch aufgrund ihrer Breitenwirkung die Wettbewerbsfähigkeit öffentlicher Unternehmen in erheblich stärkerem Ausmaß.1722 Die Gründe für ihre Verweigerung müssten damit im Sinne der verfassungsorientierten Auslegung deutlich weiter ausgelegt werden als die für reaktive Informationspflichten.1723 Eine „gespaltene“ Auslegung einer einheitlich ausgestalteten Norm lässt jedoch das Rechtsstaatsprinzip nicht zu, da für den Rechtsanwender unklar bleibt, in welchen Fällen welche Art der Auslegung angezeigt ist.1724 Die einheitliche Ausgestaltung der Verweigerungsgründe ist mithin zu korrigieren, um dem Modus der verfassungsorientierten Auslegung breitere Geltungskraft zu verleihen. Konkret ist in das System der Verweigerungsgründe ausdrücklich die allgemeine Abwägungsleitlinie zu integrieren, nach der die Ausschlussgründe für proaktive Veröffentlichungspflichten im Zweifelsfall besonders weit auszulegen sind. Als Rechtfertigung für eine proaktive Veröffentlichungspolitik können ausschließlich überragend wichtige Allgemeininteressen in Betracht kommen. Für die Verfolgung von Partikularinteressen ist eine proaktive Veröffentlichung ohnehin nicht erforderlich, in derartigen Fällen bietet sich der Modus der reaktiven Informationsgewährung an. Diese Wertung muss sich ebenfalls in der Ausgestaltung der Abwägungsmaxime wiederfinden. Insgesamt soll eine Normierung des Ab 1719

Vgl. Krüger, S. 223 ff. Vgl. Krüger, S. 226 f. 1721 Ebenso Wolf, S. 251, optimistischer dagegen Schulz, VerwArch 104 (2013), 327 (342). Gegen die Realisierbarkeit sprechen gescheiterte Präzisierungsversuche aus der Gesetzgebungspraxis: Bei der Neuregelung des AIG BBg im Jahre 2012 wagte der Landesgesetzgeber zunächst den Vorstoß, in § 28 Abs. 4 des Gesetzesentwurfs konkrete und detaillierte Abwägungskriterien zu formulieren, vgl. LT-Drs. 5/5787, S. 19, musste dieses Vorhaben jedoch letztendlich aufgeben. 1722 Siehe C. III. b). 1723 Siehe C. V. 1. a) cc). 1724 Vgl. BVerfGE 114, 1 (54). 1720

VIII. Reformpotentiale und Neugestaltungsoptionen

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wägungsmaßstabes auch Rechts- und Auslegungsunsicherheiten beseitigen. Eine mögliche Formulierung könnte lauten: „Bei der Anwendung der Ausschlussgründe zum Schutz privater und öffentlicher Interessen ist die besondere Breitenwirkung proaktiver Veröffentlichungspflichten zu berücksichtigen. Ist bereits die erstmalige proaktive Veröffentlichung auf einem Transparenzportal geeignet, private oder öffentliche Schutzgüter oder die öffentliche Aufgabenerfüllung irreversibel zu schädigen, kommt eine Offenlegung der Information ausschließlich zur Verfolgung überragend wichtiger Allgemeininteressen in Betracht.“

Diese Vorschrift lässt sich als allgemeine Abwägungsmaxime systematisch im Rahmen der Auflistung der einzelnen Informationsverweigerungsgründe einleitend „vor die Klammer“ ziehen. Eine Beschränkung auf Informationen von öffentlichen Unternehmen ist indes nicht erforderlich. Vielmehr sind auch Kon­ stellationen vorstellbar, in denen andere auskunftspflichtige Stellen durch die antragsunabhängige Bereitstellung ihres sensiblen Informationsmaterials in ihrer funktionsgerechten Aufgabenerfüllung erheblich behindert werden. Aus diesem Grund bezieht sich der strenge Abwägungsmaßstab auch auf sämtliche Fälle, in denen die Offenlegung private und öffentliche Geheimhaltungsinteressen berührt. dd) Einführung eines eigenen Ausschlussgrundes Dem System der Ausschlussgründe wird allgemein Unübersichtlichkeit und Redundanz vorgeworfen.1725 Auch für öffentliche Unternehmen existiert in vielen Informationsfreiheitsgesetzen ein Nebeneinander verschiedenster Ausschlussgründe (z. B. der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, immaterialgüterrechtliche Schutzvorschriften, gesellschaftsrechtliche Verschwiegenheitspflichten, der Schutz fiskalischer Interessen der dahinterstehenden Körperschaft), die sich mitunter im Anwendungsbereich und ihrer inhaltlichen Reichweite überschneiden.1726 Zur Vermeidung der so entstehenden Doppelstrukturen plädieren einige Stimmen in der Literatur für die vollständige Streichung einzelner Ausschlussgründe.1727 Erkennt man an, dass aus der Perspektive öffentlicher Unternehmen im Ergebnis alle Ausschlussgründe darauf abzielen, die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Aufgabenerfüllung sicherzustellen, drängt sich sogar die Gestaltungsoption auf, das System der verschiedenen Ausschlussgründe in einem speziell auf öffentliche Unternehmen zugeschnittenen Verweigerungsgrund zu bündeln. Über die Zusammenführung mehrerer, sich inhaltlich überschneidender Ausschlussgründe könnte der Gesetzgeber nicht nur einen Beitrag zur Schaffung von Einheitlichkeit und 1725 Siehe für das IFG Kugelmann, NJW 2005, 3609 (3611); Kloepfer / von Lewinski, DVBl. 2005, 1277 (1280 f.); Schirmer, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 3, Rn. 6. 1726 Siehe hierzu im Detail C. V. 2. 1727 Konkret fordern Benecke / Spiecker gen. Döhmann, JZ 2015, 1018 (1026) und Dörr, S. 128 die Streichung des Schutzes fiskalischer Interessen nach § 3 Nr. 6 IFG und den landesrechtlichen Äquivalenten.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

Übersichtlichkeit im Labyrinth der Verweigerungsgründe leisten, sondern im gleichen Atemzug auch die derzeit noch umstrittene Frage nach der Anwendbarkeit der Ausschlussgründe auf Informationen von öffentlichen Unternehmen lösen. In systematischer Hinsicht kommt eine Anknüpfung an die Ausschlussgründe des § 3 Nr. 1 IFG in Betracht. Ein Formulierungsvorschlag könnte lauten: „Der Anspruch auf Informationszugang besteht nicht, 1. wenn und solange das Bekanntwerden der Information nachteilige Auswirkungen haben kann auf […] h) den funktionsgerechten Einsatz und Betrieb öffentlicher Unternehmen zur öffentlichen Aufgabenerfüllung.“

Die gewählte Formulierung erlaubt im Einzelfall die interessensgerechte Bewältigung des Konfliktes zwischen Geheimhaltungs- und Offenlegungsinteressen. Der tatbestandliche Rekurs auf einen „funktionsgerechten“ Einsatz und Betrieb eröffnet ausreichende Spielräume für eine verfassungsorientierte aufgabenbezogene Auslegung. Einzelne Verweigerungsgründe gehen vollständig in dem komprimierten Ausschlussgrund auf. So ist der Schutz einer innerbetrieblichen Geheimnis- und Innovationssphäre Grundvoraussetzung für eine funktionsgerechte Aufgabenerfüllung und mithin über den Neuvorschlag für § 3 Nr. 1 lit. h IFG geschützt. Gleichzeitig spiegelt das Tatbestandsmerkmal der „Funktionsgerechtigkeit“ auch den eingeschränkten Zielförderungsauftrag öffentlicher Unternehmen wider. Rechtswidrige Unternehmenspraktiken (etwa im Falle von Korruptionsmomenten) sind nicht mehr „funktionsgerecht“ im Sinne der verfassungsrechtlichen Zweckprogrammierung, so dass ihre Aufdeckung und präventive Bekämpfung einer reaktiven wie proaktiven Veröffentlichungspflicht nicht entgegensteht. Insgesamt bietet die Normierung eines eigenständigen Ausschlussgrundes viele Vorteile. Sie trägt zur Vereinfachung des Systems der Ausschlussgründe bei, ermöglicht einen verfassungsorientierten Ausgleich zwischen Geheimhaltungs- und Offenlegungsinteressen und macht die beschriebenen Einzelmodifikationen des Systems der Ausschlussgründe entbehrlich. Die Einführung eines eigenständigen Ausschlussgrundes ist damit grundsätzlich ein geeigneter und leicht umzusetzender Lösungsansatz. 3. Organisation und Verfahren als Korrekturmechanismus a) Der verfahrensrechtliche Ausschluss öffentlicher Unternehmen Der eingeschränkte Zielförderungsauftrag öffentlicher Unternehmen könnte auch auf verfahrensrechtlicher Ebene abgebildet werden. Wie oben dargelegt, verbietet sich eine materiell-rechtliche Exklusion öffentlicher Unternehmen aus dem

VIII. Reformpotentiale und Neugestaltungsoptionen

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Informationszugangsrecht. Denkbar wäre jedoch ein flächendeckender Ausschluss der formellen Informationspflichtigkeit öffentlicher Unternehmen nach dem Vorbild des § 7 Abs. 1 S. 2 IFG.1728 Nach der Gesetzesbegründung des IFG stellt diese Vorschrift ausdrücklich klar, dass Informationsfreiheitsgesetz grundsätzlich keine Ansprüche gegen Private gewährt.1729 Hinter dieser Aussage könnte der verallgemeinerungsfähige Rechtsgedanke stehen, dass privatrechtlich organisierte Rechtssubjekte nicht mit verfahrensrechtlichen Tücken, die sich aus der Notwendigkeit der Bearbeitung eines Informationszugangsantrages ergeben, belastet werden sollen. Dadurch, dass öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform nach § 7 Abs. 1 S. 2 IFG nicht unmittelbar zur Herausgabe ihres Informationsmaterials verpflichtet sind, entsteht ihnen möglicherweise ein geringerer administrativer Bearbeitungsaufwand. Die verfahrensrechtliche Exklusion öffentlicher Unternehmen könnte sich damit im Ergebnis ressourcenschonend auswirken und auf diese Weise die negativen finanziellen Folgen der materiell-rechtlichen Einbindung in Informationszugangsregime abmildern. Derartige Überlegungen sind jedoch zu abzulehnen. Der verfahrensrechtliche Ausschluss öffentlicher Unternehmen eignet sich nicht als interessensgerechter und effektiver Korrekturmechanismus. Bei näherer Betrachtung erweist sich der Verweis auf die administrative und finanzielle Entlastung öffentlicher Unternehmen als Scheinargument. Im Rahmen des § 7 Abs. 1 S. 2 IFG ist das öffentliche Unternehmen grundsätzlich dazu angehalten, der Behörde das nach § 1 Abs. 1 S. 3 IFG herausgabepflichtige Informationsmaterial zur Verfügung zu stellen.1730 Der administrative Bearbeitungsaufwand verlagert sich somit lediglich auf das Binnenverhältnis zur Behörde. Eine verfahrensrechtliche Erleichterung entsteht auch dort nicht, wo das angeforderte Informationsmaterial bereits bei der auskunftspflichtigen Behörde vorliegt. In diesen Fällen obliegt es dem öffentlichen Unternehmen nach § 8 Abs. 1 IFG zu prüfen, ob es ein schutzwürdiges Interesse am Ausschluss des Informationszugangs geltend machen kann. Aus dem Hinweis in der Gesetzesbegründung, dass das IFG Private nicht verpflichtet, kann demnach nicht abgeleitet werden, dass öffentliche Unternehmen darüberhinausgehend über § 7 Abs. 1 S. 2 IFG verfahrensrechtlich entlastet werden sollen. Auch die Literatur geht insoweit aus, dass es sich bei § 7 Abs. 1 S. 2 IFG lediglich um eine „verfahrensrechtliche Klarstellung“ handelt.1731 Hinzu kommt, dass der Ausschluss der formellen Informationspflichtigkeit öffentlicher Unternehmen strukturelle Probleme aufwirft. Der notwendige Zwischenschritt der internen behördlichen Informationsabfrage behindert potentiell die Rechtsdurchsetzung und 1728

Und landesrechtlicher Entsprechungen, vgl. § 1 S. 1 SaarlIFG i. V. m. § 7 Abs. 1 S. 2 IFGBund; § 7 Abs. 1 S. 2 BremIFG; § 7 Abs. 1 S. 2 LIFG BW; § 10 Abs. 1 S. 2 IFG M-V; § 11 Abs. 1 S. 2 LTranspG RLP; § 9 Abs. 2 ThürTG. 1729 Vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 14. 1730 Umgekehrt trifft auch die Behörde, die sich eines Privaten zur Erfüllung ihrer öffentlichrechtlichen Aufgaben bedient, die Pflicht, für die Rückholung bzw. Bereitstellung der Akten zu sorgen, vgl. BVerfGE 145, 365 (376). 1731 Sicko, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, IFG, § 7, Rn. 35; so auch Schoch, IFG, § 7, Rn. 56.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

erschwert eine effektive Korruptionsbekämpfung.1732 Ferner sorgt die Ausgestaltung des § 7 Abs. 1 S. 2 IFG für prozessuale Rechtsunsicherheiten, vor allem im Zusammenhang mit informationsfreiheitsrechtlichen in-camera-Verfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO.1733 Die Anordnung einer mittelbaren Anspruchsverpflichtung stellt sich damit insgesamt als ungeeignetes und tendenziell sogar kontraproduktives Instrumentarium zur Auflösung des Konfliktes zwischen Offenlegungs- und Geheimhaltungsinteressen dar.1734 b) Die Einführung eines Chief Information Officers Auch wenn die hier aufgezeigten Lösungsvorschläge zu einer Vereinfachung des unübersichtlichen Systems der Verweigerungsgründe beitragen, bleibt die unternehmensinterne Informationserfassung und- Aufbereitung zu Zwecken einer anschließenden Bereitstellung ein zeit- und ressourcenintensives Terrain. Die Ursache hierfür liegt zunächst darin, dass in einem immer dynamischer werdenden Informationsmarkt stetig wachsende Informationsmengen generiert werden.1735 Parallel hierzu dehnt der Gesetzgeber den Katalog reaktiver wie proaktiver Veröffentlichungspflichten immer weiter aus. Da die Lösung des Interessenskonfliktes zwischen Offenlegung und Geheimhaltung richtigerweise auf dem Feld der Ausschlussgründe ausgetragen wird, muss das Eingreifen möglicher Verweigerungs 1732

Siehe oben C. II. 2. a) aa) (2) (b). Nach § 100 Abs. 1 VwGO können die Beteiligten eines informationsfreiheitsrechtlichen Verfahrens die dem Gericht vorgelegten Akten grundsätzlich einsehen. Um zu vermeiden, dass durch diese prozessuale „Hintertür“ Antragssteller doch Einblick in materiell geheimhaltungsbedürftige Informationen erhalten, kann die informationspflichtige Stelle die Übermittlung der in ihren Augen geheimhaltungsbedürftigen Informationen verweigern. In diesen Fällen eröffnet §§ 99 Abs. 2 S. 1 i. V. m. § 99 Abs. 1 S. 2 VwGO den Beteiligten die Möglichkeit, die Verweigerung der Übermittlung von geheimhaltungsbedürftigen Akten gerichtlich überprüfen zu lassen. Diese Option besteht nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 99 Abs. 2 S. 1 VwGO indes nur dann, wenn die Übermittlung der Akte an das Gericht bereits zuvor von der auskunftspflichtigen Behörde verweigert wurde. Sieht die auskunftspflichtige Behörde im Gegensatz zum dahinterstehenden öffentlichen Unternehmen keinen informationellen Zurückhaltungsbedarf und gibt sie das Aktenmaterial ungehindert an das Gericht weiter, ist das öffentliche Unternehmen nach der geltenden Regelung des § 99 Abs. 2 S. 1 VwGO nicht mehr dazu in der Lage, das Akteneinsichtsrecht nach § 100 Abs. 1 VwGO effektiv zu verhindern. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Schutzlücke zwar erkannt und entschieden, dass ein Dritter nach § 99 Abs. 2 S. 1 VwGO ausnahmsweise auch dann einen Antrag auf den Erlass einer Sperrerklärung stellen kann, wenn die aufsichtsführende Behörde die Unterlagen an das Gericht unbeschränkt übermittelt hat, vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. 8. 2003 – 20 F 8/03, NVwZ 2004, 10 5 f. Rechtsunsicherheiten bleiben jedoch bestehen, vgl. Schroeter, NVwZ 2011, 457 (459). 1734 Auch Rödel, S. 175, fordert – wenngleich ohne nähere Begründung – eine umfassende landesrechtliche Anordnung der unmittelbaren Auskunftsverpflichtung öffentlicher Unternehmen. 1735 Laut Erwägungsgrund 10 der Richtlinie 2019/1024 (EU) hat die Menge der Daten der öffentlichen Hand in den letzten Jahren „exponentiell zugenommen“. 1733

VIII. Reformpotentiale und Neugestaltungsoptionen

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tatbestände vor jeder Preisgabe sorgfältig geprüft werden, um irreversible wirtschaftliche Folgeschäden zu vermeiden. Dieser enorme Prüfaufwand erfordert nicht nur zeitliche und personelle Kapazitäten, sondern auch Fachkenntnis. Ein nicht spezialisierter Mitarbeiter in der IT-Abteilung eines öffentlichen Unternehmens ist möglicherweise von der Informationsmenge und der Komplexität rechtlicher Abwägungsentscheidungen überfordert.1736 Da schon kleine Fehler und Ungenauigkeiten teils massive wirtschaftliche Folgeschäden nach sich ziehen können, haben öffentliche Unternehmen bereits jetzt ein erhebliches Eigeninteresse daran, effektives und präzises Informationsmanagement auch in Hinblick auf mögliche Bereitstellungspflichten zu betreiben. Bevor jedoch öffentliche Unternehmen interne unternehmensspezifische Einzellösungen für diese Problematik suchen und implementieren, ist über eine gesetzliche Vereinheitlichung unternehmerischer Informationsmanagementstrukturen zu diskutieren. Die Pflicht zur Einstellung eines zentralen Beratungs- und Ansprechpartners ab einer bestimmten Unternehmensgröße nach dem Vorbild eines amerikanischen „Chief Information Officers“, der nach außen hin als „Mittler“ zwischen Unternehmens- und Offenlegungsinteressen auftritt, könnte vor allem aus Bürgerperspektive den Zugang zu öffent­lichem Informationsmaterial erleichtern und die Transparenz der Informationspolitik öffentlicher Unternehmen insgesamt stärken.1737 Letzteres trägt nach den obigen Ergebnissen auch zur allgemeinen Förderung der Akzeptanz von Unternehmensentscheidungen bei. Bei der Ausgestaltung der Pflicht zur Benennung eines „Chief Information Officers“ könnte sich der Gesetzgeber zunächst an § 38 Abs. 1 S. 1 BDSG orientieren, der unter anderem für privatwirtschaftliche Unternehmen, die mehr als 20 Mitarbeiter beschäftigen, die Benennung eines Datenschutzbeauftragten vorsieht. Dieser Datenschutzbeauftragte unterliegt einem besonderen Kündigungs- und Abberufungsschutz (vgl. § 38 Abs. 2 i. V. m. § 6 Abs. 4 BDSG).1738 Er soll grundsätzlich weisungsunabhängig agieren und unter anderem die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften sicherstellen, das Unternehmen in datenschutzrechtlichen Fragen beraten und mit Aufsichtsbehörden zusammenarbeiten.1739 Interessengerechter, da deutlich flexibler umsetzbar, erscheint jedoch die Schaffung eines „Open Data-Koordinators“ nach dem Vorbild des im Juli 2021 neu in 1736 Diese Befürchtung deckt sich mit realen Erfahrungen aus der Praxis: Im Rahmen des 1. Open-Data-Fortschrittsberichts der Bundesregierung aus dem Oktober 2019 gaben 57 % der Behörden an, dass sie nicht über ausreichende Mittel verfügten, um das Thema Open Data zu bewältigen. Immerhin 40 % der befragten Behörden verwiesen darauf, dass ihre Mitarbeiter nur über unzureichendes Wissen im Umgang mit offenen Daten verfügten, vgl. BT-Drs. 19/14140, S. 27. 1737 Zu dieser Idee siehe auch Sellmann / Augsberg, WM 2006, 2293 (2301); Ziekow / Debus /  Musch, S. 233. 1738 Vgl. Greiner / Senk, NZA 2020, 201 (205 ff.). 1739 Siehe hierzu im Detail Haag, in: Forgó / Helfrich / Schneider, Betrieblicher Datenschutz, Kapitel 3, Rn. 64.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

Kraft getretenen § 12a Abs. 9 EGovG. Nach § 12a Abs. 9 S. 1 EGovG sind Bundesbehörden im Sinne des § 12a Abs. 1 EGovG1740 dazu verpflichtet, einen Open-Data Koordinator zu benennen. Dieser soll in der Funktion als zentraler Ansprechpartner auf die Identifizierung. Bereitstellung und Nutzung der offenen Daten seiner Behörde hinwirken, vgl. § 12a Abs. 9 S. 2 EGovG. Als konkrete Aufgabenbereiche kommen nach der Vorstellung des Gesetzgebers neben typischen Beratungstätigkeiten auch die Durchführung von Mitarbeiterschulungen zur Sensibilisierung im Umgang mit offenen Daten oder die Erstellung von unternehmensinternen Leitfäden in Betracht.1741 Der Koordinator ist in einer geeigneten Organisationseinheit zu verorten und untersteht anders als der Datenschutzbeauftragte nach § 38 BDSG grundsätzlich dem Weisungsrecht des Dienstvorgesetzten.1742 Inspiriert von dieser Regelung könnten auch im allgemeinen (Landes-)Informationszugangsrecht unternehmenseigene „Open Data-Koordinatoren“ oder „Chief Data Scientists“, die mit rechtlicher- und technischer Fachkenntnis ausgestattet sind, mit verschiedenen internen und externen Aufgabenbereichen betraut werden. Auch § 25 des BlnTranspG-E sieht vor, dass informationspflichtige Stellen einen Transparenzbeauftragten ernennen sollen, der die Stelle unter anderem bei der Einhaltung der Vorschriften des Berliner Transparenzgesetzes zu unterstützen hat. Konkret könnte der „Chief Information Officer“ beispielsweise die Schulung von Mitarbeitern zur Sensibilisierung im Umgang mit eventuell veröffentlichungspflichtigen Daten durchführen oder unternehmenseigene Leitfäden für den Umgang mit geheimhaltungsbedürftigem Informationsmaterial erstellen. Nach außen hin träte der Informationsbeauftrage bei reaktiven Veröffentlichungspflichten im Verhältnis zum Auskunftssuchenden, bei proaktiven Bereitstellungspflichten im Verhältnis zum hoheitlichen Betreiber des Transparenzportals als Ansprechpartner auf. Die Aufgabenbereiche des Informationsfreiheitsbeauftragten sollten dabei ähnlich wie nach dem Vorbild des § 12a Abs. 9 EGovG nicht auf die Ebene des Informationszugangs beschränkt sein, sondern sich auch auf das Gebiet der späteren Informationsnutzung und Weiterverwendung (z. B. auf die Erhebung und Bemessung von Weiterverwendungsgebühren oder die Festlegung von Weiterverwendungsbedingungen) erstrecken. Die ab einer bestimmten Unternehmensgröße aufzuerlegende Pflicht1743 zur Benennung eines „Chief Information Officers“ stellt mithin nicht nur ein grundsätzlich geeignetes Instrumentarium de lege ferenda dar, um den Konflikt zwischen Unternehmens- und Offenlegungsinteressen zu lösen, sondern adressiert auch 1740 Mit Ausnahme der in § 3 Nr. 8 IFG genannten Stellen (Nachrichtendiensten), Hauptzollämtern oder vergleichbaren örtlichen Bundesbehörden. Eine noch im ursprünglichen Gesetzesentwurf angedachte Befreiung für Bundesbehörden mit weniger als 50 Beschäftigten wurde auf Anraten des Wirtschaftsausschusses aufgegeben, vgl. BT-Drs. 19/31014, S. 5. 1741 Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 31. 1742 Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 32. 1743 Anders als die bewusst als „Soll“-Vorschrift ausgestaltete Regelung des § 25 BlnTranspG-E, LT-Drs. 18/3458, S. 110.

IX. Ergebnis zu Kapitel C.

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gleichzeitig weiterführende juristische Fragen auf der Ebene der Informationsweiterverwendung. 4. Zwischenergebnis Der Konflikt zwischen Geheimhaltung und Offenlegung im Informationsfreiheitsrecht kann für öffentliche Unternehmen nicht interessensgerecht über die Ausgestaltung der Einbeziehungs- und Zurechnungskriterien gesteuert werden, insbesondere die vollständige Exklusion öffentlicher Unternehmen aus dem Anwendungsbereich der Informationszugangsregime liefert in diesem Zusammenhang nur grobmaschige Ergebnisse. Dagegen eignet sich die Ebene der Ausschlussgründe und speziell der Modus der Abwägung für die Auflösung des Spannungsfeldes von Opazität und Transparenz. Allgemein gilt: Je stärker die Offenlegung einer Information die funktionsgerechte Aufgabenerfüllung öffentlicher Unternehmen bedroht, desto weiter müssen die Gründe für die Verweigerung des Informationszugangs Anwendung finden. Im aktuell bestehenden System der Ausschlussgründe stößt die angezeigte verfassungsorientierte Auslegung im Lichte der Instrumentalthese bzw. Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG jedoch an ihre Funktionsgrenzen. Deshalb sind de lege ferenda einfachgesetzliche Modifikationen vorzunehmen, um flächendeckende und einzelfallorientiere Konfliktbewältigungsmöglichkeiten sicherzustellen. Als besonders praktikabel erweist sich in diesem Zusammenhang die Implementierung eines eigenen Ausschlussgrundes für öffentliche Unternehmen.

IX. Ergebnis zu Kapitel C. Dem Informationsfreiheitsrecht liegt eine doppelt dualistische Struktur zu Grunde: Es ist zwischen dem Recht auf Informationszugang und dem Recht auf Informationsweiterverwendung zu trennen. Das Informationszugangsrecht unterscheidet wiederum zwischen reaktiven und proaktiven Zugangsmodi. Das supranationale Recht stellt im reaktiven Informationszugangsrecht lediglich abstrakte Determinanten auf. Abseits des Umweltrechts erwachsen hieraus jedoch keine konkreten Zugangsansprüche gegenüber öffentlichen Unternehmen. Da auch verfassungsrechtlich weder aus der Informationsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG noch dem Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip eine konkrete Pflicht zur allgemeinen Einräumung von reaktiven Informationsansprüchen folgt, unterliegt damit der Informationszugang im Kern der Ausgestaltungsprärogative des einfachen Gesetzgebers. Selbst wenn wie in Art. 53 LVerf SH die Schaffung von Transparenz landesverfassungsrechtlich festgeschrieben ist, ist hieraus kein allgemeiner unmittelbarer Informationszugangsanspruch ableitbar. Lediglich im Presserecht ergibt sich ausnahmsweise eine verfassungsunmittelbare Herleitung von Auskunftsansprüchen gegenüber Unternehmen der öffentlichen Hand aus der Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG.

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C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

Die Aorta des reaktiven Informationsfreiheitsrechts auf Bundesebene ist das IFG, welches öffentliche Unternehmen in Fällen der formellen Organisationsprivatisierung oder der funktionalen Privatisierung erfasst, Erscheinungsformen der materiellen Privatisierung jedoch ausklammert. Auf eine etwaige Beherrschung kommt es im Rahmen des IFG nicht an. Eine Informationspflicht wird vielmehr dann ausgelöst, wenn eine Behörde sich des öffentlichen Unternehmens zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient. Eine strukturelle Schwäche des IFG besteht jedoch darin, dass öffentliche Unternehmen nach § 7 Abs. 1 S. 2 IFG lediglich mittelbar über die sie einschaltende Behörde auskunftsverpflichtet werden können. Im Gegensatz dazu verpflichtet für Umweltinformationen das auf der Umweltinformationsrichtlinie 2003/4/EG basierende UIG öffentliche Unternehmen unmittelbar, vorausgesetzt sie nehmen umweltspezifische öffentliche Aufgaben wahr und unterliegen einer Form hoheitlicher Kontrolle. Auch die Mehrheit der Landesgesetzgeber hat eigene Informationszugangsgesetze geschaffen, die öffentliche Unternehmen zum Teil unmittelbar in ihren Pflichtenkreis einbeziehen, wenn sie hoheitlich kontrolliert und / oder zur öffent­ lichen Aufgabenerfüllung eingesetzt bzw. beliehen werden. Parallel hierzu verläuft die Verpflichtung nach den Landespressegesetzen, die öffentliche Unternehmen erfassen, soweit diese von der öffentlichen Hand beherrscht werden und öffentliche Aufgaben der Daseinsvorsorge erfüllen. Dort wo Landesinformationsgesetze fehlen (Bayern, Sachsen und Niedersachsen), existieren vereinzelt Informationsfreiheitssatzungen, die öffentliche Unternehmen jedoch teilweise nur bei hoheitlicher Alleininhaberschaft verpflichten und damit sämtliche Formen von gemischtwirtschaftlichen Unternehmen ausklammern. Auf der anderen Seite steht die proaktive Gewährung von Informationszugang. Sie gewinnt in der jüngsten rechtspolitischen Entwicklung an Bedeutung und hat den Vorteil, dass sich durch sie die unter B. aufgezeigten Wertschöpfungspotentiale von Informationen der öffentlichen Hand effektiver und effizienter nutzen lassen. Gleichzeitig zeichnen sich jedoch Veröffentlichungen von Amts wegen durch eine deutlich höhere Breitenwirkung aus, so dass sich innerhalb dieses Zugangsmodus der Grundkonflikt zwischen Offenlegungs- und Geheimhaltungsinteressen in besonderem Maße zuspitzt. Proaktiver Informationszugang wird in der Regel über Transparenzportale gewährt. Ihre Einführung ist jedoch – abseits des Umweltinformationsrechts – weder supranational noch verfassungsrechtlich determiniert, so dass es auch hier auf die konkrete Ausgestaltung durch den einfachen Gesetzgeber ankommt. Auf Bundesebene sind die Veröffentlichungspflichten im IFG inhaltlich sehr oberflächlich gehalten und erfassen mit § 11 Abs. 1 IFG lediglich abstrakte Verzeichnisse über vorhandene Informationssammlungen. Weitergehende Verpflichtungen auch für öffentliche Unternehmen existieren dagegen neben dem UIG auch in den Landestransparenzgesetzen. Insbesondere nach dem Hamburger Transparenzgesetz haben öffentliche Unternehmen eine Vielzahl von mitunter wettbewerbssensiblen Informationen zur Verfügung zu stellen.

IX. Ergebnis zu Kapitel C.

445

Stellen Informationsbestände von öffentlichen Unternehmen aus der Perspektive eines Wettbewerbers eine nicht selbstständig duplizierbare „wesentliche Einrichtung“ dar, können sich Zugangsansprüche auch aus der kartellrechtlich in Art. 102 Abs. 1 AEUV, § 19 Abs. 2 Nr. 4 GWB verankerten essential facilities doctrine ergeben. Freilich liegen die von der Rechtsprechung aufgestellten Hürden für die Annahme einer „wesentlichen Einrichtung“ sehr hoch, so dass wettbewerbsrechtlich vermittelte Informationszugangsansprüche nur in seltenen Ausnahmekonstellationen bestehen. Die Gewährung von reaktiven wie proaktivem Informationszugang erfolgt jedoch nicht unbeschränkt. Es existieren informationsrechtliche Schrankenregelungen, die den Grundkonflikt zwischen Offenlegungs- und Geheimhaltungsinteressen normativ steuern und damit in ihrer konkreten Ausprägung auch öffentlichen Unternehmen den Schutz ihrer berechtigten Wettbewerbsinteressen garantieren. Eine zentrale Veröffentlichungsgrenze liegt vor allem dort, wo Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse von öffentlichen Unternehmen auch gegenüber privaten Wettbewerbern am Markt offengelegt werden müssten. Zwar können sich von der öffentlichen Hand beherrschte Unternehmen aufgrund der Ergebnisse von Kapitel B. nicht auf den grundrechtlichen Schutz ihrer Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nach Art. 12 Abs. 1 GG berufen, nach zutreffender Ansicht steht ihnen jedoch unabhängig von einer expliziten Normierung ein einfachgesetzlicher Geheimnisschutz zu. Unklar bleibt der Einfluss des eigentlich nur für das Zivilrecht geltenden Geschäftsgeheimnisgesetzes (GeschGehG). Richtigerweise ist hier eine direkte Anwendung der dort geltenden Geschäftsgeheimnisdefinition gesperrt, sie kann jedoch im Sinne der Wahrung der Rechtseinheit als definitorischer Ausgangspunkt ergänzend herangezogen werden. Der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen kann sowohl absolut (ohne Abwägung) als auch reaktiv (mit vorgeschalteter Abwägung) ausgestaltet werden. Im Rahmen einer möglichen Abwägung zwischen Offenlegungs- und Geheimhaltungsinteressen sind letztere nicht per se nachrangig. Stattdessen sind der Unternehmensgegenstand und der Grad der durch die Veröffentlichung zu befürchtenden Nachteile als abwägungsrelevante Faktoren heranzuziehen. Allgemein gilt: Je größer die Bedrohung der Wettbewerbsposition des öffentlichen Unternehmens und damit mittelbar der Aufgabenerfüllung durch Offenlegung der Information, desto eher ist diese zu versagen. Der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen verdrängt zugleich als lex specialis einen möglichen informationsrechtlichen Ausschluss aufgrund einer allgemeinen Bedrohung von fiskalischen Interessen des Staates. Ferner können öffentliche Unternehmen Informationszugangsansprüche auch mit Verweis auf eigene oder fremde Immaterialgüterrechte verweigern. Insbesondere das Erstveröffentlichungsrecht Dritter nach § 12 Abs. 1 UrhG an gegen Entgelt in Auftrag gegebenen Studien oder Gutachten kann eine Veröffentlichungspflicht von öffentlichen Unternehmen ausschließen. Auch die Anwendung der Zweckübertragungsregel des § 31 Abs. 5 S. 1 UrhG steht diesem Ergebnis nicht entgegen.

446

C. Der Zugang zu Informationen von öffentlichen Unternehmen

Ebenso sperren aktienrechtliche Vertraulichkeitspflichten gem. §§ 93 Abs. 1 S. 3, 116 S. 1, 2 AktG oder § 85 GmbHG im Kollisionsfall Informationszugangsansprüche Dritter. Dies gilt auch dann, wenn die hinter dem öffentlichen Unternehmen stehende Behörde informationell in Anspruch genommen wird. Das Informationsprivileg der öffentlichen Hand nach §§ 394, 395 AktG suspendiert insoweit nicht den innerbetrieblichen Vertrauensschutz im Verhältnis zur informationssuchenden Allgemeinheit. Die haftungsrechtliche Dimension des Informationszugangsrechts kann die Transparenzwilligkeit öffentlicher Unternehmen grundsätzlich fördern. Die aktuelle Konzeption des Informationszugangs verhält sich dagegen weitgehend „haftungsneutral“. Risiken der prozessualen und haftungsrechtlichen Inanspruchnahme bestehen vor allem dort, wo das öffentliche Unternehmen veröffentlichungspflichtige Informationen nicht preisgibt oder in rechtswidriger Weise geheimhaltungsbedürftige Informationen Dritter offenlegt. Vor allem der Bereich der proaktiven Veröffentlichungspflichten ist in diesem Zusammenhang haftungsrechtlich zu privilegieren. Transparenzfördernd wirkt sich dagegen die Befreiung von der Pflicht zur Bereitstellung objektiv richtiger Informationen aus. Dass die Bundes- und Landesgesetzgeber öffentliche Unternehmen nach den oben dargestellten Maßstäben verwaltungsgleich oder zumindest verwaltungsähnlich informationsrechtlichen Pflichten unterwerfen, ist zwar der rechtspolitische status quo. Ein vertiefter Blick auf die Zweckrichtungen der administrativen Aktenöffnung offenbart jedoch, dass die Offenlegung von Informationen marktaktiver öffentlicher Unternehmen in Privatrechtsform nur äußerst eingeschränkt zur Förderung der Zielrichtungen des Informationszugangsrechts beiträgt. Die Abkehr vom Arkanprinzip folgt grundsätzlich demokratischen und ökonomischen Begründungslinien: Informationszugang kann zunächst einen wertvollen Beitrag für das Gelingen des demokratischen Zusammenlebens leisten. Die viel zitierte Öffnung der Aktenschränke schafft Partizipation, Kontrolle und Akzeptanz. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass sich der Verwaltungsapparat aus klassisch-hierarchischen Entscheidungsstrukturen löst und dem Bürger kommunikativ auf Augenhöhe gegenübertritt, indem er sich für externe Impulse aus dem „Volk“ empfänglich zeigt und Kooperations- und Partizipationsmöglichkeiten eröffnet. Im Rahmen der „klassisch“ planenden und steuernden Verwaltung ist die Gewährleistung und Durchführung einer kommunikativ-rezeptiven Interaktion mit dem Bürger grundsätzlich möglich. Anders sieht es jedoch für öffentliche Unternehmen aus, die wirtschaftlich am Markt teilnehmen. Ihr Auftrag zur effektiven öffentlichen Aufgabenerfüllung verbietet die weitreichende Einräumung von Kooperations- und Beteiligungsmöglichkeiten. Sie könnten innerbetriebliche Prozesse verlangsamen und damit die Wettbewerbsfähigkeit öffentlicher Unternehmen strukturell unterminieren. Aus diesem Grund versagen größtenteils die demokratisch fundierten Zielrichtungen des Informationsfreiheitsrechts bei dem Einsatz öffentlicher Unternehmen. Allein die informationsrechtliche Korruptionsprävention als spezielle Ausprägung der Kontrollfunktion lässt sich uneingeschränkt auf öffentliche

IX. Ergebnis zu Kapitel C.

447

Unternehmen übertragen. In den vergangenen Jahren rücken zunehmend ökonomische Begründungslinien in den Fokus des Informationsfreiheitsrechts. Open Data-­Bestrebungen und die Einführung von proaktiven Veröffentlichungspflichten zielen auf die Offenlegung von Datenbeständen zur Stimulation des informationellen Innovationswettbewerbs. Auch diese Zielrichtung lässt sich nur bedingt auf öffentliche Unternehmen übertragen. Diese wären hierdurch nicht nur der Gefahr der Preisgabe von Geheiminformationen ausgesetzt, sondern auch gezwungen, ihre Konkurrenten ggf. sogar zum „Nulltarif“ informationell zu versorgen und damit wirtschaftlich zu fördern. Auf diese Weise entstünde ein strukturelles Chancenungleichgewicht zu Lasten von öffentlichen Unternehmen im Wettbewerb. Damit sind im Ergebnis Auskunftspflichten im Kern auf die nicht wirtschaftlich agierende Behördenstruktur zugeschnitten. Das marktaktive öffentliche Unternehmen ist dagegen ein „zweckentfremdeter Auskunftsverpflichteter“ im System des Informationszugangsrechts. Die Fremdkörperstellung öffentlicher Unternehmen kann jedoch nicht interessensgerecht auf der Ebene der Einbeziehung in das Informationszugangsrecht abgebildet werden. Insbesondere die vollständige Exklusion wettbewerbsaktiver öffentlicher Unternehmen nach dem Vorbild des ThürTG erlaubt nur undifferenzierte Lösungen. Aus diesem Grund muss die Steuerung des Grundkonfliktes zwischen Offenlegung und Geheimhaltung und die Berücksichtigung des eingeschränkten Förderungsauftrages auf der Ebene der Ausschlussgründe stattfinden. Ausgehend von den Leitgedanken der verfassungsrechtlichen Zweckprogrammierung öffentlicher Unternehmen bzw. der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 GG, müssen die Grenzziehungen des Informationszugangsrechts für marktaktive öffentliche Unternehmen tendenziell so weit ausgelegt werden, dass die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Aufgabenerfüllung auch unter dem Druck informationsrechtlicher Pflichten sichergestellt ist. Dies gilt insbesondere für proaktive Veröffentlichungspflichten, die angesichts ihrer Breitenwirkung die Wettbewerbsfähigkeit öffentlicher Unternehmen verstärkt in Gefahr bringen. Als konkrete Maßnahme de lege ferenda bietet sich in diesem Zusammenhang vor allem die Einführung eines speziell auf öffentliche Unternehmen zugeschnittenen Ausschlussgrundes an. Auch die Pflicht zur Bestellung eines Chief Information Officers könnte zur Auflösung des Grundkonfliktes zwischen Offenlegung und Geheimhaltung beitragen.

D. Die Weiterverwendung von Informationen von öffentlichen Unternehmen Regelungsregime zum Umgang mit Informationen von öffentlichen Unternehmen finden nicht in der Entscheidung über den Informationszugang ihren Abschluss. Im Gegenteil: Zwar befriedigt bereits die reine Publikation einer Information ein gesamtgesellschaftliches Bedürfnis nach Transparenz und trägt damit zumindest partiell (siehe C. VII.) zur Förderung und Sicherung des demokratischen Rechtsstaates bei. Vor allem mit Blick auf die ökonomische Werthaltigkeit von Informationsbeständen öffentlicher Unternehmen stellt sich jedoch darüberhinausgehend die Frage, ob und wie der Einzelne das reaktiv oder proaktiv bereitgestellte Informationsmaterial nicht nur intellektuell wahrnehmen, sondern auch einer weitergehenden, meist kommerziellen, Verwertung zuführen darf. Diese Fragen beantwortet das Informationsweiterverwendungsrecht, welches im Gegensatz zu dem bereits skizzierten Informationszugangsrecht nahezu ausschließlich von europäischen Vorgaben, namentlich den so genannten PSI (Public Sector Information) -Richtlinien geprägt ist.1 Da öffentliche Unternehmen bis vor kurzem noch vom Anwendungsbereich der PSI-Richtlinien ausgenommen waren, agierten sie in Hinblick auf die Weiterverwendung ihres Informationsmaterials jahrelang in einer „rechtlichen Grauzone“.2 Dieser Zustand und die damit verbundenen Rechtsunsicherheiten beginnen sich nun aufzulösen. Die im Juni 2019 erlassene dritte PSI-Richtlinie 2019/1024 (EU) fasst die ursprüngliche PSI-Richtlinie 2003/89/EG nahezu vollständig neu und legt in diesem Zusammenhang erstmalig fest, dass auch Informationen von öffentlichen Unternehmen 1 Hierzu gehören die Richtlinien RL (EG) 2003/98 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. November 2003 über die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors (ABl. EU Nr. L 345 S. 90), die RL (EU) 2013/37 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Änderung der Richtlinie 2003/98/EG über die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors (ABl. EU Nr. L 175, S. 1) sowie aktuell die RL (EU) 2019/1024 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 20. Juni 2019 über offene Daten und die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors (ABl. EU Nr. L 172, S. 56). Die europarechtliche Prädetermination des Informationsweiterverwendungsrechts korrespondiert mit dessen primär ökonomisch fundierter Zweckrichtung. Der enge und damit einen Harmonisierungsbedarf auslösende Binnenmarktbezug des Informationsweiterverwendungsrechts verleiht der Union die Rechtssetzungskompetenz zum Erlass der PSI-Richtlinien, vgl. Art. 114 AEUV. Umgekehrt kommt der Europäischen Union aufgrund des Subsidiaritätsgrundsatzes und dem Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung nach Art. 5 EUV zumindest für eine allgemeine und flächendeckende Regelung des nicht-wirtschaftlich motivierten Informationszugangs keine Regelungskompetenz zu, vgl. Beyer-Katzenberger, DÖV 2014, 144 (146); Schoch, EuZW 2011, 388 (389). 2 Voigt / Sinemus / Liebetanz, Weißbuch der Quadriga Hochschule Berlin, S. 32.

I. Informationszugang und Informationsweiterverwendung

449

unter bestimmten Voraussetzungen für eine nicht-kommerzielle wie kommerzielle Nutzung freigegeben werden müssen. Zur Umsetzung der Vorgaben der Richtlinie 2019/1024 (EU) in nationales Recht hat der Gesetzgeber im Juli 2021 das Datennutzungsgesetz (DNG) erlassen, welches das bislang geltende Informationsweiterverwendungsgesetz (IWG) vollständig ersetzt. Die Anordnung einer allgemeinen Informationsteilungspflicht für öffentliche Unternehmen provoziert aus dem Informationszugangsrecht bekannte Spannungsfelder: Insbesondere dort, wo Bürger und Unternehmen die kommerzielle Weiterverwendung des Informationsmaterials öffentlicher Unternehmen begehren, entzündet sich nahezu reflexartig der Konflikt zwischen individuellen Bereitstellungs- und unternehmerischen Zurückhaltungsinteressen. Das nachfolgende Kapitel untersucht daher, anhand welcher Maßstäbe und Instrumentarien das europäische und nationale Informationsweiterverwendungsrecht den Widerstreit zwischen Bereitstellungs- und Zurückhaltungsinteressen auflöst. Das Ziel dieses Kapitels besteht darin, die etablierten normativen Konfliktbewältigungsprogramme kritisch zu evaluieren und alternative Lösungsansätze aufzuzeigen. Damit ist der anschließende Untersuchungsverlauf vorgezeichnet: Für eine eingehende Untersuchung des Informationsweiterverwendungsrechts bedarf es zunächst einer Klärung des inhaltlich-systematischen Verhältnisses zwischen den Ebenen des Informationszugangs und der Informationsweiterverwendung (I.). An die aktuelle Rechtsentwicklung anknüpfend folgt anschließend eine Analyse des Rechtsrahmens, den die RL 2019/1024 (EU) für die Weiterverwendung von Informationen öffentlicher Unternehmen aufstellt (II.) und eine Untersuchung der hiesigen Umsetzung der Richtlinienvorgaben durch das DNG (III.). Im Anschluss an eine knappe Darstellung der prozess- und haftungsrechtlichen (IV.) sowie wettbewerbsrechtlichen (V.) Dimensionen des Informationsweiterverwendungsrechts soll mit Blick auf die eingangs formulierte Forschungsfrage beleuchtet werden, inwiefern öffentliche Unternehmen überhaupt als Wirkungskatalysatoren des Informationsweiterverwendungsrechts eingesetzt werden können (VI.). Ausgehend von den Erkenntnissen dieses Abschnitts schließt das Kapitel mit einer Bewertung des Regelungskonzepts des DNG und einer Auseinandersetzung mit vorstellbaren Reformpotentialen und Neugestaltungsoptionen (VII.).

I. Das systematische Verhältnis von Informationszugang und Informationsweiterverwendung Wie eingangs bereits angedeutet, liegt dem Informationsfreiheitsrecht eine duale Struktur zu Grunde. Es unterscheidet zwischen dem Zugang zu und der Weiterverwendung bzw. Nutzung3 von Verwaltungsinformationen. Die Stadien von Informa 3 Der nationale Gesetzgeber verwendet die Begriffe „Weiterverwendung“ und „Nutzung“ synonym, vgl. D. III. 2. e) aa).

450

D. Die Weiterverwendung von Informationen 

tionszugang und Informationsweiterverwendung bauen gedanklich-systematisch aufeinander auf: Logischerweise muss zunächst der Zugang zu einer Information gewährt werden, bevor diese (kommerziell) genutzt bzw. weiterverwendet werden kann. Das Informationszugangsregime fungiert damit als „Schlüssel“ oder notwendige „Vorstufe“ zur Ebene der Informationsweiterverwendung. Umgekehrt ist die Informationsweiterverwertung akzessorisch zum Informationszugang, vgl. Art. 1 Abs. 3 der RL (EU) 2019/1024.4 Deutlich wird dieser Zusammenhang anhand von § 2 Abs. 3 Nr. 1 lit. a DNG, der bestimmt, dass das Datennutzungsgesetz dann keine Anwendung finden soll, wenn an den Informationen kein oder nur ein eingeschränktes Zugangsrecht besteht. Die Ausschlussgründe auf Ebene des Informationszugangs entscheiden damit auch reflexartig über die Anwendung des Informationsweiterverwendungsrechts.5 Abseits dieser materiell-rechtlichen Verknüpfung sind die beiden Regelungsebenen von Zugang und Weiterverwendung inhaltlich strikt voneinander zu trennen.6 Das Informationsweiterverwendungsrecht soll und darf den Zugang zur Information grundsätzlich nicht regeln und mithin auch keine Rechte auf Informationszugang gegenüber öffentlichen Stellen begründen.7 Umgekehrt darf die Zulässigkeit späterer Weiterverwendungsmöglichkeiten nicht von Informationszugangsgesetzen eingeschränkt werden.8 Folglich ist es auch der auskunftspflichtigen Stelle verwehrt, im Rahmen der Entscheidung über die Zugangsgewährung etwaige Verwendungsabsichten des Antragstellers zu unterstellen, um auf diese Weise gegen eine mutmaßlich bevorstehende Weiterverwendung prophylaktisch vorzugehen.9 4

Vgl. Buchholz, IR 2019, 197 (199); siehe zum IWG auch Richter, IWG, § 1, Rn. 48. Vgl. Richter, IWG, § 1, Rn. 48. Eingehend zum Sachzusammenhang von IWG und IFG siehe Schoch, Einl., Rn. 318 ff.; Brummund-Dieckhoff, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 251 ff. 6 Vgl. VGH Mannheim, Beschluss vom 13. 12. 2019 – 10 S 2614/19 – juris, Rn. 16; VG Weimar, Beschluss vom 23. 05. 2019 8 E 423/19 – juris, Rn. 23. Weniger streng dagegen ­Augsberg, in: Dreier / Fischer / van Raay, S. 37 (46): „‚Zugang zu‘ und ‚Weiterverwendung von‘ Informationen formen in dieser Sicht weniger zwei distinkte Momente eines Gesamtprozesses als zwei Seiten ein und derselben Medaille, was Differenzierungen im Detail natürlich nicht aus-, sondern einschließt.“ 7 Vgl. Brummund-Dieckhoff, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand  – Zugang und Nutzung, S. 251 (253) m. w. N. Für die europäischen PSI-Richtlinien vgl. EuGH, Urteil vom 14. 11. 2018 – C-215/17, GRUR 2019, 209 (210) – Nova Kreditna Banka Maribor d.d. / Republika Slovenija; Erwägungsgrund 23 der Richtlinie (EU) 2019/1024. Dass sich das Informationsweiterverwendungsrecht im Einzelfall faktisch einschränkend auf das Informationszugangsrecht auswirken kann, begegnet dagegen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, vgl. OVG Münster, Urteil vom 15. 04. 2014 – 8 A 1129/11 – juris, Rn. 101 ff.; Wolff / Seemüller, K & R 2019, 102 (105). 8 So (mittlerweile)  die ganz herrschende Auffassung, vgl. VGH Mannheim, Beschluss vom 13. 12. 2019 – 10 S 2614/19, BeckRS 2019, 40445, Rn. 12; VGH München, Urteil vom 7. 10. 2008 – 5 BV 07.2162 –, juris, Rn. 36; Richter, IWG, Einl., Rn. 55; ebenso die Gesetzesbegründung zum IWG, vgl. BT-Drs. 16/2453, S. 11; a. A. noch Püschel, in: Fluck / Fischer / Martini, IWG, Einführung, Rn. 84 und Schoch, NVwZ 2006, 872 (875) für von Amts wegen zugänglich gemachte Informationen. 9 Vgl. VGH Mannheim, Beschluss vom 13. 12. 2019 – 10 S 2614/19, BeckRS 2019, 40445, Rn. 13. 5

I. Informationszugang und Informationsweiterverwendung

451

Die Dichotomie des Informationsfreiheitsrechts begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken10 und ist schlussendlich sogar die zwingende Konsequenz der unterschiedlichen Zielschwerpunkte beider Regelungsregime: Wie oben dargestellt, stehen hinter der Gewährung des Zugangs zu öffentlichen Informationen größtenteils transparenzstiftende und damit demokratisch-rechtsstaatliche Erwägungen. Im Gegensatz dazu findet die Gewährung der Weiterverwendung in Form der Nutzung und Verarbeitung von öffentlicher Information ihren zentralen Begründungsansatz in der größtmöglichen Ausschöpfung des ökonomischen Potentials, das öffentlichen Informationen innewohnt.11 Dass sich der Bundgesetzgeber dafür entschieden hat, die beiden Regelungskomplexe in eigenständigen Gesetzen zu regeln, mag zwar die Wesensverschiedenheit beider Regime auch in formaler Hinsicht abbilden. Eine gesetzlich-formale Zweigleisigkeit ist freilich nicht (verfassungs-)rechtlich geboten. Mehrere Stimmen in der Literatur12 und Vertreter aus der Politik13 fordern daher eine Aufhebung der „künstlichen Aufsplittung“14 beider Regelungsebenen und eine Zusammenfassung in einem einheitlichen Informationsgesetzbuch. Eine derartige Zusammenführung erscheint zumindest insofern begrüßenswert, als dass sie zu einer Bedeutungsaufwertung des bislang tendenziell stiefmütterlich behandelten15 Informationsweiterverwendungsrechts beitragen könnte.

10

Vgl. OVG Münster, Urteil vom 15. 04. 2014  – 8 A 1129/11  – juris, Rn. 101 ff.; Wolff /  Seemüller, K & R 2019, 102 (105). 11 Vgl. Dreier / Spiecker gen. Döhmann, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 165 (189); Augsberg, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 37 (50). Siehe zum ökonomischen Potential von öffentlichen Informationsbeständen bereits oben B. I. 3. b). 12 Kloepfer, K & R 2006, 19 (27); Sydow, NVwZ 2008, 481 (484); Schulz, VerwArch 104 (2013), 327 (341); Wiebe / Ahnefeld, CR 2015, 199 (202); Brummund-Diekhoff, in: Dreier /  Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand  – Zugang und Nutzung, S. 251 (252); Beyer-Katzenberger, DÖV 2014, 144 (151). 13 Siehe den Antrag einzelner Bundestagsabgeordneter der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Schaffung eines Transparenzgesetzes auf Bundesebene, vgl. BT-Drs. 19/14596, S. 4. 14 Püschel, in: Fluck / Fischer / Martini, IWG, Einführung, Rn. 86. 15 Internationale Rechtsprechung zur Informationsweiterverwendung hat Seltenheitswert, nennenswert sind in diesem Zusammenhang allenfalls die Urteile des EFTA-Gerichtshofes vom 16. 12. 2013, Rs. E-7/13 – Creditinfo Lánstraust hf. / Registers Iceland and the Icelandic State zur Berechnung der Gebühren für die Weiterverwendung und das Urteil des EuGH, v. 14. 11. 2018 – C-215/17, GRUR 2019, 209 ff. – Nova Kreditna Banka Maribor d.d. / Republika Slovenija über den Zugang und die Weiterverwendung von Informationen von öffentlichen Unternehmen. Zum „Schattendasein“ des nationalen IWG als Vorgängerregelung des DNG siehe auch unten D. III. 2. a).

452

D. Die Weiterverwendung von Informationen 

II. Die Vorgaben der Public Sector Information Richtlinie (EU) 2019/1024  1. Die Historische Entwicklung der Public Sector Information Regulierung in Europa Die Richtlinie (EU) 2019/1024 kann sinnvollerweise nur im Zusammenhang mit ihrer Entstehungsgeschichte betrachtet und analysiert werden. Der aktuelle Rechtszustand bildet insofern das (Zwischen-)Ergebnis eines langjährigen und schrittweisen Entwicklungsprozesses, der grundsätzlich von der Leitidee eines möglichst offenen und allgemein zugänglichen Informationsbinnenmarktes getragen ist. a) Das Grünbuch der Kommission über die Informationen des öffentlichen Sektors in der Informationsgesellschaft aus dem Jahr 1998 Bereits in dem 1998 von ihr erlassenen Grünbuch16 entdeckte die Europäische Kommission die Informationen der öffentlichen Hand als Schlüsselressource und stieß damit die Diskussion über die europaweite kommerzielle Nutzbarkeit von Informationen des öffentlichen Sektors an.17 Das Grünbuch zeigte als erstes allgemeines Diskussionspapier die Bedeutung von Informationen des öffentlichen Sektors für Wachstums- und Beschäftigungsmöglichkeiten im Binnenmarkt auf und beinhaltete ein rechtlich unverbindliches Plädoyer für eine flächendeckende (elektronische) Zugänglichmachung von Verwaltungsinformationen. Auf diese Weise bildete das Grünbuch die Grundlage für den anschließenden Erlass des Aktionsplans eEurope 2002 „Eine Informationsgesellschaft für alle“18 und der PSI-Richtlinie 2003/98/EG. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass das Grünbuch bereits direkt zu Beginn die ausdrückliche Klarstellung enthält, dass Staatsunternehmen, die unter Marktbedingungen arbeiten und dem Privat- und Handelsrecht unterliegen, nicht dem öffentlichen Sektor unterfallen sollen und ihre Informationsbestände mithin nicht zugänglich zu machen sind.19

16 Kommission der Europäischen Gemeinschaften KOM (1998) 585, Grünbuch über die Informationen des öffentlichen Sektors in der Informationsgesellschaft. 17 Vgl. Kloepfer, § 10, Rn. 20. 18 Kommission der Europäischen Gemeinschaften KOM (2001) 607, eEUROPE 2002: Schaffung Europäischer Rahmenbedingungen für die Nutzung der Informationen des öffentlichen Sektors, S. 4. Siehe hierzu Püschel, S. 76 f. 19 Kommission der Europäischen Gemeinschaften KOM (1998) 585, Grünbuch über die Informationen des öffentlichen Sektors in der Informationsgesellschaft, S. 1.

II. Die Vorgaben der Public Sector Information Richtlinie (EU) 2019/1024  

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b) Die Richtlinie (EG) 2003/98 Den zaghaften Beginn der PSI-Gesetzgebung markierte der Erlass der Richtlinie (EG) 2003/98 im November 2003. Mit dieser verfolgte der EU-Gesetzgeber drei Zielsetzungen: Die Harmonisierung der verschiedenen mitgliedsstaatlichen Informationsweiterverwendungsregime auf ein einheitliches europäisches Mindestniveau, die Verhinderung von Wettbewerbsverzerrungen auf dem Informationsbinnenmarkt durch die Implementierung von gerechten, angemessenen und nichtdiskriminierenden Bedingungen und die Förderung der europäischen Wirtschaft durch die Erleichterung der grenzüberschreitenden Nutzung von Informationen des öffentlichen Sektors.20 Zur Erreichung dieser Ziele legte die Richtlinie „einen Mindestbestand an Regeln für die Weiterverwendung […] vorhandener Dokumente, die im Besitz der öffentlicher Stellen der Mitgliedsstaaten sind“ fest, vgl. Art. 1 Abs. 1. Der Mindeststandard des Art. 1 Abs. 1 sollte sicherstellen, dass die Weiterverwendung von Dokumenten nach gerechten, angemessenen und nichtdiskriminierenden Maßstäben erfolgt.21 Die RL (EG) 2003/98 verpflichtete die öffentlichen Stellen jedoch noch nicht zur Gestattung der Weiterverwendung ihrer Dokumente. Bestand an einem Dokument ein allgemeines Zugangsrecht und unterfiel es damit grundsätzlich dem Anwendungsbereich der PSI-Richtlinie, oblag nach Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie die Entscheidung über das „Ob“ der Weiterverwendung allein der öffentlichen Stelle selbst. Der Mindeststandard des Art. 1 Abs. 1 fand mithin erst dann Anwendung, wenn die Weiterverwendung der Dokumente durch die öffentliche Stelle zuvor bereits erlaubt wurde. Nur in diesen Fällen hatte die öffentliche Stelle sicherzustellen, dass die Weiterverwendung nach den Bedingungen der Kapitel III und IV für kommerzielle und nicht kommerzielle Zwecke erfolgen konnte. Kapitel IV statuierte dabei mit Art. 10 Abs. 1 den Grundsatz der Nichtdiskriminierung für den Fall, dass eine Weiterverwendung bereits einmal gestattet wurde. Vorausgesetzt die Erlaubnis zur Weiterverwendung wurde bereits erstmalig erteilt, ließ sich über Art. 10 Abs. 1 mithin eine Pflicht zur Gestattung der Weiterverwendung auch für weitere Dritte konstruieren. Im Kern wurde damit lediglich ein allgemeiner Gleichbehandlungsanspruch geschaffen. Eine zwingende europarechtliche Verpflichtung an die Mitgliedsstaaten, Dokumente ihrer öffent­ lichen Stellen zur Weiterverwendung zu öffnen, begründete die Richtlinie dagegen nicht.22 Die Entscheidung, welche Dokumente für eine Weiterverwendung freigegeben werden, lag vielmehr nach wie vor exklusiv in den Händen der mitgliedsstaat­ lichen Stellen. In Hinblick auf die begrenzte Wirkungskraft ihrer Regelungen wurde die PSI-Richtlinie in der Literatur auch als „zahnloser Papiertiger“ kritisiert.23 20

Vgl. Erwägungsgründe 1, 5, 6, 8, 25 der Richtlinie RL (EG) 2003/98; Richter, IWG, Einl., Rn. 18. 21 Vgl. Erwägungsgrund 8 der Richtlinie RL (EG) 2003/98. 22 Vgl. Erwägungsgrund 9 der Richtlinie RL (EG) 2003/98. 23 Vgl. Neumann, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 361 (372); Hill, in: Beck / Ziekow (Hrsg.): Mehr Bürgerbeteiligung wagen, 2011, S. 57 (58); Wirtz, S. 109; Drexl, S. 1 (4 f.).

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

Im Einklang mit den Ausführungen des Grünbuchs erfasste die RL (EG) 2003/98 zudem gemäß ihrer Erwägungsgründe ausdrücklich keine Informationen oder Dokumente von öffentlichen Unternehmen.24 c) Die Richtlinie (EU) 2013/37 In der Folgezeit nahm die Datenmenge des öffentlichen Sektors derart exponentiell zu,25 dass sich der Europäische Gesetzgeber knapp zehn Jahre später dazu veranlasst sah, mit der Änderungs-Richtlinie 2013/37/EU die Reichweite des Weiterverwendungsregimes für Dokumente des öffentlichen Sektors weiter auszudehnen. Dies geschah zunächst durch eine Erweiterung des Anwendungsbereiches: Nach der ursprünglichen PSI-Richtlinie waren Dokumente ausgeschlossen, die sich im Besitz von kulturellen Institutionen wie öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten und ihrer Zweigstellen (Art. 1 Abs. 2 lit. d), Bildungs- und Forschungseinrichtungen (Art. 1 Abs. 2 lit. e) und sonstigen kultureller Einrichtungen (Art. 1 Abs. 2 lit. f) befanden. Dieser Ausschluss beruhte ursprünglich auf der Überlegung, dass ein Großteil des Informationsbestandes von kulturellen Institutionen ohnehin dem geistigen Eigentum Dritter unterfiele und damit einer Weiterverwendung durch die Öffentlichkeit nicht zugänglich sei.26 Auch galt es, eine befürchtete „Plünderung durch gewerbliche Verwerter“27 zu vermeiden. Diese Sichtweise wandelte sich jedoch zusehends. Insbesondere rückte der kommerzielle Wert der überwiegend staatlich finanzierten Kulturinformationsbestände in den Fokus des EU-Gesetzgebers.28 Darüber hinaus vervielfachte sich durch fortschreitende Digitalisierungsprojekte der Bestand an gemeinfreiem Material.29 Um dieses Informationsmaterial für die Allgemeinheit weiterverwendbar zu machen, wurden schlussendlich mit der Änderungsrichtlinie Bibliotheken, Hochschulbibliotheken sowie Museen und Archive aus den institutionellen Ausschlüssen des Anwendungsbereichs gestrichen und 24

Vgl. EuGH, Urteil vom 14. 11. 2018 – C-215/17, GRUR 2019, 209 ff. – Nova Kreditna Banka Maribor d.d. / Republika Slovenija; Erwägungsgrund 10 der Richtlinie RL (EG) 2003/98. Zu dem missverständlichen Wortlaut dieses Erwägungsgrundes siehe Ricolfi / Drexl / van Eechoud /  Salmeron / Sappa / Tsiavos / Valero / Pavoni / Patrito, LAPSI Position paper No. 2, 31. Mai 2011, S. 2. Näher hierzu unter D. II. 2. c) aa) (2) (a) (aa) (α). 25 Vgl. Erwägungsgrund 5 der Richtlinie RL (EU) 2013/37. 26 KOM (2002) 207 endgültiger Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Weiterverwendung und kommerzielle Verwertung von Dokumenten des öffentlichen Sektors, 5. 6. 2002, S. 9; Fischer / Wirtz, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 263 (264). Kritisch zum nach wie vor geltenden Ausschluss von Rundfunkanstalten Drexl, S. 1 (19 f.). 27 Vgl. die Stellungnahme des deutschen Nationalverbandes des International Council of Museums (ICOM) zur geplanten EU-Novelle zur Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors vom 17. 01. 2012, S. 5. 28 Vgl. Erwägungsgrund 15 der Richtlinie (EU) 2013/37; Fischer / Wirtz, in: Dreier / Fischer /  van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 263 (264). 29 Vgl. Erwägungsgrund 15 der Richtlinie (EU) 2013/37.

II. Die Vorgaben der Public Sector Information Richtlinie (EU) 2019/1024  

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damit dem Weiterverwendungsregime der PSI-Richtlinien unterworfen. Weiterhin ausgenommen vom Anwendungsbereich der PSI-Richtlinie bleiben Dokumente im Besitz anderer kultureller Einrichtungen als Bibliotheken, Museen und Archive, vgl. Art. 1 Abs. 2 lit. f. Als weitere zentrale Änderung entzog die erst nach einem längeren Einigungsprozess erlassene30 RL (EU) 2013/37 öffentlichen Stellen überwiegend die exklusive Entscheidungsgewalt über die Weiterverwendung ihres Informationsmaterials. Der neu gefasste Art. 3 Abs. 1 verpflichtete öffentliche Stellen dazu, grundsätzlich sämtliche in ihrem Besitz vorhandenen und nach nationalem Recht zugänglichen Dokumente für eine Weiterverwendung verfügbar zu machen.31 Auf diese Weise rückte der Europäische Gesetzgeber von seinem ursprünglich zurückhaltenden Verständnis der RL (EG) 2003/98 ab und schuf mit der RL (EU) 2013/37 erstmalig ein originäres Recht auf Weiterverwendung.32 Die neuerdings einbezogenen Kultureinrichtungen (Bibliotheken, Museen und Archive)33 wurden jedoch von der flächendeckenden Pflicht zur Verfügbarmachung ausgenommen. Sie durften parallel zu dem alten Modell des Art. 3 Abs. 1 a. F. weiterhin autonom über die Gestattung der Weiterverwendung ihres Dokumentenbestandes entscheiden, Art. 3 Abs. 2. Eine Einbeziehung von öffentlichen Unternehmen fand auch unter der RL (EU) 2013/37 nicht statt. Flankiert wurde die Richtlinie (EU) 2013/37 im Juli 2014 durch Leitlinien der Kommission, die den Mitgliedstaaten unverbindliche Orientierungshilfen und Hinweise in Bezug auf Gebührenerhebungsfragen, einzelne Datenkategorien und Lizenzierungsmodalitäten anbot.34 d) Die Richtlinie (EU) 2019/1024 Im Rahmen der nach Art. 13 Abs. 1 der RL 2013/37/EU obligatorischen Überprüfung und Bewertung der Wirksamkeit der Änderungsrichtlinie 2013/37/EU anhand eines öffentlichen Konsultationsverfahrens kamen verschiedene Studien der EU-Kommission zu dem Ergebnis, dass die Existenz von „verschlossenen Daten“ 30 Nachdem die Kommission bereits 2011 einen Vorschlag zur Änderung der PSI-Richtlinie veröffentlicht hatte, konnten sich der Rat und das Europäische Parlament bis zum April 2013 nicht auf einen Kompromiss zur Neufassung einigen, vgl. 2011/0430 (COD) v. 15. 04. 2013, Lederer, S. 126. 31 Vgl. Erwägungsgrund 8 der Richtlinie RL (EU) 2013/37. 32 Vgl. Lederer, S. 125; Zimmermann, ZUR 2021, 84 (85). 33 Vgl. Erwägungsgrund 18 der Richtlinie RL (EU) 2013/37. Ausführlich zur Einbeziehung der Kultureinrichtungen in den Anwendungsbereich der Richtlinie siehe Fischer / Wirtz, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 263 ff. 34 Europäische Kommission, Leitlinien für empfohlene Standardlizenzen, Datensätze und Gebühren für die Weiterverwendung von Dokumenten (2014/C 240/01), Abl. EU v. 24. 07. 2014; Wiebe / Ahnefeld, CR 2015, 199 (201).

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

(in der englischen Originalfassung „locked data“35) innerhalb des PSI-Sektors nach wie vor einer Ausschöpfung des vollen ökonomischen Potentials öffentlicher Informationsbestände und konkret der Entwicklung von neuen Produkten und Dienstleistungen entgegenstehe.36 In Anbetracht dieses Befundes gelangte die Europäische Kommission zu der Erkenntnis, dass neue und zusätzliche unionsrechtliche Impulse erforderlich seien, um den Rechtsrahmen der Weiterverwendung von öffentlichen Informationen auf den neuesten Stand der digitalen Technik zu bringen, bestehende Weiterverwendungshemmnisse abzubauen und digitale Innovationen zu fördern.37 Als Ergebnis eines weiteren Evaluierungs- und Folgenabschätzungsprozesses erließ die Kommission am 25. April 2018 einen Vorschlag für eine Neufassung der Richtlinie RL 2003/98 (EG).38 Im Rahmen des europäischen Gesetzgebungsverfahrens einigten sich am 22. Januar 2019 die Verhandlungsführer des Europäischen Parlaments, des Rates der EU und der Kommission auf eine endgültige Neufassung der PSI-Richtlinie,39 welche schlussendlich am 26. Juni 2019 als „Richtlinie (EU) 2019/1024 über offene Daten und die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors“ erlassen wurde. Bereits die Namenserweiterung um den Zusatz „offene Daten“ zeigt an, dass diese Neufassung die bisher geltende Richtlinie (EG) 2003/98 vollständig neu fassen und den Anwendungsbereich erneut erweitern soll, um das wirtschaftliche Potential der Informationen des öffentlichen Sektors für die europäische Wirtschaft und Gesellschaft effizienter auszuschöpfen. Zentrale Änderung der Richtlinie (EU) 2019/1024 ist dabei neben der Einführung der Verfügbarkeit von dynamischen Echtzeit-Daten und der Festlegung von hochwertigen Datensätzen vor allem die Einbeziehung von öffentlich finanzierten Forschungsdaten und Informationen von öffentlichen Unternehmen. Gerade letzterer Punkt soll in Hinblick auf den Forschungsgegenstand dieser Arbeit eingehender untersucht werden.

35

Deloitte / Europäische Kommission, Study to support the review of Directive 2003/98/EC on the re-use of public sector information, Final Report, S. 367. 36 Deloitte / Europäische Kommission, Study to support the review of Directive 2003/98/EC on the re-use of public sector information, Final Report; Europäische Kommission, Proposal for a Directive of the European Parliament and of the Council on the re-use of public sector information {SWD(2018) 127 final}. 37 Vgl. Erwägungsgrund 3 der Richtlinie RL (EU) 2019/1024. Die Ergebnisse der Konsultation von Informationsinteressenten- und Inhabern sind abrufbar unter: https://ec.europa.eu/ digital-single-market/en/news/synopsis-report-public-consultation-revision-directive-reusepublic-sector-information (zuletzt aufgerufen am 24. März 2020). 38 Europäische Kommission, Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors vom 25. 4. 2018 COM(2018) 234 final 2018/0111 (COD). 39 Vgl. Europäische Kommission, Digitaler Binnenmarkt: EU-Verhandlungsführer einigen sich auf neue Regeln für die gemeinsame Nutzung der Daten des öffentlichen Sektors, Pressemitteilung v. 22. Januar 2019, IP/19/525.

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2. Das novellierte Informationsweiterverwendungsregime nach der RL (EU) 2019/1024 Die Neufassung der RL (EU) 2019/1024 unterwirft erstmalig auch öffent­ liche Unternehmen dem europäischen Informationsweiterverwendungsregime (c). Ebenso wie im Informationszugangsrecht stellt sich auch hier die Frage, inwiefern öffentlichen Unternehmen innerhalb der Ziele (a) und Regelungsgegenstände (b) der Richtlinie eine „Flucht aus dem Informationsrecht“ gestattet wird, um berechtigte Wettbewerbsinteressen zu schützen. Normative Konfliktbewältigungsprogramme können dabei entweder auf der Ebene des „Ob“ (d) oder des „Wie“ (e) der Weiterverwendung ansetzen. a) Zielsetzung Ausdrücklich erklärtes Ziel der RL (EU) 2019/1024 ist es, „den Rechtsrahmen auf den neuesten Stand der digitalen Technik zu bringen und […] weitere digitale Innovationen, insbesondere im Hinblick auf künstliche Intelligenz, zu fördern.“40 Insgesamt zielt die RL (EU) 2019/1024 auf die Aktivierung des „schlummernden“ Potentials öffentlicher Informationen. Die Novellierung des Europäischen Informationsweiterverwendungsrechts ist dabei primär, aber nicht ausschließlich, ökonomisch motiviert. Die Bereitstellung von öffentlichen Informationen soll einerseits zur Kreation neuer innovativer Produkte und Dienstleistungen anregen und damit einen Beitrag zur Schaffung von Arbeitsplätzen und der Entwicklung fortschritt­ licher digitaler Technologien leisten.41 Die Angleichung und Vereinheitlichung der mitgliedsstaatlichen Weiterverwendungsstandards dient in diesem Zusammenhang gleichzeitig der allgemeinen Binnenmarktharmonisierung.42 Andererseits soll eine Nutzbarmachung von Verwaltungsinformationen auch zur „Verwirklichung wichtiger gesellschaftlicher Ziele wie der Rechenschaftspflicht und Transparenz beitragen“.43 Nach der Idealvorstellung des Richtliniengebers lässt die Gestattung der Weiterverwendung von Dokumenten der öffentlichen Hand einen Dialog zwischen dem öffentlichen Informationsersteller und dem privaten Informationsnutzer entstehen, der sich in letzter Konsequenz positiv auf die Qualität der öffentlichen Aufgabenerfüllung auswirkt.44 In Anbetracht der begrenzten informationsrechtlichen Aktivierbarkeit des zuweilen partizipationsunwilligen Individuums45 mag dieses Ziel freilich sehr ehrgeizig bis optimistisch erscheinen. 40

Erwägungsgrund 3 der Richtlinie RL (EU) 2019/1024; Buchholz, IR 2019, 197 (197). Vgl. Erwägungsgründe 8, 12, 13 und Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie RL (EU) 2019/1024; Richter, NVwZ 2021, 760 (761). 42 Vgl. Erwägungsgrund 15 der Richtlinie RL (EU) 2019/1024; Zimmermann, ZUR 2021, 84 (85). 43 Erwägungsgrund 13 der Richtlinie RL (EU) 2019/1024. 44 Vgl. Erwägungsgrund 14 der Richtlinie RL (EU) 2019/1024. 45 Siehe hierzu bereits oben C. VII. 1. a) aa). 41

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

b) Gegenstand (Art. 1 Abs. 1) Gegenstand der RL (EU) 2019/1024 sind gemäß Art. 1 Abs. 1 „vorhanden[e] Dokumente im Besitz öffentlicher Stellen der Mitgliedsstaaten“ (lit. a), „vorhanden[e] Dokumente im Besitz öffentlicher Unternehmen […]“ (lit. b)  und „Forschungsdaten“ (lit. c). Ein „Dokument“ im Sinne der Richtlinie ist jeder Inhalt, unabhängig von der Form des Datenträgers (auf Papier oder in elektronischer Form oder als Ton-, Bild- oder audiovisuelle Aufnahme), oder ein beliebiger Teil eines solchen Inhalts, vgl. Art. 2 Nr. 6. Als Inhalt qualifiziert der Richtliniengeber jede Darstellung von Handlungen, Tatsachen oder Informationen.46 Computerprogramme sind grundsätzlich keine Dokumente.47 Dokumente befinden sich dann im Besitz öffent­licher Stellen bzw. Unternehmen, wenn die öffentliche Stelle bzw. das Unternehmen nach nationalen Bestimmungen berechtigt ist, die Weiterverwendung zu genehmigen.48 Das Merkmal „vorhanden“ verdeutlicht in diesem Zusammenhang, dass öffentliche Stellen und Unternehmen auch auf der Ebene der Weiterverwendung grundsätzlich keine Dokumentenverschaffungspflicht trifft.49 „Forschungsdaten“ werden in Art. 2 Nr. 9 definiert als „Dokumente in digitaler Form, bei denen es sich nicht um wissenschaftliche Veröffent­ lichungen handelt und die im Laufe von wissenschaftlichen Forschungstätigkeiten erfasst oder erzeugt und als Nachweise im Rahmen des Forschungsprozesses verwendet werden oder die in der Forschungsgemeinschaft allgemein für die Validierung von Forschungsfeststellungen und -ergebnissen als notwendig erachtet werden“.50

c) Anwendungsbereich (Art. 1 Abs. 1 und 2) Personell Verpflichtete der RL (EU) 2019/1024 sind gemäß Art. 1 Abs. 1 grundsätzlich sämtliche öffentliche Stellen der Mitgliedsstaaten und öffentliche Unternehmen (aa). Läge man allein diesen Maßstab zu Grunde, würde sich das Anwendungsfeld der PSI-Richtlinie im Ergebnis auf jede Verwaltungsinformation erstrecken. Ein derart extensiver Ansatz ist jedoch weder politisch gewollt, noch rechtlich angezeigt. In sachlich-institutioneller Hinsicht schließt daher Art. 1 Abs. 2 ergänzend bestimmte Dokumente aus dem Geltungsbereich der Richtlinie aus (bb).

46

Vgl. Erwägungsgrund 30 der Richtlinie RL (EU) 2019/1024. Vgl. Erwägungsgrund 30 der Richtlinie RL (EU) 2019/1024. 48 Siehe hierzu den Erwägungsgrund 11 der Richtlinie RL (EU) 2003/98; Wirtz, S. 67; Trosch, S. 43. 49 Die PSI-Richtlinien dienen damit niemals der „Befriedigung eines Informationsgesuchs“, vgl. Wirtz, S. 63. 50 Ausführlich zum Begriff der Forschungsdaten nach Art. 2 Nr. 9 Zimmermann, ZUR 2021, 84 (87). 47

II. Die Vorgaben der Public Sector Information Richtlinie (EU) 2019/1024  

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Gleichzeitig stellt Art. 1 Abs. 3 der RL (EU) 2019/1024 klar, dass der Anwendungsbereich der Richtlinie akzessorisch zum Informationszugangsrecht ist (cc). aa) Personeller Anwendungsbereich (Art. 1 Abs. 1) (1) Die traditionelle Verpflichtung öffentlicher Stellen (Art. 1 Abs. 1 lit. a) Seit der ursprünglichen Richtlinie 2003/98/EG fallen traditionell „öffentliche Stellen“ unter das PSI-Regime, vgl. Art. 1 Abs. 1 a. F. An diesem Grundsatz hat sich auch mit der Neufassung durch die Richtlinie (EU) 2019/1024 nichts geändert. Was als „öffentliche Stelle“ zu verstehen ist, regelt Art. 2 Nr. 1 der RL 2019/1024 (EU) per Legaldefinition, die den Richtlinien über das öffentliche Auftragswesen entnommen ist.51 Gemäß Art. 2 Nr. 1 der RL (EU) 2019/1024 umfasst der Begriff der öffentlichen Stelle „den Staat, Gebietskörperschaften, Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder Verbände, die aus einer oder mehreren dieser Körperschaften oder einer oder mehreren dieser Einrichtungen des öffentlichen Rechts bestehen.“

Die „Einrichtung des öffentlichen Rechts“ ist in Art. 2 Nr. 2 definiert als „Einrichtung, die a) zu dem besonderen Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben zu erfüllen, die nicht gewerblicher Art sind, und b) Rechtspersönlichkeit besitzt und c) überwiegend vom Staat, von Gebietskörperschaften oder von anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts finanziert wird oder hinsichtlich ihrer Leitung der Aufsicht durch letztere unterliegt oder deren Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan mehrheitlich aus Mitgliedern besteht, die vom Staat, von Gebietskörperschaften oder von anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts ernannt worden sind.“

Auch diese Definition entstammt dem öffentlichen Auftragswesen.52 Auf einen Verweis auf das jeweilige geltende mitgliedsstaatliche Recht verzichtet die Begriffsbestimmung dagegen bewusst. Art. 2 Nr. 2 ist daher nach ständiger Rechtsprechung des EuGH europaweit autonom und einheitlich auszulegen, um eine gleichlaufende Anwendung des Unionsrechts zu gewährleisten.53 Die Richtlinien zum öffentlichen Auftragswesen und die dazugehörige Rechtsprechung können 51 Konkret den Richtlinien 92/50/EWG, 93/36/EWG, 93/37/EWG und 98/4/EG, siehe Erwägungsgrund 10 der Richtlinie RL (EG) 2003/98; vgl. Drexl, S. 1 (29 f.). 52 Erwägungsgrund 10 der Richtlinie RL (EG) 2003/98; Vgl. EuGH, Urteil vom 14. 11. 2018 – C-215/17, GRUR 2019, 209 (210) – Nova Kreditna Banka Maribor d.d. / Republika Slovenija. 53 Vgl. vgl. EuGH, Urteil vom 18. 01. 1984 – C-327/28, Slg. 1984–107, Rn. 11 – Ekro / Produktschap; EuGH, Urteil vom 27. 01. 2003, C-373/00, Slg. 2003 I-01931, Rn. 35 – Adolf Truley;

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ebenso zur Konkretisierung des Begriffs herangezogen werden wie die den Richtlinien anhängigen Verzeichnisse über die Einrichtungen des öffentlichen Rechts.54 Schon rein formal ist die Legaldefinition des Art. 2 Nr. 2 in drei Kriterien aufgeteilt, die kumulativ erfüllt sein müssen: Es müssen ein besonderer öffentlicher Gründungszweck (lit a), Rechtspersönlichkeit (lit. b) und eine näher konkretisierte Form der hoheitlichen Einflussnahme (lit. c)  vorliegen.55 Dem Begriff der „öffentlichen Einrichtung“ liegt damit ein funktionales und kein institutionelles Verständnis zu Grunde.56 Eine Aufgabenerfüllung im Allgemeininteresse setzt nach der Ansicht des EuGH stets eine Form von Marktversagen voraus: Entscheidend soll es darauf ankommen, dass die Leistung nicht durch die Bereitstellung von Waren oder Dienstleistungen auf dem (freien) Markt erfüllt werden kann und der Staat sie daher selbst erfüllen bzw. sich bei der Aufgabenerbringung einen entscheidenden Einfluss behalten möchte.57 Das Vorliegen der Rechtspersönlichkeit bestimmt sich grundsätzlich nach öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Regelungen des jeweiligen Mitgliedsstaates.58 Auslegungsschwierigkeiten ergeben sich dagegen bei der Bestimmung des hoheitlichen Einflusses. Im Ausgangspunkt kann dieser in Form von finanzieller oder personeller Kontrolle vermittelt werden. Während der Richtlinientext hinsichtlich der Vorgaben der personellen Kontrolle eindeutig ist (Mehrheit der von der kontrollierenden staatlichen Einheit entsandten Mitglieder in Verwaltungs-, Aufsichts- und Leitungsorganen),59 stellt sich die Frage, ab wann ein finanzieller Einfluss durch die öffentliche Hand derart gewichtig ist, dass er eine hinreichend enge staatliche Kontrolle im Sinne der PSI-Richtlinie vermittelt. Bereits der Wortlaut von Art. 2 Nr. 2 Alt. 1 der PSI-Richtlinie verdeutlicht, dass die Finanzierung durch die öffentliche Hand überwiegend sein muss. Parallel zu der personellen Kontrolle nach Art. 2 Nr. 2 Alt. 2 muss das quantitative Übergewicht mithin darin bestehen, dass mehr als die Hälfte der benötigten Gelder mit weiteren Nachweisen Pünder, in: Pünder / Schellenberg, Vergaberecht, § 98 GWB, Rn. 26; Wirtz, S. 68. 54 Vgl. Anhang I der Richtlinie 93/37/EWG sowie der Richtlinie 93/36/EWG, nunmehr Anhang III der Richtlinie über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (31. März 2004). und Anhang I bis X der Richtlinie zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste (31. März 2004); Wirtz, S. 68. 55 Vgl. EuGH, Urteil vom 15. 01. 1998 – Rs. C44/96, Slg. 1998, I-73 ff., Rn. 21 – Mannesmann Anlagenbau / Strohal Rotationsdruck. 56 Vgl. Püschel, S. 78 f.; Schoch, NVwZ 2006, 872 (873), a. A. Trosch, S. 42. 57 Vgl. EuGH, Urteil vom 10. 11. 1998 – Rs. C-360/96, Slg. I 1998, 6821, Rn. 51 – Gemeente Arnhem / BFI Holding BV; EuGH, Urteil vom 27. 01. 2003 – Rs. C-373/00, Slg. 2003 I-01931, Rn. 50 – Adolf Truley. 58 Vgl. Steinicke, in: Steinicke / Vesterdorf, Brussels Commentary, Public Sector Directive, Art. 2, Rn. 26; EuGH, Urteil vom 15. 1. 1998 – Rs. C-44/96, Slg. 1998, I-73 ff., Rn. 27 – ­Mannesmann Anlagenbau / Strohal Rotationsdruck. 59 Vgl. Wirtz, S. 70.

II. Die Vorgaben der Public Sector Information Richtlinie (EU) 2019/1024  

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der Einrichtung durch die öffentliche Hand bereitgestellt werden.60 Dabei sollen auch nur solche Zuwendungen als öffentliche Finanzierung qualifiziert werden, die ohne spezifische Gegenleistung an die Einrichtung gezahlt werden.61 Ob die Finanzierung als solche unmittelbar hoheitlich oder mittelbar über die Festlegung von Zwangsmitgliedschaften und Mitgliedergebühren vollzogen wird, ist für die Einordnung als öffentliche Finanzierungsmaßnahme hingegen unerheblich.62 (2) Die erstmalige Einbeziehung öffentlicher Unternehmen (Art. 1 Abs. 1 lit. b i. V. m. Art. 2 Nr. 3) Ein Novum ist die Einbeziehung von Dokumenten im Besitz öffentlicher Unternehmen in das PSI-Regime, vgl. Art. 1 Abs. 1 lit. b der RL (EU) 2019/1024. Mit Blick auf den Forschungsauftrag dieser Arbeit sind hierbei vor allem die Hintergründe (a) und die begrifflichen Voraussetzungen (b) der neu eingeführten Verpflichtung öffentlicher Unternehmen zu erörtern. (a) Hintergrund (aa) Die Motivation für die Ausdehnung des Anwendungsbereichs Der bereits im Grünbuch der Kommission angelegte63 und seit der Richtlinie 2003/98/EG geltende Ausschluss öffentlicher Unternehmen aus dem Anwendungsbereich der PSI-Richtlinien führte dazu, dass viele Dokumente, die im Rahmen der Erbringung von öffentlichen Aufgaben der Daseinsvorsorge generiert wurden, nicht oder nur in unzureichendem Maße für eine breite Weiterverwendung zur Verfü-

60

EuGH, Urteil vom 03. 10. 2000 – Rs. C-380/98, Slg. I 2000, 8035, Rn. 32 f. – University of Cambridge; Wirtz, S. 70; Steinicke, in: Steinicke / Vesterdorf, Brussels Commentary, Public Sector Directive, Art. 2, Rn. 33. 61 EuGH, Urteil vom 03. 10. 2000 – Rs. C-380/98, Slg. I 2000, 8035, Rn. 21 – University of Cambridge. Die Frage, wann eine vertragliche Vergütung für den Erhalt einer Gegenleistung in eine zu berücksichtigende mittelbare öffentliche Finanzierung umschlägt, ist nicht immer eindeutig zu beantworten, vgl. Steinicke, in: Steinicke / Vesterdorf, Brussels Commentary, Public Sector Directive, Art. 2, Rn. 30. Maßgebliches Indiz für eine unbeachtliche vertragliche Vergütung soll sein, dass die öffentliche Stelle ein eigenständiges und von möglichen Finanzierungsgedanken unabhängiges Interesse an dem Erhalt der Gegenleistung hat. 62 Vgl. EuGH, Urteil vom 13. 12. 2007 – Rs. C-337/06, Slg. I 2007, 11196, Rn. 49 – Bayerische Rundfunk u. a.; EuGH, Urteil vom 11. 06. 2009 – Rs. C-300/07, Slg. I 2009, 4803, Rn. 57 – Hans & Christophurus Oymanns; EuGH, Urteil vom 12. 09. 2013 – Rs. C-526/11, BeckRS 2013, 81710, Rn. 23 – IVD / Ärztekammer Westfalen-Lippe; vgl. Steinicke, in: Steinicke / Vesterdorf, Brussels Commentary, Public Sector Directive, Art. 2, Rn. 31 f. 63 Kommission der Europäischen Gemeinschaften KOM (1998) 585, Grünbuch über die Informationen des öffentlichen Sektors in der Informationsgesellschaft, S. 1. Siehe hierzu bereits D. II. 1. a).

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gung standen.64 Hierin sah der europäische Gesetzgeber ungenutztes ökono­misches Potential, das insbesondere für die Schaffung grenzüberschreitender Dienste aktiviert werden müsse.65 Im Kern war damit die Einbeziehung von öffentlichen Unternehmen in den Anwendungsbereich der Richtlinie wirtschaftspolitisch motiviert. Neben dem Hauptanliegen, wirtschaftlich bislang brachliegendes Potential für die Allgemeinheit nutz- und verwertbar zu machen (b), sollten mit der Einbeziehung von öffentlichen Unternehmen aber auch bestehende Rechtsunsicherheiten beseitigt werden (a). (α) Die Beseitigung von Rechtsunsicherheiten Der bislang geltende pauschale Ausschluss öffentlicher Unternehmen stand dogmatisch auf wackligen Füßen: Die ursprüngliche PSI-RL (EG) 2003/98 umfasste ausweislich des Erwägungsgrundes 10 explizit keine Dokumente von öffentlichen Unternehmen. Erwägungsgrund 10 stellte klar: „Die Begriffsbestimmungen ‚öffentliche Stelle‘ und ‚Einrichtung des öffentlichen Rechts‘ sind den Richtlinien über das öffentliche Auftragswesen entnommen (Richtlinien 92/50/ EWG, 93/36/EWG, 93/37/EWG und 98/4/EG). Öffentliche Unternehmen werden von diesen Begriffsbestimmungen nicht erfasst.“

Auch der Europäische Gerichtshof konstatierte in der Sache „Nova Kreditna Banka Maribor“, dass aus Erwägungsgrund 10 ein genereller Ausschluss von öffentlichen Unternehmen aus dem Anwendungsbereich der PSI-Richtlinien folge.66 Demgegenüber wurde der Erwägungsgrund 10 von dem Netzwerk „Legal Aspects of (resusing) Public Sector Information“ (LAPSI) im Vorfeld der Novellierung der PSI-Richtlinie als „kryptisch“, unnötig und schädigend, da Rechtsunsicherheit erzeugend, kritisiert:67 Die unglückliche Formulierung des Erwägungsgrundes 10 „unterfällt nicht diesen Begriffsbestimmungen“ führe dazu, dass ein öffentliches Unternehmen zwar stets von der Anwendung der Begriffsbestimmungen des Vergaberechts ausgeschlossen sei, aber dennoch unter bestimmten Umständen des Einzelfalls in den Anwendungsbereich der PSI-Richtlinie fallen könne. Konkret sei dies dann denkbar, wenn das öffentliche Unternehmen selbst zumindest teilweise auf nicht-gewerbliche Weise eine öffentliche Aufgabe im Allgemeininteresse erfülle und damit auch als „Einrichtung des öffentlichen Rechts“ im Sinne des Art. 2 Nr. 2 der PSI-RL zu qualifizieren sei.68 Im Ergebnis forderte 64

Vgl. Erwägungsgrund 24 der Richtlinie RL (EU) 2019/1024. Vgl. Erwägungsgrund 24 der Richtlinie RL (EU) 2019/1024. 66 EuGH, Urteil vom 14. 11. 2018 – C-215/17, GRUR 2019, 209 – Nova Kreditna Banka Maribor d.d. / Republika Slovenija. 67 Ricolfi / Drexl / van Eechoud / Salmeron / Sappa / Tsiavos / Valero / Pavoni / Patrito, LAPSI Position paper No. 2, 31. Mai 2011, S. 2. 68 Ricolfi / Drexl / van Eechoud / Salmeron / Sappa / Tsiavos / Valero / Pavoni / Patrito, LAPSI Position paper No. 2, 31. Mai 2011, S. 3; Drexl, S. 1 (30). 65

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das Netzwerk mithin eine Klarstellung des Erwägungsgrundes dergestalt, dass eine Einordung als öffentliche Stelle oder Einrichtung unabhängig von dem Umstand zu erfolgen habe, ob die Einrichtung auch als öffentliches Unternehmen zu qualifizieren sei.69 Die scharfe Kritik des LAPSI-Netzwerkes blieb jedoch letztendlich ungehört. Der Erwägungsgrund 10 wurde unverändert in die Änderungsricht­ linie RL (EU) 2013/37 übernommen und wortgleich wiederholt, so dass auch die rechtsdogmatischen Unklarheiten bestehen blieben. Die Neufassung der Richtlinie 2019/1024 löst diese Rechtsunsicherheiten durch die ausdrückliche Einbeziehung öffentlicher Unternehmen nunmehr auf. (β) Die Ausschöpfung von wirtschaftlichem Potential Wie bereits angedeutet, hatte der Richtliniengeber neben der Beseitigung von Rechtsunsicherheiten vor allem die Ausschöpfung ökonomischer Potentiale vor Augen: Daten von öffentlichen Unternehmen haben einen besonderen wirtschaftlichen und strategischen Wert und dienen oftmals als Basis für vielfältige Mehrwertdienstleistungen und Applikationen, vor allem im Transport- und Energiesektor.70 Private Marktteilnehmer, insbesondere Technik-Start-Ups, fragen daher verstärkt Daten von öffentlichen Unternehmen nach.71 Insgesamt belegen Auswertungen von Open Data Portalen, dass die am häufigsten in Anspruch genommenen Informationsbestände aus Themenbereichen stammen, in denen sich typischerweise öffentliche Unternehmen betätigen (Umwelt, Transport, Energie und Wohnen).72 So wurden im Jahr 2017 in Spanien 47 % der Mehrwertanwendungen aufgrund von öffentlich zur Verfügung gestellten Verkehrsdaten entwickelt.73 Die gesteigerte Nachfrage traf jedoch nach Ansicht der Kommission bislang auf ein unzureichendes Informationsangebot: Öffentliche Unternehmen seien insgesamt nur rudimentären Datenbereitstellungsverpflichtungen unterworfen,74 so dass der Zugang zu Informationsbeständen öffentlicher Unternehmen für die Allgemeinheit 69

Ricolfi / Drexl / van Eechoud / Salmeron / Sappa / Tsiavos / Valero / Pavoni / Patrito, LAPSI Position paper No. 2, 31. Mai 2011, S. 4; Wirtz, S. 75. 70 Europäische Kommission, Impact Assessment, S. 13. Siehe hierzu bereits B. I. 3. b). 71 Europäische Kommission, Impact Assessment, S. 14. Für konkrete Beispiele siehe Europäische Kommission, Digital Single Market: Building  a data-based economy in the EU, Fact Sheet, S. 2, abrufbar unter: https://ec.europa.eu/digital-single-market/en/news/factsheetbuilding-data-based-economy-eu-agreement-future-open-data-and-public-sector (zuletzt abgerufen am 25. 06. 2021). 72 IDC (International Data Cooporation), Impact Assessment of ODINE Programme 2017, abrufbar unter: https://opendataincubator.eu/wp-content/uploads/2016/01/ODINE-Final-reportby-IDC.pdf (zuletzt abgerufen am 14. 04. 2020). 73 Europäische Kommission, Impact Assessment, S. 13. 74 Vgl. Deloitte / Europäische Kommission, Study to support the review of Directive 2003/98/ EC on the re-use of public sector information, Final Report, S. 415 mit Verweis auf den Intelligent Transport Systems Action Plan für Mobilitäts- und Transportdaten, abrufbar unter: https://ec.europa.eu/transport/themes/its/road/action_plan/its_reports_en (zuletzt aufgerufen am 05. 10. 2020).

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

weitestgehend verschlossen bliebe (sog. locked data). Selbst wenn Daten von öffentlichen Unternehmen zur Verfügung gestellt werden, sorgten heterogene Gebührensetzungspraktiken in den einzelnen Mitgliedsstaaten dafür, dass die Weiterverwendung von Daten von öffentlichen Unternehmen nicht für alle Marktteilnehmer im gleichen Umfang und damit diskriminierungsfrei sichergestellt sei.75 Da auch die Bemühungen einzelner Mitgliedsstaaten, auf eine einheitliche und flächendeckende Datenöffnung hinzuwirken, bei größeren Datenproduzenten mitunter auf heftigen Widerstand stießen,76 sah die Kommission dringenden Handlungs- und Korrekturbedarf.77 (bb) Diskutierte Reformoptionen Zur Behebung des nutzungsfeindlichen Status Quo wurden im europäischen Gesetzgebungsverfahren unterschiedliche verbindliche und unverbindliche Maßnahmen diskutiert: In Erwägung gezogen wurden zunächst unverbindliche Maßnahmen, die die Mitgliedsstaaten lediglich dazu ermutigen sollten, die Datenbestände ihrer öffentlichen Unternehmen in bestimmten Sektoren zu öffnen. Zu diesen so genannten „soft options“ gehörte neben der Entwicklung von technischen Leitlinien und Empfehlungen auch die Finanzierung von Initiativen oder allgemeiner Öffentlichkeitsarbeit, um das Bewusstsein für die Problematik zu verschärfen.78 In Anbetracht der äußerst begrenzten Durchsetzungskraft und Effektivität derartiger „soft options“ verschob sich der Fokus der Kommission jedoch schnell auf verbindliche Maßnahmen (sog. regulatory policy options). Im Gesetzgebungsverfahren wurden vier Arten von rechtsverbindlichen Maßnahmen mit unterschiedlichen Reichweiten angedacht: Der eingriffsintensivste Vorschlag stellte öffentliche Unternehmen vollständig mit öffentlichen Stellen gleich und bezog sie damit unmittelbar und bedingungslos in das Regelungsregime der PSI-Richtlinie ein. Für die Gebührenerhebung sollte flächendeckend das Grenzkostenmodell Anwendung finden (sog. horizontale Lösung).79 Als mildere Maßnahme wurde dagegen erwogen, anhand von objekti 75 Deloitte / Europäische Kommission, Study to support the review of Directive 2003/98/EC on the re-use of public sector information, Final Report, S. 250 f. 76 Deloitte / Europäische Kommission, Study to support the review of Directive 2003/98/EC on the re-use of public sector information, Final Report, S. 245 f. unter anderem mit Verweis auf das opponierende französische Eisenbahnunternehmen SNCF. 77 Europäische Kommission, Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors vom 25. 04. 2018 COM (2018) 234 final 2018/0111 (COD), S. 2. 78 Deloitte / Europäische Kommission, Study to support the review of Directive 2003/98/EC on the re-use of public sector information, Final Report, S. 304. 79 Deloitte / Europäische Kommission, Study to support the review of Directive 2003/98/EC on the re-use of public sector information, Final Report, S. 307 ff.; Europäische Kommission, Impact Assessment, S. 29.

II. Die Vorgaben der Public Sector Information Richtlinie (EU) 2019/1024  

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ven Kriterien aus der EU-Vergaberechtsrechtsprechung eine konkrete Auswahl an öffentlichen Unternehmen festzulegen, für die nur bestimmte Vorgaben der PSI-Richtlinie gelten sollten (z. B. keine Verpflichtung zur gebührenfreien Gestattung der Weiterverwendung).80 Die dritte Regelungsoption bestand darin, den Anwendungsbereich der PSI-Richtlinie auch auf öffentliche Unternehmen zu erstrecken, die Gestattung der Weiterverwendung im Einzelfall jedoch unter den Vorbehalt der Genehmigung durch das öffentliche Unternehmen selbst zu stellen (sog. sektorale Lösung).81 Nur im Falle einer Genehmigung sollten die Vorgaben der PSI-Richtlinie Anwendung finden. Dieses Modell ähnelte der Einbeziehung von Kultureinrichtungen in den Anwendungsbereich der Richtlinie RL 2013/37 (EU). Als vierte Möglichkeit wurde die Festlegung von einzelnen Datensätzen mit besonders hohem Innovationspotential diskutiert. Diese sollten unter anderem auch von öffentlichen Unternehmen der Daseinsvorsorge standardmäßig kostenfrei für die Weiterverwendung zur Verfügung gestellt werden.82 Die Kommission entschied sich letztendlich in ihrem Vorschlag für eine Neufassung der PSI-Richtlinie – vermutlich auch aufgrund des Drucks der Mitgliedsstaaten, die sich klar gegen eine streng horizontale Lösung ausgesprochen hatten83 – für die milde sektorale Lösung. Öffentliche Unternehmen waren hiernach grundsätzlich in den Anwendungsbereich der PSI-Richtlinie einzubeziehen, die Entscheidung über die Weiterverwendung ihrer Dokumente sollte ihnen jedoch weiterhin obliegen, vgl. Art. 3 Abs. 2.84 Dieses Regelungskonzept wurde auch vom EU-Gesetzgeber in der endgültigen Richtlinienfassung beibehalten. (b) Der Begriff des öffentlichen Unternehmens (Art. 2 Nr. 3) Nach Art. 2 Nr. 3 der Richtlinie (EU) 2019/1024 ist ein öffentliches Unternehmen „ein in den in Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b genannten Bereichen tätiges Unternehmen, auf das öffentliche Stellen aufgrund der Eigentumsverhältnisse, der finanziellen Beteiligung oder der für das Unternehmen geltenden Bestimmungen unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben können.“

80 Deloitte / Europäische Kommission, Study to support the review of Directive 2003/98/EC on the re-use of public sector information, Final Report, S. 310 ff. 81 Deloitte / Europäische Kommission, Study to support the review of Directive 2003/98/EC on the re-use of public sector information, Final Report, S. 312 ff.; Europäische Kommission, Impact Assessment, S. 29. 82 Deloitte / Europäische Kommission, Study to support the review of Directive 2003/98/EC on the re-use of public sector information, Final Report, S. 315 ff. 83 Europäische Kommission, Impact Assessment, S. 49. 84 Vgl. Erwägungsgrund 22 und Art. 3 Abs. 2 des Vorschlages für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors vom 25. 04. 2018 COM(2018) 234 final 2018/0111 (COD). Siehe hierzu noch ausführlich unter D. II. 2. d) bb).

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

Diese Definition entstammt wortgleich der Sektorenrichtlinie 2014/25 (EU) und soll nach dem ausdrücklichen Willen des EU-Gesetzgebers in dieser vergaberechtlichen Ausprägung auch im Rahmen der PSI-Richtlinie Anwendung finden.85 Wo sinnvollerweise übertragbar, prägen die von der Rechtsprechung und Literatur herausgearbeiteten Wertungen des Sektorenvergaberechts die Auslegung der Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 2 Nr. 3. Die Einordnung als öffentliches Unternehmen setzt grundsätzlich eine Tätigkeit im Sinne des Art. 1 Abs. 1 lit. b (aa) und eine Form des beherrschenden Einflusses der öffentlichen Hand (bb) voraus, gegebenenfalls tritt die Gewerblichkeit als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal hinzu (cc). Zu diesen, nach vereinzelter Auffassung tendenziell eng auszulegenden,86 Tatbestandsvoraussetzungen im Einzelnen: (aa) Die Ausübung einer Tätigkeit (Art. 1 Abs. 1 lit. b) Konstitutiv für die Einordnung als öffentliches Unternehmen ist zunächst die Ausübung einer der vier Tätigkeiten im Sinne des Art. 1 Abs. 1 lit. b. Auf diese Weise werden grundsätzlich Unternehmen erfasst, die: „i) in den in der Richtlinie 2014/25/EU festgelegten Bereichen tätig sind; ii) als Betreiber eines öffentlichen Dienstes gemäß Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 tätig sind; iii) als Luftfahrtunternehmen gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen gemäß Artikel 16 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 erfüllen; oder iv) als Gemeinschaftsreeder Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes gemäß Artikel 4 der Verordnung (EWG) Nr. 3577/92 erfüllen;“

Damit ist der Kreis der öffentlichen Unternehmen weiter gezeichnet als im Konsultationsverfahren angedacht. Ursprünglich sollten nur öffentliche Unternehmen erfasst werden, die in Sektorenbereichen der Richtlinie 2014/25 (EU) tätig sind.87 Vor allem die Erweiterung auf Verkehrsunternehmen im Sinne der VO (EG) Nr. 1370/2007 im endgültigen Richtlinienvorschlag stieß bisweilen auf massive Kritik.88

85

Vgl. Erwägungsgrund 29 der PSI-Richtlinie 2019/1024 (EU). Die Definition der Sektorenrichtlinie wurde auch auf nationaler Ebene im GWB-Vergaberecht umgesetzt, zwar nicht als Legaldefinition für ein „öffentliches Unternehmen“, aber unter dem Begriff „Sektorenauftraggeber“ (vgl. § 100 Abs. 1 Nr. 2 lit. b GWB), vgl. Buchholz, IR 2019, 197 (198); Dörr, in: Beck’scher Vergaberechtskommentar, § 100 GWB, Rn. 32. 86 So Voigt / Sinemus / Liebetanz, Weißbuch der Quadriga Hochschule Berlin, S. 23. 87 Vgl. Deloitte / Europäische Kommission, Study to support the review of Directive 2003/98/ EC on the re-use of public sector information, Final Report, S. 307 f. 88 Vgl. Kornmeier / Baranowksi, BB 2019, 1219 (1224).

II. Die Vorgaben der Public Sector Information Richtlinie (EU) 2019/1024  

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Von der Richtlinie unbeantwortet bleibt die Frage, wie Fallgestaltungen zu bewerten sind, in denen ein Unternehmen nur teilweise in den Tätigkeitsfeldern nach Art. 1 Abs. 1 lit. b tätig wird und zugleich Geschäftstätigkeiten außerhalb dieses Katalogtatbestandes betreibt. Hierzu bleibt festzuhalten, dass der Wortlaut des Art. 2 Nr. 3 grundsätzlich nicht explizit fordert, dass das öffentliche Unternehmen überwiegend oder gar ausschließlich in den Bereichen des Art.1 Abs. 1 lit. b tätig sein muss. Zu dem gleichen Ergebnis kommen auch Vertreter, die an dieser Stelle die Grundsätze der vergaberechtlichen Infizierungstheorie übertragen möchten.89 Nach dieser würde auch eine nur teilweise Wahrnehmung von Tätigkeiten nach Art. 1 Abs. 1 lit. b dazu führen, dass das Unternehmen insgesamt als öffentliches Unternehmen im Sinne der PSI-Richtlinie einzuordnen ist. Eine andere Beurteilung käme ausnahmsweise allenfalls dann in Betracht, wenn der Bereich der Aufgabenerfüllung nach Art. 1 Abs. 1 lit.b derart untergeordnet ist, dass die Ziele der PSI-Richtlinie ersichtlich nicht tangiert werden.90 Abseits dieser Ausnahmefälle hindert eine abweichende Geschäftstätigkeit damit nicht die grundsätzliche Einordnung als „öffentliches Unternehmen“ im Sinne der Richtlinie 2019/1024 (EU). Fraglich bleibt jedoch, ob das Weiterverwendungsregime der Richtlinie auch für die Geschäftstätigkeiten außerhalb des Art. 1 Abs. 1 lit. b Anwendung finden soll. Richtigerweise ist zu fragen, ob die Geschäftstätigkeiten dennoch einen unmittelbaren Bezug zur Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse aufweisen. Ist dies nicht der Fall, scheidet eine Anwendung der RL 2019/1024 (EU) bereits aufgrund von Art. 1 Abs. 2 lit. b (i) aus. (α) In der RL 2014/25 (EU) festgelegte Bereiche Etwas kryptisch spricht Art.1 Abs. 1 lit. b (i) zunächst von den „in der Richtlinie 2014/25/EU festgelegten Bereichen“. Aus den Erwägungsgründen ergibt sich, dass mit „Bereichen“ die in Art. 8 bis 14 der Richtlinie genannten Tätigkeiten gemeint sind.91 Diese Tätigkeiten bzw. Sektoren sind dadurch gekennzeichnet, dass entweder staatliche Institutionen die in den Sektoren tätigen Unternehmen finanziell oder personell beherrschen oder die Versorgung, die Bereitstellung oder das Betreiben der zur Erbringung der Infrastrukturleistungen benötigten Netze auf staatlicherseits gewährten besonderen oder ausschließlichen Rechten beruht und dadurch die 89

Vgl. Buchholz, IR 2019, 197 (198). Zur Infizierungstheorie siehe Eschenbruch, in: Röwekamp / Kus / Portz / Prieß, § 99 GWB, Rn.  67; Krohn / Schneider, in: Gabriel / Krohn / Neun, Kap.  1, § 3, Rn. 68. 90 Dies wäre denkbar in Konstellationen, in denen im Rahmen der ohnehin quantitativ nachrangigen Aufgabenerfüllung nach Art. 1 Abs. 1 lit. b im Einzelfall auch qualitativ kaum weiterverwendbares Informations- und Datenmaterial generiert wird. Für eine entsprechende Rückausnahme im Vergaberecht siehe OLG Rostock, Beschluss vom 02. 10. 2019 – 17 Verg 3/19, NZBau 2020, 113 (117); OLG Brandenburg, Beschluss vom 6. 12. 2016 – 6 Verg 4/16, BeckRS 2016, 114888. 91 Erwägungsgrund 25 der Richtlinie (EU) 2019/1024.

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

Gefahr einer wettbewerbshindernden Marktabschottung besteht.92 Durch die Tätigkeiten der Art. 8 bis 14 der Sektorenrichtlinie wird damit insgesamt ein breites Feld von Dienstleistungen auf dem Gebiet der Daseinsvorsorge abgedeckt. Konkret umfassen die abschottungsanfälligen Sektoren die Bereitstellung und das Betreibern von Netzinfrastrukturen in den Gebieten Gas und Wärme (Art. 8), Elektrizität (Art. 9) und Wasser (Art. 10) sowie die Einspeisung von Gas, Wärme, Elektrizität oder Wasser in diese Netze. Erfasst sind nach Art. 11 auch die Bereitstellung und das Betreiben von allgemeinen Verkehrsdienstleistungen per Eisenbahn, automa­ tischen Systemen, Straßenbahn, Trolleybus, Bus oder Seilbahn. Ebenfalls eine relevante Tätigkeit stellt nach Art. 12 das Bereitstellen von Flughäfen, See- oder Binnenhäfen oder anderen Terminaleinrichtungen dar. Schlussendlich erstrecken sich die für die PSI-Richtlinie relevanten Tätigkeitsfelder auch auf Postdienstleistungen (Art. 13) sowie die Förderung von Öl und Gas sowie die Exploration oder Förderung von Kohle oder anderen festen Brennstoffen (Art. 14). Im hiesigen Vergaberecht sind diese Vorgaben in den Absätzen 1 bis 6 des § 102 GWB umgesetzt.93 (β) Verkehrsunternehmen (Art. 2 der VO (EG) Nr. 1370/2007) Nach Art. 2 lit. d der VO (EG) Nr. 1370/2007 ist der „Betreiber eines öffentlichen Dienstes“ jedes privat- oder öffentlich-rechtliche Unternehmen oder jede Gruppe von privat- oder öffentlich-rechtlichen Unternehmen, das / die öffentliche Personenverkehrsdienste betreibt, oder eine öffentliche Einrichtung, die öffentliche Personenverkehrsdienste durchführt. Öffentliche Personenverkehrsdienste sind gemäß Art. 2 lit. a „Personenbeförderungsleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, die für die Allgemeinheit diskriminierungsfrei und fortlaufend erbracht werden“. Auf Dienste, die nur auf Abruf oder ausschließlich für bestimmte Personengruppen (Schüler, Senioren, Kranke) erbracht werden, findet Art. 2 lit. d der VO (EG) Nr. 1370/2007 daher keine Anwendung.94 Auch der Betrieb von ortsfesten Infrastruktureinrichtungen des öffentlichen Personennahverkehrs ist grundsätzlich nicht erfasst.95 Der Betreiber eines öffentlichen Dienstes ist im Gegensatz zum Aufgabenträger oder der zuständigen Behörde nach Art. 2 lit. b das Unternehmen, das die Verkehrsleistung tatsächlich erbringt, wobei hierfür nicht zwingend der Einsatz eigener Verkehrsmittel erforderlich ist.96 Für das Vorliegen der Betreibereigenschaft kommt es vielmehr darauf an, dass die Verkehrsleistung in seinem Namen und Auftrag 92

Erwägungsgrund 1 der Richtlinie (EU) 2014/25. Vgl. Sadoni, in: Pünder / Schellenberg, § 102 GWB, Rn. 1. Ausgenommen sind allein die Postdienstleistungen nach Art. 13 der RL (EU) 2014/25. 94 Siehe Europäische Kommission, Entscheidung vom 4. 6. 2015  – SA.34403 (2015/NN), ABl. 2015 C 234, 1, Rn. 55. 95 Vgl. Zuck, in: Ziekow / Völlink, VO (EG) 1370/2007, Art. 2, Rn. 2. 96 Kaufmann / Linke, in: Linke, VO (EG) 1370/2007, Art. 2, Rn. 15 f. 93

II. Die Vorgaben der Public Sector Information Richtlinie (EU) 2019/1024  

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erbracht wird.97 Diese Voraussetzungen erfüllen nach überwiegender Auffassung lediglich der personenbeförderungsrechtliche Genehmigungsinhaber bzw. der Betriebsführer98 und nicht bereits jeder, der eine Fahrleistung erbringt.99 Im Ergebnis werden damit vor allem (kommunale) Betreiber des ÖPNV erfasst, entweder als Einzelunternehmen oder als Kooperation von mehreren ÖPNV-Unternehmen als Verkehrsgemeinschaft.100 (γ) Luftfahrtunternehmen (Art. 16 der VO (EG) Nr. 1008/2008) Der Anwendungsbereich der PSI-Richtlinie erstreckt sich darüber hinaus auf Luftfahrtunternehmen,101 die gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen nach Art. 16 der VO (EG) Nr. 1008/2008 erfüllen müssen. Gemäß Art. 16 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 1008/2008 kann ein Mitgliedstaat Luftfahrtunternehmen im Linienflugverkehr auf wenig frequentierten Flugstrecken zum Rand- oder Entwicklungsgebiet seines Hoheitsgebiets bestimmte gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen auferlegen. Voraussetzung hierfür ist, dass die jeweilige Strecke für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des zu bedienenden Gebiets als unabdingbar gilt. Hierbei handelt es sich um eine besondere Form der Gewährleistungsverantwortung, die vor allem dazu dienen soll, kleinere, abgelegene Gebiete (etwa in Insellage) angemessen mit den zentralen Gebieten der Gemeinschaft zu verbinden.102 Gestützt auf Art. 16 der VO (EG) Nr. 1008/2008 wurde in der Vergangenheit beispielsweise eine portugiesische Fluggesellschaft dazu verpflichtet, die in äußerster Randlage befindliche Inselgruppen Azoren und die Insel Madeira über Flugverbindungen zu bedienen.103 (δ) Gemeinschaftsreeder (Art. 4 der VO (EG) Nr. 3577/92) Einen ähnlichen Hintergrund weist die Tätigkeit nach Art.1 Abs. 1 lit. b iv) auf, bei der Gemeinschaftsreeder Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes gemäß Artikel 4 der Verordnung (EWG) Nr. 3577/92 erfüllen. Gemeinschaftsreeder,104 die sich an Liniendiensten von, zwischen und nach Inseln beteiligen, können nach 97

Kaufmann / Linke, in: Linke, VO (EG) 1370/2007, Art. 2, Rn. 16. Vgl. Kaufmann / Linke, in: Linke, VO (EG) 1370/2007, Art. 2, Rn. 16 m. w. N. 99 So allerdings Barth, Der Nahverkehr 10/2010, 24 f. 100 Vgl. Kaufmann / Linke, in: Linke, VO (EG) 1370/2007, Art. 2, Rn. 18. 101 Siehe hierzu die Begriffsbestimmung in Art. 2 Nr. 10 der VO (EG) Nr. 1008/2008: „Unternehmen mit einer gültigen Betriebsgenehmigung oder einer gleichwertigen Genehmigung“. 102 Vgl. Erwägungsgrund 11 der VO (EG) Nr. 1008/2008. 103 Siehe hierzu EuGH, Urteil vom 27. 02. 2019 – C-563/17, NZBau 2019, 381 (383), Rn. 48 ff. – Associação Peço a Palavra / Conselho de Ministros. 104 Siehe hierzu die Begriffsbestimmung in Art. 2 Nr. 2 der VO (EG) Nr. 3577/92. 98

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

Art. 4 Abs. 1 von Mitgliedstaaten verpflichtet werden, als Voraussetzung für das Recht zur Erbringung von Kabotageleistungen (Transportdienstleistungen) Verträge über Verkehrsdienste abzuschließen. Die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Leistungen soll auch hier dazu dienen, ausreichende Liniendienste von, zwischen und zu (entlegenen) Inselgebieten sicherzustellen.105 (bb) Der beherrschende Einfluss der öffentlichen Hand Die für eine Einordnung als öffentliches Unternehmen zwingend erforderliche Staatsverbundenheit wird nach dem Willen des Richtliniengebers, anders als mitunter im Informationsfreiheitsrecht, nicht allein über die öffentlich-rechtliche Aufgabenerfüllung (vgl. § 1 Abs. 1 S. 3 IFG), sondern zusätzlich über das Kriterium der „Beherrschung“ vermittelt. Während im Informationszugangsrecht zuweilen jede mit einer öffentlich-rechtlichen Aufgabe betraute, gemischtwirtschaftlich organisierte juristische Person des Privatrechts, unabhängig vom Umfang der hoheitlichen Beteiligung und damit einer hoheitlichen Beherrschungsmöglichkeit verpflichtet werden kann,106 stellt die PSI-Richtlinie diesbezüglich höhere Anforderungen auf. Nicht jede Form der hoheitlichen Beteiligung soll automatisch eine Verpflichtung privater Rechtssubjekte rechtfertigen. Stattdessen müssen öffentliche Stellen über das Unternehmen aufgrund der Eigentumsverhältnisse, der finanziellen Beteiligung oder der für das Unternehmen geltenden Bestimmungen mittelbar oder unmittelbar zwingend einen beherrschenden Einfluss ausüben können. Letztendlich greift damit die Schwelle, ab wann gemischtwirtschaftliche Unternehmen zur Weiterverwendung verpflichtet werden können, in einigen Fällen erheblich später als im Informationszugangsrecht. Die so entstehenden Divergenzen im Anwendungsbereich lassen sich wertungsmäßig mit Blick auf die unterschiedlichen Zielsetzungen der jeweiligen Regelungsebenen rechtfertigen. Das Informationszugangsrecht weist eine ungleich stärkere demokratisch-legitimierende, akzeptanz- und transparenzstiftende Funktion auf als das primär auf die ökonomische Nutzbarkeit ausgerichtete Informationsweiterverwendungsrecht. Vor diesem Hintergrund legitimiert der enge Bezug zum Rechtsstaats- und Demokratieprinzip des Grundgesetzes grundsätzlich auch eine niedrigschwelligere Einbeziehung gemischtwirtschaftlicher Unternehmen. In Art. 2 Nr. 3 S. 2 werden drei gesellschaftsrechtliche Fallkonstellationen festgelegt, in denen in jedem Fall von einem beherrschenden Einfluss auszugehen ist: „Von einem beherrschenden Einfluss der öffentlichen Stellen ist in jedem der folgenden Fälle auszugehen, in denen diese Stellen unmittelbar oder mittelbar a) die Mehrheit des gezeichneten Kapitals des Unternehmens halten; 105

Vgl. Erwägungsgrund 9 der VO (EG) Nr. 3577/92. Etwa nach dem IFG, vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 8; Schoch, IFG, § 1, Rn. 233; Haas, S. 151. Siehe C. II. 2. a) aa). 106

II. Die Vorgaben der Public Sector Information Richtlinie (EU) 2019/1024  

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b) über die Mehrheit der mit den Anteilen am Unternehmen verbundenen Stimmrechte verfügen; c) mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des Unternehmens ernennen können“.

Der Wortlaut dieser Fallkonstellationen geht im Wesentlichen auf die Transparenz-Richtlinie 80/723 EWG zurück. Dort und in der Sektoren-Richtlinie RL 2014/25 (EU) statuieren die Fallkonstellationen jedoch nur eine Vermutungs­ regelung („es wird vermutet“), während die PSI-Richtlinie 2019/1024 (EU) explizit bestimmt, dass von einem beherrschenden Einfluss bei Vorliegen der folgenden Fallkonstellationen in jedem der folgenden Fälle auszugehen ist. Der veränderte Wortlaut könnte zu dem Schluss verleiten, dass der EU-Gesetzgeber möglicherweise im Rahmen der PSI-Richtlinie nicht von einer bloßen Vermutungswirkung ausgeht, sondern die nachfolgenden Fallkonstellationen als abschließende, nicht erschütterbare Regelbeispiele begreift. Gegen eine solche Interpretation spricht jedoch der ausdrückliche Verweis auf die Geltung der Begriffsbestimmung der Sektoren-Richtlinie RL 2014/25 (EU) im Erwägungsgrund 29 der aktuellen PSIRichtlinie. Hinzu kommt, dass auch die englischen Sprachfassungen der Richt­ linien 80/723 EWG, RL 2014/25 (EU) und RL 2019/1024 (EU) jeweils einheitlich und gleichlautend eine Vermutungswirkung nahelegen („shall be presumed“). Die abweichende deutsche Sprachfassung lässt sich damit lediglich als redaktionelle Unsauberkeit qualifizieren, eine Veränderung anzulegender rechtlicher Auslegungsmaßstäbe rechtfertigt sie nicht. Auch der EuGH hat in diesem Kontext betont, dass mangels einschlägiger mitgliedsstaatlicher Regelungen die Auslegung des Kriteriums der „Ausübung von beherrschendem Einfluss durch öffentliche Stellen“ autonom und europaweit einheitlich erfolgen muss, um eine synchrone Anwendung des Unionsrechts zu gewährleisten.107 Auch im Rahmen der PSI-Richtlinie entfalten damit die nicht abschließend gemeinten Fallkonstellationen des Art. 2 Nr. 3 S. 2 lediglich eine Vermutungswirkung. Diese Vermutungswirkung kann in Anlehung an die Wertungen des Sektorenvergaberechts von dem öffentlichen Unternehmen widerlegt werden, wenn es den Nachweis erbringt, dass rechtlich (durch Stimmrechtsbeschränkungen oder „Entherrschungsverträge“) und faktisch eine konstruktive Einflussnahme der öffentlichen Hand auf die Unternehmensführung ausgeschlossen ist.108 Umgekehrt kommen abseits der normierten gesellschaftsrechtlich begründeten Beherrschungsfälle auch andere hoheitliche Einflüsse (z. B. schuldrechtlicher Natur) in Betracht, die eine Beherrschung im Sinne des Art. 2 Nr. 3 S. 2 der PSI-Richtlinie vermitteln können.109 Aufgrund des expliziten Aner 107

EuGH, Urteil vom 18. 01. 1984 – C-327/28, Slg. 1984–107, Rn. 11 – Ekro / Produktschap; EuGH, Urteil vom 27. 01. 2003, C-373/00, Slg. 2003 I-01931, Rn. 35 – Adolf Truley, EuGH, Urteil vom 16. 06. 1987, C-118/85, Slg. 1987, 2599 (2621), Rn. 11 – Transparenz-Richtlinie II. 108 Siehe hierzu ausführlich Opitz in: Röwekamp / Kus / Portz / Prieß, § 100 GWB, Rn.  47; ­Pünder, in: Pünder / Schellenberg, GWB, § 100, Rn. 26; Wagner, in: Langen / Bunte, GWB, § 100, Rn. 19. 109 Vgl. Wieddekind, in: Willenbruch / Wieddekind, § 100 GWB, Rn. 14.

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

kenntnisses mittelbarer Formen der Beherrschung sind auch Konstellationen denkbar, in denen die Beherrschung über Tochter- und Enkelgesellschaften hergestellt wird.110 In allen Fällen muss der beherrschende Einfluss jedoch zwingend rechtlich abgesichert sein, eine rein finanzielle oder tatsächliche Abhängigkeit reicht in diesem Zusammenhang nicht aus.111 Nicht entscheidend ist nach dem Wortlaut („einen beherrschenden Einfluss ausüben können“), ob das Unternehmen auch tatsächlich von der öffentlichen Hand gesteuert wird. Eine rein hypothetische Steuerungsmöglichkeit genügt.112 Nach diesem Verständnis dürfte ein beherrschender Einfluss auch dann zu bejahen sein, wenn verschiedene öffentliche Stellen (sogar aus unterschiedlichen EU-Mitgliedsstaaten113) zwar nicht für sich genommen, aber gemeinsam einen beherrschenden Einfluss ausüben können.114 Unternehmen in vollständig privater Hand sind dagegen weiterhin vom Anwendungsbereich der PSI-Richtlinie ausgeschlossen. Die Mitgliedsstaaten werden jedoch ermutigt, über die Mindestanforderungen der Richtlinie hinauszugehen und diese ebenfalls in das für öffentliche Unternehmen geltende Weiterverwendungsregime einzubeziehen.115 Die bewusste Ausklammerung rein privater Unternehmen stieß dabei nicht nur auf Zustimmung: Der europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss kritisierte die einseitige Ausdehnung des Anwendungsbereichs auf öffentliche Unternehmen und empfahl stattdessen eine Ausweitung des Anwendungsbereichs auch auf rein private Unternehmen, nicht zuletzt um etwaige Markt- und Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.116

110

Vgl. Wieddekind, in: Willenbruch / Wieddekind, § 100 GWB, Rn. 14. Vgl. Wieddekind, in: Willenbruch / Wieddekind, § 100 GWB, Rn. 14. 112 Storr, S. 271; Wieddekind, in: Willenbruch / Wieddekind, § 100 GWB, Rn. 13. 113 Vgl. Dörr, in: Beck’scher Vergaberechtskommentar, § 100 GWB, Rn. 37 f.; zweifelnd OLG Celle, Beschluss vom 8. 8. 2013 – 13 Verg 7/13, NZBau 2013, 659 ff. 114 So auch die explizite Klarstellung im nationalen Vergaberecht, vgl. § 100 Abs. 1 Nr. 2 lit. b GWB: „einzeln oder gemeinsam einen beherrschenden Einfluss ausüben können“. Für diese Fallkonstellation vgl. VK Sachsen, Beschluss vom 9. 12. 2014 – 1/SVK/032–14, VPRRS 2015, 0050; Opitz, in: Röwekamp / Kus / Portz / Prieß, GWB, § 100, Rn.  47. 115 Dies soll insbesondere für private Unternehmen gelten, die Dienstleistungen von allgemeinem Interesse erbringen, vgl. Erwägungsgrund 19 der PSI-Richtlinie 2019/1024 (EU). 116 Vgl. Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Vorschlag der Neufassung der PSI-Richtlinie, (COM(2018) 234 final – 2018/0111 (COD); COM(2018) 232 final), S. 6, 11: Der Gefahr der Wettbewerbsbeeinträchtigung dadurch, dass öffentliche Unternehmen privaten Konkurrenten Informationen kostenlos zur Verfügung stellen müssen, werde nicht hinreichend Rechnung getragen. Zur Kritik von öffentlichen Verkehrsunternehmen, die sich im Vergleich zu privaten Unternehmen im Nachteil sehen, siehe auch Kramer, N + R 2019, 198 f. 111

II. Die Vorgaben der Public Sector Information Richtlinie (EU) 2019/1024  

473

(α) Kapitalmehrheit (lit. a) Nach Art. 2 Nr. 3 S. 2 lit. a liegt ein beherrschender Einfluss vor, wenn die öffentliche Stelle unmittelbar oder mittelbar die Mehrheit des gezeichneten Kapitals des Unternehmens hält. Damit stellt Art. 2 Nr. 3 S. 2 lit. a klar, dass eine paritä­ tische Beteiligung oder eine Minderheitsbeteiligung im Regelfall keine hinreichende Beherrschung konstituiert. In diesen Fällen müssen im Einzelfall weitere Umstände (Beherrschungsverträge oder gesellschaftsvertraglich eingeräumte Vetound Kontrollrechte117) hinzukommen, die ein hinreichendes Abhängigkeitsniveau ausnahmsweise rechtfertigen. Aufgrund der Tatsache, dass bereits eine mittelbare Einflussnahme ausreicht, genügt es, wenn das Kapital über eine oder mehrere Tochtergesellschaften der öffentlichen Hand gehalten wird. (β) Anteilsmehrheit (lit. b) Art. 2 Nr. 3 S. 2 lit. b stellt auf die Mehrheit an Stimmrechten ab, die mit den Anteilen verbunden ist. Die Stimmenmehrheit kann auch über Tochtergesellschaften oder andere zwischengeschaltete Einheiten ausreichend sichergestellt werden. Die Heranziehung des Kriteriums der Anteilsmehrheit zur Bestimmung einer hinreichenden „Staatlichkeit“ bei gemischtwirtschaftlichen Unternehmen ist nicht unumstritten: So wird in der älteren Literatur zuweilen angeführt, dass es sich dabei nicht um ein praktikables und nachprüfbares Kriterium handele, da die Beteiligungen einem häufigen Wandel unterlägen und damit schwer kontrollierbar seien.118 Außerdem ergebe ich gerade bei öffentlichen Aktiengesellschaft aus einer Anteilsmehrheit nicht gleichzeitig eine unbeschränkte Steuerungsmöglichkeit auf das Unternehmen, da die entscheidungsbefugten Organe des Unternehmens primär den Unternehmensinteressen und nicht den Interessen der öffentlichen Hand verpflichtet seien. 119 (γ) Leitungsmehrheit (lit.c) Erscheinungsformen personell vermittelter Einflussnahme erfasst Art. 2 Nr. 3 S. 2 lit. c. Hiernach soll eine Beherrschung vorliegen, wenn öffentliche Stellen mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des Unternehmens ernennen können. Entscheidend ist an dieser Stelle der Gedanke, dass die öffentlichen Anteilseigner auf diese Weise die Geschicke des Unternehmens aktiv leiten und gestalten können. Die Mehrheit in einem rein beratenden Gremium ohne Entscheidungskompetenzen reicht hier daher nicht aus. Anhand der im Vergleich zu Art. 2 Nr. 2 lit. c abweichenden Formulierung („er 117

Dittmer, S. 29. Vgl. Zurheide, S. 30; Hartung, DÖV 1992, 393 (397). 119 Vgl. Zurheide, S. 30; Kühne, JZ 1990, 335 (336); Koppensteiner, NJW 1990, 3105 (3109). 118

474

D. Die Weiterverwendung von Informationen 

nennen können“) wird zudem deutlich, dass es nicht darauf ankommen kann, ob die Leitungsorgane auch tatsächlich ernannt wurden, die hypothetische Möglichkeit zur Unternehmensleitung genügt.120 Dagegen ist parallel zu Art. 2 Nr. 2 lit. c auch hier nicht erforderlich, dass die Mitglieder ausschließlich von einer einzigen öffentlichen Stelle entsandt wurden.121 Auch die Bestellung durch verschiedene öffentliche Stellen kann eine taugliche Leitungsmehrheit begründen. (δ) Ungeschriebene Beherrschungsformen Da der Katalog der Beherrschungsvarianten nicht abschließend gemeint ist, kommen weitere ungeschriebene Formen der Beherrschung durch die öffentliche Hand in Betracht. In Anlehnung an die Rechtsprechung aus dem Vergaberecht ist eine Beherrschung immer dann anzunehmen, wenn die öffentliche Hand aufgrund der rechtlichen Gesamtkonstellation (einschließlich schuldrechtlich relevanter Unternehmensverträge) die Möglichkeit hat, die eigenen Vorstellungen über die Unternehmensführung dergestalt durchzusetzen, dass dem Unternehmen selbst keine autonome Entscheidungskompetenz mehr in unternehmenswesentlichen Fragen zukommt.122 Diese Durchsetzungsgewalt muss dabei zwingend aktiv-­ gestalterischer Natur sein, eine rein destruktive Beherrschungsmöglichkeit mittels eingeräumter Vetorechte reicht für sich genommen noch nicht aus.123 Ausweislich des Wortlautes der Richtlinie muss der beherrschende Einfluss nicht notwendigerweise gesellschaftsrechtlich vermittelt werden, die staatliche Kontrolle kann beispielsweise auch durch rechtliche Rahmenbedingungen (z. B. haushaltsrechtliche Genehmigungsvorbehalte)  hergestellt werden.124 Rein faktische oder wirtschaft­ liche Abhängigkeiten begründen dagegen keine ausreichenden Beherrschungsmöglichkeiten.125 Zum Teil wird vertreten, dass neben dem vergaberechtlichen Beherrschungsbegriff Anhaltspunkte für eine hinreichende Beherrschung auch aus der EU-Konzernrichtlinie126 entnommen werden können.127 120

Im Rahmen von Art. 2 Nr. 2 lit. c ist entscheidend, ob die Ernennungsmöglichkeit auch tatsächlich wahrgenommen wurde, vgl. Steinicke, in: Steinicke / Vesterdorf, Brussels Commentary, Public Sector Directive, Art. 2, Rn. 36. 121 Vgl. Steinicke, in: Steinicke / Vesterdorf, Brussels Commentary, Public Sector Directive, Art. 2, Rn. 36. 122 Vgl. Pünder, in: Pünder / Schellenberg, GWB, § 100, Rn. 26. 123 Vgl. Steinicke, in: Steinicke / Vesterdorf, Brussels Commentary, Public Sector Directive, Art. 2, Rn. 39. 124 In diesem Sinne EuGH, Urteil vom 01. 02. 2001 – Rs. C-237/99, Rn. 52 ff. – OPAC / HLM. Umstritten ist dies jedoch für das nationale Vergaberecht, vgl. Wolters, in: Eschenbruch / Opitz /  Röwekamp, SektVO, § 100 GWB, Rn. 37. 125 Vgl. Wolters, in: Eschenbruch / Opitz / Röwekamp, SektVO, § 100 GWB, Rn. 37. 126 EU-Richtlinie 90/435/EWG vom 23. 07. 1990, ABl. EU Nr. L 225 vom 20. 08. 1990, S. 6, geändert durch EU-Richtlinie 2003/123/EG vom 22. 12. 2003, ABl. EU Nr. L 7 vom 13. 01. 2004, S. 41. 127 Vgl. Dietrich, in: Greb / Müller, Kommentar zum Sektorenvergaberecht, GWB, § 100, Rn. 76.

II. Die Vorgaben der Public Sector Information Richtlinie (EU) 2019/1024  

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(cc) Die Gewerblichkeit als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal Nach dem offenen Wortlaut des Art. 2 Nr. 3 ist das Vorliegen einer „gewerblichen Tätigkeit“ zumindest kein geschriebenes Tatbestandsmerkmal der Legaldefinition des öffentlichen Unternehmens. Es könnte jedoch erforderlich sein, die „Gewerblichkeit“ als ungeschriebene Voraussetzung in den Tatbestand des Art. 2 Nr. 3 hineinzulesen, um eine trennscharfe systematische Abgrenzung zu öffent­ lichen Einrichtungen im Sinne des Art. 2 Nr. 2 herzustellen, die gemäß Art. 2 Nr. 2 lit. a zwingend „im Allgemeininteresse liegende Aufgaben […] erfüllen, die nicht kommerzieller Art sind“.128 Eine staatliche Einheit handelt gemäß der vergaberechtlichen Rechtsprechung des EuGH gewerblich, wenn sie unter normalen Marktbedingungen mit eigenverantwortlichen Gewinn- oder Verlustrisiken agiert.129 Das Bestehen einer funktionierenden Wettbewerbssituation kann hierbei als Indiz für die Bejahung der Gewerblichkeit herangezogen werden.130 Die reine Tatsache, dass die Aufgabe auch von einem Unternehmen in privater Hand erfüllt werden könnte, soll dagegen nicht per se für den gewerblichen Charakter einer Tätigkeit sprechen.131 Umgekehrt liegt eine im Allgemeininteresse liegende Aufgabe nicht gewerblicher Art dort vor, wo der unternehmerisch handelnde Staat über eine marktbezogene Sonderstellung verfügt und er seine Tätigkeit somit nicht unter normalen Wett­bewerbsbedingungen ausübt.132 Charakteristisch für diese Fälle ist eine Form von Marktversagen. Nichtgewerblichkeit setzt nach der Rechtsprechung des EuGH voraus, dass die Leistung nicht durch die bloße Bereitstellung von Waren oder Dienstleistungen auf dem Markt erfüllt werden kann, sondern der Staat die Aufgabe zumindest teilweise selbst erfüllen muss oder zumindest einen entscheidenden Einfluss behalten möchte.133 128

Dass die Vorgänger-Richtlinie 2003/98/EG an dieser Stelle noch ausdrücklich auf Aufgaben „nicht gewerblicher Art“ abstellte, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. „Nicht kommerziell“ ist weiterhin als „nicht gewerblich“ zu lesen. Das macht auch die insoweit unveränderte Wortwahl der englischsprachigen Richtlinienfassungen deutlich („not having an industrial or commercial character“). 129 Vgl. EuGH, Urteil vom 10. 05. 2001 – Rs. C-223/99, Slg. I 2001, 3605, Rn. 38 – Agorà; EuGH, Urteil vom 22. 05. 2003 – Rs. C-18/01, Slg. 2003, I-5321, Rn. 51 – Korhonen and Others. Ausführlich zu weiteren Indizien siehe Steinicke, in: Steinicke / Vesterdorf, Brussels Commentary, Public Sector Directive, Art. 2, Rn. 17 ff. Diese Rechtsprechung auf das Informationsweiterverwendungsrecht übertragend EuGH, Urteil vom 14. 11. 2018 – C-215/17, GRUR 2019, 209 (210) – Nova Kreditna Banka Maribor d.d. / Republika Slovenija; ebenso Wirtz, S. 69; Buchholz, IR 2019, 197. 130 EuGH, Urteil vom 10. 11. 1998 – Rs. C-360/96, Slg. I 1998, 6821, Rn. 49 – Gemeente Arnhem / BFI Holding BV; EuGH, Urteil vom 27. 01. 2003 – Rs. C-373/00, Rn. 60 – Adolf Truley. 131 EuGH, Urteil vom 10. 11. 1998 – Rs. C-360/96, Slg. I 1998, 6821, Rn. 47 ff. – Gemeente Arnhem / BFI Holding BV; EuGH, Urteil vom 27. 01. 2003 – Rs. C-373/00, Slg. 2003 I-01931, Rn. 59 – Adolf Truley. 132 Vgl. Wolters, in: Eschenbruch / Opitz / Röwekamp, SektVO, § 100 GWB, Rn. 31. 133 Vgl. EuGH, Urteil vom 10. 11. 1998 – Rs. C-360/96, Slg. I 1998, 6821, Rn. 51 – Gemeente Arnhem / BFI Holding BV; EuGH, Urteil vom 27. 01. 2003 – Rs. C-373/00, Slg. 2003 I-01931, Rn. 50 – Adolf Truley.

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

Vereinzelte Stimmen gehen implizit davon aus, dass es auf die Abgrenzung von Gewerblichkeit und Nichtgewerblichkeit im Informationsweiterverwendungsrecht nicht ankomme, da die Gewerblichkeit zumindest im Informationsweiterverwendungsrecht keine notwendige Voraussetzung für die Einordnung als öffentliches Unternehmen im Sinne des Art. 2 Nr. 3 sei.134 Nach diesem Verständnis stehen Art. 2 Nr. 2 und Art. 2 Nr. 3 grundsätzlich nicht in einem Exklusivitätsverhältnis zueinander, sondern es sind Konstellationen denkbar, in denen ein Wirtschaftssubjekt sowohl als „öffentliche Einrichtung“, als auch als „öffentliches Unternehmen“ qualifiziert werden kann.135 Für diese Sichtweise mag sprechen, dass sich das Merkmal der „Gewerblichkeit“ jedenfalls nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der Legaldefinition des Art. 2 Nr. 3 oder den Erwägungsgründen der RL 2019/1024 (EU) ergibt. Die ganz überwiegende Ansicht in der Literatur136 und der Rechtsprechung137 nimmt jedoch (zu Recht) an, dass ein öffentliches Unternehmen im Sinne der PSI-Richtlinie zwingend gewerblich handeln muss. Eine solche Betrachtungsweise hat zur Folge, dass eine wirtschaftlich tätige Verwaltungseinheit stets entweder nur als „öffentliche Einrichtung“ oder als „öffentliches Unternehmen“ qualifiziert und behandelt werden kann. Diese „Exklusivitätslösung“ ist nicht nur bereits historisch in den Ursprüngen der PSI-Regulierung angelegt,138 sondern liefert auch deutlich praktikablere Ergebnisse, da sie in systematischer Hinsicht komplexe Abgrenzungs- und Konkurrenzfragen vermeidet, die sich vor allem dort stellen, wo für „öffentliche Einrichtungen“ und „öffentliche Unternehmen“ divergierende Anforderungen gelten.139 Das Hinzudenken der „Gewerblichkeit“ als zwingende Tatbestandsvoraussetzung für öffentliche Unternehmen steht auch im Einklang mit dem Sinn und Zweck der RL 2019/1024 (EU). Wie noch im Detail zu zeigen sein wird, privilegiert die aktuelle PSI-Richtlinie an verschiedenen Stellen öffentliche Unternehmen, um deren legitime Wettbewerbsinteressen zu schützen,

134 Vgl. Stellungnahme des VKU zur Umsetzung der PSI-Richtlinie: „Wettbewerbsfähigkeit öffentlicher Unternehmen sichern“ vom 08. 04. 2019, S. 2, abrufbar unter: https://www.vku.de/ themen/recht/umsetzung-der-psirichtlinie/ (zuletzt abgerufen am 05. 10. 2020). 135 Vgl. Stellungnahme des VKU zur Umsetzung der PSI-Richtlinie: „Wettbewerbsfähigkeit öffentlicher Unternehmen sichern“ vom 08. 04. 2019, S. 2: „Es ist nicht auszuschließen, dass ein öffentliches Unternehmen gleichzeitig auch unter den Begriff der öffentlichen Stelle im Sinne der PSI-Richtlinie fällt.“ 136 Vgl. Buchholz, IR 2019, 197 (198). Zur Rechtslage vor Erlass der RL 2019/1024 (EU) Richter, IWG, § 2, Rn. 37; Wirtz, S. 73; Öhlböck, S. 43; Trosch, S. 42. 137 Vgl. EuGH, Urteil vom 14. 11. 2018 – C-215/17, GRUR 2019, 209 (210) – Nova Kreditna Banka Maribor d.d. / Republika Slovenija. 138 Bereits das Grünbuch der Kommission über die Informationen des öffentlichen Sektors in der Informationsgesellschaft, KOM (1998) 585, S. 1, wollte Staatsunternehmen, die „unter üblichen Marktbedingungen“ tätig waren, von der Public Sector Information Regulierung befreien. 139 Zum Beispiel bei der Anwendung der Verfahrensvorschriften des Art. 4 der RL 2019/1024 (EU). Während öffentliche Einrichtungen die dort aufgestellten Anforderungen zwingend einhalten müssen, sind öffentliche Unternehmen hiervon ausdrücklich befreit, vgl. Art. 4 Abs. 6 lit. a.

II. Die Vorgaben der Public Sector Information Richtlinie (EU) 2019/1024  

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beispielsweise durch den Erlaubnisvorbehalt des Art. 3 Abs. 2.140 Die bevorzugte Behandlung rechtfertigt sich indes nur dort, wo sich das öffentliche Unternehmen auch in einer Wettbewerbssituation befindet. Handelt dagegen eine öffentliche Einheit außerhalb von Wettbewerbs- und Marktmechanismen und mithin nach der Interpretation des EuGH „nicht gewerblich“, ist kein inhaltlicher Grund ersichtlich, sie an den wettbewerbsorientierten Privilegierungen der PSI-Richtlinie partizipieren zu lassen. Hinzu kommt, dass auch in diesen Fällen nicht gewerblich tätige Einrichtungen im Sinne des Art. 2 Nr. 2 nicht vollkommen schutzlos gestellt sind. Sie können sich im Rahmen der Erfüllung eines „öffentlichen Auftrages“141 bisweilen auf Schutzmechanismen berufen, die zumindest konzeptionell mit jenen öffentlicher Unternehmen vergleichbar sind, vgl. Art. 1 Abs. 2 lit. a, Art. 6 Abs. 2 lit. a, Art. 14 Abs. 5.142 Anwendungsfragen treten dort auf, wo staatliche Einheiten im Einzelfall sowohl gewerbliche als auch nicht-gewerbliche Tätigkeiten ausüben.143 Die RL 2019/1024 (EU) lässt in diesen Konstellationen grundsätzlich offen, welche Maßstäbe auf die Weiterverwendung der öffentlichen Dokumente Anwendung finden sollen. Nicht praktikabel erscheint zunächst eine Aufteilung anhand des Erstellungsprozesses des jeweiligen Dokumentes. Neben der Tatsache, dass im Rahmen einer komplexen innerbetrieblichen Organisations- und Informationsverarbeitungsstruktur womöglich im Einzelfall nicht stets zweifelsfrei abgrenzbar sein wird, ob ein 140

Siehe hierzu D. II. 2. d) bb) (1). Die Auslegung des begrifflichen Anknüpfungspunktes „öffentlicher Auftrag“ bereitet zunächst Schwierigkeiten. Diese sind vor allem darauf zurückzuführen, dass die begriffliche Reichweite des „öffentlichen Auftrags“ nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Art. 1 Abs. 2 lit. a nicht unionsrechtlich determiniert ist, sondern dem gesetzlichen Bestimmungsrecht der Mitgliedsstaaten vorbehalten bleibt, vgl. Püschel, S. 82. Die PSI-Richtlinie selbst stellt in diesem Zusammenhang lediglich klar, dass in der Regel die Bereitstellung von Dokumenten ausschließlich zu kommerziellen Zwecken und im Wettbewerb mit anderen Marktteilnehmern gegen Gebühr nicht als öffentlicher Auftrag zu qualifizieren ist, vgl. Erwägungsgrund 22 der Richtlinie RL (EU) 2019/1024. Mit Blick auf die englischsprachige Originalfassung („public task“) wird deutlich, dass der Begriff des „öffentlichen Auftrages“ in diesem Zusammenhang zumindest keinen hoheitlichen Beschaffungsvorgang im vergaberechtlichen Sinne voraussetzt, sondern allgemein eine „öffentliche Aufgabe“ der Daseinsvorsorge im Allgemeininteresse beschreibt, siehe auch Püschel, S. 82 und Wirtz, S. 78 f. für die Vorgänger-Richtlinien RL (EG) 2003/98 und RL (EU) 2013/37. Ein denkbares Beispiel für eine Information, die nicht originär unter die „öffentliche Aufgabe“ des öffentlichen Unternehmens fällt, wäre ein für einen Dritten erstelltes fachspezifisches Gutachten, vgl. Hopf, RiA 2007, 53 (56). 142 Art. 1 Abs. 2 lit. a schließt etwa Dokumente aus dem Anwendungsbereich der PSI-Richtlinie aus, deren Bereitstellung nicht unter den durch Rechtsvorschriften oder Verwaltungspraxis festgelegten öffentlichen Auftrag der betreffenden öffentlichen Stelle fällt. Auf diese Weise werden öffentliche Einrichtungen davor geschützt, Dokumente, die eigentlich als Ausgangsmaterial für anderweitige eigene Geschäftstätigkeiten auf einem Sekundärmarkt erstellt worden sind, nach dem strengen Regime der PSI-Richtlinie für die Weiterverwendung unmittelbar preisgeben zu müssen, vgl. Drexl, S. 1 (10). 143 Die Frage ebenfalls aufwerfend, im Ergebnis aber unbeantwortet lassend Buchholz, IR 2019, 197 (198). 141

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

bestimmtes Dokument im Rahmen einer gewerblichen oder nicht-gewerblichen Tätigkeit kreiert wurde, ist der Ursprung eines Dokumentes insbesondere für einen externen Weiterverwendungsinteressenten in der Regel nicht eindeutig erkennbar. Ein dokumentenbezogener Ansatz würde damit nur Rechtsunsicherheiten auslösen und zugleich ein Einfallstor für Intransparenz und Missbrauchspraktiken bieten. Geboten ist eine einheitliche Betrachtung anhand der Tätigkeit des betroffenen Unternehmens. Legt man auch an dieser Stelle die vergaberechtliche Rechtsprechung des EuGH zu Grunde, hindert es die Einordnung als nicht gewerblich tätige Einrichtung nicht, wenn die Einrichtung daneben auch teilweise gewerbliche Tätigkeiten außerhalb des Allgemeininteresses wahrnimmt.144 Dies soll sogar dann gelten, wenn die gewerblichen Aktivitäten den Schwerpunkt der Tätigkeiten der Einrichtung bilden.145 Nach dieser Betrachtungsweise ist der Begriff der „Nichtgewerblichkeit“ grundsätzlich sehr weit auszulegen, was sich unmittelbar auf die Anwendung der novellierten PSI-Richtlinie auswirkt: Sollte bereits jede qualitativ und quantitativ untergeordnete Form des nicht gewerblichen Handelns das Gesamthandeln der staatlichen Einheit „infizieren“ und sie insgesamt zur öffentlichen Einrichtung im Sinne des Art. 2 Nr. 2 machen, könnten sich schlussendlich nur wenige Staatsunternehmen auf den privilegierten Status des „öffentlichen Unternehmens“ nach Art. 2 Nr. 3 berufen. Fraglich ist, ob eine solche Sichtweise auch historisch-teleologisch haltbar ist: Die weite Auslegung des Merkmals der „Nichtgewerblichkeit“ zugunsten einer Einordnung als „Einrichtung des öffentlichen Rechts“ ließ sich in der Vergangenheit durch den Zweck der PSI-Richtlinie, möglichst umfassende Weiterverwertungsmöglichkeiten für Informationen der öffentlichen Hand zu gewährleisten,146 legitimieren. Ein möglichst weiter Anwendungsbereich des Art. 2 Nr. 2 sollte Lücken im fragmentarischen Anwendungsbereich der Vorgänger-Richtlinien schließen, die durch die bewusste Ausklammerung öffentlicher Unternehmen entstanden waren. Beispielhaft für das Entstehen etwaiger Lücken im Anwendungsbereich nach alter Rechtslage steht die EuGH-Rechtssache „Nova Kreditna Banka Maribor“.147 In dem Verfahren begehrte eine slowenische Journalistin Zugang zu Informationen der NKBM, einer Bank in privater Rechtsform, die unter dem beherrschenden Einfluss der Republik Slowenien stand. Die NKBM lehnte den Antrag auf Informationszugang mit Verweis auf den Geschäftsgeheimnisschutz nach Art. 1 Abs. 2 lit. c der ursprünglichen PSI-Richtlinie (EG) 2003/98 ab. Der EuGH dagegen verneinte bereits die Anwendung der PSI-Richtlinie, da die NKBM keine „öffentliche Stelle“ im Sinne des Art. 2 Nr. 1 der RL (EG) 2003/98 darstellte. Für eine Einordnung als „Einrichtung des öffentlichen Rechts“ nach Art. 2 Nr. 2 lit. a 144

Vgl. EuGH, Urteil vom 15. 01. 1998 – Rs. C 44/96, Slg. 1998, I-73ff, Rn. 25 f. – Mannesmann Anlagenbau / Strohal Rotationsdruck. 145 Vgl. EuGH, Urteil vom 10. 11. 1998 – Rs. C-360/96, Slg. I 1998, 6821, Rn. 55 – Gemeente Arnhem / BFI Holding BV. 146 Vgl. Erwägungsgrund 5 der Richtlinie 2003/98/EG. 147 EuGH, Urteil vom 14. 11. 2018 – C-215/17, GRUR 2019, 209 ff. – Nova Kreditna Banka Maribor d.d. / Republika Slovenija.

II. Die Vorgaben der Public Sector Information Richtlinie (EU) 2019/1024  

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bis c hätte die Bank zwingend zu dem besonderen Zweck gegründet worden sein müssen, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht-gewerblicher Art zu erfüllen.148 Im vorliegenden Fall agierte das Kreditinstitut auf dem Bankenmarkt jedoch grundsätzlich im freien Wettbewerb mit privaten Konkurrenten, so dass der EuGH zu Recht nicht davon ausging, dass die NKBM nicht gewerbliche Aufgaben im Allgemeininteresse erfüllte.149 Der EuGH ordnete die NKBM konsequenterweise als gewerblich tätiges „öffentliches Unternehmen“ ein, welche jedoch bereits durch den zehnten Erwägungsgrund der RL 2003/98 (EG) explizit vom Anwendungsbereich der PSI-Richtlinie ausgenommen waren.150 Im Ergebnis lehnte der EuGH damit die Klage der Journalistin ab. Nach der novellierten PSI-Richtlinie ergäbe sich in diesem Fall jedoch ein verändertes Bild: Durch die ausdrückliche Einbeziehung öffentlicher Unternehmen unterfallen seit dem Inkrafttreten der RL 2019/1024 (EU) auch solche Institutionen dem europäischen Weiterverwendungsregime, die von staatlichen Stellen beherrscht werden und gewerblich tätig sind. Die PSI-Richtlinie wäre nunmehr grundsätzlich auch auf die NKBM anwendbar. Lücken im Anwendungsbereich wurden geschlossen. Die Aufrechterhaltung der weiten vergaberechtlichen Auslegungspraxis des Merkmals „Nichtgewerblichkeit“ ist damit auf den ersten Blick nicht mehr angezeigt. Ganz grundsätzlich erscheint es zweifelhaft, ob sich sämtliche Rechtsprechungsgrundsätze, die originär für das Vergaberecht entwickelt wurden, auch unmittelbar auf das Informationsweiterverwendungsrecht übertragen lassen.151 Dagegen sprechen zunächst die divergierenden Zielrichtungen beider Regelungsregime.152 Auch die Sprachfassung des Erwägungsgrundes 29 der RL 2019/1024 (EU) legt zumindest eine Lesart nahe, nach der die informationsrechtlichen Begriffsbestimmungen lediglich einer formalen vergaberechtlichen Prädetermination unterliegen, materiell-rechtliche Wertungsunterschiede jedoch unter Umständen Berücksichtigung finden können.153 148

EuGH, Urteil vom 14. 11. 2018 – C-215/17, GRUR 2019, 209 (210) – Nova Kreditna Banka Maribor d.d. / Republika Slovenija; EuGH, Urteil vom 5. 10. 2017 – C-567/15, NZBau 2018, 47 ff., Rn. 34 – LitSpecMet. 149 EuGH, Urteil vom 14. 11. 2018 – C-215/17, GRUR 2019, 209 (210) – Nova Kreditna Banka Maribor d.d. / Republika Slovenija. 150 EuGH, Urteil vom 14. 11. 2018 – C-215/17, GRUR 2019, 209 (210) – Nova Kreditna Banka Maribor d.d. / Republika Slovenija. 151 Auch für Richter, IWG, § 2, Rn. 10, muss „im Konfliktfall eine pauschale Übernahme vergaberechtlicher Grundsätze einer weiterverwendungsspezifischen Auslegung weichen“. 152 Während hinter der RL 2014/25 (EU) ganz allgemein der Gedanke der Wettbewerbsöffnung und der Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen steckt, vgl. Erwägungsgrund 2, zielt die RL 2019/1024 (EU) primär auf die Freisetzung von Innovationspotentialen, vgl. D. II. 2. a). Beide Ziele mögen sich partiell ergänzen, vollständig deckungsgleich sind sie jedoch grundsätzlich nicht. 153 Erwägungsgrund 29 der Richtlinie 2019/1024 (EU) lautet: „Die Begriffsbestimmung ‚öffentliche Stelle‘ gründet auf Begriffsbestimmung in Artikel 2 Absatz 1 Nummer 1 der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates. Die Begriffsbestimmung ‚Einrichtung des öffentlichen Rechts‘ aus jener Richtlinie und Begriffsbestimmung ‚öffentliches Unternehmen‘ aus der Richtlinie 2014/25/EU sollten (Hervorhebung durch den Verfasser) für die vorliegende Richtlinie gelten.“

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

Betrachtet man insgesamt das Privilegierungssystem öffentlicher Unternehmen als bewusst implementiertes Spezifikum der PSI-Richtlinie, welches der begrifflich maßgeblichen RL 2014/25 (EU) grundsätzlich fremd ist, spricht vieles dafür, die privilegierungsfeindliche Rechtsprechungspraxis des Vergaberechts in diesem Zusammenhang nicht zu übertragen und stattdessen auf eine wertendende Schwerpunktbetrachtung abzustellen. Entscheidend ist demnach, ob die betroffene öffentliche Einheit schwerpunktmäßig gewerbliche oder nicht gewerbliche Tätigkeiten ausübt.154 Diese Lösung verliert zwar den Charme der Einfachheit der Rechtsprechungspraxis, sie ist jedoch zwingend erforderlich, um dem ausdifferenzierten Privilegierungssystem zu Gunsten öffentlicher Unternehmen dringend gebotene Geltungskraft zu verleihen. Wo eine staatliche Einheit überwiegend im Wettbewerb gleichberechtigt mit Privaten agiert, wäre sie strukturellen Wettbewerbsnachteilen ausgesetzt, wenn sie nach der vergaberechtlichen Rechtssprechungspraxis pauschal als verwaltungsgleiche „öffentliche Einrichtung“ zu behandeln wäre. Auch die partiell vergleichbaren Ausgleichsregelungen zu Gunsten öffentlicher Einrichtungen, die öffentliche Aufgaben erfüllen (vgl. Art. 1 Abs. 2 lit. a), kompensieren jedenfalls nicht das Schutzniveau des Erlaubnisvorbehaltes nach Art. 3 Abs. 2 der RL 2019/1024 (EU). (dd) Zwischenergebnis Mit der Definition des Art. 2 Nr. 3 der RL (EU) 2019/1024 werden vor allem öffentliche Versorgungsunternehmen in den Bereichen Energie, Wasser und Verkehr erfasst. Zur Bestimmung des erforderlichen beherrschenden Einflusses der öffent­lichen Hand kann überwiegend auf etablierte vergaberechtliche Auslegungsleitlinien zurückgegriffen werden. Nach der Konzeption der PSI-Richtlinie handeln öffentliche Unternehmen grundsätzlich gewerblich. Mangels ausdrücklicher Klarstellung im Wortlaut ist das Merkmal der „Gewerblichkeit“ insoweit als ungeschriebene Voraussetzung in den Tatbestand des Art. 2 Nr. 3 hineinzulesen. Es ist nach einer weiterverwendungsspezifischen Auslegung auch dann erfüllt, wenn das öffentliche Unternehmen zwar nicht ausschließlich, aber zumindest schwerpunktmäßig unterschiedslos zu Privaten im Wettbewerb agiert. bb) Sachlicher Anwendungsbereich (Art. 1 Abs. 2) Der sachliche Anwendungsbereich der Richtlinie erstreckt sich auf sämtliche Dokumente, die nicht der Ausschlussregelung des Art. 1 Abs. 2 unterfallen. Die

154 Zur Bestimmung des Schwerpunktes einer Unternehmenstätigkeit könnte unter anderem auf den rein quantitativen Anteil des gewerblichen Geschäfts am Gesamtumsatz des Unternehmens abgestellt werden.

II. Die Vorgaben der Public Sector Information Richtlinie (EU) 2019/1024  

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zum Schutz der öffentlichen Hand weit auszulegende155 Regelung des Art. 1 Abs. 2 knüpft entweder an den Inhalt des Dokumentes (lit. a – h) oder dessen institutionelle Inhaberschaft (lit. i  – l)156 an. Ausgehend vom Forschungsgegenstand der Arbeit beschränkt sich die nachfolgende Untersuchung schwerpunktmäßig die erstgenannte Ausschlusskategorie. Aus der Perspektive des öffentlichen Unternehmens lassen sich hierbei allgemein anwendbare (2) und spezifisch auf öffentliche Unternehmen zugeschnittene Ausschlusstatbestände (3) unterscheiden. Zuvor gilt es jedoch klären, inwiefern die Ausschlussgründe des Informationszugangsrechts die Anwendung des Art. 1 Abs. 2 beeinflussen (1). (1) Das Verhältnis zur informationszugangsrechtlichen Ausschlusssystematik Nicht restlos geklärt ist die Frage, in welcher Beziehung das Ausschlusssystem des Art. 1 Abs. 2 zu den Grenzziehungen des Informationszugangsrechts steht. Vor allem für Befürworter einer offenen Informationspolitik soll durch Art. 1 Abs. 2 eine vollständige Synchronität zu den Grenzen des Informationszugangsrechts geschaffen werden.157 Diese Sichtweise hat zur Folge, dass sich die Weiterverwendungsregeln grundsätzlich nicht als beschränkender „Zusatz-Filter“ auswirken, sondern vielmehr die mitgliedsstaatliche Entscheidung für die Zugangsgewährung reflexartig auch die nachfolgende Weiterverwendung erlaubt. Ein solcher Ansatz überzeugt nur dort, wo die Richtlinie den Ausschlussgrund ausdrücklich an die Reichweite des nationalen Informationszugangsrechts koppelt, vgl. Art. 1 Abs. 2 lit. f. Fehlt eine explizite Bezugnahme, wie im Rahmen des Schutzes von Rechten des geistigen Eigentums nach Art. 1 Abs. 2 lit. c, ist dagegen eine zugangsautonome Anwendung der Ausschlussgründe angezeigt: Insgesamt lässt sich der Richtlinie 2019/1024 (EU) nicht die Aussage entnehmen, dass jede zugänglich gemachte

155

Ebenso Voigt / Sinemus / Liebetanz, Weißbuch der Quadriga Hochschule Berlin, S. 24. So gilt die Richtlinie beispielsweise nicht für Dokumente im Besitz öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten (lit. i) oder Bildungseinrichtungen der Sekundarstufe (lit. k). In der Vergangenheit stieß vor allem der Umfang der institutionell-inhaberschaftlichen Ausschlussregelungen auf heftige Kritik. So wurde Art. 1 Abs. 2 der ursprünglichen PSI-Richtlinie insgesamt als zu weitreichend bewertet, was die Wirkung der PSI-Richtlinie zu stark beschneide, vgl. Schoch, NVwZ 2006, 872. Als Reaktion hierauf haben die institutionell-inhaberschaftlichen Ausschlussgründe durch die Änderungsrichtlinie RL (EU) 2013/37 eine wesentliche Reduktion erfahren: Galt etwa die ursprüngliche PSI-Richtlinie nicht für Dokumente im Besitz von Archiven, Bibliotheken und Museen (vgl. Art. 1 Abs. 2 lit. f der RL 2003/98/EG), wurde dieser Ausschluss mit der RL (EU) 2013/37 vollständig aufgehoben, vgl. Erwägungsgrund 13 der Richtlinie RL (EU) 2013/37. Ausführlich zu der Einbeziehung der Kultureinrichtungen in den Anwendungsbereich der Richtlinie siehe Fischer / Wirtz, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 263 ff.; Richter, IWG, Einl., Rn. 23. 157 Vgl. Wiebe, Open Data in Deutschland und Europa, S. 40. 156

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

Information auch unmittelbar weiterverwendbar sein soll. Art. 1 Abs. 3 besagt lediglich, dass sich die Richtlinie auf die Zugangsregelungen der Union und der Mitgliedstaaten stützt und diese Regelungen unberührt lässt. Über den Rahmen der nachfolgenden Stufe der Weiterverwendung trifft die Vorschrift dagegen keine Aussage. Eine Nivellierung der Ausschlusssystematiken verbietet sich stattdessen bereits angesichts der materiell-inhaltlichen Unterschiede zwischen der Ebene des Informationszugangs und der Ebene der Informationsweiterverwendung.158 Allein die partiell zugangsautonome Interpretation des Art. 1 Abs. 2 als „Zusatz-Filter“ ermöglicht es den Mitgliedsstaaten, die unterschiedlichen Zielschwerpunkte beider Regelungsbereiche interessensgerecht abzubilden und den jeweils spezifischen Gefahrenpotentialen für öffentliche Stellen Rechnung zu tragen. Mögliche Divergenzen im Ausschlusssystem sind daher grundsätzlich hinzunehmen und können allenfalls durch eine überschießende, weiterverwendungsfreundliche Richtlinienumsetzung ausgeglichen werden. Ein solches Ergebnis widerspricht auch nicht dem Kernanliegen der Richtlinie, die Weiterverwendung von Informationen öffentlicher Stellen bestmöglich zu fördern. Nach Art. 3 Abs. 1 gilt die Garantie der unbeschränkten Weiterverwendung ohnehin nur für Dokumente, auf die die Richtlinie gemäß der (Ausschluss-)Regelungen des Artikel 1 anwendbar ist. (2) Allgemein anwendbare Ausschlusstatbestände (a) Schutz von Rechten des geistigen Eigentums Dritter (lit. c) Ein inhaltlicher Ausschlussgrund bezieht zunächst sich auf Dokumente, an denen Rechte des geistigen Eigentums Dritter bestehen (vgl. Art. 1 Abs. 2 lit. c). Die Formulierung „bestehen“ ist dabei grundsätzlich weiter gefasst als das aus dem Informationszugangsrecht bekannte „entgegenstehen“, vgl. § 6 S. 1 IFG.159 Unter „geistigem Eigentum“ werden ausschließlich das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte verstanden.160 Für Dokumente, die von gewerblichen Schutzrechten (Patente, eingetragene Muster und Marken) erfasst werden, gilt die Richtlinie grundsätzlich nicht.161 Damit greift der Ausschlussgrund vor allem bei extern in Auftrag gegebenen Gutachten, Studien und Berichten. Aufgrund der Beschränkung auf Immaterialgüterrechte Dritter sind Dokumente, an denen öffentliche Unternehmen eigene geistige Eigentumsrechte innehaben, grundsätzlich vom Anwendungsbereich der Richtlinie umfasst. Die Erwägungsgründe der Richtlinie stellen jedoch ausdrücklich klar, dass die Richtlinie das Bestehen oder die Inhaberschaft von Rechten öffentlicher Stellen an geistigem Eigentum und die Wahrnehmung die 158 Dagegen Richter, IWG, § 1, Rn. 483, der vielmehr die Wechselwirkungen und den engen Zusammenhang beider Regelungsbereiche betont. 159 Diese Divergenz beklagend Wiebe, Open Data in Deutschland und Europa, S. 41. 160 Erwägungsgrund 54 der Richtlinie RL (EU) 2019/1024. 161 Erwägungsgrund 54 der Richtlinie RL (EU) 2019/1024.

II. Die Vorgaben der Public Sector Information Richtlinie (EU) 2019/1024  

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ser Rechte innerhalb der Grenzen der Richtlinie unangetastet lässt.162 So soll die öffentliche Stelle beispielsweise auch bei einer allgemeinen Zugänglichmachung des Dokumentes das Verwertungsrecht an demselben grundsätzlich behalten.163 Allerdings fordert die Richtlinie öffentliche Stellen im Sinne des Art. 1 Abs. 1 lit. a unverbindlich164 dazu auf, ihre eigenen Urheberrechte auf eine Weise ausüben, die eine Weiterverwendung erleichtert. An öffentliche Unternehmen im Sinne des Art. 1 Abs. 1 lit. b richtet sich dieser Auftrag dagegen ebenso wenig wie das Verbot des Art. 1 Abs. 6, nach dem allein öffentliche Stellen eigene Datenbankherstellerrechte nicht zur Verhinderung oder Einschränkung von Weiterverwendungsmöglichkeiten einsetzen dürfen. (b) Schutz von Geschäftsgeheimnissen (lit. d (ii)) Auch der für öffentliche Unternehmen wesentliche Schutz von Geschäftsgeheimnissen hat in den Ausschlussgründen der PSI-Richtlinie Niederschlag gefunden. Gemäß Art. 1 Abs. 2 lit. d (ii) gilt die Richtlinie nicht für Dokumente, die nach den Zugangsregelungen der Mitgliedsstaaten nicht zugänglich sind, einschließlich aus Gründen des Geschäftsgeheimnisses (z. B. Betriebsgeheimnisse, Berufsgeheimnisse, Unternehmensgeheimnisse). Nähere Erläuterungen oder Begriffsbestimmungen zu diesem Ausschlussgrund liefern sowohl die PSI-Richtlinien als auch deren Erwägungsgründe nicht. Nach der ausdrücklichen Anordnung im Wortlaut ist auch hier der Begriff des Unternehmensgeheimnisses nicht autonom nach dem Verständnis der Richtlinien auszulegen, sondern nach dem jeweiligen Recht der Mitgliedsstaaten. Entsprechend kann für eine Begriffsbestimmung auch nicht die Legaldefinition der Geschäftsgeheimnis-Richtlinie (EU) 2016/943 herangezogen werden. Es stellt sich jedoch die Frage, ob sich der Ausschluss ausschließlich auf Geschäftsgeheimnisse Dritter bezieht oder auch öffentliche Stellen einen eigenen Geschäftsgeheimnisschutz nach Art. 1 Abs. 2 lit. d (ii) für sich beanspruchen können. Das Grünbuch der Kommission ging hierbei noch von dem Verständnis aus, dass der Schutz von Geschäftsgeheimnissen grundsätzlich im Interesse Dritter liegen müsse.165 Der Wortlaut der Richtlinie spricht jedoch anders als bei Art. 1 Abs. 2 lit. c gerade nicht explizit von Geschäftsgeheimnissen Dritter, was dafür spricht, dass der EU-Gesetzgeber eine diesbezügliche Einschränkung hier gerade nicht vornehmen wollte. Betrachtet man überdies den systematischen Zusammenhang 162

Erwägungsgrund 54 der Richtlinie RL (EU) 2019/1024. Erwägungsgrund 57 der Richtlinie RL (EU) 2019/1024. 164 Vgl. Erwägungsgrund 54 der Richtlinie RL (EU) 2019/1024: „Öffentliche Stellen sollten ihre Urheberrechte jedoch auf eine Weise ausüben, die eine Weiterverwendung erleichtert.“ Auch die anderen Sprachfassungen legen eine unverbindliche Empfehlung nahe, vgl. im Englischen: „Public sector bodies should, however, exercise their copyright in a way that facilitates re-use.“, vgl. Wirtz, S. 81. 165 Kommission der Europäischen Gemeinschaften KOM (1998) 585, Grünbuch über die Informationen des öffentlichen Sektors in der Informationsgesellschaft, S. 13. 163

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

zu den anderen genannten Gründen in Art. 1 Abs. 2 lit. d (ii) (Schutz der nationalen Sicherheit, der Verteidigung, der öffentlichen Sicherheit oder der statistischen Geheimhaltung), so wird deutlich, dass auch diese Ausnahmetatbestände ebenfalls von öffentlichen Stellen und nicht allein von privaten Dritten geltend gemacht werden können. Eine Deutung des Art. 1 Abs. 2 lit. d (ii), nach der sich dieser Ausschluss nur auf Geschäftsgeheimnisse Dritter beziehen sollte, steht damit im systematischen Wertungswiderspruch zu den übrigen Varianten des Art. 1 Abs. 2 lit. d und ist mithin abzulehnen. Auch Dokumente oder Teile von Dokumenten, die als Geschäftsgeheimnisse öffentlicher Unternehmen zu qualifizieren sind, sind damit im Ergebnis bereits vom Anwendungsbereich der PSI-Richtlinie ausgeschlossen. Treffen öffentliche Unternehmen besondere Maßnahmen zum Schutz von vertraulichen Geschäftsinformationen (z. B. Schwärzungen, Abtrennungen), können sie diese zudem im Rahmen der Gebührenberechnung nach Art. 6 Abs. 4 UAbs. 2 berücksichtigen. (c) Vertrauliche Informationen über den Schutz kritischer Infrastrukturen (lit. e) Eine Neuerung der aktuellen PSI-Richtlinie ist auch der Ausschluss von vertraulichen Informationen über den Schutz kritischer Infrastrukturen nach Art. 2 lit. d der Richtlinie 2008/114/EG (EKI-Richtlinie), vgl. Art. 1 Abs. 2 lit.  e der Richtlinie (EU) 2019/1024. Ziel der EKI-Richtlinie ist die Stärkung der Prävention, Abwehrbereitschaft und Reaktionsfähigkeit in Europa in Bezug auf terroristische Anschläge gegen so genannte „kritische Infrastrukturen“.166 Kritische Infrastrukturen bezeichnen Anlagen oder Systeme, die von wesentlicher Bedeutung für die Aufrechterhaltung wichtiger gesellschaftlicher Funktionen, der Gesundheit, der Sicherheit und des wirtschaftlichen oder sozialen Wohlergehens der Bevölkerung sind.167 Zu den betroffenen Sektoren zählen unter anderem die Bereiche Energieversorgung, Informations- und Kommunikationstechnologie, Transport und Verkehr oder Wasserversorgung, mithin klassische Bereiche der Daseinsvorsorge.168 Typische Beispiele sind Kraftwerke oder Ölfernleitungen.169 Eine Information ist dann im Sinne der EKI-Richtlinie als vertraulich einzustufen, wenn sie im Fall ihrer Offenlegung zur Planung und Durchführung der Störung oder Zerstörung kritischer Infrastrukturanlagen missbraucht werden kann.170 Entscheidend ist damit allein ihre (Miss-)Brauchbarkeit für terroristische Angriffszwecke. Anders als 166

Erwägungsgrund 1 der RL 2008/114/EG. Vgl. Art. 2 lit. a der RL 2008/114/EG. 168 Vgl. BMI, Nationale Strategie zum Schutz kritischer Infrastrukturen (KRITIS-Strategie) vom 17. 06. 2009, abrufbar unter: https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/ publikationen/themen/bevoelkerungsschutz/kritis.pdf;jsessionid=FA6790A0F2BA95FBD10C 6650CD2E1FF5.2_cid364?__blob=publicationFile&v=3 (zuletzt abgerufen am 16. 07. 2021). 169 Siehe Henze, in: Theobald / Kühling, Energierecht, EnWG, § 12g, Rn. 14 f. 170 Vgl. Art. 2 lit. d der RL 2008/114/EG. 167

II. Die Vorgaben der Public Sector Information Richtlinie (EU) 2019/1024  

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bei Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ist dagegen eine Wettbewerbsrelevanz bei Offenlegung nicht erforderlich. Zwar kann im Einzelfall eine „vertrauliche Information“ auch zugleich ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis darstellen, inhaltliche Überschneidungen sind jedoch nicht zwingend. Aus der Perspektive öffentlicher Unternehmen bildet der Ausschlussgrund des Art. 2 damit grundsätzlich eine begrüßenswerte Erweiterung des Geheimnisschutzes nach Art. 1 Abs. 2 lit. d (ii), wenngleich die Bedeutung des Ausschlussgrundes nach Art. 1 Abs. 2 lit. e in der Praxis eher gering ausfallen wird. (d) Eingeschränkter Informationszugang (lit. f) Ein weiterer inhaltlicher Ausschlussgrund besteht für Dokumente, zu denen der Zugang durch die Zugangsregelungen der Mitgliedstaaten eingeschränkt ist, einschließlich der Fälle, in denen Bürger oder Unternehmen ein besonderes Interesse nachzuweisen haben, um Zugang zu den Dokumenten zu erhalten, vgl. Art. 1 Abs. 2 lit. f. Diese Vorschrift verhindert unter anderem, dass durch die Hintertür des Informationsweiterverwendungsrechts ein Zugang zu Informationen eröffnet wird, die nach mitgliedsstaatlichen Regelungen gerade unter Verschluss bleiben sollen. (e) Schutz von personenbezogenen Daten (lit. h) Auch die neugefasste PSI-Richtlinie soll sich nicht auf den unionsrechtlich oder nationalrechtlich gewährten Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten auswirken.171 Nach Art. 1 Abs. 2 lit. h sind „Dokumente, die nach den Zugangsregelungen der Mitgliedsstaaten aus Gründen des Schutzes personenbezogener Daten nicht oder nur eingeschränkt zugänglich sind“ sowie Teile dieser Dokumente, die nach den Zugangsregelungen zugänglich sind, deren Weiterverwendung aber nicht mit dem Recht über den Schutz natürlicher Personen in Bezug auf die Verarbeitung personenbezogener Daten vereinbar ist, vom Anwendungsbereich der Richtlinien ausgeschlossen. Die Formulierung „einschränkt“ legt dabei ein weites Verständnis der Vorschrift nahe, nach der eine Ausschlusswirkung bereits dann bestehen soll, wenn datenschutzrechtliche Interessen miteinander kollidieren.172 Dieses hohe Schutzniveau ist keine historisch bedingte Selbstverständlichkeit. Es ist vielmehr auf die Änderungsrichtlinie 2013/37 (EU) zurückzuführen, die den Schutz personenbezogener Daten der ursprünglichen Richtlinie 2003/93 (EG) wesentlich erweiterte. Art. 1 Abs. 4 der Richtlinie 2003/98 (EG) stellte damals lediglich klar, dass die Richtlinie keinerlei Auswirkungen auf den Schutz 171

Vgl. Erwägungsgrund 52 der Richtlinie (EU) 2019/1024. Dagegen Wiebe, Open Data in Deutschland und Europa, S. 43, der eine Ausschlusswirkung erst dann bejaht, wenn die Geheimhaltungsinteressen im Falle einer Abwägung im Ergebnis auch überwiegen. 172

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten gemäß den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten habe und insbesondere die Pflichten und Rechte gemäß der Richtlinie 95/46/EG unberührt lasse.173 Die aktuelle PSI-Richtlinie sorgt nun für eine europaweite Vereinheitlichung des Datenschutzniveaus, indem der sie hervorhebt, dass eine Weiterverwendung nur dann zulässig ist, wenn der Grundsatz der Zweckbindung nach Art. 5 Abs. 1 lit. b und Art. 6 der VO (EU) 2016/679 eingehalten wird.174 Zudem soll das Instrument der Anonymisierung von personenbezogenen Daten genutzt werden, um möglichst viele Dokumente weiterverwertbar zu machen.175 Unter Umständen sind bei Entscheidungen über den Umfang und die Bedingungen der Weiterverwendung von Dokumenten des öffentlichen Sektors, die personenbezogene Daten enthalten, auch Datenschutz-Folgenabschätzungen nach Art. 35 der VO (EU) 2016/679 vorzunehmen.176 (3) Spezielle Ausschlusstatbestände für öffentliche Unternehmen Art. 1 Abs. 2 lit. b beinhaltet zwei Ausschlusstatbestände, die speziell auf öffentliche Unternehmen zugeschnitten sind. (a) Außerhalb der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse (lit. b i) Nach Art. 1 Abs. 2 lit. b i) sollen Dokumente im Besitz öffentlicher Unternehmen ausgeschlossen werden, die nicht im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse im Sinne der gesetzlichen oder sonstigen verbindlichen Vorschriften der Mitgliedstaaten erstellt wurden. Die Bedeutung dieses Ausschlussgrundes liegt streng genommen in ihrem Umkehrschluss: Es sollen damit vor allem Dokumente von Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem Interesse betraut sind, in den Anwendungsbereich der PSI-Richtlinie einbezogen werden. Grund für diese Regelung ist, dass jenen Dokumenten ein besonderer Wert für die Schaffung grenzüberschreitender Dienste zukommt.177 Der Begriff der „Dienstleistungen von allgemeinem Interesse“ ist grundsätzlich entwicklungsoffen.178 Gemäß Protokoll Nr. 26 zum Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen

173

Vgl. Erwägungsgrund 11 der Richtlinie (EU) 2013/37. Erwägungsgrund 52 der Richtlinie (EU) 2019/1024. 175 Erwägungsgrund 52 der Richtlinie (EU) 2019/1024. 176 Erwägungsgrund 53 der Richtlinie (EU) 2019/1024. 177 Erwägungsgrund 24 der Richtlinie (EU) 2019/1024. 178 Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Beihilfevorschriften der Europäischen Union auf Ausgleichsleistungen für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse vom 11. 1. 2012, 2012/C 8/02, Abl. C 8/4, Rn. 45. 174

II. Die Vorgaben der Public Sector Information Richtlinie (EU) 2019/1024  

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Union179 reicht er weiter als der in Art. 106 Abs. 2 AEUV verwendete Ausdruck „Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse“, da er sowohl marktbezogene, als auch nicht marktbezogene Dienstleistungen einbezieht, die nach Ansicht der staatlichen Stellen von allgemeinem Interesse und mit besonderen Gemeinwohlverpflichtungen verbunden sind.180 Auch nach dem Wortlaut des Art. 1 Abs. 2 lit. a liegt die Hoheit über die Festlegung der Reichweite des Begriffs der „Dienstleistungen von allgemeinem Interesse“ in den Händen der Mitgliedsstaaten.181 Diesen kommt hierbei grundsätzlich nach Ansicht der Europäischen Kommission ein weiter Ermessensspielraum zu, der allein auf offenkundige Fehler überprüft werden kann.182 Für die Bundesrepublik Deutschland existiert jedoch keine abschließende nationale Definition der „Dienstleistungen von allgemeinem Interesse“.183 Nach der europäischen Entscheidungspraxis sind vor allem Universaldienstleistungen wie die Energieversorgung, Postdienste, Verkehrsleistungen und Telekommunikationsnetze als Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne des Art. 106 Abs. 2 S. 1 AEUV anerkannt.184 Anhaltspunkte für ein divergierendes nationales Verständnis liegen nicht vor, so dass man hiermit letztendlich vor allem die Dienstleistungen der Daseinsvorsorge als erfasst ansehen muss. Dies hat zur Folge, dass sich vor allem kommunale Unternehmen in der Regel nicht auf den Ausschlussgrund des Art. 1 Abs. 2 lit. b i) berufen können.185 (b) Kein Zusammenhang mit dem Wettbewerb ausgesetzten Tätigkeiten (lit. b ii) Ebenso sind gem. Art. 1 Abs. 2 lit. b ii) Dokumente nicht erfasst, die mit unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzten Tätigkeiten zusammenhängen und daher gemäß 179 Konsolidierte Fassung des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union – Protokoll (Nr. 26) über Dienste von allgemeinem Interesse, Amtsblatt Nr. 115 vom 09/05/2008 S. 0308. 180 Europäische Kommission, geänderter Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße, KOM (2005), 319 endgültig vom 20. 07. 2005, S. 4. 181 Die Richtlinie selbst erwähnt lediglich beispielhaft Dienstleistungen „im Bereich der Versorgungsunternehmen“, vgl. Erwägungsgrund 24 der Richtlinie (EU) 2019/1024. 182 Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Beihilfevorschriften der Europäischen Union auf Ausgleichsleistungen für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse vom 11. 1. 2012, 2012/C 8/02, Abl. C 8/4, Rn. 46. 183 Die Rechtsprechung bezieht sich lediglich auf Einzelfälle. So soll in der Entsorgung von Haushaltsabfällen eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse liegen, vgl. BVerwG, Urteil vom 30. 6. 2016 – 7 C 4/15, NVwZ 2016, 1559 (1563). 184 Vgl. Knauff, in: Loewenheim / Meessen / Riesenkampff, Art.  106 AEUV, Rn.  63 f.; BVerwG, Urteil vom 30. 6. 2016 – 7 C 4/15, NVwZ 2016, 1559 (1563). Siehe auch die Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Beihilfevorschriften der Europäischen Union auf Ausgleichsleistungen für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse vom 11. 1. 2012, 2012/C 8/02, Abl. C 8/4, Rn. 45 ff. 185 Buchholz, IR, 2019, 197 (199).

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

Artikel 34 der Richtlinie 2014/25/EU von den Vorschriften für die Auftragsvergabe freigestellt sind. Mit diesem Ausschlussgrund trägt der EU-Gesetzgeber zaghaft186 dem Umstand Rechnung, dass eine Bereitstellung von Informationsmaterial an Konkurrenten für viele öffentliche Unternehmen eine Schädigung der eigenen Wettbewerbsposition nach sich ziehen kann. Um in den Genuss dieses spezifischen Wettbewerbsschutzes zu kommen, müssen die öffentlichen Unternehmen jedoch selbst aktiv werden und nach Art. 35 der Richtlinie 2014/25/EU bei der Kommission eine entsprechende Freistellung von den Voraussetzungen der Richtlinie per Durchführungsbeschluss beantragen. Die positive Freistellungsentscheidung setzt gem. Art. 34 Abs. 1 voraus, dass der Markt keiner Zugangsbeschränkung unterliegt. Dies ist wiederum nach Art. 34 Abs. 3 UAbs. 1 der Fall, wenn der Mitgliedsstaat die in Anhang III der Richtlinie aufgeführten Rechtsvorschriften umgesetzt und angewendet hat. Die Freistellungspraxis der Kommission ist insgesamt sehr großzügig.187 Kritiker verweisen jedoch darauf, dass eine zu umfassende Anwendung der Freistellungsmöglichkeiten der Förderung des digitalen Binnenmarktes (sog. Digital Single Market) entgegenstehen könnte.188 In Deutschland existieren zwei Durchführungsbeschlüsse der Kommission, die Teile des Strom- und Gaseinzelhandels sowie die Erzeugung und den Erstabsatz von aus konventionellen Quellen erzeugtem Strom freistellen.189 Darüber hinaus ist der Markt für Verkehrsdienstleistungen aktuell beschränkungsfrei und damit potentiell freistellungsfähig, eine Freistellung des Marktes für Trinkwasserversorgung erscheint dagegen wenig wahrscheinlich.190 cc) Akzessorietät zum Informationszugangsrecht (Art. 1 Abs. 3) Nach Art. 1 Abs. 3 stützt sich die Richtlinie auf die Zugangsregelungen der Union und der Mitgliedstaaten und lässt diese Regelungen unberührt. Diese Vorschrift sichert die Akzessorietät des Informationsweiterverwendungsrechts zum Informationszugangsrecht.191 Für die Begründung von Zugangsregelungen zu 186

Die Mitgliedsstaaten werden gleichzeitig explizit ermutigt, auf diesen Schutzmechanismus zu verzichten und den Ausschlussgrund nicht ins nationale Recht zu übernehmen, vgl. Erwägungsgrund 19 der Richtlinie (EU) 2019/1024. Diesem Vorschlag ist der nationale Gesetzgeber mit der Einführung des § 3 Nr. 2 DNG nachgekommen, vgl. D. III. 2. d) aa) (2). 187 So wurde in der Vergangenheit lediglich ein Freistellungsgesuch abgelehnt, vgl. Sudbrock, in: Eschenbruch / Optiz / Röwekamp, SektVO, § 140 GWB, Rn. 13. 188 Vgl. Palmetshofer, Open Data, EU öffnet Datensilos des öffentlichen Sektors, Gastbeitrag auf netzpolitik.org vom 12. 04. 2019, abrufbar unter: https://netzpolitik.org/2019/open-data-euoeffnet-datensilos-des-oeffentlichen-sektors/ (zuletzt aufgerufen am 05. 10. 2020); Wiebe, Open Data in Deutschland und Europa, S. 27. 189 Vgl. Durchführungsbeschluss (EU) 2016/1674 der Kommission vom 15. 09. 2016; Durchführungsbeschluss (EU) 2012/218/EU der Kommission vom 24. 04. 2012; Buchholz, IR 2019, 197 (199); Sudbrock, in: Eschenbruch / Optiz / Röwekamp, SektVO, § 140 GWB, Rn. 42. 190 Vgl. Sudbrock, in: Eschenbruch / Optiz / Röwekamp, SektVO, § 140 GWB, Rn. 15–17. 191 Vgl. Buchholz, IR 2019, 197 (199).

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mitgliedsstaatlichen Stellen fehlt der Europäischen Union ohnehin die notwendige Regelungskompetenz.192 Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht ganz unproblematisch, dass im Entstehungsprozess der Richtlinie noch die Schaffung eines originären Zugangsrechts für hochwertige Datensätze diskutiert wurde.193 dd) Zwischenergebnis Die Neufassung der PSI-Richtlinie bezieht vor allem öffentliche Unternehmen der (kommunalen) Daseinsvorsorge in das europäische Weiterverwendungsregime ein. Damit werden Lücken im Anwendungsbereich geschlossen, die bislang vor allem dort entstanden, wo hoheitlich kontrollierte Einrichtungen ausschließlich nicht-gewerblich tätig waren. Auch nach der aktuellen Richtlinienfassung ergeben sich komplexe Abgrenzungsfragen zu „öffentlichen Einrichtungen“. Dabei ist festzuhalten, dass öffentliche Unternehmen richtigerweise erst dann als „öffentliche Einrichtung“ zu behandeln und einzustufen sind, wenn sie schwerpunktmäßig nicht-gewerblich tätig ist. Die Privilegierung des öffentlichen Unternehmens nach der PSI-Richtlinie rechtfertigt sich teleologisch nur in Fällen, in denen das öffentliche Unternehmen wie ein privater Marktakteur gleichberechtigt am Wettbewerbsgeschehen teilnimmt. Die bevorzugte Behandlung von öffentlichen Unternehmen wird vor allem anhand der tendenziell großzügig gefassten, speziellen Ausnahmetatbestände deutlich. Sie rechtfertigt sich unter anderem mit der Fremdkörperstellung öffentlicher Unternehmen im System des Informationsweiterverwendungsrechts.194 Vor diesem Hintergrund sind Stimmen, die die Ausgestaltung der Einbeziehung von öffentlichen Unternehmen als zu unverbindlich und damit „zahnlos“ kritisieren,195 wenig überzeugend. d) Die Gestattung der Weiterverwendung (Das „Ob“ der Nutzung) aa) Grundsatz der freien Weiterverwendung (Art. 3 Abs. 1) Die Richtlinie (EU) 2019/1024 behält die Weiterverwendungsfreundlichkeit ihrer Vorgängerregelung RL (EU) 2013/37 bei: Nach Art. 3 Abs. 1 haben die Mit 192 Vgl. Beyer-Katzenberger, DÖV 2014, 144 (146); Zimmermann, ZUR 2021, 84 (86); Schoch, IFG, Einl., Rn. 166. 193 Vgl. Deloitte / Europäische Kommission, Study to support the review of Directive 2003/98/ EC on the re-use of public sector information, Final Report, S. 315 ff.; Buchholz, IR 2019, 197 (200). 194 Siehe hierzu im Detail unter D. VI. 195 Lämmerhirt, Europe’s proposed PSI Directive: A good baseline for future open data policies?, Blogeintrag der Open Knowledge Foundation vom 21. Juni 2018, abrufbar unter: https://blog.okfn.org/2018/06/21/europes-proposed-psi-directive-a-good-baseline-for-futureopen-data-policies (zuletzt aufgerufen am 05. 10. 2020).

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

gliedsstaaten grundsätzlich sicherzustellen, dass die Dokumente, die gemäß Art. 1 unter den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen, für kommerzielle und nichtkommerzielle Zwecke weiterverwendet werden können. Vorbehaltlich der Ausnahmen des Art. 1 Abs. 2 verleiht die Richtlinie damit jedem potentiellen Nutzer ein Recht auf freie Weiterverwendung von allgemein zugänglich gemachten Informationen. Als „Weiterverwendung“ gilt gemäß Art. 2 Nr. 11 lit. b „die Nutzung – durch natürliche oder juristische Personen – von Dokumenten, die im Besitz […] öffentlicher Unternehmen sind, für kommerzielle oder nichtkommerzielle Zwecke, die sich von dem ursprünglichen Zweck der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, für den die Dokumente erstellt wurden, unterscheiden, abgesehen vom Austausch von Dokumenten zwischen öffentlichen Unternehmen und öffentlichen Stellen ausschließlich im Rahmen der Erfüllung des öffentlichen Auftrags öffentlicher Stellen“.

Das Wesensmerkmal der Weiterverwendung liegt mithin in der Nutzung eines Dokumentes zu Zwecken, die den ursprünglichen Erstellungszweck zur öffent­ lichen Aufgabenerfüllung übersteigen. Diese Klarstellung leuchtet bereits begrifflich ein: Stimmen Erstellungs- und Nutzungszweck vollständig überein, handelt es sich insofern lediglich um eine Verwendung der Information, nicht jedoch um eine Weiterverwendung. Entsprechend stellt auch der Dokumentenaustausch zwischen öffentlichen Unternehmen und öffentlichen Stellen keine Weiterverwendung dar, solange sie sich im Rahmen der öffentlichen Aufgabenerfüllung bewegt. „Zweckentfremdet“ jedoch ein öffentliches Unternehmen oder eine öffentliche Stelle die ausgetauschte Information, liegt eine Weiterverwendung im Sinne der RL (EU) 2019/1024 vor. Auch scheinbar marginale „Zweckentfremdungen“ sollen bereits eine Weiterverwendung begründen, die Richtlinienbestimmungen lassen insoweit für Quantifizierungen und Gewichtungen keinen Raum.196 Die weite Auslegung des Art. 2 Nr. 11 soll vor allem marktverzerrende Quersubventionierungen verhindern.197 Laut Richtlinienbegründung bewegt sich eine Nutzung in der Regel dann außerhalb der öffentlichen Aufgabenerfüllung, wenn das Dokument ausschließlich zu kommerziellen Zwecken und im Wettbewerb mit anderen Marktteilnehmern gegen Gebühr bereitgestellt bzw. erstellt wird.198 In diesem Sinne liegt beispielsweise eine Weiterverwendung vor, wenn ein öffentliches Energieversorgungsunternehmen eigens erstellte Statistiken über den lokalen Energieverbrauch auf seiner Webseite gebührenpflichtig zum Download anbietet.

196

So für die RL (EU) 2013/37 VGH Mannheim, Urteil vom 24. 09. 2013 – 10 S 1695/12, BeckRS 2013, 56880, Rn. 20. 197 Vgl. Erwägungsgrund 22 der Richtlinie (EU) 2019/1024. 198 Vgl. Erwägungsgrund 22 der Richtlinie (EU) 2019/1024.

II. Die Vorgaben der Public Sector Information Richtlinie (EU) 2019/1024  

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bb) Spezieller Erlaubnisvorbehalt für öffentliche Unternehmen (Art. 3 Abs. 2) (1) Der Erlaubnisvorbehalt als Privilegierung öffentlicher Unternehmen Auch wenn öffentliche Unternehmen nach den obigen Ergebnissen dem Anwendungsbereich der PSI-Richtlinie unterfallen, sind sie dem europäischen Weiterverwendungsregime nicht „schutzlos“ ausgeliefert: Viele öffentliche Unternehmen stehen in einer direkten Konkurrenzsituation zu privaten Unternehmen, die wiederum nicht in den Anwendungsbereich der PSI-Richtlinie einbezogen sind. Damit besteht die grundsätzliche Gefahr, dass öffentliche Unternehmen in einem solchen regulatorischen Umfeld strukturell benachteiligt werden.199 Durch zu umfangreiche Weiterverwendungsverpflichtungen könnten öffentliche Unternehmen davor abgeschreckt werden, überhaupt mit finanziellem Mehraufwand Daten zu erheben, was das Ziel der PSI-Richtlinie konterkarieren würde.200 Auch der Richtliniengeber hat diese Gefahr erkannt und sich bewusst gegen eine noch im Gesetzgebungsverfahren angedachte unmittelbare Verpflichtung öffentlicher Unternehmen entschieden.201 Stattdessen hat er besondere, präventiv wirkende, Schutzmechanismen geschaffen, um mögliche Wettbewerbsverzerrungen und den vollständigen Verlust der Datenhoheit öffentlicher Unternehmen zu vermeiden. Das schärfste Schwert zum Schutz öffentlicher Wettbewerbsinteressen ist der Erlaubnisvorbehalt des Art. 3 Abs. 2: „Für […] Dokumente im Besitz öffentlicher Unternehmen stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass diese Dokumente, falls deren Weiterverwendung erlaubt wird [Hervorhebung durch den Verfasser] gemäß Kapitel III und IV für kommerzielle und nichtkommerzielle Zwecke weiterverwendet werden können.“

Art. 3 Abs. 2 suspendiert öffentliche Unternehmen vom allgemeinen Grundsatz der freien Weiterverwendung nach Art. 3 Abs. 1 und gibt ihnen das Recht, selbst über die Gestattung der Weiterverwendung ihrer Dokumente zu entscheiden. Damit privilegiert die PSI-Richtlinie öffentliche Unternehmen ausdrücklich gegenüber öffentlichen Stellen.202 Die Schutzwirkung des Erlaubnisvorbehaltes gewinnt vor allem deshalb an Bedeutung, da nach hiesiger Rechtsauffassung bereits jede Form der proaktiven Veröffentlichung auch einen unmittelbaren Anspruch auf Weiterverwendung begründen soll.203 199

Buchholz, IR, 2019, 197. So auch die Befürchtung der Bundesregierung, die sich im Rahmen der Novellierung der PSI-Richtlinie aus „grundsätzlichen wirtschaftspolitischen Erwägungen“ für ein „Level-Playing-Field“ zwischen privaten und öffentlichen Unternehmen eingesetzt hat, vgl. BT-Drs. 19/7498, S. 3. 200 Vgl. Voigt / Sinemus / Liebetanz, Weißbuch der Quadriga Hochschule Berlin, S. 21. 201 Siehe beispielsweise die strenge „horizontale Lösung“, die öffentliche Unternehmen mit öffentlichen Stellen vollständig gleichstellen sollte, vgl. Deloitte / Europäische Kommission, Study to support the review of Directive 2003/98/EC on the re-use of public sector information, Final Report, S. 307 ff.; Europäische Kommission, Impact Assessment, S. 29. 202 Vgl. Erwägungsgrund 26 der Richtlinie (EU) 2019/1024. 203 Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. 4. 2016  – 7 C 12/14, NVwZ 2016, 1183 f.; Schoch, NVwZ 2006, 872 (875).

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

Bei der Entscheidung über die Erlaubniserteilung zur Weiterverwendung soll insbesondere die Vertraulichkeit der Information nach der RL 2008/114/EG über den Schutz kritischer Infrastrukturen und der RL (EU) 2016/1148 über die Sicherheit von gemeinsamen Netz- und Informationssystemen in der Union berücksichtigt werden.204 Erlaubt das öffentliche Unternehmen die Weiterverwendung der Information, sind die Bedingungen für die Weiterverwendung gemäß der Kapitel III (Gebührenbemessung, Format- und Transparenzvorgaben, Anforderungen an den Erlass von Standardlizenzen) und IV (Nichtdiskriminierung, Verbot von Ausschließlichkeitsvereinbarungen) einzuhalten, wobei innerhalb der einzelnen Kapitel wiederum besondere Privilegierungen für öffentliche Unternehmen bestehen. (2) Die Grenzen der Erlaubniserteilung Öffentlichen Unternehme dürfen nicht vollständig autonom über die Erlaubniserteilung entscheiden. Ihre Grenzen findet die Entscheidungsbefugnis vielmehr dort, wo sich Verpflichtungen der Gestattung aus der PSI-Richtlinie, dem Unionsrecht oder nationalem Recht ergeben.205 Der nationale Gesetzgeber ist daher unionsrechtlich nicht daran gehindert, seine öffentlichen Unternehmen einer vorbehaltlosen Weiterverwendungspflicht zu unterwerfen.206 Im Gegensatz dazu kann sich eine unionsrechtliche Verpflichtung der Weiterverwendung auch aus der PSI-Richtlinie selbst ergeben, namentlich aus dem Gebot der Nichtdiskriminierung nach Art. 11 der Richtlinie. Eine solche Verpflichtung setzt im Wesentlichen voraus, dass die Weiterverwendung bereits zuvor einem einzelnen Dritten gestattet wurde.207 Damit hängt die Wirksamkeit des Erlaubnisvorbehaltes auch von der Auslegung des Begriffs der „Weiterverwendung“ nach Art. 2 Nr. 11 ab. An dieser Stelle ist zu hinterfragen, ob die von der hiesigen Rechtsprechung propagierte weite Interpretation208 nicht für den Umgang mit Dokumenten öffentlicher Unternehmen im Sinne des Art. 2 Nr. 11 lit. b modifiziert und für Quantifizierungen und Qualifizierungen zugänglich gemacht werden muss. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die Effektivität des Erlaubnisvorbehaltes in der Praxis unterlaufen wird und sich das scharfe Schwert der Kontrolle über die eigenen Dokumentenbestände in der Realität als stumpf erweist. 204

Vgl. Erwägungsgrund 26 der Richtlinie (EU) 2019/1024. Vgl. Erwägungsgrund 26 der Richtlinie (EU) 2019/1024. 206 Vgl. Erwägungsgrund 19 der Richtlinie (EU) 2019/1024. An dieser Stelle wird bereits jetzt bei Interessensvertretern die Angst vor einer der Wirtschaft schadenden überschießenden Umsetzung der Richtlinie (sog. „Gold Plating“) laut, vgl. Stellungnahme VKU zur Umsetzung der PSI-Richtlinie: „Wettbewerbsfähigkeit öffentlicher Unternehmen sichern“ vom 08. 04. 2019, S. 2. Näher zum Begriff des „Gold Plating“ im Recht Payrhuber / Stelkens, NVwZ 2018, 195 (196). 207 Vgl. Wirtz, S. 87 f.; Püschel, S. 86. 208 Siehe VGH Mannheim, Urteil vom 24. 09. 2013 – 10 S 1695/12, BeckRS 2013, 56880, Rn. 20. 205

II. Die Vorgaben der Public Sector Information Richtlinie (EU) 2019/1024  

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Ferner gilt der Erlaubnisvorbehalt nicht für hochwertige Datensätze im Sinne der Art. 13 und 14 der RL 2019/1024 (EU). Dies folgt im Umkehrschluss aus der Formulierung des Art. 3 Abs. 2, nach der sich die Weiterverwendung bei Erlaubniserteilung nach den Kapiteln III und IV der Richtlinie richtet. Die in Kapitel V geregelten Vorschriften über „hochwertigen Datensätze“ bleiben damit von dem Erlaubnisvorbehalt des Art. 3 Abs. 2 unberührt. Soweit die Kommission per Durchführungsrechtsakt bestimmte Dokumente als „hochwertig“ eingestuft hat, sind diese grundsätzlich nach Art. 14 Abs. 1 UAbs. 2 kostenlos, in maschinenlesbarem Format und über Anwendungsprogrammierschnittstellen (API), gegebenenfalls sogar als Massen-Download zur Verfügung zu stellen. Bei der Festlegung von hochwertigen Datensätzen hat die Kommission lediglich die Rolle öffentlicher Unternehmen „in einem wettbewerbsbestimmten wirtschaftlichen Umfeld“ besonders zu berücksichtigen, vgl. Art. 14 Abs. 2 S. 4 der RL 2019/1024 (EU). Die Mitgliedsstaaten sind bei der Ausarbeitung des Durchführungsaktes lediglich mittelbar zu beteiligen, vgl. Art. 16 Abs. 1, 2 der RL 2019/1024 (EU) i. V. m. Art. 5 der VO (EG) Nr. 182/2011. cc) Verfahrensanforderungen (Art. 4) Die Erteilung der Weiterverwertungserlaubnis nach den PSI-Richtlinien ist einem formalisierten Verfahren unterworfen. So muss nach Art. 4 Abs. 1 der PSIRichtlinie der Weiterverwendungsinteressent einen entsprechenden Antrag bei der öffentlichen Stelle auf Weiterverwendung und Bereitstellung des Dokumentes stellen.209 Gleiches gilt für den Fall, dass der Antragsteller eine Lizenz für die Nutzung eines Dokumentes der öffentlichen Stelle begehrt. In beiden Konstellationen muss die öffentliche Stelle anschließend innerhalb einer angemessenen Frist, die der Bearbeitung von Anträgen auf Zugang zu Dokumenten entspricht, den Antrag bearbeiten (vgl. Art. 4 Abs. 1). Art. 4 Abs. 2 der PSI-Richtlinie legt fest, dass bei einer fehlenden Fristbestimmung die Bearbeitung des Antrages innerhalb von höchstens 20 Arbeitstagen nach Antragseingang erfolgen soll. Bei besonders umfangreichen oder komplexen Anträgen kann die Frist um weitere 20 Arbeitstage verlängert werden (vgl. Art. 4 Abs. 2 S. 2). Im Falle eines ablehnenden Bescheides hat die öffentliche Stelle nach Art. 4 Abs. 3 S. 1 dem Antragsteller die Gründe für die Ablehnung mitzuteilen. Wird der Antrag aus Gründen des entgegenstehenden geistigen Eigentums Dritter abgelehnt, muss die öffentliche Stelle zusätzlich auf den jeweiligen Rechteinhaber verweisen (vgl. Art. 4 Abs. 3 S. 2). Darüber hinaus muss gemäß Art. 4 Abs. 4 die Entscheidung über die Weiterverwendung eine Rechtsbehelfsbelehrung mit dem Hinweis auf die Möglichkeit der Überprüfung der Entscheidung durch eine unabhängige, mit Fachkenntnis ausgestattete Kontrollinstanz, etwa eine Wettbewerbsbehörde, beinhalten. 209

Vgl. Trosch, S. 218.

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

Diese besondere Überprüfungsmöglichkeit soll nach dem Willen des Richtliniengebers schnellere, effizientere und kostengünstigere Verfahren ermöglichen.210 Werden Anträge auf Weiterverwendung gestellt, haben öffentliche Stellen grundsätzlich die in Art. 4 aufgestellten Verfahrensanforderungen einzuhalten (z. B. Bearbeitungsfristen nach Art. 4 Abs. 2). Nach Art. 4 Abs. 6 lit.  a sind öffentliche Unternehmen jedoch explizit von der Einhaltung dieser Anforderungen befreit. Dies schließt für Dritte nicht die Möglichkeit aus, auch gegenüber öffentlichen Unternehmen Anträge auf Gestattung der Weiterverwendung zu stellen. Im Gegenteil, aufgrund der Konstruktion eines Erlaubnisvorbehaltes nach Art. 3 Abs. 2 werden Weiterverwendungsinteressenten gerade dazu gezwungen sein, dem öffentlichen Unternehmen gegenüber eine Weiterverwendung per Antrag oder unverbindlicher Anfrage zu begehren. Welche Regelungen zur Bearbeitung dieser Anträge gelten sollen, lässt die PSI-Richtlinie grundsätzlich offen.211 e) Die Modalitäten der Weiterverwendung (Das „Wie“ der Nutzung) Nach der Entscheidung über das „Ob“ der Weiterverwendung stellt sich sowohl für den Weiterverwendungspetenten als auch für das öffentliche Unternehmen selbst die Frage nach dem „Wie“ der Weiterverwendung. Im Fokus stehen dabei die rechtlichen Möglichkeiten und Grenzen, die die PSI-Richtlinien einer Festsetzung von allgemeinen Weiterverwendungsbedingungen (aa), einer möglichen Entgelterhebung (bb) oder formal-technischer Vorgaben (cc) setzt. Besonderheiten existieren zudem für die Bereitstellung von „hochwertigen Datensätzen“ im Sinne des Kapitel V der Richtlinie (dd). aa) Inhaltliche Beschränkungsmöglichkeiten Grundsätzlich liegt es in der Hand der öffentlichen Stellen, die Weiterverwendung bedingungsfrei zu gestatten oder, gegebenenfalls im Rahmen einer Lizenz, Bedingungen festzulegen (vgl. Art. 8 Abs. 1). Konkrete positive Vorgaben für die Aufstellung von Bedingungen liefern die PSI-Richtlinien nicht, sondern sie stellen lediglich klar, dass die festgelegten Bedingungen die Weiterverwendungsmöglichkeiten nicht unnötig einschränken oder den Wettbewerb behindern dürfen. Weiterverwendungsbedingungen können einerseits reine Formalitäten wie die Angaben der Quelle und etwaige Änderungen durch den Weiterverwender, andererseits aber

210

Vgl. Erwägungsgrund 28 der Richtlinie (EU) 2013/37; siehe auch Wirtz, S. 133 ff. zu den kompetenzrechtlichen Bedenken der Bundesrepublik Deutschland in Hinblick auf eine möglicherweise dadurch eingeführte unzulässige Mischverwaltung. 211 Buchholz, IR 2019, 197 (200). Angezeigt ist daher die mitgliedsstaatliche Entwicklung von Leitlinien, Handreichungen oder Empfehlungen, siehe hierzu unter D. III. 2. e) cc).

II. Die Vorgaben der Public Sector Information Richtlinie (EU) 2019/1024  

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auch die inhaltliche Reichweite der Haftung, die ordnungsgemäße Verwendung der Dokumente oder Garantie der unveränderten Wiedergabe regeln.212 (1) Allgemeiner Grundsatz der Nichtdiskriminierung (Art. 11 Abs. 1) Gemäß Art. 11 Abs. 1 der RL 2019/1024 (EU) müssen die aufgestellten Weiterverwendungsbedingungen für vergleichbare Kategorien der Weiterverwendung nichtdiskriminierend angewandt werden. Dieser allgemeine Grundsatz steht trotz der missverständlichen systematischen Stellung hinter den Vorgaben für Lizenzen gleichsam „vor der Klammer“ für sämtliche Weiterverwendungsbedingungen. Der Nichtdiskriminierungsgrundsatz aus Art. 11 Abs. 1 ist inspiriert von Wertungen des Europäischen Wettbewerbsrechts, namentlich dem Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung nach Art. 102 Abs. 1 AEUV.213 Der EU-Gesetzgeber geht dabei von der Prämisse aus, dass die öffentliche Hand hinsichtlich ihrer Datenbestände marktbeherrschend ist214 und folglich ihre Informationsmacht nicht missbräuchlich, d. h. diskriminierend und damit wettbewerbsverzerrend, ausüben darf. Der gebührenfreie Informationsaustausch von öffentlichen Stellen untereinander bleibt von dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung unberührt.215 Auch ist es öffentlichen Stellen unbenommen, für die kommerzielle und nichtkommerzielle Weiterverwendung von Dokumenten unterschiedliche Gebührensätze festzulegen.216 (2) Die Festlegung von Nutzungsbedingungen und Standardlizenzen (Art. 8) Die neue RL (EU) 2019/1024 sorgt für ein verschärftes Regel-Ausnahme-­ Verhältnis hinsichtlich des Aufstellens von Bedingungen und der Verwendung von Standardlizenzen: Stand nach Art. 8 Abs. 1 der Vorgängerrichtlinie noch die Möglichkeit der Verwendung von Bedingungen oder Standardlizenzen gleichberechtigt neben der Bedingungsfreiheit der Weiterverwendung, erhebt nunmehr die aktuelle PSI-Richtlinie die Bedingungsfreiheit zum Regelfall, vgl. Art. 8 Abs. 1 n. F.217 Die Verwendung von Bedingungen soll nur noch in begründungsbedürftigen Ausnah-

212 Vgl. Erwägungsgrund 26 der Richtlinie (EU) 2013/37; Erwägungsgrund 17 der Richtlinie (EG) 2003/98. Zu den konkreten Empfehlungen der Kommission hinsichtlich dieser Beispielfragestellungen siehe Europäische Kommission, Leitlinien für empfohlene Standardlizenzen, Datensätze und Gebühren, Abl. C 240, S. 3 f. 213 Drexl, S. 1 (13). 214 Eine These, die angesichts der steigenden Marktmacht von privaten Informationserstellern wie Google mit guten Gründen angezweifelt werden kann, vgl. Drexl, S. 1 (13 ff.). 215 Erwägungsgrund 19 der Richtlinie (EG) 2003/98. 216 Erwägungsgrund 19 der Richtlinie (EG) 2003/98. 217 Vgl. Erwägungsgrund 44 der Richtlinie (EU) 2019/1024.

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

mefällen („es sei denn“) möglich sein, und zwar wenn die Bedingungen objektiv, verhältnismäßig und nichtdiskriminierend sowie durch ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel gerechtfertigt sind. Die Erfüllung dieser Anforderungen soll vor allem durch die Verwendung von (offenen) Standardlizenzen sichergestellt werden. Als taugliche offene Standardlizenz empfiehlt die Kommission in ihren Leitlinien die Verwendung der neuesten Creative Commons (CC) Lizenzen und hier im speziellen die CC0 Public Domain Dedication,218 welche dem Weiterverwender ein besonderes Maß an Flexibilität und Gestaltungsspielraum ermöglicht.219 Darüber hinaus regt die Kommission auch die Entwicklung von eigenen nationalen Standardlizenzen an.220 Verwendet die öffentliche Stelle Standardlizenzen, müssen diese in digitaler Form bereitgestellt und elektronisch verarbeitet werden (Art. 8 Abs. 2). Allerdings dürfen öffentliche Unternehmen auch weiterhin auf die Verwendung von Standardlizenzen verzichten und die Gestattung der Weiterverwendung an die Einhaltung von festgelegten (Einzel-)Nutzungsbestimmungen knüpfen. In den Nutzungsbestimmungen können öffentliche Unternehmen unter anderem einzelfallspezifische Regelungen zur Haftung und zum Schutz personenbezogener Daten treffen. Nutzungsbestimmungen können den Weiterverwender auch zur unveränderten Wiedergabe des Dokumentes oder zur Verwendung eines Quellennachweises verpflichten.221 Ferner schafft der Richtliniengeber einen Anreiz für öffentliche Stellen und öffentliche Unternehmen, auf eine weitreichende Regelung per Nutzungsbestimmungen zu verzichten und die Weiterverwendung bedingungsfrei zu gewähren: Wenn eine öffentliche Stelle oder ein öffentliches Unternehmen Dokumente ohne weitere Bedingungen oder Einschränkungen zur Weiterverwendung zur Verfügung stellt, kann es ihm im Gegenzug gestattet werden, jedwede Haftung in Bezug auf die für die Weiterverwendung verfügbar gemachten Dokumente auszuschließen.222 Zweifelhaft ist, ob hieraus im Umkehrschluss folgt, dass ein vollumfänglicher Haftungsausschluss dann nicht mehr möglich sein soll, wenn das öffentliche Unternehmen im Rahmen von Nutzungsbestimmungen auch nur eine einzelne Weiterverwendungsbedingung aufgestellt hat. Eine solche Auslegung erscheint jedoch angesichts der Tatsache, dass öffentliche Unternehmen hierdurch im Vergleich zu privaten Konkurrenten erhebliche Wettbewerbsnachteile erlitten, unverhält-

218

Siehe https://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/ (zuletzt abgerufen am 28. 06. 2021). Siehe hierzu ausführlich D. III. 2. f) bb) (2) (c) (aa). 219 Vgl. Europäische Kommission, Leitlinien für empfohlene Standardlizenzen, Datensätze und Gebühren, Abl. C 240, S. 2. 220 Vgl. Wirtz, S. 138. Beispiele für nationale Standardbedingungen sind etwa die „Allgemeinen Bedingungen zur Nutzung von Verkehrs- und Mobilitätsdaten“ vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur. Abrufbar unter: http://www.mobilitaet-in-deutschland. de/pdf/BMVI_Allgemeine_Bedingungen_zur_Nutzung_von_Daten.pdf (zuletzt aufgerufen am 08. 04. 2020). 221 Vgl. Erwägungsgrund 44 der Richtlinie (EU) 2019/1024. 222 Vgl. Erwägungsgrund 44 der Richtlinie (EU) 2019/1024.

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nismäßig und ist im Ergebnis abzulehnen. Insgesamt ist zu beklagen, dass Art. 8 anders als andere Vorschriften der PSI-Richtlinie (vgl. Art. 14 oder Art. 6) keine speziellen Privilegierungen oder Differenzierungen für öffentliche Unternehmen vorsieht, sondern letztere vielmehr mit nicht gewerblich tätigen öffentlichen Stellen gleichstellt. Der rechtlich unverbindliche223 Hinweis in den Erwägungsgründen, auf die Wettbewerbssituation der öffentlichen Unternehmen besonders Rücksicht zu nehmen,224 greift hierbei zu kurz. Art. 8 würdigt damit insgesamt die informationsrechtlich besonders vulnerable Situation des öffentlichen Unternehmens als Marktakteur nur unzureichend. (3) Der Abschluss von Ausschließlichkeitsvereinbarungen (Art. 12) Art. 12 regelt die Zulässigkeit von Ausschließlichkeitsvereinbarungen. Ausschließlichkeitsvereinbarungen sind ein im Wirtschaftsverkehr häufig genutztes Instrumentarium zur Herstellung von Exklusivität. Dass der Sicherstellung von Exklusivität vor allem auf dem Informationsmarkt eine wesentliche Bedeutung zukommt, liegt auf der Hand: Grundsätzlich bemisst sich der ökonomische Wert einer Information nach der Anzahl an Personen, die Zugriff auf sie haben.225 Parallel zum Urheber-, Marken oder Patentrecht wird hierbei von der Prämisse ausgegangen, dass ein beschränkter Zugang zu einer Information den Wert für den Ersteller wie für die ausgewählten Zugangsberechtigten konserviert.226 Erst durch die Schaffung oder Erhaltung von Exklusivität wird die Information „zu einem Gut, mit dem Gewinne erzielt werden können“.227 Die öffentliche Hand als Informationsanbieter kann mithin ihre Datenbestände nur dort marktgerecht kommerzialisieren, wo ihr Möglichkeiten zur Gewährung von exklusiven Nutzungs- und Verwertungsrechten offenstehen.228 Fehlen diese Möglichkeiten, laufen öffentliche Informationen sogar Gefahr, nahezu nutz- und wertlos zu werden, da aus Nachfrageperspektive häufig ein dringendes Bedürfnis nach informationeller Exklusivität besteht: Ausschließlichkeitsklauseln können gerade in der Anfangsphase von Projekten dazu dienen, einen notwendigen Entwicklungs- und Innovationsschutz sicherzustellen.229 So soll vor allem die Entwicklung und Umsetzung innovativer Projekte auf lokaler Ebene

223

So die ständige Rechtsprechung des EuGH zu der Wirkungskraft von Erwägungsgründen, vgl. Urteil vom 19. 6. 2014, Rs. C-345/13, EuZW 2014, 703 ff., Rn. 31– Karen Millen Fashions; EuGH, Urteil vom 24. 11. 2005, Rs. C-136/04, Slg. I-10095, Rn. 32 – Deutsches Milchkontor. 224 Vgl. Erwägungsgrund 47 der Richtlinie (EU) 2019/1024. 225 Spiecker gen. Döhmann, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 585 (590 f.). 226 Spiecker gen. Döhmann, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 585 (590 f.). 227 Hornung, in: Towfigh et al.: Recht und Markt (2009), S. 75 (78). 228 Püschel, S. 51 ff.; Weber, Recht auf Informationszugang, S. 44 f. 229 Drexl, S. 1 (18) mit Verweis auf EuGH, Urteil vom 08. 06. 1982, Rs. 258/78, Slg. 1982, 2015 ff. – L. C. Nungesser KG and Kurt Eisele / Commission.

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

maßgeblich von den Möglichkeiten zum Abschluss von Ausschließlichkeitsvereinbarungen abhängig sein.230 Gleichzeitig hat jedoch der Abschluss von Ausschließlichkeitsvereinbarungen nicht nur eine wirtschaftsfördernde, sondern auch eine erhebliche wettbewerbsbeschränkende Wirkung: Exklusivitätsvereinbarungen erzeugen oder verfestigen Informationsmonopole und bergen damit ein hohes Diskriminierungspotential. Im Informationsfreiheitsrecht bewirkt eine Ausschließlichkeitsvereinbarung schlussendlich stets eine Form der „künstlichen Verknappung“, die allein finanziellen Interessen dient, da die Information als solche grundsätzlich unbegrenzt und zu geringen Kosten reproduziert werden kann.231 In ihrer wettbewerbsbeschränkenden Wirkung verstoßen Ausschließlichkeitsvereinbarungen auch grundsätzlich gegen den Leitgedanken der PSI-Richtlinie, dass grundsätzlich die Informationen allen Marktteilnehmern zu gleichen Bedingungen zugänglich sein sollen.232 Die Ausschließlichkeitsvereinbarung ist mithin notwendiges Exklusivitätsvehikel und wettbewerbsbeschränkender Diskriminierungshebel zugleich. Zur Auflösung dieses Spannungsfeldes findet die aktuelle PSI-Richtlinie einen Kompromiss: Nach Art. 12 Abs. 1 S. 2 dürfen Verträge oder sonstige Vereinbarungen zwischen öffentlichen Stellen, die im Besitz der Dokumente sind, und Dritten keine ausschließlichen Rechte gewähren. Das Verbot von Ausschließlichkeitsvereinbarungen soll einerseits verhindern, dass einzelne Weiterverwender unter Verstoß gegen den Nichtdiskriminierungsgrundsatz bevorzugt behandelt werden. Andererseits soll es bestehende Informationsmonopole aufbrechen und dadurch zu einer allgemeinen Öffnung des Informationsmarktes beitragen.233 Das Verbot des Art. 12 Abs. 1 gilt jedoch nicht absolut. Art. 12 Abs. 2 S. 1 lässt ausnahmsweise den Abschluss einer Ausschließlichkeitsvereinbarung zu, wenn diese für die Bereitstellung eines Dienstes im öffentlichen Interesse erforderlich ist. Fraglich ist, welcher Maßstab bei der Auslegung des Merkmals der „Erforderlichkeit“ anzulegen ist. In Bezug auf nicht-kommerziell tätige öffentliche Stellen liegt zunächst ein enges Verständnis der Ausnahmevorschrift nahe. Die Voraussetzung für die Annahme einer „Erforderlichkeit“ könnte darin bestehen, dass eine Form von „Marktversagen“ den Abschluss einer Ausschließlichkeitsvereinbarung notwendig macht. Eine Erforderlichkeit im öffentlichen Interesse soll daher beispielsweise dann zu bejahen sein, wenn kein kommerzieller Verleger die Information ohne ein solches 230 Vgl. Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Vorschlag der Neufassung der PSI-Richtlinie, (COM(2018) 234 final – 2018/0111 (COD); COM(2018) 232 final), S. 7. 231 Püschel, S. 344 ff. Zur Gefahr der Bündelung von Informationsmacht siehe Hopf, RiA 2007, 109 (110). 232 Vgl. Richter, IWG, § 3a, Rn. 6. 233 Vgl. VGH Mannheim, Urteil  vom  7. 5. 2013  –  10 S 281/12, GRUR 2013, 821 (828); ­Kirchberg, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffent­lichen Hand  – Zugang und Nutzung, S. 277 (286); Richter, IWG, § 3a, Rn. 6; Drexl, S. 1 (18).

II. Die Vorgaben der Public Sector Information Richtlinie (EU) 2019/1024  

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ausschließliches Recht veröffentlichen würde.234 Diese Argumentation greift jedoch insgesamt zu kurz, da sie sich nur auf die Nachfrageperspektive stützt. Wie oben dargestellt, kann der Abschluss von Ausschließlichkeitsvereinbarungen auch für den öffentlichen Informationsanbieter von zentraler wirtschaftlicher Bedeutung sein. Gerade öffentliche Unternehmen können zum Erhalt ihrer Wettbewerbsfähigkeit auf Möglichkeiten zur exklusiven Informationskommerzialisierung angewiesen sein. Das Merkmal der „Erforderlichkeit im öffentlichen Interesses“ ist vor diesem Hintergrund für öffentliche Unternehmen grundsätzlich weit auszulegen.235 In jedem Fall muss die Erforderlichkeit für die zeitliche Geltung der Ausschließlichkeitsvereinbarung fortbestehen. Dies stellt die RL 2019/1024 (EU) dadurch sicher, dass der Grund für die Erforderlichkeit im öffentlichen Interesse nach Art. 12 Abs. 2 S. 2 regelmäßig, mindestens jedoch alle drei Jahre, zu überprüfen ist.236 Von Art. 12 unbeantwortet bleibt dagegen die Frage, nach welchen Maßstäben eine Ausschließlichkeitsvereinbarung getroffen werden darf, wenn mehrere Interessenten eine solche begehren und mithin die öffentliche Stelle eine Auswahlentscheidung treffen muss.237 In diesen Konstellationen bietet sich die entsprechende Anwendung vergaberechtlicher Maßstäbe und Regelungen an.238 Auch im Rahmen von Art. 12 der RL (EU) 2019/1024 existieren besondere Transparenz- und Verfahrensanforderungen: Die am oder nach dem 16. Juli 2019 getroffenen Ausschließlichkeitsvereinbarungen sind spätestens zwei Monate vor ihrem Inkrafttreten online zugänglich zu machen (vgl. Art. 12 Abs. 2). Für bereits bestehende Ausschließlichkeitsvereinbarungen von öffentlichen Unternehmen, die nicht im öffentlichen Interesse erforderlich sind, ordnet Art. 12 Abs. 5 UAbs. 2 eine Beendung mit Vertragsablauf, spätestens jedoch am 17. Juli 2049 an. bb) Die Erhebung von Gebühren und Entgelten (Art. 6) Die PSI-Richtlinien legen seit jeher keine konkreten Einzelheiten zur Gebührenberechnung fest. Sie determinieren lediglich eine Obergrenze, bis zu welcher die Gebühren- bzw. Entgelterhebung zulässig sein soll. Zur Bestimmung dieser Obergrenze legen die PSI-Richtlinien zwei Berechnungsmethoden zu Grunde: Die Grenzkostenmethode, nach welcher die zulässige Höchstgebühr auf die durch Reproduktion, Bereitstellung und Verbreitung verursachten Grenzkosten beschränkt ist,239 234

Vgl. Erwägungsgrund 20 der Richtlinie (EG) 2003/98; Wirtz, S. 142; Altmeppen / Kahlen, MMR 2006, 499 (501). 235 Zu den Einzelheiten im Rahmen des DNG siehe D. III. 2. f) bb) (3). 236 Siehe zum nationalen Evaluierungsverfahren nach § 3 Abs. 4 S. 3 IWG VGH Mannheim, Urteil vom 07. 05. 2013 – 10 S 281/12, GRUR 2013, 821 (828). 237 Vgl. Drexl, S. 1 (18). 238 Vgl. Drexl, S. 1 (18). 239 Vgl. Europäische Kommission, Leitlinien für empfohlene Standardlizenzen, Datensätze und Gebühren, Abl. C 240, S. 6.

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und die Kostendeckungsmethode, nach der für die Einnahmenerzielung neben den Gesamtkosten der Erfassung, Erstellung, Reproduktion und Verbreitung auch eine angemessene Gewinnspanne veranschlagt werden darf.240 (1) Der historische Hintergrund Die Frage, inwieweit öffentliche Stellen die Weiterverwendung ihrer Dokumente kommerzialisieren dürfen, gehörte stets zu den umstrittensten der noch jungen PSIRichtlinien. Betrachtet man die historische Entwicklung Entgeltdiskussion, lässt sich jedoch beobachten, dass der Richtliniengeber insgesamt zunehmend die Etablierung nutzerfreundlicher Gebührenerhebungsmodalitäten forciert: Die RL (EG) 2003/98 ordnete in Art. 6 noch pauschal die Anwendung der Kostendeckungsmethode für alle öffentliche Stellen an. Die Anwendung der Grenzkostenmethode wurde den Mitgliedsstaaten lediglich nahegelegt.241 Der Vorstoß der Kommission, die standardmäßige Anwendung des Grenzkostenmodells zu etablieren, scheiterte schlussendlich am Widerstand der Mitgliedsstaaten trotz verschiedener Studien, die auf die Vorteilhaftigkeit dieses Modells hinwiesen.242 Auch der Kommissionsvorschlag, den öffentlichen Stellen die Beweislast über die Einhaltung der Grundsätze der Kostenorientierung aufzuerlegen, konnte sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht durchsetzen.243 Nichtsdestoweniger wurde die Einführung der Kostendeckungsmethode als Kompromiss gewertet, der die öffent­ liche Hand zur Bereitstellung von Dokumenten zur Weiterverwendung animieren sollte, ohne dabei aus Nutzersicht die grundsätzlich angestrebte Niedrigschwelligkeit des Weiterverwendungsangebotes in Frage zu stellen.244 Stimmen aus der Literatur bemängelten freilich, dass es die Richtlinie versäumte, den Begriff des „angemessenen Gewinns“ näher zu konkretisieren.245

240 Vgl. Europäische Kommission, Leitlinien für empfohlene Standardlizenzen, Datensätze und Gebühren, Abl. C 240, S. 7. 241 Erwägungsgrund 14 der Richtlinie (EG) 2003/98. 242 Wirtz, S. 89 m. w. N. 243 Vgl. Trosch, S. 226; Wirtz, S. 9 2 f. 244 Vgl. Püschel, S. 272; Trosch, S. 227. Gleichzeitig müsse jedoch die Anreizwirkung der öffentlichen Hand ausgeschlossen werden, allgemein anfallende Kosten der Verwaltung im Rahmen einer internen Quersubventionierung per Gebührenerhebung umzulegen. Damit die Erstellungskosten berücksichtigungsfähig sind, ist daher ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Erstellung und Bereitstellung der Dokumente zu fordern, vgl. Trosch, S. 228. 245 So entwickelten sich unterschiedliche Lösungsansätze in der Literatur. Etwa regt Püschel, S. 273 f. als Kontrollmaßstab die Heranziehung von Kriterien der Gebührenkontrolle auf ehemaligen staatlichen Monopolmärkten oder im Rahmen eines Kontrahierungszwanges an. Steuer­ finanzierte Tätigkeiten sollen nach seiner Auffassung nie in die Berechnung eines angemessenen Gewinns einbezogen werden. Trosch, S. 229 f., plädiert dagegen für einen weiten Zulässigkeitsmaßstab und fordert als Grenze, dass durch die Gebühr die wirtschaftliche Weiterverwendung nicht unmöglich gemacht werden darf.

II. Die Vorgaben der Public Sector Information Richtlinie (EU) 2019/1024  

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Mit der RL (EU) 2013/37 änderte sich die von dem Richtliniengeber verfolgte Zielsetzung: Sollte die RL (EG) 2003/98 noch vorrangig der Vermeidung von Diskriminierungen und Wettbewerbsverzerrungen dienen,246 erfolgte die Novellierung der Richtlinie unter der Prämisse, dass eine möglichst kostengünstige Weitergabe von Informationen den Informations- und Innovationsmarkt stimuliert.247 Entsprechend rückte die RL (EU) 2013/37 von der grundsätzlichen Anwendung der Kostendeckungsmethode ab und etablierte das nutzerfreundliche Grenzkostenmodell in Art. 6 Abs. 1 a. F. als Regelfall.248 Die durch die Grenzkostenmethode abbildbaren Kostenpunkte beziehen sich im Wesentlichen auf die Datenverteilung, konkret die Kosten für Infrastruktur (Softwarepflege, Netzanbindung), Abwicklung (Auftragsbearbeitung) und Beratung (Telefongespräche und E-Mail-Korrespondenz, Lieferung (Portokosten).249 Diese Kostenpunkte tendieren zumindest bei einer Online-Bereitstellung von Dokumenten in Datenbanken regelmäßig gegen Null.250 Vor diesem Hintergrund trag die Hinwendung zum Grenzkostenmodell in der Literatur auf gemischte Resonanz. Manche Vertreter begrüßten die Implementierung des Grenzkostenmodells vor dem Hintergrund der Schaffung von Innovationsanreizen.251 Andere Stimmen warnten dagegen vor einer wett­ bewerbsbeschränkenden Wirkung von künstlich niedrig gehaltenen Gebühren und befürchteten, dass eine weitgehende Versagung von Einnahmenerzielungsmöglichkeiten öffentlichen Stellen den Anreiz zur umfangreichen Informationsgewinnung und -aufbereitung nehme.252 (2) Der Grundsatz der Kostenfreiheit (Art. 6 Abs. 1) Die aktuelle Richtlinie 2019/1024 (EU) führt das historisch gewachsene Programm zur Ausweitung nutzerfreundlicher Gebührensetzungsmodalitäten radikal fort, indem es erstmals explizit die kostenfreie Weiterverwendung von Dokumenten zum Regelfall erhebt, vgl. Art. 6 Abs. 1. Der kostenlose Zugang zur Weiterverwendung soll vor allem etwaige Markteintrittsschranken für Start-Ups sowie kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) abbauen.253 Die Gebührenerhebung nach dem 246

Etwa indem durch die Kommerzialisierung von Verwaltungsinformationen unangemessene Gewinne erzielt oder Entgelte willkürlich festgelegt werden. 247 Vgl. Richter, IWG, § 5, Rn. 2, 15 ff. 248 Eine Pflicht zur Gebührenerhebung war damit jedoch nicht verbunden, auch die Gestattung der Weiterverwendung „zum Nulltarif“ blieb weiterhin möglich, vgl. Europäische Kommission, Leitlinien für empfohlene Standardlizenzen, Datensätze und Gebühren, Abl. C 240, S. 7; Erwägungsgrund 24 der Richtlinie (EU) 2013/37. 249 Vgl. Europäische Kommission, Leitlinien für empfohlene Standardlizenzen, Datensätze und Gebühren, Abl. C 240, S. 7. 250 Vgl. Europäische Kommission, Leitlinien für empfohlene Standardlizenzen, Datensätze und Gebühren, Abl. C 240, S. 7; Beyer-Katzenberger, DÖV 2014, 144 (150). 251 So etwa Wiebe / Ahnefeld, CR 2015, 199 (205). 252 Vgl. Drexl, S. 1 (15 f.); Beyer-Katzenberger, DÖV 2014, 144 (150). 253 Vgl. Erwägungsgrund 36 der Richtlinie (EU) 2019/1024.

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

Grenzkostenmodell soll vorbehaltlich der Befreiungen des Art. 6 Abs. 2 nur ausnahmsweise zur Kompensation notwendiger Anonymisierungs- und Geheimhaltungsmaßnahmen oder eines übermäßigen Bearbeitungsaufwandes zulässig sein. 254 (3) Die Befreiung von öffentlichen Unternehmen (Art. 6 Abs. 2 lit. c) Die Pflicht zur überwiegend kostenfreien Weitergabe eigenen Informationsmaterials würde öffentliche Unternehmen in einem wettbewerbsbestimmten wirtschaftlichen Umfeld erheblich benachteiligen.255 Aus diesem Grund privilegiert Art. 6 Abs. 2 lit. c öffentliche Unternehmen und befreit sie vom strengen Postulat der kostenfreien Weiterverwendung.256 Anders als nach Art. 6 Abs. 2 lit. a, b der RL 2013/37/EU muss das öffentliche Unternehmen hierfür nicht explizit geltend machen, dass die Einnahmenerzielung zur Kostendeckung der Auftragserfüllung oder der Generierung der Information selbst erforderlich ist.257 Nach der Konzeption der RL (EU) 2019/1024 soll auch die Grenzkostenmethode auf öffentliche Unternehmen nicht standardmäßig Anwendung finden. Stattdessen erlaubt Art. 6 Abs. 4 ausdrücklich die Anwendung des Kostendeckungsmodells: „In den in Absatz 2 Buchstaben a und c genannten Fällen werden die Gesamtkosten nach objektiven, transparenten und nachprüfbaren Kriterien berechnet. Diese Kriterien werden durch die Mitgliedstaaten festgelegt. Die Gesamteinnahmen aus der Bereitstellung von Dokumenten und der Gestattung ihrer Weiterverwendung in dem entsprechenden Abrechnungszeitraum dürfen die Kosten ihrer Erfassung, Erstellung, Reproduktion, Verbreitung und Datenspeicherung, zuzüglich einer angemessenen Gewinnspanne, sowie  – gegebenenfalls  – der Anonymisierung personenbezogener Daten und Maßnahmen zum Schutz vertraulicher Geschäftsinformationen nicht übersteigen. […]“.

Bei der Anwendung der Kostendeckungsmethode ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Umfang der Gesamteinnahmen naturgemäß im Vorhinein nicht feststehen kann und daher auf Grundlage der potentiellen Weiterverwendungsnachfrage oder etwaiger Referenz-Datensätze geschätzt werden muss.258 Als Kosten 254 Denkbar sind etwa Konstellationen, in denen die Erfüllung des Weiterverwendungsanspruchs eine besonders ausführliche Suche oder äußerst kostenaufwändige Formatänderungen voraussetzt, vgl. Erwägungsgrund 36 der Richtlinie (EU) 2019/1024. 255 Vgl. Erwägungsgrund 36 der Richtlinie (EU) 2019/1024. 256 Die Mitgliedsstaaten sind jedoch nach wie vor befugt, auf diese Privilegierungen zu verzichten und öffentliche Unternehmen dazu zu verpflichten, die Weiterverwendung „zum Nulltarif“ zu gestatten, vgl. Erwägungsgrund 39 der Richtlinie (EU) 2019/1024. 257 Dies gilt freilich nicht für nicht-gewerblich tätige öffentliche Einrichtungen. Diese müssen nach Art. 6 Abs. 2 lit. a weiterhin geltend machen, dass ihr Auftrag die Erzielung von Einnahmen erfordert, um einen wesentlichen Teil ihrer Kosten im Zusammenhang mit der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufträge zu decken. 258 Vgl. Europäische Kommission, Leitlinien für empfohlene Standardlizenzen, Datensätze und Gebühren, Abl. C 240, S. 8.

II. Die Vorgaben der Public Sector Information Richtlinie (EU) 2019/1024  

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elemente kommen vor allem Kosten der Datenerstellung, der Qualitätskontrolle und der Kodierung sowie das Sammeln und Sortieren von Daten in Betracht.259 Für öffentliche Unternehmen dürfte jedoch vor allem die Erhebung eines „angemessenen Gewinns“ bedeutsam sein. Die zuvor herrschende Diskussion über die Frage, was unter einer „angemessenen Gewinnspanne“ zu verstehen ist,260 hat sich mit der neuen PSI-Richtlinie erledigt. In Art. 2 Nr. 16 wird per Legaldefinition bestimmt, dass eine „angemessene Gewinnspanne“ einen Prozentsatz der Gesamtkosten beschreibt, der über den zur Deckung der einschlägigen Kosten erforderlichen Betrag hinausgeht. Damit soll die Deckung der Kapitalkosten und die Einbeziehung einer realen Rendite ermöglicht werden.261 Da die Kapitalkosten eng an die Zinssätze der Kreditinstitute gekoppelt sind, die wiederum von den Festzinssätzen der Europäischen Zentralbank (EZB) für Hauptrefinanzierungsgeschäfte abhängen, darf dieser Prozentsatz jedoch höchstens fünf Prozentpunkte über dem von der EZB festgelegten Zinssatz liegen.262 Damit greift der EU-Gesetzgeber die bereits zuvor in den Leitlinien der Kommission vertretene263 Begriffsbestimmung auf. Unklar bleibt in diesem Zusammenhang, ob öffentliche Unternehmen über den Begriff der „angemessenen Gewinnspanne“ auch Risikoaufschläge (z. B. für das allgemeine Geschäftsrisiko) geltend machen können. Die RL (EU) 2019/1024 schweigt grundsätzlich zu dieser Frage. Die Kommission spricht sich dagegen in ihren Leitlinien grundsätzlich gegen die Berücksichtigungsfähigkeit von Risikoaufschlägen aus. Sie erkennt zwar an, dass Risikoaufschläge auf vergleichbaren Märkten bei kommerziell agierenden Wirtschaftsteilnehmern durchaus üblich sind, sie verwehrt öffentlichen Stellen jedoch die Geltendmachung eines Risikoaufschlages mit dem Argument, dass die Informationsproduktion ohnehin Teil des zu erfüllenden öffentlichen Auftrages sei.264 Die Kommission nimmt auf diese Weise wissentlich in Kauf, dass die Gewinnspanne von öffentlichen Stellen in der Regel insgesamt niedriger sein wird als bei kommerziell agierenden Marktteilnehmern.265 Im Gegensatz dazu sollen sich Kultureinrichtungen im Sinne des Art. 6 Abs. 2 lit. b bei der Berechnung einer angemessenen Gewinnspanne an den im Privatsektor üblichen Preisen für die Weiterverwendung identischer oder ähn-

259 Vgl. Europäische Kommission, Leitlinien für empfohlene Standardlizenzen, Datensätze und Gebühren, Abl. C 240, S. 8. 260 Siehe hierzu Püschel, S. 237 f.; Trosch, S. 229 f. 261 Vgl. Erwägungsgrund 37 der Richtlinie (EU) 2019/1024. 262 Vgl. Erwägungsgrund 37 der Richtlinie (EU) 2019/1024; Voigt / Sinemus / Liebetanz, Weißbuch der Quadriga Hochschule Berlin, S. 21. 263 Vgl. Europäische Kommission, Leitlinien für empfohlene Standardlizenzen, Datensätze und Gebühren, Abl. C 240, S. 9. 264 Vgl. Europäische Kommission, Leitlinien für empfohlene Standardlizenzen, Datensätze und Gebühren, Abl. C 240, S. 9. 265 Vgl. Europäische Kommission, Leitlinien für empfohlene Standardlizenzen, Datensätze und Gebühren, Abl. C 240, S. 9.

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

licher Dokumente orientieren dürfen.266 Kultureinrichtungen werden damit in die Lage versetzt, zumindest mittelbar extern eingepreiste Risikoaufschläge selbst geltend machen zu können. Dieser Grundsatz muss richtigerweise auch für öffentliche Unternehmen gelten, die mit ihren privaten Konkurrenten unter gleichen Bedingungen im Wettbewerb agieren. Wären öffentliche Unternehmen an der Berücksichtigung von Risikoaufschlägen gehindert, erlitten sie im Vergleich zu ihren privaten Wettbewerbern einen klaren Wettbewerbsnachteil. Dieses Ergebnis kann von der RL (EU) 2019/1024 nicht gewollt sein. Im Gegenteil, die Richtlinie betont selbst (zu Recht), dass bei der Festsetzung der Entgeltmodalitäten die „Rolle öffentlicher Unternehmen in einem wettbewerbsbestimmten wirtschaftlichen Umfeld“ anerkannt werden müsse.267 Aus diesem Grund sind die Ausführungen der Kommission in den Leitlinien allein so zu verstehen, dass sie sich ausschließlich auf nicht-gewerblich handelnde öffentliche Stellen beziehen und damit die Berücksichtigungsfähigkeit eines Risikoaufschlages für öffentliche Unternehmen unberührt lassen. Weitere entgeltrechtliche Privilegierungen für öffentliche Unternehmen bestehen im Rahmen der Bereitstellung von hochwertigen Datensätzen, vgl. Art. 6 Abs. 6 lit. a i. V. m. Art. 14 Abs. 3.268 (4) Transparenzanforderungen (Art. 7) Neben den inhaltlichen Vorgaben des Art. 6 enthält Art. 7 spezifische Transparenzanforderungen zur Gebührenberechnung. Bei einer Gebührenerhebung aufgrund von standardisierten Weiterverwendungsbedingungen sind die Gebührenhöhe und die Berechnungsgrundlage der Gebührenerhebung im Voraus festzulegen und – soweit möglich und sinnvoll – in elektronischer Form zu veröffentlichen, vgl. Art. 7 Abs. 1.269 Für individuell festgelegte Gebühren erstreckt sich die a priori bestehende Veröffentlichungspflicht nur auf die angewendeten Berechnungsfaktoren, vgl. Art. 7 Abs. 2. cc) Formal-technische Anforderungen an die Datenbereitstellung (Art. 5) Dokumente sind vor allem dann im Sinne der PSI-Richtlinie weiterverwendbar, wenn sie nutzergerecht aufbereitet vorliegen. Entsprechend legt Art. 5 der 266 Vgl. Europäische Kommission, Leitlinien für empfohlene Standardlizenzen, Datensätze und Gebühren, Abl. C 240, S. 9; Erwägungsgrund 23 der Richtlinie (EU) 2013/37. 267 Erwägungsgrund 36 der Richtlinie (EU) 2019/1024. 268 Siehe hierzu D. II. 2. e) dd) (2). 269 Nach dem Willen des Richtliniengebers soll die Transparenzpflicht der allgemeinen Klarheit und öffentlichen Verfügbarkeit standardisierter Weiterverwendungsbedingungen dienen, vgl. Erwägungsgrund 15 der RL (EG) 2003/98.

II. Die Vorgaben der Public Sector Information Richtlinie (EU) 2019/1024  

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RL (EU) 2019/1024 verbindliche Bereitstellungsmodalitäten fest, die eine Weiterverwendung von Dokumenten erleichtern sollen.270 So stellen öffentliche Stellen und öffentliche Unternehmen nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 „ihre Dokumente in allen vorhandenen Formaten und Sprachen und, soweit möglich und sinnvoll, auf elektronischem Wege in offenen und maschinenlesbaren, zugänglichen, auffindbaren und weiterverwendbaren Formaten mit den zugehörigen Metadaten zur Verfügung.“

Was unter „offenen“ und „maschinenlesbaren“ Formaten zu verstehen ist, definiert die Richtlinie (EU) 2019/1024 in Art. 2 Nr. 13 und 14.271 Durch die Einhaltung dieser Qualitätsanforderungen soll vor allem die Interoperabilität der Dokumente sichergestellt werden.272 Nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 müssen Metadaten und Formate soweit wie möglich formellen, offenen Standards im Sinne des Art. 2 Nr. 15 entsprechen. Öffentliche Unternehmen sollen insgesamt dazu ermutigt werden, Dokumente „konzeptionell und standardmäßig offen“ (open by design and by default) zu erstellen, vgl. Art. 5 Abs. 2. Als grobe Orientierungshilfe bieten sich hier die 2010 von der Sunlight Foundation veröffentlichten „10 Prinzipien zum Öffnen von Regierungsinformationen“273 oder das von Sir Tim Berners-Lee entwickelte „FünfSterne-Modell“274 zur Klassifizierung der Offenheit von Datensätzen an. Rechtlich verbindlich ist der Auftrag des Art. 5 Abs. 2 jedoch nicht, weshalb diese Vorschrift von Kritikern insgesamt nur als zaghafter Vorstoß hin zu einer vollständig offenen Datenwirtschaft bewertet wird.275

270

Vgl. Erwägungsgründe 31, 33 der Richtlinie (EU) 2019/1024. Mit Blick auf die Schnelllebigkeit technischer Entwicklungen sind diese Begriffe grundsätzlich offen auszulegen und nicht auf bestimmte Dateiformate beschränkt, vgl. auch ­Richter, NVwZ 2017, 1408 (1410). In Anbetracht der Vielzahl potentiell in Betracht kommender Formate empfiehlt der EU-Gesetzgeber unverbindlich die Anwendung der Anforderungen der INSPIRE-Richtlinie 2007/2/EG aus dem Recht der Geodaten, vgl. Erwägungsgrund 34 der Richtlinie (EU) 2019/1024. Eine ebenso unverbindliche Konkretisierung liefert die Kommission mit ihren Leit­linien für empfohlene Standardlizenzen, Datensätze und Gebühren für die Weiterverwendung von Dokumenten, in denen sie unter anderem die Verwendung der Formate CSV, JSON, XML und RDF vorschlägt, vgl. Europäische Kommission, Leitlinien für empfohlene Standardlizenzen, Datensätze und Gebühren, Abl. C 240, S. 6; Wirtz, S. 137. Die Bereitstellung von Dokumenten im PDF-Format soll dagegen nicht den aufgestellten Anforderungen an die Offenheit und Maschinenlesbarkeit genügen, vgl. VG Köln, Urteil vom 31. 03. 2011 – 13 K 2920/08, BeckRS 2014, 55661. 272 Vgl. Erwägungsgrund 34 der Richtlinie (EU) 2019/1024. 273 Zu diesen zählen „Completeness, Primacy, Timeliness, Ease of Physical and Electronical Access, Machine readability, Non-discrimination, Commonly owned or open Standards, Licensing, Permanence and Usage Costs“, abrufbar unter https://sunlightfoundation.com/policy/ documents/ten-open-data-principles/ (zuletzt abgerufen am 28. 06. 2021). 274 Dieses ist abrufbar unter https://www.w3.org/DesignIssues/LinkedData.html. (zuletzt abgerufen am 28. 06. 2021). Siehe zu den Einzelheiten des Modells Wiebe, Open Data in Deutschland und Europa, S. 54 f. 275 So Drexl, S. 1 (10) zur parallelen Regelung in der Vorgänger-Richtlinie RL (EU) 2013/ 37. 271

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

Aus ökonomischer Perspektive sind Informationen dann besonders wertvoll, wenn sie aktuell sind.276 Besondere Voraussetzungen gelten daher für das Zurverfügungstellen von dynamischen (Echtzeit-)Daten im Sinne des Art. 2 Nr. 8. Dynamische Daten entstammen meist dem Umweltbereich oder dem Verkehrssektor. Sie unterliegen einer hochfrequentierten digitalen Aktualisierung und sind somit besonders bedeutsam für die Entwicklung von Internet-, Mobil- und Cloud-Anwendungen.277 Sie müssen von öffentlichen Unternehmen nach positiver Freigabeentscheidung (vgl. Art. 5 Abs. 7) unmittelbar nach ihrer Erfassung mithilfe einer Anwendungsprogrammierschnittstelle (API)278 und gegebenenfalls als „Massendownload“ zur Weiterverwendung verfügbar gemacht werden (vgl. Art. 5 Abs. 5). Die Einrichtung von API soll langfristig Entwickler und Start-Ups bei der Entwicklung neuer Dienstleistungen und Produkte unterstützen.279 Fraglich bleibt jedoch, ob die Echtzeit-Bereitstellungspflicht des Art. 5 Abs. 5 nicht „durch die Hintertür“ auch ein originäres Zugangsrecht zu dynamischen Daten begründet. Der Wortlaut der Vorschrift spricht zwar zunächst dagegen: „zur Weiterverwendung zugänglich“. Rein tatsächlich kommt jedoch die Verpflichtung zur Datenbereitstellung in Echtzeit unmittelbar nach Erfassung einer gesetzlich angeordneten proaktiven Veröffentlichungspflicht nahe, so dass zweifelhaft bleibt, ob sich die Einführung des Art. 5 Abs. 5 noch innerhalb des Kompetenzrahmens der Europäischen Union bewegt. Der Aktualitätsanspruch für dynamische Daten gilt nicht absolut. Von den engen zeitlichen Anforderungen an die Verfügbarmachung von Echtzeit-Daten kann im Einzelfall abgesehen werden, wenn die zeitgerechte Datenbereitstellung mit unverhältnismäßigem finanziellem oder technischem Aufwand verbunden wäre, vgl.

276

Vgl. Püschel, S. 51 ff.; Deißler, S. 287. Ein illustres Beispiel dafür, dass die Aktualität einer Information einen wertbildenden Faktor ausmachen kann, liefert das Bankhaus Rothschild. Als Napoleon 1815 die Schlacht von Waterloo verlor, erfuhr der Bankier Nathan Rothschild durch den Einsatz von Brieftauben hiervon als erster und erzielte durch diesen Informationsvorsprung enorme Börsengewinne, vgl. Lodde, Informationsrechte des Bürgers gegen den Staat, S. 2; Steinbuch, GRUR, 1987, 579 (581). 277 Vgl. Erwägungsgrund 31 der Richtlinie (EU) 2019/1024. Dynamische Daten zeichnen sich vor allem durch ihre hohe Volatilität und ihr rasches Veralten aus, dies ist in der Regel bei von Sensoren generierten Daten der Fall, vgl. § 2 Nr. 8 der Richtlinie (EU) 2019/1024. Siehe hierzu auch Palmetshofer, Open Data, EU öffnet Datensilos des öffentlichen Sektors, Gastbeitrag auf netzpolitik.org vom 12. 04. 2019, abrufbar unter: https://netzpolitik.org/2019/open-data-euoeffnet-datensilos-des-oeffentlichen-sektors/ (zuletzt aufgerufen am 05. 10. 2020). 278 Zur Begriffsbestimmung siehe Erwägungsgrund 32 der Richtlinie (EU) 2019/1024: „Eine API ist ein Bestand an Funktionen, Verfahren, Definitionen und Protokollen für die Maschinezu-Maschine-Kommunikation und den lückenlosen Datenaustausch. […] [E]s kann sich um einen einfachen Link zu einer Datenbank, von der bestimmte Datensätze abgerufen werden, eine Web-Schnittstelle oder komplexere Strukturen handeln“. 279 Vgl. Erwägungsgrund 32 der Richtlinie (EU) 2019/1024. Siehe hierzu auch die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Vorschlag der Neufassung der PSI-Richtlinie, (COM(2018) 234 final – 2018/0111 (COD); COM(2018) 232 final), S. 7.

II. Die Vorgaben der Public Sector Information Richtlinie (EU) 2019/1024  

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Art. 5 Abs. 6. Bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Aufwands können auch die Größe und das Betriebsbudget des betreffenden öffentlichen Unternehmens Berücksichtigung finden.280 Lockerungen sind auch für den Fall denkbar, dass im öffentlichen Interesse eine zuvor durchgeführte Datenverifizierung unerlässlich ist.281 dd) Besonderheiten für hochwertige Datensätze (Art. 14 Abs. 1) Die aktuelle PSI-Richtlinie unterscheidet drei Typen von Dokumenten: „Normale“ Daten, dynamische Daten nach Art. 2 Nr. 8 und die neu implementierten „hochwertigen Datensätze“ i. S. d. Art. 2 Nr. 10.282 Letztere bilden das Herzstück des Regelungskonzeptes der aktuellen PSI-Richtlinie. Hochwertige Datensätze sind in einem allgemeinen Sinne Dokumente von besonderem sozioökonomischem Wert, deren Weiterverwendung sich besonders für die Schaffung von Arbeitsplätzen und Mehrwertdiensten eignet, vgl. Art. 2 Nr. 10. Ihre Weiterverwendung soll durch die Regelungen der aktuellen PSI-Richtlinie besonders erleichtert werden. Die Idee der Schaffung von privilegierten „Schlüsseldatensätzen“ ist nicht neu und wurde bereits von der Kommission im Dezember 2011 im Rahmen der öffentlichen Konsultation zum Erlass der Weiterverwendungs-Leitlinien angestoßen.283 Als Ergebnis der Konsultation wurden in den unverbindlichen Leitlinien fünf besonders nachgefragte Datenkategorien (sog. „Kerndaten“ oder „hochwertige Daten“) aufgestellt, die bei der Bereitstellung für die Weiterverwendung prioritär behandelt werden sollen.284 Mit der nun verbindlichen Etablierung von hochwertigen Datensätzen in der aktuellen PSI-Richtlinie möchte der Europäische Gesetzgeber einen weiteren Schritt in Richtung der vollen und umfassenden Verfügbarkeit von Datensätzen der öffentlichen Hand gehen.285

280

Erwägungsgrund 32 der Richtlinie (EU) 2019/1024. Vgl. Erwägungsgrund 31 der Richtlinie (EU) 2019/1024. 282 Vgl. Buchholz, IR 2019, 197 (199). 283 Europäische Kommission, Mitteilung über Open Data v. 12. 12. 2011 COM(2011), 882 finals, S. 10: „Where possible, the work will build on existing structures and developments, and the portal will gradually expand its content to cover key datasets from all the Member States.“ 284 Europäische Kommission, Leitlinien für empfohlene Standardlizenzen, Datensätze und Gebühren für die Weiterverwendung von Unternehmen v. 24. 7. 2014, C-240/1, S. 5. Die Kategorien lauten „Geodachten, Erdbeobachtung und Umwelt, Verkehrsdaten, Statistik und Unternehmen“. 285 Europäische Kommission, Impact Assessment, S. 24. 281

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

(1) Das Verfahren zur Festlegung der hochwertigen Datensätze Welche Daten genau als „hochwertig“ einzustufen sind, legt die Kommission nach dem in Art. 13 und Art. 14 beschriebenen Verfahren fest.286 Die Bestimmung von hochwertigen Datensätzen vollzieht sich dabei in zwei Schritten: Zunächst stellt der Richtliniengeber in Art. 13 i. V. m. Anhang I allgemeine thematische Oberkategorien auf (a). Anhand dieser Oberkategorien erlässt die Kommission anschließend per Durchführungsrechtsakt nach Art. 291 AEUV eine Liste mit konkreten Datensätzen und Dokumenten, die als „hochwertig“ einzustufen sind, vgl. Art. 14 Abs. 1 (b). (a) Erster Schritt: Bestimmung abstrakter Oberkategorien Wie bereits angedeutet, beinhaltet die RL (EU) 2019/1024 im Anhang eine verbindliche Liste thematischer Oberkategorien für hochwertige Datensätze, vgl. Art. 13 Abs. 1 i. V. m. Anhang I. In dieser Liste sind aktuell die sechs Themenbereiche Georaum, Erdbeobachtung und Umwelt, Meteorologie, Statistik, Unternehmen und Eigentümerschaft von Unternehmen sowie Mobilität aufgeführt. Der Richtliniengeber hat sich mithin weitgehend an den unverbindlichen Leitlinien der Kommission orientiert. Zugleich dienten die 14 Themenkategorien der G8 Open Data Charta287 als Ausgangspunkt für die Festlegung der abstrakten Themenbereiche.288 Um auf veränderte Markt- und Technologieentwicklungen reagieren zu können, kann die Liste mit thematischen Oberkategorien erweitert werden. Hierfür wurde nach Art. 13 Abs. 2 der Kommission die Befugnis übertragen, per delegiertem Rechtsakt im Sinne des Art. 290 Abs. 1 AEUV die bestehende Liste im Anhang I um weitere thematische Kategorien zu ergänzen.289 Nach dem expliziten Wortlaut des Art. 13 Abs. 2 und den Erwägungsgründen der Richtlinie290 soll dagegen eine 286 Kritiker bemängeln, dass die Frage nach der „Hochwertigkeit“ von Datensätzen nicht allein anhand von quantitativen Faktoren wie z. B. Abrufzahlen bestimmt werden könne, vgl. Pugh, Missed opportunities in the EU’s revised open data and re-use of public sector information directive, veröffentlicht am 9. Juli 2019 auf https://blog.okfn.org/2019/07/09/missedopportunities-in-the-eus-revised-open-data-and-re-use-of-public-sector-information-directive/ (zuletzt abgerufen am 28. 06. 2021). 287 Abrufbar unter: https://www.gov.uk/government/publications/open-data-charter/g8-opendata-charter-and-technical-annex (zuletzt abgerufen am 28. 06. 2021). Die Datenkategorien umfassen: „Companies, Crime and Justice, Earth Observation, Education, Energy and Environment, Finance and contracts, Geospatial, Global Development, Government, Government, Accountability and Democracy, Health, Science and Research, Statistics, Social mobility and welfare, Transport and Infrastructure“. 288 Vgl. Europäische Kommission, Impact Assessment, S. 29, 36. 289 Die Wichtigkeit der Ausweitung der Liste für den Erfolg der Richtlinie betonend Palmetshofer, Open Data, EU öffnet Datensilos des öffentlichen Sektors, Gastbeitrag auf netzpolitik.org vom 12. 04. 2019, abrufbar unter: https://netzpolitik.org/2019/open-data-eu-oeffnet-datensilosdes-oeffentlichen-sektors/ (zuletzt aufgerufen am 05. 10. 2020). 290 Vgl. Erwägungsgrund 67 der Richtlinie (EU) 2019/1024.

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Streichung von thematischen Kategorien aufgrund einer möglicherweise eingebrochenen Nachfragesituation nicht möglich sein. (b) Zweiter Schritt: Festlegung konkreter Listen In einem nächsten Schritt konkretisiert die Kommission die so festgelegten Oberkategorien, indem sie per Durchführungsrechtsakt nach Art. 291 AEUV eine Liste mit bestimmten, im Besitz öffentlicher Stellen befindlichen, hochwertigen Datensätzen aufstellt, vgl. Art. 14 Abs. 1. Die in der konkreten Liste aufgeführten Datensätze sollen anschließend möglichst frei verfügbar gemacht werden, um die bestmögliche Ausschöpfung ökomischen Potentials zur Entwicklung von grenzüberschreitenden Datenanwendungen und -diensten zu fördern.291 Aus diesem Grund sind bei der Aufnahme von konkreten Datensätzen in die Liste das Innovations- und Einnahmenerzielungspotential, die mögliche Nutzerreichweite und die Interoperabilität des Datensatzes besonders zu berücksichtigen, vgl. Art. 14 Abs. 2 S. 1. Gerade unbearbeitete Rohdaten gelten hierbei als besonders „reiner“ Rohstoff mit hohem Innovationspotential für die Entwicklung von Mehrwertdienstleistungen.292 Als konkrete Beispiele für hochwertige Datensätze nennt die Richtlinienbegründung unter anderem nationale und lokale Karten, Übersichten über den Energieverbrauch und Satellitenbilder, Unternehmensregister und Registrierungserkennungen sowie Übersichten über Straßenverkehrszeichen, Fahrpläne oder Verkehrsinformationen.293 Für öffentliche Unternehmen sind in diesem Zusammenhang vor allem die Daten über Unternehmensregister von besonderer Bedeutung. Die Daten über Unternehmensregister können Listen eingetragener Unternehmen, Daten zu Eigentumsverhältnissen und Management, Registrierungskennungen oder Bilanzen umfassen.294 Die Festlegung von „hochwertigen Datensätzen“ hat für öffentliche Unternehmen weitreichende Folgen: Der Erlaubnisvorbehalt des Art. 3 Abs. 2 der RL 2019/1024 (EU) findet auf hochwertige Datensätze grundsätzlich keine Anwendung. Öffentliche Unternehmen müssen damit diese Dokumente zur allgemeinen Weiterverwendung zur Verfügung stellen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die RL 2019/1024 (EU) auch an diesem Punkt öffentliche Unternehmen im Verhältnis zu öffentlichen Stellen privilegiert: Art. 14 Abs. 2 S. 5 hält ausdrücklich fest, dass bei der Festlegung der Liste von hochwertigen Datensätzen im Besitz von öffentlichen Unternehmen die potentiellen Auswirkungen auf deren 291

Vgl. Erwägungsgrund 68 der Richtlinie (EU) 2019/1024. Vgl. Zumpe, Öffentlichkeit staatlicher Informationen, S. 12, nach dem eine Information umso höherwertiger sein soll, desto seltener sie Gegenstand eines sie inhaltlich verändernden Kommunikationsvorgangs war. 293 Vgl. Erwägungsgrund 66 der Richtlinie (EU) 2019/1024; Europäische Kommission, Leitlinien für empfohlene Standardlizenzen, Datensätze und Gebühren für die Weiterverwendung von Unternehmen v. 24. 07. 2014, C-240/1, S. 5. 294 Vgl. Europäische Kommission, Leitlinien für empfohlene Standardlizenzen, Datensätze und Gebühren für die Weiterverwendung von Unternehmen v. 24. 07. 2014, C-240/1, S. 5. 292

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

Wettbewerbssituation besonders zu berücksichtigen sind.295 Diese Vorschrift ist nicht nur als allgemeiner Programmsatz zu lesen, sondern kann sich vor allem dort zur konkreten Handlungspflicht verdichten, wo selbst die Anordnung einer Entgelterhebungsmöglichkeit nach Art. 14 Abs. 3 nicht ausreicht, um durch Bereitstellungspflichten ausgelöste Chancenasymmetrien zwischen öffentlichen und privaten Unternehmen im Wettbewerb auszugleichen. In diesen Fällen zwingt Art. 14 Abs. 2 S. 5 dazu, Datensätze öffentlicher Unternehmen von der Liste aktiv zu streichen. Vor dem Erlass der konkreten Liste hat die Kommission spezielle Verfahrensanforderungen einzuhalten. So sind nach Art. 14 Abs. 2 S. 2 eine Folgenabschätzung und „angemessene Konsultationen“ durch Sachverständige durchzuführen. Zusätzlich hat die Kommission darauf zu achten, dass die Datensätze auf die Standards anderer Richtlinien wie der INSPIRE-Richtlinie abgestimmt sind, so dass auch Metadatensätze verfügbar gemacht werden können, vgl. Art. 14 Abs. 2 S. 2.296 Ferner ist vor dem Erlass des Durchführungsrechtsaktes zwingend ein Komitologie-Prüfverfahren gemäß Art. 16 Abs. 2 i.V.m Art. 5 der VO (EU) Nr. 182/2011 durchzuführen.297 (2) Die Modalitäten der Veröffentlichung und Weiterverwendung hochwertiger Datensätze Wurden hochwertige Datensätze als solche eingestuft, sind sie möglichst niedrigschwellig zur Weiterverwendung verfügbar zu machen. Gemäß Art. 14 Abs. 1 UAbs. 2 trifft öffentliche Stellen und Unternehmen die Pflicht, hochwertige Datensätze grundsätzlich kostenlos (lit. a), in einem maschinenlesbaren Format (lit. b), über API (lit. c) und gegebenenfalls als „Massen-Download“ (lit. d) bereitzustellen.298 Darüber hinaus kann die Kommission per Durchführungsrechtsakt weitere Modalitäten der Veröffentlichung und Weiterverwendung (z. B. Daten- und Metadatenformate) festlegen, soweit die Vereinbarkeit mit offenen Standardlizenzen gewährleistet ist, vgl. Art. 14 Abs. 1 UAbs. 3. Von der Pflicht zur kostenfreien Bereitstellung können öffentliche Unternehmen jedoch in den Durchführungsrechtsakten befreit werden, wenn die kostenlose Verfügbarkeit hochwertiger Datensätze zu einer Verfälschung des Wettbewerbs auf den betreffenden Märkten führen würde, vgl. Art. 14 Abs. 3. Im Entwurf der PSI-Richtlinie war noch die Gefahr einer erheblichen, d. h. qualifizierten Verfälschung des Wettbewerbs vorgesehen.299 Die strengen Anforderungen wurden im Gesetzgebungsverfahren (zu Recht) gelockert. Mit der Streichung des Zusatzes „erheblich“ erkennt der Europäische Gesetzgeber an, 295

Vgl. Erwägungsgrund 68 der Richtlinie (EU) 2019/1024. Siehe auch Erwägungsgrund 68 der Richtlinie (EU) 2019/1024. 297 In diesem hat sich die Kommission mit einem Ausschluss, der sich gem. Art. 3 der VO (EU) Nr. 182/2011 aus Vertretern der Mitgliedsstaaten zusammensetzt, abzustimmen. 298 Vgl. Buchholz, IR 2019, 197 (200); Zimmermann, ZUR 2021, 84 (89). 299 Vgl. Art. 13 Abs. 3 des Richtlinien-Vorschlags, COM (2018) 234, 2018/0111 (COD). 296

II. Die Vorgaben der Public Sector Information Richtlinie (EU) 2019/1024  

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dass öffentliche Unternehmen in besonderem Maße auf informationelle Kommerzialisierungsmöglichkeiten angewiesen sind. Die Befreiung von dem Grundsatz der Kostenfreiheit trägt in diesem Zusammenhang vor allem dazu bei, einer möglichen Wettbewerbsverzerrung zu Gunsten von privaten Konkurrenten vorzubeugen.300 Im Ergebnis ist Art. 14 Abs. 3 damit dahingehend weit auszulegen, dass der Grundsatz der Kostenfreiheit bei jeder anzunehmenden Marktverfälschung ausgeschlossen sein muss, unabhängig von dessen Gewicht. Mitunter werden die von Art. 14 aufgestellten Weiterverwendungsmodalitäten als zu unbestimmt kritisiert. So bemängelt der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss, dass die PSI-Richtlinie klare Vorgaben zur Zusammenstellung, Pflege und Verwendung der hochwertigen Datensätze vermissen lasse.301 Hinzu kommen fundamentale systematische Bedenken: So stellt sich parallel zur der Bereitstellung von „dynamischen Daten“ nach Art. 5 Abs. 5 auch hier die Frage, ob mit der Vorschrift des Art. 14 Abs. 1 nicht insgeheim ein system- und kompetenzwidriges Zugangsrecht zu hochwertigen Datensätzen geschaffen wurde.302 f) Zwischenergebnis und Bewertung Die RL (EU) 2019/1024 möchte die möglichst niedrigschwellige Nutzbarkeit öffentlicher Datenbestände durch die Zivilgesellschaft ermöglichen. Zur Erreichung dieses Ziels ordnet sie in nahezu revolutionärer Schärfe an, dass grundsätzlich sämtliche Datenbestände im Anwendungsbereich der Richtlinie (kosten-)frei weiterverwendet werden dürfen, dynamische Daten in Echtzeit zu veröffentlichen sind und besonders wertvolle Datensätze in interoperablen Formaten verfügbar gemacht werden müssen. Im Strudel dieser Neuregelungen geht beinahe unter, dass die aktuelle PSI-Richtlinie neben öffentlichen Stellen erstmalig ausdrücklich auch öffentliche Unternehmen erfasst, die am Markt und unter Wettbewerbsbedingungen tätig sind. Damit soll ein Impuls zur weitergehenden Ausschöpfung wirtschaft­ licher Innovationspotentiale gesetzt werden. Der Richtliniengeber erkennt jedoch zugleich an, dass die ungehinderte, flächendeckende und kostenfreie Preisgabe 300 Vgl. Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Vorschlag der Neufassung der PSI-Richtlinie, (COM(2018) 234 final – 2018/0111 (COD); COM(2018) 232 final), S. 8. Siehe hierzu auch die Empfehlung des Innenausschlusses des Bundesrates für eine Stellungnahme zum Vorschlag der Neufassung der PSI-Richtlinie, BR-Drs. 192/1/18, S. 3. 301 Vgl. Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Vorschlag der Neufassung der PSI-Richtlinie, (COM(2018) 234 final – 2018/0111 (COD); COM(2018) 232 final), S. 8. 302 Dies ohne nähere Begründung bejahend Staebe, IR 2020, 172 (174); ablehnend dagegen Buchholz, IR 2019, 197 (200) sowie die vom BMWi in Auftrag gegebene Kurzstudie „Open Public Data in Deutschland“ vom Juni 2020, S. 27, abrufbar unter: https://www.iit-berlin.de/ publikation/open-public-data-in-deutschland/ (zuletzt abgerufen am 29. 06. 2021). Auch die Erwägungsgründe 22 und 23 der RL 2019/1024 (EU) sprechen gegen die Annahme eines richtlinienunmittelbaren Zugangsrechts.

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

eigenen Informationsmaterials die Konkurrenzfähigkeit des im Wettbewerb mit Privaten stehenden öffentlichen Unternehmens erheblich bedrohen kann. Aus diesem Grund privilegiert die aktuelle PSI-Richtlinie vielerorts die neu einbezogenen öffentlichen Unternehmen im Vergleich zu öffentlichen Stellen. Wesentliche Schutzinstrumente sind dabei vor allem der Erlaubnisvorbehalt nach Art. 3 Abs. 2 und die Möglichkeit zur Gebührenerhebung nach der Kostendeckungsmethode gemäß Art. 6 Abs. 2 lit. c. Ob der Richtliniengeber mit den gewählten Privilegierungen gesamtgesellschaftliche Offenlegungs- und unternehmerische Wettbewerbsinteressen insgesamt in einen stimmigen Ausgleich gebracht hat, wird in der Literatur uneinheitlich beurteilt: Einige Stimmen befinden das aktuelle Regelungskonzept nach wie vor für zu vorsichtig und sprechen sich für eine weitergehende Einbeziehung öffentlicher Unternehmen aus,303 andere warnen dagegen weiterhin vor einem Verlust der Datenhoheit von öffentlichen Unternehmen und einer strukturellen Benachteiligung im Vergleich zu rein privaten Marktakteuren.304 Letztgenannte Befürchtungen sind durchaus sehr ernst zu nehmen: Wie noch ausführlich zu zeigen sein wird,305 haben zumindest im Wettbewerb befindliche öffentliche Unternehmen bereits ihrem Wesenskern nach nicht den Auftrag, Innovationsförderung im Sinne der RL (EU) 2019/1024 zu betreiben. Sie bilden insoweit systemfremde Regelungsadressaten des europäischen Informationsweiterverwendungsrechts. Vor diesem Hintergrund erscheinen die regulatorischen Einfallstore, die eine Berücksichtigung von legitimen Wettbewerbsinteressen öffentlicher Unternehmen erlauben, dringend notwendig. Vor allem der Erlaubnisvorbehalt des Art. 3 Abs. 2 erweist sich als sinnvoller Rettungsanker, der verhindert, dass die Wettbewerbsfähigkeit öffent­ licher Unternehmen vom Regulierungsstrudel der PSI-Richtlinie verschluckt wird. 3. Das Verhältnis zu bereichsspezifischen Weiterverwendungsregelungen Das Europäische Sekundärrecht hat für Geodaten (a) mit der INSPIRE-Richt­linie 2007/2 (EG), für Verkehrsinformationen (b)  der IVS-Rahmenrichtlinie 2010/40 (EU) und für Umweltinformationen (c) der Richtlinie 2003/4 (EG) drei eigenständige bereichsspezifische Weiterverwendungsregime geschaffen, deren Verhältnis zum allgemeinen Regelungsrahmen der Richtlinie 2019/1024 (EU) klärungsbedürftig ist.

303

Vgl. Palmetshofer, Open Data, EU öffnet Datensilos des öffentlichen Sektors, Gastbeitrag auf netzpolitik.org vom 12. 04. 2019, abrufbar unter: https://netzpolitik.org/2019/open-data-euoeffnet-datensilos-des-oeffentlichen-sektors/ (zuletzt aufgerufen am 05. 10. 2020); in der Tendenz ebenso Wiebe, Open Data für Deutschland und Europa, S. 63. 304 Vgl. Buchholz, IR 2019, 197; Voigt / Sinemus / Liebetanz, Weißbuch der Quadriga Hochschule Berlin, S. 54. 305 Siehe D. VI.

II. Die Vorgaben der Public Sector Information Richtlinie (EU) 2019/1024  

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a) INSPIRE-Richtlinie 2007/2 (EG) Angesichts der Tatsache, dass der Wert von Geodaten ursprünglich mit 52,5 % den größten Anteil am Gesamtwert von Informationen des öffentlichen Sektors ausmachte,306 verwundert es nicht, dass die INSPIRE-RL neben dem Informationszugang auch die ökonomische Verwertbarkeit von Geodaten in den Blick nimmt. Anders als die RL 2019/1024 (EU) spricht die INSPIRE-RL dabei ausdrücklich nicht von einer „Weiterverwendung“ von Geodaten, sondern von einer „Nutzung“.307 Im Kern ist damit aber eine Weiterverwendung im Sinne der PSI-Richtlinien gemeint. Die INSPIRE-Richtlinie stellt mithin ein eigenständiges und bereichsspezifisches Weiterverwendungsregime auf, welches autonome und partiell mit den Wertungen der RL 2019/1024 (EU) konfligierende Regelungen zu Weiterverwendungsmodalitäten und Gebührenerhebungsfragen beinhaltet. Angesichts drohender Überschneidungen und damit einhergehender Kollisionspotentiale ist das Verhältnis der RL (EU) 2019/1024 zur RL 2007/2 (EG) klärungsbedürftig. Nach Erwägungsgrund 8 der INSPIRE-Richtlinie soll diese den Regelungsrahmen der PSI-Richtlinien nicht verdrängen, sondern lediglich für den Bereich der Geodaten ergänzen.308 Diese Aussage ist jedoch im Ergebnis nicht zielführend, da jedenfalls bei sich widersprechenden Regelungen ein Weiterverwendungsregime vorrangig anwendbar sein muss. Vereinzelt wird daher vertreten, dass die INSPIRE-RL als speziellere Regelung die Weiterverwendung von Geodaten abschließend regelt.309 Einem solchen Verständnis tritt jedoch der neu geschaffene Art. 1 Abs. 7 der RL 2019/1024 (EU) entgegen.310 Gemäß Art. 1 Abs. 7 gilt die PSI-Richtlinie ausdrücklich auch für die Weiterverwendung vorhandener Dokumente im Anwendungsbereich der INSPIRE-Richtlinie. Damit erklärt sich die PSIRichtlinie selbst rein formal für zumindest parallel anwendbar. Fraglich ist jedoch, ob nach dem lex posterior Grundsatz Art. 1 Abs. 7 so zu verstehen ist, dass das Weiterverwendungsregime der INSPIRE-Richtlinie im Konfliktfall nachrangig und damit nicht anwendbar sein soll. Mit Blick auf die Zielsetzung der PSI-Richtlinie, möglichst niedrigschwellige Weiterverwendungsmöglichkeiten zu eröffnen, scheint ein ausschließlicher Vorrang der PSI-Richtlinie jedenfalls dort nicht angezeigt, wo die INSPIRE-Richtlinie im Einzelfall weiterverwendungsfreundlichere Regelungen im Vergleich zur PSI-Richtlinie aufstellt. Im Ergebnis kann die 306

Siehe die von der Kommission im Jahr 2000 in Auftrag gegebene Studie der PIRA International Ltd., Commercial Exploitation of Europe’s Public Sector Information, Final Report, S. 16, abrufbar unter: https://ec.europa.eu/digital-single-market/en/news/commercial-exploitationeuropes-public-sector-information-pira-study-full-report (zuletzt aufgerufen am 23. 11. 2020). 307 Siehe insbesondere die Erwägungsgründe 3 und 6 der Richtlinie 2007/2 (EG). 308 Vgl. Erwägungsgrund 8 der RL 2007/2 (EG) lautet: „Die vorliegende Richtlinie sollte unbeschadet der Richtlinie 2003/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. November 2003 über die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors gelten, deren Ziele die Ziele der vorliegenden Richtlinie ergänzen.“ 309 Vgl. Neumann, S. 302. 310 So auch Zimmermann, ZUR 2021, 84 (91).

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

PSI-Richtlinie damit die INSPIRE-Richtlinie nur solange derogieren, wie diese keine niedrigschwelligeren Weiterverwendungsstandards für Geodaten festsetzt. Für öffentliche Unternehmen hat diese Sichtweise nicht unerhebliche Auswirkungen: Zunächst können sie sich im Bereich der Geodaten aufgrund von Art. 14 Abs. 1 der INSPIRE-Richtlinie grundsätzlich nicht auf den Erlaubnisvorbehalt des Art. 3 Abs. 2 der PSI-Richtlinie berufen. Vielmehr müssen sie die Weiterverwendung ihrer Geodaten prinzipiell gestatten. Zudem sind sie nicht standardmäßig nach Art. 6 Abs. 2 lit. c der RL 2019/1024 (EU) vom Grundsatz der kostenlosen Bereitstellung befreit, sondern nur für den Fall, dass sie in hohem Maße aktualisierungsbedürftige Darstellungsdienste im Sinne des Art. 14 Abs. 2 i. V. m. 11 Abs. 1 lit. b der INSPIRE-Richtlinie zur Verfügung stellen. b) IVS-Rahmenrichtlinie 2010/40 (EU) Die privatwirtschaftliche Entwicklung von Verkehrs- und Reiseinformationsdienstleistungen ist eng mit der Verarbeitung und Verwertung von hoheitlich generierten Straßen-, Verkehrs- und Reisedaten verknüpft.311 Aus diesem Grund regelt die IVS-Rahmenrichtlinie 2010/40 (EU) in Verbindung mit delegierten Spezifikations-Verordnungen nicht nur den Zugang zu öffentlichen Verkehrsinformationen,312 sondern auch die Maßstäbe ihrer Verarbeitung und (kommerzieller) Verwertung. An dieser Stelle trifft das IVS-Regime jedoch auf das Weiterverwendungsregime der PSI-Richtlinie. Ebenso wie im Geodatenrecht entstehen Kollisionsfragen, die einer differenzierenden Auflösung bedürfen. Das Verhältnis der IVS-Rahmenrichtlinie selbst zur PSI-Richtlinie ist eindeutig: Die IVS-Rahmenrichtlinie stellt explizit klar, dass für die Weiterverwendung von Verkehrsinformationen allein die PSI-Richtlinie Anwendung finden soll, vgl. Art. 10 Abs. 5. Dieses Ergebnis erscheint angesichts der ohnehin nur sehr allgemein gehaltenen313 Regelungskraft der IVS-Rahmenrichtlinie auch sachgerecht. Schwieriger gestaltet sich dagegen die Bestimmung des systematischen Verhältnisses zu den nach Art. 7 Abs. 1 der IVS-RL 2010/40 (EU) erlassenen Spezifikations-Verordnungen, die bisweilen autonome Informationsweiterverwendungsregime aufstellen: Gemäß Art. 7 Abs. 3 lit. c der delegierten VO (EU) Nr. 886/2013 (Straßenverkehrssicherheits-VO) hat die Bereitstellung von sicherheitsrelevanten Verkehrsinformationen für den Austausch und die Weiterverwendung durch alle Nutzer „im Einklang mit den in der RL 2003/98/EG festgelegten Zugangsrechten und -verfahren“ stattzufinden. Der Ausdruck „Zugangsrechte“ ist hier streng ge 311

Vgl. Erwägungsgrund 14 der Richtlinie 2010/40 (EU). Siehe hierzu oben C. III. 2. b) bb) (2) (d). 313 Nach Ansicht von Jochum, ZD 2020, 497 (501) ist der von der IVS-Rahmenrichtlinie aufgestellte Rechtsrahmen „tatsächlich nur ein Rahmen.“ Für ihn ist „das Bild, das hineinpasst, […] noch nicht gemalt.“ 312

II. Die Vorgaben der Public Sector Information Richtlinie (EU) 2019/1024  

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nommen terminologisch nicht nur irreführend, sondern grob unrichtig, da die PSIRichtlinien ausdrücklich die Ausgestaltung der Ebene des Informationszugangs durch die Mitgliedsstaaten unangetastet lassen.314 Das „Zugangsrecht“ kann daher in diesem Zusammenhang damit nur als „Weiterverwendungsregime“ verstanden werden. Von diesem kann angesichts des eindeutigen Wortlautes des Art. 7 Abs. 3 lit. c der VO (EU) Nr. 886/2013 („im Einklang“) jedenfalls nicht durch die Aufstellung weiterverwendungsfeindlicher Regelungen abgewichen werden. Weiterverwendungsfreundliche Regelungen für sicherheitsrelevante Verkehrsdaten finden jedoch aufgrund des lex specialis Grundsatzes vorrangig Anwendung. Gleiches gilt bei näherer Betrachtung auch für die delegierte VO (EU) Nr. 2015/962 über die Bereitstellung von EU-weiten Echtzeit-Verkehrsinformationsdiensten und die delegierte VO (EU) Nr. 2017/1926 über die Bereitstellung EU-weiter multimodaler Reiseinformationsdienste: Aus dem Erwägungsgrund 5 der VO (EU) Nr. 2015/962 bzw. Erwägungsgrund 4 der VO (EU) Nr. 2017/1926 wird deutlich, dass die Vorschriften der jeweiligen Verordnung „unbeschadet der Bestimmungen der Richtlinie 2003/98/EG“ gelten sollen. Diese Formulierung spricht zwar grundsätzlich für eine vorrangige Anwendung der RL (EU) 2019/1024. Mit dem Kernanliegen der PSI-Richtlinie, möglichst niedrigschwellige Weiterverwendungsangebote zu garantieren, wäre es jedoch unvereinbar, wenn nutzerfreundlichere Weiterverwendungsstandards im Regelungsbereich der delegierten Verordnungen durch die PSI-Richtlinie verdrängt würden. Entsprechend finden die delegierten Spezifikations-Verordnungen dort alleinige Anwendung, wo sie aus Nutzersicht eine Weiterverwendung von Verkehrsdaten im Vergleich zur RL 2019/1024 (EU) erleichtern. Dies ist grundsätzlich in Bezug auf die in Art. 7 bis 10 der VO (EU) Nr. 2015/962 aufgestellten Weiterverwendungsvoraussetzungen und Aktualisierungsanforderungen der Fall. So legen die Art. 8 bis 10 über die Anforderungen der PSI-Richtlinie hinausgehende Aktualisierungsparameter (z. B. Art, Ort, Beschreibung, Datum und Qualität) für bereitgestellte Straßen- und Verkehrsdaten fest. In nutzerfreundlicherer Abweichung von der PSI-Richtlinie muss zudem gemäß Art. 6 Abs. 2 lit. c der VO (EU) Nr. 2015/962 die Weiterverwendung über einen gemeinsamen nationalen Zugangspunkt gewährleistet werden. c) Umweltinformationsrichtlinie 2003/4 (EG) Das Verhältnis der RL 2019/1024 (EU) zu dem Weiterverwendungsregime der Umweltinformationsrichtlinie 2003/4/EG bleibt unklar. Obwohl die Bundesregierung bereits in der Vergangenheit auf eine ausdrückliche europarechtliche Klärung des Konkurrenzverhältnisses drängte,315 nahm der Richtliniengeber auch in der aktuellen RL 2019/1024 (EU) keine ausdrückliche Klarstellung vor: Die Richtlinie betont lediglich, dass die Zugangsregelungen der RL 2003/4 (EG) unberührt 314 315

Vgl. Art. 1 Abs. 3 und Erwägungsgrund 23 der Richtlinie 2019/1024 (EU). Vgl. BT-Drs. 18/4614, S. 12.

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

bleiben.316 Konkrete Aussagen zum Nutzungsregime sucht man dagegen in der RL 2019/1024 (EU) vergebens. Auch hier bietet sich die Überlegung an, dass im Konfliktfall das jeweils nutzerfreundlichere Regime vorrangig Anwendung findet. 4. Zwischenergebnis Historisch betrachtet weiten die PSI-Richtlinien den Anwendungsbereich des europäischen Weiterverwendungsregimes sukzessive aus, vor allem um die stetig wachsende Datenmenge des öffentlichen Sektors flächendeckend und europaweit kommerzialisierbar zu machen. Die aktuelle Richtlinie (EU) 2019/1024 führt dieses Programm fort und bezieht erstmalig öffentliche Unternehmen in ihren Anwendungsbereich ein. Der Begriff des „öffentlichen Unternehmens“ gemäß Art. 2 Nr. 3 der RL 2019/1024 (EU) ist in Anlehnung an das europäische Sektorenvergaberecht grundsätzlich offengehalten, allerdings ist in Abgrenzung zu „öffentlichen Einrichtungen“ nach Art. 2 Nr. 2 der RL 2019/1024 (EU) das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der „Gewerblichkeit“ hinzuzudenken. Angesichts der „Zwangslage“ von öffentlichen Unternehmen, den Spagat zwischen öffentlicher Aufgabenerfüllung und wirtschaftlicher Rentabilität zu bewältigen, offeriert die PSI-Richtlinie eine Vielzahl von Möglichkeiten, öffentliche Unternehmen zu privilegieren. Diese sollen berechtigte Wettbewerbsinteressen von öffentlichen Unternehmen schützen und ungehinderte Weiterverwendungsmöglichkeiten durch die private Konkurrenz verhindern. Den zentralen Konfliktbewältigungsmechanismus bildet in diesem Zusammenhang der Erlaubnisvorbehalt des Art. 3 Abs. 2. Als besonders bedeutsam für die Bewältigung des systemimmanenten Interessenskonflikts wird sich in Zukunft zudem erweisen, in welchem Umfang die Kommission bei der Festlegung und Bestimmung von hochwertigen Datensätzen nach Art. 14 Abs. 1 der RL 2019/1024 (EU) auch Dokumente von öffentlichen Unternehmen in den Blick nimmt. Punktuell ergänzt, wenngleich nicht vollständig verdrängt, wird das Weiterverwendungskonzept der RL 2019/1024 (EU) durch sektorspezifische Regelungen der INSPIRE-Richtlinie für Geodaten und die IVS-Rahmenrichtlinie in Verbindung mit den dazugehörigen delegierten Verordnungen für Verkehrs- und Reisedaten. Im Kollisionsfall muss dabei stets der allgemeine Grundsatz gelten, dass das jeweils weiterverwendungsfreundlichere Regime vorrangig Anwendung findet.

III. Die Umsetzung in nationales Recht durch das Datennutzungsgesetz (DNG) Die Vorgaben der RL 2019/1024 (EU) wurden durch das Datennutzungsgesetz (DNG) in nationales Recht umgesetzt. Nachfolgend sollen die verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen bei der Ausgestaltung des Informationsweiterverwen 316

Vgl. Erwägungsgrund 18 der RL 2019/1024 (EU).

III. Die Umsetzung in nationales Recht durch das Datennutzungsgesetz (DNG)  517

dungsrechts (1.), die Einzelheiten der Umsetzung selbst (2.) und das Verhältnis des DNG zu anderweitigen Weiterverwendungsregimen (3.) analysiert werden. 1. Verfassungsrechtliche Determinanten des Informationsweiterverwendungsrechts Das hiesige Informationsweiterverwendungsrecht unterliegt nur einer sehr eingeschränkten verfassungsrechtlichen Vorprägung. Die nutzungsrechtliche Gestaltungsoffenheit des Grundgesetzes ist insoweit die zwangsläufige Konsequenz der verfassungsrechtlichen Wertungsneutralität auf der logisch vorgeschalteten Ebene des Informationszugangs: Da das Grundgesetz nach herrschender und zutreffender Auffassung nicht zur reaktiven oder proaktiven Informationszugangsgewährung verpflichtet, sondern lediglich in der Gesamtschau mit dem Rechtsstaats- und Demokratieprinzip eine abstrakte informationelle Mindestoffenheit verbürgt,317 kann aus verfassungsrechtlichen Garantien erst recht kein (Grund-)Recht auf die nachgelagerte Weiterverwendung von Verwaltungsinformationen folgen.318 Auch wenn man die Implementierung von Weiterverwendungsmöglichkeiten als notwendige Voraussetzung eines angemessenen Grundrechtsgebrauchs und in diesem Zusammenhang als Teil eines abstrakten verfassungsrechtlichen Auftrages zur Sicherung einer „adäquaten Informationsinfrastruktur“319 bzw. einer allgemeinen staatlichen „Informationsvorsorge“320 betrachtet, ergeben sich hieraus jedenfalls keine verfassungsunmittelbaren subjektiven Rechtspositionen. Entscheidet sich der Gesetzgeber für die Einräumung von informationellen Weiterverwendungsrechten, erfüllt er damit keinen zwingenden Verfassungsauftrag, sondern übt lediglich seinen politischen Gestaltungsspielraum aus.321 Parallel zur Ebene des Informationszugangs wird man freilich in diesem Zusammenhang gleichfalls von einer „Grundrechtsaktivierung“ durch öffentliche Zugänglichmachung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG ausgehen müssen, so dass Weiterverwendungsrechte jedenfalls dann am Schutzgehalt der Informationsfreiheit partizipieren, wenn sie vom Gesetzgeber bewusst der Allgemeinheit zugestanden werden.322

317

Siehe hierzu bereits ausführlich unter C. II. 1. c) und C. III. 2. c). Vgl. Püschel, in: Fluck / Fischer / Martini, IWG, Einführung, Rn. 59; in diese Richtung auch OVG Münster, Urteil vom 15. 04. 2014 – 8 A 1129/11 – juris, Rn. 101 (107). 319 Augsberg, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 37 (51). 320 Zu dem Konzept der staatlichen Informationsvorsorge im Informationszugangsrecht siehe bereits oben C. II. 1. c) aa) (2) (e). Speziell zur grundrechtsermöglichenden Wirkung staatlicher „Informationsvorsorge“ auch Trute, VVDStRL 57 (1998), 216 (254 f.). 321 Vgl. Püschel, in: Fluck / Fischer / Martini, IWG, Einführung, Rn. 59. 322 Vgl. Püschel, in: Fluck / Fischer / Martini, IWG, Einführung, Rn. 60. 318

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

2. Die Informationsweiterverwendung nach dem DNG a) Historischer Hintergrund: Das IWG als Vorgängerregelung Bislang fand die nationale Umsetzung der Vorgaben der PSI-Richtlinien RL (EG) 2003/98 und RL (EU) 2013/37 in dem Informationsweiterverwendungsgesetz (IWG)323 statt. Seit 2006 stellte das IWG den Rechtsrahmen für die Weiterverwendung von Informationen öffentlicher Stellen in Deutschland auf. Zuvor wurden Weiterverwendungsvereinbarungen zwischen Privaten und öffentlichen Stellen größtenteils individuell ausgehandelt.324 Um diesen Zustand aufzulösen, zielte das IWG auf die Vereinheitlichung und Vereinfachung der Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors und die Schaffung eines Informationsmarktes für eine neue Generation von Informations- und Kommunikationsdienstleistungen.325 In inhaltsgleicher Übernahme der Vorgaben der RL (EG) 2003/98 stand die Weiterverwendung nach dem ursprünglichen IWG jedoch grundsätzlich noch unter dem Vorbehalt der Genehmigung des öffentlichen Dateninhabers, vgl. § 3 Abs. 1 IWG a. F. Im Jahr 2015 wurde das IWG im Sinne der Änderungsrichtlinie RL 2013/37 (EU) in wesentlichen Punkten überarbeitet.326 Hierbei orientierte sich der nationale Gesetzgeber insgesamt sehr nah am Wortlaut des Richtlinientextes, eine überschießende Umsetzung fand allenfalls punktuell statt.327 Sowohl für die abstrakte Zielsetzung, als auch für die konkrete Ausgestaltung des IWG ist demnach im Wesentlichen auf die obigen Ausführungen zur Richtlinie 2013/37 (EU) zu verweisen: Parallel zu den PSI-Richtlinien diente auch das IWG im Kern der Ausschöpfung wirtschaftlichen Potentials von Verwaltungsinformationen, insbesondere zur „Bereitstellung von Produkten und Dienstleistungen der digitalen Wirtschaft“, vgl. § 1 Abs. 1 IWG. Um dieses Ziel zu erreichen, ging auch das IWG vom Grundsatz der unbeschränkten Weiterverwendung aus, vgl. § 2a S. 1 IWG. Damit wurde klargestellt, dass für Informationen öffentlicher Stellen, zu denen der Zugang durch bundesrechtliche Vorschriften wie z. B. dem IFG uneingeschränkt eröffnet wurde, die kommerzielle oder nichtkommerzielle Weiterverwendung zu gestatten war. Anders 323 Gesetz über die Weiterverwendung von Informationen öffentlicher Stellen vom 13. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2913), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 8. Juli 2015 (BGBl. I S. 1162). 324 Maisch, K & R 2007, 9. 325 Vgl. Maisch, K & R 2007, 9. 326 Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Weiterverwendung von Informationen öffentlicher Stellen vom 8. 7. 2015 (BGB. I S. 1162). 327 Wortgleich übernommen wurden vor allem die Bestimmungen zur Erhebung von Entgelten sowie zu Transparenz- und Weiterverwendungsmodalitäten (Gleichbehandlung, Verbot von Ausschließlichkeitsvereinbarungen oder Festlegung von Nutzungsbestimmungen), kritisch hierzu Wirtz, S. 143, 156.

III. Die Umsetzung in nationales Recht durch das Datennutzungsgesetz (DNG)  519

als nach der Vorgängerversion des IWG kam es auf eine vorgeschaltete hoheitliche Entscheidung über das „Ob“ der Weiterverwendung in Form einer Erlaubnis nicht mehr an.328 Einen konkreten Anspruch auf Zugang zu Informationen begründete das IWG dagegen nach wie vor nicht, vgl. Art. 1 Abs. 2a IWG. Das IWG wurde durch die Einführung des DNG nunmehr vollständig außer Kraft gesetzt. Mit der Ablösung des bislang geltenden Regelungsregimes erhofft sich der Gesetzgeber nicht zuletzt einen Bedeutungszuwachs des Informationsweiterverwendungsrechts insgesamt. Die Vorgängerregelung des IWG führte in der rechtswissenschaftlichen Wahrnehmung größtenteils ein Schattendasein: „Wer kennt denn das Informationsweiterverwendungsgesetz?“ fragte etwa Hoeren im Jahr 2018,329 immerhin 12 Jahre nach dem erstmaligen Inkrafttreten des IWG. Auch andere Literaturstimmen beklagten zeitlebens die stiefmütterliche Behandlung des IWG in der Rechtswissenschaft und Anwendungspraxis.330 Vor diesem Hintergrund unternimmt das aktuelle DNG nun den Versuch, das Gebiet der Informationsweiterverwendung vollständig und nachhaltig in den Fokus juristischer Auseinandersetzungen zu rücken. b) Zielsetzung Das DNG dient laut Gesetzesbegründung vor allem der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1024.331 Ausgehend von der Erkenntnis, dass sich die Offenheit von Verwaltungsdaten gleichermaßen positiv auf die Förderung wirtschaftlicher Innovationspotentiale und demokratischer Teilhabeprozesse auswirkt,332 soll mit der Einführung des DNG die Verfügbarkeit und Nutzung offener Daten vereinfacht und standardisiert werden.333 Nach dem Programmsatz des § 1 Abs. 1 DNG sollen Daten im Anwendungsbereich des Gesetzes, soweit möglich, nach dem Grundsatz „konzeptionell und standardmäßig offen“ (open by default and by design) erstellt werden. Konkret zielt das DNG darauf ab, die Bedingungen der Nutzung offener und vorhandener Daten klarer zu fassen, um die Entwicklung neuer Dienstleistungen in der Praxis zu erleichtern.334 Nach der Konzeption des DNG ist die Datennutzung demnach möglichst ohne Einschränkungen, nichtdiskriminierend

328

Vgl. Schoch, IFG, Einl., Rn. 320, a. A. von Lewinksi, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 438 (457 f.). 329 Hoeren, ZD-Aktuell 2018, 04289. 330 Vgl. Müllmann, GRUR Int. 2019, 523; Wolff / Seemüller, K & R 2019, 102 m. w. N. 331 Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 33. 332 Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 1. 333 Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 16. 334 Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 16; Richter, NVwZ 2021, 760 (761). Zur Berücksichtigungsfähigkeit der Zielsetzung bei der Auslegung des Informationsweiterverwendungsrechts BVerwG, Urteil vom 14. 4. 2016 – 7 C 12/14, NVwZ 2016, 1183.

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

und grundsätzlich unentgeltlich zu gewährleisten.335 Dadurch leistet das DNG gleichzeitig auch einen Beitrag zur europaweiten Harmonisierung des Informationsweiterverwendungsrechts und verhindert Wettbewerbsverzerrungen innerhalb des Binnenmarktes.336 c) Gegenstand Gegenstand des DNG sind „Daten“, vgl. § 1 Abs. 1 DNG. Als solche gelten nach § 3 Nr. 3 DNG „vorhandene Aufzeichnungen, unabhängig von ihrer Art der Speicherung“. Das Gesetz weicht insoweit bewusst von der Terminologie der zu Grunde liegenden RL 2019/1024 (EU) („Dokument“) und des abgelösten IWG („Information“) ab. Mit der Wahl des „Datums“ als Anknüpfungspunkt sollen die unterschiedlichen Begrifflichkeiten zusammengeführt und einheitlich erfasst werden.337 Insbesondere beabsichtigt der Gesetzgeber keine Abweichungen zum vormals geltenden Informationsbegriff des IWG.338 Nach dem Willen des Gesetzgebers ist der Begriff des „Datums“ damit grundsätzlich weit zu verstehen, allein Bestandteile von Anmeldungen für Patente (insbesondere vor Ablauf der 18-Monatsfrist) fallen nicht unter die Definition des § 3 Nr. 3 DNG.339 Ob die begriffliche Änderung tatsächlich den intendierten Modernisierungsund Vereinheitlichungseffekt herbeiführt, mag bezweifelt werden. So erscheint es äußerst beklagenswert, dass die noch mit dem IWG ausdrücklich verfolgte340 sprachliche Synchronität zu den hiesigen Informationsfreiheitsgesetzen aufgegeben wurde. Hinzu kommt, dass das angestrebte extensive Verständnis des § 3 Nr. 3 DNG tendenziell die unter B. I. dargestellten, teils nuancierten, Wesensunterschiede und Wechselwirkungen zwischen den Einzelphänomenen „Daten“, „Informationen“ und „Wissen“ nach der Lehre der Semiotik nivelliert. Das Informationsweiterverwendungsrecht verliert damit bedauerlicherweise an begrifflicher Präzision. d) Anwendungsbereich Auch im Rahmen des DNG ist zwischen dem personellen (aa) und dem sachlichen (bb) Anwendungsbereich des Gesetzes zu unterscheiden. 335

Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 16. Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 33. 337 Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 38. 338 Dieser wurde ebenfalls funktional und damit im Ergebnis weit ausgelegt, vgl. Richter, IWG, § 2, Rn. 65. Insbesondere eine inhaltliche Abweichung von dem Dokumentenbegriff der PSI-Richtlinien war auch im Rahmen des IWG nicht angezeigt, vgl. Müller, K & R 2016, 158 (160); Hopf, RiA 2007, 53 (59); Altmeppen / Kahlen, MMR 2006, 499 (500). 339 Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 38. 340 Vgl. BT-Drs. 16/2453, S. 14. 336

III. Die Umsetzung in nationales Recht durch das Datennutzungsgesetz (DNG)  521

aa) Personeller Anwendungsbereich (§ 2 Abs. 2 DNG) Gemäß § 2 Abs. 1 gilt das DNG grundsätzlich für Daten von Datenbereitstellern nach § 2 Abs. 2 DNG. Datenbereitsteller können grundsätzlich öffentliche Stellen (1), Unternehmen der Daseinsvorsorge (2) sowie Hochschulen und Forschungseinrichtungen (3) sein. (1) Öffentliche Stellen (Nr. 1) § 2 Abs. 2 Nr. 1 DNG adressiert „öffentliche Stellen“. Als solche gelten nach § 3 Nr. 1 DNG: „a) Gebietskörperschaften, einschließlich ihrer Sondervermögen, b) andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, wenn aa) sie überwiegend von Stellen nach Buchstabe a oder Buchstabe c einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden, bb) ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Buchstabe a oder Buchstabe c unterliegt oder cc) mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Buchstabe a oder Buchstabe c bestimmt worden sind; dasselbe gilt, wenn diese juristische Person einer anderen juristischen Person des öffentlichen oder privaten Rechts einzeln oder gemeinsam mit anderen die überwiegende Finanzierung gewährt, über deren Leitung die Aufsicht ausübt oder die Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs bestimmt hat, c) Verbände, deren Mitglieder unter Buchstabe a oder Buchstabe b fallen.“

Die Definition beruht gemäß den Richtlinienvorgaben auf dem europäischen Vergaberecht. Sie entspricht mit kleineren sprachlichen Anpassungen der Vorgängerregelung des § 2 Nr. 1 IWG. Der Gesetzgeber behält damit das an den funktionalen Begriff des „öffentlichen Auftraggebers“ (§ 99 Nr. 1 bis 3 GWB) angelehnte Begriffsverständnis bei.341 Der Gesetzgeber weist in der Gesetzesbegründung ausdrücklich darauf hin, dass das Kriterium der überwiegenden staatlichen Finanzierung eine fehlende Entscheidungsautonomie der öffentlichen Stelle über die konkrete Mittelverwendung voraussetzt.342 Eine überwiegende staatliche Finanzierung kann nach dem Willen des Gesetzgebers mit Blick auf die EuGH-

341 342

Siehe zu diesem Richter, IWG, § 2, Rn. 9 f. Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 37.

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

Entscheidung Ärztekammer Westfalen-Lippe343 nicht angenommen werden, wenn sich berufsständische oder vergleichbare Körperschaften zwar durch gesetzlich abgesicherte Mitgliedsbeiträge finanzieren, hinsichtlich der Festsetzung ihrer Tätigkeiten, mithin des dafür benötigten Haushaltsumfangs und der Festlegung der Höhe ihrer Beiträge weitreichende Handlungsspielräume besitzen.344 Zudem soll eine staatliche Aufsicht über die Leitung dann nicht den Anforderungen des § 2 Abs. 2 Nr. 1 lit. b genügen, wenn sie sich auf eine nachträgliche allgemeine Rechtmäßigkeitskontrolle beschränkt.345 Eine Einordnung als „öffentliche Stelle“ scheidet ferner aus, wenn das Rechtssubjekt nicht zu dem besonderen Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen. In diesem Zusammenhang ist auf die oben skizzierten346 Abgrenzungskriterien zu verweisen: Agiert die staatliche Einheit schwerpunktmäßig gleichberechtigt mit Privaten im Wettbewerb, scheidet eine „Nichtgewerblichkeit“ aus. In diesen Fällen handelt die öffentliche Einheit als „öffentliches Unternehmen“ im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 2 DNG. Vorzunehmen ist hier eine Gesamtbetrachtung anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles. (2) Unternehmen der Daseinsvorsorge (Nr. 2) Das DNG findet ferner Anwendung auf „Unternehmen der Daseinsvorsorge, die den Vorschriften über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen unterfallen oder öffentliche Personenverkehrsdienste betreiben“, vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 DNG. (a) Die Rechtslage vor Erlass des DNG Die Regelung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 DNG stellt ein absolutes Novum im System des Informationsweiterverwendungsrechts dar. In Ansehung der Vorgaben der novellierten RL 2019/1024 (EU) sah sich auch der nationale Gesetzgeber gezwungen, das hiesige Weiterverwendungsrecht erstmalig auf Informationen von öffentlichen Unternehmen zu erstrecken. Das IWG klammerte noch bewusst Informationen von gewerblich tätigen Unternehmen aus. Dadurch divergierten die Anwendungsbereiche des Informationszugangsrechts und des Informationsweiterverwendungsrechts. Lücken entstanden vor allem dort, wo das Zugangsrecht einen Anspruch auf Of 343 EuGH, Urteil vom 12. 09. 2013 – Rs. C-526/11, BeckRS 2013, 81710 – IVD / Ärztekammer Westfalen-Lippe. 344 Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 37. 345 Vgl. EuGH, Urteil vom 12. 09. 2013  – Rs. C-526/11, BeckRS 2013, 81710, Rn. 29  – IVD / Ärztekammer Westfalen-Lippe; BT-Drs. 19/27442, S. 37. 346 Siehe D. II. 2. c) aa) (2) (b) (cc).

III. Die Umsetzung in nationales Recht durch das Datennutzungsgesetz (DNG)  523

fenlegung der Information gewährte, das IWG jedoch bereits mangels Vorliegens einer öffentlichen Stelle keine Anwendung fand. Dies galt vor allem für Fälle, in denen öffentliche Unternehmen lediglich indirekt über die Behörde zur Zugangsgewährung verpflichtet wurden, z. B. nach § 1 Abs. 1 S. 3 IFG i. V. m. § 7 Abs. 1 S. 2 IFG.347 Öffentliche Unternehmen konnten im Ergebnis allenfalls außerhalb der Maßstäbe des IWG und unter der Anwendung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG zur Gestattung der Weiterverwendung verpflichtet werden.348 In Betracht kam eine derartige Lösung vor allem dort, wo das öffentliche Unternehmen bereits von sich aus einem Dritten die Weiterverwendung gestattet hatte und der Weiterverwendungsinteressent eine Weiterverwendung zu gleichen Bedingungen begehrte. Dieser Zustand war jedoch aus der Sicht des Weiterverwendungsinteressenten unbefriedigend, da der aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitete Anspruch regelmäßig hinter der Wirkungskraft der strengen Diskriminierungsverbote des § 4 Abs. 1 S. 3 IWG zurückblieb: So steht die Anwendung des Art. 3 Abs. 1 GG unter dem Vorbehalt, dass nicht sachliche Gründe eine abweichende Behandlung rechtfertigten. Der Leistungsverwaltung kommt in diesem Zusammenhang eine weite Einschätzungsprärogative zu.349 Der gerichtliche Prüfungsrahmen ist insoweit lediglich auf die Wahrung des Willkürverbotes reduziert.350 Unterschiedliche Behandlungen bei der Gestattung der Weiterverwendung ließen sich entsprechend deutlich leichter rechtfertigen. (b) Die Begriffsbestimmung gem. § 3 Nr. 2 DNG Nach der Legaldefinition des § 3 Nr. 2 DNG ist ein „Unternehmen der Daseinsvorsorge ein Unternehmen im Sinne des § 100 Absatz 1 Nummer 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, das eine Tätigkeit im Sinne des § 102 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ausübt oder öffentliche Personenverkehrsdienste betreibt“.

Diese Begriffsbestimmung hat erst „in letzter Sekunde“ auf Empfehlung des Wirtschaftsausschusses351 Eingang in den Gesetzestext gefunden. Der ursprüngliche Gesetzesentwurf zum DNG sprach noch von „öffentlichen Unternehmen“ und übernahm sowohl die Terminologie, als auch den Inhalt der Legaldefinition

347

Vgl. Richter, IWG, § 2, Rn. 42. Siehe hierzu bereits C. II. 2. a) aa). So zumindest die Rechtsprechungspraxis zur Gewährung der Zurverfügungstellung von Gerichtsentscheidungen zur Veröffentlichung, vgl. BVerwG, Urteil vom 26. 02. 1997 – 6 C 3/96, NJW 1997, 2694 (2696); OVG Bremen, Urteil vom 25. 10. 1988 – OVG 1 BA 32/88, NJW 1989, 926 (927). 349 So ausdrücklich in Bezug auf die Bereitstellung von Verwaltungsinformationen BMI, Studie zu Open Government Data, S. 163. Zur Einschätzungsprärogative der Leistungsverwaltung auch Boysen, in: von Münch / Kunig, GG, Art. 3, Rn. 111. 350 Vgl. BMI, Studie zu Open Government Data, S. 163. 351 Vgl. BT-Drs. 19/30911, S. 14 und BT-Drs. 19/31014, S. 6. 348

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

nahezu deckungsgleich aus Art. 2 Nr. 3 der RL 2019/1024 (EU).352 Ziel der Entwurfsanpassung war es, im Einklang mit dem Erwägungsgrund 19 der Richtlinie 2019/1024 (EU) über die zwingenden Vorgaben der Richtlinie hinauszugehen und auch private Unternehmen der Daseinsvorsorge in den Anwendungsbereich des Gesetzes einzubeziehen.353 Als konstitutive Tatbestandsmerkmale des § 3 Nr. 2 DNG verbleiben die Unternehmenseigenschaft (aa) und die Ausübung einer Tätigkeit (bb) im Bereich des Sektorenvergaberechts. (aa) Unternehmen im Sinne des § 100 Abs. 1 Nr. 2 GWB Die Vorschrift des § 100 GWB dient der Umsetzung des Art. 4 der Sektorenvergaberichtlinie 2014/25/EU und unterscheidet zwischen öffentlichen und privaten Sektorenauftraggebern. Private Sektorenauftraggeber gem. 100 Abs. 1 Nr. 2 GWB zeichnen sich durch eine hoheitlich veranlasste Vorzugsstellung im Wettbewerbsgeschehen aus.354 Diese kann entweder über die Einräumung von besonderen Rechten (a) oder über eine Form staatlicher Beherrschung (b) vermittelt werden. (α) Unternehmen mit besonderen oder ausschließlichen oder besonderen Rechten (lit. a) Von § 100 Abs. 1 Nr. 2 lit. a GWB werden natürliche und juristische Personen des privaten Rechts erfasst, die eine Sektorentätigkeit im Sinne des § 102 GWB auf der Grundlage von besonderen oder ausschließlichen Rechten ausüben, welche von einer zuständigen Behörde gewährt wurden. Gemäß § 100 Abs. 2 S. 1 GWB müssen die besonderen oder ausschließlichen Rechte im Ergebnis dazu führen, dass die Ausübung der Sektorentätigkeit einem oder mehreren Unternehmen vorbehalten wird und dass die Möglichkeit anderer Unternehmen, diese Tätigkeit auszuüben, erheblich beeinträchtigt wird. In der Praxis handelt es sich dabei vor allem um Anschluss- und Benutzungszwänge oder Konzessionsverträge im Rahmen von Maut- und Betreibermodellen.355 Im Kern erfasst die Vorschrift damit Formen der künstlichen, da rechtlich herbeigeführten, Marktabschottung aufgrund von staatlicher Ingerenz.356 Der erforderliche Einräumungsakt muss nicht zwingend auf einem öffentlichen Rechtsakt mit hoheitlichem Charakter beruhen, auch eine Übertragung per öffentlich-rechtlichem oder privatrechtlichem Vertrag ist

352

Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 38. Vgl. BT-Drs. 19/31014, S. 6. 354 Vgl. Dörr, in: Beck’scher Vergaberechtskommentar, § 100 GWB, Rn. 21 f. 355 Vgl. Dörr, in: Beck’scher Vergaberechtskommentar, § 100 GWB, Rn. 25. 356 Ziekow, in: Ziekow / Völlink, § 100 GWB, Rn. 6. 353

III. Die Umsetzung in nationales Recht durch das Datennutzungsgesetz (DNG)  525

ausreichend.357 Die bloße „lenkende und fördernde Duldung“ eines bestehenden Monopols oder Oligopols fällt dagegen grundsätzlich nicht unter den Tatbestand des § 100 Abs. 1 Nr. 2 lit. a GWB.358 Gleiches gilt für besondere und ausschließ­ liche Rechte, die nach § 100 Abs. 2 S. 2 GWB aufgrund eines transparenten und auf objektiven Kriterien beruhenden Vergabe- oder Genehmigungsverfahrens gewährt wurden. Ein nicht abschließend gemeinter Katalog von Beispielen für derartige Verfahren lässt sich dem Anhang II zur Sektorenvergaberichtlinie RL 2014/25/ EU entnehmen.359 Typischerweise handelt es sich hierbei um Fälle, in denen ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Genehmigung bei Erfüllung von gesetzlich festgelegten Tatbestandvoraussetzungen besteht (z. B. bei § 4 EnWG für Betreiber von Energieversorgungsnetzen).360 (β) Unternehmen unter beherrschendem Einfluss der öffentlichen Hand (lit. b) Eine staatlich veranlasste Sonderstellung im Wettbewerb besteht gem. § 100 Abs. 1 Nr. 2 lit. b GWB auch dann, wenn öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 99 Nr. 1 bis 3 GWB auf das Privatunternehmen einzeln oder gemeinsam einen beherrschenden Einfluss ausüben können. Gemäß § 100 Abs. 3 wird die Ausübung eines beherrschenden Einflusses vermutet, wenn der öffentliche Auftraggeber unmittelbar oder mittelbar die Mehrheit des gezeichneten Kapitals des Unternehmens besitzt (Nr. 1), über die Mehrheit der mit den Anteilen am Unternehmen verbundenen Stimmrechte verfügt (Nr. 2) oder mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des Unternehmens bestellen kann (Nr. 3). Diese Regelung entspricht wort- und inhaltsgleich den ebenfalls auf der RL 2014/25/EU beruhenden Vorgaben der RL 2019/1024 (EU). Konkret erfasst diese Tatbestandsvariante vollständig den Begriff des „öffentlichen Unternehmens“ nach Art. 2 Nr. 3 der RL 2019/1024 (EU). Die obigen Ausführungen zu dieser Norm361 können daher auf das im DNG vorherrschende Begriffsverständnis übertragen werden. Insbesondere ist das Tatbestandsmerkmal der „Gewerblichkeit“

357 Vgl. Ziekow, in: Ziekow / Völlink, § 100 GWB, Rn. 11; Pünder, in: Pünder / Schellenberg, § 100 GWB, Rn. 12. 358 So die ganz herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur, vgl. OLG München, Beschluss vom 28. 08. 2019 – Verg 15/19, NZBau 2020, 198 (199); Pünder, in: Pünder / Schellen­ berg, § 100 GWB, Rn. 12; Ziekow, in: Ziekow / Völlink, § 100 GWB, Rn. 11; a. A. nur VK Lüneburg, Beschluss vom 30. 09. 2015 – VgK-30/2015, ZfBR 2016, 104. 359 Vgl. Pünder, in: Pünder / Schellenberg, § 100 GWB, Rn. 17. Der Anhang II nennt beispielsweise die Erteilung einer Genehmigung für den Betrieb von Erdgasanlagen nach den in Artikel 4 der Richtlinie 2009/73/EG festgelegten Verfahren oder Genehmigung bzw. Aufforderung zur Angebotsabgabe für den Bau neuer Stromerzeugungsanlagen gemäß der Richtlinie 2009/72/EG. 360 Vgl. OLG München, Beschluss vom 28. 08. 2019 – Verg 15/19, NZBau 2020, 198 (199); Ziekow, in: Ziekow / Völlink, § 100 GWB, Rn. 14–16. 361 Vgl. D. II. 2. c) aa) (2) (b).

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

hinzuzudenken, um eine trennscharfe Abgrenzung zu „öffentlichen Stellen“ im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 DNG zu ermöglichen. (bb) Tätigkeitsbereich § 3 Nr. 2 DNG fordert für die Qualifikation als „Unternehmen der Daseinsvorsorge“ ferner, dass dieses eine Sektorentätigkeit gem. § 102 GWB ausübt (a) oder öffentliche Personenverkehrsdienste betreibt (b). Damit setzt der Gesetzgeber Art. 1 Abs. 1 lit. b (i) und (ii) der RL 2019/1024 (EU) um. Auf eine Umsetzung der weiteren Tatbestandsvarianten des Art. 1 Abs. 1 hat der Gesetzgeber dagegen bewusst verzichtet, da in Deutschland aktuell keine Unternehmen als Luftfahrtunternehmen im Sinne des Art. 16 der VO (EG) Nr. 1008/2008 oder Gemeinschaftsreeder nach Art. 4 der VO (EG) Nr. 3577/92 tätig sind.362 (α) Betrieb einer Sektorentätigkeit gem. § 102 GWB Dass der DNG-Gesetzgeber tatbestandlich an den Betrieb einer Sektorentätigkeit gem. § 102 GWB anknüpft, ist streng genommen redundant. Bereits die Einordnung als Unternehmen im Sinne des § 100 Abs. 1 Nr. 2 GWB setzt die Ausübung einer Sektorentätigkeit voraus. Die maßgeblichen Sektorentätigkeiten sind abschließend363 in § 102 Abs. 1–6 GWB aufgezählt. Allgemein gesprochen umfassen sie Versorgungsdienstleistungen auf den Gebieten Wasser, Energie (Elektrizität, Gas und Wärme, fossile Brennstoffe) und Verkehr (Bus und Bahn sowie Häfen und Flughäfen). Der Hintergrund ist, dass diese Sektoren durch ein hohes Maß an wettbewerbsfeindlicher Marktabschottung gekennzeichnet sind.364 Die von der Kommission per Beschluss nach Art. 34 der Richtlinie 2014/25/EU freigestellten Bereiche sind von dem Begriff der Sektorentätigkeit gem. § 102 GWB und damit auch vom Anwendungsbereich des DNG ausgenommen.365 Jede Sektorentätigkeit, unabhängig von ihrer Schwere und ihrem Gewicht, soll für die Anwendbarkeit des DNG ausreichen. Auf das Erreichen von Schwellenwerten darf es nach dem Willen des Gesetzgebers ausdrücklich nicht ankommen.366 362

Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 34 f. Vgl. Ziekow, in: Ziekow / Völlink, § 102 GWB, Rn. 3; Sadoni, in: Pünder / Schellenberg, § 102 GWB, Rn. 6. 364 Vgl. Ziekow, in: Ziekow / Völlink, § 102 GWB, Rn. 1; Dreher, in: Immenga / Mestmäcker, § 102 GWB, Rn. 5. 365 BT-Drs. 19/31014, S. 6. Im Detail hierzu auch unter D. III. 2. d) bb) (2) (b). 366 Vgl. BT-Drs. 19/31014, S. 6. 363

III. Die Umsetzung in nationales Recht durch das Datennutzungsgesetz (DNG)  527

Inhaltlich ist jedoch stets ein funktionaler Bezug der Tätigkeit zu den Tatbeständen des § 102 GWB erforderlich.367 Dabei können auch nach außen hin neutrale Vorgänge wie die Anmietung einer Produktionsstätte der Vorschrift des § 102 GWB unterfallen, wenn sie der Sektorentätigkeit zumindest mittelbar zweckdienlich sind.368 Umgekehrt liegt keine Sektorentätigkeit bei einer selbstständigen und funktional abtrennbaren Leistung vor, die vollständig autonom zur Sektorentätigkeit nutzbar ist.369 Ferner muss die Sektorentätigkeit selbst ausgeübt werden, die bloße Organisation der Rahmenbedingungen der Leistungserbringung löst den Tatbestand des § 102 GWB nicht aus.370 Für die Annahme einer Sektorentätigkeit kommt es damit entscheidend auf die jeweilige konkrete Tätigkeit der Person oder Einrichtung an, nicht auf ihren rechtlichen Status insgesamt.371 (β) Betrieb von öffentlichen Personenverkehrsdiensten Unter „öffentlichen Personenverkehrsdiensten“ im Sinne des § 3 Nr. 2 DNG versteht der Gesetzgeber solche im Sinne des Art. 2 lit. d der VO (EG) Nr. 1370/2007.372 Erfasst werden Personenbeförderungsdienstleistungen, die für die Allgemeinheit fortlaufend und diskriminierungsfrei erbracht werden. Zu konkreten Abgrenzungsfragen im Detail kann auf die obigen Ausführungen zum wortgleichen Art. 1 Abs. 2 lit. b (ii) der RL 2019/1024 (EU) verwiesen werden.373 (c) Bewertung Mit der Einführung des Begriffs des „Unternehmens der Daseinsvorsorge“ beweist der nationale Gesetzgeber, dass er durchaus gewillt ist, über die Minimalstandards der RL 2019/1024 (EU) hinauszugehen. Durch die Einführung des § 3 Nr. 2 DNG werden erstmalig nicht nur öffentliche Unternehmen im Sinne der PSIRichtlinie und dieser Untersuchung verpflichtet, sondern auch rein private Unternehmen, die vom Staat mit speziellen Sonderrechten ausgestattet sind. Mit Blick auf die angestrebte Herstellung eines „level playing fields“ zwischen öffentlichen und privaten Unternehmen kann dieser Schritt im Ausgangspunkt nur begrüßt werden. 367

Vgl. Ziekow, in: Ziekow / Völlink, § 102 GWB, Rn. 2; Sadoni, in: Pünder / Schellenberg, § 102 GWB, Rn. 5. 368 Vgl. Ziekow, in: Ziekow / Völlink, § 102 GWB, Rn. 2. 369 So VK Nordbayern, Beschluss vom 26. 07. 2018, BeckRS 2018, 44928, Rn. 90; Ziekow, in: Ziekow / Völlink, § 102 GWB, Rn. 2. 370 Vgl. Dörr, in: Beck’scher Vergaberechtskommentar, § 102 GWB, Rn. 7. 371 Dörr, in: Beck’scher Vergaberechtskommentar, § 102 GWB, Rn. 7. Sadoni, in: Pünder /  Schellenberg, § 102 GWB, Rn. 5, spricht in diesem Zusammenhang von „relativer Sektorentätigkeit“. 372 Vgl. BT-Drs. 19/31014, S. 6. 373 Siehe D. II. 2. a) aa) (2) (b) (aa) (β).

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

Angesichts der breiten gesetzgeberischen Spielräume bei der Ausgestaltung einer Wettbewerbs- und Informationsordnung374 begegnet die Unterwerfung Privater unter das Regelungsregime des DNG auch keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Ein weiterer positiver Nebeneffekt besteht darin, dass durch die Einbeziehung von Privatunternehmen im Sinne des § 100 Abs. 1 Nr. 2 lit. a DNG eine Synchronität zur Auskunftsverpflichtung nach dem Umweltinformationszugangsrecht hergestellt wird.375 Die Gesetzesänderung trägt damit zumindest in Bezug auf Umweltinformationen zu einer stärkeren Harmonisierung des zuweilen äußerst heterogen ausgestalteten Informationsfreiheitsrechts bei. Bei näherer Betrachtung erweist sich die vorgenommene Erstreckung auf Private in der Praxis jedoch als zu zaghaft. Insbesondere aufgrund der großzügigen Ausnahmeregelung des § 100 Abs. 2 S. 2 GWB ist eine Vielzahl von Privatunternehmen vor allem im Energieversorgungssektor nach wie vor vom Anwendungsbereich des DNG ausgeschlossen.376 Zur Schaffung von flächendeckender Chancengerechtigkeit im Informationswettbewerb ist daher perspektivisch eine Ausweitung der Einbeziehung rein privater Rechtssubjekte angezeigt (siehe hierzu D. VII. 1.). Auch die sprachliche Umsetzung der Einbeziehung Privater ist missglückt. Mit dem Ausdruck „Unternehmen der Daseinsvorsorge“ führt der Gesetzgeber einen bislang unbekannten und neuartigen Rechtsbegriff in das Informationsfreiheitsrecht ein. In Anbetracht der bereits zuvor sehr heterogen ausgeprägten Terminologie im Mehrebenensystem des Informationsfreiheitsrechts377 scheint das Hinzutreten eines zusätzlichen Begriffs bestehende Rechtsunsicherheiten und Unklarheiten eher zu verstärken als auszuräumen. In sprachlicher Hinsicht sinnvoller, da einheitsfördernd, wäre zumindest eine ausdrückliche Beibehaltung des Begriffs des „öffentlichen Unternehmens“ im Sinne des ursprünglichen Gesetzesentwurfs. In fundamentaler Hinsicht lässt sich zudem hinterfragen, inwiefern die Übertragung der Wertungen und Systematiken des Sektorenvergaberechts auf das Informationsweiterverwendungsrecht auch aus teleologischer Sicht überzeugend ist. Zwar geht es beiden Regelungsregimen grundsätzlich um das Aufbrechen von abgeschotteten und damit dysfunktionalen Wettbewerbssituationen. Gleichwohl unterscheidet sich die regulatorische Stoßrichtung. Während das (Sektoren-)Vergaberecht eine besondere Nachfragemacht rechtlich „zähmen“ möchte,378 zielt das 374

Siehe hierzu Wischmeyer / Herzog, NJW 2020, 288 (292); Wiebe / Schur, ZUM 2017, 461 (466) sowie D. VII. 1. b) aa). 375 § 2 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 UIG verpflichtet private Unternehmen der umweltbezogenen Daseinsvorsorge, die „bei der Wahrnehmung der öffentlichen Aufgabe oder bei der Erbringung der öffentlichen Dienstleistung gegenüber Dritten besonderen Pflichten [unterliegen] oder über besondere Rechte [verfügen], insbesondere ein Kontrahierungszwang oder ein Anschluss- und Benutzungszwang besteht“. Hierzu Reidt / Schiller, in: Landmann / Rohmer, Umweltrecht, § 2 UIG, Rn. 25 f. 376 Vgl. Ziekow, in: Ziekow / Völlink, § 100 GWB, Rn. 15. 377 Siehe hierzu bereits unter B. II. 1. b). 378 Vgl. Dörr, in: Beck’scher Vergaberechtskommentar, Einl., Rn. 12.

III. Die Umsetzung in nationales Recht durch das Datennutzungsgesetz (DNG)  529

Informationsfreiheitsrecht umgekehrt auf die Zugänglich- und Nutzbarmachung von verschlossenen Innovationspotentialen und damit auf die Eindämmung einer wettbewerbsausschließenden Angebotsmacht. Im Ergebnis sind die Ziele des Vergabe- und Informationsweiterverwendungsrechts zwar wesensähnlich, aber nicht wesensgleich. Dies hat zur Folge, dass auch im Rahmen der Auslegung von vergaberechtlich vorgeprägten Rechtsbegriffen im Einzelfall Spielräume für die Berücksichtigung weiterverwendungsspezifischer Wertungen oder Besonderheiten verbleiben müssen. (3) Hochschulen und Forschungseinrichtungen (Nr. 3) Nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 erstreckt sich der personale Anwendungsbereich des DNG auch auf Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Forschungsfördereinrichtungen und Forschende, allerdings nur in Bezug auf öffentlich finanzierte und institutionell bereitgestellte Forschungsdaten im Sinne des § 3 Nr. 10 DNG. Die Vorschrift dient der Umsetzung von Art. 1 Abs. 1 lit. c i. V. m. Art. 10 der RL 2019/1024 (EU). Sollten Hochschulen, Forschungseinrichtungen oder Forschungsfördereinrichtungen zugleich „öffentliche Stellen“ oder „öffentliche Unternehmen“ darstellen, richtet sich die Einbeziehung von Forschungsdaten ausschließlich nach den speziellen Anforderungen des § 2 Abs. 2 Nr. 3 DNG.379 bb) Sachlicher Anwendungsbereich (§ 2 Abs. 1, 3 DNG) Der sachliche Anwendungsbereich des DNG wird durch § 2 Abs. 1 DNG in positiver und durch § 2 Abs. 3 DNG in negativer Hinsicht bestimmt. (1) Positivbestimmung (§ 2 Abs. 1 DNG) Nach § 2 Abs. 1 gilt das DNG für sämtliche Daten von Datenbereitstellern nach Abs. 2, die aufgrund eines gesetzlichen Zugangsanspruchs (Nr. 1) einer gesetzlichen Bereitstellungspflicht (Nr. 2) oder auf sonstige Weise öffentlich oder zur ausschließlichen Nutzung (Nr. 3) bereitgestellt wurden. Im Ergebnis wird damit die Akzessorietät des Weiterverwendungsrechts zum Zugangsrecht betont. Die Gesetzesbegründung verweist in Bezug auf Nr. 1 ausdrücklich auf Ansprüche nach dem IFG des Bundes und andere, auch spezialgesetzliche (reaktive) Rechte auf informationelle Einsichtnahme.380 Unter Nr. 2 fallen dagegen Informationen, die proaktiv veröffentlicht wurden, etwa nach § 12a EGovG, nach Landestransparenz-

379 380

Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 35. Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 34.

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

gesetzen oder nach spezialgesetzlichen Regelungen, z. B. § 5a Abs. 2 EnWG.381 § 2 Abs. 1 Nr. 3 Var. 1 erfasst freiwillige Veröffentlichungspraktiken und gewinnt vor allem in den Bundesländern an Bedeutung, in denen gar keine Informationsfreiheitsgesetze und damit keine reaktiv oder proaktiv vermittelten Veröffentlichungspflichten existieren. Auch in diesen informationsrechtlichen „blinden Flecken“ soll die Anwendung des DNG nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Eine freiwillige „Bereitstellung“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 DNG liegt jedenfalls dann vor, wenn die öffentliche Hand von sich aus Daten für die Allgemeinheit zugänglich macht.382 Nicht zweifellos geklärt ist jedoch, ob von § 2 Abs. 1 Nr. 3 DNG auch Fälle der freiwilligen Zugangsgewährung gegenüber einer Einzelperson erfasst sind. Für das alte IWG wurde zuweilen vertreten, dass eine freiwillige administrative Informationsgewährung im bilateralen Verhältnis für das Eingreifen des Informationsweiterverwendungsrechts nicht ausreichen könne.383 Hinter dieser Auffassung stand die Befürchtung, dass die reflexartig ausgelöste Pflicht zur Gestattung der unbeschränkten Weiterverwendung öffentliche Stellen tendenziell davon abhalten könnte, Informationsmaterial von sich aus im Einzelfall zur Verfügung zu stellen.384 Mit Blick auf den eindeutigen Wortlaut und die Systematik des § 2 Abs. 1 DNG scheint sich der Gesetzgeber jedoch klar gegen diese einschränkende Interpretation zu stellen. Die Tatsachen, dass den Nummern 1–3 des § 2 Abs. 1 eine einheitliche Formulierung zu Grunde liegt und Nr. 3 systematisch gleichberechtigt hinter den Nummern 1 und 2 steht, machen deutlich, dass auch die bilaterale Informationsgewährung im Einzelfall den Anwendungsbereich des DNG auslösen kann. Aus der Sicht öffentlicher Stellen mag sich diese Rechtsfolge tatsächlich prohibitiv auf die individuelle Datenfreigabe auswirken. Für öffentliche Unternehmen ist dies jedoch grundsätzlich nicht zu befürchten, da sie sich selbst bei Eingreifen des DNG prinzipiell auf den Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 2 DNG berufen können und somit auch nicht reflexartig zur Gestattung der Weiterverwendung gezwungen sind. Die zweite Variante des § 2 Abs. 1 Nr. 3 DNG eröffnet den Anwendungsbereich des Gesetzes für Ausschließlichkeitsvereinbarungen gemäß § 6 Abs. 1 DNG. Voraussetzung hierfür ist eine Vereinbarung mit einer vom DNG verpflichteten Stelle über eine Nutzung im Sinne des § 3 Nr. 4 DNG. Grundsätzlich kann auch ein rein konzerninterner Datenaustausch hiervon erfasst sein.385 In der Beauftragung eines IT-Dienstleisters zur Speicherung und Aufbereitung oder Analyse der Daten liegt dagegen regelmäßig keine ausschließliche Nutzung im Sinne des § 6 Abs. 1 DNG, da sie im Rahmen der öffentlichen Aufgabenerfüllung erfolgt.386 381

Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 34. So auch BVerwG, Urteil vom 14. 04. 2016 – 7 C 12/14, NVwZ 2016, 1183. 383 Vgl. Richter, IWG, § 1, Rn. 66. Diese Frage dagegen offenlassend VGH Mannheim, Urteil vom 07. 05. 2013 – 10 S 281/12, GRUR 2013, 821 (828). 384 Vgl. Richter, IWG, § 1, Rn. 66. 385 Hierauf hat der Ausschuss für Wirtschaft und Energie im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich hingewiesen, vgl. BT-Drs. 19/31014, S. 6. 386 So die Auffassung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie, vgl. BT-Drs. 19/31014, S. 6. 382

III. Die Umsetzung in nationales Recht durch das Datennutzungsgesetz (DNG)  531

(2) Negativbestimmung (§ 2 Abs. 3 DNG) Von ungleich größerer praktischer Bedeutung ist die Negativbestimmung des Anwendungsbereichs nach § 2 Abs. 3 DNG. Diese Vorschrift listet katalogartig sechs Datentypen auf, auf die das DNG keine Anwendung finden soll. Von zentraler Wichtigkeit ist in diesem Zusammenhang vor allem der allgemeine Ausschlusstatbestand nach Nr. 1 (a). Speziell für Daten von Unternehmen der Daseinsvorsorge existiert daneben ein besonderer Ausschlusstatbestand, vgl. § 2 Abs. 3 Nr. 2 DNG (b). (a) Der allgemeine Ausschlusstatbestand (Nr. 1) (aa) Keine oder nur eingeschränkte Zugänglichkeit des Datums (lit. a) Wie bereits das IWG baut auch das Weiterverwendungsregime des DNG grundsätzlich auf dem Informationszugangsrecht auf: Das DNG findet keine Anwendung auf Daten, die nicht oder nur eingeschränkt zugänglich sind, vgl. § 2 Abs. 3 Nr. 1 lit. a. „Zugänglich“ im Sinne des § 2 Abs. 3 DNG ist eine Information grundsätzlich dann, wenn sie im Sinne des § 2 Abs. 1 DNG aufgrund eines gesetzlichen Zugangsanspruchs, einer gesetzlichen Bereitstellungspflicht oder auf sonstige Weise oder zur ausschließlichen Nutzung bereitgestellt wurde. Wie oben bereits angedeutet, muss sich der Datenzugang dabei nicht zwingend aus originär informationsfreiheitsrechtlichen Rechtsquellen (d. h. Informationszugangsgesetzen oder Transparenzgesetzen) ableiten lassen, sondern kann sich grundsätzlich auch aus spezialgesetzlichen Vorschriften ergeben. Für die Anwendbarkeit des DNG kommt es entscheidend darauf an, ob die Zugänglichkeit möglicherweise nicht oder nur eingeschränkt besteht. Dies ist im jeweiligen Einzelfall anhand des konkreten Datums und der zu Grunde liegenden gesetzlichen Systematik des Veröffentlichungsrechts zu bestimmen. Das DNG findet vor allem dort keine Anwendung, wo einfachgesetzliche Ausschlussgründe ausnahmsweise den Zugang zu der begehrten Information blockieren. Dieser systematische Gleichlauf ist auch notwendig, um zu verhindern, dass das Weiterverwendungsrecht nicht kompetenzüberschreitend die Wertungen des Zugangsrechts außer Kraft setzt. Gleichwohl darf dieser Mechanismus nicht vom Informationszugangsgesetzgeber dazu missbraucht werden, selbst auf mittelbare Weise bestimmte Arten der Weiterverwendung für unzulässig zu erklären. Regelungen wie § 82 Nr. 5 HDSIG, nach der ein Anspruch auf Informationszugang stets ausgeschlossen ist, soweit ein rein wirtschaftliches Interesse an den Informationen besteht, unterbinden sämtliche kommerzielle Weiterverwendungsbestrebungen und laufen damit den Wertungen des DNG und der RL 2019/1024 (EU) zuwider.387 Damit sind sie im Ergebnis (unions-)rechtswidrig.388 387 388

Vgl. Richter, NVwZ 2021, 760 (765 f.). Vgl. Richter, NVwZ 2021, 760 (766).

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

Primär kann sich eine nicht bestehende oder nur eingeschränkte Zugänglichkeit aufgrund von entgegenstehenden öffentlichen und privaten Belangen (a) oder aufgrund des Nachweises eines rechtlichen oder berechtigten Interesses (b) ergeben. Ferner ist der Datenzugang „eingeschränkt“, wenn der Informationszugang nur bestimmten Personengruppen (z. B. Pressevertretern nach § 4 Abs. 1 LPresseG) und nicht jedermann zusteht389 oder die Nutzungs- und Verwertungsrechte aufgrund internationaler Verträge oder bestehender Rechte nicht ausschließlich beim Datenbereitsteller liegen.390 Keine „Einschränkung“ im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 1 lit. a DNG liegt dagegen vor, wenn der Datenzugang nur gegen die Zahlung einer Gebühr oder eines Entgeltes gewährt wird oder sich auf eine bestimmte Zugangsart (z. B. die Akteneinsicht) beschränkt.391 (α) Entgegenstehende öffentliche und private Belange Eine „Nicht-Zugänglichkeit“ liegt im Wesentlichen dann vor, wenn zwar im Ausgangspunkt ein Zugangsrecht besteht, im Einzelfall jedoch (absolut wirkende) Ausnahmen zum Schutz privater oder öffentlicher Belange die Informationsgewährung verbieten. Die unter C. V. skizzierten Grenzziehungen entscheiden mithin zwangsläufig über die Geltungskraft des DNG. In diesem Sinne listet § 2 Abs. 3 Nr. 1 lit. a DNG fünf, nicht abschließend gemeinte („insbesondere“), Fallgestaltungen auf, in denen die Anwendbarkeit des DNG zum Schutz bestimmter öffentlicher und privater Belange ausgeschlossen sein soll: Nach lit. aa) gilt das DNG etwa nicht, „soweit der Schutz personenbezogener Daten entgegensteht.“ Eine Selbstverständlichkeit ist diese Ausnahme nicht, im IWG hatte der Gesetzgeber noch auf eine diesbezügliche Regelung verzichtet.392 Im Ergebnis schließt § 2 Abs. 3 Nr. 1 lit. a aa) DNG vor allem die Weiterverwendung von Namen, Geburtsdaten und / oder Wohnort von Geschäftsführern, Gesellschaftern, wirtschaftlich Berechtigten oder Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern aus, die in Registern für jedermann öffentlich einsehbar sind.393 Eine Ausnahme bilden gleichwohl personenbezogene Daten, die aus dem Handelsregister nach § 9 Abs. 1 HGB ausschließlich zu Informationszwecken abgefragt wurden. Solange diese Daten nicht missbräuchlich verwendet werden, soll der Schutz personenbezogener Daten nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers einer Weiterverwendung nicht „entgegenstehen“.394

389

Vgl. Richter, IWG, § 1, Rn. 87 f. Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 35. 391 Vgl. Richter, IWG, § 1, Rn. 96–98. 392 Vgl. Richter, IWG, § 1, Rn. 76. 393 Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 35. 394 Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 35 f.; in Bezug auf die alte IWG-Rechtslage zustimmend R ­ ichter, IWG, § 1, Rn. 121 ff. 390

III. Die Umsetzung in nationales Recht durch das Datennutzungsgesetz (DNG)  533

Ferner soll die Anwendung des DNG nach lit. bb) ausgeschlossen sein, „soweit der Schutz von Geschäftsgeheimnissen entgegensteht“. Auch diese ausdrückliche Regelung stellt ein Novum im System des Informationsweiterverwendungsrechts dar.395 Eine begriffliche Beschränkung auf Geschäftsgeheimnisse Dritter findet anders als im Rahmen von § 2 Abs. 3 Nr. 1 lit. b DNG gerade nicht statt, so dass auch hier der Geheimnisschutz öffentlicher Stellen und öffentlicher Unternehmen den Anwendungsbereich des DNG ausschließen kann. Bedauerlicherweise versäumt es auch hier der Gesetzgeber, das systematische Verhältnis zum Begriff des Geschäftsgeheimnisses aus dem GeschGehG klarzustellen. Parallel zum Informationszugangsrecht kann das GeschGehG damit auch im DNG lediglich als Auslegungshilfe herangezogen werden. Aufgrund der strengen Formulierung „entgegenstehen“ ist der Geheimnisschutz als spezielle Ausprägung des Schutzes privater Belange vom Gesetzgeber grundsätzlich umfassend ausgestaltet. Der Schutz entfällt allenfalls dort, wo der Geheimnisinhaber bewusst auf diesen verzichtet und ausdrücklich auch in die Weiterverwendung seines Geschäftsgeheimnisses einwilligt.396 Nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 lit. a cc) – ee) DNG gilt das Gesetz ferner nicht, soweit der Schutz der nationalen Sicherheit oder Verteidigung, die Eigenschaft als vertrau­ liche Informationen über den Schutz kritischer Infrastrukturen oder die statistische Geheimhaltung entgegensteht. (β) Nachweis eines rechtlichen oder berechtigten Interesses Abseits dieses speziellen Ausnahmekataloges liegt eine Einschränkung des Informationszugangs auch dann vor, wenn der Informationszugang nur bei Nachweis eines rechtlichen oder berechtigten Interesses besteht. Dies ist grundsätzlich bei verfahrens- und prozessrechtlichen Akteneinsichtnahmerechten (§ 29 Abs. 1 VwVfG, § 100 Abs. 1 VwGO) der Fall.397 Aus dem gleichen Grund findet das DNG auch keine Anwendung auf Informationen, die Gegenstand eines Auskunftsanspruchs nach Art. 39 BayDSG sein können.398 Nach dem Willen des Gesetzgebers sind zudem Daten aus bestimmten Registern, namentlich dem zentralen staats 395 Zuvor richtete sich die Anwendbarkeit des IWG allgemein nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 IWG: „kein oder nur ein eingeschränktes Zugangsrecht“; vgl. Dreier / Spiecker gen. Döhmann, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 165 (177); Wiebe / Ahnefeld, CR 2015, 199 (205). 396 Streng genommen scheidet in diesen Fällen jedoch mangels Geheimhaltungswillens bereits tatbestandlich das Vorliegen eines „Geschäftsgeheimnisses“ aus, vgl. Guckelberger, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 6 IFG, Rn. 36. 397 Vgl. Richter, IWG, § 1, Rn. 100. 398 Wie unter C. II. 2. b) ee) ausgeführt, ist der Zugangsanspruch an die Geltendmachung eines berechtigten Interesses geknüpft. Der reflexartige Ausschluss des DNG wird zwar aus rechtspolitischer Sicht bedauert, verstößt jedoch nicht gegen die Grundsätze der RL 2019/1024 (EU) oder des nationalen Weiterverwendungsrechts, vgl. Richter, NVwZ 2021, 760 (764).

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

anwaltlichen Verfahrensregister, dem Bundeszentral- und Gewerbezentralregister oder dem Ausländerzentralregister ausgenommen.399 Gleiches gilt für Daten aus dem Grundbuch, da die Einsichtnahme in dieses gem. § 12 Abs. 1 GBO ein berechtigtes Interesse voraussetzt. Im Gegensatz dazu ist für das Recht auf Einsichtnahme in das Handelsregister nach § 9 Abs. 1 HGB grundsätzlich kein Nachweis eines besonderen Interesses erforderlich,400 so dass der Anwendungsbereich des DNG für diese Daten jedenfalls nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist. Der Nachweis eines berechtigten Interesses ist grundsätzlich auch dort erforderlich, wo der Gesetzgeber den Informationszugang von dem Ausgang einer behördlichen Abwägungsentscheidung abhängig macht, z. B. im Rahmen von § 5 Abs. 1 IFG.401 An dieser Stelle können Wertungswidersprüche auftreten. Vorstellbar sind Konstellationen, in denen die Abwägungsentscheidung gerade mit Blick auf den späteren ökonomischen Nutzen einer Information zu Gunsten der Zugangsgewährung ausfällt, der Anwendungsbereich des DNG aber aufgrund der strengen Regelung des § 2 Abs. 3 Nr. 1 lit. a grundsätzlich gesperrt ist.402 Das DNG ist damit nicht „vollakzessorisch“ zum Informationszugangsrecht. Vor allem mit Blick auf die Tatsache, dass die Schaffung von Abwägungsklauseln im Informationsfreiheitsrecht zur Schaffung von flexiblen Einzelfalllösungen dringend angezeigt ist,403 besteht die Gefahr, dass viele Bereiche des Informationszugangsrechts per se dem Anwendungsbereich des DNG entzogen sind. Die flexible und ausdifferenzierte Betrachtung auf der Ebene des Informationszugangsrechts wird dadurch auf der nachfolgenden Ebene der Informationsweiterverwendung vollständig nivelliert und die rechtspraktische Relevanz des DNG über Gebühr geschmälert. Ein derart weitreichender Ausschluss des Weiterverwendungsrechts ist nach den Vorgaben der RL 2019/1024 (EU) nicht zwingend geboten. Im Gegenteil, die PSI-Richtlinie lässt dem Gesetzgeber durchaus ausreichend Spielraum für die Anordnung, dass auch im Falle einer Interessensabwägung zu Gunsten des Informationszugangs der Anwendungsbereich des DNG eröffnet wäre.404 Dass der Gesetzgeber von dieser Möglichkeit bei der Ausgestaltung des § 2 Abs. 3 Nr. 1 lit. a DNG keinen Gebrauch gemacht hat, ist angesichts des drohenden Bedeutungsverlustes des DNG bedauerlich und sollte dringend de lege ferenda korrigiert werden. Nicht angezeigt ist dagegen die von Wiebe vorgeschlagene405 vollständige materiell-rechtliche Synchronisierung der Ausnahmeregelungen des DNG und des 399

Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 35. OLG Köln, Beschluss vom 20. 2. 1991 – Wx 68/90, NJW-RR 1255 (1261); OLG Hamburg, Urteil vom 02. 08. 2011 − 7 U 134/10, NJW-RR 2011, 1611 (1612); Richter, IWG, § 1, Rn. 121. 401 So die Gesetzesbegründung zu der Vorschrift des § 1 Abs. 2 Nr. 1, 2 IWG (BT-Drs. 18/4614, S. 12), die der Regelung des § 2 Abs. 3 Nr. 1 lit. a DNG entspricht, vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 35. 402 Diesen Zustand beklagend Wiebe, Open Data in Deutschland und Europa, S. 40. 403 Vgl. C. VIII. 2. b) bb). 404 Zu der insoweit vergleichbaren Rechtslage in Bezug auf die Vorgängerrichtlinie 2013/37/ EU und das IWG Wiebe / Ahnefeld, CR 2015, 199 (205). 405 Wiebe, Open Data in Deutschland und Europa, S. 40; Wiebe / Ahnefeld, CR 2015, 199 (205). 400

III. Die Umsetzung in nationales Recht durch das Datennutzungsgesetz (DNG)  535

Informationszugangsrechts. Sie wäre einerseits redundant und angesichts der Vielzahl unterschiedlichster Ausnahmetatbestände im Zugangsrecht rechtspraktisch kaum durchführbar.406 Andererseits ist eine auf diese Weise geschaffene „Vollakzessorietät“ nicht in der Lage, etwaige weiterverwendungsspezifische Gefahren wertungsmäßig abzubilden. Die Konzeption der RL 2019/1024 (EU) lässt die Berücksichtigung weiterverwendungsspezifischer Gefahren als „zweiten Filter“ gerade ausdrücklich zu, vgl. Art. 1 Abs. 2 lit. c („geistiges Eigentum Dritter“).407 (bb) Geistiges Eigentum Dritter (lit. b) Von hoher Praxisrelevanz ist der Ausschlussgrund des § 2 Abs. 3 Nr. 1 lit. b DNG. Nach diesem gilt das Gesetz nicht für Daten, „die geistiges Eigentum Dritter betreffen“. Diese Formulierung entspricht exakt wortgleich dem zu Grunde liegenden Art. 1 Abs. 2 lit. c der RL 2019/1024 (EU), so dass grundsätzlich davon auszugehen ist, dass der nationale Gesetzgeber an dieser Stelle eine 1:1 Umsetzung der Richtlinienvorgaben anstrebt. Der Regelung des § 2 Abs. 3 Nr. 1 lit. b DNG kommt innerhalb der Ausschlusssystematik des DNG eine Sonderrolle zu. Im Gegensatz zu § 2 Abs. 3 Nr. 1 lit. a DNG ist sie nicht zugangsakzessorisch, sondern weiterverwendungsspezifisch auszulegen. Sie lässt den Ausschluss nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 lit. a DNG unberührt und findet entsprechend erst dann eigenständige Anwendung, wenn sich das geistige Eigentum im Einzelfall nicht zugangsausschließend oder -einschränkend auswirkt. Der Begriff „geistiges Eigentum“ umschreibt nach dem Verständnis der RL 2019/1024 (EU) ausschließlich das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte, einschließlich sui-generis-Schutzrechte wie das Datenbankerstellerrecht nach § 87a UrhG.408 Nicht erfasst sind dagegen gewerbliche Schutzrechte wie eingetragene Patente, Muster oder Marken.409 Sie sind kategorisch dem Anwendungsbereich des DNG-Regime entzogen. Die Regelung des § 2 Abs. 3 Nr. 1 lit. b DNG findet nur auf geistiges Eigentum „Dritter“ Anwendung. Damit erfährt der Ausschlussgrund eine wesentliche Einschränkung. Als „Dritter“ gilt grundsätzlich jede natür-

406

Kritisch auch Richter, IWG, § 1, Rn. 30. Siehe hierzu bereits im Detail D. II. 2. c) bb) (1). 408 Der Sui-generis Schutz von Datenbanken geht zurück auf die Datenbank-Richtlinie RL (EG) 1996/9 und dient der Sicherung des Investitionsaufwandes in die Erstellung der Datenbank (vgl. Erwägungsgrund 7 der RL (EG) 1996/9). Im Gegensatz zu Datenbankwerken nach § 4 Abs. 2 UrhG erfüllen Datenbanken nach §§ 87a UrhG aufgrund ihres simplen Aufbaus nicht die Anforderungen an das Vorliegen einer Schöpfungshöhe, vgl. Vohwinkel, in: BeckOK Urheberrecht, § 87 UrhG, Rn. 8. Lebhaft umstritten ist in diesem Zusammenhang, ob auch amtliche Datenbanken nach § 5 Abs. 2 UrhG gemeinfrei sein können, siehe hierzu Richter, IWG, § 1, Rn. 444 ff. Das DNG versäumt es an dieser Stelle, zumindest die informationsweiterverwendungsrechtlichen Implikationen dieses Streits zu klären. 409 Vgl. Erwägungsgrund 54 der RL 2019/1024 (EU). 407

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

liche oder juristische Person, die nicht unter den Geltungsbereich des DNG fällt.410 Neuerdings ausdrücklich einbezogene öffentliche Unternehmen können sich daher zum Schutz eigener Immaterialgüterrechte grundsätzlich nicht auf § 2 Abs. 3 Nr. 1 lit. b DNG berufen. Ob sich ihr eigener Immaterialgüterschutz auch im DNG fortsetzt, richtet sich ausschließlich nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 lit. a DNG und informationszugangsrechtlichen Wertungen. Gemäß der unter C. V. skizzierten Erkenntnisse schließt vor allem das arbeits- oder werkvertraglich übertragene Erstveröffent­ lichungsrecht nach § 12 Abs. 1 UrhG etwaige Zugangsansprüche gegenüber öffentlichen Unternehmen aus. In diesen Fällen führt § 2 Abs. 3 Nr. 1 lit. a DNG dazu, dass auch der Anwendungsbereich des DNG ausgeschlossen ist. Dies gilt nach den obigen Ergebnissen sogar dann, wenn im Einzelfall im Rahmen einer relativen Schutzklausel die Offenlegungsinteressen der Allgemeinheit überwiegen.411 Fraglich bleibt, ob der weiterverwendungsspezifische Ausschlussgrund des § 2 Abs. 3 Nr. 1 lit. b DNG im Einzelfall dennoch Auswirkungen auf die Datenbereitstellung durch öffentliche Unternehmen haben kann. Die Beantwortung dieser Frage hängt maßgeblich davon ab, ab wann auch Daten öffentlicher Unternehmen das geistige Eigentum Dritter „betreffen“. Aus der schöpferbezogenen Konzeption des Urheberrechts ergeben sich an dieser Stelle schwierige Abgrenzungsproblematiken: Bis auf wenige Ausnahmekonstellationen können gemäß §§ 2 Abs. 2, 7 UrhG nur natürliche Personen Schöpfer eines Werkes und damit Urheberrechtsinhaber sein. Das Urheberrecht ist grundsätzlich nicht übertragbar, vgl. § 29 Abs. 1 UrhG. Selbst bei einer umfassenden Einräumung von Nutzungs- und Verwertungsrechten verbleibt jedenfalls ein formales „Rest-Urheberrecht“ bei dem Schöpfer. Sollte eben dieses für ein „Betreffen“ im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 1 lit. b DNG ausreichen, wäre im Ergebnis nahezu jedes urheberrechtlich geschützte Werk dem Anwendungsbereich des DNG entzogen. Eine derart weite Lesart ist vor dem Hintergrund der weiterverwendungsfreundlichen Zielrichtung des DNG nicht haltbar.412 Ob die begehrten Daten das geistige Eigentum Dritter „betreffen“, muss stattdessen einzelfallbezogen und mit Blick auf die Systematik und Zweckrichtung von DNG und UrhG ermittelt werden.413 Entscheidend kommt es darauf an, in welchem Umfang urheberrechtliche Verwertungs- (§§ 15 ff. UrhG) und Nutzungsrechte (§§ 31 ff. UrhG) bei dem Dritten verbleiben.414 Zu unterscheiden ist hier zwischen Werken, die von Unternehmensmitarbeitern im Rahmen interner Arbeits- und Dienstver 410

Vgl. Richter, IWG, § 1, Rn. 304. Kritisch hierzu Wiebe, Open Data in Deutschland und Europa, S. 41 f. 412 So bereits Richter, IWG, § 1, Rn. 387 f. für die vergleichbare Vorgängervorschrift des § 1 Abs. 2 Nr. 4 IWG. 413 Vgl. Richter, IWG, § 1, Rn. 388. 414 Das noch auf Zugangsebene relevante Erstveröffentlichungsrecht nach § 12 UrhG vermag dagegen die nachgelagerte Stufe der Weiterverwendung zumindest im Rahmen des § 2 Abs. 3 Nr. 1 lit. b DNG nicht mehr einzuschränken, siehe hierzu auch Richter, IWG, § 1, Rn. 356. Auch inwiefern im Einzelfall die Schranken des Urheberrechts nach §§ 44a ff. UrhG eine Nutzung des Urheberrechts begrenzen, ist für ein „betreffen“ iSd § 2 Abs. 3 Nr. 1 lit. b DNG unerheblich, vgl. Richter, IWG, § 1, Rn. 380 ff. 411

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hältnisse geschaffen werden und Werken, die von externen Akteuren (z. B. Gutachtern) erstellt werden: Im Rahmen von Arbeits- und Dienstverhältnissen wird nach § 31 Abs. 5 S. 2 UrhG grundsätzlich vermutet, dass der schöpfende Unternehmensmitarbeiter in der Regel nach §§ 31 Abs. 1, 43 UrhG sämtliche Verwertungsrechte, die eine Bereitstellung zur zweckunabhängigen Datennutzung nach dem DNG ermöglichen, auf seinen Dienstherrn, mithin das öffentliche Unternehmen, überträgt.415 Die übertragenen Verwertungsrechte umfassen vor allem das Recht zur Vervielfältigung (§ 16 Abs. 1 UrhG), der öffentlichen Verbreitung (§ 17 UrhG), das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a UrhG) oder das Recht zur Bearbeitung und Umgestaltung (§ 23 UrhG) oder freien Nutzung (§ 24 UrhG). Mangels verbleibender Verwertungsrechte bei dem „Dritten“ kann in diesen Fällen nicht davon ausgegangen werden, dass dessen geistiges Eigentum im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 1 lit. b DNG noch betroffen ist. Der Ausschlussgrund ist nicht einschlägig. Anders sind Fälle zu bewerten, in denen das Werk von einem externen Dritten, beispielsweise einem Wissenschaftler im Rahmen eines in Auftrag gegebenen Gutachtens, erstellt wurde. Eine werkvertragliche Übertragung von Nutzungsund Verwertungsrechten kann hier nicht pauschal unterstellt werden. Die Vermutungsregel des § 31 Abs. 5 S. 2 UrhG darf parallel zum Informationszugangsrecht allein aufgrund der systemischen Zweckentfremdung öffentlicher Unternehmen416 keine Anwendung finden. Vielmehr bedarf die Übertragung von Nutzungsrechten einer ausdrücklichen oder konkludenten Zustimmung des Urhebers gem. § 34 Abs. 1 UrhG. Die Zustimmung nach § 182 BGB kann als Einwilligung i. S. d. § 183 S. 1 BGB vorab oder Genehmigung nach § 184 Abs. 1 BGB nachträglich erteilt werden.417 Sie kann aber auch per AGB418 oder konkludent erfolgen.419 Liegt in diesem Sinne eine Zustimmung vor, richtet sich die Ausschlusswirkung des § 2 Abs. 3 Nr. 1 lit. d DNG nach dem Inhalt und dem Umfang derselben. Stimmt der externe Dritte einer ausschließlichen (§ 31 Abs. 3 UrhG) oder unbeschränkten (§ 31 Abs. 2 UrhG) Einräumung von Nutzungsrechten zu, ist die Anwendung des DNG nicht nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 lit. b DNG ausgeschlossen.420 Diese Konstellation wird jedoch für öffentliche Unternehmen in der Praxis nicht den Regelfall darstellen. Wahrscheinlicher ist es, dass die Zustimmung zur Übertragung von Nutzungsrechten nur unter Einschränkungen erfolgt. An dieser Stelle ist im Einzelfall zu untersuchen, inwiefern sich die vereinbarten Einschränkungen auf die Nutzungs­ 415

So zumindest Richter, IWG, § 1, Rn. 397 mit Verweis auf BVerwG, Urteil vom 25. 06. 2015 – 7 C 1/14, NVwZ 2015, 1603 ff. 416 Siehe hierzu noch ausführlich unter D. VI. 417 Vgl. Wandtke / Grunert, in: Wandtke / Bullinger, UrhG, § 34, Rn. 8, a. A. Richter, IWG, § 1, Rn. 408, nach dem die Zustimmung nur vorab erteilt werden kann. 418 Vgl. Nordemann, in: Fromm / Nordemann, UrhG, § 34, Rn. 41; a. A. Wandtke / Grunert, in: Wandtke / Bullinger, UrhG, § 34, Rn. 10. 419 Vgl. BGH, Urteil vom 3. 3. 2005 – I ZR 111/02, GRUR 2005, 860 (862) – Fash 2000. 420 Vgl. Richter, IWG, § 1, Rn. 409.

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

gewährung nach dem DNG auswirken.421 Ob das geistige Eigentum Dritter betroffen und damit das DNG anwendbar ist, entscheiden im Ergebnis Inhalt und Umfang der Zustimmung. Diese Lösung erscheint auch vor dem Hintergrund der Schutzwürdigkeit des externen Urhebers interessensgerecht. Sie birgt jedoch tendenziell die Gefahr, dass sich öffentliche Unternehmen zur Vermeidung von weiterverwendungsrechtlichen Pflichten bewusst keine Nutzungsrechte einräumen lassen oder auf externe Private verlagern.422 (cc) Subsidiarität gegenüber umweltinformationsrechtlichen Regelungen (lit. c) Nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 lit. c DNG gilt das Gesetz nicht für Daten, „die nach den Vorschriften des Bundes oder der Länder über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen zugänglich sind und uneingeschränkt, kostenlos, maschinenlesbar und über eine Anwendungsprogrammierschnittstelle nutzbar sind“.

Damit stellt der Gesetzgeber klar, dass das DNG gleichwertige oder gar weiterverwendungsfreundlichere Nutzungsregime für Umweltinformationen auf Bundes- und Landesebene unberührt lässt. Auf Richtlinienebene wurde das Konkurrenzverhältnis dagegen noch offengelassen.423 Es ist allgemein anerkannt, dass das UIG, auch wenn es ausdrücklich nur auf die Zugänglichmachung von Umweltinformationen abstellt (vgl. § 3 Abs. 1), die anschließende Informationsnutzung bzw. Weiterverwendung gleichzeitig mitumfasst.424 Das UIG sieht dabei keinerlei Einschränkungsmöglichkeiten für die Weiterverwendung vor, auch die Entgeltregelung des § 12 Abs. 1 UIG deckt allein die Zugangsgewährung ab.425 Die Nutzung von Umweltinformationen richtet sich damit grundsätzlich nach dem äußerst weiterverwendungsfreundlichen Regime der Bundes- und Landes-UIG. Da das Umweltinformationszugangsrecht auf Bundes- und Landesebene grundsätzlich auch öffentliche Unternehmen adressiert, können letztere hierdurch grundsätzlich bereichsspezifisch zur unbeschränkten Nutzungsgestattung verpflichtet werden. Das DNG und damit der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 2 DNG finden in diesen Fällen keine Anwendung, was angesichts der Zweckentfremdung öffentlicher Unternehmen vom System des Weiterverwendungsrechts nicht unbedenklich er 421

Vgl. Richter, IWG, § 1, Rn. 410. Vgl. Richter, IWG, § 1, Rn. 484. 423 Siehe oben D. II. 3. c). 424 Vgl. Fluck / Gündling, in: Fluck / Fischer / Martini, § 3 UIG, Rn. 70; Richter, IWG, § 1, Rn. 578; Wiebe, Open Data in Deutschland und Europa, S. 39. Eine solche Lesart legt auch die Gesetzesbegründung zum GeoZG nahe, vgl. BT-Drs. 17/9686, S. 6: „Bereits heute werden Umweltinformationen des Bundes nach dem Umweltinformationsgesetz vom 22. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3704) auch für die kommerzielle Nutzung in aller Regel geldleistungsfrei abgegeben.“ 425 Vgl. Richter, IWG, § 1, Rn. 578 f. 422

III. Die Umsetzung in nationales Recht durch das Datennutzungsgesetz (DNG)  539

scheint,426 aber angesichts eindeutiger europarechtlicher Vorgaben im Umweltinformationsrecht (die Umweltinformations-RL 2003/4 (EG) lässt keinerlei Raum für Einschränkungsmöglichkeiten der Informationsnutzung) vom nationalen Gesetzgeber hingenommen werden muss. (dd) Bereitstellung außerhalb des öffentlichen Auftrages der öffentlichen Stelle (lit. d) Ferner endet der Anwendungsbereich des DNG dort, wo die Bereitstellung von Daten nicht unter den durch Rechtsvorschrift festgelegten Auftrag der öffentlichen Stelle fällt, vgl. § 2 Abs. 3 Nr. 1 lit. d DNG. Diese Vorschrift dient der Umsetzung der Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe a der RL (EU) 2019/1024. Bedauerlicherweise wurde auch in diesem Zusammenhang die redaktionelle Ungenauigkeit der Richtlinie (der „öffentliche Auftrag“ kann sinnvollerweise nur als „öffentliche Aufgabe“ gelesen werden427) in das nationale Recht übernommen. § 2 Abs. 3 Nr. 1 lit. d DNG stellt sicher, dass im Rahmen der wirtschaftlichen Betätigung, die nicht zu einem öffentlichen Zweck erfolgt, gleiche Wettbewerbsbedingungen für öffentliche Stellen und private Weiterverwender gelten.428 Der Ausschlussgrund schützt öffentliche Stellen davor, Daten, die eigentlich als Ausgangsmaterial für anderweitige eigene Geschäftstätigkeiten auf einem Sekundärmarkt erstellt worden sind, nach dem strengen Regime des DNG für die externe Nutzung preisgeben zu müssen.429 Anwendung findet der Ausschluss jedoch grundsätzlich nur auf Daten von öffentlichen Stellen. Für öffentliche Unternehmen der Daseinsvorsorge sind dagegen speziellere Ausschlusstatbestände einschlägig (siehe zu diesen sogleich). (b) Der besondere Ausschluss für Daten von Unternehmen der Daseinsvorsorge (Nr. 2) § 2 Abs. 3 Nr. 2 DNG setzt die Vorgaben des Art. 1 Abs. 2 lit. b der RL 2019/1024 (EU) um und schließt Daten von Unternehmen der Daseinsvorsorge, die außerhalb der Tätigkeit nach § 3 Nr. 2 DNG erstellt wurden, von dem Anwendungsbereich des DNG aus. Damit stellt der Gesetzgeber klar, dass die Nutzungsvorgaben des DNG nur im Rahmen der abschließend gemeinten430 Sektorentätigkeiten des § 102 GWB (Wasser, Verkehr, Energie)  oder der öffentlichen Personenverkehrsdienste im 426

Ausführlich hierzu unter D. VI. Vgl. Püschel, S. 82; Wirtz, S. 78 f. 428 So zum vergleichbaren Art. 1 Abs. 2 lit. a der RL 2013/37/EU Drexl, S. 1 (9). 429 So zum vergleichbaren Art. 1 Abs. 2 lit. a der RL 2013/37/EU Drexl, S. 1 (9). 430 Vgl. Dörr, in: Beck’scher Vergaberechtskommentar, § 102 GWB, Rn. 7; Ziekow, in: Ziekow /  Völlink, § 102 GWB, Rn. 4. 427

540

D. Die Weiterverwendung von Informationen 

Sinne des Art. 2 lit.  d der VO (EG) Nr. 1370/2007 Anwendung finden sollen. Entsprechend erstreckt sich das DNG auch nicht auf Daten, die mit unmittelbar dem Wett­bewerb ausgesetzten Tätigkeiten zusammenhängen und daher gemäß Artikel 34 der Richtlinie 2014/25/EU von der Anwendung des Sektorenvergaberechts freigestellt sind. Für Deutschland hat die Europäische Kommission bislang zwei Freistellungs­beschlüsse erlassen. Den Freistellungsbeschluss vom 24. 4. 2012 hinsichtlich der Erzeugung und dem Großhandel von Strom aus konventionellen Quellen (2012/218/EU) und den Freistellungsbeschluss vom 15. 9. 2016 in Bezug auf den Vertrieb von Strom und Gas an Letztverbraucher in Deutschland (2016/1674/EU). Der Wortlaut des § 2 Abs. 3 Nr. 2 lit. b DNG ist jedoch grundsätzlich offen für zukünftige Freistellungen. Die Freistellungspraxis der Kommission wird insgesamt als sehr großzügig bewertet.431 Aktuell gilt der hiesige Markt für Verkehrsdienstleistungen beschränkungsfrei und damit potentiell freistellungsfähig, eine Freistellung des Marktes für Trinkwasserversorgung erscheint dagegen unwahrscheinlich.432 Relevanz entfaltet der Ausschlussgrund des § 2 Abs. 3 Nr. 2 DNG vor allem für Unternehmen im Sinne des § 3 Nr. 2 DNG, die gleichzeitig auf verschiedenen und teilweise von § 102 GWB nicht erfassten Gebieten der Daseinsvorsorge tätig sind. Da die DNG-Verpflichtung tätigkeits- und nicht statusbezogen ausgestaltet ist,433 müssen sie etwaige Daten, die sie beispielsweise im Rahmen der Abfallentsorgung oder des Wohnungsbaus generieren, grundsätzlich nicht nach den Maßstäben des DNG bereitstellen. (c) Sonstige Ausschlussgründe (Nr. 3–6) Gleichfalls aus dem Anwendungsbereich des DNG ausgeschlossen sind Logos, Wappen und Insignien (Nr. 3), Daten von öffentlichen Rundfunkanstalten und deren Beauftragten (Nr. 4), von kulturellen Einrichtungen außer Bibliotheken, Museen und Archiven (Nr. 5) sowie von Bildungseinrichtungen der Sekundarstufe und darunter (Nr. 6). Mit Ausnahme von Nr. 6 existierten diese Ausschlussgründe zum Teil wortgleich bereits im Rahmen des alten § 1 Abs. 2 IWG, so dass für Einzelfragen auf die bereits bestehende Kommentarliteratur verwiesen werden kann.434

431

So wurde in der Vergangenheit lediglich ein Freistellungsgesuch abgelehnt, vgl. Sudbrock, in: Eschenbruch / Optiz / Röwekamp, SektVO, § 140 GWB, Rn. 13. 432 Vgl. Sudbrock, in: Eschenbruch / Optiz / Röwekamp, SektVO, § 140 GWB, Rn. 15–17. 433 Siehe hierzu bereits unter D. III. 2. d) aa) (2) (b) (bb). 434 Siehe Richter, IWG, § 1, Rn. 190 ff. für Logos, Wappen und Insignien, Rn. 486 ff. für öffentliche Rundfunkanstalten, Rn. 524 ff. für kulturelle Einrichtungen.

III. Die Umsetzung in nationales Recht durch das Datennutzungsgesetz (DNG)  541

cc) Zwischenergebnis Öffentliche Unternehmen der Daseinsvorsorge auf den Gebieten Wasser, Energie und Verkehr unterfallen grundsätzlich dem personellen Anwendungsbereich des DNG. In Abweichung von den Vorgaben der RL 2019/1024 (EU) bezieht das DNG zusätzlich auch rein private Unternehmen, die mit hoheitlichen Sonderrechten im Wettbewerb ausgestattet sind, ein. Der sachliche Anwendungsbereich des DNG ist im Ausgangspunkt zugangsakzessorisch. Zusätzlich existieren spezielle Ausnahmen vom Anwendungsbereich zum Schutz geistiger Eigentumsrechte Dritter und zur Vermeidung von Wettbewerbsnachteilen für öffentliche und private Unternehmen der Daseinsvorsorge. e) Die Gestattung der Weiterverwendung (Das „Ob“ der Nutzung) aa) Grundsatz der unbeschränkten Weiterverwendung (§ 4 Abs. 1 DNG) Im DNG gilt der Grundsatz der unbeschränkten Weiterverwendung. Nach § 4 Abs. 1 dürfen Daten, die in den Anwendungsbereich des DNG fallen, für jeden kommerziellen oder nichtkommerziellen Zweck genutzt werden. Einzig eine missbräuchliche oder zweckentfremdete Nutzung ist nicht garantiert.435 Ebenso wie die Vorgängervorschrift des § 2a S. 1 IWG vermittelt § 4 Abs. 1 DNG damit grundsätzlich ein subjektiv-öffentliches Recht auf Datennutzung.436 Als „Nutzung“ gilt nach § 3 Nr. 4 DNG „jede Verwendung von Daten für kommerzielle oder nichtkommerzielle Zwecke, die über die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe oder die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse hinausgeht oder die neben der Erfüllung öffentlicher Aufgaben auch zu eigenen kommerziellen Zwecken erfolgt“.

Letzteres ergibt sich bereits aus der Rechtsprechung zum IWG.437 Typischerweise erfasst der Begriff der „Nutzung“ demnach jede Form der Informationsverarbeitung zur Erstellung von Mehrwertdienstleistungen und Produkten (sog. „added value“).438 Zwischen den Begrifflichkeiten „Nutzung“ und „Weiterverwendung“ im Sinne der RL 2019/1024 (EU) und des IWG sollen nach dem Willen des Gesetzgebers keine inhaltlichen Unterschiede bestehen.439 Auf die entsprechenden Definitionen aus Art. 2 Nr. 11 der RL 2019/1024 (EU) und § 2 Nr. 3 IWG wird in der Gesetzesbegründung ausdrücklich verwiesen.440 Insoweit gelten die 435

Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 39. Zu § 2a S. 1 IWG VGH Mannheim, Beschluss vom 13. 12. 2019 – 10 S 2614/19 – juris, Rn. 17; VG Weimar, Beschluss vom 23. 05. 2019 – 8 E 423/19 – juris, Rn. 24. 437 Vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 07. 05. 2013 – 10 S 181/12, GRUR 2013, 821. 438 So bereits die Begründung zum IWG, vgl. BT-Drs. 16/2453, S. 15. 439 Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 38. 440 Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 38. 436

542

D. Die Weiterverwendung von Informationen 

im Rahmen der RL 2019/1024 (EU) oben skizzierten Maßstäbe auch im Rahmen des § 4 DNG, insbesondere ist mit Blick auf die Wirksamkeit des § 4 Abs. 2 DNG Vorsicht vor der Annahme geboten, dass jede noch so marginale Zweckentfremdung eine „Nutzung“ begründen soll.441 Angesichts des inhaltlichen Gleichlaufs von einer „Nutzung“ nach dem DNG und einer „Weiterverwendung“ nach der RL 2019/1024 (EU) drängt sich insgesamt die Frage auf, inwiefern die Wahl einer abweichenden Terminologie tatsächlich einen praktischen Mehrwert liefert oder im Ergebnis nicht vielmehr (vermeidbare) Unsicherheiten und Irritationen evoziert. bb) Spezieller Erlaubnisvorbehalt für öffentliche Unternehmen (§ 4 Abs. 2 DNG) Der Grundsatz der freien Weiterverwendung gilt nicht für Daten von (öffentlichen) Unternehmen der Daseinsvorsorge. Gemäß § 4 Abs. 2 DNG dürfen diese nur für kommerzielle und nichtkommerzielle Zwecke genutzt werden, soweit das Unternehmen die Nutzung zugelassen hat. Der nationale Gesetzgeber hat sich mithin für eine direkte Übertragung des Erlaubnisvorbehalts aus Art. 3 Abs. 2 der RL 2019/1024 (EU) entschieden und sich damit über weiterverwendungsfreundlichere Vorschläge aus der Literatur442 hinweggesetzt. Im Kern werden öffentliche Unternehmen durch § 4 Abs. 2 DNG privilegiert. Im Gegensatz zu öffentlichen Stellen haben sie es selbst in der Hand, die Anwendung des Nutzungsregimes des DNG auszulösen oder zu verhindern. Auf diese Weise sollen vor allem die berechtigten Wettbewerbsinteressen öffentlicher Unternehmen geschützt werden.443 Der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 2 DNG erstreckt sich nicht auf „hochwertige Datensätze“ im Sinne des § 3 Nr. 9 DNG.444 Diese sind stets nach den Vorgaben des § 9 DNG für eine externe Nutzung bereitzustellen.

441

Siehe D. II. 2. d) bb). Eine „Weiterverwendung“ soll nach der Rechtsprechung indes auch dann vorliegen, wenn sich das von dem Weiterverwendungsinteressenten verfolgte Projekt, in der Regel die Erstellung eines Mehrwertangebotes, noch in der Entwicklungs- und Realisierungsphase befindet, vgl. OVG Münster, Urteil vom 15. 04. 2014 8 A 1129/11 – juris, Rn. 87. 442 So hatten die Kommission Wettbewerbsrecht 4.0, Ein neuer Wettbewerbsrahmen für die Digitalwirtschaft, S. 47 und Wiebe, Open Data in Deutschland und Europa, S. 63, grundsätzlich für eine uneingeschränkte und vorbehaltlose Nutzungsmöglichkeit von Daten öffentlicher Unternehmen plädiert. 443 Im Vorfeld der Richtlinienumsetzung hatten Voigt / Sinemus / Liebetanz, Weißbuch der Quadriga Hochschule Berlin, S. 54 ff. eindringlich vor einer zu weitreichenden Einbeziehung öffentlicher Unternehmen gewarnt. Sie befürchteten vor allem, dass kommunale Unternehmen durch disruptive Geschäftsmodelle Dritter im Endkundengeschäft erhebliche Marktanteile verlieren. 444 Dies folgt bereits aus der Auslegung des zu Grunde liegenden Art. 3 Abs. 2 der RL 2019/ 1024 (EU), vgl. D. II. 2. d) bb) (2).

III. Die Umsetzung in nationales Recht durch das Datennutzungsgesetz (DNG)  543

Ob der Erlaubnisvorbehalt in der Rechtspraxis jedoch tatsächlich einen effektiven Schutzmechanismus bildet, hängt maßgeblich von der Auslegung des Merkmals „zugelassen“ ab. Richter plädiert ausgehend von der Vorgängerregelung des § 2a S. 2 IWG grundsätzlich für eine weite Interpretation. Es solle genügen, dass die öffentliche Stelle die Information „erstens wissentlich in Verkehr bringt und zweitens die Weiterverwendung – auch stillschweigend – billigt“.445 Insbesondere hinsichtlich der Möglichkeit zur stillschweigenden Billigung ergeben sich erhebliche Zweifel. Bereits der Wortlaut der zu Grunde liegenden Richtlinienvorgaben („Erlaubnis“) legt nahe, dass nur eine ausdrückliche Erklärung maßgeblich sein kann. Praxisrelevant wird dieser Streit vor allem bei der Frage, ob die Erfüllung proaktiver Veröffentlichungspflichten auf einem Transparenzportal ein „Zulassen“ der Nutzung im Sinne des § 4 Abs. 2 DNG darstellt. Dagegen spricht zunächst, dass die fortschreitende Ausweitung antragsunabhängiger Publikationspflichten die Bedeutung des Erlaubnisvorbehalts gem. § 4 Abs. 2 DNG zunehmend aushöhlen und faktisch das gesetzlich speziell angeordnete Regel-Ausnahme-Verhältnis für die Nutzbarkeit von Daten öffentlicher Unternehmen ins Gegenteil verkehren würde. Eine derartige Erosion von Schutzmechanismen erscheint angesichts der überwiegenden Zweckentfremdung öffentlicher Unternehmen im System des Weiterverwendungsrechts nicht haltbar. Zudem unterläuft eine zu extensive Interpretation des § 4 Abs. 2 DNG tendenziell die Dichotomie des Informationsfreiheitsrechts: Der Akt der proaktiven Veröffentlichung einer Information eröffnet gem. § 2 Abs. 1 Nr. 2 DNG allein den Anwendungsbereich des Weiterverwendungsrechts. Hiervon systematisch klar getrennt ist die Frage nach der anschließenden Nutzung einer Information. Anders als bei § 4 Abs. 1 DNG entscheidet der überwiegend zugangsakzessorische Anwendungsbereich des Gesetzes im Falle des § 4 Abs. 2 DNG gerade nicht reflexartig über die Gestattung der Weiterverwendung. Hierfür bedarf es vielmehr eines autonomen Zulassungsaktes. Diesen bereits in der Zugänglichmachung selbst zu sehen,446 liefe im Ergebnis auf eine zirkuläre Betrachtungsweise hinaus. Folglich lässt auch das proaktiv veröffentlichende Unternehmen noch nicht zwingend eine Nutzung im Sinne des § 4 Abs. 2 DNG zu. Stattdessen ist der Wille zur Gestattung der Weiterverwendung separat festzustellen. Für die Annahme einer Willenserklärung, die die Weiterverwendung erlaubt, müssen nach außen klar erkennbare, zusätzliche Umstände oder besondere gesetzliche Wertentscheidungen hinzutreten, die auf eine Billigung der Weiterverwendung schließen lassen.447 Gegebenenfalls sind potentielle Weiterverwender dazu angehalten, ihre

445

Richter, IWG, § 2a, Rn. 77. In diese Richtung argumentierend jedoch BVerwG, Urteil vom 14. 04. 2016 – 7 C 12/14, NVwZ 2016, 1183 f.; Schoch, NVwZ 2006, 872 (875); Eifert, in: Lipowicz / Schneider (Hrsg.): Perspektiven des deutschen, polnischen und europäischen Informationsrechts, S. 71 (85). 447 Wo gesetzliche Regelungen wie beispielsweise § 10 Abs. 3 S. 1 HmbTG ausdrücklich anordnen, dass die Weiterverwendung und Verbreitung von bereitgestellten Informationen öffentlicher Unternehmen frei sein soll, lässt sich nur schwerlich begründen, weshalb an dieser Stelle ein zusätzlicher, ausdrücklicher Gestattungsakt erforderlich sein soll. 446

544

D. Die Weiterverwendung von Informationen 

bereits erfolgte Weiterverwendung bei dem öffentlichen Unternehmen anzuzeigen und bestätigen zu lassen. Die Erteilung der Zulassung zur Nutzung durch öffentlich-rechtlich handelnde Stellen erfolgt grundsätzlich per rechtsgestaltendem Verwaltungsakt,448 durch privatrechtlich organisierte öffentliche Unternehmen grundsätzlich in Form einer zivilrechtlichen Willenserklärung.449 Sollte das öffentliche Unternehmen bereits gegenüber einem anderen Interessenten die Nutzung zugelassen haben, hat jeder weitere Interessent, der eine vergleichbare Form der Nutzung begehrt, grundsätzlich einen subjektiv-rechtlichen Anspruch im Sinne des § 194 Abs. 1 BGB auf Gestattung der Nutzung zu den gleichen Konditionen. Dies folgt aus dem Nichtdiskriminierungsgebot des § 5 Abs. 1 PSI-RL. In diesen Fällen besteht für das öffentliche Unternehmen ein Kontrahierungszwang.450 Weigert sich das öffentliche Unternehmen dennoch, einen Vertrag mit einem Weiterverwendungsinteressenten abzuschließen, macht es sich unter Umständen gemäß § 826 BGB schadensersatzpflichtig.451 Das öffentliche Unternehmen für immer an eine einmal gestattete Form der Weiterverwendung zu binden, würde jedoch dessen wirtschaftliche Flexibilität zu stark einschränken. Es soll ihm daher grundsätzlich möglich sein, sich von der bisherigen Weiterverwendungspraxis zu lösen und sogar eine einst erlaubte Weiterverwendung für die Zukunft zu untersagen.452 Es muss diese Entscheidung jedoch so bald wie möglich, bestenfalls auf elektronischem Wege, bekannt geben.453 Davor gestattete Weiterverwendungen genießen weiterhin „Bestandsschutz“, soweit nicht in den Nutzungsbestimmungen Abweichendes vereinbart wurde. Öffentliche Unternehmen dürfen die Möglichkeit der Rücknahme einer Weiterverwendungsgestattung allerdings nicht dazu missbrauchen, auf diese Weise gleichsam „durch die Hintertür“ außerhalb der zulässigen Fälle des § 6 DNG Ausschließlichkeitsvereinbarungen abzuschließen. In diesen Fällen ist der bereits genehmigten Weiterverwendung ein „Bestandsschutz“ zu versagen. Zusätzliche Weiterverwendungen sind entsprechend zu erlauben. cc) Die Nichtregelung von Verfahrensanforderungen Die RL 2019/1024 (EU) stellt in Artikel 4 bestimmte Verfahrensregelungen auf, die für eine Bearbeitung von Anträgen auf Weiterverwendung gelten sollen. Ebenso

448

So etwa Hopf, RiA 2007, 109 (115). Vgl. Richter, IWG, § 2a, Rn. 55, 79. 450 Vgl. Richter, IWG, § 2a, Rn. 55, 79. 451 Siehe hierzu auch D. IV. 1. b). 452 Vgl. Erwägungsgrund 45 der Richtlinie (EU) 2019/1024; Beyer-Katzenberger, DÖV 2014, 144 (146). 453 Vgl. Erwägungsgrund 45 der Richtlinie (EU) 2019/1024. 449

III. Die Umsetzung in nationales Recht durch das Datennutzungsgesetz (DNG)  545

wie das IWG verzichtet jedoch auch das DNG auf die Umsetzung dieser Vorgaben. Es schweigt grundsätzlich zu dem Prozedere, das im Falle des Bemühens um eine Erlaubniserteilung Anwendung finden soll. Auch der Rückgriff auf allgemeine verwaltungsverfahrensrechtliche Regelungen des VwVfG scheidet jedenfalls für privatrechtlich organisierte Rechtssubjekte aus. Die gesetzgeberische Nichtregelung der Verfahrensanforderungen stieß in der Vergangenheit bisweilen auf massive Kritik:454 Richter beklagt, dass der nationale Gesetzgeber scheinbar davon ausgehe, dass die Mehrheit der Informationen ohnehin proaktiv der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werde und es daher keines Antragsverfahrens bedürfe.455 Sollte dies tatsächlich die Überlegung des Gesetzgebers gewesen sein, ist ihr aus zwei Gründen entschieden entgegen zu treten. Erstens sind proaktive Veröffentlichungspflichten, wie unter C. III. aufgezeigt, trotz aller Transparenzbestrebungen bei weitem noch nicht flächendeckend im System des Informationszugangsrechts etabliert. Zweitens kann aus der proaktiven Bereitstellung einer Information allein noch keine konkludente Gestattung der Weiterverwendung abgeleitet werden.456 Dies gilt zumindest für öffentliche Unternehmen, die die Nutzung ihres Informationsmaterials grundsätzlich ausdrücklich erlauben müssen. Der Nutzungsinteressent muss daher sich regelmäßig aktiv auf das öffentliche Unternehmen zubewegen, um die Gestattung der informationellen Weiterverwendung zu erwirken. Dies muss nicht zwingend mittels eines förm­ lichen Antrages etwa im Sinne des § 10 Abs. 1 S. 2 IFG M-V geschehen, der Nutzungsinteressent kann seine Anfrage beispielsweise auch mündlich stellen. Dass das DNG beiden Parteien dieses Maß an Flexibilität zugesteht, ist grundsätzlich zu begrüßen. Auch die RL 2019/1024 (EU) suspendiert öffentliche Unternehmen von der Einhaltung etwaiger Frist- und Formerfordernisse des Art. 4, vgl. Art. 4 Abs. 6 lit. a. Nichtsdestotrotz erscheint es sowohl aus Sicht des öffentlichen Unternehmens als auch des Nutzungsinteressenten zeit- und ressourcensparender, wenn potentielle Nutzungsanfragen nach einem einheitlichen Verfahren abgewickelt und bearbeitet werden können.457 Daher sollte das verfahrensrechtliche Vakuum des DNG zumindest teilweise durch die Ausarbeitung unverbindlicher Leitlinien, Empfehlungen oder Handreichungen beseitigt werden. Als grobe Orientierungshilfe kann hierbei durchaus auch auf die Vorgaben des Art. 4 der RL 2019/1024 (EU) zurückgegriffen werden.458 Allerdings ist auch in diesem Zusammenhang die Wert-

454 Richter, IWG, § 2a, Rn. 91 ff. Wirtz, S. 153 sieht hierdurch das Gebot der Rechtsklarheit verletzt. 455 Vgl. Richter, IWG, § 2a, Rn. 9 1 f., siehe hierzu auch die Gesetzesbegründung zur IWGNovelle BT-Drs. 18/4614, S. 13 f. 456 Siehe hierzu unter D. III. 2. e) bb). 457 In diese Richtung auch Richter, IWG, § 2a, Rn. 93. 458 Richter, IWG, § 2a, Rn. 99 f. plädierte dagegen im Rahmen der RL 2013/37/EU noch für eine direkte und verbindliche Anwendung des Art. 4 auch auf Privatrechtssubjekte. Diese Ansicht erscheint jedoch nunmehr mit der ausdrücklichen Privilegierung öffentlicher Unternehmen gem. Art. 4 Abs. 6 lit. a DNG der RL 2019/1024 (EU) unvereinbar.

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

entscheidung des Art. 4 Abs. 6 lit. a zu berücksichtigen und öffentlichen Unternehmen im Einzelfall ein höheres Maß an Flexibilität und Handlungsspielräumen zuzugestehen als den von Art. 4 direkt verpflichteten Stellen. Dementsprechend sollten auch angedachte Verkürzungen der Bearbeitungsfrist bei besonders leicht verfügbaren Daten459 auf öffentliche Unternehmen keine Anwendung finden, um die Privilegierung des Art. 4 Abs. 6 lit. a nicht zu unterlaufen. f) Die Modalitäten der Weiterverwendung (Das „Wie“ der Nutzung) aa) Anwendbares Weiterverwendungsregime Prinzipiell umstritten ist, ob sich das „Wie“ der Weiterverwendung von Informationen der öffentlichen Hand nach privatrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Vorschriften richtet.460 Folgt man einer zivilrechtlichen Perspektive, erfolgt die Gestattung der Weiterverwendung gemäß urheberrechtlichen Vorgaben per zweiseitigem Abschluss eines Nutzungsvertrages zwischen dem öffentlichen Unternehmen und einem Nutzer.461 Vertreter der öffentlich-rechtlichen Lösung begreifen dagegen die öffentliche Information in Anlehnung an das öffentliche Straßenrecht grundsätzlich als öffentliche Sache im Gemeingebrauch, die im Rahmen eines hoheitlich festgelegten Widmungszwecks verwendet und genutzt werden kann.462 Darüber hinausgehende Nutzungen können ausnahmsweise im Einzelfall durch Gewährung einer Sondernutzungserlaubnis per Verwaltungsakt einseitig gestattet werden.463 Für öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform stellt sich diese Frage jedoch nicht. Sie sind außerhalb einer möglichen Beleihung nicht zum Erlass von öffentlich-rechtlichen Rechtsakten befugt und können mithin nicht öffentlich-rechtlich 459 Vgl. Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Vorschlag der Neufassung der PSI-Richtlinie, (COM(2018) 234 final – 2018/0111 (COD); COM(2018) 232 final), S. 7. 460 BMI, Studie zu Open Government Data, S. 112 ff.; Martini / Damm, DVBl. 2013, 1 (5 ff.); Richter / Süssner-Job, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 297 (327). 461 Für Schoch, NVwZ 2006, 872 (874) eine „eigentumsrechtlich klingende Ansicht“. Zivilrechtliche Ausgestaltungsmöglichkeiten grundsätzlich befürwortend Wiebe, Open Data in Deutschland und Europa, S. 25. 462 Martini / Damm, DVBl. 2013, 1 (5 ff.); von Lewinski, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 437 (456); Schulz, Staatliche Daten und Informationen als öffentliche Sachen im Gemeingebrauch?, Eintrag vom 9. 4. 2013 im JuWissBlog. 463 Vgl. von Lewinksi, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 437 (456), ablehnend Beyer-Katzenberger, DÖV 2014, 144 (150): Anders als bei der Nutzung einer Straße werde bei der Nutzung von Daten die gleichzeitige Nutzung desselben Datums durch Dritte nicht behindert (sog. Nicht-Rivalität von Daten). Daher verbiete sich eine Parallele zur Sondernutzung im öffentlichen Straßenrecht.

III. Die Umsetzung in nationales Recht durch das Datennutzungsgesetz (DNG)  547

handeln.464 Die Modalitäten der Weiterverwendung ihrer Informationen (inkl. einer möglichen Entgelterhebung) sind somit stets zivilrechtlich unter Berücksichtigung des Urheberrechts auszugestalten. Anders als ein rein privater Marktteilnehmer kann sich jedoch ein öffentliches Unternehmen bei der vertragsrechtlichen Ausgestaltung der Weiterverwendungsbedingungen nicht auf privatautonome Freiheiten berufen, sondern darf sich nur innerhalb gesetzlich festgelegter Grenzen bewegen. Der folgende Abschnitt gibt einen Überblick über diese vom Gesetzgeber auferlegten Grenzen. bb) Inhaltliche Beschränkungsmöglichkeiten (1) Allgemeiner Grundsatz der Nichtdiskriminierung (§ 5 DNG) Auch im DNG steht die Aufstellung von Nutzungsbedingungen stets unter dem allgemeinen Vorbehalt der Nichtdiskriminierung, vgl. § 5 Abs. 1 DNG. Vergleichbares ist grundsätzlich gleich zu behandeln. Differenzierungen zwischen unterschiedlichen Nutzungskategorien (z. B. kommerzielle und nicht kommerzielle Nutzung) bleiben allerdings zulässig.465 Eine besondere Ausprägung des allgemeinen Gleichbehandlungsanspruchs beinhaltet § 5 Abs. 2 DNG: Verwendet eine öffentliche Stelle Daten für Geschäftszwecke, die außerhalb ihrer Aufgabenerfüllung liegen, muss sie nach dieser Vorschrift anderen Nutzern die Weiterverwendung zu gleichen Entgelten und Bedingungen ermöglichen. Aufgrund der klaren systematischen Trennung zwischen öffentlichen Stellen und öffentlichen Unternehmen findet jedoch § 5 Abs. 2 DNG auf letztere keine Anwendung. (2) Die Festlegung von Nutzungsbedingungen und Standardlizenzen (§ 4 Abs. 3 DNG) (a) Regelungsformen und -gegenstände § 4 Abs. 3 DNG erlaubt öffentlichen Unternehmen und öffentlichen Stellen ausdrücklich die Festlegung von Nutzungsbedingungen (Lizenzen). Nutzungsbedingungen können dabei sowohl in Form einer speziellen Einzelregelung als 464

Vgl. BMI, Studie zu Open Government Data, S. 120, 123. Nichtsdestotrotz ist auch für öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform bei Streitigkeiten über die Weiterverwendung von Informationen der Verwaltungsrechtsweg eröffnet, vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 24. 09. 2013 – 10 S 1695/12, BeckRS 2013, 56880; BT-Drs. 16/3003, S. 4; Kirchberg, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand  – Zugang und Nutzung, S. 279 (287). Siehe hierzu auch mittlerweile die ausdrückliche Zuweisung zur Verwaltungsgerichtsbarkeit nach § 13 DNG. 465 Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 39. Ebenso Richter, IWG, § 4, Rn. 82; a. A. Wiebe / Ahnefeld, CR 2015, 199 (207).

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

auch mittels Rückgriff auf standardisierte Lizenzmodelle (siehe hierzu unter (c)) vereinbart werden. Die Festlegung von Nutzungsbedingungen setzt dabei in jedem Fall voraus, dass das öffentliche Unternehmen auch befugt ist, über die Nutzung der Daten zu entscheiden. Dies ist nur der Fall, wenn dem öffentlichen Unternehmen auch Urheberrechte oder verwandte Schutzrechte an der Information zustehen. Bei gemeinfreien Werken i. S. d. § 5 Abs. 2 UrhG ist das Aufstellen von Nutzungsbestimmungen mithin unzulässig. Wie oben aufgezeigt, lassen sich öffentliche Unternehmen zumindest im Rahmen von Arbeits- und Dienstverhältnissen über § 31 Abs. 1, 5 i. V. m. § 43 UrhG weitreichende Nutzungs- und Verwertungsrechte einräumen. Innerhalb des Schutzumfangs dieser Rechte steht ihnen auch die Befugnis zu, potentiellen Weiterverwendern Nutzungsbeschränkungen aufzuerlegen. Per Nutzungsbestimmung können grundsätzlich die Haftung,466 der Schutz personenbezogener Daten, die ordnungsgemäße Verwendung der Dokumente, die Garantie der unveränderten Wiedergabe und Quellennachweise geregelt werden.467 Darüber hinaus sind auch Vorgaben zu etwaigen Gewährleistungsansprüchen, Antragsmodalitäten oder zu Folgen der Nichteinhaltung der Nutzungsbestimmungen (Vertragsstrafen) denkbar.468 Unterscheidungen zwischen kommerziellen und nicht-­ kommerziellen Nutzungsarten sind auch vor dem Hintergrund des § 5 Abs. 1 DNG grundsätzlich zulässig, solange nicht die Nutzung zu kommerziellen Zwecken vollständig untersagt oder faktisch unmöglich gemacht wird. Die Vorgaben des DNG stehen auch einer Festlegung von Entgelten per Nutzungsbestimmung prinzipiell nicht entgegen. Allerdings hat die Entgeltberechnung grundsätzlich nach objektiven, transparenten und nachprüfbaren Kriterien zu erfolgen, vgl. § 11 Abs. 1 DNG. Hieraus folgt, dass die Entgelthöhe so konkret wie möglich festzulegen ist. Die im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge durchaus übliche formularvertragliche Einräumung der Berechtigung des Leistungsanbieters, einen „angemessenen“ Leistungstarif zu bestimmen,469 wird daher nur im absoluten Ausnahmefall zulässig sein.

466

Siehe hierzu ausführlich unter D. III. 2. g). So Erwägungsgrund 44 der RL (EU) 2019/1024, vgl. OVG Münster, Urteil vom 15. 04. 2014 – 8 A 1129/11 – juris, Rn. 119; VG Aachen, Beschluss vom 17. 06. 2020 – 8 L 250/20 – juris, Rn. 97. 468 Vgl. OVG Münster, Urteil vom 15. 04. 2014 – 8 A 1129/11 – juris, Rn. 133 ff.; Richter, IWG, § 4, Rn. 100, 106. 469 Vgl. Franz, S. 724. In diesen Fällen unterliegt die konkrete, einseitige Bestimmung des Leistungsentgeltes durch das öffentliche Unternehmen zusätzlich der richterlichen Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 S. 2 BGB, vgl. Franz, S. 723 ff. 467

III. Die Umsetzung in nationales Recht durch das Datennutzungsgesetz (DNG)  549

(b) Inhaltliche Anforderungen an die Ausgestaltung Gemäß § 4 Abs. 3 S. 1 DNG müssen die Nutzungsbedingungen im Einzelfall objektiv, verhältnismäßig, nichtdiskriminierend und durch ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel gerechtfertigt sein.470 Als mögliches Ziel ist die Funktionsfähigkeit öffentlicher Unternehmens im Wettbewerb anerkannt.471 Die Aufstellung von Nutzungsbeschränkungen dient hierbei der Sicherung der Innovationsleistung des öffentlichen Unternehmens als Informationsersteller. Dessen Anreiz, kontinuierlich Informationsmaterial zu generieren und zur Verfügung zu stellen, wäre erheblich gemindert, würde man es öffentlichen Unternehmen im Gegensatz zu ihren privaten Konkurrenten verwehren, Bedingungen für die Weiterverwendung ihres Informationsmaterials aufzustellen. Auch für den Weiterverwender kann die Festlegung von Nutzungsbestimmungen vorteilhaft sein, wenn diese auf die bestehende Rechtslage hinweisen oder rechtliche Unklarheiten beseitigen.472 Gleichzeitig muss aber bei der Festlegung von Nutzungsbedingungen (Lizenzen) auch das Ziel der PSIRichtlinie, Daten von öffentlichen Unternehmen möglichst ungehindert und frei dem Wettbewerb zugänglich zu machen, berücksichtigt werden. Nutzungsbestimmungen dürfen daher nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung führen oder die Möglichkeiten der Weiterverwendung unnötig einschränken, vgl. § 4 Abs. 3 S. 2 DNG. Das OVG Münster hat sich im Jahr 2014 in einem zum IWG entschiedenen Fall473 intensiv mit den Grenzen der Zulässigkeit von Nutzungseinschränkungen auseinandergesetzt. In der dortigen Konstellation begehrte der Kläger, ein gemeinnütziger Verein zur Förderung von Wissenschaft und Forschung, gegenüber einem örtlichen Krankenhaus die Bereitstellung und Nutzung von gem. § 137 Abs. 3 SGB V a. F.474 erstellten Qualitätsberichten. Die Qualitätsberichte sollten ausgewertet und für die Entwicklung eines Projektes zur Verbesserung der Patienteninformation verwendet werden. Das Krankenhaus hatte die externe Weiterverwendung seiner Qualitätsberichte zugelassen, allerdings an die Einhaltung allgemeiner Nutzungsbestimmungen geknüpft. Gegen diese per Nutzungsbestimmung auferlegten Einschränkungen wehrte sich der Kläger. Das OVG Münster sah die Klage als teilweise begründet an. Es differenzierte anhand der jeweiligen Nutzungsbestimmung:

470 Auf nationaler Ebene hat sich der Gesetzgeber für die strikte Trennung von Informationszugang und Weiterverwendung entschieden. Konsequenterweise dürfen Informationszugangsbestimmungen auch nicht die Bedingungen regeln, unter denen die zur Verfügung gestellten Informationen weiterverwendet werden dürfen, vgl. OVG Münster, Urteil vom 15. 04. 2014 – 8 A 1129/11 – juris, Rn. 96; BT-Drs. 16/2453, S. 8, 11; Sydow, NVwZ 2008, 481 (484); kritisch Schoch, NVwZ 2006, 872 (874). 471 Vgl. Erwägungsgrund 47 der RL (EU) 2019/1024: „Die Mitgliedstaaten sollten insbesondere sicherstellen, dass die Weiterverwendung von Dokumenten öffentlicher Unternehmen nicht zu Marktverzerrungen führt und den fairen Wettbewerb nicht beeinträchtigt.“ 472 Vgl. Richter, IWG, § 4, Rn. 86. 473 OVG Münster, Urteil vom 15. 04. 2014 – 8 A 1129/11 – juris. 474 Nunmehr § 136b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB V.

550

D. Die Weiterverwendung von Informationen 

Als zulässig betrachtete das Gericht die zwingende Verwendung eines Antragsformulars und die Angabe von Veröffentlichungsquellen, da derartige Vorgaben erforderlich seien, um die Einhaltung der Nutzungsbedingungen kontrollieren zu können.475 Zudem seien diese Maßnahmen auch angemessen, da mit ihnen keine nennenswerte Einschränkung der Weiterverwendung verbunden sei.476 Unverhältnismäßig und damit unzulässig sei dagegen die Verpflichtung zur Einwilligung der Veröffentlichung der Kontaktdaten des Weiterverwenders im Internet.477 Darüber hinaus bewertete das Gericht eine Klausel, die dem Nutzer „eine missbräuchliche oder wettbewerbsverzerrende sowie eine manipulationsfreie Verwendung der Dateien“ verbat, als zu unbestimmt, da der Adressat hieraus keine konkreten Handlungsanweisungen entnehmen könne.478 Dementsprechend sei auch die Vereinbarung von Vertragsstrafen, die einen Verstoß gegen diese Klausel pauschal und ohne Differenzierungsmöglichkeiten nach Art, Schwere, Umfang, Anzahl und Dauer des Verstoßes finanziell sanktionieren und den Nutzer zusätzlich von zukünftigen Weiterverwendungen ausschließen, unverhältnismäßig.479 Hierin sah das Gericht eine abschreckende Wirkung für mögliche Weiterverwendungsinteressenten und damit eine unnötige und unzulässige Einschränkung der Weiterverwendung nach § 4 Abs. 2 S. 3 IWG. Die von der Rechtsprechung aufgestellten Koordinaten sind grundsätzlich nicht zu beanstanden. Freilich löst die Argumentation des Gerichts in der Praxis auch mitunter schwierige Abgrenzungsproblematiken aus. Vor allem stellt sich die Frage, ab wann der Festlegung von Sanktionen für Verstöße gegen die Nutzungsbedingungen ein unzulässiger, da potentiell abschreckender Charakter innewohnt. Im Ausgangspunkt muss eine wertende Einzelfallbetrachtung mit besonderem Blick auf die Schwere der Sanktion stehen. Die Anforderungen an eine Zulässigkeit dürfen dabei jedenfalls nicht überspannt werden, berücksichtigt man auch, dass der Dateninhaber im Regelfall kaum auf effektive technische und beweisrechtliche Methoden zur Feststellung eines Verstoßes zurückgreifen kann.480 Jedenfalls im Einklang mit den inhaltlichen Anforderungen des § 4 Abs. 3 S. 1, 2 DNG stehen offene Lizenzen. Als solche werden Lizenzen bezeichnet, „die online erteilt werden, auf offenen Datenformaten beruhen und es ermöglichen, dass 475

Vgl. OVG Münster, Urteil vom 15. 04. 2014 – 8 A 1129/11 – juris, Rn. 126 ff. OVG Münster, Urteil vom 15. 04. 2014 – 8 A 1129/11 – juris, Rn. 131. Gleiches gilt für die Pflicht zur Angabe von bloßen Veränderungshinweisen, vgl. Richter, IWG, § 4, Rn. 96. Dagegen werden pauschale Veränderungsschutzklauseln im Regelfall mit § 4 Abs. 3 S. 1, 2 DNG unvereinbar sein. 477 OVG Münster, Urteil vom 15. 04. 2014 – 8 A 1129/11 – juris, Rn. 132. 478 OVG Münster, Urteil vom 15. 04. 2014 – 8 A 1129/11 – juris, Rn. 133 ff. 479 OVG Münster, Urteil vom 15. 04. 2014 – 8 A 1129/11 – juris, Rn. 135 ff. 480 Zu diesem Aspekt auch Spiecker gen. Döhmann, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 585 (588); Datenethikkommission, Abschlussgutachten vom 23. 10. 2019, S. 151, abrufbar unter: https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/themen/it-digitalpolitik/ gutachten-datenethikkommission.html (zuletzt abgerufen am 28. 06. 2021). 476

III. Die Umsetzung in nationales Recht durch das Datennutzungsgesetz (DNG)  551

jede Person Daten und Inhalte zu jedem Zweck frei abrufen, verwenden, verändern und weitergeben kann“.481 Das DNG zwingt freilich öffentliche Unternehmen nicht zur Verwendung von offenen Lizenzen. Auch der Auftrag des § 4 Abs. 3 S. 3 DNG, nach Möglichkeit auf diese zurückzugreifen, richtet sich ausschließlich an öffentliche Stellen. (c) Die Verwendung von Standardlizenzen Der Rückgriff auf Standardlizenzmodelle kann für öffentliche Unternehmen in zweierlei Hinsicht sinnvoll sein. Einerseits stellt die Verwendung von einheitlichen Nutzungsbestimmungen sicher, dass die Bedingungen für die Weiterverwendung von Dokumenten grundsätzlich nichtdiskriminierend wirken und damit den Anforderungen des § 5 Abs. 1 DNG genügen. Standardlizenzen schaffen auf diese Weise Rechtssicherheit.482 Andererseits ist die Verwendung von Standardlizenzen deutlich weniger zeit- und ressourcenaufwändig als die individuelle Ausarbeitung von Nutzungsbedingungen im Einzelfall und lohnt sich damit auch aus einer betriebswirtschaftlichen Perspektive. Entscheidend ist jedoch, ob bestehende Standardlizenzmodelle aus der Sicht öffentlicher Unternehmen auch inhaltlich dazu geeignet sind, einen interessensgerechten und gesetzeskonformen Ausgleich von gesellschaftlichen Bereitstellungs- und unternehmerischen Zurückhaltungsbedürfnissen herzustellen. Hierzu soll ein Blick auf internationale (aa)  und nationale (bb) Standardlizenzmodelle geworfen werden. Bei der Verwendung von Standardlizenzen ist allgemein stets zu beachten, dass diese in der Regel im Rahmen der Informationsbereitstellung einseitig gestellt werden und für eine Vielzahl von Fällen vorformuliert sind. Als Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 S. 1 BGB sind sie mithin an den §§ 305 ff. BGB zu messen.483 Dies zieht insbesondere weitreichende Konsequenzen für die Einbeziehung nach § 305 Abs. 2 BGB und die Vereinbarung eines Haftungsausschlusses nach § 309 Nr. 7 BGB nach sich.484

481

BT-Drs. 19/27442, S. 39. Vgl. Richter, IWG, § 4, Rn. 125. 483 Vgl. OLG Köln,  Urteil  vom  31. 10. 2014  – 6 U 60/14, MMR 2015, 331 (333); Wirtz, S. 250 f. m. w. N. 484 Näher zur Vereinbarung von Haftungsausschlüssen siehe D. IV. 3. c). Im Detail zu Einbeziehungsfragen Wirtz, S. 251 ff. 482

552

D. Die Weiterverwendung von Informationen 

(aa) Internationale Lizenzmodelle (α) Creative Commons Creative Commons (CC)-Lizenzen bilden international das wohl am häufigsten verwendete Lizenzmodell. Sie gehen auf die Initiative Creative Commons, eine im Jahr 2001 von einem Harvard Law School Professor gegründete Non-Profit Organisation, zurück.485 Die aktuellste Version der CC-Lizenzen bildet die Version 4.0., die mittlerweile auch den Schutz des Datenbankherstellerrechts erfasst.486 Den CC-Lizenzen liegt eine modulare Struktur zu Grunde, anhand derer sich der Verwender nach dem Baukastenprinzip eine speziell auf seine Bedürfnisse zugeschnittene Lizenz zusammenstellen kann.487 Das Grundmodul ist hierbei das Attribution-Modul (BY), das den Nutzer zur Namensnennung des Rechteinhabers als Quelle verpflichtet. Dieses BY-Modul kann anschließend wahlweise mit dem Non-Commercial (NC)-Modul, dem NoDerivates (ND)-Modul oder dem Share Alike (SA)-Modul kombiniert werden. Das NC-Modul verbietet jede Form der kommerziellen Nutzung, das ND-Modul jede Form der Bearbeitung, Veränderung oder Abwandlung des Werkes. Nach dem SA-Modul sind bei der Weiterverwendung eines veränderten Werkes zwingend die gleichen Lizenzbedingungen wie bei der Erstlizenzierung anzuwenden (sog. „copyleft“-Klausel). Ausgehend von der Tatsache, dass sich die Verwendung des ND und SA-Modules inhaltlich ausschließen, ergeben sich folgende sechs Kombinationsmöglichkeiten: CC-BY, CC-BY-NC, CC-BY-ND, CC-BY-SA, CC-BY-NC-ND und CC-BY-NC-SA. Da eine vollständige Untersagung der kommerziellen Nutzung dem Grundsatz der freien Weiterverwendung nach § 4 Abs. 1 DNG widerspricht, ist allerdings davon auszugehen, dass zumindest für öffentliche Stellen die Verwendung des NC-Moduls grundsätzlich unzulässig ist.488 Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit des Rechteinhabers, die Public Domain Dedication (CC-0) zu wählen und damit auf die Geltendmachung sämtlicher urheberrechtlichen und verwandten Schutzrechte an einem Werk zu verzichten. Die Verwendung der CC-0 Lizenz wird von der Kommission besonders empfohlen489 und bewirkt faktisch die Gemeinfreiheit des Werkes im Sinne des § 5 Abs. 1 UrhG.490

485

Vgl. Wirtz, S. 243 f. Vgl. Wiebe / Dietrich, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 491 (506 f.). 487 Vgl. Wagner, MMR 2017, 216 (217). 488 Ähnlich in Bezug auf das IWG auch Wiebe / Ahnefeld, CR 2015, 199 (207); Richter, NVwZ 2021, 760 (762). 489 Vgl. Europäische Kommission, Leitlinien für empfohlene Standardlizenzen, Datensätze und Gebühren, Abl. C 240, S. 2. 490 BMI, Studie zu Open Government Data, S. 228. 486

III. Die Umsetzung in nationales Recht durch das Datennutzungsgesetz (DNG)  553

Für öffentliche Unternehmen ist jedoch die Verwendung von Creative Commons-Lizenzen nicht sinnvoll. Dies liegt vor allem daran, dass sie ausnahmslos von der Unentgeltlichkeit der Nutzungseinräumung ausgehen.491 Dies entspricht zwar dem mit der PSI-Richtlinie verfolgten Open-Data Gedanken, bedeutet jedoch für öffentliche Unternehmen wirtschaftliche Inflexibilität, da die CC-Lizenzen keinerlei Spielraum für Monetarisierungsmöglichkeiten durch eine etwaige Entgelterhebung lassen. (β) Open Data Commons Ein alternatives Lizenzmodell sind die von der Open Knowledge Foundation verwalteten und entwickelten Open Data Commons (ODC).492 Diese sehen im Kern drei Modelle vor: Die Public Domain Dedication and License (ODC-PDDL), die Attribution License (ODC-By), und die Open Database License (ODC-ODbL). Zusätzlich wurde spezifisch für wissenschaftliche Zwecke die Digital Peer Publishing License (DPPL) geschaffen.493 Die ODC sind besonders auf die Lizenzierung von Datenbanken zugeschnitten und richten sich dabei grundsätzlich nicht nur an öffentliche, sondern auch an private Rechtsinhaber.494 Dies macht sie auf den ersten Blick auch für öffentliche Unternehmen interessant. Die PDDL-Lizenz räumt dem Weiterverwender die Möglichkeit der Verbreitung, Bearbeitung und Weiterverwendung für alle kommerziellen und nichtkommerziellen Zwecke ein und bedingt damit faktisch jegliches Urheber- und Leistungsschutzrecht ab.495 Die ODC-By unterscheidet sich von der PDDL allein durch die Tatsache, dass hier die Quelle der Ursprungsdatenbank ausdrücklich anzugeben ist. Derart weitreichende Regelungen, die im Endeffekt auf jede Form des Innovationsschutzes verzichten, werden jedoch kaum im Interesse des öffentlichen Unternehmens sein. Auch das „strengere“ ODbL-Modul, das den Weiterverwender dazu verpflichtet, eine bearbeitete Version der Datenbank nur unter inhaltsgleichen Bedingungen zur Verfügung zu stellen, dient den Interessen des öffentlichen Unternehmens nur unzureichend, da es nur die Datenbank an sich und nicht die einzelnen Inhalte erfasst.496 Die einzelnen Inhalte müssten einer separaten 491

Vgl. Richter, IWG, § 4, Rn. 134; Wagner, MMR 2017, 216 (217). Abrufbar unter www.opendatacommons.org/licenses/index.html (zuletzt abgerufen am 28. 06. 2021). 493 Vgl. Wiebe, in: Spindler / Schuster, § 31 UrhG, Rn. 23. 494 Vgl. Wiebe / Dietrich, in. Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 491 (502). Ein bekannter Anwender ist beispielsweise der Online-Kartendienst OpenStreetMap, vgl. http://www.openstreetmap.org/ copyright (zuletzt abgerufen am 28. 06. 2021). 495 Vgl. Wiebe / Dietrich, in. Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 491 (503). 496 Vgl. Wiebe / Dietrich, in. Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 491 (503). 492

554

D. Die Weiterverwendung von Informationen 

Nutzungsbestimmung unterworfen werden, was die Verwendung von Open Data Commons für öffentliche Unternehmen damit im Ergebnis wenig sinnvoll macht. (bb) Nationale Lizenzmodelle Wie von der Europäischen Kommission angeregt,497 hat auch die Bundesrepublik Deutschland die Entwicklung eines nationalen Lizenzmodells vorangetrieben. Unter Zusammenarbeit von Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden im Datenportal GovData entstand die „Datenlizenz Deutschland 2.0.“.498 Diese existiert in den Varianten „zero“ (uneingeschränkte Weiterverwendung) und „Namensnennung“ (Verpflichtung zur Nennung des Datenbereitstellers, Kennzeichnungspflicht bei Veränderungen und Bearbeitungen, ansonsten unbeschränkte Weiterverwendung). Beide Varianten wurden mittlerweile auch vom Open Definition Advisory Council als „offene Lizenz“ anerkannt.499 Die „Datenlizenz Deutschland“ hat sich in den letzten Jahren schrittweise etabliert. Ihre Verwendung wird öffentlichen Stellen beispielsweise vom nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministerium explizit empfohlen.500 Bei näherer Betrachtung eignet sich die „Datenlizenz Deutschland“ jedoch nicht für die Verwendung durch öffentliche Unternehmen, da sie inhaltlich keine konkreten Aussagen zu den Weiterverwendungsmodalitäten trifft, die für öffentliche Unternehmen von besonderer Bedeutung sind. So werden beispielsweise Haftungsund Gewährleistungsfragen von der „Datenlizenz Deutschland 2.0.“ vollständig ausgeklammert. Darüber hinaus lassen die Datenlizenzen Deutschland 2.0. keine Entgelterhebungsmöglichkeiten zu und machen damit jede Form der Monetarisierung der Informationsbereitstellung unmöglich. Rechtspolitisch geboten ist daher die Erweiterung der bestehenden Varianten um eine eigens entwickelte Version „Datenlizenz – Öffentliche Unternehmen“, die Entgelt-, Haftungs- und Gewähr-

497

Europäische Kommission, Leitlinien für empfohlene Standardlizenzen, Datensätze und Gebühren für die Weiterverwendung von Unternehmen v. 24. 07. 2014, C-240/1, S. 2. Die Open Knowledge Foundation (OKF) kritisiert dagegen die Entwicklung von nationalen Lizenzmodellen als unzureichende „Insellösung“, vgl. Heise, Erfolg für Open Data: Datenlizenz Deutschland Version 2.0 ist eine offene Lizenz, 22. 09. 2014, abrufbar unter: https://okfn.de/blog/2014/09/ erfolg-fuer-open-data-datenlizenz-deutschland-version-2-0-ist-eine-offene-lizenz/ (zuletzt abgerufen am 28. 06. 2021). Kritisch zur Verwendung von nationalen Lizenzmodellen auch Wirtz, S. 267. 498 Abrufbar unter www.govdata.de/dl-de/zero-2-0. (zuletzt abgerufen am 28. 06. 2021). 499 Vgl. Heise, Erfolg für Open Data: Datenlizenz Deutschland Version 2.0 ist eine offene Lizenz, 22. 09. 2014. Zu Rolle und zum Selbstverständnis des „Open Definition Advisory Council“ siehe hier https://opendefinition.org/advisory-council/ (zuletzt abgerufen am 28. 06. 2021). 500 Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes NordrheinWestfalen, Rechtliches Kurzgutachten zu Datenlizenzen für Open Government Data vom Februar 2019, S. 4. Abrufbar unter: https://open.nrw/system/files/media/document/file/opennrw_ rechtl_gutachten_datenlizenzen_lowres_web.pdf. (zuletzt abgerufen am 28. 06. 2021).

III. Die Umsetzung in nationales Recht durch das Datennutzungsgesetz (DNG)  555

leistungsfragen ebenso wie Sanktionsmöglichkeiten bei Nichteinhaltung der Verwendungsbestimmungen regelt und damit öffentlichen Unternehmen eine einheitliche Lizenzierungsmöglichkeit an die Hand gibt.501 (cc) Zwischenergebnis Insgesamt ist zu konstatieren, dass sich die existierenden internationalen und nationalen Standardlizenzmodelle nicht für die Verwendung durch öffentliche Unternehmen eignen. Es ist daher dringend geboten, auf europäischer oder nationaler Ebene Lizenzmodule zu entwickeln, die auf die besonderen Bedürfnisse eines Marktteilnehmers in staatlicher Hand zugeschnitten sind. (3) Der Abschluss von Ausschließlichkeitsvereinbarungen (§ 6 DNG) Wie oben bereits aufgezeigt,502 sind Ausschließlichkeitsvereinbarungen notwendige Exklusivitätsvehikel und wettbewerbsbeschränkende Diskriminierungshebel zugleich. Aus diesem Grund beinhaltet auch das DNG im Kern eine KompromissLösung. Es erklärt zwar im Regelfall den Abschluss von Ausschließlichkeitsvereinbarungen für unzulässig, vgl. § 6 Abs. 1 DNG, lässt jedoch Ausnahmen dort zu, wo ausschließliche Rechte zur Bereitstellung eines Dienstes im öffentlichen Interesse erforderlich sind, vgl. § 6 Abs. 2 S. 1 DNG. Beides entspricht nahezu wortgleich der Vorgängerregelung des § 3a Abs. 1 IWG. Dessen Gesetzesbegründung sprach in Bezug auf die Befreiungsmöglichkeit von einer „Privilegierung Dritter“.503 Als prägende Auslegungshilfe für die Anforderungen an die ausnahmsweise Zulässigkeit einer Ausschließlichkeitsvereinbarung „im öffentlichen Interesse“ erwies sich das juris-Urteil des VGH Baden-Württemberg aus dem Jahr 2013.504 In dem zugrundeliegenden Verfahren begehrte die Betreiberin einer juristischen Datenbank die Übermittlung von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts in derselben von Dokumentaren des Gerichts aufbereiteten Form, wie sie vom Bundesverfassungsgericht der überwiegend im Staatseigentum stehenden JurisGmbH zur Verfügung gestellt werden. Die Übermittlung der Entscheidungen vom Bundesverfassungsgericht an die Juris-GmbH erfolgte aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung, die eine Exklusivitätsklausel zu Gunsten der Juris-GmbH vorsah.505

501

Siehe zu diesem Vorschlag ausführlich unter D. VII. 1. b) bb). Siehe D. II. 2. e) aa) (3). 503 Vgl. BT-Drs. 16/2453, S. 17. 504 VGH Mannheim, Urteil vom 07. 05. 2013 – 10 S 281/12, GRUR 2013, 821 ff. 505 Nach § 2 Abs. 5 des geschlossenen Vertrages war es dem BVerfG untersagt, das Entscheidungsmaterial in der besonders aufbereiteten Form während der Laufzeit des Vertrags ohne Zustimmung der juris-GmbH an Dritte zum Aufbau anderer Datenbanken weiterzugeben. 502

556

D. Die Weiterverwendung von Informationen 

Der Verwaltungsgerichtshof setzte sich in seiner Entscheidung unter anderem intensiv mit der Frage auseinander, ob diese Vereinbarung ausnahmsweise im öffentlichen Interesse erforderlich war. Der Begriff des „öffentlichen Interesses“ ist nach allgemeinem Verständnis und unter Berücksichtigung der europarechtlichen Wertungen des Art. 106 Abs. 2 AEUV grundsätzlich weit auszulegen.506 Auch im vorliegenden Fall ließ das Gericht die Notwendigkeit der Schaffung eines leistungsfähigen, computergestützten Rechtsinformationsdienstes für die Bejahung des „öffentlichen Interesses“ ausreichen.507 Im Gegensatz dazu ging das Gericht bei der Auslegung des Begriffs der „Erforderlichkeit“ von einem engen Begriffsverständnis aus. Es begründete diese Entscheidung zunächst mit dem europarechtlich determinierten bestehenden Regel-Ausnahme-Verhältnis, nach dem die Zulassung einer Exklusivvereinbarung eine besonders begründungsbedürftige Besserstellung einzelner Dritter darstelle.508 Die öffentliche Stelle trage die Beweislast für die „Erforderlichkeit“ und müsse darlegen, dass die Ausschließlichkeitsvereinbarung der Notwendigkeit entspringe, die öffentliche Aufgabenerfüllung sicherzustellen. Dies setze voraus, dass die Aufgabe unter normalen Marktbedingungen nicht zu erfüllen sei, was die öffentliche Stelle jedoch nicht schlicht behaupten dürfe, sondern anhand eines Markterkundungsverfahrens regelmäßig mindestens alle drei Jahre (vgl. § 3a Abs. 1 S. 3 IWG) überprüfen müsse.509 Dadurch solle sichergestellt werden, dass die Begründung der „Erforderlichkeit“ nicht auf „gegriffenen“ Vermutungen, sondern einer gesicherten tatsächlichen Grundlage zum Marktgeschehen erfolge.510 Hieran anknüpfend verneinte das Gericht im vorliegenden Fall eine Erforderlichkeit und wies darauf hin, dass dem Kläger im Ergebnis nicht nur aus einfachem Recht, sondern auch aus Art. 3 Abs. 1 GG ein Anspruch auf Weiterverwendung zu gleichen Konditionen zustehe.511 Die Argumentation des VGH bezog sich grundsätzlich auf nicht-kommerziell agierende öffentliche Stellen im Sinne des § 2 Nr. 1 lit. a IWG. Zweifelhaft bleibt, ob sich die aus dieser Entscheidung ableitbaren Auslegungsgrundsätze auch auf die mit dem DNG neu einbezogenen öffentlichen Unternehmen übertragen lassen. Hiergegen spricht zunächst, dass öffentliche Unternehmen anders als öffentliche Stellen nach der Konzeption des DNG ausdrücklich nicht zur Gestattung jedweder Nutzung verpflichtet sind, sondern diese nach eigener unternehmerischer Entscheidung zulassen dürfen, vgl. § 4 Abs. 2 DNG. Die freie und unbeschränkte Nutzung öffentlicher Unternehmensdaten stellt somit ohnehin nicht den gesetzlichen Regelfall, sondern die Ausnahme dar. Vor diesem Hintergrund erscheint es jedenfalls nicht angezeigt, eine enge Interpretation des § 6 Abs. 2 S. 1 DNG allein mit

506

Vgl. Richter, IWG, § 3a, Rn. 10. VGH Mannheim, Urteil vom 07. 05. 2013 – 10 S 281/12, GRUR 2013, 821 (827). 508 VGH Mannheim, Urteil vom 07. 05. 2013 – 10 S 281/12, GRUR 2013, 821 (828). 509 VGH Mannheim, Urteil vom 07. 05. 2013 – 10 S 281/12, GRUR 2013, 821 (828). 510 VGH Mannheim, Urteil vom 07. 05. 2013 – 10 S 281/12, GRUR 2013, 821 (828). 511 VGH Mannheim, Urteil vom 07. 05. 2013 – 10 S 281/12, GRUR 2013, 821 (830). 507

III. Die Umsetzung in nationales Recht durch das Datennutzungsgesetz (DNG)  557

Verweis auf den Grundsatz der freien Weiterverwendung zu bejahen. Im Gegenteil, bei näherer Betrachtung kann sich eine weite Auslegung des § 6 Abs. 2 S. 1 DNG im Ergebnis sogar nutzerfreundlich auswirken. Dies ist vor allem dort der Fall, wo öffentliche Unternehmen angesichts der so eröffneten weiten Handlungsspielräume verstärkt zu einer freiwilligen Öffnung ihrer Datenschränke animiert werden. Denn im Endeffekt trägt selbst eine gem. § 6 Abs. 2 S. 1 DNG exklusiv gewährte Nutzung eher zur Verwirklichung der Zielsetzung des DNG bei als eine vollständig verwehrte Nutzung. Für einen weiten und flexiblen Auslegungsmaßstab des § 6 Abs. 2 S. 1 DNG spricht auch, dass öffentliche Unternehmen im Vergleich zu nicht-kommerziell agierenden öffentlichen Stellen zwecks Erhalt ihrer Wettbewerbsfähigkeit ungleich stärker auf Möglichkeiten zur exklusiven Informationskommerzialisierung angewiesen sind. Jede Beschneidung dieser Möglichkeiten durch eine zu enge Interpretation des § 6 Abs. 2 S. 1 DNG fördert Chancenasymmetrien im Wettbewerb zu Gunsten rein privater Konkurrenten und steht der allgemeinen Zielsetzung des DNG, insgesamt faire Wettbewerbsbedingungen für alle Marktakteure zu schaffen,512 entgegen. Das Merkmal der „Erforderlichkeit im öffentlichen Interesse“ ist vor diesem Hintergrund für öffentliche Unternehmen grundsätzlich weit auszulegen. Es ist nicht erst dann zu bejahen, wenn eine Form von „Marktversagen“ vorliegt. Die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 S. 1 DNG sind vielmehr bereits dann erfüllt, wenn ein öffentliches Unternehmen ohne die Möglichkeit zum Abschluss einer Ausschließlichkeitsvereinbarung im konkreten Fall potentiell oder tatsächlich mehr als nur unerheblichen Wettbewerbsnachteilen ausgesetzt wäre. Schließt das öffentliche Unternehmen eine Ausschließlichkeitsvereinbarung ab, hat es diese regelmäßig, mindestens jedoch alle drei Jahre zu überprüfen, vgl. § 6 Abs. 2 S. 2 DNG. Zudem ordnet das DNG spezielle Transparenzpflichten an, die eine Form von präventiver Öffentlichkeitskontrolle ermöglichen sollen:513 So soll der Datenbereitsteller gem. § 6 Abs. 2 S. 3 DNG nach dem 15. Juli 2019 getroffene Ausschließlichkeitsvereinbarungen spätestens zwei Monate vor ihrem Inkrafttreten im Internet öffentlich zugänglich machen. Gleiches gilt nach § 6 Abs. 4 DNG auch für Vereinbarungen über rechtliche oder praktische Vorkehrungen, die zwar nicht ausdrücklich ausschließliche Rechte gewähren, die aber darauf abzielen oder die geeignet sind, die Nutzung von Daten durch andere Einrichtungen als die an der Vereinbarung beteiligten Dritten zu beschränken. Nicht ausnahmsweise nach § 6 Abs. 2 S. 1 DNG zulässige Ausschließlichkeitsvereinbarungen, die bereits am 16. Juli 2019 und damit vor dem Erlass der Richtlinie 2019/1024 (EU) bestanden, werden durch die Regelung des § 6 Abs. 1 DNG nicht automatisch unwirksam. Sie genießen gemäß § 6 Abs. 5 S. 2 DNG einen

512

Die Gesetzesbegründung spricht von der Verhinderung von „Wettbewerbsverzerrungen auf dem Binnenmarkt“, vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 33. Siehe zu diesem Zweck auch D. VI. 1. a) cc). 513 Vgl. Richter, IWG, § 2a, Rn. 18.

558

D. Die Weiterverwendung von Informationen 

zeitlich begrenzten Bestandsschutz und enden mit dem vereinbarten Zeitablauf, spätestens jedoch am 31. Dezember 2033.514 cc) Die Erhebung von Entgelten (§§ 10–12 DNG) (1) Der rechtspolitische Hintergrund Die Frage, inwiefern für die Verfügbarmachung von Daten zur externen Nutzung Gebühren oder Entgelte erhoben werden können, ist im Informationsweiterverwendungsrecht sehr jeher von „fundamentale[r]“515 Bedeutung. Der Zusammenhang zur angestrebten Innovationsförderung liegt auf der Hand: Kostenfrei oder kostengünstig verfügbare Daten und Informationen bauen finanzielle wie organisatorische Markteintrittsschranken speziell für kleinere und mittlere Unternehmen ab und stimulieren damit die Entwicklung von Dienstleistungs- und Mehrwertprodukten,516 während sich hohe Gebühren oder Entgelte tendenziell innovationshemmend auswirken. Gleichwohl werden vor allem öffentliche Unternehmen im Regelfall kein Interesse daran haben, die Nutzung ihrer Daten „zum Nulltarif“ zu gewähren und auf diese Weise ihrer privaten Konkurrenz einseitig Vorschub zu leisten. Im Angesicht dieses Interessenskonfliktes war der Gesetzgeber mithin auch an dieser Stelle dazu berufen, über die Ausgestaltung von Entgelterhebungsmodalitäten einen möglichst schonenden Ausgleich zwischen der Garantie von niedrigschwelligen Innovationsmöglichkeiten und dem Schutz berechtigter Wettbewerbsinteressen öffentlicher Unternehmen herzustellen. Entschieden hat sich der nationale Gesetzgeber schlussendlich für eine 1 : 1 Umsetzung der Vorgaben des Art. 6 der RL 2019/1024 (EU). Dabei hatte der Richtliniengeber ausdrücklich betont, dass es den Mitgliedsstaaten unbenommen bliebe, „nutzerfreundlichere“, d. h. niedrigere oder gar keine Entgelte zu erheben.517 Auch Stimmen in der Literatur plädieren mehrheitlich für die Wahl kostenfreier Entgeltmodelle: Sie verweisen auf die Gefahr einer „künstlichen Verknappung“518 von Informationen und argumentieren, dass der Verzicht auf eine Entgelterhebung langfristig zu makroökonomischen Wohlstands- und Wachstumseffekten führe, die sich in letzter Konsequenz vor allem auch in steuerlichen Mehreinnahmen niederschlügen.519 Hinzu 514

Der nationale Gesetzgeber weicht an dieser Stelle bewusst von den längeren Auslauffristen der RL 2019/1024 (EU) ab und folgt damit einer Empfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie. Nach dessen Ansicht ist die Fristverkürzung zur Erreichung der gesetzlichen Ziele der verstärkten Datennutzung und der Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen dringend erforderlich und belässt den Vertragsparteien weiterhin ausreichend zeitlichen Vorlauf für Amortisierungen sowie für die Ergreifung von Schutzvorkehrungen, vgl. BT-Drs. 19/31014, S. 7. 515 Vgl. Hornung, in: Towfigh et al.: Recht und Markt, 2009, 75 (89). 516 Vgl. Erwägungsgrund 36 der RL 2019/1024 (EU). 517 Vgl. Erwägungsgrund 39 der Richtlinie 2019/1024 (EU). 518 Püschel, S. 294. 519 Vgl. BMI, Studie zu Open Government Data, S. 207 f.; Richter, IWG, § 5, Rn. 17; Hornung, in: Towfigh et al.: Recht und Markt, 2009, 75 (91); Beyer-Katzenberger, DÖV 2014, 144 (150);

III. Die Umsetzung in nationales Recht durch das Datennutzungsgesetz (DNG)  559

komme der empirische Befund, dass Einnahmen aus Informationsnutzung und Informationsverwertung ohnehin nicht dazu geeignet seien, zu einer wesentlichen Refinanzierung des öffentlichen Haushaltes beizutragen.520 Zusätzlich spreche für eine Entgeltfreiheit, dass der Zugang zur Verwertbarkeit von Informationen des öffentlichen Sektors einen erheblichen Standortfaktor darstelle: Bei restriktiver und kostenintensiver Freigabe von Informationsbeständen zur Weiterverwertung bestünde die Gefahr, dass sich potentielle Weiterverwerter und Erbringer von Mehrwertdienstleistungen dorthin bewegen, wo vergleichbare Informationen kostengünstiger und einfacher verfügbar seien.521 Ein gewinnorientiertes Entgeltmodell verbiete sich ferner bereits deshalb, weil die öffentliche Hand Informationen typischerweise als „Nebenprodukt“ zur Ausübung einer hoheitlichen und damit regelmäßig steuerfinanzierten Aufgabe generiere. Vereinfacht ausgedrückt habe der Steuerzahler die Informationen des öffentlichen Sektors bereits bezahlt.522 Für eine zusätzliche, praktisch überkompensatorische Finanzierung durch den Weiterverwendungsinteressenten bliebe damit kein Raum.523 Unabhängig davon, ob diese Argumente auch inhaltlich verfangen,524 sind sie letztendlich lediglich Ausdruck Wiebe / Ahnefeld, CR 2015, 199 (204); Newbury / Bently / Pollock, Models of Public Sector Information Provision via Trading Funds, abrufbar unter http://www.berr.gov.uk/files/file45136.pdf. (zuletzt abgerufen am 28. 06. 2021); Kuzev, Open Data, S. 4. Beispielsweise hat sich der staatliche norwegische Wetterdienst met.no im Jahr 2007 dazu entschlossen, auf eine Gebührenerhebung zu verzichten und die vollkommene Geldleistungsfreiheit seiner Daten anzuordnen. In der Folge stiegen die Zahl der kommerziellen Weiterverwender und deren Umsatzzuwächse so sehr, dass die zusätzlichen Steuereinnahmen aus der gesteigerten kommerziellen Verwertung die zusätzlichen Bereitstellungskosten vollständig kompensierten, vgl. Preische, Digitales Gold, S. 21. 520 So refinanzieren sich öffentliche Stellen zu weniger als 1 Prozent über die Einnahmen aus Datennutzung, vgl. Europäische Kommission, POPSIS (Pricing Of Public Sector Information) Study, October 2011, Final Report, S. 6; BMI, Studie zu Open Government Data, S. 317. 521 Vgl. Hornung, in: Towfigh et al.: Recht und Markt, 2009, 75 (92). 522 So auch die ehemalige EU-Kommissarin für digitale Wirtschaft und Gesellschaft Mariya Gabriel, vgl. Europäische Kommission, Digitaler Binnenmarkt: EU-Verhandlungsführer einigen sich auf neue Regeln für die gemeinsame Nutzung der Daten des öffentlichen Sektors, Pressemitteilung v. 22. Januar 2019, IP/19/525. 523 Vgl. Hornung, in: Towfigh et al.: Recht und Markt, 2009, 75 (90); Trosch, S. 223; BeyerKatzenberger, DÖV 2014, 144 (150); Wiebe / Ahnefeld, CR 2015, 199 (204). Zum Argument der Steuergerechtigkeit auch Püschel, S. 231 ff. 524 Kritiker von entgeltfreien Bereitstellungsmodellen verweisen im Gegenzug darauf, dass die Verlagerung der Mehrkostenlast auf private Nutzer auch der Logik der Verteilungsgerechtigkeit folge: Öffentliche Stellen sollen demnach die für die Informationserstellung und -aufbereitung erforderliche Kostenlast nicht alleine und zusätzlich zu den Kosten der öffentlichen Aufgabenerfüllung tragen müssen, ohne finanziell an der Folgenutzung des von ihr generierten Informationsmaterials beteiligt zu werden. Eine Heranziehung der Privatwirtschaft zur teilweisen Übernahme der betriebsinternen Mehrkosten sei in diesem Sinne auch gerecht, da die Privatwirtschaft die Gewinne aus der Nutzung des hoheitlichen Informationsmaterials ziehe, vgl. Dreier, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 13 (18). Die Pflicht, die externe Nutzung zum „Nulltarif“ gestatten zu müssen, würde öffentlichen Stellen zudem die Aussicht auf eine spürbare Einnahmenerzielung und damit den Anreiz zur (überobligatorischen) Generierung von Daten und Informationen rauben, vgl. Drexl, S. 1 (16).

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rechtspolitischer Forderungen. Die Verfassungsordnung verhält sich grundsätzlich „entgeltneutral“. Das wirtschaftspolitisch offene Grundgesetz zwingt weder zur Etablierung kostenfreier Informationsangebote, noch verbietet es den Rückgriff auf gewinnorientierte Kommerzialisierungsmodelle.525 Dem nationalen Gesetzgeber steht somit bei der Ausgestaltung der Entgeltmodalitäten ein weiter Entscheidungsspielraum zu.526 Dass der Gesetzgeber diesen nicht zu Gunsten einer „entgeltfeindlicheren“ Umsetzung der Richtlinienvorgaben ausgeschöpft hat, ist aus der Perspektive öffentlicher Unternehmen grundsätzlich begrüßenswert. (2) Das Regelungsmodell der §§ 10–12 DNG Das Regelungsmodell der §§ 10–12 des DNG sorgt für einen handfesten Paradigmenwechsel im Gebühren- und Entgeltrecht. Erstmalig geht es im Ausgangspunkt vom Grundsatz der Unentgeltlichkeit aus (a). Gleichwohl beinhaltet das DNG kein absolutes Nulltarif-Dogma. Es erkennt vielmehr an, dass eine Gebührenerhebung in vielen Fällen gleichermaßen ökonomisch sinnvoll und zur Vermeidung von strukturellen Wettbewerbsnachteilen geboten ist. § 10 Abs. 2 DNG erlaubt daher ausnahmsweise die Anwendung der gewinnorientierten Kostendeckungsmethode (b). Besonderheiten gelten zudem für hochwertige Datensätze, vgl. § 10 Abs. 3 DNG (c). Werden Entgelte festgelegt, hat die öffentliche Hand zudem die Transparenzanforderungen des § 12 DNG zu beachten (d). Die §§ 10–12 DNG legen grundsätzlich allein Obergrenzen für die Gebührenerhebung fest. Das DNG stellt es mithin öffentlichen Stellen und Unternehmen frei, nicht die Grenzen des rechtlich Zulässigen auszuschöpfen und im Ergebnis geringere oder sogar keine Entgelte zu verlangen.527 Damit obliegt es jeder öffentlichen Stelle und jedem öffentlichen Unternehmen selbst, eine passende Entgeltstrategie zu wählen, solange sich diese in den von §§ 10–12 DNG aufgestellten Grenzen bewegt.528 Etwaige Vorgaben für die Erhebung von Zugangsentgelten (z. B. durch § 10 IFG) sind dabei für Geltendmachung von Nutzungsentgelten unbeachtlich. Dies folgt schon aus der aufgezeigten Dichotomie des Informationsfreiheitsrechts. In der Gewährung des Zugangs ist die Gestattung der Weiterverwendung nicht zwangsläufig enthalten. Mithin hat der Weiterverwendungsinteressent eine „Doppelbepreisung“, d. h. die Pflicht zur Zahlung eines Entgeltes für die Gestat-

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Ausführlich hierzu Püschel, S. 124 ff. Insbesondere steht das aus Art. 114 Abs. 2 S. 1 GG abgeleitete Gebot der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit der Wahl eines kostenfreien Entgeltmodells nicht entgegen, vgl. Püschel, S. 233 ff. 526 Vgl. Püschel, S. 125 f.; Neumann, S. 589 ff.; Hornung, in: Towfigh et al.: Recht und Markt, 2009, 75 (89 f.); Wiebe / Ahnefeld, CR 2015, 199 (204). 527 Für das IWG BT-Drs. 16/2543, S. 18; VG Potsdam, Urteil vom 29. 06. 2013 – 9 K 1623/10, openJur 2013, 34602, Rn. 24. 528 Für das IWG BT-Drs. 16/2543, S. 18; VG Potsdam, Urteil vom 29. 06. 2013 – 9 K 1623/10, openJur 2013, 34602, Rn. 24.

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tung der Weiterverwendung zusätzlich zur Entgelterhebung für die Erlangung des Informationszugangs, grundsätzlich hinzunehmen.529 (a) Der Grundsatz der Unentgeltlichkeit (§ 10 Abs. 1 DNG) Im Gegensatz zum Entgeltkonzept des IWG stellt § 10 Abs. 1 S. 1 DNG erstmalig klar, dass die Datennutzung grundsätzlich unentgeltlich zu gewähren ist. Mit dieser Regelung sollen vor allem Markteintrittsschranken für Start-Ups und kleinere und mittlere Unternehmen abgebaut werden.530 Sollten im Einzelfall dennoch Entgelte erforderlich sein, sind diese gem. § 10 Abs. 1 S. 2 DNG der Höhe nach auf die verursachten Grenzkosten zu beschränken. Das Gesetz listet an dieser Stelle drei abschließend gemeinte Kostenpunkte auf, die geltend gemacht werden können: Die Kosten für die Reproduktion, Bereitstellung und Verbreitung von Daten (Nr. 1), für die Anonymisierung personenbezogener Daten (Nr. 2) oder Kosten für etwaige Maßnahmen zum Schutz vertraulicher Geschäftsinformationen (Nr. 3). Nach dem Willen des Gesetzgebers ist die Veranschlagung von Grenzkosten beispielsweise in Fällen angezeigt, in denen öffentliche Stellen eine besonders ausführliche Suche nach angeforderten Daten vornehmen oder sehr kostenaufwendige Formatänderungen durchführen.531 Durch die Anwendung der Grenzkostenmethode können allein die unmittelbar tatsächlich verursachten Kosten abgebildet werden. Die Möglichkeit einer Gewinnerzielung ist stets ausgeschlossen.532 Bei einer Bereitstellung von Informationen im Internet werden die Grenzkosten in der Regel verschwindend gering sein und gegen Null tendieren.533 Bereits im Rahmen der Vorgängervorschrift des § 5 Abs. 1 IWG war umstritten, inwiefern sich eine informationelle Nullkostenpolitik mit haushaltsrecht­ lichen Grundsätzen verträgt.534 Diese Diskussion kann sich durch die nunmehr ausdrückliche Anordnung der Kostenfreiheit in § 10 Abs. 1 S. 1 DNG potentiell verschärfen. Bei näherer Betrachtung bleibt dennoch zu konstatieren, dass die zuweilen geäußerten Bedenken535 weiterhin nicht durchgreifen. Auch das novellierte Regelungssystem der §§ 10–12 DNG steht im Einklang mit den Wertungen des Haushaltsrechts: Bei Verwaltungsinformationen handelt es sich zwar um Ver 529 Vgl. BMI, Studie zu Open Government Data, S. 205; Richter, IWG, § 5, Rn. 29; Brummund-Dieckhoff, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 251 (252). 530 Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 43. 531 Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 43. 532 Vgl. Wirtz, DuD 2014, 389 (392). 533 Vgl. Wiebe / Ahnefeld, CR 2015, 199 (204). 534 Knapp hierzu Richter, IWG, § 5, Rn. 25. 535 In Bezug auf die kostenlose Weitergabe von Geodaten vgl. Interministerieller Ausschluss für Geoinformationswesen (IMAGI), Bericht der Expertengruppe „Entgelte und Abgabebedingungen für Geodaten“ vom 26. 11. 2002, S. 13, 15 ff.; bezüglich der kostenfreien Zurverfügungstellung von Gerichtsinformationen Stöhr, NJW 1999, 1440 (1442).

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mögensgegenstände im Sinne des § 63 Abs. 1 BHO,536 die nach § 63 Abs. 3 S. 1 BHO grundsätzlich nur zu ihrem vollen Wert veräußert werden dürfen. Diese Vorschrift ist Ausdruck des allgemeinen Gedankens, dass der Bund nichts zu verschenken hat.537 Die kostenlose oder grenzkostenorientierte538 Bereitstellung von Verwaltungsinformationen wird diesem Prinzip grundsätzlich nicht gerecht.539 Das Verschenkungsgebot gilt jedoch nicht absolut. So hat das Bundesverfassungsgericht anerkannt, dass der Gesetzgeber Ausnahmenregelungen zur Verfolgung wirtschafts- oder sozialpolitischer Ziele treffen kann.540 Diese müssen allerdings aus Transparenzgründen gem. § 63 Abs. 3 S. 2 BHO im Haushaltsplan oder in (formellen) Fachgesetzen festgeschrieben werden.541 Die Regelung des § 10 Abs. 1 S. 1 DNG genügt diesen Anforderungen, so dass im Ergebnis die Vorgaben des Haushaltsrechts gewahrt bleiben. (b) Das Kostendeckungsmodell als Ausnahme (§ 10 Abs. 2 DNG i. V. m. § 11 Abs. 1 DNG) Die Null- und Grenzkostenpolitik des § 10 Abs. 1 DNG gilt nicht absolut. § 10 Abs. 2 DNG privilegiert bestimmte Datenbereitsteller und eröffnet ihnen die Möglichkeit, ausnahmsweise Entgelte zu erheben, die über die angefallenen Grenzkosten hinausgehen. Zu den Datenbereitstellern im Sinne des § 10 Abs. 2 DNG zählen (1.) öffentliche Stellen, die ausreichende Einnahmen erzielen müssen, um einen wesentlichen Teil ihrer Kosten im Zusammenhang mit der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufträge zu decken; (2.) Bibliotheken, einschließlich Hochschulbibliotheken, Museen und Archive sowie (3.) Unternehmen der Daseinsvorsorge. Mit der Suspendierung vom Unentgeltlichkeitsgrundsatz möchte der Gesetzgeber unter anderem die Rolle öffentlicher Unternehmen in einem wettbewerbsbestimmten wirtschaftlichen Umfeld berücksichtigen.542 536

Vgl. Püschel, S. 237 ff.; von Lewinski / Burbat, BHO, § 63, Rn. 3; Hoffmann / Schulz, KommJur 2014, 126 (130); BMI, Studie zu Open Government Data, S. 206. Implizit auch Richter, IWG, § 5, Rn. 25 und Martini / Damm, NJW 2014, 130 (135), anders nur Berkemann, JurPC Web-Dok. 188/1999, Abs. 61 f. in Bezug auf gerichtliche Entscheidungen. 537 Vgl. Püschel, S. 238 mit Verweis auf BVerfGE 12, 354 (364). 538 Jedenfalls dann, wenn die Anwendung des Grenzkostenmodells bei einer Bereitstellung von Informationen im Internet auf eine unentgeltliche Zurverfügungstellung hinausläuft, vgl. Wiebe / Ahnefeld, CR 2015, 199 (204). 539 von Lewinski, in: Hill / Schliesky (Hrsg.): Die Neubestimmung der Privatheit, S. 53 (64); Püschel, S. 237 f.; Hoffmann / Schulz, KommJur 2014, 126 (131). Für Geodaten vgl. Interministerieller Ausschluss für Geoinformationswesen (IMAGI), Bericht der Expertengruppe „Entgelte und Abgabebedingungen für Geodaten“ vom 26. 11. 2002, S. 13, 15 ff.; für Gerichtsinformationen vgl. Stöhr, NJW 1999, 1440 (1442). Kloepfer, K & R 2006, 19 (24) nimmt dagegen einen Verstoß gegen das Prinzip der vollständigen Einnahmeerhebung nach § 34 Abs. 1 BHO an. 540 BVerfGE 12, 354 (364). 541 Vgl. Hoffmann / Schulz, KommJur 2014, 126 (131); BMI, Studie zu Open Government Data, S. 206, von Lewinski / Burbat, BHO, § 63, Rn. 14. 542 Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 44.

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Die Bemessung der zulässigen Entgelthöhe richtet sich nach den Vorgaben des § 11 DNG. Gemäß § 11 Abs. 1 DNG haben die ausgenommenen öffentlichen Stellen und öffentlichen Unternehmen ihre Entgelte grundsätzlich nach von ihnen festzulegenden objektiven, transparenten und nachprüfbaren Kriterien zu berechnen. § 11 Abs. 2 S. 1 DNG erlaubt dabei konkret die Anwendung der Kostendeckungsmethode: Nach dieser dürfen die erhobenen Entgelte aus der Bereitstellung von Daten und der Gestattung ihrer Nutzung in dem entsprechenden Abrechnungszeitraum die Kosten ihrer Erfassung, Erstellung, Reproduktion, Verbreitung und Speicherung zuzüglich einer angemessenen Gewinnspanne sowie die Kosten für die Anonymisierung personenbezogener Daten543 und für Maßnahmen zum Schutz vertraulicher Geschäftsinformationen nicht übersteigen. Die veranschlagbare Gewinnspanne ist grundsätzlich „angemessen“, wenn sie eine Deckung der Kapitalkosten (inklusive etwaiger Risikoaufschläge544) und die Einbeziehung einer realen Rendite ermöglicht.545 Sie darf jedoch höchstens einen Prozentsatz der Gesamtkosten betragen, der 5 Prozentpunkte über dem von der EZB festgelegten Zinssatz für Hauptfinanzierungsgeschäfte liegt, vgl. § 3 Nr. 11 DNG.546 Die Einbeziehung einer angemessenen Gewinnspanne gewinnt vor allem dort an Bedeutung, wo die Erstellungskosten einer Information weit hinter ihrem potentiellen Marktwert zurückbleiben. Dieses Phänomen lässt sich vor allem im Bereich der Verkehrs- und Geodaten beobachten.547 An dieser Stelle fungiert die Erhebung einer „angemessenen Gewinnspanne“ auch als notwendiges Refinanzierungskorrektiv. Der gewinnorientierte „Ausverkauf“ von eigenen Daten und Informationen kann dabei als Spezialfall der wirtschaftlichen „Randnutzung“ zur Auslastung ansonsten brachliegender Kapazitäten betrachtet werden.548

543 Gemäß § 3 Nr. 12 DNG beschreibt der Begriff „Anonymisierung“ den Prozess, in dessen Verlauf personenbezogene Daten in Daten umgewandelt werden, die sich nicht auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen, oder derart in Daten umgewandelt werden, dass die betroffene Person nicht oder nicht mehr identifiziert werden kann. 544 Siehe hierzu bereits D. II. 2. e) bb) (3). 545 Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 45. 546 Das IWG legte nicht verbindlich fest, bis zu welcher Grenze eine Gewinnspanne noch „angemessen“ sein sollte. Stimmen aus der Literatur interpretierten in diesem Zusammenhang den Begriff „angemessen“ als „marktüblich“, so etwa Müller, K & R 2016, 158 (162). 547 Vgl. Maisch, K & R 2007, 9 (10 f.) m. w. N. 548 Mit dem Begriff der „Randnutzung“ wird die wirtschaftliche Betätigung bezeichnet, die die öffentliche Hand „bei Gelegenheit“ der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben betreibt, um sonst brachliegendes Wirtschaftspotential, das im Übrigen aber öffentlichen Zwecken dient, auszunutzen, vgl. BVerwG, Urteil vom 21. 04. 1989 – 7 C 48/88, NJW 1989, 2409 (2410) unter Bezugnahme auf Leisner, Werbefernsehen und Öffentliches Recht, 1967, S. 70. Ein klassisches Beispiel für eine Randnutzung ist etwa die Vermietung von ansonsten ungenutzten Reklameflächen an Fahrzeugen des öffentlichen Personennahverkehrs, vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 20. 05. 2003 – 1 L 542/03, BeckRS 2003, 151766, Rn. 22. In der Vergangenheit wurde aber auch der Bau eines zusätzlichen Stockwerkes über einem stadteigenen Parkhaus zur Errichtung eines Fitness-Studios als Randnutzung qualifiziert, vgl. OVG Münster, Beschluss

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Die im Rahmen der Kostendeckungsmethode zwingende Anknüpfung an erst im Nachhinein bestimmbare Gesamteinnahmen impliziert naturgemäß das Erfordernis einer prognostischen Einschätzung auf Basis einer Vorabkalkulation.549 Etwaige mit diesem Verfahren verbundene Ungenauigkeiten werden dabei als zulässig hingenommen, solange die Kalkulation (soweit möglich) auf Erfahrungswerten beruht und das Berechnungsverfahren transparent und nachvollziehbar ist.550 Die geltenden Buchführungsgrundsätze müssen Anwendung finden, vgl. § 11 Abs. 3 DNG. Die Beweislast hierfür liegt grundsätzlich bei der informationsnäheren Partei, mithin der öffentlichen Stelle selbst.551 (c) Besonderheiten für hochwertige Datensätze (§ 10 Abs. 3 DNG) § 10 Abs. 3 DNG ordnet an, dass für hochwertige Datensätze die Privilegierung des § 10 Abs. 2 DNG nicht gilt. Ihre Nutzung muss grundsätzlich unentgeltlich erfolgen. Die Gesetzesbegründung weist jedoch darauf hin, dass die Europäische Kommission nach Artikel 14 Absatz 3 der Richtlinie (EU) 2019/1024 in den Durchführungsrechtsakten zu hochwertigen Datensätzen bestimmte Datensätze öffentlicher Unternehmen von dem Grundsatz der Unentgeltlichkeit ausnehmen kann, wenn dies zu einer Verfälschung des Wettbewerbs auf den betreffenden Märkten führen würde.552 Der Bundesrat hatte im Gesetzgebungsverfahren gefordert, diese Möglichkeit aus Gründen der Rechtssicherheit explizit in den Gesetzestext aufzunehmen.553 Die Bundesregierung sah hierfür jedoch keinen Bedarf, da sich die Ausnahme ohnehin allein aus dem Durchführungsrechtsakt selbst ergebe.554 Diese Auffassung überzeugt, einen inhaltlichen Mehrwert liefert ein ergänzender § 10 Abs. 3 S. 2 DNG jedenfalls nicht.

vom 13. 08. 2003 – 15 B 1137/03, NVwZ 2003, 1520. Die Randnutzung ist als Ausprägung des Wirtschaftlichkeitsprinzips grundsätzlich legitim. Die Grenzen der Zulässigkeit einer gewinnorientierten Randnutzung sind jedoch dort zu ziehen, wo die erwerbswirtschaftliche Betätigung über den Funktionsbereich des Verwaltungsträgers hinausgeht, mit den öffentlichen Zwecken der Verwaltungstätigkeit nicht mehr vereinbar ist oder die sachgerechte Aufgabenerledigung beeinträchtigt, BVerwG, Urteil vom 21. 04. 1989 – 7 C 48/88, NJW 1989, 2409 (2410). 549 Vgl. Richter, IWG, § 5, Rn. 79. 550 Vgl. Richter, IWG, § 5, Rn. 81. 551 Vgl. Richter, IWG, § 5, Rn. 96 mit Verweis auf das Urteil des EFTA-Gerichtshofes vom 16. 12. 2013, Rs. E-7/13, GRUR-Int 2014, 504 (506), Rn. 42 – Creditinfo Lánstraust hf. / Registers Iceland and the Icelandic State. 552 Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 44. 553 Vgl. BR-Drs. 141/21, S. 5. 554 Vgl. BT-Drs. 19/28408, S. 9.

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(d) Transparenzanforderungen (§ 12 DNG) § 12 DNG knüpft die Entgelterhebung an die Einhaltung von besonderen Transparenzanforderungen. Die Herstellung von Entgelttransparenz soll es potentiellen Nutzern ermöglichen, sich im Voraus über potentiell entstehende Nutzungskosten zu informieren.555 Gleichzeitig sorgt eine umfassende Markttransparenz auch für gleichwertige Wettbewerbsbedingungen zwischen den einzelnen Nutzern.556 Die Vorschrift des § 12 DNG unterscheidet grundsätzlich zwischen Standardentgelten und Einzelentgelten: Legt das öffentliche Unternehmen Standardentgelte fest, die für die Allgemeinheit gelten, findet § 12 Abs. 1 DNG Anwendung und öffentliche Unternehmen müssen die Bedingungen und die tatsächliche Höhe der Standardentgelte einschließlich ihrer Berechnungsgrundlage im Internet öffentlich zugänglich machen. Im Ergebnis beinhaltet diese Vorschrift eine proaktive und subjektiv einklagbare Veröffentlichungspflicht.557 Vereinbart das öffentliche Unternehmen dagegen individuelle Entgeltbedingungen, muss es gem. § 12 Abs. 2 S. 1 DNG lediglich die Faktoren angeben, die bei der Berechnung der Entgelte berücksichtigt werden. Nach § 12 Abs. 2 S. 2 DNG hat es auf Anfrage auch die konkrete Berechnungsweise der Entgelte im Einzelfall gegenüber dem Nutzer offenzulegen. Im Unterschied zu § 12 Abs. 1 DNG erwächst hieraus keine allgemeine Pflicht zur Vorabinformation, sondern lediglich ein bilaterales Auskunftsrecht. Unglücklicherweise macht der Wortlaut des § 12 DNG nicht explizit deutlich, dass die Transparenzpflichten vorab, d. h. vor der Gewährung der Nutzung, zu erfüllen sind. Die offene Formulierung des § 12 DNG ließe grundsätzlich auch die nachträgliche Angabe der Berechnungsgrundlagen zu. In diesen Fällen wäre jedoch der dargestellte Zweck der Vorschrift, dem Nutzer eine Vorab-Evaluation von Kosten und Nutzen der angestrebten Datennutzung zu ermöglichen, nicht erfüllt. Der Gesetzgeber hat es in der Hand, diese Unklarheit de lege ferenda durch das Einfügen des Wortes „vorab“ in die Fassung des § 12 Abs. 1 DNG und § 12 Abs. 2 S. 1 DNG zu beseitigen. (3) Zwischenergebnis Das DNG erhebt erstmalig die Kostenfreiheit zum allgemeinen Grundsatz des Informationsnutzungsrechts, vgl. § 10 Abs. 1 DNG. Öffentliche Unternehmen sind jedoch gem. § 10 Abs. 2 Nr. 3 DNG von diesem Prinzip ausgenommen und können ausnahmsweise Entgelte nach dem Kostendeckungsprinzip erheben. Auf diese Weise ist es ihnen sogar gestattet, eine angemessene Gewinnspanne zu ver 555

Vgl. Richter, IWG, § 6, Rn. 5. Vgl. Püschel, in: Fluck / Fischer / Martini, IWG, § 4, Rn. 76. 557 Vgl. Richter, IWG, § 6, Rn. 15. 556

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anschlagen. Eine Rückausnahme macht das DNG in § 10 Abs. 3 indes für hochwertige Datensätze von öffentlichen Unternehmen. Diese sind im Regelfall kostenfrei bereitzustellen, es sei denn, die Kommission erlaubt in ihren Durchführungsakten ausdrücklich die Entgelterhebung. An dieser Stelle liegt aus der Sicht öffentlicher Unternehmen der neuralgische Punkt innerhalb des Systems der §§ 10–12 DNG, welcher sich jedoch jeder unmittelbaren Form der mitgliedsstaatlichen Steuerung entzieht. Der Schutz unternehmerischer Wettbewerbsinteressen wird in der Praxis letztlich davon abhängen, wie großzügig die Kommission die Entgelterhebung für öffentliche Unternehmen zulässt. dd) Formal-technische Anforderungen an die Datenbereitstellung (§§ 7–9 DNG) Nach §§ 7–9 DNG müssen Daten unter Einhaltung bestimmter formal-technische Anforderungen bereitgestellt werden. Während § 7 DNG allgemeingültige Maßstäbe beinhaltet (1), macht § 8 DNG spezielle Vorgaben für die Bereitstellung von dynamischen Daten im Sinne des § 3 Nr. 8 DNG (2). Darüber hinaus gelten gem. § 9 DNG Besonderheiten für die Verfügbarmachung von hochwertigen Datensätzen im Sinne des § 3 Nr. 9 DNG (3). (1) Allgemeine Grundsätze (§ 7 DNG) § 7 DNG unterscheidet zwischen antragsbasierten und antragsunabhängigen Bereitstellungspflichten: Sieht sich der Datenbereitsteller mit einem Antrag auf Datennutzung konfrontiert, muss er die Nutzung grundsätzlich in allen angefragten und bei ihm vorhandenen Formaten und Sprachen ermöglichen, vgl. § 7 Abs. 1 DNG. Dabei ist der Datenbereitsteller freilich nicht dazu gezwungen, Formatumwandlungen vorzunehmen oder gar die Verfügungsgewalt über das angefragte Datum zu Gunsten des Weiterverwenders aufzugeben.558 Er muss dem Nutzer lediglich die Daten in der Form bereitstellen, wie sie auch bei ihm selbst vorliegen. Dies kann vor allem durch die Anfertigung einer formatgleichen Datenkopie geschehen. § 7 Abs. 1 DNG verleiht dem Nutzer grundsätzlich ein subjektiv-öffentliches und damit einklagbares Recht auf formatgleiche Datenbereitstellung innerhalb des angefragten Nutzungszwecks.559 Verwendet der Nutzer die übermittelten Daten jedoch missbräuchlich, etwa zu Betrugszwecken oder zum heimlichen Aufbau von Parallelregistern, scheidet ein Anspruch auf formatgleiche Datenbereitstellung aus.560

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Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 41; Richter, IWG, § 3, Rn. 39. Vgl. Richter, IWG, § 3, Rn. 43. 560 Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 41. 559

III. Die Umsetzung in nationales Recht durch das Datennutzungsgesetz (DNG)  567

Unabhängig von einer etwaigen Antragstellung sind zudem Daten gemäß § 7 Abs. 2 S. 1 DNG, soweit möglich und sinnvoll, elektronisch und in nach den anerkannten Regeln der Technik offenen, maschinenlesbaren, zugänglichen, auffindbaren und interoperablen Formaten zusammen mit den zugehörigen Metadaten bereitzustellen. Nach Möglichkeit sollen sowohl die Formate als auch die Metadaten förmlichen offenen Standards entsprechen, vgl. § 7 Abs. 2 S. 2 DNG.561 Durch die flächendeckende Verwendung offener Formate und Standards soll nach dem Willen des Gesetzgebers insbesondere die Interoperabilität und Rekombinierbarkeit von Datensätzen gewährleistet werden.562 Beides baut kostenintensive Aufbereitungs- und Verwertungshemmnisse ab und bildet die Grundlage für Datenanalysen mittels künstlicher Intelligenz.563 Gleichwohl steht die Erfüllung der Anforderungen des § 7 Abs. 1 und 2 DNG nicht nur unter dem Vorbehalt des (technisch) Möglichen, sondern auch des (finanziell) Zumutbaren. Gemäß § 7 Abs. 3 S. 1 DNG trifft öffentliche Stellen und Unternehmen der Daseinsvorsorge keine Pflicht, Daten oder Metadaten neu zu erstellen, anzupassen oder teilweise zur Verfügung zu stellen, wenn dies mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wäre, der über eine einfache Bearbeitung hinausgeht. Nutzer können zudem von öffentlichen Stellen und Unternehmen der Daseinsvorsorge keine Fortsetzung der Erstellung oder Speicherung bestimmter Daten verlangen, vgl. § 7 Abs. 3 S. 2 DNG. Die Zumutbarkeit im Sinne des § 7 Abs. 3 S. 1 DNG ist über eine Einzelfallbetrachtung anhand der verfolgten Nutzungszwecke und des potentiell anfallenden Bereitstellungsaufwandes zu bestimmen. Um Chancenasymmetrien im Wettbewerb effektiv zu vermeiden, dürfen hier die Anforderungen an eine Unzumutbarkeit für öffentliche Unternehmen nicht allzu hoch liegen. Für Metadaten zu maschinenlesbaren Daten existiert ferner eine spezielle Bereitstellungspflicht. Sie sind gem. § 7 Abs. 4 DNG, soweit möglich und sinnvoll, über das nationale Metadatenportal GovData zur Verfügung zu stellen. Da öffentliche Unternehmen jedoch bislang nicht zur Datenbereitstellung auf GovData berechtigt sind, ergeben sich für sie aus § 7 Abs. 4 DNG (noch) keine besonderen Implikationen.564 (2) Besonderheiten für dynamische Daten (§ 8 DNG) Ein Novum im nationalen Weiterverwendungsrecht ist das Konzept der „dynamischen Daten“. Als dynamische Daten (z. B. Umweltdaten, Verkehrsdaten, Satel 561 „Förmliche offene Standards“ definiert § 3 Nr. 7 DNG als „ein in Textform niedergelegter Standard, in dem die Anforderungen für die Sicherstellung der Interoperabilität der Software niedergelegt sind“. 562 Vgl. BT-Drs. 19727442, S. 41. 563 Vgl. BT-Drs. 19727442, S. 41. 564 Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 42.

568

D. Die Weiterverwendung von Informationen 

litendaten oder meteorologische Daten) gelten besonders volatile und kurzlebige Aufzeichnungen in digitaler Form, die hochfrequentierten Aktualisierungsprozessen unterliegen, vgl. § 3 Nr. 8 DNG. Diese Eigenschaften machen sie zu einem besonders wertvollen Rohstoff für die Entwicklung von Mehrwertdienstleistungen.565 Um dieses Innovationspotential möglichst ungehindert nutzbar zu machen, knüpft der Gesetzgeber in § 8 DNG besondere Voraussetzungen an die Verfügbarmachung von dynamischen Daten. Gemäß § 8 Abs. 1 DNG muss der Datenbereitsteller die Nutzung von dyna­ mischen Daten unmittelbar nach der Erfassung in Echtzeit mithilfe geeigneter Anwendungsprogrammierschnittstellen und, falls technisch erforderlich, als MassenDownload ermöglichen. Hierdurch soll nach der Vorstellung des Gesetzgebers vor allem die Entwicklung von Internet-, Mobil- und Cloud-Anwendungen gefördert werden.566 Bestehende technische und finanzielle Hindernisse, die einer EchtzeitBereitstellung entgegenstehen, sind nach Möglichkeit abzubauen.567 Insbesondere regt der Gesetzgeber die Regelung einer rechtzeitigen Datenverfügbarkeit per Lizenzbedingung an.568 Die strengen Anforderungen an eine Echtzeit-Bereitstellung sind allerdings dort zu lockern, wo berechtigte Gründe des öffentlichen Interesses, insbesondere die öffentliche Gesundheit und Sicherheit, eine vorherige Datenverifizierung erforderlich machen.569 Des Weiteren erkennt der Gesetzgeber ausdrücklich an, dass die Schaffung der Voraussetzungen für eine Echtzeit-Bereitstellung mit teils erheblichem technischen und finanziellen Mehraufwand verbunden sein kann. Unter Umständen sind technisch-organisatorische Umstrukturierungen und gar der (Neu- ) Aufbau einer DNG-konformen Dateninfrastruktur erforderlich. § 8 Abs. 2 S. 1 DNG erlaubt es daher, dass die Nutzung dynamischer Daten auch vorübergehend mit den bereits vorhandenen technischen Mitteln gestattet werden kann, wenn eine Echtzeit-Bereitstellung nach § 8 Abs. 1 DNG die technischen oder finanziellen Kapazitätsgrenzen des Datenbereitstellers übersteigen und somit zu einem unverhältnismäßigen Aufwand führen würde. Die Befreiung von den Anforderungen des § 8 Abs. 1 DNG ist dabei jedoch keine Dauerlösung („vorübergehend“), sondern soll dem Datenbereitsteller lediglich die Möglichkeit verleihen, innerhalb einer „angemessenen Frist“ die Voraussetzungen für die Bereitstellung nach § 8 Abs. 1 DNG zu schaffen.570 Auch innerhalb dieses Zwischenstadiums soll die Ausschöpfung des wirtschaftlichen und sozialen Potenzials der dynamischen Daten nicht übermäßig beeinträchtigt werden, vgl. § 8 Abs. 2 S. 2 DNG.

565

Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 42 und Erwägungsgrund 8 der RL 2019/1024 (EU). Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 42. 567 Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 42. 568 Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 42. 569 Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 42 und Erwägungsgrund 31 der RL 2019/1024 (EU). 570 Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 42. 566

III. Die Umsetzung in nationales Recht durch das Datennutzungsgesetz (DNG)  569

(3) Besonderheiten für hochwertige Datensätze (§ 9 DNG) Wiederum andere Bereitstellungsmodalitäten gelten für hochwertige Datensätze im Sinne des § 3 Nr. 9 DNG. Als solche werden Datensätze bezeichnet, die von der Kommission im Rahmen von speziellen Durchführungsakten gemäß Art. 13 und 14 der RL 2019/1024 (EU) als besonders „hochwertig“ und damit bereitstellungswürdig qualifiziert wurden.571 Die einzelnen Mitgliedsstaaten und mithin der hiesige Gesetzgeber haben dabei keinen unmittelbaren Einfluss auf die Festlegung von hochwertigen Datensätzen. An der inhaltlichen Ausgestaltung der Durchführungsrechtsakte sind sie allenfalls mittelbar im Komitologie-Prüfverfahren gem. Art. 16 Abs. 2 der RL 2019/1024 (EU) i. V. m. Art. 5 der VO (EU) Nr. 182/2011 beteiligt. Wurde ein Datensatz nach dem Verfahren der Art. 13 und 14 der RL 2019/1024 (EU) als „hochwertig“ eingestuft, müssen öffentliche Stellen und öffentliche Unternehmen seine Nutzung grundsätzlich niedrigschwellig ermöglichen. Gemäß § 9 DNG ist der hochwertige Datensatz daher in maschinenlesbarem Format über geeignete Anwendungsprogrammierschnittstellen und, falls erforderlich, als Massen-Download zur Verfügung zu stellen. Eine Pflicht zur Echtzeit-Bereitstellung besteht anders als bei dynamischen Daten nach § 8 DNG grundsätzlich nicht. g) Zwischenergebnis Das Weiterverwendungskonzept des DNG entspricht im Wesentlichen den Vorgaben der zu Grunde liegenden RL 2019/1024 (EU). Eine überschießende Umsetzung findet vor allem hinsichtlich der Einbeziehung privater Rechtssubjekte gem. § 2 Abs. 2 Nr. 2 DNG statt. Insbesondere die Rahmenbedingungen der Gestattung und der Modalitäten der Weiterverwendung orientieren sich jedoch überwiegend an den Richtlinienbestimmungen. Entsprechend sind primär die zur RL 2019/1024 (EU) erarbeiteten Maßstäbe zu übertragen und nur punktuell durch Leitlinien der nationalen IWG-Rechtsprechung zu ergänzen. 3. Konkurrenzen Wie unter D. II. 3. bereits angedeutet, können die Vorgaben des allgemeinen Weiterverwendungsrechts mit bereichsspezifischen Anforderungen kollidieren. Es stellt sich daher die Frage, welches Regelungssystem vorrangig Anwendung finden soll. Zur Auflösung der jeweiligen Konkurrenzverhältnisse beinhaltet das DNG neben der speziellen Regelung für Umweltinformationen in § 2 Abs. 3 Nr. 1 lit. c DNG572 eine allgemeine Unberührtheitsklausel, vgl. § 2 Abs. 4 Var. 2 DNG. 571 572

Siehe im Detail zu diesem Verfahren bereits oben unter D. II. 2. e) dd). Siehe hierzu bereits D. III. 2. d) bb) (2) (a) (cc).

570

D. Die Weiterverwendung von Informationen 

Nach dieser bleiben „weitergehende Anforderungen an die Bereitstellung und Nutzung der Daten von Datenbereitstellern aus anderen Rechtsvorschriften“ unberührt. Der Gesetzgeber betrachtet diese Kollisionsregel als Ausdruck des Mindestharmonisierungsauftrags der RL 2019/1024 (EU).573 „Weitergehender“ im Sinne des § 2 Abs. 4 Var. 2 DNG ist entsprechend als „nutzungsfreundlicher“ zu lesen. Niedrigschwelligere oder umfangreichere Nutzungsmöglichkeiten können sich nach der Vorstellung des Gesetzgebers vor allem aus dem EGovG (a), dem Geodatenzugangsrecht (b) und den delegierten Verordnungen zur Ergänzung der IVSRahmenrichtlinie 2010/40 (EU) ergeben (c).574 Praktisch bedeutsam wird jedoch vor allem sein, inwiefern auch Landesinformationszugangsgesetze „weitergehende Anforderungen“ beinhalten (d). a) EGovG Das EGovG verdrängt das DNG dort, wo es nutzerfreundlichere Weiterverwendungsregelungen trifft. Die zentrale Weiterverwendungsvorschrift des EGovG ist der 2021 ebenfalls neu gefasste § 12a. In Bezug auf die Verdrängungswirkung ist zwischen dem „Ob“ und dem „Wie“ der Nutzung zu differenzieren. § 12a Abs. 1 S. 2 EGovG stellt im Gegensatz zu § 4 Abs. 1 DNG klar, dass ein Anspruch auf Bereitstellung der Daten zur Nutzung nicht besteht. Eine die Anwendung des DNG ausschließende, nutzerfreundlichere, Regelung des „Ob“ der Nutzung liegt mithin nicht vor. Anders verhält es sich jedoch mit Blick auf die in § 12a Abs. 6 S. 1 EGovG festgesetzten Weiterverwendungsmodalitäten. Nach diesen ist die Nutzung ausnahmslos entgeltfrei und uneingeschränkt zu gewähren. Angesichts dieser im Vergleich zum DNG „weitergehenden“ Regelung greift die Unberührtheitsklausel des § 2 Abs. 4 Var. 2 DNG. Das „Wie“ der Nutzung von Daten von Behörden des Bundes richtet sich mithin nach § 12a Abs. 6 S. 1 EGovG.575 b) Geodatenzugangsgesetze Geodatenzugangsgesetze existieren auf Bundes- und auf Landesebene. Ausgehend von der Erkenntnis, dass Geodaten für den privaten Wirtschaftssektor und die Schaffung von digitalen Mehrwertdienstleistungen von erheblicher Bedeutung sind,576 ist vor allem das GeoZG des Bundes äußerst nutzungsfreundlich ausgestal 573

Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 37. Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 37. 575 Im Ergebnis ebenso Richter, IWG, § 1, Rn. 642. 576 Vgl. Martini / Damm, DVBl. 2013, 1; Lederer, S. 102; Neumann, S. 144 m. w. N. Bereits im Jahr 2000 überstieg der Umsatz des deutschen Geodatenmarktes die Milliardengrenze bei stetigem Wachstum, siehe MICUS (Hrsg.), Die europäische Gesetzgebung als Motor für das deutsche Geobusiness, 2010, S. 58 ff., abrufbar unter: https://micus-duesseldorf.de/de/publikationen/ marktstudien/23-publikationen/marktstudien/68-inspire-bringt-die-geoinformationen-inschwung (zuletzt aufgerufen am 05. 10. 2020). 574

III. Die Umsetzung in nationales Recht durch das Datennutzungsgesetz (DNG)  571

tet.577 Gemäß § 11 Abs. 1, 2 GeoZG sind Geodaten und Geodatendienste grundsätzlich öffentlich und kostenfrei zur kommerziellen und nichtkommerziellen Weiterverwendung zur Verfügung zu stellen, soweit durch besondere Rechtsvorschrift nichts anderes bestimmt ist oder vertragliche oder gesetzliche Rechte Dritter dem nicht entgegenstehen. Damit setzt das GeoZG Art. 14 Abs. 1 der INSPIRE-Richtlinie 2007/2 (EG) um. Die Rahmenbedingungen der Nutzungsmöglichkeiten werden gemäß §§ 14 Nr. 2, 11 Abs. 3 GeoZG einheitlich-generell für alle geodatenhaltenden Stellen per Rechtsverordnung (GeoNutzV)578 bestimmt. Damit vollzieht der Gesetzgeber eine Abkehr von dem zuvor nach § 13 GeoZG a. F. geltenden Prinzip der individuellen Ausgestaltung der Nutzungsbedingungen.579 Die Schaffung einer einheitlichen Regelungsbasis per Rechtsverordnung soll die ressourcenintensive Vereinbarung von einzelnen behördenspezifischen Nutzungsverträgen inklusive der Verhandlung von individuellen Lizenzverträgen entbehrlich machen.580 Die GeoNutzV erlaubt ausdrücklich einzelne, nicht abschließend gemeinte, Nutzungsarten (Vervielfältigung, Zusammenführung mit Daten und Diensten Dritter oder Einbindung in interne und externe Geschäftsprozesse, vgl. § 2 Abs. 2, 3) und verpflichtet den Nutzer lediglich zur Einbindung von Quellenvermerken (§ 3 Nr. 1) und Bearbeitungshinweisen (§ 3 Nr. 2). Möglichkeiten zur Festlegung von darüberhinausgehenden Nutzungseinschränkungen oder zum Abschluss von Ausschließlichkeitsvereinbarungen eröffnet die GeoNutzV im Gegensatz zum DNG jedoch nicht. Damit sind die Anforderungen des GeoZG i. V. m. der GeoNutzV insoweit nutzungsfreundlicher und setzen sich über den Regelungskatalog des DNG hinweg.581 Diese Wertung kann freilich nicht uneingeschränkt auf sämtliche Geodatenzugangsgesetze der Länder übertragen werden: Das GeoZG adressiert allein geodatenhaltende Stellen des Bundes.582 In Umsetzung der INSPIRE-Richtlinie mussten die Länder daher eigene Geodatenzugangsgesetze erlassen. Diese orientieren sich zwar im Grundsatz an den Regelungen des GeoZG des Bundes. Vor allem hinsichtlich der Weiterverwendungsmodalitäten weichen einige Landesgeodatenzugangsgesetze jedoch teils erheblich von den nutzerfreundlichen Anforderungen des GeoZG des Bundes ab und etablieren eigenständige, weiterverwendungsfeindlichere Regelungsregime: Ein Anwendungsvorrang der Landes-GeoZG scheitert 577 Manche Stimmen attestieren dem GeoZG gar eine „Vorreiterrolle“ (Lederer, S. 102) oder eine „Leuchtturmfunktion“ (Martini / Damm, DVBl. 2013, 1 (3)) für die nutzerfreundliche Fortentwicklung des Informationsweiterverwendungsrechts insgesamt. 578 Verordnung zur Festlegung der Nutzungsbestimmungen für die Bereitstellung von Geodaten des Bundes vom 19. März 2013 (BGBl. I S. 547). 579 Nach § 13 Abs. 1 GeoZG a. F. konnten die geodatenhaltenden Stellen für die Nutzung grundsätzlich Lizenzen erteilen und Geldleistungen fordern, was das durch Art. 14 Abs. 1 der INSPIRE-Richtlinie angeordnete Regel-Ausnahmeverhältnis zu Lasten einer kostenfreien Abgabe umkehrte, vgl. Neumann, S. 591. 580 Vgl. BT-Drs. 17/9686, S. 9. 581 Zu dem gleichen Ergebnis kommend Richter, IWG, § 1, Rn. 567. 582 Vgl. Neumann, S. 612.

572

D. Die Weiterverwendung von Informationen 

vor allem dort, wo die Gesetze grundsätzlich die Erhebung von Entgelten und die Erteilung von Lizenzen vorsehen und damit die kostenfreie Weiterverwendung anders als nach § 10 Abs. 1 DNG gerade nicht zum Regelfall erheben, vgl. § 13 Abs. 1 Landesgeodateninfrastrukturgesetz Rheinland-Pfalz (LGDIG RLP) oder § 13 Abs. 1 Landesgeodatenzugangsgesetz Baden-Württemberg (LGeoZG BW). Gleiches gilt, wenn das Landesgesetz die Kostenfreiheit nur für die nichtkommerzielle Weiterverwendung anordnet, vgl. § 13 Abs. 1 S. 2 Geodateninfrastrukturgesetz Schleswig-Holstein (GDIG SH). Es muss daher im Einzelfall anhand des jeweiligen Landesgeodatenzugangsgesetzes entschieden werden, ob tatsächlich „weitergehende“ und den Anwendungsbereich des DNG verdrängende Regelungssysteme vorliegen. Pauschalbetrachtungen verbieten sich. c) Delegierte Verordnungen zur IVS-Rahmenrichtlinie 2010/40 (EU) „Weiterverwendungsfreundlichere“ Nutzungsanforderungen können sich ferner aus den delegierten Verordnungen zur IVS-Rahmenrichtlinie 2010/40 (EU) für Straßen-, Verkehrs- und Reisedaten ergeben. Relevant sind in diesem Zusammenhang vor allem die VO (EU) Nr. 885/2013 für die Bereitstellung von Informationsdiensten für Lkw-Parkplätze,583 die VO (EU) Nr. 886/2013 für die Bereitstellung von sicherheitsrelevanten Verkehrsinformationen,584 die VO (EU) 2015/758 über die Einführung von bordeigenen eCall-Systemen585, die VO (EU) 2015/962 für die Bereitstellung von Echtzeit-Verkehrsinformationsdiensten586 sowie die VO (EU) 2017/1926 über die Bereitstellung EU-weiter multimedialer Reiseinformationsdienste.587 Die aufgestellten Nutzungsanforderungen unterscheiden sich von den Vorgaben des DNG zum Teil erheblich. Vor dem Hintergrund des § 2 Abs. 4 Var. 2 DNG ist jedoch im Einzelfall genau zu untersuchen, ob sich die Anforderungen der entsprechenden Verordnung auch nutzerfreundlicher auswirken. Wie oben bereits unter D. II. 3. dargestellt, ergeben sich umfangreichere Bereitstellungspflichten beispielsweise aus den Art. 7 bis 10 der VO (EU) Nr. 2015/962. So legen etwa die Art. 8 bis 10 über die Anforderungen der PSI-Richtlinie hinausgehende Aktualisierungsparameter (z. B. Art, Ort, Beschreibung, Datum und Qualität) für bereitgestellte Straßen- und Verkehrsdaten fest. Nutzerfreundlicher wirkt sich zudem aus, dass gemäß Art. 6 Abs. 2 lit. c der VO (EU) Nr. 2015/962 die Weiterverwendung über einen gemeinsamen nationalen Zugangspunkt gewährleistet werden muss.

583

Abl. EU 2013, L 247, 1. Abl. EU 2013, L 247, 6. 585 Abl. EU 2015, L 123, 77. 586 Abl. EU 2015, L 157, 21. 587 Abl. EU 2017, L 272, 1. 584

III. Die Umsetzung in nationales Recht durch das Datennutzungsgesetz (DNG)  573

d) Landesinformationszugangsgesetze Informationsweiterverwendungsgesetze der Länder gibt es nicht. Allerdings beinhalten immer mehr Landesinformationsfreiheits- und Transparenzgesetze über den Zugang hinaus auch Regelungen zur anschließenden (freien) Nutzung von Verwaltungsinformationen. Die meisten Landesgesetze orientieren sich dabei an der Regelung des § 10 Abs. 3 S. 1 HmbTG:588 „Die Nutzung, Weiterverwendung und Verbreitung der Informationen ist frei, sofern höherrangiges Recht oder spezialgesetzliche Regelungen nichts anderes bestimmen.“

Als höherrangiges Recht und spezialgesetzliche Regelungen kommen vor allem entgegenstehende Urheberrechte und gewerbliche Schutzrechte in Betracht.589 Aus diesem Grund verpflichten einige Informationszugangsgesetze die veröffentlichungspflichtige Stellen ausdrücklich dazu, sich bereits bei der Informationsbeschaffung um die Einräumung der für eine freie Weiterverwendung erforderlichen Nutzungsrechte zu bemühen, vgl. § 10 Abs. 3 S. 3 HmbTG.590 Insgesamt sind die Weiterverwendungsregelungen der Landesinformationszugangsgesetze sehr nutzerfreundlich ausgestaltet. Sie garantieren im Grundsatz die freie und unbeschränkte Nutzung der veröffentlichungspflichtigen Daten und Informationen. Möglichkeiten zur Erhebung von Entgelten, zur Vereinbarung von einschränkenden Nutzungsbedingungen oder Ausschließlichkeitsvereinbarungen eröffnen die Gesetze im Gegensatz zum DNG gerade nicht. Als „weitergehende“ Vorschriften finden die Nutzungsregelungen der Landesinformationsfreiheitsgesetze damit gemäß § 2 Abs. 4 Var. 2 DNG vorrangig Anwendung. Dass die Informationszugangsgesetze im Ergebnis über die Vorgaben des DNG hinausgehen, löst auch keine kompetenzrechtlichen Bedenken aus. Der Bund hat von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für das Recht der Wirtschaft nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 i. V. m. Art. 72 Abs. 2 GG nur in Bezug auf die Herstellung eines nutzungsrechtlichen Mindeststandards Gebrauch gemacht.591 Beleg dafür ist nicht zuletzt die Regelung des § 2 Abs. 4 Var. 2 DNG. Den Landesgesetzgebern bleibt es damit grundsätzlich unbenommen, weitergehende Regelungen zu treffen. 588

Ebenso § 8 Abs. 3 S. 1 BlnTranspG; § 7 Abs. 9 ThürTG; § 11a S. 1 BremIFG; § 11a Abs. 3 S. 1 IZG LSA. Anstatt auf höherrangiges Recht auf entgegenstehende Rechte Dritter abstellend § 10 Abs. 2 S. 1 LTranspG RLP. 589 Vgl. Maatsch / Schnabel, HmbTG, § 10, Rn. 24. Für das BlnTranspG siehe LT-Drs. 18/3458, S. 88. 590 Ebenso § 11a S. 2 BremIFG und § 10 Abs. 2 S. 2 LTranspG RLP. Siehe zu der Reichweite dieser Pflicht Maatsch / Schnabel, § 10, Rn. 27 ff. 591 Vgl. Püschel, in: Fluck / Fischer / Martini, § 1 IWG, Rn. 72; Richter, IWG, § 1, Rn. 645, a. A. Wolff / Seemüller, K & R 2019, 102 (106), die die Gesetzeskompetenz für den Erlass von Weiterverwendungsregelungen aus der allgemeinen Organisation des Verwaltungsverfahrens für den Umgang mit Behördeninformationen ableiten. Diese stehe nach Art. 30 GG bzw. nach Art. 83, 84 GG stets den Ländern zu. Diese Ansicht verkennt jedoch die eindeutig wirtschaftspolitische Dimension und Zweckrichtung des Informationsweiterverwendungsrechts, vgl. zu dieser u. a. Schoch, NVwZ 2006, 872 (875).

574

D. Die Weiterverwendung von Informationen 

Umgekehrt sind etwaige Landesregelungen, die im Vergleich zum DNG strengere Weiterverwendungsmaßstäbe anlegen sollten (wie z. B. die mittlerweile gestrichenen § 13 Abs. 7 BlnIFG a. F. und § 4 Abs. 4 ThürIFG a. F., die eine Weiterverwendung zu gewerblichen Zwecken bzw. mit Gewinnerzielungsabsicht für unzulässig erklärten592), wegen fehlender Gesetzeskompetenz nichtig.593 Die vorrangige Anwendbarkeit einzelner Landesregelungen trägt zwar dem Grundsatz nach zu einer erhöhten Nutzerfreundlichkeit des Informationsfreiheitsrechts bei. Sie birgt jedoch gleichzeitig strukturelle Gefahren, die mit der Einführung des DNG gerade vermieden werden sollten. Wenn tatsächlich schrittweise immer mehr Landesgesetzgeber vom DNG abweichende Regelungen treffen sollten, führt dies unweigerlich zu einer bereits im Informationszugangsrecht beklagten594 „Zersplitterung“ oder „Atomisierung“ des Weiterverwendungsrechts. Rechtsunsicherheiten und Anwendungsschwierigkeiten wären die unvermeidbaren Folgen dieser Entwicklung. Hinzu tritt aus der Sicht der Datenbereitsteller die Gefahr, dass das ausdifferenzierte Schutz- und Regelungssystem des DNG durch die pauschale Garantie der „freien“ Weiterverwendung nach dem Vorbild des § 10 Abs. 3 HmbTG unterlaufen wird. Vor allem öffentliche Unternehmen, die im Regelfall von Landesinformationsfreiheitsgesetzen erfasst (siehe C. II. und C. III.) und damit zur freien Nutzungsgewährung verpflichtet werden, sind auf wirksame rechtliche Instrumentarien zum Schutz ihrer legitimen Wettbewerbsinteressen (z. B. die Möglichkeit zum Abschluss von Ausschließlichkeitsvereinbarungen oder die Möglichkeit zur Entgelterhebung) angewiesen. Diese blieben jedoch ebenso wie der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 2 DNG unanwendbar. Hierdurch drohen öffentlichen Unternehmen erhebliche Wettbewerbsnachteile. Auch die angezeigte aufgabenbezogene Auslegung des Zugangsrechts595 vermag diese Schutzlücke nicht vollständig zu kompensieren, da sie grundsätzlich keine weiterverwendungsspezifischen Bereitstellungsrisiken abbildet. Aus diesem Grund sollten landesrechtliche Vorschriften jedenfalls bei der Festlegung von „weitergehenden“ Nutzungsmöglichkeiten Daten und Informationen von öffentlichen Unternehmen ausdrücklich ausklammern, damit auf diese insoweit das ausdifferenzierte Regelungssystem des DNG Anwendung finden kann.596

592 Siehe im Detail zu den Beweggründen, die zu der Streichung der § 13 Abs. 7 BlnIFG a. F. und § 4 Abs. 4 ThürIFG in den Jahren 2015 bzw. 2019 führten, Richter, NVwZ 2021, 760 (762). 593 Missverständlich, aber zulässig ist dagegen § 1 Abs. 4 IFG M-V. Diese Vorschrift beinhaltet kein Verbot der kommerziellen Weiterverwendung, sondern stellt lediglich (in sprachlich missglückter Form) klar, dass sich der Antrag auf Weiterverwendung nach den Vorgaben des IWG bzw. nunmehr des DNG richtet, vgl. LT-Drs. 5/4340; Beyer-Katzenberger, DÖV 2014, 144 (151). 594 Siehe hierzu bereits C. II. 2. e). 595 Zu dieser ausführlich unter C. VIII. 2. a). 596 Siehe hierzu auch D. VII. 2.

IV. Prozess- und haftungsrechtliche Dimensionen  

575

4. Zwischenergebnis Das DNG ist ebenso wie sein Vorgänger maßgeblich von europarechtlichen Wertungen geprägt. Es setzt die Vorgaben der RL 2019/1024 (EU) inhaltlich ganz überwiegend 1:1 um. Der Gesetzgeber geht jedoch insofern über die Minimalstandards der Richtlinie hinaus, als dass er auch private Unternehmen der Daseinsvorsorge gem. § 2 Abs. 2 Nr. 2 DNG in den Anwendungsbereich des Gesetzes einbezieht. Sonstige Abweichungen sind meist nur terminologischer Natur, so dass bei der Anwendung und Auslegung des DNG weitgehend auf die Maßstäbe der PSI-RL zurückgegriffen werden kann. Öffentliche und private Unternehmen sind nach der Konzeption des DNG nicht unmittelbar etwaigen Nutzungsgewährungspflichten unterworfen. Vielmehr gestattet es § 4 Abs. 2 DNG ihnen ausdrücklich, eigenständig die externe Nutzung ihres Datenmaterials zu erlauben oder zu verweigern. Da das DNG gem. § 2 Abs. 4 Var. 2 nur nutzungsrechtliche Mindeststandards aufstellt, lässt es weiterverwendungsfreundliche Regelungsregime unberührt. Dies gilt vor allem für die entgelt- und beschränkungsfreien Nutzungsgarantien des GeoZG des Bundes oder der allgemeinen Informationszugangsgesetze der Länder.

IV. Prozess- und haftungsrechtliche Dimensionen des Informationsweiterverwendungsrechts Daten von öffentlichen Unternehmen können grundsätzlich nur dann nach den Maßstäben des DNG genutzt werden, wenn das öffentliche Unternehmen die externe Nutzung ausdrücklich gestattet hat, vgl. § 4 Abs. 2 DNG. Die Effektivität des DNG ist damit eng an die (freie)  Datenteilungsbereitschaft der betroffenen Unternehmen gekoppelt. Diese hängt wiederum unter anderem von den prozessund haftungsrechtlichen Risiken ab, denen sich ein Datenbereitsteller durch eine Nutzungsgewährung aussetzt. Auch hier gilt die für das Zugangsrecht entwickelte Richtschnur: Je strenger das Haftungsregime des Weiterverwendungsrechts ausgestaltet ist, desto eher werden öffentliche Unternehmen die freiwillige Gewährung externer Nutzungsmöglichkeiten scheuen. Parallel zur Ebene des Informationszugangsrechts evolviert das Haftungsrecht damit auch im Nutzungsrecht zunehmend zum mittelbaren Steuerungsinstrument für den Ausgleich von gesellschaftlichen Offenlegungs- und unternehmerischen Zurückhaltungsinteressen. Umgekehrt kann sich das Haftungsrecht auch dann auf die Datenbereitstellungsbereitschaft öffentlicher Unternehmen auswirken, wenn diese im Ausnahmefall zur Datenbereitstellung verpflichtet sein sollten (etwa aufgrund des Nichtdiskriminierungsgrundsatzes des § 5 Abs. 1 DNG). Ist die Nichterfüllung von Datenbereitstellungspflichten äußerst streng sanktioniert, werden öffentliche Unternehmen ein hohes Eigeninteresse daran haben, von sich aus legitimen Nutzungsanfragen rasch und vollumfänglich nachzukommen.

576

D. Die Weiterverwendung von Informationen 

Im Folgenden gilt es daher zu untersuchen, ob sich die prozess- und haftungsrechtliche Dimension des Weiterverwendungsrechts tendenziell bereitstellungsfördernd oder -hemmend auswirkt. Haftungsrisiken können sich dabei vor allem aus der unterbliebenen Nutzungsgewährung (1.), der rechtswidrigen Nutzungsgewährung (2.) und der Bereitstellung fehlerhafter Daten (3.) ergeben. 1. Die unterbliebene Nutzungsgewährung Anders als nach § 4 Abs. 1 DNG hat der einzelne Nutzer aufgrund des Erlaubnisvorbehaltes des § 4 Abs. 2 DNG grundsätzlich kein subjektiv einklagbares Recht auf die Gestattung der Nutzung von Unternehmensinformationen. Ein solches entsteht nur dann, wenn das öffentliche Unternehmen bereits gegenüber einem anderen Interessenten die Nutzung zugelassen und keine Ausschließlichkeitsvereinbarung nach § 6 DNG abgeschlossen hat. In diesen Fällen verleiht der Nichtdiskriminierungsgrundsatz des § 5 Abs. 1 DNG grundsätzlich jedem weiteren Interessenten, der eine vergleichbare Form der Nutzung begehrt, einen subjektiv-rechtlichen Anspruch auf Gestattung der Nutzung zu den gleichen Konditionen. a) Nachträgliche Nutzungsgewährung Da die von einem öffentlichen Unternehmen in Privatrechtsform erteilte Gestattung rechtstechnisch als privatrechtliche Willenserklärung und nicht als Verwaltungsakt einzuordnen ist, kann die (nachträgliche) Nutzungsgewährung im Wege der allgemeinen Leistungsklage gerichtlich geltend gemacht werden. Anders als im Zugangsrecht bestehen hierbei keine Meinungsverschiedenheiten über den einschlägigen Rechtsweg. § 13 DNG ordnet Streitigkeiten über nutzungsspezifische Fragen ausdrücklich der Verwaltungsgerichtsbarkeit zu. b) Schadensersatz Komplexer gestaltet sich dagegen die Beantwortung der Frage, nach welchen Maßstäben der Einzelne Schadensersatz für eine rechtswidrig verweigerte Nutzungsgewährung verlangen kann. Das DNG schweigt grundsätzlich zu Haftungs- und Gewährleistungsfragen. Dies bedeutet freilich nicht, dass sich öffentliche Unternehmen auf der Ebene der Informationsweiterverwendung in einem haftungsfreien Raum bewegen. Die Absenz spezieller Haftungsregelungen führt lediglich dazu, dass auf allgemeine Haftungsgrundsätze zurückzugreifen ist.597 597

So auch Richter, IWG, § 4, Rn. 104.

IV. Prozess- und haftungsrechtliche Dimensionen  

577

Auch auf der Ebene der Weiterverwendung stellt sich die Frage nach dem einschlägigen Haftungsregime. Die Abgrenzung zwischen öffentlich-rechtlichem und privatrechtlichem Haftungsrecht richtet sich wiederum danach, ob öffentliche Unternehmen im Rahmen der Informationsbereitstellung zur Weiterverwendung gem. Art. 34 S. 1 GG „in Ausübung eines öffentlichen Amtes“ tätig werden. Angesichts der klaren systematischen Trennung zwischen der Ebene des Informationszugangs und der Ebene der Weiterverwendung können die oben unter C. VI. für das Zugangsrecht skizzierten Maßstäbe an dieser Stelle nicht unbesehen übertragen werden. Im Gegenteil, bei näherer Betrachtung gehen die im Zugangsrecht vorgebrachten Argumente, die ausnahmsweise auch für Privatrechtssubjekte eine Anwendung des Staatshaftungsrechts legitimieren, im Nutzungsrecht fehl: Die Anwendung des Art. 34 S. 1 GG i. V. m. § 839 Abs. 1 S. 1 BGB im Informationszugangsrecht lässt sich maßgeblich mit der behördenähnlichen Pflichtenstellung begründen, die öffentliche Unternehmen zur Förderung primär demokratischrechtsstaatlich fundierter Zielrichtungen einnehmen.598 Im Gegensatz hierzu erlegt das DNG öffentlichen Unternehmen jedoch gerade keine verwaltungsgleiche Pflichtenstellung auf, sondern befreit sie gem. § 4 Abs. 2 DNG ausdrücklich von der Pflicht zur allgemeinen und unbeschränkten Nutzungsgestattung des eigenen Informationsmaterials. Mit dieser Form der Privilegierung macht der Gesetzgeber deutlich, dass öffentliche Unternehmen im Weiterverwendungsrecht grundsätzlich nicht als verwaltungsgleicher Bereitstellungsverpflichteter agieren müssen. Hinzu kommt, dass der Zielschwerpunkt des DNG anders als im Informationszugangsrecht gerade nicht in der Stimulation der demokratischen Willens- und Meinungsbildung liegt, sondern nahezu ausschließlich in der Wirtschafts- und Innovationsförderung.599 Eine spezifisch rechtsstaatlich-demokratische Dimension des Informationshandelns, die eine extensive Anwendung des Staatshaftungsrechts gebieten würde, ist auf der Nutzungsebene nicht erkennbar. Aus diesen Gründen handelt das öffentliche Unternehmen im Nutzungsrecht grundsätzlich nicht „in Ausübung eines öffentlichen Amtes“. Es haftet nicht nach staatshaftungsrechtlichen Grundsätzen, sondern nach den allgemeinen Regelungen des Zivilrechts. Die zivilrechtlichen Haftungsrisiken öffentlicher Unternehmen wegen Nichtgestattung einer Nutzung werden im Wesentlichen dadurch begrenzt, dass öffentliche Unternehmen gem. § 4 Abs. 2 DNG grundsätzlich nicht zur Bereitstellung ihres Datenmaterials verpflichtet sind. Ein Schadensersatzanspruch wegen der Nichtgestattung einer Nutzung kann mithin nur dort entstehen, wo ein Nutzungsinteressent ausnahmsweise einen subjektiv einklagbaren Anspruch auf die Erteilung der Nutzungsgestattung geltend machen kann. Dies kommt nach den obigen Erkenntnissen vor allem dann in Betracht, wenn die begehrte Nutzung in vergleichbarer Form bereits einem Dritten gewährt wurde, vgl. § 5 Abs. 1 DNG. In diesen Fällen trifft das öffentliche Unternehmen die Pflicht, die Voraussetzungen, die zu einem Anspruch 598 599

Vgl. C. VI. 1. b). Siehe hierzu noch im Detail unter D. VI. 1.

578

D. Die Weiterverwendung von Informationen 

auf Erlaubniserteilung nach §§ 4 Abs. 2 i. V. m. 5 Abs. 1 DNG führen, sorgfältig zu prüfen. Ergibt die Prüfung eine Vergleichbarkeit der begehrten Weiterverwendung, verdichtet sich die grundsätzlich freie Entscheidung des öffentlichen Unternehmens zu einem Kontrahierungszwang. Die Verweigerung eines Vertragsschlusses trotz Bestehen eines Kontrahierungszwanges löst eine Schadensersatzpflicht nach § 826 BGB aus.600 Eine Schadensersatzpflicht besteht auch in Fällen einer vermeintlichen Bindung an eine den Anforderungen des § 6 DNG nicht genügende und damit ex tunc nichtige Ausschließlichkeitsbindung. Im Rahmen dieser Schadensersatzpflicht haftet das öffentliche Unternehmen jedenfalls für vorsätzliches, unter Umständen auch für leichtfertiges Verhalten „ins Blaue hinein“.601 2. Die rechtswidrige Nutzungsgewährung Gewährt das öffentliche Unternehmen die Nutzung von Datenmaterial, das aufgrund des Schutzes von Rechten Dritter (z. B. personenbezogenen Daten oder Urheberrechten) gerade nicht an Nutzungsinteressenten hätte preisgegeben werden dürfen, liegt eine rechtswidrige Nutzungsgewährung vor. Es stellt sich die Frage, inwiefern der betroffene Dritte die „Rücknahme“ der Nutzungsgestattung (a) und finanziellen Ersatz für mögliche Schäden (b) verlangen kann. a) Die „Rücknahme“ der Nutzungsgewährung Die Zulassung der Nutzung i. S. d. § 4 Abs. 2 DNG ist eine zivilrechtliche Willenserklärung, gerichtet auf den Abschluss eines Nutzungsvertrages. Verletzt das öffentliche Unternehmen mit dieser Willenserklärung gesetzlich abgesicherte Positionen Dritter, ist eine „Rücknahme“ grundsätzlich nicht erforderlich, da der Nutzungsvertrag hinsichtlich dieser Daten bereits wegen eines Verstoßes gegen § 134 BGB (teil-)nichtig ist.602 Eines separaten Aufhebungs- oder Rücknahmeaktes bedarf es mithin nicht. Ein solcher kann auch nicht sinnvollerweise (verwaltungs-) gerichtlich erzwungen werden. Denkbar bliebe allein eine Feststellungsklage, gerichtet auf die Bestätigung, dass die Nutzungsgewährung rechtswidrig und damit nichtig war.

600

Vgl. Wagner, in: MüKo BGB, § 826, Rn. 202. Zu der (umstrittenen) Reduzierung des strengen Vorsatzmaßstabes des § 826 BGB auf bloßes leichtfertiges Handeln siehe Wagner, in: MüKo BGB, § 826, Rn. 30 ff. 602 So ausdrücklich für den Verstoß gegen datenschutzrechtliche Schutzvorschriften (§ 28 Abs. 3 BDSG) OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 24. 01. 2018 – 13 U 165/16, NJW-RR 2018, 887; Bartsch / Roth, EnWZ 2018, 435 (440); zurückhaltender dagegen Schur, GRUR 2020, 1142 (1146). 601

IV. Prozess- und haftungsrechtliche Dimensionen  

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b) Schadensersatz Schadensersatz wegen einer rechtswidrigen Nutzungsgewährung kann der Betroffene grundsätzlich aufgrund von allgemeinen zivilrechtlichen Anspruchsgrundlagen (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB oder § 823 BGB) oder spezialgesetzlichen Vorschriften (z. B. Art. 82 DSG-VO i. V. m. § 2 Abs. 4 Var. 1 DNG oder § 97 Abs. 1 UrhG) verlangen.603 Im Einzelfall kann der Nachweis eines konkreten Schadens jedoch Schwierigkeiten bereiten. 3. Die Bereitstellung fehlerhafter Daten Auch die Bereitstellung von inhaltlich fehlerhaften Daten zur Nutzung kann Haftungsrisiken auslösen. Diese hängen jedoch maßgeblich davon ab, inwiefern das öffentliche Unternehmen überhaupt eine Pflicht zur Bereitstellung objektiver Daten trifft (a). Darüber hinaus gilt es zu untersuchen, inwieweit der Nutzungs­ interessent im Anschluss an die Veröffentlichung unrichtiger Daten die Bereitstellung korrigierter Daten (b) oder Schadensersatz (c) verlangen kann. a) Pflicht zu objektiver Datenrichtigkeit Das DNG selbst beinhaltet keine ausdrückliche Pflicht zur Bereitstellung objektiv richtiger Daten. Angesichts der bereits unter C. VI. 3. skizzierten Schwierigkeiten wäre eine solche auch in der Praxis kaum erfüllbar. Die vereinzelt vom Zugangsrecht aufgestellten Befreiungen von einer allgemeinen Richtigkeitsgewähr (z. B. § 7 Abs. 3 S. 2 IFG, § 7 Abs. 3 UIG, § 12 Abs. 2 LTranspG RLP) gelten in Bezug auf die jeweiligen Informationen auch im Rahmen der anschließenden Nutzung fort.604 Dass sich die Haftungslockerungen auch auf das DNG durchschlagen, ergibt sich bereits aus dem Datenbegriff des DNG. Nach § 3 Nr. 3 DNG können Daten ohnehin nur bereits „vorhandene“ Aufzeichnungen sein, so dass grundsätzlich davon auszugehen ist, dass das DNG ausschließlich auf Daten in der inhaltlichen Form Anwendung findet, in der sie ursprünglich reaktiv oder proaktiv zugänglich gemacht wurden. Fehlen besondere zugangsrechtliche Haftungsregelungen, treffen die Datenbereitsteller jedenfalls allgemeine Sorgfaltspflichten.605 Diese gebieten es unter Umständen sogar, dass der Datenbereitsteller den Nutzer im Voraus auf bestehende Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der bereitgestellten Information aufmerksam macht.606 603

Vgl. Richter, IWG, § 2a, Rn. 153. Vgl. BMI, Studie zu Open Government Data, S. 200; Püschel, in: Fluck / Fischer / Martini, IWG, Einführung, Rn. 79. 605 Vgl. Richter, IWG, § 2a, Rn. 158, Hoffmann / Schulz, KommJur 2014, 126 (130). 606 Vgl. Püschel, LDA Brandenburg, S. 77 (88). 604

580

D. Die Weiterverwendung von Informationen 

Unabhängig von der Absenz gesetzlicher Richtigkeitspflichten bleibt es dem Datenbereitsteller weiterhin unbenommen, (individual-)vertraglich eine Garantie für die inhaltliche Richtigkeit des zur Verfügung gestellten Datenmaterials zu übernehmen.607 b) Nachträgliche Datenkorrektur Zur Beantwortung der Frage, ob der einzelne Nutzer konkret die Bereitstellung korrigierter Daten verlangen kann, kann auf die bereits für das Zugangsrecht unter C. VI. 3. entwickelten Maßstäbe verwiesen werden: Da die zugangsrechtlichen Haftungslockerungen ebenso wie die allgemeine nutzungsrechtliche Sorgfaltspflicht grundsätzlich keinen individualschützenden Charakter aufweisen, besteht ein subjektiv einklagbarer Anspruch auf inhaltliche Richtigstellung grundsätzlich in nur absoluten Ausnahmekonstellationen. Eine solche soll etwa dann vorliegen, wenn die Freigabe offensichtlich unrichtiger Unternehmens- und Marktdaten Dritter das Recht auf funktionsgerechte Teilnahme am Wettbewerb nach Art. 12 Abs. 1 GG verletzt.608 Abseits dieses Sonderfalles kann aus dem DNG kein Anspruch auf die Bereitstellung korrigierter Daten abgeleitet werden. Im Gegenteil, die Gesetzes­ begründung und § 7 Abs. 3 DNG stellen ausdrücklich klar, dass das DNG grundsätzlich nicht zur Erstellung oder Anpassung von Daten verpflichtet.609 c) Schadensersatz Verletzt das öffentliche Unternehmen allgemeine Sorgfaltspflichten im Rahmen der Datenbereitstellung, kann dies grundsätzlich Gewährleistungsansprüche in Form von Schadensersatzbegehren auslösen. In der Praxis weit verbreitet ist jedoch die individual- oder lizenzvertragliche Vereinbarung von Haftungsbeschränkungen. Typischerweise sind dabei Haftungsbeschränkungen Teil von allgemeinen Nutzungsbestimmungen gem. § 4 Abs. 3 DNG. In diesen Fällen richtet sich die Wirksamkeit des Haftungsausschluss auch nach den §§ 305 ff. BGB.610 Hieraus ergibt sich, dass nach § 309 Nr. 7 lit. a BGB jeglicher Haftungsausschluss (auch für einfache Fahrlässigkeit) in Bezug auf Verletzungen des Lebens, des Körpers und der Gesundheit unzulässig ist. Darüber hinaus zeigt § 309 Nr. 7 lit. b BGB an, dass auch für die Verletzung sonstiger Schäden lediglich die einfache Fahrlässigkeit ausgeschlossen werden kann. Des Weiteren darf die Haftung wegen Vorsatzes nach dem Rechtsgedanken des § 276 Abs. 3 BGB niemals ausgeschlossen wer 607 Freilich ist dies in der Praxis gerade bei der kostenlosen Bereitstellung von Daten äußerst unüblich, vgl. Richter, IWG, § 4, Rn. 105. 608 So für das Informationszugangsrecht Kümper, ZUR 2012, 395 (402); Voland, DVBl. 2011, 1262 (1268). 609 Vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 34. 610 Vgl. Richter, IWG, § 4, Rn. 108; BMI, Studie zu Open Government Data, S. 202.

V. Wettbewerbsrechtliche Dimensionen  

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den.611 Über diese Vorgaben hinaus richtet sich die weitere Prüfung des Haftungsausschlusses mangels Einschlägigkeit relativer Klauselverbote gemäß § 308 BGB nach der Generalklausel des § 307 Abs. 1 BGB. Unter Berücksichtigung dieser Grenzen wird öffentlichen Stellen die Verwendung des folgenden Formulierungsvorschlages, der auf der (veralteten) Creative Commons-Lizenz CC BY 3.0. DEberuht, nahegelegt:612 „Der Lizenzgeber haftet Ihnen gegenüber in Bezug auf Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit nur, sofern ihm wenigstens Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist, für sonstige Schäden nur bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz, und übernimmt darüber hinaus keinerlei freiwillige Haftung.“

4. Zwischenergebnis und Bewertung Im Großen und Ganzen ist das Haftungsregime des DNG tendenziell milde ausgestaltet. Es schafft vor allem über die Möglichkeit, lizenzvertragliche Haftungsbeschränkungen zu vereinbaren, Anreize zur freiwilligen und proaktiven Datenbereitstellung. Allerdings ist aus der Sicht öffentlicher Unternehmen zu beachten, dass vorbehaltlich des § 6 DNG bereits die erstmalige Preisgabe von Daten grundsätzlich einen Kontrahierungszwang zu vergleichbaren Konditionen auslöst. Bei einer Nutzungsverweigerung trotz bestehenden Kontrahierungszwangs drohen zudem Schadensersatzforderungen auf der Grundlage von § 826 BGB. Um vor diesem Hintergrund zusätzliche Anreize zur freiwilligen Nutzungszulassung zu schaffen, könnte und sollte das Haftungsregime des DNG punktuell reformiert werden. Als zentrale Maßnahme bietet sich die Aufnahme einer ausdrücklichen Klarstellung im Gesetzestext an, nach der die Datenbereitsteller nicht zur Prüfung der Richtigkeit, Vollständigkeit und Plausibilität der zur Verfügung gestellten Daten verpflichtet sind. Orientieren könnte sich der Gesetzgeber dabei an der Vorschrift des § 12a Abs. 8 EGovG.

V. Wettbewerbsrechtliche Dimensionen des Informationsweiterverwendungsrechts Zentrale regulatorische Stellschrauben des Informationsweiterverwendungsrechts, wie zum Beispiel das Verbot von Ausschließlichkeitsvereinbarungen oder der Nichtdiskriminierungsgrundsatz, beruhen im Kern auf wettbewerbspolitischen Erwägungen. Auch durch die Einbeziehung öffentlicher Unternehmen nimmt der unmittelbare Wettbewerbsbezug des Informationsweiterverwendungsrechts stetig zu. Informationsrechtliche Sachverhalte und Fragestellungen bewegen sich damit 611 612

Vgl. Richter, IWG, § 4, Rn. 108; Hoffmann / Schulz, KommJur 2014, 126 (130). Vgl. BMI, Studie zu Open Government Data, S. 224.

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

zusehends an der Schnittstelle zum Wettbewerbsrecht. Diese Entwicklung wirft die allgemeine Frage auf, inwiefern der Weiterverwendung von Informationen öffentlicher Unternehmen auch eine wettbewerbsrechtliche Dimension innewohnt. Konkret gilt es zu untersuchen, auf welche Weise sich das Wettbewerbsrecht auf die Anwendung der RL 2019/1024 (EU) oder des DNG auswirkt (1.) und in welchen Fällen das Wettbewerbsrecht möglicherweise als zusätzliches Instrument zur unmittelbaren Durchsetzung von Weiterverwendungsinteressen neben die Regelungen des Informationsweiterverwendungsrechts tritt (2.). 1. Das Wettbewerbsrecht als Auslegungsdirektive Eine Vielzahl von weiterverwendungsrechtlichen Vorschriften weist einen hohen Wettbewerbsbezug auf. Unmittelbar deutlich wird dies unter anderem anhand der Formulierung des § 4 Abs. 3 S. 2 DNG: „Die Lizenz darf nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung führen […]“. Das Merkmal der „Wettbewerbsverzerrung“ und andere offene Rechtsbegriffe des DNG sind nach einigen Literaturstimmen grundsätzlich nicht autonom, sondern im Lichte wettbewerbsrechtlicher Maßstäbe und Wertungen auszulegen.613 Dieser Ansatz überzeugt. Für eine markt- und wettbewerbsorientierte Auslegung des Informationsweiterverwendungsrechts spricht zunächst in rechtspraktischer Hinsicht, dass auf bereits etablierte und gefestigte Auslegungskategorien zurückgegriffen werden kann.614 Die Rechts- und Entscheidungsfindung wird auf diese Weise erheblich erleichert. Darüber hinaus verhindert eine einheitliche Auslegungspraxis mögliche Wertungswidersprüche, die sich aus der parallelen Anwendung von Informationsweiterverwendungsrecht und Wettbewerbsrecht ergeben (siehe hierzu sogleich). Der mittelbare Einfluss des Wettbewerbsrechts auf die PSI-Richtlinie muss jedoch dort enden, wo das Wettbewerbsrecht selbst an seine Funktionsgrenzen stößt. Insbesondere dort, wo es die Interpretations- und Weiterverwendungsvielfalt einer Information im Einzelfall unmöglich macht, räumlich und sachlich abgrenzbare Informationsmärkte nach dem Substitutionsprinzip herauszuarbeiten,615 kann das Wettbewerbsrecht nicht sinnvollerweise als taugliche Auslegungsdirektive herangezogen werden.

613

Für die Situation vor dem Erlass des DNG Podszun, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 335 (359); Richter, IWG, Einl., Rn. 43. Auch laut Lundqvist, IIC 2013, 79 (81 f.) soll das Wettbewerbsrecht die Anwendung der PSI-Richtlinie „inspirieren“. 614 Vgl. Podszun, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 335 (360). 615 Zu diesem strukturellen Problem auch Drexl, S. 1 (15).

V. Wettbewerbsrechtliche Dimensionen  

583

2. Das Wettbewerbsrecht als zusätzliches Instrument zur Durchsetzung von Weiterverwendungsinteressen Fraglich ist, ob und inwiefern der Einzelne seine Interessen an der Weiterverwendung von Informationen öffentlicher Unternehmen auch durch die „Hintertür“ des Wettbewerbsrechts durchsetzen kann. Öffentliche Unternehmen können im Ausgangspunkt ebenso wie private Unternehmen den Vorschriften des Wettbewerbsrechts unterliegen. Dies stellen Art. 106 Abs. 1 AEUV und § 185 Abs. 1 S. 1 GWB ausdrücklich klar. Für die unternehmerische Informationsdistribution gilt insofern nichts Abweichendes. Zwingende Voraussetzung für die Geltung des Wettbewerbsrechts ist jedoch nach der Rechtsprechung des EuGH, dass das öffentliche Unternehmen auch wirtschaftlich tätig ist.616 Der wirtschaftliche Charakter der Tätigkeit und damit die Anwendung des Wettbewerbsrechts entfällt grundsätzlich dort, wo die Marktaktivität öffentlicher Unternehmen untrennbar mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse oder Sonderrechte verbunden ist.617 Allgemein muss dabei gelten: Je autonomer das öffentliche Unternehmen unter Ausschöpfung der ihm zugestandenen Handlungsspielräume im Wettbewerb agieren kann, desto weniger besteht ein funktioneller Zusammenhang mit der Ausübung von hoheitlichen Sonderrechten und desto eher ist von einer Trennbarkeit von der hoheitlichen Aufgabenerfüllung auszugehen.618 Nimmt man richtigerweise an, dass öffentliche Unternehmen im Sinne des Art. 2 Nr. 3 der RL 2019/1024 (EU) schon per Definition grundsätzlich eigenverantwortlich und gleichberechtigt mit Privaten am Wettbewerbsgeschehen teilnehmen,619 sind damit im Regelfall auch die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Art. 101 ff. AEUV erfüllt. Bei gleichzeitiger Anwendbarkeit stehen das Wettbewerbsrecht und die RL 2019/1024 (EU) grundsätzlich gleichberechtigt nebeneinander und ergänzen sich.620 616

EuGH, Urteil vom 23. 04. 1991, C-41/90, Slg. 1991, I-1979, Rn. 21 – Höfner / Elser; sowie EuGH, Urteil vom 17. 2. 1993 C-159/91 und C-160/91, Slg. 1993, I-637, Rn. 17 – Poucet und Pistre. Eine wirtschaftliche Tätigkeit soll hierbei vorliegen, wenn das Unternehmen Güter oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt anbietet, vgl. EuGH, Urteil vom 24. 10. 2002, C-82/01 P, Slg. 2002, I-9297, Rn. 79  – Aéroports de Paris / Kommission; EuGH, Urteil vom 01. 07. 2008 C-49/07, Slg. 2008, I-4863, Rn. 22 – MOTOE. 617 EuGH, Urteil vom 12. 07. 2012, C-138/11, EuZW 2012, 835 ff., Rn. 38  – Compass; EuGH, Urteil vom 26. 3. 2009, C-113/07 P, Slg. 2009, I-2207, Rn. 72 ff. – SELEX Sistemi Integrati / Kommission; EuGH, Urteil vom 19. 1. 1994, C-364/92, Slg. 1994, I-43, Rn. 30 – SAT Fluggesellschaft; EuGH, Urteil vom 11. 07. 1985, 107/84, Slg. 1985, 2655, Rn. 14 f. – Kommission / Deutschland. Das Merkmal der Trennbarkeit unterstützend Kling, NZKart 2017, 611 (615); kritisch dagegen Lundqvist, IIC 2013, 79 (88); Podszun, in: Dreier / Fischer / van Raay / Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 335 (352). Siehe hierzu bereits im Detail C. IV. 1. a) 618 Kling, NZKart 2017, 611 (616) m. w. N. 619 Siehe hierzu ausführlich oben unter D. II. 2. c) aa) (2) (b) (cc). 620 Vgl. Drexl, S. 1 (21 f.): „The European PSI regime and EU competition law thereby establish two complementary elements of a more integrated system that can work in a mutually supportive way.“ Ähnlich auch Lundqvist, IIC 2013, 79 (95).

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

Es herrscht Idealkonkurrenz. Die parallele Anwendbarkeit beider Regelungsregime ist aus der Sicht des Weiterverwendungsinteressenten grundsätzlich vorteilhaft. Das Wettbewerbsrecht eröffnet ihm zumindest formell eine zusätzliche Rechtsschutzmöglichkeit.621 Ob sich der Weg über das Wettbewerbsrecht auch im Einzelfall als günstiger erweist, kann nicht pauschal beantwortet werden: Der Rechtsschutz im Wettbewerbsrecht bietet zwar die Möglichkeit des Auferlegens von Bußgeldern, ist aber in der Regel deutlich langwieriger im Vergleich zu informationsrechtlichen Streitigkeiten.622 Allein auf inhaltlicher Ebene darf die Bedeutung des Wettbewerbsrechts als Instrument zur Durchsetzung von Weiterverwendungsinteressen nicht überschätzt werden: Öffentliche Unternehmen haben es nach Art. 3 Abs. 2 der RL 2019/1024 (EU) prinzipiell selbst in der Hand, über die externe Weiterverwendung ihres Informationsmaterials zu entscheiden.623 Auch im Falle einer Marktbeherrschung nach Art. 102 Abs. 1 AEUV kann das Wettbewerbsrecht grundsätzlich nicht die erstmalige Gestattung der Weiterverwendung erzwingen.624 Die spezifischen Wertungen der Art. 101 ff. AEUV gewinnen daher grundsätzlich erst dann an eigenständiger Relevanz, wenn das Dokument bereits dem Markt zur Weiterverwendung zur Verfügung gestellt wurde oder das Unternehmen selbst „im Windschatten“ der öffentlichen Aufgabenerfüllung eigene Informationsbestände kommerzialisiert.625 Gerade in letzterer Konstellation privilegiert 106 Abs. 2 AEUV jedoch öffentliche Unternehmen, die ihre Informationen im allgemeinen wirtschaft­ lichen Interesse zur Verfügung stellen.626 Ferner sind zu Gunsten von öffentlichen Unternehmen spezielle Freistellungsmöglichkeiten im Sinne des Art. 101 Abs. 3 AEUV zu berücksichtigen. Beispielsweise suspendiert die TechnologietransferGruppenfreistellungsverordnung (VO 316/2014, TT-GVO) unter bestimmten Umständen die Anwendung der Art. 101 ff. AEUV für Wettbewerbsbeschränkungen in Lizenzverträgen.627 Dass sich über das Wettbewerbsrecht letztendlich inhaltlich umfangreichere Weiterverwendungsrechte begründen lassen als über die RL 2019/1024 (EU), erscheint insgesamt angesichts der vielfältigen wettbewerbsrechtlichen Privilegierungsmöglichkeiten für öffentliche Unternehmen eher zweifelhaft. Die „Hintertür“ des Wettbewerbsrechts führt damit im Regelfall in eine Sackgasse. Der „Gewinn“ 621

Drexl, S. 1 (22). Drexl, S. 1 (5), verweist hier insbesondere auf die lange Verfahrensdauer im EuGH-Fall Magill, Urteil vom 06. 04. 1995 – C-241/91, Slg. 1995, I-743 (9 Jahre). 623 Siehe hierzu ausführlich oben unter D. II. 2. d) bb). 624 Vgl. Püschel, S. 121. Insofern kann nichts anderes gelten als für die praktisch kaum begründbare Konstruktion eines originären Informationszugangsrechts auf der Grundlage von Art. 102 Abs. 1 AEUV, vgl. C.IV, a. A. Richter, IWG, § 2, Rn. 39. 625 Haberer / Rung, NZKart 2018, 185 (188); Püschel, S. 121. 626 Vgl. Püschel, S. 120. 627 Zu den Details der Freistellungsmöglichkeit siehe Podszun, in: Dreier / Fischer / van Raay /  Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): Informationen der öffentlichen Hand – Zugang und Nutzung, S. 335 (356 ff.). 622

VI. Öffentliche Unternehmen als Wirkungskatalysatoren  

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aus Nutzersicht mag allenfalls in der erhöhten Drohkulisse liegen, die das Wettbewerbsrecht durch die Möglichkeit der Bußgeldfestsetzung aufbaut. Derartige Sanktionsmechanismen sind dem Informationsweiterverwendungsrecht grundsätzlich fremd.

VI. Öffentliche Unternehmen als Wirkungskatalysatoren des Informationsweiterverwendungsrechts? Parallel zu der oben vorgenommen Untersuchung auf der Ebene des Informationszugangsrechts (vgl. C. VII.) drängt sich auch an dieser Stelle die Frage auf, ob und inwiefern öffentliche Unternehmen zur Erreichung der Zielsetzungen des Informationsweiterverwendungsrechts instrumentalisiert werden können. Zur Beantwortung dieser Frage sind zunächst die Zweckrichtungen der RL 2019/1024 (EU) und des DNG kategorisierend darzustellen und kritisch zu hinterfragen (1.). Hieran anknüpfend gilt es herauszuarbeiten, ob sich diese Zielrichtungen auch auf öffentliche Unternehmens als Adressaten des Weiterverwendungsrechts übertragen lassen (2.). 1. Zielsetzungen des Informationsweiterverwendungsrechts Im Gegensatz zum Informationszugangsrecht dient das Informationsweiterverwendungsrecht primär der Wirtschaftsförderung (a). Die Weiterverwendung von Verwaltungsinformationen soll bestenfalls „nebenbei“ auch zur Verwirklichung rechtsstaatlich-demokratischer Zielsetzungen beitragen (b). a) Wirtschaftliche Ziele Fasst man Gesetzgebungsmaterialien und Analysen aus der Literatur zusammen, äußert sich die wirtschaftsfördernde Funktion des Informationsweiterverwendungsrechts in drei Dimensionen: Der externen Innovationsförderung (aa), der internen Effizienzförderung (bb) und der allgemeinen Sicherung und Förderung fairer Wettbewerbsbedingungen (cc). aa) Externe Innovationsförderung Wie bereits ausführlich dargelegt,628 zielen die RL 2019/1024 (EU) und das DNG in erster Linie auf die wirtschaftliche Nutzbarmachung von bislang „brach 628

Siehe D. II. 2. a)  und D. III. 2. b). Siehe zur externen Innovationsförderungsfunktion der RL (EU) 2019/1024 Zimmermann, ZUR 2021, 84 (85); Buchholz, IR 2019, 197, des DNG

586

D. Die Weiterverwendung von Informationen 

liegenden“ Verwaltungsinformationen. Möglichst „mundgerechte“ Bereitstellungsangebote sollen Innovationshemmnisse abbauen und den Einzelnen dazu aktivieren, Behördendokumente durch Verarbeitung, Aufbereitung oder Rekombination einer eigenständigen, in der Regel wirtschaftlichen,629 Verwertung zuzuführen. Innovation im ursprünglichen Wortsinne (von lat. innovāre = erneuern, verändern) findet vor allem dort statt, wo auf diese Weise neu kreierte Endprodukte entstehen. Der Richtliniengeber hatte hierbei vor allem digitale „Mehrwertdienste und -Anwendungen“ im Blick.630 In letzter Konsequenz fördert das Informationsweiterverwendungsrecht damit auch die Entstehung und das Wachstum von innovativen Start-Ups und kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) sowie die Schaffung von Arbeitsplätzen in der Digitalbranche.631 bb) Interne Effizienzförderung Vereinzelt wird betont, dass sich durch die Nutzbarmachung von Verwaltungsinformationen auch „Synergieeffekte“ innerhalb von Verwaltungsstrukturen anregen ließen.632 Beispielsweise könnten informationelle Doppelerhebungen vermieden werden.633 Bei Lichte besehen stellt sich dieser Effekt jedoch nicht als spezifische Folge der Eröffnung von Weiterverwendungsmöglichkeiten dar, sondern lässt sich bereits durch die bloße Zugangsgewährung realisieren. Inwiefern sich auch die anschließende Nutzbarmachung von Verwaltungsinformationen unmittelbar effizienzfördernd auf Binnenprozesse im Verwaltungsapparat auswirken soll, ist im Ergebnis nicht ersichtlich. Insbesondere die Hoffnung, dass die Gewährung von Weiterverwendungsmöglichkeiten detailliertere und konstruktivere Rückmeldungen der Nutzer provoziert und damit qualitative Optimierungspotentiale aufzeigt,634 darf bei näherer Betrachtung nicht überschätzt werden. Es ist kaum vorstellbar, dass gewinnorientiert agierende Weiterverwender aus rein altruistischen Motiven der öffentlichen Hand aufzeigen, wo und wie sie ein bedarfsgerechteres Versorgungsangebot bereitstellen könnte. Stattdessen werden private Unternehmen gerade versuchen, behördliche Ineffizienzen auszunutzen und ihrerseits ein kostengünstigeres Konkurrenzprodukt anzubieten. Eine interne Effizienzförderungsfunktion wohnt dem Informationsweiterverwendungsrecht im Gegensatz zum Informationszugangsrecht damit nicht inne. BT-Drs. 19/27442, S. 1, 16 und des IWG als Vorgängerregelung BT-Drs. 16/2453, S. 7, 11; BTDrs. 18/4614, S. 9; BVerwG, Urteil vom 14. 4. 2016 – 7 C 12/14, NVwZ 2016, 1183 (1184); Püschel, in: Fluck / Fischer / Martini, IWG, Einführung, Rn. 33 ff. 629 Vgl. Kubicek, in: Hill (Hrsg.): Informationelle Staatlichkeit, S. 51 (53). 630 So ausdrücklich die Legaldefinition für hochwertige Datensätze in Art. 2 Nr. 10 der Richtlinie (EU) 2019/1024. 631 Vgl. Erwägungsgrund 12 der Richtlinie (EU) 2019/1024. 632 BT-Drs. 19/27442, S. 1, 16; Beyer-Katzenberger, DÖV 2014, 144 (145). 633 Vgl. Beyer-Katzenberger, DÖV 2014, 144 (145). 634 So Erwägungsgrund 14 der Richtlinie (EU) 2019/1024.

VI. Öffentliche Unternehmen als Wirkungskatalysatoren  

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cc) Förderung fairer Wettbewerbsbedingungen Ferner soll die Etablierung europaweit einheitlicher und nichtdiskriminierender Weiterverwendungsstandards Wettbewerbsverzerrungen auf dem Binnenmarkt vermeiden635 und für faire Wettbewerbsbedingungen innerhalb des jeweiligen Informationsmarktes sorgen.636 Dem Staat ist es prinzipiell untersagt, einzelne Informationsnachfrager bevorzugt zu behandeln. Vor allem Ausschließlichkeitsvereinbarungen unterliegen nach § 6 Abs. 2 S. 1 DNG einer besonderen Rechtfertigungslast. Dahinter steckt der Gedanke, dass sich kein Nutzer unlautere Innovations- und damit Wettbewerbsvorsprünge verschaffen können soll. Alle Innovationswilligen sollen grundsätzlich die gleichen Startvoraussetzungen genießen. Soweit die Gesetzesbegründung zum DNG davon spricht, „eine Kultur des Datenaustauschs […] [zu] befördern“637, impliziert dies zusätzlich, dass grundsätzlich auch rein private Marktakteure dazu animiert werden sollen, ihrerseits freiwillig Dokumente zur allgemeinen Nutzung bereit zu stellen. Eine solche Austauschpraxis würde sicherlich erheblich zur Förderung eines chancengerechten Wettbewerbsumfeldes beitragen. Dass sich private Unternehmen jedoch aus freien Stücken an der Innovationsförderung ihrer Konkurrenten beteiligen werden, erscheint äußerst zweifelhaft. b) Rechtsstaatlich-demokratische Ziele Nach der Vorstellung des Europäischen Gesetzgebers trägt die Richtlinie (EU) 2019/1024 nicht nur zur Wirtschaftsförderung, sondern auch „zur Verwirklichung wichtiger gesellschaftlicher Ziele wie der Rechenschaftspflicht und Transparenz“ bei.638 Unter dem Schlagwort „Open Data“ betont auch die Gesetzesbegründung zum DNG, dass auf der Grundlage des Prinzips der standardmäßig offenen Daten („Open-by-Default“) „Verwaltungsprozesse effektiver, transparenter und nachvollziehbarer werden“639 sollen. Nach der Idealvorstellung des Gesetzgebers wirken sich offene Daten ferner „positiv auf die bürgerliche Teilhabe und die Zivilgesellschaft aus [und] befördern das Vertrauen in staatliches Handeln […]“.640 Auf den ersten Blick werden damit die bereits skizzierten rechtsstaatlich-demokratischen Zweckrichtungen des Informationszugangsrechts angesprochen: Kontrolle, Vertrauen und Partizipation. Bei näherer Betrachtung bleibt der Gesetzgeber jedoch ganz überwiegend eine konkrete Begründung dafür schuldig, auf welche Weise gerade der Modus der freien Informationsnutzung zur Verwirklichung dieser 635

Vgl. Erwägungsgründe 7 und 15 der Richtlinie (EU) 2019/1024; BT-Drs. 19/27442, S. 33. Vgl. Erwägungsgrund 47 der Richtlinie (EU) 2019/1024. 637 BT-Drs. 19/27442, S. 16. 638 Erwägungsgrund 13 der Richtlinie (EU) 2019/1024. 639 BT-Drs. 19/27442, S. 1. 640 BT-Drs. 19/27442, S. 1. 636

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

Zielvorstellungen beitragen soll. In Anbetracht der klaren systematischen Trennung von Informationszugang und -weiterverwendung ist dieses Versäumnis bedauerlich und legt den Schluss nahe, dass der Gesetzgeber hier bewusst oder unbewusst die Konturen des Stufenverhältnisses von Informationszugang und Weiterverwendung verschwimmen lässt. Auch in der Literatur ist die Tendenz erkennbar, die rechtsstaatlich-demokratische Funktion des Informationsweiterverwendungsrechts pauschal mit dem Hinweis auf die „Offenheit“ von Datenbeständen zu begründen,641 ohne dabei präzise zwischen den Effekten einer Zugänglichmachung auf der einen und der Nutzbarmachung auf der anderen Seite zu unterscheiden. Nachfolgend soll daher der Versuch unternommen werden, genauer herauszuarbeiten, inwiefern die Ermöglichung einer späteren Informationsverwertung einen spezifischen Mehrwert zur Schaffung von Kontrolle, Vertrauen und Partizipation leistet. Auch hier ist anhand der oben unter C. VII. aufgezeigten Zieldimensionen zu unterscheiden. aa) Kontrolle und Korruptionsbekämpfung Wie oben bereits beschrieben,642 kann „Kontrolle“ sowohl über eine punktuelle, nachträgliche Ergebniskorrektur, als auch über fortlaufende, prozessbegleitende Überprüfungsmechanismen vermittelt werden. Grundsätzlich werden beide Ausprägungen bereits durch die reine Zugänglichmachung einer Information aktiviert. Die nachfolgende Ebene der Weiterverwendung bleibt hiervon grundsätzlich unberührt. Fraglich ist jedoch, ob möglicherweise die Eröffnung von Nutzungsmöglichkeiten die Wirkungsweise beider Kontrolldimensionen intensiviert. Es liegt auf den ersten Blick nahe, dass der Prozess der informationellen Weiterverwendung und Verarbeitung grundsätzlich zu einer fundierteren und gründlicheren Auseinandersetzung mit dem bereitgestellten Informationsmaterial anregt als die bloße Sichtung desselben. Bei genauerem Hinsehen darf dieser Effekt jedoch nicht überschätzt werden. Mit der RL 2019/1024 (EU) sollen vor allem Start-Ups und kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) angesprochen werden.643 Diese sind zur Schaffung von Mehrwertdienstleistungen vor allem an unbearbeiteten Rohdaten oder dynamischen Echtzeit-Daten interessiert, die für eine maschinelle Weiterverwendung verfügbar gemacht werden.644 Der Weiterverwendung von Informationen liegt damit in der Regel bereits strukturell kein menschlich-intellektueller, sondern ein maschinell-standardisierter Verarbeitungsprozess zu Grunde, der zumindest für rechtliche oder gar moralische Wertungen prinzipiell unzugänglich ist. Es bleibt 641

So beispielsweise Wiebe, Open Data in Deutschland und Europa, S. 10; Hoffmann / Schulz, KommJur 2014, 126 (127). 642 Siehe C. VII. 1. a) cc). 643 So ausdrücklich die Erwägungsgründe 12, 32, 36 und 41 der Richtlinie (EU) 2019/1024. 644 Vgl. Erwägungsgründe 8 und 31 der Richtlinie (EU) 2019/1024. Die allgemeine wirtschaftliche Bedeutung von unverarbeiteten Rohdaten betonend Zech, GRUR 2015, 1151 (1152).

VI. Öffentliche Unternehmen als Wirkungskatalysatoren  

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damit zweifelhaft, ob die Einspeisung von Rohdaten in algorithmenbasierte Anwendungsprogramme tatsächlich zur breiteren Aufdeckung von beispielsweise Korruptionssachverhalten führt. Die Bereitstellung von Informationen zur Weiterverwendung erhöht damit allenfalls die Chance von „Zufallsfunden“. Ob diese jedoch weiterverfolgt, der Presse angetragen oder behördlich gemeldet werden, wird in der Praxis wiederum stark davon abhängen, inwiefern sich hieraus aus Nutzersicht ein unmittelbarer ökonomischer Vorteil ziehen lässt. Es erscheint äußerst unwahrscheinlich, dass ein junges Start-Up unternehmensinterne Ressourcen bündelt, um aus rein gesellschaftlichen oder altruistischen Motiven behördliches Fehlverhalten weiter zu erforschen und schlussendlich aufzudecken. Letztendlich hängt damit auch die Kontrollfunktion des Informationsweiterverwendungsrechts im Kern von der Mobilisierbarkeit der Nutzungsberechtigten ab. Soweit diese weit überwiegend aus rein wirtschaftlichen Gründen agieren, erscheint ihre Aktivierbarkeit zur (zeit- und damit kostspieligen) Verfolgung gesellschaftspolitischer Kontrollzwecke nüchtern betrachtet schlicht illusorisch. Die gesetzgeberisch intendierte „Rechenschaftspflicht“645 läuft damit regelmäßig ins Leere. bb) Partizipation und Aktivierung Aus dem gleichen Grund lässt sich auch die zugangsrechtliche Partizipationsfunktion nicht uneingeschränkt auf das Informationsweiterverwendungsrecht übertragen. Inwiefern die Gewährung von wirtschaftlichen Verwertungsmöglichkeiten zur Stärkung der politisch-gesellschaftlichen Teilhabe in engeren Sinne beitragen soll, leuchtet nicht ein. Doch selbst wenn man den Begriff der „Partizipation“ so weit versteht, dass jede Form der (konstruktiven) Interaktion des Individuums mit dem Staatsapparat hiervon erfasst sein soll, ist der Förderungsbeitrag des Informationsweiterverwendungsrechts grundsätzlich gering. Zwar soll nach der Vorstellung des Europäischen Richtliniengebers gerade die Eröffnung von Nutzungsmöglichkeiten zu Rückmeldungen von Weiterverwendern und Endnutzern anregen, anhand derer die öffentliche Stelle sowohl die Qualität des bereitgestellten Informationsmaterials, als auch die Qualität der Aufgabenerfüllung insgesamt verbessern kann.646 Aber auch an dieser Stelle bleibt zu konstatieren, dass die Resonanzwilligkeit des Endnutzers in der Regel ausschließlich auf ökonomisch-egoistischen Motiven basieren und damit einer unternehmensinternen Kosten-Nutzen-Abwägung unterliegen wird. Kurz gesagt wird der Weiterverwendungsinteressent nur dann in einen Austausch mit der öffentlichen Stelle treten, wenn es sich für ihn auch „lohnt“. Das Feedback des Endnutzers ist daher stets an dessen Erwartungshorizont zu messen und erfolgt in den seltensten Fällen neutral oder ausdifferenziert. Ob durch diese Form von einseitig egoistisch motivierter Kommunikation tatsächlich eine legitimationsstiftende Rückkoppelung zum behördlichen Entscheidungsträger stattfindet, 645 646

Erwägungsgrund 13 der Richtlinie (EU) 2019/1024. Erwägungsgrund 14 der Richtlinie (EU) 2019/1024.

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

ist ebenso kritisch zu hinterfragen wie die gesetzgeberische Hoffnung, dass das Informationsweiterverwendungsrecht insgesamt zur Förderung sozialen Engagements beiträgt.647 Es erscheint schlussendlich naheliegender, dass sich zumindest aus rechtsstaatlich-demokratischer Perspektive die partizipationsstiftende Funktion der Informationsfreiheit bereits in der Eröffnung von Informationszugangsmöglichkeiten erschöpft. cc) Akzeptanz- und Vertrauensförderung Wenngleich der Beitrag des Informationsweiterverwendungsrechts zur Förderung von gesellschaftspolitischer Kontrolle und Partizipation äußerst zweifelhaft erscheint, kann die vertrauens- und akzeptanzstiftende Funktion der RL 2019/1024 (EU) und des DNG nicht in Abrede gestellt werden: Dadurch, dass der Staat dem Bürger „seine“ Informationen nicht nur zur intellektuellen Wahrnehmung, sondern auch zur eigenständigen Weiterverwendung „anvertraut“, fördert er in besonderem Maße die allgemeine Außenwahrnehmung seines Handelns und damit möglicher-, wenngleich nicht zwingenderweise, auch die konstruktive Hinnahme von partiell belastenden Verwaltungsentscheidungen.648 dd) Grundrechtsvoraussetzungsschutz Die Gestattung eines eigenständigen Umgangs mit öffentlichem Informationsmaterial fördert ferner die persönliche Freiheitsausübung und -Entfaltung des Individuums. Der Einzelne soll  – vorbehaltlich etwaiger Nutzungsbestimmungen oder Lizenzbedingungen  – grundsätzlich mit dem zur Verfügung gestellten Informationsbestand verfahren können, wie es ihm beliebt. Diese Form des selbstbestimmten Umgangs sichern die RL 2019/1024 (EU) und das DNG. Dass das Weiterverwendungsrecht als besondere Ausprägung der Informationsfreiheit jedoch den Bürger auch im Sinne des Bundesverfassungsgerichts „zur Ausübung seiner […] politischen Aufgaben“ anregt,649 wird in der Praxis den Ausnahmefall darstellen. Angesichts der starken wirtschaftlichen Prägung des Informationsweiterverwendungsrechts erscheint es wahrscheinlicher, dass dessen Freiheitsgarantien vorrangig zur Ausübung von Wirtschaftsgrundrechten (Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 GG) genutzt werden.650 Auf diese Weise geht der allgemeine Grundrechts-

647

Siehe hierzu Erwägungsgrund 16 der Richtlinie (EU) 2019/1024. Näher zu dieser Ausprägung der Akzeptanz- und Vertrauensförderungsfunktion bereits C. VII. 1. a) bb). Ebenso die vertrauensfördernde Funktion voraussetzungsloser Nutzungsrechte betonend Richter, NVwZ 2021, 760 (767). 649 BVerfGE 27, 71 (81 f.) – Leipziger Volkszeitung. 650 Siehe hierzu bereits Kubicek, in: Hill (Hrsg.): Informationelle Staatlichkeit, S. 51 (53) sowie C. VII. 1. a) dd). 648

VI. Öffentliche Unternehmen als Wirkungskatalysatoren  

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voraussetzungsschutz nahezu vollständig in der spezielleren externen Innovationsförderungsfunktion auf. c) Zwischenergebnis Bei näherer Betrachtung dient das Informationsweiterverwendungsrecht vor allem der wirtschaftlichen Innovationsstimulierung und der Förderung fairer Wettbewerbsbedingungen. Rechtsstaatlich-demokratische Zielsetzungen werden dagegen überwiegend bereits erschöpfend durch die Gewährung von Informationszugangsrechten verwirklicht. Einzig zur Akzeptanz- und Vertrauensförderung staatlichen Handelns leistet das Informationsweiterverwendungsrecht einen spezifischen, nicht primär wirtschaftlich fundierten Mehrwert. 2. Spezifischer Zielförderungsauftrag öffentlicher Unternehmen Bei der Übertragung der Zielsetzungen des Informationsfreiheitsrechts auf öffentliche Unternehmen sind die oben unter C. VII. skizzierten Maßstäbe anzulegen. Einerseits gilt es zu hinterfragen, ob die Einbeziehung öffentlicher Unternehmen überhaupt einen Mehrwert zur Förderung der angestrebten Ziele leisten kann. Andererseits fungiert die verfassungsrechtlich abgesicherte Zweckprogrammierung öffentlicher Unternehmen als äußerste Grenze des informationsfreiheitsrechtlich Zulässigen: Wo die Pflicht zur Eröffnung von Nutzungsmöglichkeiten eine funktionsgerechte öffentliche Aufgabenerfüllung mehr als nur unerheblich beeinträchtigt, darf das öffentliche Unternehmen nicht zur Förderung der Zwecke des Informationsweiterverwendungsrechts herangezogen werden. a) Wirtschaftliche Ziele aa) Externe Innovationsförderung Im Ausgangspunkt gelten die oben für das Zugangsrecht erarbeiteten Erkenntnisse651 auch für die Ebene der Weiterverwendung: Öffentliche Unternehmen müssen ihrer privatwirtschaftlichen Konkurrenz grundsätzlich keinen Vorschub leisten. Sie sind prinzipiell nicht dazu verpflichtet, Wettbewerber informationell zum Zwecke der externen Innovationsförderung zu versorgen. Auch Art. 12 Abs. 1 GG verleiht weder ein Recht auf „Privatisierung“ von Informationen der öffentlichen Hand, noch auf die hoheitliche Eröffnung von Erwerbs- und Erfolgschancen.652 651

Siehe C. VII. 2. c) bb). Zu letzterem BVerfGE 105, 252 (265); Scholz, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 12, Rn. 49 f.; Jarass, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 12, Rn. 20. 652

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

Nach der Wertvorstellung des Grundgesetzes hat jeder Marktteilnehmer selbst für die Beschaffung und die Verwertung der Informationen zu sorgen, die er zur Umsetzung seiner Geschäftsidee benötigt. Ansprüche auf (informationelle)  Innovationsförderung bestehen prinzipiell nicht. Öffentliche Stellen könnten allenfalls dort zur Informationsbereitstellung angehalten sein, wo sie aufgrund von exklusiven Informationserhebungsmöglichkeiten (z. B. behördlichen Meldepflichten) Informationsmonopole innehaben.653 Öffentliche Unternehmen im Sinne der RL 2019/1024 (EU) und des DNG sind jedoch grundsätzlich gewerblich und damit gleichberechtigt mit Privaten am Markt tätig.654 Ihnen können damit bereits per definitionem keine exklusiven und verwaltungsgleichen Erhebungsmöglichkeiten zustehen. Öffentliche Unternehmen im weiterverwendungsrechtlichen Sinne generieren Informationen und Daten damit grundsätzlich nach Möglichkeiten, die auch rein privaten Marktteilnehmern offenstehen. Eine uneingeschränkte Übertragung des Auftrages zur externen Innovationsförderung auf öffentliche Unternehmen ließe nicht nur diesen strukturellen Wertungsunterschied vollständig außer Acht, sondern geriete auch in Konflikt mit der verfassungsrechtlichen Zweckprogrammierung öffentlicher Unternehmen: Die Pflicht, die externe Nutzung des eigenen Informationsmaterials gestatten zu müssen, provoziert noch unmittelbarer als die reine Offenlegungspflicht Chancenasymmetrien im Wettbewerb: Wo öffentliche Unternehmen nicht nur Einblicke in eigene Unternehmensakten gewähren müssen, sondern zusätzlich das eigene Informationsmaterial durch Bereitstellungspflichten in Echtzeit und über Massen-Downloads möglichst „mundgerecht“ zur Weiterverwendung zur Verfügung stellen müssen, senken sie im Ergebnis die Transaktionskosten, die ein Wettbewerber oder Marktneueinsteiger aufzuwenden hat, um Konkurrenzprodukte zu entwickeln. Auf diese Weise fördern einseitige Weiterverwendungspflichten in noch stärkerem Ausmaß als reine Publikationspflichten die Entstehung von Konkurrenz. Sie leisten dabei insbesondere einem „informationellen Rosinenpicken“, d. h. der gezielten Abwerbung von Kunden in profitablen Geschäftsbereichen, Vorschub. Nach den unter C. VII. 2. dargestellten Ergebnissen gilt dies vor allem auch für die Bereitstellung von Informationen, die nicht als per se als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis dem Anwendungsbereich des Informationsweiterverwendungsrechts entzogen sind. Da auf der anderen Seite rein private Unternehmen nach der Konzeption der RL 2019/1024 (EU) und des DNG ganz überwiegend nicht zur Bereitstellung ihres Informationsmaterials verpflichtet sind, sorgt der niedrigschwellig ermöglichte Aufbau von Konkurrenzprodukten perspektivisch für eine strukturelle Chancenverschiebung im Wettbewerb zu Lasten von öffentlichen Unternehmen. Deren Überlebens- und Einsatzfähigkeit zur öffentlichen Aufgabenerfüllung gerät auf lange Sicht in Gefahr.

653

Siehe C. VII. 2. c) bb). Zum Informationsmonopol der öffentlichen Hand auch Lederer, S. 135. 654 Zum ungeschriebenen Merkmal der Gewerblichkeit D. II. 2. c) aa) (2) (b) (cc).

VI. Öffentliche Unternehmen als Wirkungskatalysatoren  

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Öffentliche Unternehmen müssen daher grundsätzlich keinen Beitrag zur externen Innovationsförderung leisten. bb) Interne Effizienzförderung Da das Weiterverwendungsrecht bei näherer Betrachtung keinen spezifischen Beitrag zur internen Effizienzförderung leistet, erübrigt sich auch die Frage, ob öffentliche Unternehmen zur Verwirklichung dieses Zwecks eingesetzt werden können. Selbst wenn man der Eröffnung von informationellen Nutzungsmöglichkeiten einen effizienzfördernden Charakter attestierte, könnten sich öffentliche Unternehmen bereits auf ausreichende eigene Effizienzsicherungsmechanismen berufen.655 cc) Förderung fairer Wettbewerbsbedingungen Soweit durch die Informationsweiterverwendungsgesetzgebung Marktverzerrungen vermieden und faire Wettbewerbsbedingungen für sämtliche Akteure auf dem Informationsmarkt etabliert werden sollen,656 können öffentliche Unternehmen allein hierzu keinen effektiven Beitrag leisten. Im Gegenteil, die einseitige Einbeziehung öffentlicher Unternehmen provoziert bei näherer Betrachtung strukturelle Chancenasymmetrien im Wettbewerb und steht damit der Verwirklichung dieses Ziels schlussendlich sogar fundamental entgegen. Wo ausschließlich öffentliche Unternehmen Informationen zur Fremdnutzung bereitstellen müssen und dagegen rein private Wettbewerber ihre Informationen unter Verschluss halten dürfen, kann schwerlich von „fairen Wettbewerbsbedingungen“ gesprochen werden. Die eindimensionale Einbeziehung öffentlicher Unternehmen schafft ungleiche Startund Wachstumsvoraussetzungen im Wettbewerb und sorgt damit für strukturelle Marktverzerrungen, die streng genommen gerade vermieden werden sollen. Vor allem dort, wo sich gemäß der Definition des „öffentlichen Unternehmens“ Privatwirtschaft und Staat mit grundsätzlich vergleichbaren Mitteln messen,657 beseitigt das Informationsweiterverwendungsrecht keine bestehenden Ungleichheiten, sondern ruft Chancendisparitäten künstlich hervor. Die angestrebte „Datenautobahn“658 wird zur Einbahnstraße. Die Schaffung von fairen Wettbewerbsbedingungen setzt im Idealfall vielmehr entweder den Ausschluss oder die Einbeziehung sämtlicher, d. h. öffentlicher wie privater, Marktteilnehmer voraus. 655

Siehe hierzu bereits unter C. VII. 2. c) aa). Vgl. Erwägungsgründe 7, 15 und 47 der Richtlinie (EU) 2019/1024; BT-Drs. 19/27442, S. 33. 657 Siehe hierzu bereits D. II. 2. c) aa) (2) (b) (cc). 658 Stellungnahme des Europäischen Datenschutzbeauftragten zu dem Vorschlag für eine Neufassung der Richtlinie über die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors (PSI) vom 10. 07. 2018, S. 8, abrufbar unter: https://edps.europa.eu/sites/edp/files/ publication/2018-0246_psi_directive_opinion_en_de.pdf (zuletzt abgerufen am 17. 07. 2021). 656

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

b) Rechtsstaatlich-demokratische Ziele Da die Grundrechtsvoraussetzungsschutzfunktion in der externen Innovationsförderung vollständig aufgeht, dient das Informationsweiterverwendungsrecht aus rechtsstaatlich-demokratischer Perspektive allein der Akzeptanz- und Vertrauensförderung. Die informationelle Pflichtigkeit öffentlicher Unternehmen kann zwar grundsätzlich dazu beitragen, die gesamtgesellschaftliche Hinnahme hoheitlicher Entscheidungen zu erleichtern.659 Auch unternehmenseigene Öffentlichkeitsarbeit bildet insofern kein funktionales Äquivalent.660 Allerdings sind auch an dieser Stelle die Grenzen der verfassungsrechtlichen Zweckprogrammierung zu beachten: Öffentliche Unternehmen müssen nur solange einen Beitrag zur Akzeptanz- und Vertrauensförderung leisten, wie die Effektivität der öffentlichen Aufgabenerfüllung nicht ausgehöhlt wird. Eine Vertrauensförderung „um jeden Preis“ ist jedenfalls nicht angezeigt. 3. Zwischenergebnis Hinter dem Informationszugangsrecht und dem Informationsweiterverwendungsrecht stehen unterschiedliche Leitmotive und Zielschwerpunkte.661 Während die Offenlegung von Verwaltungsinformationen vor allem die Meinungs- und Willensbildung im demokratischen Rechtsstaat vorantreiben soll, dient die anschließende Nutzung des Informationsmaterials primär wirtschaftlichen Zwecken, insbesondere der externen Innovationsförderung. Zur Erreichung dieses Ziels können öffentliche Unternehmen jedoch kaum einen sinnvollen Beitrag leisten, der nicht in Konflikt mit ihrer verfassungsrechtlichen Zweckprogrammierung gerät. Spannungen entstehen vor allem dort, wo öffentliche Unternehmen zur nutzungsrechtlichen Informationsbereitstellung verpflichtet sind, ihre privaten Wettbewerber jedoch grundsätzlich nicht. Öffentliche Unternehmen werden durch die Anordnung eines semipermeablen Informationsflusses insgesamt strukturell benachteiligt. Die Pflicht zur Gestattung fremder Kommerzialisierungsbestrebungen provoziert in diesem Zusammenhang sogar noch stärkere Chancenasymmetrien im Wettbewerb als der bloße Auftrag zur Offenlegung von Unternehmensinformationen. Erst recht trägt damit die einseitige Einbeziehung öffentlicher Unternehmen nicht zur eigentlich intendierten Förderung fairer Wettbewerbsbedingungen bei. Insgesamt bleibt zu konstatieren, dass öffentliche Unternehmen kaum als Katalysatoren der Ziele des Informationsweiterverwendungsrechts eingesetzt werden können. Noch deutlicher als im Informationszugangsrecht werden sie auf nutzungsrechtlicher Ebene zu „zweckentfremdeten“ Regelungsadressaten. 659

Vgl. D. VI. 1. b) cc), C. VII. 2. b) bb). Vgl. D. VI. 1. b) cc), C. VII. 2. b) bb). 661 Zu dieser Erkenntnis kommt auch Püschel, in: Fluck / Fischer / Martini, IWG, Einführung, Rn. 83. 660

VII. Reformpotentiale und Neugestaltungsoptionen 

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VII. Reformpotentiale und Neugestaltungsoptionen Die Erkenntnis, dass öffentliche Unternehmen grundsätzlich Fremdkörper im System des Informationsweiterverwendungsrechts bilden, zwingt zu einer kritischen Betrachtung und Bewertung der Umsetzung der Vorgaben der Richtlinie 2019/1024 (EU) durch das DNG (1.). Es gilt konkret zu hinterfragen, ob das aktuelle Regelungssystem des DNG prinzipiell dazu geeignet ist, die Zweckentfremdung öffentlicher Unternehmen interessensgerecht abzubilden oder ob diesbezüglich Reformbedarf besteht (a). An die Ergebnisse dieser Evaluation anknüpfend sollen abschließend verschiedene Optimierungs- und Neuentwicklungsansätze diskutiert werden, durch die sich möglicherweise der strukturelle Interessenskonflikt zwischen externer Innovationsförderung und Bewahrung eigener Wettbewerbsfähigkeit langfristig schonender auflösen lässt (b). Darüber hinaus gilt es auch potentiellen Reformbedarf und Änderungsoptionen außerhalb des DNG-Regimes zu erörtern, insbesondere auf der Ebene der Landesinformationszugangsgesetze (2.) 1. Innerhalb des Datennutzungsgesetzes a) Reformbedarf: Bewertung der Umsetzung der Richtlinienvorgaben durch das DNG Die Einbeziehung öffentlicher Unternehmen in das Informationsweiterverwendungsrecht war grundsätzlich nicht unumstritten. Der Europäische Richtliniengeber hat sich jedoch beim Erlass der Richtlinie 2019/1024 (EU) grundsätzlich über kritische Stimmen662 hinweggesetzt und sich für eine Erstreckung des Anwendungsbereichs auf gewerblich tätige öffentliche Unternehmen der Daseinsvorsorge entschieden. In Anerkenntnis der Wettbewerbsrelevanz informationeller Bereitstellungspflichten schuf er jedoch zugleich mit dem Erlaubnisvorbehalt des Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie (EU) 2019/1024 einen zentralen Schutzmechanismus zu Gunsten öffentlicher Unternehmen. Dass das DNG diesen Schutzmechanismus in § 4 Abs. 2 DNG beibehält und sich gegen eine von europäischer Seite angeregte weitergehende Verpflichtung öffentlicher Unternehmen663 entscheidet, ist grundsätzlich sehr zu begrüßen. Öffentliche Unternehmen werden damit grundsätzlich nicht zur Innovationsförderung ihrer Konkurrenz gezwungen. Sie haben es weiterhin selbst in der Hand, in welchem Umfang sie ihre Informationen für eine Weiterverwendung preisgeben und damit externen Kommerzialisierungsbestrebungen Vorschub leisten möchten. Der Erlaubnisvorbehalt trägt damit der informationsrechtlichen Sonderrolle öffentlicher Unternehmen Rechnung. Die Regelung des 662

Siehe zu diesen ausführlich Deloitte / Europäische Kommission, Study to support the review of Directive 2003/98/EC on the re-use of public sector information, Final Report, S. 245 f. 663 Siehe Erwägungsgrund 19 der Richtlinie (EU) 2019/1024.

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

§ 4 Abs. 2 DNG bildet grundsätzlich einen effektiven Schutzmechanismus, der verhindert, dass bereits von Gesetzes wegen Informationen zur Nutzung verfügbar gemacht werden müssen, die die Ziele des Informationsweiterverwendungsrechts letztendlich nicht voranbringen (können). Gleichwohl gilt der Erlaubnisvorbehalt nicht für „hochwertige Datensätze“ öffentlicher Unternehmen, die nach § 9 DNG i. V. m. Art. 13 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 der RL 2019/1024 (EU) zur allgemeinen Nutzung in maschinenlesbarem Format über geeignete Anwendungsprogrammierschnittstellen und, falls technisch erforderlich, als Massen-Download, bereitzustellen sind. Öffentliche Unternehmen haben diesbezüglich keine Vetoposition. Allerdings hat der nationale Gesetzgeber auf die Festlegung von „hochwertigen Datensätzen“ allenfalls einen mittelbaren Einfluss. Die Entscheidung hierüber obliegt grundsätzlich der Europäischen Kommission, vgl. Art. 14 Abs. 1 der RL 2019/1024 (EU). Der nationale Gesetzgeber und die öffentlichen Unternehmen müssen im Ergebnis darauf vertrauen, dass die Kommission im Zusammenspiel mit dem gem. Art. 16 der RL 2019/1024 (EU) einzuberufenden Ausschuss der Mitgliedsstaaten die Rolle öffentlicher Unternehmen „in einem wettbewerbsbestimmten wirtschaftlichen Umfeld“ angemessen würdigt, vgl. Art. 14 Abs. 2 S. 5 der RL 2019/1024 (EU). Die Schaffung eigenständiger nationaler Zurückhaltungsmechanismen von hoheitlichen Datensätzen de lege ferenda scheidet jedenfalls aus, da diese dem verbindlichen Ziel der RL 2019/1024 (EU), hochwertige Datensätze allgemein niedrigschwellig verfügbar zu machen, zuwiderlaufen würden und damit unionsrechtswidrig wären. Soweit öffentliche Unternehmen freiwillig einem Dritten die Nutzung nichthochwertiger Datensätze gestattet haben, sind sie in der Gestaltung ihrer Weiterverwendungsbedingungen nicht mehr frei, sondern grundsätzlich an die Vorgaben der § 4 Abs. 3 und §§ 5–12 DNG gebunden.664 Auch hierin ist grundsätzlich ein Wettbewerbsnachteil gegenüber rein privaten Unternehmen auf dem Informationsmarkt zu sehen. Letztere genießen insbesondere hinsichtlich der Gebührenerhebung und des Umfangs einer angestrebten Informationskommerzialisierung deutlich breitere Handlungsspielräume. Allerdings ist anzuerkennen, dass zumindest die begrenzte Gewinnerzielungsmöglichkeit öffentlicher Unternehmen kein informationsfreiheitsrechtliches Spezifikum darstellt und das DNG auch zum Teil innerhalb der zwingend zu beachtenden § 4 Abs. 3 DNG und §§ 5–12 DNG auf die besondere Wettbewerbssituation öffentlicher Unternehmen Rücksicht nimmt, z. B. in § 7 Abs. 3 S. 2 DNG. Insgesamt erkennt das DNG in seiner aktuellen Ausgestaltung die partielle Entfremdung öffentlicher Unternehmen von den Zielen des Informationsweiterverwendungsrechts an. Vor allem aufgrund der Beibehaltung des Erlaubnisvorbehaltes und einiger „kleiner“ Privilegierungen ermöglicht das DNG grundsätzlich einen interessensgerechten Ausgleich zwischen öffentlichen Nutzungs- und unter 664

So auch zur Vorgängerregelung des § 2a S. 2 IWG Richter, IWG, § 2a, Rn. 73.

VII. Reformpotentiale und Neugestaltungsoptionen 

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nehmerischen Geheimhaltungsinteressen. Reform- und Ergänzungsbedarf besteht allenfalls punktuell. b) Optimierungsansätze Als denkbare Optimierungsansätze im bestehenden System des Informationsweiterverwendungsrechts kommen vor allem die Einbeziehung nicht-staatlicher Akteure außerhalb des Sektorenvergaberechts (a) und die Entwicklung spezieller Lizenzmodule für öffentliche Unternehmen (b) in Betracht. aa) Die Einbeziehung privater Akteure außerhalb des Sektorenvergaberechts Die RL 2019/1024 (EU) richtet sich ausschließlich an öffentliche Stellen und öffentliche Unternehmen. Rein private Unternehmen werden vom Europäischen Weiterverwendungsrecht grundsätzlich nur berechtigt, nicht verpflichtet. Die Richtlinie beinhaltet gleichwohl die unverbindliche Anregung, im Rahmen der mitgliedsstaatlichen Richtlinienumsetzung den Anwendungsbereich des nationalen Weiterverwendungsrechts auch auf rein private Unternehmen auszudehnen.665 Dieser Empfehlung ist der hiesige Gesetzgeber nach anfänglicher Zurückhaltung666 letztendlich auch gefolgt, indem er den Anwendungsbereich des DNG auf öffentliche und private „Unternehmen der Daseinsvorsorge“ ausgedehnt hat, vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 DNG. Die Einbeziehung rein privater Akteure bleibt jedoch zag- und lückenhaft. Erfasst sind lediglich Sektorenauftraggeber, die im Sinne des § 100 Abs. 1 Nr. 2 lit. a GWB staatlicherseits eingeräumte Sonderrechte im Wettbewerb genießen. Diese Voraussetzung ist vor allem dort nicht erfüllt, wo private Unternehmen einen Rechtsanspruch auf die Genehmigung der Geschäftstätigkeit bei Erfüllung bestimmter Tatbestandsvoraussetzungen haben, z. B. bei Betrieb eines Energieversorgungsnetzes gem. § 4 EnWG.667 Angesichts der fragmentarischen Einbeziehung rein privater Rechtssubjekte drängt sich die Überlegung auf, ob es nicht sinnvoll und zur nachhaltigen Schaffung eines „level playing fields“ zwischen öffentlichen und privaten Unternehmen dringend geboten wäre, nicht-staatliche Akteure flächendeckend und unabhängig von den einschränkenden Vorgaben des Sektorenvergaberechts in den Pflichtenkatalog des DNG einzubeziehen. Dieser Ansatz fügt sich auch in die aktuelle rechtspolitische Stimmungslage ein. In den letzten Jahren wurden die Forderungen immer lauter, auch private Unternehmen zu einer allgemeinen Öffnung

665 Vgl. Erwägungsgrund 19 der Richtlinie 2019/1024 (EU); siehe hierzu auch Buchholz, IR 2019, 197 (198). 666 Der ursprüngliche Gesetzesentwurf sprach sich noch ausdrücklich gegen eine überschießende Einbeziehung privater Rechtssubjekte aus, vgl. BT-Drs. 19/27442, S. 3, 17. 667 Vgl. OLG München, Beschluss vom 28. 8. 2019 – Verg 15/19, NZBau 2020, 198 (199); Ziekow, in: Ziekow / Völlink, § 100 GWB, Rn. 16.

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

ihrer „Datensilos“ zu verpflichten.668 So schlug die SPD Anfang 2019 in ihrem Positionspapier zu einem „Daten-Für-Alle-Gesetz“ eine „Demokratisierung der Datennutzung durch eine allgemeine Datenteilungspflicht“ vor.669 Die Forderung nach einer universellen Informationsöffnung wird dabei im Kern auf drei Argumente gestützt: Erstens trügen auch private Unternehmen einen wertvollen Datenschatz, dessen Öffnung enorme ökonomische Synergie-, Innovations- und damit Wertschöpfungspotentiale freisetzen könnte.670 Zweitens verhindere eine hoheitlich angeordnete Datenteilungspflicht die Entstehung von marktmächtigen privaten „Datenkranken“, die ihre informationelle Machtstellung durch lock-in Effekte oder Datenzugangsverweigerungen wettbewerbsverzerrend oder gar politisch671 missbrauchen könnten.672 Drittens sei eine Verpflichtung von privaten Marktteilnehmern nötig, um durch die PSI-Richtlinie verursachte Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten von öffentlichen Unternehmen auszugleichen.673 Diese Argumente dürfen freilich nicht darüber hinwegtäuschen, dass eine Ausdehnung des bestehenden Weiterverwendungsregimes auf rein private Marktteilnehmer nicht ohne weiteres rechtlich zulässig ist. Bedenken sehr grundsätzlicher Natur ergeben sich bereits aus dem Legitimationszusammenhang hoheitlicher Datenteilungspflichten: Öffentliche Stellen und öffentliche Unternehmen sollen vor allem deshalb die Nutzung ihrer Datenbestände ermöglichen, da diese unmittelbar oder mittelbar durch öffentliche Mittel finanziert oder im Rahmen einer gemeinwohlbezogenen Tätigkeit erstellt wurden.674 Beides ist jedoch grundsätzlich bei rein privaten Unternehmen, die nicht mit der Erfüllung öffentlicher Aufgaben betraut sind, nicht der Fall. Ferner soll die Gewährung von informationellen 668 Vgl. Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Vorschlag der Neufassung der PSI-Richtlinie, (COM(2018) 234 final – 2018/0111 (COD); COM(2018) 232 final), S. 6, 11; Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, vgl. BT-Drs. 19/7498, S. 4; Kramer, N + R 2019, 198 f.; Wiebe, Open Data in Deutschland und Europa, S. 65 ff. 669 Vgl. Sozialdemokratische Partei Deutschlands, Andrea Nahles: Digitaler Fortschritt durch ein Daten-Für-Alle-Gesetz, Diskussionspapier, S. 4. Abrufbar unter: https://www.spd.de/file admin/Dokumente/Sonstiges/Daten_fuer_Alle.pdf. (zuletzt abgerufen am 28. 06. 2021). 670 Vgl. Richter / Slowinski, IIC 2019, 4 (6 f.). Beispielhaft für eine Wertschöpfung durch öffentlich-private Datenkooperation könnte das Pilotprojekt „Copenhagen Solutions Lab“ sein. Bei diesem Projekt plant die Stadt Kopenhagen in Zusammenarbeit mit dem privaten IT-Unternehmen Hitachi die Erschaffung einer regionalen Datenbank, die auf die Bereitstellung, die Veröffentlichung und den Verkauf verschiedener Datentypen und Pakete zugeschnitten ist, vgl. https://cphsolutionslab.dk/. 671 Auch Richter, NVwZ 2021, 760 (767) warnt davor, dass sich private Marktmacht in poli­ tische Meinungsmacht übersetzen und so den „den öffentlichen, demokratietragenden Meinungsbildungsprozess destabilisieren“ könne. 672 Vgl. Schweitzer, GRUR 2019, 569 (573 f.); Paal / Hennemann, NJW 2017, 1697 (1701); Sozialdemokratische Partei Deutschlands, Andrea Nahles: Digitaler Fortschritt durch ein DatenFür-Alle-Gesetz, Diskussionspapier, S. 4. Abrufbar unter: https://www.spd.de/fileadmin/Doku mente/Sonstiges/Daten_fuer_Alle.pdf. 673 Kramer, N + R 2019, 198 f.; Kornmeier / Baranowski, BB 2019, 1219 (1224). 674 Siehe hierzu die Erwägungsgründe 3 und 20 der Richtlinie 2019/1024 (EU).

VII. Reformpotentiale und Neugestaltungsoptionen 

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Nutzungsmöglichkeiten zumindest nebenbei auch zur Verfolgung rechtsstaatlich-­ demokratischer Zielsetzungen beitragen.675 Auch diese Begründungslinie läuft bei Privatunternehmen ins Leere. Wenn sich die Zweckrichtungen des Informationsweiterverwendungsrechts bereits kaum auf öffentliche und damit gemeinwohlverpflichtete Unternehmen übertragen lassen,676 muss dies erst recht für rein gewinnorientiert handelnde Privatrechtssubjekte gelten. Hinzu kommt, dass private Unternehmen im Gegensatz zu ihren öffentlichen Pendants grundrechtsberechtigt sind. Die Anordnung einer Datenteilungspflicht für private Unternehmen ist grundsätzlich an Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG zu messen.677 Jedenfalls hinsichtlich der Berufsfreiheit liegt ein rechtfertigungsbedürftiger Eingriff vor.678 Im Ausgangspunkt wäre ein derartiger Grundrechtseingriff über den legitimen Zweck der Sicherstellung fairer Wettbewerbsbedingungen zu rechtfertigen. Dem Gesetzgeber wird bei der Herstellung eines funktionierenden und chancengerechten Datenwettbewerbs grundsätzlich ein weiter Einschätzungsspielraum zugestanden.679 Die Grenzen dieses Einschätzungsspielraumes verlässt der Gesetzgeber jedoch bei der Implementierung im Verhältnis zu dem angestrebten Zweck unzumutbarer und damit unverhältnismäßiger Regelungen.680 Vor diesem Hintergrund plädieren Literaturstimmen grundsätzlich nicht für eine absolute Datenöffnung, sondern für tendenziell zurückhaltende Instrumente zur Schaffung einer informationellen Chancengerechtigkeit: Wiebe regt beispielsweise eine sektorenspezifische Orientierung an dem in Frankreich praktizierten Konzept der „public interest data“ an.681 Nach diesem kann die Regierung auch private Unternehmen dazu verpflichten, einzelne Informationsarten von allgemeinem öffentlichem Interesse (z. B. Ausschreibungsdaten, Statistiken oder Energieverbrauchsdaten) zur externen Nutzung verfügbar zu machen. Als mildere Maßnahmen kämen zudem bilaterale „Sharing Obligations“ in Betracht.682 Drexl schlägt ebenfalls eine Dif 675 Dies gilt jedenfalls für die Akzeptanz- und Vertrauensförderungsfunktion, siehe hierzu ausführlich bereits D. VI. 1. 676 Vgl. D. VI. 2. 677 Vgl. Wischmeyer / Herzog, NJW 2020, 288 (289); Wiebe / Schur, ZUM 2017, 461 (466). Primär aus der Perspektive des Informationszugangsrechts Schoch, IFG, Einl., Rn. 280; ­Kloepfer, K & R 2006, 19 (26). 678 In Bezug auf Art. 14 Abs. 1 GG ist dagegen von einer bloßen Inhalts- und Schranken­ bestimmung auszugehen, vgl. Wiebe, Open Data in Deutschland und Europa, S. 65; ähnlich im Ergebnis auch Wischmeyer / Herzog, NJW 2020, 288 (290 f.). 679 Vgl. Wischmeyer / Herzog, NJW 2020, 288 (292); Wiebe / Schur, ZUM 2017, 461 (466). 680 So bereits BVerfGE 7, 377 (406 f.); Kämmerer, in: von Münch / Kunig, GG, Art. 12, Rn. 130. 681 Wiebe, Open Data in Deutschland und Europa, S. 65 mit Verweis auf Loi n° 2016–1321 du 7 octobre 2016 pour une République numérique, JO République Française n°0235 of 7 October 2016. Für eine Übertragung dieses Ansatzes auf das unionsweite Weiterverwendungsrecht Europäische Kommission, vgl. Commission Staff Working Document on the free flow of data and emerging issues of the European data economy, SWD(2107) 2 final v. 10. 1. 2017, S. 22 ff. 682 So könnten zur Verbesserung der Produktqualität und Produktbeobachtung beispielsweise Betreiber einer Produktionsanlage dazu angehalten werden, bestimmte Daten dem Hersteller der datenproduzierenden Geräte zur Verfügung zu stellen, siehe hierzu Wiebe, Open Data in Deutschland und Europa, S. 67.

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

ferenzierung nach einzelnen Datentypen und eine Nutzungsgewährung unter Anwendung der kartellrechtlichen FRAND-Kriterien vor.683 So einfallsreich diese Lösungsansätze sein mögen, mit Blick auf den verfolgten legitimen Zweck, faire Wettbewerbsbedingungen auch gegenüber öffentlichen Unternehmen zu etablieren, erscheint vielmehr eine systemimmanente Lösung naheliegender. Vieles spricht dafür, den für öffentliche Unternehmen geltenden Regelungsrahmen des DNG unmittelbar auch auf private Wettbewerber zu übertragen. Nach diesem Ansatz verbliebe den privaten Unternehmen weiterhin die Letztentscheidungskompetenz über die Nutzungsfreigabe ihres Datenmaterials gem. § 4 Abs. 2 DNG. Nur für den Fall, dass ein privates Unternehmen die Fremdnutzung erlaubte, wäre es an die Einschränkungen der § 4 Abs. 3 und §§ 5–12 DNG gebunden.684 Auf diese Weise wäre grundsätzlich ein „level playing field“ zwischen öffentlichen und privaten Unternehmen hergestellt. Allerdings dürfen auch in diesem Zusammenhang die Wertungen des Art. 12 Abs. 1 GG und die strukturellen Unterschiede zwischen öffentlichen und privaten Unternehmen nicht unberücksichtigt bleiben. Sämtliche Privatunternehmen in das DNG-Regime einzubeziehen, erschiene vor dem Hintergrund des fehlenden Legitimations- und Zielzusammenhangs privater Unternehmen unverhältnismäßig und damit bereits von Verfassungs wegen unzulässig. Die staatsgleiche Einbeziehung von Privatrechtssubjekten muss sich vielmehr auf Akteure beschränken, die eine besondere und mit öffentlichen Unternehmen vergleichbare (informationelle) Verantwortung für die Funktionsfähigkeit des Marktgeschehens tragen. Eine solche lässt sich nicht nur bei der Einräumung von Sonderrechten im Sinne des § 100 Abs. 1 Nr. 2 lit. a GWB, sondern auch ab der Schwelle einer marktbeherrschenden Stellung konstruieren.685 Angesprochen sind damit vor allem faktisch-marktdominante private Versorgungsdienstleister auf den Gebieten Verkehr, Wasser und Energie sowie Informationsintermediäre als „Gatekeeper“ bzw. etablierte Plattformen mit hoher Nutzerreichweite wie Apple, Google, Facebook und Amazon.686 Da dem Gesetzgeber bei der Regelung der Wettbewerbs- und Informationsordnung grundsätzlich ein weiter Ausgestaltungsspielraum zukommt, dürfte sich in diesen Fällen eine Inkorporation privater Unternehmen in das Rege 683

Drexl, JIPITEC 8 (2017), 257 (290 f.), hierzu ebenso Richter / Slowinski, IIC 2019, 4 (17 ff.). FRAND steht für „Fair, Reasonable and Non-Discriminatory“. Die einzelnen Kriterien wurden ursprünglich für die kartellrechtskonforme Lizenzierung von standardessentiellen Patenten entwickelt, siehe EuGH, Urteil vom 16. 7. 2015 – C-170/13, GRUR 2015, 764 ff. – Huawei Technologies / ZTE. 684 Für eine Reziprozitätsverpflichtung „marktstarker“ Unternehmen plädiert auch die Datenethikkommission, Abschlussgutachten vom 23. 10. 2019, S. 150. 685 Dieser Ansatz ist aus internationaler Perspektive nicht neu. Einen vergleichbaren Weg geht beispielsweise das Informationsweiterverwendungsgesetz in Estland, welches auch marktbeherrschende Unternehmen den Verpflichtungen der Informationsbereitstellung unterwirft: „undertakings which have a dominant position in the market or special or exclusive rights or which are natural monopolies“ (vgl. Art. 5 Abs. 3 des Public Information Act, RT I 2000, 92, 597). 686 Vgl. Podszun / Brauckmann, GWR 2019, 436 (438). Zum Erfordernis, vor allem Intermediäre auf dem Informationsmarkt regulatorischen Maßnahmen zu unterwerfen, von Lewinski, in: Hill / Schliesky (Hrsg.): Die Neubestimmung der Privatheit, S. 53 (74 ff.).

VII. Reformpotentiale und Neugestaltungsoptionen 

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lungssystem des DNG noch auf dem Boden des verfassungsrechtlich Zulässigen bewegen. Eine flächendeckende Datenteilungspflicht für sämtliche private Unternehmen griffe dagegen zu weit und verstieße gegen das im Rechtsstaatsprinzip wurzelnde Übermaßverbot. Dies bedeutet freilich nicht, dass der öffentlichen Hand unterhalb der Grenze der Marktbeherrschung jede Form der Hinwirkung auf eine Öffnung rein privatwirtschaftlicher Datenbestände für die Allgemeinheit schlechthin untersagt wäre. Es bleibt dem Staat beispielsweise unbenommen, private Datenkooperationsprojekte finanziell zu fördern.687 Darüber hinaus ist festzustellen, dass private Unternehmen vermehrt von sich aus die Vorteilhaftigkeit eines kooperativen, wechselseitigen Datenaustauschs erkennen und im beiderseitigen Interesse gemeinsame Dienstleistungen und Geschäftsmodelle entwickeln.688 Sie folgen damit der Logik Niccoló Machiavellis (1469–1527), der schon vor mehr als 500 Jahren feststellte: „Die beste Methode, um Informationen zu bekommen, ist die, selbst welche zu geben.“689

bb) Die Entwicklung spezieller Lizenzmodule für öffentliche Unternehmen Wie oben dargelegt,690 eignen sich die bestehenden nationalen und internationalen Standardlizenzmodelle kaum für eine Verwendung durch öffentliche Unternehmen. Sie lassen nur wenig Raum für die Berücksichtigung von unternehmerischen Kommerzialisierungs- und Innovationsschutzbedürfnissen. Abhilfe könnte die Entwicklung von neuartigen Lizenzmodulen schaffen, die speziell auf öffentliche (Kommunal-)Unternehmen zugeschnitten sind. Auch in der Literatur werden die Forderungen nach der Ausarbeitung von sektorspezifischen Modellverträgen

687 Etwa im Rahmen eines Technologiewettbewerbs, vgl. hierzu Smart Service Welt II – neue Anwendungsbereiche für digitale Dienste und Plattformen, ein Technologiewettbewerb des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie aus dem Oktober 2016. Zielbestimmungen und Zuwendungszwecke abrufbar unter: https://www.digitale-technologien.de/DT/Redaktion/DE/ Downloads/Publikation/smart-service-welt-2-broschuere.pdf?__blob=publicationFile&v=11 (zuletzt abgerufen am 28. 06. 2021). Für einen Vorrang selbstregulatorischer Maßnahmen auch Richter / Slowinski, IIC, 2019, 4 (26). 688 Als Beispiel kann die digitale Plattform Mindsphere von Siemens herangezogen werden, auf der mittels eines offenen IoT-Betriebssystems Systeme, Maschinen, Anlagen und Produkte miteinander verbunden werden können, um Daten zu analysieren und für Prozesse der Industrie 4.0. nutzbar zu machen, Kornmeier / Baranowski, BB 2019, 1219 (1214). Auch die Existenz kommerzieller Plattformen wie OpenCorporates (www.opencorporates.com), die Daten von privaten Unternehmen gebündelt und aufbereitet auf einer Plattform veröffentlichen, zeigt, dass auch private Unternehmen durchaus bereit sind, ihre intern generierten Informationen (gegen Entgelt) der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Mit weiteren aktuellen Beispielen hierzu auch Kornmeier / Baranowski, BB 2019, 1219 (1224). 689 Zitiert bei Weimann / Weimann, High Performance in Hospital Management, S. 118. 690 Siehe D. III. 2. f) bb) (2) (c).

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

oder Modellkonditionen lauter.691 Mit der Entwicklung einer eigenen nationalen Datenlizenz für öffentliche Unternehmen könnte Deutschland auch international eine Vorreiterrolle einnehmen, da auch andere Länder wie Großbritannien692 oder Frankreich693 bislang in ihren national entwickelten Lizenzen keinerlei Sonderbestimmungen für öffentliche Unternehmen vorsehen. Die Ausarbeitung eines speziellen Lizenzmoduls für öffentliche Unternehmen steht unter dem Vorbehalt des nach §§ 305 ff. BGB Zulässigen, ergänzt durch die speziellen Wertungen des § 4 Abs. 3 DNG. Gem. § 4 Abs. 3 S. 1, 2 DNG müssten auch die Lizenzen für öffentliche Unternehmen verhältnismäßig und durch einen öffentlichen Zweck gerechtfertigt sein. Sie dürften die Möglichkeiten der externen Datennutzung nicht unnötig einschränken. Vereinbar mit § 4 Abs. 3 S. 1, 2 DNG sind jedenfalls Klauseln zum Schutz von Rechten betroffener Dritter. Öffentliche Unternehmen trifft sogar eine hoheitliche (Schutz-)Pflicht, durch rechtlich wirksame Vereinbarungen sicherzustellen, dass der Schutz von wichtigen Individualinteressen (z. B. personenbezogenen Daten) auch im Rahmen einer externen Fremdnutzung gewährleistet bleibt.694 Aus dem Blickwinkel öffentlicher Unternehmen ist freilich interessanter, inwiefern sich durch eine mögliche „Unternehmenslizenz Deutschland“ nach dem Vorbild der beiden bislang existierenden „Datenlizenzen Deutschland“ auch Unternehmensinteressen zum Schutz der eigenen Wettbewerbsposition absichern lassen. An konkreten Gestaltungsvorschlägen mangelt es nicht. So fordert die Datenethikkommission beispielsweise eine verbindliche Festschreibung, dass Drittnutzer das durch die hoheitliche Datenüberlassung generierte geistige Eigentum nicht zur Einschränkung oder gar Untersagung der öffentlichen Aufgabenerfüllung einsetzen dürfen oder dass extern entwickelte Produkte und Dienstleistungen der öffentlichen Hand zu Vorzugsbedingungen angeboten werden müssen.695 Mit marktmächtigen Datennutzern sollten ferner Reziprozitätsverpflichtungen eingegangen werden.696 Abseits dieser Vorschläge drängen sich weitere potentielle Regelungsgegenstände auf. Zur Sicherung der Wettbewerbsposition könnten per Standardlizenz etwa Regelungen zur zeitlichen Nutzungsbegrenzung (z. B. für eine Maximaldauer von 5 Jahren) getroffen oder Fragen zu Unterlizenzierungsmöglichkeiten geklärt 691

Vgl. Wiebe, Open Data in Deutschland und Europa, S. 68 f.; Datenethikkomission, Abschlussgutachten vom 23. 10. 2019, S. 15 0 f. Für den kommunalen Bereich Hoffmann / Schulz, KommJur 2014, 126 (130). 692 Open Government Licence (OGL) for public sector information, abrufbar unter: http:// www.nationalarchives.gov.uk/doc/open-government-licence/version/3/ (zuletzt abgerufen am 28. 06. 2021). 693 Licence Ouverte 2.0., in der englischen Version abrufbar unter: https://www.etalab.gouv. fr/wp-content/uploads/2018/11/open-licence.pdf. (zuletzt abgerufen am 22. 06. 2021). 694 Datenethikkomission, Abschlussgutachten vom 23. 10. 2019, S. 150. 695 Datenethikkomission, Abschlussgutachten vom 23. 10. 2019, S. 150. 696 Datenethikkomission, Abschlussgutachten vom 23. 10. 2019, S. 150.

VII. Reformpotentiale und Neugestaltungsoptionen 

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werden. Anders als bei Creative Commons-Lizenzen ließe sich zudem standardmäßig die Erhebung von Nutzungsentgelten innerhalb der Grenzen der §§ 10–12 DNG festschreiben. Dabei sind insbesondere die Transparenzanforderungen für Standardentgelte nach § 12 Abs. 1 DNG zu beachten. Ferner werden öffentliche Unternehmen regelmäßig an der Vereinbarung einer möglichst umfassenden Haftungsbegrenzung interessiert sein. Als Orientierungshilfen könnten in diesem Zusammenhang die vom Bundeswirtschaftsministerium und der Kommission für Geoinformationswirtschaft (GIW) entwickelten Geolizenzen697 dienen, die unter anderem in Ziffer 8 einen umfassenden Ausschluss von Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüchen vorsehen, der sich dennoch innerhalb der Vorgaben des § 309 Nr. 7 BGB bewegt. 2. Außerhalb des Datennutzungsgesetzes Da das DNG grundsätzlich nur einen nutzungsrechtlichen Mindeststandard verbürgt, können weitergehende Nutzungsregime vorrangig Anwendung finden, vgl. § 2 Abs. 4 Var. 2 DNG. Auch innerhalb dieser externen Nutzungsregime können und sollten potentielle Reformen und Neugestaltungsoptionen ansetzen, etwa um zu verhindern, dass das vom DNG für öffentliche Unternehmen etablierte Schutzniveau durch divergierende Regelungen unterlaufen wird. a) Reformbedarf Wie bereits unter D. III. 3. d) aufgezeigt, ordnen vermehrt Landesinformationszugangs- und Transparenzgesetze die grundsätzlich freie und unbeschränkte Nutzung von veröffentlichten Informationen an, vgl. z. B. § 10 Abs. 3 S. 1 HmbTG. Da die Landesvorschriften regelmäßig keine Möglichkeiten zur Entgelterhebung oder zur Festlegung von Nutzungsbestimmungen oder Ausschließlichkeitsvereinbarungen vorsehen, verdrängen sie als nutzungsfreundlichere Vorschriften im Sinne des § 2 Abs. 4 Var. 2 DNG das Nutzungsregime des DNG. Verfechter einer möglichst offenen Datenpolitik mögen die Unanwendbarkeit des zuweilen als zu innovationsfeindlich empfundenen698 DNG grundsätzlich begrüßen. Probleme treten jedoch dort auf, wo Datenbereitsteller gerade auf die ausdifferenzierten Schutzmechanismen des DNG angewiesen sind. Dies gilt vor allem für öffentliche Unternehmen, die prinzipiell von den Landesinformationszugangsgesetzen erfasst und 697 Vgl. GeoLizenz V1.4  – Open, abrufbar unter: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/ Downloads/G/geolizenz-v1-4-open.pdf?__blob=publicationFile&v=4 (zuletzt abgerufen am 28. 06. 2021). 698 Reda, Die Open-Data-Richtlinie und die deutschen Blockaden, Blogbeitrag vom 08. 06. 2021, abrufbar unter: https://netzpolitik.org/2021/edit-policy-die-open-data-richtlinie-und-die-deutschenblockaden/ (zuletzt abgerufen am 28. 06. 2021), bezeichnet den Gesetzesentwurf zum DNG beispielsweise als „zu unambitioniert“.

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

damit zur freien und unentgeltlichen Nutzungsgewährung gezwungen werden. Da rein private Rechtssubjekte von den Landesinformationszugangsgesetzen grundsätzlich nicht adressiert werden, entsteht auf diese Weise eine strukturelle Chancenasymmetrie im Wettbewerb zu Lasten von öffentlichen Unternehmen. Dieser Zustand verschärft die unter D. VI. skizzierte systemische Zweckentfremdung öffentlicher Unternehmen im Informationsweiterverwendungsrecht und verlangt daher schlussendlich eine Anpassung der nutzungsrechtlichen Komponente der Informationszugangsgesetze. b) Optimierungsansätze Die Entstehung von Chancenasymmetrien und Wettbewerbsnachteilen für öffentliche Unternehmen lässt sich nur dann effektiv vermeiden, wenn öffentliche Unternehmen von dem freien Weiterverwendungsgrundsatz der Landesinformationszugangsgesetze ausgeklammert werden. Umsetzen ließe sich dies durch einen entsprechenden ausdrücklichen Hinweis im Gesetzestext. Im Rahmen von § 10 Abs. 3 HmbTG bietet sich beispielsweise folgende Formulierung an (Einschub in kursiv): „(3) 1 Die Nutzung, Weiterverwendung und Verbreitung der Informationen ist frei, sofern höherrangiges Recht oder spezialgesetzliche Regelungen nichts anderes bestimmen. 2 Das gilt auch für Gutachten, Studien und andere Dokumente, die in die Entscheidungen der Behörden einfließen oder ihrer Vorbereitung dienen. 3 Soweit an Dokumenten im Sinne des Satzes 2 das Urheberrecht eines oder einer Dritten der Nutzung, Weiterverwendung oder Verbreitung entgegenstehen würde, hat die veröffentlichungspflichtige Stelle bei der Beschaffung der Information darauf hinzuwirken, dass ihr die erforderlichen Nutzungsrechte eingeräumt werden. 4 Die Vorschriften dieses Absatzes finden auf Daten und Informationen von natürlichen oder juristischen Personen des Privatrechts im Sinne des § 2 Abs. 3 Hs. 2 HmbTG keine Anwendung. 5 Die Nutzung, Weiterverwendung und Verbreitung ihrer Informationen und Daten richtet sich nach den Vorschriften des Datennutzungsgesetzes (DNG) in der jeweils gültigen Fassung.“

Durch den Satz 5 des Entwurfs wird klargestellt, dass die Daten und Informationen öffentlicher Unternehmen nicht vollständig externen Nutzungsbestrebungen entzogen sind, sondern nur in einem Umfang, der sich potentiell aus Sicht öffentlicher Unternehmen wettbewerbsschädigend auswirkt. Die vormals verdrängten Bereitstellungspflichten des DNG leben wieder auf. Das normative Programm des DNG ist grundsätzlich, wie unter D. VII. 1. beschrieben, dazu geeignet, einen differenzierten Ausgleich zwischen gesellschaftlichen Nutzungs- und unternehmerischen Zurückhaltungsinteressen zu schaffen. Es löst damit auch den Strukturkonflikt zwischen der verfassungsrechtlich angezeigten Zweckprogrammierung und verwaltungsgleichen Offenheitsverpflichtungen interessensgerechter auf als die bisher geltende landesrechtliche pauschale Anordnung einer freien und uneingeschränkten Nutzungsgewährung. Darüber hinaus spricht für landeseinheitliche Verweise auf das Regelungssystem des DNG, dass diese einer fortschreitenden „Zersplitterung“ des Informationsweiterverwendungsrechts entgegenwirken.

VIII. Ergebnis zu Kapitel D. 

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3. Zwischenergebnis Durch die Beibehaltung des Erlaubnisvorbehaltes für Datenbestände von öffentlichen Unternehmen wahrt der nationale Gesetzgeber im Ausgangspunkt die schutzwürdigen Unternehmens- und Wettbewerbsinteressen hoheitlich beherrschter Privatrechtssubjekte. Gleichwohl besteht Optimierungsbedarf. Die größte Lücke im nutzungsrechtlichen Schutzschild öffentlicher Unternehmen klafft bei der Bereitstellung von hochwertigen Datensätzen nach § 9 DNG i. V. m. Art. 13 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 der RL 2019/1024 (EU). An dieser Stelle sind dem nationalen Gesetzgeber jedoch die Hände gebunden. Er muss darauf vertrauen, dass die Europäische Kommission bei der Festlegung hochwertiger Datensätze die Wettbewerbsrelevanz von öffentlichen Unternehmensdaten hinreichend würdigt. Entscheidungsspielräume kommen dem nationalen Gesetzgeber jedoch bei der Einbeziehung rein privater Akteure außerhalb des Sektorenvergaberechts in das Informationsnutzungsrecht zu. Auf diese Weise ließen sich die Wettbewerbsbedingungen von öffentlichen und privaten Unternehmen auf dem Informationsmarkt angleichen. Grenzen setzt an dieser Stelle allein das Verfassungsrecht: Vor dem Hintergrund der Wertungen des Art. 12 Abs. 1 GG muss sich eine Datenteilungspflicht auf marktmächtige Private beschränken. Als ergänzende Maßnahme sollte die Bundesregierung die Entwicklung spezieller Lizenzmodule anstreben, mithilfe derer sich die besonderen Regelungsbedürfnisse öffentlicher Unternehmen in standardisierter Form abbilden lassen. Auf Landesebene sollten öffentliche Unternehmen von weitergehenden Nutzungsgewährungspflichten ausdrücklich befreit werden. Im Gegenzug ist die flächendeckende Anwendung des DNG-Regimes auf Informationen und Daten von öffentlichen Unternehmen anzuordnen. Nur die spezifischen und ausdifferenzierten Schutzmechanismen des DNG erlauben einen angemessenen Interessensausgleich im Einzelfall.

VIII. Ergebnis zu Kapitel D. Das Recht der Nutzung oder Weiterverwendung von Informationen öffentlicher Unternehmen baut inhaltlich zwar auf der Gewährung des Informationszugangs auf, bildet jedoch grundsätzlich ein autonomes Regelungsregime mit einer eigenständigen Zweckrichtung. Im Gegensatz zum Zugangsrecht ist das Nutzungsrecht vorrangig wirtschaftlich motiviert. Durch die Garantie tendenziell niedrigschwelliger Nutzungsmöglichkeiten sollen gesamtgesellschaftliche Innovationspotentiale bestmöglich ausgeschöpft werden. Europäische Richtlinien, namentlich die PSI-Richtlinien, prägen das Weiterverwendungsrecht maßgeblich. Verfassungsrechtliche Direktiven existieren dagegen kaum. Mit der neuen RL 2019/1024 (EU) bezieht der Europäische Gesetzgeber erstmalig auch öffentliche Unternehmen in das Weiterverwendungsregime der

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

PSI-Richtlinien ein. Bis zur Richtlinie 2013/37 (EU) waren öffentliche Unternehmen noch ausdrücklich vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgeschlossen. Die Richtlinie 2019/1024 (EU) entlehnt das Begriffsverständnis des öffentlichen Unternehmens im Wesentlichen dem Vergaberecht, insbesondere der Sektorenvergabe-Richtlinie 2014/25 (EU). In Abgrenzung zu den ebenfalls einbezogenen öffentlichen Einrichtungen ist jedoch in die Begriffsbestimmung der Richtlinie das ungeschriebene Merkmal der „Gewerblichkeit“ hineinzulesen. Eine gewerbliche Tätigkeit soll in diesem Zusammenhang vor allem dort vorliegen, wo ein Unternehmen unter normalen Marktbedingungen mit eigenverantwortlichen Gewinnund Verlustrisiken agiert. Abzulehnen ist eine Gewerblichkeit bei Vorliegen einer marktbezogenen Sonderstellung, die eine Form von Marktversagen voraussetzt. Anders als im Vergaberecht liegt ein gewerbliches Tätigwerden jedoch auch dann vor, wenn das öffentliche Unternehmen zugleich auch in qualitativ und quantitativ untergeordneter Form nicht-gewerbliche Tätigkeiten ausübt. Eine solche Auslegung ist notwendig, um nicht das speziell für öffentliche Unternehmen in der RL 2019/1024 (EU) etablierte Privilegierungssystem zu unterlaufen. Den zentralen Privilegierungsmechanismus bildet dabei der Erlaubnisvorbehalt des Art. 3 Abs. 2. Nach diesem kann das öffentliche Unternehmen anders als öffentliche Stellen und Einrichtungen grundsätzlich selbst über die Gestattung der Nutzung seines eigenen Informations- und Datenmaterials entscheiden. Hinzu kommt, das öffentliche Unternehmen gem. Art. 6 Abs. 2 lit. c der RL 2019/1024 (EU) ausdrücklich vom Grundsatz der kostenfreien Informationsbereitstellung befreit sind und Entgelte nach dem Kostendeckungsprinzip erheben dürfen. Eine Sonderstellung nehmen jedoch grundsätzlich so genannte „hochwertige Datensätze“ ein, die von der Europäischen Kommission gem. Art. 14 der RL 2019/1024 (EU) per delegiertem Rechtsakt festgelegt werden. Der Erlaubnisvorbehalt des Art. 3 Abs. 2 findet auf sie ebenso keine Anwendung wie die entgeltrechtliche Privilegierung öffentlicher Unternehmen. „Hochwertige Datensätze“ sind grundsätzlich kostenfrei bereitzustellen, Art. 14 Abs. 1. In Ausnahmefällen kann die Kommission jedoch nach Art. 14 Abs. 3 der RL 2019/1024 (EU) speziell für öffentliche Unternehmen hiervon abweichen und eine Entgelterhebung zulassen. Die RL 2019/1024 (EU) stellt grundsätzlich nur weiterverwendungsrechtliche Mindeststandards auf. Dort, wo sektorspezifische Regelungen wie die INSPIRE-Richtlinie für Geodaten, die RL 2003/4/EG für Umweltinformationen oder die IVS-Rahmenrichtlinie für Verkehrs- und Reisedaten nutzungsfreundlichere Maßstäbe beinhalten, finden diese vorrangig Anwendung. Der hiesige Gesetzgeber war dazu berufen, die Vorgaben der RL 2019/1024 (EU) in nationales Recht umzusetzen. Hierbei hat er sich für die Ablösung des bislang geltenden IWG und die Schaffung eines Datennutzungsgesetzes (DNG) entschieden, welches die Richtlinienvorgaben ganz überwiegend 1:1 umsetzt. Neben der überschießenden Einbeziehung rein privater Unternehmen werden dabei auch öffentliche Unternehmen nach dem Vorbild des Sektorenvergaberechts erstmalig einbezogen. Die zur Richtlinie erarbeiteten Erkenntnisse zum ungeschriebenen

VIII. Ergebnis zu Kapitel D. 

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Tatbestandsmerkmal der „Gewerblichkeit“ sind insofern zu übertragen. Auch der Gestattungsvorbehalt für öffentliche Unternehmen wurde in § 4 Abs. 2 DNG in nationales Recht umgesetzt. Er fungiert damit auch im nationalen Weiterverwendungsrecht als wichtiger Ausgleichsmechanismus zwischen unternehmerischen Zurückhaltungs- und gesamtgesellschaftlichen Offenlegungsinteressen. Eine Pflicht zur Gestattung der Nutzung besteht nur ausnahmsweise dort, wo das öffentliche Unternehmen bereits einem anderen Dritten eine vergleichbare und nicht gem. § 6 DNG exklusive Form der Nutzung gestattet hat. In diesen Fällen kann jeder Nutzungsinteressent einen subjektiv-rechtlichen Anspruch auf Nutzung aus dem allgemeinen Nichtdiskriminierungsgrundsatz des § 5 Abs. 1 DNG ableiten. Ebenso wie im Rahmen der RL 2019/1024 (EU) sind auch im DNG öffentliche Unternehmen vom Grundsatz der kostenfreien Datenbereitstellung befreit, vgl. § 10 Abs. 2 DNG i. V. m. § 11 Abs. 1 DNG. Auch das DNG kann im Einzelfall mit anderweitigen Nutzungsregelungen kollidieren. § 2 Abs. 4 DNG ordnet in diesem Zusammenhang an, dass das DNG im Zweifelsfall hinter nationalen, nutzungsfreundlicheren Regelungen zurücktritt. Angesichts der Vielzahl potentieller Nutzungsregime auf Bundes- und Landesebene ist hier im Einzelfall stets zu untersuchen, ob sich die anzuwendenden Nutzungsregelungen tatsächlich nutzungsfreundlicher auswirken. Etwa für die zum Teil inhaltlich etwas in die Jahre gekommenen Landesgeodatenzugangsgesetze kann dies nicht pauschal bejaht werden. Dagegen garantieren vor allem moderne Transparenzgesetze in Hamburg, Bremen, Thüringen oder Rheinland-Pfalz grundsätzlich eine kostenfreie und unbeschränkte Nutzung des zugänglich gemachten Informationsmaterials und sind damit vorrangig anwendbar. Diese Entwicklung birgt freilich die Gefahr, dass der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 2 DNG als zentraler Schutzmechanismus für öffentliche Unternehmen unterlaufen wird. An dieser Stelle herrscht dringender Korrekturbedarf. Haftungsrechtlich ist das DNG eher milde ausgestaltet, da es unter anderem weitreichende Möglichkeiten zur lizenzvertraglichen Vereinbarung von Haftungsbegrenzungen vorsieht. Auf diese Weise werden öffentliche Unternehmen durchaus dazu ermutigt, von der Gestattung der Nutzung ihres Informationsmaterials gem. § 4 Abs. 2 DNG großzügig Gebrauch zu machen. Das Wettbewerbsrecht kann im Rahmen des Weiterverwendungsrechts grundsätzlich als Auslegungshilfe herangezogen werden, zur Begründung eigenständiger und weitergehender Nutzungsansprüche eignet es sich dagegen nicht. Insgesamt bleibt zu konstatieren, dass öffentliche Unternehmen nur bedingt als Wirkungskatalysator für die Zwecke des Informationsweiterverwendungsrechts eingesetzt werden können, da die ganz überwiegend wirtschaftlich geprägte Zielrichtung des DNG in Konflikt mit der verfassungsrechtlichen Zweckprogrammierung öffentlicher Unternehmen gerät. Die Ermöglichung externer Nutzungsmöglichkeiten wirkt sich prinzipiell zu Lasten der eigenen Wettbewerbsfähigkeit öffentlicher Unternehmen aus und bedroht damit die Effektivität der öffentlichen Aufgabenerfüllung. Auch zur Sicherstellung möglichst fairer Wettbewerbsbedin-

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D. Die Weiterverwendung von Informationen 

gungen muss daher der Erlaubnisvorbehalt für öffentliche Unternehmen gem. § 4 Abs. 2 DNG auch entgegen vereinzelt kritischer Stimmen grundsätzlich beibehalten werden. Rechtspolitisch wäre es zudem sinnvoll, marktmächtige Privatunternehmen mit öffentlichen Unternehmen gleichzustellen und ebenso dem Weiterverwendungsregime des DNG zu unterwerfen. Auch das Verfassungsrecht stünde einer solchen Lösung nicht entgegen. Dort, wo nutzerfreundliche Landesregelungen den Anwendungsbereich des DNG und damit den Schutzmechanismus des Erlaubnisvorbehaltes unterlaufen, sollte der Gesetzgeber tätig werden und öffentliche Unternehmen ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich transparenzrechtlicher Nutzungsvorschriften ausklammern. Angezeigt ist eine Klarstellung, dass in diesen Fällen das ansonsten subsidiäre DNG-Recht einschlägig ist. Nur auf diese Weise lässt sich die „zweckentfremdete“ Sonderstellung öffentlicher Unternehmen im System des Informationsnutzungsrechts interessensgerecht abbilden. Sachdienlich wäre zudem die Ausarbeitung von speziell auf öffentliche Unternehmen zugeschnittenen Lizenzmodulen, die bundesweit verwendet werden können und damit die Etablierung von einheitlichen und leicht handhabbaren Nutzungsbedingungen ermöglichen.

E. Ausblick Die Zukunft des Informationsfreiheitsrechts spielt auf Transparenzportalen. Der maßgeblich von Hamburg angestoßene Trend zur sukzessiven Ausweitung proaktiver Veröffentlichungspflichten wird sich auch in den nächsten Jahren auf Bundes- wie Landesebene fortsetzen. Die Vision hinter der Schaffung von antragsunabhängiger Verwaltungspublizität erscheint auf den ersten Blick verheißungsvoll: Demokratische Meinungs- und Willensbildungsprozesse, Kontrolle und Akzeptanz sollen unmittelbarer, effektiver und nachhaltiger gefördert, ökonomische Wertschöpfungspotentiale schneller aktiviert und ausgeschöpft werden. Ob diese auf dem Papier flamboyante Idealvorstellung auch in der nüchternen Verwaltungsrealität verfängt, bleibt abzuwarten. Entscheidend wird sein, inwieweit Landes- und Bundesgesetzgeber bereit sind, stets ein prüfendes Auge auf die neu geschaffenen Transparenzportale zu werfen. Die nicht mehr aufzuhaltende Metamorphose der Informationsfreiheit vom einfachen Akteneinsichtsrecht hin zur nutzerorientieren Echtzeit-Datenbereitstellung muss von Wissenschaft und Politik fortwährend kritisch begleitet und hinterfragt werden: Neben einer empirischen Analyse der tatsächlichen Datennutzung und Nachfrage muss sich künftig eine wirtschaftswissenschaftliche Forschung anschließen, die den ökonomischen Nutzen einer flächendeckenden Informationsverfügbarkeit näher präzisiert und kategorisiert. Zugleich sollte sich die Soziologie und Psychologie der Frage nähern, ob und inwiefern eine stetig wachsende Informationsmenge nicht auch die Gefahr birgt, die Verarbeitungskapazität des einzelnen Bürgers zu übersteigen. Konkret geht es dabei um den informationellen Scheitelpunkt, ab dessen Erreichen das wachsende Transparenzangebot der Verwaltung tendenziell nicht mehr dazu imstande ist, einen gesellschaftspolitischen Mehrwert zu schaffen. Es wäre trügerisch, in der rechtspolitischen Transparenz-Debatte den Umstand auszublenden, dass auch die Information als „Währung der Demokratie“ im Sinne Thomas Jeffersons einer ganz eigenen Inflationsgefahr ausgesetzt sein kann. Informationelle Sättigungserscheinungen oder gar eine kollektive Überforderung durch einen „information overload“ sind denkbare Konsequenzen, die es zukünftig zu verhindern gilt. Auch aus der Sicht öffentlicher Unternehmen birgt die Ausweitung proaktiver Veröffentlichungsmodi besondere Gefahren: In ihrer aktuellen Ausgestaltung verpflichten Landestransparenzportale ganz überwiegend auch öffentliche Unternehmen zur antragsunabhängigen Publikation ihres Informationsmaterials. Sie lösen dabei jedoch das bestehende Spannungsfeld zwischen Gewinnerzielung, Daseinsvorsorge und Transparenz perspektivisch nicht oder zumindest nur unzureichend auf. Öffentliche Unternehmen bleiben auch im Informationsfreiheitsrecht 2.0. grundsätzlich zweckentfremdete Regelungsadressaten. Die Implementierung pro-

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E. Ausblick

aktiver Informationsmechanismen ändert insbesondere nichts an der strukturellen Unvereinbarkeit von unternehmerischen Rentabilitäts- und gesellschaftlichen Transparenzinteressen. Im Gegenteil, der Konflikt zwischen Offenlegung und Geheimhaltung spitzt sich angesichts der gesteigerten Wirkungsmacht proaktiver Veröffentlichungsmodi sogar weiter zu. Erschwerend kommt hinzu, dass mit dem zunehmenden Bedeutungsverlust reaktiver Informationspflichten perspektivisch auch präventive verfahrensrechtliche Prüfmechanismen zum Schutz legitimer Wettbewerbsinteressen immer seltener Anwendung finden. Einen Ansatz zur langfristigen interessensgerechten Lösung dieses Dilemmas liefert diese Arbeit mit der so genannten „aufgabenbezogenen Auslegung“ der Grenzziehungen des Informationszugangsrechts. Insgesamt gilt es, ein nachhaltiges und ganzheitliches Schutzkonzept für öffent­ liche Unternehmen zu entwickeln, das auch die stetig wachsende Informationsmacht rein privater Akteure in den Blick nimmt. Wie aufgezeigt, versperrt jedenfalls das Verfassungsrecht nicht den Weg zu einer reziproken Datenteilungspflicht für marktmächtige Privatunternehmen. Hier bedarf es legislativen Mutes, insgesamt einen informationsrechtlichen Perspektivwechsel einzuläuten. Anstatt eine „Flucht aus dem Informationsrecht“ künstlich zu verhindern, sollte der Gesetzgeber Anreize für einen bewussten und freiwilligen „Eintritt ins Informationsrecht“ schaffen. Ziel muss es sein, ein „level playing field“ zwischen öffentlichen und rein privaten Marktteilnehmern herzustellen, das im besonders volatilen Informationsmarkt beiden Parteien langfristige Investitions- und Innovationssicherheit garantiert. Gelingt dies, ist der Weg für eine ungehinderte Nutzung von Synergie- und Kooperationseffekten frei. Versäumen es Gesetzgeber und Rechtsanwender jedoch, bestehende Chancenasymmetrien zu beseitigen und insbesondere öffentliche Unternehmen im Informationsmarkt ausreichend zu schützen, droht langfristig die Ausweitung semipermeabler Informationsströme, an deren Ende die sukzessive Absorption staatlicher Lenkungs- und Versorgungsmacht durch private Akteure steht. Freilich sind öffentliche Unternehmen nicht dazu verdammt, tatenlos zu verfolgen, ob und wie die Landes- und Bundesgesetzgeber ihre Wettbewerbsinteressen zukünftig zu schützen versuchen. Vielmehr bleibt es ihnen unbenommen, sich bis zu einem bestimmten Grad selbstständig gegen die eigentümlichen Risiken des Informationsfreiheitsrechts abzusichern. Es ist öffentlichen Unternehmen dringend anzuraten, die Herausforderungen der „Informationsgesellschaft“ von sich aus aktiv anzunehmen und einen besonderen Fokus auf die Initiierung interner Digitalisierungs- und Modernisierungsprozesse zu legen. Die Bestellung eines eigenen, besonders geschulten, Transparenzbeauftragten, der das Unternehmen bei dieser Entwicklung unterstützt sowie als zentraler Ansprechpartner für Behörden und Informationsinteressenten agiert, wäre in diesem Zusammenhang ein erster sinnvoller Schritt. Befragungen bei öffentlichen Unternehmen lassen jedoch derzeit befürchten, dass nicht wenige Unternehmen die „Herkulesaufgabe“1 der Verwal 1

Rüdebusch, KommJur 2020, 41.

E. Ausblick

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tungsdigitalisierung schlicht verschlafen.2 Dieser Zustand ist äußerst bedenklich. Ohne effektive interne Informationsorganisation droht die ständige Behauptung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit im unübersichtlichen und teils inkohärenten Normgeflecht des Informationsfreiheitsrechts zur Sisyphusarbeit zu geraten. Inmitten aller drohenden Gefahren und Risiken zeichnen sich jedoch auch Entwicklungen ab, die aus der Sicht öffentlicher Unternehmen hoffnungsvoll stimmen. Anders als zuweilen der nationale Gesetzgeber erkennt die Europäische Union in der RL 2019/1024 (EU) die besondere Schutzbedürftigkeit öffentlicher Unternehmen in einem wettbewerbsgetriebenen Umfeld ausdrücklich an. Auch wenn noch nicht im Einzelfall abzusehen ist, in welchem Ausmaß die Europäische Kommission bei der Festlegung von „hochwertigen Datensätzen“ auf die Wettbewerbssituation öffentlicher Unternehmen tatsächlich Rücksicht nimmt, ist dies ein wichtiges Signal auch für die Mitgliedsstaaten, öffentliche Unternehmen nicht pauschal als verwaltungsgleiche Transparenzverpflichtete zu betrachten und zu behandeln. Der Hinweis ermahnt zur ständigen Anerkennung des Umstandes, dass auch öffentliche Unternehmen ihre „Währung der Demokratie“ im Sinne Jeffersons handeln und notfalls zurückhalten können müssen. Nur unter dieser Prämisse vermag das Informationsfreiheitsrecht insgesamt die zu Beginn dieser Arbeit noch als unversöhnlich beschriebene Trias von Aufgabenerfüllung, Wirtschaftlichkeit und Transparenz dauerhaft und nachhaltig auszubalancieren.

2 So offenbart der Auswertungsbericht zur VKU-Mitgliederbefragung „Digitalisierung in der kommunalen Wasserwirtschaft“ vom 5. Oktober 2017, S. 3, dass über die Hälfte der befragten kommunalen Unternehmen noch nicht über eine Digitalisierungsstrategie verfügt. Der Bericht ist abrufbar unter: https://www.vku.de/fileadmin/user_upload/Verbandsseite/Themen/ Digitalisierung/171108_Auswertungsbericht_zur_VKU-Mitgliederbefragung_Digitalisierung_ FINAL.pdf (zuletzt abgerufen am 02. 11. 2020).

F. Zusammenfassung der wesentlichen Forschungsergebnisse in Thesen Kapitel B. (1) Der Begriff der Information ist im Recht nicht einheitlich definiert. Eine Gesamtschau von unterschiedlichsten Definitionsansätzen aus Gesetzgebung, Literatur und Rechtsprechung legt jedoch den Schluss nahe, dass das Phänomen „Information“ jedenfalls auf einem Speichermedium manifestierte Interpretationsleistungen beschreibt. Informationen bewegen sich gemeinsam mit „Daten“ und „Wissen“ in dynamischen Wechselwirkungsprozessen. (2) Aus rein wissenschaftlicher Perspektive sind Informationen von Daten abzugrenzen. Das „Datum“ bildet einen geistig unverarbeiteten Rohstoff in Form eines bloßen Zeichengebildes, aus dem mittels einer anschließenden Interpretations- und Kontextualisierungsleistung eine Information erstellt werden kann. (3) Als „Wissen“ wird eine Form verarbeiteter, interpretierter Information beschrieben. Das Merkmal der „Neuheit“ eignet sich nicht zur trennscharfen Unterscheidung beider Phänomene, da es sich nicht mit dem dynamischen Wirkungsverständnis von Informationen verträgt. Stattdessen ist danach zu fragen, ob die Interpretationsleistung auch auf einem physischen Speichermedium verkörpert ist. Ist dies nicht der Fall, handelt es sich grundsätzlich um „Wissen“. Die Unterscheidung wird im Informationsweiterverwendungsrecht relevant, da die Erlangung von „Wissen“ grundsätzlich keine „Nutzung“ im Sinne des DNG darstellt. (4) Eine Information ist bei einem öffentlichen Unternehmen „vorhanden“, wenn sie so tatsächlich und dauerhaft in dessen Herrschafts- und Einflussbereich vorliegt, dass ein jederzeitiger Zugriff auf sie erfolgen kann. Informationserhebungsansprüche begründet das Informationsfreiheitsrecht nicht. (5) Der Zugang zu Verwaltungsinformationen prägt in der modernen „Informationsgesellschaft“ zunehmend das gesellschaftlich-demokratische wie auch das ökonomische Zusammenleben aller Individuen. Die Gewährung von Informationen der öffentlichen Hand befähigt den Einzelnen zur gedanklichen De- und Rekonstruktion hoheitlicher Tätigkeiten und politischer Zusammenhänge und bildet damit die Grundlage für die demokratische Meinungs- und Wissensbildung. (6) Gleichzeitig werden Informationen der öffentlichen Hand verstärkt zu bedeutsamen Wirtschaftsgütern. Aufgrund ihrer charakteristischen Eigenschaften der Nichtrivalität im Konsum und Nichtausschließbarkeit sind sie grundsätzlich mannigfaltigen Nutzungs- und Verwertungsmöglichkeiten zugänglich. Mittels

F. Zusammenfassung der wesentlichen Forschungsergebnisse in Thesen

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Aggregation, Kombination und „Veredelung“ von öffentlichen Informations- und Datenbeständen lassen sich vor allem digitale Technologien, Anwendungen und Mehrwertdienstleistungen entwickeln. (7) Der Begriff des „öffentlichen Unternehmens“ lässt sich im Ausgangspunkt auf das Europäische (Wettbewerbs-)Recht zurückführen. Diesem liegt ein funktionales Begriffsverständnis zu Grunde. Hiernach ist ein Unternehmen jede Einheit, die entgeltlich Waren und Dienstleistungen am Markt anbietet, unabhängig von der gewählten Rechtsform. Zu einem „öffentlichen“ Unternehmen wird die wirtschaftlich tätige Einheit, wenn sie hoheitlich „beherrscht“ wird. Wann eine „Beherrschung“ vorliegt, bestimmt sich grundsätzlich nach wertenden Kriterien des Einzelfalles unter Berücksichtigung der Mehrheitsverhältnisse und der Gesellschaftsform. (8) Das Informationsfreiheitsrecht stellt nicht durchgehend auf den Begriff des „öffentlichen Unternehmens“ ab. Während die RL 2019/1024 (EU) diesen Ausdruck explizit verwendet, rekurrieren insbesondere die Informationszugangsgesetze terminologisch auf „Behörden“ oder „juristische Personen des Privatrechts“. Das neu geschaffene DNG spricht wiederum von „Unternehmen der Daseinsvorsorge“. Im Kern erfassen die abweichenden Begrifflichkeiten zwar auch hoheitlich beherrschte wirtschaftliche Einheiten und damit „öffentliche Unternehmen“ im Sinne des Wettbewerbsrechts. Eine gesetzesübergreifende, einheitliche Verwendung des Begriffs „öffentliches Unternehmen“ würde jedoch erheblich zur Vereinfachung der Rechtsanwendung beitragen. (9) Die Gründung und der Betrieb öffentlicher Unternehmen sind grundsätzlich verfassungs- und europarechtlich zulässig, stehen jedoch unter dem Vorbehalt einfachgesetzlicher Schranken. Das Kommunalrecht fordert, dass ein öffentlicher Zweck den Einsatz öffentlicher Unternehmen rechtfertigt, die wirtschaftliche Tätigkeit nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zu der Leistungsfähigkeit der Gemeinde steht und die Leistung nicht mindestens ebenso gut oder besser durch einen Privaten erfüllt werden kann. (10) Die Wahl privatrechtlicher Organisationsformen ermöglicht flexiblere Handlungsstrukturen und selbstständigere Entscheidungsprozesse. Der organisatorische Autonomiegewinn geht jedoch regelmäßig mit dem Verlust hoheitlicher Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten einher und gerät damit in den Konflikt mit dem Rechtsstaats- und Demokratieprinzip aus Art. 20 Abs. 1, 2 GG. Aus diesem Grund stellen das Haushalts- bzw. das Kommunalrecht besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages oder der Binnenorganisation, um zu verhindern, dass verfassungsrechtlich gebotene Legitimationszusammenhänge suspendiert werden. Besonders relevant wird die Implementierung und Sicherung staatlicher Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten innerhalb der von einer starken Leitungsautonomie geprägten Aktiengesellschaft. Als besondere Ausprägung des in Art. 114 Abs. 2 S. 1 GG wurzelnden Wirtschaftlichkeitsgebots ordnet das einfache Recht zudem an, dass nur gesellschaftsrechtliche Rechtsformen zulässig

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sind, bei denen die öffentliche Hand eine unbeschränkte Einstandspflicht ausschließen kann. (11) Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform handeln und haften grundsätzlich nach zivilrechtlichen Maßstäben. Gemäß § 11 Abs. 1 S. 1 InsO kann über sie ein Insolvenzverfahren eröffnet werden. (12) Die Grundrechtsfähigkeit und Grundrechtsbindung öffentlicher Unternehmen hängen von dem Grad des Einflusses der öffentlichen Hand ab. Eigengesellschaften, deren Anteile vollständig im Eigentum der öffentlichen Hand stehen, sind stets grundrechtsgebunden und niemals grundrechtsfähig. Bei gemischtwirtschaftlichen Unternehmen ist zu unterscheiden. Ist der öffentliche Anteilseigner nach einer funktionalen Betrachtungsweise dazu in der Lage, die Unternehmensgeschicke aktiv-gestalterisch zu steuern, zu lenken und zu leiten, ist das öffentliche Unternehmen insgesamt der „öffentlichen Sphäre“ zuzurechnen und damit grundrechtsgebunden und nicht grundrechtsfähig. Andernfalls könnte die öffentliche Hand durch einen einfachen Organisationsformenwechsel ihre materielle Grundrechtsbindung abstreifen. Ist die öffentliche Hand dagegen in nicht-beherrschender Form beteiligt, kann sich das Unternehmen auf Grundrechtspositionen berufen und unterliegt keiner Grundrechtsbindung. Kapitel C. (1) Dass der Staat dem Bürger voraussetzungslose Auskunftsrechte gewährt, ist keine historisch bedingte Selbstverständlichkeit. Im Gegenteil, die hiesige Verwaltungstradition war jahrzehntelang von dem Arkanprinzip geprägt. Erst der Erlass von IFG und IWG im Jahre 2006 bewirkte einen bundesweiten Paradigmenwechsel im Informationsfreiheitsrecht. § 1 Abs. 1 S. 1 IFG verleiht seitdem jedem Bürger einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. In den letzten Jahren treten vor allem auf Landesebene zunehmend Informationsfreiheitsgesetze der 2. Generation (sog. „Transparenzgesetze“) in Kraft. Diese beinhalten schwerpunktmäßig proaktive Informationsbereitstellungsmodi, die nicht nur als partielle Ergänzung, sondern als vollwertiger Ersatz reaktiver Zugangsmechanismen ausgestaltet sind. (2) Aus dem Völkerrecht lassen sich grundsätzlich keine unmittelbaren reaktiven Informationszugangsrechte gegenüber öffentlichen Unternehmen ableiten. Lediglich die von der Bundesrepublik ratifizierte Aarhus-Konvention zwingt den Bundesgesetzgeber zur Schaffung von antragsunabhängigen Auskunftsansprüchen gegenüber hoheitlich kontrollierten Wirtschaftsunternehmen, freilich bereichsspezifisch begrenzt auf Umweltinformationen. Diesem Auftrag ist der Bundesgesetzgeber mit dem Erlass des UIG nachgekommen (siehe hierzu im Detail die These Nr. 8, Kapitel C.). (3) Auch die Europäischen Verträge und Verordnungen vermitteln prinzipiell keine flächendeckenden reaktiven Auskunftsrechte. Öffentliche Unternehmen müssen lediglich gem. Art. 15 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 2016/679 Betroffenen darü-

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ber Auskunft erteilen, ob sie deren persönliche Daten verarbeiten bzw. verarbeitet haben. Das Hauptinstrument der Union zur Herstellung einer reaktiven Informationsöffentlichkeit sind Richtlinien. Vor allem die Umweltinformationsrichtlinien RL 90/313/EWG und RL 2003/4/EG gewähren dem Einzelnen Auskunftsansprüche gegenüber öffentlichen Unternehmen in Bezug auf Umweltinformationen. In Einklang mit den Vorgaben der Aarhus-Konvention ist für eine Informationsverpflichtung privater Rechtssubjekte entscheidend, dass diese von der öffentlichen Hand kontrolliert werden. (4) Das Grundgesetz verpflichtet den Gesetzgeber grundsätzlich nicht zur Schaffung von allgemeinen antragsunabhängigen Auskunftsrechten. Die Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 GG verbürgt nur das Recht, sich aus „allgemein zugänglichen“ Quellen ungehindert zu unterrichten. Zur Herstellung einer allgemeinen Zugänglichkeit im Sinne des Art. 5 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 GG bedarf es nach herrschender und zutreffender Auffassung eines legislativen Aktivierungsaktes. Die Gegenansicht aus der Literatur, nach der Informationsbestände der öffentlichen Hand stets „allgemein zugänglich“ und damit von der Informationsfreiheit erfasst seien, überzeugt nicht. Sie beruht auf der Annahme, dass das Rechtsstaats- und Demokratieprinzip aus Art. 20 GG grundsätzlich zu einer allgemeinen Verwaltungsöffentlichkeit zwingen. Dieser Gehalt kann in die Staatsstrukturprinzipien jedoch auch nicht im Wege einer „demokratischen Neuinterpretation“ hineingelesen werden. Die Garantien des Art. 20 Abs. 1, 2 GG beinhalten lediglich einen abstrakten Öffentlichkeitsauftrag und verpflichten den Gesetzgeber in diesem Zuge nur zu Schaffung von informationellen Minimalstandards. Diese sind bereits durch die Einführung von verfahrensrechtlichen Anhörungs- und Akteneinsichtsrechten (§§ 28, 29 VwVfG) erfüllt. (5) Verfassungsunmittelbare Auskunftsrechte lassen sich jedoch bereichsspezifisch aus der Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG ableiten. Diese grundsätzlich systemfremde Konstruktion ist notwendig, da auf Bundesebene kein eigenes Pressegesetz existiert. Entsprechend ist auch die inhaltliche Reichweite des verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruchs der Presse an die Ausgestaltung der Landespressegesetze angelehnt. Trotz missverständlicher Ausführungen der Rechtsprechung in jüngerer Zeit kann sich der Auskunftsanspruch dabei auch gegen öffentliche Unternehmen richten. (6) Anders als das Bundesverfassungsrecht verbürgt Art. 21 Abs. 4 der Brandenburgischen Landesverfassung konkrete und allgemeine Akteneinsichtsrechte des Bürgers. Öffentliche Unternehmen unterfallen dem Begriff der „Verwaltungseinrichtungen“ im Sinne dieser Vorschrift und werden damit landesverfassungsrechtlich ebenso wie „klassische“ Behörden verpflichtet. (7) Das IFG des Bundes zieht den Kreis der informationsverpflichteten Privatrechtssubjekte sehr weit: § 1 Abs. 1 S. 3 IFG erfasst sämtliche Formen gemischtwirtschaftlicher Unternehmen unabhängig von einer hoheitlichen Beherrschung und zieht die Grenze erst bei Formen der materiellen Aufgabenprivatisierung. Auf

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diese Weise soll eine „Flucht ins Privatrecht“ verhindert werden. Die Effektivität der Zugangsregimes des IFG wird jedoch erheblich dadurch gemindert, dass öffentliche Unternehmen zwar materiell, aber nicht formell auskunftsverpflichtet sind. Gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 IFG hat sich der Auskunftsbegehrende grundsätzlich an die Behörde zu wenden, die das Unternehmen zur Aufgabenerfüllung eingeschaltet hat. Dieser prozessuale Umweg leidet unter der vom Gesetzgeber bislang noch nicht behobenen Schwäche, dass die Informationsbeschaffung im Binnenverhältnis von Behörde und Unternehmen nicht unmittelbar sanktionier- und durchsetzbar ist. Die Vorschrift des § 1 Abs. 1 S. 3 IFG erweist sich daher in ihrer derzeitigen Ausgestaltung als „lex imperfecta“. (8) Im Gegensatz zum VIG, welches in der Praxis nur selten nicht-beliehene Privatrechtssubjekte verpflichtet, ergeben sich umfangreiche reaktive Auskunftspflichten für öffentliche Unternehmen aus dem UIG. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 UIG erstreckt sich die Informationspflicht einerseits auf Private, die mit besonderen Rechten und Pflichten ausgestattet sind und andererseits auf Unternehmen, die einer hoheitlichen Kontrolle unterliegen. Im Gegensatz zum IFG und VIG sind öffentliche Unternehmen nach dem UIG unmittelbar formell auskunftsverpflichtet. (9) Reaktive Auskunftsrechte gegenüber öffentlichen Unternehmen gewähren auch die Landesinformationsfreiheitsgesetze. 13 von 16 Bundesländern haben sich bislang für den Erlass eigener Informationsfreiheitsregelungen entschieden. Beklagenswert ist jedoch die äußerst heterogene Ausgestaltung der formellen und materiellen Auskunftspflichtigkeit öffentlicher Unternehmen in den einzelnen Gesetzen. Vor allem die Asynchronität der jeweiligen Zurechnungskriterien, die über die materielle Informationspflichtigkeit entscheiden, führt zu nicht hinnehmbaren Wertungswidersprüchen und Schutzlücken. An dieser Stelle herrscht dringender Vereinheitlichungsbedarf. (10) Um eine möglichst quellennahe Informationserhebung zu ermöglichen, können auch nach dem Landespresserecht Auskunftsansprüche unmittelbar gegen öffentliche Unternehmen gerichtet werden. Das Landespresserecht geht dabei von einem funktional-weiten Behördenbegriff aus, der auch öffentliche Unternehmen des Privatrechts umfasst, die von der öffentlichen Hand beherrscht werden und öffentliche Aufgaben der Daseinsvorsorge erfüllen. Die aktienrechtlichen Beherrschungsmaßstäbe der §§ 16, 17 AktG sind zu übertragen. (11) Einen Sonderweg geht der Bayerische Gesetzgeber mit dem § 39 Abs. 1 BayDSG. Das dort verankerte Auskunftsrecht wird nicht voraussetzungslos gewährt, sondern ist grundsätzlich an die Glaubhaftmachung eines berechtigten Interesses geknüpft. Es reicht damit nicht an die Qualität anderer Landesinformationszugangsrechte heran. Gemäß § 1 Abs. 4 BayDSG werden öffentliche Unternehmen ausschließlich dann erfasst, wenn sie als Beliehener hoheitliche Tätigkeiten ausüben. (12) In Bundesländern, die noch kein eigenes Informationsfreiheitsgesetz erlassen haben (Bayern, Niedersachsen, Sachsen), existieren vereinzelt kommunal-

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rechtliche Informationsfreiheitssatzungen, die Bürgern reaktive Auskunftsrechte gewähren, in ihrer Reichweite jedoch regelmäßig hinter den Landesinformationszugangsgesetzen zurückbleiben. So werden gemischtwirtschaftlich organisierte kommunale Unternehmen typischerweise ausdrücklich von einer Informationspflichtigkeit befreit. (13) Proaktive Veröffentlichungspflichten sind wesentlicher Bestandteil von nationalen und internationalen „Open Government Data“- Strategien. Sie vereinheitlichen und bündeln die zuvor nur freiwillig und fragmentarisch ausgeprägten Publikationspraktiken öffentlicher Stellen auf einem einheitlichen Portal und tragen damit zur Verwirklichung der übergeordneten Zielsetzung „Transparenz, Partizipation und Kollaboration“ bei. (14) Proaktive Veröffentlichungspflichten sind abzugrenzen von staatlichen Publikumsinformationen, die nicht abstrakt-generell, sondern konkret-situativ auftreten. Von regierungsamtlicher Öffentlichkeitsarbeit unterscheiden sich proaktive Veröffentlichungspflichten durch ihre inhaltliche Verarbeitungstiefe. Einer Publikation im Rahmen regierungsamtlicher Öffentlichkeitsarbeit ist typischerweise ein inhaltlicher Prüf-, Interpretations- und Kontextualisierungsprozess vorgeschaltet. (15) Es bestehen strukturelle Unterschiede zwischen reaktiven und proaktiven Veröffentlichungsmodi. Proaktive Informationsbereitstellungspflichten zeichnen sich durch eine deutlich höhere Wirkungsmacht aus und zwingen rein faktisch zu einer Vernachlässigung präventiver Kontrollmechanismen. Beides bedroht die Effektivität des Schutzes von eigenen oder fremden Geheimhaltungsinteressen. (16) Supranationale Rechtsgrundlagen für die Schaffung von proaktiven Veröffentlichungspflichten lassen sich bereichsspezifisch für Geodaten in Art. 7 Abs. 3 der RL 2007/2/EG und für Umweltdaten in Art. 7 Abs. 1 S. 1 der RL 2003/4/EG finden. (17) Aus dem Bundesverfassungsrecht lässt sich kein zwingender Auftrag zur Schaffung von proaktiven Veröffentlichungspflichten ableiten. Staatstrukturprinzipien beinhalten zwar ein „allgemeines Öffentlichkeitsgebot“, jedoch keinen zwingen proaktiven Veröffentlichungsauftrag. Auch der Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG ist erst dann eröffnet, wenn sich der Gesetzgeber selbst aktiv für die Zugänglichmachung einer Informationsquelle entschieden hat. Soweit dies geschieht, ist der Zugang zu diesen Informationen vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG erfasst. (18) Die Vorschrift des Art. 53 S. 1 LV-SH beinhaltet lediglich einen abstrakten Programmsatz. Sie zwingt den Landesgesetzgeber in Schleswig-Holstein nicht zur Schaffung konkreter proaktiver Veröffentlichungspflichten. (19) Die proaktiven Veröffentlichungspflichten des § 11 Abs. 1 IFG sollen den Modus der reaktiven Informationsgewährung nicht ersetzen, sondern lediglich funktional unterstützen. Sie sind daher in ihrer inhaltlichen Reichweite begrenzt

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und erstrecken sich allein auf übergeordnete Meta-Verzeichnisse. Mithin ergibt sich für die von § 11 IFG erfassten Unternehmen kein erhöhtes Risiko der Preisgabe von sensiblen Unternehmensinformationen. Auch § 12a Abs. 1 EGovG verpflichtet öffentliche Unternehmen nicht zum Betrieb proaktiver Informationspolitik. (20) § 6 Abs. 1 S. 3 VIG eröffnet die Möglichkeit zur freiwilligen proaktiven Informationsbereitstellung. Die von § 6 Abs. 3 S. 1 VIG angeordnete Suspendierung von der Richtigkeitsgewähr der bereitgestellten Informationen gilt jedoch nur dann, wenn die Veröffentlichung formal und inhaltlich neutral und nicht-­persuasiv erfolgt. (21) Das Hamburger Transparenzgesetz gilt als „Muster-Transparenzgesetz“, an dem sich andere Landesregelungen orientieren. Es ordnet in § 3 Abs. 1 i. V. m. § 10 Abs. 1 HmbTG weitreichende proaktive Veröffentlichungspflichten an. Öffentliche Unternehmen werden gem. § 2 Abs. 3 HmbTG verpflichtet, soweit sie öffentliche Aufgaben wahrnehmen und einer hoheitlichen Kontrolle unterliegen. Die zwingend zu veröffentlichenden Informationsgegenstände sind katalogartig in § 3 Abs. 1 HmbTG aufgelistet. Von besonderer Wettbewerbsrelevanz sind dabei die Pflichten zur Bereitstellung von Verträgen der Daseinsvorsorge (Nr. 4) sowie Gutachten und Studien (Nr. 8). Dass auch die Vergütungen der Leitungsebene proaktiv offengelegt werden müssen (Nr. 15), ist zwar grundsätzlich mit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung vereinbar. In ihrer konkreten gesetzlichen Ausgestaltung, die keinen Bagatellvorbehalt für hoheitliche Kleinstbeteiligungen beinhaltet, verstößt die Vorschrift jedoch gegen das verfassungsrechtliche Übermaßverbot. (22) Während das Bremer Transparenzgesetz und der Berliner Entwurf für ein Transparenzgesetz auch öffentliche Unternehmen verwaltungsgleich einbeziehen, stellen die Transparenzgesetze in Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, SachsenAnhalt, Thüringen und Baden-Württemberg (noch) keine besonderen Veröffentlichungspflichten für öffentliche Unternehmen auf. Besondere Implikationen für den Konflikt von Geheimhaltungs- und Bereitstellungsinteressen ergeben sich an dieser Stelle nicht. (23) Die Substitution hoheitlicher Veröffentlichungspolitik durch private Initiativen wie FragDenStaat verleiht diesen eine gesteigerte Informations- und Steuerungsmacht. Zur Vermeidung staatlicher Informationsohnmacht darf diese Entwicklung nicht als langfristige Dauerlösung an- und hingenommen werden. (24) Rein theoretisch lassen sich Informationsbereitstellungspflichten der öffentlichen Hand gegenüber privaten Wettbewerber über die kartellrechtliche „essential facilities doctrine“ aus Art. 102 Abs. 1 AEUV und § 19 Abs. 2 Nr. 4 GWB konstruieren. Zwingende Voraussetzung ist jedoch, dass ein marktbeherrschendes öffent­ liches Unternehmen einen Datenbestand akkumuliert hat, der aus Sicht von Dritten „unentbehrliches Ausgangsmaterial“ und damit eine „wesentliche Einrichtung“ für die Erstellung eigener Mehrwertdienste bildet. Hierfür bedarf es einer Form der technischen, rechtlichen oder wirtschaftlichen Unmöglichkeit. Insbesondere die

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argumentativen Hürden für die Annahme einer wirtschaftlichen Unmöglichkeit liegen jedoch im Einzelfall sehr hoch, so dass eine informationelle Inanspruchnahme aufgrund der „essential facilities doctrine“ praktisch schwer begründbar sein wird. Hinzu kommt, dass der Schutz der innerbetrieblichen Geheimnissphäre einen tauglichen Rechtfertigungsgrund für die Zugangsverweigerung darstellt. (25) Im Informationsfreiheitsrecht gilt das Prinzip der limitierten Öffentlichkeit. Informationsfreiheitsgesetze beinhalten Zugangsversagungsgründe zum Schutz privater und öffentlicher Belange. Mit Blick auf den Sinn und Zweck des Informationsfreiheitsrechts sind diese Ausnahmebestimmungen grundsätzlich eng auszulegen. Diese Auslegungsmaxime gilt jedoch nicht absolut: Sie ist angesichts der verfassungsrechtlichen Gleichrangigkeit von privaten und öffentlichen Wettbewerbsinteressen jedenfalls dann nicht anwendbar, wenn sich das Auskunftsersuchen auf potentiell wettbewerbssensible Informationen erstreckt. Auch im Rahmen von proaktiven Veröffentlichungspflichten ist der Auslegungsmaßstab zu modifizieren: Das besondere Risikopotential der antragsunabhängigen Informationsbereitstellung verdichtet sich zu einem tendenziell geheimhaltungsfreundlichen Auslegungsauftrag. (26) Alle Informationsfreiheitsgesetze beinhalten eine Grenze zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Ein wirksamer Geheimnisschutz ist auch für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit öffentlicher Unternehmen von wesentlicher Bedeutung. Der Geheimnisbegriff ist im Wesentlichen der Rechtsprechung zu § 17 UWG a. F. entlehnt. Nach dieser Definition ist ein Geschäftsgeheimnis jede Information, die einen Unternehmensbezug aufweist, nicht offenkundig ist, nach dem Willen ihres Inhabers geheim bleiben muss und an der ein berechtigtes Interesse an ihrer Geheimhaltung besteht. Mangels direkter Anwendbarkeit im öffentlichen Recht kann die Begriffsbestimmung des GeschG allenfalls als indizielle Auslegungshilfe für die einzelnen Tatbestandsmerkmale herangezogen werden. Im Grundsatz ist jedoch von einem autonomen Begriffsverständnis auszugehen. (27) Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind von Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG geschützt. Mangels Grundrechtsfähigkeit öffentlicher Unternehmen können sich diese jedoch nicht hierauf berufen. Ihnen ist jedoch auch bei fehlender ausdrücklicher Klarstellung im Gesetztext eine Berufungsmöglichkeit auf den einfachgesetzlich garantierten Geheimnisschutz nicht verwehrt. Einfachgesetzliche Geheimnisschutzklauseln können absolut (ohne Abwägungsvorbehalt) und relativ (mit Abwägungsvorbehalt) ausgestaltet werden. Beide Lösungen sind verfassungsrechtlich zulässig. (28) Im Rahmen einer geheimnisschutzrechtlichen Abwägungsentscheidung sind Geheimnisschutzinteressen öffentlicher Unternehmen nicht per se gegenüber privaten Offenlegungsinteressen nachrangig. Die Schutzwürdigkeit des Geheimnisses hängt im Wesentlichen davon ab, inwiefern sich eine Veröffentlichung nachteilig auf die Markt- und Wettbewerbsposition des öffentlichen Unternehmens auswirkt. Diese Prognoseentscheidung muss sich am inhaltlichen Gehalt der be-

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gehrten Information orientieren. Bei der Bewertung des Offenlegungsinteresses muss gelten: Je stärker das Informationsverlangen dazu geeignet ist, die informationsfreiheitsrechtlichen Zweckrichtungen von Transparenz, Partizipation und Kontrolle zu fördern, desto höher ist das Offenlegungsinteresse zu gewichten. Zur Vermeidung von „Ausforschungsklagen“ ist hier ein strenger Maßstab anzulegen. Eine Förderung der informationsfreiheitsrechtlichen Zweckrichtung kommt bei Informationen von öffentlichen Unternehmen vor allem im Rahmen der Korruptionsbekämpfung in Betracht. (29) In seltenen Ausnahmefällen schließt der Gesetzgeber für bestimmte Informationsgegenstände jede Geltendmachung von etwaigen Geheimnisschutzinteressen aus, vgl. § 9 Abs. 1 S. 2 UIG. Solange sich diese Regelungen auf Sonderkonstellationen beschränken, sind sie verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. (30) Auch der Schutz des geistigen Eigentums dient der Konservierung wirtschaftlicher (Unternehmens-)Interessen. Der Schutz des geistigen Eigentums ist über Art. 17 Abs. 2 EU-GrCh und Art. 14 Abs. 1 GG abgesichert. Auf beides können sich öffentliche Unternehmen jedoch mangels Grundrechtseigenschaft jedoch nicht berufen. Die Berufung auf einfachgesetzlich geschaffene Grenzen zum Schutz eigenen geistigen Eigentums ist ihnen jedoch nicht verwehrt. (31) Der Schutz des geistigen Eigentums im Informationsfreiheitsrecht beschränkt sich im Wesentlichen auf das Urheberrecht. Gewerbliche Schutzrechte entstehen typischerweise mit ihrer Eintragung in öffentlich einsehbare Register und weisen damit kein Informationsrestriktionspotential auf. (32) Der Schutzgegenstand des Urheberrechts ist das Werk im Sinne des § 2 Abs. 1 UrhG. An diesem können Nutzungs- und Verwertungsrechte eingeräumt und übertragen werden. Im Rahmen des § 6 S. 1 IFG ist im Einzelfall zu untersuchen, ob den eingeräumten Rechten auch ein Informationsrestriktionspotential zukommt. Dies ist vor allem bei dem Erstveröffentlichungsrecht nach § 12 Abs. 1 UrhG der Fall. Im Unterschied zu der für die nicht-wirtschaftliche Behördentätigkeit entwickelten Rechtsprechung des BVerwG können öffentliche Unternehmen auch das arbeitsvertraglich eingeräumte Erstveröffentlichungsrecht einem Informationsbegehren entgegenhalten. Eine Grenze besteht nur dort, wo sich die spezifische Förderungsfunktion öffentlicher Unternehmen für die Ziele des Informationszugangsrechts realisiert (z. B. bei der Korruptionsbekämpfung). (33) Dort wo Informationszugangsgesetze den Schutz geistiger Eigentumsrechte von einer Abwägungsentscheidung abhängig machen, sind die in These 28, Kapitel C. beschriebenen Maßstäbe zur Austarierung von Offenlegungs- und Geheimhaltungsinteressen zu übertragen. (34) Aktienrechtliche Vertraulichkeitspflichten (§§ 93 Abs. 1 S. 2, 116 S. 2, 131 Abs. 3 Nr. 1, 404 Abs. 1 Nr. 1 AktG) setzen sich im Kollisionsfall vollumfänglich gegenüber dem Informationszugangsrecht durch. Dies gilt unabhängig davon, ob der Auskunftssuchende das öffentliche Unternehmen selbst oder die beteiligte Ge-

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bietskörperschaft informationell in Anspruch nimmt. Insbesondere die partielle Lockerung der Geheimhaltungspflicht gemäß § 394 Abs. 1 AktG wirkt allein im Binnenverhältnis von Unternehmen und Behörde und korrespondiert nicht mit einer Abmilderung des Vertraulichkeitsschutzniveaus gegenüber informationssuchenden Dritten. (35) Neben eigenen Schutzgütern können öffentliche Unternehmen auch Rechtspositionen Dritter einem Informationsbegehren entgegenhalten. Die Preisgabe von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen Dritter ist ganz überwiegend von der Einwilligung des Geheimnisinhabers abhängig. Dort, wo Geheimnisse Dritter allein aufgrund einer behördlichen Interessensabwägung offengelegt werden können, muss den externen Geheimnisschutzinteressen aufgrund der Schutzwirkung von Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG in der Regel der Vorrang eingeräumt werden. Praktisch bedeutsam kann auch das Informationsrestriktionspotential von Urheberrechten Dritter sein (zum Beispiel im Rahmen der Erstellung eines Gutachtens). In diesem Zusammenhang kann für öffentliche Unternehmen nicht pauschal unterstellt werden, dass diese sich nach der Zweckübertragungsregelung des § 31 Abs. 5 UrhG von dem Dritten sämtliche, für eine Gewährung des Informationszugangs erforderliche, Nutzungs- und Verwertungsrechte einräumen lassen. Die Weitergabe eines Gutachtens an das beauftragende öffentliche Unternehmen kann auch noch nicht als „Veröffentlichung“ im Sinne des § 6 S. 1 UrhG gewertet werden. (36) Viele Informationsfreiheitsgesetze lassen einen Ausschluss des Informationszugangsrechts auch dort zu, wo fiskalische Interessen der öffentlichen Hand bedroht sind. Diese Vorschrift dient der Vermeidung von „Ausforschungsklagen“, die allein mit dem Zweck angestrengt werden, sich auf Kosten der wirtschaftlichen Interessen öffentlicher Unternehmen eigene Wettbewerbsvorsprünge zu verschaffen. Die von einer Veröffentlichung ausgehende Gefahr für fiskalische Interessen muss von der öffentlichen Hand im Einzelfall konkret dargelegt werden, pauschale Behauptungen oder Vermutungen „ins Blaue hinein“ sind grundsätzlich nicht ausreichend. (37) Das Nebeneinander unterschiedlichster Ausschlussgründe in verschiedenen Informationsfreiheitsgesetzen führt zu Wertungswidersprüchen und Rechtsunsicherheiten. Abhilfe kann nur eine flächendeckende Harmonisierung der gesetzlichen Grenzziehungen schaffen. (38) Gibt das öffentliche Unternehmen veröffentlichungspflichtige Informationen nicht preis, kann es per allgemeiner Leistungsklage jedenfalls zur antragsbasierten Zugangsgewährung verpflichtet werden. Da die Informationszugangsgewährung öffentlicher Unternehmen „in Ausübung eines […] öffentlichen Amtes “ im Sinne des Art. 34 S. 1 GG erfolgt, kann die unterbliebene Information auch ausnahmsweise Amtshaftungsansprüche gegen privatrechtlich organisierte öffentliche Unternehmen auslösen. Gleiches gilt in Fällen, in denen das öffentliche Unternehmen in rechtswidriger Weise geheimhaltungsbedürftige Informationen Dritter offenlegt. Freilich ist im Rahmen von proaktiven Veröffentlichungspflichten eine Lockerung des Haftungsmaßstabes angezeigt, möchte man öffentliche Unterneh-

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men nachhaltig zu großzügigen freiwilligen Publikationspraktiken animieren. Die überwiegend gesetzlich angeordnete Befreiung von der objektiven Richtigkeitsgewähr im Informationszugangsrecht fördert grundsätzlich eine transparenzfreundliche Veröffentlichungspolitik. Stellen öffentliche Unternehmen fehlerhaftes Informationsmaterial zur allgemeinen Verfügung, können sie demnach nur im Ausnahmefall zur Korrektur oder Zahlung von Schadensersatz verpflichtet werden. (39) Bei kritischer Analyse der Gesetzesbegründungen der Informationszugangsgesetze erweist sich die Schaffung von Verwaltungstransparenz nicht als Selbstzweck. Sie dient der Verfolgung rechtsstaatlich-demokratisch und wirtschaftlich fundierter Zielrichtungen. (40) Informationszugang soll zunächst zur demokratisch-gesellschaftlichen Partizipation und zur aktiven Mitgestaltung des politischen Lebens anregen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass sich die „moderne“ Verwaltung aus ihrem konditional-hierarchischen Funktionsapparat löst und neue Beteiligungsmöglichkeiten sowie kooperative Mitgestaltungsoptionen schafft. Die Informationsfreiheitsgesetze legen dabei maßstabsbildend einen aktiv-interessierten, politisch mündigen citoyen zu Grunde. Diese Annahme ist verfassungsrechtlich legitim und mit Blick auf Art. 1 Abs. 1 GG sogar geboten. Ob sie auch der gesellschaftlichen Realität entspricht, kann mit guten Gründen bezweifelt werden. (41) Ferner zielen die Informationsfreiheitsgesetze auf die Schaffung von Akzeptanz, d. h. der konstruktiven Hinnahme und Anerkennung eines Verwaltungsvorgangs. Hierdurch soll die Steuerungs- und Durchsetzungsmacht des regulierenden Staates gesichert werden. Das Gelingen dieser Zielvorstellung hängt auch hier maßgeblich davon ab, inwiefern sich der Einzelne zur politischen Auseinandersetzung animieren lässt. (42) Informationszugangsrechte sollen auch zur Förderung der Verwaltungskontrolle beitragen. In diesem Zusammenhang ist zwischen Korruptionsaufdeckung und Korruptionsprävention zu unterscheiden. Die kontrollfördernde Funktion von Informationszugangsrechten beschränkt sich nicht auf die nachträgliche Ergebniskontrolle, sondern manifestiert sich in einem fortlaufenden, dynamischen (Selbst-) Reflexionsprozess. Die Wirksamkeit der transparenzinduzierten Eigenkontrolle ist jedoch maßgeblich von dem Grad der administrativen Resonanzfähigkeit und -willigkeit abhängig. (43) Zudem soll der eröffnete Informationszugang die grundrechtliche Freiheitsentfaltung des Einzelnen fördern. In der Praxis werden dabei vor allem wirtschaftliche Eigeninteressen verfolgt. (44) Abseits der rechtsstaatlich-demokratischen Zielsetzungen und ausgehend von der Ausweitung proaktiver Veröffentlichungspflichten und der Zunahme gesetzlich festgeschriebener Weiterverwendungsmöglichkeiten rücken wirtschaftspolitische Motivationen für die Eröffnung eines flächendeckenden Informationszugangs immer stärker in den Fokus von Wissenschaft und Praxis.

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(45) Einerseits dient die Schaffung von Informationszugangsrechten der internen Effizienzförderung. Zugangsrechte sollen dynamisch-konstruktive Kommunikationsprozesse anstoßen, durch die vor allem langfristige Steuerungsziele schneller und kostengünstiger verfolgt und erreicht werden können. Zudem zwingen insbesondere proaktive Veröffentlichungspflichten zu innerbehördlichen Modernisierungsbemühungen. (46) Darüber hinaus soll die Gewährung von Informationszugangsrechten externe Innovationspotentiale freisetzen. Informationszugangsrechte dienen in diesem Zusammenhang als notwendige Vorstufe für eine anschließende Weiterverwendung zur Erstellung von digitalen Technologien und Mehrwertdienst­ leistungen. (47) Die Zielsetzungen des Informationsfreiheitsrechts werden jedoch nicht uneingeschränkt durch die Einbeziehung öffentlicher Unternehmen gefördert. Öffentliche Unternehmen werden damit überwiegend zum „Fremdkörper“ im Informationsfreiheitsrecht bzw. zum zweckentfremdeten Regelungsadressaten. Dies ist primär auf den Umstand zurückzuführen, dass Transparenzverpflichtungen in Konflikt mit der rechtsstaatlich gebotenen Zweckprogrammierung öffentlicher Unternehmen geraten. Da kein verfassungsrechtlich zwingender Auftrag zur Schaffung von Informationszugangsrechten gegenüber öffentlichen Unternehmen besteht, muss die Förderung von Verwaltungstransparenz im Zweifel dort zurücktreten, wo die legitimationsstiftende öffentliche Zweckerfüllung hoheitlich beherrschter Unternehmen in Gefahr ist. (48) Die Partizipations- und Aktivierungsfunktion des Informationszugangsrechts lässt sich bereits deshalb nicht übertragen, weil Einflussmöglichkeiten Dritter im Organisationssystem öffentlicher Unternehmen strukturell nicht angelegt sind und auch nicht sinnvollerweise implementiert werden können. (49) Die Zweckrichtung der Akzeptanz- und Vertrauensförderung lässt sich dagegen auch auf öffentlicher Unternehmen übertragen. Sie gerät nicht in den Konflikt mit der verfassungsrechtlichen Zweckprogrammierung. (50) Die Übertragbarkeit der Korruptionsbekämpfungsfunktion muss dort bejaht werden, wo interne und externe Überprüfungsstrukturen öffentlicher Unternehmen kein vergleichbares Kontrollniveau gewährleisten. Dies ist insbesondere im Rahmen der Korruptionsaufdeckung der Fall. (51) Hinsichtlich der Grundrechtsvoraussetzungsschutzfunktion kann ein vollumfänglicher Zielförderungsauftrag öffentlicher Unternehmen nur für die nichtwirtschaftlich orientierte Persönlichkeitsentfaltung angenommen werden. (52) Da öffentliche Unternehmen bereits über ausreichende Kontroll- und Kommunikationsstrukturen außerhalb des Informationsfreiheitsrechts verfügen, läuft die transparenzrechtliche Effizienzförderungsfunktion für sie grundsätzlich ins Leere. Vor dem Hintergrund der Effizienzoptimierung eröffnete externe Einsicht-

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nahmemöglichkeiten können dagegen sogar die funktionsgerechte Gewährleistung der öffentlichen Aufgabenerfüllung in Gefahr bringen. (53) Ein externer Innovationsförderungsauftrag kann öffentlichen Unternehmen allenfalls dort attestiert werden, wo dieses ausnahmsweise aufgrund exklusiver Informationserhebungsmöglichkeiten über ein Informationsmonopol verfügt. Außerhalb dieser Sonderkonstellationen zwänge die Auferlegung von unbeschränkten Informationszugangsrechten jedoch zur einseitigen wirtschaftlichen Förderung von Wettbewerbern. Durch gezielte Abwerbung in profitablen Geschäftsbereichen („informationelles Rosinenpicken“) geriete hierbei die Wettbewerbs- und Überlebensfähigkeit öffentlicher Unternehmen perspektivisch in Gefahr. (54) Der Umstand, dass öffentliche Unternehmen überwiegend zweckentfremdete Regelungsadressaten des Informationsfreiheitsrechts bilden, darf nicht dazu verleiten, sie aus dem Regelungsbereich des Informationszugangsrechts vollständig auszuschließen. Eine umfassende Exklusion wettbewerbsaktiver öffentlicher Unternehmen nach dem Vorbild des § 2 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 ThürTG gerät zu grobmaschig und lässt keinen Raum für interessensgerechte Lösungen im Einzelfall. Um eine juristische „Feinsteuerung“ zu ermöglichen, muss die normative Bewältigung des Konflikts zwischen Wettbewerbstätigkeit und Transparenzförderung auf der Ebene der Ausschluss- und Verweigerungsgründe stattfinden. Konkret kommt eine verfassungsorientierte „aufgabenbezogene“ weite Auslegung der Ausschlussgründe in Betracht. Im Rahmen dieser muss als allgemeiner Maßstab gelten: Je größer das bestehende Bedrohungspotential für die wirtschaftliche Erfüllung von Gemeinwohlaufgaben, desto eher müssen eventuelle Veröffentlichungspflichten zurücktreten. (55) Die Durchführung einer „aufgabenbezogenen Auslegung“ setzt grundsätzlich gesetzlich eingeräumte Abwägungsmöglichkeiten voraus. Wo diese aktuell noch nicht bestehen, sind sie de lege ferenda einzuführen. Absolute Schutzklauseln müssen dagegen abgeschafft werden. Unabhängig hiervon ist eine strukturelle Reform des Systems der Ausschlussgründe angezeigt. Die Anwendbarkeit des Ausschlussgründe auf öffentliche Unternehmen könnte zur Beseitigung von Rechtsunsicherheiten ausdrücklich festgeschrieben werden, auch eine gesetzliche Vorstrukturierung des Abwägungsprozesses oder gar die Einführung eines speziell auf öffentliche Unternehmen zugeschnittenen Ausschlussgrundes bieten sich an. Als ergänzende Maßnahme kommt zudem die Pflicht zur Bestellung eines unternehmenseigenen Informationsbeauftragten in Betracht. Kapitel D. (1) Das Informationsfreiheitsrecht ist dichotomisch aufgebaut. Die beiden Regelungsebenen von Zugang und Weiterverwendung bauen zwar logisch aufeinander auf, sind jedoch inhaltlich strikt voneinander zu trennen. Hinter ihnen stehen unterschiedliche Zielschwerpunkte. Während das Informationszugangsrecht über-

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wiegend rechtstaatlich-demokratisch motiviert ist, verfolgt das Informationsweiterverwendungsrecht vornehmlich wirtschaftspolitische Zwecke. (2) Das hiesige Informationsweiterverwendungsrecht ist maßgeblich von den Europäischen Public Sector-Richtlinien geprägt. Hinter diesen steht die Leitidee eines möglichst offenen und allgemein zugänglichen Informationsbinnenmarktes. Angefangen mit der Richtlinie (EG) 2003/98 sorgt die PSI-Gesetzgebung für einen sukzessiven Abbau von informationellen Weiterverwendungsbarrieren. (3) Die aktuelle RL 2019/1024 (EU) dient primär der digitalen Innovationsförderung. Erstmalig weitet sie den Anwendungsbereich des PSI-Regimes auch auf öffentliche Unternehmen aus. Mit diesem Schritt sollen Rechtsunsicherheiten beseitigt und das bislang schlummernde Potential von Informationen öffentlicher Unternehmen aktiviert werden. (4) Gemäß Art. 2 Nr. 3 der RL 2019/1024 (EU) sind öffentliche Unternehmen in bestimmten Bereichen der Daseinsvorsorge tätige wirtschaftliche Einheiten, die unmittelbar oder unmittelbar einem beherrschenden Einfluss der öffentlichen Hand unterliegen. Die Begriffsbestimmung entspringt grundsätzlich der Sektorenrichtlinie 2014/25 (EU). Um eine trennscharfe Abgrenzung zu den ebenfalls erfassten öffentlichen Einrichtungen zu ermöglichen, ist als ungeschriebene Tatbestandsvoraussetzung das Merkmal der „Gewerblichkeit“ in die Definition des Art. 2 Nr. 3 hineinzulesen. Ein gewerbliches Tätigwerden liegt grundsätzlich dann vor, wenn das Unternehmen schwerpunktmäßig gleichberechtigt mit Privaten im Wettbewerb agiert. (5) Das in Art. 1 Abs. 2 der RL 2019/1024 (EU) festgelegte Ausschlusssystem stellt keine Vollharmonisierung zu informationszugangsrechtlichen Ausschlussgründen dar. Es schließt nicht aus, dass weiterverwendungsspezifische Wertungen Berücksichtigung finden können. (6) Öffentliche Unternehmen werden im Vergleich zu öffentlichen Einrichtungen privilegiert. Sie sind von dem Grundsatz der freien Weiterverwendung nach Art. 3 Abs. 1 befreit und dürfen gemäß Art. 3 Abs. 2 selbstständig die Nutzung ihres Informationsmaterials gestatten. Der Erlaubnisvorbehalt des Art. 3 Abs. 2 findet keine Anwendung, wenn öffentliche Unternehmen zuvor bereits anderen Dritten eine vergleichbare Form der Weiterverwendung gestattet haben. In diesen Fällen gewährt der Nichtdiskriminierungsgrundsatz des Art. 11 dem Nutzungsinteressenten einen Anspruch auf Gestattung der begehrten Nutzung zu gleichen Konditionen. Ferner gilt der Erlaubnisvorbehalt nicht für hochwertige Datensätze im Sinne der Art. 13 und Art. 14 der RL 2019/1024 (EU). (7) Gemäß Art. 8 Abs. 1 der RL 2019/1024 (EU) dürfen öffentliche Unternehmen ebenso wie öffentliche Stellen Nutzungsbedingungen nur aufstellen, wenn diese objektiv, verhältnismäßig und nichtdiskriminierend sowie durch ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel gerechtfertigt sind. Diese Regelung sieht keine speziellen

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Befreiungsmöglichkeiten für öffentliche Unternehmen vor und würdigt daher die besondere Wettbewerbssituation öffentlicher Unternehmen nur unzureichend. (8) Ausschließlichkeitsvereinbarungen sind notwendiges Exklusivitätsvehikel und wettbewerbsbeschränkender Diskriminierungshebel zugleich. Entsprechend dürfen sie gemäß Art. 12 Abs. 2 S. 1 der RL 2019/1024 (EU) nur in Ausnahmefällen vereinbart werden, wenn die Bereitstellung eines Dienstes im öffentlichen Interesse dies erforderlich macht. Dieses Merkmal ist für öffentliche Unternehmen grundsätzlich weit auszulegen. (9) Art. 6 Abs. 2 lit. c der RL 2019/1024 (EU) befreit öffentliche Unternehmen von der Pflicht zur kostenfreien Informationsnutzungsgewährung nach Art. 6 Abs. 1. Öffentliche Unternehmen dürfen die Gestattung der Nutzung an die Zahlung von Entgelten knüpfen, die nach der Kostendeckungsmethode berechnet werden. Die Kostendeckungsmethode erlaubt die Geltendmachung einer angemessenen Gewinnspanne, die auch einen allgemeinen Risikoaufschlag beinhalten darf. (10) Ein Novum der neuen RL 2019/1024 (EU) ist die Einführung von so genannten „hochwertigen Datensätzen“. Als solche werden Dokumente mit besonderem sozioökonomischem Wert beschrieben, die sich besonders für die Schaffung von Arbeitsplätzen und Mehrwertdienstleistungen eignen. Welche konkreten Dokumente konkret unter diese Definition fallen, wird von der Europäischen Kommission per Durchführungsrechtsakt nach Art. 291 AEUV festgelegt. Gemäß Art. 14 Abs. 2 S. 5 der RL 2019/1024 (EU) sind dabei die potentiellen Auswirkungen auf die Wettbewerbssituation öffentlicher Unternehmen besonders zu berücksichtigen. Diese Vorschrift ist nicht als allgemeiner Programmsatz zu lesen, sondern kann konkret zur Ausklammerung von bestimmten Datensätzen öffentlicher Unternehmen zwingen. Die Folgen der Einordnung als „hochwertiger Datensatz“ sind aus der Sicht öffentlicher Unternehmen weitreichend: Neben der Suspendierung des Erlaubnisvorbehaltes des Art. 3 Abs. 2 sind hochwertige Datensätze grundsätzlich kostenlos, in maschinenlesbarem Format, über Anwendungsprogrammierschnittstellen und unter Umständen als „Massen-Download“ bereitzustellen, vgl. Art. 14 Abs. 1 UAbs. 2. Gemäß Art. 14 Abs. 3 werden öffentliche Unternehmen jedoch in den Durchführungsrechtsakten von der Pflicht zur kostenfreien Bereitstellung befreit, wenn die kostenlose Verfügbarkeit hochwertiger Datensätze zu einer Verfälschung des Wettbewerbs auf den betreffenden Märkten führen würde. Dabei soll jedwede potentielle Verfälschung ausreichen, Art. 14 Abs. 3 lässt keinen Raum für Quantifizierungen. (11) Das Weiterverwendungsregime der RL 2019/1024 (EU) kann von bereichsspezifischen Regelungen punktuell überlagert werden. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass sich die dortigen Vorgaben prinzipiell nutzungsfreundlicher auswirken. Dies ist für das Weiterverwendungsregime der INSPIRE-RL 2007/2 (EG), der Umweltinformationsrichtlinie 2003/4 (EG) und die delegierten Verordnungen zur IVS-Rahmenrichtlinie 2010/40 (EU) grundsätzlich zu bejahen.

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(12) Das nationale Informationsweiterverwendungsrecht ist kaum verfassungsrechtlich vorgeprägt. Das Grundgesetz verpflichtet den Gesetzgeber nicht zur Schaffung von freien und unbeschränkten Nutzungsmöglichkeiten. (13) Mit dem im Juli 2021 in Kraft getretenen Datennutzungsgesetz setzt der nationale Gesetzgeber die Vorgaben der RL 2019/1024 (EU) ganz überwiegend inhaltsgleich um und zielt darauf ab, die Verfügbarkeit und Nutzung offener Daten zu vereinfachen und zu standardisieren. Mit der Verwendung des Begriffs der „Daten“ möchte der Gesetzgeber keine inhaltliche Abweichung zu dem vormals im IWG geltenden Informationsbegriff herbeiführen, sorgt dabei jedoch bedauerlicherweise für eine terminologische Asynchronität zu den geltenden Informationszugangsgesetzen. (14) Das DNG erstreckt sich nach § 2 Abs. 2 grundsätzlich auf Daten von Hochschuleinrichtungen, öffentlichen Stellen und „Unternehmen der Daseinsvorsorge“. Mit letzterem Begriff weicht der Gesetzgeber bewusst von den Vorgaben der RL 2019/1024 (EU) ab und bezieht neben öffentlichen auch private Unternehmen in den Anwendungsbereich des Gesetzes ein, die in Bereichen des Sektorenvergaberechts (Wasser, Energie, Verkehr) tätig sind und dabei gesetzlich eingeräumte Sonderrechte genießen. Angesichts der breiten gesetzgeberischen Spielräume bei der Ausgestaltung der Wettbewerbs- und Informationsordnung begegnet die Unterwerfung Privater unter das Regelungsregime des DNG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. (15) Wie bereits das IWG baut auch das Weiterverwendungsregime des DNG grundsätzlich auf dem Informationszugangsrecht auf: Das DNG findet keine Anwendung auf Daten, die nicht oder nur eingeschränkt zugänglich sind, vgl. § 2 Abs. 3 Nr. 1 lit. a. Dieser systematische Gleichlauf ist auch notwendig, um zu verhindern, dass das Weiterverwendungsrecht nicht kompetenzüberschreitend die Wertungen des Zugangsrechts außer Kraft setzt. Umgekehrt sind Ausschlussregelungen wie § 82 Nr. 5 HDSIG, mit denen der Zugangsgesetzgeber selbst auf mittelbare Weise bestimmte Arten der Weiterverwendung für unzulässig erklärt, unionsrechtswidrig. Eine eingeschränkte Zugänglichkeit im Sinne des § 2 Abs. 3 DNG liegt bereits dann vor, wenn das Zugangsrecht eine Abwägungsentscheidung anordnet, unabhängig davon, ob diese im Ergebnis zu Gunsten des Informationszugangs ausfällt. Angesichts der Tatsache, dass im Informationszugangsrecht die Schaffung von Abwägungsklauseln dringend angezeigt ist, ist dieser Zustand bedauerlich, zumal er nicht europarechtlich geboten ist. Er sollte de lege ferenda dahingehend korrigiert werden, dass sich § 2 Abs. 3 Nr. 1 lit. a nur auf Fälle erstreckt, in denen die Abwägungsentscheidung im Ergebnis den Informationszugang sperrt. (16) Der Ausschlussgrund des § 2 Abs. 3 Nr. 1 lit. b DNG („entgegenstehendes geistiges Eigentum Dritter“) findet keine Anwendung, wenn der Urheber potentiell nutzungsausschließende Urheberrechte auf das öffentliche Unternehmen übertragen hat. Bei gegen Entgelt in Auftrag gegebenen Gutachten und Studien darf

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jedoch nicht gemäß § 31 Abs. 5 S. 2 UrhG vermutet werden, dass sich das öffentliche Unternehmen auch sämtliche für eine Nutzungsgewährung nach dem DNG erforderlichen Verwertungsrechte einräumen lässt. (17) § 4 Abs. 1 DNG erklärt die freie Datennutzung zum Regelfall und vermittelt jedem Nutzungsinteressenten damit ein subjektiv-öffentliches Recht auf Datennutzung. Zwischen dem Begriff der „Nutzung“ und der „Weiterverwendung“ im Sinne der RL 2019/1024 (EU) bestehen keine inhaltlichen Unterschiede. Gemäß den Vorgaben der RL 2019/1024 (EU) befreit jedoch § 4 Abs. 2 des DNG öffentliche Unternehmen ausdrücklich von diesem Grundsatz. Die Nutzung von Informationen öffentlicher Unternehmen soll nur zulässig sein, soweit das Unternehmen die Nutzung zugelassen hat. In der stillschweigenden proaktiven Veröffentlichung einer Information kann für sich allein noch keine taugliche Zulassung gesehen werden. Die Zulassungsentscheidung muss sich vielmehr in außen klar erkennbaren, zusätzlichen Umständen manifestieren. (18) Da das DNG grundsätzlich zu der Frage schweigt, welche Verfahrensanforderungen für den Fall gelten sollen, dass ein Nutzungsinteressent die Zulassung der Nutzung beantragt, sollte der nationale Gesetzgeber hier aktiv werden und diese Regelungslücke mindestens über die Veröffentlichung von unverbindliche Leit­ linien, Handreichungen oder Empfehlungen schließen. Bei der Erarbeitung dieser kann sich der Gesetzgeber an den Vorgaben des Art. 4 der RL 2019/1024 (EU) orientieren. Im Einklang mit Art. 4 Abs. 6 lit. a DNG sollten die Verfahrensregelungen für öffentliche Unternehmen grundsätzlich flexibler ausgestaltet werden als für andere DNG-Verpflichtete. (19) Öffentliche Unternehmen in Privatrechtsform können die Nutzungsmodalitäten bei der Bereitstellung ihrer Daten nur in privatrechtlicher Form ausgestalten. Die Anforderungen an die inhaltliche Zulässigkeit einer Nutzungsbestimmung sind nicht allzu hoch anzusetzen. Ob eine Nutzungsbestimmung „unverhältnismäßig“ im Sinne des § 4 Abs. 3 S. 1 DNG ist, muss durch eine wertende Betrachtung im Einzelfall unter besonderer Berücksichtigung des Ausmaßes der drohenden Sanktion bei Nichterfüllung bestimmt werden. (20) Das DNG forciert die Verwendung von offenen (Standard-)Lizenzen, vgl. § 4 Abs. 3 S. 2 DNG. Bestehende Internationale (Creative Commons, Open Data Commons) und nationale (Datenlizenz Deutschland) Lizenzmodelle eignen sich nicht für eine Verwendung durch öffentliche Unternehmen, da sie deren spezifische Regelungsbedürfnisse als Marktteilnehmer nur unzureichend abbilden. Es ist daher dringend angezeigt, speziell auf öffentliche Unternehmen zugeschnittene Lizenzmodelle zu entwickeln. (21) Ausschließlichkeitsvereinbarungen sind gem. § 6 Abs. 2 S. 1 DNG nur zulässig, wenn sie zur Bereitstellung eines Dienstes im öffentlichen Interesse erforderlich sind. Dies ist der Fall, wenn ein öffentliches Unternehmen ohne die Möglichkeit zum Abschluss einer Ausschließlichkeitsvereinbarung im konkreten

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Fall potentiell oder tatsächlich mehr als nur unerheblichen Wettbewerbsnachteilen ausgesetzt wäre. (22) Nach § 2 Abs. 4 Var. 2 DNG bleiben nutzerfreundlichere Bereitstellungsanforderungen aus anderen Rechtsvorschriften unberührt. Nutzerfreundlichere Regelungen können sich beispielsweise aus dem GeoZG des Bundes, den delegierten Verordnungen zur IVS-Rahmenrichtlinie 2010/40 (EU) und Landesinformationszugangsgesetzen ergeben. (23) Verweigert ein öffentliches Unternehmen rechtswidrig die Gestattung der Nutzung eigenen Informationsmaterials, kann der Einzelne das öffentliche Unternehmen im Wege der allgemeinen Leistungsklage hierzu verpflichten. Mangels „Ausübung eines öffentlichen Amtes“ kann der Einzelne keine Amtshaftungsansprüche geltend machen, sondern ausschließlich zivilrechtliche Ersatzansprüche. Verdichtet sich die Gestattungserteilung nach § 5 Abs. 1 DNG zu einem Kontrahierungszwang, kommt eine Schadensersatzpflicht nach § 826 BGB in Betracht. Anreize zur freiwilligen Informationsbereitstellung schafft die Tatsache, dass die Suspendierung von der Richtigkeitsgewähr im Informationszugangsrecht auch auf das Weiterverwendungsrecht übertragen werden muss und sich damit haftungsbegrenzend auswirkt. Auch die Vereinbarung von Haftungsbeschränkungen ist im Rahmen der Grenzen der §§ 305 ff. BGB zulässig. (24) Das Wettbewerbsrecht kann als Auslegungshilfe für wertungsoffene Begriffe des DNG fruchtbar gemacht werden. Dass sich über das Wettbewerbsrecht eigenständige, inhaltlich umfangreichere, Weiterverwendungsrechte begründen lassen als über die RL 2019/1024 (EU) und das DNG, erscheint insgesamt angesichts der vielfältigen wettbewerbsrechtlichen Privilegierungsmöglichkeiten für öffentliche Unternehmen zweifelhaft. (25) Das Informationsweiterverwendungsrecht dient vor allem der wirtschaft­ lichen Innovationsstimulierung und der Förderung fairer Wettbewerbsbedingungen. Rechtsstaatlich-demokratische Zielsetzungen werden dagegen überwiegend bereits erschöpfend durch die Gewährung von Informationszugangsrechten verwirklicht. Einzig zur Akzeptanz- und Vertrauensförderung staatlichen Handelns leistet das Informationsweiterverwendungsrecht einen spezifischen, nicht primär wirtschaftlich fundierten, Mehrwert. (26) Zur Erreichung der wirtschaftspolitischen Motivation des Weiterverwendungsrechts können öffentliche Unternehmen kaum einen sinnvollen Beitrag leisten, der nicht in Konflikt mit ihrer verfassungsrechtlichen Zweckprogrammierung gerät. Spannungen entstehen vor allem dort, wo öffentliche Unternehmen zur nutzungsrechtlichen Informationsbereitstellung verpflichtet sind, ihre privaten Wettbewerber jedoch grundsätzlich nicht. Öffentliche Unternehmen werden durch die Anordnung eines semipermeablen Informationsflusses insgesamt strukturell benachteiligt. Die Pflicht zur Gestattung fremder Kommerzialisierungsbestrebungen provoziert in diesem Zusammenhang sogar noch stärkere

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Chancenasymmetrien im Wettbewerb als der bloße Auftrag zur Offenlegung von Unternehmensinformationen. (27) In seiner aktuellen Ausgestaltung erkennt das DNG die partielle Entfremdung öffentlicher Unternehmen von den Zielen des Informationsweiterverwendungsrechts an. Vor allem der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 2 DNG sollte auch bei zukünftigen Reformen des DNG beibehalten werden, um einen interessensgerechten Ausgleich zwischen Offenlegungs- und Geheimhaltungsinteressen zu ermöglichen. (28) Zur Angleichung der Wettbewerbsbedingungen von öffentlichen und privaten Unternehmen ist auch eine Erstreckung des DNG auf marktmächtige private Akteure rechtspolitisch angezeigt. Deren Grundrechtspositionen aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG werden hierdurch nicht in unzulässiger Weise verletzt. (29) Auch außerhalb des DNG besteht Reformbedarf. Aufgrund von § 2 Abs. 4 Var. 2 DNG sind nutzungsfreundlichere Regelungen in Landesinformationszugangsgesetzen vorrangig anwendbar. Dort, wo diese öffentlichen Unternehmen einer freien und unbeschränkten Nutzungsgewährungspflicht unterwerfen (vgl. § 10 Abs. 3 HmbTG) findet der wichtige Schutzmechanismus des Erlaubnisvorbehaltes aus § 4 Abs. 2 DNG keine Anwendung und strukturelle Chancenasymmetrien im Informationswettbewerb zwischen öffentlichen und privaten Unternehmen entstehen. Dieser Zustand ist durch die landesrechtliche Klarstellung de lege ferenda zu beheben, dass für öffentliche Unternehmen das Nutzungsregime des DNG vorrangig anwendbar bleibt. Diese Lösung trägt auch zu einer Vereinheitlichung des Weiterverwendungsrechts bei.

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Sachwortverzeichnis Aarhus-Konvention 113, 120 f., 127, 165, 183 Akzeptanz  369, 383, 395, 590 Anstalt des öffentlichen Rechts  73, 78, 202 Anteilsmehrheit  102, 214, 473 Anwendungsprogrammierschnittstelle 493, 506, 538 Arkanprinzip  112, 116, 363 Ausforschungsklagen 254, 257, 268, 278, 292, 323 Ausschließlichkeitsvereinbarungen 492, 497 ff., 555 ff., 574, 587 199, 224, Betriebsgeheimnisse  330 ff., 344, 346, 415, 430, 485

266  ff.,

Chief Information Officer  440 ff. Compass-Entscheidung  247 ff., 408, 583 Compliance-Management-Systeme 398 Creative Commons  496, 552, 581, 603 Daten – begriff  48 ff., 520 – lizenz Deutschland  554, 602 – personenbezogene  124, 146 f., 249, 315 f., 336, 485, 532 Datenbank  247 ff., 305 ff., 535 Datenmacht  248 ff. Datenrichtigkeit  359, 579 Datenteilungspflicht  244 f., 598 ff. Demokratieprinzip  96, 129 ff., 517 Deutsche Bahn AG  74, 107, 145, 274 Dynamische Daten  506, 567 Eigenbetrieb  63, 73, 96 Eigengesellschaft  74, 78, 101 ff., 151, 163, 169 Essential-facilities-Doktrin  246 ff. Exklusions-These  417, 438 f. FragDenStaat  181, 243

Fraport-Entscheidung  70, 101, 164 Free Flow-Verordnung  186 Gammelfleischskandal 154 Gemeinfreiheit  305, 552 Gemischtöffentliches Unternehmen  75, 82 Gemischtwirtschaftliches Unternehmen 63, 75, 101 ff., 473 Geschäftsgeheimnisse  199, 224, 266 ff., 330 ff., 344, 346, 415, 430, 485 Glyphosat-Gutachten 243 GovData  176, 554, 567 Grenzkostenmodell  464, 500 ff. Grundrechtsvoraussetzungsschutz  380, 402, 590 Haftungsbeschränkungen 580 Hochwertige Datensätze  507, 542, 560, 569, 596 Information – begriff  42 ff. – nutzung  448, 457, 494, 538 – weiterverwendung  448, 458, 489, 518 ff. – zugang  112 ff., 118 ff., 170 „Informational Overload“  224, 368, 379 „Informationsprivileg“ der öffentlichen Hand  319, 446 Informationelle Grundversorgung  144, 193 Informationsfreiheitssatzungen  168 f., 240 Informationsmonopol  248, 408, 498, 592 Innergesellschaftliche Vertraulichkeitssphäre  316 f., 322 INSPIRE-Richtlinie 186 ff., 203, 238, 279, 510, 513 ff., 570 f. Instrumentalthese  390 ff. IVS-Rahmenrichtlinie  189, 514, 572 Kapitalmehrheit 473 Konfusionsargument 107 Konkurrenzförderung  403, 412, 591

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Sachwortverzeichnis

Kontrolle – als Zielsetzung  374 ff., 397 ff., 588 – durch die öffentliche Hand  156, 213 Korruption 37 Korruptionsaufdeckung  374, 378, 400, 588 Korruptionsbekämpfung 374, 397 ff., 433, 588 Kostendeckungsmodell  500 ff., 512, 560 ff. Leitungsmehrheit  473 f. „Location based services“  386 „Locked data“  456, 464 Luftfahrtunternehmen  469, 526 Magill-Entscheidung  249 ff. Marktmacht  248 f., 255 Maschinenlesbarkeit  176, 387, 493, 505, 510 Metadaten  51, 176, 203, 505, 567

Rechtsstaatsprinzip 87, 94 ff., 131 f., 137, 191 ff., 364 ff., 393, 396, 422, 427, 433, 517, 587 f., 594 Regiebetrieb  72 f. Rekommunalisierung 62 Relationsklausel  88 f. Schöpfungshöhe  304, 314, 332 Sektorentätigkeit  81, 151, 524, 526, 539 Sektorenvergaberecht  81, 466, 524, 528, 597 Selbstverwaltungsgarantie  85, 422 ff. „Sharing Obligations“  599 Staatliche Informationsvorsorge  144, 402, 517 Standardlizenzen  495 ff., 547 f., 551, 601 f. Subsidiaritätsklausel  89 f., 411 Tromsø-Konvention  122, 184 Tryckfrihetsförordningen 112

Nichtdiskriminierungsgrundsatz 453, 495, 547 Nova Kreditna Banka Maribor  462, 475, 478 Nutzungsbestimmungen  176, 496, 544, 549

Umweltinformationsrichtlinie  126 ff., 165 f., 188, 279, 444, 515 Unternehmensbegriff  64, 67 f. Urheberrecht  300 ff., 482 f., 535 f.

Öffentlichkeitsarbeit – staatliche  178 f., – unternehmerische  396, 594 Open Government Data  174, 182 Örtlichkeitsprinzip 91

Vergütung der Leitungsebene  218 ff., 230 Verkehrsunternehmen  140, 410, 468 Veröffentlichungsrechte  308 ff. Verträge der Daseinsvorsorge  215 f., 228 f., 232 Verwaltungseffizienz  383 ff., 404 Verwertungsrechte  311 ff., 332 f., 497, 532, 536 f., 548

Partizipation  121, 131 f., 264, 364 ff., 393 ff., 589 „peerblog“  163 ff., 321 f., 376 Presserechtlicher Auskunftsanspruch  141 ff., 162 ff. PSI-Richtlinie  79, 186, 247, 452 ff. Publikumsinformation  177 f.

Wesentliche Einrichtung  250 ff. Wissen  49 ff. Zeichentheorie 47