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German Pages 236 Year 2003
GRIGORIOS G. LAZARAKOS
Das datenschutzrechtliche Medienprivileg
Beiträge zum Informationsrecht Herausgegeben von Prof. Dr. Hansjürgen Garstka, Prof. Dr. Michael Kloepfer, Prof. Dr. Friedrich Schoch
Band 4
Das datenschutzrechtliche Medienprivileg Presseprivileg bei Multimediaanwendungen in Deutschland, Griechenland und Großbritannien unter dem Einfluß des Europarechts
Von Grigorios G. Lazarakos
Duncker & Humblot . Berlin
Die Juristische Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin hat diese Arbeit im Jahre 2001 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten
© 2003 Duncker & Humblot GmbH, Berlin
Fremddatenübernahme: Selignow Verlagsservice, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 1619-3547 ISBN 3-428-10837-X Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 @
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Oktober 2001 von der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin als Dissertation angenommen. Sie ist das Produkt einer vergleichenden Untersuchung des (multi-)medienspezifischen Datenschutzrechts in Deutschland, Griechenland und Großbritannien. Die Dissertation entstand in einem Umfeld, das durch die schnelle technische und juristische Entwicklung gekennzeichnet ist. Da diese Arbeit im Dezember 2001 zur Veröffentlichung eingereicht wurde, sind die neuen Gesetze, die nach dieser Zeitspanne erlassen worden sind, im Verlauf dieser Arbeit durch Fußnoten ergänzend angemerkt worden. Besonderer Dank gilt vor diesem Hintergrund meinen Gutachtern Prof. Dr. Christoph Paulus der Humboldt-Universität zu Berlin und Prof. Dr. Aristides Chiotellis der juristischen Fakultät der Universität Athen für ihre Betreuung und Unterstützung in ihren jeweils durch lange akademische Erfahrung beherrschten Gebieten im deutschen und griechischen Recht. Danken möchte ich auch dem Berliner Beauftragten für Datenschutz und Akteneinsicht Prof. Dr. Hansjürgen Garstka der Technischen Universität Berlin für die bereichernden Diskussionen und wegweisenden Anmerkungen, die durch die großzügige Bereitstellung seiner Zeit und guten Laune entstanden. Meiner Familie danke ich für ausdauernde moralische Unterstützung, fortdauernde Motivation und geduldigen Beistand bei der Arbeit an diesem Buch. Athen, im Oktober 2002
Grigorios Lazarakos
Inhaltsverzeichnis Einführung I. Anlaß der Untersuchung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Gegenstand der Untersuchung................................................. .. ..... III. Gang der Untersuchung ..............................................................
17 17 18 20
Teil A
Rechtlicher Hintergrund des datenschutzrechtlichen Medienprivilegs I. Rechtliche Grundlage des Medienprivilegs: Meinungs-, Informations- und Medienfreiheit ................................................................................ I. Deutschland ....................................................................... a) Der Schutzbereich des Art. 5 I GG ............................................ aa) Meinungsfreiheit......................................................... bb) Informationsfreiheit...................................................... ce) Medienfreiheit ........................................................... (I) Pressefreiheit ................. .. .... .. .................. .. ........... (2) Rundfunk- und Filmfreiheit ......................................... b) Grundrechtsschranken .. . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Griechenland ...................................................................... a) Meinungsfreiheit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Informationsfreiheit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Presse- und Rundfunkfreiheit ... . ....... . .............................. . ...... d) Schranken .................................... . ........................... .. ... 3. Großbritannien .................................................................... a) Inhalt und Schranken der Meinungs- bzw. Pressefreiheit nach nationalem Recht vor der Inkorporierung der EMRK ..................................... b) Grundsätze in der Entscheidungspraxis der britischen Gerichte.............. c) Die Inkorporierung der EMRK in das britische Recht durch den "Human Rights Act 1998" .............................................................. d) Die Meinungsfreiheit nach der Inkorporierung des Art. 10 EMRK in das innerstaatliche Recht ............................................................ aa) Die Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 10 EMRK .. .. ..... .. ......... bb) Die Inkorporierung des Art. 10 EMRK in das britische Recht durch den Human Rights Act 1998 ................................................. 11. Rechtliche Grundlagen des Datenschutzes ............. . ...................... . ...... I. Deutschland ....................................................................... a) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht .......................................... b) Vom Persönlichkeitsrecht zur informationellen Selbstbestimmung...........
22
22 22 22 22 23 25 26 27 29 32 32 33 34 36 39 40 43 45 47 47 48 51 51 51 55
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Inhaltsverzeichnis
aa) Die Wurzeln der informationellen Selbstbestimmung in der Rechtsprechung vor dem Volkszählungsurteil ..................................... bb) Das Volkszählungsurteil und seine Folgerungen......................... cc) Die Auswirkungen des Volkszählungsurteils auf das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) ........................................................... c) Der Schutz der informationellen Selbstbestimmung in der Informationsgesellschaft .......................................................................... 2. Griechenland ...................................................................... a) Die Vorgeschichte des griechischen Datenschutzgesetzes .................... aa) Die Problematik des Schutzes vor der Verarbeitung personenbezogener Daten vor der Verabschiedung des Datenschutzgesetzes 2472/97 ....... bb) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht im griech. ZGB ................... cc) Die Notwendigkeit der Einführung eines Datenschutzgesetzes ......... b) Verfassungsrechtliche Grundlage ............................................. aa) Die grundrechtliche Gewährleistung des Rechts auf Datenschutz vor der Verfassungsänderung 2001 .............................................. bb) Aufnahme des Datenschutzes in die Verfassung......................... 3. Großbritannien .................................................................... a) Definition der "privacy" ....................................................... b) Der Schutz der Persönlichkeit im Common Law ............................. aa) Eindringen in die Zurückgezogenheit (Intrusion) ....................... bb) Identitätsverzerrung (appropriation ofpersonality) ..................... cc) Verbreitung privater Angelegenheiten (disclosure) ...................... c) Die Auswirkungen des Human Rights Act 1998 auf das "privacy law" und sein Verhältnis zum Data Protection Act 1998 ................................ III. Zusammenfassung ....................................................................
55 57 60 61 62 62 63 63 65 66 67 68 71 72 73 73 74 75 77 80
Teil B Die Sonderstellung der Medien im europäischen Datenschutzrecht I. Rechtsquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Internationale Übereinkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
a) Die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ................................................................ b) Der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR) .... c) Die Richtlinien der OECD und der Vereinten Nationen ...................... d) Die Datenschutzkonvention des Europarates . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . 2. Datenschutz und Europäische Union .............................................. a) Der Grundrechtsschutz im Binnenmarkt ...................................... b) Die EG-Datenschutzrichtlinien ............................................... 11. Das Medienprivileg in der EG-Datenschutzrichtlinie ................................ 1. Regelungszweck und Regelungsinhalt des Medienprivilegs ...................... 2. Sachlicher Anwendungsbereich ................................................... 3. Erlaubte Abweichungen ........................................................... a) Rechtmäßigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten ................. aa) Grundsätze für die Verarbeitung personenbezogener Daten (Art. 6-8 Richtlinie) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
82 83 83 83 83 85 85 86 86 89 90 90 92 93 94 94
Inhaltsverzeichnis (I) Regelungsinhalt ........................................... . ....... . .. (2) Erlaubte Abweichungen ............................................. bb) Die Rechte der betroffenen Person ...................................... (1) Regelungsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Erlaubte Abweichungen ............................................. b) Übermittlung personenbezogener Daten in Drittländer ....................... aa) Regelungsinhalt .......................................................... bb) Erlaubte Abweichungen ................................................. c) Die KontrollsteIle ............................................................. aa) Regelungsinhalt .......................................................... bb) Erlaubte Abweichungen ............................... . ................. 4. Schlußbemerkung ..................... . ................. . ....... . . . ....... . .......
9 94 95 98 98 98 100 100 102 102 102 103 104
Teile Das Medienprivileg in den nationalen Rechtsordnungen Sonderstellung der Medien im Datenschutz I. Das Medienprivileg in Deutschland .................................................. 1. Grundprinzipien des deutschen Datenschutzgesetzes ............................. 2. Regelungszweck und Regelungsinhalt des Medienprivilegs ...................... 3. Die Novellierung des Medienprivilegs ............................................ 4. Anwendungsbereich des Medienprivilegs im BDSG 2001 ........................ a) Die Normadressaten des Medienprivilegs ..................................... b) Die journalistisch-redaktionelle Zweckbindung .............................. 5. Rechtsfolgen des Medienprivilegs .... . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . .. . . . . . .. . . . . . . . . . .. a) Anwendbarkeit der §§5, 7, 9 und 38aBDSG 2001 ........................... b) Nichtanwendbarkeit der übrigen Vorschriften des BDSG 2001 ..... . ......... 6. Datenschutzregelungen für den Rundfunk ........................................ 7. Die Reichweite der Ausnahmeregelung nach dem BDSG RefEntw 1999 und die Stellungnahme des Presserates .................................................... a) Bestellung eines internen, betrieblichen Datenschutzbeauftragten ........... b) Die Rechte der Betroffenen ................................................... c) Die übrigen Bestimmungen des BDSG RefEntw 1999 ....................... 8. Schlußbemerkung ................................................................. II. Das Medienprivileg in Griechenland ................................................. 1. Grundprinzipien des griechischen Datenschutzrechts ............................. 2. Rege1ungszweck und Regelungsgehalt des Medienprivilegs ...................... 3. Anwendungsbereich des Medienprivilegs ......................................... a) Personenbezogene Daten ...................................................... b) Die journalistische Zweckbindung ................... . ........................ 4. Rechtsfolgen ....................................................................... 5. Besonderheiten des griechischen Datenschutzrechtes im Zusammenhang mit dem Medienprivileg .................................................................... a) Richtlinienkonformität des griechischen Medienprivilegs .................... aa) Die Umsetzung der Vorabkontrolle des Art. 20 der Richtlinie im griechischen Datenschutzgesetz ................................................. bb) Die Reichweite des Medienprivilegs .....................................
106 106 106 112 114 115 115 117 119 120 123 124 126 127 129 130 131 134 134 137 138 138 139 141 142 142 142 145
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Inhaltsverzeichnis
b) Verfassungsrechtliche Aspekte des Medienprivilegs .......................... aa) Das Verbot präventiver Maßnahmen ..................................... bb) Das Medienprivileg und das Spannungsverhältnis zwischen Persönlichkeitsrecht und Medienfreiheit ............................................ 6. Schlußbemerkung ................................................................. III. Das Medienprivileg in Großbritannien ............................................... I. Grundprinzipien des britischen Datenschutzgesetzes ............................. 2. Regelungszweck des Medienprivilegs ............................................. 3. Regelungsgehalt des Medienprivilegs ............................................. 4. Anwendungsbereich .............................................. . ................ 5. Rechtsfolgen ....................................................................... 6. Besonderheiten des englischen Datenschutzrechtes im Zusammenhang mit dem Medienprivileg .................................................................... a) Die mangelnde Handhabbarkeit der medien spezifischen Regelung im OPA 1998 ........................................................................... b) Das Zusammenspiel von gesetzlicher Kontrolle und Selbstregulierung der Medien ........................................................................ 7. Schlußbemerkung ................................................................. IV. Zusammenfassende Bewertung der Stellung des datenschutzrechtlichen Medienprivilegs in der deutschen, griechischen und britischen Rechtsordnung ................
146 146 147 148 149 149 153 154 157 158 159 159 160 161 162
Teil D
Multimedia-Anwendungen und datenschutzrechtliches Medienprivileg I. Multimedia ........................................................................... I. Eigenschaften von Multimedia .................................................... 2. Technik ............................................................................ II. Erweiterung des Anwendungsbereichs des datenschutzrechtlichen Medienprivilegs im Multimediabereich ................................................................ I. Die Multimedia- und Internetdienstleister als Normadressaten des datenschutzrechtlichen Medienprivilegs ....................................................... a) Multimediadienste ............................................................ aa) Verteiler- und Zugriffsdienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. bb) Abrufdienste ............................................................. b) Internetdienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. aa) Struktur und Funktionsweise ............................................ bb) Angebotene Dienste ............................................. . ....... (1) Individualkommunikation- und Diskussionsdienste ......... . ....... (2) Abrufdienste ................................................. . ....... 2. Neue Formen von personenbezogenen Daten ...... . .............. . ....... . ....... a) Bestandsdaten ................................................................. b ) Nutzungsdaten ......................... . ....... . .............. . ....... . ....... c) Verbindungsdaten ............................................................. d) Abrechnungsdaten ............................................................ 3. Erweiterung des Anwendungsbereichs des datenschutzrechtlichen Medienprivilegs auf journalistisch-redaktionell gestaltete Angebote durch Private im Internet? ................................................................................
164 164 164 165 168 168 169 169 171 172 172 173 173 174 175 176 176 177 177
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Inhaltsverzeichnis III. Die multiplen Gefahren multipler Medien ........................................... 1. Datensammlungen und Persönlichkeitsprofile .................................... 2. Die Vermarktung der in den Medien anfallenden personenbezogenen Daten ..... a) Die Wende von dem einen "großen Bruder" zu "vielen kleinen Brüdern" .... b) Medienverflechtung und multimediale Anbieter .............................. IV. Die rechtliche Grundlage des Medienprivilegs in der multimedialen Welt. . . . . . . . . .. I. Das Medienprivileg in den deutschen Multimedia-Gesetzen ...................... 2. Die Europäische Telekommunikations-Datenschutzrichtlinie (TK-DSRL) als Grundlage der britischen und griechischen Multimedia-Gesetzgebung ........... V. Die Notwendigkeit eines neuen Datenschutzkonzepts im Mediensektor: nationale und europäische Lösungsansätze ..................................................... I. Die gesetzliche Grundlage für die Anwendung von datenschutzfreundlichen Technologien - das Beispiel Deutschlands ............................................. 2. Die Vorabkontrolle als Mittel zur Bekämpfung der "besonderen Risiken" der Multimedia-Dienste - das Beispiel Griechenlands .................................... 3. Das Zusammenspiel von staatlicher Kontrolle und Selbstregulierung - das Beispiel Großbritanniens .............................................................. 4. Auf dem Weg zur Gründung eines europäischen Datenschutz-Audits für Mediendienste ............................................................................. a) Datenschutz-Audit für (Multi)mediadienste .................................. b) Europäisches Mediendatenschutz-Audit ......................................
11 181 182 185 185 187 190 191 196 199 20 I 204 206 207 210 211
Teil E
Zusammenfassung der Ergebnisse
214
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 219 Sachwortverzeichnis ...... . ...................... . ....... . ...................... . ........ 233
Abkürzungsverzeichnis a.a.O. Abl.EG Abs.
A.C. a.F. AfP
AK
AIG All.E.R. AöR AOL ArchN Ann Art. Aufl. Bad-WürtDSG Baden-WürttGBl. BayGVBI BayPrG BbgGVBI BbgDSG Bd. BDSG BDSG-E2000 BDSG-RefEntw 1999 BerlDSG BerlGVBI BerlPrG BID BGB BGBI BGH BGHZ BMI BRDrs BremDSG BremGBI BremLMG BSC
am angegebenen Ort Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft Absatz Appeal Cases alte(r) Fassung Archiv für Presserecht Arbeitskreis Akteneinsicht- und Infonnationszugangsgesetz All England Report Archiv für öffentliches Recht America-Online Archio Nomologias (AgXelo NOlloAOyLu!;;) Annenopoulos (Agll€VOn01!AO!;;) Artikel Auflage Datenschutzgesetz des Landes Baden-Württemberg Gesetzblatt des Landes Baden-Württemberg Bayerischer Gesetz- und Verordnungsblatt Bayerisches Pressegesetz Brandenburgischer Gesetz- und Verordnungsblatt Bradenburgisches Datenschutzgesetz Band Gesetz zum Schutz vor Mißbrauch personenbezogener Daten bei der Datenverarbeitung Entwurf des BDSG, den die Regierung am 14. Juni beschlossen hat Referententwurf des Bundesministeriums des Inneren zum BDSG Berliner Datenschutzgesetz vom Berliner Gesetz- und Verordnungsblatt Berliner Pressegesetz Bundesbeauftragter für den Datenschutz Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des BGH in Zivilsachen Bundesministerium des Inneren Bundesratsdrucksache Bremisches Datenschutzgesetz vom Bremischer Gesetzblatt Bremisches Landesmediengesetz Broadcasting Standards Commission
Abkürzungsverzeichnis BT-Drucksache BVerfG BVerfGE BWLMG CA CLSR Cm. Comms.L. CR C.T.L.R. DEE DeG&Sm. Ders. d.h. dies. DioikD DJT DPA 1998 DR DIS DuD DVBI EGMR EGV E.H.R.L.R. E.H.R.R. EKMR EllDik EMRK EPIC EuAöVR EuGH EuGRZ EUV FAQ
FN
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Bundestagsdrucksache Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des BVerfG Landesmediengesetz Baden-Würtemberg vom Court of Appeal Computer Law and Security Report Command-Papers (= Papiere des Parlaments) Communications Law Computer und Recht Computers and Telecommunications Law Review Dikeo Epichiriseon ke Eterion (lüxato EmXflQT)OEWV Xat EratQlwv) De Gex & Smale (Entscheidungs sammlung) derselbe das heißt dieselbe(n) Dioikitiki Dikeosini (~lOlXl]TlXT) ~lxaLOOUVl]) Deutscher Juristentag Data Protectio Act 1998 Decision and Reports Dammann/Simitis Kommentar, EU-Richtlinie Datenschutz und Datensicherung Deutsches Verwaltungsblatt Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte EG-Vertrag European Human Rights Law Report European Human Rights Report Europäische Kommission für Menschenrechte Elliniki Dikeosini (EAAl]VlXT) ~lXatOOUVl]) Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrecht und Grundfreiheiten Electronic Privacy International Center Europäisches und Ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht Europäischer Gerichtshof Europäische Grundrechte-Zeitschrift Vertrag über die Europäische Union (Maastrichter Vertrag) Frequently Asked Questions (Häufig gestellte Fragen) Fußnote Fleet Street Law Reports File Transfer Protocol Film und Recht Gesetz Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherung Grundgesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung griechisches Zivilgesetzbuch
14 GRUR GVBI. Hamb DSG HambLMG HambMedG HbgGVBI H.C. HessDSG Hess GVBI HessPrivRfG H.L. H.L.Deb. HLE HMSO HRA 1998 HRLI Hrsg. HTML HTTP IFG IPBPR I.R.L.C.T. i.S.d. (v) ISDN IuKDG i.V.m JöR JuS JZ Kap.
K.B
KnoB KritE K&R LDSG Rh-Pf LG LI LPG LQR LRGN-W M/D MDR-StV MDStV MedStV BerlinBrandenburg MLR MMR
Abkürzungsverzeichnis Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Gesetz- und Verordnungs blatt Hamburgisches Datenschutzgesetz vom Hamburgisches Landesmediengesetz vom Hamburgisches Mediengesetz Hamburgischer Gesetz- und Verordnungsblatt House of Commons Hessisches Datenschutzgesetz Hessischer Gesetz- und Verordnungsblatt Hessisches Privatrundfunkgesetz House of Lords Debatten des Houses of Lords Harlsbury's Laws of England Her Majestry's Stationery Office Human Rights Act 1998 Human Rights Law Journal Herausgeber Hypertext Markup Language Hypertext Transfer Protocol Informationsfreiheitsgesetz Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte International Review Law Computers & Technology im Sinne des (von) Integrated Services Digital Network Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetz in Verbindung mit Jahrbuch für öffentliches Recht Juristische Schulung Juristenzeitung Kapitel King's Bench (Report) Kodikas Nomikou Vimatos (KwÖl'Xa~ NOfH'XOU B~fW'ro~) Kritiki Epitheorisi (KQl'tl'X~ Em8€wQT]oT]) Kommunikation und Recht Datenschutzgesetz des Landes Rheinland-Pfalz Landgericht Lord J ustice Landespressegesetz Law Quarterly Report Rundfunkgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen Maunz/Dürig, GG-Kommentar Mitteldeutscher Rundfunk Mediendienste-Staatsvertrag Staatsvertrag über die Zusammenarbeit zwischen Berlin und Brandenburg im Bereich des Rundfunks Modem Law Review Multimedia und Recht
Abkürzungsverzeichnis MüKom MVGVBI NDR NDR-StV NdsDSG NdsGVBI NJW No NoB Nr. NSA NVwZ NWGVBI OECD OLG ORB ORB-Gesetz Oxf.J.Leg.St. para ParI. Aff. PCC PeirNomol PL QB RabelsZ Rdnr. RhPfGVBI RDV R.P.C. RStV RuF S. SaarlABI SaarlLRG SachsAnhGVBI SächsDSG SächsGVBI SchlHGVBI SDGMW SDR sec. SFB Slg. s.o. StGB
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Münchener Kommentar Gesetz- und Verordnungsblatt des Landes Mecklenburg-Vorpommern Norddeutscher Rundfunk Staatsvertrag über den Norddeutschen Rundfunk Niedersächsisches Datenschutzgesetz Niedersächsischer Gesetz- und Verordnungsblatt Neue Juristische Wochenschrift Noumber Nomiko Vima (Nol-UXO Btll-1u) Nummer National Security Agency Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Gesetz- und Verordnungsblatt des Landes Nordrhein-Westfalen Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Oberlandesgericht Ostdeutscher Rundfunk Gesetz über den "Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg" Oxford Journal of Legal Studies paragraph Parlamentary Affairs Press Complaints Commission Piraiki Nomologia (ITElQU'LXtl NOI-1OAOylu) Public Law Queen's Bench (Report) Rabels Zeitschrift Randnummer Gesetz- und Verordnungsblatt des Landes Rheinland-Pfalz Recht der Datenverarbeitung Reports of Patent, Design and Trade Mark Cases Rundfunksänderungsstaatsvertrag Rundfunk und Fernsehen Satz; Seite Saarländischer Amtsblatt Saarländisches Landesrundfunkgesetz Gesetz- und Verordnungsblatt des Landes Sachsen-Anhalt Sächsisches Datenschutzgesetz Sächsischer Gesetz- und Verordnungsblatt Gesetz- und Verordnungsblatt des Landes Schleswig-Holstein Simitis/Dammann/Geiger/Mallmann/Walz, Kommentar zum BDSG Süddeutscher Rundfunk section Sender Freies Berlin Sammlung siehe oben Strafgesetzbuch
16 St/Georg StPO SWF TCP/lP TDDSG TDG TDSV(-E) ThürDSG ThürGVBI TK-DSRL TKG T.L.R. ToS u.a UFITA URL v.a. vM/K vM/K/St VVDStRL WDR WLR WWW ZBG ZDF (-StV) ZEuP ZPO ZRP ZUM
Abkürzungsverzeichnis Stathopoulos/Georgiadis, ZGB Kommentar StrafProzeßordnung Südwestfunk Transmission Control Protocol/lnternet Protocol Teledienstedatenschutzgesetz Teledienstegesetz (Entwurf der) Telekommunikationsdiensteunternehmen-Datenschutzverordnung Thüringer Datenschutzgesetz Thüringer Gesetz- und Verordnungsblatt Telekommunikations-Datenschutzrichtlinie Telekommunikationsgesetz Times Law Report To Syntagma (To LUVWYIlU) unter anderen (m) Archiv für Urheber-, Film-, Funk-, und Theaterrecht Uniform Resource Locator vor allem von Münch/Kunig, Kommentar zum Grundgesetz von Mangold/Klein/Stark, Das Bonner Grundgesetz, Kommentar Veröffentlichungen der Vereinigung der deutschen Staatsrechtslehrer Westdeutscher Rundfunk Weekly Law Report World Wide Web Zeitschrift für Bürgerrechte und Gesellschaftspolitik (Humanistische Union) Zweites Deutsches Fernsehen (Staatsvertrag) Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zivilprozeßordnung Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift Urheber- und Medienrecht
Einführung I. Anlaß der Untersuchung Mit der Verabschiedung der ersten nationalen Datenschutzgesetze in Europa' wurde das Verhältnis von Datenschutz und Pressefreiheit Gegenstand einer kontrovers geführten Diskussion. Auf der einen Seite finden sich dabei die Verfechter der Medienfreiheit, die aufgrund der Aufgaben der Medien zur Mitwirkung bei der öffentlichen Meinungsbildung und ihrer verfassungsrechtlicher Stellung, einen erweiterten Freiraum gegenüber den datenschutzrechtlichen Bestimmungen fordern. Auf der anderen Seite postulieren Datenschützer eine Einschränkung der Medienfreiheit zugunsten des Persönlichkeitsrechts bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Medien. Sie weisen insbesondere auf die Gefahren einer unkontrollierten Presse hin und warnen vor der enormen Macht der Presse (als sog. 4. Gewalt) in unserer Informationsgesellschaft. Eine zynische Bemerkung diesbezüglich machte der amerikanische Schauspieler Warren Beatty Anfang der neunziger Jahre: "Wann immer ein Journalist ein Zimmer betritt, endet die Privatheit und es beginnt die Freiheit."2 Die englische Rechtsprechung war ebenfalls Anfang der neunziger Jahre in dem Fall Kaye v. Robertson mit dieser Problematik konfrontiert, als ein Fotograf und ein Reporter in das Krankenhauszimmer eines populären Fernsehschauspielers eindrangen, und von ihm, in diesem Moment nicht zurechnungsfahig, ein Interview und zahlreiche Fotos aufnahmen. 3 Im Kernpunkt der Diskussion stand bislang insbesondere die Bedeutung der herkömmlichen Presse- und Rundfunkarchive für den Persönlichkeitsschutz. In diesen Archiven werden bereits veröffentlichte Artikel und unveröffentlichte Rechercheergebnisse gesammelt und nach entsprechenden Kriterien zur Auswertung bereitgehalten. Die große Bedeutung von vollständigen und unbehindert zusammengestellten Archiven für die Medientätigkeit muß dabei ebenso in Betracht gezogen werden wie die Gefahren, die personenbezogene Sammlungen mit sich bringen. Die Möglichkeit zur Erstellung von Persönlichkeitsprofilen, die fortdauernde Aufbewahrung von Fehlern, die Reduktion der journalistischen Tätigkeit auf einen "Computerjournalismus" und die Vermarktung der archivierten Pressedaten waren bisher die wich, Vgl. für Deutschland Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) vom 27.1.1977, (BGBl.I, S. 20 I); für Großbritannien Data Protection Act 1984 c. 35; vgl. auch das französische Datenschutzgesetz vom 6.1.1978, das österreichische Datenschutzgesetz vom 18.10.1978, das luxemburgische Datenschutzgesetz vom 31.3.1979. 2 Simitis, Datenschutz und "Medienprivileg" , AfP 1990, 14. 3 Kaye v. Robertson, FSR 1991,62. 2 Lazarakos
18
Einführung
tigsten Gefahren von Datenbanken in bezug auf die Verarbeitung und Speicherung personen bezogener Daten durch die Medien. 4 Vor diesem Hintergrund wurde den Medien in den jeweiligen nationalen Datenschutzgesetzen in Europa ein Sonderstatus zuerkannt. Die Sonderstellung der Medien soll jedoch im Hinblick auf die derzeitigen Veränderungen in der Medienbranche, insbesondere hinsichtlich der Einführung neuer Kommunikations-, Informations- und Verarbeitungstechniken, neu überdacht werden. Während der Empfanger beim bisher einseitigen Kommunikationsprozeß keine Datenspuren hinterlassen hat und anonym geblieben ist, läuft er jetzt Gefahr, bei der Inanspruchnahme von Multimediadiensten dem jeweiligen Betreiber die individuelle Zuordnung seiner Lebenssachverhalte zu ermöglichen - wie etwa beim Fernsehkonsum oder dem Blättern in Waren- oder Reisekatalogen. 5 Die Brisanz dieser Verarbeitung wird noch deutlicher, wenn man sich vor Augen hält, daß es aufgrund der in den Telekommunikations-, Online- und Internetnetzen anfallenden Daten möglich ist, Persönlichkeitsprofile jedes einzelnen Teilnehmers zu erstellen, und dies mit einem hohen Detaillierungsgrad. Reine Verbindungsdaten geben Informationen über die Kommunikationsgewohnheiten und ermöglichen die Bildung von Kommunikationsprofilen. Bei den Multimedia bzw. Internetdiensten wird durch die Schaffung sogenannter Mediennutzungsprofile die Analyse von weiteren Teilen der Persönlichkeit ermöglicht, wie etwa die politische Einstellung einer Person, ihre gewerkschaftliche oder religiöse Zugehörigkeit sowie auch die finanzielle Situation oder sexuelle Vorlieben. Dies bedeutet aber einen erheblichen Qualitätssprung der Gefahren im Vergleich zu bisherigen Methoden und Auswertungsmöglichkeiten der Persönlichkeitsprofilbildung. Nicht ohne Grund verlagert sich der Schwerpunkt der Datenschutzdebatte immer mehr auf die neuen Gefahren der Datenverarbeitung durch die Medien. Die besondere Stärke und die Leichtigkeit der drohenden Eingriffe in das informationelle Selbstbestimmungsrecht geben genügend Anlaß zur Neuorientierung des datenschutzrechtlichen Medienprivilegs bei Multimedia-Anwendungen.
11. Gegenstand der Untersuchung Der Schutz vor der Verarbeitung personenbezogener Daten ist ein sensibles Thema mit vielen und wichtigen Auswirkungen auf mannigfaltige politische, ökonomische, wissenschaftliche und kulturelle Bereiche. Das Datenschutzrecht ist von der Rechtsprechung und der Lehre vor allem anhand von Fällen aus dem Medienbereich entwickelt und ausgestaltet worden. 4 Zusammenfassend Klee, Pressedatenbanken und datenschutzrechtliches Medienprivileg, 1992, S. 35 ff. 5 V gl. Roßnagel/Bizer, DuD 1996, 209 (210); s. unten Teil D III (1).
H. Gegenstand der Untersuchung
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Zum Wesen der Medien bzw. der Massenmedien, gehört einerseits das technische Mittel der Massenvervielfaltigung und dadurch die Möglichkeit zur Informationsbeschaffung bzw. -vermittlung, und andererseits der allen Medien gemeinsame Adressat, die anonyme Masse. Zu den wichtigsten Funktionen der Massenmedien gehört die Mitwirkung bei der Bildung der öffentlichen Meinung. Der Gesetzgeber hat den Medien im nationalen und europäischen Datenschutzrecht Privilegien eingeräumt, die in den europäischen Ländern unterschiedlich aus geformt worden sind. Aufgabe der vorliegenden Arbeit soll es sein, den datenschutzrechtlichen Freiraum sowohl der Presse im herkömmlichen Sinne als auch bei den multimedialen Anwendungen im europäischen Vergleich zu erhellen. Dabei zielt die Untersuchung auf eine umfassende Darstellung der damit zusammenhängenden Problemstellungen. Die Aktualität des Themenbereichs mag hierbei zu besonderen Schwierigkeiten führen. Die derzeitige (multi)medienspezifische Datenschutzdebatte ist weder in Deutschland noch in Griechenland und Großbritannien abgeschlossen. Dies findet seine Ursache vor allem in dem noch andauernden grundlegenden technischen und rechtlichen Wandel zugrunde. Der Terminus "Medien" ist in den letzten Jahren um den Inhalt "Multimedia" erweitert worden. Diese Erweiterung birgt die Gefahr, daß Inhalt und Grenzen der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Medienfreiheit und damit auch der datenschutzrechtlichen Sonderstellung der Medien unscharf werden. Dazu sind noch die verstärkten Datenschutzrisiken zu zählen, welche die Anwendung der Informations- und Kommunikationstechnik in die Medienlandschaft bringen. Vor diesem Hintergrund muß weiterhin der rechtspolitische Gehalt des Themenbereichs betrachtet werden. Besondere Schwierigkeiten erwachsen daraus, daß Mediensachverhalte stets verfassungsrechtliche und gesellschaftspolitische Fragen berühren, wie sich anhand der zahlreichen Entwürfe zur Novellierung des deutschen Bundesdatenschutzgesetzes und der diesbezüglichen Stellungnahmen des Presserates oder der Formulierung des griechischen Datenschutzgesetzes ersehen läßt. Ziel der Untersuchung ist, wie bereits angedeutet, eine systematische Darstellung des Umfangs und der Grenzen der Medienfreiheit bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Medien. Dabei sollen sowohl die europäischen Vorgaben als auch die Rechtslage in Deutschland, Griechenland und Großbritannien zum datenschutzrechtlichen Medienprivileg in rechtsvergleichender Weise berücksichtigt werden. Für die rechtsvergleichende Analyse dieses Regelungskomplexes kommt am ehesten die deutsche Datenschutzordnung in Betracht. Grundsätzlich verfügt Deutschland über die längsten Erfahrungen im Umgang mit datenschutzrechtlichen Mediensachverhalten. Dies liegt einerseits an der über sechsundzwanzigjährigen Tradition der Bundes- und Landesdatenschutzgesetze 6 und andererseits an dem hohen Stel6 Die Geschichte der Datenschutzgesetzgebung in Deutschland begann am 30. September 1970, dem Tag der Verabschiedung des 1. Hessischen Datenschutzgesetzes (GVBI. I 1970,
S.625). 2*
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Einführung
lenwert der Medienfreiheit und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht im Grundgesetz. Doch nicht nur die lange Geschichte der Datenschutzgesetze in Deutschland ist für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand von Bedeutung. Auch die dreijährige Verspätung bei der Umsetzung der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (nachstehend EG-Datenschutzrichtlinie) 7 in Deutschland hat von einem gesellschaftspolitischen Druck geszeugt, der vorwiegend auf Änderungen im datenschutzrechtlichen Medienbereich gezielt hat.
In Griechenland, ebenso wie in Deutschland, besitzen die Grundrechte der Medienfreiheit und der Unversehrtheit des Privatlebens einen hohen Stellenwert in der Verfassungs- und Zivilordnung. Doch läßt sich Griechenland als dasjenige Land (neben Italien) in der Europäischen Union darstellen, das ein Datenschutzgesetz zum ersten Mal (1997) nach der Einführung der EG-Datenschutzrichtlinie verabschiedet hat. Das britische Erfahrungsniveau auf dem Gebiet des datenschutzrechtlichen Medienprivilegs muß unter Berücksichtigung des Fehlens einer schriftlichen Verfassung, wie sie in Deutschland und Griechenland existiert, der Inkorporierung der EMRK in das innerstaatliche Recht, sowie der großen Macht der britischen Medien und ihrer Selbstregulierungsorgane beurteilt werden. Sinn und Zweck der vorliegenden Rechtsvergleichung ist es, die bereits heute durch das nationale Datenschutzrecht von Deutschland, Griechenland und Großbritannien vorgegebenen Rahmenbedingungen für die innerstaatliche Regelung der Verarbeitung personenbezogener Daten bei Multimedia-Anwendungen aufzuzeigen, Schutzlücken zu identifizieren und Lösungsvorschläge zu erarbeiten, die der Idee der europaweiten Transparenz der Mediengesellschaft entsprechen. Erst anhand dieses Orientierungspunktes lassen sich belanglose Eigenschaften der Vergleichsgegenstände ausscheiden und erhebliche Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Vergleichsgegenstände deutlich herausarbeiten. Aufgabe der vergleichenden Analyse ist es deshalb, mit Blick auf die neuen Wirklichkeiten in der sich ständig ändernden Medienbranche darzulegen, in welcher Weise und Effektivität der Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten erreicht werden kann.
111. Gang der Untersuchung Um dem Faden dieser Problematik folgen zu können, wird in einem ersten Schritt (Teil A) der Rechtsrahmen des Spannungsfeldes zwischen dem informationellen Selbstbestimmungsrecht und der Medienfreiheit ermittelt. Ausgangspunkt der vor7 AbI. L 281 vom 23.11.1995, S. 31. Die Richtlinie fordert die Mitgliedsstaaten in Art. 32 auf, die erforderlichen Rechts- und Verwaltungs vorschriften zu erlassen, um sie binnen drei Jahren nach ihrer Annahme (zum 24. Oktober 1998) nachzukommen.
III. Gang der Untersuchung
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liegenden Arbeit ist damit die Beurteilung der Frage, wie die informationelle Selbstbestimmung in bezug auf die Medien in den jeweiligen nationalen Rechtsordnungen geschützt wird. Erst eine nähere Betrachtung des normativen Umfangs und des Inhalts von Privatsphäre und Selbstbestimmung sowie von Reichweite der Meinungs-, Informations- und Medienfreiheit vermögen es, die Basis der Untersuchung darzustellen. Bevor auf die normativen Rahmenbedingungen der Länder eingegangen wird, soll in einem zweiten Schritt (Teil B) das europäische Datenschutzrecht angesichts der unterschiedlichen Regulierungsebenen bzw. die Rechtsquellen der EG-Datenschutzrichtlinie aufgezeigt werden. Vor diesem Hintergrund sollen die Vorgaben der Richtlinie für die Medienlandschaft analysiert werden. In einem dritten Schritt (Teil C) wird anhand einer Erläuterung der nationalen Gesetzgebungen im Bereich Datenschutz untersucht, ob das vom europäischen Richtliniengeber festgelegte Ziel, nämlich die Gewährleistung eines gleichwertigen Schutzes personenbezogener Daten, durch die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht erreicht worden ist. Zugleich wird die Notwendigkeit differenzierender Regelungen in der Anwendung des materiellen Datenschutzrechts in Deutschland, Griechenland und Großbritannien bezüglich der Datenverarbeitung durch die einzelnen Medien erläutert. Das datenschutzrechtliche Medienprivileg bei Multimedia-Anwendungen soll Schwerpunkt und vierter Schritt dieser Untersuchung sein (Teil D). Dabei geht es nicht nur um eine Beschreibung von Multimedia und der bestehenden Rechtslagen; vielmehr soll der Effektivität einschlägiger Vorschriften in den drei verschiedenen Rechtsordnungen nachgegangen werden. Auf dieser Basis werden die zu erarbeitenden Ergebnisse als Ausgangspunkt für die Entwicklung einer neuen Idee, nämlich des europäischen Datenschutz-Audits für Multimedia8 verwendet werden.
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S. unten Teil DV(4).
Teil A
Rechtlicher Hintergrund des datenschutzrechtlichen Medienprivilegs I. Rechtliche Grundlage des Medienprivilegs: Meinungs-, Informations- und Medienfreiheit Die Einschränkung des Datenschutzrechts bzw. des Rechts auf infonnationelle Selbstbestimmung bei Datenverarbeitungen durch die Medien - sog. Medienprivileg - kann im Interesse der Medienfreiheit gerechtfertigt sein. Bei einer Beurteilung dessen, wie die infonnationelle Selbstbestimmung in bezug auf die Medien geschützt wird, ist die Reichweite der Meinungs-, Infonnations- und Medienfreiheit zu berücksichtigen. Ebenso spielen gewisse Schutzmechanismen, wie z. B. das Recht auf Gegendarstellung, die Möglichkeit, falsche Darstellungen zu berichtigen und die Bestimmungen zum Schutz der Ehre eine zu berücksichtigende Rolle. 1
1. Deutschland a) Der Schutzbereich des Art. 5 I GG aa) Meinungsfreiheit Die Meinungsfreiheit im allgemeinen sowie die Infonnationsfreiheit, die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film im besonderen werden durch Art. 5 Abs. I GG unmittelbar geschützt. Nach der Definition der Landespressegesetze 2 ist es Aufgabe der Presse, "Nachrichten zu beschaffen und zu verbreiten, sowie durch Stellungnahmen, Kritik oder auf sonstige Weise an der Meinungsbildung mitzuwirken". Die Freiheit der Meinungsäußerung umfaßt alle Lebensbereiche und schützt die Wiedergabe eigener und fremder Ansichten. Grundrechtsträger der Meinungsfreiheit ist jeder Mensch ohne Rücksicht auf seine Staatsangehörigkeit oder sein Alter. 3 Sie gehört zu den Grundrechten, die gern. 1 Vgl. die Empfehlung 1/97 der Datenschutzgruppe zum Thema "Datenschutzrecht und Medien" (WP01: 25.02.1997). 2 Vgl. u. a. § 3 LPG Brandenburg, § 3 LPG Nordrhein-Westfalen. ) Herzog, in: MaunzlDürig, GG, Bd.I, 1996, Art. 5 I Rdnr.19ff. (nachstehend MID GGKommentar); Starck, in: von Mangold/Klein/Stark, Das Bonner Grundgesetz Kommentar, Art. 5 I Rdnr. 109 (nachstehend vM/K/St, GG-Kommentar).
I. Rechtliche Grundlage des Medienprivilegs
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Art. 19 III GG auf juristische Personen ihrem Wesen nach anwendbar sind. 4 Zwar nennt Art. 19 III GG nur inländische juristische Personen als mögliche Grundrechtsträgers. Aus dem Umstand, daß die Meinungsfreiheit ein Jedermann-Recht ist,6 kann man aber entnehmen, daß Art. 19 III GG die Grundrechtsberechtigung nicht nur auf inländische juristische Personen im strengen Sinne beschränken will, sondern daß auch ausländische juristische Personen Träger dieses Grundrechts sein können. 7 Der Begriff der Meinung ist naturgemäß nicht leicht zu definieren. Trotzdem ist allgemein anzunehmen, daß solche Aussagen geschützt werden, die durch Elemente des Meinens oder Dafürhaltens als Ausdruck einer subjektiven Ansicht oder Überzeugung geprägt sind. 8 Das Bundesverfassungsgericht sieht Meinungsäußerungen durch das Element "der Stellungnahme, des Dafürhaltens, der Beurteilung im Rahmen einer geistigen Auseinandersetzung" gekennzeichnet. 9 Dabei kommt es "auf den Wert, die Richtigkeit, die Vernünftigkeit der Äußerung nicht an." Nach Ansicht des Gerichtes ist für Meinung der subjektive Bezug zwischen dem einzelnen und dem Gegenstand seiner Äußerung kennzeichnend. 1O Darin unterscheidet sie sich von reinen Tatsachenbehauptungen, bei denen die Beziehung zwischen der Äußerung und der Realität im Vordergrund steht. "Die Meinung ist immer subjektabhängig und kann deshalb nicht wahr oder unwahr sein, sondern nur wahrhaftig oder unaufrichtig, begründet oder grundlos, rational oder emotional." 11 bb) Informationsfreiheit Die Informationsfreiheit (Art. 5 I S. 1 GG) stellt im Verhältnis zur Meinungsfreiheit ein selbständiges Grundrecht dar, dessen Reichweite maßgeblich von der Auslegung des Begriffs "allgemein zugängliche Quellen" abhängt. Allgemein zugänglich ist eine Informationquelle nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts dann, 4 Zu diesem Thema hat auch das BVerfG Stellung genommen und die Grundrechtsfahigkeit einer GmbH, eines eingetragenen Vereins oder eines Kommanditgesellschaft bejaht; vgl. BVerfGE 21, 271 (277ff.); BVerfGE 20, 162 (171); vgl. hierzu Herzog, in: M/D, GG-Kommentar, Art. 5 Rdnr. 17; Wendt, in: von Münch/Kunig Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Rdnr. 6ff. (nachstehend vM/K GG-Kommentar). 5 Vgl. dazu die Erläuterung von Dürig, in: M/D GG-Kommentar, Art. 19 Rdnr. 30; Wendt, in: vM/K, GG-Kommentar, Art. 5 Rdnr.6. 6 Herzog, in: M/D GG-Kommentar., Art. 5 I, 11 Rdnr.160. 7 Gleiches ist auch Art. 52 EGV (Art. 43 Amsterdamer Fassung) i.V.m Art. 59 EGV (Art. 49 Amsterdamer Fassung) und 48 EGV (Art. 39 Amsterdamer Fassung) zu entnehmen. 8 Soehring, Recherche, Berichterstattung, Ansprüche im Recht der Presse und des Rundfunks, 1995, Rdnr. 14.8; Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 1994, Rdnr. 4.44 ff. 9 BVerfGE 61, 1. 10 BVerfGE 90, 247. 11 BVerfGE 90, 247.
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Teil A: Rechtlicher Hintergrund
wenn sie "technisch geeignet und bestimmt ist, der Allgemeinheit, d. h. einem individuell nicht bestimmbaren Personenkreis, Informationen zu verschaffen."12 Allgemein zugänglich sind somit beispielsweise Pressepublikationen, Rundfunksendungen, Filme, Ausstellungen, öffentliche Veranstaltungen, Bücher, Flugblätter. Nicht allgemein zugänglich sind dagegen schriftliche und mündliche Äußerungen, die nur an einzelne adressiert sind (wie Postsendungen an bestimmte Personen) sowie die von staatlichen Behörden verwalteten Informationen, private Aufzeichnungen und Telefongespräche. 13 Die Informationsfreiheit begründet keinen Anspruch gegen den Staat auf Beschaffung bestimmter Informationen. Der Bürger soll sich der allgemein zugänglichen Informationsquellen auf eigene Kosten bedienen können. 14 Das bestehende Informationsrecht in Deutschland ist durch die Grundsätze der Vertraulichkeit der Verwaltung und der beschränkten Aktenöffentlichkeit geprägt. 15 Diesen Prinzipien zufolge besteht ein Anspruch auf Informationszugang nur aufgrund spezieller Regelungen, 16 die den Informationszugang in Form von Auskunftserteilung oder Akteneinsicht vorsehen. 17 Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts steht den Bürgerinnen und Bürgern aus Art. 2 Abs. 1 LV. m Art. 1 Abs. 1 GG grundsätzlich ein Anspruch auf Einsicht in Unterlagen zu, die sie selbst betreffen. 18 Das Bundesverfassungsgericht hat bisher die Notwendigkeit eines Informationszugangsgesetzes nur mittelbar anerkannt, in dem es der Informationsfreiheit für eine funktionierende Demokratie und deren politischen Meinungs- und Willensbildungsprozess fundamentale Bedeutung beimißt. 19 Vor diesem Hintergrund haben bisher nur wenige Bundesländer Informationszugangsgesetze erlassen. 20 Diese Gesetze sind ein Novum im deutschen Verwaltungsrecht und bilden die geeignete Ba12 BVerfGE 27, 71 (83); BVerfGE 47,247 (252).
13 Starck, in: vM/K/St, GG-Kommentar, Art. 5 I, 11, Rdnr. 30, 33; Wendt, in vM/K GG-Kommentar, Art. 5, Rdnr. 23 ff. 14 Starck, in: vM/K/St, GG-Kommentar, Art. 5 Rdnr. 35 ff., BVerfGE 27, 71 (82). 15 Vgl. Schapper in den Tagungsbeiträgen des internationalen Symposiums "Informationsfreiheit und Datenschutz" am 25. und 26. Oktober 1999 in Potsdam, S.lO. 16 Ein allgemeiner Informationszugangsanspruch wird auf Bundesebene lediglich im Umweltbereich durch das Umweltinformationsgesetz vom 8.7.1994 (BGBl. I, S. 1490) gewährt, welches in Umsetzung der Richtlinie 90/313/EWG vom 7.6.1990 über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt erlassen worden ist. 17 Umfassende Auskunfts- und Akteneinsichsichtsregelungen finden sich nur auf Landesebene vgl. z. B. Der § 102c Abs. 1 LBG NW; § 14 VSG NW, § 9 Abs. 2 i.V. m § 2 Abs. 1 Nr.2 GDSGNW. 18 BVerfG, in NJW 1999, 1777. 19 BVerfGE 20,162 (174ff.). 20 Vgl. das brandenburgische Akteneinsicht- und Informationszugangsgesetz (AIG) vom 10.03.1998, Bbg GVBl. I, S. 46, das Berliner Informationsfreiheitsgesetz (IFG) vom 15.10.1999, BL. GVBl., S. 561 und das Informationsfreiheitsgesetz für das Land SchleswigHolstein (IFG-SH) vom 09.02.2000, GVOBl. Schl.-H 4/2000, S.166.
I. Rechtliche Grundlage des Medienprivilegs
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sis für die Diskussion über die Einführung eines Infonnationszugangsgesetzes auf Bundesebene. 21 Einem eigenständigen Infonnationsfreiheitsgesetz nach dem Vorbild des britischen Freedom of Information Act 1996, das der infonnationellen Selbstbestimmung der Betroffenen einerseits und der Transparenz innerhalb der Verwaltung und den privatwirtschaftlichen Herrschaftsbereichen andererseits Rechnung trüge, käme in der sich entwickelnden Infonnationsgesellschaft zunehmende Bedeutung ZU. 22 cc) Medienfreiheit Grundlage der Medienfreiheit ist die Freiheit der menschlichen Kommunikation, mit anderen Worten die einseitige oder gegenseitige Verständigung, Mitteilung und Interaktion durch Übennittlung von Signalen. 23 Die Tätigkeit der Medien ist in der Kommunikation mit dem Publikum, mit der Masse zu sehen. Man spricht von der Massenkommunikation durch Medien. Dabei wird eine große Anzahl von Mitteilungen an beliebig viele, anonyme Rezipienten verbreitet, wobei gleichzeitig eine Rückkopplung durch Leserbriefe oder Telefonanrufe erfolgen kann. 24 Daraus lassen sich die wesentlichen Grundsätze zur Einordnung eines Kommunikationsmittels als Massenmedium ableiten. Darüber hinaus muß sich der Kommunikator durch ein technisches Medium der Massenvervielfältigung geistiger Sinngehalte an einen individuell nicht bestimmbaren Personenkreis wenden. Je nach der Technik der Vervielfältigung unterscheidet man die verkörperten von den körperlosen Medien. Unter dem Begriff der körperlosen Medien sind diejenigen Medien zu verstehen, deren Vervielfältigung und Verbreitung durch akustische und optische Projektion (Hörfunk, Fernsehen, Film) erfolgt. Zu den verkörperten Medien gehören die Druckwerke (Zeitungen, Zeitschriften, Bücher, Plakate, Schallplatten, Tonbänder), wie sie etwa in den Landespressegesetzen definiert sind. 25 Die Massenmedien bilden den Oberbegriff, unter den die verfassungsrechtlich geschützten Medien einzuordnen sind, nämlich die Presse, der Rundfunk und der Film. Die Eigenständigkeit dieser Medien steht allerdings im Hinblick auf ihr tech21 Die Regierungskoalition hatte geplant, bis zum Jahresende (2000) das Einsichtsrecht in Akten von Bundesbehörden per Gesetz festzuschreiben. Das im Juni 200 I vorgestellte Diskussionspapier wurde vom Bundesinnenministerium bis Mitte 2002 überarbeitet. Das Informationszugangsgesetz hat dem Anspruch auf Demokratie und Transparenz in der Informationsgesellschaft nicht ausreichend entsprechen können und scheint zumindest für diese Legislaturperiode gescheitert zu sein. 22 Vgl. das Gutachten von Michael Kloepfer für den 62. Deutschen Juristentag, Bremen 1998: "Geben modeme Technologien und die europäische Integration Anlaß, Notwendigkeit und Grenzen des Schutzes personenbezogener Informationen neu zu bestimmen"; in Verh. des 62. DJT, 1,1998, D. 90ff. (nachstehend Kloepfer, Gutachten). 23 Schulz, in Publizistik/Massenkommunikation, Fischer Lexikon, S. 98. 24 Schulz, in Publizistik/Massenkommunikation, Fischer Lexikon, S. 103 (104). 25 Vgl. z.B. §7 BerlinerPressegesetz vom 15. Juni 1965 (GVBI. S.744).
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Teil A: Rechtlicher Hintergrund
nisches 26 und wirtschaftliches 27 Zusammenwachsen "in Gefahr". Außerdem ist zweifelhaft, ob man sachgerechterweise zwischen Presse, Rundfunk und Film differenzieren darf. Alle drei Medien dienen nämlich demselben Ziel, der Vermittlung von Informationen und Meinungen. 28 Diese Gedanken, welche die traditionellen Medien in ihrem Umgang mit den neu entwickelten Medien begleiten, bilden den Hintergrund einer einheitlichen Regelung bezüglich der Datenverarbeitung im Medienbereich. Jedoch kann der Inhalt und der Umfang des geltenden datenschutzrechtlichen Medienprivilegs nur im Hinblick auf die verfassungsrechtlich garantierte Presse-, Rundfunk- und Filmfreiheit verstanden werden. (1) Pressefreiheit
Der Begriff der Presse umfaßt alle zur Verbreitung geeigneten und bestimmten Druckerzeugnisse und Informationsträger, die nicht unter den Film- und Rundfunkbegriff fallen 29 . Geschützt sind daher neben den periodisch erscheinenden Druckwerken, wie Zeitungen und Zeitschriften, auch solche, die einmalig gedruckt werden, wie Bücher, Plakate, Flugblätter, Handzettel, Magnetophonbänder u. a. Darüber hinaus definieren die Landespressegesetze 30 als Druckwerke "alle mittels der Buchdruckpresse oder eines sonstigen zur Massenherstellung geeigneten Vervielfältigungsverfahrens hergestellten und zur Verbreitung bestimmten Schriften, besprochenen Tonträger, bildlichen Darstellungen mit und ohne Schrift und Musikalien mit Text oder Erläuterungen". Durch die Pressefreiheit werden in funktionaler Hinsicht alle Handlungen erfaßt, die zur Äußerung in einem Presseerzeugnis führen. Sie "reicht von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachrichten und Meinungen".31 Geschützt wird weiterhin die freie Gründung von Presseunternehmen und der freie Zugang zu Presseberufen, die Herstellung des Presseprodukts, die Verbreitungsfreiheit (z. B. der Vertrieb auf öffentlichen Straßen und Plätzen oder innerhalb von öffentlichen Einrichtungen). Grundrechtsträger der Pressefreiheit sind alle "im Pressewesen tätigen Personen und Unternehmen". 32 Die Anwendbarkeit der Pressefreiheit für juristische Personen ergibt sich aus Art. 19 Abs. 3 GG. Zu den natürlichen Personen gehören neben dem Verleger, dem Herausgeber, dem Redakteur und dem Journalisten, auch solche Per26 Vgl. dazu die elektronische Presse. 27 Man findet oftmals private Rundfunkanstalten, die mit Presseunternehmen wirtschaftlich
verbunden sind; ausführlich über die Auswirkungen der Medienverflechtungen im Medienbereich in Teil DIll (2)(b). 28 Wendt, in: vM/K GG-Kommentar. Art. 5 Rdnr 50.; BVerfGE 83, 283 (295ff.). 29 Starck, in: v. M/K/St, Art. 5 Rdnr 38. 30 Vgl. z. B. § 7 Berliner Pressegesetz. 31 BVerfGE 20, 162 (176). 32 BVerfGE 20,162 (175).
I. Rechtliche Grundlage des Medienprivilegs
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sonen, die an inhaltsfernen Hilfsfunktionen von Presse unternehmen beteiligt sind, wie der Buchhalter oder das Versandpersonal. 33 Die Pressefreiheit ist kein Spezialfall der Meinungs- oder Informationsfreiheit. Es ist also zu betonen, daß die Pressefreiheit kein "Spezialgrundrecht für drucktechnisch verbreitete Meinungen", keine "auf die Presse gemünzte Wiederholung der Meinungsfreiheit" ist. 34 Andererseits umfaßt die Pressefreiheit die Beschaffung von Informationen nicht nur aus allgemein zugänglichen Quellen sondern auch durch besondere Interviews oder Recherchen. Wie bereits oben erwähnt, gehört die Mitwirkung der Presse an der Bildung der öffentlichen Meinung zu ihren wichtigsten existenziellen Funktionen. 35 Eine lebendige öffentliche Meinung wird oft als "Sauerteig der Demokratie" bezeichnet. 36 "Wo immer sich eine Regierung von den Grundlagen freiheitlicher Staats führung zu entfernen beginnt, wird das an der empfindlichsten Stelle, bei der Pressefreiheit, alsbald erkennbar". 37
(2) Rundfunk- und Filmfreiheit Art. 5 Abs. 1 S.2 GG garantiert nicht nur die Pressefreiheit, sondern darüber hinaus die Freiheit der übrigen Massenkommunikationsmittel, des Rundfunks, des Films und des Fernsehens. Schutzgut der Rundfunkfreiheit ist die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk. Der Rundfunk ist jede Übermittlung von Gedankeninhalten durch physikalische Wellen. 38 Die Übermittlung kann sowohl über terrestrische Frequenzen, über Satellit oder über Breitbandkabel erfolgen. 39 Was die technische Übermittlung angeht, läßt sich der Rundfunk von der Presse dadurch unterscheiden, daß die Vervielfaltigung von Presseprodukten mittels mechanischer oder chemischer Mittel erfolgt. 40 Der Befund, daß Presse und Rundfunk durch den Übermittlungsvorgang voneinander abgegrenzt werden, hat zur Folge, daß fernmeldetechnisch vermittelte Textsendungen und Textprogramme generell der Rundfunkfreiheit und nicht der Pressefreiheit zugeordnet werden. 41 Ein weiteres Element, das für die Bestimmung des Rundfunkbegriffs von zentraler Bedeutung ist, ist die Adressierung an die Allgemeinheit. Diese Voraussetzung BvrfGE 25, 296 (304). BVerfGE 85, 1 (l2ff.). 35 BVerfGE 12, 260ff. 36 Löftler/Ricker, Handbuch des Presserechts, 1994, S.5. 37 Scheuner, Pressefreiheit, VVDStRL 1965, 5. 38 Herzog, in: M/D GG-Kommentar, Art. 5 I, 11, Rdnr. 195. 39 Gersdorf, Multi-Media: Der Rundfunkbegriff im Umbruch?, AfP 1995, 565 (570). 40 Der Film unterscheidet sich vom Rundfunk dadurch, daß er am Ort des Abspielens vorgeführt wird; Schulze-Fielitz in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Bd I, 1996, Art. 5 Rdnr 130. 41 Jarass, Rundfunkbegriffe im Zeitalter des Internet, AfP 1998, 136; näher dazu im Teil D. 33
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Teil A: Rechtlicher Hintergrund
ist erfüllt, wenn die Darbietungen sich an eine "unbestimmte Vielzahl"42 von Personen richten und nicht an eine bestimmte Person. Bei der Presse- ist ebenso wie bei der Rundfunkfreiheit irrelevant, ob allein Personen zugelassen werden, die einen Preis oder eine Gebühr bezahlen, solange eine unbestimmte Vielzahl von Personen unter dieser Voraussetzung diese Dienste nutzen darf. 43 Dementsprechend ist das Entgeld-Fernsehen (Pay-TV) als Rundfunk anzusehen. 44 Der Begriff der Berichterstattung umfaßt nicht nur Tatsachenmeldungen, sondern auch Meinungsäußerungen, Hörspiele oder sonstige Unterhaltungssendungen. 45 In der Rechtsprechung steht fest, daß der Rundfunk "auch mit den Sendungen außerhalb des Bereichs der eigentlichen Information und politischen Unterrichtung an der Meinungsbildung" mitwirkt. 46 "Das Sendeprogramm kann infolgedessen nicht in einzelne Teile zerlegt, sondern muß als einheitliche Veranstaltung gesehen werden".47 Im dem sog. Lebach-Urteil wurde vom Bundesverfassungsgericht entschieden, daß der Schutz des Art. 5 Abs. I S.2 unabhängig davon gewährleistet wird, "ob es sich um politische Sendungen, kritische Auseinandersetzungen mit anderen die Allgemeinheit interessierenden Fragen oder um Hörspiele, kabarretistische Programme oder andere Unterhaltungssendungen handelt."48 Die Rundfunkfreiheit ist aus diesem Grund auch als Programmfreiheit zu verstehen. Der Art. 5 Abs. I S.2 GG gewährleistet den "Schutz von Auswahl, Inhalt und Ausgestaltung der Programme" gegen fremde Einflüsse und schützt auch deshalb das Recht, "frei von fremdem, insbesondere staatlichem Einfluß über Auswahl, Einstellung und Beschäftigung der Rundfunkmitarbeiter zu bestimmen."49 Mutatis mutandis gilt das Ausgeführte für den Umfang der Gewährleistung der Pressefreiheit auch für die Rundfunkfreiheit, die alle Tätigkeiten umfaßt, die von der Beschaffung einer Information zur Ausstrahlung einer Sendung führen. Die von Art. 5 Abs. I S.2 GG geschützten Tätigkeiten bestehen zunächst in den Vorgängen der Veranstaltung von Rundfunk, d. h. von der Vorbereitung der Programmerstellung über die Herstellung der Programme bis zu deren Sendung. 50 Träger des Grundrechts der Rundfunkfreiheit sind private Rundfunkunternehmen sowie öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten, welche "die Grundrechte in einem Bereich verteidigen, in dem sie vom Staat unabhängig sind."51 Zu den GrundrechtsBVerfGE 74, 297 (352). Gersdorf, AfP 1995, 569ff. 44 BVerfGE 74, 297 (345). 45 Herzog, in: M/D GG-Kommentar, Art. 5 I, 11, Rdnr.200-202; Starck, in: v M/K/St, Art. 5 Abs.I, Rdnr.65, BVerfGE 77,65 (74); BVerfGE 83, 238 (295ff.). 46 BVerfGE 31, 314 (326). 47 BVerfGE 31, 314 (326). 48 BVerfGE 35, 202 (223); vgl. auch jüngst BVerfG, Beschluß vom 25.11.1999, in: AfP 2000, 160 ff. (Lebach 11). 49 BVerfGE 59,231 (260). 50 BVerfGE 77, 65 (74). 51 BVerfGE 31, 314 (322). 42 43
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trägem gehören auch alle natürliche Personen, die an der Programmgestaltung mitwirken. Der Schutzbereich der Filmfreiheit i. S. des Art. 5 Abs. 1 S.2 GG umfaßt alle wesensmäßig mit der Herstellung und Verbreitung von Filmen zusammenhängenden Tätigkeiten. Dazu gehören unter anderem die Auswahl des Filmthemas oder des zu filmenden Stoffes, die Informationsbeschaffung und die konkrete Art und Weise der Darstellung. 52 Grundrechtsträger sind daher die in diesen Tätigkeiten, insbesondere von den Vorarbeiten an bis zur Aufführung eines Filmes, engagierten Personen. 53 Ebenso wie bei der Rundfunkfreiheit ist der Begriff der Berichterstattung weit auszulegen. Er ist als Vermittlung von Inhalten zu verstehen und erfaßt nicht nur dokumentarische Filme, sondern auch Spielfilme und alle anderen filmischen Meinungsäußerungen. 54
b) Grundrechtsschranken Die in Art. 5 I GG enthaltenen Grundrechte unterliegen der Schrankentrias des Art. 5 11 GG: Im einzelnen sind dies die Vorschriften der allgemeinen Gesetze, gesetzliche Bestimmungen zum Schutz der Jugend und das Recht der persönlichen Ehre. Die allgemeinen Gesetze als Schranken der Kommunikationsfreiheiten sind immer wieder in Literatur und Rechtsprechung interpretiert und gedeutet worden. 55 Das Bundesverfassungsgericht sieht seit seinem bekannten Lüth-Urteil als allgemeine Gesetze alle diejenigen Gesetze an, "die nicht eine Meinung als solche verbieten, die sich nicht gegen die Äußerung der Meinung als solche richten, die vielmehr dem Schutze eines schlechthin, ohne Rücksicht auf eine bestimmte Meinung, zu schützenden Rechtsguts dienen, dem Schutze eines Gemeinschaftswerts, der gegenüber der Betätigung der Meinungsfreiheit den Vorrang hat."56 Unter den Begriff der allgemeinen Gesetze fällt ein großer Teil der Gesetze: So z. B. die meisten Bestimmungen des Straf-, Strafprozeß- und Strafvollzugsrechts, das Richtergesetz, das Soldatengesetz, das Standesrecht, die Bestimmungen des Straßenverkehrs-, Bauund Gewerberechts, sowie die Normen des Zivilrechts. 57 Reupert, Die Filmfreiheit, NVwZ 1994, 1155 (1156). Ipsen, Staatsrecht 11 (Grundrechte), 2. Aufl., 1998, (nachstehend: Ipsen, Staatsrecht 11), Rdnr432. 54 Vgl. Herzog, in: M/D GG-Kommentar, Art. 5 I, 11, Rdnr 201; Starck, in: vM/K/St, GGKommentar, Rdnr 99, Wendt, in: vMIK GG-Kommentar, Rdnr 61, Reupert, NVwZ 1994,1155 (1156). 55 Herzog, in: M/D GG-Kommentar, Art. 5 I, 11, Rdnr. 252ff.; Starck, in: vM/K/St, GGKommentar, Rdnr 120, Wendt, in: vMIK GG-Kommentar, Rdnr 69 mit umfangreichen Nachweisen. 56 BVerfGE 7, 198 (208). 57 Herzog, in: M/D GG-Kommentar, Art. 5 I, 11, Rn 276ff.; Ipsen, Staatsrecht 11, Rdnr.445; BVerfGE 7,198 (214). 52 53
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Teil A: Rechtlicher Hintergrund
Aus den einfach-gesetzlichen Regelungen ergeben sich zahlreiche Ansprüche der von einer Berichterstattung in unzulässiger Weise Betroffenen, die eine solche Berichterstattung entweder verhindern oder korrigieren oder durch sie enstandenen Schaden ersetzt haben. Der Betroffene hat gegen unwahre Tatsachenbehauptungen durch die Medien einen Anspruch auf Gegendarstellung. Hierbei handelt sich um die Verpflichtung der Presse, abweichende Tatsachendarstellungen des von einer Pressemeldung Betroffenen ohne vorherige Wahrheitsprüfung abzudrucken und in gleicher Weise wie die Meldung zu veröffentlichen. Ausgeschlossen sind damit Gegendarstellungen gegen Meinungsäußerungen und Werturteile. 58 Für die Definition des Begriffs der Tatsache und seiner Abgrenzung von dem Begriff der Meinungsäußerung können nach allgemeiner Ansicht auch die von Rechtsprechung und Literatur zu den §§ 186, 187 StGB entwickelten Grundsätze herangezogen werden. 59 Tatsachen sind demnach Sachverhalte, Begebenheiten, Vorgänge, Verhältnisse oder Zustände,60 wobei nicht nur die sinnlich wahrnehmbaren, sondern auch die sogenannten inneren Tatsachen, wie Motive und Absichten des Handeins zu zählen sind. 61 Eine Pflicht zum Abdruck einer Gegendarstellung besteht dann nicht, wenn die betroffene Person oder Stelle kein berechtigtes Interesse an der Veröffentlichung hat, wenn die Gegendarstellung ihrem Umfang nach nicht angemessen ist oder bei Anzeigen, die ausschließlich dem geschäftlichen Verkehr dienen. 62 Neben dem Recht auf Gegendarstellung steht dem Betroffenen ein Anspruch auf Berichtigung bzw. Widerruf bereits veröffentlichter Tatsachenbehauptungen zu, sofern deren Unwahrheit positiv feststeht und die sonstigen Voraussetzungen der §§ 823 ff. BGB erfüllt sind. Mit dem Widerruf erklärt der Verletzer lediglich, die behauptete Tatsache nicht beweisen zu können. 63 Während die Ansprüche auf Berichtigung und Gegendarstellung die Aufhebung einer bereits geschehenen Verletzung zum Gegenstand haben, ist der Unterlassungsanspruch auf die Verhinderung rechtswidriger Verletzungen oder ihrer Vorbereitungen in der Zukunft gerichtet. Voraussetzung des Unterlassungsanspruchs ist danach eine zu befürchtende rechtswidrige, jedoch nicht notwendig schuldhafte Verletzung oder Gefährdung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Betroffenen einer veröffentlichten Tatsachenbehauptung. 64 Teil AI(l)(a)(aa). OLG Frankfurt in AfP 1985, 290. 60 Seitz/Schmidt/Schöner, Der Gegendarstellungsanspruch in Presse, Film, Funk und Fernsehen, 1990, Rdnr. 295. 6\ Dreher/Tröndle, StGB-Kommentar, § 186 Rdn.l; zum Tatsachenbegriffvgl. auch Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 1994, Rdnr. 4.40ff.; Rühl, Tatsachenbehauptungen und Wertungen, AfP 2000,17 (18). 62 Vgl. § 11 der Landespressegesetze (§ 10 in Bayern, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Berlin; § 12 in Brandenburg). 63 Dabei ist eine Stellungnahme zum Inhalt der Behauptung damit nicht verbunden; vgl. LG Stuttgart, in AfP 1983, 294. 58
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I. Rechtliche Grundlage des Medienprivilegs
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Soweit der Verletzer bzw. die Presse rechtswidrig und schuldhaft gehandelt hat, können Schadensersatzansprüche bestehen. In Deutschland, wo das allgemeine Persönlichkeitsrecht als absolutes Recht unter die sonstigen Rechte i. S. d. § 823 Abs. 1 BGB einzuordnen ist, umfaßt der Schadensersatz den materiellen Schaden als Vermögensschaden. Der Anspruch beinhaltet nach § 249 Abs. 1 BGB grundsätzlich die Naturalrestitution. Wenn die Herstellung des früheren Zustandes nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich ist, kann ein angemessener Schadensersatz in Geld geltend gemacht werden (§ 251 I und 11 BGB). Vielfach kann aber bei der Verletzung von Persönlichkeitsrechten immaterieller Schaden entstehen. Der BGH hat deshalb dem Verletzten für seinen immateriellen Schaden in analoger Anwendung von § 847 ein Schmerzensgeld zuerkannt. 65 Im Unterschied zu den allgemeinen Gesetzen bilden die Gesetze zum Schutze der Jugend Sonderrecht gegen Meinungsäußerungen, Presseerzeugnisse, Rundfunksendungen und Filme. Das Grundgesetz bestimmt dabei nicht den Gegenstand des Jugendschutzes. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bedarf der Jugendschutz in erster Linie "Wirkungspräventivmaßnahmen, um erkannte Gefahrenquellen rechtzeitig auszuschalten."66 Die jugendbedrohenden Gefahren finden sich insbesondere in "Druck-, Ton- und Bilderzeugnissen, die Gewalttätigkeiten oder Verbrechen glorifizieren, Rassenhaß provozieren, den Krieg verherrlichen oder sexuelle Vorgänge in grob schamverletzender Weise darstellen und deswegen zu erheblichen, schwer oder gar nicht korrigierbaren Fehlentwicklungen führen können."67 Zu den gesetzlichen Jugendschutzbestimmungen gehören vor allem das Gesetz zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit (Jugendschutzgesetz) vom 25. Februar 1985 68 und das Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften (GJS) vom 12. Juli 1985 69 . Das Recht der persönlichen Ehre ist nicht als Unterfall der allgemeinen Gesetze anzusehen. Der Stellenwert des Rechts der persönlichen Ehre 64 Unterlassungsansprüche sind im deutschen Recht u. a. in §§ 12, 862 und 1004 BGB geregelt; vgl. u.a. Ermann, BGB-Kommentar, 9. Aufl, Münster 1993 § 12 Rdnr.10l ff.; Schwerdner, Münchener Kommentar zum BGB, 3. Aufl., München 1993, § 12 Rdnr. 309 ff. (nachstehend MüKom, BGB). 65 BGHZ 26, 349 (Herrenreiterfall). Heute wird die Ansicht vertreten, daß der Anspruch auf immaterielle Schaden nicht mehr auf eine Analogie zu § 847 BGB zu stützen ist, sondern vielmehr unmittelbar auf den Schutzauftrag der Art. 1 und 2 GG; vgl. Schwerdner, in MüKom, BGB, § 12 Rdnr. 286ff.; Gounalakis, Persönlichkeitsschutz und Geldersatz, AfP 1998, 10 (12-13); Steffen, Schmerzensgeld bei Persönlichkeitsverletzungen durch die Medien, NJW 1997, 10. 66 BVerfGE 30, 336 (350). 67 BVerfGE 30, 336 (347). 68 BGBI. 1,425. 69 Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften (GJS) vom 12. Juli 1985 (BGBl.I, 1502), geändert durch Art. 16 Abs.l des Gesetzes vom 28. Oktober 1994 (BGBl.I, 3186), zuletzt geändert durch Art. 6 des Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetz (IuKDG) vom 22. Juli 1997 (BGBI. I, 1870).
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Teil A: Rechtlicher Hintergrund
wird durch seine ausdrückliche verfassungsrechtliche Positivierung als eine von drei Schranken der Kommunikationsgrundrechte hervorgehoben. 70 Es muß schließlich betont werden, daß zu den "allgemeinen Gesetzen" im Sinne des Artikels 5 Abs.2 GG auch die Datenschutzgesetze gehören. Ihr Zweck ist es, "den einzelnen davor zu schützen, daß er durch den Umgang mit seinen personenbezogenen Daten in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt wird." Damit konkretisieren sie das vom Bundesverfassungsgericht in seinem Volkszählungsurteil vom 15. Dezember 1983 aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abgeleitete "Recht auf informationelle Selbstbestimmung". 71
2. Griechenland a) Meinungsfreiheit
Das Recht auf Meinungsfreiheit ist im griechischen, ähnlich wie im deutschen Recht, als konstituierendes Element einer freiheitlich-demokratischen Ordnung anerkannt. Sie entspricht nicht nur einem persönlichen Bedürfnis des Menschen, seine eigenen Meinungen und Ideen frei von staatlichen oder privaten Eingriffen zu bilden und der Öffentlichkeit mitzuteilen, sondern bildet darüber hinaus eine conditio sine qua non für den Bestand der Demokratie. 72 Ohne die Meinungsfreiheit ist die Bildung eines öffentlichen Diskurses nicht möglich. Die Meinungsfreiheit wird in Griechenland verfassungsrechtlich geschützt. Der Art. 14 Abs. 1 griech. Verfassung normiert: "Jeder darf seine Gedanken unter Beachtung der Gesetze mündlich, schriftlich und auch durch die Presse ausdrücken und verbreiten." Die Gewährleistung, seine Gedanken frei auszudrücken und zu verbreiten, bedeutet die Freiheit vor staatlicher Lenkung, Behinderung und Beeinträchtigung. Grundrechtsträger sind, wie im deutschen Recht 73, neben natürlichen auchjuristische Personen. Die Meinungsfreiheit läßt sich in verschiedene Phasen aufteilen. 74 Die erste Phase ist die Meinungsbildungsfreiheit. Sie bildet die Voraussetzung der späteren Äußerung und Verbreitung einer oder seiner eigenen Meinung. Die zweite Phase enthält das Recht des einzelnen, eine Meinung zu haben, ohne dafür nachteilige Konsequenzen befürchten zu müssen. 75 Die dritte Phase ist die Mei70 Teuinger, Der Schutz der persönlichen Ehre im freien Meinungskampf, JZ 1983, 317 (320). 7\ BVerfGE 65, 1 (41 ff.). 72 Dagtoglou, Verfassungsrecht, Grundrechte, 1991, Bd. A, Rdnr.601 (zitiert: Dagtoglou, Grundrechte) (in griechischer Sprache). 73 S. oben Teil AI(1)(a) (cc) (1). 74 Dagtoglou, Grundrechte, Bd. A, Rdnr. 603. 75 Vgl. die Bestimmung des Art. 19 Abs. 1 des internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte vom 19. Dezember 1966 (IPBPR), s. unten Teil B I (1)(b). Die englische Übersetzung ("Everyone shall have the right to hold opinions without interference") spiegelt den Sinn dieser zweiten Phase der griechischen Verfassung besser wider, soweit man unter dem
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nungsäußerungsfreiheit, wobei die Begriffe "mündlich, schriftlich und durch die Presse" (Art. 14 Abs. 1 griech. Verfassung) nur als beispielhaft anzusehen und weit auszulegen sind. Die Auslegung der Bestimmung ergibt, daß durch die Meinungsäußerungsfreiheit die Freiheit der Auswahl des Äußerungsmittels (schriftlich, mündlich, durch die Presse), der Sprache (z. B. Alt- und Neugriechisch) und der Zeit, des Orts und des Gesprächspartners erfaßt ist. Als letzte Phase wird schließlich die Freiheit der Verbreitung einer Meinung geschützt, bei welcher der Aspekt der Kontaktherstellung mit den Adressaten im Vordergrund steht.
b) Informationsfreiheit Die Informationsfreiheit bildet in der griechischen - ähnlich wie in der deutschen - Verfassung ein eigenes Grundrecht. Die am 17. April 2001 in Kraft getretene Verfassungsrevision 76 hat ein eigenständiges Recht auf Information in Art. 5 A Abs. 1 S. 1 griech. Verfassung eingeführt. Die Schranken des Informationsrechts werden im Satz 2 bestimmt. Danach können Einschränkungen nur auf gesetzlicher Basis und zum Schutz der nationalen Sicherheit, zur Verbrechensbekämpfung oder zum Schutz der Rechte und Interessen Dritter begründet werden. Der Abs. 2 bestimmt, daß jeder ein Recht auf Beteiligung in der Informationsgesellschaft hat und ihm Zugang zu elektronisch erzeugten Dokumenten gewährt werden muß. Mit dem neuen Art. 5 A griech. Verfassung versucht der Verfassungsgeber das Prinzip der Transparenz in der Informationsgesellschaft verfassungsrechtlich zu verankern. Sein Ziel ist es, eine bessere Beteiligung der Bürger am Entscheidungsprozeß zu ermöglichen und "eine größere Legitimität, Effizienz und Verantwortung der Verwaltung gegenüber dem Bürger in einem demokratischen System"77 zu gewährleisten. Art. 5 A griech. Verfassung garantiert die passive Seite der Informationsfreiheit. 78 Sie umfaßt die Freiheit der Öffentlichkeit, Informationen ohne staatliche Hindernisse und Diskriminierungen empfangen und sammeln zu können. Dieses Recht umfasse die Meinungsfreiheit sowie die Freiheit, sich aus allgemein zugänglichen Quellen zu informieren, ohne daß der Staat in diese Freiheit eingreifen kann. 79 Durch die aktive Informationsfreiheit wird die freie Mitteilung bzw. Vermittlung von Informationen und Ideen garantiert. 80 Der Staatsrat (oberstes Verwaltungs geBegriff "interference" staatliche oder sonstige Eingriffe und Beeinträchtigungen aufgrund bestimmter Meinungen versteht. 76 Amtsblatt der griechischen Republik A 84/06.04.2001. 77 Vgl. EU-Verordnung vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission. 78 Vgl. Chryssogonos, Eine bestätigende Verfassungsänderung, Athen-Komotini 2000, S. 20ff. (in griechischer Sprache). 79 Staatsrat 2209/l977, in: NoB 1977, 111. 80 Zur Einordnung der geschäftlich-kommerziellen Werbung in die Meinungs- bzw. Informationsfreiheit Dagtoglou, Grundrechte, Bd. A, Rdnr. 647 ff. 3 Lazarakos
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Teil A: Rechtlicher Hintergrund
richt nach dem Vorbild des französischen Conseil d'Etat) hat diesbezüglich betont, daß jeder Bürger das in der Verfassung garantierte Recht auf Äußerung seiner philosophischen, religiösen und politischen Überzeugungen habe. Der Demokratiegrundsatz des Art. 1 Abs. 1 griech. Verfassung Sl konnte bisher in manchen Fällen die Verpflichtung des Staates begründen, eigene Archive und Informationen zugänglich zu machen. Im Rahmen der Bestimmung des Art. 20 Abs. I griech. Verfassung ("Jeder hat das Recht auf Rechtsschutz durch die Gerichte ... ") ist die Zugänglichkeit von Verwaltungs urkunden als Voraussetzung eines ordnungsgemäßen Rechtsschutzes anzusehen. Nach der neuen Bestimmung des Art. 10 Abs. 3 griech. Verfassung verpflichtet ein Antrag auf Auskunfts- und Bescheinigungserteilung die zuständige Behörde innerhalb einer Frist von 60 Tagen zur Antwort, wie dies durch Gesetz vorgesehen ist. Die vor dem Inkrafttreten der revidierten Verfassung bestandene staatliche Verpflichtung 82 wurde durch Art. 5 des griechischen Verwaltungsverfahrenskodexes des Gesetzes 2690/1999 83 konkretisiert. 84 "Jeder Interessierte hat das Recht, nach schriftlichem Antrag Kenntnis von Verwaltungsdokumenten zu nehmen. Als Verwaltungsdokumente sind diejenigen Dokumente zu verstehen, die von öffentlichen Behörden verfaßt werden, insbesondere Berichte, Pläne, Sitzungsberichte, statistische Daten, Verwaltungsvorschriften, Antworten der Verwaltung, Gutachten und Entscheidungen." Diese Bestimmungen werden durch das Datenschutzgesetz 2472/97 ergänzt, das in seinem Art. 11 die Voraussetzungen des Auskunftsanspruchs im staatlichen und privaten Bereich festlegt.
c) Presse- und Rundfunkfreiheit
Nach Art. 14 Abs. 1 griech. Verfassung darf jeder "seine Gedanken ... durch die Presse ausdrücken und verbreiten". In der griechischen Literatur ist anerkannt, daß die öffentliche Aufgabe der Presse Voraussetzung für das Funktionieren eines demokratischen Staates und einer demokratischen Gesellschaft ist. 85 In der griechi81 Art. I Abs. I griech. Verfassung lautet: "Die Staatsfonn Griechenlands ist die republikanische parlamentarische Demokratie". Der Absatz 2 garantiert die Volkssouveränität als Grundlage der Staatsfonn des Absatzes I. 82 Der wesentliche Unterschied zum Art. 10 Abs. 3 griech. Verfassung von 1975/1986 liegt in der Festlegung der sechzigtägigen Frist zur Antwort der Behörde auf den Antrag des Bürgers. 83 Amtsblatt der griechischen Republik A 45/09.03.1999. 84 Art. 5 Gesetz 2690/1999 hat das G. 1599/86 ersetzt. 85 Vgl. u. a. Michailidis-Nuaros, Die Unverletzlichkeit des Privatlebens und die Pressefreiheit, ToS 1983,369 (371) (in griechischer Sprache); Plagiannakos, Das Persönlichkeitsrecht, EllDik 1966, 101 (l36ff.) (in griechischer Sprache); Karakostas, Persönlichkeit und Presse, 1997, S. 114 (in griechischer Sprache).
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schen Rechtsprechung ist darüber hinaus von der Pflicht der freien Presse und des freien Journalismus die Rede, dem Interesse der Allgemeinheit zu dienen. 86 Das Schutzgut der Pressefreiheit wird durch den Pressebegriff bestimmt. Nach Art. 1 Abs. 1 Pressegesetz 1092/1938 87 fällt unter den Pressebegriff "alles, was durch die Buchdruckerpresse oder andere mechanische oder chemische Mittel in vielen ähnlichen Exemplaren erzeugt wird und zur Vervielfältigung oder Verbreitung von Manuskripten, Bildern, Darstellungen mit oder ohne Anmerkungen oder musikalischen Werken, einschließlich Text und Erklärungen genutzt wird. "88 Dieser Begriff entspricht der restriktiven Definition des Pressebegriffs im deutschen Recht. 89 Ähnlich wie im deutschen Recht 90 unterscheidet das griechische Recht zwischen Presse- und Rundfunkfreiheit. Der Art. 15 Abs. 1 griech. Verfassung legt fest, daß die Vorschriften zum Schutz der Presse keine Anwendung auf Lichtspiel, Tonaufnahmen, Hörfunk, Fernsehen und jedes ähnliche Mittel zur Übertragung von Wort oder Bild finden. Der getrennten Behandlung von Presse und Rundfunk in der Verfassung liegen zum einen die verschiedenen Übermittlungsvorgänge zugrunde. Andererseits wird durch die Rundfunkfreiheit zugleich die Freiheit des Rundfunkanbieters gewährleistet, frei von fremdem Einfluß über den Inhalt und die Reihenfolge der Programme zu bestimmen. Diese Ansicht wurde wiederholt von der griechischen Rechtsprechung bestätigt. 9\ Trotz dieser Differenzierung zwischen Presse und Rundfunk wäre ein einheitlicher medienrechtlicher Datenschutz wegen der Erweiterung des Begriffs "Medien" um die neuen Medien und der zunehmenden Verschwommenheit von Inhalt und Grenzen der verfassungsrechtlichen Gewährleistung von Art. 14 und 15 griech. Verfassung in der Informationsgesellschaft von Bedeutung. Die Entscheidung des OLG Pireos 927/97 hat diese Vorstellung aufgegriffen und festgestellt, daß die Pressefreiheit eng mit der Gewährleistung der öffentlichen Funktion des Journalismus sowohl in der Presse als auch im Rundfunk verbunden ist. 92 Dies läßt sich auch den Ausführungen des Art. 4 Abs. 10 Gesetz 2328/95 über die Haftung der Rundfunksender entnehmen. Dieser legt fest, daß die Rundfunksender den Bestimmungen des einzigen Artikels des Gesetzes 1178/1981 93 über die Pressehaftung unterstehen. Diesbezüglich sind also die Rundfunksendungen den Presseveröffentlichungen gleichgestellt. Bei Rundfunksendern werden dabei als "Verleger" der/die in der Zulassung bestimmte(n) Rundfunkveranstalter verstanden, als "Direktor" der Vgl. LG Athen 4703/98, in: ArchN 1998,523. Amtsblatt der griechischen Republik A 68/22.02.1938. 88 Areopag 984/97, in: NoB 1998,399. 89 Teil AI 1 (a)(cc) (1). 90 Teil AI 1 (a)(cc) (2). 9\ Areopag 984/97, in: NoB 1998,399. 92 OLG Pireos 927/97, in: EIlDik 1999, 1412 (1413). 93 Amtsblatt der griechischen Republik A 187/16.07.1981. 86 87
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Verantwortliche für die Ausgestaltung des Programms und als Redakteur der Produzent oder der verantwortliche Journalist, der eine Sendung entweder koordiniert oder darstellt. Verletzungen der persönlichen Ehre und der Privatsphäre durch die Presse sind zivilrechtlich in gleicher Weise zu behandeln, als wenn sie vom Rundfunk herkommen. 94 Es muß schließlich betont werden, daß Presse und Rundfunk als Massenkommunikationsmedien eine gemeinsame öffentliche Aufgabe haben, nämlich die Mitwirkung an der freien und pluralistischen Meinungsbildung. Die Wichtigkeit und das Charakteristikum der Massenkommunikationsmedien liegt vor allem darin, daß sie die menschliche Kommunikation, d. h. die einseitige oder gegenseitige Verständigung durch Übermittlung von Signalen (Informationen, Gefühlen, Meinungen) bezwecken. Vor diesem Hintergrund bildet die Verschmelzung der Kommunikationsmittel in der Informationsgesellschaft die Grundlage der Beurteilung des datenschutzrechtlichen Medienprivilegs auf einer neuen einheitlichen medienrechtlichen Basis in der multimedialen Welt. 95 d) Schranken
Die griechische Verfassung garantiert die Meinungs- und Pressefreiheit "unter Beachtung der Gesetze" (Art. 14 Abs. 1 griech. Verfassung) und versteht daher die Presse nicht als legibus solutus. Mit anderen Worten entbindet die Auswahl der Presse als Äußerungs- und Kommunikationsmittel den Bürger nicht von der Verpflichtung, die Gesetze des Staates zu respektieren. Unter dem Begriff "Gesetze" versteht die herrschende Lehre 96 die allgemeinen Gesetze, die den Gegensatz zu den "besonderen Gesetzen"97 bilden. Als wichtigste gesetzliche Einschränkung der Pressefreiheit kommen die Ehrenschutzvorschriften des Strafrechts (Art. 361, 363, 366 und 367 griech. StGB), die zivilrechtlichen Vorschriften zum Schutz der Persönlichkeit (Art. 57, 59 i. V. m Art. 281 griech. ZGB) sowie die zivilrechtlichen Haftungsnormen (Art. 914, 919 und 920 griech. ZGB) in Betracht. Die Presse wird in Griechenland in den meisten Fällen wegen Ehrverletzung angeklagt. Die Straftatbestände des Art. 361 griech. StGB (Beleidigung) und des Art. 363 griech. StGB (Verleumdung) müssen von ihr bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben berücksichtigt werden. Dabei kann sich die Presse der Gefahr einer strafOLG Pireos 927/97, in: EllDik 1999,1412 (1413-1414). Mehr zum Thema "Medienverflechtungen und multimediale Anbieter" im Teil DIll (2)(b). 96 Dagtoglou, Grundrechte, Bd. A, Rdnr. 738 ff. 97 Als "besondere Gesetze" sind diejenige anzusehen, die sich in ihrem Inhalt und ihrer Zielsetzung auf die Presse beziehen. 94 95
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rechtlichen Verfolgung zum größten Teil unter Berufung auf Art. 367 griech. StGB (Wahrnehmung berechtigter Interesse) erfolgreich entziehen. 98 Eine weitere Einschränkung der Pressefreiheit bilden die zivilrechtlichen Normen zum Schutz der Privatsphäre, nämlich Art. 57 und 59 griech. ZGB, welche die zivilrechtliche Schnittstelle für die Anerkennung der in Art. 5 und 9 griech. Verfassung enthaltenen Grundrechte bilden (Drittwirkung der Grundrechte).99 Der Betroffene einer rechtswidrigen Veröffentlichung verfügt zunächst über einen Anspruch auf Beseitigung der verwirklichten Beeinträchtigung und ihre Unterlassung in der Zukunft (Art. 57 griech. ZGB). Während der Beseitigungsanspruch gegenüber unwahren Tatsachenbehauptungen wie im deutschen Recht 100 auf den Widerruf ausgerichtet ist, richtet sich der Unterlassungsanspruch auf die Verhinderung rechtswidriger Verletzungen oder ihrer Vorbereitungen in der Zukunft. 101 Ähnlich wie die deutsche kennt die griechische Rechtsordnung die Institution des Gegendarstellungsrechts, indem sie die Presse verpflichtet, eine abweichende Tatsachendarstellung des von einer Presserneldung Betroffenen abzudrucken und in gleicher Weise wie die Meldung zu veröffentlichen. 102 Der Art. 14 Abs. 5 griech. Verfassung sieht vor, daß jeder, der sich von einer unrichtigen Presseveröffentlichung oder Sendung betroffen sieht, zur Gegendarstellung berechtigt ist. Das Medium, das die Veröffentlichung durchgeführt hat, verpflichtet sich zur vollständigen und unmittelbaren Wiedergutmachung. Darüber hinaus sieht das griechische Recht einen Anspruch auf Schadensersatz nach den allgemeinen Vorschriften über unerlaubte Handlungen (Art. 914ff. griech. ZGB) 103 vor, wenn die Verletzung rechtswidrig und schuldhaft erfolgt ist. Dem Be98 Vgl. Areopag 1147/98, in: NoB 1999, 112; LG Athen 4050/97, in: ArchN 1998,523; LG Athen 7902/96, in: EllDik 1997,941; OLG Athen 2456/88, in: EllDik 1989, 810; OLG Athen 3129/88, in: NoB 1988, 1243; OLG Athen 1652/88, in: EllDik 1989,814. 99 V gl. u. a. Papadimitriou, Die Drittwirkung der Grundrechte heute, in Schranken und Verhältnisse zwischen privatem und öffentlichem Recht, 1996, S. 60-61 (in griechischer Sprache); Manitakis, Die Drittwirkung: ein überflüssiger Rechtsbegriff in der griechischen Rechtsordnung, in Chronika der Maragkopoulou Stiftung, 1991, S.297 (318ff.) (in griechischer Sprache); ders., Das Subjekt der Verfassungsrechte gemäß Art. 25 Abs. 1 Verfassung, 1981, S. 136 (in griechischer Sprache); Iliopoulos-Strangas, Die Drittwirkung von individuellen und sozialen Rechten, Athen-Komotini 1990, S.49 (in griechischer Sprache); dies., Grundrechtsschutz in Griechenland, JöR u. F. 32 (1983), 395 (422) = Die Verfassungen der EG-Mitgliedstaaten; Manessis, Individuelle Freiheiten, 1982, S.52-54 (in griechischer Sprache), Kassimatis, Die Frage der Drittwirkung von individuellen und sozialen Rechten, ToS 1981, 1 (17) (in griechischer Sprache). 100 Teil AI (1 )(a)(aa). 101 OLG Athen 3346/96, in: EllDik 1998,667. 102 Veniselos, Der Revisionsentwurf der griechischen Verfassung, 2000, S. 115 (in griechischer Sprache); Chryssogonos, Eine bestätigende Verfassungsänderung, 2000, S. 36. 103 Art. 914 griech. ZGB: "Wer widerrechtlich und schuldhaft einem anderen Schaden zufügt, ist dem anderen zum Schadensersatz verpflichtet."; zur Regelung der unerlaubten Hand-
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troffenen einer rechtswidrigen Veröffentlichung steht schließlich ein Anspruch auf Wiedergutmachung des immateriellen Schadens zu. Dieser Anspruch ist in verschieden Vorschriften geregelt. Der Art. 299 griech. ZGB sieht vor, daß wegen eines Schadens, der nicht Vermögens schaden ist, eine Wiedergutmachung in Geld in den durch das Gesetz bestimmten Fällen zu gewähren ist. Bei Persönlichkeitsverletzungen kommt Art. 59 griech. ZGB in Betracht, wobei Art. 932 und 933 griech. ZGB (unerlaubte Handlung) zu berücksichtigen sind 104• Die Wiedergutmachung bezweckt insbesondere die Zufriedenstellung und die Tröstung des Opfers (Ausgleichsfunktion), nicht aber die Bestrafung des Täters (Pönalfunktion) 105. Eng verbunden mit dem zivilrechtlichen Schutz des Persönlichkeitsrechts ist die Frage, inwieweit Personen der Zeitgeschichte Eingriffe in ihr Privatleben seitens der Presse dulden müssen. Sowohl die herrschende Lehre 106 als auch die Rechtsprechung 107 akzeptieren für Personen des öffentlichen Lebens von vornherein eine Verschiebung der Grenzen ihrer Privatsphäre, weil solche Personen - häufig - mit ihrem Privatleben stark in das öffentliche Leben eingebunden sind. In solchen Fällen ist eine Abwägung zwischen den schutzwürdigen Interessen des einzelnen und denen der Allgemeinheit an ungehinderter Information erforderlich, wobei keine der beiden Positionen von vornherein den Vorrang genießt. Dies gilt für die Presse- und Meinungsfreiheit sowohl gegenüber den Persönlichkeitsrechten des einzelnen als auch gegenüber den Personen des öffentlichen Lebens. Unentbehrliches Instrument dieser Güterabwägung ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. So muß die Datenschutzinstanz bei Datenverarbeitungen durch die Presse die Geeignetheit, die Eingriffstiefe und die Angemessenheit der Verarbeitung personenbezogener Daten für die angestrebten Presseaufgaben zum Kontrollrnaßstab machen. lung in Griechenland allgemein vgl. Vrellis Deliktsrecht in Griechenland, Christian v. Bar (Hrsg.), Deliktsrecht in Europa, 1994, S.13 ff. 104 Art. 932 griech. ZGB: "Wegen einer unerlaubten Handlung kann das Gericht, unabhängig vom Schadensersatz für den Vermögensschaden, eine nach seinem Ermessen angemessene Wiedergutmachung in Geld wegen des immateriellen Schadens zuerkennen. Dies gilt insbesondere bei Verletzung der Gesundheit, Ehre oder Keuschheit oder Entziehung der Freiheit einer Person." Art. 933 griech. ZGB: "Der im vorigen Artikel bestimmte Anspruch ist nicht übertragbar und geht nicht auf die Erben über, es sei denn, daß er durch Vertrag anerkannt oder eine Klage über ihn zugestellt wurde." 105 So v. a. Paterakis, Die Wiedergutmachung des immateriellen Schadens, Athen 1995, S. 242 ff. (in griechischer Sprache); vgl. auch Zepos, Der Schutz der Persönlichkeit nach dem griechischen Zivilgesetzbuch, in FS für v. Caemmerer, 1978, S. 1129 (1138); Karakatsanis, in Stathopoulos/Georgiadis, Kommentar zum ZGB, Athen-Komotini, Art. 59 Rdnr. I ff. (in griechischer Sprache);. Simantiras, Allgemeiner Teil des Zivilrechts, 3. Aufl. Bd. I, 1983, Rdnr. 535 ff. (in griechischer Sprache); Papantoniou, Allgemeiner Teil des Zivilrechts, 3. Aufl., 1983, S.135ff. (in griechischer Sprache). 106 Dagtoglou, Grundrechte, Bd.A, Rdnr. 748, Karakostas, Persönlichkeit und Presse, 1997, S.43ff. 107 Vgl. LG Athen 5783/97, in: EliDik 1998,667; OLG Athen 4887/92, in: EliDik 1993, 1516; OLG Athen 10745/91, in: NoB 1992,290.
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Zu den "allgemeinen Gesetzen" im Sinne des Artikels 14 Abs. 1 griech. Verfassung gehört auch das griechische Datenschutzgesetz 2472/97. 108 Sein Gegenstand wird in Art. 1 bestimmt und ist "die Verabschiedung der Voraussetzungen für die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Schutz der Rechte und Grundfreiheiten von natürlichen Personen und insbesondere des Privatlebens". Schließlich sieht die griechische Verfassung in Art. 14 Abs. 2 S. 2 ein Zensurverbot vor. 109 Dieses ist - wie im deutschen Recht - kein eigenständiges Grundrecht, sondern eine Schranken-Schranke, die präventive Einschränkungen der Grundrechte aus Art. 14 griech. Verfassung verbietet 110.
3. Großbritannien Das Vereinigte Königreich gehörte bislang zu den Staaten, die keine geschriebene Verfassung hatten, in denen also die Grundrechte nicht in einem geschriebenen Grundrechtskatalog gewährleistet waren. Die Defizite des englischen Rechtssystems wurden im Laufe der Jahre vor allem durch die erstaunlich hohe Zahl der vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EuGHM) gegen den Staat eingegangenen Beschwerden deutlich. Großbritannien ist neben Italien das Land, das seit Anerkennung des Individualbeschwerderechtes nach Art. 25 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) im Jahre 1966 am häufigsten vom Europäischen Gerichtshof verurteilt worden ist. III In einer erheblichen Anzahl der Fällen erfolgte der Verstoß unmittelbar durch Gesetz. 112 Anschauliches Beispiel hierfür ist die Malone-Entscheidung, in der das Fehlen einer gesetzlichen Grundlage für die Abhörpraxis der Polizei zu einer Verurteilung des Vereinigten Königreichs wegen Verletzung des Rechts auf Achtung der Privatsphäre (Art. 8 EMRK) führte. 113 Die Debatte über die Inkorporierung der EMRK in das innerstaatliche Recht begann bereits Ende der sechziger Jahre. 114 Am 1. Mai 1997 kündigte die Königin in 108 Gesetz 2472/1997 "über den Schutz des einzelnen vor der Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten", Amtsblatt der griechischen Republik A 50/10.04.1997. 109 Art. 14 Abs. 2 griech. Verfassung lautet: "Die Presse ist frei. Die Zensur, wie auch jede andere präventive Maßnahme ist verboten." 110 Mehr dazu im Teil C 11 (5)(b) (aa). 111 Vgl. die detaillierte Statistik bei Francesca Klug/Keir Stanner/Stewart Weir, The Three Pillars of Liberty, 1996, S. 55. 112 Case of Young, James and Webster, Judgment of 13 August 1981, Series A no.44 - Verletzung der EMRK durch die Bestimmungen im Trade Union und Labour Relations Act 1974; Saunders v. United Kingdom, Judgment of 17 December 1996, Reports of Judgments and Decisions 1996-VI, wobei das Parlament es unterlassen hatte, gesetzliche Regelungen zu schaffen, die den erforderliche Schutz der betroffenen Grundrechte hätten sicherstellen können. 113 Malone v. Commissioner of Police of the Metropolice, 2 AII.E.R. 1979,620 (= EuGRZ 1985, 17 ff.). 114 Gesetzesentwürfe zur Inkorporierung der EMRK wurden von Zeit zu Zeit immer wieder im House of Lords und im Unterhaus eingebracht, sie gelangten aber wegen der ablehnenden Haltung der Regierung nicht in das Stadium einer inhaltlichen Erörterung. Für einen Überblick
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ihrer Thronrede die Einführung einer Human Rights Bill zur Inkorporierung der wesentlichen Bestimmungen (main provisions) der EMRK in das innerstaatliche Recht an. Im Oktober 1998 erhielt die Human Rights Bill die königliche Zustimmung und trat am 2. Oktober 2000 in Kraft. Zum besseren Verständnis des englischen Rechts hinsichtlich des Grundrechtsschutzes und seiner Auswirkungen auf den Datenschutz im allgemeinen und auf die privilegierte Stellung der Presse insbesondere wird zunächst der gewährleistete Schutz der Medienfreiheit und der Privatsphäre vor der Verabschiedung des Human Rights Act 1998 analysiert. Auf diesem Weg wird die durch den neuen Act unternommene Umstrukturierung des englischen Verfassungsrechts und ihre Auswirkungen auf das Presse- und Persönlichkeitsrecht (Art. 8 und 10 der EMRK) deutlicher.
a) Inhalt und Schranken der Meinungs- bzw. Pressefreiheit nach nationalem Recht vor der Inkorporierung der EMRK Die Meinungsfreiheit 115 wurde von der Rechtsprechung mit folgendem Satz beschrieben: " ... freedom of expression is a principle of every written and unwritten democratic institution."116 Die Freiheit, alles in Wort und Schrift äußern zu dürfen 117, kann allerdings nicht absolut in Anspruch genommen werden: " ... all who wish joumalists and broadcasters to enjoy ,rights' must acknowledge that others have valid claims to legal protection ... if those who work in the media wish to enjoy the freedom to publish facts and opinions that are in the public interest..."1l8. Die Meinungsfreiheit beinhaltet auch die Informationsfreiheit, wie sich aus den Entscheidungen Director of Public Prosecutions v. Channel Four Television Co. Ltd. a. o. ablesen läßt. 119 Die in dem Verfahren zu entscheidende maßgebliche Frage war, ob die Beschränkung des Rechts auf freien Zugang zu Meinungsquellen durch ein öffentliches Interesse 120 gerechtfertigt war. Hintergrund des Falles war ein Fernüber den Verlauf der Inkorpierungsdiskussion vgl. Michael Zander, A Bill of Rights?, 4. Aufl., London 1997, S. I ff.; Michael Koch, Zur Einführung eines Grundrechtskataloges im Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland, Bonn 1991, S.131 ff.; Rainer Grote, in Europäisches und ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 2/58, Die Inkorporierung der Europäischen Menschenrechtskonvention in das britische Recht durch den Human Rights Act 1998, S. 327 ff. 115 Damit wird auch die Presse- und Informationsfreiheit verstanden. 116 Lord Templernan, in Reg. V. Secretary of State for the horne Department, 2 W. L. R. 1991, 588 (594). 117 Vgl. auch Attomey General v. Guardian Newspapers, 1 A.C. 1990,109 (H.L.(E)). 118 Robertson/Nicol, Media Law, Penguin 1992, 3. Aufl., S. 2-3. 119 2 All. E. R. 1992, 517, vgl. auch oder Reg. v. Secretary of State of the Horne Department, in 2 W.L.R. 1991,588. 120 Genauer das "interest of justice or national security or for the prevention of disorder or crime", Director of Public Prosecutions v. Channel Four Television Co. Ltd., 2 All. E. R. 1992, 517.
I. Rechtliche Grundlage des Medienprivilegs
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sehbericht des Senders Channel 4 über eine angebliche geheime Verbindung des Royal Ulster Constabulary (Geheimpolizei) mit einer terroristischen Vereinigung. In der betreffenden Entscheidung des High Court wurde mittelbar ein Recht auf Informationsfreiheit anerkannt bzw. vorausgesetzt, indem das Gericht die Beschränkung der Informationsfreiheit wegen contempt of Court (Mißachtung des Gerichts) im Hinblick auf das öffentliche Interesse der Bekämpfung des Terrorismus und unter Bezugnahme auf den Prevention of Terrorism Act 1989 als rechtens erkannte. Das Recht auf Informationsfreiheit wird ferner auf Gesetzebene gewährleistet. Das englische Recht hat die bisher geltenden bereichsspezifischen Gesetze berücksichtigt 121 und sie durch ein eigenständiges Gesetzeswerk, den Freedom of 1nformation Act 1996 122 , ersetzt. 123 Die Pressefreiheit wird ebenso wie die Informationsfreiheit vom Schutzbereich der Meinungsfreiheit erfaßt. Nach der Literatur kann "der englische Bürger seiner persönlichen Überzeugung in jeder ihm beliebigen Form - Wort, Schrift, Druck, bildliche Darstellung oder auch durch die neueren Bekundungsmittel der Telekommunikation und des Films - Ausdruck geben, vorausgesetzt, er verstößt damit nicht gegen gesetzliche Vorschriften, welche diese Freiheit im Interesse anderer Personen oder der Gemeinschaft einschränken."124 Der Umfang der Pressefreiheit bestimmt sich damit grundsätzlich nach den rechtlichen Begrenzungen. 125 Die wichtigsten Schranken der Pressefreiheit sind im Bereich des Ehren-, Vertrauens- und Datenschutzes zu finden. Der von einer rechtswidrigen Veröffentlichung Betroffene verfügt, ähnlich wie in Deutschland und Griechenland, über verschiedene Ansprüche. Der Betroffene einer ehrverletzenden Äußerung 126 hat nach dem neuen Defamation Act 1996 einen Widerrufsanspruch. Der Beklagte kann dem Kläger ein sog. offer of amends (Entschädigungsangebot) nach section 2(3) Defamation Act 1996 unterbreiten. Neben dem 121 Vgl. u.a. Consumer CreditAct 1974; Access to Personal Files Act 1987; Access to Medical Reports Act 1988; Education (School Records) Regulations 1989; Access to Health Records Act 1990. 122 Freedom of Information Act 1996, Cm. 3818. 123 Der Freedom of Information Act 1996 wurde nach dem Vorbild der Informationszugangsgesetze anderer westlichen Staaten konzipiert. Entsprechende Gesetze gibt es seit 1766 in Schweden, seit 1982 in Kanada, seit Dezember 1982 in Neuseeland und seit 1966 in den Vereinigten Staaten. 124 Loewenstein, Staatsrecht und Staatspraxis von Großbritannien, 1967, Bd. I, S. 298; vgl. auch Wade & Bradley, Constitutional and Administrative Law, 1991, S. 502. 125 Vgl. beispielsweise den Fall A.G. v. Guardian Newspapers Ltd. a.o. (1992) I W.L.R., 874. 126 Zur Abgrenzung der Tatsachenbehauptung von der Meinungsäußerung unter Berücksichtigung der Inkorporierung von Art. 10 durch den Human Rights Act 1998 vgl. Young, Fact, Opinion and the Human Rights Act: Does english law need to modify ist definition of "statements of opinion" to ensure compliance with artic1e 10 of the European Convention on Human Rights?, Oxf.J.Leg.St. 2000, 89.
Teil A: Rechtlicher Hintergrund
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Widerrufsanspruch steht dem Betroffenen ein Unterlassungsanspruch (injunetion) gegen Verletzungen aus intrusion (Eingriff in die Zurückgezogenheit) zu. 127 Ferner gewährt das englische Recht dem einzelnen im Rahmen der Ehrverletzungs-Tatbestände slander und libet einen weitreichenden Schutz, insbesondere vor Ehrverletzungen durch die Presse. Neben dem eigentlichen Schmerzensgeld (pa in and suffering) sieht das englische Recht einen eigenen Abschreckungsbetrag in Form der exemplary damages vor. 128 Das House of Lords hat in der Rookes v. Banard Entscheidung anerkannt, daß exemplary damages in denjenigen Fällen in Betracht kommen, in denen der Täter bewußt einkalkuliere, daß sein Gewinn höher sei als jeder Kompensationsanspruch. 129 Ähnlich wie im deutschem Recht 130 ist dieser Anspruch nur als Gewinnabschöpfung gedacht. 131 In England können ferner aggravated damages zugesprochen werden, wenn die Rechtsverletzung besonders gravierend war. In diesem Sinne wurde etwa dem berühmten Popsänger Elton John von einer Jury ein Schmerzensgeld i. H. v. 350.000 Pfund zugesprochen, weil die Tageszeitung Daily Mirror falschlich behauptet hatte, er leide an Bulimie. 132 Wichtig für die Qualifizierung des datenschutzrechtlichen Medienprivilegs im englischen Recht ist die Gewährung eines besonderen (privilegierten) Schutzes für die Meinungskundgabe in bestimmten Bereichen. Damit existieren Ausnahmen der gesetzlich und richterlich festgesetzten Schranken der Medienfreiheit. Es wird dabei zwischen absoluten und qualifizierten Privilegien unterschieden. Nach englischem Recht wird die Meinungskundgabe in bestimmten Bereichen aufgrund eines besonderen öffentlichen Interesses absolut privilegiert, auch wenn die betreffenden Erklärungen oder sonstigen Äußerungen unwahr sind oder mit schädigender Absicht abgegeben wurden. 133 Zu diesen Ausnahmebereichen zählen zum einen die im Parlament abgegebenen Erklärungen, zum anderen Äußerungen im Rahmen von Gerichtsverfahren sowie die damit in Zusammenhang stehenden Situationen. 134 Von einem qualifizierten Privileg ist die Rede, wenn zwar ein besonderer, aber kein absoluter Schutz für diffamierende Meinungskundgaben besteht. Ein qualifiziertes Privileg setzt das Vorliegen eines öffentlichen (publie interest), eines besonVgl. Rogers, in Winfield/Jolowicz on Tort, S. 677 ff. MarkesinislDeakin, Tort law, 3. Autl., 1994, S.688; mehr dazu Wagner, Geldersatz für Persönlichkeitsverletzungen, ZeuP 2000, 200 (214); Hoppe, Gewinnorientierte Persönlichkeitsverletzung in der europäischen Regenbogenpresse, ZeuP 2000, 29 (38ff.); Stümer, Persönlichkeitsschutz und Geldersatz, AfP 1998, 1 (4). 129 Rookes v. Berard [1964]1 AlI.E.R., 367. 130 Teil AI(I)(b). 131 Lord Morris in Broome v. Cassell [1972] A.C., 1027 (1094). 132 John v. MGN Ltd. [1996]2 All.E.R., 35. 133 BalkinlDavis, Law ofTorts, 1991, S.593. 134 Weitere Anmerkungen in BalkinlDavis, Law ofTorts, 1991, S.593ff.; Kölbl, Die Meinungsfreiheit in Großbritannien, 1998, 68-71. 127 128
1. Rechtliche Grundlage des Medienprivilegs
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deren privaten (interest 01 the publishers or others) oder allgemeinen (common interest) Interesses voraus. 135 Ein öffentliches Interesse liegt dann vor, wenn über Vorgänge des öffentlichen Lebens, z. B. aus dem Parlament (parliamentary proceedings) oder den Gerichten (judicial proceedings) berichtet wird. 136 Solche Berichterstattungen müssen freilich wahrheitsgetreu und ohne böse Absicht erfolgen, um qualifiziert privilegiert werden zu können. Mit dem Begriff des public interest ist der des common in te rest eng verbunden. Bei einem common interest handelt es sich um ein Interesse, das sich an die Allgemeinheit richtet, aber nicht die ganze Öffentlichkeit, sondern nur einen Teil davon berührt. Besondere Fallgruppen bilden die Mitglieder einer Familie oder die Gläubiger eines gemeinsamen Schuldners. Ein privates Interesse wird im Einzelfall nach den konkreten Tatsachen qualifiziert. Im Großen und Ganzen liegt ein privates Interesse dann vor, wenn ein besonderes Interesse oder eine gesetzliche Verpflichtung Dritten gegenüber besteht, wobei dies nicht als eine abstrakte Regelung, sondern als eine aus vielen Einzelfällen gebildete common Law-Regel zu verstehen ist. 137 b) Grundsätze in der Entscheidungspraxis der britischen Gerichte
Die Begriffe des public, common und private interest sind im britischen Recht gesetzlich nicht geregelt. Vielmehr sind sie im konkreten Einzelfall zu bestimmen, um daraus entsprechende Schlüsse ziehen zu können. Diese Aufgabe ist den Gerichten zugewiesen, die bei ihren Entscheidungen unterschiedliche Kriterien und Prinzipien anwenden. Als bedeutendste dieser Prinzipien sind im folgenden das Verhältnismäßigkeitsprinzip, der sog. Wednesbury-Grundsatz und die Interessenabwägung in den Blick zu nehmen. Obwohl das Verhältnismäßigkeitsprinzip im britischen Recht weder gesetzlich geregelt noch gerichtlich anerkannt ist, findet in der Rechtsliteratur und in der Rechtsprechung eine Auseinandersetzung mit dem Begriff proportionality statt. Im ex parte Brind Fall 138 hatte sich das House 01 Lords mit der Problematik auseinanderzusetzen, ob der Verhältnismäßigkeitgrundsatz ein im Vereinigten Königreich gültiger Beurteilungsmaßstab für Verwaltungshandeln sei. Die Lordrichter stellten nahezu übereinstimmend fest, daß den Gerichten die Möglichkeit fehle, Verwaltungshandeln unter Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu prüfen. 139 Wichtiges Problem für die Anwendung des Prinzips war die Stellung der EMRK im englischen Recht. In der gleichen Entscheidung wurde ferner festgelegt, daß "unless and until Parliament incorporates the conventions into domestic law, Brazier, The Law ofTorts, 9. Aufl., London 1993, S.456ff. Brazier, The Law of Torts, 9. Aufl., London 1993, S.456. 131 Kölbl, Die Meinungsfreiheit in Großbritannien, Frankfurt a.M. 1998, S.74ff. 138 Reg. v. Secretary of State for the Horne Departrnent, ex parte-Brind (1991) 2 w.L.R., 588 (589). 139 Reg. v. Secretary of State, (1991) 2 W.L.R., 588 (593). 135
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there appears to me to be at present no basis upon which the proportionality doctrine applied by the European Court (EGMR) can be followed by the courts of this country."140 Von diesen Ausführungen ausgehend könnte man meinen, daß die Inkorporierung der EMRK in das englische Recht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch im englischen Recht Geltung verschafft hat. Letzeres ist auch aus der Formulierung des datenschutzrechtlichen Medienprivilegs im Data Protection Act 1998 (Datenschutzgesetz 1998) zu entnehmen. 141 Der sog. "Wednesbury"-Grundsatz wurde in der Entscheidung Associated Provincial Picture Houses Ltd. V. Wednesbury Corporation 142 entwickelt. Er statuiert die Vernünftigkeitsprüfung eines Verwaltunghandelns (test of reasonableness) und wird vom Richter Lord Green in der vorgenannten Entscheidung umschrieben als "so unreasonable that not reasonable authority could ever have some ofit" (so unvernünftig, daß kein vernünftiger Amtsinhaber zu einer solchen Entscheidung kommen würde). 143 In bezug auf die Meinungsfreiheit ist dieser Grundsatz dahin gehend zu verstehen, daß eine die Meinungsfreiheit beschränkende administrative Entscheidung im Ermessensspielraum des Entscheidungsträgers liegt. 144 Der letzte und vielleicht wichtigste Grundsatz betrifft die Interessenabwägung (balancing of interests) und wird insbesondere von der Rechtsprechung angewandt. Eine bemerkenswerte Auseinandersetzung mit der Frage der Abwägung des öffentlichen Interesses der Meinungsfreiheit und dem staatlichen Interesse an der Geheimhaltung von Informationen findet sich in der Entscheidung Attorney General v. Guardian Newspapers Ltd. 145 Hierbei ging es um die Veröffentlichung von Auszügen aus einem Buch mit dem Titel "Spycatcher". Das Buch handelt von einer Reihe von Verstößen und Gesetzeswidrigkeiten des britischen Geheimdienstes. 146 Das Gericht entschied, daß in dem konkreten Fall das staatliche Interesse an der Geheimhaltung der Information das Recht der Meinungs- und Pressefreiheit überwog. 147
Lord Ackner in Reg. v Secretary of State, 2 W.L.R. 1991,588 (606). Teil DIll (3). 142 Associated Provincial Picture Houses Ltd. v. Wednesbury Corporation, (1948) 1 K.B., 223. 143 Associated Provincial Picture Houses Ltd. v. Wednesbury Corporation, (1948) 1 K.B., 223 (230). 144 Vgl. Kölbl., Die Meinungsfreiheit in Großbritannien, Frankfurt a.M. 1998, S.96. 145 Attorney-General v. Guardian Newspapers Ltd., 1 T.L.R. 1990, 109. 146 British Security Service bzw. die Mitglieder der Abteilung M.L5, Attorney-General v. Guardian Newspapers Ltd., 1 T.L.R. 1990, 118. 147 Attorney-General v. Guardian Newspapers, 1 T.L.R. 1990, 109. 140 141
I. Rechtliche Grundlage des Medienprivilegs
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c) Die /nkorporierung der EMRK in das britische Recht
durch den "Human Rights Act /998"
Vor allem die Rechtsprechung des Europäischen Gerichts für Menschenrechte hat die strukturellen Mängel in der Gesetzgebung und Rechtspraxis des Vereinigten Königreichs aufgezeigt. Die englischen Gerichte haben sich mit den von den Konventionsorganen festgestellten Defiziten nachträglich auseinandergesetzt. 148 Nicht nur die Vielzahl der vom Europäischen Gerichtshof festgestellten Konventionsverletzungen, 149 sondern auch die zeitliche Verzögerung und die erheblichen Kosten der Gerichtsverfahren in Straßburg haben zu der Einführung der EMRK in das innerstaatliche Recht beigetragen. 15o Der Human Rights Act /998 erhielt im Oktober 1998 die königliche Zustimmung und ist am 2. Oktober 2000 in Kraft getreten. Ziel des Human Rights Act /998 ist es, die innerstaatliche Wirksamkeit der EMRK zu gewährleisten und den Bürgern des Vereinigten Königreichs denselben Schutz ihrer Grundrechte vor den britischen Gerichten zu ermöglichen, den sie vor dem EGMR genießen. 151 Sec. 1 (1) HRA 1998 sieht die innerstaatliche Verbindlichkeit der in Art. 2-12 und 14 sowie in Art. 1-3 des ersten Protokolls und in Art. 1-2 des sechsten Protokolls in Verbindung mit Art. 16-18 EMRK garantierten Rechten vor. Sec. 1 (2) bestimmt, daß diese Konventionsrechte ihre Wirksamkeit zu den Zwecken des Human Rights Act 1998 entwickeln lassen. Nach Sec. 6 (l) ist jedes Verhalten öffentlicher Stellen, das nicht im Einklang mit den Konventionsrechten steht, rechtswidrig. Unter den 148 Der Lord Chief Justice betonte: "Should there be a law to protect rights of personal privacy? To a very large extent the law already does protect personal privacy; but to the extent that it does not, it should .... My preference would be for legislation, which would mean that the rules which the courts applied would carry the imprimatur of democratic approval. But if, .. , legislation is not forthcoming, I think it almost inevitable that cases will arise in the courts in wh ich the need to give relief is obvious and pressing; and when such case do arise, I do not think the courts will be found wanting". Lord Bingham of Comhill, "Should there be a Law to protect Rights of Personal Privacy?" E.H.R.L.R. 1996,450 (461-462); Lord Chancellor betonte im Parlament, daß die Gerichte "are, regardless of incorporation [of the European Convention of Human Rights 1very likeIy to develop a common law right of privacy themselves.", Hansard, H.L. Deb., 3 November 1997, col. 1230. 149 Vgl. Francesca Klug/Keir Starmer, Inkorporation through the back door?, PL 1997,223 (224). 150 Zeitliche Verzögerungen betragen manchmal bis zu fünf Jahren, wobei die verursachten Kosten eine Höhe von 30.000 Pfunds erreichen; vgl. dazu lan Loveland, Incorporating the European Convention on Human Rights into UK Law, ParI. Aff. 1999, 113 (114). 151 Vgl. die Begründung des Gesetzesentwurfs des Innenministers Straw in der zweiten Lesung des Unterhauses, HC Official Report, 16. February 1998, vol. 770: "The rights, originally developed by Britain, are no longer seen as british, and enforcing them takes far too long and costs far too much ... Bringing these rights horne will mean that the British people will be able to argue for their rights in the British courts, without inordinate delay and cost. It will also mean that the rights will be brought much more fully into the jurisprudence of the courts throughout the United Kingdom, and their interpretation will thus be far more woven into our common law."
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Teil A: Rechtlicher Hintergrund
Begriff public authority fallen zunächst die Gerichte [sec. 6 (3) (a)] und jede Person, deren wahrgenommene Aufgaben öffentlicher Natur sind [sec. 6 (3)(b)]. 152 Sec. 3 und 8 des Human Rights Act 1998 sind für die innerstaatliche Durchsetzung der Konventionsrechte maßgeblich. Sec. 3 verpflichtet die public authorities, Parlamentsgesetze (primary legislation), Verordnungen sowie Satzungen (subordinate legislation) soweit wie möglich in Übereinstimmung mit den Konventionsrechten zu interpretieren und anzuwenden. 153 In den Fällen, in denen Verordnungen oder Satzungen vom Gericht für konventionswidrig gehalten werden und eine konventionskonforme Auslegung nicht möglich ist, kann das Gericht sie für nichtig erklären. 154 Diese gerichtliche Möglichkeit scheidet bei der Auslegung von Parlamentsgesetzen aus. Sec.4 Human Rights Act 1998 räumt den Gerichten in diesen Fällen das Recht ein, in ihrer Entscheidung die Unvereinbarkeit der betreffenden Vorschriften mit den Konventionsrechten festzustellen, ohne daß dies aber bedeutet, daß ihre Feststellung Gestaltungswirkung entfaltet [sec. 4 (6)]. Die Feststellung der Konventionswidrigkeit ist den Obergerichten vorbehalten, d. h. dem House of Lords, dem fudicial Committee ofthe Privy Council, dem High Court und dem Court of Appeal (in England und Nordirland), dem High Court of fusticiary und dem Court of Session (in Schottland) [sec.4 (5)].155 Der Human Rights Act 1998 ist von zentraler Bedeutung für die Weiterentwicklung des privaten und öffentlichen Rechts im Großbritannien. Die Konventionsrechte werden nunmehr zum Maßstab für das Handeln aller öffentlicher Gewalten.
152 Sec. 6 (3)(b) OPA 1998: "any person certain ofwhose functions are functions of a public nature." Darunter fallen auch solche Einrichtungen, die zwar privatrechtlich organisiert sind, deren Tätigwerden aber mit der Erfüllung öffentlicher Funktionen in Zusammenhang steht. Freigestellt von der Bindung an die Konventionsrechte ist das Parlament und Personen, die von dem Parlament übertragenen Aufgaben wahrnehmen. Damit bleibt das Prinzip der Parlamentssouveränität unangetastet. Ausgenommen von dieser Freistellung ist das House of Lords (sec. 6 (4)), soweit es als höchstes Gericht des Vereinigten Königreichs tätig ist. 153 Sec. 3 OPA 1998:"so far as it is possible primary 1egislation and subordinate legislation must be read and given effect in a way which is compatible with the convention rights." 154 Rights Brought Horne: The Human Rights Bill, Cm. 3782, para. 2.15. 155 Vgl. Rabinder Singh, Privacy and the Media after the Human Rights Act, E.H.R.L.R. 1998,712 (722); Ewing, The Human Rights Act and Parliamentary Democracy, MLR 1999, Vol. 62, S. 79 (86ff.), Grote, Die Inkorporierung der Europaischen Menschenrechtskonvention in das britische Recht durch den Human Rights Act 1998, EuAöVR 2/58,309 (341). Sec. 8 Human Rights Act stellt ferner den Gerichten eine Reihe von Rechtsmitteln für den Fall der Feststellung der Konventionswidrigkeit zur Verfügung. Die Gerichte können diejenige Abhilfemöglichkeit auswählen, die ihnen nach den Umständen als die sachgerechteste und angemessenste erscheint [sec. 8 (1)].
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d) Die Meinungsfreiheit nach der Inkorporierung des Art. /0 EMRK in das innerstaatliche Recht aa) Die Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 10 EMRK Die Bedeutung der Meinungsäußerungsfreiheit ist vom Europäischen Gericht für Menschenrechte in der Entscheidung Barthold v. Bundesrepublik Deutschland unterstrichen worden: "Freedom of expression constitutes one of the essential foundations of a democratic society and one of the basic conditions for its progress and for the development of every man and woman. "156 Art. 10 EMRK 157 garantiert zunächst das Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung und -verbreitung, d. h. darauf, eigene Meinungen und Ideen, Wertungen und Urteile, Überzeugungen und Einschätzungen zu bilden und anderen Personen sowie der Öffentlichkeit mitzuteilen. Desweiteren garantiert Art. 10 EMRK sowohl die aktive als auch die passive Informationsfreiheit. Bei der ersteren handelt es sich um die Freiheit zu Mitteilungen bzw. zu Vermittlung von Informationen, die nicht einer anderen Quelle als der eigenen Meinung entspringen. 158 Unter die passiven Informationsfreiheit fällt die Freiheit der Öffentlichkeit, Informationen ohne staatliche Hindernisse empfangen und sammeln zu können. 159 Der Schutz des Art. 10 EMRK umfaßt ferner die Freiheit der Presse, deren Aufgabe nach der Rechtsprechung des EuGMR es ist, "to impart information and ideas on political issues just as on those of other areas ofpublic interest. "160 Die in Art. 10 EMRK garantierte Informationsfreiheit umfaßt schließlich die Rundfunkfreiheit, Barthold v. Bundesrepublik Deutschland, Nr.90, § 43 (58). Art. 10 EMRK lautet in der deutschen Übersetzung: (I) Jeder hat Anspruch auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Freiheit der Meinung und die Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden und ohne Rücksicht auf Landesgrenzen ein. Dieser Artikel schließt nicht aus, daß die Staaten Rundfunk-, Lichtspiel- oder Fernsehunternehmen einem Genehmigungsverfahren unterwerfen. (2) Da die Ausübung dieser Freiheiten Pflichten und Verantwortung mit sich bringt, kann sie bestimmten, daß sie vom Gesetz vorgesehenen Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen unterworfen werden, wie sie vom Gesetz vorgeschrieben und in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationale Sicherheit, der territorialen Unversehrtheit oder der öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral, des Schutzes des guten Rufes und der Rechte anderer, um die Verbreitung von vertraulichen Nachrichten zu verhindern oder das Ansehen und die Unparteilichkeit der Rechtsprechung zu gewährleisten, unentbehrlich sind". 158 Vgl. Villiger, Handbuch der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), 1993, S.352; vgl. z. B. Purcell u. a. c. Irland, in HRLJ 12, 1991, S.254. 159 Vgl. etwa das in Art. 5 Abs. I S. 1 Halbs.2 GG garantierte Recht jedes Einzelnen, "sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten"; s. o. Teil B I (I) (a) (bb). 160 Die deutsche Übersetzung lautet: "Informationen und Ideen in politischen oder sonstigen Angelegenheiten von öffentlichem Interesse mitzuteilen"; Lingens v. Österreich, Nr. 103, § 41. 156
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wie der dritte Satz in Abs. 1 bestätigt. Durch seine Aufforderung, die Informationsfreiheit "ohne Rücksicht auf Landesgrenzen" zu schützen, gewährleistet Art. lOden freien internationalen Informationsfluß, wobei der große technische Fortschritt der letzten Jahren die Anpassung dieser Regelung an die multimediale Wirklichkeit verlangt. 161 Eingriffe m die Meinungsäußerungsfreiheit bedürfen gemäß Art. 10 Abs. 2 EMRK einer Rechtfertigung. Einem Mißbrauch der Einschränkungsmöglichkeiten des Art. 10 Abs. 2 EMRK wird durch Art. 18 EMRK vorgebeugt, wonach die von der Konvention gestatteten Einschränkungen nicht für andere als die vorgesehenen Zwecke angewendet werden dürfen. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs ist unter anderem die Schwere des Eingriffs seinem Zweck gegenüberzustellen. Desweiteren ist von der zuständigen Stelle zu überprüfen, ob die geäußerte Meinung auf andere Weise mit gleicher Wirkung hätte vorgetragen werden können bzw. abzuwägen, ob persönliche Angriffe unbedingt notwendig gewesen wären. Der Art. 10 Abs. 2 EMRK räumt damit den Vertragsstaaten einen Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Frage der Notwendigkeit des Eingriffs ein. 162 Schließlich ist festzustellen, daß die Vielzahl der Schrankenbestimmungen 163 in Art. 10 Abs. 2 EMRK eine Schwächung des Rechts der Meinungsfreiheit zur Folge hat. Formulierungen wie ... "in einer demokratischen Gesellschaft" ... und ... "unentbehrlich" ... können keine feste Basis für das Recht auf Meinungs- bzw. Pressefreiheit bilden und somit konsequenterweise die wichtigste Funktion der Presse, nämlich die Mitwirkung bei der Bildung der öffentlichen Meinung, nicht gewährleisten. bb) Die Inkorporierung des Art. 10 EMRK in das britische Recht durch den Human Rights Act 1998 Das Ziel der Inkorporierung bestand, wie bereits oben erwähnt, darin, den Bürgern des Vereinigten Königreichs denselben Schutz ihrer Menschenrechte vor den britischen Gerichten zu gewährleisten, den sie bereits vor den Straßburger Organen genießen. 164 Wie die bereits vorstehende Darstellung der Meinungsfreiheit im britischen und europäischen Recht zeigt, decken sich das "common law" und EMRK weitgehend in diesem Bereich. So haben englische Gerichte betont, daß prinzipielle S.O. im deutschen [AI(l)(a)(cc)] und griechischen Teil [AI(2)(c)]. Sunday Times v. Unites Kingdom 2 E.H.R.R. 1979,245 (388). 163 Bei Art. 10 Abs. 2 EMRK handelt es sich um den längsten Beschränkungskatalog für ein Konventionsrecht. 164 Vgl. die Begründung des Gesetzesentwurfs von Innenminister Straw, He Official Report, 16 February 1998, vol. 770: "Bringing these rights horne will mean that the British people will be able to argue for their rights in the british courts, without inordinate delay and cost. It will also mean that the rights will be brought much more fully into the jurisprudence of the courts throughout the United Kingdom, and their interpretation will thus be far more woven into our common law." 161
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Unterschiede zwischen der Gewährleistung des "common law" und Art. 10 EMRK nicht bestehen. 165 In dem Fall Derbyshire Couny Council v. Times Newspapers Ltd and Others hat Lord Keith den Gleichklang von EMRK und common law in folgendem Punkt betont: " ... Lord Goff of Chieveley in Attorney-General v. Guardian Newspapers Ltd (No. 2) expressed the opinion that in the field offreedom of speech there was no difference in principle between english law on the subject and Art. 10 of the convention. I agree, and can only add that I find it satisfactory to be able to conclude that the common law of England is consistent with the obligations assumed by the Crown under the treaty in this particular field. "166 Trotz der vielen Ähnlichkeiten des "common law" und des Art. 10 EMRK hat, wie bereits erwähnt, die Anerkennung des in Art. 8 EMRK garantierten Rechts auf Achtung der Privatsphäre 167 zu übertriebenen Befürchtungen auf seiten der britischen Medien geführt. Die britischen Medien befürchten insbesondere, daß die Gerichte ein weitreichendes privacy law (Persönlichkeitsrecht) entwickeln würden, was zu nachhaltigen Einschränkungen der Pressefreiheit führen könnte. Die heftige Diskussion zwischen der Regierung und dem Vorsitzenden des britischen Presse-Selbstregulierungsorgans PCC (Press Complaints Commission), Lord Wakeman 168, hatte die Einführung ergänzender Bestimmungen zur Folge. Der Art. 12 Human Rights Act 1998 169 , der alsfreedom of expression tituliert wird, betrifft medien spezifische Regelungen. Insbesondere sind dabei zu nennen: 165 166
167 168
A.-G. v. Guardian Newspapers, 1 T.L.R. 1990, 109. Derbyshire C.C. v. Times Newspapers, AC 1993,534 (551) HL. S. unten Teil AII(3)(c). Vgl. Rasaiah, CUTTent legislation, privacy and the media in the UK, Comms.L. 1998, 183
(187).
169 Der Wortlaut von Art. 12 HRA 1998 lautet in der englischen Sprache: (1) This section applies if a court is considering wether to grant any relief which, if granted, might affect the exercise of the Convention right to freedom of expression. (2) If the person against whom the application for relief is made ("the respodent") is neither present nor represent, no such relief is to be granted unless the court is satisfied(a) that the applicant has taken all practicable steps to notify the respodent; or (b) that there are compelling reasons why the respodent should not be notified. (3) No such relief is to be granted so as to restraint publication before trial unless the court is satisfied that the applicants is likely to establish that publication should not be allowed. (4) The court must have particular regard to the importance of the Convention right to freedom of expression and, where the proceedings relate to material which the respodent claims, or which appears to the court, to joumalistic,literary or artistic material (or to conduct connected with such material), to(a) the extent to which(i) the material has, or is about to, become available to the public; or (ii) it is, or would be, in the public interest for the material to be published; (b) any relevant privacy code. (5) In this section"court" includes a tribunal; and "relief" includes any remedy or order (other than in criminal proceedings).
4 Lazarakos
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Teil A: Rechtlicher Hintergrund
• Absatz I bestimmt die Reichweite dieses Artikels. Er ist in den Fällen anzuwenden, in denen der Erlaß einer einstweiligen Anordnung (relief) die Ausübung des in der Konvention garantierten Rechts auf Meinungsfreiheit beeinträchtigen könnte.
• Im zweiten Absatz wird bestimmt, daß ein" relief" nicht zu erlassen ist, wenn der Antragsgegner weder anwesend noch vertreten ist, es sei denn, das Gericht akzeptiert, (a) daß der Antragsteller alles Erforderliche für die Bekanntmachung der Ladung unternommen hat oder (b) daß Gründe dazu zwingen, dem Antragsgegner die Ladung nicht bekannt zu machen. • Der dritte Absatz sieht vor, daß der Erlaß einer einstweiligen Anordnung, mit der die Veröffentlichung einer Publikation vor dem Gerichtstermin untersagt wird, nicht erlaubt ist, es sei denn, der Antragsteller kann dem Gericht gegenüber mit großer Wahrscheinlichkeit begründen, daß die betreffende Publikation nicht veröffentlicht werden darf. • Absatz 4 legt grundSätzlich fest, daß das Gericht das besondere Gewicht des in der Konvention garantierten Rechts auf Meinungsäußerungsfreiheit und jeden relevanten privacy code (Verhaltenskodex) berücksichtigen muß. Bei ihrem Versuch, die Pressefreiheit möglichst weitgehend zu gewährleisten, schuf die britische Regierung (durch Sec. 12 Human Rights Act 1998) die Möglichkeit einer eingeschränkten Anwendung des einstweiligen Rechtsschutzes gegenüber dem Verletzten einer Veröffentlichung. Trotz der strengen und zugleich detaillierten Formulierung dieser Vorschrift verbleibt dem Richter ein erheblicher Ermessensspielraum. Dieser wird durch die Möglichkeit des Gerichts gekennzeichnet, abstrakte Formulierungen wie die des "öffentlichen Interesses" (public interest) bei der Beurteilung des zu veröffentlichenden Materials zu konkretisieren [sec. 12(4)(a)(ii) 12 Human Rights Act 1998]. Das zeigt allerdings die Tendenz des englischen Rechts, eine strenge Presseregulierung insbesondere im Verhältnis zu anderen Grundfreiheiten, wie derjenigen des Privatlebens und seiner Ausprägungen (informationelle Selbstbestimmung), zu vermeiden. Diese Tendenz ist bereits in den Rechtsordnungen von Deutschland und Griechenland, wenngleich in milderer Form, festgestellt worden und spielt eine maßgebliche Rolle bei der Gestaltung des Spannungsfe1ds zwischen der informationellen Selbstbestimmung und der Pressefreiheit. Art. 12 Human Rights Act 1998 spiegelt den Versuch des englischen Gesetzgebers wider, den Schutz der Pressefreiheit durch verfahrensrechtliche Bestimmungen vor der mißbräuchlichen Anwendung anderer Konventionsrechte, insbesondere des Rechts auf Achtung des Privatlebens, zu gewährleisten. Das Fehlen einer entsprechenden Vorschrift über den Schutz des Privatlebens und seine unbefriedigende Re-
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gulierung im "common law"170 kann zu der Annahme verleiten, daß es gesetzgeberische Absicht ist, der Meinungs- bzw. Pressefreiheit einen Vorrang gegenüber dem Recht auf Privatleben zu geben. Wie die englische Rechtsprechung auf die gesetzliche Regelung der Pressefreiheit reagieren wird, bleibt noch abzuwarten. 171 Sicher ist, daß von der Anwendung des Human Rights Act 1998 und insbesondere der medienspezifischen Vorschriften wichtige Schlüsse für die Gestaltung der Pressefreiheit und ihren Sonderstatus im Datenschutzbereich zu ziehen sein werden.
11. Rechtliche Grundlagen des Datenschutzes In der Empfehlung 1/97 der Gruppe des Art. 29 der EG-Datenschutzrichtlinie I72 vom 25. Februar 1997 173 wird klargestellt, daß die in den Mitgliedsstaaten geltenden Regelungen eine wichtige Bestimmung aufweisen, "der zufolge die Medien gewisse Vorschriften beachten müssen, die zwar nicht zum Datenschutz im eigentlichen Sinne gehören, aber zum Schutz der Privatsphäre des einzelnen beitragen. Diese Bestimmung und eine häufig umfassende Rechtsprechung bieten eine besondere Form des Rechtsschutzes, der mitunter als Ersatz für den fehlenden präventiven Rechtsschutz im Datenschutzrecht angesehen wird." Der normative Umfang und Inhalt der Privatsphäre und der Selbstbestimmung sind entscheidend für die rechtliche Einordnung des Medienprivilegs im Spannungsfeld zwischen Medienfreiheit und informationeller Selbstbestimmung.
1. Deutschland a) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht Das Recht auf Datenschutz ist eine Konkretisierung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts 174, das seine Grundlage auf Verfassungsebene in Art. 2 Abs. 1 i. V. m Art. 1 Abs. 1 GG findet. Als allgemeines Persönlichkeitsrecht schützt Art. 2 Abs. 1 GG nicht einen bestimmten Lebensbereich, sondern ist in allen Lebensbereichen relevant. Die Verbindung dieser Grundrechtsgarantie mit dem Grundsatz der Men170 S. unten Teil All (3)(a).
l7I Markesinis, Privacy, Freedom of Expression and the Horizontal Effect of the Human Rights Bill: Lessons from Germany, 115 LQR 1999,47 (84ff.). 172 Für die laufende Zusammenarbeit der KontrollsteIlen auf der Ebene der Gemeinschaft sieht die Richtlinie 95/46/EG "zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr" in Artikel 29 die Einsetzung einer "Gruppe für den Schutz von Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten" vor, welche die Richtlinie kurz als "Gruppe" bezeichnet. 173 XV/5012/97-DE-WPl. 174 So ausdrücklich § 1 Abs. 1 BDSG 90 (Bundesdatenschutzgesetz vom 20. Dezember 1990, BGBI. I, S.2954).
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schenwürde ergibt sich aus der Austrahlungswirkung des Art. 1 Abs. 1 GG auf alle Grundrechte als oberstes Konstitutionsprinzip der Verfassung. 175 Die Anerkennung und Durchsetzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes im deutschen Privatrecht muß als Beispiel einer außerordentlich intensiven richterlichen Rechtsfortbildung gewertet werden. 176 Mit seinem grundlegenden Urteil vom 25.04.1954 (sog. Leserbrief-Urteil) hat der BGH das Bestehen eines verfassungsmäßig gewährleisteten allgemeinen Persönlichkeitsrechts anerkannt und dieses unter die sonstigen Rechte des § 823 Abs. 1 BGB eingereiht. 177 Seitdem wurde der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts wiederholt von den deutschen obersten Gerichten privat- und verfassungsrechtlich bestätigt und konkretisiert. 178 Die herrschende Lehre in Deutschland bezeichnet das allgemeine Persönlichkeitsrecht als "Rahmenrecht" 179. Der Rahmentatbestand konstituiert kein absolutes Recht, sondern eine Ermächtigungsnorm, die den Richter zur Aufstellung von Verhaltensnormen befähigt. Zur Konkretisierung des tatbestandsmäßigen Schutzbereichs ist daher grundsätzlich eine Güter- und Interessenabwägung zwischen Störer und Betroffenem erforderlich. 180 Zur Konkretisierung des geschützten Persönlichkeitsbereichs hat die Rechtsprechung 181 und ein Teil des Schrifttums 182 die sogenannte Sphärentheorie entwickelt. Sie arbeiten mit der Konstruktion mehrerer konzentrischer Kreise, die als "Sphären" Kunig, in: v. Münch/Kunig, Grundgesetz, Kommentar, 4. Autl., Art. 1, Rndr.3. Vgl. Brüggemeier, Deliktsrecht, 1986, Rdnr.214. In Deutschland hat das Reichsgericht in ständiger Rechtsprechung ein allgemeines Persönlichkeitsrecht nicht anerkannt und der deutsche Gesetzgeber hat von der Anerkennung eines derartigen Rechts bewußt abgesehen. Nach dem Inkrafttreten des Grundgesetzes hat sich eine tiefgreifende Wendung vollzogen. 177 BGHZ 13,334. 178 Vgl. Z. B. BGHZ 26, 349 (Herrenreiter-Entscheidung); BGHZ 27, 284 (Tonband-Entscheidung); BGH, in NJW 1965, S.685 (Soraya-Entscheidung); BVerfG, in AfP 1973, S.423 (Lebach-Urteil); Ehmann definiert das allgemeine Persönlichkeitsrecht als "Befugnis einer Person innerhalb eines objektiv zu bestimmenden und abzugrenzenden Raumes selbst zu bestimmen, ob und inwieweit Informationen über sie erhoben und verbreitet werden dürfen und inwieweit ansonsten in die Persönlichkeit berührenden Interessen eingegriffen werden darf." Ehmann, Zur Struktur des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts, JuS 1997, 193 (196). 179 Der Ausdruck stammt von Fikentscher, Schuldrecht, 1985, § 103 112; ebenso Schwerdtner, in Münchener Kommentar, BGB, 3. Autl., § 12 Rdnr 188. 180 Vgl. u.a. Schwerdtner, in MüKom,BGB, 3.Autl., § 12 Rdnr. 188; Ehmann,JuS 1997, 193 (196); Soergel, Kommentar zum BGB, 12. Autl., § 823 Rdnr.73; Fikentscher, Schuldrecht, § 103 11 2; s. auch die deutsche Rechtsprechung BGHZ 50, 133 (Mephisto); BGH in: NJW 1977,626. 181 Vgl. BVerfGE 27, 44 (351) - Scheidungsakten; BVerfGE 32, 373 (379) - Arztkartei; BVerfGE 35, 202 (220) - Lebach. 182 Starck, in: vM/K/St GG-Kommentar, Art. 2 Rdnr. 11; Steinmüller/LutterbecklMallmann/ Harbort/Kolb/Schneider, "Grundfragen des Datenschutzes" Gutachten im Auftrag des Bundesministeriums des Inneren, Bonn 1972, BT-Drs. VI 3826 (nachstehend: Steinmüller, Gutachten); Wolf, Der grundrechtliche Schutz der Privatsphäre gegenüber der Presse, 1989; Geis, Der Kernbereich des Persönlichkeitsrechts, JZ 1991, 112 ff. 175
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bezeichnet werden. Diese verschiedenen Sphären der Persönlichkeitsentfaltung sind je nach Schutzbedürftigkeit und Eingriffsresistenz abgestuft. 183 Man unterscheidet vordergründig zwischen drei Sphären, nämlich der Intim-, der Privat- und der Sozialsphäre. Eine exakte Abgrenzung zwischen insbesondere der Intim- und der Privatsphäre ist bis heute nicht gelungen. Unter der Intimsphäre soll die innere Gedanken- und Gefühlswelt oder solche Angelegenheiten verstanden werden, die der einzelne selbst vor Vertrauten und Freunden, sogar vor seinem Ehepartner und seinen Kindern geheimhalten Will 184 • Dieser Geheimhaltungswille ist vor allem im Briefverkehr 185 und bei Tagebuchaufzeichnungen zu vermuten. 186 Der Schutz der Privatsphäre umfaßt insbesondere das ungestörte Leben im häuslichen Bereich und an sonstigen Orten privater Zurückgezogenheit. 187 Als eine solche Schutzzone wird grundsätzlich das eigene Haus bzw. das Privat- und Familienleben, unabhängig von einer räumlicher Umgrenzung, angesehen. 188 Das Recht "in Ruhe gelassen zu werden" oder "nicht behelligt zu werden" bildet einen weiteren wesentlichen Aspekt der Privatsphäre. 189 Der BGH hat diesen Gedanken aufgegriffen und rechtlichen Schutz auch dann zugestanden, wenn man sich an Orte auch außerhalb des eigenen Hauses zurückzieht, an denen man für sich allein sein möchte. 190 Ein anschauliches Beispiel hierfür bietet der BGH in seinem Urteil vom 19.12.1995 (Caroline von Monaco). 191 Gegenstand dieses Urteils war zum einen das 183 Vgl. v. Gerlach: Der Schutz der Privatsphäre von Personen des öffentlichen Lebens in rechtsvergleichender Sicht, JZ 1998,741 (744); Benda, Privatsphäre und "Persönlichkeitsprofil", in Festschrift für Willi Geiger, Menschenwürde und freiheitliche Rechtsordnung, 1974, S.23 (nachstehend Benda, Privatsphäre und "Persönlichkeitsprofil"); Pieroth/Schlink, Grundrechte, Staatsrecht 11, 9. Aufl., 1993, S. 97. 184 Vgl. Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 8. Aufl., 1997, § 8 Rdnr. 35; Hubmann, Die Personendarstellung im Film und der Gesetzentwurf des BJMin. Über den Persönlichkeitsschutz, UFITA 26 (1958 11), S. 19 (25). 185 Vgl. BVerfGE 90,255. 186 Vgl. BVerfGE 80, 367; Der BGH erkannt ausdrücklich an, daß eine Beeinträchtigung der Intimsphäre auch dann in Betracht kommt, wenn eine ärztliche Bescheinigung über den Gesundheitszustand eines anderen ohne dessen Zustimmung einern Dritten offenbart wird (BGHZ 24, 72 (73». 187 Vgl. Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 8 Rdnr.36. 188 In diesem Sinn wird das Ausspionieren privater Lebensverhältnisse sowie die Berichterstattung über Vorgänge aus dem Privatleben als Eingriff in die Privatsphäre gewertet; Vgl. OLG Harnburg in: AfP 1992,376; OLG Oldenburg in: AfP 1983,401. 189 v.Geriach, JZ 1998,741 (744); Benda umschreibt den Schutz der Privatsphäre als das Recht, "von der Gesellschaft oder Beobachtung anderer getrennt oder frei zu sein, die Befugnis selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebensachverhalte offenbart werden, sofern nicht überragende Allgemeininteressen dies erfordern.", Benda, Privatsphäre und "Persönlichkeitsprofil", S. 23 (32). 190 BGHZ 131,332, (339). 191 BGHZ 131, 332 = NJW 1996, 1128 = GRUR 1996, 923 m. Anm. Nixdorf = JZ 1997, 39 m. Anm. Forkel.
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Fotografieren von Intimitäten durch Paparazzi (sog. Schlüssellochfotografie) 192, zum anderen ging es um Bilder, die das Privatleben der Prinzessin betrafen und sie bei alltäglichen Betätigungen, wie Einkaufen oder Radfahren und Reiten, zeigten. Der BGH legte in seiner Entscheidung fest, daß das Recht auf Achtung der Privatsphäre, zu dem auch das Recht, für sich allein zu sein, gehört, auch durch eine Person der Zeitgeschichte für sich in Anspruch genommen werden kann. 193 Der BGH erklärte, daß der geschützte Privatbereich nicht auf die der Öffentlichkeit verschlossenen Räumlichkeiten innerhalb des eigenen Hauses beschränkt sei. Voraussetzung sei allerdings, daß es sich um eine zum fraglichen Zeitpunkt von der breiten Öffentlichkeit abgeschiedene Örtlichkeit handelt und diese Abgrenzung auch für Dritte objektiv erkennbar sei. 194 An dem oben bezeichneten Sphären-Modell ist seit langem Kritik geübt worden. 195 Die Haltbarkeit der Sphärentheorie ist mit dem Hinweis auf die "Relativität der Privatsphäre" bezweifelt worden. Sie beachte nicht, daß sich der persönliche Lebensraum in der modernen Gesellschaft aus dem Eigenraum hinaus in die Öffentlichkeit verlagere. 196 Daten aus dem intimen Lebensbereich würden bereitwillig in Talkshows offenbart, während bei anderen die Registrierung politischer Tätigkeiten oder ihrer Gewerkschaftszugehörigkeit zu langwierigen Konsequenzen für das Berufsleben führen könne. Ergebnis der kritischen Diskussion war, daß eine "positive Inhaltsbestimmung der zu schützenden Sphären unmöglich" sei. 197 Vor diesem Hintergrund wurde bislang eine Trennung personenbezogener Daten in sensible und triviale von der Rechtslehre abgelehnt und auf den jeweiligen Verwendungszusammenhang hingewiesen. 198 Um einen ähnlichen Fall ging es in BGH in: JZ 1971,387. Eine neue Dimension gewann die Problemstellung durch den Unfalltod der britischen Prinzessin Diana am 31.08.1997 bei dem Versuch den sie verfolgenden Paparazzi zu entkommen. Dieser Fall gab erneut Anlaß, die Reichweite des Rechts auf die Privatsphäre zu untersuchen und der Frage nachzugehen, inwieweit Personen der Zeitgeschichte Eingriffe in ihr Privatleben dulden müssen. Von großer Bedeutung für die grundlegende Funktion der freien Presse als Grundstein einer demokratischen Gesellschaft ist die Frage, welche Kriterien für die Abwägung zwischen den schutzwürdigen Interessen des einzelnen an der Bewahrung des Rechts auf seine Privatsphäre und denen der Allgemeinheit an die Gewährleistung ihres Rechts auf Information anzuwenden sind. 194 BGHZ 131, 332. 195 Steinmüller, Gutachten, S.51 ff.; Schmidt, Die bedrohte Entscheidungsfreiheit, JZ 1974, 241 (244); Simitis, "Sensitive Daten" - Zur Geschichte und Wirkung einer Fiktion, in Festschrift für Pedrazzini, 1990, S. 469 (482); ders. in: Simitis/Dammann/Geiger/Mallmann/Walz, Kommentar zum BDSG, 4. Aufl. Baden-Baden 1992 (nachstehend SDGMW Kommentar zum BDSG), § 1 Rdnr. 21; Wolf, Der grundrechtliche Schutz der Privatsphäre gegenüber der Presse, S. 29ff.; Karaus, Der grundrechtliche Schutz der Privatsphäre bei der Erhebung, Verarbeitung und Weitergabe von statistischen Daten, 1985, S.47ff. 196 Vgl. Simitis, in SDGMW Kommentar zum BDSG, §4 Rdnr.25ff. und 168ff.; Hubert, Das datenschutzrechtliche "Presseprivileg" im Spannungsfeld zwischen Pressefreiheit und Persönlichkeitsrecht, 1993, S. 67 ff. 197 Steinmüller, Gutachten, S. 53. 192 193
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b) Vom Persönlichkeits recht zur informationellen Selbstbestimmung
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht gliedert sich in zwei Schutzkategorien. 199 Zum einen soll das Recht dem einzelnen gewährleisten, im Bereich des privaten Daseins vor Zugriffen von außen durch unberechtigte Einsichtnahme geschützt zu sein und sich zugleich zurückzuziehen und allein bleiben zu können. Hierzu wurde, wie soeben besprochen, vom Bundesverfassungsgericht die Sphärentheorie entwikkelt. 200 Zum anderen wird das Recht statuiert, daß jeder grundsätzlich selbst entscheiden kann, mit welchem Persönlichkeitsbild, wann und innerhalb welcher Grenzen er vor Dritte oder vor die Öffentlichkeit treten will. Dieses Recht wird von der Literatur als informationelies Selbstbestimmungsrecht bezeichnet und ist eine weitere Ausformung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. 201 Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist nicht neu. Von der informationellen Selbstbestimmung war schon im Vorfeld des Bundesdatenschutzgesetzes die Rede. 202 Es wurde schon früh von der Rechtsprechung aus dem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht heraus entwickelt. 203 Der entscheidende Schritt im Hinblick auf die Formulierung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung aber fand am 15. Dezember 1983 mit dem Volkszählungsurteil statt. 204 aa) Die Wurzeln der informationellen Selbstbestimmung in der Rechtsprechung vor dem Volkszählungsurteil Den Grundstein für das informationelle Selbstbestimmungsrecht aus zivilrechtlicher Sicht hat der BGH in der Leserbrief-Entscheidung gelegt. 205 Der BGH erkannte 1954 eine Persönlichkeitsrechtsverletzung darin, daß ein Publikationsorgan statt der von § 11 Hamb.LpressG geforderten presserechtlichen Berichtigungen eine Veröffentlichung in Form eines Leserbriefes vornahm. Es stünde allein dem Verfasser die Befugnis zu, "darüber zu entscheiden, ob und in welcher Form seine Aufzeichnungen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. "206 Der BGH erkannte somit das 198 Vgl. Simitis, in SDGMW Kommentar zum BDSG, § 1 Rdnr. 181 ff.; ders. "Sensitive Daten" - Zur Geschichte und Wirkung einer Fiktion, in Festschrift für M. M. Pedrazzini, 1990, S.469 (470ff.). 199 Wolf, a.a.O., S.27. 200 BVerfGE 27, 44 (351) - Scheidungsakten; BVerfGE 35, 202 (220f.) - Lebach. 201 Dreier, Grundgesetz Kommentar; 1996, Art. 2 I Rdnr.52.; Kunig in: vM/K GG-Kommentar, Art. 2 Rdnr. 30f. 202 Vgl. Mallmann, Datenschutz in Verwaltungsinfonnationssystemen, 1976, S.47ff. 203 Vgl. u.a. BGHZ 13, 334 (Leserbrief-Entscheidung); BGHZ 26,349 (Herrenreiter-Fall); BVerfGE 27, I ff. (Mikrozensus Urteil). 204 BVerfGE 65, 1 ff. 205 BGHZ 13,334. 206 BGHZ 13,334, (338).
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Recht des einzelnen an, über die Fonn der Abgabe seiner personenbezogenen Daten zu bestimmen. 207 Die Weichen für ein infonnationelles Selbstbestimmungsrecht hat das Bundesverfassungsgericht zum ersten Mal mit dem Mikrozensus Urteil gestellt. 208 Das Gericht überprüfte darin die Verfassungsmäßigkeit einer statistischen Erhebung über Urlaubsziele durch Befragung einzelner Bürger. Das Gericht hob zunächst den Aspekt der Privatsphäre hervor, indem es dem Einzelnen einen Innenraum zusprach, "in dem er sich selbst besitzt und in den er sich zurückziehen kann, zu dem die Umwelt keinen Zutritt hat, in dem man in Ruhe gelassen wird und ein Recht auf Einsamkeit genießt."209 Das Urteil knüpfte somit das Selbstbestimmungsrecht an das Vorliegen der Privatsphäre an. 210 Von ebenfalls großer Bedeutung für die Entwicklung des infonnationellen Selbstbestimmungsrechts in der Rechtsprechung war das sog. Scheidungsaktenurteil 211 des Bundesverfassungsgerichts. Gegenstand des Urteils war ein Fall der Weitergabe personenbezogener Daten (zivilrechtlicher Scheidungsakten) im Wege der Amtshilfe an den Untersuchungsführer eines Disziplinarverfahrens. Das Gericht wiederholt den Grundsatz, daß das Grundgesetz dem einzelnen Bürger einen unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung gewähre, welcher der Einwirkung der öffentlichen Gewalt entzogen sei. 212 Im Mittelpunkt des Urteils steht das Recht des Betroffenen, intime Infonnationen über seine Person (eheliches Intimieben) mitzuteilen oder zurückzuhalten. In der Soraya-Entscheidung 213 hatte sich das Bundesverfassungsgericht mit einem klassischen Konflikt zwischen Pressefreiheit und Persönlichkeitsrecht auseinanderzusetzen. Es handelte sich hierbei um die Schadensersatzforderung wegen eines erfundenen Interviews. "Es liegt in der Natur der Dinge, daß Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vor allem von Organen der Presse begangen wer207 In zwei weiteren Fällen, im Cosima-Wagner (BGHZ 15,249) sowie im Herrenreiter Fall (BGHZ 26, 349), hat der BGH dem einzelnen grundSätzlich ein Bestimmungsrecht über den Umfang der Darstellung der eigenen Person eingeräumt. Im letzteren Fall stellt die Veröffentlichung eines Bildes ohne Einwilligung des Abgebildeten nach Ansicht des Gerichts einen Eingriff in die Freiheit der Selbstbestimmung und der freien Entfaltung der Persönlichkeit dar: "Das Unzulässige der eigenmächtigen Bildnisveröffentlichung durch einen Dritten liegt darin, daß damit dem Abgebildeten die Freiheit entzogen wird, auf Grund eigener Entschließung über dieses Gut seiner Individualsphäre zu verfügen", BGHZ 26,349, (355). 208 BVerfGE 27, 1 ff. 209 BVerfGE 27, 1 (6). 210 Das Wort Selbstbestimmungsrecht tritt im Urteil an verschiedenen Stellen auf: Einmal als "Selbstbestimmungsrecht im innersten Lebensbereich,,(BVerfGE 27, 1, (7», dann im Zusammenhang mit dem Bereich, "der von Natur aus Geheimnischarakter hat" (BVerfGE 27,1, (7», und zuletzt einfach als "Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen" (BVerfGE 27, 1, (8». 211 BVerfGE 27, 344. 212 BVerfGE 27, 344 (350). 213 BVerfGE 34, 269.
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den können, da ihr die technischen Mittel der Informationserlangung und -verbreitung zu Gebote stehen und damit auch das Eindringen in die Privatsphäre des Bürgers verhältnismäßig leicht gemacht wird."214 Das Gericht ging jedoch davon aus, daß in dem angeblichen Interview ein Eingriff in den Bereich privater Lebensgestaltung nicht vorliege, weil die wiedergegebenen Informationen frei erfunden waren. Eine weitere - bedeutende - Erkenntnis des Gerichts bestand darin, daß Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 Abs. 1 GG auch im Verhältnis der Bürger untereinander unmittelbar Anwendung finde. 215 Das Verhältnis zwischen Art. 5 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG beschäftigte später das Bundesverfassungsgericht in der Lebach-Entscheidung. 216 Die Ausstrahlung eines ZDF-Dokumentar-Femsehspiels über den sogenannten Soldatenmord von Lebach verursachte nach Ansicht des Gerichts eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen. Eine solche Ausstrahlung widerspreche dem Recht des Bürgers, "allein zu bestimmen, ob und inwieweit andere sein Lebensbild im Ganzen oder bestimmte Vorgänge aus seinem Leben öffentlich darstellen dürfen."217 In den Eppler 218 _ und Böll/Waden- 219Entscheidungen beschäftigte sich das Gericht mit Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die in der Weise stattfanden, daß jemandem falsche Äußerungen in den Mund gelegt wurden oder sein geschriebenes Wort falsch zitiert wurde. 220 bb) Das Volkszählungsurteil und seine Folgerungen Anlaß des Volkszählungsurteils des Bundesverfassungsgerichts 221 aus dem Jahre 1983 waren die Verfassungsbeschwerden zahlreicher Bürger gegen das Volks zählungsgesetz (VZG).222 Das Gericht hatte über die Zulässigkeit bzw. die Verfassungsmäßigkeit der Datenerhebung zu statistischen Zwecken und über die Verbindung dieser Erhebung mit dem sog. Melderegisterabgleich (§ 9 VZG) und weiteren Übermittlungstatbeständen zu entscheiden. Der Umfang der zu erhebenden Daten wurde in den §§ 2-4 VZG geregelt. Danach wurden Name, Anschrift, Wohnverhältnisse, BVerfGE 34, 269 (285). Die Lebach-Entscheidung (BVerfGE 35, 202) nimmt dagegen eine lediglich mittelbare Drittwirkung des Persönlichkeitsrechtes an. 216 BVerfGE 35, 202. 217 BVerfGE 35, 202 (220). 218 BVerfGE 54, 148. 219 BVerfGE 54, 208. 220 In der Eppler-Entscheidung legt das Gericht fest, daß der einzelne - ohne Beschränkung seiner Privatsphäre - grundSätzlich selbst entscheiden können solle, wie er sich Dritten gegenüber oder in der Öffentlichkeit darstellen wolle und ob und inwieweit von Dritten über seine Persönlichkeit verfügt werden könne, BVerfGE 54, 148 (155). 221 BVerfGE 65, 1 ff. 222 Gesetz über eine Volks-, Berufs-, Wohnungs- und Arbeitsstättenzählung vom 25. März 1982 (BGBI. I, S. 369). 214 215
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Teil A: Rechtlicher Hintergrund
Einkommensquellen, Religion, Familienstand, Ausbildung, Beschäftigung erfaßt. Hinzu kam eine Arbeitsstättenzählung sowie eine Wohn- und Gebäudestatistik. Das Bundesverfassungsgericht hat die Weiterleitung von statistischen Daten 223 zu Zwecken des Verwaltungsvollzuges als verfassungswidrig angesehen und setzte sich mit der Notwendigkeit von Volkszählungen auseinander. 224 Es hat weiterhin die Erhebungsmethode und Erhebungsinhalte einer näheren Überprüfung unterzogen bzw. untersucht, ob bei jeder Anordnung einer statistischen Erhebung eine Totalerhebung nach dem Stand der statistischen Methoden noch verhältnismäßig war. Mit diesem Urteil hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich das Bestehen eines "Rechts auf informationelle Selbstbestimmung" anerkannt. Die begründete Furcht der Bevölkerung vor einer unkontrollierten Persönlichkeitserfassung war in den Augen des Gerichts Anlaß genug, um sich mit der Frage auseinanderzusetzen, welche Anforderungen die Verfassung an die Verarbeitung personenbezogener Daten stellt. 225 Die Bedeutung der Entscheidung reicht aus diesem Grund über den zugrundeliegenden konkreten Konflikt weit hinaus. Niemals zuvor war einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eine so heftig geführte öffentliche Diskussion vorausgegangen. 226 Die Zulässigkeit der Datenverarbeitung bildet nach Meinung des Bundesverfassungsgerichts vor allem eine verfassungsrechtliche Frage. "Wer nicht mit hinreichender Sicherheit überschauen kann, welche ihn betreffende Informationen in bestimmten Bereichen seiner sozialen Umwelt bekannt sind"227, verzichte mit zunehmender Unsicherheit auf die Ausübung seiner Grundrechte. "Dies würde nicht nur die individuellen Entfaltungschancen des Einzelnen beeinträchtigen", sondern bedrohe zugleich die Existenz und Funktion "eines auf Handlungs- und Mitwirkungsfähigkeit seiner Bürger begründeten freiheitlichen demokratischen Gemeinwesens.'